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German Pages 864 [868] Year 1979
de Gruyter Lehrbuch
Besonderes Verwaltungsrecht Herausgegeben von Ingo von Münch
Bearbeitet von Peter Badura
Karl Heinrich Friauf
Gerhard Hoffmann Ingo von Münch Dietrich Rauschning Jürgen Salzwedel
Otto Kimminich Thomas Oppermann Walter Rudolf Georg Christoph von Unruh
Wilhelm Wertenbruch
5., neubearbeitete Auflage
Zitiervorschlag z. B. Badura in von Münch, Bes. VerwR, 5. Aufl. 1979, S. 267
W DE G 1979
Walter de Gruyter • Berlin • New York
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Besonderes Verwaltungsrecht / hrsg. von Ingo von Münch. Bearb. von Peter Badura . . . - 5., neubearb. Aufl. - Berlin, New York: de Gruyter, 1979. (De-Gruyter-Lehrbuch) ISBN 3-11-007854 6 NE: Münch, Ingo von [Hrsg.]; Badura, Peter [Bearb.]
© Copyright 1979 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sehe Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung, Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit & Comp., 1000 Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany Satz und Druck: Ernst Kieser G m b H , Graphischer Betrieb, 8900 Augsburg Buchbinderei: Wübben & Co., 1000 Berlin 42
Vorwort zur fünften Auflage Mit dieser Neuauflage kann an die rasche Zeitfolge der ersten Auflagen (1. Auflage 1969; 2. Auflage 1970; 3. Auflage 1972; 4. Auflage 1976) angeknüpft werden. Das im Vorwort zur ersten Auflage formulierte Ziel ist bestimmend geblieben: den Studenten ein didaktisch aufbereitetes Lehrbuch an die Hand zu geben; darüber hinaus aber sollte das Werk durch die wissenschaftliche Gestaltung auch allen anderen am öffentlichen Recht Interessierten als ein Hilfsmittel dienen, das die wichtigsten Fragen des Besonderen Verwaltungsrechts übersichtlich behandelt. Die weitere Verwirklichung dieser Ziele wird immer schwieriger: Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur haben einen Umfang erreicht, der die Entscheidungen beim Abwägen zwischen Erhaltung der Übersichtlichkeit und Handlichkeit einerseits, der Behandlung oder wenigstens Erwähnung aller wichtigen Einzelheiten andererseits zunehmend erschwert. Herausgeber, Autoren und Verlag hoffen, allen diesen Zielen trotz geringfügig gewachsenen Umfanges gerecht geworden zu sein. Die Grundkonzeption des Werkes, insbesondere sein Charakter als Gemeinschaftswerk, wurde nicht verändert. Zu den sich aus der Zusammenarbeit von elf Autoren ergebenden Problemen kommt beim Besonderen Verwaltungsrecht die Vielfalt der Materie, die noch dazu in den elf Ländern der Bundesrepublik Deutschland überwiegend unterschiedlich geregelt ist. Es war und ist aber auch gerade ein Anliegen dieses Werkes, die Vielfalt der Meinungen sichtbar zu machen und nicht etwa die Originalität des einzelnen Autors einer perfektionierten Einheitlichkeit zu opfern. Der Inhalt wurde auf den neuesten Stand gebracht. An der Zusammensetzung des Autorenteams und an der Zahl der Beiträge hat sich nichts geändert. Die Beiträge wurden lediglich in der Reihenfolge umgestellt; aus systematischen Gründen folgt der Abschnitt „Wirtschaftsverwaltungsrecht" in der 5. Auflage dem Abschnitt „Polizei- und Ordnungsrecht"; der bisherige 4. Abschnitt (Wehrrecht und Wehrverwaltung) ist nunmehr als 12. Abschnitt abgedruckt. Das „Besondere Verwaltungsrecht" versteht sich als Fortsetzung und Ergänzung des in derselben Reihe erschienenen Lehrbuches „Allgemeines Verwaltungsrecht", herausgegeben von Hans-Uwe Erichsen und Wolfgang Martens, das teilweise von denselben Autoren wie das vorliegende Werk verfaßt wurde. Es liegt inzwischen in dritter, neubearbeiteter Auflage (1978) vor. Das Sachverzeichnis hat stud. iur. Linda Uebelein angefertigt. Für Hinweise und Anregungen sind die Bearbeiter - jeder von ihnen trägt für den von ihm verfaßten Abschnitt die alleinige Verantwortung - und der Herausgeber dankbar. Im Herbst 1978 Peter Badura • Karl Heinrich Friauf • Gerhard Hoffmann • Otto Kimminich Ingo von Münch • Thomas Oppermann • Dietrich Rauschning • Walter Rudolf Jürgen Salzwedel • Georg Christoph von Unruh • Wilhelm Wertenbruch
Autoren- und Inhaltsübersicht* Seite Dr. Ingo von Münch o. Professor an der Universität Hamburg Öffentlicher Dienst
1
Dr. Georg Christoph von Unruh o. Professor an der Universität Kiel Gemeinderecht
85
Dr. Karl Heinrich Friauf o. Professor an der Universität Köln Polizei- und Ordnungsrecht
163
Dr. Peter Badura o. Professor an der Universität München Wirtschaftsverwaltungsrecht
241
Dr. Wilhelm Wertenbruch o. Professor an der Universität Bochum Sozialverwaltungsrecht
323
Dr. Karl Heinrich Friauf o. Professor an der Universität Köln Bau-, Boden- und Raumordnungsrecht
433
Dr. Jürgen Salzwedel o. Professor an der Universität Bonn Wege- und Verkehrsrecht
547
Dr. Jürgen Salzwedel o. Professor an der Universität Bonn Wasserrecht
585
* Jedem Abschnitt ist eine ausführliche Gliederung vorangestellt.
Vili Dr. Thomas Oppermann o. Professor an der Universität Tübingen Bildung
615
Dr. Otto Kimminich o. Professor an der Universität Regensburg Wissenschaft
679
Dr. Walter Rudolf o. Professor an der Universität Mainz Presse und Rundfunk
723
Dr. Dietrich Rauschning o. Professor an der Universität Göttingen Wehrrecht und Wehrverwaltung
755
Dr. Gerhard Hoffmann o. Professor an der Universität Marburg Internationales Verwaltungsrecht
781
Sachverzeichnis
805
Abkürzungsverzeichnis AA AAF ABl. AcP aF AFG AfK AG AgrarR AJIL ALR ÄndG AOK AöR AP ArbA ArbplSchG ArbRGgwart ArbVers ArchVR ARS Art. ArVNG AS ASOG AT AtAnlVO AtG AuR AuS AusbFöG AusfG AüG AVAVG AVG AWG
Ausführungsanweisung; Auswärtiges Amt Amt für Ausbildungsförderung Amtsblatt Archiv für die civilistische Praxis alte Fassung Arbeitsförderungsgesetz Archiv für Kommunalwissenschaften Aktiengesellschaft Agrarrecht. Zeitschrift für das gesamte Recht der Landwirtschaft, der Agrarmärkte und des ländlichen Raumes American Journal of International Law Allgemeines Landrecht Änderungsgesetz Allgemeine Ortskrankenkasse Archiv des öffentlichen Rechts Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts. Arbeitsrechtliche Praxis Arbeitsamt Arbeitsplatzschutzgesetz Das Arbeitsrecht der Gegenwart (Jahrbuch für das gesamte Arbeitsrecht und die Arbeitsgerichtsbarkeit) Die Arbeiter-Versorgung Archiv des Völkerrechts Arbeitsrechts-Sammlung Artikel Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Arbeiter (Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz) Amtliche Sammlung Allgemeines Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin Allgemeiner Teil Verordnung über das Verfahren bei der Genehmigung von Anlagen nach § 7 des Atomgesetzes (Atomanlagenverordnung) Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) Arbeit und Recht Arbeits- und Sozialrecht Ausbildungsförderungsgesetz Ausführungsgesetz Gesetz zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz) Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung Angestelltenversicherungsgesetz Außenwirtschaftsgesetz
X B BA BAB1. Bad.-Württ. VB1. BAföG BAG BAT BAusglA BauAufsG BauO BaupolVO BauR BayBgm BayBs BayHSchG BayObLG BayStrWG BayVBl. BayVerfGH BayVerwGH BB BBahn BBahnG BBauBl. BBauG BBesG BBG BBVA BDH BDO BEG Best. BEvG Beweissicherungs- und FeststellungsG BezO BfA BFH BFStrG BG BGB BGBl. BGH BGHSt BGHZ BGSG
Abkürzungsverzeichnis BundesBundesanstalt für Arbeit Bundesarbeitsblatt Baden-Württembergisches Verwaltungsblatt Bundesausbildungsförderungsgesetz Bundesarbeitsgericht Bundes-Angestelltentarifvertrag Bundesausgleichsamt B auauf sichtsgesetz Bauordnung Verordnung über die baupolizeiliche Behandlung von öffentlichen Bauten Baurecht Der bayerische Bürgermeister Bereinigte Sammlung des bayerischen Landesrechts Bayerisches Hochschulgesetz Bayerisches Oberstes Landesgericht Bayerisches Straßen- und Wegegesetz Bayerische Verwaltungsblätter B ay erischer Verfassungsgerichtshof Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Der Betriebsberater Bundesbahn Bundesbahngesetz Bundesbaublatt Bundesbaugesetz Bundesbesoldungsgesetz Bundesbeamtengesetz Bundesbahnversicherungsanstalt Bundesdisziplinarhof Bundesdisziplinarordnung Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Bundesentschädigungsgesetz) Bestimmung Bundesevakuiertengesetz Gesetz über die Beweissicherung und Feststellung von Vermögensschäden in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands und im Sowjetsektor von Berlin Bezirksordnung Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Bundesfinanzhof Bundesfernstraßengesetz Beamtengesetz; Berufsgenossenschaft; Zeitschrift „Die Berufsgenossenschaft" Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Bundesgerichtshof (Strafsachen) Bundesgerichtshof (Zivilsachen) Gesetz über den Bundesgrenzschutz
Abkürzungsverzeichnis BHO BImschG
BK BKA BKGG BKK BKn BKnEG BKVO BLG B1GBW BLV BMA BMI BMP BMT-GII BNebTVO, BNV
Bochalli, VerwR BPersVG BPersVWO BpflVO BPolBG BPräs BRat BRD BReg Brinkmann, GG BRKG
BRRG BRS BSchVG BSeuchG BSG BSHG BS/KMK BStBl. BT(ag)
XI
Bundeshaushaltsordnung Gesetz zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz) Kommentar zum Bonner Grundgesetz (Bonner Kommentar), 1950 ff. (Loseblattsammlung) Bundeskartellamt Bundeskindergeldgesetz Die Betriebskrankenkasse Bundesknappschaft Bundesknappschaftserrichtungsgesetz Berufskrankheitenverordnung Bundesleistungsgesetz Blätter für Grundstücks-, Bau- und Wohnungsrecht Bundeslaufbahnverordnung Bundesminister für Arbeit Bundesministerium des Innern Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe Verordnung über die Nebentätigkeit der Bundesbeamten, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit (Bundesnebentätigkeitsverordnung) A. Bochalli, Besonderes Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 1967 Bundespersonalvertretungsgesetz Wahlordnung zum Bundespersonalvertretungsgesetz Bundespflegesatzverordnung Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Polizeivollzugsbeamten des Bundes (Bundespolizeibeamtengesetz) Bundespräsident Bundesrat Bundesrepublik Deutschland Bundesregierung Grundrechts-Kommentar zum Grundgesetz, herausgegeben von K. Brinkmann, 1967 ff. (Loseblattsammlung) Gesetz über die Reisekostenvergütung für die Bundesbeamten, Richter im Bundesdienst und Soldaten (Bundesreisekostengesetz) Rahmengesetz zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts (Beamtenrechtsrahmengesetz) Baurechtssammlung Gesetz über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten beim Menschen (Bundes-Seuchengesetz) Bundessozialgericht Bundessozialhilfegesetz Beschlüsse der Kultusministerkonferenz Bundessteuerblatt Bundestag
XII BUKG BVA BVerfG BVerfGG BVersorgBl. BVerwG BVFG BVG BWGöD BWV DAG DAR DB DBB DDB DDR DEVO DFG DGB DGO Diss. Disz. DJT DLRG DöD DÖV DOK Dok.Ber. DR DRiZ DRpflZ DRV DStrH Dt. DUZ DÜVO DV DVB1 DVO DVZ
Abkürzungsverzeichnis Gesetz über die Umzugskostenvergütung und Trennungsentschädigung für die Bundesbeamten, Richter im Bundesdienst und Soldaten Bundesversicherungsamt Bundesverfassungsgericht Bundesverfassungsgerichtsgesetz Bundesversorgungsblatt Bundesverwaltungsgericht Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz) Bundesversorgungsgesetz Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes Bundeswehrverwaltung
DWW
Deutsche Angestelltengewerkschaft Deutsches Autorecht Der Betrieb Deutscher Beamtenbund Der Deutsche Beamte Deutsche Demokratische Republik Datenerfassungsverordnung Deutsche Forschungsgemeinschaft Deutscher Gewerkschaftsbund Deutsche Gemeindeordnung Dissertation DisziplinarDeutscher Juristentag Deutsche Lebensrettungsgesellschaft Der öffentliche Dienst Die öffentliche Verwaltung Die Ortskrankenkasse Dokumentarische Berichte aus dem Bundesverwaltungsgericht Deutsches Recht Deutsche Richterzeitung Deutsche Rechtspfleger-Zeitung Deutsche Rentenversicherung Dienststrafhof Deutsch(es) Die Deutsche Universitätszeitung Datenübermittlungsverordnung Die Verwaltung Deutsches Verwaltungsblatt Durchführungsverordnung Deutsche Versicherungs-Zeitschrift für Sozialversicherung und Privatversicherung Deutsche Wohnungswirtschaft
E EA
Entscheidung(en); Entwurf Europa-Archiv
Abkürzungsverzeichnis EAG EG EGBGB EGKS EGSB EGStGB EHG EKD Erichsen, VwR u. VwGerichtsbkt.I Erichsen/Martens, Allg. VwR ErsK ESVGH EuGH EuR EvStL EWG EWGV FAZ FamRZ FeststellungsG Fg. f. FGG FGO FinanzändG FinArch FluchtLinG FlüHG Forsthoff, VwR FRG Fs. f. Fürs. G G 131 GAL GaststG GBl. GemO GewArch GewO
XIII
Europäische Atomgemeinschaft Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Gesetz über die Sozialversicherung Behinderter Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch Gesetz über die Berufsausübung im Einzelhandel Evangelische Kirche Deutschlands H.-U. Erichsen, Verwaltungsrecht und Verwaltungsgerichtsbarkeit 1,1977 H.-U. Erichsen/W. Martens (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 1978 Ersatzkasse; Zeitschrift „Die Ersatzkasse" Entscheidungssammlung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg Europäischer Gerichtshof Europarecht Evangelisches Staatslexikon, herausgegeben von H. Kunst, R. Herzog und W. Schneemelcher, 2. Aufl. 1975 Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Frankfurter Allgemeine Zeitung für Deutschland Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Gesetz über die Feststellung von Vertreibungsschäden und Kriegsschäden Festgabe für Gesetz über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Finanzgerichtsordnung Finanzänderungsgesetz Finanzarchiv Fluchtliniengesetz Flüchtlingshilfegesetz E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, I. Band: Allgemeiner Teil, 10. Aufl. 1973 Fremdrentengesetz Festschrift für Fürsorge Gesetz Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte Gaststättengesetz Gesetzblatt Gemeindeordnung Gewerbearchiv Gewerbeordnung
XIV GFG GG Giese/Schunck, GG GjS GKV GmbH GMB1. GO GoA GRe
GRUR GRV GS GS. NW GüKG GUV GVB1., GVOB1. GWB GWF H. HäftlHG
Hb, HdB HBKWP HdbDtStR HDSW HeimkG Hesse, VerfR HHG h. L. HRR HRRG HwVG
Abkürzungsverzeichnis Graduiertenförderungsgesetz Grundgesetz Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, erläutert von F. Giese, 9. Aufl. neu bearbeitet von E. Schunck, 1975 Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften Gesetzliche Krankenversicherung Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gemeinsames Ministerialblatt Gemeindeordnung; Geschäftsordnung Geschäftsführung ohne Auftrag Die Grundrechte, Handbuch der Theorie und Praxis der Grundrechte, Band 1,1. und 2. Halbband, hrsg. von K. A. Bettermann, F. L. Neumann, H. C. Nipperdey, 1966/67; Band II, hrsg. von F. L. Neumann, H. C. Nipperdey, U. Scheuner, 2. Aufl. 1968; Band III, 1. 2. Halbband, hrsg. von K. A. Bettermann, H. C. Nipperdey, U. Scheuner, 1958/59; Band IV, 1. Halbband, hrsg. von K. A. Bettermann, H. C. Nipperdey, U. Scheuner, 1960, 2. Halbband, hrsg. von K. A. Bettermann, H. C. Nipperdey, 1962 Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gesetzliche Rentenversicherung Gesetzessammlung Sammlung des bereinigten Landesrechts Nordrhein-Westfalen. 1945-1956 Güterkraftverkehrsgesetz Gesetzliche Unfallversicherung Gesetz- und Verordnungsblatt Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz) Das Gas- und Wasserfach Heft Gesetz über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen im Gebiet außerhalb der Bundesrepublik Deutschland und Berlins (West) in Gewahrsam genommen wurden (Häftlingshilfegesetz) Handbuch Handbuch für die kommunalwissenschaftliche Praxis Handbuch des Deutschen Staatsrechts, hrsg. von G. Anschütz/R. Thoma, Band 1 1930, Band II 1932 Handwörterbuch der Sozialwissenschaften Gesetz über Hilfsmaßnahmen für Heimkehrer (Heimkehrergesetz) K. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 10. neubearb. Aufl. 1977 Häftlingshilfegesetz herrschende Lehre Höchstrichterliche Rechtsprechung Hochschulrahmengesetz Gesetz über eine Rentenversicherung der Handwerker (Handwerkerversicherungsgesetz)
Abkürzungsverzeichnis
XV
ICLQ IHKG IPR IVR
The international and comparative Law Quarterly Gesetz über die Industrie- und Handelskammern Internationales Privatrecht Internationales Verwaltungsrecht
JÄ JAV Jb JB1 Jellinek, VwR JIR JR JSchöG JurA JurJB JuS JW JWG JZ
Jugendämter Jahresarbeitsverdienst Jahrbuch Juristische Blätter W. Jellinek, Verwaltungsrecht, 3. Aufl. 1931 (Neudruck 1966) Jahrbuch für Internationales Recht Juristische Rundschau Gesetz zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit Juristische Analysen Juristen-Jahrbuch Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Gesetz für Jungendwohlfahrt Juristenzeitung
KAG KÄV KG KgfEG
Kommunalabgabengesetz Kassenärztliche Vereinigung Kammergericht Gesetz über die Entschädigung ehemaliger deutscher Kriegsgefangener (Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz) Kritische Justiz Kultusministerkonferenz Knappschaf tsrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz Konkursordnung Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, hrsg. von H. Peters, Bd. 11956, Bd. II 1957, Bd. III 1959 Gesetz üb. d. Verwaltungsverfahren d. Kriegsopferversorgung Kontrollrat Kontrollratsgesetz H. Krüger, Allgemeine Staatslehre, 2. Aufl. 1966 Die Krankenversicherung Kommunale Steuer-Zeitschrift Kommunalselbstverwaltungsgesetz Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze Gesetz über die Krankenversicherung für Landwirte Gesetz über das Kreditwesen
KJ KMK KnVNG KO KomHdb KOWerfG KR KRG Krüger, StaatsL KRV KStZ KSVG KVG KVLG KWG L LAG LArbÄ LBG Lehrb. Leibholz/Rinck, GG
Land(es) Lastenausgleichsgesetz Landesarbeitsämter Landesbeamtengesetz Lehrbuch G. Leibholz/H. J. Rinck, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Kommentar an Hand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, 5. Aufl. 1975
XVI LFG, LFZG LG LJÄ LKO LM LPanG LSG LStrG LStVG LuftVG LuftVZO LVA LVG LVwG LWG von Mangoldt/Klein, GG Maunz, StaatsR Maunz/Dürig/Herzog/ Scholz, GG Mayer, VwR MBauO MdE MDR MeldeG MinBl. MTB II MTL II von Münch, GGK MuSchG Nachr. NDBZ NDV nds n. F. NJW nrw NssmtGO NW
Abkürzungsverzeichnis Lohnfortzahlungsgesetz Landgericht Landesjugendämter Landkreisordnung Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, herausgegeben von F. Lindenmaier und Ph. Möhring Landesplanungsgesetz Luftschutzgesetz Landesstraßengesetz Bayern. Gesetz über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Luftverkehrsgesetz Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung Landesversicherungsanstalt Landesverwaltungsgesetz Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (Landesverwaltungsgesetz) Landes wohnungsgesetz; Landeswassergesetz Das Bonner Grundgesetz, erläutert von H. von Mangoldt, 2. Aufl. neu bearbeitet von F. Klein, Band 11955/57, Band II 1964 Th. Maunz, Deutsches Staatsrecht, 21. Aufl. 1977 Th. Maunz/G. Dürig/R. Herzog/R. Scholz, Grundgesetz, Kommentar, Band I, II und III, 4. Aufl., 1958ff. (Loseblatt) O. Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Band I und II, 3. Aufl. 1924 Musterbauordnung Minderung der Erwerbsfähigkeit Monatsschrift für Deutsches Recht Gesetz über das Meldewesen (Meldegesetz) Ministerialblatt Manteltarifvertrag für Arbeiter des Bundes Manteltarifvertrag für Arbeiter der Länder von Münch (Hrsg.), Grundgesetz Kommentar, Bd. I, 1974, Bd. II, 1976, Bd. III, 1978 Mutterschutzgesetz Nachrichten Neue Deutsche Beamtenzeitung Nachrichtendienst des deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge niedersächsisch neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift nordrhein-westfälisch Niedersächsische Samtgemeindeordnung Nordrhein-Westfalen
Abkürzungsverzeichnis
o
OBG OEG OKK OLG OVG OWiG PAG PBefG PersVG Peters, VwR PG POG PolG PolLVO PolZustG PostVerwG PrALR PreßG PrOVG PrStädteO PrWG PStGB Püttner, Allg. VwR PVG PVS R Rabeis Z RAG ARS RBG RdA RdJ RdJB RdSchr. RdWW RegBez. RegBl. RehaG RepG RG RGBl. RGG RGSt RGZ RHO
XVII
Ordnung Ordnungsbehördengesetz Entwurf eines Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten Ortskrankenkasse Oberlandesgericht Oberverwaltungsgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei in Bayern (Polizeiaufgabengesetz) Personenbeförderungsgesetz Personalvertretungsgesetz H. Peters, Lehrbuch der Verwaltung, 1949 Polizeigesetz Polizeiorganisationsgesetz Polizeigesetz Verordnung über die Laufbahn der Polizeivollzugsbeamten Gesetz über die Zuständigkeit der Polizei Postverwaltungsgesetz Allgemeines Landrecht für die preußischen Staaten Pressegesetz Preußisches Oberverwaltungsgericht Preußische Städteordnung Preußisches Wegereinigungsgesetz Polizeistrafgesetzbuch G. Püttner, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 1977 Polizeiverwaltungsgesetz Politische Vierteljahresschrift Recht Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, begr. von Rabel Reichsarbeitsgericht in: Arbeitsrechtssammlung Reichsbeamtengesetz Recht der Arbeit Recht der Jugend Recht der Jugend und des Bildungswesens Rundschreiben Recht der Wasserwirtschaft Regierungsbezirk Regierungsblatt Rehabilitationsangleichungsgesetz Reparationsschädengesetz Reichsgericht Reichsgesetzblatt Gesetz über das Revisionsgericht. Saarland Reichsgericht (Strafsachen) Reichsgericht (Zivilsachen) Reichshaushaltsordnung
XVIII RiA RKG RMB1. RMfWEV ROG Rspr. RStW RuF RuG RuSt. RuStAngG RVO RWS RzW s. Schi.-Holst. Schl.-Holst.Anz. Schmidt-Bleibtreu/ Klein, GG Schönke/Schröder, StGB SchrVfS SchVG SchwbG SGb SGB SGG SGVO SKV SOG SozR Soz. Sich. SozVers. StabG StBFG StbJb Stein, StaatsR StGB StGH StPO str. StrG StT StVO StVZO StW SVG
Abkürzungsverzeichnis Das Recht im Amt Reichs knappschaftsgesetz Reichsministerialblatt Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung Raumordnungsgesetz Rechtsprechung Recht, Staat, Wirtschaft Rundfunk und Fernsehen Recht und Gesellschaft Recht und Staat Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz Reichsversicherungsordnung Recht und Wirtschaft der Schule Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht siehe Schleswig-Holstein Schleswig-Holsteinische Anzeigen B. Schmidt-Bleibtreu/F. Klein, Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. 1977 Strafgesetzbuch, Kommentar, begründet von A. Schönke, fortgeführt von H. Schröder, 19. neubearbeitete Aufl. 1978 Schriften des Vereins für Sozialpolitik Schulverwaltungsgesetz Schwerbeschädigtengesetz; Schwerbehindertengesetz Die Sozialgerichtsbarkeit Sozialgesetzbuch Sozialgerichtsgesetz Niedersächs. Gemeindeverordnung Staats- und Kommunalverwaltung Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung Sozialrecht Soziale Sicherheit Die Sozialversicherung Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft Städtebauförderungsgesetz Steuerberater-Jahrbuch E. Stein, Lehrbuch des Staatsrechts, 5. Aufl. 1976 Strafgesetzbuch Staatsgerichtshof Strafprozeßordnung strittig Straßengesetz Städtetag Straßenverkehrsordnung Straßenverkehrs-Zulassungsordnung Steuer und Wirtschaft Selbstverwaltungsgesetz
Abkürzungsverzeichnis TrennEVO Turegg/Kraus, VerwR TVG Tz UBG UFITA Ule, VerwProzR Unesco UNTS USG UVNG UWG UZwG UZwGBw
UZwVO VA VBKOV Verb Verf. VerfGH Verk.Mitt. VersÄ VersRundschau VerwA VG VGG VGH VGHE n.F.
VjHfZG VkBl. VO VOB VRspr., VerwRspr. VSSR VuVO
XIX
Verordnung über die Gewährung von Trennungsentschädigung K. E. von Turegg, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 4. neu bearbeitete Aufl. von E. Kraus, 1962 Tarifvertragsgesetz Textziffer Gesetz über die Unterhaltsbeihilfe für Angehörige von Kriegsgefangenen Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht C. H. Ule, Verwaltungsprozeßrecht, 6. Aufl. 1975 United Nations Education, Scientific and Cultural Organisation United Nations Treaty Series Gesetz über die Sicherung des Unterhalts der zum Wehrdienst einberufenen Wehrpflichtigen und ihrer Angehörigen (Unterhaltssicherungsgesetz) Gesetz zur Neuregelung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz) Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und zivile Wachpersonen Verordnung über die Anwendung unmittelbaren Zwanges Verwaltungsakt Gesetz über die Errichtung der Verwaltungsbehörden in der Kriegsopferversorgung Verband(s) Verfassung Verfassungsgerichtshof Verkehrsrechtliche Mitteilungen Versorgungsämter Die Versicherungsrundschau Verwaltungsarchiv Verwaltungsgericht Gesetz über die Verwaltungsgerichtsbarkeit Verwaltungsgerichtshof Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes mit Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes, des Bayerischen Dienststrafhofes und des Bayerischen Gerichtshofes für Kompetenzkonflikte. Neue Folge Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte Verkehrsblatt. Amtsblatt des Bundesministers für Verkehr Verordnung Verdingungsordnung für Bauleistungen Verwaltungsrechtsprechung Vierteljahresschrift für Sozialrecht Versicherungsunterlagen-Verordnung
XX WDStRL WG WKOV VwGO VwR VwVfG VwVG VwZG WBO WDO WegeG WG WHG
Abkürzungsverzeichnis Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Gesetz über den Versicherungsvertrag Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsrecht Verwaltungsverfahrensgesetz Verwaltungsvollstreckungsgesetz Verwaltungszustellungsgesetz
WzS
Wehrbeschwerdeordnung Wehrdisziplinarordnung Hamburgisches Wegegesetz Wassergesetz Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz) Wirtschaftsgesetzblatt Zeitschrift Wirtschaftsrecht Wissenschaftsrecht, Wissenschaftsverwaltung, Wissenschaftsförderung Wissenschaftsrat Wohngeldgesetz Wohnungsgesetz H.-J. Wolff, Verwaltungsrecht, Band I, 8. Aufl. 1971, Band II, 3. Aufl. 1970, Band III, 3. Aufl. 1973 H.-J. Wolff/O. Bachof, Verwaltungsrecht, Bd. I, 9. Aufl. 1974 H.-J. Wolff/O. Bachof, Verwaltungsrecht, Bd. II, 4. Aufl. 1976 H.-J. Wolff/O. Bachof, Verwaltungsrecht, Bd. III, 4. Aufl. 1978 Wehrpflichtgesetz Westdeutsche Rektorenkonferenz Wettbewerb in Recht und Praxis Weimarer Reichsverfassung Wehrsoldgesetz Wirtschaft und Wettbewerb Amtsblatt des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr Wörterbuch des Völkerrechts, begr. von K. Strupp, hrsg. von H.-J. Schlochauer, Band 1 1960, Band II 1961, Band III 1962 Verordnung über Wasser- und Bodenverbände (Wasserverbandsverordnung) Wege zur Sozialversicherung
ZaöRV ZAR ZBR ZDG ZfArbR u. SozR ZfB ZfS
-Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für Beamtenrecht Gesetz über den zivilen Ersatzdienst Zeitschrift für Arbeitsrecht und Sozialrecht Zeitschrift für Bergrecht Zentralblatt für Sozialversicherung, Sozialhilfe und Versorgung
WiGBl. WiR WissR WissRat WoGG WohnG Wolff, VwR Wolff/Bachof, VwR I Wolff/Bachof, VwR II Wolff/Bachof, VwR III WpflG WRK WRP WRV WsG WuW WVMB1. WVR WWO
Abkürzungsverzeichnis ZfSH ZfvglRechtswiss ZfW ZgesStW, ZStW ZHR ZLR ZLW ZPO ZRP ZSR ZustVO SOG ZVersWiss.
XXI
Zeitschrift für Sozialhilfe Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft Zeitschrift für Wasserrecht Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Luftrecht Zeitschrift für Luftrecht und Weltraumrechtsfragen Zivilprozeßordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Sozialreform (nieders.) Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft
ERSTER ABSCHNITT Ingo von Münch
öffentlicher Dienst Literatur B. Bauch, Das Recht der Beamten, 1966. H. Bernhard / R. Hoffmann, Landesbeamtengesetz für Baden-Württemberg, 1964. W. Bierfelder (Hrsg.), Handwörterbuch des öffentlichen Dienstes. Das Personalwesen, 1976. H. Bierschneider, Bayerisches Beamtenrecht, 1968ff. (Loseblattsammlung). A. Bochalli, Grundriß des deutschen Beamtenrechts, 1965. A. Bochalli, Bundesbeamtengesetz, 3. Aufl. 1966. A. Bochalli, Landesbeamtengesetz von Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. 1963. J. Crisolli / M. Schwarz, Hessisches Beamtengesetz, 1962 ff. (Loseblattsammlung). J. Distel / B. Selge, Bundesbeamtengesetz, 1954. Th. Ellwein / R. Zoll, Berufsbeamtentum - Anspruch und Wirklichkeit, 1973. K. Ebert, Das gesamte öffentliche Dienstrecht, 2. Aufl. 1972ff. (Loseblattsammlung). O. Fischbach, Bundesbeamtengesetz, 3. Aufl., 1. Halbbd. 1964,2. Halbbd. 1965. O. Fischbach, Landesbeamtengesetz von Berlin, 1954. W. Frotscher, Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, 1975. W. Fürst / H. J. Finger / O. Mühl / F. Niedermaier, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, 1973 ff. (Loseblatt-Kommentar). W. Fürst / A. Strecker, Beamtenrecht (einschließlich Disziplinar- und Personalvertretungsrecht), 1975. E. Geib, Schleswig-Holsteinisches Landesbeamtenrecht, 1956. H.-D. Genscher / K. H. Friauf/ M. Löwisch / W. Bierfeider / H. Schneider, Der öffentliche Dienst am Scheideweg, 1972. K. Gerhardt / K. Hahn / A. Schaufele, Landesbeamtenrecht für Baden-Württemberg, 1966. W. Grabendorff / W. Fürst, Beamtenrecht, 1963. W. Grabendorff / P. Arend, Beamtengesetz von Rheinland-Pfalz, 2. Aufl. 1967 ff. (Loseblattsammlung). A. Hartinger / Chr. Hegemer, Dienstrecht in Bayern, 1975 ff. (Loseblattsammlung). H. Hävers / G. Schnupp, Beamten- und Disziplinarrecht, 3. Aufl. 1976. L. Hefele / J. Schmidt, Bayerisches Beamtengesetz, 1961. C. Heyland / W. Geffers, Das Recht der Beamten, 2. Aufl. 1955. W. Hildebrandt / H. Demmlef / H.-G. Bachmann, Kommentar zum Beamtengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 1963 ff. (Loseblattsammlung).
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Ingo von Münch
G. Hilg! G. Müller, Beamtenrecht in Bayern, 1. Halbband - Allgemeines Beamtenrecht, 1978. K. König / H. W. Laubinger / F. Wagener (Hrsg.), öffentlicher Dienst. Fs. f. C. H. Ule, 1977. H. Korn / G. Siecken, Beamtenrecht in Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl. 1962 ff. (Loseblattsammlung). W. Kümmel, Niedersächsisches Beamtengesetz, 1965 ff. (Loseblattsammlung). H. Lecheler, Die Personalgewalt öffentlicher Dienstherren, 1977. W. Leisner, Grundlagen des Berufsbeamtentums, 1971. W. Leisner (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, 1975. C. Leusser / E. Gerner / K. Kruis, Bayerisches Beamtengesetz, 2. Aufl. 1970 (Nachtrag 1971). H. Malz / J. Heilemann, Lexikon des öffentlichen Dienstes, 1964. A. Maneck / H. Schirrmacher, Hessisches Bedienstetenrecht, 6. Aufl. 1977 (Loseblattsammlung). G. Müller / E. Beck, Beamtenrecht in Baden-Württemberg, 1962 ff. (Loseblattsammlung). H. Otto, Das Recht der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst, 1973 (6. Aufl. der gleichnamigen Schrift von G. Wacke). E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, Bundesbeamtengesetz, 2. Aufl. 1965 ff. (Loseblattsammlung). F. Ronneberger / U. Rödel, Beamte im gesellschaftlichen Wandlungsprozeß, 1971. C. Sachse / E. Topka, Niedersächsisches Beamtengesetz, 1961. H. W. Scheerbarth / H. Höffken, Beamtenrecht, 2. Aufl. 1976. W. Schmidt I G. Ehrenthal, Niedersächsisches Beamtengesetz, 3. Aufl. 1967. F. E. Schnapp, Amtsrecht und Beamtenrecht, 1977. E. Schütz / C. Ulland / A. Cecior / H. Schnellenbach, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, 5. Aufl. 1973 ff. (Loseblattsammlung). W. Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, 1969. C. H. Ule, Beamtenrecht, 1970. C. H. Ule, öffentlicher Dienst, in: GRe IV/2, S. 537 ff. G. Wacke, Grundlagen des öffentlichen Dienstrechts, 1957. W. Weber, Das Berufsbeamtentum im demokratischen Rechtsstaat, 1952. W. Weber / G. Neesse / M. Baring, Der deutsche Beamte heute, 1959. H. Weiss / H. Kranz / F. Niedermaier, Bayerisches Beamtengesetz, 2. Aufl. 1966 ff. (Loseblattsammlung). W. Wiese, Der Staatsdienst in der Bundesrepublik Deutschland, 1972. H. ]. Wolff/ O. Bachof, Verwaltungsrecht II, 4. Aufl. 1976, § 105-119. Zeitschriften: Bayerische Beamtenzeitung; Die Bundesverwaltung; Der Deutsche Beamte; Der öffentliche Dienst; Neue Deutsche Beamtenzeitung; Die Personalvertretung; Recht im Amt; Zeitschrift für Beamtenrecht.
öffentlicher Dienst
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Gesetze Bund: BundesbeamtenG i. d. F. vom 3. Januar 1977 (BGBl. I, S. 1), zuletzt geändert am 22. Dezember 1977 (BGBl. I, S. 3102). BeamtenrechtsrahmenG i. d. F. vom 3. Januar 1977 (BGBl. I, S. 22), zuletzt geändert am 22. Dezember 1977 (BGBl. I, S. 3102). Länder: Baden-Württemberg: LandesbeamtenG i. d. F. vom 27. Mai 1971 (GBl. S. 225), zuletzt geändert am 7. Juni 1977 (GBl. S. 169). Bayern: Bayerisches BeamtenG i. d. F. vom 9. November 1970 (GVB1. S. 569), zuletzt geändert am 15. Juli 1977 (GVB1. S. 352). Berlin: LandesbeamtenG i. d. F. vom 1. Januar 1972 (GVB1. S. 287), zuletzt geändert am 7. Febr. 1975 (GVB1. 669). Bremen: Bremisches BeamtenG i. d. F. vom 8. Mai 1973 (GBl. S. 131), zuletzt geändert am 5. Juli 1976 (GBl. S. 165). Hamburg: Hamburgisches BeamtenG i. d. F. vom 29. November 1977 (GVB1. S. 367). Hessen: Hessiches BeamtenG i. d. F. vom 14. Dezember 1976 (GVB1. 19771, S. 42). Niedersachsen: Niedersächsisches BeamtenG i. d. F. vom 18. März 1974 (GVB1. S. 147), zuletzt geändert am 28. April 1977 (GVB1. S. 88). Nordrhein- Westfalen: LandesbeamtenG i. d. F. vom 6. Mai 1970 (GVB1. S. 344), zuletzt geändert am 8. April 1975 (GVNW S. 286). Rheinland-Pfalz: LandesbeamtenG i. d. F. vom 14. Juli 1970 (GVB1. S. 241), zuletzt geändert am 18. November 1976 (GVB1. S. 256). Saarland: Saarl. BeamtenG i. d. F. vom 1. Sept. 1971 (ABl. S. 613), zuletzt geändert am 6. Juli 1976 (ABl. S. 753). Schleswig-Holstein: LandesbeamtenG i. d. F. vom 10. Mai 1971 (GVB1. S. 253), zuletzt geändert am 27. September 1977 (GVOB1. S. 313).
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Gliederung I. Begriff des öffentlichen Dienstes 1. Bedeutung 2. Abgrenzungsmerkmale a) Art der Tätigkeit b) Normative Ausgestaltung des Dienstverhältnisses c) Dienst bei juristischer Person des öffentlichen Rechts 3. Wirtschaftliche Betätigung 4. Dauer und Eingliederung 5. Personenkreis
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II. Entwicklung des öffentlichen Dienstes 1. Geschichtliche Entwicklung a) Beamte b) Angestellte und Arbeiter 2. Gegenwärtige Struktur und Problematik a) Ausweitung des öffentlichen Dienstes b) Angleichung der Gruppen c) Schwächung des Beamtentums
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III. Beamtenrecht 1. Beamtenbegriff a) Staatsrechtlicher Beamten begriff b) Haftungsrechtlicher Beamtenbegriff c) Strafrechtlicher Beamtenbegriff d) Verhältnis der Beamtenbegriffe zueinander e) Reformvorschlag 2. Beamtenarten a) Bundesbeamte, Landesbeamte, Gemeindebeamte b) Berufsbeamte c) Ehrenbeamte 3. Begründung des Beamtenverhältnisses a) Allgemeine Voraussetzungen b) Ernennung aa) Zuständigkeit zur Ernennung bb) Form der Ernennung cc) Anspruch auf Ernennung? c) Mängel der Ernennung d) Rücknahme der Ernennung aa) Obligatorische Rücknahme bb) Fakultative Rücknahme cc) Anfechtung e) Folgen von Mängeln aa) Innenverhältnis bb) Außenverhältnis
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öffentlicher Dienst 4. Inhalt des Beamtenverhältnisses a) Hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums b) Beamtenpflichten aa) Dienstpflicht (Dienstleistungspflicht) bb) Allgemein bezogene, unparteiische Amtsführung cc) Beratungs-, Unterstützungs-, Gehorsamspflicht dd) Amtsverschwiegenheit ee) Treuepflicht ff) Ahndung von Pflichtverletzungen (Disziplinarrecht) c) Beamtenrechte aa) Recht auf Schutz und Fürsorge bb) Dienst- und Versorgungsbezüge cc) Einsicht in Personalakten, Dienstzeugnis d) Grundrechte im Beamtenverhältnis aa) Geltung der Grundrechte bb) Einzelne Grundrechte 5. Vermögensrechtliche Haftung des Beamten a) Unmittelbare Schädigung des Dienstherrn aa) Privatrechtliche Tätigkeit bb) Ausübung eines öffentlichen Amtes b) Mittelbare Schädigung des Dienstherrn aa) Privatrechtliche Tätigkeit bb) Ausübung eines öffentlichen Amtes c) Haftungsminderung bei schadensgeneigter Arbeit d) Geltendmachung der Ansprüche des Dienstherrn 6. Veränderungen im Beamtenverhältnis a) Beförderung b) Versetzung c) Abordnung 7. Beendigung des Beamtenverhältnisses a) Eintritt in den Ruhestand b) Entlassung c) Verlust der Beamtenrechte durch Gerichtsurteil d) Entfernung aus dem Dienst durch Disziplinarurteil 8. Rechtsschutz im Beamtenverhältnis a) Außergerichtliche Rechtsbehelfe aa) Beschwerde beim Dienstvorgesetzten bb) Beschwerde beim Personalrat und Personalausschuß cc) Petitionsrecht b) Gerichtliche Rechtsbehelfe aa) Zivilgerichte bb) Disziplinargerichte cc) Verwaltungsgerichte IV. Recht der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst 1. Begriff der Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst 2. Begründung des Dienstverhältnisses 3. Inhalt des Dienstverhältnisses a) Pflichten b) Rechte
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Ingo von Münch 4. Beendigung des Dienstverhältnisses V. Personalvertretung 1. Personalrat 2. Personalversammlung VI. Bundes-(Landes-)Personalausschuß
VII. Demokratisierung des öffentlichen Dienstes V I I I . Reformbestrebungen
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I. Begriff des öffentlichen Dienstes 1. Bedeutung Die Klärung des Begriffs „öffentlicher Dienst" ist bedeutsam, weil für den öffentlichen Dienst zahlreiche Sonderregelungen gelten, die ihn von privaten Dienstverhältnissen unterscheiden. So ist die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen (Art. 33 IV GG). Den Angehörigen des öffentlichen Dienstes werden besondere Treuepflichten auferlegt: In das Beamtenverhältnis darf nur berufen werden, wer die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt 1 . Einem Teil der Angehörigen des öffentlichen Dienstes - nämlich den Beamten - wird das Streikrecht versagt 2 . Das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 GG fallenden Personen gewährte denjenigen, die am 8. Mai 1945 infolge des Zusammenbruchs ihre Stellung im öffentlichen Dienst verloren hatten oder nicht entsprechend wiederverwendet wurden, finanzielle Überbrückungshilfen, auf die Einkünfte aus einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst angerechnet wurden; ist auch die Beschäftigung in einem „volkseigenen Betrieb" der DDR eine anrechnungspflichtige Tätigkeit im „öffentlichen Dienst" 3 ? Wie ist die Beschäftigung in einem sog. öffentlichen Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland rechtlich zu qualifizieren, d. h. in einem Unternehmen, an dessen Kapital die öffentliche Hand maßgeblich oder allein beteiligt ist4? 2. Abgrenzungsmerkmale Einen allgemeingültigen Begriff des öffentlichen Dienstes gibt es nicht 5 . Der Begriff ist vielmehr für jede gesetzliche Vorschrift nach deren Sinn und Zweck besonders auszulegen6. Bietet das Gesetz keinen Anhaltspunkt, so müssen sachgerechte Merkmale für die Abgrenzung des öffentlichen Dienstes vom privaten Dienst gesucht werden. Drei Abgrenzungsmerkmale liegen nahe: a) Art der Tätig1 3
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Vgl. dazu unten S. 24, 55 ff. 2 Vgl. dazu unten S. 59f. Vgl. E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 29 zu § 158 BBG. - Zur Frage, ob Beschäftigung bei der Reichsbahn der D D R ein Beamtenverhältnis i. S. von § 1 1 1 I B B G ist, vgl. BVerwG ZBR 1973,61 ff. Vgl. dazu unten Abschnitt I 3. BVerfG E 15,46; 38,338,343. Vgl. den unterschiedlichen Gebrauch des Begriffs „öffentl. Dienst im engeren Sinn" bei Thieme, Ev. StaatsL, Sp. 1653 f., Ule, GRe IV/2, S. 552, und Wolff/ Bachof, VwR II, § 105 Ic. BVerwG E 9,316.
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keit; b) Normative Ausgestaltung des Dienstverhältnisses; c) Dienst bei juristischer Person des öffentlichen Rechts. a) Art der Tätigkeit: Eine früher vom B A G vertretene Ansicht meint, eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst liege dann vor, wenn die dienstliche Tätigkeit öffentlichrechtlicher Art ist 7 . Dieses Merkmal ist jedoch unscharf. Viele Tätigkeiten sind ihrer Art nach neutral; sie können daher entweder als private oder als öffentliche Aufgabe betrachtet und entsprechend privatrechtlich oder öffentlichrechtlich organisiert werden (z. B.: Krankenpflege in öffentlichen Krankenanstalten oder privaten Krankenhäusern; Personenbeförderung durch Postbus oder privaten Reisebus; Unterricht an öffentlicher Schule oder an Privatschule). Auch können Privatpersonen öffentliche Aufgaben erfüllen, ohne zugleich im öffentlichen Dienst zu stehen (Bsp.: die sog. beliehenen Unternehmer) 8 . Die Art der Tätigkeit ist also kein brauchbares Abgrenzungsmerkmal 9 . b) Normative Ausgestaltung des Dienstverhältnisses: Mögliches Kriterium des öffentlichen Dienstes könnte die Ausgestaltung des Dienstverhältnisses durch Normen sein, d. h. durch generelle Regelungen (Rechtsform = Rechtsnorm) im Gegensatz zu individuellen Arbeitsverträgen 1 0 . Daran ist zwar richtig, daß das öffentliche Dienstrecht weitgehend durch Normen (Gesetze, Verordnungen) geregelt ist; aber auch die privaten Dienstverhältnisse sind nicht normfrei (vgl. z. B. §§ 611 ff. B G B ; KündigungsschutzG; MutterschutzG). Soweit die Dienstverhältnisse - wie dies bei den Angestellten und Arbeitern im öffentlichen Dienst der Fall ist - durch Tarifverträge geregelt sind, besteht insoweit überhaupt kein Unterschied zu den ebenfalls durch Tarifverträge geregelten Privatdienstverhältnissen. Die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst lassen ausdrücklich auch den Abschluß von individuellen (Einzei-)Arbeitsvertragen zu. Die normative Ausgestaltung bildet daher ebenfalls kein befriedigendes Abgrenzungskriterium 1 1 . c) Dienst bei juristischer Person des öffentlichen Rechts: Das BVerfG, das BVerwG und die neuere Rechtsprechung des B A G sehen das entscheidende Merkmal des öffentlichen Dienstes zutreffend in der öffentlichrechtlichen Rechtsform des Dienstherrn, d. h. darin, daß die Bediensteten im Dienst einer juristi7
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BAG E 3, 124 (aufgegeben in BAG E 8, 84); Denecke, RdA 1955, 401 ff.; Gröbing AuR 1959,225; Kümmel Ri A 1954/55,64. Dazu Ossenbühl / Gallwas, Die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private W d S t R L 29 (1971), S. 137ff., 211 ff. Weitere Hinw. bei Erichsen / Martens in:
Erichsen / Martens, Allg. VwR, § 11 II b, und bei Rudolf, in: Erichsen / Martens, a. a. O. 9 10
§56113. Pfennig, Der Begriff des öffentlichen Dienstes und seiner Angehörigen, 1960, S. 33. Fischbach, D Ö V 1 9 5 5 , 7 0 9 . 11 Pfennig, a. a. O., S. 37.
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sehen Person des öffentlichen Rechts stehen 12 . Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind die Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden), sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts (Bsp.: Industrie- und Handelskammern; Rechtsanwaltskammern; Ärztekammern), Anstalten des öffentlichen Rechts (Bsp.: Rundfunkanstalten) und Stiftungen des öffentlichen Rechts (Bsp.: Stiftung Preußischer Kulturbesitz). Da juristische Personen heute nur noch durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes errichtet oder aufgelöst werden können, läßt sich das Vorhandensein einer juristischen Person des öffentlichen Rechts - von Einzelfällen aus historischer Zeit abgesehen - verhältnismäßig klar feststellen. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist deshalb der Dienst bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts das geeignete Merkmal für die Abgrenzung des öffentlichen Dienstes von privaten Dienstverhältnissen, mag dem auch der Einwand des Formalismus entgegengehalten werden. Diese Auffassung findet auch in verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen eine Stütze 13 .
3. Wirtschaftliche Betätigung Bund, Länder und Gemeinden sind in erheblichem Maß an Wirtschafts-, Verkehrs- und Versorgungsbetrieben beteiligt 14 . Ist die Beschäftigung bei der Volkswagenwerk A G (16% Bundeseigentum, 20% Eigentum des Landes Niedersachsen), bei der Lufthansa A G (rd. 75 % Bundeseigentum), bei der Gesellschaft für Nebenbetriebe der Bundesautobahnen GmbH (100% Bundeseigentum), beim Wasserwerk einer Gemeinde öffentlicher Dienst? Die Abgrenzung nach der Rechtsform des Dienstherrn gibt die Antwort. Hat das Unternehmen die Form der juristischen Person des Privatrechts (AG, GmbH), so ist diese juristische Person des Privatrechts Arbeitgeber; also liegt kein öffentlicher Dienst vor, selbst dann nicht, wenn die öffentliche Hand 100% des Gesellschaftskapitals besitzt (sog. Eigengesellschaft) 15 . Handelt es sich aber um einen Betrieb, der keine selbständige Rechtsperson ist, sondern der von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts - z. B. einer Gemeinde - geführt wird (sog. Eigenbetrieb), so ist die juristische Person des öffentlichen Rechts selbst Dienst-
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BVerfG E 6, 267; BVerwG E 30, 81 ff.; BAG E 8, 84; Fischbach, B B G I , S. 74; Pfennig, a. a. O., S. 40ff.; Ule, GRe IV/2, S. 545; Wolff/ Bachof, VwR II, § 105 II a; Martens, öffentlich als Rechtsbegriff, 1969, S. 101 ff. Vgl. §§ 2 9 1 , 4 0 VIIS. 1 BBesG; § 15 III ArbplSchG. Vgl. Badura, Wirtschaftsverwaltungsrecht, in diesem Lehrbuch, 5. Abschnitt, III 2 d, mit Schrifttumsangaben in Fußn. 271; vgl. auch von Münch, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, S. 25. Pfennig, a. a. O., S. 43; anders § 11 c G zur Ordnung der Arbeit in öffentlichen Verwaltungen und Betrieben vom 23. März 1934 (RGBl. 1934 I, S. 220), aufgehoben durch KRG Nr. 56 (ABl. KR vom 31. Juli 1947, Nr. 16, S. 287). - Vgl. auch BVerfG E 27, 364 ff.
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herr. Die Beschäftigung in dem Eigenbetrieb ist also Dienst bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, mithin öffentlicher Dienst 16 . 4. Dauer und Eingliederung Zum Begriff des öffentlichen Dienstes gehört ferner, daß die Dienstleistung dauernd (berufsmäßig) erbracht wird 17 und der Dienstnehmer in die Organisation des Dienstherrn eingegliedert ist18. Nicht zum öffentlichen Dienst gehören daher: ehrenamtlich Tätige, Wehrpflichtige, Ersatzdienstpflichtige (da nicht dauernd oder berufsmäßig tätig), Notare (es sei denn, sie sind — wie in Baden-Württemberg — Beamte) und beliehene Unternehmer. Abgeordnete sind, wie das BVerfG zutreffend festgestellt hat, nicht Beamte, „sondern - vom Vertrauen der Wähler berufen - Inhaber eines öffentlichen Amtes" 19 . Zweifelhaft ist, ob die Mitglieder der Bundesregierung (Bundeskanzler, Bundesminister) und der Landesregierungen zum öffentlichen Dienst gerechnet werden können. Dafür spricht, daß sie an der Spitze der staatlichen Organisation der Bundesrepublik bzw. der Länder stehen, also nicht außerhalb dieser Organisation. Entscheidend dagegen spricht aber, daß sie kraft ihrer Stellung und Funktion aus dem „normalen" öffentlichen Dienst herausgehoben sind: Gemäß § 1 des G über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Bundesregierung (BundesministerG) 20 stehen sie „nach Maßgabe dieses Gesetzes zum Bund in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis".
5. Personenkreis Unter den Begriff des öffentlichen Dienstes fallen demnach die Richter, die Berufssoldaten, die freiwilligen Soldaten auf Zeit, die Bediensteten der Kirchen und der ihnen gleichgestellten Religionsgesellschaften 21 , die Beamten sowie die Angestellten und Arbeiter, die im Dienst einer juristischen Person des öffentlichen Rechts stehen.
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BAG E 8,87; a. A. für Eigenbetriebe, die rein wirtschaftliche Zwecke verfolgen, Denecke, RdA 1955,401 und Gröbing, AuR 1959,230. OVG Lüneburg DVB1. 1958, 803; Fischbach, BBG I, S. 74; Pfennig, a. a. O., S. 50f.; Wolff, VwR II, § 105 I b. BVerfG E 17,371 ff.; Fischbach, BBG I, S. 74; Pfennig, a. a. O., S. 53. BVerfG E 40, 314 = DVB1. 1975, 993. Vgl. auch Pfennig, a. a. O., S. 62; Schock, MDR 1953, 515; a. A.: Giese / Schunck, GG, Anm. II 1 zu Art. 38; von Mangoldt / Klein, GG, Anm. IV 2 zu Art. 38. Vom 17. Juni 1953 i. d. F. vom 27. Juli 1971 (BGBl. 19711, S. 1166). Str.; wie hier Ule, GRe IV/2, S. 545; a. A.: BVerwG E 1 0 , 3 5 5 ff.; differenzierend Martens öffentlich als Rechtsbegriff, S. 149ff.; vgl. auch OVG Hamburg D Ö V 1 9 7 0 , 1 0 2 .
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II. Entwicklung des öffentlichen Dienstes 1. Geschichtliche Entwicklung a) Beamte: Die Entwicklung des Beamtenrechts ist eine Folge der Entwicklung der neuzeitlichen Verwaltung. Die rechtliche Ausgestaltung des heutigen deutschen Beamtenrechts geht insbesondere auf die Regierungszeit Friedrich Wilhelms I. von Preußen (1713-1740) zurück 22 . Während vorher die Rechtsverhältnisse der „landesherrlichen Diener" zu ihrem Fürsten und der „landständischen Diener" zu den Ständen durch Privatdienstvertrag geregelt waren, wurde nun das Beamtenverhältnis durch einseitigen Hoheitsakt begründet und beendet; auch begann man die Ablegung von Prüfungen zur Aufnahmevoraussetzung zu machen. Das Preuß. ALR von 1794 gewährte erstmalig gesetzlich Beamtenrechte und Schutz gegen willkürliche Entlassung; die Bezeichnung des betr. Titel 10 Teil II mit „Von den Rechten und Pflichten der Diener des Staates" 23 zeigt deutlich den Wandel vom Diener des Monarchen zum Staatsdiener. In der Folgezeit wurde die Rechtsstellung der Beamten weiter verstärkt, so im RBG vom 31. Januar 187324 und den Beamtengesetzen der Länder, vor allem aber in der Weimarer Republik durch Art. 128-131 WRV mit der Garantie der „wohlerworbenen Rechte". Die NS-Zeit unterbrach diese Entwicklung25. Das„G zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" vom 7. April 193326 ordnete die Entlassung der „politisch unzuverlässigen" und „nichtarischen" Beamten an; das DBG vom 26. Januar 193727 wollte die Beamten im nationalsozialistischen Sinne politisieren und mit der Person Hitlers verbinden (Präambel: „Ein im deutschen Volk wurzelndes, von nationalsozialistischer Weltanschauung durchdrungenes Berufsbeamtentum, das dem Führer des Deutschen Reiches und Volkes, Adolf Hitler, in Treue verbunden ist, bildet einen Grundpfeiler des nationalsozialistischen Staates"). Der Beschluß des Großdeutschen Reichstages vom 26. April 194228 gab Hitler die Möglichkeit, jeden Beamten „ohne Einleitung vorgeschriebener Verfahren aus seinem Amte, aus seinem Rang und aus seiner Stellung zu entfernen". Das GG knüpft in Art. 33 V mit der „Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums" an die Tradition der Weimarer Zeit an. Das Beamtenrecht ist seitdem in zahlreichen Gesetzen neu kodifiziert: das Recht der Bundesbeamten im BBG, das Recht der Landesbeamten im jeweiligen LBG; Rahmenvorschriften für die Landesgesetzgeber (§§ 1 — 120) und unmittelbar geltende 22 23
24 25 26
Vgl. Bauch, a. a. O., S. 11 ff.; weitere Hinweise bei Wolff/ Bachof, VwR II, § 106. Vgl. auch: bayer. Hauptlandespragmatik vom 1. Juni 1805 „über die Dienstverhältnisse der Staatsdiener vorzüglich in Beziehung auf ihren Stand und ihr Gehalt"; württ. G vom 28. Juni 1821 „betreffend die Verhältnisse der Civilstaatsdiener". RGBl. I,S. 61. Vgl. BVerfG E 3 , 5 8 f f . ; H. Mommsen, Beamtentum im Dritten Reich, 1966. RGBl. I,S. 175. 27 RGBl. I, S. 39 28 RGBl. I, S. 247.
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Vorschriften für alle Beamten (§§ 121-133) enthält das BRRG (sog. Beamtenbundesrecht). Außerdem gibt es zahlreiche Gesetze, die unter anderem auch beamtenrechtliche Regelungen enthalten, wie z.B. das HochschulrahmenG 29 für das wissenschaftliche Personal an den Hochschulen. In der DDR ist das Berufsbeamtentum abgeschafft; dort gibt es nur noch kurzfristig kündbare Staatsangestellte 30 . b) Angestellte und Arbeiter: Getrennt vom Beamtenrecht hat sich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts das Recht der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst entwickelt 31 , deren Rechtsverhältnisse durch private Dienstverträge gestaltet wurden. Zweck dieser Regelung war es, kündbare Arbeitskräfte für vorübergehende und nicht spezifisch hoheitliche Aufgaben zu gewinnen und die beamtenrechtlichen Versorgungslasten zu sparen. In die Weimarer Zeit fällt der Abschluß der ersten Tarifverträge für die Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst 32 . Die Tarifverträge übernahmen mehrere beamtenrechtliche Grundsätze (z. B. Verpflichtung zu Treue, Verschwiegenheit, unparteiischer Dienstführung), wodurch das Dienstrecht der Angestellten und Arbeiter dem Beamtenrecht angenähert wurde. Das NS-„G zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" galt gemäß § 1 5 1 auch für die Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst, deren Rechtsverhältnisse im übrigen durch Tarifordnung arbeitsrechtlich geregelt wurden; entsprechend ähnelte das „G zur Ordnung der Arbeit in öffentlichen Verwaltungen und Betrieben" vom 23. März 1934 33 stark dem (allgemeinen) „G zur Ordnung der nationalen Arbeit" vom 20. Januar 1934 34 . Heutige Rechtsquelle des Rechts der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst ist für die Angestellten der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961, für die Arbeiter die Manteltarifverträge vom 27. Februar 1964 (MTB II für den Bund, MTL II für die Länder) 35 .
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BGBl. 1976 I, S. 185ff.; vgl. dazu auch Kimminich, Wissenschaft, in diesem Lehrbuch, 12. Abschnitt, II 1 d. Vgl. Leissner, Verwaltung und öffentlicher Dienst in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands, 1961, S. 253ff.; Mampel, Das Recht in Mitteldeutschland, 1966, S. 118 ff.; Jacobs, Das Recht des Staatsdienstes in der DDR, Diss. Würzburg 1975. Vgl. Neesse, ZBR 1967, 35f.; Otto, Das Recht der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst, 1973, S. 24 ff. Insbes. der Tarifverträge vom 4. Juni 1920,6. Nov. 1920,2. Mai 1924 und 6. Febr. 1928; vgl. Neesse, a. a. O., S. 36 Otto, a. a. O., S. 29. RGBl. I. S. 220. 3 4 RGB1.I, S. 45. Text des B A T bei Dittmeier / Zängl, Bundesangestelltentarifvertrag (Losebl.-Slg.), 2. Aufl. 1975; Texte des MTB II und des MTL II sind hrsg. vom Tarifsekretariat der Gewerkschaft ÖTV. - Vgl. auch Wolffl Bachof, VwR II, § 118 II.
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2. Gegenwärtige Struktur und Problematik a) Ausweitung des öffentlichen Dienstes: Seit Beginn dieses Jahrhunderts, insbesondere seit dem 1. Weltkrieg, ist die Zahl der im öffentlichen Dienst Beschäftigten in Deutschland laufend gestiegen. Im Jahre 1913 standen bei rd. 60 Millionen Einwohnern rd. 730000 Personen im öffentlichen Dienst; im Jahre 1920 waren es — trotz des verringerten Gebietsbestandes - schon über eine Million. Die weitere Entwicklung zeigt die folgende Tabelle 36 : Jahr
Bevölkerung
Erwerbstätige
öff. Dienst insg.
Beamte
Angestellte
Arbeiter
1928 1930 1950 1960 1970 1974 1975 1976
64400000 65100000 49840000 55865000 61508000 62054000 61829000 61531000
32000000 33000000 23080000 26650000 26844000 27234000 25350000 25076000
1188000 1321000 2100000 2638000 3025000 3421092 3488472 3484942
762000 884000 820000 1160000 1447000 1541000 1589146 1623193
174000 186000 515000 640000 824000 1042000 1064465 1060990
252000 251000 765 0 0 0 835000 754000 838000 834861 800759
In Prozentzahlen und auf die Gesamtzahl der Erwerbstätigen bezogen bedeutet dies, daß 1930 rd. 4 % aller Erwerbstätigen im öffentlichen Dienst standen, 1950 rd. 9%, 1970 rd. 11% und 1976 schon 13,5%. Die öffentliche Hand ist heute mit rd. 3,5 Millionen Bediensteten der größte Arbeitgeber in der Bundesrepublik. Jeder achte Erwerbstätige steht im öffentlichen Dienst. Die Gründe für die starke - nicht auf die Bundesrepublik beschränkte - Ausweitung des öffentlichen Dienstes liegen in der Entwicklung der modernen Industriegesellschaft (Verstädterung, Energieversorgung, Verkehrsintensivierung), der Hinwendung zum Sozialstaat (Wohlfahrtspflege) und der zeitweiligen Abwicklung von Kriegs- und Kriegsfolgelasten (Bewirtschaftung, Flüchtlingshilfe) — kurz gesagt: im „Gesetz der zunehmenden Staatstätigkeit" (Adolph Wagner). Je größer aber die Zahl der im öffentlichen Dienst Tätigen wird, um so problematischer wird es, für sie ein Sonderrecht zu begründen. b) Angleichung der Gruppen: In einzelnen Ländern (Bremen, Hessen) 3 7 sollte nach 1945 ein einheitliches öffentliches Dienstrecht geschaffen und damit das 36
37
Quellenangaben für die Zahlen bis 1974 einschließlich in der 4. Aufl. dieses Lehrbuches S. 13 Fußn. 36. Quellen für die neueren Zahlen: Statist. Jb. 1976, S. 49, 150, 4 1 8 ; 1977, S. 50, 96, 404. D i e Zahlen ab 1974 einschließl. betreffen lediglich den unmittelb. öffentl. Dienst ohne Teilzeitbeschäftigte (Zahlen 1976: z. T. geschätzt). Zur Entwicklung der Personalzahlen im öffentl. Dienst vgl. F. Wagener, in: Fs. f. Ule, 1977, S. 2 3 9 f f . ; Ellwein, D Ö V 1 9 7 8 , 4 7 5 ff. Art. 5 0 1 brem. Verf.; Art. 2 9 1 , 1 3 5 hess. Verf. - Ähnliche Bestrebungen bestanden auch in Berlin.
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Beamtenrecht als selbständiges Rechtsgebiet beseitigt werden. Dieses Bestreben, das schon 1918 innerhalb der SPD und USPD verfolgt worden war 38 , wurdedurch Art. 33 V GG gestoppt und abgeblockt 39 . Dennoch sind Tendenzen einer Angleichung des öffentlichen Dienstrechts der Angestellten und Arbeiter an das Beamtenrecht nicht zu verkennen 40 . Beispiele hierfür bilden die Einführung des sog. Bewährungsaufstiegs der Angestellten (d. h. Aufstieg nicht nach Tätigkeitsmerkmalen, sondern beamtenlaufbahnähnlich) und die Altersversorgung nach beamtenrechtsähnlichen Grundsätzen 41 ; umgekehrt sind in die Beamtenbesoldung typische arbeitsrechtliche Elemente eingeflossen 42 , so die Gewährung von Weihnachtsgratifikation 43 und Stellenzulagen. Die Vermengung des öffentlichen Dienstrechts mit dem Arbeitsrecht ist im übrigen ein Teilaspekt der Verwischung der Grenzen zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht 44 . c) Schwächung des Beamtentums: Die Zahl der Beamten hat sich in den letzten Jahren nur noch leicht erhöht, die Zahl der Arbeiter ist vorübergehend gefallen, die Zahl der Angestellten ist stark gewachsen. Zusammengenommen haben Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst zahlenmäßig die Beamten schon überflügelt. Die Irrationalität, die das Wesen des Beamtentums kennzeichnet (Dienst statt Arbeit; Treue; Eid), ist problematisch geworden 45 . Die Verrechtlichung des Beamtenverhältnisses hat es zugleich profanisiert. Vom Beamtenethos wird kaum noch gesprochen 46 . Der Beamte hat seine Stellung als Repräsentant des Staates verloren47;
er ist n u r n o c h
Organ.
Seine Entschlußfreiheit wird durch eine perfektionierte Gesetzgebung (Maßnahmegesetze!) eingeengt; seine Ermessensfreiheit schrumpft 48 , die Technisierung der Verwaltung setzt an die Stelle persönlicher Entscheidungen die serienmäßige Anfertigung von Verwaltungsfabrikaten 49 . Die eigentliche Krise des Beamtentums 38 39 40
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43 44 45 47
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Vgl. W. Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des GG, 1961, S. 7. Vgl. BGHZ 9,328 (zur Grundgesetzwidrigkeit von Art. 291 hess. Verf.). Dazu Matthey, Zur Rechtsangleichung bei Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst, 1971; Menzel, DÖV 1969, 513ff. (516f.); Neesse, ZBR 1967, 38f.; Thiele, ZBR 1967, 321 ff.; W. Thieme, ZBR 1960, 170f.; Ule, GRe IV/2, S. 541; B. Wilhelm, ZBR 1966, 363f.; vgl. auch Jung, Die Zweispurigkeit des öffentlichen Dienstes, 1971, sowie unten S. 81 f. Neesse, ZBR 1967,114f. Zu Einwirkungen des Arbeitsrechts auf das Beamtenrecht allgemein vgl. K. Kröger, NJW 1975,953 ff. Vgl. BVerfG ZBR 1967,364 f.; dazu Schick, ZBR 1968,206. Vgl. dazu von Münch, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, § 2 II 1. W. Thieme, ZBR 1960,170. 46 Vgl. dazu Bank, ZBR 1958,153ff. R. Hoffmann, AöR 91 (1966), S. 176; W. Thieme, ZBR 1960, 173; einschränkend Ule, GRe IV/2, S. 649 („Teilrepräsentation"). Röttgen, DÖV 1957,443; vgl. auch Isensee, Die typisierende Verwaltung, 1976. Vgl. Badura, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, § 41 II 2; H. P. Bull, Verwaltung durch Maschinen, 2. Aufl. 1964; Zeidler, Über die Technisierung der Verwaltung, 1959, S. 15 ff.
öffentlicher Dienst
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liegt jedoch in der wachsenden Ämterpatronage, d. h. der Einstellung und Beförderung nach parteipolitischen und konfessionellen Gesichtspunkten. Zutreffend ist festgestellt worden, „daß das Beamtentum in zunehmendem Maße zur Unterbringung von Exponenten politischer oder sozialer Machtgruppen ohne entsprechende Eignung und Befähigung mißbraucht wird" 5 0 . Diese wegen Verstoßes gegen Art. 3 III, 33 II, III G G verfassungswidrige Praxis gefährdet die parteipolitisch neutrale Amtsführung, die ein unabdingbares Merkmal des Beamtentums im Rechtsstaat ist 51 .
III. Beamtenrecht 1. Beamtenbegriff Das deutsche Recht hat keinen einheitlichen Beamtenbegriff; es kennt vielmehr drei verschiedene Begriffe: den staatsrechtlichen, den haftungsrechtlichen und den strafrechtlichen Beamtenbegriff. a) Staatsrechtlicher Beamtenbegriff: Eine Legaldefinition fehlt. Der (auch als beamtenrechtlicher Beamtenbegriff bezeichnete) Begriff ist aber unstreitig, da sich seine wesentlichen Merkmale aus Art. 33 IV G G , §§ 2 I B R R G , 2 I BBG in Verbindung mit §§ 5 B R R G , 6 BBG 5 2 ergeben. Danach ist Beamter im staatsrechtlichen Sinne, wer in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis steht, in das er unter Aushändigung der vorgeschriebenen Ernennungsurkunde berufen worden ist. Der staatsrechtliche Beamtenbegriff wird also von Inhalt und Form der Begründung des Beamtenverhältnisses bestimmt; er liegt allen Gesetzen zugrunde, für die nicht ausdrücklich oder sinngemäß ein anderer Beamtenbegriff festgelegt ist 53 . b) Haftungsrechtlicher Beamtenbegriff: Gemäß Art. 34 S. 1 GG, § 839 BGB ist Beamter im haftungsrechtlichen Sinne jemand, dem die zuständige Stelle die Ausübung eines öffentlichen Amtes anvertraut hat. Ausübung eines öffentlichen Amtes ist hier jede dienstliche Betätigung, die nicht lediglich zivilrechtliche Belange wahrnimmt 5 4 . Während also eine fiskalische Tätigkeit für den haftungsrechtlichen 50
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53 54
Grabendorff, D Ö V 1953, 723; vgl. auch Eschenburg, Ämterpatronage, 1961, S. 55ff.; von Münch, ZBR 1960, 245ff.; Ule, G R e I V / 2 , S. 585; Menzel, D Ö V 1970,443. Weitere Hinw. bei Henke, BK, Zweitbearb. Art. 21,1975, Rdnr. 28. H. Reuss, JR 1964,2. Die entsprechenden Best, in den LBG sind: §§ 2, 9, 12 bad.-württ. LBG; Art. 2, 7, 8 bayer. BG; §§ 2, 8 berl. LBG; §§ 2, 7 brem. BG; §§ 2, 8 hamb. BG; §§ 2, 9 hess. BG; §§ 4, 7 nieders. BG; §§ 2, 8 nordrh.-westf. LBG; §§ 5, 8 rheinl.-pfälz. LBG; §§ 2 , 1 0 , 1 1 saarl. BG; §§ 2 , 8 schlesw.-holst. LBG. Bauch, a. a. O., S. 21 f.; vgl. auch Wolff / Bachof, VwR II, § 1091 a. RGZ 1961,145; BGH VerwRspr. 8 Nr. 141, S. 585.
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B e a m t e n b e g r i f f nicht ausreicht, ist es im ü b r i g e n gleichgültig, w e l c h e r A r t die T ä t i g k e i t ist, d. h. o b sie d e r E i n g r i f f s v e r w a l t u n g o d e r d e r schlichten H o h e i t s v e r w a l t u n g z u z u r e c h n e n ist. F ü r d e n h a f t u n g s r e c h t l i c h e n B e a m t e n b e g r i f f e n t s c h e i d e t allein d i e a u s g e ü b t e T ä t i g k e i t , nicht die E r n e n n u n g . D e s h a l b k ö n n e n a u c h A n g e stellte u n d A r b e i t e r im ö f f e n t l i c h e n D i e n s t , j a sogar A n g e s t e l l t e u n d A r b e i t e r eines p r i v a t e n D i e n s t h e r r n B e a m t e im h a f t u n g s r e c h t l i c h e n Sinne sein, w e n n sie v o n d e r z u s t ä n d i g e n Stelle mit d e r A u s ü b u n g eines ö f f e n t l i c h e n A m t e s b e t r a u t sind 5 5 . c) Strafrechtlicher Beamtenbegriff: D e r s t r a f r e c h t l i c h e B e a m t e n b e g r i f f war in § 3 5 9 S t G B a. F. d e f i n i e r t als „alle im u n m i t t e l b a r e n o d e r m i t t e l b a r e n inländischen S t a a t s d i e n s t auf L e b e n s z e i t , auf Z e i t o d e r n u r v o r l ä u f i g a n g e s t e l l t e P e r s o n e n , o h n e U n t e r s c h i e d , o b sie e i n e n D i e n s t e i d geleistet h a b e n o d e r nicht, f e r n e r N o t a r e , nicht a b e r A n w ä l t e " . A b g e s e h e n v o n d e n N o t a r e n , d i e - a u ß e r in B a d e n W ü r t t e m b e r g — nicht b e a m t e t sind, u m f a ß t e also die L e g a l d e f i n i t i o n des s t r a f r e c h t lichen B e a m t e n b e g r i f f s insoweit d e n s t a a t s r e c h t l i c h e n B e a m t e n b e g r i f f . R e c h t s p r e chung und L e h r e hatten aber den strafrechtlichen Beamtenbegriff darüber hinaus e r w e i t e r t auf „alle P e r s o n e n , die v o n e i n e r n a c h ö f f e n t l i c h e m R e c h t z u s t ä n d i g e n Stelle d u r c h e i n e n ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e n A k t zu D i e n s t v e r r i c h t u n g e n b e r u f e n sind, d i e aus d e r S t a a t s g e w a l t abgeleitet sind u n d staatlichen Z w e c k e n d i e n e n " 5 6 . B e a m t e im Sinne d e s S t r a f r e c h t s w ä r e n d a h e r zusätzlich alle P e r s o n e n ( a u c h A n g e stellte u n d A r b e i t e r ) , d e r e n T ä t i g k e i t staatliche G e s a m t a u f g a b e n e r f ü l l t e . Seit d e m I n k r a f t t r e t e n d e r S t G B n. F. gilt n u n m e h r d i e L e g a l d e f i n i t i o n in § 11 I S t G B n. F. mit d e n K a t e g o r i e n „ A m t s t r ä g e r " , „ R i c h t e r " u n d „ f ü r d e n ö f f e n t l i c h e n D i e n s t b e s o n d e r s V e r p f l i c h t e t e r " 5 7 . „ A m t s t r ä g e r " (§ 1 1 1 N r . 2 S t G B ) ist „ w e r n a c h d e u t s c h e m R e c h t a) B e a m t e r o d e r R i c h t e r ist, b ) in e i n e m sonstigen ö f f e n t lich-rechtlichen A m t s v e r h ä l t n i s s t e h t o d e r c) sonst d a z u bestellt ist, b e i e i n e r B e h ö r d e o d e r bei e i n e r sonstigen Stelle o d e r in d e r e n A u f t r a g A u f g a b e n d e r ö f f e n t l i c h e n V e r w a l t u n g w a h r z u n e h m e n " ; „ R i c h t e r " ( § 1 1 1 N r . 3 S t G B ) ist „ w e r nach deutschem Recht Berufsrichter oder ehrenamtlicher Richter ist"; „für den ö f f e n t l i c h e n D i e n s t b e s o n d e r s V e r p f l i c h t e t e r " ( § 1 1 1 N r . 4 S t G B ) ist, „ w e r , o h n e A m t s t r ä g e r zu sein, a) bei e i n e r B e h ö r d e o d e r bei e i n e r sonstigen Stelle, die A u f g a b e n d e r ö f f e n t lichen V e r w a l t u n g w a h r n i m m t , o d e r 55
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Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 1976, S. 8ff.; Rüfner, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, § 51 II 2. - Die Rspr. bejaht die Beamteneigenschaft im haftungsrechtlichen Sinn für Schiedsmänner (BGHZ 36, 193; vgl. auch BGH DVB1. 1970, 674f.), Angehörige der Freiwilligen Feuerwehr (BGHZ 20, 290), Sachverständige eines TÜV (OLG Celle MDR 1953, 676); vgl. ferner die Bsp. in BGH VRspr. 23, 184f. - Verneint für Ärzte einer Universitätsklinik gegenüber Patienten (BGHZ 9, 145 ff.), Schrankenwärter (OLG Braunschweig, VkBl. 1954, 418), Arzt als vom Gericht beauftragter Sachverständiger (BGH JZ 1973, 24ff); Bauunternehmer, der von Gemeinde zur Aufstellung von Verkehrszeichen beauftragt ist (BGH DVB1. 1974,285 ff.). BGHSt. 8,22; 11,349. Vgl. dazu Schönke / Schröder, StGB, Rdnr. 17 ff. zu § 11.
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b) bei einem Verband oder sonstigen Zusammenschluß, Betrieb oder Unternehmen, die für eine Behörde oder für eine sonstige Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ausführen, beschäftigt oder für sie tätig und auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet ist." Einen einheitlichen strafrechtlichen Beamtenbegriff gibt es also nicht mehr. In der Sache hat sich jedoch nicht viel geändert: Das frühere Merkmal der Erfüllung „staatlicher Gesamtaufgaben" ist nunmehr verbal, nicht inhaltlich durch Wahrnehmung von „Aufgaben der öffentlichen Verwaltung" ersetzt worden. Lediglich das Erfordernis förmlicher Verpflichtung „auf Grund eines Gesetzes" in § 1 1 1 Nr. 4 StGB könnte in der Praxis zu einer einschränkenden Anwendung des Begriffes des „für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten" führen. Bei Anwendung früherer Rspr. (d. h. vor dem 1. 1. 1975, dem Datum des Inkrafttretens des § 11 StGB n. F., ergangener Entscheidungen) ist daher Vorsicht geboten. Jedoch ist nach wie vor gleichgültig, ob die Tätigkeit hoheitlicher oder nicht hoheitlicher, höherer oder niederer Art ist.. Auch fiskalisches Handeln fällt hierunter, wenn es primär der Daseinsvorsorge und nicht ausschließlich der Erwerbswirtschaft dient 58 . d) Verhältnis der Beamtenbegriffe zueinander: Die Beamtenbegriffe decken sich nicht. Der engste ist der staatsrechtliche Beamtenbegriff, der nur die formell ernannten Beamten (also nicht Angestellte und Arbeiter) umfaßt. Weiter geht der haftungsrechtliche Beamtenbegriff, der jedermann (also auch den Angestellten und Arbeiter) umfaßt, dem ein öffentliches Amt anvertraut ist. Am weitesten ist der strafrechtliche Begriff des Amtsträgers und des für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten, weil darunter jede Person fällt, deren Tätigkeit Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfüllt 59 . Jeder Beamte im staatsrechtlichen Sinn und jeder Beamte im haftungsrechtlichen Sinn ist zugleich Amtsträger oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter im strafrechtlichen Sinn. Dagegen ist nicht jeder Beamte im staatsrechtlichen Sinn auch Beamter im haftungsrechtlichen Sinn und umgekehrt nicht jeder Beamte im haftungsrechtlichen Sinn auch Beamter im staatsrechtlichen Sinn: der förmlich ernannte, aber fiskalisch handelnde Beamte ist Beamter im staats58
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BGH NJW 1952, 191; NJW 1958, 1932. - Die Rspr. bejaht die Beamteneigenschaft für Postfacharbeiter (OLG Bremen NJW 1950, 98), Kassierer einer AOK (RGSt. 76, 105), Angestellte einer Berufsgenossenschaft (BGHSt. 6, 272), öffentl. Fleischbeschauer (RGSt. 73, 169), Hundefänger mit polizeil. Befugnissen (RGSt. 30, 29), Angestellte bei als A G oder GmbH betriebenen Versorgungs- und Verkehrsgesellschaften der öffentlichen Hand (RGSt. 67, 299; KG JR 1961, 228; a. A. zutreffend Wiedemann, NJW 1952, 852, und Jessen, MDR 1962, 526). Verneint für Fahrkartenverkäufer einer Privatbahn (RG D R 1940, 2062), Vormund (RGSt. 39, 204), Vertragsarzt für Gefängnis (RGSt. 33, 29), Wahlvorsteher (BGHSt. 12,108), Abgeordnete (BGHSt. 5,106). Bauch, a. a. O., S. 24 und Fischbach, BBG I, S. 96, sehen m. E. ungenau den wesentl. Unterschied zwischen dem haftungsrechtl. und dem strafrechtl. Beamtenbegriff in der Unterscheidung von „Innenverhältnis" und „Außenverhältnis".
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rechtlichen Sinn, nicht aber im haftungsrechtlichen; der mit einem öffentlichen Amt betraute und hoheitlich handelnde Angestellte ist Beamter im haftungsrechtlichen Sinn, nicht aber im staatsrechtlichen. Die Zerreißung des Beamtenbegriffs ist ungut 60 , aber durch seine unterschiedlichen Rechtsfunktionen bedingt: Für die Begründung der beamtenrechtlichen Pflichten und Rechte (z. B. Besoldung, Disziplinarrecht) ist ein jeglichen Zweifel ausschließender Beamtenbegriff erforderlich; deshalb ist hier der an das formale Merkmal formgerechter Ernennung anknüpfende Beamtenbegriff sinnvoll. Dagegen kann es für die Haftung des Staates gegenüber dem Bürger nicht auf den Formalakt der Ernennung ankommen, der für den Geschädigten nicht erkennbar und nicht interessant ist, sondern nur darauf, ob die Schädigung aus der Ausübung eines öffentlichen Amtes herrührt. Wieder anders im Strafrecht: der mehrschichtige Strafbarkeitsgrund (Bruch des Treueverhältnisses gegenüber dem Staat, Mißbrauch staatlicher Machtbefugnisse, Vereitelung der Erfüllung staatlicher Aufgaben 61 ) erzwingt eine mehrschichtige Anknüpfung, die im einen Fall auf die Ernennung, im anderen auf die Tätigkeit abstellt. e) Reformvorschlag: Ist nach geltendem Recht die Zerreißung des Beamtenbegriffs nicht zu vermeiden, so könnte sie doch de lege ferenda gemildert werden: Der staatsrechtliche und der haftungsrechtliche Beamtenbegriff könnten wenigstens teilweise vereinheitlicht werden, wenn der Beamte im staatsrechtlichen Sinne immer - also auch bei fiskalischem Handeln - als Beamter im haftungsrechtlichen Sinn angesehen würde 62 ; hierfür spricht auch der Umstand, daß der Staat es weitgehend in der Hand hat, ob er hoheitlich oder fiskalisch tätig werden will, und daß -wie die Diskussion über die Fiskalgeltung der Grundrechte zeigt - das fiskalische Handeln des Staates trotz gleicher äußerer Rechtsform inhaltlich etwas anderes ist als das Handeln einer Privatperson 63 . Staats- und haftungsrechtlicher Beamtenbegriff würden dann nur noch hinsichtlich der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst auseinanderfallen.
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Vgl. W. Jellinek, HdbDtStR II, S. 30: „Wirklich sinnvoll ist nur ein einheitlicher Beamtenbegriff, da dessen strafrechtliche, beamtenrechtliche und sonstige Ausstrahlungen aufs engste miteinander zusammenhängen." Beispiel für diese Gründe: Vertrauensbruch im auswärtigen Dienst (§ 353a StGB); Rechtsbeugung (§ 336 StGB); Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB). Zur Problematik allgemein vgl. H. Wagner, Amtsverbrechen, 1975. So - g e g e n die h. L. - Friesenhahn, RStW II (1950), S. 279. Vgl. W. Mallmann / K. Zeidler, W D S t R L 19 (1961), S. 165 ff. - Auch der Kommissionsbericht Reform des Staatshaftungsrechts, 1973, geht - bei Festhalten an der hergebrachten Unterscheidung von öffentlichem und privatem Recht in Haftungssachen davon aus, daß es Bereiche gibt, in denen der Umfang „der staatlichen Haftung nicht allein davon abhängen darf, ob hoheitlich oder privatrechtlich gehandelt worden ist" (S. 116). Zur Haftung der öffentl. Bediensteten nach den Vorschlägen zur Reform des Staatshaftungsrechts: D. Ehlers, ZBR 1977, 180ff.; der Gesetzentwurf der BReg zur Änderung des Art. 34 GG ist abgedruckt in: BRats-Drucks. 214/78.
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2. Beamtenarten Die Beamtenarten lassen sich nach mehreren Kriterien unterscheiden, nämlich a) nach der juristischen Person, in deren Diensten der Beamte steht (sog. Dienstherr), d. h. ob es sich um Beamte des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes oder einer sonstigen Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts mit Dienstherrnfähigkeit handelt, b) ob es sich um Berufsbeamte oder c) um Ehrenbeamte handelt. Innerhalb dieser Gruppen sind weitere Unterteilungen möglich. a) Bundesbeamte, Landesbeamte, Gemeindebeamte: Bundesbeamter ist nach der Legaldefinition in § 2 I BBG „wer zum Bund oder zu einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts in einem öffentlichrechtlichen Dienst- und Treueverhältnis (Beamtenverhältnis) steht". Wer den Bund zum Dienstherrn hat, ist sog. unmittelbarer Bundesbeamter, so z. B. die Beamten der BMinisterien und der ihnen nachgeordneten Behörden, des BTages, der BBahn, der BPost und die Polizeivollzugsbeamten des Bundes 64 . Dagegen ist mittelbarer Bundesbeamter, wer nicht unmittelbar den Bund, sondern eine bundesunmittelbare rechtsfähige Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zum Dienstherrn hat, z. B. den Bundesverband für den Selbstschutz (Körperschaft), die Deutsche Bundesbank (Anstalt) oder die Stiftung „Preußischer Kulturbesitz" 65 . Das BBG gilt sowohl für die unmittelbaren als auch für die mittelbaren Bundesbeamten; deshalb ist die Trennung beider Beamtenarten normalerweise ohne praktische Bedeutung 66 . Für den Begriff der Landesbeamten und der Gemeindebeamten gelten die dem § 2 I BBG entsprechenden (d. h. auf das Land bzw. die Gemeinde bezogen) Legaldefinitionen in den Landesgesetzen 67 . b) Berufsbeamte: Der Normalfall des Beamten ist der Berufsbeamte, d. h. derjenige, für den der öffentliche Dienst Haupt- und Lebensberuf ist68. Innerhalb der Berufsbeamten kann nach der Dauer des Beamtenverhältnisses unterschieden werden: Die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit9 ist der häufigste Fall, 64 65
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Vgl. § 2 II S. 1 BBG; § 176 BBG; § 19 BBahnG; § 2 3 1 Post VerwG; § 1 BPolBG. Vgl. § 11 Abs. 1 des G über die Erweiterung des Katastrophenschutzes vom 9. Juli 1968 (BGBl. I, S. 776); § 131 G üb. die Stiftung Preuß. Kulturbesitz vom 25. Juli 1957 (BGBl. I,S. 841). Wie hier E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 38 zu § 2; a. A.: Wolff/ Bachof, VwR II, § 110 Ib, die eine mittelbare Treue- und Fürsorgepflicht annehmen. §§ 1, 2 bad.-württ. LBG; Art. 1, 2 bayer. LBG; § 2 berl. LBG; § 2 brem. LBG; §§ 1, 2 hamb. BG; §§ 1, 2 hess. BG; §§ 1, 4 nieders. BG; § 2 nordrh.-westf. LBG; § § 1 , 5 rheinl. -pfälz. LBG; §§ 1 , 2 saarl. BG; §§ 1, 2 schlesw.-holst. LBG. Vgl. BGHZ 16,129; Fischbach, BBG I, S. 13. § 5 I Nr. 1 BBG; § 3 1 Nr. 1BRRG.
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aber nicht wörtlich zu nehmen, da das Beamtenverhältnis mit dem Eintritt in den Ruhestand endet. Der Beamte auf Zeit wird nur für eine bestimmte Zeitdauer in das Beamtenverhältnis berufen 70 , z. B. die auf 5 Jahre ernannten Vorstandsmitglieder der BBahn 71 , ferner die Wahlbeamten, insbesondere die von den kommunalen Vertretungskörperschaften gewählten leitenden Beamten der Gemeinden und Gemeindeverbände 72 . Beamter auf Widerruf ist, wer den vorgeschriebenen oder üblichen Vorbereitungsdienst ableistet (Bsp.: Referendar) 73 oder nur nebenbei oder vorübergehend Beamtenaufgaben erfüllt (Bsp.: Posthalter) 74 . Beamter auf Probe ist, wer zur späteren Verwendung als Beamter auf Lebenszeit eine Probezeit abzuleisten hat 75 (Bsp.: Assessor); dies ist für alle Laufbahnbeamten vorgesehen 76 . Die Beamten auf Probe und Beamten auf Widerruf sind - solange sie nicht angestellt sind - haushaltsrechtlich gesehen „nichtplanmäßige Beamte", d. h. sie haben — anders als die planmäßigen Beamten — keine im Haushaltsplan ausgewiesene Planstelle. Die Ausbringung einer Planstelle im Haushaltsplan bedeutet die Bereitstellung der entsprechenden finanziellen Mittel und die Erhebung des betreffenden Aufgabenkreises zu einer dauernd von einem Beamten wahrzunehmenden Amtsstelle 77 . Ein Amt ( = Gesamtheit der Aufgaben, die einem Träger öffentlicher Gewalt für einen bestimmten Bereich zugewiesen sind) darf gemäß § 49 BHO nur zusammen mit der Einweisung in eine besetzbare Planstelle verliehen werden. Die Ausbringung der Planstelle veranschaulicht der auf Seite 22 abgedruckte Haushaltsplan für ein kleines (inzwischen aufgelöstes) Bundesministerium. Nach der für die Wahrnehmung des Amtes erforderlichen Vorbildung und Ausbildung sind bei den Berufsbeamten die Laufbahnbeamten von den anderen, freien Bewerbern zu unterscheiden. Die „Laufbahn" umfaßt alle Ämter derselben Fachrichtung, die eine gleiche Vorbildung und Ausbildung voraussetzen 78 ,z. B. Auswärtiger Dienst, fernmeldetechnischer Postdienst, Lokomotivbetriebsdienst. Innerhalb der Laufbahnfachrichtung gibt es die 4 Laufbahngruppen des einfachen Dienstes (Hauptschulbildung; Ämter: Amtsgehilfe bis Amtsmeister), des mittleren Dienstes (Hauptschulbildung; Assistent bis Hauptsekretär), des gehobenen Dienstes (Realschulbildung; 70 72 73
74 75 76 77 78
§ 5 IV BBG; §§ 3 1 Nr. 2,95 BRRG. 7 1 § 8 III S. 4 BBahnG. Vgl. dazu den Abschn. von Unruh, Gemeinderecht, 2. Abschnitt, I 4 cee. § 5 II BBG; § 3 I Nr. 4 BRRG. - Vgl. auch Schwechten, Die beamtenrechtliche Sonderstellung des Rechtsreferendars, Diss. Bochum 1974. Zur besonderen Rechtsstellung des Posthalters vgl. Ule, ZBR 1975,129ff. § 5 I Nr. 2 BBG; § 31 Nr. 3 BRRG. §§ 1 6 , 2 0 , 2 5 , 30 BLV. Vgl. E. Plog/A. Wiedow / G. Beck, Rdnr. 18 zu § 6. § 2 II BLV. Dazu im einzelnen Ebert, a. a. O., S. 59 ff. Zur Zuordnung der Bildungsgänge und ihrer Abschlüsse zu den Laufbahnen vgl. § 15 a BBG; § 13 BRRG.
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Inspektor bis Oberamtmann) und des höheren Dienstes (Hochschulstudium; Regierungsrat bis Staatssekretär) 79 . Unter bestimmten Voraussetzungen ist der Aufstieg von einer niederen in die nächsthöhere Laufbahngruppe möglich (^4«/stiegsbeamte)80. Auch können mehrere Laufbahngruppen zu einer Einheitslaufbahn zusammengefaßt werden, die unten beginnt und bis zum höchsten Amt führen kann 81 . - Zu Vorschlägen zur Fortentwicklung des Laufbahnrechts im Rahmen einer Dienstrechtsreform vgl. unten Abschn. VIII. Neben den Laufbahnbewerbern können andere, freie Bewerber in das Beamtenverhältnis berufen werden, die zwar nicht die für die betreffende Laufbahn erforderliche Vorbildung besitzen, aber die Befähigung dafür durch Lebens- und Berufserfahrung innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes erworben haben 82 . Eine Sondergruppe der Berufsbeamten bilden die sog. politischen Beamten. Das sind Beamte, die ein Amt bekleiden, bei dessen Ausübung sie in fortdauernder Übereinstimmung mit den grundsätzlichen politischen Ansichten und Zielen der Regierung stehen müssen. Welche Beamten hierunter fallen, ist für den Bund in § 36 I BBG, für die Länder in den entsprechenden Bestimmungen der Landesbeamtengesetze abschließend geregelt 83 ; danach sind politische Beamte z. B. die Staatssekretäre und Ministerialdirektoren, der Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung und sein Stellvertreter, die Präsidenten der Ämter für Verfassungsschutz, der Generalbundesanwalt und die Generalstaatsanwälte, in einigen Ländern auch die Regierungspräsidenten und Polizeipräsidenten. Die politischen Beamten können jederzeit, allerdings nicht offensichtlich willkürlich, in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Sinn dieser beamtenrechtlich nicht ganz unbedenklichen, aber - bei nicht zu großer Ausweitung des Personenkreises - haltbaren Regelung ist es, diejenigen hohen Beamten, die mit der Regierung besonders eng zusammenarbeiten müssen, bei Fortfall des gegenseitigen Vertrauens ablösen zu können 84 . Die bloße Zugehörigkeit zu bestimmten Altersjahrgängen („Verjüngungsaktion") ist also kein sachgemäßer Grund für die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand 85 . c) Ehrenbeamte, d. h. Personen, die neben ihrem eigentlichen bürgerlichen Beruf ein hoheitliches Amt im organisatorischen Sinne ohne Besoldung und ohne 79 80 82 83
84
85
Vgl. § 2 1 BLV. Vgl. §§ 21, 26, 31, BLV. 8 1 Vgl. § 11 IIS. 2 B R R G . Vgl. §§ 7 1 Nr. 3 b, 21 B B G . Kritisch dazu Grabendorff, D Ö V 1 9 5 3 , 3 2 2 . § 31 B R R G ; § 71 berl. LBG; § 57 hess. BG; § 47 niedere. B G ; § 38 nordrh.-westf. LBG; § 50 rheinl.-pfälz. LBG; § 48 schlesw.-holst. LBG. - Zum polit. Beamten allg.: Kugele, Der politische Beamte, 1977; W. Thieme, in: öffentlicher Dienst und politischer Bereich (Schriftenr. d. Hochsch. Speyer, Bd. 37), 1967, S. 149, und die Hinw. bei C. Brodersen, JuS 1 9 7 7 , 6 9 4 . Vgl. BVerfG E 7, 155ff. (166); BVerwG E 19, 332ff. (335); OVG Münster Z B R 1958, 141; Ule, G R e IV/2, S. 575 ff., 600f.; kritisch Juncker, Z B R 1 9 7 4 , 2 0 5 ff. BVerwG NJW 1977, 1335 f. = Z B R 1977, 282ff. m. A n m . Juncker, S. 285; C. Brodersen, JuS 1977, 694; O V G Münster DVB1. 1974, 169 ff.
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Auszug aus dem Bundeshaushaltsplan 1968 Bundesministerium für Angelegenheiten des Bundesrates und der Länder
Tit.
Zweckbestimmung
Betrag 1968 DM
Betrag 1967 DM
Ist-Ergebnis 1966 1000 DM
1
2
3
4
5
643 000
496
100 101
Personalausgaben Bezüge des Ministers Dienstbezüge, Zulagen und Zuwendungen der planmäßigen Beamten (. . .) Planstellen
Feste Gehälter: Bes.-Gr. B 11 1 Staatssekretär Bes.-Gr. B 3 1 Minsterialrat Aufsteigende Gehälter: Bes.-Gr. A 16 2 Ministerialräte Bes.-Gr. A 15 4 Regierungsdirektoren Bes.-Gr. A 14 2 Oberregierungsräte Bes.-Gr. A 1 3 2 Regierungsräte Bes.-Gr. A 1 3 1 Oberamtsrat Bes.-Gr. A 12 1 Amtsrat . Bes.-Gr. A l l 1 Regierungsamtmann Bes.-Gr. A 10 1 Regierungsoberinspektor Bes.-Gr. A 8 1 Regierungshauptsekretär Bes.-Gr. A 3 1 Hauptamtsgehilfe Zusammen 18(18)
101600 558 000
Erläuterungen Zu Tit. 101 Veranschlagt sind: Grundgehalt einschließlich Stellenzulagen 427121 DM Ortszuschlag 70 356 DM Kinderzuschlag 16 200 DM Zulagen und Zuwendungen . Aufwandsentschädigungen (Ministerialzulagen) 30000 DM Schulbeihilfen Sterbegeld Jährliche Sonderzuwendüngen 14 285 DM Jubiläumszuwendungen . . . Bekleidungsentschädigung bei angeordneter Teilnahme an Manövern, Übungen, Katastropheneinsätzen u. ä Zusammen 557 962 DM Aufgerundet 558 000 DM
Versorgungsansprüche wahrnehmen 86 , spielen hauptsächlich in der kommunalen Selbstverwaltung eine Rolle 8 7 . Im Bundesbereich sind Ehrenbeamte selten; zu erwähnen sind hier die Honorarkonsularbeamten (Wahlkonsuln), die im Gegen86
87
Vgl. §§ 5 III, 177 BBG; §§ 3 II, 115 BRRG; § 7 V bad.-württ. LBG; Art. 6 II bayer. BG; § 7 II berl. LBG; § 6 VI brem. BG; § 5 II hamb. BG; § 6 II hess. BG; § 6 1 Nr. 5 nieders. BG; § 5 IV nordrh.-westf. LBG; § 7 III rheinl.-pfälz. LBG; § 6 I Nr. 5 saarl. BG; § 6 IV schlesw.-holst. LBG. - Vgl. auch Wolff/Bachof, VwR II, § 11011b. Vgl. von Unruh, Gemeinderecht, 2. Abschnitt, 14 c ee.
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satz zu den Berufskonsularbeamten (Berufskonsuln) in der Regel Angehörige des Aufnahmestaates, d. h. des Staates, auf dessen Staatsgebiet das Konsulat sich befindet, sind 88 . Von einzelnen ehrenamtlichen Tätigkeiten, wie Wahlvorsteher, Schöffe und Geschworener, unterscheidet der Ehrenbeamte sich formell dadurch, daß ihm eine Ernennungsurkunde („unter Berufung in das Beamtenverhältnis als Ehrenbeamter") ausgehändigt wird und materiell dadurch, daß für ihn die Beamtengesetze - allerdings mit den sachgegebenen Abweichungen - gelten.
3. Begründung des Beamtenverhältnisses a) Allgemeine Voraussetzungen: Ein Beamtenverhältnis kann nur unter bestimmten objektiven und subjektiven Voraussetzungen begründet werden. Objektive Voraussetzung ist zunächst, daß bestimmte Auf gaben, nämlich hoheitsrechtliche Aufgaben oder solche Aufgaben wahrgenommen werden sollen, die aus Gründen der Sicherung des Staates oder des öffentlichen Lebens nicht ausschließlich privatrechtlich beschäftigten Personen übertragen werden dürfen 8 9 . Der Begriff der „hoheitsrechtlichen Aufgaben" ist gesetzlich nicht definiert, die Abgrenzung zu den nicht-hoheitsrechtlichen Aufgaben ist schwierig 90 . Hoheitsrechtliche Aufgaben sind nicht nur solche der Eingriffsverwaltung, sondern auch der Leistungsverwaltung 91 , nicht dagegen rein fiskalische und rein mechanische Tätigkeiten. Zweck dieser Eingrenzung der durch Beamte wahrzunehmenden Aufgaben ist es, die Verwaltung daran zu hindern, den durch besondere Rechte und Pflichten gekennzeichneten Beamtenstatus mißbräuchlich zu verwenden. Objektive Voraussetzung ist ferner, daß eine besetzbare Planstelle vorhanden ist 92 . Ein Rechtsanspruch auf Ausweisung (Schaffung) neuer zusätzlicher Planstellen besteht nicht 93 . Subjektive Voraussetzungen sind solche, die in der Person des Bewerbers liegen.
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Zu Einzelheiten vgl. das G über die Konsularbeamten, ihre Aufgaben und Befugnisse (KonsularG) vom 11. September 1974 (BGBl. 19741, S. 2317ff.). Vgl. § 4 BBG, § 2 II BRRG; § 5 bad.-württ. LBG; Art. 5 bayer. BG; § 6 II berl. LBG; § 5 brem. BG; § 4 hamb. BG; § 5 hess. BG; § 5 nieders. BG; § 4 nordrh.-westf. LBG; § 6 rheinl.-pfälz. LBG; § 5 saarl. BG; § 5 schlesw.-holst. LBG. Vgl. Kirchhoff, Der Begriff der hoheitsrechtlichen Befugnisse in Art. 33 Abs. IV des Grundgesetzes, 1968. Vgl. auch die Hinw. bei Matthey, Art. 33 Rdnr. 30ff., in: von Münch, GGK II, 1976. Leisner, in Leisner (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, 1975, S. 121 ff.; Wolfg. Loschelder, ZBR 1977, 265 ff.; Maunz,in: Maunz / Durig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 33 zu Art. 33; E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 3 zu § 4; a. A. (nur Eingriffsverwaltung): W. Thieme, a. a. O., S. 57; vgl. auch Otto, ZBR 1956,233. Vgl. §§ 17 V, 49 BHO (dies gilt nicht f. Beamtenverh. auf Widerruf). VG Augsburg D Ö V 1978, 367ff. (367).
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So muß der Bewerber Deutscher i. S. des Art. 116 I GG sein 94 . Besteht für die Gewinnung eines Ausländers ein dringendes dienstliches Bedürfnis, so kann mit im freien Ermessen stehender, aber unwiderruflicher Genehmigung des Bundesinnenministers für Bundesbeamte bzw. des Landesinnenministers für Landesbeamte von diesem Erfordernis abgesehen werden; Beispiel hierfür ist die Gewinnung von ausländischen Hochschullehrern für Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland. Die Ernennung eines Ausländers zum Beamten hat nicht zur Folge, daß er damit automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt. Die gegenteilige Regelung der §§ 14, 151 RuStAngG (historischer Anwendungsfall: Hitlers Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch seine 1932 vom braunschweigischen Staatsminister für Inneres und Volksbildung, Klagges, vorgenommene Ernennung zum Beamten 95 ) ist durch § 194 BBG aufgehoben worden. Eine weitere Ausnahme vom Erfordernis der deutschen Staatsangehörigkeit bzw. Volkszugehörigkeit gilt für Honorarkonsularbeamte 96 . - Der Bewerber muß ferner die Gewähr dafür bieten, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung i. S. des GG eintritt 97 ; er muß - im Fall des Laufbahnbewerbers - die nach den LaufbahnVOen für seine Laufbahn vorgeschriebene oder übliche Vorbildung besitzen und den vorgeschriebenen oder üblichen Vorbereitungsdienst mit einer Prüfung erfolgreich abgeschlossen haben bzw. - im Fall des anderen, freien Bewerbers — die erforderliche Befähigung durch Lebens- und Berufserfahrung erworben haben 98 ; es müssen in bezug auf das Lebensalter bestimmte Mindestund Höchstgrenzen beachtet werden 99 ; er muß die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter besitzen 100 , und es darf kein Grund vorliegen, der zur Nichtigkeit oder zur zwingend vorgeschriebenen Rücknahme der Ernennung führen
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Vgl. § 7 I Nr. 1 BBG; § 4 I Nr. 1 BRRG; § 6 I Nr. 1 bad.-württ. LBG; Art. 9 I Nr. 1 bayer. BG; § 9 1 Nr. 1 berl. LBG; § 8 1 Nr. 1 brem. BG; § 6 1 Nr. 1 hamb. BG; § 7 I Nr. 1 hess. BG; § 9 Nr. 1 nieders. BG; § 6 1 Nr. 1 nordrh.-westf. LBG; § 9 1 Nr. 1 rheinl.-pfälz. LBG; § 7 Nr. 1 saarl. BG; § 9 1 Nr. 1 schlesw.-holst. LBG. „Das Braunschweigische Staatsministerium hat beschlossen, den Schriftsteller Adolf Hitler, in München,. . . im Braunschweigischen Staatsdienste unter Ernennung zum Regierungsrat anzustellen, ihm die freie Planstelle eines Regierungsrates bei dem Landeskultur- und Vermessungsamt zu verleihen . . ." (Die Weimarer Republik. Zur Geschichte in Texten, Bildern und Dokumenten. Hrsg. von F. A. Krummacher / A. Wucher, 1965, S. 335). § 1771 Nr. 2 BBG. § 7 Nr. 2 BBG; § 4 1 Nr. 2 B R R G ; § 6 1 Nr. 2bad.-württ. LBG; Art. 9 1 Nr. 2 bayer. BG; § 9 I Nr. 2 berl. LBG; § 8 I Nr. 2 brem. LBG; § 6 1 Nr. 2 hamb. BG; § 7 1 Nr. 2 hess. BG; § 9 Nr. 2 nieders. BG; § 6 1 Nr. 2 nordrh.-westf. LBG; § 9 1 Nr. 2 rheinl.-pfälz. LBG; § 7 Nr. 2 saarl. BG; § 9 I Nr. 2 schlesw.-holst. LBG. - Zum Begriff der freiheitl. demokrat. Grundordnung vgl. BVerfG E 2, l f f . (13) - SRP-Urteil - und 5, 85 ff. (140) - KPD-Urteil. — Zur Einstellung von Bewerbern, die Mitglieder von Parteien oder Organisationen sind, die die verfassungsmäßige Ordnung bekämpfen, vgl. unten S. 55 f. § 7 1 Nr. 3 BBG, § 4 1 Nr. 3 BRRG. §§ 21IV, 2 6 I V , 311, 32 BLV. 100 Vgl. §§ 4 5 - 4 5 b StGB.
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würde; er muß die erforderliche charakterliche Eignung besitzen; er darf schließlich nicht Mitglied
des Bundestages
sein101.
b) Ernennung: Der Begriff der Ernennung ist ein Oberbegriff, der mehrere Verwaltungsakte umfaßt, nämlich 1. die Einstellung als Beamter (also die Begründung des Beamtenverhältnisses); 2. die erste Verleihung eines Amtes (die sog. Anstellung; Bsp.: Ernennung zum Regierungsrat), die in der Regel, aber nicht notwendig mit der Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit zusammenfällt; 3. die Verleihung eines anderen Amtes mit anderem Endgrundgehalt und anderer Amtsbezeichnung (Bsp.: Beförderung eines Regierungsrates zum Oberregierungsrat); 4. die Umwandlung des Beamtenverhältnisses (Bsp.: Ernennung des Beamten auf Probe zum Beamten auf Lebenszeit). aa) Zuständig zur Ernennung von Bundesbeamten ist derBPräs. 1 0 2 , soweit nicht - wie z. B. für die Beamten des BTages, des BRates und des BVerfG 1 0 3 - etwas anderes bestimmt ist. Der BPräs. kann die Ausübung des Ernennungsrechtes anderen Stellen übertragen, wovon er in weitem Umfang Gebrauch gemacht hat 1 0 4 . Strittig ist, ob der BPräs. einen vom zuständigen BMin. gemachten Ernennungsvorschlag ablehnen darf 1 0 5 ; die h. L. bejaht ein sog. materielles Prüfungsrecht des BPräs. in bezug auf Beamtenernennungen. Die Landesbeamten werden entweder vom Ministerpräsidenten (Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein), von der Landesregierung (Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland), oder vom Senat (Berlin, Bremen, Hamburg) ernannt, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Auch hier besteht die Möglichkeit der Übertragung dieser Befugnis auf andere Stellen. bb) Form der Ernennung: Die Ernennung ist aus Gründen der Rechtssicherheit streng formgebunden; sie erfolgt durch Aushändigung einer Urkunde (Formalprinzip; Urkundsprinzip), die enthalten muß die Worte „unter Berufung in das Beamtenverhältnis" mit dem die Art des Beamtenverhältnisses bestimmenden Zusatz („auf Probe", „auf Widerruf", „auf Zeit" mit der Angabe der Zeitdauer, „auf Lebenszeit", „als Ehrenbeamter"). Die Aushändigung der Urkunde hat, anders 101
102 103 104
105
Arg. aus § 28 II BBG, § 33 II BRRG. Zur Rechtsstellung der in den Bundestag gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes vgl. unten S. 67. - Die Unvereinbarkeit (Inkompatibilität) von Landtags-Abgeordnetenmandat und Beamtenstellung ist auch in mehreren Bundesländern gesetzlich festgelegt; vgl. z. B. § 3 Ia u. b Saarl. Gesetz Nr. 970 über den Landtag des Saarlandes vom 20. Juni 1973 (ABl. S. 517), dazu BVerfG DVB1. 1975, 991 ff., 994; das nordrh.-westf. RechtsstellungsG vom 25. April 1972 (GVBI. S. 100), geändert durch Gesetz vom 18. März 1975 (GVBI. S. 240). Art. 6 0 1 G G , § 101 BBG. - Gegenzeichnungspflicht gemäß Art. 58 S. 1 GG. Vgl. § 176 BBG. Anordnung des BPräs. über die Ernennung und Entlassung der Bundesbeamten und Richter im Bundesdienst vom 3. Juli 1969 (BGBl. I, S. 713). Vgl. Belau, D Ö V 1951, 339ff.; Fischbach, BBG I, S. 193; von Mangoldt / Klein, GG, S. 1178; Maunz in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 2 zu Art. 60; Menzel, BK, Erl. II 7 zu Art. 60; E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 4 zu § 10; Hemmrich, Art. 60 Rdnr. 14, in: von Münch, GGK II, 1976. 106 RGZ 139,305.
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als nach der Rspr. des RG, die ihr nur delatorische Wirkung beilegte 106 , konstitutive Wirkung mit der Folge, daß ohne Aushändigung der formgerechten Urkunde eine Ernennung nicht vorliegt 107 . Der Zeitpunkt, in dem die Ernennung wirksam wird, ist der Tag der Aushändigung der Ernennungsurkunde, es sei denn, daß in der Urkunde ausdrücklich ein späterer Ernennungstag bestimmt ist. Eine Ernennung auf einen zurückliegenden Zeitpunkt ist unzulässig; erfolgt sie trotzdem, so ist erst der Tag der Aushändigung maßgebend 108 . Der Begriff der Aushändigung ist gesetzlich nicht definiert. Eine Aushändigung liegt jedenfalls dann vor, wenn die Originalurkunde mit dem Willen der zuständigen Behörde in die Hände des zu Ernennenden gelangt ist und dieser sie vorbehaltlos annimmt 109 (Ernennung = mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt; früher Str.). Keine Aushändigung liegt vor, wenn nur eine Abschrift übergeben wurde, nur Einblick in die bei den Personalakten befindliche Urkunde gewährt wurde oder die Urkunde durch Diebstahl der Verfügungsmacht der zuständigen Behörde entzogen worden ist 110 . Problematisch sind die Fälle, in denen die Urkunde einem Vertreter oder Bevollmächtigten des zu Ernennenden übergeben oder ihm formlos postalisch oder durch die Behörde zugestellt wird 111 . Da es entscheidend auf die Sicherung der Besitzverschaffung an der Urkunde und die genaue Kenntnis des Aushändigungsdatums ankommt, kann anstelle der Übergabe von Hand zu Hand nur durch eigenhändig zuzustellenden eingeschriebenen Brief mit Rückschein oder durch Postzustellungsurkunde unter Ausschluß der Ersatzzustellung zugestellt werden 112 . Eine Zustellung im Ausland ist nur mittels Ersuchens der zuständigen Behörde des fremden Staates oder der konsularischen oder diplomatischen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in jenem Staat möglich (§ 14 VwZG); ein Verstoß gegen dieses zwingende Erfordernis ist nicht (wie andere Zustellungsmängel gemäß § 9 I VwZG) heilbar. cc) Gibt es einen allgemeinen Anspruch auf Ernennung? Gemäß Art. 33 II GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt; die Auslese der (durch Stellenausschreibung 113 zu ermittelnden) Bewerber ist ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse, Glauben, religiöse oder politische Anschauungen, Herkunft oder
107
108 109 110
111 112 113
Arg. aus: § 6 II S. 1 BBG; § 5 II S. 1 BRRG; § 12 I S. 1 bad.-württ. LBG; Art. 8 I S. 1 bayer. BG; § 8 II S. 1 berl. LBG; § 7 II S. 1 brem. BG; § 8 II S. 1 hamb. BG; § 9 II S. 1 hess. BG; § 7 II S. 1 nieders. BG; § 8 II S. 1 nordrh.-westf. LBG; § 8 II S. 1 rheinl.-pfälz. LBG; § 10 II S. 1 saarl. BG; § 7 II schlesw.-holst. LBG. Vgl. § 10 II BBG, § 5 IV BRRG. E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, Rdnr. 7 zu § 6. Vgl. OVG Münster D Ö V 1961, 271; RGZ 142, 58; E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 7 zu § 6. Vgl. Bank, D Ö V 1964,769; Scheerbarth, a. a. O., S. 125; Dom, ZBR 1970,183ff. Vgl. RdSchr. d. BMI vom 8. Dezember 1966 (MinBIFin. vom 30. 1. 1967,113). Vgl. dazu M. von Hippel, Gleicher Zugang zu öffentlichen Ämtern durch Stellenausschreibung, 1972.
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Beziehungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen (Leistungsprinzip)114. Rechtsprechung und h. L. 115 verneinen ein unmittelbares Recht des Bewerbers auf Ernennung, da die Entscheidung darüber kraft der Personalhoheit (= Ämterhoheit) im Ermessen des Dienstherrn stehe; Art. 33 II GG gewähre nur das Recht, sich zu bewerben. Diese Auslegung wird dem Sinn des Art. 33 II GG nicht gerecht, der eine Doppelfunktion hat: den Schutz der Verwaltung und damit auch der Allgemeinheit vor ungeeigneten Bewerbern und den Schutz des einzelnen Bewerbers vor ungerechtfertigter Benachteiligung. Ein Recht auf Bewerbung kann allerdings diese doppelte Schutzfunktion allein nicht erfüllen. Entscheidend ist vielmehr die verfassungsrechtlich und beamtenrechtlich abgesicherte materielle Gewährleistung, daß bei der Entscheidung über die Ernennung lediglich die Leistung zählt und sachfremde Motive ausgeschaltet werden. So gesehen gibt es zwar kein allgemeines Recht auf Zugang zu öffentlichen Ämtern (auch wenn nur ein Bewerber vorhanden ist, hat er — wenn er nicht die erforderliche Qualifikation besitzt — kein Recht auf Ernennung), wohl aber ein Recht auf sachgerechte Beurteilung der Bewerbung unter dem Gesichtspunkt des gleichen Zugangs bei fachlicher Eignung116. Deshalb ist es verfassungswidrig, wenn eine Frau allein deshalb nicht zur Beamtin ernannt wird, weil einzelne Stadträte in Bayern „grundsätzlich die Verbeamtung einer Frau ablehnen" 117 , und wenn ein Bewerber um die Rektorenstelle einer christlichen Gemeinschaftsschule mit mehrheitlich katholischen Schülern nach Intervention des erzbischöflichen Ordinariats in Freiburg nur deshalb abgelehnt wird, weil er nicht katholisch ist 118 . Bei einer rechtswidrigen Benachteiligung können sich (Stichwort: Konkurrentenklage im Beamtenrecht? 119 ) schwierige prozessuale Fälle ergeben: a) Ist der andere (d. h. rechtswidrig bevorzugte) Bewerber noch nicht ernannt, steht aber seine Ernennung bevor, so kann der rechtswidrig benachteiligte Bewerber Unterlassungsklage oder Feststellungsklage erheben 120 ; b) ist der andere (rechtswidrig bevorzugte) Bewerber noch nicht ernannt, und wäre die Ernennung des rechtswid114
115
116 117 118 119 120
§ 8 S. 2 BBG; § 7 BRRG; § 111 bad.-württ. LBG; Art. 12 II bayer. BG; § 101 S. 2 berl. LBG; § 9 brem. BG; § 7 I hamb. BG; § 8 I S. 1 hess. BG; § 8 I nieders. BG; § 7 I nordrh.-westf. LBG; § 10 I rheinl.-pfälz. LBG; § 9 I saarl. BG; § 10 I schlesw.-holst. LBG. BVerwG E 2, 151 ff. (153); BVerwG MDR 1962, 503; DVB1. 1968, 642; BGHZ 23, 26ff. (42); Bad.-Württ. VGH VerwRspr. Bd. 2 Nr. 20, S. 58ff. (61); OVG Rheinl.-Pfalz DVB1. 1956, 309ff. (310); Eschenburg, Staat und Gesellschaft in Deutschland, 1965, S. 408; Ipsen, GRe II, S. 193 ff.; Jess, BK, Erl. II 3 zu Art. 33; von Mangoldt / Klein, GG, S. 805; a. A.: Maunz, in: Maunz I Dürig I Herzog I Scholz, GG, Rdnr. 11 ff. zu Art. 33. Matthey, Art. 33 Rdnr. 25, in: von Münch, GGK II, 1976. Vgl. (zutreffend) bayer. VGH n. F. 10,1. Teil, S. HOff (118). Vgl. (zutreffend) VGH Mannheim DVB1. 1968, 255 ff. Dazu von Mutius, VerwArch. 69 (1978), S. 103 ff. VGH Mannheim DVB1. 1968,256.
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rig benachteiligten Bewerbers die einzige Möglichkeit ermessensfehlerfreier Entscheidung, so kann Verpflichtungsklage erhoben werden 121 ; c) ist der andere (rechtswidrig bevorzugte) Bewerber bereits ernannt, so kommt entweder der hier auf Vergabe eines ähnlichen Amtes gerichtete Folgenbeseitigungsanspruch 122 oder eine auf Art. 34 GG, § 839 BGB gestützte Schadensersatzklage in Betracht; dagegen scheiden Anfechtungsklage und Verpflichtungsklage in diesem Fall aus 123 : der Anfechtung der Ernennung des (rechtswidrig bevorzugten Bewerbers) steht die Rechtsbeständigkeit erfolgter Ernennungen entgegen, der Verpflichtungsklage die Tatsache, daß nicht verlangt werden kann, für den (rechtswidrig benachteiligten) Bewerber eine im Haushalts- und Stellenplan nicht vorgesehene Stelle zu schaffen. Gerichte können in der Regel die Einstellungsbehörde nicht dazu verurteilen, den Bewerber in den öffentlichen Dienst zu übernehmen, „sondern allenfalls den Ablehnungsbescheid aufheben und dadurch die Verwaltung nötigen, erneut über den Antrag auf Übernahme in den öffentlichen Dienst zu entscheiden" 124 . Die Einstellung in den öffentlichen Dienst kann deshalb im Regelfall auch nicht durch einstweilige Anordnung gem. § 123 IS. 2 VwGO erzwungen werden 125 . Von dem Grundsatz, daß kein allgemeiner Anspruch auf Ernennung besteht, gibt es noch andere Ausnahmen: Eine solche Ausnahme liegt vor, wenn dem Bewerber eine entsprechende Zusicherung gemacht worden ist 126 . Während das RG die Selbstbindung der Verwaltung auf Grund von beamtenrechtlichen Zusicherungen als mit der Personalhoheit unvereinbar abgelehnt hat, werden heute beamtenrechtliche Zusicherungen grundsätzlich für zulässig angesehen (Umkehrschluß aus §§ 155 II S. 1, Halbs. 2, 183 I S. 1 BBG, die nur bestimmte Zusicherungen verbieten). Rechtsverbindlich ist eine Zusicherung aber nur dann, wenn sie von einem dafür zuständigen Beamten gemacht worden ist, der Zusicherung keine zwingenden Gesetzesvorschriften entgegenstehen und der Wille zur verbindlichen Zusicherung unmißverständlich ersichtlich ist. Als zusätzliches Erfordernis wird gelegentlich noch verlangt, daß die Zusage aktenkundig ist (Aktenvermerk) 127 , und daß die Nichteinhaltung Treu und Glauben widerspräche 128 . Die Beweislast für die Behauptung einer Zusage trägt der Bewerber 129 . 121 122
123
124 126
127 128
Ule, GRe TV/2, S. 585 Fußn. 135. Tietgen, in: Hundert Jahre Deutsches Rechtsleben. Fs. für den DJT zum Hundertjährigen Bestehen, Bd. II, 1960, S. 342 ff. VG Hannover DVB1. 1977, 584 sieht (unzutreffend) in der Ernennung einen Verwaltungsakt mit Doppelwirkung und bejaht die Möglichkeit der Anfechtungsklage (zustimmend: von Mutius, VerwArch. 69 [1978] S. 103ff.). BVerfGE 39, 334ff. (354). 125 VGH München NJW 1976,1858 f. (1859). Vgl. Grellert, Zusicherungen im Beamtenrecht, 1964; Pappermann, ZBR 1968, 202ff.; Pfander, Die Zusage im öffentlichen Recht, 1970, S. 117ff.; Schutz, D ö D 1969, 21 ff.; Stich, ZBR 1956, 250ff.; B. Wilhelm, ZBR 1963, 335ff.; Wiggert, D Ö V 1959, 170ff.; Zurmahr, ZBR 1954, 200ff. - Aus der Rspr. vgl. BVerwG DVB1. 1966, 857ff. (858); D Ö V 1966,202ff. (205); BVerwG E 2 6 , 3 1 f f . ; OVG Rheinl.-Pfalz ZBR 1974, 233f. Dazu Bank, ZBR 1964,38ff. (41); a. A.: BGHZ 23, 52; BVerwG E 26, 35. Hess VGH ZBR 1956,362. 129 BVerwG E 26, 35.
Öffentlicher Dienst (Muster einer
Ernennungsurkunde)
Herr Detlef DICKE wird unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum
Referendar ernannt.
Hamm, den 11. Juni 1968
Im Namen der Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen Für den Justizminister Der Oberlandesgerichtspräsident (Dr. Hense)
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Ein Anspruch auf Ernennung besteht ferner bei der Aufnahme in einen Vorbereitungsdienst, der zugleich rechtliche oder tatsächliche Voraussetzung für andere, außerhalb des öffentlichen Dienstes liegende Berufe ist (Bsp.: Referendardienst für spätere Rechtsanwälte) 130 . Schließlich besteht ein Anspruch auf Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit bei einem Beamtenverhältnis auf Probe spätestens nach fünf Jahren 131 , bei einem Wahlbeamten nach Annahme und Nichtbeanstandung der Wahl 132 sowie in Fällen der Wiedergutmachung von nationalsozialistischem Unrecht 133 . c) Mängel der Ernennung können - wie bei anderen Verwaltungsakten - zur Folge haben, daß die Ernennung entweder ein Nichtakt, ein nichtiger Akt oder rücknehmbar ist 134 . Ein Nichtakt liegt vor, wenn die Ernennungsurkunde nicht ausgehändigt worden ist 135 , oder wenn die Ernennung durch eine sachlich absolut unzuständige Stelle erfolgt ist (z. B. durch eine Privatbank). Ein nichtiger Akt liegt vor beim Verstoß gegen zwingende Formvorschriften. Zwingendes Formerfordernis bei der Einstellung sind die Worte „unter Berufung in das Beamtenverhältnis". Fehlt nur der die Art des Beamtenverhältnisses bestimmende Zusatz („auf Probe", „auf Widerruf" usw.), so kann der Landesgesetzgeber bestimmen, daß in diesem Fall keine Nichtigkeit eintritt 136 . Gesetzlich zwingend vorgeschriebene Formulierungen können nicht durch sinngemäß entsprechende Angaben ersetzt werden 137 . Geringfügige Schreibfehler sind unschädlich 138 . Entsprechend dem Urkundenprinzip ist bei allen zwingend vorgeschriebenen Formulierungen allein der Wortlaut der Ernennungsurkunde maßgebend 139 : enthält z. B. die Urkunde eines Beamten den Zusatz „auf Lebenszeit", eine Begleitverfügung dagegen den Zusatz „auf Widerruf", so ist der Ernannte Beamter auf Lebenszeit. Unklarheiten in der Ernennungsurkunde, die nicht zwingend vorgeschriebene Formulierungen betreffen, können durch Auslegung geklärt werden, und zwar durch Ermittlung von Umständen, die sich nicht aus dem Inhalt der Urkunden selbst ergeben 140 . Sind Formvorschriften verletzt und macht die Ernen-
130 131 133
134 135 136
137 138 140
BVerwG H 6 , 1 3 (55 Jahre alte Referendarin); 16,241 (Forstreferendare). § 9 II BBG. 1 3 2 OVG Münster E 13,237; OVG Lüneburg E 6,358. Gesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes vom 11. Mai 1951 i. d. F. der Bekanntm. vom 15. Dezember 1965 (BGBl. I, S. 2073). Vgl. Eben, a. a. O., S. 72f.; Otto, ZBR 1955, l f f . Str.; Forsthoff, VwR, S. 237, nimmt hier nur Nichtigkeit an. Vgl. § 5 III S. 2 BRRG. - Einige Landesbeamtengesetze sehen in diesem Fall eine Ernennung zum Beamten auf Widerruf vor, andere zum Beamten auf Probe. E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 6 zu § 6. Vgl. § 42 VwVfG. 139 BVerwG DVB1. 1968,641. BVerwG NJW1965,1978.
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nungsbehörde diesen Mangel geltend, so kann dem nicht der Einwand der Arglist entgegengehalten werden 141 ; wohl aber kann u. U. eine Schadensersatz begründende Fürsorgepflichtverletzung vorliegen 142 . Nichtig ist die Ernennung durch eine z. Z. der Ernennung sachlich unzuständige Behörde (z. B. eines Postbeamten durch das Justizministerium). Kann eine Ernennung nur durch nach außen in Erscheinung tretenden gemeinsamen Akt mehrerer Behörden erfolgen (Bsp.: Ernennung des Oberfinanzpräsidenten durch den BPräs. und die zuständige Landesbehörde), und ist eine der beiden ernennenden Behörden sachlich unzuständig, so ist die ganze Ernennung nichtig. Handelt es sich nicht um eine gemeinsame Ernennung, muß aber eine andere Stelle (z. B. der Personalausschuß oder die Aufsichtsbehörde) bei der Ernennung mitwirken, so ist bei fehlender Mitwirkung die Ernennung nur dann nichtig, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist. Die wegen sachlicher Unzuständigkeit nichtige Ernennung kann durch die sachlich zuständige Stelle rückwirkend bestätigt werden 143 (Ausnahme von dem Grundsatz, daß eine beamtenrechtliche Rechtsstellung nicht rückwirkend begründet werden kann!). Die durch eine örtlich unzuständige Behörde erfolgte Ernennung ist dagegen rechtswirksam, wobei die Einstellung für den örtlichen Bereich der ernennenden Behörde gilt. Nichtig ist die Ernennung, wenn der Ernannte z. Z. der Ernennung nicht Deutscher i. S. des Art. 116 GG war und keine diesbezügliche Ausnahmegenehmigung vorlag 144 . Erwirbt der Ernannte später die deutsche Staatsangehörigkeit, oder wird die Ausnahmegenehmigung später erteilt, so bleibt die Ernennung trotzdem nichtig. Verliert dagegen ein Beamter nach der Ernennung die deutsche Staatsangehörigkeit, so bleibt die Ernennung wirksam; der Beamte ist aber kraft Gesetzes entlassen 145 . Nichtig ist eine Ernennung, wenn der Ernannte entmündigt war oder ihm im Zeitpunkt der Ernennung infolge verfassungsgerichtlichen oder strafgerichtlichen U r t e i l s d i e Fähigkeit zur Bekleidung
erst nach der tenverhältnis Schließlich kommunalen sam war 147 .
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Ämter fehlte. W i r d diese F ä h i g k e i t
Ernennung aberkannt, so bleibt die Ernennung wirksam; das Beamendet aber mit der Rechtskraft des Urteils 146 . kann der Landesgesetzgeber bestimmen, daß die Ernennung eines Wahlbeamten nichtig ist, wenn die zugrunde liegende Wahl unwirk-
OVG Münster E 6,112. BGH DVB1. 1953, 674. Vgl. § 11 I S. 2 BBG; § 10 I S. 2 BRRG. - Zur Nichtigkeit von Ernennungen wegen unterbliebener Mitwirkung der Aufsichtsbehörde oder des Landespersonalausschusses allgemein vgl. Zängl, ZBR 1973,138 ff. Vgl. § 11 II Nr. 1 BBG; § 8 II Nr. 1 BRRG. Dazu unten S. 68. 146 Dazu unten S. 69. Vgl. § 10 II BRRG; § 14IVschlesw.-holst.LBG.
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Als Grundsatz für die Nichtigkeit von Ernennungen ist festzuhalten, daß hier weder eine allgemeine verwaltungsrechtliche Schwere- oder Evidenztheorie noch die in § 44 VwVfG vorgesehene Regelung gilt, sondern die Nichtigkeitsgründe gesetzlich und abschließend festgelegt sind (Bestimmtheitsgrundsatzj148. Über diese gesetzlich bestimmten Nichtigkeitsgründe hinaus darf die Behörde keine weiteren Nichtigkeitsgründe geltend machen. Eine Ausnahme von dem Grundsatz abschließender Festlegung besteht nur zugunsten des Ernannten; eine ohne seine Mitwirkung (d. h. ohne seine Zustimmung) erfolgte Ernennung ist — obwohl nicht ausdrücklich gesetzlich aufgeführt - ebenfalls nichtig (str.) 149 . d) Die Rücknahme der Ernennung ist ebenfalls abschließend geregelt. Neben der abschließenden Aufzählung der Gründe für die Nichtigkeit oder Rücknahme der Ernennung in den Beamtengesetzen ist also für die Anwendbarkeit der allgemeinen Rechtsgrundsätze des Verwaltungsrechts über die Rücknahme rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakte kein Raum 1 5 0 . Bei der Rücknahme der Ernennung wird zwischen obligatorischer und fakultativer Rücknahme unterschieden. Sinn dieser Unterscheidung ist es, die Bewahrung der Entschließungsfreiheit der Ernennungsbehörde und den Ausschluß von ungeeigneten Personen in abgestufter, sachgemäßer Weise zu sichern. aa) Obligatorisch ist die Rücknahme, wenn die Ernennung durch Zwang, Bestechung oder arglistige Täuschung herbeigeführt wurde 151 . Die arglistige Täuschung kann sowohl durch Angabe falscher als auch durch Verschweigen wahrer Tatsachen erfolgen. Beim Verschweigen ist problematisch, ob eine Offenbarungspflicht auch hinsichtlich solcher Tatsachen besteht, nach denen die Behörde nicht gefragt hat; eine solche Offenbarungspflicht ist nur dann anzunehmen, wenn der Bewerber eine Tatsache verschweigt, von der er weiß oder mit dolus eventualis in Kauf nimmt, daß sie für die Entscheidung der Ernennungsbehörde von Bedeutung ist oder sein kann 1 5 2 . Die Ernennung kann (und muß) wegen Zwanges, arglistiger Täuschung oder Bestechung nur dann zurückgenommen werden, wenn die Ernennung durch diese Umstände herbeigeführt worden ist (Kausalität i. S. der conditio sine qua non), d. h. wenn die Ernennungsbehörde andernfalls — zumindest zu diesem Zeitpunkt — die Ernennung tatsächlich nicht vorgenommen hätte 1 5 3 .
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Scheerbarth, a. a. O., S. 132. Fischbach, BBG I, S. 220; a. A.: E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 4 zu § 11; Brückner, Das faktische Dienstverhältnis, 1968, S. 20. Bayer. VGH ZBR 1977, 154 (zum Fall, in dem die Ernennungsurkunde zwar ausgehändigt war, die Ernennung aber erst später wirksam werden sollte). Vgl. § 121 Nr. 1 BBG; § 9 1 Nr. 1 BRRG. BVerwG E 13, 158f.; einschränkend E. Plog I A. Wiedow I G. Beck, BBG, Rdnr. 4 zu § 12. - Vgl. auch BVerwG E 18, 276 ff. BVerwG E 16, 342; 17, 3. Vgl. auch BVerwG E 16, 343ff. (auch Beförderung ist Ernennung; Rücknahme auch nach Versetzung in den Ruhestand möglich); Schröcker, DVB1. 1957,661.
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Obligatorisch ist die Rücknahme ferner, wenn nicht bekannt war, daß der Ernannte wegen eines vor der Ernennung vollendeten Verbrechens oder Vergehens rechtskräftig verurteilt war oder wird, das ihn für die Berufung in das Beamtenverhältnis unwürdig erscheinen läßt 154 . (Bsp.: Schwere Eigentumsdelikte; problematisch: Trunkenheit am Steuer). bb) Fakultativ ist die Rücknahme, wenn bei einem nach seiner Ernennung Entmündigten die Voraussetzungen für die Entmündigung im Zeitpunkt der Ernennung vorlagen 155 . Treten die Voraussetzungen für die Entmündigung erst nach der Ernennung ein, so kommen nur Entlassung oder Versetzung in den Ruhestand in Betracht. Die Ernennung kann ferner zurückgenommen werden, wenn nicht bekannt war, daß der Ernannte in einem Disziplinarverfahren aus dem Dienst entfernt oder zum Verlust der Versorgungsbezüge verurteilt worden war. cc) Anfechtung: Schließlich kann die Ernennung rückwirkend auch dadurch beseitigt werden, daß der Ernannte selbst seine ausdrücklich oder durch Entgegennahme der Ernennungsurkunde konkludent erklärte Zustimmung zur Ernennung wegen Zwanges, Drohung, arglistiger Täuschung oder eines wesentlichen Irrtums unverzüglich anficht156. Diese Möglichkeit ist zwar in den Beamtengesetzen nicht vorgesehen; sie ergibt sich aber aus den Grundgedanken der §§ 119, 123 BGB, ferner daraus, daß der Bestimmtheitsgrundsatz der abschließenden gesetzlichen Aufzählung der Rücknahmegründe (ebenso wie bei der Nichtigkeit) nur zugunsten des Beamten besteht, und endlich aus der Tatsache, daß der Ernannte ein Interesse daran haben kann, daß sein Beamtenverhältnis durch Rücknahme beendigt wird (z. B. um einer Disziplinarstrafe zu entgehen). e) Folgen von Mängeln: War die Ernennung ein Nichtakt, nichtig oder ist sie zurückgenommen, so stellt sich die Frage, welche Folgen dies zusätzlich zur Beseitigung des Beamtenverhältnisses hat. Die Fehlerhaftigkeit des Beamtenverhältnisses kann sich sowohl auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Ernannten und seiner Behörde (Innenverhältnis) als auch auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Ernannten und Dritten (Außenverhältnis) auswirken. aa) Innenverhältnis: Im Fall einer nichtigen Ernennung (der - obgleich im Gesetz nicht erwähnt — insoweit die Nichternennung gleichsteht), muß der Dienstvorgesetzte nach positiver Kenntnis des Grundes dem Ernannten die weitere Führung der Dienstgeschäfte untersagen; bei Kenntnis eines Rücknahmegrundes kann dies geschehen 157 . Da ein Beamtenverhältnis nicht bestanden hat bzw. rückwirkend beseitigt wird, die bereits gezahlten Dienstbezüge also von dem fehlerhaft Ernannten ohne Rechtsgrund erlangt sind, muß der Dienstherr sie an sich zurück154
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Vgl. § 12 I Nr. 2 BBG; § 9 I Nr. 2 BRRG; dazu E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 9 zu § 12, insbes. auch zur Frage, ob Wohlverhalten nach der Tat zu berücksichtigen ist. Vgl. hierzu und zum folgenden § 12 II BBG, § 9 II BRRG. Dazu OVG Münster DVB1. 1952, 606 (für den ähnlich gelagerten Fall einer Entlassung auf Verlangen); Fischbach, BBG I, S. 234, mit weiteren Nachw. Vgl. § 13 BBG.
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fordern (§812 BGB); die Beamtengesetze sehen aber vor, daß er davon absehen kann 158 . Gesetzlich nicht geregelt sind andere Fragen, z. B.: Gilt für den nicht oder fehlerhaft Ernannten die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit? Was gilt hinsichtlich der Haftung für von ihm begangene rechtswidrige Handlungen? Die Antwort auf diese Fragen muß von der Rechtsnatur des fehlerhaften Beamtenverhältnisses ausgehen. Hierzu sind sechs Lösungsmöglichkeiten entwickelt worden: 1. Privatrechtlicher Dienstvertrag (Umdeutung) 159 ; 2. Faktischer privatrechtlicher Dienst vertrag 160 ; 3. Geschäftsführung ohne Auftrag 161 ; 4. Rechtsverhältnis sui generis 162 ; 5. öffentlich-rechtlicher Vertrag (Umdeutung) 163 ; 6. Faktisches öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis 164 . Den privatrechtlichen Konstruktionen steht die Tatsache entgegen, daß Ernennungsbehörde und Ernannter nicht den Willen hatten, ein privatrechtliches Rechtsverhältnis zu begründen, sondern ein Beamtenverhältnis. Deshalb erscheint es richtig, ein faktisches öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis anzunehmen, das man als „faktisches Beamtenverhältnis" bezeichnen könnte, wenn diese Bezeichnung wegen des im Beamtenrecht geltenden Formalprinzips nicht ein Widerspruch in sich wäre; auf dieses Verhältnis sind die beamtenrechtlichen Vorschriften zwar nicht unmittelbar, aber analog insoweit anwendbar, als dies nach der zeitlichen Dauer des faktischen Dienstverhältnisses und den dabei ausgeübten Funktionen sinnvoll ist. bb) Außenverhältnis: Die bis zum Verbot der Führung der Dienstgeschäfte oder bis zur Zustellung der Rücknahmeerklärung vorgenommenen Amtshandlungen des Ernannten sind - sofern nicht Mängel hinzukommen, die auch die Amtshandlung eines fehlerfrei Ernannten fehlerhaft machen würden - gültig 165 . Sinn dieser Regelung ist der Schutz der allgemeinen Rechtssicherheit und des Vertrauens der Allgemeinheit auf den Bestand von Amtshandlungen; deshalb ist es nach h. L. unbeachtlich, ob der einzelne Adressat der Amtshandlung die Nichtigkeit der Ernennung oder die Gründe für die Rücknahme kannte 166 . Gesetzlich nicht geregelt sind die Fälle der Nichternennung oder Nichtigkeit der Ernennung wegen Formmängeln. Da es einerseits auf den Rechtsschein nach außen ankommt, andererseits die Gründe für die Nichternennung (Fehlen der Aushändigung der Ernennungsurkunde) oder für die Nichtigkeit (Formmängel der Ernennungsurkunde) nach außen nicht erkennbar sind, müssen auch diese Handlungen als gültig angese158 159 160 161 162 164 165 166
Vgl. § 14 S. 2 BBG; vgl. auch Bayer. VGH ZBR 1973, 59. RAG ARS 3 8 , 3 ; a. A.: BAG JZ 1960,134. LAG Frankfurt a. M. NJW1954, 248. Vgl. dazu (allerdings ablehnend) Brückner, a. a. O., S. 103. BayVerwGHE N. F. 7 , 1 1 3 . 163 LVG Rheinl.-Pfalz DVB1. 1952, 597. Brückner, a. a. O., S. 107ff.; Schröcker, DVB1. 1957,664f.; Bayer. VGH ZBR 1973, 59. Vgl. § 14 S. 1 BBG; Erichsen / Martens, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, S. 134f. E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 3 zu § 14.
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hen werden (str.) 167 . Fehlt auch der Rechtsschein, wie beim Scherzakt oder bei der Ernennung durch eine sachlich absolut unzuständige Stelle, so gilt dies nicht. Die Frage der Haftung ist unproblematisch16*. Hat der fehlerhaft Ernannte in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt, so tritt stets die Haftung nach Art. 34 GG, § 839 BGB ein, da hierfür nicht die Beamteneigenschaft im staatsrechtlichen Sinn vorliegen muß. Umgekehrt ist die staatsrechtliche Beamteneigenschaft Voraussetzung der persönlichen Haftung aus § 839 BGB, so daß diese Haftung beim fehlerhaft Ernannten ausscheidet. Hat der fehlerhaft Ernannte fiskalisch gehandelt, so wird bei Vertragsverletzung nach §§ 276, 278 BGB, bei unerlaubten Handlungen nach §§ 823ff. BGB i. Vbg. mit § 831 BGB oder § 31 BGB (§ 89 BGB) gehaftet.
4. Inhalt des Beamtenverhältnisses a) Hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums: „Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln" — diese lapidare Bestimmung des Art. 33 V GG wirft mehrere schwierige Rechtsfragen auf 169 . Zunächst ist umstritten, ob der Begriff „öffentlicher Dienst" hier im weiten Sinne zu verstehen ist, d. h. sowohl die Beamten als auch die Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst erfaßt 170 , oder ob er eng auszulegen ist und damit nur die Beamten betrifft 171 . Die sprachliche Fassung des Art. 33 V GG spricht für die weite Auslegung: da aber unzweifelhaft gerade die Trennung zwischen dem Beamtenrecht und dem Recht der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes einer der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums ist, spricht der Sinn der Vorschrift entscheidend für die enge Auslegung, d. h. für die Beschränkung auf das Beamtenrecht172. Art. 33 VGG ist nicht lediglich ein Programmsatz, sondern unmittelbar geltendes Recht173', die Vorschrift verpflichtet also den Gesetzgeber in zweifacher Weise, nämlich „zu regeln", d. h. überhaupt tätig zu werden, und sodann bei diesem Tätigwerden die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu berücksichtigen. 167
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E. Schutz / C. Ulland, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Rdnr. 3 zu § 14; a. A. Schröcker, DVB1. 1957, 668. Vgl. zum folgenden Brückner, a. a. O., S. 86 ff. Dazu Matthcy, An. 33 Rdnr. 3 5 - 4 1 , in: von Münch, GGK II, 1976; Stern, in: Fs. f. Ule, 1977, S. 193 ff. W. Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des GG, S. 35ff.; Wacke, Grundlagen des öffentlichen Dienstrechts, 1957, S. 27 ff. BVerfG E 3, 186; 16, 110f.; h. L., z. B. Maunz, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 46 zu Art. 33; Ule, GRe IV/2, S. 549ff., beide mit weit. Hinweisen. Art. 33 V GG umfaßt auch die Richter (BVerfG E 12, 87), nicht dagegen die Soldaten: B V e r f G E 3 , 3 3 4 f . ; 16,111 (nicht unbedenklich). BVerfG E 9,286.
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Was im einzelnen zu den „hergebrachten Grundsätzen" gehört, ist umstritten. Fest steht jedoch, daß nicht schon jede überkommene beamtenrechtliche Detailregelung ein (hergebrachter) Grundsatz ist, sondern nur die das Beamtentum tragenden Grundregeln, d. h. der „Kernbestand von Strukturprinzipien, die allgemein oder doch ganz überwiegend und während eines längeren, Tradition bildenden Zeitraums, mindestens unter der Reichsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewährt worden sind" 1 7 4 . Hergebrachte Grundsätze sind danach insbesondere 1 7 5 : Die Ausgestaltung des Beamtenverhältnisses als öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis, die Gewährung angemessener Dienst- und Versorgungsbezüge (nicht aber ein Anspruch darauf, daß Gehalts- und Versorgungsbezüge in bestimmter Summe ungekürzt fortbestehen und nicht der Schutz sog. wohlerworbener Rechte überhaupt 1 7 6 ), die Festlegung der Dienst- und Versorgungsbezüge durch Gesetz; die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten, der Anspruch auf eine amtsangemessene Amtsbezeichnung, der Grundsatz parteipolitischer Neutralität im Amt, das Koalitionsrecht, die Unzulässigkeit des Beamtenstreiks, der Schutz gegen willkürliche Beendigung des Beamtenverhältnisses und die Möglichkeit gerichtlichen Rechtsschutzes. Die hergebrachten Grundsätze sind zu berücksichtigen. Bei der Frage was unter „Berücksichtigung" zu verstehen ist, unterscheidet das BVerfG 1 7 7 zwischen hergebrachten Grundsätzen, die (nur) zu berücksichtigen sind und „besonders wesentlichen" hergebrachten Grundsätzen, die zu beachten sind. Diese Unterscheidung findet weder im Wortlaut noch im Sinn des Art. 33 V G G eine Stütze; sie ist daher abzulehnen 1 7 8 . Vielmehr ist „Berücksichtigung" einheitlich dahin auszulegen, daß die hergebrachten Grundästze einerseits nicht ignoriert und nicht negiert werden dürfen, andererseits aber Raum bleibt für eine weite Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers: solange der Gesetzgeber sich überhaupt noch auf dem Boden der hergebrachten Grundsätze befindet, kann er sie mehr oder weniger intensiv zur Geltung bringen. Die Ansicht, der Gesetzgeber könne aber sogar von den hergebrachten Grundsätzen abweichen, wenn dies zwingend geboten sei 179 , ist nicht richtig, weil sie der in Art. 33 V G G festgelegten Bindung des Gesetzgebers („. . . ist unter Berücksichtigung . . . zu regeln") widerspricht. Dem berechtigten Anliegen, die an Traditionsgut anknüpfende und daher problematische Vorschrift des Art. 33 V G G nicht zur permanenten rechtlichen Fixierung des Status quo und zur Blockade notwendiger Reformen werden zu lassen, muß vielmehr anders Rechnung getragen werden: nämlich dadurch, daß man unter hergebrachten Grundsätzen nur den in das System des G G sich einpassenden „Kernbestand von Strukturprinzipien"
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BVerfG E 8, 343. Vgl. (z. T. noch weitergehend) Ule, GRe IV/2, S. 570 ff. mit weit. Nachweisen. BVerfG E 8,13f.;zur Besoldung vgl. auch BVerfG NJW1977,1869ff. BVerfG E 8 , 1 6 f. Maunzin: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 58 zu Art. 33. Vgl. Ule, GRe IV/2, S. 568 f.
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ansieht, der das Wesen der Institution Beamtentum ausmacht. Deshalb verstößt z. B. die Einrichtung des Teilzeitbeamten 1 8 0 nicht gegen Art. 33 V G G 1 8 1 . Schließlich ist umstritten, ob aus Art. 33 V G G auch subjektive, durch Verfassungsbeschwerde verfolgbare Individualrechte des einzelnen Beamten abgeleitet werden können. D a gerade der gerichtliche Rechtsschutz zu den hergebrachten Grundsätzen gehört und Art. 93 I Nr. 4 a G G , § 90 I B V e r f G G ohne Einschränkung von „in Artikel 33 . . . des Grundgesetzes enthaltenen R e c h t e n " spricht, ist die Frage in Übereinstimmung mit der neueren Rechtsprechung des B V e r f G („grundrechtsähnliches Individualrecht") zu bejahen 1 8 2 . b) Beamtenpflichten: Die rechtliche Stellung des B e a m t e n wird entscheidend von seinen Pflichten geprägt. D e r Gesetzgeber hat dies dadurch zum Ausdruck gebracht, daß sowohl das B B G als auch das B R R G und die Landesbeamtengesetze bewußt die Pflichten vor den Rechten aufzählen. Die Pflichtigkeit des Beamtenverhältnisses ist die Konsequenz der Tatsache, daß das B e a m t e n Verhältnis ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis ist. Die allgemeine beamtenrechtliche Dienst- und Treuepflicht wird durch Einzelpflichten konkretisiert, wobei zwischen dienstlichen und außerdienstlichen Pflichten zu unterscheiden ist. aa) Dienstpflicht (Dienstleistungspflicht): Die Dienstpflicht des Beamten ist — nüchtern betrachtet - zunächst eine Dienstleistungspflicht, d. h. eine Arbeitspflicht. D e r Beamte ist verpflichtet, in der regelmäßigen Arbeitszeit, und — wenn zwingende dienstliche G r ü n d e es erfordern - ü b e r die regelmäßige Arbeitszeit hinaus (in bestimmten Grenzen sogar ohne Entschädigung) Dienst zu tun 1 8 3 . Eine besondere Form der Dienstleistung ist der Bereitschaftsdienst; hier hat der B e a m t e in seiner Dienststelle anwesend zu sein, um erforderlichenfalls jederzeit
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Vgl. § 79a BBG; § 48a BRRG; eingefügt durch das 6. Gesetz zur Änderung beamtenrechtlicher und besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 31. März 1969 (BGBl. I, S. 257) und neugefaßt - unter Aufgabe der ursprünglichen Beschränkung auf Teilzeitbeamtinnen -durch Gesetz vom 31. Januar 1974 (BGBl. I, S. 131). Vgl. auch unten S. 83. Scheffler, DÖV 1965,181 ff.; Ilbertz, ZBR 1968, S. 175ff.;a.A.: B. Wilhelm, ZBR 1966, 198 ff.; 1968,25 ff., 178 ff. BVerfG E 8, 17f.; BVerfGE 43, 154ff. = DÖV 1977, 558ff. m. abw. Meinung Wand und Niebeler (S. 562ff.); Maunz in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 82 zu Art. 33; a. A.: Ule, GRe IV/2, S. 565 ff. Kritisch zum unmittelbaren Rückgriff des BVerfG auf die hergebrachten Grundsätze auch Niedermaier / Günther, ZBR 1977, 238 ff. - Kritik an der Entsch. des BVerfG auch bei Bender, DÖV 1977, 565 ff, und Menger, VerwA 69 (1978), S. 221 ff. (226). Vgl. § 72 II BBG; VO über die Arbeitszeit der Bundesbeamten vom 15. Juni 1954 i. d. F. vom 24. Sept. 1974 (BGBl. 1974 I, S. 2356), derzufolge die Arbeitszeit auf im Durchschnitt 40 Std. in der Woche festgesetzt ist. Für Landesbeamte vgl. die entspr. Regelungen im Landesrecht, z. B. niedersächs. VO über die Arbeitszeit der Beamten vom 23. Sept. 1974 (GVB1. 1974, S. 425). Zur Überstundenvergütung für Beamte vgl. die VO über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte i. d. F. der Bekanntm. vom 1. Juli 1977 (BGBl. I, S. 1107); vgl. auch Wilhelm, ZBR 1969, 229ff., und BVerwG ZBR 1971, 88ff. mit Anm. Wilhelm, S. 91 ff.
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die Arbeit aufzunehmen. Vom Bereitschaftsdienst zu unterscheiden ist die sog. Rufbereitschaft, bei welcher der Beamte sich zwar nicht in seiner Dienststelle, aber unter einer von ihm angegebenen Adresse dienstbereit aufhalten muß, und erforderlichenfalls gerufen werden kann 1 8 4 . Ohne Genehmigung seines Dienstvorgesetzten darf der Beamte dem Dienst nicht fernbleiben. Für die Zeit eines ungenehmigten, schuldhaften Fernbleibens erhält der Beamte keine Dienstbezüge 1 8 5 . Ein vom regelmäßigen Aufgabenbereich (z. B. einer bestimmten Fachrichtung des Beamten) abweichender Dienst kann gefordert werden, wenn dies geboten und zumutbar ist 186 . Auf Verlangen seiner obersten Dienstbehörde kann der Beamte verpflichtet werden, eine Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst187 zu übernehmen, sofern sie seiner Vorbildung oder Berufsbildung entspricht und ihn nicht über Gebühr in Anspruch nimmt 1 8 8 . Von dieser Verpflichtung zur dienstlichen Nebentätigkeit sind die Nebentätigkeiten im privaten Interesse189 zu unterscheiden, wobei hier wiederum zwischen genehmigungsfreier und genehmigungspflichtiger Nebentätigkeit zu differenzieren ist 190 . Genehmigungsfrei sind wegen Art. 2 I G G Nebentätigkeiten, die wegen ihres geringen Umfanges oder aus anderen Gründen mit der Pflicht des Beamten, sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen, oder mit anderen Dienstpflichten nicht kollidieren (z.B. Verwaltung eigenen Vermögens; künstlerische Tätigkeit). Genehmigungspflichtig sind dagegen solche Tätigkeiten, bei denen die Möglichkeit einer solchen Kollision besteht (z. B. bei gewerblicher Tätigkeit; Eintritt in den Vorstand oder Aufsichtsrat eines Unternehmens); die Genehmigung darf allerdings nur versagt werden bzw. nach Erteilung widerrufen werden, wenn zu befürchten ist, daß die Nebentätigkeit die dienstlichen Leistungen, die Unparteilichkeit oder die Unbefangenheit des Beamten oder andere dienstliche Interessen beeinträchtigen würde. Die Gefahr von Interessenkollisionen wird vom BVerwG generell bejaht, wenn ein Beamter als Nebentätigkeit anwaltliche Prozeßvertre184 185 186
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Dazu W. Böhme, RiA 1976,202 ff. Vgl. § 731, II BBG. Zur Frage des Rechtsweges: BVerwG D Ö D 1976,111. B D H E 6, 92ff. - Zum sog. Recht am Amt vgl. BVerwG N D B Z 1968, 142; Lepke, DVB1. 1966, 135 ff. - Zum Rechtsanspruch des Beamten auf Beschäftigung vgl. Schick, in: Fg. f. Maunz, 1971, S. 329ff. Zum Begriff der Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst vgl. § 2 VO über die Nebentätigkeit der Bundesbeamten, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit (Bundesnebentätigkeitsverordnung - BNV) vom 22. April 1964 (BGBl. I, S. 299) i. d. F. vom 28. August 1974 (BGBl. I, S. 2117), geändert durch Art. 1 VO vom 18. Dez. 1975 (BGBl. 1975 I, S. 3132). Die Nebentätigkeitsbestimmungen der Länder sind aufgeführt bei Thieme, in: Fs. f. W. Weber, 1975, S. 625 Fußn. 1. Vgl. § 64 BBG. Gem. § 1 I BNV ist „Nebentätigkeit" der Oberbegriff, der sowohl die Ausübung eines Nebenamtes als auch einer Nebenbeschäftigung umfaßt. Eine Nebentätigkeit im privaten Interesse ist - ganz korrekt gesprochen - eine Nebenbeschäftigung. Vgl. §§ 6 4 , 6 5 BBG; § 5 BNV.
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tungen in Sachen übernimmt, in denen sein Dienstherr als Prozeßgegner auftritt 1 9 1 . Im Fall eines Bereitschaftspolizisten, der nach Dienstschluß in einer privaten Fahrschule Fahrunterricht gab, ist dagegen die Behörde zur Erteilung der Genehmigung verurteilt worden 1 9 2 . Wird die Genehmigung erteilt, so ist eine andere Frage, ob private Konkurrenten gegen die Erteilung der Genehmigung gerichtlich vorgehen können 1 9 3 . Wichtig ist vor allem auch die Frage, ob den Beamten eine Pflicht zur Abführung der Einkünfte
aus der Nebentätigkeit
an den D i e n s t h e r r n trifft 1 9 4 . Sofern es sich
nicht um eine Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst handelt 1 9 5 und sofern der Beamte nicht dienstliche Mittel (Personal, Geräte usw.) in Anspruch nimmt, ist die Frage zu verneinen 1 9 6 . bb)
Allgemein
bezogene,
unparteiische
Amtsführung:
Eine Besonderheit
der
Dienspflicht des Beamten liegt darin, daß er bei seiner Amtsführung auf das Wohl der Allgemeinheit Bedacht nehmen muß und seine Aufgaben gerecht und unparteiisch zu erfüllen hat. Es gibt also eine Neutralitätspflicht des Beamten 1 9 7 . Die schon in Art. 130 I W R V getroffene Feststellung, daß die Beamten „Diener der Gesamtheit, nicht einer Partei" sind, ist mit inhaltlich gleicher, im Wortlaut ähnlicher Formulierung in § 52 I S . 1 BBG, § 35 I S. 1 B R R G und in den Landesbeamtengesetzen 1 9 8 ausgesprochen. Da nach Art. 3 III G G niemand wegen seiner politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden darf, ist die Pflicht zur unparteiischen Amtsführung eine beamtenrechtliche Konsequenz dieses Verfassungsgebotes 199 . Indem der Beamte Weisungen seines Ministers ausführen muß, der Minister aber mit seinen Weisungen häufig die Ansichten der regierenden Partei durchsetzen will, stellt sich die Frage nach der Vereinbarkeit von unparteiischer Amts191 192
193
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197 198
199
OVG Hamburg JZ 1978,188 ff. OVG Bremen ZBR 1963, 350ff.; VG Schleswig ZBR 1972, 148ff.; OVG Münster ZBR 1974,364ff. Vgl. auch BVerwG D Ö V 1 9 7 7 , 1 3 4 f f . So z. B. gegen den Vorsteher eines Finanzamtes als Steuerrechtsrepetitor: OVG Hamburg JZ 1964,562 ff. mit Anm. Rupp, S. 564 f. Vgl. dazu BVerfG E 33, 44ff.; BVerwG JZ 1974, 131 ff. mit Anm. Ule; BVerwG ZBR 1973, 309ff. mit Anm. Görg S. 312f.; VG Schleswig ZBR 1973, l l l f f . ; Drescher ZBR 1973,105 ff.; Etzrodt, DVB1. 1975, 308ff.; Thieme, Fs. f. W. Weber, 1975, S. 625ff. Zur Berechtigung des Dienstherrn, die Abführung einer für Nebentätigkeit im öffentl. Dienst erhaltenen Vergütung zu fordern, vgl. BVerwG ZBR 1976, 181 ff. Anders für Nebentätigkeiten im öffentl. Dienst von Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst: BVerwG DVB1. 1977,580ff. OVG Lüneburg DVB1. 1974, 171 ff. - Zum Nebentätigkeitsrecht allgemein vgl. Noftz, ZBR 1974, 209ff.; Ule, Fs. f. W. Weber, 1975, S. 6 0 9 f f . - Z u r wissenschaftlichen Nebentätigkeit vgl. W. Schrödter, Die Wissenschaftsfreiheit des Beamten, 1974. Dazu Püttner, in: Fs. f. Ule, 1977, S. 383 ff. § 64 I bad.-württ. LBG; Art. 62 I bayer. BG; § 18 I berl. LBG; § 53 I brem. BG; § 55 I hamb. BG; § 67 I hess. BG; § 61 nieders. BG; § 55 I nordrh.-westf. LBG; § 63 rheinl.pfälz. BG; § 6 6 1 saarl. BG; § 6 5 1 schlesw.-holst. LBG. Frowein, Die politische Betätigung der Beamten, 1967, S. 14.
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führung des Beamten und politischer Praxis 200 . Die Antwort ergibt sich aus dem parlamentarisch-demokratischen Regierungssystem 201 ; diesem System entspricht es, daß die Anliegen der durch die Wahl legitimierten Partei durch am Allgemeinwohl orientierte Gesetze und Erlasse durchgesetzt werden können. A n die ministeriellen Weisungen ist der Beamte allerdings nur gebunden, wenn das Gesetz eine Sachlage nicht abschließend regelt. Der Beamte ist — ebenso wie der Minister - an das (verfassungsmäßige) Gesetz gebunden; deshalb darf der Beamte „nur diejenigen politischen Ziele des Gesetzes" verfolgen die im Gesetz Ausdruck gefunden haben, er darf nicht seinerseits weitere politische Ziele hinzufügen und muß auch die politischen Gedanken des Gesetzes zu Ende denken 2 0 2 . Nur in dieser strengen Bindung an das verfassungsgemäße Gesetz kann das Berufsbeamtentum die ihm obliegende Funktion erfüllen, „eine stabile Verwaltung zu sichern und damit einen ausgleichenden Faktor gegenüber den das Staatsleben gestaltenden politischen Kräften zu bilden 203 . Von Amtshandlungen, die dem Beamten selbst oder seinen Angehörigen Nachteile oder Vorteile bringen würden, ist der Beamte zu befreien 2 0 4 . Belohnungen oder unübliche Geschenke, die dem Beamten in bezug auf sein A m t gegeben werden, darf er nur mit Zustimmung der zuständigen Behörde annehmen 2 0 5 . cc) Beratungs-, Unterstützungs-, Gehorsamspflicht: Der Beamte ist verpflichtet, seine Vorgesetzten zu beraten, zu unterstützen und deren verbindliche dienstliche Anordnungen und allgemeine Richtlinien zu befolgen 2 0 6 . Da der Beamte einerseits zur Befolgung der Weisungen seiner Vorgesetzten verpflichtet ist, andererseits er selber für die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung trägt, kann das dienstliche Weisungsrecht zu Konflikten führen. Hat der Beamte Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit einer dienstlichen Anordnung, so muß er diese Bedenken unverzüglich bei seinem Vorgesetzten und wenn dieser dennoch die Anordnung aufrechterhält - bei seinem nächsthöheren Vorgesetzten geltend machen (Remonstrationspflicht)207. Die Remonstrationspflicht, die zugleich ein Remonstrationsrecht ist, hat den Sinn, den Beamten in diesen Fällen von seiner persönlichen (disziplinarrechtlichen und haftungsrecht200 201 202
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207
Zum Problem allgemein vgl. Balles, Die Neutralität des Berufsbeamten, 1973. Frowein, a. a. O., S. 15 ff. Scheuner, Die politischen Pflichten und Rechte des deutschen Beamten, in: Dt. Berufsbeamtentum (hrsg. von F. Gärtner) H. 4 (1962), S. 19ff. (26). BVerfG E 8 , 1 6 . - Kritisch dazu F. Schäfer, 48. DJT, II O 18. Vgl. § 59, 54 I S. 2 BBG; B D H E 4, 59ff.; LVG Hannover DVB1. 1953, 409f.; Wenzel, D Ö V 1976,411 ff. Vgl. § 70 BBG, § 43 BRRG; BDH E 7 , 6 7 f f . ; Thiele, ZBR 1958, 33ff. Vgl. § 55 BBG, § 37 BRRG. - Zum Problemkreis allgemein vgl. E. Stein, Die Grenzen des dienstlichen Weisungsrechts, 1965; A. Risken, Grenzen amtlicher und dienstlicher Weisungen, 1969; Rittstieg, ZBR 1970,72ff. Vgl. § 56 II, III BBG, § 38 II, III BRRG. - Zu den Besonderheiten des Remonstrationsverfahrens in bezug auf Vollzugsbeamte des Bundes und der Länder vgl. § 7 IV UZwG des Bundes und die entspr. landesrechtl. Bestimmungen; dazu Leinius, ZBR 1974,182 f.
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liehen) Verantwortung freizustellen. Wird trotz der Remonstration die A n o r d n u n g vom nächsthöheren Vorgesetzten aufrechterhalten, so muß der Beamte (wiederum ohne disziplinarrechtlich und haftungsrechtlich verantwortlich zu sein) die A n o r d nung ausführen, es sei denn, d a ß die Anordnung bei zumutbarer Sorgfalt erkennbar gegen Strafgesetze verstößt oder die Würde des Menschen verletzt. Hier entfällt also die Gehorsamspflicht. Unabhängig davon ist das Widerstandsrecht gemäß Art. 20 I V G G , das sich aufgrund der Treuepflicht für Beamte zu einer Widerstandspflicht verdichten kann, wenn dies zur Erhaltung der freiheitlichen demokratischen G r u n d o r d n u n g erforderlich ist 208 . dd) Amtsverschwiegenheit: D e r Beamte hat, auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, über die ihm bei seiner amtlichen Tätigkeit (d. h. amtskausal) bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu wahren 2 0 9 . Hierunter fallen auch solche Angelegenheiten, mit denen der Beamte zwar nicht selbst dienstlich befaßt ist, die ihm aber bei Gelegenheit seiner amtlichen Tätigkeit bekannt geworden sind 2 1 0 . Dagegen besteht keine Amtsverschwiegenheit f ü r Mitteilungen im dienstlichen Verkehr (d. h. für Mitteilungen, die in Erfüllung eines dienstlichen Auftrages oder zu dienstlichen Zwecken erfolgen) sowie über Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen 2 1 1 . Die Amtsverschwiegenheit besteht auch gegenüber anderen Behörden und Gerichten. D e r B e a m t e darf deshalb über Angelegenheiten, die der Amtsverschwiegenheit unterliegen, ohne Genehmigung seines Dienstvorgesetzten weder gerichtlich noch außergerichtlich aussagen oder Erklärungen abgeben 2 1 2 , gleichgültig, ob der Beamte als Beschuldigter, Partei oder Zeuge beteiligt ist. Versagt der Dienstvorgesetzte die Genehmigung, so erschwert dies die Wahrheitsfindung in dem betreffenden Verfahren bzw. die Verfahrenssituation des betreffenden Beamten. Deshalb darf die Genehmigung zur Zeugenaussage in einem Gerichtsverfahren oder im Verfahren vor einer Stelle die - wie z. B. ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß — berechtigt ist, ein förmliches Beweisverfahren durchzuführen 2 1 3 , nur versagt werden, wenn die Aussage dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten oder die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde 2 1 4 . Ist der Beamte Partei oder Beschuldigter in einem gerichtlichen Verfahren oder soll sein
208
209 210 2.1 2.2 213
214
Dazu von Münch, Rechtsgutachten zur Frage eines Streikrechts der Beamten, 1970, S. 22 ff. Zu den Voraussetzungen des Widerstandsrechtes allg. vgl. BVerfGE 5, 85 ff. (377). Vgl. § 611S. 1BBG, § 391S. 1 BRRG. - Düwel, Das Amtsgeheimnis, 1965. E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 2 zu § 61. Vgl. § 611S. 2 BBG; § 391S. 2 BRRG. Vgl. § 61 II BBG; § 39 II BRRG. Str. ist die Frage, ob auch die Aussage im förmlichen Disziplinarverfahren einer Genehmigung bedarf; bejahend Düwel, a. a. O., S. 86ff.; verneinend BDH NJW 1962, 1884 (Fall des Geschwaderkommodore Barth). Vgl. § 621 BBG, § 39 III BRRG.
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Vorbringen der Wahrnehmung seiner berechtigten Interessen dienen, so sind die Voraussetzungen noch strenger, unter denen die Genehmigung verweigert werden darf 2 1 5 : nämlich zusätzlich zu den genannten Voraussetzungen nur dann, wenn die dienstlichen Rücksichten dies unabweisbar erfordern. Umstritten ist, ob die Aussagegenehmigung verweigert werden darf, wenn der Beamte als Zeuge den Namen eines sog. Gewährsmannes (Behörden-Informant; V-Mann) nennen soll 216 . Jedenfalls ist die Aussagegenehmigung selbst ein Verwaltungsakt; im Fall der Verweigerung ist daher zulässiges Rechtsmittel die auf Erteilung der Aussagegenehmigung gerichtete Verpflichtungsklage. ee) Treuepflicht: Die Treuepflicht des Beamten durchzieht das ganze Beamtenverhältnis. Praktische Bedeutung gewinnt sie vor allem im Zusammenhang mit den außerdienstlichen Pflichten des Beamten; da die außerdienstlichen Pflichten die Grundrechtssphäre des Beamten berühren, werden Treuepflicht und außerdienstliche Pflichten im Abschnitt „Grundrechte im Beamtenverhältnis" (unten d) behandelt. f f ) Ahndung von Pflichtverletzungen (Disziplinarrecht): Verletzt ein Beamter schuldhaft die ihm obliegenden Pflichten, so begeht er ein Dienstvergehen, das disziplinarrechtlich geahndet werden kann 2 1 8 . Das materielle Disziplinarrecht regelt die Frage, welches Tun oder Unterlassen eines Beamten als ein Dienstvergehen anzusehen ist und welche Disziplinarmaßnahmen in Betracht kommen. Ob ein Dienstvergehen vorliegt, läßt sich verhältnismäßig leicht feststellen, wenn es sich um die Verletzung einer konkret umschriebenen Beamtenpflicht, z. B. der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit oder der Pflicht zur Dienstleistung 219 , handelt; schwieriger ist dies jedoch, wenn es um die beamtenrechtlichen Generalklauseln geht, z. B. um die Pflicht des Beamten, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordern. Neben eindeutigen Fällen, wie Unzucht eines Lehrers mit einer minderjährigen Schülerin 220 , Diebstähle eines Polizeibeam215 216
217 218
219
22u
Vgl. § 62 III BBG; § 3 9 I V BRRG. Dazu BVerwG D Ö V 1965, 488 ff.; OVG Münster MDR 1959, 1041; OVG Münster ZBR 1963,122ff.; OVG Berlin NJW 1955,1940f.; Perschel, JuS 1966, 231 ff. Zur histor. Entwicklung: Laubinger, in: Fs. f. Ule, 1977, S. 89ff. Vgl. § 77 I BBG, § 4 5 1 BRRG, und die Disziplinargesetze der Länder, z. B. rheinl.-pfälz. Dienstordnungsgesetz vom 20. Juni 1974 (GVB1. S. 233). - Zum Disziplinarrecht allgemein vgl. R. Auerbach, Das Bundesdisziplinarrecht, 1969, K. Behtike, Bundesdisziplinarordnung, 2. Aufl. 1969; W. Breithaupt I W. Hodler, Niedersächsisches Disziplinarrecht, 1972; H. R. Claussen I W. Janzen, Bundesdisziplinarordnung, 3. Aufl. 1976; H. Hävers / G. Schnupp, Beamtenrecht und Disziplinarrecht, 3. Aufl. 1976; J. Jülicher, Das Disziplinarrecht des Landes Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl. 1971; Fr. X. Lochbrunner, Bundesdisziplinarrecht, 1968; E. Lindgen, Handbuch des Disziplinarrechts, Band I und II, 1966ff.; C. Römer, Bundesdisziplinarordnung, 1954; E. Schütz, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, 3. Aufl. 1971. Unterstützung von Bummelstreiks (sog. „Dienst nach Vorschrift") durch Beamte ist deshalb ein Dienstvergehen (BVerwG D Ö V 1977,896ff. = NJW1978. 178ff.). BayDStrH ZBR 1963, 322; vgl. auch BVerwG D Ö D 1978, 73 f.
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ten 2 2 1 , Beschimpfen der Bundesflagge mit den Worten „Schwarz-Rot-Scheiße" 2 2 2 , Beleidigung von Untergebenen mit dem Ausdruck „Ich trete Euch in den Arsch" 2 2 3 , gibt es Fälle, die problematisch sind. Dies gilt vor allem für Verkehrsdelikte; Ordnungswidrigkeiten und Vergehen sind disziplinarrechtlich in der Regel nicht zu ahnden, wohl aber Verkehrsunfallflucht und Alkohol am Steuer 2 2 4 . Ehebruch ist von der Rechtsprechung früher stets als Dienstvergehen behandelt worden 2 2 5 ; die neuere Rechtsprechung nimmt dies zutreffend nur dann an, wenn er den dienstlichen Bereich berührt oder besonders verwerflich ist 226 ; gerade in dieser Frage sollte das Disziplinarrecht sich vor ethischem Rigorismus hüten. „Unehrenhaftes Schuldenmachen" 2 2 7 und „verschuldete Trunksucht" 2 2 8 werden ebenfalls als Dienstvergehen betrachtet. Außerdienstliches, nichtkriminelles Verhalten eines Beamten kann grundsätzlich nur dann disziplinarisch verfolgt werden, wenn es dienstliche Belange berührt229. Zulässige Disziplinarmaßnahmen230 sind der Verweis (d. h. ein förmlicher, über eine bloße Mißbilligung hinausgehender Tadel eines bestimmten Verhaltens), die Geldbuße, die Gehaltskürzung231 die Versetzung in ein Amt mit niedrigerem Endgrundgehalt, die Entfernung aus dem Dienst sowie bei Ruhestandsbeamten die Kürzung des Ruhegehaltes und die Aberkennung des Ruhegehaltes. Sonderregeln gelten für Beamte auf Probe und auf Widerruf 2 3 2 . Das formelle Disziplinarrecht betrifft das ebenfalls in den Disziplinarordnungen geregelte Disziplinarverfahrensrecht. Werden Tatsachen bekannt, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, so muß der Dienstvorgesetzte die zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlichen Ermittlungen veranlassen (sog. Vorermittlungen)233. Diese Vorermittlungsverfahren müssen ohne unangemessene Verzögerungen geführt werden 2 3 4 . Verweis und Geldbuße werden durch Disziplinarverfügung des Dienstvorgesetzten bzw. der obersten Dienstbehörde verhängt 2 3 5 ; den Disziplinargerichten vorbehaltene Maßnahmen können nur im förmlichen Disziplinarverfahren verhängt werden 2 3 6 , wobei das förmliche Dienstverfahren nur dann rechtswirksam eingeleitet 221 222
224 225 226
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231 233 234 235
DiszSenat OVG Münster ZBR 1963, 320. HessDStrH, in: BDH E 1, 2 1 3 . 2 2 3 BVerwG ZBR 1975,66.
BDH E 7, 95f.; BVerwG NJW 1968, 858; Lindgen, ZBR 1962, 137 u. DÖD 1978, 41 ff. OVG Münster ZBR 1965, 210. BVerwG E 43, 293ff.; 46, 146ff.; ZBR 1976, 61f.; Disz.Hof Rheinl.-Pfalz ZBR 1972, 352ff.; OVG Rheinl.-Pfalz ZBR 1975,358ff. B D H E 5 , 6 1 ; Claussen, ZBR 1964, 304 ff. 2 2 8 OVG Saarland ZBR 1975,159 f.
Konow, ZBR 1976,47ff.; Fliedner, DÖV 1973,664ff., 668. Vgl. § 5 ff. Bundesdisziplinarordnung (BDO) i. d. F. der Bekanntm. vom 20. Juli 1967 (BGBl. I, S. 751), zuletzt geänd. am 24. August 1976 (BGBl. I, S. 2486). - Zur Frage, welche Disziplinarmaßnahme als Sanktion für die Verletzung bestimmter Beamtenpflichten angebracht ist, vgl. Fliedner, Die Zumessung der Disziplinarmaßnahmen, 1972. Dazu Finger, ZBR 1973,144ff. 2 3 2 Vgl. §§ 5 III, 126 BDO. Vgl. § 26 BDO. VG Berlin DVB1. 1977,739 f. m. Anm. Kloepfer, S. 740 ff. Vgl. § 29 BDO. 236 Vgl. §§ 33ff. BDO.
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ist, wenn die Einleitungsbehörde in der Einleitungsverfügung den Sachverhalt bezeichnet, der den Verdacht eines Dienstvergehens des Beamten rechtfertigt 2 3 7 . In beiden Verfahrensarten entscheidet letztlich (bei Bundesbeamten) das Bundesdisziplinargericht, gegen dessen Entscheidungen im förmlichen Disziplinarverfahren jedoch noch das BVerwG angerufen werden kann 2 3 8 . P r o b l e m a t i s c h ist d a s Verhältnis
des Disziplinarrechts
zum
Strafrecht.
Trotz
gewisser Parallelen zum Strafrecht wird das Disziplinarrecht als Teil des Verwaltungsrechts (Beamtenrechts) angesehen. Demgemäß gilt für das Verhältnis zwischen Kriminalstrafe und Disziplinarstrafe nicht das Verbot der Doppelbestrafung (Art. 103 III GG - ne bis in idem); jedoch ist aus rechtsstaatlichen Gründen eine bereits verhängte Disziplinarmaßnahme bei der Strafzumessung im Strafverfahren zu berücksichtigen 239 . Gemäß § 14 B D O dürfen nach erfolgter strafgerichtlicher Verurteilung Geldbuße, Gehaltskürzung und Kürzung des Ruhegehalts nur verhängt werden, „wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um den Beamten oder Ruhestandsbeamten zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten und das Ansehen des Beamtentums zu wahren." Ob eine zusätzliche Disziplinarmaßnahme neben der erfolgten strafgerichtlichen Verurteilung erforderlich ist, wird von der Rechtsprechung 2 4 0 danach entschieden, ob das pflichtwidrige Verhalten eine besondere Dienstbezogenheit aufweist, die der Strafrichter bei der Zuweisung der Kriminalstrafe nicht berücksichtigt (objektives Kriterium der Dienstbezogenheit; Bsp.: Überfahren eines Haltesignals durch Lokführer), und ob nach der Persönlichkeit des Beamten (subjektives Kriterium; Bsp.: besonders labiler Beamter) neben der Kriminalstrafe eine zusätzliche Disziplinarmaßnahme notwendig erscheint. Die Zukunft wird zeigen, inwieweit die Institution des Disziplinarverfahrens neben dem Strafverfahren noch Raum hat 2 4 1 . Sinnvoller als der bisherige Zustand (allerdings auch nicht ganz unbedenklich) erscheint die Abschaffung von zusätzlich zum Strafverfahren eingeleiteten förmlichen Disziplinarverfahren, wobei die Beamteneigenschaft u. U. auch bei den Nicht-Beamtendelikten im Strafurteil berücksichtigt werden könnte; dagegen sollte das nichtförmliche Disziplinarverfahren für die Fälle nichtkriminellen Verhaltens aufrechterhalten werden. c) Beamtenrechte: Innerhalb der Rechte des Beamten sind die spezifischen Beamtenrechte von den Grundrechten des Beamten zu unterscheiden. Von den spezifischen Beamtenrechten seien hier als wichtigste genannt: 237 239
240 241
Bayer. VGH ZBR 1976,94ff. 2 3 8 Vgl. §§ 41 ff., 79 BDO. BVerfG E 21, 378ff.; OLG Hamm NJW 1978, 1063f. Zum umgekehrten Fall der Berücksichtigung einer einschlägigen strafgerichtlichen Vorstrafe bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme vgl. § 14 BDO; BVerwG E 33, 268ff.; 4 6 , 3 3 5 f . Überblick bei Fliedner, ZBR 1973, 230ff. Zur Diskussion hierüber vgl. Claussen, ZBR 1976, 331 ff.; Dan, DVB1. 1968, 62ff.; Lochbrunner, ZBR 1963, 282ff.; Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des GG, S. 80; Wiese, VerwArch 56 (1965), S. 203 ff. - Zur Kriminalität mit ihren beamtenrechtlichen Folgen allgemein vgl. Feindt, VerwArch 64 (1973), S. 136ff.
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aa) Recht auf Fürsorge und Schutz: „Zu den hergebrachten und nicht nur zu berücksichtigenden, sondern zu beachtenden Grundsätzen des Beamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) gehört der Grundsatz der Führsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten . . . Der genannte Grundsatz ist das Korrelat zum hergebrachten Grundsatz der Treuepflicht des Beamten" 242 . Auf Grund der Fürsorgepflicht (ein besserer Ausdruck wäre: Sorgepflicht) des Dienstherrn243 hat der Beamte ein Recht darauf, daß sein Dienstherr für sein und seiner Familie Wohl sorgt und ihn bei seiner amtlichen Tätigkeit und in seiner Stellung als Beamter schützt. Der Dienstherr muß also Handlungen unterlassen, die den Beamten schädigen, und muß ihn vor Nachteilen bewahren und zu seinem Vorteil dienende Maßnahmen vornehmen 244 . Sofern der Umfang der Fürsorgepflicht nicht gesetzlich festgelegt ist, muß zwischen den öffentlichen Interessen des Dienstherrn und den Interessen des einzelnen Beamten abgewogen werden 245 . Soweit Verwaltungsvorschriften (Richtlinien) bestehen - wie z. B. für Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen 246 - , kann über Art. 3 I GG eine Bindung des Ermessens des Dienstherrn eintreten (sog. Selbstbindung der Verwaltung) 247 . Anwendungsfälle des Rechts auf Fürsorge und Schutz sind: Schutz von Leben und Gesundheit248 (berufsübliche Gefahren, z. B. für Polizei und Feuerwehrbeamte, sind durch Schutzvorschriften auf ein Mindestmaß zu beschränken); Schutz des Eigentums249 (z. B. durch gesicherte Unterbringung von Kleidungsstücken oder zur Verwahrung gegebenem Geld 250 ); Recht auf Beratung und Belehrung durch den Dienstherrn251 (z. B. durch Hinweis auf Fristablauf); Förderung entspre242
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BVerfG E 43, 154ff. (165) = NJW 1977,1189ff. (1189) = D Ö V 1977, 558ff. (559) m. Anm. Bender, S. 565 ff. Vgl. § 79 BBG, § 48 BRRG; § 90 bad.-württ. LBG; Art. 86 bayer. BG; § 43 berl. LBG; § 78 brem. BG; § 82 hamb. BG; § 92 hess. BG; § 87 nieders. BG; § 85 nordhrein.-westf. LBG; § 87 rheinl.-pfälz. LBG; § 92 saarl. BG; § 95 schlesw.-holst. LBG. Fischbach, BBG I, S. 683; v. d. Heide, ZBR 1955, 321ff., 364ff.; Lecheler, ZBR 1972, 129 ff. Dazu BVerfG E 19, 84; BVerwG E 12, 277; OVG Lüneburg DVB1. 1951, 351 ff. mit Anm. von Reinicke, S. 352ff.; OVG Münster DVB1.1951,419f. Zum Beihilfenrecht allg.: BVerfG ZBR 1978, 237; H. J. Becker, ZBR 1975, 233ff.; von Zezschwitz, ZBR 1978, 21 ff. Einzelfälle zum Beihilferecht: BVerwG ZBR 1977, 184, 186,188,189,191,195. Vgl. zu dieser Frage allgemein: BVerwG E 16,70; 19,48ff.; 2 5 , 7 ; 27,193ff.; BGHZ 13, 77; Dicke, VerwArch 59 (1968), 293ff.; Pappermann, ZBR 1969, 70ff. (mit weit. Nachw.). Zur Frage, ob der Gleichheitssatz dadurch verletzt wird, daß die Pflichtstundenzahl der Lehrer nicht in Anpassung an die Verminderung der allgemeinen Arbeitszeit im öffentlichen Dienst herabgesetzt wird, vgl. BVerwG E 38,191 ff. Vgl. BVerwG E 25, 141; von der Heide, ZBR 1955, 364; Minz, SKV 1967, 288; B. Wilhelm, ZBR 1966, 325. Zum Schutz des „Passivrauchers" vor dem „Aktivraucher" in Diensträumen: VG Bremen ZBR 1976,290 f.; vgl. dazu auch die umfassende Darstellung bei Wolfg. Loschelder, ZBR 1977,337 ff. Vgl. von der Heide, ZBR 1955, 366; Minz, SKV 1967, 288; OVG Münster, ZBR 1977, 104 ff. BVerwG NJW 1978, 717ff. 251 BGHZ 7,74; 14,122.
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chend seiner Eignung und Leistung252 (z. B. auch Ermöglichung dienstlicher Fortbildung 253 ); Schutz vor mißbilligenden Äußerungen über seine Amtsführung durch Vorgesetzte gegenüber Dritten25*; Schutz gegen unberechtigte Anwürfe von außen (z. B. durch Gewährung strafrechtlichen Schutzes. - Str. ist, ob die Sorgepflicht es dem Dienstherrn verbietet, den Namen eines Beamten, der eine Dienstverletzung begangen hat, dem Geschädigten mitzuteilen 255 ); Mindeststandard an ordentlicher und fairer Gestaltung des verwaltungsmäßigen Verfahrens im Fall der Entlassung251. Was der Dienstherr aufgrund der Fürsorgepflicht dem Beamten schuldet, läßt sich im übrigen nur im Einzelfall genauer konkretisieren 256 . Da das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 I GG) im Beamtenrecht durch ins einzelne gehende Regelungen konkretisiert ist, bietet es im Beamtenrecht keine darüberhinausgehende unmittelbare Anspruchsgrundlage256. Verletzt der Dienstherr seine Sorgepflicht, so kann der dadurch geschädigte Beamte auf Erfüllung seines Rechtes auf Fürsorge und Schutz aus § 79 BBG bzw. den entsprechenden Bestimmungen in den Landesbeamtengesetzen klagen. Problematisch ist aber, ob der Beamte auch auf Schadensersatz klagen kann und ob dieser Schadensersatzanspruch gegebenenfalls neben dem Anspruch aus schuldhafter Amtspflichtverletzung gegenüber dem Beamten, dem der Dienstherr die Erfüllung der Sorgepflicht übertragen hatte, besteht. Der BGH hat früher den Schadensersatzanspruch aus Fürsorgepflichtverletzung verneint 259 ; er hat sich jedoch inzwischen der Rechtsprechung des BVerwG angeschlossen, das ihn bejaht 260 . Anspruchsgrundlage ist nach Auffassung des BVerwG nicht unmittelbar § 79 BBG (was m. E. sinnvoll wäre), sondern der Anspruch sei „unmittelbar aus dem Beamtenverhältnis", aus den „allgemeinen Rechtsgrundsätzen der §§ 276, 278, 618 III BGB" abzuleiten. Da diese Vorschriften keinen Schmerzensgeldanspruch einräumen, beschränkt das BVerwG (insofern folgerichtig) den Anspruch aus Fürsorgepflichtverletzung auf den Ersatz materiellen Schadens; einen Schmerzensgeldanspruch kann der verletzte Beamte aber aus Art. 34 GG i. Vb. mit §§ 839, 847 BGB bzw. (bei Schadenszufügung im nichthoheitlichen Bereich aus §§ 31, 89, 831, 847 BGB) geltend machen. Daß der Anspruch auf Ersatz materiellen Schadens aus Sorgepflichtverletzung neben dem Anspruch aus Amtspflichtverletzung gewährt wird, hat zur Folge, daß bei gleichem Sachverhalt entweder der Verwaltungsrechtsweg (Sorgepflichtverletzung) oder der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten (Amtspflichtverletzung) 252 253
254 255 256 258 260
BVerfG NJW1977,1189; vgl. auch BVerwG E 19,54. § 36 II BLV; Ule, Beamtenrecht, Rdnr. 5 zu § 48 BRRG. Dem Ziel der Fortbildung der Beamten dient die im Jahre 1969 auf Grund des § 3 6 1 BLV errichtete „Bundesakademie für öffentliche Verwaltung"; vgl. dazu Mattern, ZBR 1975, 97 ff. Hess. VGH ZBR 1974,261 ff. BVerwG E 10,274; BVerwG JZ 1961, 701 mit Anm. Lerche. BVerfG NJW 1977, 1189 . 2 5 7 BVerfG NJW 1977,1189; BVerwGE 19,54. BVerwG E 3 7 , 3 7 f. 2 5 9 BGHZ 29,310. BVerwG E 13, 17ff.; BGHZ 43, 178ff.; Minz, SKV 1967, 330f.; vgl. auch BVerwG E 28, 353 ff.
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beschritten werden kann. Dieser Zustand ist rechtspolitisch ungut, für den verletzten Beamten allerdings vorteilhaft; der vom Amtshaftungsanspruch unabhängige Schadensersatzanspruch aus Sorgepflichtverletzung ist für ihn deshalb günstig, weil letzterer auch auf Naturalrestitution gehen kann, die Beweislast leichter ist (Beweis nur der Verletzung der Sorgepflicht und des Schadens, nicht des Verschuldens) und nicht die kurze Verjährungsfrist der §§ 839, 852 BGB gilt. bb) Dienst- und Versorgungsbezüge: Das Recht der Dienst- und Versorgungsbezüge war jahrelang Anlaß zu Streitigkeiten zwischen Bund und Ländern. Die Streitigkeiten entstanden daraus, daß einzelne Länder mit Besoldungserhöhungen für ihre Beamten vorpreschten und damit das Besoldungsgleichgewicht durcheinanderbrachten. Auf Grund des Art. 74 a GG 2 6 1 ist nunmehr das Bundesbesoldungsgesetz durch das Zweite Besoldungsvereinheitlichungs- und Neuregelungsgesetz neu gefaßt worden 262 ; das Gesetz hat das Ziel, das zersplitterte Besoldungsund Versorgungsrecht in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes in Bund, Ländern und Gemeinden zu vereinheitlichen. Kernpunkt des Gesetzes ist der Grundsatz der funktionsgerechten Besoldung: „Die Funktionen der Beamten, Richter und Soldaten sind nach den mit ihnen verbundenen Anforderungen sachgerecht zu bewerten und Ämtern zuzuordnen" (§ 18 S. 1 BBesG). Die damit verbundene sog. Dienstpostenbewertung bereitet allerdings erhebliche Schwierigkeiten; in einigen Bereichen — z. B. Deutsche Bundespost; hamburgische Verwaltung 263 - wird sie bereits seit längerem praktiziert 264 . Die Dienstbezüge des Beamten 265 bestehen aus Grundgehalt, Ortszuschlag, Zulagen, Vergütungen und (bei dienstlichem Wohnsitz im Ausland) Auslandsbezügen. Die Grundgehälter sind in den Besoldungsordnungen festgelegt 266 . Die Besoldungsordnung A umfaßt die sog. aufsteigenden, d. h. nach Dienstaltersstufen alle 2 Jahre bis zum Endgrundgehalt steigenden Gehälter; sie sind in 16 Besoldungsgruppen gestaffelt (A 1 - 5 : einfacher, A 5 - 9 : mittlerer, A 9 - 1 3 : gehobener, A 13-16: höherer Dienst). Die Besoldungsordnung B für hohe Beamte (z. B. Ministerialdirektoren, Oberstadtdirektoren, Staatssekretäre) sieht feste Gehälter vor
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Dazu BVerfG E 34, 9ff. (Hessische Lehrerbesoldung); von Münch, Art. 74a, in: von Münch, GGK 3, Erl. zu Art. 74 a. Vgl. H. Clemens / H. Lantermann, ZBR 1975, 161ff.; Käppner, ZBR 1975, 171ff.; Millack, ZBR 1975,177 ff. Dazu U. Becker, D Ö V 1977, 339ff.; Budelmann, ZBR 1977,201 ff. O. Seewald, Bisherige Erfahrungen mit der „Analytischen Dienstpostenbewertung" in der Bundesrepublik Deutschland, 1973; Siepmann, ZBR 1977, 362 ff. (zum KGSt-Gutachten „Stellenplan-Stellenbewertung", 5. Aufl. 1970). Vgl. § 1 II Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) i. d. F. vom 23. Mai 1975 (BGBl. 1975 I, S. 1173). Zu Einzelheiten vgl. H.-J. Becker, ZBR 1974, 69ff.; H. Clemens / Chr. Millack / H. Engelking / H. Lantermann / K. H. Henckel, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, 2. Aufl. 1978 (Loseblattwerk); B. Schwegmann / R. Summer, Bundesbesoldungsgesetz, 1975. Histor. u. Zukunftsaspekte der Besoldung bei Chr. Millack / R. Summer, ZBR 1978,138 f.
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und ist in 11 Besoldungsgruppen eingeteilt. Besondere Besoldungsordnungen sind für Hochschullehrer (C) und Richter und Staatsanwälte (R) eingeführt worden. Der Ortszuschlag richtete sich früher nach der (höheren) Ortsklasse S und der (niedrigeren) Ortsklasse A, wobei die Einstufung des Ortes, an dem der Beamte seinen dienstlichen Wohnsitz hat, sich aus dem Ortsklassenverzeichnis ergab 2 6 7 . Neuerdings richtet sich der Ortszuschlag nach der Tarifklasse, der die Besoldungsgruppe des Beamten zugeteilt ist, und nach der Stufe, die den Familienverhältnissen des Beamten (ledig, verheiratet, Kinderzahl) entspricht 268 . Die Zulagen werden für herausgehobene Funktionen gewährt 2 6 9 . Unterschieden wird hierbei vor allem zwischen Amtszulagen und Stellenzulagen: Amtszulagen sind unwiderrufliche und ruhegehaltsfähige Dienstbezüge (Teil des Grundgehalts), die für Ämter vorgesehen sind, die sich von dem dazugehörigen Grundamt zwar nicht wesentlich, aber doch deutlich abheben (Bsp.: Erster Staatsanwalt). Stellenzulagen sind widerruflich und nur in gesetzlich bestimmten Fällen ruhegehaltsfähig; sie dürfen nur für die Dauer der Wahrnehmung der herausgehobenen Funktionen gewährt werden (Bsp.: Piloten von Düsenflugzeugen). Erschwerniszulagen sind widerruflich und nicht ruhegehaltsfähig; sie werden zur Abgeltung besonderer, bei der Bewertung des Amtes oder bei der Regelung der Bezüge nicht berücksichtigter Erschwernisse gewährt 2 7 0 (Bsp.: Sonntagsdienst). Vergütungen211 können für Mehrarbeit (Überstunden) festgesetzt werden, soweit die Mehrarbeit nicht durch Dienstbefreiung ausgeglichen wird, ferner für Beamte im Vollstreckungsdienst (Bsp.: Gerichtsvollzieher). Die Rechtsnatur der Dienstbezüge ist umstritten. Das BVerfG und die h. L. vertreten die Alimentationstheorie, derzufolge die Dienstbezüge nicht Entgelt für geleistete Arbeit sind (Lohnprinzip), sondern den amtsgemäßen, angemessenen Unterhalt sichern sollen 272 . Begründet wird die Alimentationstheorie u. a. damit, daß die Dienstbezüge der Beamten gesetzlich festgesetzt sind, bei Innehabung von zwei Ämtern nur eine Besoldung erfolgt, Überstunden des Beamten nicht gesondert vergütet werden 2 7 3 und der Beamte auf die Dienstbezüge nicht verzichten kann 2 7 4 . Alle diese Folgerungen können aber auch bei Annahme eines öffentlichrechtlichen Leistungsentgeltes gezogen werden, so daß das Alimentationsprinzip („dienen, nicht verdienen") entbehrlich ist und aufgegeben werden sollte 275 . Die 266
Vgl. die Anlagen zum BBesG, insbes. Anlage IV. - Zur Frage eines Anspruches des Beamten auf richtige Bewertung seines Dienstpostens vgl. BVerwG DVB1. 1971,404ff.; Z B R 1 9 7 4 , 1 4 ff.
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Vgl. Pappermann, ZBR 1969,70 ff.
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Vgl. § 3 9 1 BBesG. 2 6 9 Vgl. § 42 BBesG. Vgl. § 47 BBesG; dazu VO über die Gewährung von Erschwerniszulagen vom 26. April 1976 (BGBl. I, S. 1101). Vgl. §§ 48ff. BBesG. BVerfG E 8, 14f.; 16, 112; 18, 166; 22, 421; D Ö V 1975, 817; NJW 1977, 1870; BVerwG E 38,137; Thieme, ZBR 1963,129ff.; Wertenbruch, ZBR 1963,200ff. Vgl. BVerwG ZBR 1971, 88ff. mit Anm. Wilhelm, S. 91ff., und Wilhelm, ZBR 1969, 229 ff. Vgl. § 2 III BBesG.
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Rechtsprechung unterscheidet neuerdings auch schon zwischen einem „Kernbereich" des Alimentationsanspruches (Besoldung) und seinen Randzonen (wie z. B. Beihilfen im Krankheitsfall, Weihnachtszuwendungen usw.) 276 ; auch soll der Alimentationsgrundsatz nicht für Beamte im Vorbereitungsdienst gelten 277 . Zur Höhe der amtsangemessenen Alimentierung hat das BVerfG ausgeführt 2 7 8 : „. . . die Dienstbezüge sowie die Alters- und Hinterbliebenenversorgung sind so zu bemessen, daß sie einer je nach Dienstrang, Bedeutung und Verantwortung des Amtes und entsprechender Entwicklung der allgemeinen Verhältnisse angemessenen Lebensunterhalt gewähren und als Voraussetzung dafür genügen, daß sich der Beamte ganz dem öffentlichen Dienst als Lebensberuf widmen und in wirtschaftlicher Unabhängigkeit zur Erfüllung der demBerufsbeamtentum vom Grundgesetz zugewiesenen Aufgabe, im politischen Kräftespiel eine stabile, gesetzestreue Verwaltung zu sichern, beitragen kann." Im Hinblick auf den allgemeinen Lebensstandard und die allgemeinen Verbrauchs- und Lebensgewohnheiten gehöre dazu auch ein „Minimum an Lebenskomfort". „Alimentation in der Wohlstandsgesellschaft bedeutet mehr als Unterhaltsgewährung in Zeiten, die für weite Kreise der Bürgerschaft durch Entbehrung und Knappheit gekennzeichnet waren. Das Alimentationsprinzip liefert einen Maßstabsbegriff, der jeweils den Zeitverhältnissen gemäß zu konkretisieren i s t . . . " Die Rückforderung ohne Rechtsgrund gezahlter Beziige ist in den Beamtengesetzen geregelt 279 . Erfolgte eine Uberzahlung deshalb, weil die Besoldung durch Gesetz rückwirkend verschlechtert worden ist, so braucht der Beamte die zuviel gezahlten Beträge nicht zu erstatten. Sind dagegen Überzahlungen aus anderen Gründen erfolgt (z. B. infolge unrichtiger Anwendung des Gesetzes, unrichtiger Ermessensausübung oder infolge von Rechenfehlern), so richtet die Rückforderung sich nach den Vorschriften des BGB über die ungerechtfertigte Bereicherung. Von den damit zusammenhängenden schwierigen Fragen sei hier nur erwähnt, daß nach der Rechtsprechung des BVerwG Leistungen auf Grund eines wegen unzutreffender Rechtsanwendung fehlerhaften (aber nicht nichtigen) endgültigen Festsetzungsbescheides nicht ohne rechtlichen Grund erbracht sind (str.) 280 . Eine Kassenanweisung, eine Abschlagszahlung und eine Zahlung unter Vorbehalt sind
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Kritisch dazu auch Wiese, VerwArch 57 (1966), S. 240ff. - Wilhelm (ZBR 1 9 6 8 , 2 5 , 1 7 5 ) meint, der Gesetzgeber habe mit der Einführung des Teilzeitbeamtentums (dazu oben S. 37) wenigstens für diesen Teilbereich den Alimentationsgrundsatz aufgegeben. OVG Münster DVB1. 1975, 308; BVerwG D Ö D 1978, 32ff. OVG Münster DVB1. 1975, 307. Zum (abgelehnten) Anspruch einer Beamtin auf Mutterschaftsgeld vgl. BSG, D Ö D 1978, 77 f. NJW1977,1869ff. (1870). § 87 BBG; § 53 BRRG; § 12 BBesG. Vgl. im einzelnen BVerwG E 8, 261; 30, 296; 32, 228ff.; BVerwG ZBR 1961, 121; 1968, 183; 1970, 323; NJW 1962, 266; D Ö V 1967, 273; Bad.-Württ. VGH ZBR 1976, 372 (LS). - Zur Rückzahlung der Weihnachtsgratifikation beim Ausscheiden eines Beamten s. Henrichs, ZBR 1969,79 ff. BVerwG E 8 , 2 6 4 ; BVerwG ZBR 1961,122, 278; a. A.: E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 6ff. z u § 87.
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keine endgültigen Bescheide 281 . Auch für das Beamtenrecht gelten die Regeln zur Rücknahme fehlerhafter Verwaltungsakte 282 . Die Rückforderung zuviel gezahlter Dienstbezüge soll nach Ansicht des BVerwG 283 durch Leistungsbescheid möglich sein. Das dürfte ebenso wie bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen des Dienstherrn 284 nicht unbedenklich sein. Von der Rückforderung zuviel gezahlter Dienstbezüge ist die Frage zu trennen, ob Vereinbarungen oder gesetzliche Regelungen über die Rückzahlung von Ausbildungskosten nach Ausscheiden des Beamten aus dem Beamtenverhältnis zulässig sind (Bsp.: Bundeswehr bildet Berufsoffizier zum Düsenjägerpiloten aus, anschließend geht der Pilot zu privater Fluggesellschaft). Die Rechtsprechung sieht in der RückZahlungsverpflichtung keinen Verstoß gegen Art. 3 1,12 I und 33 V GG, sofern es sich um „Zuwendungen außerhalb einer gesetzlichen Verpflichtung unter Eingehen einer potentiellen RückZahlungsverpflichtung" handelt 285 . Diese Ansicht ist zutreffend, sofern es sich um besondere Ausbildungskosten handelt, denen keine adäquate Gegenleistung von Seiten des Beamten gegenübersteht. Dagegen sind Rückzahlungsvereinbarungen unwirksam, in denen der Dienstherr von einem Beamten bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Dienst die während des Vorbereitungsdienstes im Beamtenverhältnis auf Widerruf entstandenen allgemeinen Ausbildungskosten zurückfordert 286 . Im Falle einer Verletzung oder Tötung eines Beamten geht ein gesetzlicher Schadensersatzanspruch des Beamten oder seiner Hinterbliebenen gegen den Schädiger (z. B. nach § 823 BGB, § 7 StVG, § 1 RHaftpflichtG, § 33 LuftVG) auf den Dienstherrn über, da dieser während der Dienstunfähigkeit des Beamten weiterhin Dienstbezüge gewährt oder zu Versorgungsleistungen verpflichtet ist. Sinn dieses im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses eintretenden Überganges gesetzlicher Schadensersatzansprüche ist es, dem Schädiger die Lasten aufzuerlegen, für die er verantwortlich ist, und von denen er nicht deshalb freikommen kann, weil der Dienstherr Dienst- und Versorgungsbezüge leisten muß 287 . Ob im Beamtenrecht ein ungeschriebener allgemeiner Rechtsgrundsatz der Vorteilsausgleichung gilt, aus dem folgt, daß für die Zeit, in der ein Beamter schuldlos keinen Dienst geleistet hat, auf die Dienstbezüge eine anderweitige erzielte Arbeitsvergütung anzurechnen ist, erscheint zweifelhaft 288 . 281 282 283 285
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BVerwG ZBR 1961,122; ZBR 1961, 278. Vgl. dazu Erichsen / Martens, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, § 18. BVerwG E 2 8 , 1 ff.; 29, 310ff.; 37, 314ff. 2 8 4 Vgl. unten S. 62f. BVerwG E 40, 237ff. (242); vgl. auch BVerwG E 30, 65, 77; ZBR 1964, 339ff.; 1973, 57 ff. - Gesetzliche Regelung für Berufssoldaten: § 46 IV SoldG (dazu: BVerwG ZBR 1977,287 ff., 321 ff.). BVerwG D Ö V 1978,103 ff. = NJW 1978,1393 ff., auch unter Hinw. auf § 59 V BBesG. Vgl. § 87 a B B G ; § 52 BRRG; dazu: BGH NJW 1962,1961; 1965,907; OLG Düsseldorf NJW 1965, 205. Ausführlich: Riedmaier, ZBR 1976, 73 ff. Speziell zu Sterbegeld und Beerdigungskosten: BVerwGE 47, 55ff.; BGH NJW 1977,802f. BVerwGE31,253.
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Besondere Formen der Dienstbezüge sind Unterhaltszuschuß 289 , Aufwandsentschädigungen und die Versorgungsansprüche (insbes. Ruhegehalt, Unterhaltsbeitrag, Hinterbliebenenversorgung, Bezüge bei Verschollenheit, Unfallfürsorge, Ubergangsgeld) 290 . cc) Einsicht in Personalakten, Dienstzeugnis: Der Beamte hat, auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, ein Recht auf Einsicht in seine vollständigen Personalakten 291 . Der Begriff der Personalakten umfaßt alle den Beamten betreffenden Vorgänge, gleichgültig, wo und wie sie aufbewahrt werden und gleichgültig, ob sie vom Dienstherrn als „Personalakten" gekennzeichnet sind (materieller Personalaktenbegriff, nicht formeller Personalaktenbegriff) 292 . Allerdings „betreffen" nur solche Vorgänge den Beamten, die in einem .inneren dienstlichen Zusammenhang mit dem Beamtenverhältnis stehen (z. B. dienstliche Beurteilung 293 , Schlußbericht des Untersuchungsführers im Disziplinarverfahren 294 ). Hinsichtlich der Aufnahme von Vorgängen in die Personalakten wird im übrigen unterschieden zwischen Vorgängen, die in die Personalakte aufgenommen werden müssen, und Vorgängen, die in die Personalakte aufgenommen werden können. Zur ersteren Gruppe gehören Vorgänge, die ihrem Inhalt nach den Beamten „in seinem Dienstverhältnis betreffen"; zur letzteren Gruppe gehören Vorgänge, die zwar den Beamten nicht in seinem Dienstverhältnis betreffen, die aber den Beamten persönlich betreffen und bei seiner Dienstbehörde entstanden oder ihr zugegangen sind 295 . Ob Prüfungsakten zu den Personalakten gehören, ist strittig 296 . Zur Einsicht in die Personalakten bedarf es keiner Genehmigung des Dienstvorgesetzten, ja nicht einmal des Nachweises eines schutzwürdigen Interesses 297 ; geregelt werden darf lediglich die Art und Weise der Einsicht, d. h. Ort, Zeit und die Anwesenheit eines bestimmten Beamten 298 . Das Recht auf Einsicht ist ein 289
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Zur Kollision des Anspruchs auf Unterhaltszuschuß eines Referendars mit seinem Anspruch auf Dienstbezüge als wiss. Assistent: BVerwG ZBR 1977,161 ff. Vgl. Gesetz über die Versorgung der Beamten und Richter in Bund und Ländern (Beamtenversorgungsgesetz - BeamtVG) vom 24. August 1976 (BGBl. 1976 I, S. 2485); W. Kümmel, Beamtenversorgungsgesetz, 1978; M. Stegmüller / R. Schmalhofer / E. Bauer, Beamtenversorgungsgesetz, 1976 (Loseblattsammlung). Vgl. § 90 BBG, § 56 BRRG. Allgemein vgl. R. Düx, Einsichts- und Korrekturrechte des Beamten in bezug auf seine Personalakten, Diss. Mainz 1976. BVerwG E 6, 305; 12, 299; 35, 227; 3 6 , 1 3 8 ; JZ 1975, 731; D Ö V 1971, 60; ZBR 1963, 352f. mit Anm. von Schock; Bank, RiA 1962, 17; B. Wilhelm, ZBR 1967, 97; Lazik, D Ö V 1970,702. BVerwG D Ö V 1977,132ff. (133). 2 9 4 BVerwG E 3 8 , 9 4 f f . Zur Beurteilung allg. vgl. die Hinw. bei Pickuth, ZBR 1978, 48 ff. Zur Anhörungspflicht bei dienstl. Beurteilungen: VG Koblenz ZBR 1977,77 f. Verneinend. BVerwG E 7, 153ff.; 14, 33; 36, 138; bejahend Friebe, NJW 1959, 904; Schütz, ZBR 1958, 241 (mit der Einschränkung, die Prüfung müsse beim Dienstherrn abgelegt sein); vermittelnd Fischbach, BBG I, S. 837. Landesgesetzlich ist die Frage z. T. ausdrücklich geregelt: z. B. § 1021 nordrh.-westf. LBG. BVerwG E 38 , 98 . 2 9 8 OVG Münster DVB1. 1963, 30.
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höchstpersönliches Recht; wenn keine dienstlichen Belange entgegenstehen oder im Falle eines Rechtsstreites zwischen dem Beamten und seinem Dienstherrn kann es aber auch durch einen Bevollmächtigten ausgeübt werden 299 . Das Recht auf Einsicht besteht nur in bezug auf die eigenen Personalakten. Problematisch ist der Fall, in dem die Einsicht in die eigenen Personalakten zugleich Aufschluß über einen Teil der Personalakten (im materiellen Sinn) anderer Beamter, vor allem also von Mitbewerbern300, enthält; denn für Personalakten gilt der Grundsatz der Geheimhaltung. Jedoch hat das BVerwG entschieden, „aus dem grundsätzlichen Gebot, Personalakten geheimzuhalten, folgt aber nicht zwangsläufig, daß Personalakten stets und bezüglich jedes Teiles ihres Inhalts geheimgehalten werden müßten"; Ausnahmen erkennt das BVerwG vielmehr u. a. dann an, wenn der betroffene Beamte zustimmt oder die Erteilung einer Auskunft daraus in seinem wohlverstandenen Interesse liegt, schließlich dann, wenn „nach den Umständen des Einzelfalles dem schutzwürdigen Interesse des Beamten an der Geheimhaltung ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse der Allgemeinheit oder auch eines Dritten an der Auskunftserteilung gegenübersteht" 301 . Vor Aufnahme von Beschwerden und nachteiligen Tatsachenbehauptungen in die Personalakten muß der Beamte gehört werden 302 . Diese gesetzliche Anhörungspflicht gilt nicht für dienstliche Beurteilungen, Befähigungsberichte und sonstige Werturteile ohne Tatsachenbehauptungen; jedoch gebietet es die Fürsorgepflicht, den Beamten vor einer ungünstigen Beurteilung zu hören 303 . Befinden sich in den Personalakten unrichtige Angaben, so hat der Beamte einen Anspruch auf Berichtigung oder, wenn der Dienstherr die Berichtigung nur unzulänglich vornimmt oder sie ablehnt, auf Vernichtung 304 . Befinden sich in den Personalakten Vorgänge, die zwar nicht unrichtig sind, die aber zu Unrecht in die Personalakten aufgenommen wurden, so ist zu unterscheiden: Handelt es sich um Vorgänge, die der Sache nach in die Personalakten hineingehörten, aber unter Verletzung des dem Beamten zustehenden vorherigen Anhörungsrechtes in die Personalakten gelangt waren, so hat der betroffene Beamte wegen des Prinzips der Vollständigkeit der Personalakten nur einen Berichtigungsanspruch305; handelt es sich dagegen um Vorgänge, die schon der Sache nach nicht in die Personalakten gehören, so hat der Beamte einen Entfernungsanspruch306. Voraussetzung der
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305 306
M ü n s t e r DVB1. 1951, 116; Gerhard Dürig, ZBR 1956, 405; kritisch E. Flog! A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 12 zu § 90. So der Fall in BVerwG JZ 1975, 731 ff. = NJW 1976,204 f. BVerwG E 3 5 , 2 2 7 f . 3 0 2 Vgl. § 90 S. 2 BBG; § 56 S. 2 BRRG. BGH NJW 1957,298; Bank, RiA 1962,19; B. Wilhelm, ZBR 1967,106. Vgl. § 101 IV nieders. BG; BGH ZBR 1961, 317; OVG Lüneburg NJW 1964, 1588. Zum Anspruch auf Aufnahme einer Gegendarstellung in die Personalakte und zur gerichtlichen Durchsetzung vgl. W. K. Geck / C. Böhmer, JuS 1973,101 ff. BVerwG D Ö V 1977,132ff. (133). BVerwG D Ö V 1977,132ff. (134).
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Zulässigkeit einer entspr. Klage i. S. des § 126 BRRG ist allerdings, daß das Vorhandensein der Vorgänge in den Personalakten geeignet ist, den Beamten oder früheren Beamten in seinen Rechten zu berühren 307 . Strittig ist, ob Strafvermerke und Strafregisterauszüge aus den Personalakten entfernt werden müssen, wenn die Strafe im Strafregister getilgt ist 308 . Nach Beendigung des Beamtenverhältnisses hat der Beamte ein Recht auf Erteilung eines Dienstzeugnisses309. Im Streit über die Richtigkeit des Zeugnisses kann das Verwaltungsgericht Angaben über Art und Dauer der Tätigkeit des Beamten voll nachprüfen, Wertungen über Befähigung und Leistungen des Beamten dagegen nur nach den Grundsätzen über die Nachprüfung von Prüfungsentscheidungen 310 . d) Grundrechte im Beamtenverhältnis: Von den speziellen Beamtenrechten ist die Frage zu trennen, inwieweit der Beamte sich auf die allen Bürgern zustehenden Grundrechte berufen kann. aa) Geltung der Grundrechte: Die Grundrechte gelten auch im Beamtenverhältnis, jedoch kann ihre Ausübung eingeschränkt werden. Rechtsgrund dieser Einschränkung war nach einer früher vertretenen Ansicht ein in der Freiwilligkeit des Eintritts in das Beamtenverhältnis gesehener Verzicht, nach neuerer Auffassung die Institutionalisierung des Beamtentums im GG (Art. 33 IV, V) 311 . Das BVerfG hat nunmehr (für den Strafvollzug) entschieden, daß Grundrechte nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden können 312 . Da das Beamtenrecht wie kaum ein anderes Rechtsgebiet durch Gesetze und Verordnungen durchkodifiziert ist, liegt eine rechtliche Grundlage für die Einschränkung von Grundrechten der Beamten meist vor. Jedoch kann sich die Frage stellen, ob die betreffende Rechtsnorm das Ausmaß der Einschränkung deckt. Das Ausmaß dieser Einschränkung ist für die einzelnen Grundrechte verschieden. Jedenfalls aber darf die Einschränkung nicht weiter gehen, als Sinn und Zweck des Beamtenverhältnisses dies unabweislich fordern. Das wiederum bedeutet, daß das Maß der Einschränkung unterschiedlich sein kann je nachdem, um was für eine Art von Beamtenverhältnis es sich handelt (z.B. Lehrer 313 , Polizeibeamter, Steuerbeamter), und je nachdem, welchen Dienstrang der betreffende Beamte in diesem Beamtenverhältnis bekleidet. Im übrigen ist eine Berufung auf Grund307 308
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BVerwG D Ö V 1977,132 ff. (134). Bejahend (zu Recht) Bank, RiA 1967, 19; B. Wilhelm, ZBR 1967, 107; verneinend Fischbach, BBG I, 840; Kunze, ZBR 1959, 75; E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 5 zu § 90. Vgl. § 92 BBG. Dazu BVerwG E 12, 34; 21,130. Dazu und zum folgenden: Ule, GRe IV/2, S. 615ff.; Schick, ZBR 1963, 67ff.; Wolff, Bachof, VwR II, § 107 III c. BVerfG E 33, l f f . Vgl. auch von Münch, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, § 3 II 2; Schnapp, ZBR 1977,208 ff. Vgl. Hemmrich, Die Einschränkung der Grundrechte bei Lehrern, Diss. Bochum 1970; Hantke, Meinungsfreiheit des Lehrers, 1973.
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rechte innerhalb des Dienstes zwar nicht ausgeschlossen (z. B. bei Weisungen, die gegen die Menschenwürde verstoßen), wird aber selten praktisch 314 . Die Berufung auf Grundrechte hat vielmehr ihren Hauptanwendungsbereich dort, wo es um das Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes geht. Die frühere Auffassung, der Beamte sei immer im Dienst 315 , ist aufgegeben; der zeitgemäßen Auffassung entspricht es, „daß die Eingriffe in die Privatsphäre auf ein unerläßliches Mindestmaß beschränkt bleiben sollen" 316 . bb) Einzelne Grundrechte: Das Grundrecht der Glaubens-, Gewissens- und Bekenntnisfreiheit und der ungestörten Religionsausübung (Art. 4 I, II GG) wird durch das Beamtenverhältnis nicht gesondert eingeschränkt 317 ; so ist z. B. die Werbung für die Zeugen Jehovas durch Hausbesuche eines Polizeimeisters außerhalb der Dienstzeit und nicht in Uniform zulässig318, unzulässig dagegen eine Werbung für einen bestimmten Glauben (religiöse Propaganda) oder eine Abwerbung (antireligiöse Propaganda) durch einen Lehrer im Geschichtsunterricht. Das Recht der freien Meinungsäußerung (Art. 5 I, S. 1 GG) wird durch die „allgemeinen Gesetze" beschränkt (Art. 5 II GG). „Allgemeine Gesetze" sind auch die Beamtengesetze, z. B. die Bestimmungen über die Amtsverschwiegenheit und die Bestimmungen über die Mäßigung und Zurückhaltung bei politischer Betätigung 319 . Bei der politischen Betätigung20 ist im übrigen zu unterscheiden: Politische Meinungsäußerungen innerhalb des Dienstes sind nur als privates, die Arbeitsleistung und das Betriebsklima nicht beeinträchtigendes Gespräch unter Kollegen zulässig, nicht dagegen als planmäßige Agitation und nicht gegenüber Dritten. Rechtlich unzulässig ist es daher z. B., wenn Lehrer im Unterricht Plaketten mit politischen Slogans tragen 3202 . Politische Meinungsäußerungen außerhalb des Dienstes sind grundsätzlich zulässig, jedoch in der Form beschränkt (Mäßigungspflicht), im Inhalt dagegen nur, soweit die Treuepflicht (Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung) eingreift. Unzulässig ist ein für 314
VG Bremen NJW 1978, 66 f. m. krit. Anmerkung von Münch (S. 67 f.) und zust. Anmerkung Meyn (S. 657 f.) nimmt unzutreffend eine Verletzung des Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 I GG) an, wenn dienstliche Ferngespräche nach Tel.-Nr., Datum, Uhrzeit und Gebührenhöhe registriert werden. 315 PrOVG J W 1 9 2 7 , 2 8 6 7 ; B D H E 1,25. 3 1 6 B D H E 7 , 9 4 . 317 Ule, GRe TV/2, S. 630. Vgl. auch Podlech, Das Grundrecht der Gewissensfreiheit und die besonderen Gewaltverhältnisse, 1969; ders., JuS 1968,120ff. 318 BVerwG E 3 0 , 2 9 ff. 319 Dazu K. Dammann / M. Kutscha, PersV 1977, 47ff.; J. Cornelius / H. Gester / F. Woschech, Die Meinungsfreiheit des Beamten, 1964; Herzog, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 106ff. zu Art. 5; von Münch, ZBR 1959, 305ff.; B. Wilhelm, Die freie Meinung im öffentlichen Dienst, 1968; Benne, D ö D 1978, 11 ff. 320 Dazu BVerwG DVB1. 1974, 463; Böttcher, Die politische Treupflicht der Beamten und Soldaten und die Grundrechte der Kommunikation, 1967; Frowein, Die politische Betätigung der Beamten, 1967; K. Kröger, AöR 88 (1963), S. 121 ff.; Lüthje, ZBR 1968, 233 ff. ; Niethammer- Vonberg, Parteipolitische Betätigung der Richter, 1969 ; B. Wilhelm, ZBR 1968,1 ff. 320a Vgl. dazu OVG Hamburg, Art. v. 17. 4. 1978 (Bs I, 26/78, unveröff.)
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eine ganze Beamtenkategorie, wie z. B. die Bereitschaftspolizei 321 , ausgesprochenes Verbot parteipolitischer Betätigung. Heftig umstritten ist die Frage der Beschäftigung von Extremisten im öffentlichen Dienst. Die vom Bundeskanzler und den Ministerpräsidenten der Bundesländer beschlossenen „Grundsätze zur Frage der verfassungsfeindlichen Kräfte im öffentlichen Dienst" 322 führen dazu aus: „Nach den Beamtengesetzen von Bund und Ländern und den für Angestellte und Arbeiter entsprechend geltenden Bestimmungen sind die Angehörigen des öffentlichen Dienstes verpflichtet, sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes positiv zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten. Verfassungsfeindliche Bestrebungen stellen eine Verletzung dieser Verpflichtung dar. Die Mitgliedschaft von Angehörigen des öffentlichen Dienstes in Parteien oder Organisationen, die die verfassungsmäßige Ordnung bekämpfen — wie auch die sonstige Förderung solcher Parteien und Organisationen - , wird daher in aller Regel zu einem Loyalitätskonflikt führen. Führt das zu einem Pflichtverstoß, so ist im Einzelfall zu entscheiden, welche Maßnahmen der Dienstherr ergreift. Die Einstellung in den öffentlichen Dienst setzt nach den genannten Bestimmungen voraus, daß der Bewerber die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die freiheitlich demokratische Grundordnung eintritt. Bestehen hieran begründete Zweifel, so rechtfertigen diese in der Regel eine Ablehnung." Bundesregierung und Bundesrat haben diesbezügliche Gesetzentwürfe zur Änderung beamtenrechtlicher Bestimmungen, insbesondere des BRRG, eingebracht 323 . Der Entwurf der Bundesregierung will dem § 4 I BRRG die folgenden Sätze anfügen: „Beabsichtigt die Einstellungsbehörde, eine Berufung in das Beamtenverhältnis zu versagen, weil der Bewerber die Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 2 nicht erfüllt, so hat sie ihm dies unter Angabe der Gründe und der hierfür erheblichen Tatsachen mitzuteilen und ihm Gelegenheit zu geben, sich hierzu zu äußern. In der Begründung einer ablehnenden Entscheidung müssen die in der Person eines Bewerbers liegenden Umstände festgestellt werden, die gegen seine Verfassungstreue sprechen. Das gilt auch für die Bewerber, die einer Partei angehören. Kein Bewerber kann sich darauf berufen, daß die politischen Ziele, für die er sich einsetzt, von einer Partei oder Vereinigung verfolgt werden, die im Rahmen der Artikel 21 oder 9 des Grundgesetzes tätig wird. Kann die Eignung des Bewerbers nicht festgestellt werden, so entscheidet die oberste Dienstbehörde. Die Ablehnung darf nur auf Tatsachen gestützt werden, die gerichtlich in vollem Umfang nachprüfbar sind. Eine ablehnende Entscheidung ist auf Verlangen mit einer schriftlichen Begründung zu versehen; in ihr sind die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen anzugeben. Der Entscheidung ist eine Rechtsmittelbeleh321 322
323
a. A.: BayVerfGHDÖV 1966,95; Frowein, a. a. O., S. 34. Vom 28. Januar 1972, abgedr. in Bulletin Nr. 15 vom 3. Februar 1972, und in BVerfG E 39,366. BTags-Drucks. 7/2433, 7/2432, 7/4187. Dazu Schick, ZBR 1975, lff., sowie die Beratungen im BTag, BTags-Drucks. 7/13538-13598.
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rung beizufügen. Die Zulassung zu einer Ausbildung, die in einem öffentlichrechtlichen Dienst- oder Ausbildungsverhältnis abzuleisten ist, ist zu gewährleisten." Der Vorschlag des Bundesrates unterscheidet sich von dem der Bundesregierung vor allem darin, daß nach Auffassung des Bundesrates die Mitgliedschaft in einer Partei oder sonstigen Vereinigung, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgt, „in der Regel" Zweifel daran begründet, „ob der Bewerber jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintreten wird, und zwar auch dann, wenn die Partei oder Vereinigung noch nicht verboten ist". Die Verfassungsmäßigkeit der Grundsätze, die sich nur als Interpretation des geltenden Rechts verstehen, wie auch der Gesetzentwürfe ist umstritten 324 . Soweit eine Verfassungswidrigkeit behauptet wird, kommt dieser Vorwurf aus zwei einander entgegengesetzten Richtungen: Die eine Seite begründet die Verfassungswidrigkeit mit einem Verstoß gegen Art. 3 III, 5 I, 12 I, 21 II S. 1 und 33 II GG 3 2 5 , während die andere Seite die Verfassungswidrigkeit darin erblickt, daß „der notwendige Schutz des öffentlichen Dienstes vor dem Eindringen von Verfassungsfeinden nicht mehr ausreichend gewährleistet" sei 326 . Das Bundesverfassungsgericht 327 teilt diese Bedenken nicht und begründet das wie folgt: Den Beamten obliegt eine besondere Treuepflicht gegenüber dem Staat und seiner Verfassung (Art. 33 V, 33 IV, 5 III S. 2 GG). „Gemeint ist damit nicht eine Verpflichtung, sich mit den Zielen oder einer bestimmten Politik der jeweiligen Regierung zu identifizieren. Gemeint ist vielmehr, sich mit der Idee des Staa324
325 326 327
Schrifttum und Rspr. zu dieser Frage - wie auch zu Spezialfragen, z. B. Auskunft der Verfassungsschutzämter (dazu Hess. VGH ZBR 1976, 24; Specht, ZBR 1977, 95), Hinzuziehung eines Anwaltes zum Einstellungsgespräch (dazu OVG Hamburg DVB1. 1976, 340; OVG Bremen NJW 1976, 770; Plagemann, NJW 1977, 564), Mitwirkung sog. Anhörungskommissionen (dazu Specht, ZBR 1977, 12), Ermöglichung eines Ausbildungsverhältnisses für Referendare außerhalb des Beamtenverhältnisses (dazu BVerfG NJW 1978, 37), Treuepflicht von Hochschullehrern (dazu BVerwG NJW 1977, 1837), Kündigung eines angestellten Lehrers (BAG NJW 1978, 69), Stadtratseigenschaft des Bewerbers (Bad. Württ. VGH JZ 1977, 436) - sind inzwischen so angeschwollen, daß sie kaum noch übersehbar sind. Vgl. z. B. Azzola/ Lautner, ZBR 1973, 125ff.; Battis, JZ 1972, 384ff.; Edm. Brandt (Hrsg.), Die politische Treuepflicht, 1976; Claussen, ZBR 1977, 307ff.; Dicke, ZBR 1973, 1 ff.; Dreier, in: Gedächtnisschr. f. Fr. Klein, 1977, S. 86ff.; P. Frisch, Extremistenbeschluß, 4. Aufl. 1977; Kemper, DÖV 1975, 671 ff.; Kriele, ZRP 1971, 273ff.; Matz, D Ö V 1978, 464ff.; Maurer, NJW 1972, 601ff.; Roellecke, D Ö V 1978, 464ff.; Schweiger, JZ 1974, 743ff.; Stern, Zur Verfassungstreue der Beamten, 1974; Weiß, ZBR 1975, 365ff. - BVerwG JZ 1975, 412ff.; Bayer. VGH ZBR 1974, 136ff. u. ZBR 1977, 69f.; OVG Bremen ZBR 1975, 222f.; OVG Hamburg ZBR 1974, 187ff.; Hess VGH DVB1. 1977, 828; OVG Lüneburg ZBR 1976, 14; OVG Münster NJW 1976, 1859; VG Berlin ZBR 1976, 341; VG Stuttgart JZ 1976, 209; VG Freiburg JZ 1976, 209 u. ZBR 1977, 73; LAG Bremen NJW 1978, 910. Weitere Hinw. bei Matthey, Art. 33 Rdnr. 1 8 - 1 9 , in: von Münch, GGK II, 1976. Vgl. Abendroth u. a. in Blätter f. deutsche u. internat. Politik 1972 H. 2, S. 125 ff. Vgl. G. Arndt, ZBR 1975,33 ff., 37. BVerfGE 3 9 , 3 3 4 f f . = NJW 1975,1641 ff. = JZ 1975, 561 ff.
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tes, dem der Beamte dienen soll, mit der freiheitlichen demokratischen, rechtsund sozialstaatlichen Ordnung dieses Staates zu identifizieren. Die politische Treuepflicht - Staats- und Verfassungstreue - fordert mehr als nur eine formal korrekte, im übrigen uninteressierte, kühle, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung; sie fordert vom Beamten insbesondere, daß er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren." Die Grundentscheidung des GG für eine wehrhafte Demokratie (Art. 2 I, 9 II, 18, 20 IV, 21 II, 79 III, 91, 98 II GG) „schließt es aus, daß der Staat, dessen verfassungsmäßiges Funktionieren von der freien inneren Bindung seiner Beamten an die geltende Verfassung abhängt, zum Staatsdienst Bewerber zuläßt und im Staatsdienst Bürger beläßt, die die freiheitliche demokratische, rechts- und sozialstaatliche Ordnung ablehnen und bekämpfen. Der Beamte kann nicht zugleich in der organisierten Staatlichkeit wirken und die damit verbundenen persönlichen Sicherungen und Vorteile in Anspruch nehmen und aus dieser Stellung heraus die Grundlage seines Handelns zerstören wollen. Der freiheitliche demokratische Rechtsstaat kann und darf sich nicht in die Hand seiner Zerstörer geben". Es ist „eine von der Verfassung (Art. 33 Abs. 5 GG) geforderte und durch das einfache Gesetz konkretisierte rechtliche Voraussetzung für den Eintritt in das Beamten Verhältnis, daß der Bewerber die Gewähr bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten . . .". Bis zu diesem Punkt wird man dem BVerfG ohne weiteres folgen können. Problematisch wird die Angelegenheit bei der Frage, wann eine Verletzung der Pflicht zur Erhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder die Besorgnis einer solche Verletzung vorliegt, insbesondere ob die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen, aber nicht verbotenen Partei oder Vereinigung dafür ausreicht oder als eines von mehreren Indizien gewertet werden kann. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts wird die Entscheidungsfreiheit des Dienstherrn bei der Anwendung der beamtenrechtlichen Vorschriften, die die politische Treuepflicht des Beamten näher regeln, durch Art. 21 GG nicht eingeschränkt, weil Art. 33 V GG in einem anderen rechtlichen Zusammenhang als Art. 21 GG steht: „Art. 33 Abs. 5 GG fordert vom Beamten das Eintreten für die verfassungsmäßige Ordnung, Art. 21 Abs. 2 GG dagegen läßt dem Bürger die Freiheit, diese verfassungsmäßige Ordnung abzulehnen und sie politisch zu bekämpfen, solange er es innerhalb einer Partei, die nicht verboten ist, mit allgemein erlaubten Mitteln tut." Diese Zwei-Ebenen-Theorie läßt sich begründen, jedoch enthebt sie nicht des Nachweises, daß die Partei oder Vereinigung, der der Beamte oder Bewerber angehört, auch wirklich verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Nur wenn dies offenkundig ist (wie z. B., wenn die Teilnahme an einer Landtagswahl als „Mittel" bezeichnet wird, „die Notwendigkeit des bewaffneten Aufstandes zu propagieren" 328 ) und wenn sich - wovon allerdings im Regelfall ausgegangen werden muß - das Mitglied mit den Zielen seiner Partei bzw. Vereinigung identifiziert, liegt eine Verletzung bzw. Besorgnis der Verletzung der beamtenrechtlichen Treue328
Vgl. den Fall in O V G Hamburg NJW 1 9 7 4 , 1 5 2 3 (1524).
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pflicht vor. In diesem Fall kann der Beamte bzw. Bewerber sich nicht darauf berufen, daß seine Organisation nicht verboten ist; denn die Mitgliedschaft in einer Partei oder Vereinigung ist ebensowenig ein Privilegierungsgrund wie ein Disqualifikationsgrund für den öffentlichen Dienst. Neuere Erwägungen gehen dahin, zwischen sicherheitsempfindlichen Bereichen (z. B. Polizei, Staatsanwaltschaft) und nichtsicherheitsempfindlichen Bereichen (z. B. Lehrer) 328 a oder zwischen hoheitlichen und nichthoheitlichen Funktionen zu unterscheiden. Mit dem geltenden Beamtenrecht wäre eine solche Praxis kaum zu vereinbaren. Die auf den Erfahrungen in der Zeit der Weimarer Republik mit deren selbstmörderisch tolerantem Verhalten gegenüber nationalsozialistischen Verfassungsfeinden 329 im öffentlichen Dienst beruhende Regelung des § 4 I Nr. 2 BRRG („In das Beamtenverhältnis darf nur berufen werden, wer . . . die Gewähr dafür bietet, daß er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt") und die entsprechenden Bestimmungen des BBG und der Landesbeamtengesetze enthalten jedenfalls keine solche Differenzierung. Sozialpolitisch gesehen würden mit einer solchen Differenzierung Beamte 1. und 2. Klasse geschaffen. Das Grundrecht auf Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 I GG) hat bei der Frage der Zulässigkeit des Heiratsverbotes für Beamte der Bereitschaftspolizei eine Rolle gespielt. Nach Ansicht des BVerwG 330 verstößt die Versagung der beantragten Erlaubnis zur Eheschließung jedenfalls dann gegen Art. 6 I GG, wenn zu besorgen ist, daß ein von dem Beamten bereits gezeugtes Kind unehelich geboren wird; m. E. ist eine Zölibatsklausel für Beamte generell verfassungswidrig, doch bleibt eine etwa bestehende und sachlich gerechtfertigte Pflicht zum Wohnen in Gemeinschaftsunterkunft (also eine gesteigerte Residenzpflicht) davon unberührt. Mit Art. 6 I GG unvereinbar ist die Auffassung des BDH, ein Beamter sei bei sittlich anstößigem Verhalten seiner Ehefrau verpflichtet, „sich von der Ehefrau zu trennen oder, wenn dieser Weg ihm nicht gangbar erscheint, aus dem Beamtenverhältnis auszuscheiden 331 ; denn eine Pflicht zur Scheidung kann das Beamtenverhältnis ebensowenig fordern wie eine Pflicht zur Eingehung einer Ehe 332 . Die Versammlungsfreiheit und die Vereinigungsfreiheit des Beamten (Art. 8, 9 GG) sind ebenfalls nur insoweit einschränkbar, als dies nach Sinn und Zweck des Beamtenverhältnisses erforderlich ist 333 . Deshalb verstoßen Protestversammlungen und Schweigemärsche außerhalb der Dienstzeit 334 , z. B. wegen unzulänglicher 328a So die Meinung z. B. des Hamburger Bürgermeisters Klose. 329
330 332
333
334
Vgl. dazu Morsey, in: Fs. f. Ule, 1977, S. 111 ff.; Schmäht, Disziplinarrecht und politische Betätigung in der Weimarer Republik, 1977. 331 BVerwG E 1 4 , 2 1 ff. B D H E 4, 51. Dagegen B. Wilhelm, FamRZ 1963, 330. Zu letzterem Fall vgl. B D H D Ö V 1965, 629f. mit Stellungnahme von Forsthoff, S. 619f. und Bühling, D Ö V 1966, 87 f. Dazu Herzog, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 88 zu Art. 8; von Mangoldt / Klein, GG, S. 313, 323; von Münch, BK, Rdnr. 34 zu Art. 8; Rdnr. 98 zu Art. 9; Ule, G R e IV/2, S. 6 3 4 ff. Weder aus Art. 5 I noch aus Art. 8 I ergibt sich ein Anspruch auf Sonderurlaub zwecks Teilnahme an einer politischen Demonstration während der Dienstzeit, BVerwG DVB1. 1973,570f.
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Besoldung, nicht schon an sich — d. h. wenn nicht besondere Umstände, etwa der Form, hinzukommen - gegen die Beamtenpflichten. Neben der positiven und negativen Vereinigungsfreiheit steht den Beamten auch die Koalitionsfreiheit zu, die von Art. 9 III S. 1 GG für alle Berufe - also auch für den öffentlichen Dienst — gewährleistet ist; die einschlägigen Vorschriften in den Beamtengesetzen 333 sind deshalb nur deklaratorischer Natur. Geschützt ist sowohl die positive und negative individuelle als auch die kollektive Koalitionsfreiheit; ein Beamter darf wegen Betätigung für seine Gewerkschaft oder seinen Berufsverband weder dienstlich gemaßregelt oder benachteiligt noch bevorzugt werden; der Dienstherr darf aber auch keine normativen oder tatsächlichen Verhältnisse schaffen, die den Beamten veranlassen können, sich gegen seine Überzeugung einer bestimmten Koalition anzuschließen oder darin zu verbleiben 336 . Nach Ansicht des BVerfG ist die gewerkschaftliche Werbung vor Personalratswahlen grundsätzlich auch in der Dienststelle und während der Dienstzeit verfassungsrechtlich geschützt; jedoch können Tätigkeiten der Koalitionen im Bereich des Personalvertretungswesens für unzulässig erklärt werden, „die die Dienstausübung, die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben und Pflichten und die Ordnung in der Dienststelle beeinträchtigen würden", und bestimmten Personen, etwa dem Leiter der Dienststelle, kann eine Beschränkung der gewerkschaftlichen Werbetätigkeit vor Personalratswahlen auferlegt werden 337 . Die Bereitschaft zum Arbeitskampf ist zwar eine koalitionsgemäße, aber keine für den Koalitionsbegriff notwendige Betätigung 338 . Deshalb wird die Gewährung der beamtenrechtlichen Koalitionsfreiheit nicht dadurch sinnlos, daß den Beamten kein Streikrecht zusteht. Die Unzulässigkeit des Beamtenstreikes wird von Rechtsprechung 339 und Schrifttum 340 zu Recht vertreten. Einem Streikrecht der Beamten 335
336 337 338
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340
§ 91 I, II BBG; § 57 BRRG. - Dazu K. Dammann / M. Kutscha, PersV 1977, 47 ff. (S. 53ff.); von Münch, BK, Rdnr. 187 zu Art. 9; E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 1,8 zu § 91; Ule, GRe IV/2, S. 636. Hess VGH DVB1. 1974,425ff., 429. BVerfG E 19,321 = JZ 1966,402 mit Anm. von Söllner, S. 404 ff. BVerfG E 18, 27ff. gegen BAG E 12, 184; weitere Hinweise bei von Münch, BK, Rdnr. 131 zu Art. 9. BVerfG E 8, lff. (17); 19, 303ff. (322); NJW 1977, 1869ff. (1869); BVerwG NJW 1978, 178ff. (179); BGH JZ 1978, 239ff. (240); Hess. VGH DVB1. 1977, 737ff. (739); Disz.H. beim OVG Bremen DuR 1973, 427ff. m. Anm. Däubler, S. 429ff.; OVG Münster DVB1. 1974,470. Vgl. die Hinweise bei Isensee, Beamtenstreik, 1971; von Münch, BK, Rdnr. 193 zu Art. 9, und Rechtsgutachten zur Frage eines Streikrechts der Beamten, 1970, und ZBR 1970, 371 ff.; Hanau, JuS 1971, 120ff.; W. Reuss, in: Fs. f. Ule, 1977, S. 417ff.; Schick, ZBR 1963, 67ff.; Schwerdtner, Fürsorgetheorie und Entgelttheorie im Recht der Arbeitsbedingungen, 1970, S. 94ff.; Westphal, ZBR 1970, 4ff.; W. Weber, in: Leisner (Hrsg.), Das Berufsbeamtentum im demokratischen Staat, 1975, S. 199ff. Dagegen a. A.: R. Hoffmann, AöR 91 (1966), S. 141ff. und KJ 1971, S. 45ff. Differenzierend Benz, Beamtenverhältnis und Arbeitsverhältnis, 1969, S. 128ff.; Däubler, Der Streik im öffentlichen Dienst, 2. Aufl. 1971; Ramm, Das Koalitions- und Streikrecht der Beamten, 1970; Ramm, JZ 1977, 737ff.; Schnapp, Beamtenstatus und Streikrecht, 1972.
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stehen nicht nur die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 V GG) und die Treuepflicht entgegen, sondern auch das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 I; 281 S. 1 GG); denn der öffentliche Dienst erbringt Leistungen, die zumeist nicht ersetzbar oder austauschbar sind, so daß ein Streik im öffentlichen Dienst nicht nur die Allgemeinheit insgesamt extrem belastet, sondern gerade die sozial schwachen Schichten des Volkes besonders hart trifft. Der sog. „Dienst nach Vorschrift" in Form des Bummelstreiks (go slow) und die organisierte gehäufte Krankmeldung (go sick) sind nach Intention und Wirkung ein Streik, so daß auch sie unzulässig sind 341 . Da den Beamten das Streikrecht nicht zusteht, ist der Dienstherr im Rahmen seiner Fürsorgepflicht aber besonders verpflichtet, auf eine gerechte Besoldung zu achten 342 . Bemerkenswert ist schließlich, daß die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften bei der Vorbereitung allgemeiner Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse zu beteiligen sind 343 , also bei der Vorbereitung von diesbezügl. Gesetzen gehört werden müssen.
5. Vermögensrechtliche Haftung des Beamten Eine vermögensrechtliche Haftung des Beamten auf Schadensersatz kann sich je nachdem, ob nur der Dienstherr oder auch ein außenstehender Dritter geschädigt wurde - ergeben entweder im Innenverhältnis, d. h. gegenüber dem Dienstherrn, oder im Außenverhältnis, d. h. gegenüber dem Dritten; die Schädigung eines Dritten kann aber, wenn der Dienstherr Schadensersatz leistet, zugleich auch zu einer Haftung gegenüber dem Dienstherrn führen. a) Unmittelbare Schädigung des Dienstherrn: Das BBG und die entsprechenden Vorschriften der Landesbeamtengesetze trennen zwischen Pflichtverletzungen bei privatrechtlicher Tätigkeit und Amtspflichtverletzungen in Ausübung eines dem Beamten anvertrauten öffentlichen Amtes 3 4 4 . In beiden Fällen haftet der Beamte jedoch für unterschiedliches Verschulden, wobei das Verschulden sich in beiden
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BVerwG NJW 1978, 178ff. (179); BGH JZ 1978, 239ff. (240); BDiszG NJW 1975, 1905 f. (1906) - alle zum Bummelstreik der Fluglotsen (zu dessen staatshaftungsrechtl. Folgen vgl. Bettermann, DV 1975, 23ff.; 159ff.; BGH JZ 1977, 718; OLG Köln NJW 1976, 295). Zum Dienst nach Vorschrift allg.: Isensee, JZ 1971, 73 ff.; Chr. Viniol, Dienst nach Vorschrift als vorschriftswidriger Dienst, Diss. Tübingen 1975; Weiß, ZBR 1973, 221 ff. Vgl. dazu Seidel, DVB1. 1974,141 ff., insbes. S. 147. Vgl. § 94 BBG; § 58 BRRG. Zur Frage der Rechtsfolge einer unterbliebenen Beteiligung: Hess. VGH DVB1. 1977, 737 ff. (Vorlagebeschluß). § 78 I BBG; § 89 bad.-württ. LBG; Art. 85 bayer. BG; § 42 berl. LBG; § 77 brem. BG; § 80 hamb. BG; § 91 hess. BG; § 86 nieders. BG; § 84 nordrh.-westf. LBG; § 86 rheinl.pfälz. LBG; § 91 saarl. BG; § 94 schlesw.-holst. LBG.
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Fällen nur auf die Pflichtverletzung, nicht auf den damit in adäquatem Kausalzusammenhang stehenden Schaden bezieht. aa) Privatrechtliche Tätigkeit: Verletzt ein Beamter bei privatrechtlicher Tätigkeit, also im nichthoheitlichen (fiskalischen) Bereich die ihm gegenüber seinem Dienstherrn obliegenden Pflichten (z. B. die Pflicht zu pfleglicher Behandlung von Staatseigentum), so hat er dem Dienstherrn den daraus entstanden Schaden zu ersetzen (Bsp.: Beschädigung eines Dienstwagens auf Privatfahrt, etwa beim Ausflug des Richtervereins zum Kegeln, ohne daß ein Dritter geschädigt wird). Der Beamte haftet hier für Vorsatz und jede — also auch leichte - Fahrlässigkeit 345 . bb) Ausübung eines öffentlichen Amtes: Hat der Beamte dagegen die Pflichtverletzung in Ausübung (nicht bei Gelegenheit) eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes begangen (Bsp.: Beschädigung eines Dienstwagens auf Dienstfahrt, ohne daß ein Dritter geschädigt wird), so haftet er nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit: sog. Haftungsprivileg bei Tätigkeit im hoheitlichen Bereich 346 . Die unterschiedliche Regelung der Haftung bei hoheitlicher und nichthoheitlicher Tätigkeit kann zu unverständlichen Folgen führen: Zahlt ein beamteter Kassenleiter versehentlich zuviel Bezüge an einen Beamten, so haftet er - weil dies hoheitliche Tätigkeit ist - nur bei großer Fahrlässigkeit; leistet er die Überzahlung versehentlich an einen Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst, so haftet er - weil dies eine Erfüllung von Dienst- und Arbeitsverträgen, also nichthoheitliche Tätigkeit ist - für jede Fahrlässigkeit 347 . Das BVerwG hat dazu festgestellt: „Die unterschiedliche haftungsrechtliche Behandlung von wesentlich gleichartigen und gleichwertigen Tätigkeiten wird mit Recht als unbefriedigend empfunden. Sie zu beseitigen ist jedoch dem Gesetzgeber vorbehalten." 348 b) Mittelbare Schädigung des Dienstherrn: Schädigt der Beamte bei privatrechtlicher Tätigkeit oder in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes einen Dritten, so regelt sich die Haftung gegenüber dem Dritten nach den allgemeinen Regeln 349 . Muß der Dienstherr infolge der schädigenden Handlung seines Beamten einem Dritten Schadensersatz leisten, so liegt neben der unmittelbaren Schädigung des Dritten auch eine mittelbare Schädigung des Dienstherrn vor. Für diesen mittelbaren Schaden haftet der Beamte dem Dienstherrn, und zwar für unterschiedliches Verschulden, je nachdem, ob es sich um eine privatrechtliche Tätigkeit des Beamten oder um die Ausübung eines öffentlichen Amtes handelt. aa) Privatrechtliche Tätigkeit: Hier kann der Dienstherr gemäß § 78 I S. 1 BBG und den entsprechenden Bestimmungen in den Landesgesetzen beim Beamten
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§ 7 8 1 S . 1 BBG. § 7 8 1 S . 2 BBG. Dazu und zur Frage der Anwendbarkeit des § 282 BGB: BVerwG D Ö V 1978,105 ff. So der Fall in BVerwG DVB1. 1974,158ff. mit Anm. Reinhardt. BVerwG D Ö V 1978,106; vgl. auch BVerwGE 4 4 , 2 7 ff. (29). Vgl. dazu Rüfner, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, § 51 III, II.
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Rückgriff nehmen, und zwar bei jeder Form des Verschuldens, also auch bei leichter Fahrlässigkeit. bb) Ausübung eines öffentlichen Amtes: Gemäß Art. 34 S. 2 GG, § 78 I S. 2 BBG und den entsprechenden Bestimmungen in den Landesbeamtengesetzen kann der Dienstherr beim Beamten Rückgriff nehmen, wenn diesem Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt. c) Haftungsminderung bei schadensgeneigter Arbeit: Haftet der Beamte seinem Dienstherrn nach § 78 BBG und den entsprechenden Bestimmungen der Landesbeamtengesetze, so stellt sich die Frage, ob die im bürgerlichen Recht und Arbeitsrecht entwickelten Grundsätze über die Minderung der Haftung von Arbeitnehmern bei schadensgeneigter Arbeit auch im Beamtenrecht Anwendung finden. Die Antwort hierauf sollte differenzieren: Handelt es sich um eine Tätigkeit in Ausübung eines öffentlichen Amtes, so besteht für die Haftungsminderung kein Bedürfnis 3 5 0 , weil hier der Rückgriff des Dienstherrn ohnehin auf vorsätzliches und grob fahrlässiges Handeln des Beamten beschränkt ist - eine Situation also, in welcher der Beamte angesichts seines erheblichen Verschuldens nicht schutzwürdig ist. Handelt es sich dagegen um eine privatrechtliche Tätigkeit, so kann der Dienstherr auch bei leichtem Verschulden des Beamten Rückgriff nehmen, so daß eine Haftungsminderung sinnvoll erscheint. Rechtsdogmatisch kann die Analogie zu den Grundsätzen und Regeln des Arbeitsrechts über die Haftungsminderung bei schadensgeneigter Arbeit mit der gleichen Interessenlage begründet werden, nämlich der Möglichkeit, infolge der starken Technisierung des Arbeitsprozesses schon durch leichte Fahrlässigkeit unverhältnismäßig hohe Schäden zu verursachen; auch beruht die Lehre von der Haftungsminderung bei schadensgeneigter Arbeit auf dem Grundsatz der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer, eine Pflicht, die im Beamtenrecht besonders stark ausgeprägt ist, weshalb die Haftungsminderung hier erst recht eingreifen muß 3 5 1 . d) Geltendmachung der Ansprüche des Dienstherrn: Ansprüche aus unmittelbarer Schädigung kann der Dienstherr gegen den Beamten durch verwaltungsgerichtliche Klage gemäß § 172 BBG, § 126 B R R G geltend machen. Stark umstritten ist die Frage, ob der Dienstherr 3 5 2 seinen Schadensersatzanspruch statt durch Klage auch durch Leistungsbescheid (d. h. durch Verwaltungsakt) durchsetzen kann, gegen den der Beamte Anfechtungsklage erheben müßte.
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BVerwG E 19,249; Achterberg, DVB1. 1964,605 ff., 655 ff. (mit weiteren Nachw.). OVG Saarland DVB1. 1968,434; OVG Münster ZBR 1969,84; Schick, ZBR 1969,69f.; offen gelassen: BVerwG E 29,127; 3 4 , 1 2 9 f . ; vgl. auch Weimar, RiA 1 9 6 9 , 2 2 f . Zu Fällen, in denen der Leistungsbescheid schon wegen fehlender Dienstherrneigenschaft nicht erhoben werden konnte, vgl. VG Bremen NJW 1978,66; OVG Münster ZBR 1974, 266.
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Das BVerwG 3 5 3 hält den Leistungsbescheid für möglich 354 ; es begründet dies damit, das Beamtenverhältnis sei „ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis, in dem der Dienstherr dem Beamten hoheitlich übergeordnet ist und deshalb seine Rechtsbeziehungen zu dem Beamten grundsätzlich durch Verwaltungsakte regeln kann . . . Für die Heranziehung des Beamten zum Ersatz des Schadens, den er durch Verletzung seiner Dienstpflicht dem Dienstherrn unmittelbar zugefügt hat, ergibt sich weder aus dem Gesetz noch aus dem Gewohnheitsrecht etwas Abweichendes 355 ". Im Schrifttum wird demgegenüber für Leistungsbescheide eine gesetzliche Grundlage gefordert 356 , wie sie nunmehr in § 48 II S. 8 VwVfG enthalten ist. Ein besonderes Verwaltungsverfahren (das sog. Erstattungsverfahren) gibt es nach dem Erstattungsgesetz 357 für die Fälle, in denen der Beamte schuldhaft einen Fehlbestand an öffentlichem Vermögen verursacht hat (Bsp.: Irrtümliche Kassenabbuchungen). Macht der Dienstherr Ansprüche gegen den Beamten aus mittelbarer Schädigung geltend, so gilt für Fälle der Amtshaftung Art. 34 S. 3 GG (Zuständigkeit der Zivilgerichte), während für Fälle der privatrechtlichen Tätigkeit die gleichen formellen Grundsätze wie bei der Geltendmachung der Ansprüche des Dienstherrn bei unmittelbarer Schädigung anwendbar sein dürften.
6. Veränderungen im Beamtenverhältnis Veränderungen im Beamtenverhältnis können sich durch Beförderung, Versetzung, Abordnung oder Umbildung des Dienstherrn ergeben. a) Beförderung: Die Beförderung, ein Unterfall der Ernennung und daher ein mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt 358 , bedeutet die Verleihung eines anderen Amtes mit höherem Endgrundgehalt und anderer Amtsbezeichnung 359 . Beförde-
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BVerwG E 19, 243; 24, 227; 27, 350; OVG Münster ZBR 1963, 188ff.; HessVGH DVB1. 1963; 555; a. A. OVG Hamburg DÖV 1966, 348; Buckert, ZBR 1967, 1 ff.; Wacke, DÖV 1966, 311; vgl. auch Achterberg, JZ 1969, 354ff. Nach BVerwG ZBR 1971,176 soll dies sogar bei Ansprüchen gegen die Erben gelten. BVerwG E 19,246. W. Martens, in: Fs. f. H. J. Wolff, 1973, S. 434; Erichsen / Martens, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, § 18 II 3. G über das Verfahren für die Erstattung von Fehlbeständen an öffentlichem Vermögen i. d. F. der Bekanntmachung vom 24. Januar 1951 (BGBl. I, S. 87, 109), geändert durch Art. 40 EGStGB vom 2. März 1974 (BGBl. I, S. 469). - Zum Erstattungsanspruch eines öffentlich-rechtl. Arbeitgebers gegen einen Angestellten des öffentl. Dienstes: BVerwG E 38, lff. Vgl. oben S. 26. Eine generelle Stellenhebung ist daher keine Beförderung: BGH NJW 1955, 1835; W. Müller, DVB1. 1962,515.
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rungen sind nach dem Leistungsprinzip vorzunehmen 3 6 0 ; jedoch sehen einige Landesgesetze auch die sog. Regelbeförderung (d. h. nach Dienstalter) vor 3 6 1 . Unzulässig ist eine Beförderung während der Probezeit, vor Ablauf eines Jahres nach der Einstellung oder der letzten Beförderung und innerhalb von zwei Jahren vor der Altersgrenze 3 6 2 . Besteht ein Anspruch auf Beförderung? Die Problematik liegt hier ähnlich wie bei der Frage des Anspruches auf Einstellung. Das BVerwG verneint grundsätzlich einen Anspruch auf Beförderung 3 6 3 ; es begründete seine Ansicht früher wie folgt: Der Beurteilungsspielraum der Behörde bei der Prüfung von „Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung" stehe einem solchen Anspruch entgegen; die gesetzlichen Vorschriften über die Beförderung seien ausschließlich im öffentlichen Interesse erlassen (Personalhoheit), nicht aber im Interesse des Beamten, weshalb auch eine Amtspflichtverletzung des mit der Entscheidung über die Beförderung befaßten Beamten ausscheide; auch die Fürsorgepflicht verpflichte den Dienstherrn grundsätzlich nicht, „auf die Beförderung des einzelnen Beamten durch förderndes Handeln hinzuwirken, denn sie besteht nur in den Grenzen des zur Zeit bekleideten Amtes" 3 6 4 . Bilde mithin die „Nichtbeförderung als solche" keine Verletzung der Fürsorgepflicht, so sei davon zu unterscheiden (und je nach Lage des Falles u. U. zu bejahen) die Frage, „ob der Beamte bei fürsorgepflichtmäßigem Verhalten tatsächlich befördert worden wäre, die Nichtbeförderung sich also als eine adäquate Folge irdendeiner schuldhaften Verletzung der Fürsorgepflicht darstellt". In späteren Entscheidungen hat das BVerwG zwar an der Ablehnung eines Rechtsanspruches auf Beförderung „in aller Regel" festgehalten, jedoch einen Anspruch des Beamten auf ermessensfehlerfreie Entscheidung des Dienstherrn über seine Beförderung bejaht: „Er (der Beamte) kann . . . beanspruchen, daß der Dienstherr ihn nicht aus unsachlichen Erwägungen von der Beförderung ausschließt. Die beamtenrechtlichen Vorschriften, nach denen sich die Beförderung von Beamten richtet, dienen zwar in erster Linie dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung der Beamtenstellen des öffentlichen Dienstes. Die im Beamtenrecht vorgesehene Möglichkeit von Beförderungen dient aber in zweiter Linie auch dem berechtigten Interesse des Beamten, im Rahmen der dienstlichen, beamten- und haushaltsrechtlichen Möglichkeiten angemessen beruflich aufzusteigen. Die Fürsorgepflicht und darüber hinaus die Pflicht zu beiderseitiger Treue . . . verbieten es dem Dienstherrn, sich bei der Ablehnung einer Beförde360
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Vgl. § 23 i. V. m. § 8 I S. 2 BBG; § 7 BRRG; OVG Berlin ZBR 1960, 382; Gscheidle, Vereinbarkeit des Leistungsgedankens im Beamtenrecht mit dem derzeitigen Dienstrecht, 1969; Neesse, Der Leistungsgrundsatz im öffentlichen Dienst, 1967. Zum Verhältnis von Regelbeförderung und Leistungsprinzip; OVG Münster N D B Z 1968,78. Vgl. § 10 III BLV. BVerwG E 15, 3 ff. = ZBR 1963, 352 mit krit. Anmerkung von Schock, S. 353 f. Zur Frage allgemein vgl. Adam, BWV 1977, 29ff.; Heise, ZBR 1969, 165ff.; Hess. VGH ZBR 1969, 174. Zur Beförderung während Parlamentsmitgliedschaft: BVerwG D Ö D 1970,118. BVerwG E 15, 7.
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rung von anderen als sachgerechten, ermessensfehlerfreien Erwägungen leiten zu lassen, wenn auch sein Ermessensspielraum sehr weit ist und eine Vielfalt möglicher sachlicher Erwägungen umfaßt 3 6 5 . Unbefriedigend an dieser Ansicht und m. E. nicht gerechtfertigt ist die Beschränkung der Fürsorgepflicht auf das jeweils innegehabte Amt 3 6 6 . Die Fürsorgepflicht erwächst aus dem Beamtenverhältnis, nicht aus der konkreten Amtsstellung; m. a. W.: sie ist personalgebunden, nicht amtsgebunden. Eine andere Frage ist allerdings, ob bei schuldhafter Verletzung der Fürsorgepflicht der Schadensersatz durch Naturalrestitution, d. h. durch Nachholung der unterbliebenen Beförderung, geleistet werden muß, oder ob er - was die richtige Auffassung ist auf Nachzahlung des Differenzbetrages zwischen den bisher gezahlten Dienstbezügen und dem Gehalt bei Beförderung beschränkt ist 367 . Ein Anspruch auf Schadensersatz durch Ausgleich finanzieller Nachteile kommt - wenn überhaupt - nur dann in Betracht, wenn das Unterbleiben der Beförderung die adäquate Folge einer schuldhaften Fürsorgepflichtverletzung darstellt 368 . Eine rückwirkende Beförderung kann im Klagewege nicht erreicht werden 3 6 9 . Str. ist die Beurteilung eines Antrages auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung des Inhalts, eine Planstelle für ein Beförderungsamt freizuhalten, um einen Anspruch des Antragstellers aus fürsorgepflichtwidriger Nichtbeförderung zu sichern 370 . Zurückstellen einer Beförderung während eines gegen den betr. Beamten laufenden staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens ist nicht rechtswidrig 371 . b) Versetzung: Unter Versetzung eines Beamten ist die dauernde Zuweisung einer anderen Amtsstelle innerhalb des Dienstbereichs seines Dienstherrn oder eines anderen Dienstherrn zu verstehen. Die Versetzung erfolgt auf Antrag des Beamten oder wenn ein dienstliches Bedürfnis dafür besteht 3 7 2 . Mit Zustimmung des Beamten ist die Versetzung stets zulässig. Ohne Zustimmung ist sie dagegen nur zulässig, wenn das neue Amt derselben oder einer gleich365
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BVerwGE 19, 252ff. (254/255); BVerwG Z B R 1976, 121 ff. (123); BVerwG D Ö V 1977,139. K. Müller, RiA 1967, 6ff., der den Beförderungsanspruch auf die Abwehr unsachlicher Motivationen beschränkt. Hierzu neigt BVerwG E 15, 11. Vgl. auch O V G Lüneburg ZBR 1974, 17ff. - Zum Rechtsschutzinteresse für eine Fortsetzungsfeststellungsklage im Hinblick auf einen beabsichtigten Schadensersatzprozeß vgl. OVG Koblenz NJW 1 9 7 7 , 7 2 f. OVG Saarlouis ZBR 1 9 7 6 , 8 7 ff.; OVG Lüneburg O V G E 2 9 , 4 7 9 . V G H Bad.-Württ. ZBR 1975, 316; OVG Saarlouis ZBR 1976, 87ff. V G H Bad.-Württ. ZBR 1974, 344; a. A.: VG Berlin ZBR 1974, 391 ff. BVerwG BayVBl. 1975, 568; vgl. auch OVG Münster D Ö D 1974, 211 (Disziplinarverfahren). Vgl. hierzu und zum folgenden: § 26 B B G , § 18 B R R G ; BVerwG RiA 1 9 6 7 , 1 3 0 f f . ; zum Begriff der Versetzung vgl. auch Bad.-Württ. V G H DVB1. 1970, 695f.; Worzfeld, Versetzung und versetzungsähnliche Maßnahmen und ihre Auswirkungen im Beamtenrecht, Diss. Würzburg 1974. Zu Versetzung, Abordnung und Umsetzung: H. Gunther, ZBR 1978, 73 ff.
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wertigen Laufbahn angehört wie das bisherige Amt und mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist, es sei denn, daß die Versetzung infolge Auflösung oder Umbildung der Behörde erfolgt und eine dem bisherigen Amt entsprechende Verwendung nicht möglich ist, wie dies z. B. bei der Auflösung oder Zusammenlegung von Behörden auf Grund von Gebietsreformen (Eingemeindungen u. ä.) der Fall sein kann. Für die Versetzung in den Dienstbereich eines anderen Dienstherrn ist stets die Zustimmung erforderlich. Eine bestimmte Form ist für die Versetzung nicht vorgeschrieben; regelmäßig wird sie aber schriftlich angeordnet. Im Gegensatz zur bloßen Zuteilung anderer Dienstgeschäfte ist die Versetzung ein Verwaltungsakt. Von der Versetzung zu unterscheiden ist die Umsetzung, durch die der Beamte zwar mit einer anderen Aufgabe (einem anderen Dienstposten) betraut wird, aber ohne Wechsel der Behörde oder des Dienstherrn. Str. ist, ob die Umsetzung ein anfechtbarer Verwaltungsakt ist 373 . Dies ist jedenfalls zu bejahen, wenn die Umsetzung ausdrücklich auf angebliches dienstliches Fehlverhalten des Beamten gestützt wird 374 . c) Abordnung: Als Abordnung bezeichnet man die vorübergehende Zuweisung einer Amtsstelle bei einer anderen Dienststelle ohne Verlust der Planstelle bei der Heimatbehörde. Die Abordnung setzt ein dienstliches Bedürfnis voraus; die Zustimmung des Beamten ist dagegen nur erforderlich, wenn die Abordnung zu einem anderen Dienstherrn erfolgt und länger als ein Jahr (bei Beamten auf Probe: 2 Jahre) dauert 3 7 5 . Die Abordnung zu einem anderen Dienstherrn wird (ebenso wie die Versetzung zu einem anderen Dienstherrn) von dem abgebenden Dienstherrn verfügt, wobei der aufnehmende Dienstherr, der die Dienstbezüge zu zahlen hat, schriftlich sein Einverständnis erklären muß. Die Abordnung ist ein Verwaltungsakt (str.) 376 .
7. Beendigung des Beamtenverhältnisses Das Beamtenverhältnis kann, abgesehen vom Todesfall, durch Eintritt in den Ruhestand, Entlassung und Entfernung aus dem Dienst beendet werden. a) Eintritt in den Ruhestand: In den einstweiligen Ruhestand können die sog. politischen Beamten jederzeit versetzt werden 377 , andere Beamte dagegen nur bei der sog. Umbildung von Körperschaften (z. B. Zusammenschluß von zwei 373 374 375
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Vgl. dazu Bühren, ZBR 1975,205 ff.; Wolff/ Bachof, VwR II, § 112 III a. VG Frankfurt a. M. D Ö V 1978, 251 f. m. Anm. Gönsch, S. 252 f. Vgl. hierzu und zum folgenden: § 27 BBG, § 17 BRRG; Weimar, RiA 1968,128f.; OVG Rheinl.-Pfalz RiA 1967,34 ff. Baring, DVB1. 1952, 395; Schiller, ZBR 1956, 108; Thiele, D Ö D 1959, 43; a. A.: VG Freiburg ZBR 1954,154; vgl. auch Wolff / Bachof, VwR II, § 112 III b. - Zum Inhalt der Abordnungsverfügung vgl. Bad.-Württ. VGH ZBR 1976,154 f. Dazu oben S. 21.
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Gemeinden zu einer neuen Gemeinde bei kommunaler Gebietsreform) 378 . Anders als bei den sog. politischen Beamten ist die Versetzung in den endgültigen Ruhestand an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Für den Beamten auf Lebenszeit 379 kann der Eintritt in den Ruhestand kraft Gesetzes (bei Erreichen der Altersgrenze sowie bei Annahme der Wahl in den BTag 380 oder kraft Versetzungsverfügung (wegen Dienstunfähigkeit) erfolgen. Für den Eintritt in den Ruhestand wegen Erreichen der Altersgrenze*, d. h. mit dem Ende des Monats, in dem das 65. Lebensjahr vollendet wurde 382 , ist - ebenso wie bei der Dienstunfähigkeit - weitere Voraussetzung, daß der Beamte eine Dienstzeit von 10 Jahren abgeleistet hat; ist dies nicht der Fall, so ist der Beamte zu entlassen. Die Festsetzung einer generell bestimmten Altersgrenze ist, auch wenn der betreffende Beamte sich noch voll dienstfähig fühlt, nicht verfassungswidrig 383 . Für einzelne Beamtengruppen kann gesetzlich sogar eine niedrigere Altersgrenze festgesetzt werden; umgekehrt kann in Ausnahmefällen für einzelne Beamte der Eintritt in den Ruhestand für eine bestimmte Frist, jedoch nicht über die Vollendung des 70. Lebensjahres hinaus, verschoben werden. Wegen Dienstunfähigkeit wird der Beamte in den Ruhestand versetzt, wenn er infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd unfähig ist, die Dienstpflichten seines konkreten Amtes zu erfüllen 384 . Ohne Nachweis der Dienstunfähigkeit kann der Beamte auf eigenen Antrag bei Vollendung des 63. Lebensjahres in den Ruhestand versetzt werden 385 , es sei denn, daß dienstliche Gründe nichtfiskalischer Art entgegenstehen 386 . Mit Eintritt in den Ruhestand erhält der Beamte Versorgungsbezüge 387 . Er 378
Vgl. § 130 II S. 1 BRRG; BVerwG ZBR 1975, 348f.; VG Freiburg DÖV 1976, 536 (LS). 379 Für den Beamten auf Probe gilt § 46 BBG. Eine Versetzung in den Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze gibt es für ihn nicht (vgl. § 31 V BBG). Beamte auf Widerruf und Ehrenbeamte können nicht in den Ruhestand versetzt werden. Für Beamte auf Zeit gelten spezialgesetzliche Regelungen (vgl. z. B. § 8 VBBahnG). 380 Yg[ § i Q über die Rechtsstellung der in den Deutschen Bundestag gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes vom 4. August 1953 (BGBl. I, S. 777), zuletzt geändert am 21. 8. 1961 (BGBl. I, S. 1557); §§ 5 ff. G zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages vom 18. Februar 1977 (BGBl. I, S. 297); allgemein dazu J. Henkel, DÖV 1977, 350ff. 381 § 41 BBG; § 25 BRRG. 382 Bei am Monatsersten Geborenen beginnt nach Ansicht des BVerwG (E 30, 167) der Ruhestand mit dem Ablauf des Monats, welcher der 65. Wiederkehr des Geburtstages vorangeht; dagegen Vogt, ZBR 1969,149. 383 384 BGH DVB1.1954, 396. §§ 42,45 ff. BBG; § 26 BRRG. 385 § 42 III BBG n. F. 386 BVerwG E 16,194 (unter der Geltung des § 42 III BBG a. F.). 387 Dazu allgemein Ule, Die Bedeutung des Beamtenversorgungsrechts für die Erhaltung des Berufsbeamtentums, 1973. - Zur Frage der Kürzung von Versorgungsbezügen bei Einkünften aus mehreren Beamtenverhältnissen: BVerfG ZBR 1978, 94 ff. m. Anm. Klinkhardt, S. 100 f.
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unterliegt weiterhin gewissen Beamtenpflichten (z. B. der Treuepflicht und der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit), hat aber auch weiterhin einen Anspruch auf Schutz und Fürsorge. b) Entlassung: Die Entlassung kann kraft Gesetzes oder durch Entlassungsverfügung erfolgen. Kraft Gesetzes ist der Beamte entlassen, wenn er die Eigenschaft als Deutscher i. S. des Art. 116 I G G verliert oder wenn er ohne Zustimmung der zuständigen Behörde seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Ausland nimmt oder in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zu einem anderen Dienstherrn tritt 388 . Da die Entlassung in diesen Fällen als gesetzliche Rechtsfolge eintritt, ist die Mitteilung über Grund und Zeitpunkt des Ausscheidens nur deklaratorischer Natur. Bei der Entlassung durch Entlassungsverfügung ist die obligatorische Entlassung von der fakultativen zu unterscheiden. Obligatorisch ist die Entlassung bei (1) Verweigerung des Diensteides389 (die Rechtsprechung ließ früher die Berufung auf Art. 4 1 G G nicht zu, da der Eid auch ohne religiöse Beteuerungsformel abgelegt werden könne 3 9 0 , während heute die Ansicht vertreten wird, daß im Einzelfall die Pflicht zur Leistung eines Diensteides hinter das Grundrecht der Glaubens- und Gewissensfreiheit zurücktreten kann 3 9 1 ), (2) wenn der Beamte zur Zeit der Ernennung bereits Mitglied des Bundestages war und sein Mandat nicht fristgemäß niederlegt (Fall der Inkompatibilität)392 und (3) auf Antrag des Beamten selbst. Der Entlassungsantrag, eine empfangsbedürftige Willenserklärung, ist streng formgebunden (Schriftform, eigenhändige Unterschrift); eine konkludente Handlung (z. B. Fernbleiben vom Dienst) reicht daher nicht aus 393 . Ein ohne den Willen des Beamten, etwa von seiner Ehefrau irrtümlich abgeschickter, formgerechter Entlassungsantrag ist jedenfalls dann wirksam, wenn der Beamte ihn nachträglich billigt 394 . Der Entlassungsantrag kann gemäß den ihrem Rechtsgehalt nach anwendbaren Vorschriften des BGB wegen Irrtums, arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung angefochten werden 3 9 5 . Die Anfechtung muß unverzüglich erfolgen. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gebietet es, den Beamten auf die rechtlichen Folgen der Entlassung (Verlust der Beamtenrechte, insbes. der Versorgungsansprüche) hinzuweisen, wenn der Beamte dies offensichtlich nicht erkennt 3 9 6 ; unter besonderen Umständen kann auch die Annahme eines in starker
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Vgl. § 2 9 1 B B G ; § 2 2 1 B R R G ; dazu BVerwG E 3 2 , 1 ff. Vgl. § 28 Nr. 1 BBG; § 23 I Nr. 1 BRRG. - Dies gilt nach BVerwG ZBR 1967, 53 auch dann, wenn der Beamte bereits früher einen Diensteid geleistet hat und sich nur weigert, ihn erneut abzulegen. BayVerfGH D Ö V 1965,134. 3 9 1 VG Freiburg D Ö V 1975,434. Vgl. § 28 Nr. 2 BBG. 3 9 3 E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 4 zu § 30. BVerwG E 20, 35 ff. 3 9 5 OVG Münster DVB1. 1952, 606. E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 4 zu § 30.
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seelischer Erregung gestellten Entlassungsantrages gegen die Fürsorgepflicht verstoßen 397 . Eine schriftliche oder mündliche Rücknahme des Entlassungsantrages ist, bei Wahrung der gesetzlich vorgeschriebenen Frist, bis zum Zugang der Entlassungsverfügung möglich 398 . Dagegen ist das Recht auf Entlassung unverzichtbar, und zwar auch dann, wenn der Dienstherr die Ausbildung des Beamten ganz oder teilweise finanziert hat 399 . Besondere Regeln gelten für die Entlassung von Beamten auf Probe und von Beamten auf Widerruf; zusätzlich zu den oben genannten obligatorischen Entlassungsgründen gibt es hier auch fakultative Gründe. Beamte auf Probe können u. a. wegen mangelnder Bewährung in bezug auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung (Beurteilungsspielraum!) entlassen werden 400 , wobei das Versagen nicht schuldhaft zu sein braucht. Die Rechtmäßigkeit der Entlassung ist im Regelfall nicht davon abhängig, ob dem betr. Beamten zuvor seine dienstlichen Beurteilungen formell ordnungsgemäß vorher eröffnet sind, wenn er vor der Entlassung schriftlich gehört worden ist 401 . Die Entlassung kann ohne schuldhaftes Zögern auch noch nach Ablauf der Probezeit ausgesprochen werden, es sei denn, die mangelnde Bewährung stand schon vor Ablauf der Probezeit fest; in letzterem Fall muß unmittelbar zum Ablauf der Dienstzeit entschieden werden, ob der Beamte entlassen werden soll402. Beamte auf Widerruf können jederzeit nach pflichtgemäßem Ermessen aus nicht willkürlichen Gründen entlassen werden 403 . Soweit es sich um Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst handelt (z. B. Referendare), soll allerdings Gelegenheit gegeben werden, den Vorbereitungsdienst abzuleisten und die Prüfung abzulegen 404 . c) Verlust der Beamtenrechte durch Gerichtsurteil: Wird ein Beamter wegen vorsätzlich begangener Tat zu Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr oder wegen vorsätzlicher friedensverräterischer, hochverräterischer, rechtsstaatsgefährdender, landesverräterischer oder die äußere Sicherheit gefährender Handlung zu Gefängnis von mindestens sechs Monaten verurteilt, so endet das Beamtenverhältnis mit der Rechtskraft des Urteils; gleiches gilt bei Aberkennung der Fähigkeit zur
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399
400
401 403 404
L V G Hannover DVB1. 1 9 5 3 , 1 1 7 . Vgl. § 3 0 I S. 3 B B G ; zur mündlichen Rücknahmeerklärung B a y V e r w G H Z B R 1954, 3 5 3 (nicht unbedenklich). D a z u und zur Frage der RückZahlungsverpflichtung vgl. B V e r w G E 30, 65 ff. und oben S. 50. Vgl. § 31 B B G ; § 23 II B R R G ; B V e r f G D Ö V 1977, 5 5 8 f f . (561); B V e r w G E 21, 5 6 f f . ; 11, 139ff.; 15, 39ff.; Z B R 1976, 52 (Meineid); O V G Münster Z B R 1973, 2 0 6 f f . ; O V G Lüneburg Z B R 1975, 91 f. (Krankheit). Zur Entlassung von Beamten auf Probe wegen Extremismus vgl. oben S. 55 ff. B V e r w G D Ö V 1 9 7 7 , 1 3 7 f. 4 0 2 B V e r w G E 1 9 , 3 4 8 . Vgl. § 32 B B G , § 23 III B R R G ; B V e r w G DVB1. 1 9 6 8 , 4 3 0 f . mit weiteren Nachw. Vgl. § 32 II S. 1 B B G ; § 23 III S. 2 B R R G ; Martin, Z B R 1 9 7 6 , 1 7 7 f f .
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Bekleidung öffentlicher Ämter sowie bei Verwirkung eines Grundrechts gemäß Art. 18 GG 4 0 5 . Sinn dieser Regelung ist es, ein überflüssiges Disziplinarverfahren zu vermeiden, das bei derartig schwerem Dienstvergehen ebenfalls die Entfernung aus dem Dienst aussprechen müßte. Rechtsfolge ist insbesondere der Verlust der Dienstbezüge bzw. beim Ruhestandsbeamten der Versorgungsbezüge. Die Entscheidung über den Verlust der Beamtenrechte kann durch Begnadigung oder ein erfolgreiches Wiederaufnahmeverfahren rückgängig gemacht werden. Stirbt der Beamte vor der Rechtskraft des Strafurteils bzw. vor Erlaß des Urteils des BVerfG, so tritt - auch bei Selbstmord kein Verlust der Beamtenrechte ein; den Hinterbliebenen bleiben also etwaige Versorgungsansprüche erhalten 406 . d) Entfernung
aus dem Dienst
durch Disziplinarurteil:
Die Entfernung aus dem
Dienst durch Disziplinarurteil 407 ist die einzige Möglichkeit, ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder auf Zeit gegen den Willen des Beamten wegen schwerer Dienstvergehen zu beenden; Voraussetzung ist, daß bei Abwägung aller Umstände der Beamte für den Dienst nicht mehr tragbar erscheint. Die Entfernung wird unmittelbar durch die Rechtskraft des Urteils bewirkt; es bedarf daher keiner weiteren Maßnahmen. Rechtsfolge der Entfernung aus dem Dienst ist der Verlust der Ansprüche auf Dienstbezüge und Versorgung 408 , wobei sich der Verlust der Versorgungsansprüche auf die Hinterbliebenen erstreckt.
8. Rechtsschutz im Beamtenrecht Der Rechtsschutz im Beamtenrecht läßt sich in außergerichtliche und gerichtliche Rechtsbehelfe unterteilen. a) Außergerichtliche Rechtsbehelfe sind: die Beschwerde beim Dienstvorgesetzten und beim Personalrat, die Eingabe an den Bundes-(Landes-)Personalausschuß und das Petitionsrecht. aa) Beschwerde beim Dienstvorgesetzten: Der Beamte kann frist- und formlos Anträge (auf Erlaß einer Maßnahme) und Beschwerden (gegen eine bereits getroffene Maßnahme) vorbringen 409 . Der Beamte muß jedoch den Dienstweg 405
406 407 408
405
Vgl. hierzu und zum folgenden §§ 4 8 - 5 1 BBG; § 24 BRRG. Durch das 1. G zur Reform des Strafrechts vom 9. Mai 1969 ist die Einheitsstrafe eingeführt und die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte abgeschafft worden. §§ 24 BRRG, 48 BBG sind mit Wirkung ab 1. April 1970 entsprechend geändert. Kritisch zu § 48 BBG: Juncker, ZBR 1970,219 ff. E. Flog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 10 zu § 48. Vgl. § 11 BDO; H. R. Claussen / W. Janzen, BDO, 3. Aufl. 1976, Rdnr. lff. zu § 11. Zur Frage der Vereinbarkeit mit Art. 14 GG vgl. BDH E 2, 192; Wiese, VerwArch 57 (1966), S. 265 ff. Vgl. § 171 BBG, § 60 BRRG.
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einhalten, d. h. die Beschwerde beim unmittelbaren Vorgesetzten einreichen (Dienstwegprinzip); richtet die Beschwerde sich gegen den unmittelbaren Vorgesetzten, so kann sie beim nächsthöheren Vorgesetzten unmittelbar eingereicht werden. Im übrigen steht der Dienstweg immer bis zur obersten Dienstbehörde offen. Eine „Flucht in die Öffentlichkeit" 410 ist nur in Ausnahmefällen zulässig, bei Staatsgeheimnissen nur dann, wenn schwere Verstöße gegen die „verfassungsmäßige Ordnung" im Sinne von „freiheitlicher demokratischer Grundordnung" in Frage stehen 411 . Die Beschwerde muß ein bestimmtes Verlangen enthalten; sie muß der Wahrheitspflicht entsprechen, darf also keine leichtfertigen Anschuldigungen enthalten. Die Behörde ist verpflichtet, die Beschwerde entgegenzunehmen, binnen angemessener Zeit zu prüfen und schriftlich zu bescheiden (a. A. hinsichtlich der Schriftform die Rspr. 412 und h. L. 413 ). Ihrer Rechtsnatur nach ist die beamtenrechtliche Beschwerde eine Form der Dienstaufsichtsbeschwerde 414 ; sie berührt also weder die Wirksamkeit der behördlichen Maßnahmen, gegen die sie sich richtet, noch hemmt sie die Widerspruchsfrist. Ob das Begehren des Beamten als Beschwerde oder als Widerspruch aufzufassen ist, muß durch Auslegung ermittelt werden. Richtet die Beschwerde sich gegen eine Maßnahme, gegen die eine Klage beim Verwaltungsgericht zulässig ist, so wird im Zweifel ein Widerspruch, bei Unzulässigkeit der Klage eine Beschwerde anzunehmen sein 415 . bb) Beschwerde beim Personalrat und Personalausschuß: Der Beamte kann sich mit Beschwerden auch an den Personalrat wenden 416 . Auch für diese Beschwerden gilt keine Frist, keine Form, aber auch nicht das Dienstwegprinzip. Gleiches gilt mit Ausnahme der Form (hier: Schriftform) - auch für Eingaben an den Bundes(Landes-)Personalausschuß 417 . Eine abschließende Entscheidungsbefugnis steht jedoch weder dem Personalrat noch dem Bundes-(Landes-)Personalausschuß zu. cc) Petitionsrecht: Das allgemeine Petitionsrecht (Art. 17 GG) steht auch den Beamten zu. Strittig ist die Frage, ob der Beamte Petitionen, die dienstliche Ange-
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BGH ZBR 1977, 106 (Mitteilung an Presse); BDH H 1, 32 (Veröffentlichung von Flugschriften); BDH E 1, 25 (Mitteilung an eine Rundfunkanstalt); BDH E 3, 299 (Veröffentlichung im Mitteilungsblatt eines Beamtenverbandes); vgl. auch von Münch, ZBR 1959,309. Vgl. BGHSt. 20, 342 ff. (Pätsch-Urteil) und BVerfG E 2 8 , 1 9 1 ff. (in gleicher Sache). BVerfG E 2 , 2 3 0 (bei Art. 17 GG); BayVerfGH D Ö V 1957, 719. Vgl. E. Plogl A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 12 zu § 171; H. Weiß / H. Kranz/ T. Niedermaier, Bayerisches Beamtengesetz, Anm. 5 zu Art. 182. E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 5 zu § 1 7 1 ; vgl. jedoch für Bayern: H. Weiß / H. Kranz / T. Niedermaier, Bayerisches Beamtengesetz, Anm. 3 zu Art. 182; Fischbach, BBG II, S. 1282 f. Fischbach, BBG II, S. 1281. § 68 I Nr. 3 BPersVG: Der Personalrat hat die Aufgabe, zwischen dem Beamten und seiner Dienststelle zu vermitteln. Vgl. §§ 171 III, 98 I Nr. 4 BBG: Der Bundespersonalausschuß kann nur in Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung Stellung nehmen.
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legenheiten betreffen, unter Umgehung des Dienstweges direkt an das Parlament richten kann 418 . b) Gerichtliche Rechtsbehelfe: Der Beamte kann gerichtlichen Rechtsschutz von den Zivilgerichten, Disziplinargerichten und den Verwaltungsgerichten erlangen. aa) Zivilgerichte: Die Zivilgerichte sind zuständig für Amtspflichtverletzungen des Dienstherrn gegenüber dem Beamten (Art. 34 S. 3 GG) 419 . bb) Disziplinargerichte: Um sich vom Verdacht eines Dienstvergehens zu reinigen, kann der Beamte die Einleitung eines förmlichen Dienstverfahrens gegen sich selbst beantragen (sog. Selbstreinigungsverfahren). Lehnt die Einleitungsbehörde den Antrag ab, und stellt sie zugleich in den Gründen ein Dienstvergehen fest oder läßt sie offen, ob ein Dienstvergehen vorliegt, so kann der Beamte die Entscheidung des Disziplinargerichts beantragen 420 . cc) Verwaltungsgerichte: Gemäß §§ 40 II S. 2 VwGO, 126 I BRRG ist für alle Klagen der Beamten 421 , Ruhestandsbeamten, früheren Beamten und der Hinterbliebenen aus dem Beamtenverhältnis der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Für das Verfahren in Beamtenrechtssachen gilt die Besonderheit, daß vor Erhebung aller Klagen aus dem Beamtenverhältnis, also auch bei Feststellungsklagen und auch wenn der Verwaltungsakt von der obersten Dienstbehörde erlassen worden ist, ein Vorverfahren erforderlich ist 422 . Problematisch und im Einzelfall oft schwierig zu entscheiden ist die Frage, welche Akte innerhalb des Beamtenverhältnisses zulässigerweise angefochten werden können. In der Lehre ist hierzu die Trennung zwischen (anfechtbaren) Akten, die das „Grundverhältnis" berühren, und (nicht anfechtbaren) Akten, die das „Betriebsverhältnis" berühren, entwickelt worden 423 . Das „Grundverhältnis" berühren danach alle diejenigen Maßnahmen, die den Bestand des Beamtenverhältnisses als solches betreffen (z. B.: Ernennung, Entlassung), dagegen das „Betriebsverhältnis" nur solche Maßnahmen, die sich aus der Betriebsordnung (z. B. Zuweisung der Dienstgeschäfte) ergeben 424 . Eine andere Auffassung sieht alle innerdienstlichen Maßnahmen zwar als Verwaltungsakte an, verneint aber in weitem Umfang das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage 425 . Eine dritte Auffas-
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Vgl. dazu E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Rdnr. 2 zu § 1 7 1 ; Dürig, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 31 zu Art. 17 GG; von Mangoldt / Klein, GG, S. 512. Vgl. dazu oben S. 46. § 34BDO. Nach OVG Koblenz ZBR 1964, 242 ist der Verwaltungsrechtsweg auch für die Klage eines „Nichtbeamten" auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung einer Zusicherung zur Einstellung gegeben. § 126 III BRRG; weitere Besonderheiten sind: § 52 Nr. 4 VwGO (Gerichtsstand); § 127 BRRG (erweiterte Zulassung der Revision, Nachprüfung von Landesrecht). Ule, VVDStRL 15 (1957) S. 152 ff. Vgl. dazu Ule, VerwProzR, S. 147 ff. mit zahlreichen Beispielen. K. Obermayer, Verwaltungsakt und innerdienstlicher Rechtsakt, 1956, S. 168ff.
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sung schließlich läßt den Rechtsschutz ohne Einschränkungen zu, verlegt also die Problematik von der Zulässigkeitsprüfung in die Begriindetheitsprüfung 426 . Die Rechtsprechung neigt offensichtlich zur Unterscheidung zwischen „Grundverhältnis" und „Betriebsverhältnis", ohne indessen immer einheitlich zu judizieren 427 . Das BVerwG sieht in innerdienstlichen Anordnungen anfechtbare Verwaltungsakte nur dann, wenn sich die potentiellen Wirkungen der Anordnungen nicht auf die Stellung des Beamten als Amtsträger beschränken, sondern sich — über die Konkretisierung der Gehorsamspflicht hinaus - auch auf dessen Stellung als eine dem Dienstherrn mit selbständigen Rechten gegenüberstehende Rechtspersönlichkeit erstrecken 428 . Als anfechtbare Verwaltungsakte sind z. B. angesehen worden: Zurücknahme der Ernennung 429 , Entlassung 430 , Versetzung in den Ruhestand und ihr Widerruf 431 , Festsetzung des allgemeinen Dienstalters 432 , Einweisung in eine andere Besoldungsgruppe 433 , Anordnung der Zurückzahlung überzahlter Bezüge 434 , Zwangsbeurlaubung 435 , Verlangen auf Nachweis einer Erkrankung durch amtsärztliches Zeugnis 436 . Auch gegen dienstliche Beurteilungen 437 und gegen mißbilligende Äußerungen des Dienstvorgesetzten 438 ist verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz gegeben. Dagegen ist die Anfechtbarkeit verneint worden für: Aufforderung zur Eidesleistung 439 , Umsetzung (d. h. Übertragung anderer Dienstgeschäfte innerhalb derselben Behörde), es sei denn, es wird der subjektive Rechtsstand des Beamten berührt 440 , Festsetzung des Kaufkraftausgleichs für Beamte mit dienstlichem Wohnsitz im Ausland 441 , Versagung einer Dienstreisegenehmigung 442 .
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Dürig, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 25,26 zu Art. 19IV, der insoweit keine Besonderheiten für Klagen im Beamtenverhältnis anerkennt; Paetzold, DVB1. 1974,454 ff., 455. 427 Vgl. Dürig, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 25 zu Art. 19IV. 428 BVerwG E 14, 84. Vgl. auch OVG Münster ZBR 1978, 66. 429 BVerwG E 16 , 343 . 4 3 0 BVerwG D Ö V 1 9 5 4 , 374. 431 BVerwG ZBR 1965 , 85 . 4 3 2 BVerwG E 19,19. 433 Bad.-Württ. VGH ZBR 1960,19. 4 3 4 BVerwG ZBR 1959,224. 435 OVG Münster ZBR 1962,13. 4 3 6 VGH Bad.-Württ. ZBR 1975,322. 437 BVerwG E 21, 129; 28, 191ff. - a. A.: OVG Hamburg DVB1. 1955, 131; vgl. auch Hartstang, RiA 1970, 41 ff. 438 VGH Bad.-Württ. ZBR 1977,165. 439 OVG Münster DVB1. 1951,418; str., a. A.: Ule, VerwProzR, S. 147. 440 OVG Münster DVB1. 1974,472. 441 OVG Münster ZBR 1975,128; BVerwG ZBR 1975,226ff.; vgl. dazu auch Buhren, ZBR 1975,205 ff. 442 BayVGH ZBR 1973,218f.
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IV. Recht der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst Das Recht der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst ist teils vom Beamtenrecht verschieden, teils ihm auch sehr ähnlich; es ist deshalb besonders wichtig, weil die Angestellten und Arbeiter mit fortschreitender Entwicklung der modernen Industriegesellschaft Stellen mit wachsender Verantwortung ausfüllen und zahlenmäßig die größte Gruppe innerhalb des öffentlichen Dienstes bilden 4 4 3 .
1. Begriff der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst Die Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst sind Arbeitnehmer, die in den Diensten einer juristischen Person des öffentlichen Rechts stehen, ohne Beamte im staatsrechtlichen Sinne zu sein. Die Abgrenzung erfolgt also nach einem formalen Kriterium444. Unbeachtlich ist mithin, ob die Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst hoheitliche oder nichthoheitliche Aufgaben erfüllen; auch wenn sie Hoheitsbefugnisse ausüben, was allerdings wegen des nach h. L. nur für den öffentlichen Dienst im engeren Sinne (d. h. für Beamte) geltenden Funktionsvorbehaltes in Art. 33 IV G G nur ausnahmsweise zulässig ist 4 4 5 , so bleiben sie Angestellte und Arbeiter.
2. Begründung des Dienstverhältnisses Das Dienstverhältnis der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst wird durch privatrechtlichen Dienstvertrag begründet. O b ein Dienstverhältnis als Angestellter oder als Arbeiter begründet werden soll, hängt vom Willen der Vertragspartner und von den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen ab. Die Ausgestaltung der Dienstverhältnisse richtet sich grundsätzlich nach den Tarifverträgen. Für die Angestellten des Bundes, der Länder und Gemeinden gilt der Bundesangestelltentarif (BAT) vom 23. Februar 1961 4 4 6 , für die Arbeiter des Bundes der (zweite) Manteltarifvertrag (MTB II) vom 27. Februar 1964, für die Arbeiter der Länder der (zweite) Manteltarifvertrag (MTL II) vom 27. Februar 1964 und für die Arbeiter der Gemeinden der (zweite) Bundesmanteltarifvertrag (BMT-G II) vom 31. Januar 1962. D a n e b e n gibt es für spezielle Berufsgruppen (z. B.: BBahn; BPost; künstlerisches Personal der Theater) noch spezielle SonderTarifverträge.
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Dazu oben S. 13. 4 4 4 Dazu oben S. 8. Maunz, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 32ff. zu Art. 33. H. Clemens / O. Scheuring / W. Steingen / F. Wiese / H. Fohrmann, Kommentar Bundes-Angestelltentarifvertrag-BAT-, 1978 (Loseblattwerk).
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3. Inhalt des Dienstverhältnisses Das Dienstverhältnis der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst ist ein privatrechtlich begründetes und damit formell privatrechtliches Rechtsverhältnis, das aber inhaltlich (materiell) dem Beamtenrecht stark angenähert ist. Es bildet daher ein Dienst- und Treueverhältnis besonderer Art. Sein Inhalt ergibt sich im einzelnen aus den genannten Tarifverträgen und aus den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften (z. B. §§ 611 ff. BGB, 105 ff. GewO); häufig wird auch auf beamtenrechtliche Vorschriften verwiesen 447 . a) Pflichten: Als wichtigste Pflichten seien hier genannt: die Pflicht zur gewissenhaften und unparteiischen Diensterfüllung, die Pflicht zur Befolgung von Weisungen, die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit, die Pflicht, keine Belohnungen in bezug auf eine dienstliche Tätigkeit anzunehmen, die Genehmigungspflicht für Nebentätigkeiten, die Pflicht zum Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung 4 4 8 und die Pflicht innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordern 4 4 9 . Abweichend vom Beamtenrecht besteht keine Remonstrationspflicht. Auch ist kein Diensteid, sondern nur ein Gelöbnis zu leisten; in der Verweigerung des Gelöbnisses wird ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung gesehen 450 . b) Rechte: Neben dem Recht auf Dienstbezüge 451 (hier nicht: Alimentationstheorie) haben die Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst ein Recht auf Schutz und Fürsorge 452 (z. B. durch Beihilfen), Einsicht in die Personalakten, Anhörung vor Aufnahme von ungünstigen Beurteilungen in die Personalakten 453 und ein Recht auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses 454 . Umstritten ist, ob ihnen das Streikrecht zusteht 455 .
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Z . B . § § 3 1 , 3 2 BAT. 4 4 8 BVerfG E 3 9 , 3 3 4 (355 f.). Vgl. §§ 6, 8, 9, 11 BAT; §§ 9, 11, 12, 13 MTB II; §§ 9, 11, 12, 13 MTL II; §§ 8, 10 BMT-G II. Otto.a. a. O..S. 51. Vgl. § § 2 6 ff. BAT; §§ 21 ff. MTB II; §§ 21 ff. MTL II; § § 1 8 ff. BMT-G II. - Zur Versorgung vgl. Gilbert / Hesse, Die Versorgung der Angestellten und Arbeiter des öffentlichen Dienstes, 1975. Bsp.: Aufklärungspflicht des Arbeitgebers über die Steuerpflichtigkeit eines dem Arbeitnehmer gezahlten Honorars (BAG RiA 1978,20). Fürsorgepflichtverletzung, wenn Strafurteile in Personalakten gelangen, obwohl sie beschränkter Auskunft unterliegen (BAG RiA 1978,19). Vgl.§ 13 B A T , § I I a MTB II; § 1 3 a M T L I I ; § l l a B M T - G I I . Bejahend die h. M.: Vgl. Thiele, N D B Z 1960, 249 ff. mit weit. Nachw.; a. A.: Hueck I Nipperdey / Säcker, Lehrbuch des Arbeitsrechts, Bd. II/2, 7. Aufl. 1970, S. 983f.; Wacke, Grundlagen des öffentlichen Dienstrechts, 1957, S. 88ff.; Nikisch, a . a . O . , S. 144; differenzierend (Streikrecht nur für Arbeiter): von Mangoldt / Klein, GG, S. 332 ff.
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4. Beendigung des Dienstverhältnisses Das Dienstverhältnis der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst kann - abgesehen vom Todesfall, von Vereinbarung der Beteiligten oder vom Zeitablauf bei Dienstverhältnissen auf Zeit - durch ordentliche oder außerordentliche (fristlose) Kündigung enden. Abweichend von anderen privatrechtlich begründeten Arbeitsverhältnissen gelten für die ordentliche Kündigung längere Fristen; nach 15 Jahren Dienst (aber frühestens nach Vollendung des 40. Lebensjahres) ist eine ordentliche Kündigung nicht mehr möglich 456 . Die außerordentliche Kündigung kann nur aus wichtigem Grund erfolgen 457 . Zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Kündigung sind, wie für alle Rechtsstreitigkeiten aus dem Dienstverhältnis der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst, die Arbeitsgerichte zuständig. Disziplinarverfahren kennt das Recht der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst nicht. Grundlage des Versorgungssystems der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst ist das allgemeine Sozialversicherungsrecht; jedoch haben die Tarifverträge eine Zusatzversorgung geschaffen, deren Ziel eine dynamische Gesamtversorgung ist, die mit der Höhe des Ruhegehalts der Beamten konkurrieren kann 458 . Für Rechtsstreitigkeiten aus der Zusatzversorgung ist der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet, da die Rechtsbeziehungen der Rentner zur Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (anders als zu den Trägern der Sozialversicherung) privatrechtlicher Natur sind 459 .
V. Personalvertretung Grundgedanke des Personalvertretungsrechts ist es, mit den Personalvertretungen Stellen zu schaffen, die - im Spannungsfeld zwischen sozialem Schutzauftrag und demokratischer Regierungsverantwortung stehend 460 - zu Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und der menschlichen Beziehungen beitragen. Das Bundespersonalvertretungsgesetz 461 und die Personalvertretungsgesetze der Länder 462 456 459 460 461
Vgl. § 55 BAT. 4 5 7 Vgl. § 54 BAT. 4 5 8 Vgl. Otto, a. a. O., S. 76. BSG NJW 1972,2151 f.; Otto, a. a. O., S. 77. Dazu: Söllner, RdA 1976,64 ff. BPersVG vom 15. März 1974 (BGBl. I, S. 693), zuletzt geänd. durch G vom 25. April 1975 (BGBl. I, S. 1005). Dazu Wahlordnung (BPersVWO) vom 23. Sept. 1974 (BGBl. I S. 2337); zu dieser vgl. H. Dietrich, ZBR 1975, 46 ff. - Zu den Personalvertretungsgesetzen des Bundes und der Länder vgl. Fischer / Goeres, Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, 1975; R. Geffken, Bundespersonalvertretungsgesetz, 1976; Grabendorff7 Windscheid / Ilbertz, Bundespersonalvertretungsgesetz, 4. Aufl. 1977; U. Lorenzen/ K. Eckstein, Bundespersonalvertretungsgesetz, 4. Aufl. 1975 ff. (Loseblattslg.); R. Weis, Personalvertretungsrecht in Rechtsprechung und Schrifttum, 1978 (Loseblattslg.); K. Winkler, Die Personalvertretungsgesetze des Bundes und der Länder. Entscheidungsslg. (Loseblatt), 1973ff.; M. Schwarz / A. Killinger, Das neue Personalvertretungsrecht in Baden-Württemberg, PersV 1976, 281 ff.; K. Schelter, Bayerisches Personalver-
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bilden also eine die B e s o n d e r h e i t e n d e s öffentlichen D i e n s t e s berücksichtigende Parallele z u m B e t r i e b s v e r f a s s u n g s G 4 6 3 . D a s ( n e u e ) B u n d e s p e r s o n a l v e r t r e t u n g s g e s e t z 4 6 4 hat die Stellung der G e w e r k schaften im S y s t e m der Personalvertretung ausgebaut, d e n Schutz für die Träger personalvertretungsrechtlicher F u n k t i o n e n unterstrichen, die Stellung d e s P e r s o nalrates gestärkt, die Jugendvertretung mit erheblichen R e c h t e n ausgestattet und vor allem die förmlichen Beteiligungsrechte der Personalvertretungen bei innerdienstlichen M a ß n a h m e n d e s Dienststellenleiters erweitert. Organe der Personalvertretung, die bei jeder D i e n s t s t e l l e ( B e h ö r d e ) eingerichtet w e r d e n m ü s s e n , sind der Personalrat und die Personalversammlung.
1 . Personalrat D e r Personalrat wird v o n d e n B e d i e n s t e t e n der D i e n s t s t e l l e nach d e m Prinzip der Gruppen wahl in g e h e i m e r und unmittelbarer W a h l 4 6 5 gewählt, d. h. die B e a m ten, A n g e s t e l l t e n und A r b e i t e r w ä h l e n in getrennten W a h l g ä n g e n nach d e m Prinzip der Verhältniswahl so viele Personalratsmitglieder, w i e es ihrem A n t e i l an der
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tretungsgesetz, 1978; C. H. Germelmann, Personalvertretungsgesetz Berlin, 1975 ff. (Loseblattslg.); H. Engelhardt / G. Ballerstedi / Schleicher, Pcrsonalvertretungsgesetz für das Land Niedersachsen, 3. Aufl. 1973; R. Spohn, Personalvertretungsgesetz für das Land Niedersachsen, 1977; Hävers, Personalvertretungsgesetz für das Land NordrheinWestfalen, 3. Aufl. 1977; W. Hanßen / E. Krieg / K. Orth / H. Welkoborski, Kommentar zum Landespersonalvertretungsgesetz Nordrhein-Westfalen, 1977; H. Schmidt / F. J. Reinartz, Personalvertretungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, 1975; Donalies, Personalvertretungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein, 1977. Bad.-württ. PersVG i. d. F. vom 1. Okt. 1975 (GBl. S. 693), geänd. 14. Dez. 1976 (GBl. S. 623); bayer. PersVG vom 29. April 1974 (GVB1. S. 157), geändert 23. Dez. 1976 (GVB1. S. 570); berl. PersVG vom 26. Juli 1974 (GVB1. S. 1669), geändert am 13. Dez. 1974 (GVB1. S. 2810, 2817); brem. PersVG vom 5. März 1974 (GVB1. S. 131); hamb. PersVG vom 17. Nov. 1972 (GVB1. S. 211) i. d. F. vom 20. Januar 1976 (GVB1. S. 15), geändert 29. Nov. 1977 (GVB1. S. 362); hess. PersVG vom 19. Febr. 1970 (GVB1. I, S. 162); nieders. PersVG vom 24. April 1972 (GVB1. S. 231), zuletzt geändert 24. Mai 1977 (GVB1. S. 115); nordrh.-westf. PersVG vom 3. Dez. 1974 (GVB1. S. 1514);rheinl.pfälz. PersVG vom 5. März 1971 (GVB1. S. 93); saarl. PersVG vom 9. Mai 1973 (ABl. S. 789); schlesw.-holst. PersVG vom 17. Januar 1974 (GVB1. 1974, S. 3), geändert am 9. Dez. 1974 (GVB1. S. 453,457). K. Fitting / F. Auffahrt / H. Kaiser, Betriebsverfassungsgesetz nebst Wahlordnung, 10. Aufl. 1972, Anm. 4 zu § 130. Dazu Dietrich, Z B R 1974, 113 ff. - Zum neuen bayer. PersVG vgl. G. Ballerstedt, Z B R 1974,220 ff. Vgl. § 19 I BPersVG. Nachträgl. Verzicht auf Wahlgeheimnis ist - auch zur Aufdeckung des Verdachts von Unregelmäßigkeiten bei der Wahl - unzulässig: BVerwGE 49, 75 ff. Zur gerichtl. Überprüfung von Personalratswahlen vgl. G.-St. Thiele, PersV 1976,401 ff.
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Gesamtzahl der Bediensteten in der Dienststelle entspricht 466 ; wichtig ist dabei auch der Minderheitenschutz für zahlenmäßig schwache Gruppen 467 . Der Personalrat ist das geschäftsführende Organ der Personalvertretung 468 . Zusammen mit der Dienststelle hat er darüber zu wachen, daß alle in der Dienststelle tätigen Personen nach Recht und Billigkeit behandelt werden 469 . Der Personalrat kann Beschwerden entgegennehmen und ist vor allem in sozialen Angelegenheiten, in Fragen des Arbeitsschutzes und in Personalangelegenheiten mitbeteiligt 470 . Die Beteiligung ist abgestuft nach voller Mitbestimmung, modifizierter Mitbestimmung und Mitwirkung. Maßnahmen, die der sog. vollen Mitbestimmung471 unterliegen - z. B. Einstellung, Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit 472 , Gestaltung der Arbeitsplätze von Angestellten und Arbeitern, Zuweisung und Kündigung von Dienstwohnungen 473 können nur mit Zustimmung des Personalrates getroffen werden. Verweigert der Personalrat die Zustimmung und kommt eine Einigung nicht zustande, so kann der Leiter der Dienststelle oder der Personalrat die betreffende Angelegenheit der obersten Dienstbehörde vorlegen. Im Fall der Nichteinigung zwischen der obersten Dienstbehörde und der an ihr bestehenden Personalvertretung entscheidet endgültig eine unabhängige Einigungsstelle47*. Maßnahmen, die der sog. modifizierten Mitbestimmung475 unterliegen - z. B. Einstellung 476 , Beförderung, Abordnung von Beamten - können ebenfalls nur mit Zustimmung des Personalrates getroffen werden. Bei Verweigerung der Zustimmung und im Fall der Nichteinigung beschließt die Einigungsstelle eine (rechtlich nicht bindende) Empfehlung an die oberste Dienstbehörde, die sodann selbst entscheidet 477 . Bei Maßnahmen, die nur der Mitwirkung478 unterliegen - z. B. Vorbereitung von Verwaltungsanordnungen einer Dienststelle für die innerdienstlichen, sozialen und persönlichen Angelegenheiten der Beschäftigten ihres Geschäftsbereichs,
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Vgl. § § 5 , 1 7 BPersVG. 4 6 7 Vgl. § 33 S. 2 BPersVG. Zu Aufgaben und Funktion des Personalrats vgl. O. E. Starke, D Ö V 1975, 899ff.; zur Anfechtung von Beschlüssen des Personalrats vgl. Windscheid, PersV 1977,125 f. Vgl. § 6 7 1 S . 1 BPersVG. Vgl. § § 7 5 ff. BPersVG. 4 7 1 Vgl. § 75 BPersVG. Zur Frage, ob dazu auch die Anordnung bzw. Festsetzung von Überstunden gehört, vgl. Schwerdtfeger, ZBR 1977,176 ff. Dazu Sennekamp, ZBR 1975, 75 ff. Vgl. §§ 69 IV S. 1, 71 BPersVG. Zu Errichtung, Verfahren und Entscheidung H. Kunze, PersV 1977, 161 ff.; zur gerichtl. Überprüfung ihrer Beschlüsse: M. Witzel, PersV 1977, 281 ff. Vgl. § 76 BPersVG. Ein Beteiligungsrecht an den der Entschlußfassung vorausgehenden Tätigkeiten - z. B.: Einstellungsgespräch - besteht nicht: OVG Rh.-Pfalz D Ö V 1977,858 ff. Vgl. §§ 6 9 I V S. 3 u. 4 , 7 1 BPersVG. Vgl. §§ 7 8 , 7 9 , 7 2 I V BPersVG.
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Auflösung, Verlegung oder Zusammenlegung von Dienststellen, Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens gegen Beamte 479 , Kündigung von Arbeitnehmern — braucht der Personalrat nur gehört zu werden 480 . Im Fall der Nichteinigung entscheidet ohne Einschaltung der Einigungsstelle die nächsthöhere Dienststelle, und - wenn wiederum keine Einigung erfolgt - die oberste Dienstbehörde (sog. dreistufiges Verfahren). Die Folgen der unterlassenen Beteiligung sind jedoch in allen Fällen gleich, nämlich Rechtswidrigkeit (d. h. bei einem Verwaltungsakt Anfechtbarkeit) der getroffenen Maßnahme 481 . Dienststelle und Personalrat sollen vertrauensvoll zusammenarbeiten, dürfen den Frieden in der Dienststelle nicht gefährden und keine Arbeitskampfmaßnahmen gegeneinander führen 482 . Der Personalrat darf sich in der Dienststelle nicht parteipolitisch betätigen 483 , auch nicht die einzelnen Personalratsmitglieder 484 . Der Aufbau der Personalvertretung soll den Verwaltungsaufbau der Behörden widerspiegeln. Deshalb werden im Bereich mehrstufiger Verwaltungen bei den Mittelbehörden Bezirkspersonalräte, bei den obersten Dienstbehörden Hauptpersonalräte gebildet (sog. Stufenvertretung)485. Sinn dieser der behördlichen Verwaltungshierarchie entsprechenden Gestaltung ist es, zu vermeiden, daß die übergeordnete Behörde auf Grund ihres allgemeinen Weisungsrechtes oder im Bereich ihr vorbehaltener Entscheidungen gegenüber der untergeordneten Behörde den Einfluß der zur Beteiligung berechtigten Personalvertretung ausschalten könnte 486 .
2. Personalversammlung Die Personalversammlung ist die Versammlung aller Bediensteter der Dienststelle 487 . Sie findet als ordentliche Personalversammlung einmal im Jahr statt, sowie bei Bedarf als außerdordentlich einberufene Versammlung. Auf der ordentlichen Personalversammlung erstattet der Personalrat einen Tätigkeitsbericht; im übrigen kann die Personalvertretung durch Anträge an den Personalrat und Stellungnahmen zu seinen Beschlüssen alle Angelegenheiten behandeln, die in die Zuständigkeit des Personalrates fallen.
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Dazu Weinmann, ZBR 1975, 136ff.; nicht aber bei nichtförmlichen Disziplinarmaßnahmen: Windscheid, ZBR 1975,280f. Allg. dazu Schnupp, PersV 1978,280ff. Vgl. R. Scholz, Die Beteiligung des Personalrats bei Kündigungen, Diss. Münster 1977. Dazu Scheerbarth, a. a. O., S. 288f. 4 8 2 Vgl. § 66 II BPersVG. Vgl. § 67 I S. 3 BPersVG; zur gewerkschaftlichen Betätigung vgl. oben S. 59. OVG Berlin ZBR 1976,92f. 4 8 5 Vgl. § 53ff. BPersVG. BVerwG E 7 , 255 . 4 8 7 Vgl. §§ 48ff. BPersVG.
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VI. Bundes-(Landes-)Personalausschuß Zur Objektivierung der Personalverwaltung 488 ist im Bund und in den meisten Bundesländern ein als unabhängiges, nicht an Weisungen gebundes Organ konstituierter Bundes-(Landes-)Personalausschuß gebildet worden 489 . Die Aufgaben z. B. des Bundespersonalausschusses sind 490 : Mitwirkung bei der Vorbereitung allgemeiner Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse; Mitwirkung bei der Vorbereitung über die Ausbildung, Prüfung und Fortbildung von Beamten; Entscheidung über die allgemeine Anerkennung von Prüfungen; Stellungnahme zu Beschwerden von Beamten und zurückgewiesenen Bewerbern in Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung; Vorschläge zur Beseitigung von Mängeln in der Handhabung der beamtenrechtlichen Vorschriften. Neben der Mitwirkung in Form des Beratungsrechtes hat der Bundespersonalausschuß aber auch Entscheidungsrechte 491 (z. B. Entscheidung über die Ausnahme vom Verbot der Sprungbeförderung). Soweit dem Bundespersonalausschuß Entscheidungsrechte übertragen sind, binden seine Beschlüsse die Behörde in der Weise, daß sie eine entsprechende Maßnahme treffen bzw. unterlassen muß. Die Entscheidung des Bundespersonalausschusses ist aber, da sie nur Voraussetzung für den Verwaltungsakt der Behörde ist, selbst kein Verwaltungsakt 492 . Die bisherige Tätigkeit der Personalausschüsse hat sich bewährt.
VII. Demokratisierung des öffentlichen Dienstes Neuerdings wird die Frage diskutiert, ob über die Mitbestimmung und Mitwirkung nach dem Personalvertretungsrecht 493 hinaus im öffentlichen Dienst eine Mitbestimmung ähnlich derjenigen in der privaten gewerblichen Wirtschaft eingeführt werden soll 494 (Stichwort: Verwirklichung allgemeiner Verfassungsgrundsätze in der inneren Struktur des öffentlichen Dienstrechts - sog. „Binnenkonstitutionalisierung"). 488 489 490 491 492
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E. Plog / A. Wiedow / G. Beck, BBG, Vorbem. 2 vor § 95; Scheerbarth, a. a. O., S. 114. Vgl. §§ 95 ff. BBG; § 61 BRRG („Landespersonalämter"). Vgl. § 98 BBG. Vgl. §§ 8 II S. 2 , 2 1 S. 2 , 2 2 II, 24 S. 3 , 4 1 II S. 1 BBG. E. Plog/ A. Wiedow / G. Beck, BBG, Randnr. 14 zu § 98; zur Zulässigkeit der Klage eines Kommunalverbandes gegen eine beamtenrechtliche Entscheidung des Landespersonalausschusses BVerwG E 31, 345. Zu den verfassungsrechtl. Grundlagen und Grenzen des Personalvertretungsrechts (Personalvertretung - ein Stück „Demokratisierung der Verwaltung"?) vgl. K. Schelter, RdA 1977,349 ff. Vgl. Leisner, Mitbestimmung im öffentlichen Dienst, 1970; Ritter, JZ 1972,107 ff. (beide im Ergebnis ablehnend); Zeidler, DVB1. 1973, 719ff.; von Unruh, DVB1. 1974, 116ff.;
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Da gemäß Art. 20 I GG die Bundesrepublik ein demokratischer und sozialer Bundesstaat ist, könnte eine Vermutung dafür sprechen, daß der gesamte staatliche Organismus — also auch der öffentliche Dienst — diesem Strukturprinzip unterliegt, und zwar auch in seiner inneren Struktur. Eine Beschränkung des Demokratiegebotes und des Sozialstaatsgebotes auf oberste Verfassungsorgane ist weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn noch aus dem Zusammenhang des Art. 20 I GG ersichtlich. Da die in Art. 20 II GG niedergelegten Grundsätze gemäß Art. 79 III GG unabänderlich sind, müssen sie im Verhältnis zu Art. 33 V GG als höherrangig betrachtet werden, so daß auch diese Norm einer Demokratisierung des öffentlichen Dienstes nicht im Wege steht 495 . Die Demokratisierung des öffentlichen Dienstes im Sinne der direktiven Mitbestimmung stößt dagegen auf die folgenden verfassungsrechtlichen Bedenken: Die vollziehende Gewalt (d. h. auch der öffentliche Dienst) ist Teil der Staatsgewalt, die gemäß Art. 20 II S. 1 GG vom Volke ausgeht. Die in dieser Bestimmung verwendete Formulierung „alle Staatsgewalt geht vom Volke aus" bedeutet aber, daß alle Staatsgewalt vom ganzen Volke ausgeht, nicht nur von Teilen des Volkes. Da die vollziehende Gewalt Aufgaben der Allgemeinheit wahrnimmt, würde die Mitbestimmung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes an den staatlichen Entscheidungen eine undemokratische Privilegierung dieser Personen bedeuten. Zusätzlich würde eine Eigenbestimmung der Aufgaben der vollziehenden Gewalt durch die Bediensteten selbst auch mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 II S. 2 GG) und der parlamentarischen Verantwortlichkeit der Regierung unvereinbar sein 496 .
VIII. Reformbestrebungen Grundsätzliche Reformüberlegungen wurden schon vor dem Ersten Weltkrieg und in der Weimarer Zeit angestellt 497 ; Schwerpunkt war hierbei meist die Frage der Abgrenzung zwischen Beamten und Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes.
495 496 497
Feindt, Z B R 1973, 353 ff. - Zur Frage der Mitbestimmung in kommunalen Versorgungsunternehmen vgl. Badura, in diesem Lehrbuch, Abschn. III 2 d Fn. 274; OLG Bremen D Ö V 1977, 8 9 9 f f . m. Anm. Püttner, S. 9 0 1 f . ; Biedenkopf! Sacker, Z A R 1971, 211 ff.; Obermayer, Mitbestimmung in der Kommunalverwaltung, 1973; Zeller, Kommunale Mitbestimmung, 1972. - D e r Bericht der Sachverständigenkommission zur Auswertung der bisherigen Erfahrungen bei der Mitbestimmung (Mitbestimmungskommission), 1970, nimmt zur Mitbestimmung im öffentlichen Dienst keine Stellung. a. A.: Leisner, a. a. O. Vgl. dazu - wenn auch in anderem Zusammenhang - B VerfG E 9 , 2 6 8 ff. Pottoff, Probleme des Arbeitsrechtes, 1912, S. 61 ff., 108ff., 145ff.; ders., Grundfragen des künftigen Beamtenrechts, 1923; Sinzheimer, Über den Grundgedanken und die Möglichkeit eines einheitlichen Arbeitsrechtes für Deutschland, 1914.
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Nach 1945 ist die Reformdiskussion erneut angelaufen 498 ; im Jahre 1970 haben der Deutsche Beamtenbund (DBB), der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Deutsche Angestelltengewerkschaft (DAG) und der Berliner Innensenator Neubauer Vorstellungen entwickelt 499 . Der Streit, der auf dem 48. DJT in voller Schärfe ausgebrochen ist 500 , geht vor allem darum, ob das Beamtenrecht erhalten oder in einem einheitlichen Dienstrecht aufgehen soll, und ob - wie DGB und DAG fordern, der DBB ablehnt — das Beamtenrecht in ein (gesetzlich festgelegtes) Statusrecht und in ein (tarifvertraglich auszuhandelndes) Folgerecht aufgespalten werden soll, wobei das Statusrecht die grundsätzliche Rechtsstellung, das Folgerecht z. B. Besoldungsfragen umfassen soll. Auf Ersuchen des Bundestages hat der Bundesminister des Innern im Dezember 1970 eine „Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts" gebildet, die - zusammen mit umfangreichen Vorarbeiten 501 - einen Reformbericht erstellt hat 502 . Die Kommission hat sich für ein einheitliches Dienstrecht ausgesprochen, in dem die bisherigen Unterschiede zwischen dem Beamtenrecht und dem Recht der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst eingeebnet werden. Als Typen der Dienstverhältnisse sind vorgesehen: Dauerdienstverhältnis, Dienstverhältnis zur Erprobung, Dienstverhältnis zur Ausbildung. Für alle öffentlichen Bediensteten sollen die bisherigen Beamtenpflichten und ein einheitliches Dienstordnungsrecht anstelle des bisherigen Disziplinarrechts gelten. Für Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem öffentlichen Dienstrecht sollen die Verwaltungsgerichte zuständig sein. Die Laufbahnen sollen durchlässiger werden. In bezug auf die Versorgung sieht die Kommission als in Betracht kommende Alternative die gesetzliche Rentenversicherung aller Bediensteten durch den Dienstgeber. Keine Einigkeit bestand in der Kommission über das Regelungsverfahren, d. h. ob das Dienstrecht aller öffentlichen Bediensteten durch Gesetz (sog. Gesetzmodell) oder je nach Gegenstand teils durch Gesetz, teils durch Tarifvertrag (Gesetz-/Tarif-Modell) geregelt werden soll. 498
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Vgl. Ackermann, ZBR 1970, 147ff.; Finger, ZBR 1970, 137ff.; Ilbertz, ZBR 1970, 347ff.; Isensee, D Ö V 1970, 397ff.; Schick, JZ 1970, 449ff.; Schönfelder, ZBR 1970, 278ff.; Siburg, ZBR 1970, 273ff.; Thieme, D Ö V 1970, 537ff.; Ule, DVB1. 1970, 637ff.; Wiese, DVB1. 1970, 644 ff. Vgl. D B b 1970,10. Vgl. Thieme, Schäfer und Quaritsch, in Verhandlungen des 48. DJT, Sitzungsberichte S. O l l - O 57, O 5 8 f f . , ö 2 1 8 f . , Beschlüsse des DJT in NJW 1970, S. 2011 f.; Quaritsch, in Fs. f. Wacke, 1972, S. 29ff. Die Vorarbeiten, die u. a. rechtsvergleichendes Material enthalten, sind veröffentlicht als Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts, Bd. 1 - 1 1 , 1 9 7 3 . Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts, Bericht der Kommission, 1973. Vgl. dazu Feindt, D ö D 1973,153ff., 173ff., 198ff.; Finger, RiA 1973,101 ff.; Loschelder, ZBR 1973, 189ff.; Neesse, ZBR 1974, 358ff.; Ule, DVB1. 1973, 442ff. Vgl. auch Forsthoff / von Münch / Schick / Thieme / F. Mayer, Verfassungsrechtliche Grenzen einer Reform des öffentlichen Dienstrechts, Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts, Bd. 5 , 1 9 7 3 ; F. Mayer, in: Fs. f. Scupin, 1973, S. 249ff.
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Die Bundesregierung hat am 19. Mai 1976 ein „Aktionsprogramm zur Dienstrechtsreform"503 verabschiedet 504 . Das Aktionsprogramm betrachtet die Reform des öffentlichen Dienstes als ständige Aufgabe, will die Dienstrechtsreform durch eine Verwaltungsreform ergänzt sehen, und bezeichnet als Ziele der Dienstrechtsreform die „Verbesserung der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes einschließlich einer Minderung der Kostenbelastung der öffentlichen Haushalte bei Gewährleistung angemessener Arbeitsbedingungen der im öffentlichen Dienst Tätigen." Inhaltlich konzentriert das Aktionsprogramm sich auf Personalsteuerung (d. h. Planung und Einzelentscheidung in den Bereichen Personalgewinnung, Personalauswahl und Personalverteilung sowie Aus- und Fortbildung) und Bezahlung. Angestrebt wird eine stärkere Anknüpfung an Funktion, Leistungsfähigkeit und Leistungen. Das Laufbahnsystem soll dahin fortentwickelt werden 505 , daß der Abschluß eines bestimmten Bildungsganges (z. B. Hochschule) nicht mehr dasselbe Gewicht hat wie bisher; gleichzeitig sollen die Laufbahnen untereinander durchlässiger werden. Erwogen wird der Gedanke, Spitzenpositionen auf Zeit zu übertragen 503 . Über die bereits bestehenden Möglichkeiten hinaus will die Bundesregierung die Möglichkeit der Teilzeitarbeit für Beamte erweitern, nämlich als eine Wahlmöglichkeit für alle, jedoch nur in den Bereichen, in denen ein Überangebot besteht (Lehrer!) 507 . Unabhängig von allen diesen Vorstellungen wäre m. E. die wichtigste Reform, die ungeheure Aufblähung der Verwaltung zu stoppen und damit die Zahl der Beamten, Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst nicht weiter anschwellen zu lassen. Abwegig sind deshalb Vorstellungen, das Problem der Massenarbeitslosigkeit mit Hilfe einer personellen Ausweitung des öffentlichen Dienstes lösen zu können 508 .
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Hrsg. von BMI, 1976. Übersicht über den Inhalt bei O. Schmidt, ZBR 1977,117 ff. Zum Aktionsprogramm insges. vgl. Battis, DVB1. 1977, 663ff.; Kroppenstedt, D Ö V 1977, 12ff.; Wiese, ZRP 1977, 226ff.; zu Einzelpunkten vgl. von Hammerstein, D Ö V 1977,149ff.; ders., VerwArch. 69 (1978), S. 292ff.; Geyer, D Ö V 1977,151ff.; Kroppenstedt, D Ö V 1978, 479ff.; Schwegmann, D Ö V 1977, 155ff.; U. Becker, D Ö V 1977, 339ff.; Wunderer, D Ö V 1977, 341 ff.; Summer, D Ö V 1977,345ff. Dazu K. König, D Ö V 1977, 343ff.; F. Mayer, in: Fs. f. Ule, 1977, S. 349ff.; H. Schröder, D Ö V 1977,153 ff. Zur verfassungsrechtl. Problematik vgl. Schwandt, ZBR 1976, 205 ff. Aus der Sicht der Verwaltungswissenschaft: Siedentopf, in: Fs. f. Ule, 1977, S. 177ff. Kritisch dazu Wolfg. Loschelder, ZBR 1978,133 ff. (138); Schwandt, ZBR 1977,81 ff. Dazu von Münch, ZBR 1978,125 ff.; Scheuring, ZBR 1977,385 ff.
Für wertvolle Mitarbeit danke ich neben den in der 3. Aufl. Genannten noch Assessor Karl Hernekamp und Linda Uebelein.
ZWEITER ABSCHNITT Georg Christoph von Unruh
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LandkreisO vom 10. 10. 1955 (GBl. S. 207) i. d. F. vom 21. 10. 1971 (GBl. S. 400), zuletzt geändert am 7. 6. 1977 (GBl. S. 173). Bayern: GemeindeO vom 25. 1. 1952 (Bay. GS I, S. 461), i. d.F. vom 5. 12. 1973 (GVB1. S. 600), zuletzt geändert am 8. 7. 1977 (GVBl. S. 333). LandkreisO vom 16. 2. 1952 (Bay. GS I, S. 515) i. d. F. vom 5. 12. 1973 (GVB1. S. 618), zuletzt geändert am 8. 7. 1977 (GVB1. S. 333). BezirksO vom 27. 7. 1953 (Bay. GS IS. 529) i. d. F. vom 5. 12. 1973 (GVB1. S. 631). Berlin: BezirksverwaltungsG vom 30. 1. 1958 i. d. F. vom 5. 7. 1971 (GVB1. S. 1170). Bremen: G über Ortsämter und Außenstellen der bremischen Verwaltung vom 22. 6. 1971 (GVB1. S. 170). Verfassung für die Stadt Bremerhaven am 4. 11. 1947 (GBl. S. 29) i. d. F. vom 13. 10. 1971 (GBl. S. 243). Hamburg: BezirksverwaltungsG vom 16. 9. 1969 (GVB1. I S. 179), zuletzt geändert (GVB1. 1974 I S. 235). Hessen: GemeindeO vom 25. 2. 1952 (GVB1. S. 11), i. d. F. vom 1. 7. 1960 (GVB1. S. 103), zuletzt geändert am 14. 7. 1977 (GVB1.1S. 319). LandkreisO vom 25. 2. 1952 (GVB1. S. 37), i. d. F. vom 1. 7. 1960 (GVB1. S. 131), zuletzt geändert am 14. 7. 1977 (GVB1.1S. 319). Niedersachsen: GemeindeO vom 4. 3. 1955 (GVB1. S. 55), i. d. F. vom 18. 10. 1977 (GVB1. S. 497). LandkreisO vom 31. 3. 1958 (GVB1. S. 17) i. d. F. vom 18. 10. 1977 (GVBl. S. 522). Nordrhein- Westfalen: GemeindeO vom 28. 10. 1952 (GS NW S. 179, 180) i. d. F. vom 19. 12. 1974 (GVB1. 1975 S. 91). LandkreisO vom 21. 7. 1953 (GS NW S. 208) i. d. F. vom 19. 12. 1974 (GVB1.1975 S. 84). AmtsO vom 10. 3. 1953 (GS NWS. 207), zuletzt geändert am 11. 7. 1972 (GVBl. S. 218). LandschaftsverbandsO vom 12. 5. 1953 (GS NW S. 217), zuletzt geändert am 11. 7. 1972 (GVBl. S. 224). Rheinland-Pfalz: GemeindeO vom 14. 12. 1973 (GVBl. S. 419), zuletzt geändert am 26. 7. 1977 (GVBl. S. 251). LandkreisO vom 14. 12. 1973 (GVBl. S. 451). VerbandsgemeindeO vom 16. 7. 1968 (GVBl. S. 133). BezirksO für den Bezirksverband Pfalz vom 14. 12. 1973 (GVBl. S. 466). Saarland: GemeindeO (KSVG, Teil A) vom 15. 1. 1964 (ABl. S. 123) i. d. F. vom 10. 9. 1968 (ABl. S. 689), zuletzt geändert am 2. 1. 1975 (ABl. S. 49). LandkreisO (KSVG, Teil C) vom 15. 1. 1964 (ABl. S. 123) i. d. F. vom 10. 9. 1968 (ABl. S. 711), zuletzt geändert am 13. 12. 1973 (ABl. S. 829). Schleswig-Holstein: GemeindeO vom 24. 1. 1950 (GVBl. S. 25) i. d. F. vom 11. 11. 1977 (GVBl. S. 410). KreisO vom 27. 2. 1950 (GVBl. S. 49) i. d. F. vom 11. 11. 1977 (GVBl. S. 436). AmtsO vom 17. 6. 1952 (GVBl. S. 95) i. d. F. vom 11. 11. 1977 (GVBl. S. 448).
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Gliederung I. Verfassungsrechtliche Grundlagen und Entwicklung des Gemeindewesens 1. Gemeinde und Gemeindeverbände im Grundgesetz 2. Die Herkunft der Gemeinde 3. Ursprung und Wandlungen der kommunalen Selbstverwaltung 4. Die kommunale Selbstverwaltung in der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland a) Grundordnung der Selbstverwaltungskörperschaften b) Die kommunalen Körperschaften c) Der Funktionsbereich der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften . aa) Kommunale Angelegenheiten bb) Universalität des Wirkungsbereiches cc) Gliederung der kommunalen Aufgaben dd) Autonomie der Selbstverwaltungskörperschaften ee) Grundrechtsfähigkeit der Selbstverwaltungskörperschaften? II. Die kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften und ihre Verfassung 1. Die Gemeinde a) Die Gemeinde als Gebietskörperschaft aa) Wesen und Bestimmung bb) Gegliederte Einheit b) System der Gemeindeverfassungen (Magistratsverfassung, nord- und süddeutsche Ratsverfassung) c) Rechte und Pflichten des Gemeindeeinwohners d) Namens- und Wappenrecht e) Wirtschaftliche Betätigung und kommunale Versorgungsunternehmen . . . . 2. Kommunale Verbundverwaltung (Samtgemeinden und Zweckverbände) . . . . 3. Der Kreis a) Kreis Verfassung b) Kreisorgane aa) Vertretungskörperschaft (Kreistag) bb) Hauptverwaltungsbeamter c) Aufgaben des Kreises aa) Unmittelbare Kreisaufgaben bb) Ausgleichsfunktion des Kreises d) Der Kreis als untere staatliche Verwaltungsbehörde 4. Die höheren Gemeindeverbände
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III. Kommunale Finanzverfassung
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IV. Schutz der kommunalen Selbstverwaltung 1. Kommunalaufsicht 2. Beschützende Funktion der rechtsprechenden Gewalt
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V. Kommunale Selbstverwaltung als staatsbürgerliche Aufgabe Anhang: A. Verwaltungsaufgaben einer städtischen Gemeinde (gegliedert nach dem System des Haushaltsplanes) B. Verwaltungsaufgaben eines Kreises
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I. Verfassungsrechtliche Grundlagen und Entwicklung des Gemeindewesens 1. Gemeinde und Gemeindeverbände im Grundgesetz Gemeinderecht bezeichnet die Summe der Rechte, welche die Gemeinde und die ihr wesensähnlichen Gemeindeverbände, vor allem der Kreis sowie die von diesen gebildeten „kommunalen", d. h. gemeinschaftlichen oder gemeinsamen öffentlichen Einrichtungen besitzen. Das Grundgesetz verfaßt die Gemeinden und Gemeindeverbände als Bestandteil des Staates, wie sich aus Art. 28 Abs. 1 u. 2 GG ergibt. Diese Bestimmungen ordnen nicht nur Verwaltungseinrichtungen an, sondern schaffen zunächst neben Bund und Ländern weitere Wirkungsbereiche für das nach Siedlungseinheiten und -Verhältnissen gegliederte Staatsvolk. Insoweit unterscheidet sich die Verfassung der kommunalen Gebilde — Gemeinde und Kreis - in der Bundesrepublik Deutschland sowohl von früheren Regelungen im deutschen Staatsrecht wie auch von der Stellung der „Munizipalitäten" in anderen Staaten mit demokratischen Regierungsformen 9 . Grundlage des Gemeinderechts ist deshalb die Bestimmung des 1. Absatzes von Art. 28 GG, wonach „das Volk in Kreisen und Gemeinden eine Vertretung haben muß", die nach denselben Grundsätzen zu bilden ist, wie der Bundestag und die Parlamente der Länder. Da sich diese Bestimmung unmittelbar an die Vorschrift im vorhergehenden Satz anschließt, wonach die verfassungsmäßige Ordnung den „Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates" entsprechen muß, besitzt die Vervielfältigung des gebietlichen Wirkungsbereiches des Volkes einen besonderen verfassungsrechtlichen Rang. Durch die Einrichtung von Vertretungskörperschaften des Volkes in kommunalen Gebieten werden die Voraussetzungen für eine Dezentralisierung der vollziehenden Gewalt geschaffen, die durch die im 2. Absatz vom Art. 28 GG genannte „Selbstverwaltung" gewährleistet ist2. Somit findet die in Art. 20 Abs. 2 GG bestimmte „horizontale Gewaltengliederung" durch die Trennung der Legislative von Exekutive und Justiz eine 1
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Art. 127 WRV gewährleistete lediglich den „Gemeinden und Gemeindeverbänden das Recht der Selbstverwaltung innerhalb der Schranken der Gesetze". - Munizipalität leitet sich von den municipia genannten Städten im Römischen Reich ab, die von Einwohnern mit dem römischen Bürgerrecht verwaltet wurden. Sie erledigten „kommunale" Angelegenheiten, womit ursprünglich „gemeinsame Lasten" oder „gemeinsame Aufgaben" gemeint sind, die von einer Personeneinheit aufgebracht oder geleistet werden. Später beschränkte man das Verständnis dieses Wortes auf geschlossene Siedlungseinheiten von unterschiedlicher Größe, vor allem die Gemeinden, {von Unruh, DÖV 1974,649 ff.) Zur dogmatischen Einordnung des Art. 28 Abs. 2 GG jetzt G.-J. Richter, Verfassungsprobleme der kommunalen Funktionalreform, 1977, S. 50ff.; dazu kritisch W. Roters, D Ö V 1978,186.
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Ergänzung durch eine „vertikale Gliederung" der Administrative, der Verwaltung, als eines Bestandteils der vollziehenden Gewalt. Die in Art. 28 GG getroffene Regelung beschränkt sich nicht wie eine Dekonzentration auf die Verteilung von Zuständigkeiten von einer Oberbehörde auf andere Dienststellen, sondern beläßt den ausführenden Behörden der kommunalen Körperschaften eine nur gesetzlich gebundene eigene Verantwortung für ihre Tätigkeit. Die Verantwortung hierfür liegt bei den gewählten Volksvertretungen, die einer Rechtsaufsicht, nicht jedoch einer weiterreichenden Fachaufsicht durch staatliche Behörden unterworfen sind3. So gliedert die in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG getroffene Regelung die Gebietskörperschaft Bundesrepublik Deutschland nicht nur föderativ, sondern auch in weitere „kommunale" Gebietskörperschaften. Allerdings bringt die in Art. 28 GG getroffene Regelung, die eine konstitutionelle Eigenart darstellt und historisch kein Vorbild besitzt, eine Fülle von Problemen mit, weil sich aus ihr unmittelbar keine Prinzipien und noch weniger Kriterien für eine Kompetenzverteilung zwischen dem „Ganzen" und seinen Teilen im demokratischen und sozialen Rechtsstaat ableiten lassen 4 . Gebiet ist eine Fläche, die „Geboten" unterworfen ist, zu deren Erlaß ein Hoheitsträger berufen ist, der, soweit diese Befugnisse reichen, jede andere hoheitliche Funktion darin und darüber auszuschließen vermag. Gebiet bildet mithin einen Zuständigkeitsbereich der hoheitlichen Gewalt und dadurch eine räumliche Einheit. Diese Einheiten lassen sich wiederum flächenmäßig in weitere Hoheitsträger gliedern. Ausdruck einer Selbständigkeit bei der Erledigung von
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Bei der Dekonzentration der Erledigung von öffentlichen Aufgaben sind diese zwar nicht bei einer einzigen Behörde zusammengefaßt, d. h. konzentriert, sondern auf sog. nachgeordnete Behörden verteilt, die zwar örtlich oder sachlich bestimmte Zuständigkeiten besitzen, jedoch unmittelbaren Weisungen der Zentralbehörden unterworfen bleiben. So kann der Kultusminister in Schulsachen über den Regierungspräsidenten als Mittelbehörde den örtlich und sachlich zuständigen Schulrat unmittelbar anweisen. Dasselbe gilt für Maßnahmen des Innenministers oder anderer Fachminister an den ihnen nachgeordneten Regierungspräsidenten. Bei einer dekonzentrierten Verwaltung ist die Verantwortung der mit Außenwirkung entscheidenden Dienststelle gegenüber der leitenden Behörde gemindert, während diese bei einer Dezentralisation ihr Handeln in vollem Umfang zu verantworten hat. Es gibt jedoch auch bei der dezentralisierten Verwaltung die Möglichkeit, die ausführenden Behörden von zuständigen staatlichen Dienststellen anzuweisen, wie z. B. im „übertragenen Wirkungsbereich. Näheres s. unten und W. Rudolf, Verwaltungsorganisation, in: Allg. VwR, Erichsen / Martens, 2. Aufl. 1977, S. 446 ff. und 461 ff. Zur Bedeutung der Legitimation der kommunalen Selbstverwaltung durch die unmittelbare Volkswahl und zur „Konstituierung dezentraler Zentren für Initiative und Entscheidung": U. Scheuner, Zur Neubestimmung der kommunalen Selbstverwaltung, AfK 1973, S. l f f . (9f. und 40f.); Zur Problematik des Verhältnisses des Ganzen zu seinen Teilen: Franz Mayer, Selbstverwaltung und demokratischer Staat, in: Demokratie und Verwaltung (25 Jahre Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer), 1972, S. 327 (333 f.).
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öffentlichen Aufgaben ist ihre Autonomie, die es gestattet, im Rahmen der Zuständigkeit gebietsbezogen verbindliches Recht zu setzen 5 . Körperschaft bezeichnet die Rechtsform eines Personenverbandes als einer selbständigen rechtlichen und sozialen Einheit zur Verfolgung von bestimmten Anliegen ihrer Mitglieder, die persönlich und zahlenmäßig wechseln. Die Mitgliedschaft zu einer Körperschaft kann von bestimmten persönlichen oder sächlichen Qualifikationserfordernissen bestimmt werden. Die Zugehörigkeit zu einer Gebietskörperschaft wird für eine natürliche Person durch ihre räumliche Niederlassung in dem von ihr erfaßten Raum begründet. Besondere Befugnisse, wie etwa eine „allumfassende und allerfassende Kompetenz", sind kein notwendiges Wesensmerkmal einer Gebietskörperschaft 6 . Als juristische Person bedarf die Körperschaft zur Willensbildung und -entscheidung eines Organs, das alle Mitglieder repräsentiert und deshalb von den „gesamten aktiven Trägern des Vereinskörpers" gewählt werden muß. Gebietskörperschaften können deshalb auch nur solche Gemeinwesen genannt werden, deren wahlberechtigte Angehörige unmittelbar ein Repräsentativorgan zu bilden vermögen. Deshalb ist die unmittelbare Wahl des Vertretungsorgans durch die Mitglieder das entscheidende Kriterium für Gebietskörperschaften. Demnach gehören dazu gem. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG Kreis und Gemeinde sowie solche kommunalen Körperschaften mit unmittelbar von der Bevölkerung gewählten Organen. Fehlt es bei einer kommunalen Körperschaft an einem auf diese Weise gebildeten Organ, so läßt sich ein solcher Gemeindeverband als Bundkörperschaft bezeichnen, weil ihre Mitglieder ausschließlich juristische, keine natürlichen Personen sind 7 . Gemeinde und Gemeindeverbände sind anderweitige Bezeichnungen für die in Art. 109 Abs. 4 Satz 1 GG genannten „Gebietskörperschaften und Zweckverbände". Zweckverbände sind korporative Verbindungen zur zweckmäßigen, effektiven Erledigung einer öffentlichen Aufgabe. Sie sind deshalb Gemeindeverbände im bundkörperschaftlichen Sinne. Auf derartige Einrichtungen ist jedoch der Begriff Gemeindeverband nicht beschränkt. Er ist vielmehr der Oberbegriff für alle kommunalen Einrichtungen, die neben der Gemeinde bestehen. Dazu gehört vor allen der Kreis wegen des in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG vorgeschriebenen Wahlverfahrens für die Vertretungskörperschaft seiner Mitglieder. Soweit jedoch „Gemeindeverbände" keine vom Volk in ihrem Gebiet unmittelbar
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Werner Hoppe, D i e Begriffe Gebietskörperschaft und Gemeindeverband und der Rechtscharakter der nordrhein-westfälischen Landschaftsverbände, 1958, S. 8ff., 16, 41 ff.; G. Chr. von Unruh, DVB1. 1 9 7 5 , 1 ff.; W. Rudolf, a. a. O., S. 4 4 8 f f . D e r B F H meint zwar, eine Gebietskörperschaft müsse eine „grundsätzlich unbeschränkte obrigkeitliche Allzuständigkeit in einem fest umgrenzten Teil des Staatsgebietes gegenüber allen Einwohnern dieses Gebietes besitzen", doch ist eine solche Befugnis nicht wesensbestimmend für diese juristische Person, sondern nur die Ausübung einer hoheitlichen Gewalt, deren Umfang durch Verfassung und Gesetze bestimmt wird, B F H E 56, 396. Wolff/ Bachof, V w R II, § 84 III 4.
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gewählte Vertretungskörperschaft besitzen, müssen sie als Zweckverbände betrachtet werden, wie etwa die Ämter in Schleswig-Holstein oder andere kommunale Zusammenschlüsse zu einem oder mehreren Zwecken 8 . Der Rang, den die kommunalen Gebietskörperschaften in der Grundordnung der Bundesrepublik besitzen, läßt sich außer der in Art. 28 Abs. 1 GG getroffenen Regelung auch noch aus einer anderen Vorschrift des GG entnehmen: Art. 115c Abs. 3 GG bestimmt, daß auch im Verteidigungsfall bei der Gesetzgebung die „Lebensfähigkeit der Gemeinden und Gemeindeverbände, insbesondere auch in finanzieller Hinsicht, zu wahren" ist. Dieses Leitbild hat Gestaltung und Verständnis des Rechtes der kommunalen Körperschaften im allgemeinen wie im besonderen zu bestimmen 9 .
2. Die Herkunft der Gemeinde Raumgebundene und raumbezogene Gemeinwesen entwickelten sich seit dem Mittelalter als Dorf und Stadt. Obwohl sich die Ausübung hoheitlicher Gewalt in dieser Epoche nicht immer ausschließlich auf ein bestimmtes Gebiet wie im Flächenstaat der Gegenwart erstreckte, so beruhte doch die politische und soziale Ordnung auf raumbestimmten Genossenschaften, deren Grundlage die Nachbarschaft seßhafter Menschen bildete 10 . Das Recht und die Pflicht zur verantwortlichen Erledigung der eigenen örtlichen Angelegenheiten, worin sich diese Genossenschaft darstellt, bestimmt in enger oder weiträumiger besiedelten Nachbarschaftsverbänden, Gemeinden genannt, das Zusammenleben der Menschen. Das Wort Gemeinde bezieht sich ursprünglich auf ein bestimmtes Gebiet, die Almende, eine Gemarkung, an der eine Gruppe von Personen gemeinsame Rechte und Pflichten besaß. Von diesem Realvermögen übertrug sich die Bezeichnung auf die in einem als Einheit verstandenen Gebiet ansässigen Rechtsgenossen, deren Ordnung aus der Notwendigkeit zur Erledigung gemeinsamer Pflichten — communis hängt mit munia (Lasten) zusammen - erwuchs. Diese Ordnung blieb auch nach dem Erlöschen der bäuerlichen Dienstpflichten „zu Gericht und Landeswehr" seit dem 13. Jahrhundert und trotz ständiger oder 8 9
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Im Ergebnis so auch Gönnenwein, GemeindeR, S. 275 f.; W. Thieme, JZ 1972, 480. Das in Art. 28 Abs. 1 GG vorgeschriebene demokratische Prinzip einer vom Volke unmittelbar gewählten Volksvertretung gilt nur für die kommunalen Gebietskörperschaften, so für die Gemeinden und Kreise, nicht dagegen für sonstige kommunale Körperschaften, die nicht gebietsbezogen mit universellem Wirkungskreis, sondern als Mitgliedsverbände organisiert sind, wie z. B, die Zweckverbände, Samtgemeinden oder Ämter. Unter Bezugnahme auf Stern, BK, Rdnr. 48 zu Art. 28 und Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, Grundgesetz, Rdnr. 22 zu Art. 28, OVG Lüneburg D Ö V 1971, 494. Andere Ansichten zum Wesen der Gebietskörperschaft bei D. Bröring, Die Verwaltungsgemeinschaft, 1973, S. 43 ff. Auch das Land oder die Landesgemeinde (Kanton) sind in diesem Zusammenhang zu nennen.
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individueller Abhängigkeiten seiner Bewohner von Leib- oder Grundherrschaften vor allem für die Regelung des Flur-, Wege- und Wasserwesens unter Leitung von „Vorstehern" aus den Reihen der Nachbarschaft erhalten 1 1 . Bauermeister, Ortsvorsteher oder Heimbürge lauteten die regional unterschiedlichen Bezeichnungen für diese Sachwalter zwischen Herrschaft und Genossenschaft 1 2 . Seit dem 12. Jahrhundert entwickelte sich ein kommunales Gemeinwesen besonderer Art, die Stadt. Ihre Ursprünge liegen in den „ W i k " genannten Kaufmannssiedlungen, die sich des besonderen Schutzes des Königs erfreuten, und in den „ M ä r k t e n " , wo sich ein vielfältiger Güteraustausch unter Sicherung des Friedens vollziehen konnte. Hier siedelten sich neben den Handeltreibenden auch Handwerker an, welche ihre Wohnstätte, häufig im Schutz einer Burg gelegen, gegen Angriffe von außen befestigten. So kam der Satz auf: „Bürger und Bauern scheiden Zinnen und M a u e r n . " Wer nämlich über Jahr und Tag unangefochten an einem solchen O r t gelebt hatte, wurde als Bürger frei von persönlichen Bindungen an eine Leib- oder Grundherrschaft, wie sie gemeinhin auf d e m offenen Land, im Dorf, die Stellung des Bauern beeinträchtigen 1 3 . Die persönliche Freiheit als Eigenart des Bürgers bildete das Leitbild für den „Staatsbürger" („Staatsbürgerliche Rechte und Pflichten" in Art. 33 Abs. 1 G G . ) Viele auf Reichsgut gelegene Siedlungen erhielten seit dem 12. Jahrhundert von den deutschen Königen ein Anerkenntnis ihrer städtischen Rechte. W e n n es diesen O r t e n gelang, sich von der Muntgewalt der königlichen Amtswalter, ob Schultheiß oder Burggraf, zu befreien, wurden sie Reichsstädte, wie z. B. Frankfurt a. M., D o r t m u n d , Goslar, Wetzlar, Ulm u. a. Solche Unabhängigkeit erlangten häufig auch Städte, die von einem Bischof abhängig gewesen waren, wie Worms, Speyer, Augsburg, Köln, Regensburg und Straßburg, und schließlich auch landesherrliche G r ü n d u n g e n wie Lübeck. Gelang es diesen Städten noch, von regelmäßigen Steuern an den König, der sog. Bede, befreit zu werden, so heißen sie „freie Reichsstädte", wie H a m b u r g und Bremen. D i e übrigen O r t e mit städtischem Siedlungscharakter blieben in engerer oder loserer Bindung zu einem geistlichen oder weltlichen Landesherrn. Nicht in allen Städten herrschten Kaufmannsstand und H a n d w e r k e r vor. Vielfach bestand die Menge der Einwohner aus Ackerbürgern, die ihren Lebensunterhalt aus landwirtschaftlicher Tätigkeit zogen. Die Bürgerschaft gliederte sich in Gilden und Z ü n f t e nach verschiedenen Erwerbszweigen. Diese V e r b ä n d e führten häufig einen heftigen Streit um die poli-
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Dabei wurden die gemeindlichen Beauftragten teils nach Reiherecht von Hof zu Hof, teils durch Wahl der Genossen oder auch schließlich durch Ernennung von der Obrigkeit für diese Zwecke bestimmt. K. S. Bader, Dorfgenossenschaft und Dorfgemeinde, 1962. Zur Entwicklung der Gemeinde und ihres Rechts: E. Becker, Gemeindliche Selbstverwaltung, 1941; E. Becker, Entwicklung der dt. Gemeinden, in: HGKWP I, S. 62ff.; Müthling, Die Geschichte der deutschen Selbstverwaltung, 1966; H. Klüber, Das Gemeinderecht, 1972, S. 4ff.; Carl Haase (Hrsg.), Die Stadt des Mittelalters, 2. Bd., Recht und Verfassung, 1972.
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tische Leitung des Gemeinwesens mit der Folge, daß soziale Schichtungen innerhalb der Städte mannigfache Differenzierungen schufen, so daß vielerorts nur die „Geschlechter" genannten Patrizier ratsfähig waren und eine hegemoniale Stellung erlangten. So wich das genossenschaftliche Prinzip, das einst wichtige Impulse zur Entwicklung dieser G e m e i n d e n gegeben hatte, der „ H e r r s c h a f t " einiger einflußreicher Familien, die nun innerhalb der Stadt als „Obrigkeit" auftraten. Das politische Verhalten vieler Städte im Mittelalter war durch eine Beschränkung auf die lokalen Belange gekennzeichnet, durch eine Kirchturmspolitik, die verhinderte, daß die Städte eine ihrer wirtschaftlichen Bedeutung angemessene politische Stellung im Reich erlangten. So vermochten weder der rheinische noch der schwäbische Städtebund der wachsenden Macht ländlicher Territorialherren zu begegnen. Ihre Bedeutung endete vollends mit dem Ausgang des 30jährigen Krieges, der den Zeitabschnitt der großen wirtschaftlichen und kulturellen Leistungen der Städte abschloß. Ein wesentliches Kriterium der Stadt war seit d e m 13. Jahrhundert ihre Autonomie zur Rechtsetzung. Von größeren Orten, wie Nürnberg, Lübeck oder Magdeburg übernahmen Tochterstädte bis weit in die östlichen Staaten E u r o p a s ihre Verfassung, so daß „Standtrechtsfamilien" entstanden, die in der Entwicklung des Rechts in E u r o p a keine geringe Rolle spielten. Mit der Entwicklung des absolutistisch regierten Territorialstaates erstarrte fast überall in Deutschland das kommunale Leben. Städte und Dörfer bildeten nicht viel mehr als obrigkeitliche Verwaltungsbezirke. Indessen blieb doch — im D o r f , der Landgemeinde, häufiger als in den Städten - durch die Sachverwaltung des kommunalen Vermögens, wie der Almende, und durch die Sorge für die öffentliche Sicherheit und O r d n u n g im Ort, in Feld und Flur durch „gemeine W e r k e " in Form und H a n d - und Spanndiensten unter nachbarschaftlicher Regelung und Leitung eine Kontinuität zur k o m m u n a len Selbstverwaltung gewahrt, die seit Beginn des 19. Jahrhunderts in den Ländern eine vielfältige normative Regelung erfuhr, bis 1935 die Reichsgemeindeordnung die noch bestehenden rechtlichen Unterschiede zwischen größeren und kleineren Siedlungseinheiten beseitigte 1 4 .
3. Ursprung und Wandlungen der kommunalen Selbstverwaltung K o m m u n a l e Selbstverwaltung heißt der verfassungsmäßig gewährleistete Wirkungsbereich der Gemeinden und Gemeindeverbände. Z u r konkreten Bestimmung der Art und Weise der darunter fallenden Funktionen, und damit des Wesens der Selbstverwaltung muß nach einer Erkenntnis des B V e r f G ' s „in einem gewissen Sinne ihrer geschichtlichen Entwicklung und ihren verschiedenen Erscheinungsformen Rechnung getragen" werden. Diese „verschiedenen Erschei14
Chr. Engeli / W. Haus, Quellen zum modernen Gemeindeverfassungsrecht in Deutschland, 1975, mit einer Darstellung der Entwicklung und ausführlicher Literaturangabe.
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nungsformen" der Selbstverwaltung sind ein Produkt der in der Vergangenheit entwickelten unterschiedlichen Vorstellungen über das Verhältnis von Gemeinde und Staat. Deshalb ist ein „Nebeneinander und Ineinander von Staats- und Selbstverwaltung dem Gemeinwesen deutschen Rechts schlechthin und durchgängig eigentümlich, aber auch von jeher problematisch" 1 5 . „Selbstverwaltung" wurde anfänglich im staatswirtschaftlichen Sinne von den Physiokraten im 18. Jahrhundert gebraucht, um damit einen Gegensatz zur merkantilistischen Methode der Ökonomie auszudrücken 1 6 . Ihre Lehrmeinung wollte jedoch nicht nur das Wirtschaftsleben von staatlichem Dirigismus befreien und die individuelle Freiheit stärken und sichern, sondern den freien Bürger auch aktiv am öffentlichen Leben beteiligen. Z u diesem Zweck entwarf der französische Staatsmann Turgot 1775 ein Verfassungskonzept, wonach der Staat eine Organisation von Lokal- und Provinzialverwaltungen bilden und der Bürger nicht nur f ü r seine Gemeinde, sondern darin und dadurch auch für den Staat tätig werden sollte. Eine andere Richtung bemühte sich um eine Anerkennung der K o m m u n e n als Individualitäten gegenüber dem Staat in Form einer „4. Gewalt", eines pouvoir municipal, neben Legislative, Exekutive und Justiz. Dieses Konzept fand jedoch mit A u s n a h m e der belgischen Verfassung von 1830 nirgends prinzipiell konstitutionelle Berücksichtigung 1 7 . D e n Vorstellungen Turgots stand - ohne daß sich unmittelbare Bezüge feststellen lassen — die Auffassung des Freiherrn vom Stein nahe, der „allen bürgerlichen und bäuerlichen Gemeinden des Landes eine zur Selbstverwaltung ihres Gemeinwesens zweckmäßige Verfassung" geben wollte, um „die Tätigkeit des Staatsbürgers bei der Staatsverwaltung in Anspruch zu n e h m e n " 1 8 . Sollte mithin für Stein die kommunale Selbstverwaltung 1 9 dazu dienen, einen nicht nur auf den örtlichen Bereich beschränkten Gemeingeist zu wecken, so gewann im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts in Deutschland doch die Auffassung R a u m , daß „Freiheit und Selbständigkeit wesentliche Grundlagen der G e m e i n d e n " darstellten, wobei man weniger an eine „Freiheit im Staat" als an eine „Freiheit vom Staat" dachte. D a n a c h strebten vor allem die süddeutschen Liberalen, weil sie in der kommunalen Selbstverwaltung eine der Gesellschaft
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Franz Mayer, Allg. VwR, 4. Aufl. 1977, S. 62; B V e r f G E 7, 364; 17, 182; 22, 205. Dazu jetzt auch W. Blümel und R. Grawert in V V d D S t R L 38 (1978), S. 171 tf. (186 ff.) und S. 2 7 7 f f . ( 2 8 0 f f . ) . Johann August Schlettwein, Grundfeste der Staaten oder die politische Ökonomie, Gießen 1779, S. 5 8 7 f f . , verwandte zum ersten Male das Wort „Selbstverwaltung". G. Chr. von Unruh, in: Fs. f. Scupin, 1973, S. 391. Freiherr vom Stein in einer Denkschrift vom Februar 1818 (E. Botzenhardt, Freiherr vom Stein, V. S. 8 6 6 und Bd. III Nr. 241.) Stein hat entgegen einer häufig geäußerten Meinung das Wort „Selbstverwaltung" selbst gebraucht (hierzu: Hartlieb von Walthor, in: Westfälische Forschungen, Bd. 15 (1962), S. 130). Erste legislatorische Erwähnung findet sich in Art. 5 der Konstitutions-Ergänzungsakte der Freien Stadt Frankfurt a. M. von 1816: „Alle der Stadt zustehenden Hoheits- und Selbstverwaltungsrechte beruhen auf der Gesamtheit ihrer christlichen Bürger."
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adäquate politische Organisationsform erblickten, die ihre Scheidung gegenüber der Staatsverwaltung bedingte: „Gemeinden sind sowenig wie Familien oder Kirchen oder Privatgesellschaften Staatsanstalten." 20 Diese Auffassung führte zu Spannungen zwischen Staats- und Kommunalverwaltung, zu dualistischen Vorstellungen, was die Fortbildung des deutschen Kommunalrechts im 19. Jahrhundert maßgeblich beeinflußte und in manchen Spuren bis in die Gegenwart fortwirkt. Andererseits verstanden jedoch bereits frühzeitig bedeutende Persönlichkeiten wie Friedrich Christoph Dahlmann oder Lorenz von Stein die Gemeinden als Glieder des Staates und als Mittler zwischen ihm und der bürgerlichen Gesellschaft 21 . Nicht ohne Wirkung auf die preußische Gesetzgebung bemühte sich Rudolf von Gneist in Anlehnung an das System des britischen Selfgovernment die Gesellschaft mit dem Staat durch kommunale Selbstverwaltung „zu versöhnen", worin er wie Freiherr vom Stein die Erfüllung von öffentlichen Pflichten durch freie Bürger erblickte 22 . Diesem politischen Begriff der Selbstverwaltung, wonach ihre Wesenseigentümlichkeit im Funktionellen, in der besonderen Art der Erledigung von öffentlichen Aufgaben liegt, steht ein sog. Rechtsbegriff gegenüber, der die Eigenart in der Selbständigkeit der Institutionen erkennen will, wobei man teils dem Subjekt, dem Träger der Verwaltung, teils dem Objekt, den zu erfüllenden Aufgaben, maßgebende Bedeutung zumaß 23 . So entwickelten sich in einem Spannungsfeld der Meinungen zwischen einer „Freiheit im Staat" und einer „Freiheit vom Staat" Ordnung und Inhalt der kommunalen Selbstverwaltung, die sich im demokratischen Rechtsstaat als Wahrnehmung von überlassenen oder zugewiesenen eigenen öffentlichen Aufgaben durch unterstaatliche Träger öffentlicher Verwaltung darstellt. Mit eigenen Aufgaben sind dabei solche Angelegenheiten gemeint, die sich ihrem Wesen nach unmittel20
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Von Aretin / Rotteck, Staatsrecht der konstitutionellen Monarchie, Bd. II, 2. Abt., 1828, S. 30f.; von Rotteck / Welcker, Staatslexikon, Bd. V, S. 476ff. Friedrich-Christoph Dahlmann, Die Politik, 3. Aufl., 1847, I, S. 3ff.; L(orenz) S(tein), Die Selbstverwaltung der Gemeinden und Distrikte, in: Deutsche Vierteljahresschrift 1845, 3. Heft, S. 131 f.; Stein war der erste, der eine kommunale Verbundverwaltung von Hauptorten oder Städten mit denen der kleineren Gemeinden des Landes als nützlich und notwendig erkannte. Rudolf von Gneist, Geschichte und heutige Gestalt der englischen Kommunalverfassung, 1863, S. 16; ders., Verwaltung, Justiz, Rechtsweg, Staatsverwaltung und Selbstverwaltung, 1868; 3G. Chr. von Unruh, Der Kreis, 1965, S. 127 ff. Otto von Gierke, Genossenschaftsrecht I, 1868, S. 74 ff. u. 761, hielt ein „System für unhaltbar, welches den Gemeindevorstand zugleich als Organ der staatlichen Ortsverwaltung behandelte". Hugo Preuß, Gemeinde, Staat, Reich als Gebietskörperschaften, 1889, S. 209; Hugo Preuß, Die kommunale Selbstverwaltung, in: Hb. der Politik, 1912, S. 198; Otto Mayer (Dt. Verwaltungsrecht, 3. Aufl., 1924, II, S. 358) hielt Selbstverwaltung für ein Schlagwort, welches „die angestrebte größere Selbständigkeit der Gemeinden im Gegensatz zu ihrer hergebrachten bürokratischen Bevormundung" bezeichnete; E. Bekker, Gemeindliche Selbstverwaltung, Bd. 1,1941; H. Heffter, Die dt. Selbstverwaltung im 19. Jahrhundert, 1950.
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bar auf den sie wahrnehmenden Verwaltungsträger beziehen, d. h. die aus nachbarschaftlichen Umständen engerer oder weiterer Siedlungsgemeinschaften erwachsen 2 4 . U m f a n g und A r t dieser Angelegenheiten richten sich nach der Leistungskraft der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie nach dem Bedarf der Bevölkerung im industrielltechnischen Zeitalter 2 5 . Nachdem die legitime Ordnungsbefugnis des Staates gegenüber den G e m e i n d e n unbestritten ist, stellt die Frage nach der Ursprünglichkeit ihrer Existenz 2 6 und der Originalität ihrer Selbstverwaltung keinen primären Ansatz für eine Bestimmung des Verhältnisses von Staat und Gemeinden dar 2 1 . Maßgebend hierfür ist vielmehr die in Art. 28 Abs. 1 Satz 2 G G vollzogene Verfassung einer gebietskörperschaftlichen Gliederung des demokratischen Rechtsstaates. Auf diese Weise sind die kommunalen Gemeinwesen in die Organisation des staatlichen Gemeinwesens eingefügt. Ihre organisatorische Einrichtung obliegt nach Art. 28 Abs. 3, 30 u. 70 G G den einzelnen Ländern, so daß keine Uniformität, wohl aber eine Homogenität des deutschen Gemeinderechtes durch seine Bindung an die im G G bestimmten leitenden Prinzipien besteht.
4. Die kommunale Selbstverwaltung in der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland a) Grundordnung der Selbstverwaltungskörperschaften: A u s dem nachbarschaftlichen Zusammenleben von Menschen in verschieden gearteten, engeren oder weiteren Wohnbezirken erwachsen gemeinsame Bedürfnisse und aus ihnen wiederum verschiedene A u f g a b e n ökonomischer, sozialer oder kultureller Art: der Bau und die Unterhaltung von Verkehrsanlagen, Wasserver- und -entsorgung, Energieversorgung, Kanalisation und Müllabfuhr, Bildungs- und Sportwesen sowie Hilfsmaßnahmen für in Not befindliche Nachbarn, um einige der wichtigsten Angelegenheiten zu nennen. Die meisten von ihnen könnten auch in privatrechtlicher F o r m erledigt werden, doch würde die Efektivität der Leistungen darunter leiden, wenn nicht alle in Betracht k o m m e n d e n Personen zur Beteiligung herangezogen werden könnten, wodurch sich die Leistungen verbessern und die dem einzelnen erwachsenen Kosten vermindern ließen. Die Anwendung eines Anschlußund Benutzungszwanges hat jedoch nicht nur immer ökonomische, sondern auch polizeiliche Gründe, weil dabei auch häufig zur G e f a h r e n w e h r bestimmte M a ß -
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Wolff I Bachof, VwR I, § 2 Va, § 4 Ic, Wolff/ Bachof, VwR II, § 84IV; Forsthoff, VwR § 251 (S. 4 7 1 - 4 7 7 ) , § 26 A; G. Chr. von Unruh, Der Staat 4 (1965), S. 441. Hans Pagenkopf, KommunalR, § 7; Marion Kuntzmann-Auert, Rechtsstaat und kommunale Selbstverwaltung, 1967; P. H. Krämer, Die bürgerschaftliche Selbstverwaltung unter der Notwendigkeit des egalitären Sozialstaates, 1970. Art. 11 Abs. 2 Bay. Verf. bezeichnet die Gemeinden als „ursprüngliche Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts". BVerfGE 1,34; 4,189; 9, 279; Stern, BK, Rdnr. 12f. zu Art. 28.
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nahmen getroffen und durchgesetzt werden müssen. Hierfür bedarf es der hoheitlichen Gewalt. Diese kann sowohl durch unmittelbare Staatsbehörden als auch durch Körperschaften ausgeübt werden, die im und vom Staat diese Befugnisse besitzen. Ein „natürliches Recht" hierzu besitzen die Gemeinden und Gemeindeverbände sowenig, wie der Bestand von kommunalen Körperschaften begriffsnotwendig den Anspruch auf Selbstverwaltung voraussetzt, was im 19. Jahrhundert behauptet wurde und als „Gemeindefreiheit" in § 184 des Entwurfes der Reichsverfassung von 1849 anerkannt werden sollte. Eine derartige Stellung der Gemeinden und Gemeindeverbände wird auch nicht durch Art. 28 Abs. 2 G G begründet. Kommunale Selbstverwaltung ist vielmehr eine vom Staat abgeleitete Befugnis: erst auf Grund der in der Verfassung den kommunalen Körperschaften gewährleisteten Selbstverwaltung können diese darüber befinden, welche Angelegenheiten sie wahrnehmen wollen, soweit sie dazu nicht kraft Gesetzes verpflichtet sind28. Das „Recht der Selbstverwaltung" findet in Art. 28 Abs. 2 G G nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den darin gewährleisteten Befugnissen der Gemeinde, sondern erst im darauffolgenden Satz im Zusammenhang mit den Gemeindeverbänden Erwähnung. Durch die Konjunktion „auch" knüpft dieser Satz sich jedoch inhaltlich an den vorhergehenden an, w o dieses Recht mit den Worten umschrieben ist, „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen des Gesetzes in eigener Verantwortung zu regeln". Wenn daher auch in diesem Abschnitt des Verfassungsartikels zuerst die Gemeinden als Gewährleistungsempfänger genannt sind, so ergibt sich doch aus dem grammatikalischen Zusammenhang der beiden Sätze, daß sich der Wesensgehalt des den Gemeinden gewährleisteten Rechts nicht von dem der als „Gemeindeverbände" bezeichneten übrigen kommunalen Körperschaften unterscheidet. W i e hier „im Rahmen der Gesetze" können dort „nach Maßgabe der Gesetze" Regelungen für den Umfang und die Erledigung von „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft" getroffen werden. D i e „örtliche Gemeinschaft" stellt mithin kein ausschließliches Kriterium der Gemeinde dar, sondern kann auch für den weiteren „kommunalen Bereich" gelten, d. h. für jene administrativen „Ebenen", für die im G G den gewählten Vertretern des Volkes verantwortliche Befugnisse übertragen wurden. Aus der „Natur der Sache" fallen jedoch manche kommunalen Aufgaben zuerst in die Zuständigkeit der Gemeinden, die sie wahrzunehmen haben, soweit sie die hierfür erforderliche Leistungskraft besitzen 29 . 28
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Die Selbstverwaltung ist nicht auf die kommunalen Gemeinwesen beschränkt. Es gibt daneben auch die berufsständische Selbstverwaltung, die von körperschaftlichen Einrichtungen, den „ K a m m e r n " (Landwirtschafts-, Industrie- und Handels- oder Handwerkskammern, Rechtsanwalts-, Ärzte- oder Apothekerkammern) wahrgenommen werden. Gemeinsamer Wesenszug dieser Selbstverwaltung genannten Befugnisse ist eine gesetzlich bestimmte oder im gesetzlichen Rahmen zu vollziehende eigenverantwortliche Tätigkeit für die unmittelbaren Belange von körperschaftlich vereinigten Personen. Durch die an das Bildungswesen gestellten Ansprüche mußte die wenig gegliederte Schule in ländlichen Gemeinden durch „Mittelpunktschulen" ersetzt werden, deren Einzugsgebiet sich auf mehrere Gemeinden erstreckt. In vielen Fällen ist auch der Kreis
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Trotz dieser zunächst eindeutig wirkenden Darstellung der kommunalen Befugnisse ist es doch bereits unter der Herrschaft des Art. 127 WRV auch im Rahmen des Art. 28 GG „im streitig stretig geblieben, welche der Normen und Grundsätze, die den geschichtlich gewordenen Begriff der Selbstverwaltung inhaltlich näher bestimmen, sich auf den verfassungsrechtlich garantierten, gegen jede gesetzliche Schmälerung geschützten Kernbereich beziehen" 30 . Zunächst ist die Stellung der Gemeinden im Staat in den Kommunalgesetzen der deutschen Länder unterschiedlich beschrieben: teils heißen sie „Grundlage und Glied des demokratischen Staates" (§ 1 bad.-württ. GemO, hess. und nieders. GemO), teils „ursprüngliche Gebietskörperschaften", die zwar auch zu den Grundlagen des Staates und des demokratischen Lebens gehören, jedoch zugleich auch einen vom Staat unantastbaren Bereich zuerkannt bekommen wie in § 1 bay. GemO. In diesen Unterschieden kommt der wechselvolle Entwicklungsprozeß des deutschen Kommunalwesens zum Ausdruck, doch ergeben sich daraus auch unterschiedliche Beurteilungen für den Umfang der kommunalen Kompetenzen. § 1 GemO Saarland nennt die Gemeinden „ in den Staat eingeordnete Gemeinwesen der in der örtlichen Gemeinschaft lebenden Menschen". Nach der schlesw.holst. GemO wird den Gemeinden „das Recht der freien Selbstverwaltung in eigenen Angelegenheiten als eines der Grundrechte demokratischer Staatsgestaltung gewährleistet". Das Selbstverwaltungsgesetz für Rheinland-Pfalz nennt die Gemeinden Gebietskörperschaften, die nach Maßgabe der Verfassung und der Gesetze die ausschließlichen Träger der gesamten öffentlichen Verwaltung in ihrem Gebiet sind. In § 1 GemO Nordrh.-Westf. heißt es: „Die Gemeinden sind die Grundlagen des demokratischen Staatsaufbaus." In der Unterschiedlichkeit der Beschreibung des Gemeindewesens in den einschlägigen Gesetzen offenbart sich zugleich ein nicht immer deutlich genug erkannter Gegensatz zwischen dem zur Einheit drängenden, die Gleichheit aller Mitglieder einer Gemeinschaft voraussetzenden und bestimmenden demokratischen Prinzip und dem liberalen Grundsatz der Bereitschaft, um der Freiheit des einzelnen und seiner vielgestaltigen Verbindungen willen vorhandene oder entstehende Ungleichheiten mit der Folge eines Pluralismus anzuerkennen und zu wahren. Wie daher das „Nebeneinander und Ineinander von Staats- und Selbstverwaltung dem Gemeinwesen deutschen Rechts schlechthin und durchgängig eigentümlich" war und ist, so ist es „auch von jeher problematisch" 31 .
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als Schulträger an die Stelle der Gemeinden getreten. Auch viele zivilisatorische Maßnahmen (Energie- und Wasserversorgung, Müllabfuhr u. a.) kann nur eine Gemeinde mit einer hinreichend großen Einwohnerzahl selbständig erledigen. B V e r f G E 11, 274; 17, 182; 22, 205. Über die verfassungsrechtlichen Grundlagen der kommunalen Selbstverwaltung eingehend und erschöpfend Klaus Stern, D a s Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 1 , 1 9 7 7 , S. 2 9 3 ff.; Richter, S. 5 0 f f . Franz Mayer, Allg. VwR, 4. Aufl., 1977, S. 62; ders., Selbstverwaltung und demokratischer Staat, in: Demokratie und Verwaltung, Schriftenr. d. Hochsch. Speyer, Bd. 50, S. 327 ff.
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Am stärksten wird der Wesensunterschied zwischen dem Staat und den Gemeinden deutlich, wenn man diese einem „gesellschaftlichen Selbstverwaltungsbereich" zuweist, wo die „vom Staat derelinquierten eigenen Aufgaben — d. h., solche, auf welche dieser ,verzichtete' - nach eigenen Leitbildern" erfüllt werden können 32 . Bezeichnet man hingegen die Gemeinden als „verlängerten Arm des Staates", so betrachtet man Selbstverwaltung in der von Rudolf von Gneist gegründeten Überlieferung als mittelbare Staatsverwaltung 33 . Dieser Meinung wurde mit dem Hinweis widersprochen, daß sich die verfassungsrechtliche Gewährleistung eines unantastbaren Aufgabenkreises der Kommunen aus dem Begriff der mittelbaren Staatsverwaltung nicht erklären lasse34. Jedoch gerade im Hinblick auf das in der Verfassung verankerte demokratische Prinzip mit der sich daraus ergebenden Verantwortung für alle vom Staat abgeleitete Macht gegenüber dem Volk und seinen Repräsentanten gem. Art. 20 Abs 2 und 3 GG kann Selbstverwaltung keinen Gegensatz zur Staatsverwaltung bilden, sondern ist in allen Erscheinungsformen eine staatliche Tätigkeit 35 . Dieser Betrachtungsweise entspricht es, die Selbstverwaltungsträger für „(freie) Glieder" der staatlichen Organisation und dementsprechend Selbstverwaltung für „Selbstverantwortung" zu halten, wobei die Eigenverantwortlichkeit der Träger für bestimmte öffentliche Aufgaben das maßgebende Kriterium bildet 36 . In der Tätigkeit der kommunalen Körperschaften wird aber auch Staatsverwaltung schlechthin erblickt. Das wird damit begründet, daß die dualistische Vorstellung des Verhältnisses von Staats- und Selbstverwaltung mit dem Ende des „Obrigkeitsstaates" obsolet und daß danach Gemeinden und Gemeindeverbände „mit allen ihren Funktionen und Betätigungsformen begrifflich unlösbare Teilglieder des Staates" geworden seien. Deshalb stellten sich die kommunalen Aufgaben als „staatliche Verwaltung im Auftrage der Verfassung" dar 37 . „Janusköpfig" wird schließlich die Selbstverwaltung genannt, um den Unterschied zwischen den juristischen und dem politischen Sinnverständnis auszudrükken 38 , der jedoch kaum noch Aktualität besitzt. Kommunale Selbstverwaltung wird jedoch weniger durch „politische" Willensbildungen als durch Sacherledi32 33
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Salzwedel, W D S t R L 22 (1965), S. 222ff. und 285. Forsthoff, VwR, 10. Aufl., 1973, § 25 Ia und b; Arnold Köttgen, Die Gemeinde und der Bundesgesetzgeber, 1957, S. 15; Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, Grundgesetz, Art. 19 III Rdnr. 38. Gönnerwein, GemeindeR, 1963, S. 64 f. H. H. Klein, in: Fs. f. Forsthoff, 1972, S. 176f., 183. Wolff/ Bachof, VwR II, § 84IV. Galette, Wandlungen der Verwaltungsaufgaben, ihrer Zuordnung und Durchführung im modernen Leistungsstaat, in: Funktionsgerechte Verwaltung im Wandel der Industriegesellschaft, Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd. 43, 1969, S. 69f.; ähnlich schon Julius Hatschek, Die Selbstverwaltung in politischer und juristischer Bedeutung, 1898, S. 47,96. Pagenkopf, KommunalR, S. 35; diese Unterscheidung der kommunalen Selbstverwaltung entstammt dem 19. Jahrhundert.
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gung von öffentlichen Angelegenheiten durch unmittelbar oder mittelbar bestellte korporative Organe im Rahmen der staatlichen Rechtsordnung vollzogen. Dabei handeln die Gemeinden und Gemeindeverbände als „administrative Gebilde im konstitutionellen System der horizontalen Gewaltengliederung" 3 9 . Durch Selbstverwaltung wird nicht nur die individuelle Eigenart der kommunalen Körperschaften im Staat als „Teile im Ganzen" bewahrt, sondern auch die Ausführung von öffentlichen Aufgaben variiert: in der „Form zu handeln" unterscheidet sich nämlich die Selbstverwaltung von der Staatsverwaltung mit ihrem monokratischen System und der Eigenverantwortlichkeit von Fachleuten. Im Unterschied dazu wirken in der kommunalen Selbstverwaltung ehren- und hauptamtlich tätige gewählte Organwalter in kollegialer Form zusammen. Darin liegt das Wesen der Selbstverwaltung als einer qualifizierten Sparte der öffentlichen Verwaltung, die sich sowohl als heteronomer Vollzug von staatlichen Angelegenheiten wie auch als autonome Erfüllung von primär lokal bezogenen Aufgaben verstehen läßt 40 . b) Die kommunalen Körperschaften: Unmittelbare kommunale Selbstverwaltungskörperschaften sind nur solche, deren Mitglieder eine Vertretung haben, die aus unmittelbaren Wahlen hervorgeht oder die in kleineren Orten aus der Versammlung aller Wahlberechtigten besteht, d. h. die Gebietskörperschaften. Das sind die Gemeinden und Kreise in allen Ländern, sowie die Amtsverbände und Bezirksverbände in Bayern und Rheinland-Pfalz und der Stadtverband Saarbrükken 4 1 . Mittelbare kommunale Selbstverwaltungskörperschaften oder Bundkörperschaften werden nicht durch die Mitgliedschaft natürlicher Personen, sondern kommunaler Körperschaften gebildet und in einem Organ repräsentiert, das von den Organen der ihnen angehörigen Körperschaften gebildet wird. Mithin sind die Einwohner nur mittelbar vertreten. Solche Selbstverwaltungskörperschaften sind die Samtgemeinden in Niedersachsen, die Ämter in Schleswig-Holstein, sowie die Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen (§§ 1, 7 a NRW LandschaftsverbandsO) in Nordrhein-Westfalen und die Regionalverbände in Baden-Württemberg. Der Bezeichnung Gemeindeverband mangelt die begriffliche Präzision. Sie wird sowohl für mittelbare Körperschaften, die lediglich funktionell mehrere Gemeinden miteinander verbinden, als auch für unmittelbare kommunale Einrichtungen, wie die Kreise oder die Bezirks- und Amtsverbände in Bayern und RheinlandPfalz, gebraucht 4 2 . 39 40
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Scheuner, ArchKommWiss. 1973, S. 1 ff., 35 ff. Werner Thieme, A f K 2 ( 1 9 6 3 ) , S. 196; Forsthoff, V w R § 2 6 b ; O V G Lüneburg DVB1. 1970, 811 ff., VerfGH Rheinl.-Pf. D Ö V 1970, 198ff., G. Chr. von Unruh, D Ö V 1972, 19 ff. Art. 12 Bay. BezirksO; § 5 BezirksO für den Bezirksverband Pfalz; Stadtverbandsordnung (Abi. Saarl. 1973, 837). Wolff/ Bachof, V w R II, § 85 III b 1, 2; Forsthoff, V w R , § 26. - D e r Ausdruck Gemeindeverband umfaßte ursprünglich auch die Ortsgemeinde. Im norddeutschen Raum ver-
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Die in Art. 28 GG getroffene Entscheidung, „die weder die Gemeinden mediatisiert" noch eine „Gemeindefreiheit" gegenüber dem Staat begründet 43 , folgt keineswegs ohne weiteres aus dem demokratischen Prinzip, da die ihm immanente volonté generale zunächst zu einem zentralistisch verfaßten Staat tendiert. Die darin liegende Gefahr eines „Absolutismus" ist jedoch im Grundgesetz neben anderem durch eine Dezentralisation der Administrative gemindert worden. Deshalb bedeutet die Regelung in Art. 28 GG die Konstituierung einer gegliederten Demokratie in Form der Beteiligung des Staatsvolkes an politischen Entscheidungen und Maßnahmen, die sich nicht nur auf die gesetzgebende, sondern auch auf die vollziehende Gewalt erstrecken, innerhalb einer räumlich und institutionell gegliederten Ordnung des politischen Gemeinwesens 44 . Die in Art. 28 Abs. 1 GG nach dem demokratischen Prinzip konstituierte gebietskörperschaftliche Gliederung der BRD manifestiert zugleich die Organisation einer vertikalen Differenzierung hoheitlicher Potenzen. Daraus folgt das Gebot, die Kommunen institutionell und funktionell so zu verfassen, daß die demokratisch bestellten kommunalen Organe eigenverantwortlich öffentliche Aufgaben erfüllen können, welche die Eigenart der Teile im ganzen und damit eine Eigenart des Leistungsvollzugs im sozialen Staat erhalten 45 . c) Der Funktionsbereich der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften: aa) Kommunale Angelegenheiten: Art. 28 Abs. 2 GG garantiert den Gemeinden die Erledigung aller „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft". Diese erwachsen aus dem Zusammenleben und Zusammenwirtschaften von Menschen in einem zusammenhängend besiedelten Gebiet. Nun vollziehen sich jedoch die kategorialen Grunddaseinsfunktionen des Menschen - wohnen, in Gemeinschaft sein, sich versorgen, sich bilden, arbeiten, sich helfen und am Verkehr teilnehmen - nicht mehr wie früher am selben „Ort" im Sinne einer zusammenhängend bebauten Siedlung 46 . Verstände man „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft" in dem
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stand man als Kommunalverbände sowohl die Ortsgemeinden als auch Kreise und Provinzen. Deshalb muß die konkrete Bestimmung der Art des Gemeindeverbandes jeweils nach seiner Verfassung erfolgen. Vgl. auch § 2 Württ. Verwaltungsedikt vom 1. März 1922: „Der Gemeindeverband erstreckt sich auf alle innerhalb der G e m e i n d e befindlichen Personen und Sachen." D a s „Ministerialblatt für die preußische Innere Verwaltung" behandelte von 1917—1945 als „Angelegenheiten der Kommunalverbände" alles, was die kommunalen Körperschaften anging. E. Becker, G R e IV/2, S. 6 8 6 ff. Thieme, A f K 2 (1963), S. 196; Kroell, Gesellschaft und Staat, 1961, S. 25, G. Chr. von Unruh, D Ö V 1 9 7 4 , 6 5 0 . G. Chr. von Unruh, D Ö V 1972, 19ff. D e r Begriff „Ort" hat in der Sprachentwicklung viele Wandlungen erfahren und kann nicht ausschließlich auf die ungegliederte Gemeinde bezogen werden. „Ort" kann vielmehr sowohl ein engeres wie ein weiteres Gebiet umfassen, soweit eine „Gemeinsamkeit der Interessenlage" der Einwohner und eine geeignete 'Kommunikationsdisposition bestehen, die sich u. a. in einer günstigen Verkehrserschlossenheit darstellt; Christaller, Zentrale Orte, 1933, S. 23; D. Partzsch, in: Mitt. des dt. Verb. f. Wohnungswesen StädteB a u - u . Raumplanung, 1964, S. 3ff.; W. Thieme, DVB1. 1 9 6 6 , 8 7 f .
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früher vorherrschenden Sinne, als handelte es sich dabei um Vorgänge, die ausschließlich „lokale" Bedeutung besitzen und demnach für den Staat und seine Einrichtungen ohne Belang seien, so ließe sich dieser Begriff heute kaum noch verwenden. Tatsächlich ist er jedoch praktikabel, wenn man ihn verfassungskonform interpretiert, indem man den systematischen Zusammenhang des Grundgesetztextes beachtet. Darin wird die kommunale Selbstverwaltung nicht als ein Gegensatz zur staatlichen Verwaltung, sondern als ein besonderer „Gegenstand" im administrativen Gefüge des Staates gewährleistet. Art. 28 G G verteilt die Verantwortung für die Erledigung von öffentlichen Angelegenheiten auf verschiedene korporative Träger, die der „Staat" miteinander verbindet. Die mobile Gesellschaft hat durch die vorhandenen Verkehrsmittel manche lokalen Bindungen eingebüßt. Der „Pendler" beginnt häufig bereits mit dem Volksschüler. Trotzdem kann das Vorhandensein der Gemeinde als dauernde Einrichtung nachbarschaftlich verbundener Menschen nicht in Frage gestellt werden, weil der Mensch nach wie vor seßhaft geblieben ist und einen bestimmten Wohnsitz hat. Daraus ergeben sich für ihn und seine Nachbarn Bedürfnisse, die eine kommunale Regelung erfordern. Daher ist die Gemeinde nach wie vor bestimmt, die „Gesamtinteressen der durch unmittelbares Nebeneinanderwohnen auf einer näheren Lebensgemeinschaft Angewiesenen in sich aufzunehmen" 4 7 . Weil jedoch der Katalog der Gesamtinteressen immer umfangreicher wird, kann nur eine leistungsfähige Gemeinde ihrem wesensgemäßen Auftrag gerecht werden. Das setzt wiederum eine ausreichend große Einwohnerzahl voraus, deren Begrenzung jedoch, vor allem bei ländlichen Gemeinden, durch ihre Gebietsausdehnung und Siedlungsstruktur gesetzt wird 48 . Ein gemeinsamer überindividueller Zweck stellt ein verdichtendes Element einer Gruppe benachbarter Menschen zur Bildung von Gemeinschaften dar 4 9 . Im kommunalen Bereich liegt dieser Zweck in der eigenverantwortlichen Entscheidung der von einer Menschengruppe gewählten Repräsentanten für die Fürsorge, Vorsorge und Befriedigung eines Gebietes, in welchem die Angehörigen dieser Gruppe in geschlossenen Einheiten oder in für den einzelnen überschaubaren und daher als benachbart verstandenen Siedlungsgruppen leben. Die hierfür gebotenen Entscheidungen sind politische Maßnahmen im Sinne
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Der Gesetzgeber hat aus dieser Entwicklung bereits manche Folgerungen gezogen, wie z. B. in § 96 BSHG, wo kreisfreie Städte und Landkreise zu „örtlichen Trägern der Sozialhilfe" bestimmt wurden. Entsprechende Vorschriften sind auf dem Gebiet der Jugendpflege und Jugendfürsorge ergangen; Wolff / Bachof, VwR II, § 891, vertreten die Auffassung, daß der Grundgesetzgeber, hätte er diese Entwicklung vorausgesehen, nicht jeder kleinen leistungsschwachen Gemeinde, sondern den kreisfreien Städten und den Landkreisen das Recht gewährleistet haben würde, die Angelegenheiten ihrer Gemeinschaft in eigener Verantwortung zu regeln. W. Thieme, JZ 1972, 480; G. Seibert, Selbstverwaltungsgarantie und kommunale Gebietsreform, 1971. W. Thieme, AfK 2 (1963), 196; Kroell, Gesellschaft und Staat, 1961, S. 25ff.; Scheuner, AfK 1 (1962), 153ff.; Lerche, Buch deutscher Gemeinden, 1965, S. 9ff.
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einer Tätigkeit, durch die menschliche Verbände ihr Dasein nach außen wahren und ihre innere Ordnung festzulegen und zu erhalten trachten 5 0 . Die hoheitliche Gewalt, welche die Verantwortlichen hierzu legitimiert, erstreckt sich auf das ganze Gebiet, welches als Einheit repräsentiert wird, soweit diese Gewalt nicht durch umfassendere Kompetenzen anderer politischer Körperschaften beschränkt oder gar aufgehoben wird. Die Erhaltung von Gemeinschaften setzt die dauernde Gemeinsamkeit einer Interessenlage voraus, wie sie die räumliche Nähe der Bewohner eines Siedlungsverbandes schafft. Aus der räumlichen Nachbarschaft erwächst die Notwendigkeit zum genossenschaftlichen Handeln. Dieses Handeln führt zur Teilhabemöglichkeit am Vollzug öffentlicher Aufgaben und schafft soziale Beziehungen durch gemeinsame Sorge für die Sicherung elementarer Lebensbedürfnisse. Diese Form der öffentlichen Verwaltung stellt zwar keinen optimalen, völlig reibungslosen Vollzug von Aufgaben dar, wie sie in einer (hierarchisch) gegliederten und nur von Sacherfahrung gelenkten Behörde eher möglich sind, besitzt jedoch dafür eine Integrationswirkung 51 , weil sie in überschaubaren Gebieten durch Bürger für ihre Mitbürger vollzogen wird, wodurch sich wiederum das Gefüge des sozialen Rechtsstaates zu festigen vermag. bb) Universalität des Wirkungsbereichs: Universalität oder Allzuständigkeit des Wirkungskreises heißt die umfassende sachliche Kompetenz einer Gemeinde für alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. Dieser Grundsatz gehört seit der preußischen Städteordnung von 1808 zum Begriff der Selbstverwaltung 52 und wurde auch bald darauf von den süddeutschen Gemeindeordnungen übernommen. Daher konnte es das preuß. O V G als „gemeindeutsches Recht" erkennen, daß die Gemeinde als in den Bereich ihrer Wirksamkeit ziehen dürfe, was die Wohlfahrt des Ganzen wie die materiellen Interessen und die geistige Entwicklung der einzelnen zu fördern vermögen 5 3 . Die Aufgabenallzuständigkeit sichert die Individualität einer jeden Gemeinde, deren Einwohner dadurch in den Stand versetzt werden, ihre strukturelle Gestaltung selbständig zu bestimmen und zu vollziehen, soweit es im Rahmen der Verfassung und der Gesetze geschehen kann 5 4 .
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Leibholz, Das Wesen der Repräsentation, 1960, S. 140. Ronneberger, in: Selbstverwaltung einer Landschaft (Initiativen und Aufgaben am Beispiel Westfalens), S. 185f.; Smend, in: Staatsrechtliche Abhandlungen, 1955, S. 189; Schnur, Der Landkreis, 1968, S. 43 ff.; Scheuner, a . a . O . , S. 35 f.; Laux, AfK 1970, 217ff. § 108 PrStädteO von 1808 räumte den Stadtverordneten die Befugnis ein, sämtliche Gemeindeangelegenheiten für die Bürgergemeinde zu besorgen. Das württ. Verwaltungsedikt vom 18. März 1822 gab jeder Gemeinde das „Recht", alle auf den Gemeindeverband sich beziehenden Angelegenheiten zu besorgen. Zum österreichischen Gemeinderecht: F. Groll, Gemeindefreiheit, 1962. Preuß. OVG 2 , 1 9 0 ff., in Anlehnung an Beselers Gemeines Deutsches PrivatR, I, 296. Gönnenwein, GemeindeR, S. 41.
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Der Grundsatz der Universalität ist eine Eigenart des deutschen Kommunalrechts 55 , während in anderen Ländern (wie etwa in England) der Grundsatz der Spezialität gilt, wonach den kommunalen Körperschaften bestimmte Angelegenheiten durch Gesetz oder einfachen Parlamentsbeschluß überwiesen werden müssen 56 . Die Universalität der Gemeinde wird durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 G G garantiert. Wäre nun auch eine Totalität des gemeindlichen Wirkungsbereiches dem Universalitätsprinzip notwendig immanent, um im kommunalen Bereich wirksam zu werden, so müßte die Gemeinde das Recht besitzen, mit der Erfüllung einer Aufgabe ihres Zuständigkeitsbereiches jeden anderen Aufgabenträger von der Erfüllung derselben Aufgabe ausschließen zu können. Eine solche Befugnis findet sich jedoch in keiner Gemeindeordnung der Länder. Deshalb sind die Gemeinden auch nicht ausschließliche Träger der öffentlichen Verwaltung in ihrem Raum 5 7 . Die Allzuständigkeit wird jedoch ebensowenig als ein unerläßliches Erfordernis der kommunalen Selbstverwaltung verstanden und gilt nur als ein „naturale", nicht als ein „essentiale" dieses Begriffes. Das folgt aus der einschränkenden Formulierung in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, wonach die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft von den Gemeinden „im Rahmen der Gesetze" zu regeln sind. Diese Einschränkung vermag sowohl die Art und Weise wie den Umfang des Geschäftsbereiches zu umfassen und ist vielfach durch die Errichtung von Bundesoder Landesbehörden mit besonderem Auftrag bereits vollzogen worden. Die Gemeinde besitzt mithin kein Recht auf einen konkreten Besitzstand an bestimmten kommunalen Angelegenheiten 5 8 , solange nicht ihre Selbstverwaltung als solche in Frage gestellt ist. Diese bezieht sich regelmäßig auf Vorhaben, die auf die örtliche Gemeinschaft einen spezifischen Bezug haben und von dieser eigenverantwortlich und selbständig bewältigt werden können 5 9 . Die Allzuständigkeit einer Gemeinde kann jedoch auch durch die „Kraft des Faktischen" beschränkt werden, weil die sozial-ökonomischen Wandlungen vieler Lebensverhältnisse ein größeres Gebiet oder eine höhere Einwohnerzahl als die eines einzigen Ortes zur effektvollen und rationellen Durchführung von Leistungsmaßnahmen voraussetzen. Durch diese Faktoren wird das in Art. 28 Abs. 2 G G konstituierte Prinzip der Allseitigkeit des gemeindlichen Wirkungsbereiches stärker relativiert als durch den einschränkenden Vorbehalt „im Rahmen der Gesetze". Indessen sind ihm durch die institutionelle Garantie der Selbstverwaltung wiederum insoweit Grenzen gesetzt, als auch durch Rechtsnormen ihr Wesensgehalt niemals angetastet werden darf. So können Befugnisse, die von jeher mit dem Begriff der Selbstverwaltung verbunden waren und sind, den kommunalen 55 56 57
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Preuß. O V G 1 2 , 1 5 8 . Zur Staats- und Selbstverwaltung in Großbritannien von Unruh, D Ö V 1 9 7 7 , 4 7 1 . Elleringmann, Grundlagen der Kommunalverfassung und der Kommunalaufsicht, 1957, S. 29; Gönnenwein, GemeindeR, S. 131. Pagenkopf, KommunalR, S. 4 9 f f . , 56ff. B V e r f G E 8 , 1 3 4 (Volksbefragung über Atomwaffen).
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Gebietskörperschaften nicht entzogen werden, ohne damit den Wesensgehalt der Selbstverwaltung zu verletzen. Ob solche Befugnisse zum historisch entwickelten Selbstverwaltungsbegriff gehören, läßt sich anhand gesetzlicher Kodifikation und auf Grund langwährender tatsächlicher Übung entscheiden. Danach stellt der Wesensgehalt der Selbstverwaltung keine „unzerlegbare Einheit" dar, sondern eine Summe von Befugnissen wie Personal-, Finanz-, Organisations- oder Planungshoheit 60 . Zum Wesensgehalt oder Wesenskern der kommunalen Selbstverwaltung gehören nach Ansicht des BVerfG jedenfalls solche öffentlichen Aufgaben, die sich ihrem Wesen nach unmittelbar auf örtliche Verhältnisse beziehen. Hierfür lassen sich Kriterien nach drei Methoden entwickeln: Die sog. Subtraktionsmethode sucht das Kriterium in der Feststellung des Aufgabenbereiches, der nach einem gesetzlichen Eingriff für die Selbstverwaltung noch verbleibt. Zur konkreten Feststellung der verbleibenden Funktionen nimmt das BVerfG einen Rückgriff auf die geschichtliche Entwicklung, um den unantastbaren Bereich der kommunalen Tätigkeit danach zu bestimmen 6 1 . Die Theorie des „typischen Erscheinungsbildes" der Selbstverwaltung vergleicht dieses, wie es sich auf Grund der soziologischen Gegebenheiten darstellt, vor und nach dem Eingriff. Das für die Selbstverwaltung „Typische" bestimmt ihren Wesensgehalt. Nach dem Ausmaß der Beeinträchtigung dieses „Typischen" wird der Eingriff bewertet. Es ist indessen schwierig, das „typische Erscheinungsbild" eindeutig darzustellen 62 . Die „Gemeinwohlmethode" stellt unabhängig vom Wesensgehalt, allein auf das Ausmaß des Eingriffes ab: Ein Entzug von Aufgaben ist zulässig, wenn Gründe des Gemeinwohls es erfordern. Als Maßstab für die Bestimmung des Gemeinwohls dient Art. 72 Abs. 2 GG. Da es jedoch an Kriterien fehlt, um das Gemeinwohl des engeren von dem des weiteren Bereiches zu unterscheiden, gibt es bei Anwendung dieser Methode keine Wesensgehaltsschranke mehr 6 3 . Die Gemeinwohltheorie läßt sich deshalb nur anwenden, wenn man dem gesetzgeberischen Ermessen Grenzen setzt: Die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers findet am Wesensgehalt der kommunalen Selbstverwaltung ihre Grenzen. Die Grenze wird durch das allgemeine Übermaßverbot bestimmt. Dieses Verbot ist wiederum an der konkreten Erhaltung des Dezentralisationsprinzips der öffentlichen Verwaltung im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GG zu messen 6 4 . 60
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BVerfGE 6, 104; 16, 327; 17, 172 (182); 22, 180 (205); BVerwGE 6, 19 und DVB1. 1971, 213. - Elisabeth Bauernfeind, Die Rechtsprechung zur Selbstverwaltungsgarantie der Kommunen, 1961, S. 113 ff. BVerfGE 6 , 1 9 ; 11,30; BVerfG D Ö V 1969,849ff. Lerche, Die Gemeinden in Staat und Gesellschaft, in: Buch deutscher Gemeinden, 1965, S. 99, 107; R. Scholz, Das Wesen und die Entwicklung der gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen, 1967, S. 55. Körte, VerwArch 61 (1970), S. 3 f f . , 5 8 f f . Stern, Die verfassungsrechtliche Position der kommunalen Gebietskörperschaften in der Elektrizitätsversorgung, 1966, S. 47; Macher, Der Grundsatz des gemeindefreundlichen Verhaltens, 1971, S. 62ff.; OVG Lüneburg DVB1. 1970, S. 801.
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Die d e m Gesetzgeber verfassungsmäßig bestimmte Schranke ist überschritten und damit der Wesenskern der kommunalen Selbstverwaltung verletzt, wenn den Gemeinden tatsächlich kein R a u m mehr für eigene Entscheidungen über ihre Einrichtungen und die Durchführung von öffentlichen Vorhaben verbleibt. Dazu gehört indessen nicht die Befugnis, politische Fragen an sich zu ziehen, die nicht einen einzelnen Ort betreffen 6 5 . D e r Wesensgehalt der Selbstverwaltung wird auch durch herkömmliche Beschränkungen nicht verletzt, welche durch die Einfügung der Gemeinden in die Organisation der öffentlichen Verwaltung bedingt sind. Dazu gehört die K o m m u nalaufsicht einschließlich staatlicher Mitwirkungsrechte am kommunalen Geschehen, ferner die A n e r k e n n u n g einer Kompetenz-Kompetenz zugunsten der Landkreise oder die Einfügung der städtebaulichen Planung in die Landesplanung 6 6 . D e n „ R a h m e n der Gesetze" bestimmen deshalb nicht nur materielle oder formelle Rechtsnormen, sondern auch die Verpflichtung der Gemeinden zu gesetzmäßigem Handeln (Art. 28 Abs. 3 G G ) als eine Voraussetzung für die Befugnis zur eigenverantwortlichen Regelung ihrer Angelegenheiten, was der Bund zu gewährleisten verpflichtet ist. Im Streitfall entscheidet darüber gem. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 b G G und § 91 B V e r f G G das Bundesverfassungsgericht 6 7 . Sowenig sich die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft eindeutig bestimmen lassen, so wenig können örtliche von überörtlichen A u f g a b e n begrifflich getrennt werden, da diese von den jeweiligen geographischen, sozialen oder sonstigen U m s t ä n d e n abhängen. Grundsätzlich bezeichnet man überörtliche Aufgaben als solche, die sich in mehreren Gemeinden stellen und deshalb zweckmäßig von einem „überörtlichen" Träger, einem großflächigeren kommunalen V e r b a n d erledigt werden. Als solche kommen Gebietskörperschaften wie die Kreise oder Bundkörperschaften wie Samtgemeinden oder Zweckverbände in Betracht. Diese Leistungsträger können sowohl eigene als auch ergänzende und ausgleichende Aufgaben wahrnehmen. Ihre eigenen Aufgaben entstehen durch die Zahl der Bevölkerung oder durch die Art der Siedlungen, welche eine großräumige A u f g a benerledigung bedingen. Dazu gehören das Krankenhauswesen, mannigfache Angelegenheiten der Sozialhilfe, die Wasserversorgung und Abwässerbeseitigung in ländlichen Gemeinden wie die Errichtung und Unterhaltung von Straßen außerhalb der geschlossenen Ortschaften. Ergänzende A u f g a b e n von überörtlichen Verwaltungsträgern ergeben sich aus ihrer stärkeren Verwaltungskraft oder -frequenz als der einer einzelnen Gemeinde. Ausgleichsaufgaben dienen der Unterstützung leistungsschwächerer Gemeinden durch andere Gemeinden, die durch einen
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BVerfGE8,134. Zur Problematik der Schranken des Selbstverwaltungsrechts s. Gönnenwein, GemeindeR, S. 49ff.; TV. Weber, Staats- und Selbstverwaltung in der Gegenwart, 2. Aufl. 1967; Stern, BK, Rdnr. 178/179; Klüber, Die Gemeinden im bundesdeutschen Verfassungsrecht, 1974, S. 68ff.; H, Siedentopf, Gemeindliche Selbstverwaltungsgarantie im Verhältnis zur Raumordnung und Landesplanung, 1977. Bettermann, NJW 1969, 1321ff., Ule, VerwArch 60 (1969) S. 115ff.; Püttner, AöR (1970), S. 598 ff.
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Gemeindeverband vermittelt werden. Sie können von der Beratung einer Gemeinde bis zur Durchführung der von ihr beschlossenen Angelegenheiten reichen. Auch staatliche und kommunale Aufgaben lassen sich nicht eindeutig voneinander trennen, da die Länder hierüber unterschiedliche Bestimmungen getroffen haben. Das gilt vor allem für den Funktionsbereich der Kreise, denen in manchen Ländern Aufgaben übertragen sind, die in anderen von staatlichen Sonderbehörden wahrgenommen werden. Es bestehen auch Unterschiede in den Regelungen von Art und Umfang der Weisungen, welche die Aufsichtsbehörden den Selbstverwaltungskörperschaften bei der Erledigung von staatlichen Aufgaben erteilen können. Den Umständen nach besteht die stärkste Einwirkungsmöglichkeit bei denjenigen öffentlichen Aufgaben, die der Erhaltung von Sicherheit und Ordnung im weitesten Sinne dienen 6 8 . In einigen Ländern ist die Durchführung der durch Rechtsnormen geregelten Aufgaben nur noch der allgemeinen Rechtsaufsicht unterworfen. Eine solche monistische Aufgabenstruktur ist in Baden-Württemberg, Hessen, NordrheinWestfalen und in Schleswig-Holstein angestrebt 6 9 . Es ist jedoch nicht zu übersehen, daß die hier vollzogene Differenzierung in freiwillig zu erledigende und pflichtgemäß auszuführende Aufgaben im wesentlichen eine Abschwächung der in Bayern, Hessen, Niedersachsen und RheinlandPfalz weiterhin geübten Unterscheidung von eigenem und übertragenem Wirkungskreis bedeutet. Jedenfalls gestatten die Landesverfassungen dem Gesetzgeber, die Ausführung von bestimmten öffentlichen Aufgaben durch die Gemeinden im Bedarfsfall einer engen Weisungsgebundenheit durch die Aufsichtsbehörde zu unterwerfen. Soweit in den Ländern ein Aufgabendualismus von Rechts wegen beibehalten wurde, wie in Bayern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Saarland, müssen allgemeine Anordnungen der Staatsbehörden bei der Durchführung von Auftragsangelegenheiten beachtet werden, doch können auch Einzelweisungen ergehen 7 0 . Schließlich kann der Gesetzgeber auch ein kommunales Organ zur Durchführung von besonderen staatlichen Aufgaben in Anspruch nehmen. Diese Institutions- oder Organleihe macht die in Anspruch genommene Einrichtung im Bereich der abhängigen Fremdverwaltung von den anderen kommunalen Organen unab68
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Hierzu Friauf, Polizei- und Ordnungsrecht Abschn. III 1 b, bb 1 u. 2 in diesem Band; K. Puls, Die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und die Lehre von der Verbundverwaltung zwischen Staat und Gemeinden unter besonderer Berücksichtigung des Planungsrechtes der Gemeinden, Diss. jur. Kiel, 1974, hält „überörtliche" für „staatliche" Aufgaben und alle „örtlichen" für kommunale Angelegenheiten ohne Rücksicht auf den jeweils zuständigen Träger (S. 19 ff.); W. Roters, a. a. 0 . , S . 12 ff., 27 f. § 2 Abs. 3 bad.-württ. GemO, § 4 hess. GemO, Art. 78 Abs. 4 nordrh.-westf. Verf., § 3 Abs. 2 GemO u. § 2 Abs. 2 KreisO; § 3 Abs. 1 schlesw.-holst. GemO. Art. 10 Abs. 3 u. Art. 11 Abs. 3 bay. Verf.; Art. 6 Abs. 2, Art. 8 bay. GemO; Art. 44 Abs.4 vorl. nieders. Verf.; §5 Abs. 1 nieders. GemO; Art. 49 Abs. 4 rheinl.-pf. Verf.; § 2 Abs. 2 u. 5 Abs. 1 GemO; Art. 124 saarl. Verf.; § 6 GemO; Art. 71 Abs. 4 bad.-württ. Verf.; Art. 78 Abs. 3 westf. Verf.; Art. 39 Abs. 4 schlesw.-holst. Landessatzung.
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hängig und unterwirft sie einem unbegrenzten Weisungsrecht der zuständigen staatlichen Behörde 7 1 . Die Weisungsbefugnis steht jedoch grundsätzlich nur den zur Aufsicht zuständigen Landesbehörden zu. Der Bund besitzt kein sog. Durchgriffsrecht auf die Gemeinden, doch übt gem. Art. 84 Abs. 3 G G die Bundesregierung die Aufsicht darüber aus, daß die Länder die Bundesgesetze dem geltenden Rechte gemäß auführen. Zu diesem Zweck können Beauftragte nicht nur an die obersten Landesbehörden, sondern auch auf nachgeordnete Behörden entsandt werden. D a hierzu auch Gemeinden und Gemeindeverbände gehören kann ausnahmsweise ein „Durchgriff" des Bundes bis zu den kommunalen Körperschaften erfolgen 7 2 . cc) Gliederung
der kommunalen
Aufgaben:
Der Wirkungsbereich der Gemein-
den und Kreise gliedert sich in eigene73 und übertragene A n g e l e g e n h e i t e n 7 4 , die man auch als Selbstverwaltungs- und Auftragsangelegenheiten bezeichnet. Der Katalog der freiwilligen Aufgaben einer Gemeinde ist praktisch unbegrenzt. E r richtet sich nach lokalen Bedürfnissen und nach der Leistungsfähigkeit des Trägers. Selbständiger und übertragener Wirkungskreis der Gemeinden wurden zum ersten Mal in § 66 prStädtO von 1808 und im österreichischen Gesetz über die Regelung des Gemeindewesens vom 5. März 1862 getrennt. Danach bleibt der Gemeinde „alles was ihr Interesse zunächst berührt und innerhalb ihrer Grenzen durch ihre eigenen Kräfte besorgt und durchgeführt werden kann, ihrer Entscheidung überlassen", während sie im übertragenen Wirkungskreis an weiteren Aufgaben der öffentlichen Verwaltung mitzuwirken verpflichtet ist. U m die Notwendigkeit sicherzustellen, daß bestimmte im Sozialstaat unabdingbare Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft auch tatsächlich von den 71
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Der Oberkreisdirektor nach § 49 nordrh.-westf. LKreisO und § 9 Abs. 3 OBG; § 4 Abs. 1 nds. KreisO; § 1 Abs. 3 bad.-württ. KreisO; § 37 Abs. Satz 2 bay. KreisO; § 55 hess. KreisO; § 48 Abs. 2 rheinl.-pf. KreisO; § 5 Abs. 3 saarl. KreisO. W. Thieme, A f K 2 (1963), 185 ff. Die Erledigung der eigenen Aufgaben der Gemeinde als „gesetzesfreie" Verwaltung zu bezeichnen, ist mißlich und unrichtig, da der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit aller öffentlichen Tätigkeit auch für die Erledigung dieser Maßnahmen gilt. Art. 72 Abs. 1 der preuß. Verf. vom 30. 11. 1920 unterschied zwischen Selbstverwaltungs* und Auftragsangelegenheiten, doch wird, mit Ausnahme von Rheinl.-Pfalz und Saarland dieses Wort in der Gesetzessprache der Gegenwart vermieden, seit der „Weinheimer Entwurf" von Vertretern der kommunalen Spitzenverbände und der Innenminister vom 3. 7. 1948 die kommunalen Angelegenheiten nur noch zwischen freiwilligen und Pflichtaufgaben unterschieden wissen wollte. Danach kam für Auftragsangelegenheiten die Bezeichnung „übertragener Wirkungskreis" auf, welche der Gesetzgeber in Bad.Württ., Hessen, Nordrh.-Westf. und Schlesw.-Holst. „Weisungsangelegenheiten" nennt. Die bay. und nds. Kommunalgesetze sprechen vom „übertragenen Wirkungskreis" (Art. 8 Abs. 1 und 2 bay. GO und Art. 6 bay. KrO und §§ 5 und 4 nds. GO bzw. KrO). Einige Ländergesetze schreiben ausdrücklich vor, daß die Pflicht der Selbstverwaltungskörperschaften zur Erfüllung von öffentlichen Aufgaben im Gesetz begründet werden muß (Art. 22 bad.-württ. Verf., Art. 3 hess. Verf., Art. 41 vorl. nds. Verf., Art. 41 nordrhein-westf. Verf., Art. 31 rheinl-pfälz. Verf. Art. 23 saarl. Verf., Art. 31 Schlesw.-Holst. Landessatzung). Dazu auch BVerfGE 6,116.
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Gemeinden vollzogen werden, hat der Gesetzgeber Pflichtaufgaben bestimmt, welche die Gemeinden unter bestimmten Voraussetzungen vollziehen müssen. Zu der Ausführung im einzelnen bleibt ihnen jedoch ein weiterer Spielraum für selbständige Gestaltung. Bei dem Versuch einer Gliederung der öffentlichen Angelegenheiten ist man in Literatur und Rechtsprechung noch nicht zu einhellig akzeptierten dogmatischen Ergebnissen gekommen, vor allem, soweit es sich um die Trennung von weisungsfreien und -gebundenen Aufgaben der Selbstverwaltungskörperschaft handelt. Nach Maßgabe der Gebundenheit von Selbstverwaltungskörperschaften bei der Durchführung öffentlicher Aufgaben lassen sich drei Gruppen unterscheiden: Gesetzabhängige freie Selbstverwaltung, wobei die Leistungsträger lediglich hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Wahrnehmung der Angelegenheit beaufsichtigt werden. Dieser Bereich ist unbeschränkt. Nach dem Begriff und der Leistungsfähigkeit des Trägers können Gemeinde oder Kreis darüber entscheiden, welche Aufgaben sie übernehmen wollen. In diesen Bereich fallen die Errichtung von karitativen oder medizinischen Anstalten, die Wasserversorgung und Abwässerbeseitigung, Verkehrseinrichtungen, die Pflege von Kunst und Wissenschaft, der Sport, Erwachsenenbildungswesen, Straßenbau, gärtnerische Anlagen u. a. m. 75 . Pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben76 wie die Unterhaltung von Volksschulen oder Einrichtungen zum Feuerschutz müssen von den gesetzlich bestimmten Trägern wahrgenommen werden, doch sind die Träger nur an Rechtsnormen bei der Durchführung gebunden und unterliegen mithin nur einer Rechtsaufsicht. In weiterem Sinne sind zu diesen Aufgaben auch solche zu rechnen, bei denen die Lei-
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Als einziges Kommunalverfassungsgesetz enthält die bayGO in Art. 57 einen Katalog der Aufgaben des eigenen Wirkungskreises: „In den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit" sollen die Gemeinden „die öffentlichen Einrichtungen schaffen und erhalten, die nach den örtlichen Verhältnissen für das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Wohl ihrer Einwohner erforderlich sind, insbesondere Einrichtungen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, der Feuersicherheit, der öffentlichen Reinlichkeit, des öffentlichen Verkehrs, der Gesundheit, der öffentlichen Wohlfahrtspflege einschließlich der Jugendfürsorge und Jugendpflege, des öffentlichen Unterrichts und der Erwachsenenbildung, der Jugendertüchtigung und der Kultur- und Archivpflege". Wie aus dem Wort „insbesondere" hervorgeht, ist dieser Katalog nicht abschließend, sondern kann durch den Gesetzgeber wie durch Entscheidung der zuständigen kommunalen Organe ausgedehnt werden, wie diese auch über die „Grenzen der Leistungsfähigkeit" für die Bewältigung eigener Angelegenheiten zu befinden haben. Die subsidiären Kompetenzen im „eigenen Wirkungskreis" sind den Gemeinden in Art. 57 Abs. 2 bayGO eingeräumt, wonach sie unbeschadet bestehender Verbindlichkeiten Dritter verpflichtet sind, bestimmte dem öffentlichen Wohl dienende, vor allem hygienische Einrichtungen herzustellen und zu unterhalten, wenn auch wiederum „in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit". Damit durch diese Grenzen keine Nachteile für die Bevölkerung entstehen können, hat der Gesetzgeber vorgeschrieben, daß solche „Pflichtaufgaben" im Falle des Unvermögens eines Ortes „in kommunaler Zusammenarbeit zu erfüllen" sind (Art. 57 Abs. 3 bayGO). H. H. Klein, DVB1. 1968, U5\Jesch, D Ö V 1960, 749; Pagenkopf, S. 155.
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stungsträger an allgemeine Verwaltungsrichtlinien, die den R a h m e n des behördlichen Ermessens umreißen, gebunden sind. Eine vom Bundesgesetzgeber in § § 1 2 Abs. 1 J W G und 96 Abs. 1 B S H G getroffenen Bestimmung, die Sozialhilfe und Jugendwohlfahrtspflege als Selbstverwaltungsaufgaben wahrnehmen zu lassen, hat das B V e r f G für nichtig erklärt 7 7 , weil dadurch in unzulässiger Weise in die Verwaltungskompetenz der Länder eingegriffen werde, da keine Notwendigkeit für Annexregelungen zum wirksamen Vollzug der Gesetzesausführung (gem. Art. 84 Abs. 1 G G ) vorliege. Eine Entscheidung über den Charakter dieser Aufgaben zu treffen, ist vielmehr den Ländern anheimgestellt. Herkömmliche Pflichtaufgabe der Gemeinden sind die Wahrnehmung der „sächlichen" Verwaltung des Grundschul- sowie des Feuerlöschwesens, die Straßenbaulast innerhalb des Gemeindegebiets, und - in der jüngsten Gegenwart durch die Novellierung des B B a u G zum 1. 1. 1977 - die Pflicht zur Aufstellung von Bauleitplänen unter Berücksichtigung sozialer und infrastruktureller Gesichtspunkte sowie die Bereitstellung von Bauland für Wohnungen. Hinzu treten bestimmte Aufgaben zur Förderung der Hygiene. Auch auf dem Gebiet der Landesverteidigung haben die Gemeinden Pflichten übernommen. Dazu sind Sozialund Jugendpflege Pflichtaufgaben der Stadt- und Landkreise. Das Kriterium der Pflichtaufgaben als eigene Angelegenheiten der G e m e i n d e liegt darin, daß sie nicht nach Einzelfallweisungen vollzogen werden und lediglich der Rechtsaufsicht unterliegen 7 8 . Insoweit sind die Bestimmungen der Landesverfassungen, die einen Dualismus der Gemeindeaufgaben kennen 7 9 , inkonsequent, wenn sie feststellen, daß nur Aufgaben, die nach Gesetz oder H e r k o m m e n zum Wirkungskreis des Staates gehören, zum übertragenen Wirkungsbereich bezogen werden können. Im Wirkungsbereich des Staates der industriellen Gesellschaft sind vielmehr manche Leistungen zu erbringen, die vielfach ihrem H e r k o m m e n nach weithin als kommunale A u f g a b e galten, jedoch jetzt nach einheitlichen Maßstäben vollzogen werden müssen 8 0 . N e b e n ihrem „eigenen" Wirkungskreis haben die Selbstverwaltungskörperschaften im „ ü b e r t r a g e n e n " Bereich als Fremdverwaltung M a ß n a h m e n nach A u f trag und Weisung (Weisungsverwaltung) von 8 1 staatlichen Dienststellen zu erledi-
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BVerfGE 22,210. Pappermann, Ansprüche des Staates bei fehlerhafter Erledigung übertragener Aufgaben durch Kommunalkörperschaften? 1971. Einen Dualismus der Gemeindeaufgaben bestimmen in Hessen Art. 137 Abs. 4, Nieders. Art. 4 4 Abs. 4, Rheinl.-Pf. Art. 4 9 Abs. 4, Saarl. Art. 124 der Verf., Schlesw.-Holst. Art. 39 Abs. 4 der Landessatzung. Eine Übertragung „öffentlicher Aufgaben" sehen in Bad.-Württ. Art. 71 Abs. 4, 3, in Nordrh.-Westf. Art. 78 Abs. 3, in Bay. Art. 11 Abs. 3 der Verf. vor. H. Gröttrup, D i e kommunale Leistungsverwaltung, 1973. Dazu gehört auch die Ausführung von Bundesgesetzen gem. Art. 89 Abs. 1 - 4 , 85 G G . D i e Gemeinden können dabei in ein unmittelbares Verhältnis zum Bund treten, da nach
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gen. D e r Gesetzgeber nimmt zur Ausführung bestimmter Vorschriften die vorhandenen Behörden der Selbstverwaltungskörperschaft in Anspruch — wofür in der Regel eine finanzielle Dotation zur Verfügung gestellt wird - ohne in die Organisationshoheit der Träger im einzelnen einzugreifen. Hierzu zählt vor allem die Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, soweit nicht unmittelbare staatliche Behörden dafür zuständig sind. Bei weisungsgebundenen A u f g a b e n ist die staatliche Aufsichtsbehörde nicht nur auf allgemeine Weisungen beschränkt, sondern kann auch im Einzelfall das Verwaltungshandeln bestimmen. Gem. Art. 84 Abs. 3 G G erstreckt sich die Bundesaufsicht über die A u s f ü h r u n g der Bundesgesetze durch die Länder auch auf die Gemeinden, wozu sogar gem. Art. 84 Abs. 5 Satz 2 G G Einzelweisungen gehören können. Nach Art. 85 G G können die Gemeinden unmittelbar für die Bundesauftragsverwaltung in Anspruch genommen werden (§ 15 WehrpflichtG). Es ist jedoch nicht nur die Folge dieser administrativen Beziehungen zwischen Bund und Gemeinden, sondern eine konsequente Folge der Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung durch den Bund, daß im Zuge von Novellierungen zum Grundgesetz eine Finanzgarantie des Bundes eingeführt wurde. Diese findet sich vor allem in Art. 106 Abs. 5 Satz 6 und Abs. 8 , 1 0 7 und 104a Abs. 4 G G 8 2 . Schließlich läßt sich von dieser Weisungsverwaltung noch eine Auftragsverwaltung im engeren Sinne unterscheiden, wobei die weisungsberechtigte staatliche B e h ö r d e — im Unterschied zu den bei der Darstellung der Fremdverwaltung genannten Befugnissen — keiner gesetzlichen Beschränkung des U m f a n g e s ihrer A n o r d n u n g e n unterliegt, so daß diese vom Träger „unselbständig" wahrgenommen werden 8 3 , weshalb gegen derartige Weisungen der Aufsichtsbehörde keine Rechtsmittel eingelegt werden können 8 4 . Alle Gebietskörperschaften haben die Pflicht, jährlich eine Haushaltssatzung zu erlassen. Sie sind gehalten, eine Organisation zu schaffen, welche die Erledigung der öffentlichen A u f g a b e n sicherstellt. Die Bedeutung der Auftragsangelegenheiten mit strikten Weisungsmöglichkeiten an die kommunalen Behörden wird nicht nur auf dem Gebiet der Landesverteidigung, sondern auch auf dem des Polizei- und Ordnungswesens deutlich. Zieht man schließlich noch das Standesamt-, Straßenverkehrs- und Gewerbewesen in
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Art. 84 Abs. 3 S. 2 GG ein Beauftragter des Bundes unmittelbar zu den Gemeinden als „nachgeordneten Behörden" entsandt werden darf, wie auch die BReg im Rahmen des Art. 84 Abs. 5 GG den Gemeinden unmittelbar Einzelweisung erteilen kann. Das ist eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß die Gemeinden keinerlei Beziehungen zur Bundesstaatsgewalt besitzen, wie ja auch der Bund lediglich den Ländern gegenüber die Einhaltung der institutionellen Garantie der Selbstverwaltung zu gewährleisten hat. Thieme, JZ 1972,477 f. Wo/ff / Bachof, VwR I, § 4 Ic 2. - Art. 85 Abs. 4, 87b Abs. 2, 90 Abs. 2 und 120a GG. Es handelt sich dabei um Angelegenheiten des Wehrersatzwesens, des Lastenausgleichs, der Durchführung von Wahlen, des Meldewesens, der Wohnraumbewirtschaftung oder der unteren Naturschutzbehörde. Eyermann / Fröhler, VwGO, 6. Auflage, 1974, § 42 Rdnr. 53 a.
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Betracht, so wird offenkundig, daß es sich hierbei zwar auch um Angelegenheiten handeln kann, welche für die „örtliche Gemeinschaft" von Belang sind, ohne daß sie jedoch ausschließlich lokal radizierbar sind. Rechtsstaatliche Grundsätze fordern vielmehr, daß Angelegenheiten der ordnenden Verwaltung, die häufig mit Eingriffsmaßnahmen gegen einen Betroffenen verbunden sind, innerhalb des ganzen Staatsgebietes nach einheitlichen Regeln vollzogen werden, wobei es nicht ausbleiben kann, daß die beaufsichtigende staatliche Behörde sich ein individuelles und spezielles Weisungsrecht vorbehält. An diesen Beispielen wird deutlich, daß, - ungeachtet des Wunsches, den materiellen Gehalt der Auftragsangelegenheiten zu beseitigen, und ungeachtet der veränderten Nomenklatur für die öffentlichen Aufgaben — eine Unterscheidung zwischen Maßnahmen bestehen bleiben muß, bei deren konkreter Gestaltung der örtliche Verwaltungsträger einen breiteren Spielraum unter Berücksichtigung örtlicher Besonderheiten und lokaler Eigenarten besitzt, und solche Angelegenheiten, wo die Gemeinde in besonderem Maße als ein Glied des Staates verpflichtet ist, sich allgemeinverbindlichen Regeln unterzuordnen. Wäre es anders, so würde zugleich der Grundsatz der Einheit der Verwaltung in Frage gestellt, dessen Verwirklichung letzten Endes sowohl demokratischen als auch rechtsstaatlichen Anliegen entspricht, damit im lokalen wie im kantonalen Bereich möglichst viele öffentliche Aufgaben vollzogen werden können. Anderenfalls würden der Bund und die Länder berechtigt sein, eine eigene Behördenorganisation für „ihre" öffentlichen Aufgaben bis zu unteren Verwaltungsbehörden in Kreisen und Gemeinden zu errichten 85 . Die Organisation der Polizei- und Ordnungsverwaltung fällt in die Zuständigkeit der Länder. Durch die Trennung von institutioneller Polizei- und Ordnungsverwaltung und die unterschiedlichen Zuweisungen bestehen mancherlei Differenzierungen. In Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und im Saarland werden sämtliche Aufgaben der Gefahrenabwehr von Polizeibehörden wahrgenommen, die in der Ortsstufe dem Landrat unterstehen. In den anderen Ländern hingegen sind die Behörden der inneren Verwaltung hierfür zuständig 86 . Alles in allem bestätigt sich die Feststellung von Hettlage 8 7 , daß der gemeindliche Wirkungsbereich in die weitaus vorherrschenden Pflichtaufgaben und in
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A u s der Natur der Sache ergibt sich, daß manche Sonderverwaltungen, wie z. B. Steuerund Finanzverwaltung, das Straßenbauwesen sowie das Wasserbauwesen, wegen der speziellen pragmatisch oder regional bestimmten Aufgaben einer besonderen Behördenorganisation bedürfen. Viele Sonderbehörden können indessen, wie auch in Kommunalgesetzen und Landesverfassungen gefordert, in die Kreis- oder Gemeindeverwaltungen übernommen werden. In einigen Ländern der B R D wie in Bay. und Bad.-Württ. gibt es bei den Landkreisen eine staatliche Behörde, deren Leiter der Landrat als kommunaler Beamter jedoch die organisatorischen Verbindungen herstellt, die zugleich eine mittelbare Beteiligung der kommunalen Organe, etwa im Sinne von Anregungen oder Kritiken, gewährleisten. Vgl. Wolff/ Bachof, V w R II, § 83 I.
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Dazu s. in diesem Band Friauf, Polizei- u. OrdnungsR, Abschn. III 1 b. Hettlage, in: Festschr. f. van Aubel, 1954, S. 107ff.
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e i n e n R e s t b e s t a n d s e l b s t g e w ä h l t e r örtlicher A n g e l e g e n h e i t zerfällt, e i n e E n t w i c k lung, die mit d e r „ S o z i a l s t a a t s b i l d u n g " k o n f o r m v e r l ä u f t u n d d e r e n D u r c h s e t z u n g viel w e n i g e r d u r c h a u f s i c h t s b e h ö r d l i c h e M a ß n a h m e n als d u r c h v o r l i e g e n d e s ö r t liches B e d ü r f n i s aller E i n w o h n e r in Stadt u n d L a n d sowie schließlich - in d e r D u r c h f ü h r u n g - d u r c h d e n g e n e r e l l e n o d e r speziellen Finanzausgleich b e s t i m m t wird. dd) Autonomie der Selbstverwaltungskörperschaften: Z u ihrer S e l b s t g e s t a l t u n g o d e r O r g a n i s a t i o n ist die G e m e i n d e auf G r u n d i h r e r Universalität b e f u g t . K r a f t i h r e r A u t o n o m i e darf sie h i e r f ü r e i g e n e s o b j e k t i v e s R e c h t setzen. D i e legislatorische E r m ä c h t i g u n g , d i e Satzungsgewalt, wird d e n G e b i e t s k ö r p e r s c h a f t e n d u r c h die einschlägigen k o m m u n a l e n L a n d e s g e s e t z e erteilt. D a j e d o c h alle R e c h t s e t z u n g s b e f u g n i s ö f f e n t l i c h e r V e r b ä n d e v o m Staat abgeleitet ist, k a n n a u c h d i e Satzungsgewalt nicht o h n e w e i t e r e s aus A r t . 2 8 G G abgeleitet w e r d e n , d a dieser kein G r u n d r e c h t g e w ä h r t . D a h e r ist d e m L a n d e s g e s e t z g e b e r eine spezielle R e g e l u n g e i n z e l n e r B e f u g n i s s e d e r G e m e i n d e n nicht v e r w e h r t . D e s h a l b darf auch e i n e G e n e h m i g u n g s p f l i c h t f ü r S a t z u n g e n in d e n G e m e i n d e o r d n u n g e n o d e r S p e z i a l n o r m e n v o r g e s e h e n w e r d e n . Vielfach tritt j e d o c h bereits an Stelle d e r G e n e h m i g u n g s pflicht lediglich eine A n z e i g e p f l i c h t d u r c h die G e m e i n d e n 8 8 . I h r e r Stellung als G e b i e t s k ö r p e r s c h a f t e n t s p r e c h e n d gelten die S a t z u n g e n f ü r j e d e r m a n n , auf d e n i n n e r h a l b ihrer G e m a r k u n g s g r e n z e n d e r k o d i f i z i e r t e T a t b e stand zutrifft. G e g e n s t a n d d e r A u t o n o m i e sind zunächst o r g a n i s a t i o n s r e c h t l i c h e Satzungen, wie die H a u p t s a t z u n g , w e l c h e die Selbstorganisation d e r G e m e i n d e im R a h m e n d e s v o m L a n d e s g e s e t z g e b e r e r l a s s e n e n G e m e i n d e v e r f a s s u n g s r e c h t s regelt, u n d d i e Haushaltssatzung, welche E i n n a h m e n u n d A u s g a b e n d e r G e m e i n d e f ü r ein R e c h n u n g s j a h r vorsieht u n d i h r e V e r w e n d u n g b e s t i m m t 8 9 . Z u den Satzungen gehören Steuer- und Gebührenordnungen, Beitragssatzungen u n d K u r t a x e n o r d n u n g e n sowie die B e s t i m m u n g ü b e r Stellung u n d B e s o l d u n g von Gemeindebediensteten. Auch Dienstleistungsverpflichtungen gegenüber der G e m e i n d e , wie die R e i n i g u n g ö f f e n t l i c h e r W e g e d u r c h die E i g e n t ü m e r a n g r e n z e n der Grundstücke, werden durch Satzung geregelt90. 88
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Gönnenwein, GemeindeR, S. 143ff., 156ff., Forsthoff, VwR, S. 497f.; Wolff / Bachof, VwR II, § 86 VIIc. - Zur institutionellen Garantie: Carl Schmitt, Verfassungslehre, 1928, S. 170 ff. Zur Haushaltssatzung gehört der Haushaltsplan als die für die Wirtschaftsführung der Gemeinde maßgebende Zusammenstellung der für ein Rechnungsjahr veranschlagten Einnahmen und Ausgaben, der Festsetzung der Hebesätze für Gemeindesteuern, vor allem der Grund- und Gewerbesteuer, ferner des Höchstbetrages der aufzunehmenden Kassenkredite sowie des Gesamtbetrages der Darlehen, um Ausgaben des außerordentlichen Haushaltsplanes bestreiten zu können. Die Beschlüsse über die drei zuletzt genannten Dispositionen bedürfen regelmäßig der Genehmigung. - Gegen die Bedenken von Pagenkopf (a. a. O., S. 81 f.) zur verfassungsrechtlichen Problematik der kommunalen Satzungsbefugnis muß die administrative Stellung der kommunalen Körperschaften hervorgehoben werden. Die Durchführung von Hand- und Spanndiensten, die früher, vor allem in Landgemein-
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Da der Gesetzgeber den Gemeinden die eigenverantwortliche Regelung ihrer „städtebaulichen Entwicklung" überlassen hat, gewinnen die baurechtlichen Satzungen der Gemeinde 9 1 , wie die Bebauungspläne (§ 10 BBauG), Veränderungssperren ( § 1 6 BBauG) sowie Bestimmungen zur Durchführung der Vorschriften aus §§ 25 Abs. 1, 26 und 132 B-BauG zunehmend an Bedeutung 9 2 . Gemeindliche Satzungen können mit Zwangsmitteln bewehrt werden, um die darin begründeten Verpflichtungen durchzusetzen oder zu bestimmen, daß Zuwiderhandlungen als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden 9 3 . Zum Erlaß von Rechtsverordnungen können die Gemeinden im Rahmen landesrechtlicher Bestimmung ermächtigt werden. Dabei wird in der Regel die Zuständigkeit des erlassenden Gemeindeorgans festgelegt. Solche Maßnahmen können im übertragenen Wirkungskreis, vor allem auf dem Gebiet der Polizei oder des Sicherheits- und Ordnungswesens, getroffen werden. örtliches Gewohnheitsrecht oder Observanzen, die früher häufig die öffentlichen Pflichten der Einwohner bestimmten, sind regelmäßig bedeutungslos geworden. Die Personalhoheit der Gemeinde und der Gemeindeverbände gehört zum Recht ihrer Selbstverwaltung. Sie umfaßt die Befugnis ihrer Organe, in eigener Verantwortung Anzahl und Rechtsverhältnis der Personen zu bestimmen, die zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben benötigt werden, sowie sie anzustellen, zu befördern und zu entlasten. Hinsichtlich der Amts- und Dienstbezeichnung sowie der Besoldung oder Entlohnung dieser Personen müssen die Selbstverwaltungskörperschaften jedoch „im Rahmen der Gesetze" handeln, welche oft recht detaillierte Bestimmungen enthalten, so daß auf diesem Gebiet eine erhebliche Beschränkung der Autonomie vorliegt 94 . Das gilt vor allem für Rechte und Pflichten der Beamten, die in den Rahmenvorschriften des Bundes und durch diese ausfüllende Beamtengesetze der Länder geregelt sind. Eine beschränkende Rechtsetzungsbefugnis verbleibt den Selbstverwaltungskörperschaften nur noch bei den Besoldungsordnungen und der dem Haushaltsplan beigefügten Stellenpläne, wobei jedoch sowohl die Besoldungsbestimmungen als auch die Regelung von Aufwandsentschädigungen für Wahlbe-
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den, eine beträchtliche Entlastung der kommunalen Ausgaben bedeutete, hat durch die wachsende Verwendung technischer Geräte fast vollständig an Bedeutung verloren. Es besteht jedoch noch die Möglichkeit, von den Pflichtigen Ersatzleistungen in Geld zu fordern ( P a g e n k o p f , a . a. O., S. 136). § 2 BBauG; dabei ist dem einzelnen Bürger durch den neuen § 2 a BBauG eine erweiterte Beteiligung an der Bauleitplanung eingeräumt worden. Zur Stellung der Gemeinde in der Raumordnung W. Ernst, in: Buch dtsch. Gemeinden, 1965, S. 27ff., sowie Bd. 27 der Schriftenr. d. Hochsch. Speyer, 1965, R. R. Beer, Die Gemeinde 1970, S. 139f. Pagenkopf\ a. a. O., S. 67. Wolff/Bachof, VwR II, § 86 VIIc, S. 211; Gönnenwein, GemeindeR, § 159ff.; Forsthoff, VwR, S. 479; Pagenkopf, a. a. O., S. 97 ff. BVerfGE 7, 364; 8, 359; BVerwGE 2, 329ff.; Gönnenwein, GemeindeR, S. 122f.; Pagenkopf, a. a. O., S. 62ff.
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amte die Bestimmungen normativer Rechtssätze oder daraus abgeleitete Vorschriften nicht verletzen dürfen 95 . Die Ansicht, daß diese Regelung des Personalwesens der Kommunen nach gegenwärtigem Recht das Selbstverwaltungsrecht beschränke, geht von der früher stärkeren Trennung ihrer Institutionen und Funktionen von der Staatsverwaltung aus. Der wachsende Umfang öffentlicher Aufgaben, die von Selbstverwaltungskörperschaften wahrgenommen werden müssen und die eine begriffliche Trennung der Aufgaben vielfach nicht zulassen, berechtigen auch den Staat zu normativen Regelungen für die Stellung aller im öffentlichen Dienst beschäftigten Personen, um eine gleichmäßigere Behandlung zu erreichen. Der Grundsatz der Selbstverwaltung bleibt dennoch gewahrt, weil den kommunalen Organen die Auswahl ihrer Bediensteten sowie die Entscheidung über ihr Anstellungsverhältnis, ihre Beförderung und Beschäftigung in eigener Verantwortung überlassen ist 96 . Dabei sind sie lediglich verpflichtet, die Zahl ihrer Bediensteten so zu bemessen, daß sie mit qualifizierten Kräften die ihnen obliegenden Aufgaben zu erfüllen vermögen 97 . Auch die Amtsbezeichnung der Gemeindebeamten unterliegt gesetzlichen Bindungen, handelt es sich nun um Bürgermeister, Gemeindedirektor, Stadtkämmerer oder um solche, die entsprechende Amtsbezeichungen der Bundes- und Landesbeamten tragen. In der Regel wird jedoch voreschrieben, daß Amtsbezeichnungen einen Hinweis auf den kommunalen Dienstherrn tragen, wie Kreisamtmann oder Gemeindeinspektor. Eine Besonderheit der kommunalen Selbstverwaltung bilden die Wahlbeamten, die auf Zeit durch Entscheid der Vertretungskörperschaft ihrer Kommune ins Amt berufen wurden 98 . Im engeren Sinne bezeichnet man als Wahlbeamte die Inhaber einer organschaftlichen Stellung, den Hauptverwaltungsbeamten und seinen allgemeinen Vertreter. Ihre Stellung verleiht ihnen gegenüber der Vertretungskörperschaft eine größere Unabhängigkeit als sie den übrigen Beamten eigen ist. Alle kommunalen Beamten unterliegen dem geltenden Disziplinarrecht. Der Staat kann eine Dienststrafgewalt über Gemeindebeamte ausüben, doch verbleibt - nach unterschiedlichem Recht der Länder - im nicht förmlichen Disziplinarverfahren den Gemeinden ein Bereich eigener Verantwortung. 95
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Art. 75 Nr. 1 GG; BRRG vom 1. Okt. 1961 (BGBl. I, S. 1834); BBesoldungsG vom 27. Juli 1957 (BGBl. I, S. 993); BVerfGE 17,172. Eine Ausnahme ist der Bestätigungsvorbehalt für die Wahl des Oberkreisdirektors in § 38 Abs. 1 nordrh.-westf. LKreisO. In Schlesw.-Holst, kann die Wahl des Bürgermeisters oder eines hauptamtlichen Magistratsmitgliedes im Widerspruchsverfahren angefochten werden (§§ 51, 64 Abs. 4 schlesw.-holst. GemO), die nur mit der Behauptung einer fehlenden Eignung des Gewählten begründet werden kann. Gönnenwein, GemeindeR, S. 124. Zur unterschiedlichen Regelung des Wahlbeamtenverhältnisses in den Ländern: Gönnenwein, GemeindeR, S. 130ff.; Pappermann, ZBR 1968,297ff.; Forsthoff, VwR, S. 554ff.
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Schließlich kennt das Gemeinderecht den Ehrenbeamten, teils als einen zu ehrenamtlicher Mitwirkung bestellten, teils als einen in ein kommunales Ehrenamt berufenen Bürger. Ehrenamtlich können Ratsmitglieder die Verwaltungsgeschäfte als Bürgermeister, Gemeindedirektor oder Beigeordneter leiten, was in den meisten Ländern für kleinere Gemeinden bis zur Einwohnerzahl von 2000 Menschen vorgesehen ist. Darin liegt eine Nebentätigkeit, die sich jedoch nach den Rechten und Pflichten eines Beamten vollziehen muß. Ehrenbeamte erhalten keine Dienstbezüge und Versorgung, sondern lediglich eine Aufwandsentschädigung. Ehrenamtliche Tätigkeit für das Gemeinwesen ist Pflicht jedes Einwohners, soweit ihn nicht besondere gesetzliche Voraussetzungen davon befreien. Solche Tätigkeit wird im Bereich der Jugendpflege, des Fürsorgewesens, der heimatkundlichen und kulturellen Einrichtungen oder bei der Durchführung von Wahlen häufig von Gemeinden und Kreisen in Anspruch genommen". Kommunale Angestellte und Arbeiter befinden sich in einer Rechtsstellung, die sich nach den Tarifordnungen richtet. ee) Grundrechtsfähigkeit der Selbstverwaltungskörperschaften? Gem. Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte auch für inländische juristische Personen, „soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind". Diese Bestimmung hat die Frage nach ihrer Anwendbarkeit auf die kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften ausgelöst. Dabei können, wenn überhaupt, nur solche Grundrechte in Betracht kommen, welche qualitativ auf juristische Personen anwendbar sind 100 . Damit entfällt die Grundrechtsfähigkeit der kommunalen Körperschaften, soweit sie Träger von öffentlichen Funktionen sind. Betrachtet man mit dem BVerfG die kommunale Tätigkeit als eine besondere Erscheinungsform der einheitlichen Staatsgewalt, so kann es innerhalb des hoheitlichen Gesamtaufbaus des Staates keine Grundrechte eines Hoheitsträgers gegen einen anderen geben 101 . Die Erhaltung der „besonderen Erscheinungsform" des hoheitlichen Handelns im kommunalen Bereich wird durch die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung des Rechtes auf Selbstverwaltung nach Art. 28 GG hinreichend geschützt, soweit die Verletzung durch eine Rechtsnorm eintritt. Durch die in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 b GG getroffene besondere Regelung ist zugleich zum Ausdruck gebracht, daß zur Gewährleistung der Selbstverwaltung nicht auf Grundrechte Bezug genommen werden kann. Soweit durch einzelne Maßnahmen im Wege der staatlichen Aufsicht gegenüber den kommunalen Körperschaften ihre verfassungsrechtlich gewährleistete Stellung als „Teil eines gegliederten Ganzen" für verletzt gehalten wird, können sie Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren in Anspruch nehmen, falls nicht gesetzlich geregelte Aufgaben im Auftrage des Staates ausgeführt werden 102 . 99
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Ein Ersatz für Auslagen im Rahmen ehrenamtlicher Tätigkeit und für entgangenen Arbeitsverdienst wird regelmäßig von den berufenden kommunalen Organen gewährt. Hesse, VerfR, § 9 II 2. BVerfGE 21, 370; Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 19 III Rdnr. 34ff.; H. Peters, AfK 3 (1964), 119f., ders., Geschichtliche Entwicklung und Grundfragen der Verfassung (bearbeitet von /. Salzwedel I G. Erbet), 1969, S. 256f. H. H. Klein, D V 1968,145 ff.; Köttgen, Die Gemeinde und der Bundesgesetzgeber, S. 15.
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Aus der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 GG und den entsprechenden Bestimmungen der Landesverfassungen wird jedoch auch die gegenteilige Ansicht gefolgert, daß die Gemeinden und Gemeindeverbände Trägerinnen von „Freiheitsrechten besonderer Art" seien, welche einen status negativus begründen und deshalb von Eingriffen des Staates in ihren Bereich schützen müssen. Die Erledigung von Selbstverwaltungsaufgaben ist demnach die Tätigkeit eines eigenständigen Hoheitssubjektes und kein „obrigkeitsinterner Vorgang". Das BVerfG unterscheidet nun zwar den Staat und die nachgeordneten Träger öffentlicher Aufgaben und dementsprechend auch ihre Beziehungen zueinander. Soweit ihre Tätigkeit jedoch Ausübung der hoheitlichen Gewalt darstellt, so kann es sich bei den behaupteten Übergriffen eines Hoheitsträgers in den Funktionsbereich eines anderen nur um Kompetenzkonflikte handeln, die keine Grundrechte betreffen können, weil dabei jeder Bezug zum Menschen als dem „ursprünglichen Inhaber der Grundrechte" fehlt 103 . Auch wenn in der Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung neben anderem eine „subjektive Rechtsstellungsgarantie" liegen würde, ließe sich eine Rechtsbeeinträchtigung innerhalb dieses Bereiches noch nicht mit der Verletzung von Grundrechten begründen, weil die besondere Rechtsstellung der kommunalen Körperschaften ihre Rechtfertigung in der Erledigung von öffentlichen Aufgaben findet, die als Selbstverwaltung einen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz erfahren haben. Besitzt die kommunale Selbstverwaltung mithin keinen Grundrechtscharakter, so ist doch eine Grundrechtsfähigkeit von Gemeinden und Gemeindeverbänden dann nicht auszuschließen, wenn sie sich lediglich in der Lage von gewaltunterworfenen Personen gegenüber dem staatlichen Hoheitsträger befinden. Das kann jedoch nicht in dem Sinn verstanden werden, daß im Bereich fiskalischen Handelns — im Unterschied zur hoheitlichen Tätigkeit - die Gemeinden und Gemeindeverbände als grundrechtsfähig betrachtet würden, weil auch hierbei öffentliche Aufgaben im weitesten Sinne des Wortes Erledigung finden. Hierbei muß stärker differenziert werden, weil im Einzelfall die Stellung der Gemeinde als juristischer Person durch staatliche Maßnahmen Einbußen erfahren kann, insbesondere ihr Vermögen oder die Möglichkeit, im Planungsverfahren ihre Stellung als Rechtspersönlichkeit gegenüber Maßnahmen der öffentlichen Gewalt zu behaupten. Dafür können jedoch umständehalber nur sehr wenige Grundrechte überhaupt in Betracht kommen, wie etwa das Grundrecht auf verfassungsmäßige Behandlung des kommunalen Eigentums oder das Petitionsrecht nach Art. 17 GG. Ob und inwieweit überhaupt im Einzelfall eine Gemeinde sich auf ein Grundrecht berufen kann, muß daher sorgfältig und unter Anlegung eines der Stellung im Staat adäquaten Maßstabes geprüft werden. Dabei ist auch zu beachten, daß keine Gemeinde und kein Gemeindeverband einen „individuellen" Bestandsschutz genießt, sondern daß die Bildung und die Aufhebung von Gemein103
Demgegenüber behaupten eine Grundrechtsfähigkeit der Gemeinden Erich Becker in HkWP, Bd. 1 , 1 9 5 6 , 1 3 9 ; Bettermann, NJW 1969,1321 ff.; Gönnenwein, Gemeinderecht, 1963, S. 41 ff. Differenzierend Stern, BK, Art. 28 Rdnr. 71, und Schnapp, Der Städtetag 1969,321, m. ausführlicher Darstellung der Meinungsverschiedenheiten.
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den und Kreisen im Ermessen des Gesetzgebers steht. Gewährleistet ist im GG lediglich die Institution der Selbstverwaltung, die zwar das Vorhandensein von Gemeinden und Gemeindeverbänden voraussetzt und erforderlich macht, ohne daß jedoch daraus bestimmte Leitbilder für Umfang oder Einwohnerzahl dieser Körperschaften aus der Verfassung entwickelt werden können. Für die Prüfung der Verfassungs- und Rechtmäßigkeit aller Veränderungen im Bereich der kommunalen Körperschaften ist die Gemeinwohl-Erforderlichkeit der richtige Maßstab 104 . Diese läßt sich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung dahin konkretisieren, daß sowohl dem Demokratiegebot als dem Effekt der erweiterten Gewaltengliederung Rechnung getragen wird. Dazu gehört, daß die „Bürgernähe der kommunalen Organe" erhalten bleibt und daß die Einwohner auf das kommunale Geschehen „einen maximalen Einfluß ausüben" können. Das erfordert die Erhaltung einer „Überschaubarkeit" der kommunalen Gebiete. Der Umstand, daß die Bildung und Aufhebung von Gemeinden oder Gemeindeverbänden im Ermessen des Gesetzgebers liegt, der dabei neben den pragmatischen Gegebenheiten lediglich verfassungsrechtliche Gebote zu beachten hat, bietet zugleich einen Ansatz für die Beurteilung der Grundrechtsfähigkeit dieser Körperschaften. Ihre „Daseinsberechtigung" ist verfassungsrechtlich bedingt, um eine „gegliederte Demokratie" wirken zu lassen. Als Funktionsträger sind deshalb Gemeinde und Gemeindeverbände notwendig und insoweit der Bestand von solchen Körperschaften gewährleistet. Wenn diese auch selbständige Rechtssubjekte sind, so können sie doch daraus gegenüber dem Staat noch keine „grundrechtliche Subjektion" herleiten, weil ihre „untergeordnete" Stellung bei der Erledigung von öffentlichen Angelegenheiten durch die Selbstverwaltung hinreichend abgesichert ist. Gegenüber rechtswidrigen Eingriffen, wie mißbräuchlicher Übung der Rechtsaufsicht, sind die Gemeinden und Gemeindeverbände durch Selbstverwaltungsgarantie hinreichend geschützt. So bleibt ein Rückgriff auf Grundrechte für die kommunalen Körperschaften auf Ausnahmefälle beschränkt.
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Hoppe I Rengeling, Rechtsschutz bei der kommunalen Gebietsreform, 1973, S. 84ff.; Mattenklodt, Gebiets- und Verwaltungsreform in der Bundesrepublik Deutschland, 1972; Granderat, D Ö V 1973, 332; Klüber, Die Gemeinden im bundesdeutschen Verfassungsrecht, 1974, S. 135ff.; StGH Bad.-Württ. in: NJW 1975, 1205ff.; Entscheidungen des VGH Nordrh.-Westf. vom 6. 12. 1975 in: Städte- und Gemeinderat, Februar 1976, S. 1 ff.; ergänzend dazu Hoppe / Stüer, Analysen der neueren Rechtsprechung des VGH in Nordrh.-Westf. zur kommunalen Gebietsreform, a. a. O., S. 7ff.; bay. VGH, DVB1. 1975, S. 28ff.; Leibholz, DVB1. 1973, 715; von Burski, D Ö V 1976, 29ff.; Klaus Lange, Die Entwicklung des kommunalen Selbstverwaltungsgedankens und seine Bedeutung in der Gegenwart, in: Fs. f. Werner Weber, 1974, 853ff.; Schmidt-Jortzig, DVB1. 1977, 801 ff.
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II. Die kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften und ihre Verfassung 1. Die Gemeinde a)Die Gemeinde als Gebietskörperschaft: aa) Wesen und Bestimmung: Eine im Jahre 1859 entwickelte Begriffsbestimmung der Gemeinde 105 besitzt dauernde Gültigkeit. Danach ruhen ihr „Dasein und ihr Leben auf der Gemeinschaft im engeren Raum, den der Mensch mit seiner leiblichen Gegenwart zu beherrschen vermag". Nach dieser Definition schafft die Oberschaubarkeit eines Gebietes mit der daraus folgenden Kenntnis der Eigenart für die darin lebenden Menschen die Voraussetzung zur Bildung „örtlicher Gemeinschaften". Größe und Umfang eines solchen Gebietes, das ein Mensch als Gemeinde zu verstehen vermag, sind variabel und müssen in der Mitte des 20. Jahrhunderts nach anderen Maßstäben bemessen werden als früher, weil das Mitglied der „mobilen Gesellschaft" einen größeren Raum „mit seiner leiblichen Gegenwart zu beherrschen vermag" und ihm überdies vielfach der Lebensinhalt seiner Gemeinde bedeutungsvoller erscheint als ihre Lebensformen. Das Gebiet der Gemeinden soll deshalb — wie es die meisten Kommunalordnungen der Länder wünschen - so bemessen sein, daß eine örtliche Verbundenheit der Einwohner und eine angemessene Leistungsfähigkeit der Gemeinde vorhanden sind. Dieses Postulat ist im Einzelfall schwierig zu realisieren und dient den durch die seit 1967 betriebenen Maßnahmen zu kommunalen Gebiets- und Funktionsveränderungen als Leitbild 106 . Die herkömmlichen, oft erst im 19. Jahrhundert festgelegten Gebietsgrenzen erschweren vornehmlich im Umland von Großstädten eine ökonomische Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Diese Schwierigkeit sucht man teils durch Eingemeindungen der benachbarten Orte, teils zum Zwecke eines einheitlichen Handelns durch Bildung von Planungs- oder anderen Verbänden zu überwinden 107 . Die den Gemeinden garantierte Universalität gebietet im sozialen Rechtsstaat die Bildung leistungsfähiger Träger für die Aufgaben der industriellen Gesellschaft. Größere Effektivität der Selbstverwaltung läßt sich zwar auch durch kommunale Verbundverwaltung erreichen, etwa durch die Bildung von „Verwaltungsgemeinden", um „Kernorte" mit ihren Nachbargemeinden administrativ für die
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Brater, in: Bluntschli, Dt. Staatswörterbuch IV, 1859, S. 109. Scheuner, AfK 1969, 209ff.; Laux, AfK 1973, S. 23Iff. - Kritisch zum Ergebnis dieser Maßnahmen in manchen Ländern Knemeyer, in: Fs. f. Küchenhoff, 1972, S. 557ff.; Klüber, Die Gemeinden im bundesdeutschen Verfassungsrecht, 1974, S. 115 ff. Wolff / Bachof, VwR II, § 86 IVe.
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Erledigung bestimmter M a ß n a h m e n zu vereinen 1 0 8 , soweit nicht im großflächigeren Bereich, d e m Kreis, solche Aufgaben anfallen. U m jedoch der G e f a h r einer Medialisierung des „Volkes in den Gemeinden und Kreisen" durch die Errichtung von Bundkörperschaften, die keine unmittelbar gewählte Volksvertretung besitzen, zu vermeiden, sollten Gemeinden wie Kreise nach Flächenumfang und Einwohnerzahl zur selbständigen Erledigung ihrer eigenen Aufgaben befähigt sein. Das Gebiet einer Gemeinde hat deshalb mindestens den Versorgungsnahbereich für den Grundbedarf ihrer Einwohner zu umfassen, um ihre „Lokalität" zu erhalten. D a b e i sind ökonomisch-strukturelle Verpflichtungen und Siedlungsstruktur in angemessene Relation zur Leistungsfähigkeit zu stellen. Z u r Grundausstattung im öffentlichen Bereich gehören neben funktionsfähigen Verwaltungseinrichtungen das Schulwesen (Mittelpunktschule für den G r u n d - und Hauptschulbereich), Einrichtungen der Volksbildung, der Sozial- und Jugendhilfe (Schwesternstationen und Kindergärten), Erholungs-, Spiel- und Sportanlagen und die Sorge für Anschlüsse an das überörtliche Verkehrsnetz. Diese Bedingungen ergeben sich aus der Stellung der Gemeinde als primärer Leistungsträgerin im Sozialstaat. In dem A u f t r a g des B B a u G an die Gemeinden, zur O r d n u n g der „städtebaulichen Entwicklung in Stadt und L a n d " verbindliche Entscheidungen durch Bauleitpläne in eigener Verantwortung zu treffen, liegt ein wichtiges Kriterium für U m f a n g und Kapazität der Gemeinde. Dieser A u f t r a g setzt eine ausreichende personelle und sachliche Ausstattung der Selbstverwaltungskörperschaften voraus, was wiederum von ihrer Leistungsfähigkeit abhängt, die eine entsprechende Einwohnerzahl bedingt 1 0 9 . Die Unterscheidung von kreisangehörigen und -freien Gemeinden hat pragmatisch wie rechtlich an Bedeutung verloren. Sie spielte noch in den Jahren zwischen beiden Weltkriegen eine Rolle, deren Ursache ökonomische und politische Spannungen zwischen Staat und Land waren, die ein Zusammenarbeiten in den kreiskommunalen Organen erheblich erschwerten. Die Städte, die sich aus dem Kreiskommunalverband lösten, waren von der Zahlung der Kreisumlage befreit. In Preußen wurden regelmäßig Städte mit mehr als 20 000 Einwohnern als kreisfrei
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Isbary, in: Mitt. aus d. Institut f. Raumforschung, 1965, S. 36 - Auf die Grundausstattung im privaten Bereich, wie Arbeitsplätze, Einkaufsmöglichkeiten, Einrichtungen des Dienstleistungsgewerbes, eine ausreichende Zahl von Handwerksbetrieben, Gaststätten, Apotheken und ärztliche Versorgung, kann hier nicht eingegangen werden. Gröttrup, a. a. O., passim. Unter Berücksichtigung der vielfältigen Faktoren für die Gemeindebildung wird man in wenig verdichteten Räumen eine Gemeinde nicht größer als bis zu einer Zahl von 1000 Einwohnern bilden können, so erstrebenswert auch größere Einheiten sind. 1978 gab es in der Bundesrepublik Deutschland nur noch 8700 Gemeinden - gegen 24500 im Jahre 1969 - einschließlich der kreisangehörigen Städte und der wiederum in 6600 Ortsbezirke gegliederten kommunalen Bundkörperschaften. Rund 60% der Bevölkerung leben in Gemeinden mit mehr als 20000 Einwohnern.
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erklärt, um dann der Aufsicht der Mittelbehörde statt des Landrats als der unteren Verwaltungsbehörde zu unterliegen 1 1 0 . In Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz gibt es in Kreisen „große Kreisstädte", die mehr als 2 0 0 0 0 bzw. 25 000 Einwohner besitzen müssen und der Aufsicht des Regierungspräsidenten unterstehen. Ihr Bürgermeister ist zugleich untere staatliche Verwaltungsbehörde (§§ 3 Abs. 2, 119 bad.-württ. G e m O , §§ 6 Abs. 1, 118 rheinl.-pfälz. G e m O ) . Im Saarland und in Hessen bilden die Mittelstädte und solche mit mehr als 1 0 0 0 0 Einwohnern für ihr Gebiet den Bereich der unteren Landesverwaltung. Gemeinden mit mehr als30000 Einwohnern unterliegen in Hessen der Aufsicht des Regierungspräsidenten. In Niedersachsen gibt es „Selbständige Städte", die befugt sind, in ihrem Bereich Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises zu erledigen, die im übrigen in die Zuständigkeit des Kreises fallen 1 1 1 . Kreisangehörige Städte, die mehr als 2 0 0 0 0 Einwohner besitzen, unterliegen in Schleswig-Holstein der Aufsicht des Landesministers (§ 121 Abs. 2 schlesw.-holst. G e m O ) . Soweit kreisangehörige Gemeinden zugleich amtsangehörige sind oder Mitglieder einer Samtgemeinde (Niedersachsen) oder einer Verbandsgemeinde (Rheinland-Pfalz) werden alle oder enumerativ aufgezählte Auftragsangelegenheiten sowie die Kassengeschäfte von den Ä m t e r n , Samtgemeinden und Verbandsgemeinden wahrgenommen 1 1 2 . „Kreisfreie" Städte oder in B a d e n - W ü r t t e m b e r g „Stadtkreise" - in der B R D etwa 140 G e m e i n d e n 1 1 2 " - erfüllen in ihrem Gebiet neben ihren k o m m u n a l e n A u f g a b e n zugleich solche, die den Landkreisen überlassen oder übertragen sind. Sie unterstehen in Schleswig-Holstein und im Saarland dem Landesminister des Inneren, im übrigen dem Regierungspräsidenten als staatliche Mittelbehörde. bb) Gegliederte Einheit: Durch die kommunale Gebietsreform zwischen 1965 und 1975 sind viele bisher selbständige Gemeinden miteinander zu neuen Gebietskörperschaften vereinigt oder vor allem in den Randgebieten der Großstädte mit diesen vereinigt worden. Dadurch ging oft der geschlossene Siedlungscharakter, ein Element der Ortsgemeinde, verloren, was man wiederum organisatorisch zu
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W. Thieme, Der Städtetag 1967, 366. Kreisangehörige Gemeinden unterstehen in Bad.-Württ. (§ 119 GemO) und in Bayern (Art. 110 GemO) dem Landratsamt, in Rheinl. -Pfalz (§ 118 GemO) der Kreisverwaltung, in Hessen (§ 136 GemO), Saarl. (§ 120 GemO) und Schlesw.-Holst. (§ 121 Abs. 1 GemO) dem Landrat, in Nieders. (§ 571 Ziff. 6 KreisO) und Nordrh.-Westf. (§ 48 Abs. 1 KreisO) dem Oberkreisdirektor. 112 § 72 Abs. 2 Satz 1 nieders. GemO; §§ 3 Abs. 1, 8 nordrh.-westf. AmtsO; § 68 rheinl.pfälz. GemO; §§ 3 , 4 und 5 schlesw.-holst. AmtsO. 112a Nach Angaben des Jahrbuchs 1977 des statistischen Bundesamts gab es am 30 Juni 1976 in der Bundesrepublik 10718 Gemeinden. Davon hatten 2111 Gemeinden 200 bis 500 Einwohner, 2111 Gemeinden 500 bis 1000 Einwohner, 1861 Gemeinden 1000 bis 2000 Einwohner, 900 Gemeinden 10000 bis 50000 Einwohner. Von den Großstädten hatten 36 100000 bis 200000 Einwohner, 20 hatten 200000 bis 500000 Einwohner und 12 mehr als 500 000 Einwohner. 111
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mildern suchte, um die bürgerschaftliche Anteilnahme am öffentlichen Geschehen nicht preiszugeben. Ähnliche Gründe führten auch zu entsprechenden Regelungen in Großstädten. Gemäß § 75 Abs. 1 u. Abs. 2 bad.-württ. GemO können Gemeinden über 100000 Einwohnern oder kleinere Geinden mit räumlich getrennten Wohnbezirken durch die Hauptsatzung Stadt- oder Gemeindebezirke einrichten, wo die Bürger durch Bezirksbeiräte vertreten sind, die zwar nicht vom Volk gewählt, sondern vom Rat der Gemeinde gem. § 76 Abs. 2 G e m O bestellt werden. Ledigch in Gemeinden mit räumlich getrennten Wohnbezirken kann gem. §§ 7 6 a - g GemO eine Ortschaftsverfassung eingeführt werden, welche die Wahl von Ortschaftsräten durch die Bürger gestattet. Diese haben beratende Funktion, können aber auch bestimmte Angelegenheiten selbständig entschdn. Ein vom Gemeinderat zu wählender Ortsvorsteher vertritt als Ehrenbeamter den Bürgermeister bei der Leitung der örtlichen Verwaltung. Auch in Bayern ist das Gebiet der Städte mit mehr als 100000 Einwohnern gem. Art. 60 G e m O G e m O in Stadtbezirke einzuteilen. Sie können bestirnte Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Hierfür können vom Gemeinderat zur Erledigung von bestimmten Verwaltungsaufgaben Bezirksausschüsse und Bezirksverwaltungsstellen eingerichtet werden. In der Landeshauptstadt ssen Bezirksausschüsse gebildet werden. § 81 hess. G e m O bestimmt, daß für Ortsteile, die eine engere örtliche Gemeinschaft darstellen, vom Gemeinderat ein Ortsbeirat eingerichtet werden kann. Seine Mitglieder werden von den Bürgern des Ortsbezirks zugleich mit den Gemeindevertretern für die entsprechende Wahlzeit gem. e82 Abs. 1 G e m O gewählt. Der Ortsbeirat besitzt ein Vorschlags- und Anhörungsrecht, vor allem beim Entwurf des Haushaltsplanes. Bestimmte Angelegenheiten können ihm zur Erledigung übertragen werden. Der vom Ortsbeirat zu wählende Ortsvorsteher kann Außenstellen der Gemeindeverwaltung leiten (§§ 82 Abs. 2 - 5 GemO). In Niedersachsen ist der Begriff Ortschaft als „Teil einer Gemeinde, der eine engere Gemeinschaft bildet", gesetzlich festgestellt worden. Die Hauptsatzung einer Gemeinde kann bestimmen, daß Ortsräte gewählt oder Ortsvorsteher bestellt werden sollen. Eine Ortschaft muß jedoch mindestens 400 Einwohner haben. Im übrigen soll eine Gemeinde nicht mehr als 10 Ortschaften mit Ortsrat einrichten (§ 55 nds. GemO). Die Mitglieder des Ortsrates werden von den Bürgern der Ortschaft zusammen mit dem Gemeinderat gem. §§ 55 a Abs. 1 und 2 G e m O gewählt. Der Vorsitzende ist Ortsbürgermeister und hat „Hilfsfunktionen für die Gemeindeverwaltung zu erfüllen" (§ 55 b GemO). In Nordrhein-Westfalen sind die „kreisfreien Städte verpflichtet, das gesamte Stadtgebiet in Stadtbezirke einzuteilen" (§ 13 Abs. 1 GemO). Die einzelnen Stadtbezirke sollen „eine engere örtliche Gemeinschaft umfssen" und nach Fläche und Einwohnerzahl so abgegrenzt werden, daß sie gleichermaßen bei der Erfüllung gemeindlicher Aufgaben beteiligt werden können. Die Stadtgebiete sollen in nicht weniger als 3 und in nicht mehr als 10 Stadtbezirke eingeteilt werden, für die der Rat Bezirksvertretungen mit 1 1 - 1 9 Mitgliedern zu bilden hat (§ 13eGemO). Über bestimmte lokale Angelegenheiten können die Bezirksvertretungen „unter Beachtung der Belange
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der gesamten Stadt und im Rahmen der vom Rat erlassenen allgemeinen Richtlinien" gem. § 13 b G e m O entscheiden 113 . In jedem Stadtbezirk befindet sich eine Bezirkserwaltungsstelle für die Erledigung der dekonzentrierten kommunalen Verwaltungsgeschäfte. Kreisangehörige Gemeinden können gem. § 13 d das Gemeindegebiet in Bezirke (Ortschaften) einteilen. Die weiteren Regelungen entsprechen im wesentlichen denen für die Stadtbezirke mit dem Unterschied, daß entweder Bezirksausschüsse gebildet oder ein Ortsvorsteher vom Rat zu wählen ist, der „die Belange seines Bezirks gegenüber dem R a t " wahrzunehmen hat. Für Rheinland-Pfalz sieht § 74 G e m O vor, das Gemeindegebiet in Ortsbezirke einteilen zu lassen. Ihre Anzahl soll 10, bei Großstädten 15 nicht überschreiten. Die Mitglieder des Ortsbeirates werden vom Gemeinderat gem. § 75 Abs. 4 G e m O gewählt. Den Ortsbeiräten, die Beratungs- und Mitwirkungsrechte besitzen, können auch lokale Angelegenheiten zur Erledigung übertragen werden. In Großstädten ist die Einrichtung von Verwaltungsstellen gem. § 77 G e m O vorgesehen. Im Saarland bilden Gemeinden, die durch Gebietsveränderungen in einer anderen Gemeinde aufegangen sind, gem. § 133 a G e m O Gemeindebezirke. Die Mindesteinwohnerzahl beträgt gem. § 67 G e m O 200 Menschen. Aufgabe der vom Gemeinderat zu bildenden Ortsräte ist die Vertretung der lokalen Angelegenheiten des Bezirkes gegenüber dem Gemeinderat, der den Ortsräten auch bestimmte Befugnisse zur Erledigung übertragen kann. Der in Großstädten (über 100000 Einwohner) einzurichtende Bezirksrat kann weitergehende Befugnisse gem. § 71 b G e m O wahrnehmen 1 1 4 . In Schleswig-Holstein sind in Großstädten für das Gebiet von eingegliederten Gemeinden Ortsbeiräte zu bilden 115 . Sie sollen vor allem die Integration der bisherigen Gemeinden in die neue Gebietskörperschaft fördern. Eine Erweiterung der Ortsbeiratsverfassung ist nicht vorgesehen. Die Vorschriften über die Bezirksbildungen werfen in einigen Ländern verfassungsrechtliche Probleme auf, da die gemeindliche Organisationshoheit nicht unbeträchtlich beeinflußt ist. Daneben bestehen pragmatische Bedenken, ob der
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Den lokalen Verhältnissen entsprechend unterscheidet sich die Anzahl der Bezirke in den 23 kreisfreien Städten Nordrhein-Westfalens erheblich. So bildete Aachen (240000 Einwohner) 7, Bonn (280000 Einwohner) 4, Krefeld (250000 Einwohner) 9 wie auch die Städte Essen und Köln (700000 und 1 0 0 0 0 0 0 Einwohner), aber auch Bielefeld mit 320000 Einwohnern. Ausnahmsweise bildete Dortmund (650000 Einwohner) mit der Genehmigung der Aufsichtsbehörde 12 Bezirke. 3 Bezirke bilden Leverkusen (165000 Einwohner), Bottrop (200000 Einwohner) und Oberhausen (244000 Einwohner). Nach Feststellung des Innenministers hat hier die Bezirksverfassung nicht unerheblich dazu beigetragen, die bürgerschaftliche Selbstverwaltung in den großen Städten zu beleben. Demgegenüber sind aber auch kritische Stimmen laut geworden, weil die Bezirke zu wenig eigenverantwortliche Aufgaben zu erledigen hätten. Eine Sonderregelung für Saarbrücken enthält § 133 a Abs. lSatz3saarl. GemO. VO über Ortsbeiräte vom 6. 2. 1970 (GVB1. 39).
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erstrebte Zweck auf diese Weise erreichbar ist, um das bürgerschaftliche Element in den gebietlich sehr ausgedehnten Gemeinden zu erhalten oder gar zu aktivieren. D a regelmäßig keine Dezentralisation der Gemeindeverwaltung, sondern lediglich Dekonzentration vorgesehen ist, bleibt den Bürgern in den Bezirksvertretungen nur ein beschränktes Tätigkeitsfeld für eigenverantwortliche kommunale Arbeit. Die geltenden Vorschriften lassen eine gewisse Besorgnis vor einer Lockerung des Bestandes der Einheitsgemeinden erkennen, worin eine gegenläufige Entwicklung zu den Zielen der Gebietsreform liegen könnte. Jedenfalls befindet sich die Organisation der Gemeinden in einem Übergang, so daß abschließende Beurteilungen noch nicht gestattet sind. Es bleibt abzuwarten, ob im L a u f e der Zeit nicht das Modell des Kreises — Gebietskörperschaft und Gemeindeverband — auch für die organisatorische Einrichtung von Großstädten als ein Leitbild in Betracht zu ziehen ist. Nach diesem Modell, jedoch unter einem anderen N a m e n und zugleich mit neuem kommunalrechtlichen Begriff, wurde ein Stadtverband für Saarbrücken und sein Umland eingerichtet 1 1 6 . E r soll gem. § 1 der V O „ein der fortschreitenden Integration der benachbarten Gemeinden des Großraumes Saarbrücken" dienen und hat überörtliche, in ihrer Bedeutung auf das Verbandsgebiet beschränkte öffentliche Aufgaben durch vom Volk im Verbandsgebiet gewählte Organe eigenverantwortlich zu erledigen. Dieser Vorschrift entsprechend bezeichnet § 1 Abs. 3 V O den Stadtverband als „Gemeindeverband und Gebietskörperschaft", der wesensmäßig dem Kreis entspricht. Organe sind gem. § 11 und 12 V O der Stadtverbandstag, der Stadtverbandsausschuß und der Stadtverbandspräsident. D e r Verband kann sowohl Selbstverwaltungs- als Auftragsangelegenheiten erfüllen 1 1 6 4 . b) System der Gemeindeverfassungen: Neben der Bestimmung des repräsentativdemokratischen Prinzips für Gemeinden enthält das G G keine weiteren Vorschriften für die Einrichtung ihrer Organisation. Diese konkrete O r d n u n g zu bestimmen, ist vielmehr Aufgabe der Länder, die dabei häufig in Anlehnung an überk o m m e n e F o r m e n verfahren sind. Die so entstandene Vielfalt der kommunalen Verfassungen läßt sich in dualistisch und monistisch organisierte Typen gliedern. Die dualistische Verfassungsform kennt mehrere Organe, die vom Volk unmittelbar gewählte Vertretungskörperschaft und einen für die Führung der laufenden Geschäfte verantwortlichen kollegialen oder monokratischen Amtsträger. Diese Funktionsteilung bedeutet jedoch keine Gewaltenteilung in dem Sinne, wie sie Art. 20 Abs. 2 G G für die Staatsverfassung vorschribt. Normsetzung - d. h. der Erlaß von Verordnungen oder Satzungen 1 1 7 — ist vielmehr nur ein Teil der Verwal-
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Die Stadtverbandsordnung des Stadtverbandes Saarbrücken (staatl. ABI. 1973, 873). 6". Schmidt-Eichstädt / W. Haus, Kreisordnungen, S. 166. Zu weiteren kommunalen Verbänden in Verflechtungsräumen, vor allem im Stadtumland, vgl. E. SchmidlAßmann, verfassungsrechtliche und verwaltungspolitische Fragen einer kommunalen Beteiligung an der Landesplanung, A ö R 101 (1976), S. 5 2 0 f f . Ossenbühl, in: Erichsen / Martens, VwR, 3. Aufl. 1978, § 7 III u. VI.
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tung der Gemeinde, die durch den Willen der Bürgerschaft bestimmt wird, welche wiederum durch den Rat vertreten ist. Diese Form der Verwaltung bedeutet jedoch vornehmlich eine überwachende Tätigkeit der Handlungsweise der übrigen kollegialen oder monkratischen Organe, während bei der monistischen Verfassung jede administrative M a ß n a h m e als unmittelbar vom Rat vollzogen gilt, der das einzige Organ der Gemeinde ist und lediglich von sich abhängige Funktionsträger besitzt. Im R a h m e n der verschiedenen Verfassungstypen herrscht wiederum eine Vielfalt der Nomenklatur für die einzelnen Organe. Z u r systematischen Vereinfachung wird im folgenden die von den Gemeindeeinwohnern unmittelbar gewählte Vertretungskörperschaft „ R a t " genannt werden. Die Magistratsverfassung kennt zwei Organe, den Rat (in der Städteordnung von 1808 „Stadtverordnetenversammlung" genannt) als willensbildende und politisch leitende Körperschaft und ein kollegiales Verwaltungsorgan, das aus ehren- und hauptamtlich tätigen Mitgliedern unter Vorsitz eines fachkundigen Bürgermeisters durch Beschluß des Rates gebildet wird. In der „ u n e c h t e n " Magistratsverfassung der „klassischen" Form nach der Städteordnung von 1808 - ist der Magistrat lediglich Vollzugsorgan, während die „echte" Magistratsverfassung ihn zugleich zum mitwirkenden Beschlußorgan bestimmt, so daß man von einem „Zweikammersystem" sprechen kann 1 1 8 . Im geltenden Gemeinderecht gibt es nur noch die unechte Magistratsverfassung, die in Bremerhaven (§§ 26 ff. BrhStVF), in den meisten Gemeinden Hessens sowie in den Städten Schleswig-Holsteins gilt. Die Bürgermeisterverfassung geht auf das Mairiesystem zurück, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts in den zu Frankreich gehörenden Teilen des Rheinlandes eingeführt wurde. Bei diesem Verfassungstyp gibt es nur ein kollegiales Gemeindeorgan, das durch unmittelbare Wahl der Einwohner gebildet wird. Die Verantwortung für die Führung der Verwaltungsgeschäfte obliegt dem Bürgermeister, der von haupt- oder ehrenamtlich tätigen Beigeordneten unterstützt wird, die wie er selbst vom Rat gewählt werden. Mit seiner Wahl erwirbt der Bürgermeister die Stellung eines Ratsvorsitzenden. Diese Form der Gemeindeverfassung gilt - wiederum mit mancher Modifizierung - in kleineren Gemeinden Hessens, in Rheinland-Pfalz, im Saarland sowie in den Landgemeinden Schleswig-Holsteins. Die in Bayern und in Baden-Württemberg geltende süddeutsche Ratsverfassung geht in ihrer historischen Entwicklung von dem Grundsatz aus, daß der R a t zugleich beschließendes und vollziehendes Organ sei. Deshalb handelt der ihm Vorsitzende, unmittelbar von den Bürgern gewählte Bürgermeister nicht kraft eigener Organbefugnis, sondern im N a m e n und A u f t r a g des Rates. Er besitzt jedoch insoweit Organstellung, als er ein Einspruchsrecht gegen dessen rechtswidrige Beschlüsse besitzt. Er ist befugt, in Notfällen Eilentscheidungen zu treffen und
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Preuß. Rev. StädteO von 1831.
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in eigener Zuständigkeit die laufenden Geschäfte zu führen. D e r Bürgermeister vertritt auch die Gemeinde nach außen 1 1 9 . Die norddeutsche Ratsverfassung schließlich lehnt sich an das britische System der Kommunalverfassung an und wurde in der britischen Besatzungszone durch die „Revidierte deutsche Gemeindeordnung" am 1. April 1946 eingeführt. Die Länder dieser Z o n e haben sie später entweder abgeschafft (so Schleswig-Holstein) oder erheblich verändert (so Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen). Die modifizierte Ratsverfassung Niedersachsens kennt drei Hauptorgane: den Rat, den aus seiner Mitte gewählten Verwaltungsausschuß, sowie den Gemeindedirektor, der in den Städten Stadtdirektor, in Stadtkreisen Oberkreisdirektor heißt ( § 6 1 Abs. 2 nieders. G e m O ; § 47 Abs. 4 nordrh.-westf. G e m O ) . D e r aus der Mitte des Rates gewählte, ihm und dem Verwaltungsausschuß präsidierende Ratsvorsitzende führt in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen die Bezeichnung Bürgermeister, in kreisfreien Städten Oberbürgermeister ( § 3 1 Abs. 1 nieders. G e m O ; § 27 Abs. 2 nordrh.-westf. G e m O ) . D e r R a t ist oberste Dienstbehörde für alle Gemeindebeamten und überwacht die Verwaltung (§§ 40 Abs. 3, 80 Abs. 2 nieders. G e m O ) . D e m Verwaltungsausschuß gehört als geborenes Mitglied der Gemeindedirektor an, der wie andere hinzugezogene Zeitbeamte eine beratende Stimme besitzt (§ 56 Abs. 1 nieders. G e m O ) . D e r Verwaltungsausschuß beschließt über Angelegenheiten, die weder dem Rat noch d e m Gemeindedirektor vorbehalten sind, er bereitet die Ratsbeschlüsse vor und entscheidet über Widersprüche in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches. D e r Gemeindedirektor leitet den Geschäftsgang der Verwaltung, bereitet die Beschlüsse des Verwaltungsausschusses vor und hat ihm rechtswidrig erscheinende Beschlüsse mit aufschiebender Wirkung zu beanstanden. M a ß n a h m e n auf d e m Gebiet der Gefahrenabwehr und andere ihm vom Rat oder Verwaltungsausschuß übertragene A u f g a b e n sowie Weisungen der Aufsichtsbehörde führt er selbständig aus. Er vertritt die Gemeinde rechtlich nach außen (§§ 61—66 nieders. G e m O ) . Die in Nordrhein-Westfalen geltende norddeutsche Ratsverfassung unterscheidet sich von dem in Niedersachsen geltenden System dadurch, daß es keinen Verwaltungsausschuß gibt. Dagegen besitzt der dem Rat Vorsitzende Bürgermeister durch bestimmte Kompetenzen, wie vor allem durch die Vertretung des Rates nach außen, eine hervorgehobene Stellung. Vorbehaltlich anderer Entscheidungen des R a t e s erledigt der Gemeindedirektor in eigener Zuständigkeit die Einrichtungen der Verwaltung, führt ihre einfachen Geschäfte und vertritt die G e m e i n d e nach außen (§§ 28 Abs. 3, 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 Satz 3 55 und 56 Abs. 1 nordrh.westf. G e m O ) . Bei der D u r c h f ü h r u n g von Aufgaben zur Sicherung der verfassungsmäßigen Ordnung ist der Gemeindedirektor dienstordnungsrechtlich dem Innenminister verantwortlich (§ 47 Abs. 3).
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So bad.-württ. GemO; §§ 40 Abs. 3, 41 Abs. 2, 42 Abs. 1, 43 Abs. 2 und 4 und 44; bay. GemO: Art. 36, 37 Abs. 2, 3, 38 Abs. 1, 46 Abs. 1, 2, 59 Abs. 2; in Bayern hat der Bürgermeister die Geschäfte der laufenden Verwaltung nach den Richtlinien des Gemeinderats zu besorgen.
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In Niedersachsen führt in Gemeinden unter 2 0 0 0 Einwohnern regelmäßig der ratsvorsitzende Bürgermeister ehrenamtlich die Geschäfte des Gemeindedirektors (§§ 67, 70 nieders. G e m O ) . In amtsangehörigen Gemeinden ist in den meisten Fällen der Amtsdirektor zugleich Gemeindedirektor der Gebietskörperschaften. Endlich ist noch in Hessen und Schleswig-Holstein f ü r G e m e i n d e n unter 100 Einwohnern eine Gemeindeversammlung aller wahlberechtigten Angehörigen vorgesehen, eine Einrichtung, die voraussichtlich im Zuge der bevorstehenden Gebiets- und Verwaltungsreformen zum Erlöschen kommen wird 1 2 0 . Die Zuständigkeit für die Erledigung der Geschäfte der laufenden Verwaltung ist in den Ländern der B R D ebenfalls unterschiedlich geregelt: In B a d e n - W ü r t t e m berg (§ 4 4 Abs. 2 Satz 1) erledigt der Hauptverwaltungsbeamte in eigener Zuständigkeit diese Aufgabe, wie auch in Bayern (Art. 37 Ziff. 1), Hessen (§ 7 0 Abs. 2), Niedersachsen (§ 62 Ziff. 6), Rheinland-Pfalz (§ 47 Abs. 1 Satz 1), im Saarland (§ 54 Abs. 3) und in Schleswig-Holstein (§ 49 Abs. 1). Dieser Grundsatz ist in Nordrhein-Westfalen dadurch eingeschränkt, daß d e m R a t ein sog. Rückholrecht für die dem Hauptverwaltungsbeamten obliegenden Geschäfte zusteht (§ 28 Abs. 3), oder wie in Bayern, in dem der R a t Richtlinien f ü r diese Geschäfte aufzustellen berechtigt ist (Art. 37). Auch in Niedersachsen kann sich der R a t oder der Verwaltungsausschuß im Einzelfall die Beschlußfassung vorbehalten, während in Schleswig-Holstein die Gemeindevertretung „Grundsätze und Richtlinien" für die Verwaltungsführung aufstellen darf. Mit der Erledigung von A u f g a b e n des „übertragenen Wirkungskreises" sind regelmäßig die als Wahlbeamte bestellten Hauptverwaltungsbeamten (Bürgermeister, Stadtdirektor, Landrat oder Oberkreisdirektor) betraut. O h n e E i n b u ß e ihrer Stellung als kommunale B e a m t e sind sie insoweit nicht den anderen kommunalen Organen (den gewählten Vertretungskörperschaften, G e m e i n d e - und Stadtrat oder Kreistag), sondern den zuständigen staatlichen Behörden, d e m Innenminister oder dem Regierungspräsidenten als staatlicher Mittelbehörde verantwortlich 1 2 1 . So vielfältig auch das Bild der Verfassungstypen der G e m e i n d e n in den deut120 121
§ 80 hess. GemO; § 73 schlesw.-holst. GemO: bis zu 70 Einwohnern. Der monokratische Hauptverwaltungsbeamte ist für die Erledigung von „Fremdverwaltungsaufgaben" zuständig gem. §§ 44, 64 bad.-württ. GemO, § 62 Abs. 1 Satz 3 nieders. GemO, § 47 rheinl.-pfälz. GemO, § 54 saarl. GemO, § 49, Abs. 4, 70 schlesw.-holst. GemO. In Hessen ist hierfür der Magistrat als kollegialer Gemeindevorstand gem. § 66 Abs. 1 a, 149 Abs. 2 hess. GemO zuständig mit der Einschränkung, daß die laufenden Geschäfte vom Bürgermeister oder seinem allgemeinen Vertreter geführt werden (§ 70 Abs. 2 GemO). Lediglich in Bayern und Nordrhein-Westfalen ist von Rechts wegen auch für die „Fremdverwaltungsaufgaben" die Gemeindevertretung zuständig, doch werden auch hier die „laufenden Geschäfte" vom Hauptverwaltungsbeamten erledigt (Art. 59 Abs. 1 i. V. m. Art. 37 bay. GemO u. § 28 Abs. 3 nordrh.-westf. GemO). Bei den Kreisen ist regelmäßig der Hauptverwaltungsbeamte für diese Angelegenheit zuständig, soweit nicht gar hierfür ein besonderer staatlicher Beamter beim Landratsamt (wie in Baden-Württemberg oder Bayern) bestellt ist oder wie in Schleswig-Holstein in den Kreisen „allgemeine untere Landesbehörden errichtet" wurden, deren Aufgaben der Landrat wahrnimmt (LandesbehördenG vom 25. 2. 1971). - Zur gemeindlichen Fremdverwaltung Wolff/ Bachof, VwRII, §§ 86 Xu. 87 Ild.
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sehen Ländern anmutet, so hat sich doch durch die „Kräfte des Faktischen" pragmatisch eine gewisse Homogenität - zumal in den hauptamtlich verwalteten Orten — entwickelt, weil das sachverständige Beamtentum in immer stärkerem Maße die Verantwortung für den Vollzug der Geschäfte übernommen hat, während dem Rat die Bestimmung der Richtlinien durch Normsetzungen und allgemeine Beschlüsse vorbehalten ist. Überall halten Fachausschüsse der Vertretungskörperschaft eine ständige Bindung zwischen den ehren- und hauptamtlich tätigen Organmitgliedern oder -waltern. Auch die unterschiedliche Nomenklatur des Hauptverwaltungsbeamten — der in der Regel „Bürgermeister" und lediglich in Nordrhein-Westfalen sowie in Niedersachsen „Gemeindedirektor"heißt, während hier „Bürgermeister" der Ratsvorsitzende genannt wird - ändert an dieser Feststellung wenig. Bemerkenswert bleibt vielmehr, daß sich ungeachtet mancher Schwierigkeiten in Einzelfällen, das in Deutschland bestehende System der inneren Gemeindeverfassung bewährt hat, indem es für die auf Leistung gerichtete Arbeit der kommunalen Selbstverwaltung die Voraussetzungen schafft, die örtlichen Angelegenheiten nach wie vor in einer von genossenschaftlichen Grundsätzen getragenen Form zu betreiben und zu erledigen 122 . c) Rechte und Pflichten des Gemeindeeinwohners: Das Wort Bürger ist von der Gemeinde und ihrer Selbstverwaltung nicht zu trennen. In Deutschland liegt die Wurzel der Demokratie in der Genossenschaft. Seit dem Mittelalter konnte ein Einwohner einer Stadt das Bürgerrecht erst nach Erfüllung bestimmter Voraussetzungen erlangen. Auch das geltende deutsche Gemeinderecht unterscheidet noch Bürger und Einwohner. Zunächst entsteht die Gemeindemitgliedschaft als Einwohner durch die Begründung eines dauernden Wohnsitzes in einem Gemeindegebiet 1 2 3 . Jeder Einwohner ist nach Maßgabe des geltenden Rechtes berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen zu benutzen, und verpflichtet, ihre Lasten zu tragen 1 2 4 . In städtischen Gemeinden sind diese Lasten auf Grund der geltenden Gemeindesteuer- und Abgabengesetze grundsätzlich durch Geldleistungen zu erbringen. In ländlichen Gemeinden werden die Gemeindelasten dagegen zum Teil (Bau und Unterhaltung von Wegen, Regulierung und Reinigung von Gräben usw.) durch sog. Hand- und Spanndienste erbracht (§ 10 Abs. 5 bad.-württ. G e m O ; Art. 24 Abs. 1 Nr. 4 bay. GemO). Derartige Naturaldienste sind unter Berücksichtigung des Art. 12 Abs. 2 G G in Gemeinden, in denen die Mehrzahl der erwerbstätigen Einwohner in der Landwirtschaft tätig sind, auch heute noch zulässig 125 . 122 123
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H. Klüber, GemeindeR, S. 166ff.; H. Pagenkopf, KommunalR, S. 37ff., 185ff. Einwohner einer Gemeinde ist, wer in dieser Gemeinde wohnt: § 10 Abs. 1 bad.-württ. GemO; § 8 Abs. 1 hess. GemO; § 21 Abs. 1 nieders. GemO; § 6 nordrh.-westf. GemO; § 12 rheinl.-pfalz. GemO; § 6 Abs. 1 schleswig-hoohhost. GemO. § 10 Abs. 2 bad.-württ. GemO; Art. 21 Abs. 1 bay. GemO; §§ 20 Abs. 1, 22 hess. GemO; § 22 Abs. 1 nieders. GemO; § 18 Abs. 2 nordrh.-westf. GemO; § 14 Abs. 1 rheinl.-pf. GemO; § 18 Abs. 1 saarl. GemO; § 18 Abs. 1 schlesw.-holst. GemO. - Zum Anspruch auf Benutzung OVG Münster DVB1. 1968,842; D Ö V 1967,169. BVerwGE 2, 314; OVG Münster D Ö V 1953, 474; OVG Lüneburg KStZ 1954, 160; Knemeyer, Bayerisches KommunalR, S. 65 f.
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Zu den Pflichten der Einwohner gehört es weiterhin, den von den Gemeinden beschlossenen Anschluß- und Benutzungszwang zu befolgen. Diesen Anschlußund Benutzungszwang, der seinen Ursprung in der heutigen allgemeinen Form in der Gemeinde- und Kreisordnung von Thüringen hat 1 2 6 , kann die Gemeinde kraft ihres Hoheitsrechts bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses in bestimmten Bereichen durch Satzung vorschreiben 127 . Die Satzungen unterliegen dem Genehmigungsvorbehalt durch die Aufsichtsbehörde. Anschlußzwang bedeutet, daß jeder Einwohner, der von der Satzung betroffen ist, die notwendigen Maßnahmen, die eine Benutzung der gemeindlichen Einrichtungen ermöglicht, ergreifen muß. Beispiele für einen Anschlußzwang sind die Müllabfuhr, die Straßenreinigung und die Wasserleitungen. Während der Anschlußzwang Personen oder Personengruppen nur in ihrer Eigenschaft als Grundstückseigentümer trifft, kann der Benutzungszwang dagegen auch für andere Einwohner der Gemeinde vorgeschrieben werden. Sowohl die landesrechtlichen Ermächtigungsgrundlagen als auch die auf dieser Grundlage erlassenen Satzungen, die den Anschluß- und Benutzungszwang regeln, sind mit Art. 14 G G vereinbar, denn sie beinhalten noch keine Enteignung, sondern stellen lediglich Beeinträchtigungen im Rahmen der Sozialbindungen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 G G dar 1 2 8 . Das gilt selbst dann, wenn ein Grundstückseigentümer infolge der Einführung eines Anschluß- und Benutzungszwanges für die Wasserversorgung seinen eigenen Brunnen nicht mehr benutzen darf 1 2 9 . Der Bürger besitzt die Rechte des Einwohners mit dem aktiven und passiven Wahlrecht, soweit er eine bestimmte Frist in einer Gemeinde ansässig ist, die Voraussetzungen nach Art. 116 G G erfüllt und die bürgerlichen Ehrenrechte ausüben kann 1 3 0 . Jeder Bürger hat die Pflicht, ehrenamtlich tätig zu sein, wovon nur ein wichtiger Grund entbinden kann 1 3 1 . 126 127
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§ 98 der Gemeinde- und Kreisordnung von Thüringen vom 8. Juli 1926; GS 1926, S. 235. § 11 bad.-württ. GemO; Art. 24 bay. GemO; § 18 Abs. 2 hess. GemO; § 8 nieders. GemO; § 19 Abs. 1 nordrhein-westf. GemO; § 26 rheinl.-pf. GemO; § 19 saarl. GemO; § 17 schlesw.-holst. GemO. HG HZ 40, 355; 54, 293; BVerwG D Ö V 1 9 6 0 , 5 9 4 ; BVerwG DVB1. 1973,922; SchollerBroß, Grundzüge des Kommunalrechts, S. 49 ff. OVG Lüneburg OVGE 25, 345; Knemeyer, Die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde, 1972; zum Problem der Ausgestaltung kommunaler Nutzungsverhältnisse bei Anschluß- und Benutzungszwang ausführlich Frotscher, Schriften zum Kommunalrecht, Bd. 4,1974. Gönnenwein, GemeindeR, S. 70ff. - §§ 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 bad.-württ. GemO; Art. 15 bay. GemO; § 30 hess. GemO; § 21 nieders. GemO; § 6 Abs. 2 nordrh.-westf. GemO; §§ 16, 18 rheinl.-pf. GemO; § 17 Abs. 2 saarl. GemO; § 6 Abs. 2 schlesw.-holst. GemO. In Niedersachsen gibt es darüber hinaus das Institut des Bürgerantrags gem. § 22 a GemO. § 15f. bad.-württ. GemO; Art. 19 bay. GemO; §§ 21, 23 hess. GemO; § 23f. nieders. GemO; § 20 nordrh.-westf. GemO; §§ 18, 79 rheinl.-pf. GemO; §§ 2f. saarl. GemO; §§ 19 f. schlesw.-holst. GemO - Wolff/ Bachof, VwR II, § 86 V.
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d) Namens- und Wappenrecht: J e d e Gemeinde führt ihren herkömmlichen Namen, der rechtlich geschützt ist. Einen absoluten Namensschutz der Gemeinde gegenüber d e m Staat gibt es jedoch nicht. Vielmehr kann dieser im öffentlichen Interesse eine Namensänderung vornehmen 1 3 2 . Neugebildete Gebietskörperschaften erhalten ihren N a m e n vom Innenminister oder von der Landesregierung. Es ist zulässig, d a ß Gemeinden sonstige Bezeichnungen führen, die auf ihre Eigenart, Lage oder historische Bedeutung hinweisen, wie Landeshauptstadt, Hansestadt oder Bad 1 3 3 . Mit A u s n a h m e von Schleswig-Holstein wird der Begriff „Stadtrecht" in der kommunalen Gesetzgebung nicht mehr erwähnt. Eine Sonderstellung ist weder hier noch in den übrigen Ländern mit der Stadtbezeichnung verbunden, die (wie auch „ M a r k t " ) solche Gemeinden führen, die sich auf H e r k o m m e n oder besondere Verleihung berufen können 1 3 4 . Als juristische Personen dürfen die Gemeinden auch W a p p e n führen. Soweit das Bild nicht auf Überlieferung beruht, können neue W a p p e n - wie auch Flaggen mit den Farben der Gemeinde und ihrem Wappen - nach Ratsbeschluß mit Genehmigung des Innenministers eingeführt oder geändert werden. Soweit Gemeinden kein eigenes Wappen führen, verwenden sie regelmäßig das kleine Landeswappen in ihrem Dienstsiegel. D e r Gebrauch der Gemeindefahne und des Wappens durch andere als öffentliche Einrichtungen und Behörden wurde früher allgemein als unzulässig angesehen, doch wird 1 3 5 diese Ansicht heute nicht mehr vertreten. D e r Verbundenheit zwischen der Gemeinde und ihren Bürgern entspricht es vielmehr, daß jeder Einwohner berechtigt ist, die Flagge mit den Gemeindefarben öffentlich zu zeigen. A u s diesem G r u n d enthalten die meisten Gemeindeordnungen ein solches Verbot nicht mehr. Nur in Bayern und Rheinland-Pfalz dürfen die Fahnen und W a p p e n der Gemeinde nur mit deren Genehmigung verwendet werden (Art. 4 Abs. 3 bay. G e m O ; § 5 Abs. 3 rheinl.-pfälz. G e m O ) . 132
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Das gilt nicht für Bad.-Württ., Rheinl.-Pf. und im Saarl.: In diesen Ländern darf der Staat nur auf Antrag der Gemeinde tätig werden (§ 5 Abs. 3 bad.-württ. GemO; § 4 Abs. 1 rheinl.-pfälz. GemO; § 2 Abs. 1 saarl. GemO). Die Verletzung des Wappenrechtes ist vom RG nach § 12 BGB behandelt worden: RGZ 71, 264f. Näheres bei Gönnenwein, GemeindeR, S. 84ff.; Scholler / Broß, Grundzüge des Kommunalrechts, S. 5 f. § 5 bad.-württ. GemO; Art. 2 Abs. 1 bay. GemO; § 12 hess. GemO; § 13 nieders. GemO; § 1 0 nordrh.-westf. GemO; § 4 Abs. 3 rheinl.-pfälz. GemO; § 1 1 Abs. 2 schlesw.-holst. GemO. Gegen mißbräuchliche Verwendung eines Gemeindenamens besitzt die Gemeinde einen Unterlassungsanspruch (Soergel-Siebert, BGB, 10. Aufl. 1967, Rdnr. 101 ff. zu § 12); vgl. auch BVerwGE 44, 351; OVG Münster DVB1. 1973, 315. Hierfür ist in der Regel bei Neuverleihung der Innenminister zuständig, in Baden-Württemberg die Landesreg., in Schleswig-Holst. sollen sonstige Bezeichnungen nicht mehr verliehen werden ( § 1 1 Abs. 2 schlesw.-holst. GemO). In Bad.-Württ. ist für kreisangehörige Städte mit besonderer Bedeutung die Bezeichnung „Große Kreisstadt" eingeführt worden. Klüber, GemeindeR, S. 136.
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e) Wirtschaftliche Betätigung und kommunale Versorgungsunternehmen: In der Sachverwaltung von gemeinnützigen Einrichtungen für die Bewohner eines geschlossenen Siedlungsgebietes liegt der Ursprung der kommunalen Selbstverwaltung. Der Unterhaltung von Einrichtungen, die dem Wohle der Einwohner dienen, kommt nach wie vor bei der kommunalen Tätigkeit für die Daseinsvorsorge besondere Bedeutung zu 136 . Die Bezeichnung „wirtschaftliche Betätigung" ist mißverständlich, weil die Gemeinde zwar ökonomisch handelt, ohne jedoch damit Angelegenheiten, welche privatwirtschaftlich zu erledigen sind, in eigene Zuständigkeit zu ziehen. Nicht die Erwerbsabsicht, sondern die Gemeinnützigkeit muß bei allen kommunalen Einrichtungen die Entscheidungen der Gemeinde leiten. Zu den „wirtschaftlichen" Unternehmen gehört vor allem die Versorgung mit Trinkwasser, die Abwässerbeseitigung und Kanalisation, die Anlage von Gas- und Stromleitungen, von Verkehrsmitteln oder Sparkassen. Die Gemeinden sind ermächtigt, die Unternehmen im Eigenbetrieb oder auf privatrechtlicher Grundlage zu führen 1 3 7 . Da die Gemeinden nur gemeinnützig handeln dürfen, ist es ihnen untersagt, wirtschaftliche Unternehmen zu errichten oder zu übernehmen, sofern es nicht ein dringender öffentlicher Zweck gebietet 1 3 8 . Zugleich muß ein angemessenes Verhältnis zwischen Bedarf, Leistungsfähigkeit und finanzieller Belastung des Trägers bestehen sowie die Gewähr geboten sein, daß der Zweck nicht in anderer Form besser oder ökonomischer erfüllt werden kann. Das betrifft nicht nur die Möglichkeit privatwirtschaftlichen Handelns, sondern auch die Frage einer interkommunalen Regelung der Trägerschaft, die einem Gemeindeverband oder dem Kreis zufallen soll, wenn ein Vorhaben in einem größeren Gebiet und zur Versorgung einer größeren Personenzahl mit optimalem Effekt vollzogen werden muß. Diesem Grundsatz entspricht eine andere Voraussetzung nicht, wonach ein wirtschaftliches Unternehmen der Gemeinde einen Ertrag für den Haushalt abwerfen soll 139 . Geht man davon aus, daß der „Municipalsozialismus" erst dadurch Bedeutung gewann, daß die im industrielltechnischen Prozeß unabdingbaren zivilisatorischen 136 137
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Stern / Püttner, Die Gemeindewirtschaft, 1965. Die Eigenbetriebsverordnung vom 21. 11. 1938 (RGBl. I S. 1650 und RMB1. i. V. 1939 Sp. 633) gilt in ihren wichtigsten Grundsätzen als Landesrecht fort. Ihr Inhalt ist jedoch nur „entsprechend" anzuwenden, um sie geltendem Verfassungsrecht anzupassen. Eigenbetriebe als nichtrechtsfähige öffentliche Anstalten unterscheiden sich vom Regiebetrieb, der nicht selbständig organisiert ist. Versorgungsbetriebe sind regelmäßig als „Stadtwerke" organisiert, denen auch die Verkehrsbetriebe angeschlossen werden können. Dienstherr der Beschäftigten ist die Gemeinde, deren Organe auch über die Grundsätze der Leitung und Aufgabenerfüllung entscheiden. Noch weiter geht der neue § 2 Abs. 1 S. 3 schlesw.-holst. GemO; danach hat die Gemeinde zu prüfen, ob eine Aufgabe, die zu erfüllen sie nicht gesetzlich verpflichtet ist, „nicht ebenso gut auf andere Weise, insbesondere durch Private, erfüllt werden kann". Die in §§ 67, 69 und 72 D G O kodifizierten Grundsätze sind regelmäßig in den Kommunalgesetzen der Länder übernommen worden.
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Einrichtungen, welche ein ungestörtes Zusammenleben von Menschen auf engem Raum ermöglichen, in privatwirtschaftlichen Formen als Folge einer mangelnden Rentabilität nicht oder nur unzulänglich durchgeführt wurden, weshalb die Kommunen als Träger dieser Maßnahmen auftreten mußten, so wird offenbar, daß fiskalische Gesichtspunkte bei der Führung kommunaler wirtschaftlicher Unternehmen nicht im Vordergrund stehen dürfen. Indessen muß die Gemeinde bemüht sein, durch wirtschaftliche Unternehmen Unkosten für ihren Haushalt zu vermeiden. Häufig läßt sich ein Ausgleich in der Weise erreichen, daß bei einem Unternehmen erzielte Gewinne zur Deckung des Defizits bei anderen Betrieben verwendet werden können. Im Rahmen der Daseinsversorgung der Kommunen liegt es ferner im Belieben einer Gemeinde, sich an privatwirtschaftlichen Unternehmen zu beteiligen, soweit ihre Haftung als Mitglied begrenzt wird 140 . Bereits durch eine solche Mitgliedschaft kann eine Gemeinde zur Förderung der Infrastruktur ihres Gebietes neben dem Umland beitragen. Häufig geschieht das jedoch auch in der Weise, daß sie, sei es durch Bereitstellung von Gelände für gewerbliche Unternehmen, sei es durch unmittelbare Förderung bei ihrer Niederlassung oder bei einer Ausweitung oder Umstellung der Produktion administrative oder finanzielle Förderung gewährt. Dabei sind jedoch Abmachungen über Steuernachlässe oder Zahlungen von verlorenen Zuschüssen unzulässig, wie auch jede Maßnahme, die zur Disqualifizierung anderer gewerblicher Unternehmen führen könnte. Der kommunalen Selbstverwaltung kommt in der Gegenwart in keinem anderen Sachbereich derartige Bedeutung zu wie durch die vielfältigen Maßnahmen der Daseinsvorsorge für ihre Einwohner, wobei zugleich die Notwendigkeit einer gesunden Struktur des Umlandes bei den verantwortlichen Organen Beachtung finden muß 1 4 1 . 2. Kommunale Verbundverwaltung (Samtgemeinden und Zweckverbände) Manche öffentlichen Leistungen können von einer einzelnen Gemeinde allein nicht erbracht werden, wie etwa die Unterhaltung eines Krankenhauses, eines Altenheimes, einer Berufsschule oder die Versorgung mit Wasser und Energie 1 4 2 . 140
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§ 104 Abs. 1 bad.-württ. GemO; Art. 91 Abs. 1 bay. GemO; § 99 Abs. 1 hess. GemO; § 110 Abs. 1 nieders. GemO; § 90 Abs. 1 nordrh.-westf. GemO; § 87 Abs. 1 rheinl.pfälz. GemO; § 85 Abs. 1 saarl. GemO; § 102 Abs. 1 schlesw.-holst. GemO. Köttgen, Die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde, 1960; H. J. Wolff, AfK 2 (1963), S. 149ff.; Loschelder, in: Fg. f. Johns, Bd. 2, 1965, S. 1 ff.; Stern / Püttner, Die Gemeindewirtschaft, 1965; Forsthoff, Die Daseinsvorsorge und die Kommunen, 1958; Klüber, GemeindeR, S. 236ff.; Pagenkopf, KommunalR, S. 330ff.; Thieme, Verwaltungslehre, Rdnr. 438 ff. Laux, Referat über „Methoden und Technik einer Verwaltungsreform im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung", Manuskript eines Referates vom 26. März 1968 (ev. Akademie Bad Boll), DVB1. 1968, 374ff.
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Eine Lösung liegt für viele Orte in der Bildung von „Verwaltungsgemeinden", d. h. Samtgemeinden oder Ämtern als Verbundkörperschaften. Der Organisation der kommunalen Verbundverwaltung ist ein breiter Rahmen gesetzt. Die loseste Form ist ein für einen überschaubaren Zeitraum übernommener spezieller Tätigkeitsbereich einiger weniger Gemeinden, deren Durchführung durch Verwaltungsvereinbarung geregelt wird. Bei Angelegenheiten, die auf die Dauer zweckmäßigerweise von mehreren benachbarten Trägern erfüllt werden, können die Nachbargemeinden einen Zweckverband bilden, eine häufig beobachtete Form gemeinsamen Handelns mehrerer Gemeinden, sei es nun auf dem Gebiet der Versorgungs- oder Bildungseinrichtungen oder kultureller Angelegenheiten 1 4 3 . In einem solchen „System von Gemeinden" 1 4 4 sind Samtgemeinden, Ämter und Verbandsgemeinden Einrichtungen, die nicht mehr einem besonderen Zweck dienen, sondern eine umfassendere öffentliche Tätigkeit wahrnehmen 1 4 5 . Die gesetzliche Bezeichnung Samtgemeinde für solche zusammengesetzte Gemeindeverbände findet sich jedoch nur in Niedersachsen, während in Schleswig-Holstein die Bezeichnung „Ämter" oder „Kirchspielsgemeinden", in Rheinland-Pfalz „Verbandsgemeinden" gebräuchlich ist. Samtgemeinden sind Bundeskörperschaften, deren Mitglieder (Gemeinden) sich entweder freiwillig oder auf Grund staatlicher Anordnungen zusammenschließen. In der Regel haben Samtgemeinden als Organe eine Samtgemeindevertretung, einen Ausschuß und einen Vorsteher. Die Vertretung besteht aus den Ratsvorsitzenden und weiteren gewählten Organwaltern der samtangehörigen Gemeinden für die Dauer ihres kommunalen Mandats. Diesem Organ sind die Richtlinienentscheidungen vorbehalten, wie der Erlaß von Satzungen, Entscheidungen über die Übernahme neuer Aufgaben, Verwaltung des Vermögens, Berufung des Hauptverwaltungsbeamten u. a. Die Vertretung wählt sich aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden. Kollegiales Lenkungsorgan für die Geschäftserledigung ist - soweit nicht der Hauptverwaltungsbeamte unmittelbar zuständig ist - , der Samtgemeindeausschuß, dessen Mitglieder als Organwalter der angehörigen Gemeinden durch Wahl der Samtgemeindevertretung berufen werden. Der Samtgemeindevorsteher ist in der Regel hauptamtlich tätig und wird regelmäßig für einen Zeitraum von 1 0 - 1 2 Jahren ins Amt berufen. Der Samtgemeindedirektor kann zugleich in Realunion Vorsteher einer Gliedgemeinde sein und führt die laufenden Geschäfte. Er hat die in den Gemeinden obliegenden Verwaltungsaufgaben zu koordinieren und kann mit der Erledigung staatlicher Angelegenheiten betraut werden 1 4 6 . 143
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ZweckverbandsG vom 7. Juni 1939 (RGBl. I, S. 979); Klüber, in: HBKWP I, S. 541 ff.; Gönnenwein, GemeindeR, S. 431 ff.; Wolff / Bachof, VwR II, § 91. Bröring, Die Verwaltungsgemeinschaft, 1973. Die einschlägigen Gesetze: §§ 71, 72 nieders. GemO; §§ l f f . nieders. SGVO; §§ 2, 5 rheinl.-pfälz. VerbandsO; §§ 67, 68 rheinl.-pfälz. GemO; §§ 1, 4, 5 schlesw.-holst. AmtsO; in Bayern gibt es Verwaltungsgemeinschaften als Zweckverbände (BayG über komm. Zusammenarbeit v. 12. Juli 1966 i. d. F. v. 4. Juni 1974, GVB1. S. 245), in Bad.Württ. und in Hessen lediglich kommunale Verwaltungsgemeinschaften. In Nieders.
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Die Samtgemeinde besitzt keine Kompetenz-Kompetenz. Sie kann deshalb keine Angelegenheiten der amtsangehörigen Gemeinden an sich ziehen. Ein solches Recht auf Zuständigkeitserweiterung gegen den Willen der betroffenen Gemeinden, wie es noch für die preußischen Ämter galt 147 , wird heute vor allem mit dem Hinweis auf die Unvereinbarkeit mit dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden abgelehnt. Den Aufgabenkatalog der Samtgemeinden bestimmt vielmehr die Entschließung der amtsangehörigen Gemeinden. Insoweit ist ihre Zuständigkeit gesetzlich nicht beschränkt 1 4 8 . Obwohl das Recht der Selbstverwaltung den Samtgemeinden in dem laut Beschluß ihrer Mitgliedsorgane gesetzten Rahmen zusteht, üben sie meist Verwaltungsaufgaben nach Weisung und im übertragenen Wirkungsbereich aus, vor allem im Ordnungswesen. Die entlasten auch die Kassen- und Rechnungsführung der angehörigen Gemeinden und können von den großräumigeren Gebietskörperschaften, den Landkreisen, bestimmte Selbstverwaltungsaufgaben zur eigenverantwortlichen Erledigung übertragen erhalten. Die finanziellen Mittel für die Samtgemeinden werden durch Umlage von den angehörigen Gemeinden aufgebracht. Daneben gibt es allgemeine und zweckgebundene staatliche Finanzzuweisungen. Schließlich kann eine Samtgemeinde unter den rechtlichen Voraussetzungen Gebühren und Beiträge erheben. Zweckverbände können von Gemeinden freiwillig für bestimmte Aufgaben oder auf Grund von Spezialgesetzen beim Vorliegen besonderer Umstände gebildet werden 1 4 9 . Nach § 4 BBauG sind Planungsverbände „zum Wohle der Allgemeinheit, insbesondere aus Gründen der Raumordnung" und zum Ausgleich verschiedener Belange zu bilden. Auch für die Übernahme der Trägerschaft von Schulen, Sparkassen oder Versorgungs- und Verkehrsunternehmen können Zweckverbände die Trägerschaft übernehmen 1 5 0 . Organe der Zweckverbände sind die von Repräsentanten der Verbandsmitglieder gewählte Zweckverbandsversammlung als willensbildendes Organ, ferner ein Zweckverbandsausschuß als Lenkungsorgan, dessen Angehörige teils von den Organen der Mitglieder, teils durch die Zweckverbandsversammlung bestimmt
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Samtgemeinderat; Rheinl.-Pf. Verbandsgemeindevertretung; Schlesw.-Holst. Amtsausschuß; in Nieders. Samtgemeindedirektor; in Rheinl.-Pf. Verbandsbürgermeister; in Schleswig-Holst. Amtsvorsteher. - Zur Verfassungsmäßigkeit der Schlesw.-Holst. AmtsO; OVG Lüneburg DVB1. 1970, 801 ff.; OVG Lüneburg OVGH 26, 487; B. Bekker, Gemeinde und Amt, 1968. § 9 Abs. 1 Gesetz über die Regelung verschiedener Punkte des Gemeindeverfassungsrechts vom 27. 12. 1927 (GS S. 211). Wolff/ Bachof, VwR II, § 88; Gönnenwein, GemeindeR, S. 411 ff. Z. B. VO vom 3. Dez. 1920 betr. Ruhrsiedlungsverband; § 7 nordrh.-westf. LPlanG vom 1. Juni 1962; nieders. G vom 14. Dez. 1962 für den Verband Großraum Hannover in der Neufassung vom 2. 11. 1977 (GVB1. S. 569). Z. B. für Schulen: §§ 11, 33 nordrh.-westf. SchVG; für Sparkassen und Giroverbände: § 43 nordrh.-westf. SparG; aber auch für alle sonstigen kommunalen Aufgaben.
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werden, sowie ein monokratischer Zweckverbandsvorsteher für die Führung der laufenden Geschäfte. Er ist in der Regel ehrenamtlich tätig, häufig Vorsteher einer Mitgliedgemeinde und wird meist zu einer bestimmten Frist ins Amt berufen. Der Rechtsnatur einer Samtgemeinde nähert sich der bayerische Aufgabenverband, der einfache Geschäfte der laufenden Verwaltung zu erledigen hat und daneben die Gemeinden von Kassen- und Rechnungsgeschäften entlastet 151 . In Baden-Württemberg, wo sich die Zahl der Gemeinden auf V 3 der im Jahre 1968 bestehenden reduzierte, bildete man um die Großstädte Heidelberg, Mannheim, Karlsruhe, Pforzheim, Reutlingen-Tübingen, Stuttgart und Ulm mit Wirkung vom 1. Januar 1976 Nachbarschaftsverbände1S2. Es handelt sich dabei um Zweckverbände, deren Mitglieder Städte, Gemeinden und Landkreise im Nachbarschaftsbereich sein sollen. Ihre Aufgabe liegt vor allem in der vorbereiteten Bauleitplanung, doch können ihm auch weitere Gemeindeaufgaben übertragen werden. Eine Majorisierung der „Kernstadt" soll durch Regelung des Stimmenverhältnisses in der Verbandsversammlung verhindert werden. Im Bereich der Mittelstädte ist eine ähnliche Regelung noch nicht vorgesehen. Hier sollen vor allem durch Eingemeindungen die Probleme des Stadtumlandes gelöst werden 153 . 3. Der Kreis a) Kreisverfassung: Der Kreis 154 ist eine Gebietskörperschaft, deren Fläche sich in eine Vielzahl größerer und kleinerer Gemeinden gliedert. Der Ursprung seiner Ordnung führt zu den Einrichtungen gleichen Namens im Reich, in Böhmen und in den ostelbischen Territorien zurück, wo ein starkes genossenschaftliches Element die Ausbildung der Amtsverwaltung - als Ausdruck herrschaftlicher Administration — hemmend und beschränkend beeinflußte. Mochten auch bis ins 19. Jahrhundert hinein die politischen Repräsentanten vornehmlich Angehörige der Ritterschaft oder Gutsbesitzer sein, so blieb doch durch ihren Einfluß, vor allem im Zeitalter des Absolutismus, in den brandenburgisch-preußischen Kreisen ein Element der Teilnahme der „landbewohnenden Leute" am politischen Geschehen erhalten. Aus dieser Erkenntnis heraus suchte deshalb Freiherr vom Stein im Zusammenhang mit der Städteordnung die Bevölkerung des flachen Landes an der Verantwortung für den Staat durch eine Kreisordnung zu beteiligen. Sein Werk fand indessen erst mit der Kreisordnung von 1872 eine Vollendung 155 , worin eine dem Rechtsstaat entsprechende Kommunalverfassung entwickelt wurde, welche 151 152 153
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§§ 50, 55 bayer. G üb. komm. ZusArb; Kneymeyer, Bay. Kommunalrecht, S. 211 ff. Viertes Gesetz zur Verwaltungsreform vom 9. Juli 1974 (GBl. 261). Besonderes Gemeindereformgesetz vom 9. Juli 1974 (GBl. 248); vgl. zum Stadt-Umland-Problem E. Schmidt-Aßmann, a. a. O., S. 520 ff. G. Chr. von Unruh, Der Kreis, 1964; G. Chr. von Unruh, Der Landrat, 1965; Lerche, D Ö V 1969, 53ff.; H. U. Evers, DVB1. 1969, 765 ff.; Der Kreis, Hbd., 1972; G. SchmidtEichstaedt / W. Haus, Die Kreisordnungen in der Bundesrepublik Deutschland, 1975. G. Chr. von Unruh, in: Westfälische Forschungen, 1968, S. 1 ff.; R. von Gneist, Pr. Jahrb. 1876, S. 257ff.; G. Chr. von Unruh, Der Kreis, S. 122ff.
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diese Gebietskörperschaft sowohl als kommunale Institution wie als staatlichen Verwaltungsbezirk verstand, an dessen Aufgaben ehrenamtlich tätige Repräsentanten verantwortlich mitwirkten. Zugleich brachte die Kreisordnung einen wichtigen Fortschritt in der Entwicklung der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Eine eigenartige Mittlerstellung zwischen Staats- und Selbstverwaltung nahm in genuiner Fortsetzung eines jahrhundertelangen Prozesses der Landrat ein, der als staatlicher Beamter gewählter Vorsitzender des Kreistages, der Vertretungskörperschaft der Einwohner, wie des „Kreisausschuß" genannten kollegialen Beschlußorganes war und die laufenden Kreisgeschäfte führte. Die Bezeichnung „Kreis" wurde am 1. Januar 1939 156 in allen Ländern des Reiches für die Körperschaften eingeführt, die bisher Ämter oder Amtsbezirke hießen und die gebietliche Grundlage für eine Korporation bildeten, die von einer über den Bereich der Ortsgemeinde hinausreichenden Gemeinschaften getragen waren 1 5 7 . Mochte auch im Jahre 1939 keine gewählte Vertretungskörperschaft der Kreiseinwohner bestehen, so blieb doch bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges neben dem Landrat noch ein kollegiales Verwaltungsorgan, der Kreisausschuß, erhalten. Art. 28 Abs. 2 G G bestätigte dann in allen Ländern der Bundesrepublik die herkömmliche gebietskörperschaftliche Verfassung des Kreises mit einer unmittelbar vom „Volk im Kreis" gewählten Vertretungskörperschaft. Diese Verfassung entspricht der sozial-ökonomischen Entwicklung, die den Kreis immer stärker „zu einer wirtschaftlichen, verkehrsmäßigen, siedlungsmäßigen und damit sozial vielfältig verflochtenen Einheit" 1 5 8 verschmolzen hat. Diesem Prozeß hat der Gesetzgeber in der Bundesrepublik bereits Rechnung getragen, wenn er, wie in § 96 BSHG geschehen, die Landkreise neben den kreisfreien Städten zu „örtlichen Trägern der Sozialhilfe" bestimmte 1 5 9 . Wenn nun, ungeachtet der gebietskörperschaftlichen Stellung des Kreises neben den Gemeinden in Art. 28 Abs. 1 G G nur diesen in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 G G die Regelung „aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft" garantiert ist, so waren hierfür neben historisch bedingten Relikten der dualistischen Vorstellung von Staats- und Selbstverwaltung das Subsidiaritätsprinzip als funktionales Leitbild maßgebend. Wenn der Kreis auch hinsichtlich seines Wirkungsbereiches keine 156 157 158
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Dritte VO über den Neuaufbau des Reiches vom 28. Nov. 1938 (RGBl. I, S. 1021). Wolff / Bachof, VwR II, § 891. Wolff / Bachof, VwR II, § 89 II; W. Thieme, Verwaltungslehre, Rdnr. 428; die Bedeutung des Kreises als selbständigen Trägers von kommunalen Aufgaben hat im übrigen in den letzten Jahren noch beträchtlich zugenommen. Das ist vielfach eine Folge von Maßnahmen der Legislative, die für die Erledigung von öffentlichen Aufgaben den leistungsfähigsten Träger zu bestimmen suchte. Als solcher kamen vielfach auch die nach den Gebietsreformen an Fläche und Einwohnerzahl beträchtlich vergrößerten kreisangehörigen Gemeinden nicht in Betracht, so daß entgegen früheren Vorstellungen neben und außer den Städten die Kreise Aufgaben erhalten mußten, die nach herkömmlicher Vorstellung „örtlichen" Charakter besaßen. Entsprechendes gilt für Aufgaben der Jugendhilfe und Jugendpflege ( § 1 2 JWG vom 9. 7. 1922, RGBl. I, S. 633 i. d. F. vom 6. 8.1970; BGBl. I, S. 1197).
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erneute Erwähnung im Verfassungstext findet, so ist doch auch ihm „das Recht der Selbstverwaltung" gewährleistet, wiewohl unter der Einschränkung des gesetzlichen Aufgabenbereiches und „nach Maßgabe der Gesetze", wie allgemein den Gemeindeverbänden 160 . Nach dem Verfassungsrecht des Bundes und der Länder ist der Kreis eine Gebietskörperschaft und als gegliederte Einheit sowie als Träger von kooperativen Funktionen zugleich ein Gemeindeverband 161 . Als unmittelbare kommunale Selbstverwaltungskörperschaft besitzt der Kreis enge Funktionsbeziehungen zu den in seinem Gebiet gelegenen, an Fläche kleineren Kommunalgemeinwesen, der ihm „angehörigen Gemeinden, deren Maßnahmen vom Kreis - neben der Erfüllung eigener und vom Staat übertragener Angelegenheiten - gefördert und ergänzt werden" 162 . Mitglieder des Kreises sind die Einwohner seines Gebietes, das aus der Fläche der ihm angehörigen Gemeinden und gemeindefreier Grundstücke besteht. Die meisten Kreisordnungen fordern, daß seine Fläche so bemessen sein soll, daß eine Verbundenheit der Kreiseinwohner untereinander entstehen kann und eine angemessene Leistungsfähigkeit gewahrt bleibt. Die Größe der Kreise ist wie die der Gemeinden in den Ländern der Bundesrepublik unterschiedlich. Die durchschnittliche Flächengröße liegt bei 800-900 km 2 , die Einwohnerzahl bei 150000 Menschen 163 . Die Bezeichnung der kommunalen Körperschaft lautet in den meisten Fällen noch Landkreis, wenn auch bereits Bedenken dagegen geäußert und allgemein auch die rechtliche Benennung als „Kreis" wie in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein vorgeschlagen wurde. Wie die Gemeinden besitzen auch die Kreise Gebietshoheit. Grenzänderungen oder die Neubildung von ihnen erfordert daher regelmäßig ein formelles Gesetz 160 161
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Hierzu ausführlicher oben S. 92 f. Den gebietskörperschaftlichen Charakter des Kreises bringt die seit Freiherr vom Stein gebräuchliche Bezeichnung „Kreisgemeinde" zum Ausdruck. Das Wort Gebietskörperschaft fehlt lediglich in der KreisO Bad.-Württ., wo er in § 1 Abs. 2 „Körperschaft des öffentlichen Rechts" genannt wird. In § 1 schlesw.-holst. KreisO wird er „dem Lande eingegliederte Gebietskörperschaft" und in §§ 1 KreisO Nds., Nordrh.-Westf., Rheinl.Pf. und Saarl. „Gemeindeverband und Gebietskörperschaft" genannt. G. Chr. von Unruh, Verfassung und Auftrag des Kreises im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, 1967, S. 19 ff.; Stern, Die verfassungsrechtliche Garantie des Kreises, in. Der Kreis, Handb., Bd. 1, S. 156ff. (171 ff.), Wiese, Garantie der Gemeindeverbandsebene?, 1972, S. 36f., 41 f. u. 48; Pappermann, D Ö V 1975 S. 181 ff. - Zur Kennzeichnung der Eigenart des Kreises schlagen Wolff/ Bachof vor, ihn eine „Gemeindeverbundkörperschaft" zu nennen (Wolff! Bachof, VwR II, § 89 Ib); Andriske, Aufgabenneuverteilung im Kreis, 1978, S. 50ff. und 84ff. Am 31. Dezember 1976 gab es in der Bundesrepublik 239 Landkreise und 86 kreisfreie Städte. Von den Landkreisen entfielen auf Bayern 71, Baden-Württemberg 25, Hessen 24, Niedersachsen 37, Nordrhein-Westfalen 31, Rheinland-Pfalz 24, Saarland 6 und auf Schleswig-Holstein 11 Landkreise. 83 Landkreise hatten 50000 bis 100000 Einwohner, 108 hatten 100000 bis 200000 und 18 hatten 300000 bis 500000 Einwohner.
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oder jedenfalls eine Rechtsverordnung. Das Namens- und Wappenrecht des Kreises entspricht dem der Gemeinden. In manchen Ländern besitzen größere kreisangehörige Gemeinden eine besondere Stellung im Kreis. So können in Baden-Württemberg Orte mit mehr als 20000 Einwohnern zu „großen Kreisstädten" erklärt werden, welche auch Aufgaben der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde wahrnehmen können. Entsprechendes gilt für die „großen Kreisstädte" (Gemeinden mit mehr als 30000 Einwohnern) in Bayern. Ohne besondere Namensbezeichnung haben auch in Hessen solche Städte eine administrative Sonderstellung. In Niedersachsen können sie gem. § 10 Abs. 2 GemO „selbständige Stadt" und in Rheinland-Pfalz „große kreisangehörige Stadt" werden. Im Saarland ist für Orte mit mehr als 4 0 0 0 0 Einwohnern die Rechtsstellung einer Mittelstadt vorgesehen. In SchleswigHolstein kann Städten mit mehr als 20000 Einwohnern der Erledigung von Weisungsaufgaben übertragen werden. Die Vertretung von Gemeinden in Kollegialorganen des Kreises ist nirgends vorgesehen 164 . b) Kreisorgane• Organe der Landkreise sind der Kreistag, der Kreisausschuß und ein Hauptverwaltungsbeamter. Dieser führt in Nordrhein-Westfalen und in Niedersachsen die Bezeichnung Oberkreisdirektor, während er in den übrigen Ländern wie herkömmlich Landrat genannt wird. aa) Vertretungskörperschaft (Kreistag): Der Kreistag ist nach der Vorschrift des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG das Repräsentativorgan der Kreiseingesessenen. Ihm sind Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung vorbehalten, wie der Erlaß und die Änderung und Aufhebung von Kreissatzungen, die Feststellung des Haushaltsplanes, Entscheidung über die Übernahme neuer Kreisaufgaben, der Vermögensverwaltung und die Bestellung des Hauptverwaltungsbeamten. In der Regel ist dem Kreistag ein enumerativ verfaßter Katalog von Aufgaben ausschließlich zugewiesen. Dem Kreistag kann der Hauptverwaltungsbeamte sowohl stimmberechtigt als nicht stimmberechtigt angehören 1 6 5 . In Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und in Schleswig-Holstein präsidiert dem Kreistag ein Mitglied der Vertretungskörperschaft ohne weitere administrative Funktionen. Er heißt in Hessen Kreistagsvorsitzender, in Schleswig-Holstein Kreispräsident, in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen (irreführenderweise) Landrat. Da sich der Kreistag wegen der Zahl seiner Mitglieder (in der Regel 40 und mehr Personen) und der Schwierigkeit, sich wegen des Gebietsumfanges häufiger versammeln zu können, nicht laufend mit einzelnen Verwaltungsaufgaben beschäftigen kann, so nimmt außer den vom Kreistag gebildeten Fachausschüssen - mit Ausnahme von Baden-Württemberg - der Kreisausschuß, im Saarland Kreisrat genannt, diese Aufgaben als ein kollegiales Verwaltungsorgan wahr. Der Kreisausschuß besteht nach übereinstimmender Regelung aus Angehörigen des Kreistages unter Vorsitz des Hauptverwaltungsbeamten. 164 165
Pappermann, VerwArch 65 (1974), S. 163 ff. § 16 bad.-württ. LKreisO; Art. 24 bay LKreisO, § 15 Abs. 1 rheml.-pf. LKreisO und § 28 Abs. 1 saarl. LKreisO
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Eine andere Regelung ist nur in § 36 hess. KreisO getroffen, wo die Mitglieder des Kreisausschusses nicht Kreistagsabgeordnete sein dürfen und wo die Stellen von Kreisbeigeordneten (Mitgliedern des Kreisausschusses) in Kreisen mit mehr als 120000 Einwohnern hauptamtlich verwaltet werden können. In Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen führt der ehrenamtliche Landrat den Vorsitz im Kreistag und im Kreisausschuß, jedoch nur in diesem der hauptamtliche Landrat in Bayern (§ 33 KreisO, § 36 und 44 KreisO), in Rheinland-Pfalz (§ 40KreisO), im Saarland ( § 3 8 KreisO) und in Schleswig-Holstein (§ 45 KreisO). In Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen ist der Oberkreisdirektor zur Teilnahme an den Sitzungen mit besonderen Befugnissen berechtigt und verpflichtet 166 . Manche Kommunalgesetze sehen vor, daß der Kreistag die Behandlung von bestimmten Angelegenheiten an sich ziehen kann 1 6 7 . bb) Der Hauptverwaltungsbeamte des Kreises ist Beamter auf Zeit. Sein Auftrag war und ist es, die Belange des Kreises und des Staates angemessen zu berücksichtigen, um auf diese Weise Spannungen zwischen Staats- und Selbstverwaltung zu lösen. Der mit Ausnahme von Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen „Landrat" genannte Hauptverwaltungsbeamte ist für die Ausführung der Beschlüsse der kollegialen Organe und für die Führung der laufenden Verwaltungsgeschäfte verantwortlich. Außerdem sind ihm die Aufgaben nach Weisung des Staates übertragen 168 . Der Landrat wird in Bayern unmittelbar vom Kreisvolk (Art. 31 KreisO), in den übrigen Ländern vom Kreistag gewählt. Bei seiner Bestellung wirken in BadenWürttemberg, in Nordrhein-Westfalen und in Schleswig-Holstein staatliche Dienststellen mit. In Rheinland-Pfalz und im Saarland ernennt die Landesregierung den Landrat unter Zustimmung des Kreistages (§§ 42 Abs. 1 rheinl.-pf. KreisO, und 39 Abs. 1 saarl. KreisO). Ein „föderatives" Organ gibt es in den Kreisen nicht. Die hin und wieder geäußerte Forderung nach seiner Einrichtung verkennt, daß der Kreis eine Gebietskör166
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In Bad.-Württ. gibt es keinen Kreisausschuß, sondern nur „Beschließende" und „Beratende Ausschüsse" (§ 2 6 L K r e i s O ) . In Nieders., Nordrhein-Westf. und dem Saarl. gehören nur Kreisvertreter dem Kreisausschuß an (§§ 49, 5 0 nieders. KreisO, § 35 Abs. 2 nordrh.-westf. KreisO, § 36 saarl. KreisO und Art. 27 bay. KreisO sowie § 37 rheinl.-pf. KreisO und §§ 45 u. 4 6 schlesw.holst. KreisO). - In Bad.-Württ. gibt es nur beschließende und beratende Ausschüsse für mannigfache Fachbereiche (§§ 2 6 - 2 8 KreisO). In Nordrh.-Westf. (§ 38 Abs. 1 Satz 2 KreisO) und in Nieders. (§ 55 Abs. 2 KreisO) muß der hier Oberkreisdirektor genannte Hauptverwaltungsbeamte die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst oder zum Richteramt haben. In den übrigen Ländern ist eine bestimmte berufliche Vorbildung nicht vorgeschrieben, doch erwartet man „persönliche Eignung" oder „Erfahrung auf dem Gebiet der gemeindlichen Selbstverwaltung". D i e Wahlzeit des Landrats beträgt in Bayern und Hessen 6, in den übrigen Ländern 12 Jahre. Eine festgelegte Amtszeit besteht für den „staatlichen" Landrat in Rhein.-Pf. und im Saarl. nicht. - Zur Zuständigkeit: Art. 34, 35 u. 37 bay. KreisO, §§ 37ff. bad.-württ., §§ 4 4 - 4 7 hess., §§ 5 7 - 6 0 nieders., § 37 nordrh.-westf., § 41 rheinl.-pf., §§ 4 0 f f . saarl. und 5 2 schlesw.-holst. KreisO.
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perschaft ist und daß es die Entscheidungsbefugnisse der Vertreter des „Volkes im Kreis" durch ein Repräsentativorgan der im Kreis gelegenen Gemeinden hemmen würde, falls eine Vertretung der Gemeinden bei Entscheidungen unmittelbar mitwirken könnte. Im übrigen wäre die Zusammensetzung eines solchen föderativen Organs problematisch, weil die Gefahr einer Majorisierung der kleineren durch die größeren Gemeinden und eine Benachteiligung von zentralen O r t e n durch andere Gebietskörperschaften dabei kaum auszuschließen ist. Eine enge und ausreichende funktionale Verbindung zwischen d e m Kreis und seinen Gemeinden wird neben der Tatsache, daß die Kreistagsabgeordneten zugleich auch Mitglieder einer kreisangehörigen Gemeinde sind, durch die häufigen Z u s a m m e n k ü n f t e des Hauptverwaltungsbeamten mit den Gemeindevorstehern (sog. Bürgermeisterversammlungen) hergestellt. Hier haben — neben ständigen persönlichen Kontakten der Gemeindevorsteher zum Kreisvorsteher - die Vertreter der G e m e i n d e n die Möglichkeit, spezielle kommunale Anliegen vorzutragen. Die Außenvertretung des Kreises obliegt in der Regel kraft Gesetzes dem Hauptverwaltungsbeamten oder seinem allgemeinen Vertreter. Verpflichtungserklärungen, die nicht zu den laufenden Verwaltungsgeschäften gehören, bedürfen der Schriftform durch eigenhändige Unterschrift des oder der bestimmten Organwalter 1 6 9 . c) Aufgaben des Kreises: Die Bedeutung der Kreise als Leistungsträger zeigt sich in dem von Jahr zu Jahr wachsenden Haushaltsvolumen. Die Kreise der Bundesrepublik unterhalten etwa 5 6 0 0 0 km Kreistraßen, 258 Krankenhäuser mit 6 0 0 0 0 Betten — daneben sind 4 0 Kreise finanziell neben anderen Trägern an Krankenhäusern mit 1 2 0 0 0 Betten beteiligt —, unterhalten 100 Krankenpflegeschulen, 300 Kranken- und über 100 Mütterberatungsstellen. Ferner unterhalten die Kreise mehr als 900 Berufsschulen, 800 Fachschulen und 334 Landwirtschaftsschulen, sowie 250 Gymnasien und Realschulen. aa) Unmittelbare Kreisaufgaben: Z u den Pflichtaufgaben des Kreises gehören die Sorge für die öffentliche Sicherheit und Ordnung - soweit nicht die Gemeinden primär zuständig sind - mit Straßenverkehrs- und Gewerbeaufsicht, die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten, das Staatsangehörigkeits- und Paßwesen, Verteidigungsangelegenheiten und der Bevölkerungsschutz. Im R a h m e n der Kommunalaufsicht hat der Kreis seine Gemeinden zu fördern und zu beraten. E r ist Träger der örtlichen Sozialhilfe, von weiterführenden allgemein- und berufsbildenden Schulen, der Jugendwohlfahrt und -fürsorge, sowie von wohnungsbaufördernden Maßnahmen. D e r Kreis ist verantwortlich für Planung und Unterhaltung der Kreisstraßen, das Gesundheits- und Veterinärwesen, er übt die Bauaufsicht in seinem Gebiet aus und ist Lastenausgleichsbehörde. Schließlich ist dem Kreis das Versicherungswesen übertragen. 169
In Nieders., Nordrh.-Westf., Hessen und Schlesw.-Holst, erfolgt eine Verpflichtung durch den Hauptverwaltungsbeamten und einen vertretungsberechtigten Beamten des Kreises (§ 40 Abs. 1 KreisO). Zur alleinigen Ausfertigung sind der Landrat in Bad.-Württ., Bay. und im Saarl. berufen (§ 39 Abs. 2 Satz 1 bad.-württ. KreisO, Art. 35 Abs. 2 bay. KreisO, § 43 Abs. 1 Satz 2 saarl. KreisO).
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Die freiwilligen Aufgaben des Kreises lassen sich in übergemeindliche, ergänzende und ausgleichende Maßnahmen gliedern 170 . Umfang und Intensität dieser Aufgaben richten sich nach der unterschiedlichen Gebietsgröße und der Leistungsfähigkeit der kreisangehörigen Gemeinden 1 7 1 . Übergemeindliche Aufgaben setzen ihrer Natur nach eine größere Fläche als das Gebiet einer einzelnen Gemeinde voraus. Zu diesen Aufgaben gehören die Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur, die Anlage und Unterhaltung von Nahverkehrsbetrieben sowie die Energie- und Wasserversorgung. Ergänzende Aufgaben fallen in die Zuständigkeit des Kreises, wenn ihre zweckmäßige Erfüllung die Verwaltungs- und Finanzkraft der einzelnen kreisangehörigen Gemeinden übersteigt. Dazu gehören die Unterhaltung weiterführender Schulen, Volkshochschulen, Museen und Büchereien, Alten- und Kinderheime, Krankenhäuser, sowie Abwässer- und Müllbeseitigung. bb) Ausgleichsfunktion des Kreises: Eine Ausgleichsfunktion übt der Kreis im wesentlichen durch Bereitstellung finanzieller Mittel an ortsgemeindliche Träger aus, die einer solchen Unterstützung zur ordnungsmäßigen Ausführung ihrer primär lokalen Angelegenheiten bedürfen. Die Zuständigkeitsverteilung zwischen dem Kreis und kreisangehörigen Gemeinden ist weniger ein Problem des Selbstverwaltungsrechts als eine Frage der Effizienz von kommunalen Leistungen, die der Träger am besten erfüllt, der sie den Umständen nach mit dem geringsten Aufwand und dem größten Effekt zum Nutzen und unter Beteiligung der Bürger vollbringen kann. Folgerichtig bestimmt deshalb auch § 20 Abs. 2 schlesw.-holst. KreisÖ, daß „Kreis und Gemeinden im Zusammenwirken alle Aufgaben der örtlichen Selbstverwaltung erfüllen" sollen 172 . d) Der Kreis als untere staatliche Verwaltungsbehörde: Staats- und Selbstverwaltung waren seit dem 19. Jahrhundert als Gegensätze verstanden worden. Folglich erkannte man als ein wesentliches Kennzeichen der Kommunalkörperschaften ihre organisatorische Unabhängigkeit von staatlichen Behörden. Da jedoch der Landrat eine Mittlerstellung als Staatsbeamter und als Vorsitzender einer kommunalen Vertretungskörperschaft besaß und eine Identität des Kreisgebietes mit dem Bereich der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde den Kreis stärker an die 170
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§ 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 hess. KreisO: „Die Kreise nehmen in ihrem Gebiet, soweit die Gesetze nichts anderes bestimmen, diejenigen öffentlichen Aufgaben wahr, die über die Leistungsfähigkeit der kreisangehörigen Gemeinden hinausgehen. Sie fördern die kreisangehörigen Gemeinden in der Erfüllung ihrer Aufgaben, ergänzen durch ihr Wirken die Selbstverwaltung der Gemeinden und tragen zu einem gerechten Ausgleich der unterschiedlichen Belastung der Gemeinden bei." Zur pragmatischen Problematik vgl. Frido Wagener, Die Städte im Landkreis, 1955. Bemerkenswerterweise betrachtet der Landesgesetzgeber Kreis und Gemeinde gleichmäßig als kompetent für die Erledigung von „örtlichen" Selbstverwaltungsaufgaben. Im übrigen soll der Kreis „seine Einwohner", soweit erforderlich - infolge seines gebietskörperschaftlichen Charakters - gleichmäßig versorgen und betreuen. - Zum Verhältnis von Kreis und Gemeinden bei disparaten Vorstellungen bei Maßnahmen und Willensbildungen des Kreises OVG Lüneburg D Ö V 1971,281; Andriske, S. 126 ff.
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Organisation des Staates band als die Gemeinde, wurde ihm vielfach eine mindere Unabhängigkeit ihr gegenüber zuerkannt, zumal auch Stadtkreise gemäß § 169 f. Pr. KreisO sowie §§ 3 und 4 schlesw.-Holst. LVwG unmittelbare Staatsaufgaben erledigen konnten. Nach geltendem Recht werden in Baden-Württemberg, Bayern und RheinlandPfalz die Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde durch das Landratsamt als staatliche Behörde erledigt. Der von den zuständigen kommunalen Körperschaften gewählte Landrat leitet in Baden-Württemberg und in Bayern die Behörde, während der Landrat in Rheinland-Pfalz nach eingeholter Zustimmung des Kreistages vom Ministerpräsidenten ernannt wird (§§ 2, 23 rheinl.-pfälz. KreisO). In Hessen ist gemäß § 55 hess. KreisO der Landrat Behörde der Landesverwaltung und untersteht als solcher dem Regierungspräsidenten. Wie in den anderen bereits genannten Ländern hat auch hier das Land dem Landrat die erforderlichen Dienstkräfte zur Erledigung der staatlichen Aufgaben zur Verfügung zu stellen; doch können auch Bedienstete des Kreises hierfür herangezogen werden. In Nordrhein-Westfalen werden die Aufgaben der unteren Verwaltungsbehörde monokratisch von dem leitenden Verwaltungsbeamten erledigt. Der Wirkungsbereich ist in § 48 nordrh.-westf. KreisO umrissen. Wie in Nordrhein-Westfalen bildet auch in Niedersachsen gem. § 1 Abs. 3 niedersächs. KreisO das Gebiet des Kreises zugleich den Bezirk der unteren Verwaltungsbehörde, was in SchleswigHolstein durch ein besonderes Gesetz 1971 eingerichtet wurde 173 . Die niedersächsischen Landkreise erfüllen die zum übertragenen Wirkungsbereich gehörenden zugewiesenen staatlichen Aufgaben als untere Verwaltungsbehörde und sind hierbei an die Weisung der zuständigen staatlichen Behörde gebunden. Dem Oberkreisdirektor obliegt gem. § 57 Abs. 1 Ziff. 6 die Verantwortung für die ordnungsmäßige Erledigung dieser Geschäfte. Die schleswig-holsteinische Kreisordnung spricht von den Kreisen als dem Lande eingegliederten Gebietskörperschaften, ohne über das Geschäftsverfahren einschlägige Bestimmungen zu treffen. Im Saarland schließlich ist der Landrat untere Verwaltungsbehörde; als staatlicher Beamter wird er von der Landesregierung nach Anhören des Kreisrates ernannt oder abberufen. Der L a n d e t leitet unter Aufsicht des zuständigen Ministers die allgemeine Landesverwaltung innerhalb des Kreises, und er hat dafür zu sorgen, daß die Geschäftsführung der übrigen Behörden im Kreis nach den Richtlinien der Landesverwaltung arbeitet 174 . In Rheinland-Pfalz und im Saarland sind mithin die Grundsätze der preußischen Kreisordnung für das Zusammenwirken von Staats- und Kommunalverwaltung im Kreis im wesentlichen übernommen und fortentwickelt worden. Für die Auftragsangelegenheiten kennen alle Landkreisordnungen der Bundesrepublik recht unterschiedliche Benennungen als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung, übertragene Aufgaben nach Weisung, Weisungsaufgaben oder übertragene Angelegenheiten. Das Kreisverfassungsrecht der deutschen Länder bietet im Hinblick auf das 173 174
GVOB1. 1971,64. § 10 des G über die allg. LVerwaltung des Saarl. vom 13. Juli 1950.
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organisatorische Verhältnis von Staats- und Kommunalverwaltung ein viel unterschiedlicheres Bild als die innere Organisation der Kreisselbstverwaltung. Zudem hat in den meisten Ländern der Grundsatz der „Einheit der öffentlichen Verwaltung" im Bereich des Kreises erhebliche Einbuße erlitten. Lediglich die schleswigholsteinische Kreisordnung sah in dem alten § 2 Abs. 3 vor, daß die vorhandenen Sonderverwaltungen möglichst auf die Kreisverwaltung überführt werden sollten. In Baden-Württemberg bleiben die Sonderbehörden bestehen. Eine Übertragung von Staatsaufgaben auf die Landkreise ist hier nicht vorgesehen. Dagegen können in Bayern gemäß Art. 37 Abs. 2 KreisO geeignete staatliche Aufgaben mit Ausnahme der Aufsicht über die Gemeinden durch Einzelgesetze auf die Kreisverwaltungen übertragen werden. In Hessen sollen neue Sonderverwaltungen gemäß § 2 KreisO nicht errichtet und die bestehenden möglichst aufgelöst werden. In Niedersachsen ist das Fortbestehen staatlicher Sonderbehörden der unteren Verwaltungsstufe vorausgesetzt. Über ihre Tätigkeit kann sich der Oberkreisdirektor lediglich in geeigneter Weise unterrichten (§ 57 KreisO). Eine stärkere Position räumt hier die nordrhein-westfälische Kreisordnung dem Oberkreisdirektor in § 49 Abs. 4 ein, da ihm aufgegeben ist, koordinierend zu wirken. Die KreisO von Rheinland-Pfalz schließlich enthält keinerlei Bestimmung über das Verhältnis von Kreisverwaltung zu staatlichen Sonderbehörden, was sich im Hinblick auf die Stellung des Landrats als Staatsbeamter zu den Vorstehern der im Gebiet des Kreises tätigen Sonderbehörden auch erübrigt. Das rechtsstaatliche Gebot einer Wiederherstellung der Einheit der Verwaltung sowohl in der Mittelinstanz als auch bei der unteren Verwaltungsstufe hat bisher kaum die notwendigste Resonanz gefunden. Dabei handelt es sich nicht darum, „dem Ressortegoismus und Partikularismus enge Schranken" zu setzen, sondern auch die differenzierten Verwaltungsfunktionen unter gemeinsamen allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu vereinigen 175 . Das gilt besonders für die Aufgaben der Polizei, die generell einer Weisungsgewalt des Leiters der unteren staatlichen Behörde unterliegen muß. Die für Einrichtung und Erhaltung von Sonderbehörden häufig angeführte Begründung, ihre Aufgaben müßten von besonders vorgebildeten Fachkräften wahrgenommen werden, überzeugt nicht, da tatsächlich bereits viele öffentliche Aufgaben, die eine besondere Fachkenntnis von Sachbearbeitern voraussetzen, der allgemeinen Verwaltung zugeordnet sind, ohne daß der verantwortliche Leiter deshalb besondere fachliche Qualifikationen zu besitzen braucht 1 7 6 . Gegen die Einfügung der meisten Sonderbehörden in die untere Verwaltungsbehörde bei Stadt- und Landkreisen bestehen weder sachliche noch organisatorische Bedenken 1 7 7 . 175 176
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Forsthoff, VwR, S. 52. Ein kommunaler Hauptverwaltungsbeamter kann ebensowenig statische Berechnungen für einen Bau vornehmen wie über die Notwendigkeit von Impfungen vom Fachlichen her entscheiden, obwohl er doch Leiter der Bauaufsichtsbehörde und der Gesundheitspolizei ist. G. Chr. von Unruh, Der Kreis, S. 287 ff.
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4. Die höheren Gemeindeverbände Bereits im 19. Jahrhundert war im Zusammenhang mit der Kodifikation des Selbstverwaltungsrechtes anerkannt worden, daß manche öffentlichen Aufgaben zur effektvollen Erfüllung eines größeren Bereiches bedürfen, als ihn die Gebiete von Stadt- und Landkreisen umfassen. So entstanden in Preußen die Provinzialselbstverwaltung und in Bayern die Bezirksverbände, wobei man um die Bewahrung landschaftlicher Eigenarten bemüht war, indem man ihnen Aufgaben zur eigenverantwortlichen Erledigung übertrug 1 7 8 . Diese in Nord- wie in Süddeutschland bewährte Form regionaler Selbstverwaltung ist nur von zwei Ländern der Bundesrepublik, nämlich Nordrhein-Westfalen und Bayern beibehalten worden. In Bayern wurden sieben historische Landesteile erfassende, mit dem Gebiet der Bezirksregierungen identische Bezirksverbände Oberbayern, Niederbayern, Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken, U n t e r f r a n ken und Schwaben gebildet. In Nordrhein-Westfalen wurden der ehemalige Provinzialverband Westfalen mit d e m ehemaligen Land Lippe, sowie die rheinischen Landesteile als Landschaftsverbände konstituiert. A u ß e r d e m gibt es dort noch einen Landesverband Lippe für besondere A u f g a b e n in diesem Gebiet 1 7 9 . Die Aufgaben dieser höheren Gemeindeverbände erstrecken sich vornehmlich auf den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen, sowie bestimmte Sparten der Sozialhilfe, wie die Errichtung und Unterhaltung von Spezialschulen, sowie Heilund Pflegeanstalten f ü r körperbehinderte und geisteskranke Menschen. Hinzu k o m m e n A u f g a b e n der Landschafts- und Kulturpflege, der regionalen Planung, sowie bestimmter wirtschaftlicher Unternehmen, die einen besonders leistungsfähigen Träger mit einem ausreichend großen Gebiet voraussetzen 1 8 0 . In Baden-Württemberg bestehen 11 Regionalverbände, die vor allem Planungsaufgaben erfüllen sollen, und in Rheinland-Pfalz der Bezirksverband Pfalz 1 8 1 . Organisation und A u f g a b e n der höheren Gemeindeverbände unterscheiden sich erheblich voneinander. Lediglich in Bayern und Rheinland-Pfalz sind sie unmittelbare Gebietskörperschaften und Gemeindeverbände, in Nordrhein-Westfalen und B a d e n - W ü r t t e m berg Bundkörperschaften, deren Mitglieder die Landkreise und kreisfreien Städte sind. Sie besitzen Gebietshoheit, soweit sie im R a h m e n ihrer Zuständigkeiten alle 178
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Jeserich, Die Preußischen Provinzen, 1931; durch Beteiligung ihrer Vertreter im Staatsrat wirkten die preußischen Provinzialverbände auch an der Landesgesetzgebung mit; Leiers, Die Verfassung der Preußischen Provinzialverbände im Verhältnis zu den Landschaftsverbänden in Nordrh.-Westf., Diss. jur., München 1967. Auf die pragmatisch-politische Bedeutung der Bildung solcher höheren Gemeindeverbände in den übrigen Ländern der BRD verweisen Wolff / Bachof, VwR II, § 90 Ia; Hambusch, Die Rechtsstellung des Landesverbandes Lippe, 1971 (s. a.: DV 1973, 122 f.). Baumeister / Naunin, Selbstverwaltung einer Landschaft, 1967. Art. 1 1 - 1 5 bay. BezO; Rheinl.-Pf. BezO v. 25. Sept. 1964; § 7a nordrh.-westf. LandschaftsverbO; Satzung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe vom 15. Jan. 1954 (NRW GVB1. S. 39); § 7 bad.-württ. RegVG.
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in ihrem Gebiet lebenden Menschen oder darin befindlichen Sachen erfassen. Namen, Wappen und Flaggen sind gesetzlich geschützt 182 . Organe der höheren Gemeindeverbände sind die Verbandsvertretung, der Verbandsausschuß und der Verbandsvorsteher. In Bayern und Rheinland-Pfalz werden die Mitglieder der Verbandsvertretung als des Willensbildungsorganes der höheren Gemeindeverbände von den Bürgern der angehörigen Städte und Landkreise gewählt, und in den übrigen Ländern bilden die Repräsentativorgane der dem Verband angehörenden Gebietskörperschaften die Landschaftsversammlung. Die Verbandsvertretung heißt in Bayern und in Rheinland-Pfalz Bezirkstag. Der Verbandsversammlung obliegt die Entscheidung über wichtige Angelegenheiten durch Festlegung allgemeiner Grundsätze der Verwaltungsführung, die Wahl der Mitglieder des Verbandsausschusses, Berufung des Verbandsvorstehers und der leitenden Beamten, die Rechtsetzung und die Feststellung des Haushaltsplanes 183 . Bezirksausschuß, Landschaftsausschuß oder Landesausschuß sind die kollegialen Leitungsorgane, die aus dem Vorsitzenden und gewählten Mitgliedern der Verbandsvertretung bestehen. Nur in Nordrhein-Westfalen wird ein monokratischer Verbandsvorsteher von der Verbandsvertretung gewählt. Er versieht sein Amt jedoch nur hier hauptberuflich und wird zum Wahlbeamten für die Dauer von 12 Jahren ernannt. Er führt den Titel Direktor des Landschaftsverbandes. Bei den übrigen Bezirksverbänden werden die Vorstehergeschäfte vom Regierungspräsidenten wahrgenommen, weshalb der Bezirkstag bei der Bestellung des Regierungspräsidenten mitwirkt 184 . Allzuständigkeit gehört nicht zum Recht der Selbstverwaltung, welches die höheren Gemeindeverbände genießen. Sie können über die ihnen zugewiesenen Angelegenheiten keine weiteren Aufgaben an sich ziehen. Pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben erfüllen die höheren Gemeindeverbände im Rahmen der Jugend- und Sozialpflege, des Straßenwesens und besonderer kultureller Angelegenheiten, wie der Denkmalspflege. Zu den freiwilligen Aufgaben gehören Errichtung und Unterhaltung von Spezialkrankenhäusern, Sonderausbildungsstätten, Fachschulen, Museen und Archiven, Kreditinstituten oder Versicherungsanstalten. Auch die Förderung des Siedlungs- und Wohnungsbaues 182
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Naunin, in: HGKWPI, S. 470ff.; Zuhorn, in: HGKWP II, S. 246ff.; Hoppe, Die Begriffe Gebietskörperschaft und Gemeindeverband und der Rechtscharakter der nordrheinwestfälischen Landschaftsverbände, 1958; W. Weber, Die Ordnung des landschaftlichen Raumes: 150 Jahre Verwaltungsraum Westfalen-Lippe, 1966, S. 22ff.; G. Chr. von Unruh, in: Westfälische Forschungen Bd. 19 (1966), S. 116 ff.; Pagenkopf, KommunalR, S. 287 ff. - Der Landeskommunalverband Hohenzollerische Lande wurde 1972 aufgelöst. Art. 21 und 22 bay. BezirksO; § 7 nordrh.-westf. LandschaftsverbO; § § 1 , 6 BezirksO für den Bezirksverband Pfalz. Art. 31, 33 bay. BezirksO; § 11 rheinl.-pfälz. BezirksO. In Nordrh.-Westf. können auch Landesräte als Zeitbeamte für bestimmte Geschäftsbereiche bestellt werden. Der Verband wird im Außenverhältnis durch den Landschaftsdirektor vertreten. Im pfälzischen Bezirksverband nimmt der Vorsitzende des Bezirksausschusses diese Rechte wahr, und für laufende Geschäfte ist der Regierungspräsident zuständig.
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gehört zu diesen Angelegenheiten. Im Wege der Vereinbarung mit verbandsangehörigen Selbstverwaltungskörperschaften können weitere Angelegenheiten übernommen werden, wie die Verwaltung und Unterhaltung der Kreisstraßen in Nordrhein-Westfalen. Schließlich unterstützen die höheren Gemeindeverbände im R a h m e n ihrer Ausgleichsfunktionen die verbandsangehörigen Träger der k o m m u nalen Selbstverwaltung durch finanzielle Zuschüsse auf d e m Gebiete der Sozialhilfe, des Gesundheitswesens oder des Wegebaues. Die höheren Gemeindeverbände haben außerdem auch Fremdverwaltungsangelegenheiten übertragen erhalten, wie die Fürsorgeerziehung oder die Verwaltung der Bundesautobahnen und Bundesfernstraßen 1 8 5 . Soweit die finanziellen Einnahmen aus Gebühren und Beiträgen sowie aus allgemeinen oder zweckgebundenen staatlichen Finanzzuweisungen den Bedarf zur Erfüllung der A u f g a b e n nicht decken, können die höheren G e m e i n d e v e r b ä n d e die angehörigen Körperschaften zur Zahlung von Verbandsumlagen heranziehen 1 8 6 . Rechtsaufsicht über die höheren Gemeindeverbände üben die Landesinnenminister, während die sachlich zuständigen obersten Landesbehörden die A u f g a b e n der Fachaufsicht wahrnehmen.
III. Kommunale Finanzverfassung Die Verfügung über ihre finanziellen Mittel wie auch die A r t und Weise ihrer Verwaltung blieben dem Ermessen jeder Gemeinde anheimgegeben, bis die Gemeindehaushaltsverordnung vom 4. September 1937 1 8 7 im Anschluß an die Reichsgemeindeordnung eine einheitliche und verbindliche Regelung schuf. Die Verordnung gilt noch weithin als Landesrecht 1 8 8 . D e r Haushaltsplan der G e m e i n d e n und Gemeindeverbände m u ß danach jährlich als Satzung (als formelles Gesetz) von den zuständigen Gemeindeorganen beschlossen und verabschiedet werden und bindet hinsichtlich der Verwendung öffentlicher Mittel alle kommunalen Organe, ohne daß Ansprüche Dritter auf Leistungen dadurch begründet werden 1 8 9 . Mit der Haushaltssatzung wird der Haushaltsplan festgesetzt mit den Hebesätzen für die Gemeindesteuern sowie einem Höchstbetrag für die A u f n a h m e von Kassenkrediten. D e r Haushaltsplan enthält alle voraussehbaren Einnahmen und
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In Bayern unterstützen sie die Gemeinden bei der Aufbringung der Mittel zum Schulbedarf. § 24 nordrh.-westf. LandschaftsverbO; § 12 rheinl.-pfälz. BezO; § 21 bayer. FinanzausgleichsG i. d. F. vom 22. Juni 1966. RGBl. 19371,S. 921. Für Hessen gilt die GemeindehaushaltsVO vom 27. 1. 1956 (GVB1. S. 5) und für Nordrhein-Westfalen die vom 26. 1. 1954 (GVB1. S. 59) i. d. F. vom 11. 1. 1961 (GVB1. S. 115). § 24 RHO vom 31. 12. 1922 (RGBl. 1923 II S. 17) gilt auch für die kommunalen Haushaltspläne. Hierzu Obermayer, W D S t R L 18 (1960), S. 159 f.
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Ausgaben, gegliedert nach Sachbereichen, für die einzelne Abschnitte (Kapitel, Titel) eingerichtet sind 1 9 0 . D e r Grundsatz der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit gebietet, Einnahmen und Ausgaben unabhängig voneinander zu veranschlagen (Brutto-Prinzip). Ein Ausgleich zwischen Einnahmen und Ausgaben ist anzustreben und m u ß gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Fehlbeträgen aus d e m V o r j a h r erfolgen. Im ordentlichen Haushaltsplan sind die „allgemeinen Deckungsmittel" sowie ihre Verwendung f ü r Ausgaben enthalten. D e r außerordentliche Haushaltsplan enthält vor allem die Verwendung von Darlehnsmitteln für nicht wiederkehrende Ausgaben sowie die Disposition über Kapitalvermögen für besondere Zwecke. Für die Eigenbetriebe der Gemeinden und Gemeindeverbände wird ein Wirtschaftsplan als Anlage zum Haushaltsplan aufgestellt, der sich in Erfolgsplan, Finanzplan und Stellenübersicht gliedert. D e r Wirtschaftsplan berücksichtigt die ökonomische Eigenart der Wirtschaftsbetriebe, die in ihren G e b a r e n elastischer als die Träger allgemeiner Verwaltung sein müssen. Die organisatorische Sonderung der kommunalen Eigenbetriebe von der Muttergemeinde zeigt sich darin, daß in dem Haushaltsplan nur der von den Betrieben abzuführende Jahresgewinn ebenso wie ein etwa abzudeckender Jahresverlust aufgeführt werden müssen. Die finanziellen E i n n a h m e n der Gemeinden und Gemeindeverbände haben seit dem Ausgang des Ersten Weltkrieges eine tiefgreifende Wandlung erfahren. Bis dahin verfügte jede Gemeinde über die Möglichkeit, ihre Bürger unmittelbar zu belasten, um die als erforderlich erkannten A u f g a b e n ausführen zu können. Staatliche Zuweisungen von Finanzmitteln an einzelne Gemeinden waren eine Ausnahme. So mußte noch in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts die Stadt Königsberg i. Pr. die letzten Reste einer Anleihe tilgen, die sie in der napoleonischen Zeit aufgenommen hatte. Man huldigte damals den Grundgesetz, daß jeder „seines Glückes Schmied" sei, auch in der kommunalen Selbstverwaltung und suchte ihre Unabhängigkeit gegenüber dem Staat nicht zuletzt dadurch zu wahren, d a ß die Gemeinden nicht zu seinen „Kostgängern" wurden. Die dadurch bedingte Ungleichheit zwischen „reichen" und „ a r m e n " Gemeinden nahm man um des Prinzips willen in Kauf. Dieses Finanzsystem mußte zerbrechen, als die Für- und Vorsorgepflichten der Gemeinde immer umfangreicher zu werden begannen. Seitdem bildet ein Ausgleich zwischen finanziell leistungstärkeren und -schwächeren Orten eine unabdingbare Notwendigkeit, um ökonomische und soziale Spannungen zu vermeiden. Die finanzielle Ausgleichstätigkeit des Staates räumt ihm jedoch umständehalber ein mehr oder weniger ausgeprägtes Mitspracherecht an örtlichen Entscheidungen ein, welches sich bei zweckgebundenen Z u w e n d u n g e n bis auf spezielle M a ß n a h m e n erstrecken kann 1 9 1 . Seit der Erzbergerschen Reichsfinanzreform von 1919 erfuhren die G e m e i n d e n
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Gliederung des Haushaltsplanes im Anhang. Zum kommunalen Finanz- und Haushaltswesen Pagenkopf, KommunalR, S. 301 ff., und Klüber, GemeindeR, S. 194ff. H. H. Kramer, D i e Entwicklung der Preußischen Steuerverfassung im 19. Jahrhundert, Diss. Jur. Kiel, 1970.
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eine empfindliche Beschränkung ihrer Steuerhoheit 1 9 2 , indem sie vom Einkommen ihrer Bürger - mit Ausnahme des Grundvermögens und des Gewerbes keine unmittelbaren Abgaben mehr erheben durften. Dadurch ist für viele Selbstverwaltungskörperschaften die Durchführung ihrer Vorhaben von der Gewährung besonderer staatlicher Zuschüsse abhängig geworden. In manchen Ländern ist der Finanzausgleich zwischen Staat und Kommunen gesetzlich geregelt, wonach die Gemeinden und Gemeindeverbände schlüsselmäßig an bestimmten Staatseinnahmen durch Zuweisung allgemeiner und zweckgebundener Mittel beteiligt sind 193 . Diese Finanzordnung gab vielen Gebietskörperschaften nur noch einen beschränkten Spielraum, um im Rahmen ihrer Universalität die Reihenfolge der notwendigen öffentlichen Maßnahmen zu bestimmen, soweit sich die Entscheidung nach ihrer eigenen finanziellen Leistungsfähigkeit zu richten hat 1 9 4 . Vor allem wendete man gegen dieses System ein, daß nur ein bestimmter Teil der Einwohner unmittelbare Abgaben und Steuern an ihre Gemeinde leistet, nämlich die Grundeigentümer und Gewerbetreibenden. Vor dem Ersten Weltkrieg waren diese für die politische Leitung ihrer Gemeinde kraft des Wahlverfahrens allein verantwortlich. Rechte und Pflichten standen damit in einem angemessenen Verhältnis, wie es dem Wort „kommunal" entspricht, das man von munia, d. h. Lasten, ableitet. Inzwischen besitzen jedoch alle volljährigen Einwohner die gleichen politischen Rechte. Es hat deshalb nicht an Bemühungen gefehlt, alle erwerbsfähigen Einwohner einer Gemeinde zu unmittelbaren finanziellen Leistungen an sie zu verpflichten. Trotz heftiger Polemik gegen eine solche „Bürgersteuer" forderten erfahrene Gutachter, nicht zuletzt unter Bezugnahme auf das demokratische Prinzip, eine rechtliche Regelung, die sich im 20. und 21. G zur Änderung des Grundgesetzes vom 12. Mai 1969 anbahnte 1 9 5 . Bereits durch die Ergänzung des Artikels 106 G G vom 24. Dezember 195 6 1 9 6 waren den Gemeinden die Realsteuern — Grundsteuern und Gewerbesteuern — unmittelbar zur Verfügung überwiesen worden. Außerdem wurden die Länder verpflichtet, die Gemeinden insgesamt prozentual am Länderanteil der Einkommen- und Körperschaftssteuer zu beteiligen (Steuerverbund). Die konstitutionelle Regelung berücksichtigte folgende Sachlage: Der Anteil der Einnahmen aus eigenen Steuern hatte sich bei den Gemeinden von 37,6% im Jahre 1955 auf 30,7% im Jahre 1965 gemindert, mit der Folge, daß der Anteil der Finanzzuweisungen im genannten Zeitraum von 21,4% auf 28,3% stieg. Die Einnahmen aus Grundsteuern gingen
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Rüdiger Voigt, D i e Auswirkung des Finanzausgleiches zwischen Staat und Gemeinden auf die kommunale Selbstverwaltung von 1919 bis zur Gegenwart, 1975. - Von der steuerlichen Belastung des Sozialproduktes entfielen in Preußen im Jahre 1913 auf den Staat 27,8%, während sich der Kommunalanteil auf 7 2 , 7 % belief; G. Chr. von Unruh, D e r Staat 4 (1965), S. 4 5 0 . D i e Finanzreform und die Gemeinden, Schriften des Vereins für Kommunalwissenschaften, Bd. 1 4 , 1 9 6 6 ; Fürst, Die Kreisumlage, 1969. O V G Münster O V G E 1 2 , 9 9 . BGBl. 1 9 6 9 , I S . 3 5 7 u. 359. BGBl. 1 9 5 6 , I S . 1077.
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von 24,7% im Jahre 1955 auf 15,8% im Jahre 1964 zurück, während der Anteil der Gewerbesteuer von 66,9% auf 79,2% stieg. Dadurch wird die hohe Bedeutung der Gewerbesteuer für die kommunalen Haushalte offenbar, die eine gesunde Entwicklung der Siedlungsstruktur zu beeinträchtigen droht, weil jede Gemeinde sich um den Zuzug und die Ausdehnung von Gewerbebetrieben bemüht. Die Neufassung des Art. 106 G G bestätigte zunächst im Absatz 6 den Gemeinden ihre Einnahmen aus dem Aufkommen der Realsteuern neben den örtlicher Verbrauch- und Aufwandsteuern. Eine neue Regelung enthält Abs. 5 wonach den Gemeinden eine Beteiligung am Aufkommen der Einkommensteuer garantiert wird, wobei die Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner die Bemessungsgrundlage bilden. Die definitive Regelung soll durch ein Bundesgesetz erfolgen, welches - den Anregungen der Sachverständigen folgend und die Prinzipien des demokratischen Rechtsstaates berücksichtigend — „den Gemeinden das Recht einräumen kann, Hebesätze für ihren Gemeindeanteil" zu bestimmen. Damit würde eine Festigung des Verhältnisses jedes Einwohners zu seiner Gemeinde durch unmittelbare finanzielle Leistungen an sie einen weiteren Integrationsfaktor bilden, der sich in der Entscheidung über den Vorrang von Aufgabenerfüllung von sparsamer Inanspruchnahme von bürgerlichen Lasten auszudrücken vermag. Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Gemeindeeinkommensteuer sind mithin jetzt geschaffen. Daneben sind jedoch auch die Gemeinden durch eigene Leistungen in das Verbundsystem einbezogen, da Art. 106 Abs. 6 G G bestimmt, daß sowohl der Bund als auch die Länder durch eine Umlage am Aufkommen der Gewerbesteuer beteiligt werden können, für deren Erhebung sie selbständig die Hebesätze zu bestimmen berechtigt sind. Durch diese Ausgleichsleistung wird eine wichtige Voraussetzung für die Gestaltung der Raumordnung geschaffen. Bei den „örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern", deren Aufkommen den Gemeinden und nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zusteht (Art. 106 Abs. 6 GG), handelt es sich um Getränke-, Vergnügungs-, Hunde-, Jagd- und Schankerlaubnissteuern. Auch Zuschläge zur Grunderwerbssteuer können hierzu gezählt werden 1 9 7 . Zu diesen verfassungsrechtlich und gesetzlich geregelten Einnahmequellen bieten die allgemeinen Finanzzuweisungen, Dotationen, eine notwendige Ergänzung. Über diese Mittel, Schlüssel- und Bedarfszuweisungen (für Gemeinden, deren Leistungskraft zur Erfüllung von Pflichtaufgaben nicht ausreicht) sowie die nach Einwohnerzahl bemessenen Zuschüsse für die Wahrnehmung von Auftrags- oder Weisungsangelegenheiten, können die Gemeinden eigenverantwortlich entscheiden. Das gilt lediglich nicht für zweckgebundene Finanzzuweisungen, die für spe197
Vorschriften, die das Recht auf Erschließung eigener Steuerquellen der Gemeinden regeln: Art. 73 Abs. 2 bad.-württ. Verf.; Art. 83 Abs. 2 Satz 2 bay. Verf.; Art. 137 Abs. 5 Satz 2 hess. Verf.; Art. 45 nieders. Verf.; Art. 79 Abs. 1 nordrh.-westf. Verf.; Art. 49 Abs. 5 Satz 2 rheinl.-pfälz. Verf.; Art. 41 schlesw.-holst. Verf. Die genannten Rechtsnormen stellen es in das Belieben der Gemeinde, ob und in welchem Ausmaß sie von den ihnen landesgesetzlich eingeräumten Steuerquellen Gebrauch machen wollen.
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zielle Vorhaben zur Verfügung gestellt werden, wie für Schul-, Straßen- und Krankenhausbauten oder für Feuerschutzmaßmahmen. Das Bild der gegenwärtigen kommunalen Finanzverfassung entspricht normativ im wesentlichen der Stellung der Selbstverwaltungskörperschaften in der Grundordnung der Bundesrepublik. Sie wird bestimmt von einer „finanziellen Schicksalsgemeinschaft von Staat und meinden", wonach sich die Beziehung beider zueinander der jeweiligen wirtschaftlichen Entwicklung und der optimalen Zweckerfüllung öffentlicher Aufgaben unter Beachtung der Verfassungsgrundsätze zur Selbstverwaltung anzupassen haben. Bei der konkreten Bestimmung der Mittelverteilung erwies und erweist sich der „goldene Zügel" als ein weit einflußreicherer Faktor für die Entfaltung der kommunalen Selbstverwaltung als jede andere Einwirkung des Staates auf die Gemeinden und Gemeindeverbände 1 9 8 .
IV. Schutz der kommunalen Selbstverwaltung 1. Kommunalaufsicht Selbstverwaltung als Vollzug öffentlicher Aufgaben bedingt eine staatliche Aufsicht. Wenn auch über diesen Grundsatz keine nennenswerten Differenzen bestanden haben, so bleibt die Begrenzung des Umfangs und der Mittel doch ein Problem, das spannungsauslöserid sein kann: Versteht man die verantwortliche Entscheidung von Repräsentanten kommunaler Gemeinschaften über die Art und Weise sowie über die Reihenfolge öffentlicher Aufgaben, die auf die Grunddaseinsfunktionen des Menschen bezogen sind, als ein Essentiale kommunaler Selbstverwaltung, so liegt die Aufgabe der staatlichen Aufsicht darin, das Wohl der Gemeinde im Einklang mit dem bonum generale zu halten 1 9 9 . Dabei darf jedoch die Aufsichtsbehörde ihre eigene Auffassung nicht an die Stelle der beaufsichtigten Körperschaft setzen, soweit sie nicht, wie bei Weisungsaufgaben, mit einer gesetzlichen Ermächtigung handelt. Im übrigen ist jedoch nur die Rechtmäßigkeit, nicht jedoch die Zweckmäßigkeit zu prüfen, wobei indessen die Einschränkung geboten ist, daß eine mittelbare Einwirkung auch hierauf eintritt, wenn sich der Staat an einer kommunalen Aufgabe durch zweckgebundene finanzielle Zuschüsse beteiligt. Mit der Gewährung solcher Subventionen gewinnt eine neue Verfahrensform der öffentlichen Verwaltung zunehmend an Bedeutung, die man „Verbundverwaltung" zwischen Staat und Kommunen nennt 2 0 0 .
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Wolff/ Bachof, V w R II, § 86 VII e 5; Fedden, D i e Problematik der Verkoppelung und Genehmigung der Realsteuersätze, Diss. jur. Kiel, 1974; eingehend hierzu auch Voigt, a. a. O., S. 178ff. VerfGH Nordrh.-Westf. DVB1. 1954, 372; Macher, DerGrundsatzdesgemeindefreundlichen Verhaltens, 1971, S. 133ff., 171 ff. G. Chr. von Unruh, Der Staat 4 (1965), S. 461; H. H. Klein, D V 1 9 6 8 , 1 4 5 ff.
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Während die Selbstverwaltungskörperschaften gegen mißbräuchliche Rechtsoder Fachaufsicht einen weitgehenden rechtlichen Schutz genießen, ist die Frage, inwieweit das Verhältnis zwischen Staat und K o m m u n e n bei der Erfüllung von „Pflichtaufgaben", vor allem im Hinblick auf die Zuständigkeit der beiden Partner bei der konkreten Gestaltung einer M a ß n a h m e , der rechtlichen Bestimmung von Anspruch und Leistung zugänglich ist, vordringlich geworden, um die Funktionsbeziehungen der Beteiligten zueinander abzustimmen. Diese Entwicklung wird zusehends durch legislatorische M a ß n a h m e n gefördert, welche Tatbestände erfassen, die im G r u n d e zum Selbstverwaltungsbereich gehören und damit für die O r d n u n g der Gemeinde relevant sind, wie z. B. auf d e m Gebiet des Planungs- und Bauwesens. Diese Kooperation findet in „mehrstufigen Verwaltungsakten" ihren Niederschlag 2 0 1 . Die Feststellung, d a ß der kommunale Entscheidungsbereich vor allem bei kleineren Gemeinden durch die Entwicklung erheblich beschränkt sei, läßt manchmal die Allzuständigkeit kommunalen Wirkens als eine „bereits zur freundlichen Theorie verurteilte" Befugnis erscheinen 2 0 2 . Kommunalaufsichtsbehörde der kreisangehörigen Gemeinden ist regelmäßig der Hauptverwaltungsbeamte des Kreises (Landrat oder Oberkreisdirektor), der insoweit als untere staatliche Verwaltungsbehörde oder als vom Staat beauftragter Organwalter tätig wird. Lediglich die „großen Kreisstädte" in B a d e n - W ü r t t e m berg und in Rheindland-Pfalz, die „selbständigen Städte" in Niedersachsen sowie Gemeinden mit mehr als 3 0 0 0 0 Einwohnern in Hessen unterstehen der Aufsicht des Regierungspräsidenten als staatlicher Mittelbehörde. Kreisangehörige Städte mit mehr als 2 0 0 0 0 Einwohnern unterstehen in Schleswig-Holstein der Aufsicht des Innenministers 2 0 3 . Kreise und kreisfreie Städte unterstehen regelmäßig der Aufsicht des Regierungspräsidenten, mit A u s n a h m e von Schleswig-Holstein und Saarland 2 0 4 . Die Aufsicht über G e m e i n d e n und Gemeindeverbände beschränkt sich regelmäßig auf die Überwachung der Rechtmäßigkeit ihrer M a ß n a h m e n . Dagegen bezieht sich die Fachaufsicht zugleich auf die Zweckmäßigkeit des Handelns, soweit besondere Rechtsnormen die zuständigen Behörden dazu ermächtigen. Spezielle Rechtsnormen wie § 4 H e s s G e m O schreiben ausdrücklich vor, daß die Aufsichtsbehörde auch dann gegenüber den Gemeinden nicht in j e d e m Einzelfall 201 202
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Menger, VerwArch 5 0 (1959), S. 3 9 7 f . ; Schuegraf, DVB1. 1961, 654. W. Weber, DVB1. 1962, 550. - D e r Einfluß der finanziellen mittelverwaltenden Sonderbehörden auf Entscheidungen der Selbstverwaltungsträger, wie z. B. der Wasserwirtschaftsämter, Kulturbau- und Straßenbauämter und anderer technischer Behörden kann zu einem rechtlichen Problem werden. Pagenkopf, KommunalR, S. 4 1 1 ff.; Kluber, GemeindeR, S. 3 4 8 f f . ; Gemeindeordnungen: Bad.-Württ. §§ 77 Abs. 2 und 118ff.; Bay. Art. 108ff.; Hess. §§ 135ff.; Nieders. §§ 127ff.; Rheinl.-Pf. §§ 120ff.; Saarl. §§ 119ff.; Schlesw.-Holst. §§ 120ff. Landkreisordnungen: Bad.-Württ. § 44; Bay. Art. 9 4 f f . ; Hess. § 54; Nieders. §§ 6 9 f f . ; Nordrh.-Westf. § 46; Rheinl.-Pf. §§ 2 7 f . ; Saarl. §§ 5 5 f f . ; Schlesw.-Holst. §§ 5 9 f f . sowie §§ U f f . LandesverwaltungsG vom 18. April 1967 (GVOB1. Schlesw.-Holst. S. 131). In Schlesw.-Holst. und im Saarland gibt es keine Regierungsbezirke.
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einschreiten solle, während umgekehrt die Gemeinden sich nicht als vom Staat völlig unabhängige Einrichtungen verstehen dürfen, „sondern als Glied der umfassenden Organisation zur Wahrung der Fortbildung des Gesamtwohls" 2 0 5 . Man kann beratende, unterstützende und vorbeugende Maßnahmen genereller Art von Einzelbefugnissen trennen, wie etwa Genehmigungen von Organbeschlüssen oder Bestätigung gewählter Organwalter. Die im Kommunalverfassungsrecht häufig vorgesehenen Genehmigungsvorbehalte können — z.B. bei Darlehensaufnahmen - zu einer intensiven Mitwirkung der Aufsichtsbehörde an kommunalen Entscheidungen führen. Zur Erfüllung ihrer Aufsichtspflicht besitzt die Aufsichtsbehörde ein allgemeines Informationsrecht, dem in manchen Fällen eine Anzeigepflicht der Gemeinde entspricht. Handelt eine Gemeinde nach Ansicht der Aufsichtsbehörde rechtswidrig, so hat diese zunächst die Maßnahme zu beanstanden und diese ggf. durch Aufhebung zu vollziehen206. Bleibt eine Gemeinde in rechtswidriger Weise untätig, so muß die Tätigkeit angeordnet und erforderlichenfalls durch Ersatzvornahme durchgeführt werden 2 0 7 . Die Ersatzvornahme kann auch in dem Erlaß einer Satzung oder eines Verwaltungsaktes, wie auch schließlich in der Abgabe einer privatrechtlichen Willenserklärung bestehen. Diese Handlungen der Aufsichtsbehörden wirken unmittelbar nur gegenüber den betroffenen kommunalen Körperschaften, nicht jedoch auch gegenüber dem „Außen-Adressaten", der vielmehr im Rahmen des verfahrensrechtlich Zulässigen als Beschwerter Rechtsmittel nur gegen die Gemeinde einlegen kann. Ein schwerwiegender Eingriff ist die aufsichtsbehördliche „Zwangsetatisierung", die Aufstellung eines kommunalen Haushaltsplanes, falls die Gemeinde nicht von sich aus Mittel für Pflichtaufgaben bereitstellt 208 . Das umfassendste Mittel der kommunalen Aufsicht ist die Bestellung eines Beauftragten, der häufig „Staatskommissar" genannt wird 209 . Im Fall einer Störung des ordnungsmäßigen Ganges der Verwaltung, insbesondere einer Nichtachtung der Erfordernisse einer gesetzmäßigen Verwaltung, kann ein Beauftragter der Aufsichtsbehörde unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Mittel zeitweise die Rechtsstellung eines kommunalen Organs, sogar die Rechte eines Kollegialorganes übertragen erhalten. Der Beauftragte hat die Stellung eines „Organs der Gemeinde". Gegenüber Eingriffen der Aufsichtsbehörde genießen die Selbstverwaltungskörperschaften den Rechts205 206 207
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Wolff/ Bachof, VwR II, § 86 IX a. Z. B. § 123 bad.-württ. GemO; Art. 113 bayGemO. F. Schnapp, Ersatzvornahme in der Kommunalaufsicht, 1972, S. 26f.; 38ff.; ders., D Ö V 1971, 659 ff. (663 f.) Scholler / Broß, Grundzüge des Kommunalrechts, S. 189. GemO Bad.-Württ. § 123; Bayern Art. 113; Nieders. § 131 Abs. 2; Nordrh.-Westf. § 109 Abs. 2; Rheinl.-Pf. § 123; Schlesw.-Holst. § 125. In § 112 DGO 1935 ist zum erstenmal dieses Mittel der Kommunalaufsicht gesetzlich begründet. Landesrechtliche Regelung: GemO Bad.-Württ. § 124; Bayern Art. 114; Hessen § 141; Nieders. § 132; Nordrh.-Westf. § 110; Rheinl.-Pf. § 124; Schlesw.-Holst. § 127.
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schütz aus Art. 19 Abs. 4 GG. Maßnahmen des Staates als Fachaufsichtsbehörde gelten nicht als justiziabel 210 . Die Fachaufsicht, die sich auf Angelegenheiten erstreckt, welche im übertragenen Wirkungsbereich auf Weisungen übergeordneter Staatsbehörden erledigt werden (so in Bayern nach Art. 83 Abs. 4 Satz 3 bayer. Verf.), kann sich auch durch Sonderaufsicht vollziehen, die man eine verstärkte Kommunalaufsicht nennt 2 1 1 . Weitere Aufsichtsmittel sind die Prüfung der Kassen- und Haushaltsführung wie der Vermögensverwaltung der Gemeinden durch staatliche Behörden, welche die Prüfung des Haushaltswesens durch die Gemeinde selbst, soweit sie erfolgen kann, ergänzt oder ersetzt 212 . 2. Beschützende Funktion der rechtsprechenden Gewalt Einen präventiven Schutz ihres Wirkungsbereiches erhalten die Selbstverwaltungskörperschaften durch die in § 91 BVerfGG vorgesehene kommunale Verfassungsbeschwerde, die mit der Behauptung geltend gemacht werden kann, daß ein Gesetz des Bundes oder des Landes die Vorschriften des Art. 28 G G verletze. Das BVerfG besitzt jedoch nur eine subsidiäre Zuständigkeit, soweit keine anderweitige landesgesetzliche Regelung erfolgt ist, wie in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und -allerdings nur für die Gemeinden — in Bayern, wo die Staats- oder Verfassungsgerichtshöfe über kommunale Verfassungsbeschwerden zu entscheiden haben. Mithin müssen sich die Gemeindeverbände in Bayern, sowie alle kommunalen Körperschaften Hessens, Niedersachsens, des Saarlandes und Schleswig-Holsteins zum Schutze ihres Selbstverwaltungsrechtes an das BVerfG wenden 2 1 3 . Während die Verfassungsgerichte der Länder in manchen Entscheidungen im Zusammenhang mit kommunalen Neugliederungen materiell rechtliche Grundlagen zum Wesensverständnis der kommunalen Selbstverwaltung entwickelten, hat das BVerfG bisher zwar entsprechende kommunale Anträge niedersächsischer Landkreise zur Behandlung angenommen, aber noch nicht entschieden 2 1 4 . Außerdem können Maßnahmen eines kommunalen Organs, die keinen Verwaltungsakt darstellen, eine Kommunalverfassungsklage auslösen. Dabei kann ein Betroffener beantragen, die Verfassungs- oder Gesetzwidrigkeit des Vorganges 210
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Eyermann-Fröhler, VwGO, 6. Auflage, 1974, § 42, Rdnr. 53. Eine Ausnahme bildet die bayerische Regelung des Art. 109 Abs. 2 bayGemO - sog. erweitertes Selbstverwaltungsrecht -wonach unter bestimmten Voraussetzungen eine Anfechtungsklage möglich ist. Gönnenwein, GemeindeR, S. 205 ff. H. Borchert, Kommunalaufsicht und kommunaler Haushalt, 1976. Maunz / Sigloch / Schmidt-Bleibtreu / Klein, Kommentar zum BVerfGG, Rdnr. 38 ff. zu § 91; W. Hoppe I H. W. Rengeling, Rechtsschutz bei der kommunalen Gebietsreform, 1973, S. 31 ff.; von Burski, Verfassungsfragen der Gemeindereform, in: D Ö V 1976,29ff. StGH Bad.-Württ. NJW 1975, 1205ff., Bay. VGH DVB1. 1975, 28ff.; Urteile des VerfGH's Nordrh.-Westf. vom 6. 12. 1975, in: Städte- und Gemeinderat, Februar 1976, S. l f f . Eine Entscheidung des BVerfG wird für den Sommer 1978 erwartet.
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feststellen zu lassen, wenn er sich dadurch in seinen Rechten als Organ, als Organwalter, als Fraktion oder Fraktionsmitglied einer Vertretungskörperschaft für verletzt hält. Dieser Rechtsstreit stellt ein Verfahren eigener Art dar 2 1 5 . Diese Klage kann sich gegen die Besetzung von Ausschüssen durch den Rat, Ausschluß von Ratsmitgliedern von der Abstimmung, Wahl eines Hauptverwaltungsbeamten oder die Beeinträchtigung der verfassungs- oder gesetzmäßig bestimmten Funktionen eines Organ waiters richten 2 1 6 . Kommunale Wahlprüfungssachen gehören hingegen nicht zu den Kommunalverfassungsstreitigkeiten, weil bei ihnen die Popularklage zugelassen ist. Auch die Anfechtung von Maßnahmen der Aufsichtsbehörde fällt nicht unter diesen Begriff, weil hiergegen, wenn überhaupt, Gestaltungsklage erhoben werden kann 2 1 7 . Klagebefugt ist im Kommunalverfassungsstreit, der „auf dem öffentlich-rechtlichen Gemeindeverfassungsrecht beruht", jedes Organmitglied oder jeder Organwalter, der im Rahmen des kommunalen Verfassungsrechts eigene Rechte geltend zu machen vermag 2 1 8 . Die Bedeutung der Kommunalverfassungsklage liegt in der durch die richterliche Gewalt ausgesprochenen Kontrolle für die Erhaltung der durch Rechtssätze bestimmten Funktionsbereiche von kommunalen Organen und des Schutzes von Minderheiten bei kommunalen Maßnahmen.
V. Kommunale Selbstverwaltung als staatsbürgerliche Aufgabe Durch die sog. Gebiets- und Verwaltungsreform zwischen 1965 und 1975 hat sich die Struktur der Gemeinden und Kreise nicht unwesentlich verändert 2 1 9 . Wenn auch im Zusammenhang- damit das Kommunalrecht weniger betroffen wurde, so sind doch in der kommunalen Organisation manche Wandlungen eingetreten. Ob durch die Vergrößerung des Gebietes und der Einwohnerzahl der 215
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OVG Münster OVGE 17, 261 ff.; vgl. auch Hess VGH v. 7. 6. 1977 in DVB1. 1978, S. 821. OVG Lüneburg OVGE 6, 437; OVG Münster OVGE 10, 143; OVG Lüneburg D Ö V 1961,548; OVG Lüneburg DVB1. 1968,388 und 848. H. H. Klein, DV 1968,145 ff. Bay. VGH E N. F. 21, 74; OVGE 16, 349 u. 18, 104; Ule, VerwProzR, § 32 II; Menger, System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, 1954, S. 60; Henrichs, DVB1. 1959, 548ff.; Wolff, VwR III, § 174 I; Tsatsos, Der verwaltungsrechtliche Organstreit, 1969; Hoppe, Organstreitigkeiten vor den Verwaltungsgerichten, 1970; Bleutge, Der Kommunalverfassungsstreit, 1970; Ewald, DVB1. 1970,237ff. Infolge der kommunalen Gebietsreform verminderte sich zwischen 1965 und 1975 die Zahl der Mandate in den kommunalen Vertretungen von Gemeinden und Kreisen insgesamt um fast 32% oder 78283 Mandate in den kommunalen Organen. Am stärksten wirkte sich diese Reduzierung in Baden-Württemberg (57,7% oder fast 2 0 0 0 0 Mandate), in Nordrhein-Westfalen (49% oder 16340 Mandate), im Saarland (60% und fast 3000Mandate), in Hessen (44,3% und 11500 Mandate), sowie in Niedersachsen (41,5% und 15250 Mandate), am geringsten in Rheinland-Pfalz (6,5% oder 2000 Mandate), in Schleswig-Holstein (9,5% und 1400 Mandate) sowie Bayern (14,2% und 9000 Mandate)
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Gemeinden eine Verbesserung der Effizienz ihrer Leistung eintreten wird, bleibt abzuwarten, vor allem, ob durch die Veränderungen das angestrebte Ziel, die „Aktivierung des Bürgers" erreicht werden kann 2 2 0 . Selbstverwaltung ist eine „demokratische Teilstruktur, deshalb gehört Bürgerverantwortung zu ihrem Wesen. Insoweit lassen sich die Funktionen der Selbstverwaltung auch als „Umsetzungsebene" mit gebietlich und organisatorisch abgestuften Aktions- und Initiativräumen beschreiben, um die „Distanz zwischen Behörde und Bürger" zu überbrücken 2 2 1 . Die Regelung der kommunalen Organisation muß deshalb vom Bürger als ein ihm selbst dienender aber auch ihm aufgetragener Schutz gegenüber Majorisierung und konformistischen Reglementierungen verstanden werden, als eine Einrichtung mit deren Namen von Anfang an - seit den Physiokraten und Freiherr vom Stein — ein Anspruch auf bürgerschaftliche Beteiligung an hoheitlicher Tätigkeit verbunden war, den das G G dem Bürger in Art. 28 G G einräumt. Deshalb müssen die Maßstäbe einer bürgerschaftlichen Mitverantwortung die kommunalen Verhältnisse bestimmen 2 2 2 . Die Verwirklichung dieser Aufgabe stößt jedoch nicht nur auf organisatorische und funktionale Schwierigkeiten, welche durch kommunale Gebietsveränderungen behoben oder doch gemindert werden sollten. Der kommunale Handlungsspielraum wird auch durch andere Faktoren eingeschränkt: so sind die Selbstverwaltungskörperschaften in mancher Hinsicht an die Entscheidungen der obersten Landesbehörden gebunden. Dazu gehört die immer „engmaschiger" werdende Landesplanung - Landesentwicklungs- und Fachplanung - , wodurch die örtlichen Verhältnisse eine von den Vorstellungen der Einwohner abweichende Struktur erhalten. Außerdem lassen sich kommunale Entscheidungen durch finanzielle Beihilfen aus Landesmitteln beeinflussen, so daß schließlich die kommunalen Organe nur noch in der Lage sind, Entscheidungen zu bestätigen, die an anderen Stellen getroffen wurden 2 2 3 . Mit diesen Feststellungen wird weder die Notwendigkeit einer Raumordnung durch Landesplanung noch auch prinzipiell eine finanzielle Förderung von kommunalen Vorhaben in Zweifel gezogen, sondern auf die Wirkungen für die Gemeinden und Gemeindeverbände hingewiesen, die schließlich - wenn man
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aus. D e r geringste Schwund an Einrichtungen der Volksrepräsentation in den Gemeinden findet sich mithin in Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Bayern, während er in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, im Saarland und in Hessen beträchtlich ist. In der Bundesrepublik hat sich infolge der Gebietsveränderungen seit 1968 die Zahl der Gemeinden von über 2 4 0 0 0 auf etwa 3 4 0 0 verringert. Ein weiteres Ergebnis der Veränderungen ist, daß mehr als 2 0 Millionen Staatsangehörige, d. h. jeder Dritte von ihnen in einer Großstadt mit mehr als 1 0 0 0 0 0 Einwohnern lebt. Knemeyer, in: Fs. f. G. Küchenhoff, 2. Halbband, 1972, S. 5 5 7 ff. Laux, ArchKommWiss 1970, 2 1 7 f f . , 225; J. Ziegler, Bürgerbeteiligung in der kommunalen Selbstverwaltung, 1974. Tietz, D Ö V , 1972, 660ff., 7 0 3 f f . Peter Badura, Entwicklungsplanung und gemeindliche Selbstverwaltung, in: Fs. f. Werner Weber, 1974, S. 911 ff.
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ihnen nicht begegnet - zur Teilnahmslosigkeit des Bürgers an den kommunalen Dingen führen müssen. Haben sich auch insoweit die Voraussetzungen gegenüber der Epoche des bürgerlichen Rechtsstaates gewandelt, so bleibt doch die kommunale Selbstverwaltung eine verfassungsmäßig gesetzte Aufgabe für das Volk in Kreisen und Gemeinden. Aus diesem Grunde bildet nach wie vor das öffentliche Wirken von freien Bürgern für ihre Mitbürger die Rechtfertigung und die Grundlage der gemeindlichen Selbstverwaltung. Alles öffentliche Handeln vollzieht sich in einer Demokratie unter Spannung und Konflikten. Wie sich dabei jedoch Freiheit und Würde des Einzelnen bewähren und bestätigen können, so geben auch Spannungen und Konflikte dem kommunalen Leben mannigfache Impulse für ihre lebendige Entfaltung. Zu diesem Zweck vermag der Gesetzgeber lediglich Ordnung und damit die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, um bürgerliche Mitverantwortung für die Teile eines Ganzen und damit zugleich für das Ganze selbst zu tragen - doch liegt es am Bürger selbst, ob er die Selbstverwaltung als ein Mittel, staatsbürgerliche Freiheit zu pflegen und zu erhalten, auch zu nutzen bereit ist 224 .*
Anhang: A. Verwaltungsaufgaben einer städtischen Gemeinde (Gegliedert nach dem System des Haushaltsplanes) O Allgemeine Verwaltung Organisation der Behörde Personalsachen und innere Dienstbestimmungen Vorbereitung von Rats- und Ausschußsitzungen Vorbereitung und Abwicklung von Parlaments- und Kommunalwahlen Zählungen und Statistik Rechtsangelegenheit Schiedsmannswesen Versicherungsamt Archiv
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Scheuner, A f K 1969, S. 209ff., J. Ziegler, Bürgerbeteiligung in der kommunalen Selbstverwaltung, 1974; K.Stern, D Ö V 1975, 5 1 6 f f . ; ders., Staatsrecht I, 1977, S. 308 ff.; v. d. Heide, D Ö V 1968, 408 ff. und 1973, S. 5 2 2 f f . ; ders., D e r Landkreis 1973, 5 4 f f . ; G. Chr. von Unruh, Der Staat 4 (1965), S. 441 ff.; ders., D e r Landkreis 1973, 398 ff. Zur künftigen „Rolle" der kommunalen Selbstverwaltung eingehend und konstruktiv: Roters, Kommunale Mitwirkung an höherstufigen Entscheidungsprozessen, 1975. * Meinem Assistenten Assessor Joachim Umlauf, der mir in sehr verständiger Weise bei der Abfassung des Beitrages geholfen hat, danke ich herzlich.
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Allgemeine Aufgaben der Gefahrenabwehr Gewerbesachen einschl. Gaststätten- und Lebensmittelüberwachung Besitz- und Gebrauchserlaubnisse für Waffen, Gifte und Sprengstoffe Anzeigen nach dem Versammlungsgesetz Lärmbekämpfung Straßenverkehrsaufsicht Bevölkerungsschutz Impfwesen und Bekämpfung von gemeingefährlichen Krankheiten Viehseuchenbekämpfung Fleischbeschau Fischereiwesen Staatsangehörigkeits- und Paßbehörde
2 Schulen Schulunterhaltung und Schulverwaltung für Volks- und weiterführende Schulen Mitwirken bei der Besetzung von Lehrerplanstellen Personalsachen
3 Kultur und Sport Büchereiwesen Förderung von kulturellen Organisationen Volkshochschule Aufgaben der Heimatpflege Allgemeine und besondere Sportförderung (Sport- und Turnanlagen, Badeanstalten, Unterstützung von Sportvereinen)
4 Sozialverwaltung Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes (soweit die Aufgaben vom Landkreis als „örtlichem Träger" auf die Stadt delegiert wurden) Durchführung von Führsorgeaufgaben für den überörtlichen Träger der öffentlichen Fürsorge (Tbc-Hilfe, Eingliederungshilfe, Fürsorge für Gebrechliche) Aufgaben nach dem Jugendwohlfahrtsgesetz Aufgaben nach dem Wohngeldgesetz Ausführungen des Unterhaltssicherungsgesetzes Fürsorgestelle für Kriegsbeschädigte Versicherungssachen Vertriebenenbetreuung
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Kriegsgräberfürsorge Verwaltung von Altersheimen und Alterswohnungen, von Kinderheimen, Kinderhorten sowie Aufsicht über die nicht kommunalen Kindergärten und Kindertagesstätten Winterbeihilfe für Arbeitslose
5 Gesundheitswesen Unterhaltung und Betreuung kommunaler Krankenhäuser Förderung von nicht kommunalen Krankenhäusern Besondere Gesundheitsaufgaben
6 Bau- und Wohnungswesen Durchführung der Orts- und Verkehrsplanung Boderverkehrsgenehmigungen und andere Aufgaben nach dem Bundesbaugesetz Bau- und Unterhaltung stadteigener Gebäude Verwaltung und Vorhaben im sozialen Wohnungsbau Verwaltung von Wohnungsbaudarlehen Aufgaben des Tiefbaues (Straßen, Kanalisation, Brücken, Wege und Plätze) Verkehrsregelungseinrichtungen Festsetzung von Erschließungsbeiträgen nach dem Bundesbau- und Kommunalabgabengesetz Bauaufsicht (Baupolizei)
7 Öffentliche Einrichtungen und Wirtschaftsförderung Bau und Unterhaltung der Straßenbeleuchtung und Straßenentwässerung Müllbeseitigung und Straßenreinigung Verwaltung des städtischen Fuhrparks Strukturverbesserungsmaßnahmen Förderung von Industrie und Handel Märkte und Messen Betreuung der Park- und Grünanlagen
8 Wirtschaftliche Unternehmungen Energie- und Wasserversorgung Kommunale Verkehrseinrichtung (soweit keine selbständigen Träger)
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9 Finanz- und Steuersachen Finanzverwaltung (Kämmerei) Aufstellung und Überwachung des Haushaltsplanes Aufstellung der Haushaltsrechnungen Stadtkasse Verwaltung des Grund- und Kapitalvermögens sowie der kommunalen Schulden Hebung von Beiträgen im Wege der Amtshilfe
B. Verwaltungsaufgaben eines Kreises Die Kreise sowie die „kreisfreien" und die „selbständigen" Städte nehmen regelmäßig als „freie Aufgaben" wahr: Energieversorgung und Personennahverkehr, Sportförderung, Unterstützung von jugendpflegerischen Aufgaben, Heimatund Kulturpflege, Erwachsenenbildung, Archivwesen, sozialer Wohnungsbau, Förderung der gewerblichen Wirtschaft, der Landwirtschaft und des Fremdenverkehrs. Zu den wichtigsten „Pflichtaufgaben" der Kreise gehören: überörtlicher Brandschutz, Schulträgerschaft für Sekundarbereiche I und II sowie für die Sonderschulen einschließlich der Vorklassen, ferner die Sozial- und Jugendhilfe (als „örtliche Träger"), Kriegsopferfürsorge, Sicherstellung der Krankenhausversorgung (Bauund Unterhaltung eigener Krankenhäuser, soweit diese nicht von anderen Trägern in ausreichendem Maße betrieben werden, Müllbeseitigung sowie der Bau von Kreisstraßen (Straßen II. Ordnung). Als Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises üben die Kreise die Kommunalaufsicht mit den speziellen gesetzlichen Befugnissen aus. Ferner nehmen sie die allgemeine und die besondere Gefahrenabwehr — soweit nicht die Gemeinden primär zuständig sind — sowie Bauaufsichts- und Straßenverkehrsaufgaben wahr. Zur Zuständigkeit der Kreise gehören außerdem das Jagdwesen, die Wasseraufsicht, die zivile Verteidigung und der Katastrophenschutz. Neben dem Amt für Ausbildungsförderung bilden Ausgleichs- und Versicherungsamt besondere Abteilungen der Kreise, die außerdem die Unterhaltssicherung, Verteidigungslasten und weitere in Spezialgesetzen bestimmte Hoheitsaufgaben wahrzunehmen haben. Bei Neu-, Um- und Erweiterungsbauten sowie der Erstausstattung von Schulen besteht ein „ Verwaltungsverbund" zwischen Kreis und kreisangehörigen Gemeinden. Außerdem haben die Kreise kraft Gesetzes die Gemeinden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu fördern und einen angemessenen Ausgleich der gemeindlichen Lasten zu vermitteln. In manchen Ländern, so Niedersachsen, kann der Gesetzgeber kreisangehörige Gemeinden im Einzelfall mit der Erledigung von Aufgaben in eigener Zuständigkeit beauftragen, wie z. B. auf dem Gebiet der Jugendhilfe oder der Abfallbeseitigung. Von einer solchen Dezentralisation unterscheidet sich die Mitwirkung von kreisangehörigen Gemeinden bei der Durchführung von bestimmten dem Kreis obliegenden öffentlichen Aufgaben wie z. B. auf dem Gebiete der Sozialhilfe.
D R I T T E R ABSCHNITT Karl Heinrich Friauf
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8. März 1951 (BGBl. I. S. 165) i. d. F. vom 1. Januar 1975 (BGBl. 1974 I, S. 469, 3393, 3533). G über den Bundesgrenzschutz vom 18. August 1972 (BGBl. I, S. 1834) i. d. F. vom 14. Juli 1976 (BGBl. I, S. 1801). Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung vom 17. Juli 1928 i. d. F. vom 1. Januar 1975 (BGBl. 19741, S. 469), §§ 7 4 - 7 8 , betr. Bahnpolizei. G über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschiffahrt vom 15. Februar 1956 (BGBl. II, S. 317) i. d. F. vom 15. März 1974 (BGBl. I, S. 721 und 1193). G über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschiffahrt vom 24. Mai 1965 (BGBl. II, S. 833) i. d. F. vom 15. März 1974 (BGBl. I, S. 721,1193). Luftverkehrsgesetz vom 4. November 1968 (BGBl. I, S. 113) i. d. F. vom 16. August 1977 (BGBl. I,S. 1577). G über das Luftfahrt-Bundesamt vom 30. November 1954 (BGBl. I, S. 354) i. d. F. vom 16. Mai 1968 (BGBl. I, S. 397). Bundespolizeibeamtengesetz vom 3. Juni 1976 (BGBl. I, S. 1557) i. d. F. vom 24. August 1976 (BGBl. I, S. 2485). G über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes vom 10. März 1961 (BGBl. I, S. 165) i. d. F. vom 2. März 1974 (BGBl. I, S. 469). Länder: Baden- Württemberg: PolizeiG vom 21. November 1955 (GBl. S. 249) i. d. F. vom 21. Juni 1977 (GBl. S. 227). Bayern: G über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei in Bayern - Polizei auf gabe/igesetz - vom 16. Oktober 1954 (GVB1. S. 237) i. d. F. vom 10. August 1976 (GVB1. S. 303). G über die Organisation der Bayerischen Staatlichen Polizei - Polizeiorganisationsgesetz vom 10. August 1976 (GVB1. S. 303). G über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung - Landesstraf- und VerordnungsG vom 17. November 1956 (Bay. BS IS. 327) i. d. F. vom 7. November 1974 (GVB1. S. 753). Berlin: Allgemeines G zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin — ASOG Bln. vom 11. Februar 1975 (GVB1. S. 688). Bremen: Polizeigesetz vom 5. Juli 1960 (GBl. S. 73) i. d. F. vom 15. November 1976 (GBl. S. 243). Hamburg: G zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vom 14. März 1966 (GVB1. S. 77) 1. d. F. vom 1. Januar 1975 (GVB1. 19741S. 183). Hessen: Hessisches G über die Öffentliche Sicherheit und Ordnung vom 17. Dezember 1964 (GVB1. S. 209) i. d. F. vom 4. September 1974 (GVB1.1S. 361). Verordnung über die Organisation und Zuständigkeit der hessischen Vollzugspolizei (PolOrg.VO) vom 31. Januar 1974 (GVB1.1S. 87). Niedersachsen: G über die öffentliche Sicherheit und Ordnung vom 21. März 1951 (GVB1. S. 79) i. d. F. vom 2. Dezember 1974 (GVB1. S. 535). Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr - Zust.VO SOG vom 27. August 1973 (GVB1. S. 298) i. d. F. vom 21. Januar 1977 (GVB1. S. 8).
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Nordrhein- Westfalen: Polizeigesetz vom 8. Juli 1969 (GV. NW. S. 521) i. d. F. vom 3. Dezember 1974 (GV.NW. S. 1504). G über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden - OrdnungsbehördenG - vom 16. Oktober 1956 (GV. NW. S. 155) i. d. F. vom 6. November 1973 (GV. NW. S. 488). Rheinland-Pfalz: PolizeiverwaltungsG von Rheinland-Pfalz vom 26. März 1954 (GVB1. S. 31) i. d. F. vom 29. Juni 1973 (GVB1. S. 180). Saarland: Preußisches PolizeiverwaltungsG vom 1. Juni 1931 (GS S. 77; saarl. G vom 22. April 1949, ABl. S. 377). §§ 3 2 - 3 7 des G über die allgemeine Landesverwaltung vom 13. Juli 1950 (ABl. S. 796). V O über die Verstaatlichung der kommunalen Vollzugspolizei vom 15. Nov. 1946 (ABl. S. 240). G Nr. 899 über die Organisation vom 17. Dezember 1969 (ABl. 1970, S. 33) i. d. F. vom 4. Dezember 1974 (ABl. S. 1060). Schleswig-Holstein: Allgemeines VerwaltungsG für das Land Schleswig-Holstein vom 18. April 1967 (GVOB1. 5. 131) i. d. F. vom 28. Oktober 1970 (GVOB1. S. 296), §§ 163 ff. G über die Organisation der Polizei in Schleswig-Holstein - Polizeiorganisationsgesetz - vom 9. Dezember 1968 (GVOB1. S. 327) i. d. F. vom 9. Dezember 1974. LandesVO über die Errichtung von Polizeibehörden vom 25. April 1969 (GVOB1. S. 78) i. d. F. vom 22. März 1974 (GVOB1. S. 88).
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Gliederung I. Grundlagen des Polizei- und Ordnungsrechts 1. Allgemeine polizeiliche Funktion 2. Geschichte des Polizeibegriffs a) Ursprünge b) Entwicklung der Polizei vom absolutistischen zum liberalen Staat 3. Materieller und formeller Polizeibegriff a) Materieller Polizeibegriff b) Formeller Polizeibegriff c) Verhältnis von formellem und materiellem Polizeibegriff 4. Polizei- und Ordnungsrecht im Bundesstaat a) Grundsätzliche Zuständigkeit der Länder b) Einzelkompetenzen des Bundes c) Sonderpolizeibehörden des Bundes 5. Zweigliederung in Polizei-und Ordnungsverwaltung II. Materielles Polizei- und Ordnungsrecht 1. Die Generalklausel a) Generalklausel und Spezialermächtigungen b) Subsidiarität der Generalklausel c) Schutzobjekte der Generalklausel d) Polizeiliche Gefahr e) Anwendung der Generalklausel f) Pflicht der Polizei zum Einschreiten und Rechtsanspruch des Bürgers auf Einschreiten 2. Polizeipflichtige Personen a) Verhaltenshaftung b) Zustandshaftung c) Kumulative Verantwortlichkeit mehrerer Störer d) Polizeipflicht von Hoheitsträgern 3. Polizeilicher und ordnungsbehördlicher Notstand a) Erhöhte Gefahr b) Unmöglichkeit anderweitiger Abwehr c) Subsidiarität der Notstandseingriffe d) Grenze der Leistungsfähigkeit e) Folgenbeseitigung und Entschädigung 4. Besondere Eingriffe in die persönliche Freiheit und in die Sachherrschaft einzelner Bürger a) Feststellung von Personalien (sog. Sistierung) b) Vorladung, Vorführung und Vernehmung c) Verwahrung von Personen d) Durchsuchung von Personen e) Durchsuchung von Wohnungen f) Polizeilicher Schußwaffengebrauch 5. Sondergesetzliche Ermächtigungen
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Polizei-und Ordnungsrecht III. Formelles Polizei-und Ordnungsrecht 1. Organisation und Zuständigkeitsordnung a) Kompetenzabgrenzung zwischen Polizei-und Ordnungsbehörden b) Organisation der Polizei c) Organisation der Ordnungsbehörden d) Aufsicht über Polizei- und Ordnungsbehörden e) Zuständigkeitsordnung 2. Rechtsformen des polizeilichen und ordnungsbehördlichen Handelns a) Polizeiliche und ordnungsbehördliche Verfügungen b) Polizeiliche und ordnungsbehördliche Erlaubnisse c) Polizeiliche und ordnungsbehördliche Verordnungen 3. Polizeiliche und ordnungsbehördliche Zwangsmittel a) Gesetzliche Grundlagen b) Voraussetzungen der Zwangsanwendung c) Arten der Zwangsmittel IV. Entschädigungs- und Ersatzansprüche im Bereich des Polizei- und Ordnungsrechts 1. Entschädigungsansprüche eines Bürgers gegen die Verwaltung a) Anspruch des im polizeilichen Notstand in Anspruch genommenen Nichtstörers b) Anspruch bei Rücknahme von polizeilichen Erlaubnissen c) Ansprüche bei Schädigung durch rechtswidrige Maßnahmen d) Ansprüche eines Störers 2. Ersatzansprüche der Verwaltung gegen den Störer a) Erstattungsanspruch bei Ersatzvornahme und unmittelbarem Zwang b) Erstattungsansprüche bei Heranziehung eines Nichtstörers
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I. Grundlagen des Polizei- und Ordnungsrechts 1. Allgemeine polizeiliche Funktion U n t e r Polizei im allgemeinsten Sinne des Wortes verstehen wir heute diejenige staatliche Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, die öffentliche Sicherheit und O r d nung zu schützen, G e f a h r e n von ihr abzuwenden und bereits eingetretene Störungen zu beseitigen. Polizei ist ihrem Wesen nach Gefahrenabwehr. Die Polizei erfüllt damit eine der entscheidenden A u f g a b e n des Staates. M a n hat die polizeiliche G e f a h r e n a b w e h r als essentielle Grundfunktion jeder Staatlichkeit bezeichnet 1 und angenommen, die Polizeigewalt sei d e m Wesen der Staatlichkeit bereits kraft Natur der Sache verbunden 2 . Diese Charakterisierungen treffen zu. D e r Schutz des einzelnen und der Allgemeinheit vor G e f a h r e n bildet eine ratio essendi des Staates als eines Ordnungs- und Friedensverbandes. Hiermit ist allerdings zunächst nur eine recht formale Feststellung getroffen. Die Schutzgüter, deren Beeinträchtigung als polizeilich abzuwehrende G e f a h r qualifiziert werden muß, liegen nicht abstrakt und a priori fest. Sie sind vielmehr vom jeweiligen Stand der gesellschaftlichen Entwicklung und insbesondere vom geltenden Verfassungsrecht 3 abhängig 4 . Mit dem Wandel des Verfassungsrechts verändert sich auch der Inhalt der Polizeifunktion. Überdies besitzt die G e f a h r e n a b w e h r keinen vorgegebenen absoluten Stellenwert im Verhältnis zu den übrigen Staatsaufgaben. Auch hier entscheidet die jeweilige verfassungsrechtliche Situation. Nach der im 19. Jahrhundert vorherrschenden liberalen Staatsauffassung war der Staat im wesentlichen darauf beschränkt, Sicherheit vor inneren und äußeren Feinden zu gewährleisten 5 . Dagegen verwehrte man ihm Eingriffe in den Bestand und die Entwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Unter diesen Umständen mußte die polizeiliche G e f a h renabwehr ganz einseitig hervortreten. Sie mußte geradezu als die Staatsfunktion par excellence erscheinen. D e r soziale Rechtsstaat des Grundgesetzes begnügt sich demgegenüber nicht mit der bloßen Abwehr von Gefahren. Er steht vielmehr unter der sozialstaatlichen Verpflichtung, die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung aktiv gestaltend voranzutreiben. In der ungeheuer komplexen Wirtschafts- und Sozialordnung, wie sie unsere Epoche kennzeichnet, müßte sich zudem jedes — wie auch 1
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H. J. Wolff, V V D S t R L 9 (1952), S. 134ff. (156); W. Jellinek, VwR, S. 4 2 7 ; Dürig, A ö R 7 9 (1954), S. 57. W. Thieme, D Ö V 1956, 521 ff. (526). Vgl. Denninger, Polizei in der freiheitlichen Demokratie, 1968, S. 7 ff. Zur inhaltlichen Variabilität des Schutzguts der „öffentlichen Ordnung" s. unten Abschnitt II. 1 c, bb. Klassisch: Wilhelm von Humboldt, Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen (1793, Neuausgabe 1962).
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immer ausgestaltete — Instrumentarium der Gefahrenabwehr als unzulänglich erweisen, wenn es darum geht, mit fundamentalen Krisen fertigzuwerden. Die katastrophalen Folgen einer großen Wirtschaftskrise lassen sich nicht mit Hilfe der Polizei beherrschen. Der Staat muß deshalb eine vorrangige Aufgabe darin sehen, bereits der Entstehung von Krisen langfristig vorzubeugen. Es erwächst ihm damit die Pflicht zur Gefahrenvorsorge6. Die Gefahrenabwehr hat dadurch ihre einstmals beherrschende Stellung im Rahmen der Staatsfunktionen verloren. Dennoch ist sie keineswegs überflüssig oder gar obsolet geworden. Die Gefahrenvorsorge kann nur im Makrobereich wirksam werden. Selbst wenn sie dort zu optimalen Ergebnissen führt, läßt sich praktisch nicht vermeiden, daß im Mikrobereich, in der konkreten Situation des Einzelfalls, immer wieder Gefahren erwachsen und eine Gefahrenabwehr erforderlich machen. Gerade die Erscheinungsformen der modernen Technik und Zivilisation haben unzählige neuartige Gefahrenquellen mit sich gebracht. Die Abwehr von Gefahren, die der öffentlichen Sicherheit und Ordnung drohen, gehört zu den legitimen Aufgaben auch des unter dem GG konstituierten Gemeinwesens. Es ist zwar offensichtlich, daß Eingriffe zur Gefahrenabwehr oftmals in ein Spannungsverhältnis zu den verfassungsmäßig verbürgten Grundrechten des einzelnen geraten müssen 7 . Andererseits aber hat der Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auch eine essentielle grundrechtssichernde und -schützende Funktion. Denn erst in einem Zustand der Sicherheit und Ordnung kann der Bürger von seiner Freiheit wirklich Gebrauch machen und kann die „Segnungen" des Sozialstaats genießen. Der soziale Rechtsstaat muß die polizeiliche Gefahrenabwehr und ihre Eingriffsmöglichkeiten seiner Verfassungsordnung organisch anpassen. Aber er kann nicht auf sie verzichten, wenn er der verfassungsrechtlichen Verpflichtung, die Sicherheit seiner Bürger zu schützen 8 , nachkommen will.
2. Geschichte des Polizeibegriffs a) Ursprünge: In der deutschen Rechtsentwicklung begegnet uns der vom griechischen „rioA-ueia" abgeleitete Begriff der Polizei zuerst ais Charakterisierung eines Zustandes guter Ordnung des Gemeinwesens 9 . „Polizei" oder „gute Polizei" bestand, wenn das menschliche Zusammenleben im Gemeinwesen wohl geordnet war. Seit dem 16. Jahrhundert wurden im Reich und in den einzelnen Territorien zahlreiche „Polizeiordnungen" erlassen 10 . Sie enthielten teilweise minutiöse Vor6
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S. etwa Roth, Die Gefahrenvorsorge im sozialen Rechtsstaat, 1968; Steiger, ZRP 1971, 133ff. (insbes. 1 3 4 - 1 3 5 ) ; von Unruh, DVB1.1972,469ff. S. unten Abschnitt II. 1 c, bb. Vgl. BVerfG NJW 1977,2355 f. (2356). Dazu die Untersuchung von Knemeyer, AöR 92 (1967), S. 153 ff. Umfassende Sammlung: „Polizei- und Landesordnungen", hrsg. v. W. Kunkel / G. K. Schmelzeisen / H. Thieme, I. Halbb. (Reich und Territorien), 1968.
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Schriften für die verschiedensten Lebensbereiche, u. a. für Religionsangelegenheiten, allgemeine Sittlichkeit und Ehrbarkeit, Handel und Gewerbe, Gesindewesen, Kleiderordnungen usw. Erst im 18. Jahrhundert übertrug man die Bezeichnung Polizei allmählich auf die Personen und Behörden, denen die Sorge für die Aufrechterhaltung der „guten Polizei" oblag: Polizeikommissionen, Polizeidirektoren und Polizeiknechte 11 . Der ursprünglich rein materiell-rechtliche Begriff wurde damit in den organisatorischinstitutionellen Bereich verpflanzt. b) Entwicklung der Polizei vom absolutistischen zum liberalen Staat: Die Entwicklung des Polizeiwesens stand zunächst im Schatten des monarchischen Absolutismus. Der Landesherr nahm als Ausfluß seiner Souveränität das „jus politiae" in Anspruch, d. h. die unbeschränkte Befugnis, nach seinem Gutdünken zur Förderung der allgemeinen Wohlfahrt tätig zu werden („cura promovendae salutis rei publicae") und dabei auch beliebig in Rechte der Untertanen einzugreifen. Der Wirkungsbereich der Polizei war rechtlich unbeschränkt. Demgegenüber forderte die Aufklärung 1 2 , daß das freie staatliche Eingriffsrecht auf das Gebiet der Abwehr von Gefahren zu beschränken sei. Die positive Förderung von Gemeinwohlinteressen („Wohlfahrtspflege") gehöre nicht zur Aufgabe der Polizei. Um ihretwillen dürfe nur auf Grund besonderer Gesetze in die Freiheit des Untertanen eingegriffen werden 1 3 . Diese liberalen Gedankengänge fanden zunächst Eingang in das preußische Allgemeine Landrecht von 1794. Es unterschied ausdrücklich die Wohlfahrtspflege von der Gefahrenabwehr und bestimmte in dem berühmten § 10 II 17 ALR 1 4 : „Die nöthigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung, und zur Abwendung der dem Publiko, oder einzelnen Mitgliedern desselben bevorstehenden Gefahr zu treffen, ist das Amt der Polizey". Die Beschränkung der Polizei auf die Gefahrenabwehr vermochte sich aber zunächst nicht praktisch durchzusetzen. Sie wurde schon nach wenigen Jahren vom Gesetzgeber durchlöchert und schließlich ganz beseitigt. Infolgedessen wirkte der aus dem absolutistischen Staat überkommene umfassende Polizeibegriff noch weit in das 19. Jahrhundert hinein. So konnte noch Stahl die Polizei ganz allgemein als „Versorgung des Gemeinwohls" kennzeichnen. In ihr bestehe „die eigentliche stete politische Tätigkeit. Stete Entfaltung, Förderung und Steigerung (sei) ihr Charakter". Sie müsse frei sein. Das Gesetz dürfe nur die Grenzen, nicht aber Richtung und Inhalt ihres Vorgehens bestimmen 1 5 . 11 12
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Nachweise bei Knemeyer, a. a. O., S. 163 ff. Vornehmlich der bedeutende Staatsrechtslehrcr J. St. Pütter in seinen 1770 erschienenen „Institutiones iuris publici Germanici", § 331. Näher dazu K. Vogel, in: Fs. f. Gerhard Wacke, 1972, S. 375 ff. (insbes. S. 3 7 5 - 3 8 3 ) . § 10 Teil II Titel 17. Fr.J. Stahl, D i e Philosophie des Rechts, Bd. II, 2. Abth., 5. Aufl. 1878, S. 587 f.; vgl. auch G. Meyer, Lehrbuch des deutschen Staatsrechts, 5. Aufl. 1899, S. 584.
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Erst nachdem die Idee des liberalen bürgerlichen Rechtsstaats an politischer Kraft gewonnen hatte, wurde die Kompetenz der Polizei endgültig auf den Bereich der Gefahrenabwehr zurückgedrängt. D e n Wendepunkt bildete in Preußen das sog. Kreuzberg-Erkenntnis des OVG vom 14. Juni 188216. Das Gericht erklärte mit einer juristisch freilich zumindest recht zweifelhaften Begründung, § 10 II 17 A L R sei trotz der späteren gesetzgeberischen A k t e nach wie vor geltendes Recht. E r beschränke die Polizei auf die Gefahrenabwehr; zur Wohlfahrtspflege 1 7 sei sie dagegen nicht befugt. In den folgenden Jahrzehnten erarbeitete das preuß. O V G in einer umfangreichen Rechtsprechung auf der Grundlage des § 10 II 17 A L R ein ausgefeiltes System des Polizeirechts. Die nord- und mitteldeutschen Staaten schlössen sich Preußen an, teils durch gesetzliche Normierungen, teils durch gewohnheitsrechtliche Ü b e r n a h m e der preußischen Grundsätze. In Süddeutschland verlief die Entwicklung formal gesehen anders. Sie war bestimmt durch den Erlaß der Polizeistrafgesetzbücher 1 8 . In dem hier maßgeblichen Punkt, der Reduzierung der polizeirechtlichen Zwangsbefugnisse auf die Abwehr von Gefahren, ging man aber in Süddeutschland denselben Weg wie in den übrigen Staaten. Die Ergebnisse der polizeirechtlichen Judikatur wurden schließlich in gesetzgeberische Kodifikationen übernommen. Als vorbildlich galt zunächst die Regelung der thüringischen LandesverwaltungsO vom 10. Juli 1926 1 9 . D e n Schlußstein bildete dann das preußische PolizeiverwaltungsG vom 1. Juni 193 1 2 0 — wohl das letzte bedeutende Gesetzgebungswerk, das die Weimarer Epoche hervorgebracht hat. § 14 Abs. 1 P V G ermächtigte die Polizeibehörden, „im R a h m e n der geltenden Gesetze die nach pflichtmäßigem Ermessen notwendigen M a ß n a h m e n zu treffen, um von der Allgemeinheit oder dem einzelnen G e f a h r e n abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird".
3. Materieller und formeller Polizeibegriff Als Ergebnis der kurz dargestellten Entwicklung hat sich in ganz Deutschland ein einheitlicher Begriff der Polizei herausgebildet. Es besteht heute in der Bundesrepublik Deutschland der Sache nach im wesentlichen eine einheitliche Rechtslage, auch wenn sie, wie noch zu erörtern sein wird, in den einzelnen Bundesländern auf unterschiedlichen Rechtsquellen beruht und eines dieser Länder - nämlich Bayern 2 1 - einen abweichenden systematischen Ansatz für die Ausgestaltung seines Polizeirechts gewählt hat. 16
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PrOVG 9, 353 ff. Zu dieser epochemachenden Entscheidung s. näher Schrödter, DVB1. 1975, 846ff. (848-849). Im konkreten Fall ging es um die Förderung ästhetischer Belange im Bereich des Bauwesens. Zuerst württembergisches PStGB von 1839; die größte Bedeutung erlangte das bayerische PStGB von 1871. Thür. GS 1926, S. 177. 20 Preuß. GS 1931, S. 77. Dazu unten Abschnitt II. 5 a.
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Die Entwicklung des sachlichen Aufgabenbereichs der Polizei, nämlich der Gefahrenabwehr, und des dieser Aufgabe gewidmeten organisatorischen Apparats, der Polizeibehörden, ist nun allerdings nicht übereinstimmend verlaufen. Die Gefahrenabwehr wurde nicht nur Polizeibehörden, sondern in unterschiedlichem Maße auch anderen Stellen übertragen. Andererseits betraute man die Polizeibehörden zugleich mit Funktionen außerhalb der Gefahrenabwehr. Wir haben infolgedessen zwei Begriffe der Polizei zu unterscheiden, einen materiellen und einen formellen. a) Materieller Polizeibegriff: Der materielle Polizeibegriff ist von der Aufgabe her bestimmt. Nach ihm handelt es sich bei der Polizei um die Staatstätigkeit, die dazu dient, von der Allgemeinheit oder dem einzelnen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird. Soweit zur Erfüllung dieser Aufgabe Eingriffe in den Rechtsbereich des Staatsbürgers erforderlich sind, bedarf es einer gesetzlichen Ermächtigung. Sie kann entweder in einer Generalklausel oder aber in Spezialgesetzen enthalten sein. Dabei hat man sich in Bayern für ein System von spezialgesetzlichen Regelungen entschieden 2 2 , während alle übrigen Bundesländer die Generalklausel 2 3 in den Vordergrund stellen und sie lediglich durch Spezialermächtigungen für einzelne Gebiete ergänzen 24 . Für den materiellen Polizeibegriff ist es unerheblich, welche Behörde die jeweiligen Aufgaben der Gefahrenabwehr wahrzunehmen hat. An der Zugehörigkeit einer bestimmten gefahrenabwehrenden Tätigkeit zur Polizei im materiellen Sinne ändert sich also nichts dadurch, daß sie einem beliebigen Verwaltungszweig außerhalb der Polizeiorganisation zugewiesen wird. b) Formeller Polizeibegriff: Demgegenüber wird der formelle Polizeibegriff von der Behördenorganisation her bestimmt. Zur Polizei im formellen Sinne zählen sämtliche staatlichen Funktionen, für deren Wahrnehmung die Zuständigkeit der Polizeibehörden begründet ist. Auf die sachliche Qualität der einzelnen Aufgabe — insbesondere auf die Frage, ob sie inhaltlich zur Gefahrenabwehr gehört - kommt es dabei nicht an. Formell-polizeiliche Aufgaben können der Gefahrenabwehr dienen, brauchen das aber nicht zu tun. Zu den nicht gefahrenabwehrenden Aufgaben der Polizei gehört insbesondere ihre Mitwirkung bei der Strafverfolgung 25 . c) Verhältnis von formellem und materiellem Polizeibegriff: Aus dem Vorstehenden ergibt sich bereits, daß formeller und materieller Polizeibegriff sich nicht vollständig decken. Beide stehen vielmehr im Verhältnis von zwei Kreisen, die einander teilweise überschneiden: Ein Teil der materiell-polizeirechtlichen Aufgaben der Gefahrenabwehr wird von den Behörden und Beamten der Polizei im formellen Sinne wahrgenommen; insoweit fallen formeller und materieller Polizeibegriff zusammen. Daneben aber werden Funktionen der Gefahrenabwehr auch 22 24
Unten Abschnitt II. 5. Unten Abschnitt II. 5.
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Unten Abschnitt II. 1. Vgl. z. B. § 15 II 2 nordrh.-westf. PolG.
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von nicht zur Polizei zählenden Behörden erfüllt (nur materiell-polizeiliche Tätigkeiten), während umgekehrt den Polizeibehörden vielfältige Aufgaben außerhalb der Gefahrenabwehr übertragen worden sind (nur formell-polizeiliche Tätigkeiten). Im einzelnen hängt die Abgrenzung von der unterschiedlichen Ausgestaltung der Kompetenzzuweisungen in den verschiedenen Bundesländern ab. Nach dem zweiten Weltkrieg hat man weite Sachgebiete, die bis dahin im Zuständigkeitsbereich der Polizei standen, „entpolizeilicht", d. h. man hat die Aufgaben der Gefahrenabwehr insoweit anderen Behörden - z. T. den sog. Ordnungsbehörden - übertragen. Diese Entwicklung verlief in den Bundesländern sehr unterschiedlich. Auch innerhalb ein und desselben Landes wurde nicht immer eine einheitliche, klare Konzeption durchgehalten. Infolgedessen erweist sich die Rechtslage heute als ausgesprochen komplex und vielfach unübersichtlich. Das wird in den Grundzügen noch darzulegen sein 26 . Eine Reihe von Aufgaben außerhalb der Gefahrenabwehr sind der Polizei durch Bundesgesetze zugewiesen worden (nur formell-polizeiliche Funktionen kraft Bundesrechts). Dazu gehören insbesondere die Zuständigkeiten der Polizei auf dem Gebiet der Verfolgung von Straftaten 2 7 und von Ordnungswidrigkeiten 28 , weiter ihre Aufgaben als Fundbehörde 2 9 und als Hilfsorgan bei der Zwangsvollstreckung 30 . Daneben gibt es in unterschiedlichem Maße nur formell-polizeiliche Funktionen kraft Landesrechts. Die Landesgesetze über das Polizeiwesen bestimmen regelmäßig ausdrücklich, daß den Polizeibehörden Aufgaben auch außerhalb der Gefahrenabwehr übertragen werden können 3 1 . Von dieser Möglichkeit ist z. B. auf dem Gebiet des Meldewesens Gebrauch gemacht worden 3 2 . Zur nur formell-polizeilichen Funktion gehört schließlich auch die Vollzugshilfe durch Polizeiorgane. Da die meisten staatlichen Behörden nicht über einen eigenen Vollzugsapparat verfügen, stellt ihnen das Gesetz die Polizeibehörden und -beamten als Vollzugsorgane für die Durchführung der von ihnen angeordneten Maßnahmen zur Verfügung 3 3 . Die Polizei wird hier nicht im eigenen Bereich tätig, sondern fungiert im Zuständigkeitsgebiet der betreffenden Fachbehörde als deren „verlängerter A r m " . Sie ist nur für die Art der Ausführung, nicht aber für den Inhalt der betreffenden Maßnahmen verantwortlich. 26 27 29 31
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Näheres unten Abschnitt I. 5 und III. 1. S. § 163 I StPO. 28 S. §§ 53, 541 1,57 II OWiG. §§ 965 II, 9 6 7 , 9 7 5 , 9 7 6 I BGB. 3 0 §§ 758 III, 759 ZPO. § 14 II PVG; § 1 II bad.-württ. PG; Art. 3 bay. PAG; § 4 IV berl. ASOG; § 1 II S. 1 brem. PG; § 1 II S. 2 hess. SOG; § 1 III nordrh.-westf. OBG; § 15 II nordrh.-westf. PolG; § 1 II S. 1 rheinl.-pfälz. PVG; § 164 II schlesw.-holst. LVwG. Z. B. §§ 8 I, 14 II bad.-württ. MeldeG; Art. 13 I bayer. MeldeG; § 13 III hess. MeldeG; § 14 III nieders. MeldeG. Art. 2 bayer. PAG, § 4 III berl. ASOG; § 58 III brem. PG, § 2 II S. 3 nieders. SOG, § 16 II nordrh.-westf. PolG; vgl. aber auch § 44 III 2 hess. SOG, der eine Vollzugshilfe für andere Behörden nicht zuläßt, sondern die Polizei darauf beschränkt, nötigenfalls zum Schutz der eigenen Vollzugsorgane dieser Behörden einzugreifen.
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4. Polizei- und Ordnungsrecht im Bundesstaat a) Grundsätzliche Zuständigkeit der Länder: Das G G hat für den Sachbereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung keine Gesetzgebungskompetenz des Bundes begründet. Infolgedessen fällt dieser Bereich nach Art. 30, 70 I GG in die Zuständigkeit der Länder. Allein die Länder können neue Gesetze über die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erlassen. Die vor 1949 erlassenen Gesetze sind, soweit sie mit dem GG vereinbar waren (Art. 123 I GG), Landesrecht geworden. Zur Vereinheitlichung der Polizeigesetze hat die Innenministerkonferenz 1975 einen „Musterentwurf eines einheitlichen Polizeigesetzes" beschlossen, der von Bund und Ländern übernommen werden soll 34 . Es kann sich dabei allerdings nur um eine inhaltliche Vereinheitlichung handeln. An der Aufspaltung der Gesetzgebungszuständigkeit wird sich nichts ändern. Da die Ausführung der Landesgesetze ausschließlich den Ländern obliegt 35 , ist auch die Polizei- und Ordnungsverwaltung Landesangelegenheit. Es bleibt den einzelnen Ländern überlassen, ob und inwieweit sie die kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften (Kreise, Ämter, Gemeinden) in den Vollzug einschalten wollen. b) Einzelkompetenzen des Bundes: Auf verschiedenen Sachgebieten, deren Regelung nach Art. 73 und 74 GG zur Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes gehört, können sich Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ergeben. Hier ist der Bund befugt, zusammen mit der Regelung der eigentlichen Sachfragen der betreffenden Gebiete auch Vorschriften über die Gefahrenabwehr in dem jeweiligen Bereich zu erlassen (sog. Annexkompetenz36). Den Ländern verbleibt aber in jedem Fall das Polizeirecht im eigentlichen Sinne, also die Regelungen, bei denen die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der alleinige und unmittelbare Gesetzeszweck ist 37 . Zu den Gebieten, auf denen eine polizeirechtliche Annexkompetenz des Bundes in Betracht kommt, gehören u. a. das Wirtschaftsrecht (Art. 74 Nr. 11 GG), das Gesundheitsrecht (Art. 74 Nr. 19 GG) und das Verkehrsrecht (Art. 74 Nr. 22 GG). c) Sonderpolizeibehörden des Bundes38: Das GG gestattet dem Bund in Art. 871 S. 2, durch Gesetz eine Reihe von Sonderpolizeibehörden einzurichten, namentlich Bundesgrenzschutzbehörden, ein Bundeskriminalamt und ein Bundesamt für Verfassungsschutz, wobei die beiden letztgenannten Behörden lediglich Zentral34
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Textausgabe hrsg. von G. Heise, 1976. Zu dem Entwurf vgl. Knemeyer, D Ö V 1975, 3 4 ff.; Riegel, BayVBl. 1 9 7 7 , 6 8 2 f f . ; Schulz, Z R P 1 9 7 6 , 2 5 1 ff. BVerfG E 1 2 , 2 0 5 ( 2 2 1 , 2 2 9 ) ; 2 1 , 3 1 2 (325). BVerfG E 3 , 4 0 7 (433); 8 , 1 4 3 (150); BVerwG E 2 8 , 3 1 0 ( 3 1 1 - 3 1 2 ) . BVerfG E 8 , 1 4 3 ( 1 5 0 ) . Eingehend dazu Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. 1, S. 25 ff.; umfassender Uberblick bei Becker, DVB1. 1977, 945 ff. ( 9 4 5 - 9 4 8 ) .
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stellen zur Sammlung von Informationen usw. ohne eigene unmittelbare Exekutivbefugnisse darstellen. Art. 73 Nr. 10 G G ergänzt die organisationsrechtliche Kompetenz des Art. 87 I S. 2 durch eine materielle Gesetzgebungskompetenz für die betreffenden Gebiete. Von dieser Gesetzgebungszuständigkeit hat der Bund frühzeitig Gebrauch gemacht 3 9 . Eine besondere Polizeibehörde des Bundes ist der Präsident des Deutschen Bundestages. Er übt nach Art. 40 II S. 1 G G im G e b ä u d e des Bundestages nicht nur das Hausrecht 4 0 , sondern auch die ausschließliche Polizeigewalt aus 4 1 . Soweit die ihm zur Verfügung stehenden Ordnungskräfte nicht ausreichen, kann er die örtliche Polizei um Amtshilfe ersuchen 4 2 .
5. Zweigliederung in Polizei- und Ordnungsverwaltung Das preuß. P V G hatte die materiellpolizeiliche A u f g a b e der G e f a h r e n a b w e h r insgesamt den Polizeibehörden übertragen, soweit nicht besondere Gesetze für einzelne Spezialgebiete Ausnahmen vorsahen. Formeller und materieller Polizeibegriff 4 3 fielen somit weitgehend zusammen. Demgegenüber war man nach dem zweiten Weltkrieg in den Ländern der ehemaligen britischen und amerikanischen Besatzungszone bestrebt, den Wirkungskreis der Polizei zurückzudrängen. Bei diesen Bestrebungen standen Pate einerseits gewisse Institutionen des angloamerikanischen Rechtskreises, zum anderen aber auch die psychologische Vorbelastung des Polizeibegriffs durch den Mißbrauch der Polizeigewalt in der vorausgegangenen Epoche. Die Bestrebungen führten dazu, daß der bisherige Zuständigkeitsbereich der Polizeibehörden aufgespalten wurde. D e r Polizei blieb nur ein beschränkter, enumerativ bestimmter Kreis von Aufgaben vorbehalten, insbesondere die Verhütung von Straftaten, die Verkehrsüberwachung und die B e k ä m p f u n g akuter („unmittelbar bevorstehender") Gefahren, ferner die Vollzugshilfe für andere Behörden. Die genaue Abgrenzung variiert dabei von Land zu Land 4 4 . Alle übri39
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G über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes vom 27. 9. 1950 (BGBl. I, S. 682); G über die Errichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes vom 8. 3. 1951 (BGBl. I, S. 165); G über den Bundesgrenzschutz vom 18. 8. 1972 (BGBl. I,S. 1834). Zum Verhältnis von öffentlich-rechtlichem Hausrecht und Ordnungsgewalt s. Knemeyer, DÖV 1970,596 ff. S. Maunz, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG Rdnr. 2 6 - 2 8 zu Art. 40; Drews / Wacke / Vogel I Martens, Bd. I, S. 34 ff, Über die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen dem Bundestagspräsidenten und der Landespolizei s. Weingärtner, Kriminalistik 1969, 271 ff. Oben Abschnitt I. 3. So überläßt Nordrhein-Westfalen der Polizei auch das Versammlungs-, Sprengstoff-, Waffen- und Munitionswesen (§ 16 I nordrh.-westf. PolG); Hessen überträgt ihr dagegen u. a. das Paß- und Ausländerwesen sowie die Lärmbekämpfung (§ 621 S. 1 hess. SOG in Verbindung mit der VO v. 18. Juli 1972, GVB1.1S. 255), die in Nordrhein-Westfalen bei den Ordnungsbehörden liegen.
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gen Aufgaben der Gefahrenabwehr wurden der Form nach „entpolizeilicht", d. h. anderen Behörden übertragen. Die Bezeichnung der anderen Behörden, die nunmehr zur Gefahrenabwehr eingesetzt werden, ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich. Berlin, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein nennen sie „Ordnungsbehörden" 4 5 , Hessen „Behörden der allgemeinen Verwaltung" 4 6 , Niedersachsen schlicht „Verwaltungsbehörden" 4 7 . In der vorliegenden Darstellung werden sie der Einheitlichkeit halber als Ordnungsbehörden bezeichnet. Auch die Ordnungsbehörden nehmen materielle Polizeifunktionen wahr. Sie werden tätig, um von der Allgemeinheit oder dem einzelnen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird. Die Aufgabe der Ordnungsbehörden ist also der Sache nach identisch mit derjenigen der Polizeibehörden; lediglich die Lebensgebiete, auf denen sie wahrgenommen wird, sind bei beiden Verwaltungszweigen nach Maßgabe der landesgesetzlichen Kompetenzabgrenzung verschieden. Die Identität der Funktion zeigt sich rein äußerlich darin, daß die Ermächtigungsgrundlage für das ordnungsbehördliche Eingreifen vielfach in derselben Generalklausel zu finden ist wie diejenige für die polizeiliche Tätigkeit 48 . Als einziges Land hat Nordrhein-Westfalen eine besondere gesetzliche Ermächtigung für die Ordnungsbehörden geschaffen 49 . Auch diese stimmt jedoch sachlich mit der polizeirechtlichen Generalklausel überein, so daß lediglich von einer formellen, nicht aber von einer materiellen Selbständigkeit des Ordnungsbehördenrechts gesprochen werden kann. Gegenwärtig folgen dem Trennungssystem die Länder Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Hier sind Polizei- und Ordnungsbehörden nebeneinander zur Gefahrenabwehr tätig. Dagegen haben Baden-Württemberg, Bremen, Rheinland-Pfalz und das Saarland die einheitliche Polizeiverwaltung von vornherein beibehalten oder sie später wieder eingeführt. Da die sachliche Funktion von Polizei- und Ordnungsbehörden übereinstimmt, wird im folgenden das materielle Polizei- und Ordnungsrecht einheitlich dargestellt.
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§§ 1 - 2 berl. ASOG; § 1 nordrh.-westf. OBG; § 1641 schlesw.-holst. LVG. Hess. SOG: Überschrift des 2. Abschnitts von Teil II (vor § 55). §§ 1 1 , 4 4 nieders. SOG. S. § 14 II berl. ASOG, § 13 I hamb. SOG, § 11 hess. SOG, § 1 nieders. SOG.
§§ 1 1 , 1 4 1 nordrh.-westf. OBG.
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II. Materielles Polizei- und Ordnungsrecht 1. Die Generalklausel a) Generalklausel und Spezialermächtigungen: Die Polizei- und Ordnungsverwaltung gehört zum Bereich der Eingriffsverwaltung. Ihre Maßnahmen greifen befehlend und belastend in die Rechtssphäre der jeweils betroffenen Bürger ein. Infolgedessen bedarf jede einzelne Maßnahme einer gesetzlichen Grundlage - und zwar unabhängig davon, ob man den Vorbehalt des Gesetzes entsprechend der traditionellen Anschauung auf belastende Verwaltungsakte beschränkt oder ob man ihn mit der im Vordringen begriffenen Auffassung über den Eingriffsbereich hinaus ausdehnt 5 0 . Die notwendige gesetzliche Grundlage kann rechtstechnisch ausgestaltet sein entweder als Spezialermächtigung für bestimmte Fallgruppen oder aber als weitgefaßte Generalklausel. Im Polizeirecht der deutschen Länder werden seit jeher Generalklausel und Spezialermächtigungen nebeneinander verwandt. Die Generalklausel steht im Vordergrund. Sie wird deshalb im folgenden schwerpunktmäßig behandelt. Ergänzt wird sie aber durch eine Vielzahl von Einzelermächtigungen an die Polizei, die teilweise Sondergebiete der Gefahrenabwehr, teilweise aber auch nicht materiell-polizeiliche Angelegenheiten betreffen 5 1 . Als Prototyp der polizei- und ordnungsrechtlichen Generalklausel kann noch heute § 14 I des preuß. PVG von 1931 gelten: „Die Polizeibehörden haben im Rahmen der geltenden Gesetze die nach pflichtmäßigem Ermessen notwendigen Maßnahmen zu treffen, um von der Allgemeinheit oder dem einzelnen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird." Die Generalklauseln, die in den geltenden Polizei- und Ordnungsbehördengesetzen der Länder (mit Ausnahme von Bayern) enthalten sind 52 , stimmen zumeist wörtlich, zumindest aber sinngemäß mit § 14 I PVG überein 5 3 . Deshalb kann sich die folgende Darstellung an § 14 PVG orientieren, wobei die Tatbestandselemente der Vorschrift selbstverständlich nach den heute anerkannten rechtlichen Maßstäben, nicht nach den Anschauungen von 1931, zu interpretieren sind.
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Zum älteren Streitstand s. die Nachweise bei Friauf, DVB1. 1966, 729 (734f.); Selmer, JuS 1968, 489ff.; aus jüngster Zeit insbes. BVerfGE 40, 237 ( 2 4 8 - 2 5 0 ) ; 41, 251 ( 2 5 9 - 2 6 0 ) ; 45, 4 0 0 ( 4 1 7 - 4 1 8 ) ; Kisker, NJW 1977, 1313ff.; Ossenbühl, D Ö V 1977, 801 ff. ( 8 0 2 - 8 0 5 ) ; Schenke, GewA 1977,313ff. Überblick bei Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. II, S. 4 3 - 7 6 . §§ 1, 3 bad.-württ. PG; § 14 I berl. ASOG; § 11 brem. PG; 3 I hamb. SOG; § 11 hess. SOG; § 11 nieders. SOG; § 15 I nordrh.-westf. PolG; § 1 1 - I I nordrh.-westf. OBG; § 11 rheinl.-pfälz. PVG; § 141 saarl. PVG; § 171 schlesw.-holst. LVwG. Auch Baden-Württemberg, dessen Generalklausel früher abweichend formuliert war (dazu VGH Stuttgart JZ 1958, 446), hat sie in § 1 PG i. d. F. von 1974 den übrigen Ländern angeglichen.
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b) Subsidiarität der Generalklausel: Angesichts der unübersehbaren Vielfalt der Situationen, aus denen sich Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ergeben können, erweist sich das System der Generalklausel als notwendig, wenn die Polizei ihre Ordnungsfunktion wirksam erfüllen soll. Ein noch so ausgeklügeltes System von Einzelermächtigungen könnte niemals sämtlichen zukünftigen Gefahren Rechnung tragen 5 4 . Gleichwohl bleibt es ein rechtsstaatliches Desiderat, daß der Gesetzgeber im Interesse der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit die Generalklausel insoweit durch konkrete Einzelregelungen für bestimmte Sachgebiete ersetzt, wie das nach der Eigenart des jeweiligen Gebietes möglich erscheint. Derartige Einzelregelungen bestehen tatsächlich in erheblicher Zahl 5 5 . Im Rahmen ihres jeweiligen Anwendungsbereichs gehen sie nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen stets der Generalklausel vor. M. a. W.: die Generalklausel tritt hinter eine Spezialregelung zurück, sie ist subsidiär. Im Geltungsbereich einer solchen Regelung darf die Generalklausel ausnahmsweise nur dann ergänzend angewandt werden, wenn die betreffende Vorschrift das (ausdrücklich oder sinngemäß) besonders zuläßt 56 oder wenn sie den betreffenden Einzelfall nicht erschöpfend erfaßt 5 7 . Für die Bearbeitung eines Falles ergibt sich daraus, daß stets vorrangig geprüft werden muß, ob für das in Betracht kommende Sachgebiet eine Sonderregelung besteht. Auf die Generalklausel darf erst dann zurückgegriffen werden, wenn zuvor festgestellt worden ist, daß ihre Anwendbarkeit nicht durch Spezialnormen ausgeschlossen wird. Sonderregelungen, die die Anwendbarkeit der Generalklausel ausschließen, können enthalten sein entweder in allgemeinen, d. h. nicht polizei- oder ordnungsrechtlichen Gesetzen oder aber in Vorschriften aus dem Bereich des Polizei- und Ordnungsrechts selbst. aa) Subsidiarität gegenüber polizei- und ordnungsrechtlichen Regelungen: Sämtliche Polizei- und Ordnungsbehördengesetze sehen nach dem Vorbild des § 14 II
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Zur Notwendigkeit und Legitimation der polizeilichen Generalklausel gerade angesichts des in ständigem Wechsel befindlichen Spektrums aktueller Umweltgefahren vgl. treffend Dürig, in Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 328 (Fußn. 1) zu Art. 3 Abs. 1. Beispiele s. unten Abschnitt II. 5. Dies ist von der Rspr. beispielsweise in folgenden Fällen bejaht worden: Neben den verkehrsrechtlichen Vorschriften kann die Generalklausel dann herangezogen werden, wenn eine Anordnung aus anderen als verkehrspolizeilichen Gründen getroffen werden muß (OVG Lüneburg E 11, 408, 410); so z. B. bei Maßnahmen zur Reinhaltung der Straßen (OLG Hamm JMBINW 1956, 128). - Nach Auffassung des BVerwG (NJW 1957, 961 f. = DVB1. 1957, 472) war es zulässig, präventive Maßnahmen zur Seuchenbekämpfung in Ergänzung der VO zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten (1938) auch auf die polizeiliche Generalklausel zu stützen. Diese Auffassung erscheint allerdings durch §§ 34ff. des Bundesseuchengesetzes vom 18. Juli 1961 (BGBl. IS. 1012) als überholt. - Auch neben der Berliner Bauordnung soll § 14 PVG anwendbar bleiben (BVerwG DVB1. 1961,125 f.). Vgl. OVG Münster DVB1. 1973, 922ff. (924), hinsichtlich der StVO.
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PVG ausdrücklich vor, daß den Polizei- und Ordnungsbehörden neben der Gefahrenabwehr nach Maßgabe der Generalklausel weitere Funktionen übertragen werden können. Dabei wird der subsidiäre Charakter der Generalklausel teils ausdrücklich hervorgehoben, so in § 1 II nordrh.-westf. OBG: „Die Ordnungsbehörden führen (die Aufgaben der Gefahrenabwehr) nach den hierfür erlassenen besonderen Gesetzen und Verordnungen durch. Soweit gesetzliche Vorschriften fehlen oder eine abschließende Regelung nicht enthalten, treffen die Ordnungsbehörden . . . die notwendigen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr nach diesem Gesetz", teils wird er stillschweigend unterstellt. Die hier angesprochenen „besonderen Gesetze" bilden einen Teil des Polizei- und Ordnungsrechts. Man kann insoweit von einer innerpolizeilichen Subsidiarität sprechen. Beispiele: Zuständigkeiten der Polizei- oder Ordnungsbehörden nach dem VersammlungsG 58 , dem BundesseuchenG, dem ViehseuchenG, der Straßenverkehrsordnung 59 . Gewisse Fälle einer innerpolizeilichen Subsidiarität finden sich auch in den Polizei- und Ordnungsbehördengesetzen selbst. So gibt es dort Regelungen über die polizeiliche Verwahrung von Personen, über das Eindringen in Wohnungen und über die Zurücknahme von Erlaubnissen 60 . Derartige Maßnahmen dürfen jeweils nur unter den Voraussetzungen der Sonderregelung vorgenommen werden. Fehlen diese Voraussetzungen, dann müssen sie unterbleiben, auch wenn eine noch so schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung im Sinne der Generalklausel bestehen mag. bb) Subsidiarität gegenüber nicht polizeilichen Regelungen: Seit jeher hat der Gesetzgeber die Gefahrenabwehr in gewissen Sachbereichen durch Regelungen außerhalb des Polizei- und Ordnungsrechts normiert und hat die betreffenden Verwaltungsaufgaben anderen Behörden zugewiesen. Er hat diese Bereiche dadurch entpolizeilichf1. Da die Polizei sich auf die Generalklausel „nur im Rahmen der geltenden Gesetze" stützen kann, sind ihr die in Betracht kommenden Materien damit grundsätzlich verschlossen. Zu den entpolizeilichten Gebieten gehört z. B. der größte Teil der staatlichen Überwachung und Lenkung im Bereich der Wirtschaft, obwohl es dort weithin darum geht, vom einzelnen Bürger und von der Allgemeinheit Gefahren abzuwehren, ferner das bundesrechtlich geregelte Immissionsschutzrecht (Bundesimmissionsschutzgesetz vom 15. März 1974, BGBl. I S. 721) 62 . Entpolizeilicht ist auch 58
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Zur Subsidiarität der Generalklausel im Verhältnis zum VersammlungsG s. OVG Münster D Ö V 1970, 344 ff. (345). Dazu OVG Münster DVB1. 1973,922 ff. (924), mit Nachw. §§ 15, 16, 42 PVG; §§ 22, 25 bad.-württ. PG; §§ 11, 15 brem. PG; § 4 9 II brem. VwVfG; § 22 hamb. G betr. das Verhältnis der Verwaltung zur Rechtspflege vom 23. 4. 1879 (GS I S. 110); §§ 46, 52, 9 hess. SOG; §§ 9, 31 nieders. SOG; § 24 nordrh.westf. OBG; §§ 25ff. nordrh.-westf. PolG; §§ 6, 19, 49 rheinl.-pfälz. PVG; §§ 180, 182, 117 schlesw.-holst. LVwG. Es handelt sich hier um eine materielle Entpolizeilichung im Gegensatz zu der bloß formellen, wie sie bei der Übertragung gefahrenabwehrender Aufgaben von den Polizeiauf die Ordnungsbehörden (oben Abschnitt 1.5) erfolgt ist. Vgl. den Grenzfall VGH Mannheim D Ö V 1975, 608 ff. mit Anm. Engelhardt.
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die Abwehr von Gefahren, die sich aus der materiellen Hilfsbedürftigkeit einzelner und aus der besonderen Schutzbedürftigkeit von Minderjährigen ergeben (Sozialhilfe, Jugendschutz 63 ). Ausnahmsweise dürfen Polizei- und Ordnungsbehörden auf entpolizeilichten Gebieten dann tätig werden, wenn die an sich zuständige Behörde nicht rechtzeitig eingreifen kann und sofortige Maßnahmen notwendig sind, um unmittelbar bevorstehende Gefahren abzuwenden 6 4 . Die Polizei, die in zahlreichen Fällen eher zur Stelle ist als eine reine Schreibtisch-Behörde, soll nicht gezwungen sein, der Entstehung eines Schadens tatenlos zuzusehen. Diese Notzuständigkeit wurde auf Grund der allgemeinen polizeilichen Funktion bereits anerkannt, noch ehe der Gesetzgeber sie positiv geregelt hatte 6 5 . Heute ist sie in den meisten neueren Landesgesetzen ausdrücklich niedergelegt 66 . Die Maßnahmen im Rahmen der Notzuständigkeit sind stets auf das unbedingt Erforderliche und Unaufschiebbare zu beschränken. Die an sich zuständige Behörde muß sofort unterrichtet werden. Auf ihr Verlangen hat die Polizei die getroffenen Maßnahmen zu beseitigen, und zwar auch dann, wenn sie nach wie vor von ihrer Notwendigkeit überzeugt sein sollte. Die Polizei ist also niemals befugt, der für das Sachgebiet kompetenten Stelle ihre eigene Auffassung aufzuzwingen. c) Schutzobjekte der Generalklausel: Die Polizei darf im Rahmen der Generalklausel nicht beliebige Gefahren bekämpfen, sondern nur solche, durch die die öffentliche Sicherheit oder die öffentliche Ordnung bedroht wird. Ist keines dieser beiden Schutzobjekte berührt, dann kann sie nicht tätig werden, mögen auch noch so schwerwiegende anderweitige Gefahren gegeben sein. Bei beiden Begriffen, dem der öffentlichen Sicherheit und dem der öffentlichen Ordnung, handelt es sich um sog. unbestimmte Rechtsbegriffe i. S. der verwaltungsrechtlichen Terminologie 67 . Die Behörde besitzt bei ihrer Anwendung weder einen Beurteilungsspielraum noch gar eine Ermessensfreiheit. Das Verwaltungsgericht kann stets in vollem Umfange nachprüfen, ob tatsächlich eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gegeben war 68 . Für den Außenstehenden mögen die beiden Begriffe auf den ersten Blick recht weit und vage erscheinen. Sie haben aber in einer ausgedehnten Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte sehr scharfe Konturen gewonnen, so daß sie den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Bestimmtheit von Eingriffsermächtigungen voll gerecht werden 6 9 . 63
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Vgl. G zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit vom 27. Juli 1957 (BGBl. I S. 1058); Bundessozialhilfegesetz vom 13. Februar 1976 (BGBl. I, S. 289). Zu den Not- und Hilfszuständigkeiten s. im übrigen unten Abschnitt III. 1 a, bb, cc. Z. B. PrOVG 7 7 , 4 2 3 (433f.); 100, 217 (218,219). § 2 I bad.-württ. PG; § 4 I berl. ASOG; § 1 II S. 1 hess. SOG; § 2 II S. 1 nieders. SOG; § 15 I S. 2 nordrh.-westf. PolG; § 1681 Nr. 2 schlesw.-holst. LVwG. Vgl. die Nachweise bei Ule i Rasch, a. a. O., § 14 PVG Rdnr. 58 a. E.; insb. OVG 106, 61 (63 f.); BGH DVB1. 1954, 813 f. = VerwRspr. 7, 689f. BGH, a. a. O. Dazu BVerwG DVB1. 1970, 504ff. (506); F. Werner, BayVBl. 1970, 41 ff. ( 4 2 - 4 3 ) ; Diirig, in Maunz / Dürig/ Herzog I Scholz, GG, Rdnr. 81 zu Art. 21.
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aa) Die öffentliche Sicherheit: Unter „öffentlicher Sicherheit" versteht man traditionell die Unversehrtheit von Leben, Gesundheit, Ehre, Freiheit und Vermögen der Bürger einerseits sowie Bestand und Funktionieren des Staates und seiner Einrichtungen andererseits 70 . Wir haben hier also zwei Schutzrichtungen, eine individual- und eine gemeinschaftsbezogene. Letztere umfaßt, neben Bestand und Einrichtungen des Staates im engeren Sinne, auch die „kollektiven Rechtsgüter", deren Schutz mit Rücksicht auf die Allgemeinheit, vornehmlich auf das Leben in der staatlich organisierten Gemeinschaft, geboten ist 71 . D a ß auch die Unversehrtheit der Individualgüter einen Teil der „öffentlichen" Sicherheit bildet, zeigt sich schon darin, daß die Polizei nach dem Wortlaut der Generalklausel Gefahren nicht nur von der Allgemeinheit, sondern auch vom einzelnen abzuwehren hat 7 2 . Innerhalb der zu schützenden Individualgüter lassen sich zwei Gruppen unterscheiden: die materiellen und die immateriellen Güter. Das Schwergewicht des polizeilichen Schutzes verlagert sich dabei immer stärker auf die zweite Gruppe, zumal es ohnehin primär Aufgabe der Gerichte ist, Rechtsschutz gegenüber Eingriffen in die Vermögenssphäre zu gewähren (notfalls durch einstweilige Verfügung). Zunehmende Bedeutung besitzt in unserer Zeit der Schutz der menschlichen Gesundheit vor den zahlreichen Gefährdungen, die die moderne Lebensweise mit sich bringt (Lärm, Immissionen usw.). Der Schutz von Individualgütern durch die Polizei erfolgt freilich nicht (zumindest nicht primär) im privaten Interesse der Betroffenen 7 3 . Die öffentliche Sicherheit ist vielmehr nur dann berührt, wenn die konkrete Gefahrenlage Ausstrahlungswirkungen in die Öffentlichkeit erzeugt und damit ein öffentliches Interesse an ihrer Abwehr besteht 7 4 . Die bloße Selbstgefährdung eines Bürgers, die weder Dritte noch die Allgemeinheit mitgefährdet, rechtfertigt kein polizeiliches Einschreiten 75 . Die öffentliche Sicherheit erfordert, daß die verfassungs- und gesetzmäßig bestehenden Einrichtungen des Staates in ihrer rechtmäßigen Funktion nicht behindert werden. Einrichtungen in diesem Sinne sind die Volksvertretungen und 70
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Bayer. V e r f G H V G H n. F. 4 II 194ff. (205); Peters, VerwR, S. 377; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. II, S. 117 ff.; diese klassische Definition geht zurück auf die amtl. Begründung zum preuß. P V G von 1931, von der insoweit auch die heute geltenden Landesgesetze ausgehen; vgl. H. H. Klein, DVB1. 1971, 2 3 3 ff. (236). BVerwG DVB1. 1974, 2 9 7 ff. ( 2 9 9 - 3 0 0 ) : öffentliche Wasserversorgung als Schutzgut der Generalklausel. Dazuinsbes. W. Martens, D Ö V 1 9 7 6 , 4 5 7 ff. Deshalb kann der einzelne einer Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung grundsätzlich nicht unter Berufung auf Notwehr oder Nothilfe entgegentreten, es sei denn, daß der Störer zugleich in rechtlich geschützte Individualinteressen eingreifen würde; vgl. B G H DVB1. 1975, 5 7 9 f f . (580). So ausdrücklich z. B. § 1 1 bad.-württ. PG: „ . . . soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist"; vgl. auch W. Martens, öffentlich als Rechtsbegriff, 1969, S. 171; P. Häberle, öffentliches Interesse als juristisches Problem, 1970, S. 5 7 7 - 7 8 sowie S. 266 Fußn. 8 2 (Rechtsprechungsnachweise); H. H. Klein, D V B 1 . 1 9 7 1 , 2 3 3 ff. (236). Beispiele bei Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. II, S. 1 1 3 f f .
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Regierungen, die staatlichen Behörden (einschließlich der Polizei- und Ordnungsbehörden selbst! 76 ), aber auch Selbstverwaltungskörperschaften (Gemeinden, Universitäten) und öffentliche Anstalten. Die Polizei kann im Rahmen der Generalklausel derartige Behinderungen unterbinden, auch wenn sie im Einzelfall keinen Straftatbestand erfüllen. Der öffentlichen Sicherheit dient insbesondere die Verhütung strafbarer Handlungen. Zu ihr ist die Polizei deshalb stets auf Grund der Generalklausel berechtigt 77 . Anders ist die Rechtslage dagegen bei der Strafverfolgung. Hier würde in den meisten Fällen die Anwendbarkeit der Generalklausel schon daran scheitern, daß der Schaden für das geschützte Rechtsgut bereits endgültig eingetreten ist (das Opfer ist getötet, die Sache ist zerstört), so daß eine Gefahr nicht mehr abgewehrt werden kann. Abgesehen davon gehen die Bestimmungen der StPO (insb. §§ 158, 163 ff.) über die polizeilichen Aufgaben im Rahmen der Strafverfolgung vor. Die nur subsidiär geltende Generalklausel ist damit ausgeschaltet. Nach herrschender Meinung stört jeder Verstoß gegen eine geltende Norm des öffentlichen Rechts die öffentliche Sicherheit 78 . Infolgedessen kann die Generalklausel als Sanktionsnorm bei Verletzung von Verbotsvorschriften dienen, die selbst keine besondere Eingriffsermächtigung vorsehen. So kann, bei Fehlen entsprechender baurechtlicher Ermächtigungen, die Einstellung ungenehmigter Bauarbeiten auf Grund der Generalklausel angeordnet werden 7 9 . Diese Befugnis steht allerdings grundsätzlich nur der Ordnungsbehörde zu, nicht dagegen der Behörde, die für die Erteilung der fehlenden Erlaubnis zuständig wäre 8 0 . Auch in diesem Zusammenhang ist selbstverständlich die Subsidiarität der Generalklausel zu beachten. Die Rechtsschutzfunktion der Gerichte und sonstiger Stellen geht, soweit ihr Wirkungskreis reicht, stets vor. bb) Die öffentliche Ordnung1: Der Begriff der öffentlichen Ordnung bereitet vielfach größere Schwierigkeiten. § 14 I PVG versteht unter ihm die Gesamtheit der (zumeist ungeschriebenen) Regeln, deren Befolgung nach den jeweils herr76
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Vgl. BVerwG D Ö V 1976, 569: Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch häufiges unmotiviertes Anrufen der Polizei. Vgl. z. B. OVG Münster, VRspr. 7 , 5 5 8 f f . (560) = NJW 1954,1664. OVG Münster DVB1. 1975, 588f. (589), mit Nachw.; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. II, S. 121 f.; vgl. aber auch//. H. Klein, DVB1. 1971,233 ff. (238). OVG Münster, BRS 20, 287ff. (289); BRS 22, 290ff. (291); vgl. auch VG Sigmaringen D Ö V 1976, 570ff. (571): Verbot des ungenehmigten Vertriebs von sog. Minispionen wegen Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung. Vgl. BVerwG D Ö V 1975, 208, betr. Einschreiten bei fehlender Sondernutzungserlaubnis nach § 8 I, II BFStrG. Zur verfassungsrechtlichen Legitimität des Schutzes der öffentlichen Ordnung im hier verstandenen Sinne auch unter den Anforderungen des demokratischen Rechtsstaats s. H. H. Klein, DVB1. 1971, 233ff. ( 2 3 8 - 2 4 0 ) ; Erbel, DVB1. 1972, 475ff.; Friauf, D Ö V 1974,180; anderer Ansicht namentlich Denninger, Polizei in der freiheitlichen Demokratie, 1968, S. 3 1 - 3 8 ; ders., JZ 1970, 145ff.; Götz, a. a. O., S. 46ff.; Achterberg, in: Fs. f. Scupin, S. 9 ff.
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s e h e n d e n sozialen u n d e t h i s c h e n A n s c h a u u n g e n als u n e r l ä ß l i c h e V o r a u s s e t z u n g f ü r ein gedeihliches Z u s a m m e n l e b e n i n n e r h a l b d e r G e m e i n s c h a f t a n g e s e h e n wird 8 2 . D i e s e D e f i n i t i o n ist auch h e u t e noch m a ß g e b l i c h 8 3 . D i e R e g e l n d e r ö f f e n t l i c h e n O r d n u n g sind nicht als R e c h t s v o r s c h r i f t e n zu qualif i z i e r e n 8 4 . W ä r e n sie das, so w ü r d e ein V e r s t o ß b e r e i t s d i e R e c h t s o r d n u n g ( u n d d a m i t d i e ö f f e n t l i c h e Sicherheit) verletzen. E s h a n d e l t sich v i e l m e h r u m Wertvorstellungen, die erst d a d u r c h rechtlich r e l e v a n t w e r d e n , d a ß i h r e V e r l e t z u n g u n t e r d e r S a n k t i o n des polizeilichen bzw. o r d n u n g s b e h ö r d l i c h e n E i n s c h r e i t e n s steht. B e r e i t s aus d e m F e h l e n d e s N o r m c h a r a k t e r s ergibt sich, d a ß d i e R e g e l n d e r ö f f e n t lichen O r d n u n g d i e B ü r g e r nicht in i h r e m V e r h ä l t n i s u n t e r e i n a n d e r b e r e c h t i g e n u n d v e r p f l i c h t e n k ö n n e n . N i e m a n d h a t auf G r u n d d e r Polizeigesetze e i n e n A n s p r u c h d a r a u f , d a ß a n d e r e die E r f o r d e r n i s s e d e r ö f f e n t l i c h e n O r d n u n g b e a c h t e n . D e r e i n z e l n e k a n n d e s h a l b auch k e i n e N o t w e h r g e g e n d e n S t ö r e r d e r ö f f e n t l i chen O r d n u n g ü b e n 8 5 . E s bleibt v i e l m e h r stet d e r z u s t ä n d i g e n Polizei- bzw. O r d n u n g s b e h ö r d e v o r b e h a l t e n , bei einer V e r l e t z u n g e i n z u s c h r e i t e n 8 6 . D i e sozialen u n d e t h i s c h e n W e r t v o r s t e l l u n g e n , die in ihrer G e s a m t h e i t d i e ö f f e n t l i c h e O r d n u n g bilden, sind nicht statisch. Sie v a r i i e r e n im L a u f e d e r Z e i t u n d k ö n n e n sich auch v o n O r t zu O r t u n t e r s c h e i d e n 8 7 . D i e E n t w i c k l u n g d e r m a ß g e b l i c h e n W e r t v o r s t e l l u n g e n erfolgt allerdings nicht völlig a u t o n o m . Sie ist v i e l m e h r in die g e l t e n d e R e c h t s o r d n u n g e i n g e b e t t e t . D a die ö f f e n t l i c h e O r d n u n g v o m R e c h t a n e r k a n n t u n d geschützt wird, k a n n eine W e r t u n g , d i e d e r V e r f a s s u n g o d e r e i n e m G e s e t z widerstreitet, niemals B e s t a n d t e i l e b e n dieser ö f f e n t l i c h e n O r d n u n g sein. A u s d i e s e m G r u n d w e r d e n die B e u r t e i l u n g s m a ß s t ä b e h e u t e e n t s c h e i d e n d v o m Grundgesetz g e p r ä g t . F r ü h e r e A n s c h a u u n g e n ü b e r die E r f o r d e r n i s s e d e r ö f f e n t l i c h e n O r d n u n g m ü s s e n d a r a u f h i n ü b e r p r ü f t w e r d e n , o b sie sich im E i n k l a n g mit d e r f r e i h e i t l i c h - d e m o k r a t i s c h e n G r u n d o r d n u n g im Sinne d e s G G b e f i n d e n 8 8 . Politische u n d gesellschaftliche A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n fallen so l a n g e nicht in d e n A n w e n d u n g s b e r e i c h d e r G e n e r a l k l a u s e l , wie sie sich im R a h m e n des G r u n d g e s e t zes h a l t e n . Ü b t j e m a n d ein i h m z u s t e h e n d e s Grundrecht aus, so k a n n er d a m i t nicht die ö f f e n t l i c h e O r d n u n g v e r l e t z e n . D e s h a l b darf d i e Polizei z. B . die A u f f ü h r u n g eines Films, d i e d u r c h das G r u n d r e c h t d e r K u n s t f r e i h e i t in A r t . 5 III G G g e d e c k t ist,
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PrOVG 91,139 (140); OVG Münster DVB1.1957, 867 = DÖV 1957, 870. OVG Münster, a. a. O.; Bayer. VerfGH, VGH n. F. 4 II 194 ff. (204); OVG Münster, OVG E 12, 112ff. (115); VGH Kassel DVB1. 1960, 780; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. II, S. 130f.; Ule / Rasch, Rdnr. 11 zu § 14 PVG; VGH Mannheim NJW 1972, 971; OVG Koblenz BRS 28,107 ff. (109). Dazu VG Freiburg, Bad.-württ. VB1. 1964,187. BGH DVB1. 1975,579ff. (580). Zu der Frage, inwieweit der einzelne verlangen kann, daß die Behörde zu seinem Schutz tätig wird, s. unten Abschn. II 1 f. Vgl. etwa OVG Lüneburg NJW 1974, 820f.: Bordellbetrieb verstößt gegen die öffentliche Ordnung. Insoweit zutreffend Denninger, Polizei in der freiheitlichen Demokratie, 1968, S. 7 ff.
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nicht untersagen 89 . Eine Versammlung, die friedlich und ohne Waffen durchgeführt wird, ist nach Art. 8 I G G ohne Erlaubnis gestattet; sie verstößt nicht gegen die öffentliche Ordnung 90 . Zu prüfen bleibt freilich stets, wieweit sich der Wirkungsbereich des jeweils in Anspruch genommenen Grundrechts erstreckt. Es kann nämlich sein, daß dieser Bereich seinerseits unmittelbar oder mittelbar durch die Schutzobjekte der polizeilichen Generalklausel beschränkt wird. Die Rechtslage ist insoweit bei den einzelnen Grundrechten sehr verschieden. Sie hängt davon ab, inwieweit das G G eine Einschränkung des betreffenden Grundrechts zuläßt: Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 I G G ) steht unter dem generellen Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung, zu der auch die Generalklausel gehört. — Die Polizei- und Ordnungsbehördengesetze sind „allgemeine Gesetze" im Sinne des Art. 5 II GG. Sie beschränken deshalb die Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit des Art. 5 I G G . Diese Grundrechte dürfen nur im Rahmen der öffentlichen Ordnung ausgeübt werden. Dabei gelten allerdings die Grundsätze, die das B V e r f G über das Verhältnis von Meinungsfreiheit und Ehrenschutz entwickelt hat (sog. Wechselwirkungstheorie) 91 , entsprechend 92 . Die Erfordernisse der öffentlichen Ordnung müssen so interpretiert werden, daß sie im Einklang mit der besonderen Bedeutung der Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit in einer freiheitlichen Demokratie stehen 9 3 . Eine inhaltliche Kontrolle von Meinungsäußerungen durch die Polizei hat danach prinzipiell auszuscheiden. Wohl aber kann die Form einer Äußerung und erst recht der Versuch einer Meinungsdurchsetzung (z. B. „Verbalterror", Anwendung von „passiver Gewalt") gegen polizeiliche Schutzgüter verstoßen und damit ein Einschreiten der Polizei rechtfertigen. Weitaus problematischer erscheint die Frage, inwieweit die Anforderungen der öffentlichen Ordnung auch gegenüber denjenigen Grundrechten durchgreifen, die das G G keinem ausdrücklichen Einschränkungsvorbehalt unterworfen hat. Teilweise wird hier die Auffassung vertreten, das Rechtsgut der öffentlichen Ordnung i. S. der Generalklausel bilde eine generelle ungeschriebene Schranke jeglicher Grundrechtsausübung 94 . Das würde praktisch bedeuten, daß sämtliche Grundrechte gleichermaßen unter einem allgemeinen Polizeivorbehalt stünden. Diese Auffassung läßt sich mit dem abgestuften System von Grundrechtsschranken, wie 89 90
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BVerwG E 1, 303 (,,Sünderin"-Fall). Zum Verhältnis von Versammlungsfreiheit und Polizei s. überzeugend H. H. Klein, DVB1. 1 9 7 1 , 2 3 3 ff. ( 2 4 0 - 2 4 2 ) mit Nachweisen zum Streitstand. Grundlegend BVerfG E 7, 198 ( 2 0 8 f . ) ; ferner BVerfG E 12, 113 ( 1 2 4 f . ) ; 2 0 , 1 6 2 ( 1 7 7 ) ; 21, 271 ( 2 8 1 ) ; 24, 278 (282ff.). S. dazu Bettermann, Grenzen der Grundrechte, 1968, S. 19. Zu den dabei auftauchenden äußerst schwierigen Problemen der Grundrechtsinterpretation s. Herzog, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Rdnr. 2 4 4 - 2 6 7 zu Art. 5. Dürig, in: Maunz I Dürig I Herzog I Scholz, GG, Rdnr. 81 zu Art. 2 I; vgl. auch P. Häberle, Die Wesensgehaltsgarantie des Art. 19 II GG, 1962, S. 14, 51 ff.; VGH Freiburg, DVB1. 1951, 635 ( 6 3 6 ) ; OVG Münster, DVB1. 1953, 761 ( 7 6 3 ) ; OVG Koblenz, AS Bd. 3, 2 5 9 (263) = DÖV 1954, 279 (280).
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es das G G durchgeführt hat, nicht vereinbaren 9 5 . Andererseits aber steht außer Frage, daß kein Grundrecht eine absolute, schrankenlose Freiheit gewährt. Die Grundrechtsausübung hat vielmehr stets Rücksicht auf die essentiellen Erfordernisse der staatlichen Gemeinschaft zu nehmen; sie kann deshalb nicht in jeder Beziehung „polizeifest" sein 96 . Wo dabei konkret die Grenzen verlaufen, muß für die einzelnen Grundrechte differenzierend im Wege der Verfassungsinterpretation ermittelt werden 9 7 . In jedem Fall gilt, daß die Polizei die für die öffentliche Ordnung maßgeblichen Wertvorstellungen nicht selbst bilden, also nicht eigene Maßstäbe entwickeln darf, sondern sie rein kognitiv festzustellen hat. Sie muß empirisch erforschen, welches die in der Gemeinschaft herrschenden Vorstellungen sind. Eine völlige Einhelligkeit wird sich dabei regelmäßig nicht ergeben. Es genügt deshalb, wenn die betreffenden Anschauungen von der überwiegenden Mehrheit getragen werden. Ist dagegen eine bestimmte Frage so umstritten, daß sich nicht einmal eine deutlich überwiegende Mehrheit für eine Auffassung ermitteln läßt, dann muß es bei dem non liquet bleiben. Eine von der Polizei durchzusetzende Anforderung der öffentlichen Ordnung besteht dann insoweit nicht. d) Polizeiliche Gefahr: Jedes Einschreiten auf Grund der Generalklausel setzt voraus, daß der Allgemeinheit oder dem einzelnen eine Gefahr droht. Damit wird der Begriff der Gefahr zu einem der Zentralbegriffe des Polizei- und Ordnungsrechts. aa) Gefahrenbegriff: Die klassische Formulierung des preuß. OVG, die noch heute als maßgeblich gilt, definiert die Gefahr als eine Sachlage, die bei ungehindertem Ablauf erkennbar zu einem Schaden, d. h. zur Minderung eines tatsächlich vorhandenen normalen Bestandes an Lebensgütern durch von außen kommende Einflüsse führen würde 9 8 . Die Feststellung einer Gefahr erfordert damit stets die Prognose eines zukünftigen (hypothetischen) Geschehensablaufs. Diese Prognose muß sich eines objektiven Maßstabs bedienen 9 9 . Subjektive Befürchtungen besonders ängstlicher Betrachter rechtfertigen kein polizeiliches Einschreiten.
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Vgl. insb. BVerfG E 3 0 , 1 7 3 (193) - „Mephisto-Urteil"; aus dem Schrifttum s. statt vieler W. Knies, Schranken der Kunstfreiheit als verfassungsrechtliches Problem, 1967, S. 1 0 3 - 1 1 2 , mitNachw. Dazu auch K. Vogel, in: Fs. f. Wacke, S. 375ff. ( 3 8 7 - 3 8 8 ) . Es handelt sich um einen besonders bedeutsamen Teilkomplex des Problems der sog. immanenten Grundrechtsschranken. Darauf kann hier nicht näher eingegangen werden. Vgl. den eingehenden Überblick bei Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. II, S. 1 4 9 - 1 6 7 . PrOVG 77, 333 (338); 77, 341 (345); 87, 301 (310); VGH Stuttgart, VerwRspr. 4, 440 (444) und 4, 486 (492); OVG Lüneburg, OVG E 10, 341 (342); OVG Münster, OVG E 14, 69ff. (73); BVerwG NJW 1970, 1890ff. (1892); ähnlich BVerwG E 45, 51 (57); OLG Karlsruhe DVB1. 1977,968. Vgl. BVerwG E 45, 51 (57): „bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens".
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Von einem Schaden kann erst gesprochen werden, wenn die zu erwartende Beeinträchtigung einen bestimmten Intensitätsgrad erreicht. Bleibt sie darunter, handelt es sich also um eine bloße Belästigung oder Unbequemlichkeit, dann muß sie hingenommen werden 1 0 0 . Unter den heutigen Gegebenheiten des Zusammenlebens zahlloser Menschen auf engem Raum lassen sich vielfach Beeinträchtigungen nicht oder nur schwer vermeiden. Würde man die maßgebliche Intensitätsschwelle zu niedrig ansetzen, dann müßten Betätigungsweisen als Gefahren qualifiziert werden, auf die die moderne Gesellschaft nicht verzichten kann (Straßenverkehr, industrielle Produktionen). Würde man sie umgekehrt zu sehr nach oben verschieben, dann könnte das Gemeinschaftsleben zur technisch perfektionierten Hölle werden. Die Abgrenzung zwischen dem Bereich des von der Polizei zu verhütenden Schadens und der polizeilich irrelevanten bloßen Belästigung erfordert damit stets ein Werturteil, bei dem die konkurrierenden Lebensgüter und Interessen gegeneinander abgewogen werden müssen. Abstrakte Formeln, wie man sie vielfach findet, können dabei nur wenig helfen. Das Ergebnis der Abwägung kann nach Zeit und Ort verschieden sein. Ein bestimmter Lärmpegel, der tagsüber als bloße Belästigung geduldet werden muß, kann während der Zeit der Nachtruhe zu einer Gesundheitsgefahr führen. Gerüche, die in ländlichen Verhältnissen normal sind, erweisen sich in der Stadt möglicherweise als Gefahrenquellen 1 0 1 . Die definitorische Einschränkung, daß die Beeinträchtigung einem tatsächlich vorhandenen Bestand an Lebensgütern drohen muß, ergibt sich aus dem Verbot der sog. Wohlfahrtspflege. Die Polizei ist dazu berufen, das Vorhandene zu sichern, nicht aber den bestehenden Zustand in Richtung auf eine Verbesserung der Verhältnisse zu ändern. Polizeilich geschützt ist nur der normale Bestand an Lebensgütern. Deshalb bedeutet eine Beeinträchtigung dann keine Gefahr, wenn sie lediglich infolge einer außergewöhnlichen Disposition (etwa einer besonderen Empfindlichkeit) der Betroffenen zu einem Schaden führen kann. Hundegebell, das in einer Wohngegend von normal Empfindlichen allenfalls als Belästigung empfunden wird, kann nicht deshalb untersagt werden, weil es einen einzelnen Schwerkranken ernstlich in seiner Gesundheit gefährdet; anders wäre u. U. bei Hundegebell in einem Klinikviertel zu entscheiden. Da es sich um die Abwehr drohender, d. h. noch bevorstehender Gefahren handelt, wird vielfach keine über jeden Zweifel erhabene Aussage über den Schadenseintritt möglich sein. Ob eine Hausruine Lebensgefahren herbeiführt, läßt sich mit völliger Gewißheit erst feststellen, wenn sie bereits eingestürzt ist und einen 100 p r 0 v G 95, 141 (LS, 143); OLG Karlsruhe DVB1. 1977, 968; V G H Kassel E S V G H 10, 152 = DVB1. 1 9 6 0 , 7 8 0 . 101 Vgl. den sog. Schweinemäster-Fall: O V G Münster, O V G E 11, 2 5 0 f f . = D Ö V 1957, 8 7 0 f . = DVB1. 1957, 867. - Zur Belästigung durch Dünste oder Rauch s. P r O V G 18, 303; V G H Kassel D Ö V 1950, 376; B V e r w G DVB1. 1969, 586; zum nächtlichen H u n d e gebell s. PrOVG 88, 209 (212).
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Passanten erschlagen hat. Daher genügt es für die Annahme einer bevorstehenden Gefahr, daß nach der Lebenserfahrung die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, der Schaden werde ohne Eingreifen der Polizei eintreten 1 0 2 . Eine absolute Gewißheit ist nicht erforderlich. Der Grad an Wahrscheinlichkeit, der im Einzelfall gefordert werden muß, um ein Einschreiten zu rechtfertigen, hängt von der Bedeutung des jeweiligen Schutzgutes und vom Umfang des befürchteten Schadens ab 1 0 3 . Die Feststellung der im Einzelfall für das Einschreiten „hinreichenden" Wahrscheinlichkeit ist insofern kein reiner Erkenntnisakt. Sie schließt vielmehr eine wertende Abwägung auf der Grundlage des rechtsstaatlichen Prinzips der Verhältnismäßigkeit ein. Ist das Schutzgut besonders bedeutsam oder der möglicherweise eintretende Schaden sehr groß, dann können an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts nur entsprechend geringere Anforderungen gestellt werden 1 0 4 . In den Fällen, in denen das Gesetz für bestimmte Eingriffe (Maßnahmen gegen Nichtstörer im polizeilichen Notstand, polizeilicher Gewahrsam u. a.) eine „gegenwärtige" oder eine „unmittelbar bevorstehende" Gefahr voraussetzt, sind dagegen regelmäßig strengere Anforderungen an den Wahrscheinlichkeitsgrad zu stellen, zumal die geforderte zeitliche Nähe der Gefahr normalerweise auch die Sicherheit der Prognose erhöhen wird 105 . Für die Ermittlung der Gefahr kommt es auf die Beurteilung ex ante, also im Zeitpunkt des polizeilichen Handelns, an 1 0 6 . War damals der Schaden wahrscheinlich, dann ist die Bejahung der Gefahr rechtmäßig, auch wenn der weitere Verlauf die Prognose als unrichtig erweisen sollte 107 . Die so charakterisierte Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts muß allerdings objektiv vorliegen. Die Rechtfertigung zum Eingreifen ergibt sich also nicht aus der subjektiven Überzeugung des handelnden Beamten, sondern aus der objektiv gegebenen Lage. - In der Praxis begegnen allerdings oftmals Situationen, in denen tatsächliche Umstände auf das Vorliegen einer Gefahr hindeuten, ohne daß aber sofort eindeutig Klarheit geschaffen werden kann (Anscheinsgefahr, Putativgefahr). Hier wird der objektiv verifizierbare Anschein der Gefahr als selbständige Störung i. S. des Polizeirechts angesehen 1 0 8 . Es handelt sich um eine Hilfskonstruktion, die verhindern soll, daß die Polizei den Ereignissen so lange tatenlos zusehen muß, bis es für die Abwendung des Schadens zu spät ist. Die Polizei darf demnach einen dem objektiven Anschein nach gefahrbringenden Kausalverlauf so lange unterbrechen, bis sie in der Lage ist, sich Klarheit über das tatsächliche 102
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PrOVG 87, 301 (310); 98, 81 (86); BGH DVB1. 1954, 813; OVG Saarlouis D Ö V 1973, 863 ff. (864). OVG LüneburgDVB1. 1977,347ff. (351). BVerwG N J W 1 9 7 0 , 1 8 9 0 f f . (1892); BVerwG E 4 7 , 3 1 (40). BVerwG E 4 5 , 51 (58); OVG Saarlouis D Ö V 1973, 863ff. (864). BVerwG DVB1. 1975, 888ff. (889): „nach den Verhältnissen und dem Erkenntnisstand zur Zeit ihres Erlasses". S. BGH DVB1. 1954, 813. BVerwG E 45, 51 (58); BVerwG DVB1. 1975, 888ff. (889); näher dazu Hoffmann-Riem, in: Fs. f. Wacke, S. 327 ff.
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Vorhandensein einer Gefahr zu verschaffen 1 0 9 . Ein Einschreiten wäre dagegen rechtswidrig, wenn der handelnde Beamte sich den Anschein der Gefahr lediglich subjektiv eingebildet hätte, ohne daß entsprechende objektive Verdachtsmomente gegeben gewesen wären 1 1 0 . bb) Latente Gefahr111: Gefahren sind stets situationsbedingt. Sie realisieren sich vielfach erst dann, wenn mehrere Handlungen oder mehrere Zustände von Sachen zusammentreffen. Eine bestimmte, zunächst völlig ungefährliche Situation kann später beim Hinzutreten weiterer Umstände plötzlich zu einer Gefahr werden. Vor allem können Veränderungen in der Umwelt bewirken, daß eine bisher ungefährliche Sache — die ihrerseits unverändert bleibt - sich nunmehr als Gefahrenherd erweist: Ein bebautes oder bepflanztes Grundstück wird durch die Verstärkung des Verkehrs auf der benachbarten Straße zu einem Verkehrshindernis 1 1 2 . Eine Schweinemästerei, die ursprünglich im freien Gelände lag, beeinträchtigt die Bewohner der nachträglich bebauten Nachbargrundstücke 1 1 3 . Man spricht hier von einer „latenten Gefahr", die sich erst später aktualisiere. Problematisch ist dabei stets, ob der Eigentümer der ursprünglich ungefährlichen Sache wegen der später aktuell gewordenen Gefahr polizeirechtlich in Anspruch genommen werden kann. Die Rechtsprechung hat das im ersten Beispielsfall verneint; sie hat dagegen die Verantwortlichkeit des Inhabers der Schweinemästerei bejaht 1 1 4 . Die einschlägigen Entscheidungen können vielfach zumindest in der Begründung nicht überzeugen. Sie versuchen, der Problematik mit rein begrifflichen Argumenten oder mit Erwägungen über die Verursachung der Gefahr gerecht zu werden. Diese Betrachtungsweise führt jedoch nicht zu sachgerechten Ergebnissen 115 . In sämtlichen in Betracht kommenden Fällen besteht eine objektive Unverträglichkeit zwischen mehreren benachbarten Sachen und ihrer Nutzung. Keine von ihnen würde, isoliert gedacht, als gefährlich angesehen werden können. Die Gefahr resultiert erst aus ihrem Nebeneinander. Jede von ihnen würde, dächte man sie hinweg, die Gefahr verschwinden lassen. Man kann unter diesen Umständen nicht behaupten, nur eine einzelne der beteiligten Sachen „verwirkliche" die ios 110
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v G 77, 3 3 3 (339); V G H Baden-Württ. DVB1. 1970, 5 1 1 ff. (514); vgl. auch B G H Z 5 , 1 4 4 (LS 1 , 1 4 9 ) ; teilweise abweichend Ule / Rasch, a. a. O., S. 4 2 f . Zumindest in der Formulierung zu weit O V G Berlin D Ö V 1974, 27ff. (28): „die Polizei konnte davon ausgehen, daß . . . " Zum folgenden Friauf, DVB1. 1971, 7 1 3 f f . ( 7 1 6 - 7 1 9 ) ; Breuer, D i e Bodennutzung im Konflikt zwischen Städtebau und Eigentumsgarantie, 1976, S. 2 5 2 f f . ; Schenke, JuS 1977, 7 8 9 f f . ; Sendler, WiVerw 1 9 7 7 , 9 4 f f . O V G Lüneburg O V G E 14, 3 9 6 (401 ff.); 17, 447 (451 f.); s. dazu K. Vogel, JuS 1961, 91 ff. O V G Münster O V G E 11, 2 5 0 f f , ; dazu Menger, V e r w A 50 (1959), S. 77ff. ( 8 5 - 8 6 ) ; Quaritsch, DVB1. 1959, 4 5 5 f f . ; Schnur, DVB1. 1962, l f f . ( 5 - 7 ) ; Ule I Rasch, a. a. O., S. 120f. Wie O V G Münster jetzt auch V G H Kassel, B R S 2 0 , 2 8 4 f f . ( 2 8 5 - 2 8 6 ) . Anderer Ansicht: Ule / Rasch, a. a. O., S. 121. S. näher Friauf, DVB1. 1971, 7 1 3 f f . ( 7 1 6 - 1 7 ) .
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Gefahr und sei deshalb polizeiwidrig 116 . Es kommt vielmehr jeweils darauf an, welche rechtlichen Grenzen der Nutzung der beteiligten Sachen im Verhältnis zu den Nachbarn gezogen sind. Dabei kann sich im Einzelfall ergeben, daß der Zustand derjenigen Sache als polizeiwidrig zu bewerten ist, von der aktive Einwirkungen (Gerüche, Geräusche, Funkenflug) auf ihre Umwelt ausgehen (Grundsatz der Störungsneutralität)111 oder die zuletzt verändert worden ist und damit das bisherige Umweltgleichgewicht verschoben hat (Grundsatz der Priorität)118. Es sind aber, je nach der konkreten Wertungslage, auch umgekehrte Entscheidungen möglich 119 . Der Sache nach handelt es sich meist um die Korrektur von Planungsfehlern, für die das Polizeirecht nur bedingt tauglich ist. Eine befriedigende Lösung kann nur vorbeugend durch entsprechende Planungsmaßnahmen erfolgen, die bereits die Entstehung der Störungslage verhindern 1 2 0 . e) Anwendung der Generalklausel: Um die Generalklausel auf einen bestimmten Fall anwenden zu können, müssen wir uns Klarheit über ihre rechtliche Konstruktion und das Zusammenspiel ihrer einzelnen Elemente verschaffen. Das wird durch eine sprachliche Umformulierung erleichtert: "Wenn der Allgemeinheit oder einem einzelnen Gefahren drohen und dadurch die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet wird, dann haben die Polizeibehörden im Rahmen der geltenden Gesetze die nach pflichtgemäßem Ermessen notwendigen Maßnahmen zu treffen." Bei dieser Formulierung heben sich die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen deutlich von der Rechtsfolgebestimmung ab. aa) Der Tatbestand erfordert, daß die Allgemeinheit oder ein einzelner einer Gefahr (oben I. 1 d) ausgesetzt ist und daß dadurch die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (oben I. 1 c) bedroht wird. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist im Einzelfall vom Verwaltungsgericht voll nachzuprüfen 1 2 1 . Ein Ermessensspielraum steht der Polizei insoweit nicht zu. bb) Die Rechtsfolge wird dagegen vom Gesetz in das Ermessen der zuständigen Behörde gestellt: Sie hat „nach pflichtgemäßem Ermessen" vorzugehen. Es gilt hier also das Opportunitätsprinzip122, nicht das Legalitätsprinzip. Die Grenzen des polizeilichen Ermessens 1 2 3 bestimmen sich nach den Grundsätzen des Allgemei116 117
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So aber das OVG Münster im Schweinemästerfall, OVG E 11,250. Vgl. z. B. BVerwG DVB1. 1971, 751ff. (Fall der Fischgrol.ihandlung im Wohngebiet); OVG Münster OVG E 11, 250 (Schweinemäster-Fall); hinsichtlich privatrechtlicher Abwehransprüche in dieser Situation s. BGHZ 67, 252. OVG Lüneburg OVG E 14, 396 (Tankstellenfall) und OVG E 17,447 (Heckenfall). S. etwa PrOVG 65, 369 (Eisenbahnfall): polizeiwidrig ist nicht der Betrieb der funkensprühenden Eisenbahn, sondern der Zustand des durch Funkenflug gefährdeten, schon vor Errichtung der Eisenbahnanlage vorhandenen Hauses. Vgl. ferner den Friedhofsfall: OVG Münster, Urt. v. 30. 5. 1952 (wiedergegeben bei Wacke, D Ö V 1960, 93 ff., 95). Zum vorbeugenden Rechtsschutz des „latenten Störers" s. näher Fröhler, WiVerw 1977, 114ff. Vgl. die Nachweise oben Anm. 67. Dazu Ossenbühl, D Ö V 1976,463 ff. Schmatz, Die Grenzen des Opportunitätsprinzips im heutigen deutschen Polizeirecht, 1966; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. I, S. 1 3 5 - 7 2 .
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nen Verwaltungsrechts. Dazu gehört insbesondere die Regel, daß von jeglicher Ermessensermächtigung nur entsprechend ihrem Zweck Gebrauch gemacht werden darf. Die Polizei darf ihr Ermessen deshalb nur aus polizeilichen Gründen, also unter dem Blickwinkel der Erfordernisse der Gefahrenabwehr, ausüben 1 2 4 . Es gilt das Gebot der Verfolgung „polizeilicher Motive". Das Ermessen erstreckt sich zunächst auf die Frage, ob im Einzelfall überhaupt eingeschritten werden soll oder nicht. Unter Umständen kann ein Einschreiten unterbleiben, um die Entstehung anderweitiger schwerer wiegender Polizeigefahren oder Mißstände zu verhindern 1 2 5 . Hat die Polizei sich im Rahmen ihres Ermessens einmal zum Eingreifen entschlossen, dann taucht die weitere Frage auf, wie sie vorgehen soll. Dabei ist sie nicht in gleicher Weise frei wie bei der Entscheidung über das „ O b " . Die Generalklausel gestattet ihr nämlich nur die Anwendung „notwendiger Maßnahmen". Die Notwendigkeit muß jeweils nach den Umständen des konkreten Falles ermittelt werden 1 2 6 . Notwendig ist eine Maßnahme insbesondere dann nicht, wenn sie objektiv untauglich ist, um den erstrebten Erfolg herbeizuführen 1 2 7 , ferner wenn sie etwas tatsächlich oder rechtlich Unmögliches verlangt 128 . In unmittelbarem Zusammenhang mit der Notwendigkeit der Maßnahme stehen zwei Grundsätze, die in den neueren Polizei- und Ordnungsbehördengesetzen ausdrücklich niedergelegt worden sind, die aber auch schon unter dem preuß. PVG als ungeschriebenes Recht galten: die Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und des geringstmöglichen Eingriffs. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit darf eine Maßnahme nicht zu einem Schaden führen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht 1 2 9 . Bei der hier gebotenen Abwägung sind u. a. die Bedeutung des jeweils bedrohten Schutzguts, die Schwere des drohenden Schadens und der Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu berücksichtigen 130 . Unter Umständen kann hier auch der Grad des Verschuldens eine Rolle spielen, das den Polizeipflichtigen an der Entstehung der Gefahr trifft 1 3 1 , obwohl die Störerhaftung als solche nicht vom Verschulden abhängt. Das Erfordernis des geringstmöglichen Eingriffs ver124
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VGH Stuttgart VerwRspr. 9, 749 (LS 4, 753); etwas weitgehend OVG Münster, VerwRspr. 20, 170 (LS 2, 173). Zum Ermessen beim Einschreiten gegen rechtswidrige Demonstrationen s. LG Hannover DVB1. 1970, 520ff.; OLG Celle D Ö V 1972, 243ff. (244). Vgl. OVG Lüneburg NJW 1974, 820f.; OVG Münster, OVG E 8, 320; OVG Münster GewArch. 1971,92. Es handelt sich hier um eine Rechts-, nicht eine bloße Ermessensfrage; s. dazu BVerwGE 30,313; VGH Mannheim DVB1. 1970,511 ff. (513). OVG Lüneburg DVB1. 1957, 275 (276) = OVG E 11, 360 (363). Vgl. § 48 I rheinl.-pfälz. PVG; im übrigen: PrOVG 24, 384 (385); 70, 419 (420); 95, 121 ff.; VGH Kassel BRS 17,262; OVG Bremen BRS 18,239f. (240). Z. B. § 5 II bad.-württ. PG; § 8 II berl. ASOG; § 15 S. 1 nordrh.-westf. OBG; § 5 S. 2 hess. SOG; § 2 S. 2 rheinl.-pfälz. PVG. Dazu BVerwG E 3 9 , 1 9 0 (195). BVerwG DVB1. 1974, 297ff. (300). Vgl. OVG Münster DVB1. 1975, 588f. (589).
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.langt, daß unter verschiedenen an sich tauglichen Maßnahmen nur diejenigen angewandt werden dürfen, die den einzelnen und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigen 132 . Beide Grundsätze stehen nicht alternativ, sondern kumulativ nebeneinander. Sie sind also gleichzeitig zu beachten. Wenn im Einzelfall eine Maßnahme, die den geringstmöglichen Eingriff zur Beseitigung der Gefahr darstellt, immer noch zu einem unverhältnismäßigen Schaden führen, also gegen das Erfordernis der Verhältnismäßigkeit verstoßen würde, dann muß die Polizei in diesem Fall überhaupt untätig bleiben. Bleiben nach Beachtung der Erfordernisse von Notwendigkeit, Verhältnismäßigkeit und geringstmöglichem Eingriff mehrere rechtlich zulässige Maßnahmen übrig, dann kann die Polizei unter diesen nach pflichtgemäßem Ermessen wählen. Sie hat jedoch dem Betroffenen auf Antrag zu gestatten, ein von ihm angebotenes anderes Mittel anzuwenden, durch das die Gefahr ebenso wirksam abgewehrt werden kann 1 3 3 . cc) Die Fallprüfung vollzieht sich also folgendermaßen 1 3 4 : 1. Vorliegen einer Gefahr und Bedrohung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung (gerichtlich nachprüfbare Rechtsanwendung), 2. Entscheidung, ob eingeschritten werden soll oder nicht (Ermessensfrage), 3. Bestimmung der notwendigen Mittel (Rechtsanwendung), 4. Auswahl unter mehreren in Betracht kommenden notwendigen Mitteln (Ermessensfrage), 5. Prüfung, ob ein vom Betroffenen angebotenes anderweitiges Mittel ebenso geeignet ist (Rechtsanwendung). f ) Pflicht der Polizei zum Einschreiten und Rechtsanspruch des Bürgers auf Einschreiten: Nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen kann sich der Ermessensspielraum einer Behörde im Einzelfall soweit verengen, daß nur eine einzige Entscheidung den Erfordernissen einer pflichtgemäßen Ermessensausübung genügt (sog. Ermessensreduzierung auf Null). In diesem Falle ist die Behörde positiv verpflichtet, in dem bestimmten Sinne vorzugehen. Jedes andere Verhalten wäre rechtswidrig. Derartige Situationen kommen im Polizeirecht nicht selten vor. Wenn Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum eines Bürgers oder wenn das Funktionieren öffentlicher Einrichtungen unmittelbar durch schwere Gefahren bedroht sind und wenn die Polizei in der Lage ist, diesen Gefahren ohne Vernachlässigung anderer gleichgewichtiger Schutzgüter zu begegnen, dann wird regelmäßig nur der Entschluß zum Einschreiten als pflichtmäßige Betätigung des Ermessens angesehen werden können 1 3 5 . Die Polizei ist deshalb rechtlich verpflichtet, die Gefahr abzu132
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Z. B. § 41 II 2 PVG, § 5 I bad.-württ. PG; § 8 I berl. ASOG; § 15 S. 2 nordrh.-westf. OBG; § 5 S. 1 hess. SOG; § 30 II 1 nieders. SOG. § 41 II 3 PVG; § 9 II 2 berl. ASOG; § 21 nordrh.-westf. OBG; § 8 S. 2 hess. SOG; § 48 II 3 rhein.-pfälz. PVG; eingehend dazu Grupp, VerwA 69 (1978), S. 125 ff. Dazu s. auch Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. I, S. 137. Vgl. auch BVerfG NJW 1977, 2355 f. (2356): Pflicht des Staates, die Sicherheit seiner Bürger zu schützen.
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wenden 1 3 6 . Polizeibeamte, die tatenlos zusehen, wie Bürger zusammengeschlagen oder erhebliche Sachwerte rechtswidrig zerstört werden, können sich niemals auf eine ihnen zustehende Ermessensfreiheit berufen. Die Feststellung einer polizeilichen Pflicht zum Einschreiten bedeutet nun allerdings nicht ohne weiteres, daß die betroffenen Bürger zugleich ein subjektiv-öffentliches Recht und damit einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch gegen die Polizei auf Tätigwerden zu ihrem Schutz besitzen; denn nicht jeder öffentlichrechtlichen Pflicht einer Behörde korrespondiert ein Anspruch desjenigen, der von ihrer Erfüllung Vorteile hat. Ein Anspruch ist vielmehr nur dann gegeben, wenn die pflichtbegründende Rechtsnorm nicht lediglich öffentlichen Interessen, sondern (zumindest gleichzeitig auch) den persönlichen Interessen der Betroffenen zu dienen bestimmt ist. Insoweit ergeben sich im Polizei- und Ordnungsrecht gewichtige Zweifel: Nach dem Wortlaut der Generalklausel sind von dem einzelnen nur die G e f a h r e n abzuwehren, durch die die „öffentliche Sicherheit oder O r d n u n g " bedroht wird. N e u e r e Landesgesetze sagen überdies ausdrücklich, die Polizei habe einzuschreiten, „soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist" 1 3 7 . D a n a c h m ü ß t e an sich angenommen werden, d a ß die Rechtspflichten der Polizei nicht den persönlichen Interessen einzelner Bürger dienen und daß demnach kein Rechtsanspruch auf ihre Erfüllung gegeben ist. Gleichwohl erkennen die Zivilgerichte schon seit längerer Zeit Amtshaftungsansprüche zu, wenn jemand infolge pflichtwidriger Untätigkeit der Polizei geschädigt worden ist 1 3 8 . Sie unterstellen dabei ohne weiteres, daß den betreffenden B e a m t e n gegenüber den Geschädigten eine Amtspflicht zum Tätigwerden obliege. Das B V e r w G hat erstmals in einem Urteil aus dem Jahre i 9 6 0 1 3 9 - mehr beiläufig und ohne auf die Tragweite dieser Feststellung hinzuweisen - den Standpunkt vertreten, der Bürger könne im Einzelfall einen strikten Rechtsanspruch auf polizeiliches Einschreiten besitzen 1 4 0 . Inzwischen hat sich die ganz überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum dieser Ansicht angeschlossen 1 4 1 . Es gilt heute als gesicherte Rechtsauffassung, daß ein derartiger Anspruch bestehen kann, sofern die Gefahrenabwehr im konkreten Fall zugleich die Individualbelange eines ein-
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S.z. B. BVerwG E 11,95 (97); BGH VerwRspr. 5, 319ff. (320); BGHDVB1. 1953,676; BGH VRS 7, S. 87ff.; OVG Münster BRS 18, 254f.; R. Krüger, Privatrechtsschutz als Polizeiaufgabe, 1976. S. § 1 1 1 bad.-württ. PG. S. die BGH-Entscheidung in Fußn. 136. BVerwG E 11,95; bestätigt durch BVerwG E 3 7 , 1 1 2 ( 1 1 3 ) . Dazu die Urteils-Anm. von Bachof, DVB1. 1961, 128 ff. OVG Münster DVB1. 1967,546ff.; OVG LüneburgDVB1.1967,779ff.; OVG Lüneburg DVB1. 1976, 719f.; VG Bremen DVB1. 1976, 720f.; Martens, JuS 1962, 245 ff.; Henke, DVBI. 1964, 649ff.; Buschlinger, DÖV 1965, 374ff.; Menger / Erichsen, VerwA 57 (1966), S. 175ff. (180ff.); König, BayVBl. 1969, 45ff.; u. a. - Aus der ablehnenden älteren Rspr. s. z. B. OVG Münster OVG E 6, 43 (51); VGH Kassel VerwRspr. 9, 101 (103f.); vgl. auch Bettermann, NJW 1961,1097ff.
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zelnen Bürgers schützt und das Ermessen der zuständigen Behörde unter den gegebenen Umständen „auf Null reduziert" ist. Aus einer isolierten Betrachtung der Generalklausel läßt sich dieser Anspruch allerdings schwerlich herleiten. Man muß zu seiner Begründung vielmehr auf das vom G G geprägte Verhältnis zwischen Staat und Bürger zurückgreifen. Der Bürger ist danach kein bloßes Objekt staatlicher Fürsorge, sondern zumindest insoweit, wie seine vitalen Belange in Frage stehen, Träger subjektiver Rechte gegen den Staat 142 . Insoweit hat er auch einen Anspruch darauf, daß die Polizei zum Schutz seiner Lebensgüter eingreift. Dabei ist aber das polizeirechtliche Subsidiaritätsprinzip besonders ernst zu nehmen. Solange der Bürger sich auf andere Weise, insbesondere durch Anrufung der Gerichte, selbst helfen kann, braucht die Polizei ihn nicht zu schützen 143 . Es ist nicht ihre Aufgabe, ihm das Risiko eines Rechtsstreits gegen den Beeinträchtiger abzunehmen. 2. Polizeipflichtige Personen In zahlreichen Fällen kann die Polizei Gefahren nur dadurch abwenden bzw. bereits eingetretene Störungen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nur dadurch beseitigen, daß sie bestimmten Personen Handlungs- oder Duldungspflichten auferlegt (z. B. dem Eigentümer einer Sache, die entweder den Gefahrenherd darstellt oder deren Inanspruchnahme zur Beseitigung der Gefahr unentbehrlich ist). In anderen Fällen wäre die Polizei zwar in der Lage, mit eigenen Mitteln oder durch Beauftragung von Hilfspersonen der Gefahr zu begegnen (z. B. ein den Verkehr auf öffentlicher Straße gefährdendes Hindernis beiseite zu räumen). Sie möchte aber die Aufwendung von Steuergeldern vermeiden und statt dessen einen Privaten zur Gefahrenabwehr heranziehen. Bei der zweiten Fallgruppe geht es also nur um die Frage der Lastenverteilung zwischen einem einzelnen und der Allgemeinheit der Steuerzahler, bei der ersten dagegen zugleich auch (oder möglicherweise ausschließlich) darum, der Polizei überhaupt erst eine Eingriffsmöglichkeit gegenüber demjenigen zu verschaffen, der die Gefahrensituation beherrscht. Der Gesetzgeber hat die Polizei- und Ordnungsbehörden ermächtigt, zur Erfüllung ihrer gefahrenabwehrenden Aufgaben in die Rechtssphäre von bestimmten Einzelpersonen einzugreifen. Dabei unterscheidet er den Eingriff gegen diejenigen, die aus besonderen Gründen für eine konkrete Gefahr verantwortlich 144 sind (polizeipflichtige Personen oder Störer), als Regelfall von dem nur ausnahmsweise, im sog. polizeilichen Notstand, zulässigen Eingriff gegen außenstehende 142
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Dazu Bachof, VerfassungsR, VerwaltungsR, VerfahrensR, I, S. 283 f.; Ule / Rasch, a. a. 0 . , S . 61. OVG Münster DVB1. 1967,546ff. (547f.). Zur polizeilichen Verantwortlichkeit s. Vieth, Rechtsgrundlagen der Polizei- und Ordnungspflicht. Eine Untersuchung zum Verhältnis von Verursachung und Verantwortlichkeit im gegenwärtigen Polizei- und Ordnungsrecht, 1974, S. 24 ff.
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Dritte. Der Störer hat den polizeilichen Eingriff zu dulden und die finanziellen Lasten der Gefahrenbeseitigung zu tragen. Ein Entschädigungsanspruch für die ihm zugemuteten Vermögenseinbußen steht ihm grundsätzlich nicht zu 145 . Polizeiliche Maßnahmen gegen ihn wirken nicht als Enteignung, sondern weisen ihn nach der h. M. lediglich in die Schranken seines Eigentums (Sozialbindung) zurück 146 . Demzufolge lösen sie - vorbehaltlich abweichender Regelungen in Sondergesetzen 147 — keine Entschädigungspflicht aus 148 . Dagegen wird der im polizeilichen Notstand in Anspruch genommene Nichtstörer für sein Opfer entschädigt. Die polizeiliche Verantwortlichkeit (Polizeipflicht) des Störers kann entweder auf dem Verhalten von Personen oder auf dem Zustand von Sachen beruhen. Demgemäß unterscheiden wir die Verhaltenshaftung (Handlungshaftung) und die Zustandshaftung. a) Verhaltenshaftung: Wird die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch das Verhalten von (natürlichen oder juristischen) Personen gestört oder gefährdet, so sind die zur Abwehr erforderlichen Maßnahmen gegen diejenigen Personen zu richten, die die Störung oder Gefahr verursacht haben 149 . Die Haftung der Betroffenen ergibt sich als Folge ihres eigenen Verhaltens. Dabei ist der Begriff des Verhaltens weit zu fassen. Er schließt nicht nur das positive Tun, sondern auch das Unterlassen ein, soweit dieses eine öffentlich-rechtliche Pflicht zu sicherheits- oder ordnungswahrendem Tun verletzt 150 . Besteht eine solche Rechtspflicht dagegen
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BVerwG DVB1. 1965, 766ff. (767) u. DVB1. 1971, 751 (754); B G H Z 40, 355 (361); 45, 23 (25) mit weit. Nachw.; B G H Z 6 0 , 1 2 6 = NJW 1973,623 ff. (627). 146 Quaritsch DVB1. 1959, 455ff.; Menger, VerwA 63 (1972), S. 351 ff. (353) mit Nachw.; B G H Z 4 5 , 2 3 (25); st. Rspr. 147 Vgl. etwa § 49 Bundesseuchengesetz vom 18. Juli 1961, BGBl. I, S. 1012 u. 1300; §§ 66ff. Viehseuchengesetz i. d. F. vom 23. Februar 1977, BGBl. I, S. 313; § 6 Reblausgesetz vom 6. Juli 1904, RGBl. S. 261. 148 Dieser Grundsatz wird sich allerdings nur insoweit durchhalten lassen, als die Störerhaftung an Gefahren anknüpft, die in die Verantwortungssphäre des Eigentümers fallen (dazu unten II 2 b). In dem Maße, in dem das Polizeirecht in Anspruch genommen wird, um Planungsfehler zu korrigieren oder um Gefahren aus dem Verantwortungsbereich der Allgemeinheit abzuwehren, läßt sich die generelle Entschädigungslosigkeit nicht mehr mit der Sozialpflichtigkeit des Eigentums begründen. Zur Kritik an der h. M. siehe bereits Schock, DVB1. 1956, 669ff. (670 Fußn. 9, S. 673 Fußn. 48); Menger, VerwA 50 (1959); S. 83ff. (86); Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungslehre, 1965, S. 2 3 0 - 2 3 1 . Eingehend zur Problematik Reiland, VerwA 66 (1975), S. 255ff. (insb. S. 2 6 7 - 2 7 7 ) ; Scholler / Broß, D Ö V 1976, 472ff. Auch das BVerwG räumt nunmehr die Möglichkeit ein, daß die Inanspruchnahme des Störers ausnahmsweise als Enteignung zu qualifizieren sein könne, DVB1. 1971, 751 ff. (753, unter 4 b); vgl. auch BGHDVB1. 1974, 232ff. (233 unter 3). 149 § 19 I PVG; § 6 I bad.-württ. PG; Art. 9 I bay. P A G ; § 10 beri. A S O G ; § 5 I brem. PG; § 12 hess. SOG; § 6 1 nieders. S O G ; § 17 I nordrh.-westf. O B G ; § 22 rhein.-pfälz. P V G ; § 191 saarl. P V G ; § 185 I schlesw.-holst. LVwG. 150 P r 0 V G 5 5 , 2 6 7 (270); O V G Münster DVB1.1971, 828ff. (829).
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nicht, dann ist die bloße Untätigkeit polizeirechtlich irrelevant. Es wird also niemand bereits dadurch zum Störer, daß er angesichts einer polizeilichen Gefahr nichts zur Abwehr unternimmt. aa) Die Verursachung: Die polizeiliche Verantwortlichkeit des Störers setzt weder einen Verstoß gegen außerpolizeiliche Rechtsnormen noch gar Verschulden voraus. Anknüpfungspunkt ist vielmehr allein die Verursachung der Gefahr bzw. der Störung. Die Störerhaftung bedeutet bloße Kausalhaftung151. Damit ergibt sich die Frage, nach welchen Kriterien die Kausalität eines Verhaltens für einen Erfolg bestimmt werden soll. Diese Kriterien lassen sich nicht abstrakt-logisch, insbesondere nicht nach naturwissenschaftlichen Regeln, ermitteln. D a die Kausalität im Polizei- und Ordnungsrecht eine spezifische Funktion, nämlich die Verknüpfung von Verhalten und Verantwortlichkeit des Störers zu erfüllen hat, sind ihre Maßstäbe entsprechend dieser polizeirechtlichen Funktion zu bestimmen 1 5 2 — ohne Rücksicht auf die Kausalitätslehren, die in anderen Rechtsgebieten angewandt werden 1 5 3 . Die im Zivilrecht herrschende Theorie der adäquaten Verursachung (Adäquanztheorie) wird auch für das Polizeirecht gelegentlich vertreten. Sie erkennt nur diejenigen Bedingungen eines Erfolges als im Rechtssinne kausal an, die nach der Lebenserfahrung vorhersehbarerweise generell geeignet sind, ihn herbeizuführen. Ganz außergewöhnliche Entwicklungen gelten dagegen als nicht kausal. Diese Theorie erfüllt die ihr gestellte Aufgabe, die zivilrechtliche Haftung in angemessener Weise zu begrenzen. Sie wird aber den Bedürfnissen des Polizeirechts nicht gerecht; denn hier müssen nicht selten gerade Ausnahmesituationen gemeistert und atypische, in ihrem Kausalverlauf nicht vorhersehbare Gefahren abgewehrt werden. Andererseits läßt sich aber auch die im Strafrecht angewandte reine Bedingungslehre (Äquivalenztheorie) nicht uneingeschränkt übernehmen. Nach ihr gelten sämtliche — selbst die entferntesten — Bedingungen als kausal, wenn sie nicht hinweggedacht werden können, ohne daß der Erfolg entfiele. Da im Polizeirecht der haftungsbegrenzende Filter des Verschuldens fehlt, müßte sie zu unerträglichen Konsequenzen führen. Um einerseits auch den atypischen (nicht adäquat verursachten) Ausnahmelagen Rechnung zu tragen, andererseits aber die Haftung nicht ins Unendliche auszudehnen, wendet die h. L. für das Polizei- und Ordnungsrecht die Äquivalenztheorie zwar grundsätzlich an, versieht sie aber mit einem einschränkenden Kriterium: Eine Bedingung des Erfolgs (und zwar auch eine atypische, nicht adäquate) wird nur dann als Ursache im Sinne des Polizeirechts angesehen, wenn sie die
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OVG Münster DVB1. 1975, 588f. (589); Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. II, S. 186 ff. Darstellung der verschiedenen Verursachungslehren des Polizeirechts bei Vieth, Rechtsgrundlagen der Polizei- und Ordnungspflicht, 1974, S. 33 ff. Vgl. zum Problem: Watermann, Die Ordnungsfunktion von Kausalität und Finalität im Recht, 1968; Stoll, Kausalzusammenhang und Normzweck im Deliktsrecht, 1968.
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Gefahr bzw. die Störung unmittelbar herbeigeführt hat (Theorie der unmittelbaren Verursachung)15*. Dabei ergibt sich die Unmittelbarkeit einer Bedingung nicht aus einer ontologischen Erkenntnis, sondern allein aus einer wertenden Beurteilung des betreffenden Vorgangs 1 5 5 . Das die Bedingung der Gefahr setzende Verhalten wird dann als unmittelbar kausal angesehen, wenn es seinerseits nicht polizeirechtlich neutral ist, sondern bereits für sich eine Polizeiwidrigkeit darstellt 156 und deshalb die Gefahrengrenze überschreitet 1 5 7 ' 1 5 8 : Eine Kurkapelle, die eine neutrale Melodie spielt, verhält sich ordnungsgemäß. Sie wird nicht dadurch zum Störer, daß Dritte zu dieser Melodie einen die öffentliche Ordnung störenden (rassenhetzerischen) Text singen, obwohl es ohne das Spielen der Melodie nicht zu dem Gesang gekommen wäre 1 5 9 . Kommt es aus Anlaß der Veranstaltung eines an sich polizeilich nicht zu beanstandenden Damenringkampfs zu Ausschreitungen der Zuschauer, dann können nur die Zuschauer, nicht dagegen die Veranstalter als Störer herangezogen werden, obwohl die Veranstalter zweifellos eine Ursache für die Ausschreitungen gesetzt haben 1 6 0 . Der Wohnungseigentümer, der seinem Mieter gekündigt hat, hat damit zwar eine notwendige Bedingung für dessen Obdachlosigkeit geschaffen. Er kann aber nicht als Störer angesehen werden, weil die Kündigung als solche nicht ordnungswidrig ist 161 . Allgemein gilt: Wer sich rechtmäßig verhält, wer lediglich die ihm von der Rechtsordnung zuerkannten Befugnisse ausübt, etwa sein Eigentum legal nutzt, kann nicht Störer sein. Störer ist deshalb z. B. nicht derjenige, der durch den — zulässigen - Abbruch seiner Giebelwand bewirkt, daß das Nachbarhaus baufällig wird 162 , oder der auf seinem Grundstück eine sichtbehindernde Hecke wachsen läßt 163 . 154
VGH Karlsruhe NJW 1949, 919f. = VerwRspr. 2 , 7 1 (73ff.); OVG Münster VerwRspr. 4, 629 (631); OVG Münster VerwRspr. 5 , 4 4 6 ; OVG Lüneburg VerwRspr. 9 , 4 8 4 (487); VGH Mannheim VerwRspr. 20, 426; VGH Kassel BRS 22,285 ff. ( 2 8 6 - 2 8 7 ) . 155 Dazu eingehend Vollmuth, VerwA 68 (1977), S. 45 ff. 156 S. Ule / Rasch, a. a. O., S. 110. 157 Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. II, S. 192 ff. S. auch die im Ergebnis weitgehend übereinstimmenden, in der Begründung allerdings z. T. abweichenden Auffassungen von Hurst, AöR 83 (1958), S. 43 ff. und Schnur, DVB1. 1962,1 ff. 158 Wolff, VwR III, § 127 I b 2, stellt auf die „polizeiwidrige Erfolgsverursachung" ab. Danach sind haftungsbegründend die Tatsachen, die als solche die Gefahr oder Störung in rechtlich mißbilligter Weise, d. h. unter Überschreitung des eigenen Rechtskreises und unter Verstoß gegen das Gebot zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung herbeigeführt haben. Im Ergebnis unterscheidet diese Auffassung sich nicht von der hier zugrunde gelegten Theorie der unmittelbaren Verursachung. 159 p r 0 V G 8 0 , 1 7 6 (189). - Fall des Borkum-Liedes. 160 VGH Karlsruhe NJW 1949, 919 f. ; Parallelfall aus dem Bereich des Versammlungsrechts: OVG Bremen D Ö V 1972,101 ff. (102). 161 OVG Münster OVG E 14, 265 (267 ff.). 162 V g l V G H K a s s e l M D R 1 9 7 0 ( 7 9 1 163 O V G Lüneburg OVG E 17,447.
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Eine nur scheinbare Ausnahme vom Erfordernis der unmittelbaren Verursachung bilden die Fälle der sog. Zweckveranlassung: Jemand nimmt eine für sich betrachtet neutrale Handlung vor, um andere gezielt zu einem Verhalten zu veranlassen, durch das die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gestört wird. Dann wird ihm das Verhalten dieser Dritten zugerechnet: Ein Ladeninhaber veranstaltet z. B. in seinem Schaufenster eine attraktive Modenschau; kommt es vor dem Fenster zu Verkehrsbehinderungen, dann ist er Störer, weil er mit den Vorführungen die Passanten gezielt zum Stehenbleiben veranlaßt hat 1 6 4 . Ebenso wäre im Fall des Borkum-Liedes die Musikkapelle als Störer anzusehen, wenn festgestellt würde, daß sie mit dem Spielen der Melodie bewußt den rassenhetzerischen Gesang provoziert hat. bb) Verantwortlichkeit für das Verhalten Dritter: Für das Verhalten von strafunmündigen (d. h. noch nicht 14 Jahre alten) Kindern sowie von wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche entmündigten oder unter vorläufige Vormundschaft gestellten Personen haften auch die Sorgepflichtigen (Eltern, Vormünder, Pfleger) 165 . Weiter haftet ein Geschäftsherr dafür, daß seine Verrichtungsgehilfen sich bei der Ausführung ihrer Verrichtung ordnungsgemäß verhalten 1 6 6 . Im Gegensatz zu § 8 3 1 BGB kann er sich nicht durch den Nachweis entlasten, daß er bei der Anstellung und Überwachung der Gehilfen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet habe. Diese Abweichung ist deshalb sachgerecht, weil es im Polizeirecht — anders als bei der Deliktshaftung nach §§ 823ff. BGB - allgemein nicht auf Verschulden ankommt. Die Haftung des Geschäftsherrn tritt auch dann ein, wenn das konkrete Verhalten des Gehilfen seinem Willen und seinen richtig verstandenen Interessen widerspricht, solange es nur im generellen Rahmen des erteilten Auftrags - der ihm übertragenen Verrichtung - bleibt. Der Geschäftsherr kann sein Risiko deshalb nur dadurch begrenzen, daß er durch spezifische Einzelweisungen den Inhalt des Auftrags begrenzt 1 6 7 . Die Haftung des Sorgepflichtigen und des Geschäftsherrn tritt nicht an die Stelle der Haftung des Verursachers selbst, sondern kumulativ neben sie. Denn auch das unmündige Kind und der Geisteskranke sind polizeipflichtig. Es steht im pflichtgemäßen Ermessen der Polizei zu entscheiden, an welche der nebeneinander haftenden Personen sie sich im Einzelfall halten will.
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Vgl. PrOVG 4 0 , 2 1 6 (217); 87,301 (308f.). § 19 II PVG; § 6 II bad.-württ. PG; Art. 9 II bayPAG; § 10 II berl. ASOG; § 5 II brem. PG; § 8 II hamb. SOG; § 13 I hess. SOG; § 6 II nieders. SOG; § 17 II nordrh.-westf. OBG; § 23 I rheinl.-pfälz. PVG; § 19 II saarl. PVG; § 185 III schlesw.-holst. LVwG. § 19 III PVG; § 6 III bad.-württ. PG; Art.9 III bayPAG; § 10 III berl. ASOG; § 5 III brem. PG; § 8 III hamb. SOG; § 13 II hess. SOG; § 6 III nieders. SOG; § 17 III nordrh.westf. OBG; § 23 II rheinl.-pfälz. PVG; § 19 III saarl. PVG; § 185 III schlesw.-holst. LVwG. Näher dazu OVG Münster DVB1. 1973, 924 ff. ( 9 2 7 - 9 2 8 ) .
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b) Zustandshaftung: Die Zustandshaftung 1 6 8 tritt ein, wenn eine Gefahr oder eine Störung nicht vom Verhalten einer Person, sondern vom Zustand einer Sache (Grundstücke, bewegliche Sachen einschließlich Tiere) ausgeht. Es handelt sich hier, entgegen der im Schrifttum überwiegend vertretenen Auffassung, nicht um eine Verursachungshaftung. Der polizeiwidrige Zustand der betreffenden Sache (etwa der ölverseuchte Zustand des einem Wasserwerk benachbarten Grundstücks) verursacht nicht die Gefahr, sondern er selbst bildet sie. Kausalitätserwägungen haben in diesem Zusammenhang keinen Platz 169 . - Die Verantwortlichkeit für den Zustand einer Sache trifft den Eigentümer170 und neben ihm den Inhaber der tatsächlichen Gewalt (z. B. den Pächter des Grundstücks) 1 7 1 . Diese kumulative Verantwortlichkeit des Gewalthabers hat für die Polizei den Vorteil, daß sie in Zweifelsfällen nicht gezwungen ist, langwierige Ermittlungen über die Eigentumsverhältnisse anzustellen, sondern ohne weiteres denjenigen in Anspruch nehmen kann, den sie im Besitz der Sache antrifft. Ausnahmsweise haftet der Gewalthaber allein anstelle des Eigentümers, wenn er die Gewalt gegen dessen Willen ausübt (Dieb, Zwangsmieter, Sequester usw.) oder wenn er auf besonderen Antrag von der zuständigen Behörde als allein verantwortlich anerkannt worden ist (ein Fall, der z. B. bei der Verpachtung eines Landguts oder eines gewerblichen Unternehmens vorkommt). aa) Anknüpfungspunkt für die Zustandshaftung ist nicht das Eigentum als solches, sondern die regelmäßig mit ihm verbundene Verfügungsmacht, d. h. die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit, auf die gefahrbringende Sache einzuwirken 1 7 2 . Das wird besonders an den Bestimmungen deutlich, die den Eigentümer bei einer Gewaltausübung gegen seinen Willen - Diebstahl, gerichtliche oder behördliche Beschlagnahme - von der Haftung freistellen. Die Polizeipflicht erstreckt sich deshalb nur soweit, wie die Verfügungsmacht reicht. Von einem einzelnen Miteigentümer oder Miterben allein kann keine Einwirkung auf die störende Sache (z. B. Ausbesserung eines einsturzgefährdeten Gebäudes) verlangt werden 1 7 3 , sofern nicht der Sonderfall der §§ 744 II, 2038 I S. 2 BGB vorliegt oder die übrigen Miteigentümer von sich aus der Maßnahme zustimmen. Der Widerstand der Miteigentümer usw. kann gegebenenfalls durch eine besondere polizeiliche Anordnung, die sog. Duldungsverfügung, ausgeräumt
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§ 20 P V G ; § 7 bad.-württ. PG; Art. 10 bay. P A G ; § 11 berl. A S O G ; § 6 brem. PG; § 9 hamb. S O G ; § 14 hess. S O G ; § 7 nieders. S O G ; § 18 nordrh.-westf. O B G ; § 2 4 rheinl.pfälz. P V G ; § 2 0 saarl. P V G ; § 186 schlesw.-holst. LVwG. S. näher Friauf, DVB1. 1 9 7 1 , 7 1 3 f f . ( 7 1 6 - 7 1 7 ) . Die Überbürdung der Zustandshaftung auf den Eigentümer bildet eine zulässige Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums i. S. von Art. 14 I 2 G G ; vgl. B V e r w G D V B 1 . 1 9 7 2 , 2 1 9 f f . (220); Friauf, in: Fs. f. W a c k e , S . 2 9 3 f f . ( 2 9 7 - 3 0 0 ) . Zum Begriff der tatsächlichen Gewalt s. namentlich O V G Münster DVB1. 1977, 257 = DÖV1977,532. O V G Münster JZ 1952, 346; DVB1. 1970, 3 9 2 f . (393); PrOVG PrVBl. Bd. 52, 317; vgl. auch D J Z 1 9 3 1 , 9 6 4 . V G H M ü n c h e n B a y V B l . 1 9 6 8 , 2 5 2 ; PrOVG 5 8 , 4 0 8 (412); 6 9 , 4 0 1 (402).
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werden 1 7 4 . Läßt sich die Störung dagegen durch Maßnahmen beheben, die das Miteigentum der anderen nicht beeinträchtigen, dann kann auch ein einzelner herangezogen werden 1 7 5 . Mit der Beendigung des Eigentums, insbesondere durch Veräußerung der Sache, endet die Zustandshaftung des bisherigen Eigentümers automatisch. Der Rechtsnachfolger ist, sofern die Gefahr im Augenblick des Eigentumsübergangs noch besteht, als neuer Eigentümer originär polizeipflichtig. Eine bereits gegen den Rechtsvorgänger ergangene Polizeiverfügung wirkt gegenüber dem Gesamtrechtsnachfolger (Erben), nicht aber gegenüber dem Einzelrechtsnachfolger 176 . Die Zustandshaftung erlischt nach der h. L. auch bei der Aufgabe des Eigentums im Wege der Dereliktion (§§ 928, 959 BGB). In zahlreichen Fällen wird das dem bisherigen Eigentümer allerdings deshalb nichts nützen, weil neben der Zustandshaftung zugleich eine Handlungshaftung besteht, die durch die Dereliktion nicht berührt wird: A hat seinen PKW zu Schrott gefahren. Er gibt das Eigentum an dem Wrack auf, um die Kosten des Wegräumens von der Straße zu sparen. Die Behörde kann ihn nach wie vor als Verursacher der Störung heranziehen. Fehlt dagegen eine Handlungshaftung, dann soll der bisherige Eigentümer durch die Dereliktion von der bereits eingetretenen Verantwortlichkeit für eine von der Sache ausgehende Gefahr frei werden. Diese Ansicht erscheint zwar zunächst konsequent. Sie wird aber der ratio der Zustandshaftung, die eine angemessene Risikoverteilung zwischen Eigentümer und Allgemeinheit herbeiführen soll (dazu unten bb), nicht gerecht. Dem gesetzgeberischen Zweck der Zustandshaftung entspricht es vielmehr, dem Eigentümer — der bisher aus der Sache Nutzen gezogen hat - nicht zu gestatten, durch Dereliktion der inzwischen für ihn wertlos gewordenen Sache die entstandenen Nachteile (Kosten der Gefahrenbeseitigung) auf die Allgemeinheit abzuwälzen. bb) Der Umfang der Zustandshaftung ist nach ganz überwiegender Auffassung unbeschränkt. Der Eigentümer hat für die von der Sache ausgehenden Gefahren ohne Rücksicht auf deren Ursache - eigenes Verhalten, Verhalten Dritter, Natur-
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Eingehend OVG Saarlouis BRS 22, 297 ff. ( 2 9 8 - 3 0 1 ) . - Allgemein zur Duldungsverfügung, die auch gegen Mieter, Pächter, Nießbraucher usw. in Betracht kommt, s. OVG Hamburg DVB1. 1957, 867ff. (870); OVG Bremen BRS 18, 239f. (240) mit weit. Nachw. Die Duldungsverfügung ist deshalb gerechtfertigt, weil die Betreffenden, soweit sie aufgrund ihrer privatrechtlichen Befugnisse den (Mit-)Eigentümer an der Beseitigung der Gefahr hindern, selbst Störer sind. S.PrOVG103,189. Der Fragenkreis ist im einzelnen lebhaft umstritten. Vgl. eingehend Schenke, GewA 1976, 1 ff. ; Ossenbühl, NJW 1968,1992ff.;aus der Rechtsprechung BVerwG NJW 1971, 1624f.; OVG Münster, DVB1. 1973, 226f. (227); VGH München BayVBl. 1970, 328f. (329) = DVB1. 1970, 983 Nr. 356 (zu dieser Entscheidung kritisch von Mutius, VerwA 62 [1971], S. 83ff.); VGH Kassel NJW 1976, 1910; VGH Mannheim NJW 1977, 861 (dazu H. Weber, JuS 1977, 479f.).
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ereignisse, sonstige Fälle höherer Gewalt, gewöhnlicher Zufall — stets voll einzustehen 1 7 7 . So soll der Eigentümer eines im Bombenkrieg zerstörten Hauses für die von der Ruine ausgehenden Gefahren haften 1 7 8 . Der Eigentümer soll nach Freigabe seines Grundstücks für Zustände einstehen, die Angehörige der Besatzungsmacht während der Beschlagnahme verursacht haben 1 7 9 . Ist ein Tanklastwagen auf der Autobahn umgestürzt, dann soll der Eigentümer eines benachbarten Grundstücks, auf dem das ausgelaufene ö l versickert ist, wegen der Gefährdung des Grundwassers polizeipflichtig sein 180 . Die offenbare Unbilligkeit derartiger Ergebnisse zwingt dazu, die Grundlagen der Zustandshaftung neu zu überdenken 1 8 1 : Sie knüpft daran an, daß der Eigentümer die Vorteile seiner Sache genießt, und mutet ihm zu, die mit der Nutzung verbundenen Nachteile selbst zu tragen und sie nicht der Allgemeinheit aufzubürden (Art. 14 II G G : Sozialpflichtigkeit des Eigentums). Deshalb hat der Eigentümer für die aus dem Grundstück hervorgegangenen Gefahren (Unwetterfolgen, Überschwemmungen, Felssturz usw.) auch dann einzustehen, wenn sie einen außergewöhnlichen Umfang annehmen. D e m Vorteil der Sachherrschaft korrespondiert also ihr Risiko. Von hier aus muß es aber ungerechtfertigt erscheinen, dem Eigentümer auch die Risiken aufzubürden, die sich aus einer nicht ihn (in seiner Eigenschaft als Herrn der Sache), sondern die Allgemeinheit treffenden Gefahrenlage (Krieg, moderner Massenverkehr usw.) ergeben. Diesen besonderen Gefahren steht kein spezifischer Sachnutzen des Eigentümers gegenüber. Deshalb scheidet die Zustandshaftung zwar nicht schon stets dann aus, wenn der polizeiwidrige Zustand durch ein „ganz außergewöhnliches Ereignis" verursacht worden ist 182 , wohl aber dann, wenn er in die Risikosphäre der Allgemeinheit fällt 183 . Der Eigentümer hat in solchen Fällen zwar die Beseitigung des störenden Zustands nach den Regeln des polizeilichen Notstandes (unten Abschnitt II. 3) zu dulden. Er braucht aber die finanziellen Nachteile nicht zu tragen.
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OVG Münster OVG E 5, 185 (188ff.); Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. II, S. 198 ff. mit zahlreichen Nachw. OVG Münster OVG E 5 , 1 8 5 (188 ff.); OVG Lüneburg JZ 1952,437; OVG Berlin D Ö V 1954, 214ff.; VGH Kassel ESVGH 2, 59 (61 ff.); OVG Koblenz D Ö V 1954, 216. A. A.: VGH Freiburg NJW 1952,1311 f. VGH Stuttgart ESVGH 7 , 3 4 (35). VGH Münster OVG E 19, 101 (102ff.); dazu kritisch Baur, JZ 1964, 354ff. (356); Czychowski, DVB1. 1970, 379 ff. (384). Zur Haftung für ölschäden auch Schwerdiner, JuS 1978,118 ff. Dazu näher Friauf, in Fs. f. Wacke, S. 293 ff.; A. Erler, Maßnahmen der Gefahrenabwehr und verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie, 1977. So aber Ule / Rasch, a. a. O., S. 119,120, die im übrigen mit der hier vertretenen Auffassung weitgehend übereinstimmen. Friauf, in: Fs. f. Wacke, S. 293ff. ( 3 0 0 - 3 0 4 ) ; ders., VVDStRL 35 (1977), S. 3 5 0 - 3 5 1 ; a. A. Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. II, S. 1 9 9 - 2 0 0 .
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c) Kumulative Verantwortlichkeit mehrerer Störer: Nicht selten sind mehrere Personen für dieselbe G e f a h r polizeilich verantwortlich. Dann steht es grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, gegen den einen oder den anderen von ihnen vorzugehen 1 8 4 ; u. U. kann sie auch mehrere Störer gleichzeitig in Anspruch nehmen 1 8 5 . Die neuere Rechtsprechung neigt dazu, dieses Ermessen teilweise einzuschränken. So soll die Polizei verpflichtet sein, von mehreren Handlungsstörern denjenigen vorrangig heranzuziehen, der die zeitlich letzte 1 8 6 oder die wertungsmäßig am stärksten ins Gewicht fallende 1 8 7 Ursache gesetzt hat. Beim Zusammentreffen von Handlungs- und Zustandshaftung soll primär gegen den Handlungsstörer vorgegangen werden 1 8 8 . Wer gleichzeitig aus mehreren G r ü n d e n haftet (aus Verursachung und als Eigentümer: sog. Doppelstörer), soll vor demjenigen in Anspruch genommen werden, bei dem nur ein Haftungsgrund vorliegt 1 8 9 . Es handelt sich aber hier lediglich um Faustregeln. Eine billige Ermessensausübung kann je nach den Umständen des Einzelfalls durchaus auch zu anderen Ergebnissen gelangen 1 9 0 . d) Polizeipflicht von Hoheitsträgern: Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung im Sinne des Polizeirechts können nicht nur von dem Verhalten einzelner Bürger bzw. von dem Zustand im Privateigentum stehender Sachen ausgehen. Sie werden bisweilen auch durch die Tätigkeit einer Behörde oder sonstigen staatlichen Stelle oder durch den Zustand eines öffentlichen Zwecken dienenden Grundstücks verursacht. Beispiele: Von einem militärischen Schießplatz irren häufiger Kugeln ab und gefährden Passanten. Der allnächtliche Lärm der Verladearbeiten in einem Paketpostamt schädigt die Gesundheit der in der Nachbarschaft W o h n e n d e n . Ständige Tiefflüge von Düsenflugzeugen über einem Klinikviertel schädigen die Patienten. Nach überlieferter Rechtsprechung 1 9 1 und noch heute weithin h. L. 1 9 2 kann die Polizei derartigen Gefahren nicht begegnen, weil sie nicht befugt ist, in die öffent184
OVG Münster DVB1. 1971, 828ff. (829); OVG Münster DVB1. 1 9 7 3 , 9 2 4 f f . (928). So wohl PrOVG 90, 326 (334). 186 V G H Stuttgart DVB1. 1950, 475 ff. (477). 187 Vgl. die eingehenden Erwägungen bei OVG Münster DVB1. 1973, 924ff. (928). las O V G Hamburg DVB1. 1953, 542f.; OVG Koblenz VerwRspr. 19, 849; OVG Münster JZ 1964, 3 6 7 f f . (368); vgl. auch B G H Z 54, 21 (24ff.); V G H München BayVBl. 1974, 342. 189 Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. II, S. 184. - Zur Polizeipflicht für Kraftfahrzeuge (Eigentümer, Halter, Fahrer, Dieb usw.) s. Knütel, D Ö V 1970, 375 ff. 190 Zur Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Pflichtigen s. OVG Münster DVB1. 1 9 7 3 , 9 2 4 f f . (928). 191 Grundlegend PrOVG 2, 399 (Schießplatz); ferner PrOVG 29, 231 (234f.); 61, 274; 80, 253 (259 ff.). - Aus neuerer Zeit OVG Lüneburg OVG E 12, 340 (Paketdienst der Bundespost). 192 Drews / Wacke / Vogel I Martens, Bd. II, S. 125 ff.; Ule / Rasch, a. a. O., S. 55 ff.; Weimar, D Ö V 1 9 6 0 , 1 1 4 f f . ; Folz, JuS 1 9 6 5 , 4 1 ff. 185
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lich-rechtliche Tätigkeit anderer Behörden einzugreifen. Lediglich bei rein fiskalischem Handeln der betreffenden Stelle (z. B. Verwaltung einer Staatsdomäne) soll ein Recht zu polizeilichem Einschreiten bestehen. Die Polizei wird damit auf den „bürgerlichen Verkehr", also die privatrechtlichen Tätigkeiten des einzelnen oder des Staates, beschränkt 1 9 3 . Diese Auffassung läßt sich jedoch nicht in vollem Umfange aufrechterhalten 1 9 4 . Die h. L. vermengt zwei Fragen: einmal, ob der Staat und die anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts bei Wahrnehmung ihrer hoheitlichen Funktionen materiellrechtlich polizeipflichtig sind, d. h. den Gesetzen über die öffentliche Sicherheit und Ordnung unterstehen; zum anderen die Kompetenzfrage, ob die Polizei- bzw. Ordnungsbehörden gegen eine Verletzung des materiellen Polizeirechts durch Hoheitsträger vorgehen können 1 9 5 . Die erste Frage muß uneingeschränkt bejaht werden. Die Träger öffentlicher Funktionen sind auch bei hoheitlicher Tätigkeit an die allgemeinen Gesetze gebunden, zu denen das Polizei- und Ordnungsrecht gehört. Sie dürfen ebensowenig wie ein Privatmann Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung herbeiführen 1 9 6 . Das gilt auch für Bundesorgane 1 9 7 . Sie haben die landesrechtlichen Vorschriften des Polizei- und Ordnungsrechts jedenfalls insoweit einzuhalten, wie das mit der Wahrnehmung ihrer auf Bundesgesetz beruhenden Aufgaben vereinbar ist 198 . Bei der Kompetenzfrage ist dagegen zu differenzieren. Grundsätzlich kann eine Polizei- oder Ordnungsbehörde Verwaltungsakte auch gegenüber einem Hoheitsträger erlassen. Sie darf aber nicht in der Weise in seine Tätigkeit eingreifen, daß die Erfüllung seiner hoheitlichen Aufgaben beeinträchtigt würde 1 9 9 . Maßnahmen zur Gefahrenabwehr können also grundsätzlich erfolgen, sie sind jedoch nur insoweit zulässig, wie dadurch die rechtmäßige Ausübung der dem Hoheitsträger übertragenen Funktionen nicht gehindert wird 200 . Die Abgrenzung bleibt dabei eine Frage des Einzelfalls. Hat die Polizei eine von einem Hoheitsträger verursachte Störung zunächst mit eigenen Mitteln beseitigt, dann kann sie die entstandenen
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So PrOVG 2 , 3 9 9 (409), vgl. allerdings auch a. a. O., S. 410f. S. jetzt auch W. Wagner, Die Polizeipflicht von Hoheitsträgern, 1971; D. Blumenwitz, AÖR96 (1971), 161 ff.; Karpen, WissR5 (1972), S. 195ff. (206ff.). Zutreffend dagegen W. Weber, Arch. f. d. Post- und Femmeldew. 10 (1958); S. 65ff.; Rudolf, Polizei gegen Hoheitsträger, 1965, S. 15 ff. W. Weber, a. a. O., S. 65ff.; Rudolf, a. a. O., S. 17; Scholz, DVB1. 1968, 732ff. (737f.); ebenso BVerwG E 2 9 , 5 2 ( 5 6 - 5 9 ) ; BGH DVB1. 1970, ( 4 9 9 - 5 0 0 ) . Vgl. BVerwG D Ö V 1976, 749ff. (750): Der Bund unterliegt auch im Rahmen seiner Hoheitstätigkeit der Bindung an das jeweils einschlägige Landesrecht. S. allgemein Brohm, Landeshoheit und Bundesverwaltung, 1968; Reigl, D Ö V 1967, 397ff.; BVerwG NJW 1962, 552ff. (554). So im Ergebnis auch BVerwG E 29, 52 ( 5 9 - 6 0 ) , allerdings mit sehr zurückhaltender grundsätzlicher Stellungnahme. Vgl. auch Wolff, VwR III, § 127 Id 5. Rudolf, a. a. O., S. 26ff.; Scholz, DVB1. 1968,732ff. (738ff.).
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Kosten gegen den Hoheitsträger in gleicher Weise wie gegen einen privaten Störer (s. unten Abschnitt IV. 2) geltend machen 2 0 1 . Soweit der Polizei demnach eine Eingriffsbefugnis fehlt, ist allein die Fachbehörde für die Beachtung der nach materiellem Recht bestehenden Polizeipflichtigkeit verantwortlich. Kommt sie ihren Verpflichtungen nicht nach, dann kann die Polizei lediglich versuchen, durch Anrufung der vorgesetzten Behörde Abhilfe zu schaffen 2 0 2 . 3. Polizeilicher und ordnungsbehördlicher Notstand Wenn sich die Polizei- oder Ordnungsbehörde einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gegenübersieht, so kann sie ihr grundsätzlich nur auf zwei Wegen begegnen, nämlich entweder durch Einsatz eigener Mittel 2 0 3 oder aber durch Inanspruchnahme eines Störers (oben Abschnitt II. 2 a—c). Sie wird in der Regel schon aus Gründen der Kostenersparnis den letzteren Weg wählen, soweit überhaupt ein Störer vorhanden ist. In manchen Fällen erweist sich jedoch keiner der beiden Wege als gangbar: Weder die Heranziehung eines Störers noch der Einsatz eigener Mittel sind geeignet, der Situation Herr zu werden. Man spricht in derartigen Fällen von einem polizeilichen bzw. ordnungsbehördlichen Notstand. Nicht selten verfügt aber ein außenstehender Dritter über die Möglichkeit, die Störung zu beseitigen oder die Gefahr abzuwehren. Beispiele: Eine Familie ist obdachlos und nicht in der Lage, sich eine neue Wohnung zu verschaffen. Öffentliche Obdachlosenunterkünfte sind nicht vorhanden. Dagegen stehen in einem Privathaus Räume leer. - Ein schwerverletztes Unfallopfer ist eingeklemmt und kann nur mit Hilfe eines Schneidbrenners befreit werden. Die Polizei ist nicht in der Lage, ein solches Gerät schnell genug herbeizuschaffen. Ein in der Nähe tätiger Schlosser weigert sich, seinen Schneidbrenner herzugeben, da er einen eiligen Auftrag zu erledigen habe. — Ein Schadenfeuer kann wirksam nur vom Nachbargrundstück aus bekämpft werden, weil der Brandherd nicht von der Straße aus zugänglich ist. Der Nachbar weigert sich jedoch, der Feuerwehr die Zufahrt zu seinem Grundstück freizugeben und einen im Wege stehenden Baum fällen zu lassen. - Randalierer bewerfen vom Dach eines Hauses aus Passanten und Polizeibeamte mit Steinen usw. Der Verfügungsberechtigte gestattet der Polizei aber nicht, das Haus zu betreten, um gegen die Störer vorzugehen 2 0 4 . Der Gesetzgeber hatte für derartige Fälle einen Ausgleich zwischen divergierenden Interessen herbeizuführen. Auf der einen Seite konnte er aus naheliegenden 201 202
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Dazu B G H Z 5 4 , 2 1 (24 ff.). Zum Eingreifen der Polizei im räumlichen Herrschaftsbereich anderer Verwaltungsträger s. Knoke, A ö R 94 (1969), 3 8 8 f f . ( 4 1 1 - 4 1 8 ) ; Folz, JuS 1965, 41 ff.; Sonderkötter, WissR 2 (1969), S. 22 ff. U m einen Einsatz eigener Mittel handelt es sich auch, wenn sie einen Unternehmer durch Dienst- oder Werkvertrag verpflichtet, auf ihre Kosten tätig zu werden. Fall des Urteils O V G Berlin D Ö V 1 9 7 4 , 2 7 ff. = B V e r w G E 4 7 , 31.
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Gründen die Polizei nicht verpflichten, schweren Störungen tatenlos zuzuschauen, obwohl bei Inanspruchnahme dritter Personen eine wirksame Abwehr möglich wäre. Auf der anderen Seite aber mußte er einen Eingriff in die Freiheit und in die Rechtssphäre unbeteiligter Dritter auf das unbedingt notwendige Maß beschränken. Diese Interessenabwägung hat dazu geführt, daß das Gesetz die Inanspruchnahme von Personen, die nicht Störer sind, zwar grundsätzlich für zulässig erklärt, sie aber von erheblich strengeren Voraussetzungen abhängig macht als das polizeiliche Einschreiten gegen einen Störer. Bei der Anwendung der Vorschriften über den polizeilichen Notstand ist stets zu beachten, daß es sich um Ausnahmeregelungen handelt. Sie dürfen in keinem Fall extensiv interpretiert und angewandt werden. Im einzelnen setzt der Eingriff gegen den unbeteiligten Dritten (den sog. Nichtstörer) voraus 205 : a) Erhöhte Gefahr: Gefordert wird zunächst ein spezifischer Gefahrenzustand: Die Störung muß entweder bereits eingetreten sein (das Kind liegt bereits im Brunnen und droht zu ertrinken) oder die Gefahr muß „gegenwärtig" sein bzw. „unmittelbar bevorstehen" (das Kind balanciert auf dem Brunnenrand). Wesentlichstes Merkmal der gegenwärtigen Gefahr ist ihre zeitliche Aktualität. Es muß ein sofortiger Schadenseintritt zu erwarten sein, so daß die Gefahr schon unmittelbar greifbar ist 206 . Eine zwar absehbare, aber nicht unmittelbar akute Gefahr - bei der ein Eingreifen gegen den Störer bereits zulässig wäre — reicht nicht aus 207 . Daneben ist ein gesteigertes Maß der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu fordern 2 0 8 . Beide Komponenten sind selbständig zu prüfen. Sie werden allerdings in der Praxis vielfach zusammenfallen, weil bei größerer zeitlicher Nähe der Grad der Wahrscheinlichkeit sicherer erkennbar zu sein pflegt. Eine besondere Schwere der Gefahr bzw. der Störung wird dem Wortlaut des Gesetzes nach in den meisten Ländern nicht vorausgesetzt 209 . Indessen ist aus rechtsstaatlichen Gründen anzunehmen, daß dem Nichtstörer keine Opfer zugemutet werden dürfen, die größer sind als die der Allgemeinheit aus der Gefahrenabwehr erwachsenden Vorteile. Die Grenzen des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsprinzips, das auch gegenüber dem Störer beachtet werden muß (oben Abschnitt II. 1 e, bb), sind für die Inanspruchnahme des Nichtstörers zu weit 210 .
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p v G ; § 9 bad.-württ. PG; Art. 12 bayPAG; § 13 berl. ASOG; § 8 brem. PG; § 10 hamb. SOG; § 15 hess. SOG; § 8 nieders. SOG; § 19 nordrh.-westf. OBG; § 26 rheinl.pfälz. PVG; § 21 saarl. PVG; § 187 schlesw.-holst. LVwG. S. OVG Münster DVB1. 1973, 922ff. (924) zum analogen Begriff der gegenwärtigen Gefahr in § 32 nordrh.-westf. PolG. OVG Münster OVG E 8 , 2 3 9 (240f.). BVerwG E 4 5 , 5 1 (58); OVG Saarlouis D Ö V 1973, 863ff. (864). Ausnahme: § 12 bayPAG und § 13 I Nr. 1 berl. ASOG, die eine „erhebliche" Gefahr bzw. Störung verlangen. Zu den Grenzen vgl. PrOVG 12, 397 (403); 92, 108 (111, 114); OVG Münster OVG E 8,213.
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b) Unmöglichkeit anderweitiger Abwehr: Weiter muß die Polizei objektiv außerstande sein, der Gefahr durch Heranziehung eines Störers oder Einsatz eigener Mittel (einschließlich der Beauftragung dazu bereiter Hilfspersonen auf ihre Kosten) zu begegnen. Die Heranziehung ist unmöglich, wenn ein Störer überhaupt nicht vorhanden ist, wenn er nicht ermittelt werden kann, wenn seine Inanspruchnahme nur unter Betreten des im Eigentum oder Besitz eines Nichtstörers befindlichen Grundstücks möglich ist 211 oder wenn sie an sonstigen rechtlichen oder tatsächlichen Hindernissen scheitert (z. B. wenn der Störer trotz Anspannung aller Kräfte nicht in der Lage ist, der Gefahr zu begegnen). Dem steht der Fall gleich, in dem eine Inanspruchnahme des Störers zwar an sich möglich wäre, aber ihrerseits zu unverhältnismäßig großen Schäden bzw. zu unverhältnismäßig großen anderweitigen Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung führen würde 2 1 2 . So kann in extremen Fällen eine rechtmäßige Versammlung beschränkt werden, um die unabsehbaren Konsequenzen großer Straßenschlachten zu vermeiden, die sich vorhersehbarerweise aus einem — an sich zulässigen und gebotenen - Vorgehen gegen eine rechtswidrige Gegendemonstration ergeben würden. Diese Möglichkeit kommt indessen nur in äußersten Notsituationen in Betracht, namentlich wenn das gebotene Einschreiten gegen die Störer schwere Gefahren für Leib und Leben unbeteiligter Dritter mit sich brächte 2 1 3 . Grundsätzlich hat die Polizei die rechtmäßige Versammlung zu schützen. Auf die Frage, ob die Motive der diese Versammlung rechtswidrig störenden Gegendemonstranten politisch achtenswert sind oder nicht, kommt es dabei nicht an. Es wäre im Rechtsstaat unerträglich, wenn rechtswidrige Aktionen Dritter die Polizei legitimieren könnten, rechtmäßige Verhaltensweisen zu unterdrücken 2 1 4 . Die Polizei muß, bevor sie den Nichtstörer in Anspruch nimmt, ihre eigenen personellen und sachlichen Möglichkeiten voll ausgeschöpft haben 2 1 5 . Sie darf ihn grundsätzlich nicht nur deshalb heranziehen, weil sie dabei Kosten spart 2 1 6 . Denn im Gegensatz zur Inanspruchnahme des Störers dient die Heranziehung des Nichtstörers nicht der finanziellen Entlastung der Steuerzahler (oben Abschnitt II. 2). Für die Beurteilung der Unmöglichkeit einer anderweitigen Gefahrenabwehr kommt es auf den Zeitpunkt an, in dem der Nichtstörer herangezogen wird. Ob die Behörde sich durch rechtzeitige Vorsorge vor Eintritt der Gefahr bzw. Störung die notwendigen Mittel hätte verschaffen können, bleibt unerheblich. Der Eigentümer der zur Unterbringung von Obdachlosen beschlagnahmten Räume kann sich deshalb nicht darauf berufen, die Behörde sei in der Lage gewesen, rechtzeitig Not211 212
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Vgl. OVG Berlin D Ö V 1974, 27ff. (28). So ausdrücklich § 9 I bad.-württ. PG. Der Grundsatz gilt allgemein; s. PrOVG 78, 279 (282); VGH Stuttgart D Ö V 1954, 221 f. Zu weitgehend OVG Saarlouis JZ 1970, 283 ff., mit krit. Anm. Pappermann; s. dagegen VG Köln NJW 1971, 210ff. (212); VG Gelsenkirchen NJW 1971, 213, sowie jetzt auch OVG Saarlouis D Ö V 1973, 863 ff. Treffend VGH Mannheim D Ö V 1968,179ff. (181). S. BGH DVB1. 1957, 864. Dazu OVG Münster OVG E 14,265 (270,272 f.).
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Unterkünfte zu errichten. Entscheidend ist vielmehr, daß im Augenblick keine Unterkünfte zur Verfügung stehen. Selbstverständlich bedeutet das aber keinen Freibrief für die Polizei, angesichts einer sich abzeichnenden Gefahrenentwicklung zunächst untätig zu bleiben und sich darauf zu verlassen, daß ihr gegebenenfalls die Eingriffsmöglichkeiten gegen Nichtstörer zur Verfügung stünden. c) Subsidiarität der Notstandseingriffe: Die Maßnahmen im polizeilichen Notstand dürfen „nur getroffen und aufrecht erhalten werden, soweit oder solange die Polizeibehörde nicht andere zur Beseitigung der Gefahr führende Maßnahmen treffen kann" 2 1 7 . Sie sind auf das sachlich und zeitlich unbedingt erforderliche Mindestmaß zu beschränken. In sachlicher Hinsicht darf nicht mehr verlangt werden, als zur Abwendung der Gefahr unbedingt notwendig ist (Unterbringung eines Obdachlosen nur in notdürftig ausreichenden Räumen; die Beschlagnahme einer „angemessenen" Wohnung wäre unzulässig). Eingriffe, die sich nicht ohnehin in einem einmaligen Akt erschöpfen, dürfen nur bis zu dem Augenblick ausgedehnt werden, in dem die Polizei in der Lage ist, der Gefahr durch Einsatz eigener Mittel (z. B. Errichtung von Notunterkünften) oder durch nachträgliche Heranziehung eines Störers zu begegnen. In diesem Sinne darf es sich also stets nur um vorläufige Maßnahmen handeln 2 1 8 . Die überwiegende Rechtsprechung verlangt zudem, daß sie von vornherein zeitlich befristet werden müssen. An die Bemessung der Frist sind strenge Anforderungen zu stellen 219 . Ist die Frist verstrichen, innerhalb deren die Polizei bei Einsatz ihrer Kräfte anderweitige ausreichende Maßnahmen hätte treffen können, dann muß sie die Inanspruchnahme des Nichtstörers aufheben — selbst dann, wenn sie das Erforderliche tatsächlich noch nicht veranlaßt hat. Ihre Untätigkeit darf sich nicht zu Lasten des Nichtstörers auswirken. d) Grenze der Leistungsfähigkeit: Der Nichtstörer kann stets nur im Rahmen seiner persönlichen Leistungsfähigkeit herangezogen werden. Eine Inanspruchnahme ist unzulässig, wenn sie sein Leben oder seine Gesundheit gefährden oder ihn an der Erfüllung überwiegender anderweitiger Verpflichtungen hindern würde 2 2 0 : Ein Herzkranker darf nicht zu schweren körperlichen Arbeiten verpflichtet werden; ein Arzt darf nicht durch Beschlagnahme seines Wagens von einem dringenden Krankenbesuch abgehalten werden. e) Folgenbeseitigung und Entschädigung: Da der Nichtstörer für die jeweils abzuwehrende Gefahr nicht verantwortlich ist, braucht er die Last der Gefahren217
So § 21 Satz 2 PVG. Ähnlich §§ 9 I bad.-württ. PG; 8 I Buchst, a und b brem. PG; §§ 13 II berl. ASOG; 15 I Nr. 1 und 2 hess. SOG; 8 Satz 2 nieders. SOG; 19 II nordrh.-westf. OBG; 26 II rheinl.-pfälz. PVG; 187 I Nr. 1 und 2 schlesw.-holst. LVwG. 218 p r o V G 106,37 (42). S. auch Pappermann, J Z 1 9 7 0 , 2 8 6 f . (287) mit weit. Nachw. 219 BGH NJW 1959, 768f.; BGHZ 35,27 (31 f.); OVG LüneburgNJW 1953,599. 220 § 13 I Nr. 4 berl. ASOG; Art. 12 II bay. PAG; § 1 9 1 2 nordrh.-westf. OBG; § 8 1 Buchst, c brem. PG; § 15 I Nr. 3 hess. SOG; § 26 I Nr. 2 rheinl.-pfälz. PVG; § 187 I Nr. 3 schlesw.-holst. LVwG.
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abwehr nicht auf die Dauer zu tragen. Er kann deshalb verlangen, daß die Behörde, die ihn in Anspruch genommen hat, die ihm erwachsenen Nachteile ausgleicht. Sein Anspruch richtet sich entweder auf Folgenbeseitigung oder auf Entschädigung, u. U. auch auf beides nebeneinander. Der Folgenbeseitigungsanspruch ist im Gesetz nicht geregelt. Er gehört zu den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen 221 und richtet sich im Regelfall auf die „Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands mit hoheitlichen Mitteln" 2 2 2 . Der Anspruch greift dann ein, wenn trotz rechtlicher Beendigung der Inanspruchnahme ihre tatsächlichen Wirkungen fortbestehen. Häufigster Fall: Die Einweisung eines Obdachlosen in einen Wohnraum hat sich durch Ablauf der bestimmten Frist erledigt oder ist - durch die Behörde selbst oder durch verwaltungsgerichtliches Urteil - aufgehoben worden. Der Eingewiesene bleibt dennoch in dem Raum. Hier hat der Hauseigentümer an sich die Möglichkeit, Räumungsklage (§ 985 BGB) zu erheben, da der Betreffende nicht mehr zum Besitz berechtigt ist. Er kann aber statt dessen auch von der Behörde verlangen, den Eingewiesenen zwangsweise zu entfernen und dadurch die Folgen der Einweisung zu beseitigen 223 . Für die nicht mehr rückgängig zu machenden Nachteile (Nutzungsausfall während der Zeit der Beschlagnahme; Zerstörung oder Beschädigung einer Sache usw.) kann der Nichtstörer Entschädigung in Geld beanspruchen (s. unten Abschntt IV. 1 a). 4. Besondere Eingriffe in die persönliche Freiheit und in die Sachherrschaft einzelner Bürger Polizei- und Ordnungsbehörden müssen zur Erfüllung ihrer Aufgaben der allgemeinen Gefahrenabwehr in vielfältiger Weise in Freiheit und Eigentum der Bürger eingreifen. Verschiedene besonders schwerwiegende Eingriffe waren bereits im preuß. PVG (§§ 1 5 - 1 7 ) in ihren Einzelheiten näher durchnormiert. Die nach dem zweiten Weltkrieg ergangenen Landesgesetze haben diese Regelungen übernommen und sie z. T. noch erweitert. Dabei mußten sie den Anforderungen des GG (insb. Art. 2 , 1 3 und 104) Rechnung tragen. Die formellen Rechtsgrundlagen für die in Betracht kommenden Eingriffe sind in den einzelnen Bundesländern nicht einheitlich. Fragen, die in manchen Ländern positiv-gesetzlich geregelt sind, mußten in anderen durch die auf die Generalklau221
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Grundlegend dazu Bachof, Die verwaltungsgerichtliche Klage auf Vornahme einer Amtshandlung, 1951 (2. Aufl. 1968); Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, 1965, S. 153ff.; s. a. Spanner, DVB1. 1968, 618ff.; Heidenhain, JZ 1968, 487ff.; Rüfner, DVB1. 1967, 186ff.; Schleeh, AöR 92 (1967), S. 58ff. mit Rechtsprechungsnachweisen. BVerwG DVB1. 1963, 677 (LS 3, 678); s. ferner BVerwG E 2 8 , 1 5 5 ( 1 6 3 - 1 6 4 ) ; 3 5 , 2 6 8 ( 2 7 2 - 2 7 3 ) ; BVerwG D Ö V 1 9 7 1 , 857 mit Anm. Bachof. OVG Lüneburg OVG E 4, 235 (239) und 8, 484; OVG Münster OVG E 8, 212 (216); 8, 252 (255 f.) und 14, 265 (273).
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sei gestützte Rechtsprechung geklärt werden. In der Sache bestehen aber keine grundlegenden Unterschiede. Der Musterentwurf für ein einheitliches Polizeigesetz 224 wird, sofern er von den einzelnen Ländern übernommen werden sollte, die noch bestehenden Unterschiede abbauen. Überall gilt, daß Maßnahmen, die der Gesetzgeber besonders normiert hat, ausschließlich nach den Sondervorschriften zu beurteilen sind. Eine Ausweitung der dort geregelten Eingriffsbefugnisse unter Rückgriff auf die Generalklausel wäre unzulässig. Auch die strafrechtlichen Rechtfertigungsgründe (insbes. § 34 StGB) bilden keine zusätzliche Ermächtigungsgrundlage für hoheitliche Eingriffe 2 2 5 ; sie schließen allerdings die Verantwortlichkeit des einzelnen Beamten aus. Die nachfolgend dargestellten Aufgaben beziehen sich allein auf die Gefahrenabwehr. Daneben gibt es teilweise gleichartige oder ähnliche Eingriffsbefugnisse der Polizei im Rahmen der Strafverfolgung. Die Eingriffe zur Gefahrenabwehr stützen sich auf die Polizei- und Ordnungsbehördengesetze, die Maßnahmen zur Strafverfolgung dagegen auf die StPO. So muß die Durchsuchung einer Wohnung, wenn sie der Gefahrenabwehr dient, nach § 16 PVG, als Maßnahme der Strafverfolgung dagegen nach §§ 102 ff. StPO beurteilt werden 2 2 6 . Es ist stets sorgfältig zu prüfen, in welchem Bereich die Polizei jeweils tätig wird 227 . a) Feststellung von Personalien (sog. Sistierung): In zahlreichen Fällen hat die Polizei, um ihre Aufgaben im Rahmen der Gefahrenabwehr erfüllen zu können, Namen und Personalien von Personen - Störern oder sonstigen, z. B. Zeugen — festzustellen. Dazu müssen die Betreffenden angehalten und befragt werden. Ist eine sichere Feststellung der Personalien an Ort und Stelle nicht möglich, so kann es erforderlich werden, die Personen zur Wache mitzunehmen und notfalls erkennungsdienstliche Maßnahmen gegen sie anzuordnen 2 2 8 . Als Freiheitsbeschränkungen bedürfen diese Maßnahmen nach Art. 104 I S. 1 G G einer Rechtsgrundlage in Gestalt eines förmlichen Gesetzes. Verschiedene Bundesländer haben in ihren Polizeigesetzen die Sistierung ausdrücklich geregelt 229 . Im übrigen leitet man das Recht der Polizei zur Sistierung unmittelbar aus der Generalklausel her 2 3 0 .
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Dazu s. oben Abschnitt I. 4 a. Zu dieser sehr streitigen Frage s. Amelung, NJW 1977, 833 ff. und NJW 1978, 6 2 3 f.; De Lazzer / Rohlf, JZ 1977, 207 ff.; Kirchhof, NJW 1978, 9 6 9 f f . ; Lange, NJW 1978, 7 8 4 f f . ; Schwabe, NJW 1 9 7 7 , 1 9 0 2 ff. mit weit. Nachw. S. dazu näher Thomas, BayVBl. 1969, 50 ff. Zum Rechtsschutz gegen (eigenverantwortliche) Strafverfolgungsmaßnahmen der Polizei s. BVerwG E 47, 255; Markworth, DVB1. 1975, 575 ff.; Schenke, NJW 1 9 7 6 , 1 8 1 6 f f . Eingehend dazu: W. Hoffmann, DVB1. 1967, 751 ff.; Steinke, Polizei 1977, 2 2 7 f f . ; Thomas, BayVBl. 1969, 50ff. § 2 0 bad.-württ. PG; Art. 14 bayPAG; § 15 berl. A S O G ; § 9 brem. PG; § 12 hamb. S O G ; § 16 hess. S O G ; § 23 nordrh.-westf. PolG; § 3 rheinl.-pfälz. P V G ; § 176 schlesw.holst. LVwG. So schon PrOVG 87, 289 (292); vgl. auch OLG Bremen, NJW 1 9 5 7 , 1 5 8 .
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Die Frage, ob die Generalklausel als Grundlage für eine Mitnahme zur Wache ausreiche, ist umstritten. Sie muß bejaht werden, da die Generalklausel in förmlichen Gesetzen niedergelegt ist und angesichts der langjährigen Judikatur hinreichende Bestimmtheit als Eingriffsermächtigung besitzt 231 . Da die Mitnahme zur Wache nicht eine bloße Freiheitsbeschränkung, sondern eine (wenn auch vorübergehende) Freiheitsentziehung darstellt, gilt für sie Art. 104 II S. 2 und 3 G G . Bei der Sistierung von Nichtstörern sind die einschränkenden Voraussetzungen des polizeilichen Notstands (oben Abschnitt II. 3) zu beachten, und zwar auch dann, wenn sie nicht auf Grund der Generalklausel, sondern auf Grund einer Sondervorschrift erfolgt 232 . Besondere Probleme ergeben sich insoweit bei der sog. Razzia, von der - sofern sie im Einzelfall zulässig ist - zwangsläufig auch Nichtstörer betroffen werden 2 3 3 . Personalien dürfen auch zur Sicherung privater Rechtsansprüche festgestellt werden, sofern die Ansprüche glaubhaft behauptet werden und ohne die Feststellung die Gefahr bestünde, daß ihre Durchsetzung vereitelt oder wesentlich erschwert würde: Ein Passant, der durch Unachtsamkeit eine Schaufensterscheibe zerschlagen hat, will sich ohne Namensnennung entfernen. Der Geschädigte bittet einen hinzukommenden Polizeibeamten, die Personalien des Schädigers festzustellen, damit er ihn auf Schadensersatz in Anspruch nehmen kann. Die Befugnis, zum Schutz privater Rechte einzugreifen, ist in einigen Ländern besonders normiert 2 3 4 . In den übrigen ergibt sie sich aus der Generalklausel 235 . Denn die öffentliche Ordnung wäre gestört, wenn Anspruchsgegner die Rechtsverfolgung durch „Flucht" vereiteln könnten, obwohl die Polizei ohne weiteres in der Lage ist, ihre Personalien zu ermitteln. b) Vorladung, Vorführung und Vernehmung: Kann die Polizei die zur Gefahrenabwehr erforderlichen Feststellungen nicht selbst treffen, dann wird sie Auskünfte einholen. Soweit die Beschaffung der Auskünfte im Einzelfall eine notwendige Maßnahme der Gefahrenabwehr darstellt, kann der Störer auf Grund der Generalklausel verpflichtet (und notfalls mit den polizeilichen Zwangsmitteln unten Abschnitt III. 3 - angehalten) werden, sie zu erteilen 236 . Im Rahmen der Gefahrenabwehr besteht also, anders als im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, 231
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Ebenso Drews / Wacke / Vogel/ Martens, Bd. II, S. 81; W. Hoffmann, DVB1. 1967, 751 ff. (757); a. A . Ule I Rasch, a. a. O . . S . 71 f. W. Hoffmann, DVB1. 1 9 6 7 , 7 5 1 ff. (756). Vgl. dazu K G NJW 1975, 8 8 7 f f . (888); die Entscheidung ist in der Argumentation teilweise nicht ganz unbedenklich. Zur Zulässigkeit der Razzia V G Berlin, D Ö V 1972, 103 ff. §§ 3, 16 II hess. S O G ; § 3 II rheinl.-pfälz. P V G ; s. auch Art. 1 4 1 Nr. 4 bayer. P A G (dazu von Hellingrath, JZ 1 9 6 2 , 2 4 4 f.). Vgl. z. B. O V G Münster DVB1. 1968, 759; ferner PrOVG 87, 289 (292); Baur, JZ 1962, 73 ff. PrOVG 37, 427 (428, 4 3 0 ) ; 56, 295 (297); 6 5 , 2 7 6 (278); st. Rspr.; Ule / Rasch, a. a. O., S. 7 6 f f . , 8 0 f . ; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. II, S. 8 4 - 8 6 ; H. W. Schmidt, NJW 1 9 6 2 , 2 1 9 0 ff.
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eine Aussagepflicht vor der Polizei. Von einem Nichtstörer kann die Aussage nur im Notstandsfall verlangt werden 237 . Wenn schriftliche oder an Ort und Stelle erteilte mündliche Auskünfte nicht ausreichen, kommt eine Vorladung in Betracht. Leistet der Vorgeladene ihr nicht Folge, dann wird die Polizei prüfen, ob sie ihn zwangsweise vorführen darf. Die Voraussetzungen der Vorladung sind in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. Z. T. wird die Polizei generell ermächtigt, jemanden vorzuladen, „wenn es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist" 238 ; z. T. sind die Voraussetzungen aber auch enger gefaßt 239 . Ähnliche Unterschiede bestehen bei der Vorführung, d. h. der zwangsweisen Durchsetzung einer Vorladung durch unmittelbare Verbringung des Pflichtigen zur Dienststelle. In Bremen ist sie stets zulässig, wenn jemand einer Vorladung ohne hinreichenden Grund keine Folge leistet 240 , in Nordrhein-Westfalen zur Durchführung von erkennungsdienstlichen Maßnahmen 241 , in Berlin außerdem zur Einholung von Angaben, die zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich sind 242 , im Saarland nach preuß. Vorbild 243 nur zur Aufklärung eines Verbrechens oder Vergehens 244 . Einige Länder sehen sie überhaupt nicht vor 245 . Dort ist sie unzulässig. Angesichts der unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen kann man dem Recht zur Vorladung als solchem keine Befugnis zur Vorführung entnehmen 246 . Als Freiheitsentziehung unterliegt die Vorführung dem Art. 104 II GG. Soweit den Umständen nach möglich, ist die richterliche Entscheidung über ihre Zulässigkeit im voraus einzuholen. Bei polizeilichen Vernehmungen darf kein Zwang angewandt werden, um eine Aussage herbeizuführen 247 . c) Verwahrung von Personen: Eine Person kann polizeilich verwahrt werden entweder auf ihren eigenen Wunsch248 (etwa zum vorübergehenden Schutz gegen 237 238
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„Aufklärungsnotstand"; s. Ule / Rasch, a. a. O., S. 78ff. § 11 I hamb. SOG; § 17 S. 1 hess. SOG; arg. § 4 1 nieders. SOG; arg. Art. 15 I bay. PAG; § 5 I rheinl.-pfälz. PVG; § 1771 1 schlesw.-holst. LVwG. § 21 I bad.-württ. PG; § 17 I Nr. 1 berl. ASOG; § 10 I brem. PG; § 24 nordrh.-westf. PolG; § 26 nordrh.-westf. OBG. § 10 II brem. PG; Ule / Rasch, a. a. O., S. 86 bezeichnen die Vorschrift mit Recht als verfassungswidrig. § 24 II nordrh.-westf. PolG; s. a. § 4 III rheinl.-pfälz. PVG. § 17 III berl. ASOG; s. a. § 11 II hamb. SOG. § 171 PVG. § 17 saarl. PVG. Vgl. § 17 hess. SOG; § 21 bad.-württ. PG. - In § 4 Satz 1 nieders. SOG und § 177 II schlesw.-holst. LVwG wird die Vorführung ausdrücklich untersagt.
Vgl. Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. II, S. 83-84 (a. A. noch Drews / Wacke, 1.
Aufl., S. 186). § 22 I brem. PG und § 29 I bad.-württ. PG geben einen allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsatz wieder. Vgl. auch Art. 1041S. 2 GG. S. § 22 I Nr. 2a bad.-württ. PG; § 11 I Buchst, b Nr. 1 brem. PG; § 25 Nr. l a nordrh.westf. PolG; § 61 Nr. 1 rheinl.-pfälz. PVG; § 1801 Nr. 2aschlesw.-holst. LVwG.
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verbrecherische Nachstellungen) oder aber zwangsweise, sei es ohne oder sei es gegen ihren Willen 249 . Die landesrechtlichen Regelungen über die zwangsweise Verwahrung250 weichen teilweise voneinander ab. Sie normieren aber regelmäßig zwei Gruppen von Verwahrungsgründen:
1. Schutz einer Person, die sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet, vor Gefahren für Leib oder Leben (in manchen Ländern auch bei Selbstmordgefahr251), 2. Beseitigung einer bereits eingetretenen Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung und Abwehr einer unmittelbar bevorstehenden Gefahr, wenn andere Mittel nicht zur Verfügung stehen (ultima ratio) 252 . Die Verwahrung ist - von dem Fall abgesehen, daß sich jemand freiwillig in Gewahrsam begibt - stets Freiheitsentziehung i. S. von Art. 104 Abs. 2 GG. Uber ihre Zulässigkeit und Fortdauer ist daher in jedem Fall unverzüglich253 eine richterliche Entscheidung herbeizuführen254. Über das Ende des auf ihren Beginn folgenden Tages hinaus darf sie nur auf Grund richterlicher Anordnung, in Hessen 255 sogar überhaupt nicht, aufrecht erhalten werden. Das gilt selbst dann, wenn der Verwahrungsgrund weiterhin andauern sollte 256 . Dil1 Verwahrung von geisteskranken, geistesschwachen und suchtkranken Personen in Heil- und Pflegeanstalten ist durch besondere Landesgesetze geregelt 257 . 249
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S. auch J. Koschwitz, Die kurzfristige polizeiliche Freiheitsentziehung, 1969; R. Hoffmann, Polizeiliche „Schutzhaft" und Grundrechte, DVB1.1970,473 ff. Außer den in Fußnote 248 genannten Gesetzesstellen vgl. § 15 I pr. PVG; § 18 berl. A S O G ; § 13 hamb. SOG; § 46 hess. SOG; § 9 nieders. S O G ; § 15 I saarl. P V G ; Art. 17ff. bay. P A G . Dazu Polder, BayVBl. 1977, 392ff. 2 5 2 Dazu s. BVerwG E 45, 51 ( 5 7 - 5 8 ) . Näher dazu BVerwG E 4 5 , 5 1 ( 6 3 - 6 4 ) . Art. 104 II S. 2 G G ; die Einzelheiten des Verfahrens sind landesrechtlich geregelt, § 22 I I I - I V bad.-württ. PG; § 19 berl. A S O G ; § 11 II, IV brem. PG; § 47 hess. S O G ; Art. 20 bay P A G ; § 26 II nordrh.-westf. PolG. - Gegen § 26 II S. 1 nordrh.-westf. PolG bestehen insoweit verfassungsrechtliche Bedenken, als nach dieser Vorschrift eine richterliche Entscheidung über Zulässigkeit und Fortdauer des polizeilichen Gewahrsams nur dann herbeigeführt zu werden braucht, wenn der Betroffene „nicht nur vorübergehend" festgenommen worden ist. D e m liegt ersichtlich die Vorstellung zugrunde, daß Art. 104 II S. 2 G G für den Bereich der Polizei durch S. 3 eingeschränkt werde. Nach richtiger Ansicht (KG DVB1. 1968, 470ff., L.S. 2; OVG Berlin NJW 1973, 2172ff., 2174; zum Stand der Meinungen vgl. Koschwitz, a. a. O., S. 9 5 - 1 0 0 ) ist den Anforderungen von Art. 104 II S. 2 und 3 G G dagegen nebeneinander Rechnung zu tragen. Eine richterliche Entscheidung muß deshalb auch dann herbeigeführt werden, wenn abzusehen ist, daß der Verwahrungsgrund vor Ablauf des auf den Verwahrungsbeginn folgenden Tages wieder wegfallen wird. Dabei ist vorausgesetzt, daß während der Verwahrungszeit überhaupt die tatsächliche Möglichkeit besteht, einen zuständigen Richter zu erreichen; BVerwG E 45, 51 (63-64). § 4 8 1 hess. SOG; dazu s. BVerwG E 45, 51 ( 6 3 - 6 4 ) . Zum Rechtsweg gegen polizeiliche Freiheitsentziehung s. Olschewski, JR 1970, 89 ff. S. ferner das BundesG über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen vom 29. 6. 1956 (BGBl. I S . 599).
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d) Durchsuchung von Personen: Die Durchsuchung von Personen 2 5 8 erweist sich als Freiheitsbeschränkung. Sie bedarf nach Art. 104 I GG einer Grundlage im förmlichen Gesetz. Eine Reihe der neueren Polizeigesetze hat diese Grundlage für bestimmte Fälle geschaffen 2 5 9 . Dabei handelt es sich um präventive Maßnahmen 2 6 0 - im Gegensatz zu der Durchsuchung nach § 102 StPO, die der Strafverfolgung dient. e) Durchsuchung von Wohnungen: Die Polizei darf Wohnungen nur betreten und durchsuchen, wenn das zur Abwehr einer „gemeinen Gefahl", einer Lebensgefahr oder einer dringenden Gefahr („Gefahr im Verzug") für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung unbedingt geboten ist 261 . Die landesrechtlichen Bestimmungen 2 6 2 weichen teilweise voneinander ab. Mehrfach wird zwischen dem bloßen Betreten und der Durchsuchung unterschieden und für letztere ein strengerer Maßstab aufgestellt. Die Durchsuchung dient als Mittel zum Auffinden und Ergreifen einer Person, zum Auffinden, Sicherstellen oder zur Beschlagnahme einer Sache oder zur Verfolgung von Spuren. Ihr Begriffsmerkmal ist die Suche nach Personen, Sachen oder Spuren, ein spezifisches Eindringen in die private Geheimsphäre. Fehlen diese Merkmale, dann handelt es sich um ein bloßes Betreten 2 6 3 . Die meisten Gesetze sehen vor, daß Wohnungen zur Nachtzeit nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr betreten werden dürfen 2 6 4 . Nach Art. 13 II G G dürfen Durchsuchungen grundsätzlich nur durch den Richter angeordnet werden. Lediglich bei Gefahr im Verzug steht das Anordnungsrecht auch anderen, gesetzlich besonders ermächtigten Organen zu. Diese Vorschrift gilt, entgegen der früher herrschenden Meinung, nicht nur für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, sondern auch für die präventive polizeiliche Durchsuchung 2 6 5 . Praktisch wird allerdings in den meisten Fällen, in denen die Polizei überhaupt eine Wohnung durchsuchen darf, Gefahr im Verzug vorliegen, so daß die in Art. 13 II G G zugelassene Ausnahme eingreift. 258 259
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Dazu eingehend W. Hoffmann, Polizei 1969,11 ff. und 42 ff. § 23 I bad.-württ. PG; Art. 32 bayPAG; § 13 brem. PG; § 22 berl. ASOG. § 15 hamb. SOG; § 5 0 hess. SOG; § 2 8 nordrh.-westf. PolG; § 1 7 rheinl.-pfälz. PVG; § 1 7 9 1 schlesw.-holst. LVwG. Charakteristisch: § 50 in Verb, mit § 18 I hess. SOG; § 28 I Buchst, b in Verb, mit § 32 nordrh.-westf. PolG. Zu Art. 13 GG und gefahrenabwehrenden Eingriffen in die Wohnungsfreiheit, vgl. Schwan, D Ö V 1975, 661 ff. § 16 pr. PVG; § 16 hamb. SOG; § 25 bad.-württ. PG; § 24 berl. ASOG; § 15 brem. PG; § 52 hess. SOG; § 3 nieders. SOG; § 30 nordrh.-westf. PolG; § 19 rheinl.-pfälz. PVG; § 16 saarl. PVG; § 182 schlesw.-holst. LVwG; Art. 37 bayPAG. BVerwGE47,31 (36-37). § 16 I Buchst, a. pr. PVG; § 25 I bad.-württ. PG; § 15 I brem. PG; § 3 I nieders. SOG; § 30 II nordrh.-westf. PolG; § 182 III schlesw.-holst. LVwG. BVerwG E 28, 285 ( 2 8 7 - 2 9 2 ) ; so jetzt ausdrücklich § 3 0 IV nordrh.-westf. PolG; ebenso bereits früher Ule / Rasch, a. a. O., S. lOOf.
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f ) Polizeilicher Schußwaffengebrauch: Erhebliche Unsicherheit besteht bisher in der Frage des Schußwaffengebrauchs durch die Polizei. Im Grundsatz ist er nach Maßgabe der landesgesetzlichen Regelungen 2 6 6 als Mittel des unmittelbaren Zwangs zulässig; dabei bildet er freilich das letzte Mittel, von dem nur mit äußerster Zurückhaltung Gebrauch gemacht werden darf 2 6 7 . Der Musterentwurf 2 6 8 soll eine bundeseinheitliche Regelung herbeiführen. Dabei ist namentlich das Problem des sog. gezielten Todesschusses - richtiger sollte man von einem „Rettungsschuß" in äußersten Notlagen (z. B. Befreiung von Geiseln) sprechen — lebhaft umstritten 2 6 9 . 5. Sondergesetzliche Ermächtigungen Sondergesetzliche Ermächtigungen zur Gefahrenabwehr können entweder in Ergänzung einer Generalklausel oder aber an ihrer Stelle eingeführt werden. Ein System von sondergesetzlichen Bestimmungen anstelle einer Generalklausel kannte traditionell lediglich Bayern 2 7 0 . Dort wurden nur die Aufgaben der Polizeiund Ordnungsbehörden in Form von Generalklauseln normiert. Die erforderlichen Ermächtigungen zu Eingriffen in Freiheit und Eigentum der Bürger blieben dagegen besonderen Vorschriften vorbehalten. In allen anderen Bundesländern regeln die Generalklauseln seit jeher nicht nur den Aufgabenbereich der Polizei- und Ordnungsbehörden, sondern fungieren zugleich als Eingriffsermächtigungen. Hier haben sondergesetzliche Ermächtigungen deshalb nur eine ergänzende Aufgabe. Im Rahmen ihres jeweiligen Anwendungsbereichs gehen sie allerdings der Generalklausel vor, weil diese grundsätzlich nur subsidiär gilt (oben Abschnitt II. 1 b). Vielfach ist die Regelung eines Sondergesetzes enger als die Generalklausel. Sie sieht Eingriffe nicht vor, die an sich von der Generalklausel gedeckt wären. In derartigen Fällen muß durch Auslegung des jeweiligen Gesetzes ermittelt werden, ob es das betreffende Sachgebiet abschließend geregelt hat oder ob für die von ihm nicht behandelten Situationen ergänzend auf die Generalermächtigung zurückgegriffen werden kann.
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§ 39 bad.-württ. PG; Art. 43 bayer. P A G ; § 9 berl. U Z w G ; § 2 4 hamb. S O G ; § 6 hess. U Z w G ; § 8 nieders. U Z w V O ; § 14 nordrh.-westf. U Z w G ; § 58 rheinl.-pfälz. P V G . Vgl. im einzelnen Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. I, S. 3 2 8 f f . ; R. Krüger, Polizeilicher Schußwaffengebrauch, 3. Aufl. 1977. Oben Abschnitt I. 4 a. Dazu s. Berndt, Polizei 1975, 197ff.; Funk-Werkentin, KJ 1976, 121 ff.; Gintzel, Polizei 1978, 3 3 f f . ; Hummel-Liljegren, Polizei 1977, 3 7 3 f f . ; R. Lange, JZ 1976, 5 4 6 f f . ; W. Lange, M D R 1977, lOff.; Lerche, in Fs. f. v. d. Heydte, 1 9 7 7 , 1 0 3 3 f f . ; Rupprecht, in Fs. f. W. Geiger, 1 9 7 4 , 7 7 1 ff.; Riegel, Z R P 1978, 73ff. Zur bayerischen Sonderstellung s. Franz Mayer, D i e Eigenständigkeit des bayerischen Verwaltungsrechts, dargestellt an Bayerns Polizeirecht, 1958; Emmerig, D Ö V 1955, 100 ff.; S. Schulze, D i e polizeiliche Generalermächtigung. Ein Vergleich mit dem System der Spezialdelegation, Diss. Erlangen, 1975.
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Abschließende Bedeutung besitzen z. B. die gesetzlichen Bestimmungen über das Versammlungswesen 271 . Gehen von einer Versammlung Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus, dann kann die Polizei (unter Beachtung des Grundrechts aus Art. 8 GG) ausschließlich nach §§ 5, 13, 15 VersammlungsG einschreiten 272 . Dagegen lassen die Regelungen der Gewerbeüberwachung 273 oftmals Raum für Eingriffe auf Grund der Generalklausel 274 . Im Bereich des Verkehrswesens sind die Bestimmungen der StVO nur insoweit abschließend, wie verkehrstypische Gefahren in Frage stehen. Andere Einwirkungen können mit Hilfe der Generalklausel bekämpft werden 275 . Bisweilen übertragen Sondergesetze den Polizei- und Ordnungsbehörden Aufgaben, die über den Bereich der Gefahrenabwehr hinausgehen, z. B. im Paß- und Meldewesen 276 . Diese Aufgaben gehören nicht mehr zur polizeilichen Funktion im materiellen Sinne. Man spricht hier von bloß formell-polizeilichen Tätigkeiten 277 . Die in Betracht kommenden Funktionen werden in erster Linie nach Maßgabe der einzelnen Sondergesetze erfüllt. Daneben gelten für die Art und Weise der Durchführung ergänzend die Vorschriften der Polizei- und Ordnungsbehördengesetze, und zwar teilweise auf Grund einer generellen Verweisung in den Polizei- und Ordnungsbehördengesetzen selbst 278 , teilweise aber nur dann, wenn das jeweilige Spezialgesetz besonders auf sie verweist 279 .
HI. Formelles Polizei- und Ordnungsrecht 1. Organisation und Zuständigkeitsordnung Im Gegensatz zum materiellen Polizei- und Ordnungsrecht, bei dem die Rechtslage in sämtlichen Bundesländern mit Ausnahme der traditionellen Sonderstellung Bayerns weitgehend übereinstimmt, ergeben sich im organisationsrechtlichen Bereich tiefgreifende und vielfältig abgestufte Verschiedenheiten. Es besteht hier 271 272 273 274
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G über Versammlungen und Aufzüge vom 24. Juli 1953 (BGBl. IS. 684). OVG Münster D Ö V 1970,344 ff. (345). Dazu eingehend in diesem Band Badura, WirtschaftsverwaltungsR, Abschn. IV. Im einzelnen ist die Abgrenzung oft problematisch; s. näher Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. II, S. 66 ff. S. z. B. VGH Stuttgart VerwRspr. 4, 440 (LS 2, 4 4 3 - 4 4 4 ) und 6, 71 (LS 2, 73); OVG Hamburg MDR 1956, 509. Aus neuerer Zeit insb. BVerwG E 28, 310 = DVB1. 1968, 509ff., mit Anm. A. Schmidt-Tophoff, S. 512ff., betr. die Anwendbarkeit der Generalklausel bei in den Straßenraum ragenden Werbeanlagen, die von den Vorschritten der StVO nicht erfaßt werden; ferner Kniitel, D Ö V 1970,375 ff. Z. B. § 81 nordrh.-westf. MeldeG vom 25. 5. 1960 (GVB1. S. 81). S. Henke, D Ö V 1960, 890ff. (vgl. auch oben I. 3 b). Art. 4 II bayPAG; § 1 II 2 brem. PG; § 1 II 2 hess. SOG; § 1 II 2 rheinl.-pfälz. PVG; § 164 II 2 schlesw.-holst. LVwG. § 1 III nordrh.-westf. OBG.
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nicht nur der grundlegende Unterschied zwischen dem Einheits- und dem Trennungssystem (oben Abschnitt I. 5). Auch innerhalb beider Systeme variieren die Regelungen von Land zu Land. Im Rahmen der vorliegenden Darstellung können nur Grundlinien aufgezeigt werden. Ergänzend wird auf die einschlägigen Gesetze der einzelnen Bundesländer verwiesen 280 . a) Kompetenzabgrenzung zwischen Polizei- und Ordnungsbehörden: In den Ländern, die die Aufgaben der Gefahrenabwehr auf zwei Behördenzweige verteilen, muß jede Behandlung eines konkreten Falles von der Frage ausgehen, ob für das betreffende Sachgebiet die Polizei oder die Ordnungsbehörde zuständig ist. Die landesrechtlichen Regelungen dazu sind unterschiedlich. Überall aber kennt man eine normale Zuständigkeitsverteilung und neben ihr eine Reihe von Not- und Hilfszuständigkeiten, die der Polizei zustehen. aa) Normale Zuständigkeitsverteilung: Für die Aufgaben der Polizeibehörden ist das Enumerationsprinzip durchgeführt. Sie sind nur für die Angelegenheiten zuständig, die die Gesetze ihnen ausdrücklich zuweisen 281 . Fehlt es an einer Zuweisung an die Polizei, dann ist die Ordnungsbehörde zuständig 282 . Es spricht also die Vermutung für die Kompetenz der Ordnungsbehörde. bb) Notzuständigkeiten der Polizei: In sämtlichen Ländern des Trennungssystems hat man nicht umhin gekonnt, der Tatsache Rechnung zu tragen, daß allein die Polizei über einen stets unmittelbar einsatzfähigen Exekutivapparat verfügt. Auch den Ordnungsbehörden sind zwar teilweise sog. Vollzugsbeamte 283 zugeteilt; sie reichen aber nach ihrer Zahl und dem Umfang ihrer Tätigkeit nicht aus, um eine allgemeine präventive Überwachung durchzuführen. Die Ordnungsbehörden bilden im wesentlichen eine Schreibtischverwaltung, die die tatsächlichen Vorgänge nur aus einer gewissen Distanz heraus verfolgen kann. Zum sofortigen Eingreifen in dringenden Fällen ist praktisch nur die Polizei imstande. Deshalb hat man überall der Polizei die Befugnis eingeräumt, auch im Tätigkeitsbereich der Ordnungsbehörden die notwendigen „unaufschiebbaren Maßnahmen" bei akuter Gefahr zu treffen (sog. Recht des ersten Zugriffs)284. Dabei handelt es sich, wie die Gesetze vielfach ausdrücklich betonen, um eine eigene Zustän-
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Überblick über den Aufbau der Ordnungsverwaltung bei Rasch, DVB1. 1977,144ff. S. die Zuständigkeitskataloge in § 46 II bad.-württ. PG (sog. Polizeivollzugsdienst); § 4 berl. ASOG; § 58 I brem. PG (sog. Polizeivollzugsdienst); § 62 I 1 hess. SOG; § 2 II und III nieders. SOG in Verb, mit der ZuständigkeitsVO vom 27. August 1973 (GVB1. S. 298); §§ 16,17 nordrh.-westf. PolG; §§ 4 - 7 schlesw.-holst. POG. So ausdrücklich z. B. § 46 I bad.-württ. PG; § 1 III 1 hess. SOG; § 166 I schlesw.-holst. LVwG. Z. B. § 51 nieders. SOG; in Nordrhein-Westfalen heißen sie „Dienstkräfte", § 13 nordrh.-westf. OBG. § 2 I bad.-württ. PG; § 4 I 1 berl. ASOG; §§ 1 II 1; 62 I 2 hess. SOG; § 2 II 1 nieders. SOG; § 2 nordrh.-westf. OBG, § 15 I nordrh.-westf. PolG; § 168 I 2 schlesw.-holst. LVwG.
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digkeit der Polizei 285 . Das Recht des ersten Zugriffs gehört also zum Bereich des formellen Polizeibegriffs. Die Notzuständigkeit wirkt so lange, bis die Ordnungsbehörde, die sofort zu unterrichten ist, selbst eingreifen kann. cc) Hilfszuständigkeiten der Polizei: Die Polizei ist allgemeines Überwachungsorgan. Sie hat die Ordnungsbehörden von allen Vorgängen und Zuständen zu unterrichten, die deren Eingreifen erforderlich erscheinen lassen 286 . Außerdem fungiert sie als Vollzugsorgan281. In dieser Eigenschaft leistet sie den Ordnungsbehörden Hilfe beim Vollzug der von ihnen erlassenen Verfügungen. Die sachliche Verantwortung für den Inhalt der betreffenden Maßnahmen liegt bei den Ordnungsbehörden. Gegen sie richten sich die Rechtsmittel. Die Polizei ist nur für die Art und Weise des Vollzugs verantwortlich. b) Organisation der Polizei: Der organisatorische Aufbau der Polizei bietet in den verschiedenen Bundesländern ein sehr buntes Bild. Es ergeben sich aber immerhin eine Reihe von Gemeinsamkeiten oder Ähnlichkeiten. aa) Arten der Polizeibehörden: In den meisten Ländern unterscheidet man die Vollzugspolizei von den eigentlichen Polizeibehörden2**. Die Vollzugspolizei besteht aus den uniformierten Beamten, die für den laufenden Einsatz durch Einzelakte zur Verfügung stehen. Das organisatorische Verhältnis der Vollzugspolizei zu den Polizeibehörden wechselt. Teilweise bildet die Vollzugspolizei eine selbständige Behörde neben den Polizeibehörden 289 , teilweise ist sie diesen als unselbständige Untergliederung integriert 290 . Die Zuständigkeitsverteilung im Verhältnis zwischen Polizeibehörden und Vollzugspolizei ist in formaler Hinsicht ähnlich ausgestaltet wie zwischen den Ordnungsbehörden und der Polizei als Gesamtheit 2 9 1 . Die Vollzugspolizei hat enumerierte Einzelzuständigkeiten, daneben das Recht des ersten Zugriffs, die Überwachungstätigkeit und die Pflicht zur Vollzugshilfe. Die übrigen polizeilichen Aufgaben liegen bei den Polizeibehörden. Es spricht also - sofern im Einzelfall überhaupt eine polizeiliche, nicht ordnungsbehördliche Aufgabe gegeben ist - eine Vermutung für die Zuständigkeit der Polizeibehörden. 285
Z. B. § 2 II 1 nieders. SOG; § 2 nordrh.-westf. OBG. § 53 III bad.-württ. PG; § 4 1 2 berl. ASOG; § 58 II brem. PG; § 2 Satz 2 hess. SOG; § 2 II 2 nieders. SOG; § 2 S. 2 nordrh.-westf. OBG, § 15 I 3 nordrh.-westf. PoIG; § 166 III 2 schlesw.-holst. LVwG. 287 § 76 I bad.-württ. PG; § 2 II 3 nieders. SOG; § 2 S. 3 nordrh.-westf. OBG; § 16 II nordrh.-westf. PoIG; § 168 I 4, III schlesw.-holst. LVwG; einschränkend dagegen § 44 III 2 hess. SOG. 288 § 45 bad.-württ. PG; §§ 57, 58 brem. PG; §§ 57, 64 hess. SOG; §§ 73, 81 rheinl.-pfälz. PVG; dagegen sind gem. § 165 II schlesw.-holst. LVwG „Polizei i. S. dieses Gesetzes (nur) die Polizeivollzugskräfte"; anders wiederum § 1 IV berl. ASOG: „Polizei i. S. dieses Gesetzes ist der Polizeipräsident in Berlin." 289 So § 56 bad.-württ. PG. 290 So § 69 II brem. PG; §§ 6 5 , 6 6 1 hess. SOG. 291 Charakteristisch §§ 57, 58 brem. PG; vgl. auch § 46 II bad.-württ. PG; §§ 1 II, 44 I und III, 62 hess. SOG; anders dagegen in Schlesw.-Holst. (Anm. 288). 286
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1. Gliederung der Vollzugspolizei: Die Vollzugspolizei ist nach fachlichen Gesichtspunkten in mehrere Zweige untergliedert, insbesondere in Schutzpolizei, Kriminalpolizei, Wasserschutzpolizei und Bereitschaftspolizei 2 9 2 . Bei der Bereitschaftspolizei handelt es sich um eine kasernierte Polizeitruppe 2 9 3 . 2. Gliederung der Polizeibehörden: Sie sind eingeteilt in die allgemeinen (ordentlichen) Polizeibehörden 2 9 4 und die Sonderpolizeibehörden 2 9 5 . Die Sonderpolizeibehörden sind jeweils für ein bestimmtes Fachgebiet zuständig. Ihre Organisation und ihre Aufgaben beruhen auf dem einschlägigen Spezialgesetz. Die allgemeinen Polizeibehörden können im Zuständigkeitsbereich der Sonderpolizeibehörden grundsätzlich nicht tätig werden. Die Zuständigkeit der Sonderpolizeibehörden geht also vor 2 9 6 . Als Sonderpolizeibehörden kommen z. B. in Betracht die Bergämter, die Gesundheitsämter, die Forstämter und die Gewerbeaufsichtsämter. Sie bilden allerdings in den Ländern, die die Polizei- von den Ordnungsbehörden trennen, zumeist nicht Sonderpolizei-, sondern Sonderordnungsbehörden. bb) Staatliche und kommunale Polizei: Die Polizei gehört organisatorisch in der Regel zum unmittelbaren staatlichen Bereich. Verschiedene Gesetze erklären sie ausdrücklich und uneingeschränkt zur „Angelegenheit des Landes" 2 9 7 . Sie wird teils durch staatliche Behörden, teils auch durch Behörden der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften im Wege der Organleihe für den Staat wahrgen o m m e n . Das früher häufigere System einer eigenen kommunalen Polizei in größeren Gemeinden ist zunehmend abgebaut worden. 1. Staatliche Polizei: Die Organisation der staatlichen Polizei folgt in den Ländern keinem einheitlichen Schema. Meistens ergibt sich ein dreistufiger A u f b a u in Landes- (Bezirks-), Kreis- und örtliche Polizeibehörden 2 9 8 . A n der Spitze steht der Innenminister als oberste Instanz. Einige Länder verzichten auf die örtlichen Polizeibehörden, so daß die Behörden auf der Ebene des Stadt- bzw. Landkreises die unterste polizeiliche Instanz bilden 2 9 9 . Man will damit im Interesse der Schlagkraft eine zu weitgehende organisatorische Zersplitterung vermeiden. 292
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Z. B. § 56 bad.-württ. PG; § 67 brem. PG; § 64 hess. SOG; § 81 I rheinl.-pfälz. PVG; §§ 3, 7 schlesw.-holst. POG. Ziff. 1 des Verwaltungsabkommens über die Errichtung von Bereitschaftspolizeien der Länder (bei Ule / Rasch, a. a. O., S. 770); eingehend dazu Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. I, S. 3 2 - 3 4 . § 47 I bad.-württ. PG; § 59 I brem. PG; § 57 hess. SOG; §§ 5 nordrh.-westf. PolG und 3 nordrh.-westf. OBG; § 73 I rheinl.-pfälz. PVG; § 165 I Nr. 1 - 3 schlesw.-holst. LVwG. § 47 II bad.-württ. PG; § 59 II brem. PG; § 63 hess. SOG; § 12 nordrh.-westf. OBG; § 73 II rheinl.-pfälz. PVG; § 165 I Nr. 4 schlesw.-holst. LVwG. Dazu Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. I, S. 68ff., 86 ff. S. § 521 nieders. SOG; § 1 nordrh.-westf. PolG; § 1 schlesw.-holst. POG. S. § 47 I bad.-württ. PG; § 59 brem. PG; § 57 I hess. SOG; §§ 44ff. nieders. SOG; §§ 2ff. nordrh.-westf. PolG und 3 nordrh.-westf. OBG; § 73 I rheinl.-pfälz. PVG; § 5 saarl. VO über die Verstaatlichung der kommunalen Vollzugspolizei v. 15. 11. 1946 (ABl. S. 240); §§ 163,165 schlesw.-holst. LVwG. So § 5 nordrh.-westf. PolG, § 52 II nieders. SOG.
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Landes- bzw. Bezirkspolizeibehörden sind im allgemeinen die Regierungspräsidenten (Bezirksregierungen) 300 . Nur einige Länder qualifizieren auch die Ministerialinstanz als Polizeibehörde 3 0 1 . In den übrigen nimmt sie lediglich Aufsichtsfunktionen wahr. Sie kann also nicht unmittelbar Exekutivmaßnahmen treffen. Soweit auf der Kreisebene die Landräte (Oberkreisdirektoren) als Kreispolizeibehörden fungieren 3 0 2 , werden sie nicht als Selbstverwaltungsorgane, sondern in ihrer Zweitfunktion als untere staatliche Verwaltungsbehörde 3 0 3 tätig. - In den größeren Städten bestehen vielfach Polizeipräsidien, Polizeidirektionen oder Polizeiämter als besondere staatliche Behörden 3 0 4 . Ortliche Polizeibehörden sind, sofern keine besonderen staatlichen Polizeibehörden auf Ortsebene bestehen, die Bürgermeister (Oberbürgermeister) bzw. die Gemeindedirektoren, gegebenenfalls auch die Amtsvorsteher 3 0 3 . Sie werden insoweit kraft gesetzlicher Organleihe unmittelbar für den Staat tätig. Neben den Landes-, Kreis- und Ortspolizeibehörden stehen selbständig eine Reihe zentraler Institutionen der Polizeiverwaltung, insbesondere die Landeskriminalämter 3 0 6 . 2. Kommunale Polizei: Einige Länder kennen eine echte kommunale Polizei, und zwar teils obligatorisch, teils nur fakultativ. In Bayern kann jede Gemeinde eine eigene Polizei mit umfassender örtlicher Zuständigkeit einrichten 307 . BadenWürttemberg und Niedersachsen sehen vor, daß den größeren Städten auf Antrag die Aufgaben des Polizeivollzugsdienstes übertragen werden können (fakultative Kommunalisierung der Polizei) 308 . In diesen Fällen stehen die Polizeibeamten im unmittelbaren Dienst der Gemeinde. Die Gemeinden ihrerseits sind als Träger der Polizeigewalt staatlichen Weisungen unterworfen. c) Organisation der Ordnungsbehörden: Die Ordnungsbehörden und die allgemeinen Verwaltungsbehörden, die Aufgaben der Gefahrenabwehr wahrzunehmen haben, bilden einen integrierenden Bestandteil der „normalen" Verwaltungsorganisation. Es war ja gerade der Zweck der „Entpolizeilichung" der betreffenden Sachgebiete, die Sonderstellung der Polizeibehörden zu beseitigen (s. oben Abschnitt I. 5). Infolgedessen gelten hier die gewöhnlichen Grundsätze der Verwaltungsorganisation. 300
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§§ 48 II bad.-württ. PG; 57 I Nr. 2 hess. SOG; § 52 II Buchst, c nieders. SOG; § 7 nordrh.-westf. PolG. § 4 8 1 bad.-württ. PG; § 5 7 1 Nr. 1 hess. SOG. § 48 III bad.-württ. PG i. Verb, mit § 141 bad.-württ. LVG; § 5 7 1 Nr. 3 hess. SOG; § 6 1 Nr. 1 nordrh.-westf. PolG; § 44 nieders. SOG i. Verb. m. § 57 I Nr. 3 nieders. LKO v. 7. Januar 1974; § 74 II rheinl.-pfälz. PVG; § 1651 Nr. 2 schlesw.-holst. LVwG. Dazu s. in diesem Band von Unruh,GemeindeR, Abschn. II 3d. Z. B. § 53 I nieders. SOG; § 6 1 Nr. 2 nordrh.-westf. PolG; § 75 I Buchst, a rheinl.-pfälz. PVG. § 4 8 I V bad.-württ. PG; § 5 7 1 Nr. 4 hess. SOG; § 34 II, III saarl. LVG. Z. B. §§ 5 , 1 9 nordrh.-westf. PolG; § 70 hess. SOG; § 56 Nr. 1 bad.-württ. PG. Art. 5 bay. GemPolG vom 24. Oktober 1974. § 6 9 1 bad.-württ. PG; etwas abweichend § 54 nieders. SOG.
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Untere (örtliche) Ordnungsbehörden sind regelmäßig die Gemeinden als Selbstverwaltungskörperschaften 3 0 9 . Die Kompetenzen werden von ihren nach Gemeindeverfassungsrecht zuständigen Organen 3 1 0 als Pflichtaufgaben nach Weisung 3 1 1 wahrgenommen. Über den örtlichen Ordnungsbehörden stehen die Kreisordnungsbehörden (Landkreise) und die Landesordnungsbehörden (Regierungspräsidenten) 3 1 2 . Die Aufgaben der Gefahrenabwehr sind grundsätzlich von den örtlichen Ordnungsbehörden zu erfüllen 3 1 3 . Jedoch wird dieser Grundsatz für zahlreiche Fälle durch Sonderregelungen durchbrochen 3 1 4 . Auch im Bereich der Ordnungsverwaltung gibt es neben den allgemeinen Ordnungsbehörden verschiedene Sonderordnungsbehörden?15, die jeweils für einzelne Sachgebiete ausschließlich zuständig sind. Soweit die Ordnungsaufgaben auf kommunaler Ebene wahrzunehmen sind, ergeben sich vielfach Verschränkungen zwischen Kommunalverfassungsrecht und Ordnungsrecht. Einzelheiten dazu können hier nicht dargestellt werden 3 1 6 . d) Aufsicht über Polizei- und Ordnungsbehörden: Der Vielfalt der differenzierten Organisationsregelungen sowohl im Bereich der Polizei als auch in dem der Ordnungsbehörden entspricht eine ebenso aufgefächerte Ausgestaltung der Aufsichtsbefugnisse in den einzelnen Bundesländern 3 1 7 . Das Aufsichtsrecht liegt regelmäßig bei den höheren Polizei- und Ordnungsbehörden bis hin zu den Ministerien als letzter Instanz. Die Ministerien sind auch dort Aufsichtsorgane, wo sie nicht selbst die Stellung einer Polizei- bzw. Ordnungsbehörde haben 3 1 8 . Die Aufsicht gliedert sich in die allgemeine Dienstaufsicht und die auf den konkreten Tätigkeitsbereich bezogene Fachaufsicht. Die Dienstaufsicht ressortiert zum Innenminister, die Fachaufsicht zum jeweils zuständigen Fachminister 319 .
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§§ 1 III 2,55 I hess. SOG; §§ 4 4 , 4 6 II nieders. SOG; § 3 1 nordrh.-westf. OBG. Zur Maßgeblichkeit des Kommunalverfassungsrechts für die innerkörperschaftliche Organzuständigkeit der Ordnungsbehörden s. OVG Münster DVB1. 1970,550ff.
S. von Unruh, a. a. O., Abschn. 14 c, cc. §§ 1 III, 55 hess. SOG; §§ 4 4 , 4 6 I nieders. SOG; § 3 I u. II nordrh.-westf. OBG. S. insb. § 5 I nordrh.-westf. OBG; § 46 II nieders. SOG; dagegen stellt § 1 III 2 hess. SOG Gemeinden und Kreise als Ordnungsbehörden 1. Instanz nebeneinander. Dazu § 4 6 1 nieders. SOG; § 5 II nordrh.-westf. OBG. Z. B. § 12 nordrh.-westf. OBG; vgl. im übrigen die Nachweise in Anm. 295. S. als Beispiele § 4 5 1 nieders. SOG; § 11 nordrh.-westf. OBG. S. §§ 4 9 - 5 0 bad.-württ. PG; § 6 berl. ASOG; §§ 6 5 - 6 6 brem. PG; §§ 5 8 - 5 9 hess. SOG; § § 4 7 - 4 8 nieders. SOG; § § 9 - 1 0 nordrh.-westf. PolG und § 7 nordrh.-westf. OBG; §§ 79, 80rheinl.-pfälz. PVG; §§ 1 4 - 1 8 schlesw.-holst. LVwG. Wie in Nordrhein-Westfalen: s. §§ 5, 9 , 1 0 nordrh.-westf. PolG; §§ 3 , 7 III nordrh.-westf. OBG. Z. B. §§ 49, 50 bad.-württ. PG; § 6 1 berl. ASOG; § 591, II hess. SOG; § 481, II nieders. SOG; §§ 9 , 1 0 nordrh.-westf. PolG.
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Die Aufsichtsbehörden besitzen ein umfassendes Informationsrecht320. Sie können Weisungen erteilen, denen die untergeordneten Behörden Folge zu leisten haben 3 2 1 . Die Weisungen können entweder als allgemeine Weisungen oder als besondere Weisungen für den Einzelfall ergehen. Sie können sich auf die Rechtmäßigkeit wie auf die bloße Zweckmäßigkeit (Ermessensausübung!) einer Maßnahme beziehen. In einigen Fällen, in denen Aufgaben der Gefahrenabwehr kommunalen Selbst Verwaltungskörperschaften obliegen, sind die Weisungsbefugnisse allerdings eingeschränkt. So kann nach § 9 II nordrh.-westf. O B G die Aufsichtsinstanz durch Einzelweisung nur dann in das Ermessen der örtlichen Ordnungsbehörde eingreifen, wenn deren Verhalten zur Gefahrenabwehr nicht geeignet erscheint oder wenn es überörtliche Interessen verletzt. Als äußerstes Mittel steht der Aufsichtsbehörde vielfach das Recht zum Selbsteintritt, also zur eigenen Durchführung der notwendigen Maßnahme anstelle der an sich zuständigen Behörde und auf deren Kosten, zu 322 . e) Zuständigkeitsordnung: Bei den Polizei- wie bei den Ordnungsbehörden besteht in den einzelnen Ländern jeweils eine Zuständigkeitsordnung, die den Tätigkeitsbereich der Behörden sowohl in räumlicher Hinsicht als auch instanziell im Verhältnis zwischen Behörden verschiedener Stufen abgrenzt. Grundsätzlich ist diese Zuständigkeitsordnung starr. Jede Behörde ist auf den ihr zugewiesenen Bereich beschränkt. Der Gesetzgeber hat jedoch die Regelzuständigkeiten im Interesse einer effektiven Gefahrenabwehr durch ein System von außerordentlichen Zuständigkeiten ergänzt. Dadurch soll gewährleistet werden, daß eine an sich mögliche Gefahrenabwehr im Einzelfall nicht an Zuständigkeitsgrenzen zu scheitern braucht. aa) örtliche Zuständigkeit: Die örtliche Zuständigkeit entscheidet darüber, welche von mehreren gleichartigen und gleichrangigen Behörden mit unterschiedlichem räumlichen Bezirk in einem konkreten Fall einzugreifen hat. 1. Regelzuständigkeit: Die örtliche Zuständigkeit der Polizei- und Ordnungsbehörden beschränkt sich fast stets auf ein bestimmtes Gebiet, den sog. Polizeibezirk. Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk die in Betracht kommende Aufgabe wahrzunehmen ist 323 , wo also die abzuwehrende Gefahr oder die zu beseitigende Störung auftritt („wo die polizeilich zu schützenden Interessen verletzt oder gefährdet werden"). Unerheblich sind demgegenüber der Wohnsitz oder Aufenthalt des Störers sowie der Ort, an dem Ursachen für die Störung gesetzt worden 320
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§ 51 III bad.-württ. PG; § 7 II Nr. 1 berl. ASOG; § 66 III brem. PG; § 60 II hess. SOG; § 8 nordrh.-westf. OBG. § 51 I bad.-württ. PG; § 7 II Nr. 2 berl. ASOG; § 66 I brem. PG; § 60 I hess. SOG; § 9 nordrh.-westf. OBG. § 51 II bad.-württ. PG; § 7 II Nr. 3 berl. ASOG; § 66 II brem. PG; § 61 I hess. SOG; § 10 nordrh.-westf. OBG. - Ohne besondere gesetzliche Zulassung ist der Selbsteintritt nicht zulässig; vgl. OVG Berlin NJW 1977,1166 f. (1167). § 54 I bad.-württ. PG; § 63 I brem. PG; §§ 7 5 - 7 6 hess. SOG; § 12 I 2 nordrh.-westf. PolG; § 4 1 nordrh.-westf. OBG; § 77 rheinl.-pfälz. PVG; § 167 I schlesw.-holst. LVwG.
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sind. Gehen von einem Grundstück Gefahren aus, dann kann nur die Polizei einschreiten, in deren Bezirk das Grundstück belegen ist. Auf den Wohnsitz des Eigentümers (als Zuslandsstörer) kommt es nicht an. Einige Länder haben den Beamten der staatlichen Vollzugspolizei eine umfassende örtliche Zuständigkeit für das gesamte Landesgebiet verliehen 324 . 2. Außerordentliche Zuständigkeiten: Außerordentliche Zuständigkeiten können entweder genereller Natur sein oder nur im konkreten Einzelfall eingreifen. Eine generelle Regelung ist in Fällen zulässig, in denen eine bestimmte polizeiliche Aufgabe, die in mehreren Dienstbezirken auftritt, zweckmäßig nur einheitlich wahrgenommen werden kann (Überwachung eines gefährlichen Unternehmens, dessen Betriebsgelände die Bezirksgrenzen überschreitet). Hier kann die übergeordnete Instanz eine der beteiligten Polizei- bzw. Ordnungsbehörden für allein zuständig erklären 3 2 5 . Der Zuständigkeitsbereich dieser Behörde wird damit, abweichend von der gesetzlichen Regelung, ausgedehnt; derjenige der anderen wird beschränkt. Außerordentliche Zuständigkeiten im Einzelfall kommen in Betracht bei der polizeilichen Nachbarhilfe und bei der Nacheile. Es geht hier darum, die zwangsläufige Einbuße an polizeilicher Effektivität, die sich aus den örtlichen Zuständigkeitsgrenzen ergibt, nach Möglichkeit auszugleichen 326 . Nachbarhilfe bedeutet Tätigkeit einer Polizeibehörde oder eines Vollzugsbeamten in einem benachbarten Bezirk bei Gefahr im Verzug. Sie setzt stets voraus, daß die an sich örtlich zuständige Behörde nicht rechtzeitig eingreifen kann. Einige Länder lassen die Nachbarhilfe nur unter der Voraussetzung zu, daß sie mit einer Maßnahme der Gefahrenabwehr im eigenen Bezirk zusammenhängt und zu deren Durchführung erforderlich ist 327 ; andere Länder dagegen gestatten sie generell 328 . Zur Verfolgung strafbarer Handlungen auf frischer Tat, zur unmittelbaren Verhinderung strafbarer Handlungen und zur Verfolgung und Wiederergreifung Entwichener dürfen alle Vollzugsbeamten im Wege der Nacheile auch außerhalb des Bezirks ihrer Behörde Amtshandlungen vornehmen 3 2 9 . Diese Befugnis erstreckt sich auf das gesamte Gebiet des jeweiligen Landes, nicht nur auf die benachbarten Polizeibezirke. Nachbarhilfe und Nacheile können oftmals auch über Landesgrenzen hinweg geboten erscheinen. Da das Polizeirecht der Landeskompetenz untersteht, kann das einzelne Land seine Vollzugsbeamten nicht ermächtigen, im Gebiet eines fremden Landes tätig zu werden. Wohl aber finden sich eine Reihe von landesgesetzlichen Vorschriften, die den Beamten anderer Länder gestatten, unter den 324 325
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Z. B. § 631 bad.-württ. PG. § 55 bad.-württ. PG; § 63 II brem. PG; § 75 II hess. SOG; § 141 nieders. SOG; § 1 2 I V nordrh.-westf. PolG; § 77 III rheinl.-pfälz. PVG; § 167 II schlesw.-holst. LVwG. Dazu Schreiber, Polizei 1971, 200 f. § 141 nieders. SOG; § 12 III nordrh.-westf. PolG. § 75 II hess. SOG; § 64 brem. PG; § 54 II bad.-württ. PG. § 79 II brem. PG; § 76 II Nr. 3 - 4 hess. SOG; § 14 II nieders. SOG; § 13 II nordrh.westf. PolG.
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Voraussetzungen der Nachbarhilfe oder Nacheile Amtshandlungen auf dem eigenen Gebiet vorzunehmen. Diese Handlungen werden materiell-rechtlich so qualifiziert, als seien sie von Beamten des ermächtigenden Landes vorgenommen worden 3 3 0 . bb) Instanzielle Zuständigkeit: Im Regelfall sind die Aufgaben der Gefahrenabwehr von der untersten Instanz (örtliche bzw. bei deren Fehlen Kreisbehörde) wahrzunehmen. Dieser Grundsatz ist in einigen Gesetzen besonders ausgesprochen 3 3 1 . Er gilt aber auch sonst. Eine unmittelbare Zuständigkeit höherer Instanzen kommt nur dort in Betracht, wo sie gesetzlich besonders angeordnet ist 332 . Bei Gefahr im Verzug können die instanziellen Zuständigkeitsgrenzen weitgehend beiseite geschoben werden. Die übergeordneten Behörden werden für diesen Fall in den meisten Gesetzen ermächtigt, selbst die Befugnisse der untergeordneten Stellen auszuüben und umgekehrt (!) 333 . Es kann also im Extremfall eine örtliche Polizeibehörde in die Lage kommen, eine Aufgabe der Ministerialinstanz wahrzunehmen. Die Zuständigkeitsverschiebung erfaßt allerdings in der Regel nur den Erlaß von Verfügungen im Einzelfall, nicht dagegen von Polizeiverordnungen.
2. Rechtsformen des polizeilichen und ordnungsbehördlichen Handelns Das Polizeirecht ist aus rechtsstaatlichen Gründen bereits seit langem durch eine weitgehende Formenstrenge gekennzeichnet. Die einzelnen Tätigkeitsformen sind im Gesetz näher geregelt. Drei Hauptformen sind zu unterscheiden, die im folgenden behandelt werden. a) Polizeiliche und ordnungsbehördliche Verfügungen: Bei den Verfügungen des Polizei- und Ordnungsrechts handelt es sich um hoheitliche Maßnahmen, die zur Regelung eines Einzelfalls erlassen werden, also um Verwaltungsakte im Rechtssinne. Die heute geltenden Gesetze definieren sie im Anschluß an § 40 I preuß. PVG als „Anordnungen der Polizei-(bzw. Ordnungs-)behörden, die an bestimmte Personen oder an einen bestimmten Personenkreis ergehen und ein Gebot oder Verbot oder die Versagung, Einschränkung oder Zurücknahme einer rechtlich vorgesehenen polizeilichen Erlaubnis oder Bescheinigung enthalten" 3 3 4 . Keine Verfügung ist nach dieser gesetzlichen Definition die Erteilung einer polizeilichen oder ordnungsbehördlichen Erlaubnis.
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§ 14 nordrh.-westf. PolG; §§ 65, 66 bad.-württ. PG; § 81 III brem. PG. § 5 I nordrh.-westf. O B G ; § 52 II bad.-württ. P G ; § 62 II 2 hess. SOG. Z. B. § 17 nordrh.-westf. PolG für die Landespolizeibehörden. § 5 3 bad.-württ. PG; § 6 2 I brem. PG; § 6 1 1 hess. S O G ; § 4 9 I, II nieders. S O G ; § 18 I nordrh.-westf. PolG; § 6 1 nordrh.-westf. O B G . § 6 I hess. S O G ; § 2 9 I nieders. S O G ; § 2 0 I nordrh.-westf. O B G ; § 47 I rheinl.pfälz. P V G ; § 4 0 1 saarl. P V G ; § 173 I schlesw.-holst. L V w G ; § 1 0 1 bad.-württ. P G ; Art. 13 I bay P A G .
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Die Abgrenzung der polizeilichen Verfügung von anderen Akten war früher für die Frage des Rechtsschutzes maßgeblich. Unter dem verwaltungsgerichtlichen Enumerationsprinzip, das bis zum 2. Weltkrieg galt, konnten nur die Verwaltungsmaßnahmen gerichtlich angefochten werden, für die ein Gesetz das ausdrücklich zuließ. Eine solche Zulassung bestand im Bereich der Polizei lediglich für die Polizeiverfügungen. Infolgedessen gab es bei den Akten, die nicht als Polizeiverfügung zu qualifizieren waren, keinen Rechtsschutz. Seitdem jeder Verwaltungsakt anfechtbar ist (Art. 19 IV GG, §§ 40, 42 VwGO), hat der Begriff der Verfügung seine frühere zentrale Stellung verloren. Der Rechtsschutz ist nicht mehr davon abhängig, ob eine Verfügung vorliegt. Der Begriff besitzt heute im wesentlichen nur noch systematische Bedeutung und wird allein dadurch noch unmittelbar praktisch relevant, daß die Gesetze für Polizeiund Ordnungsverfügungen gewisse Formerfordernisse aufstellen, die für andere Verwaltungsakte der Polizei- und Ordnungsbehörden nicht gelten 335 . Die Verfügung regelt stets einen konkreten Einzelfall, also eine bestimmte Gefahrensituation. Dadurch unterscheidet sie sich von den polizei- und ordnungsbehördlichen Verordnungen, die generelle Anordnungen für eine unbestimmte Vielzahl von abstrakt im voraus bedachten Fällen treffen (unten Abschnitt III. 2 c). Auf die Zahl der Adressaten kommt es nicht an. Sind zahlreiche Personen an einer einzelnen Gefahrensituation beteiligt, so können sie — sofern ihr Kreis nur objektiv bestimmbar ist — durch eine einheitliche Polizeiverfügung herangezogen werden. Eine an alle Groß- und Einzelhändler eines Bezirks gerichtete, durch den Rundfunk verbreitete Anordnung, wegen Seuchengefahr bis auf weiteres nicht mehr mit Endiviensalat zu handeln, ist als Polizeiverfügung, nicht als Verordnung zu qualifizieren 336 . aa) Selbständige und unselbständige Verfügungen: Je nach der gesetzlichen Grundlage, auf die eine polizeiliche oder ordnungsbehördliche Verfügung sich stützt, müssen wir zwei Gruppen unterscheiden: die selbständigen und die unselbständigen Verfügungen. 1. Selbständige Verfügungen haben ihre Rechtsgrundlage in der Generalklausel (oben Abschnitt II. 1). Sie sind nur dann zulässig und rechtmäßig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, um eine tatsächlich vorhandene konkrete Gefahr abzuwehren bzw. eine konkrete Störung zu beseitigen 337 . Es müssen also konkrete Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, daß gerade in diesem Einzelfall der Eintritt der Gefahr zu gewärtigen ist 338 .
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Zur heutigen Bedeutung des Instituts der polizeilichen bzw. ordnungsbehördlichen Verfügung s. OVG Münster DVB1. 1959, 478 ff. (481); eingehend Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. I, S. 106 ff. BVerwG E 12, 87 (89); weiterer charakteristischer Fall: OVG Lüneburg OVG E 6, 265 (267-68). § 30 nieders. SOG; § 4 8 1 rheinl.-pfälz. PVG; § 173 I schlesw.-holst. LVwG. OVG Lüneburg OVG E 10, 341 (343); zur Abgrenzung von abstrakter und konkreter Gefahrs. BVerwG NJW 1970,1890ff. (1892).
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Dagegen wäre es unzulässig, eine selbständige Verfügung lediglich auf die abstrakte Annahme zu stützen, daß gewisse Vorgänge und Zustände typischerweise Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung mit sich bringen. 2. Unselbständige Verfügungen ergehen dagegen nicht auf der Grundlage der Generalklausel, sondern auf Grund einer besonderen Rechtsvorschrift, sei es eines förmlichen Gesetzes oder sei es einer Rechtsverordnung (insbesondere einer polizeilichen oder ordnungsbehördlichen Verordnung, unten Abschnitt III. 2 c). Sie sind rechtmäßig, wenn die zugrundeliegende Rechtsvorschrift ihrerseits gültig ist (vor allem nicht der Verfassung zuwiderläuft und - bei Verordnungen - im Einklang mit dem ermächtigenden Gesetz steht) und wenn ihr Tatbestand im Einzelfall erfüllt ist. Die Gesetze und Verordnungen, die die Polizei zum Einschreiten in bestimmten Fällen ermächtigen, bewerten ihrerseits die jeweils geregelten Situationen als abstrakt gefährlich. Dabei müssen sie notwendig generalisieren. Es kann deshalb vorkommen, daß in einem einzelnen Anwendungsfall in Wahrheit gar keine Gefahr vorliegt. Das Fehlen einer konkreten Gefahr ändert aber nichts an der Rechtmäßigkeit der unselbständigen Verfügung. Der Polizeipflichtige kann die Verfügung nicht mit dem Nachweis zu Fall bringen, daß bei ihm keine Gefahr gegeben sei 339 . Neuerdings hat man gelegentlich behauptet, die Zulässigkeit unselbständiger Verfügungen trotz Fehlens einer konkreten Gefahr verletze das Rechtsstaatsprinzip 340 . Dabei wird aber das Wesen jeglicher Gesetzesanwendung verkannt. Wenn der Tatbestand des Gesetzes gegeben ist, kann es angewandt werden, ohne daß die gesetzgeberische Motivation noch einmal auf den Einzelfall projiziert zu werden braucht. - Den rechtsstaatlichen Bedenken muß vielmehr bereits beim Erlaß der betreffenden Gesetze oder Verordnungen Rechnung getragen werden. Sie dürfen die Handlungsfreiheit der Bürger nicht stärker beschränken, als das durch legitime öffentliche Interessen geboten ist 341 und müssen gegebenenfalls für besondere Fallgestaltungen Ausnahmeregelungen vorsehen (Prinzip der Verhältnismäßigkeit). Soweit die Gesetze und Verordnungen aber den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechen und gültig sind, ist ihre Anwendung im Einzelfall zulässig. bb) Form der Verfügungen: Die meisten Polizei- und Ordnungsbehördengesetze sehen nach dem Vorbild des § 44 I S. 1 preuß. PVG vor, daß Verfügungen mündlich, schriftlich oder durch Zeichen erlassen werden können 3 4 2 . Es besteht also 339 p r o V G 99, 217; OVG Lüneburg OVG E 12, 450 (451); OVG Münster OVG E 13, 280 (282); OVG Berlin DVB1. 1966, 907; Schröter, DVB1. 1957, 415 ff.; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. I, S. 180ff. 340
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v. Köhler, D Ö V 1956, 744ff. ( 7 4 7 - 4 8 ) ; ders., DVB1. 1957, 73ff.; Dürig, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, Rdnr. 81 d, cc zu Art. 21 GG (Fußn. 3). S.BVerfGE 20,150(155). Art. 13 II bayPAG; § 37 II brem. VwVfG; § 6 S. 1 hamb. SOG; § 7 S. 2 hess. SOG; § 33 I nieders. SOG; § 22 II nordrh.-westf. PolG; § 51 I S. 1 rheinl.-pfälz. PVG; § 44 I S. 1 saarl. PVG; § 108 II S. 1 schlesw.-holst. LVwG.
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weitgehende Formfreiheit*43. Auf jeden Fall aber muß die Verfügung dem Adressaten zur Kenntnis gelangen. Solange sie ihm nicht zugegangen ist (er z. B. das Zeichen nicht gesehen hat), erlangt sie keine rechtliche Wirksamkeit. Der Begriff der Zeichen ist weit zu fassen. Er umfaßt sowohl die typisierten Zeichen eines Verkehrspolizisten wie auch sonstige konkludente Handlungen jeder Art. Schriftliche Verfügungen sind bei ihrem Erlaß schriftlich zu begründen 3 4 4 . In einigen Gesetzen ist der schriftliche Erlaß als regelmäßige Form vorgeschrieben. So dürfen in Nordrh.-Westf. Ordnungsverfügungen außer bei Gefahr im Verzug nur schriftlich erlassen werden 3 4 5 . Auch wo derartige Vorschriften nicht bestehen, wird man aus rechtsstaatlichen Gründen verlangen müssen, daß im Regelfall die Schriftform gewählt wird. Nur sie gewährleistet die notwendige Rechtsklarheit und gibt eine sichere Grundlage für ein etwaiges Rechtsmittelverfahren ab. Lediglich bei Gefahr im Verzug sowie in Fällen, in denen es sich um vorübergehende, wenig einschneidende Maßnahmen handelt (Verkehrsregelung), genügt die formlose Bekanntgabe der Verfügung. Vielfach ist vorgeschrieben, daß schriftlichen Verfügungen eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt werden muß 3 4 6 . Ein Verstoß hiergegen hat aber nur die Rechtsfolge des § 58 V w G O ; er macht die Verfügung nicht rechtswidrig. cc) Unmittelbare Ausführung: § 44 S. 2 preuß. PVG stellt die „unmittelbare Ausführung einer polizeilichen Maßnahme" dem Erlaß einer Verfügung rechtlich gleich — mit der Folge, daß gegen sie die Rechtsmittel eingelegt werden können, die gegen eine entsprechende Verfügung gegeben wären, und daß ihre Rechtmäßigkeit sich nach den Maßstäben für die Rechtmäßigkeit der Verfügung bestimmt. Bei der unmittelbaren Ausführung wird der Erlaß der Verfügung fingiert. Verfügung, Androhung des Zwangsmittels und Ausführung des Zwangs 3 4 7 fallen in einem Akt zusammen 3 4 8 . Soweit heute ausdrückliche Regelungen in den Polizeigesetzen fehlen, kommen als Grundlage des Vollzugs ohne vorausgegangenen Verwaltungsakt die einschlägigen Bestimmungen der Verwaltungsvollstreckungsgesetze in Betracht 3 4 9 . Eine der Gefahrenabwehr dienende Realhandlung der Polizeibehörde läßt sich allerdings nur dann als Verwaltungsakt i. S. einer unmittelbaren Ausführung ansehen, wenn sie erkennbar auf einen bestimmten Adressaten
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Vgl. auch OVG Lüneburg DVB1. 1977, 832ff. (833): Bekanntgabe einer Polizeiverfügung über Lautsprecher. § 7 hess. SOG; § 33 II nieders. SOG; § 22 I nordrh.-westf. PolG in Verb, mit § 20 III nordrh.-westf. OBG; § 51 II 1 rheinl.-pfälz. PVG; § 44 II saarl. PVG; § 109 I schlesw.holst. LVwG; § 391 bad.-württ. VwVfG; § 3 9 1 1 brem. VwVfG. 345 § 201 nordrh.-westf. OBG. 346 Z. B. § 20 III nordrh.-westf. OBG; § 33 II nieders. SOG. 347 Zu den Zwangsmitteln s. unten Abschnitt III. 3. 348 P r O V G 9 5 ) m ( 1 1 8 ) . o v G Münster OVG E 11, 68 (72); OVG HamburgDVBl. 1957, 867 ff. (868); OVG Lüneburg DVB1. 1977, 832 ff. (834). 349 Z. B. § 55 II nordrh.-westf. VwVG; dazu OVG Münster DVB1. 1975, 588f. (Abschleppen eines störenden PKW im Wege der unmittelbaren Ausführung).
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bezogen ist. Ist sie dagegen adressatneutral, dann kommt erst die nachfolgende Inanspruchnahme eines konkreten Störers wegen der entstandenen Kosten als Polizeiverfügung in Betracht 3 5 0 . Die genannte Vorschrift regelt lediglich die Rechtswirkungen der unmittelbaren Ausführung. Sie bestimmt dagegen nicht, unter welchen Voraussetzungen sie zunächst überhaupt einmal zulässig ist. Diese Lücke wird durch einige der neueren Polizei- und Ordnungsbehördengesetze ausgefüllt. Danach kann die Ausführung erfolgen, wenn ein Polizeipflichtiger 351 nicht vorhanden ist, nicht oder nicht rechtzeitig ermittelt werden kann oder wenn die Gefahr bzw. die Störung aus anderen Gründen ohne die unmittelbare Ausführung nicht oder nicht rechtzeitig beseitigt werden könnte 3 5 2 . Es muß sich also (abgesehen vom Sonderfall des Fehlens eines Störers) um unmittelbare, akute Gefahren handeln, bei denen der Polizei kein anderer Weg bleibt. Läßt sich der Gefahr auch mit einer Verfügung gegen den Störer begegnen, dann ist die unmittelbare Ausführung unzulässig. Sie bildet (insoweit vergleichbar mit der Heranziehung von Nichtstörern, oben Abschnitt II. 3 a) die ultima ratio. Diese einschränkenden Voraussetzungen gelten auch dort, wo sie nicht ausdrücklich normiert sind 353 . Mittel der unmittelbaren Ausführung sind die Ersatzvornahme und der unmittelbare Zwang 3 5 4 . dd) Erfordernisse der Rechtmäßigkeit der Verfügungen: Die Rechtmäßigkeit einer polizeilichen oder ordnungsbehördlichen Verfügung setzt im Regelfall voraus 355 : 1. Zuständigkeit der erlassenden Behörde (oben Abschnitt III. 1); 2. Beachtung der jeweils vorgeschriebenen Form- und Verfahrensvorschriften (s. oben unter III. 2 a, bb u. cc); 3. Einhaltung der Grenzen des ermächtigenden Gesetzes: entweder einer Spezialvorschrift oder der Generalklausel (zur Anwendung der letzteren s. oben Abschnitt II. 1 e, cc). — Dazu gehört die ordnungsmäßige Ausübung des Ermessens. Polizei- und Ordnungsverfügungen dürfen nur zum Zwecke der Gefahrenabwehr erlassen werden. Sie dürfen auch nicht lediglich dazu dienen, der Polizei die Aufsicht zu erleichtern 3 5 6 . Eine außerpolizeiliche Motivation (eine formell berech-
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Dazu überzeugend OVG Münster DVB1. 1973,924ff. (925). Oben Abschnitt II. 2. S. § 174 I schlesw.-holst. LVwG; § 8 I 1 bad.-württ. PG; § 34 I 2 nieders. SOG; § 55 II nordrh.-westf. VwVG; § 121 berl. ASOG. OVG Münster OVG E 7, 27 (LS 1, 32f.); VGH Kassel VerwRspr. 5, 447 (453 f.); OVG Hamburg DVB1. 1957, 867ff. (868f.). OVG Münster OVG E 7 , 2 7 (LS 2, 29f£.); § 174 I schlesw.-holst. LVwG. Vgl. auch Schwerdtfeger, JuS 1969,570. §§ 41 III i. Verb, mit 31 I preuß. PVG; § 29 I 2 brem. PG (ausdrücklich nur für PolVO'en); § 39 I hess. SOG (ebenso); §§ 30 III i. Verb, mit 20 I nieders. SOG; § 20 II S. 2 nordrh.-westf. OBG; §§ 48 III i. Verb, mit 3 6 1 rheinl.-pfälz. PVG; §§ 173 II i. Verb, m. 58 IV schlesw.-holst. LVwG.
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tigte Polizeiverfügung gegen einen Grundstückseigentümer ergeht lediglich, um ihn zur Veräußerung seines Grundstücks zu veranlassen) macht die Verfügung rechtswidrig; 4. Inanspruchnahme des Störers (oben Abschnitt II. 2) oder Vorliegen eines polizeilichen Notstandes (oben Abschnitt II. 3); 5. Anordnung einer Maßnahme, die zur Beseitigung der Gefahr erforderlich ist, die dem in Anspruch genommenen Bürger nichts rechtlich Verbotenes oder tatsächlich Unmögliches zumutet und die den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt (s. oben Abschnitt II. 1 e, bb); 6. Bestimmtheit der Anordnung 3 5 7 . Der Betroffene muß eindeutig erkennen können, was von ihm verlangt wird. Die Bestimmtheit ist auch deshalb notwendig, weil andernfalls die Verfügung nicht ordnungsgemäß im Zwangswege vollzogen werden könnte. b) Polizeiliche und ordnungsbehördliche Erlaubnisse: Für zahlreiche Verhaltensweisen bedarf der Bürger einer Erlaubnis der Polizei- oder Ordnungsbehörde. Der Erlaubniszwang kann nur generell durch ein Gesetz im materiellen Sinne (einschließlich einer Polizeiverordnung 358 , unten Abschnitt III. 2c), nicht dagegen im Einzelfall durch eine Polizei- oder Ordnungsverfügung eingeführt werden. Insofern spricht § 40 I preuß. PVG zutreffend von einer „rechtlich vorgesehenen" Erlaubnis. Die wichtigsten Anwendungsfälle des Instituts der polizeilichen und ordnungsbehördlichen Erlaubnis finden sich im Tätigkeitsbereich der Sonderpolizei- und Sonderordnungsbehörden, z. B. im Bau- und Gewerberecht. aa) Arten der Erlaubnis359: 1. Freie und gebundene Erlaubnis: Eine freie Erlaubnis liegt vor, wenn die Erteilung vom Gesetzgeber in das pflichtgemäße Ermessen der zuständigen Behörde gestellt worden ist 360 . Sie darf versagt werden, sofern das durch legitime öffentliche Interessen, insbesondere durch Belange der Gefahrenabwehr, gerechtfertigt wird. Die gebundene Erlaubnis muß dem Antragsteller dagegen bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen stets erteilt werden 361 . Er besitzt darauf einen Rechtsanspruch. 2. Erlaubnis, Ausnahmebewilligung, Befreiung: Eine Erlaubnispflicht wird zumeist nicht eingeführt, weil die betreffende Verhaltensweise im Regelfall unterdrückt werden soll. Vielmehr will der Gesetzgeber lediglich der Polizei- oder Ordnungsbehörde die Möglichkeit verschaffen, in einem Erlaubnisverfahren zu 357
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§§ 41 III i. Verb. m. 31 II S. 1 preuß. PVG; Art. 13 I S. 1 bayPAG; § 29 I S. 1 brem. PG (ausdrücklich nur für PolVO'en); § 7 S. 1 hess. SOG; §§ 30 III i. Verb. m. 20 II S. 1 nieders. SOG; § 20 II S. 1 nordrh.-westf. OBG; §§ 48 III i. Verb, mit 36 II 1 rheinl.pfälz. PVG; § 1081 schlesw.-holst. LVwG. Zum Problem der Einführung einer Erlaubnispflicht durch Polizeiverordnung s. Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. I, S. 2 3 3 - 2 3 4 . Zum folgenden: Herbert Krüger, D Ö V 1958, 673ff.; Friauf, JuS 1962,422ff.; Mussgnug, Der Dispens von gesetzlichen Vorschriften, 1964; Wolff / Bachof, VwR I, § 48 II. S. z. B. § 2 3 1 S . 2 nordrh.-westf. OBG. S. z. B. § 2 3 1 S . 1 nordrh.-westf. OBG.
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prüfen, ob sich in concreto Gefahren ergeben können. Das zunächst ausgesprochene Verbot hat lediglich vorbeugenden (präventiven) Charakter. Die Erlaubnismöglichkeit ist ihm von vornherein zugeordnet. Man spricht deshalb von einem „ Verbot mit Erlaubnisvorbehalt". Ergibt die Prüfung im Einzelfall, daß das beabsichtigte Vorhaben ungefährlich ist, dann erteilt die Behörde die Erlaubnis und stellt damit die ursprüngliche Freiheit des Bürgers wieder her. Typisch für eine derartige Polizeierlaubnis ist die in den landesrechtlichen Bauordnungen vorgesehene Bauerlaubnis362: Es besteht im Rahmen des materiellen Baurechts Baufreiheit. Für jedes Bauvorhaben ist aber eine Erlaubnis einzuholen, damit das Bauamt (eine Sonderordnungsbehörde) vor Beginn der Ausführung prüfen kann, ob das Vorhaben den Bestimmungen des materiellen Baurechts entspricht. Ist das der Fall, dann muß die Bauerlaubnis erteilt werden (gebundene Erlaubnis) 3 6 3 . Anders gestaltet sich die Situation dagegen bei der Ausnahmebewilligung und der Befreiung. Hier liegen echte (repressive) Verbote vor, mit denen die in Betracht kommende Verhaltensweise als rechtswidrig qualifiziert und grundsätzlich unterdrückt wird. Die Mannigfaltigkeit der Lebensverhältnisse führt aber bisweilen dazu, daß die unbedingte Durchsetzung eines Verbots dem öffentlichen Interesse im Einzelfall mehr schaden als nützen würde. Um solchen atypischen Situationen Rechnung zu tragen, ermächtigt der Gesetzgeber die Exekutive, Ausnahmen von dem gesetzlichen Verbot zu bewilligen und Befreiungen zu erteilen. Ausnahmebewilligungen sind in den in Betracht kommenden gesetzlichen Vorschriften im einzelnen tatbestandsmäßig vorgesehen. Sie können erteilt werden, wenn der jeweilige Ausnahmetatbestand erfüllt ist. Auch hier bietet das Baurecht die bedeutsamsten Anwendungsfälle 3 6 4 . Die Befreiung schließlich beruht auf einer Generalermächtigung in dem jeweiligen Gesetz. Sie ist regelmäßig an stark erschwerte Voraussetzungen geknüpft. So darf eine baurechtliche Befreiung (sog. Dispens) nur erteilt werden, wenn Gründe des allgemeinen Wohls sie erfordern oder wenn die strikte Durchführung der betreffenden Vorschrift im Einzelfall zu einer vom Gesetz „offenbar nicht beabsichtigten Härte" führen würde und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist 365 . Zusätzlich erschwert wird sie durch Mitwirkungsrechte möglicherweise betroffener Dritter, durch Zustimmungsvorbehalte zugunsten übergeordneter Behörden u. a.
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§ 87 bad.-württ. BauO; Art. 82 bay. BauO; § 7 9 I beri. BauO; § 87 I hess. BauO; § 68 nieders. BauO; § 8 0 I nordrh.-westf. BauO; § 91 I rheinl-pfälz. BauO; § 8 4 I schlesw.holst. BauO. Dazu s. in diesem Band: Friauf, Baurecht, Abschn. III. 3 b. § 95 I 1 bad.-württ. BauO; Art. 91 I bay. BauO; § 88 I S. 1 beri. BauO; § 96 I 1 hess. BauO; § 75 nieders. BauO; § 88 I S . 1 nordrh.-westf. BauO; § 9 9 1 1 rheinl.-pfälz. BauO; § 9 2 1 1 schlesw.-holst. BauO. § 31 I B B a u G ; § 9 4 I bad.-württ. BauO; Art. 88 I bayBauO; § 86 I beri. BauO; § 9 4 I hess. BauO; § 85 nieders. BauO; § 86 I nordrh.-westf. BauO; § 98 I rheinl.-pfälz. BauO; § 9 0 1 schlesw.-holst. BauO. § 31 II B B a u G ; § 86 nieders. BauO; § 86 II nordrh.-westf. BauO.
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bb) Nebenbestimmungen zu Erlaubnissen: Nebenbestimmungen - Auflagen, Bedingungen, Befristungen - dürfen einer Erlaubnis stets dann beigefügt werden, wenn die zugrundeliegende Rechtsnorm sie besonders zuläßt. Im übrigen muß unterschieden werden: Hat der Antragsteller einen gesetzlichen Anspruch auf Erteilung (gebundene Erlaubnis), dann sind Nebenbestimmungen unzulässig. Ihre Beifügung würde den Anspruch auf uneingeschränkte Erteilung beeinträchtigen. - Steht die Erteilung der Erlaubnis dagegen im Ermessen der Behörde, so kann sie Nebenbestimmungen insoweit beifügen, wie das im Rahmen pflichtmäßiger Ermessensausübung möglich ist. Die Auflagen usw. müssen in jedem Fall Belangen dienen, zu deren Wahrung die zuständige Behörde befugt ist 366 . cc) Rücknahme und nachträgliche Einschränkung: Mit der Erteilung einer polizeilichen Erlaubnis erlangt der Begünstigte zwar kein subjektiv-öffentliches Recht, aber doch eine relativ geschützte Rechtsposition. Die Landesgesetze lassen eine Rücknahme und eine nachträgliche Einschränkung nur für den Fall zu, daß bestimmte Voraussetzungen gegeben sind. Diese Voraussetzungen stimmen in sämtlichen Bundesländern weitgehend überein 367 : 1. die Erteilung der Erlaubnis war von vornherein und ist noch gegenwärtig rechtswidrig, 2. die Erlaubnis ist auf Grund unrichtiger oder unvollständiger Angaben des Antragstellers erteilt worden, 3. eine nachträgliche Rechtsänderung hat dazu geführt, daß die Erlaubnis jetzt nicht mehr erteilt werden dürfte, und es ist von ihr noch kein Gebrauch gemacht worden, 4. nachträglich sind Tatsachen eingetreten oder bekanntgeworden, die zur Versagung berechtigt haben würden, und der Fortbestand der Erlaubnis würde die von der Polizei- oder Ordnungsbehörde zu schützenden Interessen gefährden, 5. die Erlaubnis ist nur widerruflich erteilt worden oder steht unter einem gesetzlichen Widerrufsvorbehalt und die Rücknahme oder Einschränkung dient Zwecken der Gefahrenabwehr 3 6 8 . Ist einer dieser Tatbestände erfüllt, dann steht die Rücknahme im Ermessen der zuständigen Behörde. Nach § 24 II nordrh.-westf. OBG kann sie nur innerhalb eines Jahres erfolgen, nachdem die Behörde Kennntis von dem Rücknahmegrund erlangt hat. Auch wo derartige Vorschriften fehlen, muß man aus rechtsstaatlichen Gründen annehmen, daß das Rücknahmerecht nur binnen angemessener Frist ausgeübt werden darf 3 6 9 .
366 g 23 II nordrh.-westf. O B G läßt Auflagen, die nicht besonders im Gesetz vorgesehen sind, nur dann zu, wenn ihre Beifügung zur Gefahrenabwehr erforderlich ist. 367 § 48 brem. V w V f G ; § 10 II, III hess. S O G ; § 31 nieders. S O G ; § 2 4 nordrh.-westf. O B G ; § 4 9 rheinl.-pfälz. PVG. 368 Zur Frage eines Entschädigungsanspruchs des Betroffenen bei Ausübung des vorbehaltenen Widerrufs s. B G H DVB1. 1 9 7 1 , 4 5 6 f. 369 Ähnlich auch Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. I, S. 258.
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c) Polizeiliche und ordnungsbehördliche Verordnungen: Bei den polizeilichen und ordnungsbehördlichen Verordnungen handelt es sich um Rechtsnormen, d. h. für eine unbestimmte Zahl von Fällen (abstrakt) an eine unbestimmte Zahl von Personen (generell) gerichtete Gebote oder Verbote, die von einer Polizei- oder Ordnungsbehörde zum Zwecke der Gefahrenabwehr erlassen werden 370 . Durch die Abstraktheit der Regelung unterscheiden sie sich von den Verfügungen, die stets auf einen konkreten Fall bezogen sind 371 . aa) Gesetzliche Grundlage: Wie jede Rechtsverordnung bedürfen auch die polizeiliche und die ordnungsbehördliche Verordnung einer Rechtsgrundlage in Gestalt eines Gesetzes im formellen Sinn. Das Recht zu ihrem Erlaß kann sich entweder aus einer Spezialermächtigung in einem Sondergesetz oder aber aus der Gerneralklausel der Polizei- und Ordnungsbehördengesetze ergeben. Spezialermächtigungen gehen nach dem Grundsatz der Subsidiarität der Generalklausel (oben Abschnitt II. 1 b) stets vor. Sie finden sich in zahllosen bundesund landesrechtlichen Gesetzen. Die jeweilige Verordnung ist gültig, wenn sie sich im Rahmen des ermächtigenden Gesetzes hält und dieses mit der Verfassung in Einklang steht. Fehlt eine Spezialermächtigung, so können Verordnungen grundsätzlich auf die Generalklausel gestützt werden. Nach zutreffender Auffassung 372 genügt die Generalklausel dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot für Verordnungsermächtigungen, das entsprechend Art. 80 I GG auch für landesrechtliche Ermächtigungen gilt - entweder auf Grund ausdrücklicher Bestimmung in den Landesverfassungen 373 oder als allgemeiner rechtsstaatlicher Grundsatz vermittels Art. 28 I S. 1 GG 3 7 4 . Die in ihr enthaltenen Begriffe haben durch jahrzehntelange Rechtsprechung hinreichend scharfe Konturen erhalten. Polizeiliche und ordnungsbehördliche Verordnungen richten sich gegen abstrakte Gefahren, d. h. sie regeln Situationen, die nach der Lebenserfahrung typischerweise gefährlich sind, also im Einzelfall regelmäßig zu konkreten Gefahren zu führen pflegen 375 . Da die Generalklausel ausschließlich zur Gefahrenabwehr ermächtigt, sind sie mangels hinreichender Ermächtigungsgrundlage nichtig, wenn die erlassende Stelle den Sachverhalt zu Unrecht als abstrakt gefährlich angesehen hat 376 . Soweit aber eine abstrakte Gefahr mit Recht angenommen worden ist, können sie in jedem von ihnen geregelten Fall angewandt werden, auch
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S. § 101 bad.-württ. PG; § 33 berl. ASOG; § 25 brem. PG; § 34 hess. SOG; § 15 nieders. SOG; § 27 nordrh.-westf. OBG; § 27 rheinl.-pfälz. PVG. Oben Abschnitt III. 2 a. Wacke, D Ö V 1955, 456ff. (bes. 457ff.); Drews I Wacke 1 Vogel I Martens, Bd. I, S. 269 ff.; OVG Lüneburg OVG E l l , 292 (294); 11, 360 (362); VGH Stuttgart ESVGH 7 , 4 3 (LS 2,46). Z. B. Art. 70 S. 2 nordrh.-westf. Verf. Maunz, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, Rdnr. 19 zu Art. 80 GG. Dazu" OVG Münster OVG E 13, 280 (282); BVerwG NJW 1970, 1890ff. (1892); OLG Karlsruhe DVB1. 1977, 968, VGH Stuttgart VerwRspr. 4, 440 (444).
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wenn feststehen sollte, daß die G e f a h r in einer konkreten Einzelsituation einmal nicht realisiert wird 3 7 7 . bb) Zuständigkeitsfragen: Die Zuständigkeit zum Erlaß von polizeilichen und ordnungsbehördlichen Verordnungen ist in den einzelnen Bundesländern in sehr unterschiedlicher Weise geregelt 3 7 8 . Hier muß jeweils das in Betracht k o m m e n d e Gesetz befragt werden. Ein Verordnungsrecht besitzen sämtliche Stufen der Verwaltungshierarchie, von der Ministerialinstanz bis zur örtlichen Polizei- bzw. Ordnungsbehörde. Verordnungen der Minister müssen vielfach den Landtagen vorgelegt werden, die in einer Reihe von Ländern befugt sind, ihre A u f h e b u n g zu verlangen. Verordnungen auf der örtlichen bzw. der Kreisebene werden in verschiedenen Ländern nicht von der Exekutive erlassen, sondern sind von den Vertretungskörperschaften (Gemeinderat, Kreistag) zu beschließen. In anderen Fällen ist die Exekutive zwar zum Erlaß befugt, bedarf aber der Zustimmung der Vertretungskörperschaft (gelegentlich auch des Kreisausschusses bzw. der Beigeordneten oder eines Polizeibeirats). Schließlich stehen bisweilen auch der Aufsichtsbehörde Mitwirkungsrechte zu. cc) Form der Verordnungen: Die Form, die beim Erlaß von polizeilichen und ordnungsbehördlichen Verordnungen einzuhalten ist, wird demgegenüber von den meisten Landesgesetzen im Anschluß an § 32 preuß. P V G verhältnismäßig einheitlich geregelt 3 7 9 . Gewöhnlich müssen sie ausdrücklich als Polizei-(oder ordnungsbehördliche)Verordnung bezeichnet werden 3 8 0 und eine ihren Inhalt kennzeichnende Überschrift tragen. Sie müssen weiter ihre gesetzliche Grundlage 3 8 1 und ihren räumlichen Geltungsbereich bezeichnen, das D a t u m des Erlasses und die erlassende Behörde angeben und auf die erfolgte Zustimmung, A n h ö r u n g oder sonstige Mitwirkung dritter Stellen bei ihrem Erlaß hinweisen. Damit soll vor allem die Kontrolle ihres gesetzmäßigen Z u s t a n d e k o m m e n s erleichtert werden. Ein Verstoß gegen diese Formvorschriften hat die Nichtigkeit der Verordnung zur Folge.
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S. oben Abschnitt III. 2 a, aa (2). § 13 bad.-württ. PG; § 33 berl. ASOG; §§ 2 6 - 2 7 brem. PG; § 11 hamb. SOG; § 3 5 - 3 8 hess. SOG; §§ 1 6 - 1 8 nieders. SOG; §§ 2 8 - 2 9 nordrh.-westf. OBG; §§ 2 8 - 3 3 rheinl.pfälz. PVG; § 172 schlesw.-holst. LVwG. § 30 brem. PG; § 41 hess. SOG; § 21 nieders. SOG; § 32 nordrh.-westf. OBG; § 37 rheinl.-pfälz. PVG; § 561 schlesw.-holst. LVwG. Bei den ordnungsbehördlichen Verordnungen in Nordrh.-Westf. genügte nach der früheren Fassung des § 33 Buchst, b OBG die Bezeichnung als „Verordnung". Hierdurch ergaben sich im Zusammenwirken mit weiteren landesrechtlichen Besonderheiten erhebliche Schwierigkeiten. S. näher Friesenhahn, in: Loschelder / Salzwedel, Verfassungs- und VerwaltungsR, 1964, S. 161 ff. (188ff.). Die seit 1. Okt. 1969 geltende Fassung (§ 32 Buchst, b OBG) ist demgegenüber der in den anderen Ländern üblichen Regelung angeglichen worden. Die irrtümliche Angabe einer nicht einschlägigen Grundlage macht die VO nichtig; so VGH Mannheim BaWüVBl. 1970, 76 ff.
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D i e Verordnungen sind nach Maßgabe des Landesrechts förmlich b e k a n n i / u machen 3 8 2 .
dd) Räumliche und zeitliche Geltung: In der Regel erstrecken die Verordnungen sich auf den gesamten Zuständigkeitsbereich der Behörden, die sie erlassen haben: Verordnungen der Minister gelten im ganzen Land, der Regierungspräsidenten im Regierungsbezirk usw. Vielfach sehen die Gesetze aber vor, daß der Geltungsbereich einer V e r o r d n u n g im Einzelfall auf einen Gebietsteil beschränkt werden kann, der allerdings größer sein m u ß als der Bezirk der nächstkleineren Verwaltungseinheit 3 8 3 : Minister können Verordnungen für Teile des Landes erlassen, die über das Gebiet eines Regierungsbezirks hinausgehen, Landkreise Verordnungen für mehrere kreisangehörige Gemeinden usw. Diese Begrenzung nach unten hin 3 8 4 soll verhindern, daß die höheren Instanzen in beliebiger Weise die Kompetenzen der lokalen an sich ziehen. D a die G e f a h r e n , die im Verordnungswege b e k ä m p f t werden sollen, oftmals zeit- und situationsgebunden sind, werden zahlreiche polizeiliche und ordnungsbehördliche Verordnungen im L a u f e der Zeit obsolet. Diese Tatsache würde ihrem Fortbestand an sich nicht im Wege stehen; denn das Vorliegen einer zu b e k ä m p fenden G e f a h r ist zwar Voraussetzung für ihren Erlaß, nicht aber permanentes Gültigkeitserfordernis. U m zu verhindern, daß überholte Verordnungen unbeschränkt weiter in Kraft bleiben, sehen die Gesetze regelmäßig 3 8 5 vor, daß jede Verordnung zeitlich befristet werden soll. Die äußersten Fristen betragen 10 3 8 6 , 20 3 8 7 oder 30 3 8 8 Jahre. Verordnungen, die nicht befristet sind, treten in j e d e m Fall nach Ablauf der höchstzulässigen Geltungsdauer außer Kraft. Sollte die betreffende G e f a h r beim Ablauf der Frist noch bestehen, dann kann die V e r o r d n u n g erneut erlassen werden. Es ist auf diese Weise gewährleistet, daß ihre sachliche Berechtigung in periodischen Abständen überprüft wird. Vor Ablauf der ursprünglich bestimmten Geltungsdauer können die V e r o r d nungen von der für ihren Erlaß zuständigen B e h ö r d e aufgehoben werden. Die A u f h e b u n g erfolgt durch eine polizeiliche bzw. ordnungsbehördliche Verordnung, die den allgemeinen Regeln unterliegt 3 8 9 . A u ß e r d e m sind die übergeordneten 382
383
384
385 386 387
388 389
§ 17 bad.-württ. PG i. Verb. m. § 1 der DVO z. PG vom 13. Mai 1969 (GBl. S. 94); §§ 29 II 1, 34 S. 2 brem. PG; §§ 1, 2 nieders. G über die Verkündung und den Zeitpunkt des Inkrafttretens von Verordnungen vom 23. 4. 1955 (GVB1. I S. 80); § 35 nordrh.westf. OBG; § 60 schlesw.-holst. LVwG. §§ 3 6 - 3 7 hess. SOG; §§ 1 6 - 1 8 nieders. SOG; §§ 28 II, 29 II-III nordrh.-westf. OBG; §§ 2 8 - 3 3 rheinl.-pfälz. PVG. In § 13 bad.-württ. PG, § 26 I brem. PG ist sie nicht enthalten. Vgl. auch § 30 I—III rheinl.-pfälz. PVG. Ausnahme: § 18 II bad.-württ. PG, § 32 II brem. PG. § 36 berl. ASOG. § 18 I bad.-württ. PG; Art. 60 bayer. LStVG; § 32 I brem. PG; § 34 I nordrh.-westf. OBG; § 41 rheinl.-pfälz. PVG. § 42 hess. SOG; § 23 nieders. SOG. Allerdings ist die aufhebende VO aus naheliegenden Gründen von der Befristung ausgenommen; s. z. B. § 34 II nordrh.-westf. OBG.
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Polizei- und Ordnungsbehörden befugt, die Verordnungen der unteren im Aufsichtswege außer Kraft zu setzen 390 . ee) Sanktionen: Nach Maßgabe der ermächtigenden Gesetze können die Verordnungen für den Fall des Verstoßes Geldbuße in unterschiedlicher Höhe androhen 391 . 3. Polizeiliche und ordnungsbehördliche Zwangsmittel Zwangsmittel dienen dazu, im Einzelfall ergangene Gebote oder Verbote durchzusetzen. Gegenstand des Zwangs sind also Polizeiverfügungen bzw. ordnungsbehördliche Verfügungen. Dagegen können Verordnungen nicht unmittelbar im Zwangswege durchgesetzt werden. Ein in der Vergangenheit liegender Verstoß gegen sie wird vielmehr durch Verhängung einer Geldbuße geahndet. Um eine bestimmte Person zu zwingen, die Verordnung in Zukunft zu befolgen, muß zunächst eine unselbständige Polizeiverfügung (s. oben Abschnitt III. 2 a, aa) gegen sie ergehen. Erst auf deren Grundlage können dann die gesetzlich vorgesehenen Zwangsmittel angewandt werden. a) Gesetzliche Grundlagen: Auch die Zwangsanwendung unterliegt dem Vorbehalt des Gesetzes. Das bloße Vorhandensein einer wirksamen polizeilichen oder ordnungsbehördlichen Verfügung rechtfertigt für sich noch nicht den Einsatz bestimmter Zwangsmittel. Es muß vielmehr stets eine besondere gesetzliche Grundlage für die Zwangsanwendung gegeben sein, die selbständig neben der gesetzlichen Grundlage für den Erlaß der zu vollziehenden Verfügung steht. Die Polizei- und Ordnungsbehördengesetze der meisten Bundesländer regeln die Zwangsanwendung nicht eigenständig, sondern verweisen ausdrücklich 392 oder konkludent auf die allgemeinen Vorschriften über den Verwaltungszwang, insbesondere auf die dem Landesrecht angehörenden Verwaltungsvollstreckungsgesetze. Lediglich die Polizeigesetze von Hessen, Niedersachsen und RheinlandPfalz enthalten besondere Vorschriften über die zwangsweise Vollziehung von polizeilichen bzw. ordnungsbehördlichen Verfügungen 393 . Auch in diesen Ländern bestehen aber keine grundsätzlichen Unterschiede gegenüber dem Vollzug sonstiger Verwaltungsakte. Es kann deshalb hier auf eine eingehendere Darstellung verzichtet werden. b) Voraussetzungen der Zwangsanwendung: Die zwangsweise Durchsetzung ist nur zulässig 394 , wenn die Verfügung nicht mehr angefochten werden kann, wenn 390
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392 393 394
§ 34 brem. PG; § 16 II bad.-württ. PG; § 27 nieders. SOG; § 38 II nordrh.-westf. OBG; § 45 rheinl.-pfalz. PVG. § 31 brem. PG; § 35 berl. ASOG; § 40 hess. SOG; § 33 nordrh.-westf. OBG; § 38 rheinl.-pfalz. PVG. Die Geldbuße wird nach Maßgabe des (Bundes-)OrdnungswidrigkeitenG verhängt. S. § 321 bad.-württ. PG. §§ 24ff. hess. SOG; §§ 35 ff. nieders. SOG; §§ 52ff. rheinl.-pfalz. PVG. S. § 241 hess. SOG; § 55 I nordrh.-westf. VwVG; § 195 schlesw.-holst. LVwG.
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ihre sofortige Vollziehung angeordnet worden ist oder wenn ein Rechtsmittel auf Grund besonderer gesetzlicher Vorschriften keine aufschiebende Wirkung haben würde. Die letztgenannte Voraussetzung besitzt für den Tätigkeitsbereich der Vollzugspolizei besondere Bedeutung, weil nach § 80 II Nr. 2 VwGO bei „unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten" die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage stets entfällt. Die Zwangsmittel müssen zunächst schriftlich unter Fristsetzung angedroht werden. Nach Fristablauf werden sie durch besonderen Akt festgesetzt und erst danach der Festsetzung gemäß angewandt 3 9 5 . Ist im Einzelfall der sofortige Vollzug einer Maßnahme notwendig, um akuten Gefahren zu begegnen, dann entfallen die genannten Voraussetzungen (unmittelbare Ausführung 3 9 6 ). c) Arten der Zwangsmittel: Die einschlägigen Gesetze kennen drei Zwangsmittel: die Ersatzvornahme, die Verhängung von Zwangsgeld und den unmittelbaren Zwang'91. Ersatzvornahme und Zwangsgeld stehen gleichrangig nebeneinander. Die zuständige Behörde kann im Rahmen ihres Ermessens zwischen beiden wählen. Dabei ist sie allerdings den Geboten der Verhältnismäßigkeit und des geringstmöglichen Eingriffs unterworfen. Ebenso wie sie aus rechtsstaatlichen Gründen überhaupt erst dann Zwang anwenden darf, wenn ihre Aufgaben sich nicht auf andere Weise erfüllen lassen 398 , muß sie bei der Zwangsanwendung selbst so vorgehen und die Mittel so auswählen, daß der Betroffene und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt werden 3 9 9 . Der unmittelbare Zwang gegen den Pflichtigen darf erst in letzter Linie eingesetzt werden, wenn Zwangsgeld und Ersatzvornahme nicht zum Erfolg führen oder wenn sie „untunlich" sind 400 , d. h. unter den besonderen Gegebenheiten des Falls nicht in Betracht kommen. Die Art und Weise, in der der unmittelbare Zwang auszuüben ist, wird in den meisten Ländern durch besondere Gesetze über Ausübung und Grenzen des unmittelbaren Zwangs (UZwG) geregelt 4 0 1 . Diese Gesetze sind auch Grundlage für den Waffengebrauch durch Polizeivollzugsbeamte 4 0 2 .
395 396 397
398 399 400 401
402
Z. B. §§ 6 2 - 6 4 nordrh.-westf. VwVG. S. oben Abschnitt III. 2 a, cc. Z. B. § 25 hess. SOG; § 35 nieders. SOG; § 53 rheinl.-pfälz. PVG; § 58 I nordrh.-westf. VwVG. Vgl. dazu Sommer, BaWüVBl. 1969, 81 ff. und 97 ff. § 24 II hess. SOG. So ausdrücklich z. B. § 58 II nordrh.-westf. VwVG. § 205 schlesw.-holst. LVwG; § 6 1 1 nordrh.-westf. VwVG. §§ 24ff. hess. SOG i. Verb. m. UZwG vom 11. 11. 1950 (GVB1. S. 247); §§ 35 ff. nieders. SOG i. Verb. m. UZwVO vom 15. Nov. 1951 (GVB1. S. 221); nordrh.-westf. UZwG vom 22. Mai 1962 (GVB1. S. 260); rheinl.-pfälz. UZwVO vom 10. April 1954 (GVB1. S. 61); saarl. G Nr. 875 vom 22. Januar 1969 (ABl. S. 125); §§ 194ff. und 225 ff. schlesw.-holst. LVwG i. Verb. m. UZwG vom 24. Juli 1970 (GVB1. S. 178). Dazu s. auch oben Abschnitt II. 4 f.
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IV. Entschädigungs- und Ersatzansprüche im Bereich des Polizei- und Ordnungsrechts Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß die Vorschriften der Polizei- und Ordnungsbehördengesetze über die polizeiliche Verantwortlichkeit bestimmter Personen nicht lediglich Eingriffsmöglichkeiten schaffen sollen, sondern daß sie zugleich dazu dienen, die finanziellen Lasten der Gefahrenabwehr zwischen dem einzelnen und der Gesamtheit der Steuerzahler zu verteilen. Die ungeschriebene Grundregel lautet dabei, daß der jeweilige Störer diese Lasten selbst zu tragen hat, während sie im Verhältnis zu einem Nichtstörer von der Allgemeinheit übernommen werden müssen 403 . Zur Verwirklichung dieser Regel dienen eine Reihe von Ansprüchen 404 . 1. Entschädigungsansprüche eines Bürgers gegen die Verwaltung a) Anspruch des im polizeilichen Notstand in Anspruch genommenen Nichtstörers: Sämtliche Gesetze billigen dem Nichtstörer, der im polizeilichen Notstand rechtmäßig zur Gefahrenabwehr herangezogen worden ist (oben Abschnitt II. 3), einen Anspruch auf angemessene Entschädigung zu 405 . Die Entschädigung ist in Geld zu leisten 406 . Der Anspruch 407 richtet sich in einigen Ländern gegen den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst der Beamte besteht, der die Maßnahme getroffen bzw. sie angeordnet oder um ihre Vornahme ersucht hat. In anderen Ländern dagegen richtet er sich gegen den Träger der Polizeikosten. Der Inanspruchnahme als Nichtstörer muß es rechtlich gleichstehen, wenn ein unbeteiligter Dritter bei Vornahme einer rechtmäßigen polizeilichen Maßnahme geschädigt worden ist 408 . Beispiel: Der von einem Polizeivollzugsbeamten in rechtmäßiger Amtsausübung auf einen flüchtenden Verbrecher abgefeuerte Schuß hat eine Schaufensterscheibe zertrümmert 409 . Der Entschädigungsanspruch des Nichtstörers nach den genannten Vorschriften ist ausgeschlossen 410 bei anderweitiger gesetzlicher Regelung, ferner wenn der
403 404 405
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407 408 409 410
S. oben Abschnitt II. 2. Papier. DVB1. 1975, 567ff. §§ 41 ff. bad.-württ. PG; §§ 37ff. berl. ASOG; §§ 52ff. brem. PG; § 10 III, IV hamb. SOG; §§ 30ff. hess. SOG; §§ 40ff. nieders. SOG; §§ 41 ff. nordrh.-westf. OBG; §§ 67ff. rheinl.-pfälz. PVG; §§ 70ff. saarl. PVG; §§ 188ff. schleswig-holst. LVwG; dazu s. Papier, DVB1.1975,567 ff. (569). BGHZ 7, 96 (100 ff.) mit zust. Anm. Forsthoff; s. auch Drews / Wacke / Vogel / Martens, Bd. I,S. 469 ff. Zum Umfang des Anspruchs s. BGH DVB1. 1976, 714. Teilweise ist das ausdrücklich bestimmt; so § 371 Nr. 2 berl. ASOG. S .Drews! Wacke I Vogel / Martens, Bd. I, S. 465 f.; Weimar, D Ö V 1961,379ff. § 4 1 1 S . 2 II bad.-württ. PG; § 52 II brem. PG; § 30 III hess. SOG; § 4 0 1 nieders. SOG; § 41 II, III nordrh.-westf. OBG; § 67 I 1 rheinl.-pfälz. PVG; § 188 II, III schlesw.-holst. LVwG. Eine flexiblere Regelung bringt § 38 V berl. ASOG.
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Betroffene auf sonstige Weise Ersatz zu erlangen vermag und insbesondere, wenn die schädigende Maßnahme dazu gedient hat, seine Person oder sein Vermögen zu schützen 411 . b) Anspruch bei Rücknahme von polizeilichen Erlaubnissen: Wird eine polizeiliche oder ordnungsbehördliche Erlaubnis zurückgenommen 412 , weil 1. im Falle einer Rechtsänderung Tatsachen vorliegen, die nunmehr eine Versagung rechtfertigen würden, und von ihr noch kein Gebrauch gemacht worden ist, oder 2. nachträglich Tatsachen eingetreten oder bekanntgeworden sind, die eine Versagung gerechtfertigt hätten, und die Rücknahme zur Gefahrenabwehr erforderlich ist, dann kann der Betroffene in gleicher Weise wie ein Nichtstörer Entschädigung beanspruchen 413 . c) Ansprüche bei Schädigung durch rechtswidrige Maßnahmen: Einige neuere Gesetze gewähren ausdrücklich einen Entschädigungsanspruch bei rechtswidriger Inanspruchnahme durch polizeiliche oder ordnungsbehördliche Maßnahmen 4 1 4 , und zwar teilweise unter Beschränkung auf schuldlos rechtswidrige Maßnahmen 415 , teilweise aber auch bei schuldhaftem Verhalten 416 . Im letzteren Fall kann der hier eingeräumte Anspruch in Konkurrenz zu Amtshaftungsansprüchen nach § 839 BGB, Art. 34 GG treten 417 . Wo derartige Vorschriften nicht bestehen, greifen bei rechtswidrig zugefügtem Körperschaden die Grundsätze über die Aufopferung, bei Vermögensschäden diejenigen über den enteignungsgleichen Eingriff ein 418 . d) Ansprüche eines Störers: In einigen Sonderfällen gewährt der Gesetzgeber aus besonderen rechtspolitischen Gründen regelwidrig auch einem Störer einen Ersatzanspruch für Schäden, die er durch seine Inanspruchnahme erlitten hat. Praktisch bedeutsam sind die Ansprüche nach § 51 I GewO (Untersagung einer
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Zu letzterem Fall s. Erning, NJW 1960, 2076 ff. (2077); u. a. § 10 III 2 hamb. SOG; § 30 II hess. SOG. Oben Abschnitt III. 2 b, cc. § 52 I Buchst, c brem. PG; § 30 IV hess. SOG; § 40 II nieders. SOG; § 44 nordrh.-westf. OBG; § 6 7 II rheinl.-pfälz. PVG; § 7 0 II saarl. PVG; §§ 116 III S. 1 und 117 III schlesw.-holst. LVwG. Dazu eingehend Papier, DVB1. 1975,567 ff. ( 5 7 1 - 5 7 4 ) . So § 3 0 1 2 hess. SOG. So ausdrücklich § 41 I Buchst, b nordrh.-westf. OBG; impliziert ebenfalls in § 52 I Buchst, b brem. PG; § 37 II beri. ASOG. Vgl. auch § 3 7 I V beri. ASOG. S. dazu Schuck, D Ö V 1965, 616ff.; H. Wagner, NJW 1966, 569ff.; H. Wagner, NJW 1967, 2333ff.; Steffen, DRiZ 1967, llOff.; Kessler, DRiZ 1967, 374ff.; Rüfner, BB 1968,881 ff.; Kreft, Aufopferung und Enteignung, 1968; Kimminich, JuS 1969,349ff.
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gewerblichen Anlage wegen überwiegender Nachteile und Gefahren für das Gemeinwohl), §§ 49, 52 des BundesseuchenG (Berufsbeschränkungen aus seuchenpolizeilichen Gründen) und §§ 24, 66 ViehseuchenG (Tötung seuchenbefallener Haustiere). 2. Ersatzansprüche der Verwaltung gegen den Störer Hat der Störer die Gefahr auf Grund einer polizeilichen Inanspruchnahme mit eigenen Mitteln beseitigt, dann ist der Verteilungsregel Genüge getan. Ist die Beseitigung dagegen auf Kosten der Verwaltung erfolgt, dann bleibt zu fragen, ob und inwieweit die entstandenen Aufwendungen auf den Störer abgewälzt werden können. Dabei ergeben sich zwei Fallgruppen: a) Erstattungsanspruch bei Ersatzvornahme und unmittelbarem Zwang: Soweit die Behörde die erforderlichen Maßnahmen im Wege der Ersatzvornahme oder des unmittelbaren Zwangs getroffen hat, kann sie von dem Störer Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen 4 1 9 . Dieser Anspruch ist gelegentlich in den Polizeigesetzen selbst 420 , meist jedoch in den vollstreckungsrechtlichen Vorschriften der einzelnen Länder geregelt 421 . Die nach diesen Bestimmungen geschuldeten Beträge werden durch Verwaltungsakt festgesetzt und im Verwaltungszwangsverfahren beigetrieben 422 . b) Erstattungsansprüche bei Heranziehung eines Nichtstörers: Hat die Polizeibzw. Ordnungsbehörde die Gefahr oder Störung durch Heranziehung eines Nichtstörers im polizeilichen Notstand beseitigt, dann kann wegen des Ersatzes, der dem Herangezogenen geleistet werden mußte (oben Abschnitt IV. 1 a), bei dem Störer Regreß genommen werden 4 2 3 . Auf diesen Anspruch sind die Vorschriften des BGB über die Geschäftsführung ohne Auftrag entsprechend anwendbar. Einige Länder haben ihn in den Verwaltungsrechtsweg verwiesen 424 , 4 2 5 . In den übrigen ist er - ebenso wie der Anspruch des Nichtstörers gegen den Träger der Polizeikosten - vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen 4 2 6 .
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Dazu s. eingehend OVG Lüneburg DVB1.1977, 832ff. ( 8 3 4 - 8 3 5 ) . § 8 II bad.-württ. PG; § 25 III rheinl.-pfälz. PVG. Z. B. § 59 nordrh.-westf. VwVG in Verb, mit § 11 Nr. 7 der Kostenordnung zu diesem Gesetz; § 17 nieders. VwKG. S. § 25 III rheinl.-pfälz. PVG. § 43 bad.-württ. PG; § 42 berl. ASOG; § 54 III brem. PG; § 10 IV hamb. SOG; § 32 hess. SOG; § 42 nieders. SOG; § 45 II nordrh.-westf. OBG; § 69 rheinl.-pfälz. PVG; § 72 saarl. PVG; § 191 II schlesw.-holst. LVwG. S. § 55 brem. PG; § 43 berl. ASOG; so wohl auch § 10 III hamb. SOG. In Hamburg (Fußn. 423): Erstattung durch Leistungsbescheid. § 44 bad.-württ. PG; § 55 S. 1 brem. PG; § 33 hess. SOG; § 43 nieders. SOG; § 70 rheinl.-pfälz. PVG; § 73 saarl. PVG; § 192 schlesw.-holst. LVwG.
VIERTER ABSCHNITT Peter Badura
Wirtschaftsverwaltungsrecht Literatur E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 2. Aufl., 2 Bde., 1953/54. W. Reuss, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 2 Bde. und ein Ergänzungsband, 1 9 6 3 - 1 9 6 7 . W. Schmidt-Rimpler, Wirtschaftsrecht, HDSW 12 (1965), S. 6 8 6 - 7 3 1 . H. C. Nipperdey / H. Stumpf, Wirtschaftsrecht, in: K. Hax / Th. Wessels (Hrsg.), Handbuch der Wirtschaftswissenschaften, 2. Aufl., 1966, II, S. 6 3 3 - 7 7 4 . G. Rinck, Wirtschaftsrecht, 5. Aufl., 1977. E. Steindorff, Einführung in das Wirtschaftsrecht der Bundesrepublik Deutschland, 1977. A.-J. Merten / Ch. Kirchner I E. Schanze, Wirtschaftsrecht, 1978. U. Scheuner / A. Schule, Die staatliche Intervention im Bereich der Wirtschaft, VVDStRL 11 (1954), S. 1 ff., 75 ff. K. Ballerstedt, Wirtschaftsverfassungsrecht, in: G R e I I I / 1 , S. l f f . G. Gutmann / H.-J. Hochstrate / R. Schlüter, Die Wirtschaftsverfassung der Bundesrepublik Deutschland, 1964. Staat und Wirtschaft im nationalen und übernationalen Recht, Schriftenr. der Hochschule Speyer, Bd. 22,1964. H. C. Nipperdey, Soziale Marktwirtschaft und Grundgesetz, 3. Aufl., 1965. W. Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung im Bereich der Wirtschaft, 1967. H. H. Klein, Die Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, 1968. W. Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, 1969. A. Möller (Hrsg.), Kommentar zum Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft, 2. Aufl., 1969. H. Wenger, Die öffentliche Unternehmung, 1969. P. Badura, Wirtschaftsverfassung und Wirtschaftsverwaltung, 1971. U. Scheuner (Hing.), Die staatliche Einwirkung auf die Wirtschaft, 1971. R. Schmidt, Wirtschaftspolitik und Verfassung, 1971. K. Stern / P. Münch / K.-H. Hansmeyer, Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft, 2. Aufl., 1972. H. F. Zacher, Bericht über das in der Bundesrepublik Deutschland geltende Wirtschaftsrecht (Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Studien), 1973. E. R. Huber, Der Streit um das Wirtschaftsverfassungsrecht (1956), in: Ders., Bewahrung und Wandlung, 1975, S. 215 ff.
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Peter Badura
W. Thiele, Wirtschaftsverfassungsrecht, 2. Aufl., 1975. P. Badura, Grundprobleme des Wirtschaftsverfassungsrechts, JuS 1976, S. 205. H.-J. Papier, Fälle zum Wahlfach Wirtschaftsverwaltungsrecht, 1976. F. Gygi, Die schweizerische Wirtschaftsverfassung, 2. Aufl., 1978. J. A. Schumpeter, Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, 2. Aufl., 1950. E. Heimann, Soziale Theorie der Wirtschaftssysteme, 1963. H. C. Recktenwald (Hrsg.), Geschichte der Politischen Ökonomie, 1971. W. Zorn, Einführung in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte, 2. Aufl., 1974. Zeitschriften: Der Betriebsberater; Der Betrieb; Gewerbearchiv; Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht; Wirtschaft und Wettbewerb.
Wirtschaftsverwaltungsrecht
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Gliederung I. Recht und Ordnung der Wirtschaft 1. Wirtschaftsrecht, Wirtschaftsverwaltungsrecht 2. Der wirtschaftliche Prozeß und die Wirtschaftspolitik a) Marktwirtschaft und Planwirtschaft, Funktion des Wettbewerbs, Sozialisierung b) Ziele und Formen der Wirtschaftspolitik: Wettbewerbs-, Konjunktur-, Wachstums-, Struktur- und Gesellschaftspolitik; Wirtschaftsstatistik II. Staat und Wirtschaft 1. Geschichte 2. Wirtschaftsverfassung a) Die „Wirtschaftsverfassung" des Grundgesetzes b) Die staatliche Verantwortung für das „gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht"; Stabilitätsgesetz c) Das europäische Wirtschaftsrecht 3. Gesetzgebung und Regierung auf dem Gebiet der Ordnung und Beeinflussung der Wirtschaft 4. Grundrechtsschutz wirtschaftlicher Tätigkeit a) Unternehmensfreiheit; Grundsätze der Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit b) Berufsfreiheit c) Eigentumsgarantie III. Wirtschaftsverwaltung 1. Organisation a) Staatliche Wirtschaftsverwaltung in Bund und Ländern b) Selbstverwaltung der Wirtschaft c) Wirtschaftsverbände; Koalitionsfreiheit 2. Verwaltungszwecke und Rechtsformen a) Wirtschaftslenkung, Wirtschaftsaufsicht b) Wirtschaftsverwaltungsrechtliche Verwaltungsakte c) Die Unternehmergenehmigungen mit planungsrechtlichem Einschlag . . . . d) Verwaltungsprivatrechtliche und fiskalische Verwaltungstätigkeit; Auftragswesen und erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand IV. Gewerberecht 1. Gewerbefreiheit 2. Techniken gewerberechtlicher Regelung a) Formales Instrumentarium: Anzeigepflicht; Untersagungsermächtigung; Verbot mit Erlaubnisvorbehalt b) Materielle Maßstäbe: Sachkunde; Zuverlässigkeit 3. Einzelne gewerberechtliche Erlaubnisse a) Stehendes Gewerbe; Reisegewerbe; Marktverkehr b) Handwerk c) Gaststättengewerbe
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I. Recht und Ordnung der Wirtschaft 1. Wirtschaftsrecht, Wirtschaftsverwaltungsrecht Das gesellschaftliche System, das die Befriedigung der materiellen Bedürfnisse der Gesellschaftsglieder durch die Erzeugung und Verteilung von Produktionsmitteln und Waren und durch die Darbietung von Dienstleistungen bewirkt, besteht aus einem durch die Rechtsordnung in bestimmter Weise geordneten und damit gelenkten Handlungszusammenhang. Da das im Gesetz positivierte Recht der politischen Entscheidung des staatlichen Gesetzgebungsorgans entspringt, ist die Rechtsordnung, soweit sie Aufgaben und Befugnisse der Wirtschaftsverwaltung begründet und Verhaltensregeln für den Wirtschaftsprozeß aufstellt, der Ausdruck der Vorstellung der im Staat politisch organisierten Gesellschaft über die richtige Wirtschaftsordnung. Das eine solche Richtigkeitsvorstellung jeweils grundlegend kennzeichnende Moment ist das Maß der Selbständigkeit, das dem wirtschaftlichen Prozeß gegenüber dem politischen Prozeß eingeräumt wird. Die liberale Wirtschaftsidee und die von ihr bestimmte Rechtsordnung hatten die Autonomie der Wirtschaft gegenüber dem politischen Prozeß in besonders weitgehendem Umfang gefordert und verwirklicht. Dem entsprach das die politische Philosophie des Liberalismus beherrschende Theorem der Trennung von (monarchischem) Staat und (bürgerlicher) Gesellschaft, das den Staat und das von ihm geschaffene Recht auf die Funktion beschränkte, die naturrechtlich begründete „vorstaatliche", d. h. gesellschaftlich regulierte Freiheit des einzelnen zu achten und zu sichern. Der so als „staatsfrei" etablierte Bereich von „Freiheit und Eigentum" schuf die Voraussetzung der von den entfesselten Kräften des Hochkapitalismus hervorgebrachten industriellen Revolution. Der ideologischen Beschreibung und Rechtfertigung der im Sinne der liberalen Wirtschaftsidee richtigen Wirtschaftsordnung entstammt der Sprachgebrauch vom Recht als dem „Rahmen" des Wirtschaftsgeschehens. Tatsächlich dienten die Rechtssätze, die die bürgerliche Wirtschaftsgesellschaft von ihrem Staat verlangte und erhielt, einerseits der Bereitstellung von Rechtsformen für die Organisation und das Verhalten der Wirtschaftssubjekte auf der Grundlage der als diesen Rechtsformen vorgegeben gedachten Privatautonomie, andererseits der Abwehr von Gefahren und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die aus der Wirtschaftstätigkeit entspringen mochten, auf der Grundlage der Gewerbefreiheit. Demzufolge konnte das liberale Recht der Wirtschaft als „Rahmen" der individuellen Freiheit des Eigentums, des Vertrages und des Gewerbes erscheinen. Es entstanden im Feld des Privatrechts das Handelsrecht als das Sonderrecht des Kaufmannsstandes, das Gesellschaftsrecht und das Wertpapierrecht und im Feld des öffentlichen Rechts das Gewerberecht als ein Sonderpolizeirecht. Genaugenommen erscheint das Recht der Wirtschaft nur unter der Prämisse der liberalen Wirtschaftsidee als ein rechtlicher „Rahmen" der privatautonomen Wirtschaftsfreiheit. Geht man von dieser Prämisse ab, so zeigt sich, daß sich hinter der
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Formel vom Recht als „ R a h m e n " der Wirtschaft die Entscheidung der Rechtsordnung für die grundsätzliche Autonomie der Wirtschaft gegenüber dem Staat verbirgt, daß also das liberale Recht die Wirtschaft in der Weise ordnete, daß es die Art und Weise des Wirtschaftens prinzipiell der privatautonomen Disposition der Wirtschaftssubjekte überließ. Auch darin aber liegt eine Gestaltung der Wirtschaft durch das Recht. Der sozialgestaltende Charakter des Privatrechts, das den wirtschaftlichen Prozeß durch die Ordnung des rechtsgeschäftlichen Verkehrs und der Güterverteilung, die Ausgestaltung des Haftungssystems und die Festlegung der Bedingungen und Formen der Bildung von Gesellschaften beeinflußt, wird dadurch verschleiert, daß in der Privatautonomie nicht ein staatlich gesetztes Rechtsprinzip, sondern eine gewissermaßen vorrechtlich existierende Fähigkeit der individuellen Persönlichkeit gesehen wird 1 . Das Funktionieren jeder entwikkelten Wirtschaft ist angewiesen auf ein geregeltes System der Rechtsdurchsetzung in Prozeß, Zwangsvollstreckung und Konkurs, auf staatlich normierte Maße und Gewichte 2 und nicht zuletzt auf die rechtlichen Institutionen des Geldwesens. Derartige „gemeinwirtschaftliche" Grundlagen 3 sind in der liberalen Wirtschaftsidee stillschweigend vorausgesetzt. Der liberale Staat ordnete die Wirtschaft durch sein Recht, nicht anders wie der moderne Wohlfahrtsstaat, wenn auch nach anderen Grundsätzen, und besaß in diesem auf das geregelte Sachgebiet abhebenden Sinn ein Sonderrecht der Wirtschaft. Da sich indessen das liberale Recht der Wirtschaft, der liberalen Wirtschaftsidee entsprechend, im wesentlichen in den Zusammenhängen des Privatrechts und des Polizeirechts entwickelte, kam es nicht zur Ausbildung eines besonderen als „Wirtschaftsrecht" 4 bezeichneten rechtswissenschaftlichen Arbeitsund Lehrgebietes. Immerhin brachte der durchgreifende industrielle Aufschwung seit der Reichsgründung 5 eine derart auffällige und alle Rechtsgebiete erfassende Fülle von spezifischen Rechtssätzen und rechtlichen Problemen hervor, daß die rechtliche Ordnung der Bedürfnisse des kapitalistischen Unternehmens, seiner 1
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R. Reinhardt / A. Nikisch / L. Raiser, Die Gestaltung der Unternehmensformen unter den Gesichtspunkten der Wirtschafts- und Sozialverfassung, Verh. d. 39. DJT 1952, B; Flume, Rechtsgeschäft und Privatautonomie, in: Hundert Jahre Deutsches Rechtsleben, 1960, I, S. 135; E. Boettcher u. a., Unternehmensverfassung als gesellschaftspolitische Forderung, 1968; Bericht .Mitbestimmung im Unternehmen' (BTag Drucks. VI/334), S. 6 5 , 6 9 f . , 71 ff.; L. Kaiser, Die Zukunft des Privatrechts, 1971; F. Rittner, Die werdende juristische Person. Untersuchungen zum Gesellschafts- und Unternehmensrecht, 1973; E. Steindorff, Wirtschaftsordnung und -Steuerung durch Privatrecht? in: Fs. f. Ludwig Raiser, 1974, S. 621; ders., Wirtschaftsrecht, S. 4ff. G über Einheiten im Meßwesen vom 2. 7. 1969 (BGBl. I, S. 709); G über das Meß- und Eichwesen vom 11. 7. 1969 (BGBl. I, S. 759). - Strecker, Eichgesetz, Einheitengesetz, 1971. Ritsehl, Wirtschaftsordnung, HDSW 12 (1965), S. 189. Piepenbrock, Der Gedanke eines Wirtschaftsrechts in der neuzeitlichen Literatur bis zum Ende des 1. Weltkriegs, 1964. E. R. Huber, Dt. Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. IV, 1969, S. 971 ff.; Badura, Das Verwaltungsrecht des liberalen Rechtsstaates, 1967, S. 16 ff.
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Beziehungen zu den A b n e h m e r n , des Wettbewerbs, der Assoziation der U n t e r nehmer und der Arbeiter, des Arbeitsverhältnisses und des Arbeitsschutzes als Gegenstand eines besonderen Rechtsgebiets, des „Industrierechts", betrachtet wurde 6 . Das besondere Arbeits- und Lehrgebiet „Wirtschaftsrecht", das sich nach dem 1. Weltkrieg ebenso wie das Arbeitsrecht verselbständigte 7 , verdankt seine Entstehung weniger dem theoretischen Interesse an klassifizierender Systematik als der kurz vor der Jahrhundertwende einsetzenden und durch die Bedürfnisse des Krieges beschleunigten Umorientierung der Staatszwecke. D e r Abschnitt „ D a s Wirtschaftsleben" (Art. 1 5 1 - 1 6 5 ) der Weimarer Reichsverfassung zeigt den Übergang von der liberalen Wirtschaftsidee zu einer neuen Staatsvorstellung, in der das Prinzip der privatautonomen Wirtschaftsfreiheit verbunden ist mit der Verantwortung des Staates für die soziale Gerechtigkeit. Die Verselbständigung des Rechtsgebiets „Wirtschaftsrecht" ist eine Wirkung dieser Umwälzung der Verfassungsund Wirtschaftsidee und es wurde und wird dementsprechend definiert als das Insgesamt der Rechtssätze, durch die der Staat Organisation und Funktionweise der Wirtschaft ordnet, gestaltet und lenkt 8 . Das Wirtschaftsrecht entfaltete sich zunächst als Annex des Privatrechts, was insofern folgerichtig war und ist, als die wirtschaftsrechtlichen Regelungen als Beschränkungen der im Privatrechtsverkehr wirksamen Privatautonomie aufgefaßt werden können. Die dem Wirtschaftsrecht eigentümliche „Sozialisierung des Rechtsstoffes" (Nußbaum), in der sich die zunehmende staatliche Ingerenz in das Wirtschaftsgeschehen äußert, und der damit notwendig einhergehende A u f b a u einer staatlichen Wirtschaftsverwaltung zum Vollzug der wirtschaftsrechtlichen Ermächtigungen bedingten ein außerordentliches Vordringen des öffentlichen Rechts, das seinen bisherigen polizeirechtlichen Charakter weit hinter sich ließ. Das Gewerberecht ging in d e m neuen „Wirtschaftsverwaltungsrecht"9 auf. In diesem Rechtsgebiet tritt der Anspruch des Staates zutage, die entwickelte Industriegesellschaft nach den Grundsätzen der sozialen Gerechtigkeit zu ordnen und zu gestalten. Das Wirtschaftsverwaltungsrecht umfaßt die Rechtssätze, durch die der Staat mit den Zielen der G e f a h r e n a b w e h r , der Lenkung und der Förderung auf 6 7
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H. Lehmann, Grundlinien des deutschen Industrierechts, in: Fs. f. E. Zitelmann, 1913. A. Nussbaum, Das neue dt. Wirtschaftsrecht, 1920, 2. Aufl., 1922; H. Goldschmidt, Reichs-Wirtschaftsrecht, 1923; Hedemann, Reichsgericht und Wirtschaftsrecht, 1929. Hedemann, in: Fs. f. A. Hueck, 1959, S. 377; Nipperdey / Stumpf, Wirtschaftsrecht, S. 638; Rittner, Wirtschaftsrecht, StaatsL 8 (1963), S. 817; Wiethölter, in: Fs. f. F. Böhm, 1965, S. 41; Schluep, in: Fs. f. Hug, 1968, S. 25; Fröhler, Das Wirtschaftsrecht als Instrument der Wirtschaftspolitik, 1969; A. Jacquemin / G. Schrans, Le droit économique, 1970; G. Rinck, Begriff und Prinzipien des Wirtschaftsrechts, 1971; ders., Wirtschaftsrecht, §§ 1, 2; Koppensteiner, Rechtstheorie 4, 1973, S. 1; G. Schrans, The Instrumentality and the Morality of European Economic Law, in: Miscellanea W. J. Ganshof van der Meersch, 1973, Bd. II, S. 383; N. Reich, Markt und Recht, 1977. E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, 1932, 2. Aufl., Bd. I, II, 1953/54; Scheuner, Das öffentliche Wirtschaftsrecht, in: Mitteilungen des Jenaer Instituts für Wirtschaftsrecht, Heft 28 (1934), S. 3.
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den wirtschaftlichen Prozeß ordnend, gestaltend und leistend einwirkt, indem er Aufgaben und Befugnisse der Verwaltung und öffentlich-rechtliche Rechte und Pflichten der am wirtschaftlichen Prozeß Beteiligten begründet.
2. Der wirtschaftliche Prozeß und die Wirtschaftspolitik Die Versorgung der Gesellschaft mit Gütern und Dienstleistungen ist eine Funktion der Entwicklung der Produktivkräfte (Ausbildungsstand der arbeitenden Bevölkerung, technologischer Fortschritt, Arbeitsteilung) und der Gestaltung der Produktionsverhältnisse (gesellschaftliche und rechtliche Organisation des wirtschaftlichen Prozesses). Da die Erhaltung und Vermehrung der Produktivität von der Rate des akkumulierten und für Investitionen verfügbaren Kapitals abhängen, sind die Arbeitsweise des Kreditapparats und die Verfügung über die Investitionsentscheidungen Schlüsselpunkte des wirtschaftlichen Systems. Die wirtschaftlichen Größen Versorgung und Produktivität sind allerdings für den Staat und seine Wirtschaftspolitik in die umfassenderen Ziele und Zusammenhänge der allgemeinen Politik, der Gesellschaftspolitik und der Sozialpolitik eingeordnet. Auch die Wirtschaftsordnung selbst weist mit dem „Produktionsfaktor" Arbeit über sich hinaus; denn die Arbeit ist nicht nur Beitragen zur Erwirtschaftung des Sozialprodukts, sondern auch unentrinnbarer Schauplatz menschlicher Selbstverwirklichung. a) Marktwirtschaft und Planwirtschaft, Funktion des Wettbewerbs, Sozialisierung: Nach dem Maß der Selbständigkeit, das der wirtschaftliche Prozeß gegenüber dem politischen Prozeß besitzt, oder anders gesagt nach der Funktion des Staates im Wirtschaftsprozeß, lassen sich die realen Wirtschaftsordnungen an zwei typisierend vereinfachten Wirtschaftsformen messen 10 . In der Wirtschaftsform der Verkehrs- oder Marktwirtschaft, deren institutionelle Voraussetzungen die Privatautonomie, das Privateigentum, die Berufs- und Gewerbefreiheit und die Vertragsfreiheit bilden, sind die wirtschaftlich relevanten Entscheidungen über Produktion, Investition, Distribution und Konsum dezentralisiert und den einzelnen Wirtschaftssubjekten überlassen. Bei dieser verkehrswirtschaftlichen Bedarfsdekkung gibt das individuelle Interesse den Ausschlag und werden die allein vorhandenen Einzelpläne der Unternehmer und Verbraucher nur durch den Tausch vergesellschaftet und den von Angebot und Nachfrage abhängigen Marktpreis koordiniert. In der Wirtschaftsform der Plan- oder Zentralverwaltungswirtschaft sind 10
Max Weber, Grundriß der Sozialökonomik, 2. Aufl., 1925, I I I / l , 59; Eucken, Grundsätze der Wirtschaftspolitik, 5. Aufl., 1975; E. Heimann, Wirtschaftssysteme und Gesellschaftssysteme, 1954; ders., Soziale Theorie der Wirtschaftssysteme 1963; Dahrendorf, Markt und Plan, zwei Typen der Rationalität, 1966; Krüsselberg, Marktwirtschaft und ökonomische Theorie, 1969; Heinze, Autonome und heteronome Verteilung. Rechtsordnung staatlicher Lenkung von Produktion und Verteilung, 1970; iC. P. Hensel, Grundformen der Wirtschaftsordnung, 2. Aufl., 1974; Hedtkamp, Wirtschaftssysteme, 1974.
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die wirtschaftlich wesentlichen Entscheidungen mit Ausnahme der Konsumtionssphäre in der Hand des Staates, der alleiniger Eigentümer der Produktionsmittel ist, zentralisiert. Bei dieser planwirtschaftlichen Bedarfsdeckung werden die individuellen Wirtschaftspläne durch den von einer Zentralstelle für einen bestimmten Zeitabschnitt in Gesetzesform aufgestellten Gesamtplan ersetzt oder zumindest gebunden. Der staatliche Wirtschaftsplan legt auf der Grundlage von politischen Entscheidungen die Erzeugung und Verteilung nach den angenommenen Bedürfnissen des Gemeinwesens fest, so daß an die Stelle des für die Marktwirtschaft charakteristischen Tausches die Zuteilung tritt 11 . Die Marktwirtschaft ist die von der liberalen Wirtschaftsidee ideologisch gerechtfertigte Wirtschaftsform der kapitalistischen Wirtschaftsgesellschaften, in denen sie allerdings nur durch mehr oder weniger intensive Einrichtungen staatlicher Wirtschaftslenkung modifiziert verwirklicht ist. Die Planwirtschaft ist die von der marxistischen politischen Ökonomie ideologisch gerechtfertigte Wirtschaftsform der sozialistischen Staaten, in denen sie abgeschwächt durch die Beibehaltung der Geldwirtschaft, die mehr oder weniger weitgehende Dezentralisierung der wirtschaftlichen Entscheidungen im Rahmen des Volkswirtschaftsplanes und die Zulassung marktwirtschaftlicher Enklaven verwirklicht ist. Die Verfassung der DDR vom 8. April 1968, jetzt in der Fassung vom 7. Oktober 1974, hat die Grundlinien der Wirtschaftsordnung entsprechend den Grundsätzen der sozialistischen Politischen Ökonomie verfassungsrechtlich festgelegt 12 . Die Volkswirtschaft der D D R beruht auf dem sozialistischen Eigentum an den Produktionsmitteln; der „Leitung und Planung der Volkswirtschaft" dienen die sozialistische Planwirtschaft und das sozialistische Wirtschaftsrecht (Art. 9, 12 V e r f D D R ) . Das Kernstück der Volkswirtschaft ist als „Volkseigentum" organisiert, dem Regelfall des produktiven Eigentums außerhalb des landwirtschaftlichen und des handwerklichen Sektors. Die Nutzung und Bewirtschaftung des Volkseigentums erfolgt grundsätzlich durch die volkseigenen Betriebe und staatlichen Einrichtungen. 11
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Politische Ökonomie, hrsg. von der Akademie der Wissenschaften der U d S S R , Institut für Ökonomie, 1955; Salin, Politische Ökonomie, 5. Aufl., 1967, S. 94ff.; K. P. Hensel, Einführung in die Theorie der Zentralverwaltungswirtschaft, 2. Aufl., 1959; Horvat, Towards a Theory of Planned Economy, 1965; Gutmann, Theorie und Praxis der monetären Planung in der Zentralverwaltungswirtschaft, 1965; Hahn, Investitionslenkung im sowjetischen Wirtschaftssystem, 1967; Raupach, System der Sowjetwirtschaft, 1968; Altvater, Gesellschaftl. Produktion und Ökonom. Rationalität, 1969; Höhmann / Käser / Thalheim (Hrsg.), D i e Wirtschaftsordnungen Osteuropas im Wandel, 2 Bde., 1972; H. Burg u. a., Einführung in die politische Ökonomie des Kapitalismus, 1975. U. J. Heuer u. a., Sozialistisches Wirtschaftsrecht - Instrument der Wirtschaftsführung, 1971; Kap. III: Wirtschaftsrecht, in: Materialien zum Bericht zur Lage der Nation 1972, BTag Drucks. V I / 3 0 8 0 , S. 105; G. Lauterbach, Zur Theorie der sozialistischen Wirtschaftsführung in der D D R , 1973; W. Obst, DDR-Wirtschaft, 1973; DDR-Wirtschaft, hrsg. vom Dt. Institut für Wirtschaftsforschung Berlin, 3. Aufl., 1974; G. Brunner, Einführung in das Recht der D D R , 1975, bes. S. 107 ff.; G. Rinck, Wirtschaftsrecht, S. 166 ff.
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Die Theorie der Marktwirtschaft, aufbauend auf der Lehre der „klassischen Nationalökonomie" (Adam Smith, David Ricardo), leitet die Steuerungsfunktion des Marktpreises von dem Modell des durch die ökonomische Gleichartigkeit der angebotenen und nachgefragten Güter und Leistungen definierten Marktes ab. Der Marktpreis, der als „Gleichgewichtspreis" Angebot und Nachfrage eines bestimmten Marktes zum Ausgleich bringt, signalisiert als „Knappheitsmesser" (Eucken) den Zustand der Versorgung und die Ausnutzung der Produktionsfaktoren; das Steigen des Preises zeigt einen Nachfrageüberhang (Unterproduktion), sein Fallen ein zu hohes Angebot (Uberproduktion). Indem der anbietende Produzent seine unternehmerische Entscheidung an dem die Verbraucherwünsche und damit die gesellschaftlichen Bedürfnisse registrierenden Marktpreis orientiert, beeinflußt der Preis Menge und Qualität der zum Markt gebrachten Güter und Leistungen und mittelbar die Zahl und Kapazität der anbietenden Unternehmen, deren Leistungsfähigkeit und Investitionen. Der Marktmechanismus bewirkt also eine optimale Versorgung bei minimalen Kosten, sein Agens ist der Wettbewerb. Der Modellmarkt, für den allein das marktwirtschaftliche Theorem ohne Abstriche gilt, stellt das Verhalten der Marktteilnehmer, die Marktform und die Wirkung des Marktpreises unter stark vereinfachende Voraussetzungen. Er geht von der reinen, d. h. nicht durch Marktmacht beschränkten Konkurrenz einer unbestimmt großen Anzahl von Marktteilnehmern aus, die rational nach dem Prinzip der Nutzenmaximierung handeln, eine ungehinderte Marktübersicht besitzen (Markttransparenz) und auf den Marktpreis keinen spürbaren Einfluß haben, so daß sie den Preis dem Markt als „Datum" entnehmen müssen. Außerdem legt der Modellmarkt eine reibungslose und zeitlich verzögerungslose Reaktionsfähigkeit der Produktionsfaktoren zugrunde. Demgegenüber findet auf den in der Regel oligopolistisehen realen Märkten vielfach eine den Verbraucher entmachtende Markt- und Preisstrategie statt, so daß im günstigsten Fall von einer „wirksamen Konkurrenz" (workable competition) gesprochen werden kann 1 3 . Da die institutionellen Grundlagen der marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnungen fast durchweg im Rahmen des politischen Systems verfassungsrechtlich gewährleistet sind, kann der Übergang von der verkehrswirtschaftlichen zur planwirtschaftlichen Wirtschaftsform nur durch eine Sozialrevolutionäre Umwälzung erfolgen. Unter Sozialisierung (Vergesellschaftung) versteht man die in der Regel zur Verwirklichung der sozialistischen Wirtschaftsidee erfolgende Umgestaltung der Eigentumsordnung durch Aufhebung des privaten Sondereigentums an bestimmten oder allen Produktionsmitteln und deren Überführung in staatliches Eigentum (Verstaatlichung) oder in das Eigentum unter staatlicher Aufsicht stehender halbautonomer („gemeinwirtschaftlicher") Wirtschaftssubjekte mit genossenschaftlicher Beteiligung der produzierenden Arbeiter. Werden lediglich einzelne Unternehmen oder Produktionsmittel vergesellschaftet, beschränkt sich die Wirkung dieser Teilsozialisierung auf eine Änderung der Eigentumsverteilung im Rahmen der beibehaltenen Eigentumsordnung. 13
Kühne, Funktionsfähige Konkurrenz, 1958; Barnikel(Hrsg.), Wettbewerb und Monopol, 1968; H.-D. Weiss, Preisdifferenzierung und funktionsfähiger Wettbewerb, 1972; Kantzenbach, Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs, 2. Aufl., 1977.
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b) Ziele und Formen der Wirtschaftspolitik: Wettbewerbs-, Konjunktur-, Wachstums-, Struktur- und Gesellschaftspolitik; Wirtschaftsstatistik: Die Wirtschaftspolitik besteht aus den sich in staatsleitenden und gesetzgeberischen Akten niederschlagenden politischen Entscheidungen der Organe des Staates über die Ordnung (Organisation und Ablauf) und Entwicklung der Wirtschaft 1 4 . Die Ziele der Wirtschaftspolitik reflektieren die verfassungspolitische Grundvorstellung über die Aufgaben des Staates gegenüber dem gesellschaftlichen Prozeß. Während die Gewerbepolitik des liberalen Staates entsprechend dem Prinzip der Nichtintervention die polizeirechtliche Ordnung der Ausübung der Gewerbefreiheit als ihre Hauptaufgabe ansah und nur ausnahmsweise die private Unternehmerinitiative unterstützte, insbesondere durch „Wohlfahrtspflege" 1 5 und handelspolitische Maßnahmen, zielt die Wirtschaftspolitik des aus der liberalen Abstinenz herausgetretenen Wohlfahrtsstaates auf eine Gestaltung des wirtschaftlichen Prozesses durch Wettbewerbs-, konjunktur-, Wachstums-, struktur- und gesellschaftspolitische Beeinflussung, Förderung und Lenkung. Die Wettbewerbspolitiklb ist bestrebt, auf allen dafür überhaupt geeigneten Märkten den Zustand wirksamen Wettbewerbs, der die Voraussetzung der marktwirtschaftlichen Steuerungsfunktion des Preises ist, herzustellen und zu erhalten. Sie wendet sich mit Hilfe Wettbewerbs- und kartellrechtlicher Regelungen gegen Verfälschungen und Beschränkungen des Wettbewerbs durch „unlauteres" Verhalten, durch die Bildung oder Ausnutzung monopolistischer oder oligopolistischer Marktmacht und durch Kartellabsprachen. Der „Ordo-Liberalismus" der vor allem durch die Arbeiten von Walter Eucken bestimmten neoliberalen Freiburger Schule 17 , dem die von der Bundesregierung bis in die Mitte der sechziger 14
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Tuchtfeld, Gewerbefreiheit als wirtschaftspolitisches Problem, 1955; Seraphim (Hrsg.), Zur Grundlegung wirtschaftspolitischer Konzeptionen, SchrVfS n. F. 18, 1960; Neumark, Wirtschafts- und Finanzprobleme des Interventionsstaates, 1961; K. Schüler, Wirtschaftspolitik, H D S W 12 ( 1 9 6 5 ) , S. 210; Schachtschabel, Wirtschaftspolitische Konzeptionen, 1967; Weddingen, Grundzüge der Gewerbepolitik, 1967; Tinbergen, Wirtschaftspolitik, 1968; Meinhold, Volkswirtschaftspolitik, 2 Bde., 2. Aufl., 1 9 7 0 - 7 3 ; Th. Pütz (Hrsg.), Wirtschaftspolitik, 3 Bde., 1 9 7 1 - 7 2 ; G. Gäfgen (Hrsg.), Grundlagen der Wirtschaftspolitik, 4. Aufl., 1972; R. Büchner, Grundfragen der Wirtschaftspolitik, 2. Aufl., 1973; Samuelson, Volkswirtschaftslehre, 5. Aufl., 2 Bde., 1973; H. H. von Arnim, Volkswirtschaftspolitik, 2. Aufl., 1976; E. Preiser, Wirtschaftspolitik heute, 5. Aufl., 1974; Mertens / Kirchner / Schanze, Wirtschaftsrecht, S. 3 3 ff. Badura, D a s Verwaltungsrecht des liberalen Rechtsstaates, 1967, S. 31 ff. R. Blum, ZgesStW 121 (1965), S. 60; H. K. Schneider (Hrsg.), Grundlagen der Wettbewerbspolitik, SchrVfS N F 48, 1968; H. Schuster, Wettbewerbspolitik, 1973; E. Hoppmann, Marktmacht und Wettbewerb, 1977. Eucken, Ordo II ( 1 9 4 9 ) , S. 1; ders., Grundsätze der Wirtschaftspolitik, 5. Aufl., 1975; F. Böhm, Ordo X ( 1 9 5 8 ) , S. 167; ders., Reden und Schriften, 1960; ders., in: Fg. f. Friedrich A . Lutz, 1971, S. 29. - Dürr, Wesen und Ziele des Neoliberalismus, 1954; Behlke, D e r Neoliberalismus und die Gestaltung der Wirtschaftsverfassung in der B R D , 1961; Badura, D a s Verwaltungsmonopol, 1963, S. 301 ff.; U. Runge, Antinomien des Freiheitsbegriffs im Rechtsbild des Ordoliberalismus, 1971; H.-O. Lenel, Ordo X X V I ( 1 9 7 5 ) , S. 22.
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Jahre verfolgte Wirtschaftspolitik der „sozialen Marktwirtschaft" 1 8 nahestand, erwartet die optimale Produktivität und Versorgung von den Mechanismen des Wettbewerbs. Er sieht deshalb in der Wettbewerbspoltik das Kernstück der Wirtschaftspolitik und im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 27. Juni 1957, jetzt in der Fassung vom 4. April 1974 (BGBl. I S. 869), das Grundgesetz des Wirtschaftsrechts. Diese Betrachtungsweise setzt bei den marktwirtschaftlichen Verteilungsvorgängen an und überläßt die Gestaltung der Produktionsverhältnisse grundsätzlich der privatautonomen Disposition mit den Mitteln des Gesellschaftsrechts, besonders des Konzernrechts (§§ 18, 291 ff. A k t G ) 1 9 . Sie bedarf angesichts der wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Probleme der K o n zentrationsbewegung 2 0 , gegen die sich die neuerdings eingeführte Fusionskontrolle richtet, der Einfügung in eine umfassende Ordnungspolitik. Die wohlfahrtsstaatliche Verantwortung für die volkswirtschaftliche Prosperität und die gerechte Wirtschaftsordnung hebt das Gegenüber staatlicher Wirtschaftspolitik und unternehmerischer Tätigkeit nicht auf. Sie führt aber über die Bereitstellung und Sicherung der Rahmenbedingungen privatwirtschaftlichen und marktwirtschaftlichen Handelns hinaus und äußert sich in den gestaltenden M a ß nahmen der Konjunktur-, Wachstums- und Strukturpolitik. Die Wachstumspolitik strebt eine Steigerung der Produktivität, des Sozialprodukts und des Lebensstandards an; ihr Ziel ist eine angemessene Entwicklung der Wirtschaft. Durch ihre dynamische Absicht scheint sie mit dem konjunkturpolitischen Ziel, das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht zu wahren, in einem gewissen Widerspruch zu stehen. Tatsächlich sind Wachstums- und Konjunkturpolitik nicht zu trennen und durch das umfassende Ziel des ausgeglichenen oder stabilen Wachstums verbunden. Das zeigt auch der N a m e des „Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft" vom 8. Juni 1967 und die in seinem § 1 festgelegte
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A. Müller-Armack, Wirtschaftslenkung und Marktwirtschaft, 1947; ders., Wirtschaftsordnung und Wirtschaftspolitik, 2. Aufl., 1976; ders., Genealogie der Sozialen Marktwirtschaft, 1974; B. Molitor, Hamb. Jb. f. Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 3 ( 1 9 5 8 ) , S. 57; R. Blum, Soziale Marktwirtschaft, 1969; F. Pilz, D a s System der sozialen Marktwirtschaft, 1974. Zöllner, JuS 1968, 297; Rasch, Aktuelle Probleme des Konzernrechts und der Konzerngesetzgebung, 1970; ders., Dt. Konzernrecht, 5. Aufl., 1974; Emmeriehl Sonnenschein, Konzernrecht, 2. Aufl., 1977; H. Würdinger, Aktien- und Konzernrecht, 3. Aufl., 1973. G über die Untersuchung der Konzentration in der Wirtschaft vom 31. 12. 1960 (BGBl. 1961 I S. 9). Bericht über die Ergebnisse der Konzentrationsenquête vom 5. 6. 1964, BTag Drucks. I V / 2 3 1 0 . Zu dieser Enquête: Rasch, B B 1961, 909; Bühler, NJW 1965, 609. - Kronstein, Recht und wirtschaftliche Macht, 1962; H. Arndt (Hrsg.), D i e Konzentration in der Wirtschaft, 3 Bde., SchrVfS n. F. 20, 1960, 2. Aufl., 2 Bde., 1971; ders., D i e Konzentration in der westdeutschen Wirtschaft, 1966; ders., Recht, Macht und Wirtschaft, 1968; ders., Wirtschaftliche Macht, 1974; Huffschmid/ Michaelis / Plan, Bibliographie Konzentration und Konzentrationspolitik 1 9 6 0 - 1 9 6 7 , 1967; G. Eichhorst u. a., Bibliographie Konzentration - Konzentrationspolitik - Multinationale Unternehmen 1 9 6 7 - 1 9 7 5 , 1976; Emmeriehl Sonnenschein, a. a. O. § 1; Barnikel (Hrsg.), Probleme der wirtschaftl. Konzentration, 1975.
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wirtschaftspolitische Richtlinie 2 1 : „Bund und Länder haben bei ihren wirtschaftsund finanzpolitischen Maßnahmen die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu beachten. D i e M a ß n a h m e n sind so zu treffen, daß sie im R a h m e n der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzeitig zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum beitragen." D i e Konjunkturpolitik zielt darauf ab, die Entwicklung der volkswirtschaftlichen Gesamtnachfrage, die sich in den A u s g a b e n des Staates, der Unternehmer (Investitionen) und der Haushalte (Verbrauch) ausdrückt, möglichst gleichmäßig und frei von den Schwankungen der Ubernachfrage ( B o o m , Uberhitzung) und der Unternachfrage (Rezession) zu halten. D i e Ziele und das Instrumentarium der Konjunkturpolitik haben ihre grundsätzliche Ausformung durch die Arbeit v o n John Maynard Keynes erfahren 2 2 . D e n konjunkturpolitischen Zielen der V o l l b e schäftigung, der Währungsstabilität und der ausgeglichenen Zahlungsbilanz dienen global ansetzende und insofern mittelbar lenkende Steuerungsmaßnahmen. Im Vordergrund der konjunkturpolitischen Steuerung stehen M a ß n a h m e n der Finanzpolitik der öffentlichen Haushalte 2 3 , der Währungspolitik 2 4 , der Kreditpoli-
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Dazu Tz 58, 472 des Gutachtens über die Finanzreform in der Bundesrep. Dtl., 1966. Ähnliche Formulierungen bereits in Art. 104, 117 EWG-Vertrag und in § 2 S. 2 G über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vom 14. 8. 1963. - Zu den wirtschaftspolitischen Prämissen des Stabilitätsgesetzes: H.-J. Schmahl, Globalsteuerung der Wirtschaft, 1970; K. Stern / P. Münch / K.-H. Hansmeyer, Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft, 2. Aufl., 1972, S. 35ff.; P. von der Lippe, Stabilität und Wachstum, 1975; B. Gerber, Stabilitätspolitik, 1976; P. Schaal, Stabilität und Konjunktur, 1977. The General Theory of Employment, Interest, and Money, 1936. - Salin, Politische Ökonomie, 5. Aufl., 1967, S. 165ff.; Napoleoni, Grundzüge der modernen ökonomischen Theorien, 1968, S. 66ff.; J. Robinson, Doktrinen der Wirtschaftswissenschaft, 1965, S. 91 ff.; M. Stewart, Keynes and after, 1967; Recktenwald (Hrsg.), Geschichte der Politischen Ökonomie, 1971, S. 535 ff.; G. Bombach u . a . (Hrsg.), Der Keynesianismus, 2 Bde., 1976. Gutachten über die Finanzreform a. a. O., Tz 472ff.; jährliche Finanzberichte der BReg. - Mann, Dt. Finanzwirtschaft, 1929; Neumark, HdbFinWiss., 2. Aufl., I. Bd.. 1952, S. 554ff.; ders., Grundsätze gerechter und ökonomisch rationaler Steuerpolitik, 1970; Schmölders, Finanzpolitik, 2. Aufl., 1965; H. Haller, Finanzpolitik, 5. Aufl., 1972; ders., Besteuerung und Wirtschaftswachstum, 1970; Friauf / Wagner, öffentlicher Haushalt und Wirtschaft, VVDStRL 27 (1969), S. 9ff., 47ff.; Shoup, Public Finance, 1969; Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972; Kamp / Seel, Grundlegung der Finanzwirtschaft, 2. Aufl., 1973; Musgrave, Finanztheorie, 1974; R. A. Musgrave u. a., Die öffentlichen Finanzen in Theorie und Praxis, 4 Bde., 1975ff.; H. Zimmermann / K.-D. Henke, £mführung in die Finanzwissenschaft, 2. Aufl., 1978. Schmölders, Geldpolitik, 2. Aufl., 1968; Fögen, Geld- und Währungsrecht, 1969; Veit, Grundriß der Währungspolitik, 3. Auf., 1969; Hankel, Währungspolitik, 2. Aufl., 1972; Lipfert, Einführung in die Währungspolitik, 8. Aufl., 1974; ders., Der Geldmarkt, 6.
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tik und dqr Außenwirtschaftspolitik 2 5 . Ein wesentlicher Bereich der Währungspolitik der Bundesregierung ist die Wechselkurspolitik 2 6 . D i e Kreditpolitik ist hauptsächlich Sache der unabhängigen Zentralbank des B u n d e s 2 7 . D i e Kreditpolitik beeinflußt über den Zinssatz und die Liquidität der Geschäftsbanken die Kreditaufnahme auf d e m Kapitalmarkt und damit die Investitionen. D i e konjunkturpolitisch orientierte Finanzpolitik manipuliert einerseits durch Art und Maß der Besteuerung die für Investitionen und Konsum verfügbare G e l d m e n g e und setzt andererseits als antizyklische oder kompensatorische ,fiscal policy' die haushaltswirtschaftlichen A u s g a b e n der öffentlichen Hand zur D ä m p f u n g oder A n k u r b e lung der Konjunktur ein. Insofern als die Wachstumspolitik darauf gerichtet ist, zurückgebliebene oder d e m marktwirtschaftlichen Prozeß nicht gewachsene Gebiete oder Wirtschaftszweige zu unterstützen oder zu entwickeln, ist sie regionale oder sektorale Struk-
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Aufl., 1967; Stucken, Geld und Kredit, 1949; Franzke, Geldhoheit und Währungssteuerung, 1964; Emminger, Währungspolitik im Wandel der Zeiten, 1966; H. Haller, Das Problem der Geldwertstabilität, 1966; Willgerodt u. a., Wege und Irrwege zur europ. Währungsunion, 1972; Dt. Bundesbank (Hrsg.), Währung und Wirtschaft in Deutschland 1876-1975, 1976; K. E. Born, Geld und Banken im 19. und 20. Jahrhundert, 1977; J. Welcker, Die Organisation des Geld- und Bankwesens, 1977. AußenwirtschaftsG vom 28. 4. 1961 (BGBl. I, S. 481), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. 6. 1976 (BGBl. I, S. 1608); § 4 StabG (außenwirtschaftl. Absicherung). BVerfGE 12, 281; 30, 250; G. Erler, Grundprobleme des internation. Wirtschaftsrechts, 1956; E. Hocket R. G. Schmidt, AWG, 1961 ff.; Langen, AWG, 1961 f.; H. Möller, Außenwirtschaftspolitik, 1961; H. Sieg / H. Fahning / K. F. Kölling, Außenwirtschaftsrecht, 1961; Wapenhensch, Das neue Außenwirtschaftsrecht, 1961 ff.; Schwarzenberger, Z H R 125 (1963), S. 293; A. Kruse, Außenwirtschaft, 2. Aufl., 1965; H. F. Schulz, Außenwirtschaftsrecht, 1965/66; G. Halm, Geld, Außenhandel und Beschäftigung, 4. Aufl., 1966; Linde, Außenwirtschaftsgesetz und zwischenstaatl. Vereinbarungen, 1970; H. P. Ipsen, Europ. Gemeinschaftsrecht, 1972, S. 814 ff.; Siebel, Geld- und Kapitalverkehr im dt. Außenwirtschaftsrecht, 1973; Mertens / Kirchner / Schanze, Wirtschaftsrecht, S. 280ff.; R. Schmidt, W D S t R L 36 (1978), S. 65. Hoffmann(-Riem), Rechtsfragen der Währungsparität, 1969; ders., BB 1969, 1374; Tomuschat, Die Aufwertung der Deutschen Mark, 1970 (K. Vogel, ZaöRVR 31 [1971], S. 604); W. Sammler, Eigentum und Währungsparität, 1975. Art. 88 G G ; G über die Deutsche Bundesbank vom 26. 7. 1957 (BGBl. I S. 745; mehrf. geänd.). - BVerwG DVB1. 73, 854; von Spindler / Becker / Starke, Die Deutsche Bundesbank, 4. Aufl., 1973; H.-J. Arndt, Politik und Sachverstand im Kreditwährungswesen, 1963; Pfleiderer, in: J. H. Kaiser (Hrsg.), Planung III, 1968, S. 409; H. Faber, Wirtschaftsplanung und Bundesbankautonomie, 1969; O. Lampe, Die Unabhängigkeit der Dt. Bundesbank, 2. Aufl., 1971; Hüttl, DVB1. 7 2 , 6 4 ; R. Schmidt, in: Fs. für Zepos, 1973, Bd. II, S. 655; Probst, NJW 1966, 806; H. J. Hahn, Rechtsfragen der Diskontsatzfestsetzung, 1966; H.-U. Voigt, Die Währungsverwaltung der Dt. Bundesbank, 1969; Pfennig, Die Notenausgabe der Dt. Bundesbank, 1971; G. Greulich, Inflation und Notenbankpolitik, 3. Aufl., 1975; G. Prost, JZ 76, 263; H. J. Hahn, in: Fs. für F. A. Mann, 1977, S. 731.
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turpolitilc28. Strukturpolitische Maßnahmen bestehen hauptsächlich darip, daß mit den Zielen der Verbesserung der sozialen i)nd technischen Infrastruktur, der Schaffung von Arbeitsplätzen, der Begünstigung v o n Innovationen mit einer besonderen volkswirtschaftlichen Bedeutung und der Umstrukturierung ländlicher Gebiete eine eigene Investitionstätigkeit der öffentlichen Hand entfaltet wird und Investitionen Privater durch Subventionen und steuerliche Vorteile angeregt und gefördert werden. D i e Strukturpolitik steht in einem engen Z u s a m m e n h a n g mit der Raumordnungspolitik 2 9 , nimmt aber e b e n s o Zielsetzungen der Arbeits- und Sozialpolitik, der Verkehrspolitik, der Energiepolitik und des Umweltschutzes in sich auf. D i e T e n d e n z zu einer umfassenden Entwicklungspolitik ist in ihr angelegt. D i e regionale Strukturpolitik ist eine Schwerpunktförderung mit regionalen Aktionsprogrammen in abgegrenzten Fördergebieten. D i e Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur ist eine Gemeinschaftsaufgabe: Art. 91 a I Nr. 2 G G , Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" v o m 6. Oktober 1 9 6 9 ( B G B l . I S. 1 8 6 1 ) 3 0 . In die Förderungsprogramme der Gemeinschaftsaufgabe 3 1 sind die M a ß n a h m e n nach d e m Gesetz zur Förderung des Zonenrandgebietes v o m 5. August 1971 ( B G B l . I S. 1 2 3 7 ) und nach dem Investitionszulagengesetz in der Fassung v o m 3. Mai 1 9 7 7 ( B G B l . I, S. 6 6 9 ) mit einbezogen. Hauptfelder der sektoralen Strukturpolitik, die in breiten
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Strukturbericht 1970 der BReg, BTag Drucks. VI/761; Grundsätze einer Strukturpolitik für kleine und mittlere Unternehmen, BTag Drucks. VI/1666; Mittelstandsbericht der BReg, BTag Drucks. 7/5248; Bericht der BReg über die Entwicklung der Finanzhilfen und der Steuervergünstigungen für die Jahre 1975 bis 1978 (Sechster Subventionsbericht), BTag Drucks. 8/1195; jährlich fortgeschriebene Darstellungen in den Jahreswirtschaftsberichten und den Finanzberichten der BReg; Entwurf der CDU/CSU-Fraktion für ein Gesetz zur Förderung der kleinen und mittleren Unternehmen sowie der freien Berufe und zur Sicherung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen in der mittelständischen Wirtschaft — Bundesmittelstandsförderungsgesetz (BTag Drucks. 8/708). — O. Schlecht, Strukturpolitik in der Marktwirtschaft, 2. Aufl., 1968; Gäfgen, Art. Strukturpolitik, Staatslexikon, 11. Bd., 1970, Sp. 386; R. Schmidt, Wirtschaftspolitik und Verfassung, 1971, S. 117ff.; ders., AöR 99 (1974), S. 529; ders., AöR 99 (1974), Beiheft 1, S. 86; Zacher, WiR 1972, S. 185; Selmer, Strukturpolitik und Unternehmensrechte in der Bundesrep. Deutschland, FiDE VII, 1975; P.J. Tettinger, GewArch 1976, S. 318. - Zur sektoralen Strukturpolitik vgl. insbes. noch: Jahreswirtschaftsbericht 1978 der BReg, BTag Drucks. 8/1471, Nrn. 32ff.; Antwort der BReg auf eine Große Anfrage, BTag Drucks. 8/1607. Raumordnungsberichte 1974 der BReg, BTag Drucks. 7/3582; Bundesraumordnungsprogramm, BTag Drucks. 7/3584; Städtebaubericht 1975 der BReg, BTag Drucks. 7/3583. Tiemann, Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern in verfassungsrechtl. Sicht, 1970; Kölble, DVB1. 72, 701; Frowein / von Münch, Gemeinschaftsaufgaben im Bundesstaat, W D S t R L 31 (1973), S. 13ff.; Marnitz, Die Gemeinschaftsaufgaben des Art. 91a GG als Versuch einer verfassungsrechtl. Institutionalisierung der bundesstaatl. Kooperation, 1974. Siebter Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur", BTag Drucks. 8/2014.
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Bereichen v o n der regionalen Strukturpolitik nicht trennbar ist, sind die Landwirtschaft 3 2 und der Kohlebergbau 3 3 ; die Verbesserung der Agrarstruktur ist ebenfalls eine Gemeinschaftsaufgabe 3 4 . Ein Beispiel für ein spezielles strukturpolitisches V o r h a b e n sind die langjährigen B e m ü h u n g e n um einen A b b a u der Uberkapazität in der Mühlenwirtschaft 3 5 . Sachgerechtigkeit und Erfolg der Wirtschaftspolitik im allgemeinen und der wachstumspolitischen Projektionen im besonderen sind durch eine umfassende Informiertheit der für die Wirtschaftspolitik zuständigen Staatsorgane über die für den wirtschaftlichen Prozeß relevanten D a t e n bedingt, die durch statistische Erhebungen vermittelt wird 3 6 . D i e zur Erfüllung der zu statistischen Z w e c k e n begrün32
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LandwirtschaftsG vom 5. 9. 1955 (BGBl. I, S. 565); G zur Förderung der Eingliederung der dt. Landwirtschaft in den Gemeinsamen Markt (EWG-Anpassungsgesetz) vom 9. 9. 1965 (BGBl. I, S. 1201); G zur Anpassung der landwirtschaftl. Erzeugnisse an die Erfordernisse des Marktes (Marktstrukturgesetz) vom 16. 5. 1969 (BGBl. I, S. 423); G über die Errichtung eines zentralen Fonds zur Absatzförderung der dt. Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft (Absatzfondsgesetz) i. d. F. d. Bek. v. 8. 11. 1976 (BGBl. I, S. 3109). - Agrarbericht 1977 der BReg., BTag Drucks. 8/80. - Recke / Sotzeck, Marktstrukturgesetz, 1970; V. Götz / W. Winkler, Organisationsmodelle für die Agrarwirtschaft, 1976; V. Götz, in: Dt. Zivil-, Kollisions- und wirtschaftsrechtl. Beiträge zum X. Internation. Kongreß f. Rechtsvergleichung in Budapest, 1978, S. 230. G zur Anpassung und Gesundung des dt. Steinkohlenbergbaus und der dt. Steinkohlenbergbaugebiete vom 15. 5. 1968 (BGBl. I, S. 365) - dazu BVerfGE 29, 83; VO über die Maßstäbe für die Ermittlung der optimalen Unternehmensgrößen im Steinkohlenbergbau vom 7. 1. 1969 (BGBl. I, S. 16); Gesetz zur Förderung der Rationalisierung im Steinkohlenbergbau vom 29. 7. 1963 (BGBl. I, S. 549); G über die weitere Sicherung des Einsatzes von Gemeinschaftskohle in der Elektrizitätswirtschaft (Drittes Verstromungsgesetz) vom 13. 12. 1974 (BGBl. I S. 3473), geändert durch Gesetz vom 19. 12. 1977 (BGBl. I, S. 2750). - Energieprogramm der BReg. und Erste Fortschreibung, BTag Drucks. 7/1057 und 2713. Zweite Fortschreibung, BTag Drucks. 8/1357. - H.-G. von Dücker, Die Aktionsgemeinschaft Deutsche Steinkohlereviere GmbH, 1969; H. Schneider, Verfassungsrechtl. Fragen des Steinkohle-Anpassungsgesetzes, BB Beilage 2/1969; W. Farke, öffentl. Bedeutung privater Wirtschaftsunternehmen und Sozialpflichtigkeit des Eigentums, 1973; H.-H. Seidler, Rechtsschutz bei staatl. Wirtschaftsplanung, 1973; S. Strecket, Die Ruhrkohle AG, 1973. G über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" vom 3 . 9 . 1969 (BGBl. I S. 1573); Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" für den Zeitraum 1978 bis 1981, BTag Drucks. 8/1780. - Pruns, D Ö V 1973, 217. G über die Errichtung, Inbetriebnahme, Verlegung, Erweiterung und Finenzierung der Stillegung von Mühlen vom 27. 6. 1957 i. d. F. d. Bek. v. 9. 6. 1959 (BGBl. I, S. 282) dazu BVerfGE 25, 1; G über abschließende Maßnahmen zur Schaffung einer leistungsfähigen Struktur des Mühlengewerbes vom 22. 12. 1971 (BGBl. I, S. 2098) - dazu BVerfGE 39, 210; G über die Auflösung der Mühlenstelle und die Übertragung von Zuständigkeiten im Bereich der Mühlenwirtschaft vom 7. 4. 1976 (BGBl. I, S. 921). G über die Statistik für Bundeszwecke vom 3. 9. 1953 (BGBl. 1953 I, S. 1314; mehrf. geänd.); G über die Durchführung einer Repräsentativstatistik der Bevölkerung und des Erwerbslebens (Mikrozensus) vom 15. 7. 1975 (BGBl. I, S. 1909); Ges. über die Hand-
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deten Auskunfspflichten erforderlichen Erklärungen, Vorkehrungen und A u f w e n dungen sind gerechtfertigte R e g e l u n g e n der Berufsausübung (Art. 12 1 G G ) und zumutbare Schranken des Eigentums (Art. 14 G G ) . D i e Steuer- und haushaltswirtschaftliche Umverteilung (Redistribution) nicht weniger wie die sozialgestaltende Weiterentwicklung der Wirtschaftsordnung durch Wachstums- und Strukturpolitik weisen über die durch das privatrechtliche Eigentum vermittelte Güterzuteilung hinaus. D i e auf das nicht sozialpolitisch verengte Staatsziel der sozialen Gerechtigkeit verpflichtete Gesellschaftspolitik stellt der Wirtschaftspolitik insgesamt die A u f g a b e , die g e g e b e n e n gesellschaftlichen Grundlagen des wirtschaftlichen Prozesses nicht als gerechtfertigt zugrunde zu legen und die Ungleichheiten der E i n k o m m e n s - und Vermögensverhältnisse durch Einzelmaßnahmen, vor allem aber auch durch an langfristigen Perspektiven ausgerichtete planmäßige Veränderung der Gesellschaft insoweit zu revidieren, als die sozialen Ungleichheiten die demokratische Emanzipation hindern 3 7 . Z u diesen Vorhaben zählen die Vermögensbildung 3 8 und die wirtschaftliche oder unternehmerische Mitbestimmung 3 9 . D i e bis zur Parität getriebene Mitbestimmung und
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werkszählung 1977 vom 10. 8. 1976 (BGBl. I, S. 2125); G über eine Statistik im Güterkraftverkehr 1978 vom 24. 11. 1977 (BGBl. I, S. 2261); usw. Entwurf eines Gesetzes über die Statistik im Handel und Gastgewerbe, BTag Drucks. 8/1766. - BVert'GE 27, 1; BVerwGBB 1969, 247. Tz 58, 472 des Gutachtens über die Finanzreform a. a. O., Ziff. 437ff. des Jahresgutachtens 1972 des Sachverständigenrates, BTag Drucks. 7/2. - Zacher, AöR 93 (1968), S. 341; ders., D Ö V 1970, 3. Zweites G zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer vom 1. 7. 1965 (BGBl. I, S. 585); Novelle vom 27. 6. 1970 (BGBl. I, S. 925) = Drittes G zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer, jetzt i. d. F. v. 15. 1. 1975 (BGBl. I, S. 252); Spar-Prämiengesetz I. d. F. v. 20. 12. 1977 (BGBl. I, S. 3165). Zur Praxis der Vermögensbildungs- und Sparprämiengesetze: BTag Drucks. VI/370; Finanzbericht 1970, S. 297ff.; Bericht der BReg über die Auswirkungen der Sparförderung, BTag Drucks. VI/3186; Entwurf der Fraktion der CDU/CSU für ein G zur Förderung freiwilliger betrieblicher Gewinn- und Kapitalbeteiligung, BTag Drucks. 8/1565. - G. Leber (Hrsg.), Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand, 4 Bde., 1 9 6 4 - 6 6 ; W. Weber, BB 1964, 764; Forsthoff, BB 1965, 381; Schieckel, Komm, zum 2. VermBG, 1965ff.; ders. Drittes VermögensbildungsG, 1970ff.; Pohlschröder, Vermögensbildung durch Tarifvertrag und Gesetz, 1966; U. Scheuner - W. Reuss, Die Verfassungsmäßigkeit des Zweiten Vermögensbildungsgesetzes, 1968; Willgeroth / Bertel / Schillert, Vermögen für alle, 1971; Pröbsting, RdA 72, 217; U. Scheuner, Die überbetriebliche Ertragsbeteiligung der Arbeitnehmer und die Verfassungsordnung, 1972; Meessen, D Ö V 1973, 812; Pulte, Vermögensbildung - Vermögensverteilung, 1973; R. Scholz, RdA 1973, 65; F. Klein, Vermögensbildung und Eigentumsgarantie, 1974; E. Stein, Vermögenspolitik und Grundrechte, 1974; K. H. Friauf/ R. Wendt, Eigentum am Unternehmen, 1977, S. 87 ff. Mitbestimmung im Unternehmen (.Biedenkopf-Bericht'), BTag Drucks. VI/334; Stellungnahme der BReg: BTag Drucks. VI/1551. - E. Potthoff I O. Blume / H. Duvernell, Zwischenbilanz der Mitbestimmung, 1962; D. Schneider / R. F. Kuda, Mitbestimmung, 1969; E. R. Huber, Grundgesetz und wirtschaftliche Mitbestimmung, 1970; ders., in: Fs. f. Heinz Kaufmann, 1972, S. 237; Zöllner / Seiter, Paritätische Mitbestimmung und Arti-
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die umverteilende Vermögensbeteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen, vor allem bei Einrichtung überbetrieblicher Fonds, besitzen eine wirtschaftsverfassungsrechtliche Qualität. D i e Verwirklichung des Sozialstaates ist ein verfassungsrechtlich bestimmter und begrenzter Prozeß. Es ist eine bis heute o f f e n e Grundfrage der Verfassungspolitik, ob die auf die Institutionen der parlamentarisch-parteienstaatlichen D e m o k r a t i e angewiesene Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik die Mängel und Gefahren der kapitalistischen Wirtschaftsordnung, die aus den Macht- und Ausbeutungschancen des privaten Sondereigentums an den Produktionsmitteln und des verbandsmäßig organisierten Eigentümerinteresses hervorgehen, soweit zu kontrollieren vermag, daß man von einer wohlfahrtsstaatlichen Bändigung des Kapitalismus sprechen kann 4 0 .
II. Staat und Wirtschaft 1. Geschichte In der Geschichte der Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsverwaltung lassen sich bei typisierender Vereinfachung drei aufeinanderfolgende Entwicklungsstufen unterscheiden: der Merkantilismus des absolutistischen Staates, der Liberalismus des bürgerlichen Verfassungsstaates und der Wohlfahrtsstaat der parlamentarischen D e m o k r a t i e 4 1 . In diesen Wirtschaftsformen äußern sich der Aufstieg, die Blüte und die A u f l ö s u n g der bürgerlichen Gesellschaft und ihrer kapitalistischen Wirtschaftsweise.
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kel 9 Abs. 3 Grundgesetz, 1970; G. Schwerdtfeger, Unternehmerische Mitbestimmung der Arbeitnehmer und Grundgesetz, 1972 (Rez. ZHR 138, 1974, S. 283); ders., Mitbestimmung in privaten Unternehmen, 1973; E.-J. Mestmäcker, Uber Mitbestimmung und Vermögensverteilung, 1973; Rüthers, Arbeitsrecht und politisches System, 1973, S. 153ff.; Badura, ZFA 5 (1974), S. 357; R. Scholz, Paritätische Mitbestimmung und Grundgesetz, 1974; Hanau, RdA 1975, 23; H.-J. Mertens, RdA 1975, 89; Zacher, in Fs. f. Horst Peters, 1975, S. 223; R. Richardi, ArbR Ggwart 13 (1976); S. 19; P. Badura / F. Rittner / B. Rüthers, Mitbestimmungsgesetz 1976 und Grundgesetz, 1977. - G über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer (MitbestG) vom 4. 5. 1976 (BGBl. I, S. 1153). Sombart, Die Wandlungen des Kapitalismus, SchrVfS 175 (1929), 23; Schumpeter, Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, 2. Aufl., 1950; Sweezy, The Theory of Capitalist Development, 1942; Dobb, Organisierter Kapitalismus, 1966; E. Michel, Sozialgeschichte der industriellen Arbeitswelt, 1947, S. 125f.; R. Geiger, Die Entwicklungstendenzen des Kapitalismus bei Keynes, Schumpeter und Burnham, 1959; Bljumin, Über die moderne bürgerliche politische Ökonomie, 1960; E. Heimann, Soziale Theorie der Wirtschaftssysteme, 1963, S. 201 ff.; Baran, Politische Ökonomie des wirtschaftlichen Wachstums, 1966; Baran / Sweezy, Monopol-Kapital, 1967; Shonfield, Geplanter Kapitalismus, 1968; H. A. Winkler (Hrsg.), Organisierter Kapitalismus, 1974; H. Arndt, Kapitalismus, Sozialismus, Konzentration und Konkurrenz, 1976. F. Lütge, Dt. Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 3. Aufl., 1966; Stolper, Dt. Wirtschaft seit 1870, 2. Aufl., 1966; H. Hausherr, Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit, 4. Aufl. 1970;
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Der Übergang von der auf dem Vorherrschen der agrarischen Produktion beruhenden Naturalwirtschaft des Mittelalters zur neuzeitlichen Verkehrswirtschaft auf der Grundlage von Handel und Gewerbe (Handwerk und Manufaktur) brachte die großräumigen Nationalwirtschaften mit der neuen Herrschaftsform des modernen Staates hervor. Die geldwirtschaftliche Staatsfinanzierung ermöglichte Bürokratie und stehendes Heer, die charakteristischen Voraussetzungen staatlicher Herrschaftsgewalt. Die Einsicht, daß die Blüte der nationalen Wirtschaft, vornehmlich von Handel und Gewerbe, die Grundlage territorialstaatlicher Macht sei, bildete die Richtlinie der merkantilistischen Wirtschaftspolitik. Deren Grundsätze waren außenwirtschaftlich die protektionistische Beschränkung der Einfuhr und das Streben nach einer aktiven Handelsbilanz mit dem Ziel der Autarkie, der Unterstützung der einheimischen Wirtschaft und der Ansammlung eines Edelmetallvorrats." Der Staat suchte Gewerbe und Handel durch vielfältige und sehr ins einzelne gehende Reglementierung, durch Vergabe von Monopolprivilegien für neue Industrien und durch Gründung oder Übernahme zahlreicher Unternehmen anzuregen, zu fördern und zu beeinflussen. Für die kapitalistische Wirtschaftsweise der unter staatlichem Schutz im 17. und 18. Jahrhundert entstandenen und erstarkten Nationalwirtschaften erwies sich die merkantilistische Bevormundung und Reglementierung bald als lähmend. Ebenso wie die politische Theorie der Aufklärung die Staatsidee des Absolutismus in Frage stellte und endlich zerstörte, führte die Wirtschaftstheorie der Aufklärung zur Auflösung der absolutistischen Wirtschaftsform des Merkantilsystems. Die liberale Wirtschaftsidee forderte Freiheit der Wirtschaft vom Staat: Freihandel und Gewerbefreiheit. Gewerbefreiheit bedeutete die Beseitigung aller durch den Staat geschaffenen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Beschränkungen des Gewerbes und des Handels, soweit nicht polizeiliche Rücksichten eine bestimmte Einschränkung rechtfertigten. Dieses Prinzip richtete sich besonders gegen die aus der merkantilistischen Epoche hervorgegangenen monopolistischen Erscheinungen wie die Beherrschung einzelner Wirtschaftszweige durch staatliche Unternehmungen und durch von Monopolprivilegien geschützte Privatunternehmer, gegen
Beutin / Kellenbenz, Wirtschaftsgeschichte, 1973; Treue, Wirtschaftsgeschichte der N e u zeit, 2 Bde., 1973; H. Aubin / W. Zorn, Hrsg., Handbuch der dt. Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Bd. 2: D a s 19. und 20. Jahrh., 1976; R. Engelsing, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Deutschlands, 2. Aufl., 1976; K. Hardach, Wirtschaftsgeschichte Deutschlands im 20. Jahrh., 1976; Wehler, Bibliographie zur modernen dt. Wirtschaftsgeschichte, 1976. — Sombart, Der moderne Kapitalismus, 2. Aufl., 1 9 1 6 - 2 7 ; Heckscher, D e r Merkantilismus, 2 Bde., 1932; Gerloff, Staatstheorie und Staatspraxis des kameralistischen Verwaltungsstaates, 1937; Dobb, Studies in the Development of Capitalism, 1946 (dt.: Entwicklung des Kapitalismus, 1970); Tautscher, Staatswissenschaftslehre des Kameralismus, 1947; Kuczynski, D i e Geschichte der Lage der Arbeiter unter dem Kapitalismus, 4 0 Bde., 1 9 4 8 f f . ; Henle, D Ö V 1963, 525; W. G. Hoffmann, D a s Wachstum der dt. Wirtschaft seit der Mitte des 19. Jhs., 1965; François-Poncet, La Politique Economique d'Allemagne Occidentale, 1970; K. Borchardt, D i e industrielle Revolution in Deutschland, 1972; F. Blaich, Die Epoche des Merkantilismus, 1973.
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ausschließliche Gewerbeberechtigungen und Zwangs- und Bannrechte 4 2 und gegen die Zwangskorporationen der Handwerker (Zünfte) und Kaufleute (Gilden). Der individualistische und rationalistische Grundsatz des Laissez-faire, der im Mittelpunkt der „klassischen" Nationalökonomie des Liberalismus steht, leitet sich aus dem Axiom einer „natürlichen" Ordnung der Wirtschaft ab, die der Staat durch sein Eingreifen nur verwirre. Die Triebfeder des nach den eingestifteten Gesetzen einer Wirtschaftsmechanik, nämlich den Marktgesetzen, funktionierenden wirtschaftlichen Prozesses sei der erwerbsorientierte und rationale Egoismus des homo oeconomicus, der mit seinem individuellen Wirtschaftserfolg zugleich die Prosperität der Nationalwirtschaft und die Befriedigung der sozialen Bedürfnisse bewirke. „Das natürliche Bestreben jedes Menschen, seine Lage zu verbessern, ist, wenn es sich mit Freiheit und Sicherheit geltend machen darf, ein so mächtiges Prinzip, daß es nicht nur allein und ohne alle Hilfe die Gesellschaft zu Reichtum und Wohlstand führt, sondern auch hundert arge Hindernisse überwindet, mit denen die Torheit menschlicher Gesetze es allzuoft zu hemmen suchte" (Adam Smith, An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations, 1776). Die Einführung der Gewerbefreiheit in Preußen erfolgte im Rahmen der SteinHardenbergschen Reformen 4 3 . Aufnahme und Fortsetzung eines Gewerbes waren nunmehr grundsätzlich nur noch von der mit der Entrichtung der Gewerbesteuer gekoppelten Lösung eines Gewerbescheins abhängig gemacht 4 4 . Die Verwirklichung der Gewerbefreiheit und die damit korrespondierende Entwicklung eines Gewerbepolizeirechts kamen in Preußen mit der Allgemeinen Gewerbe-Ordnung vom 17. Januar 1845 45 zum Abschluß, dem unmittelbaren Vorbild der mit zahlreichen Änderungen heute noch geltenden Gewerbeordnung für den norddeutschen Bund vom 21. Juni 1869. Das Allgemeine BergG für die Preußischen Staaten vom 24. Juni 1865 46 löste die Regalität des Berbaus 4 7 durch das Prinzip der Bergbaufreiheit ab.
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Vgl. § § 7 f f . G e w O . - B V e r w G E 3 8 , 2 4 4 ( § 3 9 a S . 1 GewO). E. R. Huber, Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789, Bd. I, 2. Aufl., 1967, S. 200ff.; Koselleck, Preußen zwischen Reform und Revolution, 1967; W. Henke, Das subjektive öffentliche Recht, 1968, S. 15 ff. § 50 (Allgem. Grundsätze über Gewerbepolizei) der Geschäfts-Instruktion für die Regierungen in sämtlichen Provinzen vom 26. 12. 1808 (GS 1 8 0 6 - 1 8 1 0 , S. 481); Edikt über die Einführung einer allgemeinen Gewerbe-Steuer vom 28. 10. 1810 (GS 1810/11, S. 79); G über die polizeilichen Verhältnisse der Gewerbe vom 7. 9. 1811 (GS 1810/11, S. 263). G S S . 41. G S S . 705. W. Ebel, ZfB 109 (1968), S. 146.
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2. Wirtschaftsverfassung Im Zeichen der „Wirtschaftsverfassung" finden die Auseinandersetzungen über die grundlegenden Rechtsfragen der gegebenen Wirtschaftsordnung statt 48 . Seitdem die Weimarer Reichsverfassung in dem besonderen Abschnitt „Das Wirtschaftsleben" (Art. 151 ff.) die überkommenen Institutionen und Freiheiten des liberalen Wirtschaftsrechts durch verschiedenartige sozialistische und sozialreformerische Grundsätze, Einrichtungen und Programme (siehe bes. Art. 151, 156, 165) überformt hatte, stellte sich die Frage nach der verfassungsgestalteten Grundordnung der Wirtschaft und dem Zusammenhang zwischen der „Wirtschaftsverfassung" und der „politischen" Verfassung 49 . Der Ausdruck „Wirtschaftsverfassung" wird in einem engeren und in einem weiteren Sinn gebraucht, je nachdem ob damit die verfassungsrechtlichen Bestimmungen des Grundgesetzes über die Ordnung des Wirtschaftslebens oder das Insgesamt der Rechtssätze, die Organisation und Ablauf des wirtschaftlichen Prozesses grundlegend und dauernd bestimmen, ohne Rücksicht auf ihren Rang als Verfassungs- oder Gesetzesrecht, gemeint sind. Der weitere Begriff der Wirtschaftsverfassung ist unter dem Blickwinkel des betroffenen Gegenstandes, der Wirtschaft, gebildet und orientiert sich demnach daran, welche Rechtssätze und Rechtsinstitute für die reale Ordnung des Wirtschaftens prinzipiell bedeutsam und kennzeichnend sind 50 . In diesem von einer metarechtlichen Fragestellung bestimmten Sinne umfaßt das Wirtschaftsverfassungsrecht unter anderem das AktienG vom 6. September 1965 (BGBl. I, S. 1089), das G gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 27. Juli 1957, jetzt in der Fassung vom 4. April 1974 (BGBl. I, S. 869) und das G zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StabilitätsG) vom 8. Juni 1967 (BGBl. I, S. 582). 48
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E. R, Huber, D Ö V 1956, 97, 135, 172, 200, jetzt in: ders., Bewahrung und Wandlung, 1975, S. 215; ders., Grundgesetz und vertikale Preisbindung, 1968, S. 15ff.; Ballerstedt, G R e I I I / l , S. 1; ders., Art. Wirtschaftsverfassung, EvStL, 2. Aufl., 1975, Sp. 2 9 6 2 ; Nipperdey, Soziale Marktwirtschaft und Grundgesetz, 3. Aufl., 1965; Zacher, in: Fs. f. F. Böhm, 1965, S. 63; Herb. Krüger, V o n der Reinen Marktwirtschaft zur Gemischten Wirtschaftsverfassung, 1966; H. Klein, Die Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, 1968, S. 98ff.; D. Chr. Dicke, Verfassungsrechtl. Möglichkeiten und Grenzen der Wirtschaftslenkung, 1969; Badura, Wirtschaftsverfassung und Wirtschaftsverwaltung, 1971; Scheuner, Einführung, in: ders. (Hrsg.), D i e staatliche Einwirkung auf die Wirtschaft, 1971; R. Schmidt, Wirtschaftspolitik und Verfassung, 1971; W. Thiele, Wirtschaftsverfassungsrecht, 2. Aufl., 1975; Badura, JuS 1976, 205; P. Saladin / H.-J. Papier, V V D S t R L 35 (1977), S. 7ff.; M. Schmidt-Preuß, Verfassungsrechtl. Zentralfragen staatl. Lohn- und Preisdirigismen, 1977; F. Gygi, D i e schweizer. Wirtschaftsverfassung, 2. Aufl., 1978. E. R. Huber, D a s Deutsche Reich als Wirtschaftsstaat, 1931; L. Raiser, in: Fs. f. Julius von Gierke, 1950, S. 181; C. Schmitt, Verfassungsrechtliche Aufsätze, 1958, S. 489; E.-J. Mestmäcker, in: SchrVS N F 7 4 / 1 , 1973, S. 183, und Z H R 137 ( 1 9 7 3 ) , S. 97; H. H. Rupp, Grundgesetz und „Wirtschaftsverfassung", 1 9 7 4 (Rez. Z H R 139 [1975], S. 281). Ballerstedt a. a. O.; G. Gutmann / H.-J. Hochstrate / R. Schlüter, D i e Wirtschaftsverfassung der Bundesrepublik Deutschland, 1964; Schluep, in: Fs. f. Hug, 1968, S. 25, 77 ff.
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a) Die „ Wirtschaftsverfassung" des Grundgesetzes: Der engere Begriff der Wirtschaftsverfassung wirft die Frage auf, welche Regelungen das G G , das im Unterschied zur W R V und zu einigen älteren Landesverfassungen (insbesondere Bayern, Hessen) ausdrücklicher und zu einer äußeren Einheit zusammengefaßter Bestimmungen über das Wirtschaftsleben entbehrt, über die Aufgaben und Befugnisse des Staates zur Ordnung und Beeinflussung des wirtschaftlichen Prozesses trifft, und ob die getroffenen Regelungen sich zu einer besonderen „Wirtschaftsverfassung" des G G zusammenfügen. Die Kernfrage der Auseinandersetzungen über die „Wirtschaftsverfassung" des GG ist, welche Grenzen die Verfassung der wirtschaftspolitischen Gesetzgebung setzt. Weder die These Nipperdeys von der verfassungsrechtlichen Institutionalisierung der „sozialen Marktwirtschaft", die in erster Linie auf der sehr angreifbaren Annahme einer Gewährleistung der Institutionen des Wettbewerbs und der Gewerbefreiheit durch die Freiheitsrechte der Art. 2 I und 1 2 1 G G beruht, noch die polemisch gegen eine Absicherung der ordoliberalen Wirtschaftspolitik durch einseitige Verfassungsauslegung gerichtete These Herbert Krügers, daß der Staat zwar nach Maßgabe der Verfassung okkasionell und pragmatisch in das Wirtschaftsgeschehen eingreifen, sich dabei aber nicht auf ein bestimmtes Wirtschaftssystem festlegen dürfe, weil dem die relativistische Grundlinie der Demokratie entgegenstehe, haben sich durchzusetzen vermocht. Die These Ernst Rudolf Hubers von der „gemischten Wirtschaftsverfassung" sieht im G G ein spannungsvolles Gleichgewicht und einen durchdachten Ausgleich von grundrechtlichen Wirtschaftsfreiheiten und unterschiedlichen Sozialbindungen, die der Gesetzgeber unter Ausnutzung der Gesetzesvorbehalte durch seine gesamtwirtschaftliche Gestaltungsmacht verwirklichen dürfe, garantiert. Diese Auffassung entgeht zwar dem Vorwurf, das sozialstaatliche Prinzip zu vernachlässigen, verzichtet aber nicht darauf, eine besondere „Wirtschaftsverfassung" von der politischen Verfassung zu distanzieren, und gibt damit, daß sie die marktwirtschaftliche Unternehmensfreiheit als den „wirtschaftsverfassungsrechtlichen Normaltatbestand" postuliert, zu erkennen, daß sie an der liberalen Subsidiarität der wirtschaftspolitischen Intervention des Staates als Grundsatz festhält. Die durch die im G G rezipierte Verfassungsidee des sozialen Rechtsstaates verfassungsrechtlich verankerte Verantwortung des Staates für die Herstellung und Wahrung der sozialen Gerechtigkeit in Gesellschaft und Wirtschaft 5 1 und die zur fortdauernden Verwirklichung dieses Staatsziels und seiner Verheißungen durch evolutionäre Sozialgestaltung unabdingbare Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers finden in der die Praxis des BVerfG seit dem Urteil zum InvestitonshilfeG beherrschenden These von der „wirtschaftspolitischen Neutralität" des G G ihre sachge-
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E. Forsthoff / O. Bachof, V V D S t R L 12 (1954), S. 8ff., 37ff.; E. R. Huber, Rechtsstaat und Sozialstaat in der modernen Industriegesellschaft (1962), in: E. R. Huber, Nationalstaat und Verfassungsstaat, 1965, S. 249; W. Weber, Staat 4 (1965), S. 409; Badura, D Ö V 1968, 446; E.-W. Böckenförde, Entstehung und Wandel des Rechtsstaatsbegriffs, in: Fs. f. A . Arndt, 1969, S. 53; Barion, D Ö V 7 0 , 1 5 ; K. Stern, Staatsrecht, 1977,1, § 21.
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rechte Berücksichtigung 52 . Das G G ist danach in dem Sinn neutral, daß der Gesetzgeber jede ihm sachgemäß erscheinende Wirtschaftspolitik verfolgen darf, sofern er dabei die bundesstaatliche Kompetenzverteilung, den sozialstaatlichen Auftrag, die rechtsstaatlichen Verfassungsgrundsätze und die grundrechtlichen Gewährleistungen beachtet. Die etwas mißverständliche Formel von der wirtschaftspolitischen „Neutralität" des Grundgesetzes betont die Gestaltungsfreiheit des parlamentarischen Gesetzgebers, darf aber angesichts der verfassungsrechtlichen Bindungen nicht als wirtschaftsverfassungsrechtliche Inhalts- oder Entscheidungslosigkeit des Grundgesetzes verstanden werden. Das Grundgesetz enthält Festlegungen, Garantien, Rechte und Freiheiten mit wirtschaftsverfassungsrechtlicher Tragweite, so in der Berufsfreiheit, in der Eigentumsgarantie und in der Koalitionsfreiheit, es zeigt aber eine deutliche Zurückhaltung in Fragen der Wirtschaftsordnung und -gestaltung. Der Sozialstaatssatz hebt die Verantwortung des Staates für die soziale Gerechtigkeit als eine vordringliche Staatsaufgabe hervor und gibt damit der Gesetzgebung, mit der dieser Aufgabe durch Schutz, Leistungen und Sozialgestaltung nachgekommen wird, eine ausdrückliche verfassungsrechtliche „Legitimation". Vorsorge und Fürsorge, Schutz und Ausgleich zugunsten derjenigen, die durch Benachteiligung, Abhängigkeit oder sonstige Behinderung die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein nicht selbst zu sichern vermögen oder sonst eines besonderen Schutzes für ihre persönliche und soziale Entfaltung bedürfen, sind danach staatliche Verpflichtung 53 . Die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat die Reichweite des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 I GG) mit Hilfe des Sozialstaatssatzes verstärkt 5 4 und ebenso kraft dieses Verfassungssatzes eine teilhaberechtliche Ergänzung grundrechtlicher Garantien zur Sicherung der Bedingungen von Freiheitsrechten angedeutet 5 5 . Der Sozialstaatssatz betrifft jedoch nicht nur den Ausgleich von Schutz- und Hilfsbedürftigkeit und die Sicherung sozialer Chancengleichheit und Verteilungsgerechtigkeit, sondern auch die gesellschaftspolitische Gesetzgebung im Bereich der Wirtschaftsund Arbeitsverfassung. So ist es „für das ganze Volk von entscheidender Bedeutung" und gehört es „zu der dem Staat obliegenden, ihm durch das Gebot der Sozialstaatlichkeit vom Grundgesetz auch besonders aufgegebenen Daseinsvorsorge", daß „die Arbeitslosigkeit auf der einen Seite und der Mangel an Arbeitskräften auf der anderen Seite gemindert und behoben werden" 5 6 . In der Verfolgung der sozialstaatlichen Ziele bleibt allerdings die gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit und ebenso die Bindung des Gesetzgebers an die Grundsätze, Rechte und Freiheiten der Verfassung bestehen. Das Grundgesetz hat sich nicht für eine 52
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BVerfGE 4, 7/17f.; 7, 377/400; 12, 341/347; 14, 19/23; 14, 263/275; 22, 180/204; 26, 16/37; 27, 253/283; 32, 273. - Badura, AöR 92 (1967), S. 382; W.Schreiber, Das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes in der Praxis der Rechtsprechung, 1972. BVerfGE 35,202/236; 35,348/355; 40,121/133; 44,353/375. BVerfGE 4 2 , 1 7 6 u. ö. BVerfGE 33,303/331. - f . Badura, Staat 14 (1975), S. 17,32ff. BVerfGE 21,245/251.
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bestimmte Wirtschaftsordnung oder für ein bestimmtes Wirtschaftssystem entschieden und legt daher auch den Gesetzgeber nicht auf bestimmte wirtschaftspolitische Auffassungen fest. Weder ist die bestehende Wirtschaftsordnung oder eine einmal eingeschlagene Wirtschaftspolitik gewährleistet, noch ist eine bestimmte erst noch zu verwirklichende Wirtschaftsvorstellung verfassungsrechtlich gefordert. Die Verfassung garantiert nicht eine nur mit „marktkonformen" Mitteln zu steuernde „soziale Marktwirtschaft" und schreibt dem Gesetzgeber nicht eine wirtschaftspolitische Neutralität vor. Sie birgt nicht eine bestimmte, durch Gesetz nur zu konkretisierende „Wirtschaftsverfassung". b) Die staatliche Verantwortung für das „gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht"; Stabilitätsgesetz: Da das G G den Gesetzgeber auf das sozialstaatliche Verfassungsprogramm verpflichtet hat und so Ziel und Richtung der Wirtschaftspolitik der gesetzgeberischen Disposition entzieht, kann sich der Grundsatz der „wirtschaftspolitischen Neutralität" des G G nur auf die Art und Weise der Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit, auf die Mittel der Wirtschaftspolitik beziehen 57 . Hinsichtlich dieser Mittel hat die Neufassung des Art. 109 G G durch das 15. G zur Änderung des GG vom 8. Juni 1967 (BGBl. I, S. 581) insofern eine Verdeutlichung des Wirtschaftsverfassungsrechts bewirkt, als mit der Festlegung der staatlichen Verantwortung für das „gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht" das an sich bereits vom Sozialstaatssatz umfaßte Mandat zur Konjunkturpolitik ausdrücklich bekräftigt wird. Die Bedeutung des Art. 109 G G erschöft sich nicht in der konjunkturpolitischen Einbindung der Haushalts- 58 und Finanzpolitik, in der sozialstaatlich bedingten Fortentwicklung der bundesstaatlichen Struktur 5 9 und in der Ausrichtung der kommunalen Finanzhoheit an den konjunkturpolitischen Erfordernissen 60 . Folgerichtig greift das auf Grund Art. 109 G G erlassene Stabilitätsgesetz61 über den haushalts- und finanzwirtschaftlichen Verfassungsauftrag hinaus und bin57 58
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BVerfGE 22,180. D i e Anpassung des Haushaltsrechts an die Grundsätze einer konjunkturgerechten Haushaltswirtschaft war eines der Hauptziele der mit dem HaushaltsgrundsätzeG vom 19. 8. 1969 (BGBl. I S. 1273) und der B H O vom 19. 8. 1969 (BGBl. I S. 1284) verwirklichten Haushaltsreform (BTag Drucks. V / 3 0 4 0 ) . - W. Patzig, VerwArch 58 (1967), S. 1; Hüttl, DVB1. 1968, 673; Piduch, Bundeshaushaltsrecht, 1969ff.; Friauf/ Wagner, V V D S t R L 27 (1969), S. 1 ff., 4 7 f f . ; Henle, D Ö V 1970, 289; A. Leicht, D i e Haushaltsreform, 1970; W. Patzig / Th. Trabert, Haushaltsrecht des Bundes und der Länder, 1 9 7 0 f f . ; H. C. Korff, Haushaltspolitik, 1975; Strickrodt, Finanzrecht, 1975. Siehe die Abschnitte Bund und Länder bzw. Bund, Länder und Gemeinden in den Finanzberichten 1970ff. - Köngen, in: Fs. f. H. Muthesius, 1960, S. 19; ders., A f K 5 ( 1 9 6 6 ) , S. 1; F. Weller, Wirtschaftspolitik und föderativer Staatsaufbau in der B R D , 1967; Spanner, in: Fg. fürTh. Maunz, 1971, S. 375. Stern, Konjunktursteuerung und kommunale Selbstverwaltung, Verh. d. 47. DJT, 1968,1, E ; Eisner, D Ö V 1968, 520; R. Grawert, V V D S t R L 36 (1978), S. 2 7 7 , 2 9 5 f f . Gutachten über die Finanzreform in der Bundesrep. Dtl., 1966; dazu: Henle, D Ö V 1966, 608. - K. Stern / P. Münch / K.-H. Hansmeyer, Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft, 2. Aufl. 1973; A. Möller (Hrsg.), Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft, 2. Aufl. 1969; Zuck, JZ 1967, 694;
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det Bund und Länder nicht nur bei ihren finanziellen, sondern auch bei ihren wirtschaftspolitischen M a ß n a h m e n an die in Art. 109 G G nur angedeuteten, in § 1 StabG genauer angegebenen Grundsätze der Konjunktur- und Wachstumspolitik. D a s StabG begründet Ermächtigungen und Verpflichtungen des Bundes, der Länder und der Gebietskörperschaften zu einer antizyklischen Beeinflussung der Nachfrage durch M a ß n a h m e n der Haushalts-, Finanz- und Steuerpolitik. D i e in § 1 StabG näher ausgeformte Richtlinie des Art. 109 Abs. 2 G G zur Wahrung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts verpflichtet Parlament und Regierung, ist aber nicht eine Grundlage für individuelle Ansprüche 6 2 . Durch das StabG sind auch eine Anzahl von Vorkehrungen zur Vorbereitung und Unterstützung der konjunkturpolitischen M a ß n a h m e n getroffen, so die Verpflichtung der B R e g zur Vorlage eines Jahreswirtschaftsberichts (§ 2 ) 6 3 und zur Aufstellung v o n Orientierungsdaten für ein gleichzeitiges aufeinander abgestimmtes Verhalten („konzertierte A k t i o n " ) der Gebietskörperschaften, Gewerkschaften und U n t e r n e h m e n s verbände zur Wahrung der Ziele des § 1 (§ 3 ) 6 4 , die Errichtung eines Konjunkturrates für die öffentliche Hand bei der B R e g (§ 18), die Verpflichtung des Bundes und der Länder zu einer fünfjährigen Finanzplanung (§§ 9, 10, 14; §§ 5 0 f f . H G r G ) 6 5 und die Verpflichtung der B R e g zur Vorlage zweijähriger Subventionsberichte (§ 12 Abs. 2) 6 6 . D i e vorgesehenen M a ß n a h m e n der antizyklischen Haus-
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Wilke, AöR 93 (1968), S. 270; Stachels, Das Stabilitätsgesetz im System des Regierungshandelns, 1970; Scheuner, in: ders. (Hrsg.), Die staatliche Einwirkung auf die Wirtschaft, 1971, S. 64ff.; ders., in: Fs. f. Hans Schäfer, 1975, S. 109; R. Schmidt, Wirtschaftspolitik und Verfassung, 1971, S. 147ff.; Vogel / Wiebel, BonnKomm. Zweitbearb. Art. 109, 1971; Wiebel, Wirtschaftslenkung und verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz des Wirtschafters nach dem Erlaß des Stabilitätsgesetzes, 1971; Matzerath, AfK 11 (1972),' S. 243; K. Vogel, Finanzverfassung und politisches Ermessen, 1972; Schechinger, Konjunkturrat und Finanzplanungsrat, 1973; P. Badura, in: Fs. für H. P. Ipsen, 1977, S. 367; W. Patzig, DBV1.1977, 841. Scheuner, in: Fs. f. Hans Schäfer, 1975, S. 109/113. Jahreswirtschaftsbericht 1978 der BReg. BTag Drucks. 8/1471. - D a z u : Jahresgutachten 1977/78 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, BTag Drucks. 8/1221. Biedenkopf, BB 1968, 1005; Schlecht, Konzertierte Aktion als Instrument der Wirtschaftspolitik, 1968; Molsberger, Ordo XXI (1970), S. 167; E. Hoppmann (Hrsg.), Konzertierte Aktion, 1971; R. Schmidt a. a. O. S. 197ff.; Chr. Böckenförde, Staat 11 (1972), S. 367. Zuerst: Beschluß der BReg vom 6. 7. 1968 über die Finanzplanung des Bundes bis 1971 (Bulletin 1968, Nr. 73); zuletzt: Der Finanzplan des Bundes 1977 bis 1981, BTag Drucks. 8/951. Siehe auch die jeweiligen Darstellungen in den Finanzberichten 1970 ff. W. Grund, in: /. H. Kaiser (Hrsg.), Planung III, 1968, S. 47; Hettlage, FinArch 27 (1968), S. 235; H. Fischer-Menshausen, Mittelfristige Finanzplanung und Haushaltsrecht, in: Probleme der Haushalts- und Finanzplanung, 1969, S. 56; K. Schmidt / E. Wille, Die mehrjährige Finanzplanung - Wunsch und Wirklichkeit, 1970; Zavelberg, Verwaltung 1970, S. 283; Badura, in: Fg. f. Theodor Maunz, 1971, S. 1; Zunker, Finanzplanung und Bundeshaushalt, 1972. Sechster Subventionsbericht betr. 1975 bis 1978, BTag Drucks. 8/1195.
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halts- und Finanzpolitik bestehen in einer Manipulierung der haushaltswirtschaftlichen A u s g a b e n mit Hilfe von Konjunkturausgleichsrücklagen und Kreditaufnahm e n (§§ 5 - 8 , 13, 14, 15) 6 7 und in Kreditlimitierungen zu Lasten der öffentlichen Haushalte (§§ 19ff.). Im Interesse eines antizyklischen Einsatzes der Steuergewalt im R a h m e n der E i n k o m m e n - und Körperschaftsteuer ermächtigt das StabG zur Begünstigung bestimmter Investitionen durch Steuerabzüge und zur befristeten Senkung des Steuersatzes bis zu 10%, um die Konjunktur anzuregen, und zum Ausschluß bestimmter Abschreibungsformen und zur befristeten H e b u n g des Steuersatzes bis zu 10%, um die Konjunktur zu dämpfen (§§ 2 6 Nr. 3 , 2 7 ) . c) Das europäische Wirtschaftsrecht: Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsverwaltung werden in z u n e h m e n d e m M a ß e auch durch das Recht der Europäischen Gemeinschaften68 und die politischen und administrativen Maßnahmen der Gemeinschaftsorgane bestimmt 6 9 . D e r europäische G e m e i n s a m e Markt beruht nicht nur auf einer Zollunion, in der die Beschränkungen des Handelsverkehrs
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Konjunkturförderungsprogramme gem. §§ 6 Abs. 2, 8 StabG: Sonderprogramm zur regionalen Abstützung der Beschäftigung vom 4. 10. 1974, BTag Drucks. 7/2589 (950 Mill. DM); Zusätzliche Bundesausgaben zur Förderung der Konjunktur, Programm vom 12. 12. 1974, BTag Drucks. 7/2978 (1,73 Mrd. DM); Programm zur Stärkung von Bauund anderen Investitionen vom 28. 8. 1975, BTag Drucks. 7/4013 (3,15 Mrd. DM). Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 25. 3. 1957 (BGBl. 1957 II, S. 766); Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. 4. 1951 (BGBl. 1952 II, S. 447); Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft vom 25. 3. 1957 (BGBl. 1957 II, S. 1014); Abkommen über gemeinsame Organe für die europäischen Gemeinschaften vom 25. 3. 1957 (BGBl. 1957 II, S. 1156); Vertrag zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 8. 4. 1965 (BGBl. 1965 II, S. 1454); Beschluß des Rates der Europ. Gemeinschaften vom 21. 4. 1970 über die Ersetzung der Finanzbeiträge der Mitgliedstaaten durch eigene Mittel der Gemeinschaften (BGBl. II, S. 1261) und Verordnung Nr. 2/71 vom 2. 1. 1971 zur Durchführung dieses Beschlusses (Abi. Nr. L 3/1); Vertrag vom 22. 4. 1970 zur Änderung bestimmter Haushaltsvorschriften der Verträge etc. (BGBl. II, S. 1282); Vertragswerk vom 22. 1. 1972 über den Beitritt Dänemarks, Irlands und des Vereinigten Königreichs (ursprünglich auch Norwegens) zu den Europäischen Gemeinschaften (BGBl. II, S. 1127, 1144); Vertrag zur Änderung bestimmter Finanzvorschriften der Verträge zur Gründung der Europ. Gemeinschaften und des Vertrages zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europ. Gemeinschaften vom 22. Juli 1975 (BGBl. 1976 II, S. 1326). Uber Recht und Praxis der Europ. Gemeinschaften unterrichten die halbjährigen Berichte der BReg über die Integration in den Europ. Gemeinschaften, zuletzt für Oktober 1977 bis März 1978, BTag Drucks. 8/1762. Siehe weiter Jahresbericht über die Wirtschaftslage der Gemeinschaft 1977 und Festlegung der wirtschaftspolitischen Leitlinien für 1978, BTag Drucks. 8/1203; Wirtschafts- und währungspolitisches Aktionsprogramm 1978, BTag Drucks. 8/1619. Die Finanzwirtschaft der Europ. Gemeinschaften ist dargestellt im Finanzbericht 1975, S. 57 ff. - H. P. Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1972; Chr. Runge, Einführung in das Recht der Europ. Gemeinschaften, 2. Aufl.,
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durch Zölle und Kontingente zwischen den Mitgliedstaaten beseitigt, die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und die Freiheit des Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs hergestellt werden und eine gemeinsame Handelspolitik gegenüber Drittstaaten stattfindet, sondern darüber hinaus auf einer Wirtschaftsunion, in der selbständige Gemeinschaftsorgane mit eigenen wirtschaftspolitischen und wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Aufgaben und Befugnissen bestehen, in der die nicht den Gemeinschaftsorganen zugewiesenen Funktionen der Wirtschaftspolitik koordiniert werden, in der die Gemeinschaftsorgane supranationale Befugnisse der Rechtsetzung und der Rechtsverwirklichung besitzen und in der eine Vereinheitlichung des für den wirtschaftlichen Prozeß wesentlichen nationalen Rechts, insbesondere des Wirtschafts- und Steuerrechts, angestrebt wird. Die Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften sind supranational in dem Sinn, daß die von den Gemeinschaftsorganen auf Grund der Ermächtigungen in den Gründungsverträgen („primäres Gemeinschaftsrecht") erlassenen Rechtssätze („sekundäres Gemeinschaftsrecht"), unter denen die Verordnungen des Rates auf Grund des EWG-Vertrages (Art. 189 II E W G V ) im Vordergrund stehen, ohne einen besonderen Rechtsanwendungsbefehl der nationalen Parlamente für alle Angehörigen der Mitgliedstaaten unmittelbar verbindlich sind und in ihrem Rang den nationalen Rechtssätzen vorgehen und als die Wirtschaftsverwaltungsakte der Kommission für die Adressaten ebenfalls unmittelbar verbindlich sind. Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts gilt nach der Rechtsprechung des E u G H auch gegenüber dem nationalen Verfassungsrecht, so daß es den nationalen Gerichten verwehrt ist, Gemeinschaftsrecht aus dem Grund unanwendbar zu lassen, daß Grundrechte des nationalen Verfassungsrechts verletzt seien 70 . Grundrechte können insofern vor dem E u G H gegen sekundäres Gemeinschaftsrecht ins Feld geführt werden, als das
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1975; Cartou, Europäische Organisation, 2. Aufl., 1973; Pescatore, L'ordre juridique des Communautés Europénnes, 2. Aufl., 1973 H. von der Groeben / H. von Boeckh / J. Thiesing, Kommentar zum EWG-Vertrag, 2. Aufl., 1974; K. Lipstein, Law of the European Economic Community, 1974; A. Bleckmann, D a s Recht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, 1978. H, P. Ipsen, Der dt. Jurist und das europ. Gemeinschaftsrecht, Verh. d. 45. DJT, 1964, II/L; ders., in: Fs. f. Ulrich Scheuner, 1973, S. 211; J. H. Kaiserl P. Badura, V V D S t R L 23 ( 1 9 6 6 ) , S. 1 ff.; 34ff.; Fuß, D i e Europ. Gemeinschaften und der Rechtsstaatsgedanke, 1967; Pescatore, EuR 5 ( 1 9 7 0 ) , S. 307; Randelzhofer, Z H R 135 (1971), S. 237; H. von der Groeben / E.-J. Mestmäcker (Hrsg.), Ziele und Methoden der europ. Integration, 1972 (auch als Taschenbuch, 1973); Riklin, D i e Europ. Gemeinschaft im System der Staatenverbindungen, 1972; Sattler, D i e Europ. Gemeinschaften an der Schwelle zur Wirtschafts- und Währungsunion, 1972; Steindorff, in: Fs. f. Walther Kastner, 1972, S. 475; Hellmann / Molitor, Textsammlung zur Wirtschafts- und Währungsunion der E W G , 1973; Oetting, Bundestag und Bundesrat im Willensbildungsprozeß der Europ. Gemeinschaften, 1973; Bieber, NJW 1974, 2170; Everling, Staat 13, 1974, S. 73; Oppermann, JuS 1974, 484; Rengeling, E u R 1974, S. 216; J. Schwarze, D i e Befugnis zur Abstraktion im Europ. Gemeinschaftsrecht, 1976; L.-J. Constantinesco, Recht der Europ. Gemeinschaften I, 1977; H.-W. Rengeling, Rechtsgrundsätze beim Verwaltungsvollzug des Europäischen Gemeinschaftsrechts, 1977; Chr. Tomuschat / R. Schmidt, V V D S t R L 36 (1978), S. 7, 65. E u G H E X , 1251; XV, 13; XVI, 1125; E u G H D Ö V 1 9 7 3 , 4 1 0 u n d J Z 1 9 7 8 , 5 1 2 .
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geschriebene und ungeschriebene (primäre) Gemeinschaftsrecht die rechtsstaatlichen Garantien und die individuellen Grundfreiheiten als allgemeine Rechtsgrundsätze umschließt 71 . Abweichend davon ist nach Auffassung des BVerfG die Anwendung sekundären Gemeinschaftsrechts durch deutsche Gerichte und Behörden als Ausübung deutscher Staatsgewalt auch an das Grundgesetz gebunden und ist das Gemeinschaftsrecht, wenn es Grundrechte verletzt, durch ein Gericht nicht anzuwenden, solange der Integrationsprozeß der Gemeinschaft nicht so weit fortgeschritten ist, daß das Gemeinschaftsrecht auch einen von einem Parlament beschlossenen und in Geltung stehenden formulierten Katalog von Grundrechten enthält, der dem Grundrechtskatalog des Grundgesetzes adäquat ist 72 . Kommt ein Gericht zu der Überzeugung, daß eine Norm des sekundären Gemeinschaftsrechts gegen Grundrechte des Grundgesetzes verstoße, ist nach Einholung einer Vorabentscheidung des E u G H eine Vorlage zum BVerfG in entsprechender Anwendung des Art. 1001 GG zulässig und notwendig. Die Rechtsakte der Gemeinschaften sind der nationalen Gerichtsbarkeit nach Maßgabe des Art. 177 E W G V (Art. 41 EGKSV; Art. 150 E A G V ) , das sekundäre Gemeinschaftsrecht ist, weil nicht von deutscher öffentlicher Gewalt abgeleitet, der Normenkontrollgewalt des BVerfG entzogen 7 3 . Der Rechtsschutz gegen Akte der Gemeinschaftsorgane liegt in der Hand des Europäischen Gerichtshofs (Art. 164ff. EWGV, Art. 31 ff. EGKSV, Art. 136ff. EAGV) 7 4 . Zur Entscheidung der Frage, ob ein Gesetz oder ein sonstiger innerstaatlicher Rechtssatz mit einer vorrangigen Bestimmung des Gemeinschaftsrechts unvereinbar und deshalb ganz oder teilweise nicht anwendbar ist, ist das jeweils zuständige Gericht kraft des richterlichen Prüfungsrechts und vorbehaltlich einer Vorabentscheidung des E u G H (Art. 177 EWGV) 7 5 berufen; das BVerfG ist dafür - vorbehaltlich des 71
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E u G H E XV, 419; XVI, 1125; E u G H DVB1. 1974, 672. - Kropholler, EuR 4 ( 1 9 6 9 ) , S. 128; G. Zieger, D a s Grundrechtsproblem in den Europ. Gemeinschaften, 1970; H. Lecheler, D e r Europ. Gerichtshof und die allgemeinen Rechtsgrundsätze, 1971; Benäa/ Klein, DVB1. 1974, 389; R. Riegel, A ö R 102 (1977), S. 4 1 0 , 4 2 2 f f . ; D i e Grundrechte in der Europ. Gemeinschaft, Schriftenreihe des Arbeitskreises Europäische Integration e . V . , Bd. 2 , 1 9 7 8 . B V e r f G E 37, 271. Dazu die Kritik von Ipsen, E u R 10 (1975), S. 1, und Scheuner, A ö R 100 ( 1 9 7 5 ) , S. 30. B V e r f G E 22, 293. Steindorff, Rechtsschutz und Verfahren im Recht der europ. Gemeinschaften, 1964; Ehle, Klage- und Prozeßrecht des EWG-Vertrages, 1965ff.; Riese, E u R 1 (1966), S. 24; Ule, Verh. d. 46. DJT, 1966, 1/4; Gutsche, D i e Bindungswirkung der Urteile des Europ. Gerichtshofes, 1967; Brinkhorst / Schermers, Judical Remedies in the European Communities, 1969; Green, Political Integration by Jurisprudence, 1969; Nicolaysen, EuR 1972, S. 375; Riegel, BayVBl. 1975, 10; M. Wegmann, D i e Nichtigkeitsklage Privater gegen Normativakte der Europ. Gemeinschaften, 1976. E u G H E XI, 8; X V , 309; B V e r w G E 21, 2 7 9 / 2 8 4 ; 36, 3 3 / 4 4 . - Tomuschat, D i e gerichtl. Vorabentscheidung nach den Verträgen über die Europ. Gemeinschaften, 1964; Ule, DVB1. 1967, 1; Daig, E u R 3 (1968), S. 259, 371; Pescatore, DVB1. 1971, 351; Schwarz, StuW 1971, 62; Eyermann / Fröhler, V w G O , 7. Aufl., 1977, Anh. § 4 0 , RNrn. 2 9 f f . , 39ff.; K. Feige, A ö R 100 (1975), S. 530.
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Falles einer Grundrechtsverletzung 7 6 - nicht gemäß Art. 100 Abs. 1 G G zuständig". Die selbständigen Befugnisse der Gemeinschaftsorgane und die unmittelbar durch die Verträge begründeten Rechte und Pflichten der einzelnen ergeben eine eigene Wirtschaftsverfassung der Europäischen Gemeinschaften 7 8 . Dem Grundmuster entsprechend, das die Verfassungs- und Wirtschaftsordnungen der Mitgliedstaaten aufweisen, verbindet die europäische Wirtschaftsverfassung die Grundsätze einer privatwirtschaftlich und marktwirtschaftlich arbeitenden Wettbewerbswirtschaft mit Regelungen, die der sozialstaatlichen Ordnung, Beeinflussung und Lenkung des wirtschaftlichen Prozesses dienen. Wie Ziele und Aufgaben der Gemeinschaften zeigen (Art. 2, 3 E W G V ; Art. 2, 3 EGKSV; Art. 1, 2 E A G V ) , ist eine teilweise Vergemeinschaftung der Wirtschaftsfreiheiten auf der einen Seite und der an sich staatlichen Ordnungs- und Gestaltungsaufgaben auf der anderen Seite erfolgt. Die im primären Gemeinschaftsrecht niedergelegten Rechte und Freiheiten des gemeinsamen Marktes besitzen unmittelbare Wirkungen in den Rechtsbeziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den einzelnen, soweit sie nicht einer rechtlichen Ausformung durch weitere Normativakte der Gemeinschaftsorgane bedürfen 7 9 . Die einzelnen können sich vor den nationalen Gerichten auf diese Rechte berufen, die durch die Bestimmungen über den freien Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr, die Niederlassungsfreiheit, die Freizügigkeit, die Diskriminierungsverbote und die Gleichbehandlung männlicher und weiblicher Arbeitnehmer begründet sind. In dem zur Schaffung und Ordnung des gemeinsamen Marktes erforderlichen Umfang sind die wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischen Funktionen einer übernationalen Erledigung anvertraut. Einen wichtigen Bereich der Ordnungspolitik betrifft das europäische Wettbewerbsrecht (Art. 85 ff. E W G V ; Art. 65 ff. EGKSV). Wirtschaftslenkende Aufgaben und Befugnisse der Gemeinschaftsorgane bestehen vornehmlich im Rahmen der landwirtschaftlichen Marktordnungen (Art. 40 EWGV) 8 0 , im Bereich der
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B V e r f G E 37, 271. Siehe Anm. 72. 77 B V e r f G E 31, 145: E u G H JZ 1978, 512. Ophüls, Z H R 124 (1973), S. 136; Everling, D i e Koordinierung der Wirtschaftspolitik in der Europ. Wirtschaftsgemeinschaft als Rechtsproblem, 1964; ders., E u R 3 ( 1 9 6 8 ) , S. 175; ders., in: Fs. f. Ludwig Raiser, 1974, S. 379; Burghardt, D i e Eigentumsordnungen in den Mitgliedstaaten und der EWG-Vertrag, 1969; Scherer, D i e Wirtschaftsverfassung der E W G , 1970; K. Feige, D e r Gleichheitssatz im Recht der E W G , 1973; Sasse, WiR 1973, S. 30; Hanau, EuR 9 (1974), S. 197; R. Riegel, D a s Eigentum im europ. Recht, 1975; Scheuing, JZ 1975, 151; M. Zuleeg, in: Wirtschafts- und gesellschaftspolitische Ordnungsprobleme der Europ. Gemeinschaften, Schriftenreihe des Arbeitskreises Europäische Integration e. V., 1978, Bd. 1, S. 73. D e r E u G H hat diese unmittelbare Geltung des Vertragsrechts extensiv entwickelt: E u G H E IX, 1; XIV, 679; X X , 631; XXII, 455. Gesetz zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisation vom 31. 8. 1972 (BGBl. I, S. 1617); Gesetz über die Neuorganisation der Marktordnungsstellen vom 23. 6. 1976 (BGBl. I, S. 1608). Zur Durchführung der Regulierungen des Agrarmarktes ist die Bundesanstalt für landwirtschaftliche Marktordnung errichtet worden (Satzung vom 28. 6. 1976, BGBl. I, S. 1693). - B V e r f G E 34, 348; BVerfG NJW 1977, 2024;
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Montanwirtschaft, z.B. Investitionskontrolle (Art.54 V FGKSV) und Preisfestsetzungen (Art. 61 EGKSV), und in Gestalt des Versorgungsmonopols der E U R ATOM-Agentur und des Kernbrennstoffeigentums der E U R A T O M (Art. 52ff., 86 ff. E A G V ) . Die Handelspolitik gegenüber Drittländern fällt in die alleinige Zuständigkeit der Organe der EWG (Art. 113 EWGV) 8 1 . Darüber hinaus kommt den Gemeinschaftsorganen in dem Maß eine Handlungs- und Vertragsschlußkompetenz gegenüber Drittländern zu, als entsprechende interne Entscheidungsbefugnisse bestehen 8 2 . 3. Gesetzgebung und Regierung auf dem Gebiet der Ordnung und Beeinflussung der Wirtschaft Die Wirtschaftspolitik kann nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nur dadurch für die Verwaltungsunterworfenen rechtlich verbindlich werden, daß durch Gesetz oder auf Grund Gesetzes, d. h. durch Rechtsverordnung oder Verwaltungsakt, Berechtigungen oder Verpflichtungen begründet, geändert oder aufgehoben werden. Das in Bindung an die Verfassung zustandekommende Gesetz bestimmt das Bestehen und den Inhalt der individuellen Rechte und Pflichten. Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes haben aber auch die verfassungsstrukturelle Bedeutung, das demokratisch und rechtsstaatlich gebotene Übergewicht des Parlaments gegenüber der regierenden und verwaltenden Exekutive zu sichern 83 . Für diesen verfassungsstrukturellen Gesichtspunkt sind das Vorhandensein und der Umfang eines selbständigen, d. h. einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung nicht bedürftigen politischen und administrativen Mandats der Exekutive nicht allein davon abhängig, ob eine bestimmte Maßnahme einen „Eingriff" in individuelle Rechtspositionen bewirkt.
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B V e r w G E 31, 279; 35, 268; B G H DVB1. 1977, 102; V. Götz, JZ 1963, 157, 265; ders., NJW 1968, 1545; Agarrecht der E W G , Kölner Schriften zum Europarecht, Bd. 10, 1969; Leitolf, D a s Einwirken der Wirtschaftsverbände auf die Agrarmarktorganisation der E W G , 1971; B. Börner, Das Interventionssystem der landwirtschaftl. Marktordnungen der E W G , 1973; O. Gottsmann, Der Gemeinsame Agrarmarkt, 1974ff.; Rinck, Wirtschaftsrecht, S. 146 ff. Kuschet, D a s Außenwirtschaftsrecht der E W G , 1971; M. d'Orville, D i e rechtl. Grundlagen für die gemeinsame Zoll- und Handelspolitik der E W G , 1973. E u G H XVII, 263; XXII, 1279; E u G H NJW 1977, 2017. - M. Bothe, Z a ö R V R 37 (1977), S. 122. Imboden, D a s Gesetz als Garantie rechtsstaatlicher Verwaltung, 1954, 2. Aufl., 1962; Jesch, Gesetz und Verwaltung, 1961; H. H. Rupp, Grundfragen der heutigen Verwaltungsrechtslehre, 1965; K. Vogel/R. Herzog, V V D S t R L 2 4 (1966), S. 125ff., 183ff.; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, 1968; Starck, Der Gesetzesbegriff des Grundgesetzes, 1970; Scheuner, D Ö V 1969, 585; ders., in: Gedächtnisschrift f. René Marcie, 1974, S. 889; Papier, D i e finanzrechtl. Gesetzesvorbehalte und das grundgesetzliche Demokratieprinzip, 1973. - B V e r f G E 33, 125; 34, 307; 40, 2 3 7 / 2 4 8 f f . ; 41, 2 5 1 / 2 5 9 f.; 4 5 , 4 0 0 / 4 1 7 f . ; BVerfG JZ 1 9 7 8 , 3 0 4 .
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Indem die Praxis an der Beschränkung des Gesetzesvorbehaltes auf die „Eingriffsverwaltung" festhält und für die leistende Verwaltung neben dem Haushaltsgesetz eine besondere gesetzliche Ermächtigung nur für erforderlich hält, wenn der begünstigende Verwaltungsakt die Rechtsstellung eines Dritten, etwa des Konkurrenten eines Subventionsempfängers, unmittelbar berührt 8 4 , wird ein nicht unwesentlicher Teil der Wirtschaftsverwaltung der verwaltungsinternen Regelungsvollmacht der Exekutive in Gestalt von Richtlinien und ähnlichen Verwaltungsvorschriften überlassen. Der Verzicht auf den Gesetzesvorbehalt für die Leistungsverwaltung läßt entsprechend dem Vorrang des Gesetzes immerhin die Kompetenz des Parlaments unberührt, die Vergabe von Leistungen gesetzlich zu regeln. Weittragender ist, daß bedeutsame Bereiche der Wirtschaftspolitik als Funktion der Regierung betrachtet werden und das Parlament insoweit auf eine Kontrollvollmacht im Rahmen des parlamentarischen Regierungssystems beschränkt wird. So werden unter Berufung auf sachlogische Gegebenheiten die Wirtschaftsplanung 85 und die Konjunkturpolitik 8 6 primär als eine Angelegenheit der Regierung angesehen. Damit wird das rechtsstaatliche Problem der gesetzesfreien Wirtschaftsverwaltung auf der Grundlage von Verwaltungsvorschriften, die häufig als Rechtsform der Planung benutzt werden, vor allem aber die Frage aufgeworfen, ob die überkommenen Rechtsinstitute der parlamentarischen Demokratie nicht im Angesicht der wohlfahrtsstaatlichen Wirtschaftspolitik und -Verwaltung einer Fortentwicklung bedürfen. Auf die verfassungsrechtliche Grundbeziehung zwischen Parlament und Regierung kommt es hauptsächlich für die in die politische Planung (Aufgabenplanung) eingebettete Wirtschaftsplanung an. Unter politischer Planung ist die parlamentarisch oder gouvernemental in Erscheinung tretende staatsleitende Funktion zu verstehen, insofern als diese sich auf die programmatisch und mittel- oder langfristig geordnete Antizipation der Erledigung der Staatsaufgaben in Gesetzgebung, Regierung und Haushaltswirtschaft richtet 87 . Wirtschaftsplanung 88 bedeutet planmäßige Wirtschaftslenkung, wobei sich die Planmäßigkeit des Vorgehens nur auf die rationale Geordnetheit der wirtschaftsbeeinflussenden Staatshandlungen 84
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B V e r w G E 6, 282; 18, 352; B V e r w G DVB1. 1975, 720; B V e r w G NJW 1977, 1838; B a y V G H E 2 3 , 1 3 6 / 1 3 9 ; H e s s V G H D Ö V 1963, 880. Herzog, a. a. O., S. 201 ff. Stern / Münch / Hansmeyer, StabG, S. 7 2 ; Stern, Verh. d. 47. DJT, 1 9 6 8 , 1 / E , S. 35. J. H. Kaiser (Hrsg.), Planung I - V I I , 1965ff.; Harnischfeger, Planung in der sozialstaatl. Demokratie, 1969; Badura, in: Fs. f. Karl Michaelis, 1972, S. 9; E.-W. Böckenförde, Sta 11 (1972), S. 429; R. Wahl, Staat 11, 1972, S. 459; Ossenbühl, Gutachten B z. 50. DJT, 1974; Scheuner, in: Fs. f. Werner Weber, 1974, S. 369; Vitzthum, Parlament und Planung, 1978. W. Fikentscher / G. Hoffmann / K. -F. Kugler, Rechtsfragen der Planifikation, 1967; Redeker, JZ 1968, 537; Bullinger, Verkehrswirtschaftl. Planung für Mineralölfernleitungen, 1969; Vente / Seul, Makroökonomische Planung. Eine Bibliographie, 1970; R. Geiger, Rechtsformen der Wirtschaftslenkung als Mittel der französ. Planifikation, 1972; H.-H. Seidler, Rechtsschutz bei staatl. Wirtschaftsplanung, 1973; H. J. Hoenisch, Planifikation, 1974.
Wirtschaftsverwaltungsrecht
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beziehen kann, oder darüber hinaus auch auf die planmäßige Bestimmtheit einzelner Wirtschaftszweige oder des gesamten Wirtschaftsprozesses durch mittelbar wirkende oder verbindlich ordnende Planungsakte, wie z. B. bei der französischen „planification". Die Wirtschaftsplanung schlägt in Planwirtschaft um, wenn der Staat selbst wirtschaftet, ein privat- und marktwirtschaftliches Gegenüber des Staatshandelns also nicht mehr vorhanden ist. Der Bund ist umfassend mit Zuständigkeiten zu wirtschaftspolitischer Gesetzgebung ausgestattet, entsprechend der Notwendigkeit, die Wirtschaftseinheit innerhalb der Bundesrepublik zu wahren (vgl. Art. 72 II Nr. 3 GG). Die zum Teil sehr ausführlichen Bestimmungen einiger Landesverfassungen über das Wirtschaftsleben (insb. Art. 151 ff. BayVerf; Art. 27 ff. HessVerf) sind dadurch weitgehend bedeutungslos 89 . Der Bund besitzt für einzelne Bereiche teils ausschließliche (Art. 73 Nr. 4, 5, 6, 9 GG), teils konkurrierende (Art. 74 Nr. 1, I I a , 15, 16, 17, 18, 20 GG) Zuständigkeiten sowie allgemein für das „Recht der Wirtschaft" (Art. 74 Nr. 11 GG) die konkurrierende Kompetenz zur Gesetzgebung. Zur Materie „Recht der Wirtschaft", die im weiten Sinn zu verstehen ist und durch die in dem Klammerzusatz angegebenen Gegenstände nur beispielhaft erläutert wird, gehören Gesetze, die ordnend und lenkend in das Wirtschaftsleben eingreifen, alle das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche Betätigung als solche regelnden Normen, die sich in irgendeiner Weise auf die berufliche Tätigkeit oder die Erzeugung, Herstellung und Verteilung von Gütern des wirtschaftlichen Bedarfs beziehen. Zu dieser Materie zählen auch wirtschaftslenkende Ausgleichsabgaben, z. B. im Rahmen einer Marktordnung 9 1 . Die Zuständigkeit des Bundes zur Regelung des Warenverkehrs (Art. 73 Nr. 5 G G ) umfaßt alle Verbotsregelungen für Wareneinfuhr und -ausfuhr, auch solche aus polizeilichen Gründen 9 2 . Der für die wohlfahrtsstaatliche Sozialgestaltung charakteristische instrumentale Charakter des Gesetzes tritt im Bereich der wirtschaftspolitischen Gesetzgebung besonders deutlich zutage. Das „Maßnahme-Gesetz"93 stellt nicht, wie das verwaltungsrechtliche Gesetz des liberalen Rechtsstaates, in auf dauerhafte Geltung angelegter Abstraktheit der Exekutive Ermächtigungen zum „Vollzug" im Einzelfall zur Verfügung, sondern greift als situationsbezogene normative Aktion selbst intervenierend und gestaltend in einen Sozialbereich ein, um in ihm einen gewünschten Zustand herzustellen 94 . Das „Plan-Gesetz"95 ist ein Sonderfall des 89 90
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Hamann, Wirtschaftsverfassungsrecht, S. 23ff.; Böckenförde / Grawert, D Ö V 1 9 7 1 , 1 1 9 . B V e r f G E 4, 7 / 1 3 ; 5, 2 5 / 2 8 f . ; 8, 1 4 3 / 1 4 8 f . ; 26, 246 (Folz, B B 1969, 1151); 28, 119; 41, 344. - Friauf, D i e Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenzen im Bereich der berufl. Bildung, 1975. B V e r f G E 4, 7 / 1 3 f f . ; 18, 3 1 5 / 3 2 8 ; 37, l / 1 6 f . ; B V e r w G E 6, 285. - Götz, A ö R 85 ( 1 9 6 0 ) , S. 200; H. P. Ipsen, DVB1. 1976, 653; Friauf, in: Fs. für Willy Haubrichs, 1976, S. 103. BVerfGE 33,52/60ff. Beispiel: InvestitionshilfeG vom 7. 1. 1952 (BGBl. 1952 I, S. 7). - B V e r f G E 4, 7; Ipsen, A ö R 78 (1953), S. 284. Forsthoff, in: Gedächtnisschrift für W. Jellinek, 1955, S. 221; K. Zeidler, Maßnahmegesetz und „klassisches" Gesetz, 1961; K. Huber, Maßnahmegesetz und Rechtsgesetz, 1963 (dazu A ö R 91 [1966], S. 135); Schmidt-Rimpler, Wirtschaftsrecht, H D S W 12 (1965),
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Maßnahme-Gesetzes 9 6 . Ein anderer eigenartiger Typ wirtschaftspolitischer Gesetzgebung, dessen Regelungen weder ordnend noch intervenierend sind, ist das „Richtlinien-Gesetz", das ein bestimmtes politisches Programm durch gesetzesförmigen Parlamentsakt normiert, um es für die Exekutive, aber auch für die künftige Gesetzgebung verbindlich zu machen 9 7 . Das in der gesamten Gesetzgebung zu beobachtende Bedürfnis, technische, untergeordnete und situationsbezogene Regelungen durch eine Delegation der Verordnungsgewalt der Exekutive zu überlassen, macht sich im Bereich der Wirtschaftspolitik in Gestalt des „Ermächtigungs-Gesetzes" geltend, dessen weitgespannte und generalklauselartige Ermächtigungen ein rasches und flexibles R e a gieren ermöglichen sollen. Derartige Ermächtigungen sind mit dem Erfordernis hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit (Art. 80 I 2 G G ) dann vereinbar, wenn die Eigenart des geregelten Gegenstandes eine genauere Substantiierung im Gesetz selbst ausschließt und die mit Hilfe von Zweck und Regelungszusammenhang des Gesetzes auszulegende Ermächtigungs-Generalklausel Programm, Tendenz und Reichweite der durch sie zugelassenen exekutivischen Rechtsetzung erkennen läßt 9 8 . Unter diesen Voraussetzungen ist auch eine Ermächtigung unbedenklich, die wie § 26 Nr. 3 StabG eine antizyklische Manipulierung von Steueransprüchen durch Rechtsverordnung zuläßt 9 9 , weil hier ein Rechtsakt der Wirtschaftslenkung im Mantel einer Steuernorm erscheint. Bei den konjunkturpolitischen Verordnungsermächtigungen des Stabilitätsgesetzes hat man zur W a h r u n g der mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verfolgten verfassungspolitischen Ziele die relative Unbestimmtheit der materiellen Delegationen durch verfahrensmäßige Vorkehrungen zu kompensieren gesucht (vgl. A r t . 109 IV 2 - 4 GG)100. 4. Grundrechtsschutz wirtschaftlicher Tätigkeit Die wirtschaftspolitische Gesetzgebung und die Rechtsverwirklichung durch die Wirtschaftsverwaltung finden in den durch das verfassungsrechtliche Grundrechts-
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S. 686, 706; E. R. Huber, in: ders., Bewahrung und Wandlung, 1975, S. 215, 265 ff.; BVerfGE 25,371; VerfGH RhPfalz DÖV 1969,560 (564ff.). Beispiele: der gesetzesförmige Volkswirtschaftsplan der sozialistischen Zentral Verwaltungswirtschaft; G über den Ausbauplan für die Bundesfernstraßen vom 27. 7. 1957 (BGBl. 1957 I, S. 1189); G über den Ausbau der Bundesfernstraßen in den Jahren 1971 bis 1985 vom 30. 6. 1971 (BGBl. IS. 873). K. Huber, a. a. O., S. 83 ff. Beispiele: G über Leitsätze für die Bewirtschaftung und Preispolitik nach der Geldreform vom 24. 6. 1948 (WiGBl. S. 17); § 1 StabilitätsG. BVerfGE 8, 274/311; 20, 257; 28, 66; 33, 358; 34, 52; BVerfG DVB1. 1977, 817. - H. Krause, in: Fs. f. A. Hueck, 1959, S. 413; H.-R. Lange, JZ 1968, 417; Hasskarl, AöR 94 (1969), S. 85; D. Wilke, AöR 98 (1973), S. 196. Stern / Münch / Hansmeyer, StabG, §§ 2 6 - 2 8 , Erl. IX; a. A.: Köttgen, A£K 5 (1966), S. 1/18; Papier a. a. O. (Anm. 83) S. 126ff. - Vgl. BVerfGE 36, 224 betr. KaffeesteuerG. D. Wilke, AöR 93 (1968), S. 270.
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system gewährleisteten Institutsgarantien und subjektiv öffentlichen Rechten direktive Gebundenheit und normative Begrenzung. Der Grundrechtsschutz der selbständigen Unternehmertätigkeit, der sich unter dem Namen der „Wirtschaftsfreiheit" oder „marktwirtschaftlichen Unternehmensfreiheit" (Ernst Rudolf Huber) scheinbar als eine rechtliche Einheit konstruieren läßt, ist auf eine Anzahl Grundrechtsverbürgungen mit unterschiedlichen Gesetzesvorbehalten verstreut. Neben den Basisfreiheiten des Berufs (Art. 12 I GG), des Eigentums (Art. 14 GG) und des Vertrags, letztere nur implizit in dem auch die wirtschaftliche Betätigung schützenden „Auffanggrundrecht" der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG) gesichert 101 , gehören hierzu auch die wirtschaftliche Assoziationsfreiheit (Art. 9 I GG), die auf das Recht der Gesellschaften, Kartelle und Wirtschaftsverbände einwirkt, und die wirtschaftliche Freizügigkeit (Art. 11 GG). a) Unternehmensfreiheit; Grundsätze der Gleichbehandlung und Verhältnismäßigkeit: Aus Art. 2 I GG ist als besondere Konkretisierung der allgemeinen wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit neben der Vertragsfreiheit die Freiheit selbstverantwortlicher unternehmerischer Disposition entwickelt worden, durch die die unternehmerischen Entscheidungen über die Art und Weise, in der auf den Unternehmenserfolg hingearbeitet werden soll, über den Einsatz der Betriebs- und Investitionsmittel und das Verhalten des Unternehmens im marktwirtschaftlichen Wettbewerb („Wettbewerbsfreiheit") einen eigengearteten grundrechtlichen Schutz gegenüber wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Geboten, Verboten und Verpflichtungen erfahren 1 0 2 . Der Schutz dieser durch das schwächere Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit umschlossenen Unternehmensfreiheit kommt nur zum Zuge, soweit nicht die spezielleren Gewährleistungen der Berufsfreiheit oder der Eigentumsgarantie einschlägig sind. Die hier in Betracht kommenden Abgrenzungen sind noch nicht hinreichend geklärt. Sie können nicht nur von einem sozusagen vorweg definierten Schutzbereich der einzelnen Grundrechtsbestimmungen aus vorgenommen werden, sondern müssen sich auch an Ziel und Wirkung der zu beurteilenden gesetzlichen Regelung orientieren. So ist im Rahmen der bestehenden Wirtschaftsordnung das Verhalten der Unternehmer im Wettbewerb Bestandteil ihrer Berufsausübung und demnach von Art. 121 GG erfaßt, soweit es berufsspezifisch geregelt wird 103 . Die unternehmerische Nutzung von Eigentum hingegen genießt den Schutz des Art. 14 GG, soweit der zu betrachtende Eingriff eine
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BVerfGE 6, 32; 8, 274/328f.; L. Raiser, JZ 1958, 1; ders., in: Hundert Jahre Dt. Rechtsleben, 1960, Bd. I, S. 101; H. Huber, Die verfassungsrechtl. Bedeutung der Vertragsfreiheit, 1966; Schmidt-Salzer, NJW 1970, 8; Roscher, Vertragsfreiheit als Verfassungsproblem, 1974. BVerfGE 4, 7/15f.; 12, 341/347f.; 29, 260/266f.; BVerwGE 30, 191; Nipperdey, Soziale Marktwirtschaft und Grundgesetz, 3. Aufl., 1965, S. 29ff.; Ipsen, in: J. H. Kaiser (Hrsg.), Planung II, 1966, S. 63, 93ff.; Ipsen, AöR 90 (1965), S. 393, 430ff.; E. R. Huber, Marktinformationsverfahren und Grundgesetz, in: W. Hefermehl / E. R. Huber / H. St. Seidenfus, Kooperative Marktinformation, 1967, S. 49/50. BVerfGE 32,311/317; BVerfG NJW 1978, 313.
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Schmälerung oder Beeinträchtigung gerade der bestehenden Vermögenswerten Rechte bewirkt 1 0 4 . Jedes Gesetz, das Inhalt und Schranken der allgemeinen Handlungsfreiheit oder irgend eines anderen Grundrechts bestimmt, muß mit d e m allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 I G G ) und mit d e m rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang stehen. Diese beiden Verfassungsgrundsätze sind gerade für die sozialgestaltenden Rechtssätze des ordnenden und lenkenden Wirtschaftsgesetzgebers die ausschlaggebenden Maßstäbe. Eine gesetzliche Regelung verletzt den allgemeinen Gleichheitssatz, wenn sie eine willkürliche Differenzierung oder Nichtdifferenzierung bewirkt, d. h. wenn sie ohne vernünftige, sich aus der Natur der Sache ergebende oder sonst sachlich einleuchtende G r ü n d e gleiche Tatbestände ungleich oder ungleiche Tatbestände gleich behandelt und die Unsachlichkeit der getroffenen Regelung evident ist 1 0 9 . Eine gesetzliche Regelung ist dann nicht willkürlich, wenn sie durch einen sachlichen Grund des öffentlichen Interesses gerechtfertigt ist, wobei es primär dem Gesetzgeber zufällt, das öffentliche Interesse für den betroffenen Sachbereich zu definieren. Dieses Verständnis des allgemeinen Gleichheitssatzes als Willkürverbot (Gebot willkürfreier Sachgerechtigkeit) gibt d e m wirtschaftslenkenden Gesetzgeber, dessen Intention gerade die aus wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischen G r ü n d e n gebotene Gestaltung, d. h. differenzierende Veränderung der Wirtschaftsstruktur oder der Wettbewerbsverhältnisse ist, erheblichen Spielraum 1 0 6 . Einen gewissen Ausgleich zwischen schwächeren und leistungsfähigeren Mitgliedern einer Gruppe zu Lasten der letztgenannten herbeizuführen, ist ein legitimes Mittel staatlicher Wirtschaftspolitik 1 0 7 . Empirisch erhebbare Sachgegebenheiten sind Voraussetzung und G r u n d lage der wertenden Entscheidung des Gesetzgebers, ergeben aber nicht notwendig in Verbindung mit den durch die Verfassung normierten Bindungen der Gesetzgebung eine strikte Festlegung der Legislative f ü r eine bestimmte gesetzliche Regelung, die aus der Verfassung mit juristischen Mitteln allein deduzierbar wäre. Für die gesetzesfrei durch und auf Grund von Verwaltungsvorschriften tätige Wirtschaftsverwaltung führt der allgemeine Gleichheitssatz wenigstens zu einer gewissen normativen Bindung durch das G e b o t der Gleichbehandlung und die Begründung subjektiv öffentlicher Rechte der Verwaltungsunterworfenen 1 0 8 . 104
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Auf dieser Linie sieht Scheuner, in: ders., Hrsg., D i e staatliche Einwirkung auf die Wirtschaft, 1971, S. 5 0 f . , die „unternehmerische Direktions- und Leitungsbefugnis" in Art. 14 G G garantiert. B V e r f G E 1, 1 4 / 5 2 ; 12, 3 2 6 / 3 3 3 ; 19, 1 0 1 / 1 1 5 ; 19, 3 5 4 / 3 6 7 f . ; 26, 1 7 2 / 1 8 5 ; 28, 227; 30, 59; 38, 187; 38, 213; 39, 316. - Scholler, D i e Interpretation des Gleichheitssatzes als Willkürverbot oder als Gebot der Chancengleichheit, 1969; Podlech, Gehalt und Funktionen des allgem. verfassungsrechtl. Gleichheitssatzes, 1971; H.-H. Rupp, in: Fs. für das BVerfG, 1976, II, S. 364. B V e r f G E 4, 7 / 1 8 f . , 24; 12, 3 5 4 / 3 6 7 ; 17, 2 1 0 / 2 1 6 L ; 18, 3 1 5 / 3 3 1 f . , 340; 19, 101; 21, 160; 2 5 , 1 / 1 2 , 1 7 ; 30, 2 5 0 ( K l o e p f e r , NJW 1 9 7 1 , 1 5 8 5 ) ; 3 0 , 2 9 2 / 3 1 7 , 3 1 9 ; 3 3 , 1 7 1 / 1 8 9 f . ; 36, 321; 4 0 , 1 0 9 (kein Schachtelprivileg für Personengesellschaften). B V e r f G E 1 9 , 1 0 1 / 1 1 4 ; 2 1 , 2 9 2 / 2 9 9 ; 2 3 , 5 0 / 5 9 f . ; 3 7 , 1 ; Zacher, A Ö R 9 3 ( 1 9 6 8 ) , S. 341. F. Ossenbühl, in: Erichsen / Martens, Allgem. V w R , 3. Aufl., 1978, S. 81 ff. - B V e r w G E 5 , 7 9 / 8 1 ; 8 , 4 / 1 0 ; 1 5 , 1 9 6 / 2 0 2 f.; 1 9 , 4 8 / 5 5 ; 2 7 , 2 7 5 / 2 8 1 ; 3 4 , 2 7 8 ; 3 5 , 1 5 9 .
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Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist ein verfassungsrechtliches Kriterium für Art und Ausmaß zulässiger Beschränkungen des Grundrechtsbereichs. Das verfolgte wirtschaftspolitische Ziel muß ein hinreichendes Gewicht haben, und die erfolgte Freiheitsbeeinträchtigung muß geeignet und erforderlich sein, um das wirtschaftspolitische Ziel zu verwirklichen 109 . Soweit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ein hinreichendes Gewicht für das mit einer gesetzlichen Regelung verfolgte Ziel fordert, ist er mit dem Maßstab der willkürfreien Sachgerechtigkeit verknüpft. Auch soweit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auf der Grundlage erfahrbarer tatsächlicher Gegebenheiten eine vernünftige Relation zwischen Ziel und Mittel sicherstellen will — auf diese Anforderung der Proportionalität wird der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, seiner verwaltungsrechtlichen Herkunft entsprechend, oft beschränkt stellt er als Maßstab der Gesetzgebung weniger einen subsumtionsfähigen Rechtssatz dar, aus dem allein mit juristischen Mitteln eine bestimmte Rechtsfolge abgeleitet werden könnte, als eine Richtlinie für die der politischen Entscheidung zugrundezulegende Abwägung. Nichts anderes gilt für die „Geeignetheit" oder „Zwecktauglichkeit" einer wirtschaftspolitischen Maßnahme. Dem Gesetzgeber steht für die Beurteilung der Zwecktauglichkeit eines Gesetzes ein weiter Spielraum zu; nur ein Gesetz, das zur Erreichung seines Zwekkes „schlechthin untauglich" ist, verletzt rechtsstaatliche Grundsätze. Eine gesetzliche Maßnahme ist nicht allein deswegen verfassungswidrig, weil sich nachträglich herausstellt, daß sie auf einer Fehlprognose beruht. Es kommt darauf an, ob die Prognose sich an einer sachgerechten und vertretbaren Beurteilung orientiert hatte. Bei „komplexen Sachverhalten" ist dem Gesetzgeber eine angemessene Zeit zum Sammeln von Erfahrungen zu konzedieren. Außerhalb verfassungsrechtlicher Maßstäbe liegt es, ob auch andere Maßnahmen zur Erreichung des vom Gesetzgeber verfolgten Zieles möglich und besser geeignet gewesen wären 110 . b) Berufsfreiheit: Art. 12 I GG schützt das einheitliche Grundrecht der Berufsfreiheit, das Recht, eine frei gewählte und frei ausgeübte Tätigkeit zur Grundlage der Lebensführung und Daseinsgestaltung zu machen. Auf dieses Recht können sich auch juristische Personen berufen. Art. 12 1 gewährleistet neben der Berufsfreiheit die konnexen Rechte der freien Wahl des Arbeitsplatzes 111 und der Ausbildungsstätte 112 . Die selbständige Nennung von Wahl und Ausübung des Berufes betrifft lediglich die unterschiedliche Reichweite der zulässigen gesetzlichen Regelung beruflicher Tätigkeit. Der Regelungsvorbehalt des Art. 12 1 2 GG erstreckt sich daher nicht nur auf die Ausübung, sondern auch auf die Wahl eines Berufes, kann in bezug auf 109
110
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Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, 1961; Zippelius, DVB1. 1956, 533; Grabitz, A ö R 98 ( 1 9 7 2 ) , S. 568. - B V e r f G E 21, 150; 27, 3 4 4 / 3 5 2 f . ; 30, 2 9 2 / 3 1 5 f . ; 33, 1 7 1 / 186 ff.; 3 7 , 1 ; 4 0 , 1 9 8 / 2 2 2 ff. B V e r f G E 29, 402; 30, 250; 33, 171/181 f.; 36, 66; 40, 1 9 8 / 2 2 2 f . ; Ossenbühl, in: Fs. BVerfG, 1976,1, S. 458. B A G NJW 1 9 6 2 , 1 9 8 1 ; B A G NJW 1 9 6 4 , 5 6 8 ; B V e r w G E 30, 65; 4 2 , 2 9 6 . B V e r f G E 33, 303; 37, 104.
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diese aber nur unter erschwerten Voraussetzungen durch Gesetz ausgenutzt werden. D i e denkbaren „ S t u f e n " , auf denen der Gesetzgeber die Berufsfreiheit regeln kann, unterscheiden sich nach dem Maß der durch sie bewirkten Freiheitsbeeinträchtigung und sind nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auszuwählen; verhältnismäßig ist nur der geringste zur Erreichung des wirtschaftspolitischen Ziels ausreichende Eingriff. D i e Regelungsstufen reichen von der bloßen Ordnung der Berufsausübung bis zur Beschränkung der Berufswahl durch subjektive oder gar objektive Zulassungsvoraussetzungen 113 . Diese „ S t u f e n " sind Anhaltspunkte der Interpretation und dürfen nicht mit mechanischem Konstruktivismus verwandt werden. Es gibt Regelungen der Berufsausübung, die eine derart einschneidende Wirkung haben, daß sie einer Beschränkung der Berufswahl nahekommen 1 1 4 . Ebenso können subjektive Zulassungsvoraussetzungen ihrer Wirkung nach o b j e k tiven Zulassungsvoraussetzungen gleichkommen 1 1 5 . Eine Regelung der Berufsausübung kommt nur dann in ihrer wirtschaftlichen Wirkung einer Zulassungsbeschränkung nahe - und beeinträchtigt damit die Freiheit der Berufswahl - , wenn die betroffenen Berufsangehörigen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der L a g e sind, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer Lebensführung oder — bei juristischen Personen - zur Grundlage ihrer unternehmerischen Erwerbstätigkeit zu machen 116 . D e r sachliche Schutzbereich der Berufsfreiheit wird durch den Begriff des Berufes bestimmt. Beruf ist jede erlaubte 117 , für eine bestimmte Dauer und nicht nur vorübergehend ausgeübte Betätigung, die der Schaffung und Erhaltung der Lebensgrundlage dient, sei es als selbständiger Unternehmer oder sonst Berufstätiger ( „ f r e i e r B e r u f " ) , sei es in abhängiger Arbeit. Durch das Grundrecht geschützte Berufe sind auch die nur im Staatsdienst möglichen Beschäftigungen und die dem Staat oder einem sonstigen Verwaltungsträger vorbehaltenen Wirtschafts-oder Berufstätigkeiten, wie z. B. die gewerbsmäßige Arbeitsvermittlung. Deshalb unterliegt sowohl die Monopolisierung einer Tätigkeit zugunsten des Staates, d. h. die Errichtung oder Beibehaltung eines Verwaltungsmonopols, als auch die Ausgestaltung der monopolisierten Tätigkeiten durch das Gesetz den Grundsätzen des A r t . 12 I G G , wenngleich nach dem Grundgedanken des A r t . 33 I V G G die Eigenart der in Anspruch genommenen öffentlichen A u f g a b e n als besonderer Maßstab der Grundrechtseinschränkung zu berücksichtigen ist 118 . 113
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B V e r f G E 7, 377 („Apotheken-Urteil"). - H. H. Rupp, A ö R 92 (1967), S. 212; J. Schwabe, D Ö V 1969, 734; H. A. Hesse, A ö R 95 (1970), S. 449. B V e r f G E 11, 30 (Kassenarztrecht); 32,1 (Apothekerassistenten). B V e r w G E 40,17 („männliche Hebamme"). B V e r f G E 13, 181/187; 16, 147/165; 30, 292/314. - Zur generalisierenden Betrachtung bei Berufsausübungsregelungen allgemein: B V e r f G E 37,1. B V e r w G E 22,286. B V e r f G E 16, 6; 17, 371; 21, 245; 21, 261; B V e r w G D Ö V 1966, 195; B V e r w G D Ö V 1972, 647 (Fährregal): Badura, Das Verwaltungsmonopol, 1963, Tz 83; ders., Jb des Postwesens 1978; H. Hoffmann, DVBI. 1964, 457; Leisner, AÖR 93 (1968), S. 161; Obermayer, NJW 1969, 1457; P. Kirchhof, Verwalten durch „mittelbares" Einwirken, 1977, S. 401 ff.
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Die Freiheit der Berufswahl darf nur eingeschränkt werden, wenn und soweit der Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter es zwingend gebietet. Besteht die Beschränkung der Berufswahl in der Aufstellung bestimmter Voraussetzungen für die A u f n a h m e des Berufs, ist der tiefere Eingriff in Gestalt objektiver Zulassungsbedingungen, die an außerhalb der Person des Berufsbewerbers liegende Umstände anknüpfen 1 1 9 , nur zulässig, wenn subjektive Bedingungen 1 2 0 ungenügend wären. Die Berufsausübung kann gesetzlich geregelt werden, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls es zweckmäßig erscheinen lassen; der grundrechtliche Schutz erschöpft sich in der Abwehr unverhältnismäßiger und willkürlicher Beschränkungen 1 2 1 . Regelungen der Berufsausübung müssen auch die Ungleichheiten berücksichtigen, die typischerweise innerhalb des Berufes bestehen, dessen Ausübung geregelt wird. W e r d e n durch eine Berufsausübungsregelung, die im ganzen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, innerhalb der betroffenen Berufsgruppe nicht nur einzelne, aus d e m R a h m e n fallende Sonderfälle, sondern bestimmte, wenn auch zahlenmäßig begrenzte, G r u p p e n typischer Fälle ohne zureichende sachliche G r ü n d e wesentlich stärker belastet, dann kann Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 verletzt sein 1 2 2 . Auch Steuervorschriften mit wirtschaftslenkender Nebenwirkung sind, sofern sie nicht prohibitiv die A u f n a h m e eines Berufs beeinflussen und dadurch die freie Berufswahl beeinträchtigen, als Regelungen der Berufsausübung zu beurteilen 1 2 3 ; denn eine an Art. 12 1 G G zu messende Regelung der Berufsausübung liegt bei allen gesetzlichen oder administrativen M a ß n a h m e n vor, die bestimmt oder geeignet sind, in die eigenverantwortliche Gestaltung der Berufstätigkeit einzugreifen. Mangels einer gewerbepolizeilichen Spezialermächtigung kommt auch die polizeiliche Generalklausel als Rechtsgrundlage für eine Regelung der Berufsausübung durch Verordnung oder Verfügung in Frage, sofern damit nur eine Störung der öffentlichen Sicherheit und O r d n u n g durch bestimmte Formen der Berufsausübung verhindert oder unterbunden werden soll und der wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Entscheidung des Gesetzgebers über neue Formen der Berufsausübung nicht vorgegriffen wird 1 2 4 .
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B V e r f G E 9 , 3 9 : 1 4 . 1 0 : 21. 173; 21, 245; 2 1 , 1 6 1 ; 2 5 , 1 ; 4 0 , 1 9 6 ; B V e r w G E 1 8 , 1 1 3 . B V e r f G E 9, 338; 13. 1 >7: I'). 330; 2 5 , 2 3 6 ; 3 4 , 7 1 . B V e r f G E 9, 73; 21, 72; 22, 380; 23, 50; 30, 292; 33, 125; 33, 171; 34, 293; 37, 1; 41, 360; BVerfG NJW 1978, 313. B V e r f G E 30, 2 9 2 / 3 2 7 , 3 3 0 ff. (strukturbedingte Sonderbelastung der unabhängigen Importeure durch die Erdöl-Bevorratungspflicht); 33, 1 7 1 / 1 8 8 . B V e r f G E 13, 181; 16, 147; 38, 61; BVerfG 11. und 12. 10. 1977 JuS 78, 265. - Friauf, Verfassungsrechtliche Grenzen der Wirtschaftslenkung und Sozialgestaltung durch Steuergesetze, 1966; Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 2 4 4 ff. B V e r w G E 10, 164 (Ermacora, JuS 1961, 217); B V e r w G DVB1. 1970, 5 0 4 = JuS 1970, 538; V G H Mannheim DVB1. 72, 503.
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c) Eigentumsgarantie: Ihrem Wortlaut nach stellt die grundrechtliche Garantie des Eigentums 1 2 5 den „Inhalt" des Eigentums seinen „Schranken" gegenüber (Art. 14 G G ) und legt damit die Vorstellung nahe, das Eigentum sei entsprechend der liberalen Formel des „staatsfreien R a u m e s " von „Freiheit und E i g e n t u m " eine vorstaatliche G r ö ß e , die der staatlichen Ordnung, Begrenzung und Gestaltung gewissermaßen vorgegeben sei. Doch ist es das Gesetz, das den Inhalt nicht weniger als die Schranken des Eigentums bestimmt und dabei dessen Sozialgebundenheit zur Geltung zu bringen hat (Art. 14 II G G ) . Durch die Garantie wird der Gesetzgeber bei der Regelung der Güterverteilung und bei der Bereitstellung der rechtlichen O r d n u n g für die Vermögenswerten Rechte, ihre Ausgestaltung, ihre Nutzung und die Verfügung über sie, verfassungsrechtlichen Bindungen unterworfen, die sich hauptsächlich in den Grundsätzen der Lastengleichheit der einzelnen und der Privatnützigkeit des Eigentums und seiner Verwendung zusammenfassen lassen. Ihrer verfassungspolitischen Funktion nach reichen das Eigentum und seine Garantie weit über die Z u e r k e n n u n g eines individualistischen Reservats hinaus. Art und M a ß des Schutzes des Eigentums und der privatautonomen und privatwirtschaftlichen Verwendung des Eigentums bilden ein wirtschaftsverfassungsrechtliches Grundkriterium für die Unterscheidung der Wirtschaftsordnungen. Wenn die Verfassung, wie im Falle des Grundgesetzes, das Eigentum — und nicht nur das „persönliche E i g e n t u m " — schützt, geschieht das nicht nur aus Rücksicht für die Eigentümer, sondern weil darin auch ein d e m Prinzip nach nützliches Element der Gesellschaftsordnung gesehen wird. Dementsprechend kann und muß der Gesetzgeber die Unterschiedenheit der Eigentumsarten - U n t e r n e h menseigentum, Grundeigentum, Verbrauchseigentum etc. — je nach ihrer sozialen und politischen Bedeutung berücksichtigen. Die Auseinandersetzung um die Eigentumsverfassung 1 2 6 ist in den H a u p t p u n k t e n zugleich eine Auseinandersetzung um die Wirtschaftsordnung und die Gestalt politischer Herrschaft. Das Eigentum wird einerseits geschützt, weil es die rechtliche Zuteilung der gegenständlichen Grundlagen individueller Daseinsbehauptung und -gestaltung bewirkt. Auf der anderen Seite hat das Eigentum im R a h m e n einer Wirtschaftsordnung mit prinzipiell marktwirtschaftlicher Produktion und Verteilung die A u f gabe, die privatautonome Entscheidung über den Gebrauch und den V e r k e h r der Güter (Produktionsmittel, Waren) zu ermöglichen, auf der die Dezentralisation des wirtschaftlichen Prozesses und die mit der gesellschaftlich erwünschten privaten Initiative verbundene individuelle Verteilung von Erfolg und Risiko beru-
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W. Weber, G R e II, S. 331; ders., in: Fs. f. Karl Michaelis, 1972, S. 316; R. Reinhardt / U. Scheuner, Verfassungsschutz des Eigentums, 1954; Scheuner, in: ders. / Küng, D e r Schutz des Eigentums, 1966, S. 5; ders., D i e staatliche Einwirkung auf die Wirtschaft, 1971, S. 4 3 f f . ; Sendler, D Ö V 1971, 16 und 1974, 73; Badura, Eigentum im Verfassungsrecht der Gegenwart, 49. DJT, 1972, II/T; Leisner, Sozialbindung des Eigentums, 1972; K. H. Friaufl R. Wendt, Eigentum am Unternehmen, 1977; H.-J. Papier, V V D S t R L 35 (1977), S. 55, 81 ff.
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Zu Mitbestimmung und Vermögensbildung siehe oben S. 256 f.
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h e n 1 2 ' . Kraft des wohlfahrtsstaatlichen Sozialgestaltungsauftrages, der in Art. 14 II G G individualistisch gewendet als Pflichtigkeit des Eigentümers erscheint, ist es dem Staat aufgegeben, den privatautonomen Gebrauch des Eigentums, vornehmlich des produktiven Kapitals, unter Aufrechterhaltung seiner Funktion f ü r den marktwirtschaftlichen Prozeß in dem Maße durch rechtliche Ordnung und Gestaltung zu vergesellschaften, in d e m es zur Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit erforderlich ist und in dem das Eigentum sozialschädliche Macht- und A u s b e u tungschancen vermittelt. Die Gewährleistung des Eigentums hat eine individuelle, die konkreten Rechte einzelner betreffende, und eine institutionelle, das Rechtsinstitut des „Privateigentums" betreffende Schutzwirkung 1 2 8 . „Eigentum" im Sinne des Grundrechts ist jedes erworbene und bestehende Vermögenswerte Recht, also nicht nur das Sacheigentum des B G B , sondern auch schuldrechtliche, sachenrechtliche und gesellschaftsrechtliche Berechtigungen, auch erworbene öffentlich-rechtliche Ansprüche, sowie alle sonstigen konkretisierten Rechtspositionen, auf denen Lebensführung und wirtschaftliche Betätigung beruhen können 1 2 9 . Kein Eigentum sind bloße Erwerbsaussichten oder Chancen, die zwar nach den gegebenen rechtlichen oder faktischen Verhältnissen, z. B. der Marktlage, bestehen, auf deren Fortbestehen aber nicht vertraut werden kann. Als grundrechtliche Gewährleistung individueller Rechte schützt die Eigentumsgarantie vor beliebiger Beeinträchtigung oder Entziehung vermögenswerter Rechte (Art. 14 III G G ) . Als Einrichtungsgarantie gewährleistet das Grundrecht die Existenz privatrechtlicher Rechtssätze, die Innehaben, Erwerb, Nutzung und verkehrswirtschaftliche Verwendung individueller Vermögensrechte als Grundlage privater Daseinsgestaltung und privatautonomer Wirtschaftsführung ermöglichen und ordnen. Die wirtschaftsverwaltungsrechtlich im Vordergrund stehende Konkretisierung der Eigentumsgarantie ist die Sicherung des als vermögenswertes Recht anerkannten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs im Hinblick auf den sozialgestaltenden und wirtschaftslenkenden Gesetzgeber 1 3 0 . D e r geschützte G e w e r b e b e trieb 1 3 1 umfaßt den sachlichen Bestand des Betriebs und alle seine einzelnen 127
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Scheuner, in: ders. / Küng, 1966, S. 43; Bericht .Mitbestimmung im Unternehmen', BTag Drucks. VI/334, S. 78; F. Rittner, in: Marburger Gespräch über Eigentum - Gesellschaftsrecht-Mitbestimmung, 1967, S. 50. BVerfGE 14, 263; 24, 367. - M. Wolff, Reichsvcrfassung und Eigentum, in: Fs. f. Wilhelm Kahl, 1923. K. Hesse, Grundzüge, 10. Aufl., 1977, S. 181; Scheuner, a. a. O., S. 41. Ehlermann, Wirtschaftslenkung und Entschädigung, 1957; Duden, in: Fs. f. F. Böhm, 1965, S. 3 \ E . R. Huber, Grundgesetz und vertikale Preisbindung, 1968, S. 55 ff.; Wiethölter, KritJ 1970, 121; Fröhler, Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, 1972; Badura, AÖR98 (1973), S. 153. BGHZ 23, 157; 45, 150; 48, 58; 48, 65; BGH NJW 1967, 1867; BGHZ 55, 261; BGH NJW 72, 1574; BGH NJW 75, 1966; BGH DVB1. 1977, 857 (Fluglotsen-Streik); BVerwGE 36, 248. - W. Weber, AöR 91 (1966), S. 382, 400f.; Buchner, Die Bedeutung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb für den deliktischen Unternehmensschutz, 1971; Zuck, Gewerbebetrieb und Enteignungsentschädigung, 1971; G. Krohn, GewArch 1977, 145.
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Erscheinungsformen („Ausstrahlungen"), die außerdem den wirtschaftlichen Wert des konkreten Gewerbebetriebs ausmachen, wie Geschäftsbeziehungen, good will und die besondere Lage an der Straße („Kontakt nach außen"), nicht aber bloße Erwerbsmöglichkeiten, Gewinnaussichten, Hoffnungen oder Chancen. Gewährleistet wird die „Sach- und Rechtsgesamtheit" des Betriebs in ihrer „Substanz", d. h. das ungestörte Funktionieren des Betriebsorganismus, dessen Beeinträchtigung den Verfügungsberechtigten daran hindert, von der in dem Gewerbebetrieb veerkörperten Organisation sachlicher und persönlicher Mittel den bestimmungsgemäßen Gebrauch zu machen. Zur eigentumsrechtlich geschützten Gewerbeausübung wird auch die Wirtschaftswerbung gerechnet 1 3 2 . Der geschützte Umfang des Betriebs wird durch die jeweilige ökonomische und örtliche „Situation" bestimmt, in der das Gewerbe betrieben wird, so daß vorteilhafte Umstände nur garantiert sind, wenn und soweit der Betriebsinhaber sich darauf verlassen darf, daß sie auf Dauer erhalten bleiben. Wirtschaftslenkende Maßnahmen, die wie die Veränderung des Diskontsatzes, die Herabsetzung eines Schutzzolls oder die Umgestaltung einer Marktordnung - lediglich die erkennbar situationsbedingten Erwerbschancen eines Gewerbebetriebs beeinflussen, stellen daher keinen entschädigungspflichtigen Eingriff in das Unternehmereigentum dar, sofern nicht ein besonderer Vertrauenstatbestand gegeben ist oder auf andere Weise ein Sonderopfer abverlangt wird 133 . Über diese Grundsätze der Eigentumsgarantie hinaus hat ein aus dem allgemeinen Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand staatlicher Wirtschaftsplanung abgeleiteter „Plangewährleistungsanspruch" noch keine Anerkennung gefunden 1 3 4 . Sofern eine wirtschaftslenkende Maßnahme oder Regelung den grundrechtlich gesicherten Bereich des Gewerbebetriebs oder sonst eines Vermögenswerten Rechtes berührt, kommt es für die Frage, ob darin eine entschädigungslos zu duldende Bestimmung von Inhalt oder Schranken des Eigentums oder aber ein enteignender Eingriff zu sehen ist, darauf an, ob die Maßnahme — ihre Geeignetheit vorausgesetzt — im rechten Verhältnis zu der Schwere der den Eigentümer treffenden Einschränkung seiner Dispositionsfreiheit steht, mit anderen Worten, ob die Regelung notwendig (nicht durch eine andere Maßnahme ersetzbar) und für den
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P. Lerche, Werbung und Verfassung, 1967, S. 7 3 f f . ; P. Selmer, in: Fs. f. H. P. Ipsen, 1977, S. 515. B G H Z 45, 83; B G H VerwRspr. 16, 902; B G H JZ 1968, 130; B G H B B 1968, 1179; BVerwG DVB1. 1 9 6 6 , 7 5 1 . Ipsen, V V D S t R L 11 (1954), S. 129; ders., in: J. H. Kaiser (Hrsg.), Planung I, 1965, S. 35, 6 0 f f . ; ders. in: J. H. Kaiser (Hrsg.), Planung II, 1966, S. 63, 106ff.; ders., in: Fs. f. E. R. Huber, 1973, S. 219; Kriele, D Ö V 1967, 531; Burmeister, Verwaltung 2 ( 1 9 6 9 ) , S. 21; Oldiges, Grundlagen eines Plangewährleistungsrechts, 1970; J. Egerer, Der Plangewährleistungsanspruch, 1971; Scheuner, Einwirkung a. a. O. (Anm. 125), S. 45 f.; Ossenbühl, D Ö V 1972, 25; Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 348ff.; Kisker I Püttner, V V D S t R L 32 (1974), S. 149ff., 2 0 0 f f . ; W.-R. Schenke, A ö R 101 (1976), S. 337.
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Eigentümer zumutbar ist 1 3 5 . Als Kriterium für die Schwere und Zumutbarkeit des Eingriffs ist von der in der Eigentumsgarantie vorausgesetzten Zweckbestimmung des Privateigentums, seiner „Privatnützigkeit", auszugehen, nämlich seiner Funktion, im marktwirtschaftlichen Wirtschaftsprozeß Basis der privaten Initiative und des privaten Interesses zu sein. Ausschlaggebend ist demnach, ob eine wirtschaftslenkende Maßnahme die Privatnützigkeit des Eigentums respektiert oder aber wesentlich beeinträchtigt oder gar beseitigt, etwa durch Zerstörung der Rentabilität 1 3 6 . D i e s e Grundsätze müssen auch für den Fall gelten, daß die Wirtschaftslenkung sich des Mediums der Besteuerung bedient; denn der Steueranspruch verkörpert hier nicht nur eine Geldleistungspflicht, sondern auch eine wirtschaftsverwaltungsrechtliche Beeinträchtigung des Unternehmereigentums. Mit dieser A u f f a s sung stimmt die Rechtsprechung des B V e r f G möglicherweise im praktischen Ergebnis überein, weil danach die Eigentumsgarantie zwar g e g e n die Auferlegung von Geldleistungspflichten nicht schützt, aber andererseits dennoch verletzt sein könnte, wenn die Geldleistungspflichten den B e t r o f f e n e n übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigen 1 3 7 . N o c h größer als gegenüber der Steuergewalt ist die Schwäche des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes gegenüber der Geldentwertung 1 3 8 . Ungerechte Auswirkungen der 135
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BVerfGE 21, 74; 21, 150; 24, 367; 25,112; 26, 215; 31, 229 und 275; 37,132. - B G H Z 6, 270; 32,208; 48,193; 60,126; BGH DVB1.1974,625 und 627. - B V e r w G E 15,1; 24, 60 - Bender, NJW 1965, 1297; Badura, Entschädigung nach Enteignungsgrundsätzen, 1971; F. Klein, Eigentumsbindung, Enteignung, Sozialisierung und Gemeinwirtschaft im Sinne des Bonner Grundgesetzes, 1972. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 10. Aufl., 1973, S. 344; Reinhardt, in: ders. Scheuner a. a. O. (Anm. 125) S. 10ff.; Ehlermann a. a. O. (Anm. 130) S. 101 ff.; BGH NJW 1968,294. BVerfGE 4, 7/16; 19, 119/128f.; 30, 250; BVerfG NJW 76, 101 (substanzverzehrende Vermögenssteuer). - Friauf, Verfassungsrechtl. Grenzen der Wirtschaftslenkung und Sozialgestaltung durch Steuergesetze, 1966 (dazu Neumark, FinArch 25 [1966], S. 476); W. Weber, StbJb 1967/68, S. 95, 116ff.; Rüfner, DVB1. 1970, 881; Spanner, StuW 1970, 377; Papier, Staat 1972, S. 483; Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 295 ff.; Badura, WiR 1974, S. 1, 7 ff.; R. Wendt, Die Gebühr als Lenkungsmittel, 1975, S. 91 ff. BVerfG HFR 1969, 347; BFHE 89, 422; 90, 396; 102, 383; BFH BStBl. II 1974, 572 und 582; BFH JuS 1976, 545. - Friauf, StbJb 1971/72, S. 425; ders., StuW 1975, 260; /. H. Kaiser, in: Fs. für E. R. Huber, 1973, S. 237; Papier, AöR 98 (1973), S. 528; ders., JuS 1974, 477; Badura, WiR 1974, S. 1, 9ff.; Mann, NJW 1974, 1297; Bettermann, RdA 1975, 2; Scheuner, in: Fs. für Hans Schäfer, 1975, S. 109, 121; Spanner, DStR 1975, 475; Sp. Simiiis, in: Kötz/Reichert-Facilides, Inflationsbewältigung im Zivil- und Arbeitsrecht, 1976, S. 49; M. Schmidt-Preuß, Verfassungsrechtl. Zentralfragen (Anm. 48), S. 105ff.; H. H. von Arnim, Die Besteuerung von Zinsen bei Geldentwertung, 1978. - „Aufwertung" zivilrechtl. Ansprüche (Ruhegeldzusagen, Zugewinnausgleich): BAG DB 1973, 773; BGH DB 1973, 1497; BGH NJW 1974, 137 und 1186; BGH DB 1975, 2220 (keine „Aufwertung" von Mietzinsansprüchen). Die Anpassung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung an die Geldentwertung bestimmt sich seit dem 1. 1. 1975 nach der wenig klaren Vorschrift des § 16 Ges. zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung.
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Geldentwertung können einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz zur Folge haben. Die verfassungsrechtliche Regelung der Sozialisierung in Art. 15 GG 1 3 9 hat bisher mangels Vollzugs 140 noch keine praktische Bedeutung erlangt, ist aber nichtsdestoweniger jedenfalls deshalb wirtschaftsverfassungsrechtlich bedeutsam, weil sie in besonders eindeutiger Weise zeigt, daß das GG nicht eine Festlegung der liberalen Wirtschaftsidee darstellt oder verlangt. Die Sozialisierung ist durch ihre auf sozialentwährende Umschaffung der Eigentumsordnung gerichtete Zwecksetzung von der Enteignung geschieden. Da Art. 15 GG den Gesetzgeber nicht zur Sozialisierung verpflichtet und deshalb seine wirtschafts- und gesellschaftspolitische Gestaltungsfreiheit nicht berührt 141 , besteht die rechtliche Wirkung dieser Vorschrift lediglich darin, daß sie einen etwaigen Sozialisierungswillen auf die aufgeführten Objekte der Produktionssphäre beschränkt, deren Sozialisierungsfähigkeit allerdings zugleich abstrakt feststellt, und daß sie durch die Verweisung auf die Regelung der Enteignungsentschädigung eine entschädigungslose Sozialisierung ausschließt.
III. Wirtschaftsverwaltung 1. Organisation a) Staatliche Wirtschaftsverwaltung in Bund und Ländern: Während die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Wirtschaftsverwaltungsrechts zur ausschließlichen oder konkurrierenden Kompetenz des Bundes gehört, ist die Ausübung öffentlicher Verwaltung im Bereich der Wirtschaft ganz überwiegend eine Angelegenheit der Länder (Art. 30, 83, 84 GG). Die Formulierung der Wirtschaftspolitik hingegen liegt im wesentlichen in der Hand der BReg und des Bundeswirtschaftsministers 142 , ebenso wie die abgeleitete Rechtsetzung durch Rechtsverordnungen; für diese ist meistens die Zustimmung des Bundesrates erforderlich (Art. 80 II, 109 IV 3 GG). Durch Beiräte der BReg wird die Wirtschaftspolitik vorbereitet und beeinflußt 143 . Aufgaben und Befugnisse der Währungs- und Kreditpolitik werden 139
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Ipsen / Ridder, V V D S t R L 10 (1952), S. 74f£., 124ff.; H. Krüger, G R e I I / l , S. 267; Kimminich, BK, Zweitbearb. Art. 1 5 , 1 9 6 5 ; Abendroth, Das Grundgesetz, 1966, S. 62ff.; Maunz, StaatsR, 20. Aufl., 1975, S. 190; J. Jsensee, D Ö V 1978, 233; Ortlieb, D e r gegenwärtige Stand der Sozialisierungsdebatte in Deutschland, SchrVS N F 2 , 1 9 5 0 , S. 189. Zu der auf Grund Art. 41 HessVerf erfolgten Sozialisierung und deren Schicksal: H. Krüger, A ö R 77 ( 1 9 5 1 / 5 2 ) , S. 46; Ipsen, D Ö V 1952, 225; ders., in: Fs. f. Jahrreis, 1964, S. 115. Zur Privatisierung: B V e r f G E 12, 3 5 4 (VW-Werk). Rondel, Das Bundesministerium für Wirtschaft, 1966. G über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vom 14. 8. 1963 (BGBl. I, S. 685), § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StabG. Jahresgutachten 1977/78, BTag Drucks. 8 / 1 2 2 1 . - Heinze, Staat 6, 1969, S. 433; Brohm, in: Fs. f. E. Forsthoff, 1972, S. 37; R. Molitor (Hrsg.), Zehn Jahre Sachverständigenrat, 1973, R. Scholz, D Ö V 1973, 843.
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durch die unabhängige (ministerialfreie) Bundesbank wahrgenommen 1 4 4 . Eine Ausübung von Wirtschaftsverwaltung durch den Bund erfolgt mit Hilfe von Bundesoberbehörden, wie z. B. dem Bundeskartellamt 1 4 5 und dem Bundesamt für Gewerbliche Wirtschaft 1 4 6 , und von bundesunmittelbaren Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts, wie z. B. der Bundesanstalt für den Güterfernverkehr 1 4 7 und der Bundesanstalt für landwirtschaftliche Marktordnung (Art. 87 III 1 G G ) . b) Selbstverwaltung der Wirtschaft: Neben den staatlichen Behörden der Wirtschaftsverwaltung bestehen im Bereich der Industrie und des Handels, des H a n d werks und der Landwirtschaft Einrichtungen einer „Selbstverwaltung der Wirtschaft" in Gestalt von Körperschaften des öffentlichen Rechts 1 4 8 . Die ebenso wie die K a m m e r n der gewerblichen Wirtschaft und der Landwirtschaft auf dem Prinzip der körperschaftlichen Selbstverwaltung beruhenden Kammern der freien Berufe, z. B. der Ärzte, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, die wegen der von ihnen angebotenen gehobenen Dienstleistungen und Geschäftsbesorgungen außerhalb des Gewerberechts stehen, werden als ein besonderer Bereich der berufsständischen Selbstverwaltung angesehen 1 4 9 . Bei den K a m m e r n der Selbstverwaltung der Wirtschaft handelt es sich organisationsrechtlich und äußerlich um Verwaltungsträger der mittelbaren Staatsverwaltung mit einem bestimmten Bezirk, die für die Vertretung der Interessen ihrer körperschaftlich zusammengeschlossenen Mitglieder das Recht der Selbstverwaltung besitzen und unter Staatsaufsicht stehen. Die Bildung dieser Verwaltungseinheiten entspringt allerdings nicht dem Organisationsprinzip der Dezentralisation, d. h. dem G e d a n k e n , eine Verwaltungsaufgabe durch Ausgliederung aus der unmittelbaren Staatsverwaltung besser erledigen zu können, sondern der Absicht,
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Art. 88 GG, G über die Deutsche Bundesbank vom 26. 7. 1957 (BGBl. I, S. 745, mehrf. g e ä n d . ) . - S i e h e o b e n Anm. 27. §§ 48ff. GWB. Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit im Jahre 1977 sowie über Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet, BTag Drucks. 8/1925. Günther, Z H R 125 (1963), S. 38; 10 Jahre Bundeskartellamt, 1968; Zuck, NJW 1971, 1633. G vom 9. 10. 1954 (BGBl. 1,281). § § 5 3 ff. GüKG. E. R. Huber, Selbstverwaltung der Wirtschaft, 1958; W. Reuss, G R e I I I / l , S. 91; Horak, Selbstverwaltung der Wirtschaft, 1958; Bremer, Das Kammerrecht der Wirtschaft, 1960; Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung, 1969; Fröhler / Oberndorfer, Körperschaften des öffentl. Rechts und Interessenvertretung, 1974. - Selbstverwaltung der Wirtschaft findet auch durch nicht rechtsfähige, bestimmten Behörden zugeordnete Gremien statt, wie z. B. die Frachtenausschüsse der Binnenschiffahrt gem. §§ 22ff. BSchG (BVerwGE 31, 359). Brandstetter, Der Erlaß von Berufsordnungen durch die Kammern der freien Berufe, 1971; D. Hahn, Die öffentlich-rechtliche Alterssicherung der Verkammerten freien Berufe, 1974. - Zu den Grenzen der Satzungsgewalt der Kammern: BVerfGE 33, 125 (Facharzt-Urteil); BVerwG D Ö V 1973, 311.
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die kollektive Interessenwahrung in einzelnen Wirtschaftszweigen durch die öffentlich-rechtliche Organisation der Interessenten zu begünstigen und bis zu einem gewissen G r a d e zu disziplinieren; neben den eigenen Angelegenheiten der Mitglieder spielen bei den Trägern der wirtschaftlichen Selbstverwaltung übertragene Angelegenheiten nur eine geringe Rolle. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der hier meist bestehenden Zwangsmitgliedschaft und damit der „ V e r k a m m e r u n g " der Wirtschaft überhaupt beurteilt sich nicht nach Art. 9 I G G , dessen Schutzbereich nur die privatautonome Assoziation erfaßt und deshalb die „negative" Vereinigungsfreiheit nur bei privatrechtlichen Organisationsformen schützt 1 5 0 . Die Praxis zieht die allgemeine Handlungsfreiheit heran; danach hindert es Art. 2 I G G nicht, daß der Staat sich bei der „legitimen A u f g a b e der Förderung der Wirtschaft" der Hilfe von Einrichtungen bedient, die er auf gesetzlicher Grundlage aus der Wirtschaft heraus sich selbst bilden läßt und die durch ihre Sachkunde die Grundlage dafür schaffen helfen, daß staatliche Entschließungen auf diesem Gebiet ein möglichst hohes M a ß an Sachnähe und Richtigkeit gewinnen 1 5 1 . Es erscheint jedoch sachgemäßer, die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Zwangsmitgliedschaften bei Körperschaften der wirtschaftlichen Selbstverwaltung an dem Grundrecht der Berufsfreiheit zu messen, das die spezielle Gewährleistung der freien beruflichen Betätigung darstellt; denn die Einordnung eines Gewerbebetriebs und seines Inhabers in eine K ö r p e r schaft der wirtschaftlichen Selbstverwaltung betrifft die in dem Gewerbebetrieb entfaltete berufliche Tätigkeit. Die Industrie- und Handelskammern152 haben die Aufgabe, das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden wahrzunehmen, für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken und dabei die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen; dabei obliegt es ihnen insbesondere, durch Vorschläge, Gutachten und Berichte die Behörden zu unterstützen und zu beraten sowie f ü r Wahrung von Anstand und Sitte des ehrbaren Kaufmanns zu wirken. Die K a m m e r n wirken an der Berufsausbildung mit. D i e Wahrnehmung sozialpolitischer und arbeitsrechtlicher Interessen gehört nicht zu ihren Aufgaben. Kammerzugehörige, die durch Beiträge die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der K a m m e r n aufzubringen haben, sind natürliche Personen, Handelsgesellschaften, andere nicht rechtsfähige Personenmehrheiten und juristische Personen des privaten und des öffentlichen 150 151 152
Abw. Hesse, VerfR, S. 169. BVerfGE 15,235; 32,54; OVG Münster NJW 1960,214. G zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18. 12. 1956 (BGBl. 1956 I, S. 920). - Frentzel / Jäckel / Junge, Industrie- und Handelskammergesetz, 3. Aufl., 1971; W. Fischer, Unternehmerschaft, Selbstverwaltung und Staat, 1964; Leibholz, Die Stellung der Industrie- und Handelskammern in Gesellschaft und Staat, 1966; G. Frentzel / E. Jäckel, Die dt. Industrie- und Handelskammern und der Dt. Industrie- und Handelstag, 1967; Ipsen, Berufsausbildungsrecht für Handel, Gewerbe und Industrie, 1967; Wentzel, Autonomes Berufsbildungsrecht und Grundgesetz, 1970; Wülker, Der Wandel der Aufgaben der Industrie- und Handelskammern in der Bundesrepublik, 1972.
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Rechts, welche im Kammerbezirk entweder eine gewerbliche Niederlassung oder eine Betriebsstätte oder eine Verkaufsstelle unterhalten und mit dieser gewerbesteuerpflichtig sind 1 5 3 ; von der Pflichtmitgliedschaft ausgenommen sind die nicht in das Handelsregister eingetragenen freiberuflich tätigen Personen und Inhaber land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe sowie die Inhaber von Handwerksbetrieben und von handwerksähnlichen Betrieben (§ 2 I H K G , Art. 23 SteueränderungsG 1961, §§ 18ff., 90 II H a n d w O ) . Der Inhaber eines Handwerksbetriebs, der außerdem eine nicht-handwerkliche Gewerbetätigkeit ausübt, ist insoweit Pflichtmitglied der Industrie- und Handelskammer 1 5 4 . Die Handwerkskammern haben die Aufgabe, die Interessen des Handwerks zu wahren und zu fördern und an der Berufsausbildung mitzuwirken (§§ 90ff. H a n d w O ) 1 5 5 . Ihre Mitglieder sind die selbständigen H a n d w e r k e r und die Inhaber handwerksähnlicher Betriebe im Kammerbezirk sowie die Gesellen und Lehrlinge dieser Gewerbetreibenden. Die selbständigen Handwerker und die Inhaber handwerksähnlicher Betriebe tragen durch Beiträge zur Deckung der Kosten bei, die durch die Errichtung und Tätigkeit der Handwerkskammer entstehen ( § 1 1 3 H a n d w O ) 1 5 6 . Die Handwerksinnungen stellen einen freiwilligen Zusammenschluß der selbständigen Handwerker desselben Handwerks oder verwandter H a n d w e r k e auf der Kreisebene dar und sollen die gemeinsamen gewerblichen Interessen ihrer Mitglieder fördern (§§ 52ff. H a n d w O ) . Sie werden von der zuständigen H a n d werkskammer beaufsichtigt (§ 75 H a n d w O ) und sind fachlich zu Landesinnungsverbänden (§ 79 H a n d w O ) und örtlich zu Kreishandwerkerschaften (§ 86 H a n d w O ) zusammengeschlossen. Die Landesinnungsverbände und die Kreishandwerkerschaften sind in Rechtsformen des Privatrechts organisiert. Die Tariffähigkeit der Innungen und Innungsverbände (§§ 54 III Nr. 1, 82 S. 2 Nr. 3 H a n d w O ) verletzt Art. 9 III G G nicht 1 5 7 . Für das Recht der Landwirtschaftskammern besteht eine bundesrechtliche Regelung, die gemäß Art. 74 Nr. 17 G G möglich wäre, noch nicht. In einer Anzahl von Bundesländern sind jedoch Landwirtschaftskammern auf landesrechtlicher Grundlage errichtet worden 1 5 8 . In Anlehnung an die in Art. 165 WeimRVerf vorgesehenen Wirtschaftsräte, in denen Vertreter der U n t e r n e h m e r und der Arbeitnehmer zusammenwirken soll-
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B V e r w G E 1 6 , 2 9 5 ; 22, 58; BVerwG NJW 1978, 904. B V e r w G NJW 1978, 389. L. Fröhler, D i e Staatsaufsicht über die Handwerkskammern, 1957; ders., D a s Organisationsrecht der Handwerksordnung, 1973; V. Chesi, Struktur und Funktionen der Handwerksorganisation in Deutschland seit 1933, 1966; Kolbenschlag / Patzig, D i e dt. Handwerksorganisation, 1968. B V e r w G NJW 1 9 7 7 , 1 8 9 3 . BVerfGE 20,312. Vgl. z. B. das niedersächs. G über Landwirtschaftskammern i. d. Fass. vom 1 . 6 . 1967 (GVB1. S. 223). D e r Bayer. Bauernverband ist eine Körperschaft des öffentl. Rechts mit freiwilliger Mitgliedschaft; V O Nr. 106 vom 29. 10. 1946 (BayBS IV S. 318), Bek. vom 17. 2. 1960 (StAnz Nr. 9). - E. Sauer, Landwirtschaftliche Selbstverwaltung, 1957.
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ten, haben Bremen 1 5 9 und Rheinland-Pfalz 1 6 0 Wirtschaftskammern errichtet. Das Grundgesetz hat lediglich in Übereinstimmung mit Art. 156 WeimRVerf eine gemeinwirtschaftliche Selbstverwaltung für sozialisierte Produktionsmittel in Betracht gezogen (Art. 15). Bis in die jüngste Zeit ist nach dem Vorbild des Reichswirtschaftsrates der Weimarer Republik 1 6 1 und der Wirtschaftsräte in einigen westeuropäischen Verfassungen von verschiedenen Seiten eine quasiparlamentarische Repräsentation der organisierten Interessen der Wirtschaft in einem „Bundeswirtschaftsrat" oder „Wirtschafts- und Sozialrat" gefordert worden 1 6 2 . Ein derartiges Verfassungsorgan, das beratend oder beschließend (sei es auch nur im Rahmen eines Rechts zur Gesetzesinitiative) an der Wirtschafts- und Sozialgesetzgebung oder an der gesamten Gesetzgebungstätigkeit einschließlich des Haushaltsgesetzes beteiligt wäre, würde zu den Grundsätzen der parlamentarischen Demokratie in einen gewissen Widerspruch treten; es könnte jedenfalls nicht ohne eine Verfassungsänderung errichtet werden. Während ein Wirtschafts- und Sozialrat als Werkzeug überbetrieblicher Mitbestimmung oder als korporativ-professionelle Ergänzung des Parlamentarismus verstanden wird, stehen die auf anderen Vorstellungen beruhenden Arbeitskammern ihrem Prinzip nach in einer Spannungslage zu den Koalitionen und der Koalitionsfreiheit 163 . Die Europäischen Gemeinschaften haben den Einfluß der organisierten Interessen in Organen mit beratender Funktion institutionalisiert, nämlich in dem Wirtschafts- und Sozialausschuß von E W G und E A G und in dem Beratenden Ausschuß der EGKS 1 6 4 . 159 160 161
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Art. 4 6 BremVerf, G vom 23. 6. 1950 (GVB1. S. 71). Art. 7 1 f f . VerfRhPfalz, G vom 21. 4. 1949 ( G V B 1 . 1 S . 141). Art. 165 W R V ; V O über den vorläufigen Reichswirtschaftsrat vom 4. 5. 1920 (RGBl. S. 858). Entwurf eines G über die Errichtung eines Bundeswirtschafts- und Sozialrates: BTag Drucks. V I / 2 5 1 4 . - G. Bernhardt, Wirtschaftsparlamente, 1923; Glum, Der deutsche und der französische Reichswirtschaftsrat, 1929; Seidenfus, Gedanken zur Errichtung eines Bundeswirtschaftsrates, 1962; Napp / Zinn, Wirtschaftsräte und überbetriebliche Mitbestimmung in Deutschland, SchrVS N F 24/11, 1964, S. 61; Schachtschabel, D i e gewerkschaftl. Forderung nach Mitbestimmung der Arbeitnehmer auf überbetrieblicher Ebene und ihre Vereinbarkeit mit anderen Konzeptionen, ebd. S. 155; Sperling, Wirtschaftsräte im europ. Verfassungssystem, 1965; K. von Beyme, Interessengruppen in der Demokratie, 1969, S. 173ff.; H. Stephan, JöR 18 (1969), S. 95; W. Thiele, DVB1. 1970, 529; B.-O. Bryde, Zentrale wirtschaftspolitische Beratungsgremien in der Parlamentär. Verfassungsordnung, 1972; Steinberg, D Ö V 1972, 837; H. H. Rupp, D i e öffentlichen' Funktionen der Verbände und die demokratisch-repräsentative Verfassungsordnung, SchrVS 7 4 / 1 1 , 1 9 7 3 , S. 1251; H. Donner, DVB1. 1 9 7 4 , 1 8 3 ; E.-W. Böckenförde, Staat 15 (1976), S. 457; K. Stern, JöR 25 ( 1 9 7 6 ) , S. 103; A Saipa, A ö R 102 ( 1 9 7 7 ) , S. 497. B V e r f G E 38, 281. - Zacher, Arbeitskammern im demokratischen und sozialen Rechtsstaat, 1971; Gass, D Ö V 1960, 778; Mronz, Körperschaften und Zwangsmitgliedschaft, 1973. Art. 193 ff. E W G V , Art. 165 ff. E A G V , Art. 5 des A b k o m m e n s über gemeinsame Organe für die europ. Gemeinschaften vom 25. 3. 1957; Art. 18, 19, 48 E G K S V . Zellentin, D e r Wirtschafts- und Sozialausschuß der E W G und Euratom, 1962; F. Fischer,
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c) Wirtschaftsverbände, Koalitionsfreiheit: Als privatrechtlich organisierte Vereinigungen des Wirtschaftslebens bestehen die Koalitionen (Art. 9 III GG) und die Wirtschafts- oder Unternehmensverbände (Art. 9 I GG). Koalitionen sind freiwillige und überbetriebliche Vereinigungen entweder von Arbeitgebern oder von Arbeitnehmern („Gegnerfreiheit") mit dem Ziel der Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen, aber nicht notwendig mit Tarifwilligkeit und Streikbereitschaft 165 . Wirtschaftsverbände sind Vereinigungen von fachlich gleichartigen Unternehmen zur Wahrung und Förderung der gemeinschaftlichen wirtschaftlichen Interessen und deren Zusammenschlüsse in regionalen Spitzenverbänden, wie z. B. der Bundesverband der Deutschen Industrie 1 6 6 . Die Wirtschaftsverbände können für ihren Bereich Wettbewerbsregeln 1 6 7 aufstellen und bei der Kartellbehörde deren Eintragung in das Register für Wettbewerbsregeln beantragen (§§ 28 ff. GWB). Ein von ihnen ausgeübter diskriminierender Organisationszwang ist kartellrechtlich verboten (§§ 27, 35 I 2 GWB). Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften sind präsumtive Partner einer „konzertierten Aktion" (§ 3 StabG). Die Koalitionsfreiheit (Art. 9 III GG) ist, über ihre individualrechtliche Wirkung hinaus, ein tragender Grundsatz der Wirtschafts- und Arbeitsverfassung 1 6 8 . Sie gewährleistet jedermann das Recht, Vereinigungen zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu gründen, ihnen beizutreten oder fernzubleiben, sich in ihnen zu betätigen und aus ihnen auszutreten. Das Grundrecht ist auch ein Bestands- und Betätigungsrecht der Koalitionen selbst. Zu dem geschützten Tätigkeitsbereich der Koalitionen gehören alle Vorkehrungen und Verhaltensweisen, die der Erhaltung und Organisation der Koalition und der Ver-
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D i e institutionalisierte Vertretung der Verbände in der E W G , 1965; Rittstieg, Wirtschaftsverbände und europ. Gemeinschaften, 1967. B V e r f G E 18, 18; Ramm, JuS 1966, 223; B A G E 21, 98; 23, 320; B A G JZ 1977, 470. P. Badura, ArbRGgwart 15 (1978), S. 17. W. Reuss, Wirtschaftsverwaltungsrecht, I, Abschn. I, 2 C II; Nipperdey / Stumpf, Wirtschaftsrecht, S. 6 6 8 f f . ; O. Stammer, Verbände und Gesetzgebung, 1965; E. Buchholz, D i e Wirtschaftsverbände in der Wirtschaftsgesellschaft, 1969; Erdmann, D i e verfassungspolitische Funktion der Wirtschaftsverbände in Deutschland 1 8 1 5 - 1 8 7 1 , 1968; K. von Beyme, Interessenverbände in der Demokratie, 1969; Kaelble, Industrielle Interessenpolitik in der Wilhelminischen Gesellschaft, 1969; Nicklisch, D i e Koppelung von Wirtschaftsverbänden und Arbeitgeberverbänden, 1972; Völpel, Rechtlicher Einfluß von Wirtschaftsgruppen auf die Staatsgestaltung, 1972; Steinberg, Z R P 1972, 207; ders., PVS 14 (1973), S. 27; H. H. von Arnim, Gemeinwohl und Gruppeninteressen, 1977. B G H Z 46, 168; H. Oehler, Wettbewerbsregeln als Instrument der Wettbewerbspolitik, 1968 (Rez. A. Schüller, Ordo XXI [1970], S. 407). Dietz, G R e I I I / l , S. 4 1 7 ; W. Weber, Koalitionsfreiheit und Tarifautonomie als Verfassungsproblem, 1955; R. Scholz, Koalitionsfreiheit als Verfassungsproblem, 1971; ders., D a s Grundrecht der Koalitionsfreiheit, 1972; Zöllner, A ö R 98 ( 1 9 7 3 ) ; S. 71; Badura, R d A 1974, 129; ders., R d A 1976, 275; Säcker, ArbRGgwart 12 (1975), S. 17. B V e r f G E 4, 96; 17, 319; 18, 18; 19, 303; 20, 312; 28, 295; 34, 307; 38, 281; 38, 386; 42, 133; 4 4 , 3 2 2 .
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folgung ihrer koalitionsmäßigen Ziele dienen, so beispielsweise die Tätigkeit im Rahmen der Betriebsverfassung, die Werbung neuer Mitglieder, der Abschluß von Tarifverträgen (Tarifautonomie) 1 6 9 und der Arbeitskampf (Streik, Aussperrung 1 7 0 . Die Koalitionsfreiheit der Koalitionen und die Koalitionsfreiheit der einzelnen können in Konflikt geraten, entweder im Hinblick auf die Organisation und Willensbildung der Koalitionen 1 7 1 - „innerverbandliche Demokratie", Organisationszwang - oder im Verhältnis der Koalitionen zu den Nichtorganisierten und deren „negativer" Koalitionsfreiheit 172 - bes. Differenzierung nach der Gewerkschaftszugehörigkeit in tariflichen Regelungen. Die Koalitionsfreiheit ist drittens die Gewährleistung des Tarifvertragssystems im Sinne des kollektiven Arbeitsrechts mit frei gebildeten Koalitionen als Tarifparteien (Institutsgarantie) 173 . Das Grundrecht statuiert im Bereich der Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen den grundsätzlichen Vorrang der Tarifautonomie vor einer zwingenden gesetzlichen Regelung und garantiert so einen „Kernbereich" verbandsmäßiger Aushandlung und Entscheidung. 2. Verwaltungszwecke und Rechtsformen Die von der Verfassungsidee des sozialen Rechtsstaates bestimmten Aufgaben des Staates für die Wirtschaftspolitik von Parlament und Regierung erscheinen auf der Ebene des administrativen Vollzugs als Verwaltungszwecke der Wirtschaftsverwaltung. Die Eigenart dieser Verwaltungszwecke und das Bedürfnis nach einem dieser Eigenart möglichst angepaßten rechtlichen Instrumentarium des Verwaltungshandelns haben eine schwer zu übersehende Vielfalt von Rechtsformen
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Tarifvertragsgesetz i. d. Fass. v. 25. 8. 1969 (BGBl. I, S. 1323). Materialien zur Entstehung des TVG vom 9. 4. 1949, Z f A 4 (1973), S. 129; Herschel, ebd. S. 183. - B V e r f G E 4, 96; 34, 307; 44, 322. - W. Weber, in: Göttinger Fs. f. das OLG Celle, 1961, S. 239; Biedenkopf, Grenzen der Tarifautonomie, 1964; Säcker, Grundprobleme der kollektiven Koalitionsfreiheit, 1969; Zöllner I Seiter, Paritätische Mitbestimmung und Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz, 1970; Scheuner, D i e Rolle der Sozialpartner in Staat und Gesellschaft, 1973; Richardi, D e r Arbeitgeber 1975, 739; Schmidt-Preuß (Anm. 48) S. 183ff.; H. Wiedemann / H. Stumpf, TVG, 5. Aufl., 1977. B A G JuS 1970, 202; B A G A P Nr. 43 zu Art. 9 G G Arbeitskampf (dazu Richardi, R d A 1971, 3 3 4 und Scheuner ebd. S. 327). - Brox / Rüthers, Arbeitskampfrecht, 1965; Lerche, Verfassungsrechtliche Zentralfragen des Arbeitskampfes, 1968; Dietz, JuS 1968, 1; M. Kittner (Hrsg.), Streik und Aussperrung, 1974; K. Hernekamp (Hrsg.), Arbeitskampf, 1975; Th. Raiser, D i e Aussperrung nach dem Grundgesetz 1975; Seiter, Streikrecht und Aussperrungsrecht, 1975; J. A. Frowein, Zur Völkerrecht, und verfassungsrechtl. Gewährleistung der Aussperrung, 1976. Richardi, A Ö R 9 3 ( 1 9 6 8 ) , S. 243; B G H NJW 1978, 990. B A G JZ 1969, 105. - Biedenkopf, JZ 1961, 346; Gamillscheg, D i e Differenzierung nach der Gewerkschaftszugehörigkeit, 1966; Leventis, Tarifliche Differenzierungsklauseln nach dem Grundgesetz und dem Tarifvertragsgesetz, 1974. B V e r f G E 4, 96.
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hervorgebracht, für die eine konsolidierte Theorie und Systematik noch ausstehen 1 7 4 . Die Unterscheidung und Gegenüberstellung von Eingriffsverwaltung und Leistungsverwaltung beruht auf der aus dem konstitutionellen Staatsrecht überkommenen Definition des Gesetzesvorbehalts (,,Eingriffs"vorbehalts) und auf der daraus folgerichtig abgeleiteten Orientierung an den Rechtsformen des Verwaltungshandelns. Sie reicht als Grundmuster des sozialstaatlichen Verwaltungsrechts nicht hin 175 , wofür gerade das Wirtschaftsverwaltungsrecht exemplarisch ist. Zum einen deckt sich die Unterscheidung von öffentlichem und privatem Recht nur noch zum Teil mit der Unterscheidung des vom öffentlichen Interesse bestimmten Verwaltungshandelns und der privatautonomen und privatwirtschaftlichen Tätigkeit 176 . Zum anderen erfaßt die Fixierung auf den normativen oder konkreten „Eingriffsakt" mit „Außenwirkung" vor allem im Bereich der planenden und lenkenden Verwaltung nur einen Ausschnitt des komplexen und mehrstufigen Verwaltungshandelns. Legt man die geläufige, aber angreifbare Abgrenzung von Eingriffs- und Leistungsverwaltung zugrunde, sind wirtschaftslenkende Verwaltungsakte, je nachdem ob sie gebieten oder verbieten oder ob sie Ansprüche gegen die Exekutive begründen oder feststellen, dem einen oder dem anderen Handlungsbereich der Verwaltung zuzurechnen. Eine klarere Begriffsbildung wird erreicht, wenn man von Leistungsverwaltung in Erfüllung von „Daseinsvorsorge" (Forsthoff) nur dort spricht, wo die Hingabe der Leistungen oder Vorteile allein zum Zwecke der Befriedigung eines durch die Hilfsquellen des Begünstigten oder die Arbeitsweise des Marktes nicht gedeckten Bedürfnisses erfolgt, wie bei der Sozialversicherung oder bei den kommunalen Versorgungsbetrieben, die Leistungsgewährung also nicht außerdem oder primär einen Gestaltungs- oder Lenkungszweck erreichen will, wie bei der Vergabe von Subventionen 1 7 7 . Bei diesem strengeren Wortgebrauch sind Wirtschaftsverwaltung und Leistungsverwaltung deutlich getrennt.
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E. R. Huber, WirtschaftsverwaltungsR, 2. Aufl., Bd. I, 1953, S. 4 7 f f . ; Schule, V V D S t R L 11 (1952), S. 75; R. Isay, in: Fs. f. Schmidt-Rimpler, 1957, S. 403; Gygi, Interventionsrecht und Interventionsverwaltung, 1958; P. Neumann, Wirtschaftslenkende Verwaltung, 1959; Lerche, D Ö V 1961, 486; Riifner, Formen öffentlicher Verwaltung im Bereich der Wirtschaft, 1967; Roth, D i e Gefahrenvorsorge im sozialen Rechtsstaat, 1968; D. Chr. Dicke, Verfassungsrechtliche Möglichkeiten und Grenzen der Wirtschaftslenkung, 1969; Stern, Grundfragen der globalen Wirtschaftssteuerung, 1969. Bachof/ Brohm, D i e Dogmatik des Verwaltungsrechts vor den Gegenwartsaufgaben der Verwaltung, V V D S t R L 3 0 (1972), S. 193ff., 2 4 5 f f . ; Hans J. Wolff / O. Bachof, V w R I, 9. Aufl., 1974, § 3; /. von Münch, in: Erichsen / Martens, Allg. V w R § 2. Ein bes. im analytischen Teil aufschlußreicher Versuch findet sich bei Bullinger, ö f f e n t l i ches Recht und Privatrecht, 1968. Forsthoff, D i e Verwaltung als Leistungsträger, 1938; Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, 1959; P. Pernthaler, JB1. 1965, 57; Badura, D Ö V 1966, 624; Riifner, Formen öffentlicher Verwaltung im Bereich der Wirtschaft, 1967.
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a) Wirtschaftslenkung, Wirtschaftsaufsicht: Unter Wirtschaftslenkung versteht man im weitesten Sinn das Insgesamt der staatlichen Maßnahmen, durch die auf den wirtschaftlichen Prozeß eingewirkt werden soll, um einen wirtschafts-, sozialoder gesellschaftspolitisch erwünschten Zustand oder Ablauf des Wirtschaftslebens herzustellen oder zu erhalten, ohne Rücksicht auf die Rechtsform der Maßnahmen als zivilrechtliches oder verwaltungsrechtliches Gesetz, als Rechtsverordnung, Verwaltungsakt oder privatrechtliches Rechtsgeschäft. So betrachtet ist die Wirtschaftslenkung eine staatliche Aufgabe, die sich aus dem Sozialgestaltungsauftrag des Staates ableitet und die unterschieden ist einerseits von der rechtlichen Ordnung des Privatrechtsverkehrs nach dem Maßstab der Privatautonomie und andererseits von der Begründung polizeilicher Aufgaben und Befugnisse zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Verwendet man die beiden Verwaltungszwecke der Gefahrenabwehr und der Wirtschaftslenkung als Systemkriterien, läßt sich das Wirtschaftsverwaltungsrecht in Gewerbepolizeirecht und Wirtschaftslenkungsrecht einteilen und lassen sich die wirtschaftsverwaltungsrechtlichen Verwaltungsakte danach ordnen, ob sie nur der Gefahrenabwehr dienen, wie z. B. die Schankerlaubnis nach dem GaststättenG, ob sie Gefahrenabwehr und Wirtschaftslenkung verbinden, wie z. B. die Genehmigung eines Linienverkehrs nach § 13 PBefG, oder ob sie wirtschaftslenkenden Charakter haben, wie z. B. die Vergabe einer Subvention. Die Wirtschaftslenkung kann als globale Wirtschaftssteuerung die Beeinflussung der makroökonomischen Größen (Ausgaben der öffentlichen Hand, Investitionen, Konsum) anstreben, wie bei den Verpflichtungen und Maßnahmen auf Grund des Stabilitätsgesetzes, oder auf bestimmte Situationen, Rechtsverhältnisse oder Rechtsgeschäfte bezogen sein. Sie kann sich auf nur mittelbar wirksame Beeinflussungen des wirtschaftlichen Prozesses beschränken, wie bei der antizyklischen Haushaltwirtschaft, einer Aufwertung oder einer Änderung des Diskontsatzes, oder unmittelbar gebietend, verbietend oder gestaltend in die Produktion oder den rechtsgeschäftlichen Wirtschaftsverkehr eingreifen. Ein Beispiel für die wirtschaftslenkende Regulierung des Absatzes einzelner Produkte sind die für die Ernährungswirtschaft charakteristischen Marktordnungen178. Bei einer Marktordnung werden der Wettbewerb und die durch ihn ausgeübten Wirkungen auf den Preis, den Inhalt der Austauschbeziehungen, die Art und Weise des Warenverkehrs und die Produktionsstruktur ganz oder teilweise durch öffentlich-rechtliche Regelungen ersetzt. Der Grund dafür ist, daß wegen struktureller Gegebenheiten in dem betroffenen Bereich unter den Bedingungen marktwirtschaftlicher Konkurrenz wirtschaftspolitisch unerwünschte Nachteile für die Produzenten oder die Konsumenten eintreten würden. Durch die Marktordnung wird mit Hilfe eines vielgestaltigen Bündels gesetzlicher und administrativer Maßnahmen ein Ausgleich der bis zu einem gewissen Grade widerstreitenden Ziele der befriedigenden Versorgung der Verbraucher und der angemessenen Entlohnung der Produzenten über den (gelenkten) Preis angestrebt, wie etwa durch die Festsetzung von Höchst-, Mindest-, Rieht- und Interventionspreisen, z. B. bei 178
K. P. Hensel, Marktordnung, H D S W 7 (1961), S. 161.
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der ( J e t r c i d c m u r k t o r d n u n g ' o d e r durch die Festlegung von Lielerungs- und Absatzwegen, z. B. bei der jetzt europarechtlich überlagerten Milchmarktordnung 1 8 0 . Ein Instrument der Wirtschaftslenkung sind die Subventionen, staatliche Finanzhilfen, deren Vergabe im Regelfall strukturpolitische Ziele verfolgt 1 8 1 . Indem sie bestimmte Wirtschaftstätigkeiten begünstigen, beeinflussen sie die Wettbewerbssituation, ohne das marktwirtschaftliche Prinzip selbst zu tangieren. D e r reißend angeschwollene U m f a n g der Wirtschaftsförderung durch staatliche Finanzhilfen, die nur zu einem Teil auf einem besonderen Gesetz beruhen und häufig nur auf Grund eines Ansatzes im Haushaltsgesetz nach Maßgabe von Richtlinien der Exekutive ausgeschüttet werden, korrespondiert mit einem hier besonders auffälligen Einfluß der organisierten Interessen. Politisch gesprochen hat daher die vereinfachende Paradoxie eine gewisse Berechtigung, mit Subventionen interveniere „weniger der Staat in die Wirtschaft als die Wirtschaft in den Staat" (Volkmar Götz). D i e Verpflichtung der Subventionierungspolitik auf die sehr allg e m e i n e n Richtlinien des § 1 StabG (§ 12 I StabG) verspricht kaum eine Bändigung des Subventionismus, doch bringt wenigstens der v o n der B R e g . alle zwei Jahre vorzulegende Subventionsbericht (§ 12 I I - I V S t a b G ) 1 8 2 eine größere 179
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GetreideG i. d. Fass. v. 24. 11. 1951 (BGBl. I, S. 901); V O Nr. 2727/75 des Rates vom 29. 10. 1975 über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide (ABl. Nr. L 281/1). Ein Verzeichnis der Grundverordnungen für die gemeinsamen landwirtschaftl. Marktorganisationen findet sich in Sartorius. Bd. II, Nr. 177. Im übrigen siehe oben Anm. 80. Milch- und FettG i. d. Fass. v. 10. 12. 1952 (BGBl. I, S. 811); VO (EWG) Nr. 804/68 des Rates über die schrittweise Errichtung einer gemeinsamen Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse vom 27. 6. 1968 (ABl. E G Nr. L 148/13), zuletzt geänd. durch VO Nr. 559/76 vom 15. 3. 1976 (ABl. Nr. L 67/9). - BVerfGE 18, 315; 24, 1; BVerwGE 4, 95; 6, 134; 17, 127; 28, 292; BVerwG DVB1. 1966, 749 und 751; B G H Z 33, 259; 41, 271; K. Dietrich, Gesetz über den Verkehr mit Milch, Milcherzeugnissen und Fetten, 2. Aufl., 1953; Hamann, Kommentar zum Milch- und Fettgesetz, 1961; W. Weber, Rechtsfragen der milchwirtschaftlichen Marktordnung, 1962; E. Kunze, in: Reuss, WirtschaftsverwaltungsR, I, S. 869ff.; Dicke, D Ö V 1968,163. BVerwGE 24, 154; 25, 72; 30, 191; BVerwG JZ 1969, 69 (Renck JuS 1971, 77); BVerwG NJW 1977, 1838 m. Anm. Menger, VerwArch 69, 1978, S. 93; BGH NJW 1972, 210; BayVGH VerwRspr 19, 347; BayVGHE 23, 136; HessVGH DVB1. 1966, 752. - Köttgen, DVB1. 1953, 485; ders., Der heutige Spielraum kommunaler Wirtschaftsförderung, 1963; H. P. Ipsen, öffentliche Subventionierung Privater, 1956; Friauf, DVB1. 1966, 729; Götz, Recht der Wirtschaftssubventionen, 1966; ders., Bekämpfung der Subventionserschleichung, 1974; Engelken / Franzke, Wirtschaftsförderung durch Bund, Länder und Europ. Gemeinschaften, 1967; Ipsen / Zacher, Verwaltung durch Subventionen, VVDStRL 25 (1967); G. Roth, in: H. Bülck (Hrsg.), Zur Stellung der Mitgliedstaaten im Europarecht, 1967, S. 121; Fröhler, Das Wirtschaftsrecht als Instrument der Wirtschaftspolitik, 1969, S. 110ff.; G. Winter, Die Fondsverwaltung der Europ. Gemeinschaften, 1969: Zacher, WiR 1972, S. 185; K. Wenerr. Förderungsverwaltung, 1973; K. Tiedemann, Subventionskriminalität in der Bundesrepublik, 1974; P. Kirchhof (Anm. 118) S. 371 ff.; K. Lange, DVBI. 1977, 873; K. Vogel, in: Fs. f. H. P. Ipsen, 1977, S. 539; Badura, Wirtschaft und Verwaltung, 1978,137. Bericht der BReg über die Entwicklung der Finanzhilfen 1975 bis 1978 (Sechster Subventionsbericht), BTagDrucks. 8/1195.
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Durchsichtigkeit und so vielleicht den Anstoß zu einer stärkeren Planmäßigkeit der Wirtschaftsförderung. Die Abgrenzung des Kreises der durch eine bestimmte Subventionierungsmaßnahme zu begünstigenden Wirtschaftssubjekte ist eine wirtschaftspolitische Entscheidung, die vor allem dem Maßstab des Gebots willkürfreier Sachgerechtigkeit unterliegt 183 . Die durch die Subventionierung bewirkte Veränderung der Chancengleichheit im Wettbewerb bedarf der sachlichen Rechtfertigung durch ein hinreichend gewichtiges öffentliches Interesse, d. h. ein definiertes strukturpolitisches Ziel. Der Nutzen und der Erfolg einer Subventionierungsmaßnahme und die Frage der finanzpolitischen „Beherrschbarkeit" von Subventionen sind Gegenstand wirtschaftswissenschaftlicher Beurteilung 184 . Rechtlich gesehen sind Subventionen Geldleistungen, die in Verfolgung eines bestimmten wirtschaftsgestaltenden Zweckes an einen privaten Unternehmer als Angehörigen eines zu fördernden Wirtschaftszweiges 185 oder wegen des Standortes seines Betriebes 1 8 6 im Rahmen eines besonderen Rechtsverhältnisses in Gestalt von Zuschüssen, Krediten 1 8 7 oder Bürgschaften durch einen Verwaltungsträger vergeben werden. Steuervergünstigungen 188 sind mangels eines besonderen Subventionsverhältnisses nur im wirtschaftlichen, nicht aber im rechtlichen Sinn als Subventionen anzusehen („verdeckte" Subventionen). Erfolgt die Vergabe einer Subvention nicht auf Grund eines besonderen Gesetzes, dient als direktiver Maßstab für den Inhalt der Verwaltungsvorschriften (Richtlinien), die als normative Grundlage für die Entscheidung über Subventionierungsanträge durch das zuständige Ministerium erlassen werden, der Zweck der Subvention, wie er durch den Haushaltsansatz der zu vergebenden Mittel festgelegt ist 189 . Das Haushaltsgesetz kann für sich allein individuelle Ansprüche Begünstigter nicht begründen (§ 3 H G r G ) und kommt deshalb als eine dem Gesetzesvorbehalt entsprechende gesetz183
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I. von Münch, A ö R 85 ( 1 9 6 0 ) , S. 270; Götz, Wirtschaftssubventionen (Anm. 181), S. 267ff.; Kreussler, D e r allgem. Gleichheitssatz als Schranke für den Subventionsgesetzgeber, 1973. - B V e r w G D Ö V 1 9 7 3 , 3 1 7 . K.-H. Hansmeyer, Subventionen in der Bundesrep. Deutschland, 1963; ders., FinArch 30 ( 1 9 7 1 / 7 2 ) , S. 103; Andel, Subventionen als Instrument des finanzwirtschaftlichen Interventionismus, 1970; Schetting, Rechtspraxis der Subventionierung, 1973. Sektorale Wirtschaftsförderung, z. B. der Landwirtschaft nach dem „Grünen Plan" (§ 6 LandwirtschaftsG vom 5. 9. 1955, BGBl. I, S. 565), durch Anpassungsbeihilfen (G zur Förderung der Eingliederung der deutschen Landwirtschaft in den Gemeinsamen Markt vom 9. 9. 1965, BGBl. I, S. 1201), u. a. - Siehe oben A n m . 32. Regionale Wirtschaftsförderung; siehe oben Anm. 28, 31. Hier ergeben sich besondere Rechtsgestaltungen, wenn sich die Verwaltung zur Kreditvergabe einer Bank bedient: B V e r w G E 30, 211; B G H NJW 1964, 2060; B a y V e r f G H NJW 1 9 6 1 , 1 6 3 ; B a y V G H DVB1. 1 9 6 7 , 3 8 3 . Beispielsw. nach dem G zur Förderung der Berliner Wirtschaft i. d. Fass. v. 18. 2. 1976 (BGBl. I, S. 353). Zum vorzeitigen Abbau von Umsatzsteuervergünstigungen und -befreiungen für Zigaretten Berliner Produktion: B V e r f G E 30, 382. - Wacke, in: Dt. Landesreferate zum VII. Internation. Kongreß f. Rechtsvergl. in Uppsala 1966, 1967, S. 491; Steuerliche Subventions- und Förderungsgesetze, dtv 5028, 1972; K. Vogel, D Ö V 1977, 837. B a y V G H BayVerwBl. 1970, 408; O V G Lüneburg GewArch 1970, 283.
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liehe Grundlage für Subventionierungen nicht in Betracht 1 9 0 . Eine besondere gesetzliche Grundlage ist jedenfalls dann erforderlich, wenn die Förderung des Begünstigten in einem notwendigen Zusammenhang mit der Belastung eines Dritten steht, wie z. B. bei Ausgleichsabgaben und -leistungen 191 , oder wenn der Gewährleistungsbereich eines Grundrechts spezifisch betroffen wird, wie z. B. bei Pressesubventionen 1 9 2 . Die Vergabe von Subventionen erfolgt durch Bewilligungsbescheid und im Regelfall auf Grund einer Ermessensentscheidung. Ein Anspruch eines Bewerbers auf Gewährung oder Weitergewährung einer Subvention kann sich durch normative Rechtsbegründung und sonst nur kraft Gleichheitssatzes oder kraft eines besonderen Vertrauenstatbestandes ergeben 1 9 3 . Eine fehlerhaft geleistete und eine zweckwidrig verwendete Subvention kann die Verwaltung durch Verwaltungsakt zurückfordern; bei fehlerhafter Vergabe entsteht dieser Erstattungsanspruch jedoch nur, wenn der Bewilligungsbescheid zurückgenommen werden kann und zurückgenommen worden ist 194 . Subventionen stellen durchweg zumindest in ihren Wirkungen eine Beeinflussung der Wettbewerbsverhältnisse dar; die Strukturpolitik, von der sich typischerweise der jeweilige Subventionszweck ableitet, zielt gerade auf die Beeinflussung der Bedingungen ab, unter denen die begünstigte Wirtschaftsleistung den Markt erreicht. Es können sich deshalb über das Subventionsverhältnis zwischen der Verwaltung und dem Begünstigten hinaus rechtlich faßbare Beziehungen auch zu beeinträchtigten Konkurrenten des Begünstigten ergeben. Die Beeinträchtigung des Konkurrenten kann in seinem willkürlichen Ausschluß aus dem Kreis der Subventionsempfänger 1 9 5 oder in einer willkürlichen Verminderung seiner Wettbewerbsfähigkeit bestehen. Insoweit als eine Subventionsvergabe die Chancengleichheit im Wettbewerb (Art. 3 I GG) oder die Wettbewerbsfreiheit (Art. 2 I G G ) eines Konkurrenten des Begünstigten und damit die rechtlich geschützten Interessen eines Drittbetroffenen berührt, ist sie ein Verwaltungsakt mit Drittwirkung. Da Subventionen eine Begünstigung nationaler Wirtschaftszweige und damit eine Verzerrung des Wettbewerbs auf dem Gemeinsamen Markt der Europäischen Gemeinschaften zur Folge haben können, ist die Subventionspolitik der Mitgliedstaaten europarechtlich beschränkt (Art. 4 lit. c EGKSV; Art. 9 2 - 9 4 EWGV) 1 9 6 . Die Wirtschaftsaufsicht ist ein Bereich der Wirtschaftsverwaltung, der durch ein in verschiedenen Gesetzen für bestimmte Zweige wirtschaftlicher Betätigung geregeltes Instrumentarium von Kontrollaufgaben und -befugnissen gekennzeichnet 190 191
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BVerfGE 38, 121. BVerwGE 6, 282; 18, 352; BVerwG DVB1. 1959, 573; BVerwG NJW 1977, 1838; BayVGH BayVBl. 1962, 247; BayVGH VerwRspr. 19, 347; HessVGH D Ö V 1963, 880. VG Berlin D Ö V 1975, 134 m. Anm. R. Scholz; OVG Berlin DVB1. 1975, 905. - W.-R. Schenke, GewArch 1977, 313. B G H JZ 1975, 485; OVG Hamburg GewArch 1975, 20. BVerwG NJW 1977, 1838; BVerwG GewArch 1977, 264. BVerwGE 3 0 , 1 9 1 . - Zuleeg, Subventionskontrolle durch Konkurrentenklage, 1974. Subventionen im Gemeinsamen Markt, Kölner Schriften zum Europarecht, Bd. 29, 1978.
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ist 1 9 7 . Genehmigungspflichten lassen sich als eine Technik präventiver Wirtschaftsaufsicht begreifen. Sache der Aufsichtsbehörde ist es, die jeweils gesetzlich festgelegten Aufsichtsmaßstäbe - gesetzlich bestimmte oder in einem Verwaltungsakt, z . B . einer Genehmigung, festgelegte Anforderungen an ein wirtschaftliches Verhalten - mit Hilfe der ihr zugewiesenen Eingriffsbefugnisse gegenüber der beaufsichtigten Wirtschaftstätigkeit durchzusetzen. D a die Aufsichtsmaßstäbe sowohl gewerbepolizeilicher wie auch wirtschaftslenkender Art sein können, schließen sich Wirtschaftsauf sieht und Wirtschaftslenkung nicht gegenseitig aus 1 9 8 . Wichtige Z w e i g e der Wirtschaftsaufsicht sind die Gewerbeaufsicht über die Prüfung der überwachungsbedürftigen A n l a g e n (§ 2 4 d G e w O ) und über die Einhaltung der gewerberechtlichen Arbeitsschutzbestimmungen (§ 139 b G e w O ) , die A t o m a u f sicht (§ 19 A t o m G ) , die Aufsicht über die A p o t h e k e n (§ 18 A p o t h e k e n G ) , die Aufsicht über Verkehrsunternehmen (§ 5 4 PersBefG, § 7 7 G ü K G ) , die Versicherungsaufsicht über Versicherungsunternehmen und private Bausparkassen 1 9 9 , die Bankenaufsicht über die Kreditinstitute und H y p o t h e k e n b a n k e n 2 0 0 , die Aufsicht über die Energieversorgung ( § 1 1 EnergiewirtschaftsG) 2 0 1 und die kartellrechtliche Aufsicht. D i e Wirtschaftsaufsicht nach d e m Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 27. Juli 1957, jetzt in der Fassung der Bekanntmachung v o m 4. April 1 9 7 4
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Bullinger, VVDStRL 22 (1965), S. 264; E. Stein, Die Wirtschaftsaufsicht, 1967; R. Scholz, Wirtschaftsaufsicht und subjektiver Konkurrentenschutz, 1971; Steindorff, Wirtschaftsrecht, S. 100 ff. Abw. Auff. Bullinger, a. a. O., S. 286 f. G über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen vom 6. 6. 1931 (RGBl. I S. 315; mehrf. geänd.); G über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen vom 31. 7. 1951 BGBl. I S. 480). - Prölss / Schmidt / Sasse, Versicherungsaufsichtsgesetz, 7. Aufl., 1974; Boss, Systeme der Staatsaufsicht über Versicherungsunternehmungen, 1955; W. Weber, ZVersWiss 50 (1961), S. 333; ders., in: Braess (Hrsg.), 25 Jahre Institut für Versicherungswissenschaft an der Universität zu Köln, 1966, S. 51; ders., ZVersWiss 57 (1968), S. 227; H. Kraus, Versicherungsaufsichtsrecht, 1971; Lagrange I Möller / Sieg! Steindorff, Dienstleistungsfreiheit und Versicherungsaufsicht im Gemeinsamen Markt, 1971; H. Möller, in: Fs. f. Werner Weber, 1974, S. 753; ders., in: Fs. für H. Ipsen, 1977, S. 465; H. P. Ipsen, D Ö V 1975, 805. - B G H NJW 1972, 577 m. Anm. Scholz, ebd. S. 1217. §§ 6, 52 G über das Kreditwesen vom 10. 7. 1961, jetzt in der Fass. d. Bek. vom 3 . 5 . 1976 (BGBl. I, S. 1121); § 3 HypothekenbankG in der Fass. vom 5. 2. 1963 (BGBl. I, S. 81). - Novelle 1976 zum KWG: Regierungsentwurf, BTag Drucks. 7/3657; Ausschußbericht, BTag Drucks. 7/4631; J. Henke, DB 1976, 517; J. Knapp, NJW 1976, 873. - BVerfGE 14, 197; Reischauer / Kleinhans, KWG, 2. Aufl., 1968ff.; W. Möschel, Das Wirtschaftsrecht der Banken, 1972; H. Beck, KWG, 1973ff.; L. Bahre / M. Schneider, KWG, 2. Aufl., 1976; J. Consbruch u. a., KWG, 7. Aufl., 1976; Szagunn / Neumann, KWG, 3. Aufl., 1976; Barlet / Karding / Fleischmann, HypothekenbankG, 2. Aufl., 1964; M. Hofmann, HypothekenbankG, 1964. Eiser / Riederer / Obernolte, Energiewirtschaftsrecht, 4. Aufl., 1976; K.Henkel, Die Staatsaufsicht nach dem Energiewirtschaftsgesetz, 1970; Börner, Reform des Energie-
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( B G B l . 1 S. 8 6 9 ) , geändert durch die Novelle v o m 28. Juni 1976 ( B G B l . 1 S. 1697), dient der Sicherung der Wettbewerbsordnung und des marktwirtschaftlichen Wettbewerbs 2 0 2 . D a s Instrumentarium dieses Gesetzes ist durch das Z w e i t e Änderungsgesetz v o m 3. August 1 9 7 3 (BGBl. I S. 9 1 7 ) verschärft und, besonders durch die Einführung einer präventiven und repressiven Konzentrationskontrolle, erweitert worden 2 0 3 . D e r Grundsatz des Verbots horizontaler Wettbewerbsbeschränkungen durch Kartellabsprachen und aufeinander abgestimmtes Verhalten (§§ 1, 25 G W B ) ist durch eine breite Vielfalt von A u s n a h m e n , z. B. Konditionen, Rationalisierungs-, neuerdings auch Bagatellkartelle, abgeschwächt und kann im Einzelfall durch eine Erlaubnis des Bundesministers für Wirtschaft durchbrochen werden (§ 8 G W B ) 2 0 4 . Vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, insbesondere Preisbindungen zweiter Hand, sind verboten 2 0 5 , Ausschließlichkeitsbindungen werden beaufsichtigt (§§ 15 ff. G W B ) 2 0 6 . Marktbeherrschende U n t e r n e h m e n unterliegen einer Mißbrauchsaufsicht (§ 2 2 G W B ) ; die N o v e l l e von 1 9 7 3 hat die „überragende Marktstellung" gesetzlich als einen Fall der Marktbeherrschung definiert und für das Vorhandensein bestimmter Marktanteile eine „Vermutung"
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rechts und Natur der Sache, 1971; H.-U. Evers, Das Recht der Energieversorgung, 1974; Kimminich, Vert'assungsrechtl. Probleme einer Neuregelung der vertragl. Grundlagen für die örtl. Energieversorgung, 1974; Obernolte, DB 1975, 2165; Büdenbender, JuS 1978, 150; Steindorff, Wirtschaftsrecht, S. 139ff. - BVerwGF 7. 114: HavVGll BayVBl. 74, 73. - Zur kartcllrechtl. Mißbrauchsaufsicht über Elektrizitiitsvorsorgungsunternehmen (§ 104 GW B): BGH NJW 1972,1369 m. Anm. Emmerich, JuS 1972,603. Frankfurter Kommentar, 195811'.; Gemeinschaftskommentar, hrsg. von H. Müller-Henneberg und G. Schwanz, 3. Aufl., 1972ff.; Rinck, Wirtschaftsrecht, S. 227ff.; Emmerich, Wettbewerbsrecht, 1975; Steindorff, Wirtschaftsrecht, S. 60ff. — Meyer-Cording, WuW 12 (1962), S. 461; Mestmäcker, AcP 68 (1968), S. 235; J. F. Baur, Z H R 134 (1970), S. 97; Steindorff, Z H R (1974), S. 504; K. Schmidt, Kartellverfahrensrecht Kartellverwaltungsrecht - Bürgerliches Recht, 1977; P. Selmer, Verfassungsrechtl. Probleme einer Kriminalisierung des Kartellrechts, 1977; G. Rauschenbach, NJW 1978, 185. - Bericht der BReg über die Ausnahmebereiche des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), BTag Drucks. 7/3206. Entwurf der Novelle: BTagDrucks. 7/76. - J. F. Baur, BB 1973, 915; Emmerich, JuS 1973, 726; Gleiss / Bechtold, BB 1973, 1142; Bechtold, DB 1974, 1945; F. Kirschstein, Marktmacht und ihre Kontrolle, 1974. BGH DB 1975, 1884; BGH NJW 1977, 804 m. Anm. Steindorff, BB 1977, 569. - H.-H. Barnikel (Hrsg.), Theorie und Praxis der Kartelle, 1972; P. Ulmer, Abgestimmte Verhaltensweisen im Kartellrecht, 1972; G. Huber, in: Fs. f. E. R. Huber, 1973, S. 203; W. Möschel, NJW 1975, 94. Auf Grund der Novelle von 1973 ist jetzt eine Preisbindung nur noch bei Verlagserzeugnissen und bei Saatgut zugelassen (§§ 16,100 Abs. 3 GWB). Die frühere Zulassung einer Preisbindung bei Markenartikeln ist beseitigt, die Preisempfehlung bleibt erlaubt (§ 38a GWB). BGH NJW 1977, 1784. - Bericht der BReg über die Erfahrungen mit den Vorschriften über die Unverbindliche Preisempfehlung, BTag Drucks. 8/703. - E. R. Huber, Grundgesetz und vertikale Preisbindung, 1968.
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dafür eingeführt, daß eine marktbeherrschende Stellung vorliegt 2 0 7 . Im R a h m e n der Mißbrauchsaufsicht darf die Kartellbehörde auch gegen eine Preisgestaltung vorgehen, in der sich eine mißbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung zeigt (§ 22 V G W B ) . Dabei ist darauf abzustellen, ob die verlangten Preise erheblich über den Preisen liegen, die sich bei funktionsfähigem Wettbewerb bilden würden, und weiterhin', ob eine wirtschaftliche Rechtfertigung für die Preisgestaltung vorhanden ist 208 . Die neue Konzentrationskontrolle209 setzt sich zusammen aus einer Anzeigepflicht jeglichen wettbewerbsrelevanten „Zusammenschlusses" (§ 23 GWB), einem Untersagungsvorbehalt des Bundeskartellamtes gegenüber Zusammenschlüssen und Zusammenschlußvorhaben (§ 24 I, II und VIII GWB), einer aus übergeordneten Rücksichten möglichen Zusammenschlußerlaubnis des Bundesministers für Wirtschaft (§ 24 III bis V G W B ) und einer fakultativen, bei Beteiligung von Umsatzmilliardären obligatorischen Anmeldung des Vorhabens von Zusammenschlüssen beim Bundeskartellamt (§ 2 4 a G W B ) . Der Tatbestand des „Zusammenschlusses", der im Regelungszusammenhang der Anzeigepflicht umschrieben ist, erfaßt - siehe die Auffang-Generalklausel des § 23 II Nr. 5 G W B - nicht nur Fusionen im engeren Sinne und die Bildung von Konzernen. Schließlich ist wettbewerbsbeschränkendes und diskriminierendes Verhalten, einschließlich des negativen und des positiven Organisationszwanges verboten oder einer Aufsicht unterworfen (§§ 25 ff. GWB) 2 1 0 . Verstöße gegen kartellrechtliche Bestimmungen können zu einem Schadensersatzanspruch führen; Unterlassungsansprüche können auch im Wege der Verbandsklage geltend gemacht werden (§ 35 G W B ) . Das Bundeskartellamt, eine selbständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft (§§ 44, 48 ff. GWB) 2 1 1 , kann Ermittlungen vornehmen, Verwaltungs- und Bußgeldverfahren durchführen, von den speziell zugewiesenen Anordnungsrechten und der Befugnis, Bußgelder zu verhängen, Gebrauch machen und neuerdings auch Unter-
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Mestmäcker, Das marktbeherrschende Unternehmen im Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, 1959; J. F. Baur, Der Mißbrauch im dt. Kartellrecht, 1972; Monopolkommission, Anwendung und Möglichkeiten der Mißbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen seit Inkrafttreten der Kartellgesetznovelle, 1975; D. Hoffmann, DB 1975,289, 3 3 7 . - K G JuS 1977,689. BGH NJW 1976, 2259 (E. Merck, Vitamin B 12-Präparate); BGH NJW 1977, 675 (Hoffmann-La Roche, Valium). - W. Möschel, JZ 1975, 393; N. Reich, ZRP 1975, 159; H. P. Ipsen, Kartellrechtl. Preiskontrolle als Verfassungsfrage, 1976; ders., ZGR 1978, S. 287; R. Scholz, ZHR 141 (1977), S. 520. R. Scholz, Konzentrationskontrolle und Grundgesetz, 1971; E. Hoppmann, Fusionskontrolle, 1972; H. Würdinger, WuW 1973, 731; F. Rittner, DB 1975, 581; W. Kleinmann / R. Bechtold, Kommentar zur Fusionskontrolle, 1977; Chr. Windbichler, Unternehmensverträge und Zusammenschlußkontrolle, 1977. Siehe auch Anm. 203. - BKA, JuS 1974,667. Ph. Möhring, DB 1974,223; H. Tetzner, JZ 1977,321. Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit im Jahre 1977 sowie über Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet ( § 5 0 GWB), BTag Drucks. 8/1925. - Siehe auch Anm. 145.
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sagungsverfügungen im „objektiven Verfahren" (§ 37 a GWB) erlassen. Die neu errichtete Monopolkommission hat die Aufgabe, in ihren Gutachten Beurteilungen über die Entwicklung der Unternehmenskonzentration und die Anwendung der § § 2 2 bis 24 a GWB abzugeben (§ 24 b GWB) 2 1 2 . Kartelle, Zusammenschlüsse und sonstiges wettbewerbsbeschränkendes Verhalten der Unternehmen, das sich auf den Gemeinsamen Märkten der E W G oder der Montanunion auswirkt, unterliegt den europarechtlichen Bestimmungen der Art. 85 bis 90 E W G V in Verbindung mit der Verordnung Nr. 17 des Rates (KartellVO) vom 6. Februar 1962 oder der Art. 65, 66 EGKSV. Wettbewerbsbeschränkungen, die einem dieser Tatbestände des europäischen Wettbewerbsrechts unterfallen, sind allein nach den vorrangigen Vorschriften des europäischen Rechts zu beurteilen 213 . Während die Wirtschaftsaufsicht das wirtschaftliche Verhalten Privater daraufhin überwacht, ob es mit den maßgeblichen Normen des Wirtschaftsverwaltungsrechts übereinstimmt, und diese Übereinstimmung notfalls erzwingt, wird bei der Indienstnahme Privater für die Erfüllung von Verwaltungszwecken die privatwirtschaftliche Tätigkeit insgesamt oder in einzelnen Hinsichten im öffentlichen Interesse in Anspruch genommen 2 1 4 . Das kann in der Weise geschehen, daß Private zur Erfüllung einer bestimmten öffentlichen Aufgabe dadurch herangezogen werden, daß ihnen einzelne öffentlich-rechtliche Verpflichtungen auferlegt werden, wie z. B. bei der Durchführung der Währungsumstellung durch die Banken, beim Abzug und der Abführung der Lohnsteuer durch die Arbeitgeber oder bei der Begründung der Pflicht, einen Mindestvorrat an Erdölerzeugnissen zu halten. Darüber hinaus wird im Fall des „beliehenen Unternehmers" einer natürlichen Person oder einer juristischen Person des Privatrechts die Befugnis übertragen, gegenüber Dritten öffentlich-rechtlich zu handeln, wie z. B. bei den Technischen Überwachungsvereinen (§ 24 c GewO, § 29 StVZO) 2 1 5 . b) Wirtschaftsverwaltungsrechtliche Verwaltungsakte: Die wirtschaftslenkenden Gesetze und die zu ihrem Vollzug ergehenden Rechtsverordnungen 2 1 6 und Ver212
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Erstes Hauptgutachten 1973/75: Mehr Wettbewerb ist möglich, 1976; dazu die Stellungnahme der Bundesregierung, BTag Drucks. 8/702. E u G H E XV, 13; XV, 309; EuGH NJW 1 9 7 3 , 9 6 6 (Continental Can); E u G H E 1976, 613 (Centrafarm); B G H NJW 1972, 2180. - E.-J. Mestmäcker, Europäisches Wettbewerbsrecht, 1974; Gleiss / Hirsch, Komm, zum EWG-Kartellrecht, 3. Aufl., 1978; G. Bernini, Kartellverbot und Fusionskontrolle in der Montanunion, 1972; Steindorff, Z H R 137 (1973), S. 203; ders., BB 1 9 7 7 , 1 6 1 3 ; Rieger, D B 1 9 7 4 , 5 1 4 . Wolff, VerwR II, § 104; Ipsen, in: Fg. f. E. Kaufmann, 1950, S. 141; ders., A ö R 90 (1965), S. 393; E. R. Huber, DVB1. 1952, 456; W. Reuss, GRe III/l, S. 91, 128ff.; Bachof, A ö R 83 (1958), S. 208; K. Vogel, öffentliche Wirtschaftseinheiten in privater Hand, 1959; H. H. Rupp, Privateigentum an Staatsfunktionen? 1963; Ossenbühl / Gallwas, D i e Erfüllung von Verwaltungsaufgaben durch Private, V V D S t R L 29 (1971), S. 137 ff., 211 ff.; BVerfGE 2 2 , 3 8 0 ; 3 0 , 2 9 2 ; B G H JZ 1 9 6 4 , 3 7 9 . BVerwGE 29, 166; B G H NJW 1957, 1597; B G H Z 25, 266; B G H D Ö V 1968, 135; Steiner, JuS 1969, 69; ders., öffentliche Verwaltung durch Private, 1975; P. Kirchhof, Verwalten durch „mittelbares" Einwirken, 1977. So die konjunkturpolitischen Verordnungen der BReg nach dem StabG.
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waltungsakte der Exekutive greifen mit sehr vielgestaltigen Rechtswirkungen in die unternehmerischen Entscheidungen und den Privatrechtsverkehr ein. Ein Hauptansatzpunkt dieser Rechtssätze und Maßnahmen ist die Vertragsfreiheit, die etwa durch preisrechtliche R e g e l u n g e n 2 1 7 , öffentlich-rechtliche Genehmigungspflichten oder dadurch beschränkt sein kann, daß ein Kontrahierungszwang die freie Wahl des Vertragspartners ausschließt 2 1 8 . Durch Gesetz oder auf Grund Gesetzes kann ein bestimmtes Verhalten g e b o t e n 2 1 9 oder v e r b o t e n 2 2 0 sein oder eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung zugunsten der B e h ö r d e n der Wirtschaftsverwaltung 2 2 1 begründet werden. Genehmigungspflichten für die A u f n a h m e wirtschaftlicher Berufe, für bestimmte wirtschaftliche Tätigkeiten oder für bestimmte Verträge ermöglichen eine vorbeugende Überwachung im Interesse der Gefahrenabwehr oder der Wirtschaftslenkung (präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt) 2 2 2 . D i e s e n Verwaltungszwecken dienen auch belastende N e b e n b e s t i m m u n gen, vor allem Auflagen, die Erlaubnissen 2 2 3 oder Bewilligungen, insbesondere von Subventionen 2 2 4 , beigefügt werden 2 2 5 . Wirtschaftslenkende Verwaltungsakte unterscheiden sich von Polizeiverfügungen, obwohl sie e b e n s o wie diese individuelle Adressaten haben, dadurch, daß sie
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ÜbergangsG über Preisbildung und Preisüberwachung (PreisG) vom 10. 4. 1948, WiGBl. 1948, S. 27; fortgeltend gemäß G vom 29. 3. 1951, BGBl. 1951 I, S. 223, BVerfGE 8, 274; BayVGH BB 1969, 248; Ebisch, in: W. Reuss, WirtschaftsverwaltungsR, ErgBd., 1 9 6 6 - 6 7 , Abschn. I - V ; Ridder, AöR 87 (1962), S. 311; Hegelheimer, Wirtschaftslenkung und Preisintervention, 1969; Mayer-Maly, in: Fs. f. Heinrich Demelius, 1973, S. 139. — Im Verkehrsgewerbe besteht Tarifzwang; vgl. z. B. die Festsetzung der Entgelte für Frachtgeschäfte der Binnenschiffahrt gemäß §§ 21 ff. G über den gewerblichen Binnenschiffsverkehr i. d. Fass. d. Bek. vom 8. 1. 1969, BGBl. I S . 65 (BVerwGE 31, 359). Kollmar, Das Problem der staatlichen Lenkung und Beeinflussung des rechtsgeschäftlichen Verkehrs, 1961. Z. B. ein Beimischungszwang zur Sicherung der Verwertung von Rohstoffen inländischer Erzeugung (u. a. G über die Unterbringung von Rüböl aus inländischem Raps und Rübsen vom 12. 8. 1966, BGBl. 19661, S. 497) - BayVGH DVB1. 1970, 977; BVerwG NJW 1974,2247 und 2250. Z. B. das Verbot des Vertriebs und des Ankaufs bestimmter Waren im Reisegewerbe (§ 56 GewO) oder die Untersagung eines Energieversorgungsunternehmens (§ 8 EnergiewirtschaftsG). Z. B. die allgemeine Auskunftspflicht nach der VO über Auskunftspflicht vom 13. 7. 1923 RGBl. 1923 I S. 723) oder die zahlreichen Auskunftspflichten im Rahmen der Wirtschaftsaufsicht (u. a. §§ 14, 16, 24 KreditwesenG; § 3 EnergiewirtschaftsG; §§ 9, 16 IV, 23 GWB). - BVerwGE 8, 78; E. Stein, Die Wirtschaftsaufsicht, 1967, S. 141 ff.; Hanebuth, Das Auskunftsrecht im europ. Wirtschaftsrecht, 1967; G. Roth, VerwArch 57 (1966), S. 225. Die Genehmigungspflicht für ausländische juristische Personen (§ 12 GewO) ist ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB (BGH DVB1. 1973, 852). Beispielsw. § 5 Abs. 1 GaststG; § 16 PersBefG. Götz, Recht der Wirtschaftssubventionen, 1966, S. 45 ff.; BGH NJW 1972,210. BVerwGE 6, 282, 291; 24, 129; 29, 261. - H. Krüger, DVB1. 1955, 380, 450, 518; G. Huber, in: Fs. f. E. R. Huber, 1973, S. 203; K. Lange, AöR 102 (1977), S. 337.
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zwischen einer Gruppe von Verwaltungsunterworfenen, die durch dieselbe wirtschaftliche Situation verbunden sind, eine bestimmte Ordnung herstellen und in diesem Sinne nicht nur individuelle Verhaltensweisen, sondern kollektive Wirkungen erreichen wollen. Diese Verwaltungsakte sind nicht allein von dem zweiseitigen Verhältnis zwischen der Verwaltung und dem Adressaten rechtlich zu erfassen. Sie haben eine „Dritt-" oder „Doppelwirkung"226 entweder durch ihren Inhalt, so z. B. die jetzt europarechtlich überholte Umweisung eines Milcherzeugers von einer Molkerei zu einer anderen Molkerei, bei der die eine Lieferbeziehung aufgehoben und dafür eine andere begründet wird (§ 8 Milch- und FettG) 2 2 7 , oder durch ihre Wirkung, so bei der Veränderung der Wettbewerbslage durch die Subventionierung eines Konkurrenten oder bei der Genehmigung eines Linienverkehrs neben einem Altunternehmen (vgl. § 13 II Nr. 2 PBefG). Die hier wesentliche Frage, unter welchen Voraussetzungen eine begünstigende Erlaubnis oder Bewilligung nicht nur die Erwerbschancen, sondern auch die Rechtsstellung eines Konkurrenten des Begünstigten berührt, ist bisher vornehmlich unter dem prozeßrechtlichen Blickwinkel des Rechtsschutzbedürfnisses bei der Verfassungsbeschwerde 2 2 8 und der Klagebefugnis bei der Verwaltungsklage (§ 42 II V w G O ; „Konkurrentenklage") 2 2 9 behandelt worden. Die gerichtliche Praxis macht das Klagerecht eines Dritten davon abhängig, daß die einschlägigen Rechtsvorschriften ihm eine „schutzwürdige Rechtsposition" einräumen und daß er darlegen kann, daß die angegriffene Maßnahme ihn in seiner Wettbewerbsfähigkeit oder in seinen sonstigen rechtlich geschützten Interessen unmittelbar gefährdet oder beeinträchtigt. Auf dieser Grundlage ist eine Klagebefugnis des vorhandenen Taxiunternehmers gegen die Genehmigung eines neuen Kraftdroschkenverkehrs ( § 1 3 III PBefG) verneint 2 3 0 , die Klagebefugnis des Altunternehmers gegen die Genehmigung eines neuen Linienverkehrs (§ 13 II PBefG) dagegen bejaht worden 2 3 1 . Gegen die Subventionierung eines Konkurrenten ist dem Dritten eine Anfechtungsmöglichkeit zugesprochen worden, wenn er geltend macht, daß seine schutzwürdigen Interessen willkürlich, nämlich in Form der Verzerrung der Wett-
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Fromme, VerwArch 56 (1965), S. 26; Haueisen, NJW 1964, 2037; ders., NJW 1966, 2 3 4 0 ; Laubinger, Der Verwaltungsakt mit Doppelwirkung, 1967; Schenke, D Ö V 1969, 332; Badura, Wirtschaftsverfassung und Wirtschaftsverwaltung, 1971, S. 120ff.; Erichsen / Martens, Allg. VwR, S. 171 ff. BVerwG D Ö V 1968,215. BVerfG D Ö V 1963, 582; B V e r f G E 1 8 , 1 ; 2 1 , 1 3 2 ; 2 4 , 2 8 9 . B V e r w G E 9, 340; 10, 122; 1 6 , 1 8 7 ; 17, 306; 21, 338; 3 0 , 1 9 1 . - D i e restriktive Rspr. des BVerwG, wonach Konkurrentenklagen grundsätzlich unzulässig seien, ist mit beachtlichen Gründen kritisiert worden: Bachof, VerfR, VerwR, VerfahrR II, 1967, Nr. 241; R. Schmidt, NJW 1967, 1635; Henke, D a s subjektive öffentliche Recht, 1968, S. 71 ff.; Mössner, JuS 1971, 131; R. Scholz, WiR 1 ( 1 9 7 2 ) , S. 35; Zuleeg, Subventionskontrolle durch Konkurrentenklage, 1974. B V e r w G E 16, 187. D a g e g e n Bidinger, Personenbeförderungsrecht, 1961, § 14, RdNr. 23 ff. B V e r w G E 9, 340; BVerwG VerwRspr. 2 0 , 4 8 7 .
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bewerbslage durch Verletzung der Chancengleichheit, vernachlässigt worden seien 2 3 2 . Für den interventionistischen Charakter des Wirtschaftsverwaltungsrechts kennzeichnend ist die Rechtsfigur des privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakts2*3. Rechtsfolge dieses Verwaltungsaktes ist die Begründung, Veränderung oder A u f hebung privatrechtlicher Rechtsverhältnisse oder Rechte. Besonders häufig ist der Fall, daß das Wirksamwerden eines privatrechtlichen Rechtsgeschäfts von einer Genehmigung abhängig ist, so z. B. beim Grundstücksverkehr und im Mietpreisrecht 2 3 4 . W e n n die Wirkung des Verwaltungsaktes auf das private Rechtsgeschäft eingetreten ist, ist ein Widerruf ex tunc grundsätzlich ausgeschlossen 2 3 5 . Ein rechtsbegründender privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt ist die Verleihung des Bergwerkseigentums, eines Inbegriffs einzelner zivilrechtlicher Berechtigungen, deren Kern das Aneignungsrecht hinsichtlich der verliehenen Mineralien ist, und die, wirtschaftlich gesehen, durch den Z w e c k der Gewinnung bestimmter Bodenschätze verbunden sind 2 3 6 . Eine eigenartige Verbindung eines privatrechtsgestaltenden Verwaltungsaktes mit einem zivilrechtlichen Rechtsverhältnis in Gestalt eines „zweistufigen" Rechtsverhältnis entsteht bei der Gewährung von Subventionen in Form von Darlehen oder Bürgschaften, z. B. bei Wohnungsbaudarlehen (§ 102 Zweites Wohnungsbaugesetz i. d. F. v o m 1. 9. 1 9 6 5 2 3 7 ) . D i e Entscheidung über die Vergabe und über die Bedingungen der Subventionierung ist ein Verwaltungsakt, der dann durch ein privatrechtliches Rechtsgeschäft „vollzogen" wird 2 3 8 . 232
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BVerwGE 30, 191 (Anm. R. Scholz, NJW 1969, 1044; Mössner, JuS 1971, 131). Anders im Europarecht: EuGH EuR 5 (1970), S. 161. E. R. Huber, WirtschaftsverwaltungsR, I, S. 72ff.; Wertenbruch, in: Gedächtnisschrift f. Rudolf Schmidt, 1966, S. 89. BVerwG D Ö V 1968, 54; OVG Münster JuS 1968, 340; BGH NJW 1965, 41; Kieckebusch, VerwArch 57 (1966), S. 17, 162. BVerwGE 29, 314; differenzierend BVerwG J Z 1977, 794. §§ 22ff., 50ff. Allgem. BergG für die Preuß. Staaten vom 24. 6. 1865 in der jeweiligen landesrechtlichen Fassung; Art. 24ff., 44ff. BayBergG i. d. Fass. d. Bek. v. 10. 1. 1967 (GVB1. S. 185). Entwurf eines Bundesberggesetzes: BTag Drucks. 8/1315. - H. Miesbach I D. Engelhardt, Bergrecht, 1962, Erg.-Bd., 1969; M. Reuss / W. Grotefend / G. Dapprich, Das Allgemeine BergG, 11. Aufl., 1959; H. Ebel / H. Weller, Allgem. BergG, 2. Aufl., 1963; Ergänzung von Weller, 1969; Willecke, Grundriß des Bergrechts, 2. Aufl., 1970; H. Westermann, Freiheit des Unternehmers und des Grundeigentümers und ihre Pflichtbindungen im öffentl. Interesse nach dem Referentenentwurf eines Bundesberggesetzes, 1973; Weitnauer, J Z 1973, 75; B. Börner, Abwägungsdefizit beim Gesetzgebungsverfahren (RegEntw. BBergG), 1978. - BVerwG DVB1. 1968, 35; B G H Z 50, 180; 53, 226; 57, 375; B G H JZ 1973, 94. - Bei den Mineralien, die nicht bergfrei sind, sondern dem Staatsvorbehalt unterliegen, wie z. B. Erdöl (ErdölVO vom 12. 12. 1934, GS 463), wird das Gewinnungsrecht Privater durch eine Konzession als subjektiv öffentliches Recht begründet: B G H Z 19, 209; Ipsen, in: Gedächtnisschrift f. H. Peters, 1967, S. 686; Badura, Das Verwaltungsmonopol, 1963, TZ 65. BGBl. 1965 I S . 1618. BVerwGE 1,308; 13,47; 13,307; BayVGH DVB1. 1967,383; BGH VerwRspr. 16, 807; BGH D Ö V 1969, 640; BGH NJW 1972,210; Ipsen, öffentliche Subventionierung Priva-
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c) Untemehmergenehmigungen mit planungsrechtlichem Einschlag: Eine Gruppe wirtschaftsverwaltungsrechtlicher Genehmigungspflichten bezieht sich auf raumbezogene und raumbeeinflussende Vorhaben, die der Ausübung wirtschaftlicher Tätigkeit durch den Unternehmer des Vorhabens dienen. Exemplarisch dafür sind die Genehmigungspflichten für die Errichtung und den Betrieb von Atomanlagen und von Flugplätzen. Durch das in der Genehmigungspflicht liegende präventive Verbot mit Erlaubnisvorbehalt soll die erfaßte Tätigkeit vorbeugend einer Überprüfung anhand der gesetzlichen Anforderungen unterworfen werden. Die Eigenart dieser Genehmigungen besteht darin, daß sie zugleich eine dem Unternehmer auf seinen Antrag hin erteilte Erlaubnis und eine Planungsentscheidung im Hinblick auf das zu genehmigende Vorhaben sind. Da regelmäßig eine oft sehr große Zahl von Dritten in ihren rechtlich geschützten Interessen betroffen sind, handelt es sich um Verwaltungsakte mit Drittwirkung. Bei der Entscheidung über die Genehmigung des Vorhabens befindet die Behörde über die Art, Beschaffenheit, Lage und Ausführung des Vorhabens unter Abwägung und Ausgleichung des Anspruchs des Unternehmens, des öffentlichen Interesses und der rechtlich geschützten Interessen der durch das Vorhaben betroffenen Dritten und begründet sie eine gesicherte Rechtsstellung des Unternehmers. Je nach der gesetzlichen Regelung der Entscheidungsprämissen beruht die Entscheidung auf der Ausübung von Planungsermessen nach den Grundsätzen des rechtsstaatlichen Abwägungsgebots 239 , z. B. bezüglich des Standorts 240 ; dieses Ermessen wird durch die unbestimmten Rechtsbegriffe der gesetzlichen Anforderungen geleitet. Die Genehmigung ist eine fachplanerische Entscheidung, die sich in die Gesamtplanungen der Bodenbeanspruchung einzufügen hat. Hierfür sind die Abstimmungspflicht des § 4 V BROG und die Anpassungspflicht gegenüber den Zielen der Raumordnung und Landesplanung gemäß § 5 IV B R O G sowie ggf. spezielle Raumordnungsklauseln, wie z. B. in § 6 II 1 LuftVG, maßgebend 241 . Die örtliche Bauleitplanung muß allerdings grundsätzlich hinter der fachplanerischen Entscheidung zurücktreten (vgl. § 38 BBauG).
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ter, 1956, S. 61 ff. - Kritik der „Zweistufenlehre": Zuleeg, Die Rechtsform der Subvention, 1965, S. 48ff.; V. Götz, Recht der Wirtschaftssubventionen, 1966, S. 56ff.; Erichsen, VerwArch 65 (1974), S. 219. BVerwGE 34, 301; BVerwG DVB1. 1974, 767 m. Anm. M. Schröder, D Ö V 1975, 308 und Papier, DVB1. 1975, 461; BVerwG NJW 1975, 841; BVerwG DVB1. 1975, 713; BVerwG D Ö V 1976, 782; BVerwG NJW 1978, 119. - Badura, in: Fs. zum 25jähr. Bestehen des Bayer. VerfGH, 1972, S. 157; ders., BayVBl. 1976, 515; Hoppe, DVB1. 1974, 641; ders., DVB1. 1977, 136; Blümel, DVB1. 1975, 695; F. Weyreuther, D Ö V 1977,419. D i e Behörde hat sich in dem projektbezogenen Fachplanungsverfahren auf die rechtliche Prüfung des von dem Unternehmer gewählten Standortes zu beschränken, sofern sich nicht eine andere Standortwahl geradezu „aufdrängt" (BVerwG D Ö V 1974, 418). - Zur Standortvorsorgeplanung: Blümel, DVB1. 1977, 301. Forsthoff I Blümel, Raumordnungsrecht und Fachplanungsrecht, 1970; Dölker, BayVerwBl. 1 9 7 5 , 3 7 7 .
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U b e r die Genehmigung wird in einem förmlichen Verwaltungsverfahren entschieden 2 4 2 . Eine Eigentümlichkeit ist die im Regelfall anzutreffende Stufung des Verfahrens 2 4 3 . So folgt im Luftrecht auf die „Genehmigung" des Flugplatzes das Planfeststellungsverfahren (§§ 6, 8 ff. L u f t V G ) und ist im Atomrecht die Anlagengenehmigung, möglicherweise nach einem vorab ergehenden Vorbescheid, insbesondere zur Wahl des Standorts (§ 7 a A t G ) , projektbegleitend in m e h r e r e aufeinanderfolgende Teilgenehmigungen aufgespalten. Durch die Förmlichkeiten des Verfahrens sollen hauptsächlich die Beteiligung und das rechtliche G e h ö r der Betroffenen gesichert werden. Eine besondere Stellung k o m m t dabei den in ihrem Gebiet berührten Gemeinden zu, da die kommunale Planungshoheit, unabhängig von einer besonderen gesetzlichen Festlegung, ein „Recht der G e m e i n d e n auf Mitwirkung an überörtlichen, aber ortsrelevanten Planungen" einschließt 2 4 4 . Die Befugnis, Einwendungen zu erheben, ist von einem rechtlich geschützten Interesse im strengen Sinn nicht abhängig, so daß es häufig zu sog. „Massenverfahren" kommt 2 4 5 . Die Klagebefugnis für eine verwaltungsgerichtliche Anfechtung der Genehmigung resultiert allerdings nicht schon aus dem erfolglosen E r h e b e n von Einwendungen, sondern ist nur gegeben (§ 42 II V w G O ) , wenn der Kläger selbst in einem rechtlich geschützten Interesse betroffen ist, und reicht auch nur soweit (§ 1 1 3 1 V w G O ) , als die individuelle Betroffenheit gegeben ist. Auch das Anfechtungsrecht der Gemeinden kraft ihrer Planungshoheit erfaßt nur solche Rechtsverletzungen, die die geschützte Rechtsstellung der klagenden G e m e i n d e berühren 2 4 6 . Wegen der Kompliziertheit und Langwierigkeit des gerichtlichen Rechtsschutzes hat für die Unternehmergenehmigungen mit planungsrechtlichem Einschlag das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§ 80 V w G O ) eine herausragende Bedeutung erlangt 2 4 7 . Die Genehmigungspflicht für Atomanlagen gehört zu den Überwachungsvorschriften des Gesetzes über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) vom 23. Dezember 1959 (BGBl. I S. 814), jetzt in der Fass. der Bek. vom 31. O k t o b e r 1976 (BGBl. I S. 3053). D e r Genehmigung bedarf, wer eine ortsfeste Anlage zur Erzeugung oder zur Bearbeitung oder Verarbeitung oder zur Spaltung von Kernbrennstoffen oder zur Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe errichtet, betreibt oder sonst innehat oder die 242
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Hoppe, Rechtsschutz bei der Planung von Straßen und anderen Verkehrsanlagen, 1971; Badura, in: Erichsen / Martens, Allg. VwR, S. 279f., 328ff. R. Wahl, DÖV 197 5 , 37 3 . 244 BVerwGE 31,263,266. Blümel, in: Fs. f. Werner Weber, 1974, S. 539. BVerwGE 31, 263; BVerwG DVB1. 1969, 362; BVerwG DÖV 1970, 387; BVerwG DVB1. 1971, 186; BVerwG DÖV 1973, 342; BVerwG DVB1. 1974, 562; VGH BadWürtt. DVB1. 1977, 345 und GewArch 1977, 240; BayVGHE 27, 115. - Blümel, abl. Anm. zu OVG Lüneburg, DVB1. 1972, 795. BVerfGE 35, 263; BVerwG DVB1. 1974, 566; OVG Münster NJW 1974, 287; BayVGHE 27, 115 (Grafenrheinfeld); VG Freiburg DVB1. 1975, 343 und VGH BadWürtt. DÖV 1975, 744 (Wyhl); VG Schleswig DVB1. 1977, 358 und OVG Lüneburg DVB1. 1978, 67 (Brokdorf); VG Koblenz DVB1. 1977, 360 (Mülheim-Kärlich); VG Hannover DVB1. 1978, 74 (Grohnde). - Fromm, BauR 1973,265.
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Anlage oder ihren Betrieb wesentlich verändert ( § 7 1 AtomG) 2 4 8 . Der Genehmigung bedürfen auch die Stillegung einer Anlage sowie der sichere Einschluß der endgültig stillgelegten Anlage oder der Abbau der Anlage oder von Anlageteilen (§ 7 III AtomG). Die Entscheidung über die Genehmigung hat die Einhaltung der in § 7 II AtomG festgelegten nuklearspezifischen und nicht-nuklearspezifischen (§ 7 II Nr. 6 AtomG) Anforderungen sicherzustellen, die sich aus der in § 1 A t o m G ausgesprochenen Zweckbestimmung des Gesetzes ableiten; der Schutzzweck hat dabei den Vorrang vor dem Förderungszweck 249 . Soweit es sich um den Schutz vor den Gefahren der Kernenergie oder der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlen handelt, wird das Immissionsschutzrecht durch die atomrechtlichen Vorschriften verdrängt ( § 8 1 AtomG, § 2 II BImSchG), hinsichtlich der sonstigen schädlichen Umwelteinwirkungen schließt die atomrechtliche Genehmigung die Genehmigung nach §§ 4ff. BImSchG ein (§ 8 II AtomG). Bei der Entscheidung über die Genehmigung besitzt die Behörde - was bei präventiven Verboten mit Erlaubnisvorbehalt die Ausnahme ist — einen Spielraum pflichtgemäßen Ermessens, um auch bisher nicht vorhersehbaren Umständen Rechnung tragen zu können 2 5 0 . Daß trotz der Risiken eine Verwendung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken überhaupt erfolgen darf, hat der Gesetzgeber im Atomgesetz und mit verfassungsrechtlicher Billigung (Art. 74 Nr. I I a , 87 c G G ) bestimmt 2 5 1 . Über die Genehmigung entscheidet die zuständige oberste Landesbehörde, die dabei das Atomgesetz im Auftrag des Bundes ausführt (Art. 87 c GG, § 24 II AtomG). Das Genehmigungsverfahren ist in einigen Hinsichten durch das Atomgesetz selbst, im übrigen durch die atomrechtliche Verfahrensverordnung (AtVfV) vom 18. Februar 1977 (BGBl. I, S. 280) geregelt 252 . Die Prüfung durch die 248
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Mattem / Raisch, Atomgesetz, 1961; H. Fischerhof, Dt. Atomgesetz und Strahlenschutzrecht, 1962; Pelzer, WiR 1972, 230; Lukes, Hrsg., Erstes Dt. Atomrechts-Symposium, 1973; Evers, Das Recht der Energieversorgung, 1974, S. 111 ff.; Kimminich, Atomrecht, 1974; R. Breuer, NJW 1977, 1121; H. Lecheler, ZRP 1977, 241; H.-W. Rengeling, JZ 1977, 542; H. Scharnhoop, DVB1. 1977, 322; K. Schmieder, Atomanlagengenehmigung und Bestandsschutz von Atomanlagen bei nachrückender Industrieansiedlung, 1977; K.P. Winters, Atom- und Strahlenschutzrecht, 1978; ders., D Ö V 1978, 265; Rechtsfragen des Genehmigungsverfahrens von Kraftwerken, Veröff. d. Instituts für Energierecht an der Universität zu Köln. 1978. 249 BVerwG DVB1. 1972,678. Regierungsentwurf des AtomG, 3. WP Drucks. 759, S. 50, 59. Der Vorlagebeschluß OVG Münster NJW 1978, 439 nimmt an, daß § 7 AtomG insoweit verfassungswidrig sei, als er auch die Genehmigung Schneller Brüter zulasse; denn wegen der möglichen nachteiligen Folgewirkungen des Baus dieses Typs von Kernkraftwerken genüge § 7 AtomG nicht den Anforderungen, die an eine hinreichend konkretisierte politische Leitentscheidung zu stellen seien. BVerfG JZ 1978, 269 hat die Vorlage für zulässig erklärt. Vorher galt die Atomanlagen-VO vom 20. 5. 1960 (BGBl. I, S. 310), dann in der Fass. vom 29. 10. 1970 (BGBl. I, S. 1518). - Borst, DVB1. 1960, 160; H. Schnurer, Das atomrechtl. Genehmigungsverfahren in der Bundesrep. Deutschland, 1972; Lukes / Vollmer I Mahlmann, Grundprobleme zum atomrechtlichen Verwaltungsverfahren, 1974; Drittes Dt. Atomrechts-Symposium, 1975; W. Schmitt Glaeser, Landkreis 1976, 442; A. Schulz, DVB1. 1977, 326.
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Genehmigungsbehörde erstreckt sich außer auf die Genehmigungsvoraussetzungen des § 7 II A t o m G auch auf die Beachtung der übrigen das V o r h a b e n betreffenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften (§ 14 A t V f V ) , eine Ersetzung anderer Genehmigungsvorbehalte tritt dadurch jedoch nicht ein 2 5 3 . Im Genehmigungsverfahren kann jedermann Einwendungen erheben. Einwendungen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, werden durch Fristablauf für das Verwaltungsverfahren präkludiert ( § 7 1 2 A r V f V ) 2 5 4 . Auf A n t r a g können das Verfahren und die Genehmigungsentscheidung in einen Vorbescheid und in Teilgenehmigungen für einzelne Abschnitte der Errichtung und für den Betrieb der Anlage aufgeteilt werden (§ 7 a A t o m G ; §§ 18, 19 A t V f V ) 2 5 5 . Für den Entscheidungsgegenstand von Teilgenehmigung und Vorbescheid treten Bindungswirkung und Präklusion von Einwendungen (§ 7 b A t o m G ) ein. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen nicht vorliegen und ihre Erfüllung nicht durch Nebenbestimmungen sichergestellt werden kann ( § 1 5 II 1 A t V f V ) . Z u r Erreichung der in § 1 A t o m G bezeichneten Zwecke kann die G e n e h migung inhaltlich beschränkt und mit Auflagen, nicht jedoch mit Bedingungen, verbunden werden ( § 1 7 1 2 A t o m G ) 2 5 6 . Nachträgliche Auflagen sind, unter U m s t ä n d e n nur gegen Entschädigung, zulässig, soweit es zur Sicherung der in § 1 Nr. 2 und 3 A t o m G genannten Zwecke erforderlich ist (§§ 17 I 3 , 1 8 III A t o m G ) . Die luftrechtliche Zulassung von Flugplätzen ist unterschiedlich geregelt für Flughäfen, für Landeplätze mit oder ohne beschränkten Bauschutzbereich und f ü r Segelfluggelände 2 5 7 . Flughäfen sind Flugplätze, die nach A r t und U m f a n g des vorgesehenen Flugbetriebs einer Sicherung durch einen Bauschutzbereich nach § 12 L u f t V G bedürfen; sie sind Flughäfen des allgemeinen Verkehrs (Verkehrsflughäfen) oder solche für besondere Zwecke (§ 38 L u f t V Z O ) . Flughäfen dürfen nur mit Genehmigung (§ 6 L u f t V G ) und nach vorheriger Planfeststellung (§§ 8ff. L u f t V G ) 2 5 8 angelegt und betrieben werden 2 5 9 . D i e Genehmigung ist eine Entscheidung über den A n t r a g des U n t e r n e h m e r s und zugleich eine überschlägige und vorläufige Planungsentscheidung, durch die ohne abschließende rechtliche Verbindlichkeit die rechtliche Grundlage für das Plan-
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Winters, Atom- und Strahlenschutzrecht (Anm. 248), S. 37 f. Zur Reichweite der Präklusion nach § 3 I AtAnlVO: VG Freiburg DVB1. 1976, 804 und VGH BadWürtt. DVB1. 1977, 345. So schon beim Kernkraftwerk Würgassen: BVerwG DVB1. 1972,678 m. Anm. Schwarze, DÖV 1973, 700; BVerwG ET 1973,319; OVG Münster ET 1975,220. Mutschier, Nebenbestimmungen zur Atomanlagengenehmigung und die Zulässigkeit ihrer Verwendung zur Ausräumung von Versagungsgründen, 1974. §§ 6ff. Luftverkehrsgesetz in der Fass. vom 4. 11. 1968 (BGBl. I, S. 1113); §§ 38ff. Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (LuftVZO) i. d. F. v. 28. 11. 1968 (BGBl. I, S. 1263). — M. Hofmann, Luftverkehrsgesetz, 1971. Die zu der Genehmigung hinzutretende Planfeststellung ist durch die Novelle vom 5. 12. 1958 (BGBl. I, S. 899) eingeführt worden. Beine, ZLR7 (1958), S. 363; ders., ZLW 10 (1961), S. 3.
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feststellungsverfahren und den Planfeststellungsbeschluß geschaffen wird 260 . Mit der Genehmigung ist die Festlegung des Ausbauplanes verbunden, der den Bauschutzbereich umschreibt ( § 1 2 LuftVG). Das im Bauschutzbereich eintretende Erfordernis der Zustimmung der Luftfahrtbehörde zu Baugenehmigungen hat für sich allein grundsätzlich keine enteignende Wirkung 2 6 1 , kann aber im Falle der Verweigerung der Zustimmung, die eine nur verwaltungsinterne und nicht selbständig anfechtbare Verwaltungshandlung ist, zu einer entschädigungspflichtigen Enteignung führen (§ 19 LuftVG). Über die Genehmigung befindet die nach Landesrecht zuständige Stelle im Auftrag des Bundes mit Ausnahme der dem Bundesminister für Verkehr vorbehaltenen Prüfung und Entscheidung, inwieweit durch die Anlegung und den Betrieb eines Verkehrsflughafens die öffentlichen Interessen des Bundes berührt werden (Art. 87 d G G , § 31 II Nr. 4 und Abs. III LuftVG); die dem Bund vorbehaltene Entscheidung hat vorbereitende und verwaltungsinterne Bedeutung. Die Entscheidung über die Genehmigung ergeht in Ausübung von Planungsermessen nach den Richtlinien des § 6 LuftVG 2 6 2 . Für die angemessene Berücksichtigung des Schutzes vor Fluglärm ist nunmehr auch das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm vom 30. März 1971 (BGBl. I S. 282) maßgebend. Erst das nachfolgende Planfeststellungsverfahren hat die parzellenscharfe und verbindliche Regelung der Rechtsbeziehungen zu den Drittbetroffenen, insbes. den Flughafennachbarn, zur Folge (§§ 9, 11 LuftVG). Die Drittbetroffenen können deshalb die Genehmigung mangels Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) nicht angreifen 2 6 3 . Das gilt, wie nunmehr klargestellt worden ist 264 , auch für die in ihrer Planungshoheit betroffenen Gemeinden; diese sind an dem Genehmigungsverfahren - und ggf. an einem vorgängigen Raumordnungsverfahren - zu beteiligen, haben hier aber nur ein Recht auf Information und Anhörung. Die Auswirkungen des Vorhabens auf die rechtlich geschützten Interessen Dritter müssen, sofern sie nicht der Planfeststellung überhaupt entgegenstehen, auf Grund der gebotenen planerischen Abwägung durch Auflagen (§ 9 Abs. 2 LuftVG) oder Entschädigung ausgeglichen werden 2 6 5 . d) Verwaltungsprivatrechtliche und fiskalische Verwaltungstätigkeit; Auftragswesen und erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand: Bei der Vergabe von Subventionen als Darlehen oder Bürgschaften, aber auch in anderen Berei-
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BVerwG D Ö V 1969, 283; BVerwG DVB1. 1969, 362; BVerwG DVB1. 1971, 415; BVerwG D Ö V 1974, 418 mit Anm. Wahl, D Ö V 1975, 373; OVG Lüneburg DVB1. 1972,795 mit abl. Anm. Blümel.-P. Badura, BayVBl. 1976,515. BGH ZLW 21 (1972), 179; BGH DVB1.1974,430. BVerwG DVB1. 1971,415. BVerwG D Ö V 1969,283. BVerwG 7. 7. 1978 DVB1. 1978, 845. Siehe schon Grabherr, ZLW 1977, 247. BVerwG DVB1.1978, 845.
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chen übt die Exekutive öffentliche Verwaltung in privatrechtlicher Rechtsform aus. Die für diese Fälle entwickelte Lehre vom „ Verwaltungsprivatrecht" (Hans Julius Wolff) besagt, daß die sich so des Privatrechts zur Erfüllung von Verwaltungszwecken bedienende Verwaltung nicht auf dem Boden der Privatautonomie und wie ein Privater („fiskalisch") handelt, sondern trotz der privatrechtlichen Einkleidung ihrer Tätigkeit als vollziehende Gewalt, und deshalb an die G r u n d rechte, insbesondere an den Gleichheitssatz, und die verwaltungsrechtlichen Grundsätze des Verwaltungshandelns gebunden bleibt 2 6 6 . Als fiskalische, nicht verwaltungsprivatrechtlich gebundene Tätigkeit betrachtet die Praxis die Beteiligung der Exekutive am Privatrechtsverkehr im R a h m e n des Auftragwesens der öffentlichen H a n d („fiskalische Hilfsgeschäfte") und der „erwerbswirtschaftlichen" Betätigung öffentlicher Unternehmen, weil hier nicht unmittelbar öffentliche Verwaltung ausgeübt werde; in der Literatur wird dieser Standpunkt zunehmend, allerdings mit sehr variierenden Erwägungen und Ergebnissen kritisiert. Beim Auftragswesen267 steht nicht, wie früher, die Beschaffung von Büromaterial o. ä. im Vordergrund, sondern die sehr ausgedehnte Investitionstätigkeit, vor allem zugunsten der Bauwirtschaft, mit der die öffentliche H a n d einen so bedeutsamen Teil der Gesamtnachfrage einnimmt, daß sie als Medium antizyklischer Konjunkturpolitik geeignet ist (§§ 6 I, 10, 11 StabG). Die Vergabe von Aufträgen erfolgt ohne verwaltungsprivatrechtliche Grundrechtsbindung 2 6 8 nach Maßgabe des jeweils einschlägigen Haushaltsplans, des Haushaltsrechts und besonderer Verwaltungsvorschriften, insbesondere der Verdingungsordnungen 2 6 9 . Neben einzelnen Bestimmungen mit wirtschaftspolitischen Richtlinien f ü r das Beschaffungswesen, wie z. B. § 31 PostVerwG, § 50 B B a h n G , finden sich Regelungen, die aus sozialpolitischen G r ü n d e n die Bevorzugung bestimmter Personengruppen bei der Auftragsvergabe vorschreiben, z. B. § 7 4 BundesvertriebenenG.
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BGHZ 29, 76 (Anm. Mertens, JuS 1963, 391); BGH JZ 1965, 281; BGHZ 52, 325 {Emmerich, JuS 1970, 332); BGH VerwRspr. 20, 902; OLG Düsseldorf, BB 1968, 232; OVG Berlin NJW 1961, 2130; Wolff, VwR I, § 23IIb; Siebert, in: Fs. f. Niedermeyer, 1953, S. 215; W. Mallmann / K. Zeidler, VVDStRL 19 (1961), S. 165, 208; W. Rems, in: Staatsbürger und Staatsgewalt, 1963, II, 255; Badura, JuS 1966, 17; Rüfner, a. a. O. (Anm. 174), S. 348ff.; Ossenbühl, DÖV 1971,513. Altmann, Das öffentliche Auftragswesen, 1960; Forsthoff, Der Staat als Auftraggeber, 1963; H. Müller, Staatliche Preislenkung bei öffentlichen Aufträgen, 1970; P. Kirchhof (Anm. 214) S. 326ff.; F.-J. Kunert, Staatliche Bedarfsdeckungsgeschäfte und öffentliches Recht, 1977; K. Wenger, Das Recht der öffentlichen Aufträge, 1977. BGHZ 36, 91 = JZ 1962, 176 m. Anm. Stern = DVB1. 1962, 298 m. Anm. Zeidler: BVerwG GewArch 1970, 285. - Zur Frage des Schadensersatzes bei willkürlicher „Auftragssperre": OLG Stuttgart, JuS 1974,456. H. Ingenstau / H. Korbion, Kommentar zur VOB A.B./DIN 1960/61, 8. Aufl., 1977; H. Korbion, DB 1974,77; H. Ebisch / J. Gottschalk, Preise und Preisprüfungen bei öffentl. Aufträgen, 3. Aufl., 1973. - Die in Teil A der VOB aufgestellten Richtlinien und Regeln für die Vergabe von Bauleistungen sind keine Schutzgesetze i. S. d. § 823 II BGB (BGH VersR 65,764).
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Auch in diesen Fällen bleibt das Rechtsverhältnis privatrechtlich, sofern nicht eine verselbständigte Entscheidung über die Verpflichtung der Verwaltung zur Bevorzugung einer Person vorgesehen ist oder stattfindet; jedoch ist stets eine Feststellungklage auf Bestehen einer Verpflichtung zur bevorzugten Berücksichtigung im Verwaltungsrechtsweg zulässig, weil der begünstigende Rechtssatz insoweit eine öffentlich-rechtliche Beziehung begründet 2 7 0 . Die öffentliche Hand wird erwerbswirtschaftlich tätig, wenn sie in Regie oder als Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft Waren produziert und marktwirtschaftlich anbietet oder wenn sie Beteiligungen an marktwirtschaftlich produzierenden Kapitalgesellschaften besitzt 271 . Ein Beispiel für erwerbswirtschaftlich angebotene Dienstleistungen ist die entgeltliche Zurverfügungstellung von Teilen des Verwaltungsvermögens für Werbeinteressen der Privatwirtschaft, wie etwa beim Werbefernsehen 2 7 2 . Die Unternehmenstätigkeit der öffentlichen Hand kann zwar durch wirtschaftspolitisch orientierte Modifikation der Preise für die angebotenen Waren bis zu einem gewissen Grade wirtschaftslenkend eingesetzt werden, ist aber nicht planmäßig zu einem „gemeinwirtschaftlichen" Sektor der Gesamtwirtschaft ausgestaltet. Von der den Verwaltungszweck der Daseinsvorsorge verwirklichenden Leistungsverwaltung durch die großen Verkehrsanstalten (Bahn, Post) und die kommunalen und sonstigen Versorgungsbetriebe unterscheidet sich die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand durch das Fehlen eines besonderen öffentlichen Interesses, dem die Einheiten der Leistungsverwaltung gewidmet sind.
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B V e r w G E 7, 89; 14,65; B V e r w G B B 1 9 6 9 , 1 0 8 4 ; B V e r w G DVB1. 1970, 866 (Hoffmann Becking, VerwArch, 6 2 [1971], S. 191); BVerwG D Ö V 1971, 705. Bettermann, DVB1. 1971,112. H. H. Klein, D i e Teilnahme des Staates am wirtschaftlichen Wettbewerb, 1968; Emmerich, D a s Wirtschaftsrecht der öffentlichen Unternehmen, 1969 (dazu R. Scholz, A ö R 97 [1972], S. 3 0 1 ) ; Püttner, D i e öffentlichen Unternehmen, 1969; K. Wenger, D i e öffentliche Unternehmung, 1969; Th. Schwarz, D i e wirtschafte Betätigung der öffentl. Hand, 1970; K. Vogel, in: Dt. Landesreferate zum VII. Intern. Kongreß f. Rechtsvergl. in Uppsala 1966, 1967, S. 461; Tautscher, Die öffentliche Wirtschaft, 1953; W. Hamm, Kollektiveigentum, 1961; Horak, Die Wirtschaft! Betätigung der öffentl. Hand in der B R D und ihre Probleme, 1964; Berkemann, D i e staatl. Kapitalbeteiligung an Aktiengesellschaften, 1966; Bettermann, in: Berliner Fs. f. E. Hirsch, 1968, S. 1; Hax, FinArch 27 ( 1 9 6 8 ) , S. 37; Verwaltung mit Unternehmen, Politik und Verwaltung, Heft 10, 1968; Nicolaysen, in: J. H. Kaiser (Hrsg.), Planung III, 1969, S. 311; Leisner, B B 70, 405; Scheuner, in: ders. (Hrsg.), D i e staatliche Einwirkung auf die Wirtschaft, 1971, S. 8 2 f f . ; K. Grupp, Z H R 140 (1976), S. 367; P. Kirchhof (Anm. 214) S. 3 5 6 f f . - Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.), Beteiligungen des Bundes 1976. Ipsen, NJW 1963, 2049; Ipsen, NJW 1963, 2102; H. Schneider, Werbung im Rundfunk, 1965; Lerche, Rechtsprobleme des Werbefernsehens, 1965; Leisner, Werbefernsehen und öffentliches Recht, 1967; Maunz, DVB1. 1974, S. 1. Zur Eisenbahnreklame: J. H. Kaiser, NJW 1976, 87.
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Die kommunale Wirtschaftstätigkeit273, für deren Zulässigkeit und Handhabung nach dem Vorbild der §§ 67 ff. D G O in den Gemeindeordnungen besondere Vorschriften bestehen, ist zum größten Teil nicht erwerbswirtschaftliche, sondern leistungsverwaltungsrechtliche Wirtschaftstätigkeit 274 . Denn das Gemeinderecht erlaubt die Errichtung, Übernahme oder wesentliche Erweiterung wirtschaftlicher Unternehmen durch die Gemeinden u. a. nur, wenn der öffentliche Zweck das Unternehmen rechtfertigt. D i e öffentlichen Sparkassen der kommunalen Gebietskörperschaften unterliegen landesrechtlicher Regelung (siehe auch Art. 99 EGBGB)275. Für die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit des Bundes und der Länder sind im Unterschied zu der kommunalen Wirtschaftstätigkeit nur haushaltsrechtliche Bestimmungen vorhanden 276 . Versuche, Beschränkungen auch aus dem Verfassungsrecht abzuleiten, nämlich aus einem vorgeblich geltenden Grundsatz der „Subsidiarität" der Staatstätigkeit 277 oder aus Art. 2 I GG, haben keine allgemeine Anerkennung gefunden 2 7 8 . Die öffentliche Hand unterliegt als Aktionär den Vorschriften des Aktienrechts, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt (vgl. § 394 AktG); auch der Staat oder eine Gebietskörperschaft kann deshalb herrschendes Unternehmen (§ 17 AktG) sein 279 .
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Siehe zunächst die Kommentierungen zu den Gemeindeordnungen sowie außerdem: Suren, Gemeindewirtschaftsrecht, 1960; Kotigen, in: Hundert Jahre Dt. Rechtsleben, 1960, II, S. 577; Depenbrock, Die Stellung der Kommunen in der Versorgungswirtschaft, 1961; Siedentopf, Grenzen und Bindungen der Kommunalwirtschaft, 1963; Stern / Püttner, Die Gemeindewirtschaft, 1965; Lerche, JurA 1970, S. 821; R. Scholz, D Ö V 1976, 4 4 1 . - B V e r w G E 3 9 , 329. Dies ist der wesentliche Grund, der die Gemeinden daran hindert, mit Hilfe ihrer gesellschaftsrechtlichen Befugnisse neuartige Mitbestimmungsformen einzuführen, sofern sie sich dadurch ihres letztentscheidenden Einflusses begeben; OLG Bremen NJW 1977, 1153 unter Aufhebung von LG Bremen DVB1. 1977, 50 m. Anm. E. Röper. - W. Leisner, Mitbestimmung im öffentlichen Dienst, 1970; Biedenkopf / Säcker, Z F A 1971, 211; K. Duden, Mitbestimmung in öffentl. Unternehmen, Z R P 1972, 29; VG Düsseldorf, DVB1. 1971,225. Nipperdey / Schneider, Die Steuerprivilegien der Sparkassen, 1966; Stern / Burmeister, Die kommunalen Sparkassen, 1972. - B a y V G H E 26, 177. § 65 B H O ; § 60 Wirtschaftsbestimmungen für die Reichsbehörden vom 11. 12. 1929. Dürig, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 1 Abs. 1, RNr. 54, und Art. 2 Abs. 1, RNr. 52; Herzog, Staat 2, 1963, S. 399; ders., Art. Subsidiaritätsprinzip, EvStL, 2. Aufl., 1975, Sp. 2591; Isensee, Subsidiaritätsprinzip und Grundgesetz, 1968. Strickrodt, Die gewerbl. Staatsunternehmen in ihrer verfassungsrechtl. und unternehmenswirtschaftl. Bedeutung, 1954; ders., FinArch 25 (1966), S. 481; Frentzel, Die gewerbl. Betätigung der öffentl. Hand, 1958; ders., Wirtschaftsverfassungsrecht!. Betrachtungen zur wirtschaftl. Betätigung der öffentl. Hand, 1961; Ipsen, NJW 1963, 2101; Nipperdey, Soziale Marktwirtschaft und Grundgesetz, 3. Aufl., 1965, S. 40ff.; H. H. Kleina, a. O. (Anm. 271) S. 98ff.; Püttnera. a. O. (Anm. 271) S. 125ff. B G H J Z 1978, 279 zu § 320 V 3 AktG.
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Die öffentliche H a n d ist nicht nur mit ihrer erwerbswirtschaftlichen, sondern mit jeder wirtschaftlichen Tätigkeit, selbst wenn sie in öffentlich-rechtlicher Rechtsform errfolgt, dem Wettbewerbsrecht ( U W G , G W B ; § 98 G W B ) unterworfen, vorausgesetzt, daß sie zu einem Dritten in ein Wettbewerbsverhältnis tritt 2 8 0 .
IV. Gewerberecht 1. Gewerbefreiheit Die Gewerbeordnung für den norddeutschen Bund vom 21. Juni 1869 sollte eine gegenüber d e m allgemeinen Polizeirecht spezialgesetzliche bundesrechtliche Gesamtregelung des Gewerbewesens nach d e m Grundsatz der Gewerbefreiheit sein, der Beschränkungen der gewerblichen Tätigkeit nur zuläßt, wenn und soweit die A b w e h r von G e f a h r e n für die öffentliche Sicherheit und O r d n u n g es erfordert. Dieses Gesetz, sehr häufig geändert, galt bis vor kurzem in der Fassung vom 26. Juli 1900. N u n m e h r gilt die Gewerbeordnung in der Fassung vom 1. Januar 1978 (BGBl. I S . 97) 2 8 1 . D e r Grundsatz der Gewerbefreiheit ( § 1 1 G e w O ) besagt, daß jedermann jede gewerbliche Tätigkeit ausüben darf, ohne bei Beginn und Fortsetzung des Gewerbebetriebs anderen administrativen Beschränkungen — durch Erlaubnispflichten, die die A u f n a h m e des Gewerbes von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen, oder durch Untersagungsmöglichkeiten — unterworfen zu sein, als sie durch Bundesgesetz festgelegt sind. Vorschriften, die die Ausübung eines Gewerbes regeln oder zu derartigen Regelungen ermächtigen, werden durch die Gewerbefreiheit nicht berührt. Die Gewerbefreiheit war das tragende Prinzip der liberalen Wirtschaftsverfassung. Anders als noch die Weimarer Reichsverfassung (siehe dort Art. 151 III) kennt das G G ein selbständiges Grundrecht der Gewerbefreiheit nicht; die Gewerbefreiheit ist in dem umfassenderen Grundrecht der Berufsfreiheit aufgegangen. Die G e w O sieht, entsprechend ihrem Regelungsprogramm, einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Gewerbefreiheit und der arbeitsrechtlichen Vertragsfreiheit (§§ 41, 105 G e w O ) . Sie enthält deshalb bis heute in ihrem Titel V I I
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BGHZ 66, 229; 67, 81. - Schricker, Wirtschaftl. Tätigkeit der öffentl. Hand und unlauterer Wettbewerb, 1964; U. Himmler, öffentlich-rechtl. Wettbewerbsbeschränkungen, 1967; H. H. Klein (Anm. 271) S. 242ff.; Emmerich, Der unlautere Wettbewerb der öffentl. Hand, 1969; R. Scholz, ZHR 132 (1969), S. 97; ders., NJW1978,16. Landmann I Rohmer, GewO, 13. Aufl., 1976ff.; E. Fuhr, GewO, 2. Aufl., 1960ff.; Boldt, Gewerberecht, 3. Aufl., 1961; W. Henke, Gewerberecht, HDSW 4 (1964), S. 523; Heinrich, DVB1. 1966, 425; Adler, Nachträgliche Anforderungen an Gewerbebetriebe, 1970; Joly / Bender / Schenk, Handbuch der Gewerbe, 1972ff.; Sieg / Leifermann, GewO, 4. Aufl., 1978; L. Fröhler / J. Kormann, GewO, 1978.
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wesentliche Bestimmungen über die Arbeitsverhältnisse der gewerblichen Arbeiter. Das außenwirtschaftliche Pendant der Gewerbefreiheit ist die Freiheit des Außenhandels-„Freihandel" - (§ 11 AußenwirtschaftsG) 282 . Der sachliche Anwendungsbereich der Gewerbefreiheit und damit des Gewerbe(polizei)rechts wird durch den von der GewO nicht genau abgegrenzten 283 , sondern vorausgesetzten Begriff der gewerbsmäßigen Ausübung eines Gewerbes bestimmt. Die zugrundeliegende Kompetenznorm des Art. 74 Nr. 11 GG knüpft an den überkommenen Begriff und Regelungsbereich des Gewerberechts an 284 . Gewerbe sind die industrielle und handwerkliche Produktion und Verarbeitung, der Groß-, Einzel- und Kleinhandel und die wirtschaftlichen Dienstleistungen (z. B. Verkehrs- und Vermittlungsgewerbe, Vermietungen 285 und Verpachtungen, Touristikgewerbe, Fotografen). Keine Gewerbe sind die Urproduktion, die persönlichen Dienstleistungen höherer Art (Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten, freie Unterrichtstätigkeit, u. a.), die wissenschaftlichen und künstlerischen Tätigkeiten und die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben (z. B. Notare). Urproduktion ist die auf die Gewinnung roher Naturerzeugnisse gerichtete Wirtschaftstätigkeit, so Land- und Forstwirtschaft 286 , Wein- und Gartenbau 2 8 7 , Jagd und Fischerei, Bergbau. Dieser Begriff des Gewerbes ist nicht systematisch gebildet, sondern erklärt sich aus der der Gewerbefreiheit historisch zugrundeliegenden wirtschaftspolitischen Zielsetzung. Das weitere Merkmal der „Gewerbsmäßigkeit" bedeutet, daß das Gewerbe selbständig 288 , auf Erwerb gerichtet 289 und nachhaltig (auf eine gewisse Dauer berechnet) ausgeübt werden muß. Die Erwerbsabsicht fehlt bei Tätigkeiten, die einen „idealen" (gemeinnützigen) Zweck verfolgen, und bei öffentlichen Unternehmen der Leistungsverwaltung (Post, Bahn, Versorgungsbetriebe). Durch die Novelle vom 13. 6. 1974 ist ein Gewerbezentralregister eingerichtet worden (§§ 149ff. GewO). Die Bedeutung des Grundsatzes der Gewerbefreiheit besteht darin, daß er landesrechtlichen Beschränkungen von Beginn und Fortsetzung eines Gewerbebetriebs entgegensteht (Art. 125 Nr. 1, 74 Nr. 11; 72 I GG), soweit nicht ausdrücklich ein Vorbehalt landesrechtlicher Regelung eröffnet ist (wie z. B. in §§ 33 c, 71 a GewO), und daß er auf die polizeiliche Generalklausel gestützte Beschränkungen von Beginn und Fortsetzung eines Gewerbebetriebs ausschließt, soweit nicht aus-
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Siehe oben Anm. 25. Die Aufzählung in § 6 GewO ist nicht erschöpfend. B V e r f G E 4 1 , 3 44 . 2 8 5 BVerwG DVB1. 1973,857. Der Verkauf selbstgebackenen Brotes durch einen Landwirt kann gewerbsmäßiger Einzelhandel sein (BayObLG BayVBl. 1970,324). Ein mit einer Gärtnerei verbundenes Ladengeschäft ist insoweit Gewerbebetrieb (Einzelhandel), als in ihm nicht selbst erzeugte, zugekaufte Waren feilgeboten werden (OVG LüneburgBB 1966, 678). BVerwG DÖV 1977, 401. Der Betrieb eines Dauercampingplatzes mit 1200 Standplätzen ist Ausübung eines stehenden Gewerbes, nicht nur eine außerhalb des Gewerberechts liegende bloße Verwaltung und Nutzung eigenen Vermögens (BVerwG D Ö V 1977, 403).
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drücklich eine Regelung auf Grund des allgemeinen Polizeirechts zugelassen ist 290 . Der Grundsatz der Gewerbefreiheit besagt also einerseits, daß das Gewerberecht abschließend durch Bundesrecht geregelt ist, und andererseits, daß die gewerberechtlichen Vorschriften über Beginn und Fortsetzung eines Gewerbebetriebs abschließendes Spezialgesetz gegenüber der polizeilichen Generalklausel sind. Ein polizeiliches Einschreiten gegenüber einer von der Gewerbefreiheit geschützten Tätigkeit kommt deshalb nur hinsichtlich der Art und Weise der Gewerbeausübung in Frage, um diese mit den Anforderungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Einklang zu halten. Ein Verbot des Gewerbebetriebs ist auf Grund des allgemeinen Polizeirechts nicht zulässig, jedoch bleibt eine polizeiliche Anordnung hinsichtlich der Gewerbeausübung auch dann rechtmäßig, wenn sie praktisch bewirkt, daß die weitere Ausübung des Gewerbebetriebs unmöglich wird 291 . Der § 1 I GewO ist ein Satz des einfachen Bundesrechts, der für bestimmte Berufe - die Gewerbe — landesrechtliche und polizeiliche Regelungen der Zulassung zum Beruf ausschließt, für den Bundesgesetzgeber aber keine Schranke darstellt, während die Berufsfreiheit (Art. 12 1 G G ) als Grundrecht alle Berufe gegen bestimmte Beschränkungen durch Bundes- wie durch Landesgesetz schützt. Die durch die Gewerbefreiheit nicht geschützten (nichtgewerblichen) Wirtschaftstätigkeiten sind nach Maßgabe der Art. 74 Nr. 11, 72 I G G landesgesetzlicher Regelung zugänglich; der wichtigste der Landeskompetenz verbliebene Bereich des Rechts der Wirtschaft ist das Bergrecht 2 9 2 . Im übrigen hat der Bund „Ausnahmen und Beschränkungen" im Sinne des § 1 I GewO außerhalb des kodifikatorischen Zusammenhangs der G e w O durch eine große Anzahl von Nebengesetzen (also nicht nur „durch dieses Gesetz") festgelegt. Die wichtigsten dieser Nebengesetze sind: das G zur Ordnung des Handwerks (HandwO) i. d. F. vom 28. 12. 1965; das GaststättenG vom 5. 5. 1970; das G über die Berufsausübung im Einzelhandel ( E H G ) vom 5 . 8 . 1957 2 9 3 ; das PersonenbeförderungsG (PBefG) vom 21. 3. 1961 2 9 4 und das GüterkraftverkehrsG (GüKG) i. d. F. der Bek. vom 6. 8. 1975 2 9 5 . Unter dem rechtlich nicht fest umrissenen Sammelnamen der „freien Berufe" werden verschiedenartige selbständige Berufstätigkeiten zusammengefaßt, die Dienstleistungen höherer Art erbringen und deshalb nicht dem Gewerberecht unterliegen. Die wichtigsten von ihnen sind Gegenstand besonderer Gesetze, in denen eine typisierende Ausformung von „Berufsbildern" erfolgt ist. Charakteristisch für diese gesetzlichen Regelungen sind eine Reglementierung der Berufsaus290 291
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BVerwG DVB1. 1963,149; BVerwGE 38,209. PrOVGE 92, 99/106f.; 100, 127; RG RVerwBl. 1937, 143; BVerwG DVB1. 1965, 768; BVerwGE 38, 209. - E. R. Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht I, S. 696; D. Lorenz, BB Beilage Nr. 19/73. Siehe oben Anm. 236. BVerfGE 19,330; 34,71. - Folz, JuS 1966,477. BVerfGE 11, 168; BVerwGE 23, 314; 30, 242; 31, 184. - Bidinger, Personenbeförderungsrecht, 2. Aufl., Stand 1977; Fromm, DVB1. 1967,181; ders., BB 1969,741. BVerfGE 4 0 , 1 9 6 ; BVerwGE 18,113. - Balfanz / Tegelen, GüKG, Loseblattslg.
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bildung, qualifizierte Sachkundenachweise als Bedingung der Berufszulassung und die Bindung der Berufsausübung durch öffentlich-rechtliche Pflichten. Unter den nichtgewerblichen Heilberufen sind die Ärzte 2 9 6 , die Zahnärzte 297 , die Tierärzte 298 und die Heilpraktiker 299 hervorzuheben. Die Apotheker werden ungeachtet ihrer Erwähnung in § 6 GewO zum Gewerbe gerechnet 300 , was heute wenig einleuchtet, verfügen aber über ein eigenes Berufsrecht 301 . Zu den rechtsberatenden Berufen zählen die Rechtsanwälte 302 , Patentanwälte 303 und Rechtsbeistände 304 . Die Besonderheiten des Notarwesens weisen die Notare den freien, jedoch „staatlich gebundenen" Berufen zu 305 . Freie Berufe sind weiter die Wirtschaftsprüfer 306 und die Steuerberater 307 . Die Berufe der freien Architekten und Ingenieure fallen in die Kompetenz des Landesgesetzgebers 308 .
2. Techniken gewerberechtlicher Regelung Die gewerberechtliche Kontrolle der Gewerbebetriebe erfolgt mit Hilfe eines abgestuften rechtstechnischen Instrumentariums und ist an einigen durch die Eigenart der betroffenen Gewerbe bestimmten materiellen Maßstäben orientiert. a) Formales Instrumentarium: Anzeigepflicht; Untersagungsermächtigung; Verbot mit Erlaubnisvorbehalt: Die wesentlichen formalen Techniken gewerberechtli296 297
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Bundesärzteordnung in der Fass. vom 14. 10. 1977 (BGBl. I, S. 1885). - BVerfGE 11, 30; 33,125. Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde vom 31. 3. 1952 (BGBl. I, S. 221). BVerfGE 12, 144; 25, 236; BGH GewArch 1972, 303; F. Koch, Das Berufsrecht der Zahnärzte, 1955. Bundestierärzteordnung in der Fass. vom 22. 8. 1977 (BGBl. I, S. 1601). - BVerfGE 38, 312. Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung vom 17. 2. 1939 (RGBl. I, S. 251). BVerfGE 5,25. Gesetz über das Apothekenwesen vom 20. 8. 1960 (BGBl. I, S. 697), Entwurf einer Novelle: BTag Drucks. 8/1812; Bundes-Apothekerordnung vom 5. 6. 1968 (BGBl. I, S. 601). -BVerfGE 7,377; 17,232; 38,373. Bundesrechtsanwaltsordnung vom 1. 8. 1959 (BGBl. I, S. 565). - BVerfGE 22, 114; 28, 21; 34,293; 39,238. Patentanwaltsordnung vom 7.9. 1966 (BGBl. I, S. 557). Rechtsberatungsgesetz vom 13. 12. 1935 (RGBl. I, S. 1478). - BVerfGE 10, 185; 41, 378; BVerwGE2, 85; 7,349. Bundesnotarordnung vom 24. 2. 1961 (BGBl. I, S. 98). - B V e r f G E 16,6; 17,371. Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer in der Fass. vom 5. 11. 1975 (BGBl. I,S. 2803). Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten in der Fass. vom 4. 11. 1975 (BGBl. I, S. 2735).-BVerfGE 21,227; 34,252. Z. B. Bayer. Architektengesetz vom 31.7. 1970 (GVB1. S. 345); Gesetz zum Schutze der Berufsbezeichnung Ingenieur vom 27. 7. 1970 (GVB1. S. 325). - BVerfGE 26,246.
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eher Regelung sind die Anzeigepflicht, die Untersagungsermächtigung und das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Durch eine Anzeigepflicht soll die Verwaltung einen Überblick darüber gewinnen, wie viele und welche Gewerbebetriebe in ihrem Zuständigkeitsbereich vorhanden sind. Neben der für alle stehenden Gewerbebetriebe geltenden und außer für die gewerberechtliche Überwachung auch für die Gewerbestatistik notwendigen allgemeinen Anzeigepflicht (§§ 14, 15 I, 146 II Nr. 1 GewO) hat das Gewerberecht 309 vielfältige besondere Anzeigepflichten begründet, z. B. für Handwerker (§ 16 HandwO), für Gastwirte (§ 4 II GaststG) und für überwachungsbedürftige Anlagen (§ 24 I Nr. 1 GewO) 3 1 0 . Eine Untersagungsermächtigung gibt der zuständigen Behörde die Befugnis, die Fortsetzung eines erlaubten oder erlaubnisfreien Gewerbebetriebs aus bestimmten Gründen des öffentlichen Wohls ganz oder zum Teil zu verbieten. Ein allgemeiner Untersagungsvorbehalt besteht nur bei Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden (§ 35 GewO); diese Ermächtigung ist spezialgesetzlichen Regelungen 311 subsidiär (§ 35 VIII GewO). Daneben gibt es besondere Untersagungsermächtigungen mit anderen Anknüpfungspunkten, z. B. § 59 GewO; § 16 III HandwO). Wenn das Gesetz die Ausübung eines Gewerbes oder den Betrieb einer Anlage von einer Erlaubnis (Genehmigung, Konzession) abhängig macht und so eine Erlaubnispflicht begründet, ist die Ausübung des Gewerbes und der Betrieb der Anlage so lange verboten, bis die Erlaubnis erteilt ist. Dieses Verbot mit Erlaubnisvorbehalt hat im Gegensatz zu einem repressiven Verbot mit Dispensierungsvorbehalt, mit dem eine an sich unerwünschte Tätigkeit für den Regelfall unterbunden und nur aus besonderen Gründen zugelassen werden soll 312 , nur eine verwaltungstechnische, formelle Bedeutung; es dient dazu, die Ausübung des betreffenden Gewerbes einer vorbeugenden (präventiven) Kontrolle im Einzelfall zu unterwerfen 313 . Wo das Gesetz eine derartige präventive Kontrolle für unverhältnismäßig hält, begnügt es sich mit einer besonderen Anzeigepflicht, z. B. bei bestimmten Arten des Reisegewerbes (§ 55 c GewO) und bei den handwerksähnlichen Gewerben ( § 1 8 HandwO). Aus dem Grundsatz der Gewerbefreiheit ergibt sich, daß die gewerberechtlichen Erlaubnisse „gebundene" Erlaubnisse sind, d. h. daß die Behörde bei Vorliegen der Voraussetzungen, die vom Gesetz für die Erteilung der Erlaubnis aufgestellt sind, verpflichtet ist, die Erlaubnis zu erteilen. Wer ein erlaubnispflichtiges Gewerbe beginnen will, die Erlaubnis ordnungsmäßig beantragt hat und die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, hat einen öffentlich-
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Steuerrechtl. Anzeigepflicht für gewerbliche Betriebe: §§ 138,139 AbgO. BVerwG DVB1. 1973,857 (Aufzug). Beispielsw. § 7 0 a GewO; §§ 15 II, 16 Nr. 1 GaststG; § 25 I PBefG; § 59 in Verb, mit § 57 I Nr. 1 GewO. Das Einzelhandels- und das Handwerksrecht enthält dagegen entspr. Vorschriften nicht (BayVGH GewArch 1976,91). Beispiele: Zulassung von Spielbanken (§ 33h Nr. 1 GewO; Spielbankengesetz vom 14. 7. 1933, RGBl. I, S. 480); BVerfGE 28, 119; OVG Münster GewArch 1968, 89. Vorschriften über die allgem. Sperrzeit und deren Verkürzung für einzelne Betriebe ( § 1 8 I GaststG); BVerwG D Ö V 1977,405. E. R. Huber, WirtschaftsverwaltungsR I, S. 696 ff.
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rechtlichen Anspruch, ein subjektiv öffentliches Recht auf Erteilung der Erlaubnis. Je nachdem, ob sich eine Erlaubnis nur auf den Gewerbetreibenden und seine gewerberechtlich relevanten Eigenschaften oder ob sie sich nur auf eine bestimmte Anlage bezieht, unterscheidet man persönliche und dingliche Erlaubnisse (Personal- und Sachkonzessionen). Der Regelfall ist die räum- oder sachgebundene Personalerlaubnis, bei der die Erlaubnis einem bestimmten Gewerbetreibenden für bestimmte Räume, Anlagen oder Gerätschaften erteilt wird, so daß sowohl ein Wechsel in der Person des Gewerbetreibenden 314 als auch ein Wechsel oder eine wesentliche Änderung der Betriebsräume oder -einrichtungen eine erneute Erlaubnispflichtigkeit auslöst 315 . Die reine Personalerlaubnis, z. B. die Zulassung zum selbständigen Betrieb eines Handwerks, ist grundsätzlich 316 an die Person des Erlaubnisempfängers gebunden. Die Erlaubnis wird im Regelfall in Form eines schriftlichen Bescheids erteilt, der neben dem Ausspruch der Gewerbeerlaubnis die für erforderlich gehaltenen Auflagen enthält; in einigen Fällen ist eine besondere urkundliche Form vorgeschrieben, z. B. die Reisegewerbekarte (§§ 55, 60 GewO), die (konstitutive) Genehmigungsurkunde gem. § 15 GüKG. Eine besondere Gestalt der Erlaubnis ist die Eintragung in ein Register, z. B. die Eintragung in die Handwerksrolle (§§ 1 I, 10, 17 HandwO). Soweit die Voraussetzungen für die Aufhebung einer erteilten Erlaubnis spezialgesetzlich geregelt sind, wie z. B. in §§ 53, 58, 33 d IV, V GewO, § 15 GaststG, sind die Grundsätze des allgemeinen Verwaltungsrechts über Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten nicht anwendbar. Wird ein erlaubnispflichtiges Gewerbe ohne Erlaubnis ausgeübt, d. h. ohne Erlaubnis begonnen oder trotz Aufhebung der Erlaubnis fortgesetzt, kann die Fortsetzung des Betriebes durch die zuständige Behörde verhindert werden (§ 15 II GewO) 3 1 7 . Da diese Vorschrift einen allgemeinen gewerberechtlichen Grundsatz ausspricht, gilt sie nicht nur - wie der Regelungszusammenhang nahelegt - für stehende Gewerbebetriebe nach der GewO, sondern für alle erlaubnispflichtigen Gewerbe, bei denen eine entsprechende Vorschrift 318 fehlt, z. B. für die Personenbeförderung. Die Stillegung und Beseitigung überwachungsbedürftiger Anlagen beurteilt sich nach § 25 GewO. Die „Verhinderung" der Fortsetzung des Betriebes (früher: „polizeiliche" Verhinderung) bedeutet die Anwendung von Verwaltungszwang entsprechend den dafür geltenden landesrechtlichen Vorschriften und durch die nach Landesrecht zuständige Behörde (§ 155 II GewO). Das Einschrei-
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Sonderregelungen bestehen für den Betrieb durch Stellvertreter (z. B. §§ 45, 47 G e w O ; § 9 GaststG) und in Gestalt des „Witwenprivilegs" (z. B. § 46 G e w O ; § 10 GaststG). Z. B. die Konzession einer Privatkrankenanstalt (§ 30 I 2 Nrn. 2, 3 G e w O ) ; die gaststättenrechtl. Erlaubnis (§§ 3 I, 4 I Nr. 2 GaststG); der Betrieb von Spielgeräten (33 d II GewO). Vgl. § 4 HandwO; 6 E H G . Wird das Gewerbe nach einer Untersagung gem. § 35 G e w O fortgesetzt, ist gemäß § 35 V G e w O zu verfahren. § 16 III, IV HandwO i. d. F. der Novelle vom 9. 9. 1965 (BVerwG NJW 1960, 1830 ist dadurch überholt; dazu B V e r w G D Ö V 1971, 465).
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ten nach § 15 II GewO steht im Ermessen der Behörde. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, daß vor dem Einschreiten gegen einen ohne Erlaubnis ausgeübten Gewerbebetrieb geprüft wird, ob nicht nach den einschlägigen Vorschriften eine nachträgliche Erteilung der Erlaubnis in Betracht kommt, vorausgesetzt, daß der Gewerbetreibende einen Erlaubnisantrag stellt. b) Materielle Maßstäbe: Sachkunde, Zuverlässigkeit: Die materiellen Maßstäbe, in denen sich die vom Gewerberecht hinsichtlich der einzelnen Gewerbe verfolgten Ziele ausdrücken und die als Anknüpfungspunkte für die Erteilung und den Widerruf einer vorgesehenen Erlaubnis und für die etwa vorgesehene Untersagung eines Gewerbebetriebs dienen, beziehen sich einerseits (und vornehmlich) auf die Person des Gewerbetreibenden, andererseits auf das sachliche Substrat des Gewerbebetriebs. Als objektive Bedingungen für die Ausübung eines Gewerbes fordert das Gesetz etwa die Eignung der Betriebsräume 3 1 9 oder der Betriebseinrichtung 320 für den beabsichtigten Gewerbebetrieb oder den Nachweis eines bestimmten Betriebskapitals, wenn das fragliche Gewerbe den Kunden in besonderer Weise von der Solvenz des Gewerbetreibenden abhängig macht 3 2 1 . Die wichtigsten subjektiven Anknüpfungspunkte sind Zuverlässigkeit und Sachkunde; für einzelne Gewerbe ist eine bestimmte gesundheitliche Eignung erforderlich 3 2 2 . Unter dem grundrechtlichen Blickwinkel der freien Berufswahl (Art. 121 GG) ist das Erfordernis der Sachkunde323 eine intensivere Beschränkung als das Erfordernis der Zuverlässigkeit und muß daher durch besondere aus der Eigenart des jeweiligen Gewerbes hervorgehende Gründe gerechtfertigt sein, um dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu entsprechen. Der lange umstrittene 3 2 4 große Befähigungsnachweis als Voraussetzung für den selbständigen Betrieb eines Handwerks ( § 7 1 HandwO) genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen 3 2 5 , weil Existenz und Leistungsfähigkeit des Handwerks als eines gemeinschaftsnotwendigen Berufsstandes von diesem besonderen Sachkundenachweis abhängen, während im Fall des Einzelhandels die allgemein aufgestellte Voraussetzung einer besonderen Sachkunde (§ 3 II Nr. 1 a F. E H G ) eine unverhältnismäßige Einschränkung der freien Berufswahl war 326 . Die geläufigste Anforderung, die das Gewerberecht für die Person des Gewerbetreibenden aufstellt, ist die „Zuverlässigkeit". Mit diesem gerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff wird nicht ein moralischer, sondern ein gewerbepolizeilicher Tatbestand bezeichnet. Die Zuverlässigkeit fehlt, wenn der Gewerbetreibende nicht die Gewähr für eine ordnungsmäßige Ausübung seines 319
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Z. B. §§ 30 I 2 lit. Nrn. 2 - 4 , 33 a II Nr. 2 Gew O; § 4 I Nr. 2, 3 GaststG; §§ 2 I Nr. 6, 21 ApothekenG. Z. B. § § 3 3 d II in Verb, mit § 3 3 e GewO; § 131 Nr. 1 PBefG; §§ 101 Nr. 3,17 GüKG. Z. B. §§ 341 2 Nr. 2 , 3 4 a 13 Nr. 2 , 3 4 b IV Nr. 2 GewO; § 3 3 1 Nr. 1,10 KWG. Z. B. § 57a INr. 1,2 GewO; § 21 Nr. 7 ApothekenG. Z. B. § 3 4 b IV 2 GewO; § 3 3 1 Nr. 3 KWG; § 101 Nr. 2 GüKG. Vgl. OVG Lüneburg GewArch 1955/56,15. BVerfGE 13 , 97 . 326 BVerfGE 19, 330; 34, 71.
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Gewerbes bietet. Dieses Merkmal ist zwar jeweils auf ein bestimmtes Gewerbe bezogen, so daß die dadurch ausgedrückten Anforderungen nicht für alle Gewerbe gleich, sondern je nach der Art des Gewerbes verschieden sind, beschränkt aber seine Anforderungen nicht auf die eigentliche gewerbliche Tätigkeit. Das Erfordernis der Zuverlässigkeit bezieht sich auf das gesamte Verhalten im gewerblichen Verkehr, so daß beispielsweise ein Bauunternehmer nicht nur bei einem Versagen auf bautechnischem Gebiet unzuverlässig ist, sondern auch dann, wenn seine Betriebsführung einen „Mangel an wirtschaftlichem und sozialem Verantwortungsbewußtsein" offenbart 3 2 7 . Das ist in erster Linie dann der Fall, wenn der Gewerbetreibende hartnäckig und in erheblicher Weise die für seine Betriebsführung einschlägigen gesetzlichen Verpflichtungen verletzt oder der allgemeinen Strafrechtsordnung zuwiderhandelt 3 2 8 ; typische Sachverhalte sind, daß der Gewerbetreibende nachhaltig seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachkommt und daß er fortlaufend die Sozialversicherungsbeiträge der bei ihm Beschäftigten nicht abführt 3 2 9 . Der Begriff der Zuverlässigkeit ist auf den beabsichtigten oder ausgeübten Gewerbebetrieb und auf dessen Betriebsart ausgerichtet, so daß die Unzuverlässigkeit nicht unbedingt einen charakterlichen Mangel des Gewerbetreibenden voraussetzt 330 . Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit kommt es nicht auf ein moralisches oder strafrechtliches Verschulden, sondern auf eine (gewerbe)polizeiliche Zurechnung an, d. h. darauf, ob nach dem bisherigen Verhalten des Gewerbetreibenden damit zu rechnen ist, daß er im Zusammenhang mit seiner gewerblichen Tätigkeit die öffentliche Sicherheit und Ordnung verletzen und dadurch eine Gefährdung von Rechtsgütern der Allgemeinheit oder einzelner herbeiführen wird 331 . Die Unzuverlässigkeit kann daher auch aus weit zurückliegenden Straftaten 3 3 2 und selbst aus Tatsachen gefolgert werden, die vor Beginn der Gewerbeausübung liegen 333 , sofern sie für die Einschätzung des künftigen Verhaltens eine Bedeutung haben können. Weiterhin ergibt sich daraus, daß auch die fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bei bestimmten Gewerben Unzuverlässigkeit begründen kann 3 3 4 .
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BVerwG D Ö V 1958, 548. - Hat ein Güternahverkehrsunternehmer ausschließlich in seiner Freizeit bei der Führung seines Privatwagens Verkehrsdelikte begangen, seinen Betrieb aber ordnungsmäßig geführt, so ist er nicht unzuverlässig für die Ausübung seines Gewerbes (BVerwGE 36, 288). Ist eine Bestrafung erfolgt, darf sich die Behörde nicht mit dem Strafregisterauszug oder dem Straf ausspruch als solchem begnügen, sondern muß den dem Strafurteil zugrundeliegenden Sachverhalt selbst gewerberechtlich würdigen (BVerwG VerwRspr. 16, 983; BVerwG DVB1. 1966,443). BVerwGE 23, 280; 28, 202. BVerwGE 39,247; BVerwG D Ö V 1973, 822. BVerwGE 36,288; OVG Lüneburg GewArch 1962, 269. OVG Münster OVGE 1,45. BVerwGE 24, 38. Zu dem durch § 1 II GewO eintretenden Schutz bei Rechtsänderungen: BVerwGE 24, 34. BVerwGE 2 2 , 1 6 ; BadWürttVGH GewArch 69, 33.
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Schließlich erklärt sich aus diesem Gesichtspunkt, daß seit jeher auch der Umstand die Unzuverlässigkeit anzeigen kann, daß der Gewerbetreibende einem Dritten (insbesondere dem Ehegatten), der die für das Gewerbe erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, Einfluß auf den Gewerbebetrieb einräumt oder nicht willens oder nicht in der L^ge ist, einen solchen Einfluß hintanzuhalten 335 . Die Zuverlässigkeit ist eine häufige Erlaubnisvoraussetzung 336 und die Unzuverlässigkeit ein häufiger Widerrufstatbestand für die erteilte Erlaubnis 337 . Der Mangel der Zuverlässigkeit führt außerdem bei Fehlen einer Spezialregelung für das ausgeübte Gewerbe obligatorisch zur Untersagung der Gewerbeausübung gemäß § 35 GewO 3 3 8 . Die Durchsetzung der Untersagung erfolgt im Wege des Verwaltungszwangs (§ 35 V GewO) 3 3 9 ; die Zuwiderhandlung ist eine Ordnungswidrigkeit (§ 146 I Nr. 1 GewO).
3. Einzelne gewerberechtliche Erlaubnisse a) Stehendes Gewerbe; Reisegewerbe; Marktverkehr: Die GewO unterscheidet nach der Art der Gewerbeausübung stehendes Gewerbe (Titel II), Reisegewerbe (Titel III) und Marktverkehr (Titel IV). Die Grundform ist der stehende Gewerbebetrieb; alle Gewerbeausübung, die nicht Reisegewerbe oder Marktverkehr ist, fällt darunter. Die GewO nimmt die Abgrenzung nicht derart vor, daß jede Gewerbeausübung auf Grund einer gewerblichen Niederlassung (§ 42 II GewO) stehender Gewerbebetrieb und jede Gewerbeausübung ohne eine solche Reisegewerbe wäre, vielmehr orientiert sich die Abgrenzung an dem besonderen Zweck, der mit der Sonderregelung für das als besonders kontrollbedürftig angesehene Reisegewerbe verfolgt wird. Die sich in einer intensiven Gewerbeüberwachung (§§ 56, 57, 57 a, 60c GewO) äußernde besondere Kontrollbedürftigkeit wird für das Merkmal angenommen, daß eine Gewerbeausübung außerhalb einer oder ohne eine gewerbliche Niederlassung „ohne vorhergehende Bestellung" erfolgt (§§ 42 I, 55 I GewO), und das ist zugleich das ausschlaggebende Abgrenzungskriterium.
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BVerwGE 9,222; BayVGH BayVBl. 1964,375. Z. B. §§ 30 I 2 Nr. 1, 33 d III, 34a I 3 Nr. 1, 3 4 b IV Nr. 1 GewO; § 4 I Nr. 1 GaststG; § 3 II Nr. 2 EHG; § 2 I Nr. 4 ApothekenG; § 13 I Nr. 2 PBefG, § 101 Nr. 1 GüKG. Z. B. § 88 I Nr. 5 GüKG. - Widerruf einer Gaststättenerlaubnis: BVerwG D Ö V 1973, 820 (§ 12 II Nr. 1 GaststG 1930); BVerwG D Ö V 1977, 406 (§ 15 II in Verb, mit § 4 I Nr. 1 GaststG). Die ältere Rechtsprechung ist durch die mehrfache Änderung der Bestimmung z. T. überholt. BVerwGE 23, 280; 28, 202; 30,138; BVerwG DVB1. 1971, 277. - W. Kienzle, Gewerbeuntersagung nach § 3 5 GewO, 1965; ders., GewArch 1968, 145; ders., GewArch 1974,253. OVG Münster JZ 1977, 265.
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Während der stehende Gewerbebetrieb grundsätzlich bloß anzeigepflichtig (§ 14 G e w O ) 3 4 0 und nur nach besonderer Bestimmung (§§ 30ff. G e w O „Gewerbetreibende, die einer besonderen Genehmigung b e d ü r f e n " - sowie die Nebengesetze) erlaubnispflichtig ist, ist das Reisegewerbe grundsätzlich erlaubnispflichtig (§ 55 I G e w O ) : „Reisegewerbekarte") und nur ausnahmsweise erlaubsnisfrei (§§ 55 a, 55 b, 55 c G e w O ) . D e r Marktverkehr341 ist durch den Grundsatz der Marktfreiheit privilegiert (§ 70 I G e w O ) . Marktfreiheit bedeutet, daß der Besuch sowie der Kauf und Verkauf der zum Marktverkehr zugelassenen Waren 3 4 2 auf den festgesetzten Messen, Ausstellungen und Märkten (§ 69 G e w O ) von administrativer Beschränkung grundsätzlich frei ist, d. h. den Erlaubnis- und Anzeigepflichten des G e w e r b e rechts, insbes. der Titel II und III der G e w O und des E H G , nicht unterliegen, so daß im Marktverkehr u. a. die Anzeigepflicht des § 14 G e w O und das Erfordernis der Reisegewerbekarte entfallen. Die ursprünglich und ohne Rücksicht auf die gewerbliche Nutzung im G e w e r b e recht geregelten lästigen Anlagen (§§ 16ff. G e w O ) sind jetzt sachlich zutreffend der Genehmigungspflicht gemäß § § 4 f f . Bundes-Immissionsschutzgesetz vom 15. März 1974 (BGBl. I, S. 721) unterworfen 3 4 3 . b) Handwerk: Das Handwerk nahm seit jeher in mehr oder weniger ausgeprägter Weise eine Sonderstellung im R a h m e n des Gewerberechts ein. Die Entwicklung zu einem besonderen Handwerksrecht erfolgte zunächst durch verschiedene Novellen zur G e w O , hauptsächlich durch die Handwerkernovelle vom 26. Juli 1897, auf welche die früher in Titel VI behandelten H a n d w e r k s k a m m e r n zurückgehen, und durch die Handwerksnovelle vom 11. 2. 1929, die die Handwerksrolle einrichtete (vormals Titel V i a ) . Mit dem —mehrfach geändert bis heute fortgeltenden— Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) vom 17. September 1953 kam es auch gesetzestechnisch zu einer Verselbständigung des H a n d werksrechts. Dieses Gesetz gilt heute in der Fassung vom 28. Dezember 1965 (BGBl. 1966 I, S. 1) und ist seither insbes. durch das BerufsbildungsG vom 14. 8. 1969 (BGBl. I, S. 1112) novelliert worden 3 4 4 . 340
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D i e gesetzl. Statuierung der Anzeigepflicht schließt die Ermächtigung für die Behörde ein, die Anzeige nach Vordruck zu verlangen (BVerwG NJW 1977, 772). Auf die Erteilung der Anmeldebestätigung gem. § 15 I G e w O kann der Anzeigepflichtige verzichten (BVerwGE 38,160). D a s Recht des Marktverkehrs ist durch das Gesetz zur Änderung des Titels IV und anderer Vorschriften der G e w O vom 5. 6. 1976 (BGBl. I, S. 1773) durchgreifend umgestaltet worden. Regierungsentwurf, BTag Drucks. 7 / 3 8 5 9 ; Ausschußbericht, BTag Drucks. 7 / 4 8 4 6 . D i e Darbietung von Lustbarkeiten und von gewerblichen Leistungen (z. B. Fotografieren) sind nicht Kauf und Verkauf von Waren und genießen daher die Marktfreiheit nicht ( § 5 5 1 1 GewO). Für das Recht der lästigen Anlagen sei auf die S. 298 ff. der 3. Auflage dieses Lehrbuches verwiesen. Eyermann / Fröhler / Honig, Handwerksordnung, 3. Aufl., 1973; Kolbenschlag I Lessmann / Stücklen, D i e Dt. Handwerksordnung, 1967ff.; Siegert / Musielak, D a s Recht des Handwerks, 1966 ff.
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Voraussetzung für den selbständigen Betrieb eines Handwerks als stehendes Gewerbe ist die Eintragung in die Handwerksrolle, die von der Handwerkskammer als ein Verzeichnis der selbständigen Handwerker ihres Bezirks geführt wird ( § § 1 I, 6 I HandwO). Die Eintragung in die Handwerksrolle entspricht der Erteilung einer gewerblichen Erlaubnis. Die Entscheidung über die Eintragung ist ein anfechtbarer Verwaltungsakt (§ 12 HandwO), ebenso die Mitteilung, daß die Eintragung beabsichtigt sei ( § 1 1 HandwO) 3 4 5 . Voraussetzung für die Eintragung in die Handwerksrolle - und damit für die Zulassung zum Beruf des selbständigen Handwerkers - ist grundsätzlich der Befähigungsnachweis in Form der Meisterprüfung in dem zu betreibenden oder einem diesem verwandten Handwerk ( § 7 1 HandwO) 3 4 6 . In besonderen Fällen kann die Eintragung auch ohne Meisterprüfung mit Hilfe einer Ausnahmebewilligung erreicht werden ( § § 7 III, 8, 9 HandwO), eine Regelung, die nicht die Bedingung des Befähigungsnachweises, sondern nur den Grundsatz durchbricht, daß dieser Nachweis gerade durch die Meisterprüfung zu erbringen ist 347 . Der selbständige Betrieb eines handwerksähnlichen Gewerbes unterliegt nicht der Pflicht zur Eintragung in die Handwerksrolle, sondern nur einer besonderen Anzeigepflicht ( § 1 8 HandwO; Anlage B zur HandwO). Ein Gewerbebetrieb ist ein Handwerksbetrieb, wenn er eines der in der Positivliste (Anlage A zur HandwO) aufgeführten Gewerbe (Handwerk) zum Gegenstand hat und wenn er handwerksmäßig ausgeübt wird (§ 1 II HandwO). Die Beurteilung, ob eine bestimmte gewerbliche Tätigkeit ein Handwerk zum Gegenstand hat, bringt in der Regel keine Schwierigkeiten mit sich 348 . Da die Qualifizierung eines Gewerbebetriebes als Handwerksbetrieb die besonderen Zulassungsvoraussetzungen und Pflichten des Handwerksrechts zur Folge hat, insbesondere die Notwendigkeit, in die Handwerksrolle eingetragen zu sein, und die Zwangsmitgliedschaft in der Handwerkskammer, wird die Frage, ob ein Handwerk handwerksmäßig betrieben wird, dann praktisch bedeutsam, wenn ein Gewerbetreibender sich weigert, die Eintragung in die Handwerksrolle zu beantragen, oder wenn er die Löschung in der Handwerksrolle begehrt. Es handelt sich dabei um die Abgrenzung handwerklicher und industrieller Betriebsweise. Ausschlaggebend bei dieser Abgrenzung ist die Rolle, die der Gebrauch von Maschinen in dem Betrieb spielt 349 . Die kennzeichnende Eigenart der industriellen Betriebsweise besteht darin, daß die erbrachte Arbeitsleistung einem von maschinellen Fertigungs- und Behandlungsvorgängen bestimmten technischen Prozeß ihre Prägung verdankt, so daß die Kenntnisse und Fertigkeiten des Betriebspersonals sich nicht unmittelbar 345 346
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B V e r w G D Ö V 1961, 511. Dieser handwerksrechtliche Sachkundenachweis ist keine Verletzung der Berufsfreiheit ( B V e r f G E 13, 97). B V e r w G E 8, 287; 13, 317 (Honig, JuS 1964, 437). D i e s e Rspr. zu § 8 a. F. ist in der Neufassung dieser Vorschrift berücksichtigt worden. — Ritgen, B B Beilage 8 / 6 6 . Montage von Ölfeuerungen als Bestandteil des Zentralheizungs- und Lüftungsbauerhandwerks, Nr. 33 der Positivliste (BVerwG VerwRspr 20, 623). D a s praxiseigene Labor des Zahnarztes ist grds. nicht Ausübung des Zahntechniker-Handwerks (Badura, Zahnarzt!. Mitteilungen 1978, S. 597).
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auf den Arbeitsgegenstand, sondern auf die technische Wirkungsweise der maschinellen Hilfsmittel beziehen. Für die Annahme industrieller Betriebsweise spricht es, wenn die Verwendung von Maschinen keinen Raum läßt für die Entfaltung von Handfertigkeit und es im wesentlichen auf die Bedienung der Maschinen ankommt. Für die Annahme handwerklicher Betriebsweise spricht es, wenn man sich der Maschinen nur zur Erleichterung der Arbeit und zur Unterstützung der Handfertigkeit bedient, eine einwandfreie und fachgerechte Arbeitsleistung ohne qualifizierte Handarbeit also nicht erreicht werden kann. Es kommt nicht auf das Ausmaß der Verwendung von technischen Hilfsmitteln überhaupt und auf die Betriebsgröße als solche an, sondern auf die Funktion der Maschinen für die Arbeitsweise des Betriebs und den Zusammenhang der Betriebsgröße und Betriebsorganisation mit der Wirkungsweise der maschinellen Arbeitsprozesse. c) Gaststättengewerbe: Das Gaststättengesetz vom 5. Mai 197 0 3 5 0 , das an die Stelle des Gaststättengesetzes vom 28. April 193 0 3 5 1 getreten ist, begründet eine Erlaubnispflicht für den Betrieb einer Schankwirtschaft, einer Speisewirtschaft und eines Beherbergungsbetriebs im stehenden Gewerbe sowie für den Tatbestand, daß jemand als selbständiger Gewerbetreibender im Reisegewerbe 3 5 2 von einer für die Dauer der Veranstaltung ortsfesten Betriebsstätte aus Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht (§§ 1 , 2 GaststG). Ein Gaststättengewerbe liegt sowohl vor, wenn der Betrieb jedermann, als auch wenn er nur bestimmten Personenkreisen zugänglich ist. Verschiedene Formen der Ausübung des Gaststättengewerbes sind von der Erlaubnispflicht ausgenommen, z. B. die Verabreichung unentgeltlicher Kostproben und von alkoholfreien Getränken aus Automaten (§ 2 I I - I V ) ; in diesen Regelungen hat auch die gerichtliche Praxis zum sachlichen Anwendungsbereich des alten GaststättenG einen Niederschlag gefunden 3 5 3 . Der Verkauf von Getränken, zubereiteten Speisen, Tabak- und Süßwaren von einer Schank- oder Speisewirtschaft aus „über die 349
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BVerwGE 17, 230 und 25, 66 (industrielle „Expreß-Schuhbar"); BVerwG GewArch 64, 108 (industrielle Schnellreinigung; vgl. Nr. 34 Anlage B zur HandwO); BVerwG GewArch 64, 248 und 249 (grafisches Gewerbe); BVerwGE 20, 263 (industrielles Baugewerbe), dazu Honig, JuS 1966, 436; OVG Koblenz GewArch 72, 15 (Kfz-Gewerbe); Fröhler I Dannbeck, Zur Abgrenzung von Handwerk und Industrie, 1965; Söllner, Abgrenzung von Handwerk und Industrie, 1973. BGBl. I S. 465, S. 1298. - GEntw. mit Begründung: BTag Drucks. V/205 und VI/205; dazu die Berichte des Ausschusses für Wirtschaft und Mittelstandsfragen (BTag Drucks. V/1652 und 4380) und später des Ausschusses für Wirtschaft (BTag Drucks. VI/322). Michel / Kienzle, Das GaststG, 6. Aufl., 1973; Rohmer / Eyermann / Mörtel, GaststG, 3. Aufl., 1973; E. Hoffmann, Gaststättenrecht, 1973ff.; G. Gaisbauer, GewArch 1976, 177. RGBl. I S. 146, mehrf. geänd. - Rohmer / Eyermann, GaststättenG, 1952; Michel, GaststättenG, 1952; Gropp, in: W. Reuss, WirtschaftsverwaltungsR, II, Abschn. XI, S. 1009 ff. Das Gaststättenrecht ist für diese Art des Reisegewerbes eine Sonderregelung gegenüber dem Titel III der GewO (§ 13 GaststG). BVerwGE 2 0 , 3 2 5 ; 20,330; BadWürttVGH GewArch 1969,20.
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Straße" zum alsbaldigen Verzehr oder Verbrauch ist in Fortführung der bisherigen Rechtslage 3 5 4 als „Gassenschank" Bestandteil des Gaststättengewerbes und nicht zusätzlich Ausübung von Einzelhandel (§ 7 II GaststG). Die Erlaubnis ist für eine bestimmte Betriebsart und für bestimmte Räume zu erteilen; sie ist eine raumgebundene Personalerlaubnis ( § 3 1 GaststG). Die gesetzlichen Voraussetzungen der Erlaubniserteilung erstrecken sich auf die Zuverlässigkeit des Antragstellers, die ordnungsgemäße Beschaffenheit der für die Gewerbeausübung vorgesehenen Räume, die im Hinblick auf die örtliche Lage des Betriebs oder auf die Verwendung der Räume sonst berührten öffentlichen ( = polizeilichen; z. B. straßenverkehrsrechtlichen 355 ) Interessen und den Nachweis lebensmittelrechtlicher Kenntnisse ( § 4 1 GaststG). Das Erfordernis, daß der Antragsteller durch eine Bescheinigung der für den Ort seiner gewerblichen Niederlassung zuständigen Industrie- und Handelskammer nachweisen muß, daß er oder sein Stellvertreter über die Grundzüge der für den in Aussicht genommenen Betrieb notwendigen lebensmittelrechtlichen Kenntnisse unterrichtet worden ist und mit ihnen als vertraut gelten kann ( § 4 1 Nr. 4 GaststG), ist die sachlich bedeutsamste Änderung gegenüber dem früheren Recht; die Erwägungen über Art und Umfang dieses „Unterrichtungsnachweises" haben in den Ausschußberatungen des Bundestages eine beherrschende Rolle gespielt. Ein allgemeiner Sachkundenachweis, wie er von der Interessenvertretung des Gaststättengewerbes gefordert worden war und wie ihn der Rechtsausschuß bei Speisewirtschaften für notwendig gehalten hatte, wurde vom Wirtschaftsausschuß aus rechtlichen und wirtschaftspolitischen Gründen abgelehnt, ist in die als Gesetz beschlossene Fassung nicht eingegangen und hätte auch angesichts der durch Art. 12 1 GG festgelegten Kriterien für die Verhältnismäßigkeit einer subjektiven Zulassungsbeschränkung für einen Beruf, die das BVerfG im Hinblick auf den Sachkundenachweis im Einzelhandel verdeutlicht hatte 3 5 6 , kaum gerechtfertigt werden können. Der schließlich in § 2 I Nr. 4 GaststG gefundene Weg eines qualifizierten Unterrichtungsnachweises dürfte schwerlich auf verfassungsrechtliche Bedenken stoßen. Die nach altem Recht ursprünglich erforderliche Bedürfnisprüfung (§§ 1 II, 8 I 2 GaststG 1930) war mit Inkrafttreten des G G als unverhältnismäßige objektive Zulassungsvoraussetzung entfallen 3 5 7 . Zum Schutze der Allgemeinheit, der Gäste, des Personals und der Bewohner des Betriebsgrundstückes und der der Nachbargrundstücke können der Erlaubnis, auch nachträglich, Auflagen beigefügt werden (§ 5 I GaststG) 3 5 8 . 354
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BayOblG D Ö V 1955, 567; OLG Celle GewArch 1962, 155; OVG Münster GewArch 1964,46 BVerwGE 10, 91; BVerwG NJW 1957, 1043; BadWürttVGH GewArch 1964, 39; OVG Koblenz GewArch 1964,174. BVerfGE 19,330. BVerwGE 1, 48; 20, 321. - F. R. Schmidt, Die Bedürfnisprüfung als Instrument der Wirtschaftslenkung und Gesellschaftsgestaltung, 1968. Zu § 11 GaststG 1930: BVerwG DVB1. 1965, 603; BVerwGE 3 1 , 1 5 ; OVG Münster BB 1970, 987; BayOBLG GewArch 1971, 235 (Heinrich, GewArch 1971, 270); Demme, DVB1. 1967, 7 5 8 . - Z u m neuen Recht: OLG Hamm DVB1. 1975,584 m. Anm. Götz.
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und private Fürsorge; Die Ortskrankenkasse; Recht der Jugend und des Bildungswesens; Die Rehabilitation; Die Rentenversicherung; Rundschau für den Lastenausgleich; Schweizerische Zeitschrift für Sozialversicherung; Selbstverwaltung der Ortskrankenkasse; Selbstverwaltung und Selbstverantwortung; Soziale Arbeit; Soziale Sicherheit; Soziale Sicherheit in der Landwirtschaft; Sozialer Fortschritt; Die Sozialgerichtsbarkeit; Die Sozialversicherung; Vierteljahresschrift für Sozialrecht; Wege zur Sozialversicherung; Zeitschrift für das Fürsorgewesen; Zeitschrift für den Lastenausgleich; Zeitschrift für Rechtspolitik; Zeitschrift für Sozialhilfe; Zeitschrift für Sozialreform; Zeitschrift für Versicherungswesen; Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft; Zentralblatt für Jugendrecht und Jugendwohlfahrt; Zentralblatt für Sozialversicherung, Sozialhilfe und Versorgung.
Gesetze (Stand 15. 3. 1978) In dieser nach Teilgebieten geordneten Gesetzesübersicht wurden nur diejenigen Gesetze (mit den gängigen Bezeichnungen und/oder Abkürzungen) zusammengestellt, deren Kenntnis für das Verständnis sozialverwaltungsrechtlicher Zusammenhänge unerläßlich ist. Sie sind gegliedert nach den Leistungsbereichen, die der Allgemeine Teil des SGB (SGB I) vorsieht. Neben den formell-gesetzlichen Regelungen spielen auch Rechtsverordnungen, Satzungen, Verwaltungsvorschriften und Vereinbarungen zwischen Verwaltungsträgern eine wichtige Rolle. Dem Leser, der sich in das z. T. noch unübersichtliche Sozialverwaltungsrecht einarbeiten will, wird angeraten, eine Gesetzessammlung heranzuziehen und sein Wissen durch die intensive Lektüre von Gesetzestexten zu erweitern. Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil: Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (SBG I) v. 11. 12. 1975 (BGBl. I S. 3015), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. 6. 1977 (BGBl. I S . 1040, ber. S. 1744). Ausbildungsförderung: Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) v. 18. 8. 1896 (RGBl. S. 195), zuletzt geändert durch Gesetz v. 16. 8. 1977 (BGBl. I S . 1577). Einkommensteuergesetz 1977 (EStG 1977) v. 16. 10. 1934 (RGBl. I S. 1005) i. d. F. vom 5. 12. 1977 (BGBl. I S. 2365), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. 12. 1977 (BGBl. I S. 3107). Bundesgesetz über die individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz - B A f ö G ) v. 26. 8. 1971 (BGBl. I S. 1409) i. d. F. vom 9. 4. 1976 (BGBl. I S. 989), zuletzt geändert durch Gesetz v. 26. 4. 1977 (BGBl. I S. 653). Gesetz über die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an den Hochschulen (Graduiertenförderungsgesetz - G F G ) v. 2. 9. 1971 (BGBl. I S. 1465) i. d. F. vom 22. 1. 1976 (BGBl. I S . 207). Verordnung über die örtliche Zuständigkeit für Ausbildungsförderung außerhalb des Geltungsbereichs des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (ZuständigkeitsV) v. 27. 10. 1971 (BGBl. I S . 1699). Verordnung über die Durchführung der Graduiertenförderung (Graduiertenförderungsvero r d n u n g - GFV) v. 3. 11. 1971 (BGBl. I S . 1751) i. d. F. v o m 2 2 . 1. 1976 (BGBl. I S . 211). Verordnung über die Leistung von Zuschlägen zu dem Bedarf bei einer Ausbildung außerhalb des Geltungsbereichs des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (ZuschlagsV) v. 18. 11. 1971 (BGBl. I S . 1826). Verordnung über die Förderungshöchstdauer für den Besuch von Höheren Fachschulen,
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Akademien und Hochschulen (FörderungshöchstdauerV) v. 9. 11. 1972 (BGBl. I S. 2076), zuletzt geändert durch Verordnung v. 18. 7. 1977 (BGBl. IS. 1309). Verordnung über Zusatzleistungen in Härtefällen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (HärteV) v. 15. 7. 1974 (BGBl. I S. 1449), zuletzt geändert durch Verordnung v. 17. 12. 1974 (BGBl. IS. 3630). Verordnung zur Bezeichnung der als Einkommen geltenden sonstigen Einnahmen nach § 21 Abs. 3 Nr. 4 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (EinkommensV) v. 21. 8. 1974 (BGBl. IS. 2078), zuletzt geändert durch Verordnung v. 16. 7. 1975 (BGBl. IS. 1924). Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur (Haushaltsstrukturgesetz - HStrukG) v. 18. 12. 1975 (BGBl. I S. 3091), zuletzt geändert durch Gesetz v. 22. 12. 1977 (BGBl. I S. 3102). Verordnung über die Einziehung der nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz geleisteten Darlehen (DarlehensV) v. 2. 6. 1977 (BGBl. IS. 804). Arbeitsförderung: Arbeitsförderungsgesetz (AFG) v. 25. 6. 1969 (BGBl. I S. 582), zuletzt geändert durch Gesetz v. 12. 12. 1977 (BGBl. IS. 2557, ber. S. 3187). Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung (A Ausbildung) v. 31. 10. 1969 (ANBA 1970 S. 213) i. d. F. vom 11. 12. 1974 (ANBA 1975 S. 103), zuletzt geändert durch Anordnung v. 19.7. 1977 (ANBA S. 1302). Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die Förderung von Einrichtungen der beruflichen Bildung (A institutionelle Förderung) v. 31. 10. 1969 (ANBA 1970 S. 81). Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit zur Förderung der Arbeitsaufnahme (FdA-Anordnung) v. 18. 12. 1969 (ANBA 1970 S. 90) i. d. F. vom 24. 3. 1977 (ANBAS. 559). Arbeitslosenhilfe-Verordnung v. 7. 8. 1974 (BGBl. IS. 1929). Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter (A Reha) v. 31. 7. 1975 (ANBA S. 994), zuletzt geändert durch Anordnung v. 24. 3. 1977 (ANBA S. 821). Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung ( A Fortbildung und Umschulung) v. 23. 3. 1976 (ANBA S. 559) i. d. F. vom 24. 3. 1977 (ANBA S. 649), zuletzt geändert durch Anordnung v. 19. 7. 1977 (ANBAS. 1299). Verordnung über den Einzug der während der Freiheitsentziehung zu entrichtenden Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit (Gefangenen-Beitragsverordnung) v. 14. 3. 1977 (BGBl. I S. 448). Verordnung zur Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung bei ungünstiger Beschäftigungslage v. 15. 12. 1977 (BGBl. IS. 2567). Verordnung über die Leistungssätze des Unterhaltsgeldes, des Kurzarbeitergeldes, des Schlechtwettergeldes, des Arbeitslosengeldes und der Arbeitslosenhilfe für das Jahr 1978 (AFG-Leistungsverordnung 1978) v. 19. 12. 1977 (BGBl. IS. 2772, ber. 1978 S. 150). Sozialversicherung : a) Allgemein / Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung Sozialgesetzbuch (SGB) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung IV 1 - v. 23. 12. 1976 (BGBl. I S. 3845), zuletzt geändert durch Gesetz v. 27. 6. 1977 (BGBl. I S. 1040, ber. S. 1744).
Sozialverwaltungsrecht
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b) Krankenversicherung Zweites Buch der Reichsversicherungsordnung (RVO) v. 19. 7. 1911 (RGBl. S. 509) i. d. F. vom 15. 12. 1924 (RGBl. I S. 779), zuletzt geändert durch Verordnung v. 16. 12. 1977 (BGBl. I S . 2581). Reichsknappschaftsgesetz (RKG) v. 23. 6. 1923 (RGBl. I S. 431) i. d. F. vom 1. 7. 1926 (RGBl. I S . 369), zuletzt geändert durch Verordnung v. 16. 12. 1977 (BGBl. I S . 2581). Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz - MuSchG) v. 24. 1. 1952 (BGBl. I S. 69) i. d. F. vom 18. 4. 1968 (BGBl. I S. 315), zuletzt geändert durch BVerfGE v. 13. 11. 1974 (BGBl. 1975 I S . 230). Gesetz über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle (Lohnfortzahlungsgesetz - L F Z G ) v. 27. 7. 1969 (BGBl. I S. 946), zuletzt geändert durch Gesetz v. 18. 12. 1975 (BGBl. I S . 3091). Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (KHG) v. 29. 6. 1972 (BGBl. I S. 1009), zuletzt geändert durch Verordnung v. 25. 11. 1977 (BGBl. I S . 2273). Gesetz zur Weiterentwicklung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte - KVLG) v. 10. 8. 1972 (BGBl. I S. 1433), zuletzt geändert durch Gesetz v. 27. 6. 1977 (BGBl. I S . 1069). Verordnung zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Bundespflegesatzverordnung — BPflV) v. 25. 4. 1973 (BGBl. I S. 333, ber. S. 419), zuletzt geändert durch Verordnung v. 2 3 . 6 . 1976 (BGBl. I S . 1675). Gesetz zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz - KVKG) v. 27. 6. 1977 (BGBl. I S . 1069). c) Unfallversicherung Drittes Buch der Reichsversicherungsordnung (RVO) v. 19. 7. 1911 (RGBl. S. 509) i. d. F. vom 15. 12. 1924 (RGBl. I S. 779), zuletzt geändert durch Verordnung v. 16. 12. 1977 (BGBl. I S . 2581). Berufskrankheiten-Verordnung v. 20. 6. 1968 (BGBl. I S. 721), zuletzt geändert durch Verordnung v. 8. 12. 1976 (BGBl. I S . 3329). Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (BetrÄG) v. 12. 12. 1973 (BGBl. I S. 1885), zuletzt geändert durch Gesetz v. 12. 4. 1976 (BGBl. I S . 965). d) Rentenversicherung Viertes Buch der Reichsversicherungsordnung (RVO) v. 19. 7. 1911 (RGBl. S. 509) i. d. F. vom 15. 12. 1924 (RGBl. I S. 779), zuletzt geändert durch Verordnung v. 16. 12. 1977 (BGBl. I S . 2581). Reichsknappschaftsgesetz (RKG) v. 23. 6. 1923 (RGBl. I S. 431) i. d. F. vom 1 . 7 . 1926 (RGB1.I S. 369), zuletzt geändert durch Verordnung v. 16. 12. 1977 (BGBl. I S. 2581). Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) v. 2 0 . 1 2 . 1 9 1 1 (RGBl. S. 989) i. d. F. vom 28. 5. 1924 (RGBl. I S. 563), zuletzt geändert durch Verordnung v. 16. 12. 1977 (BGBl. I S. 2581). Fremdrentengesetz (FRG) v. 7. 8. 1953 (BGBl. I S. 848) i. d. F. des Art. 1 des Gesetzes v. 25. 2. 1960 (BGBl. I S. 93), zuletzt geändert durch Verordnung v. 16. 12. 1977 (BGBl. I S. 2581). Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) v. 27. 7. 1957 (BGBl. I S. 1063) i. d. F. vom 14. 9. 1965 (BGBl. I S. 1448), zuletzt geändert durch Gesetz v. 27. 6. 1977 (BGBl. I S. 1040, ber. S. 1744).
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Wilhelm Wertenbruch
Verordnung über die Feststellung von Leistungen aus den gesetzlichen Rentenversicherungen bei verlorenen, zerstörten, unbrauchbar gewordenen oder nicht erreichbaren Versicherungsunterlagen (Versicherungsunterlagen-Verordnung-VuVO) v. 3. 3. 1960 (BGBl. I S. 137), zuletzt geändert durch Verordnung v. 22. 12. 1965 (BGBl. 1S. 2139). Gesetz über eine Rentenversicherung der Handwerker (Handwerkerversicherungsgesetz HwVG) v. 8. 9. 1960 (BGBl. I S . 737), zuletzt geändert durch Gesetz v. 27. 6. 1977 (BGBl. I S. 1040, ber. S. 1744). Gesetz zur Errichtung der Bundesknappschaft (Bundesknappschaft-ErrichtungsgesetzBKnEG) v. 28. 7. 1969 (BGBl. I S. 974), zuletzt geändert durch Gesetz v. 7. 8. 1973 (BGBl. I S . 957). Gesetz zur Zwanzigsten Rentenanpassung und zur Verbesserung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (Zwanzigstes Rentenanpassungsgesetz - 20. R A G ) v. 27. 6. 1977 (BGBl. I S. 1040, ber. S. 1744), zuletzt geändert durch Gesetz v. 12. 12. 1977 (BGBl. I S . 2557, ber. S. 3187). Soziale Entschädigung: Gesetz über die Unterhaltsbeihilfe für Angehörige von Kriegsgefangenen v. 13. 6. 1950 (BGBl. S. 204) i. d. F. vom 18. 3. 1964 (BGBl. I S . 218). Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz - BVG) v. 20. 12. 1950 (BGBl. S. 791) i. d. F. vom 22. 6. 1976 (BGBl. S. 1633), zuletzt geändert durch Gesetz v. 27. 6. 1977 (BGBl. I S . 1037). Gesetz über die Errichtung der Verwaltungsbehörden der Kriegsopferversorgung v. 12. 3. 1951 (BGBl. I S . 169), zuletzt geändert durch Gesetz v. 24. 7. 1972 (BGBl. I S . 1284). Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung v. 2. 5. 1955 (BGBl. I 5. 202) i. d. F. vom 6. 5. 1976 (BGBl. I S . 1169). Gesetz über Hilfsmaßnahmen für Personen, die aus politischen Gründen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland in Gewahrsam genommen wurden (Häftlingshilfegesetz - H H G ) v. 6. 8. 1955 (BGBl. I S. 498) i. d. F. vom 29. 9. 1969 (BGBl. I S . 1793), zuletzt geändert durch Gesetz v. 14. 12. 1976 (BGBl. I S . 3341). Gesetz über die Versorgung für die ehemaligen Soldaten der Bundeswehr und ihre Hinterbliebenen (Soldatenversorgungsgesetz - SVG) v. 26. 7. 1957 (BGBl. I S. 785) i. d. F. vom 18. 2. 1977 (BGBl. I S. 337), zuletzt geändert durch Gesetz v. 23. 12. 1977 (BGBl. I S. 3114). Gesetz über die Sicherung des Unterhalts der zum Wehrdienst einberufenen Wehrpflichtigen und ihrer Angehörigen (Unterhaltssicherungsgesetz - USG) v. 26. 7. 1957 (BGBl. I S. 1046) i. d. F. vom 8. 3. 1975 (BGBl. I S. 661), zuletzt geändert durch Gesetz v. 2. 5. 1975 (BGBl. I S. 1046). Gesetz über den Zivildienst der Kriegsdienstverweigerer (Zivildienstgesetz-ZDG) v. 13. 1. 1960 (BGBl. I S. 10) i. d. F. vom 7 . 1 1 . 1977 (BGBl. I S. 2039), zuletzt geändert durch Gesetz v. 23. 12. 1977 (BGBl. I S . 3110). Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten beim Menschen (Bundes-Seuchengesetz - BSeuchG) v. 18. 7. 1961 (BGBl. I S. 1012, ber. S. 1300), zuletzt geändert durch Gesetz v. 9. 6. 1975 (BGBl. I S. 1321). Gesetz über die Beweissicherung und Feststellung von Vermögensschäden in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands und im Sowjetsektor von Berlin (Beweissicherungs- und Feststellungsgesetz- BFG) v. 22. 5. 1965 (BGBl. I S. 425) i. d. F. vom 1. 10. 1969 (BGBl. I S. 1897), zuletzt geändert durch Gesetz v. 14; 12. 1976 (BGBl. I S. 3341). Gesetz zur Abgeltung von Reparations-, Restitutions-, Zerstörungs- und Rückerstattungsschäden (Reparationsschädengesetz - RepG) v. 12. 2. 1969 (BGBl. I S. 105), zuletzt geändert durch Gesetz v. 14. 12. 1976 (BGBl. I S . 3341).
Sozialverwaltungsrecht
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Gesetz über den Bundesgrenzschutz (Bundesgrenzschutzgesetz - BGSG) v. 18. 8. 1972 (BGBl. I S . 1834), zuletzt geändert durch Gesetz v. 14. 7. 1976 (BGBl. I S . 1801). Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OHG) v. 11. 5. 1976 (BGBl. I S. 1181). Minderung des Familienaufwandes: Bundeskindergeldgesetz (BKGG) v. 14. 4. 1964 (BGBl. I S. 265) i. d. F. vom 31. 1. 1975 (BGBl. I S. 412), zuletzt geändert durch Gesetz v. 16. 8. 1977 (BGBl. I S. 1586). Zuschuß für eine angemessene Wohnung: Wohngeldgesetz (WoGG) v. 14. 12. 1970 (BGBl. I S. 1637) i. d. F. vom 29. 8. 1977 (BGBl. I S . 1685). Wohngeldverordnung (WoGV) v. 21. 12. 1971 (BGBl. I S. 2065) i. d. F. vom 21. 2. 1975 (BGBl. I S. 607), zuletzt geändert durch Verordnung vom 12. 12. 1977 (BGBl. I S. 2534).
Jugendhilfe: Gesetz für Jugendwohlfahrt (JWG) v. 11. 8. 1961 (BGBl. I S. 1205, ber. S. 1875) i. d. F. vom 25. 4. 1977 (BGBl. I S. 633, ber. S. 795). Sozialhilfe: Bundessozialhilfegesetz (BSHG) v. 30. 6. 1961 (BGBl. I S. 815, ber. S. 1875) i. d. F. vom 13. 2. 1976 (BGBl. I S . 289, ber. S. 1150). Verordnung zur Durchführung des § 22 des Bundessozialhilfegesetzes (Regelsatzverordnung) v. 20. 7. 1962 (BGBl. I S. 515), zuletzt geändert durch Verordnung v. 10. 5. 1971 (BGBl. I S . 451). Verordnung zur Durchführung des § 76 des Bundessozialhilfegesetzes v. 28. 11. 1962 (BGBl. I S. 692), zuletzt geändert durch Verordnung v. 23. 11. 1976 (BGBl. I S. 3234). Verordnung nach § 47 des Bundessozialhilfegesetzes (Eingliederungshilfe-Verordnung) v. 27. 5. 1964 (BGBl. I S . 339) i. d. F. vom 1. 2. 1975 (BGBl. I S. 433). Eingliederung Behinderter: Gesetz zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (Schwerbehindertengesetz - SchwbG) v. 16.6. 1953 (BGBl. I S. 389) i. d. F. vom 29. 4. 1974 (BGBl. I S. 1005), zuletzt geändert durch Gesetz v. 14. 6. 1976 (BGBl. I S. 1481). Gesetz zur Weiterentwicklung des Schwerbeschädigtenrechts v. 24. 4. 1974 (BGBl. I S. 981), zuletzt geändert durch Gesetz v. 14. 6. 1976 (BGBl. I S . 1481). Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (Rehabilitationsangleichungsgesetz-RehaG) v. 7 . 8 . 1974 (BGBl. I S. 1881), zuletzt geändert durch Gesetz v. 7 . 5 . 1975 (BGBl. I S . 1061). Gesetz über Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime für Volljährige (HeimgesetzHeimG) v. 7. 8. 1974 (BGBl. I S . 1873). Gesetz über die Sozialversicherung Behinderter in geschützten Einrichtungen v. 7. 5. 1975 (BGBl. I S . 1061). Verordnung über die Erstattung von Aufwendungen für die gesetzliche Rentenversicherung der in Werkstätten beschäftigten Behinderten (Aufwendungserstattungs-Verordnung) v. 1 1 . 7 . 1975 (BGBl. I S . 1896).
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Verfahren und Beziehungen der Leistungsträger zueinander und zu Dritten: Fünftes Buch der Reichsversicherungsordnung (RVO) v. 19. 7. 1911 (RGBl. S. 509) i. d. F. vom 15. 12. 1924 (RGBl. I S. 779), zuletzt geändert durch Verordnung v. 16. 12. 1977 (BGBl. I S . 2581). Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) v. 25. 5. 1976 (BGBl. I S. 1253), zuletzt geändert durch Gesetz v. 2. 7. 1976 (BGBl. I S . 1749). Rechtsschutz: a) Sozialgerichtliches Verfahren Sozialgerichtsgesetz (SGG) v. 3. 9. 1953 (BGBl. I S . 1239) i. d. F. vom 23. 9. 1975 (BGBl. I S. 2535), zuletzt geändert durch Gesetz v. 23. 12. 1976 (BGBl. I S . 3845). b) Verwaltungsgerichtliches Verfahren Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) v. 21. 1. 1960 (BGBl. I S. 17), zuletzt geändert durch Gesetz v. 3. 12. 1976 (BGBl. I S . 3281).
Sozialverwaltungsrecht
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Gliederung I. Grundlehren des Sozialverwaltungsrechts 1. Zum Begriff des Sozialverwaltungsrechts a) Begriff „Sozialrecht" b) Einteilung c) Zielsetzung d) Funktion der Sozialverwaltung 2. Verfassungsrechtliche Basis a) Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen b) Grundwertentscheidungen II. Sozialleistungsbereiche 1. Allgemeiner Teil a) Die sozialen Rechte b) „Aufklärung", „Beratung", „Auskunft" c) Vorbehalt des Gesetzes d) Handlungsfähigkeit e) Vorläufige Leistungen f) Verzinsung g) Mitwirkungspflichten 2. Ausbildungsförderung a) Grundlage b) Anspruchsvoraussetzungen c) Leistungen d) Finanzierung e) Organisation f) Weitere Förderungsmöglichkeiten 3. Arbeitsförderung a) Aufgaben b) Leistungen aa) Berufsberatung und Vermittlung in berufliche Ausbildungsstellen . . . . bb) Arbeitsberatung und Arbeitsvermittlung cc) Zuschüsse und Darlehen dd) Kurzarbeitergeld und Schlechtwettergeld ee) Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe ff) Konkursausfallgeld c) Finanzierung d) Organisation 4. Sozialversicherung a) Gemeinsame Grundlagen aa) Grundbegriffe und Grundsätze bb) Träger der Sozialversicherung cc) Versicherungsbehörden b) Krankenversicherung aa) Versicherter Personenkreis bb) Leistungen
339 341 341 343 345 346 347 347 349 351 351 352 352 353 353 353 354 354 355 355 355 356 356 356 357 357 357 357 358 358 358 359 359 361 362 363 364 364 364 371 376 377 378 380
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Wilhelm Wertenbruch cc) Finanzierung dd) Organisation c) Unfallversicherung aa) Versicherter Personenkreis bb) Leistungen cc) Finanzierung dd) Organisation d) Rentenversicherung aa) Versicherter Personenkreis bb) Leistungen cc) Finanzierung dd) Organisation 5. Soziales Entschädigungsrecht a) Zielsetzung b) Leistungen c) Anspruchsvoraussetzungen d) Finanzierung e) Organisation 6. Minderung des Familienaufwands a) Zielsetzung b) Anspruchsberechtigter Personenkreis c) Höhe d) Finanzierung e) Organisation 7. Zuschuß für eine angemessene Wohnung a) Zielsetzung b) Antragsberechtigter Personenkreis c) Höhe d) Finanzierung e) Organisation 8. Jugendhilfe a) Zielsetzung b) Leistungen c) Finanzierung d) Organisation 9. Sozialhilfe a) Funktion und Grundsätze der Sozialhilfe b) Hilfe zum Lebensunterhalt c) Hilfe in besonderen Lebenslagen d) Durchsetzbarkeit des Sozialhilfeanspruchs e) Finanzierung f) Organisation 10. Eingliederung Behinderter a) RehaG b) BehVersG 11. Verfahren und Beziehungen der Leistungsträger zueinander und zu Dritten . . a) Verfahren b) Beziehungen der Leistungsträger zueinander und zu Dritten
III. Rechtsschutz
387 388 389 389 390 395 395 396 398 399 406 406 407 407 408 409 411 411 411 411 411 413 413 413 413 413 414 414 414 415 415 415 415 416 417 417 417 418 420 423 425 425 426 427 427 429 429 429 430
Sozialverwaltungsrecht
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I. Grundlehren des Sozialverwaltungsrechts D e r nachfolgende Beitrag stellt eine einführende Übersicht über das geltende Sozialverwaltungsrecht,* den wohl gewaltigsten Normen-Bereich des Besonderen Verwaltungsrechts, dar. Geschichtliche Entwicklungsphasen 1 , gesetzgeberische Anstöße und Motivationen 2 sowie moderne Reformbestrebungen ebenso wie sozialpolitische, ökonomische, soziologische, statistische und medizinische Z u s a m menhänge können daher nur gestreift, z. T. nur in Fußnoten erwähnt werden. Konzentriert ist auf das spezifisch Juristische einzugehen, und zwar das innerstaatliche Recht 3 , seine Grundfiguren, seine Grundbegriffe, seine grundlegenden Normzusammenhänge sowie einige Einzelheiten, die für das Verständnis des Normengeflechts von Bedeutung sind. Das deutsche Sozialverwaltungsrecht ist in Bewegung. Die Forderung der Öffentlichkeit nach seiner Vereinfachung und Transparenz artikuliert sich immer stärker. Seit Mai 1970 ist eine Bundeskommission für ein „Sozialgesetzbuch" am Werk, um die vorhandenen Gesetze zu sichten und zu harmonisieren. A m 1. 1. 1976 ist der — auf ihren Vorarbeiten a u f b a u e n d e — Allgemeine Teil des Sozialgesetzbuches - SGB I - in Kraft getreten 4 . Er soll ein erster Schritt auf dem Weg sein, das Sozialrecht nach einheitlichen Grundsätzen zusammenzufassen und seine Anwendung durch Verwaltung und Rechtsprechung zu erleichtern 5 . Zugleich soll das Rechtsverständnis des Bürgers und sein Vertrauen in den sozialen Rechtsstaat gefördert, Rechtssicherheit gewährleistet und einer E n t f r e m d u n g zwischen gesellschaftlicher Wirklichkeit und Recht entgegengewirkt werden 6 . Bis zu ihrer endgültigen Einordnung in das SGB sollen die grundlegenden Gesetze der
* D e r Beitrag wurde am 1 . 4 . 1978 abgeschlossen. Änderungen in der Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur konnten daher im wesentlichen nur bis zu diesem Datum berücksichtigt werden. 1 Vgl. etwa Erdmann, D i e Entwicklung der deutschen Sozialgesetzgebung, 1948; Muthesius, Beiträge zur Entwicklung der deutschen Fürsorge, 1955; Dersch, in: G R e I I I / l , 1958, S. 5 0 3 ff.; Quellenmaterial bei P. Rassow / K. E. Born, Akten zur staatlichen Sozialpolitik in Deutschland 1 8 9 0 - 1 9 1 4 ; Wannagal, Lehrbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd. I, 1965, II. Abschnitt; Lütge, Deutsche Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 3. Aufl., 1966; Rohwer-Kahlmann / Frentzel, D a s Recht der sozialen Sicherheit, 1969, S. 9ff.; Bogs, ZVersWiss 1970, 2 2 7 f f . ; 1974, 2 3 f f . ; Horst Peters, D i e Geschichte der sozialen Versicherung, 2. Aufl., 1973; Stumpf, VSSR 1973, 2 0 4 f f . ; Pfeffer-Küppers, ZSR 1974,710ff. 2 Vgl. hierzu etwa H. Braun, Motive sozialer Hilfeleistungen, 1955; Wannagat, a. a. O., S. 4 0 f f . , 149ff., 162ff., 197ff. 3 Zu verweisen ist insbes. auf die Gesetzessig, von Luber, Deutsche Sozialgesetze (Losebl.Slg.). 4 BGBl. 1975 I, S. 3015. 5 Wertenbruch, D i e Fortbildung 1 9 7 1 , 4 5 ff.; Rohwer-Kahlmann, SGb 1 9 7 2 , 1 ff. 6 Wannagat, R d A 1973, 209.
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Wilhelm Wertenbruch
heute noch zusammenhanglos nebeneinanderstehenden Teilmaterien des Sozialrechts fiktiv in das Sozialgesetzbuch a u f g e n o m m e n werden (Art. II § 1 S G B I) 7 . Erst danach wird die eigentliche Reformarbeit einsetzen können, die sich auch an der europäischen Rechtsentwicklung 8 wird orientieren müssen. Z u n e h m e n d e Bedeutung gewinnt auch das sog. Internationale Sozialverwaltungsrechf. Es ist ein Teilbereich des Internationalen Verwaltungsrechts 1 0 und versucht, z u s a m m e n mit vielen multilateralen Ü b e r e i n k o m m e n 1 1 und bilateralen Verträgen über Soziale Sicherheit 1 2 , die zwischenstaatliche Zusammenarbeit zu regeln und z. B. die sog. Wanderarbeiter sozialrechtlich abzusichern. B e s o n d e r e B e d e u t u n g k o m m t in diesem Zusammenhang d e m europäischen Sozialrecht zu, dessen Grundlage bislang die Art. 5 1 , 117 ff. E W G - V e r t r a g bilden. Mit Hilfe der E W G V O Nr. 1 4 0 8 / 7 1 v o m 14. 6 . 7 1 1 3 und der Durchführungsverordnung
7
Weitere Literatur zum Sozialgesetzbuch: Institut für Sozialrecht der Ruhr-Universität Bochum, Referate auf dem 4. bis 7. Praktikerseminar, ZSR 1971, 389ff.; 1972, 449ff.; 1973, 441 ff.; 1974, 449ff.; Rohwer-Kahlmann, SozSich 1971, 97ff.; ders., SGb 1972, 1 ff.; ders., SGb 1973, 1 ff.; ders., SGb 1974, 1 ff.; ders., ZSR 1970, 257ff.; ders., ZSR 1973, 335ff.; ders., ZSR 1974, 82ff., 139ff„ 393ff.; Stoer, BKK 1970, 305ff.; Becher, NDV 1971, 187ff.; Dembowski, ErsK 1971, 500ff.; Horst Peters, D O K 1971, 824ff.; Zacher, Der Kompaß 1971, 29ff.; ders., ZSR 1971, 209ff.; ders., Das Vorhaben des Sozialgesetzbuches, 1973; Blösinger, Theorie und Praxis der sozialen Arbeit 1972,122ff.; Casselmann, DRV 1972, 19ff.; ders., SGb 1972, 202ff.; Das neue Sozialgesetzbuch, mit Beiträgen von Dembowski, Doetsch, Gitter, Haines, Rohwer-Kahlmann / Frentzel, Schnapp, Siegers, Thieme, Wertenbruch, 1972; Färber, ZSR 1972, 141 ff.; Gitter, Vers Rundschau (Wien) 1972, 137ff.; ders., in: Fs. f. Fechner, 1973, 223ff.; Haines, ErsK 1972, 368ff.; Hauck, Der Kompaß 1972, 203ff.; ders., NDV 1973, 63ff.; ders., VSSR 1973, 330ff.; ders., BAB1. 1974, 71ff.; ders., ZSR 1975,1 ff.; Jantz/Hauck, BAB1. 1972, 489ff.; dies., Der Versorgungsbeamte 1972, lOlff.; Häberlein, ZfSH 1973, 262ff.; v. May dell, ErsK 1973, 474ff.; ders., Z R P 1973, 115ff.; Merten, VSSR 1973, 255 f.; ders., VSSR 1974, 324ff.; Wannagat, RdA 1973, 209ff.; Watermann, BG 1973, 265f.; Bley, ZSR 1974, 193ff.; Buschfort, ZSR 1974, 641ff.; Schulte, ZSR 1974, 588ff.; Wertenbruch, Sozialverf.-Sozialverw., 1974. 8 Zu Entwicklungen im europäischen Raum: Sandmann / Breme / Erdmann u. a., Die EWG als Sozialgemeinschaft, 1964; Heise, Sozialpolitik in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, 1966; Isele, Die Europäische Sozialcharta, 1967; Schambeck, in: Fs. f. Hans Schmitz, 1967, Bd. II, 216ff.; André, BAB1. 1973, 841 ff.; ders., BAB1. 1975, 151 ff.; Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1973, § 51; Löffler, ZSR 1974, 40ff.; Rauscher / Krasney, VSSR 1973,369ff. 9 Zu den Problemen des internationalen Sozialverwaltungsrechts vgl. von Maydell, Sachund Kollisionsnormen im internationalen Sozialversicherungsrecht, 1969; ders., DVB1. 1971,905 ff.; ders., ZSR 1972,264ff.; ders., VSSR 1973,347ff. 10 Vgl. hierzu den Beitrag von Hoffmann im 13. Abschnitt dieses Buches. 11 Z. B. Europäische Sozialcharta vom 18.10. 1961, BGBl. II 1964, S. 1261 ; vgl. dazu Isele, a. a. O. ; Wengler, Die Unanwendbarkeit der Europäischen Sozialcharta im Staat, 1969. 12 H. Plöger / A. Wortmann, Deutsche Sozialversicherungsabkommen mit ausländischen Staaten, 1953 ff. (Losebl.-Slg.). 13 Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 14. 6. 1971 Nr. L 149, S. 2.
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Nr. 574/72 vom 21. 3. 1972 14 , die die EWG-Verordnungen Nr. 3 und 4 mit Wirkung vom 1. 10. 1972 abgelöst haben, wurde für die unterschiedlichen Sozialversicherungssysteme der Mitgliedstaaten binnen weniger Jahre ein beachtenswertes Koordinierungssystem geschaffen, das von der Öffentlichkeit bislang kaum beachtet, geschweige angemessen gewürdigt worden ist 15 . Ergebnis dieser Entwicklung ist eine beachtenswerte Stärkung der sozialen Sicherheit der Wanderarbeitnehmer, die durch eine Entscheidung des E u G H unterstrichen wird. Danach darf der Rat die ihm in Art. 51 EWG-Vertrag verliehenen Befugnisse nicht dahingehend ausüben, daß Wanderarbeitnehmer, die von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht haben, Vergünstigungen der sozialen Sicherheit verlieren, die ihnen schon nach den Rechtsvorschriften eines einzigen Mitgliedstaats zustehen 1 6 .
1. Zum Begriff des Sozialverwaltungsrechts Sozialverwaltungsrecht ist besonderes Verwaltungsrecht11. Es ist das der Verwaltungsfunktion 1 8 , d. h. das ihren Trägern und Organen (Behörden, Dienststellen) zur Durchführung gesetzlich zugewiesene Sozialrecht. Damit ist durch Anknüpfung an zwei Staatsgewalten — gesetzgeberische Übertragung von und verwaltungsmäßiges Handeln nach sozialrechtlichen Kompetenzen - ein näher darzustellender Teilbereich aus dem Gesamtkomplex des geltenden Sozialrechts herausgelöst. Was allerdings unter Sozialrecht zu verstehen ist, bedarf noch wissenschaftlicher Klarstellung 19 und kann hier nur angedeutet werden. a) Begriff „Sozialrecht": Zweckmäßigerweise unterscheidet man zwischen Sozialrecht im formellen und materiellen Sinn. Zum Sozialrecht im formellen Sinn zählt das der Sozialverwaltung zugeordnete Recht, das in enumaterativer Aufzählung vom Sozialgesetzbuch erfaßt werden soll 20 , wobei zu beachten ist, daß nicht alle sozialrechtlichen Materien in das Sozialgesetzbuch aufgenommen werden 2 1 . Schwieriger ist eine Abgrenzung des Sozialrechts im materiellen Sinn.
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Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 27. 3. 1972 Nr. L 74, S. 1. von Maydell, VSSR 1973, 347, 367. Weitere Literatur: Wickenhagen, ZSR 1971, 513 ff., 590ff.; von Maydell, ZSR 1972, 264ff., 328ff.; Rohwer-Kahlmann / Frentzel, in: Das neue Sozialgesetzbuch, 1972, 75ff.; André, BAB1. 1973, 481 ff.; Rauscher / Krasney, VSSR 1973,369ff.; Wanders, D R V 1973,81 ff. Art. 46 III EWG VO Nr. 1408/71 ist insoweit mit Art. 51 EWG-Vertrag unvereinbar. Vgl. EuGH, NJW 1978,479. Vgl. Wannagat, in: Fs. f. Jantz, S. 55; Wertenbruch, D Ö V 1969, 593ff. Zum Begriff vgl. Forsthoff, VwR, S. lff.; Wolff / Bachof, VwR I, § § 2 f f . jeweils mit weiteren Nachweisen; Zacher, D Ö V 1970,3. Vgl. hierzu schon Wertenbruch, D Ö V 1969, 593ff.; Rode, ZSR 1969, 641 ff., 724ff. m. w. N. Horst Peters, DOK 1971, 824,825. Vgl. unten l b ) und 3 c).
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E s wäre müßig, nach einem von anderen Rechtsgebieten streng abgrenzbaren sozialrechtlichen „System" zu suchen, da keiner positiven Rechtsordnung eine einheitliche Rechtsidee zugrundeliegt 22 und Sozialrecht auch nicht logisch zwingend in seinen Einzelheiten aus der Idee des Sozialstaats (Art. 2 0 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 G G ) ableitbar ist. D a es zur Definition des Rechts gehört, gemeinschaftsbezogene Ordnung zu sein 2 3 , hat jede Norm soziale Ordnungsfunktion; sie soll im weitesten Sinn soziale Tatbestände stabilisieren oder ausgleichen und stellt soziale Anforderungen an den, den es angeht 2 4 . Demgemäß kann Sozialrecht im materiellen Sinn nur ein wandelbarer NormenTypus des positiven Rechts sein, der nach Gegenstand und Zielsetzung auf den Ausgleich von Bedürfnislagen gerichtet ist. Ihnen hat das vom Staat gesetzte Recht zu entsprechen, wenn es - gemessen an Menschenwürde und Sozialstaatlichkeit nicht unvollständig sein soll. Will man also den Typus Sozialrecht von anderen Normbereichen unterscheiden, muß man ihn auf einen spezifischen Kern reduzieren. Dieser muß deutlicher als andere Normen-Typen auf ein Einstehen des Staates bei individuell bestehenden oder zu erwartenden existenzbedrohenden Lebenssituationen abgestellt sein, sofern Selbsthilfe vermutlich versagen oder nicht ausreichen wird. Dieser Typik genügt nicht eine bloße Rechtsvorsorge oder Rechtsfürsorge, wie sie sich in gesetzlichen Schutzvorschriften für Minderjährige, Geisteskranke oder Geistesschwache (§§ 104ff. B G B ) , in Vormundschaft und Pflegschaft (§§ 1 7 7 3 f f . , 1 9 0 9 f f . B G B ) , in Maßnahmen der Gewerbeüberwachung und -aufsieht 2 5 oder in spezifischen arbeitsrechtlichen Normen 2 6 niedergeschlagen hat. Abstrakt-generelle Schutzmaßnahmen sind ebensowenig schon spezifisch sozialrechtlicher Natur wie eine allgemeine Bereitstellung von Gütern des normalen Bedarfs (Wasser, Gas, Elektrizität, Schulen, Theater usw.) 2 7 . Vielmehr ist Sozialrecht auf Oaseinsfürsorge und Daseinsvorsorge sowie Chancengleichheit jener konzentriert, die sich in einer Notlage befinden (Daseinsfürsorge) oder in eine solche hineingeraten können (Daseinsvorsorge). Ihnen wird im sozialen Rechtsstaat, der kein bloßer ordnender und eingreifender Staat mehr ist 2 8 , durch daseinsfürsorgende und -vorsorgende Gesetze eine die Bedürftigkeit aufhebende oder vermeidende Sicherung (social security) gewährt 2 9 . 22 23 24
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Z u m „Systemdenken" im Recht vgl. Rode, Z S R 1 9 6 9 , 7 2 9 f. m. w. N. Kelsen, Reine Rechtslehre, 2 . Aufl. 1 9 6 0 , S. 3 2 f f . ; Wertenbruch, Z S R 1 9 6 8 , 3 8 6 . Vgl. Wolff / Bachof, V w R I, § 2 4 II; Fabricius, Z . f. A r b R u. SozR 1 9 6 8 , 6 5 ff. ( 6 9 f f . ) ; Wertenbruch, D Ö V 1 9 6 9 , 5 9 4 . Vgl. Badura im 4 . Abschnitt dieses Buches. A . A . : Rode, der in Z S R 1 9 6 9 , 7 2 5 , 7 3 4 f . das Arbeitsrecht zum Sozialrecht zählt, jedoch z. B . den Lastenausgleich und die Kriegsopferversorgung ausgliedert. Vgl. die sog. „Vorsorge für das Alltägliche" nach E. Forsthoff, D R 1 9 3 5 , 3 9 8 , die Einteilung nach Aufgaben der „Leistungsverwaltung" bei Wolff, V w R III, § 1 3 7 und Wertenbruch, D Ö V 1 9 6 9 , 5 9 5 m. w. N. Kritisch zur Gegenüberstellung von ordnender, eingreifender und leistender Verwaltung Wertenbruch, D Ö V 1 9 6 9 , 5 9 6 . Z u r Schutz-, Sicherungs-, Förderungs- und Nothilfefunktion des Sozialrechts vgl. Rode, Z S R 1 9 6 9 , 7 3 5 f.
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Andererseits bezweckt Sozialrecht nicht nur die Sicherung der Existenzgrundlage des einzelnen, sondern darüber hinaus Chancengleichheit und Anregung zur Selbsthilfe. Schutz und Entfaltung des einzelnen stellen eine untrennbare Einheit dar. Sie dienen ferner nicht allein dem einzelnen. Sie sind auch für die Gesamtheit unentbehrlich. Nur ein Staat, der dem einzelnen Schutz und Entfaltungsmöglichkeiten bietet, wird sich auf D a u e r als leistungsfähiger Organismus erweisen 3 0 . Spezifische Entfaltungshilfen sind: Ausbildungs- und Arbeitsförderung (§ 3 'SGB I), Jugendhilfe (§ 8 SGB I) sowie M a ß n a h m e n der Eingliederung Behinderter (§ 1 0 S G B I). Vereinfachend kann man sagen: Sozialrecht im materiellen Sinn ist jener Teilbereich des Rechts, d e m zum Zwecke eines Ausgleichs sozialer Gegensätze 3 1 in besonderer Weise die Beseitigung von Defiziten einzelner oder bestimmter Bevölkerungsgruppen an materieller Absicherung, Chancengleichheit und Entfaltungsmöglichkeit obliegt 3 2 . Diese gesetzliche Aufgabe im einzelnen und dem Einzelmenschen gegenüber kann nur durch ein „öffentliches Verwalten" 3 3 erfüllt werden. D a f ü r stehen Formen unmittelbarer und mittelbarer Verwaltung zur V e r f ü gung. Eigenständige Verwaltungsträger (Kommunen, Sozialversicherungsträger) kann man daneben graduiert angeleitet, ggf. in „Selbstverwaltung" handeln lassen, andere zivilrechtliche organisierte Verbände mit deren Zustimmung zur Mitwirkung heranziehen oder „gesetzesfrei" wirken lassen (freie Wohlfahrtsverbände). Jedenfalls ist die Verwaltungsfunktion derart umfassend mit der Verwirklichung des Sozialrechts befaßt, daß man im R a h m e n einer Darstellung des Sozialverwaltungsrechts auch auf sie eingehen muß 3 4 . Auch muß der Bürger wissen, wer - als jeweiliger „Sozialleistungsträger" (§ 12 SGB I) - um seine existentielle Absicherung und Förderung besorgt ist. b) Einteilung: Das geltende Sozialrecht kann man grob untergliedern in: (1) Sozialverfassungs-, Sozialverwaltungs- und Sozialprozeßrecht (Norm- und funktionelle Hauptanwendungsbereiche): Das Sozialverfassungsrecht findet sich hauptsächlich im Grundgesetz, aber auch in den Verfassungen der Länder (z. B. Art. 11 Abs. 1, 13, 144 Abs. 2 Satz 1 bad-württ. Verf.; Art. 106 Abs. 1 und 2, 125, 128, 129 Abs. 2, 164, 168 Abs. 3, 171 bay. Verf.; Art. 5 Abs. 1 Satz 3, 6, 8 Abs. 1 Satz 1 und 2, 9 nrw. Verf.) 3 5 . Darauf und auf das Sozialprozeßrecht, das im Sozialgerichtsgesetz ( S G G ) i. d. F.
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Jantz / Hauck, B A B l . 1 9 7 2 , 4 8 9 , 4 9 0 . B V e r f G E 22, 180ff.; Zacher, D Ö V 1970, 3. - D a s Motiv des „Ausgleichs sozialer Gegensätze" liegt aber u. a. auch dem Steuer-, Kartell- und Arbeitsrecht zugrunde; zu letzterem vgl. Nikisch, ArbeitsR I, 3. Aufl. 1961, S. 3 0 f . Vgl. auch Wertenbruch, Sozialverf.-Sozialverw., S. 27. Weil die Verwaltung „Kontaktfunktion" ist. Vgl. Wertenbruch, D Ö V 1969, 596. Vgl. unten II. Vgl. die Übersicht über die spezifischen sozialrechtlichen Verfassungsnormen der Länder bei Wertenbruch, Sozialverf.-Sozialverw., Anlage 1, S. 198 f.
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vom 23. August 1953 3 6 und in der V w G O vom 21. Januar i 9 6 0 3 7 niedergelegt ist, kann im R a h m e n einer Darstellung des Sozialverwaltungsrechts nur am R a n d e eingegangen werden 3 8 . (2) Sozialversicherungsrecht 3 9 , Soziale Entschädigung (Sozialversorgungsrecht) 4 0 und Sozialhilferecht 4 1 (überkommene Prinzipien verwaltungsmäßiger Förderung und Sicherung) 4 2 : Diese Dreiteilung ist für gesetzgeberische Intentionen, organisationsrechtliche Strukturen, Lehrzwecke und eine erste Einführung in das Sozialverwaltungsrecht noch immer bestimmend. Sie ist jedoch seit längerer Zeit einem Prozeß des Ineinanderfließens unterworfen. Inzwischen haben sich Ansätze neuer G r u n d f o r m e n ergeben. So sollen sich an den Allgemeinen Teil des Sozialgesetzbuchs (SGB I) künftig folgende acht Leistungsbereiche anschließen: - Ausbildungsförderung ( § 3 Abs. 1 SGB I) - Arbeitsförderung (§ 3 Abs. 2 SGB I) - Sozialversicherung (§ 4 SGB I) - Soziales Entschädigungsrecht (§ 5 SGB I) - Minderung des Familienaufwands (§ 6 SGB I) - Zuschuß für eine angemessene Wohnung (§ 7 SGB I) - Jugendhilfe (§ 8 SGB I) - Sozialhilfe (§ 9 SGB I). Das zehnte Buch des S G B wird voraussichtlich die Überschrift tragen: „Verfahren und Beziehungen der Leistungsträger zueinander und zu D r i t t e n " . D a ß teils an die ü b e r k o m m e n e n Leistungsbereiche, teils an weitere sozialrechtliche Gesetze angeknüpft wird ( B A f ö G , A F G , B K G G , W o G G ) , zeigt bereits, daß das SGB I keine neue, allseits befriedigende „Systematisierung" des Sozialrechts oder gar eine materielle Begriffsklärung bringt. Hinzu kommt, d a ß der Katalog der „sozialen R e c h t e " im SGB I nicht als komplett angesehen werden kann. So ist z. B. der gesamte Bereich des Lastenausgleichs unberücksichtigt geblieben. Er läuft zwar gegenwärtig aus und ist deshalb mit Recht ausgeklammert worden. Er gehört aber seinem Wesen nach zum Sozialrecht. A n d e r e denkbare oder noch nicht in den Blick gekommene Materien müssen fehlen, weil Sozialrecht ein besonders dynamischer in ständiger Wandlung befindlicher Rechts-Typus ist. Bedürfnisse k o m m e n und gehen. Es erscheint deshalb auch müßig, das Sozialrecht über die in den § § 2 f f . , 18ff. SGB I gemachten Ansätze hinaus systematisieren zu wollen. Auch der Wert des S G B wird nicht vom Ergebnis von Systematisierungs-
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Abgedruckt bei Luber, Nr. 300. Abgedruckt bei Sartonus, Nr. 600; Luber, Nr. 310. Zum Sozialprozeßrecht Näheres bei Wertenbruch, Sozialverf.-Sozialverw., S. 193 ff. m. w. N. Vgl. unten II 4. Vgl. unten II 5. Vgl. unten II 9. Vgl. auch Rohwer-Kahlmann / Frentzel, a. a. O., S. 28ff.; Wertenbruch, DÖV 1969, 596, 599; Zacher, SZS 1970, 293.
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künsten abhängen, sondern von seiner Zielsetzung und der Effizienz des Sozialrechts. c) Zielsetzung: Nach dem SGB I steht hinter den Gesetzen und Normen des deutschen Sozialrechts eine fünffache Zielsetzung (§ 1 Abs. 1 SGB I): - ein menschenwürdiges Dasein zu sichern, - gleiche Voraussetzungen für die freie Entfaltung der Persönlichkeit, insbesondere auch für junge Menschen, zu schaffen, - die Familie zu schützen und zu fördern, - den Erwerb des Lebensunterhalts durch eine frei gewählte Tätigkeit zu ermöglichen und - besondere Belastungen des Lebens, auch durch Hilfe zur Selbsthilfe, abzuwenden oder auszugleichen. Diese fünf Zielsetzungen konkretisieren den Verfassungsauftrag, die Existenz jedes Menschen um seiner Würde willen zu sichern und ihn zu fördern (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 3 Abs. 1, 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 2 GG) 4 3 . Insoweit entfaltet das Sozialrecht Individuaäunktion. Darüber hinaus kommt ihm GemeinwoMunktion zu: Das staatliche Gemeinwohl 44 soll nicht nur mit Hilfe von Normen (spezifische Rechtsfürsorge und Rechtsvorsorge), sondern auch durch eine ausgleichende Güterverteilung (spezifische Dase/nifürsorge und Daseinsvorsorge) stabilisiert werden. Das schließt eine ökonomische Funktion mit ein: Das Sozialrecht soll einen Produktivitätsbeitrag leisten, indem es durch gemeinschaftsbezogene Güterverteilung den allgemeinen Konsum erhält und darüber hinaus durch Wiedereingliederung (Rehabilitation) und Leistungsförderung einzelner zur Produktivitätssteigerung beiträgt. So dient das Sozialrecht nicht nur dem einzelnen, sondern zugleich der Sicherung des Staates, indem sich dieser präventiv vor sozialen Spannungen und sonstigen gemeinwohlgefährdenden Lagen zu bewahren sucht. Gewiß dient auch das Polizei- und Ordnungsrecht 4 5 der existentiellen Sicherung von Individuen und Staat, aber sein tragender Gedanke ist der der Aufrechterhaltung der Normenordnung. Die Polizei vermag gegenüber dem einzelnen erst bei akuten Störungen des Ordnungsgefüges tätig zu werden, hält Ordnung durch „Eingriffe" (Verfügungen) aufrecht und hat sich spezifisch daseinsfürsorglicher Maßnahmen zu enthalten 4 6 , während die Sozialverwaltung auf Daseinsfür- und -Vorsorge konzentriert ist und weniger „eingreift" als „leistet", d. h. Beratung, Dienst-, Geld- und Sachleistungen zur Verfügung stellt 47 . 43
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Vgl. dazu auch Rohwer-Kahlmann / Frentzel, Das Recht der sozialen Sicherheit, 1969, S. 45 ff. Zu diesem Begriff Messner, Das Gemeinwohl 1962; Welty, in: Fs. f. Messner, 1961, S. 398 ff.; Häberle, öffentliches Interesse als juristisches Problem, 1970. Zu Gefahrenabwehr und Gefahrenvorsorge vgl. Friauf, 3. Abschnitt in diesem Buch. Auch die Einweisung Obdachloser unterliegt einer anderen Ratio. Deswegen pflegt man sie zur „Leistungsverwaltung" zu zählen; vgl. Wolff, VwR III, § 137111b 2.
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V o m Wirtschafts- 4 8 und Arbeitsrecht ist das Sozialrecht, obwohl auch diese Rechtsmaterien u. a. bestimmten sozialpolitischen Motivationen und Zielsetzungen unterliegen, durch den Gegenstand, die Art des Ordnens und das der Verwaltung zur Verfügung gestellte Instrumentarium geschieden. Wirtschafts- und Arbeitsrecht sind auf Verhaltensweisen abgestellt, die im „ V o r h o f " sozialrechtlicher Betätigung liegen. Zwar spielen sozialrechtliche N o r m e n , vornehmlich aus G r ü n d e n der Prävention (z. B. Arbeitsschutz), bereits in das Wirtschafts- und Arbeitsrecht hinein, auch können arbeitsrechtliche Situationen (Stichwort: Beschäftigungsverhältnis) 4 9 A n k n ü p f u n g s p u n k t e für eine sozialrechtliche Normanwendung (Stichwort: Versicherungspflichtigkeit) 5 0 sein, aber das Sozialrecht reicht mit der Breite seiner eigenständigen Ansätze und Zielsetzungen (vgl. Soziale Entschädigung und Sozialhilferecht) über die gegenständliche Basis des Wirtschafts- oder Arbeitsrechts weit hinaus. Das positivierte Sozialrecht ist ferner, anders als das Wirtschafts- 5 1 oder Arbeitsrecht 5 2 , das auch im Privatrecht beheimatet ist, ausschließlich öffentliches Recht 5 3 . Es gibt zwar auch eine wohlfahrtspflegerische Betätigung Privater oder sog. freier Wohlfahrtsverbände. Diese findet jedoch — etwa bei Privaten (Almosen) - nicht aus staatspolitischen Motiven statt, sondern beruht auf anderen Beweggründen (Moral, Caritas, Humanität) und/oder ist nicht rechtlich normierbar und deswegen gesetzesfrei. Selbst dort, wo freie Wohlfahrtsverbände als Träger eigener sozialer Aufgaben ( § 1 0 Abs. 1 B S H G ) mit Trägern öffentlicher Verwaltung zusammenarbeiten oder in deren Auftrag Hilfe leisten, bleibt die öffentlich-rechtliche Verantwortlichkeit des Verwaltungsträgers sowohl für den gesetzmäßigen Vollzug der Hilfeleistung wie gegenüber dem Hilfesuchenden bestehen (vgl. § 18 J W G , § 10 Abs. 5 B S H G ) . d) Funktion der Sozialverwaltung: Das Schwergewicht sozialrechtlicher Betätigung, insbesondere das Gewähren von Dienst-, Sach- und Geldleistungen liegt bei den Trägern und Organen der hoheitlich tätigen Sozialverwaltung 5 4 . Das S G B I spricht undifferenziert von „Leistungsträgern" (§ 12 S G B I). Diese vollziehen entweder kraft gesetzgeberisch übertragener Aufgabe (so die Träger) oder auf der Grundlage von Kompetenzen (so die Organe) die sozialrechtlichen Gesetze. Sie treten insbesondere von A m t s wegen oder kraft Antrages in Kontakt zu den gesetzlich Begünstigten, erfüllen deren sozialrechtliche Ansprüche oder sie sorgen für die Bereitstellung und Verwaltung ausreichender Geld- und Sachgüter,
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Vgl. den Abschnitt „Wirtschaftsrecht" von Badura in diesem Buch. Vgl. unten II 4 a ) . Vgl. unten II 4 b) aa) und c) aa). Vgl. Aufgliederung bei E. R. Huber, WirtschaftsVwR, Bd. I, 2. Aufl. 1953, S. 12ff. Vgl. hierzu Sogs, D O K 1970, 517. Wannagat, in: Fs. f. Jantz, 1968, S. 55. Weitere Nachw. bei Wertenbruch, D Ö V 1969, 597. - Von der Literatur erwogene rein technische Ausnahme-Formen (etwa „Zweistufentheorie" bei Gewährung von Darlehen) bleiben hier außer acht. Wertenbruch, Zur Unterscheidung von Trägern und Organen, insbes. Behörden vgl. Sozialverf.-Sozialverw. S. 46 ff.
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machen ihrerseits Ersatz-, Erstattungs- und sonstige Ansprüche geltend, arbeiten mit Dienststellen anderer Verwaltungszweige (z. B. Gesundheitsämtern) oder mit freien Wohlfahrtsverbänden zusammen, sorgen etwa auch für Aufstellung von Statistiken (§ 6 A F G ) und geben sozial- und wirtschaftspolitische Impulse (§§ 1 ff., 91 ff. A F G ) . Die Organisations- und Verfahrensformen sind, je nach G r u n d f o r m (der unmittelbaren oder mittelbaren Staatsverwaltung oder der „Selbstverwaltung" zuzurechnen) und spezialgesetzlicher Ausgestaltung, äußerst vielfältig 55 . Einen einheitlichen Rechtsweg für die gerichtliche Ü b e r p r ü f u n g sozialverwaltungsrechtlicher (hoheitlicher) Willenserklärungen gibt es bisher nicht 5 6 .
2. Verfassungsrechtliche Basis Eine im Grundgesetz oder in den Verfassungen der Länder verankerte, einigermaßen in sich geschlossene Sozialverfassung gibt es nicht. Das Grundgesetz enthält lediglich einige für das Sozialrecht und seine Fortentwicklung fundamentale Bestimmungen, die man in Kompetenzregelungen und in Grundwertentscheidungen einteilen kann. a) Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen: Sozialrecht ist fast ausnahmslos Bundesrecht 5 7 . Allerdings steht dem Bund — abgesehen von Vorschriften, welche die Durchführung bestimmter Gesetze regeln (vgl. Art. 1 1 9 - 1 2 0 a G G ) im Bereich dieser noch jungen Rechtsmaterie keine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz (vgl. Art. 71, 73 G G ) zu. Der Katalog der konkurrierenden Gesetzgebung räumt dem Bund unter den in Art. 72 Abs. 2 G G aufgeführten Voraussetzungen (von denen zumindest eine, nämlich die „Wahrung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse" gerade mit Bezug auf sozialrechtliche N o r m e n wohl immer das „Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung" abdecken wird) folgende sozialrechtliche Gesetzgebungskompetenzen ein: - Art. 74 Nr. 6: die Angelegenheiten der Flüchtlinge und Vertriebenen; - Art. 74 Nr. 7: die öffentliche Fürsorge 5 8 ; - Art. 74 Nr. 9: die Kriegsschäden 5 9 und die Wiedergutmachung 6 0 ; - Art. 7 4 Nr. 10: die Versorgung der Kriegsbeschädigten und der Kriegshinterbliebenen und die Fürsorge für die ehemaligen Kriegsgefangenen;
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Vgl. unten II 4 b ) dd), c) dd) und d) dd). Vgl. unten III. Ausnahmen bilden etwa die Landesgesetze über die Blindenhilfe. Zum verfassungsrechtlichen (weiten) Fürsorgebegriff vgl. B V e r f G E 22, 180ff.; Ehlers, D B 1957, 308; Friedrichs, B B 1958, 1024ff.; F. A. v. d. Heydte / A. Köttgen, Vorrang oder Subsidiarität der freien Jugendhilfe?, 1961, S. 24f., 57f£.; von Mangoldt / Klein, G G , S. 1558 ff.; Rolf Schaefer, FamRZ 1 9 5 7 , 3 5 3 ff. Worunter u. a. auch das Lastenausgleichsrecht fällt; vgl. von Mangoldt / Klein, G G , S. 1574. L A G und B E G werden keine Aufnahme in das S G B finden.
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- Art. 74 Nr. 12: (die Regelung) . . . des Arbeitsschutzes und der Arbeitsvermittlung sowie die Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung; - Art. 74 Nr. 13: die Regelung der Ausbildungsbeihilfen . . .; - A r t . 74 Nr. 18: das Wohnungswesen, das Siedlungswesen und Heimstättenwesen; - Art. 74 Nr. 19 a: die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser und die Regelung der Krankenhauspflegesätze; In diesem Katalog befinden sich bereits genannte Stichworte wie Sozialversicherung (Nr. 12), Versorgung (Nr. 10) und Fürsorge in Form der Sozialhilfe (Nr. 7), aber es wird auch aus deren Einordnung deutlich, daß das Sozialrecht vom Verfassungsgeber noch nicht als in sich geschlossener „System"-Bereich erkannt worden ist. Ebensowenig wie insgesamt von einer befriedigenden „Sozialverfassung" die Rede sein kann, ist in Art. 74 GG eine abgeschlossene (lückenlose) Aufzählung sozialrechtlicher Materien zu vermuten. So bleibt z. B. außerhalb der bundesrechtlichen („traditionellen") Regelungen durchaus Raum für gesetzgeberische Impulse in den Ländern (Art. 70 GG), so etwa hinsichtlich der Alterssicherung der sog. „freien Berufe" 61 . Was die Verwaltungskompetenzen angeht, hat es auch im sozialrechtlichen Bereich bei der Grundlage des Art. 30 GG sowie bei dem Regelfall zu verbleiben, daß selbst die Bundesgesetze durch die Länder („als eigene Angelegenheit") verwaltungsmäßig ausgeführt werden (Art. 83, 84 GG). Raum für eine Landesverwaltung „im Auftrag des Bundes" (Art. 85 GG) findet sich bisher nur auf der Grundlage von Art. 120a GG (Lastenausgleich) und Art. 104a Abs. 3 GG 6 2 . Eine bundeseigene Verwaltung ist mit Bezug auf soziale Versicherungsträger 63 , „deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt" (Art. 87 Abs. 2 GG) und auf „selbständige Bundesoberbehörden 64 und neue bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten" vorgesehen, die im sozialgesetzgeberischen Bereich des Bundes verwaltend tätig werden sollen (Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG). Ferner darf der Bund, sofern ihm innerhalb seines Gesetzgebungsbereichs neue sozialrechtliche Aufgaben erwachsen sollten, bei dringendem Bedarf Sozialbehörden der Mittel- und Unterinstanz errichten (Art. 87 Abs. 3 S. 2 GG). Von der Befugnis nach Art. 87 Abs. 3 S. 2 GG hat der Bund noch keinen Gebrauch gemacht, während als selbständige Bundesoberbehörden nach Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG das Bundesausgleichsamt (BAusglA) in Bad Homburg und das Bundesversicherungsamt (BVA) in Berlin bestehen und als neue bundesunmittelbare Körperschaft die Bundesknappschaft (BKn) mit Sitz in Bochum errichtet worden ist65. 61
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In den meisten Ländern bestehen gesetzliche Einrichtungen, z. B. für Ärzte, Tierärzte und Apotheker; vgl. die Übersicht bei Wannagat, Lehrbuch, S. 387ff.; Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 143 ff. Beispiel: § 39 BAföG. Nicht nur Körperschaften, sondern schlechthin „Rechtsträger der mittelbaren Staatsverwaltung", ebenso Maunzl Dürig/ Herzog / Scholz, GG, Art. 87, Rdnr. 38. Zum Begriff s. Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 87, Rdnr. 49 ff. BKnEG vom 28. 7. 1969 (BGBl. 19691, S. 974).
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b) Grundwertentscheidungen: Die für das Sozialrecht bedeutsamen Grundwertentscheidungen der Verfassung sind: - Art. 1: Schutz der Menschenwürde, - Art. 2: Recht auf L e b e n , körperliche Unversehrtheit, Entfaltung der Persönlichkeit, - Art. 3: Gleichheit vor dem Gesetz, - Art. 6 Abs. 3 und 4: Jugend- und Mutterschutz, - Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1: Soziale Rechtsstaatlichkeit 6 6 . D a ß die Förderung und Sicherung des Menschen um seiner Würde, seiner Freiheit und seiner personalen (wesensgemäßen) Gleichheit willen erste Zielsetzung jeder sozialrechtlichen O r d n u n g zu sein hat, ist allgemein anerkannt 6 7 . A n d e r e r seits besteht Übereinstimmung darin, daß sich d e m Art. 1 G G , d e m obersten Konstitutionsprinzip der Verfassung 6 8 , keine sozialrechtlichen Ansprüche unmittelbar entnehmen lassen. Gleiches gilt für die grundrechtlichen Freiheits- und Gleichheitsrechte ebenso wie f ü r Art. 6 Abs. 4 G G . Sie sind als Grundwertentscheidungen noch zu universell und objektiv, als daß sie sich o. w. als Leistungsnormen „subjektivieren" ließen. Auf A b w e h r (ein Unterlassen) gerichtete „liberale G r u n d r e c h t e " können unbestimmter gehalten sein, weil sich erst aus ihnen und dem konkreten „Eingriff" der jeweilige A b w e h r - A n s p r u c h ergibt. Sozialrechtliche Leistungs- (auf ein Tun gerichtete) Ansprüche müssen derart ausgeprägt sein, daß sie o. w. gerichtlich durchsetzbar sind 6 9 . Deswegen bedürfen sie der näheren Ausgestaltung durch den (einfachen) Gesetzgeber, so wie etwa Art. 6 Abs. 4 G G durch das Mutterschutzgesetz vom 24. 1. 1952 i. d. F. vom 1 8 . 4 . 1968 7 0 . Die für das Sozialrecht und seine Fortentwicklung größte Bedeutung hat die sog. Sozialstaatsklausel. U b e r ihren Inhalt und ihre Konsequenzen besteht infolge ideologisch verhärteter Fronten noch Unklarheit, insbesondere über ihre Verklammerung mit der Rechtsstaatlichkeit 7 1 . Rechtsstaat und Sozialstaat können jedoch vom Verfassungsgeber nicht antinomisch gemeint sein. Auch soll nach seinem erschließbaren Konzept weder der Rechts- noch der Sozialstaatlichkeit ein Ü b e r 66
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Vgl. hierzu auch Bogs, in: Soziale Sicherung in der BRD (Sozialenquete), S. 53f.; Wertenbruch, ZSR 1968, 389 m. w. N.; Rohwer-Kahlmann I Frentzel, a . a . O . , S. 38 ff.; zur „Sozialen Gleichheit" vgl. etwa Zacher, AöR 93 (1968), S. 341. Badura, DÖV 1968, 448; Bogs, a. a. O., S. 53f.; Rohwer-Kahlmann / Frentzel, a. a. O., S. 45 ff. Wertenbruch, Sozialverf.-Sozialverw., S. 15 m. w. N. Schnapp / Meyer, DRV 1974,66 ff. Maunz I Dürig I Herzog I Scholz, GG, Art. 6, Rdnr. 41. Zu diesem Problemkreis s. Bachof, VVDStRL 12 (1954), S. 44f.; Fechner, RdA 1955, 161 ff. (164); Forsthoff, VVDStRL 12 (1954), S. 19; v. Mangoldt / Klein, GG, Bd. I, Art. 20 Anm. VII 4; Gerhard Müller, DB 1956, 524ff.; 549ff.; v. Muthesius / D. Giese, JuS 1962, 456; Hans Peters, Art. „Sozialstaat", in: StaatsL, Bd. VII, Sp. 394f.; Wertenbruch, in: Fs. f. Jahrreiss, 1964, S. 488; ders., in: Fs. f. G. Küchenhoff, 1967, S. 348; ders., DÖV 1969, 593f.; Rode, Sonderbeilage der „Versicherungswissenschaft", Heft 18 vom 15. September 1970; vgl. auch Badura in diesem Lehrbuch.
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gewicht zukommen. Einer überkommenen (formellen) Rechtsstaatlichkeit ist durch Beifügung des Stichwortes „sozial" eine materielle Komponente zugeteilt worden (Synthese), welche die Rechtsstaatlichkeit in einem neuen, wesentlich materialer bestimmten Licht erscheinen läßt. Der Verfassungsgeber hat damit zum Ausdruck bringen wollen, daß ihm weder ein sozialistisches noch ein individualistisches Staatsbild vorschwebt. „Sozialer Rechtsstaat" ist derjenige Staat, der gewillt ist, jedem seiner Bürger - ganz gleichgültig, welcher Schicht oder Einkommensstufe, welchem Berufs- oder Lebensstand er zuzuordnen ist - das Seine (das „Gerechte") zu geben. Das tut ein sozialer Rechtsstaat nicht nur mit Normen und einer normwahrenden Verwaltung, sondern auch mit sozialrechtlichen Gewährungen und durch Eröffnung gleicher Chancen. Die wichtigste Einsicht, welche die Vorstellung vom sozialen Rechtsstaat vermittelt, ist ein erneuertes Verständnis vom Wesen des Staates und seinem Gemeinwohl sowie ein allgemeines Bewußtsein dafür, daß Gemeinwohl und Individualwohl keine unüberbrückbaren Gegensätze sind. Ein auf das Aufeinander-Angewiesensein von Staat und Bürger orientiertes, immer weiter zu förderndes Gemeinwohl, das — neben allgemeinen Ordnungsnormen — eine situationsgerechte Güterverteilung umfaßt, schließt das Individualwohl aller Bürger denknotwendig mit ein. Gerade mit Bezug auf die Güterverteilung (ggf. sogar Güter-Umschichtung), die vernunftgemäß und unter dem Vorzeichen sozialer Rechtsstaatlichkeit und des Freiheitssatzes nicht zu einem allgemeinen „Versorgungsstaat" führen darf 7 2 , in welchem die „private" Initiative aufgehoben wäre, sind Sozialrecht und die auf seiner Grundlage arbeitende Sozialverwaltung unentbehrlich. Die Sozialstaatsklausel als „Staatszielbestimmung" und „verfassungsrechtlicher Leitgrundsatz" 7 3 ist zwar in der Lage, vorhandene öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlagen mit sozialem Inhalt anzureichern und für eine Rechtsfortbildung in diesem Sinne beizutragen. So ist etwa dem im Unfallzeitpunkt bereits gezeugten, aber noch nicht geborenen Kind (nasciturus) in der GUV künftig Versicherungsschutz zu gewähren, soweit es durch Arbeitsunfall oder Berufskrankheit der Mutter während der Schwangerschaft mitgefährdet ist. Die Verweisung auf Ansprüche nach dem BSHG stünden in Widerspruch zur Sozialstaatsklausel 74 . Für sich allein gesehen ist jedoch auch die Sozialstaatsklausel viel zu universell 75 , als daß unmittelbar aus ihr sozialrechtliche Ansprüche entnommen werden könnten.
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Er wäre verfassungswidrig; vgl. Wolff, V w R III, § 139 III b 1; wohl auch Hesse, Grundzüge, S. 85; s. allerdings Badura, D Ö V 1968, 446 ff. und seinen Beitrag „Wirtschaftsverwaltungsrecht" in diesem Lehrbuch und die Kritik von Bariort, D Ö V 1 9 7 0 , 1 5 . Ipsen, Über das Grundgesetz, 2. Aufl. 1964, S. 17; Scheuner, V V D S t R L 11 ( 1 9 5 4 ) , S. 21; zustimmend Badura, D Ö V 1968, 446; Gerber, A ö R 81 (1956), S. 29; von Mangoldt / Klein, G G , S. 605. BVerfGNJW 1978,207. Vgl. Wertenbruch, ArbVers 1961, 33 ff. Im Schrifttum wird z. Z. allerdings weniger ihre Universalität gesehen als auf ihre mangelnde Bestimmtheit hingewiesen; vgl. die Nachweise bei Hesse, Grundzüge, § 6 II; Badura, D Ö V 1968, 4 4 6 Fußn. 1 sowie die Lit.Nachweise in Fußn. 71.
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Im Ergebnis bleibt festzuhalten, daß das Grundgesetz eine hinreichend deutliche und zu den einzelnen Leistungsbereichen einführende Untermauerung des sozialrechtlichen Leistungssystems noch vermissen läßt. Neben den sog. Freiheitsrechten fehlen insbesondere „soziale Grundrechte", die den Wandel von einer bürgerlich-liberalen Staatlichkeit zum sozialen Rechtsstaat verdeutlichen. Soweit die Rechtsprechung 76 inzwischen z. B. versucht hat, durch Analogie zu Art. 14 GG gewisse sozialrechtliche Forderungsrechte (Sozialversicherung) verfassungsrechtlich abzustützen, ist dem entgegenzutreten. Es gibt keinen überzeugenden juristischen Berührungspunkt zwischen sozialrechtlicher Daseinssicherung und „liberalem" Eigentumsschutz 77 . Über in das Grundgesetz einzubauende soziale Grundrechte hinaus bleibt es Aufgabe des einfachen Gesetzgebers, sozialrechtliche Grundrechtspositionen zu „transformieren", d. h. in sozialrechtliche Anspruchsgrundlagen umzusetzen. Die Schaffung des z. T. bereits in Kraft befindlichen Sozialgesetzbuches stellt einen wichtigen Schritt auf diesem Wege dar.
II. Sozialleistungsbereiche Die Darstellung der einzelnen Sozialleistungsbereiche folgt der oben wiedergegebenen vorläufigen Gliederung des Sozialgesetzbuchs. 1. Allgemeiner Teil Der Allgemeine Teil des Sozialgesetzbuchs (SGB I) faßt die Regelungen zusammen, die zur Vereinheitlichung der Sozialrechtsordnung und ihrer besseren Überschaubarkeit den einzelnen Sozialleistungsbereichen vorangestellt werden sollen, zugleich den Bereich des Sozialgesetzbuchs festlegen und damit die Grundlagen für die weitere Arbeit am Gesamtwerk bilden. Er gliedert sich in drei Abschnitte: Der Erste Abschnitt befaßt sich mit den „Aufgaben des Sozialgesetzbuchs und soziale Rechte". Er zeigt die sozialrechtlichen Grundpositionen des Bürgers und die Leitvorstellungen auf, die den Vorschriften der einzelnen Sozialleistungsbereiche zugrunde liegen. Der Zweite Abschnitt, die „Einweisungsvorschriften", enthält Regelungen, die dem Bürger den Zugang zum Sozialrecht und zu den Sozialleistungen erleichtern sollen. Der Dritte Abschnitt beinhaltet „Gemeinsame Vorschriften für alle Sozialleistungsbereiche" und damit die Regelungen des Sozialrechts, die den einzelnen Bereichen aufgrund der bestehenden Gemeinsamkeiten in den Rechten und Pflichten vorangestellt werden können und sollen 78 . 76
77 78
B S G E 5, 40, 42; 9, 127, 128; 20, 52, 57; B V e r f G E 11 , 221, 226; 14, 288, 293; 16, 94, 111; 2 0 , 5 2 , 5 4 . Vgl. Wertenbruch, in: Eigentumsordnung und katholische Soziallehre, Köln 1970, S. 58. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 48.
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Die wichtigsten Neuerungen, die das SGB I mit sich gebracht hat, sind: a) die sozialen Rechte; b) die Rechtsinstitute „ A u f k l ä r u n g " , „Beratung", „ A u s k u n f t " ; c) der Vorbehalt des Gesetzes; d) die Handlungsfähigkeit; e) die vorläufigen Leistungen; f) die Verzinsung; g) die Mitwirkungspflichten. a) Die sozialen Rechte: Sie sind vom Gesetzgeber als objektives Recht konzipiert worden. Ansprüche können aus ihnen nur insoweit geltend gemacht oder hergeleitet werden, als deren Voraussetzungen und Inhalt durch die Vorschriften der besonderen Teile des Sozialgesetzbuchs im einzelnen bestimmt sind (§ 2 Abs. 1 S. 2 SGB I). Damit steht die Einfügung der sozialen Rechte in das Sozialgesetzbuch auf realem Hintergrund: Anders als die Freiheitsrechte, die vom Staat den Verzicht auf Eindringen in die Individualsphäre verlangen, sind die sozialen Rechte auf Teilhabe an bestimmten, im volkswirtschaftlichen Sinn zumeist „knapp e n " Gütern gerichtet; sie verpflichten den Staat und seine Institutionen zu einem Verhalten, das nicht unbeschränkt, sondern nur im R a h m e n vorhandener Möglichkeiten geleistet werden kann 7 9 ; sie benötigen deshalb zu ihrer Verwirklichung eine Fülle rechtlicher Einzelregelungen, die von genauen Bestimmungen über Anspruchsvoraussetzungen bis zu den Vorschriften über ihre Finanzierung reichen 8 0 . Gleichwohl kommt den sozialen Rechten gewisse Bedeutung zu. Z u m einen sind sie bei der Auslegung der Vorschriften des Sozialgesetzbuchs und bei der Ausübung von Ermessen zu beachten; dabei ist durch den Rechtsanwender „sicherzustellen", daß die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden (§ 2 Abs. 2 SGB I). Z u m anderen kommt den sozialen Rechten faktisches Eigengewicht zu. D e r Gesetzgeber m u ß sich rechtspolitisch daran messen lassen, ob er den durch die sozialen Rechte intendierten sozialrechtlichen Schutz bestmöglich verwirklichte 8 1 . b) „Aufklärung", „Beratung", „Auskunft": „ A u f k l ä r u n g " (§ 13 SGB I) bedeutet allgemeine und abstrakte Unterrichtung einer Vielzahl von Personen, die möglicherweise sozialrechtlich betroffen sind; Aufklärung durch Ansprechen einzelner Berechtigter oder Verpflichteter ist nur in Ausnahmefällen der geeignete Weg, etwa wenn der Kreis der in Betracht k o m m e n d e n Personen bekannt und verhältnismäßig klein ist und die Aufklärung nur sachgerecht erfolgen kann, indem sie die individuellen Umstände und Bedürfnisse berücksichtigt 8 2 . Als Mittel der Aufklärung kommen Informationen durch Fernsehen und R u n d f u n k , Informationsschriften, Merkblätter, Plakate, Zeitungsartikel, Informationsveranstaltungen (Presseseminare, Vorträge, Tage der „offenen T ü r " ) , Filme, Werbespots und dergleichen 79
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Brunner, D i e Problematik der sozialen Grundrechte, 1971, S. 16f.; Schnapp, D R V 1971, 8 0 ff. Näheres bei Henke, Grundzüge, S. 6; Henke, Z S R 1976, 4 2 9 f f . ; von Maydell, DVB1. 1 9 7 6 , 1 ff. Gitter, in: Fs. f. Fechner, 1973, S. 2 3 6 f . Was z. B. im Rahmen der sozialen Entschädigung, der Jugendhilfe und der Sozialhilfe in Betracht kommen könnte.
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in Betracht 8 3 . U n t e r „ B e r a t u n g " (§ 14 SGB I) ist die individuelle Unterrichtung des einzelnen über die von ihm wahrzunehmenden Rechte und zu erfüllenden Pflichten nach d e m Sozialgesetzbuch zu verstehen. Im Gegensatz zur „ A u f k l ä r u n g " hat der einzelne einen klagbaren Anspruch auf richtige und vollständige Beratung. Adressat des Beratungsanspruchs sind die Leistungsträger, denen gegenüber die im Sozialgesetzbuch vorgesehenen Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind. Die „Auskunfts"pflicht schließlich (§ 15 S G B I) erstreckt sich u. a. auf die Benennung der für die Sozialleistungen zuständigen Leistungsträger sowie auf alle Sach- und Rechtsfragen, die f ü r die Auskunftsuchenden von Bedeutung sein können und zu deren Beantwortung die Auskunftsstelle imstande ist 84 . c) Vorbehalt des Gesetzes: Die Vorschrift des § 3 1 SGB I trägt der zunehmenden Erkenntnis Rechnung, daß die Beteiligung an staatlichen Leistungen notwendige Voraussetzung für die Verwirklichung von Grundrechten ist 85 und deshalb f ü r die Leistungsermächtigung nicht grundsätzlich andere Maßstäbe gelten dürfen als für die Eingriffsermächtigung. In dieser Gleichsetzung liegt ein rechtspolitischer Schwerpunkt, d e m Ausstrahlungskraft für weitere Bereiche des Verwaltungsrechts zukommen könnte 8 6 . d) Handlungsfähigkeit: Für die Stellung von Anträgen ist die Handlungsfähigkeit von Bedeutung. D a bereits 15jährige Arbeitnehmer mit dem Arbeitsleben zusammenhängende Pflichten zu erfüllen haben (z. B. A b f ü h r u n g von Beiträgen), ist es sachlich gerechtfertigt, ihnen auch entsprechende Rechte für die Antragstellung auf Sozialleistungen einzuräumen (§ 36 Abs. 1 S. 1 S G B I). Diese Rechte können vom gesetzlichen Vertreter durch schriftliche Erklärung gegenüber d e m Leistungsträger eingeschränkt werden (§ 36 Abs. 2 S. 1 SGB I). Damit dem gesetzlichen Vertreter ein Eingreifen möglich ist, soll der Leistungsträger ihn über eine Antragstellung des Minderjährigen unterrichten (§ 36 Abs. 1 S. 2 S G B I). Damit Nachteile des Minderjährigen (z. B. durch Fristablauf) vermieden werden, bedarf die R ü c k n a h m e von Anträgen, der Verzicht auf Sozialleistungen und die Entgegennahme von Darlehen immer der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters (§ 36 Abs. 2 S. 2 SGB I). e) Vorläufige Leistungen: Wenn der Anspruch des Berechtigten auf eine bestimmte Sozialleistung feststeht und lediglich ungeklärt ist, gegen welchen Leistungsträger er sich richtet, hat von den Leistungsträgern, deren Zuständigkeit in Betracht kommt, der zuerst angegangene vorläufige Leistungen (auch Dienst- und Sachleistungen) zu erbringen. Mit dieser in § 43 Abs. 1 SGB I vorgesehenen Regelung sollen Nachteile ausgeglichen werden, die sich für den einzelnen aus der 83 84 85 86
Hauck I Haines, Komm., § 13 Rdnr. 5; Schellhorn, BIStSozArbR 1975, 362 (363). Einzelheiten bei Institut für Sozialrecht, ZSR 1977,441 ff.; Funk, SGb 1978,45 ff. BVerfG NJW 1976,34 m. w. N. Henke, D Ö V 1977,41 ff.; Wertenbruch, in: Fs. f. Schieckel, 1978, S. 357ff.
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institutionellen Gliederung des Sozialleistungssystems ergeben können 8 7 . D e r Erstattungsanspruch des vorleistenden Leistungsträgers gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger richtet sich nach den für den vorleistenden Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften (§ 43 Abs. 3 SGB I). D e r Leistungsempfänger selbst soll nur dann in Anspruch genommen werden, wenn er höhere als die ihm zustehenden Leistungen erhalten hat. Ein Erstattungsanspruch gegen den E m p f ä n g e r steht nur dem zur Leistung verpflichteten Leistungsträger zu (§ 43 Abs. 2 S. 2 S G B I); er kann die Voraussetzungen eines solchen Erstattungsanspruchs besser beurteilen als die vorleistende Stelle 8 8 . f ) Verzinsung: Soziale Geldleistungen bilden in der Regel die Lebensgrundlage des Leistungsberechtigten. Werden sie verspätet gezahlt, können Kreditaufnahme, Auflösung von Ersparnissen oder Einschränkung der Lebensführung notwendig werden. Deshalb ist es gerechtfertigt, daß die Nachteile, die der Anspruchsberechtigte im Fall verspäteter Leistung erleidet, durch Verzinsung ausgeglichen werden. Dementsprechend sieht § 44 SGB I vom 1 . 1 . 1978 an die Verpflichtung der Leistungsträger zur Verzinsung rückständiger Geldleistungen mit 4 v. H . vor. Die Verzinsung beginnt unabhängig von einem Verschulden mit Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt der Fälligkeit, frühestens jedoch 6 Monate nach Eingang des vollständigen Leistungsantrages beim zuständigen Leistungsträger oder - bei Fehlen eines Antrages - nach Ablauf eines Kalendermonats nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Leistung. Die Regelung des § 4 4 SGB I hat wegen der besonderen A u f g a b e und Funktion von Sozialleistungen keine rechtlichen Auswirkungen für das Steuerrecht oder andere Rechtsgebiete 8 9 . Faktisch könnte ihr jedoch schrittmachende Bedeutung für andere Rechtsgebiete zukommen. g) Mitwirkungspflichten: Die in den §§ 60 ff. SGB I vorgesehenen Mitwirkungspflichten sind das Gegenstück zu den vom Gesetzgeber vorgesehenen „sozialen Rechten". Sie schränken den das Sozialrecht beherrschenden Untersuchungsgrundsatz ein, sind als Abwehrrechte konzipiert und gewähren den Leistungsträgern gegenüber den Leistungsberechtigten deshalb keine eigenständigen einklagbaren Ansprüche, sondern lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht (§ 67f. S G B I). Im einzelnen kann der Antragsteller bzw. der Leistungsberechtigte verpflichtet sein zur Angabe rechtserheblicher Tatsachen (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 SGB I), zur Mitteilung von rechtserheblichen Änderungen in den Verhältnissen (§ 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I), zur Vorlage von Beweismitteln (§ 60 Abs. 1 Nr. 3 SGB I), zum persönlichen Erscheinen (§ 61 S G B I), zur Duldung von Untersuchungen (§ 62 SGB I), zur Duldung von Heilbehandlungen (§ 63 SGB I), zur Teilnahme an berufsfördernden M a ß n a h m e n (§ 64 SGB I). Die Grenzen der Mitwirkung ergeben sich einerseits aus der gesetzlichen Fassung der Mitwirkungspflichten selbst. Z u m anderen folgen sie aus § 65 Abs. 1 87 88 89
BT-Drucks. 7 / 8 6 8 , S. 2 9 (§ 43). BT-Drucks. 7 / 8 6 8 , S. 3 0 (§ 43). Literaturnachweise bei Henke, Grundzüge, S. 28.
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SGB I, der als Grenzen der Mitwirkungspflichten die Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und der Zumutbarkeit festlegt. In bezug auf Behandlungen und Untersuchungen sind die Grenzen der Zumutbarkeit in § 65 Abs. 2 SGB I konkretisiert. D e r Leistungsträger kann bei fehlender Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen (§ 66 Abs. 1 und 2 S G B I), nachdem er den Leistungsberechtigten auf diese Folgen schriftlich hingewiesen hat und dieser seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist (§ 66 Abs. 3 SGB I). U m besonderen Umständen des Einzelfalles gerecht werden zu können, hat der Leistungsträger bei seiner Entscheidung über die Versagung oder Entziehung Ermessensspielraum (§ 66 Abs. 2 S G B I). Holt der Antragsteller oder Leistungsberechtigte seine Mitwirkungspflichten nach und liegen die Leistungsvoraussetzungen vor, kann der Leistungsträger Sozialleistungen, die er nach § 66 SGB I versagt oder entzogen hatte, nachträglich ganz oder teilweise erbringen (§ 67 SGB I).
2. Ausbildungsförderung a) Grundlage: Basisvorschrift für einen Anspruch auf Ausbildungsförderung (Afö) ist die Bestimmung des § 1 B A f ö G : W e m die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen, hat nach Maßgabe des B A f ö G Anspruch auf individuelle A f ö f ü r eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung. b) Anspruchsvoraussetzungen: Ein Anspruch auf individuelle A f ö ist nach dem B A f ö G an folgende Voraussetzungen geknüpft: 1. D e r Antragsteller muß entweder Deutscher sein oder als Ausländer bestimmte Voraussetzungen erfüllen (§ 8 B A f ö G ) . Deutschen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben und dort eine Ausbildungsstätte besuchen, kann A f ö geleistet werden, wenn die besonderen U m s t ä n d e des Einzelfalles dies rechtfertigen (§ 6 B A f ö G ) . 2. D e r Antragsteller darf bei Beginn des Ausbildungsabschnittes, für den er A f ö beantragt, das 35. Lebensjahr nicht vollendet haben, es sei denn, daß die Art der Ausbildung oder die Lage des Einzelfalles die Überschreitung der Altersgrenze rechtfertigt (§ 10 Abs. 3 B A f ö G ) . 3. D e r vom Antragsteller gewählte Ausbildungsgang muß förderungsfähig sein (§§ 2ff. B A f ö G ) . 4. Die Leistungen des Antragstellers müssen erwarten lassen, daß er das angestrebte Ausbildungsziel erreicht, d. h. es muß „Eignung" des Antragstellers vorliegen. Dies wird im allgemeinen angenommen, solange der Auszubildende die Ausbildungsstätte besucht oder am Praktikum teilnimmt und bei dem Besuch einer H ö h e r e n Fachschule, Akademie oder Hochschule die jeweils verlangten Studienfortschritte erkennen läßt. Mit Beginn des 5. Fachsemesters an einer H ö h e r e n Fachschule, A k a d e m i e oder Hochschule sind Eignungsnachweise beizubringen. Schreiben Ausbildungs- und Prüfungsordnungen Zwischenprüfungen vor dem 3. Semester vor, so ist die Förderung auch im 3. und 4. Semester von der Vorlage entsprechender Nachweise abhängig (§ 9 BAföG).
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c) Leistungen: Als monatlicher Bedarf sind Pauschalbeträge vorgesehen. D i e Bedarfssätze sind nach den unterschiedlichen Ausbildungsstätten differenziert; ferner wird unterschieden, ob der Auszubildende bei seinen Eltern oder auswärts wohnt (§§ 12 f. B A f ö G ) . Als Bedarf für Praktikanten gelten die Beträge, die den Auszubildenden für die Ausbildung zustehen, mit der das Praktikum zusammenhängt (§ 14 B A f ö G ) . Bei einer Ausbildung im Ausland wird ein Zuschlag gezahlt, soweit Lebens- und Ausbildungsverhältnisse im Ausland dies erfordern 9 0 . Durch Rechtsverordnung ist bestimmt, daß auch im Inland zur Deckung überdurchschnittlicher Ausbildungs- und Unterbringungskosten A f ö über die Pauschalbeträge hinaus geleistet wird 9 1 . Auf den Bedarf sind E i n k o m m e n und Vermögen des Auszubildenden, seines Ehegatten und seiner Eltern anzurechnen (familienabhängige Förderung). E i n k o m m e n und Vermögen des Ehegatten bleiben außer Betracht, wenn er von dem Auszubildenden dauernd getrennt lebt. Beim Besuch von Abendgymnasien und Kollegs, bei älteren (über 35) oder früher schon länger erwerbstätigen Auszubildenden wird nur das E i n k o m m e n des Auszubildenden und seines Ehegatten berücksichtigt (elternunabhängige Förderung) 9 2 . d) Finanzierung: Die Ausgaben, die bei der Ausführung des B A f ö G entstehen, tragen der Bund zu 65 v. H., die Länder zu 35 v. H. (§ 56 Abs. 1 B A f ö G ) . D a s Bundesverwaltungsamt führt 35 v. H. des in einem Kalenderjahr eingezogenen Darlehensbetrages in dem Verhältnis an die Länder ab, in dem die in den drei vorangegangenen Jahren an das Bundesverwaltungsamt gemeldeten Darlehensleistungen der einzelnen L ä n d e r zueinander stehen (§ 56 Abs. 2 B A f ö G ) . D i e nach den §§ 37f. B A f ö G übergeleiteten und eingezogenen Beträge führt das Land zu 65 v. H . an den Bund ab (§ 56 Abs. 3 B A f ö G ) . e) Organisation: Zuständig für Sozialleistungen auf dem Gebiet der A f ö sind die Ä m t e r und die Landesämter für A f ö (§ 18 Abs. 2 S G B I). Sie werden von den Ländern für jeden Landkreis und jeden Stadtkreis errichtet (§ 39 Abs. 3 B A f ö G ) . Zuständig ist das Amt, in dessen Bezirk die Eltern wohnen bzw. der überlebende Elternteil seinen ständigen Wohnsitz hat. Das Amt, in dessen Bezirk der Auszubildende seinen ständigen Wohnsitz hat, ist zuständig (§ 45 Abs. 1 B A f ö G ) , wenn - der Auszubildende verheiratet ist oder war, - seine Eltern nicht mehr leben, - d e m überlebenden Elternteil die elterliche Sorge nicht zusteht oder bei Erreichen der Volljährigkeit des Auszubildenden nicht zustand, - nicht beide Elternteile ihren ständigen Wohnsitz in d e m Bezirk desselben A m t e s für Ausbildungsförderung haben, - kein Elternteil einen Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat,
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ZuschlagsV v. 1 8 . 1 1 . 1 9 7 1 (BGBl. IS. 1826). HärteV v. 15. 7. 1974 (BGBl. IS. 1449). Weitere Einzelheiten sowie Berechnungsbeispiele zum BAföG bei: Der für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 279 ff.
Bundesminister
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— der Auszubildende von seinem ständigen Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes aus eine außerhalb dieses Geltungsbereichs gelegene Ausbildungsstätte besucht (§ 5 Abs. 1 B A f ö G ) , - der Auszubildende Ausbildungsförderung für die Teilnahme an Fernunterrichtslehrgängen erhält (§ 3 B A f ö G ) . Für an Hochschulen immatrikulierte Auszubildende errichten die Länder Ä m t e r für A f ö bei staatlichen Hochschulen oder bei Studentenwerken (§ 4 0 Abs. 2 S. 1 B A f ö G ) . Die L ä n d e r können bestimmen, daß das an einer staatlichen Hochschule errichtete A m t für A f ö auch f ü r solche Auszubildende zuständig ist, die an einer anderen Hochschule immatrikuliert sind (§ 45 Abs. 3 S. 2 B A f ö G ) . f ) Weitere Förderungsmöglichkeiten: Das B A f ö G beinhaltet keine abschließende Regelung der A f ö . Weitere Möglichkeiten individueller A f ö können sich aus d e m B V G , den Gesetzen, die das B V G für anwendbar erklären, d e m L A G , d e m B E G , d e m H H G , d e m Heimkehrergesetz sowie dem G F G ergeben (§ 65 Abs. 1 B A f ö G ) . Die Vorschriften dieser Gesetze haben Vorrang vor dem B A f ö G (§ 65 Abs. 2 B A f ö G ) . Ausbildungshilfe nach d e m B S H G wird nicht gewährt, wenn die Ausbildung im R a h m e n des B A f ö G oder des A F G dem G r u n d e nach förderungsfähig ist (§ 31 Abs. 4 B S H G ) . Dagegen kommt Hilfe zum Lebensunterhalt in Betracht (§§ 11 ff. B S H G ) , wenn ein Auszubildender unmittelbar vor dem Examen steht, A f ö nicht mehr bezieht und ohne Unterstützung durch das Sozialamt Ausbildung und Studium aufgeben müßte 9 3 . 3. Arbeitsförderung a) Aufgaben: Mit einer hohen Arbeitslosenquote sind wirtschaftliche Nachteile und Einbußen für die gesamte Volkswirtschaft verbunden. Es gilt daher, durch geeignete wirtschaftspolitische und die notwendigen sozialpolitischen M a ß n a h m e n ihre Ursachen zu beseitigen, die Wiedereingliederung arbeitsloser Arbeitnehmer in den Wirtschaftsprozeß zu ermöglichen und die finanziellen Auswirkungen einer Arbeitslosigkeit auf den einzelnen Arbeitnehmer und seine Familie so gering wie möglich zu halten 9 4 . D e m g e m ä ß heißt es in § 1 A F G , der die Grundsätze dieses Gesetzes zusammenfaßt: „Die M a ß n a h m e n nach diesem Gesetz sind im R a h m e n der Sozial- und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung darauf auszurichten, daß ein hoher Beschäftigungsstand erzielt und aufrechterhalten, die Beschäftigungsstruktur ständig verbessert und damit das Wachstum der Wirtschaft gefördert wird." b) Leistungen: Nach dem Recht der Arbeitsförderung können in Anspruch genommen werden (§ 19 Abs. 1 SGB I) 9 5 : 93
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Zum Verhältnis zu anderen Förderungsmöglichkeiten vgl. auch Henke, Grundzüge, S. 44f. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 245. Literaturnachweise zum folgenden bei Henke, Grundzüge, S. 55.
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aa) Berufsberatung und Vermittlung in berufliche Ausbildungsstellen: Sowohl Jugendliche wie Erwachsene haben gegen die Bundesanstalt für Arbeit (BA) einen Anspruch auf Beratung und Auskunft (§§ 25 ff. AFG) sowie auf Vermittlung einer Ausbildungsstätte (§ 29 AFG). Sie müssen allerdings dem zuständigen A r b A die zur Beurteilung ihrer beruflichen Eignung, Neigung und ihrer sonstigen persönlichen Verhältnisse erforderlichen Tatsachen angeben (§§ 27, 29 AFG, §§ 60 ff. SGB I). Das ArbA hat dabei Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und der Berufe angemessen zu berücksichtigen (§ 26 Abs. 1 S. 2 A F G ) . Da die Berufsberatung und die Vermittlung in berufliche Ausbildungsstätten von den faktischen Möglichkeiten der B A und der ArbÄ abhängen, handelt es sich um rechtlich relativ schwach ausgestaltete Ansprüche. Sie sind ihrem Wesen nach auf Erbringung einer Dienstleistung gerichtet ( § 1 1 SGB I). bb) Arbeitsberatung und Arbeitsvermittlung: Auf Erbringung einer Dienstleistung gerichtet sind auch die Ansprüche auf Arbeitsberatung und Arbeitsvermittlung (§§ 13 ff. AFG). Der Anspruch auf Arbeitsberatung, der von der Arbeitsvermittlung unabhängig ist, steht sowohl Arbeitnehmern wie Arbeitgebern zu. Er erstreckt sich auf die Unterrichtung über die Lage auf dem Arbeitsmarkt, die Entwicklung in den Berufen, die Notwendigkeit und die Möglichkeit der beruflichen Bildung und deren Förderung sowie die Förderung der Arbeitsaufnahme und die Beratung in Fragen der Wahl oder Besetzung von Arbeitsplätzen. Bei Arbeitnehmern ist die Berufsberatung auf ihre Kenntnisse und Fähigkeiten, bei Arbeitgebern auf ihre betrieblichen Belange abzustellen (§ 15 A F G ) . Der Anspruch auf Arbeitsvermittlung steht Arbeitsuchenden zu. Er ist auf das Zusammenführen des Arbeitsuchenden mit Arbeitgebern zum Zweck der Begründung eines Arbeitsverhältnisses gerichtet (§ 13 Abs. 1 AFG). Wie die auf Berufsberatung und Vermittlung in berufliche Ausbildungsstellen, räumen auch die Ansprüche auf Arbeitsberatung und Arbeitsvermittlung dem Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer bzw. dem Arbeitsuchenden eine rechtlich verhältnismäßig schwache Position ein. Die Ansprüche reichen nicht weiter als die faktischen Möglichkeiten der Arbeitsverwaltung. cc) Zuschüsse und Darlehen: Stärker sind die auf Geldleistung gerichteten Ansprüche, nämlich auf Zuschüsse und Darlehen ( § 1 9 Abs. 1 Nr. 3 SGB I): 1. zur Förderung der beruflichen Ausbildung, Fortbildung und Umschulung (§§ 33ff. AFG): Hier geht es um individuelle Förderung der beruflichen Bildung, die den entsprechenden Sozialleistungen anderer Leistungsträger im Range nachgeht (§ 37 AFG), der Sozialhilfe jedoch im Range vorgeht (§ 2 Abs. 1 BSHG). Leistungen zur individuellen Förderung der beruflichen Bildung dürfen nur gewährt werden, wenn a) der Antragsteller beabsichtigt, eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung im Geltungsbereich des Gesetzes aufzunehmen oder fortzusetzen, b) der Antragsteller für die angestrebte berufliche Tätigkeit geeignet ist und voraussichtlich mit Erfolg an der Maßnahme teilnehmen wird und c) die Teilnahme an der Maßnahme im Hinblick auf die Ziele des § 2 A F G und unter Berücksichtigung von Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zweckmäßig ist. Eine berufliche Umschulung aus einem Beruf, in dem ein Mangel an Arbeitskräften besteht, ist nur zu fördern, wenn schwerwiegende persönliche Gründe eine
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berufliche Umschulung erfordern (§ 36 A F G ) . Näheres über Voraussetzungen, Art und Umfang der Förderung der beruflichen Bildung ergibt sich aus entsprechenden Anordnungen der B A (§ 39 AFG). Hiervon zu unterscheiden ist die institutionelle Förderung der beruflichen Bildung (§§ 50ff. AFG). Danach kann die BA Darlehen und Zuschüsse für den Aufbau, die Erweiterung und Ausstattung von Einrichtungen einschließlich überbetrieblicher Lehrwerkstätten gewähren, die der beruflichen Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung dienen. In besonders begründeten Ausnahmefällen kann sich die Förderung auch auf die Unterhaltung der Einrichtung erstrecken. 2. zur Förderung der Arbeitsaufnahme (§§ 53ff. A F G ) : Die BA kann zur Förderung der Arbeitsaufnahme gemäß dem Leistungskatalog des § 53 A F G an Arbeitsuchende Zuschüsse und zinslose Darlehen gewähren. Zur beruflichen Eingliederung von Arbeitsuchenden, deren Unterbringung unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes erschwert ist, kann sie Darlehen und Zuschüsse auch an Arbeitgeber gewähren (§ 54 A F G ) . Auf pflichtgemäße Ermessensausübung besteht ein Anspruch (§ 39 SGB I). 3. zur Förderung der beruflichen Eingliederung Behinderter (§§ 56ff. AFG): Körperlich, geistig oder seelisch Behinderte haben einen Anspruch auf bestimmte berufsfördernde und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation. 4. zur Förderung des Winterbaus ( § § 7 4 f f . AFG): Anspruchsberechtigt sind Arbeitgeber des Baugewerbes, in deren Betrieben die ganzjährige Beschäftigung zu fördern ist, sowie Arbeitnehmer, die in solchen Betrieben beschäftigt sind (§ 76 A F G ) . 5. zur Förderung von Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung (§§ 91 ff. A F G ) : Die BA kann Arbeiten, die im öffentlichen Interesse liegen und die sonst nicht, nicht in demselben Umfang oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt würden, durch Zuschüsse und Darlehen fördern (§ 91 A F G ) . Die Empfänger der Förderungsmaßnahmen können sowohl juristische Personen des öffentlichen Rechts wie Unternehmen oder Einrichtungen des privaten Rechts sein (§ 92 AFG). Allerdings wird die Förderung nur für solche Arbeitnehmer gewährt, die vom A r b A zugewiesen sind (§ 93 Abs. 1 S. 1 AFG). dd) Kurzarbeitergeld und Schlechtwettergeld: Anspruch auf Kurzarbeitergeld (§§ 63 f f . A F G ) hat, wer nach Beginn eines Arbeitsausfalls in einem Betrieb, in dem nach § 64 A F G Kurzarbeitergeld gewährt wird, eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung (§ 168 Abs. 1 AFG) ungekündigt fortsetzt oder aus zwingenden Gründen aufnimmt und infolge des Arbeitsausfalls ein vermindertes Arbeitsentgelt oder kein Arbeitsentgelt bezieht (§ 65 Abs. 1 AFG). Anspruch auf Schlechwettergeld ( § § 8 3 ff. A F G ) hat, wer bei Beginn eines Arbeitsausfalles auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz als Arbeiter in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung (§ 168 Abs. 1 A F G ) steht und infolge des Arbeitsausfalles für die Ausfallstunden kein Arbeitsentgelt bezieht (§ 85 Abs. 1 A F G ) . ee) Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe: Das A F G gibt deutlich den Willen des Gesetzgebers zu erkennen, daß Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe allen anderen im A F G vorgesehenen Maßnahmen im Rang nachgehen sollen (§§ l f f . AFG). Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung
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zur Verfügung steht, die Anwartschaft erfüllt, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Arbeitslosengeld beantragt hat (§ 100 Abs. 1 A F G ) . „Arbeitslos" ist ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht oder nur eine geringfügige Beschäftigung ausübt. Das können auch im Rahmen betrieblicher Berufsausbildung Beschäftigte und Heimarbeiter sein (§ 101 Abs. 2 A F G ) , nicht dagegen Selbständige. „Der Arbeitsvermittlung steht zur Verfügung", wer eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben kann und darf und bereit ist, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen, die er ausüben kann (§ 103 Abs. 1 Satz 1 A F G ) . Die „Anwartschaftszeit" hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist von 3 Jahren vor dem Tag der Arbeitslosmeldung mindestens 26 Wochen oder 6 Monate in versicherungspflichtiger Beschäftigung gestanden hat (§ 104 AFG). Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld richtet sich nach der Dauer der versicherungspflichtigen Beschäftigung des Arbeitslosen vor der Arbeitslosmeldung. Sie beträgt bei Mindesterfüllung der Anwartschaft 78 Tage, im Höchstfall 312 Tage (§ 106 Abs. 1 AFG). Das Arbeitslosengeld beträgt 6 8 % des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts (§§ 111 ff. AFG). Durch die Gewährung von Arbeitslosengeld darf nicht in Arbeitskämpfe eingegriffen werden ( § 1 1 6 Abs. 1 AFG) 9 6 . Ist der Arbeitnehmer durch Beteiligung an einem Arbeitskampf arbeitslos geworden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zur Beendigung des Arbeitskampfes (§ 116 Abs. 2 A F G ) . Ist der Arbeitnehmer durch einen inländischen Arbeitskampf, an dem er nicht beteiligt ist, arbeitslos geworden, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zur Beendigung des Arbeitskampfes, wenn der Arbeitskampf auf eine Änderung der Arbeitsbedingungen in dem Betrieb abzielt, in dem der Arbeitnehmer zuletzt beschäftigt war, oder wenn die Gewährung des Arbeitslosengeldes den Arbeitskampf beeinflussen würde. Die B A kann Näheres durch Anordnung bestimmen ( § 1 1 6 Abs. 3 AFG) 9 7 . Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht ferner in der Zeit, für die der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhält oder zu beanspruchen hat (§ 117 Abs. 1 A F G ) . Schließlich ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch der in § 118 A F G bezeichneten Art zuerkannt ist. Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen kann Arbeitslosengeld auch versagt werden (§§ 119ff. A F G ) . Während des Bezugs von Arbeitslosengeld ist der Arbeitslose kranken- und unfallversichert (§§ 155ff., 165 A F G ) . Letzteres gewinnt bei Wegeunfällen Bedeutung, die sich im Zusammenhang mit der Meldepflicht des Arbeitslosen ereignen (§ 539 Abs. 1 Nr. 4 RVO). Die Beiträge zur Krankenversicherung werden von der B A getragen (§ 157 AFG). Träger der Unfallversicherung der Arbeitslosen ist die B A selbst (§ 654 Abs. 1 R V O ) . Ihre Aufgaben nimmt im Rahmen des § 766 Abs. 1 R V O die Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung wahr. Die BA erstattet dem Bund (Bundesausführungsbehörde für 96 97
B S G NJW 1 9 7 6 , 6 8 9 = SGb 1 9 7 6 , 3 6 7 mit Anm. H. Bogs, S. 3 4 9 ff. Vgl. hierzu Wertenbruch I Meyer, SGb 1 9 7 3 , 2 9 7 f f . ( 3 0 4 f f . ) .
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Unfallversicherung) die Aufwendungen für diese Unfallversicherung (§ 771 Abs. 2 R V O ) . Anspruch auf Arbeitslosenhilfe hat, wer u. a. arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, sich beim ArbA arbeitslos gemeldet und Arbeitslosenhilfe beantragt hat, bedürftig ist, aber die Anwartschaft (§ 104 A F G ) nicht erfüllt und deshalb keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat (§ 134 Abs. 1 AFG). „Bedürftig" ist ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt und den seiner Angehörigen nicht auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestreitet oder bestreiten kann und soweit das Einkommen, das nach § 138 A F G zu berücksichtigen ist, die Arbeitslosenhilfe nach § 136 A F G nicht erreicht (§ 137 Abs. 1 A F G ) . Da Selbständige keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, können auch bedürftige Selbständige keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe haben. Die Arbeitslosenhilfe beträgt 5 8 % des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts (§ 136 Abs. 1 AFG). f f ) Konkursausfallgeld: Anspruch auf Konkursausfallgeld hat ein Arbeitnehmer, der bei Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen seines Arbeitgebers für die letzten drei Monate vor Eröffnung des Konkursverfahrens noch Anspruch auf Arbeitsentgelt hat (§ 141b Abs. 1 A F G ) . Die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse sowie die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit stehen der Eröffnung des Konkursverfahrens gleich. In letzterem Fall ist allerdings weitere Voraussetzung für eine Gleichstellung, daß ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Konkursverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt (§ 141 b Abs. 3 A F G ) . Dagegen reicht die Eröffnung eines Vergleichsverfahrens für einen Anspruch auf Konkursausfallgeld nicht aus. Hier kommt es allenfalls zu vorübergehenden Zahlungsverzögerungen. Zu den durch die Konkursausfallversicherung gedeckten Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehören alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die Massesch'ulden nach § 59 Abs. 1 Nr. 3 a KO sein können (§ 141b Abs. 2 A F G ) . Einbezogen sind auch die Bezüge aus einem Berufsbildungsverhältnis sowie aus einem Heimarbeitsverhältnis. Dritte können einen Anspruch auf Konkursausfallgeld haben, soweit ihnen vor Stellung des Antrags auf Konkursausfallgeld Ansprüche auf Arbeitsentgelt übertragen oder soweit sie zu ihren Gunsten gepfändet oder verpfändet worden sind. Einen Anspruch auf Vorschuß haben sie allerdings nur dann, wenn die Übertragung, Pfändung oder Verpfändung wegen einer gesetzlichen Unterhaltspflicht erfolgt ist (§ 141k A F G ) . Das Konkursausfallgeld wird nur auf Antrag gewährt (§ 141 e Abs. 1 S. 1 A F G ) . Damit es dem A r b A möglich ist, den Gesamtumfang der Ansprüche zügig festzustellen und die auf die B A nach § 141 m A F G übergegangenen Ansprüche auf Arbeitsentgelt beim Konkursverwalter anzumelden, ist der Antrag innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Monaten nach Eröffnung des Konkursverfahrens zu stellen (§ 141 e Abs. 1 S. 2 AFG). Der Antrag auf Konkursausfallgeld kann bei jedem A r b A gestellt werden
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(§ 141 e Abs. 1 S. 3 A F G ) . Für seine Gewährung ist jedoch das A r b A zuständig, in dessen Bezirk die für den Arbeitnehmer zuständige Lohnabrechnungsstelle des Arbeitgebers liegt. Hat der Arbeitgeber keine Lohnabrechnungsstelle im Geltungsbereich dieses Gesetzes, so ist das A r b A zuständig, in dessen Bezirk das Konkursgericht seinen Sitz hat (§ 141 e Abs. 2 A F G , § 71 K O ) . Auf A n t r a g des Arbeitnehmers hat das A r b A einen angemessenen Vorschuß auf das Konkursausfallgeld zu zahlen. Die Zahlung eines solchen Vorschusses setzt neben dem Antrag des Arbeitnehmers die Vorlage einer Bescheinigung über die letzte Arbeitsentgeltabrechnung sowie eine schriftliche Erklärung des Arbeitgebers, des Konkursverwalters, eines für die Lohnabrechnung des Arbeitgebers zuständigen Arbeitnehmers oder des Betriebsrats über Zeitraum und U m f a n g der noch nicht erfüllten Ansprüche auf Arbeitsentgelt voraus (§ 141 f Abs. 1 A F G ) . Damit die Abwicklung der Ansprüche auf Konkursausfallgeld möglichst zügig durchgeführt wird, sind der Arbeitgeber, die Arbeitnehmer sowie Personen, die Einblick in die Arbeitsentgeltunterlagen hatten, zur Auskunft und Mithilfe bei der Ermittlung der für die Feststellung der Leistungen maßgebenden Tatsachen verpflichtet (§§ 141g, 1 4 1 h A F G ) . D e r Konkursverwalter hat auf Verlangen des A r b A unverzüglich das Konkursausfallgeld zu errechnen und auszuzahlen, wenn ihm dafür geeignete A r b e i t n e h m e r des Betriebes zur Verfügung stehen und das A r b A die Mittel für die Auszahlung des Konkursausfallgeldes bereitstellt (§ 141 i AFG). In seiner Höhe entspricht das Konkursausfallgeld dem Nettoarbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer für die letzten drei Monate vor Eröffnung des Konkursverfahrens zu beanspruchen hatte (§ 141 d A F G ) . O h n e eine ergänzende Regelung würden nicht nur den Arbeitnehmern, sondern auch den Leistungsträgern, deren Mittel aus Beiträgen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber aufgebracht werden, Nachteile entstehen. Aus diesem G r u n d e ist in § 141n A F G angeordnet, daß die noch nicht zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Beiträge sowie die Beiträge zur BA, die auf Arbeitsentgelte für die letzten drei Monate vor Eröffnung des Konkursverfahrens entfallen, auf Antrag der zuständigen Einzugsstelle vom A r b A zu entrichten sind. A u ß e r Betracht bleiben die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung. U m die Konkursausfallversicherung vor mißbräuchlichen Rechtshandlungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu schützen, ist bestimmt, daß Ansprüche auf Arbeitsentgelt dann keinen Anspruch auf Konkursausfallgeld begründen, wenn der Arbeitnehmer sie durch eine Rechtshandlung erworben hat, die nach den Vorschriften der K O angefochten worden ist. Das gleiche gilt, wenn der Konkursverwalter von seinem Recht Gebrauch macht, die Leistungen zu verweigern (§ 141 c S . 1 A F G ) . c) Finanzierung: Die Mittel für die Erfüllung der A u f g a b e n der B A werden, soweit nicht Umlagen erhoben werden, durch Beiträge aufgebracht, die von den beitragspflichtigen Arbeitnehmern und Arbeitgebern getragen werden (§ 167 A F G ) . A u s n a h m e n gelten für solche Versicherten, deren regelmäßiges Entgelt monatlich ein Zehntel der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigt
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oder die ein freiwilliges soziales Jahr ableisten; hier trägt der Arbeitgeber die Beiträge allein (§ 171 A F G ) . Die Beiträge der Teilnehmer an einer berufsfördernden M a ß n a h m e zur Rehabilitation trägt der Rehabilitationsträger (§ 171 Abs. l a A F G ) . Die Beiträge der W e h r - und Ersatzdienstleistenden trägt der B u n d ( § 1 7 1 Abs. 2 A F G ) . Die Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber betragen je 1,5 v. H . der Beitragsbemessungsgrundlage (§ 174 Abs. 1 A F G ) . Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung nach Maßgabe der Finanzlage der B A sowie unter Berücksichtigung der Beschäftigungs- und Wirtschaftslage sowie ihrer voraussichtlichen Entwicklung bestimmen, daß die Beiträge zeitweise nach einem niedrigeren Beitragssatz erhoben werden (§ 174 Abs. 2 A F G ) . Die Beitragsbemessungsgrundlage für die Arbeitnehmer entspricht der tatsächlichen oder fiktiven Grundlage für die Bemessung der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung; für den Arbeitgeber ist als Bemessungsgrundlage die Gesamtheit der Beitragsbemessungsgrundlagen der von ihm beschäftigten beitragspflichtigen Arbeitnehmer maßgebend (§ 175 A F G ) . Im Regelfall werden die Beiträge von den Krankenkassen zusammen mit den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur gesetzlichen Rentenversicherung eingezogen (§ 176 A F G ) . d) Organisation: Für die Erbringung der im A F G vorgesehenen Leistungen sind die Arbeitsämter und die sonstigen Dienststellen der B A zuständig (§ 19 Abs. 2 S G B I). Die B A selbst wird vom Gesetzgeber als „rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts" bezeichnet (§ 189 Abs. 1 A F G ) . Gleichwohl ist sie im juristischen Sinne „Anstalt des öffentlichen Rechts". Hier stimmt also — entgegen der gesetzlichen Bezeichnung — der N a m e („Bundesanstalt") ausnahmsweise mit dem Rechtsstatus überein. Das A F G spricht auch - mit Bezug auf die „beitrags"-pflichtigen Personen (§§ 167ff A F G ) — nicht von „Mitgliedern", sondern verwendet diese Bezeichnung nur für die den Kollegialorganen der B A angehörenden Personen (§§ 192ff. A F G ) . Ohnehin besitzen die meisten der der B A zugefallenen Aufgaben (§§ 1 - 3 A F G ) keinen direkten Bezug mehr zu einer körperschaftlichen Solidar-(Selbst-)Hilfe der sie finanzierenden Personen. Auch deswegen kann man die „Beiträge" der von der B A mittelbar oder unmittelbar begünstigten Personen nicht mehr als Verbandslasten 9 8 und die B A nicht als Körperschaft ansehen. Die B A wird vielmehr im Bedarfsfalle „benutzt", wobei G e b ü h r e n nicht erhoben werden. Neben den A u f g a b e n des A F G sind der BA weitere Aufgaben übertragen worden. So ist sie Träger der „Kindergeldkasse" (§ 15 Abs. 2 B K G G ) . Weiter führt sie das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz durch. Schließlich obliegt ihr z. T. die Durchführung des Schwerbehindertengesetzes.
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Zu den Grundbegriffen „Beitrag", „Gebühr", „Verbandslast" vgl. Wolff / Bachof,
I, § 4 2 I I a .
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4. Sozialversicherung a) Gemeinsame Grundlagen: Dem Prinzip des Allgemeinen Teils des Sozialgesetzbuches (SGB) folgend, möglichst viele für alle Bereiche des SGB bedeutenden Regelungen zusammenzufassen und „vor die Klammer" zu ziehen, um so separate Lösungen gleicher Sachfragen zu vermeiden, wurden mit dem Ersten Kapitel des Vierten Buches des SGB (Sozialversicherung — Gemeinsame Vorschriften) 9 9 alle für die Sozialversicherung wichtigen gemeinsamen, in innerem Zusammenhang stehenden Regelungen zusammengefaßt. Die Angleichung in Sprache und Inhalt und damit die Ausräumung bisher gegebener, nicht sachgerechter Differenzen und Widersprüche zwischen den einzelnen Versicherungszweigen (§ 1 SGB IV) und das Auffüllen vorhandener Lücken wurde damit im wesentlichen erreicht. Neben dem Geltungsbereich (§§ 1, 3 - 6 SGB IV) und dem Umfang der Versicherung (§ 2 SGB IV) wurden hauptsächlich wichtige Grundlagen und Grundbegriffe des Versicherungsverhältnisses (§§ 7 - 1 8 SGB IV) und des Beitragsrechts (§§ 2 0 - 2 8 SGB IV) geklärt. Unter dem Abschnitt „Träger der Versicherung" sind nun die zentralen Vorschriften der inneren Organisation der Versicherungsträger bezüglich „Verfassung" und „Zusammensetzung, Wahl und Verfahren der Selbstverwaltungsorgane, Versichertenältesten und Vertrauensmänner" (§§ 2 9 - 6 6 S G B IV) zusammengefaßt, konkretisiert und einander angepaßt. Dazu finden sich hier auch die Grundlagen des Haushalts- und Rechnungswesens (§§ 6 7 - 7 9 SGB IV), der Vermögensverwaltung (§§ 8 0 - 8 6 SGB IV) und der Aufsicht (§§ 8 7 - 9 0 SGB IV) 1 0 0 . aa) Grundbegriffe und Grundsätze: Sozialversicherungsverhältnisse sind öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnisse und bestehen aus der Gesamtheit der Rechtsbeziehungen zwischen einem Versicherungsträger, einem Versicherten sowie möglicherweise dritten Personen, insbesondere den Arbeitgebern abhängig Beschäftigter 1 0 1 . Beteiligte an diesem im Grunde auf Gegenseitigkeit (Versicherungsschutz gegen Beitrag) angelegten Rechtsverhältnis sind besonders die Versicherten, d. h. die Personen, die Versicherungsschutz genießen. Jeder hat - im Rahmen des SGB - ein Zugangsrecht zur Sozialversicherung (§ 4 SGB I); durch § 2 SGB IV wird der Personenkreis, der in der Sozialversicherung versichert ist bzw. versichert sein kann, dann näher konkretisiert. Einzuteilen ist danach in Pflichtversicherte („kraft Gesetzes oder Satzung" versichert) und versicherungsberechtigte Personen, die „auf Grund freiwilligen Beitritts oder freiwilliger Fortsetzung der Versicherung" 99 Sozialgesetzbuch (SGB) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - v. 23. 12. 1976 (BGBl. I, S. 3845). 100
101
Überblick zum SGB IV: z. B. Casselmann u. a., Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung, 1977; Gleitze, D O K 1977, 281 ff.; Neumann-Duesberg, WzS 1977, 65ff., 101 ff.; Bley, Z S R 1978, 5 1 3 f f . Bley, Sozialrecht, S. 75. Beachtlich ist, daß zwischen Versicherungs- und Mitgliedschaftsverhältnis unterschieden wird. In der Unfallversicherung fallen danach Versicherungsund Mitgliedschaftsverhältnis auseinander, da dort die Arbeitnehmer die Versicherten sind (vgl. § 5 3 9 R V O ) , die Unternehmer aber Mitglieder der Berufsgenossenschaften (§ 6 5 8 R V O ) . In der Krankenversicherung gilt das Mitgliedschaftsverhältnis als das umfassendere Rechtsverhältnis (vgl. z. B. Horst Peters, Handbuch, Vorbem. I 2 vor § 3 0 6 , S. 1 7 / 1 0 7 2 ) . Vgl. dazu auch Schulin, Sozialversicherungsrecht, S. 17 u. 33.
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versichert sind (Recht zur Versicherung). Formalversicherte (z. B. § § 2 1 3 , 315, 315 a, 1422, 1423 R V O , §§ 144, 145 A V G ) - Personen, die aus G r ü n d e n des Vertrauensschutzes bei einem Irrtum wie Versicherte behandelt werden - sind keine Versicherten in diesem Sinne 1 0 2 . Charakteristisch für die Sozialversicherung - zu der in diesem Z u s a m m e n h a n g eigentlich auch die Arbeitslosenversicherung zu rechnen ist 1 0 3 — ist die Pflichtversicherung. Pflichtversichert in allen Zweigen der Sozialversicherung (in der Arbeitslosenversicherung: „beitragspflichtig"; § 1 6 8 A F G ) sind, nach Maßgabe der besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige, die in § 2 Abs. 2 SGB IV genannten Personen. D a b e i mußte wegen der zahlreichen Differenzierungen zwischen den Versicherungszweigen auf einen umfangreicheren Katalog verzichtet werden, wie ebenfalls ein harmonisierender Katalog zu den Ausnahmefällen der Versicherungspflicht, der Versicherungsfreiheit (§§ 168, 169, 172, 175, 541, 542, 1228, 1229 R V O , §§ 4, 6 A V G , § 169 A F G ) und der Befreiung von der Versicherungspflicht (§§ 173, 173 a - 1 7 3 d, 174, 1230, 1231 R V O , § § 7 , 8 A V G , § 173 A F G ) 1 0 4 , wegen zu großer Unterschiede zwischen den in Frage k o m m e n d e n Versicherungszweigen sinnvoll kaum aufzustellen ist. Insoweit läßt § 2 Abs. 4 SGB IV die Einbeziehung weiterer Personengruppen in die Versicherung — Versicherungspflicht wie auch der Versicherungsberechtigung (Recht zur Versicherung) — aufgrund besonderer Vorschriften in den einzelnen Versicherungszweigen zu. Mit den Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 S G B IV), wird jedoch der weitaus größte und nach der Zielsetzung der Sozialversicherung 1 0 5 zentralste Personenkreis, nämlich der der A r b e i t n e h m e r , bezeichnet, der pflichtversichert in allen Zweigen der Sozialversicherung ist. Das Entstehen der Versicherungsverhältnisse bei Arbeitnehmern setzt regelmäßig die A u f n a h m e eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses 1 0 6 gegen Entgelt (§ 14 SGB IV) voraus. Definiert ist „Beschäftigung" als „nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis", wobei auch die Berufsausbildung 1 0 7 im R a h m e n der betrieblichen Berufsbildung als Beschäftigung gilt (§ 7 Abs. 1 und 2 SGB IV). Auf das Bestehen eines wirksamen Arbeitsvertrages i. S. d. Zivilrechts kommt es nicht an, doch liegt im allgemeinen bei Bestehen eines Arbeitsverhältnisses i. S. des Arbeitsrechts auch ein Beschäftigungsverhältnis i. S. des Sozialversicherungsrechts vor 1 0 8 . Wesentlich für die Unterscheidung, ob eine Beschäftigung 102 103 104 105 106
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B S G E 3 6 , 71 ( 7 3 f . ) ; Wannagat, Lehrbuch, S. 289 ff.; Bley, Sozialrecht, S. 7 6 f . , 106f. Vgl. Merten, in: Casselmann u. a., S G B IV, S. 19; vgl. auch Art. 74 Nr. 12 G G . Vgl. z. B. Bley, Sozialrecht, S. 8 7 f f . Vgl. z. B. B V e r f G E 1 8 , 2 5 7 (270); Rüfner, Einführung, S. 7 9 f . Ein in der Rechtsprechung entwickelter Begriff; vgl. jeweils m. w. N. B S G E 20, 6; 27, 197; Brackmann, Handbuch, S. 306iff.; Jahn, AllgemeineSozialversicherungslchre, 1965, S. 5 7 f f . ; Horst Peters, Handbuch, § 165, Anm. 9; Wannagat, Lehrbuch, S. 3 0 8 f f . ; Bogs, D O K 1970, 517, 576; Bley, S G b 1973, 241; Wallerath, Z S R 1977, 159ff.; kritisch Seiter, VSSR 1 9 7 6 , 1 7 9 . D e r Begriff „Berufsausbildung" ist enger als der Begriff „Berufsbildung", vgl. § 1 B B i G . Brackmann, Handbuch, S. 3 0 6 , 4 7 0 f . ; Wannagat, Lehrbuch, S. 3 1 0 f . ; Rüfner, Einführung, S. 83.
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oder eine selbständige Tätigkeit, die in der Regel nicht versicherungspflichtig ist (Ausnahmen: z. B. §§ 166, 539 Abs. 1 Nr. 2, 1227 Abs. 1 Nr. 3 RVO, § 2 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 AVG), gegeben ist, ist die persönliche Abhängigkeit eines Arbeitnehmers von einem Arbeitgeber; die wirtschaftliche Abhängigkeit ist grundsätzlich nicht von entscheidender Bedeutung 109 . Persönlich abhängig und damit Arbeitnehmer ist, wer in die Organisation des Betriebes eines Arbeitgebers eingegliedert und damit dem Direktionsrecht, d. h. den Weisungen des Arbeitgebers hinsichtlich seiner Arbeitskraft unterworfen ist 110 . Dementsprechend ist Arbeitgeber111 i. S. d. Sozialversicherungsrechts, wer die Arbeitskraft zumindest einer Person gegen Entgelt 112 in Anspruch nimmt und unter Ausübung des Direktionsrechts über sie verfügt. Sind Merkmale einer Beschäftigung wie auch Merkmale einer selbständigen Tätigkeit gegeben, ist das Gesamtbild der Tätigkeit und die berufliche Stellung für die Entscheidung hinsichtlich einer Zurechnung maßgebend. Auf zwischen den Beteiligten getroffene Vereinbarungen oder auf gewählte Berufsbezeichnungen kommt es nicht an; allein die rein faktische Gestaltung des Verhältnisses besonders hinsichtlich des Weisungsrechts ist für die Entscheidung, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, maßgebend 113 . Dieser generelle Maßstab gilt z. B. für die sozialrechtliche Qualifizierung hinsichtlich des Bestehens eines Beschäftigungsverhältnisses bei mitarbeitenden Gesellschaftern 114 wie auch bei der Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Beschäftigungsverhältnisses im Falle mitarbeitender Familienangehöriger (familienhafte Mitarbeit) 115 . Bei sog. mittelbaren Beschäftigungsverhältnissen wird der „unselbständige" Mittelsmann, der selbständig Hilfspersonen zur Verrichtung ihm übertragener Arbeiten einstellt, versicherungsrechtlich nicht zum Arbeitgeber, da nicht ihm, sondern dem Dritten der Erfolg der Arbeit zugute kommt, diesem das umfassende Direktionsrecht zusteht und er selbst auch an Weisungen gebunden ist 116 . Bei Leiharbeitsverhältnissen (vgl. Arbeitnehmerüberlassungsgesetz v. 7. 8. 1972, BGBl. I S. 1393) ist versicherungsrechtlich grundsätzlich der Verleiher als Arbeitgeber bestimmt 117 , ebenso wie für Hausgewerbetreibende (§ 12 Abs. 1 SGB IV) und für Heimarbeiter ( § 1 2 Abs. 2 SGB IV) der Auftraggeber (§ 12 Abs. 3 SGB IV) und für Behinderte in speziellen Werkstätten der Träger der Einrichtung (§ 3 Abs. 3 BehVersG) 109
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Anders BSGE 35, 20 (21). Hier spricht das Gericht von persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit. BSGE 11, 257 (260); 15, 65 (69); 16, 289 (293); 20, 6 (8); 21, 57 (58); 24, 29 (30); 25, 51; 35, 20 (21); 36, 7 (8); 36, 262 (263ff.); 37, 292 (293ff.); 38, 53 (57); Brackmann, Handbuch, S. 306m; Wannagat; Lehrbuch, S. 308ff.; Wertenbruch, Sozialverf.-Sozialverw., S. 116. Zum Begriff RVA Nr. 4036, A N 1931, 179; BSGE 19, 265 (268). Davon ist zu unterscheiden der „Unternehmer" i. S. d. Unfallversicherung (§ 658 Abs. 2 RVO). § 14 SGB IV. Ausnahme: Unfallversicherung. Näher bei Bley, Sozialrecht, S. 79 f. Vgl. dazu Bley, Sozialrecht, S. 80; Ruland, JuS 1974,124. Vgl. dazu Bley, Sozialrecht, S. 80f.; Figge, DB 1974, 675. Ausdrückliche Regelungen finden sich in § 21 Nr. 3 KVLG; §§ 776 I Nr. 1, I I I Nr. 1 i. V. m. § 5411 Nr. 5 RVO. Brackmann, Handbuch, S. 3061; Bley, Sozialrecht, S. 81. Vgl. auch BSGE 8 , 2 7 8 (283 f.). Vgl. dazu Bley, Sozialrecht, S. 81. Vgl. auch BSGE 28,208.
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als Arbeitgéber bestimmt ist, so daß diese Personen zum Verleiher, zum Auftraggeber oder zum Träger der Einrichtung versicherungsrechtlich in einem Beschäftigungsverhältnis stehen. Insbesondere ehrenamtliche Tätigkeiten, Tätigkeiten von unfreien Personen (z. B. Strafgefangenen) und strafgesetzwidrige Tätigkeiten sind keine abhängigen Beschäftigungen im sozialversicherungsrechtlichen Sinne 1 1 8 . Nur ein Beschäftigungsverhältnis gegen Entgelt führt zur Versicherungspflicht in der Kranken-, R e n t e n - und Arbeitslosenversicherung (§§ 165 Abs. 2, 1227 Abs. 1 Nr. 1 R V O , § 2 Abs. 1 Nr. 1 A V G , § 168 Abs. 1 A F G ) . Einte A u s n a h m e bildet die Unfallversicherung, bei der ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis nicht Voraussetzung für den Versicherungsschutz ist 1 1 9 . D e r Begriff des Entgelts, der auch bei der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge von Bedeutung ist, wird in § 14 SGB IV umschrieben. Grundsätzlich sind danach alle die laufenden oder einmaligen E i n n a h m e n dem Entgelt zuzurechnen, die nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Gegenleistung für eine Arbeitstätigkeit darstellen, d. h. im ursächlichen Z u s a m m e n h a n g mit der Beschäftigung stehen. Die Verordnungsermächtigung des § 17 S G B IV läßt nähere Erläuterungen zu 1 2 0 . Das Pflichtversicherungsverhältnis entsteht und endet regelmäßig mit Eintritt bzw. Wegfall der zur Versicherungspflicht f ü h r e n d e n gesetzlich oder satzungsmäßig normierten Tatbestände. Es kommt weder auf den Willen der Beteiligten noch auf eine eventuelle Erklärung (z. B. Anmeldung) oder auf Beitragszahlungen an 1 2 1 . Das Pflichtversicherungsverhältnis (in der Krankenversicherung: „Mitgliedschaft", § 306 R V O ) abhängig Beschäftigter entsteht grundsätzlich mit dem Beginn des Beschäftigungsverhältnisses. Ist der A r b e i t n e h m e r dienstbereit und untersteht er bezüglich seiner Arbeitskraft der Verfügungsmacht des Arbeitgebers (Dienstantritt, Weg zur Arbeitsstätte), kommt das Versicherungsverhältnis (Mitgliedschaft) mit dem Beginn des Tages des Eintritts in die Beschäftigung zustande (so § 306 Abs. 1 R V O , § 170 Abs. 1 A F G ) . Ein gewisser Widerspruch hierzu ist beim sog. mißglückten Arbeitsversuch gegeben. Hier kommt ein Beschäftigungsverhältnis trotz Dienstbereitschaft, Verfügungsmacht und tatsächlicher A u f n a h m e der Arbeit dann nicht zustande, wenn der A r b e i t n e h m e r aus gesundheitlichen G r ü n d e n keine Arbeit von wirtschaftlichem Wert geleistet hat, er die Arbeit lediglich unter der G e f a h r der Verschlimmerung seines Zustandes a u f n e h m e n konnte oder von vornherein feststand, daß er die Beschäftigung in kürzester Frist wegen einer bestehenden Krankheit wieder aufgeben muß 1 2 2 . 118 119 120
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Näheres bei Bley, Sozialrecht, S. 81. Brackmann, Handbuch, S. 470sf.; Wannagat, Lehrbuch, S. 309. Verordnung über die Bestimmung des Arbeitsentgelts in der Sozialversicherung (Arbeitsentgeltverordnung - ArEV) v. 6. 7. 77 (BGBl. I, S. 1208), zuletzt geändert durch ÄndVO v. 16. 12. 1977 (BGBl. I, S. 2584); Verordnung über den Wert der Sachbezüge in der Sozialversicherung für das Kalenderjahr 1978 (SachBezV 1978) v. 28. 12. 1977 (BGBl. I, S. 3156). Zum Beginn, Ende und auch zu Unterbrechungen des Beschäftigungsverhältnisses vgl. Wannagat, Lehrbuch, S. 312; Bley, Sozialrecht, S. 101 ff. Vgl. BSGE 15, 89 (91 f.); 26, 124 (125ff.); BSG, NJW 1974, 112; Bley, Sozialrecht, S. 102; Wannagat, Lehrbuch, S. 313; Girardi, ZfS 1975,4ff.
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Der Beitritt zu einer Ersatzkasse der Krankenversicherung weist von der normalen Entstehung des sozialen Versicherungsverhältnisses eine Abweichung auf. Hier entsteht das Versicherungsverhältnis nicht kraft des Beschäftigungsverhältnisses und damit kraft Gesetzes, sondern auf Grund einseitiger empfangsbedürftiger Erklärung des Versicherungsträgers 123 . Der Antrag des um Versicherungsschutz Nachsuchenden ist weder Offerte zu einem privatrechtlichen 124 noch zu einem öffentlich-rechtlichen Vertrag 1 2 5 , sondern öffentlich-rechtliches Mitwirkungserfordernis. Die Erklärung des Versicherungsträgers ist mithin ein sog. mitwirkungsbedürftiger VA 1 2 6 . Sein Erlaß darf nur unter bestimmten Voraussetzungen versagt oder von Sonderabreden abhängig gemacht werden(§§ 504, 505 RVO). Tritt ein Versicherungspflichtiger einer Ersatzkasse bei oder wird ein Mitglied der Ersatzkasse nachträglich versicherungspflichtig, so besteht auf Grund der Mitgliedschaft bei der Ersatzkasse Anspruch auf Befreiung von der Versicherung bei einer der in § 225 R V O genannten Pflichtkassen ( § 5 1 7 RVO). Endet das Verhältnis zur Ersatzkasse durch Austritt ( § 5 1 3 R V O ) oder Ausschluß, so entsteht bei Versicherungspflichtigen wieder das Pflichtversicherungsverhältnis zur zuständigen gesetzlichen Krankenkasse (§ 225 RVO). Die Beendigung von Pflichtversicherungsverhältnissen ist nach Versicherungszweigen verschieden. In der Regel enden sie mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses (regelmäßig mit dem Ende des Tages, so § 306 RVO, § 170 Abs. 2 A F G ; Ausnahme: R V A Nr. 2265 II, AN 1916, 737) oder mit dem Eintritt eines sonstigen Grundes, der Versicherungsfreiheit zur Folge hat (z. B. §§ 168ff., 1228ff. RVO, §§ 4ff. A V G , §§ 169, 173 A F G ) . Die Mitgliedschaft im Bereich der Krankenversicherung endet auch, sobald der Versicherte Mitglied einer anderen Krankenkasse oder der Bundesknappschaft wird (§ 312 Abs. 1 R V O ) . In gewissen Fällen kann das Versicherungsverhältnis auch so lange weiterbestehen, wie Leistungen zu gewähren sind (§ 183 Abs. 1, auch § 202 RVO), gewisse Umstände (z. B. Arbeitsunterbrechungen) vorliegen ( § 3 1 1 RVO, § 104 A F G ; im Falle des Streiks s. BSGE 37, lOff.) oder die Voraussetzungen für einen sog. nachgehenden Versicherungsschutz (§ 214 R V O ; vgl. auch BSGE 37, 46 (48f.) gegeben sind. Gilt das sog. Territorialitätsprinzip — allerdings unter Bezug auf den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort - allgemein für alle Sozialleistungsbereiche (§ 30 SGB I), so wird Versicherungspflicht grundsätzlich nur durch Beschäftigungsverhältnisse im Inland begründet, d. h. durch eine Beschäftigung an einem 123 124
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Ebenso Wannagat, Lehrbuch, S. 300; s. auch Haueisen, ArbVers 1959,97. Die Ersatzkassen sind seit langem Körperschaften ( § 2 1 3 der 12. VO zum Aufbau der SozVersicherg. vom 24. Dezember 1935 - RGBl. I S. 1537), die keineswegs noch in privatrechtl. Formen handeln. A. A.: Brackmann, Handbuch, S. 340b; Wolterek, SGb 1965,161. Ebenso Schlemmer, Ersk 1967, 411; Klenke, Ersk 1967, 413. Grundlegend zum mitwirkungsbedürftigen VA: Wolff-Bachof, VwR I, 9. Aufl., § 48. Vgl. auch Brackmann, Handbuch, S. 340d; Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, 2. Aufl., 1976, § 504 Anm. 2.
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Ort im Inland (§ 3 S G B IV). Bei Entsendungen von Beschäftigten ins Ausland bzw. ins Inland sind die Bestimmungen der § § 4 und 5 SGB IV beachtlich, oder es gelten zwischenstaatliche Vereinbarungen (§ 6 SGB IV) 1 2 7 . Pflichtversichert sind auch die selbständig Tätigen. Z u ihnen gehören die in § 2 Abs. 2 S G B IV genannten Personengruppen mit den entsprechenden speziellen Ergänzungen zu den einzelnen Versicherungszweigen (z. B. §§ 166, 1227 Abs. 1 Nr. 3, 3 a , 4 R V O , §§ 2 Abs. 1 Nr. 2 a , 3, 4, 5, 6 A V G ) . Für sie gelten prinzipiell die für abhängig Beschäftigte maßgebenden Regeln 1 2 8 . Freiwillige Versicherungsverhältnisse sind nur denkbar, wenn keine Versicherungspflicht besteht. Sie können - anders als der Beitritt zu einer Ersatzkasse nicht nur auf G r u n d mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakte, sondern — je nach Form der freiwilligen oder gesetzlichen Regelung - auch mit dem Eingang der Beitrittserklärung oder der Entrichtung des Beitrags 1 2 9 entstehen. Auch hier bleibt jedoch der Antrag (Beitrittserklärung), obwohl an ein Subjekt hoheitlicher Gewalt gerichtet, Willenserklärung einer privaten Person 1 3 0 , die hinsichtlich ihrer Wirksamkeit, wenn auch stark eingeschränkt, der Beurteilung nach privatrechtlichen N o r m e n unterliegt (z. B. §§ 119ff. B G B ) 1 3 1 . F o r m e n der freiwilligen Versicherung (Versicherungsberechtigung, § 2 Abs. 1 SGB IV) sind die Se/¿w/versicherung (auf G r u n d freiwilligen Beitritts) und die Weiterversicherung (freiwillige Fortsetzung der Versicherung). Eine Selbstversicherung gab es seit jeher bei der Kranken- und Unfallversicherung (§§ 176, 545 R V O ) ; seit 1972 gibt es sie auch in der Rentenversicherung (§ 1233 R V O , § 10 A V G ) . Die Weiterversicherung setzt beendete Versicherungspflicht voraus. So kann z. B. das bisherige Pflichtmitglied einer Krankenkasse sein Versicherungsverhältnis in der Form, wie es bestanden hat, durch fristgebundene Anzeige oder Zahlung der satzungsgemäßen Beiträge aufrechterhalten ( § 3 1 3 R V O ) . Die Weiterversicherung in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten richtet sich nach § 1233 R V O , § 10 A V G . D a ß es in der Unfallversicherung 1 3 2 keine Weiterversicherung gibt, folgt daraus, daß mit d e m Wegfall der Voraussetzungen, an die die Versicherungspflicht anknüpft (§ 5 3 9 f . R V O ) , die betriebliche Unfallgefahr entfällt. Die Selbstversicherung beginnt in der Kranken- und Unfallversicherung mit d e m Tage des Beitritts des Versicherungsberechtigten (§§ 310 Abs. 1, 545 S. 1 R V O ) ; die freiwillige Weiterversicherung in der Krankenversicherung im Anschluß an das Pflichtversicherungsverhältnis (§ 313 Abs. 1 und 2 R V O ) . Die 127
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Vgl. dazu von Maydell, Der Geltungsbereich des deutschen Sozialversicherungsrechts, in: Casselmann u. a., SGB IV, S. 29 ff. Zu diesem Personenkreis vgl. z. B. Marburger, BB 1974, 92ff.; Stern, SozVers 1975, 197 ff. Vgl. BSGE 12,88; 14,104,107. Ebenso wie beim Beitritt zu einer Ersatzkasse; vgl. BSGE 12, 88 (89); 14,104 (107); 19, 173; 23, 248; Horst Peters, Handbuch, § 310 Anm. 3 a; Brackmann, Handbuch, S. 628 I; Wannagat, Lehrbuch, S. 304. BSGE 19, 173; Wannagat, Lehrbuch, S. 304; Krause, Verwaltungsarchiv 1970, 297ff.; ders., JuS 1972,425 ff.; Hadre, VSSR 1973,183 ff. Ebenso in der Arbeitslosenversicherung.
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freiwilligen Versicherungsverhältnisse enden durch Austritt oder erlöschen kraft Gesetzes, wenn Beitragsrückstände gegeben sind (§§ 314, 545 S. 2 R V O ) . In der Rentenversicherung erlöschen die Beziehungen unter den Voraussetzungen von § 1303 R V O , § 8 2 A V G . Eine Nachversicherung liegt vor, wenn zur sozialen Sicherstellung solcher Personen ein Rentenversicherungsverhältnis begründet wird, die in ihrer bisherigen Tätigkeit versicherungsfrei waren (§§ 1229 Abs. 1 Nr. 2 bis 4, 1231 R V O ; §§ 6 Abs. 1 Nr. 2 bis 5, 8 Abs. 1 A V G ) , aus dieser Beschäftigung aber o h n e lebenslange Versorgung nach beamtenrechtlichen (oder ähnlichen) Grundsätzen oder ohne eine diesen Grundsätzen entsprechende Hinterbliebenenversorgung ausscheiden (§ 1232 R V O , § 9 A V G ) 1 3 3 . D e r Dienstherr (Arbeitgeber) hat in diesen Fällen die gesamten, bis zum Tag des Ausscheidens angefallenen Beiträge aufzubringen (§ 1402 R V O , § 124 A V G ) . Von Höherversicherung spricht man bei der Rentenversicherung, wenn ein Pflicht- oder Weiterversicherter freiwillig höhere als die gesetzlich angeordneten oder gesetzlich im R a h m e n der Arbeiterversicherung zulässigen Beiträge zum Zweck des Erwerbs höherer Leistungsansprüche entrichtet (§ 1234 R V O , § 11 A V G ) 1 3 4 . D e r Versicherte kann die Beitragsklasse frei wählen. Inhalt des Versicherungsverhältnisses sind auf der einen Seite der Leistungsanspruch und die Leistungspflicht, auf der anderen Seite der Beitragsanspruch und die Beitragspflicht. Wenngleich im A b b a u begriffen und nicht unbestritten, liegt der Sozialversicherung — wie jeder Versicherung — der G e d a n k e des Versichemngswagnisses135 zugrunde, das für den Versicherungsträger wie für den Versicherten besteht. O b bzw. wann der Versicherungsfall (Krankheit, Unfall, Berufs-, Erwerbsunfähigkeit, Alter, Tod) eintritt, ist für beide Seiten ungewiß. Während die Individualversicherung die Risiken kraft vertraglicher Vereinbarung (individuell) abdeckt, sind die Versicherungsfälle und Leistungen der Sozialversicherung gesetzlich (generell) festgelegt. Während der Versicherungsfall bei der Privatversicherung einen privatrechtlichen Anspruch entstehen läßt, entsteht bei der Sozialversicherung ein öffentlich-rechtlicher Leistungsanspruch. Seine Voraussetzungen (Frage des „ O b " ) und die jeweiligen Leistungen (Frage des „ W i e " ) sind in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung unterschiedlich geregelt. Generelle Regeln und gemeinsame Grundsätze des Leistungsrechts ergeben sich aus den §§ 38 bis 59 S G B I (§ 19 S G B IV). Hinsichtlich des Beitragsrechts sind die gemeinsamen Grundsätze für alle Versicherungszweige in den § § 2 0 bis 28 SGB IV zusammengefaßt. Wesentliche Aspekte sind hier die Grundsätze zur Aufbringung der Mittel (§ 20 SGB IV), zur Bemessung der Beiträge (§ 21 S G B IV) und zur Entstehung und Fälligkeit der Beitragsansprüche (§§ 22, 23 S G B IV). 133
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Näheres zur Nachversicherung, insbes. auch zu den Sondervorschriften in anderen Gesetzen, Brackmann, Handbuch, S. 626 b II ff.; W. Brigmann / M. Binz, Nachversicherung in den gesetzlichen Rentenversicherungen 1968; Bley, VSSR 1975,289,338. Zu den Einzelheiten vgl. §§ 1234, 1261,1285,1388, 1408 RVO, §§ 11, 38, 6 2 , 1 1 5 , 1 3 0 AVG. Zum Begriff s. u. a. Günther Schmidt, in: Fg. f. Rohrbeck, 1955, S. 415.
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bb) Träger der Sozialversicherung: Die Sozialversicherungsträger sind rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 29 Abs. 1 SGB IV, auch § 189 Abs. 1 A F G ; vgl. auch Art. 87 Abs. 2 GG). Ausnahme und nicht selbständige Rechtsträger sind die Eigenunfallversicherungsträger; sie sind als Gebietskörperschaften unselbständige Ausführungsbehörden für die gesetzliche Unfallversicherung (§ 29 Abs. 4 SGB, § 766 RVO). Jeder Versicherungsträger hat eine Satzung (§ 34 SGB IV), die entweder von ihr selbst ausgeprägt oder staatlich oktroyiert ist 136 . Unterschiedlichen Notwendigkeiten bezüglich des Inhalts der Satzung bei den verschiedenen Versicherungsträgern entsprechend sind besondere Vorschriften für die einzelnen Versicherungsträger gegeben (§§ 320ff., 414b, 671, 1338 RVO). Bei jedem Träger der Sozialversicherung sind (Selbstverwaltungs-)Organe 137 zu bilden, die für die juristische Person handeln. Die Bildung und Zusammensetzung ist in den §§ 31 ff. SGB IV geregelt. Organe der Selbstverwaltung sind die Vertreterversammlung und der Vorstand ( § 3 1 Abs. 1 SGB IV); Organe der landwirtschaftlichen Krankenkassen und der landwirtschaftlichen Alterskassen sind die Organe der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften, bei denen sie errichtet sind (§ 32 Abs. 1 SGB IV). Für die See-Berufsgenossenschaft und die Seekasse kann die Satzung eine gemeinsame Verwaltung vorsehen (§ 32 Abs. 2 SGB IV, § 476 RVO). Die Vertreterversammlung ist die gewählte 1 3 8 Repräsentation der Versicherten und der sonstwie an der Gefahrengemeinschaft beteiligten Personengruppen 1 3 9 . Grundsätzlich sind beide Organe paritätisch mit Vertretern der Versicherten und der Arbeitgeber besetzt (§§ 29 Abs. 2, 44 Abs. 1 SGB IV); Abweichendes ist für die Träger der landwirtschaftlichen Unfallversicherung (je ein Drittel aus Vertretern der versicherten Arbeitnehmer, der Selbständigen ohne fremde Arbeitskräfte und der Arbeitgeber, § 44 Abs. 1 Nr. 2 SBG IV), der Bundesknappschaft (zwei Drittel aus Vertretern der Versicherten und einem Drittel aus Vertretern der Arbeitgeber, § 44 Abs. 1 Nr. 3 SGB IV) und den Ersatzkassen (nur Vertreter der Versicherten, § 44 Abs. 1 Nr. 4 SBG IV) bestimmt. Außerdem ergibt sich für die Betriebskrankenkassen und die Bundesbahn-Versicherungsanstalt die Notwendigkeit einer speziellen Regelung (§ 44 Abs. 2 SGB IV). Die Mitglieder der Vertreterversammlung werden von den Versicherten und den 136
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§§ 3 2 0 II, 672 II, 1340 R V O ; Stößner, D i e Staatsaufsicht in der Sozialversicherung, 1969, S. 91 f.; Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit eines Satzungsoktroi bei Martin, D e r Prüfungsmaßstab bei Genehmigungen, Zustimmungen und Bestätigungen in der Sozialversicherung, Diss. Hamburg 1967, S. 146 ff. Siebeck, in: Fs. f. Jantz, S. 129 und WzS 1969, 33; grundlegend zum Organbegriff Wolff / Bachof, V w R II, 4. Aufl., § 74. Z u den Sozialversicherungswahlen 1974 mit ihren Änderungen und Aufgaben für die Zukunft: Meyer, D R V 1974, 9ff.; Muhr, SozSich 1974, 193ff.; Will, SGb 1 9 7 3 , 4 9 4 f f . Vgl. Siebeck, D O K 1968, 3 0 3 (309). Zur Funktion und Problematik der Repräsentation: Bogs, Strukturprobleme der Selbstverwaltung einer modernen Sozialversicherung, in: Soziale Selbstverwaltung, Bd. 1, S. 20 ff.; von Ferber, Soziale Selbstverwaltung - Fiktion oder Chance?, in: Soziale Selbstverwaltung , Bd. 1, S. 109 ff.
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Arbeitgebern in ihren Gruppen gewählt (§ 46 SGB IV), die Mitglieder des Vorstandes in ihren jeweiligen Gruppen durch die Vertreterversammlung (§ 52 Abs. 1 SGB IV). Die Zahl der Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane wird durch die Satzung bestimmt und richtet sich prinzipiell nach der Größe des Versicherungsträgers (§ 43 SGB IV). Die Wahl - alle sechs Jahre (zuletzt 1974), § 58 SGB IV erfolgt aufgrund von Vorschlagslisten (§ 48 SGB IV), die zusammengelegt werden können (§ 48 Abs. 7 SGB IV), so daß kein Wahlgang zu erfolgen braucht 1 4 0 . Wahlrecht und Wählbarkeit bestimmen sich nach den § § 5 0 , 51 SGB IV. Die Wahl des Vorstands erfolgt nach den Regeln des § 52 SGB IV. Nicht Organ der Selbstverwaltung, aber Organ des Sozialversicherungsträgers ist der Geschäftsführer bzw. die Geschäftsführung (§ 36 Abs. 1 und 4 SGB IV). Der Geschäftsführer gehört dem Vorstand mit beratender Stimme an (§ 31 Abs. 1 SGB IV). Geschäftsführer bzw. Geschäftsführung — einschließlich der Stellvertreter — werden von der Vertreterversammlung auf Vorschlag des Vorstandes gewählt (§ 36 Abs. 2 SGB IV). Bezüglich der Aufgabenverteilung ( § 3 1 Abs. 2 SGB IV) ist die Vertreterversammlung das willensbildende Organ des Versicherungsträgers. Sie beschließt insbesondere die Satzung und sonstiges autonomes Recht des Versicherungsträgers (§ 33 Abs. 1 SGB IV). Außerdem fallen Beschlüsse über Fragen von grundsätzlicher Bedeutung in ihre Zuständigkeit (z. B. §§ 36 Abs. 2, 70 Abs. 1, 77 Abs. 1 SGB IV, § 345 Abs. 2 RVO). Die Vertreterversammlung vertritt den Versicherungsträger gegenüber dem Vorstand und dessen Mitgliedern (§ 33 Abs. 2 SGB IV). Dem Vorstand obliegt die Verwaltung des Versicherungsträgers; er vertritt ihn insbesondere gerichtlich und außergerichtlich (§ 35 Abs. 1 SGB IV). Er erläßt Richtlinien für die Führung der Verwaltungsgeschäfte, soweit diese dem Geschäftsführer obliegen (§ 35 Abs. 2 SGB IV). Der Geschäftsführer führt hauptamtlich die laufenden Verwaltungsgeschäfte 141 im Rahmen von Gesetz, Satzung und allgemeinen Richtlinien des Vorstandes. Insoweit vertritt er den Versicherungsträger gerichtlich und außergerichtlich (§ 36 Abs. 1 SGB IV). Zur ortsnahen Beratung und Betreuung von Versicherten und Leistungsberechtigten können Versicherungsälteste gewählt werden (§ 39 SGB IV). Die vertretungsberechtigten Organe des Versicherungsträgers haben die Eigenschaft einer Behörde. Sie führen das Dienstsiegel des Versicherungsträgers ( § 3 1 Abs. 3 SGB IV). Die Funktion der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung 142 hat sich vor allen Dingen in den letzten Jahren erheblich gewandelt, so daß der Sache nach nur noch 140
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„Wahl ohne Wahlhandlung" oder sog. „Friedenswahl", deren Verfassungsmäßigkeit bejaht wird: BSGE 36, 242. 1974 fanden nur bei 38 Versicherungsträgern (bei knapp 1800 Versicherungsträgern insgesamt) Wahlen statt. Engesser, Arbeits- und Sozialrecht 1975, S. 111 ff.; siehe auch BT-Drucks. 7/4244, S. 12. Vgl. hierzu BSGE 26,129; 40,130. Vgl. dazu Bogs, Strukturprobleme der Selbstverwaltung einer modernen Sozialversicherung und v. Ferber, Soziale Selbstverwaltung — Fiktion oder Chance?, in: Soziale Selbstverwaltung, Bd. 1,1976.
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bedingt von Selbstverwaltung zu sprechen ist 1 4 3 . D i e „Selbstverwaltung" der Sozialversicherungsträger, im Bereich des Besorgens öffentlicher Angelegenheiten schlechthin das Gegenstück zur Staatsverwaltung, steht deshalb z. Z . vor einer Bewährungsprobe 1 4 4 . Geht man vom historischen Kern der Selbstverwaltung aus, so stellt sie sich als eigenständiges, jede fremde, insbesondere j e d e staatliche Einwirkung grundsätzlich ausschließendes Planungs-, Regelungs- und D u r c h f ü h rungsvermögen dar. Selbstverwaltung ist eigenverantwortliches Handlungsvermögen der Leistungsträger in Freiräumen, deren Ausfüllung ihnen im R a h m e n der allgemein verbindlichen Rechtsordnung vom Gesetzgeber überlassen wurde. Diesen A n f o r d e r u n g e n genügt die derzeitige „Selbstverwaltung" nicht mehr. Das gilt sowohl für die kommunale Selbstverwaltung wie für jede andere öffentliche Verwaltung durch verselbständigte Träger. Was heute von Selbstverwaltung übriggeblieben ist, läßt sich in sog. politische und rechtliche Selbstverwaltung trennen. Die politische Selbstverwaltung ist historisch bedingt und erweckt den Anschein, als ermögliche sie besondere F o r m e n sachlicher Mitbestimmung. In Wirklichkeit ist sie nur Kennzeichnung eines Organtyps und bedeutet W a h r n e h m u n g der den Leistungsträgern gesetzlich übertragenen A u f g a b e n durch ehrenamtlich tätige Personen oder Laien-Organe. („Selbstverwaltungsorgane"). Sie verschafft aber weder d e m jeweiligen Kollegialorgan noch der hinter ihm stehenden Körperschaft oder Anstalt mehr Gestaltungsfreiheit, als das Gesetz es zuläßt. In demselben Maße, wie sie aufgebaut wurde, ist echte (materiale) Selbstverwaltung abgebaut worden. Auch die rechtliche Selbstverwaltung erweist sich als rein formaler Natur. Sie beinhaltet Führung öffentlicher Verwaltung durch vom Staat verschiedene (aber nicht eindeutig unterschiedene) juristische Personen des öffentlichen Rechts. Hinter ihr steht der organisationsrechtliche G e d a n k e der Dezentralisation von Staatsaufgaben, d. h. deren teilweise Übertragung zur Erledigung auf durch den Staat verselbständigte Träger (mittelbare Staatsverwaltung). D e r Bund hat gegenwärtig ein Interesse daran, das Sozialrecht zu vereinfachen und eine möglichst „einheitliche" Sozialverwaltung aufzubauen. Deshalb kommt es ihm weniger auf Leistungsfähiger als auf („zuständige") Organe an, die sein Sozialrecht als Lokal- und Mittelbehörden ausführen. So erklärt es sich, daß im S G B I die Leistungsträger den Behörden (Organen) entweder gleichgeschaltet ( § 1 2 SGB I) oder zu bloßen Behörden-Vermittlern degradiert werden (§§ 18ff. S G B I). D a die Kodifikation des Sozialrechts ein engmaschiges Netz von N o r m e n („System") darstellt und seine N o r m e n nicht im R a h m e n , sondern „nach Maßgabe des Gesetzes" zu erfüllen sind (vgl. Art. 28 Abs. 2 S. 2 G G ) , kann sich der Bund mit bloßer Rechtsaufsicht begnügen, die sich im Ergebnis als „Organaufsicht" praktizieren läßt. Die soziale Selbstverwaltung ist aber nicht nur von Seiten des Staates gefährdet, sondern auch durch sich selbst. So wird das (formal und material) gegliederte Kassensystem, vor allem im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung, nur dann und insoweit akzeptabel bleiben, als es nicht zu verteilungspolitisch unge143 144
B V e r f G E 3 9 , 302 (313 f.). Zur Problematik vgl. Wertenbruch, in: Fs. f. Horst Peters, 1975, S. 203 ff.
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rechtfertigten Unterschieden in der finanziellen Belastung (durch Beiträge), zu ungerechtfertigten Unterschieden im „Leistungs-System" und zu Unübersichtlichkeiten führt. Weiter darf Selbstverwaltung nicht defensiv sein, wo ein engagiertes Vorgehen angebracht wäre. Das zeigt ein Beispiel aus jüngster Vergangenheit: Krankenhausplanung und Krankenhausbedarfspläne wären ureigenste Aufgabe der Krankenhausträger. Statt dessen hat der Staat diesen gesamten Bereich an sich gezogen. Wenn die Selbstverwaltung aus sich heraus künftig nicht aktiver wird, könnte ähnliches z. B. bei dem sich jetzt auftuenden Bereich der sozialen Entschädigung eintreten. In ihrem Sozialbericht 1973 145 betont die Bundesreigerung zwar, das heutige System der sozialen Sicherheit überprüfen und die Beziehungen zwischen Staat und Gesellschaft neu überdenken zu wollen. Eine solche Überprüfung habe insbesondere das Ziel, die Verbindung zwischen den Versicherten und dem Versicherungsträger enger zu gestalten, die Tätigkeit der Selbstverwaltungsorgane wirksamer zu machen, den Handlungsspielraum der Selbstverwaltung unter Wahrung berechtigter staatlicher Belange auszubauen, das Aufsichtsrecht unter möglichster Beschränkung auf die Rechtsaufsicht dem Gedanken der Selbstverwaltung entsprechend zu gestalten und das Selbstverwaltungsrecht unter Beachtung sachlich notwendiger Differenzierungen soweit wie möglich zu vereinfachen. In die gleiche Richtung geht eine Initiative des Bundestages, mit der er die Bundesregierung ersucht, bis zum 31. 10. 1975 Vorschläge zu machen, wie die Selbstverwaltung neu geordnet werden könne 1 4 6 . Insbesondere soll geprüft werden, wie die Funktionsfähigkeit der Selbstverwaltungsorgane weiter verbessert werden kann; welche Folgerungen im Hinblick auf die Öffnung der Sozialversicherung für weitere Bevölkerungsgruppen für die gleichberechtigte Mitwirkung der Arbeitnehmer in den Organen zu ziehen sind; welche Schlüsse aus den Selbstverwaltungswahlen 1974 zu ziehen sind, wobei vor allem die Frage der Beibehaltung des Wahlverfahrens zu prüfen ist; wie die Wahl und die Stellung der Geschäftsführer dem Selbstverwaltungsrecht entsprechend gestaltet werden kann; ob und wie das Dienstrecht der Bediensteten der Sozialversicherungsträger zu verändern ist. Mit derselben Initiative wird die Bundesregierung ersucht, im Zusammenhang mit der Neuordnung des Selbstverwaltungsrechts auch das Aufsichtsrecht in der Sozialversicherung den Grundsätzen der Selbstverwaltung entsprechend neu zu ordnen. Es fehlt also nicht an Bekenntnissen und Reformbestrebungen zugunsten 145 146
Teil A, Nr. 85 (S. 16). BT-Drucks. 7/644, S. 6; dazu vgl. die vorgelegten Rechtsgutachten von Bogs und von Ferber, siehe Fußn. 142.
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der sozialen Selbstverwaltung 1 4 7 . Zwischen erklärter und praktizierter Selbstverwaltung liegt jedoch bislang eine Kluft 1 4 8 . Das birgt die G e f a h r in sich, daß das Bewußtsein für den Wert der Selbstverwaltung, die im intermediären Bereich zwischen Staat und Individuen ihren Platz haben sollte, und damit für das, was Sozialrecht ist und leisten könnte, verlorengeht. Materiale Selbstverwaltung ist nicht um ihrer selbst willen wünschenswert. Sie liegt im Interesse des einzelnen ebenso wie im Interesse des Staates 1 4 9 und ist praktisch notwendig, weil der Staat allein nicht imstande sein wird, das Sozialrecht organisatorisch, personell und finanziell zu bewältigen. So sind alle sozialen und politischen Kräfte aufgerufen, den Wert der Selbstverwaltung deutlich zu machen. D e r Öffentlichkeit ist glaubhaft zu machen, daß Selbstverwaltung aus sich heraus in der Lage ist, ein Großteil öffentlicher Aufgaben in die H a n d zu nehmen und ggf. besser als der Staat zu lösen. D a s Haushalts- und Rechnungswesen der Versicherungsträger ist nunmehr einheitlich in den §§ 67ff. SGB IV geregelt 1 5 0 . D a b e i gelten die Vorschriften nicht nur für alle Sozialversicherungsträger, sondern auch für die Kassenärzt-(zahnärzt)lichen Vereinigungen und deren Bundesvereinigungen (§ 3 6 8 k Abs. 3 S. 5 R V O ) , für die öffentlich-rechtlichen Bundes- und Landesverbände der Krankenkassen (§ 414 Abs. 4 S. 4 R V O ) , für den Bundesverband der landwirtschaftlichen Alterskassen (§ 22 Abs. 5 S. 3 G A L ) und für den Bundesverband der landwirtschaftlichen Krankenkassen (§ 56 Abs. 1 S. 4 K V L G ) entsprechend. Inhaltlich ist das Haushalts- und Rechnungswesen nach den Grundsätzen der allgemeinen öffentlichen Haushalte (Haushaltsgrundsätzegesetz [ H G r G ] v. 19. 8. 1969) gestaltet. Die Verwaltung des Vermögens der Versicherungsträger ist in den §§ 8Off. SGB IV nach modernen Gesichtspunkten besonders hinsichtlich der Anlagevorschriften und der Rücklage einheitlich für die Versicherungsträger geregelt. 147
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Vgl. z. B. WSI (Hrsg.), Sozialpolitik und Selbstverwaltung - Zur Demokratisierung des Sozialstaates, WSI-Studie zur Wirtschafts- und Sozialforschung Nr. 35. D i e wohl auch nicht aufgrund der neuesten Gesetzgebung beseitigt worden sind: Vgl. §§ 2 9 ff. S G B IV. Vgl. auch Hopf, Berufsgenossenschaftliche Praxis 1974, 27 ff. Weitere Literatur: Harald Bogs, D i e Sozialversicherung im Staat der Gegenwart, 1973, S. 182ff.; Boknecht, KrV 1975, 2 9 f f . ; Doetsch, BKK 1974, 2 5 3 f f . ; v. Ferber, BKK 1974, 79ff.; Hillebrand, KrV 1974, 311 ff.; Holler, SozSich 1974, 2 5 7 f f . ; Leopold, D i e Selbstverwaltung in der Sozialversicherung, 2. Aufl., 1974; ders., SozSich 1974, 6 8 f f . ; ders., Z S R 1974, l f f . ; Obermayer, D O K 1973, 4 7 3 f f . ; Horst Peters, B K K 1973, l l l f . ; RohwerKahlmann, Z S R 1974, 2 4 0 f f . , 280ff.; Wertenbruch, Z S R 1975, 5 1 8 f f . ; ders., SGb 1975, 261 ff.; Thiemeyer, Z S R 1975, 5 3 9 f f . ; Schnabel, Z S R 1975, S. 5 5 9 f f . ; Schmidt, Z S R 1975, S. 5 6 2 f f . ; Bull, D i e Krankenversicherung 1976, S. 175ff.; Leopold, Z S R 1975, 19ff.; Kröninger, Die Sozialversicherung 1975, 3 0 9 f f . Hopf, Berufsgenossenschaftliche Praxis 1 9 7 4 , 2 7 . Dazu Verordnung über das Haushaltswesen in der Sozialversicherung ( S V H G ) v. 21. 12. 1977 (BGBl. I S. 3 1 4 7 ) . Literatur: Neumann-Dulsberg, BKK 1977, S. 2 7 7 f f . ; Steffens, Haushalts- und Rechnungswesen, in: Casselmann u. a., S G B IV, S. 128ff.; ders., BlArbSozStR 1977, S. 102 ff.
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Die Versicherungsträger unterliegen der staatlichen Aufsicht (§ 87 Abs. 1 S. 1 SGB IV). Die Staatsaufsicht dient der Erhaltung der Gleichgewichtslage zwischen Staatsmacht und Selbstverwaltungskörper 151 und gestaltet sich gegenüber den selbständigen Versicherungsträgern in der Regel als Rechtsaufsicht 152 , d. h. sie erstreckt sich lediglich darauf, daß Gesetz und sonstiges Recht, das für den Versicherungsträger maßgebend ist, beachtet werden (§ 87 Abs. 1 S. 2 SGB IV) 153 . Neben Mitwirkungsbefugnissen 154 im Bereich des Haushaltsrechts und der Vermögensverwaltung (z. B. §§ 70 Abs. 5, 71 Abs. 3, 72 Abs. 2, 73 Abs. 2, 85 Abs. 1, 86 SGB IV) ist wesentlicher Gegenstand der Aufsicht die Prüfung der Geschäftsund Rechnungsführung (§ 88 Abs. 1 SGB IV). Als Aufsichtsmittel kommen gestuft Maßnahmen in Frage (§ 89 SGB IV), die nach den Grundsätzen der Opportunität und Verhältnismäßigkeit zu bestimmen sind 155 . Aufsichtsbehörde für bundesunmittelbare Versicherungsträger — das sind solche Versicherungsträger, deren Zuständigkeit sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt (vgl. auch Art. 87 Abs. 2 GG) - ist das Bundesversicherungsamt (§ 90 Abs. 1 SGB IV) 156 ; die Aufsicht über Versicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich nicht über die Grenzen eines Landes hinaus erstreckt (landesunmittelbare Versicherungsträger), führt die für die Sozialversicherung zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle (§ 90 Abs. 2 SGB IV). Auf den Gebieten der Unfallverhütung und der Ersten Hilfe bei Arbeitsunfällen führt der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung die Aufsicht (§ 90 Abs. 1 SGB IV). cc) Versicherungsbehörden: Als Versicherungsbehörden nennt das SGB IV die Versicherungsämter und das Bundesversicherungsamt, wobei nach Landesrecht 157 weitere Versicherungsbehörden errichtet werden können ( § 9 1 Abs. 1 SGB IV)
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BSGE 2 6 , 2 3 7 (240); Bull, VSSR 1977,114ff. Vgl. u. a. BSGE 26, 237 (239); W. Weber, Die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung, Bd. 1 der Schriftenreihe des Dt. Sozialgerichtsverbandes, 1966, S. 32; Wertenbruch, D Ö V 1969, 602. Ausnahmen z. B. nach § 706 RVO. Vgl. auch Stößner, Die Staatsaufsicht in der Sozialversicherung, 1969, S. 79 ff. Vgl. dazu die Nachweise bei Schnapp, BKK 1969,194, 200 (zu III); zum Gesetzesbegriff, insbesondere hinsichtlich der Verwaltungsvorschriften als Aufsichtsmaßstab vgl. Freitag, BKK 1970, 221 ff. m. w. N. Weitere Einzelheiten bei Boknecht, KrV 1975, 29ff.; vgl. dazu auch Schirmer, Zur Aufsicht in der Sozialversicherung nach dem Sozialgesetzbuch, in: Casselmann u. a., SGB IV, S. 141 ff.; Bull, VSSR 1977,120ff. Vgl. Bull, VSSR 1977,130ff. Vgl. BT-Drucks. 7/4122, S. 39 zu § 90; Bull, VSSR 1977, 137ff.; Schirmer, Zur Aufsicht in der Sozialversicherung nach dem Sozialgesetzbuch, in: Casselmann u. a., SGB IV, S. 143 ff. Vgl. auch BVAG v. 9. 5. 1956 (BGBl. I, S. 415). Z. B. Baden-Württemberg: Landesaufsichtsamt für Sozialversicherung (§ 9 des Ausführungsgesetzes zum SGG - AGSGG - v. 21. 12. 53); Schleswig-Holstein: Aufsichtsamt für Sozialversicherung (Gesetz über die Aufsichtsführung in der Sozialversicherung v. 16. 6. 1958).
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oder eine Aufgabendelegation 1 5 8 möglich ist (§ 91 Abs. 2 SGB IV). Versicherungsämter sind untere Verwaltungsbehörden 1 5 9 der Länder (§ 92 SGB IV); das Bundesversicherungsamt ist selbständige Bundesoberbehörde 1 6 0 (§ 94 SGB IV). Die Aufgaben der Versicherungsämter und des Bundesversicherungsamtes 1 6 1 bestimmen sich nach §§ 93, 94 SGB IV (i. V. m. dem BVAG 1 6 2 ). b) Krankenversicherung: Die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) geht in ihrer heutigen Regelung bezüglich der Sicherstellung des Versicherten und seiner Familie über die ursprünglich vorgesehene Sicherung, die im wesentlichen die Deckung der Kosten und den Ausgleich des Einkommensausfalls im Falle der Krankheit für in abhängiger Beschäftigung stehende Personen 1 6 3 und ihre Familien vorsah, weit hinaus 1 6 4 . Die Aufgaben der Krankenversicherung sind heute die Vorsorge zur Früherkennung und Verhütung von Krankheiten, die Krankenhilfe zur Heilung von Krankheiten, zur Rehabilitation, zur nachgehenden Sicherung der Gesundheit und zur Einkommenssicherung, die Mutterschaftshilfe bei Schwangerschaft und Entbindung, die Hilfe bei der Empfängnisregelung, bei legaler Sterilisation und legalem Schwangerschaftsabbruch, die Hilfe zur Weiterführung des Haushalts mit pflegebedürftigem Kind und zur Weiterführung des landwirtschaftlichen Betriebs und ein finanzieller Beitrag (Sterbegeld) bei Tod des Versicherten oder mitversicherter Angehöriger 1 6 5 . Nicht nur durch den stark ausgebauten Leistungskatalog der Krankenversicherung, sondern vor allen Dingen durch die starke Steigerung der Kosten für zu erbringende Leistungen selbst (z. B. für Krankenhauspflege, ärztliche und zahnärtzliche Leistungen) und durch die erhöhte Inanspruchnahme angebotener Leistungen infolge eines gewachsenen Gesundheitsbewußtseins haben die Ausgaben für Leistungen der Krankenversicherung heute ein Volumen von rund 70 Milliarden D M erreicht (1975 63,4 Mrd. DM) 1 6 6 . Mit einem zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung weiter überproportionalen Wachs-
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Z. B. Niedersachsen: Landkreise und kreisfreie Städte als Versicherungsämter (Gesetz über die Neuregelung der Aufsicht über die landesunmittelbaren Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und die landesunmittelbaren Verbände v. 20. 12. 1957); Nordrhein-Westfalen: Versicherungsämter (Verordnung über die Übertragung der Aufsicht über die landesunmittelbaren Krankenkassen und Kassenverbände auf die Versicherungsämter v. 11. 12. 1956). Vgl. z. B. Rudolf, in: Erichsen /Martens, Allg.VwR, 3. Aufl., 1978, S. 464f., 484f., 503 f. Vgl. z. B. Rudolf, in: Erichsen /Martens, Allg. VwR, 3. Aufl., 1978, S. 469f. Dazu Schewe (Hrsg.), Die Praxis des Bundesversicherungsamtes, 1977. G v. 9. 5. 1956 (BGBl. I, S. 415). Vgl. hierzu oben II, 4 a aa. Dazu Henke, Grundzüge, S. 86ff.; Rosenberg, Die soziale Krankenversicherung, S. 46ff. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 182. Vgl. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 26 ff.; Fischwasser, DOK 1978, 3 it.
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tum der Leistungsausgaben, das allerdings durch gesetzliche M a ß n a h m e n 1 6 7 voraussichtlich verlangsamt wird, muß gerechnet werden 1 6 8 . In den nächsten Jahren werden weiter intensive Anstrengungen erforderlich sein, diese Kostenexpansion, die in den vergangenen Jahren z. T. bei 20 v. H. lag, zu bewältigen 1 6 9 . Ein wesentlicher Aspekt wird dabei die „Belastbarkeit" vor allem der Versicherten hinsichtlich ihrer Beitragsverpflichtung sein. D e r durchschnittliche Beitragssatz, der am 1. 7. 1973 bei 9,16 v. H . lag, ist inzwischen auf über 11 v. H. angestiegen. D a die Beiträge — die einzige wesentliche Finanzierungsquelle der Krankenversicherung so zu bemessen sind, daß sie zusammen mit den anderen E i n n a h m e n insbesondere die gesetzlich vorgeschriebenen und zugelassenen Ausgaben decken ( § 2 1 S G B IV), kann eine Konsolidierung der Finanzierung der Krankenversicherung nur über den A b b a u bisher vorgeschriebener Leistungen 1 7 0 oder über eine Minderung der Kostenzuwächse f ü r zu erbringende Leistungen erfolgen. Die vorgesehene konzertierte Aktion im Gesundheitswesen (§ 405 a R V O ) 1 7 1 könnte — so umstritten ihre Wirksamkeit auch sein mag - ein Anfang zur allgemeinen und längerfristigen Verlangsamung des Kostenanstiegs in den wesentlichen Ausgabenbereichen der Krankenversicherung sein. Die jetzt gefundene Lösung zur Finanzierung der Krankenversicherung der R e n t n e r bringt, abgesehen von der Festlegung des von den Rentenversicherungsträgern zu zahlenden Beitrags von effektiv etwa 11 v. H . der Rentenzahlbeträge (§§ 385 Abs. 2, 1304 d R V O , § 83 d A V G ) , eine sicherlich sinnvolle Verteilung der besonderen Belastungen durch diesen Versichertenkreis gleichmäßig auf alle Krankenversicherungsträger. Besonders die ungewöhnlich hohen Belastungen einzelner Versicherungsträger durch einen hohen R e n t n e r a n teil unter den Versicherten werden nivelliert 1 7 2 . Z u s a m m e n mit d e m möglichen, in § 4 1 4 b Abs. 2 a R V O vorgesehenen allgemeinen Finanzausgleich 1 7 3 , kann hier eine gewisse Tendenz zur V e r ä n d e r u n g des bestehenden gegliederten Krankenversicherungssystems gesehen werden. aa) Versicherter Personenkreis: D e r versicherte Personenkreis wird zunächst in zwei G r u p p e n geteilt: Personen, die kraft Gesetzes oder Satzung (Versicherungspflicht) versichert sind, und solche Personen, die auf Grund freiwilligen Beitritts 167
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Gesetz zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz — K V K G ) v. 27. 6. 1977 (BGBl. I, S. 1069); dazu auch Kierstein, BKK 1977, 2 4 9 f f . ; Fischwasser, D O K 1978, 3 ff.; Zipperer, D O K 1 9 7 8 , 1 1 ff. Siebeck, Zur Kostenentwicklung in der Krankenversicherung — Ursachen und Hintergründe, 1976. Vgl. zur Problematik Herder-Dorneich, Wachstum und Gleichgewicht im Gesundheitswesen, 1976; Schaper, Z S R 1977, 6 3 7 f f . ; Thiemeyer, Z S R 1977, 181ff.; Institut für Sozialrecht der Ruhr-Universität Bochum, Z S R 1 9 7 6 , 1 2 9 ff. Einige Begrenzungen im Leistungsrecht der Krankenversicherung sind im Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz (KVKG) vorgesehen. Vgl. Kierstein, B K K 1977, 2 5 5 f f . ; Zipperer, D O K 1978, 15ff. Vgl Schirmer, DOK 1978, 51 f f . Vgl. Kierstein, B K K 1977, 251 ff.; ders., D O K 1978, 3 0 f . Vgl. Kierstein, B K K 1977, 264.
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oder freiwilliger Fortsetzung der Versicherung (Versicherungsberechtigung) der Versicherung angehören (§ 2 Abs. 1 SGB IV). Versicherungspflichtig sind nach § 165 R V O : Arbeitnehmer
(§ 2 A b s . 2 Nr. 1 S G B I V , § 165 A b s . 1 N r . 1 u n d 2
R V O ) , Behinderte, die in geschützten Einrichtungen 1 7 4 arbeiten (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 SGB IV, §§ 2 und 3 SVBG, § 165 Abs. 1 Nr. 2 a , b R V O ) und Behinderte 1 7 5 , die wegen berufsfördernder M a ß n a h m e n zur Rehabilitation Übergangsgeld (soweit es nicht nach dem B V G berechnet wird) beziehen (§ 165 Abs. 1 Nr. 4 R V O ) , Jugendliche in Einrichtungen der Jugendhilfe (§ 165 A b s . 1 Nr. 2 a a R V O ) , Studenten u n d Praktikanten176 (§ 165 A b s . 1 N r . 5 u n d 6 R V O ) , land- und forstwirt-
schaftliche Unternehmer einschließlich ihrer mitarbeitenden Familienangehörigen und der Altersgeldbezieher (§ 2 K V L G ) , Arbeitslose (§ 155 A F G ) und Rentner (§ 165 Abs. 1 Nr. 3 R V O ) . Als selbständig Tätige sind nach § 166 R V O (vgl. auch § 2 Abs. 2 Nr. 4 bis 7 S G B IV) Hausgewerbetreibende, Lehrer, Erzieher und Musiker und in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- und Kinderpflege selbständig tätige Personen, die in ihren Betrieben keine Angestellten beschäftigen, Artisten und H e b a m m e n mit Niederlassungserlaubnis unter der Bedingung versicherungspflichtig, daß ihr regelmäßiges Jahreseinkommen (vgl. § 15 SGB IV) nicht 75 v. H . der für Jahresbezüge in der Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze (§ 1385 Abs. 2 R V O ) 1 7 7 übersteigt. Die zahlenmäßig größte G r u p p e der Pflichtversicherten sind die Arbeitnehmer einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten (vgl. ausdrücklich § 2 Abs. 2 Nr. 1 S G B IV). Unterschieden wird hier — obwohl nicht mehr von großer Bedeutung — zwischen Arbeitern und Angestellten, wobei als allgemeines Unterscheidungskriterium maßgebend ist, ob der Betreffende eine überwiegend körperliche oder geistige Beschäftigung ausübt. Die beispielhaften Aufzählungen in den §§ 165 a und 165 b R V O sowie im sog. „Berufsgruppenkatalog" 1 7 8 geben Hinweise für eine Z u o r d n u n g ; letztlich entscheidend soll jedoch die Verkehrsauffassung der Beteiligten sein 1 7 9 . Voraussetzung für das Bestehen der Versicherungspflicht ist die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses 1 8 0 und der Bezug von Entgelt, soweit es sich nicht um Auszu174
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Vgl. Gesetz über die Sozialversicherung Behinderter in geschützten Einrichtungen v. 7 . 8 . 1975 (BGBl. I,S. 1061). Vgl. Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation v. 7. 8. 1974 (BGBl. I,S. 1881). Vgl. Gesetz über die Krankenversicherung der Studenten - KVSG - v. 24. 6. 1975 (BGBl. I, S. 1536). Diese Beitragsbemessungsgrenze basiert auf der allgemeinen Rentenbemessungsgrundlage der Rentenversicherung (§ 1255 Abs. 2 RVO, § 32 Abs. 2 AVG). Nach § 1385 Abs. 2 RVO, § 112 Abs. 2 AVG i. d. F. des 20. RAG v. 27. 6. 1977 beträgt die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung für das Kalenderjahr 1978 44400 DM. Sie verändert sich in den folgenden Jahren entsprechend der Entwicklung der allgemeinen Bemessungsgrundlage (§ 1255 Abs. 2 RVO, § 32 Abs. 2 AVG). Sie wird jährlich vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung bekannt gemacht. RAM v. 8. 3. 24 mit Ergänzungen - RGBl. 11927, S. 58 und S. 222. Beispielhaft: RVA AN 1940, 254 (255); BSGE 10, 82; 24, 29 (30); 24, 123 (124); 29, 108 (110). Vgl. auch Bley, Sozialrecht, S. 78. Vgl. oben II 4a aa; Wallerath, ZSR 1977,159 ff.
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bildende handelt (§ 165 Abs. 2 RVO). Angestellte sind nur dann versicherungspflichtig, wenn ihr regelmäßiger Jahresarbeitsverdienst (vgl. § 14 SGB IV) 75 v. H. der für Jahresbezüge in der Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze (§ 1385 Abs. 2 RVO) 1 8 1 nicht übersteigt 182 . Bei Überschreitung der Jahresarbeitsverdienstgrenze scheiden Angestellte aus der Pflichtversicherung aus (§ 165 Abs. 5 RVO). Die Versicherung (Mitgliedschaft) Versicherungspflichtiger beginnt mit dem Beschäftigungsverhältnis, regelmäßig mit dem Beginn des Tages der tatsächlichen Arbeitsaufnahme (§ 306 Abs. 1 RVO) 1 8 3 . Sie endet entsprechend. Die Mitgliedschaft ist grundsätzlich von keiner Meldung (§ 317 R V O ) abhängig, ebensowenig von Beitragszahlungen. Die freiwillige Versicherung (Versicherungsberechtigung) ist als Se/fasrversicherung und als Weiterversicherung möglich. Den zur Selbstversicherung berechtigten Personenkreis bezeichnen die §§ 176, 176a, 176b, 176c R V O und § 6 KVLG. Freiwillig beitreten können die berechtigten Personen nur, wenn ihr jährliches Gesamteinkommen (vgl. § 16 SGB IV) 75 v. H. der für Jahresbezüge in der Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze (§ 1385 Abs. 2 R V O ) 1 8 4 nicht übersteigt. Weitere Beitrittsvoraussetzungen (Altersgrenze) kann die Satzung der Kasse in gewissen Fällen bestimmen (§ 176 Abs. 3 RVO). Die Geltendmachung des Beitrittsrechts erfolgt durch die Anmeldung, die Mitgliedschaft beginnt mit dem Beitritt (§ 310 Abs. 1 RVO). Zur Weiterversicherung sind Personen berechtigt, die aus der Pflichtversicherung ausscheiden, eine gewisse Vorversicherungszeit erfüllt haben und die Meldung zur Weiterversicherung binnen eines Monats nach dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung vorgenommen haben (§ 313 Abs. 1 und 2 R V O , § 5 KVLG). Die Mitgliedschaft freiwillig Beigetretener und freiwillig Weiterversicherter endet durch Austritt, möglicherweise kraft Gesetzes durch Beitragsverzug (§ 314 RVO). Eine formale Mitgliedschaft ist nach den §§ 315, 315 a R V O möglich, eine formale Versicherung185 nach § 213 R V O und § 40 KVLG. bb) Leistungen: Gegenstand der Versicherung können, je nach Leistungsgrund, folgende Leistungen, die man in Präventions-, Restitutions- (Rehabilitations-) und Kompensationsleistungen einteilen kann 1 8 6 , sein (§ 179 RVO, § 7 KVLG, vgl. auch § 21 Abs. 1 SGB I): Maßnahmen zur Früherkennung (und Verhütung) von Krankheiten (§§ 181, 181a, 187 Nr. 1 u. 2 R V O , §§ 8, 9, 11 KVLG), Krankenhilfe (§ 182 RVO, § 12 KVLG), Mutterschaftshilfe (§§ 195ff. R V O , §§ 22ff. KVLG), sonstige Hilfen (§§ 200e, 200f, 200g RVO, §§ 31a, 31b, 3 1 c KVLG), Sterbegeld (§§ 201, 202 R V O , § 37 KVLG) und Familienhilfe (§§ 205, 205a, 205 b R V O , §§ 32, 33, 37 KVLG). 181 182
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Vgl. Fußn. 177. Die Jahresarbeitsverdienstgrenze gilt nicht für Angestellte auf Seefahrzeugen (§ 13 SGB IV, § 165 III RVO). Zur Berechnung: § 165 IV RVO; Krauskopf, Komm., § 165 Anm. 4.2. m. w. N. Vgl. oben II 4a aa; Krauskopf, Komm., § 165 Anm. 5.1. m. w. N. Vgl. Fußn. 177. Zum Unterschied vgl. oben II 4 a aa. Vgl. Bley, Sozialrecht, S. 158 ff.
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Anspruch auf Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten besteht für Kinder bis zur Vollendung des 4. Lebensjahres auf Untersuchung zur Früherkennung von Krankheiten, die eine normale körperliche oder geistige Entwicklung des Kindes in besonderem Maße gefährden (§ 181 Abs. 1 Nr. 1 RVO), für Frauen vom Beginn des 30. Lebensjahres, für Männer vom Beginn des 45. Lebensjahres an einmal jährlich auf eine Untersuchung zur Früherkennung von Krebserkrankungen (§ 181 Abs. 1 Nr. 2 und 3 RVO). Die Versicherten haben einen Anspruch auf diese Maßnahmen sowohl für sich wie für ihre Familienangehörigen (§§ 181 Abs. 1, 205 RVO). Sie legen dem Arzt einen sog. Berechtigungsschein vor, der ihnen von der Krankenkasse ausgestellt wird (§ 181 b RVO). Von dem Anspruch auf Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten nach § 181 RVO wird bislang nur wenig Gebrauch gemacht. Weitere Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten können durch Rechtsverordnung vorgesehen werden (§ 181a RVO). Z. Z. werden Überlegungen angestellt, ob Kreislauf-Überwachungen in den ärztlichen Früherkennungsdienst einbezogen werden sollen. Im Rahmen der Krankenhilfe wird Krankenpflege während der Dauer der Mitgliedschaft - auf Grund eines Krankenscheins (§ 188 RVO) 1 8 7 - zeitlich unbegrenzt (bis zur Ausheilung) gewährt (§ 183 Abs. 1 RVO). Sie muß ausreichend und zweckmäßig sein, darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht übersteigen (§ 182 Abs. 2 RVO) 1 8 8 . Sie umfaßt ärztliche (zahnärztliche) Behandlung durch einen zur Kassenpraxis zugelassenen, frei gewählten Arzt 189 , ferner Versorgung 'mit ärztlich verordneten Arzneien 190 , Brillen 191 , Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln 192 , Zuschüsse zu den Kosten für Zahnersatz 193 , Belastungserprobungen und Arbeitstherapie 194 und häusliche Krankenpflege. Der Versicherte hat einen Anspruch auf Krankenpflege sowohl für sich wie für seine Familienangehörigen ( § § 1 8 2 Abs. 1 Nr. 1, 205 RVO). Krankengeld, das den infolge Arbeitsunfähigkeit entgehenden Lohn (Gehalt) ersetzen soll, wird bei Arbeitsunfall oder Berufskrankheit i. S. d. gesetzlichen Unfallversicherung von dem Tage der ärztlichen Feststellung 195 der Arbeitsunfähigkeit an gezahlt, in anderen Fällen von dem darauffolgenden Tag an (§ 182 187
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Nach dem sog. Sachleistungsprinzip. Die Angestellten-Ersatzkassen verfahren demgegenüber für ihre Mitglieder ab bestimmtem Bruttoarbeitsverdienst nach dem sog. Kostenerstattungsprinzip. Vgl. hierzu Schreiben des BVA vom 2. 8. 1971 in: Selbstverwaltung der Ortskrankenkassen 1971, 244f.; Dembowski, SozSich 1971, 163; (o. V.) ErsK 1971, 397 ff. Vgl. auch § 368 e RVO. Vgl. aber § 368 d II und III RVO. Zur „Arzneikostengebühr" (Beteiligung) vgl. § 182 a RVO. Die Versorgung mit Arznei-, Verband- und Heilmittel und mit Brillen kann evtl. durch Richtlinien näher bestimmt werden (§ 368 p RVO). Vgl. § 182 b RVO. Vgl. § 182 c RVO. Vgl. § 182 d RVO. Vgl. dazu insbes. BSGE 24, 278; 26,111.
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Abs. 3 R V O ) . Es beträgt 8 0 % des wegen der Arbeitsunfähigkeit entgangenen Regellohnes und darf das entgangene regelmäßige Nettoarbeitsentgelt nicht übersteigen (§ 182 Abs. 4 RVO) 1 9 6 . Krankengeld wird ebenso wie Krankenpflege ohne zeitliche Begrenzung gewährt, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit 1 9 7 jedoch für höchstens 78 Wochen innerhalb von je 3 Jahren, gerechnet vom Tag des Beginns an (§ 183 Abs. 2 RVO). Unter den Voraussetzungen des § 192 R V O kann Krankengeld versagt werden. Der Anspruch auf Krankengeld ruht, wenn und soweit der Versicherte während der Krankheit Arbeitsentgelt erhält (§ 189 RVO). Da seit dem Inkrafttreten des LFG 1 9 8 bei Arbeitsunfähigkeit auch Arbeiter einen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts bis zur Dauer von 6 Wochen haben (§ 1 LFG), sind die Krankenkassen heute für diese Zeit von der Zahlung von Krankengeld freigestellt. Sie haben jedoch ggf. die von den Arbeitgebern durch Umlage aufgebrachten Mittel zur Durchführung des Ausgleichs der für Lohnfortzahlung erbrachten Aufwendungen als zweckgebundenes Sondervermögen zu verwalten (§§ 14, 15 LFG). Ferner haben die in § 10 LFG genannten Träger der Krankenversicherung denjenigen Arbeitgebern, die in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigen, 8 0 % des an Arbeiter fortgezahlten Arbeitsentgelts sowie ebenfalls in § 10 Abs. 1 LFG näher bestimmte Sozialbeiträge zu erstatten 1 9 9 . Neben Krankenpflege und Krankengeld umfaßt Krankenhilfe noch Krankenhauspflege ( § 1 8 4 RVO), Hauspflege (§§ 185, 185a RVO), Haushaltshilfe (§ 185 b R V O ) und das sog. „Kinder-Krankengeld" ( 185 c RVO). Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Krankenhauspflege steht nicht mehr wie früher im pflichtgemäßen Ermessen der Krankenkassen. Ist stationäre Behandlung zur Erkennung, Behandlung oder Linderung einer Krankheit notwendig, so besteht schlechthin ein Anspruch auf Krankenhauspflege (§ 184 Abs. 1 RVO). Dem Versicherten steht die Wahl des Krankenhauses - vorbehaltlich des § 371 R V O — frei. Nimmt er ohne zwingenden Grund ein anderes als eines der nächsterreichbaren geeigneten Krankenhäuser in Anspruch, so hat er allerdings die Mehrkosten zu tragen (§ 184 Abs. 2 RVO). Krankenhauspflege, auch wegen derselben Krankheit, wird zeitlich unbegrenzt gewährt (§ 184 Abs. 1 R V O ) . Vom Beginn der Krankenhauspflege an ist Krankengeld zu zahlen unabhängig davon, ob der Versicherte arbeitsunfähig ist (§ 186 Abs. 1 RVO).
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Zur Berechnung des Krankengeldes vgl. § 182IV, V, VI, VIII und IX RVO. Zum Begriff u. a. BSG SozR Nr. 20, 21, 22, 27 zu § 182 RVO; Brackmann, Handbuch, S. 388cff.; Horst Peters, Handbuch § 182, Anm. 16. Zum gleitenden Krankengeld vgl. BSGE 19,25. Vgl. Brackmann, Handbuch, S. 396 ff.; Horst Peters, Handbuch, § 183, Anm. 3 c. Lohnfortzahlungsgesetz vom 27. 7. 1969 (BGBl. I, S. 946). Vgl. dazu u. a. Brackmann, Handbuch, S. 388k; Horst Peters, Handbuch, Vorbem. II bis IV zu § 179; H. Schmatz / G. Fischwasser, Vergütung für Arbeitnehmer bei Krankheit und Mutterschaft, 6. Aufl. 1969; H. Tons, Die wirtschaftliche Sicherung der Arbeitnehmer bei Arbeitsunfähigkeit, 1970; Trieschmann, BAB1. 1969, 533; Fischwasser, ebenda, S. 540; Brakel, ebenda, S. 547; Becker, ebenda, S. 551; Matzke, ebenda, S. 558. Vgl. Henke, Grundzüge, S. 165.
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Wenn Krankenhauspflege geboten, aber nicht ausführbar ist oder wenn ein wichtiger Grund vorliegt, den Kranken in seinem Haushalt oder in seiner Familie zu belassen, kann die Krankenhauspflege mit Zustimmung des Versicherten durch Hauspflege (Krankenpfleger, Krankenschwester usw.) ersetzt werden (§ 185 Abs. 1 RVO). Da entsprechende Pflegekräfte z. Z. kaum zur Verfügung stehen, ist diese Art von Krankenhilfe wenig verbreitet. Dasselbe gilt für § 185 b RVO, wonach Versicherte einen Anspruch auf Haushaltshilfe haben, wenn wegen Aufenthalts in einem Krankenhaus oder wegen eines Kuraufenthalts die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist. Voraussetzung ist ferner, daß im Haushalt ein Kind lebt, welches das 8. Lebensjahr nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist. Wenn die Krankenkasse keine Haushaltshilfe stellen kann oder ein Grund besteht, von der Stellung einer Ersatzkraft abzusehen, hat der Versicherte Anspruch darauf, daß ihm in angemessener Höhe die Kosten für eine selbstbeschaffte Ersatzkraft erstattet werden (§ 185 Abs. 2 RVO). In der Öffentlichkeit noch wenig bekannt ist der Anspruch auf das sog. „KinderKrankengeld": Wenn es nach ärztlichem Zeugnis erforderlich ist, daß der Versicherte zur Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege seines erkrankten Kindes (§ 205 Abs. 2 R V O ) der Arbeit fernbleibt, eine andere im Haushalt des Versicherten lebende Person die Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege nicht übernehmen kann und das Kind das 8. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, so hat der Versicherte gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeit, sofern nicht aus dem gleichen Grund ein Anspruch auf bezahlte Freistellung besteht. Gegen seine Krankenkasse hat er einen Anspruch auf Krankengeld. Beide Ansprüche bestehen in jedem Kalenderjahr für jedes Kind längstens für 5 Arbeitstage (§ 185 c RVO). Die wichtigsten Ansprüche, die sich für eine Versicherte aus der Mutterschaftshilfe (§§ 195 ff. R V O ) ergeben, sind: 1. Anspruch auf ärztliche Betreuung und Hilfe sowie Hebammenhilfe während der Schwangerschaft bzw. nach der Entbindung. Zur ärztlichen Untersuchung während der Schwangerschaft gehören insbesondere Untersuchungen zur Feststellung der Schwangerschaft und Vorsorgeuntersuchungen einschließlich der laborärztlichen Untersuchungen (§§ 195 Nr. 1, 196 RVO); 2. Anspruch auf Versorgung mit Arznei-, Verband- und Heilmitteln (§§ 195 Nr. 2, 197 R V O ) ; 3. Anspruch auf einen Pauschbetrag von 1 0 0 - D M für die im Zusammenhang mit der Entbindung entstehenden sonstigen Aufwendungen, soweit die zur ausreichenden und zweckmäßigen ärztlichen Betreuung während der Schwangerschaft und nach der Entbindung gehörenden Untersuchungen (§ 196 R V O ) in Anspruch genommen wurden (§§ 195 Nr. 3, 198 RVO); 4. Anspruch auf Pflege in einer Entbindungs- oder Krankenanstalt, jedoch für die Zeit nach der Entbindung für längstens 10 Tage (§§ 195 Nr. 4, 199 Abs. 1 RVO); 5. Anspruch auf Mutterschaftsgeld (§§ 195 Nr. 5, 200ff. RVO) 2 0 0 .
200
Einzelheiten zur Zahlung des Mutterschaftsgeldes bei Brackmann, Tons, Mutterschaftshilfe der Krankenkassen, 1966 ff.
Handbuch, S. 411 ff.;
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Zu den sonstigen Hilfen (§§ 200 e ff. RVO) zählt der Anspruch auf ärztliche Beratung über Fragen der Empfängnisregelung (§ 200e RVO). Die Beratung kann sowohl die Empfängnisverhütung als auch die Herbeiführung einer Schwangerschaft zum Ziel haben. Zur ärztlichen Beratung gehören auch die erforderliche Untersuchung und die Verordnung von empfängnisregelnden Mitteln, nicht aber die Kosten für empfängnisregelnde Mittel selbst (anders § 37b BSHG). Die Vorschrift des § 200 f RVO (§ 31 b KVLG) gibt den Versicherten einen Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung bei einer nicht rechtswidrigen Sterilisation und bei einem nicht rechtswidrigen Abbruch der Schwangerschaft, wenn diese Maßnahmen durch einen Arzt vorgenommen werden. Die Frage, ob Rechtswidrigkeit zu verneinen ist, beurteilt sich nach den Vorschriften des Strafrechts. Als Leistungen werden gewährt: ärztliche Beratung über die Erhaltung und den Abbruch der Schwangerschaft, ärztliche Untersuchung und Begutachtung zur Feststellung der Voraussetzungen für eine nicht rechtswidrige Sterilisation oder für einen nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruch, ärztliche Behandlung, Versorgung mit Arznei, Verband- und Heilmitteln sowie Krankenhauspflege. Anspruch auf Krankengeld besteht, wenn Versicherte wegen einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder wegen eines nicht rechtswidrigen Abbruchs der Schwangerschaft durch einen Arzt arbeitsunfähig werden, es sei denn, es besteht ein Anspruch nach § 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO (§ 200f. RVO). Bezugsberechtigt für das Sterbegeld ist, wer die Bestattung besorgt hat und, wenn ein Überschuß bleibt, nacheinander der Ehegatte, die Kinder, die Eltern und die Geschwister, sofern sie mit dem Verstorbenen z. Z. seines Todes in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben. Fehlen solche Berechtigten, verbleibt der Überschuß der Krankenkasse (§ 203 RVO). Sofern sich aus der Satzung kein höherer Betrag ergibt (§ 204 RVO), beträgt das Sterbegeld das Zwanzigfache des Grundlohns, mindestens jedoch 1 0 0 , - D M (§ 201 RVO). Der Anspruch auf Familienhilfe schließlich, der - bis auf das Fehlen des Anspruchs auf Krankengeld - zwar der Art (vgl. §§ 205ff. RVO), nicht jedoch dem Umfang nach (Dauer und/oder Höhe) den dem Versicherten selbst geschuldeten Leistungen entspricht, steht nicht den Familienangehörigen, d. h. den unterhaltsberechtigten Ehegatten 201 und den unterhaltsberechtigten Kindern 202 , sondern allein dem Versicherten zu (§ 205 RVO) 203 . Diese Bezogenheit auf den versicherten Familienvater, wie parallele Rechtsgebilde historisch erklärbar, entspricht nicht mehr zeitgemäßem Denken 204 . Wenn schon die Tätigkeit der Ehefrau im Haushalt als der beruflichen Arbeit des Ehemannes gleichwertig angesehen wird, dann ist ihr ein eigenständiger Anspruch auf Sachleistungen der Krankenversicherung einzuräumen. Ebenso sollte ein verselbständigter Anspruch der Kinder 201
202 203 204
Zur Unterhaltsberechtigung: BSGE 10, 28; 11, 20 u. 198; 12, 38; 19, 282^BSG SozR Nr. 6, 9 zu § 205 RVO; Brackmann, Handbuch, S. 408dff.; Horst Peters, Handbuch, § 205, Anm. 8,9. Zur Kindeseigenschaft s. § 205 II RVO und BSGE 14,261. BSG SozR Nr. 23 zu § 205 RVO. Vgl. die Reformbestrebungen in der Rentenversicherung (Splitting-Verfahren).
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geschaffen werden. Eine solche Rechtslage würde auch dem wirklichen Willen des Versicherten mehr entsprechen als die gegenwärtige. Sie ließe sich rechtlich über eine entsprechende Anwendung der Vorschriften des Vertrages zugunsten Dritter konstruieren und brauchte im Ergebnis nicht mit unzumutbaren zusätzlichen Kostenbelastungen verbunden zu sein. Reformbedürftig ist das Recht der GKV auch in den Fällen, wo beide Ehegatten berufstätig sind. Sie zahlen zweimal Beiträge für Leistungen, die sie nur einmal erhalten. Hier bietet sich die Lösung an, beide Ehegatten über eine Versicherung zu versorgen und den zweiten Ehegatten bei der Versicherung des ersten Ehegatten gegen einen entsprechend verminderten Zweitbetrag nur noch für Barleistungen zu versichern 205 . Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen gegen einen Krankenversicherungsträger sind: 1. das Bestehen einer Mitgliedschaft oder Versicherung. Unter gewissen Voraussetzungen können auch nach Beendigung der Mitgliedschaft bzw. nach dem Ausscheiden aus der Versicherung Leistungsansprüche gegeben sein (§ 214 RVO). Über den Tag des Ausscheidens hinaus können Leistungsansprüche erhalten bleiben (§§ 183 Abs. 1 und 2, 202 RVO). 2. Eintritt eines Versicherungsfalls. Ein bestimmtes Ereignis oder das Zusammentreffen mehrerer Ereignisse im Leben des Versicherten, gegen deren Nachteile die Versicherung Schutz gewähren soll bzw. zu gewähren hat, werden als „Versicherungsfall" bezeichnet 206 . Der Versicherungsfall tritt mit den objektiv feststehenden Ereignissen ein, die ihn ergeben 207 . Die Versicherungsfälle der Krankenversicherung sind Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung und Tod. Ohne Versicherungsfall in diesem Sinne werden nur die Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten gewährt (§§ 181, 181a, 205 RVO); für diese Leistungen braucht weder objektiv noch subjektiv eine Krankheit zu bestehen 208 . Die zentralen Begriffe im Zusammenhang mit den Versicherungsfällen sind Krankheit und Arbeitsunfähigkeit. Unter Krankheit ist jeder „regelwidrige Körper- oder Geisteszustand" zu verstehen, „dessen Eintritt entweder allein die Notwendigkeit einer Heilbehandlung oder zugleich oder ausschließlich Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat". Der Begriff „Krankheit" ist von der Rechtsprechung 209 unter Berücksichtung vor allem des durch die Krankenversicherung zu deckenden Risikos, der rechtspolitischen Konsequenzen und eines angemessenen Schutzes 205
206 207 206
209
Horst Peters, ZSR 1974, 521 (528); ders., zu weiteren Fragen der GKV: ZSR 1974, 324 ff.; 385 ff. Wannagat, Lehrbuch, S. 291; Bley, Sozialrecht, S. 115. BSGE 20,48 (50); Breithaupt 1966,310 (311). Zu den „Versicherungsfällen" insgesamt Bley, Sozialrecht, S. 115 ff.; Henke, Grundzüge, S. 90ff. Vgl. u. a. BSGE 13,134; 25, 37 (39); 26, 240 (242); 28, 114; 30, 151; 3 5 , 1 0 (12); BSG, SozR Nr. 26 zu § 1531 RVO; Brackmann, Handbuch, S. 384ff.; Horst Peters, Handbuch, § 182, Anm. 3c; Tons, DOK 1963, 305; Bogs, Med. Sachverständige 1968, 110; Krasney, SozVers 1967, 214; ders., SozSich 1969, 43 u. 75; Kastner, DOK 1968, 341; Wannagat, Lehrbuch, S. 253; Schwankhart, ZfS 1973, 270ff., 301 ff.; Krasney, ZSR 1976, 411 ff.
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des Versicherten entwickelt worden. Er stimmt mit anderen Krankheitsbegriffen, z. B. dem medizinischen, nicht voll überein 210 . Abgesehen davon sind die Vorstellungen über Krankheit und Kranksein schwer objektivierbar und einem ständigen Wandel unterworfen 211 . Nicht für die Gewährung von Krankenpflege, wohl aber für die Zahlung von Krankengeld ist Arbeitsunfähigkeit weitere Voraussetzung. Arbeitsunfähigkeit 212 ist die auf Krankheit beruhende Unfähigkeit des Berechtigten, „seine" Arbeit zu verrichten. Eine solche Unfähigkeit liegt vor, wenn der Erkrankte nicht oder nur mit der Gefahr, seinen Zustand zu verschlimmern, seiner bisher — d. h. der unmittelbar vor dem Eintritt des Versicherungsfalles - ausgeübten Erwerbstätigkeit nachgehen kann 213 . Dieser rechtliche Begriff der Arbeitsunfähigkeit deckt sich ebenfalls nicht mit dem medizinischen. So kann Arbeitsunfähigkeit im Rechtssinne auch vorliegen, wenn der Versicherte zwar nicht im medizinischen Sinn krank ist, jedoch wegen Gesichtsentstellung keinen Arbeitsplatz findet oder als Bazillenträger andere gefährdet 214 . 3. Besondere Voraussetzungen, die sich aus der jeweiligen Anspruchsnorm ergeben. Beispiele dafür sind Vorversicherungszeiten (§§ 200, 200a RVO), Altersbedingungen (§ 181 RVO), keine andere Beaufsichtigungs-, Betreuungs- oder Pflegemöglichkeit für ein Kind unter 8 Jahren (§ 185 c RVO). Die Abwicklung sowohl der gesetzlichen Regelleistungen als auch etwaiger Mehrleistungen, die von den Krankenkassen erbracht werden können, läßt sich, vereinfacht, an folgendem Viereckverhältnis verdeutlichen: 1. Versicherter/Krankenkasse: Der Versicherte hat keinen Erfüllungsanspruch gegen den Kassenarzt, sondern ausschließlich gegen den Träger der GKV (§ 182 Abs. 1 Nr. 1 a RVO). 2. Krankenkassen!Kassenärztliche Vereinigung: Die Leistungspflicht der Krankenkasse (§ 182 Abs. 1 Nr. 1 a RVO) korrespondiert mit der Verpflichtung des Kassenarztes, die Behandlung der Versicherten und ihrer Angehörigen zu übernehmen (§ 368 a Abs. 4 RVO), und mit der Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV), die den Krankenkassen obliegende ärztliche Versorgung nach den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen sicherzustellen (§ 368 n Abs. 1 RVO). Zur Erfüllung des ihnen obliegenden sog. Sicherstellungsauftrags schließen die KÄVen mit den Krankenkassen einen sog. Gesamtvertrag über die kassenärztliche Versorgung ab (§ 368 g Abs. 2 Satz 1 RVO). Er wird auf drei
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Vgl. Horst Peters, in: Fs. f. Bogs, S. 293 und ArbVers 1962, 185; Grömig, Z S R 1963, 82; Kloster kotier, Z S R 1968, 321. Vgl. auch Institut für Sozialrecht der Ruhr-Universität Bochum, Z S R 1 9 7 6 , 4 1 1 ff. Zur Wandlung des Begriffs „Krankheit" vgl. z. B. Siebeck, Zur Kostenentwicklung in der Krankenversicherung 1976, S. 39ff.; Krasney, Z S R 1 9 7 6 , 4 1 1 ff. Arbeitsunfähigkeit ist nicht „Versicherungsfall" der Krankenversicherung; vgl. B S G E 18, 122 (125); 33, 2 0 2 (203); Brackmann, Handbuch, S. 3 9 0 b ; Horst Peters, Handbuch, § 182 Anm. 12; Bley, Sozialrecht, S. 120f.; Henke, Grundzüge, S. 91 f. B S G E 19, 179 (181); 26, 288; Brackmann, Handbuch, S. 3 9 0 c f f . ; Horst Peters, Handbuch, § 182 A n m . 10. Vgl. Brackmann, Handbuch, S. 3 9 0 h ; Wannagat, Lehrbuch, S. 281.
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E b e n e n geschlossen: D e n allgemeinen Inhalt vereinbaren die Bundesverbände der Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung im Bundesmantelvertrag (§ 368 g Abs. 2 Satz 2 R V O ) . Die Landesverbände der Krankenkassen und die K Ä V e n können den allgemeinen Inhalt nach den jeweiligen bezirklichen Bedürfnissen im Landesmantelvertrag ergänzen (§ 368 g Abs. 2 Satz 3 R V O ) . D e r Krankenkasse schließlich bleibt vorbehalten, den besonderen Inhalt ihres Gesamtvertrages mit der Kassenärzlichen Vereinigung zu vereinbaren. D e n wichtigsten Teil des Gesamtvertrages nimmt der Bundesmantelvertrag ein. E r enthält alles, was für eine gleichmäßige, ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der K r a n k e n auf Bundesebene zu gelten hat (§ 3 6 8 g Abs. 1 R V O ) . - D e m Gesamtvertrag entspricht die sog. Gesamtvergütung, die von den Krankenkassen an die K Ä V e n für die gesamte Kassenärztliche Versorgung mit befreiender Wirkung gezahlt wird (§ 368 f Abs. 1 Satz 1 R V O ) . Wie der einzelne Arzt nicht die Vergütung vereinbart oder im R a h m e n der G e b ü h r e n o r d n u n g selbst festsetzt, so hat er auch keinen Zahlungsanspruch gegen die Krankenkasse. Gläubigerin der einzelnen Krankenkasse ist allein die für sie zuständige K Ä V . 3. KÄVen/Kassenärzte. Z u r Durchführung der Versorgung bedienen sich die K Ä V e n der bei ihnen zugelassenen Kassenärzte (§ 368 k R V O ) . In Notfällen dürfen nicht zugelassene Ärzte in Anspruch genommen werden (§ 368 d Abs. 1 Satz 2 RVO). 4. Kassenarzt! Versicherter: Für die Inanspruchnahme eines Kassenarztes händigt der Versicherte diesem einen von der Krankenkasse ausgestellten Krankenschein aus (§ 188 R V O ) . Die Ü b e r n a h m e der Behandlung verpflichtet den Kassenarzt gegenüber dem Versicherten zur Sorgfalt nach den Vorschriften des bürgerlichen Vertragsrechts (§ 368 d Abs. 4 R V O ) . A n welche Vertragsvorschriften der Gesetzgeber gedacht hat, sagt das Gesetz nicht. Gemeint sein kann i. w. nur das Dienst- und Werkvertragsrecht. Deshalb finden auf die Haftung des Kassenarztes gegenüber d e m Versicherten die Vorschriften der §§ 611 ff., 631 ff. B G B Anwendung 2 1 5 . Wenn § 3 6 8 d Abs. 4 R V O nur auf das Vertragsrecht verweist, ist das unvollständig. Es kann sich auch eine H a f t u n g aus den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne A u f t r a g ergeben (§ 6 7 7 f f . B G B ) , z. B. bei Bewußtlosigkeit des Versicherten. Neben einer H a f t u n g des Kassenarztes aus Vertrag oder G o A kommt eine Haftung aus unerlaubter Handlung in Betracht 2 1 6 . cc) Finanzierung: Abweichend bzw. konkretisierend zu § 20 SGB IV bestimmt § 380 R V O , daß die Mittel für die Krankenversicherung von den Arbeitgebern, den Versicherten, den Trägern der Rentenversicherung sowie dem Bund aufzubringen sind. Die Beiträge für die pflichtversicherten Arbeitnehmer nach § 165 Abs. 1 Nr. 1 und 2 R V O sind jeweils zur H ä l f t e von den Versicherten selbst und von ihren Arbeitgebern zu tragen (§ 381 Abs. 1 R V O ) . Dabei müssen sie sich bei den Lohnzahlungen ihren Beitragsanteil, gleichmäßig auf die Lohnzeiten verteilt, von ihrem Barlohn abziehen lassen (§§ 394, 395 R V O ) ; der Arbeitgeber ist ver215
216
Vgl. B G H , NJW 1975; 305 mit Anm. von Bamikel, 143 7 ff. Horst Peters, Handbuch, § 368 d Anm. 9 e .
NJW 1975, 592; Jakobs, NJW 1975,
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pflichtet, diesen Anteil zusammen mit seinem an den Zahltagen bei dem Versicherungsträger einzuzahlen (§ 393 RVO). Für die Rentner (§ 165 Abs. 1 Nr. 3 RVO) trägt der Rentenversicherungsträger die Beiträge (§ 381 Abs. 2 RVO); für Übergangsgeldbezieher der Rehabilitationsträger ( § 3 8 1 Abs. 3 a RVO). Studenten und Praktikanten (§ 165 Abs. 1 Nr. 5 und 6 RVO) haben ihren Beitrag allein zu tragen (§ 381 a Abs. 1 RVO) 2 1 7 , wie auch die freiwillig Versicherten und die Personen, die aufgrund eines Rentenantrags versichert sind (§ 315 a RVO) (§ 381 Abs. 3 RVO). Die Höhe der Beiträge hat sich prinzipiell vor allem an den gesetzlich vorgesehenen und möglichen Ausgaben zu orientieren (§ 21 SGB IV). Zu anderen als zu den gesetzlich vorgesehenen Zwecken darf die Kasse keine Beiträge erheben (§ 385 Abs. 4 RVO). Die Beiträge sind, soweit keine andere Berechnungsgrundlage vorgesehen ist (wie z. B. bei Rentnern, § 385 Abs. 2 RVO u. Übergangsgeldbeziehern, § 385 Abs. 3 a RVO), in Hundertsteln des Grundlohns (§ 180 RVO) festzusetzen. § 388 RVO ist dazu beachtlich. dd) Organisation: Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und zuständig für die Erbringung von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sind (§ 21 Abs. 2 SGB I): 1. die gesetzlichen Krankenkassen (§ 225 RVO). Dazu gehören die Betriebskrankenkassen (§ 245 RVO), die für alle im Betrieb beschäftigten Versicherungspflichtigen und Versicherungsberechtigten zuständig sind (§ 245 Abs. 3 und 4 RVO). Die Innungskrankenkassen (§ 250 RVO) sind zuständig für alle Versicherungspflichtigen und Versicherungsberechtigten, die in einem Innungsbetrieb, der der Innung angehört, für die eine Krankenkasse errichtet ist, beschäftigt sind. Die Ortskrankenkassen (§ 226 RVO) sind schließlich zuständig für die Versicherungspflichtigen, die weder in die Bundesknappschaft oder die See-Krankenkasse noch in eine Betriebs- oder eine Innungskrankenkasse gehören (§ 234 Abs. 1 RVO). Das bedeutet: Die AOK ist „Auffangkasse". Dazu gehören unständig Beschäftigte (§ 442 RVO), im Wandergewerbe Beschäftigte (§ 459 RVO) und Hausgewerbetreibende (§ 470 RVO). Die Zuständigkeit der Ortskrankenkassen wird durch den Beschäftigungsort ( § § 9 ff. SBG IV) näher bestimmt (§ 234 Abs. 1 S. 2 RVO). Freiwillig Versicherte können der für ihren Wohnort zuständigen Ortskrankenkasse oder der Krankenkasse angehören, der sie angehören würden oder könnten, wenn sie versicherungspflichtig wären (§ 238 RVO). 2. Die See-Krankenkasse (§ 476 RVO); Zuständigkeit: §§ 477, 478 RVO. 3. Die Bundesknappschaft (§ 6 RKG); Zuständigkeit: § 1 RKG. 4. Die landwirtschaftlichen Krankenkassen (§ 44 KVLG); Zuständigkeit: §§ 2, 3, 5 , 6 , 46 KVLG. 5. Die Ersatzkassen (§§ 504f. RVO) 2 1 8 ; Zuständigkeit: richtet sich nach den Berufsgruppen, für die sie errichtet wurden (z. B. Techniker, Kaufleute usw.). Der möglich zu versichernde Personenkreis ist in der jeweiligen Satzung näher bestimmt, wobei eine Ausdehnung des Personenkreises nicht möglich ist.
217 218
Dazu ist allerdings beachtlich, daß der Bund Zuschüsse zahlt (§ 381 a II RVO). Aufbaugesetz vom 5. 7. 1934 (RGBl. IS. 577).
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Im Jahre 1976 gab es 1425 Träger der Krankenversicherung und rund 33,5 Millionen Versicherte 219 . Schon diese Zahlen weisen auf die Bedeutung der Krankenversicherung hin. c) Unfallversicherung: Auch die gesetzliche Unfallversicherung (GUV; § 22 SGB I), deren Grundgedanke ursprünglich die Ablösung der vertraglichen oder deliktischen Haftung des Unternehmers wegen Betriebsunfalls (§§ 618, 823ff. BGB) gegenüber seinem Arbeitnehmer war, geht heute personell und sachlich über diese Zielsetzung weit hinaus. 220 . Neben der Aufgabe, Arbeitsunfälle zu verhindern (§§ 537 Nr. 1, 546 RVO; Stichwort: Prävention), haben die Träger der GUV die Aufgabe, nach Eintritt eines Arbeitsunfalles den Verletzten, seine Angehörigen und seine Hinterbliebenen zu entschädigen; d. h. sie haben zu versuchen, den Verletzten wiederherzustellen, sie haben ihm Berufshilfe zu gewähren oder ihn oder seine Hinterbliebenen durch Geldleistungen zu entschädigen (§§ 537 Nr. 2,547 ff. RVO) 221 . aa) Versicherter Personenkreis: Der Personenkreis, der eine versicherungsgeschützte Tätigkeit ausübt, ist in den §§ 539ff. RVO aufgezählt. Dazu gehören zunächst die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehenden Arbeitnehmer (§ 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO), ferner z. B. Heimarbeiter und Hausgewerbetreibende i. S. d. § 12 SGB IV, ihre im Unternehmen tätigen Ehegatten sowie die sonstigen mitarbeitenden Personen (§ 539 Abs. 1 Nr. 2 RVO), weiter vertraglich verpflichtete Künstler und Artisten (§ 539 Abs. 1 Nr. 3 RVO) sowie Personen, die nach den Vorschriften des AFG oder BSHG ihren Meldepflichten nachkommen (§ 539 Abs. 1 Nr. 4 RVO). Hinzu kommen landwirtschaftliche Unternehmer und ihre Ehegatten (§ 539 Abs. 1 Nr. 5 RVO), Personen, die unmittelbar im öffentlichen Interesse tätig sind - z. B. im Gesundheitswesen, Veterinärwesen oder in der Wohlfahrtspflege (§ 539 Abs. 1 Nr. 7 RVO), in der Bergwacht, beim Roten Kreuz, bei der DLRG, beim Katastrophenschutz 222 , als Lebensretter, Blut- und Transplantatspender (§ 539 Abs. 1 Nr. 9 und 10 RVO) - , weiter KindergartenBesucher, Schüler, Stundenten (§ 539 Abs. 1 Nr. 14 RVO) sowie Personen, die in Selbsthilfe öffentlich geförderte oder steuerbegünstigte Wohnungen bauen (§ 539 Abs. 1 Nr. 15 RVO). Schließlich sind die Personen geschützt, die — wenn auch nur vorübergehend - wie ein nach § 539Abs. 1 RVO Versicherter tätig werden (§ 539 Abs. 2 RVO). Dazu gehört etwa ein Autofahrer, der — ohne daß ein Unglücksfall vorliegt (§ 539 Abs. 1 Nr. 9a RVO) - ein gefährliches auf der Straße befindliches Verkehrshindernis beseitigt. Der Autofahrer wird hier wie ein Bediensteter der Gemeinde tätig (§ 539 Abs. 2, 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO), in deren Aufgabenkreis die Hindernisbeseitigung eigentlich fiele. Nach § 543 RVO kann der Träger der GUV die Versicherung auf Unternehmer und ihre im Unternehmen tätigen Ehegatten erstrecken, sofern nicht bereits Versicherungsschutz kraft Gesetzes gegeben ist. 219 220 221 222
Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 181. Dazu näher Henke, Grundzüge, S. 106 ff. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 212. Vgl. G über Erweiterung des Katastrophenschutzes vom 9. 7. 1968 (BGBl. IS. 776).
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bb) Leistungen: Die Träger der G U V haben zunächst Aufwendungen präventiver Art zur Unfallverhütung und Ersten Hilfe (§§ 537 Nr. 1, 546, 708 ff. R V O ) zu machen. Nach Eintritt eines Arbeitsunfalls gewähren sie die in §§ 537 Nr. 2, 547 R V O nach Leistungsarten aufgezählten Hilfen, nämlich Heilbehandlung (§§ 557, 558, 559, 590 Abs. 3 RVO), Übergangsgeld (§§ 560ff., 568, 568 a RVO), Besondere Unterstützung (§ 563 RVO), Wiederherstellung oder Erneuerung von Körperersatzstücken (§ 557 Abs. 4 RVO), Berufshilfe (§§ 567ff. RVO), Ergänzende Leistungen (§§ 569a, 5 6 9 b RVO), Verletztenrente (§§ 580ff. RVO), Sterbegeld (§ 589 RVO), Rente an Hinterbliebene (§§ 589 ff. R V O ) und Betriebshilfe (§ 779 b RVO). Diese Leistungen der Unfallversicherung sind - abweichend von allen übrigen Versicherungszweigen - nicht auf Antrag, sondern von Amts wegen festzustellen und zu gewähren (§ 1545 Abs. 1 Nr. 1 RVO) 2 2 3 . Der Anspruch auf Heilbehandlung umfaßt ärztliche und zahnärztliche Behandlung, Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln, Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie und Beschäftigungstherapie, Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, Belastungserprobung und Arbeitstherapie sowie die Gewährung von Pflege (§ 557 Abs. 1 RVO). Solange der Verletzte so hilflos ist, daß er nicht ohne Wartung und Pflege sein kann, hat er Anspruch auf Haus- oder Anstaltspflege (§ 558 Abs. 1 und 2 R V O ) . Statt der Pflege kann ein monatliches Pflegegeld gewährt werden (§ 558 Abs. 3 R V O ) . Soweit stationäre Behandlung in einem Krankenhaus erforderlich ist, hat der Versicherte auch darauf Anspruch (§ 559 R V O ) . Anspruch auf Übergangsgeld hat der Verletzte, solange er infolge eines Arbeitsunfalls i. S. d. Krankenversicherung arbeitsunfähig ist und kein Arbeitsentgelt erhält. Das Ubergangsgeld wird von dem Tage an gewährt, an dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wurde (§ 560 RVO). Es wird nach den für das Krankengeld maßgeblichen Grundsätzen berechnet (§ 561 RVO). Zum Ausgleich einer unbilligen Härte kann der Träger der Unfallversicherung dem Verletzten und seinen Angehörigen für die Dauer der Heilbehandlung eine besondere Unterstützung gewähren (§ 563 RVO). Mit der Berufshilfe strebt der Gesetzgeber die berufliche Rehabilitation des Verletzten an. Sie hat so früh wie möglich einzusetzen und endet erst mit der Wiedereingliederung des Verletzten in seinen bisherigen, einen gleichwertigen Beruf oder eine entsprechende Erwerbstätigkeit. Umschulungsmaßnahmen zugunsten geeigneter Verletzter sind ggf. im Zusammenwirken des Unfallversicherungsträgers mit der BA einzuleiten (§ 567 Abs. 3 RVO, §§ 56ff. A F G ) . Während einer Maßnahme der Berufshilfe hat der Verletzte Anspruch auf Übergangsgeld nach den §§ 560, 561 R V O auch dann, wenn er wegen der Teilnahme an einer solchen Maßnahme gehindert ist, eine ganztägige Erwerbstätigkeit auszuüben (§ 568 Abs. 1 RVO). Daneben kommen dem Verletzten ggf. (bei Minderung der Erwerbsfähigkeit, in der Regel ab 50%, ggf. schon ab 30%) die Vorschriften des SchwbG zugute.
223
Ausnahme bei Witwenrenten an eine frühere Ehefrau (§ 5 9 2 R V O ) .
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Anspruch auf Verletztenrente besteht, wenn infolge eines Arbeitsunfalles die Erwerbsfähigkeit des Verletzten oder des unter einer Berufskrankheit Leidenden über die 13. Woche nach dem Unfall hinaus um mindestens 2 0 % gemindert ist (§§ 580ff. RVO). Bei der Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit ist in der Regel davon auszugehen, daß der Verletzte vor dem Arbeitsunfall zu 100% dazu fähig war, sich unter Ausnutzung der Arbeitsgelegenheiten, die sich ihm nach seinen Kenntnissen, körperlichen und geistigen Fähigkeiten im Bereich des wirtschaftlichen Lebens bieten, einen nennenswerten Erwerb zu verschaffen. Demgemäß ist Erwerbsunfähigkeit oder Minderung der Erwerbsfähigkeit der durch Arbeitsunfall oder Berufskrankheit verursachte Verlust oder die Beeinträchtigung der umschriebenen, normalen Fähigkeit 224 . Im Einzelfall ist bei der Einstufung ggf. eine bereits vor dem Unfall bestehende Behinderung ebenso wie ein Nachteil mitzuberücksichtigen, den der Verletzte dadurch erleidet, daß er bestimmte berufliche Kenntnisse und Erfahrungen nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen kann (§ 581 Abs. 1 und 2 RVO) 2 2 5 . Der Verlust der Erwerbsfähigkeit führt zur Vollrente, eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20% zur Teilrente (§ 581 Abs. 1 RVO). Kann die Rente ihrer Höhe nach noch nicht als Dauerrente festgestellt werden, so kann der Versicherungsträger während der ersten zwei Jahre nach dem Unfall eine vorläufige Rente feststellen und zahlen (§§ 622, 1585 RVO), unbeschadet des Rechts des Verletzten, jederzeit die Erhöhung oder auch die Wiedergewährung der Rente wegen Änderung der Verhältnisse zu verlangen (§§ 6 2 2 , 1 5 8 4 RVO). Die Verletzten- und Hinterbliebenenrenten sind auf der Grundlage des BruttoJahresarbeitsverdienstes zu berechnen, d. h. des Arbeitseinkommens, das der Verletzte im Jahre vor dem Arbeitsunfall erzielt hat (§§ 570ff. RVO). Die Vollrente beträgt (exkl. etwaiger anderer Leistungen, z. B. Pflegegeld nach § 558 Abs. 3 R V O ) zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes (§§ 581 Abs. 1, 584 RVO). Betrug der J A V 2 4 0 0 0 DM, so liegt die Vollrente also bei 16000 D M pro Jahr. Die für die Minderung der Erwerbsfähigkeit festgestellte Prozentzahl bezeichnet den Betrag, der als Teil der Vollrente an den Verletzten zu zahlen ist. Ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 5 0 % festgestellt, sind mithin 8000 D M pro Jahr zu zahlen. Seit dem U V N G (1963) sind alle Unfallrenten - ebenso wie die Leistungen der Rentenversicherung - der jeweiligen Lohnentwicklung anzupassen (§ 579 RVO) 2 2 6 . Die Berufskrankheit löst immer, der Arbeitsunfall in der Regel zugleich den Versicherungsfall der Krankheit aus. In diesem Fall tritt keine Kumulierung der Leistung ein. Der Leistungsanspruch des Verletzten gegen die Berufsgenossen224
225
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Zum Begriff i. S. der Unfallversicherung vgl. z. B. B S G E 17, 160; 21, 63; 23, 253; 28, 227 (230); Brackmann, Handbuch, S. 5 5 6 b f f . ; Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl. 1963 ff. § 581, Anm. 5 - 1 2 ; Wander, SozVers 1963, 340. B S G E 21, 63 (65); 23, 253 (255); 28, 227 (229); 31, 185 (188); 38, 118; 39, 31 ( 3 2 f . ) ; BSG, SozR Nr. 2, 7 - 9 zu § 5 8 1 R V O ; Dorin, BAB1. 1966, 257; Gitter, Z S R 1973, 25ff.; ders., Fs. f. Brackmann, S. 103 ff. Vgl. Wannagat, Lehrbuch, S. 122.
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schaft ist jedoch nicht völlig ausgeschlossen. Die Vorschrift des § 565 Abs. 1 R V O statuiert lediglich eine Vorleistungspflicht der Krankenkasse 2 2 7 . D e r Träger der Unfallversicherung bleibt der Krankenkasse gegenüber in gewissem R a h m e n erstattungspflichtig (§ 1504 R V O ) . Ferner bleibt die Berufsgenossenschaft in allen Fällen leistungspflichtig, die so schwer sind, d a ß sie eines besonderen berufsgenossenschaftlichen Heilverfahrens bedürfen. Z u m einen folgt das aus der Wendung „insoweit" in § 565 Abs. 1 Satz 2 R V O . Z u m anderen ergibt sich aus dem Wort „ k a n n " in § 565 Abs. 2 R V O , daß die Frage der Heilbehandlung nicht im freien Belieben, sondern im pflichtgemäßen Ermessen des Unfallversicherungsträgers steht. Stellt also ein Unfallversicherungsträger fest, d a ß die Voraussetzungen f ü r eine Ü b e r n a h m e der Heilbehandlung vorliegen, so muß er den Fall aus der K r a n kenbehandlung der Krankenkasse in die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung übernehmen 2 2 8 . Bei Tod durch Arbeitsunfall oder Berufskrankheit sind bestimmten Hinterbliebenen Sterbegeld, Erstattung der Kosten der Überführung 2 2 9 , Renten und Ü b e r brückungshilfe zu gewähren (§ 589 R V O ) . Das Sterbegeld, dessen Bezugsberechtigte dieselben Personen wie beim Sterbegeld der Krankenversicherung sind (§ 203 R V O ) , beträgt ein Zwölftel des J A V , mindestens 4 0 0 D M . Die Ü b e r b r ü k kungshilfe steht dagegen nur der Witwe 2 3 0 des Versicherten zu, wird f ü r die ersten drei M o n a t e nach dem Tod gezahlt und entspricht d e m Unterschiedsbetrag zwischen der Witwenrente und der Vollrente des Versicherten (§ 591 R V O ) . Witwen 2 3 1 , ggf. auch Witwer, sofern die infolge Arbeitsunfalles verstorbene E h e f r a u den Familienunterhalt überwiegend bestritten hat (§ 593 R V O ) , ferner die Kinder und Eltern des infolge Arbeitsunfalles verstorbenen Versicherten erhalten Hinterbliebenenrenten nach Maßgabe der §§ 590, 594 bis 598 R V O . Die R e n t e n des Verletzten und der Hinterbliebenen können unter den Voraussetzungen der §§ 603 ff. R V O kapitalisiert und abgefunden werden 2 3 2 . Auf das Verhältnis von Prävention, Rehabilitation und R e n t e kann hier in Einzelheiten nicht eingegangen werden. Allgemein läßt sich jedoch sagen: Prävention, bedeutsam gerade in der G U V , genießt Vorrang vor allem. Rehabilitation geht, wie sich aus d e m gesetzgeberischen Willen ablesen läßt, vor Rente (§ 7 R e h a G , § 547 R V O , § 22 SGB I). Im letzteren Fall ist allerdings darauf zu achten, d a ß die Zahlung einer R e n t e dort, wo sie erforderlich ist, nicht unter Hinweis auf den Vorrang der Rehabilitation zeitlich über G e b ü h r hinausgezögert wird 2 3 3 . Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen gegen einen Unfallversicherungsträger sind: 227
228 229 230 231 232 233
Gitter, in: Das neue SGB, S. 106; Brackmann, Handbuch, S. 558c; Henke, Grundzüge, S. 138 f. Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl., 1963ff., § 548 Anm. 5b. BSGE 26,202. Vgl. auch § 593 RVO (Witwer). Ggf. auch frühere Ehefrau (§ 592 RVO). Vgl. u. a. BSG, SozR Nr. 1 zu § 605 RVO. Einzelheiten bei Wertenbruch, Sozialverf.-Sozialverw., S. 141 ff.
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1. die Zugehörigkeit zum Kreis der versicherten Personen (Gesetzlich anerkannter risikogeschützter Lebensbereich): Dieser Personenkreis läßt sich unterteilen in den kraft Gesetzes (§§ 539, 540 RVO), den kraft Satzung (§§ 543, 544 RVO) und den kraft freiwilligen Beitritts versicherten Personenkreis (§ 545 RVO) 2 3 4 . 2. Unfallereignis: Unter Unfall i. S. d. GUV ist ein „von außen her auf den Menschen einwirkendes, körperlich schädigendes, plötzliches, d. h. zeitlich begrenztes Ereignis" zu verstehen 235 . Die dabei angesprochene zeitliche Begrenzung ist von der Rechtsprechung auf die Dauer einer Arbeitsschicht ausgedehnt worden 236 . Demgegenüber ist die Berufskrankheit kein zeitlich auf längstens eine Arbeitsschicht begrenztes Ereignis und daher kein Arbeitsunfall. Sie wird jedoch rechtlich dem Arbeitsunfall gleichgestellt (§ 551 Abs. 1 RVO). Berufskrankheiten sind die in der Anlage zur 7. BKVO bezeichneten Dauererkrankungen (Silikose usw.), denen bestimmte Personengruppen nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch ihre Arbeit in erheblich höherem Maße als andere ausgesetzt sind. Die Träger der Unfallversicherung sollen im Einzelfall eine Krankheit, auch wenn sie nicht in der BKVO bezeichnet ist oder die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine Berufskrankheit entschädigen, sofern nach neuen 2 3 7 Erkenntnissen die übrigen Voraussetzungen des § 551 Abs. 1 RVO erfüllt sind (§ 551 Abs. 2 RVO). Als Zeitpunkt des Eintritts der Berufskrankheit gilt der Beginn der Behandlungsbedürftigkeit des Versicherten wegen der Berufskrankheit oder, wenn dies für ihn günstiger ist, der Beginn der Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 551 Abs. 3 RVO). 3. Haftungsbegründende Kausalität: Im Rahmen der haftungsbegründenden Kausalität kommt der Theorie der wesentlichen Bedingung die Funktion zu, die versicherungsgeschützten Tätigkeiten von den ungeschützten, nämlich den der persönlichen Risikosphäre des Versicherten zugehörigen Tätigkeiten abzugrenzen 238 . Zu fragen ist also, ob die versicherungsgeschützte Tätigkeit (der berufliche Risikobereich) die wesentliche Bedingung für das Unfallereignis gesetzt hat 2 3 9 . Das gilt ohne weiteres bei Unfällen, die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeit erleidet (§ 548 Abs. 1 Satz 1 RVO), für das Abheben eines Geldbetrages vom Lohn- oder Gehaltskonto bei 234 235 236 237 238 239
Dazu näher oben II 4 c aa. Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl. 1963 ff., § 548 RVO, Anm. 3. BSG NJW 1958,1206; BSG BG 1966, 360. BSGE 21,296. Gitter, Schadensausgleich, S. 121. BSGE 15, 41. Zur unfallversicherungsrechtlichen Kausallehre (Theorie der wesentlichen Bedingung) vgl. BSGE 1, 72; 1,150; 1, 254; 8, 275; 11, 50; 12, 242; 13, 290; 17, 99; 17, 118; 18, 101; 19, 201; 19, 275; 23, 188; 27, 142; 28, 14; 30, 282 und 284; BSG SozR Nr. 71, 73 zu § 542 a. F. RVO; Brackmann, Handbuch, S. 480b II; Wallerath, NJW 1971, 228ff.; Watermann, Die Ordnungsfunktionen von Kausalität und Finalität im Recht, 1968; zum Verschulden bei Herbeiführung des Unfalls s. §§ 553, 554 RVO; vgl. BSGE 25,161; BSG SozR Nr. 53 zu § 542 a. F., Nr. 10 zu § 548 RVO; Krasney, SozVers 1960,258; vgl. auch Henke, Grundzüge, S. 112ff.
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einem Geldinstitut (nach Maßgabe des § 548 Abs. 1 Satz 2 RVO), für eine mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahrung, Beförderung, Instandhaltung und Erneuerung des Arbeitsgeräts (§ 549 RVO), für den Wegeunfall (§ 550 RVO) sowie für die übrigen in den §§ 551 ff. R V O genannten Unfallereignisse. Haftungsbegründende Kausalität bei Wegeunfällen (§ 550 R V O ) ist auch anzunehmen, wenn etwa ein Student sich in den Semesterferien am Hochschulort auf eine Diplomprüfung vorbereitet, ohne die Universität zu besuchen, und dann auf einer Wochenendfahrt zu seinen Eltern verunglückt. Hier ist aus dem versicherungsgeschützten Risikobereich (§ 539 Abs. 1 Nr. 14 RVO) die wesentliche Bedingung für den Eintritt des Unfallereignisses hervorgegangen 2 4 0 . Anders gelagert ist folgender Fall: A besucht dienstlich eine Ausstellung. Danach fährt er anstatt in seine angemietete Unterkunft — in entgegengesetzter Richtung nach Y, um dort den Abend zu verbringen. Unterwegs hat er eine Panne, steigt aus, stellt das Warnkreuz auf und wird dabei durch Verschulden eines anderen PKW-Fahrers verletzt. Hier ist der innere Zusammenhang zwischen beruflicher Tätigkeit und Fahrt nach Y gelöst. Der berufliche Risikobereich hat nicht die wesentliche Bedingung für den Unfall gesetzt 241 . Zu verneinen ist haftungsbegründende Kausalität auch bei echter Spielerei mit Betriebsmitteln, alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit 242 , absichtlicher Herbeiführung eines Unfalls (§ 553 R V O ) sowie einem Unfall in Zusammenhang mit einer Straftat (§ 554 RVO). 4. Unfallschaden: Die Unfallversicherung greift nur ein, wenn ein tatsächlicher Unfallschaden (Gesundheitsschädigung) vorliegt. Ist er festgestellt, gilt für seine Berechnung, wie oben dargetan, anders als im Zivilrecht nicht die konkrete, sondern die abstrakte Schadensberechnung. 5. Haftungsausfüllende Kausalität: Auch hier geht es um die Frage der Zuordnung zur betrieblichen oder persönlichen Risikosphäre, diesmal im Hinblick auf den Schaden in seiner Beziehung zum Unfallereignis 243 . Beispiel: Durch einen Arbeitsunfall tritt der Verlust der Sehkraft eines Auges ein. Dafür wird eine Entschädigung gewährt, die sich nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 3 0 % bemißt. Danach führt ein unfallunabhängiges Ereignis zum Verlust des zweiten Auges und damit zur völligen Erblindung. Es fragt sich, welchen Einfluß das zweite, mit dem Unfall nicht in Zusammenhang stehende Ereignis auf die Höhe der Entschädigung hat. Während das BSG 2 4 4 zu dem Ergebnis gelangt, daß die erste Unfallverletzung für den Gesamtzustand des Verletzten, d. h. für seine Erblindung keine wesentliche Bedingung setze, wird man sagen müssen, daß die niedrigere Festsetzung der M d E nur so lange gerechtfertigt ist, wie das verbleibende Auge wenigstens teilweise die Funktion des durch den Arbeitsunfall eingebüßten Auges übernehmen kann. Geht dieses aber verloren, so ist festzustellen, daß der Arbeitsunfall die Erblindung wesentlich mitbewirkt hat. Das muß eine 240 241 242 243 244
BSG SGb 1974,151. Bayer. LSG vom 20. 8. 1974 (unveröffentl.). BSG, Breithaupt 1974,699. Gitter, Schadensausgleich, S. 115. BSGE 17,99 (103).
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Heraufsetzung der R e n t e unter Berücksichtigung des unfallunabhängigen Anteils zur Folge haben, wobei dieser Anteil nicht 7 0 % , sondern 5 0 % entspricht. cc) Finanzierung: Konkretisierend zu § 20 SGB IV werden die Mittel für die Ausgaben der Berufsgenossenschaften durch Beiträge der U n t e r n e h m e r (§ 658 Abs. 2 R V O ) , die versichert sind oder Versicherte beschäftigen, aufgebracht (§ 723 Abs. 1 R V O ) . Arbeitnehmer, regelmäßig die anspruchsberechtigten Versicherten, sind nicht an der Mittelaufbringung, wie z. B. in der Krankenversicherung, beteiligt. Ü b e r die Ausgabenbedarfsdeckung einschließlich der Ansammlung notwendiger Rücklagen und der Beschaffung der Betriebsmittel hinaus, dürfen keine Beiträge erhoben werden (§ 21 SBG IV, § 724 R V O ) . Die im Umlageverfahren erhobenen Beiträge richten sich in der gewerblichen Unfallversicherung und der See-Unfallversicherung 2 4 5 nach dem Entgelt — Lohnsumme unter Berücksichtigung des Höchstjahresarbeitsverdienstes, §§ 726, 575 R V O - oder nach der Zahl der Versicherten und dem Grad der Unfallgefahr in den U n t e r n e h m e n 2 4 6 (§ 725 Abs. 1 R V O ) . Dazu haben die Berufsgenossenschaften unter Berücksichtigung der anzuzeigenden Arbeitsunfälle (§ 1552 Abs. 1 R V O ) Zuschläge aufzuerlegen oder Nachlässe zu bewilligen (Risikoelement, dazu Anreiz, M a ß n a h m e n zur Unfallverhütung durchzuführen). Die H ö h e der Zuschläge oder Nachlässe bestimmt sich nach der Zahl, der Schwere oder den Kosten der Arbeitsunfälle (ohne Wegeunfälle) oder nach mehreren dieser Merkmale (§ 725 Abs. 2 R V O ) . Ein Mindestbeitrag (§ 728 Abs. 1 R V O ) oder auch die Berechnung der Beiträge nach d e m wirklich verdienten Entgelt oder einem Vomhundertsatz der Lohnsumme (§ 727 R V O ) ist durch entsprechende Satzungsbestimmung möglich. In der landwirtschaftlichen Unfallversicherung werden die Beiträge, soweit die U n t e r n e h m e n graduell gleiche und lediglich nach der Zahl der Arbeitskräfte unterschiedliche Unfallgefahren aufweisen, nach dem Arbeitsbedarf (§ 809 R V O ) oder d e m Einheitswert ( § 8 1 1 R V O ) oder einem anderen angemessenen Maßstab berechnet (§ 803 Abs. 1 R V O ) . Für die Eigenunfallversicherung in Bund, Ländern und Gemeinden gelten die Bestimmungen über Aufbringung und Verwendung der Mittel nicht (§ 767 Abs. 2 Nr. 6 R V O ) ; hier stellt die zuständige Gebietskörperschaft die entsprechenden Mittel in ihrem Haushaltsplan bereit 2 4 7 . dd) Organisation: Träger der Unfallversicherung, Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 29 Abs. 1 SGB IV), sind: 1. Die Berufsgenossenschaften (BGen), nämlich a) die gewerblichen B G e n (§§ 646ff. R V O ) , b) die landwirtschaftlichen B G e n (§§ 790ff. R V O ) und c) die See-Berufsgenossenschaft (§§ 8 5 0 f f . R V O ) . Gewerbliche B G e n sind zuständig für alle U n t e r n e h m e n und die in ihnen tätigen Versicherten, soweit sie nicht der landwirtschaftlichen oder der See-Unfallversicherung unterliegen (§§ 643 ff. R V O ) . Als Zusammenschlüsse gleichartiger Betriebe oder Gewerbezweige gibt es 35 B G e n , die in Anlage I zu § 646 Abs. 1 R V O aufgeführt sind. Landwirtschaftliche B G e n sind zuständig für land- und forstwirtschaftliche U n t e r n e h m e n und die in ihnen tätigen Versicherten (§§ 7 7 6 f f . 245 246 247
Vgl. etwas abweichend: § 8 7 2 R V O . Vgl. dazu Stuzky, SGb 1 9 7 5 , 2 1 9 ff. BAB1. 1 9 7 5 , 2 2 .
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RVO). 19 Träger der landwirtschaftlichen Unfallversicherung sind in Anlage II zu § 646 Abs. 1 RVO aufgeführt. Die See-Berufsgenossenschaft ist zuständig für Unternehmen der Seefahrt (§§ 835ff. RVO). 2. Der Bund als Träger der Eigenunfallversicherung (§§ 653, 790 Abs. 2, 850 Abs. 3 RVO) mit der a) Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung in Wilhelmshaven für nichtbeamtete Bedienstete und die weiteren in § 653 RVO aufgeführten Personen; b) Ausführungsbehörde der Bundespost für nichtbeamtete Bedienstete der Bundespost (§ 653 RVO i. V. m. der VO des BMA vom 20. 6. 1950; c) Ausführungsbehörde der Bundesbahn für nichtbeamtete Bedienstete der Bundesbahn (§§ 653 1360 RVO, § 26 BBahnG 248 ); 3. Die Bundesanstalt für Arbeit als Trägerin einer Eigenunfallversicherung für von ihr betreute oder bei ihr beschäftigte nichtbeamtete Personen (§ 654 RVO); 4. Die Länder als Träger einer Eigenunfallversicherung mit entspr. Ausführungsbehörde für nichtbeamtete Bedienstete und weitere in § 655 RVO genannte Personen; 5. Die Gemeinden und Gemeindeverbände (mit wenigstens 500000 Einwohnern) als Träger von Eigenunfallversicherungen für nichtbeamtete Bedienstete und weitere in § 657 RVO genannte Personen (§§ 656 Abs. 1, 657 RVO); 6. Die Gemeindeunfallversicherungsverbände (mehrere Gemeinden mit zusammen wenigstens 500000 Einwohnern) als Träger von Eigenunfallversicherungen für nichtbeamtete Bedienstete und weitere in § 657 RVO genannte Personen der angeschlossenen Gemeinden und Verbände; 7. Die Feuerwehrunfallversicherungskassen: Es gibt 6 Feuerwehrunfallversicherungskassen; Mitglieder sind Gemeinden oder Gemeindeverbände als Träger der Feuerwehren; Versicherte sind Feuerwehrleute (§ 656 Abs. 4 Satz 2 RVO). d) Rentenversicherung: Die bessere wirtschaftliche Sicherung vorrangig der Lohnarbeiter im Fall der Invalidität und des Alters war zentrales Ziel der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) 249 . Trotz zahlreicher Gesetzesänderungen und Gesetzesergänzungen blieb die Grundstruktur des ursprünglichen Rentenversicherungssystems erhalten. Vom Umfang der Versicherung (Versicherter Personenkreis) und der Aufgabenstellung her wurde dieser Bereich der Sozialversicherung aber völlig verändert. Der Schutz der in der Rentenversicherung Versicherten einschließlich ihrer Familienangehörigen erstreckt sich heute, nachdem er früher vornehmlich Arbeitnehmern vorbehalten war, auf rund 95 v. H. der Bevölkerung, wobei jedoch — z. B. wegen zu kurzer Versicherungszeit — nicht jeder in den Genuß einer vollen Sicherung kommt. Neben der Schaffung einer besonderen Alterssicherung für Landwirte 250 wurden die entscheidenden Schritte zu einer Art „Volksversicherung" mit der Einbeziehung der Handwerker 251 und der Möglichkeit der Versicherung Selbständiger und eigentlich aller noch nicht versicherter Personen 252 getan (vgl. z. B. § 1233 RVO, § 10 AVG). Die Aufgaben der Renten248 249 250 251
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Abgedruckt u. a. bei Luber, Nr. 1050. Vgl. Gesetz betr. die Invaliditäts- und Alterssicherung vom 22. 6. 1889. Gesetz über eine Altershilfe für L a n d w i r t e - G A L - v . 27. 6. 1957 (BGBl. I, S. 1063). Gesetz über eine Rentenversicherung der Handwerker (Handwerkerversicherungsgesetz - H w V G ) v. 8. 9. 1960 (BGBl. I, S. 737). R e n t e n r e f o r m g e s e t z - R R G - v . 16. 10. 1972 (BGBl. I, S. 1965).
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Versicherung erschöpfen sich nicht in der Zahlung bestimmter Renten, d. h. Renten an Versicherte wegen Berufsunfähigkeit oder wegen Erwerbsunfähigkeit und von Altersruhegeld sowie von Renten an Hinterbliebene verstorbener Versicherter, obwohl der finanzielle Aufwand hierfür rund 75 v. H. der Gesamtausgaben der Rentenversicherungsträger ausmacht 253 . Zu den Aufgaben der Rentenversicherung gehört es auch, zunächst Erforderliches zu unternehmen, um die Erwerbsfähigkeit des Versicherten möglichst zu erhalten, zu bessern oder wiederherzustellen, d. h. entsprechende Leistungen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit des Versicherten zu gewähren. Außerdem obliegt den Versicherungsträgern die Förderung von Maßnahmen zur Hebung der gesundheitlichen Verhältnisse in der versicherten Bevölkerung sowie die Aufklärung und Auskunft an Versicherte und Rentner (§ 1226 RVO, § 1 AVG, § 28 RKG, § 23 Abs. 1 Nr. 1 SGB I). Die Ausgaben der Rentenversicherung haben inzwischen eine Höhe von rund 140 Milliarden DM erreicht, so daß vor allem wegen der nicht entsprechend mitgestiegenen Beitragseinnahmen 254 gesetzliche Maßnahmen zur Sicherung der Finanzierung der Rentenversicherung notwendig wurden 255 und wohl auch nochmals notwendig werden 256 . Die Rentenversicherung von Arbeitnehmern, die in knappschaftlichen Betrieben (§ 2 RKG) beschäftigt sind (§§ 1, 29, 33 RKG), wird nach gleicher Aufgabenstellung wie in der allgemeinen Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten (vgl. § 28 RKG, § 1226 RVO, § 1 AVG) unter Berücksichtigung einiger Besonderheiten 257 durchgeführt. Für selbständige Handwerker ist eine besondere Rentenversicherung nicht mehr gegeben. Sie sind, zeitlich beschränkt (grundsätzlich 216 Kalendermonate = 18 Jahre, bei zahlreichen Ausnahmen), in der Rentenversicherung der Arbeiter versichert (§ 1 HwVG). Die Altersversorgung selbständiger Landwirte erfolgt dagegen sowohl von der Aufgabenstellung her wie auch in der Durchführung bezüglich Leistungen und Organisation stark abweichend zur allgemeinen Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten. Die Altershilfe für Landwirte soll den landwirtschaftlichen Unternehmern, deren Ehegatten, Witwen, Witwern, Waisen, geschiedenen Ehegatten und älteren mitarbeitenden Familienangehörigen eine Grundsicherung für das Alter und die vorzeitige Erwerbsminde-
253 254 255
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Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 63 f. Vgl. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Ubersicht, S. 55 ff. Gesetz zur zwanzigsten Rentenanpassung und zur Verbesserung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (Zwanzigstes Rentenanpassungsgesetz - 20. R A G ) v. 27. 6. 1977 (BGBl. I, S. 1040). Dieses Gesetz brachte sowohl Eingriffe in das Leistungsrecht, vor allem in bezug auf die Höhe der zu gewährenden Leistungen, ebenfalls in das Versicherungs- und Beitragsrecht sowie der Rücklage und Finanzierungsvorschriften. Vgl. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 116ff. Zu erwarten mit dem 21. Rentenanpassungsgesetz zum 1. 1. 1979, in dem vor allem (auf Zeit) eine Rentenanpassung unabhängig von der Veränderung der allgemeinen Bemessungsgrundlage (§ 1255 II R V O , § 32 II A V G ) vorgesehen werden soll (§ 1272 R V O , § 4 9 AVG). Vgl. dazu bei Rüfner, Einführung, S. 141 f.
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rung gewährleisten. D a r ü b e r hinaus ist es auch ihre Aufgabe, die Erwerbsfähigkeit der Landwirte zu erhalten, zu bessern oder wiederherzustellen. Auf die zahlreichen Besonderheiten kann im weiteren nicht näher eingegangen werden 2 5 8 . aa) Versicherter Personenkreis: Nach der grundsätzlichen Einteilung der Versicherten in der Sozialversicherung in versicherungspflichtige und versicherungsberechtigte Personen (§ 2 Abs. 1 SGB IV) sind auch die in der Rentenversicherung versicherten Personen zu unterscheiden. Pflichtversichert sind die in § 1227 R V O , § 2 A V G und §§ 1 und 29 R K G genannten Personengruppen (vgl. auch § 2 Abs. 2 S G B IV), wobei in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten eine weitere Unterscheidung in unselbständig Beschäftigte (Arbeitnehmer) und selbständig Tätige möglich ist. Versicherungspflichtig sind danach - wie in der Kranken- und Unfallversicherung - vor allem alle Personen, die in unselbständiger Beschäftigung stehen, also Arbeitnehmer sind 2 5 9 , und zwar von Beginn ihres Beschäftigungsverhältnisses an 2 6 0 . Versicherungspflichtig sind aber auch die in den genannten Vorschriften bezeichneten Selbständigen, wie die Hausgewerbetreibenden (§ 1227 Abs. 1 Nr. 3 R V O ) und Küstenschiffer und Küstenfischer (§ 1227 Abs. 1 Nr. 4 R V O ) sowie selbständige Lehrer, Erzieher und Musiker, selbständige Artisten, H e b a m m e n mit Niederlassungserlaubnis und in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- und Kinderpflege selbständig tätige Personen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 A V G ) . Wer von den Versicherungspflichtigen weder zum gesetzlich bestimmten Personenkreis der Angestellten noch zum Bereich der knappschaftlichen R e n t e n versicherung gehört, ist in der Arbeiter-Rentenversicherung versichert. Eine Pflichtversicherungsgrenze besteht seit dem 1. 1. 1968 nicht mehr 2 6 1 . Versicherungsfreiheit - sei es kraft Gesetzes, sei es auf G r u n d eines Antrags - besteht unter den Voraussetzungen der §§ 1228 ff. R V O , §§ 4 ff. A V G , die - mit A u s n a h m e von § 1228 R V O , § 4 A V G - auf vergleichbare anderweitige Alterssicherung abheben. Auf ihren Antrag hin können Personen, die eine selbständige Erwerbstätigkeit ausüben und sonst nicht versicherungspflichtig sind, pflichtversichert werden (§ 1227 Abs. 1 Nr. 9 R V O , § 2 Abs. 1 Nr. 11 A V G ) . Nach Sondergesetzen sind selbständige Handwerker (§ 1 H w V G ) und selbständige Landwirte bzw. landwirtschaftliche U n t e r n e h m e r (§ 1 G A L ) versicherungspflichtig zur Rentenversicherung der Arbeiter bzw. zur Altershilfe f ü r Landwirte. Versicherungsberechtigt sind alle Personen, die nicht versicherungspflichtig zur Rentenversicherung sind und ihren gewöhnlichen Wohnsitz oder Aufenthaltsort im Inland haben (§ 1233 R V O , § 10 A V G , § 33 R K G ) . Hiermit ist die Möglichkeit der Versicherung f ü r alle Selbständigen und alle Nichterwerbstätigen, z. B. aller Hausfrauen gegeben. Eine 258
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Vgl. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 132 ff.; auch Rüfner, Einführung, S. 142. Vgl. o b e n 4 a a a . Vgl. auch Wallerath, Z S R 1 9 7 7 , 1 5 9 f f . Vgl. oben 4 a aa. Art. 1 § 2 Nr. 1 FinanzändG 1967 vom 21. 12. 1967 (BGBl. I, S. 1259), in Kraft getreten am 1. 1. 1968 (vgl. jetzt §§ 2 f f . A V G ) . D i e Verfassungsmäßigkeit dieser „allgemeinen" Rentenversicherungspflichtigkeit (auch für sog. „höherverdienende Angestellte") war umstritten. Vgl. etwa Rode in Sonderbeilage der ZVersWiss. Heft 18 v. 15. 9. 1970. Sie ist vom BVerfG bestätigt worden (E 2 9 , 2 2 1 ff., 245 ff.; 261 ff. usw.).
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Nachversicherung ist unter gewissen Voraussetzungen möglich (§ 1232 RVO, § 9 AVG). bb) Leistungen: Als Regelleistungen (Rehabilitation) werden gewährt (§ 1235 RVO, § 12 AVG, § 34 RKG, § 23 Abs. 1 Nr. 1 SGB I): a) Medizinische, berufsfördernde und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation (§§ 1237 bis 1237b, 1241g RVO, §§ 14 bis 14b, 18g AVG, §§ 36 bis 36b, 40g RKG; dazu Übergangsgeld, §§ 1240ff. RVO, §§ 17ff. AVG, §§ 39ff. RKG; ferner Tuberkulosebehandlung, § 1244a RVO, § 21a AVG, § 43a RKG), b) Renten wegen Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit und Alters sowie Bergmannsrente und Knappschaftsausgleichsleistungen und Renten an Hinterbliebene (§§ 1245, 1263 RVO, §§ 22, 40 AVG, §§ 44, 63, 98 a RKG), c) Witwen- und Witwerabfindungen (§ 1302 RVO, § 81 AVG, § 83 RKG), d) Beitragserstattungen (§ 1303 RVO, § 82 AVG, § 95 RKG) e) Beiträge für die Krankenversicherung der Rentner (§§ 1304 d, 1304e RVO, §§ 83 d, 83e AVG, § § 3 8 1 Abs. 2, 385 Abs. 2, 393 a, 393b RVO). Als zusätzliche Leistungen (Prävention) sind zu gewähren (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 f SGB I): a) Allgemeine Maßnahmen oder Einzelmaßnahmen zur Erhaltung oder Erlangung der Erwerbsfähigkeit (§ 1305 RVO, § 84 AVG, § 97 RKG), b) Maßnahmen zur Hebung der gesundheitlichen Verhältnisse (§ 1305 RVO, § 84 AVG, § 97 RKG), c) Aufwendungen zum wirtschaftlichen Nutzen der Rentenberechtigten, der Versicherten und ihrer Angehörigen (§ 1306 RVO, § 85 AVG, § 97 Abs. 2 RKG). Für diese zusätzlichen Leistungen dürfen nur bis zu fünf vom Hundert der Aufwendungen für die Leistungen zur Rehabilitation aufgewendet werden (§ 1307 RVO, § 86 AVG). Während der Prävention in der GRV bislang nur untergeordnete Bedeutung zukommt (§§ 1305ff. RVO, §§ 84ff. AVG, §§ 97f. RKG), nimmt die Rehabilitation einen verhältnismäßig breiten Raum ein. Nach § 1236 Abs. 1 RVO kann der Träger der Rentenversicherung Leistungen zur Rehabilitation in dem in den §§ 1237 bis 1237b RVO bestimmten Umfang gewähren, wenn die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte gefährdet oder gemindert ist und voraussichtlich erhalten, wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann. Aus dem Begriff „kann" ergibt sich, daß der Versicherungsträger nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I). Dabei steht ihm zwar ein Handlungsspielraum in bezug auf Art und Umfang der Rehabilitationsmaßnahme, also bei der Frage des „Wie" zu. Dagegen ist der Handlungsspielraum bei der Frage, ob der Versicherungsträger überhaupt rehabilitierend tätig werden soll, äußerst begrenzt, da Renten nur unter der Voraussetzung bewilligt werden sollen, daß zuvor Maßnahmen zur Rehabilitation durchgeführt worden sind oder, insbesondere wegen Art oder Schwere der Behinderung, ein Erfolg solcher Maßnahmen nicht zu erwarten ist (§ 7 RehaG). Die Maßnahmen zur Rehabilitation erstrecken sich auf medizinische (§ 1237 RVO), berufsfördernde (§ 1237 a RVO) und ergänzende Leistungen (§ 1 2 3 7 b R V O ) . Der Träger der GRV kann die Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen anderen Stellen übertragen. Er bleibt in einem solchen Fall dem Betreuten gegenüber jedoch verantwortlich (§ 1238 Abs. 1 RVO, § 15 Abs. 1 AVG, § 37 Abs. 1
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RKG). Entstehen den die Maßnahmen durchführenden Stellen Aufwendungen, die über den Umfang ihrer gesetzlichen oder satzungsgemäßen Verpflichtungen gegenüber dem Betreuten hinausgehen, so hat der Träger der Rentenversicherung die Mehrkosten zu erstatten (§ 1238 Abs. 2 R V O , § 15 Abs. 2 AVG, § 37 Abs. 2 RKG). Sind medizinische Leistungen zur Rehabilitation notwendig und ist zugleich Krankenhilfe, Mutterschaftshilfe oder Familienhilfe durch einen Träger der GKV zu gewähren, so kann anstelle des Trägers der GKV der Träger der G R V im Benehmen mit dem Träger der GKV Leistungen übernehmen. Die Ansprüche des Betreuten gegen den Träger der G K V ruhen in diesem Fall (§ 1239 RVO, § 16 A V G , § 38 RKG) 2 6 2 . Während einer medizinischen oder berufsfördernden Maßnahme zur Rehabilitation hat der Betreute Anspruch auf Übergangsgeld, wenn er arbeitsunfähig ist oder wegen Teilnahme an einer solchen Maßnahme keine ganztägige Erwerbstätigkeit ausüben kann. Übergangsgeld wird auch für eine ärztlich verordnete Schonzeit im Anschluß an eine stationäre medizinische Maßnahme gewährt (§ 1240 R V O , § 17 A V G , § 39 RKG). Das Übergangsgeld wird vom Beginn der Rehabilitationsmaßnahme an gewährt (§ 1241d Abs. 1 Satz 1 RVO, § 18 d Abs. 1 Satz 1 AVG, § 40 d Abs. 1 Satz 1 RKG) und - mit gewissen Besonderheiten - nach den für das Krankengeld maßgebenden Grundsätzen berechnet (§ 1241 Abs. 1 Satz 1 R V O , § 18 Abs. 1 Satz 1 A V G , § 40 Abs. 1 Satz 1 RKG) 2 6 3 . Ein Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit, Alters sowie Bergmannsrente hat zur Voraussetzung, daß der Versicherungsfall eintritt (Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit, Alter), Rehabilitationsmaßnahmen keine Aussicht auf Erfolg versprechen und die vorgeschriebene Wartezeit erfüllt ist. Berufsunfähig ist ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwächen 264 seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichartigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist (§ 1246 Abs. 2 RVO, § 23 Abs. 2 A V G , § 46 Abs. 2 RKG) 2 6 5 . In diesem Zusammenhang kommt der Frage der zumutbaren Verweisung auf vergleichbare Tätigkeiten entscheidende Bedeutung zu 2 6 6 . Erwerbsunfähig ist ein Versicherter, der infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder von Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr aus262 263 264
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Näheres dazu bei Henke, Grundzüge, S. 127,140. Weitere Einzelheiten zur Eingliederung Behinderter unter II 10. Zu diesen Begriffen BSGE 10, 33 (34); 12, 255 (258); 14,83; 14, 207 (211); 19,244; 21, 189; Brackmann, Handbuch, S. 667ff. Vgl. BSGE 1, 82 (89); 16, 18 (21); 16, 34 (37); 23, 33; BSG SozR Nr. 24, 58 zu § 1246 RVO, Nr. 4 zu § 1254 a. F. RVO, Nr. 4 zu § 1293 a. F. RVO, Nr. 11 zu § 46 RKG; Brackmann, Handbuch, S. 670f.; Wannagat, Lehrbuch, S. 261 ff. BSGE 17,191; 18, 36 (40); 19, 57; 19,147; 19, 217; 21, 257; 2 2 , 2 6 5 ; 29, 63; 29,96; 30, 192; BSG, SozR Nr. 4, 22, 32, 33, 52 zu § 1246 RVO; Beschlüsse d. Gr. S. des BSG, Breithaupt 1970, 393; Brackmann, Handbuch, S. 668d I ff.; Wannagat, Lehrbuch S. 270f.
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üben oder nicht mehr als nur geringfügige 267 Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann (§ 1247 Abs. 2 RVO, § 24 Abs. 2 AVG, § 47 Abs. 2 RKG) 268 . Da an die Erwerbsunfähigkeit höhere Anforderungen gestellt werden als an die Berufsunfähigkeit, ist der Erwerbsunfähige zwangsläufig auch berufsunfähig. Im Gegensatz zur Berufsunfähigkeit gibt es bei der Erwerbsunfähigkeit keine Beschränkung der Verweisung auf zumutbare Tätigkeiten. Deshalb kann der Versicherte der Ablehnung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nicht mit Erfolg entgegenhalten, die Verweisung auf eine andere Tätigkeit, bei der er mehr als im bisherigen Beruf verdienen könne, bedeute einen erheblichen sozialen Abstieg und sei deshalb unzulässig. Allerdings darf die Verweisungstätigkeit nicht auf Kosten des Gesundheitszustandes des Versicherten gehen. Für den Versicherungsfall des Alters nach Einführung der flexiblen Altersgrenze gilt: Wer das 63. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit, d. h. 35 anrechnungsfähige Versicherungsjahre, in denen mindestens eine Versicherungszeit von 180 Kalendermonaten enthalten ist, erfüllt hat (§ 1248 Abs. 7 Satz 1 RVO, § 25 Abs. 7 Satz 1 AVG, § 49 Abs. 3 Satz 1 RKG) 269 , kann selbst darüber entscheiden, ob er Altersruhegeld (Knappschaftsruhegeld) beantragen oder weiterarbeiten will. Für den Fall, daß er weiterarbeitet, erhöht sich das Altersruhegeld bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres für jeden Kalendermonat, für den er das Altersgeld nicht in Anspruch nimmt, um 0,6% (§ 1254 Abs. l a RVO, § 31 Abs. l a AVG, § 53 Abs. 4 a RKG). Wer anerkannter Schwerbeschädigter i. S. d. § 1 SchwbG oder berufs- oder erwerbsunfähig ist, kann nach denselben Vorschriften bereits nach Vollendung des 62. Lebensjahres diese Wahl ausüben und ggf. Altersruhegeld auf Antrag erhalten. Unter erleichterter Wartezeit 270 erhält der Versicherte Altersruhegeld, der das 60. Lebensjahr vollendet hat und nach einer Arbeitslosigkeit von mindestens 52 Wochen innerhalb der letzten eineinhalb Jahre arbeitslos ist (§ 1248 Abs. 2 RVO, § 25 Abs. 2 AVG, § 48 Abs. 2 RKG). Weibliche Versicherte, die eine Versicherungszeit von 180 Kalendermonaten zurückgelegt und in den letzten 20 Jahren überwiegend eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt haben 271 , erhalten bereits bei Vollendung des 60. Lebensjahres Anspruch auf Altersruhegeld. Schließlich hat der Versicherte einen Anspruch auf Altersruhegeld, der das 65. Lebensjahr vollendet hat und die erleichterte Wartezeit nach § 1248 Abs. 7 Satz 2 RVO, § 25 Abs. 7 Satz 2 AVG, § 49 Abs. 3 Satz 2 RKG erfüllt (§ 1248 Abs. 5 RVO, § 25 AVG, § 48 RKG). 267 268
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Zum Begriff: BSGE 19,147; 21,133; 28,271. Vgl. BSGE 19, 147; 21, 133; 22, 265; Brackmann, Handbuch, S. 682dff.; Wannagat, Lehrbuch, S. 274 ff. Erleichterte Wartezeiten sind in § 1248 VII 2 RVO, § 25 VII 2 AVG, § 49 III 2 RKG vorgesehen. § 1248 VII 2 RVO, § 25 VII 2 AVG, §§ 48 II, 49 III 2 RKG; abweichend §§ 48 I Nr. 2, 49 II RKG. Zum Merkmal „überwiegend" BSGE 30, 132; BSG, SozR Nr. 30 zu § 1248 RVO. Zur „rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit" BSGE 16, 284; 21,137.
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Bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres besteht Anspruch auf Altersruhegeld neben einer Beschäftigung gegen Entgelt oder neben einer Erwerbstätigkeit nur unter der Voraussetzung, daß die Beschäftigung entweder gelegentlich ausgeübt wird oder zwar laufend, dann aber nur gegen ein Entgelt, das 3 / 1 0 der f ü r Monatsbezüge geltenden Beitragsbemessungsgrenze nicht überschreitet (§ 1248 Abs. 4 R V O , § 25 Abs. 4 A V G , § 48 Abs. 4 R K G ) . Einige Wartezeiten müssen mit „anrechnungsfähigen Versicherungszeiten" zurückgelegt sein. Das sind Zeiten, für die nach Bundesrecht oder f r ü h e r e m Reichsrecht Beiträge wirksam entrichtet worden sind oder als entrichtet gelten 2 7 2 , oder sog. Ersatzzeiten (§ 1250 R V O , § 27 A V G ) . Die Ersatzzeiten und die weiteren Voraussetzungen ihrer A n e r k e n n u n g sind in § 1251 R V O , § 28 A V G , § 51 R K G aufgezählt. Es handelt sich dabei um Zeiten, in denen der Versicherte wegen nicht in seiner Person liegender außergewöhnlicher U m s t ä n d e (Militärdienst, Internierung, Verschleppung usw.) an der Beitragsleistung gehindert war 2 7 3 . In Sonderfällen (z. B. Berufsunfähigkeit oder Tod des Versicherten infolge Arbeitsunfalls) gilt die Wartezeit (fiktiv) als erfüllt (§ 1252 R V O , § 29 A V G , § 52 R K G ) . Schwierig und zeitraubend ist die Berechnung der Renten im Einzelfall schon deswegen, weil das Rentenversicherungsrecht in den letzten 50 Jahren erheblichen Veränderungen ausgesetzt war, z. T. das frühere Recht (insbesondere bei der Berechnung eines Altersruhegeldes) d e m Bearbeiter noch präsent sein muß und nahezu jeder Antragsteller mit anderen Lebenssituationen und Nachweisen (insbesondere bezüglich Beitrags-, Ausfall- und Ersatzzeiten) aufwartet. Ferner trägt die gesetzlich angeordnete Berechnungsweise (§§ 1253ff. R V O , §§ 30ff. A V G , §§ 54ff. R K G ) zur Komplizierung der Rentenfestsetzung bei 2 7 4 . D e r R e n t e n b e rechnung liegen im wesentlichen folgende Berechnungsfaktoren zugrunde: Auszugehen ist von einer allgemeinen (objektiven) und einer persönlichen (subjektiven) Bemessungsgrundlage. Allgemeine Bemessungsgrundlage ist gemäß § 1255 Abs. 2 R V O , § 32 Abs. 2 A V G das durchschnittliche Brutto-Jahresarbeitsentgelt aller Rentenversicherten (exkl. nach R K G ) ohne Auszubildende und Anlernlinge im Mittel des dreijährigen Zeitraums vor d e m Kalenderjahr, das dem Eintritt des Versicherungsfalles vorausgegangen ist. Die persönliche Bemessungsgrundlage ist der Prozentsatz, der d e m Verhältnis entspricht, in d e m während der zurückgelegten Beitragszeiten das Bruttoarbeitsentgelt des Versicherten zu dem Bruttoarbeitsentgelt aller Rentenversicherten ohne Auszubildende und Anlernlinge gestanden hat (§ 1255 Abs. 1 R V O , § 32 Abs. 1 A V G ) . Sie zeigt das individuelle Lohnniveau des Antragstellers auf. Hat z. B. der Antragsteller A 2 0 % weniger, der Antragsteller B 2 0 % mehr verdient als die allgemeine Bemessungsgrundlage ausweist, so ist die persönliche Bemessungsgrundlage des A 8 0 % , die des B 120%. Betrüge nun die allgemeine Bemessungsgrundlage 1 6 0 0 0 D M , so wären für den Antragsteller A 1 2 8 0 0 D M für B 19 200 D M anzusetzen. 272
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So z. B. nach dem FRG oder nach der EWG-VO Nr. 3 vom 25. 9. 1958 (BGBl. 1959 II S. 473) und Art. 13 der EWG-VO Nr. 4 vom 3. 12. 1958 (BGBl. 1959 II, S. 496). Vgl. BSGE 25,284. Vgl. hierzu auch § 1255 III RVO, § 32 III AVG.
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Ferner sind zu berücksichtigen die anrechnungsfähigen Versicherungsjahre (§ 1258 R V O , § 35 A V G ) sowie die Steigerungssätze, die der Gesetzgeber in den §§ 1253, 1254 R V O , §§ 30, 31 A V G für die einzelnen R e n t e n angegeben hat. Die Steigerungssätze betragen für jedes anrechnungsfähige Versicherungsjahr bezüglich der R e n t e wegen Berufsunfähigkeit 1 %, bezüglich der R e n t e wegen Erwerbsunfähigkeit und des Altersruhegeldes 1,5% der persönlichen Bemessungsgrundlage 2 7 5 . D i e Zahl der anrechnungsfähigen Versicherungsjähre (z. B. 40) multipliziert mit dem Steigerungssatz (z. B. 1,5 %) ergibt den Prozentsatz der persönlichen Bemessungsgrundlage, der als Jahresbetrag zu zahlen ist (Beispiel: 4 0 X 1 , 5 = 6 0 % von 1 2 8 0 0 bzw. 1 9 2 0 0 D M = 7 6 8 0 bzw. 1 1 5 2 0 D M . Mithin erhält Antragsteller A eine monatliche R e n t e in H ö h e von 640 D M , B in H ö h e von 960 D M ) . Die Berechnungsweise („Rentenformel")276, die hier an H a n d von zwei Beispielen lediglich skizziert werden konnte, ist nur deswegen so kompliziert, weil der Gesetzgeber individuell-lohnbezogene, zugleich auf das allgemeine Lohnniveau abgestellte und beitragsgerechte R e n t e n erzielen will, die den sozialen Verhältnissen des einzelnen möglichst weitgehend entsprechen. Allerdings darf die persönliche Bemessungsgrundlage bei Versicherten, die sehr hohe Arbeitsentgelte erzielt haben, nach § 1255 Abs. 1 R V O , § 32 Abs. 1 A V G das Doppelte ( 2 0 0 % ) der im Jahre des Versicherungsfalles geltenden allgemeinen Bemessungsgrundlage nicht übersteigen 2 7 7 . In solchen Fällen sind jedoch gemäß § 1 2 6 0 b R V O , § 3 7 b A V G Ausgleichsbeträge zu gewähren. Die R e n t e n können sich ferner ggf. um Steigerungsbeträge für entrichtete Beiträge der Höherversicherung (§ 1261 R V O , § 38 A V G ) , um Kinderzuschüsse (§ 1262 R V O , § 39 A V G ) und Steigerungsbeträge nach § 1 2 6 0 a R V O , § 3 7 a A V G erhöhen. Beim Tode des Versicherten erhalten die Hinterbliebenen (Witwen, Witwer, Waisen, evtl. auch frühere Ehegatten) auf Antrag R e n t e n nach Maßgabe der §§ 1263ff. R V O , §§ 40ff. A V G , §§ 63ff. R K G . Allgemeine Voraussetzung ist, daß dem Verstorbenen entweder Versichertenrente zustand oder im Zeitpunkt seines Todes von ihm eine Wartezeit von 60 Kalendermonaten erfüllt ist oder nach § 1252 R V O , § 29 A V G , § 52 R K G als erfüllt gilt. Die sog. „ g r o ß e " Witwen- und Witwerrente beträgt 6 0 % der Erwerbsunfähigkeitsrente ohne Kinderzuschlag. Sie wird nur gezahlt, wenn die oder der (Bezugs-)Berechtigte das 45. Lebensjahr vollendet hat oder solange sie (er) berufs- oder erwerbsfähig ist oder mindestens ein waisenrenteberechtigtes, minderjähriges Kind erzieht. Alle übrigen Witwen und Witwer erhalten 6 0 % der Berufsunfähigkeitsrente ohne Kinderzuschuß. Waisenrente wird normalerweise bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres und bei noch in der Ausbildung befindlichen Kindern bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres gewährt. Das Gesetz sah über das 18. Lebensjahr hinaus eine Waisenrente 275
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Zu den höheren Steigerungsätzen in der knappschaftlichen Rentenversicherung s. § 53 RKG i. d. F. vor und nach dem Inkrafttreten des FinanzänderungsG v. 21. 12. 1967 (BGBl. I, S. 1259). Vgl. auch Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 84ff.; Bley, Sozialrecht, S. 177; Rüfner, Einführung, S. 132 ff. Vgl. BVerfGE 20, 52; BSGE 13, 247 (250).
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nur für unverheiratete Waisen vor. Das BVerfG 278 hat diese Regelung als mit Art. 6 GG unvereinbar angesehen, soweit sie in der Ausbildung stehende Waisen mit der Heirat auch dann vom Bezug der Rente ausschloß, wenn ihr Ehegatte zur Unterhaltsleistung außerstande war. Das Zusammentreffen von Renten aus den Rentenversicherung mit solchen der Unfallversicherung (Verletztenrente, entspr. Hinterbliebenenrenten), von eigenen (Versicherten-)Renten mit Hinterbliebenenrenten der Rentenversicherung oder mit einem Arbeitslosengeld regeln die §§ 1278-1285 RVO, §§ 5 5 - 6 2 AVG, § § 7 5 ff. RKG. Danach ruht z. B. eine Rente aus der Rentenversicherung insoweit, als sie ohne Kinderzuschuß zusammen mit der Verletztenrente 85 % des Jahresarbeitsverdienstes, welcher der Berechnung der Verletztenrente zugrundeliegt, als auch 85 % der persönlichen Bemessungsgrundlage der Rente aus der Rentenversicherung übersteigt. Grundgedanke aller bisher zum Zusammentreffen von Renten und sonstigen (im Kern gleichartigen sozialrechtlichen) Leistungen zitierten Normen ist, daß der Gesetzgeber zwar ein möglichst dichtes Netz von Sicherungen gegen besondere Schicksalsfälle aufzubauen versucht hat, jedoch der einzelne aus der vorhandenen „Konkurrenz" (Überlappung) sozialrechtlich abgesicherter Situationen (Versicherungsfälle) keine inadäquaten Vorteile ziehen soll. Insbesondere wohnt Renten eine Lohnersatzfunktion inne, jedoch nicht die Absicht des Gesetzgebers, Renteneinkommen — kumuliert — höher als das bisherige Erwerbseinkommen werden zu lassen. Andererseits sollten alle sozialrechtlichen Leistungen, für welche die Anspruchsvoraussetzungen in einer Person vorliegen, auch erfüllt werden müssen, sofern der Gesetzgeber nicht ausdrücklich eine „konkurrierende" Leistung ausgeschlossen oder mehrere Leistungen „harmonisiert" (nach Art und Umfang aufeinander eingespielt) hat. Beim Ausschluß von Leistungen, für die der im Grunde Anspruchsberechtigte „selbst vorgesorgt" hat (mit Beiträgen), sollte Zurückhaltung geübt werden. Jedenfalls könnte der volle Ausschluß einer Leistung dem Betroffenen kaum verständlich gemacht werden. Renten der Rentenversicherung werden - im Gegensatz zu denen der Unfallversicherung - nur auf (formlosen) Antrag festgestellt und gewährt (§ 1545 RVO, § 204 AVG, § 162 RKG). Über den Antrag ergeht bei Anerkennung und Ablehnung ein begründeter Bescheid (§ 1631 RVO). Normalerweise sind die Renten vom Ablauf des Monats an zu gewähren, in dem der jeweilige Rentenanspruch entstanden ist, d. h. seine Voraussetzungen erfüllt waren (§ 1290 RVO, § 67 AVG, § 82 RKG). Sie sind erst vom Beginn des Antragsmonats an zu gewähren, falls der Antrag später als 3 Monate nach dem Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit gestellt wird. Besteht begründete Aussicht, daß die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit in absehbarer Zeit aufgehoben sein wird, so ist die Rente wegen dieser Versicherungsfälle 279 nur auf Zeit zu gewähren (§ 1276 RVO, § 53 AVG, § 72 RKG). 278 279
BVerfGE 28, 324; vgl. auch die jetzige Fassung v. § 1267 RVO. Und die Hinterbliebenenrente nach § 1268 II 1 Nr. 2 RVO; vgl. dazu auch BS GH 22, 278.
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Alle Renten nehmen an einer allgemeinen Produktivitätssteigerung teil. Das ist Sache der Rentenanpassung280, die bei Veränderungen der allgemeinen Bemessungsgrundlage i. S. von § 1255 Abs. 2 RVO, § 32 Abs. 2 A V G und nach Begutachtung durch den Sozialbeirat durch Gesetz zu erfolgen hat (§§ 1272 ff. RVO, §§ 49ff. AVG, § 71 RKG). Auf die Altershilfe für Landwirte kann hier nicht näher eingegangen werden. Die zu gewährenden Leistungen ergeben sich aus § 29 Abs. 1 Nr. 2 SGB I. Erwähnt werden soll jedoch folgendes: Während der stationären Heilbehandlung eines landwirtschaftlichen Unternehmers oder seines mitarbeitenden Ehegatten gewährt die landwirtschaftliche Alterskasse Betriebs- und Haushaltshilfe bis zur Dauer von drei Monaten, wenn in dem Unternehmen keine Arbeitnehmer und keine mitarbeitenden Familienangehörigen ständig beschäftigt werden (§ 7 Abs. 3 GAL). Als Betriebs- und Haushaltshilfe ist eine Ersatzkraft zu stellen. Kann eine Ersatzkraft nicht gestellt werden oder besteht Grund, von der Gestellung einer Ersatzkraft abzusehen, so sind die Kosten für eine selbstbeschaffte betriebsfremde Ersatzkraft in angemessener Höhe zu erstatten (§ 7 Abs. 6 GAL). Der Anspruch auf Altersruhegeld, der auch Witwern, Witwen und früheren Ehegatten zustehen kann, richtet sich nach den Vorschriften der §§ 2 ff. GAL, der Anspruch auf Landabgaberente nach den Vorschriften der §§ 41 ff. GAL. In beiden Fällen ist u. a. die Abgabe des Unternehmens vorausgesetzt 281 . Voraussetzungen für den Anspruch auf die Leistungen aus der Rentenversicherung sind: 1. das „Versichertsein". In der Rentenversicherung begründet nicht schon das Bestehen von Versicherungspflicht oder einer Versicherungsberechtigung ggf. einen Leistungsanspruch, sondern erst die Beitragsentrichtung macht den Versicherungspflichtigen oder den Versicherungsberechtigten zum Versicherten 282 . Entsprechend den unterschiedlichen Leistungen ist die Voraussetzung des „Versichertsein" von der Erfüllung unterschiedlicher Bedingungen bezüglich des Umfangs entrichteter Beiträge abhängig: Versichertsein bezüglich der Leistungen zur Rehabilitation, vgl. § 1236 Abs. l a RVO, § 13 Abs. l a A V G und § 35 Abs. l a RKG; bei Renten: Erfüllung von Wartezeiten, vgl. §§ 1246 bis 1252, 1263 RVO, §§ 23 bis 29, 40 A V G und §§ 46 bis 52, 63 RKG. Eine Anwartschaft ohne „Versichertsein" begründet der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich (§§ 1304ff. RVO, §§ 83 ff. AVG, §§ 96ff. RKG) 2 8 3 . 2. Eintritt eines Versicherungsfalls. Die Versicherungsfälle 284 in der GRV sind: die Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 1236 RVO, § 13 AVG, § 35 RKG), Tuberkulose (§ 1244a RVO, § 21a AVG, § 43a RKG), Berufsunfähigkeit (§ 1246 RVO, § 23 AVG, abweichend §§ 45, 46 RKG), Erwerbsunfähigkeit (§ 1247 RVO, § 24 AVG, § 47 RKG), das Alter (§ 1248 RVO, § 25 AVG, § 48 RKG) und der Tod 280 281 282 283
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Brackmann, Handbuch, S. 7 0 6 1 ff.; Bogs, in: Fs. f. Jantz, S. 71 ff. Weitere Einzelheiten bei Wertenbruch, Sozialverf.-Sozialverw., S. 156. B S G SozR Nr. 7 zu § 1303 R V O ; B S G E 2 4 , 8 5 (87). Vgl. Ruland/Tiemann, Versorgungsausgleich, 1977; Näheres dazu auch bei Bley, Sozialrecht, S. 91 ff. B S G E 2 0 , 4 8 (50); Breithaupt 1 9 6 6 , 3 1 0 (311).
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oder die Verschollenheit des Versicherten (§§ 1263, 1271 RVO, §§ 40, 48 AVG, §§ 63, 68 RKG). Ist das Lebensalter u. a. Voraussetzung für einen Anspruch, bestimmt der Versicherte den Eintritt des Versicherungsfalls, d. h. er bestimmt den Zeitpunkt, der für die Erfüllung des Leistungsanspruchs maßgebend sein soll 285 . cc) Finanzierung: Die Mittel für die Ausgaben der Versicherung werden durch Beiträge der Versicherten und der Arbeitgeber sowie durch einen Zuschuß des Bundes aufgebracht (§ 1382 RVO, § 109 AVG, § 127 RKG, § 20 SGB IV). Die Beiträge in Höhe von 18 v. H. des Arbeitsentgelts (§ 1385 RVO, § 112 AVG) knappschaftliche Rentenversicherung 23,5 v. H. (§ 130 RKG) - sind jeweils zur Hälfte von den Versicherten und den Arbeitgebern zu tragen (§ 1385 Abs. 4 RVO, § 112 Abs. 4 AVG); in der knappschaftlichen Rentenversicherung zu 8,5 v. H. von den Versicherten, zu 15 v. H. von den Arbeitgebern (§ 130 Abs. 6 RKG). Die Beiträge sind, soweit es sich um versicherungspflichtige Arbeitnehmer handelt, jeweils von den Arbeitgebern einzuzahlen (§ 1396 RVO, § 118 AVG, § 1 1 4 RKG). Für Versicherte, die nicht Arbeitnehmer sind, ergibt sich die Beitragspflicht unterschiedlich aus § 1385 Abs. 4 RVO, § 112 Abs. 4 A V G und § 130 Abs. 6 RKG. Neben den von den Versicherten und den Arbeitgebern aufzubringenden Beiträgen erfolgt die Finanzierung der Rentenversicherung durch Zuschüsse des Bundes für Leistungen, die außerhalb der Alterssicherung zu erbringen sind (§ 1389 RVO, § 116 AVG, abweichend § 128 RKG). Reichen die Beiträge und die sonstigen Einnahmen nicht aus, garantiert der Bund die finanzielle Sicherung der Rentenversicherung (§ 1384 RVO, § 111 AVG, abweichend §§ 128, 131 RKG). Im übrigen wird die Finanzierung der Rentenversicherung durch ein sorgfältig vorgeplantes und abgesichertes versicherungstechnisches Bilanzierungs- und Deckungsverfahren gesichert (§§ 1383ff. RVO, §§ 110ff. AVG); in der knappschaftlichen Rentenversicherung greift weitgehend die Sicherung der Finanzierung durch den Bund durch (§ 128 RKG). dd) Organisation: Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 29 Abs. 1 SGB IV) auf berufsständischer Grundlage 286 , lassen sich wie folgt einteilen: 1. Die Rentenversicherung nach der RVO, nämlich a) die Landesversicherungsanstalten (§§ 1326ff. RVO): Es gibt 18 Landesversicherungsanstalten; ihnen gehören Arbeiter und seit dem Handwerkerversicherungsgesetz (HwVG) vom 8 . 9 . i 9 6 0 2 8 7 auch Handwerker an; b) die Bundesbahnversicherungsanstalt (BBVA; §§ 1360 Abs. 1 Nr. 1, 1372 RVO): Ihr gehören die Arbeiter der Deutschen Bundesbahn an: c) die Seekasse (Seek Hamburg; §§ 1360 Abs. 1 Nr. 2, 1372 RVO): Ihr gehören Seeleute an; 2. Die Rentenversicherung nach dem AVG (§§ l f f . AVG): Sie wird von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) in Berlin getragen. Die Mitglieder sind
285
286 287
Näheres zu den Versicherungsfällen in der Rentenversichrung bei Bley, S, 115f., 122ff.; Rüfner, Einführung, S. 127ff. Einzelheiten bei Wolff, V w R II, 4. Aufl., § 9 6 I V . Abgedruckt u. a. bei Luber, Nr. 850.
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Angestellte. Heute ist das A V G der R V O weitgehend angeglichen. Zwischen der BfA und den LVAen findet ein Finanzausgleich statt 288 . 3. Die Rentenversicherung nach Sondergesetzen: a) Bundesknappschaft (BKn; Bochum; §§ l f f . RKG): Mitglieder sind Knappschaftsangehörige (Bergleute); b) Alterskassen für Landwirte (§§ l f f . GAL): Es gibt 19 landwirtschaftliche Alterskassen. Sie sind bei den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften errichtet (§ 16 Abs. 1 GAL). c) Altersversicherung der „freien Berufe": Sie kommt für bestimmte freie Berufe in Betracht, z.B. für Ärzte, Notare usw., und beruht auf landesgesetzlicher Regelung. In diesem Sinn bestimmt § 23 Abs. 2 SGB I, daß für die Erbringung von Leistungen in der gesetzlichen Rentenversicherung zuständig sind: 1. in der Rentenversicherung der Arbeiter die Landesversicherungsanstalten, die Seekasse und die Bundesbahn-Versicherungsanstalt, 2. in der Rentenversicherung der Angestellten die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, 3. in der knappschaftlichen Rentenversicherung die Bundesknappschaft, 4. in der Altershilfe für Landwirte die landwirtschaftlichen Alterskassen.
5. Soziales Entschädigungsrecht a) Zielsetzung: Zu den rechtspolitisch bedeutsamsten Sozialleistungsbereichen des zu schaffenden Sozialgesetzbuchs gehört das Rechtsinstitut der sozialen Entschädigung. Dazu heißt es in § 5 SGB I: „Wer einen Gesundheitsschaden erleidet, für dessen Folgen die staatliche Gemeinschaft in Abgeltung eines besonderen Opfers oder aus anderen Gründen nach versorgungsrechtlichen Grundsätzen einsteht, hat ein Recht auf 1. die notwendigen Maßnahmen zur Erhaltung, zur Besserung und zur Wiederherstellung der Gesundheit und der Leistungsfähigkeit und 2. angemessene wirtschaftliche Versorgung. Ein Recht auf angemessene wirtschaftliche Versorgung haben auch die Hinterbliebenen eines Beschädigten." Diese Vorschrift, die selbst nicht Anspruchsgrundlage ist (§ 2 Abs. 1 S. 2 SGB I), umschreibt die grundsätzlichen Gesichtspunkte, unter denen im Bereich des SGB staatliche Entschädigungsleistungen für Gesundheitsschäden erbracht werden sollen 289 . Die Leistungszweige, die dafür in Betracht kommen, sind in Art. II § 1 Nr. 11 SGB I aufgeführt: Das B V G sowie die gesetzlichen Vorschriften, welche die entsprechende Anwendung der Leistungsvorschriften des BVG vorsehen, und zwar § 80 SVG, § 59 Abs. 1 BGSG, § 47 Abs. 1 Z D G , § 51 BSeuchenG, §§ 4, 5 H G G . Das Lastenausgleichsrecht sowie das Vertriebenen-, Flüchtlings-, Kriegsgefangenen- und Heimkehrerrecht sollen wegen ihres auslaufenden Charakters im SGB keine Aufnahme finden.
288 289
Vgl. dazu Schmähl, VSSR 1974, 346 (364). Amtliche Begründung, BT-Drucks. 7 / 8 6 8 , S. 23 (§ 5).
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Soweit erwogen wird, auch dienstrechtliche Fälle in das Recht der sozialen Entschädigung einzubeziehen, ist auf den darin liegenden „Systembruch" hinzuweisen: Soziale Entschädigung ist - was meist übersehen wird — nicht etwa Haftung des Staates, sei es aus Schadensersatz-, sei es aus Entschädigungsgründen. Sie bedeutet vielmehr freiwilliges Einstehen aller - mithin der denkbar größten Solidargemeinschaft — für gemeinsam gesetzte und zu verantwortende Lebensrisiken. Bei dienstrechtlichen Risiken hingegen hat der Staat als „Dienstherr" ausschließlich für solche Schädigungen einzutreten, welche die von ihm Bediensteten im Dienst erleiden. Da soziale Entschädigung weder staatsrechtliches Schulden noch staatsrechtliches Haften ist, kann ihr schließlich auch die Aufopferung nicht zugeordnet 2 9 0 oder zugrundegelegt werden. Dagegen kommt ein Einstehen der staatlichen Gemeinschaft für die Folgen eines Gesundheitsschadens „in Abgeltung eines besonderen Opfers oder aus anderen Gründen" in folgenden — bislang nicht ausdiskutierten - Fällen in Betracht: Schädigungen durch Katastrophen, Tumulte, bestimmte Straftaten (Straßenraub), Umweltverschmutzungen, Medikamente und sonstige Gifte (Insektizide, Detergentien, Düngemittel, Farbstoffe), Forschung, Resozialisation. Auch bestimmte Fälle der sog. unechten Unfallversicherung (z. B. Nothelfer und Blutspender, § 539 Abs. 1 Nr. 9 und 10 R V O ) sollten ihren Standort nicht in der GUV behalten, wo sie dogmatisch nicht hingehören, sondern in die soziale Entschädigung überführt werden 2 9 1 . Eine „begrenzte Sachreform", wie sie dem Gesetzgeber für das SGB vorschwebt, böte dazu gute Gelegenheiten. Unterstrichen wird die rechtspolitische Bedeutung des Rechts der sozialen Entschädigung durch das im Jahre 1976 in Kraft getretene Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (OEG) 2 9 2 . b) Leistungen: Als Leistungen können nach dem Recht der sozialen Entschädigung bei Gesundheitsschäden in Anspruch genommen werden (§ 24 Abs. 1 SGB I):
- Heil- und Krankenbehandlung sowie andere Leistungen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit einschließlich wirtschaftlicher Hilfen (§§ 10 bis 2 4 a BVG), - b e s o n d e r e Hilfen im Einzelfall einschließlich Berufsförderung (§§ 25 bis 2 7 d BVG), - Renten wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit (§§ 30 bis 35 BVG), - Renten an Hinterbliebene, Bestattungsgeld und Sterbegeld (§§ 36 bis 53 BVG), - Kapitalabfindung, insbesondere zur Wohnraumbeschaffung (§§ 72 bis 80 BVG). 290
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Vgl. hierzu Wertenbruch, Sozialverf.-Sozialverw., S. 161; Schnapp, in: D a s neue S G B , S. 156ff.; W. Meyer, Soziales Entschädigungsrecht, S. 155ff., 183ff. Weitere Beispiele bei Bley, Z S R 1974, 193ff.; Wertenbruch, Sozialverf.-Sozialverw., S. 165. Vgl. auch Gitter / Schnapp, JZ 1972, 4 7 4 f f . ; Rohwer-Kahlmann, SGb 1974, 1 ( 3 f f . ) ; ders., Z S R 1974, 8 2 f f . , 139ff.; Schulte, ZSR 1974, 5 8 8 f f . ; W. Meyer, Soziales Entschädigungsrecht, S. 203 ff., 2 2 5 f f . v. 11. 5. 1976 (BGBl. I, S. 1181).
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c) Anspruchsvoraussetzungen: Bei den Anspruchsvoraussetzungen kommt der Theorie der wesentlichen Bedingung maßgebende Bedeutung zu. Ähnlich wie bei der G U V besteht ihre Aufgabe zum einen darin, aus den verschiedenen, zu einem Unfallgeschehen führenden Bedingungen die unwesentlichen Bedingungen gegenüber den für die Haftungsbegründung wesentlichen Umständen auszusondern (haftungsbegründende Kausalität), zum anderen darin, den zurechenbaren Schadensumfang durch eine Gegenüberstellung der für diesen Umfang wesentlichen Bedingungen gegenüber anderen hierfür unwesentlichen Umständen zu ermitteln (haftungsausfüllende Kausalität) 293 . Ähnlich wie in der G U V ist daher ein Anspruch auf Versorgung anhand folgender Kriterien zu prüfen: 1. Ausübung einer risikogeschützten Tätigkeit: Dazu gehört die „Ausübung des militärischen oder militärähnlichen Dienstes" (§ 1 Abs. 1 BVG) sowie bestimmte ihm gleichgeachtete Tatbestände (§§ 2ff. BVG), ferner die „Wehrdiensttätigkeit" (§ 80 SVG), der „Bundesgrenzschutzdienst" (§ 59 BGSG), die „Zivildiensttätigkeit" (§ 47 Z D G ) , das „Sich-Impfen-Lassen" ( § 5 1 BSeuchG) und schließlich das aus politischen Gründen „Sich-in-Gewahrsam-Befinden" (§§ 4, 5 H H G ) . 2. Gesundheitliche Schädigung: Im Gegensatz zur G U V kommt es bei ihr nicht auf ein „plötzliches", d. h. zeitlich begrenztes Ereignis an. Eine gesundheitliche Schädigung (Schadensereignis) kann auch in dem Verschleiß der Bandscheiben durch jahrelange kriegsbedingte schwere Arbeit liegen. 3. Haftungsbegründende Kausalität: Die Frage nach der haftungsbegründenden Kausalität ist die Frage nach der Verknüpfung von risikogeschützter Tätigkeit und gesundheitlicher Schädigung. Das bedeutet: Die risikogeschützte Tätigkeit, die im B V G bzw. in denjenigen Gesetzen umschrieben ist, welche die entsprechende Anwendung der Leistungsvorschriften des B V G vorsehen, muß für die gesundheitliche Schädigung eine wesentliche Bedingung gesetzt haben. Dabei kommt es allerdings nicht darauf an, daß diese Bedingung die alleinige oder auch nur die überwiegende Bedingung ist. Eine Bedingung muß schon dann als wesentlich angesehen werden, wenn sie den Erfolg maßgeblich mitbewirkt hat. Nicht ausreichend ist eine Bedingung, die dem Lebensrisiko jedes einzelnen entspricht (Gelegenheitsursache). Unter Berücksichtigung dieser Abgrenzungskriterien ist haftungsbegründende Kausalität zu bejahen etwa bei einem Bandscheibenvorfall auf Grund jahrelanger schwerer Arbeit und anlagebedingter Spondylarthrosis, ferner bei Folgen einer Operation, die wegen eines Nichtschädigungsleidens im Feldlazarett durchgeführt wurde, wenn besondere kriegseigentümliche Verhältnisse im Lazarett ursächlich gewesen sind 294 . 4. Gesundheitliche und wirtschaftliche Folgen: Hat ein tatbestandsmäßig umschriebenes Risiko zu einer gesundheitlichen Schädigung i. S. d. § 1 B V G geführt, so ist auf Antrag sowohl wegen der gesundheitlichen wie der wirtschaftlichen Folgen der Schädigung Versorgung zu leisten. 5. Haftungsausfüllende Kausalität: Der Verknüpfung zwischen gesundheitlicher
293 294
Wallerath, VSSR 1974, 233 (241 f.). Wallerath, VSSR 1974, 233 (243 f.) m. w. N.
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Schädigung einerseits und den gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen andererseits entspricht die haftungsausfüllende Kausalität. Dabei hat der Gesetzgeber für die Frage der Kausalität zwischen gesundheitlicher Schädigung und gesundheitlichen Folgen zugunsten des Betroffenen eine Erleichterung geschaffen: Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung genügt die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges. Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Schädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewißheit besteht, kann mit Zustimmung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung Versorgung in gleicher Weise wie für Schädigungsfolgen gewährt werden. Die Zustimmung kann allgemein erteilt werden (§ 1 Abs. 3 BVG). Was die Verknüpfung zwischen gesundheitlicher Schädigung und wirtschaftlichen Folgen angeht, so geht der Gesetzgeber auch hier von einem einheitlichen Zurechnungsprinzip aus, das lediglich in Hinblick auf die Schadensbemessung durch ein Abstellen auf die Art des jeweiligen Schadens ergänzt wird. Demgemäß ist die Kausalitätsfrage für jede Entschädigungsleistung prinzipiell gleich gelagert. Zwischen der Gesundheitsschädigung und der Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit (§ 30 Abs. 1 BVG) muß eine kausale Verknüpfung i. S. d. Theorie der wesentlichen Bedingung ebenso bestehen wie zwischen der Gesundheitsschädigung und dem besonderen beruflichen Betroffensein (§ 30 Abs. 2 BVG) oder dem nach § 30 Abs. 3 und 4 B V G auszugleichenden Einkommensverlust. Beispiele haftungsausfüllender Kausalität sind: Auftreten einer Epilepsie 12 Jahre nach einer Kopfverletzung bei gleichzeitigem Bluthochdruck mit sehr hohen Werten; Notwendigkeit der Amputation eines Oberschenkels infolge einer arteriellen Verschlußkrankheit und eines schädigungsbedingten Unterschenkelgeschwürs; Verlust eines Beines eines wehrdienstbeschädigten Armamputierten durch einen Unfall, den der Betroffene ohne die Armamputation nicht erlitten hätte 2 9 5 . 6. Besonderheiten nach dem OEG: Anknüpfungspunkt für Entschädigungsansprüche nach dem O E G ist in der Regel der vorsätzliche, rechtswidrige Angriff auf eine Person; gleichgestellt sind Giftbeibringung und gemeingefährliche Verbrechen (§ 1 Abs. 2 O E G ) . Keine Anwendung findet das O E G auf vorsätzliche tätliche Angriffe durch Gebrauch eines Kraftfahrzeugs (§ 1 Abs. 6 OEG) 2 9 6 . Schuldhaftes Verhalten ist nicht erforderlich. Das bedeutet, daß auch der Angriff einer zurechnungsunfähigen Person anspruchsbegründend sein kann. Da nach h. M. die irrtümliche Annahme der Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrundes zum Tatbestandsirrtum und damit zur Fahrlässigkeit führt, können im Einzelfall auch Fahrlässigkeitstaten zur Entstehung eines Anspruchs auf soziale Entschädigung führen (§ 1 Abs. 1 S. 2 O E G ) . Tat i. S. d. § 1 O E G können schließlich auch sog. unechte Unterlassungsdelikte sein 297 . 295 296 297
Wallerath, V S S R 1 9 7 4 , 2 3 3 (245 f.). Vgl. § 12 PflVG. § 13 StGB. Vgl. dazu Brockelmann, SozSich 1976, 75 (76).
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d) Finanzierung: Die Kosten für die Versorgung der Kriegsopfer werden vom Bund, die persönlichen und sachlichen Verwaltungsausgaben von den Ländern getragen. Zur Gewährung sozialer Entschädigung nach dem O E G ist das Land verpflichtet, in dem die Schädigung eingetreten ist (§ 4 Abs. 1 S. 1 OEG). Der Bund trägt 40 v. H. der Ausgaben, die den Ländern durch Geldleistungen nach dem O E G entstehen (§ 4 Abs. 2 S. 1 OEG). e) Organisation: Zuständig sind die Versorgungsämter, die Landesversorgungsämter und die orthopädischen Versorgungsstellen, für die besonderen Hilfen im Einzelfall die Kreise und kreisfreien Städte sowif die Hauptfürsorgestellen. Bei der Durchführung der Heil- und Krankenbehandlung wirken die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung mit (§ 24 Abs. 2 SGB I) 298 .
6. Minderung des Familienaufwands a) Zielsetzung: Nach den Vorstellungen, wie sie dem sozialen Rechtsstaat zugrundeliegen, erscheint es gerechtfertigt, daß dem, der für den Unterhalt von Kindern aufkommt, ein Teil seiner wirtschaftlichen Belastung abgenommen wird. Demgemäß sieht § 6 SGB I vor: Wer Kindern Unterhalt zu leisten hat oder leistet, hat ein Recht auf Minderung der dadurch entstehenden wirtschaftlichen Belastungen. Gedacht ist vor allem an Kindergeld (§ 25 SGB I) und an Kinderzuschläge zu anderen Sozialleistungen 299 . b) Anspruchsberechtigter Personenkreis: Anspruch auf Kindergeld hat, wer im Bundesgebiet einschließlich Berlin (West) seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Anspruchsberechtigt sind darüber hinaus die, die zwar in diesem Gebiet keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, aber von ihrem Arbeitgeber oder Dienstherrn zu vorübergehender Dienstleistung entsandt, im Dienst der Bundesbahn, Bundespost oder Finanzverwaltung in einem benachbarten Staat beschäftigt sind, Versorgungsbezüge nach dem Beamten- oder Soldatenrecht, eine Versorgungsrente von einer Zusatzversorgungsanstalt für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes oder als Entwicklungshelfer Unterhaltsleistungen nach dem Entwicklungshelfer-Gesetz 300 erhalten (§ 1 BKGG). Als Kinder i. S. d. BKGG werden berücksichtigt: leibliche Kinder (§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 BKGG) und Adoptivkinder (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 BKGG); Stiefkinder und Pflegekinder, die der Berechtigte in seinen Haushalt aufgenommen hat (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 und 6 BKGG); Enkel und Geschwister, die der Berechtigte in seinen Haushalt aufgenommen hat oder überwiegend unterhält (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 BKGG).
298 299 300
Vgl. auch § 6 OEG. Amtliche Begründung, BT-Drucks. 7/868, S. 24 (§§ 6, 7). v. 18. 6. 1969 (BGBl. I, S. 549).
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Kindergeld wird allgemein bis zum 18. Lebensjahr der Kinder gezahlt. Für volljährige Kinder wird bis zum 27. Lebensjahr Kindergeld gezahlt, wenn sie sich in Schul- oder Berufsausbildung befinden, ein freiwilliges soziales Jahr leisten oder unter besonderen Voraussetzungen den Haushalt des Kindergeldberechtigten f ü h ren (§ 2 Abs. 2 S. 1 B K G G ) . D e r Anspruch für volljährige Kinder in Schul- oder Berufsausbildung entfällt, wenn das Kind eine Ausbildungsvergütung von monatlich 7 5 0 , - D M brutto, ein Unterhaltsgeld nach dem A F G von monatlich 580,—DM netto oder ein entsprechend hohes Übergangsgeld von einem Träger der Rehabilitation erhält (§ 2 Abs. 2 S. 2 B K G G ) . Bei Kindern in Ausbildung verschiebt sich die Altersgrenze von 27 Jahren um 2 und mehr Jahre nach oben, soweit die Ausbildung durch einen auf Grund gesetzlicher Pflicht geleisteten Dienst, durch einen statt dessen geleisteten freiwilligen Wehr-, Polizeivollzugsoder Entwicklungsdienst, durch fehlenden Studienplatz oder durch berufsbedingten Wohnortwechsel der Eltern verzögert wurde (§ 2 Abs. 3 B K G G ) . Körperlich, geistig oder seelisch behinderte Kinder werden über das 27. Lebensjahr hinaus ohne Rücksicht auf eine Altersgrenze berücksichtigt, wenn sie ledig oder verwitwet sind oder wenn der Ehegatte außerstande ist, den Unterhalt zu tragen (§ 2 Abs. 4 B K G G ) . Das B K G G findet auch auf ausländische Arbeitnehmer Anwendung, soweit in zwischen- oder überstaatlichen A b k o m m e n über die soziale Sicherheit der W a n derarbeitnehmer bezüglich der Gewährung von Familienbeihilfen nichts anderes vereinbart ist. Hinsichtlich der H ö h e des Kindergeldes gilt, daß ausländische Arbeitnehmer für ihre im Geltungsbereich des B K G G lebenden Kinder das volle Kindergeld nach den in § 10 B K G G festgelegten Sätzen erhalten. A r b e i t n e h m e r aus Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft ( E G ) erhalten volles Kindergeld für ihre in den E G - S t a a t e n lebenden Kinder. Das gleiche gilt f ü r Arbeitnehmer aus der Schweiz und Österreich. Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des B K G G haben, werden grundsätzlich nicht berücksichtigt (§ 2 Abs. 5 B K G G ) . Die Bundesregierung ist jedoch ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß einem Berechtigten, der im Geltungsbereich des B K G G erwerbstätig ist oder sonst seine hauptsächlichen Einkünfte erzielt, Kindergeld ganz oder teilweise zu leisten ist, soweit dies mit Rücksicht auf die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten f ü r die Kinder in deren Wohnland und mit Rücksicht auf die dort gewährten, d e m Kindergeld vergleichbaren Leistungen geboten ist (§ 2 Abs. 6 B K G G ) . Z u r Vorbereitung einer solchen Regelung sind zwischen der Bundesregierung und den Regierungen der in Frage k o m m e n d e n Staaten 3 0 1 Vereinbarungen getroffen worden, die das Kindergeld für die im Heimatland lebenden Kinder eines ausländischen Arbeitnehmers aus den betreffenden Staaten festsetzen. Allerdings sind die vereinbarten Kindergeldsätze wesentlich niedriger als die normalen Kindergeldsätze. Mit diesen Regelungen, die nicht unbestritten sind 3 0 2 , soll auf die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten für Kinder in d e m betreffenden Wohnland, auf die dort gewährten, 301 302
Griechenland, Jugoslawien, Portugal, Türkei. Vgl. Kuhn, Sozialer Fortschritt 1975, 59 f.
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dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen abgestellt sowie der Anreiz für das vielzitierte Nachholen von Kindern in die Bundesrepublik abgebaut werden 3 0 3 . c) Höhe: Das Kindergeld beträgt für das 1. Kind 5 0 , - D M , für das 2. Kind 8 0 , - D M und für das 3. Kind sowie jedes weitere Kind 150,- DM monatlich (§ 10 BKGG). d) Finanzierung: Die Aufwendungen, die der Bundesanstalt für Arbeit (BA) aufgrund der Durchführung des B K G G entstehen, trägt der Bund (§ 16 Abs. 1 B K G G ) . Die Verwaltungskosten werden durch einen Pauschbetrag abgegolten, der zwischen der Bundesregierung und der BA vereinbart wird (§ 16 Abs. 3 BKGG). e) Organisation: Die BA führt das BKGG nach den fachlichen Weisungen des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung durch und führt dabei die Bezeichnung „Kindergeldkasse" (§ 15 BKGG) 3 0 4 . Mit Ausnahme eidlicher Vernehmungen sind die Arbeitsämter berechtigt, die Ermittlungen anzustellen, die zur Durchführung des Gesetzes erforderlich sind (§ 19 Abs. 1 B K G G ) . Dabei haben ihnen Behörden und Träger der Sozialversicherung Amtshilfe zu leisten ( § 1 9 Abs. 2 BKGG). Beurkundungs- und Beglaubigungsgebühren bei Gerichten entfallen. Außergerichtliche Verhandlungen und Urkunden, die nach dem B K G G erforderlich, sowie Vollmachten und Bescheinigungen, die zur Glaubhaftmachung beizubringen sind, sind gebührenfrei (§ 26 BKGG).
7. Zuschuß für eine angemessene Wohnung a) Zielsetzung: Die Zielsetzung des Wohngeldrechts, das im Wohngeldgesetz niedergelegt ist, ergibt sich aus § 7 SGB I: „Wer für eine angemessene Wohnung Aufwendungen erbringen muß, die ihm nicht zugemutet werden können, hat ein Recht auf Zuschuß zur Miete oder zu vergleichbaren Aufwendungen". Angemessen ist ein Wohnraum, der den jeweiligen Familien- und Einkommensverhältnissen seiner Bewohner gerecht wird, dessen Preis insbesondere tragbar ist. Obwohl das Wohngeld nach dem Willen des Gesetzgebers keine Leistung der Sozialhilfe i. S. d. BSHG ist (§ 1 S. 2 WoGG), steht es - als sozial sichernder Ausgleich unzumutbarer Aufwendungen für die Befriedigung eines speziellen Bedarfs — der Sozialhilfe in besonderen Lebenslagen nahe. Da größere Familien bei im übrigen gleichen Familieneinkommen Wohngeld eher erhalten als kleinere Familien oder alleinstehende Personen, dient das Wohngeld auch dem Familienlastenausgleich 305 . 303 304
305
Hoppe, ZfSH 1975,1 (2). Vgl. auch Leder, BAB1. 1975, 33f. Im öffentlichen Dienst wird das Kindergeld vom Dienstherrn oder von der Versorgungsstelle ausgezahlt. Henke, Grundzüge, S. 188 m. w. N.
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b) Antragsberechtigter Personenkreis: Wohngeld kann als Zuschuß zur Miete oder als Zuschuß zu den A u f w e n d u n g e n für eigengenutzten W o h n r a u m in Anspruch genommen werden (§ 26 Abs. 1 S G B I, § 2 W o G G ) . D e m g e m ä ß ist zwischen Antragsberechtigung für einen Mietzuschuß und Antragsberechtigung für einen Lastenzuschuß zu unterscheiden: Antragsberechtigt für einen Mietzuschuß sind: der Mieter von W o h n r a u m ; der Nutzungsberechtigte von W o h n r a u m bei einem dem Mietverhältnis ähnlichen Nutzungsverhältnis einschließlich dem Inhaber eines mietähnlichen D a u e r w o h n rechts und d e m Bewohner eines Heims, das überwiegend Wohnzwecken dient; der Wohnbesitzberechtigte; der Eigentümer eines Mehrfamilienhauses, der im eigenen Haus wohnt (§ 3 Abs. 1 W o G G ) . Antragsberechtigt für einen Lastenzuschuß sind: der Eigentümer eines Eigenheims, einer Kleinsiedlung oder einer landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstelle; der Eigentümer einer Eigentumswohnung; der Inhaber eines eigentumsähnlichen Dauerwohnrechts f ü r die eigengenutzte Wohnung (§ 3 Abs. 2 W o G G ) . Ferner erhalten für die von ihnen genutzten W o h n u n g e n die Personen einen Lastenzuschuß, die einen Anspruch auf Ubereignung eines Gebäudes als Eigentum, Kleinsiedlung, landwirtschaftliche Nebenerwerbsstelle, auf Bestellung oder Ü b e r t r a gung eines Wohnungseigentums oder eines eigentumsähnlichen Dauerwohnrechts haben, wenn sie die Belastungen bereits tragen. D e r Erbbauberechtigte steht d e m Eigentümer oder dem Anspruchsberechtigten gleich (§ 3 Abs. 3 W o G G ) . c) Höhe: Das Wohngeld richtet sich nach der H ö h e der Miete oder Belastung. Miete ist das Entgelt für die Gebrauchsüberlassung des W o h n r a u m s ohne die Kosten für Heizung, Warmwasser, Zuschläge f ü r Untermiete und Benutzung zu anderen als Wohnzwecken, Vergütungen für Möblierung (§ 5 W o G G ) ; Belastung ist die Belastung aus Kapitaldienst und Bewirtschaftung (§ 6 Abs. 1 W o G G ) . Miete und Belastung werden bis zu Höchstbeträgen berücksichtigt, in denen sich der Wohnwert der jeweiligen Wohnung widerspiegelt, die aber um der Verwaltungsvereinfachung willen als Tabellenwerk ausgestaltet sind. In dieses Tabellenwerk sind als Bezugsgrößen zum Wohnwert eingebaut (§ 8 W o G G ) : das Jahr der Bezugsfertigkeit der Wohnung, die Ausstattung mit Heizung, Bad oder Duschraum, die G r ö ß e des Haushalts und die Einwohnerzahl der Wohngemeinde. D e m Raumbedarf wird dadurch Rechnung getragen, daß je nach Wohnungsart Höchstbeträge der Miete oder Belastung angegeben werden. 3 0 6 d) Finanzierung: Die Länder tragen die Kosten f ü r den Leistungs- und Verwaltungsaufwand. D e r Bund erstattet den Ländern jährlich die Hälfte des gezahlten Wohngeldes (§ 34 W o G G ) .
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Beispiele für die Berechnung von Wohngeld finden sich in: Der Bundesminister und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 3 4 3 ff. Vgl. auch Der Bundesminister ordnung, Bauwesen und Städtebau (Hrsg.), Wohngeld '78, Bonn 1977.
für Arbeit für Raum-
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e) Organisation: Zuständig für die Zahlung des Wohngeldes sind die durch Landesrecht bestimmten Behörden (§ 26 Abs. 2 SGB I; § 23 S. 1 W o G G ) . Das sind im Regelfall die Kreise und kreisfreien Gemeinden 3 0 7 .
8. Jugendhilfe a) Zielsetzung: Die Jugendhilfe, eng mit der Sozialhilfe verklammert und wie diese elementarer Bestandteil des Sozialrechts, hat bislang nicht die Bedeutung erlangt, die ihr zukommt. Das ist schon insofern unverständlich, als die Versäumnisse auf diesem Gebiet einen ökonomischen Aspekt haben: Jugendhilfeleistungen, die heute vernachlässigt werden, stehen morgen mit einem Vielfachen auf der Soll-Seite, indem solcherart bedingte Krankheiten und Regelwidrigkeiten auszugleichen sind. Schwerer noch wiegt der Umstand, daß eine nicht hinreichend ernst genommene und in ihren Anliegen unterstützte Jugend die Fortentwicklung einer freien demokratischen Ordnung gefährdet. A u c h die Weiterentwicklung des gesamten Jugendhilferechts muß deshalb mit dazu beitragen, die Jugend so früh wie möglich in Planungs-, Entscheidungs- und Handlungsprozessen beim Ausbau der freiheitlichen Grundwerte einzuschalten. Als erster Schritt ist das über 50 Jahre alte und inhaltlich überholte JugendwohlfahrtsG durch ein zeitgemäßes JugendhilfeG zu ersetzen 3 0 8 . In Wahrung der in Art. 6 G G festgelegten Elternrechte geht § 8 SGB I von einem „subsidiären" Recht des jungen Menschen auf Erziehung aus. Es soll durch allgemeine A n g e b o t e der Förderung der Familienerziehung sowie durch individuelle erzieherische Hilfen zur Ergänzung der Familienerziehung, bei Entwicklungsgefährdung oder -Störung und zum Schutz von Minderjährigen außerhalb des Elternhauses verwirklicht werden. Sozialleistungen, die zur Verwirklichung dieser Leitidee in Anspruch genommen werden können, sollen entweder den Eltern bei der Erziehung oder den jungen Menschen bei ihrer Selbstentfaltung helfen oder erst dann einsetzen, wenn die Eltern ihrer Pflicht zur Erziehung nicht nachkommen 3 0 9 . b) Leistungen: Nach dem Recht der Jugendhilfe, das in Wahrung des elterlichen Vorrechts (Art. 6 Abs. 2 S. 1 G G ) zum Tragen kommt, wenn das Recht des jungen Menschen nicht von den Eltern verwirklicht wird, können in Anspruch genommen werden (§ 27 Abs. 1 SGB I, §§ 4ff. J W G ) : — Hilfen zur Erziehung innerhalb und außerhalb des Elternhauses vor und neben der Erfüllung der Schulpflicht, - Hilfen zur außerschulischen und außerberuflichen Bildung, 307
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Vgl. z. B. für NW: § 3 der V O v. 14. 1. 1969 ( G V N W S. 103). Im übrigen siehe Stadtler / Gutekunst, 2. Wohngeldgesetz, Anhang 5. Anregungen zu dem inzwischen vorliegenden Referentenentwurf eines Jugendhilfegesetzes finden sich bei Binschus, ZfF 1978, 4 9 ff. Amtliche Begründung, BT-Drucks. 7 / 8 6 8 , S. 2 4 (§ 8).
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- Hilfen zur Verhinderung und Beseitigung von Entwicklungsstörungen, - Hilfen zur Förderung von Einrichtungen und Veranstaltungen der Jugendwohlfahrt, - Vormundschafts- und Jugendgerichtshilfe. Diese Hilfen sind Dienstleistungen und Sozialleistungen i. S. d. § 11 SGB I. Das trifft auch auf die Mitwirkung des Vormundschaftsgerichts zu, das, soweit es um Leistungen im R a h m e n der Jugendhilfe geht, funktionell nicht als Gericht (Organ der Rechtsprechung), sondern als Verwaltungsorgan tätig wird 3 1 0 . Die Z u o r d n u n g der Leistungen der öffentlichen Jugendhilfe zum Bereich der Sozialleistungen galt nicht immer als selbstverständlich. Noch die Sozialenquete von 1966 3 1 1 glaubte, die Mitbehandlung der öffentlichen Jugendhilfe und Sozialhilfe ausdrücklich rechtfertigen zu müssen. H e u t e wird öffentliche Jugendhilfe, die alle Kriterien des Sozialverwaltungsrechts erfüllt, überwiegend als soziale Leistung begriffen. Für einen unvoreingenommenen Betrachter der sozialrechtlichen Materie wäre es unverständlich, wenn die im allerdings stark veralteten J W G geregelte Jugendhilfe, die bis zu ihrer endgültigen Einordnung in das SGB als dessen „besonderer Teil" gelten soll (Art. II § 1 Nr. 16 SGB I), im S G B fehlen würde. Schon an dieser Entwicklung wird eine allmähliche Verschiebung der Gewichte innerhalb der öffentlichen Jugendhilfe vom Eingriff hin zur Leistung deutlich 3 1 2 . Hinzu kommt die enge und wohl unlösbare formale und materiale Verklammerung der Jugendhilfe mit der Sozialhilfe, etwa bei der familiengerechten Hilfe (§§ 7, 23 Abs. 2 B S H G ) , beim notwendigen Lebensunterhalt ( § 1 2 B S H G ) , bei der Ausbildungshilfe (§§ 31 ff. B S H G ) , der Eingliederungshilfe für Behinderte (§§ 39ff. B S H G ) oder bei der Hilfe zur Pflege (§ 69 Abs. 3 B S H G ) . In der Sache ist das J W G überholt. Seine Schwäche liegt u. a. darin, d a ß es an klar formulierten, einklagbaren Ansprüchen des jungen Menschen auf erzieherische Hilfe fehlt. Dies soll in einem neuen Jugendhilfegesetz geändert werden. Darin soll jedem jungen Menschen ein Anspruch auf Erziehungsleistungen eingeräumt und für die Erbringung der erforderlichen Dienste und Einrichtungen eine entsprechende Gewährleistungspflicht der öffentlichen Träger festgelegt werden. Das Wahlrecht der Eltern und des Jugendlichen sowie der Grundsatz partnerschaftlicher Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und freien Trägern (§ 5 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2, § 7, § 8 Abs. 3 J W G ) sollen erhalten bleiben 3 1 3 . c) Finanzierung: D e r Schwerpunkt der Aufwendungen der öffentlichen Jugendhilfe liegt bei der Heimunterbringung, gefolgt von den Betriebskosten der Kindertagesstätten. Die Träger der freien Jugendhilfe erhalten die größten Zuschüsse zum Betrieb ihrer Kindertagesstätten und zur Erholungspflege. 310
311 312 313
Wertenbruch, D Ö V 1958, 732; ders., Rechtspfleger 1962, 77; ders., D R p f l Z 1963, 49; ders., in: Gedenkschrift für R. Schmidt, 1966, S. 8 9 ff. m. w. N.; vgl. auch B V e r w G NJW 1964,463. Vgl. Rdn. 927. Friedeberg / Polligkeit / Giese, Einl., S. XVIII f. Friedeberg / Polligkeit / Giese, Einl., S. XVII.
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Finanziert werden die Leistungen der öffentlichen Jugendhilfe überwiegend durch öffentliche Mittel, von denen rund 85 % auf die Gemeinden entfallen. Etwas mehr als 10% der Leistungen werden durch Kostenbeiträge der Betreuten und Erziehungsberechtigten, durch sonstige Einnahmen und durch - im Sozialbudget abgesetzte — übergeleitete Ansprüche finanziert 314 . d) Organisation: Für die Leistungen der Jugendhilfe sind die Jugendämter (JÄ) und Landesjugendämter (LJÄ) zuständig (§ 27 Abs. 2 SGB I, §§ 4ff. JWG), deren sachliche Zuständigkeit nur durch ausdrückliche gesetzliche Zuweisung von Aufgaben an andere Behörden, Dienststellen 315 oder Einrichtungen (z. B. Schulen) ausgeschlossen ist (§ 2 Abs. 1 JWG). Die Aufgaben der JÄ und LJÄ sind enumerativ voneinander abgegrenzt (§§ 4ff., 20 JWG), wobei den LJÄ vornehmlich Koordinationsaufgaben zugefallen sind. Im Rahmen dieser sachlichen Zuständigkeit ist dasjenige JA örtlich zuständig, in dessen Bezirk der zu betreuende Minderjährige seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat ( § 1 1 JWG). Auch die Einrichtung der JÄ und LJÄ ist im Rahmen der bundesrechtlichen Vorschriften (Art. 84 Abs. 1 G G , §§ 12ff., 19ff. JWG) Sache der Länder. Diese haben, da § 12 Abs. 2 JWG die kreisfreien Städte und Landkreise auch zu Trägern der (örtlichen) Jugendhilfe erklärt, die Dienststellen (JÄ, LJÄ) und deren Einordnung in bestehende Behörden im wesentlichen genauso strukturiert wie die mit Sozialhilfe befaßten Amtsstellen. Den jeweiligen JÄ und LJÄ sind Jugendwohlfahrtsausschüsse nach Maßgabe der §§ 14, 21 JWG als Beschlußorgane zugeordnet. 9. Sozialhilfe a) Funktion und Grundsätze der Sozialhilfe: Die Sozialhilfe hat nicht nur die Funktion, hilfsbedürftige Personen 3 1 6 am Leben zu erhalten. Sie soll sich auch präventiv und dergestalt rehabilitierend auswirken, daß sie zur Selbsthilfe anregt (§§ 1 Abs. 2, 6, 7 BSHG). Demgemäß sieht ihr Leistungssystem Hilfe zum Lebensunterhalt ( § § 1 Abs. 1, 11 ff. BSHG) und Hilfen in besonderen Lebenslagen vor ( § § 1 Abs. 1, 27ff. BSHG). Die Sozialhilfe wird von zwei Grundsätzen bestimmt: dem Grundsatz der Individualisierung und dem des Nachranges der Sozialhilfe. Der Grundsatz der Individualisierung bedeutet, daß sich Art, Form und Maß der Sozialhilfe nach der Besonderheit des Einzelfalles, vor allem nach der Person des Hilfeempfängers, der Art seines Bedarfs und den örtlichen Verhältnissen richten (§ 3 Abs. 1 BSHG). Dabei soll den Wünschen des Hilfeempfängers auf eine bestimmte Gestaltung der Hilfe entsprochen werden, soweit sie angemessen sind und keine unvertretbaren
314 315 316
BAB1. 1975,27. Z. B. Gesundheitsämter; § 17 JWG. Dieser Begriff kommt in BSHG nicht vor, ist jedoch nicht weniger präzise als die in §§ 2, 11 BSHG gebrauchte Umschreibung und wird deshalb im folgenden verwandt.
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Mehrkosten erfordern (§ 3 Abs. 2 B S H G ) . D e r Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe bedeutet, d a ß Hilfe nur erhält, wer sich selbst nicht helfen kann oder die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält (§ 2 Abs. 1 B S H G ) . Verpflichtungen anderer, besonders Unterhaltspflichtiger oder anderer Sozialleistungsträger bleiben unberührt (§ 2 Abs. 2 Satz 1 B S H G ) ; die Verpflichtungen der Träger der Sozialhilfe treten dahinter zurück 3 1 7 . Für das gesamte Anspruchsdenken im Sozialverwaltungsrecht, das sich nunmehr an den §§ 2, 33, 38ff. SGB I zu orientieren hat 3 1 8 , besitzt das B S H G in § 4 eine modellartige „Schlüsselnorm", die allerdings — ebenso wie die zitierten N o r m e n des SGB I - keineswegs Anspruchsgrundlage ist. Nach § 4 Abs. 1 S. 1 B S H G „besteht ein Anspruch, soweit dieses Gesetz (in den nachfolgenden Normen) bestimmt, daß die Hilfe zu gewähren ist". Wenn und soweit das B S H G in den nachfolgenden N o r m e n diese gesetzgeberische Vor-Bestimmung nicht trifft, andererseits aber auch ein behördliches Ermessen bei der Konkretion der Leistung nicht ausschließt, hat die zuständige B e h ö r d e nach „pflichtgemäßem E r m e s s e n " zu entscheiden (§ 4 Abs. 2 B S H G ) . Hilfearten der Sozialhilfe sind nicht Dienst-, Sach- und Geldleistungen im Sinne von § 11 S G B I, sondern Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 11 ff. B S H G ) und die vom Gesetzgeber nur beispielhaft aufgeführten Hilfen in besonderen Lebenslagen (§§ 27ff. B S H G ) . U n t e r Formen der Hilfe sind hingegen persönliche Hilfe (z. B. Beratung), Geld- und Sachleistungen (§ 8 Abs. 1 B S H G ) , also die in § 11 B S H G umschriebenen Leistungsarten zu verstehen 3 1 9 . Die Sozialhilfe setzt von A m t s wegen ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe (§ 9 B S H G ) oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, daß die Voraussetzungen für die Gewährung von Sozialhilfe vorliegen (§ 5 B S H G ) . In vielen Fällen wird der Hilfsbedürftige selbst als Ratsuchender (§ 8 Abs. 2 S. 2 B S H G ) oder als Hilfesuchender (§§ 7, 16, 18 B S H G ) auftreten und das Sozialhilfeorgan auf seine Situation hinweisen. b) Hilfe zum Lebensunterhalt: Voraussetzung für die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt ist, d a ß der Hilfesuchende sich den notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem seinem E i n k o m m e n und Vermögen beschaffen kann ( § 1 1 Abs. 1 S. 1 B S H G ) . Das E i n k o m m e n 3 2 0 ist für die Selbstbeschaffung des notwendigen Lebensunterhaltes voll einzusetzen. Dagegen darf die Gewährung von Sozialhilfeleistungen nicht vom Einsatz oder von der Verwertung bestimmter Vermögenssubstanzen abhängig gemacht werden. Dazu gehören z. B. Mittel, die aus öffentlichen Kassen zum 317 318 319 320
Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 348. Vgl. Wertenbruch, Sozialverf.-Sozialverw., S. 30f£., 78 ff. Vgl. Wertenbruch, Sozialverf.-Sozialverw., S. 184. Zum Begriff vgl. §§ 7 6 - 7 8 BSHG, ferner z. B. BVerwGE 20,188; BVerwG ZfSH 1965, 263; BVerwG, ZfS 1968, 186; Schellhorn / Jirasek / Seipp, Der Einsatz des Einkommens nach dem BSHG, 1965; Mertens, NDV 1966, 42; Fichtner, Z. f. d. Fürsorgewesen 1965, 258; Wertenbruch, SGb 1969, 226.
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Aufbau oder zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes gewährt worden sind, ferner angemessener Hausrat oder ein kleines Hausgrundstück, das der Hilfesuchende allein oder zusammen mit Angehörigen bewohnt (§ 88 Abs. 2 BSHG). Besitzt der Hilfesuchende dem § 88 Abs. 1 BSHG unterfallende, jedoch nicht sofort verbrauch- oder verwertbare Vermögensgüter, so soll Sozialhilfe als Darlehen gewährt werden, dessen dingliche oder sonstige Absicherung (durch Grundschulden, Verpfändung usw.) vom Sozialamt verlangt werden kann (§ 89 BSHG). Einkommen und Vermögen dritter Personen (Ehegatten, Eltern), die mit dem Hilfesuchenden zusammenleben, sind bei der Ermittlung des Leistungsstandes des Hilfesuchenden mitzuberücksichtigen ( § 1 1 Abs. 1 S. 2 BSHG). Lebt ein Hilfesuchender in Haushaltsgemeinschaft 3 2 1 mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, daß er von ihnen Leistungen zum Lebensunterhalt erhält, soweit dies nach ihrem Einkommen und Vermögen erwartet werden kann (§ 16 S. 1 BSHG). Ist im Rahmen gerichtlicher Überprüfung nicht festzustellen, ob Hilfsbedürftigkeit des Hilfesuchenden vorliegt ( § 1 1 BSHG), so geht dies — entsprechend den Regeln der materiellen Beweislast 322 - zu Lasten dessen, der Ansprüche auf Sozialhilfe geltend macht 3 2 3 . Hilfe zum Lebensunterhalt umfaßt insbesondere Ernährung, Unterkunft, Kleidung, Körperpflege 3 2 4 , Hausrat, Heizung und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Zu den persönlichen Bedürfnissen des täglichen Lebens gehören in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben (§ 12 Abs. 1 BSHG). Weiter sind als Hilfe zum Lebensunterhalt bestimmte Sonderleistungen zu erbringen, wie z. B. die Übernahme von Beiträgen für eine freiwillige Krankenversicherung ( § 1 3 Abs. 1 BSHG), für eine angemessene Alterssicherung oder für ein angemessenes Sterbegeld (§ 14 BSHG), die Übernahme von Bestattungsgeld ( § 1 5 BSHG) oder Hilfe zur Sicherung der Unterkunft (§ 15 a BSHG). Obwohl sich die Höhe der Leistung nach der individuellen Notlage zu richten hat, ist aus Gründen gleichmäßiger Leistungsbemessung eine gewisse Schematisierung vorgesehen. Die laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt richten sich nach dem Lebensbedarf, der sich aus der allgemeinen Erfahrung ergibt, und werden in Form von Regelsätzen festgesetzt(§ 22 BSHG) 3 2 5 . Die für den Haushaltsvorstand und die Haushaltsangehörigen festgelegten Regelsätze stehen in einem bestimmten prozentualen Verhältnis zueinander. Die Regelsätze für den Haushaltsvorstand gelten auch für alleinstehende Personen; sie umfassen neben dem persönli321
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323 324 325
Zu eheähnlichen Gemeinschaften vgl. § 122 BSHG und z. B. BVerwG, VerwRspr. 17, 631; v. Maydell, ZFS 1963,430; Jehle, ZfSH 1964,137. Dazu Bettermann, DVB1. 1957, 94f.; Buss, DRiZ 1966, 291; Dahlinger, NJW 1957, 7ff.; Gellrich, JR 1955, 175f.; Hoffmann, DVB1 1957, 603ff.; Luke, JZ 1966, 587; Redeker, NJW 1966,1777; Redekerl v. Oertzen, VwGO, § 108 Rdn. lOff. BVerwGE 21,208. Diese schließt keine Krankenpflege ein (§ 37 BSHG). Vgl. Regelsatzverordnung v. 20. 7. 1962 (Sartorius, Nr. 411).
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chen Lebensbedarf auch die Leistungen, die zur allgemeinen Haushaltsführung gehören. Haushaltsangehörige erhalten bis zum Alter von 7 Jahren 45 %, von 8 bis 11 Jahren 65%, von 12 bis 15 Jahren 75%, von 16 bis 21 Jahren 90%, vom 22. Lebensjahr an 80% des Regelsatzes des Haushaltsvorstands 326 . Der Träger der Sozialhilfe hat darauf hinzuwirken, daß der Hilfesuchende sich um Arbeit bemüht und Gelegenheit zur Arbeit erhält (§ 18 Abs. 2 BSHG). Wer sich weigert, zumutbare Arbeit zu leisten, hat keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt (§ 25 Abs. 1 BSHG) 3 2 7 . In bestimmten Fällen, etwa bei fortgesetztem unwirtschaftlichen Verhalten, kann die Hilfe auf das zum Lebensunterhalt Unerläßliche eingeschränkt werden (§ 25 Abs. 2 BSHG). c) Hilfe in besonderen Lebenslagen: Infolge von Leistungsverbesserungen und Schließung von Lücken innerhalb der anderen Leistungszweige hat sich die Tätigkeit der Sozialhilfeträger zunehmend auf die Behebung der in besonderen Lebenslagen begründeten Notstände verlagert. Aber auch die Hilfe in besonderen Lebenslagen wurde weiter ausgebaut. Heute umfaßt sie: 1. Hilfe zum Aufbau oder zur Sicherung der Lebensgrundlage: Sie hat präventiven Charakter und kann solchen Personen gewährt werden, denen eine ausreichende wirtschaftliche Lebensgrundlage fehlt oder bei denen sie gefährdet ist, mit der Einschränkung, daß die Hilfe in der Regel nur gewährt werden soll, wenn dem Hilfesuchenden sonst voraussichtlich Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt werden müßte (§ 30 BSHG). 2. Ausbildungshilfe: Sie ist zur Ausbildung für einen angemessenen Beruf oder für eine sonstige angemessene Tätigkeit zu gewähren ( § 3 1 Abs. 1 BSHG) und setzt voraus, daß der Auszubildende für den entsprechenden Beruf geeignet ist und seine Leistungen die Gewährung der Hilfe rechtfertigen. Bei bestimmten Eignungsvoraussetzungen wird Ausbildungshilfe auch zum Besuch weiterführender Schulen, einschließlich der Hochschule bewilligt (§ 32 Abs. 3 BSHG). Die Ausbildungshilfe umfaßt die erforderlichen Leistungen für den Lebensunterhalt und die Ausbildung (§ 33 Abs. 1 BSHG). 3. Vorbeugende Gesundheitshilfe: Sie soll Personen gewährt werden, denen nach ärztlichem Urteil eine Erkrankung oder ein sonstiger Gesundheitsschaden droht. Zu dieser Hilfe gehören auch die nach ärztlichem Gutachten im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen der Erholung, besonders für Kinder, Jugendliche und alte Menschen sowie für Mütter (§ 36 BSHG). Soweit Versicherte nach den Vorschriften der sozialen Krankenversicherung Anspruch auf Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten haben, gewährt auch die vorbeugende Gesundheitshilfe einen solchen Anspruch. 4. Krankenhilfe: Sie umfaßt - ähnlich wie die entsprechenden Regelungen anderer Sozialleistungsbereiche - ärztliche und zahnärztliche Behandlung, Versorgung mit Arzneimitteln, Verbandmitteln und Zahnersatz, Krankenhausbehandlung sowie sonstige, zur Genesung, Besserung oder Linderung der Krankheitsfolgen 326 327
§ 2 III 1 Regelsatzverordnung. BVerwG, D Ö V 1963,148.
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erforderliche Leistungen (§ 37 Abs. 2 BSHG). Der Kranke hat die freie Wahl unter den Ärzten und Zahnärzten, die sich zur Behandlung nach den Vergütungssätzen der Ortskrankenkassen bereit erklären (§ 37 Abs. 3 S.2 BSHG). 5. Familienplanung: Maßnahmen der Hilfe zur Familienplanung sind vor allem Übernahme der Kosten a) der notwendigen ärztlichen Beratung einschließlich der erforderlichen Untersuchung und Verordnung, b) der ärztlich verordneten empfängnisregelnden Mittel (§ 3 7 b BSHG). 6. Hilfe für werdende Mütter und Wöchnerinnen: Sie umfaßt — ähnlich den Leistungen, auf die die Familienangehörigen eines Versicherten der sozialen Krankenversicherung Anspruch haben - ärztliche Betreuung und Hilfe sowie Hebammenhilfe, Versorgung mit Arznei-, Verband- und Heilmitteln, einen Pauschbetrag für die im Zusammenhang mit der Entbindung entstehenden Aufwendungen, Pflege in einer Anstalt oder einem Heim, häusliche Wartung und Pflege sowie . Mutterschaftsgeld (§ 38 Abs. 2 BSHG). 7. Eingliederungshilfe für Behinderte: Personen, die nicht nur vorübergehend körperlich, geistig oder seelisch wesentlich behindert sind, ist Eingliederungshilfe zu gewähren. Personen mit einer anderen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung kann sie gewährt werden (§ 39 Abs. 1 BSHG). Wer als körperlich, geistig oder seelisch wesentlich Behinderter anzusehen ist, ergibt sich aus §§ l f f . der Eingliederungshilfe-Verordnung 3 2 8 . Den Behinderten stehen die von einer Behinderung Bedrohten gleich (§ 39 Abs. 2 S. 1 BSHG). Maßnahmen der Eingliederungshilfe sind u. a. ambulante oder stationäre ärztliche Behandlung, Versorgung mit orthopädischen Hilfsmitteln, heilpädagogische Maßnahmen für nicht schulpflichtige Kinder, Hilfe zu angemessener Schul- oder Berufsbildung, Fortbildung, Umschulung, Hilfe zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes, Hilfe bei der Beschaffung und Erhaltung einer behindertengerechten Wohnung, nachgehende Hilfe und Hilfe zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft (§ 40 Abs. 1 BSHG). Zur Durchführung der einzelnen Maßnahmen hat der Träger der Sozialhilfe im Zusammenwirken mit den Behinderten und den sonst Beteiligten wie dem behandelnden Arzt, dem Gesundheitsamt, dem Landesarzt, dem Jugendamt und der Arbeitsverwaltung einen Gesamtplan aufzustellen (§ 46 BSHG). 8. Tuberkulosehilfe: Sie umfaßt Heilbehandlung, Hilfe zur Eingliederung in das Arbeitsleben, Hilfe zum Lebensunterhalt, Sonderleistungen und vorbeugende Hilfe (§ 48 Abs. 2 BSHG). Diese Hilfen sind in den §§ 49ff. BSHG näher geregelt. 9. Blindenhilfe: Blinden ist zum Ausgleich von Mehraufwendungen Blindenhilfe zu gewähren, soweit sie keine gleichartigen Leistungen nach anderen Rechtsvorschriften erhalten (§ 67 Abs. 1 BSHG). Ihre Höhe richtet sich nach dem Mindestbetrag der Pflegezulage für Blinde nach dem B V G (§ 67 Abs. 2 BSHG). Ein Blinder, der sich weigert, eine ihm zumutbare Arbeit zu leisten oder sich zu einem angemessenen Beruf oder zu einer sonstigen angemessenen Tätigkeit ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen, hat keinen Anspruch auf Blindenhilfe. Blin328
Einzelheiten in: Institut für Sozialrecht der Ruhr-Universität Bochum, Errichtung von Wohnstätten für erwachsene geistig Behinderte, 1975.
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denhilfe kann versagt werden, soweit ihre bestimmungsgemäße Verwendung durch oder für den Blinden nicht möglich ist (§ 67 Abs. 4 BSHG). 10. Hilfe zur Pflege: Hilfe zur Pflege, die sowohl häusliche Pflege wie solche in Anstalten umfaßt, wird Personen gewährt, die infolge Krankheit oder Behinderung so hilflos sind, daß sie nicht ohne Wartung und Pflege sein können (§ 68 Abs. 1 BSHG). Der Träger der Sozialhilfe soll darauf hinwirken, daß Wartung und Pflege durch Personen, die dem Pflegebedürftigen nahestehen, oder im Wege der Nachbarschaftshilfe übernommen werden. In diesen Fällen sind dem Pflegebedürftigen die angemessenen Aufwendungen für Pflegepersonen zu erstatten. Weiter können angemessene Beihilfen gewährt werden. Ist neben oder anstelle der Wartung und Pflege Heranziehung einer Pflegekraft erforderlich, so sind angemessene Kosten hierfür zu übernehmen (§ 69 Abs. 2 BSHG). 11. Hilfe zur Weiterführung des Haushaltes: Sie soll Personen mit eigenem Haushalt gewährt werden, wenn keiner der Haushaltsangehörigen den Haushalt führen kann, seine Weiterführung aber geboten ist (§ 70 Abs. 1 BSHG), etwa bei Krankheit der Ehefrau und Mutter. Diese Hilfe umfaßt die persönliche Betreuung von Haushaltsangehörigen sowie die sonstige zur Weiterführung des Haushalts erforderliche Tätigkeit (§ 70 Abs. 2 BSHG). Wenn vorübergehende anderweitige Unterbringung von Haushaltsangehörigen neben oder statt der Weiterführung des Haushalts geboten ist, sind vom Sozialhilfeträger ggf. die angemessenen Kosten dafür zu übernehmen (§ 71 BSHG). 12. Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten: Sie ist solchen Personen zu gewähren, bei denen besondere soziale Schwierigkeiten der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft entgegenstehen, die sie nicht aus eigener Kraft überwinden können (§ 72 Abs. 1 S. 1 BSHG). Gedacht ist hauptsächlich an Obdachlose, Alkoholiker, Nichtseßhafte, Drogenabhängige oder Strafentlassene 329 . Soweit im Einzelfall persönliche Hilfe erforderlich ist, wird sie ohne Rücksicht auf Einkommen und Vermögen gewährt (§ 72 Abs. 3 BSHG). Einkommen und Vermögen von Angehörigen sind nicht zu berücksichtigen, und von der Inanspruchnahme nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtiger ist abzusehen, wenn der Erfolg der Hilfe dadurch gefährdet würde (§ 72 Abs. 3 BSHG). 13. Altenhilfe: Sie soll dazu beitragen, Schwierigkeiten, die durch das Alter entstehen, zu verhüten, zu überwinden oder zu mildern und alten Menschen die Möglichkeit zu erhalten, am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen (§ 75 Abs. 1 S. 2 BSHG). Während die Förderungsmöglichkeiten für die Jugend in der Vergangenheit stark intensiviert wurden, ist auf dem Gebiet der Altenhilfe bislang wenig richtungweisende Arbeit geleistet worden. Für die Zukunft sollte Förderung der Jugendhilfe einerseits und Förderung der Altenhilfe andererseits in ein ausgewogeneres Verhältnis gebracht werden. Bislang sind vom Bundessozialhilfegesetz vorgesehen: Hilfe bei der Beschaffung und Erhaltung einer altersgerechten Wohnung, Hilfe in allen Fragen der Heimaufnahme, der Inanspruchnahme altersgerechter Dienste, Hilfe zum Besuch von Veranstaltungen geselliger und kultureller Art, Hilfe zur Erhaltung der Verbindung mit nahestehenden Menschen und zu 329
Der Bundesminister
für Arbeit und Sozialordnung
(Hrsg.), Übersicht, S. 356.
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einer gewünschten Betätigung (§ 75 Abs. 2 B S H G ) . Soweit im Einzelfall persönliche Hilfe erforderlich ist, soll Altenhilfe ohne Rücksicht auf vorhandenes Einkommen oder Vermögen gewährt werden (§ 75 Abs. 4 B S H G ) . Voraussetzung für alle Hilfen in besonderen Lebenslagen ist, daß dem Hilfesuchenden, seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten und, falls er minderjährig und unverheiratet ist, seinen Eltern die Aufbringung der Mittel nicht zugemutet werden kann (§ 28 B S H G ) ; insoweit sind die Hilfen zu gewähren, ohne daß Ersatzansprüche entstehen. In begründeten Fällen kann Hilfe über § 28 B S H G hinaus auch insoweit gewährt werden, als den darin genannten Personen die Aufbringung der Mittel zuzumuten ist. In diesem Umfang haben sie dem Träger der Sozialhilfe die A u f w e n d u n g e n zu ersetzen (§ 29 B S H G ) . Als Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit geben die §§ 79ff. B S H G allgemeine und besondere Einkommensgrenzen an, die wesentlich höher liegen als das bei der Hilfe zum Lebensunterhalt nach §§ 11, 76ff. B S H G zu berücksichtigende Einkommen 3 3 0 . d) Durchsetzbarkeit des Sozialhilfeanspruchs: Materiellrechtlicher „ A n s p r u c h " (§ 4 B S H G ) 3 3 1 und verfahrensrechtliche Durchsetzbarkeit sind - wie heute überall in der Rechtsordnung — als korrespondierende Elemente ein und desselben Grundgedankens anzusehen: Wo ein Anspruch (vgl. § 194 B G B ) ist oder sein soll, muß er sich in einer Leistungsklage ausdrücken und gerichtlich durchsetzen lassen. Wo dies aus G r ü n d e n mangelnder Bestimmbarkeit des zu stellenden Klageantrags zweifelhaft ist, gerät auch ein vermeintlicher Anspruch ins Zwielicht. Für den Normalfall behält sich bei Leistungsansprüchen der Gesetzgeber die Ausprägung der Anspruchsgrundlage, d. h. die Entscheidung über den „ G r u n d " (Frage des „ O b " ) sowie über Leistungsart und U m f a n g (Frage des „ W i e " ) des Anspruchs vor. Einen Anspruch nur „dem G r u n d e nach" kann es logisch nicht geben. Von der Logik weicht auch der Gesetzgeber weder in § 4 B S H G noch in den §§ 2, 38ff. SGB I ab 3 3 2 . Schweigt der Gesetzgeber völlig, so ist ein Anspruch nicht gegeben und darf keine andere Staatsfunktion eine Leistung gewähren (vgl. § 31 S G B I). Fixiert der Gesetzgeber einen Anspruch in einer N o r m nach „ o b " und „wie", so liegt eine (perfekte) „Anspruchsgrundlage" vor. Wer ihre Voraussetzungen in seiner Person erfüllt, ist ohne weiteres Anspruchsinhaber. D e r Gesetzgeber kann aber auch die Konkretion des „ W i e " der zuständigen B e h ö r d e überlassen, sei es, daß er sie durch unbestimmte Rechtsbegriffe und eine evtl. nachfolgende Gerichtskontrolle dazu zwingt, sich mehr oder weniger genau seiner Vorstellung von einer „situationsgerechten" Entscheidung anzupassen (vgl. § 33 S G B I), oder daß er ihr die Konkretion der Leistung innerhalb eines mehr oder weniger offenen „ E r m e s sens-Rahmens" überläßt (§ 4 Abs. 1 B S H G , § 39 SGB I). Bei den letzteren Fällen kann der Anspruch erst entstehen, wenn die behördliche Konkretion der Leistung erfolgt ist (vgl. § 40 Abs. 2 SGB I).
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Vgl. V O zur Durchführung des § 76 B S H G v. 28. 11. 1962 (Sartorius, Nr. 414). Vgl. oben II 9 a. Vgl. Wertenbruch, Sozialverf.-Sozialverw., S. 8 2 f f .
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Wie das im einzelnen anhand von BSHG-Normen aussieht und sich prozeßrechtlich auswirkt, mag durch die nachfolgenden — abgestuften — Beispiele deutlicher werden: Stufe I: Der Hilfesuchende erfüllt nicht nur personell die Voraussetzungen von Rechtsnormen des BSHG, nach denen Hilfe zu gewähren ist; es ist auch jeder Ermessensspielraum hinsichtlich Form und Maß der Hilfe durch gesetzliche Vorfixierung ausgeschlossen. Beispiel: Blindenhilfe (§ 67 BSHG). Sie wird in Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen untergebrachten Blinden nach Vollendung des 18. Lebensjahres in Höhe des Mindestbetrages der Pflegezulage für Blinde nach dem BVG, Blinden, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, i. H. v. 5 0 % dieses Betrages gewährt (§ 67 Abs. 2 BSHG, § 35 Abs. 1 BVG). Hier ist ein Anspruch unbezweifelbar. Er kann mit der allgemeinen Leistungsklage (Zahlungsklage) 3 3 3 durchgesetzt werden. Stufe II: Das Gesetz bietet Hilfe; dabei sollen Form und Maß der Hilfe in der Regel nach einer Schablone festgesetzt werden, die anderen Gesetzen zu entnehmen ist. Beispiel: Hilfe für werdende Mütter und Wöchnerinnen (§ 38 BSHG). Die Leistungen, die zu gewähren sind (§ 38 Abs. 1 BSHG), sollen in der Regel den Leistungen entsprechen, die nach den Vorschriften über die gesetzliche Krankenversicherung den Familienangehörigen des Versicherten zu gewähren sind (§ 38 Abs. 2 S. 2 BSHG). Hier ist infolge der gesetzlichen Verweisung auf die §§ 195 ff., 205 a R V O 3 3 4 die Leistung für den Regelfall ebenso objektiv bestimmbar wie etwa eine Geldleistung bei der Hilfe zum Lebensunterhalt durch Regelsätze (§ 22 Abs. 1 BSHG). Soweit die Bestimmbarkeit von Form und Maß reicht, ist jede Ermessensausübung ausgeschlossen. Demgemäß bestehen auch in diesen Fällen gegen die Existenz eines Anspruchs keine Bedenken. Stufe III: Es ist zwar Hilfe zu gewähren; zu Form und Maß oder auch nur zum Maß der Hilfe hat sich der Gesetzgeber jedoch unbestimmt erklärt. Beispiel: Krankenhilfe (§ 37 BSHG). Der Gesetzgeber hat zwar - ähnlich §§ 182 Abs. 1 Nr. 1, 184, 185 R V O - beispielhaft Grundformen der Krankenhilfe angegeben; hinsichtlich sonstiger Formen und hinsichtlich des Maßes hat er jedoch nur die Gewährung der „zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung der Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen" angeordnet (§ 37 Abs. 2 BSHG). Hier kommt dem Antragsteller bzw. Kläger die Rechtsfigur des unbestimmten Rechtsbegriffs 335 zu Hilfe. Der Anspruch ist gegeben, wenn und weil die gesetzlich gebotene Leistung rechtlich (notfalls durch das kontrollierende Gericht) bestimmbar ist. Ein Ermessensspielraum besteht nicht. Die Behörde darf nicht frei zwischen verschiedenen Formen oder bezüglich des Maßes wählen, sondern hat das Erforderliche, Ausreichende und Zweckmäßige zu tun. 333 334 335
Dazu unten III. Vgl. oben II 4 b. Grundlegend hierzu Ehmke, „Ermessen" und „unbestimmter Rechtsbegriff" im Verwaltungsrecht, 1960; Jesch, AöR 82 (1957), S. 163ff.; des weiteren Wolff/ Bachof, VwR I, § 31 Ic; Schmidt-Salzer, Der Beurteilungsraum der Verwaltungsbehörden, 1968, S. 80ff.; Wertenbruch, D Ö V 1969, 606ff. m. w. N.
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Stufe IV: „Soll" eine bestimmte Hilfeart, eine Form oder ein bestimmbares M a ß gewährt werden, so besteht für das Sozialhilfeorgan ebenfalls eine starke Erkenntnis- und Handlungsbindung. Es muß sich an die gesetzliche Regel (des Sollens) halten, solange es nicht besondere Umstände darlegen kann, die ein Abweichen von der Regel („Individualität" der Hilfe) rechtfertigen. Beispiel: V o r b e u g e n d e Gesundheitshilfe (§ 36 B S H G ) . Eine solche „Soll"-Vorschrift schränkt das Ermessen stark ein; sie stellt vor allem eine Regelung der (materiellen) Beweislast dar 3 3 6 . W e r sich auf eine Besonderheit beruft, trägt f ü r deren Vorliegen (Beweisbarkeit) das Prozeßrisiko. Stufe V: „ K a n n " die Hilfe gewährt werden oder sind Form u n d / o d e r M a ß durch ähnliche Formulierungen in das pflichtmäßige Ermessen der Behörde gestellt (§§ 29 Abs. 1 S. 2, 29 a, 30 B S H G ) , so kann ein Anspruch erst durch behördliche Konkretion entstehen. Wird sie verzögert, so gibt es besondere Klagemöglichkeiten 3 3 7 , sie durchzusetzen. e) Finanzierung: Nach der Aufgabenverteilung zwischen Bund und L ä n d e r n bestimmen die Länder, wie die Mittel für die Sozialhilfe aufzubringen sind, im allgemeinen von den Ländern und Gemeinden bzw. Gemeindeverbänden. D e r Bund beteiligt sich lediglich an den A u f w e n d u n g e n für Zugewanderte und Flüchtlinge, f ü r die Tuberkulosehilfe und für die Sozialhilfe an Deutsche im Ausland 3 3 8 . f ) Organisation: Für die Erbringung der Leistungen der Sozialhilfe sind die örtlichen Träger, die überörtlichen Träger und f ü r besondere A u f g a b e n die Gesundheitsämter zuständig; sie arbeiten mit den Trägern der freien Wohlfahrtspflege zusammen (§§ 9 , 1 0 , 36 Abs. 3, 9 6 , 1 2 6 B S H G , § 28 Abs. 2 S G B I). örtliche Träger sind die kreisfreien Städte und die Landkreise, die ihrerseits — soweit landesgesetzliche N o r m e n dies zulassen - die ihnen angehörenden Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Durchführung von Sozialhilfeaufgaben heranziehen 3 3 9 und ihnen dabei Weisungen erteilen dürfen. Damit bleibt zwar die Sozialhilfe zumindest erstinstanzlich im Aufgabenbereich kommunaler Behörden 3 4 0 , aber es handelt sich bei der Durchführung des B S H G um eine staatliche Pflichtaufgabe 3 4 1 . Die überörtlichen Träger werden von den Ländern bestimmt (§ 96 Abs. 2 S. 1 B S H G ) . Diese sind grundsätzlich weisungsbefugt und haben ggf. den Wider-
336
337 338 339
340 341
BVerwG, DVB1. 1960, 251; abweichend, aber im Ergebnis ebenso OVG Münster, OVGE 16, 168, 173ff.; weitergehend Wallerath, Die Selbstbindung der Verwaltung, 1968, S. 100. Vgl. Wertenbrnch, Sozialverf.-Sozialverw., S.86f. Der Bundesminister für Arbeit und Sozial'ordnung (Hrsg.), Übersicht, S. 359. Selbstverständlich unter Kostenerstattung; vgl. z. B. § 5 nordrh.-westf. AusfG zum BSHG. Vgl. von Unruh, in diesem Lehrbuch. Und nicht, wie es in § 961 2 BSHG ursprünglich hieß, um eine „Selbstverwaltungsangelegenheit"; s. BVerfGE 22,180,209.
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spruchsbescheid nach §§ 68ff. VwGO zu erlassen (§ 96 Abs. 2 BSHG). In den Ländern sind z. T. kommunale (Zweck-)Verbände, z. T. staatliche Behörden zu überörtlichen Trägern der Sozialhilfe erklärt 3 4 2 . Der örtliche Träger der Sozialhilfe ist sachlich zuständig, soweit nicht nach § 100 BSHG oder nach Landesrecht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist (§ 99 BSHG). Örtlich zuständig ist grundsätzlich die Behörde desjenigen örtlichen Trägers der Sozialhilfe, in dessen Bezirk sich der Hilfesuchende tatsächlich aufhält (§§ 97, 98 BSHG). Der Hilfesuchende hat im übrigen die Wahl, ob er sich an die Dienststelle des örtlichen Trägers („Sozialamt"), d. h. staatliche Hilfe in Anspruch nehmen, oder an einen Verband der freien Wohlfahrtspflege wenden will. Die Tätigkeit solcher „freien" (mit eigenen Zielsetzungen im gesellschaftlichen Raum tätigen und gesetzlich nicht reglementierten) Verbände 3 4 3 wird durch das BSHG nicht berührt ( § 1 0 Abs. 1 BSHG). Die Träger der Sozialhilfe sollen mit den kirchlichen und sonstigen Verbänden der freien Wohlfahrtspflege zusammenarbeiten (§§ 10 Abs. 2, 95 Abs. 1 BSHG) und diese in ihren Bemühungen angemessen unterstützen (§ 10 Abs. 3 BSHG). Auch können sie diese Verbände an der Durchführung ihrer eigenen Aufgaben beteiligen 344 oder ihnen solche Aufgaben mit deren Einverständnis übertragen (§ 10 Abs. 5 S. 1 BSHG). Soweit Verbände der freien Wohlfahrtspflege in Einzelfällen die gesetzlich gebotene Hilfe gewähren, sollen die Träger der staatlichen Sozialhilfe — abgesehen von Geldleistungen - von der Durchführung eigener Maßnahmen absehen ( § 1 0 Abs. 4 BSHG). Sie bleiben jedoch letztlich (subsidiär) dem anspruchsberechtigten Hilfesuchenden verpflichtet (§§ 4, 10 Abs. 5 S. 2 BSHG) und haben geringfügige Zuwendungen eines Trägers der freien Wohlfahrtspflege bei der Berechnung des Einkommens des Hilfesuchenden außer acht zu lassen (§ 78 Abs. 1 BSHG). Diese (zunächst sehr umstrittene) Kooperation staatlicher Organe mit kirchlichen und gesellschaftlichen Verbänden sowie die damit verbundene Subsidiarität staatlicher Hilfeleistungen ist vom BVerfG als verfassungsgemäß bestätigt worden 3 4 5 .
10. Eingliederung Behinderter D a der Schritt von einem Sonderrecht zur Diskriminierung nicht weit ist, ist ein besonderes Buch „Eingliederung Behinderter" nicht vorgesehen. Den berechtigten Anliegen der Behinderten soll dadurch Rechnung getragen werden, daß innerhalb der einzelnen Sozialleistungsbereiche, sofern angezeigt, Spezialvorschriften geschaffen werden. Das bedeutet u. a., daß das RehaG aufgelöst und sein Inhalt auf das SGB I bzw. andere einschlägige sozialrechtliche Materien verteilt werden wird. Neben dem RehaG spielt derzeitig für Behinderte auch noch das BehVersG 342 343
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Vgl. hierzu im einzelnen die AusführungsG der Länder. Wie z. B. Arbeiterwohlfahrt, Deutscher Caritasverband, Innere Mission, Rotes Kreuz; Aufzählung in Z f S H 1963, 145. Vgl. auch §§ 8 II 2 , 9 3 I B S H G . BVerfGE22,180.
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eine Rolle. Auf beide Gesetze soll deshalb im folgenden ein kurzer Blick geworfen werden. a) RehaG: Die Vielzahl der Rehabilitationsträger, unterschiedliche Leistungen sowie fehlende Koordination hatten sich in der Vergangenheit zu Lasten der Behinderten ausgewirkt. Mit dem RehaG wird eine umfassende Zusammenarbeit aller Rehabilitationsträger angestrebt. Demgemäß haben die Leistungsträger im Interesse einer raschen und dauerhaften Eingliederung der Behinderten eng zusammenzuarbeiten. Die umfassende Beratung der Behinderten ist durch die Einrichtung von Auskunfts- und Beratungsstellen zu gewährleisten; gemeinschaftliche Auskunfts- und Beratungsstellen sind anzustreben (§ 5 Abs. 1 RehaG) 3 4 6 . Weiter hat jeder Leistungsträger im Rahmen seiner Zuständigkeit die nach Lage des Einzelfalles erforderlichen Leistungen so vollständig und umfassend zu erbringen, daß Leistungen eines anderen Trägers nicht erforderlich werden (§ 5 Abs. 2 Satz 1 RehaG). Um optimale Wirkungen zu erzielen, hat der zuständige Leistungsträger schließlich einen Gesamtplan zur Rehabilitation aufzustellen. Der Gesamtplan soll alle Maßnahmen umfassen, die im Einzelfall erforderlich sind, um eine vollständige und dauerhafte Eingliederung zu erreichen; dabei ist sicherzustellen, daß die Maßnahmen nahtlos ineinandergreifen. Der Behinderte, auf sein Verlangen oder soweit erforderlich die behandelnden Ärzte sowie die am Rehabilitationsverfahren beteiligten Stellen wirken bei der Aufstellung des Gesamtplanes beratend mit (§ 5 Abs. 3 RehaG). Die B A ist von den anderen Rehabilitationsträgern vor der Einleitung berufsfördernder Maßnahmen zur Rehabilitation, insbesondere bei der ersten Beratung des Behinderten, zu beteiligen, damit rechtzeitig Feststellungen über Notwendigkeit, Art und Umfang der Maßnahmen getroffen werden können. Das gilt auch, wenn sich der Behinderte in einem Krankenhaus, einer Kur- oder Spezialeinrichtung oder einer anderen Einrichtung der medizinischen Rehabilitation aufhält (§ 5 Abs. 4 RehaG) 3 4 7 . Ob den berechtigten Anliegen der Behinderten nach übersichtlicher Gestaltung und Wirksamkeit von Rehabilitationsleistungen mit diesen Vorschriften hinreichend geholfen ist, wird sich erst allmählich herausstellen. Vermutlich wird man zu weiteren Vereinfachungen kommen müssen 348 . b) BehVersG: Nach diesem Gesetz 3 4 9 sind alle Behinderten, die in anerkannten Werkstätten für Behinderte (§§ 52ff. SchwbG) oder Blindenwerkstätten beschäftigt sind, in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung pflichtversichert (§ 1 BehVersG). Der Beitrag zur GKV bemißt sich nach dem tatsächlichen Arbeitsentgelt des Beschäftigten, mindestens aber nach einem fiktiven Betrag, der 346 347
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Vgl. hierzu auch die Amtliche Begründung in BT-Drucks. 7/1237, S. 55 (§ 5). Alle Maßnahmen zur Rehabilitation bedürfen der Zustimmung des Behinderten ( § 4 1 1 RehaG). Vgl. dazu Wertenbruch, in: Das neue SGB, S. 141 ff. Vgl. auch Bundesrats-Drucks. 73/74, Bericht über die 402. Sitzung des Bundesrates am 8. 3. 1974, BT-Drucks. 7/1992,7/3287 sowie Bericht über die 152. Sitzung des Bundestages am 27. 2. 1975", BT-Drucks. 7/3237.
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20% des durchschnittlichen Arbeitsentgelts aller Versicherten der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten im vorvergangenen Jahr entspricht (§§ 4 ff. BehVersG). Er wird je zur Hälfte von dem Behinderten als Arbeitnehmer und vom Träger der Werkstatt als Arbeitgeber getragen. Liegt das Arbeitsentgelt des Behinderten unter diesem Betrag, so hat der Träger der Werkstatt den ganzen Arbeitgeberbeitrag aufzubringen. In der Rentenversicherung wird demgegenüber von einem fiktiven Arbeitsentgelt i. H. v. 90% der genannten Bezugsgröße ausgegangen. Würde man hier die Beitragshöhe am tatsächlichen Entgelt des Behinderten ausrichten, so könnte in den meisten Fällen eine ausreichende Rente nicht erzielt werden. Der Behinderte und der Träger der Werkstatt haben daher je zur Hälfte nur den Beitrag zu entrichten, der dem tatsächlichen Arbeitsentgelt des Behinderten entspricht. Die Differenz zwischen dem tatsächlichen und dem fiktiven Entgelt wird je zur Hälfte vom Bund und von den Ländern übernommen (§§ 8ff. BehVersG). Während für die in geschützten Einrichtungen tätigen Behinderten der Schutz der GUV schon nach geltendem Recht gegeben ist (§ 539 RVO), wird es für den Fall der Arbeitslosigkeit auch künftig an einem entsprechenden Schutz fehlen. Erst wenn so viele Arbeitsplätze in geschützten Einrichtungen geschaffen sind, daß arbeitslose Behinderte vermittelt werden können, wird eine Einbeziehung des genannten Personenkreises in den Schutz der Arbeitslosenversicherung sinnvoll sein. Vorerst ist noch im Einzelfall zu prüfen, ob die Beitragspflicht nach dem AFG besteht oder nicht. Nach § 2 Abs. 2 BehVersG sind auch solche Behinderte sozialversichert, die ohne Entgelt in gewisser Regelmäßigkeit eine Leistung erbringen, die einem Fünftel der Leistung eines voll erwerbsfähigen Beschäftigten bei gleichartiger Tätigkeit entspricht; es handelt sich um eine Durchbrechung des sonst geltenden Prinzips des entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses. Auf die Art der Leistung kommt es nicht an. So gehören ebenso Fertigungsarbeiten wie Küchendienst und Reinigungsarbeiten zu den versicherungspflichtigen Beschäftigungen 350 . Diese Lösung kann in der Praxis bei der Ermittlung der Leistungen von Behinderten zu faktischen Schwierigkeiten führen. Dennoch ist das Ergebnis zu billigen, denn ohne die im Dienstleistungsbereich beschäftigten Behinderten müßte anderes Personal eingesetzt werden. Gemessen am Ziel des Sozialrechts - im Interesse eines Ausgleichs sozialer Gegensätze in besonderer Weise Defizite einzelner oder bestimmter Bevölkerungsgruppen an materieller Absicherung, Chancengleichheit und Entfaltungsmöglichkeit zu beseitigen 351 - stellt das BehVersG nicht mehr als eine Teillösung dar 352 . Um zu einer echten Gleichstellung zu kommen, sind erheblich mehr Anstrengungen als bisher erforderlich. Vor allem ist die Bereitschaft der staatlichen Gemeinschaft zu entsprechenden zusätzlichen Belastungen zu fördern. 350
351 352
Einzelheiten bei Henke, in: Institut für Sozialrecht, Richtlinien zur Errichtung von Wohnstätten für erwachsene geistig Behinderte, 1975, S. 539ff.; Meurer, KrV 1975, 89 (91); dies., Z S R 1 9 7 5 , 2 1 (26). Vgl. auch Kraus, NDV1975, 35ff. Vgl. oben 11 a. So auch Bericht über die 152. Sitzung des BT am 27. 2. 1975, S. 10483 (C).
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11. Verfahren und Beziehungen der Leistungsträger zueinander und zu Dritten a) Verfahren: Das Verwaltungsverfahrensgesetz gilt, wie sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG ergibt, nicht für die Sozialverwaltung 353 . Hierfür wird es vielmehr zu einem eigenen Verfahrensrecht kommen, das voraussichtlich im X. Buch des SGB Platz finden wird 354 . Angestrebt wird, daß dieses zukünftige Sozialverwaltungsverfahrensrecht mit dem VwVfG Übereinstimmung aufweist, wo immer das möglich ist; nur dort, wo die Besonderheiten des Sozialrechts es bedingen oder erforderlich erscheinen lassen, werden die entsprechenden Bestimmungen vom VwVfG abweichen 355 . Abzusehen ist, daß es besondere Regelungen geben wird für die „Bestandskraft des Verwaltungsaktes", für den „öffentlich-rechtlichen Vertrag", für die „Besonderen Verfahrensarten" sowie für „Ehrenamtliche Tätigkeit und Ausschüsse". b) Beziehungen der Leistungsträger zueinander und zu Dritten: Aus diesem recht schwierigen Gebiet kann hier lediglich auf zwei Punkte eingegangen werden: zum einen auf das Verhältnis von § 640 RVO zu § 1542 RVO, zum anderen auf die §§ 1531 ff. RVO. Treffen der unmittelbare Rückgriffsanspruch gemäß § 640 RVO und der nach § 1542 R V O abgeleitete Anspruch zusammen, so treten sie wegen ihrer unterschiedlichen Struktur und Zweckbestimmung nicht in ein Konkurrenzverhältnis; sie bestehen vielmehr nebeneinander. Der Sozialversicherungsträger kanil nach freiem Ermessen aufgrund des § 421 BGB die Leistung von jedem der Schuldner ganz oder zum Teil fordern. Der etwa nach § 640 RVO Haftende kann daher nicht verlangen, daß der Sozialversicherungsträger zunächst ganz oder zum Teil den auf ihn nach § 1542 R V O übergegangenen Anspruch gegen den zweiten Schädiger geltend macht. Da der Sozialversicherungsträger auch nicht doppelte Zahlung verlangen kann, ist § 422 BGB beachtlich; der Sozialversicherungsträger muß sich evtl. unmittelbar oder mittelbar den Einwand der Erfüllung entgegenhalten lassen 356 . Unterstützt ein Träger der Sozialhilfe (SHTr) nach gesetzlicher Pflicht einen Hilfsbedürftigen für eine Zeit, für die dieser einen Anspruch gegen einen Sozialversicherungsträger hatte oder noch hat, so kann der SHTr, jedoch nur bis zur Höhe dieses Anspruchs, nach näherer Bestimmung der §§ 1532 bis 1537 RVO Ersatz beanspruchen. Durch diese Regelung erwirbt der SHTr nicht einen auf Forderungsübergang beruhenden, sondern einen eigenen Anspruch gegen den Sozialversicherungsträger. Voraussetzungen für einen solchen Anspruch sind: - der Anspruch darf nicht wegen verspäteter Geltendmachung verwirkt sein (§ 1539 RVO). - die unterstützte und die anspruchsberechtigte Person muß identisch sein, soweit es sich nicht um Familienhilfeleistungen handelt (Personengleichheit), 353 Yg| hiereu a u c h die amtliche Begründung, BT-Drucks. 7/910, S. 34. 354 Ein Referentenentwurf liegt vor. 355 So die Begründung des Referentenentwurfs. 356 Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl. 1963ff., § 640 Anm. 37.
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- der SHTr muß den Hilfsberechtigten aufgrund gesetzlicher Pflicht (d. h. nach den Vorschriften des BSHG) unterstützt haben, - der Leistungsgrund für die Sozialhilfe und für die Versicherungsleistungen nach der R V O muß gleich sein (Einheit des Leistungsgrundes), - es muß Gleichzeitigkeit der Sozialhilfeleistungen und der Versicherungsleistungen gegeben sein (Gleichzeitigkeit der Leistungen), - d i e Sozialhilfeleistungen und die Versicherungsleistungen müssen gleichartig sein, d. h. die Leistungen des Sozialhilfeträgers und die des Sozialversicherungsträgers müssen „ihrer Art nach gleich" sein (Gleichartigkeit der Leistungen).
III. Rechtsschutz In allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art ist der Verwaltungsrechtsweg gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO). Eine solche ausdrückliche anderweitige Zuweisung ist in § 51 SGG erfolgt. Danach entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit in Angelegenheiten der Sozialversicherung, der Arbeitslosenversicherung und der übrigen Aufgaben der BA sowie der Kriegsopferversorgung ( § 5 1 Abs. 1 SGG). Zu den Angelegenheiten der Sozialversicherung zählt das Kassenarztrecht, das nicht nur die Beziehungen zwischen Ärzten und Krankenkassen (§ 51 Abs. 2 S. 1 SGG), sondern auch die zwischen Ärzten und KÄVen sowie die zwischen KÄVen und Krankenkassen umfaßt 3 5 7 . Zu den Angelegenheiten der Kriegsopferversorgung, die künftig der sozialen Entschädigung untersteht, gehören nicht Maßnahmen auf dem Gebiet der sozialen Fürsorge nach § § 2 5 bis 27 B V G ( § 5 1 Abs. 2 S. 2 SGG). Weiter entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten, die auf Grund des LFG entstehen ( § 5 1 Abs. 3 SGG). Schließlich entscheiden sie über sonstige öffentlich-rechtliche Streitigkeiten, für die durch Gesetz der Rechtsweg vor diesen Gerichten eröffnet wird, z. B. in den Fällen von § 3 0 G A L , § 1 0 H H G , § 227 a Abs. 2 B E G , § 88 Abs. 4 SVG. Alle anderen sozialrechtlichen Streitigkeiten gehören vor die allgemeinen Verwaltungsgerichte (§ 40 Abs. 1 VwGO). Das gilt insbesondere für die Alterssicherung freier Berufe, soweit sie nicht in die Sozialversicherung eingegliedert sind und soweit „Versorgungskassen" auf Landesebene für sie bestehen, weiter für Lastenausgleich, Wohn- und Blindengeldrecht, Jugend- und Sozialhilferecht. So verläuft mitten durch das dem Sozialverwaltungsrecht zugeordnete Prozeßrecht eine Zäsur, die allerdings dadurch gemildert wird, daß SGG und V w G O weitgehend einander angeglichen sind. Wie in der VwGO gibt es im SGG Anfechtungs-, Verpflichtungs-, Leistungsund Feststellungsklagen. Bei der Anfechtungsklage ist der Kläger bestrebt, einen 357
Peters / Sautter / Wolff, SGG, § 51 Anm. 12.
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Eingriff durch Hoheitsakt abzuwehren. Bei der Verpflichtungsklage greift der Kläger an und verlangt von der Verwaltungsbehörde den Erlaß eines VA. Die reine (echte) Leistungsklage kommt für den Fall in Betracht, daß eine Anspruchsleistung nicht durch V A festgestellt wird (§ 54 Abs. 5 SGG). Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage, auch unechte Leistungsklage genannt, richtet sich gegen einen (ganz oder teilweise) ablehnenden Leistungsbescheid und geht gleichzeitig auf Verurteilung des Verwaltungsträgers zur Gewährung einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht (§ 54 Abs. 4 SGG). Gäbe es diese Sonderregelung nicht, so wäre in diesen Fällen eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zu erheben. Die Sonderregelung besteht darin, daß mit der Aufhebung des VA nicht die Verpflichtung zum Erlaß eines positiven Leistungsbescheides verknüpft wird, sondern die Verurteilung zur Leistung selbst. Der bei erfolgreicher Klage ergehende Leistungsbescheid vollzieht dann lediglich das Leistungsurteil 358 . Die Feststellungsklage ist auf Klärung eines konkreten Rechtsverhältnisses gerichtet (§ 55 SGG). Mit der Fortsetzungsfeststellungsklage schließlich kann die Feststellung eines V A begehrt werden, der sich erledigt hat ( § 1 3 1 Abs. 1 S. 3 SGG). Im Fall der Erledigung einer Verpflichtungsklage oder einer allgemeinen Leistungsklage ist § 131 Abs. 1 S. 3 SGG entsprechend anzuwenden 3 5 9 . Vor Erhebung der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage bedarf es im Regelfall eines Vorverfahrens, in dem Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des V A nachgeprüft werden (§ 78 SGG, § 68 VwGO). Abweichend von § 68 Abs. 1 VwGO ist nach § 78 Abs. 1 SGG ein Vorverfahren auch dann nicht erforderlich, wenn der V A vom Präsidenten der B A erlassen worden ist oder wenn ein Land oder ein Versicherungsträger klagen will. In Angelegenheiten der Unfallversicherung, der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten und der Kriegsopferversorgung ist die Anfechtungsklage auch ohne Vorverfahren zulässig, wenn die Aufhebung oder Abänderung eines V A begehrt wird, der eine Pflichtleistung betrifft (§ 78 Abs. 2 S. 1 Halbs. 1 SGG) 3 6 0 . Dem Versicherten steht also - in Anlehnung an § 45 F G O — eine Wahlmöglichkeit darüber zu, ob er in ihm geeignet erscheinenden Fällen das einfachere und schnellere Vorverfahren mit der Abhilfemöglichkeit nach § 85 Abs. 1 SGG ergreifen oder in Fällen bereits feststehender Gegensätzlichkeit bzw. bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung unmittelbar das im allgemeinen länger dauernde gerichtliche Verfahren einleiten will. Ist zweifelhaft, ob es sich bei einem Rechtsbehelf um einen Widerspruch oder eine Klage handelt, so ist dieser als Widerspruch zu behandeln, wenn er bei der Stelle eingeht, die den V A erlassen hat (§ 78 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 SGG). Durch diese Vorschrift wird verhindert, daß ein einfaches Schreiben des Versicherten als „Klageschrift" an das zuständige Sozialgericht weitergeleitet, von diesem jedoch als Widerspruch ausgelegt und an den Sozialleistungsträger zurückgesandt wird. Das führt zu einer Straffung des Vorverfahrens.
358 359 360
Bley, Grundzüge der Sozialgerichtsbarkeit, S. 75 f. Meyer-Ladewig, SGG, § 131 Rdnr. 9. Zur Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift: Meyer-Ladewig,
SGG, § 78 Rdnr. 8.
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Hat von mehreren Berechtigten einer Widerspruch eingelegt, ein anderer unmittelbar Klage erhoben, so ist zunächst über den Widerspruch zu entscheiden (§ 78 Abs. 2 S. 2 SGG). Mit dieser Bestimmung, die ebenfalls in der VwGO nicht enthalten ist, ist eine Entlastung der Sozialgerichte bezweckt; das Widerspruchsverfahren erledigt in zahlreichen Fällen den Streitgegenstand zumindest für einen Berechtigten und macht dann auch für den anderen Berechtigten ein Gerichtsverfahren überflüssig 361 . Eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ist nur zulässig, wenn der Kläger klagebefugt ist. Diese Voraussetzung, die in beiden Prozeßgesetzen zwar unterschiedlich formuliert (§ 54 Abs. 1 S. 2 SGG, § 42 Abs. 2 VwGO), aber sachlich gleich zu behandeln ist 362 , liegt vor, wenn der Kläger sich auf eine Norm stützen kann, die seine rechtlichen Interessen zu schützen bestimmt ist, wenn im Fall der NichtVerwirklichung des Klagebegehrens die Möglichkeit der Rechtsbeeinträchtigung gegeben wäre und der Wille des Klägers erkennbar ist, seinem rechtlichen Interesse Geltung zu verschaffen. Für die Feststellungsklage bedarf es eines berechtigten Interesses an der baldigen Feststellung des Rechtsverhältnisses (§ 55 SGG, § 43 VwGO), für die Fortsetzungsfeststellungsklage eines Interesses an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des VA (§ 131 Abs. 1 S. 3 SGG, § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO).
361 362
Vgl. hierzu H. Schmidt, SozSich 1975, 37ff., 7 6 f f . ; Ule, V S S R 1 9 7 4 , I f f . Peters / Sautter / Wolff, SGG, § 5 4 A n m . 2 d.
SECHSTER A B S C H N I T T Karl Heinrich Friauf
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Gesetze Bund: Bauplanungsrecht: BundesbauG vom 23. Juni 1960 (BGBl. I, S. 341) i. d. F. der Bekanntmachung vom 18. Aug. 1976 (BGBl. I, S. 2257). VO über die bauliche Nutzung der Grundstücke (BaunutzungsVO) vom 26. Juni 1962 (BGBl. I, S. 429) i. d. F. der Bekanntmachung vom 15. Sept. 1977 (BGBl. I, S. 1763). G über städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen in den Gemeinden (StädtebauförderungsG) vom 27. Juli 1971 (BGBl. I, S. 1125) i. d. F. der Bekanntmachung vom 18. Aug. 1976 (BGBl. I, S. 2318). VO über Grundsätze für die Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken (WertermittlungsVO) i. d. F. vom 15. Aug. 1972 (BGBl. I, S. 1416). G zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge (Bundes-ImmissionsschutzG vom 15. März 1974 (BGBl. I,S. 721). Bauordnungsrecht: Musterbauordnung: MusterBauO vom 30. Okt. 1959 (abgedruckt bei G. Haase, Landesbauordnung und Musterbauordnung, 1971). Raumordnungsrecht: Raumordnungsgesetz vom 8. April 1965 (BGBl. I, S. 306), geändert durch G vom 10. Aug. 1976 (BGBl. I, S. 2127). Verwaltungsabkommen zwischen dem Bund und den Ländern über die gemeinsamen Beratungen nach § 8 des R O G vom 29. Mai 1967 (Bundesanzeiger Nr. 122). Länder: Baurecht: Baden- Württemberg: LandesbauO für Baden-Württemberg vom 6. April 1964 (GBl. S. 151) i. d. F. vom 20. Juni 1972 (GBl. S. 351). G über das Nachbarrecht vom 14. Dez. 1959(GB1. S. 171). Bayern: Bayerische BauO vom 1. August 1962 (GVB1. S. 179) i. d. F. der Neubekanntmachung vom 1. Okt. 1974 (GVB1. S. 513). Berlin: BauO vom 29. Juli 1966 (GVB1. S. 1175) i. d. F. vom 13. Febr. 1971 (GVB1. S. 457). Bremen: BauO vom 21. Sept. 1971 (GBl. S. 207), zuletzt geändert durch G vom 26. März 1974 (GBl. S. 158). Hamburg: Hamburgische Bauordnung vom 10. Dez. 1969 (GVB1. S. 249), zuletzt geändert durch G vom 31. Jan. 1975 (GVB1. S. 17). Hessen: Hessische BauO i. d. F. der Bekanntmachung vom 16. 12.1977 (GVB1. 1978,1). Niedersachsen: Niedersächsische BauO vom 23. Juli 1973 (GVB1. S. 259), zuletzt geändert durch G vom 10. Dez. 1976 (GVB1. S. 318). NiedersächsischesNachbarrechtsG vom 31. März 1967 (GVB1. S. 91). Nordrhein- Westfalen: BauO für das Land Nordrhein-Westfalen vom 25. Juli 1962 (GVB1. S. 373) i. d. F. der
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Bekanntmachung vom 27. Jan. 1970 (GVB1. S. 96), geändert durch G vom 15. Juli 1976 (GVB1. S. 264). Rheinland-Pfalz: LandesbauO für Rheinland-Pfalz vom 15. Nov. 1961 (GVB1. S. 229) i. d. F. vom 27. Febr. 1974 (GVB1. S. 53). Saarland: LandesbauO vom 12. Mai 1965 (ABl. S. 529) i. d. F. vom 27. Dez. 1974 (ABl. 1975 S. 85). Schleswig-Holstein: LandesbauO für das Land Schleswig-Holstein i. d. F. der Bekanntmachung vom 20. Juni 1975 (GVOB1. S. 142). Raumordnung: Baden- Württemberg: LandesplanungsG vom 19. Dezember 1962 (GVB1. 1963 S. 1) i. d. F. der Bekanntmachung vom 25. Juli 1972 (GVB1. S. 460), geändert durch G vom 6. Mai 1975 (GVB1. S. 257). Bayern: Bayerisches LandesplanungsG vom 6. Febr. 1970 (GVB1. S. 9). Bekanntmachung des StM für Wirtschaft und Verkehr zur Durchführung von Raumordnungsverfahren vom 24. Nov. 1971 (WVMB1.1972 S. 21). Hessen: Hessisches LandesplanungsG vom 4. Juli 1962 (GVB1. S. 311) i. d. F. v. 1. Juni 1970 (GVB1. S. 360). G über die Feststellung des Hessischen Landesraumordnungsprogramms und zur Änderung des Hessischen LandesplanungsG (Hessisches FeststellungsG) vom 18. März 1970 (GVB1. S. 265). 1. Verordnung zur Durchführung des Hess. Landesplanungsgesetzes vom 22. Mai 1963 (GVB1. S. 72). Niedersachsen: Niedersächsisches Gesetz über Raumordnung und Landesplanung vom 24. Januar 1974 (GVB1. S. 49). G zur Landesentwicklung vom 19. März 1974 (GVB1. S. 96). Gesetz zur Ordnung des Großraums Hannover vom 14. Dezember 1962 (GVB1. S. 235). Nordrhein- Westfalen: Landesplanungsgesetz vom 1. Aug. 1972 (GVB1. S. 244) i. d. F. der Bekanntmachung vom 3. Juni 1975 (GVB1. S. 450), geändert durch G vom 7. Dez. 1976 (GVB1. S. 416). 1. DVO zum Landesplanungsgesetz vom 25. September 1962 (GVB1. S. 548) i. d. F. der Änderungsverordnungen vom 18. Februar 1964 (GVB1. S. 33) und vom 20. Febr. 1973 (GVB1. S. 228). 2. DVO zum Landesplanungsgesetz i. d. F. vom 4. Mai 1976 (GVB1. S. 225). 3. DVO zum Landesplanunggesetz i. d. F. vom 4. Mai 1976 (GVB1. S. 227). G zur Landesentwicklung (Landesentwicklungsprogramm) vom 19. März 1974 (GVB1. S. 96). Gesetz über die Gesamtplanung im rheinischen Braunkohlegebiet vom 25. April 1950 (GVB1. S. 450). Rheinland-Pfalz: Landesgesetz für Raumordnung und Landesplanung (Landesplanungsgesetz) vom 14. Juni 1966 (GVB1. S. 177) i. d. F. des Änderungsgesetzes vom 5. April 1968 (GVB1. S. 47), geändert durch G vom 20. Nov. 1969 (GVB1. S. 179) und vom 5. März 1970 (GVB1. S. 96). Landesgesetz über die Einteilung des Landes in Regionen (Regionengesetz) vom 16. März 1967 (GVB1. S. 68).
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1. Landesverordnung zur Durchführung des Landesplanungsgesetzes vom 19. April 1967 (GVB1. S. 136). 2. Landesverordnung zur Durchführung des Landesplanungsgesetzes vom 19. April 1967 (GVB1. S. 136, berichtigt GVB1. S. 152). Saarland: Saarländisches Landesplanungsgesetz (Gesetz-Nr. 798) vom 27. Mai 1964 (ABl. S. 525). Schleswig-Holstein: Gesetz über die Landesplanung vom 13. April 1971 (GVB1. S. 152) i. d. F. der Ge. vom 13. Mai 1974 (GVB1. S. 128) und vom 31. März 1976 (GVB1. S. 112). Gesetz über Grundsätze zur Entwicklung des Landes i. d. F. vom 11. Dez. 1973 (GVB1. S. 425).
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Gliederung I. Allgemeines 1. Begriff, Bedeutung und Aufgabe des Baurechts 2. Grundzüge der Entwicklung des Baurechts a) Ursprünge b) Bauplanung c) Bauordnung 3. Gegenstände des geltenden Baurechts a) Bauleitplanung b) Bodenordnung c) Bauordnung d) Das Zusammenwirken von Bauleitplanung und Bauordnung 4. Das Baurecht in der bundesstaatlichen Kompetenzordnung II. Bauleitplanung und Bodenrecht 1. Planungshoheit der Gemeinden 2. Planungsrecht und Planungspflicht der Gemeinden a) Zulässigkeit und Grenzen der Planung b) Die Grundsätze der Bauleitplanung c) Planerisches Ermessen und Abwägungsgebot d) Rechtsansprüche auf Durchführung von Planungen? 3. Die Bauleitpläne im einzelnen a) Allgemeines b) Der Flächennutzungsplan aa) Inhalt bb) Aufstellung cc) Rechtliche Bedeutung dd) Tatsächliche Wirkungen gegenüber dem Bürger ee) Rechtsbehelfe c) Der Bebauungsplan aa) Inhalt bb) Aufstellung cc) Außerkrafttreten dd) Rechtliche Wirkung ee) Rechtsbehelfe gegen den Bebauungsplan d) Die förmlichen Festlegungen nach dem StädtebauförderungsG 4. Die bauplanerische Zulässigkeit von Bauvorhaben a) Materiellrechtliche Zulässigkeit aa) Im Bereich eines qualifizierten Bebauungsplans bb) In nichtbeplanten, im Zusammenhang bebauten Ortsteilen cc) Im Außenbereich dd) Zulässigkeit aufgrund Bestandsschutzes ee) Zulässigkeit aufgrund einer „eigentumskräftig verfestigten Anspruchsposition" b) Bauleitplanung und Baugenehmigungsverfahren aa) Allgemeines bb) Rechtsanspruch auf Genehmigung
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III. Bauordnungsrecht 1. Funktionen des Bauordnungsrechts a) Gefahrenabwehr b) Verhütung von Verunstaltungen c) Wohlfahrts- und sozialpflegerische Aufgaben d) Vollzug der Bauleitplanung e) Schutz außer-baurechtlicher Belange 2. Die am Bau Beteiligten 3. Baugenehmigung (Bauerlaubnis) a) Materielle Baufreiheit b) Genehmigungspflicht c) Genehmigungspflichtige, anzeigepflichtige sowie genehmigungs- und anzeigefreie Vorhaben d) Rechtsfolgen des ungenehmigten Bauens aa) Bei nur formeller Baurechtswidrigkeit bb) Bei materieller Baurechtswidrigkeit e) Baugenehmigung und private Rechtsverhältnisse f) Die zeitliche Begrenzung der Baugenehmigung 4. Ausnahmen und Befreiungen (Dispense) a) Allgemeines b) Ausnahmen c) Befreiungen (Dispense) 5. Bauverfahren und Bauüberwachung a) Bauerlaubnis-Verfahren aa) Bauantrag bb) Voranfrage und Vorbescheid cc) Erteilung des Bauscheins dd) Teilbaugenehmigung ee) Typengenehmigung und Ausführungsgenehmigung
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ff) Zustimmungsverfahren bei öffentlichen Bauten b) Bauüberwachung aa) Laufende Überwachung bb) Bauabnahme 6. Bauordnungsbehörden 7. Baurechtliche Verträge a) Zulässigkeit b) Anwendungsfälle 8. Schutz des Nachbarn a) Materiellrechtliche Grundlagen aa) Nachbarschützende Bestimmungen des Bauplanungs- und des Bauordnungsrechts bb) Grundrechte b) Verfahrensrechtliche Fragen aa) Klageverfahren bb) Vorläufiger Rechtsschutz
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IV. Raumordnungsrecht 1. Begriff und Entwicklung der Raumordnung a) Begriffsklärung b) Allgemeine Charakterisierung c) Geschichtliche Entwicklung aa) Entwicklung der Landesplanung bis zum Kriege bb) Ansätze nach dem 2. Weltkrieg bis zum Bundesraumordnungsgesetz.. . 2. Das Raumordnungsgesetz des Bundes a) Rechtsqualität b) Verfassungsrechtliche Fragen c) Aufgaben der Raumordnung d) Grundsätze der Raumordnung aa) Allgemeiner Überblick bb) Die Raumordnungsgrundsätze im einzelnen e) Geltung und Verwirklichung der Raumordnungsgrundsätze aa) Geltung der Raumordnungsgrundsätze bb) Verwirklichung der Raumordnungsgrundsätze f) Das Gegenstromverfahren 3. Raumordnung in den Ländern a) Verfahrensgrundsätze b) Der Stufenbau der Landesraumordnung aa) Zentrale Raumordnung und Landesplanung bb) Regionalplanung cc) örtliche Bauleitplanung c) Die Beachtung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung
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I. Allgemeines
1. Begriff, Bedeutung und Aufgabe des Baurechts Unter dem Begriff des Baurechts im weiteren Sinne faßt man die Gesamtheit der rechtlichen Regelungen zusammen, die sich auf die Zulässigkeit und die Grenzen, die Ordnung und die Förderung der Errichtung von baulichen Anlagen sowie auf die bestimmungsgemäße Nutzung dieser Anlagen beziehen. In einem engeren Sinne wird der Begriff vielfach auch gleichbedeutend mit dem Bauordnungsrecht (unten Abschn. III) verwendet. Schon an dieser Begriffsbestimmung läßt sich die eminente Bedeutung ablesen, die das Baurecht für die Allgemeinheit wie für den einzelnen Bürger besitzt. Baurechtliche Regelungen bestimmen, wo und in welcher Weise Wohngebäude errichtet werden dürfen; sie beeinflussen damit maßgeblich die Lebensverhältnisse jedes einzelnen. Sie regeln im Zusammenwirken mit weiteren Vorschriften (Gewerberecht, Immissionsschutzrecht usw.) Ort, Art und Umfang der gewerblichen Ansiedlung; damit setzen sie wesentliche Daten für die wirtschaftliche Entwicklung. Sie nehmen Einfluß auf die gesamte Infrastruktur und gestalten den äußeren Rahmen für das Zusammenleben einer wachsenden Bevölkerungszahl auf einem in seinem Umfang nicht vermehrbaren Raum. Angesichts der in der Bundesrepublik gegebenen Bevölkerungsdichte, die sich in bestimmten Ballungszentren noch vervielfacht, und angesichts der Komplexität der heutigen wirtschaftlichen Verhältnisse würde eine ungeordnete Bebauung zwangsläufig zu schwerwiegenden Mißständen führen. Die unserem Gemeinwesen durch das Sozialstaatsprinzip auferlegte Verpflichtung, angemessene Lebensverhältnisse und Entwicklungsmöglichkeiten der Gesamtheit und des einzelnen zu gewährleisten, umfaßt als elementare Notwendigkeit den Auftrag, das Bauwesen in einer Weise zu regeln, die den Erfordernissen eines gedeihlichen Zusammenlebens entspricht. Der Staat ist deshalb unmittelbar kraft Verfassungsrechts verpflichtet, Bauordnungen zu schaffen, in denen die Anforderungen an die Sicherheit und menschenwürdige Bewohnbarkeit von Gebäuden normiert sind. Er muß weiterhin dafür Sorge tragen, daß Pläne aufgestellt und eingehalten werden, die die Bebauung der Grundstücke unter den vielfältigen Gesichtspunkten eines geordneten und reibungslosen Zusammenlebens regeln. Und er muß schließlich im Wege der örtlichen und überörtlichen Planung Räume bereitstellen, die zur Befriedigung der neben dem Wohnbedarf stehenden sozialen Bedürfnisse wie Ausbildung, Land- und Forstwirtschaft, Handel und Gewerbe, Industrie, Erholung, Kultur und Verkehr dienen. Gesichtspunkte des Umweltschutzes erlangen dabei eine stetig wachsende Bedeutung. Das Baurecht läßt sich nicht ohne weiteres in das traditionelle Gegensatzpaar von Eingriffs- und Leistungsverwaltung einfügen. Der überwiegende Teil seiner Normierungen gehört zum Bereich der ordnenden Verwaltung. Im herkömmlichen
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Verständnis ist das Baurecht deshalb eine Materie des Sonderpolizeirechts. Daneben wird es aber in neuerer Zeit zunehmend mit Elementen durchsetzt, die der „Daseinsvorsorge" im Sinne des von Forsthoff eingeführten Begriffs zugerechnet werden müssen. 2. Grundzüge der Entwicklung des Baurechts Die weitgehende Einflußnahme des Staates auf das private Bauen, wie sie uns heute als mehr oder minder selbstverständlich erscheint, ist historisch noch recht jung. Ihre Ursprünge reichen zumeist nicht weiter als bis in das 19. Jahrhundert zurück. Die planerischen und gestaltenden Elemente des Baurechts haben sich, von rudimentären Ansätzen im späten 19. Jahrhundert abgesehen, sogar erst während der letzten Jahrzehnte herausgebildet. a) Ursprünge: Allerdings entstanden bereits im Mittelalter und während der folgenden Jahrhunderte nicht wenige Städte aufgrund von Plänen, die der Landesherr beschlossen hat. Vor allem im Zeitalter des Absolutismus ordnete der Souverän in verschiedenen Fällen an, wo und wie seine Untertanen zu bauen hatten. Die ebenmäßigen Grundrisse einiger ehemaliger Residenzstädte lassen die ordnende Hand der Fürsten noch heute deutlich erkennen. Bei derartigen landesherrlichen Anordnungen handelte es sich aber regelmäßig um Einzelfälle. Ein allgemeines und detailliertes Baurecht im heutigen Sinne gab es nicht. Soweit überhaupt generelle Regelungen vorhanden waren, beschränkten sie sich auf nachbarrechtliche Fragen und Vorschriften über den Feuerschutz 1 . Während der liberalen Epoche wurde der bis dahin schon sehr geringe staatliche Einfluß auf das Bauwesen noch weiter zurückgedrängt. Freiheit und Eigentum, die beiden Säulen des politischen Liberalismus, fanden sich zusammen im Grundsatz der Baufreiheit, wie er in klassischer Form im Preuß. Allgemeinen Landrecht von 1794 niedergelegt worden ist: „In der Regel ist jeder Eigenthümer seinen Grund und Boden mit Gebäuden zu besetzen, oder seine Gebäude zu verändern wohl befugt" (§ 65 I 8 ALR). Das A L R hielt diesen Grundsatz zwar nicht ohne Einschränkung durch. Es begründete eine Anzeigepflicht für Bauvorhaben (§ 67 I 8 A L R ) und ermächtigte die zuständigen Behörden, eine Bebauung zu untersagen, wenn sie die Allgemeinheit schädigen oder gefährden oder wenn sie die Straßen und Plätze grob verunstalten würde (§§ 66, 71 I 8 A L R ) . Doch wurden diese Einschränkungen der Baufreiheit von der Rechtsprechung sehr eng und im wesentlichen nur im Sinne eines Rechts zur polizeilichen Gefahrenabwehr (§ 10 II 17 A L R ) ausgelegt 2 .
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Dazu s. im einzelnen Bonczek / Halstenberg, Bau-Boden, 1963, S. 101 ff. Sorge für Leben und Gesundheit der Bewohner sowie Schutz gegen Feuersgefahr. Vgl. Lassar, in: von Brauchitsch, Verwaltungsgesetze für Preußen, Bd. II/l, 1932, S. 44, Nr. 24 a.
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Charakteristisch dafür erscheint das berühmte „Kreuzberg-Erkenntnis" des preußischen O V G vom 14. Juni 1882 3 . Die Notwendigkeit, das private Bauen in stärkerem Maße staatlich zu reglementieren, ergab sich erst als Folge der wirtschaftlichen Expansion, der Bevölkerungsvermehrung und der raschen Ausdehnung der Großstädte, die in Deutschland nach 1871 einsetzten. Es kam damals zu einem ausgesprochenen Bauboom („Gründerjahre"), der ohne ein Minimum an vom Staate garantierter Ordnung zu chaotischen Verhältnissen hätte führen müssen. Die auf die Gefahrenabwehr beschränkte polizeiliche Generalklausel reichte nicht aus, um die Entwicklung in geordnete Bahnen zu lenken. Unter diesen Umständen war der Gesetzgeber zum Eingreifen gezwungen. 4 . b) Bauplanung: In Preußen und in verschiedenen anderen deutschen Staaten wurden nach 1871 Gesetze über die Festsetzung von Fluchtlinien 5 erlassen 6 . Ihnen folgten gesetzliche Regelungen gegen Verunstaltungen und über Grundstücksumlegungen 7 . Es blieb aber zunächst meist bei punktuellen Maßnahmen. Erst in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts erkannte man in vollem Umfang, daß es nicht genügte, die Bebauung einzelner Grundstücke unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr zu regeln, sondern daß die öffentliche Hand darüber hinaus die Verantwortung für eine zweckmäßige und den menschlichen Bedürfnissen angepaßte Erschließung und Nutzung des Baulandes zu übernehmen hätte. Städtebau und Städteplanung wurden zu dringenden Problemen. Überall in Deutschland schufen Gesetzgeber und Verwaltung erste Ansätze für ein umfassendes Städtebaurecht 8 .
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PrOVG 9, 353. - Zur grundsätzlichen Bedeutung der Entscheidung s. in diesem Band: Friauf, Polizei- und Ordnungsrecht, Abschnitt I; eingehend dazu auch Schrödter, DVB1. 1975, 846ff. ( 8 4 8 - 8 4 9 ) ; Weyreuther, Eigentum, öffentliche Ordnung und Baupolizei. Gedanken zum Kreuzberg-Urteil des Preußischen Oberverwaltungsgerichts, 1972. Vgl. die Darstellungen von Ernst, BBauBl. 1953, 206ff.; Schlez, VerwArch. 65 (1974), S. 360ff.; Groschupf, DVB1. 1975, 873 ff. Z. B. preuß. G betreffend die Anlegung und Veränderung von Straßen und Plätzen in Städten und ländlichen Ortschaften vom 2. 7. 1875 (GS S. 561). Zum folgenden eingehend Schrödter, DVB1. 1975, 846ff. ( 8 4 9 - 8 5 7 ) . Z. B. preuß. G gegen die Verunstaltung von Ortschaften und landschaftlich hervorragenden Gegenden vom 15. 7. 1907 (GS S. 260). Z. B. G über Enteignungsrecht von Gemeinden bei Aufhebung oder Ermäßigung von Rayonbeschränkungen vom 27. 4. 1920 (RGBl. I S. 697); G über die Aufschließung von Wohnsiedlungsgebieten vom 22. 9. 1933 (RGBl. I S. 659); G über einstweilige Maßnahmen zur Ordnung des deutschen Siedlungswesens vom 3. 7. 1934 (RGBl. I S. 568); BauregelungsVO vom 15. Febr. 1936 (RGBl. I S. 104); G über die Neugestaltung deutscher Städte vom 4. 10. 1937 (RGBl. I S. 1054); Art. IV § 1 des preuß. WohnungsG vom 29. März 1918 (GS S. 23); württ. G über die Erschließung von B a u l a n d . . . vom 18. 2. 1926 (RegBl. S. 43); bayer. G über die Erschließung von Baugelände vom 4. 7. 1923 (BS Bd. II, S. 419); hamb. BebauungsplanG vom 31. 10. 1923 (GVB1. 5. 1357).
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Bald nach Beendigung des 2. Weltkrieges ergingen in den meisten Ländern sog. Aufbaugesetze9. Sie waren angesichts der Notlage der Nachkriegszeit vielfach von stark dirigistischen Tendenzen geprägt. Ihr Hauptanliegen bestand darin, die rechtlichen Grundlagen für einen möglichst schnellen Wiederaufbau der zerstörten Städte zu schaffen. Ihre Regelungen erstreckten sich aber meistens darüber hinaus auf das gesamte Bauwesen. Die Aufbaugesetze wurden aufgehoben und abgelöst durch das Bundesbaugesetz vom 23. Juni i960 1 0 . Es brachte endlich die Rechtseinheit auf den Gebieten des Bauleitplanungsrechts und des Bodenordnungsrechts. Das Bundesbaugesetz wurde ergänzt durch das Städtebauförderungsgesetz vom 27. Juli 1971 11 , das rechtliche Grundlagen (einschließlich Finanzierungsregelungen) für die Sanierung und Entwicklung von innerstädtischen Problemgebieten geschaffen hat. Eine weittragende Novellierung des Bundesbaugesetzes, die zum 1. Januar 1977 in Kraft getreten ist 12 , hat auch für die vom Städtebauförderungsgesetz nicht erfaßten Baugebiete verstärkte Eingriffs- und Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet 1 3 . Die Novelle fügt sich ein in die moderne Tendenz, die klassische bloße Auffangplanung allmählich durch eine (aktiv gestaltende) Stadtentwicklungsplanung zu überlagern 14 . c) Bauordnung: Die ursprüngliche alleinige Aufgabe des Bauordnungsrechts, die von der Errichtung und Benutzung der Bauwerke ausgehenden Gefahren abzuwehren 15 , bildete einen Teil der allgemeinen polizeilichen Funktion. Deshalb konnten die notwendigen materiellen Regelungen, die sog. Bauordnungen16, als Polizeiverodnungen auf der Grundlage der polizeilichen Generalklausel (in Preußen: § 10 II 17 ALR, später § 14 PVG) ergehen 17 . Soweit das Baurecht jedoch später in den Dienst von Zwecken gestellt werden sollte, die über die bloße Gefah9
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Z. B. württ.-bad. G Nr. 329 (AufbauG) vom 18. 8. 1948 (RegBl. S. 127); hamb. G über den Aufbau der Hansestadt Hamburg vom 11. 4. 1949 (GVB1. S. 45); hess. G über den Aufbau der Städte und Dörfer des Landes Hessen vom 25. 10. 1948 (GVB1. S. 139); nieders. G zur Durchführung der Ortsplanung und des Aufbaues in den Gemeinden vom 9. 5. 1949 i. d. F. vom 20. 12. 1957 (GVB1. Sb. IS. 398); nordrh.-westf. G über Maßnahmen zum Aufbau in den Gemeinden vom 29. 4. 1952 (GS. NW. S. 454); rheinl.-pfälz. G über den Aufbau in den Gemeinden vom 1. 8. 1949 (GVB1. S. 317). BGBl. IS. 341. 11 BGBl. IS. 1125. BBauG i. d. F. der Bekanntmachung vom 18. Aug. 1976 (BGBl. IS. 2257). Überblick bei Battis / Schrödter, DVB1. 1977, 160ff.; Bielenberg, B1GBWR 1977, 1 ff.; Schmidt-Aßmann, NJW 1976,1913ff.; Seewald, JZ 1977,6ff. Dazu Brohm, Stadtentwicklungsplanung und neues Bodenrecht, Verwaltung 9 (1976), S. 409ff.; Schmidt-Aßmann, BauR 1978, 99ff. ( 9 9 - 1 0 0 ) . S. oben bei Fußnote 2. Die Bauordnungen regelten die Errichtung von Bauwerken. Daneben gab es sog. Wohnungsordnungen über die Benutzung bereits vorhandener Bauwerke; dazu Hatschek / Kurtzig, Lehrb. des deutschen und preuß. Verwaltungsrechts, 7. Auflage, 1931, S. 271. Z. B. Berliner BauO vom 1. Juli 1853 und Breslauer BauO vom 1. Juli 1857; vgl. im einzelnen Jäschke, Die Preußischen Bau-Polizei-Gesetze und Verordnungen, 3. Aufl. 1864. Ferner BaupolizeiVO für den Stadtkreis Berlin vom 15. Januar 1887.
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renabwehr hinausgingen, waren besondere gesetzliche Ermächtigungen erforderlich. Sie wurden, da es kein einheitliches Baugesetz gab, erst spät und vereinzelt geschaffen 18 . Während in den süddeutschen Ländern landeseinheitliche Bauordnungen galten 1 9 , waren in Preußen und einigen anderen Ländern die Regierungspräsidenten, z. T. sogar größere Städte, für den Erlaß der einschlägigen Vorschriften zuständig. Infolgedessen bestand hier eine weitgehende Rechtszersplitterung 20 . Zwei sog. Einheitsbauordnungen (von 1919 und 1931) 21 besaßen keine normative Kraft, sondern dienten lediglich als unverbindliche Muster für den Erlaß der lokalen Bauordnungen. Zu einer reichsrechtlichen Regelung, wie sie während des Krieges in Aussicht genommen war, ist es nicht mehr gekommen. Da das Sachgebiet der Bauordnung nach dem G G in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt 22 , drohte auch in der Bundesrepublik eine bedenkliche Aufsplitterung und eine unterschiedliche Entwicklung in diesem für einen modernen Staat so wichtigen Bereich. Um dieser Gefahr zu begegnen, wurde 1955 eine gemeinschaftliche Baurechtskommission aus Vertretern des Bundes und der Länder eingesetzt, die eine sog. Musterbauordnung (MBauO) erarbeitete 2 3 . Die seitdem erlassenen Landesbauordnungen24 — die im Gegensatz zu den früheren Bauordnungen nicht als Polizeiverordnungen, sondern als förmliche Gesetze ergangen sind — haben sich in ihren Regelungen weitgehend, zum großen Teil sogar fast wörtlich an die MBauO gehalten. Die MBauO hat zwar selbst keine Gesetzeskraft. Sie gibt aber weithin den Rechtszustand wieder, der in den Bundesländern übereinstimmend gilt, und läßt sich insofern als Ausdruck eines gemeinen deutschen Bauordnungsrechts bezeichnen. Bei der Darstellung des geltenden Bauordnungsrechts 25 kann deshalb grundsätzlich von ihr ausgegangen werden. 18
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Vgl. etwa in Preußen: Art. IV §§ 1 - 4 WohnG vom 28. 3. 1918 (GS S. 23) und § 1 des G vom 15. 7. 1907 (GS S. 260). Z. B. bayer. BauO von 1901; sächsisches Allgemeines BauG von 1900; dazu Groschupf, DVB1. 1975,873 ff. So galten z. B. in den ehemals preußischen Gebieten des Landes Nordrh.-Westf. bis zum Inkrafttreten der nordrh.-westf. BauO vom 25. 6. 1962 (GV. NW. S. 373) etwa zwanzig verschiedene lokale Bauordnungen; s. die Liste der aufgehobenen Vorschriften in § 108 I Nr. 24 ff. nordrh.-westf. BauO. Abgedruckt und kommentiert bei Baltz / Fischer, Preußisches Baupolizeirecht, S. 273 ff. S. das Gutachten des BVerfG über die Zuständigkeit des Bundes zum Erlaß eines Baugesetzes, BVerfGE 3 , 4 0 7 (430ff., insb. S. 433 - 434). Dazu unten Abschnitt 1.4. MBauO vom 30. 10. 1959, Bd. 16 der Schriftenreihe des Bundesministeriums für Wohnungsbau, 1960. Bad.-württ. BauO vom 6. 4. 1964 (GBl. S. 151); bayer. BauO vom 1. 8. 1962 (GVB1. S. 179); berl. BauO vom 29. 7. 1966 (GVB1. S. 1175); hamb. BauO vom 10. 12. 1969 (GVB1. S. 249); hess. BauO vom 31. 8. 1976 (GVB1. I S. 339); nieders. BauO vom 23. 8. 1973 (GVB1. S. 259); nordrh.-westf. BauO vom 25. 6. 1962 (GV. NW. S. 373); rheinl.-pfälz. LBauO vom 15. 11. 1961 (GVB1. S. 229); saarl. LBauO vom 12. 5. 1965 (ABl. S. 529); schlesw.-holst. LBauO vom 9. 2. 1967 (GVB1. S. 5 1 ) . - Z u den gegenwärtig geltenden Fassungen vgl. das vorangestellte Gesetzesregister. unten Abschnitt III.
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Der Erlaß der Landesbauordnungen verfolgte neben der Vereinheitlichung des Baurechts eine Reihe weiterer Ziele. Insbesondere ging es darum, der vom GG vorgesehenen Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Ländern Rechnung zu tragen, die quer durch den Bereich des Baurechts verläuft und einzelne Teile den Ländern (Bauordnung), andere dem Bund zuweist26. Die älteren Regelungen stimmten naturgemäß mit dieser Abgrenzung nicht immer überein. Weiter war es notwendig geworden, die Entwicklung von neuen Bautechniken, Bauarten und Baustoffen und die dadurch aufgeworfenen Probleme der Bausicherheit und der Bauüberwachung in den Griff zu bekommen. Schließlich mußte man im Hinblick auf Art. 14 GG die Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die jede baurechtliche Regelung zwangsläufig enthält, in verfassungskonformer Weise vornehmen. In den Jahren von 1970 bis 1977 sind fast sämtliche Bauordnungen geändert und ergänzt worden 27 . Ein wesentliches Anliegen war dabei u. a. die Anpassung der Vorschriften über die Stellplatzpflicht für Kraftfahrzeuge - die zunächst in der als Landesrecht fortgeltenden Reichsgaragenordnung 28 geregelt war - an die gewandelten Gegebenheiten des innerstädtischen Verkehrs 29 .
3. Gegenstände des geltenden Baurechts Das Gesamtgebiet des Baurechts umfaßt eine erhebliche Zahl von Regelungskomplexen. Man faßt sie herkömmlicherweise in drei Gruppen zusammen, nämlich die Bauleitplanung oder städtebauliche Planung, die Bodenordnung und die Bauordnung 30 . Diese Gruppen bezeichnen die drei Hauptthemen des Baurechts. Sie stehen allerdings nicht völlig isoliert nebeneinander. In manchen Fällen finden sich fließende Übergänge zwischen ihnen. Namentlich gibt es eine Reihe von, keineswegs konfliktfreien, Überschneidungen zwischen den bauplanungsrechtlichen Regelungen über die (offene oder geschlossene) Bauweise und über die überbaubaren Grundstücksflächen einerseits und den bauordnungsrechtlichen Bestimmungen über den einzuhaltenden Grenzabstand (Bauwich) andererseits 31 . a) Bauleitplanung: Zum Recht der Bauleitplanung gehören die Vorschriften, die bestimmte Planungsträger zur Aufstellung von Bauleitplänen ermächtigen, ihren Inhalt und die bei ihrer Aufstellung zu berücksichtigenden Gesichtspunkte bestimmen und das zu beachtende Verfahren regeln. Weiterhin umfaßt es Bestimmungen über die Ermöglichung und Sicherung konkreter Planungsmaßnahmen, insbesondere durch die Verhängung von Veränderungssperren. Schließlich regelt es die 26 27 28 29 30 31
Dazu näher unten Abschnitt I. 4. Nachweise im Gesetzesregister. Verordnung über Garagen und Einstellplätze vom 17. Febr. 1939 (RGBl. IS. 219). Vgl. dazu Fromm, BauR 1975,239ff. ( 2 4 7 - 2 5 0 ) . S. Wolff, VwR III, § 1361b. Vgl. dazu z. B. BVerwG DVB1. 1970, 830; OVG Koblenz AS 10, 25 und AS 11, 338; Geizer, Bauplanungsrecht, Rdnr. 8 1 - 9 4 ; Weyreuther, BauR 1972,1 ff.
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rechtlichen Wirkungen der aufgestellten Pläne gegenüber dem Bürger, vor allem ihre Verbindlichkeit für einzelne Bauvorhaben, und im Zusammenhang damit generell die Art und das Ausmaß der baulichen Nutzung von Grundstücken. Das Recht der Bauleitplanung bildet auf diese Weise das Bindeglied zwischen dem Rechtsgebiet der überörtlichen Raumordnung und Landesplanung32 — an deren Zielen es sich nach der ausdrücklichen Bestimmung in § 1 IV BBauG zu orientieren hat — auf der einen und dem Bauordnungsrecht auf der anderen Seite. Die auf seiner Grundlage erstellten einzelnen Beuleitpläne bestimmen nach örtlichen und überörtlichen Gesichtspunkten die städebaulichen Planungsziele und prägen sie zu rechtsverbindlichen Anordnungen für das private Bauen und für sonstige Grundstücksnutzungen aus. Eine eigentümliche Zwitterstellung nimmt insoweit das Städtebauförderungsgesetz ein, das hinsichtlich der städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen zum Bauplanungsrecht zu zählen ist, hinsichtlich der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahmen dagegen einen starken Bezug zum Raumordnungs- und Landesplanungsrecht aufweist 33 . Auch hier wird in § 1 III StBFG für die Entwicklungsmaßnahmen ausdrücklich das Gebot der Anpassung an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung statuiert; für die Sanierungsmaßnahmen ergibt sich das gleiche aufgrund der subsidiären Geltung von § 1 IV BBauG gemäß § 861 StBFG. b) Bodenordnung: Dem Recht der Bodenordnung kommt im Rahmen des gesamten Baurechts in erster Linie eine Hilfsfunktion zu. Es zielt darauf ab, die tatsächliche Verwirklichung der in den Bauleitplänen normativ aufgestellten städtebaulichen Ziele zu ermöglichen. Zu diesem Zweck regelt es Genehmigungspflichten für den Bodenverkehr, Umlegungs- und Grenzregelungsverfahren, die Enteignung und die Erschließung von Grundstücken sowie die Ermittlung von Grundstückswerten. Wegen seiner bloßen Hilfsfunktion wird es in der vorliegenden Darstellung nicht selbständig, sondern im Zusammenhang mit der Bauleitplanung behandelt (unten Abschn. II). c) Bauordnung: Das Recht der Bauordnung geht auf das alte Baupolizeirecht zurück, dessen Aufgabe darin bestand, für die Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf dem Gebiet des Bauwesens zu sorgen 34 . Heute erschöpft es sich jedoch nicht mehr in dieser polizeirechtlichen Funktion. Das moderne Bauordnungsrecht dient zwar nach wie vor der Gefahrenabwehr. Es ist aber zugleich auch bestimmt durch Grundsätze der Ästhetik und durch sozialstaatliche Erfordernisse eines gesunden und menschenwürdigen Wohnens 35 . d) Das Zusammenwirken von Bauleitplanung und Bauordnung: Bauliche Maßnahmen sind grundsätzlich sowohl den Anforderungen des Bauplanungsrechts wie 32
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S. dazu das RaumordnungsG vom 8. 4. 1965 (BGBl. I, S. 306) und die verschiedenen Landesplanungsgesetze. Vgl. dazu Bielenberg, StBFG, § 1 Rdnr. 7 9 - 8 1 . S. dazu oben Abschnitt I. 2 a und c. Vgl. BVerfGE 3, 407ff. (432).
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denen des Bauordnungsrechts unterworfen. Ein konkretes Bauvorhaben muß deshalb in aller Regel 3 6 gleichzeitig den Vorschriften beider Rechtskreise genügen. U m die Zulässigkeit des Vorhabens zu bestimmen, ist demnach stets eine doppelte Prüfung erforderlich. Zunächst ist festzustellen, ob es in Einklang mit den A n f o r d e r u n g e n der Bauleitplanung steht, ob also das in Aussicht genommene Grundstück überhaupt bebaubar ist und ob sich gegebenenfalls das Vorhaben im R a h m e n der planerischen Ausweisungen hält. Erst danach 3 7 kann geprüft werden, ob es auch den A n f o r d e r u n g e n des Bauordnungsrechts entspricht. Bei der ersten Prüfung wird das Vorhaben im Zusammenhang mit seiner räumlichen U m g e b u n g betrachtet, bei der zweiten dagegen kommt es im wesentlichen auf seine individuelle Gestaltung an. 4. Das Baurecht in der bundesstaatlichen Kompetenzordnung Das G G hat die Gesetzgebungskompetenzen für das Gesamtgebiet des Baurechts nicht in einer H a n d vereinigt, sondern hat sie auf Bund und Länder verteilt. Die genaue Grenzziehung war ursprünglich zweifelhaft. D a die bestehenden Zweifel eine sachgerechte Regelung behinderten, ersuchten Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung gemeinschaftlich das B V e r f G um Erstattung eines Rechtsgutachtens. Das Gutachten des B V e r f G vom 16. Juni 195 4 3 8 stellte zunächst fest, daß sich aus den Einzelkompetenzen, die das G G d e m Bund im Bereich des Bauwesens zugewiesen hat - insb. in Art. 74 Nr. 18 und Art. 75 Nr. 4 - keine umfassende Bundeszuständigkeit für das gesamte Baurecht entnehmen lasse. Im Anschluß daran lotete es den U m f a n g des "Bodenrechts" und des „Siedlungswesens" aus, f ü r die der Bund nach Art. 74 Nr. 18 G G die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit besitzt. Z u m Bodenrecht gehören nach Auffassung des B V e r f G insbesondere die Bereiche der Bauleitplanung, der Baulandumlegung, der Zusammenlegung von Grundstücken, des Erschließungsrechts und der Bodenbewertung. Das Recht des Bodenverkehrs unter Einschluß der Enteignung wird von dem Begriff des G r u n d stücksverkehrs in Art. 74 Nr. 18 G G erfaßt und gehört damit ebenfalls zur konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes. Dagegen besitzt der Bund keine Zuständigkeit für das Bauordnungsrecht. Dieses fällt nach Art. 30, 73 G G in die alleinige Gesetzgebungskompetenz der Länder. Von den oben dargestellten drei Komplexen, in die das Baurecht zerfällt: B a u leitplanung, Bodenordnung und Bauordnung, unterstehen demnach die beiden ersten im wesentlichen der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes, der letz36
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Gewisse Abweichungen, die praktisch nur selten relevant werden, ergeben sich daraus, daß der bundesrechtliche Begriff der „baulichen Anlage" i. S. des § 29 BBauG nicht vollständig mit dem entsprechenden Begriff in den Landesbauordnungen übereinstimmt. Vgl. BVerwGE 39,154; BVerwG BRS 27,201 u. DVBI. 1975,497 f. Zur Priorität der bauplanungsrechtlichen vor der bauordnungsrechtlichen Beurteilung eines Vorhabens vgl. etwa OVG Hamburg BRS 27,189 ff. (190). BVerfGE 3,407 ff. 39 BGBl. I, S. 341.
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tere dagegen der Gesetzgebung der einzelnen Länder. Der Bund hat sein Gesetzgebungsrecht durch den Erlaß des Bundesbaugesetzes (BBauG) vom 23. Juni i960 3 9 , des Städtebauförderungsgesetzes (StBFG) vom 27. Juni 197 1 4 0 und einiger Nebengesetze weitgehend ausgeschöpft. Die Länder haben die alten baupolizeilichen Bestimmungen durch die bereits erwähnten Landesbauordnungen ersetzt. Die Verwaltungskompetenzen auf dem Gebiet des Bauwesens liegen - von einigen hier nicht interessierenden Sonderfällen abgesehen - bei den Ländern. Die bundesrechtlichen Bestimmungen über Bauleitplanung und Bodenordnung werden von Landesbehörden als eigene Angelegenheit ausgeführt 41 .
II. Bauleitplanung und Bodenrecht 1. Planungshoheit der Gemeinden Die im 19. Jahrhundert erlassenen Fluchtlinienpläne, die Vorläufer der modernen Bauleitplanung, wurden auf die polizeiliche Aufgabe der Gefahrenabwehr zurückgeführt. Sie trugen dementsprechend den Charakter von Polizeiverordnungen 42 . Für ihren Erlaß waren regelmäßig nicht die Gemeinden, sondern staatliche Behörden zuständig. Eine gewisse Wandlung brachte hier erst das preußische FluchtlinienG von 1875 43 , das erstmalig einige städtebauliche Teilmaterien - darunter vor allem das Fluchtlinienrecht - in die gemeindliche Zuständigkeit überführte. Das BauG und später das StBFG haben an diese Entwicklung angeknüpft. Sie sehen grundsätzlich die Gemeinden als Träger der Planungshoheit an 44 . Gegenstand der Planungshoheit sind die Fragen der städtebaulichen Planung, nicht aber die Einzelheiten der Baugestaltung nach Maßgabe des Bauordnungsrechts 45 . Die Gemeinden können deshalb Maßnahmen der Bauaufsichtsbehörden, namentlich erteilte Baugenehmigungen, zwar wegen Beeinträchtigung ihres Planungsrechts anfechten 46 , grundsätzlich aber nicht wegen Verstoßes gegen bauordnungsrechtliche Vorschriften 47 . Ein Klagerecht steht den Gemeinden im übrigen auch insoweit zu, als ihre Planungshoheit durch grenznahe Planungsmaßnahmen der Nach40 41 42
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BGB1.I.S. 1125. Art. 83 GG. Näheres in der Begründung der Regierungsvorlage zum BBauG, BT-Drucks. III/336, S. 58 ff. GSS. 561. Dazu Stich, B1GBW 1966, 121ff.; Bartlsperger, DVB1. 1967, 360ff.; Meyer, SKV 1969, 12ff.; Schrödter, DVB1. 1973,763ff. Vgl. OVG Lüneburg, BRS 28,233ff. (235) und BRS 27,279ff. (281). Vgl. BVerwGE 22, 342 = DVB1. 1966, 181 mit Anm. Schrödter; OVG Koblenz AS 9, 289 und AS 10,136. S. aber auch OVG Koblenz BRS 28, 201 ff. (202), wo ausnahmsweise einer Bestimmung des Bauordnungsrechts „gemeindeschützender" Charakter zuerkannt wird.
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bargemeinden 48 und durch Planfeststellungen oder sonstige raumrelevante Maßnahmen der zuständigen Fachbehörden, die das Gemeindegebiet berühren 49 , beeinträchtigt wird. Die Aufstellung der Bauleitpläne nach dem BBauG und die förmliche Festlegung der Sanierungsgebiete nach dem StBFG obliegt den Gemeinden in eigener Verantwortung ( § 2 1 BBauG, §§ 3 I, 5 I StBFG). Eine abweichende Regelung besteht dagegen für die förmliche Festlegung des städtebaulichen Entwicklungsbereichs nach §§ 53ff. StBFG. Sie wird wegen ihres übergreifenden Charakters von der Landesregierung durch Rechtsverordnung vorgenommen (§ 53 I StBFG). Den Gemeinden obliegt lediglich die Vorbereitung und die Durchführung (§ 54 I StBFG). Da die Verwaltungskraft kleinerer Gemeinden vielfach nicht ausreichen wird, um die Planungsaufgaben sachgemäß zu erfüllen, läßt das Gesetz verschiedene Ausnahmen von diesem Grundsatz zu. Nach § 147 I BBauG 50 kann die Oberste Landesbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde die Planungszuständigekit auf eine andere Gebietskörperschaft (z. B. den Landkreis) oder auf einen Verband übertragen. § 4 I BBauG gestattet den Gemeinden, sich zur Erfüllung ihrer Planungsaufgaben untereinander und mit anderen Planungsträgern zu Planungsverbänden zusammenzuschließen. Diese können nach § 7 StBFG auch mit der Festlegung der Sanierungsgebiete betraut werden. Die Zusammenschlüsse beruhen auf freiwilliger Grundlage. Die Landesregierungen werden aber zugleich ermächtigt, einen zwangsweisen Zusammenschluß zu einem Planungsverband anzuordnen, „wenn dies zum Wohle der Allgemeinheit, insbesondere aus Gründen der Raumordnung, dringend geboten ist" (§ 4 II BBauG; §§ 7 II, 54 IV StBFG) 51 . Die alleinige Planungszuständigkeit der Gemeinde kann in diesem Fall also auch gegen ihren Willen ausgeschaltet werden. Damit wird die grundsätzlich bedeutsame Frage berührt, inwieweit die gemeindliche Planungshoheit unter dem Schutz der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 II GG steht 52 . 48
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Grundlegend BVerwGE 40, 323; vgl. Hoppe, in: Fs. f. H. J. Wolff, 1973, S. 307ff.; Pappermann, JuS 1973, 689ff.; Fingerhut, Die planungsrechtliche Gemeindenachbarklage, 1976; s. auch VGH Mannheim, NJW 1977, 1465: Antragsrecht einer Gemeinde im Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan einer Nachbargemeinde. Vgl. BVerwGE 31, 263 (266), betr. Planfeststellung nach dem BBahnG; BVerwG D Ö V 1970, 387 f., betr. Planfeststellung nach dem BFernStrG; BVerwG DVB1. 1969, 362f., betr. Genehmigung eines Flugplatzes; OVG Lüneburg BRS 27, 310ff., betr. Planfeststellung nach dem Abfallbeseitigungsgesetz u. a. Beachte in diesem Zusammenhang Blümel, DVB1.1975,695 ff. ( 7 0 7 - 7 0 9 ) mit Nachweisen. Für Maßnahmen nach dem StBFG entsprechend anwendbar gemäß § 861 2 StBFG. Beispiel für eine Zwangsverbandsbildung nach § 4 BBauG: OVG Lüneburg, BRS 28, 74 f. (betr. die Gemeinden der Insel Sylt). Dazu s. BVerwG DVB1. 1969, 362; BVerwGE 31, 263 (264ff.); K. Meyer, SKV 1969, 12ff.; P. Badura, in: Fs. f. W. Weber, 1974, S. 911ff.; G. Reissig, Gemeindliche Bauleitplanung. Möglichkeiten und Beschränkungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht, 1976, S. 27ff., 87ff.
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Es wird heute nicht bezweifelt, daß die städtebauliche Planung zu den ureigensten Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft gehört und kraft Verfassungsrechts eine Selbstverwaltungsaufgabe bildet. Deshalb wäre eine Regelung, die den Gemeinden im Bereich der Bauleitplanung jeden Einfluß vorenthalten oder ihre Planung in vollem Umfang den Planungen anderer Planungsträger unterordnen würde, verfassungsrechtlich nicht zulässig. Andererseits beeinträchtigt aber nicht schon jede staatliche Einwirkung auf den Prozeß der Planung die Selbstverwaltungsgarantie. So begegnet es keinen Bedenken, wenn sich der Staat im Rahmen seiner Rechtsaufsicht die Genehmigung der örtlichen Bauleitpläne 53 und der Festlegung des Sanierungsgebiets 54 vorbehält. Besondere Probleme wirft jedoch das Verhältnis der gemeindlichen Planungshoheit zu der überörtlichen Raumordnung und Landesplanung auf. § 1 IV BBauG und § 1 III 1 StBFG schreiben vor, daß die Bauleitpläne und die Maßnahmen nach dem StBFG den Zielen der Raumordnung und Landesplanung 55 anzupassen sind 56 . Um die Erfüllung dieser Anpassungspflicht 57 verfahrensmäßig zu sichern, wird in § 2 V BBauG und in § 4 IV StBFG Behörden und Stellen, die „Träger öffentlicher Belange" sind, ein Beteiligungsrecht eingeräumt 58 . Darüber hinaus hat Nordrhein-Westfalen ein positives Planungsgebot an die Gemeinden zur Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung eingeführt 59 . Das BVerwG hält diese Beschränkung der Planungshoheit zugunsten überörtlicher Belange für zulässig60, und zwar mit der Erwägung, daß nach Art. 28 II GG die Selbstverwaltung durch Gesetz eingeschränkt werden könne, soweit ihr Wesensgehalt dadurch nicht ausgehöhlt werde 61 . Diese äußerste Grenze sei im BBauG nicht überschritten. Der Ansicht des BVerwG ist im Ergebnis zuzustimmen. Der tragende Grund für die Zulässigkeit der fraglichen Vorschriften des BBauG liegt allerdings nicht in dem formalen Hinweis auf die gesetzliche Beschränkbarkeit der Selbstverwaltung. Er ergibt sich vielmehr aus dem generellen Verhältnis der örtlichen Planung zur Raumordnung: Das BVerfG charakterisiert in seiner grundlegenden Definition 62 53
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§§ 6, 11 BBauG. Nach § 6 II darf die Genehmigung nur wegen rechtlicher Verstöße, nicht aber aus Zweckmäßigkeitsgründen versagt werden. Es handelt sich also um eine bloße Rechtsaufsicht. - Erteilung und Versagung der Genehmigung sind Verwaltungsakte; BVerwG E 34,301. § 5 n StBFG, der auf § 6 I I - I V BBauG verweist. Zu den Versagungsgründen vgl. Müller, WiR 1974, 449ff. ( 4 5 7 - 4 5 8 ) ; zur Erweiterung des Genehmigungsvorbehalts in § 5 II 4 StBFG s. Bielenberg, StBFG, § 5 Rdnr. 16. S. dazu §§ 2 , 5 II RaumordnungsG. Dazu Bielenberg, D Ö V 1969,376 ff.; Härchen, DVB1. 1971,306 ff. Zur Permanenz der Anpassungspflicht s. OVG Lüneburg DVB1. 1977, 212 ff. Vgl. auch §§ 5 V, 9 VI sowie 37 und 38 BBauG. § 19 II nordrh.-westf. LP1G, kritisch dazu Blümel, VVDStRL 36 (1978), S. 171 ff. ( 2 5 9 - 2 6 0 , Fußn. 452,453), mit Nachweisen. BVerwGE 6 , 3 4 2 ( 3 4 4 - 3 4 5 ) ; BVerwG D Ö V 1969,428 ff. ( 4 2 8 - 4 2 9 ) . Vgl. dazu BVerfGE 1,167 (175); BVerwGE 6,19. BVerfGE 3,407 (425).
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die Raumordnung als „zusammenfassende, übergeordnete Planung und Ordnung des Raumes. Sie ist übergeordnet, weil sie überörtliche Planung ist und weil sie vielfältige Fachplanungen zusammenfaßt und aufeinander abstimmt". Die städtebauliche Planung beschränkt sich demgegenüber auf den örtlichen Bereich. Hier tritt sie in Konkurrenz zu den überörtlichen Planungen, die naturgemäß nur dadurch realisierbar sind, daß man sie in den einzelnen zum Planungsgebiet gehörenden Gemeinden befolgt. Wegen dieser zwangsläufigen Auswirkung auf die einzelnen Gemeindegebiete wird die Raumordnung aber noch nicht zu einer „Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft" im Sinne der Selbstverwaltungsgarantie. Denn diese umfaßt nur die Gegenstände, die ausschließlich die jeweilige örtliche Gemeinschaft betreffen. Das aber ist bei den Maßnahmen der Raumordnung und der Landesplanung gerade nicht der Fall. Die Vorschriften des BBauG über die Verbindlichkeit von Zielen der Raumordnung und Landesplanung greifen demnach nicht in das Selbstverwaltungsrecht ein. Sie zeigen vielmehr nur seinen Umfang auf, indem sie für diejenigen Bereiche der städtebaulichen Planung, die nicht ausschließlich zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu rechnen sind 63 , den Anteil der staatlichen Einflußnahme festlegen 64 . Als Ergebnis ist festzuhalten, daß zwar Regelungen, die staatlichen Behörden einen Einfluß auf Einzelheiten der gemeindlichen Planung in Angelegenheiten von rein örtlicher Bedeutung einräumen würden, mit der verfassungsmäßigen Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung nicht vereinbar wären 65 . Dagegen unterliegt die Bindung der Bauleitplanung an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Voraussetzung ist allerdings, daß diese Ziele jeweils im Einzelfall in einem förmlichen Planungsverfahren aufgestellt und hinreichend konkretisiert worden sind 66 . Da der Bereich der Raumordnung und Landesplanung jedoch von vornherein nicht zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft gehört, sondern lediglich gewisse Daten setzt, die der Ausübung der gemeindlichen Planungshoheit vorgegeben sind, hängt die Verbindlichkeit der Ziele für die Bauleitplanung — entgegen einer im Schrifttum weit verbreiteten Ansicht 67 - nicht davon ab, daß sie in der in Art. 28 II GG vorgesehenen Gesetzesform beschlossen worden sind 68 . Allerdings verpflichtet die institutionelle Garantie der Selbstverwaltung die staatlichen Planungsinstanzen, bei der Ausgestaltung der Ziele im einzelnen hinreichend Rücksicht auf die gemeindlichen Belange zu nehmen. 63 64
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Vgl. die Amtl. Begründung zum BBauG, BT-Drucks. III/336, S. 61. Dazu s. eingehender Nouvortne, Raumordnung und Selbstverwaltungsgarantie, in: Verfassungs- und Verwaltungsprobleme der Raumordnung und Landesplanung, S. 39 ff., insbes. S. 42 und 47 f. S. BVerwGE 6,342 (347). Vgl. W. Ernst / W. Zinkahn / W. Bielenberg, BBauG, § 1 Rdnr. 21 f. H. Brügelmann / G. Grauvogel, a. a. O., § 1 Anm. IV 3 b mit weit. Nachw. Wie hier W. Ernst / Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O., § 1 Rdnr. 21 f., mit weit. Nachw.
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2. Planungsrecht und Planungspilicht der Gemeinden Nach § 1 III BBauG sind die Bauleitpläne von den Gemeinden in eigener Verantwortung aufzustellen, „sobald und soweit es erforderlich ist". Das Gesetz bestätigt hier nicht nur deklaratorisch die Planungshoheit der Gemeinden 6 9 , sondern es erlegt ihnen zugleich konstitutiv eine Planungspflicht auf 70 . Keine Pflicht besteht dagegen zur Einleitung von städtebaulichen Sanierungsmaßnahmen nach dem StBFG. Diese Maßnahmen liegen vielmehr, wie die Kann-Formulierung in § 3 I 1 StBFG zeigt, im Ermessen der Gemeinden 71 . Insoweit aktualisiert sich die allgemeine gemeindliche Bauplanungspflicht erst mit der förmlichen Festlegung eines Sanierungsgebiets, so daß § 10 I StBFG folgerichtig die Pflicht der Gemeinde zur Aufstellung von Bebauungsplänen nach Festlegung des Sanierungsgebiets noch einmal wiederholt. a) Zulässigkeit und Grenzen der Planung: § 1 III BBauG regelt das „Ob" und das „Wann" der Bauleitplanung. Er wird ergänzt durch eine Reihe von Bestimmungen über Zweck, Umfang und Inhalt (insb. § 1 1 , I V - V I I , §§ 5, 8, 9 BBauG), also das „Wie" der Planung 72 . Dabei geht das Gesetz davon aus, daß nur eine positive Planung in Betracht kommt. Die bewußte Herbeiführung eines planungslosen Zustandes — um die Entwicklung des betroffenen Gebiets „sich selbst" zu überlassen — ist dagegen unzulässig 73 . Die Frage der Zulässigkeit („Ob" und „Wann") einer bestimmten Planung läßt sich allerdings nicht stets völlig von derjenigen nach ihren inhaltlichen Grenzen („Wie") trennen. Insbesondere betrifft der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der in seiner spezifischen planungsrechtlichen Ausprägung eine „gerechte" Abwägung zwischen „öffentlichen und privaten Belangen" fordert 7 4 , nicht nur den Inhalt, sondern bereits die Zulässigkeit einer bestimmten Planung. Es muß deshalb schon vor Einleitung eines Planungsverfahrens geprüft werden, ob die öffentlichen Interessen in einem angemessenen Verhältnis zu dem beabsichtigten planerischen Eingriff in private Rechte stehen 75 . Das Entsprechende gilt bei einer späteren Planänderung. Nicht nur ihr Inhalt, sondern ihre Zulässigkeit selbst hängt von einer gerechten Interessenabwägung ab. Dabei müssen zugunsten der betroffenen Grundstückseigentümer insbesondere
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So W. Ernst / W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O., § 1 Rdnr. 20. Das Kriterium der „Erforderlichkeit" der Planaufstellung ist allerdings nach der Rechtsprechung nur beschränkt justiziabel; vgl. BVerwGE 34, 301; VGH Mannheim BRS 25, 10. Ebenso Bielenberg, StBFG, § 3 Rdn. 7 - 8 ; Gaentzsch, StBFG, § 3 Anm. l a . E . ; abweichend Gehrmann, StBFG, § 3 Anm. zu Abs. 1, der jedenfalls bei Mißständen „schwerster Art" eine positive Sanierungspflicht bejahen will. Quellenmaterial zum folgenden bei Hoppe, Die kommunale Bauleitplanung (Materialien zum öffentlichen Recht, Heft 4), 1973. VGH Mannheim BRS 2 8 , 1 ff. (2). § 1 VII BBauG; § 1 VII StBFG. VGH Stuttgart D Ö V 1953, 641.
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die Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit berücksichtigt werden 76 . b) Die Grundsätze der Bauleitplanung11: Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke vorzubereiten und zu leiten. Die Bauleitpläne sollen eine geordnete städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten und dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern (§ 1 I, VI 1 BBauG). Die Regelung verbindet das traditionelle planungsrechtliche Ordnungsprinzip mit dem immer stärker vorrückenden Entwicklungsprinzip. Der Planung kommt danach eine Leitfunktion im Sinne von Zielbestimmung, Anregung und Steuerung zu 78 . Angesichts der Kritik, die die unsystematische Anhäufung von Planungsleitsätzen zu § 1 BBauG a. F. gefunden hatte 79 , hat der Gesetzgeber in § 1 VI BBauG n. F. eine Neuregelung getroffen, die erheblich präziser erscheint, ohne freilich alle Zweifel auszuräumen. Die beiden programmatischen Hauptleitsätze des § 1 VI 1 BBauG: „sozialgerechte Bodenordnung" und „menschenwürdige Umwelt" werden durch § 1 VI 2 BBauG in einen — nicht abschließend gemeinten — Katalog von zu berücksichtigenden Leitsätzen aufgefächert 80 : u. a. Wohnbedürfnisse, gesunde und sichere Wohn- und Arbeitsverhältnisse, Belange der Wirtschaft, der Energieversorgung und des Verkehrs, Belange des Bildungswesens, Naturschutz und Landschaftspflege, Erhaltung und Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen. Diese Kriterien haben den Planungsprozeß zu leiten (administrative Funktion); sie sind zugleich Maßstab der justitiellen Plankontrolle (Kontrollfunktion). Die Rechtsprechung behandelt die Leitsätze der Planung als sog. unbestimmte Rechtsbegriffe, deren Auslegung und Anwendung der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt 81 . Man wird jedoch, ganz unabhängig von der grundsätzlichen Auseinandersetzung über die Rechtsfigur der unbestimmten Rechtsbegriffe, einräumen müssen, daß die Justiziabilität der Leitsätze an der großen Spannweite der in § 1 BBauG verwendeten Begriffe ihre zwangsläufigen Grenzen findet, wenn nicht die Verwaltungsgerichte über die ihnen obliegende Rechtsmäßigkeitskontrolle hinaus die originären Entscheidungen der Planungsinstanzen ersetzen sollen.
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VGH Mannheim, ESVGH 17, 97; vgl. auch BaWüVBl. 1969, 166f. - Entschädigungsregelung für Planänderungen in § 44 BBauG. Dazu s. namentlich Schmidt-Aßmann, BauR 1978, 99 ff. und (zur früheren Fassung des § 1 BBauG) Geizer, Bauplanungsrecht, Rdnr. 22—32. Vgl. auch Schmidt-Aßmann, NJW 1976,1913. S. insbes. BVerwGE 34, 301 ( 3 0 6 - 3 0 8 ) , mit Nachw., Hoppe, BauR 1970, 15ff.; vgl. auch die 4. Aufl. dieser Darstellung, S. 4 5 1 - 4 5 2 . Systematischer Überblick bei Schmidt-Aßmann, BauR 1978, 99 ff. (104). Grundlegend BVerwGE 34, 301 (308); ferner BVerwGE 45, 309 (323); BGHZ 66, 322; 67, 320; 68, 100; aus dem Schrifttum vgl. namentlich Meyer, DVB1. 1968, 492ff.; ders., DWW 1970, 2ff.; Hoppe, in: Fs. f. Scupin, 1973, S. 121 ff.
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c) Planerisches Ermessen und Abwägungsgebot: Die Planungshoheit ist in eine Gemengelage aus gestalterischer Freiheit und rechtlicher Bindung eingebettet. Ältere Auffassungen des Schrifttums hatten angenommen, bei der Aufstellung eines Bebauungsplans handle es sich nicht um Rechtsanwendung, sondern um eine Angelegenheit der Gemeindepolitik. Die Entscheidung liege deshalb im „planerischen Ermessen" der Gemeinde 82 . Demgegenüber nahm der VGH Mannheim aus verfassungsrechtlichen Gründen eine strikte Rechtsbindung der Gemeinden an 83 . Inzwischen hat sich auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung 84 eine differenziertere Betrachtungsweise durchgesetzt 85 . Danach steht den Gemeinden als Ausfluß der in § 1 III BBauG anerkannten Planungshoheit ein Spielraum planerischer Gestaltungsfreiheit zu, der Elemente des Erkennens 86 , Wertens und Wollens umfaßt. Die Bauleitplanung ist also nicht bloßer Rechtsvollzug; sie reicht vielmehr in den Bereich autonomer, gestaltender Entscheidungen hinein. Insofern ist sie der Ermessensbetätigung in gewisser Weise vergleichbar, darf mit ihr allerdings nicht auf dieselbe Stufe gestellt werden 87 . Die Verwaltungsgerichte können in diesem Rahmen, ähnlich wie bei der Ermessenskontrolle (vgl. § 1 1 4 VwGO), nur prüfen, ob die gesetzlichen Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit im Einzelfall überschritten worden sind. Diese Grenzen ergeben sich insbesondere aus den in § 1 VI BBauG normierten Leitsätzen der Bauplanung (s. oben unter b), die von der Rechtsprechung als voll justiziable unbestimmte Rechtsbegriffe angesehen werden 88 . Zentrale Bedeutung 82
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H. Brügelmann / G. Grauvogel, a. a. O., § 2 Anm. II 3a und § 6 Anm. I 2 c mit weit. Nachw. ESVGH 14, 197 ( 1 9 9 - 2 0 0 ) ; ferner ESVGH 17, 101 (104). Dazu s. die 1. und 2. Aufl. dieses Beitrages (zu Fußn. 4 7 - 4 8 ) . Insbes. Grundsatzurteile BVerwGE 34, 301 ( 3 0 4 - 3 1 0 ) und BVerwGE 45, 309 (314ff.); s. ferner BVerwGE 38, 152 (157); 47, 144 ( 1 4 6 - 1 4 8 ) ; 48, 56 (58ff.); OVG Münster BRS 2 5 , 2 1 ff. ( 2 3 - 3 0 ) ; OVG Koblenz BRS 27,308ff. ( 3 0 9 - 3 1 0 ) u. a. Aus dem (z. T. sehr kritischen) Schrifttum s. statt vieler Badura, Das Planungsermessen und die rechtsstaatliche Funktion des Allg. Verwaltungsrechts, in: Fs. zum 25jähr. Bestehen des Bayer. VerfGH, 1972, S. 157ff.; Blümel, Planung und Verwaltungsgerichtsbarkeit, DVB1. 1975, 695ff.; Hoppe, Zur Rechtskontrolle von Bebauungsplänen, in: Fs. f. Scupin, 1973, S. 121 ff.; ders., Zur Struktur von Normen des Planungsrechts, DVB1. 1974, 641 ff.; Papier, Die rechtlichen Grenzen der Bauleitplanung, DVB1. 1975, 461 ff.; M. Schröder, Die richterliche Kontrolle des Planungsermessens, D Ö V 1975, 308ff.; Schlez, Die Fehlerquellen beim Bebauungsplan und das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 4 Satz 2, BBauG, BauR 1974, 289ff.; Stelkens / Pagenkopf, Rechtliche Bindung und gerichtliche Kontrolle planender Verwaltung im Bereich des Bodenrechts, DVB1. 1977, 668ff.; Papier, NJW 1977,1714ff. Zum Prognoseproblem bei der Bauleitplanung vgl. VGH Mannheim, NJW 1977,1465 = BRS 30 Nr. 24. Dazu Badura, in: Fs. zum 25jähr. Bestehen des Bayer. VerfGH, S. 157 ff. (164, 174, 178). Zur Kritik an dieser Qualifizierung s. Hoppe, DVB1. 1974, 641 ff.; Ossenbühl, Gutachten in: Verh. des 50. Deutschen Juristentages, Bd. I, Teil B, S. 1 ff. ( 1 8 3 - 1 9 1 ) ; u. a.
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kommt darüber hinaus dem in § 1 VII BBauG niedergelegten Abwägungsgebof9, einem fundamentalen Prinzip jeglicher Planung im Rechtsstaat, zu: Bei Aufstellung der Bauleitpläne sind „die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander untereinander gerecht abzuwägen". Das Abwägungsgebot bezieht sich gleichermaßen auf den Planungsvorgang (das Planungsverfahren) wie auf das Planungsergebnis 90 . Ihm ist deshalb nur dann genügt, wenn die gerechte Abwägung sich tatsächlich im endgültigen Plan niederschlägt. Das Gebot ist verletzt, wenn (a) eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn (b) sie nicht alle Belange berücksichtigt, die nach Lage des Falles in Betracht kommen, wenn (c) die Bedeutung der betroffenen privaten Belange 91 verkannt oder wenn (d) der Ausgleich der von der Planung berührten öffentlichen Belange untereinander und gegenüber den privaten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit der einzelnen Belange außer Verhältnis steht 92 . Zunehmende Bedeutung als Abwägungskriterium kommt dabei dem Gebot (vgl. § 50 BImSchG) zu, schädliche Umwelteinwirkungen — namentlich auf Wohngebiet und sonstige schutzbedürftige Gebiete - zu minimieren 93 . In der Mehrzahl der Fälle wird der planenden Gemeinde innerhalb des durch die Abwägungskriterien gezogenen Rahmens ein erhebliches Maß an Gestaltungsfreiheit verbleiben. Das Abwägungsgebot ist nicht verletzt, wenn sie sich in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen aus sachgerechten, mit den Wertungen des § 1 VI BBauG zu vereinbarenden Gründen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet 94 . Die Gemeinde kann autonom planerische Prioritäten setzen und damit die Entwicklung ihres Gebiets selbst gestalten. Ein Verstoß gegen das Abwägungsgebot führt zur Nichtigkeit des betroffenen Bauleitplans 95 . d) Rechtsansprüche auf Durchführung von Planungen? In zahlreichen Fällen werden Grundstückseigentümer ein starkes Interesse daran haben, daß die Gemeinden ihre Planungspflicht erfüllen. Das kann vor allem dann der Fall sein, 89
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Dazu grundlegend BVerwGE 45, 309 („Gelsenkirchener Floatglas-(DELOG-)Fall"); BVerwGE 52, 237 (244-246), betr. das Abwägungsgebot bei der straßenrechtlichen Planfeststellung. Aus dem Schrifttum s. Hoppe, DVB1. 1977, 136ff.; Weyreuther, DÖV 1977, 419ff. (420-421). BVerwGE 45,309 (312-315); 47,144 (146-147). Zur Bedeutung des Privateigentums als Abwägungskriterium s. Weyreuther, D Ö V 1977, 419 ff. . BVerwGE 34, 301 (309); 45, 309 (314-315); 47, 144 (146); OVG Koblenz BRS 27, 308ff. ( 3 0 9 - 3 1 0 ) ; u . a . Vgl. Geizer, Die Industrieansiedlung unter Berücksichtigung des Planungsrechts und des Immissionsschutzes, BauR 1975, 145ff.; Sendler, Industrieansiedlung, Umweltschutz, Planungs- und Nachbarrecht, WiR 1972,453 ff. BVerwGE 34,301 (309); 45,309 (315); 47,144 (146). BVerwGE 45, 309 (314). Nach BVerwG DÖV 1977, 826ff. (826) gibt es jedoch kein subjektiv-öffentliches Recht auf Abwägung; damit scheidet ein vorbeugender Rechtsschutz aus.
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wenn die Zulässigkeit eines Bauvorhabens vom Bestehen einer Planung abhängt 96 . Diesem Interesse wäre dann genügt, wenn ihnen ein entsprechender Rechtsanspruch gegen die Gemeinde zustünde. Der objektiv-rechtlichen Planungspflicht der Gemeinde steht jedoch grundsätzlich kein subjektiv-öffentliches Recht eines Bürgers auf Erlaß oder Änderung eines Bauleitplans oder auf eine sonstige Planungsmaßnahme der Gemeinde gegenüber 97 . § 2 VII BBauG stellt ausdrücklich fest, daß auf Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bauleitplänen kein Anspruch besteht 98 . Aber auch wenn diese Bestimmung nicht vorhanden wäre, könnte nichts anderes gelten. Denn die Planungspflicht der Gemeinde besteht ausschließlich im Interesse einer gesunden städtebaulichen Entwicklung, nicht aber im Interesse einzelner 99 . Damit sind subjektiv-öffentliche Rechte Privater ausgeschlossen. Sie können nach h. M. auch nicht im Einzelfall durch Zusagen, Folgekostenverträge o. dgl. begründet werden 100 . Ein Bürger kann den Erlaß eines Bebauungsplanes, der sein Grundstück als Bauland ausweisen und es dadurch im Wert erhöhen soll, schließlich auch nicht mit der Begründung verlangen, die Unterlassung einer solchen Bauleitplanung verletze ihn in seinem grundrechtlich geschützten Eigentum 101 . Eine Klage auf Aufstellung eines Bebauungsplans wäre unzulässig 102 . Die ordnungsgemäße Erfüllung der gemeindlichen Planungspflicht kann allein im Wege der Kommunalaufsicht durch die zuständige Aufsichtsbehörde erzwungen werden. Da das BBauG insoweit keine eigenen Regeln enthält, gelten die allgemeinen Vorschriften des jeweiligen (Landes-)Kommunalrechts 103 . Soweit eine Gemeinde durch das Unterlassen von bestimmten Planungsmaßnahmen gegen ihre Rechtspflichten nach dem BBauG verstößt, kann sie durch eine Anordnung der Aufsichtsbehörde zum Tätigwerden angehalten werden. Kommt die Gemeinde der Anordnung nicht nach, so hat die Aufsichtsbehörde das Recht der Ersatzvornahme. Sie kann dann die Bauleitplanung anstelle und auf Kosten der Gemeinde selbst vornehmen oder ihre Vornahme einem Dritten übertragen 104 . Die Maßnahmen der Kommunalaufsicht sind auf Klage der betroffenen
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S. § § 3 0 f f . BBauG. VGH Kassel BRS 25, 43; W. Ernst / W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O., § 1 Rdnr. 42, § 31 Rdnr. 126; eingehend zum Problem K. Westbomke, Der Anspruch auf Erlaß von Rechtsverordnungen und Satzungen, 1976, S. 9 1 - 1 2 5 , der aus grundrechtlichen Erwägungen für gewisse Fälle einen Anspruch auf Erlaß eines Bebauungsplanes bejaht. Dazu BVerwG DVB1. 1977, 529ff. ( 5 2 9 - 5 3 0 ) . H. Brügelmann / G. Grauvogel, a. a. O., § 2 Anm. II 2 a. Vgl. BVerwGE 42, 331 (338) u. insbes. OVG Lüneburg DVB1. 1978, 178f.; BayObLG D Ö V 1976, 573 Nr. 182 = BayVBl. 1976, 378; teilweise a. A.: Stettner, AöR 102 (1977), S. 544 ff. Bay. VerfGH DVB1. 1966, 798 f. Deshalb kann das Unterlassen einer Bauleitplanung keine Ansprüche auf Enteignungsentschädigung auslösen; BGH DVB1. 1969,209f. VGH Kassel BRS 2 5 , 4 f f . Dazu s. in diesem Band den Beitrag von von Unruh, Abschnitt IV. 1. W. Ernst / W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O., § 1 Rdnr. 40.
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Gemeinde hin gerichtlich nachprüfbar. Private haben jedoch grundsätzlich keinen Anspruch gegen die Aufsichtsbehörde auf Erlaß einer Aufsichtsmaßnahme 1 0 5 .
3. Die Bauleitpläne im einzelnen a) Allgemeines: Der Bauleitplanung ist vom Gesetzgeber die Aufgabe gestellt, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke im Interesse einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vorzubereiten und zu leiten (§ 1 I, III BBauG). Um diese Aufgabe zu erfüllen, müssen für die im jeweiligen Planungsgebiet belegenen Grundstücke spezifizierte und eindeutige Festsetzungen über Art und Ausmaß der zugelassenen baulichen Nutzung getroffen werden. Als Mittel der Planung erweist sich der Rechtssatz in seiner herkömmlichen Form, die eine Rechtsfolge verbal an einen abstrakt umschriebenen Tatbestand knüpft, als nicht geeignet. Eine rein verbale Festlegung sämtlicher Planeinzelheiten wäre angesichts der Komplexität der Verhältnisse und der Vielzahl der individuell betroffenen Grundstücke entweder ganz unmöglich oder aber zumindest äußerst kompliziert und verwirrend. Deshalb stellt das Gesetz ein flexibles Instrumentarium zur Verfügung: Die Festsetzungen können unter Verwendung von „Zeichnung, Farbe, Schrift oder Text" getroffen werden 1 0 6 . Diese Medien lassen sich im Einzelfall beliebig kombinieren. In der Praxis werden meist kartographische Darstellungen verwendet. Dabei trägt man in die Karte des derzeit vorhandenen Zustandes Linien und Farben ein, die den angestrebten Ordnungszustand kennzeichnen sollen. Der Text dient meist nur dazu, die Karten oder Zeichnungen zu erläutern 1 0 7 . Das BBauG hat das Verfahren der Bauleitplanung zweistufig ausgestaltet. Im Regelfall ist zunächst der sog. Flächennutzungsplan als „vorbereitender Bauleitplan" (§ 1 II BBauG) aufzustellen. Erst auf seiner Grundlage ergeht der verbindliche Bauleitplan, den das Gesetz als Bebauungsplan bezeichnet 108 . Beide Plantypen erfüllen unterschiedliche Funktionen. Auf einer zweistufigen Planung beruhen auch die Maßnahmen nach dem StBFG. Zur Behebung städtebaulicher Mißstände (§ 1 II StBFG) kann ein Gebiet durch Beschluß der Gemeinde förmlich als Sanierungsgebiet festgelegt werden ( § 3 1 StBFG). Mit dieser Festlegung gilt der Flächennutzungsplan insoweit als ergänzt (§ 6 VIII StBFG) bzw., sofern er im Einzelfall noch fehlen sollte, als aufgestellt. Danach sind auf der Grundlage des Feststellungsbeschlusses für das förmlich festgelegte Sanierungsgebiet die erforderlichen Bebauungspläne aufzustellen (§ 10 I StBFG). Entsprechend verläuft das Verfahren bei der Festlegung 105 106 107 108
BVerwG D Ö V 1972,723 (Nr. 282); VGH MannheimDVB1. 1975,552ff. (553). S. insb. § 9 1 1 BBauG. Vgl. auch § 5 VII BBauG: „Erläuterungsbericht" zum Flächennutzungsplan. Ausnahmsweise kann unter den Voraussetzungen des § 2 II und des § 8 II 3 BBauG ein Bebauungsplan unmittelbar, also ohne vorhergehenden Flächennutzungsplan, aufgestellt werden.
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eines städtebaulichen Entwicklungsbereichs durch Rechtsverordnung der Landesregierung (§§ 53 1 , 5 4 1 2 StBFG) 109 . b) Flächennutzungsplan: aa) Inhalt: Der Flächennutzungsplan stellt für das gesamte Gebiet 1 1 0 der planenden Gemeinde 1 1 1 die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung 112 in den Grundzügen dar ( § 5 1 BBauG). Insoweit ähnelt er inhaltlich den überörtlichen Plänen, die im Rahmen der Landesplanung und Raumordnung aufgestellt werden. Er unterscheidet sich aber dadurch von ihnen, daß er sich auf das jeweilige Gemeindegebiet beschränkt und in erster Linie ein Instrument der Gemeinde bildet, ihr eigenes Gebiet zu gestalten, insbesondere ihre Bebauungspläne vorzubereiten 113 . Der Flächennutzungsplan soll für die weitere Entwicklung der Gemeinde richtungweisend sein. Er muß deshalb sämtliche voraussehbaren Bedürfnisse der nächsten fünf bis zehn Jahre und, soweit sie schon konkret erkennbar sind, auch der weiteren Zukunft berücksichtigen. In dem Flächennutzungsplan sind die Nutzungsarten für die einzelnen Teile des Gemeindegebiets darzustellen: Baugebiete, Gemeinbedarfsflächen, Verkehrsflächen, Grünflächen, land- und forstwirtschaftliche Flächen usw. (§ 5 II BBauG). Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen sind darüber hinaus nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Wohnbauflächen, gemischte Bauflächen, gewerbliche Bauflächen, Sonderbauflächen) sowie nach der besonderen Art (reine Wohngebiete, Kleinsiedlungsgebiete, Gewerbegebiete usw.) und nach dem allgemeinen Maß (Geschoßflächenzahl) der Nutzung auszuweisen 114 . Der Plan beschränkt sich aber in jedem Fall auf die Angaben, die auf die Bodennutzung als solche bezogen sind. Er gibt keine Auskunft über die äußere Gestaltung der baulichen Anlagen 1 1 5 . bb) Aufstellung: Der Flächennutzungsplan wird von der Gemeindevertretung festgestellt, und zwar nicht als Satzung, sondern durch einfachen Beschluß nach Maßgabe des jeweiligen Kommunalrechts. Er unterliegt der Genehmigung116 der höheren Verwaltungsbehörde ( § 6 1 BBauG), d. i. im Regelfall die staatliche Mittelbehörde (Regierungspräsident, Bezirksregierung) 117 . Die Höhere Verwaltungs109
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Vgl. dazu, insbes. auch zur Rolle der Flächennutzungspläne bei Entwicklungsmaßnahmen, W. Bielenberg, StBFG, § 54 Rdnr. 6. Zur Unzulässigkeit eines räumlichen Teilplans s. VGH Kassel NJW1978,557. Zum Fortgelten der Flächennutzungspläne bei kommunalen Gebietsänderungen s. BVerwGE 45, 25 ( 2 8 - 3 8 ) , mit Anm. Jakob, NJW 1974,1578. Entweder in sämtlichen Erscheinungsformen oder nach bestimmten sachlichen Teilgesichtspunkten, vgl. IV. Ernst I W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O., § 5 Rdnr. 5. BVerfGE 3,407ff. (424-425). Vgl. im einzelnen § I I - I I , § 161 und § 17 der BaunutzungsVO vom 26. 11. 1968 (BGBl. I, S. 1237), die insoweit auf Grund der Ermächtigung in § 2 VIII Nr. 1 BBauG erlassen worden ist. Anders u. U. beim Bebauungsplan; s. § 9 I V BBauG. Das Genehmigungserfordernis entfällt in den Stadtstaaten, vgl. § 1881 BBauG. Dazu s. im einzelnen Geizer, Bauplanungsrecht, Rdnr. 265.
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behörde übt insoweit eine bloße Rechtsaufsicht aus 118 . Die Genehmigung darf deshalb nur aus bestimmten, in § 6 II BBauG aufgezählten Rechtsgründen versagt werden; sie gilt nach § 6 IV 4 BBauG als erteilt, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten abgelehnt worden ist. Auflagen können ihr beigefügt werden, wenn sich damit ein andernfalls bestehender Versagungsgrund ausräumen läßt (§ 6 III BBauG) 1 1 9 . cc) Rechtliche Bedeutung: Der Flächennutzungsplan ist, anders als der Bebauungsplan 120 , keine Rechtsnorm 121 . Er ist aber auch kein Verwaltungsakt 122 . Seine wesentlichen Rechtswirkungen beschränken sich auf den verwaltungsinternen Bereich: Sämtliche öffentlich-rechtlichen Planungsträger, die bei seiner Aufstellung beteiligt waren und den Festsetzungen nicht widersprochen haben, unterliegen einer Anpassungspflicht. Sie müssen den Plan, sofern er rechtswirksam zustande gekommen ist, bei ihren eigenen raumwirksamen Maßnahmen beachten (§ 7 BBauG). Die planende Gemeinde selbst hat ihn ihren Bebauungsplänen zugrunde zu legen (§ 8 II BBauG). Dagegen werden die Grundstückseigentümer als solche von dem Flächennutzungsplan nicht unmittelbar rechtlich betroffen. Insbesondere richtet sich die Zulässigkeit eines Bauvorhabens und damit der Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung nicht nach dem Flächennutzungsplan, sondern allein nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes (§ 30 BBauG). Auch die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung (§§ 14,19, 24, 25 BBauG) und das Enteignungsrecht (§ 85 I Nr. 1 BBauG) werden nur durch den Bebauungsplan, nicht schon durch den Flächennutzungsplan, ausgelöst. Immerhin kann der Flächennutzungsplan in gewissen Fällen eine mittelbare rechtliche Relevanz für den einzelnen Bürger erlangen. So sind seine Festsetzungen heranzuziehen, wenn beurteilt werden muß, ob eine Bodenverkehrsgenehmigung wegen Unvereinbarkeit des betreffenden Rechtsvorgangs mit einer „geordneten städtebaulichen Entwicklung" zu versagen ist (§ 20 I BBauG) 1 2 3 oder ob ein nicht privilegiertes Bauvorhaben im Außenbereich öffentliche Belange beeinträchtigen würde 124 . Dabei bildet der Flächennutzungsplan allerdings nur ein 118
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Schrödter, a. a. O., § 6 Rdnr. 3; Stich, Umfang und Grenzen der Planungshoheit der Gemeinden, B1GBW 1966, 121 ff. (125); Geizer, Bauplanungsrecht, Rdnr. 263; a. A.: Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 1 6 4 - 1 6 5 . Dazu s. Rosenbach, D Ö V 1977,426ff. Zur unterschiedlichen Regelungsdichte beider Planarten s. BVerwGE 48, 70 ( 7 3 - 7 4 ) . OVG Lüneburg DVB1. 1971, 322ff. (323); VGH München BRS 22, 147ff. (149); VGH Mannheim BRS 27,30ff. (32). VGH Mannheim BRS 2 7 , 3 0 f f . (32). Schrödter, a. a. O., § 5 Rdnr. 15, mit Nachweisen. BVerwGE 18, 247 (253); 26, 287 ( 2 9 3 - 2 9 6 ) ; VGH Kassel BRS 22, 125f.; OVG Münster BauR 1970, 223; VGH München BayVBl. 1971, 63. - Dagegen bleibt der Flächennutzungsplan nach der Rechtsprechung außer Betracht bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Vorhaben im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BBauG), BVerwGE 35, 256 ( 2 5 7 - 2 5 8 ) sowie von privilegierten Vorhaben im Außenbereich (§ 35 I Nr. 1 - 5 BBauG), BVerwGE 2 8 , 1 4 8 ( 1 4 9 - 1 5 2 ) ; BVerwG BRS 22,128ff. (129).
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Beurteilungskriterium unter anderen. E r darf nicht schematisch wie eine Rechtsnorm „ a n g e w a n d t " werden 1 2 5 . dd) Tatsächliche Wirkungen gegenüber dem Bürger: Obwohl der Flächennutzungsplan die Eigentümer der im Planungsgebiet belegenen Grundstücke nicht unmittelbar anspricht, kann er für sie erhebliche wirtschaftliche Bedeutung erlangen. Die Ausweisung einer Fläche als Baugebiet kann zu Wertsteigerungen f ü h r e n (sog. Bauerwartungsland). U m g e k e h r t können sich Wertminderungen ergeben, etwa wenn der Flächennutzungsplan in der N ä h e eines reinen Wohngebietes Nutzungsarten vorsieht, von denen nachteilige Auswirkungen auf die W o h n r u h e usw. zu erwarten sind. D e r Gesetzgeber hat für derartige wertmindernde Konsequenzen des Flächennutzungsplans eine Entschädigung nicht vorgesehen. Die Rechtsprechung 1 2 6 gewährt den betroffenen Grundstückseigentümern auch keine Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff. Es handelt sich bei den eintretenden wirtschaftlichen Nachteilen nach Auffassung des B G H im Rechtssinne lediglich um bloß mittelbare Folgen der Planung, wie sie auch außerhalb des Planungsgebietes auftreten können. Werden die Festsetzungen des Flächennutzungsplans allerdings später in einen rechtsverbindlichen Bebauungsplan ü b e r n o m m e n , dann greifen die Entscheidungstatbestände nach §§ 39 jff. B B a u G ein. Bei der Bemessung der Entschädigungshöhe ist von d e m ursprünglichen Wert des Grundstücks vor der Aufstellung des Flächennutzungsplanes auszugehen 1 2 7 . Es wird dann also auch die Wertminderung ersetzt, die bereits durch den Flächennutzungsplan eingetreten und somit bei Erlaß des Bebauungsplans schon vorhanden war. ee) Rechtsbehelfe: D a der Flächennutzungsplan keine den Bürger treffenden rechtlichen Regelungen enthält, und zwar weder als Rechtsnorm noch als Verwaltungsakt, k o m m e n Rechtsmittel oder Rechtsbehelfe gegen ihn nicht in Betracht 1 2 8 . Davon unberührt bleibt jedoch die Möglichkeit, rechtliche Mängel des Flächennutzungsplans insofern mittelbar geltend zu machen, als sie zu einer Fehlerhaftigkeit der auf ihm a u f b a u e n d e n weiteren Planungen geführt haben 1 2 9 . c) Bebauungsplan: aa) Inhalt: D e r Bebauungsplan enthält die rechtsverbindlichen Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung ( § 8 1 B B a u G ) . Er umfaßt entweder das ganze Gemeindegebiet oder — im Regelfall — einzelne, oftmals recht kleine Gemeindeteile. Die Abgrenzung des jeweiligen Plangebiets liegt, innerhalb der durch die Planungsgrundsätze des § 1 B B a u G gezogenen Schranken, im planerischen Ermessen der Gemeinde. D a b e i kann aus sachgerechten G r ü n d e n in Sonderfällen sogar die selbständige Beplanung eines einzigen Grundstücks zulässig sein 1 3 0 . 125
126 128 129 130
BVerwG BauR 1975, 404ff. (406-407) - insoweit in BVerwGE 48, 81 (87) nicht abgedruckt; vgl. auch VGH Kassel BRS 24,51 ff. (53). BGHZ 17,96 (102). 127 BGH DVB1. 1963,625ff. (627). S. dazu auch Brohm, Rechtsschutz im Bauplanungsrecht, S. 22. Vgl. VGH Mannheim BRS 27, 30ff. (32). BVerwG NJW 1969,1076; BVerwG BRS 27,15; OVG Berlin Städtetag 1977,565.
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Der Bebauungsplan ist regelmäßig aus dem zuvor aufgestellten Flächennutzungsplan zu entwickeln (§ 8 II 1 BBauG) 1 3 1 . Ausnahmsweise kann auf den Flächennutzungsplan verzichtet werden, wenn der Bebauungsplan ausreicht, um die städtebauliche Entwicklung zu ordnen (§ 2 II BBauG). Außerdem kann aus zwingenden Gründen im Einzelfall ein Bebauungsplan aufgestellt werden, bevor der Flächennutzungsplan in Kraft ist (§ 8 II 2 BBauG). Liegt ein derartiger Ausnahmefall 1 3 2 nicht vor, dann kann ein gültiger Bebauungsplan nicht Zustandekommen 1 3 3 . Die Verletzung des Gebots der Entwicklung aus dem Flächennutzungsplan — sei es, daß ein Flächennutzungsplan überhaupt fehlt bzw. daß er ungültig ist, oder sei es, daß die sachlichen Grenzen des „Entwickeins" nicht eingehalten werden — hat die Nichtigkeit des Bebauungsplans zur Folge 134 . Dabei bindet die Pflicht zur Entwicklung die Gemeinde an die Grundkonzeption des Flächennutzungsplans, beläßt ihr aber die Freiheit zur schöpferischen Ausgestaltung und Fortentwicklung im Detail 1 3 5 . Der Bebauungsplan 1 3 6 unterliegt dem Gebot konkret individueller planerischer Festsetzungen 137 . Er setzt in hinreichend bestimmter Weise 138 das Bauland nebst Art und Maß der baulichen Nutzung mit einer Reihe von Einzelgesichtpunkten ( § 9 1 Nr. 1—9 BBauG) fest, ferner die von Bebauung freizuhaltenden Grundstücke, die Versorgungs- und Verkehrsflächen 1 3 9 , die Grünflächen, die Flächen für Land- und Forstwirtschaft, die Flächen für Gemeinschaftsanlagen usw. ( § 9 1 Nr. 1 0 - 2 6 BBauG). Die Art der baulichen Nutzung ist nach den in § 1 II BaunutzVO vorgesehenen Baugebieten (z. B. Kleinsiedlungsgebiete, reine Wohngebiete, Mischgebiete, Gewerbegebiete, Industriegebiete) zu klassifizieren, wobei sich die in den verschiedenen Baugebieten zulässigen Nutzungsformen im einzelnen aus §§ 2 - 1 5 BaunutzVO ergeben 1 4 0 . Das Maß der Nutzung wird nach Zahl
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Dazu s. näher BVerwGE 48, 70 ( 7 3 - 7 5 ) ; ferner OVG Saarlouis D Ö V 1977, 336 Nr. 47. Beispiele dafür: BVerwG DVB1. 1969, 276; OVG Münster BRS 25, 14ff. (15); VGH Mannheim BRS 2 5 , 1 7 ff. ( 1 7 - 1 8 ) und 53 ff. ( 5 5 - 5 6 ) . Vgl. VGH Kassel BRS 2 7 , 2 9 0 ff. (293). BVerwGE 48, 70 ( 7 2 - 7 3 ) ; BVerwG DVB1. 1977, 194ff. (196); VGH Mannheim BRS 27, l f . (1); nunmehr st. Rspr. Nichtigkeit des Flächennutzungsplans führt unter diesen Umständen zwangsläufig zur Nichtigkeit des daraus abgeleiteten Bebauungsplans, VGH Kassel BRS 27, 290 ff. (293). Eingehend dazu BVerwGE 48, 70 (74); vgl. auch VGH Mannheim BRS 27, l f . (1) und 3 f. (3). Jeweils nur ein einziger Plan für das betroffene Gebiet, der eine rechtliche Einheit bildet, allerdings auch in mehreren Planungsschritten zustande kommen kann; BVerwGE 50, 1 1 4 ( 1 1 7 - 1 1 9 ) ; VGH Kassel BRS 2 8 , 4 ff. (5 - 8 ) . BVerwGE 5 0 , 1 1 4 ( 1 1 9 - 1 2 1 ) ; BVerwG DVB1. 1977,194ff. (196). Zum Bestimmtheitsgebot s. BVerwGE 42, 5 ( 6 - 8 ) ; VGH Mannheim BRS 25, lOff. (11-12). Zur Zulässigkeit einer isolierten Planung von Verkehrsflächen (Fernstraßen) durch Bebauungsplan anstelle einer straßenrechtlichen Planfeststellung s. BVerwGE 38, 152 ( 1 5 5 - 1 5 8 ) , mit krit. Anm. von Blümel, DVB1.1972,122ff. Zur Novellierung der BaunutzVO s. Neuhausen, NJW 1978,191 ff.
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der Vollgeschosse, Grundflächenzahl, Geschoßflächenzahl sowie (in Industriegebieten) Baumassenzahl bestimmt, wobei die in § 17 I BaunutzVO geregelten Obergrenzen einzuhalten sind 141 . Unzulässig sind rein negative Planungen, die nicht selbst gestalten, sondern lediglich die Entwicklung freigeben 142 , sowie Festsetzungen (etwa für Land- und Forstwirtschaft), mit denen in Wahrheit eine Bausperre bezweckt wird 143 . bb) Aufstellung: Der Bebauungsplan wird von der Gemeinde in der Rechtsform einer Satzung beschlossen 144 . Zuständigkeit und Verfahren richten sich im einzelnen nach dem jeweiligen Landesrecht 145 . Grundsätzlich ist eine Bürgerbeteiligung (Anhörungsverfahren) 146 erforderlich (§ 2 a BBauG). Der Planentwurf ist öffentlich auszulegen (§ 2 a VI BBauG), um den Betroffenen rechtzeitig die Möglichkeit zu Einwendungen zu eröffnen. Dem vom Gemeinderat beschlossenen Plan muß eine Begründung beigefügt werden (§ 9 VIII BBauG) 147 , die ihn nach seinem konkreten Inhalt zu rechtfertigen hat. Fehlende oder in wesentlichen Punkten unzureichende Begründung führt zur Nichtigkeit des Plans 148 . Der Bebauungsplan bedarf, ebenso wie der Flächennutzungsplan (s. oben unter 3 b, bb), der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde ( § 1 1 BBauG). Die zuständige Behörde übt dabei lediglich eine Rechtskontrolle aus. Sie kann die Genehmigung nur aus Rechtsgründen versagen (mit Verpflichtungsklage verfolgbarer Rechtsanspruch der Gemeinde auf ihre Erteilung 149 ) oder sie mit der Auflage verbinden, daß der Plan durch Festsetzungen zur Sicherung der Infrastruktur nach § 9a BBauG ergänzt wird 150 . Sie kann den Plan aber nicht inhaltlich abändern; dazu bedarf es vielmehr eines erneuten Beschlusses der Gemeinde 151 . Die Gemeinde hat den genehmigten Bebauungsplan zusammen mit der Genehmigungsverfügung 152 öffentlich auszulegen und Ort und Zeit der Auslegung in 141
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Im einzelnen s. dazu Geizer, Bauplanungsrecht, Rdnr. 4 1 5 - 5 8 0 und die Kommentare zur BaunutzVO. VGH Mannheim BauR 1975,42ff. ( 4 2 - 4 3 ) . BVerwGE 40,258 (262-263); vgl. auch BVerwG BauR 1975,253ff. (255). § 10 BBauG. BVerwG DVB1. 1971, 757. - Zur Heilung von Form- und Verfahrensfehlern (§ 155 a BBauG) s. Schäfer, NJW 1978,1292 ff. Zur Problematik der Bürgerbeteiligung vgl. etwa Blümel, Masseneinwendungen im Verwaltungsverfahren, in: Fs. f. W. Weber, 1974, S. 539 ff.; ders., Demokratisierung der Planung oder rechtsstaatliche Planung?, in: Fs. f. E. Forsthoff, 1972, S. 9 ff. Zum notwendigen Inhalt s. BVerwG DVB1. 1971, 759ff. (762); BVerwG D Ö V 1974, 200; VGH München BRS 28, 57ff. ( 5 8 - 5 9 ) = BayVBl. 1974, 530ff.; OVG Saarlouis BRS 25,50f. (51). BVerwGE 45, 309 ( 3 3 0 - 3 1 ) sowie bereits BVerwG BRS 24,24ff. (31); VGH München BayVBl. 1971, 230; OVG Saarlouis BRS 25, 50ff. (51); ebenso jetzt BGHZ 67, 320 (gegen BGHZ 49,317). Vgl. z. B. BVerwG DVB1. 1977, 531. Zu Genehmigungsauflagen s. Rosenbach, DÖV 1977,426 ff. VGH Kassel BRS 25, 64ff. (65) mit Nachweisen. Vgl. VGH München BRS 25, 67 ff. (68) mit Nachweisen.
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der ortsüblichen Weise bekanntzumachen 153 . Die Auslegung wirkt— wenn sie den Bürgern ordnungsgemäß bekanntgemacht worden ist 154 - als Ersatzverkündung155. cc) Außerkrafttreten: Die Geltung des Bebauungsplans ist zeitlich nicht befristet. Er tritt außer Kraft durch förmliche Aufhebung, die im gleichen Verfahren wie die Planaufstellung erfolgt (§ 2 VI BBauG). Kommunale Gebietsänderungen berühren seinen Bestand nur unter bestimmten Voraussetzungen 156 . In Ausnahmefällen kann die Geltung des Bebauungsplans enden durch Bildung von entgegenstehendem Gewohnheitsrecht 157 und durch Funktionsverlust infolge einer grundlegenden und dauerhaften Änderung der tatsächlichen Verhältnisse 158 . dd) Rechtliche Wirkung: Der Bebauungsplan begründet eine rechtliche Ordnung des Raums im Hinblick auf einen vorgestellten städtebaulichen Zustand. Seine Festsetzungen geben der städtebaulichen Ordnung in der Gemeinde einen rechtlichen Rahmen und setzen ihr rechtliche Grenzen. Sie bilden außerdem die Grundlage für weitere, zum Vollzug des BBauG noch erforderliche Maßnahmen der Gemeinde ( § 8 1 2 BBauG) 159 . Dabei wirken sie nicht nur in positiver Richtung, indem sie bestimmte Nutzungsformen zulassen, sondern in gewissem Umfang auch in negativer Richtung, indem sie Nutzungsformen ausschließen, die entweder die Verwirklichung des Plans verhindern bzw. wesentlich erschweren würden oder in schwerwiegendem Widerspruch zu dem ausgewiesenen Gebietscharakter stehen 160 . Nach ihrer traditionellen Konzeption sind die Bebauungspläne „weniger auf Durchführung ihrer Festsetzungen als auf den Ausschluß planwidriger Nutzungen angelegt" 161 . Sie begründen keine Pflicht der Grundstückseigentümer zur Verwirklichung der festgesetzten Nutzung 162 (etwa zur Bebauung eines als Bauland ausgewiesenen Grundstücks) und gewähren erst recht interessierten Dritten keinen Planvollzugsanspruch 163 . Die Verwirklichung des planerisch festgesetzten Zustands hängt vielmehr davon ab, ob und inwieweit sich die Eigentümer freiwillig zu einer baulichen Nutzung ihrer Grundstücke entschließen oder die zuständige Behörde gewisse aufgrund des Bebauungsplans zulässige Maßnahmen (z. B. Ent-
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Dazu näher BVerwGE 44, 244 ( 2 4 8 - 2 5 0 ) , gegen VGH Kassel BRS 17, 32, mit Anm. Schroedter, DVB1. 1968,591; vgl. auch Penski, DVB1. 1970,44 ff. Vgl. dazu BVerwGE 17,192 ( 1 9 7 - 1 9 8 ) . BVerwG NJW 1957,1083ff. ( 1 0 8 3 - 1 0 8 4 ) . Näher dazu BVerwG DVB1. 1977,41 ff. ( 4 2 - 4 3 ) . BVerwGE 2 6 , 2 8 2 ( 2 8 4 - 2 8 5 ) . BVerwG DVB1. 1977, 768ff. (769); dazu Gronemeyer, DVB1. 1977, 756ff.; vgl. auch OVG Münster BRS 2 9 , 4 1 f. Vgl. VGH Mannheim BRS 2 5 , 1 ff. ( 1 - 2 ) . Dazu s. insbes. BVerwGE 4 2 , 3 0 ( 3 3 , 3 5 - 3 9 ) , mit Nachweisen. BVerwG DVB1. 1972,119ff. (122) -insoweit in BVerwGE 3 8 , 1 5 2 nicht abgedruckt. BVerwGE 4 2 , 3 0 (34). VGH Mannheim BRS 2 5 , 1 ff. (1).
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eignungen) trifft 164 . Der Bebauungsplan nach dem BBauG erweist sich damit im Ausgangspunkt als (bloße) sog. Auffangplanung. Bei der Ausschlußwirkung gegenüber nicht plankonformen Nutzungsarten 165 ist eine differenzierende Betrachtung geboten. Grundsätzlich kann die bisherige Nutzung trotz Inkrafttretens des Plans fortgesetzt werden (Ein vorhandenes Gebäude darf weiterhin bewohnt werden, auch wenn das betreffende Grundstück als öffentliche Grünfläche oder als Verkehrsfläche ausgewiesen ist). Auch Nutzungsänderungen bleiben an sich möglich, soweit sie keiner bauaufsichtlichen Genehmigung oder Zustimmung i. S. d. § 29 BBauG bedürfen. Jedoch muß dabei eine Störungsgrenze beachtet werden, die sich nach dem Gebietscharakter des jeweiligen Plangebiets bestimmt 166 . Die zum 1. Januar 1977 in Kraft getretene Novellierung des BBauG hat diese traditionellen Rechtswirkungen des Bebauungsplans bestehen gelassen; sie hat aber darüber hinaus den Gemeinden die Möglichkeit eröffnet, unter bestimmten Voraussetzungen (§ 39 a BBauG) eine Reihe von Planverwirklichungsgeboten167 auszusprechen, mit deren Hilfe Grundstückseigentümer positiv zur Verwirklichung der im Plan festgesetzten Nutzungsformen angehalten werden können 168 . Die Regelung knüpft an §§ 19—21 StBFG an und entwickelt die dort für Sanierungsgebiete eingeführten Gebotsmöglichkeiten zu einem allgemein geltenden Institut weiter 169 . Im einzelnen sind vorgesehen ein Bebauungsgebot (§ 39b I BBauG), ein Nutzungsgebot (§ 39c BBauG), ein Pflanzgebot (§ 39b VIII BBauG), ein Abbruchgebot (§ 39d BBauG), ein Modernisierungs- und Instandsetzungsgebot (§ 39e BBauG) sowie die Begründung einer Pflicht zur Erhaltung von baulichen Anlagen (§ 39h BBauG). Die Anordnung von Geboten nach § 39b bis § 39e BBauG setzt jeweils voraus, daß die alsbaldige Durchführung der Maßnahme aus städtebaulichen Gründen erforderlich ist (§ 39a II BBauG). Eine Reihe von Regelungen sollen, namentlich aus Gründen der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie, Vorsorge dafür treffen, daß dem Eigentümer aus der Durchführung der Gebote keine unzumutbaren Belastungen erwachsen (Anspruch auf Übernahme des Grundstücks durch die Gemeinde: §§ 39b II, 39c III BBauG; Anspruch auf Entschädigung: § 39d III 1 BBauG; Anspruch auf Erstattung von anderweit nicht gedeckten Aufwendungen: § 39 e IV BBauG i. V. m. § 43 I—III StBFG). Der eigentümliche Regelungsgehalt des Bebauungsplans bereitet bei der Bestimmung seiner Rechtsnatur, d. h. bei seiner Einordnung in das System der
164
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Vgl. BVerwG DVB1. 1972, 119ff. (122): Bebauungspläne seien „weniger auf Durchführung ihrer Festsetzungen als auf den Ausschluß planwidriger Maßnahmen angelegt". Grundlegend dazu BVerwGE 25,243. Näher dazu BVerwGE 42, 30 ( 3 5 - 3 9 ) . Dazu Neuhausen, NJW 1977, 784 ff. Zu den Grenzen derartiger Gebotsnormen vgl. Friauf, D W W 1 9 7 6 , 1 4 4 ff. Vgl. Bielenberg / Dyong, a. a. O., Rdnr. 164.
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verwaltungsrechtlichen Rechtsformen, erhebliche Schwierigkeiten 170 . Es wurden hier ursprünglich mehrere Auffassungen vertreten. Teilweise hat man ihn als Verwaltungsakt111, teilweise als Rechtsnorm172 qualifiziert; andere haben ihn schlicht als ein unter keine dieser beiden Kategorien fallendes aliud1''3 bezeichnet. Die heute nahezu einhellige Meinung geht von einem Rechtsnormcharakter des Bebauungsplans aus 174 . Dem entspricht die in § 10 BBauG angeordnete Verabschiedung des Bebauungsplans als Satzung im formellen Sinn (die freilich die Frage der materiellen Qualifizierung nicht abschließend entscheiden kann) und die seit 1977 bundesrechtlich eingeführte verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle gegenüber Bebauungsplänen 175 . Mit der obligatorischen Einführung der Normenkontrolle hat das Qualifizierungsproblem an praktischer Bedeutung verloren, so daß es hier nicht weiter vertieft zu werden braucht 176 . Auch wenn der h. M. vom Normcharakter des Bebauungsplans gefolgt werden soll, so bleibt aber festzuhalten, daß er sich als ausgesprochen untypische Rechtsnorm erweist. Anders als die typische Norm trifft er seine Regelung nicht abstrakt-generell, sondern „konkretindividuell und damit sozusagen im Angesicht der konkreten Sachlage" 177 . Er bündelt allenfalls Einzelentscheidungen, die sich jeweils konkret auf einzelne Grundstücke beziehen 178 . Damit steht er sachlich einem Verwaltungsakt i. S. von § 35 VwVfG recht nahe. Der Bebauungsplan enthält, im Gegensatz zum Flächennutzungsplan, nach der ausdrücklichen Anordnung des Gesetzgebers „rechtsverbindliche Festsetzungen"179. Seine Verbindlichkeit wirkt sowohl innerhalb der Behördenhierarchie als auch unmittelbar gegenüber dem einzelnen Bürger. Dabei handelt es sich, entsprechend dem ihm vom BBauG beigelegten „Charakter als allgemeinverbindlicher Rechtssatz", um eine rechtssatzmäßige Bindung180. Der Plan ist damit normativer Maßstab für die Rechtmäßigkeit aller hoheitlichen Maßnahmen, die zwar nicht in Anwendung unmittelbar baurechtlicher Vorschriften ergehen, aber auf die durch
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Vgl. dazu näher die Referate von Imboden und Obermayer. Der Plan als verwaltungsrechtliches Institut, VVDStRL 18 (1960), S. 113 ff. Z. B. VGH Stuttgart D Ö V 1 9 5 4 , 6 6 3 f f . (664) = ESVGH 4 , 6 4 ( 6 5 - 6 6 ) . So schon das preuß. OVG; z. B. OVG 25,387 ff. (390). Forsthoff, DVB1. 1957,113ff. (115). BVerwGE 26, 282 (283); Breuer, Die hoheitliche raumgestaltende Planung, 1968, S. 65; Brohm, Rechtsschutz im Bauplanungsrecht, 1960, S. 43 ff.; Götz, Bauleitplanung und Eigentum, 1969, S. 19ff.; weitere Nachweise bei Schmidt-Aßmann, a. a. O. S. 6 3 - 6 4 (Fußn. 2 , 3 ) . § 47 I Nr. 1 VwGO n. F. (dazu unten Abschnitt ee). Näher dazu die 4. Aufl. dieses Beitrags, S. 4 6 2 - 4 6 3 . BVerwGE 5 0 , 1 1 4 (119); 4 0 , 2 6 8 (272). Stelkens / Pagenkopf, DVB1.1977, 668 ff. (669). § 8 1 1 BBauG. Dazu näher Götz, a. a. O., S. 2 1 - 3 8 . BVerwG DVB1. 1975, 492ff. (493) - insoweit in BVerwGE 47, 144 nicht abgedruckt; vgl. auch BVerwGE 25, 243 (250).
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ihn rechtsverbindlich festgesetzte städtebauliche Ordnung Einfluß nehmen oder auf ihr beruhen 181 . Der Bebauungsplan ist von allen Behörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit zu beachten. Erteilt die Bauaufsichtsbehörde eine Baugenehmigung, bei der die planerischen Festsetzungen nicht beachtet sind, oder holt sie das gesetzlich vorgesehene Einvernehmen der Gemeinde (vgl. §§ 31 I, II 1, 36 I 1 BBauG) nicht ein, dann steht der Gemeinde ein Anfechtungsrecht zu 182 . Für den einzelnen Bürger wirkt sich der Bebauungsplan vor allem dadurch aus, daß ein Bauvorhaben in seinem Geltungsbereich (nur) zulässig ist, wenn es seinen Festsetzungen nicht widerspricht und wenn die Erschließung des Baugrundstücks gesichert ist. Diese Vorschrift beinhaltet nicht nur eine verfahrensmäßige Bindung der Behörden, die über die Erteilung der Bauerlaubnis zu entscheiden haben. Sie regelt vielmehr zugleich die materiell-rechtliche Stellung des einzelnen Baulustigen. Der Bebauungsplan wirkt vermittels § 30 BBauG unmittelbar gestaltend auf die rechtliche Bebaubarkeit der betroffenen Grundstücke ein 183 . Deshalb wäre die Errichtung eines von ihm abweichenden Bauwerks materiell baurechtswidrig. § 30 BBauG betrifft allerdings nur die sog. qualifizierten Bebauungspläne, die ein Mindestmaß an bestimmten Festsetzungen enthalten. Daneben ist aber auch der nichtqualifizierte Bebauungsplan, der nicht den Mindestinhalt des § 30 BBauG aufweist, rechtsverbindlich gemäß § 8 I BBauG. Er ist ebenfalls im Baugenehmigungsverfahren zu beachten 184 . Bedeutung erlangt er u. a. bei der Frage, ob ein Bauvorhaben im nicht qualifiziert beplanten Innenbereich unbedenklich ist (§ 34 BBauG) 185 oder ob einem Vorhaben im Außenbereich öffentliche Belange i. S. von § 35 BBauG entgegenstehen 186 . ee) Rechtsbehelfe gegen den Bebauungsplan: In den Ländern, die die verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle nach § 47 VwGO nicht eingeführt hatten, bereitete die Frage eines Rechtsschutzes gegen Ausweisungen des Bebauungsplans früher erhebliche Probleme. Nach h. M. waren die betroffenen Eigentümer auf eine Inzidentkontrolle im Rahmen eines konkreten Verfahrens auf Erteilung einer Bauerlaubnis oder eines Vorbescheids beschränkt 187 . 181
BVerwG DVB1. 1975,492ff. (493); vgl. auch OVG Münster BRS 28,215ff. (218); OVG Saarlouis D Ö V 1 9 7 7 , 3 3 6 Nr. 46 = BRS 30 Nr. 14. 182 BVerwGE 22, 342 (347); BVerwG DVB1. 1966, 181f.; OVG Lüneburg DVB1. 1966, 185 f. 183 VGH Stuttgart ESVGH 6 , 2 0 0 ff. (206). 184 BVerwGE 2 5 , 2 4 3 ( 2 5 0 - 5 1 ) . 185 BVerwGE 1 9 , 1 6 4 ( 1 6 6 - 6 7 ) . 186 O V G M ü n s t e r ßauR 1970,223 f. 187 Zum damaligen Streitstand s. die 4. Aufl. dieses Beitrags, S. 4 6 4 - 4 6 6 ; ferner W. Brohm, Rechtsschutz im Bauplanungsrecht, 1960; K. Meyer, DVB1. 1968, 492ff.; Koenig, Gemeindehaushalt 1969, 66f.; W. Giese, Zur materiell-rechtlichen Überprüfbarkeit gemeindlicher Bebauungspläne, Diss. Berlin 1969; K. Meyer, DWW 1970, 2ff.; sowie namentlich M. Oldiges, Gerichtlicher Rechtsschutz gegen Gebiets- und Bereichsfestlegung nach dem StBFG, WiR 1974, 277 ff. und H. Schrödter, a. a. O., § 10 Rdnr. 1 - 1 0 , beide mit eingehenden Nachweisen.
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Seit dem 1. Januar 1977 unterliegen dagegen nach § 47 I Nr. 1 VwGO 188 bundeseinheitlich die auf der Grundlage des BBauG und des StBFG erlassenen Satzungen, somit auch die Bebauungspläne, der verwaltungsgerichtlichen Normenkontrolle 189 . Zuständig für das Verfahren ist das OVG, das in bestimmten Fällen dem BVerwG vorlegen 190 kann (§ 47 I, V VwGO). Im Normenkontrollverfahren kann die Vereinbakeit des Bebauungsplans sowohl mit Landesrecht als auch mit Bundesrecht geprüft werden 191 . Als bundesrechtliche Prüfungsmaßstäbe kommen in erster Linie die Vorschriften des BBauG 192 , daneben aber auch alle anderen bundesrechtlichen Rechtsnormen einschließlich der Grundrechte 193 und sonstiger Verfassungsbestimmungen in Betracht. Antragsberechtigt ist jede natürliche oder juristische Person, die durch den Bebauungsplan bzw. seine Anwendung einen Nachteil erlitten oder zu erwarten hat 194 , sowie jede Behörde (§ 47 II 1 VwGO). In diesem Rahmen kann auch eine Gemeinde den von einer Nachbargemeinde beschlossenen Bebauungsplan angreifen 195 . Bis zur Entscheidung des OVG kann die Durchführung des Bebauungsplans durch eine einstweilige Anordnung gemäß § 47 VII VwGO blockiert werden 196 . Ein vorbeugender Rechtsschutz durch Unterlassungsklage gegen den Erlaß eines erst beabsichtigten Bebauungsplans ist an sich prozessual zulässig. Im Regelfall wird es allerdings an einem entsprechenden materiell-rechtlichen Unterlassungsanspruch fehlen 197 . d) Die förmlichen Festlegungen nach dem Städtebauförderungsgesetz: Die im StBFG vorgesehenen Pläne legen jeweils ein Gebiet fest, in dem besondere städtebauliche Gründe den Einsatz der besonderen Maßnahmen nach dem StBFG erfordern. 188 189
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195 196 197
i. d. F. des G vom 24. 8. 1976 (BGBl. I, S. 2437). Näher dazu Rasch, Normenko'ntrolle und Bebauungspläne, BauR 1977, 148ff.; Birk, Rechtsschutz gegen gemeindliche Bauleitplanung, BayVBl. 1976, 744ff.; ferner MeyerLadewig, BBauBl. 1977,215ff.; Kopp, NJW 1976,1961ff. ( 1 9 6 3 - 6 4 ) . Näher Zuck, DVB1.1978,166 ff. Ganz überwiegende Meinung in Rspr. und Schrifttum. Vgl. Ule, VerwaltungsprozeßR, 6. Aufl. 1975, S. 127 mit weit. Nachw. So auch VGH München, BayVBl. 1971, l l l f . ; OVG Lüneburg NJW 1969, 2219f. (2220); a. A.: OVG Bremen NJW 1970, 877. § 471 VwGO n. F. hat den in § 47 S. 1 VwGO a. F. enthaltenen Vorbehalt zugunsten der Verfassungsgerichtsbarkeit nicht übernommen; Rasch, BauR 1977, 148ff. (150). Damit sind die hieran anknüpfenden Rechtsfragen, namentlich der Streit zwischen der sog. konkreten und der sog. abstrakten Betrachtungsweise (vgl. dazu Bachof, NJW 1968, 1065ff.; Vehse / Hammann, Verwaltungsgerichtliche Normenkontrolle und Verfassungsbeschwerde, Gemeindetag 1976,62 ff.) obsolet geworden. Dazu OVG Lüneburg DVB1. 1978, 176ff.; OVG Münster D Ö V 1978, 144ff.; OVG Saarlouis, D Ö V 1978,215 ff. VGH Mannheim NJW 1977,1465 = BRS 30 Nr. 24. Vgl. VGH Mannheim NJW 1977,1212 f. Dazu BVerwG DVB1. 1977,897 ff.; vgl. auch BVerwGE 40, 323 (325 ff.).
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Das Gesetz unterscheidet zwischen Sanierungs- (§ 1 II StBFG) und Entwicklungsmaßnahmen (§ 1 III StBFG) sowie dementsprechend zwischen Sanierungsgebieten (§§ 3ff. StBFG) und Entwicklungsbereichen (§§ 53 ff. StBFG). Sanierungsmaßnahmen dienen zur Behebung von städtebaulichen Mißständen, namentlich durch Beseitigung von baulichen Anlagen und Neubebauung oder durch Modernisierung des vorhandenen Baubestandes. Durch Entwicklungsmaßnahmen sollen neue Orte bzw. Ortsteile geschaffen oder vorhandene Orte zu neuen Siedlungseinheiten entwickelt werden. Im Zusammenhang mit Sanierungsgebieten können, soweit das zur Durchführung der Maßnahmen erforderlich ist, Ersatz- und Ergänzungsgebiete festgelegt werden ( § 1 1 StBFG). Soweit ein städtebaulicher Entwicklungsbereich Gebiete einschließt, die bereits im Zusammenhang bebaut sind, können diese als sog. Anpassungsgebiete festgelegt werden (§ 62 StBFG). Die Zuständigkeit für die förmliche Festlegung eines städtebaulichen Entwicklungsbereichs liegt, da hier überörtliche Gesichtspunkte im Vordergrund stehen und vielfach mehrere Gemeinden beteiligt sein werden, bei der Landesregierung (§ 53 I StBFG). Sanierungsgebiete, Ersatz- und Ergänzungsgebiete sowie Anpassungsgebiete sind dagegen von den Gemeinden festzulegen (§§ 3 1, 11 I, 62 StBFG). Sämtliche Gebietsfestlegungen nach dem StBFG ergehen im Verfahren der Normsetzung, bei den in die gemeindliche Zuständigkeit fallenden Maßnahmen durch Satzung (§§ 5 I, 11 I 2, 62 S. 3 StBFG), bei der Festlegung des städtebaulichen Entwicklungsbereichs durch Rechtsverordnung (§ 53 I StBFG) 198 . Die Festlegungen sind auch inhaltlich als Rechtsnormen zu qualifizieren 199 . Sie überführen die betroffenen Flächen aus dem Regime der (allgemeinen) Regelungen des BBauG in die (besondere) Rechtslage, die das StBFG für die einzelnen Gebietsarten anordnet 200 . An die förmliche Festlegung knüpft sich eine Reihe von unmittelbaren Rechtswirkungen. Insbesondere schafft sie die Grundlage für die Anwendung der §§ 17ff. StBFG (Vorkaufs- und Grunderwerbsrecht der Gemeinden, besondere Enteignungs- und Entschädigungsregeln). Ferner tritt die Pflicht der Gemeinden zum Erlaß von qualifizierten Bebauungsplänen nach §§ 10 I, 5 4 1 2 StBFG ein. Für den Rechtsschutz gegenüber Gebiets- und Bereichsfestlegung gelten die Ausführungen zum Rechtsschutz gegenüber Bebauungsplänen 201 entsprechend.
4. Die bauplanerische Zulässigkeit von Bauvorhaben Der zentrale Zweck des gesamten Bauplanungsrechts, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke auf der Grundlage von bestimmten Ordnungsprinzipien zu lenken, wird bei der Zulassung der einzelnen Bauvorhaben aktualisiert. Dabei 198 199
200 201
Vgl. dazu OVG Lüneburg NJW 1976, 2281 ff. Dazu s. im einzelnen die Untersuchung von Oldiges, WiR 1974, 277ff. ( 2 8 1 - 2 8 5 ) mit Nachweisen. Näher dazu W. Bielenberg, StBFG, Einl. B, Rdnr. 76 ff. Oben unter II. 3 c, ee.
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greifen materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Regelungen ineinander, um die plankonforme Durchführung der Baumaßnahmen sicherzustellen. Die Zulässigkeitsvorschriften des Bauplanungsrechts 202 gelten nach § 29 BBauG für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben und einer bauaufsichtlichen Genehmigung oder Zustimmung bedürfen, ferner im wesentlichen auch für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen. Der demnach maßgebliche Begriff der baulichen Anlage ist als bundesrechtlich geprägter Begriff eigenständig gegenüber dem entsprechenden bauordnungsrechtlichen Begriff des Landesrechts; er stimmt mit ihm inhaltlich allerdings weitgehend, wenn auch nicht vollständig, überein 203 . Nach der Rechtsprechung wird er bestimmt durch das empirische Merkmal des Bauens (Schaffen von Anlagen, die in einer auf Dauer gedachten Weise künstlich mit dem Erdboden verbunden sind) und das wertende Merkmal der planungsrechtlichen Relevanz im Hinblick auf die in § 1 VI BBauG genannten Belange 204 . Entsprechend seiner Zwecksetzung wird der Begriff recht weit gefaßt 20S . a) Materiellrechtliche Zulässigkeit: Die materiellrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens beurteilt sich nach §§ 3 0 - 3 5 BBauG 206 . Dabei werden drei Fallgruppen unterschieden: Vorhaben im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans (§ 30 BBauG), Vorhaben innerhalb eines nicht beplanten, aber im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34 BBauG) und Vorhaben im Außenbereich (§ 35 BBauG). Daneben erkennt die Rechtsprechung aus verfassungsrechtlichen Gründen noch zwei ungeschriebene Zulassungstatbestände an. aa) Im Bereich eines qualifizierten Bebauungsplans: Vorhaben im Bereich eines sog. qualifizierten Bebauungsplans, der mindestens die in § 30 BBauG genannten Festsetzungen enthält, sind zulässig, wenn sie den Festsetzungen nicht widersprechen und die Erschließung 207 gesichert ist 208 . 202
203 204 205
207
208
Neben ihnen sind im Einzelfall stets die Regeln über die bauordnungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu prüfen. Vgl. oben Abschnitt I 3 d und unten Abschnitt III. BVerwGE 3 9 , 1 5 4 ( 1 5 6 - 1 5 8 ) . Grundlegend BVerwGE 4 4 , 5 9 ( 6 1 - 6 4 ) ; B V e r w G D V B l . 1975,497 f. (498). Vgl. die Beispiele BVerwGE 44, 59: dauerhaft verankertes Hausboot; BVerwG DVB1. 1975, 497f.: hölzerne Podestplatten für Zelte; BVerwG D Ö V 1977, 326f.: Tragluftschwimmhalle; BVerwG D Ö V 1978, 406ff. (408): lose geschichtete Reste für Kabelabbrennungen; OVG Münster BRS 25, 256f.: befestigter Kfz-Abstellplatz; OVG Koblenz BRS 25, 257ff.: Lagerplatz für Autowracks; OVG Münster BRS 28, HOff.: periodisch aufgestellter Bienenwagen; OVG Münster BauR 1975,113 f.: Freischwimmbecken. Dazu Creutz, Die Erschließung im baurechtlichen Sinne, BauR 1977, 237 ff. — Zur Bedeutung der (vollen) Erschließung für die Bebaubarkeit vgl. BVerwG BauR 1975, 253 ff. ( 2 5 5 - 2 5 6 ) ; zur Frage der gemeindlichen Erschließungspflicht und eines Erschließungsanspruchs des Baulustigen BVerwG DVB1. 1975, 37ff.; OVG Lüneburg BRS 25, 78ff. ( 7 9 - 8 0 ) . Die Zulässigkeit von Vorhaben im Bereich eines nicht qualifizierten Bebauungsplans bestimmt sich dagegen nach § 34 bzw. § 35 BBauG; vgl. BVerwG DVB1. 1977, 194ff. (196).
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Hat die Gemeinde beschlossen, für ein bestimmtes Gebiet einen Bebauungsplan aufzustellen, dann sind Vorhaben nach § 33 BBauG 209 zulässig, soweit nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, daß sie den künftigen planerischen Festsetzungen nicht zuwiderlaufen 210 . Sind die Voraussetzungen des § 33 BBauG nicht erfüllt, dann bestimmt sich die Zulässigkeit auch während der Planaufstellung nach § 34 bzw. § 35 BBauG. Stellt sich aufgrund einer (Nachbar-)Anfechtungsklage gegen eine Baugenehmigung heraus, daß der zugrunde liegende Bebauungsplan nichtig ist, dann muß die Rechtmäßigkeit des Vorhabens ebenfalls — je nach Sachlage — anhand von § 34 oder § 35 BBauG beurteilt werden 211 . bb) In nicht beplanten, im Zusammenhang
bebauten Ortsteilen: In Gebieten, für
die die Gemeinde noch nicht beschlossen hat, einen qualifizierten Bebauungsplan aufzustellen, oder für die die Aufstellung eines solchen Plans nicht erforderlich erscheint, ist nach § 34 BBauG innerhalb der im Zusammenhang bebauten 212 Ortsteile 213 ein Vorhaben zulässig, wenn es den Festsetzungen eines etwa vorhandenen nicht qualifizierten Bebauungsplans nicht widerspricht, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, nach Bauweise und zu überbauender Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung unter Berücksichtigung der für die Landschaft charakteristischen Siedlungsstruktur einfügt, wenn ferner die Erschließung gesichert ist und sonstige öffentliche Belange 214 nicht entgegenstehen 215 . Das Fehlen eines die Bebauung lenkenden Plans i. S. § 30 BBauG wird hier vom Gesetzgeber für unschädlich gehalten, weil insoweit die bereits vorhandene Bebauung Richtung und Grenzen des Zulässigen aufzeigt 216 . Sie wirkt als „Planersatz" 217 . Daraus folgt zwangsläufig, daß eine Zulässigkeit nach § 34 BBauG nur dort in Betracht kommen kann, wo das Baugrundstück durch seine Umgebung tatsächlich in bestimmter Weise geprägt ist 218 . Im Vergleich zu der früheren Fassung des § 34 BBauG, die eine bloße „Unbedenklichkeit" des Vorhabens nach der vorhandenen Bebauung verlangte und die 209
210
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213
214 215 216 217 218
Dazu Grundsatzentscheidungen BVerwGE 20, 127 und BVerwG BRS 22, 75 ff. Vgl. auch K. Meyer, D Ö V 1 9 6 4 , 3 7 6 f f . ; Geizer, DVB1. 1964,129ff. Näher zu dieser Voraussetzung VGH Mannheim BRS 27, 68ff. ( 6 9 - 7 0 ) ; VGH Kassel BRS 28,90f. BVerwG DVB1. 1971, 746ff. (747-748); BVerwGE 45, 309 (329); VGH Kassel BRS 25, 64ff. (65). Zur Bestimmung des maßgeblichen Bebauungszusammenhangs s. BVerwGE 31, 20 ( 2 1 - 2 2 ) ; 35, 256 (257); BVerwG BRS 25, 95ff. ( 9 7 - 9 9 ) ; BVerwG DÖV 1972, 827f. (827); BVerwG BRS 27, 128ff. ( 1 3 2 - 1 3 3 ) - insoweit in BVerwGE 44, 250 nicht abgedruckt; BVerwG DVB1. 1975,509ff. (510); BVerwG NJW1976,1855f. Zum Vorliegen eines Ortsteils i. S. von § 34 BBauG s. BVerwG BauR 1973, 294f.; BVerwG BRS 25,1 lOff. (112). Vgl. Seewald, NJW 1978, 345 ff. Dazu Dohle, NJW 1977,1372ff., Schmidt-Eichstaedt, JZ 1978,12ff. Vgl. insbes. BVerwGE 41,227 (235); BVerwG BRS 27,128ff. (133-134). BVerwGE 32,173 (176). Dazu BVerwG BRS 25,95 ff. (99-100).
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zudem von der Rechtsprechung recht großzügig ausgelegt wurde 219 , hat die Neufassung die Anforderungen deutlich verschärft 220 . Während es früher genügte, daß das neue Vorhaben die vorhandene Situation nicht oder nur geringfügig verschlechterte und demnach keinen „bodenrechtlich relevanten Widerspruch" hervorrief — so daß der Gebietscharakter schrittweise verändert werden konnte 2 2 1 —, wird nunmehr eine stärker positive Entsprechung 222 , eine bejahende Rücksichtnahme auf die Eigenart der näheren Umgebung 2 2 3 , gefordert. cc) Im Außenbereich: Das BBauG geht davon aus, daß der Außenbereich 2 2 4 im Regelfall von Bebauung freizuhalten ist 225 und nur für bestimmte Nutzungsarten zur Verfügung steht 226 . § 35 BBauG unterscheidet zwei Gruppen: die sog. privilegierten Vorhaben, die unter bestimmten Voraussetzungen kraft Gesetzes im Außenbereich zulässig sind (Abs. I Nr. 1 - 5 ) und die sonstigen Vorhaben, die im Einzelfall zugelassen werden können (Abs. II) 227 . Privilegiert sind Vorhaben, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienen 2 2 8 und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnehmen ( § 3 5 I Nr. 1 BBauG), die einem ehemaligen Landwirt nach Hofübergabe zu Wohnzwecken dienen (Nr. 2), die einer Landarbeiterstelle dienen (Nr. 3), die dem Fernmeldewesen, der öffentlichen Energie- und Wasserversorgung 229 , der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb 2 3 0 dienen (Nr. 4) 2 3 1 219
220 221
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228 229 230 231
Grundlegend BVerwGE 32, 31 (32-33); s. ferner BVerwGE 32, 173 (176-177); 35, 256 (259-260); 44,302 (304-306); BVerwG DVB1. 1975,509ff. (510). OVG Saarlouis, DÖV 1977, 833f. (834); Schmidt-Eichstaedt, JZ 1978, 12ff. (12); Finkelnburg, NJW 1977, 840ff. (841). Vgl. Sendler, BauR 1970, 74ff. (77). - Im Extremfall konnten die zuerst vorhandenen Bauwerke am Ende zu Fremdkörpern im eigenen Gebiet werden, so daß ihre bauliche Änderung oder Erweiterung an § 34 BBauG scheiterte, vgl. VGH Mannheim BRS 27, 79 ff. Dohle, NJW 1977,1372ff. (1373); Vogel, BauR 1977,6ff. (6). OVG Saarlouis DÖV 1977, 833ff. (834). Zum Außenbereich i. S. von § 35 BBauG gehören alle Flächen, die weder von § 30 noch von § 34 BBauG erfaßt werden; BVerwG BRS 25, 95 ff. (97). Zur Abgrenzung von Innen- und Außenbereich vgl. BVerwGE 28, 268 (272); 35, 256 (257) sowie insbes. BVerwG BRS 20, 66f. (67); BVerwG DVB1,1972,684f. (684). Vgl. BVerwGE 27,137 (139); BVerwG DÖV 1974, 566f. (567). Zusammenfassend s. Stich, Der Außenbereich im Rechtssystem des BBauG, in: Stadtplanung, Erschließung, Wohnungsbau, 1974, S. 97 ff.; Schlez, Das Bauen im Außenbereich nach dem BBauG und die Reform des Bodenrechts, JZ 1974, 699ff.; Simon, Bauen im Außenbereich, Bay VB1. 1974,601 ff. Dazu die Nachweise bei W. Pohl / U. Kerstan, Rechtsprechungsübersicht zur Baugenehmigung im Außenbereich, 2. Aufl. 1969; reiches Fallmaterial bei Geizer, Bauplanungsrecht, Rdnr. 871 (S. 352-373). Vgl. zur Abgrenzung etwa BVerwG BRS 24, 87f.; BVerwG BRS 25, 137ff.; BVerwG BauR 1975,104ff.; VGH Mannheim BRS 25,144f.; VGH München BRS 27,94f. Dazu BVerwG DÖV 1977,328ff. (330-331). Dazu grundsätzlich BVerwGE 50, 346 (349-352). Vgl. etwa BVerwG BRS 28,126ff. (128-129); VGH Mannheim BRS 24,92ff. und 94f.; VGH München BRS 28,131 ff.
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oder die aus bestimmten Gründen nur im Außenbereich ausgeführt werden sollen (Nr. 5 )232 . Sie sind planungsrechtlich in den Außenbereich verwiesen, so daß letztlich der Außenbereichscharakter eine „planähnliche Funktion" erfüllt 233 . Dabei muß die Eigenart des jeweils betroffenen Gebiets berücksichtigt werden; auch privilegierte Vorhaben sind nicht unbedingt an jeder beliebigen Stelle zulässig234. Essentiale der Privilegierung ist jeweils eine bestimmte Nutzungsart, also die bauliche Anlage gerade in ihrer privilegierten Funktion 235 . Daraus ergeben sich erhebliche Probleme in den Fällen eines durch die wirtschaftliche Entwicklung erzwungenen Strukturwandels, vor allem im Agrarbereich 236 . Ihnen trägt der neu eingeführte § 35 IV BBauG in begrenztem Rahmen Rechnung, indem er Nutzungsänderungen, die nicht mit einer wesentlichen Änderung der bisher privilegierten baulichen Anlage verbunden sind, von verschiedenen rechtlichen Beschränkungen freistellt 237 . Außerdem werden, weitergehend als bisher, Ersatzbauten für ehemals privilegierte Gebäude, die nicht mehr sanierungsfähig oder die durch höhere Gewalt bzw. durch sonstige außergewöhnliche Ereignisse 238 zerstört worden sind, zugelassen (§ 35 V Nr. 1 - 2 BBauG). Bei den privilegierten Vorhaben besteht ein Genehmigungsanspruch, wenn ihnen im Einzelfall keine öffentlichen Belange 239 entgegenstehen 240 und die ausreichende Erschließung gesichert ist. Dagegen können die nichtprivilegierten, „sonstigen" Vorhaben nach § 35 II BBauG lediglich durch eine Ermessensentscheidung im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt. In beiden Fällen ist eine Abwägung zwischen dem Vorhaben und den von ihm etwa berührten öffentlichen Belangen notwendig. Dabei fällt im Rahmen des § 35 I BBauG die gesetzliche Privilegierung des Vorhabens mit ins Gewicht, während in den unter § 35 II BBauG einzuord-
232
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Dazu grundlegend BVerwGE 34, 1 ( 2 - 4 ) ; BVerwGE 48, 109 ( 1 1 0 - 1 1 6 ) ; BVerwG DVB1. 1977,198 ff. (199-200). Hier ist ein strenger Maßstab erforderlich. Zur Zulässigkeit von Großvorhaben, z. B. Kraftwerken, nach § 351 Nr. 5 BBauG s. Hoppe, NJW 1978,1229ff. Vgl. BVerwGE 28,148 (150-152); BVerwG D Ö V 1 9 7 4 , 5 6 6 f. (567). Dazu OVG Lüneburg BRS 24,114ff. (115). BVerwGE 47, 185 (188), mit Nachweisen. Vgl. OVG Münster BRS 27, 92ff. und BRS 28, 122ff.; enger BVerwGE 47, 185; s. eingehend Geizer, BauR 1970,207 ff. sowie Schmaltz, AgrarR 1975,29ff. S. im einzelnen Lau / Oebbecke, BauR 1977,384 ff. Vgl. dazu OVG Münster DÖV 1977,757 Nr. 133; VG Köln NJW 1977,1550. § 35 III BBauG bringt einen, allerdings nicht abschließenden, Katalog der in Betracht kommenden öffentlichen Belange. BVerwGE 42, 8 ( 1 4 - 1 6 ) : keine Kompensation von Vor- und Nachteilen; BVerwG DVB1. 1974, 781 ff.: in Aufstellung befindlicher Bebauungsplan als entgegenstehender öffentlicher Belang; VGH Kassel, NJW 1978, 557: Planungsvorstellungen eines nicht wirksamen Flächennutzungsplans als öffentlicher Belang; BVerwG NJW 1977, 1978f. (1979): Beeinträchtigung öffentlicher Belange, weil das Vorhaben wegen seines Umfangs einer verbindlichen Bauleitplanung bedarf.
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nenden Sachverhalten die öffentlichen Belange entsprechend stärker durchschlagen können 2 4 1 . dd) Zulässigkeit aufgrund Bestandsschutzes: Die planungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens, das durch die §§ 30 bis 35 BBauG nicht gedeckt ist, kann sich im Einzelfall unter strengen Voraussetzungen aus dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes ergeben, den das BVerwG in einer umfangreichen Rechtsprechung herausgearbeitet und präzisiert hat 2 4 2 . Der Bestandschutz, der auf Art. 14 I G G beruht, kommt einer vorhandenen baulichen Anlage zu. Er sichert sie zunächst, grundsätzlich beschränkt auf ihre jeweilige Funktion, in ihrem Bestand gegenüber Änderungen des materiellen Baurechts („passiver Bestandsschutz"). Darüber hinaus erkennt die Rechtsprechung einen „aktiven Bestandsschutz" an. Er begründet einen Anspruch auf Genehmigung von Folgeinvestitionen, namentlich von Reparaturmaßnahmen und Wiederherstellungsarbeiten, soweit die Identität des wiederhergestellten mit dem ursprünglichen Bauwerk gewahrt bleibt 2 4 3 . Dagegen wird ein Ersatzbau anstelle eines völlig oder doch in seinen tragenden Teilen zerstörten Gebäudes 2 4 4 oder ein Erweiterungsbau245 grundsätzlich nicht gedeckt; immerhin können untergeordnete bauliche Erweiterungen insoweit zulässig sein, als ohne sie die sinngerechte Nutzung des vorhandenen Bestandes in Frage gestellt wäre 2 4 6 . Für besonders gelagerte Fälle hat die neuere Rechtsprechung die Möglichkeit eines „überwirkenden Bestandsschutzes" anerkannt, der zu Zulässigkeit von Änderungs- und Erweiterungsmaßnahmen sowie von gewissen Nutzungsänderungen bei einem gewerblichen Betrieb führt, die notwendig sind, um die Funktionsfähigkeit der vorhandenen Anlagen zu gewährleisten 247 . Die Tendenz dieser Entscheidungen verdient Beifall 248 . Der verfassungsrechtlich gebotene Bestandsschutz kann bei Anlagen, deren Nutzung dem technischen Wandel unterliegt, überhaupt nur dann efffektiv werden, wenn man ihm das Recht des Inhabers zur Durchführung notwendiger Anpassungsmaßnahmen an diesen Wandel entnimmt. ee) Zulässigkeit aufgrund einer „eigentumskräftig verfestigten Anspruchsposition": Neben dem Bestandsschutz kann nach Auffassung des BVerwG auch der Gesichtspunkt einer aus Art. 14 I G G hergeleiteten „eigentumskräftig verfestigten 241 242
243 244 245 246 247
248
Dazu s. näher BVerwGE 2 8 , 1 4 8 ( 1 5 1 - 1 5 2 ) . S. insbes. BVerwGE 25, 161 ( 1 6 2 - 1 6 3 ) ; 27, 341 ( 3 4 3 - 3 4 4 ) ; 36, 296 ( 3 0 0 - 3 0 1 ) ; BVerwG BauR 1972,152ff. ( 1 5 2 - 1 5 3 ) ; BVerwG BRS 28, 126ff. (129); BVerwGE 47, 126 ( 1 2 8 - 1 2 9 ) ; 47, 185 ( 1 8 8 - 1 8 9 ) ; BVerwG BauR 1975, 413f. (414); BVerwGE 49, 365 ( 3 6 8 - 3 7 0 ) ; 5 0 , 4 9 ( 5 5 - 6 0 ) - m i t weiteren Nachweisen. Dazu näher BVerwGE 4 7 , 1 2 6 ( 1 2 8 - 1 2 9 ) . BVerwGE 3 6 , 2 9 6 (301); 4 2 , 8 (13). Insbes. BVerwG BauR 1975,413 f. (414). Vgl. BVerwGE 2 5 , 1 6 1 ( 1 6 2 - 1 6 3 ) ; 36, 296 (301); BVerwG BauR 1975,413f. (414). BVerwGE 49, 365 ( 3 6 8 - 3 7 0 ) ; 50, 49 ( 5 5 - 6 0 ) ; BVerwG NJW 1977, 1932f.; BVerwG GewArch. 1977,168ff. (170). Vgl. näher Friauf, Bestandsschutz bei gewerblichen Anlagen, in: Festgabe 25 Jahre BVerwG, 1978, S. 217ff.; ferner Sendler, WiVerw. 1976, 2ff. ( 1 3 - 1 5 ) ; ders., WiVerw. 1977, 94ff. ( 1 1 2 - 1 1 3 ) .
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Anspruchsposition" zur Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens führen, das an sich den planungsrechtlichen Vorschriften und Ausweisungen nicht entspricht 249 . Diese Anspruchsposition setzt voraus, daß das betreffende Grundstück einmal legal Baulandqualität erlangt hat und daß der damit gegebene Bebauungsanspruch in der konkreten Situation des Grundstücks eigentumskräftig verfestigt worden ist 250 . Im allgemeinen bezieht sie sich auf unbebaute Grundstücke; sie ist damit alternativ zum Bestandsschutz bei bebauten Grundstücken. Ausnahmsweise, etwa bei Zerstörung eines Bauwerks durch Naturereignisse, kann sie aber auch ergänzend zu dem (insoweit nicht ausreichenden) Bestandsschutz hinzutreten 251 . b) Bauleitplanung und Baugenehmigungsverfahren: aa) Allgemeines: Die Sorge dafür, daß die Anforderungen des Bebauungsplans im Einzelfall beachtet werden, obliegt den Behörden der Bauaufsicht. Sie haben im Verfahren zur Erteilung der Baugenehmigung 252 nicht nur zu prüfen, ob das jeweilige Vorhaben sachlich mit dem Bauordnungsrecht, sondern auch ob es mit dem Bauplanungsrecht vereinbar ist. Auf diese Weise wird ein einheitlicher Vollzug des gesamten Baurechts erreicht. Gesetzestechnisch wird die Verbindung zwischen Bauordnungs- und Bauplanungsrecht dadurch hergestellt, daß § 29 BBauG die Regelung der §§ 3 0 - 3 7 BBauG für alle Vorhaben verbindlich erklärt, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung 253 einer baulichen Anlage zum Inhalt haben und einer Genehmigung oder Zustimmung nach dem Bauordnungsrecht bedürfen bzw. einer Anzeigepflicht gegenüber der Bauaufsicht unterliegen. Wann immer die Bauordnungsbehörde mit einem Bauvorhaben befaßt wird, muß sie zugleich die Belange der Bauplanung wahren. Organisatorische Probleme ergeben sich daraus, daß die Aufgaben der Bauaufsicht - im Gegensatz zur Bauleitplanung - nicht zum Bereich der gemeindlichen Selbstverwaltung gehören. Baugenehmigungsbehörden (untere Bauaufsichtsbehörden) sind regelmäßig die Landkreise bzw. die kreisfreien Städte in ihrer Eigenschaft als Ordnungsbehörden 254 . Ihnen sind staatliche Behörden mit Weisungsbefugnis übergeordnet 255 . Bei den kreisangehörigen Gemeinden ist die Zuständigkeit zur Erteilung der Baugenehmigung (Landkreis) im Regelfall also völlig von der zur Bauleitplanung (Gemeinde) getrennt. Bei den kreisfreien Städten liegen 249
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254
255
Grundlegend BVerwGE 26, 111 ( 1 1 6 - 1 2 0 ) ; s. ferner BVerwGE 27, 341 (342); 47, 126 (130-132); 49,365 (371-372). Vgl. näher BVerwGE 4 7 , 1 2 6 (131); 4 9 , 3 6 5 (372). BVerwGE 42, 8 ( 1 3 - 1 4 ) ; 4 7 , 1 2 6 (131). S. unten Abschnitt III. 3. Zur Abgrenzung der genehmigungspflichtigen Nutzungsänderung s. BVerwG NJW 1978, 1932. § 77 I Nr. 3 nordrh.-westf. BauO; § 82 II bad.-württ. BauO; Art. 77 I bayer. BauO; § 86 II rheinl.-pfälz. BauO; §§ 81ff.hess. BauO; §§ 63ff. nieders. BauO. Ausdrücklich geregelt in § 81 II hess. BauO; § 86 IV, V rheinl.-pfälz. BauO in Verb, mit § 94 rheinl.-pfälz. PVG; § 77 I Nr. 1 - 2 nordrh.-westf. BauO und § 9 nordrh.-westf. OBG; § 65 IV, V nieders. BauO.
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beide zwar formal in einer Hand. Die Stadt untersteht aber in ihrer Eigenschaft als Bauaufsichtsbehörde dem staatlichen Weisungsrecht. Unter diesen Umständen muß der Gesetzgeber Sorge dafür tragen, daß die gemeindliche Planungshoheit in der Praxis nicht durch den staatlichen Einfluß auf das Baugenehmigungsverfahren beliebig ausgehöhlt werden kann. Er tut das in der Weise, daß er in allen Fällen, in denen die Baugenehmigungsbehörde nicht lediglich die normativen Festsetzungen des Bebauungsplans zu vollziehen, sondern eine eigenständige Entscheidung über planerische Belange zu treffen hat, das Einvernehmen der Gemeinde mit der Entscheidung fordert 2 5 6 . Die Baugenehmigungsbehörde kann über die Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der nicht beplanten, aber im Zusammenhang bebauten Ortsteile 257 und im Außenbereich 2 5 8 sowie über Bauanträge während einer laufenden Planaufstellung 259 nur im Einvernehmen mit der Gemeinde entscheidet 260 . Das Einvernehmen ist ferner erforderlich, wenn von den Festsetzungen des Bebauungsplans Ausnahmen gestattet oder Befreiungen bewilligt werden sollen ( § 3 1 1 , II BBauG) 2 6 1 . Wird das Einvernehmen nicht erteilt, dann darf die Baugenehmigungsbehörde das Vorhaben nicht genehmigen bzw. die beantragte Ausnahme oder Befreiung nicht bewilligen 262 . Andererseits kann die Genehmigung trotz erteilten Einvernehmens aus Rechtsgründen noch versagt werden 2 6 3 . Nach heute gefestigter Rechtsprechung 2 4 6 hat die Erteilung des Einvernehmens in prozessualer Hinsicht nur verwaltungsinterne Bedeutung 2 6 5 . Der Betroffene kann deshalb eine Verpflichtungsklage nicht gegen die Gemeinde richten, sondern kann nur gegen die Genehmigungsbehörde auf Erteilung der Bauerlaubnis klagen. In diesem Verfahren, in dem die Gemeinde beizuladen ist 266 , wird inzident über ihre Pflicht zur Erteilung des Einvernehmens entschieden. bb) Rechtsanspruch auf Genehmigung: Ist ein bestimmtes Vorhaben nach Maßgabe des Rechts der Bauleitplanung zulässig, weil es unter eine der drei im Gesetz normierten Gruppen 2 6 7 fällt, dann steht dem Baulustigen (sofern auch die materiellen Voraussetzungen des Bauordnungsrechts erfüllt sind) ein subjektiv-öffentliches Recht auf Erteilung der Baugenehmigung zu. 256
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Zum Zusammenhang zwischen Planungshoheit und Erteilung des Einvernehmens vgl. B V e r w G E 2 8 , 1 4 5 ( 1 4 7 ) ; B G H D Ö V 1976,133f. (134). § 34 BBauG. 2 5 8 § 35 BBauG. 2 5 9 § 33 BBauG. So § 36 I 1 BBauG. Zur Frage der Entscheidungsfreiheit der Gemeinde im Rahmen des § 36 BBauG s. BVerwG D Ö V 1970, 349f. Zum Anfechtungsrecht der Gemeinde bei zu Unrecht nicht eingeholtem Einvernehmen s. BVerwGE 22, 342; OVG Lüneburg OVGE 22, 325 (326); OVG Koblenz AS 9, 289; zur Amtshaftung bei rechtswidrig versagtem Einvernehmen BGH D Ö V 1976,133 f. BVerwGE 22, 342 (345); teilweise a. A. das Schrifttum, das die Genehmigungsbehörde bei rechtswidrig versagtem Einvernehmen freistellen möchte, s. Schrödter, DVB1. 1966, 182ff.; ders., BBauG, § 36 Rdnr. 7 (h); Geizer, Bauplanungsrecht, Rdnr. 628. Vgl. BVerwG D Ö V 1970, 349 f. (350). Seit BVerwGE 2 8 , 1 4 5 ( 1 4 6 - 1 4 8 ) . Zu den Bedenken gegen diese Auffassung s. Friauf, D Ö V 1961,666 ff. BVerwG DVB1. 1966, 792: notwendige Beiladung. S. oben Abschnitt II. 4 a, aa-cc.
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Problematisch erscheint hier allein der in § 35 II BBauG geregelte Fall der „sonstigen Vorhaben" im Außenbereich. Sie „können im Einzelfall zugelassen werden", wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt. Dem bloßen Wortlaut der Bestimmung nach müßte an sich angenommen werden, daß bei derartigen Vorhaben 2 6 8 ein Rechtsanspruch auf Baugenehmigung nicht besteht, der Grundsatz der Baufreiheit also ausgeschlossen sein soll. Die Auslegung des § 35 II BBauG muß aber, wie auch das BVerwG mit eingehender Begründung dargetan hat 269 , die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Eigentums in Rechnung stellen. Dieser Gewährleistung würde es widersprechen, wenn die Exekutive ein Bauvorhaben im Außenbereich nach ihrem Ermessen unterbinden könnte, obwohl ihm keine öffentlichen Belange i. S. des § 35 II BBauG entgegenstehen 270 . Die §§ 29ff. BBauG haben zwar gemäß Art. 14 I S. 2 GG die bauliche Nutzung grundsätzlich auf die Teile des Gemeindegebiets beschränkt, die rechtlich (§§ 30, 33 BBauG) oder tatsächlich (§ 34 BBauG) als Bauland qualifiziert sind 271 . Damit soll der willkürlichen Zersiedelung des offenen Raums vorgebeugt werden. Bei der Ermittlung der öffentlichen Belange 272 ist dieser Regelungstendenz des Gesetzes mit Rechnung zu tragen. Ergibt sich im Einzelfall aber, daß selbst bei gebührender Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes öffentliche Belange dem Vorhaben nicht entgegenstehen, dann hat der Baulustige einen Anspruch auf Genehmigung seines Vorhabens auch im Außenbereich. cc) Ausnahmen und Befreiungen: Die wesensmäßige Abstraktion und Starrheit, die den Bebauungsplan kennzeichnen, können dazu führen, daß seine Anwendung in einzelnen Fällen einen Baulustigen unnötig belastet, unter Umständen sogar den städtebaulichen Interessen der planenden Gemeinde selbst zuwiderläuft. Deshalb ermächtigt das Gesetz die Baugenehmigungsbehörde, Ausnahmen und Befreiungen zu bewilligen 273 . Ausnahmen ( § 3 1 1 BBauG) sind Abweichungen vom Plan, deren Möglichkeit nach Art und Umfang bereits abstrakt im Plan selbst vorgesehen ist. Befreiungen (§ 31 II BBauG) gehen dagegen über den Plan hinaus und eröffnen dem Baulustigen die Möglichkeit, sein Vorhaben entgegen den Festsetzungen des Plans durchzuführen. Sie dürfen nur erteilt werden, wenn die Durchführung des Bebauungsplans im konkreten Fall zu einer „offenbar nicht beabsichtigten Härte" führen
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Anders als bei den Fallgruppen des § 3 5 1 BBauG. BVerwGE 18,247 ( 2 4 9 - 2 5 1 ) . BVerwGE 19, 82 (85). BVerwG DVB1. 1964,184ff. (185). Es handelt sich hier um einen gerichtlich nachprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff; vgl. BVerwGE 18, 247 ( 2 5 0 - 2 5 1 ) sowie H. Brügelmann / G. Grauvogel, a. a. O., § 35 Anm. 5 a m. w. N. Zu Begriff und ratio der Befreiung im Gegensatz zur Ausnahme s. BVerwG D Ö V 1976, 669ff. (670).
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würde 274 und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist oder wenn Gründe des Wohls der Allgemeinheit sie positiv erfordern. Wegen ihrer besonderen Bedeutung setzt die Befreiung außer dem Einvernehmen der Gemeinde auch die Zustimmung 275 der höheren Verwaltungsbehörde voraus. Nach dem Wortlaut des § 31 BBauG steht die Bewilligung von Ausnahme und Befreiung im Ermessen der Behörde (,,Kann"-Vorschrift). Umstritten ist die Frage, ob und inwieweit dem Baulustigen bei Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen aus rechtsstaatlichen Gründen ein Rechtsanspruch auf ihre Bewilligung zugebilligt werden muß 276 . Mit der Erteilung der Befreiung ist das Vorhaben legalisiert. Auf der Grundlage der Befreiung besteht alsdann der Rechtsanspruch auf Erteilung der Bauerlaubnis, wobei allerdings in der Praxis die Bauerlaubnis dem Antragsteller regelmäßig gleichzeitig mit der Befreiung erteilt wird.
5. Die Sicherung der Bauleitplanung a) Die Rechtslage nach dem BBauG: Die verschiedenen Rechtswirkungen der Bauleitplanung — Regelung der Zulässigkeit von Bauvorhaben sowie Bedingung für weitere städtebauliche Maßnahmen, wie das Umlegungsverfahren (§§ 4 5 - 7 9 BBauG), die Grenzregelung (§§ 80 bis 84 BBauG), das Enteignungsverfahren (§§ 8 5 - 1 2 2 BBauG) und die Erschließung von Grundstücken ( § § 1 2 3 - 1 3 5 BBauG) - hängen sämtlich davon ab, daß ein Bebauungsplan im Einzelfall tatsächlich aufgestellt worden und rechtlich in Kraft getreten ist. Der bloße planerische Wille einer Gemeinde bleibt zunächst rechtlich irrelevant, solange er sich nicht in den gesetzlich vorgesehenen Formen konkretisiert hat. Da zwischen dem Augenblick, in dem sich die Aufstellung eines Bebauungsplans als erforderlich erweist (§ 1 III BBauG), und seinem Inkrafttreten ( § 1 2 BBauG) notwendig ein längerer Zeitraum (teilweise mehrere Jahre) verstreicht, besteht oftmals die Gefahr, daß während dieser Zeit das Planungsziel durch Schaffung von vollendeten Tatsachen erschwert oder vereitelt werden könnte. Aber auch noch nach dem Inkrafttreten des Plans kann seine Verwirklichung durch andere Maßnahmen als durch die (erlaubnispflichtige) Errichtung von baulichen Anlagen erschwert werden. Um diesen Gefahren zu begegnen, stellt das Gesetz den Gemeinden eine Reihe von rechtlichen Sicherungsmöglichkeiten zur Verfügung. 274
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Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn es sich um Sonderfälle handelt, auf die der generelle Regelungszweck der planungsrechtlichen Norm nicht zutrifft. Andernfalls kommt auch bei vorliegender Härte eine Befreiung nicht in Betracht. Dazu BVerwGE 40, 268 ( 2 7 1 - 2 7 3 ) ; BVerwG DVB1. 1975, 895ff. (897); B V e r w G D Ö V 1976, 669f. (670). Nach h. M. ist die Zustimmung ebenso wie das Einvernehmen der Gemeinde bloßes Verwaltungsinternum; vgl. BVerwGE 16,116 ( 1 1 8 - 1 2 2 ) . Dazu sehr ausführlich VG Münster DVB1. 1967, 298 ff. mit Anm. von Hoppe und Scheerbarth; vgl. weiterhin Fickert, Zulässigkeit von Bauvorhaben, § 31, Tz. 82; Hoppe, DVB1. 1969, 340 ff. - Allgemein zu dieser Problematik s. Friauf, JuS 1962,422 ff.
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aa) Veränderungssperre und Zurückstellung von Baugesuchen: Die Gemeinde kann der Gefahr, daß ihre Planungsabsichten durch zwischenzeitliche Veränderungen an den betroffenen Grundstücken durchkreuzt oder erschwert werden, auf zwei Wegen entgegentreten: durch Erlaß einer Veränderungssperre (§ 14 I BBauG) 277 und durch einen Antrag an die Baugenehmigungsbehörde, die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben (regelmäßig: die Erteilung von Baugenehmigungen 278 ) für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten auszusetzen (§ 15 BBauG). Voraussetzung ist in beiden Fällen, daß die Gemeinde bereits förmlich beschlossen hat, für das betreffende Gebiet einen Bebauungsplan aufzustellen bzw. einen bereits bestehenden Bebauungsplan zu ändern, zu ergänzen oder aufzuheben. Insoweit müssen sich die planerischen Absichten also schon konkretisiert haben 279 . 1. Veränderungssperre: Der Inhalt der Veränderungssperre besteht in einem generellen Verbot, genehmigungsbedürftige bauliche Anlagen zu errichten, zu ändern oder zu beseitigen und andere wertsteigernde Veränderungen der Grundstücke vorzunehmen. Entsprechende Bau- und Bodenverkehrsgenehmigungen 280 können während ihrer Geltungsdauer nicht erteilt werden. Dagegen bleiben Unterhaltungsmaßnahmen zulässig281. Das Verbot ist gemäß § 17 BBauG auf zwei Jahre befristet; es kann aber zweimal um jeweils ein Jahr verlängert (§ 17 I 2, II BBauG) 282 und danach erneut beschlossen werden (§17 III BBauG) 283 , wenn seine Voraussetzungen fortbestehen. Auf diese Fristen ist der Zeitraum, währenddessen ein Baugesuch nach § 15 BBauG zurückgestellt war, anzurechnen (§ 17 I 2 BBauG) 284 . Der Beschluß über die Veränderungssperre ergeht in der Form einer Satzung. Er bedarf der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde (§ 16 I, II BBauG).
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Dazu Clasen, Die Veränderungssperre und die Verfügungs- und Veränderungssperre (Umlegungssperre) nach dem BBauG sowie ihre Entschädigung, 1969. Anwendbarkeit auch auf nur anzeigebedürftige Vorhaben: BVerwGE 39, 154 (155-156). Zu den Voraussetzungen im einzelnen s. insbes. BVerwGE 51, 121 (126ff.); ferner BVerwG DVB1. 1977, 41 ff.; OVG Koblenz BRS 22, 145ff.; aber auch VGH München BRS 22, 147f.; OVG Münster BRS 24, 117f. (117): Der Inhalt der Planung brauche noch nicht näher festzustehen. Zur Bodenverkehrsgenehmigung s. § 20 I Nr. 2 BBauG n. F.; anders früher BVerwGE 42,183(184-188). Zur Abgrenzung vgl. OVG Koblenz BRS 25,172f. Zu den strengen Anforderungen an die zweite Verlängerung s. OVG Münster BRS 28, 151 ff. Allerdings nur bei konkretem Vorliegen von entsprechend gewichtigen „besonderen Umständen" (dazu BVerwGE 51, 121, 1 3 3 - 1 3 9 ) und gegen Entschädigung (§ 18 I 1 BBauG). Entsprechende Anwendung bei rechtswidriger Verzögerung des Baugesuchs ohne förmliche Zurückstellung; s. BVerwG NJW 1971,445 f.
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Ausnahmen von der Veränderungssperre kann die Baugenehmigungsbehörde, ähnlich wie Ausnahmen vom Bebauungsplan selbst, im Einvernehmen mit der Gemeinde zulassen (§ 14 II BBauG). Da die Veränderungssperre allein im öffentlichen Interesse ergeht und keine Rechte Dritter begründet, steht einem Nachbarn gegen die Erteilung einer Ausnahmebewilligung grundsätzlich keine Klagebefugnis zu 285 . 2. Zurückstellung von Baugesuchen: Die Zurückstellung ist nach § 15 I BBauG zulässig, wenn eine Veränderungssperre nicht beschlossen worden ist, obwohl ihre Voraussetzungen gegeben sind, oder wenn eine bereits beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten ist. Sie hemmt lediglich das Baugenehmigungsverfahren, beeinflußt aber nicht die materielle Legalität des Vorhabens. Ihre Wirkung entfällt mit Fristablauf automatisch 286 . Die Zurückstellung kann naturgemäß nur der Stelle obliegen, die über das Baugesuch sachlich zu entscheiden hat, also der Baugenehmigungsbehörde. Da die Maßnahme aber ausschließlich dazu dient, die planerischen Belange der Gemeinde zu sichern, besitzt die Genehmigungsbehörde kein eigenes Entscheidungsrecht. Sofern die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind, muß sie dem Antrag der Gemeinde auf Zurückstellung in jedem Fall stattgeben 287 . Sowohl die Veränderungssperre wie auch die Zurückstellung der Entscheidung über ein Baugesuch können den betroffenen Grundstückseigentümern erhebliche Vermögensnachteile zufügen, vor allem durch Ausfall von Nutzungen und durch eine zwischenzeitliche Erhöhung der Kosten des in Aussicht genommenen Bauvorhabens. Nach § 18 I BBauG sind diese Nachteile insoweit zu entschädigen, als die Veränderungssperre länger als vier Jahre (gerechnet von ihrem Beginn oder von der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 I BBauG) andauert 288 . Die 4-Jahres-Frist orientiert sich an der Rechtsprechung, die zu den nach früherem Recht zulässigen Bausperren ergangen war 289 . Bei der Entschädigungsleistung handelt es sich um eine Enteignungsentschädigung nach Art. 14 III GG. Spätestens mit Ablauf des vierten Jahres schlägt nämlich die Veränderungssperre gegenüber einem Grundstück von der Eigentumsbindung in eine Enteignung um 290 . bb) Genehmigungspflicht für den Bodenverkehr: Die städtebauliche Planung kann auch dadurch beeinträchtigt werden, daß über Grundstücke in einer Weise verfügt wird, die entweder die plangemäße Bebauung erschwert bzw. vereitelt oder auf eine planwidrige Bebauung hin abzielt. Um das zu vermeiden, unterwirft das Gesetz bestimmte Rechtshandlungen einer Genehmigungspflicht. Der Genehmigung bedarf im räumlichen Geltungsbereich eines Bebauungsplans sowie innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile die Teilung eines Grundstücks 285 286 287 288 289 290
H. Brügelmann / G. Grauvogel, a. a. O., § 14, Anm. VI 3. Dazu BVerwG DVB1. 1972, 224ff. ( 2 2 5 - 2 2 6 ) . Dazu W. Ernst/ W. ZinkahnI W. Bielenberg, a. a. O., § 15, Rdnr. 8. Dazu Clasen, a. a. O.; Trauten / Krier, DVB1.1971,302 ff. BGHZ 3 0 , 3 3 0 ( 3 4 8 - 3 4 9 ) ; BVerwGE 4 , 1 2 0 (122). Vgl. BVerwGE 51, 121 (138).
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(Teilungsgenehmigung, § 19 I BBauG). Im Außenbereich sind genehmigungspflichtig die Auflassung, die Bestellung eines Erbbaurechts und die Teilung eines Grundstücks 291 zum Zwecke der Bebauung (Bodenverkehrsgenehmigung im engeren Sinne, § 19 II BBauG). Wird die Bebauungsabsicht nicht in der Urkunde selbst vom Veräußerer bzw. Eigentümer eindeutig und mit dem Willen, sie im bodenverkehrsrechtlichen Verfahren prüfen zu lassen, offengelegt, dann ist die Genehmigung nicht erforderlich; es kann dann aber auch keine Bindungswirkung (s. u.) eintreten 292 . Es handelt sich bei der Bodenverkehrsgenehmigung um eine gebundene, kein Ermessen einschließende Erlaubnis 293 . Sie darf nur versagt werden, wenn eine dem Rechtsvorgang entsprechende Bebauung oder sonstige Nutzung des Grundstücks aus städteplanerischen Gründen unzulässig wäre oder wenn das Grundstück von einer Veränderungssperre erfaßt wird. Die Versagungsgründe (§ 20 BBauG) entsprechen den Kriterien der §§ 30, 34 und 35 BBauG. Die Frage der Erschließung des Grundstücks ist nicht Gegenstand des Verfahrens 294 . Die Bodenverkehrsgenehmigung ist ein antragsbedürftiger begünstigender Verwaltungsakt 295 . Sie bedarf aus Gründen der Rechtsklarheit der Schriftform 295 . Nach § 19 IV 6 BBauG gilt die Genehmigung als erteilt, wenn sie nicht binnen drei Monaten (bei rechtzeitiger Fristverlängerung nach § 19 IV 4, 5 BBauG höchstens sechs Monaten) nach Eingang des Antrags versagt wird. Diese sog. fingierte Genehmigung äußert die gleichen Wirkungen wie eine tatsächlich erteilte Genehmigung 297 . — Bei nicht genehmigungsbedürftigen Vorgängen wird auf Antrag nach § 23 II BBauG eine Bescheinigung über die Genehmigungsfreiheit (sog. Negativattest298) erteilt. Die einmal erteilte Bodenverkehrsgenehmigung äußert eine Bindungswirkung (§ 21 I BBauG) dahin, daß ein innerhalb von drei Jahren gestelltes Baugesuch grundsätzlich (Ausnahmen: § 21 II BBauG) nicht aus Gründen abgelehnt werden darf, die zur Versagung der Genehmigung berechtigt hätten 299 . Das gilt in gleicher 291
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Zu den Voraussetzungen der Genehmigungsbedürftigkeit im letzteren Falle s. B V e r w G E 50,311(316-318). Dazu insbes. B V e r w G DVB1. 1977, 5 2 6 f f . (527); ferner B V e r w G E 41, 308 ( 3 1 0 - 3 1 1 ) , mit Anm. Ziegler DVB1. 1975, 521 ff.; vgl. auch B V e r w G E 19, 7 9 (80); B V e r w G DVB1. 1971, 7 5 6 f . ; V G H Kassel B R S 2 8 , 1 5 5 f f . ( 1 5 6 - 1 5 7 ) . Vgl. B V e r w G E 48, 81 ( 8 3 - 8 4 ) . BVerwG BRS 2 8 , 1 5 4 f . B V e r w G D Ö V 1974, 201 f. (202). Zur Antragsbefugnis s. B V e r w G E 50, 311 ( 3 1 4 - 3 1 6 ) ; zur Bestimmtheit eines Teilungsantrags s. B V e r w G DVB1. 1977, 5 2 9 f f . (530-531). BVerwG DVB1. 1 9 7 1 , 7 5 6 f . (756). Grundlegend dazu B V e r w G E 31, 2 7 4 ( 2 7 5 - 2 7 8 ) ; a. A . O V G Münster NJW 1968, 170ff. Dazu insbes. Weyreuther, NJW 1 9 7 3 , 3 4 5 ff. Zum Umfang der Bindungswirkung vgl. B V e r w G E 30, 2 0 3 ( 2 0 4 - 2 0 7 ) ; B V e r w G DVB1. 1971, 7 5 6 f . (756); zum zeitlichen Aspekt der Bindung BVerwG DVB1. 1973, 38 ff. (39) - insoweit in B V e r w G E 4 0 , 1 7 3 nicht abgedruckt. Zum Einfluß einer nachträglichen Änderung der Sach- oder Rechtslage s. Franßen, BauR 1976, 305 ff.
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Weise auch für die nur fingierte Genehmigung 300 , nicht aber für ein Negativattest 301 . Wird bei einem an sich genehmigungsbedürftigen Vorgang zu Unrecht ein Negativattest ausgestellt, so können Genehmigungsfiktion und Bindungswirkung nicht eintreten 302 . Zu Unrecht erteilte Bodenverkehrsgenehmigungen können nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen, nunmehr nach § 48 VwVfG, zurückgenommen werden, wobei die Beteiligten einen (allerdings nicht unbegrenzten) Vertrauensschutz 303 genießen. Das gilt in gleicher Weise auch für die lediglich wegen Fristablaufs fingierten Genehmigungen, sofern der Inhalt der Genehmigungsfiktion mit dem materiellen Recht in Widerspruch steht 304 . - Die Bindungswirkung der erteilten und der fingierten Genehmigung greift auch gegenüber den von dem Vorhaben betroffenen Nachbarn durch. Deshalb können diese bei Verletzung von nachbarschützenden Vorschriften 305 die Genehmigung anfechten 306 . cc) Gemeindliches Vorkaufsrecht: Die §§ 2 4 - 2 8 a BBauG räumen den Gemeinden unter bestimmten Voraussetzungen ein Vorkaufsrecht ein, um ihnen die Möglichkeit zu verschaffen, auch ohne das äußerste Mittel der Enteignung Grundstücke für die Durchführung der Bauleitplanung zu erwerben und zugleich den Aufkauf durch spekulierende, aber nicht bauwillige Käufer zu steuern. Das Vorkaufsrecht 307 beruht auf öffentlichem Recht; es ist durch Verwaltungsakt auszuüben. Jedoch sind die bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen im wesentlichen anwendbar (§ 24IV BBauG). Der Umfang des Vorkaufsrechts ist durch die seit 1. Januar 1977 geltende Novelle erheblich ausgedehnt worden. Das Gesetz unterscheidet zwei Arten: Ein allgemeines Vorkaufsrecht besteht nach § 24 I BBauG an allen (bebauten und unbebauten) Grundstücken, die entweder im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder in Gebieten liegen, für die die Aufstellung eines Bebauungsplans beschlossen worden ist oder die in ein Verfahren zur Bodenordnung einbezogen worden sind. Besondere Vorkaufsrechte dienen zur Wahrung von städtebaulichen Erhaltungszielen (§ 24a i. V. m. § 39 h BBauG), zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung (§ 25 BBauG) und zur Beschaffung von Austauschoder Ersatzland (§ 25 a BBauG). Mit der Ausübung des Vorkaufsrechts erwirbt die Gemeinde das Grundstück zum Verkehrswert, nicht zu dem ggf. höheren vereinbarten Kaufpreis (sog. preis300 301 302 303 304
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BVerwGE 3 1 , 2 7 4 ( 2 7 6 - 2 7 8 ) . BVerwGE 3 1 , 2 2 (24) = DVB1. 1970,72 f. mit Anm. Steiner. Vgl. BVerwG D Ö V 1974,201 f. Dazu BVerwG NJW 1978,338f.; vgl. auch Ziegler, D Ö V 1977,274ff. Dazu (und zum Ausmaß des ggf. eingreifenden Vertrauensschutzes der Beteiligten) BVerwGE 48, 87 ( 9 0 - 9 4 ) ; von Mutius, VerwArch 67 (1976), S. 317ff. Eine verspätete Versagung kann aber nicht in eine Rücknahme der infolgedessen eingetretenen fingierten Genehmigung umgedeutet werden, BVerwG DVB1. 1975,516ff. ( 5 1 7 - 5 1 8 ) . S. unten Abschnitt III. 8 a. BVerwG DVB1. 1970, 65 f. Zu den Entstehungsvoraussetzungen s. BGH DVB1.1971,317 f.
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limitiertes Vorkaufsrecht, § 28 a II BBauG) 308 . Allerdings bleibt dem Veräußerer in der Mehrzahl der Fälle die Möglichkeit eines Rücktritts vom Kaufvertrag (§ 28 a III BBauG). Die Gemeinde hat das durch Vorkauf erworbene Grundstück (soweit es nicht für öffentliche Zwecke benötigt wird) wieder zu veräußern, sobald der mit dem Erwerb verfolgte Zweck verwirklicht werden kann (§ 26 I—III BBauG). Das gleiche gilt, wenn der ursprüngliche Erwerbszweck nachträglich entfallen ist (§ 261V BB auG). b) Die Rechtslage nach dem StBFG: Zur verfahrensmäßigen Sicherung der Sanierungsmaßnahmen sieht § 15 StBFG ein Bündel von Genehmigungsvorbehalten 309 vor 310 . Sie werden mit der förmlichen Festlegung eines Sanierungsgebiets bzw. eines städtebaulichen Entwicklungsbereichs (vgl. § 57 I Nr. 3 StBFG) wirksam. Die von der Gemeinde zu erteilende sog. Sanierungsgenehmigung tritt neben die gegebenenfalls erforderliche Baugenehmigung für ein Vorhaben und bedingt diese 311 . Der Genehmigungsvorbehalt umfaßt insbesondere auch die Wirkungen einer Veränderungssperre (§§ 14ff. BBauG) sowie die Genehmigungstatbestände des Bodenverkehrsrechts (§§ 19ff. BBauG) 312 . Wegen dieser Sonderregelung werden die §§ 14-22, 51 BBauG mit der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets bzw. Entwicklungsbereichs unanwendbar (§§ 6 II, 57 I Nr. 2 StBFG). Mit der Festlegung tritt eine bestehende Veränderungssperre außer Kraft, ein Bescheid über die Zurückstellung eines Baugesuchs (§ 15 BBauG) wird unwirksam (§ 6 IV StBFG). Eine Bodenverkehrsgenehmigung nach § 19 BBauG verliert ihre Bindungswirkung (§ 6 III 1 StBFG i. V. m. § 21 III BBauG), wobei sich allerdings ein Entschädigungsanspruch für den Betroffenen ergibt (§ 6 III 2 StBFG). Mit der förmlichen Festlegung entsteht ein allgemeines Vorkaufsrecht der Gemeinde an allen Grundstücken des Sanierungsgebiets bzw. des Entwicklungsbereichs (§§ 17, 57 I Nr. 4 StBFG) 313 . Es ersetzt die Vorkaufsrechte nach §§ 24ff. BBauG 314 . Dabei ist vorausgesetzt, daß im Einzelfall zuvor eine Sanierungsgenehmigung nach § 15 I Nr. 1 StBFG erteilt wurde, weil andernfalls das Vorkaufsrecht mangels wirksamen Veräußerungsgeschäfts nicht ausgeübt werden könnte. Wird die Sanierungsgenehmigung versagt, so kann die Gemeinde das in § 18 StBFG vorgesehene besondere Grunderwerbsrecht*15 ausüben. Es handelt sich dabei der Sache nach um eine vorgezogene, verfahrensmäßig vereinfachte Enteignung.
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Dazu eingehend Schmidt-Eichstaedt, D Ö V 1978, 130ff.; ferner Bielenberg / Dyong, a. a. 0.,Rdnr. 127 ff. Katalog in § 151 Nr. 1 - 5 , II Nr. 1 - 4 StBFG. Zu den verfassungsrechtlichen Fragen s. Bielenberg, StBFG, § 15 Rdnr. 87 ff. Vgl. Bielenberg, StBFG, § 15 Rdnr. 27. Eingehend dazu Dittus, Die bodenrechtlichen Vorschriften des StBFG, WiR 1974, 425 ff. Vgl. Dittus, WiR 1974,425 ff. ( 4 3 1 - 4 3 2 ) . Bielenberg, StBFG, § 17 Rdnr. 3 , 4 . Dazu Clasen, NJW 1973,1905 ff.
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Anknüpfungspunkt ist die Tatsache, daß der Eigentümer durch den Antrag auf Erteilung einer Sanierungsgenehmigung zum Zwecke der Veräußerung bekundet hat, daß er selbst an der beschlossenen Sanierung nicht mitwirken will 316 .
6. Bauleitplanung und privates Grundstückseigentum Die städtebauliche Ordnung, wie sie durch die Bauleitplanung hergestellt werden soll, bezieht sich auf Grundflächen, die im Augenblick der planerischen Entscheidung regelmäßig ganz überwiegend in privatem Eigentum stehen. Sie läßt sich nur dadurch verwirklichen, daß auf dieses Eigentum eingewirkt wird 317 . In einer Reihe von Fällen ist es notwendig, Grundstücke im Wege der „klassischen" Enteignung auf die Gemeinde oder einen Dritten zu übertragen, um den angestrebten Ordnungszustand herbeizuführen. In der Regel bleiben die Grundstücke dagegen zwar in der Hand der bisherigen Eigentümer; ihre Nutzung wird aber beschränkt oder in bestimmter Weise gelenkt. Bei beiden Fallgestaltungen ergibt sich die Frage, welche Entschädigungsansprüche den betroffenen Grundeigentümern zustehen. a) Enteignungsrecht: Das BundesbauG regelt in seinem 5. Teil 318 die Enteignung von Grundeigentum, soweit diese notwendig ist, um die Zwecke der Bauleitplanung zu erreichen. Es lehnt sich dabei eng an die traditionellen, rechtsstaatlich geprägten Grundsätze des Enteignungsrechts an. aa) Enteignungstatbestände: Gegenstand der Enteignung (§ 86 BBauG) sind das Eigentum und sonstige dingliche Rechte an Grundstücken, ferner obligatorische Rechte zum Erwerb, zum Besitz oder zur Nutzung von Grundstücken (z. B. aus Kauf-, Miet- oder Pachtverträgen). Im Wege der Enteignung können außerdem Nutzungsverhältnisse an Grundstücken begründet werden. Die Enteignung darf nur zu einem von fünf im Gesetz abschließend normierten Zwecken erfolgen (§ 85 BBauG). Praktisch am bedeutsamsten ist dabei der Zweck, das Grundstück entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans zu nutzen oder eine solche Nutzung vorzubereiten (§ 85 I Nr. 1 BBauG, z. B. Enteignung von Grundstücken, die für Verkehrszwecke oder zur Errichtung von öffentlichen Gebäuden, für Parkanlagen usw. ausgewiesen sind). Die Zulässigkeit jeder Enteignungsmaßnahme im einzelnen Fall setzt voraus, daß sie durch das Wohl der Allgemeinheit gefordert wird und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden kann (§ 87 I BBauG, Prinzip der Verhältnismäßigkeit)319. Sie ist nach Art und Umfang auf das Maß zu 316
317
318 319
Zu den verfassungsrechtlichen Problemen der Regelung s. Forsthoff, DWW 1971, 76 ff.; Meyer, AöR 97 (1972), S. 12ff. ( 2 0 - 2 1 ) ; Bielenberg, StBFG, § 18 Rdnr. 5ff.; Gaentzsch, StBFG, § 18 Anm. 4. Zum folgenden s. V. Götz, Bauleitplanung und Eigentum, 1969, insb. S. 39 ff.; Kimminich, BK, Rdnr. 139ff. zu Art. 14 GG; Hoppe, DVB1. 1964,165 ff. §§ 8 5 - 1 2 2 BBauG. Näher dazu BGH NJW 1977,955 ff. (955 - 9 5 6 ) .
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beschränken, das zur Verwirklichung des Enteignungszwecks unbedingt erforderlich ist (§ 92 I BBauG, Prinzip des geringstmöglichen Eingriffs). Allerdings müssen die Festsetzungen eines rechtswirksamen Bebauungsplans im Enteignungsverfahren grundsätzlich hingenommen werden. Die Erforderlichkeit einer Enteignungsmaßnahme läßt sich insoweit nicht mit der Begründung anzweifeln, die im Plan vorgesehene Bodennutzung entspreche nicht dem öffentlichen Interesse 320 . Wohl aber muß im Einzelfall geprüft werden, ob das öffentliche Wohl zur Durchführung des Plans gerade im gegenwärtigen Zeitpunkt die Enteignung des konkret betroffenen Grundstücks fordert 321 . bb) Enteignungsverfahren: Die Zuständigkeit für die Durchführung der Enteignung liegt bei der vom Landesrecht bestimmten höheren Verwaltungsbehörde (§ 104 I BBauG). Sie entscheidet in einem eingehend geregelten förmlichen Verfahren 322 . Die Enteignungsbehörde hat zunächst auf eine Einigung (§ 110 BBauG) zwischen den Beteiligten hinzuwirken. Kommt sie zustande, so wird sie förmlich protokolliert. Sie wirkt rechtlich wie ein nicht mehr anfechtbarer Enteignungsbeschluß. Scheitert die Einigung, dann wird aufgrund obligatorischer mündlicher Verhandlung durch Beschluß entschieden (§§ 112, 113 BBauG). Der Enteignungsbeschluß setzt zugleich Art und Höhe der Entschädigung fest. Sobald er unanfechtbar geworden und die Geldentschädigung gezahlt oder zulässigerweise hinterlegt worden ist, ordnet die Enteignungsbehörde die Ausführung des Beschlusses an (§ 117 BBauG). Die Ausführungsanordnung erzeugt dingliche Wirkung. Mit dem von ihr festgesetzten Tag geht das Eigentum oder das sonstige Recht kraft Gesetzes auf den von der Enteignung Begünstigten über (§ 117 V I BBauG). Ist die sofortige Ausführung der beabsichtigten Maßnahme aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten, so kann die Enteignungsbehörde den Begünstigten bereits vor rechtskräftigem Abschluß des Verfahrens durch eine vorzeitige Besitzeinweisung ermächtigen, den Enteignungszweck zu verwirklichen (§ 116 BBauG). Wird der Enteignungsantrag später abgewiesen, dann ist der frühere Zustand wiederherzustellen und Entschädigung für die dem Eigentümer erwachsenen Nachteile zu leisten (§ 116 VI BBauG). cc) Entschädigung: Die Entschädigung wird nach dem Verkehrswert des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstandes der Enteignung bemessen (§ 95 I BBauG). Maßgebender Zeitpunkt für die Wertberechnung ist der Tag, an dem die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag entscheidet. § 95 II BBauG unterwirft diesen Grundsatz aber einigen Einschränkungen. Insbesondere bleiben Wertsteigerungen, die in der Aussicht auf eine erst langfristig zu erwartende Änderung der baulichen Nutzung („Heraufzonung" des Grundstücks) eingetreten sind, und Wertänderungen infolge der bevorstehenden Enteignung unberücksicht i g t ^ 95 II Nr. 1,2 BBauG). 320 321 322
Dazu BGH N J W 1 9 6 7 , 1 0 3 ff. ( 1 0 4 - 1 0 5 ) u. 1967,2305 f. (2306). BGH NJW 1976,1266f.; BGH NJW 1977,955ff. (956). Im einzelnen s. §§ 1 0 5 - 1 2 2 BBauG.
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Die Entschädigung wird in Geld, durch Beschaffung von Ersatzland oder durch Gewährung von anderen Rechten geleistet (§§ 9 9 - 1 0 1 BBauG) 3 2 3 . Ergibt sich nachträglich, daß die enteigneten Grundstücke nicht zu dem Enteignungszweck verwendet werden, so kann der frühere Eigentümer unter gewissen Voraussetzungen verlangen, daß sie im Wege der sog. Rückenteignung wieder auf ihn übertragen werden (§ 102 BBauG). dd) Gerichtliches Verfahren: Nach den allgemeinen Regeln wäre für Streitigkeiten über die Höhe der Entschädigung die ordentlichen Gerichte 324 , für die Anfechtung aller anderen im Enteignungsverfahren ergehenden Maßnahmen dagegen die Verwaltungsgerichte 325 zuständig. Diese Zweigleisigkeit müßte aber zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten führen, vor allem, wenn im Einzelfall die Festsetzung der Entschädigung und andere Teile eines Enteignungsbeschlusses gleichzeitig angegriffen werden. Der sachlich am angemessensten erscheinende Weg, eine einheitliche Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte zu begründen, war dem Gesetzgeber verwehrt, weil die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für Entschädigungsfragen auf Verfassungsrecht beruht. Das BBauG hat deshalb die Entscheidung in Enteignungssachen insgesamt den ordentlichen Gerichten zugewiesen, bei denen für diese Aufgabe besondere Kammern (LG) und Senate (OLG) für Baulandsachen326 einzurichten sind 327 . In diesem Bereich entscheiden die ordentlichen Gerichte also über die Anfechtung von Verwaltungsakten. Die Kammern und Senate für Baulandsachen sind jeweils mit drei Richtern der ordentlichen und zwei Richtern der Verwaltungsgerichtsbarkeit besetzt (§§ 160 I, 169 BBauG). Mögliche Zweifel, ob diese Spruchkörper wegen der Hinzuziehung von Verwaltungsrichtern noch als ordentliche Gerichte im Sinne des Art. 14 III S. 4 GG angesehen werden können, hält das BVerfG nicht für begründet 328 . b) Entschädigung für Beschränkungen der Eigentümerrechte: Während die Rechtslage bei den Entscheidungen, die im Rahmen eines förmlichen Enteignungsverfahrens getroffen werden, eindeutig ist, kann durchaus zweifelhaft erscheinen, inwieweit bereits bloße Planungsmaßnahmen enteignenden Charakter besitzen. Soweit das der Fall sein sollte, wäre der Gesetzgeber an Art. 14 III GG gebunden. Er hätte vor allem in dem ermächtigenden Gesetz selbst Art und Ausmaß der Entschädigung zu regeln. aa) Grundsätzliche Entschädigungslosigkeit: Das Eigentum an Grund und Boden unterliegt angesichts seiner besonderen Bedeutung für die Allgemeinheit, seiner konkret-situationsbezogenen Unveränderlichkeit und seiner Unvermehr323 324 326
327 328
Vgl. auch die Sonderregelungen in § 22 III StBFG. Art. 14 III 4 GG. 325 §§ 40, 42 I VwGO. Zu deren Stellung s. BGHZ 40, 148 (152ff.); 41, 249 ( 2 5 2 - 2 5 3 ) ; BGH NJW 1976, 1264 ff. (1265). Zur Zuständigkeit im einzelnen s. §§ 157 1,169 BBauG, § 86 II StBFG. BVerfGE 4, 387 ( 4 0 0 - 4 0 8 ) ; dazu auch Weyreuther, BauR 1975, 1 ff.; Bielenberg, DVB1.1971,441 ff.
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barkeit einer verstärkten Sozialpflichtigkeit im Sinne des Art. 14 II GG 3 2 9 . Zu den ihm auferlegten immanenten Beschränkungen gehört auch der Grundsatz, daß es nur im Rahmen einer sinnvoll geordneten städtebaulichen Entwicklung genutzt werden darf. Infolgedessen wirkt die Bauleitplanung, die diese Entwicklung lenkt, regelmäßig nicht als Enteignung 330 . Sie dient vielmehr gerade umgekehrt dazu, eine optimale Verwirklichung der Eigentumsrechte aller Beteiligten zu gewährleisten und bewirkt insoweit eine Verstärkung der Eigentumsgarantie 331 . Soweit der Gesetzgeber die Exekutive zu Maßnahmen der Bauleitplanung ermächtigt, bewegt er sich demnach grundsätzlich im Bereich der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die keine Entschädigungspflicht auslöst. Das gilt ganz allgemein von den Regelungen über den Flächennutzungsplan; seine wertmindernden Auswirkungen müssen entschädigungslos hingenommen werden 332 . Es gilt im Regelfall aber auch für den Bebauungsplan. Der Schutzgehalt der Eigentumsgarantie ist in die planerische Abwägung gemäß § 1 VI BBauG einzustellen 333 . Er beeinflußt damit seinerseits das Planungsergebnis. Dieses Ergebnis muß dann aber, wenn bei seinem Zustandekommen die Anforderungen des Art. 14 I GG beachtet worden sind, als Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums entschädigungslos hingenommen werden 334 . Besondere Bedeutung erlangt diese Frage, wenn eine Umzonung von Gebieten sich auf benachbarte, nicht von der Planänderung erfaßte Flächen schädigend auswirkt 335 . bb) Entschädigungspflicht für Planungsschäden: In einer Reihe von Fallgruppen greifen die Wirkungen der Bebauungspläne, der vorbereitenden Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung sowie der Pläne nach dem StBFG aber so tief in die Belange der betroffenen Grundstückseigentümer ein, daß der Gesetzgeber sich zu einer Entschädigungsregelung veranlaßt gesehen hat. Dabei wird er im allgemeinen davon ausgegangen sein, daß es sich hier nach Art und Intensität der betreffenden Maßnahmen um enteignende Eingriffe handle. Ob diese Annahme vollständig zutrifft, kann dahingestellt bleiben, weil das Gesetz nicht gehindert ist, auch über den Bereich der Enteignung hinaus Entschädigungsansprüche zu gewähren 336 . Auf die Qualifizierung einer bestimmten Maßnahme als Enteignung im verfassungsrechtlichen Sinne käme es nur dann an, wenn geltend gemacht würde, sie sei zu Unrecht nicht in die Entschädigungsregelung einbezogen worden bzw. die vom Gesetzgeber zugebilligte Entschädigung bleibe hinter dem verfassungsrechtlich gebotenen Maß zurück. 329
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S. zu den gesetzlichen Beschränkungen des Bodenverkehrs BVerfGE 2 1 , 7 3 ( 8 3 - 8 4 ) ; 21, 99 (101); 2 1 , 3 0 6 ( 3 1 0 - 3 1 1 ) . Vgl. zum rheinl.-pfälz. Aufbaugesetz vom 1.8. 1949: BVerfGE 11, 294 ( 2 9 7 - 2 9 8 ) ; allgemein dazu H. Westermann, Fs. f. H. C. Nipperdey, 1965, Bd. I, S. 765 ff. Vgl. W. Schaumann, JZ 1970, 48ff. (52); V. Götz, a. a. O., S. 41, 51. Oben Abschnitt II. 3 b, dd. Vgl. dazu eingehend Weyreuther, D Ö V 1977,419ff. Dazu eingehend BVerwGE 4 7 , 1 4 4 ( 1 5 3 - 1 5 5 ) . Vgl. BVerwGE 47, 144 ( 1 5 5 - 1 5 6 ) , aber auch das problematische „Wannsee-Urteil" BGHZ 4 8 , 4 6 = JZ 1968,225 ff. mit krit. Anm. Peter. Vgl. allerdings Bielenberg, DVB1. 1974,113 ff.
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Im Mittelpunkt des Planungsschadensrechts steht die (gegenüber den übrigen Tatbeständen allerdings subsidiäre; vgl. § 44b III 1 BBauG) Regelung des im Gesetzgebungsverfahren heftig umstrittenen § 441 BBauG n. F. Danach kann der Eigentümer eine angemessene Entschädigung verlangen, wenn die bisher planerisch zulässige Nutzung seines Grundstücks aufgehoben oder geändert wird (sog. Herabzonung) 337 . Im Gegensatz zum früheren Recht wird der durch die bisherige höhere Nutzungsmöglichkeit bedingte Wert aber nicht mehr zeitlich unbegrenzt, sondern nur noch innerhalb einer Siebenjahresfrist ab Beginn ihrer Zulässigkeit geschützt 338 (§ 44 II BBauG). Hat der Eigentümer innerhalb dieser Frist von der Nutzungsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht, so wird er bei späterer Herabzonung nach § 44 III BBauG nur noch für Eingriffe in die tatsächlich ausgeübte Nutzung entschädigt 339 . Die Regelung setzt den Eigentümer einerseits unter einen mittelbaren Druck zur plankonformen Nutzung und wirkt damit der Bodenhortung entgegen. Andererseits erweitert sie faktisch die Möglichkeit der Gemeinden zu späteren Umplanungen, indem sie die Entschädigungslasten in Grenzen hält. Ohne zeitliche Begrenzung wird bei Planänderungen der Vertrauensschaden entschädigt, den Eigentümer oder sonstige Nutzungsberechtigte dadurch erleiden, daß sie im Vertrauen auf den Bestand eines Bebauungsplans Vorbereitungen für die Verwirklichung der in ihm zugelassenen Nutzung getroffen haben (§ 39 j BBauG, z. B. Architektenhonorare). Entschädigungsleistungen sind ferner vorgesehen bei bestimmten Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung (§§ 18 I 1, 21 II 2, 28 BBauG), sodann bei der Festsetzung von Nutzungszwecken, die vom Eigentümer nicht selbst realisiert werden können (§ 40 I Nr. 1 - 3 , 5 - 1 1 , 13 BBauG), beim Ausschluß einzelner im Plangebiet gelegener Flächen von der Bebaubarkeit (§ 40 I Nr. 4, 12 BBauG), bei der Begründung von Geh-, Fahr- und Leitungsrechten (§ 42 BBauG) sowie bei der planerischen Festlegung einer bestimmten Bepflanzungsart (§ 43 I BBauG). Eine Entschädigung ist ausgeschlossen, soweit die betroffenen Bodenwerte darauf beruhen, daß die bisher zulässige Nutzung den allgemeinen Anforderungen an gesunde und sichere Wohn- und Arbeitsverhältnisse nicht entspricht 340 oder daß die Nutzung des Grundstücks wesentlich zu städtebaulichen Mißständen in dem betroffenen Gebiet beiträgt. Die Entschädigung für Maßnahmen nach dem StBFG richtet sich im Grundsatz nach den Vorschriften des BBauG (vgl. §§ 23 I, 86 I StBFG), sie weist aber eine Reihe von Besonderheiten auf. Modifikationen ergeben sich namentlich aus § 22 337
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Nach BGH BauR 1975, 317ff. ( 3 2 0 - 3 2 1 ) gilt das entsprechend, wenn auf Grund von § 34 BBauG eine wertmindernde Nutzungsänderung erzwungen wird. Zur Problematik dieser Regelung s. Breuer, D Ö V 1978,189ff. ( 1 9 4 - 1 9 6 ) ; Papier, BauR 1976,297 ff. Zur Anwendbarkeit des § 44 BBauG. n. F. auf Rechte, die vor dem 1. Januar 1977 entstanden sind, vgl. die Übergangsregelung in Art. 3 § 10 I des G vom 18. Aug. 1976 (BGBl. I, S. 2221); dazu Gaentzsch, a. a. O., Vorbem. §§ 39 j - 4 4 c, Anm. 7. Vgl. dazu BGHZ 48, 193 („Kölner Hinterhaus-Fall"); BGH BauR 1975, 270ff.; s. auch den Überblick bei Hußla, in: Fs. f. Riese, 1964, S. 329 ff.
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StBFG 341 . Darüber hinaus enthält das Gesetz eine Reihe von spezifischen Entschädigungstatbeständen, so für die Ausübung des gemeindlichen Grunderwerbsrechts (§ 1 8 I V StBFG) und für den Eingriff in Miet- und Pachtverhältnisse (§ 3 0 1 StBFG). § 85 StBFG sieht einen Ausgleich für schwerwiegende wirtschaftliche Nachteile vor, die durch Maßnahmen in einem Sanierungsgebiet oder einem städtebaulichen Entwicklungsbereich eintreten und für den Betroffenen in seinen persönlichen Lebensumständen, im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich eine besondere Härte bedeuten. Dieser allgemeine Härteausgleich 342 ist gegenüber den einzelnen Entschädigungstatbeständen subsidiär. Beide Gesetze geben dem Betroffenen unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, die Übernahme seines Grundstücks durch die öffentliche Hand zu verlangen, wenn es ihm infolge von Planfestsetzungen oder sonstigen Eingriffen nicht möglich oder nicht zumutbar ist, das Grundstück weiterhin zu nutzen bzw. den gesetzlichen Anforderungen nachzukommen (§ 40 II BBauG: bei Umzonung, § 15 VII StBFG: bei Versagung der Sanierungsgenehmigung). In diesen Fällen ist eine Entschädigung nach Enteignungsgrundsätzen zu leisten (§ 44 b I i. V. m. §§ 93 ff. BBauG; § 15 VII 3 - 4 StBFG i. V. m. §§ 93 ff. BBauG). Der Eigentümer kann damit praktisch eine Enteignung erzwingen, die die Gemeinde von sich aus zunächst - etwa um die Entschädigungspflicht hinauszuschieben - nicht vornehmen möchte.
7. Bodenordnung, Erschließung, Ermittlung von Grundstiickswerten Einige weitere vom BBauG geregelte Sachgebiete können hier nur kurz erwähnt werden. a) Bodenordnung343: Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans kann das Eigentum an bebauten und unbebauten Grundstücken durch Umlegung zum Zwecke der Erschließung in der Weise neugeordnet werden, daß Grundstücke entstehen, die nach Lage, Form und Größe für die bauliche oder sonstige Nutzung zweckmäßig gestaltet sind 344 . Das Umlegungsverfahren kommt vor allem in Betracht, um in Gebieten mit stark zersplitterten Kleinstparzellen eine ordnungsgemäße Bebauung zu ermöglichen. Ähnlichen Zwecken dient die Grenzregelung zwischen benachbarten Grundstücken (§§ 8 0 - 8 4 BBauG), die durch Verwaltungsakt erfolgt. Sie ist außer im Geltungsbereich eines Bebauungsplans auch innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig.
341 342 343 344
Näher dazu Dittus, WiR 1974,425 ff. ( 4 4 0 - 443). Vgl. Bielenberg, StBFG, § 85 Rdnr. 7. Dazu auch Rüfner, Bodenordnung und Eigentumsgarantie, JuS 1973,593 ff. §§ 4 5 - 7 9 BBauG; vgl. dazu die speziellen Vorschriften des StBFG: §§ 16, 27 VI, 41 V, 57 II sowie für die Überleitung §§ 6 V, 10IV StBFG.
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b) Erschließung: Die Regelung über die Erschließung von Grundstücken (§§ 1 2 3 - 1 2 6 BBauG) 3 4 5 geht davon aus, daß die bauliche Nutzung unter heutigen Gegebenheiten nicht ohne den Anschluß an das gemeindliche Verkehrsund Versorgungsnetz möglich ist. Das Gesetz bürdet die Erschließungslast, d. h. die Pflicht zur Herstellung der erforderlichen Anlagen, den Gemeinden auf (§ 123 I BBauG), räumt den interessierten Baulustigen aber keinen Rechtsanspruch auf Erschließung ein (§ 123 IV BBauG). Die Erschließung erfolgt aufgrund der Festsetzungen eines Bebauungsplans (§ 125 I BBauG). Die Gemeinden können ihre Aufwendungen durch Erhebung von Erschließungsbeiträgen (§§ 1 2 7 - 1 3 5 BBauG) bis zu 90 v. H. (§ 129 I 3 BBauG) auf die Eigentümer der erschlossenen Grundstücke abwälzen 346 . c) Ermittlung von Grundstückswerten: Bei zahlreichen städtebaulichen Maßnahmen - z. B. bei der Enteignung eines Grundstücks - , aber auch bei privaten Kaufverhandlungen kommt es auf die Kenntnis des Verkehrswerts von Grundstükken an. Um hier eine möglichst objektive Grundlage zu schaffen, setzt das Gesetz unabhängige Gutachterausschüsse ein und stattet sie mit besonderen Befugnissen zur Ermittlung der Wertverhältnisse aus 347 . Die von den Ausschüssen erstatteten Gutachten haben allerdings im Regelfall keine bindende Wirkung (§ 143 BBauG).
III. Das Bauordnungsrecht Das Bauordnungsrecht regelt die Errichtung, Änderung, Nutzung und den Abbruch von baulichen Anlagen 3 4 8 , insbesondere von Gebäuden 3 4 9 . Von der Bauleitplanung unterscheidet es sich durch seine Blickrichtung: Bei der Planung steht die räumliche Entwicklung des beplanten, als Einheit gesehenen 345 346
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349
Dazu Weyreuther, DVB1. 1970,3 ff. mit Nachw. Vgl. dazu Bauernfeind / Clauß u. a., Grundfragen des Erschließungsbeitragsrechts in der kommunalen Praxis, 2. Aufl. 1978; Rechtsprechungsnachweise dazu bei Rieger, DVB1. 1970, 813 ff.; s. auch Steiner, Bauleitplanung und Erschließungsbeitragsrecht, BayVBl. 1973, 454ff.; Gaßner, Fragen der Erschließung im Bebauungsplan, in: Stadtplanung, Erschließung, Wohnungsbau, 1974, S. 48ff. §§ 1 3 6 - 1 4 4 BBauG. „Bauliche Anlagen" („Bauwerke") sind nach der Legaldefinition des § 2 II S. 1 MBauO mit dem Erdboden verbundene, aus Baustoffen und Bauteilen hergestellte Anlagen. Zur Selbständigkeit des bauordnungs-(landes-)rechtlichen Begriffs der baulichen Anlage gegenüber dem bauplanungs-(bundes-)rechtlichen Begriff und zu den (verhältnismäßig geringfügigen) Abweichungen beider Begriffe s. BVerwGE 39, 154 ( 1 5 6 - 1 5 8 ) ; 44, 59 ( 6 0 - 6 1 ) . Im Zweifelsfall muß, da Bauordnungs- und Bauplanungsrecht nebeneinander anzuwenden sind, unter beide Anlagenbegriffe subsumiert werden; charakteristisch etwa OVG Münster, BRS 28, llOff. (111). „Gebäude" sind selbständig benutzbare, überdachte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und geeignet oder bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen.
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Gebiets im Vordergrund; das jeweilige konkrete Bauvorhaben wird nur insoweit von der rechtlichen Regelung erfaßt, wie es sich um seine Einfügung in den jeweils festgelegten Gebietscharakter handelt. Das Bauordnungsrecht beschäftigt sich dagegen in erster Linie mit dem einzelnen Bauwerk als solchem, mit seinen Eigenschaften, seiner Benutzbarkeit usw.; es regelt daneben lediglich die Beziehung des Bauwerks zu seiner unmittelbaren Nachbarschaft. Dabei kann es Anforderungen stellen, die über diejenigen des Bauplanungsrechts hinausgehen. So kann bauordnungsrechtlich die Einhaltung von Grenzabständen verlangt werden, auch wenn bauplanungsrechtlich eine Grenzbebauung zulässig sein sollte 350 . Die Betrachtungsweise der Bauleitplanung ist global, die der Bauordnung dagegen vornehmlich individuell.
1. Funktionen des Bauordnungsrechts Die Funktionen des Bauordnungsrechts lassen sich in drei Gruppen zusammenfassen: Gefahrenabwehr, Verhütung von Verunstaltungen und Verhütung von Mißständen bei der Benutzung der Bauwerke 3 5 1 . Außerdem werden von den Behörden der Bauüberwachung die Belange der Bauleitplanung im konkreten Fall wahrgenommen und eine Reihe außerbaurechtlicher Interessen geschützt. a) Gefahrenabwehr: Das Bauordnungsrecht regelt in erster Linie, wie bauliche Anlagen beschaffen sein müssen, damit Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere für Leben und Gesundheit, vermieden werden. Unter dem Gesichtspunkt der Gefahrenabwehr werden sehr detaillierte Regelungen über die Beschaffenheit des Baugrundstück^52, die Notwendigkeit einer befahrbaren Angrenzung an eine öffentliche Verkehrsfläche 3 5 3 , die Baustoffe und die Bauausführung aufgestellt, z. B. über die Fundamente eines Bauwerks, Art und Beschaffenheit der Wände, Decken, Dächer, Treppen, Aufzüge und Rettungswege, der Fenster und Türen, der Anlagen für die Belichtung und Lüftung, der Installationsschächte, Schornsteine, Beleuchtungsanlagen, Anlagen zur Wasserversorgung und Abwässerbeseitigung, sowie über die Anlage von Garagen und Stellplätzen für Kraftfahrzeuge 3 5 4 und ähnliche Fragen 3 5 5 . Es geht dabei im wesentlichen um die Gewährleistung der Standsicherheit, um den Schutz von Feuersgefahr, Lärm und Witterungseinflüssen, insgesamt um die Abwehr von Schä350 351 352 353 354
355
BVerwG DVB1. 1970, 8 3 0 f . (831). Charakteristisch: § 3 I MBauO. Vgl. z. B. V G H Mannheim B R S 2 4 , 1 5 6 ff. Vgl. z. B. O V G MünsterNJW 1977, 725 f. Zum bauordnungsrechtlichen Charakter der Stellplatzvorschriften und ihrem Verhältnis zum Bauplanungsrecht s. V G H Mannheim B R S 25, 56 ff. (60). Wegen der Einzelheiten s. §§ 4 - 7 2 MBauO; § § 4 - 7 4 bad.-württ. BauO; Art. 4 - 7 1 bayer. BauO; §§ 4 - 7 2 berl. BauO; §§ 4 - 7 4 hamb. BauO; §§ 4 - 5 8 hess. BauO; §§ 4 - 5 2 nieders. BauO; §§ 4 - 7 0 nordrh.-westf. BauO; §§ 3 - 6 2 rheinl.-pfälz. BauO; §§ 4 - 7 3 saarl. BauO; §§ 4 - 7 3 schlesw.-holst. BauO.
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den, die sich aus dem Zustand und der bestimmungsgemäßen Nutzung der Bauwerke für Leib, Leben, Gesundheit und Eigentum der Bewohner und Benutzer sowie der Nachbarn und Passanten und für die öffentliche Ordnung 3 5 6 ergeben könnten. Dabei ist besonders bemerkenswert, daß der Gesetzgeber aus dem Entstehen städtischer Ballungszentren und den modernen technischen und soziologischen Gegebenheiten die Konsequenzen gezogen hat, indem er den Bereich der als Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu bewertenden unzumutbaren Belästigungen gegenüber früher erheblich erweitert hat (Lärmschutz). Die den Bauüberwachungsbehörden obliegenden Aufgaben der Gefahrenabwehr würden ihre materielle Rechtfertigung an sich bereits in der allgemeinen polizeilichen Generalklausel ( § 1 4 preuß. PVG) finden. Die Mehrzahl der Landesbauordnungen hat diese Aufgabenstellung jedoch noch einmal ausdrücklich hervorgehoben 3 5 7 . Sie hat damit eine spezifisch baurechtliche Generalklausel eingeführt. Die Baufreiheit des Eigentümers wird im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eingeschränkt. Diese Einschränkung hat keinen enteignenden Charakter; sie zieht vielmehr lediglich die Konsequenzen aus der Sozialbindung des Eigentums. Soweit von der Errichtung oder der Benutzung baulicher Anlagen schädliche Umwelteinwirkungen oder sonstige Gefahren, erhebliche Benachteiligungen oder Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft ausgehen können, werden die bauordnungsrechtlichen Vorschriften über die Gefahrenabwehr ergänzt und teilweise überlagert durch die Regelungen des Immissionsschutzrechts, die im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) 3 5 8 , den Landes-Immisionsschutzgesetzen und zahlreichen Ergänzungsvorschriften enthalten sind. Die sog. genehmigungsbedürftigen Anlagen (§ 4 BImSchG), im wesentlichen besonders emissionsträchtige gewerbliche Anlagen, unterliegen einem besonderen Genehmigungsverfahren, das das bauaufsichtliche Verfahren ersetzt (vgl. § 13 BImSchG). Alle übrigen baulichen Anlagen sind so zu errichten und zu benutzen, daß die nach dem Stand der Technik vermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen namentlich durch Luftverunreinigungen und Geräusche - verhindert und die unvermeidbaren auf ein Mindestmaß beschränkt werden (§ 22 I BImSchG). b) Verhütung von Verunstaltungen: Da die Anlage und Gestaltung der Bauwerke unter den Bedingungen der modernen Zivilisation die Umwelt und den Lebenskreis des Menschen entscheidend prägt, kann es nicht genügen, im Bauwesen lediglich Gefahren für Leib, Leben und Eigentum abzuwehren. Das öffentliche Interesse an einer gesunden Entwicklung unserer Umwelt gebietet vielmehr, daß bei der Errichtung von baulichen Anlagen auch ästhetische Belange berücksichtigt 356
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Zur Unzulässigkeit eines Vorhabens, dessen bestimmungsgemäße Nutzung die öffentliche Ordnung stören würde, s. OVG Koblenz BRS 28, 107 ff. ( 1 0 8 - 1 0 9 ) . § 3 I S. 1 MBauO; § 3 I S. 1 bad.-württ. BauO; Art. 3 I S. 1 bayer. BauO; § 3 I S. 1 berl. BauO; § 3 IS. 1 hamb. BauO; § 59 II hess. BauO; § 3 IS. 1 nordrh.-westf. BauO; § 69 II rheinl.-pfälz. BauO; § 3 1 S . 1 saarl. BauO; § 31 S. 1 schlesw.-holst. BauO. Vom 15. März 1974 (BGBl. I, S. 721).
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werden. Dabei ist freilich Vorsicht und Zurückhaltung geboten. Der Staat besitzt keine Legitimation, bestimmte ästhetische oder gar künstlerische Maßstäbe zu entwickeln oder als Schiedsrichter zwischen konkurrierenden Anschauungen aufzutreten. Deshalb darf das Baurecht ästhetische Anforderungen nur insoweit stellen, als sie von einer weitgehenden communis opinio getragen werden. Die Regeln des Bauordnungsrechts, die sich mit der ästhetischen Ausgestaltung baulicher Anlagen befassen, werden unter dem Begriff des Baugestaltungsrechts zusammengefaßt 3 5 9 . Sie verlangen im wesentlichen, daß die Bauwerke „werkgerecht durchgebildet" 3 6 0 , „einwandfrei gestaltet" 3 6 1 und „mit ihrer Umgebung in Einklang gebracht" 3 6 2 werden. Sie dürfen nicht verunstaltet wirken 363 . Bau- und Naturdenkmäler sowie „andere erhaltenswerte Eigenarten der Umgebung" dürfen nicht beeinträchtigt werden. Dabei begnügt sich das Bauordnungsrecht im wesentlichen mit der Abwehr von negativen Auswirkungen. Es zielt nicht auf positive ästhetische Gestaltung ab 3 6 4 . Diese Maßstäbe erscheinen auf den ersten Blick recht weit. Sie sind aber soweit konkretisierbar, daß sie mit den rechtsstaatlichen Anforderungen an die normative Bestimmbarkeit im Einklang stehen 3 6 5 . Es handelt sich um unbestimmte Gesetzesbegriffe, die der richterlichen Nachprüfung unterliegen 366 . Maßgebend für die Beurteilung ist das Empfinden des sog. gebildeten Durchschnittsmenschen367. Auch bei den ästhetischen Anforderungen an die Baugestaltung handelt es sich um eine legitime Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die mit Art. 14 G G vereinbar ist 368 . 359
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S. insb. § 14 MBauO; §§ 3 I S. 2, 16 bad.-württ. BauO; Art. 3 I S. 2, 11 bayer. BauO; §§ 3 I S. 2, 14 berl. BauO; § 72 hamb. BauO; §§ 1 III, 53 nieders. BauO; §§ 3 I S. 3, 14 nordrh.-westf. BauO; § 5 rheinl.-pfälz. BauO; § 14 saarl. BauO; §§ 3 I S. 2, 14 schlesw.holst. BauO. Dazu eingehend OVG Berlin BRS 24,170ff. ( 1 7 1 - 1 7 2 ) . Und zwar nach Form, Maßstab, Verhältnis der Baumassen und Bauteile zueinander, Werkstoff und Farben (s. § 141 MBauO). Derart, daß weder das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild noch auch nur deren erst beabsichtigte Gestaltung gestört werden (s. § 14 II S. 1 MBauO). Zum baurechtlichen Verunstaltungsbegriff s. VGH München BayVBl. 1970, 259; VGH Mannheim BRS 22, 192ff. ( 1 9 3 - 1 9 5 ) ; 27, 180ff. ( 1 8 1 - 1 8 2 ) ; 27, 182ff. (183); 28, 199ff. ( 1 9 9 - 2 0 0 ) ; ferner Michel, Die Rechtsproblematik der Verunstaltungsbegriffe im Baurecht, 1967. Vgl. OVG Berlin BRS 24,170ff. (174). S.BVerwGE 2 , 1 7 2 ( 1 7 5 - 1 7 7 ) . BVerwG, a. a. O. Dazu eingehend Schweiger, DVB1. 1968,481 ff. BVerwGE 2, 172 (177); BVerwG DVB1. 1968, 507ff. (508); OVG Münster VerwRspr. 9, 973ff. (975); VGH München BayVBl. 1969, 318f.; OVG Münster BRS 24, 176f.; dazu Schweiger, DVB1. 1968, 481 ff. und Kretschmer, DVB1. 1970, 55 ff. - Strenger ist § 14 III MBauO, wonach „das Empfinden des sachkundigen und erfahrenen Betrachters" entscheidet. Die Landesbauordnungen haben diese Musterregelung mit Ausnahme von Hamburg (§ 72 IV hamb. BauO) nicht übernommen. Vgl. z. B. § 14 nordrh.-westf. BauO. BVerwG DVB1. 1962,178.
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Besondere praktische Bedeutung besitzen die Vorschriften über die Baugestaltung für Werbeanlagen. Diese unterliegen den baurechtlichen Verunstaltungsverboten auch insoweit, wie sie selbst gar keine baulichen Anlagen im Rechtssinne sind 369 . Bereits das preuß. A L R kannte Regeln über Verunstaltungen ( § 7 1 1 8). Da die liberale Staatsauffassung jedoch die Wahrnehmung bloß ästhetischer Belange nicht als Angelegenheit der Polizei ansah und sie deshalb auch aus dem Zuständigkeitsbereich der Baupolizei ausklammerte 3 7 0 , wurden besondere gesetzliche, formell-polizeiliche Aufgabenzuweisungen notwendig. Bedeutsam war hier zunächst § 1 des preuß. Gesetzes gegen die Verunstaltung landschaftlich hervorragender Gegenden 3 7 1 . Den Abschluß der Entwicklung bildete die reichsrechtliche V O über die Baugestaltung 372 , deren Regelungen von der M B a u O und den Landesbauordnungen im wesentlichen übernommen worden sind. c) Wohlfahrts- und sozialpflegerische Aufgaben: Über die bloße Gefahrenabwehr hinaus schützt das Bauordnungsrecht verschiedene Interessen, die zum Bereich der Wohlfahrtspflege oder der Sozialpolitik im weiteren Sinne gerechnet werden müssen. Hierher zählen z. B. Vorschriften über die Schaffung von Grünanlagen und Kinderspielplätzen 373 sowie von Gemeinschaftsanlagen 3 7 4 . Bestimmungen über Mindestanforderungen an Wohnungen und Arbeitsstätten 3 7 5 sollen gewährleisten, daß sie für ihre Benutzer nicht nur ungefährlich, sondern zugleich auch menschenwürdig sind. Da die sozial- und wohlfahrtspflegerischen Aufgaben ebenso wie die Verhütung von Verunstaltungen nicht mehr zum Bereich der Gefahrenabwehr im materiellen Sinne zählen, werden sie von der baurechtlichen Generalklausel 3 7 6 nicht umfaßt 3 7 7 . Es bedurfte deshalb spezifizierter Einzelregelungen. - Die Landesbauordnungen bestimmen z. T., daß die den Bauaufsichtsbehörden nach der Bauordnung obliegenden Aufgaben „als solche der Gefahrenabwehr gelten"378. Diese Bestimmung hat formelle und organisatorische Bedeutung; sie ändert aber nichts an der sachlichen Natur der betreffenden Aufgaben.
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S. z. B. § 15 II M B a u O ; § 15 II nordrh.-westf. BauO. Schlüssel-Entscheidung: Pr. O V G 9, 3 5 3 (Kreuzberg-Denkmal-Fall). V o m 15. Juli 1907 (GS S. 260). BaugestaltungsVO vom 10. Nov. 1936 (RGBl. I, S. 938). S. § 10 M B a u O ; § 13 bad.-württ. BauO; Art. 8 bayer. BauO; § 10 berl. BauO; § 63 hamb. BauO; § 10 hess. BauO; § 14 nieders. BauO; § 10 nordrh.-westf. BauO; §§ 22, 23 rheinl.-pfälz. BauO; § 10 schlesw.-holst. BauO. - Beispiel: O V G Berlin BauR 1976, 4 2 0 ff. §§ 73, 7 4 MBauO; §§ 7 5 - 7 6 bad.-württ. BauO; Art. 6 9 - 7 0 bayer. B a u O ; § 73 berl. BauO; §§ 7 5 - 7 7 hamb. BauO; § 52 nieders. BauO; § 7 0 nordrh.-westf. BauO; §§ 7 4 , 7 5 saarl. BauO; § 7 3 schlesw.-holst. BauO. Vgl. z. B. §§ 4 0 X, 5 5 - 5 7 , 6 0 I V , 6 2 - 6 6 MBauO. § 3 I 1 MBauO. Wie hier Wolff, V w R III, § 1 3 6 I V e. Z. B. § 77 II nordrh.-westf. BauO.
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d) Vollzug der Bauleitplanung: Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens 379 haben die Bauaufsichtsbehörden die Entscheidungen zu verwirklichen, die im Wege der Bauleitplanung 380 getroffen worden sind. Eine Baugenehmigung darf im konkreten Fall grundsätzlich nur erteilt werden, wenn das Vorhaben mit den auf es anwendbaren Bestimmungen und Festsetzungen des Planungsrechts vereinbar ist 381 . Diese Regelung bildet das entscheidende Bindeglied zwischen den beiden Hauptgebieten des Baurechts: dem Recht der Bauordnung und dem der Bauleitplanung. e) Schutz außer-baurechtlicher Belange: Schließlich haben die Bauaufsichtsbehörden dafür Sorge zu tragen, daß eine Vielzahl von außer-baurechtlichen Vorschriften beachtet werden, soweit der Regelungsgehalt dieser Bestimmungen durch die Errichtung, Änderung, Nutzung oder den Abbruch von einzelnen baulichen Anlagen berührt wird. Es kann sich dabei z. B. um Vorschriften aus dem Bereich des Wege- 382 , Verkehrs-, Wasser-, Gewerbe- oder Naturschutzrechts handeln. Zur Sicherstellung der betreffenden Belange ist in verschiedenen Bestimmungen vorgesehen, daß die Bauerlaubnis nur mit Zustimmung der jeweils zuständigen Fachbehörde erteilt werden darf 383 . 2. Die am Bau Beteiligten Bei der Errichtung, Änderung oder dem Abbruch einer baulichen Anlage sind gemäß § 75 MBauO 3 8 4 der Bauherr385 und im Rahmen ihres jeweiligen Wirkungskreises die „anderen am Bau Beteiligten" (§§ 76 ff. MBauO) 3 8 6 dafür verantwortlich, daß die baulichen Vorschriften eingehalten werden. „Am Bau beteiligt" sind außer dem Bauherrn der Entwurfsverfasser 387 , der verantwortliche Bauleiter 388 379
S. unten Abschn. III. 3. Oben Abschn. II. 3. 381 S. dazu im einzelnen oben Abschn. II. 4 a. 382 Zur Bedeutung des straßenrechtlichen Anbauverbots und zu den Voraussetzungen einer Befreiung s. BVerwG NJW 1977,120 f. 383 Z.B. §9IIBFStrG. 384 = § 77 bad.-württ. BauO; Art. 72 bayer. BauO; § 74 berl. BauO; § 81 hamb. BauO; § 76 hess. BauO; § 71 nordrh.-westf. BauO; § 76 saarl. BauO; § 74 schlesw.-holst. BauO. 385 Bauherr ist derjenige, der auf eigene Verantwortung eine bauliche Anlage vorbereitet und ausführt oder durch einen Dritten vorbereiten und ausführen läßt, dessen Wille also rechtlich die Verwirklichung des Vorhabens beherrscht; OVG Saarlouis BRS 28, 317 ff. (317). Auf das Eigentum am Baugrundstück kommt es dabei nicht an: OVG Koblenz BRS 17,252 ff. (253); VGH München BRS 16,146 f. (147). 386 = §§ 78ff. bad.-württ. BauO; Art. 73ff. bayer. BauO; §§ 75 ff. berl. BauO; §§ 82ff. hamb. BauO; §§ 78ff. hess. BauO; § § 5 8 f f . nieders. BauO; § § 7 3 f f . nordrh.-westf. BauO; §§ 83ff. rheinl.-pfälz. BauO; §§ 78ff. saarl. BauO; §§76ff. schlesw.-holst. BauO. 387 Zum landesgesetzlichen „Planvorlagenmonopol" für Architekten s. BVerfGE 28,364. 388 Zur Haftung des Bauleiters s. Schmalzt, NJW 1970,2265 ff. 380
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und ein oder mehrere Unternehmer. Das Gesetz verlangt von diesen Personen, daß sie über die erforderliche Sachkunde und Erfahrung verfügen 3 8 9 . Es legt ihnen im Interesse der Bausicherheit eine Reihe von Pflichten auf.
3. Baugenehmigung (Bauerlaubnis) a) Die materielle Baufreiheit: Das Baurecht steht seit Erlaß des § 65 I 8 preuß. A L R 3 9 0 unter dem Prinzip der materiellen Baufreiheit. Die ursprüngliche frühliberale Konzeption der Baufreiheit hat allerdings ihre Grundlage weithin verloren 3 9 1 . Es kann sich heute nicht mehr darum handeln, eine „natürliche" (vorstaatliche) Baufreiheit zu behaupten. Die Baufreiheit ist in die Rechtsordnung eingebunden, sie ist rechtlich geordnete Freiheit 3 9 2 . Damit hat sie indessen ihre Bedeutung nicht verloren 3 9 3 . Die Eigentumsgarantie (Art. 14 I G G ) umfaßt das Recht des Eigentümers, sein Grundstück im R a h m e n der Gesetze zu bebauen 3 9 4 . Das Recht zu bauen ist damit Ausfluß des Eigentums am Grundstück 3 9 5 . Es wird nicht lediglich als widerrufliche Befugnis vom Staat bzw. von der Gemeinde im Wege von planerischen Ausweisungen verliehen. A n dieser Auffassung ist auch gegenüber neueren Stellungnahmen 3 9 6 festzuhalten, die die Baubefugnis vollständig vom Eigentum lösen und sie als verliehenes subjektiv-öffentliches Recht lediglich einem weitgehend reduzierten verfassungsrechtlichen Schutz unterstellen wollen 3 9 7 . D e r Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung findet infolgedessen seine Grundlage unmittelbar in der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie und ist insofern „grundrechtlich fundiert" 3 9 8 . D e r Gesetzgeber gestaltet (namentlich im Bauplanungsrecht) diesen Anspruch im R a h m e n seiner Kompetenz zur Regelung von Inhalt und Schranken
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Vgl. näher OVG Lüneburg BauR 1975,202f. Dazu bereits oben Abschn. I. 2 c. Insoweit zutreffend Schmidt-Aßmann, Grundfragen des Städtebaurechts, S. 8 9 - 9 4 ; zur Wandlung vgl. auch Badura, Eigentum im Verfassungsrecht der Gegenwart, Verh. des 49. DJT, 1972, Bd. II, T 2 7 - 2 8 ; Sendler, Gedanken zu einer Neukonzeption der Eigentumsverfassung, 1972, S. 1 9 - 2 0 ; Schrödter, DVB1. 1973, 763ff. (772-773); Breuer, DÖV 1978,189ff. (190-192), mit weiteren Nachweisen. Dazu Götz, Bauleitplanung und Eigentum, 1969, S. 39 ff. Vgl. auch Hoppe, Bauleitplanung und Eigentumsgarantie, DVB1. 1964, 165 ff. (166-168). BVerfGE 35, 263 (276). BGH DVB1. 1973, 918ff. (919); Papier, BauR 1976, 297ff. (300-302). - Mit Recht sieht deshalb BVerwG NJW 1977, 120f. (121) ein straßenrechtliches Anbauverbot, das einem Grundstück die andernfalls gegebene Bebaubarkeit entzieht, als Eingriff in das Eigentum an. Namentlich Breuer, Die Bodennutzung, a. a. O., S. 162ff. Zum Streitstand s. Battis, DÖV 1978, 113ff. (118-121); Breuer, DÖV 1978, 189ff. (190-192). BVerwGE 42,115 (116); 48, 271 (273); vgl. auch bereits BVerwGE 2, 172(174).
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des Eigentums (Art. 14 I 2 GG) aus. Dabei unterliegt er aber seinerseits den allgemeinen verfassungsrechtlichen Grenzen, die seiner Regelungsbefugnis gezogen sind. b) Genehmigungspflicht: Obwohl der Gesetzgeber das Prinzip der Baufreiheit anerkennt, hat er die meisten baulichen Maßnahmen einer Genehmigungspflicht unterworfen 399 . Wegen der besonderen Bedeutung des Bauens, wegen der von der Errichtung von Bauwerken potentiell ausgehenden erheblichen Gefahren 4 0 0 und in Anbetracht der vielfach schwierigen Beurteilung der konkret eingreifenden baurechtlichen Anforderungen will er damit der Bauaufsichtsbehörde die Möglichkeit geben, in jedem Einzelfall vor Beginn der Bauausführung zu prüfen, ob das betreffende Vorhaben den materiellen Anforderungen des geltenden Baurechts entspricht. Die Einführung der Genehmigungspflicht soll das Bauen nicht als „an sich" verbotene Tätigkeit qualifizieren und damit die Baufreiheit beseitigen. Sie hat vielmehr lediglich präventiven Charakter 401 . Die Baugenehmigung verleiht dem Bauherrn nicht erst das Recht zu bauen, sondern setzt es gerade voraus 402 . Rechtstechnisch handelt es sich um die Figur des sog. Verbots mit Erlaubnisvorbehalt*03. Wer ohne die erforderliche Baugenehmigung (auch als „bauaufsichtliche Genehmigung", „Bauerlaubnis" und „Baukonsens" bezeichnet) ein Bauwerk errichtet, handelt formell baurechtswidrig404, und zwar auch dann, wenn sein Vorhaben den Anforderungen des materiellen Baurechts vollständig entspricht. Verstößt er zugleich gegen materielle Anforderungen, dann treffen formelle und materielle Baurechtswidrigkeit zusammen 405 . Die Baugenehmigung bildet nach überlieferter Auffassung lediglich einen feststellenden oder beurkundenden Verwaltungsakt. Nach der auf das preußische OVG 4 0 6 zurückgehenden Definition beinhaltet sie die Feststellung (Erklärung) der zuständigen Behörde, daß dem Bauvorhaben Hindernisse aus dem zur Zeit ihrer Erteilung geltenden Recht nicht entgegenstehen 407 . Diese Qualifizierung läßt 399
§§ 86ff. MBauO; §§ 87ff. bad.-württ. BauO; Art. 82ff. bayer. BauO; § § 7 9 f f . berl. BauO; §§ 91 ff. hamb. BauO; §§ 87ff. hess. BauO; §§ 68ff. niedere. BauO; §§ 80ff. nordrh.-westf. BauO; § § 9 1 f f . rheinl.-pfälz. BauO; §§ 87ff. saarl. BauO; §§ 84ff. schlesw.-holst. BauO. 400 Aus diesem Grunde ist dieses Verfahren unbedenklich. Vgl. B. Drews / G. Wacke / K. Vogel, Gefahrenabwehr, Bd. I, 8. Aufl. 1975, S. 214ff. 401 BVerwGE 16,116 (120); BGHZ 2 6 , 1 0 (11); BGH DVB1.1973,918ff. (919). 402 BGH D Ö V 1976,133 f. (134). 403 Hierzu ausführlich oben Friauf, Polizei- und Ordnungsrecht, Abschn. III. 2 b, aa (2). 404 s § 9 3 v n MBauO. 405 406 407
Wegen der eintretenden Rechtsfolgen s. unter d. Bereits OVG 5 , 3 7 6 (379); s. ferner OVG 9 8 , 2 2 0 (221). BVerwGE 16, 116 (120); 22, 129 (133); BVerwG BRS 16, 211; BRS 18, 84; BRS 18, 185; BRS 18, 186; OVG Berlin BRS 17, 256ff. (257); OVG Koblenz BRS 17, 252ff. (253). Aus dem Schrifttum: Fickert, a. a. O., § 31 Tz. 81; Mang / Simon, a. a. O., Rdnr. 3 zu Art. 91; Baltz / Fischer, a. a. O., S. 142.
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sich jedoch nicht aufrechterhalten 4 0 8 . Sie verwechselt nämlich die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung mit ihrem Regelungsgehalt. Nach richtiger Auffassung hat die Baugenehmigung konstitutiven Charakter. Sie „gibt den Bau frei" 4 0 9 , verleiht also dem Baulustigen die ohne sie nicht existente Befugnis, mit der Verwirklichung seines Vorhabens zu beginnen 4 1 0 . Außerdem erzeugt sie eine materielle Schutzfunktion. Sie sichert den Bestand des auf ihrer Grundlage errichteten Bauwerks vor einem Rückgriff auf das materielle Baurecht. Solange sie besteht, ist eine Abbruchverfügung unzulässig, selbst wenn die sachliche Unvereinbarkeit des Bauwerks mit dem geltenden Recht feststehen sollte 411 . Die Bauerlaubnis hat „dinglichen Charakter"; sie wirkt auch zugunsten des Rechtsnachfolgers des ursprünglichen Bauherrn 4 1 2 . Entspricht ein Vorhaben in allen Punkten den materiellen Bestimmungen des Baurechts, dann muß die Baugenehmigung erteilt werden. Der Bürger hat dann zugleich einen Rechtsanspruch auf ihre Erteilung413. Das ergab sich seit jeher aus dem bloß vorbeugenden Charakter der Genehmigungspflicht und wird heute in den Bauordnungen ausdrücklich ausgesprochen 414 . Bei der Baugenehmigung handelt es sich daher um eine gebundene Erlaubnis*15. c) Genehmigungspflichtige, anzeigepflichtige sowie genehmigungs- und anzeigefreie Vorhaben: Die Bauordnungen haben die Genehmigungspflicht für bauliche Maßnahmen nicht ausnahmslos durchgeführt. Bei bestimmten Bauvorhaben von geringerer Bedeutung verlangen sie lediglich eine Bauanzeige416: Der Bauherr wird verpflichtet, sein Vorhaben der Bauaufsichtsbehörde binnen einer bestimmten Frist vor Beginn der Ausführung anzuzeigen. Die Behörde hat die Maßnahme 408
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Zum folgenden Friauf, DVB1. 1971, 713ff. ( 7 1 9 - 7 2 2 ) ; vgl. auch Martens, JuS 1975, 69 ff. S. § 93 VII MBauO; § 95 VI bad.-württ. BauO; Art. 91 IX bayer. BauO; § 78 nieders. BauO; § 88 VIII nordrh.-westf. BauO. Zustimmend BGH DVB1. 1973, 918 ff. (919); vgl. auch Scheerbarth, a. a. O., § 138. Dazu VGH Kassel BRS 16, 205f. (206); BRS 18, 244ff. (245); BRS 18, 250ff. (251); BRS 20, 286; OVG Lüneburg BRS 16, 199f. (200); OVG Berlin BRS 20, 291ff. (292); VGH Mannheim BRS 20, 219ff. (222); vgl. auch BVerwG DVB1. 1972, 224ff. ( 2 2 4 - 2 2 5 ) sowie BVerwG D Ö V 1958, 80. Näher dazu Friauf, DVB1.1971, 713 ff. (722). BVerwG NJW 1971,1624ff. ( 1 6 2 4 - 1 6 2 5 ) ; OVG Saarlouis BRS 28, 260ff. (261). BVerwGE 16, 116 (120); 28, 145 ( 1 4 7 - 1 4 8 ) , BGH D Ö V 1976, 133f. (134); zum Rechtsanspruch auf Erteilung einer Abbruchgenehmigung s. OVG Hamburg D Ö V 1977, 257 Nr. 38. § 93 I S. 1 MBauO; § 95 I S. 1 bad.-württ. BauO; Art. 9 1 1 bayer. BauO; § 88 I S. 1 berl. BauO; § 99 I S. 1 hamb. BauO; § 96 I S. 1 hess. BauO; § 75 I nieders. BauO; § 88 IS. 1 nordrh.-westf. BauO; § 99 I S. 1 rheinl.-pfälz. BauO; § 96 I S. 1 saarl. BauO; § 92 I S. 1 schlesw.-holst. BauO. Dazu oben Friauf, Polizei- und Ordnungsrecht, Abschn. III. 2 b, aa (1). § 86 MBauO; § 88 bad.-württ. BauO; Art. 83 bayer. BauO; § 80 berl. BauO; § 92 Nr. 2 hamb. BauO; § 88 hess. BauO; § 80 II nordrh.-westf. BauO; § 92 rheinl.-pfälz. BauO; § 88 saarl. BauO; § 84 II schlesw.-holst. BauO. Die rechtliche Funktion der Bauanzeige entspricht derjenigen eines Bauantrags; so BVerwGE 2 0 , 1 2 ( 1 3 - 1 6 ) .
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zu untersagen, wenn ihr öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen 417 . Ergeht innerhalb der Frist418 kein Verbot, dann darf mit der Ausführung begonnen werden. Der Bauherr erlangt mit Fristablauf die gleiche Position, die der Inhaber einer Baugenehmigung bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben innehat 419 . Eine Reihe besonders geringfügiger Baumaßnahmen ist weder genehmigungsnoch anzeigepflichtig420. Hier verzichtet der Gesetzgeber auf jede präventive Kontrolle. Die Bauaufsichtsbehörde kann aber einschreiten, wenn sie auf irgendeine Weise feststellt, daß bei der Durchführung der Maßnahme gegen das materielle Baurecht verstoßen worden ist 421 . Gesetzestechnisch bildet die Genehmigungspflicht die Regel*22. Für die bloß anzeigepflichtigen und die weder genehmigungs- noch anzeigepflichtigen Vorhaben gilt das Enumerationsprinzip. Erscheint eine bestimmte Maßnahme nicht im Katalog einer dieser beiden Gruppen, dann ist sie in jedem Fall genehmigungspflichtig. d) Rechtsfolgen des ungenehmigten Bauend23: Gegen die Errichtung genehmigungspflichtiger, aber nicht genehmigter Bauwerke kann 4 2 4 die Bauaufsichtsbehörde im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens stets einschreiten. Art und Umfang der Maßnahmen, die sie treffen kann, hängen davon ab, ob das betreffende Bauvorhaben lediglich wegen der fehlenden Genehmigung formell baurechtswidrig ist oder ob es zugleich gegen das materielle Baurecht verstößt 425 . 417
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§ 94 II S. 1 MBauO; § 89 II S. 1 berl. BauO; § 97 III hess. BauO („kann"); § 89 II S. 1 nordrh.-westf. BauO; § 101 II rheinl.-pfälz. BauO; § 97 II S. 1 saarl. BauO; § 93 II S. 1 schlesw.-holst. BauO. Zur rechtlichen Bedeutung der Untersagungsverfügung s. O V G Münster BRS 20, 287 ff. (288). Zu den Voraussetzungen einer ausnahmsweisen Fristverlängerung s. OVG Münster BRS 2 7 , 2 0 9 ff. BVerwG D Ö V 1978, 406ff. (408): „genehmigungsartige Legalisierungswirkung" der entgegengenommenen Bauanzeige; s. ferner O V G Münster BRS 20, 236ff. ( 2 3 7 - 2 3 8 ) ; BVerwG DVB1. 1972, 224ff. ( 2 2 5 - 2 2 6 ) , vgl. auch BVerwGE 2 0 , 1 2 (15). § 86 MBauO; § 89 bad.-württ. BauO; Art. 83, 84 bayer. BauO; § 81 berl. BauO; § 92 Nr. 1 hamb. BauO; § 89 hess. BauO; § 69 nieders. BauO; § 81 nordrh.-westf. B a u O ; § 93 rheinl.-pfälz. BauO; § 89 saarl. BauO; § 85 schlesw.-holst. BauO. O V G Münster O V G E 23, 166 und BRS 25, 226ff. (227): Auch genehmigungs- und anzeigefreie Vorhaben unterliegen, soweit es sich um bauliche Anlagen handelt, den Vorschriften der BauO; bei Verstoß kann Abbruchverfügung ergehen. § 86 I S. 1 MBauO; § 87 I S. 1 bad.-württ. BauO; Art. 82 bayer. B a u O ; § 79 I berl. BauO; § 91 I hamb. BauO; § 87 hess. BauO; § 68 nieders. BauO; § 80 I S. 1 nordrh.westf. BauO; § 91 rheinl.-pfälz. BauO; § 87 I S. 1 saarl. BauO; § 8 4 1 S . 1 schlesw.-holst. BauO. Zum folgenden s. auch Därr, Rechtsschutz für „Schwarzbauten" gegen Abbruch, D Ö V 1976, 111 ff.; Rabe, Das Vorgehen der Bauaufsichtsbehörde gegen illegale Bauwerke, BauR 1978,165 ff. Entgegen Wolff, VwR III, § 136 VI h, ist sie aber nicht in jedem Fall zum Einschreiten verpflichtet. S. oben Abschnitt III. 3 b.
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aa) Bei nur formeller Baurechtswidrigkeit: In der Praxis kommt es immer wieder vor, daß eine bauliche Maßnahme zwar ohne die erforderliche Genehmigung durchgeführt wird, aber sachlich in vollem Einklang mit allen materiell-rechtlichen Anforderungen steht. Die Errichtung eines solchen „Schwarzbaus" ist formell illegal. Dennoch kann eine sofortige Beseitigung (Abbruch) des Bauwerks bzw. seiner bereits errichteten Teile nicht verlangt werden, weil dem Betroffenen bei Übereinstimmung der Maßnahme mit dem materiellen Baurecht ein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung - und damit auf Beseitigung der formell-rechtlichen Schranke - zusteht 426 . Eine Abbruchsverfiigung wäre regelmäßig 427 so lange unzulässig, bis über die Erteilung oder Versagung der Bauerlaubnis endgültig Klarheit geschaffen worden ist 428 . Die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens ist dabei von Amts wegen zu prüfen 429 . Um die Übereinstimmung mit dem materiellen Baurecht beurteilen zu können, sind die Baubehörden befugt, vom Bauherrn die nachträgliche Einreichung der Bauunterlagen zu verlangen und sie nötigenfalls im Weg des Verwaltungszwangs durchzusetzen 430 . Bis zum Abschluß der Prüfung der Zulässigkeit des Vorhabens kann die Einstellung der Bauarbeiten angeordnet werden 431 , wofür die Feststellung allein der formellen Illegalität (Fehlen der Bauerlaubnis) genügt 432 . Werden sie gleichwohl fortgesetzt, so kann die Baustelle versiegelt werden 433 ; sämtliche dort vorhandenen Baustoffe, -teile, -maschinen und -hilfsmittel können in amtlichen Gewahrsam genommen werden 434 . Die Anordnung (sog. Stillegungsverfügung) steht grund-
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So schon das P r O V G , z. B. in O V G 30, 281 (286); seither st. Rspr. - Hierfür war ohne Zweifel auch von Bedeutung, daß regelmäßig volkswirtschaftlich bedeutsame erhebliche Sachwerte auf dem Spiel stehen (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit). S. dazu auch BVerwGE 3 , 3 5 1 ; BVerwG D Ö V 1 9 5 8 , 80f.; ferner Meyer, M D R 1971,978ff. Anders u. U. bei Werbeanlagen, Automaten u. dgl., die durch eine (evtl. vorübergehende) Entfernung nicht zerstört werden; vgl. V G H Mannheim BRS 28, 348 f. mit Nachweisen, sowie Meyer, M D R 1971, 978 ff. (980). B G H Z 8 , 9 7 (104, 106); arg. § 101 MBauO. Vgl. O V G Berlin BRS 2 4 , 1 9 8 ff. (199). O V G Berlin B R S 2 4 , 1 9 8 ff. (199). St. Rspr.: P r O V G 48, 360; 60, 393 (394, 398); 85, 431; JW 1935, 2999; O V G Münster D Ö V 1971, 645 (LS). - Nach Art. 100 S. 3 bayer. BauO und § 104 I S. 3 saarl. BauO kann überdies die Stellung eines förmlichen Bauantrags verlangt werden; anders dagegen O V G Berlin BRS 2 4 , 1 9 8 f f . (199); vgl. auch BVerwG D Ö V 1972,425 f. (426). Zum schutzwürdigen Interesse des Bauherrn an einer nachträglichen Erlangung der Bauerlaubnis s. BVerwG NJW 1977,120f. (121). Vgl. § 100 I Nr. 1 - 3 MBauO, dazu im einzelnen Scheerbarth, a. a. O., § 156. Ermächtigungsgrundlage ist, falls Sondervorschriften in der jeweiligen BauO fehlen, die ordnungsbehördliche Generalklausel. Dazu V G H Kassel BRS 25, 342f. (342); OVG Münster BRS 2 0 , 2 8 9 ff.; BRS 22, 290 ff. (291). O V G Lüneburg BRS 16, 214f.; O V G Münster BRS 20, 287ff. ( 2 8 8 - 2 8 9 ) ; V G H Kassel BRS 25, 342f. (342). Dazu O V G Münster BRS 16,215 f. und 216 ff. S. § 100 II MBauO.
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sätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Baubehörde 4 3 5 . Im Extremfall kann allerdings eine Ermessensreduzierung auf Null und (bei Verletzung von nachbarschützenden Vorschriften) ein entsprechender Anspruch des Nachbarn in Betracht kommen 4 3 6 . Bei bereits fertiggestellten Anlagen rechtfertigt das Fehlen der Bauerlaubnis ohne Rücksicht auf die Frage der etwaigen materiellen Legalität ein Nutzungsverbot*37. Die Rechtsprechung ist hier allerdings nicht ganz geradlinig. So wird ein Räumungsgebot für ein nicht genehmigtes Haus, das ohne Rohbau- und Gebrauchsabnahme 4 3 8 als Wohnung benutzt wird, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht mehr als zulässig angesehen. Nur wenn der ständige Aufenthalt in einem solchen Haus als gesundheitsgefährlich erscheint, kann es wegen materiellen Verstoßes gegen die baurechtliche Generalklausel zur Gefahrenabwehr im Einzelfall gerechtfertigt sein 439 . bb) Bei materieller Baurechtswidrigkeit: Ein inhaltlicher Widerspruch der errichteten Anlage zu den Anforderungen des geltenden Baurechts - sog. materielle Illegalität - bleibt so lange folgenlos, wie das Vorhaben durch eine wirksam (wenn auch unter Gesetzesverstoß) erteilte Baugenehmigung gedeckt ist. Die Baugenehmigung schirmt die Anlage gegen den Rekurs auf das materielle Baurecht ab 440 . Erst wenn sie im Einzelfall wegen ihrer Rechtswidrigkeit wirksam zurückgenommen worden sein sollte - was nach Herstellung des genehmigten Werks nur unter wesentlich erschwerten Voraussetzungen zulässig ist 441 — kann der materielle Baurechtsverstoß geltend gemacht werden. Ist das materiell illegale Bauwerk nicht oder (wegen erfolgter Rücknahme der Baugenehmigung) nicht mehr durch eine formelle Legalität abgesichert, dann kann seine Beseitigung verlangt werden („Abbruchverfügung")4*2. Die meisten Bauordnungen haben dafür in Anlehnung an § 101 MBauO eine besondere Ermächtigung vorgesehen 443 . In den übrigen Ländern wird sie auf die ordnungsbehördliche Generalklausel gestützt 444 . Die Abbruchverfügung ist allerdings aus 435
Zu den Ermessensschranken in einem derartigen Fall vgl. OVG Münster D Ö V 1975, 284f. (285). 436 VGH Kassel D Ö V 1975, 757 (Nr. 194); vgl. auch OVG Saarlouis NJW 1976, 908 (kein Anspruch des Nachbarn bei nur formeller Illegalität). 437 OVG Münster BRS 28, 346 f. (347); VGH Kassel BRS 25,342 f. 438 Vgl. § 104 MBauO. 439 P r 0 V G 51, 391 (393 ff.); OVG Koblenz BRS 18,234ff. ( 2 3 6 - 2 3 8 ) . 440 Dazu eingehend Friauf, DVB1. 1971, 713ff. (722); s. auch Bartlsperger, DVB1. 1971, 723 ff. (728). 441 Dazu die Nachweise bei Därr, D Ö V 1976,111 ff. ( 1 1 2 - 1 1 5 ) . 442 Zusammenfassend s. Rasch, Die Abbruchverfügung, BauR 1975, 94ff. und Därr, D Ö V 1976,111 ff. - Zur Tragweite der Abbruchverfügung s. OVG Saarlouis D Ö V 1978,144. 443 § 101 bad.-württ. BauO; Art. 100 bayer. BauO; § 97 berl. BauO; § 106 I hamb. BauO; § 89 I Nr. 2 nieders. BauO; § 103 rheinl.-pfälz. BauO; § 104 saarl. BauO; § 100 schlesw.-holst. BauO. 444 So z. B. OVG Münster BRS 27, 326ff. (326): wegen Störung der öffentlichen Sicherheit; ebenso VGH Kassel BRS 22, 285 ff. (LS 1) und BRS 25, 342 f. (342), der sich allerdings (problematisch) auf eine Störung der öffentlichen Ordnung beruft.
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G r ü n d e n d e s verfassungsrechtlich g e b o t e n e n E i g e n t u m s s c h u t z e s t r o t z V e r s t o ß e s g e g e n das derzeit g e l t e n d e B a u r e c h t unzulässig, w e n n die A n l a g e f r ü h e r e i n m a l (im Z e i t p u n k t d e r E r r i c h t u n g o d e r w ä h r e n d eines Z w i s c h e n z e i t r a u m s ) m a t e r i e l l legal g e w e s e n ist 4 4 5 . Sie wird nachträglich (selbst n a c h E i n t r i t t i h r e r B e s t a n d s k r a f t ) rechtswidrig, w e n n die b a u - o d e r b o d e n r e c h t l i c h e L a g e sich n o c h vor t a t s ä c h l i c h e r D u r c h f ü h r u n g des A b b r u c h s z u g u n s t e n des S c h w a r z b a u e r s ä n d e r t 4 4 6 . I m R e g e l f a l l m u ß d i e F r a g e d e r L e g a l i t ä t d e s V o r h a b e n s im A b b r u c h v e r f a h r e n selbständig g e p r ü f t w e r d e n . Ist allerdings z u v o r ein B a u a n t r a g b e s t a n d s k r ä f t i g a b g e l e h n t w o r d e n ( u n d liegt kein Fall vor, in d e m diese A b l e h n u n g nach allgemein e n v e r w a l t u n g s r e c h t l i c h e n G r u n d s ä t z e n d u r c h E r l a ß eines sog. Z w e i t b e s c h e i d s wieder aufgehoben werden muß), d a n n k o m m t schon um der Ordnungsfunktion des b a u r e c h t l i c h e n V e r f a h r e n s willen eine n o c h m a l i g e P r ü f u n g n o r m a l e r w e i s e nicht in B e t r a c h t 4 4 7 . D e r E r l a ß d e r A b b r u c h v e r f ü g u n g steht grundsätzlich im Ermessen448 der B e h ö r d e . D i e s e s E r m e s s e n k a n n a b e r im Einzelfall zu e i n e r positiven E i n s c h r e i tenspflicht r e d u z i e r t sein, so d a ß d a n n (bei V e r s t o ß g e g e n n a c h b a r s c h ü t z e n d e B a u r e c h t s n o r m e n ) a u c h ein A n s p r u c h des N a c h b a r n auf E r l a ß e i n e r A b b r u c h v e r f ü g u n g in B e t r a c h t k o m m t 4 4 9 . D a s wird vielfach - allerdings nicht stets - d e r Fall sein, w e n n w ä h r e n d A n h ä n g i g k e i t einer N a c h b a r k l a g e g e g e n die B a u g e n e h m i g u n g weiter g e b a u t w o r d e n ist u n d d i e K l a g e schließlich E r f o l g h a t 4 5 0 . E i n e w e s e n t l i c h e E r m e s s e n s g r e n z e ergibt sich a u s d e m Gleichheitssatz, n a m e n t l i c h in d e n p r a k t i s c h wichtigen Fällen, in d e n e n sich b a u r e c h t s w i d r i g e Z u s t ä n d e in e i n e m G e b i e t h ä u f e n , so d a ß e i n e s y s t e m a t i s c h e S a n i e r u n g e r f o r d e r l i c h w i r d 4 5 1 . I m ü b r i g e n h a t die A b b r u c h v e r f ü g u n g das Prinzip d e r Verhältnismäßigkeit zu b e a c h t e n . Sind z. B . n u r einzelne Teile d e s u n g e n e h m i g t e n B a u w e r k s m a t e r i e l l b a u r e c h t l i c h illegal, d a n n k a n n grundsätzlich n u r die B e s e i t i g u n g bzw. d i e b a u -
445
446 447
448 449
450 451
BVerwGE 3, 351 (353-355); BVerwG NJW 1971, 1624ff. (1625); OVG Berlin BRS 24, 198ff. (199); VGH Mannheim BRS 27, 338ff. (339). Zur Frage der Mindestdauer des „Legalitätszeitraums" vgl. Darr, DÖV 1976,111 ff. (115-116). Vgl. BVerwG NJW 1977,1893. Streitig. Wie hier BVerwG D Ö V 1958, 8; BVerwGE 19, 162 (163) sowie insbes. OVG Münster BRS 27, 326ff. (327-329); OVG Saarlouis BRS 24, 313ff. (314); Weyreuther, DVB1. 1965, 281 ff. (282, 283); a. A. OVG Hamburg DÖV 1960, 429ff.; VGH Kassel BRS 24, 309ff. (310); Rasch, BauR 1975,94ff.; Darr, DÖV 1976,111 ff. (113-115). Nach BVerwGE 48, 271 ( 2 7 4 - 2 7 8 ) soll das allerdings nur gelten, wenn die Rechtmäßigkeit des die Baugenehmigung versagenden Bescheids durch ein rechtskräftiges Gerichtsurteil bestätigt worden ist; dazu s. Drexelius, NJW 1976, 817f.; Krebs, VerwArch. 67 (1976) S. 411 ff.; Weiß, DÖV 1976, 60ff. Dazu Schuegraf, BayVBl. 1967, 296 ff. Z. B. OVG Münster BRS 25, 322ff. (324-325); VGH München BRS 28, 331 ff. (332); s. a. OVG Saarlouis NJW 1976,908. Vgl. auch Rasch, BauR 1975,94ff. ( 9 4 - 9 5 ) . Dazu s. etwa OVG Münster BRS 28, 339f. (339) und BRS 28, 340ff. (340-341); OVG Lüneburg OVGE 20, 411; VGH Mannheim BRS 27,184ff. (186).
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rechtskonforme Abänderung dieser Teile verlangt werden 4 5 2 - es sei denn, daß sie für den Bestand des ganzen Bauwerks notwendig sind (z. B. Fundamente). Nur im letztgenannten Fall kann die Behörde die Beseitigung des ganzen Bauwerks anordnen 4 5 3 . Im Anschluß an eine seit Jahrzehnten gefestigte Rechtsprechung 4 5 4 machen die Landesbauordnungen die Zulässigkeit der Beseitigungsanordnung bei materieller B a u r e c h t s w i d r i g k e i t d a v o n a b h ä n g i g , d a ß „nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können". Es m u ß deshalb im Einzelfall zunächst
geprüft werden, ob nicht durch Aufgeben einer Abänderung, durch Bedingungen oder Auflagen oder durch nachträgliche Erteilung eines Baudispenses 455 die Rechtswidrigkeit des Zustandes beseitigt werden kann 4 5 6 . Schließlich darf die Abbruchverfügung nur dann ergehen, wenn ein öffentliches Interesse am Abbruch besteht 4 5 7 . Sind diese Voraussetzungen aber gegeben, dann kann die Beseitigung des Bauwerks selbst dann verlangt werden, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist 458 . Eine gegenüber dem Rechtsvorgänger ergangene Abbruchverfügung wirkt auch gegen den Erben, nicht aber gegen den Einzelrechtsnachfolger 459 . e) Baugenehmigung
und private
Rechtsverhältnisse:
D i e B a u g e n e h m i g u n g wird
erteilt, wenn das konkrete Vorhaben mit den von der Baubehörde zu wahrenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar ist. Alle sonstigen Rechtsverhältnisse, insbesondere die Rechte Dritter*60, bleiben unberührt*61. Demgemäß besagen die Bauordnungen ausdrücklich, daß die Genehmigung „unbeschadet privater Rechte Dritter" erteilt werde 4 6 2 . Sie äußert gegen Außenstehende regelmäßig keine Rechtswirkungen 4 6 3 , legt ihnen insbesondere keine Duldungspflichten (z. B. Notweg) auf 4 6 4 .
452
453 454 455 456 457
458 459
460 461 462
463
464
Sog. Verkleinerungsverfügung, s. VGH Mannheim BRS 27, 338 ff. (339) und BRS 24, 89ff. (102); beachte aber auch BVerwG DVB1. 1973, 933 (Nr. 312, LS 2). Vgl. bereits Pr. OVG 104, 223. Z. B. Pr.OVG 5 3 , 4 0 4 (407); 95, 219 (221). Dazu unten Abschnitt III. 4. Näher dazu Scheerbarth, a. a. O., § 157 (2). Vgl. etwa VGH Mannheim BRS 28, 333f.; BRS 28, 337ff. (338); Wolff, VwR III, § 136 VI h 2. Vgl. BGH NJW 1970,1180f. Streitig; wie hier VGH Kassel NJW 1976, 1910f.; a. A. VGH Mannheim NJW 1977, 861 f. Z. B. Rechte aus einer Grunddienstbarkeit. Vgl. BVerwGE 50, 282 (285). So § 93 V MBauO; § 95 III bad.-württ. BauO; Art. 91 VII bayer. BauO; § 88 IV beri. BauO; § 99 III S. 1 hamb. BauO; § 96 IV S. 1 hess. BauO; § 75 VII 1 nieders. BauO; § 88 VI nordrh.-westf. BauO; § 99 I S. 2 rheinl.-pfälz. BauO; § 96 VI S. 1 saarl. BauO; § 92 V schlesw.-holst. BauO. Wegen der öffentlich-rechtlichen Beziehungen des Nachbarn des Bauherrn zu den Baubehörden s. unten Abschnitt III. 8. S. etwa OVG Saarlouis BRS 24, 142ff. (143).
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Aus diesem Grund darf die Bescheidung des Antrags auf Erteilung einer Baugenehmigung nicht davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller privatrechtlich zur Bebauung des vorgesehenen Grundstücks befugt ist 465 . Nicht allein Eigentümer, Pächter, Mieter oder Nießbraucher eines Grundstücks können daher eine Baugenehmigung erwirken, sondern auch der bloß tatsächliche Besitzer. Unter diesen Umständen erscheint es problematisch, wenn die neuere Rechtsprechung es teilweise zuläßt, einen Baugenehmigungsantrag wegen der eindeutig (etwa aufgrund eines rechtskräftigen Urteils) feststehenden zivilrechtlichen Unzulässigkeit der Baumaßnahme zurückzuweisen 466 . Hier wird auf dem Weg über eine Verneinung des Rechtsschutz-(Sachbescheidungs-)interesses die zivilrechtliche Lage in bedenklicher Weise in das Baugenehmigungsverfahren eingeführt 4 6 7 . f ) Die zeitliche Begrenzung der Baugenehmigung: Nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen wird die Baugenehmigung mit ihrer Bekanntgabe an den Bauherrn wirksam468. Sie kann unmittelbar ausgenutzt werden, da die Bekanntgabe einer Anordnung der sofortigen Vollziehung gleichsteht 469 . Die Bauordnungen bestimmen zudem ausdrücklich, daß vor der Zustellung der Genehmigung nicht mit der Ausführung des Baues begonnen werden darf 4 7 0 . Daraus läßt sich folgern, daß die Ausführung mit dem Augenblick der Zustellung einsetzen darf. Die Baugenehmigung wird nicht ausdrücklich befristet. Dennoch muß ihre Geltungsdauer beschränktem. Denn sie beruht lediglich darauf, daß das Vorhaben im Zeitpunkt der Genehmigung dem geltenden Baurecht entsprach. Würde die einmal erteilte Genehmigung unbeschränkt fortgelten, dann bestünde die Gefahr, daß noch nach Jahr und Tag von ihr Gebrauch gemacht werden könnte, obwohl sich das Baurecht inzwischen möglicherweise geändert hätte. Außerdem wäre die Versuchung gegeben, Genehmigungen „auf Vorrat" zu erwirken, um befürchtete Rechtsänderungen zu unterlaufen. 465
Dazu BVerwGE 50, 282 ( 2 8 5 - 2 8 6 ) ; vgl. auch die interessante Entscheidung des OVG Saarlouis BRS 27, 217 f. 466 Namentlich BVerwGE 20, 124 ( 1 2 5 - 1 2 7 ) ; 42, 115 (117), mit weit. Nachw.; VGH Mannheim BRS 22, 213 ff. ( 2 1 3 - 2 1 4 ) . 467 Zur Kritik s. MengerlErichsen, VerwArch. 56 (1965), 374ff. ( 3 8 6 - 3 8 8 ) ; Bartlsperger, DVB1. 1969, 265ff. ( 2 6 6 - 2 6 7 ) ; Schuegraf, NJW 1965, 928f.; Wolff, VwR III, § 136 V b 4. 468 Auf die Bekanntgabe an sonstige Betroffene (Nachbarn etc.) kommt es insoweit nicht an; s. BVerwG DVB1. 1970,62ff. (64). 469 OVG Lüneburg NJW 1970,963. 470 g 9 3 v n M B a u 0 ; § 95 v i bad.-württ. BauO; Art. 91 IX bayer. BauO; § 88 V berl. BauO; § 102 II hamb. BauO; § 96 VII hess. BauO; § 78 I 1 nieders. BauO; § 88 VIII nordrh.-westf. BauO; § 108 I Nr. 1 rheinl.-pfälz. BauO; § 96 VIII saarl. BauO; § 92 VII schlesw.-holst. BauO. 471 § 96 MBauO; § 98 bad.-württ. BauO; Art. 95 bayer. BauO; § 91 berl. BauO; § 101 hamb. BauO; § 99 hess. BauO; § 77 nieders. BauO; § 91 nordrh.-westf. BauO; § 104 rheinl.-pfälz. BauO; § 99 saarl. BauO; § 95 schlesw.-holst. BauO. 472 BVerwG NJW 1965,1195 f.
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Die Bauordnungen 4 7 1 haben deshalb in verfassungskonformer Weise 4 7 2 den Inhaber einer Bauerlaubnis unter Zeitdruck gestellt. Sie ordnen das Erlöschen der Erlaubnis für den Fall an, daß innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach ihrer Erteilung (meist ein, z. T. auch zwei oder drei Jahre) mit der Ausführung des Bauvorhabens nicht ernsthaft begonnen oder daß die Bauausführung für die gleiche Zeit unterbrochen worden ist. Die Frist kann jedoch, auch mehrmals, um denselben Zeitraum verlängert werden. Die Verlängerung steht rechtlich einer Neuerteilung gleich. Sie setzt deshalb voraus, daß das ursprünglich genehmigte Vorhaben auch im Zeitpunkt der Verlängerung (noch) materiell baurechtmäßig ist 473 . Ist bei einem nur teilweise ausgeführten Vorhaben die Genehmigung durch Unterbrechung der Bauausführung erloschen, so bedarf der Bauherr für die Fertigstellung einer neuen Genehmigung. Deren Erteilung hängt von dem nunmehr geltenden Baurecht ab 4 7 4 . Ein vorzeitiger Widerruf oder eine Einschränkung der Bauerlaubnis ist im wesentlichen aus denselben Gründen zulässig, aus denen polizeiliche und ordnungsbehördliche Erlaubnisse allgemein widerrufen werden können 4 7 5 . Mit der Vollendung des Bauwerks ist die Bauerlaubnis verbraucht. Sie behält allerdings insofern eine fortdauernde Bedeutung, als sie während der Dauer ihres Bestandes eine Abbruchverfügung wegen materieller Illegalität der baulichen Anlage verhindert (s. oben III. 3d, bb). Nachträgliche Änderungen des materiellen Baurechts berühren die Rechtmäßigkeit des einmal errichteten Gebäudes nicht 476 . Das Bauwerk genießt Bestandsschutz in dem Sinne, daß es so, wie es ausgeführt ist, genutzt werden kann, auch wenn ihm die neuen Vorschriften entgegenstehen sollten 4 7 7 . Der Bestandsschutz gewährt das Recht zur Vornahme gewisser untergeordneter baulicher Veränderungen, insbesondere zwecks Anpassung an geänderte Lebensverhältnisse 478 . Er deckt aber keine grundlegende Umgestaltung, die mit dem nunmehr geltenden Recht nicht übereinstimmt 4 7 9 . Mit der Erlaubnis verbundene Ausnahmen, Dispense 4 8 0 und Nebenbestimmun473 474 475
476
477 478 479 480
VGH München BRS 29, 239f. (240). OVG Berlin BRS 2 2 , 2 1 0 f . ; vgl. auch BVerwG BauR 1970,97 ff. § 99 MBauO; § 99 bad.-württ. BauO; Art. 96 bayer. BauO; § 101 berl. BauO; § 105 hamb. BauO; § 101 hess. BauO; § 90 II nieders. BauO; § 88 V nordrh.-westf. BauO; § 107 I rheinl.-pfälz. BauO; § 102 saarl. BauO; § 98 schlesw.-holst. BauO. - Zu den Rücknahmegründen im einzelnen s. oben Friauf, Polizei- und Ordnungsrecht, Abschnitt III. 2 b, cc. Im Einzelfall kann allerdings eine Anpassung bestehender baulicher Anlagen verlangt werden, „wenn dies wegen der Sicherheit oder Gesundheit erforderlich ist"; § 113 I MBauO; § 116 I bad.-württ. BauO; Art. 78 IV bayer. BauO; § 110 II berl. BauO; § 79 I hamb. BauO; § 99 II i. V. m. § 11 nieders. BauO; § 1041 nordrh.-westf. BauO; § 118 II rheinl.-pfälz. BauO; § 114 I saarl. BauO; § 112 I schlesw.-holst. BauO. Das Verlangen setzt voraus, daß von der Anlage eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit, insb. für Leben oder Gesundheit, ausgeht. BVerwGE 2 5 , 1 6 1 (162); 27, 341 (343). BVerwGE 25, 161 (163); BVerwG BRS 22, 216. Zum Bestandschutz s. im übrigen oben Abschnitt II. 4 a, dd. Zu beiden s. unten Abschn. III. 4.
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gen (z. B. Auflagen) 4 8 1 können auch nach Fertigstellung des Bauwerks ihre Bedeutung behalten. So kann — was praktisch besonders bedeutsam ist - die Erfüllung einer Auflage auch noch nachträglich erzwungen werden. Im Falle einer Rechtsnachfolge — z. B. Erbfall, aber auch Verkauf des Baugrundstücks - wirkt die Bauerlaubnis für und gegen den Rechtsnachfolger des Bauherrn 4 8 2 . Sie bezieht sich auf das Vorhaben, nicht auf die Person des Bauherrn als solchen 483 . 4. Ausnahmen und Befreiungen (Dispense) a) Allgemeines: Ist ein Bauvorhaben in einzelnen Aspekten mit Bestimmungen des materiellen Baurechts nicht vereinbar, so darf die Baugenehmigung nicht erteilt werden. Möglicherweise kann dieses rechtliche Hindernis aber dadurch ausgeräumt werden, daß die zuständige Behörde dem Baulustigen eine Ausnahme von den betreffenden Bestimmungen bewilligt oder ihm Befreiung gewährt. Ausnahmen und Befreiungen bilden rechtlich selbständige Verwaltungsakte, auch wenn sie im Einzelfall (was nur bei der Ausnahme möglich ist) mit der Baugenehmigung in einer Urkunde verbunden und ihr u. U. sogar lediglich stillschweigend beigefügt sein sollten 484 . Logisch gehen sie stets ihrer Erteilung voraus, weil sie erst die Voraussetzungen schaffen, die es ermöglichen, das Vorhaben zu genehmigen. Ausnahme und Befreiung besitzen konstitutive Bedeutung. Beide heben ein materiell-rechtliches repressives Verbot im den Einzelfall auf und ermöglichen dem Begünstigten damit eine Bauweise, die ihm aufgrund der allgemeinen Baufreiheit nicht offenstünde 4 8 5 . Regelmäßig ebnet ihre Erteilung den Weg zu der für das Vorhaben notwendigen Bauerlaubnis. Sie kommt aber auch bei nur anzeigepflichtigen sowie bei genehmigungs- und anzeigefreien Vorhaben in Betracht 4 8 6 . Die begriffliche Unterscheidung von Ausnahmen und Befreiungen 4 8 7 ist heute in
481
482
483 484 485
486 487
Für Nebenbestimmungen zu Baugenehmigungen - wo sie praktisch besonders häufig und bedeutsam sind - gilt im wesentlichen dasselbe wie für die entsprechenden Nebenbestimmungen zu sonstigen Erlaubnissen. S. oben Friauf, Polizei- und Ordnungsrecht, Abschn. III. 2b, bb und ausführlich Scheerbarth, a. a. O., §§ 1 4 4 - 1 4 7 ; Weyreuther, Über „Baubedingungen", DVB1. 1969,232 ff. und 295 ff. § 93 II MBauO; § 95 II bad.-württ. BauO; Art. 91 IV bayer. BauO; § 88 II berl. BauO; § 99 IV hamb. BauO; § 96 III hess. BauO; § 75 VII 2 nieders. BauO; § 88 II nordrh.westf. BauO; § 99 V rheinl.-pfälz. BauO; § 96 II saarl. BauO; § 92 III schlesw.-holst. BauO. BVerwG BRS 24, 303 ff. (304), mit Nachweisen. Vgl. Scheerbarth, a. a. O., § 132 (für die Ausnahme). S. oben Friauf, Polizei- und Ordnungsrecht, Abschn. III. 2 b, aa (2); ferner B. Drews / G. Wacke / K. Vogel, Gefahrenabwehr, Bd. IS. 218,228. Vgl. OVG Berlin BRS 24, 250ff. ( 2 5 2 - 2 5 3 ) . Dazus. BVerwGE 48, 123(127).
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den Landesbauordnungen fixiert 488 . Deren Terminologie wird hier im Interesse der Klarheit zugrunde gelegt, auch wenn sie dogmatisch keineswegs voll überzeugen kann. b) Ausnahmen: Ausnahmen in der Terminologie der Bauordnungen stellen den Baulustigen von „nicht zwingenden Vorschriften" frei. Als nicht zwingend in diesem Sinne gelten nach der Legaldefinition 489 alle diejenigen Vorschriften, die entweder als Sollbestimmungen aufgestellt sind oder aber die Zulässigkeit von Ausnahmen ausdrücklich vorsehen 4 9 0 . Liegen die in der jeweiligen Baurechtsnorm aufgestellten Ausnahmevoraussetzungen 4 9 1 vor und stehen öffentliche Belange nicht entgegen, so kann die Baubehörde aufgrund einer Ermessensentscheidung492 die Abweichung von der betreffenden Regelvorschrift erlauben. Erst die tatsächlich erteilte Ausnahmebewilligung gibt im Einzelfall den Weg für die Abweichung von der betreffenden Vorschrift frei. Wird sie nicht erteilt, dann muß die Vorschrift strikt beachtet werden, nicht anders, als wenn sie gar nicht unter Ausnahmevorbehalt stünde. Insofern ist es zumindest mißverständlich, wenn die Bauordnungen die ausnahmefähigen Vorschriften als „nicht zwingend" bezeichnen. Soweit die Bauordnungen echte „SoIl"-Vorschriften enthalten, kann von ihnen in atypischen Fällen abgewichen werden, ohne daß es dazu einer Ausnahmebewilligung bedürfte 4 9 3 . Da die Ausnahmebewilligung auf einer Ermessensentscheidung beruht, kann sie mit Auflagen, Bedingungen und Widerrufsvorbehalten verbunden und auch befristet erteilt werden 4 9 4 . c) Befreiungen (Dispense): Im Gegensatz zur Ausnahmebewilligung wird der Dispens nicht im Zusammenhang mit einzelnen materiellen Bestimmungen tatbestandsmäßig normiert. Er stützt sich vielmehr auf eine generalklauselartige Ermächtigung49 5. Von den zwingenden Vorschriften des Bauordnungsrechts - und zwar grundsätzlich von allen — kann Befreiung erteilt werden, wenn entweder Gründe des 488
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§ 91 MBauO; § 9 4 bad.-württ. BauO; Art. 88 bayer. BauO; § 86 berl. BauO; § 96 harab. BauO; § 9 4 hess. BauO; §§ 85, 86 nieders. BauO; § 86 nordrh.-westf. BauO; § 86 rheinl.-pfälz. BauO; §§ 94, 95 saarl. BauO; § 90 schlesw.-holst. BauO. § 91 I 2 M B a u O ; im übrigen vgl. die Gesetzesnachweise in der vorhergehenden A n m e r kung. Beispiele in §§ 5 , 7 , 1 5 , 4 0 , 4 1 , 4 6 , 5 2 , 63 MBauO. Bei diesen handelt es sich regelmäßig um gerichtlich voll nachprüfbare unbestimmte Gesetzesbegriffe. Ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Ausnahmebewilligung besteht regelmäßig nicht. Der Bauherr hat jedoch das Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung. S. dazu eingehend Hoppe, DVB1. 1969, 3 4 0 ff. Zur mangelhaften gesetzlichen Begriffsbildung s. auch Scheerbarth, a. a. O., § 131 a (2). So ausdrücklich § 91 V M B a u O und die entsprechenden Vorschriften der Landesbauordnungen. § 91 II M B a u O und die entsprechenden Vorschriften der Landesbauordnungen (s. oben).
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allgemeinen Wohls die Abweichung fordern oder die Durchführung der betreffenden Vorschrift im Einzelfall zu einer „offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist". Die Zulassung von Dispensen trägt der Erfahrungstatsache Rechnung, daß die unüberschaubare Vielfalt der auf die Bautätigkeit einwirkenden Verhältnisse immer wieder ganz besonders gelagerte bauliche Vorhaben hervorbringen oder sogar erzwingen wird, auf die die in den Bauordnungen bereitgestellten generellen normativen Regelungen nicht passen 496 . Außerdem eignet sich der Baudispens nicht selten dazu, um materiell baurechtswidrige Zustände, deren Beseitigung nicht vertretbar erscheint, nachträglich zu legalisieren. Die Befreiung stellt den Bauherrn in privilegierender Weise von einer an sich zwingenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtung 4 9 7 frei. Damit bewirkt sie für das betreffende Vorhaben de facto eine Änderung des materiellen Bauordnungsrechts durch die zuständige Behörde498. Der erste der beiden Befreiungstatbestände kommt praktisch nur verhältnismäßig selten vor. Er setzt voraus, daß ein gesteigertes objektives öffentliches Interesse die Durchführung der baulichen Maßnahme in einer bestimmten Art und Weise gebietet 4 9 9 und daß es erkennbar höher ist als das Interesse der Öffentlichkeit oder der Nachbarn an der Einhaltung der betreffenden Baurechtsnorm 5 0 0 . Das ist nur ganz ausnahmsweise der Fall. Dagegen besitzt der zweite Tatbestand größere Bedeutung für die Baupraxis. Bei ihm kommt es entscheidend darauf an, ob die aus der durchgängigen Anwendung des Gesetzes für den Betroffenen im konkreten Fall entstehende Härte „offenbar nicht beabsichtigt" ist. Diese Frage kann nur im Hinblick auf das hinter der gesetzlichen Regelung stehende Schutzgut beantwortet werden 5 0 1 . Die Härte ist vom Gesetz nicht beabsichtigt, wenn die Durchsetzung des Verbots im Einzelfall aus besonderen Gründen 5 0 2 zur Wahrung des Schutzgutes nicht erforderlich erscheint. In einer bloßen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Ausnutzung des Baugrundstücks durch den Eigentümer oder sonstiger wirtschaftlicher Interessen kann dagegen die erforderliche „Härte" nicht gefunden werden 5 0 3 . Auch wenn die offenbar nicht beabsichtigte Härte im konkreten Fall zu bejahen ist, darf die Befreiung nur dann gewährt werden, wenn ihr keine öffentlichen Belange entgegenstehen. Zu diesen öffentlichen Belangen werden alle Allgemein-
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Vgl. BVerwGE 4 8 , 1 2 3 ( 1 2 7 - 1 2 8 ) ; OVG Münster OVG E 10,226 (LS 4 , 2 2 8 f . ) . Bad. VGH VerwRspr. 5, 86ff. (91). S. OVG Münster OVGE 1 4 , 6 0 (65); vgl. auch bereits Pr.OVG 29, 354 (369). BVerwG D Ö V 1957,185.
Wolff, VwR III, § 136 V c 2. BVerwGE 4 8 , 1 2 3 (129); vgl. ferner OVG Münster OVGE 10, 292 (LS 1, 294). BVerwG BauR 1975, 313ff.: Der konkrete Fall muß „Besonderheiten" aufweisen, die ihn im Verhältnis zum Regelungszweck des Gesetzes „als Sonderfall erscheinen lassen". Dazu BVerwG BauR 1976, 52f. (53); vgl. auch VGH München BRS 25, 286ff. ( 2 8 7 - 2 8 8 ) : Keine „Härte", wenn die Schwierigkeiten auf das Verhalten des Baulustigen selbst zurückzuführen sind.
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interessen gerechnet, die im Hinblick auf das konkrete bauliche V o r h a b e n relevant sind 5 0 4 . Auch insoweit kommt dem Schutzgut der Bestimmung, die gegebenenfalls von der Befreiung betroffen würde, vorrangige Bedeutung zu 5 0 5 . Dagegen dürfen fiskalische Erwägungen in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt werden 5 0 6 . Ist keiner der beiden alternativen Befreiungstatbestände gegeben, dann darf die Behörde den Dispens nicht bewilligen 5 0 7 , selbst wenn sie das aus sachlichen G r ü n den für geboten hielte. Ein gesetzloser Dispens würde gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstoßen. Liegt dagegen einer der Tatbestände vor, dann hat die B e h ö r d e eine Ermessensentscheidung zu treffen 5 0 8 . Abgesehen von dem Sonderfall der „Ermessensreduzierung auf Null" ist sie nicht positiv zur Bewilligung verpflichtet 5 0 9 . D i e Auffassung des O V G Münster 5 1 0 , falls der Dispens durch G r ü n d e des allgemeinen Wohls im Sinne des ersten der beiden Befreiungstatbestände gefordert werde, stehe dem Baulustigen ein Rechtsanspruch auf den Dispens zu, läßt sich nicht halten 5 1 1 . Wegen der besonderen Bedeutung des Dispenses als Abweichung von zwingenden gesetzlichen Vorschriften hat man das Befreiungsverfahren stark formalisiert. Die Befreiung darf nur auf schriftlich zu begründenden A n t r a g erteilt werden. Sie erfordert einen besonderen Bescheid; sie kann also — im Gegensatz zur Ausnahmebewilligung - nicht unmittelbar mit der Bauerlaubnis verbunden werden. Schließlich ist in der Mehrzahl der Fälle die Zustimmung der oberen Bauaufsichtsbehörde erforderlich 5 1 2 . 5. Bauverfahren und Bauüberwachung Die Bauordnungen enthalten neben den materiell-rechtlichen Bestimmungen einen umfangreichen Verfahrens- und organisationsrechtlichen Teil 5 1 3 . Er regelt außer A u f b a u und Zuständigkeitsverteilung der B a u b e h ö r d e n 5 1 4 eingehend das
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Anschauliches Beispiel: BVerwGE 19, 238. S. OVG Lüneburg OVGE 16,477 (480-81). S. OVG Münster OVGE 13, 65 (69). OVG Münster OVGE 15,193 (195-196); OVG Saarbrücken DÖV 1960,434. Dazu s. Hoppe, DVB1. 1969, 340 ff. Dazu BVerwG NJW 1965,166ff. (168). NJW 1966,1833f.;BRS 29,41 f. (42). Wie hier Gierth, NJW 1966,2424 f. Die landesrechtlichen Regelungen divergieren hier. Manche verlangen die Zustimmung generell (z. B. § 86 II nordrh.-westf. BauO; § 95 I saarl. BauO), andere dagegen nur für bestimmte Fallgruppen (z. B. § 86 III berl. BauO; § 86 IV nieders. BauO) oder verzichten ganz auf sie (§ 96 II hamb. BauO; § 86 III rheinl.-pfälz. BauO). §§ 8 1 - 1 1 0 MBauO; §§ 8 2 - 1 0 7 bad.-württ. Bau; Art. 7 7 - 1 0 4 bayer. BauO; §§ 7 9 - 1 0 3 berl. BauO; §§ 9 0 - 1 1 3 hamb. BauO; §§ 8 7 - 1 1 0 hess. BauO; §§ 6 4 - 9 3 nieders. BauO; §§ 7 6 - 1 0 0 nordrh.-westf. BauO; §§ 8 6 - 1 2 1 rheinl.-pfälz. BauO; §§ 8 2 - 1 1 0 saarl. BauO; §§ 7 9 - 1 0 8 schlesw.-holst. BauO. S. unten Abschn. III. 7.
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Bauerlaubnis-Verfahren515 und die Bauüberwachung einschließlich der Bauabnahme516. Ferner behandelt er die Baueinstellung und die Beseitigung v o n baulichen A n l a g e n 5 1 7 , die Privilegierung baulicher A n l a g e n des B u n d e s und der L ä n der 5 1 8 , die Freistellung der v o n anderen staatlichen V e r w a l t u n g e n errichteten o d e r beaufsichtigten A n l a g e n v o n d e m n o r m a l e n Bauaufsichtsverfahren 5 1 9 , die sog. B a u l a s t e n 5 2 0 s o w i e die Vollstreckung v o n baubehördlichen V e r w a l t u n g s a k t e n 5 2 1 und die S a n k t i o n e n bei V e r l e t z u n g baurechtlicher V o r s c h r i f t e n 5 2 2 . V o n d i e s e n G e g e n s t ä n d e n k ö n n e n hier im w e s e n t l i c h e n nur die praktisch b e d e u t s a m s t e n , nämlich das Bauerlaubnisverfahren und die B a u ü b e r w a c h u n g im Überblick dargestellt w e r d e n 5 2 3 . a) Bauerlaubnis-Verfahren524: aa) Bauantrag: D i e Bauerlaubnis wird nur aufgrund e i n e s B a u a n t r a g s 5 2 5 erteilt 5 2 6 . D a m i t klare Verhältnisse b e s t e h e n , ist er 515
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§§ 8 6 - 9 9 MBauO; §§ 8 7 - 9 9 bad.-württ. BauO; Art. 8 6 - 9 6 bayer. BauO; §§ 7 9 - 9 3 berl. BauO; §§ 9 1 - 1 0 5 hamb. BauO; §§ 8 7 - 1 0 1 , 1 0 6 - 1 0 8 hess. BauO; §§ 6 8 - 7 8 , 8 3 - 8 4 nieders. BauO; §§ 8 0 - 9 3 nordrh.-westf. BauO; §§ 9 1 - 1 0 8 , 111 rheinl.-pfälz. BauO; §§ 8 7 - 1 0 2 saarl. BauO; §§ 8 4 - 9 8 schlesw.-holst. BauO. §§ 1 0 2 - 1 0 4 MBauO; §§ 1 0 2 - 1 0 4 bad.-württ. BauO; Art. 9 7 - 9 8 , 101 bayer. B a u O ; §§ 9 4 - 9 5 , 98 berl. BauO; §§ 107, 1 0 9 - 1 1 0 hamb. BauO; §§ 1 0 4 - 1 0 5 hess. BauO; §§ 7 9 - 8 1 , 88 nieders. BauO; § § 9 4 - 9 6 nordrh.-westf. BauO; §§ 1 0 9 - 1 1 0 , 114 rheinl.pfälz. BauO; §§ 1 0 5 - 1 0 7 saarl. BauO; §§ 1 0 1 - 1 0 3 schlesw.-holst. BauO. §§ 1 0 0 - 1 0 1 MBauO; §§ 1 0 0 - 1 0 1 bad.-württ. BauO; Art. 9 9 - 1 0 0 bayer. BauO; §§ 9 6 - 9 7 berl. BauO; §§ 106, 108 hamb. BauO; § 102 hess. BauO; § 89 nieders. BauO; § 113 rheinl.-pfälz. BauO; §§ 1 0 3 - 1 0 4 saarl. BauO; §§ 9 9 - 1 0 0 schlesw.-holst. BauO. S. hierzu unter materiell-rechtlichen Aspekten bereits oben Abschn. III. 3 d. § 105 MBauO; § 107 bad.-württ. BauO; Art. 103 bayer. BauO; § 99 berl. BauO; § 111 hamb. BauO; § 107 hess. BauO; § 82 nieders. BauO; § 97 nordrh.-westf. BauO; § 115 rheinl.-pfälz. BauO; § 108 saarl. BauO; § 104 schlesw.-holst. BauO. § 106 MBauO; § 89 I Nr. 18ff. bad.-württ. BauO; Art. 104 bayer. BauO; § 100 berl. BauO; §§ 67, 70 nieders. BauO; § 98 nordrh.-westf. BauO; § 116 rheinl.-pfälz. BauO; § 109 saarl. BauO; §§ 1 0 5 - 1 0 6 schlesw.-holst. BauO. §§ 1 0 7 - 1 0 8 MBauO; §§ 1 0 8 - 1 0 9 bad.-württ. BauO; §§ 1 0 4 - 1 0 5 berl. BauO; §§ 1 1 2 - 1 1 3 hamb. BauO; §§ 1 0 9 - 1 1 0 hess. BauO; §§ 92, 93 nieders. BauO; §§ 9 9 - 1 0 0 nordrh.-westf. BauO; §§ 1 2 0 - 1 2 1 rheinl.-pfälz. BauO; §§ 109a, 109b saarl. BauO; §§ 1 0 7 - 1 0 8 schlesw.-holst. BauO. § 109 MBauO. § 110 MBauO; § 112 bad.-württ. BauO; Art. 105 bayer. BauO; § 106 berl. BauO; § 115 hamb. BauO; § 113 hess. BauO; § 91 nieders. BauO; § 101 nordrh.-westf. BauO; § 125 rheinl.-pfälz. BauO; § 111 saarl. BauO; § 109 schlesw.-holst. BauO. Zur Anwendung des Verwaltungsverfahrensgesetzes durch die Bauaufsichtsbehörden vgl. Stelkens, BauR 1978,158 ff. Zum materiellen Recht s. oben Abschn. III. 3. Zu atypischen Fallgestaltungen vgl. Dölker, Baugenehmigung ohne Antrag und stillschweigende Baugenehmigung, BayVBl. 1974,400 ff. Nach der Rechtsprechung muß ein wiederholter Bauantrag trotz bestandskräftiger Ablehnung eines früheren, inhaltlich gleichen Antrags erneut sachlich beschieden werden; s. BVerwG DVB1. 1972, 119ff. (119) - insoweit in BVerwGE 38, 152 nicht abgedruckt; BVerwG D Ö V 1 9 7 2 , 640f. (641); BVerwG BRS 2 8 , 2 3 0 f . (231).
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schriftlich unter Beifügung aller für die Beurteilung des Vorhabens erforderlichen Unterlagen (Bauvorlagen) einzureichen 527 . Mit dem Bauantrag gelten regelmäßig auch alle nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erforderlichen Genehmigungen, Bewilligungen oder Erlaubnisse als beantragt 5 2 8 . Diese werden von der Bauaufsichtsbehörde bei den in Frage kommenden Fachbehörden gegebenenfalls von Amts wegen eingeholt 529 (Konzentrationsprinzip im Bauerlaubnis-Verfahren). bb) Voranfrage und Vorbescheid: Schon vor Einreichung des Bauantrags kann auf schriftlichen, meist mit nur wenigen Unterlagen versehenen Antrag des Baulustigen (sog. Voranfrage) ein schriftlicher Bescheid zu einzelnen Punkten des Bauvorhabens (sog. Vorbescheid) erteilt werden 5 3 0 . Besonders bedeutsam ist das Institut des Vorbescheids für die frühzeitige Klärung der Frage, ob das in Aussicht genommene Grundstück überhaupt oder in bestimmter Weise bebaut werden darf 5 3 1 . Durch die Voranfrage kann der Baulustige die Bebaubarkeit verbindlich 532 klären und über sie gegebenenfalls eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung herbeiführen 5 3 3 , ohne die unter Umständen sehr erheblichen Kosten für die Ausarbeitung der für den Bauantrag erforderlichen vollständigen Unterlagen aufwenden zu müssen 534 . Der Vorbescheid bildet rechtlich einen vorweggenommenen Teil der späteren Bauerlaubnis53S. Er ist also keine bloße Zusage auf Erteilung der Bauerlaubnis, sondern bereits ein (gegenständlich begrenzter) Ausschnitt aus dieser Erlaubnis selbst 536 . Allerdings verliert er seine Wirkung, wenn nachfolgend die (vollständige) Bauerlaubnis nicht rechtzeitig 537 beantragt wird. Auf Erteilung des Vorbescheids besteht ein Rechtsanspruch 5 3 8 , soweit sich aus den eingereichten Unterlagen die baurechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zweifelsfrei entnehmen läßt 5 3 9 . Ein durch den Vorbescheid beeinträchtigter Nachbar kann ihn unmittelbar anfech-
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S. § 88 IS. 1, II S. IMBauO. S. § 8 8 1 S . 2 MBauO. S. § 90 II S. 1 MBauO. S. § 89 MBauO. Der zustimmende Entscheid über eine Bauvoranfrage, die die planungsrechtliche Bebaubarkeit des Grundstücks betrifft (vgl. §§ 3 0 - 3 6 BBauG), wird als „Bebauungsgenehmigung" bezeichnet; grundlegend PrOVG 104, 206 u. 244; s. ferner BVerwGE 18, 247 ( 2 4 7 - 2 4 8 ) ; 48, 242 (245); BVerwG NJW 1969,73; VGH Kassel BRS 2 4 , 2 0 3 ff. (204). Zur Bindungswirkung s. OVG Lüneburg BRS 29, 218ff. Zur verfahrensrechtlichen Lage s. Czermak, BayVBl. 1969,313 f. Bei offensichtlicher bauordnungsrechtlicher Unzulässigkeit des Vorhabens kann ausnahmsweise das Rechtsschutzinteresse für eine Klage auf Erteilung der Bebauungsgenehmigung fehlen; OVG Saarlouis NJW 1978, 1495. BVerwG NJW 1969, 73; OVG Lüneburg NJW 1967, 842f.; VGH Kassel BRS 24, 203ff. (204). Dazu s. insbes. BVerwGE 48, 242 (245). Zur zeitlichen Begrenzung der Bindungswirkung s. OVG Lüneburg NJW 1967, 842 f. S. z. B. § 84 II i. V. m. § 88 IS. 1 nordrh.-westf. BauO; enger („kann") § 8 9 1 MBauO. OVG Münster OVG E 13, 71 ff.
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ten 540 . Wegen der Bindungswirkung des Vorbescheids für das spätere Bauerlaubnisverfahren würde er anderenfalls mit seinen Einwendungen insoweit präkludiert. cc) Erteilung des Bauscheines: Im Verfahren zur Prüfung der Bauunterlagen hat die Genehmigungsbehörde die Behörden und sonstigen Stellen zu hören, die durch das Vorhaben in ihrem Aufgabenbereich berührt werden 541 . Nach Maßgabe von sondergesetzlichen Bestimmungen ist in verschiedenen Fällen vor Erteilung der Bauerlaubnis das Einvernehmen mit betroffenen Fachbehörden herzustellen oder deren Zustimmung einzuholen. Besondere praktische Bedeutung besitzt insoweit die Zustimmung der obersten Landesstraßenbaubehörde bei Baumaßnahmen längs der Bundesfernstraßen (§ 9 II, III BFStG) 542 . Soweit Befreiungen von nachbarschützenden Vorschriften erforderlich werden, sind auch die Eigentümer der benachbarten Grundstücke zu hören 543 . Das Verfahren findet seinen Abschluß 544 entweder mit der Zurückweisung des Bauantrags oder, wenn alle einschlägigen gesetzlichen Vorschriften erfüllt sind, mit der Erteilung der Bauerlaubnis, auf die der Baulustige in diesem Falle einen Rechtsanspruch hat 545 . Die Bauerlaubnis ist verkörpert im sog. Bauschein5*6. Die Bauerlaubnis wird vielfach mit Nebenbestimmungen versehen, die insbesondere dazu dienen, einzelne rechtliche Bedenken auszuräumen, die gegen ein in den Grundzügen genehmigungsfähiges Vorhaben bestehen. Praktisch bedeutsam ist vor allem die Auflage. Sie legt dem Bauherrn im Zusammenhang mit der ihm erteilten Genehmigung zusätzliche, selbständig erzwingbare Verpflichtungen auf. Sie kann als Verwaltungsakt für sich angefochten werden 547 . Demgegenüber begründet eine sog. modifizierende Auflage keine zusätzlichen Pflichten; sie schränkt vielmehr den Inhalt der Erlaubnis ein oder ordnet Abweichungen von der beantragten Bauausführung an (dem Antrag auf Errichtung eines Gebäudes mit Satteldach wird stattgegeben mit der „Auflage", es mit Flachdach zu versehen 548 ). 540
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V G H München BayVBl. 1977, 177f.; V G H Mannheim VerwRspr. 12, 4 4 9 (LS 2); O V G Berlin B R S 16, 116ff. (117). S. auch §§ 89 II, 92 MBauO. § 9 0 1 MBauO. Dazu B V e r w G E 16, 116; 19, 238; O V G Koblenz BRS 25, 3 3 4 f f . ; O V G Münster B R S 28, 313 ff. § 92 MBauO. - Zur Rücknehmbarkeit der Nachbarzustimmung vgl. V G H München BRS 25,288ff. (290-292). Zur Frage der der Behörde zuzubilligenden Bearbeitungsfrist vgl. BVerwG BauR 1971, 34 f. und B R S 2 5 , 2 7 8 f. Vgl. B v e r w G E 16, 116 (120). - Eine vorläufige Bauerlaubnis vor endgültiger Prüfung wäre dagegen unzulässig. Sie kann auch nicht im Wege einer einstweiligen Anordnung erreicht werden; V G H München BayVBl. 1976, 4 0 2 f. § 93 I 2 MBauO; § 95 I bad.-württ. BauO; Art. 91 III bayer. BauO; § 88 I berl. BauO; § 95 I S. 2 brem. BauO; §§ 9 9 I, 93 hamb. BauO; § 96 II S. 1 hess. BauO; § 75 IV 1 nieders. BauO; § 88 I S. 2 nordrh.-westf. BauO; § 9 9 II S. 1 rheinl.-pfälz. BauO; § 96 I saarl. BauO; § 9 2 1 schlesw.-holst. BauO. B V e r w G E 36, 145 ( 1 5 3 - 1 5 4 ) ; 41, 178 ( 1 8 0 - 1 8 1 ) ; BVerwG D Ö V 1974, 5 6 3 f. (564); dazu Erichsen, VerwArch 66 (1975), S. 299 ff. Fall des V G H Mannheim B R S 28, 2 4 9 f f . ; zum Grundsätzlichen vgl. Weyreuther, DVB1. 1 9 6 9 , 2 9 5 ff.
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Hier ist eine selbständige Anfechtung ausgeschlossen; es kommt nur die Verpflichtungsklage auf (uneingeschränkte) Erteilung der ursprünglich beantragten Erlaubnis in Betracht 5 4 9 . Echte Bedingungen im Rechtssinne kommen weniger häufig vor. Oftmals erweist sich eine sog. „Baubedingung" sachlich als Auflage 5 5 0 . Mit dem (praktisch selteneren) Widerrufsvorbehalt eröffnet sich die Behörde die Möglichkeit, ein Vorhaben lediglich vorübergehend - als Provisorium - zuzulassen und den Weg für eine spätere Beseitigungsanordnung offenzuhalten 5 5 1 . Nebenbestimmungen sind unzulässig, wenn das beantragte Vorhaben in allen Punkten voll dem geltenden Recht entspricht und der Baulustige deshalb einen uneingeschränkten Genehmigungsanspruch besitzt. dd) Teilbaugenehmigung: Neben der normalen umfassenden Bauerlaubnis kennt das Bauordnungsrecht das wichtige Institut der sog. Teilbaugenehmigung 552 . Sie kann auf schriftlichen Antrag vor der endgültigen Bauerlaubnis für das Gesamt-Bauvorhaben erteilt werden, wenn der Bauherr ein schutzwürdiges Interesse daran hat, mit den Arbeiten für die Baugrube und für einzelne Bauteile oder Bauabschnitte alsbald beginnen zu können. Durch die Erteilung der Teilbaugenehmigung bindet sich die Baubehörde in der Weise, daß sie die endgültige (Voll-)Bauerlaubnis grundsätzlich 553 nicht mehr verweigern darf. Die Teilbaugenehmigung beinhaltet die grundsätzliche Billigung der Gesamtmaßnahme 5 5 4 . Ihr eignet Endgültigkeit in gleicher Weise wie der vollen Baugenehmigung 5 5 5 . Die Behörde kann allerdings noch nachträglich für die bereits begonnenen Teile des Bauvorhabens zusätzliche Anforderungen stellen, wenn sich bei der weiteren Prüfung der Bauvorlagen ergibt, daß sie im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich sind 556 . ee) Typengenehmigung und Ausführungsgenehmigung: Für bauliche Anlagen, die in derselben Ausführung an mehreren Stellen errichtet werden sollen, kann eine Typengenehmigung erteilt werden 5 5 7 . Sie kommt in der Praxis z. B. bei Fer549
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BVerwG D Ö V 1974, 380f. (381); V G H München BRS 27, 229ff. ( 2 3 0 - 2 3 1 ) ; V G H Mannheim BRS 28, 249ff. (250). Näher dazu Ehlers, VerwArch. 67 (1976), S. 369ff.; Hoffmann, DVB1. 1977, 514 ff. Näher dazu Weyreuther, DVB1. 1 9 6 9 , 2 3 2 f f . Vgl. OVG Saarlouis BRS 28, 260 ff. § 95 MBauO; § 97 bad.-württ. BauO; Art. 93 bayer. BauO; § 90 berl. BauO; § 98 hamb. BauO; § 98 hess. BauO; § 76 nieders. BauO; § 90 nordrh.-westf. BauO; § 103 rheinl.pfälz. BauO; § 98 saarl. BauO; § 94 schlesw.-holst. BauO. Etwas anderes gilt nur dann, wenn einer der Gründe gegeben ist, die allgemein zur nachträglichen Aufhebung (Zurücknahme, Widerruf) einer Baugenehmigung berechtigen. Vgl. z. B. Art. 96 bayer. BauO; § 88 V nordrh.-westf. BauO i. V. m. §§ 24, 4 4 nordrh.-westf. OBG; § 9 0 nieders. BauO. S. V G H Kassel BRS 2 2 , 2 2 7 . V G H Kassel BRS 2 7 , 2 3 9 f f . (240). § 95 III M B a u O . - V g l . auch §§ 9 9 , 1 1 3 MBauO. § 97 MBauO; § 105 bad.-württ. BauO; Art. 94 bayer. BauO; § 92 berl. BauO; § 103 hamb. BauO; § 100 hess. BauO; § 83 nieders. BauO; § 92 nordrh.-westf. BauO; § 105 rheinl.-pfälz. BauO; § 100 saarl. BauO; § 96 schlesw.-holst. BauO.
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tighäusern vor. Trotz Vorliegens der Typengenehmigung muß für die Aufstellung jedes einzelnen Bauwerks eine besondere Baugenehmigung eingeholt werden. Dabei beschränkt sich aber die Prüfung der Baubehörde im wesentlichen auf die Besonderheiten des Einzelfalls (z. B. die Bebaubarkeit des Grundstücks). Die Bauausführung selbst braucht, soweit sie dem genehmigten Typus entspricht, nicht nochmals geprüft zu werden. Erhebliche praktische Bedeutung besitzt schließlich die sog. Ausführungsgenehmigung für „fliegende Bauten"55*. Sie ist erforderlich für bauliche Anlagen, die bestimmt und geeignet sind, wiederholt aufgestellt und zerlegt zu werden 5 5 9 . Die Ausführungsgenehmigung muß vorliegen, wenn die Anlage erstmals in Gebrauch genommen wird. Jede erneute Aufstellung ist der Bauaufsichtsbehörde des Aufstellungsortes anzuzeigen und von ihr abzunehmen 5 6 0 . f f ) Zustimmungsverfahren bei öffentlichen Bauten: Bauvorhaben des Bundes und der Länder bedürfen keiner Baugenehmigung, Überwachung und Abnahme, wenn der öffentliche Bauherr die Leitung der Entwurfsarbeiten und die Bauüberwachung einem Beamten des höheren bautechnischen Verwaltungsdienstes übertragen hat. Sie unterliegen jedoch der Zustimmung der höheren (Landes-)Baubehörde 5 6 1 . Es handelt sich im wesentlichen um eine verfahrensrechtliche Sonderbehandlung. Materiellrechtlich sind die öffentlichen Bauten dagegen den allgemein geltenden Vorschriften des Baurechts unterworfen; auch die Hoheitsbauten des Bundes (einschließlich des Wehrbereichs) unterliegen grundsätzlich dem landesrechtlichen Baurecht 5 6 2 . Im Zustimmungsverfahren wird in erster Linie die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu beurteilen sein. Die bautechnische Seite ist nicht zu prüfen, weil der öffentliche Bauherr selbst „allein" die Verantwortung dafür trägt, daß Entwurf und Ausführung der baulichen Anlage den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechen (§ 105 VIII MBauO). Die Zustimmung wird durch Verwaltungsakt erteilt 563 . b) Bauüberwachung: aa) Laufende Überwachung: Die Ausführung eines genehmigungspflichtigen Bauwerks unterliegt während ihrer gesamten Dauer der baubehördlichen Überwachung 5 6 4 . Die Kontrolle soll gewährleisten, daß die am Bau
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§ 98 MBauO; § 106 bad.-württ. BauO; Art. 102 bayer. BauO; § 93 berl. BauO; § 104 hamb. BauO; § 106 hess. BauO; § 84 nieders. BauO; § 93 nordrh.-westf. BauO; § 106 rheinl.-pfälz. BauO; § 101 saarl. BauO; § 97 schlesw.-holst. BauO. Z. B. Karussells, Schaubuden, Zirkuszelte. Näher dazu Baumgarten, Die bauaufsichtliche Behandlung von fliegenden Bauten, BayBgm. 1976, H. 9, S. 19ff. § 105 MBauO (Ausnahme bei Verteidigungsbauten, § 105 VII MBauO). BVerwG D Ö V 1976,749ff. ( 7 5 0 - 5 1 ) ; zur Geltung von Landesbaurecht für Anlagen der Bundesbahn s. Küchler, D Ö V 1977,187 ff. Zur Zuständigkeit bei verwaltungsgerichtlichen Verfahren über die Zustimmung s. VGH Mannheim D Ö V 1975, 757 (Nr. 195); BVerwG D Ö V 1976,749ff. (750). S . § § 1 0 2 - 1 0 4 MBauO.
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Beteiligten 565 sich an Inhalt und Grenzen der Bauerlaubnis halten. Sie erstreckt sich vor allem auf die Brauchbarkeit der Baustoffe und Bauteile, die Ordnungsmäßigkeit der Bauausführung und auf die Beachtung der für die Sicherheit von Menschen, namentlich der Bauarbeiter, erlassenen Bestimmungen. bb) Bauabnahme: Neben der laufenden Überwachung, die nach Art und Umfang vom pflichtgemäßen Ermessen der Behörde abhängt, kennt das Baurecht die förmlichen Bauabnahmen 5 6 6 . Sie müssen grundsätzlich bei jedem genehmigungspflichtigen Bauvorhaben erfolgen. Die Abnahmen dienen insbesondere der Feststellung, ob der Inhalt der Bauerlaubnis beachtet worden ist oder ob die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gewahrt sind. Sobald die tragenden Teile des Bauwerks 5 6 7 errichtet sind, erfolgt die Rohbauabnahme. Nach Abschluß der Bauarbeiten ist die Schlußabnahme (= Gebrauchsabnahme) durchzuführen. Uber sie wird der sog. Schlußabnahmeschein erteilt. Erst wenn er vorliegt, darf das Bauwerk in Betrieb genommen (bezogen) werden 5 6 8 . 6. Bauordnungsbehörden Bei den in den Bauordnungen geregelten Aufgaben handelt es sich um staatliche Angelegenheiten569. Sie werden in der unteren Instanz teilweise von kommunalen Stellen als Auftragsangelegenheiten bzw. Pflichtaufgaben nach Weisung 570 , im übrigen unmittelbar von staatlichen Behörden wahrgenommen. Es handelt sich in beiden Fällen um Sonderpolizei- bzw. Sonderordnungsbehörden571. Der Instanzenzug ist regelmäßig dreistufig gegliedert. Dabei obliegen die unmittelbaren Vollzugsaufgaben, von wenigen Ausnahmen abgesehen, der unteren Instanz 5 7 2 . Wegen der Einzelheiten wird auf die verschiedenen Landesbauordnungen 5 7 3 und auf die Darstellung der allgemeinen Organisation der Polizei- und Ordnun»^behörden 5 7 4 verwiesen. 565 566 567 568
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S. oben Abschn. III. 2. S. § 104 MBauO. Deren Überprüfung beim fertigen Bauwerk erheblich erschwert, z. T. unmöglich wäre. Ein Verstoß gegen die Vorschrift rechtfertigt allerdings regelmäßig kein Benutzungsverbot. Dagegen kann die Räumung eines nicht abgenommenen Gebäudes angeordnet werden, wenn dessen Standsicherheit berechtigten Zweifeln unterliegt; OVG Münster D Ö V 1971,645 Nr. 247. So § 821 MBauO. S. in diesem Band: von Unruh, Gemeinderecht, Abschn. I. 4 c, cc. Vgl. etwa OVG Münster BRS 28,168ff. (169). VGH Mannheim BRS 28, 325 f. (326): Grundsätzlich kein Selbsteintrittsrecht der Aufsichtsbehörde zum Erlaß baurechtlicher Verwaltungsakte. S. §§ 8 1 - 8 5 MBauO; §§ 8 2 - 8 6 bad.-württ. BauO; Art. 7 7 - 8 1 bayer. BauO; §§ l f f . berl. ASOG i. V. m. §§ 2, 8 berl. DVO-PolZustG; §§ 8 1 - 8 6 hess. BauO; §§ 6 3 - 6 7 nieders. BauO; §§ 7 6 - 7 9 nordrh.-westf. BauO; §§ 8 6 - 9 0 rheinl.-pfälz. BauO; §§ 8 3 - 8 6 saarl. BauO; §§ 7 9 - 8 3 schlesw.-holst. BauO. S. in diesem Band: Friauf, Polizei- und Ordnungsrecht, Abschn. III. 1 b - e .
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7. Baurechtliche Verträge Schon seit Jahrzehnten haben vertragliche Vereinbarungen zwischen einem Baulustigen auf der einen und der Baugenehmigungsbehörde auf der anderen Seite eine wachsende Bedeutung im Bereich des öffentlichen Baurechts erlangt. Sie werden in der Regel geschlossen, um in besonders gelagerten Fällen die Voraussetzungen für den Erlaß eines baurechtlichen Verwaltungsakts - vor allem einer Baugenehmigung oder eines Dispenses — zu schaffen. Der Baulustige übernimmt bestimmte Verpflichtungen, deren Erfüllung die Behörde in die Lage versetzen soll, den beantragten Verwaltungsakt zu erlassen. a) Zulässigkeit: Da es für die Zuordnung zum öffentlichen oder privaten Recht entscheidend auf den Gegenstand des Vertrages ankommt 5 7 5 , müssen die baurechtlichen Verträge als öffentlich-rechtliche Verträge qualifiziert werden. Behörde und Baulustiger stehen sich beim Vertragsschluß nicht auf gleicher Ebene gegenüber, so daß die Vereinbarungen dem Typus des subordinationsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vertrages zuzuordnen sind 576 . Die grundsätzliche Zulässigkeit öffentlich-rechtlicher Verträge ist allgemein im Verwaltungsrecht 577 und insbesondere im Bereich des Baurechts 578 heute weitgehend anerkannt und seit 1977 auch vom Gesetzgeber in § 54 VwVfG sanktioniert. Sie hängt nicht von einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung ab. Baurechtliche Verträge sind deshalb regelmäßig wirksam und für die Parteien verbindlich 579 , sofern die von der Baubehörde übernommene Leistung in Ubereinstimmung mit der Gesetzeslage erbracht werden kann 5 8 0 und sofern ihr Inhalt im Einzelfall nicht einem sonstigen (ausdrücklichen oder aus dem Sinn der einschlägigen Regelungen zu entnehmenden) gesetzlichen Verbot zuwiderläuft 581 . 575
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BVerwGE 2 2 , 1 3 8 ( 1 4 0 - 1 4 1 ) ; 42, 331 (332); OVG Münster OVGE 12,177 ( 1 7 8 - 1 8 0 ) BGHZ 32, 214 ( 2 1 6 - 2 1 7 ) ; 35, 69 ( 7 3 - 7 4 ) ; 43, 34 (37); 56, 365 (368); anders z. T. die ältere Rechtsprechung, so noch BGHZ 26, 84. S. Stern, Verw Arch 49 (1958), S. 106ff. (143 ff.). Aus dem umfangreichen Schrifttum s. etwa Baring, DVB1. 1965, 180ff. ( 1 8 1 - 1 8 4 ) ; Knack, DVB1. 1965, 709ff.; Mörtel, BayVBI. 1965, 217ff.; Redecker, DÖV1966, 543ff.; Pieper, DVB1. 1967, 11 ff.; Haueisen, NJW 1969, 122 ff., jeweils mit Nachweis der älteren Veröffentlichungen. - Aus der Rechtsprechung s. insbes. BVerwGE 2 2 , 1 3 8 (141 ff.); 23, 213 ( 2 1 4 - 2 1 6 ) ; 30, 65 ( 6 8 - 6 9 ) ; 42, 331 (332ff.); 49, 359 ( 3 6 1 - 3 6 2 ) : BSG NJW 1967, 1822f. und 1968,176; BGH DVB1. 1967,36ff. ( 3 7 - 3 8 ) . Dazu von Campenhausen, D Ö V 1967, 662ff.; Scheerbarth, a. a. O., § § 6 1 f f . , insbes. §§ 66ff.; BVerwGE 22, 138; 23, 213; VGH München VerwRspr. 18, S. 468; BGH DVB1. 1967,36 ff. S. bereits C. Baltz / F. W. Fischer, Preuß. BaupolizeiR, 1954, Anm. 12 zu § 12 FluchtLinG; RGZ 133,361; BGHZ 2 6 , 8 4 (87). BVerwGE 49, 359 ( 3 6 1 - 6 3 ) mit Nachweisen. Demgegenüber hält das OVG Münster (Berufungsentscheidung im selben Verfahren) den Vertrag trotz Gesetzeswidrigkeit der von der Behörde übernommenen Leistung für wirksam, um das Vertrauen des Bürgers zu schützen: BRS 2 7 , 2 5 1 ff. ( 2 5 2 - 2 5 5 ) . Zum rechtswidrigen Verwaltungsvertrag s. Schenke, JuS 1977, 282ff.; zu Leistungsstörungen Bullinger, D Ö V 1977, 812ff.; H. Meyer, NJW 1977,1705ff.
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Ein derartiges Verbot ergibt sich u. a. aus dem rechtsstaatlichen Grundsatz, daß die Verwaltung nicht im Vertragswege eine Gegenleistung für einen Verwaltungsakt verlangen darf, den sie auch ohne eine solche Gegenleistung hätte gewähren müssen, und daß die Ausübung eines begünstigenden Ermessens nur insoweit von Gegenleistungen abhängig gemacht werden darf, wie es sich um die Vorwegnahme einer späteren Leistungspflicht des Bürgers oder um eine Leistung handelt, die ihrerseits erst den begünstigenden Verwaltungsakt rechtfertigt 582 . b) An Wendlingsfälle: In der Verwaltungspraxis 503 kommt der baurechtliche Vertrag vor allem in Gestalt des sog. Garagenersatzvertrages, des Baudispensvertrages, des Folgekostenvertrages und des Erschließungsvertrages 584 vor. Im Garagenersatzvertrag verpflichtet sich der Baulustige, der Gemeinde geldliche oder sonstige Leistungen (etwa Grundabtretung) zu erbringen, sofern er von der gesetzlich begründeten Pflicht zur Schaffung von Einsteiiplätzen für Kraftfahrzeuge auf dem Baugrundstück befreit wird. Damit soll eine Bebauung ermöglicht werden, die sonst an der Unmöglichkeit, die erforderlichen Einsteilplätze zu schaffen, scheitern müßte. Die Gemeinde verwendet die Leistungen des Baulustigen dazu, öffentliche Parkplätze, Parkhäuser o. ä. einzurichten und damit dem Gesetzeszweck auf andere Weise Genüge zu tun. Die Rechtsprechung hält diese Verträge im Grundsatz für zulässig und wirksam 585 . Auch der Baudispensvertragf586 bezweckt ähnlich wie der Garagenersatzvertrag, die an sich starren Regelungen des Baurechts in einer den Bedürfnissen des Einzelfalls angemessenen Weise aufzulockern. Der Baubewerber verpflichtet sich zu bestimmten Leistungen, um die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die Baugenehmigungsbehörde in pflichtgemäßer Ausübung ihres Ermessens den beantragten Dispens erteilen kann. Grundsätzlich können derartige Verträge wirksam geschlossen werden. Sie unterliegen aber den allgemein geltenden Schranken587. So ist es insbesondere unzulässig, im Vertragswege über einen Dispens zu verfügen, wenn die gesetzlichen Dispensvoraussetzungen überhaupt nicht vorliegen. Ebensowenig wäre es zulässig, über das Vorliegen oder NichtVorliegen einer Gefahr im Sinne des baupolizeilichen Gefahrenbegriffs 5 8 8 oder einer Verunstaltung 5 8 9 zu paktieren. Ein Dis-
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von Campenkausen, DOW 1967, Ö62 tt. (,66öJ; Willigmann, UV Bl. 1903,22911. Zum folgenden auch Scheerbarth, a. a. O., §§ 6 6 - 7 0 . 584 Zum Erschließungsvertrag gem. § 123 III BBauG als öffentlich-rechtlichem Vertrag s. BGHZ 54,287 (290ff.). 585 BVerwGE 23, 213 ( 2 1 7 - 2 2 3 ) ; VGH München VerwRspr. 18, S. 468ff. ( 4 7 0 - 4 7 3 ) ; vgl. auch BGHZ 32, 214; 35, 69 ( 7 4 - 7 5 ) . 586 Dazu s. E. Schulze, Baudispensverträge, Bedeutung - Rechtlicher Charakter — Zulässigkeit, 1964, mit eingehenden Nachweisen. 587 S. oben. — Bedenklich „großzügig" im Sinne einer weitgehenden Zulässigkeit ist z. B. BGH DVB1. 1967, 36ff., mit krit. Anm. von Tittel, a. a. O., S. 3 8 - 4 0 . 588 o V G Lüneburg OVGE 16, 471 (474). 589 OVG Münster VerwRspr. 4, S. 886 f. 583
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pensvertrag ist ferner nichtig, wenn die Behörde den in Aussicht gestellten Verwaltungsakt nur unter Gesetzesverstoß 5 9 0 oder in ermessensfehlerhafter Weise erlassen könnte — etwa unter Verletzung des Gleichheitssatzes 5 9 1 oder unter Verletzung von Rechten der Nachbarn 5 9 2 - oder wenn sie ihr Übergewicht über den in einer Zwangslage befindlichen Baulustigen in erpresserischer Weise oder sonst ermessensmißbräuchlich ausgenutzt hat 5 9 3 . Ein wirksamer Dispensvertrag schafft die Voraussetzungen für den Dispens und verpflichtet die Behörde, ihn zu erteilen. Er gewährt den Dispens aber nicht unmittelbar selbst. D a f ü r ist vielmehr in jedem Fall ein besonderer Verwaltungsakt (schriftlicher Bescheid) notwendig. Bei Weigerung der B e h ö r d e muß der Betroffene aufgrund des Vertrags Verpflichtungsklage auf Erteilung des Dispenses erheben. Folgekostenverträge werden zumeist im Zusammenhang mit der planerischen Ausweisung von größeren Neubaugebieten geschlossen. Darin verpflichten sich die Bauinteressenten, der Gemeinde einen bestimmten Betrag pro beabsichtigter Wohneinheit zum Ersatz derjenigen Aufwendungen zu zahlen, die ihr als Folge des Einwohnerzuwachses über den beitragsfähigen Erschließungsaufwand im Sinne von § 127 B B a u G hinaus für Infrastruktureinrichtungen (z. B. Schulen, Kindergärten, Friedhöfe, Feuerwehr, zusätzliche Verwaltungsgebäude) entstehen werden. Von dieser Zahlungszusage macht die Gemeinde die Aufstellung des Bebauungsplans abhängig. Eine gesetzliche Grundlage für die Einführung derartiger Leistungspflichten ist nicht vorhanden 5 9 4 . Das B V e r w G hält die Folgekostenverträge für grundsätzlich zulässig und wirksam 5 9 5 . Es k o m m t damit zweifellos einem gewichtigen Bedürfnis der Gemeinden, zumal in Ballungsrandzonen, entgegen. Im Ergebnis bedeutet das freilich, daß die Bauherrn (und mittelbar die Mieter) in den betroffenen Gebieten gesondert für die öffentlichen Einrichtungen aufzukommen haben, die allen übrigen Bürgern aus den allgemeinen Steuermitteln zur Verfügung gestellt werden 5 9 6 . Verträge, die zunächst rechtswirksam abgeschlossen worden sind, können bei einer wesentlichen Veränderung der maßgeblichen Verhältnisse - insbesondere
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Vgl. B V e r W G E 49, 3 5 9 ( 3 6 1 - 3 6 2 ) . S. Menger, VerwArch. 52 (1961), S. 209 Anm. 43; Salzwedel, D i e Grenzen der Zulässigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages, 1958, S. 129 und - stark einschränkend S. 132. Zum Nachbarschutz s. unten Abschnitt III. 8. V G H Kassel, D Ö V 1956, 185 ff. (186). Abgesehen von der in § 9 schlesw.-holst. K.AG v. lü. 3. 1970 (GVOB1. S. 44) vorgesehenen Abgabe „wegen Änderung der Gemeindeverhältnisse"; zu ihr s. B V e r w G E 44, 202; BVerwG DVB1. 1978, 5 3 6 f f . Zur Kritik an der Vorschrift s. Friauf, DVB1. 1978, 5 1 7 f f . ; vgl. ferner Brintzinger, SchlHolstAnz. 1970, 67ff.; Lutz, D W W 1970, 3 3 2 f f . ; Thiem, SchlHolstAnz 1971, 9 9 f f . ; Borchert, NJW 1974, 9 6 3 f . B V e r w G E 42, 331 ( 3 3 6 - 3 4 6 ) ; dazu von Mutius, VerwArch 65 ( 1 9 7 4 ) , S. 201 ff.; vgl. auch den Parallelfall B G H D Ö V 1975, 825 ff. Vgl. näher Friauf, DVB1. 1978, 517 ff. ( 5 2 0 - 5 2 3 ) .
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bei Änderungen des Bauordnungs- und Bauplanungsrechts selbst - unter dem Gesichtspunkt der clausula rebus sie stantibus modifiziert oder sogar völlig gelöst werden 5 9 7 . 8. Schutz des Nachbarn Die wachsende Dichte der Besiedlung hat seit Jahren in ständig zunehmendem Maße dazu geführt, daß von der Baubehörde erteilte Bauerlaubnisse oder sonstige begünstigende Verwaltungsakte von Nachbarn des Baulustigen als belastend empfunden werden. Die Betroffenen versuchen, diese Belastung durch Rechtsmittel abzuwehren. In zahllosen Verwaltungsprozessen spielen demzufolge die Rechtsbeziehungen in dem Dreiecksverhältnis Baubehörde-Bauherr—Nachbar eine theoretisch wie praktisch bedeutungsvolle Rolle. Die dabei entstehenden Schwierigkeiten beruhen teilweise darauf, daß die Beziehungen zwischen dem Bauherrn und seinem Nachbarn grundsätzlich privatrechtlicher Natur sind und daher insoweit vom traditionellen zivilrechtlichen Nachbarrecht 5 9 8 geregelt werden. Das Baurecht ist isoliert vom Nachbarrecht entwickelt worden und fügt sich mit diesem nicht ohne weiteres zu einem harmonischen Ganzen zusammen. Vor allem aber entstehen zahlreiche Zweifel deshalb, weil die baurechtlichen Regelungen nur selten etwas darüber besagen, ob, in welchem Maße und mit welchen Rechtsfolgen Dritte am Bauverfahren zu beteiligen oder ihre Interessen zu berücksichtigen sind. Die Frage des baurechtlichen Nachbarschutzes 5 9 9 bilden einen der praktisch wichtigsten Teilbereiche aus dem Problemkreis des sog. „Dritten im Verwaltungsrecht" 6 0 0 . Im vorliegenden Rahmen können die hier auftauchenden zahlreichen Einzelprobleme lediglich in einem knappen Überblick behandelt werden 6 0 1 . 597 598
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Vgl. BVerwG D Ö V 1956,410; OVG Münster OVGE 1 6 , 1 2 (17). Zu dem noch nicht abschließend geklärten Verhältnis von öffentlich-rechtlicher Nachbarklage und privatrechtlichen Abwehransprüchen s. BVerwGE 28, 131 (134ff.) = DVB1. 1968, 35 ff., mit Anm. Schrödter, S. 37ff; J. Schopp, Das Verhältnis von privatem und öffentlichem Nachbarrecht, 1978; vgl. auch Bartlsperger, VerwArch. 60 (1969), S. 35ff.; Hoppe, DVB1. 1969,246 ff. S. dazu allgemein H. Kübler / R. Speidel, Handbuch des Baunachbarrechts, 1970; B. Bender / R. Dohle, Nachbarschutz in Zivil- und Verwaltungsrecht, 1972. Dazu s. statt vieler R. Bernhardt, JZ 1963, 302ff.; R. Schmidt, NJW 1967, 1635ff.; Friauf, DVB1. 1969, 368ff.; Friauf, JurA 1969, 3 ff. S. näher Friauf, JurA 1969, 3ff. (insbes. 17ff.); und 1970, 652ff.; ders., DVB1. 1971, 713ff.; Bender, NJW 1966, 1989ff.; Dyong, BBauBl. 1971, 524ff.; Evers, DVB1. 1970, 12ff.; Fickert, Zulässigkeit von Bauvorhaben, a. a. O., § 31 Tz. 130; Geizer, D Ö V 1965, 793ff.; Grundei, NJW 1970, 833ff.; Guthardt, DVB1. 1972, 567ff.; Heise, D Ö V 1973, 777ff.; Hoppe, DVB1. 1969, 246ff.; Kemnade, Der Rechtsschutz des Nachbarn im Baurecht, 1965; Knemeyer, DVB1. 1978, 37ff.; Laubinger, Der Verwaltungsakt mit Doppelwirkung, 1967, S. 34ff.; K. Meyer, DWW 1968, 122ff.; Peters, D Ö V 1968, 547ff.; Redeker, DVB1. 1968,7ff.; H. Schrödter, a. a. O., § 31 Rdnr. 4ff.; Sendler, BauR 1970,4ff. u. 74 ff.; Simon, BayVBl. 1967, 227 ff.; Timmermann, Der baurechtliche Nachbarschutz, 1969; Weyreuther, BauR 1975,1 ff.
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a) Materiell-rechtliche Grundlagen: Der Erfolg eines nachbarlichen Rechtsbehelfs gegen einen baurechtlichen Verwaltungsakt, insbesondere eine Bauerlaubnis, hängt von drei Voraussetzungen ab, die nebeneinander (kumulativ) gegeben sein müssen: (1) der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, (2) einer tatsächlichen Beeinträchtigung des Nachbarn und (3) der Verletzung des Nachbarn in eigenen Rechten 6 0 2 . D a ß der Nachbarschutz stets eine Verletzung des objektiven Rechts zugunsten des Bauherrn voraussetzt 603 , bedeutet im Grunde eine Selbstverständlichkeit. Denn rechtmäßige Verwaltungsakte muß der Nachbar hinnehmen, auch wenn sie ihm nachteilig erscheinen. In solchen Fällen kann allenfalls die Frage auftauchen, ob die Vorschrift, die die Baugenehmigung legalisiert (Gesetz, Bebauungsplan usw.) ihrerseits gültig ist. Die Nichtigkeit der gesetzlichen Grundlage führt zwangsläufig zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts. — Das Erfordernis der Rechtswidrigkeit ist erfüllt, wenn die angegriffene Bauerlaubnis im Augenblick ihrer Erteilung 6 0 4 von zwingenden Vorschriften des Bauplanungs- oder Bauordnungsrechts abweicht und nicht durch einen Dispens gedeckt ist 605 bzw. wenn ein erteilter Dispens sich seinerseits als rechtswidrig erweist. Sofern die gesetzlichen Dispensvoraussetzungen gegeben sind, kann dem Rechtsbehelf des Nachbarn noch durch nachträgliche Dispenserteilung die Grundlage entzogen werden 6 0 6 . Die Nachbarklage hat nur Erfolg, wenn der Nachbar durch die Errichtung der zu Unrecht genehmigten baulichen Anlage tatsächlich beeinträchtigt würde601, d. h. wenn seine Situation sich gegenüber derjenigen, die bei Beachtung des geltenden Rechts bestünde, verschlechterte 608 . Er hat keinen Anspruch auf Einhaltung der Norm um ihrer selbst willen. Ob eine tatsächliche Beeinträchtigung zu erwarten ist, läßt sich nicht in allen Fällen rein empirisch feststellen, vor allem dann nicht, wenn keine körperlichen Einwirkungen (Immisionen u. dgl.) auf das Grundstück in Betracht kommen, sondern es lediglich um eine allgemeine Verschlechterung der Nachbarschaftssituation geht. In solchen Fällen wird oftmals nicht ohne eine wertende Betrachtung auf dem Hintergrund des als normal und angemessen angenommenen Zustands auszukommen sein. Die Beeinträchtigung des Nachbarn wird sich normalerweise daraus ergeben, daß die beabsichtigte bauliche Nutzung des Nachbargrundstücks sein eigenes 602
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Vgl. zusammenfassend etwa H. Peters, D Ö V 1965, 744ff. ( 7 4 5 - 7 4 6 ) mit Nachweisen; OVG Münster DVB1. 1968,529ff. (530). BVerwG DVB1. 1971, 754ff. (755); DVB1. 1971, 746ff. (748); OVG Münster BRS 25, 31 ff. (32). Auf nachträgliche Rechtsänderungen zum Nachteil des Baulustigen kann der Nachbar sich nicht berufen; s. BVerwG DVB1. 1978, 614ff. (615); OVG Münster D Ö V 1978, 147 f. Zur Ausräumung des Nachbarschutzes durch einen Dispens vgl. BGH NJW 1976,1888 ff. (1889). Vgl. auch OVG Berlin BRS 2 0 , 2 5 3 ff. (255); OVG Münster BRS 2 0 , 2 5 2 f. (253). VGH Mannheim BRS 27, 58 ff. (59); VGH Kassel BauR 1971,109. OVG Münster BRS 25, 294 ff. (297); BRS 27,243 ff. (245).
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Grundstück nachteilig zu beeinflussen droht. Die Nachbarklage, mit der er diese Beeinträchtigung abzuwehren versucht, hat deshalb grundsätzlich defensiven Charakter. Daneben kommt aber für Sonderfälle auch eine „offensive (störungspräventive) Nachbarklage" in Betracht, bei der es dem Nachbarn darum geht, die Bebauung der angrenzenden Grundstücke zu verhindern, um sich selbst die Möglichkeit des Aussendens von Emissionen offenzuhalten und einer künftigen Inanspruchnahme als Störer zuvorzukommen (z. B. ein emmissionsträchtiges Industrieunternehmen wendet sich gegen die Errichtung von Wohnhäusern in der Nachbarschaft, um zu verhindern, daß ihm zum Schutz der zukünftigen Bewohner Beschränkungen auferlegt werden können) 6 0 9 . Da unser Verwaltungsrechtsschutz nur der Gewährleistung von Individualrechten dient und keine Popularklage kennt, setzt die Nachbarklage schließlich voraus - und zwar sowohl im Hinblick auf die Klagebefugnis, § 42 II VwGO, als auch als Voraussetzung für die Begründetheit, § 113 I 1 VwGO - , daß der Nachbar in seinen eigenen Rechten betroffen ist. Fehlt es daran, so wird die Klage trotz festgestellter Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts und trotz (ggf. erheblicher) tatsächlicher Beeinträchtigung des Nachbarn abgewiesen 610 . Eine Betroffenheit in eigenen Rechten ist gegeben, wenn die Vorschrift, von der die Baugenehmigung zu seinem Nachteil abweicht, nicht lediglich öffentlichen Interessen dient, sondern zugleich dem Nachbarn eine eigene Rechtsposition einräumt und damit „nachbarschützenden Charakter" hat 6 1 1 . Nach heute gesicherter Lehre 6 1 2 und Rechtsprechung 6 1 3 kann der Nachbar 6 1 4 , wenn diese drei Voraussetzungen vorliegen, mit der Nachbarklage gegen eine Bauerlaubnis oder einen sonstigen baurechtlichen Verwaltungsakt durchdringen. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle konzentriert sich die Problematik dabei 609
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BVerwG DVB1. 1971, 746ff. (748); OVG Münster BRS 25, 31ff. (35); VG Hannover DVB1. 1971, 767; Friauf, DVB1. 1971, 713 ff. ( 7 1 3 - 7 1 6 ) ; Bartlsperger, DVB1. 1971, 723ff.; Fröhler, WiVerw. 1977, 114ff. Typisches Beispiel: OVG Saarlouis BauR 1976,411 ff. (412). Allenfalls auf Grund einer besonderen, wirksam erteilten Zusage kann der Nachbar auch einen Anspruch auf Einhaltung des objektiven, nicht nachbarschützenden Baurechts haben; dazu BVerwGE 49, 244 ( 2 5 0 - 2 5 2 ) . Der Nachbar kann nach der Rechtsprechung überdies die Nichtigkeit eines baurechtlichen Verwaltungsakts auch dann geltend machen, wenn sie auf dem Verstoß gegen eine nicht nachbarschützende Vorschrift beruht; VGH München BRS 29, 222ff. (225). Aus der älteren Diskussion vgl. etwa Seilmann, NJW 1964, 1545ff.; ders., DVB1. 1963, 273 ff.; Redeker, NJW 1959,749ff. Grundlegend BVerwGE 2 2 , 1 2 9 ( 1 3 0 - 1 3 1 ) . Der maßgebliche Nachbar-Begriff ist nicht einheitlich, sondern hängt von Schutzzweck, -richtung und -umfang der jeweils in Betracht kommenden Baurechtsnorm ab. Dazu s. namentlich BVerwG DVB1. 1974, 358ff. (361); OVG Münster BRS 24, 294f. Auf unmittelbare Grenznachbarschaft kommt es nicht notwendig an. Zu Abgrenzungsproblemen vgl. etwa OVG Saarlouis BRS 27, 62 ff. (63); VGH München BRS 27, 263 ff. ( 2 6 5 - 2 6 6 ) und BRS 28, 283ff. ( 2 8 4 - 2 8 5 ) . Bei emittierenden Anlagen ergibt sich die Eigenschaft als Nachbar aus dem möglichen Einwirkungsbereich der Anlage; s. OVG Lüneburg DVB1. 1977, 347 ff. (348).
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auf die Frage, ob die jeweils verletzten Vorschriften nachbarschützenden Charakter besitzen. aa) Nachbarschützende Bestimmungen des Bauplanungs- und Bauordnungsrechts: Nach fast einhelliger Rechtsprechung und überwiegender Lehre 615 ist die Frage, ob eine bestimmte Baurechtsnorm dem betroffenen Nachbarn eigene Rechte gewährt, durch Auslegung mit Hilfe der allgemeinen Interpretationsmittel: Wortlaut, systematischem Zusammenhang und Normzweck zu beantworten 616 . Generell kann eine nachbarschützende Wirkung nur angenommen werden, wenn die in Betracht kommende Vorschrift „einen bestimmten und abgrenzbaren, d. h. individualisierbaren und nicht übermäßig weiten Kreis" von durch sie Berechtigten erkennen läßt 617 . Diese Frage ist unter Umständen für die einzelnen Tatbestandsmerkmale derselben Bestimmungen unterschiedlich zu beurteilen 618 . Im Bereich des Bauplanungsrechts619 können die Ausweisungen der Bebauungspläne grundsätzlich nachbarschützenden Charakter haben. Im Einzelfall hängt das, da das Bundesrecht insoweit keine verbindliche Regelung getroffen hat, vom Willen des Ortsgesetzgebers und damit letztlich von der Auslegung des einzelnen Bebauungsplans ab 620 . Auslegungsfrage ist auch, ob der Nachbarschutz an den Grenzen des jeweiligen Plangebiets endet oder ob er angrenzende Zonen einschließt. Bei der gebotenen Auslegung kommt es nicht nur auf den generellen Charakter der Festsetzungen an, sondern auch auf ihre Funktion im Rahmen des jeweiligen Ortsrechts, in dem sie zur Anwendung gelangen 621 . Besondere Bedeutung erlangt vielfach der Gesichtspunkt, daß der einzelne Bebauungsplan die Betroffenen zu einer „Schicksalsgemeinschaft" zusammenschließt, die wechselseitig zu Vor- und Nachteilen führt, und daß er damit zwischen ihnen ein „Austauschverhältnis" schafft 622 ; daraus ergeben sich Duldungspflichten, zugleich aber auch Abwehrrechte. § 34 BBauG, der die Bebaubarkeit im nichtbeplanten Innenbereich regelt, war in
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Die Auseinandersetzung mit den abweichenden Auffassungen im Schrifttum kann hier nicht aufgenommen werden. Vgl. dazu Friauf, JurA 1969, 3ff. ( 1 0 - 1 4 ) ; ders., DVB1. 1969,368ff. ( 3 7 0 - 3 7 2 ) ; ders., DVB1.1971,713ff. ( 7 1 4 - 7 1 5 ) . Dazu s. statt vieler BVerwGE 27, 29 ( 3 1 - 3 4 ) ; 28, 33 (34); BVerwG BRS 20, 241f. (242); BVerwG DVB1. 1971,754ff. (755). BVerwGE 5 2 , 1 2 2 (129); ferner BVerwGE 2 7 , 2 9 (33); 32,173 (175); 4 1 , 5 8 (63). BVerwGE 5 2 , 1 2 2 ( 1 2 8 ) . Dazu aus dem Schrittum insbes. Sendler, Der Nachbarschutz im Städtebaurecht, BauR 1970, 4ff.; Weyreuther, Das bebauungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme und seine Bedeutung für den Nachbarschutz, BauR 1975,1 ff. BVerwG DVB1. 1974, 358ff. (361) - insoweit in BVerwGE 44, 244 nicht abgedruckt; BVerwG NJW 1973, 1710 (1711) - insoweit in BVerwGE 42, 5 nicht abgedruckt; BVerwG DVB1. 1974,777 ff. (777). OVG Münster BRS 2 7 , 2 9 4 ff. (295) mit Nachweisen. BVerwGE 27, 29 (33); BVerwG DVB1. 1974, 358ff. (361); BVerwG DVB1. 1971, 754ff. (755); vgl. Sendler, BauR 1970, 4ff. (6, 13); Weyreuther, BauR 1975, l f f . (10-11)', Friauf, DVB1. 1971, 713 ff. (715).
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seiner früheren Fassung nach der Rechtsprechung 6 2 3 nicht nachbarschützend 6 2 4 . Hier kam deshalb lediglich in schwerwiegenden Fällen ein Nachbarschutz aus Art. 14 I GG 6 2 5 in Betracht 6 2 6 . Für die wesentlich schärfer gefaßte Regelung in § 34 BBauG n. F. erscheint dagegen eine abweichende Beurteilung angebracht 6 2 7 . Den privilegierenden Außenbereichs-Zuv/eisungen in § 35 I BBauG kommt teilweise nachbarschützender Charakter zu; insoweit kann sich ein privilegiertes Unternehmen gegen Nachbarbebauungen wehren, die seine eigene Privilegierung in Frage zu stellen drohen 6 2 8 . Demgegenüber galt die allgemeine Außenbereichsregelung für nicht privilegierte Vorhaben (§ 35 II BBauG) bisher als nicht nachbarschützend 6 2 9 , da hier ein hinreichend abgegrenzter Kreis von Berechtigten nicht erkennbar ist. Neuerdings hat das BVerwG jedoch für bestimmte Fälle unter Berufung auf das „Gebot der Rücksichtnahme" auch nicht Privilegierten einen Nachbarschutz zugebilligt 630 . Im Bauordnungsrecht ist die Lage weithin recht unübersichtlich. Da es sich hier um Landesrecht handelt, kommt die einheitsstiftende Funktion des Revisionsgerichts nicht zum Tragen; nicht selten werden inhaltlich übereinstimmende Vorschriften der verschiedenen Landesbauordnungen im Hinblick auf eine nachbarschützende Wirkung von den jeweils zuständigen Oberverwaltungsgerichten unterschiedlich ausgelegt. Generell scheint sich in neuerer Zeit eine stärker nachbarfreundliche Tendenz durchzusetzen. Auf die fast unübersehbare Kasuistik kann hier nicht näher eingegangen werden 6 3 1 . Als nachbarschützend werden im allgemeinen u. a. die Vorschriften über 623
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Insoweit grundlegend BVerwGE 32, 173 ( 1 7 5 - 1 7 7 ) ; BVerwG DVB1. 1970, 60ff. und 62ff. (62); zuletzt BVerwG DVB1. 1978, 614ff. (615); dazu Evers, DVB1. 1970, 12ff.; Friauf, JurA 1970, 652ff (658). Vgl. zum Nachbarschutz im § 34 BBauG-Gebiet auch Mayer / Tasch, BayVBl. 1974, 515 ff. ; Seltner, NJW 1976,265 ff. Dazu s. den folgenden Abschnitt. Zu der strittigen Frage, ob das Inkrafttreten des BImSchG am 1. April 1974 die maßgebliche Schädlichkeitsgrenze beeinflußt, vgl. Schrödter, DVB1. 1974, 362ff.; Seltner, NJW 1976,265 ff. Ebenso OVG Saarlouis NJW 1977, 2092ff. (2093); Pagenkopf, BauR 1977, 155 ff. ( 1 5 8 - 5 9 ) ; Menger, VerwArch 69 (1978), S. 313ff. ( 3 1 8 - 3 2 1 ) ; a. A. VGH Kassel DVB1. 1977, 728 ff. (730). Insbes. BVerwG DVB1. 1969, 263 ff. (264) und DVB1. 1971, 746 ff. (748); vgl. Friauf, DVB1.1971,713ff. ( 7 1 5 - 7 1 6 ) ; Weyreuther, BauR 1975,1 ff. (9). BVerwGE 2 8 , 2 6 8 (274); BVerwG DVB1. 1972,684 f. (685), mit Nachweisen. BVerwGE 52, 122 ( 1 2 8 - 1 3 1 ) . Zu dieser jedenfalls in der Begründung sehr problematischen Entscheidung s. zustimmend Schrödter, DVB1. 1977, 726 ff.; kritisch dagegen Menger, VerwArch. 69 (1978), S. 313 ff. ( 3 1 6 - 3 1 7 ) . - « . J. Müller, DVB1. 1978, 80f., wertet die Entscheidung als Abkehr von der bisherigen Konzeption des BVerwG zum Nachbarschutz. Umfangreiche Nachweise vor allem bei Kubier / Speidel, a. a. O.; ferner bei Friauf, JurA 1969, 3 ff. (7 ff., 1 7 - 2 1 ) und 1970, 652ff. ( 6 5 3 - 6 5 ) ; Laubinger, Der Verwaltungsakt mit Doppelwirkung, S. 59 ff. ; Bender / Dohle, Nachbarschutz im Zivil- und Verwaltungsrecht, 1972, passim; Wolff, VwR III, § 136 VId.
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den seitlichen Grenzabstand von Bauwerken (sog. Bauwich) angesehen 632 (im Gegensatz zu den Anforderungen an hintere Baulinien 633 ), ferner teilweise Vorschriften feuer- und gesundheitspolizeilichen Inhalts 634 und bauordnungsrechtliche Bestimmungen über die Anordnung von Garagen und Stellplätzen 635 . bb) Grundrechte: Wenn die im Einzelfall zum Nachteil des Nachbarn verletzten Baurechtsnormen keinen nachbarschützenden Charakter haben, kommt — beschränkt auf Extremfälle und in der Schutzintensität erheblich geringer - ein Nachbarschutz unmittelbar auf der Grundlage der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie in Betracht 636 . Da das Grundstückseigentum durch die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls (seine jeweilige „Situation") entscheidend geprägt ist - woraus sich gleichermaßen Beschränkungen wie Erweiterungen ergeben — kann eine mit dem anwendbaren Recht unvereinbare Maßnahme den Eigentümer in seinem Grundrecht verletzen und dabei einen öffentlich-rechtlichen Abwehranspruch „aus Eigentum" auslösen 637 . Art. 14 I GG tritt jeweils an die Stelle der nachbarschützenden Funktion, die der verletzten Baurechtsnorm fehlt. Diese Konzeption wurde zunächst für § 34 BBauG entwickelt 638 . Sie wird aber inzwischen auch im Rahmen von § 35 BBauG 6 3 9 , von nicht nachbarschützenden Bebauungsplänen 640 und von Regeln des Bauordnungsrechts 641 angewandt. Die Voraussetzungen dieses eigentumsrechtlichen Nachbarschutzes werden eng gefaßt. Er greift ein, wenn die Baugenehmigung bzw. deren Ausnutzung die vorgegebene Grundstückssituation „nachhaltig verändern" und dadurch den Nachbarn
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Dazu BVerwGE 22, 129 (betr. den bundesrechtlich geregelten Garagen-Bauwich); BGH NJW 1976, 1888ff. (1889), mit eingehenden Nachweisen; ferner OVG Lüneburg OVGE 18, 341 ( 3 4 3 - 3 4 6 ) ; OVG Münster OVGE 13, 361; 19, 24 ( 2 6 - 2 8 ) ; OVG Berlin JR 1965, 355 und OVGE Bln. Bd. 10, 57 (59); differenzierend VGH Kassel BRS 18, 204ff. (207 - 209); OVG Berlin OVGE Bln. Bd. 9 , 1 1 3 (115). OVG Koblenz BRS 20, 249 ff. (250); OVG Bremen BRS 20, 294 f. (295). OVG Koblenz AS 1, 396 (398); BRS 28, 303ff. (304); 28, 309; VGH Mannheim BRS 18,218 u. BRS 27,303 ff. (304). OVG Lüneburg DVB1. 1975, 915ff. ( 9 1 6 - 9 1 7 ) ; OVG Bremen BRS 20, 169ff. (172); VGH Mannheim BRS 22, 183ff. ( 1 8 3 - 1 8 5 ) . Grundlegend dazu BVerwGE 32, 173 ( 1 7 8 - 1 7 9 ) ; s. ferner BVerwG DVB1. 1970, 61 f. (61); DVB1. 1970, 62ff. (62); D Ö V 1972, 825ff. (827); BVerwGE 44, 244 ( 2 4 6 - 2 4 8 ) ; DVB1. 1974, 767ff. (776); DVB1. 1974, 777ff. ( 7 7 7 - 7 7 8 ) ; DVB1. 1976, 220ff. ( 2 2 0 - 2 2 1 ) - insoweit in BVerwGE 49, 244 (246) nicht abgedruckt; BVerwGE 50, 282 ( 2 8 6 - 2 8 8 ) ; BVerwG DVB1. 1978, 614ff. (616); u. a. - Zur Ausdehnung des eigentumsrechtlichen Schutzes aufgrund des „Gebots der Rücksichtnahme" s. BVerwGE 52, 122 (125 ff.) mit Anm. Schrödter, DVB1. 1977, 726 ff. Zur dogmatischen Begründung vgl. BVerwGE 50, 282 ( 2 8 6 - 2 8 8 ) . BVerwGE 3 2 , 1 7 3 ( 1 7 8 - 1 7 9 ) . BVerwG D Ö V 1972, 825 ff. (827); DVB1. 1974,767 ff. (776) - insoweit in BVerwGE 45, 309 (330) nicht abgedruckt. BVerwG DVB1. 1973,635 f. (636). BVerwGE 4 4 , 2 4 4 (246).
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„schwer und unerträglich treffen"642. Bei der konkreten Anwendung dieser Anforderungen sind Differenzierungen nach Art und Wirkungsweise des Eingriffs in das Eigentum geboten 6 4 3 . In jedem Fall müssen sie kumulativ erfüllt sein; namentlich muß die Unerträglichkeit des Eingriffs gesondert neben seiner Schwere festgestellt werden 6 4 4 . Wesentliches Kriterium dafür ist, daß die Grenzen der Sozialbindung des Eigentums überschritten sind. In der bisherigen Rechtsprechung hat eine auf Art. 141 G G gestützte Nachbarklage denn auch nur selten Erfolg gehabt 6 4 5 . Die Frage, wieweit eine „Nachbar"-Klage auf sonstige Grundrechte gestützt werden kann, ist bisher noch weitgehend ungeklärt. Im Grundsatz muß eine derartige Möglichkeit anerkannt werden 6 4 6 . Allerdings ergeben sich hier u. a. deshalb erhebliche Probleme, weil der Bezug zwischen der Grundrechtsposition des einzelnen und der jeweils angegriffenen Baugenehmigung bei den sonstigen Grundrechten regelmäßig nicht in dem gleichen Maße konkretisierbar sein wird, wie bei dem durch die räumliche Lage zum Baugrundstück geprägten Eigentum. b) Verfahrensrechtliche Fragen: Die Vorschriften der VwGO sind auf den Rechtsschutz des durch einen Verwaltungsakt betroffenen Nichtadressaten nicht unmittelbar zugeschnitten. Deshalb ergeben sich zahlreiche Probleme, die hier nicht näher behandelt werden können. aa) Klageverfahren: Als Rechtsbehelfe des beeinträchtigten Nachbarn kommen nach heute 6 4 7 gesicherter Auffassung Widerspruch und Anfechtungsklage648 gegen die bereits erteilte Baugenehmigung in Betracht. Eine Verpflichtungsklage des Nachbarn auf Rücknahme der Baugenehmigung oder auf Beifügung von Auflagen 649 ist nur in einigen Sonderfällen zulässig, in denen mit der Anfechtungsklage kein angemessener Rechtsschutz zu erzielen ist 650 . Unter strengen Voraussetzungen kann einer noch nicht erteilten Baugenehmigung mit einer vorbeugenden Unterlassungsklage begegnet werden 6 5 1 . 642
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B V e r w G E 32, 173 (179); 44, 2 4 4 (246); BVerwG DVB1. 1976, 2 2 0 f f . (220); DVB1. 1 9 7 8 , 6 1 4 ff. (616). Dazu überzeugend B V e r w G E 5 0 2 8 2 ( 2 8 7 - 2 8 8 ) . Vgl. B V e r w G E 44, 2 4 4 ( 2 4 6 - 2 4 8 ) und insbes. B V e r w G DVB1. 1974, 7 7 7 f f . (778). Vor allem im Gelsenkirchener Floatglas-(DELOG-)Fall, B V e r w G DVB1. 1974, 767 ff. ( 7 7 6 ) - i n s o w e i t in B V e r w G E 45, 309 (330) nicht abgedruckt. So auch zutreffend B V e r w G DVB1. 1977, 897 ff. ( 9 0 0 ) im Hinblick auf Art. 2 II GG. Zum früheren Streitstand s. die Nachweise bei Fromm, VerwArch. 56 ( 1 9 6 5 ) , S. 26ff. und Laubinger, a. a. O., S. 1 1 0 - 1 1 3 . Insb. das O V G Münster ( O V G E 13, 6; 16, 168 [169]; 20, 43 [ 4 5 - 4 6 ] ) nahm an, der Nachbar müsse Verpflichtungsklage erheben. D e r V G H Kassel (DVB1. 1970, 66 ff.) läßt die Verpflichtungsklage auf Widerruf der Baugenehmigung neben der Anfechtungsklage zu. Hiergegen bestehen aber, jedenfalls für den Regelfall, Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzbedürfnisses. B V e r w G E 22, 129 (131 ff.); B V e r w G DVB1. 1968, 27 ff. ( 2 7 - 2 8 ) ; st.Rspr. Vgl. O V G Saarlouis B R S 24, 2 9 0 f f . Vgl. B V e r w G E 49, 2 4 4 ( 2 5 1 - 2 5 2 ) : bei Verstoß gegen eine dem Nachbarn gegebene behördliche Zusage auf Einhaltung von ni'c/iinachbarschützenden Bestimmungen; O V G Münster B R S 27, 243ff.: bei bloß anzeigepflichtigen Vorhaben. BVerwG DVB1. 1971, 7 4 6 ff. (747); vgl. auch O V G Berlin L>\ Bi. iy 77, 90111.
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U m d e m Nachbarn die Verfolgung seiner Rechte zu ermöglichen, ist ihm die Baugenehmigung bekanntzugeben, sofern er den Umständen nach in einer baurechtlich geschützten Position berührt sein kann 6 5 2 . Ist die Bekanntgabe im Einzelfall nicht erfolgt, dann kann der Nachbar auch noch nach Ablauf der in §§ 7 0 II und 58 II V w G O vorgesehenen Jahresfrist Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung erheben 6 5 3 . Allerdings kann das Anfechtungsrecht verwirkt werden, wenn der Nachbar trotz tatsächlicher Kenntnis von der B a u m a ß nahme seine Rechte über längere Zeit hinweg nicht wahrnimmt 6 5 4 . Bei der Entscheidung über die Nachbarklage sind, abweichend von der für Anfechtungsklagen geltenden Regeln, zwischenzeitige Rechtsänderungen zugunsten des Bauherrn zu berücksichtigen 6 5 5 . D a der Bauherr in einem solchen Fall n u n m e h r einen Anspruch auf Erteilung der Bauerlaubnis hat, kann sie allein wegen ihrer ursprünglichen Rechtswidrigkeit nicht aufgehoben werden. D a der Nachbar nicht die lediglich objektive Rechtswidrigkeit der Bauerlaubnis, sondern nur die Verletzung eigener Rechte rügen kann, ergeben sich zahlreiche prozessuale Situationen, in denen Verwaltungsakte trotz festgestellter Rechtswidrigkeit vom Verwaltungsgericht „bestätigt" werden, weil es konkret an einem Anfechtungsrecht des Nachbarn fehlt 6 5 6 . Bei begründeter Nachbarklage wird das Vertrauen des Bauherrn in den Bestand der Genehmigung grundsätzlich nicht geschützt 6 5 7 . Demgegenüber sind bei der ausnahmsweise zulässigen Verpflichtungsklage auf Rücknahme einer Baugenehmigung (s. o.) die einschränkenden Voraussetzungen über die Zulässigkeit der Rücknahme von rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakten zu beachten 6 5 8 . bb) Vorläufiger Rechtsschutz: D e r vorläufige Rechtsschutz besitzt im R a h m e n der Nachbarklage eine gesteigerte Bedeutung, weil oftmals die Gefahr besteht, daß während der D a u e r des Verfahrens zur Hauptsache bereits vollendete Tatsachen geschaffen werden. Er wirft allerdings wegen der Inadäquanz der V w G O Vorschriften für die besondere Situation der nachbarrechtlichen Dreiecks-Beziehung erhebliche Probleme auf 6 5 9 . 652 653
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Zur Form der Bekanntgabe s. VGH Mannheim BaWüVBl. 1968, 93. BVerwG DVB1. 1969, 268f. und 362ff. (363); DVB1. 1970, 62ff. (64); s. auch Weigert, BayVBl. 1969,424 f. BVerwGE 44, 294 (298-301). BVerwGE 22, 129 (133); OVG Saarlouis BauR 1976, 411 ff. (412); vgl. Buhren, DVB1. 1976,68 ff. Wegen charakteristischer Konstellationen vgl. BVerwG DVB1. 1970, 65 f. (66); BVerwGE 47,19 ( 2 1 - 2 3 ) ; VGH Mannheim BRS 28,265 ff. (267). OVG Lüneburg OVGE 20, 439 u. BRS 24, 234f.; vgl. aber auch Peters, DÖV 1965, 744ff. (752-753); Bender, NJW 1966,1989ff. (1995-1996). Vgl. BVerwGE 49, 244(251). Eingehend dazu Papier, VerwArch. 64 (1973), S. 283ff. u. 399ff.; Finkelnburg, DVB1. 1977, 677ff.; Lüke, NJW 1978, 81ff.; aus dem älteren Schrifttum s. Geizer, NJW 1970, 1352ff.; Guthardt, DVB1. 1972, 567ff.; Laubinger, a . a . O . , S. 123-135; Erichsen, VerwArch. 62 (1971), S. 88ff.; ders., VerwArch. 65 (1974), S. 99ff.; Schenke, DÖV 1969,332ff.; jeweils mit Nachweisen.
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Während ein Teil der (im Eilverfahren letztinstanzlich entscheidenden) Oberverwaltungsgerichte dem klagenden Nachbarn ursprünglich einstweiligen Rechtsschutz auf dem Weg über die einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO gewährt hatten 6 6 0 , dringt im Anschluß an eine Stellungnahme des BVerwG 6 6 1 die Auffassung vor, daß der vorläufige Rechtsschutz sowohl für den Nachbarn als auch für den Bauherrn nach § 80 VwGO zu gewähren sei 662 . Das erscheint wegen der Zuordnung des Nachbarschutzes zur Anfechtungsklage dogmatisch plausibel, bereitet allerdings in der Praxis eine Reihe von Schwierigkeiten. Grundsätzlich haben die Rechtsbehelfe des Nachbarn aufschiebende Wirkung, sofern die Behörde nicht im Einzelfall die sofortige Vollziehung der Baugenehmigung anordnet. Die Baugenehmigung kann deshalb zunächst nicht ausgenutzt werden 6 6 3 . Wird die aufschiebende Wirkung nicht beachtet, dann kann der Nachbar entsprechend § 80 V VwGO eine Aussetzungsanordnung 6 6 4 und bei deren Nichtbefolgung eine Verpflichtung der Behörde zur Stillegung des Baus 6 6 5 erreichen. Umgekehrt hat der Bauherr die Möglichkeit, durch eine gerichtliche Entscheidung aufgrund verfassungskonformer Ergänzung des § 80 V in Verbindung mit § 80 II Nr. 4 VwGO die Behörde zur Anordnung der sofortigen Vollziehung der Baugenehmigung zu verpflichten 666 . Ihm steht jedenfalls dann ein Anspruch auf sofortige Vollziehung zu, wenn der Rechtsbehelf des Nachbarn offensichtlich unbegründet ist oder wenn der Nachbar nicht schon durch die Errichtung der genehmigten Anlage, sondern allenfalls erst durch ihren späteren Betrieb beeinträchtigt würde und er deshalb kein Aussetzungsinteresse geltend machen kann 6 6 7 .
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Statt vieler s. VGH Kassel D Ö V 1964, 783ff. ( 7 8 4 - 7 8 5 ) ; OVG Münster OVGE 20, 43 ( 4 5 - 4 6 ) ; vgl. auch Peters, D Ö V 1965, 744ff. ( 7 5 0 - 7 5 2 ) ; Geizer, D Ö V 1965, 793ff. (794-795). BVerwG DVB1. 1969,269ff. Vgl. etwa OVG Lüneburg OVGE 21, 450 u. NJW 1970, 963; OVG Koblenz NJW 1977, 595 ff. (596). Beachtung verdient der eingehend begründete Beschluß des VGH Mannheim BRS 2 8 , 2 9 2 ff., mit zahlreichen Nachweisen. VGH Mannheim BRS 28, 292ff. (293), mit Nachweisen; OVG Koblenz NJW 1977, 595 ff. (596): h. M.; a. A. OVG Lüneburg DVB1. 1978,733 ff. ( 7 3 4 - 7 3 5 ) . Eingehend zum Problem Papier, VerwArch. 64 (1973), S. 399ff. ( 3 9 9 - 4 0 5 ) ; Hoffmann, D Ö V 1976,371 ff. Vgl. VGH München BayVBl. 1975, 561 f.; OVG Saarlouis DVB1. 1977, 431 Nr. 106; OVG Münster D Ö V 1977, 336 Nr. 44. So überzeugend VGH Mannheim BRS 28, 292ff. (295); Papier, a. a. O., S. 414 (mit weiteren Nachweisen in Fußn. 147); Lüke, NJW 1978, 81 ff. (84); vgl. auch OVG Saarlouis BRS 30 Nr. 149. Streitig. Wie hier Heinrich, GewArch. 1975, 67 f. (68); a. A. bisher die überwiegende Praxis, z. B. OVG Koblenz ET 1976, 540ff. (541).
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IV. Raumordnungsrecht 1. Begriff und Entwicklung der Raumordnung Raumordnung ist entstanden als Versuch, die ständig wachsenden individuellen und sozialen Anforderungen an die Nutzung des Raums mit den tatsächlichen Gegebenheiten des vorhandenen — knappen und nicht vermehrbaren - Raums in optimaler Weise zu harmonisieren. Sie erfüllt damit eine der wesentlichen Aufgaben des modernen Sozialstaats. Sie beinhaltet zugleich Gestaltung der Gegenwart und Vorsorge für die Zukunft. a) Begriffsklärung: Eine gesetzliche Definition des Begriffs der Raumordnung fehlt bisher. Das Bundesraumordnungsgesetz und die Planungsgesetze der Länder setzen ihn voraus. Sie beschränken sich im wesentlichen darauf, die allgemeinen Aufgaben und Ziele der Raumordnung zu bestimmen 6 6 8 . Auch die Rechts- und Verwaltungswissenschaft konnte trotz mancher Bemühungen 6 6 9 noch keine einheitliche Terminologie entwickeln 670 . Ursächlich dafür ist der komplexe Charakter der Raumordnung. Der Begriff der Raumordnung enthält eine statische und eine dynamische Komponente 6 7 1 . Statisch ist er insofern, als er sich auf einen bestimmten Zustand des Raums bezieht: entweder auf einen faktisch gegebenen, „natürlichen" Zustand oder aber auf einen erst noch zu schaffenden „idealen" Zustand. Die dynamische Komponente der Raumordnung umfaßt die Gesamtheit der Maßnahmen, die darauf abzielen, die Leitbilder eines anzustrebenden „idealen" Zustands des Raums zu entwickeln und die Voraussetzungen für ihre Verwirklichung zu schaffen. Für die rechtswissenschaftliche Betrachtung steht der dynamische Aspekt im Vordergrund. Für ihn hat sich vielfach die Bezeichnung Raumordnungspolitik eingebürgert. Die Raumordnungspolitik steht im Dienst einer doppelten Aufgabe 6 7 2 . Sie wirkt integrierend, insofern als sie die Leitvorstellungen für eine übergreifende Ordnung des Raums entwickelt und ihre Verwirklichung anstrebt. Sie wirkt zugleich koordinierend, insofern als sie die raumbedeutsamen Maßnahmen der
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§§ 1, 2 ROG; § 1 bad.-württ. LPlanG; Art. 1 bay. LPlanG; § 1 hess. LPlanG; § 1 nieders. ROG; § 1 nordrh.-westf. LPlanG; § 1 rheinl.-pfälz. LPlanG; § 1 saarl. LPlanG; § 1 schlesw.-holst. LPlanG. S. etwa die terminologischen Versuche bei W. Zinkahn / W. Bielenberg, RaumordnungsG des Bundes, § 1 Rdnr. 1; Ernst / Hoppe, a. a. O., § 1.1, Tz. 1 ff. Vgl. Brügelmann, ROG, Bern. I 2 a vor § 1. Dazu s. Dittrich, Versuch eines Systems der Raumordnung, S. 5; Hoffmann, Die Entwicklung der Raumordnung und Landesplanung bis zum Bundesraumordnungsgesetz und der Raumordnungsbericht 1966 der Bundesregierung, 1968, S. 1; Behrens, Allgemeine Standortbestimmungslehre, S. 109. Zur näheren Auffächerung dieser Aufgabe s. Jacob, DVB1. 1968, 929ff.
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verschiedenen Träger - insbesondere von Bund, Ländern, Kommunalverbänden und Gemeinden sowie der von diesen Trägern gebildeten Planungsgemeinschaften — aufeinander abstimmt und Kollisionen ausgleicht. U n t e r diesen Voraussetzungen läßt sich der Begriff der R a u m o r d n u n g in Anlehnung an das Gutachten des B V e r f G zum Bundesbaugesetz 6 7 3 definieren als die zusammenfassende, überörtliche und überfachliche O r d n u n g des R a u m s aufgrund von vorgegebenen oder erst zu entwickelnden Leitvorstellungen 6 7 4 . ohne Das zentrale Instrument der R a u m o r d n u n g bildet die Raumplanung675, daß aber - wie das vielfach geschieht - beide Begriffe synonym gebraucht werden dürfen. Es haben sich dabei in der Rechtsentwicklung vier Planungsstufen676 herausgebildet: 1. die Burtdesplanung (Bundesraumordnung im engeren Sinne), 2. die Landesplanung, 3. die Regionalplanung, 4. die Ortsplanung (Bauleitplanung) 6 7 7 . D a die vier Planungsstufen auf denselben R a u m , nämlich das Territorium der Bundesrepublik Deutschland, bzw. auf Teile dieses R a u m s bezogen sind, ergibt sich zwangsläufig die Aufgabe, sie in ein geschlossenes Verfahrens- und Rechtssystem einzubeziehen. Diese A u f g a b e ist im wesentlichen durch das Raumordnungsgesetz, das Bundesbaugesetz und die Landesplanungsgesetze gelöst worden. Eines der wesentlichen Anliegen dieser Gesetze geht dahin, die Planung der unteren Stufen, insbesondere die örtliche Planung, so mit derjenigen der höheren Stufen zu verzahnen, daß einerseits die übergeordnete Planung nicht von unten her durchkreuzt werden kann, andererseits aber die unteren Stufen nicht über G e b ü h r in ihrer (bei Ländern und Gemeinden verfassungsrechtlich verbürgten) Eigenentfaltung beeinträchtigt werden. Die R a u m o r d n u n g ist auf allen Stufen überfachlich, da sie nicht nur die Belange eines einzelnen Sachbereichs - etwa Verkehr, Industrie, Landwirtschaft, Bildungswesen - berührt, sondern sich auf die Gesamtstruktur ausrichtet. Ihre A u f g a b e ist es gerade, die verschiedenartigen Interessen und Bedürfnisse in einer einheitlichen Konzeption zu koordinieren und sie auf einen bestimmten R a u m zu projizieren 6 7 8 . Schließlich rechtfertigt die R a u m o r d n u n g auf den oberen Stufen das Begriffsmerkmal „zusammenfassend", weil sie eine Gesamtkonzeption in F o r m der Raumordnungspläne 6 7 9 erarbeiten soll, innerhalb deren sich die Fachplanungen und die Ortsplanungen entfalten können 6 8 0 . 673 674 675
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BVerfGE 3,407 (425). Vgl. auch Brügelmann, a. a. O., Bern. 1 2 c (a. E.) vor § 1. Vgl. Wegener, Raumplanung aus rechtlicher und rechtssoziologischer Sicht, VerwArch. 65 (1974), S. 31 ff. Wagener, DVB1. 1970, 93 ff. (93); Brügelmann, a. a. O., § 1 Anm. III. 4. Zur Bauleitplanung s. oben Abschn. II. Sie bleibt im folgenden ausgeklammert. Dazu näher Graf Finckenstein, DÖV 1969, 56ff. §§ 4 III, 5 1 2 ROG; zur Planungs- und Koordinierungsfunktion vgl. Graf Finckenstein, DÖV 1969, 56ff. ( 5 6 - 5 8 ) . G. Brenken / A. Schefer, Hdb. der Raumordnung und Planung, S. 132.
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b) Allgemeine Charakterisierung: Raumordnung und Landesplanung haben sich als sog. Auffangplanung entwickelt 681 , d. h. sie stellten eine abstrakte rechtliche Ordnung des Raums zur Verfügung, um die künftige Raumnutzung zu kanalisieren. Sie wirkten jedoch nicht aktiv gestaltend darauf hin, daß die abstrakt vorgesehene Nutzungsart auch tatsächlich verwirklicht wurde. Das blieb vielmehr individuellen Entschlüssen, sei es privater Grundeigentümer und Bauherren oder sei es öffentlicher Stellen (z. B. Gemeinden, Straßenbaubehörden) überlassen. Die heute geltenden Regeln der Raumordnung sind noch in erheblichem Maße von diesem vorwiegend passiven Leitbild geprägt 682 . Demgegenüber wird seit einer Reihe von Jahren zunehmend die Notwendigkeit aktiv gestaltender, „strategischer" Planung der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung erkannt. Auf Landesebene hat man bereits eine Reihe von globalen Strukturprogrammen aufgestellt 683 , die Zahl von kleineren Entwicklungsplänen und -programmen ist kaum noch zu übersehen. Diese neuere Entwicklungsplanung bedient sich der verschiedensten Instrumente. Im Vordergrund steht dabei die Investitionsplanung und der gezielte Einsatz finanzieller Mittel 684 . Eine der wesentlichen rechtspolitischen Aufgaben auf dem Gebiet der Raumordnung und Landesplanung wird darin bestehen, ihre Rechtsformen und Instrumente so fortzubilden, daß sie den Gegebenheiten und Bedürfnissen der modernen Entwicklungsplanung gerecht werden 6 8 5 . c) Geschichtliche Entwicklung686: Die Problematik der Raumordnung erwuchs historisch aus der Beziehung der größeren Städte zu ihrem Umland 6 8 7 . Die mit der Industrialisierung zunehmende Verdichtung der Bevölkerung ließ in einigen bevorzugten Gebieten Siedlungsgebilde entstehen, die über die gemeindlichen und Ländergrenzen hinausgingen und großräumige Lösungen, insbesondere 681
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G. Albers, Über das Wesen der räumlichen Planung. Versuch einer Standortbestimmung, Stadtbauwelt 1969, lOff. (12); Th. Sieverts, in: Welttag des Städtebaus, 1969, S. 39f. Zur entsprechenden Situation bei der Bauleitplanung s. o. Abschn. II. unter Ziff. 3 c, cc. U . a . Entwicklungsprogramm Ruhr 1 9 6 8 - 1 9 7 3 und Nordrhein-Westfalen-Programm 1975, beide hrsg. von der Landesregierung Nordrhein-Westfälen, 1968 bzw. 1970; Entwicklungsplan des Landes Niedersachsen für die Jahre 1970 bis 1979, hrsg. vom Niedersächsischen Ministerpräsidenten, 1969; Großer Hessenplan, hrsg. vom Hessischen Ministerpräsidenten, seit 1965 (dazu W. Hüfner, in: Planung III, 1968, S. 205 ff.). S. dazu - für den ökonomischen Teilbereich - Friauf, öffentlicher Haushalt und Wirtschaft, VVDStRL 27 (1969), S. l f f . (insb. 11 ff.). Dazu Wagener, DVB1. 1970, 93 ff. Zum folgenden s. eingehender Franz, Art. „Raumplanung in der Geschichte", in: Handwörterbuch der Raumforschung und Raumordnung, Bd. II, 1970, S. 2554ff.; Niemeier, Zur historischen und gedanklichen Entwicklung der Landesplanung, Verwaltung 1 (1968), S. 129ff.; Ernst, in: Planung III, hrsg. von J. H. Kaiser, 1968, S. 129ff. ( 1 3 2 138); Behrens, a.a.O., S. 1 1 6 - 1 2 3 ; G. Brenken / A. Schefer, a . a . O . , S. 1 7 9 - 1 8 0 ; Brügelmann, a. a. O., Einleitung I; W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O., Einleitung S. 1 - 1 0 ; Ernst / Hoppe, a. a. O., § 1.2, Tz. U f f . Allgemein zum Stadt-Umland-Problem s. Rothe, DVB1.1969, 784 ff.
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für die Fragen der weiteren Besiedlung, des Verkehrs und der Versorgung erforderten. Die jeweilige Großstadt dehnte sich in den Bereich der angrenzenden Gemeinden hinein aus und bewirkte zugleich durch ihre Ausstrahlungskraft, daß das Umland strukturell von ihr abhängig wurde. Da hiervon regelmäßig verschiedene Gemeindegebiete betroffen waren, verlief diese Entwicklung ungeordnet. Die Folge war eine sinnlose Zersplitterung des Landes. Abhilfe konnte nur durch eine überörtliche Zusammenarbeit im Raum geschaffen werden: Straßenplanung, Nahverkehr, Wasser- und Energieversorgung, Abwasserbeseitigung u. ä. durften nicht länger an den Gemarkungsgrenzen haltmachen, nachdem die wirtschaftliche und soziale Entwicklung diese Grenzen längst hinter sich gelassen hatte. aa) Entwicklung der Landesplanung bis zum Kriege: Erste Ansätze zu einer Raumordnung zeigten sich bereits vor dem 1. Weltkrieg. Den Vorläufer bildete im Jahre 1910 die sogenannte Grünflächenkommission im RegBez. Düsseldorf. Zwei Jahre später folgte der Zweckverband Großberlin, in dem aufgrund eines preußischen Sondergesetzes die umliegenden Groß- und Mittelstädte, Landkreise und Gemeinden mit der Reichhauptstadt zusammengeschlossen wurden. 1920 wurde der Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk gegründet. Gegen Ende der Weimarer Zeit bestanden schon etwa zwanzig Planungsverbände, die allerdings regelmäßig nicht großräumige Landesplanungen, sondern vielmehr begrenzte Stadt-UmlandProbleme zu lösen hatten. Der NS-Staat änderte an dieser Entwicklung nichts Grundsätzliches. Das Landbeschaffungsgesetz von 1935 688 verfolgte aber mehr militärische als raumordnerische Ziele (Bau des Westwalls und der Autobahn). bb) Ansätze nach dem 2. Weltkrieg bis zum Bundesraumordnungsgesetz: In der Nachkriegszeit setzte sich die Einsicht in die Notwendigkeit einer umfassenden Raumordnung und Landesplanung alsbald durch 689 . Ursächlich dafür waren u. a. die durch den Flüchtlingszustrom verstärkte Bevölkerungsdichte, die Notwendigkeit eines umfassenden Wiederaufbaus, ein immer stärker werdender Trend zur industriellen und siedlungsmäßigen Ballung und schließlich die Bildung neuer Kernräume aufgrund engerer Verflechtungen im Rahmen der EWG 6 9 0 . Die in den Jahren 1948/52 in den einzelnen Ländern ergangenen Aufbaugesetze 6 9 1 sahen deshalb eine Abstimmung der gemeindlichen mit der überörtlichen Planung vor. Dazu wurden im Laufe der Zeit unterschiedlich strukturierte Landesplanungsbehörden geschaffen. Diese erste Etappe der Raumordnung war durch ein Ringen um politische Anerkennung gekennzeichnet 692 . Es war zunächst das Mißtrauen zu überwinden, das jegliche Planung als Verstoß gegen den Geist einer freiheitlichen Wirtschafts688
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Gesetz über die Regelung des Landbedarfs der öffentlichen Hand vom 29. März 1935 (RGBl. IS. 468, berichtigt S. 514). S. näher Hoffmann, Die Entwicklung der Raumordnung a. a. O. Zu diesen Ursachen s. im einzelnen das Gutachten des Sachverständigenausschusses für Raumordnung, 1961, S. 1 6 - 2 1 ; G. Müller, Raumordnung in Bund, Ländern und Gemeinden, 1965, S. 10ff.; Behrens, a. a. O., S. 123ff„ 136ff. Nachweise oben Abschn. I., Fußn. 9. S. hierzu Jakob, DVB11969, 677 ff.
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und Gesellschaftsordnung ansah 6 * 3 . So blieben die beiden Landesplanungsgesetze, die in den 50er Jahren in Nordrhein-Westfalen 6 9 4 und in Bayern 6 9 5 erlassen wurden, Einzelfälle. Das politische Klima änderte sich erst, als die Bundesregierung in einer Erklärung vom November 1961 anerkannt hatte, daß die R a u m o r d n u n g als ein notwendiger Bestandteil einer verantwortungsbewußten Wirtschaftspolitik angesehen werden müsse 6 9 6 . Mit dieser Anerkennung begann die zweite E t a p p e der R a u m o r d n u n g in der Bundesrepublik, die ihren sichtbaren Ausdruck in d e m Erlaß der verschiedenen Landesplanungsgesetze fand 6 9 7 . Den vorläufigen Abschluß der Entwicklung bildet das am 8. April 1965 erlassene R a u m o r d nungsG 6 9 8 , mit d e m der Bund die ihm nach Art. 75 Nr. 4 G G zustehende R a h mengesetzgebungskompetenz ausgeübt hat.
2. Das Raumordnungsgesetz des Bundes a) Rechtsqualität: Das Raumordnungsgesetz enthält Vorschriften unterschiedlicher Rechtsqualität 6 9 9 . Verschiedene Vorschriften gelten nur für den Bundesbereich 7 0 0 , andere beziehen sich ausschließlich auf den Landesbereich 7 0 1 . Eine Reihe von Bestimmungen erzeugen in Bund und Ländern unterschiedliche Wirkung: Im Bund sind sie für alle Behörden unmittelbar verbindlich, gegenüber den Ländern wirken sie dagegen als bloße Anweisungsnormen, die lediglich die Landesplanungsbehörden binden und erst durch eine landesrechtliche Umsetzung allgemeine Verbindlichkeit im Landesbereich erlangen 7 0 2 . Schließlich ermächtigt das Gesetz die Länder, Durchführungsmaßnahmen zu treffen 7 0 3 . Formelle Organisations- und Verfahrensnormen wechseln mit materiell-rechtlichen Raumordnungsgrundsätzen ab. b) Verfassungsrechtliche Fragen: D e r U m f a n g der R a h m e n k o m p e t e n z , die d e m Bundesgesetzgeber nach Art. 75 Nr. 4 G G zusteht, war zunächst heftig umstritten 7 0 4 . Einige Länder wollten dem Bund nur das Recht zum Erlaß von Organisa693
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Noch im Jahre 1955 vertrat das Bundeswirtschaftsministerium die Auffassung, Raumordnung sei mit der Marktwirtschaft nicht vereinbar; Jacob, DVB1. 1969, 677 ff. Gesetz vom 11. März 1950 (Gs. N W S . 449). Gesetz vom 21. Dez. 1957 (GVB1. S. 323). Ernst, Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung, Nr. 2 6 / 1962, S. 2 1 3 f . Vgl. die in der Gesetzesübersicht aufgeführten Landesplanungsgesetze. BGBl. I S . 306. Vgl. Brügelmann, a. a. O., Einleitung III 2 - 3 . §§ 3 1 ; 4 1 , II; 9; 11 R O G . §§ 2 III; 3 II; 4 III, IV; 5 I—III; 6; 7 III; 10 III R O G . §§ 211; 3 III; 5 IV R O G . §§ 2 III; 3 II; 4 III, V letzter Satz; 7 III R O G . Vgl. hierzu Halstenberg, Bund und Raumordnung, in: Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd. 27 (1965), S. 25 ff.; Jacob, DVB1. 1968, 9 2 9 f f . u. DVB1. 1969, 6 7 7 f f . (678); v. d. Heide, DVB1. 1969, 229 ff.
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tions- und Verfahrensregelungen zugestehen. Eine derart beschränkte Kompetenz hätte nicht ausgereicht, um eine effektive Raumordnung für das gesamte Bundesgebiet einzuleiten und durchzuführen 7 0 5 . Erst das BVerfG hat in seinem grundlegenden Gutachten über die Zuständigkeit des Bundes zum Erlaß eines Bundesbaugesetzes 706 die Rechtslage erklärt. Es geht davon aus, daß die Raumordnung nicht an den Grenzen der Länder haltmachen könne: „Erkennt man Raumordnung als eine notwendige Aufgabe des modernen Staates an, dann ist der größte zu ordnende und zu gestaltende Raum das gesamte Staatsgebiet. Im Bundesstaat muß es also auch eine Raumplanung für den Gesamtstaat geben. Die Zuständigkeit zu einer gesetzlichen Regelung kommt nach der Natur der Sache dem Bund als eine ausschließliche und Vollkompetenz zu. So ergibt sich also, daß der Bund regeln könnte: (1) kraft ausschließlicher Kompetenz die Bundesplanung vollständig; (2) kraft konkurrierender Rahmenkompetenz die Raumordnung der Länder in ihren Grundzügen; (3) kraft konkurrierender Vollkompetenz die städtebauliche Planung vollständig 707 . Mit dieser Klarstellung war der Weg für den Erlaß des R O G geebnet. Heute wird die Kompetenz des Bundes, soweit der Erlaß des Gesetzes selbst in Frage steht, nicht mehr ernsthaft bestritten 708 . Problematisch geworden ist dagegen später Inhalt und Umfang der Befugnis des Bundes zur Entwicklung eines eigenen Bundesraumordnungsprogramms709. Ein solches Programm 7 1 0 wurde erstmals im Jahre 1975 durch die Ministerkonferenz für Raumordnung (§ 8 R O G ) verabschiedet 7 1 1 . Auf Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werden. Festzuhalten ist, daß das Bundesrecht die planerische Gestaltungsfreiheit der Länder in erheblichem Maße einschränkt. Zwar überläßt es ihnen die Vollzugsregelung und gestattet ihnen, zusätzliche Grundsätze der Raumordnung aufzustellen 712 . Entscheidend fällt aber demgegenüber ins Gewicht, daß die Landesplanung unmittelbar und strikt an die Raumordnungsgrundsätze des § 2 I R O G gebunden ist 713 . Diese Grundsätze 705
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Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zum Raumordnungsgesetz, BTDrucks. IV/1204, S. 7; Halstenberg, a.a.O., S. 30; W. Zinkahn / W. Bielenberg, a.a.O., Einleitung Rdnr. 11. Vom 16. Juni 1954. BVerfGE 3 , 4 0 7 (428). S. die Nachweise bei Jacob, DVB1.1968, 929 ff.; W. Zinkahnl W. Bielenberg, a. a. O. S. die Initiative des Bundestags vom 3. Juli 1969, Sten. Berichte V. Wahlperiode, S. 13851 ff.; BTDrucks. V/4372; ferner B. Dietrichs / K.-H. Hübler, D Ö V 1969, 657 ff. Zur Kompetenzfrage Schefer, DVB1. 1970,98 ff. Raumordnungsprogramme für die großräumige Entwicklung des Bundesgebietes (Bundesraumordnungsprogramm), BT-Drucksache VII/3584 vom 30. April 1975. Dazu eingehend Battis, Rechtsfragen zum Bundesraumordnungsprogramm, JZ 1976, 73 f. Buchsbaum, Das Bundesraumordnungsprogramm und seine Verbindlichkeit, D Ö V 1975, 545 ff. § 2 III ROG. § 3 II 1 ROG.
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schlagen damit in den Landesbereich durch. Nach § 1 IV BBauG regulieren sie auch die gemeindliche Bauleitplanung 714 . c) Aufgaben der Raumordnung: § 1 ROG normiert unter der Überschrift „Aufgaben und Ziele der Raumordnung" in Form von Generalklauseln eine Reihe von allgemeinen Grundsätzen 715 . Er umschreibt insbesondere die Grundaufgabe der Raumordnung: das Bundesgebiet in seiner allgemeinen räumlichen Struktur einer Entwicklung zuzuführen, die der freien Entfaltung der Persönlichkeit in der Gemeinschaft am besten dient. Dabei sollen die natürlichen Gegebenheiten sowie die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Erfordernisse beachtet werden. Die Raumordnung hat die gesamtdeutschen Belange zu berücksichtigen und die räumlichen Voraussetzungen für die Zusammenarbeit im europäischen Raum zu schaffen. Damit werden die Zielvorstellungen der Raumordnung betont an den allgemeinen staatspolitischen Grundwerten ausgerichtet. Diese Regelungen dürfen allerdings nicht zu dem Irrtum verleiten, es handele sich bei der planerischen Tätigkeit im wesentlichen um einen bloßen Gesetzesvollzug. Die gesetzlich niedergelegten Grundsätze bilden nur ein recht weitmaschiges Koordinatensystem. Ihre Anwendung auf den Einzelfall führt überdies nicht selten zu Überschneidungen und Zielkonflikten. Deshalb ist auf allen Planungsebenen stets eine wertende Entscheidung notwendig. Sie hat die vorgegebenen Koordinaten zu beachten, ist im übrigen aber autonom. Erst durch sie wird jeweils das allgemeine Leitbild in klar umrissene Ziele für den jeweils im Einzelfall zu ordnenden Raum ausgeformt 716 . d) Grundsätze der Raumordnung: Die recht abstrakten Leitlinien des § 1 R O G werden in § 2 I R O G durch neun stärker konkretisierte, aber immer noch sehr weite und ausfüllungsbedürftige materiellrechtliche Grundsätze der Raumordnung ergänzt. Diese Grundsätze geben Regeln der Raumordnungspolitik wieder, die aus der praktischen Erfahrung gewonnen sind und die teilweise schon früher verstreut in einzelnen Gesetzen niedergelegt waren 717 . Sie müssen von sämtlichen Behörden 714
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Dazu Lang, Auswirkungen der Ziele der Raumordnung und Landesplanung auf die örtliche Bauleitplanung, in : Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd. 27 (1965), S. 93 ff.; Stich, Rechtsschutzprobleme gegen Maßnahmen der Landes- und Regionalplanung, ebendort, S. 124ff. (132ff.); Mang, BayVBl. 1967, 365ff.; Halstenberg, Die Verzahnung von Bundesraumordnung, Landesplanung und gemeindlicher Bauleitplanung, 1966; Bielenberg, D Ö V 1969, 376ff.; OVG Lüneburg D Ö V 1969, 642ff. (im Hinblick auf § 1 III BBauG a. F.). Der hier verwandte Begriff der „Ziele" ist nicht mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung i. S. des § 5 II ROG identisch. Die letzteren ergeben sich nicht aus dem ROG, sondern werden ausschließlich von den Ländern in Plänen und Programmen niedergelegt. S. Brügelmann, a. a. O. § 1 Anm. I 4c, dd. S. auch W. Zinkahn I W. Bielenberg, a. a. O. § 1 Rdnr. 4. Vgl. etwa §§ 37 II FlurbereinigungsG; 16 BFernstraßenG; 1 III SchutzbereichsG; 1 II LandbeschaffungsG; 36 WasserhaushaltsG; 6 , 3 0 LuftverkehrsG.
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der unmittelbaren und der mittelbaren Bundesverwaltung bei allen Planungen und bei sonstigen raumbedeutsamen Maßnahmen beachtet werden 718 und sind außerdem für die Landesplanung verbindlich 719 . Dabei ist jeweils eine sachgerechte Abwägung zwischen den teilweise gegenläufigen Anforderungen geboten 720 . aa) Allgemeiner Überblick: Die im Katalog des § 2 I Nr. 1 - 9 R O G aufgeführten Grundsätze geben heterogene Zielvorstellungen wieder 721 . Einzelne sind gesellschafts- oder raumpolitisch motiviert, andere entsprechen vorwiegend fachplanerischen Belangen. Die meisten können generell im gesamten Bundesgebiet angewandt werden; einige beziehen sich dagegen lediglich auf Teilräume. Sämtliche Grundsätze stehen gleichrangig nebeneinander. Abweichend von dieser Regel hat das Gesetz lediglich dem Grundsatz Nr. 4, der eine Stärkung der Leistungskraft und der Infrastruktur des Zonenrandgebietes verlangt, einen Vorrang zuerkannt 722 . bb) Die Raumordnungsgrundsätze im einzelnen: Nr. 1 enthält einen allgemeinen Grundsatz für die räumliche Entwicklung in allen Gebietsteilen der Bundesrepublik. Danach soll die räumliche Struktur der Gebiete mit gesunden Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie ausgewogenen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Verhältnissen gesichert und weiterentwickelt werden. In Gebieten, in denen eine solche Struktur bisher nicht besteht, sollen Maßnahmen zur Strukturverbesserung ergriffen werden 723 . Nr. 2 des Katalogs, eine im Gesetzgebungsverfahren besonders umstrittene Bestimmung, fordert eine gesunde Verdichtung von Wohn- und Arbeitsstätten, die dazu beiträgt, räumliche Strukturen mit gesunden Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie ausgewogenen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Verhältnissen zu schaffen oder zu erhalten 724 . Nr. 3 regelt Maßnahmen der Strukturpolitik für Gebiete, die hinter der allgemeinen Entwicklung des Bundesgebietes zurückgeblieben sind 725 . Nr. 4 sieht vorrangige Förderungsmaßnahmen für die Zonenrandgebiete vor. Sie sollen eine ökonomische, soziale und kulturelle Struktur erhalten, die derjenigen des übrigen Bundesgebietes mindestens gleichwertig ist.
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§ 3 I R O G . 7 1 9 § 3 II R O G . 7 2 0 § 2 II R O G . Duppre, Ziele der Raumordnung und Landesplanung. Eine Übersicht über die Planungsaufgaben, in: Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd. 27 (1965), S. 7 f f . ( 1 6 - 2 1 ) ; Brügelmann, a. a. O., Anm. II 3 a vor §§ 2, 3; W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O. § 2 Rdnr. 2 - 1 0 . Brügelmann, a. a. O. Bern. II 3 b vor § 2 und § 2 A n m . IV; W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O. § 2 Rdnr. 1. Zu den Anforderungen an eine „gesunde Struktur" s. im einzelnen den Ausschußbericht, BTDrucks. I V / 3 0 1 4 , zu § 2; ferner Sachverständigengutachten für Raumordnung, S. 75 und 76. Vgl. näher Duppre, a. a. O. S. 1 7 - 1 8 ; konkrete Anwendungsfälle bei v. d. Groeben, Beispiele staatlicher Planung im Flächenstaat, in: Planung III, 1968, S. 173 ff. Dazu s. den Ersten Raumordnungsbericht der Bundesregierung, BTDrucks. I V / 1 4 9 2 , S. 16; W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O. § 2 Rdnr. 4.
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Nr. 5 trifft besondere Bestimmungen für den Schutz der land- und forstwirtschaftlichen Bodennutzung. Die übermäßige Abwanderung aus den ländlichen Gebieten soll verhindert werden. Nr. 6 wirkt auf eine Gesundung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in den großen Ballungszentren hin 726 . Nr. 7 behandelt in sehr allgemeiner Form die Erhaltung, den Schutz und die Pflege der Landschaft und des Waldes; die Sicherung und Gestaltung von Erholungsgebieten; die Reinhaltung des Wassers und die Sicherung der Wasserversorgung; die Reinhaltung der Luft und den Schutz der Allgemeinheit vor Lärmbelästigungen 727 . Die Bestimmung bedeutet kaum mehr als eine generelle Aufforderung an die Bundesbehörden, bei ihren Einwirkungen auf den Raum diese Belange mit zu beachten, und einen an die Adresse der Länder gerichteten Appell, weitere Detailregelungen zu treffen 7 2 8 . Nr. 8 verpflichtet die Raumordnung, die landsmannschaftliche Verbundenheit sowie die geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge zu berücksichtigen. Diese Vorschrift weist eine deutliche Parallele zu dem Neugliederungsgrundsatz in Art. 29 I GG auf. Sie will insbesondere verhüten, daß historisch gewachsene, landsmannschaftlich strukturierte Siedlungsformen zerstört werden 729 . Nr. 9 schreibt schließlich die Beachtung der Erfordernisse der zivilen und der militärischen Verteidigung vor. e) Geltung und Verwirklichung der Raumordnungsgrundsätze: aa) Geltung der Raumordnungsgrundsätze: Die in § 2 I R O G normierten Raumordnungsgrundsätze erzeugen gegenüber Bund und Ländern eine unterschiedliche Bindungswirkung. Für den Bundesbereich besteht eine unmittelbare Verbindlichkeit. Nach § 3 I R O G gelten sie unmittelbar für sämtliche Behörden des Bundes, für die bundesunmittelbaren Planungsträger und die bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stifungen des öffentlichen Rechts. Sie greifen durch bei Planungen und bei sonstigen Maßnahmen, durch die Grund und Boden in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung eines Gebiets beeinflußt wird. In den Ländern gelten die Raumordnungsgrundsätze dagegen kraft Bundesrechts unmittelbar nur für die Landesplanung 730 , deren Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich sich aus dem jeweiligen Landesrecht ergibt. Eine Bindung der übrigen Landesbehörden und der landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie der Gemeinden und Gemeindeverbände tritt erst ein, wenn und soweit die Grundsätze in die Programme und Pläne des
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Duppre, a. a. O. S. 18; Brügelmann, a. a. O., § 2 I Nr. 6 Anm. I 1; W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O. § 2 Rdnr. 7. Brügelmann, a. a. O. § 2 I Nr. 7; W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O. § 2 Rdnr. 8. Duppre, a. a. O. S. 19. Vgl. Duppre, a. a. O. S. 1 8 - 1 9 ; ferner Brügelmann, a. a. O. § 2 I Nr. 8 Anm. 2; W. Zinkahn I W. Bielenberg, a. a. O. § 2 Rdnr. 9. § 3 II 1 ROG.
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Landes übernommen und zu Zielen der Raumordnung und Landesplanung 731 verdichtet worden sind 732 . Es bleibt den Ländern vorbehalten, durch Gesetz eine weiterreichende Geltung der Grundsätze anzuordnen 733 . Der Landesgesetzgeber könnte demnach auch eine unmittelbare Verbindlichkeit für alle Landesbehörden vorsehen 734 . Die Geltung der Raumordnungsgrundsätze ist auf den staatsinternen Bereich beschränkt. Der einzelne Bürger wird von ihnen nicht betroffen. Das ergibt sich bereits aus dem Wesen der überörtlichen Planung, ist aber überdies zur Klarstellung vom Gesetz ausdrücklich ausgesprochen worden 735 . Umgekehrt lassen sich aus ihnen auch keine Ansprüche einzelner auf ein bestimmtes raumordnungspolitisches Verhalten des Bundes bzw. der Länder oder auf die Gewährung von öffentlichen Förderungsmitteln und Entschädigungen herleiten 736 . Allerdings können sie gewisse mittelbare Rechtswirkungen erzeugen 737 , und zwar vor allem durch die Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe 738 und durch eine Lenkung des behördlichen Ermessens. bb) Verwirklichung der Raumordnungsgrundsätze: An der Verwirklichung der Raumordnungsgrundsätze sind Bund und Länder beteiligt. Dabei liegt das Schwergewicht aus verfassungsrechtlichen Gründen bei den Ländern. Da die Verwirklichung der Grundsätze ihrem Wesen nach zur Exekutive gehört, steht sie nach den Regeln der Art. 83 ff. GG den Ländern zu. Das Gesetz konnte freilich im Interesse der einheitlichen Entwicklung des Bundesgebiets nicht völlig auf eine Zuständigkeit des Bundes verzichten. Es sichert dabei aber durch eine Vorbehaltsklausel den Kompetenzbereich der Länder 739 . Für den Bund hat der zuständige Bundesminister 740 auf die Verwirklichung der Vorschriften des § 2 I R O G hinzuwirken, und zwar insbesondere durch die Abstimmung der raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen und des Einsatzes raumwirksamer Investitionen. Darüber hinaus hat er die langfristigen und großräumigen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zusammenfassend darzustellen. Ferner hat die Bundesregierung darauf hinzuwirken, daß die juristi731
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735 736 737
738 739 740
Dazu H. D. Schultze, Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung als Rechtsbegriff, 1973; Mayer / Heibig, Ziele der Raumordnung und Landesplanung, BayVBl. 1975, 163 ff.; vgl. auch VGH München BayVBl. 1975,168 ff. § 5 IV in Verb, mit § 4 V ROG. § 3 II 4 ROG. Wegen näherer Einzelheiten vgl. Brügelmann, a. a. O. Erläuterungen zu § 3; W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O. Erläuterungen zu § 3; Müller, Raumordnung, S. 5 1 - 5 2 ; Ernst / Hoppe, a. a. O. § 2.4, Tz. 61 ff. § 3 III ROG. Vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 3 III ROG, BTDrucks. IV/1204. Dazu Brügelmann, a. a. O. § 3 Anm. IX 4 b; W. Zinkahn / W. Bielenberg, a. a. O. § 3 Rdnr. 12. Vgl. die Parallele beim Flächennutzungsplan, oben Abschn. II. 3 b, cc. § 4 1 1 ROG; „. . . unbeschadet der Aufgaben und Zuständigkeiten der Länder . . .". Die Zuständigkeit hat mehrfach zwischen dem Innenminister und dem Wohnungsbauminister gewechselt.
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sehen Personen des Privatrechts, an denen der Bund beteiligt ist, im Rahmen der ihnen obliegenden Aufgaben die im Gesetz festgelegten Ziele und Grundsätze beachten 7 4 1 . Auf Landesebene werden die Grundsätze dadurch verwirklicht, daß sie kraft bundesrechtlicher Bindung in die vom Land aufgestellten Raumpläne und -programme aufgenommen werden müssen 742 . Dabei verbleibt den Ländern angesichts der weitgefaßten Formulierung von Aufgabenstellung, Ziele und Grundsätzen ein erhebliches Maß an Entscheidungsfreiheit. Darüber hinaus können sie im Zusammenhang mit der Konkretisierung der Grundsätze der Raumordnung zugleich eigenständige, auf die spezifischen Probleme des einzelnen Landes abgestellte Ziele verfolgen 743 . Erhebliches Gewicht kommt schließlich der Abstimmungspflicht nach § 4 V R O G zu. Sie ist Ausfluß des übergreifenden Prinzips, nach dem die Ordnung der Einzelräume sich in die Ordnung des Gesamtraumes einfügen, zugleich aber die Ordnung des Gesamtraumes die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Einzelräume berücksichtigen soll 744 . Demgemäß ist sie umfassend angelegt. Sie greift ein bei sämtlichen raumbedeutsamen Maßnahmen und Planungen der Behörden und Institutionen auf allen Ebenen der Verwaltung von Bund, Ländern und Gemeinden 7 4 5 . f ) Das Gegenstromverfahren: Der wechselseitigen Abhängigkeit sämtlicher auf dasselbe Territorium bezogenen Planungsmaßnahmen trägt der bereits erwähnte § 1 IV R O G Rechnung. Danach soll sich die Ordnung der Einzelräume in die Ordnung des Gesamtraumes einfügen. Umgekehrt soll die Ordnung des Gesamtraumes die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Einzelräume berücksichtigen. Diese Abstimmung von unten nach oben und gleichzeitig von oben nach unten, das sog. Gegenstromverfahren, bildet ein Kernstück des geltenden Raumordnungsrechts. Sie ist durch eine Reihe von Einzelregelungen abgesichert 746 . Die Abstimmungspflicht erschöpft sich nicht mit der jeweils erstmaligen Planaufstellung. Sie besteht vielmehr permanent 7 4 7 , so daß Änderungen in der Planung einer Ebene Folgeanpassungen auf den übrigen Ebenen erforderlich machen können. So werden auf der untersten Stufe die Bebauungspläne aus dem gemeindlichen Flächennutzungsplan entwickelt 748 . Die Flächennutzungspläne ihrerseits sind den
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§ 4 II ROG. § 4 III ROG. - S. im einzelnen unten Ziff. 3. Zur Verwirklichung der Raumordnung in den Ländern näher H. Müller, Wirtschaftliche Grundprobleme der Raumordnungspolitik, 1969, S. 131. § 1 I V ROG. Zu der Vielzahl der in Betracht kommenden Fälle vgl. den Überblick bei H.-S. Niemeier / G. Müller, Raumplanung als Verwaltungsaufgabe, 1964. Zum Stufencharakter jeder raumbezogenen Planung s. die eingehenden Nachweise bei Blümel, DVB1. 1975,695 ff. ( 7 0 2 - 7 0 3 , insbes. Fußn. 173). Dazu OVG LüneburgDVB1. 1977,212ff. (213). § 8 II BBauG, s. oben Abschn. II. 3 c, aa.
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Zielen der Raumordnung und Landesplanung anzupassen 749 . Diese Ziele werden u. a. in Landesentwicklungsprogrammen, Landesentwicklungsplänen und Gebietsentwicklungsplänen 750 festgelegt, und zwar unter unmittelbarer Bindung an die spezifischen Raumordnungsgrundsätze, die das R O G selbst normiert hat 7 5 1 . Dabei sind die (regionalen) Gebietsentwicklungspläne ihrerseits auf der Grundlage der Landesentwicklungsprogramme und -pläne aufzustellen 752 . Die tatsächliche Beachtung dieser Anpassungspflichten wird durch eine Reihe von Genehmigungsvorbehalten erzwungen. Die nachgeordneten Pläne unterliegen einem fachaufsichtlichen Genehmigungsverfahren, in dessen Rahmen ihre Übereinstimmung mit den Zielen und Grundsätzen der übergeordneten Planung geprüft wird. So bedürfen z. B. die Bauleitpläne der Gemeinden der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde 7 5 3 , während die Gebietsentwicklungspläne jeweils der Genehmigung der Landesplanungsbehörden unterliegen 754 . Damit ist gewährleistet, daß die auf der obersten Stufe entwickelte planerische Konzeption bis nach unten hin durchschlägt. Umgekehrt müssen in der Konzeption der obersten Stufe die Belange und die spezifischen Gegebenheiten der unteren Ebenen berücksichtigt werden. Um das zu erzwingen, schreibt § 5 II 2 R O G vor, daß „bei der Aufstellung von Zielen der Raumordnung und Landesplanung . . . die Gemeinden und Gemeindeverbände, für die eine Anpassungspflicht begründet wird, . . . zu beteiligen sind" 7 5 5 , 756 . Insoweit sind die Gemeinden und Gemeindeverbände in ihrer Eigenschaft als örtliche und regionale Planungsträger berufen, auf die Bildung der übergeordneten Ziele der Raumordnung und Landesplanung Einfluß zu nehmen 7 5 7 . Sie arbeiten an der Entwicklung der Zielvorstellungen mit, denen sich ihre eigene Planung später zu unterwerfen hat. Die Beteiligung, die das R O G den Gemeinden hier zugesteht, ist im Kern durch die Selbstverwaltungsgarantie verfassungsrechtlich gewährleistet. Aus Art. 28 II G G folgt ein Anspruch der Gemeinden als Träger des örtlichen Planungsrechts auf Mitwirkung an überörtlichen, aber ortsrelevanten Planungen 7 5 8 . Eine Bindung des Bundes an die planerischen Belange der ihm eingegliederten Länder wird vor allem dadurch bewirkt, daß § 5 IV R O G auch die Bundesbehör749 750 751 752 753 754 755
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§ 1IV BBauG; vgl. dazu VGH Mannheim N J W 1 9 7 7 , 1 4 6 9 f. (1469). Z. B. § 11 nordrh.-westf. LPlanG; § 21 hess. LPlanG. § 3 II ROG. Z. B. § 141 nordrh.-westf. LPlanG. § § 6 1 , 1 1 BBauG. Vgl. etwa § 14 III nordrh.-westf. LPlanG. Der Umfang des Beteiligungsrechts ist im einzelnen noch nicht endgültig geklärt. Er hängt jedenfalls ab von Art und Intensität der einzelnen planerischen Meißnahmen. Das Beteiligungsrecht der Gemeinde wird unter den Voraussetzungen des § 4 V ROG durch die dort vorgesehene Pflicht zur gegenseitigen Abstimmung ergänzt. Dazu OVG Lüneburg OVGE 27,328. Zur Rolle der Gemeinden in der Raumordnungspolitik vgl. H. Müller, Wirtschaftliche Grundprobleme der Raumordnungspolitik, 1969, S. 133. So zutreffend BVerwG DVB1. 1969, 362 ff. (363).
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den verpflichtet, bei sämtlichen Planungen und bei sonstigen raumbedeutsamen M a ß n a h m e n die Ziele der R a u m o r d n u n g und Landesplanung zu „beachten", die die Landesorgane im R a h m e n ihrer Zuständigkeit aufgestellt haben. A u ß e r d e m statuiert das Gesetz eine wechselseitige Abstimmungspflicht bei Planungen und Maßnahmen759. Wir haben damit ein in sich geschlossenes System von vertikalen Harmonisierungspflichten 7 6 0 . Seine Funktionsfähigkeit setzt freilich voraus, daß die jeweils übergeordneten Planungsvorstellungen hinreichend konkretisiert sind und daß den nachgeordneten Planungsebenen ein ausreichender Bewegungsraum für eine fortschreitende Ausfüllung des Planungsrahmens und der materiellen Planungskompetenzen verbleibt. 3. Raumordnung in den Ländern Die in den Ländern geltenden Landesplanungsgesetze sind im wesentlichen Organisationsgesetze. Sie bestimmen die Träger der Landesplanung und ihre Organisation und regeln die Funktionen, Rechtswirkungen sowie sonstigen organisatorischen Fragen. Dagegen enthalten sie keine materiellen Zielsetzungen, wenn man von Leerformeln 7 6 1 wie „ R a u m o r d n u n g soll die Entwicklung des Landes und seiner Teile unter Beachtung der natürlichen Gegebenheiten und unter Berücksichtigung der sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Erfordernisse in einer Weise fördern, die der Gesamtheit und dem einzelnen am besten dient" 7 6 2 absieht 7 6 3 . a) Verfahrensgrundsätze: § 3 II 3 R O G stellt klar, daß sich die Aufgaben und Zuständigkeiten der Landesplanung nach Landesrecht bestimmen 7 6 4 . Die L ä n der haben für ihr Gesamtgebiet oder für Teilbereiche übergeordnete und zusammenfassende Programme oder Pläne aufzustellen 7 6 5 . In den Ländern Berlin, Bremen und H a m b u r g tritt der Flächennutzungsplan nach § 5 B B a u G an ihre Stelle 7 6 6 . Die Länder können, soweit sie das für erforderlich halten, die Rechtsgrundlagen für eine Regionalplanung schaffen und Gemeinden und Gemeindeverbände (Kreise) zu regionalen Planungsgemeinschaften zusammenfassen 7 6 7 . 759 760
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§ 4 VROG. Vgl. dazu Halstenberg, Die Verzahnung von Bundesraumordnung, Landesplanung und gemeindlicher Bauleitplanung, S. 9ff.; Graf Finckenstein, DÖV 1969, 56ff.; Rothe, Betrachtungen über das Zusammenwirken der raumrelevanten Orts- und Landesplanung, Städte- und Gemeindebund 1975, 270 ff. So auch Kühl, Landesplanung in Schleswig-Holstein nach Gesetz und Wirklichkeit, 1967, S. 52; Niemeier I Müller, a. a. O., S. 15. § 1 nieders. ROG. S. aber Art. 1 und 2desbayer. LPlanG von 1970. S. im einzelnen Schönhofer, Zuständigkeit der Landesbehörden für Obliegenheiten der Raumordnung und Landesplanung, in: Schriftenreihe der Hochschule Speyer, Bd. 27 (1965), S. 72ff. § 5 11 ROG. 7 6 6 § 5 15 ROG. 767 § 5 III ROG.
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Zur Sicherung eines geordneten Raumordnungs- und Landesplanungsverfahrens kann die für die Raumordnung zuständige Landesbehörde raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen anderer Behörden oder sonstiger öffentlich-rechtlicher Stellen für bestimmte Zeit untersagen 768 . Voraussetzung dafür ist, daß die Aufstellung oder eine Änderung der Ziele der Raumordnung eingeleitet ist und befürchtet werden muß, die geplante Maßnahme werde die Durchführung dieser Ziele unmöglich machen oder wesentlich erschweren. Untersagt werden können nur Planungen oder Maßnahmen, die grundsätzlich von der Rechtswirkung der Ziele der Raumordnung, deren Aufstellung eingeleitet ist, erfaßt werden. Schließlich legt das Gesetz den beteiligten Stellen Beratungs-, Mitteilungs- und Auskunftspflichten auf 769 . Bei dem für Fragen der Raumordnung zuständigen Bundesminister besteht ein Beirat für Raumordnung, der sich aus Vertretern verschiedener Wirtschafts- und Gesellschaftsgruppen zusammensetzt 770 . Er hat den Minister in Grundsatzfragen der Raumordnung zu beraten 7 7 1 . b) Der Stufenbau der Landesraumordnung: aa) Zentrale Raumordnung und Landesplanung: Nach § 5 I R O G haben die Länder für ihr Gebiet übergeordnete und zusammenfassende Programme und Pläne aufzustellen. Das geschieht regelmäßig durch Landesentwicklungsprogramme, Landesraumordnungspläne und landesplanerische Gutachten. Die Rechtsform dieser Pläne und Programme ist bundesrechtlich nicht vorgeschrieben. Sie divergiert demgemäß in den einzelnen Ländern. So wird das Landesraumordnungs- bzw. das Landesentwicklungsprogramm in Hessen 772 und Nordrhein-Westfalen 773 durch förmliches Gesetz festgestellt, in RheinlandPfalz 774 , Bayern 775 , Baden-Württemberg 776 und dem Saarland 777 von der Landesregierung beschlossen. In Schleswig-Holstein wird es vom Ministerpräsidenten durch Erlaß aufgrund von Entschließungen des Landesplanungsrates festgestellt 778 . 768
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§ 7 I ROG (Parallele zu der Veränderungssperre nach § 14 BBauG; s. oben Abschn. III. Ziff. 4 a). § § 8 , 1 0 ROG. S. im einzelnen § 9 II ROG. Vgl. die Empfehlungen des Beirats für Raumordnung beim Bundesministerium des Inneren, 1968. § 2 hess. LPlanG. - S. dazu das G über die Feststellung des Landesraumordnungsprogramms und zur Änderung des LandesplanungsG v. 18. März 1970 (GVB1. S. 265). § 12 nordrh.-westf. LPlanG. § 1 1 1 2 rheinl.-pfälz. LPlanG. Art. 14 III bayer. LPlanG (als Rechtsverordnung). § 26 V bad.-württ. LPlanG; hier erfolgt jedoch zusätzlich noch eine „Verbindlichkeitserklärung" durch förmliches Gesetz gemäß § 27 11. § 31 saarl. LPlanG; zur rechtlichen Wirkung s. OVG Saarlouis BRS 2 4 , 1 5 f. S. OVG Lüneburg DVB1. 1971, 320ff. (321): Der Raumordnungsplan besitze keinen normativen Charakter; er sei keine Rechtsverordnung, sondern eine „hoheitliche Maßnahme eigener Art"; ebenso OVG Lüneburg SchlHolstAnz 1973,51.
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Es ist den Ländern freigestellt, zunächst räumliche oder sachliche Teilpläne und Teilprogramme zu entwickeln 7 7 9 . Damit wird die Möglichkeit geschaffen, schon vor Fertigstellung der Gesamtpläne einzelnen besonders dringenden Planungsbedürfnissen Rechnung zu tragen und die Landesplanung etappenweise voranzutreiben. Die Teilpläne stehen ohne Rücksicht auf die G r ö ß e des betroffenen Bezirks rechtlich auf der E b e n e der Landesplanung 7 8 0 . Sie unterscheiden sich damit grundsätzlich von den Regionalplänen, auch wenn sie sich auf eine „Region" beschränken 7 8 1 . Die Programme und Pläne müssen als Mindestinhalt diejenigen Ziele der R a u m ordnung und Landesplanung enthalten, die räumlich und sachlich erforderlich sind, um die Grundsätze des § 2 I R O G zu verwirklichen 7 8 2 . Durch diese „Transformation" werden die betreffenden Grundsätze auch für die Stellen verbindlich, die ihnen unmittelbar nicht unterworfen sind 7 8 3 . bb) Regionalplanung: Die Regionalplanung hat ihre bundesrechtliche G r u n d lage in § 5 III R O G . Ihre Einführung ist den Ländern jedoch freigestellt. Sie ist als Bindeglied zwischen der Landesplanung und der örtlichen Bauleitplanung zu verstehen und trägt dabei d e m Gesichtspunkt Rechnung, daß sich das Leben der Menschen nicht nur in einer Gemeinde, sondern auch in einem größeren R a u m entfaltet 7 8 4 . Das R O G kennt zwei A r t e n der Regionalplanung: entweder durch regionale Planungsgemeinschaften, die aus Gemeinden und Gemeindeverbänden bestehen, oder durch staatliche Planungsstellen. Im letzteren Fall sind die betroffenen Gemeinden und Gemeindeverbände in einem förmlichen Verfahren an der staatlichen Planung zu beteiligen 7 8 5 . - Die Länder haben die Regionalplanung unterschiedlich geregelt. Hessen überträgt sie den kreisfreien Städten und den L a n d kreisen zur Erfüllung nach Weisung 7 8 6 und stellt es ihnen frei, sich zu Planungsgemeinschaften zusammenzuschließen 7 8 7 . Eine entsprechende Übertragung ist in Niedersachsen erfolgt 7 8 8 . In Rheinland-Pfalz sind die kreisfreien Städte und Landkreise einer Region kraft Gesetzes zu einer Planungsgemeinschaft zusammengeschlossen 7 8 9 . In Baden-Württemberg sind Regionalverbände als Träger der Regio779 780 781
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§ 5 12 ROG. D e m g e m ä ß greift bei ihnen § 3 II 1 R O G ein. Zum Verhältnis beider Planungsbereiche s. näher Brügelmann, a. a. O. § 5 A n m . II. 1 a und c, aa, sowie Anm. III. 2c. § 5 II 1 R O G . S. dazu oben Ziff. 2 f. aa. Vgl. hierzu W. Weber, D i e rechtliche Ordnung des größeren Raumes, in: Wissenschaftliche Reihe, Folge 16 (1964), S. lOff. § 5 III 2 R O G . - Zur Problematik der kommunalen Beteiligung s. insbes. Schmidt-Aßmann, A ö R 101 (1976), S. 5 2 0 f f . ; v. d. Heydte / Neumann, Landkreis 1 9 7 6 , 3 0 1 ff. § 4 1 hess. LPlanG. § 3 II hess. LPlanG. § 11 II nieders. R O G . § 15 I rheinl.-pfälz. LPlanG; ebenso Art. 6 1 , 7 bayer. LPlanG; § 7 bad.-württ. LPlanG. §§ 7 f f . bad.-württ. LPlanG.
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nalplanung eingerichtet 790 und mit einem begrenzten Selbstverwaltungsrecht ausgestattet 7 9 1 worden. Nordrhein-Westfalen schließlich hat nach Auflösung der früheren Landesplanungsgemeinschaften sog. Bezirksplanungsräte bei den Regierungspräsidenten errichtet, deren Mitglieder von den Kreistagen und den Vertretungen der kreisfreien Städte gewählt werden 7 9 2 . Soweit die Regionalplanung staatlichen Planungsstellen obliegt, bildet sie wesensmäßig einen Bestandteil der unmittelbaren Landesplanung 7 9 3 und unterliegt deren Grundsätzen. Sie ist damit nach § 3 II R O G an die Raumordnungsgrundsätze gebunden. Die nichtstaatlichen Planungsgemeinschaften haben diese Grundsätze dagegen nur nach Maßgabe der jeweiligen landesrechtlichen Regelung zu beachten. cc) örtliche Bauleitplanung: Die unterste Stufe im System der planerischen Ordnung des Raums bilden die Flächennutzungspläne der Gemeinden und die aus ihnen hervorgegangenen Bebauungspläne. Sie bilden die Nahtstelle zwischen dem Recht der Raumordnung und dem Baurecht 7 9 4 . c) Die Beachtung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung: Die raumordnende Funktion der Landesplanung kommt nur dann voll zum Tragen, wenn Gewähr dafür besteht, daß die von ihr nach Maßgabe der Raumordnungsgrundsätze aufgestellten Ziele nicht von anderer Seite durchkreuzt werden. Um die erforderliche Harmonie herzustellen, hat der Gesetzgeber für das Zusammentreffen verschiedener Planungen die bereits behandelten Anpassungspflichten795 begründet. Dabei kommt den räumlich und sachlich umfassenderen Plänen zwangsläufig der Vorrang zu 796 . Die Anpassungspflichten werden ergänzt durch die Vorschrift 7 9 7 , daß die Ziele auch bei allen sonstigen Maßnahmen öffentlicher Stellen zu beachten sind, durch die Grund und Boden in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung eines Gebiets beeinflußt wird 798 . Der Begriff des „Beachtens" ist dabei unter Berücksichtigung der umfassenden Koordinationsaufgabe der Landesplanung und der tatsächlichen Erfordernisse der Raumordnung, die sich stetig im Fluß befindet, im Sinne einer generellen und von der zeitlichen Reihenfolge der Planaufstellung unabhängigen Anpassungspflicht gegenüber den Raumordnungsplänen auszulegen 799 . Die Pflicht zur „Beachtung" besteht deshalb auch gegenüber einem zeitlich jüngeren Raumordnungsplan. Bei 791 792 793 794 795 796 797 798
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§ 8 I bad.-württ. LPlanG; vgl. dazu V G H Mannheim NJW 1977, 1469f. ( 1 4 6 9 ) . § 5 nordrh.-westf. LPlanG; vgl. dazu Roters, SKV 1976, 226 ff. Dazu Briigelmann, a. a. O. § 5 Anm. II. 1 c, aa. Imeinzelnens.obenAbschn.il. Oben Ziff. 2 f. Vgl. R. Breuer, D i e hoheitliche raumgestaltende Planung, 1968, S. 2 1 9 - 2 2 0 . § 5 IV R O G . Eine Einschränkung zugunsten besonders wichtiger Bundesmaßnahmen enthält § 6 ROG. Ebenso R. Breuer, a. a. O., S. 221; W. Zinkahn I W. Bielenberg, a. a. O., § 5 Rdnr. 13; a. A.: Briigelmann, a. a. O., § 5 Anm. V; Stich, Rechtsschutzprobleme bei Maßnahmen der Landes- und Regionalplanung, a. a. O., S. 133.
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dieser Auslegung werden § 1 III R O G und die übrigen bundesgesetzlichen R a u m ordnungsklauseln keineswegs überflüssig. Sie behalten ihre Bedeutung als konkrete Ausprägungen des in § 5 IV R O G generell niedergelegten Grundsatzes 8 0 0 . Neben dem R O G treffen auch die einzelnen Landesplanungsgesetze Bestimmungen über eine Anpassungspflicht an die in ihnen geregelten Raumordnungspläne 8 0 1 . Konflikte zwischen globaler und örtlicher Planung werden daher i. d. R. nur dann eintreten, wenn ohne ausreichende Information verschiedene Planungen parallel zueinander entstanden sind und ihre Träger sich auf bestimmte Gestaltungen eingerichtet haben, die nicht mehr oder nur mit viel M ü h e und Kosten abänderbar sind. U m auch dieser Gefahr nach Möglichkeit vorzubeugen, sehen einige Landesplanungsgesetze sog. landesplanerische Gutachten oder landesplanerische Stellungnahmen als eine besondere Form der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Planungsträgern vor 8 0 2 . Schließlich hat man verschiedene Sicherungsm a ß n a h m e n eingeführt, u. a. den landesplanerischen Widerspruch gegen örtliche Planungen und M a ß n a h m e n 8 0 3 und die Aufstellung von Flächensicherungsplänen. Die Fachplanung in den verschiedenen Sachgebieten (z. B. Verkehrswesen, Naturschutz) wird durch sog. Raumordnungsklauseln mit der allgemeinen R a u m ordnung und Landesplanung koordiniert. Die Fachgesetze statuieren entweder eine materielle Pflicht zur Beachtung der Grundsätze und Ziele der R a u m o r d n u n g und Landesplanung 8 0 4 oder sie fordern das Einvernehmen der für die R a u m o r d nung zuständigen Stellen mit der Fachplanung bzw. eine sonstige Beteiligung an ihrem Z u s t a n d e k o m m e n 8 0 5 .
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S. auch Brügelmann, a. a. O., § 5 Anm. V 5. § 27 II bad.-württ. LPlanG; Art. 2 2 - 2 4 bayer. LPlanG; § 9 nieders. ROG; §§ 18, 19 nordrh.-westf. LPlanG; §§ 11 II, 13 II 4 rheinl.-pfälz. LPlanG; § 9 saarl. LPlanG; § 9 schlesw.-holst. LPlanG. Vgl. § 18 rheinl.-pfälz. LPlanG; § 14 schlesw.-holst. LPlanG; Bekanntmachung des bayer. Staatsministeriums f. Wirtschaft und Verkehr vom 24. Nov. 1971 (MVMB1. 1972 S. 21); Runderlaß des nieders. Ministeriums des Innern vom 19. Juni 1961 (MinBl. S. 707). §§ 20, 21 nordrh.-westfc LPlanG; § 32 bad.-württ. LPlanG; § 15 nieders. ROG; § 10 saarl. LPlanG; § 15 schlesw.-holst. LPlanG; Art. 24 bayer. LPlanG. Z. B. § 5 I BundesnaturschutzG vom 20. Dez. 1976, BGBl. I, S. 3574; § 13 II BundeswasserstraßenG vom 21. Mai 1951, BGBl. I, S. 352. Z. B. § 16 I BundesfernstraßenG i. d. F. vom 1. Okt. 1974, BGBl. I, S. 2413; § 14 I Nr. 4 d PersonenbeförderungsG vom 21. März 1961, BGBl. I, S. 241; § 36 II BundesbahnG vom 13. Dez. 1951, BGBl. I, S. 955.
SIEBENTER ABSCHNITT
Jürgen Salzwedel
Wege- und Verkehrsrecht
Literatur B. Drews / G. Wacke / K. Vogel, Gefahrenabwehr (Allgemeines Polizeirecht), 8. Aufl., Bd. 1,1975. H. C. Fickert, Straßenrecht in Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. 1968. E. Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I, Allgemeiner Teil, 10. Aufl. 1973. H. Jagusch, Straßenverkehrsrecht, 24. Aufl. 1978. A. Germershausen / G. Seydel, Wegerecht und Wegeverwaltung in Preußen, Bd. 1, 4. Aufl. 1932, Unveränderter Neudruck 1966. A. Germershausen / G. Seydel / E. A. Marschall, Wegerecht und Wegeverwaltung in der Bundesrepublik Deutschland und deren Ländern, Bd. II, 5. Aufl. 1961. W. Kentner, Straßenrecht für Baden-Württemberg, 2. Aufl. 1964. K. Kodal, Straßenrecht, 3. Aufl. 1978. E. A. Marschall, Bundesfernstraßengesetz, 4. Aufl. 1977. F. Müller, Straßenverkehrsrecht, Bd. I, 22. Aufl. 1969. G. Nedden / H. Mecke de Swebussin, Handbuch des Niedersächsischen Straßenrechts, 1964. F. Sieder / H. Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegerecht, 2. Aufl. 1972 mit Ergänzungsheft 1975 zur 2. Aufl. W. Weber / K. Stern, Die öffentliche Sache, VVDStRL 21 (1964), S. 145 ff. H. J. Wolff/ O. Bachof, Verwaltungsrecht 1,9. Aufl., 1974.
Gesetze Bund BundesfernstraßenG i. d. Fassung vom 1. Oktober 1974 (BGBl. I, S. 2413). G über die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs vom 2. März 1951 (BGBl. I, S. 157) i. d. F. vom 30. August 1971 (BGBl. I,S. 1426). G über Kreuzungen von Eisenbahnen und Straßen vom 14. August 1963 (BGBl. I, S. 681) i. d. F. vom 21. März 1971 (BGBl. 1, S. 337).
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StraßenverkehrsG vom 19. Dezember 1952 (BGBl. I, S. 837) zuletzt geändert am 16. August 1977 (BGBl. I, S. 1577). StraßenverkehrsO vom 16. November 1970 (BGBl. I, S. 1565). StraßenverkehrszulassungsO i. d. F. vom 15. November 1974 (BGBl. I, S. 3193). ReichspolizeikostenG vom 29. April 1940 (RGBl. I, S. 688). Länder: Baden- Württemberg: StraßenG für Baden-Württemberg vom 20. März 1964 (GBl. S. 127). Bayern: Bayerisches Straßen- und WegeG vom 11. Juli 1958 (GVB1. S. 147) i. d. F. vom 11. November 1974 (GVB1. S. 610). Berlin: Berliner StraßenG vom 11. Juli 1957 (GVB1. S. 743) zuletzt geändert durch Gesetz v. 17. Juni 1969 (GVB1. S. 1030). Bremen: Bremisches Landesstraßengesetz v. 20. Dezember 1976 (GBl. S. 341). Hamburg: Hamburgisches WegeG vom 4. April 1961 (GVB1. S. 117) zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. Dezember 1975 (GVB1. S. 17). Hessen: Hessisches StraßenG vom 9. Oktober 1962 (GVB1. S. 437), geändert durch Gesetz v. 5. Oktober 1970 (GVB1. S. 598). Nordrhein-Westfalen: StraßenG des Landes Nordrhein-Westfalen vom 28. November 1961 (GVB1. S. 305), i. d. F. vom 18. Februar 1975 (GVB1. S. 706). Rheinland-Pfalz: LandstraßenG für Rheinland-Pfalz vom 15. Februar 1963 (GVB1. S. 57), i. d. F. vom 1. August 1977 (GVB1. S. 274). Niedersachsen: Niedersächsisches StraßenG vom 14. Dezember 1962 (GVB1. S. 251) i. d. F. vom 28. Juni 1977 (GVB1. S. 233, 245). Saarland: Saarländisches StraßenG vom 17. Dezember 1964 (ABl. 1965 S. 117) i. d. F. vom 15. Oktober 1977 (ABl. S. 969). Schleswig-Holstein: Straßen- u. WegeG des Landes Schleswig-Holstein vom 22. Juni 1962 (GVB1. S. 237), zuletzt geändert durch Gesetz v. 28. September 1973 (GVB1. S. 327). Zeitschriften: Deutsches Autorecht; Internationales Archiv für Verkehrswesen; Verkehrsblatt; Verkehrsrechtliche Mitteilungen; Verkehrsrundschau; Verkehr und Technik; Zeitschrift für Verkehrsund Ordnungswidrigkeitenrecht.
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Gliederung I. Grundlagen 1. Begriff und Gegenstand des Wegerechts und des Verkehrsrechts a) Wegerecht b) Verkehrsrecht 2. Straßen und Wege als öffentliche Sachen 3. Bundesstraßenrecht und Landesstraßenrecht - Bundesverkehrsrecht a) Zuständigkeit des Bundes b) Zuständigkeit der Länder II. Straßenbehörden und Straßenverkehrsämter 1. Straßenaufsichts- und Straßenbaubehörden a) Straßenaufsichtsbehörden b) Straßenbaubehörden 2. Straßenverkehrsämter
550 550 550 550 551 552 552 553 554 554 554 555 555
III. Widmung und Einziehung; Umstufung 1. Widmung 2. Einziehung 3. Umstufung
556 556 560 563
IV. Gemeingebrauch und Sondernutzung 1. Gemeingebrauch a) Gemeingebrauch für jedermann b) Anlieger : 2. Sondernutzungen a) Erlaubnis b) Gestattung des Wegeeigentümers c) Erlaubnis- und gestattungspflichtige Sondernutzungen
564 564 564 567 569 569 570 571
V. Straßenbaulast und andere Pflichten 1. Straßenbaulast 2. Verkehrssicherungspflicht 3. Polizeimäßige Reinigung VI. Planfeststellung und Enteignung 1. Planfeststellung 2. Enteignung VII. Straßenverkehrsrecht 1. Zulassungswesen 2. Verkehrspolizeiliche Verfügungen 3. Haftung
572 572 574 576 577 577 578 580 580 581 582
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I. Grundlagen 1. Begriff und Gegenstand des Wegerechts und Verkehrsrechts a) Wegerecht: Unter der herkömmlichen Bezeichnung Wegerecht, die neurdings vielfach der engeren des Straßenrechts hat weichen müssen, wird die Gesamtheit der öffentlich-rechtlichen Rechtsnormen zusammengefaßt, die die Rechtsverhältnisse an solchen Straßen, Wegen und Plätzen zum Gegenstand haben, welche dem allgemeinen Verkehr gewidmet sind. Es handelt sich um die rechtliche Ordnung der wichtigsten öffentlichen Sachen, die im Gemeingebrauch stehen. Gemeingebrauch im wegerechtlichen Sinne ist das jedermann zustehende subjektiv-öffentliche Recht, die öffentlichen Straßen, Wege und Plätze im Rahmen der Widmung und der Verkehrsvorschriften zum fließenden oder ruhenden Verkehr in Anspruch zu nehmen. Dazu gehört die Benutzung durch Kraftfahrzeuge, Fahrräder, zu Pferde oder zu Fuß 1 . Die wegerechtliche Ordnung erstreckt sich auf den Straßenkörper, den Luftraum über der Straße und alles Zubehör, welches den Verkehr sichern oder erleichtern oder dem Schutz der Anlieger dienen soll, hier vor allem auch Verkehrsanlagen, Verkehrszeichen und Bepflanzungen 2 . Auch auf Wegen, die nicht dem allgemeinen Verkehr gewidmet und deshalb nicht dem Gemeingebrauch unterworfen sind, kann ein Verkehr stattfinden. Dafür gilt aber kein Wegerecht. Die Verfügung über diese Privatstraßen oder -wege steht dem Eigentümer zu. Nach § 903 BGB kann er damit nach Belieben verfahren und andere von der Benutzung ausschließen. Soweit er den Verkehr duldet, entstehen für diese „tatsächlich öffentlichen Wege" im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums besondere Pflichten 3 . Aber die Straßenaufsichtsbehörde hat nichts damit zu tun, und einen Straßenbaulastträger gibt es nicht. Tatsächlich öffentliche Wege sind die Wirtschafts- und Feldwege, die den Zugang zu ländlichen Grundstücken eröffnen. Ebenso sind die forstfiskalischen Wege hierher zu rechnen. Das gleiche gilt für Wege, die die Zufahrt zu Bahnhöfen erschließen, weithin auch für Bahnhofsvorplätze. Schließlich sind in dieser Gruppe die Uferwege, Wanderwege und Leinpfade zu erwähnen 4 . b) Verkehrsrecht: Das Verkehrsrecht umfaßt die Gesamtheit der öffentlichrechtlichen Rechtsnormen, die solche Fragen des Verkehrs betreffen, welche erst dadurch aufgeworfen werden, daß der Gemeingebrauch auf Straßen und Wegen von zu vielen Verkehrsteilnehmern zur gleichen Zeit ausgeübt wird. Anders als im 1 2 3 4
Vgl. Forsthoff, VwR, S. 380ff.; Wolff/ BachofVwRI, § 5 8 I I c 3 ß; § 7 I BFStrG. Etwa § 1IV BFStrG; § 2 II nordrh.-westf. LStrG; Art. 2 bayer. StrWG. OVG Münster DVB1. 1972, 508; für Skipisten OLG München DVB1. 1974,189. Naunin, Straßen- und Wegerecht, in W. Loschelder / J. Salzwedel, Verfassungs- und VerwaltungsR des Landes Nordrhein-Westfalen, S. 414.
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Wegerecht geht es also nicht um die individuelle Benutzung an sich, sondern um die Gemeinverträglichkeit der vielen gleichzeitigen Benutzungen. Dem § 7 II 15 PrALR, wonach „der freie Gebrauch der Land- und Heerstraßen einem jeden zum Reisen und Fortbringen seiner Sachen gestattet" war, stand dementsprechend schon der § 25 II 15 PrALR gegenüber: „Den nach § 7 einem jeden freistehenden Gebrauch der Landstraßen muß ein jeder so ausüben, daß der andere in dem gleichmäßigen Gebrauch des Weges nicht gehindert, noch zu Zänkereien oder gar Tätlichkeiten über das Ausweichen Anlaß gegeben werde". Heute steht die Gemeinverträglichkeitsklausel in § 1 StVO, ohne daß ihre Friedensfunktion noch so bildhaft betont würde 5 . Das Verkehrsrecht gilt überall dort, wo aus dem Zusammentreffen zu vieler Verkehrsteilnehmer Gefahren für die Sicherheit oder die Leichtigkeit des Verkehrs entstehen oder entstehen können. Deshalb wird es auch für Privatstraßen und Privatwege verbindlich, sobald der Eigentümer die Benutzung zu Zwecken des Verkehrs duldet 6 . Der Geltungsbereich erstreckt sich also über das Wegerecht hinaus auch auf die reine Eigeritümerherrschaft an tatsächlich öffentlichen Wegen.
2. Straßen und Wege als öffentliche Sachen An öffentlichen Straßen und Wegen besteht Eigentum wie an anderen auch. Das Eigentum ist jedoch mit einer öffentlich-rechtlichen Dienstbarkeit belastet, kraft derer der Eigentümer die Benutzung zum Zweck des Verkehrs im Rahmen des Gemeingebrauchs zu dulden hat. Die Dienstbarkeit wird durch Widmung begründet und geht durch Entwidmung (sog. Einziehung) unter; einer Eintragung ins Grundbuch ist sie weder bedürftig noch fähig. Ein Wechsel des Eigentümers läßt die Dienstbarkeit unberührt. Sie geht ipso iure auf den Erwerber über. Ein gutgläubiger Erwerb gemäß § 936 BGB ist — wie bei allen öffentlichen Lasten — ausgeschlossen 7 . Der Duldungspflicht des Eigentümers steht die Wegehoheit gegenüber. Sie umfaßt die Gesamtheit der öffentlich-rechtlichen Befugnisse, die zum Zweck der Verwirklichung des Widmungszwecks in dem dem Eigentümer entzogenen Herrschaftsbereich ausgeübt werden können. Sie wird durchweg von der Straßenaufsichtsbehörde ausgeübt, wenn die Straße einem Privatmann gehört. Steht das Eigentum dem Bund, einem Land oder einer 5
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Vgl. Salzwedel, Gemeingebrauch im Wegerecht und Wasserrecht, ZfW H. 2, S. 88f.; Evers NJW 1962, 1033ff.; irreführend die Behauptung eines spezifisch wegerechtlichen Prinzips der Gemeinverträglichkeit bei E. R. Huber, D Ö V 1955, 133; Wolff/ Bachof, VwR I, § 58 II c 3 ß; Scheuner, Die Gemeinverträglichkeit im Rahmen des Gemeingebrauchs und der Nutzung öffentlicher Sachen, Fs. f. Gieseke, 1958, S. 73 ff. Vgl. J. Floegel / F. Härtung, StraßenverkehrsR, 16. Aufl., § 1 StVO, Anm. 5 mit Nachweisen. A. Germershausen / G. Seydel, Wegerecht und Wegeverwaltung in Preußen, 4. Aufl. I, S. 90ff.; Wolff / Bachof, VwR I, § 57 IIb.
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Gebietskörperschaft innerhalb des Landes zu, so liegt die Wegehoheit weitgehend beim Straßenbaulastträger. Grundsätzlich reicht die Duldungspflicht des Eigentümers nur so weit wie der Gemeingebrauch. Alle Eingriffe darüber hinaus sind von seiner Zustimmung abhängig; vor allem kann er die Zustimmung von einem privatrechtlichen Entgelt abhängig machen, dessen H ö h e an sich nur durch das Wucherverbot des § 138 B G B begrenzt ist. Dies gilt aber nur mit zwei Einschränkungen. Zunächst spielt die Reduzierung des Gemeingebrauchs durch die „verkehrsbehördlichen Vorschriften" hier keine Rolle. O b der Gemeingebrauch mit der Straßenverkehrsordnung vereinbar ist oder nicht, geht den Eigentümer nichts an 8 . Ferner erstreckt sich die Duldungspflicht auch auf gewerbliche Betätigungen, deren Ausübung bei Gelegenheit und in Anpassung an den fließenden Verkehr sozialadäquat erscheint. D a z u gehört der Verkauf von Zeitungen, auch von beweglichen Verkaufsständen aus 9 . Die Wegehoheit äußert sich vor allem in der Widmung oder Entwidmung, dem Erlaß einer Inanspruchnahmeverfügung, wenn der Eigentümer oder ein sonst nach bürgerlichem Recht Berechtigter die öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit nicht respektiert 1 0 , der Erteilung von Erlaubnissen zur Benutzung über den Gemeingebrauch hinaus, der Konkretisierung gesetzlicher Anpflanzungs- oder Duldungspflichten der Straßenanlieger sowie der Heranziehung des Unterhaltungspflichtigen, wenn er Straße oder Weg nicht von sich aus in den gesetzlich vorgeschriebenen Zustand versetzt. Dagegen sind Ausfluß des Wegeeigentums die Veräußerung oder Belastung der Grundflächen, die Entscheidung über die bürgerlich-rechtliche Gestattung einer Benutzung über den Gemeingebrauch hinaus, welche die Duldungspflicht überschreitet, sowie über die H ö h e des dafür zu entrichtenden Entgelts, schließlich die Verfügung über den E r d r a u m unter dem Straßenkörper, soweit er vom Gemeingebrauch überhaupt nicht berührt wird. In letzter Hinsicht spielt vor allem das Verlegen von Versorgungsleitungen und Pipelines eine wichtige Rolle.
3. Bundesstraßenrecht und Landesstraßenrecht — Bundesverkehrsrecht a) Zuständigkeit des Bundes: D e r Bund hat nach Art. 7 4 Ziff. 22 G G konkurrierende Gesetzgebungskompetenzen für das Wegerecht an den „Landstraßen des Fernverkehrs" sowie für das gesamte Verkehrsrecht einschließlich des Kraftfahrwesens. Das BundesfernstraßenG regelt nur das Wegerecht an den „Bundesfernstraß e n " , die ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden und einem weiträumigen Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind; dazu gehören die Bundesautobahnen, die Bundesstraßen und deren Ortsdurchfahrten. Insoweit sind die L ä n d e r von 8 9 10
Vgl. Salzwedel, Gemeingebrauch, a. a. O., S. 90. Vgl. Forsthoff, VwR, S. 395; Kodal, a. a. O., Kap. 24IX A 1, S. 437 f. A. Germershausen / G. Seydel, a. a. O., S. 426, 506 ff.
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der Gesetzgebung ausgeschlossen, wenn nicht ausdrücklich vorgesehen ist, daß sie von bestimmten Regelungen abweichen dürfen 1 1 . Die Straßengesetze der Länder behandeln das Wegerecht an den sonstigen „Landstraßen des Fernverkehrs" und an denjenigen, die nur einem regionalen oder örtlichen Verkehr dienen. Das Verkehrsrecht ist vor allem in dem StraßenverkehrsG, der StraßenverkehrsO und der StraßenverkehrszulassungsO zusammengefaßt. Insoweit gilt das Kodifikationsprinzip; Landesverkehrsrecht ist unzulässig 12 . Das gilt auch dann, wenn die Länder eine ihrem Wesen nach verkehrsrechtliche Regelung in ein wegerechtliches Gewand kleiden, z. B. das Dauerparken als Sondernutzung qualifizieren. b) Zuständigkeit der Länder: Da die Länder sich im wesentlichen an einen vereinbarten Musterentwurf gehalten haben, sind die vorstehend behandelten Grundlagen des deutschen Wegerechts kaum angetastet worden. Auch die Einführung des öffentlichen Eigentums im Hamburgischen WegeG bildet keine Ausnahme. Zwar bedeutet dies eine späte Verwirklichung der Lehre von Otto Mayer13, der das domaine public des art. 537 code civil im Wegerecht allgemein etablieren wollte, wenigstens für den Hamburger Raum. Aber auch Otto Mayer hatte es ferngelegen, Straßen und Wege als nicht eigentumsfähig zu betrachten. Nur für den Fall, daß Wegeeigentum und Wegehoheit in einer Hand, also in der Hand einer Gebietskörperschaft vereinigt sind, wollte er das Nebeneinander von bürgerlich-rechtlichen und öffentlich-rechtlichen Beziehungen ausschalten, öffentliches Eigentum gibt es daher auch in Hamburg nur an „Grundflächen, die als öffentliche Wege gewidmet sind und der Freien und Hansestadt Hamburg gehören" 1 4 . Die Wirkung beschränkt sich darauf, daß sie dem Rechtsverkehr entzogen und Vorschriften des bürgerlichen Rechts, insbesondere über den Besitz und das Eigentum, unanwendbar sind 15 .
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So z. B. § 5 IV BFStrG. So noch § 45 I StVO a. F. vom 13. November 1937 (BGBl. I S. 1179) i. d. F. der Bekanntmachung vom 29. März 1956 (BGBl. I S. 271, 327): „Diese Verordnung ist auf den gesamten Straßenverkehr anzuwenden. Sie enthält . . . die ausschließliche Regelung des Straßenverkehrs." Vgl. Otto Mayer, Dtsches VerwaltungsR II, 2. Aufl. 1919, §§ 35ff.; Otto Mayer, AöR 16 (1900), S. 38ff.; weitere Hinweise zu Entwicklung und Meinungsstand bei Forsthoff, a. a. 0 . , S . 379. § 4 1 , hamb. WG. Salzwedel, Gemeingebrauch, a. a. O., S. 78; Werner Weber, Die öffentliche Sache, VVDStRL 21 (1964), S. 156ff.; vgl. auch BVerfG D Ö V 1969, 102; BVerfG NJW 1976, 1835.
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II. Straßenbehörden und Straßenverkehrsämter 1. Straßenaufsichts- und Straßenbaubehörden a) Straßenaufsichtsbehörden: Die Straßenaufsichtsbehörden üben heute nur noch die früheren wegebaupolizeilichen Befugnisse16 gegenüber d e m Straßenbaulastträger aus. Sie überwachen die Erfüllung der Verpflichtung, die Straßen in einem d e m regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entsprechenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern 1 7 . Die Wegeherrschaft im übrigen wird, sofern die Straßenbaulast Staat, Kreis oder Gemeinden obliegt, von deren Straßenbaubehörden ausgeübt. Nur wenn Eigentum und Unterhaltungspflicht in privater H a n d liegen, umfaßt die Straßenaufsicht noch die Wegehoheit in vollem Umfang 1 8 . Die Straßenaufsicht ist grundsätzlich Sache des Staates 1 9 . Für Bundesstraßen ist in Art. 90 II G G vorgesehen, daß die Länder bzw. die nach Landesrecht zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften die Verwaltung im A u f t r a g des Bundes führen (Art. 85 G G ) . Damit ist auch die hoheitliche Straßenaufsicht gemeint. Eigentlich müßten also im allgemeinen die zuständigen Landesminister und in Nordhrein-Westfalen die Direktoren der Landschaftsverbände Straßenaufsichtsbehörde für Bundesstraßen sein. D a aber § 5 I Buchst, b) Ziff. 3 nordrh.-westf. L V e r b O den Landschaftsverbänden die Verwaltung der Bundesstraßen wiederum nur „im A u f t r a g des L a n d e s " überlassen hat, was vielleicht dem Wortlaut, aber jedenfalls nicht dem politischen Sinn der Verfassungsbestimmung widerspricht 2 0 , sind die Landesminister allenthalben Straßenaufsichtsbehörden für den Vollzug des Bundesfernstraßengesetzes 2 1 . Sie sind ferner Straßenaufsichtsbehörde für den Vollzug des Landesstraßengesetzes an den Landstraßen, die d e m Durchgangsverkehr gewidmet sind 2 2 . Soweit in den Ländern Mittelbehörden und Landkreise bestehen, ist der Regierungspräsident Aufsichtsbehörde für die Kreisstraßen, die Kreisinstanz Aufsichtsbehörde für die Gemeindestraßen und sonstigen öffentlichen Straßen 2 3 . 16
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Dazu A. Germershausen / G. Seydel, a. a. O., S. 396: „Die Wegebaupolizei hat den Bau und die Unterhaltung der Wege und die Wahrung ihres baulichen Bestandes zum Gegenstand. Eine wegebaupolizeiliche Verfügung als solche kann nur gegen den Wegebaupflichtigen erlassen werden." Vgl. Kodal, a. a. O., Kap. 17 1, S. 289. Vgl. dazu Salzwedel, DÖV 1963,241 ff. (247). Kodal, a. a. O., Kap. 17 2, S. 290. So im Ergebnis zutreffend Naunin, a. a. O., S. 426. Vgl. für Nordrhein-Westfalen: §§ 53, 54 LStrG, § 4 VO zur Durchführung des BFStrG vom 20. September 1955 (GVB1. S. 849); dazu Fickert, Straßenrecht in NordrheinWestf., § 54 LStrG Anm. 1. § 54 Ziff. 1 nordrh.-westf. LStrG. § 54 Ziff. 2 und 3 nordrh.-westf. LStrG.
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b) Straßenbaubehörden: Die Straßenbaubehörden sind die zuständigen Verwaltungsorgane der Straßenbaulastträger. Sie sind nur dort staatlich, wo das L a n d die Straßenbaulast selbst ü b e r n o m m e n hat, vor allem also im Regelfall hinsichtlich der Bundesstraßen und der Landstraßen 1. Ordnung. Sonst ist die Straßenbaulast Selbstverwaltungspflichtaufgabe der Gebietskörperschaft. In Nordrhein-Westfalen sind die Direktoren der Landschaftsverbände Straßenbaubehörde für Bundesstraßen und Landstraßen. Im übrigen liegt die Zuständigkeit für die kreisfreien Städte bei den Bürgermeistern oder Oberstadtdirektoren, für die Landkreise bei den Landräten oder Oberkreisdirektoren, für die Gemeinden bei den Bürgermeistern oder Stadt- bzw. Gemeindedirektoren 2 4 . D i e A u f g a b e n der Straßenbaubehörden sind zweifach. In erster Linie haben sie alle Rechtsgeschäfte und faktischen Arbeiten vorzunehmen, die erforderlich sind, um der gesetzlichen Verpflichtung zum Bau und zur Unterhaltung der Straßen zu genügen. Ferner nehmen sie alle wegehoheitlichen Befugnisse wahr, die nicht der staatlichen Straßenaufsicht vorbehalten sind, sie widmen oder ziehen ein, erlassen Inanspruchnahmeverfügungen, realisieren Anpflanzungs- und Duldungspflichten der Anlieger, erteilen oder widerrufen Sondernutzungen, überwachen die Einhaltung der Auflagen gegenüber Sondernutzungsberechtigten und schreiten gegen solche Benutzungen ein, die illegitimerweise über den Gemeingebrauch hinausgehen. Nur in den Fällen, in denen die Unterhaltungspflicht Privaten obliegt, kommen für diese wegehoheitliche Befugnisse nicht in Betracht 2 5 . Vielmehr ist dann stets einer Gebietskörperschaft die Kompetenz zum Erlaß der betreffenden Verwaltungsakte vorbehalten, in der Regel der Straßenaufsichtsbehörde 2 6 .
2. Straßenverkehrsämter Sachlich zuständig zur Ausführung der Straßenverkehrsordnung und der Straßenverkehrszulassungsordnung sind die Straßenverkehrsämter. Nach § 44 I StVO, § 68 I S t V Z O obliegt es den Behörden der Kreisstufe, für Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu sorgen und die Einhaltung der Zulassungsvorschriften zu überwachen. D a die Straßenverkehrsämter über keinen ausreichenden Vollzugsapparat verfügen, kommen den Polizeibehörden praktisch konkurrierende Eingriffsbefugnisse zu, um illegale Verhaltensweisen im Verkehr oder Zulassungsverstöße zu bekämpfen 2 7 . Es handelt sich um einen Teil der allgemeinen
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Wolff/ Bachof, V w R I, § 57 I V c 2 y; Kodal, StraßenR, 2. Aufl. 1964, „Straßenverwaltung" S. 7 1 4 f . ; Naunin, a. a. O., S. 426. Fickert, StraßenR in Nordrhein-Westf. § 6 Anm. 2. Vgl. dazu Kodal, StraßenR, 2. Aufl. 1964, „Straßenverwaltung", S. 7 1 4 f . Vgl. B. Drews / G. Wacke / K. Vogel, a. a. O., S. 8 6 f . ; H. Jagusch, a. a. O., § 4 4 StVO, Rz 6.
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Gefahrenabwehr. Soweit die Kreisbehörde nicht als untere staatliche Verwaltungsbehörde fungiert, sondern als Selbstverwaltungsbehörde, sind die A u f g a b e n d e m übertragenen Wirkungskreis zuzurechnen 2 8 .
III. Widmung und Einziehung; Umstufung Verwaltungsakte, die den Status des öffentlichen W e g e s begründen, aufheben oder ändern, sind die Widmung, die Einziehung und die Umstufung.
1. Widmung D i e Widmung ist Verwaltungsakt, soweit die Straßenbaubehörde die Rechtswirkungen für oder gegen die Betroffenen willentlich festsetzt, dagegen ein gesetzlicher Tatbestand, soweit Rechtswirkungen nach geltendem Straßenrecht unabhängig v o m Inhalt der Verfügung eintreten. Daher ist die Widmung Verwaltungsakt gegenüber d e m Eigentümer oder sonst dinglich Berechtigten und gegenüber d e m künftigen Träger der Straßenbaulast 2 9 . D a g e g e n bildet sie insofern einen gesetzlichen Tatbestand, als subjektiv-öffentliche Rechte der Anlieger und der Benutzer im R a h m e n des Gemeingebrauchs ausgelöst oder Anbauverbote für die Nachbarn begründet werden oder Schadensersatzansprüche aus der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht entstehen 3 0 .
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Auch in Nordrhein-Westfalen, das in Art. 78 Abs. 2 LVerf. die Pflichtaufgaben nach Weisung eingeführt hat, die, solange keine Weisung ergeht, wie eigene Aufgaben der Gemeinde oder des Kreises zu erfüllen sind {Salzwedel, Kommunalrecht, in Loschelder / Salzwedel, a. a. O., S. 229), handeln die Straßenverkehrsämter wie in allen anderen Ordnungsangelegenheiten nicht völlig autonom. Wie hier F. Sieder / H. Zeitler, Bayerisches Straßen- und WegeR, 1972, Art. 6 Anm. 2; wohl auch Marschall, Komm. BFStrG, § 2 Anm. 1.2; Wolff I Bachof, VwR I, § 56 II e 2; Heiss / Hablitzel, DVB1. 1976, 93. Nach der Rspr. des RG und des B G H zur Verkehrssicherungspflicht gem. § 823 I BGB bildet die Schaffung einer „objektiven Gefahrenlage", die mit der Benutzung eines öffentlichen Weges verbunden ist, auch beim Staat und anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften den Haftungsgrund. Dann kommt es also nicht auf die Widmung, nicht einmal notwendig auf die faktische Indienststellung, sondern darauf an, wer der Unterhaltungslast faktisch genügen muß und genügt. Diejenigen, die Staat und öffentlich-rechtliche Körperschaften im Straßenbau dagegen der Amtshaftung nach § 839 BGB, Art. 34 GG unterwerfen, müssen die Amtspflicht gegenüber Dritten an die Straßenbaulast knüpfen, die mit der Widmung entsteht. Das gleiche gilt, wenn eine Körperschaft nach B G H Z 9, 373 durch ausdrücklichen Organisationsakt gegenüber der Allgemeinheit kundgemacht hat, daß sie für den ordnungsmäßigen Straßenbau auch gegenüber Dritten hoheitlich einstehen wolle.
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Die Widmungsverfügung hat vor allem gegenüber dem Eigentümer den Inhalt, seine Sache mit der öffentlich-rechtlichen Dienstbarkeit zu belasten, wonach der Gemeingebrauch künftig geduldet werden muß. Es handelt sich um einen zweiseitigen Verwaltungsakt. Fehlt die Zustimmung oder ist sie unwirksam, kommt schon der äußere Tatbestand der Widmung nicht zustande 3 1 . Ist der Straßenbaulastträger schon Eigentümer, bildet die Widmung ein In-Sich-Geschäft der Straßenbaubehörde. Der Zustimmung des Eigentümers ist nach § 2 II BFStrG die vertragliche Besitzüberlassung gleichgestellt, vornehmlich in Zusammenhang mit Erwerbsverhandlungen vor Baubeginn 3 2 . Wie die Zustimmung muß die Besitzüberlassung unbedingt und unwiderruflich erklärt sein. Konkludentes Verhalten genügt, Formen sind nicht vorgeschrieben. Bleibt der Eigentümer ganz ablehnend, muß der Straßenbaulastträger an sich die Enteignung betreiben und den zwangsweisen Eigentumserwerb abwarten. Die Straßengesetze lassen als Grundlage der Wid.mung aber auch die vorläufige Besitzeinweisung genügen, die die Enteignungsbehörde auf Antrag des Straßenbaulastträgers verfügt 3 3 . Wenn die Straßenbaubehörde zum Erlaß der Widmungsverfügung zuständig ist, beruhen das Einverständnis des Straßenbaulastträgers mit der Übernahme der Unterhaltungslast und die Entstehung dieser Unterhaltungslast wieder auf einem bloßen In-Sich-Geschäft. Erläßt die Straßenaufsichtsbehörde die Widmung gegenüber einem privaten Unterhaltungspflichtigen, so ist jedoch ein zweiseitiger Verwaltungsakt erforderlich; ohne wirksame Zustimmung bleibt die Unterhaltungsfrage ungeregelt, und dieser Umstand steht der Entstehung einer öffentlichen Sache absolut entgegen 3 4 . Das gleiche gilt, wenn die Straßenbaubehörde eine andere Körperschaft des öffentlichen Rechts mit der Unterhaltungslast für eine Straße oder einen Teil der Straße bedenken will. Die Verfügung setzt dann voraus, daß die übernehmende Körperschaft der Belastung — etwa auf Grund eines öffentlich-rechtlichen Vertrages — zustimmt und daß diese Zustimmung wirksam ist. Daran fehlt es an sich, wenn von der gesetzlichen Regelung der Straßenbaulast abgewichen wird. Allerdings enthalten die Straßengesetze eine Reihe von besonderen Ermächtigungen, solche öffentlich-rechtlichen Verträge zu schließen 35 . Während in Preußen die Wegepolizeibehörde an dem Zustandekommen der
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Nicht einmal die Nichtigkeitslehre kommt danach zur Anwendung. Wie hier Heiß / Hablitzel, DVB1. 1976, 93, 95. Für Nichtigkeit Forsthoff, VwR, S. 386; Zippelius, D Ö V 58, 845. Nach vordringender Auffassung soll dagegen die Zustimmung des Wegeeigentümers lediglich Rechtmäßigkeitsvoraussetzung sein. Die Widmung müßte dann vom Eigentümer erst angefochten werden; so BayObLG, D Ö V 61, 832; Wolff/ Bachof, VwR I, § 5 6 I V a; Marschall, Komm. § 2 Anm. 2.3; Kodal, a. a. O., Kap. 7 II 3, S. 157. Ebenso § 5 I bad.-württ. StrG; Art. 6 III bayer. StrWG; § 6 II nordrh.-westf. StrG; § 4 II hess. StrG; dazu näher etwa Zimniok, Komm, zum bayer. Straßen- und WegeG, Anm. 12 u. 13 zu Art. 6. § 18f I BFStrG; PrOVG 32,210; 38, 242. A. Germershausen / G. Seydel, a. a. O., S. 5; Kodal, a. a. O., Kap. 7 II 1, S. 152. § 12 Abs. 2 hamb. WegeG; § 4 5 1 nordrh.-westf. StrG; Art. 441 bayer. StrWG.
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Widmung beteiligt war 36 und nach § 6 I S. 1 schlesw.-holst. LStrG auch heute noch die Zustimmung der Straßenaufsichtsbehörde erforderlich ist, sind die Straßenbaulastträger sonst von Staat und Straßenaufsicht unabhängig, wenn sie öffentliche Straßen schaffen. Die Straßenaufsichtsbehörde kann indes schon während des Widmungsverfahrens intervenieren, wenn sie den weiteren Ausbau des Straßennetzes in der geplanten Weise für rechtswidrig hält. Ob auch ein repressives Einschreiten aus Zweckmäßigkeitserwägungen zulässig ist, hängt davon ab, ob der Straßenbaulastträger Selbstverwaltungskörperschaft ist und ob der Straßenbau zum eigenen Wirkungskreis gehört. Landschaftsverbände, Landkreise, Städte und Gemeinden handeln hier in eigener Sache und weisungsfrei. Da die Länder die Bundesstraßen nach Art. 90 GG nur im Auftrag des Bundes verwalten, konnte § 2 VI BFStrG Widmungsverfügungen der obersten Landesstraßenbaubehörde vom Einverständnis des Bundesministers für Verkehr abhängig machen. Das hat indes nicht unmittelbar etwas mit der Straßenaufsicht zu tun 37 , weil diese auch von den Ländern wahrgenommen wird. Die übliche Kennzeichnung der Widmung als adressatloser Verwaltungsakt 38 ist unzutreffend. Sie ist zumindest belastender Verwaltungsakt gegenüber Eigentümer und Unterhaltungspflichtigem und deshalb ohne Adresse nicht denkbar. Stillschweigende Widmungen werden nicht mehr anerkannt. Nach den neueren Straßengesetzen ist jede Widmung öffentlich bekanntzumachen, ortsüblich oder durch Veröffentlichung in einem Amtsblatt 39 . Die Bekanntmachung ersetzt notfalls die 36
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A. Germershausen / G. Seydel, a. a. O., S. 4, 393f.; „Wenn auch die dem Bedürfnis entsprechende Bereitstellung und Erhaltung des Weges für den öffentlichen Verkehr in erster Linie Sache des Wegebaupflichtigen ist, und demgemäß die Wegepolizeibehörde ein Hand-in-Hand-Gehen mit ihm sich angelegen sein lassen muß, so steht doch die entscheidende Bestimmung überall der Wegepolizeibehörde vorbehaltlich der Rechtskontrolle nach ihrem Ermessen zu. Ohne deren mindestens stillschweigende Mitwirkung kann — abgesehen von den in den Gesetzen vorgesehenen Ausnahmefällen — rechtswirksam ein öffentlicher Weg weder angelegt noch in seiner Lage, seinem Bestände und seinen wesentlichen Einrichtungen verändert werden und kann rechtswirksam nichts an dem Wege geschehen, was geeignet wäre, seinen Bestand oder die Bedürfnisse des Verkehrs, dessen Ordnung, Sicherheit und Leichtigkeit nachteilig zu beeinflussen. Ihre Bestimmung ist entscheidend für die Art der Anlegung und Einrichtung des Weges, insbesondere auch für Einteilung in Fahrdamm, Fußweg (Bürgersteig), Grünanlagen usw. Der Wegebaupflichtige bedarf zwar nicht zu jeder von ihm für notwendig oder zweckmäßig erachteten Unterhaltungsmaßnahme, auch wenn diese mit einer Änderung der Wegekonstruktion oder Einrichtung verbunden ist, einer Genehmigung der Wegepolizeibehörde; er setzt sich aber deren Eingriff aus, wenn seine Maßnahmen nicht genügen oder den Verkehr erschweren." - Vgl. Kodal, a. a. O., Kap. 7 II 1, S. 149. Ebenso Naunin, a. a. O., S. 427. Forsthoff, VwR, S. 384; Wolff / Bachof, VwR I, § 56 II e 2; differenzierend: Kodal, a. a. O., Kap. 7 II 3, S. 155; Maunz, Hauptprobleme des öffentlichen Sachenrechts, 1933, S. 219, versteht die Widmung als „Mantelrechtsgeschäft"; Stern, VVDStRL 21 (1964), S. 198, als Organisationsakt. Z. B. § 2 VI BFStrG; § 5 IV bad.-württ. StrG; Art. 6 IV bayer. StrWG; § 4 II hess. StrG; § 6 III nordrh.-westf. StrG.
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Verfügung an Eigentümer und Unterhaltungspflichtigen. Sind andererseits diese Hauptbetroffenen förmlich angesprochen, ohne daß die Bekanntmachung ordnungsmäßig erfolgt wäre, dürfte die Widmung von der Verkehrsübergabe ab wirksam sein. Die Publikation soll lediglich für diejenigen, die von den unmittelbar gesetzlichen Wirkungen betroffen sind, die Möglichkeit der Kenntnisnahme gewährleisten. Inhalt der Widmungsverfügung ist, welche Straße der öffentlichen Zweckbestimmung unterstellt und in welche Straßenklasse sie eingestuft wird sowie welche Benutzungsarten (Kraftfahrzeug) welchem Benutzerkreis (z. B. nur Besucher von Friedhöfen, Schulen) eröffnet werden. Beschränkt-öffentliche Wege dürfen nicht die Allgemeinheit der Benutzung in Frage stellen - grundsätzlich muß jedermann den Weg gebrauchen können, der sich mittels zugelassener Benutzungsart einem zugelassenen Benutzungszweck zuwenden will. Illegitime Einschränkungen gelten als nicht geschrieben 40 . Von wegerechtlichen Einschränkungen in der Widmung, die die Benutzung der Straße schlechthin betreffen, sind solche zu unterscheiden, die das Verkehrsrecht vorschreibt oder zuläßt, um der Benutzung der Straße durch zu viele und zu gleicher Zeit zu begegnen. Solche verkehrsrechtlichen Regelungen gehören nicht in die Widmungsverfügung. Andererseits brauchen die wegerechtlichen Schranken der Widmung nicht durch Beschilderung kenntlich gemacht zu werden. Es genügt, wenn sie sich aus der Anlage des Weges, der Beschaffenheit des Wegekörpers oder der allgemeinen Benutzungsusance erschließen lassen 41 . Zu dem Rechtsgeschäft der Widmung muß die faktische Indienststellung der Straße treten, um die behördlich festgesetzten und die gesetzlichen Rechtswirkungen zur Entfaltung kommen zu lassen 42 . Hinsichtlich einer Straße, die dem Verkehr nicht wirklich übergeben worden ist, lassen sich keine wegerechtlichen Rechtsfolgen geltend machen: der Eigentümer braucht nichts zu dulden, der Unterhaltungspflichtige nichts zu bauen, niemand ist „Anlieger" und Gemeingebrauch gibt es auch noch nicht. Die umstrittene Frage 43 , ob eine fehlerhafte Widmung nichtig oder nur anfechtbar sei, insbesondere bei fehlender Zustimmung des Eigentümers oder des Unterhaltungspflichtigen, führt am Problem vorbei. Einerseits folgt aus der Lehre vom zweiseitigen Verwaltungsakt, daß er, einseitig erklärt, keine Rechtswirkungen erzeugt. Andererseits wird man eine Lehre vom „faktischen Straßenrechtsverhältnis" anerkennen müssen, wonach eine voll ausgebaute und dem Verkehr übergebene Straße wie eine rechtmäßig und wirksam gewidmete behandelt werden muß. Die Mängel des Entstehungsaktes der öffentlichen Sache können hier nicht mehr geltend gemacht werden 4 4 , um alle öffentlichen Investitionen wieder rückgängig zu 40 41 42
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Kodal, a. a. O., Kap. 7 1 2, S. 147. OLG Nürnberg Verk.Mitt. 1962, S. 21; BGHZ BB 1958,97. Forsthoff, VwR, S. 387; Wolff / Bachof, VwR I, § 56 III; bad.-württ. VGH Verw.Rspr. 13,104. Vgl. die Nachweise in Fußn. 31. Vgl. die Parallele in § 7 Erste WasserverbandsVO: „Das Bestehen des Wasser- und Bodenverbandes kann nicht mit der Begründung angefochten werden, daß eine Voraussetzung des Erlasses der Satzung nicht vorgelegen habe."
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machen, sondern nur, um Entschädigungsansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff zu begründen. A n d e r e Möglichkeiten, öffentliche Straßen zu schaffen, gibt es grundsätzlich nicht. Sollen im R a h m e n eines öffentlich-rechtlichen Vertrages benachbarter Gebietskörperschaften Widmungen ausgesprochen werden, sind Verfahren und Voraussetzungen nach dem jeweiligen Straßenrecht verbindlich. Die Eintragung in das Straßen Verzeichnis hat heute keine rechtsbegründende Wirkung mehr 4 5 . Die sog. Widmung kraft unvordenklicher Verjährung 4 6 ist nicht mehr als eine praesumtio iuris et de iure, wonach ein Weg, der von den Beteiligten über einen langen Zeitraum hinweg als öffentlicher Weg behandelt worden ist, als irgendwann ordnungsmäßig gewidmet gilt. Nach Aufstellung der Straßenverzeichnisse ist dafür künftig ohnehin kein R a u m mehr, weil die darin aufgenommenen Straßen als öffentliche anzusehen sind, alle anderen als nicht-öffentliche. Planfeststellungsverfahren können die Verlegung öffentlicher Wege einschließen, d. h. die Einziehung des vorhandenen mit der Widmung eines neuen verbinden. A b e r darin liegt keine Besonderheit, weil der Planfeststellungsbeschluß - z. B. der nach den Straßenoder Eisenbahngesetzen — ohnehin alle nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Zustimmungen ersetzt, also auch Widmungen. In materieller Hinsicht müssen in diesem Verfahren zudem die gleichen Voraussetzungen erfüllt sein wie sonst auch. V o r allem sind die Zustimmungserklärungen des Eigentümers und Wegeunterhaltungspflichtigen unerläßlich. Nach § 6 V schlesw.-holst. LStrG gelten die bei einer Verbreitung, Begradigung oder Ergänzung einer Straße hinzukommenden Straßenteile mit der „Überlassung f ü r den öffentlichen V e r k e h r " , also mit der faktischen Indienststellung als gewidmet, sofern die materiellen Voraussetzungen der Widmung vorliegen. Praktisch werden damit nur konkludente Widmungserklärungen als wirksam anerkannt, die für das Publikum erkennbar und eindeutig sind, und Publikationserfordernisse fallengelassen 4 7 .
2. Einziehung Die Einziehung ist insofern actus contrarius der Widmung, als sie die öffentliche Zweckbestimmung der Straße wieder ganz oder teilweise beseitigt. Die Volleinziehung läßt die öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit untergehen, die auf d e m privaten Eigentum an der Straße lastet; es entsteht eine Privatstraße. Die Teileinziehung schränkt den Inhalt der Dienstbarkeit ein, z. B. die zugelassenen Benutzungsarten oder den Benutzerkreis, so daß sich die Duldungspflicht des Eigentümers vermindert. D i e Einziehung ist also begünstigender Verwaltungsakt gegenüber d e m
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Früher § 2 DVO zum StraßenregelungsG vom 7. Dezember 1934 (RGBl. I, S. 1237); vgl. Kodal, a . a . O . , Kap. 7 III 6, S. 161; Kap. 1111, S. 204 Vgl. A. Germershausen / G. Seydel, a. a. O., S. 14 zu diesen sog. „alten Wegen". Dazu Kodal, a. a. O., Kap. 7 III 4, S. 159f.
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Eigentümer. Gleichzeitig wird die Unterhaltungslast aufgehoben oder dadurch verringert, daß die Straße künftig nur in einen dem reduzierten Verkehrsbedürfnis entsprechenden Zustand versetzt zu werden braucht. Die Einziehung ist also begünstigender Verwaltungsakt gegenüber dem Straßenbaulastträger. Es handelt sich aber nicht um einen zweiseitigen Verwaltungsakt, weil weder Eigentümer noch Unterhaltungspflichtiger in ihren Rechten betroffen sein können; für eine Zustimmung ist also kein Raum, erst recht nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung. Die Schwierigkeit liegt darin, daß die Einziehung vor allem die unmittelbar gesetzlichen Rechtswirkungen berührt, die mit der Widmung zugunsten oder zu Lasten Dritter eingetreten waren. Ihre rechtliche Ausgestaltung muß deshalb in erster Linie den Eingriffen Rechnung tragen, die die kraft Gesetzes entstandenen Rechte Dritter zum Gegenstand haben. Der Einwand, wenn Rechte kraft Gesetzes mit der Widmung entstanden seien, könnten sie auch kraft Gesetzes mit der Entwidmung entfallen, ohne daß dieser Eingriff zum Inhalt des Verwaltungsaktes gemacht zu werden brauchte, verschlägt nicht. Denn gerade weil die Einziehung in erster Linie wohlerworbene Rechte Dritter zum Untergang verurteilt, muß der Wille der Einziehungsbehörde auf jeden einzelnen Eingriff dieser Art gerichtet sein und die gesetzliche Ermächtigung den Rechtsverlust gegenüber jedem einzelnen Betroffenen rechtfertigen 4 8 . Dabei liegt ein bewußter oder gezielter Eingriff zumindest gegenüber den Anliegern vor, die den Zugang zur öffentlichen Straße verlieren 49 . Das gleiche gilt für die Inhaber von Sondernutzungsrechten, weil diese, ohne daß ein besonderer Widerruf der Erlaubnis erforderlich wäre, mit der Einziehung als solche erlöschen 50 . Die Gemeingebrauchsberechtigten zählen an sich nicht. Ein Recht auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs an bestimmten öffentlichen Straßen besteht nicht 51 . Immerhin hat das Gesetz auch die Interessen dieser Betroffenen im Einziehungsverfahren berücksichtigt. Die Einziehung muß mindestens drei Monate vorher in öffentlicher Bekanntmachung angekündigt sein. Jedermann ist zur Erhebung von Einwendungen zugelassen. Die Einziehung selbst ist wieder öffentlich bekanntzugeben 5 2 . Die Einziehung ist also Verwaltungsakt mit Doppelwirkung, begünstigend gegenüber Eigentümer und Straßenbaulastträger, belastend zumindest gegenüber Anliegern und Sondernutzungsberechtigten, vielleicht auch gegenüber denjenigen,
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Vgl. Kodal, a. a. O., Kap. 10 3, S. 2 0 0 f f . D a s kommt zumindest darin zum Ausdruck, daß sie wegen des enteignungsgleichen Eingriffs und des Sonderopfers entschädigt werden müssen; vgl. unten Fußn. 73, 74. Vgl. Kodal, a. a. O., Kap. 10 I 2, S. 197 f., der jedoch die Ansicht vertritt, daß unwiderrufliche Sondernutzungen nach ihrem Erlöschen als Nutzungen in irgendeiner Rechtsgestalt erhalten bleiben müssen. Vgl. § 16 I nordrh.-westf. StrG: „ D e n Anliegern oder Besitzern von Grundstücken, die an einer öffentlichen Straße gelegen sind, steht kein Anspruch darauf zu, daß die Straße nicht verändert oder nicht eingezogen wird." D a s gilt naturgemäß erst recht für alle anderen. Vgl.' für das Preuß. Recht A. Germershausen / G. Seydel, a. a. O., S. 5 1 7 f f . ; für das heutige Kodal, a. a. O., Kap. 10 II 2, S. 200.
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die sonst mit ihren Einwendungen im öffentlichen Verfahren unberücksichtigt gelassen worden sind, oder sogar denjenigen, denen wegen irgendwelcher Verfahrensfehler die Gelegenheit, Einwendungen zu erheben, abgeschnitten worden ist. Soweit die Einziehung belastet und die Adressaten in ihren Rechten verletzt sein können, muß auf Widerspruch und Anfechtungsklage hin vom Verwaltungsgericht nachgeprüft werden, ob die formellen und materiellen Eingriffsvoraussetzungen vorgelegen haben 5 3 . Die noch aus früherem Recht fortwirkende Vorstellung, diese formellen und materiellen Tatbestandsmerkmale seien von absolutem Gehalt und nachprüfbar ohne Rücksicht darauf, wer jeweils klagt, dürfte indes nicht mehr zutreffen. Jedermann hat ein Recht darauf, daß die Einziehung in dem vorgeschriebenen förmlichen Verfahren erfolgt - die Einziehung ist also stets dann aufzuheben, wenn die Ankündigung nicht oder nicht rechtzeitig vorgenommen worden ist. Wer etwa als bisher Gemeingebrauchsberechtigter Einwendungen erhoben hat und damit ohne Erfolg blieb, hat nur ein Recht darauf, daß materiell irgendein vernünftiges öffentliches Interesse hinter der Zurückweisung seiner Einwendungen steht - eine lediglich auf Privatinteressen gegründete Einziehung könnte auf diesem Wege beseitigt werden 5 4 . Klagt ein bisher Sondernutzungsberechtigter, dessen Erlaubnis auf Widerruf erteilt war, ist seine Rechtsposition kaum stärker. War die Erlaubnis auf Zeit erteilt, muß das hinter der Einziehung stehende öffentliche Interesse schon ein größeres Gewicht haben, um sein subjektiv-öffentliches Recht zu verdrängen — ganz abgesehen davon, daß er Entschädigung verlangen kann. Das Zugangsrecht der Anlieger, die nicht durch anderweitige Verbindung zum Straßennetz zufriedengestellt werden können, ist am schwersten zu überwinden, zumal der Straßenbaubehörde hier in der Regel eine geschlossene Gruppe gegenübersteht, die ein kollektives Interesse an der Beibehaltung des Status quo zusammenfaßt. Auf Anfechtungsklage hin muß der Straßenbaulastträger dartun, daß das konkrete öffentliche Interesse an der Durchführung neuer Bebauungspläne oder der Erleichterung der Straßenbaulast oder der Strukturverbesserung oder der Förderung volkswirtschaftlich wichtiger Privatunternehmen höheren Rang beanspruchen kann als das kollektive Interesse der Anlieger an der Aufrechterhaltung des Zugangs. Alles dies zeigt, daß das Verwaltungsgericht durchaus differenziert entscheiden muß je nachdem, wer Anfechtungsklage erhoben hat. Die Einziehung ist gegenüber den genannten Inhabern von Rechten oder sonst geschützten Positionen voll rechtsgebunden, wenn auch die Schranken unterschiedliche Höhe aufweisen. Demnach hängt die Zulässigkeit der Einziehung insgesamt letztlich davon ab, ob auch der Widerstand der Inhaber der stärksten Rechtsposition überwunden werden kann, welche jeweils auf Zementierung des Status quo gerichtet ist. Liegen die Eingriffsvoraussetzungen vor, hat die Straßenbaubehörde Ermessen, ob sie einzieht oder nicht. In manchen Fällen ist sie objek53
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So schon nach Preuß. Recht; vgl. A. Germershausen / G. Seydel, S. 528ff., wonach „die Klage in vollem Umfang den Charakter einer Popularklage" hatte. Nur insoweit, als Verfahrensmängel oder das Fehlen eines öffentlichen Einziehungsinteresses gerügt werden, kann auch heute noch von einer Popularklage gesprochen werden.
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tiv-rechtlich - also gewissermaßen gegenüber der Straßenaufsichtsbehörde - verpflichtet, die Straße zu „privatisieren", z. B. weil diese jede Verkehrsbedeutung verloren hat oder überwiegende Gründe des öffentlichen Wohls dafür sprechen (§ 2 IV BFStrG). Niemals dürfte sich indes daraus eine Verpflichtung gegenüber Dritten ergeben 5 5 . Aus der Ermächtigung zur Einziehung folgt die Zulässigkeit einer Teileinziehung. Dabei handelt es sich um die teilweise vorgenommene Entwidmung mit dem Ziel, den Gemeingebrauch hinsichtlich der Benutzungsarten oder des Benutzerkreises einzuschränken. Die größte Bedeutung kommt der Teileinziehung heute bei der Schaffung von Fußgängerzonen in den Stadtzentren zu. Die Städte gehen dabei bald den Weg der sog. verkehrsrechtlichen Lösung — durch Verkehrsbeschränkungen nach § 45 I StVO - , bald den der straßenrechtlichen Lösung Teileinziehung - , bald den einer Koordination der einen mit der anderen. Daneben kommt der Ausweisung von Verkehrsflächen im Bebauungsplan nach § 9 Ziff. 3 BBauG nur vorbereitende Funktion zu. Eine Festlegung auf eine Lösung ist kaum möglich; entscheidend ist zumeist die Regelung der Zufahrtsverhältnisse gegenüber vorhandenen Anliegern. Bei der Teileinziehung muß ihr Sonderstatus durch Sondernutzungen abgesichert werden 5 6 .
3. Umstufung Die Umstufung ändert nichts an dem Charakter der öffentlichen Straße, weist diese vielmehr in eine höhere (Aufstufung) oder niedrigere Straßenklasse (Abstufung) ein. Wenn sich auch die Straßenklasse nach der Widmung richtet, so verpflichten die Straßengesetze doch dazu, die Einordnung der jeweiligen wirklichen Verkehrsbedeutung anzupassen. Die Straßenaufsichtsbehörde setzt die gesetzliche Verpflichtung zur Umstufung durch, indem sie der Straßenbaubehörde die Vornahme aufgibt; teilweise ist sie selbst dafür zuständig, gegenüber den beteiligten Straßenbaulastträgern die Neuregelung zu treffen 5 7 . Straßenklassen sind: Bundesautobahnen, Bundesstraßen, Landstraßen 1. Ordnung, Landstraßen 2. Ordnung oder Kreisstraßen, Gemeindestraßen, sonstige öffentliche Straßen. Umstufungen innerhalb einer Straßenklasse, etwa innerhalb der Gemeindestraße zwischen Gemeindeverbindungsstraßen und Ortsstraßen, kommen in Betracht, wenn damit andere Rechtswirkungen eintreten, z. B. wenn der Umfang der Anbauverbote differiert oder die zugelassene Benutzungsart oder der Benutzerkreis 5 8 . 55
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Marschall, Komm. § 2 Anm. 6.5: „Es besteht auch kein Rechtsanspruch Privater auf Einziehung eines Weges (Popularklage)." Vgl. zur Einrichtung von Fußgängerzonen Sendler, D Ö V 1974, 217, 221; Kolb, Bay. VB1. 1973, S. 230; K. D. Becker, NJW 1972, 804; Wendrich, DVB1.1973,475; VG Köln NJW 1971, 1478; Bay. VGH DVB1. 1973, 508; Hess. VGH DVB1. 1973, 510; OVG Münster D Ö V 1971, 103; Löwer, Staats- u. Kommunalverwaltung 1976, 327, 328; Kodal, a. a. O., Kap. 101 1,S. 194. Kodal, a. a. O., Kap. 9 III, S. 187. Kodal, a. a. O., Kap. 9 I 2, S. 178.
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Inhalt der Umstufungsverfügung ist an sich nicht die Entlastung des bisherigen und die Verpflichtung des neuen Straßenbaulastträgers, zumal ein Wechsel nicht stattzufinden braucht, noch ist Inhalt die Herbeiführung der Rechtsfolgen, die sonst kraft Gesetzes eintreten: neue Zuständigkeiten für die Straßenaufsicht, gesetzlicher Eigentumsübergang mit dem Wechsel der Straßenbaulast ( § 6 1 BFStrG), Eingreifen anderer Anbau- oder Anpflanzungsvorschriften für Anlieger, Änderung von Benutzungsart oder Benutzungskreis, Wechsel der Passivlegitimation für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Vielmehr setzt die Umstufung nur konstitutiv die neue gesetzesgemäße Klassifizierung oder Unter-Klassifizierung fest; alles andere ist normative Folge. Es handelt sich jedoch dennoch um einen belastenden Verwaltungsakt gegenüber dem alten und gegenüber dem neuen Straßenbaulastträger, wenn ein solcher Wechsel eintritt. Diese Primärrechtsfolge ist zugleich gewollt. Dagegen dürften alle anderen Rechtswirkungen sekundär sein; sie werden nicht gegenüber den Betroffenen festgesetzt 59 . Eine Ausnahme könnte eingreifen, wenn die Umstufung die Benutzungsarten oder den Benutzerkreis verengt. Aber in diesen Fällen wird sie ohnehin mit einem Einziehungsverfahren gekoppelt werden müssen. Auf das nur dort vorgeschriebene öffentliche Verfahren kann nicht verzichtet werden 6 0 . Deshalb kann die Umstufung selbst nur von den beteiligten Straßenbaulastträgern angefochten werden, wenn ein Wechsel eingetreten ist, sonst nicht. D a ß sie öffentlich bekanntzumachen ist, ändert daran nichts.
IV. Gemeingebrauch und Sondernutzung 1. Gemeingebrauch a) Gemeingebrauch für jedermann: Wegerechtlicher Gemeingebrauch ist das jedermann gewährte subjektiv-öffentliche Recht, die öffentlichen Wege ohne besondere Zulassung im Rahmen der Widmung zu Zwecken des Verkehrs unentgeltlich zu benutzen. Die neueren Straßengesetze haben diesen wegerechtlichen Gemeingebrauch noch zum individuellen durchgefiltert, indem sie ihn auch nur „im Rahmen der verkehrsbehördlichen Vorschriften" anerkannt haben 6 1 . Das ist nützlich, weil nun jedermann wirklich weiß, was er auf den Straßen tun und lassen darf, aber zugleich irreführend, weil es scheinbar das ganze Verkehrsrecht in das Wegerecht inkorporiert. Demgegenüber muß betont werden, daß die Überschreitung der ver59
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Die h. L. entzieht sich mit der Kennzeichnung auch der Umstufung als adressatlosen Verwaltungsakt allen Schwierigkeiten; differenzierend Kodal, a. a. O., Kap. 9 III 3, S. 188 f.; anders offenbar-wie bei der Widmung - Marschall, Komm. § 2 Anm. 4.3,5.1. So zutreffend Kodal, a. a. O., Kap. 9 1 2, S. 178. Vgl. dazu Salzwedel, Gemeingebrauch, a. a. O., S. 73ff.; Salzwedel, D Ö V 1963, 244f.; Wolff/ Bachof, VwR I, § 58 II c 3 ß.
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kehrsbehördlichen Vorschriften auch nur verkehrsrechtliche Sanktionen auslöst, keine wegerechtlichen. Insbesondere ist eine Benutzung der Straße, die verkehrswidrig ist, weil man so tut, als gäbe es nur einen Verkehrsteilnehmer zur gleichen Zeit an gleicher Stelle, kein wegerechtlicher „ G e b r a u c h der Straße über den Gemeingebrauch hinaus", also keine Sondernutzung 6 2 . Dadurch, daß das Benutzungsrecht ohne besondere Zulassung gewährt ist, unterscheidet sich der Gemeingebrauch an öffentlichen Sachen von der Anstaltsnutzung. Während hier eine unmittelbar dingliche Inanspruchnahme möglich ist, hat der Einwohner einer G e m e i n d e nur einen obligatorischen Anspruch darauf, durch ausdrücklichen oder konkludenten begünstigenden Verwaltungsakt zur Benutzung der öffentlichen Einrichtungen zugelassen zu werden 6 3 . Deshalb ist das Straßenwesen kein Zweig der Anstaltsnutzung und Leistungsverwaltung 6 4 . Vielmehr ist es Eingriffsverwaltung, wenn j e m a n d e m der Zugang zu öffentlichen Straßen verwehrt wird, und der Eingriff ist unzulässig, wenn er nicht von der Widmung her zu rechtfertigen ist. Die Unentgeltlichkeit des Gemeingebrauchs ist kein naturrechtliches Prinzip. A b e r es bedürfte eines förmlichen Gesetzes, um Straßenbenutzungsgebühren zu erheben. Deshalb konnten Parkuhren, die nur durch Münzen in Betrieb gesetzt werden können, erst auf G r u n d der Ermächtigung in § 16 III StVO alter Fassung (1956, BGBl. I S. 271, 327) - heute § 13 I StVO - aufgestellt werden 6 5 . D a die Straßen für den fließenden wie für den ruhenden Verkehr gewidmet sind, fällt auch längeres Parken unter den Gemeingebrauch und damit an sich unter die Gebührenfreiheit 6 6 . Auch f ü r den Bau oder die Inanspruchnahme von Haltestellenbuchten konnten den Omnibus- oder Obusunternehmungen keine G e b ü h r e n abverlangt werden. D e n n auch der ruhende Verkehr von Linienfahrzeugen ist gemeingebräuchlich. Die verkehrsrechtliche Regelung des § 12 III Ziff. 4 StVO, wonach das Parken 15 m vor und hinter den Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel verboten ist, ändert nichts daran, daß wegerechtlich auch dort der ruhende 62 63 64
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So auch Kodal, a. a. O., Kap. 24 III 2, S. 409 f. Vgl. Salzwedel, KommunalR, a. a. O., S. 241 f.; Salzwedel, DOV1963, 241 f f . Salzwedel, DÖV 1963, 242f., gegen Werner Weber, VVDStRL 21 (1964), S. 174ff., der den Gemeingebrauch jedenfalls an Bundesautobahnen, Kanälen usw. eher als eine „archaische Form der Benutzung öffentlicher Sachen" versteht, die sich z. T. schon in Anstaltsnutzung umgewandelt habe, z. T. auf dem Wege dahin sei. Dazu ist anzumerken, daß die anstaltliche Deutung im alten preußischen Recht dominierte: so A. Germershausen / G. Seydel, a. a. O., S. 3: „. . . sind die öffentlichen Wege polizeiliche Anstalten und als solche im weitesten Maße der Verfügungsgewalt der Polizeibehörde unterworfen." Gerade die moderne Entwicklung drängte zum Gemeingebrauch als subjektiv-öffentliches Recht. Vgl. H. Jagusch, a. a. O., § 13 StVO Rz 10 mit Nachweisen; Hans Peters, Parkometergebühr durch Verwaltungsanordnung? Fs. f. Jellinek, 1955, S. 583. Vgl. dagegen Urteil des VGH Bad.-Württ., DÖV 1978, 178, das die Erhebung einer Gebühr für das Bereitstellen einer Parkuhr als rechtswidrig ansieht. Vgl. Evers, NJW 1962, 1033ff.; Salzwedel, DÖV 1963, 251 gegen OVG Hamburg DÖV 1955, 151; BVerwG E 4, 342. Das ist allerdings nicht unbestritten; a. A. z. B. OVG Hamburg D Ö V 1955,151; vgl. auch Forsthoff, VwR, S. 394 m. w. Hinweisen.
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Verkehr für jedermann zugelassen ist, für Kraftfahrzeuge des Linienverkehrs ebenso wie für andere 6 7 . Von d e m subjektiv-öffentlichen Recht, gewidmete Straßen ohne besondere Zulassung unentgeltlich zu benutzen 6 8 , ist nicht das Recht darauf umfaßt, daß die vorhandenen Straßen als öffentliche aufrechtzuerhalten sind. D i e Gemeingebrauchsberechtigten haben lediglich einen Anspruch darauf, daß bei der Einziehung das förmliche Verfahren beachtet wird und daß ein öffentliches Interesse hinter der Zurückweisung ihrer Einwendungen erkennbar sein muß. Erst recht gibt es keinen Anspruch darauf, bestimmte öffentliche Straßen zu bauen, zu widmen, dem Verkehr zu übergeben. Es fragt sich, wieweit Grundrechte das Wegerecht in dieser Hinsicht absichern oder sogar zusätzliche Garantien begründen 6 6 . Die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 I G G umfaßt die Möglichkeit, mit anderen beliebig in Verbindung zu treten und sich dazu auf vorhandenen öffentlichen Straßen von einem Ort zu jedem gewünschten anderen zu begeben. Auch die Freiheit der körperlichen Fortbewegung — Freiheit der Person in Art. 2 II S. 2 G G - steht dem entgegen, durch Verweigerung des Zugangs zu den öffentlichen Straßen die Wirkung einer polizeilichen Ausgangssperre, ja eines Hausarrestes herbeizuführen. Die Freizügigkeit, die Berufsfreiheit, die Versammlungsfreiheit, die Meinungsfreiheit, nahezu alle Freiheitsrechte sind nur über einen funktionierenden Gemeingebrauch denkbar. Deshalb dürfte das subjektiv-öffentliche Recht auf Benutzung der öffentlichen Straßen ohne besondere Zulassung verfassungsrechtlich geboten sein. Auch eine Veranstaltlichung des Straßenwesens in der Weise, daß an die Stelle des dinglichen Rechtes auf Benutzung ein obligatorischer Anspruch auf Zulassung zur Benutzung treten würde, müßte bereits als bedenklich gelten. Damit allein kann es indes nicht seine Bewandtnis haben. D e n n es kommt darauf an, daß stets ein ausreichender Bestand an öffentlichen Straßen verbürgt ist, an denen das subjektive Gemeingebrauchsrecht sich entfaltet. Hier greift die Lehre von den institutionellen G a r a n tien ein. Die genannten Grundrechte verpflichten den Staat, ein umfassendes Netz öffentlicher Straßen bereitzustellen. Die Aufrechterhaltung bestimmter Straßen ist zwar danach nicht gesichert. Indes würde eine systematisch durchgeführte K a m p a gne zur Privatisierung öffentlicher Straßen bald an eine absolute Bestandsgrenze stoßen. D e r Verfassungsverstoß könnte dann auch im einzelnen Einziehungsverfahren geltend gemacht werden. D e r Gemeingebrauch kann wegerechtlich beschränkt 67
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werden, soweit sich die
H. Peters / J. Salzwedel, D i e Kostenverteilung zwischen Straßenbaulastträgern und öffentlichen Verkehrsunternehmern, 1960, S. 71 ff. mit Nachweisen. Vgl. Salzwedel, Gemeingebrauch, a. a. O., S. 9 0 f . Wie hier z. B. Forsthoff, VwR, S. 391 f.; E. R. Huber, D Ö V 55, 129f.; Jesch, JuS 1963, 2 1 3 f f . ; O V G Münster D Ö V 62, S. 906; abweichend z. B. Wolff / Bachof, V w R I, § 58 II b. D i e Frage ist offengelassen in BVerwG E 4, 342 (343). Vgl. Haselau, D i e Freiheit der Straßen als Rechtsproblem, Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft Güterfernverkehr, H. 11, 1960; Herbert Krüger, Gegen eine Entstaatlichung der öffentlichen Wege, ebenda Heft 1; Salzwedel, D Ö V 1963, 246; W. Krebs, V e r w A 67 ( 1 9 7 6 ) S. 3 2 9 f f . ; weitgehend ablehnend Forsthoff, VwR, S. 390.
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Schranken aus der Widmung rechtfertigen lassen. Dauerregelungen können notwendig sein, um auf einen nicht verkehrssicheren Zustand der Straße (gefährlich gewölbte Kurve, Kreuzung, Steinschlag, Wildwechsel) hinzuweisen oder die Belastungsgrenzen für den Straßenkörper anzuzeigen. Vorübergehende Einschränkungen kommen in Betracht, wenn Straßenbauarbeiten vorzunehmen sind oder wenn nach Frostschäden nur noch eine verminderte und vorsichtige Benutzung zugelassen werden kann. Dementsprechend kann auch die Straßenbaubehörde Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anbringen, die grundsätzlich nicht mit den amtlichen Verkehrszeichen und -einrichtungen der StVO übereinzustimmen brauchen. Das Straßenverkehrsamt ist zu unterrichten. Es kann abweichende Regelungen treffen, bleibt aber an die zugrunde liegende Sachentscheidung, der Verkehrssicherungspflicht zu genügen oder die Straßensubstanz zu schützen, inhaltlich gebunden 7 0 . Die Widmung öffentlicher Straßen für den öffentlichen Verkehr schließt Unterschiede im Benutzungszweck nicht aus. Straßen mit Erschließungsfunktion und freie Strecken dürfen nicht gleichbehandelt werden. Im innerstädtischen Bereich tritt die Benutzung der Straßen zu Handel und Wandel in den Vordergrund. Die kommunikative Funktion der Straßen ist dort auch verfassungsrechtlich abgesichert. So ist das Verteilen von Flugblättern wegen des Art. 5 1 G G in der Regel Gemeingebrauch, nicht Sondernutzung 71 . Nur in besonders engen und überlasteten Straßen kann eine andere Beurteilung angemessen sein. Die Behinderung von Passanten durch aufdringliche politische Werbung ist nicht Sondernutzung, sondern unzulässiger Gemeingebrauch, also nicht erlaubnisfähig 72 . b) Anlieger: Obwohl der Gemeingebrauch jedermann zusteht, hat das Recht nach herrschender Auffassung für die Anlieger einen anderen Inhalt als für sonstige Benutzer. Anlieger sind die Eigentümer oder Besitzer von Grundstücken, die an einer öffentlichen Straße gelegen sind. Das Anliegerrecht und der Anliegergebrauch sind grundsätzlich auf Straßen beschränkt, die Erschließungsfunktion besitzen, nämlich von der Gemeinde für den inneren Verkehr und den Anbau bestimmt sind. Praktisch handelt es sich um Gemeindestraßen und Ortsdurchfahrten. Das Anliegerecht hat zum Inhalt, daß ein freier Zugang von und zur Straße zu Fuß und zu Wagen sowie der freie Zutritt von Licht und Luft zu den an der Straße errichteten Gebäuden aufrechtzuerhalten ist 73 . Der B G H 7 4 hat das Anliegerrecht 70 71
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Kodal, a. a. O., Kap. 42 II 3, S. 1087. Vgl. OLG Celle DVB1. 1976, 111; OLG Stuttgart DVB1. 1972, 509; DVB1. 1976, 113; OLG Bremen NJW 1976, 1359; OVG Berlin NJW 1973, 2044; anders noch OVG Münster DVB1.1972,509. OLG Düsseldorf NJW 1975, 1288, und OLG Celle NJW 1975, 1894 gehen von Sondernutzung aus, die im Einzelfall aber nicht erlaubnispflichtig sein soll. Dazu RGZ 145, 107 ff. (113); A. Germershausen / G. Seydel, a. a. O., S. 112ff.; Kodal, StraßenR 2. Aufl. 1964, „Anlieger", S. 32ff.; Marschall, Komm. § 8a Anm. 7.1.f.; Forsthoff, VwR, S. 406; Wolff / Bachof, VwR I, § 5 8 Illb 2; F. Sieder / H. Zeitler, Komm. Art. 17 Anm. 11. BGHZ 8,274; 23,157ff.; 23,235; DVB1. 1972,115; 1974,125.
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dessen, der einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb mit Laufkundschaft an der Straße besitzt, noch dahin erweitert, daß in diese betriebsbezogene Verkehrslage nicht entschädigungslos eingegriffen werden dürfe, wenn dem Betroffenen damit ein Sonderopfer auferlegt würde. Besondere Bedeutung gewinnt diese Rechtsprechung für Tankstellen, Sparkassen mit Autoschaitern o. ä. In Wahrheit hat das Anliegerrecht nichts mehr mit einem subjektiv-öffentlichen Recht auf Gemeingebrauch an öffentlichen Straßen, so wie sie nun einmal jeweils sind, zu tun. Vielmehr findet hier partiell ein Recht auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs an einer bestimmten Straße Anerkennung. Das Recht richtet sich gerade gegen Einziehungen, Niveauveränderungen, Straßensperren oder Bauarbeiten an der Straße. Der Anliegergebrauch, der auch als gesteigerter Gemeingebrauch bezeichnet wird, betrifft dagegen eine vom Anliegergrundstück auf die Straße selbst und den Luftraum über der Straße übergreifende Tätigkeit, um die besonderen Vorteile des Verkehrs zu nutzen15. Dabei wird der Gemeingebrauch in doppelter Hinsicht erweitert. Während die Straße sonst nur zu Zwecken des Verkehrs benutzt werden darf, wird hier gerade die geschäftliche Betätigung der Anlieger akzeptiert, die dort je nach den wirtschaftlichen Bedürfnissen und örtlichen Gewohnheiten Waren auslegen, Tische und Stühle für Gaststättenbesucher aufstellen, Reklameund Firmenschilder, Schaukästen, Lichtreklamen anbringen. Ferner werden unabhängig vom Benutzungszweck Benutzungsarten toleriert, die dem Passanten nie offenstehen, so z. B. das Aufstellen von Baugerüsten und Baugeräten. Die Darstellung zeigt, daß das Dogma der Rechtsprechung 76 , Anlieger hätten Gemeingebrauch wie Passanten sonst auch, ganz unhaltbar ist. Das Anliegerrecht betrifft in Wirklichkeit den Status der Straße, der Anliegergebrauch eine Betätigung, die außerhalb der für alle geltenden Widmung liegt. Daher handelt es sich um unmittelbar durch Gesetz eingeräumte Sondemutzungen71. Die neuen Straßengesetze tragen dem z. T. Rechnung: § 16 II nordrh.-westf. LStrG behandelt das Anliegerrecht als Ausnahme zu dem Grundsatz des Absatz I, wonach Anlieger keinen Anspruch darauf haben, daß die Straße nicht verändert oder eingezogen wird. Der Anliegergebrauch des § 17 hamb. WegeG wird als eine Betätigung über den Gemeingebrauch hinaus angesehen. Auch sonst ist der Anliegergebrauch als Bestandteil des gesetzlichen Gemeingebrauchs nahezu verschwunden 78 . Die Straßengesetze ermächtigen statt dessen die Gemeinden, den Gebrauch der Ortsdurchfahrten und der Gemeindestraßen „über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung)" durch Satzung zu regeln (vgl. § 19 III nordrh.-westf. LStrG, § 5 1 1 nieders. StrG, § 23 I schlesw.-holst. StrWG). 75
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A. Germershausen / G. Seydel, a. a. O., S. 112ff.; Kodal, a. a. O., Kap. 25 I 2, S. 448ff.; Marschall, Komm. § 7 Anm. 5. 22; Sieder I H. Zeitler, Komm. Art. 14 Anm. 12, wonach der gesteigerte Gemeingebrauch dem bayerischen Recht begrifflich fremd war. PrOVG 32, 213; 39, 230; BGHZ D Ö V 1957, 155; BVerwG E 32, 222; BVerwG DVBl. 1973,496; Marschall, Komm. § 7 Anm. 5 . 2 2 , 5 . 2 3 . Salzwedel, Gemeingebrauch, a. a. O., S. 85. Kodal, a. a. O., Kap. 25 II 2, S. 454 f.
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2. Sondernutzungen Sondernutzungen sind Benutzungen der öffentlichen Straße über den Gemeingebrauch hinaus. Sofern sie nicht schon nach Gesetz oder Satzung zugelassen sind, bedürfen sie bald einer Erlaubnis der Straßenbaubehörde (a), bald einer bürgerlich-rechtlichen Gestattung des Wegeeigentümers (b), bald des einen wie des anderen (c). a) Erlaubnis: Nach den neuen Straßengesetzen ist eine Erlaubnis regelmäßig nur dann erforderlich, wenn die Benutzung den Gemeingebrauch nicht nur überschreitet, sondern auch beeinträchtigt. D a b e i sollen Beeinträchtigungen von kurzer D a u e r unberücksichtigt bleiben, wenn es sich um öffentliche Versorgungsleitungen handelt (§ 8 X BFStrG, § 23 I nordrh.-westf. LStrG, § 45 I rheinl.-pfälz. LStrG). Eine Überschreitung des Gemeingebrauchs liegt vor, wenn die Straße zu anderen Zwecken als denen des Verkehrs, zu anderen als in der Widmung zugelassenen Benutzungsarten oder von anderen als in der Widmung bezeichneten Benutzern in Anspruch genommen werden soll. D e r Straßenhandel ist nicht nur Sondernutzung, wenn er von einem festen Verkaufsstand aus betrieben wird, sondern richtiger Ansicht nach auch, wenn fahrende Händler vom Kraftfahrzeug oder vom Bauchladen aus verkaufen 7 9 . Bedeutsam sind auch Benutzungen, die - wie beim G r o ß raum- oder Schwerverkehr - aus straßenbautechnischen G r ü n d e n an sich von der Straße ferngehalten werden müssen. Auch die Bundeswehr ist beim Einsatz von Panzerfahrzeugen grundsätzlich an die Schranken der Widmung gebunden 8 0 . D i e Erlaubnis wird auf Widerruf oder auf Zeit erteilt. Ein Rechtsanspruch besteht nicht, wohl aber ein Anspruch gegen die Straßenbaubehörde auf fehlerfreie Ermessensausübung. Die Ablehnungsgründe sind nicht nur dahin begrenzt, daß sie an vernünftigen öffentlichen Interessen orientiert sein müssen. Vielmehr k o m m e n nur Gesichtspunkte in Betracht, die gerade mit den wegehoheitlichen A u f g a b e n des Straßenbaulastträgers zusammenhängen: mit dem Schutz der Straßensubstanz und der Aufrechterhaltung eines störungsfreien Gemeingebrauchs für alle 81 . Wenn in den Straßengesetzen von Beeinträchtigungen der Sicherheit und Leichtig-
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Weiter geht Kodal, a . a . O . , Kap. 24 IX 3, S. 439f.; Forsthoff, VwR, S. 395. Die verkehrspolizeiliche Ausnahmegenehmigung gem. § 46 II StVO für Anlagen, die als Hindernisse für die Leichtigkeit des Verkehrs an sich unter das Verbot des § 41 StVO fallen, ersetzt nicht eine nach Wegerecht erforderliche Sondernutzung. Dazu Kodal, a. a. O., Kap. 24 VIII A, S. 430f.; hier ersetzt die Erlaubnis gem. § 5 StVO eine etwa wegerechtlich erforderliche Erlaubnis der Sondernutzung; vgl. § 8 VI BFStrG; § 21 nordrh.-westf. StrG. So bad.-württ. VGH DÖV 1953, 640 und ganz h. L.: Marschall, Komm. Anm. 4.2; Kodal, a. a. O., Kap. 26 II 2, S. 497f.; Forsthoff, VwR, S. 395; Wolff / Bachof, VwR I, § 59 IIb 2; für Rechtsanspruch Stern, VVDStRL, 21 (1964), S. 220f.; vgl. auch Ziegler, DVB1.1976, 89.
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keit des Verkehrs die R e d e ist, dürfte die Formulierung nicht nur eng, sondern auch noch mit d e m A u f t r a g der Verkehrsbehörde vermengt sein. Richtig ist, daß Anträge schon abgelehnt werden können, um die spezifisch verkehrsrechtlichen Ballungsprobleme überhaupt nicht erst auftreten zu lassen. Die G r ü n d e , die einer Sondernutzung auf Zeit oder auf Widerruf entgegengehalten werden können, bestimmen auch die Festsetzung von Bedingungen und Auflagen. Benutzungsgebühren können dagegen aus fiskalischen Erwägungen auferlegt werden. Sie sollen den wirtschaftlichen Vorteil der Sondernutzung, die ja ein gegenüber anderen Staatsbürgern schwer zu rechtfertigendes Privileg darstellt, ganz oder teilweise abschöpfen 8 2 . A u ß e r d e m hat der Erlaubnisinhaber Ersatz zu leisten, wenn d e m Straßenbaulastträger durch die Sondernutzung Mehrkosten für den Bau und die Unterhaltung oder sonstige Kosten entstehen 8 3 . Auch die Erlaubnis kann im Planfeststellungsverfahren ersetzt werden. Nach § 8 VI BFStrG erübrigt die verkehrsbehördliche Erlaubnis nach § 29 II StVO für besondere Veranstaltungen sowie G r o ß r a u m - oder Schwertransporte die Erteilung einer Sondernutzung: das Straßenverkehrsamt muß sich jedoch die intern von der Straßenbaubehörde geforderten Bedingungen und Auflagen zu eigen machen. Häufig werden Verkehrs- oder wegerechtliche Erlaubnisse im R a h m e n öffentlichrechtlicher Verträge erteilt. Dazu gehören auch Vereinbarungen zwischen Straßenverkehrsamt und Bundeswehr nach § 35 III StVO, wonach die Bundeswehr für Veranstaltungen nach § 29 II StVO generell von der Erlaubnis freigestellt wird. Wiederum werden die Vereinbarungen im Benehmen mit der Straßenbehörde und mit Wirkung auch gegen diese abgeschlossen. b) Gestattung des Wegeeigentümers: Beeinträchtigt eine Benutzung öffentlicher Straßen den Gemeingebrauch weder dauernd noch vorübergehend 8 4 , ist für die Sondernutzung nach n e u e m Straßenrecht eine Erlaubnis nicht mehr erforderlich (anders § 10 I berl. StrG). Statt dessen muß die Gestattung des Wegeeigentümers nachgesucht werden, die im R a h m e n eines bürgerlich-rechtlichen Nutzungsvertrages erteilt zu werden pflegt. In Betracht kommen vor allem Miete, Pacht und Leihe. Die wichtigsten Verträge dieser Art sind die Konzessionsverträge mit Versorgungsunternehmen über die Verlegung von Versorgungsleitungen in den Straßengrund. Die Dispositionsfreiheit des Wegeeigentümers reicht an sich bis an die Wuchergrenze. Jedoch gelten zwei wichtige Einschränkungen. Zunächst kann ein Kontrahierungszwang aus § 826 B G B folgen, nämlich dann, wenn der Wegeeigentümer an Kreuzungen oder im Stadtgebiet praktisch ein Monopol für die Vergabe
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Salzwedel, Gemeingebrauch, a. a. O., S. 87; anders Stern, a. a. O., S. 216 f. § 4 4 rheinl.-pfälz. StrG; §§ 21 V, 22 I bad.-württ. StrG; Art. 18 III bayer. StrG; § 22 I nordrh.-westf. StrG; § 22 I nieders. StrG u. a. Nach § 8 X BFStrG lösen vorübergehende Beeinträchtigungen des Gemeingebrauchs keine Erlaubnispflicht aus, wenn die Maßnahmen Zwecken der öffentlichen Versorgung dienen; ebenso z. B. § 23 bad.-württ. StrG; Art. 18, 2 0 bayer. StrWG; § 20 hess. StrG; § 23 nieders. StrG; § 23 I nordrh.-westf. StrG.
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von Leitungsrechten besitzt. Eine freie Ablehnung wäre u. U. sittenwidrig; die Gestattung erfolgt zu angemessenen Bedingungen 8 5 . Im übrigen sind bei der monopolfreien Entscheidung über die Gestattung die Schranken zu beachten, die sich für staatliche und kommunale Wegeeigentümer aus der Grundrechtsbindung des Fiskus ergeben. Insbesondere ist der Gleichheitsgrundsatz zu respektieren 8 6 . Für Klagen in diesem Bereich sind durchweg nicht die Verwaltungsgerichte, sondern die ordentlichen Gerichte zuständig. Die Klage ist auf Abgabe einer Willenserklärung oder Schadensersatz gerichtet. c) Erlaubnis- und gestattungspflichtige Sondernutzungen: Die neuen Straßengesetze — mit Ausnahme des Berliner Straßengesetzes - haben sich bemüht, die Doppelbödigkeit der Sondernutzung nach öffentlichem und bürgerlichem Recht zu beseitigen. Aber auch ihnen blieb der Erfolg teilweise versagt. Fallen nämlich Straßenbaulast und Wegeeigentum auseinander oder tangiert eine Benutzung sowohl den Gemeingebrauch als auch die private Restherrschaft, muß nach wie vor außer der Erlaubnis auch die bürgerlich-rechtliche Gestattung eingeholt werden. Gelegentliche Versuche, diese Möglichkeiten doppelter Beeinträchtigung zu leugnen, laufen auf eine kalte Sozialisierung des Wegeeigentums hinaus 87 . Der Eigentümer braucht nur den Gemeingebrauch zu dulden. Alles, was über die Widmung hinausgeht, betrifft die Privatnützigkeit, die ihm allein verblieben ist. Der Benutzer ist, gleichviel ob der Eigentümer in eigener Nutzung gestört ist oder nicht, von der Gestattung abhängig und muß damit alle Gegenleistungen aufbringen, die der Eigentümer verlangt. Fallen Straßenbaulast und Eigentum auseinander, ist die Zweigleisigkeit von Erlaubnis und Gestattung unvermeidbar. Das gleiche muß aber gelten, wenn eine Benutzung im Falle der Vereinigung beider in einer Hand sowohl in die Wegehoheit des Straßenbaulastträgers als auch in dessen Wegeeigentum eingreift. Denn es besteht keine Veranlassung, das Wegeeigentum straßenbaupflichtiger Körperschaften gegenüber dem Privater zu diskriminieren. Deutlich wird das an den Straßenbahn- und Obusunternehmen, die mit den Schienen und Masten den Gemeingebrauch beeinträchtigen, zugleich aber in die Straßensubstanz eingreifen, die ganz von der Restherrschaft des Eigentümers umfaßt ist 88 . Nun hat § 32 I PBefG für Straßenbahnen bzw. § 41 II PBefG für Obusse vorgesehen, daß an die Stelle einer Erlaubnis der Straßenbaubehörde deren Zustimmung gegenüber der Genehmigungsbehörde beizubringen ist. Aber die materiellen Voraussetzungen der Erteilung sollten dadurch nicht berührt werden. Lediglich ist in § 33 PBefG vorgesehen, daß von der Landesregierung bestimmte Behörden — auch mit Wir-
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Vgl. RGZ 115, 253 (258); 143, 24ff.; 79, 224ff.; dazu Flume, Das Rechtsgeschäft, § 33
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BGHZ 29,76ff.; vgl. auch Hesse, Grundzüge, § 1 1 1 . Vgl. Salzwedel, Gemeingebrauch, a. a. O., S. 79; wie hier Zippelius, 846 f.; a. A.: Ziegler, DVB1.1976, 89 ff. mit weiteren Nachw. H. Peters! J. Salzwedel, a. a. 0 . , S . 40f.
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D Ö V 1958, 838,
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kung gegen den Straßenbaulastträger — entscheiden, wenn eine Einigung zwischen den Beteiligten über die Bedingungen für die Zustimmung nicht zustande kommt. Vom Wegeeigentum ist bei alledem nicht die Rede. Aber da das PersonenbeförderungsG sich über die Restherrschaft der Wegeeigentümer nicht einfach hinwegsetzen kann, ist neben der öffentlich-rechtlichen Benutzungsvereinbarung mit dem Straßenbaulastträger ein bürgerlich-rechtlicher Gestattungsvertrag mit dem Wegeeigentümer abzuschließen, wenn beide auseinanderfallen 8 9 .
V. Straßenbaulast und andere Pflichten 1. Straßenbaulast Für den Straßenbau bieten sich zwei gegensätzliche Konstruktionen an: Hoheitsaufgabe der öffentlichen Verwaltung oder Erfüllung einer nicht typisch staatlichen Wegeunterhaltungspflicht, worüber der Staat nur als Wegebaupolizei wacht 90 . Die neuen Straßengesetze lassen eine deutliche Hinwendung zur ersteren Konzeption erkennen. Das macht schon der sprachliche Ubergang von der früheren Wegebauund Unterhaltungspflicht zur Straßenbaulast sichtbar. Vor allem die Übertragung der wesentlichsten wegehoheitlichen Funktionen auf die Straßenbaulastträger selbst ist ein Markstein in der Entwicklung. Bei den Bundesstraßen und Landstraßen 1. Ordnung sind sogar Straßenaufsicht und Straßenbaulast in einer Hand vereinigt. Die Rechtsnatur der Widmung ist indes am alten Leitbild orientiert; andernfalls müßte sie zum reinen Organisationsakt umgestaltet sein 91 . Außerdem paßt die Hoheitstheorie kaum für die Straßenbaulast der Gemeinden und erst recht nicht für diejenige Privater, die nämlich als beliehene Unternehmer begriffen werden müßten. Das geltende Recht ist also von beiden Leitbildern geprägt, und in fast allen Streitfragen drängt sich diese grundlegende gesezgebungspolitische Alternative wieder in die Argumentation hinein. Die Straßenbaulast ist die objektiv-rechtliche, also nicht unmittelbar gegenüber dem Publikum bestehende Verpflichtung des Straßenbaulastträgers, die Straße in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern, sofern dies nicht seine finanzielle oder administrative Leistungsfähigkeit überschreitet. Dazu gehören auch die sog. verkehrsmäßige Reinigung, die verkehrsmäßige Beleuchtung, die Anbringung straßenbaubedingter Verkehrszeichen, seit dem ReichspolizeikostenG auch — systemwidrig - die Anbringung verkehrspolizeilich erforderlicher Verkehrszeichen, nicht dagegen der sog. Winterdienst gemäß § 3 III BFStrG 9 2 .
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Vgl. Kodal, a. a. O., Kap. 27 II 5, S. 569; H. Peters / J. Salzwedel, a. a. O., S. 40. Dazu Salzwedel, D Ö V 1 9 6 3 , 2 4 7 f . ; Kodal, a. a. O., Kap. 1 2 1 3, S. 2 1 8 f . So Stern, V V D S t R L 21 (1964), S. 198. Kodal, a. a. O., Kap. 12 II A , S. 2 2 0 f .
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Trägt der Staat oder eine Körperschaft die Straßenbaulast, so ist die Verpflichtung zunächst auf die Etatisierung ausreichender Straßenbaumittel gerichtet. Soweit die Länder oder Landschaftsverbände die Bundesstraßen im A u f t r a g des Bundes verwalten, beschränkt sich dessen Verpflichtung als Träger der Straßenbaulast auf die Bereitstellung des Budgets und die Deckung der laufenden Ausgaben. Das gleiche gilt, wenn das Land die Verwaltung von Kreisstraßen übernommen hat. Straßenbaulast ist dann also Finanzierungslast, die Straßenverwaltung ist Sache der beauftragten oder Übernehmerkörperschaft. Die Straßenverwaltung für einen anderen Straßenbaulastträger stellt sich verschieden dar je nachdem, ob es sich um die W a h r n e h m u n g der spezifisch wegehoheitlichen Funktionen („Hoheitsverwaltung") oder um die rechtsgeschäftlichen und faktischen M a ß n a h m e n zu Straßenbau und -Unterhaltung sonst („Vermögensverwaltung,,) handelt 9 3 . Straßenaufsichtliche Anordnungen, Widmung, Einziehung oder Umstufung, Erteilung oder Widerruf von Sondernutzungen, Inanspruchnahmeverfügungen, Verwaltungsakte gegenüber wegerechtlich Pflichtigen Anliegern sowie straßenbaubedingte Verkehrsregelungen fließen für die beauftragte oder Ü b e r n e h m e r k ö r p e r schaft aus eigenem Recht. Die Verwaltungsakte werden von der Straßenbaubehörde in eigenem N a m e n erlassen. Anfechtungs- oder Verpflichtungsklagen sind je nach Landesrecht gegen das Land oder die Landesbehörde zu erheben, die den belastenden Verwaltungsakt erlassen hat oder den begünstigenden - z. B. den Dispens von einem Anbauverbot - erlassen soll. Alle öffentlich-rechtlichen oder bürgerlich-rechtlichen Willenserklärungen, die mit d e m Straßenbau oder der Unterhaltung selbst zusammenhängen, sind dagegen im N a m e n , im Interesse und für Rechnung des Straßenbaulastträgers und Eigentümers abzugeben. Die L ä n d e r oder Landschaftsverbände schließen deshalb mit Wirkung f ü r und gegen den Bund als Straßenbaulastträger öffentlich-rechtliche Baulast Verträge ab oder mit Wirkung für und gegen den Bund als Eigentümer bürgerlich-rechtliche Nutzungsverträge. Für Klagen aus diesen Rechtsverhältnissen ist also der Bund aktiv und passiv legitimiert. Z u r Verwaltung der Bundesstraßen durch die Länder oder Landschaftsverbände gehört aber die Prozeßführungsbefugnis kraft Gesetzes, auf die der Bundesverkehrsminister nur durch Weisung an die Landesregierung nach Art. 85 III G G Einfluß n e h m e n kann. Die Zurechnung der faktischen Straß e n b a u m a ß n a h m e n zum Straßenbaulastträger wirkt sich praktisch zumeist nur darin aus, daß er letztlich die Kosten zu tragen hat. Nach außen tritt auf G r u n d der meisten Haftungstatbestände die beauftragte oder Übernehmerkörperschaft dafür ein, so nach § 823 I B G B bei Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, weil sie selbst mit der Indienststellung die objektive Gefahrenlage geschaffen hat, nach § 839 B G B in Verbindung mit Art. 34 G G bei der Amtshaftung als Anstellungskörperschaft, nach § 7 StVG als Halter des fremden, z. B. bundeseigenen Kraftfahrzeugparks. Lediglich f ü r Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff dürfte der Straßenbaulastträger und Eigentümer der richtige Beklagte sein, weil er die durch M a ß n a h m e n der Vermögensverwaltung unmittelbar begünstigte K ö r p e r schaft ist. 53
Kodal, StraßenR2. Aufl. 1964, „Auftragsverwaltung", S. 62 ff.
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Wer Träger der Straßenbaulast ist, bestimmt sich nach der Straßenklasse. Für Ortsdurchfahrten 9 4 , die durch wegehoheitlichen Verwaltungsakt der Straßenbaubehörde für die Durchgangsstraße in der Längsrichtung gegenüber der freien Strecke und seitlich gegenüber Straßenverbreiterungen und Plätzen begrenzt wird, hängt die Straßenbaulast von der Einwohnerzahl der Gemeinde (50000 für Bundesstraßen, nach Landesrecht jeweils zwischen 20000 und 30000 für Landstraßen) ab. In den größeren Städten sind die Ortsdurchfahrten gemeindlich zu unterhalten. In den kleineren Gemeinden ist die Straßenbaulast geteilt; während hinsichtlich der Fahrbahn der Baulastträger für die Straße zuständig ist, liegt sie für Gehwege und Parkplätze stets, für Radwege weithin bei den Gemeinden. Eine große Rolle spielen die Sonderbaulasten Dritterss, die entweder auf besonderen Vorschriften der Straßengesetze oder anderer Gesetze oder auf besonderem Rechtstitel beruhen. Gesetzliche Sonderregelungen finden sich z. B. in § 13 II BFStrG, § 14 Eisenbahn-KreuzungsG. Als besondere Rechtstitel kommen Auflagen in Betracht, die mit wege- oder kreuzungsrechtlichen Planfeststellungen, mit wasserrechtlichen Erlaubnissen oder Bewilligungen und anderen Verwaltungsakten verbunden sein können, vor allem aber auch öffentlich-rechtliche Verträge zwischen Träger und Übernehmer der Straßenbaulast. Eine Reihe von straßenrechtlichen Bestimmungen wie § 12 II hamb. WegeG, § 45 I nordrh.-westf. LStrG, Art. 44 I bayer. StrWG, ferner § 123 III BBau G sehen Vereinbarungen über die Straßenbaulast ausdrücklich vor. Die Wirkung der Übertragung oder Übernahme der besonderen Straßenbaulast ist privativ; der ordentliche Wegeunterhaltspflichtige wird frei. Dadurch unterscheiden sich öffentlich-rechtliche von bürgerlichrechtlichen Vereinbarungen, die zwar unbeschränkt zulässig sind, die gesetzliche Straßenbaulast indes unberührt lassen und mithin nur inter partes zur Vornahme von Arbeiten oder zur Kostentragung verpflichten.
2. Verkehrssicherungspflicht Während die Straßenbaulast im Verhältnis zum Staat und dessen hoheitlicher Straßenaufsicht getragen wird, bestimmt die Verkehrssicherungspflicht, ob und wieweit eine Verpflichtung gegenüber Dritten besteht, die Straße in einem ungefährlichen Zustand zu erhalten. Beide Pflichten haben nur insofern etwas miteinander zu tun, als die straßenbaurechtliche Erhaltung der Straße in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entsprechenden Zustand mindestens die Beseitigung ernsthafter Gefahrenquellen einschließt. In diesem Umfang kann auch gegenüber dem Staat der Einwand mangelnder finanzieller Leistungsfähigkeit nicht geltend gemacht werden. Die Straßenbaulast geht indes weit über das hinaus, was zum Schutz des Publikums unerläßlich erscheint.
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Kodal, a. a. O., Kap. 13 II C 2, S. 237 f. Kodal, a. a. O., Kap. 14, S. 244ff.
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Umstritten ist, auf welchem Rechtsgrund die Verpflichtung beruht: während die überkommene Rechtsprechung sie aus § 823 I BGB entwickelt, überwiegen im Schrifttum die Stimmen, die sie als hoheitliche Amtspflicht gegenüber Dritten im Sinne des § 839 BGB, Art. 34 GG qualifizieren 97 . Neuerdings bietet der Bundesgerichtshof 98 öffentlich-rechtlichen Körperschaften beide Verpflichtungen zur Wahl an: an sich nach § 823 I BGB bürgerlich-rechtlich verantwortlich, können sie durch ausdrücklichen Organisationsakt, der der Allgemeinheit kundgemacht werden muß, nach außen verbindlich und wirksam erklären, daß sie dem Publikum künftig hoheitlich gegenübertreten wollen. In einer Reihe von Landesstraßengesetzen ist dies für alle Land- und Gemeindestraßen inzwischen sogar gesetzesförmlich zum Ausdruck gebracht worden, so in § 5 hamb. WegeG, § 67 StraßenG Bad.-Württ., Art. 72 bayer. StrWG § 48 II LStrG Rheinl.-Pfalz, § 9a LStrG NW und § 10IV LStrG Schlesw.-Holst. Wer verkehrssicherungspflichtig ist, könnte in erster Linie davon abhängen, ob von der Option für die Amtshaftung Gebrauch gemacht worden ist oder nicht. Nach § 823 I BGB kommt es darauf an, wer rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, für die Verkehrssicherheit erforderlichen Maßnahmen zu treffen 99 . Das ist der Straßenbaulastträger, wenn er dieser Verpflichtung selbst genügt, dagegen im Fall der Auftragsverwaltung oder der Wahrnehmung des Straßenbaues seitens des Landes für die Landkreise oder kreisfreien Städte diejenige Körperschaft, die die haushaltlichen Bereitstellungen des Straßenbaulastträgers vewirklicht. Deshalb sind die Länder, in Nordrhein-Westfalen die Landschaftsverbände, für Bundesstraßen verkehrssicherungspflichtig, obwohl die finanzielle Straßenbaulast beim Bund liegt. Ebenso muß der Geschädigte sich an das Land halten, wenn er einen Unfall auf einer Kreisstraße erlitt, für die das Land die Unterhaltung administrativ übernommen hat 100 . Nach § 839 BGB, Art. 34 GG ist die Anstellungskörperschaft des Beamten oder Angestellten oder Arbeiters verantwortlich, der die Gefahrenquellen jeweils nicht oder nicht in genügendem Maß beseitigt oder sogar selbst solche geschaffen hat 101 . Da es sich dabei wohl stets um Bedienstete der Körperschaft handeln dürfte, der die Unterhaltung tatsächlich obliegt, wirkt sich der verschiedene Rechtsgrund kaum auf die Passivlegitimation aus. Der Inhalt der Verkehrssicherungspflicht nach § 823 BGB und der Inhalt der Amtspflicht gegenüber Dritten nach § 839 BGB dürften sich ebenfalls decken. Soweit die Amtspflicht in der Erfüllung der besonderen öffentlich-rechtlichen Bau- und Unterhaltungspflicht gesehen wird, besteht sie nicht in vollem Umfang gegenüber Dritten. Kann die Straßenaufsichtsbehörde auf Erweiterung der Straße entsprechend dem gestiegenen Verkehrsbedürfnis dringen,
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So zunächst R G Z 54, 53; 154, 25; jetzt grundsätzlich auch der B G H , vgl. B G H Z 9, 373; 24,124. So z. B. Wolff/ Bachof, V w R I, § 57 V b; Forsthoff, V w R , S. 373; Clasen, D Ö V 1959, 284; Thierfelder, D Ö V 1960, 898. B G H Z 9 , 3 7 3 (388). B G H Z 9 , 3 7 3 ( 3 8 3 / 8 4 ) ; 2 4 , 1 2 4 (130). B G H Z 6 , 1 9 5 ; 14, 83. B G H Z 2, 350, ständige Rspr.; Forsthoff, VwR, S. 299; Wolff / Bachof, V w R I, § 6 4 I l g .
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kommt weder jedem Dritten ein solcher Anspruch zu noch kann er Schadensersatz verlangen, wenn ein Unfall sich bei rechtzeitigem Ausbau nicht ereignet hätte. Die praktischen Konsequenzen der Umstellung auf Amtshaftung liegen in der Subsidiarität der Schadensersatzpflicht im Fall des § 839 I S. 2 B G B und d e m Wegfall des Anspruchs im Fall mitwirkenden Verschuldens nach § 839 III B G B 1 0 2 . Wie Werner Weber103 gegenüber Forsthoff mit Recht hervorgehoben hat, ist es auch rechtspolitisch wenig sinnvoll, den Boden bürgerlich-rechtlicher H a f t u n g nach § 823 I B G B zu verlassen. Wenig glücklich, aber wohl fest eingefahren ist die Rechtsprechung des B G H 1 0 4 , wonach die Straßenbaubehörde f ü r Schäden, die ihre Bediensteten Dritten in Zusammenhang mit Straßenbauarbeiten zufügen, stets nach § 839 B G B , Art. 34 G G einzustehen hat 1 0 5 .
3. Polizeimäßige Reinigung Während die verkehrsmäßige Reinigung einen Teil der wegerechtlichen Straßenbaulast ausmacht, gehört die polizeimäßige Reinigung an sich in das Gemeinderecht. Die neuen Straßengesetze haben die polizeimäßige Reinigung allerdings ausdrücklich in Bezug genommen (§ 3 III S. 2 BFStrG). Die Landesstraßengesetze verweisen auf das bisher geltende Recht, z. B. § 49 II nordrh.-westf. LStrG und § 7 IV berl. StrG auf das Preußische G über die Reinigung öffentlicher Wege vom 1. Juli 1912 1 0 6 . Die wichtigste V e r k n ü p f u n g beider Rechtsbereiche ergibt sich aus dem Grundsatz, daß die Verpflichtung zur verkehrsmäßigen Reinigung nicht eintritt, soweit eine Verpflichtung zur polizeimäßigen Reinigung besteht (§ 1 IV PrWegeRG). Nach Landesrecht ist die polizeimäßige Reinigung den Gemeinden als öffentlich-rechtliche Selbstverwaltungspflichtaufgabe aufgegeben. Die Rechtsprechung müht sich mit der Frage ab, ob diese A u f g a b e gegenüber dem Publikum hoheitlich erfüllt wird oder in bürgergleicher Weise. D e r B G H 1 0 7 läßt die G e m e i n d e n nach § 839 B G B , Art. 34 G G haften. Die Begründung, die Wegereinigungspflicht sei „eine von der Ortspolizeibehörde erzwingbare, öffentliche Last", trifft nicht den Kern der Sache, weil damit nichts über das Verhältnis zu Dritten ausgesagt ist. Ferner soll die Gemeinde ausnahmsweise doch wieder nach § 823 B G B haften, wenn die verfassungsmäßig berufenen Organe überhaupt keine organisatorischen M a ß n a h m e n zur Erfüllung der Wegereinigungspflicht getroffen haben 1 0 8 . Sicher-
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Vgl. Forsthoff, VerwR, S. 402; Wolff/ Bachof, VwR I; § 64 Ib. Werner Weber, a. a. O., S. 160f. BGHZ 21,48 (51). Zur Verkehrssicherungspflicht vgl. Nedden, DVB1. 1974, 253; BGHZ DVB1. 1973, 488; DVB1. 1973,491 ;DVB1. 1974,285. Für NRW gilt seit dem 31. 12. 75 das „Gesetz über die Reinigung öffentlicher Straßen" (StReinGNW). BGH NJW 1958,1234f. (1235); vgl. auch Wiethaupt, BB 1958, 66. BGH NJW 1958,1235; BGH NJW 1960,1810.
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lieh spricht die Nähe zur verkehrsmäßigen Reinigung, ja die Ersetzung der polizeimäßigen durch die verkehrsmäßige Reinigung eher dafür, daß die Wegereinigungspflicht „nach u n t e n " stets nichthoheitlich erfüllt wird 1 0 9 . Es kommt hinzu, daß die Wegereinigungspflicht vielfach durch Satzung auf die Anlieger abgewälzt wird. D e r e n Verantwortlichkeit bestimmt sich nach § 823 II B G B , weil die Wegereinigungsnormen als Schutzgesetz gelten 1 1 0 . Das trifft auch für die Gemeinde selbst zu, soweit sie als Anlieger der satzungsgemäßen Wegereinigungspflicht nicht genügt 1 1 1 . Die partielle Amtshaftung, die danach übrig bleibt, ist dogmatisch wenig einleuchtend und höchst unpraktisch.
V I . Planfeststellung und E n t e i g n u n g 1. Planfeststellung Die Planfeststellung ist für den Bau von neuen Bundes- und Landstraßen vorgeschrieben, f ü r den Bau von Kreisstraßen zugelassen. In den Gemeinden beruht der Bau von Ortsdurchfahrten und Gemeindestraßen regelmäßig auf dem Bebauungsplan, der nach § 9 I Ziff. 3 B B a u G auch die erforderlichen Verkehrsflächen festsetzt. Während die Gemeinde den Bebauungsplan im Wege der Rechtsetzung als Satzung beschließt (§ 10 B B a u G ) , ist das Planfeststellungsverfahren ein förmliches Verwaltungsverfahren, der Planfeststellungsbeschluß ein Verwaltungsakt. Die Planfeststellungsbehörde übt weder Straßenaufsicht noch sonst Befugnisse der Wegehoheit aus. Sie steht deshalb eigentlich außerhalb des Straßenwesens: für Bundesstraßen ist die Zuständigkeit der obersten Landesstraßenbaubehörde (§ 17 II BFStrG), für L a n d - und Kreisstraßen in Nordrhein-Westfalen die des Direktors des Landschaftsverbandes (§ 40 IV nordrh.-westf. StrG), in anderen Ländern z. T. die des Regierungspräsidenten vorgesehen 1 1 2 . Die Planfeststellung ist zunächst Verwaltungsakt mit Doppelwirkung gegenüber dem Straßenbaulastträger. Sie begünstigt ihn, indem sie ihm das Hoheitsrecht verleiht, die Straße in d e m im voraus festgelegten Verlauf und U m f a n g herzustellen; weder die Straßenbaupflicht noch die ihm partiell überlassene Wegehoheit schließen dieses Recht ein 1 1 3 . Ferner ersetzt die Planfeststellung alle nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Zustimmungen und sonstigen Hoheitsakte. Sie gewährt dem 109 110
III
112 113
Vgl. W. Ott, D Ö V 1 9 7 8 , 1 6 0 , 1 6 1 . B G H NJW 1958, 1 2 3 4 f . (1235); vgl. weiter Palandt / Thomas, B G B , § 8 2 3 A n m . 9 f . , 14; O L G Köln NJW 1 9 6 0 , 2 2 8 9 . Darüber hinaus haftet sie auch nach Abwälzung der Reinigungspflicht durch Satzung bei mangelnder Aufsicht, vgl. B G H NJW 1 9 6 6 , 2 3 1 1 . So z. B. § 4 1 1 bad.-württ. StrG; § 8 rheinl.-pfälz. LStrG; Art. 3 9 1 bayer. StrWG. Vgl. die Darstellung bei Kodal, a. a. O., Kap. 3 4 II C 1, S. 7 4 6 f . ; Marschall, § 17 Anm. 3; F. Sieder / H. Zeitler, zu Art. 36, Anm. 5 ff.
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Unternehmer ein Recht, von der Enteignungsbehörde die Enteignung von Grundstücken zu verlangen, die für den Straßenbau benötigt werden. Mit der Rechtskraft der Planfeststellung gehen Ansprüche der Nachbarn auf Unterlassung, Beseitigung und Änderung unter; insoweit handelt es sich um einen privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt. Die Planfeststellung ist belastend, soweit der Straßenbaulastträger verpflichtet wird, im Fall der Ausnutzung seines Hoheitsrechtes die darin bestimmten Anlagen zu errichten und zu unterhalten, die für das öffentliche Wohl oder zur Sicherung der Benutzung der benachbarten Grundstücke gegen Gefahren oder Nachteile notwendig erscheinen (§ 17 IV BFStrG). Jedoch wird dem Unternehmer keine Ausbaupflicht auferlegt - das ist Sache der Straßenaufsicht und geht erforderlichenfalls der Planfeststellung voraus 1 1 4 . Die Planfeststellung begründet auch Rechte Dritter und greift in deren Rechtssphäre ein. Die Anlieger erhalten ein subjektiv-öffentliches Recht, die Errichtung der Anlagen zum Schutz ihrer Grundstücke zu fordern. Andererseits verwandeln sich ihre Abwehransprüche gegen das Hoheitsunternehmen Straße in Entschädigungsansprüche, wenn der Beschluß unanfechtbar wird. Ob die Eigentümer und sonstigen dinglich Berechtigten der Grundstücke, die für die Straße in Anspruch genommen werden sollen, durch die Planfeststellung bereits betroffen sind, könnte zweifelhaft sein; denn in diesem Verfahren wird nur eine behördeninterne Bindung erzeugt. Die Zulässigkeit der Enteignung gegenüber dem Betroffenen wird auf entsprechende Einwendungen hin im Enteignungsverfahren unabhängig davon nochmals überprüft 1 1 5 . Allerdings ist das Planfeststellungsverfahren öffentlich. Jedermann kann Einwendungen gegen den Straßenbau erheben. Die Entscheidung über den Plan ist den am Verfahren Beteiligten mit Begründung und Rechtsmittelbelehrung zuzustellen. Damit ist jedoch nicht gesagt, daß auch jedermann die Planfeststellung anfechten könne. Nur wenn ein schwerer Verfahrensfehler behauptet wird, etwa daß der Plan nicht ordnungsgemäß ausgelegt worden sei, ist wohl eine nahezu allgemeine Anfechtung möglich. Wer mit Einwendungen zurückgewiesen worden ist, wird rügen können, daß überhaupt kein Gesichtspunkt des öffentlichen Wohls hinter dem Vorhaben stünde, wenn es ihn irgendwie in wirtschaftlichen Interessen berührt. Nur unter diesem Aspekt wird auch der künftige Adressat eines Enteignungsverfahrens die Planfeststellung selbst schon erfolgreich anfechten können.
2. Die Enteignung Das Enteignungsverfahren, das der Durchsetzung des Planfeststellungsbeschlusses gegenüber veräußerungsunwilligen Eigentümern oder dinglich Berechtigten dient, richtet sich nach Landesrecht. In mehrfacher Hinsicht greift das Straßenrecht indes in den normalen Ablauf eines Enteigungsverfahrens ein. 114 115
Vgl. Marschall, § 20 Anm. LI. BVerwG VkBl. 1963, 220; Kodal, 1 9 7 7 , 4 1 9 , 4 2 3 f.
a. a. O., Kap. 34 II B 5, S. 7 4 4 f . ; Weyreuther
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Zunächst bedarf es in der Regel keines Kabinettsbeschlusses über die Zulässigkeit der Enteignung, d. h. der ausdrücklichen Anerkennung, daß das Unternehmen, um dessentwillen in fremdes Eigentum eingegriffen werden soll, dem „Wohl der Allgemeinheit" im Sinne des Art. 14 III G G dient. Die Planfeststellung ersetzt die sog. Verleihung des Enteignungsrechtes, weil die Straßengesetze dem Straßenbaulastträger bereits das Enteigungsrecht zur Erfüllung ihrer Aufgaben eingeräumt haben (§ 19 I BFStrG) 1 1 6 . Ferner ist die Planfeststellung für die Enteignungsbehörde bindend und Grundlage des Enteigungsverfahrens (§ 19 II BFStrG). Allerdings dürfte dies voraussetzen, daß der Beschluß bereits unanfechtbar geworden oder nach § 80 II Ziff. 4 V w G O zumindest für sofort vollziehbar erklärt worden ist 117 . Ob die Straße, gedeckt vom Wohl der Allgemeinheit, überhaupt und in der festgestellten Weise gebaut werden kann, hat die Enteignungsbehörde zunächst nicht zu überprüfen. Es ist Sache des Betroffenen, sich etwa darauf zu berufen, daß eigennützige Motive von Beamten oder Einflüsse Privater dominiert hätten oder die Entziehung seines Grundstücks von unverhältnismäßiger Härte sei. Dann wird der Regierungspräsident allerdings aufgerufen sein* diese Einwendungen zum Gegenstand des Verfahrens zu machen. Im allgemeinen ist, von der Legitimität der Planfeststellung ausgehend, nur zu prüfen, ob der Eingriff von dort her notwendig ist, ob der Enteignungszweck nicht auf andere zumutbare Weise erreicht werden kann, ob der Träger der Straßenbaulast sich ernsthaft um den freihändigen Erwerb des Grundstücks zu angemessenen Bedingungen bemüht hat und ob das Grundstück auch innerhalb angemessener Frist zu dem vorgesehenen Zweck verwendet werden soll 118 (vgl. § 42 I nordrh.westf. StrG). Von besonderer Bedeutung ist die vorläufige Besitzeinweisung. Da das Enteignungsverfahren nach Landesrecht mit seinen aufeinanderfolgenden Abschnitten Feststellung des Enteignungsplans, Feststellung der Entschädigung und Enteignungsbeschluß trotz aller Möglichkeiten der Zusammenfassung und Vereinfachung noch sehr zeitraubend ist, haben alle Straßengesetze dazu ermächtigt, den Widerstand des Eigentümers oder dinglich Berechtigten schon frühzeitig auszuräumen, wenn sich sonst die Straßenbauarbeiten zu sehr verzögern würden. Die vorläufige Besitzeinweisung rechtfertigt nicht nur den Beginn der Bauarbeiten, sondern sogar bereits die Widmung. Voraussetzungen sind, daß der sofortige Baubeginn geboten, die Inanspruchnahme des Grundstücks dazu schon unerläßlich erscheint, ferner wieder nach richtiger Ansicht, daß der Planfeststellungsbeschluß unanfechtbar geworden oder zumindest die sofortige Vollziehung nach § 80 II Ziff. 4 VwGO angeordnet ist 119 . Außerdem ist zu fordern, daß das Enteignungsverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit zu der beantragten Enteignung durch Beschluß führen werde. Zuständig für die vorläufige Besitzeinweisung ist die Enteignungsbehörde, die auf Antrag des Straßenbaulastträgers entscheidet. 116 117 11S 119
Marschall, § 19 Anm. 2.1. So auch Kodal, a. a. O., Kap. 37 I C 2, S. 907f.; wohl auch Marschall, § 19 Anm. 1. Vgl. JBVerwG VkBl. 1962,210; BVerwG VkBl. 1963,220. So auch HessVGH VkBl. 1959, 395 u. Kodal, a. a. O., Kap. 37 II C 1, S. 915f. gegen OVG Münster VkBl. 1958, 244.
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VII. Straßenverkehrsrecht 1. Zulassungswesen Das Verkehrsrecht beruht auf dem Prinzip der Verkehrsfreiheit. Nach § 1 S t V Z O ist jedermann zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassen, soweit nicht für die Zulassung zu einzelnen Verkehrsarten eine Erlaubnis vorgeschrieben ist. Eine Zulassungspflicht besteht vor allem für die Teilnahme am Kraftverkehr. Einer dinglichen Zulassung bedürfen nach § 1 StVG Kraftfahrzeuge, die auf öffentlichen Wegen oder Plätzen in Betrieb gesetzt werden sollen. Einer persönlichen Erlaubnis bedarf nach § 2 StVG, wer auf öffentlichen Wegen oder Plätzen ein Kraftfahrzeug führen will. Das Zulassungsverfahren für Kraftfahrzeuge ist in § § 1 8 — 2 9 S t V Z O näher geregelt. D i e Zulassung zerfällt in die Erteilung der Betriebserlaubnis nach § 19 S t V Z O und die Zuteilung des amtlichen Kennzeichens nach § 23 S t V Z O . Auf die V o r n a h m e beider Verwaltungsakte besteht ein Rechtsanspruch, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Im R a h m e n des § 7 0 S t V Z O können bestimmte A u s n a h m e n von den materiellen Anforderungen genehmigt werden. Hier kommt nur ein Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung in Betracht. Die Erteilung der Fahrerlaubnis behandeln die §§ 7 ff. S t V Z O . Die Prüfung erstreckt sich auf drei Fragenkreise. A n H a n d der Antragsunterlagen, des Ergebnisses einer u. U . angeordneten Untersuchung oder eines Berichts des sachverständigen Prüfers ist zu entscheiden, ob Bedenken gegen die Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen vorliegen, einerseits gegen seine körperliche und geistige Eignung, andererseits gegen seine persönliche Zuverlässigkeit (§ 9 S t V Z O ) . In einer theoretischen Prüfung hat der Antragsteller nachzuweisen, daß er die zur sicheren Führung eines Kraftfahrzeugs erforderlichen verkehrsrechtlichen und technischen Kenntnisse besitzt. Die eigentliche praktische F a h r p r ü f u n g hat schließlich die Fähigkeit zur gefahrlosen Teilnahme am Verkehr selbst zum Gegenstand. Die Entscheidung über die Eignung trifft das Straßenverkehrsamt. Ü b e r das Bestehen der Prüfung entscheidet der Sachverständige. Beide Verwaltungsakte sind selbständig; das Straßenverkehrsamt ist an das Ergebnis der Fahrprüfung gebunden 1 2 0 . Auf die Erteilung des Führerscheins besteht ein Rechtsanspruch. Die Beweislast dafür, ob die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, dürfte indes den Antragsteller treffen; Zweifel an Eignung sowie theoretischer und praktischer Fahrtüchtigkeit gehen zu seinen Lasten. Die Fahrerlaubnis kann zunächst nach § 69 StGB im R a h m e n eines Strafverfahrens entzogen werden. Dabei wird zugleich eine Sperre für die Neuerteilung ange120
So bezüglich der Bindung auch H. Jagusch, a. a. O., § 11 StVZO Rdnr. 11; VG Frankfurt VRS 25, 157; F. Müller, a. a. O., § 11 StVZO Anm. 6; anders hinsichtlich der Selbständigkeit,OVG Koblenz NJW 1965,1622 gegen OVG Münster NJW 1954,1963.
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ordnet (§ 69 a StGB). Zur vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis ermächtigt § 111 a StPO, wenn der Verdacht einer strafbaren Handlung besteht und im Verlauf des Verfahrens mit einer endgültigen Entziehung der Fahrerlaubnis gerechnet werden muß. Ob die Polizeibehörde darüber hinaus ermächtigt ist, den Führerschein nach Polizeirecht einzubehalten, um die Begehung von Verkehrsstraftaten zu verhindern, ist umstritten 121 . Unabhängig von einem Strafverfahren muß das Straßenverkehrsamt die Fahrerlaubnis nach § 4 StVG entziehen, wenn sich jemand als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, insbesondere, wenn die körperliche oder geistige Eignung bei Erteilung zu Unrecht angenommen worden war oder später weggefallen ist. Sollten die Umstände, die den Erlaubnisinhaber als unzuverlässig, körperlich oder geistig ungeeignet, fahruntüchtig erweisen, aus Sachverhalten abgeleitet werden, die Gegenstand eines Strafverfahrens sind, tritt eine Feststellungswirkung ein. Nach § 4 III StVG ist das Straßenverkehrsamt an den gerichtlich festgestellten Sachverhalt, an die gerichtliche Beurteilung der Schuldfrage sowie an die gerichtliche Beurteilung der Eignung des Beschuldigten zur Führung von Kraftfahrzeugen gebunden 122 . Aus diesem Grunde muß auch der Abschluß des Strafverfahrens zunächst abgewartet werden. Das Straßenverkehrsamt kann die Fahrerlaubnis aber stets entziehen, wenn die Gründe auch außerhalb des Sachverhalts nachgewiesen werden können, die den Gegenstand des Strafverfahrens bilden, oder wenn der Richter es — zu Recht oder zu Unrecht - unterlassen hat, sie innerhalb des Strafverfahrens zu behandeln und in der schriftlichen Entscheidung zu berücksichtigen 123 .
2. Verkehrspolizeiliche Verfügungen Es entspricht dem Grundsatz der Verkehrsfreiheit, daß die Verkehrsbehörde repressive Gefahrenabwehr betreibt. Eine Reihe von verkehrspolizeilichen Verfügungen bildet das Instrumentarium. Dazu gehören Verkehrsregelungen durch Polizeibeamte oder durch Farbzeichen (§§ 36, 37 StVO), die Weisungen und Zeichen der Polizeibeamten zum Anhalten (§ 36 V StVO), das Einschreiten gegen das zulassungsfreie Führen von Fahrzeugen oder Tieren, wenn der Betroffene sich als ungeeignet dazu erweist oder Auflagen nicht beachtet (§§ 2, 3 StVZO). Besondere rechtliche Schwierigkeiten hat die dogmatische Einordnung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nach §§ 39, 43 StVO bereitet. Während die früher herrschende Lehre darin Rechtsnormen sah 124 , hat sich die Rechtsprechung heute wohl endgültig dafür entschieden, sie als Verwaltungsakte zu behan-
121 122
123 124
Vgl. Dahs jun., N J W 1 9 6 8 , 6 3 2 m. w. Hinw. H. Jagusch, a. a. O., § 4 StVG Rz 25 ff.; F. Müller, a. a. O., § 4 StVG Anm. 31; vgl. hierzu auch BVerwG E 14, 39 und 17, 347. H. Jagusch, a. a. O., § 4 StVG Rz 28, 29, Liedel, D A R 1965, 117; Hoffmann, JZ 1964, 702; Czermak, NJW 1965, 93; so auch VG Frankfurt D Ö V 61,313; OVG Münster DVB1. 1961,456.
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dein 1 2 5 . Die Kontroverse ist weithin von dem durchaus sekundären Gesichtspunkt der Zulässigkeit einer Anfechtungsklage beherrscht worden. In Wirklichkeit müssen die materiellen Rechtsfolgen den Ausschlag geben. In jedem Falle bleiben die Verkehrszeichen Verwaltungsakte besonderer Art. Zunächst handelt es sich um belastende Verwaltungsakte, die aber nicht vollstreckt werden können; die Nichtbefolgung führt zu Sanktionen nach dem OrdnungswidrigkeitenG, zu Strafverfahren oder einer gebührenpflichtigen Verwarnung. Ferner dürften die Verwaltungsakte kaum unanfechtbar werden, weil nicht die der Aufstellung des Verkehrszeichens zugrunde liegenden Verwaltungsentscheidungen und nicht die Aufstellung das verbindliche Ge- oder Verbot enthalten, sondern das Verkehrszeichen selbst, das jeweils in das Blickfeld des Adressaten kommt. Auch rechtswidrig angebrachte Verkehrszeichen sind nach der Lehre vom Verwaltungsakt verbindlich. Nur kann man nicht sagen, daß nichtige Verkehrszeichen schlechthin unverbindlich seien, weil sich die Verkehrsteilnehmer zunächst im Rahmen des § 1 StVO auf die Möglichkeit einstellen müssen, daß das Halteschild oder Vorfahrtsschild de facto vielfach beachtet wird 126 . Wird ein Verkehrszeichen auf Anfechtungsklage hin vom Verwaltungsgericht kassiert, kommt dem theoretisch ex tunc-Wirkung zu. Für Sanktionen nach Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrecht spielt dies jedoch keine Rolle, weil die Fiktion insoweit irrelevant ist. Ob Recht oder Unrecht begangen worden ist, kann nicht rückwirkend manipuliert werden 1 2 7 .
3. Haftung Die verkehrspolizeiliche Tätigkeit unterliegt wie jede hoheitliche Gefahrenabwehr der Amtshaftung. Die Frage, ob eine Amtspflicht gegenüber Dritten verletzt worden ist, muß verschieden beurteilt werden, je nachdem, ob das Straßenverkehrsamt oder die Polizeibehörde den Schaden durch positives Tun verursacht oder es nur unterlassen hat, ihn durch rechtzeitiges verkehrspolizeiliches Einschreiten zu verhindern. Die jeweilige Anstellungskörperschaft ist danach ohne weiteres schadensersatzpflichtig, wenn die Polizeibeamten z. B. mit Polizeifahrzeugen selbst schuldhaft Unfälle heraufbeschworen haben. Das gleiche gilt, wenn ein Verkehrsteilnehmer leichtfertig einem Strafverfahren ausgesetzt worden ist, indem man sachlich unzutreffende Berichte fertigstellte oder weitergab. Eine Amtspflichtverletzung durch Unterlassen kommt dagegen grundsätzlich nur in Betracht, wenn das Straßenverkehrsamt oder die Polizeibehörde sich damit in so hohem Maße fehlsam verhalten hat, daß die Entscheidung mit den an eine ord-
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So z. B. BVerfG NJW 1965, 2395; B G H S t 20, 125; B V e r w G NJW 1967, 1627; OLG Stuttgart DVB1. 1 9 6 6 , 9 0 8 ; O L G Frankfurt NJW 1968, 2073; O V G Münster D Ö V 1971, 103; V G H Mannheim Bd.-Württ. VB1. 1974, 58 Vgl. A G Bonn NJW 1967, 1480; BayOblG NJW 1965, 1973; anders O L G Frankfurt NJW 1 9 6 8 , 2 0 7 3 . In diesem Sinne auch der Vorlegungsbeschluß des BayOblG in NJW 1 9 6 8 , 1 8 4 8 .
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nungsmäßige Verwaltung zu stellenden Anforderungen schlechterdings unvereinbar ist. D a grundsätzlich nur eine Befugnis zum Einschreiten besteht, die B e a m t e n also Opportunitätsermessen zu üben haben, reduziert sich die Amtspflicht darauf, sich nicht gerade für ein Nichteinschreiten zu entscheiden, wenn dies unter allen denkbaren Gesichtspunkten völlig unsinnig oder willkürlich erscheint.
ACHTER ABSCHNITT Jürgen Salzwedel
Wasserrecht Literatur C. Bergdolt, Preußisches Wasserrecht, 1957. M. Bulling / O. Finkenbeiner, Wassergesetz für Baden-Württemberg, Kommentar, 1968. F.-J. Burghartz, Wasserhaushaltsgesetz und Wassergesetz für Land Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 2. Aufl. 1974. C. Dornheim, Wasserrecht, in: Verfassungs- und Verwaltungsrecht des Landes NordrheinWestfalen, 1964, S. 4 3 5 - 4 5 9 . C. Dornheim, Das Recht der Wasser- und Bodenverbände, 1961. L. G. Feldt, Hessisches Wassergesetz, Kommentar, 1964. A. Friesecke, Bundeswasserstraßengesetz, Kommentar, 1971. A. Friesecke, Recht der Bundeswasserstraßen, 1962. F. Fritzsche, Das Wasserrecht in Bayern, Kommentar, 2. Erg.-Lief. 1972. P. Gieseke/ W. Wiedemann, Wasserhaushaltsgesetz, Kommentar, 2. Aufl. 1971. L. Holtz / F. Kreutz / P. Schlegelberger, Das Preußische Wassergesetz, 2 Bände, Unveränderter Nachdruck der 3. u. 4. Auflage von 1927/31,1955. P. Kaiser / K. Linckelmann / E. Schleberger, Wasserverbandsordnung, 3. Auflage, 1967. F. Kolb, Das Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts, 1958. K. Mintzel, Bundeswasserstraßengesetz, in: A. Wüsthoff / W. Kumpf, Handbuch des deutschen Wasserrechts, 1958. J. Rehder, Niedersächsisches Wassergesetz, Kommentar, 4. Auflage, 1971. F. Sieder / H. Zeitler, Wasserhaushaltsgesetz, Kommentar, 1 . - 3 . Lieferung, 1964, 1966, 1967,1. Erg.-Lieferung 1970. F. Sieder / H. Zeitler / H. Dahme, Bayerisches Wassergesetz, Kommentar, 1 . - 3 . Grundlieferung 1973. G. Witzel, Wasserhaushaltsgesetz, Kommentar, 5. erw. Auflage, 1964. A. Wüsthoff, Einführung in das deutsche Wasserrecht, 3. Auflage, 1962. A. Wüsthoff / W. Kumpf, Handbuch des deutschen Wasserrechts, 6 Bde., 79. Lfg. 1978. U. Ziegler, Kommentar zum Wassergesetz für Baden-Württemberg, 1. Erg.-Lieferung, 1971. K. Zimniok, Bayerisches Wasserrecht, Handkommentar, 2. Auflage 1971. Zeitschriften: Zeitschrift für Wasserrecht; Recht der Wasserwirtschaft.
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Gesetze Bund: WasserhaushaltsG v. 27. Juni 1957 i. d. F. der Bekanntmachung v. 16. Oktober 1976 (BGBl. I,S. 1110). BundeswasserstraßenG v. 2. April 1968 (BGBl. II, S. 173). Länder: Baden-Württemberg: WasserG für Baden-Württemberg v. 25. Februar 1960 i. d. F. der Bekanntmachung v. 26. April 1976 (GBl. S. 369). Bayern: Bayerisches WasserG v. 26. Juli 1962 i. d. F. der Bekanntmachung vom 7. März 1975 (GVB1. S. 39). Berlin: Berliner WasserG v. 23. Februar 1960 (GVB1. S. 133). Bremen: Bremisches WasserG v. 13. März 1962 (GBl. S. 59). Hamburg: Hamburgisches WasserG v. 20. Juni 1960 (GVB1. S. 335). Hessen: Hessisches WasserG v. 6. Juli 1960 (GVB1. S. 69). Niedersachsen: Niedersächsisches WasserG v. 7. Juli 1960 i. d. F. der Bekanntmachung v. 1. Dezember 1970 (GVB1. S. 457). Nordrhein-Westfalen: WasserG für das Land Nordrhein-Westfalen v. 22. Mai 1962 (GVNW S. 235). Rheinland-Pfalz: LandeswasserG Rheinland-Pfalz v. 1. August 1960 (GVB1. S. 153). Saarland: Saarländisches WasserG v. 28. Juni 1960 (ABl. S. 511) i. d. F. der Bekanntmachung v. 23. Juli 1970 (ABl. S. 674). Schleswig-Holstein: WasserG des Landes Schleswig-Holstein v. 25. Februar 1960 (GVB1. S. 39) i. d. F. der Bekanntmachung v. 7. Juni 1971 (GVB1. S. 327).
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Gliederung I. Grundlagen 1. Recht der Wasserwirtschaft und Wasserwegerecht a) Gegenstand b) Gesetzgebungskompetenz 2. Wasserrecht als öffentliches Recht a) Hoheitlicher Bezug b) Bewirtschaftung 3. Gewässereigentum a) Gegenstand und Eigentümer b) Duldungspflicht 4. Wasserrechtliches Nachbarrecht a) Rechtsnatur b) Abwehransprüche
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II. Wasserbehörden 1. Vollzug des Rechts der Wasserwirtschaft 2. Vollzug des Wasserwegerechts und Schiffahrtsrechts
596 596 597
III. Erlaubnis und Bewilligung 1. Benutzungen 2. Erlaubnis und Bewilligung a) Abgrenzung b) Begriff der Drittwirkung 3. Voraussetzungen der Erteilung a) Grundsätze der Wasserbehörde b) Einwendungen Dritter 4. „Bedingungen" und Auflagen a) Begriff b) Zulässigkeit c) Rechtsbehelfe d) Reinhalteordnungen 5. Rücknahme und Widerruf a) Zulässigkeit b) Nachträgliche Benutzungsbedingung und Auflage c) Ausgleichsverfahren 6. Alte Rechte und Befugnisse 7. Pipeline-Genehmigung 8. Erlaubnisfreie Benutzungen
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IV. Repressive Maßnahmen der Wasserbehörden 1. Allgemeine Eingriffsmöglichkeiten 2. Wasserschutzgebiete
606 606 608
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V. Unterhaltung und Ausbau 1. Funktion 2. Durchführung und Zulässigkeit VI. Wasser- und Bodenverbände 1. Grundlagen 2. Satzung 3. Aufgaben und Organisation
609 609 609 611 611 612 612
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I. Grundlagen 1. Recht der Wasserwirtschaft und Wasserwegerecht a) Gegenstand: Im Wasserrecht ist zwischen dem Recht der Wasserwirtschaft und dem Wasserwegerecht zu unterscheiden. Das Erstere regelt eine Inanspruchnahme des Wassers selbst, durch welche die verfügbare Wassermenge vermindert oder die vorhandene Wassergüte beeinträchtigt werden kann. Geschütztes Gut ist also der Wasserhaushalt als Ganzes. Alle Gewässer, auch das Grundwasser, sind einbezogen. Das Wasserwegerecht behandelt die Verkehrs- und Transportfunktion der Oberflächengewässer, die dafür in Betracht kommen. b) Gesetzgebungskompetenz: Bisher steht dem Bund nach Art. 75 Ziff. 4 G G nur eine Rahmenkompetenz zur Gesetzgebung auf dem Gebiet der Wasserwirtschaft zu 1 . Davon hat er im WasserhaushaltsG Gebrauch gemacht. Es ist nicht an die Landesgesetzgeber, sondern unmittelbar bürgeradressiert. Allerdings wird es erst zusammen mit dem jeweils rahmenausfüllenden LandeswasserG vollziehbar 2 . In der Bundesrepublik gibt es daher 11 Wasserrechte, nämlich in jedem Land eine zusammengesetzte Rechtsordnung, in der das W H G und das LWG ineinandergreifen. Das gilt auch für Bundeswasserstraßen. Der Versuch des Bundes, sich mit dem G zur Reinhaltung der Bundeswasserstraßen 3 auch die Wasserwirtschaftshoheit zu sichern, ist am Bundesverfassungsgericht 4 gescheitert. Die Vierte Novelle zum Wasserhaushaltsgesetz vom 16. Oktober 1976 (BGBl. I, S. 3017) hat das Wasserrecht in mehrfacher Hinsicht auf neue Grundlagen gestellt. Die Länder haben die Landeswassergesetze aber noch nicht angepaßt; Regierungsentwürfe liegen aus Nordrhein-Westfalen, Bayern und Hessen vor. Ferner hat das Bundes-Abwasserabgabengesetz, das zusammen mit der Vierten Novelle verabschiedet worden ist, neue Akzente gesetzt. In Nordrhein-Westfalen und Bayern wird auch bereits an der Ausfüllung dieses Bundesgesetzes gearbeitet. In den letzten Jahren hat die Europäische Gemeinschaft, gestützt auf die Art. 100, 235 der Römischen Verträge, eine führende Rolle im Kampf gegen die Verschmutzung der Gewässer übernommen. Bisher geht es dabei nicht um eine eigentliche Harmonisierung der Wasserrechte der Mitgliedstaaten, sondern um die Beschränkung ihrer Bewirtschaftungshoheit durch Einleitungsstandards oder durch Gewässerstandards. Die folgenden Richtlinien gelten einheitlich in allen neun Mitgliedstaaten:
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D e r Versuch, für den Bund eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zu schaffen, ist im Jahre 1968 erneut am Widerstand des Bundesrates gescheitert. BVerfG E 1 5 , 1 7 . Gesetz vom 17. August 1960 (BGBl. II, S. 2125). BVerfG E 1 5 , 1 .
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- Richtlinie des Rates betr. die Verschmutzung infolge der Ableitung bestimmter gefährlicher Stoffe in die Gewässer der Gemeinschaft v. 4. Mai 1976. - Richtlinie des Rates über Qualitätsanforderungen an Oberflächengewässer für die Trinkwassergewinnung in den Mitgliedstaaten vom 16. Juni 1975. - R i c h t l i n i e n des Rates über die Qualität der Badegewässer vom 8. Dezember 1975. Diese Richtlinien sind nicht unmittelbar geltendes Recht. Ihre Umsetzung in nationales Wasserrecht wird durch das Wasserhaushaltsgesetz (z. B. § 7 a, § 18 a, § 36 b W H G ) oder durch die Landeswassergesetze sichergestellt. Das Wasserwegerecht ist seit Erlaß des BundeswasserstraßenG geteilt. Die Bundeswasserstraßen sind im wesentlichen mit den Binnenwasserstraßen identisch, für die dem Bund nach Art. 74 Ziff. 21 G G konkurrierende Gesetzgebung zukommt, soweit es um ihre Funktion als Verkehrswege oder die Regelung der Schiffahrt darauf geht 5 . Das BundeswasserstraßenG dürfte die Materie abschließend normiert haben. Für alle anderen Oberflächengewässer, an denen Schiffahrt und Flößerei möglich sind, gilt Landesrecht. Die wasserwegerechtlichen Bestimmungen sind aber durchweg in die jeweiligen Landeswassergesetze aufgenommen, in denen also neben der Rahmenausfüllungskompetenz für die Wasserwirtschaft auch zugleich die Vollkompetenz für die Landeswasserwege ausgeschöpft ist 6 .
2. Wasserrecht als öffentliches Recht a) Hoheitlicher Bezug: Das Wasserrecht ist öffentliches Recht. Wer Gewässer wasserwirtschaftlich oder zu Verkehrszwecken in Anspruch nehmen will, ist hoheitsunterworfen, auch wenn er selbst Eigentümer sein sollte. Soweit der Staat Eigentümer des Gewässers ist, verfügt er darüber primär nicht als Fiskus, sondern kraft hoheitlicher Gewässerherrschaft. b) Bewirtschaftung: Das Recht der Wasserwirtschaft wird dadurch noch besonders gekennzeichnet, daß die Benutzung der Gewässer nicht allein hoheitlich kontrolliert wird — der Wasserschatz ist bewirtschaftet1. Nach § 2 I W H G bedarf jede Benutzung einer Erlaubnis oder einer Bewilligung der Wasserbehörde. Der Katalog der Benutzungen in § 3 I und II W H G ist so weit gespannt, daß fast jeder Zugriff und fast jede Einwirkung auf das Gewässer damit zunächst verboten ist, wie auch immer die Eigentumsverhältnisse sein mögen. Die Erteilung einer Erlaubnis oder einer Bewilligung ist ausgeschlossen, soweit von der 5 6
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BVerfG E 15, 8. In seinem Beschluß vom 11. April 1967 ( D Ö V 1967, 563) hat das BVerfG die wasserwegerechtlichen Bestandteile der früheren wie der heutigen Wassergesetze übersehen; vgl. Salzwedel, D Ö V 1968, 103. D a s Abfallrecht umfaßt das Wasserrecht auch insoweit nicht, als es um die Beseitigung von Abwasser geht. Vgl. zum Abfallbeseitigungsgesetz v. 7. Juni 1972 (BGBl. I, S. 873) in diesem Punkt Sautter, Z f W 1974, 213.
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beabsichtigten Benutzung eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine Gefährdung der öffentlichen Wasserversorgung zu erwarten ist (§ 6 W H G ) . Entscheidend ist nun, daß auch dann, wenn diese Sperrwirkung zugunsten des unmittelbaren Gemeinschaftsbedarfs an Wasser nicht eingreift, kein Rechtsanspruch auf Erteilung besteht. Die Wasserbehörde hat Zuteilungsermessen. Wird eine Erlaubnis versagt oder nur unter Bedingungen oder Auflagen erteilt, kann das Verwaltungsgericht die Entscheidung nach § 114 V w G O nicht voll nachprüfen. Die Entscheidung wird nur aufgehoben, wenn die Wasserbehörde die Grenzen ihres Ermessens verkannt oder von d e m Ermessen nach fehlerhaften Gesichtspunkten Gebrauch gemacht hat. D a ß das Verwaltungsgericht die Wasserbehörde zur Erteilung einer Erlaubnis verurteilt, ist — abgesehen vom selteneren Fall der Ermessensschrumpfung - ausgeschlossen 8 . Die Kernfrage geht dahin, nach welchen Gesichtspunkten die Wasserbehörde über den A n t r a g auf Erteilung befinden soll. Das WasserhaushaltsG schweigt; die Landeswassergesetze beschränken sich auf Regelungen für das Zusammentreffen konkurrierender Anträge, wie die des § 18 nordrh.-westf. L W G , wonach zunächst die Bedeutung der beabsichtigten Benutzung für das Wohl der Allgemeinheit, sodann ihre Bedeutung für die Volkswirtschaft berücksichtigt werden soll. Immerhin ist daraus zu entnehmen, daß die Sozialwertigkeit der beabsichtigten Benutzung den Maßstab bildet. D e m steht gegenüber, welche Kapazitäten zur Deckung des gegenwärtigen und des konkret voraussehbaren Wasserbedarfs noch zur Verfügung stehen 9 . Eine wasserwirtschaftliche Rahmenplanung, die den nutzbaren Wasserschatz, Erfordernisse des Hochwasserschutzes und die Reinhaltung der Gewässer berücksichtigt, soll den Wasserbehörden die erforderlichen D a t e n liefern ( § 3 6 W H G ) . Auch das Zusammenwirken dieser beiden Kompetenzen läßt indes die Entscheidung der Wasserbehörde nicht auf eine im Einzelfall allein richtige zusammenschrumpfen. Es ist letztlich Sache der Wasserwirtschaftspolitik der Regierungen der Länder, die auch das W H G nach Art. 83 G G als eigene Angelegenheit ausführen, welchen Stellenwert sie dem Antragsteller auf der Rangliste der wasserwirtschaftlichen Benutzungen zubilligen und wie haushälterisch sie mit dem - jenseits des § 6 W H G verfügbaren - Wasserschatz umgehen 1 0 . Eine entscheidende Schwäche des Bundesrechts bestand bisher darin, daß die Grenze des Bewirtschaftungsermessens der L ä n d e r in § 6 W H G kaum konkretisiert werden konnte. So sehr die Gewässerverschmutzung auch zunahm, ob die Erteilung einer Bewilligung oder Erlaubnis im Einzelfall rechtswidrig war oder nicht, blieb offen. D a h e r hat die Vierte Novelle zum W H G an diesem Punkt angesetzt: die Erteilung wird davon abhängig gemacht, daß die Einleitungsstandards nach § 7 a W H G festgesetzt und daß die von den Ländern nach § 3 6 b W H G aufzustellenden Gewässerstandards nicht überschritten werden. In der gleichen Richtung wirken sich die wasserrechtlichen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts aus: so müssen allen Abwassereinleitern Reinigungsmaßnahmen im Sinne der best 8 9 10
P. Gieseke/ W. Wiedemann, WHG, § 6 Anm. 2. Vgl. Salzwedel, Gas- und Wasser-Fach 1963,621. Salzwedel, R. d. Wasserwirtsch. H. 15, S. 35.
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available means auferlegt werden, soweit es sich um Stoffe oder Stoffgruppen der sogenannten Schwarzen Liste handelt, im übrigen müssen Sanierungsprogramme für Gewässer schrittweise durchgesetzt werden, die mit Stoffen der sogenannten Grauen Liste überlastet sind. Das neue Instrumentarium des Bundesrechts umfaßt vor allem folgende Maßnahmen, die die Länder treffen müssen: - Alle Bescheide über Abwassereinleitungen müssen mit Reinigungsauflagen „nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik", wenn nicht sogar nach den gemeinschaftsrechtlichen best available means gekoppelt werden ( § 7 a WHG). - Die Länder stellen Abwasserbeseitigungspläne mit dem Ziel auf, die Zahl der Direkteinleiter zu vermindern, also möglichst viele Abwassereinleiter an die kommunalen Entwässerungssysteme und Kläranlagen anzuschließen (§ 18 a WHG). - Die Länder stellen Bewirtschaftungspläne für oberirdische Gewässer zur Sicherung der öffentlichen Wasserversorgung auf, die durch Maßnahmen nach § 3 6 a Abs. 5 W H G zu vollziehen sind. - Die Länder erheben von den Abwassereinleitern vom 1 . 1 . 1981 Abwasserabgaben, die bundeseinheitlich bemessen sind und ungerechtfertigte Vorteile abschöpfen, die den Gewässerverschmutzern bisher zukommen. Das Bewirtschaftungssystem ist ohne Lücken. Es erfaßt auch alle hoheitlichen Benutzer. Darunter fallen vor allem die Einleitungen der kommunalen Kanalisation, die allenthalben als hoheitliche Veranstaltung gilt 11 , in Hessen offenbar auch die Entnahmen der kommunalen Wasserversorgung, die sonst fiskalisch etikettiert wird 12 . Bundesbehörden wie die Bundespost und die Bundeswehr sind dem Wasserrecht unterworfen, auch insoweit als die Landesgesetze das W H G ausfüllen. Die Erlaubnispflicht ist nur dort eingeschränkt, wo unausweisliche Bedürfnisse militärischer Geheimhaltung ein Erteilungsverfahren ausschließen 13 . Nach § 13 W H G bedürfen sogar diejenigen Körperschaften des öffentlichen Rechts, die eigentlich nur um des Wassers willen da sind, einer Erlaubnis oder Bewilligung, nämlich die Wasser- und Bodenverbände sowie die einschlägigen kommunalen Zweckverbände. Nur die auf SonderG beruhenden großen Wasserverbände Nordrhein-Westfalens sind befreit 1 4 . Hat eine Behörde sich nun einer hoheitlichen Benutzung ohne Erlaubnis schuldig gemacht, ist dies zwar rechts- und polizeiwidrig. Aber durch Verwaltungsakt kann man dagegen nicht vorgehen. Die Frage muß verwaltungsintern geregelt werden 1 5 .
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BGH LM Nr. 81 zu § 13 GVG; BGH D Ö V 1965,203. Gönnenwein, GemeindeR, S. 480, insbes. Fußn. 3. BVerwG DVB1. 1968,749. § 133 II S. 1 nordrh.-westf. LWG; dazu Dornheim, WasserR, in: Verfassungs- und Verwaltungsgesetze des Landes Nordrh.-Westf., S. 444. Vgl. B. Drews/G. Wacke/ K. Vogel, a. a. O., § 9 Anm. 2f.
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3. Gewässereigentum a) Gegenstand und Eigentümer: Wasser ist eigentumsfähig. Privates Eigentum an der „fließenden Welle" ist so zu begreifen, daß sich die rechtliche Herrschaft jeweils auf die Wassersäule erstreckt, die sich über oder unter dem Grundstück befindet 16 . Während das WasserhaushaltsG zu den Fragen schweigt, wer Eigentümer der Gewässer ist und wie weit die Sachherrschaft reicht, haben die Landeswassergesetze darüber Bestimmungen getroffen. Für Bundeswasserstraßen ist allerdings das Eigentum des Bundes durch Art. 89 I GG vorgegeben. Gewässer erster Ordnung sind Eigentum des Landes. Die übrigen oberirdischen Gewässer gehören in der Regel den Eigentümern der Ufergrundstücke 17 . Grundwasser ist Bestandteil des Grundstückeigentums. b) Duldungspflicht: Mit der Sachherrschaft ist es freilich nicht weit her. Alle Länder haben die öffentlich-rechtliche mit der privatrechtlichen Seite der Gewässer in der Weise verbunden, daß der Eigentümer verpflichtet ist, die durch Erlaubnis oder Bewilligung gedeckte Gewässerbenutzung zu dulden. Nach Art. 4 II bayer. LWG ist wenigstens die Privatnützigkeit gewahrt, indem der Eigentümer für die fremde Benutzung ein Entgelt verlangen kann. In den anderen Ländern wird die Duldungspflicht zumindest dort ihre Grenzen haben, wo die Benutzung auch eine Inanspruchnahme des Gewässerbettes erfordert. Denn wenn auch die Benutzung „unentgeltlich" zu dulden ist, so doch nur die der Gewässer „als solche". Die herrschende Lehre will aber den Gewässereigentümer auch hier verdrängen und glaubt, dies mit der besonderen Sozialbindung des Gewässereigentums noch rechtfertigen zu können 18 . Nur für Grundwasser wird der Standpunkt kaum aufrechterhalten: das Betreten fremder Grundstücke zum Zwecke der unterirdischen Wassergewinnung kann nicht zulässig sein 19 . Aber für das unterirdische Anzapfen fremden Grundwassers von außen her wird die Frage wieder akut. 4. Wasserrechtliches Nachbarrecht a) Rechtsnatur: Dem hoheitlich ausgerichteten Recht der Wasserwirtschaft steht
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L. Holtz / F. Kreutz / P. Schlegelberger, PrWG, § 7, Vorbem. A. Das gilt auch für das „öffentliche" Eigentum an den Gewässern in Bad.-Württ. Es bedeutet nichts anderes, als daß über Gewässereigentum der öffentlichen Hand nur öffentlich-rechtlich, nicht also durch bürgerlich-rechtliche Rechtsgeschäfte, verfügt werden darf. Vgl. z. B. § 4 nordrh.-westf. LWG; § 4 hamb. WG; § 53 nieders. WG; § 3 rheinl.-pfälz. WG; Art. 6 bayer. WG. Vgl. P. Gieseke / W. Wiedemann, Einleitung VIII; dagegen Salzwedel, R. d. Wasserwirtsch. H. 12, S. 53 ff. P. Gieseke / W. Wiedemann, § 8 Anm. 5; Gieseke, ZfW 1967/68, 28.
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das wasserrechtliche Nachbarrecht 2 0 gegenüber. Denn nur die Beziehungen zwischen der Wasserbehörde und dem Benutzer oder Drittbetroffenen gehört dem öffentlichen Recht an. Zwischen Gewässerbenutzern gilt Bürgerliches Recht. Vor allem entstehen Abwehransprüche aus § 1004 BGB, ferner aus § 823 I und § 823 II BGB. b) Abwehransprüche: Auf wasserrechtliches Nachbarrecht wäre hier nicht einzugehen, wenn die Abwehransprüche unabhängig von einer Erlaubnis oder Bewilligung entstünden. In diese Richtung könnte § 2 II S. 1 W H G weisen, wonach weder die Erlaubnis noch die Bewilligung ein Recht auf Zufluß von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit geben. Denn daß die Wasserbehörde damit keine Lieferzusage verbindet, versteht sich von selbst. Also könnte der § 2 II S. 1 W H G betonen wollen, daß es nur auf die in Satz 2 genannten „privatrechtlichen Ansprüche auf Zufluß bestimmter Menge und Beschaffenheit" ankäme - weder Erlaubnis noch Bewilligung verstärkten die Rechtsstellung gegenüber dem Nachbarn oder schränkten sie ein. Mit einer solchen radikalen Trennung der öffentlich-rechtlichen von der privatrechtlichen Nutzungsordnung wird man indes dem neuen Bewirtschaftungssystem nicht gerecht. Wer selbst nicht durch Erlaubnis oder Bewilligung öffentlich-rechtlich legitimiert ist, Gewässer zu benutzen, kann sich gegen Störungen durch andere Benutzer nicht zur Wehr setzen; ein privatrechtlicher Anspruch, sei es aus Eigentum, Recht am eingerichteten oder ausgeübten Gewerbebetrieb oder aus der Verletzung von Schutzgesetzen, steht ihm nicht zu. Ebenso schwach ist seine Rechtsstellung, wenn er selbst auf Unterlassung in Anspruch genommen wird. Mag ihm bürgerlich-rechtlich an sich das bessere Recht zustehen können, etwa weil er seine Anlagen früher errichtet hatte als der Kläger, ohne Erlaubnis oder Bewilligung bleibt ihm die Berufung darauf verschlossen. Freilich wird man dem Inhaber einer Erlaubnis oder Bewilligung denjenigen gleichzustellen haben, der - ausnahmsweise — einen Rechtsanspruch darauf besitzt, weil die Wasserbehörde ihm die Benutzung schlechterdings unter keinem Gesichtspunkt verweigern dürfte. Denn nicht die formelle, sondern die materielle Rechtswidrigkeit ist entscheidend, der verbotene Griff nach der geschützten Wassermenge oder Wassergüte 2 1 . Sieder-Zeitler 2 2 wollen dem Bewilligungsinhaber offenbar im Wege berichtigender Auslegung des § 2 II W H G ein privatrechtliches Recht auf Zufluß gegen Dritte geben, und zwar mit dem gleichen Umfang, wie der Bewilligungsbescheid das subjektiv-öffentliche Recht umschreibt. Solche Aussagen kann man aber allenfalls den Landeswassergesetzen entnehmen, und zwar - entgegen Gieseke20
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OLG München NJW 1967, 570; vgl. weiter Gieseke, ZfW 1967/68, 175. Hinsichtlich des Abflusses von Niederschlagswasser kommen auch die Nachbarrechtsgesetze von BadenWürttemberg vom 15. Dezember 1959 (GBl. S. 171), Hessen vom 24. September 1962 (GVB1. I, S. 477) und Niedersachsen vom 31. März 1967 (GVB1. I, S. 91) zur Anwendung. BayObLG NJW 1965,973; zur baurechtlichen Parallele vgl. BVerwG E 3,351. F. Sieder / H. Zeitler, WHG, § 2 Anm. 10.
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Wiedemann 2 3 auch nur denjenigen, die - wie § 16 I nordrh.-westf. LWG 2 4 - auf Ansprüche aus dem bewilligten Recht die Vorschriften des BGB über Ansprüche aus dem Eigentum anwendbar sein lassen. Im übrigen wird der Unterlassungsanspruch aus § 823 I BGB auf Verletzung des Gewässereigentums gestützt werden können 2 5 . Das trifft stets zu, wenn es sich um stationäre Wasservorkommen handelt, etwa bei Seen, Teichen, auch meist bei Grundwasser 2 6 . Besteht nur Eigentum an der fließenden Welle wie bei Wasserläufen oder Grundwasserströmen, kann also nur das Recht auf Zufluß, auf Regeneration der jeweiligen Wassersäule über oder unter dem Grundstück entscheidend sein, so ist ein Abwehranspruch gegeben, wenn für die Ausnutzung bereits rechtmäßige Anlagen oder Einrichtungen vorhanden sind und die Beeinträchtigung des Zuflusses die Wirtschaftlichkeit beeinträchtigen würde 2 7 . In der Regel ist dann auch ein Anspruch wegen Verletzung des Rechts auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gegeben 2 8 . Zur öffentlich-rechtlichen Legitimation genügt eine Erlaubnis; der Anspruch ergibt sich hier nämlich allein aus den bürgerlich-rechtlichen Positionen, nicht aus dem subjektiv-öffentlichen Recht. Soweit Abwehransprüche aus § 823 II BGB hergeleitet werden, fragt es sich, ob die wasserrechtliche Bestimmungen Schutzgesetzcharakter haben. Die Rechtsprechung 29 neigte früher dazu, dies für § 2 I W H G anzunehmen, so daß jeder, dessen Nutzungsinteressen irgendwie davon berührt werden, gegen unerlaubte Benutzungen Klage erheben könnte. Dem wird man kaum folgen können. Die heute herrschende Lehre sieht die entscheidenden Schutzgesetze in den materiellrechtlichen Bestimmungen der Landeswassergesetze, die § 8 IV W H G ausfüllen 30 . Darin wird zwar an sich geregelt, wer ohne Inhaber eines „Rechts" (§ 8 III W H G ) zu sein, gegen die Erteilung einer Bewilligung Einwendungen erheben kann. Aber zugleich wird damit der Kreis derjenigen umschrieben, die berechtigt sein sollen, Ansprüche auf Beseitigung oder Unterlassung gegen den neuen Eingriff in das Gewässer geltend zu machen 3 1 . In der Regel gehören dazu alle Benutzer, Anlieger oder Hinterlieger, Gewässereigentümer, die dadurch erhebliche Nachteile zu erwarten haben, daß durch die beabsichtigte Benutzung der Wasserabfluß verändert oder das Wasser verunreinigt wird 32 . Auch dieser Anspruch muß indes sehr 23 24 25 26 27
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P. Gieseke / W. Wiedemann, § 8 Anm. 2. Weiterz. B. § 15Iberl. WG; § 1 2 b r e m . W G ; § 12 nieders. WG; § 19hess.WG. A. A.: P. Gieseke I W. Wiedemann, § 8 Anm. 2. So im Ergebnis wohl auch Gieseke / Wiedemann, a. a. O. Salzwedel, Bürgerlich-rechtliche Unterlassungsansprüche gegen Gewässerbenutzer, Kongreßbericht 1968, in: Vorträge Wasser Berlin 1968, Hrsg. Kongreß und Ausstellung Wasser Berlin e. V. Dazu Gieseke, ZfW 1964, 37 ff.; vgl. auch Salzwedel, a. a. O. OLG München NJW 1967, 570; bespr. von Gieseke in ZfW 1967/68, S. 175 ff.; dort auch Hinweis auf das nicht veröffentlichte Urteil des BVerwG vom 7. Juni 1967 (IV C 208/65). So zuerst Salzwedel, R. d. Wasserwirtsch., H. 12, S. 62; weiter Gieseke, ZfW 1967/68, 177; Dellian, Anm. zu OLG München NJW 1967, 570; jetzt BVerwG E 36, 248; 41, 58. Salzwedel, a. a. O. Vgl. z. B. § 17 I nordrh.-westf. LWG; Art. 18 bayer. WG; § 15 bad.-württ. WG; § 20 hess. WG; § 13 schlesw.-holst. WG.
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restriktiv interpretiert werden, weil sonst die Zementierung der bestehenden wasserrechtlichen Nutzungsverhältnisse, der man mittels des öffentlich-rechtlichen Bewirtschaftungssystems gerade hat begegnen wollen, durch die Hintertür des wasserrechtlichen Nachbarrechts wieder akzeptiert würde. Deshalb wird auch hier nur eine Beeinträchtigung ohnehin geschützter Rechte aus Gewässereigentum oder Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ausreichen. Soweit es freilich um ein Recht auf Zufluß geht, reicht das Schutzgesetz weiter: es gibt einen Unterlassungsanspruch nicht nur gegen Benutzungen, die die Wirtschaftlichkeit vorhandener Anlagen schlechthin in Frage stellen, sondern gegen alle Beeinträchtigungen der Wassermenge und Wassergüte, die erheblich erscheinen 33 . § 22 WHG hat eine Gefährdungshaftung eingeführt, die in Absatz I an bestimmte verunreinigende Gewässerbenutzungen, in Absatz II an die Unterhaltung bestimmter verunreinigungsgeeigneter Anlagen geknüpft ist. Richtiger Ansicht nach setzen beide Anspruchstatbestände voraus, daß die Verunreinigung rechtswidrig ist, sei es nach öffentlichem oder privatem Recht 34 . Sie stellen also mithin nur eine Fortbildung der Abwehr- und Schadensersatzansprüche des wasserrechtlichen Nachbarrechts in der Weise dar, daß es - anders als nach § 823 I oder II BGB - auf Verschulden des Benutzers oder Anlageninhabers nicht ankommt. Fraglich ist, ob nicht von da her auch der uferlose Kreis der Anspruchsberechtigten - jeder, dem daraus ein Schaden entstanden ist? - entsprechend eingedämmt werden muß 35 . Das Fehlen jeglicher Höchstsummen der Haftung wiegt schwer genug.
II. Wasserbehörden 1. Vollzug des Rechts der Wasserwirtschaft Die Kompetenzen beim Vollzug des Wasserhaushaltsgesetzes und der jeweils rahmenausfüllenden Landeswassergesetze liegen durchweg bei den Ländern, und zwar bei der allgemeinen Landesverwaltung. Danach ergeben sich für die Wasserbehörden die gleichen Verschiedenheiten, die der Behördenaufbau der Länder untereinander sonst aufweist. Wo Mittelbehörden bestehen, sind die Regierungspräsidenten obere, die Kreise untere Wasserbehörde und teilen sich in die wichtigsten Zuständigkeiten. In Nordrhein-Westfalen ist die Erteilung von Bewilligungen allgemein, von Erlaubnissen dann den Regierungspräsidenten vorbehalten, wenn die Benutzung von Gewässern 1. Ordnung in Frage steht 36 . 33 34
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Salzwedel, a. a. O. F. Sieder / H. Zeitler, § 22 Anm. 23; P. Gieseke / W. Wiedemann, § 22 Anm. 7; Aschenberg, ZfW 1967/68, 254; a. A.: Burghartz, Komm., § 22 Anm. 1; Larenz, Schuldrecht II, 10. Aufl., S. 559. Eine solche enge Auslegung des § 22 WHG würde in der Konsequenz der Ausführungen von Salzwedel, a. a. O., liegen. §§ 22, 97 nordrh.-westf. LWG.
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Wenngleich fast überall nicht mehr von Wasserpolizei, sondern von Wasseraufsicht die Rede ist 37 , liegt der Kern der wasserbehördlichen Befugnisse doch nach wie vor in der Gefahrenabwehr 3 8 . Daß die Bewirtschaftung des Wassers weit in den Bereich der Wohlfahrtspflege hineinragt, steht dem auch nicht entgegen. Allenthalben handelt es sich deshalb um staatliche oder zumindest an sich staatliche Aufgaben, nicht um kommunale. Die staatliche Wasserwirtschaftspolitik kann deshalb überall durch Weisungen von oben nach unten gelenkt und uniform durchgesetzt werden. Auch in Nordrhein-Westfalen, wo die Wasserpolizei zu den Pflichtaufgaben nach Weisung zählt, können die Landkreise oder kreisfreien Städte gebunden werden. Die gesetzlichen Schranken des Weisungsrechts sind weitläufig formuliert und nicht justitiabel 39 .
2. Vollzug des Wasserwegerechts und Schiffahrtsrechts Für die wasserwegerechtlichen und verkehrsrechtlichen Kompetenzen an Bundeswasserstraßen hat Art. 89 II G G dem Bund eigene Mittel- und Unterbehörden, die Wasser- und Schiffahrtsdirektion sowie Wasser- und Schiffahrtsämter, gesichert. Die Strompolizei umfaßt die Sorge für die Erfüllung der Unterhaltungspflicht, die Erteilung von Anlagegenehmigungen, die Abwehr von Eingriffen oder Einwirkungen Dritter 4 0 . Die Schiffahrtspolizei hat es dagegen mit den Verkehrsteilnehmern, den Schiffern, zu tun 4 1 . Allerdings fehlt eine mobile Vollzugspolizei des Bundes auf dem Wasser. In die Lücke tritt die Wasserschutzpolizei des jeweiligen Landes, die indes zugleich allgemeinpolizeiliche Aufgaben wahrnimmt wie die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, die Verbrechensbekämpfung und die Untersuchung von Unfällen 4 2 . Auf allen anderen Oberflächengewässern kommen den allgemeinen Wasserbehörden auch die wegerechtlichen und schiffahrtsrechtlichen Befugnisse zu, weil sie die Landeswassergesetze in diesem Bereich ebenfalls vollziehen.
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So z. B. die §§ 79ff. nordrh.-westf. LWG; § 82 bad.-württ. WG; § 69 schlesw.-holst. WG; Art. 68 bayer. WG. Vgl. § 98 nordrh.-westf. LWG: „Die Wasserbehörden sind Sonderordnungsbehörden. Die ihnen nach dem Wasserhaushaltsgesetz und diesem Gesetz obliegenden Aufgaben gelten als solche der Gefahrenabwehr. Ihre Befugnisse zur Gefahrenabwehr auf Grund allgemeinen Ordnungsrechts bleiben unberührt." Vgl. Salzwedel, KommunalR in Nordrh.-Westf., in Verfassungs- und Verwaltungsgesetze des Landes Nordrh.-Westf., S. 230; Salzwedel, VVdStRL, Heft 22 (1965), S. 218. Dazu vgl. L. Holtz / F. Kreutz / P. Schlegelberger, PrWG, IV vor § 342; B. Drews / G. Wacke / K. Vogel, a. a. O., § 2 Anm. 2b. § 1 I Ziff. 2 des G über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Binnenschiffahrt vom 15. Februar 1956 (BGBl. II, S. 317). Vgl. §§ 3, 6, 12ff. nordrh.-westf. PolG; siehe auch B. Drews / G. Wacke / K. Vogel, a. a. O., § 3 , 1 b y.
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III. Erlaubnis und Bewilligung 1. Benutzungen Der Begriff der Benutzungen grenzt den - vorbehaltlich der §§ 23, 24 WHG - erlaubnispflichtigen Gebrauch der Gewässer von denjenigen Tätigkeiten ab, die vom präventiven Gewässerschutz überhaupt nicht erfaßt sind. Dabei stellt § 3 W H G die echten Benutzungen des Abs. I, bei denen der Wille des Unternehmers final auf den wasserwirtschaftlichen Erfolg gerichtet ist, den unechten des Abs. II gegenüber, die nur als Benutzungen gelten, weil möglicherweise überhaupt keine Einwirkung auf Wassermenge oder Wassergüte beabsichtigt ist. Zu den Ersteren gehören vor allem das Entnehmen und Ableiten von Wasser sowie das Einbringen fester oder Einleiten flüssiger Stoffe in oberirdische Gewässer oder das Einleiten in das Grundwasser. Nur die unmittelbare Entnahme oder Einleitung zählt. Deshalb ist die mittelbare Einleitung von verunreinigenden Stoffen in die Kanalisation nicht erfaßt 43 . Unter den unechten Benutzungen ist die Generalklausel des § 3 II Ziff. 2 WHG am wichtigsten; erlaubnispflichtig sind alle Maßnahmen, die objektiv geeignet sind, schädliche Veränderungen der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Wassers herbeizuführen. Bei unechten Benutzungen gewinnt die Erteilung der Erlaubnis oder Bewilligung einen ganz anderen Inhalt, weil der Unternehmer überhaupt keinen Anteil am Wasserschatz beanspruchen will und die Wasserbehörde also auch keinen Part zuteilt. Die Abwägung kann sich nur darauf beziehen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit einer wirklichen Einwirkung auf das Gewässer ist und welche Folgen solchenfalls auftreten würden, ferner ob diese in Kauf genommen werden könnten oder nicht. Maßnahmen, die dem Ausbau ( § 3 1 WHG) oder der Unterhaltung (§ 28 WHG) der Gewässer dienen, gelten nicht als Benutzung. Der Einsatz chemischer Mittel bei der Gewässerunterhaltung ist neuerdings aber erlaubnispflichtig.
2. Erlaubnis und Bewilligung a) Abgrenzung: Das alte WHG hatte Erlaubnis und Bewilligung in drei Hinsichten voneinander unterschieden. Die Erlaubnis war bloß widerruflich, bloß persönlich und ohne Drittwirkung. Die Bewilligung war unwiderruflich, dinglich und schloß Abwehr- und Schadensersatzansprüche Dritter aus. Unangetastet ist nur noch das erste Merkmal; die beiden anderen haben inzwischen die Vierte Novelle oder das Landesrecht teilweise relativiert 44 . 43
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P. Gieseke / W. Wiedemann, W H G , § 3 Anm. 7; Burghartz, Komm., § 3 A n m . 1; Abt, R. d. Wasserwirtsch. H. 12, S. 105. Vgl. zum Unterschied zwischen Bewilligung und Erlaubnis B V e r w G E 41, 5 8 ; zur Bewilligung O V G Münster O V G E 2 8 , 1 4 9 ; rechtspolitische Vorschläge: Salzwedel Z f W , 1971, 3 4 und R. d. Wasserwirtsch. H. 19 (1975) S. 40ff.
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So geht jetzt nach § 7 Abs. 2 W H G auch die Erlaubnis mit der Wasserbenutzungsanlage oder, wenn sie f ü r ein Grundstück erteilt ist, mit diesem auf den Rechtsnachfolger über, soweit nicht bei der Erteilung ein anderes bestimmt ist. In Berlin gelten alle Vorschriften, die die Drittwirkung der Bewilligung ausmachen, nämlich § 8 III, § 10 und § 11 W H G , auch f ü r die Erlaubnis (§ 16 I berl. L W G ) . In Bayern trifft dies weithin für die qualifizierte Erlaubnis zu - nur ist § 11 W H G nicht voll in Bezug genommen, weil allein Abwehr-, nicht auch Schadensersatzansprüche Dritter ausgeschlossen werden sollen (Art. 16 III bayer. L W G ) . Soweit schließlich in vielen Landeswassergesetzen nur § 8 III W H G für anwendbar erklärt wird, kann man vielleicht den Standpunkt vertreten, d a ß die §§ 10, 11 W H G sich dem Sinn nach auch auswirken sollen. Allerdings setzt dies ein förmliches Verfahren voraus, das nicht überall ausdrücklich vorgeschrieben ist 45 . Ü b e r wiegend wird für diese Fälle jedoch eine Ausschlußwirkung abgelehnt 4 6 . Manche gehen so weit, die genannten Vorschriften über eine Drittwirkung überhaupt für unzulässig zu halten, weil die Annäherung der Erlaubnis an die Bewilligung am stärkeren Bundesrecht scheitere 4 7 . D e m wird man nicht folgen können, weil das W H G nur in der Frage: widerruflich oder nicht ganz dezidiert, im übrigen ausfüllungsfähig ist. b) Begriff der Drittwirkung: Was heißt nun Drittwirkung? Das Bewilligungsverfahren und teilweise also auch das Erlaubnisverfahren ist ein Zerreißwolf 4 8 f ü r bürgerlich-rechtliche Abwehr- oder Schadensersatzansprüche, mit denen die wasserrechtlichen Nachbarn dem schlichten Erlaubnisinhaber das Leben sauer machen könnten ( § 1 1 W H G ) . Es handelt sich um privatrechtsgestaltende Verwaltungsakte, die in ihrer anspruchsvernichtenden Wirkung nur vor Verträgen halt machen ( § 1 1 II W H G ) . Während der Erlaubnisinhaber also darauf angewiesen ist, das Risiko nachträglicher Abwehrklagen hinzunehmen und sich von Fall zu Fall freizukaufen, hat der Bewilligungsinhaber nach Rechtskraft des Bescheides eine sichere Kalkulationsbasis. Lediglich wegen zunächst unvoraussehbarer Auswirkungen seiner Benutzung sind noch Nachforderungen möglich (§ 10 W H G ) . D e r verdrängte Nachbar ist nach § 8 III W H G zu entschädigen. Diesen „bürgerlich-rechtlichen Aufopferungsanspruch" 4 9 dürfte stets der begünstigte U n t e r n e h mer zu erfüllen haben 5 0 . Während der Anspruch aber z. B. in § 14 B I m S c h G auf vollen Schadensersatz (§ 249 B G B ) gerichtet ist, löst der Bewilligungsinhaber die entgegenstehenden Ansprüche mit einer bloßen „angemessenen Entschädigung" (§ 20 W H G ) ab.
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Vgl. dazu Salzwedel, R. d. Wasserwirtsch. H. 12, S. 71 ff. So Wiedemann, DVB1. 1966,475/76. Gieseke in P. Gieseke / W. Wiedemann, WHG, § 7 Anm. 3. Näheres bei Salzwedel, a. a. O. Dazu näher Soergel / Siebert / Baur, BGB, Anm. 77 vor § 903; vgl. auch BGHZ 16, 366. So die Landesrechte, vgl. z. B. § 94 V bad.-württ. WG; Art. 74 V bayer. WG; § 84 berl. WG; § 8 9 I V hess. WG; §46 nieders. WG; etwas abweichend § 7 9 I V schlesw.-holst. WG. RGZ 139,29 ( 3 4 - 3 6 ) .
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Viele Landeswassergesetze haben der Bewilligung, diesmal über das W H G hinaus, den Charakter eines absoluten privaten Rechts zugesprochen, auf das die Vorschriften über das Eigentum anwendbar seien. Wie bereits hervorgehoben, wird man in diesen Ländern davon ausgehen können, daß sich der Inhalt des privaten Rechts nicht nach dem Schutzbereich des Eigentums oder des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs bestimmt, worauf sich sonst jeder Benutzer gegenüber Dritten stützt, sondern auch dem Bewilligungsbescheid.
3. Voraussetzungen der Erteilung a) Grundsätze der Wasserbehörde: Im Regelfall ist nur eine Erlaubnis zu erteilen, die die Dispositionsfreiheit der Wasserbehörde für die Zukunft an sich unberührt lassen soll. Nach § 8 II W H G darf eine Bewilligung - wohl gerade wegen der Bindung der Wasserbehörde, kaum wegen der Drittwirkung - nur erteilt werden, wenn dem Unternehmer die Durchführung seines Vorhabens ohne gesicherte Rechtsstellung nicht zugemutet werden kann und die Benutzung nach einem bestimmten Plan verfolgt wird. Der Erlaubnisinhaber baut öffentlich-rechtlich und bürgerlich-rechtlich auf Sand, weshalb die Darlegung eines bestimmten Benutzungszwecks und einer hinreichenden Sozialwertigkeit ausreicht. Der Bewilligungsinhaber verlangt Sicherheit gegenüber Staat und Dritten. Daher sind strenge Anforderungen zu stellen: der Benutzungszweck muß nach einem bestimmten Plan verfolgt werden, der zugleich den Inhalt des Rechtes fixiert, die Sozialwertigkeit muß besonders hoch, das Schutzbedürfnis wegen der Investitionen eindrucksvoll sein. Auch wenn die Voraussetzungen des § 8 II W H G , die sämtlich unbestimmte Rechtsbegriffe darstellen, nachgewiesen sind, besteht noch kein Rechtsanspruch auf Erteilung. Vielmehr setzt dann erst das Zuteilungsermessen der Wasserbehörde ein, und die Entscheidung gegen den Unternehmer ist, wenn ohne Ermessensfehler getroffen, immer noch rechtmäßig und unangreifbar 5 2 . Seit Inkrafttreten der Vierten Novelle dürfen Bewilligungen für Abwassereinleitungen nicht mehr erteilt werden. Bereits erteilte Bewilligungen bleiben aber aufrechterhalten. Die Widerruflichkeit soll vor allem deshalb gewährleistet werden, weil neue Einleitungsstandards oder Gewässerstandards jederzeit durchgesetzt werden sollen, nicht erst nach Ablauf der Frist, für die eine Bewilligung erteilt worden war. b) Einwendungen Dritter: Der Antragsteller muß aber nicht nur das gesetzlich legitimierte Unbehagen der Wasserbehörde überwinden, sich für die Zukunft zu binden, sondern auch den Widerstand Dritter. Nach § 8 III W H G hat die Einwendung des Inhabers eines „Rechtes", der von der Benutzung nachteilig betroffen werden würde, Sperrwirkung, sofern Schutzvorkehrungen oder Ausgleichsmaßnahmen nicht möglich sind. Nur aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit kann 52
So das B V e r w G NJW 1965, 1680 (Gildebrauerei-Fall), abgedruckt auch in Z f W 1 9 6 5 / 6 6 , S. 98 mit Anm. von Wiedemann; vgl. auch Külz, R. d. Wasserwirtsch. H. 15, S. 14/15, jetzt O V G Münster O V G E 2 8 , 1 4 9 .
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sich die Wasserbehörde darüber hinwegsetzen, wobei sowohl streng-hoheitliche als auch protektionistische Erwägungen in Betracht kommen. Das ist aber ein Enteignungsfall - der Bundesgesetzgeber sieht eine Entschädigung vor, die Landesgesetzgeber gewähren sie in der Form eines sogenannten bürgerlich-rechtlichen Aufopferungsanspruchs gegen den begünstigten Unternehmer 5 3 . Inhaber eines Rechts sind alle diejenigen, die einen bürgerlich-rechtlichen Abwehranspruch gegen den Unternehmer geltend machen könnten, gestützt vor allem auf Gewässereigentum oder Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, u. U. auf frühere Bewilligungen. Nach § 8 IV W H G können die Länder weitere Einwendungen zulassen, wovon sie in weitem Umfang Gebrauch gemacht haben 5 4 . Diese Vorschriften sind dann Schutzgesetze, die wieder weitergehende Abwehransprüche nach § 823 II BGB erzeugen. Wie die der Rechtsinhaber, können sie in dem Zerreißwolf des Bewilligungsverfahrens untergehen. Allerdings ist dies keine Enteignung; es genügt deshalb, daß der von der neuen Benutzung zu erwartende Nutzen den für den Betroffenen zu erwartenden Nachteil erheblich übersteigt, und Entschädigung braucht der Unternehmer nur zu zahlen, wenn die Länder dies ausdrücklich oder stillschweigend vorsehen. Denn da die Länder die Ansprüche erst hervorbringen, so können sie diese auch mit allen endogenen Schwächen behaften, die sachlich einleuchten.
4. Bedingungen und Auflagen a) Begriff: Die „Benutzungsbedingungen" des § 4 I W H G sind in Wahrheit Bestimmungen über den Inhalt des subjektiv-öffentlichen Rechts, z. B. über die höchstzulässige Wassermenge, die entnommen oder eingeleitet werden darf, letzterenfalls die tolerablen oder nichttolerablen verunreinigenden Stoffe. Echte aufschiebende oder auflösende Bedingungen sind aber nicht ausgeschlossen: sie machen die Entstehung oder Aufrechterhaltung des Benutzungsrechtes dann von einem zukünftigen ungewissen Ereignis abhängig. Auflagen haben nichts mit Entstehung oder Aufrechterhaltung des subjektiv-öffentlichen Rechts zu tun, sondern knüpfen an die Innehabung des Rechts unselbständige Verpflichtungen, die durch Verwaltungsakt festgesetzt und vollzogen werden können 5 5 . b) Zulässigkeit: Alle Inhalts- und Nebenbestimmungen können im Interesse der Allgemeinheit getroffen werden, wenn sie in einem inneren Zusammenhang mit dem verbrieften Benutzungsrecht stehen. Ob sie nach § 4 I S. 2 W H G auch generell zulässig sind, „um nachteilige Wirkungen für andere zu verhüten oder auszugleichen", ist zweifelhaft. Darin ist nur der mögliche Gehalt solcher Regelungen umschrieben, nicht aber schlechterdings eine Ermächtigung erteilt, die Interessen 53 54
55
Vgl. Fußn. 50. So z. B. Art. 18 bayer. W G ; § 17 berl. W G ; § 1 1 I V brem. W G ; § 2 0 hess. W G ; § 1 1 I V nieders. W G ; § 17 nordrh.-westf. L W G ; insbesondere § 15 bad.-württ. W G . Vgl. Forsthoff, VwR, S. 215.
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Privater wasserbehördlich durchzusetzen. Vielmehr sind, was die Ermächtigung angeht zwei Fälle zu unterscheiden. Entweder handelt es sich um vorgegebene Abwehransprüche bzw. solche, die auf Grund der landesrechtlichen Ausfüllung des § 8 IV W H G entstanden sind. Sie bleiben von der Erlaubnis an sich unberührt; nur im Bewilligungsverfahren sind wegen der Ausschlußwirkung des § 11 W H G Einwendungen erforderlich. Diese Abwehransprüche dürfen nun von der Wasserbehörde auch im Erlaubnisverfahren berücksichtigt werden, wenn landesrechtlich § 8 III W H G in Bezug genommen ist, um Klagen vor den ordentlichen Gerichten zu erübrigen. Sie dürfen aber auch nur mittels bestimmter Benutzungsbedingungen oder Auflagen berücksichtigt werden, wenn der Dritte wirklich selbst entsprechende Einwendungen erhebt. Oder es handelt sich um Nachbarinteressen, die sich nicht zu einem Abwehranspruch verdichten, aber im Rahmen einer Gesamtbeurteilung der wasserwirtschaftlichen Nutzungsordnung förderungswürdig erscheinen. Die Wasserbehörde kann die Betroffenen dann u. U. reflexhaft begünstigen. So sind nach § 13 nordrh.-westf. LWG Benutzungsbedingungen und Auflagen zulässig, die nachteilige Wirkungen für Bergbau, Fischerei, Land- und Forstwirtschaft usw. verhüten oder ausgleichen sollen, und wenn diese objektiven Interessen auch stets an konkreten Schutzobjekten exemplifiziert werden müssen, so sind es doch nicht die Unternehmer selbst, um derentwillen die Regelung getroffen wird. Stets müssen die höheren Sozialwertigkeiten den Ausschlag geben. c) Rechtsbehelfe: Wird einem Antrag auf Erteilung nur unter einschränkenden Bedingungen oder unter Auflagen stattgegeben, so liegt darin eine partielle Versagung, gegen die Widerspruch und Klage erhoben werden können. Zulässig ist aber nicht eine Anfechtungsklage, weil dies darauf hinausliefe, aus dem Bündel von Vorteilen und Nachteilen, die in der einheitlichen Ermessensausübung der Wasserbehörde miteinander untrennbar verkoppelt waren, einzelne Elemente herauszuschießen. Vielmehr ist die Klage darauf zu richten,die Wasserbehörde unter Aufhebung der Erlaubnis oder Bewilligung zu verpflichten, über den Antrag unter Vermeidung der beanstandeten Bedienung oder Auflage erneut zu entscheiden 56 . Selbstredend schließt dies das Risiko ein, daß die Wasserbehörde, erweist sich die Teilregelung wirklich als unzulässig, nunmehr ohne Ermessensfehler zu einer negativen Entscheidung im ganzen kommt. Ist eine Bedingung oder Auflage nichtig, fragt es sich, ob der so außerordentlich schwere Fehler den begünstigenden Verwaltungsakt insgesamt nichtig erscheinen läßt. Das ist der Fall, wenn die nichtige Teilregelung - für den Unternehmer erkennbar - innerhalb der Ermessensentscheidung der Wasserbehörde condito sine qua non gewesen ist. Anderenfalls wird die betreffende Bestimmung einfach gestrichen. Insoweit ist eine Klage auf Feststellung der Teilnichtigkeit zulässig, auch wenn die Regelung nicht - wie etwa die Auflage — in sich schon die Merkmale eines Verwaltungsaktes erfüllt.
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V G Bremen in Z f W 1 9 6 5 / 6 6 , S. 110/111.
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d) Reinhalteordnungen: Seit der Vierten Novelle haben die Reinhalteordnungen des § 27 W H G eine neue Funktion und einen anderen Inhalt. Sie dienen jetzt dem Vollzug von Bewirtschaftungsplänen nach § 3 6 b W H G , sie werden stets als Rechtsverordnung erlassen und sie setzen dabei das gewässerbezogene Sanierungsprogramm in normative, an die Gewässerbenutzer gerichtete G e b o t e oder Verbote um. Allerdings sind die Länder, wenn sie der Verpflichtung des § 36 b W H G nachkommen und Bewirtschaftungspläne aufstellen, nicht gehalten, diese unbedingt in Reinhalteordnungen umzusetzen. Sie können die Bewirtschaftungspläne, die nach Landesrecht schon mindestens für alle behördlichen Entscheidungen verbindlich sein müssen, auch von Fall zu Fall bei der Erteilung von Wasserrechten oder nachträglichen A n o r d n u n g e n nach § 5 W H G berücksichtigen.
5. Rücknahme und Widerruf a) Zulässigkeit: Die Erlaubnis ist nicht so leicht widerruflich, wie es den Anschein hat. D e n n die Wasserbehörde muß einen sachlich einleuchtenden Grund haben, warum sie die Benutzung künftig nicht mehr dulden will, und dieser Grund darf nicht außer Verhältnis zur Schwere des Schadens stehen, welcher für den U n t e r n e h m e r damit verbunden ist. Die Erlaubnis ist sogar u. U. stabiler als die Bewilligung, weil sie unbefristet erteilt werden kann, dann also nicht irgendwann ipso iure erlischt. Mancher Grund, der die Ablehnung einer Neubewilligung rechtfertigt, reicht zur Begründung des Widerrufs einer Erlaubnis nicht aus. Soweit die Landeswassergesetze die Rücknahme - also wegen fehlerhafter Erteilung 5 7 - erwogen haben, wird regelmäßig der Fall hervorgehoben, daß die Erlaubnis auf G r u n d unrichtiger oder unvollständiger Nachweise erzielt worden war. Wird der Widerruf ausdrücklich unter der Voraussetzung zugelassen, daß von der weiteren Benutzung eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten ist 58 , liegt darin nicht mehr als die beispielhafte Aufzählung eines besonders starken Grundes. Keineswegs ist damit gesagt, daß der Widerruf nur noch im Fall des § 6 W H G zulässig sein soll, genauer: wenn die Erteilung im jetzigen Zeitpunkt verboten sein würde. Wichtig ist der Widerruf wegen Fehlverhaltens des Unternehmers, z. B. wegen einer Überschreitung des Benutzungsrechtes oder der Ä n d e r u n g des Benutzungszweckes oder der Nichterfüllung von Auflagen. Die Bewilligung wird auf bestimmte Zeit erteilt. D e r Zeitraum bemißt sich vor allem danach, bis wann der Unternehmer seine Investitionen amortisiert haben kann. Eine Verlängerung der Bewilligung ist deshalb rechtlich eine Neuerteilung, und grundsätzlich hat die Wasserbehörde wieder den gleichen Ermessensspielraum, wie wenn noch keine Anlagen vorhanden wären. Immerhin kann der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit in Ausnahmefällen zu einer gewissen Schrumpfung des Ermessens führen, vor allem dann, wenn Ausweichlösungen 57 58
Forsthoff, a. a. 0.,S. 251. So einige LandesG, z. B. § 15 II nordrh.-westf. LWG; Art. 16 u. 17 bayer. WG; § 15 II rheinl.-pfälz. WG; § 11 II schlesw.-holst. WG.
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denkbar sind. Nach Ablauf der Amortisationszeit wird häufig nur noch eine Erlaubnis zu erteilen sein, es sei denn, der Unternehmer brauchte gegenüber den Nachbarn weiterhin eine gesicherte Rechtsstellung, weil sie ihn mit Unterlassungsklagen überziehen könnten. Die Rücknahme oder der Widerruf einer Bewilligung ist nach § 12 WHG grundsätzlich ausgeschlossen. Eine Rücknahme ist nur für den Fall der Erschleichung vorgesehen, dann mit ex-tunc-Wirkung und natürlich ohne Entschädigung. Im übrigen sind rechtswidrige Erteilungen irreparabel. Nur ein Widerruf ist allgemein zugelassen, nämlich dann, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere der öffentlichen Wasserversorgung in Erscheinung getreten oder zu erwarten ist, und auch nur gegen angemessene Entschädigung. Widerruf ohne Entschädigung ist weder zugelassen, wenn der Unternehmer das Privileg durch sein Fehlverhalten verwirkt hat, noch ferner für den Fall der Nichtausübung des Rechts. b) Nachträgliche Benutzungsbedingung und Auflage: Ein partieller Widerruf von Erlaubnis und Bewilligung liegt in der nachträglichen Festsetzung einer Benutzungsbedingung oder Auflage nach § 5 WHG. Hinsichtlich der Bewilligung zeigt sich darin, daß die Kalkulationsbasis des Bewilligungsinhabers doch nicht ganz so stabil ist, wie es dem ersten Anschein entspricht. Zusätzliche Anforderungen an die Beschaffenheit einzubringender oder einzuleitender Stoffe oder Restriktionen hinsichtlich der zu entnehmenden Wassermenge dürfen jedoch nicht so weit gehen, daß sie den wesentlichen Inhalt der Bewilligung tangieren oder die Wirtschaftlichkeit der Anlage schlechthin in Frage stellen. Solche Eingriffe sind nur im Rahmen des § 12 WHG möglich. c) Ausgleichsverfahren: Auch das Ausgleichsverfahren 59 des § 18 WHG, das in der Praxis bisher allerdings kaum eine Rolle spielt, läuft auf partiellen Widerruf von Erlaubnis und Bewilligung hinaus. Dabei können in einem Verfahren gegenüber einer Vielzahl von Benutzern Einschränkungen getroffen werden, wenn das Wasser nach Menge und Beschaffenehit nicht für alle Benutzungen ausreicht oder sich diese beeinträchtigen und wenn das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die öffentliche Wasserversorgung es erfordert. Obwohl dieses Revirement der Nutzungsordnung Erlaubnisse und Bewilligungen erfaßt, dürfen wiederum die letzteren nur beschränkt werden, solange ihr Kern unberührt bleibt und die Wirtschaftlichkeit der Anlage nicht schlechthin erschüttert wird; andernfalls ist § 12 W H G maßgebend. Die Ausgleichszahlungen, die die Wasserbehörde anordnen kann, um etwa bei der Entnahme oder Einleitung Vorteile der Oberlieger gegen Nachteile der Unterlieger zu kompensieren, schaffen etwas Ähnliches wie einen rudimentären Lastenverband. Die Festsetzung liegt im Ermessen der Wasserbehörde; nur soweit bei Bewilligungsinhabern oder Gewässereigentümern oder Betriebsinhabern Einschränkungen mit Enteignungscharakter verhängt werden, ist sie obligatorisch. 59
Dazu insbesondere Abt, ZfW 1962/63, 237 ff.
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6. Alte Rechte und Befugnisse Das W H G hat das neue Zuteilungssystem mit Erlaubnissen und Bewilligungen nicht einfach in Kraft treten lassen können, wie wenn es noch keine Benutzungen gäbe. Die Überleitungsbestimmungen der §§ 1 5 - 1 7 W H G sind zunächst Ausführungsbestimmungen zu Art. 14 III GG. Soweit die Entziehung eines alten Benutzungsrechts früher nicht möglich war und jetzt einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb oder rechtmäßig vorhandene Anlagen lahmlegen würde, bleibt das Recht nach § 15 W H G aufrechterhalten oder verwandelt sich nach § 17 II W H G in einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Bewilligung, um die sonst unvermeidliche Entschädigungsfolge auszuschalten. Diese Rechtspositionen sind der Bewilligung gleichzuachten und können deshalb nur im Fall erheblicher Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit und nur gegen Entschädigung beschränkt oder aufgehoben werden. Aber auch dann, wenn Gewässer vor Inkrafttreten des Gesetzes auf Grund eines nicht durch Art. 14 GG geschützten Rechtes oder „in sonst zulässiger Weise" benutzt worden sind, wird dieser Rechtszustand zunächst weithin aufrechterhalten (§ 17 I WHG) 6 0 .
7. Pipeline-Genehmigung Der Bewilligung nachgebildet ist die Genehmigung für Rohrleitungsanlagen zum Befördern wassergefährdender Stoffe nach § 19 a W H G . Häufig ist sie neben einer gewerberechtlichen Erlaubnis erforderlich, die die Verordnung über brennbare Flüssigkeiten schon vorher auf Grund des § 24 I GewO eingeführt hatte. Dort geht es um die Gefahr der Gewässerverunreinigung, hier um den Schutz der Beschäftigten und Nachbarn vor Brand und Explosion. Ob die enge Anlehnung an die Regelung von Benutzungen gelungen ist, muß bezweifelt werden. Schon bei unechten Benutzungen nach § 3 II W H G paßt ein Zuleitungsermessen der Wasserbehörde nicht recht, weil das Gewässer u. U. überhaupt nicht in Anspruch genommen werden soll. Erst recht stehen bei Pipelines nur die Betriebssicherheit, um den Rohrbruch zu verhindern, die Ölwehr, um bei Rohrbrüchen den Eintritt der Stoffe in ein Gewässer noch zu verhüten, und Rettungsmaßnahmen in Frage, um verunreinigte Gewässer alsbald zu regenerieren oder eine Ersatzversorgung zu organisieren. Nach § 19b II W H G ist die Genehmigung zu versagen, wenn durch Errichtung oder Betrieb der Pipeline eine Verunreinigung der Gewässer oder eine sonstige nachteilige Veränderung ihrer Eigenschaften zu besorgen ist, die auch durch Auflagen nicht verhütet oder ausgeglichen werden kann. Läßt sich eine solche Besorgnis nicht recht begründen, kann die Genehmigung kaum versagt werden, weil man überhaupt kein Risiko eingehen wolle. Denn offenbar wäre es falsche Ermessensausübung, die Genehmigung überhaupt nicht in Erwägung zu 60
Nähere Darstellungen bei Wiedemann, ZfW 1967/68, 67ff.; Gieseke, ZfW 1967/68, 33ff.; auch Abt, ZfW 1965/66, 92ff.; vgl. insbesondere BVerwG E 37, 103; OVG Münster OVG E 27,44.
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ziehen. Die Überlegung, ob man auch das if the worst comes to the worst denkbare Ausmaß an Gewässerschädigung verkraften könne, scheidet hier aber auch aus. Denn das könnte man natürlich nicht. Praktisch fällt die Entscheidung also immer bei § 19 b II W H G , und die Tatsache, daß nach langem Tauziehen selbst die ENI-Pipeline am Bodensee, dem größten Trinkwasserspeicher Europas, genehmigt worden ist, hat erwiesen, daß reine Gefahrenabwehr, nicht Wasserbewirtschaftung betrieben wird 61 .
8. Erlaubnisfreie Benutzungen Durch § 2 I W H G und den weitgespannten Katalog von Benutzungen ist fast jede gewollte oder virtuelle Inanspruchnahme der Gewässer zur wasserwirtschaftlichen Sondernutzung geworden 6 2 . Gemeingebrauch (§ 23 W H G ) für jedermann gibt es nur an oberirdischen Gewässern und - nach Landesrecht - nur zum Baden, Waschen, Viehtränken, Schöpfen mit Handgefäßen. Dabei dürfen weder Rechte noch Befugnisse anderer beeinträchtigt werden. Der Eigentümer eines oberirdischen Gewässers kann es darüber hinaus ohne Erlaubnis oder Bewilligung „für den eigenen Bedarf" benutzen (§ 24 WHG), auch hier nur vorbehaltlich der stärkeren Rechtspositionen von Erlaubnis- oder Bewilligungsinhabern. Dabei handelt es sich nicht um einen Ausfluß des Eigentums selbst, also ein ultimum refugium positiver Sachherrschaft. Vielmehr ist dies eine unmittelbar durch Gesetz begründete Sondernutzung. Durch Landesrecht ist teilweise auch den Anliegern oder Hinterliegern oberirdischer Gewässer eine Sondernutzung im Umfang jenes Eigentümergebrauchs eingeräumt.
IV. Repressive Maßnahmen der Wasserbehörden 1. Allgemeine Eingriffsmöglichkeiten Über den Erlaubnis- und Bewilligungsvorbehalt werden Gewässerschutz und Gewässerbewirtschaftung präventiv ausgeübt. Für eine wasserbehördliche Eingriffsverwaltung ist Raum, soweit es sich um unerlaubte Benutzung handelt oder um gewässerbezogene Verhaltensweisen, die nicht unter § 3 W H G fallen, oder um erlaubnisfreie Benutzungen, schließlich um die Durchsetzung von Auflagen. Den wichtigsten Maßstab bildet die polizeiliche Generalklausel. Die öffentliche Sicherheit umfaßt auch ein Mindestmaß geordneter Wasserwirtschaft. Dieser 61
62
Vgl. V G Augsburg DVB1. 1966, 508; dazu Horster, D i e Zulassung von Mineralöl-Pipelines, Bonner Diss. 1969. Salzwedel, ZfW 1962/63, 85; vgl. auch Hundertmark, D i e Rechtsstellung des Sondernutzungsberechtigten im Wasserrecht, S. 16 ff.
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Schwellenwert für wasserbehördliches Eingreifen ist stets erreicht, wenn Gewässer unerlaubt oder über den Gemeingebrauch hinaus oder auflagenwidrig benutzt werden. Im übrigen ist § 6 W H G heranzuziehen. Daraus, daß eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere der öffentlichen Wasserversorgung durch Erlaubnis oder Bewilligung nicht sanktioniert werden darf, läßt sich entnehmen, daß dieser Zustand auch bekämpft werden kann, wenn er auf andere Weise als durch eine Benutzung einzutreten droht 6 3 . Vielfach haben die Wassergesetze den Schwellenwert für wasserbehördliches Eingreifen präzisiert oder heruntergeschraubt. A m wichtigsten sind § 26 II, § 34 II W H G . Danach dürfen Stoffe an einem oberirdischen Gewässer nur so gelagert oder abgelagert werden, daß ein Verunreinigung des Wassers nicht zu besorgen ist. Und praktisch überall m u ß die Lagerung unter Umständen erfolgen, daß eine nachteilige Veränderung der Eigenschaften des Grundwassers nicht zu besorgen ist. Freilich ist in beiden Fällen das Verhältnis zu § 3 II Ziff. 2 W H G schwer zu bestimmen, weil darin oft schon M a ß n a h m e n gesehen werden müssen, die geeignet sind, das Wasser zu verunreinigen. Praktisch läuft die Regelung darauf hinaus, daß Lagerungen, die die bloße Besorgnis rechtfertigen, sie könnten zur Verunreinigung geeignet sein, erst einmal verboten werden. D e r Adressat der Verfügung kann demgegenüber entweder schon die Eignung an sich bzw. unter den im Einzelfall herrschenden Verhältnissen bestreiten. Oder er muß sich um eine Erlaubnis bemühen, die erteilt werden kann, wenn die Verunreinigung auch im Fall einer Bestätigung der Eignung und einer Realisierung des Risikos noch hingenommen werden kann. Die Besorgnis allein drängt den Lagernden vollends in die Defensive 6 4 . A u c h die unbestimmten Rechtsbegriffe der § 26 II, § 34 II W H G haben sich als nicht vollzugsgeeignet erwiesen. Die Länder haben durch Lagerverordnungen für wassergefährdende Stoffe eine konkretere Schutzwirkung für die Gewässer, insbesondere für das Grundwasser herbeizuführen versucht. A b e r die Regelungen sind teilweise unzureichend, teilweise in ihrer Verschiedenheit von Land zu Land schwerlich tragbar; man denke nur an die unterschiedlichen A n f o r d e r u n g e n an die Lagerung von Heizöl, von der insbesondere die Hersteller entsprechender Anlagen nachteilig betroffen sind. Der Bund hat in den §§ 19 g bis 191 W H G eine seiner beschränkten Gesetzgebungskompetenz entsprechende Rahmenregelung getroffen, die zugleich ein Mindestmaß an Effizienz wie an Bundeseinheitlichkeit der Anforderungen an das Lagern und Abfüllen wassergefährdender Stoffe sicherstellen soll. Die vom Regierungsentwurf abweichende, im Bundestag hastig zusammengeschriebene Rahmenregelung wird aber eher Verwirrung stiften als abbauen.
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Vgl. Salzwedel, R. d. Wasserwirtsch., H. 13, S. 42; siehe auch Salzwedel, ZfW 1 9 6 2 / 6 3 , 297. Vgl. Abt, ZfW 1963, 303; Hofmann, G W F 1962, 568; Salzwedel, R. d. Wasserwirtsch. H. 13, S. 39; Horster, a. a. O.
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2. Wasserschutzgebiete Das wichtigste Mittel, um das Instrumentarium der Wasserbehörden zum repressiven Gewässerschutz anzureichern, ist die Festsetzung von Wasserschutzgebieten nach § 19 W H G . Darin können den Grundstückseigentümern und allen anderen bestimmte Handlungen verboten, den ersteren zudem Duldungspflichten auferlegt werden. Wegen der starken Beschränkung von Freiheit und Eigentum ist die Festsetzung nur zulässig, wenn es das Wohl der Allgemeinheit erfordert, um Gewässer für die öffentliche Wasserversorgung vor nachteiligen Einwirkungen zu schützen, Grundwasser anzureichern oder das schädliche Abfließen von Niederschlagswasser zu verhüten. Wird die Grenzlinie zwischen Eigentumsbeinhaltung in Anspannung der Sozialpflichtigkeit und Enteignung überschritten wie z. B. dann, wenn ein Landwirt überhaupt nicht mehr düngen oder Viehzucht treiben oder ein Kiesabbauunternehmer nicht mehr auskiesen darf, ist Entschädigung zu gewähren. In der Regel hat das Land die Entschädigungslast zu tragen 6 5 . Die Festsetzung des Wasserschutzgebietes erfolgt durch Erlaß einer Rechtsverordnung 6 6 . Die Schutzanordnungen sind echte Rechtsnormen, die von der Wasserbehörde — teilweise auch von der örtlichen Ordnungs- oder Polizeibehörde - durchzusetzen sind. In den letzten Jahren hat die recht entschädigungsfreundliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes 67 bei der Festsetzung von Wasserschutzgebieten in Kiesabbaugebieten Unruhe hervorgerufen. Das ohnehin bestehende Vollzugsdefizit bei der Festsetzung von Wasserschutzgebieten zum Schutz der öffentlichen Wasserversorgung wurde dadurch noch verstärkt. In der Hauptsache geht es darum, ob Schutzanordnungen für Grundstücke, auf denen noch kein Kiesabbau betrieben wird, sich aber für den Eigentümer wirtschaftlich „anbietet", eine Entschädigungspflicht auslösen. Ferner ist offen, ob das Wasserversorgungsunternehmen immer für entschädigungspflichtig erklärt werden kann, selbst wenn es die Festsetzung des Wasserschutzgebietes nicht oder nicht in dem letztlich angeordneten Ausmaß beantragt hat. § 1 Abs. 3 W H G versucht, die Rechtsprechung des B G H zu korrigieren: das Grundeigentum als solches berechtigt noch nicht dazu, Kiesabbau unter Umständen zu betreiben, die eine Erlaubnispflicht begründen. Das Bundesverfassungsgericht 68 hat sogar ein obiter dictum gefunden, um diese bundesrechtliche Regelung als verfassungsmäßig zu bestätigen. In der Frage, wer entschädigungspflichtig ist, wenn der Kiesabbau bereits betrieben wurde, muß die neue Landesgesetzgebung abgewartet werden. Die Gefahr, daß sie die Gemeinden und die Wasserversorgungsunternehmen über das durch die „Begünstigung" gerechtfertigte Maß hinaus belastet, ist nicht zu übersehen 6 9 .
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Hammer, Z f W 1964, 203 f. 6 6 BVerwG E 1 8 , 1 . z. B. B G H Z 6 0 , 1 2 3 . 6 8 BVerfG E 45, 6 3 , 8 0 , 8 1 . Vgl. § 15 RegEntw. LWG NW vom 23. September 1977.
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V. Unterhaltung und Ausbau 1. Funktion Die wasserwirtschaftliche Unterhaltung oberirdischer Gewässer dient nach § 28 W H G der Erhaltung eines ordnungsmäßigen Zustands für den Wasserabfluß, nach Landesrecht auch der Erhaltung des Gewässers und seiner Ufer in anderer die Wassermenge oder Wassergüte betreffender Hinsicht. Dazu gehören Reinigung, Räumung, Festlegung, Schutz und Wiederinstandsetzung des Gewässerbettes und der Ufer. Die Reinhaltung des Wassers selbst ist jedoch nicht Gegenstand der Unterhaltung. D e r Pflichtige hat nur die äußeren Voraussetzungen f ü r einen geordneten Wasserabfluß zu schaffen, vor allem für Strömung und damit mittelbar Verhütung von Fäulnis und rasche Regeneration des Wassers. Die wasserwegerechtliche Unterhaltung dient dagegen der Erhaltung der Schifffahrt und Flößerei. Indem § 28 W H G sich damit befaßt, hat der Bund einen unzulässigen, aber in der Sache leerlaufenden Griff in die Landeskompetenzen getan. Für Bundeswasserstraßen ergibt sich die Unterhaltungspflicht aus dem BundeswasserstraßenG, für die schiffbaren oder flößbaren Gewässer der Länder aus den nicht ausfüllenden wasserwegerechtlichen Partien der Landeswassergesetze 7 0 . Während Unterhaltungsarbeiten den bestehenden Ausbauzustand aufrechterhalten sollen, dient der Ausbau dazu, ein neues Bett zu schaffen o d e r an dem vorhandenen wesentliche Umgestaltungen und Verbesserungen vorzunehmen. Auch die Beseitigung eines Gewässers ist Ausbau. In neuerer Zeit gewinnt die Erkenntnis an Boden, d a ß auch die Schaffung von Baggerseen beim Kiesabbau nicht nur eine erlaubnispflichtige Benutzung, sondern auch einen Ausbau darstellt.
2. Durchführung und Zulässigkeit Die Unterhaltung beruht unmittelbar auf dem Gesetz und geschieht allein durch faktische Handlungen. D e r Ausbau bedarf dagegen zunächst der D u r c h f ü h r u n g eines förmlichen Planfeststellungsverfahrens, in d e m alle für das neue Gewässer erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungen zusammenfassend erteilt und alle öffentlich-rechtlichen Einwendungen oder Abwehransprüche von Unterhaltungspflichtigen, Bewilligungsinhabern, Anliegern, Hinterliegern oder Dritten ausgeschlossen werden. Alle faktischen Maßnahmen, die dann der Verwirklichung des geplanten Zustands dienen, sind erlaubnisfrei; nach § 3 III W H G sind sie allein wegen dieser Zweckbestimmung keine „Benutzungen". Auch wenn ein privater Anlieger unterhaltspflichtig ist oder der Ausbau von einem privaten U n t e r 70
Vgl. zur Abgrenzung Salzwedel, ZfW 1971,1 ff.; ferner BVerwG E 44, 235.
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nehmer getragen wird, sind damit andere Eingriffe wie das Aufstauen oder Ableiten mit erfaßt. Der Ausbau durch private Unternehmer und zwecks Gewinnerzielung ist an sich unbeschränkt zulässig. Gesichtspunkte des allgemeinen Wohls, also z. B. bestimmte volkswirtschaftliche Präferenzen müssen indes wegen des Art. 14 III G G dargetan sein, wenn dabei Vermögenswerte Rechte Dritter entzogen, also gegen Entschädigung enteignet werden. Wer unterhaltungspflichtig ist, ergibt sich aus dem Gesetz. Wer ausbauberechtigt ist, ergibt sich aus dem begünstigenden Verwaltungsakt, den die Planfeststellung für den antragstellenden Unternehmer darstellt. Er gewährt ein Recht auf Änderung des Gewässers, nicht aber auf Beibehaltung des neuen Zustands. Soweit nach Landesrecht Unterhaltungspflichtige zum Ausbau herangezogen werden können, ist die Planfeststellung belastender Verwaltungsakt. Am wichtigsten sind indes die Rechtswirkungen des Ausbaues gegen Dritte, deren Rechte oder Befugnisse im Planfeststellungsverfahren ausgeschlossen werden 7 1 . Begünstigend ist der Verwaltungsakt für Dritte niemals; insoweit müssen parallel dazu Erlaubnisse erteilt werden 7 2 . Für Bundeswasserstraßen wird man aus Art. 89 II GG, wonach der Bund die Bundeswasserstraßen „verwaltet", kaum entnehmen können, daß auch in wasserwirtschaftlicher Hinsicht die Entscheidung über Unterhaltung und Ausbau sowie die Unterhaltung selbst Sache des Bundes seien. Die wasserwirtschaftliche Hoheitsverwaltung liegt ungeteilt bei den Ländern. In Einklang mit der Entscheidung des BVerfG 7 3 zur Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen dürfte es sein, daß die Landeswassergesetze die wasserwirtschaftliche Unterhaltungslast dem Bund auferlegen. Das ist weithin geschehen, ob überall - z. B. auch in NordrheinW e s t f a l e n - k a n n zweifelhaft sein. Selbst eine Ausbaupflicht kann statuiert werden. Fest steht danach, daß die Wasserbehörden der Länder bestimmen, was im Rahmen der Unterhaltungspflicht an Bundeswasserstraßen zu geschehen habe, um deren Reinhaltung zu gewährleisten, sowie ob und wie ein ausschließlich wasserwirtschaftlich indizierter Ausbau vorzunehmen sei 74 . Die Unterhaltungspflicht liegt für Gewässer erster Ordnung bei den Ländern, für Gewässer zweiter Ordnung bald bei den Ländern (Berlin 75 und Saarland 7 6 ), bald bei den Regierungsbezirken (Bayern) 7 7 , bald bei den Stadt- und Landkreisen (Rheinland-Pfalz) 7 8 oder den Gemeinden schlechthin (Baden-Württemberg 7 9 , Hessen 8 0 , Bremen 8 1 ), bald bei Wasser- und Bodenverbänden (z. T. Hessen 8 2 , Niedersachsen 8 3 u. a.), bald bei den Eigentümern (Hamburg 8 4 , ferner NordrheinWestfalen 8 5 und Schleswig-Holstein 86 , wo aber Wasser- und Bodenverbänden die Erfüllung zugewiesen ist). Alle anderen Gewässer sind von den Gewässereigentü71 73 75 77 79 81 83 85
Friesecke, Z f W 1 9 6 5 / 6 6 , 58 . 7 2 Wiedemann, Z f W 1 9 6 7 / 6 8 , 87 ff. BVerfG E 1 5 , 1 . 7 4 BVerfG E 2 1 , 3 1 2 und in D Ö V 1 9 6 7 , 563. § 4 1 1 Ziff. 2 berl. W G . 7 6 § 47 Ziff. 1 saarl. W G . Art. 43 I Ziff. 2 bayer. WG. 7 8 § 56 I Ziff. 2 rheinl.-pfälz. WG. § 4 9 II bad.-württ. WG. 8 0 § 4 7 1 Ziff. 2 hess. WG. § 8 8 1 brem. WG. 8 2 Siehe Fußn. 76. § 8 3 1 nieders. W G . 8 4 §§ 3 7 , 3 8 hamb. WG. § 48 Ziff. 2 nordrh.-westf. LWG. 8 6 § 4 0 schlesw.-holst. WG.
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mern, den Anliegern oder „denjenigen Eigentümern von Grundstücken oder Anlagen" zu unterhalten, „die aus der Unterhaltung Vorteile haben oder die Unterhaltung erschweren" (§ 29 W H G ) . Die Unterhaltungspflicht begründet lediglich Verwaltungsrechtsverhältnisse zwischen der Gewässeraufsichtsbehörde und dem Unterhaltungspflichtigen, nicht Amtspflichtigen gegenüber Dritten im Sinne der § 839 BGB, Art. 34 GG. Die Haftung nach außen ergibt sich aus § 823 I BGB. Sie trifft denjenigen, der das Gewässer der Schiffahrt oder Flößerei eröffnet hat; ist eine öffentlich-rechtliche Körperschaft unterhaltungspflichtig, indiziert dies allerdings ihre Verantwortlichkeit 87 . Da die Vorschriften über Unterhaltungspflicht keine „Schutzgesetze" sind, entfallen Ansprüche aus § 823 II BGB 8 8 . Nach der Rechtsprechung soll allerdings eine unterhaltungspflichtige Körperschaft durch ausdrücklichen und der Allgemeinheit bekanntgemachten „Organisationsakt" bestimmen können, daß sie den Benutzern hoheitlich gegenübertreten wolle; dann haftet sie aus § 839 BGB 8 9 . Das ist mißverstandenes kommunales Anstaltsrecht und ganz unpraktikabel 9 0 . Dagegen wird man der Rechtsprechung folgen können, daß die zur Erfüllung der Unterhaltungspflicht gegenüber dem Staat oder der Verkehrssicherungspflicht gegenüber dem Publikum vorgenommenen Arbeiten hoheitlich zu qualifizieren sind. Werden Dritte also nicht durch die Unterlassung, sondern durch schuldhaft fehlsame Ausführung von Unterhaltungsarbeiten geschädigt, so löst dies Ansprüche aus § 839 BGB aus 91 .
VI. Wasser- und Bodenverbände 1. Grundlagen Das WasserverbandsG vom 10. Februar 1937 sowie die Erste WasserverbandsVerordnung vom 3. September 1937 ( W W O ) haben das innere Verbandsrecht der früheren landesrechtlichen Wassergenossenschaften sowie Wasserverbände öffentlich-rechtlichen oder auch privatrechtlichen Gepräges einheitlich geregelt. Dabei handelt es sich heute um Bundesrecht. Freilich sind alle Vorschriften entfallen, die das Führerprinzip gegenüber und in der Verbandsverwaltung verwirklichten. Die Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörde sind so zu interpretieren, daß die Selbstverwaltung der Körperschaft gewahrt bleibt. Die Stellung der Mitgliederversammlung muß so aufgewertet werden, daß innerhalb des Verbandes eine echte Willensbildung von unten nach oben gesichert ist, der Verbandsvorsteher also demokratisches Vollzugsorgan wird. Die Rechtsprechung hat hier allerdings keine wesentlichen Korrekturen für nötig gehalten 92 . 87 89 90 91 92
RGZ 155,1. 88 RGZ a. a. O. BGHZ 9, 373 (grundlegend); BGHZ 14, 83. Dazu Salzwedel, D Ö V 1 9 6 3 , 241 (243). BGHZ 21,48; kritisch dazu auch Salzwedel, D Ö V 1963,243 Fußn. 37a. So Mané, ZfW 1967/68, 242; vgl. auch Külz, R. d. Wasserwirtsch. H. 15, S. 21ff.; BVerwG E 25,151; BVerwG ZfW 1974,229.
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Jürgen Salzwedel
2. Satzung Der Erlaß der Satzung und andere Rechtsetzungen müssen ferner heute rechtsstaatlichen Anforderungen genügen. Die Regelung des § 169 Abs. 1 W W O ist aber mit der Maßgabe bestätigt worden, daß die Satzung über die Gründung zwar jetzt nicht schon mit dem Erlaß wirksam wird, sondern erst mit der Bekanntmachung, daß diese aber auf den Zeitpunkt des Erlasses zurückwirke 93 . § 7 W W O , wonach das Bestehen des Wasserverbandes nicht mit der Begründung angefochten werden kann, daß die Voraussetzungen für den Erlaß einer Gründungssatzung nicht vorgelegen hätten, ist dagegen unanwendbar 9 4 . Allerdings sind manche Rechtsnormen über die Gründung nur Sollvorschriften. Auch gibt es so etwas wie eine faktische Körperschaft, deren Existenz nicht einfach hinweggedacht werden kann, also nur im Wege der Rückabwicklung ex nunc wieder zu beseitigen ist. Unsicherheit herrscht vor allem, ob Rechtsakte in Zusammenhang mit der Gründung oder Auflösung Rechtsnormen oder Verwaltungsakte sind; das gleiche gilt für die Zuweisung neuer Mitglieder durch die Aufsichtsbehörde oder die Entlassung 95 . Sehr schwierig ist auch die rechtliche Durchdringung der Beitragsberechnung. Die Beitragslast verteilt sich nach § 81 I W W O auf die Mitglieder im Verhältnis der Vorteile, die sie von der Aufgabe des Verbandes haben, und der Lasten, die der Verband auf sich nimmt, um ihren schädigenden Einwirkungen zu begegnen. Regelmäßig sehen die Satzungen einen Vorteilsmaßstab vor, ohne nach objektiven Kriterien die Vorteilsklassen abzugrenzen. Es bleibt dann Sachverständigen überlassen, für die Aufstellung des „Beitragsbuches" (§ 78 W W O ) Vorteilsklassen zu bilden und die einzelnen Mitglieder entsprechend einzuordnen. Das Bestimmtheitserfordernis, dem jede Satzungsnorm genügen muß, dürfte hier gelegentlich unterschritten sein. Wenn auch an eine perfekte Determinierung des Einzelbeitrags durch die Norm aus sachlichen Gründen kaum gedacht werden kann, ist doch ein größeres Maß an Vorausbestimmung anzustreben. Insgesamt erweist sich das überkommene Recht aber als praktikabel, und wegen des untergründig fortschwelenden Kompetenzstreites zwischen Bund und Ländern ist auch an keine Neuordnung zu denken. 3. Aufgaben und Organisation Die wichtigsten Aufgaben von Wasser- und Bodenverbänden sind Meliorationen der Gewässer und ihrer Ufer, die Herstellung und Unterhaltung von Benutzungsanlagen, die Be- oder Entwässerung von Grundstücken, die Beseitigung von Abwasser, die Beschaffung von Trink- und Brauchwasser sowie die Landgewinnung. Zusammengeschlossen sind einmal die sogenannten dinglichen Mitglieder Eigentümer von Grundstücken, Bergwerken und Anlagen, ferner die Gewässer93
94 95
So BVerwG vom 19. Oktober 1966 (IV C 222.65); Mané, ZfW 1967/68,243; P. Kaiserl K. Linckelmann / E. Schleberger, W W O , § 169 Anm. 3. BVerwG E 7, 30; vgl. weiter Mané, ZfW 1967/68,243. Dazu ausführlich Mané, ZfW 1967/68,244 ff. mit Rechtsprechungshinweisen.
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und Uferunterhalter, schließlich alle beteiligten Gebietskörperschaften. Im Vordergrund steht die unternehmerische Tätigkeit des Verbandes; nur um diese zu ermöglichen, wird Befehl und Zwang ausgeübt. So übt der Verband selbst das Enteignungsrecht aus (§§ 30ff. W W O ) . Ferner steht dem Verbandsvorsteher Ordnungsgewalt gegenüber den Mitgliedern zu, soweit der Schutz des Verbandsunternehmens es erfordert (§§ 96ff. W W O ) . Die Aufsichtsbehörde übt Polizeigewalt zum Schutze der Anlagen gegenüber Dritten aus; der Verbandsvorsteher kann mit der Wahrnehmung beauftragt werden (§§ 102ff. W W O ) . Selbstredend ist auch die Beitragserhebung gegenüber den Mitgliedern autonom, um die staatsfreie Aufbringung der Mittel zu sichern (§§ 71 ff. W W O ) . Nach § 4 II Ziff. 3 W H G kann die Wasserbehörde übrigens Erlaubnisse und Bewilligungen zugunsten Dritter mit der Auflage verbinden, bestimmte Zuschüsse zu den Kosten zu erbringen, die eine Körperschaft des öffentlichen Rechts trifft, um eine mit der beabsichtigten Benutzung verbundene Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu verhüten oder auszugleichen. In dieser Hinsicht wird es sich stets um vorhandene oder neugebildete Wasser- und Bodenbestände handeln. Die Verbandsversammlung ist die eigentliche Vertretungskörperschaft (§§ 62, 63 W W O ) . Schon in der Satzung wird indes zumeist ein Ausschuß gebildet, der die Verbandsmitglieder gegenüber dem Vorstand vertritt. Die Verbandsmitglieder wählen die Mitglieder des Ausschusses. Der Vorstand besteht entweder nur aus einem Verbandsvorsteher oder aus diesem und einer satzungsmäßig bestimmten Zahl von Verbandsmitgliedern. Die Verfassung ist straff dualistisch, der Vorstand keineswegs voll weisungsgebunden. Die großen wasserwirtschaftlichen Verbände Nordrhein-Westfalens, die Emschergenossenschaft, der Lippeverband, der Ruhrverband, der Ruhrtalsperrenverein, die linksniederrheinische Entwässerungsgenossenschaft (LINEG) und der Große Erftverband 9 6 sind jeweils durch SonderG begründet worden. Im Ruhrgebiet ist die jahrzehntelang bewährte „Klassifizierung" der Emscher als Abwasserfluß, der Ruhr als Wasserversorgungsreservoir ein Beispiel zukunftweisender Planung gewesen. Wer das Wasserrecht eines Landes erfassen will, darf nicht bei der wasserbehördlichen Reglementierung der Gewässerbenutzung stehen bleiben. Organisation und Leistungsfähigkeit der Verbände mit ihrer unternehmerischen Aufgabenstruktur bestimmen mindestens in dem gleichen Maß, welchen Stand die Wasserwirtschaft erreicht hat und erreichen kann.
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G des Landes Nordrhein-Westfalen über die Gründung des Großen Erftverbandes vom 3. Juni 1958 (GVB1. S. 253); dazu BVerfG E 10,89ff.
N E U N T E R ABSCHNITT
Thomas Oppermann
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Thomas Oppermann
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Gesetze Bund und sonstige überregionale Bildungsverwaltung: Zusatzprotokoll I vom 20. 3. 1952 zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. 11. 1950 (BGBl. 1956 II, S. 1879 i. V. m. BGBl. 1957 II, S. 226), Art. 2 (Bildungs- und Elternrecht). Europäische Konvention über die Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse vom 11. 12. 1953 (BGBl. 1955 II, S. 599) mit Zusatzprotokoll vom 3. 2. 1971 (BGBl. 1971 II, S. 17). G zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit i. d. F. vom 27. 7. 1957 (BGBl. 1957 I, S. 1058). G über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften i. d. F. vom 29. 4. 1961 (BGBl. 1961 I, S. 498).
Bildung
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Protokoll über die Gründung Europäischer Schulen vom 13. 4. 1962 (BGBl. 1969 II, S. 1302). Abkommen der Bundesländer zur Vereinheitlichung auf dem Gebiete des Schulwesens vom 24. 10. 1964 („Hamburger Abkommen"). Neufassung durch Abkommen vom 14. 10. 1971 (Text u. a. bad.-württ. GesBl. 1972, S. 126). BerufsbildungsG vom 14. 8. 1969 (BGBl. I, S. 1112 i. V. m. BGBl. 19711, S. 185). Abkommen zwischen Bund und Ländern über die Errichtung einer gemeinsamen Kommission für Bildungsplanung vom 25. 6. 1970 (Text Bulletin Nr. 90 v. 3. 7. 1970, S. 891). G zu dem Internationalen Pakt vom 19. 12. 1966 über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 23. 11. 1973 (BGBl. 1973 II, S. 1569ff.). Staatsvertrag der Länder über die Errichtung und Finanzierung der Zentralstelle für Fernunterricht vom 20. 12. 1973 (Text u. a. bad.-württ. GesBl. 1974, S. 270). Bildungsgesamtplan von Bund und Ländern v. 20. 1. 1973 = BT-Drucks. VII/1474. BundesausbildungsförderungsG i. d. F. vom 9. 4. 1976 (BGBl. 1976 I, S. 990) mit AusführungsG der Länder. FernunterrichtsschutzG vom 24. 8. 1976 (BGBl. 1976 I, S. 2525). AusbildungsplatzförderungsG vom 7. 9. 1976 (BGBl. 19761, S. 2658). Länder: Baden- Württemberg: G zur Förderung der außerschulischen Jugendbildung vom 6. 5. 1975 (GesBl. S. 254). PrivatschulG i. d. F. vom 3. 3. 1976 (GesBl. S. 235). SchulG i. d. F. vom 3. 5. 1977 (GesBl. S. 133).
Bayern: SchulfinanzierungsG i. d. F. vom 15. 6. 1972 (GVB1. S. 189). SonderschulG i. d. F. vom 4. 6. 1974 (GVB1. S. 245). G zur Förderung der Erwachsenenbildung vom 24. 7. 1974 (GVB1. S. 368). Allgemeine Schulordnung i. d. F. vom 17. 7. 1976 (GVB1. S. 311). Bayerisches AusbildungsförderungsG, Neufassung vom 10. 8. 1976 (GVB1. S. 337). G über das Erziehungs- und Unterrichtswesen i. d. F. vom 15. 7. 1977 (GVB1. S. 349). G über das berufliche Schulwesen i. d. F. vom 15.7. 1977 (GVB1. S. 349). Bayerisches BegabtenförderungsG, Neufassung vom 29. 9. 1977 (GVB1. S. 537). VolksschulG i. d. F. vom 25. 7. 1978 (GVB1. S. 498).
Berlin: PrivatschulG i. d. F. vom 20. 2. 1974 (GVB1. S. 450). SchuIverfassungsG i. d. F. vom 20. 5. 1976 (GVB1. S. 1074). SchulG i. d. F. vom 22. 6. 1976 (GVB1. S. 1377). Bremen: G zur Förderung der außerschulischen Jugendbildung vom 1. 10. 1974 (GesBl. S. 309). BildungsurlaubsG vom 18. 12. 1974 (GesBl. S. 348). WeiterbildungsG i. d. F. vom 18. 2 . 1 9 7 5 (GesBl. S. 95). PrivatschulG i. d. F. vom 2 3 . 1 . 1 9 7 8 (GesBl. S. 63). SchulG i. d. F. vom 20. 2. 1978 (GesBl. S. 69). SchulverwaltungsG vom 24. 7. 1978 (GesBl. S. 167).
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Hamburg: BildungsurlaubsG vom 21. 1. 1974 (GVB1. S. 6). SchulG der Freien und Hansestadt Hamburg vom 1 7 . 1 0 . 1977 (GVB1. S. 297). SchulverfassungsG i. d. F. vom 17. 10. 1977 (GVB1. S. 297). PrivatschulG vom 12. 12. 1977 (GVB1. S. 389). Hessen: G über den Anspruch auf Bildungsurlaub vom 24. 6. 1974 (GVB1. S. 300). G zur Förderung der außerschulischen Jugendbildung i. d. F. vom 15. 12. 1975 (GVB1. S. 302). G über die Mitbestimmung der Erziehungsberechtigten und den Landesschulbeirat i. d. F. vom 14. 7. 1977 (GVB1. S. 319). SchulpflichtG i. d. F. vom 17. 3. 1978 (GVB1. S. 153). SchulverwaltungsG, Neufassung vom 4. 4. 1978 (GVB1. S. 231). G zur Förderung von Einrichtungen der Erwachsenenbildung, Neufassung vom 9. 8. 1978 (GVB1. S. 501). Niedersachsen: G zur Förderung der außerschulischen Jugendbildung vom 27. 5. 1974 (GVB1. S. 258). G über den Bildungsurlaub für Arbeitnehmer, Neufassung vom 17. 12. 1974 (GVB1. S. 569). G zur Förderung der Erwachsenenbildung i. d. F. vom 22. 6. 1977 (GVB1. S. 190). SchulG i. d. F. vom 28. 6. 1977 (GVB1. S. 233). Nordrhein- Westfalen: SchulfinanzG i. d. F. vom 31. 7. 1974 (GVB1. S. 769). Erstes G zur Ordnung und Förderung der Weiterbildung im Lande Nordrhein-Westfalen i. d. F. vom 5. 7. 1977 (GVB1. S. 448). SchulpflichtG i. d. F. vom 5. 7. 1977 (GVB1. S. 284). G über die Mitwirkung im Schulwesen vom 13. 12. 1977 (GVB1. S. 448). Erstes G zur Ordnung des Schulwesens im Lande Nordrhein-Westfalen i. d. F. vom 2 1 . 2 . 1978 (GVB1. S. 80). SchulverwaltungsG, Neufassung vom 16. 8. 1978 (GVB1. S. 516). Rheinland-Pfalz: PrivatschulG i. d. F. vom 6. 11. 1974 (GVB1. S. 512). WeiterbildungsG vom 14. 2. 1975 (GVB1. S. 77). SchulG i. d. F. vom 23. 12. 1977 (GVB1. S. 460). Saarland: G Nr. 994 über die Mitbestimmung und Mitwirkung im Schulwesen vom 27. 3. 1974 (ABl. S. 381). G Nr. 812 zur Ordnung des Schulwesens im Saarland i. d. F. vom 21. 6. 1978 (ABl. S. 674). G Nr. 826 über die Schulpflicht im Saarland i. d. F. vom 21. 6. 1978 (ABl. S. 674). G Nr. 969 zur Förderung der vorschulischen Erziehung i. d. F. vom 18. 2. 1975 (ABl. S. 368). G Nr. 751, PrivatschulG i. d. F. vom 5. 11. 1975 (ABl. S. 1214). G Nr. 910 zur Förderung der Erwachsenenbildung i. d. F. vom 17. 12. 1975 (ABl. 1976 S. 1).
Bildung Schleswig-Holstein: SchulpflichtG i. d. F. vom 9. 12. 1974 (GVB1. S. 453). Schulunterhaltungs- und SchulverwaltungsG i. d. F. vom 27. 2. 1976 (GVB1. S. 62). SchulG vom 2. 8. 1978 (GVB1. S. 255).
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Gliederung I. Umriß des Bildungsbereiches 1. Bildungsverwaltungsrecht als Teil des Kulturverwaltungsrechts 2. Bestandteile und Dimension der Bildungsordnung
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II. Schulwesen 1. Rechtsgrundlagen a) Bundesschulrecht b) Länderschulrecht 2. Grundlegende Merkmale der Schule a) Rechtsnatur b) Schulauftrag c) Schulverhältnis und Schulgewalt d) Innere Schulverfassung 3. Schulorganisation (Schularten und Schulstufen) a) öffentliches Schulwesen und privates Schulwesen b) Pflichtschulen und Wahlschulen c) Allgemeinbildende und berufsbildende Schulen d) Grundschule und Hauptschule e) Realschule f) Gymnasium g) Berufsbildende Schulen h) Schulen mit Auslandsbezug i) Schulstufen 4. Außerstaatliche Beteiligung am Schulwesen (Gemeinden, Kirchen, Freies Schulwesen) a) Gemeinden b) Kirchen aa) öffentliche Bekenntnisschulen bb) Religionsunterricht c) Privatschulen 5. Schulverwaltung 6. Schulaufsicht 7. Lehrer, Eltern, Schüler a) Lehrer b) Eltern aa) Konfessionelle Komponente des Elternrechts bb) Weltlich-demokratische (pädagogische) Komponente des Elternrechts c) Schüler 8. Berechtigungen
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III.
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Ergänzende Bildungsformen 1. Erwachsenenbildung a) Volkshochschulen b) Volksbüchereien c) Volksbühnen 2. Staatsbürgerliche (Politische) Bildung
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3. Jugendbildung a) Jugendpflege b) Jugendschutz IV. Zentrale Kulturverwaltung im Bildungsbereich 1. Bildungsverwaltung der Länder 2. Überregionale Bildungsverwaltung a) Zusammenarbeit der Länder b) Bundesbildungsverwaltung und Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern V. Internationale Zusammenarbeit im Bildungswesen
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I. Umriß des Bildungsbereiches 1. Bildungverwaltungsrecht als Teil des Kulturverwaltungsrechts Das Bildungsverwaltungsrecht ist neben Wissenschafts- und Kunstverwaltungsrecht einer der drei großen Bestandteile des Kulturverwaltungsrechts1. Mit diesen beiden Sachbereichen teilt es gewisse allgemeine Merkmale des Kulturverwaltungsrechts, die es in bestimmtem Maße von anderen Zweigen des besonderen Verwaltungsrechts abheben. Im kulturellen Bereich tritt der Staat mit der Welt des Geistes in Verbindung. Das ist unter den Bedingungen der modernen Industriegesellschaft unvermeidlicher denn je. Staatliche Vorsorge für Bildung und Ausbildung der Bürger, sowie für gute Voraussetzungen wissenschaftlicher und künstlerischer Tätigkeit gehören zu den Selbstverständlichkeiten heutiger Leistungs- und Ordnungsverwaltung. Andererseits ist zu bedenken, daß geistiges und künstlerisches Schaffen sich nach eigenen sachimmanenten Gesetzlichkeiten vollzieht. Staatliche Eingriffe und Förderung können hierbei nur bis zu einem gewissen Grade von Nutzen sein, nämlich solange, als sie nicht den sachgegebenen Eigengesetzlichkeiten der Kultursphäre zuwider laufen. Kennzeichnend für das Kulturverwaltungsrecht und damit für das Bildungsverwaltungsrecht ist daher ein im Vergleich zu anderen Verwaltungszweigen stärkeres Maß an Autonomie, Freiheit, Distanz zur Zwangsgewalt des Staates. D e m entspricht es, wenn die beherrschende Zentralnorm für Wissenschaft und Kunst, Art. 5 III G G , eine Freiheitsnorm ist. Im Bildungsbereich liegen die Dinge zwar etwas anders. Über Art. 7 I G G wird dem Gemeinwesen eine beträchtliche Gestaltungsmacht in Bildungsangelegenheiten eingeräumt. Zu ihr steht insbesondere das ebenfalls grundrechtlich verankerte Erziehungsrecht der Eltern in einem notwendigen Spannungsverhältnis. Bei beiden Normen steht das eigentliche Subjekt des Bildungsprozesses, der Jugendliche, etwas im Hintergrund. Das erklärt sich daraus, daß Bildung es in ganz anderem Maße als Wissenschaft und Kunst mit dem noch nicht fertigen jungen Menschen zu tun hat, der zu seiner Entwicklung eines gewissen Maßes an Fremdbestimmung bedarf. Trotz der sich hieraus ergebenden stärkeren Rolle u. a. auch des Staates im Bildungswesen gilt die Grundtatsache der kulturellen Autonomie in vielem auch hier. Das wird an Problemkreisen wie z. B. der pädagogischen Freiheit des Lehrers, bei Elternrecht und Elternmitverwaltung, bei der Grundrechtsmündigkeit des Schülers, der Schülermitverantwortung oder auch im Privatschulwesen immer wieder sichtbar. Die „verwaltete Schule" ist ebensowenig ein sinnvolles Vorstellungsbild des Kulturverwaltungsrechts wie eine ganz vom Staat beherrschte Hochschule oder eine ausschließlich als Dienerin des Staates gesehene Kunst. 1
Vgl. Oppermann, KulturverwR, 1969, S. 6ff.; Wimmer, RdJB 1971, 33ff. Zum Sachbereich Wissenschaft vgl. in diesem Bande Kimminich, S. 679 ff. Der Kunstbereich wird in diesem Bande nur teilweise im Abschnitt Presse und Rundfunk berührt, vgl. Rudolf, S. 723.
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2. Bestandteile und Dimension der Bildungsordnung Die verwaltungsrechtliche Ordnung des Bildungswesens gliedert sich ihrerseits in einzelne Sachbereiche. Kernstück ist das Schulwesen, dem auf der anderen Seite einige ergänzende Bildungsformen gegenüberstehen. Oberhalb der Einzeleinrichtungen ist die Bildungsverwaltung Bestandteil der allgemeinen, zentralen Kulturverwaltung in den Ländern (Kultusministerien) und auf überregionaler und Bundesebene (z. B. Bundesminister für Bildung und Wissenschaft). Im näheren umfaßt das Schulwesen die verschiedenen Schularten von der Volksschule (Grund- und Hauptschule), berufsbildendem Schulwesen, Real-(Mittel-)Schule bis zu den Gymnasien (Höhere Schule). Die Schularten werden neuerdings zunehmend in übergreifenden Schulstufen vom Elementarbereich bis zum Sekundarbereich II zusammengefaßt. Die Abgrenzung zum Hochschulwesen ist in jüngerer Zeit an manchen Stellen schwierig geworden. Insbesondere im sog. „Akademiebereich" besteht eine spürbare Tendenz zur Überweisung von nunmehrigen Fachhochschulen als eigenständige Einrichtungen des Bildungswesens in einen weiter als früher gefaßten (Gesamt)Hochschulbereich. Überhaupt werden in der Bildungsreform die Gemeinsamkeiten zwischen Schule und Hochschule heute stärker als früher betont. Innerhalb der ergänzenden Bildungseinrichtungen sind im wesentlichen zu unterscheiden die Weiterbildung, die Erwachsenenbildung (Volkshochschulwesen, Volksbüchereien, Volksbühne), die z. T. mit dem Schulwesen verflochtene Staatsbürgerliche (politische) Bildung, aus dem Jugendrecht die Jugendbildung (Jugendpflege und Jugendschutz) und neuerdings auch die vorschulische Erziehung. Seinen quantitativen Dimensionen nach gehört das Bildungswesen zu den bedeutsamsten Erscheinungsformen öffentlicher Vorsorge für die Bevölkerung. In den siebziger Jahren werden z. B. in der Bundesrepublik Deutschland im allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulwesen (ohne Fachhochschulen) ungefähr 12 Millionen Schüler von bald 500000 hauptamtlichen Lehrern unterrichtet. 1976 beliefen sich die öffentlichen Bildungsausgaben von Bund und Ländern (ohne Gemeinden) allein für das Schulwesen auf etwa 24 Milliarden D M und machten damit etwa die Hälfte der kulturellen Gesamtausgaben für Bildung, Wissenschaft und Kunst von ungefähr 52 Milliarden DM aus. Dennoch wird von amtlicher und sachverständiger Seite durchweg die Auffassung vertreten, daß dieses Ausgabenvolumen im Zeichen der Bildungsexpansion weiterer kräftiger Steigerung bedürfe 2 .
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Grundlegende statistische Daten zum Bildungswesen z. B. in: Kulturpolitik der Länder 1 9 7 5 - 1 9 7 6 (Hrsg. KMK), S. 263 ff. und Zahlen im Bildungsgesamtplan der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung vom 20. 12. 1973 = BT-DruckS VII/1474; Ferner Statist. Bundesamt: Bildung im Zahlenspiegel, 1977.
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II. Schulwesen 1. Rechtsgrandlagen Die Struktur des öffentlichen Schulrechts wird maßgebend durch die föderale Gliederung der Bundesrepublik Deutschland bestimmt. D e r Schwerpunkt der Regelungsbefugnis im Bildungswesen liegt eindeutig bei den Ländern. Dennoch ist es unrichtig, die sog. Kulturhoheit der L ä n d e r absolut zu sehen. Insbesondere im G G selbst, aber nicht nur dort, gibt es eine Reihe von N o r m e n , die unmittelbar oder mittelbar als Bestandteil eines Bundesbildungsrechts zu begreifen sind. Die Einbeziehung der einschlägigen verfassungsrechtlichen Aussagen in das Bildungsverwaltungsrecht ist infolge ihrer unmittelbaren Geltungswirkung (Art. 1 III, 20 III G G ) notwendig. Wie überall ist auch im Bildungsbereich das Verwaltungsrecht heute als „konkretisiertes Verfassungsrecht" (Fritz Werner) zu verstehen. a) Bundesschulrecht: A u s dem G G ergeben sich einerseits schulrechtliche Auswirkungen der allgemeinen Staatsform- und Staatszielbestimmungen (Art. 20, 28 G G ) , die man als Leitprinzipien der deutschen Schulverfassung bezeichnen könnte. Andererseits finden sich speziell schulrechtliche Aussagen vor allem im Grundrechtsteil. Die Rechtsstaatsentscheidung (Art. 1 9 I V ; 20 II, III; 28 G G ) bewirkte allmählich eine gewisse individualfreundliche, freiheitliche Auflockerung des Schulwesens. Dieser Prozeß ist noch nicht abgeschlossen 3 . Immerhin lebt die heutige deutsche Schule nicht mehr unter weitgehend exekutiver Regelungsgewalt in der Immunität eines undurchdringlichen besonderen Gewaltverhältnisses. Die moderne Schulrechtsetzung besinnt sich seit der A n e r k e n n u n g der „Wesentlichkeitstheorie" (Grundlegende Entscheidungen hat das Parlament zu treffen) vielmehr zunehmend auf den Primat des parlamentarisch-demokratischen Gesetzgebers 4 . Unter der Herrschaft der Generalklausel (Art. 19 IV G G , §§ 4 0 ff. V w G O ) haben die Gerichte das Schulbenutzungsverhältnis - zum Mißfallen mancher Lehrer — einer umfänglichen Rechtskontrolle unterworfen 5 .
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Vgl. die Erörterungen der Abteilung „Schule im Rechtsstaat" des 51. DJT (1976), insbes. Oppermann, Grundsätze, 1976,44ff.; ferner Ossenbühl, DÖV 1977,801 ff. Außer den in Fn. 3 Genannten, Hans Hecket, Eine Grundordnung der deutschen Schule, 1958; H.-U. Evers / E.-W. Fuss, VVDStRL 23 (1966), S. 147ff; Wimmer, DVB1. 1966, 846ff. = RdJ 1967,258ff.; Richter, RdJB 1970, S. 1 ff. (zieht sogar Art. 5 III GG heran); Bestandsaufnahme bei Laasey, RdJB 1975, 57ff. Zur seit BVerfGE 33, 303ff. („NC") von der Rspr. entwickelten Wesentlichkeitstheorie unten Fn. 11. Bahnbrechend BVerwG E 1, 260; 5, 153. Vgl. Fritz Werner, DÖV 1958, 433ff.; Hans Hecket, DÖV 1963, 442ff.; Mampe, Rechtsprobleme im Schulwesen, 1965; Bachof, JZ 1963, 57; 1966, 787; zusammenfassend Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, 1976. Rdnr. 88ff. und H. Heckel, Einführung, 1977, S. 15f.
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Aus der Sozialstaatsentscheidung (Art. 20 I, 28 G G ) als einer allgemeinen Staatszielbestimmung lassen sich genau konkretisierte, bildungsspezifische Ansprüche an den Gesetzgeber nicht herleiten 6 . Dennoch ist die Sozialstaatlichkeit ernst zu nehmen 7 . Verfassungspolitisch und nach einigen Länderverfassungen sogar verfassungsrechtlich ist Bildung Bürgerrecht (Dahrendorf) 8 , d. h. Gesetzgebung und vollziehende Gewalt sind ständig aufgerufen, um des geistigen Wohles aller willen die Bildungseinrichtungen auf der H ö h e der Zeit zu halten. So sind z. B. Regelungen über den Schulzugang, über die Chancen erfolgreicher Schulbeendigung oder über Ausbildungs- und Erziehungsbeihilfen stets im Lichte der Sozialstaatlichkeit zu sehen. Sie garantiert die Existenz eines grundsätzlich chancengleichen, ausgebauten Bildungswesens „ d e m G r u n d e nach" und untersagt dessen radikale Beseitigung. Weiterhin ist das Bekenntnis zur freiheitlichen Demokratie (Art. 20, 28 G G ) auch im Schulwesen zu beachten. In z. T. enger Wechselbeziehung mit dem Rechtsstaatsgedanken äußert es sich zum einen in der verfassungsrechtlichen A n e r k e n n u n g individueller Rechtspositionen gegenüber der staatlichen Schulgestaltungsmacht (z. B. Recht des Kindes auf Persönlichkeitsentfaltung, elterliches Erziehungsrecht, Recht auf freie Wahl der Ausbildungsstätte, Privatschulfreiheit, Regelung des Religionsunterrichts) 9 . Eine zweite K o m p o n e n t e des Demokratiegedankens im Schulwesen besteht in der Forderung nach einer Auflockerung überk o m m e n e r hierarchisch-anstaltlicher Schulstrukturen zugunsten mehr kooperativer Formen. Ihr dient etwa eine Bevorzugung kollegialer vor direktorialen Entscheidungsorganen, eine gewisse pädagogische Freiheit des Lehrers gegenüber der Schulaufsicht, sowie die Einrichtung von Organen der Eltern- und Schülermitverantwortung im Schulwesen („Demokratisierung i. e. S.") 1 0 . Dabei sind jedoch Sachgrenzen zu beachten. Sie ergeben sich erstens aus der Rechtsgestalt der Schule als einer Veranstaltung des Staates für spezielle Zielsetzungen (Bildungs- und Ausbildungsaufgabe), die eine schlichte Übertragung sämtlicher für das umfassende Gemeinwesen gültigen Demokratiegebote nicht sinnvoll erscheinen lassen.
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Oppermann, Grundsätze, 1976, S. 19ff.; A . A . : Heymann / Stein, A Ö R 97 (1972), S. 185 ff., jedoch ohne dem Konflikt insbes. mit dem pari. Budgetrecht voll gerecht zu werden. Gerber, A ö R 81 (1956), 1 ff.; E. R. Huber, Rechtsstaat und Sozialstaat in der modernen Industriegesellschaft, 1962; aber auch Werner Weber, Staat 4 (1965), 409 ff. Art. 11 I bad.-württ. Verf.; Art. 128 I bayer. Verf.; Art. 27 brem. Verf.; Art. 8 S. 1 nordrh.-westf. Verf.; Abelein, D Ö V 1967, 375 ff.; F. Klein / F. Fabricius, D a s Recht auf Bildung, 1969; Reuter, DVB1. 1974, 7 f f . ; verfassungspolitisch Dahrendorf, Bildung ist Bürgerrecht, 1965. B V e r f G E 24, 119ff.; Ekkehart Stein, D a s Recht des Kindes auf Selbstentfaltung in der Schule, 1967 (sehr weitgehend); Dahle, RdJ 1968, 3 0 7 f f . ; Oppermann, KulturverwR, 1969, S. 155 ff.; ders., Grundsätze, 1976, C 82ff. Zu ihr Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 130f., 4 2 5 f . ; Perschel, RdJB 1969, 3 3 f f . ; Evers / Dietze, Zur Mitbestimmung in der Schule, 1970; H. Heckel, RdJB 1971, 129ff.; F. Meyer, Demokratie in der Schule, 1973 (Aktuelle Dokumente).
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Zweitens ist auch hier in Rechnung zu stellen, daß es sich bei den Schülern um in der Entwicklung stehende Menschen handelt, denen gegenüber die Rechtsordnung aus diesen Gründen ganz allgemein sich in der Gewährung wesentlicher Positionen (z. B. Geschäftsfähigkeit, Wahlrecht) zurückhält. Schließlich verpflichtet das Demokratieprinzip in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip den Gesetzgeber, die wesentlichen Entscheidungen im Schulwesen selbst zu treffen und nicht der Schulverwaltung zu überlassen. Gerade dieser, als „Wesentlichkeitstheorie" bezeichnete Aspekt des Demokratieprinzips hat in letzter Zeit zu einer erheblichen Ausweitung des Gesetzesvorbehaltes im Bildungswesen geführt 1 1 . Von geradezu konstituierender Bedeutung für die Struktur des heutigen deutschen Bildungswesens ist schließlich die Bundesstaatsentscheidung des G G (Art. 20, 28, 30, 7 0 , 8 3 ) mit ihrer sehr weitgehenden Zuweisung der Bildungsangelegenheiten in die Gesetzgebungs- und Verwaltungshoheit der Länder. Die Verfassungsrechtsprechung hat Versuchen eine Absage erteilt, die Schärfe dieser Verteilungsnormen abzumildern 1 2 . Dennoch konnte der faktische Gesamtverbund im „unitarischen Bundesstaat" des G G (Konrad Hesse) vor dem Bildungswesen nicht haltmachen. Neben legitimen Einflußzonen des Bundes im Rahmen der Auswärtigen Beziehungen nach Art. 32 Abs. 1 G G (insbesondere auswärtige Kulturpolitik und Auslandsschulwesen) und der Beteiligung des Bundes an der Gemeinschaftsaufgabe Bildungsplanung nach Art. 9 1 b G G äußert sich diese Zusammengehörigkeit in überregionaler Zusammenarbeit der Länder, so vor allem in der Ständigen Konferenz der Kultusminister (KMK) 1 3 . Neben diesen Fundamentalentscheidungen enthält das G G einige weitere Einzelaussagen zur gemeindeutschen Bildungsverfassung. Sie sind nur bedingt in systematischen Zusammenhang zu bringen. Im Vordergrund steht die Polarität zwischen der staatlichen Schulgestaltungsmacht (Schulaufsicht i. S. d. Art. 7 I G G ) und den Grundrechten der Eltern (Elterliches Erziehungsrecht nach Art. 6 II GG) sowie des Kindes selbst (Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nach Art. 2
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Die Wesentlichkeitstheorie ist st. Rspr. seit BVerfGE 33, 303 ff. („NC"). Vgl. BVerfGE 34, 165ff. („Förderstufe"), 41, 251 ff. („2. Bildungsweg"), 45, 400ff. („Gymnasiale Oberstufe), BVerfGE 47, 46ff. („Sexualerziehung"). Ferner BVerwGE 47, 194ff. („Sexualerziehung"), 47, 201 ff. („5-Tage-Woche"). Aus der Lit. zur Wesentlichkeitstheorie Erichsen, VerwArch 67 (1976), S. 93 ff., Hennecke, RdJB 1976, 254ff., Oppermann, Grundsätze 1976, C 48ff.; ders., JZ 1978, S. 289ff., Ossenbühl, in: Fs. f. Bosch, 1976, S. 751 ff.; ders., D Ö V 1 9 7 7 , 8 0 1 ff.; Kisker, NJW 1977,1313ff., Starck, NJW 1976, 1375 ff.
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BVerfGE 6, 309ff. (Konkordatsurteil); BVerfGE 12, 205ff. (Fernsehurteil); etwas verbindlicher BVerfGE 2 2 , 1 8 0 f f . (Jugendwohlfahrtsgesetz); ferner unten IV., 1 - 2 . Derzeit sinnfälligster Ausdruck die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung und der von ihr erarbeitete bundesweite Bildungsgesamtplan vom 20. 12. 1973 = BT Drucks. V I I / 1 4 7 4 . - M i t der Auflösung des Deutschen Bildungsrates 1975 ist andererseits diese weitere Form der Bundesbeteiligung an der Bildungsplanung entfallen. Näher dazu Dittmann, Bildungsplanung als Gemeinschaftsaufgabe, 1975 sowie unten IV, 2.
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I G G ) . Es handelt sich hierbei um prinzipiell gleichrangige Verfassungsaussagen, deren Gegensätzlichkeit in der Praxis zum Ausgleich gebracht werden muß 1 4 . D a b e i bleibt allerdings zu beachten, daß Art. 7 I G G als der einzigen schulspezifischen unter den drei N o r m e n wohl eine gewisse Vorrangwirkung zukommt. Weiterhin verbürgt der Grundrechtsteil des G G mit der Privatschulfreiheit (Art. 7 IV G G ) , der Regelung des schulischen Religionsunterrichts (Art. 7 II, III i. V. m. Art. 4 I, II G G ) sowie dem Recht auf freie Wahl des Berufes und der Ausbildungsstätte (Art. 12 I G G ) weitere für das Bildungswesen grundlegend wichtige Einzelfreiheiten bzw. institutionelle Garantien. A u ß e r d e m können selbstverständlich alle möglichen weiteren N o r m e n des G G je nach den Umständen auch im Bildungsbereich bedeutsam werden (z. B. Problematik der Meinungs- und Pressefreiheit bei Schülerzeitungen oder Bedeutung der Regelungen über den öffentlichen Dienst für die Lehrerschaft). Bildungspolitisch stehen neuerdings so im Vordergrund das Recht auf gleiche Chance beim Bildungserwerb und bei der freien Ausbildungswahl (Art. 2 I, 3 I, 12 I, 20 I G G ) sowie das Recht auf eine ideologisch tolerante Schule (Art. 2 I, 4 I—II, 5 I—II, 6 II, 7 I I - V I G G ) 1 5 . Insbesondere muß das Länderrecht nach dem allgemeinen Vorrang des Bundesrechts (Art. 31 i. V. m. Art. 142 G G ) dem im G G angelegten Kern der gemeindeutschen Bildungsverfassung entsprechen. Infolge der grundsätzlichen Zuweisung der Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenz an die Länder gibt es kaum einfaches Bundesschulrecht. Während altes Reichsschulrecht über Art. 123 ff. G G nunmehr zu Länderrecht wurde, entstanden aus Gesichtspunkten des Sachzusammenhanges mit Bundeszuständigkeiten nur sehr selten einige N o r m e n bildungsrechtlichen Inhaltes wie z. B. das Berufsbildungsgesetz vom 14. 8. 1969, der staatsbürgerliche und völkerrechtliche U n t e r richt in der Bundeswehr nach § 33 SoldatenG i. d. F. vom 22. 4. 1969, die Regelung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes i. d. F. vom 9. 4. 1976 mit grundlegenden Rechtsansprüchen Bedürftiger auf finanzielle Förderung beim Schulbesuch oder das vornehmlich am Verbraucherschutz orientierte Fernunterrichtsschutzgesetz vom 24. 8. 1976. Ebenso gibt es in diesem Bereich kaum Bundesgewohnheitsrecht oder Erlaß von Verwaltungsvorschriften in nennenswertem Umfang. Andererseits sind auch in der einfachen Gesetzgebung eine Reihe allgemeiner Regelungen mit bildungsrechtlichem Sekundäreffekt zu beachten wie z. B. das BeamtenrechtsrahmenG im Hinblick auf die dienstrechtliche Stellung der Lehrerschaft oder das Arbeitsförderungsgesetz vom 25. 6. 1969 hinsichtlich berufli-
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Zum Verhältnis von Art. 7 I zu Art. 6 II grundlegend (im Sinne der Gleichrangigkeit) B V e r f G E 34, S. 165 ff. (Hessische Förderstufe). Vgl. ferner etwa Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, zu Art. 7, RdNr. 14ff.; Oppermann, KulturverwR, S. 159ff.; ders., Grundsätze, C 98ff. und Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Rdnr. 37ff.; Zur schulrechtlichen Bedeutung des Art. 12 G G Holland, RdJB 1969, 2 5 9 f f . ; Oppermann, R u G 1972, 15f., Clevinghaus, RdJB 1974, 321 ff. (zu weitgehend). Dazu Oppermann, Grundsätze, 1976, C 92; kritisch Preuß, RdJB 1976, 267 ff. mit Entgegnung Oppermann, RdJB 1977, 4 4 f f . und Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Rdnr. 276 ff. In allgemeinerem Zusammenhang Püttner, Toleranz als Verfassungsprinzip, 1977.
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eher Ausbildung, Fortbildung und Umschulung. Weiterhin entfalten schulrechtliche Bestimmungen in auf Bundesebene transformierten völkerrechtlichen Verträgen der Bundesrepublik Deutschland (Kulturabkommen!) gewisse gesamtstaatliche Rechtswirkungen - nach richtiger Auffassung mindestens im Sinne einer verfassungsrechtlichen Pflicht der Länder gegenüber dem Bund zur weiteren Transformation in Länderrecht 1 6 . Schließlich erlangen im Zeichen eines kooperativen Föderalismus Bund-Länderverträge auch im Bildungswesen zunehmende Bedeutung (z. B. A b k o m m e n über die gemeinsame Bildungsplanungskommission von Bund und Ländern, 1970). b) Länderschulrecht: Hier liegt der Schwerpunkt des heutigen deutschen Schulrechts. Bis auf Berlin, Hamburg und Niedersachsen formulieren bereits die Länderverfassungen die wesentlichsten Grundsätze zur Gestaltung des Schulwesens breiter aus als das GG 1 7 . Allgemein ins Auge fällt die durchgängige Betonung der Staatsaufsicht über das Unterrichtswesen, z. T. auch der allgemeinen Schulfplicht. Eine zweite Komponente besteht jedoch auch hier in der Anerkennung individueller und gesellschaftlicher Erziehungspositionen (Elternrecht, z. T. Recht auf Bildung, Privatschulfreiheit, sowie in heute stark reduziertem Umfang öffentliches Bekenntnisschulwesen), so daß insgesamt von einem durch Freiheitsrechte aufgelockerten System eines gewissen staatlichen Vorranges im Schulwesen gesprochen werden kann. Auf der E b e n e der einfachen Ländergesetzgebung läßt sich in großen Zügen eine Art Typik des Schulrechts erkennen 1 8 . Manche Länder sind bestrebt, das Schulwesen in einem möglichst umfassenden allgemeinen Schulgesetz zu regeln (z. B. rheinl.-pfälz. SchulG i. d. F. vom 23. 12. 1977) 1 9 . Daneben finden sich Typen von Spezialgesetzen wie das Schulpflichtgesetz (z. B. Saarl. SchulpflichtG i. d. F. vom 21. 6. 1978) 2 0 , Regelungen über Unentgeltlichkeit des Schulbesuchs (z. B. saarl. G Nr. 998 über die Einführung und Durchführung der Lernmittelfreiheit i. d. F. vom 16. 2. 1977) 2 1 , über einzelne Schulzweige (z. B. bayer. VolksschulG i. d. F. vom 24. 7. 1978) 2 2 , das freie Schulwesen (z. B. bad.-württ. PrivatschulG i. d. F. vom 3. 3. 1976) 2 3 , sowie allgemeine Schulfinanzierungsgesetze (z. B. nordrh.westf. SchulfinanzG i. d. F. vom 25. 10. 1977) 2 5 . Ein anderer Sonderbereich ist das öffentliche Dienstrecht der Lehrer. 16 17
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Vgl. unten V. Oppermann, KulturverwaltungsR, S. 167ff.; H. Heckel, Einführung, 1977, S. 13ff.; Zu einzelnen landesverfassungsrechtlichen Festlegungen Gallwas, BayVBl. 1976, 385 ff. (Bayern); Schultze, in: Fs. f. 30 Jahre Hess. Verf., 1976, 230ff. (Hessen); Frowein, in: Fs. f. Ipsen, 1977, 31 ff. (Nordrh.-Westf.); Leist, in: Fs. f. Armbruster, 1976, 149ff. (Rh.Pfalz). Gesamtübersichten bei Seipp (Hrsg.), SchulR, 1954ff. (Losebl.-SIg.); von Campenhausen / Lerche (Hrsg.), Dt. SchulR 1969ff. (Losebl.-Slg.); Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 411 ff.; Wolff/Bachof, VwR II, § 101. GVB1. S. 460. 2 0 ABl. S. 674. ABl. S. 197 . 2 2 GVB1. S. 167. GBl. S. 2 35 . 2 4 GVB1. S. 769. 25 GVB1. S. 413.
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Infolge der immer weitergehenden Normierung des Schulrechts durch Ländergesetze ist Ländergewohnheitsrecht hier nur noch selten von Bedeutung. Wenn auch nicht Rechtsquelle im strengen Sinne des Wortes, sind die Verwaltungsvorschriften im Schulwesen immer noch ein wichtiges Instrument staatlicher Schulgestaltung (vgl. z. B. Rahmenrichtlinien). Inwieweit das unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten (insbes. Vorbehalt des Gesetzes) legitim ist, wird unterschiedlich beurteilt 26 . Neuerdings betont die Rechtsprechung zu Recht stärker, daß jedenfalls alle „wesentlichen" Entscheidungen im Schulwesen durch oder mindestens auf Grund Gesetzes zu erfolgen haben und nicht durch Verwaltungsvorschriften 27 . Hier bleibt noch manche rechtsstaatlich-demokratische „Aufräumungsarbeit" von den Landesgesetzgebern zu leisten. Über das einzelne Bundesland hinaus spielen staats- und verwaltungsrechtliche Vereinbarungen zwischen mehreren oder allen Ländern eine sehr wesentliche Rolle im deutschen Schulwesen. Erst die sich hieraus ergebenden Bindungen machen den Bildungsföderalismus erträglich und bewahren ihn vor dem Abgleiten ins „Schulchaos". Die weiteste Bindung erfolgt bei den schulrechtlichen Staatsverträgen zwischen den Ländern. Hier ist das Hamburger Abkommen zur Vereinheitlichung auf dem Gebiete des Schulwesens i. d. F. vom 14. 10. 1971 das zentrale Instrument zur Harmonisierung der gemeindeutschen Schulordnung 28 . Umstritten ist dagegen die Bindungswirkung der im Rahmen der Kultusministerkonferenz (KMK) laufend in großer Zahl zwischen den Verwaltungen gefaßten Beschlüsse29. Genau betrachtet ist eine allgemeine Antwort hierzu nicht möglich. Es ist vielmehr induktiv der einzelne Beschluß zu prüfen. Auf diesem Wege lassen sich sowohl nicht-bindende Empfehlungen u. ä. als auch bindende Verwaltungsvereinbarungen erkennen 30 . Während die Länder von ihrem internationalen Vertragsschließungsrecht im Schulwesen über Art. 32 III GG nur sehr selten Gebrauch gemacht haben, enthalten die Konkordate mit der katholischen Kirche (für das Schulwesen wesentlich bes. bayer. Konkordat vom 29. 3. 1924 31 , Reichskonkordat von 20. 7. 1933 32 , nie 26
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Großes Mißtrauen gegen eigenständige Regelungsbefugnisse der Kultusverwaltung z. B. bei Dietrich Küchenhoff, RWS 1964, 203ff.; Fuss, W D S t R L 23 (1966), S. 147ff. und Löhning, Der Vorbehalt des Gesetzes im Schulverhältnis, 1974. Vermittelnder Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 284ff.; Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 7, RdNr. 26; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und GG, 1968, S. 566ff., Hennecke, Staat und Unterricht, 1972 und Wagner, RdJB 1976, 257ff.; großzügig dagegen Hans Peters bei Evers / Fuss, a. a. O., S. 249 ff. und — in allgemeinem Zusammenhang — Klaus Vogel, VVDStRL 24 (1966), S. 125 ff. Vgl. oben Fn. 11, ferner Hufen, JA 1977, S. 73 ff., 128 ff. Text z. B. bad.-württ. Ges.Bl. 1972, S. 126ff. Zur urspr. Fassung Hans Heckel, RdJ 1965, 51 ff. Laufende Zusammenstellung bei P. Seipp / A. Fütterer, Beschlüsse der KMK, 1960ff. (Losebl.-S.) - im folgenden zit.: BS/KMK - Abdruck der KMK-Beschlüsse z. T. auch im GMB1. Vgl. unten IV, 2. 3 1 GVB1. S. 53, zuletzt geändert dch. Vertrag vom 29. 9. 1978 (GVB1. S. 673). RGBl. II, S. 679.
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ders. Konkordat vom 2 6 . 2 . 1965 3 3 und rheinl.-pfälz. Konkordat vom 15. 5. 1973 34 sowie die Verträge der Länder mit den Evangelischen Landeskirchen (z. B. Loccumer Vertrag vom 19. 3. 1955 35 ) wesentliche schulrechtliche Vereinbarungen, wie z. B. über Bekenntnisschulfragen oder Erteilung des Religionsunterrichts 36 . Schließlich ist auf die Ausübung des kommunalen Satzungsrechtes im Schulwesen als einer weiteren Schulrechtsquelle hinzuweisen 37 .
2. Grundlegende Merkmale der Schule a) Rechtsnatur: In aller Regel ist die einzelne Schule als nicht-rechtsfähige Anstalt ihres „Trägers" (Gemeinde, Land, evtl. auch ein Zweckverband) ausgestaltet 38 . Bei aller durch die Demokratisierung der heutigen Schule erfolgten Auflockerung ihrer Anstaltlichkeit ist die institutionelle Grundstruktur unverändert geblieben. Insbesondere besitzt die Einzelschule weder rechtliche Selbständigkeit noch mitgliedschaftlich geprägten Körperschaftscharakter. Es gibt bisher nur geringe Ansätze einer institutionellen „Freiheit der Einzelschule". Damit unterscheiden sich Schule und Hochschule in wesentlichen Punkten. Aus der Rechtsnatur als unselbständige Anstalt ergeben sich insbesondere in der Erledigung der äußeren Schulangelegenheiten mannigfache Konsequenzen, wie z. B. die Schulunterhaltung und in vielem auch -Verwaltung (gerichtliche und außergerichtliche Vertretung!) durch den Schulträger, sowie keine Vermögensfähigkeit und nur sehr eingeschränkte behördliche Befugnisse der Einzelschule. Auch die Zuordnung der Pflichtschulen zu bestimmten Schulbezirken („Einzugsgebiete") weist sie als unselbständige Teile eines übergreifenden staatlichen Schulgestaltungswillens aus. In der Reformdiskussion (Strukturplan des Bildungsrates 1970) wird neuerdings eine Stärkung „materieller" Selbstverwaltung der öffentlichen Schule empfohlen 39 . b) Schulauftrag: Die Anstalt Schule ist um eines bestimmten Auftrages willen geschaffen worden. In ihr sollen je nach Schulart verschieden junge Menschen (neben den elterlichen Bemühungen) von öffentlicher Seite in ihrer geistig!sozialen Entwicklung gefördert werden40. Die Schule will also im Grunde zugunsten der
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GVB1. S. 191 ff. 3 4 GVB1. S. 157. Nieders. GVB1. S. 159, z. T. geändert. Texte bei Hermann Weber, Staatskirchenverträge, 1967. Zu ihr Schuegraf, BayBgm 1958, lOOff. Nachweise aus den Länderschulgesetzen bei Wolff I Bachof, V w R II, § 101, III, a) 1. Ferner etwa Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 6 0 f f . ; H. Heckel, Einführung, 1977, S. 4 8 f f . ; Lang, D a s Schulverhältnis als Anstaltsverhältnis, 1969; kritisch im Sinne der Stärkung des Selbstverwaltungsgedankens Stock, A ö R 96 ( 1 9 7 1 ) , S. 392 ff. Dazu Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Rdnr. 21 ff. Vgl. z. B. § 2 nds. SchulG.
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Schüler bestimmte Leistungen erbringen. Dabei lassen sich im wesentlichen die beiden Komponenten einer nicht im unmittelbaren Sinne utilitaristischen Bildung und die stärker zweckgerichtete Ausbildung im Hinblick auf bestimmte Berufe unterscheiden. Beide Ziele schließen im Hinblick auf das Alter der Schüler einen Erziehungsauftrag der Schule ein. Er kann die Entwicklung der Kritikfähigkeit des Schülers einschließen, verfehlt jedoch die anderen erwähnten Bildungsziele, wenn Verengungen im Sinne einer reinen „Erziehung zum Widerstand" o. ä. auftreten 4 1 . Die Schwerpunkte dieser verschiedenen Aspekte des Schulauftrages werden in den einzelnen Schulzweigen verschieden gesetzt, z. B. im allgemeinbildenden Schulwesen einerseits, im berufsbildenden Schulwesen andererseits. c) Schulverhältnis und Schulgewalt: Dieser Schulauftrag ist es, der innerhalb des Schulverhältnisses die öffentliche Bestimmungsmacht der Schule über die Schüler legitimiert und ihr zugleich die Grenzen setzt. Innerhalb der Schulanstalt stehen ihre „Benutzer" in einem besonderen Pflichtenverhältnis (bisher: „Gewaltverhältnis") zu den Schulorganen, insbesondere zu den Lehrern. Damit ist nicht eine Autoritätsausübung um ihrer selbst willen gemeint. Die Forderung nach der „humanen Schule" (Flitner, von Hentig u. a.) ist grundsätzlich eine Selbstverständlichkeit. Die Schulgewalt besteht vielmehr, damit die der Schule zufallenden Leistungsaufgaben an den ihr anvertrauten jungen Menschen verwirklicht werden können. Aus der Zusammenführung von Gruppen noch entwicklungs- und erziehungsbedürftiger Personen ergibt sich die Notwendigkeit, von ihnen Mitarbeit, aber nötigenfalls auch Einordnung sowie Anerkennung und Duldung schulischer Maßnahmen verlangen und durchsetzen zu können, um den Entwicklungsauftrag der Schule zu erfüllen. Nur so kann im übrigen das „Recht auf Bildung" verwirklicht werden. Die intensivsten Ausformungen der öffentlichen Schulgewalt sind die allgemeine Schulpflicht und die Schuldisziplinargewalt. Die Volks- und Berufsschulpflicht ist z. Z. in den Länderverfassungen, z. T. in einfachen Gesetzen im Regelfall vom 6. bis zum 18. Lebensjahr, nach Voll- und Teilzeitschulpflicht gestaffelt, festgelegt. In der bildungspolitischen Erörterung befinden sich die Vorverlegung des Schuleintrittalters und die Einrichtung vorschulischer Erziehung 4 2 . Das Hamburger Schulabkommen der Bundesländer i. d. F. vom 14. 10. 1971 sieht eine Vollschulpflicht von mindestens 9 Jahren vor 43 . Im Zeichen der Bildungsexpansion bestehen Bestrebungen, solche Fristen um ein 10. Vollschuljahr (u. U. als Berufs41
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So mit Recht Frowein, in: Fs. f. Geiger, 1974, S. 5 7 9 f f . ; Maunz, RdJB 1976, 2 6 4 f f . ; Roellecke, D Ö V 1976, 515 ff. Zu einseitig Büchner, RdJB 1974, 3 5 3 ff. Vgl. etwa § 47 Abs. 2 nds. SchulG und das saarl. G Nr. 969 zu Förderung der vorschulischen Erziehung vom 9. 5. 1973 (ABl. S. 373). Z u den teilweise ernüchternden Erfahrungen mit entsprechenden Modellversuchen vgl. den Abschlußbericht für N R W , LT-Drucksache 8 / 7 4 3 . Wesentlich auch KMK-Beschluß über vorzeitige Einschulung von noch nicht schulpflichtigen Kindern vom 28. 3. 1968. - Einzelheiten zur Schulpflicht Seipp, RWS 1964, 2 5 0 f f . , 281 ff., 3 0 9 f f . ; Einführung 1977, S. 8 8 f f .
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grundbildungsjahr) zu verlängern. Die Schulpflicht, die sich vor allem in der Schulbesuchspflicht und in Verhaltenspflichten näher ausprägt, stellt den umfassendsten Eingriff des Staates in die persönliche Freiheitssphäre der Gesamtheit seiner Bürger dar. Er rechtfertigt sich aus dem oben umrissenen Schulauftrag des Staates, der sich letztlich auf den Gedanken demokratisch-staatsbürgerlicher Bildungs- und sozialstaatlicher Daseinsvorsorge zurückführen läßt. Nötigenfalls kann die Schulpflicht durch Ordnungsmaßnahmen bis zum Schulzwang durchgesetzt werden 4 4 . Die in der Schulpflicht liegenden Verhaltenspflichten, die sich im übrigen nicht streng räumlich auf das Schulgelände zu beschränken brauchen, schließen u. a. die Vorstellung eines Schulstreiks aus 45 . Die Schuldisziplinargewalt (Schulordnungsgewalt) ist im Grundsatz ebenfalls als ein letztes Hilfsmittel zur effektiven Durchführung des allgemeinen Schulauftrages gerechtfertigt. In der individualfreundlich-rechtsstaatlichen Atmosphäre des G G , von dessen Grundrechtsgewährung richtiger Auffassung nach auch der minderjährige Schüler jedenfalls nicht a limine ausgeschlossen ist (Problem der „Grundrechtsmündigkeit"), sind jedoch die Konturen der Schuldisziplinargewalt enger gezogen worden als früher. Das gilt insbesondere für Schulstrafen wie das Züchtigungsrecht des Lehrers, Nachsitzen, Schularrest oder Schulausschluß. Solche Maßnahmen bedürfen heute i. d. R. formell-gesetzlicher Ermächtigung, jedoch hat die Schulverwaltung in den meisten Bundesländern insbesondere auf das Züchtigungsrecht verzichtet. Aber auch dort, wo diese Maßnahmen weiter angewendet werden, sind die sich aus einer altersmäßig steigernden Grundrechtsmündigkeit der Schüler (Art. 2 II S. 1, Art. 12 I S. 1, Art. 104 I, II G G ) und allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen (Übermaßverbot) ergebenden Grenzen genauer als früher zu beachten 4 6 . Wie bei diesen Spezialfragen läßt sich ganz allgemein sagen, daß die staatliche Schulbestimmungsmacht 'm der heutigen deutschen Verfassungsordnung prinzipiell begrenzt ist. Einmal aus der Sache heraus durch den der Schule zugewiesenen Bildungs-, Ausbildungs- und Erziehungsauftrag. So umfassend dieser sein mag, beinhaltet er doch nicht eine Totalbildung des Schülers an die Schule. Zum anderen setzen die individuellen Rechtspositionen der Schulbenutzer der öffentlichen Schulgewalt Grenzen. Hier sind sowohl Fundamentalnormen wie Art. 1, Art. 2 I,
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Zu ihm Potrykus, RWS 1960/61, 237 ff.; Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 281 f. VGH Bad.-Württ., bad.-württ. VB1. 1969, S. 138; zum „Schülerstreik" zusammenfassend Grupp, D Ö V 1974, S. 661 ff.; Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, 1976, Rdnr. 241. Insgesamt hierzu Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 321 ff.; Heckel, Einführung 1977, S. 105ff. Zum Züchtigungsrecht Hesselberger, RdJB 1974,17ff.; Maunzl Dürig/ Herzog / Scholz, GG, Art. 2, RdNr. 42ff.; Wolff / Bachof, VwR II, § 101, VII, d; Hennecke, Ordnungsrecht und Schülerstreik, in: Rechte der Lehrer. - Rechte der Schüler - Rechte der Eltern, 1977, S. 123 ff. Zum Schularrest Kohlhaas, RWS 1962, 335 ff. = DRiZ 1962, 122ff. Zu Ausgangssperren Perschel, RdJ 1965, 79ff. Viele Gesichtspunkte auch in der strafrechtlichen Diskussion um das Züchtigungsrecht: z. B. BGHSt. 11, 242ff.; 12, 62ff.; OLG Zweibrücken RdJB 1975, 28; Bruns, JZ 1957, 410ff.; Eberhard Schmidt, JZ 1959, 518 ff.
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II und Art. 19 II G G zu beachten als auch stärker schulspezifische Verbürgungen wie z. B. das elterliche Erziehungsrecht des Art. 6 II G G oder die Privatschulfreiheit des Art. 7 IV G G . Die hier im Einzelfall, wie etwa bei Schulversuchen, oft schwierigen Güterabwägungen zwischen solchen Rechten und der über Art. 7 I G G ebenfalls verfassungskräftigen staatlichen Schulgestaltungsmacht sind als ein Ausschnitt aus der Gesamtproblematik der Geltung der Grundrechte im bis vor kurzem sogenannten besonderen Gewaltverhältnis zu begreifen 4 7 . Trotz mancher fortbestehender dogmatischer Schwierigkeiten kann die frühere „Lücke im Rechtsstaat" (Forsthoff) für die Praxis des Schulwesens inzwischen als weithin geschlossen gelten. Vom Rechtsschutz her gesehen hat die Verwaltungsrechtsprechung einen ziemlich festen Bestand an Grundakten innerhalb des Schulbenutzungsverhältnisses herausgearbeitet (vor allem Aufnahme in die Schule, Versetzung, Verweisung von der Schule, Schulabschluß), die als Rechts- und Verwaltungsakte mit Außenwirkungen von sonstigen innerdienstlichen „Betriebsregelungen" abgegrenzt und von den Schulbenutzern der Rechtskontrolle i. S. der §§ 40 ff. VwGO zugeführt werden können 4 8 . Durch die neuerliche Problematisierung des besonderen Gewaltverhältnisses ist in dieser Frage jedoch die Tendenz zur totalen „Verrechtlichung" der besonderen Pflichtverhältnisse sehr verstärkt worden 4 9 . d) Innere Schulverfassung: Die Frage nach der Rechtsgestalt der Schule läßt sich schließlich auch organisatorisch stellen. Die innere Schulverfassung ist natürlich in bestimmtem Maße von der Rechtsform als unselbständige Anstalt vorbestimmt. So wird vor allem die Organisationsgewalt hier im wesentlichen von der übergeordneten Schulverwaltung und nicht durch die Einzelschule selbst wahrgenommen. Die Einzelschule gliedert sich regelmäßig in die für sie typischen Strukturen der Schulleitung, der Lehrerkonferenz, Prüfungsausschüsse, der Tätigkeit des Einzellehrers sowie daneben in Organe der Eltern- und SchülermitVerwaltung. Eine grundsätzliche Unterscheidung besteht zwischen direktorialer (monokratischer) Schulverfassung, die dem Schulleiter starke Weisungsrechte gegenüber den übrigen Schulorganen einräumt und der kollegialen Schulverfassung mit insbesondere stärkerer Betonung des Beschlußrechtes der Lehrerkonferenz. Die größere Nähe des Kollegialprinzips zum Vorstellungsbild demokratischer Schulstruktur und seine Vorzüge unter pädagogischen Gesichtspunkten (Gesamtbewertung der Schülerlei-
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Dazu etwa Bachof, in: Fs. f. Laforet, 1952, S. 285ff.; H. Krüger / C. H. Ule, VVDStRL 15 (1957), S. 109ff.; Redeker / von Oertzen, VwGO, 5. Aufl. 1975, § 42 Anm. 68ff. Aus dieser im allgemeinen wohlabgewogenen Rechtsprechung etwa BVerwG E 1, 260; 5, 153; 15, 251; 17, 41; 19, 128; 23, 347; 27, 360; 35, 111. Zu ihr Fritz Werner, D Ö V 1958, 433ff.; Bachof, Z 1963, 57; JZ 1966, 787; Hans Heckel, D Ö V 1963, 442ff.; Mampe, Rechtsprobleme im Schulwesen 1965; Evers / Fuss, VVDStRL 23 (1966), S. 147ff.; Bochalli, VerwR, § 31; Wolff, VwR II, § 101, V.; Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, 1976, Rdnr. 88ff.; 463ff. Grundlegend BVerfGE 33, S. lff.; dazu etwa Fuss, D Ö V 1972, 765 ff. Differenzierender BVerwG D Ö V 1975, 347ff., 349ff. mit Anm. Bosse.
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stung i. d. R. durch eine Mehrzahl fachlich spezialisierter Lehrer) sind offensichtlich. Andererseits erfordert eine effiziente Erledigung vor allem der äußeren Schulangelegenheiten die Konzentration eines bestimmten Maßes an Entscheidungsbefugnissen beim Schulleiter. Aus diesen z. T. widerstreitenden Sacherfordernissen hat sich inzwischen in der Schulgesetzgebung eine von Land zu Land etwas abgewandelte Mischform zwischen Direktorial- und Kollegialprinzip als Regeltyp der inneren Verfassung der deutschen Schule herausgebildet 50 . Die bildungspolitische Diskussion über eine weitere „Demokratisierung der Schule" unter noch stärkerer organisatorischer Einbeziehung von Lehrern, Eltern und Schülern in die innere Schulverwaltung (sog. emanzipatorische Schulverfassung) befindet sich jedoch weiterhin im Fluß 5 1 .
3. Schulorganisation (Schularten und Schulstufen) Für das Schulwesen insgesamt kennzeichnend ist seine nach rationalen Gesichtspunkten durch die oberste Schulverwaltung unter verschiedenen Gesichtspunkten vorgenommene Gliederung. Von dem Grundsatz ausgehend, daß das Gemeinwesen an der Bildung, Ausbildung und Erziehung der gesamten Bevölkerung mitzuwirken hat, ergibt sich seit jeher für die Kulturverwaltung die Aufgabe übergreifender Bildungsplanung und Organisation, in welcher der Einzelschule der Stellenwert eines Mosaiksteines in dem Gesamtgefüge des Schulwesens zukommt. Auch so gesehen wird die Notwendigkeit der Synthese zwischen einzelschulischer Freiheit und zentralem staatlichen Schulgestaltungswillen deutlich. Reformen der Schulorganisation werden öfters (z. B. Gesamtschulmodell!) durch Schulversuche über eine Reihe von Jahren erprobt. Der objektiven Konzeption, Durchführung und Bewertung solcher Versuche kommt bildungspolitisch erstrangige Bedeutung zu 52 . a) öffentliches Schulwesen und privates Schulwesen: Die erste große Unterscheidung ergibt sich zwischen dem mindestens tatsächlichen Regelfall des öffentlichen 50
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Näheres bei Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 69ff.; Hans Heckel, Einführung, 1977, S. 48ff.; Wolff/ Bachof, VwR II, § 101; Oppermann, KulturverwR, S. 197f.; Rollfinke, Aula 3 (1976), 264ff.; Lawenstein-Wunder, RdGB 1977, 344ff.; Alfred], Müller, RdJB 1977,13 ff. Vgl. Stock, Pädagogische Freiheit und politischer Auftrag der Schule, 1971; Kell, Schulverfassung: Thesen, Konzeptionen, Entwürfe, 1973; Meyer, Demokratie in der Schule (Aktuelle Dokumente), 1973; Reuter, Partizipation als Prinzip demokratischer Schulverfassung, APUZ 2/75 (Beilage zu „Das Parlament"); Dietze, Von der Schulanstalt zur Lehrerschule, 1976; Nevermann, Grundzüge des Schulverfassungsrechts, in: Rechte der Lehrer - Rechte der Schüler - Rechte der Eltern, 1977, S. 173ff.; Roth, Demokratisierung der Schule, 2. Aufl. 1977. - Zur verfassungs- und beamtenrechtlichen Problematik einer Schulleiterwahl auf Zeit. Leisner, Vorgesetztenwahl? 1974; Böhmer / Pfeifer, ZBR 1975, 37ff. Hierzu Satzke, Schulentwicklung durch Schulversuche, Erziehung und Unterricht 1976, 601 ff.; Stober, RdJB 1976,54ff.
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Schulwesens in der Bundesrepublik Deutschland und der Existenz eines über Art. 7 IV GG institutionell gesicherten privaten („freien") Schulwesens. Wesentlich für diese Unterscheidung ist die „Trägerschaft", d. h. die Einrichtung und Unterhaltung der Schule 53 . Öffentliche Schulen werden von Gebietskörperschaften (Land, Gemeinde) oder Zweckverbänden, evtl. auch von sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts getragen, private Schulen i. d. R. von nichtöffentlichen Trägern (Einzelpersonen, Vereinen u. ä.), aber auch von den Kirchen. In der Bildungsarbeit behält sich dagegen der Staat (d. h. die Länder) im Grundsatz eine Einflußnahme auf das „gesamte Schulwesen" (arg. Art. 7 I GG) vor, unabhängig von seinem öffentlichen oder privaten Charakter. Natürlich ergeben sich dabei Abstufungen dieses Einflusses. b) Pflichtschulen und Wahlschulen: Eine weitere wesentliche Unterscheidung, die sich mit derjenigen zwischen öffentlichem und privatem Schulwesen z. T. überschneidet, ist diejenige zwischen Pflichtschulen und Wahlschulen. Weitgehend deckungsgleich mit der Wahlschule ist ferner die weiterführende Schule54. In den Pflichtschulen (vor allem Volksschule = Grund- und Hauptschule, Berufsschule) wird über die Schulpflicht der gesamten heranwachsenden Bevölkerung ein bestimmter Bildungsstandard vermittelt. Teilweise übernehmen aber auch untere Klassen weiterführender Schulen (Realschule, Gymnasium) diese Pflichten. Bei den Wahlschulen (vor allem Realschule, Gymnasium, verschiedene berufsbildende Fachschulen) steht der Gedanke freiwilliger Weiterbildung über das allgemeine „Volksbildungsminimum" hinaus nach dem Willen der Schüler bzw. ihrer Eltern im Vordergrund. Die „Freiwilligkeit" des Eintrittes in Wahlschulen ist freilich recht fragwürdig, wenn man an die große Bedeutung der Berechtigungen denkt, die mit dem erfolgreichen Abschluß weiterführender (Wahl)Schulen erworben werden (insbesondere Mittlere Reife, Fachschulreife, Hochschulreife). Nicht zu Unrecht ist von einem faktischen „Schulmonopol der höheren Schulen im öffentlichen Leben" gesprochen worden. Deshalb ist die Aufnahme in das Gymnasium („Höhere Schule") bzw. in vergleichbare Einrichtungen des Sekundarbereiches I zu einer der zentralen bildungspolitischen Fragen des Schulaufbaus geworden. Sie befindet sich unter wechselnden Stichworten (Positive oder negative Auslese, Ausschöpfung der Begabungsreserven, Förder- oder Orientierungsstufe, Elternrecht, freie Wahl der Ausbildungsstätte, Recht auf Bildung u. a.) seit den fünfziger Jahren in fortwährender Entwicklung 55 . Neuerdings steht mit der Gesamtschule ein 53
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Zur Unterscheidung öffentliches/privates Schulwesen Wolff / Bachof, V w R II, § 101; Hans Heckel, Einführung 1977, S. 18ff., 32ff. - Zur Trägerschaft Dittmann, Schulträgerschaft zwischen Kreisen und Gemeinden, 1978. Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 29 ff. Dazu § 4 Hamburger Länderschulabkommen vom 28. 10. 1964; KMK-Beschluß vom 8./9. 12. 1960, B S / K M K Nr. 120; B V e r w G E 5, 153ff.; B V e r f G E 34, 165ff.; Werner Thieme, JZ 1 9 5 9 , 2 6 5 ff.; Mampe, RWS 1 9 6 2 , 1 6 8 ff., 2 0 2 f f . , 2 3 5 ff.; Werner Weber, RWS 1964, 3 3 f f . ; Dahrendorf, Bildung ist Bürgerrecht, 1965. Braunburger, RdJB 1968, 261 ff. Zusammenfassend Heckel I Seipp, Schulrechtskunde, S. 27 ff. Oppermann, KulturverwR, S. 194 ff.
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Modell zur Diskussion, dessen Verwirklichung eine wesentliche Verschiebung des Verhältnisses zwischen Pflicht- und weiterführender Schule mit sich bringen würde 5 6 . c) Allgemeinbildende und berufsbildende Schulen: Nach dem Bildungsziel wird schulorganisatorisch zwischen allgemeinbildendem und berufsbildendem Schulwesen unterschieden 5 7 . Während sich Volksschule, Realschule und Gymnasium - in sich unterschiedlich — einer jedenfalls nicht im engsten Sinne nur praktisch-nützlichen, sondern eben „allgemeinen" Bildung widmen, verfolgen Berufsschule, Berufsfachschule und der sog. „Akademiebereich" (Fachhochschulen) stärkere Ziele der Ausbildung auf konkrete Berufsbilder hin (z. B. Techniker, Ingenieur). Jedoch sollte diese Unterscheidung nicht absolut verstanden werden. Die erste große Gliederung nach den Bildungszielen (allgemeinbildendes berufsbildendes Schulwesen) setzt sich im einzelnen in den Schulzweigen fort. Hier bewegt sich die deutsche Bildungspolitik allmählich auf die grundlegende Entscheidung zu, ob sie in verbesserter Form an der bisherigen Gliederung vor allem im allgemeinbildenden Schulwesen (Hauptschule, Realschule, Gymnasium) festhalten soll oder ob über die Gesamtschule ein grundsätzlich anderes, eher zweigliedriges System gewählt werden soll, das vor allem durch „Integration" der Mittelstufe des gesamten Schulwesens die Berufs-Vorentscheidung bis zum Ende des 10. Schuljahres verschieben möchte 5 8 . Der Deutsche Bildungsrat hat schon 1969 eine Empfehlung zugunsten von Versuchen mit der Gesamtschule ausgesprochen. Vorerst wird die Gesamtschule in Versuchen verschiedener Bundesländer erprobt. Das z. Z. maßgebliche Hamburger Länderschulabkommen von 1964 (i. d. F. von 1971) geht im wesentlichen vom gegliederten Schulaufbau aus 59 . d) Grundschule und Hauptschule: Die Basis der Schulorganisation - sieht man von der bislang mehr theoretisch erörterten öffentlichen Vorschulerziehung ab bildet die Grundschule. Sie umfaßt die ersten vier (z. T. sechs) Jahrgänge der 56
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Carl Heinz Evers, D U Z 1964, H. 9, S. 15ff.; Hamm-Brücher, Aufbruch ins Jahr 2000, 1967; Harnischfeger / Heimann / Siewert, Rechtsfragen der Gesamtschule, 1970; v. Dohnanyi, D U Z 1973, 354. Praktische Ansätze des Gesamtschulgedankens etwa in § 10 brem. SchulG i. d. F. vom 20. 2. 1978 (GBl. S. 69), §§ 7, 11 hess. SchVG, Neufassung v. 4. 4. 1978 (GVB1. S. 231) und § 13 nds. SchulG i. d. F. v. 28. 6. 1977 (GVB1. S. 233). Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 31 ff. Vgl. die Lit. oben Anm. 56, ferner als Vorläufer geschichtlich Sienknecht, Der Einheitsschulgedanke, 1968, sowie als Modell den Rahmenplan zur Umgestaltung und Vereinheitlichung des allgemeinbildenden öffentlichen Schulwesens von 1959 (Hrsg.: Deutscher Ausschuß für das Erziehungs- und Bildungswesen). Zu der innerhalb des gegliederten Schulwesens möglichen Unterscheidung zwischen den (Flächen-)Ländern mit herkömmlichem Schulaufbau und den drei Stadtstaaten mit stärker einheitlich organisiertem Schulaufbau Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 27ff.; Zu der 1978 in Nordrhein-Westfalen gescheiterten „Kooperativen Schule" als einer Zusammenfassung des gegliederten Schulwesens in Richtung Gesamtschule Ossenbiihl, Verfassungsrechtliche Probleme der Kooperativen Schule, 1977.
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öffentlichen Volksschule, deren obere Jahrgänge als Hauptschule zusammengefaßt werden 6 0 . Die Tendenz geht dahin, die Trennung Grundschule/Hauptschule stärker zu betonen und die Hauptschule neben Realschule und Gymnasium als die drei „auf der Grundschule aufbauenden Schulen" anzusehen (§ 4 H a m b u r g e r Länderschulabkommen von 1964/71). D a n e b e n besteht die Möglichkeit einer gewissen Verlängerung der Grundschule dadurch, daß die Länder ein für alle Schüler gemeinsames 5. und 6. Schuljahr mit der Bezeichnung „ F ö r d e r - oder Orientierungsstufe" schaffen können. Davon wird z. T. Gebrauch gemacht 6 1 . Eine solche Förderstufe steht zwar zwischen G r u n d - und weiterführender Schule, teilt aber mit der Grundschule deren entscheidendes Merkmal, daß sie alle Schüler des betreffenden Jahrganges umfaßt. Dieser über die Schulpflicht gegebenen Allgemeinheit der Grundschule kommt besondere Bedeutung zu, verwaltungsrechtlich im Sinne subjektiv-öffentlicher Berechtigung, über die Schulpflicht sogar Verpflichtung zum Volksschulbesuch 6 2 . Die Vermittlung des gleichen Bildungsgutes an die gesamte Bevölkerung in einem besonders aufnahmefähigen Alter entspricht aber auch wesensmäßig den Strukturen einer vom Gleichheitssatz geprägten D e m o k r a tie. Hierin liegt auch die Ratio gewisser Erschwerungen für die Gründung privater Volksschulen und für die Beibehaltung des Vorschulverbotes (Art. 7 V, VI G G ) . A u c h in einer militanter Nationalerziehung abholden Zeit kann die Bedeutung eines mehrjährigen gemeinsamen Erziehungsabschnittes für die gesamte Jugend kaum überschätzt werden. Das gilt nicht nur für die Entwicklung der grundlegenden geistigen Voraussetzungen für die Teilnahme am Sozialleben (Lesen, Schreiben, Rechnen u. ä.) 6 3 , sondern ebenso für die ersten Konturen einer staatsbürgerlichen Vorstellungswelt, die manchem damit für sein ganzes weiteres Leben mitge-
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KMK-Beschluß vom 17./18. 5. 1956 über Grundsätze für die Volksschule BS/KMK Nr. 130; KMK-Empfehlungen vom 3. 7. 1969 zur Hauptschule, GMB1. 1969, S. 402f.; KMK-Empfehlungen vom 2. 7. 1970 zur Arbeit in der Grundschule, GMB1. 1970, S. 410. - Gesamtüberblick bei Heckel/ Seipp, Schulrechtskunde, S. 31 ff.; Wolffl Bachof, VwR II, § 101, b; Oppermann, KulturverwR, 1969, S. 201 ff. - Ferner Arendt, Verfassungsrechtliche Problematik der öffentlichen Vorschulerziehung, 1976. Vgl. etwa § 5 brem. SchulG vom 18. 2. 1975(GesBl. S. 89), §§ 6, 16 nds. SchG i. d. F. v. 28. 6. 1977 (GVB1. S. 233); § 6 Abs. 6 rheinl.-pfälz. SchulG vom 6. 11. 1974 (GVB1. S. 487). Zur grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der „Förder"- oder „Orientierungsstufe" vgl. BVerfGE 34, S. 165ff. mit Anm. Dietze, RdJB 1973, 175. Bestandsaufnahme bei Ziegenspeck, Zum Planungs- und Entwicklungsstand der Orientierungsstufe in der Bundesrepublik Deutschland, 1976. Geregelt in den Schulpflichtbestimmungen der Länderverfassungen bzw. -gesetze, die an die Stelle des ReichsschulpflichtG vom 6. 7. 1938 (RGBl. I, S. 799) traten. Zu Schulbesuchsrecht und -pflicht OVG Lüneburg, VerwRspr 11, 209ff.; BVerwG DVB1. 1958, 512; VG Hannover, RWS 1962, 341, und zusammenfassend Ihlenfeld, Pflicht und Recht zum Besuch öffentlicher Schulen nach dt. Bundes- und Landesrecht, 1971. So schon § 46 II 12 ALR: Vermittlung desjenigen Wissens und Könnens, dessen jeder vernünftige Mensch bedarf. - Heute im einzelnen in Länderverwaltungsvorschriften (Unterrichtsordnung, Stoffplan, Bildungsplan u. s. f.) niedergelegt, die bundesweit über KMK-Beschlüsse und z. T. sogar Länderabkommen harmonisiert sind.
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geben wird 64 . Die Hauptschule ist je nach Grundschuldauer und Gesamtausbau (9. oder 10. Volksschulahr) die zwei- bis fünfjährige Oberstufe der Volksschule. Sie vermittelt denjenigen Kindern weitere Allgemeinbildung, die nicht auf (sonstige) weiterführende Schulen überwechseln. Im Sinne der allgemeinen Steigerung der Bildungsanforderungen wird angestrebt, den Unterrichtsinhalt der Hauptschule zu verbessern und von ihr zusätzliche Übergänge in weiterführende Schulzweige zu schaffen. Dennoch steht sie infolge der verstärkten Überleitung der Begabten in weiterführende Schulen bereits am Ende der Grundschule in steter Gefahr, „Restschule" zu bleiben 6 5 . Ein Sonderproblem des Volksschulwesens war das Vorhandensein wenig gegliederter Volksschulen (ein- oder zweiklassige sog. „Zwergschulen") in den Flächenstaaten. Nachdem über die pädagogische Rückständigkeit solcher Schulen zunehmende fachliche Übereinstimmung herrschte 6 6 , wurden sie im Zuge der Landschulreform in verschiedenen Bundesländern seit Mitte der sechziger Jahre weitgehend in größeren Einheiten zusammengefaßt 6 7 . Dieser Prozeß hing eng mit dem gleichzeitigen Abbau des öffentlichen Bekenntnisschulwesens zusammen. — Andere Sonderformen der Volksschule sind die Hilfsschulen für schwächer begabte und die Sonderschulen für durch körperliche Mängel u. ä. in der Entwicklung gehemmte Kinder 6 8 . e) Realschule: Die Real-(„Mittel"-)Schule vermittelt als weiterführende Schule eine über die Hauptschule hinausgehende allgemeine Bildung (§§ 6, 10 Hamburger Länderschulabkommen von 1964/71) 6 9 . Vor allem in der vier- oder sechsklassigen Normalform vermittelt sie einen Bildungsinhalt, der einerseits weiter als der Standard der Hauptschule reicht, andererseits nicht so weit wie die Gymnasialbildung führen soll. Obwohl grundsätzlich allgemeinbildend, ist das Programm der Realschule doch etwas mehr berufspraktisch orientiert als dasjenige des Gymnasiums 70 . Abschluß der Realschule ist die Mittlere Reife, die den Zugang zu einer Reihe „gehobener" Berufsausbildungen eröffnet, u. a. im öffentlichen Dienst, aber auch über das berufsbildende Fachschulwesen bis zur fachbezogenen Hochschulreife 71 . Bildungspolitisch wird die Berechtigung einer eigenständigen Real64 65 66
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Näher dazu Oppermann, KulturverwR, S. 201 ff. Möller, Die Hauptschule, 1972. Picht, Die deutsche Bildungskatastrophe, 1965, S. 27ff.; Rückriem, Die Situation der Volksschule auf dem Lande, 1966. Frühere Schutzklauseln zugunsten der Zwergschule in einigen Länderverfassungen wurden bis 1968 beseitigt. Vgl. ferner z. B. VG Minden DVB1. 1966, 48; BVerwG RdJB 1969, 89 ff. Vgl. etwa bayer. SonderschulG i. d. F. vom 4. 6. 1974 (GVB1. S. 245). KMK-Beschluß über die Stellung der Mittelschulen im Schulaufbau v. 17. 12. 1953 BS/KMK Nr. 150; ferner Oppermann, KulturverwR S. 209ff. § 7 Abs. 3 rheinl.-pfälz. SchulG vom 6. 11. 1974 (GVB1. S. 487). Bundesweite gegenseitige Anerkennung der Mittleren Reife über Abschnitt VIII des oben Anm. 69 genannten KMK-Beschlusses. Zur Bedeutung der Mittleren Reife für den gehobenen öffentlichen Dienst § 13 Nr. 2 BRRG i. d. F. der Bekanntm. vom 3. 1. 1977 (BGBl. I, S. 21) und Ganser, D ö D 1957, 47ff.
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schule sowohl durch die Erleichterungen beim Zugang zum Gymnasium und im Standard des Abiturs als auch durch das Gesamtschulmodell in Frage gestellt. f ) Gymnasium: Von besonderer Bedeutung unter den weiterführenden Schulen ist das Gymnasium („Höhere Schule") 72 - Vor allem in seiner sieben- oder neunklassigen Normalform (i. d. R. an die Grundschule bzw. Förderstufe anschließend) vermittelt es denjenigen Bestand an allgemeiner Bildung, der für die Zuerkennung der - über das Abitur ausgesprochenen - allgemeinen Hochschulreife für notwendig erachtet wird 73 . Daneben wird höhere Schulbildung in zunehmendem Maße für viele andere Berufe verlangt, die kein Hochschulstudium voraussetzen. Die durch das Gymnasium vermittelten Bildungsziele sind vielgestaltig, doch lassen sich seit längerem die drei großen Typen des altsprachlichen („humanistischen"), neusprachlichen und mathematisch-naturwissenschaftlichen Gymnasiums unterscheiden, daneben neuerdings das Wirtschaftsgymnasium 74 . Alle Gymnasien führen zu einer Abschlußprüfung (Abitur), auf Grund deren das Reifezeugnis i. S. der Qualifikation der allgemeinen Hochschulreife verliehen wird. Die Reifezeugnisse der verschiedenen Gymnasialtypen und gleichzeitig der einzelnen Bundesländer werden grundsätzlich untereinander als gleichwertig anerkannt 7 5 . Der begünstigende Verwaltungsakt der Zuerkennung der allgemeinen Hochschulreife stellt kulturverwaltungsrechtlich gesehen den wesentlichsten Grenzpunkt zwischen Bildungs- und Wissenschaftsbereich dar 7 6 . Spezielle Möglichkeiten, zur Reifeprüfung zu gelangen, werden mit dem sog. zweiten Bildungsweg angeboten (Abendgymnasium, internatsmäßige „Kollegs",
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Wesentliche Rechtsgrundlagen: Hamburger Länderschulabkommen von 1964/71; KMKBeschluß vom 7. 7. 1972 zur Neugestaltung der gymnasialen Oberstufe in der Sekundarstufe II. BS/KMK Nr. 175/3 mit den entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen, z. B. hess. G zur Neuordnung der gymnasialen Oberstufe vom 21. 6. 1977 (GVB1. S. 284). Gesamtüberblick: Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 33f.; Wolff / Bachof, VwR, II, § 101; Oppermann, KulturverwR, S. 211 ff. Ulshoefer, Die Geschichte des Gymnasiums seit 1945,1967. § 17 Hamburger Länderabkommen vom 28. 10. 1964 i. V. m. KMK-Beschluß vom 20. 3. 1969 i. d. F. vom 20. 6. 1972 einer Vereinbarung über die gegenseitige Anerkennung der an Gymnasien erworbenen Zeugnisse der allgemeinen Hochschulreife; GMB1. 1969, S. 161 i. V. m. GMB1. 1972, S. 410 und KMK-Beschluß vom 7. 5. 1971 i. d. F. vom 8. 11. 1972 einer Vereinbarung über die gegenseitige Anerkennung von Zeugnissen der allgemeinen Hochschulreife, die an Gymnasien mit neugestalteter Oberstufe erworben wurden, GMB1. 1973, S. 102, sowie KMK-Beschluß vom 25. 11. 1976, GMB1. 1977, S. 79. - Ferner international: Europaratskonvention über die Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse vom 11. 12. 1953 (BGBl. 1955 II, S. 599). Aus der Rspr. zum Abitur: VG Ffm. JZ 1962, 504; OVG Saarlouis RWS 1963, 150; bad.-württ. VGH VerwRspr. 12, 524; BVerfGE 33, 303ff.; 43, 291 ff.; („Numerus Clausus"); OVG Münster D Ö V 1975, S. 358ff.
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Fernstudien, auch schon erste Ansätze zu Funk-(Fernseh-)Kollegs) 7 7 . Bildungspolitisch kommt dem Gymnasium im Verhältnis zur Grundschule einerseits, zur Hochschule andererseits in dem der Chancengleichheit verpflichteten Sozialstaat des G G zunehmend die A u f g a b e eines ersten großen Verteilers in die verschiedenen, von Staat und Gesellschaft her vorgegebenen Sozialfunktionen zu. In diesem Sinne ist von der Verfassung her die gleiche Bildungschance für jeden zu fordern, wobei sich die notwendige Auslese am Leistungsprinzip zu orientieren hat 7 8 . g) Berufsbildende Schulen: A m berufsbildenden Schulwesen fällt im Vergleich zum allgemeinbildenden eine nicht immer glückliche Typenvielfalt auf 7 9 . Sehr zu Unrecht ist das berufsbildende Schulwesen in der allgemeinen Schulreform Jahrzehnte hindurch vernachlässigt worden. D a der B u n d seine hier z. T. gegebene Gesetzgebungszuständigkeit (Art. 74 Ziff. 11, 12, 13 G G ) nur partiell ausnutzte und auch die K M K nicht grundlegend harmonisierte, orientiert sich die Typik des berufsbildenden Schulwesens noch maßgeblich an älteren Leitbildern 8 0 . Basis ist die Berufsschule, regelmäßig als berufsbegleitende Teilzeitschule geführt. Auf ihr erfüllen vor allem Hauptschulabgänger den Rest ihrer allgemeinen Schulpflicht (durchschnittlich drei Jahre) 8 1 . Die Berufsschulen sind entsprechend Berufsbildern der Ausbildungsberufe vielfältig gegliedert (kaufmännisch, gewerblich, landwirtschaftlich u. s. f.). Neben oder nach d e m Besuch der Berufsschule vermittelt die Berufsaufbauschule als mindestens einjährige Vollzeitschule eine über das Ziel der Berufsschule hinausgehende allgemeine und fachtheoretische Bildung. Von der Berufsschule ist als zweiter Grundtyp des berufsbildenden Schulwesens die
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Belser, Zweiter Bildungsweg, 1960; Wolffl Bachof, VwR II, § 101, II, d (dort auch zum „3. Bildungsweg" der Einzelbegabtenprüfung); Blinkert, Die Situation von Abendgymnasium und Kollegs in der Bundesrepublik Deutschland, 1974. Dahrendorf, Bildung ist Bürgerrecht, 1965; Peisert, Soziale Lage und Bildungschancen in Deutschland, 1967; Maunz, Fs. f. Geiger, 1974,545ff. Gesamtüberblick: Ipsen, Berufsausbildungsrecht für Handel, Gewerbe und Industrie, 1967; Oppermann, KulturverwR, S. 205 ff.; Richter, Die Rechtsprechung zur Berufsausbildung, 1969; Schannewitzky, Organisation des beruflichen Schulwesens, 1972; Georg, Einführung in die Grundlagen des Berufsbildungsrechts, 3. Aufl. 1977; Speiberg, GewArch 1977, 105 ff. Wichtig besonders der Erlaß des RMWEV vom 29. 10. 1937 und KMK-Beschluß v. 8. 12. 1975 über die Bezeichnungen zur Gliederung des beruflichen Schulwesens = Kulturpolitik der Länder 1 9 7 5 - 7 6 , 1 9 7 7 , S. 327 f. Ferner einige, spezielle KMK-Beschlüsse, besonders bedeutsam Rahmenvereinbarungen über das Berufsgrundbildungsjahr vom 6. 7. 1973, BS/KMK Nr. 321 Näher zu den sehr differenzierten Rechtsgrundlagen auf Landesebene die oben Anm. 79 genannte Lit. Im Bund das ArbeitsförderungsG v. 25. 6. 1969, BGBl. 1969 I, S. 582 und das AusbildungsplatzförderungsG. Zum letzteren z. B. Söllner, NJW 1977, 224ff., das BundesausbildungsförderungsG v. 26. 8. 1971, BGBl. 19711, S. 1409, zum letzteren Bachmann, Bundesausbildungsförderungsgesetz, 5. Aufl. 1976. Zum korrespondierenden Recht des Jugendlichen auf Berufsausbildung Walter Becker, NDV 1957,161 ff.
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Berufsfachschule zu unterscheiden. Ihr Erscheinungsbild ist nach den Voraussetzungen (Hauptschulabschluß, Mittlere Reife), der Ausbildungsdauer ( 1 - 3 Jahre), ihrem Abschluß (Fachschulreife, z. T. auch fachbezogene Hochschulreife) und der fachlichen Ausrichtung (gewerblich, kaufmännisch, hauswirtschaftlich, pflegerisch, künstlerisch u. a.) äußerst differenziert. Gemeinsames Unterscheidungsmerkmal gegenüber der Berufsschule ist eigentlich nur der Charakter als Vollzeitschule und der i. d. R. zu einer Berechtigung führende Abschluß. Dagegen ist die Abgrenzung zum dritten Grundtyp, der Fachschule, im einzelnen oft unscharf. Auch dieser anspruchsvollste Bereich des berufsbildenden Schulwesens ist in sich vielfältig und nicht immer systematisch-logisch gegliedert. Gemeinsam ist die Voraussetzung der Fachschulreife (i. d. R. Mittlere Reife und abgeschlossene Berufsausbildung) und bei gutem Abschluß die Verleihung der Berechtigung zur Fachhochschulreife. Ländereinheitlich wird seit 1968 als ein Sondertyp der Fachschule insbesondere die Fachoberschule organisiert. Jenseits der Fachschulen befinden sich seit dem Ministerpräsidentenabkommen vom 31. 10. 1968 die Fachhochschulen (insbesondere frühere Ingenieur-, Bau- und Chemieschulen bzw. -akademien) als eigenständige Einrichtungen des Bildungswesens im Hochschulbereich im Übergang in einen weiter als früher gefaßten (Gesamt)Hochschulbereich 82 . h) Schulen mit Auslandsbezug: In lockerem Bezug zur deutschen Schulorganisation stehen schließlich auch die deutschen Auslandsschulen, internationale Schulen mit deutscher Beteiligung und ausländische Schulen in der Bundesrepublik Deutschland 83 . Die deutsche Auslandsschule Rechts, wird aber vom deutschen Staat (Kulturabteilung des AA, Zentralstelle für das Auslandsschulwesen beim Bundesverwaltungsamt, Ausschuß für Auslandsschulwesen des KMK) sachlich und personell unterstützt, und ihre Berechtigungen werden oftmals in der Bundesrepublik anerkannt 84 . Es bestehen wieder ca. 250 Auslandsschulen mit 1500 Lehrkräften und ca. 100000 Schülern. Ähnlich beteiligt sich die Bundesrepublik an verschiedenen internationalen, insbesondere den Europäischen Schulen. Das Ausmaß der deutschen Mitwirkung, die Bildungsinhalte
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So die Ergänzungen vom 31. 10. 1968 des Hamburger Länderschulabkommens vom 28. 10. 1964 (Fachoberschule) und das Länder-Fachhochschulabkommen vom 31. 10. 1968. Beispiel eines Gesetzes: bad.-württ. F H G vom 22. 11. 1977 (GesBl. S. 5 2 2 ) ; ferner Fleck, D Ö V 1971, 5 9 0 f f . Zur Sonderentwicklung bes. der Ingenieurschulen KMK-Beschluß i. d. F. vom 28./29. 4. 1965 zur Vereinheitlichung des Ingenieurschulwesens und zur Graduierung BS/KMK Nr. 440. Im einzelnen K.-J. Nagel / E. Oesterreich / S. Uhlig, Ingenieurschulrecht (Losebl.-Ausg.). Vgl. ferner Kimminich, Wissenschaft, oben S. 679. Überblick: Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 153 ff.; Oppermann, KulturverwR, S. 2 1 6 ff. und Jutzi, D i e Deutschen Schulen im Ausland, 1977. Jaenichen, Bulletin 1961, 211 f.; Kulturpolitik der Länder 1 9 7 5 - 1 9 7 6 (Hrsg. KMK) 1977, S. 3 0 2 f. KMK-Beschluß über die Zuständigkeit des A A und der KMK für die deutschen Schulen im Ausland, GMB1. 1970, S. 299; KMK-Beschluß über die Ordnung der deutschen Reifeprüfung im Ausland, GMB1. 1974, S. 2 4 4 ff.
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und die Anerkennung der Berechtigungen sind hier i. d. R. völkervertragsrechtlich festgelegt 85 . Umgekehrt gibt es ausländische Schulen in der Bundesrepbulik Deutschland (u. a. dänische Schulen in Südschleswig) 86 . Sie können sich grundsätzlich auf die Privatschulfreiheit des Art. 7 I V G G berufen 8 7 . i) Schulstufen: Neben die in den vorstehenden Absätzen dargestellte Gliederung des Schulwesens nach Schularten tritt in neuerer Zeit eine Differenzierung nach sog. Schulstufen, die das Schulwesen nach Altersstufen gliedern und die jeweils eine oder mehrere Schularten umfassen. Der Elementarbereich umfaßt alle Einrichtungen familienergänzender Bildung und Erziehung nach Vollendung des dritten Lebensjahres bis zum Beginn der Schule, wobei den Einrichtungen für Fünfjährige eine Sonderstellung zukommt (Vorschulgedanke). Im Primarbereich sollen die Schüler allmählich von den Formen des mehr spielerischen Lernens im Elementarbereich zu den systematischeren Formen des schulischen Arbeitens geführt werden. E r umfaßt die ersten vier bzw. sechs Jahrgangsstufen. Der Sekundarbereich I umfaßt alle Bildungsgänge, die auf dem Primarbereich aufbauen und bis zum 9. bzw. 10. Schuljahr reichen. Hieran schließt sich unmittelbar der Sekundarbereich II an. Zu ihm gehören Bildungsgänge, die auf einen Beruf vorbereiten, studienbezogene Bildungsgänge, Bildungsgänge, die mit einer beruflichen Qualifikation oder Ausrichtung auch weiterführende Bildungsgänge im Tertiären Bereich (Hochschulbereich) eröffnen und Bildungsgänge für Jugendliche, die gegenwärtig ohne Schulabschluß in das Erwerbsleben treten. Ausgehend von den Empfehlungen des Bildungsrates im Strukturplan (1970) über die jetzigen Festlegungen im Bildungsgesamtplan der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung (1973) hat der Gedanke eines nach Stufen gegliederten Schulwesens bereits Eingang in die neueren Schulgesetze einiger Länder gefunden 88 . 4. Außerstaatliche Beteiligung am Schulwesen (Gemeinden, Kirchen, Freies Schulwesen) Auf die grundlegende Gliederung des Schulwesens in einen öffentlichen und einen privaten Teil wurde bereits oben Ziff. 3 hingewiesen. Eine andere wesentliche Scheidungslinie ergibt sich zwischen der Schulbestimmungsmacht des Staates 85
Z. B. Satzung der Europäischen Schule vom 12. 4. 1957 nebst Prüfungsordnung der Europäischen Reifeprüfung vom 15. 7. 1957 (BGBl. 1965 II, S. 1041). Ferner Protokoll über die Gründung Europäischer Schulen vom 13. 4. 1962 (BGBl. 1969 II, S. 1301). Vgl. auch Heusch, Die Europäische Schule in Luxemburg, ArchVR 8 ( 1 9 5 9 / 6 0 ) , 71 ff.
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KMK-Beschluß vom 25. 6. 1957 einer Vereinbarung über die Voraussetzungen zur Zulassung ausländischer Schulen im Gebiet der Bundesrepublik und Berlin, BS/KMK Nr. 3 1 2 ; KMK-Beschluß i. d. F. vom 28./29. 9. 1961 über Errichtung von Schulen für fremde Volksgruppen BS/KMK Nr. 311, Biehl, Minderheitenschulrecht in Nord- und Südschleswig, 1960. OVG Lüneburg DVB1. 1 9 5 4 , 2 5 5 ff. Vgl. etwa § 3 brem. SchulG i. d. F. vom 20. 2. 1978 (GBl. S. 69), §§ 6 ff. rhein.-pfälz. SchulG vom 6. 11. 1974 (GVB1. S. 487). Allgemein H. Heckel, Einführung, 1977, S. 19 ff.
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i. e. S., wie sie vor allem Art. 7 I G G ausspricht, und der Einflußnahme „ a u ß e r staatlicher" Erziehungsträger im weitesten Sinne. Mit letzteren sind sowohl öffentliche Institutionen wie die Gemeinden und die Kirchen angesprochen, als auch die privaten („freien") Schulträger im eigentlichen Sinne. a) Gemeinden: Die Gemeinden (einschl. G e m e i n d e - und Zweckverbände) gehören als die unterste E b e n e der Gebietskörperschaften seit langem zu den Trägern wesentlicher Schulfunktionen 8 9 . Ihre Mitsprache in (meist äußeren) Schulangelegenheiten gehört zum Kernbereich der Gemeindeautonomie. Gleichzeitig ergibt sich jedoch bei der Beteiligung der G e m e i n d e n im Schulwesen das Grundproblem, d a ß die K o m m u n e n als Einzelbestandteile des umfassenden Gemeinwesens keine übergreifenden Maßstäbe zu setzen vermögen. D a s gilt vor allem für die inneren Schulangelegenheiten, wie die Auswahl und das Niveau des Bildungsstoffes. Wenn es eine A u f g a b e des modernen Sozialstaates ist, chancengleich Bildung zu vermitteln, hat er damit gleichzeitig über eine im Wege der Schulaufsicht durchzusetzende überregionale Bildungsplanung für ein gleichartiges und gleichwertiges Bildungsangebot zu sorgen. Das schließt einseitige Bestimmungsrechte der Gemeinden insoweit aus und verweist ihre Mitwirkung im Schulwesen vor allem in das Gebiet der äußeren Schulangelegenheiten im Sinne sozialstaatlich motivierter Schulentwicklungspflichten. Als eine erste Faustregel gilt so immer noch der Satz von Anschütz, daß die Gemeinde der Schule das H a u s baut, H e r r im Hause aber der Staat ist 90 . Auch insoweit sind jedoch weitere Einschränkungen zu beachten. So hängt z. B. die Schulgründung (Standortwahl) und entsprechend die Auflösung von Schulen eng mit Fragen übergeordneter Bildungsplanung zusammen. Ferner sind die Gemeinden vielerorts längst nicht mehr in der Lage, die ständig steigenden A n f o r d e r u n g e n der Schulfinanzierung, insbesondere die Personalkosten, allein zu tragen. Hieraus ergab sich eine weitere Stärkung des Staatseinflusses. U. a. stehen die Lehrer heute weithin im öffentlichen Dienst des Staates (Landes). Trotz dieser wesentlichen Einschränkungen spielen die Gemeinden weiterhin eine bedeutsame Rolle im deutschen Schulwesen, wie es einem dem G e d a n k e n der Selbstverwaltung verpflichteten demokratischen Gemeinwesen (Art. 28 G G ) entspricht 9 1 . Im Hinblick auf die Trägerschaft ist die „staatskommunale"
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Schule die Regel-
Spartiol, D a s Verhältnis zwischen Staat und Kommunen auf dem Gebiete des Schulwesens, 1960; Stephany, Staatliche Schulhoheit und kommunale Selbstverwaltung, 1964; Oppermann, Grundsätze, 1976, C 69ff., H. Heckel, Einführung; 1977, S. 3 2 f f . Anschütz, W R V , 14. Aufl. 1933, Art. 143, Anm. 2, Art. 144, Anm. 1. Nicht unähnlich etwa wieder B V e r w G E 18, 38ff. oder von Campenhausen, Erziehungsauftrag und staatliche Schulträgerschaft, 1967, S. 101. Vgl. aber auch Wimmer, DVB1. 1971, 5 3 3 f f . ; Kloepfer, D Ö V 1971, 837 ff. In diesem Sinne auch KMK-Beschluß i. d. F. vom 2 8 . / 2 9 . 9. 1961 über Selbstverwaltung und Schule, B S / K M K Nr. 920; vgl. auch Erbel, D i e Verwaltung 1972, 173ff.; Richter RdJB 1 9 7 2 , 8 ff.
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form in den meisten Ländern 9 2 . Hier trägt die Gemeinde grundsätzlich die sachliche Schullast und verwaltet die äußeren Schulangelegenheiten, während die Lehrer dienstrechtlich und finanziell dem Land zugeordnet sind. Kommunale Schulen, bei denen auch die Lehrer in Dienst und Besoldung der Gemeinde stehen, sind selten. Auf der anderen Seite stehen die staatlichen Schulen, wo das Land Schulträger und Dienstherr ist. — Ein wesentlicher Bedeutungswandel der kommunalen Schulbeteiligung liegt darin, daß nach dem neueren Gemeinderecht die kommunale Mitwirkung häufig nicht mehr wie früher als Auftragsangelegenheit anzusehen ist, sondern als eine zur Selbstverwaltung zugewiesene Pflichtaufgabe, bei der dem Staat nur die Rechtsaufsicht zusteht. Aber auch an manchen inneren Angelegenheiten (die von den äußeren ohnehin oft schwierig zu trennen sind), werden die Gemeinden mancherorts kraft staatlicher Zuweisung beteiligt 93 . b) Kirchen: Die Mitsprache der Kirchen im öffentlichen Schulwesen wirft andere Probleme auf. Die Kirchen stellen neben Elternhaus und Staat eine dritte große Institution mit eigenem Erziehungsanspruch dar. Zwar wie die Gemeinden Körperschaften des öffentlichen Rechts (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 V WRV), treten die Kirchen eben wegen dieses inhaltlichen Erziehungsanspruches in ganz anderer Weise in Wettstreit, evtl. sogar in Widerspruch zur staatlichen Schulbestimmungsmacht. Allgemein bleibt dabei aber zu beachten, daß der Staat des GG ausweislich des Grundrechtes der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit des Art. 4 GG und des Verbotes der Staatskirche (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 I WRV) sich mit den religiösen Anschauungen und Meinungen seiner Bürger „nicht identifiziert" (Herbert Krüger). Hieraus ergeben sich Rückwirkungen auf die Regelung konfessioneller Fragen bei der Gestaltung des Schulwesens. Dabei sind mit dem Bekenntnisschulwesen und der Gestaltung des Religionsunterrichts in öffentlichen Schulen zwei größere Sachkomplexe zu unterscheiden 94 . aa) öffentliche Bekenntnisschulen: Das öffentliche Bekenntnisschulwesen war in Reaktion auf den Kirchenkampf des NS-Regimes nach 1945 zunächst wieder in die alten Positionen aus der Weimarer Zeit eingesetzt worden. Im wesentlichen bestanden öffentliche Konfessionsschulen im Volksschulbereich. In einer seit Mitte der sechziger Jahre in verschiedenen Bundesländern durchgeführten Reform wurden die öffentlichen Bekenntnisschulen jedoch in weitem Umfang meist in (christliche) Gemeinschaftsschulen umgewandelt 95 .
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Hierzu und im folgenden eingehend Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 96 ff. und Dittmann, Schulträgerschaft zwischen Kreisen und Gemeinden, 1978. Im einzelnen viele Differenzierungen je nach der Struktur der Gemeindeordnungen („Weinheimer Typ" oder mehr traditionelle Struktur), vgl. auch Wolff/ Bachof, V w R II, § 101. Dazu und zum folgenden Oppermann, Grundsätze, 1976, C 7 4 f f . ; H. Heckel, Einführung, 1977, S. 28 ff. Gesamtüberblick: Oppermann, KulturverwR, S. 2 2 3 f f . ; Friedrich Müller, D Ö V 1969, 4 4 1 ff.; Geiger, Kirchen und staatliches Schulsystem, in: Friesenhahn/Scheuner (Hrsg.) Hdb. d. Staatskirchenrechts der B R D , Bd. 2 , 1 9 7 5 , S. 4 8 3 ff.
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In einer Reihe von Ländern (Größter Teil Baden-Württembergs, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, früheres Lippe, Schleswig-Holstein) war die Gemeinschaftsschule seit längerem einzige oder Regel-Schulform der öffentlichen Volksschule. Die Bekenntnisschule ist hier weitgehend in den Privatschulbereich verwiesen (z. T. mit weitgehender Subventionierung durch den Staat). Nicht zufällig entsprach der Kreis der bisherigen „Bekenntnisschulländer" (Südwürttemberg/Hohenzollern, Bayern, Oldenburg, Nordrhein-Westfalen, RheinlandPfalz, Saarland) den Gebieten mit starkem katholischen Bevölkerungsanteil. Für die katholische Kirche stellte sich infolge ihres kirchlichen Rechtes und ihrer Soziallehre 96 die Frage nach institutionalisiertem Einfluß im öffentlichen Bildungswesen in anderer Schärfe als für die evangelischen Landeskirchen, die im Grundsatz kaum Schwierigkeiten sahen, das Schulwesen dem Staat zu überlassen 97 . Nach den Reformen ergibt sich in den Bekenntnisschulländern folgendes Bild: Baden-Württemberg (Art. 15, 16 Verf. i. d. F. vom 8. 2. 1967): Christliche Gemeinschaftsschule „badischen Typus"; Bayern (Art. 135 Verf. i. d. F. vom 22. Juli 1968): christlich geprägte Gemeinschaftsschule; Nordrhein-Westfalen (ohne Lippe) (Art. 12 Verf. i. d. F. vom 5. März 1968): Grundschule nach Elternwahl Gemeinschafts- oder Bekenntnisschule, Hauptschule als Regelform christliche Gemeinschaftsschule, Rheinland-Pfalz (Art. 29 Verf. i. d. F. vom 8. Juli 1970): Grund- und Hauptschule, christliche Gemeinschaftsschule; Saarland (Art. 27 Verf. i. d. F. vom 23. Februar 1965): Elternwahl zwischen Bekenntnisschule und christlicher Gemeinschaftsschule. Zusammenfassend gesehen verbleibt so der öffentlichen Bekenntnisschule lediglich im Grundschulwesen einiger Bundesländer noch ein nennenswerter Bereich. Die Bekenntnisschule läßt sich zunächst äußerlich als Zusammenfassung von Schülern einer bestimmten Konfession zum Unterricht durch Lehrer derselben Religionszugehörigkeit verstehen (formeller Bekenntnisschulbegriff)98. In der Praxis ergeben sich dabei infolge der konfessionellen Bevölkerungsmischung regelmäßig Minderheitenprobleme. Ihre eigentliche ratio essendi kann die Bekenntnisschule auch nach ihrem Selbstverständnis aber nur in inhaltlichen Kriterien finden. Danach gehört zu ihren konstituierenden Merkmalen die Gestaltung des gesamten Unterrichts im Geiste einer bestimmten Konfession (materieller Bekenntnisschulbegriff)99. Eben dieser Anspruch macht aber gleichzeitig die Legitimierung der 96
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Subsidiarität der staatlichen gegenüber der elterlichen Erziehung, verbunden mit kirchenrechtlicher Bindung des Elternwillens: c. j. c. can. 1374 und folgerichtig auch die nachkonziliare Soziallehre, so Erklärung „Gravissimum educationis" des 2. Vatikanischen Konzils vom 28. 10. 1965. - Die staatliche Anerkennung dieser Grundsätze wird über Konkordatsbindungen (vor allem bayer. Konkordat 1924; Reichkonkordat 1933; nieders. Konkordat 1965) wenigstens teilweise zu erreichen versucht. Schulprogramme der EKD „Gegen konfessionelle Enge", 1958; E. Stein / W.Joest / M. Dombois, Elternrecht, 1958; von Campenhausen, Erziehungsauftrag und staatliche Schulträgerschaft, 1967, S. 129ff. Klassischer Ausdruck in § 33 Preuß. VolksschulunterhaltungsG vom 28. 7. 1909 (GS S. 335). BVerwG E 17,267; 19,252. HansHeckel, D Ö V 1953, 593ff.; Fackler, RWS 1964, 359.
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Bekenntnisschule jedenfalls als öffentlicher, allgemeiner (Grundschule!) Unterrichtsanstalt im gesinnungsneutralen Verfassungsstaat des G G schwierig 100 . Auf jeden Fall muß sie, von Art. 4, 140 G G her gesehen, als eine Ausnahmeerscheinung im Rahmen der öffentlichen Bildungseinrichtungen verstanden werden. Weltlich-demokratisch läßt die öffentliche Bekenntnisschule sich nur in dem Maße rechtfertigen, als der Nachweis eines hinreichenden, auf ihren Fortbestand gerichteten Sonderwillens geführt wird. Zurecht stellen daher die oben genannten Länderverfassungen und die sie ausführende Rechtsetzung neuerdings entscheidend auf den Eltemwillen im Sinne des Art. 6 II G G ab, dessen freie Äußerung im Sinne allgemeiner demokratischer Wahlrechtsgrundsätze sichergestellt sein muß. Bildet sich auf diese Weise ein hinreichender Elternwille zugunsten öffentlicher Bekenntnisschulen (nach bisheriger Erfahrung faktisch recht selten!), lassen sich aus dem vom Staatskirchensystem des G G ableitbaren Grundsatz kooperativer Partnerschaft zwischen Staat und Kirche (vgl. z. B. die Eigenschaft der Kirchen als Körperschaften des öffentlichen Rechts oder die ebenfalls in Art. 4 G G , bes. Abs. II enthaltene „positive" Religionsfreiheit) genügend Anhaltspunkte entnehmen, diese Schulform als verfassungsrechtlich zulässig anzusehen. Auch Art. 7 V G G schließt eine „öffentliche Volksschule dieser A r t " ausdrücklich nicht aus. Eine andere, mehr bildungspolitische Frage ist es, ob der optimale Standort der Bekenntnisschule in der heutigen Gesellschaft nicht derjenige der großzügig vom Staat subventionierten Privatschule ist (so z. B. in Hamburg), während im übrigen die christliche Gemeinschaftschule dem partnerschaftlichen Verhältnis zwischen Staat und Kirche in der Bundesrepublik Deutschland besonders gut entspricht 101 . Im einzelnen ergeben sich bei der äußeren und inneren Organisation der öffentlichen Bekenntnisschule eine Reihe weiterer Fragen. Als öffentliche Anstalt unterliegt sie vollen Umfanges der staatlichen Schulaufsicht und in ihrer Bildungsarbeit staatlichen Allgemeinprinzipien wie der Meinungs- und Gewissensfreiheit, sowie dem Gebot der Toleranz gegenüber den Ansichten Andersdenkender. Daß sich damit schwierige Verschränkungen im Verhältnis zu den hier ebenfalls legitimen konfessionellen Bildungszielen ergeben können, liegt auf der Hand 1 0 2 . Probleme 100
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Anerkennung der Verfassungsmäßigkeit der öffentlichen Bekenntnisschule in B V e r f G E 6, 3 0 9 ff. (355 f.), B V e r w G E 6, 101 ff., 19, 252 ff. A u s der umfänglichen jüngeren Lit.: Rambow, D a s G G und die bekenntnismäßige Gestaltung der öffentlichen Schulen, 1966; Keim, Schule und Religion, 1967; Obermayer, Gemeinschaftsschule als Auftrag des G G 1967; Schulreform und Recht (Hrsg.: Kulturbeirat beim ZK der dt. Katholiken), 1967. Martin Heckel / A. Höllerbach, V V D S t R L 26 (1968), S. 5ff.; von Campenhausen, BayVBl. 1970, 153ff.; Scheuner, in: Fs. f. Maunz, 1971, S. 3 0 7 f f . ; Cube, A P u Z 2 5 / 1 9 7 4 (Beilage zu „ D a s Parlament"). Erlinghausen, D i e Schule in der pluralistischen Gesellschaft, 1964; Maunz, Kirchen als Schulträger, in: Friesenhahn/Scheuner (Hrsg.) Hdb. d. Staatskirchenrecht in der B R D , Bd. 2, 1975, S. 5 4 7 f f . Brauburger, RdJB 1976, 4 2 f f . D i e Verfassungskonformität der christlichen Gemeinschaftsschule haben B V e r f G E 41, 2 9 f f . (Bad.-Württ.), 65 ff. (Bayern) 8 8 f f . (Nordrh.-Westf.) klargestellt. Vgl. auch Oppermann, Grundsätze, 1976, C 77 f, m. w. N. Näher Oppermann, KulturverwR, S. 2 3 2 ff.
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bestehen weiterhin z. B. bei besonderen kirchlichen Anforderungen für die Ausbildung zu konfessionsgebundenen Lehrämtern, für ihre Besetzung (katholischkirchliches Eherecht!), sowie bei der Stellung der sog. Minderheitenschüler und -lehrer 1 0 3 . bb) Religionsunterricht: Der Einbau des Religionsunterrichts in das öffentliche Schulwesen ist von Art. 7 II, III G G her gesamtstaatlich bestimmt. Die tragenden Grundsätze dieser Regelung sind einerseits eine Einrichtungsgarantie des Religionsunterrichts als ordentliches Lehr-(Pflicht-)fach der meisten öffentlichen Schulen, mit geistlicher Einflußnahme auf den Unterricht 1 0 4 , andererseits das individuelle Entscheidungsrecht sowohl der Eltern (Kinder), als auch der Lehrer, am Religionsunterricht teilzunehmen bzw. ihn zu erteilen 105 . Diese Grundsätze liegen auf der allgemeinen staatskirchenrechtlichen Linie des G G , welche durch eine gewisse Synthese zwischen der Gesinnungsneutralität des Staates und seiner Bereitschaft zur Kooperation mit den „öffentlichen" Kirchen gekennzeichnet ist 106 . Da der Religionsunterricht somit im Kern geistliche Unterweisung und nicht „Weltanschauungskunde" o. ä. ist, zugleich aber auch ordentliches Lehrfach, ergibt sich hieraus die Zulässigkeit eines obligatorischen ethischen „Ersatzunterrichts" für vom Religionsunterricht abgemeldete Kinder 1 0 7 . Die Bundesländer haben diesen gesamtstaatlichen Rahmen unterschiedlich ausgefüllt. Eine Mehrzahl übernimmt entweder einfach die Regelung des G G oder wiederholt sie in enger Anlehnung an dessen Grundsätze (Bay., Hamb., Hess., Nordrh.-Westf., Nieders., Schlesw.-Holst.). In einer 2. Gruppe (Bad.-Württ., Rheinl.-Pf., Saarl.) wird der geistliche Charakter der dort „im Auftrage der Kirchen" erteilten Religionsunterrichts etwas stärker betont 1 0 8 . Berlin und Bremen kennen keinen Religionsunterricht i. e. S. als ordentliches Lehrfach. Berlin gibt die Möglichkeit freiwilligen Reli-
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Dazu u. a. BVerwG E 19, 2 5 2 f f . ; Bayer. VerfGH JZ 1966, 7 9 3 f f . ; V G H Mannheim DVB1. 1968, 255 ff.; Hans Hecket, Z B R 1958, 155 ff.; Werner Weber, D i e Konfessionalität der Lehrerbildung in rechtlicher Betrachtung, 1965. Zu Einzelheiten (einerseits geistliches Visitationsrecht, Mitsprache beim Lehrplan, kirchliche Bevollmächtigung der Religionslehrer, andererseits staatliche Aufsicht) Wolff / Bachof, V w R II, § 101. Zu Art. 7 II, III G G speziell etwa Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, G G , Art. 7, RdNr. 28 ff. Zur sog. Religionsmündigkeit nach § 5 des G über die religiöse Kindererziehung vom 15. 7. 1921 (RGBl. I, S. 939) - i. d. R. 14 Jahre, in einigen Ländern geändert - Feuchte, D Ö V 1965,661. Zum Religionsunterricht u. a. zu beachten Art. 21 Reichskonkordat vom 20. 7. 1933 (RGBl. 1933 II, 679). - Insgesamt zum Religionsunterricht B V e r w G E 42, 3 4 6 f f . (Versetzungserheblichkeit), von Zezschewitz, JZ 1971, 11 ff.; Müller-Pieroth, Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach, 1974; Link, Religionsunterricht, in: Friesenhahn/Scheuner (Hrsg.) Hdb. d. Staatskirchenrechts der B R D , Bd. 2, 1975, S. 5 0 3 ff. Exeler (Hrsg.), Umstrittenes Lehrfach: Religion, 1976. BVerwG NJW 1973, 1815; vgl. auch Reuter, RdJB 1976, 121 ff. - Zum Sonderproblem des Schulgebetes Hess StGH, D Ö V 1966, 51; B V e r w G E 44, 196ff.; Böckenförde, DÖV 1974, 2 5 3 f f . ; Lorenz, JuS 1 9 7 4 , 4 3 6 f f . ; Maurer, D V B 1 . 1 9 7 4 , 6 6 3 f f . Zu Baden-Württemberg Rumpf, D Ö V 1 9 6 8 , 1 4 ff.
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gionsunterrichts mit de facto ähnlicher Behandlung wie ein ordentliches L e h r fach 1 0 9 . B r e m e n kennt die Sonderform eines „bekenntnismäßig nicht gebundenen Unterrichts in biblischer Geschichte und allgemeinchristlicher G r u n d l a g e " 1 1 0 . Beide Abweichungen von Art. 7 II, III G G sind mindestens über Art. 141 G G ( „ B r e m e r Klausel") gedeckt. c) Privatschulen: Die Bildungsverfassung des G G räumt dem Privatschulwesen („freies Schulwesen") eine bedeutsame Rechtsstellung ein 1 1 1 . Ungeachtet des allgemeinen staatlichen Aufsichtsrechtes im Sinne von Art. 7 I G G und damit eines gewissen öffentlichen Vorranges gewährleistet Art. 7 I V die Privatschulgründungsfreiheit. Neuerdings ist darin sogar eine institutionelle Bestandsgarantie zugunsten einer grundsätzlichen Existenz des Privatschulwesens gesehen worden, mit Konsequenzen bis zu Subventionierungspflichten des Staates in bestimmten Situationen 1 1 2 . Die Länderverfassungen wiederholen oder verstärken z. T. sogar die Entscheidung des G G . Nähere Regelungen finden sich in den Privatschulgesetzen der Länder 1 1 3 . Quantitativ gesehen ist der Anteil der Privatschulen am gesamten Schulwesen der B R D jedoch gering 1 1 4 . Die relativen Schwerpunkte liegen bei den höheren Schulen, den Sonderschulen und im berufsbildenden Schulwesen. Dabei handelt es sich vielfach um konfessionelle Anstalten. D e r Grund für die Förderung des Privatschulgedankens liegt einmal darin, d a ß der Toleranz des pluralistischen Staates ein vollständiges staatliches Schulmonopol nicht entspricht. Damit zusammen hängt die durch Erfahrung bestätigte pädagogische Vorstellung, daß Privatschulen infolge der ihnen grundsätzlich zustehenden inneren Unterrichtsfreiheit oftmals Schrittmacher erzieherischen Fortschritts sein können. Institutionell sind die Privatschulen i. d. R . nicht-öffentliche und nicht-rechtsfähige Anstalten ihres Trägers. D e m Privatrecht unterliegt grundsätzlich auch das Rechtsverhältnis zwischen den Schülern (Eltern) und dem Privatschulträger, sowie dessen Beziehungen zu den Lehrern 1 1 5 . Wesentlich ist vor allem die weitere 109 110
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Giese, Die Kirche in der Berliner Schule, 1955. BremStGH DÖV 1965, 815: Kein Gesinnungsunterricht auf evangelischer Grundlage; BVerfGE 30, 112. Zur Problematik Dürig, Die Rechtsstellung der katholischen Privatschulen in Bremen, 1964; Schemer, DÖV 1966,145 ff. Hans Heckel, Deutsches PrivatschulR, 1955; Gallwas, Die Privatschulfreiheit im Bonner GG, 1963; Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 133ff.; Oppermann, KulturverwR, S. 237ff., Richter, BildungsverfR, S. 77 ff; A. G. Freie Schulen (Hrsg.), Soziale Funktion der Freien Schulen in der BRD, 2. Aufl. 1976; Schuppe, Neue Sammlung 1977,273 ff. BVerwGE 23,347 ff.; 27,360 ff. Grundsätzlich dazu Link, JZ 1973,1 ff. Zusammenfassung der Rechtsgrundlagen bei P. Seipp / D. Tenhof, Die Privatschule 1964ff. (Losebl.-Slg.). Überregional bedeutsam neben der Regelung des GG besonders KMK-Beschluß einer Vereinbarung über das Privatschulwesen vom 10./II. 8. 1961 BS/KMK Nr. 480. Beispiel eines G: bad.-württ. PrivatschulG i. d. F. vom 3. 5. 1977 (GesBl. S. 133). Zur neueren Gesetzgebung Vogel, RdJB 1974, S. 34 ff. Ein Überblick bei H. Heckel, Einführung, 1977, S. 126 ff. Näher Wolff / Bachof, VwR II, § 101; Pluemer, Verfassungsrechtliche Grundlagen und Rechtsnatur des Privatschulverhältnisses, 1968.
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Unterscheidung zwischen Ersatz- und Ergänzungsschulen 116 . Die genehmigungspflichtigen (Art. 7 IV S. 2 GG) Ersatzschulen stehen trotz eigen geprägter Bildungsarbeit in Analogie zum öffentlichen Schulwesen. Häufig werden sie durch Anerkennung den öffentlichen Schulen einschließlich der Berechtigungen gleichgestellt 117 . Das setzt andererseits Gleichwertigkeit (nicht Gleichartigkeit!) ihrer Bildungsarbeit mit den entsprechenden öffentlichen Anstalten voraus, sowie staatliche Kontrolle dieser Gleichwertigkeit, ferner, sozialstaatlich gesehen, Vermeidung einer Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern, aber auch Sicherung der Stellung des Lehrers (Art. 7 IV S. 3, 4 GG). Soweit die Beleihung von Ersatzschulen mit öffentlichen Funktionen reicht, können sie als Behörden i. S. der VwGO mit allen prozessualen Konsequenzen angesehen werden 1 1 8 . Ergänzungsschulen leisten demgegenüber Bildungsarbeit in Bereichen, um die sich der Staat weniger kümmert (z. B. Schauspielschulen). Einem lockeren Aufsichtsrecht des Staates entspricht hier i. d. R. nur eine Anzeigepflicht der Schulen. Noch weiter außerhalb des öffentlichen Bildungswesens befindet sich schließlich der individuelle Privatunterricht119, sowie die freien Unterrichtseinrichtungen ohne schulischen Charakter (z. B. Fahr- oder Tanz„schulen") 1 2 0 . Sie unterstehen dem Gewerberecht und genießen eine Art. 12 I GG entnehmbare, Art. 7 IV analoge Gründungsfreiheit. Dagegen ist der in der Bundesrepublik bislang noch zu sehr vernachlässigte Fernunterricht eine Sonderform der Unterrichtsvermittlung, deren sich sowohl das private wie das öffentliche Schulwesen bedienen können 1 2 1 . In den Fernunterricht werden allmählich die Massenmedien eingeschaltet („Tele-Kollegs" u. ä.) und seine öffentliche Kontrolle wird infolge kommerzieller Mißbräuche verstärkt (Zentralstelle für Fernunterricht als gemeinsame Ländereinrichtung) 1 2 2 .
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Zu dieser noch weiter zu differenzierenden Gliederung BVerwGE 12, 349ff.; 17, 41; BVerwG GewArch 1973, 241; Tenhof, RWS 1962, 133ff.; Hans Heckel, D Ö V 1964, 595ff.; Säcker / Pluemer, DVB1. 1971,537ff. Zur Zulässigkeit der Heraushebung einer Gruppe der Ersatzschulen als anerkannte Privatschulen BVerfGE 27, S. 195 ff. So mit Recht etwa BVerwGE 17,41; BVerwGE 4 5 , 1 1 7 ff.; Kulimann D Ö V 1959, 569 ff. und Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, 1976, Rdnr. 466; a. A. BGH VRspr 14, 156 (zu dieser Entsch. Hans Heckel, RWS 1961, 16; Menger, VerwArch 53 [1962], 280). Abwägend auch Evers, JuS 1967, 257 ff. OVG Münster VRspr 4 , 4 9 4 ff.; Potrykus, RdJ 1966, 41 ff. Dazu VGH München VRspr 9 , 6 2 9 ff.; Tenhof, RWS 1962,133 ff.; Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 150 f. Hans Heckel, RdJ 1965, 85ff.; Haagmann, Die deutschen Fernschulen, 1968; Storch, RdJB 1970, 85ff.; Heckeil Seipp, Schulrechtskunde, S. 151. Neufassung des Staatsvertrages über die Errichtung und Finanzierung der staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht vom 9. 7. 1974 (Text u. a. bad.-württ. GesBl. S. 270); Rahmenvereinbarung der KMK über das Verfahren bei staatlichen Abschlußprüfungen für Fernlehrgangsteilnehmer vom 15. 6. 1973 (GMB1. S. 298) und jetzt FernunterrichtsschutzG vom 24. 8. 1976 (BGBl. I, S. 2525); zum letzteren etwa Bartl, NJW 1976, 1993ff.; Dörner, BB 1977,1739ff.
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Die sehr komplexe Frage einer öffentlichen Subventionierungspflicht zugunsten des institutionell garantierten Privatschulwesens stellt sich vor allem bei den Ersatzschulen. Hier ergeben sich aus der grundsätzlichen Kostenersparnis des Staates, d e m Verbot der Besitzordnung und der Schlechterstellung der L e h r k r ä f t e sowie aus der Berücksichtigung der faktisch immer stärker steigenden Schulkosten beachtliche Argumente mindestens für einen rechtspolitischen Auftrag der L ä n der, die Existenz der freien Schulen auch finanziell zu sichern 1 2 3 .
5. Schul Verwaltung Neben der Blickrichtung auf die Formen der Einzelschule in den vorangehenden Abschnitten sind andere Teile der öffentlichen Schulordnung zu beachten, die z. T. über sie hinausführen. Dazu gehört die Schulverwaltung124. Im großen und ganzen umfaßt dieser Bereich alle verwaltende Tätigkeit im Schulwesen, die nicht Bildungsarbeit im Sinne des pädagogischen B e m ü h e n s von Lehrern an Schülern darstellt. Allerdings müssen Einschränkungen f ü r einen gewissen Komplex übergreifender Entscheidungen der obersten Schulbehörden gemacht werden, welche der Schulaufsicht (unten Ziff. 6) zuzuordnen sind. Davon abgesehen sind Gegenstand der Schulverwaltung also in erster Linie die äußeren Schulangelegenheiten (Verwaltungssachen), in Unterscheidung von den inneren Schulangelegenheiten (Bildungsarbeit). Diese Differenzierung läßt sich nicht überall konsequent durchhalten, ermöglicht aber immerhin eine Grobscheidung. So enthalten etwa die Schulverwaltungsgesetze verschiedener Länder vor allem Regelungen der äußeren Schulangelegenheiten 1 2 5 . Im näheren lassen sich eine Reihe grundlegender Funktionen der tung unterscheiden. Hierher gehören zunächst die organisatorischen
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Noch etwas weitergehend (Unterstützungsanspruch „dem Grunde nach" in bedrängter Lage) BVerwG E 23, 3 4 7 f f . ; 27, 3 6 0 f f . Ähnlich wie hier z. B. § 10 KMK-Beschluß vom 10./11. 8. 1951 B S / K M K Nr. 480; Hellmut Becker, D Ö V 1956, 601 ff.; Chr.-Fr. Menger / H.-U. Erichsen, VerwArch 57 (1966), 3 7 7 f . ; J. P. Vogel, D Ö V 1967, 17ff.; Leist, RdJ 1968, 37 ff.; Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 7, RdNr. 86. Noch zurückhaltender Hermann Weber, NJW 1966, 1798ff.; JZ 1968, 7 7 9 f f . ; Barion, D Ö V 1967, 5 1 6 f f . ; Rasenack, D Ö V 1974, 37 ff. Zum besonders subventionsfreundlichen Nordrh.-Westf. Berkenhoff, DVB1. 1962, 247 ff. Auch andere Länder erkennen über ihre Verfassungen und die einfache Gesetzgebung Zuschußpflichten an; vgl. etwa hess. ErsatzschulfinanzierungsG i. d. F. vom 14. 7. 1977 (GVB1. S. 319). Heckel / Seipp,Schulrechtskunde, S. 109ff.; Wolff / Bachof, V w R II, § 101; Oppermann, KulturverwR, S. 2 4 9 f f . ; Hans Heckel, Einführung, 1977, S. 4 0 f f . - Zur Reform Hellmut Becker, Neue Sammlung 1970, 5 4 5 f f . ; Seilschopp, RdJB 1970, 3 0 3 f f . ; Görg, Zur Entwicklung des Schulverwaltungsrechts, in: Demokratie und Verwaltung, 1972, S. 5 8 9 f f . ; Hans Heckel, RdJB 1974, 29ff.; Kuper, Demokratisierung von Schule und Schulverwaltung, 1977. Z. B. brem. SchulverwaltungsG vom 24. 7. 1978 (GesBl. S. 167).
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der Gründung, organisatorischen Änderung und Schließung von Schulen, einschließlich der Festlegung der Schulbezirke („Einzugsgebiete") für die einzelnen Schulen 126 . Es geht dabei in der Sache um Fragen von bedeutsamer bildungspolitischer Auswirkung (Schuldichte!), und die Verzahnung mit der Schulaufsicht ist daher eng 127 . Ferner gehört zur Schulverwaltung die Schulunterhaltung im weitesten Sinne 128 . Sie umfaßt die laufende Schulfinanzierung über die öffentlichen Haushalte, die Bereitstellung der erforderlichen Sachmittel (Gebäude u. s. f.), aber etwa auch Regelungen über Schulgeld-, Lern- und Lehrmittelfreiheit 1 2 9 bzw. umgekehrt das schulische Gebührenwesen. Schließlich ist an die Betreuung des Schulpersonals zu denken, d. h. an die Anstellung und allgemeine dienstrechtliche Betreuung der Lehrer und sonstigen Schulbediensteten. - Diese Grundfunktionen der Schulverwaltung sind im Recht der Bundesländer bis zu einem gewissen Grade unterschiedlich geregelt und werden von verschiedenen Organen wahrgenommen. Im großen und ganzen ergibt sich aber das Bild einer einigermaßen homogenen gemeindeutschen Verwaltungsstruktur. Institutionell hat die Frage nach der Gliederung der Schulverwaltung einen zweifachen Sinn. Bezüglich der Schulunterhaltung geht es um die Ermittlung des Schulträgers, d. h. des Rechtsträgers, der vor allem die Sachkosten und die Verwaltung der äußeren Schulangelegenheiten übernimmt, soweit sie außerhalb der Einzelschule zu erledigen sind. Als derartige Schulträger kommen vor allem in Betracht Gemeinden, Kreise, Schul-(zweck-) verbände und andererseits der Staat (d. h. die Länder) 1 3 0 . Ferner findet sich auch die Mischform der „staatskommunalen" Trägerschaft. — Bezüglich der Schulverwaltung (und Schulaufsicht) stellt sich institutionell die Frage nach dem Behördenzug131. Hier gehen die meisten Flächenstaaten unter den Bundesländern (BadenWürtt., Bay., Nieders., Nordrh.-Westf.) vom dreistufigen Aufbau aus: Untere Instanz (Schulamt, Schulrat, i. d. R. für Volks- und Realschulen zuständig) - Mittlere Instanz (Oberschulämter, Regierung, Schulkollegien, i. d. R. für die übrigen
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Dazu aus der Rspr: B V e r f G E 43, 198ff.; 45, 4 0 0 f f . ; O V G Koblenz A S 7, 3 7 3 f f . ; O V G Lüneburg D Ö V 1961, 7 9 3 f f . ; Bayer. V G H RWS 1963, 22ff. O V G Münster NJW 1978, 2 8 6 f f . Vgl. auch Erbel, D i e Verwaltung 1972, S. 173ff.; und Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Rdnr. 96 f. Geipel, Sozialräumliche Strukturen des Bildungswesens, 1966; Bildungsgefälle zwischen den Bundesländern = BT-Drucks. V / 4 6 0 3 . Zur überregionalen Abstimmung: KMK-Beschlüsse über den Schulhausbau vom 17./18. 5. 1966, BS/KMK Nr. 9 4 0 und über die Errichtung eines Schulbauinstituts in Berlin vom 5. 7. 1962, B S / K M K Nr. 941; Empfehlung des Deutschen Bildungsrates zur Sicherung der öffentlichen Ausgaben für Schulen, 1967. - Überblick etwa bei Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 9 6 f f . ; zur Berechnung der Schulkosten im besonderen Hans Heckel, D i e Sammlung, 1 9 5 3 , 1 9 7 ff. Dazu Kahlert, RdJB 1974, 38 ff. Einzelheiten bei Dittmann, Schulträgerschaft zwischen Kreisen und Gemeinden, 1978. Wolff-Bachof, V w R I I , § 101.
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Schularten zuständig) Oberste Instanz (Kultusministerium = Zentralinstanz für alle Schulen, unmittelbare Zuständigkeit z. T. für Gymnasien und Fachhochschulbereich). Berlin, Hessen und Rheinland-Pfalz kennen einen zweistufigen A u f b a u unter Verzicht auf die Unterinstanz, während in Schleswig-Holstein und im Saarland die Mittelinstanz entfällt. In Bremen und H a m b u r g vereinigt je eine einzige B e h ö r d e die drei E b e n e n . Wie derzeit das gesamte Schulwesen, so wird auch die Organisation der Schulverwaltung teilweise neu durchdacht. Reformbestrebungen zielen insbesondere auf eine stärkere Dezentralisierung der Schulverwaltung zugunsten einer stärker als bisher selbstverwalteten Schule 1 3 2 . D e r Autonomiegedanke berührt sich dabei in manchem mit den Vorstellungen einer Demokratisierung (auch) der Schule 1 3 3 .
6. Schulaufsicht Art. 7 I G G ( „ D a s gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates") kann als eine Fundamentalnorm der deutschen Bildungsverfassung angesehen werden. Sie wird, teilweise noch schärfer akzentuiert, in den Länderverfassungen durchweg wiederholt (z. B. Art. 56 I hess. Verf.: „Das Schulwesen ist Sache des Staates") 1 3 4 . Durch diese Verfassungsentscheidung wird klargestellt, daß ungeachtet aller sonstigen Anerkennung und Förderung anderer Erziehungsmächte (Gemeinden, Kirchen, Eltern, Privatschulträger) d e m Staat (d. h. im wesentlichen den Bundesländern) eine zentrale Stellung im Schulwesen zukommt. W a s diese Stellung im näheren beinhaltet, ergibt sich aus der Auslegung des „Aufsichts„begriffes im Sinne von Art. 7 I G G bzw. der entsprechenden Bestimmungen in den Länderverfassungen 1 3 5 . Die Vorstellung von der Schul„aufsicht" unterscheidet sich in Deutschland seit langem vom allgemeinen Aufsichtsbegriff. Während man unter Aufsicht im allgemeinen die Rechtmäßigkeitskontrolle über eigenberechtigte f r e m d e Tätigkeit versteht („Rechtsaufsicht"), verknüpft sich mit der Schulaufsicht der G e d a n k e an prinzipiell kaum begrenzte, inhaltlich bestimmende Leitungsfunktionen des Staates (Parlament und Kultusexekutive) sowohl in den äußeren wie in den inneren
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Zusammenfassend etwa Görg, a. a. O. (Fn. 124), Hans Heckel, RdJB 1974, 29ff.; Richter, BildungsverfR, 1973, S. 232 ff. und Bericht der Bildungskommission des Dt. BildR zur Reform von Organisation und Verwaltung, 1974. Dazu bereits oben II 2 d). Ferner KMK-Beschluß über Selbstverwaltung und Schule i. d. F. vom 28./29. 9. 1961, BS/KMK Nr. 920. Zusammenfassend neben den Kommentaren zu Art. 7 GG (z. B. Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG Art. 7, RdNr. 14ff.); Willich, Der Begriff der Schulaufsicht, 1955; Hans Peters, in: Bettermann / Nipperdey / Scheuner, GrundRe IV/1, S. 410ff.; Evers / FMM.VVDStRL 23 (1966), S. 199ff.; 92ff.; Wolff/ Bachof, VwR II, § 101; Oppermann, KulturverwR, S. 252 ff. ; ders., Grundsätze, 1976 C 47 f. ; Hans Heckel, Einführung, 1977, S. 40 ff.
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Schulangelegenheiten 1 3 6 . Die Schulaufsicht stand so der „Fachaufsicht" nahe, ging aber z. T. noch über diese hinaus. Klassische rechtswissenschaftliche Ausprägung fand dieser - vor allem in Auseinandersetzung mit der geistlichen Schulaufsicht entstandene — Schulaufsichtsbegriff durch Anschütz 1 3 7 . Unter der Verfassungslage des G G bedurfte diese weitgespannte Vorstellung der Revision. Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden (Art. 28 II G G ) , die „positive" Religionsfreiheit (Art. 4, 140 G G i. V. m. Art. 137 W R V ) , das Elternrecht (Art. 6 II G G ) , das Kindesrecht auf Persönlichkeitsentfaltung (Art. 2 I G G ) und die Privatschulfreiheit (Art. 7 IV G G ) — alle in den Länderverfassungen in Variationen wiederholt - stellen ihrerseits verfassungsrechtliche Positionen dar, die einen allzu einseitigen A k z e n t zugunsten der Gestaltungsrechte des Staates bei Art. 7 I G G nicht mehr möglich erscheinen lassen 1 3 8 . Eine wiederum andere Frage ist es, ob ein „usus m o d e r n u s " der Schulaufsicht unter dem G G bis zu ihrer Überführung in die Rechtsaufsicht gehen muß. Das ist zu verneinen. Einerseits hat die staatliche Schulaufsicht heute im Gegensatz zu früher jene eben genannten verfassungsrechtlichen Begrenzungen ihrer Gestaltungsmacht zu respektieren. Die A n n a h m e einer gänzlich unbeschränkten inhaltlichen Bestimmungsbefugnis des Staates ist daher ausgeschlossen. Die Schulaufsicht ist vielmehr in ihrer Intensität nach den jeweiligen Aufgaben und Sachgebieten zu differenzieren. D a b e i ist das staatliche Gesamtinteresse mit jenen anderen individuellen, institutionellen oder gruppenmäßigen Verfassungsrechten abzuwägen. So unterliegt der Schulaufsicht zwar das „gesamte" Schulwesen, sie ist aber in dessen Teilen (staatliche, kommunale, kirchliche, private Schulen) gradueller Abstufung fähig. Sie kann sich je nachdem als Fachaufsicht (Recht- und Zweckmäßigkeitskontrolle über äußere und innere Schulangelegenheiten), als Dienstaufsicht über die Lehrer oder nur als Rechtsaufsicht (z. B. bei Privatschulen) äußern. Neben diesen Formen der Fremdkontrolle liegt in der Schulaufsicht aber gleichzeitig die Befugnis des Staates zur eigenen maßgeblichen Festlegung inhaltlicher Normen in äußeren wie inneren Schulangelegenheiten (z. B. Festlegung des Unterrichtsstoffes in Rahmenrichtlinien, Lehrplänen und Stundentafeln, Prüfungsordnungen, Genehmigung von Schulbüchern, Ferienordnungen, Schuljahrbeginn, Bestimmung von Schultypen, Ausbildungsgängen, geographische Verteilung der Schulen, bauliche A n f o r d e r u n g e n usw. 1 3 9 . Art. 7 I G G enthält in diesem Sinne einen staatli136
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Zur hersch. Lehre heute: BVerfGE 34, 165 ff. (182) und erneut BVerfG, JZ 1978, 301 ff. (Sexualkunde); Bay VerfGH, D Ö V 1974, 672ff.; DVB1. 1975, 425ff.; BVerwGE 5, 153; 6, 101; 1 8 , 3 8 , 2 1 , 2 8 9 , 3 5 , 111; 47, 194ff., 201 ff. Komm, zur WRV, 14. Aufl. 1933, zu Art. 143, Anm. 2; zu Art. 144, Anm. 1. So auch R G Z 80, 345 ff.; Preuß. OVG 72, 239 ff. So besonders BVerfGE 34, 165 ff. (183) und erneut BVerfG JZ 1978, 301 ff. (Sexualkunde); aus der Lit. Hans Peters, a. a. O. (Anm. 135); Evers / Fuss, a. a. O.; Ehlers, DVB1. 1976, 615ff. Ähnlich auch Badura, Das Verwaltungsnomopol, 1963, S. 169; Kloepfer, D Ö V 1971, 837 ff. Vgl. etwa KMK-Richtlinien für die Genehmigung von Schulbüchern GMB1. 1972, S. 568; Dietze, DVB1. 1975, 3 8 9 f f . Zu den verfassungsrechtlichen Grenzen (z. B. Toleranz- und Pluralismusgebot) inhaltlicher Schulgestaltungsmacht Püttner, D Ö V 1974, 656ff.
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chen Bildungs- und Erziehungsauftrag Pflichtigen Charakters 1 4 0 . Diese Kompetenz rechtfertigt sich letztlich aus der Aufgabe des sozialstaatlich-daseinsvorsorgenden Gemeinwesens, ferner aus der staatlichen Integrationsfunktion. Inwieweit diese Kompetenz dabei, innerstaatlich gesehen, der Legislative oder Exekutive zusteht, wird vom Schulaufsichtsbegriff des Art. 7 I G G nicht entschieden. Maßgeblich ist insoweit das Kriterium, daß „wesentliche" Schulregelungen dem Parlaments- bzw. Gesetzesvorbehalt unterliegen 141 . Es gründet sich unmittelbar sowohl im Rechtsstaats- wie im Demokratieprinzip. Das Recht auf chancengleichen Bildungserwerb kann nur verwirklicht und gesichert werden, wenn das Schulwesen sowohl pädagogisch-inhaltlich als auch äußerlich-organisatorisch bundesweit ein Mindestmaß einheitlicher Ordnung aufweist. Bildungsplanung ist somit, rechtlich gesprochen, ein Teil der Schulaufsicht. Die gleichen Forderungen stellen sich vom Berufsleben her, das eines allgemein garantierten Mindeststandards im Schulunterricht bedarf, ferner etwa aus der Mobilität der modernen Industriegesellschaft, zu der die in Art. 11 G G bundesweit garantierte Freizügigkeit des Ortswechsels gehört. Über solchen Utilitarismus hinaus kann aber auch und gerade der freiheitlich-demokratische Staat nicht darauf verzichten, alle seine künftigen Bürger mit den grundlegenden staatsbürgerlichen Werten vertraut zu machen, deren Kenntnis und Respektierung im Sozialleben vorausgesetzt werden muß. Auch aus dieser Sicht kann die „inhaltliche Seite" der Schulaufsicht heute ebensowenig entbehrt werden wie früher. Die Staatspraxis faßt daher den „usus modernus" der Schulaufsicht zu Recht in ungefähr diesem Sinne auf 1 4 2 . Organisatorisch vollzieht sich die Schulaufsicht, soweit sie durch die Exekutive ausgeübt wird, über denselben Instanzenzug wie die allgemeine Schulverwaltung (oben Ziff. 5). Ihr eigentlicher Ort ist dabei die oberste Schulbehörde (Kultusministerium). In zunehmendem Maße beteiligen sich aber im Zeichen der „Wesentlichkeitstheorie" die Parlamente (Landtage u. u.) an den wichtigsten Fragen der Schulaufsicht.
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So ausdrücklich BVerfG, JZ 1978, 301 ff. (Sexualkunde), dazu Oppermann, JZ 1978, 289 ff. Entwicklung der „Wesentlichkeitstheorie" durch BVerfGE 33, 303ff., seither stand. Rspr. (vgl. oben Fn. 11). Zusammenfassend zur Entfaltung der parlamentarischen Schulaufsicht neben der kultusadministrativen: Hennecke, Staat und Unterricht, 1972, S. 105ff.; Löhning, Der Vorbehalt des Gesetzes im Schulverhältnis, 1974, S. 141 ff.; Oppermann, Grundsätze, 1976, C 48ff.; Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, 1976, Rdnr. 62ff.; Hufen, JA 1 9 7 7 , 7 3 ff., 128ff. Vgl. etwa § 32 b.-w. SchulG i. d. F. vom 3. 5. 1977 (GesBl. S. 133); § 55 hess. SchVG, Neufassung vom 4. 4. 1978 (GVB1. S. 231); § 100 nds. SchulG i. d. F. vom 28. 6. 1977 (GVB1. S. 233); § 84 rh.-pf. SchulG i. d. F. vom 23. 12. 1977 (GVB1. S. 460). - Zur Organisation der Schulaufsicht Vogelsangl Kurz, Schulmanagement 6 (1976), 23 ff.
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7 . Lehrer, Eltern, Schüler E i n e B e t r a c h t u n g des S c h u l w e s e n s k a n n sich nicht mit d e n I n s t i t u t i o n e n b e g n ü gen. Als Teil d e r K u l t u r o r d n u n g u n d d a m i t d e r W e l t des G e i s t e s ist das S c h u l w e sen stark p e r s o n a l g e p r ä g t . Seine r a t i o essendi sind nicht v e r w a l t e n d e E l e m e n t e , s o n d e r n die Bildungsarbeit der Lehrer an den Schülern ( u n t e r r i c h t e n d e V e r m i t t lung v o n K e n n t n i s s e n u n d F e r t i g k e i t e n sowie e r z i e h e r i s c h e E i n w i r k u n g e n ) . D a b e i e r g e b e n sich zur ä u ß e r e n O r g a n i s i e r t h e i t d e r Schule als „ S t a a t s v e r a n s t a l t u n g " mancherlei Gegensätze. Die moderne Tendenz einer „Demokratisierung" der Schule v e r s t e h t sich in d i e s e m D u a l i s m u s als H e r a u s b i l d u n g e i n e r R e i h e v o n R e c h t s p o s i t i o n e n z u g u n s t e n d e r drei g r o ß e n p e r s o n e l l e n G r u p p e n d e r L e h r e r , Eltern und Schüler143. Übergreifender G e d a n k e und Rechtfertigung für eine solche D e m o k r a t i s i e r u n g k a n n n e b e n A n a l o g i e n z u r a l l g e m e i n - p o l i t i s c h e n S t r u k t u r e n t s c h e i d e n d n u r d e r Wille sein, d e m B i l d u n g s e r f o l g als d e m e i g e n t l i c h e n m a t e r i e l l e n S c h u l z w e c k d u r c h E i n b a u v o n G e g e n g e w i c h t e n g e g e n e i n e zu einseitige ö f f e n t l i c h e S c h u l h o h e i t zu d i e n e n . a) Lehrer: G a n z b e s o n d e r s sind die L e h r e r in d i e D i a l e k t i k zwischen „ U n t e r r i c h t s b e a m t e n t u m " u n d p e r s o n a l e , p ä d a g o g i s c h e A n f o r d e r u n g hineingestellt. A u f d e r e i n e n Seite ist d e r L e h r e r als ö f f e n t l i c h e r B e d i e n s t e t e r (meist L a n d e s b e a m t e r ) in die a l l g e m e i n e n L a u f b a h n e n e i n g e o r d n e t u n d unterliegt d a m i t d e n R e g e l u n g e n des B e a m t e n - bzw. A n g e s t e l l t e n r e c h t s . N e b e n d e n g r u n d s ä t z l i c h e n T r e u e - u n d G e h o r s a m s p f l i c h t e n sowie V e r h a l t e n s p f l i c h t e n i n n e r - u n d a u ß e r h a l b d e s D i e n s t e s ist schulrechtlich b e s o n d e r s wesentlich die B e d i n g u n g a n die jeweils g e l t e n d e n V o r s c h r i f t e n d e r Schulaufsicht ü b e r d e n zu e r t e i l e n d e n U n t e r r i c h t 1 4 4 . A n d e r e , hier nicht n ä h e r zu v e r f o l g e n d e S o n d e r p r o b l e m e e r g e b e n sich i n s b e s o n d e r e a u s d e r E i n s t u f u n g d e r v e r s c h i e d e n e n L e h r e r l a u f b a h n e n u n t e r e i n a n d e r . Sie e n t z ü n d e n sich u. a. i m m e r w i e d e r an d e n d i e n s t r e c h t l i c h e n V e r g l e i c h e n zwischen d e m V o l k s s c h u l l e h r e r u n d d e r L e h r e r s c h a f t an d e n G y m n a s i e n ( „ P h i l o l o g e n " ) 1 4 5 . N e u e r -
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Grundsätzlich Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 23 f.; Oppermann, KulturverwR, 258 ff.; ders., Grundsätze, 1976 C 38 ff.; Nevermann / Richter, Rechte der Lehrer - Rechte der Schüler-Rechte der Eltern, 1977, insbes. S. 11 ff., 173 ff. Zum Lehrer-Beamtenrecht näher Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 189 ff.; Hall, Der Lehrer und sein Recht, 1975; Hans Heckel, Rechte und Pflichten des Lehrers in: Rechte der Lehrer - Rechte der Schüler - Rechte der Eltern, 1977, S. 29ff. Ferner die Darstellung des öffentlichen Dienstrechts oben von Münch, S. lff. - Zum hier nicht näher verfolgbaren Sonderkomplex der vom Lehrer verfassungsrechtlich zu fordernden „Verfassungstreue" siehe BVerfGE 39, 334ff.; BVerwGE 47, 330ff.; OVG Münster, NJW 1976, 1859; VGH Kassel, NJW 1977, 1843 f.; Stern, Zur Verfassungstreue der Beamten, 1974; E. Brandt, Die politische Treuepflicht der Lehrer nach dem „Radikalenbeschluß" des BVerfG in: Rechte der Lehrer - Rechte der Schüler - Rechte der Eltern, 1977, S. 62 ff. Zu dieser Problematik etwa Ziegenbein, RWS 1964, 166 ff.
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dings soll sie über die Konzeption des „Stufenlehrers" allmählich überwunden werden. D a b e i spielt die Ausgestaltung der Lehrerbildung (Verhältnis der Pädagogischen Hochschulen zu den Universitäten) eine besondere Rolle 1 4 6 . Ungeachtet der grundsätzlichen Bindung des Lehrers im Unterricht an die Normen der Schulaufsicht wird von der „pädagogischen Freiheit" des Lehrers gesprochen 1 4 7 . Soweit damit die Tatsache angesprochen wird, daß Unterricht als geistiger Austausch nie vollständig zu reglementieren sein wird, ist das Wort am Platze. In ungefähr diesem Sinne bedient sich auch moderne Schulgesetzgebung z. T. dieser Begrifflichkeiten und deutet damit eine Sondersituation des Lehrer-Beamtenstatus kraft Natur der Sache an 1 4 8 . Nicht möglich ist es dagegen, die pädagogische Freiheit des Lehrers im Sinne einer allgemeinen Analogie insbesondere zur L e h r freiheit des Hochschullehrers i. S. von Art. 5 III G G oder zu der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 I G G verfassungsrechtlich auszudeuten. Die Statuierung der Schulaufsicht in Art. 7 I G G in d e m oben Ziff. 6 näher dargelegten Sinne steht der Analogie zu Art. 5 III G G deutlich entgegen. Ebenso die Tatsache, daß die besondere Wissenschaftsfreiheit an den Hochschulen im Sinne von Art. 5 Abs. 3 G G die dort gegebene regelmäßige Forschungstätigkeit mit voraussetzt. Ferner gibt die beamtenrechtlich legitime (Art. 5 II G G ) Gehorsamspflicht keinen R a u m , pädagogische Eigenmächtigkeiten als Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 I G G rechtfertigen zu wollen. Sachlich ist die stärkere Bindung des Lehrers wiederum aus dem allgemeinen Staatsauftrag zu rechtfertigen, im Sinne des gleichen Rechtes auf Bildung für von örtlichen und personellen Zufälligkeiten möglichst unabhängige, qualitativ gleichwertige Schulbildung zu sorgen. Insofern hat der Staat in den Grenzen einer personal-pädagogischen Freiheit im obigen Sinne den allgemeinen Unterrichtsstandard zur Geltung zu bringen, und der Lehrer hat diese Forderungen zu akzeptieren. b) Eltern: Stärker als bei den Lehrern ergeben sich in der demokratischen Bildungsverfassung des G G Grenzen der staatlichen Schulgestaltungsmacht gegenüber den Eltern als den gesetzlichen Vertretern der eigentlichen Nutzer des Schulwesens. Art. 6 II S. 1 G G erklärt die Kindererziehung zum natürlichen Elternrecht 146 147
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Sie gehört in den Wissenschaftsbereich, vgl. Kimminich, oben S. 679. Zum folgenden von Münch, DVB1. 1964, 7 8 9 f f . ; Hans Heckel, Schulrecht und Schulpolitik, 1967, S. 193 ff.; Maunz / Dürig / Herzog/ Scholz, G G Art. 7, RdNr, 5 9 f f . ; Knemeyer, Lehrfreiheit, 1969, S. 41 f.; Kollatz, D Ö V 1970, 5 9 4 f f . ; Hantke, Meinungsfreiheit des Lehrers, 1973; E. Müller, RdJB 1977, 30 ff. - Extensive Auslegungen bei Perschel, D Ö V 1970, 34ff.; Stock, Pädagogische Freiheit und politischer Auftrag der Schule, 1971; Clevinghaus, RdJB 1975, 25; Beck, D i e Geltung der Lehrfreiheit des Art. 5 III G G für die Lehrer und Schüler, 1976. Zusammenstellung bei Hans Heckel, Schulrecht und Schulpolitik, 1967, S. 194ff. Vgl. auch B V e r w G E 12, 359. Aus der neueren Gesetzgebung etwa § 10 berl. SchulVerfG i. d. F. vom 20. 5. 1976 (GVB1. S. 1074); § 4 0 brem. SchulG i. d. F. vom 20. 2. 1978 (GesBl. S. 69); § 5 2 hess. SchVG, Neufassung vom 4. 4. 1978 (GVB1. S. 2 3 1 ) ; § 20 rh.pf. SchulG i. d. F. vom 23. 12. 1977 (GVB1. S. 4 6 0 ) ; § 28 saarl. SchOG i. d. F. vom 21. 6. 1978 (ABl. S. 674).
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und einer zuvörderst den Eltern obliegenden Pflicht. Art. 6 II S. 2 und Art. 7 I GG stehen allerdings einer Vorrangwirkung des Elternrechts gegenüber der staatlichen Schulaufgaben entgegen. Staatlicher und elterlicher Bereich sind ohne ausdrückliche Rangentscheidung voneinander abgegrenzt. - Zumindest im Schulbereich ist der staatliche Erziehungsauftrag dem elterlichen Erziehungsrecht nicht nach-, sondern gleichgeordnet. Die daraus resultierende gemeinsame Erziehungsaufgabe von Eltern und Schule ist in einem sinnvoll aufeinander bezogenen Zusammenwirken zu erfüllen 149 . Damit ist insbesondere der Gedanke einer Subsidiarität der staatlichen gegenüber der elterlichen Erziehung vom GG nicht aufgegriffen worden. Ungeachtet solcher Abgrenzungen erkennen das GG und die Länderverfassungen insgesamt den Eltern eine beachtliche Mitbestimmungsrolle („Sekundanzanspruch") im Schulwesen zu 150 . Sie äußert sich in mehrfacher Hinsicht. aa) Konfessionelle Komponente des Elternrechts: Im Vordergrund stand lange die konfessionelle Komponente, obwohl das Elternrecht auf sie keineswegs beschränkt ist. Obwohl Art. 6 II GG ein gesamtstaatliches subjektiv-öffentliches (Gruppen-)Recht der Eltern auf Entscheidung über die Form der öffentlichen Volksschule (Gemeinschafts- oder Bekenntnisschule) nicht gewährt, wird diese Entscheidung in der Länderschulreform seit 1965 stärker als früher von einem solchen elterlichen Wahlrecht abhängig gemacht 151 . Insofern kann Art. 6 II GG neben Art. 4 I GG („positive Religionsfreiheit") als Legitimationsgrund angesehen werden, der es dem grundsätzlich gesinnungsneutralen Staat gestattet, in bestimmten Situationen und in bestimmtem Umfang Eltern-Sonderwünschen nachzukommen. In diesen Zusammenhang gehören ferner die Elternrechte beim Religionsunterricht ihrer Kinder nach Art. 7 II GG. bb) Weltlich-demokratische (pädagogische) Komponente des Elternrechts: Die mehr weltlich-demokratische Seite des Elternrechts baut zunächst grundsätzlich auf der Vorstellung auf, daß der pluralistische Staat kraft seines Selbstverständnisses nicht alleiniger Erziehungsträger sein kann. Hieraus rechtfertigt sich die Privatschulfreiheit des Art. 7 IV, V GG, in welcher der staatliche Respekt vor dem Elternwillen mitschwingt 152 . - Ähnliches gilt für die durch die Rechtsprechung zu 149
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So ausdrücklich BVerfGE 34, S. 165 ff. (183) und erneut BVerfG JZ 1978, 301 ff. (Sexualkunde); dazu etwa Maunz, Fs. f. Scheuner, 1973, S. 419ff. und Oppermann, JZ 1978, 289ff. - Zur sonstigen Rechtsprechung Ossenbühl, AöR 98 (1973), S. 361 ff. Vgl. auch Dietze, Pädagogisches Elternrecht oder staatliches Erziehungsrecht in: Rechte der Lehrer-Rechte der Schüler-Rechte der Eltern, 1977, S. 137ff. Einzelheiten bei Liske, Elternrecht und staatliches Schuleiziehungsrecht, 1966; Richter, BildungsverfR, S. 44ff.; Oppermann, Grundsätze 1976, C 98ff.; speziell zu den landesgesetzlichen Regelungen Mickel, RdJB 1974, 363 ff. Dazu BVerwGE 5, 158; BVerwG DVB1. 1975, S. 428ff.; Geiger, Das Elternrecht, sein Inhalt und seine Anwendung heute im Bereich der Schule, 1967, S. 33ff.; Erwin Stein, Elterliches Erziehungsrecht und Religionsfreiheit, in: Friesenhahn/Scheuner, (Hrsg.), Hdb. d. Staatskirchenrechts der BRD, Bd. 2,1975, S. 455 ff. Hans Heckel, Deutsches PrivatschulR, 1955, S. 210; Stein / Joest / Dombois, Elternrecht, 1958; Walz, Protestantische Kulturpolitik, 1965.
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einem subjektiv-öffentlichen Recht erstarkte elterliche Bestimmungsmöglichkeit bei der Entscheidung über den Besuch weiterführender Schulen 1 5 3 . Im Z u g e der modernen Bildungswerbung („Recht auf Bildung") ergeben sich hier schwierige Abwägungsprobleme zwischen dem Bestimmungsrecht der Eltern und einer vom Staat in Anspruch genommenen Befugnis, am besten zu wissen, was der Z u k u n f t der Kinder dient 1 5 4 . Auf jeden Fall untersagt Art. 6 II G G , den Willen der Eltern hier einfach beiseite zu schieben, etwa in der Weise, daß der Staat im weiterführenden Schulwesen nur noch eine „Einheitsschule" als alleinigen Typus zur V e r f ü gung stellt und so das Wahlrecht der Eltern aushöhlt 1 5 5 . Im übrigen können Normen wie § 1666 B G B oder § 1 J W G bei der schulrechtlichen Abgrenzung des Elternrechts einige Anhaltspunkte geben. - Ferner werden die Eltern über die Länderschulgesetzgebung, z. T. auch über Verwaltungsvorschriften, in Gestalt von Elternräten, Schulpflegschaften u. ä. mit der Einzelschule verbunden, bisweilen auch durch schulübergreifende Einrichtungen bis zu Landeselternräten zu Fragen der Schulaufsicht und Gesetzgebung hinzugezogen 1 5 6 . Die Funktionen der Eltern sind dabei meist beratender Natur, werden neuerdings aber z. T. ausgedehnt. c) Schüler: Unter der Bildungsordnung des G G und der Länderverfassungen hat sich auch der Schüler zunehmend vom O b j e k t elterlicher oder öffentlicher Erziehungsansprüche („Schulbenutzer") zum Inhaber gewisser Eigenrechte gegenüber der staatlichen Schulgewalt entwickelt. Allerdings setzt der altersbedingte Reifegrad große Teile der Schülerschaft den Versuchen eines Ausbaues subjektiv-öffentlicher Schülerrechte offenkundige sachbedingte Grenzen. A u ß e r d e m ist die Schule ihrerseits dazu gedacht, eine geistige Mündigkeit überhaupt erst mit zu vermitteln, welche anschließend die vollberechtigte Teilnahme am Sozialleben ermöglicht. - Andererseits ist zu berücksichtigen, daß ernstgenommene G r u n d rechte wohl nicht mittels des gesetzgeberischen A k t e s der Volljährigkeitserklärung (§ 2 B G B ) ab einer bestimmten Altersgrenze automatisch verliehen werden, sondern d e m einzelnen elementar-personal zustehen. Das Kind hat so z. B. das
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Oben Ziff. 3. - Allgemein zum weltlich-demokratischen oder pädagogischen Elternrecht; Erwin Stein, JZ 1957, S. 11 ff.; Geiger (Anm. 151); Wimmer, DVB1. 1967, S. 8 0 9 f f . ; Walter Becker, RdJB 1973, S. 2 1 0 f f . Dazu O L G Schleswig, Schleswig.-Holst. Anz. 1957, 280; BVerfG E 24, 1 1 9 f f . (den Vorrang des Elternrechts sehr betonend); von Campenhausen, Erziehungsauftrag und staatliche Schulträgerschaft, 1967, S. 3 8 f . Betont „elternfreundlich" B V e r f G E 34, S. 165 ff. (184). B V e r f G E 45, 4 0 0 f f . ( 4 1 6 ) stellt die Verpflichtung des Staates klar mehrere alternative Schultypen den Schülern und Eltern zur Wahl zu stellen. Vgl. ferner Ossenbühl, Verfassungsrechtliche Probleme der Kooperativen Schule, 1977. Z. B. hess. G über die Mitbestimmung der Erziehungsberechtigten und den Landesschulbeirat i. d. F. vom 14. 7. 1977 (GVB1. S. 319) Weitere Nachweise bei Wolff / Bachof, V w R II, § 101. Überblicke bei Evers / Dietze, Zur Mitbestimmung in der Schule, 1970. Mickel, RdJB 1 9 7 4 , 3 6 3 ff.
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Grundrecht, seine Persönlichkeit zu ^entfalten", aber auch erzogen zu werden 1 5 7 . Auf diese Weise hat sich die Vorstellung einer dem natürlichen Reifeprozeß entsprechenden besonderen „Grundrechtsmündigkeit" des Schülers ergeben 1 5 8 . Für sie gibt etwa auch die besondere „Religionsmündigkeit" nach § 5 des G über die religiöse Kindererziehung (i. d. R. 14 Jahre) ein Beispiel ab. Die Grundrechtsmündigkeit ist vor allem für die Schüler der oberen Klassen von Bedeutung. Praktisch äußert sie sich dort etwa in Gestalt einer gewissen A n e r k e n n u n g politischer Grundrechte (z. B. Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit) innerhalb des besonderen Gewaltverhältnisses der Lehranstalt 1 5 9 . Eine besondere Rolle spielt auch die inzwischen einschließlich des (Vor)Zensurverbotes von der Kultusverwaltung mehr und mehr arterkannte Pressefreiheit für Schülerzeitungen 1 6 0 . Ähnlich wie für die Eltern haben sich auch Formen der Schülermitgestaltung oder -mitverwaltung innerhalb der Schule vielerorts herausgebildet 1 6 1 . Auch hier setzt freilich der alters- und ausbildungsmäßige Reifegrad der Schüler Grenzen. Eigentlicher Sinn der Einbeziehung der Schüler in organisatorische Schulfunktionen ist selbst ein pädagogischer. Die Mitverantwortung über die Berufung in Schulämter (Vertrauensschüler, Klassensprecher, Schülerausschüsse, Schülerparlamente) stellt sich im Sinne einer Erziehung zur Selbstverantwortung als M a ß nahme im R a h m e n staatsbürgerlicher Bildung im weitesten Sinne dar. N e u e r e Tendenzen einer Schülermitbestimmung (oder „Schülervertretung") in der Schule gehen in der Forderung z. B. auf Beteiligung bei Disziplinarfallen, bei der L e h r stoffauswahl und bei Noten- und Versetzungskonferenzen allerdings noch wesentlich weiter 1 6 2 . Die optimale Grenze zwischen förderlicher Demokratisierung und 157
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BVerfGE 24, 119ff.; 45, 417; JZ 1978, 301 ff. Ekkehart Stein, Das Recht des Kindes auf Selbstentfaltung in der Schule, 1967; Hill, RdJB 1971, 231 ff. Oppermann, Grundsätze, 1976, C 82 ff. Hildegard Krüger, FamRZ 1956, 329ff.; Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, zu Art. 19 III, RdNr. 20; Kuhn, Grundrechte und Minderjährigkeit, 1965; Reuter, Kindesgrundrechte und elterliche Gewalt, 1968; Steffen, RdJB 1 9 7 1 , 1 4 3 f f . ; Flüggel Quaritsch, Schulmündigkeit und Schul vertrag, 1971; Franke, Grundrechte des Schülers und Schulverhältnis, 1974. V G H Bad.-Württ., DVB1. 1976, 638f.; Perschel, D i e Meinungsfreiheit des Schülers, 1962; ders., RdJ 1968, 289ff. (zum sog. Demonstrationsrecht); Berkemann, RdJB 1974, 8ff. (politische Rechte); ders., Die „politischen Rechte" des Schülers, in: Rechte der Lehrer - Rechte der Schüler - Rechte der Eltern, 1977, S. 102ff.; Kästner, D Ö V 1977, 500ff. Gesetzliche Regelung in § 67 nds. SchulG i. d. F. vom 28. 6. 1977 (GVB1. S. 233). Von Münch, RdJ 1957, 371 f f . ; Perschel, RWS 1963, 225ff.; Brenner, Das Recht der Schülerzeitungen, 1966; Leuschner, Das Recht der Schülerzeitungen, 1966; Schock, Schülerpresserecht, 1971. Die Nachweise aus der Schulgesetzgebung bei Wolff / Bachof, VwR II, § 101. Im einzelnen W. Scheibe / Fr. Bohnsack / K. Seidelmann, Schülermitverantwortung, 1966; Hethgy, RdJB 1970, 72ff.; Nevermann, a. a. O. (Fn. 51), S. 191 ff. Insoweit aufgeschlossen KMK-Beschluß vom 3. 10. 1968 zur Schülermitverantwortung und KMK-Beschluß vom 25. 5. 1973 zur Stellung des Schülers in der Schule (Text u. a. RdJB 1973, 235ff.) Vgl. auch Perschel, RdJ 1966, 57ff.; 94ff; Czymek, RdJ 1968, 42ff.; Dietze, Mitbestimmung als Strukturprinzip der demokratischen Schulreform, 1974.
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Beeinträchtigung des fachlichen Bildungsauftrages der Schule muß allerdings jeweils im einzelnen überdacht und gesucht werden. Ein „politisches Mandat" können öffentlich-rechtlich und schulbezogen organisierte Schülervertretungen nicht wahrnehmen, da dies einen Mißbrauch ihres Auftrages bedeutete, alle Schüler zu vertreten.
8. Berechtigungen Zwar widerspricht es dem Ideal menschlicher Bildung, auf welche das Schulwesen nach seinem sachlichen Auftrag angelegt ist, sich in formalen abschließenden Beurteilungen zusammenfassen zu lassen 163 . Jedoch vermag die Schule sich unter den Bedingungen einer modernen Industriegesellschaft, die sich zum Recht auf chancengleiche Bildung bekennt, weniger denn je der Aufgabe zu entschlagen, eine Art erste Verteilungsstelle im Hinblick auf spätere berufliche Laufbahnen zu sein. Aus diesem Grunde behalten die schulischen Berechtigungen ihre schulrechtliche und berufliche Bedeutung weiter 164 . Dabei gewähren die durch eine Prüfung oder die Beendigung eines Ausbildungsganges erworbenen Qualifikationen („Berechtigung") nicht etwa subjektiv-öffentliche Rechte, sondern schaffen lediglich die Voraussetzung, überhaupt erst eine weiterführende Ausbildung oder einen Beruf nach deren jeweiliger Regelung einschlagen zu können. Wesentliche schulrechtliche Berechtigungen sind die Mittlere Reife (z. B. Voraussetzung zum Besuch von Berufsfachschulen), Fachhochschulreife (zum Besuch von Fachhochschulen) und vor allem das Reifezeugnis des Gymnasiums (gewährt die volle Hochschulreife) 165 . Berufsrechtlich ist z. B. die Verbindung zwischen schulischer Berechtigung und Laufbahngestaltung des Beamtenrechts von wesentlicher Bedeutung ( § 1 3 BRRG: Einfacher und mittlerer Dienst: erfolgreicher Besuch einer Volksschule; gehobener Dienst: erfolgreicher Besuch einer Mittelschule, faktisch meist Reifezeugnis des Gymnasiums; höherer Dienst: abgeschlossenes Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule). Berufsrechtlich sind die schulischen Berechtigungen als zumindest indirekte subjektive Zulassungsvoraussetzungen grundsätzlich an Art. 12 II GG zu messen.
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Zum Grundsätzlichen Heckel / Seipp, Schulrechtskunde, S. 44ff.; Hans Heckel, Schulrecht und Schulpolitik, 1967, S. 170ff.; Oppermann, KulturverwR, S. 267f.; Dietze, JZ 1976,114ff. KMK-Beschluß über Grundsätze zum Berechtigungswesen vom 3 0 . 6 . / 1 . 7. 1954, BS/KMK Nr. 1830; Reuter, RWS 1963, 73 ff. Scheuerl, Probleme der Hochschulreife, 1962. - Aus dem Berechtigungscharakter des Abiturs ergibt sich bei Mangel an Studienplätzen die Forderung nach bundesweit vergleichbarer „Normierung" des Abiturs. Die von der KMK vorbereiteten „Normenbücher" werfen aber ihrerseits rechtsstaatliche und föderalistische Verfassungsprobleme auf, vgl. Perschel, Verfassungsrechtliche Probleme der Normenbücher, in: Flitner / Lenzen (Hrsg.), Abiturnormen gefährden die Schule, 1977, S. 41 ff.
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III. Ergänzende Bildungsformen 1. Erwachsenenbildung Neben dem nach seiner allgemeinen Bedeutung im Vordergrund stehenden Schulwesen umfaßt die deutsche Bildungsordnung seit jeher verschiedene ergänzende Bildungseinrichtungen. Unter ihnen ist zunächst die Erwachsenen- oder Weiterbildung zu nennen 166 . Allgemein kulturverwaltungsrechtlich gesehen steht sie zwischen Bildungs- und Wissenschaftsbereich. Vor allem die weitgehende Priorität des Lehrens unter Zurücktreten der Forschung legt es nahe, die Einrichtungen der Erwachsenenbildung grundsätzlich dem Bildungswesen und nicht der Wissenschaft zuzurechnen. Typisch für die schon seit Ende des 19. Jahrhunderts entstandenen, nach 1945 wieder erneuerten Einrichtungen der Erwachsenenbildung ist die gleichzeitige Initiative aus dem staatlichen und dem gesellschaftlichen Raum. Das GG nimmt zur Erwachsenenbildung nicht unmittelbar Stellung. Uber die Anerkennung der Meinungs-, Informations-, Lehr-, Versammlungs-, Vereinigungs- und Berufsfreiheit (Art. 5, 8, 9, 12 GG) schafft es aber die Voraussetzungen für die grundsätzlich freie Aufnahme und Ausübung außerschulischer Bildungstätigkeit. Die Mehrzahl der Länderverfassungen bekennt sich darüber hinaus in Anlehnung an den früheren Art. 148 IV WRV ausdrücklich zur Förderung der Erwachsenenbildung 167 . In einigen Ländern konkretisieren besondere Gesetze die staatliche Förderung der Erwachsenen- oder Weiterbildung 168 . Faktisch gesehen sind Träger der Erwachsenenbildung auch selten rein gesellschaftliche Kräfte. Im Vordergrund stehen vielmehr die Gemeinden als Träger und Förderer und nach ihnen die Kirchen, die oftmals mit den Kommunen eng zusam166
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Oppermann, KulturverwR, S. 269ff.; Knoll, Erwachsenenbildung, 1972; Beckel, in: Fg. f. Hefermehl, 1972, S. 485ff.; Keimbungenstab (Hrsg.), Grundlagen der Weiterbildung, 1973 (Loseblatt); Sehling, Rechtliche Grundlagen der Ausbildung und Fortbildung im außerschulischen Bereich, 1974. Feidel / Merz, Erwachsenenbildung in der BRD seit 1945, 1976; Sauer, Erwachsenenbildung, 1976; Bockemühl, RdJB 1977, 188ff. Überblick bei Beckel, Fg. f. Hefermehl, 1972, S. 485 ff.; ders., RdJB 1976, 297 ff.; Bockemühl, RdJB 1976, 300ff. Ferner KMK-Empfehlung vom 16./17. 1. 1964 zugunsten einer „Grundsatzordnung für die Förderung der Erwachsenenbildung" ( = im wesentlichen Übernahme des Gutachtens des Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen über die Erwachsenenbildung von 1960). Bayer.G zur Förderung der Erwachsenenbildung vom 24. 7. 1974 (GVB1. S. 368), brem. WeiterbildungsG i. d. F. vom 18. 2. 1975 (GesBl. S. 95); hess. G zur Förderung von Einrichtungen der Erwachsenenbildung, Neufassung vom 9. 8. 1978 (GVB1. S. 501); nds. G zur Förderung der Erwachsenenbildung i. d. F. vom 22. 6. 1977 (GVB1. S. 190); nordrh.-westf. G zur Ordnung und Förderung der Weiterbildung i. d. F. vom 5. 7. 1977 (GVB1. S. 448); rh.-pfälz. WeiterbildungsG vom 14. 2. 1975 (GVB1. S. 77); saarl. G zur Förderung der Erwachsenenbildung i. d. F. vom 17. 12. 1975 (ABl. 1976, S. 1).
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menarbeiten 1 6 9 . Schließlich unterstützt der Staat die Erwachsenenbildung vor allem finanziell. Das gilt nicht nur für die Länder, sondern auch für den Bund, der u. a. Mittel des Bundesjugendplanes für diese Zwecke einsetzt. Auf diese Weise sind die Einrichtungen der Erwachsenenbildung in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt gesehen zwar nicht als unmittelbare Veranstaltung des Staates anzusprechen, wohl aber als weithin öffentliche oder öffentlich geförderte Institutionen, deren Bedeutung im Zeichen des Bildungsurlaubs zukünftig wesentlich zunehmen dürfte. Über Arbeitszeitverkürzung, Bildungsurlaub und ähnliche Sozialmaßnahmen dürfte der Gedanke der Erwachsenenbildung in seiner modernen Variante der Weiterbildung („Life-long-learning") künftig weiter kräftige Förderung erfahren 1 7 0 . a) Volkshochschulen: Kernstück der Erwachsenenbildung ist seit Anfang dieses Jahrhunderts die Volkshochschule 171 . Sie dient über allgemein zugängliche Vorträge, Kurse, Arbeitsgemeinschaften und Seminare in grundsätzlich unbeschränkter Thematik dem Fortbildungsbedürfnis einer breiten und in sich wenig homogenen Hörerschaft. Neben dem in erster Linie angesprochenen Erwachsenen mit abgeschlossener Schulbildung können auch Jugendliche die Volkshochschule besuchen. Im Gegensatz etwa zum zweiten Bildungsweg ist für die Volkshochschule die Vermittlung von Allgemeinbildung in einem geradezu klassischen nichtutilitaristischen Sinne typisch. Gedanken einer Straffung des Bildungsauftrages der Volkshochschule als „3. Bildungsweg" stehen noch in den Anfängen, ebenso die Einschaltung der Massenmedien. Insbesondere verleiht die Volkshochschule keine Berechtigungen. Institutionell finden sich die Haupttypen der Heim- und vor allem der Abendvolkshochschule, die i. d. R. einer Gemeinde entweder unmittelbar als Anstalt eingegliedert ist oder von ihr in Gestalt eines privatrechtlichen Vereins personell und materiell getragen wird. Ferner findet häufig Zusammenarbeit mit großen Sozialverbänden (z. B. Gewerkschaften, Bauernorganisationen) statt. Der Lehrkörper der Volkshochschulen ist noch ziemlich heterogen. Neben wenigen hauptamtlichen Stellen überwiegt der freie, nebenberuflich an der Volkshochschule tätige Dozent, der über einen Dienstvertrag verpflichtet wird. Die neue Gesetzgebung sieht auch insofern statusrechtliche Verbesserungen, insbesondere
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Berger, Kirche und Erwachsenenbildung, 1957; G. Scherer / A. Beckel / F. Pöggeler, Gemeinde und Erwachsenenbildung, 1958; Sauberzweig, StT 1975, S. 183ff. Vgl. brem. BildungsurlaubsG vom 18. 12. 1974 (GesBl. S. 348); hamb. BildungsurlaubsG vom 21. 1. 1974 (GVB1. S. 6); hess. G über d. Anspruch auf Bildungsurlaub vom 24. 6. 1974 (GVB1. S. 300); nds. G über d. Bildungsurlaub für Arbeitnehmer, Neufassung vom 17. 1. 1974 (GVB1. S. 569). Zu verfassungsrechtlichen Fragen des Bildungsurlaubs Arndt, BB 1974, 1399; ferner Beinke, RdJB 1977, 203ff.; Gola, Bildungsurlaub im Arbeitsverhältnis, 1977. Volkshochschule, Hdb. f. Erwachsenenbildung, 1961. A. Röttgen / H. Dolff/ W. Küchenhoff, Die Volkshochschule in Recht und Verwaltung, 1962; Gedanken zur Volkshochschule neuen Typs, 1965. Scheel, Bulletin 1976,1193ff.
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eine stärkere personelle Durchlässigkeit zwischen allgemeinem (öffentlichen) und ergänzendem Bildungswesen vor 172 . An der Universität Bochum wurde 1965 der erste Lehrstuhl für Erwachsenenbildung geschaffen, an dem sich Volkshochschuldozenten fortbilden können 1 7 3 . In Fortführung einer längeren Tradition ist das deutsche Volkshochschulwesen über den Deutschen Volkshochschulverband e. V. verhältnismäßig stark überregional verflochten. Die länderverfassungsrechtlich und gesetzlich niedergelegten Förderungspflichten werden von den Ländern und Gemeinden neben der Übernahme der Trägerschaft meist durch Zuschüsse zu den laufenden Kosten der Volkshochschulen effektuiert. Soweit in den einzelnen Ländern einfach-gesetzliche Regelungen vorliegen, besteht ein Anspruch auf diese Förderung. Im übrigen werden die Mittel nach dem Ermessen der Vergabebehörden zugeteilt, da die erwähnten Verfassungsbestimmungen nicht im Sinne von Rechtsansprüchen der Einrichtungen der Erwachsenenbildung gegen die öffentliche Hand ausgelegt werden können. b) Volksbüchereien: Ähnlich werden auch die Volksbüchereien („öffentliche Büchereien") als zweite wesentliche Institution der Erwachsenenbildung von der öffentlichen Hand gefördert 1 7 4 . Auch hier stehen die Gemeinden im Vordergrund (Bereitstellung von Gebäuden, Personalanstellung, Etat). Aber auch die Länder, z. T. sogar überregional in der KMK, wirken mit, z. B. über die Einrichtung staatlicher Büchereistellen zur fachkundigen Beratung der einzelnen Bibliotheken, Förderung der Ausbildung und Besoldung des Volksbibliothekarpersonals und Zuschüsse zu den kommunalen Etats 1 7 5 . Die rechtliche Zusammenfassung dieser Förderungsmaßnahmen in dem oftmals geforderten „Büchereigesetz" ist bisher noch nirgends erfolgt. c) Volksbühnen: Das Volksbühnenwesen als ein dritter Bereich wird wesentlich auf vereinsmäßiger Grundlage getragen. Die privatrechtliche Konstruktion ermöglicht dabei den überregionalen Verbund im Verband der Deutschen Volksbühnenvereine bzw. im Bund der Theatergemeinden. Auch das Volksbühnenwesen wird von den Ländern und Gemeinden in verschiedener Form subventioniert (z. B. bei der Veranstaltung der Ruhrfestspiele).
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Vgl. etwa § 9 nds. ErwachsenenbildungsG i. d. F. vom 2 2 . 6 . 1977 (GVB1. S. 190); Art. 13 bayer. G zur Förderung der Erwachsenenbildung vom 24. 7. 1974 (GVB1. S. 368). KMK-Beschluß vom 28./29. 10. 1965 zur Beteiligung der wissenschaftlichen Hochschulen an der Erwachsenenbildung, BS/KMK Nr. 1987; ferner KMK-Beschluß v. 24. 2. 1971 zum Lehrpersonal an Volkshochschulen (Besoldung), GMB1. 1971, S. 138; J.-H. Knoll / G. Wodraschke, Erwachsenenbildung am Wendepunkt, 1967. Hugelmann, Die Volksbücherei, 1952. KMK-Beschluß vom 16./17. 11. 1951 über die bibliothekarische Ausbildung an Büchereischulen, BS/KMK Nr. 2120.
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Thomas Oppermann 2. Staatsbürgerliche (Politische) Bildung
In einem ganz allgemeinen Sinne bedarf der demokratische Staat der aktiven Mitwirkung seiner Bürger in den öffentlichen Angelegenheiten, weil er aus ihrem Gemeinwillen seine Legitimation ableitet. Aus diesem Grund muß er Anstrengungen unternehmen, um die Kenntnis, das Verständnis und die Wahrnehmung der staatsbürgerlichen Rechte zu fördern 1 7 6 . Hieraus ergibt sich ein besonderer ergänzender Bildungsauftrag zur staatsbürgerlichen Erziehung, der schon in Art. 148 III W R V verfassungsrechtlichen Ausdruck gefunden hatte 1 7 7 . Während das GG leider hierzu schweigt, bekennt sich die Mehrzahl der Länderverfassungen zu dieser Aufgabe (z. B. Art. 21 bad.-württ. Verf.) 1 7 8 . Im näheren vollzieht sich die staatsbürgerliche oder politische Bildung in verschiedener Form. Der Schwerpunkt liegt in ihrer Einfügung in den öffentlichen Schulunterricht, vor allem über das Fach Gemeinschafts-(oder Sozial-)kunde 1 7 9 . Aber auch Einrichtungen wie die Schülermitverwaltung können als eine Art praktische Einübung in staatsbürgerliches Verhalten begriffen werden. Auch innerhalb der Bundeswehrausbildung wird staatsbürgerlichem Unterricht im Sinne der Erziehung zum „Bürger in Uniform" Platz eingeräumt 1 8 0 . Bis zu einem gewissen Grade wird auch die Förderung der politischen Wissenschaft (als „Demokratiewissenschaft") an den Hochschulen unter ähnlichen Aspekten betrieben 1 8 1 . Daß ein Gelingen staatsbürgerlicher Bildung nicht nur Kenntnisse von den Formalien der Demokratie voraussetzt, sondern die Anverwandlung ihrer tragenden Grundsätze, kann hier nur angemerkt werden 1 8 2 . Außerhalb des Schulwesens im weitesten Sinne wirken Bund und Länder über besondere nichtrechtsfähige Anstalten (z. B. Bundeszentrale für politische Bildung und entspr. Landeszentralen) auf die staatsbürgerlichen Vorstellungen der Gesamtbevölkerung mit publizistischen Mitteln und indirekter finanzieller Bezuschussung über weitere Gesellschaften und Vereine ein, die sich der politischen Bildungsarbeit widmen 1 8 3 . 176 177
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Dazu Herbert Krüger, Staatsl., S. 2 1 4 f f . Litt, Wesen und Aufgabe der politischen Erziehung, 1964. C. Kniffler / H. Schlette, Politische Bildung in der B R D , 1967; Oppermann, KulturverwR, 1969, 2 7 5 f f . ; Strelewicz, Aktuelle Probleme der politischen Bildung, 1973 ( = A u s Politik und Zeitgeschichte, B 3 / 7 3 ) ; Behr, Strukturprobleme der politischen Bildung, 1973 ( = Aus Politik und Zeitgeschichte B 5 / 7 3 ) . Weitere Nachweise bei Oppermann, a. a. O. (Anm. 177). Wasser, Politische Bildung am Gymnasium, 1967; Schörken, Streitpunkte des Politikunterrichts, 1976 ( = PuZ 8 / 1 9 7 6 ) . § 33 SoldatenG i. d. F. vom 19. 8. 1975 (BGBl. I, S. 2273); Grosse, Soldat und politische Bildung, 1968 ( = A u s Politik und Zeitgeschichte, B 8/68). Hennis, in: Fg. f. Carlo Schmid, 1962, S. 9 6 f f . ; Busshoff, Politikwissenschaft und politische Bildung, 1967 ( = A u s Politik und Zeitgeschichte, B 1 7 / 6 7 ) . Dazu Thielicke, An die Deutschen, 4. Aufl. 1962, S. 15 f.; Raasch, RdJ 1965, 66ff. Zur Bundeszentrale für politische Bildung die Erlasse des BMI vom 25. 11. 1952 (GMB1. S. 318) und vom 18. 5. 1963 (GMB1. S. 214); Franken, in: StaatsL., Bd. II, Sp. 3 0 3 f.
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3. Jugendbildung Neben Erwachsenen- und staatsbürgerlicher Bildung steht als drittes ergänzendes Bildungsbemühen des Gemeinwesens die außerschulische Betreuung der Jugend. Es handelt sich hier um einen außerordentlich breiten Katalog von M a ß nahmen, die öfter in einer nicht sehr festgelegten Terminologie unter der Vorstellung der Jugendwohlfahrt oder auch der Jugendförderung zusammengefaßt werden. D i e aus bildungsrechtlichem Blickwinkel interessierenden Aspekte der Jugendbildung stellen dabei nur einen Ausschnitt aus dem Gesamtspektrum jugendfördernder M a ß n a h m e n dar 1 8 4 . D e r G e d a n k e der Jugendbildung läßt sich am besten unter den beiden Stichworten Jugendpflege und Jugendschutz zusammenfassen. Bei ihnen geht es in besonderem Maße um erzieherisch-kulturelle Einwirkungen des Staates in die Welt der Jugend außerhalb der Schule, während bei der hier nicht zu behandelnden allgemeinen Jugendwohlfahrt (u. a. Jugendfürsorge, Jugendarbeitsschutz, letztlich auch Jugendstrafrecht) soziale Aspekte stärker im Vordergrund stehen 1 8 5 . Allerdings gehen die Begrifflichkeiten vielfältig ineinander über. So wird insbesondere die legislative Bundeszuständigkeit für M a ß n a h m e n der Jugendpflege und des Jugendschutzes einer extensiven Auslegung des Begriffes der „öffentlichen Fürsorge" i. S. des Art. 74 Ziff. 7 G G entnommen 1 8 6 . a) Jugendpflege: Nicht unähnlich der Erwachsenenbildung findet in der Jugendpflege eine weitgehende Kooperation zwischen öffentlichen Einrichtungen und gesellschaftlicher Aktivität statt 1 8 7 . A u c h die in einigen Ländern ergangenen Gesetze zur Förderung der außerschulischen Jugendbildung weisen dem Staat im wesentlichen eine nur fördernde und vor allem finanziell unterstützende Rolle zu, wiewohl auch hier, ähnlich der Entwicklung in der Erwachsenenbildung, eine T e n denz zu stärkerer staatlicher Mitwirkung deutlich erkennbar wird 1 8 8 . Als öffent-
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Hans Heckel, RdJ 1958, 145 ff.; Harrer, Jugendwohlfahrtskunde, 7. Aufl. 1977; Heckeil Seipp, Schulrechtskunde, S. 377ff.; Oppermann, KulturverwR, S. 277ff.; G. Kaiser, Gesellschaft, Jugend und Recht: System, Träger und Handlungsstile der Jugendkontrolle, 1977; vgl. auch oben Wertenbruch, S. 323. Zu den Abgrenzungen etwa die Kommentare zum JWG; Jans-Happe, 1973; Krug, 1974ff.; Die Rechtsgrundlagen bei P. Seipp / M. Schnitzerling / W. Perschel, Hdb. d. ges. Jugendrechts, 1950ff. (Losebl.-Ausg.). BVerfG E 22,180ff.; BVerwG E 19,94. Kritisch Bettermann, AöR 83 (1957), 91 ff.; Ute, DVB1.1965,580 ff. Riedel, RWS 1964, 272ff.; Stettner, RdJ 1965, 179ff.; 207ff.; 232ff.; Jans, RdJB 1972, 343 ff. Vgl. die Gesetze der Länder. Baden-Württemberg vom 6. 5. 1975 (GesBl. S. 254); Bremen vom 1. 10. 1974 (GesBl. S. 309); Hessen i. d. F. vom 15. 12. 1975 (GVB1. S. 302); Niedersachsen vom 27. 5. 1974 (GVB1. S. 258).
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liehe Institutionen stehen über das JWG i. d. F. vom 25. 4. 1977 1 8 9 und seine landesrechtlichen Ausführungsgesetze vor allem die Jugendämter für jugendpflegerische Aufgaben zur Verfügung 1 9 0 . Sie sind Bestandteile der Gemeindeverwaltung. Das Jugendamt besteht aus einer Verwaltungsbehörde und einem Jugendwohlfahrtsausschuß, der insbesondere die Verzahnung mit den freien Jugendverbänden ermöglicht 191 . Auf Landesebene wird die Jugendarbeit über Landesjugendämter harmonisiert, die durch einen Landesjugendwohlfahrtsausschuß unterstützt werden (§ 21 JWG). Im Sinne einer auch bundesweit möglichst gleichmäßigen Erfüllung der Aufgaben der Jugendämter besteht ferner beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit ein Bundesjugendkuratorium (§ 26 JWG) 1 9 2 . — Gesellschaftlicher Partner der Jugendämter sind die in privatrechtlicher Form (i. d. R. als e. V.) gegründeten vielfältigen Jugendorganisationen, die für die Zwecke der Jugendpflege z. T. öffentlich anerkannt werden193. Sie sind entweder spezifischen Jugendzielen zugewendet (z. B. Pfadfinder) oder stehen auf politischer oder bekenntnismäßiger Grundlage (z. B. Jungsozialisten oder katholische Jugend). Zum guten Teil sind die einzelnen Jugendorganisationen in den Kreis- und Landesjugendringen in lockerer Form vereinigt, um Anliegen gegenüber dem Staat gemeinsam zu vertreten. Als Spitzenorganisation der freien Jugendverbände besteht der Bundesjugendring. Die Aufgabenkataloge der verschiedenen jugendpflegerischen Einrichtungen, vor allem der Jugendämter, sind i. d. R. recht allgemein gefaßt (z. B. §§ 4 ff. JWG und etwa § 1 brem. JugendbildungsG). Grundgedanke ist die sozialstaatliche Förderung und Anregung der Aktivität der freien Jugendorganisationen durch die öffentliche Hand („Öffentliche Hilfe zur Selbsthilfe") 194 - Auf der kommunalen Ebene spielt das Angebot materieller Hilfsmittel eine große Rolle (z. B. Schaffung von Heimen, Übergabe von Gerätschaften u. s. f.), ferner personelle Hilfe (Einsatz von Jugendpflegern, die Jugendveranstaltungen mitorganisiereri u. ä.). Die Fassung des JWG und - in abgeschwächter Form — auch die Jugendhilfegesetze der Länder gehen dabei von einem betonten Subsidiaritätsdenken aus, wonach das Jugendamt von eigenen Einrichtungen und Veranstaltungen absehen soll, soweit geeignete Einrichtungen und Veranstaltungen der Träger der freien Jugendhilfe (z. B. Kirchen) vorhanden sind 195 . 189 190 191 192
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BGBl. I , S . 633. Buchhierl, RdJ 1 9 6 2 , 1 6 6 f f , ; Harrer, Jugendwohlfahrtskunde, 7. Aufl. 1977, S. 13ff. Potrykus, D e r Jugendwohlfahrtsausschuß, 1953. A. Köttgen / T. Gerner, N D V 1959, 3-10ff. Vgl. auch 2. Jugendbericht der Bundesregierung, BT-Drucks. V / 2 4 5 3 , dazu Flor, Bulletin 1968, 65 ff. Dazu § 5 Abs. 4, § 9 JWG; Rauschert, RdJ 1963, 241 ff., 261 ff.; Stettner, RdJ 1966, 211 ff. Klinger, RdJ 1963, 311 ff. Neuerdings wird dies unter dem Stichwort der „offenen" (d. h. möglichst eigenständigen) Jugendarbeit sehr betont. Nach BVerfG E 22, 180 ff. ist dies eine im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers liegende Lösung. Zur Problematik etwa Lerche, Verfassungsfragen um Sozialhilfe und Jugendwohlfahrt, 1963; Bender, DVB1. 1963, 8 7 f f . ; Günther Küchenhoff, NJW 1 9 6 8 , 4 3 3 ff.; Ewald, RdJB 1 9 7 0 , 9 7 ff.
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Auf Landes- und Bundesebene steht die Bereitstellung von öffentlichen Haushaltsmitteln für die Jugendarbeit im Vordergrund. Sie erfolgt u. a. über die Landesjugendpläne und den Bundesjugendplan196. Die in Ausführungen dieser Pläne ergehenden Verwaltungsvorschriften beeinflussen nachhaltig die Jugendarbeit. Daneben gibt der Staat über andere überregionale Maßnahmen der Jugendpflege wie z. B. die Veranstaltung der Bundesjugendspiele und die Verleihung von Bundesjugendpreisen Impulse für die Jugendpflege. b) Jugendschutz: Während die Jugendpflege weithin der Leitungsverwaltung angehört, bemüht sich das Gemeinwesen über den Jugendschutz gleichzeitig mit Mitteln der Ordnungsverwaltung, bestimmten Gefahren während des körperlichen und geistigen Reifeprozesses der Jugend zu steuern 1 9 7 . Wesentliche Instrumente sind hierbei die beiden BundesG zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit (JSchÖG) i. d. F. vom 27. Juli 1957 1 9 8 und über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften (GjS) i. d. F. vom 29. April 1 9 6 1 1 " . Da das G G insbesondere mit der Gewährleistung der freien Persönlichkeitsentfaltung, mit Gewissens-, Meinungs- und Kunstfreiheit umfängliche, auch für die Jugendbildung relevante Freiheitspositionen festgelegt hat, ergeben sich im Sinne einer verfassungskonformen Handhabung der beiden Gesetze im einzelnen manche schwierige Abgrenzungsfragen 2 0 0 . Immerhin enthalten der Familienschutz des Art. 6 G G und der Gesetzesvorbehalt zugunsten des Jugendschutzes in Art. 5 II G G Hinweise, daß die Vorstellung staatlicher Maßnahmen zugunsten des Jugendschutzes der gesamtstaatlichen Verfassung nicht fremd ist. Außerdem ist der Jugendschutzgedanke in einer Reihe von Länderverfassungen verankert (z. B. Art. 6 II nordrh.-westf. Verf.). In der neueren Diskussion wird der Jugendschutzgedanke allerdings nicht selten relativiert und bisweilen ganz in Frage gestellt. Das Bundesverwaltungsgericht ist diesen Tendenzen jedoch deutlich engegengetreten und hat einen prinzipiellen Vorrang der Kunstfreiheitsgarantie („Kunstschutz geht vor Jugendschutz") nicht anerkannt 2 0 1 . Im Vordergrund des Jugendschutzes über das GjS stehen Beschränkungen des Vertriebs jugendgefährdender Schriften („Schmutz und Schund"). Sie erfolgen
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Vgl. z. B. Durchführungserlaß vom 15. 12. 1977 zum Bundesjugendplan 1978, GMB1. 1977, S. 7 2 2 f . - Ferner O V G Münster VerwRspr. 15, 76; Flor, RWS 1963, 2 8 9 f f . ; Stettner, RdJ 1965, 2 0 7 f f . ; Kölble, in: Planung I, hrsg. von Kaiser, 1965, S. 91 ff. Heinz Schneider, D i e öff. Jugendhilfe zwischen Eingriff und Leistung, 1964; Dickfeldt, RdJB 1 9 7 6 , 1 0 1 ff. BGBl. 1957 I, S. 1058. BGBl. 1961 I, 498; Kommentar zum JSchÖG: W. Tillmann / K. Göke / W. Becker, 2. Aufl. 1962; Zum GjS: Walter Becker, 1961; - Ferner Mayer I Tasch, JZ 1969, 2 8 4 f f . ; Eckhardt, DVB1. 1969, 857 ff.; Raue, Literarischer Jugendschutz, 1970. Insbesondere zur Kunstfreiheit. Dazu etwa BVerfG E 30, 3 3 6 f f . ; B V e r w G E 1, 303; 23, 104; 25, 318; Schilling, RdJ 1958, 2 4 7 f f . , 2 6 3 f f . ; Perschel, RdJ 1962, 2 5 9 f f . ; Bauer, JZ 1965, 41 ff.; Erbel, Inhalt und Auswirkungen der verfassungsrechtlichen Kunstfreiheitsgarantie, 1966. Geiger, in: Fs. f. Leibholz, 1966, II, 187ff.; Leonardy, NJW 1967, 7 1 4 f f . B V e r w G E 3 9 , 1 9 7 f f . ; dazu Ott, NJW 1 9 7 2 , 1 2 1 9 f f .
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über eine beim Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit ressortierende Bundesprüfstelle. Die Stelle ist mit weisungsgebundenen amtlichen und gesellschaftlichen Mitgliedern besetzt und wird auf Anträge des B M J F G oder oberster Landesjugendbehörden tätig. Die Vertriebsbeschränkungen infolge des Verwaltungsaktes der Aufnahme in die Liste jugendgefährdender Schriften (Verbot offenen Verkaufes u. ä.) sind wirtschaftlich gesehen für Verlag und Handel sehr fühlbar. - Über das J S c h ö G ist insbesondere der Filmjugendschutz geregelt 202 . Er verwirklicht sich durch Entscheidungen der zuständigen obersten Landesbehörden über die Jugendfreigabe von Filmen, wobei die Maßnahmen nach dem Kindesalter abgestuft sind. Für die Entscheidung nach § 6 J S c h ö G steht ein Votum des Jugendausschusses der Freiwilligen Selbstkontrolle der deutschen Filmwirtschaft (FSK) zur Verfügung. An dieses Votum sind die Landesbehörden allerdings nicht rechtlich gebunden. - Noch in den Anfängen steht der Jugendschutz beim Femsehen203. Wegen der besonderen technischen Strukturen (Empfang i. d. R. in der häuslichen Privatsphäre) kann hier das System des J S c h ö G nicht übernommen werden. Erste Versuche eines strafrechtlichen Jugendschutzes auch insoweit (Gewaltdarstellungsverbot nach § 131 StGB i. d. F. vom 2. 1. 1975) sind nicht ohne Kritik geblieben 204 . Als Ansatzpunkt für Jugendschutzmaßnahmen können vor allem die Regelungen in den Satzungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten über die Programmgestaltung dienen (vgl. z. B. die sog. „21Uhr-Grenze" für jugendungeeignete Sendungen in § 10 des Staatsvertrages der Bundesländer über das Z D F vom 6. Juni 1961). Ein generelles Verbot jugendungeeigneter Sendungen im Fernsehen ist dagegen als übermäßige Beschränkung vor allem der durch Art. 5 G G geschützten Freiheit nicht zulässig.
IV. Zentrale Kulturverwaltung im Bildungsbereich Ein Umriß der deutschen Bildungsordnung muß nach den einzelnen Sachbereichen wenigstens im Uberblick ihre übergreifenden Normen und Einrichtungen mitberücksichtigen. So gesehen ist die Bildungsverwaltung als einer der drei wesentlichen Bestandteile der allgemeinen Kulturverwaltung zu begreifen, welche daneben für die Sachkomplexe Wissenschaft und Kunst zuständig ist 205 . Konstituierend für die heutige Struktur der Kultur- und damit der Bildungsverwaltung in der B R D ist die Bundesstaatsentscheidung des GG mit ihren grundle-
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Stummer, DVB1. i 9 6 0 , 7 7 f f . ; Kalb, D e r Jugendschutz bei Film und Fernsehen, 1962; Weides, in: Fs. f. Armbruster, 1976, S. 301 ff.; Gorges, RdJB 1977, 2 8 9 f f . Walter Becker, RdJ 1 9 6 0 , 1 8 3 ff.; R W S 1963, 361 ff., M D R 1 9 6 4 , 4 6 3 ff.; Potrykus, M D R 1 9 6 5 , 1 8 5 f f . ; Gorges(Anm. 202). Gehrhardt, Gewaltdarstellungsverbot und Grundgesetz, 1974; Walter Becker, RdJB 1974,319f. Vgl. oben 1,1. Ferner Oppermann, KulturverwR, S. 29 ff.
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genden Vermutungen zugunsten der Länderhoheit (Art. 20, 30, 70ff., 83 ff. GG). In diesem Rahmen ist der Bildungsbereich, insbesondere das Schulwesen im weitesten Umfang den Ländern zugewiesen worden 2 0 6 . Die Verfassungsrechtsprechung hat bisher das ihre dazu getan, diese oft etwas pauschal so genannte „Kulturhoheit" der Länder gegen Mitbestimmungsversuche des Bundes über eine etwas flexible Auslegung der bundesstaatlichen Verteilungsnormen deutlich abzuschirmen 2 0 7 . Ob diese Legalstruktur der Wirklichkeit des vor allem in wirtschaftlich-sozialer Hinsicht weithin „unitarischen Bundesstaates" des G G (Konrad Hesse) hinreichend entspricht, unterliegt Zweifeln. Die Forderung wenigstens nach einer Rahmengesetzgebungszuständigkeit des Bundes im Bildungswesen wird politisch immer wieder erhoben 2 0 8 . Die Verfassungsänderungen 1969 haben mit der Bundesgesetzgebungskompetenz für die Regelung der Ausbildungsbeihilfen (Art. 74, Ziff. 13 GG) und der Anerkennung der Bildungsplanung als Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern (Art. 9 1 b GG) erste Schritte in dieser Richtung gebracht. Das Bundesausbildungsförderungsgesetz und der von der Bund-LänderKommission für Bildungsplanung erarbeitete Bildungsgesamtplan von 1973 sind weiter Ergebnisse dieser neuen Entwicklung. Ferner haben sich den realen Bedüfnissen entsprechend in rechtlich oftmals etwas verquält und gekünstelt wirkenden Formen viele Einrichtungen überregionaler Bildungsverwaltung faktisch längst entwickelt. Eine gewisse verfassungsrechtliche Bereinigung solcher Tatsächlichkeiten im Interesse der Erhaltung eines bundesweit harmonisierten Rahmens wäre grundsätzlich wünschenswert. Weder zu erwarten noch zu wünschen ist dagegen eine starke Zentralisierung der Schulkompetenzen beim Bund. Sie würde der Bürgernähe des Schulwesens und auch dem begrüßenswerten bildungspolitischen Wettbewerb der Bundesländer abträglich sein.
1. Bildungsverwaltung der Länder Entsprechend der Bundesstaatsentscheidung liegt der Schwerpunkt der zentralen Bildungsverwaltung in den Ländern. Die übergreifenden Bildungsangelegenheiten gehören zum größten Teil in die Zuständigkeit der Kultusministerien 209 . In
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Näheres etwa bei Maunz, StaatsR, § 18; Ekkehart Stein, StaatsR, § 29; Oppermann, KulturverwR, S. 5 4 9 f f . ; Maunz, in: Fs. f. Gebhard Müller 1970, S. 2 5 7 f f . ; Oppermann, Grundsätze 1976, C 6 4 f f H a n s Heckel, Einführung, 1977, S. lOff. Vor allem BVerfG E 6, 3 0 9 f f . (Konkordatsurteil); BVerfG E 12, 205 ff. (Fernsehurteil); aber auch B V e r f G E 2 2 , 1 8 0 f f . (Jugendwohlfahrtsgesetz). Zusammenfassend jetzt der „Bericht der Bundesregierung über die strukturellen Probleme des föderativen Bildungssystems" = BT-Drucks. 8 / 1 5 5 1 vom 23. 2. 1978 („Mängelbericht") und die kritische Stellungnahme derKMK hierzu, 1978. Amtliche Übersichten der Länderbildungspolitik in: Kulturpolitik der Länder 1961-1962, 1963-1964, 1965-1966, 1967-1968, 1969-1970, 1971-1972, 1 9 7 3 - 1 9 7 4 , 1 9 7 5 - 1 9 7 6 (Hrsg. KMK), 1963, 1965, 1967, 1969, 1971, 1973, 1975, 1977.
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einer Reihe von Ländern (Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, SchleswigHolstein) befaßt sich ein Ministerium mit nahezu der Gesamtheit der Kulturverwaltung. Dagegen bestehen vor allem in den Stadtstaaten, und neuerdings in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, Sonderressorts für Bildungsfragen (Senator für Schulwesen und Senator für Jugend und Sport in Berlin; B.-W., Schulbehörde und Jugendbehörde in Hamburg und Senatoren für Bildungswesen und Jugendwesen in Bremen, ferner in B.-W., N R W und Nds. besondere Wissenschaftsministerien neben dem auf ein „Schulressort" geschrumpften Kultusministerium). Auch anderswo ressortieren vor allem die Jugendfragen z.t. außerhalb der Kultusministerien. Die staatsbürgerliche Bildung (Landeszentralen für politische Bildung u. ä.) unterstehen bisweilen den Staats(Senat-)kanzleien der Länderregierungschefs. Faktisch gesehen kommt außerdem den Finanzministerien infolge der erheblichen finanziellen Auswirkungen der Bildungspolitik ein nicht zu unterschätzendes Mitwirkungsrecht zu. Nachdem im Schulrecht den rechtsstaatlichen Erfordernissen (Vorbehalt des Gesetzes u. a.) mehr als früher Rechnung getragen wird, hat sich auch der Einfluß der Landtage auf die Gestaltung des Bildungswesens verstärkt.
2. Überregionale Bildungsverwaltung Infolge der wirtschaftlich-sozialen Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland, die auch vom G G anerkannt und gefördert wird (vgl. z. B. Art. 11 oder Art. 72 II GG), ergibt sich ungeachtet der grundsätzlichen Bildungshoheit der Länder ein Sachzwang zur bildungspolitischen Zusammenarbeit in bundesweitem Maßstab 2 1 0 . Sie erfolgt teilweise in Zusammenarbeit der sog. Ländergemeinschaft, daneben aber auch über ein Zusammenwirken zwischen Bund und Ländern. Beide Rechtsformen sind verfassungstheoretisch in vielem umstritten 2 1 1 . Die Staatspraxis zeigt aber, daß ohne ein gewisses Maß an „kooperativem Föderalismus" auch im Bildungswesen wahrscheinlich die Bundesstaatsentscheidung als solche in Frage gestellt würde. Die ausdrückliche Anerkennung der Bildungsplanung als Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern nach Art. 9 1 b G G seit 1969 hat die vertragliche Zusammenarbeit im Bundesstaat nunmehr weitgehend legalisiert 212 . a) Zusammenarbeit der Länder: In dem Bestreben, ihre Kulturhoheit so weit als möglich zu wahren, haben die Bundesländer seit längerem eine intensive freiwillige Zusammenarbeit unter sich eingeleitet. In Bildungsfragen hat sie sich vor allem in der schon 1948 gegründeten Ständigen Konferenz der Kultusminister der 210 2,1
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Richter, D Ö V 1969,383ff.; Sauberzweig, StT 1968,449ff. Aus der Fülle der Stellungnahmen z. B. von Stralenheim, D Ö V 1965, 73ff.; 166ff.; Scheuner, D Ö V 1965,541 ff., und zusammenfassend Kisker, D Ö V 1977, 689 ff. Staff, D Ö V 1973, 725ff.; zusammenfassend Dittmann, Bildungsplanung als Gemeinschaftsaufgabe, 1975.
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Länder in der BRD (KMK) institutionell verfestigt 213 . Das Schwergewicht ihrer Arbeit liegt im Schulwesen. Obwohl im Grunde nichts anderes als eine lockere Fachkonferenz, ähnlich wie diejenige der Länderinnen- oder -finanzminister, ist der Geschäftsanfall der KMK infolge des weitgehenden Fehlens für Bildungsfragen zuständiger Bundesressorts ungleich stärker. Aus diesen Gründen unterhält die KMK ein ständiges Sekretariat und tritt sehr häufig in Konferenzen auf Verwaltungs- oder Regierungsebene zusammen, so daß man insgesamt von einer Art „verhindertem Bundeskultusministerium" sprechen kann. Nach ihrer Geschäftsordnung vom 2./3. Dezember 1949 / 19. November 1955 und einem Abkommen vom 20. Juni 1959 zwischen den Bundesländern 214 steht an der Spitze der KMK ein zwischen den Kultusministern turnusmäßig wechselndes Präsidium, welches die Konferenzen auf Ministerebene einberuft und durchführt. Die Sachverständigen der Länderkultusverwaltungen treten regelmäßig in Ausschüssen zusammen, wobei als große ständige Ausschüsse in Bildungsfragen der Schulausschuß und der Ausschuß für das Auslandsschulwesen der KMK tätig sind. Für das Bildungswesen von Bedeutung sind innerhalb der KMK ferner der Pädagogische Austauschdienst (Lehrer-, Assistenten- und Schüleraustausch) sowie die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (gutachtliche Vergleichung in- und ausländischer Bildungsgänge zur Vorbereitung von Anerkennungsentscheidungen der Kultusverwaltungen). Laufende Verwaltungsgeschäfte werden vom Sekretariat erledigt, an dessen Spitze der Generalsekretär der KMK steht, der an die Weisungen des Präsidenten gebunden ist. Als Aufgabe sieht die KMK nach dem Vorspruch ihrer Geschäftsordnung „Angelegenheiten der Kulturpolitik von überregionaler Bedeutung mit dem Ziel einer gemeinsamen Meinungs- und Willensbildung und der Vertretung gemeinsamer Anliegen" an. Im Mittelpunkt der KMK-Tätigkeit in Bildungsfragen steht eine gewisse Harmonisierung des deutschen Bildungswesens über die Ausübung des Beschlußrechtes115. Die KMK-Beschlüsse werden in einer gleichsam quasi-völkerrechtlichen Atmosphäre „bildungssouveräner" Länder vom Ministerplenum grundsätzlich einstimmig verabschiedet, wobei jedes Bundesland über eine Stimme verfügt. Daneben gibt es erleichterte Verabschiedungsmöglichkeiten in den Ausschüssen. Die Qualifikation der KMK-Beschlüsse bereitet sowohl aus tatsächlichen als auch aus rechtlichen Gründen Schwierigkeiten 216 . Mit Sicherheit hat eine große Anzahl von ihnen lediglich nicht rechtsverbindlichen Empfehlungscharakter. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß die Länder oder auch nur ihre Exekutiven mit bestimmten anderen Beschlüssen wirksame Bindungen eingegangen sind. Die Frage kann jeweils nur an Hand des einzelnen Beschlusses konkret
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Hans Schneider, V V D S t R L 19 (1961), 11 ff.; Evers / Fuss, V V D S t R L 23 (1966), 147ff.; Knoke, Kultusministerkonferenz und Ministerpräsidentenkonferenz, 1966; Oppermann, KulturverwR, S. 565 ff. Texte u. a.in: Kulturpolitik der Länder 1 9 6 3 - 1 9 6 4 (Hrsg.: KMK), 1965, S. 303 ff. Seipp / Fütterer, Beschlüsse der Kultusministerkonferenz, 1960ff. (Losebl.-Slg.). Vgl. etwa die oben A n m . 2 1 3 genannte Lit.
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entschieden werden (Inhalt des Beschlusses, Möglichkeit der Kultusminister, nach ihrem Länderrecht über den Inhalt des betr. Beschlusses Bindungen eingehen zu können, Vollmacht hierfür u. a. m.). Die zunehmende Durchsetzung des Gesetzesvorbehaltes auch im Bildungswesen wird die Möglichkeiten der KMK zu verbindlicher Harmonisierung allerdings einschränken. Faktisch betrachtet, hat die KMK vor allem im Schulwesen seit 1949 eine beträchtliche Harmonisierungsarbeit geleistet. Die Länder kommen den Empfehlungen i. d. R. auch nach. Wesentliche Ergebnisse liegen z. B. im Berechtigungswesen vor (u. a. gegenseitige Anerkennung der Reifezeugnisse zwischen den Ländern!). Andererseits wird die sich aus der Konstruktion der Ländergemeinschaft ergebende Langsamkeit des Entscheidungsprozesses in der KMK oft kritisiert 217 . Besonders wichtige bildungspolitische Absprachen, wie z. B. der Abschluß förmlicher Staatsverträge, werden bisweilen nicht von der KMK, sondern von der Ministerpräsidentenkonferenz der Länder getroffen 2 1 8 . Beispiele bieten vor allem der Abschluß des Düsseldorfer Länderabkommens zur Vereinheitlichung auf dem Gebiete des Schulwesens vom 17. Februar 1955 und seiner Hamburger Neufassung vom 28. Oktober 1964 (inzwischen weitere Ergänzungen). Das Abkommen stellt die bisher wesentlichste Rechtsverpflichtung zur fortlaufenden Harmonisierung der Schulstruktur in gemeindeutschem Maßstabe dar 2 1 9 . - Ferner befaßt sich der Kulturausschuß des Deutschen Städtetages mit überregionalen schulpolitischen Fragen, da die Gemeinden vor allem in den äußeren Schulangelegenheiten ein wesentliches Maß an Mitverantwortung tragen (vgl. oben Ziffer II, 4 a). b) Bundesbildungsverwaltung und Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern: Das Wort von der Bildungshoheit der Länder unter dem G G gilt nur in einem quantitativ-schwerpunktmäßigen Sinne. In bestimmtem Umfang erkennt das G G Befugnisse des Gesamtstaates im Bildungswesen an. Insoweit haben sich Ansätze einer Bundeskulturverwaltung gebildet 220 . Ferner findet seit jeher eine begrenzte Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern statt 2 2 1 . Insbesondere ist der Bund in die Bildungsplanung (Art. 9 1 b GG) sowie im Sinne des Art. 32 G G in Bildungsfragen mit Auslandsbezug eingeschaltet (vgl. unten V.). Ferner verwaltet er Bildungseinrichtungen im Verteidigungsbereich und befaßt sich mit Fragen der allgemeinen staatsbürgerlichen Bildung. Auch in Fragen der Jugendbildung kommt dem Gesamtstaat ein beachtliches Mitspracherecht zu. Weiter ergeben sich aus den Zuständigkeiten des Bundes im wirtschaftlich-sozialen Bereich eine Reihe
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Hans Heckel, RdJ 1967, 253 ff. Knoke, a. a. O. (Anm. 213), S. 109ff. Hans Heckel, RdJ 1965, 51 ff.; Hans Heckel, Schulrecht und Schulpolitik, 1967, S. 2 4 f f . Böning, Bildungspolitik aus der Sicht des Bundes, in: Bildungsreform-Bilanz u. Prognose, 1973, 71 ff. Köttgen, D i e Kulturpflege und der Bund, Staats- u. verw.-wiss. Beiträge der Hochschule Speyer, 1957, S. 183ff.; Frey, RdJB 1976, 2 2 6 f f . ; Bohrer, NJW 1969, 2 0 7 7 f f . ; Frey, RdJB 1 9 7 6 , 2 2 6 ff.
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von Verbindungslinien zur Bildungsordnung, die u. a. auch der Funktion des Zubringers an qualifiziertem Personal für die Wirtschaft im weitesten Sinne gerecht zu werden hat (z. B. Ausbildungsförderung über das G vom 26. 8. 1971, Verhältnis zwischen Schulrecht und gewerblich/handwerklichen Ausbildungsanforderungen). Schließlich ergeben sich im Bundesstaat des G G ganz allgemein aus der Interdependenz der großen staatlichen Sachbereiche eine Vielzahl von gesamtstaatlichen Berührungspunkten mit der Bildungsordnung. Sie laufen etwa unter den Stichworten des Sachzusammenhanges, des Annexes, der Natur der Sache, gesetzesfreier Verwaltung, Finanz-, Fonds- oder Planungskompetenzen 2 2 2 . Ihr U m f a n g ist im einzelnen oft schwierig abzugrenzen. Institutionell liegen Schwerpunkte der Bundesbildungsverwaltung beim Auswärtigen A m t (Kulturabteilung), beim Bundesminister des Innern (Kulturabteilung, Zentralstelle für das Auslandsschulwesen beim Bundesverwaltungsamt), neuerdings aber immer stärker beim Bundesminister für Bildung und Wissenschaft und beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit (Jugendpflege, Jugendschutz, u. a. Bundesprüfstelle). A b e r etwa auch die Bundesministerien für Verteidigung, Wirtschaft, Arbeit und Sozialordnung wirken aus den genannten G r ü n d e n bei Fragen bildungspolitischer Auswirkung mit. D e r Bundestag erörtert gelegentlich Bildungsfragen, während der Kulturausschuß des Bundesrates hinter der Arbeit der K M K ganz in den Hintergrund getreten ist. D e r Bundesrat erweist sich im Gegenteil im Gesetzgebungsverfahren als ein aufmerksamer Wächter und Verteidiger der Länderbildungshoheit 2 2 3 . Institutionalisierte Zusammenarbeit in Bildungsfragen zwischen Bund und L ä n dern erfolgte 1965—75 über den Deutschen Bildungsrai224. In gewisser Anlehnung an das Vorbild des Wissenschaftsrates durch ein B u n d - L ä n d e r a b k o m m e n vom 15. Juli 1965 2 2 5 gegründet, hatte er den 1954 errichteten Deutschen Ausschuß für das Erziehungs- und Bildungswesen ersetzt, dessen rein gutachtlich/beratende Betätigungsmöglichkeiten 1965 als nicht mehr ausreichend e m p f u n d e n wurden. Neben vielen sonstigen Empfehlungen hatte der Bildungsrat 1970 einen umfassenden „Strukturplan für das Bildungswesen" vorgelegt. 1975 ergab sich die Auflösung des Bildungsrates, da nicht mehr alle Länder eine 2. Verlängerung des A b k o m m e n s von 1965 wünschten. Die Fortsetzung fachlicher Beratung der amtli-
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BVerfG E 22, 180ff.; Achterberg, AöR 86 (1961), S. 63ff.; Kölble, DÖV 1963, 660ff.; Köngen, Fondsverwaltung in der BRD, 1965; Kölble, Pläne im Bundesmaßstab oder auf bundesrechtlicher Grundlage, in: Planung I, S. 91 ff.; Edding, Aufgaben der Bildungsplanung in der BRD, D U Z 1967, H. 12, S. 27ff.; Oppermann, DÖV 1972, 591ff. Auch die Bildungsforschung versteht sich überregional, dazu Hellmut Becker, Bildungsforschung und Bildungsplanung, 1971. Dazu Katzenstein, DÖV 1958,593 ff.; Frey, Konstruktiver Föderalismus, 1976. Hans Heckel, Schulrecht und Schulpolitik, 1967, S. 34ff.; Oppermann, KulturverwR, S. 562ff.; Rückblick nunmehr bei Hellmut Becker, Reform der Demokratie 1976,127 ff.; Schoene, Interaktion von Wissenschaft und Politik, 1977,120 ff. Bulletin 1965, 982 i. V. m. Verläng. Abk. v. 12. 2. 1970 (u. a. nordrh.-westf. GVB1. S. 523 ff.).
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chen Bildungspolitik soll über nicht so stark wie der Bildungsrat institutionalisierte Kommissionen o. ä. erfolgen. Seit 1970 wurde die fachliche Arbeit des Bildungsrates bereits von der durch ein B u n d - L ä n d e r - A b k o m m e n auf der Grundlage von Art. 9 1 b G G gegründeten gemeinsamen Bildungsplanungskommission von Bund und Ländern amtlich-politisch weitergeführt 2 2 6 . D e r auf Ministerebene konzipierten Kommission gehören sieben Vertreter der Bundes- und je ein Vertreter der Landesregierungen an. D e r Bund führt 11 Stimmen, jedes Land 1 Stimme. Die zurückhaltende kompetentielle Ausstattung der Kommission (die Beschlüsse der Kommision haben nur vorbereitenden oder empfehlenden Charakter) und der über das Erfordernis der 3 / 4 -Mehrheit der Regierungschefs sowie die Nichtbindung der bestimmten Länder faktisch institutionalisierte Zwang zur Einstimmigkeit haben bisher verhindert, d a ß die Kommission zu einer das gesamte Bildungswesen bundesweit nachhaltig harmonisierenden Instanz werden konnte. Die Kommission hat mit der Verabschiedung des Bildungsgesamtplanes 1973 den vorläufig wesentlichsten A k z e n t bundesweiter Bildungspolitik gesetzt und entwickelt sich so neben der K M K zu einem zweiten Schwerpunkt der überregionalen Bildungsverwaltung. D e r Bildungsgesamtplan soll auf der Grundlage einer 1976 von der K o m mission vorgelegten Bestandsaufnahme der Bildungspolitik fortgeschrieben werden.
V. Internationale Zusammenarbeit im Bildungswesen Wie nahezu jeder staatliche Tätigkeitsbereich weist auch das Bildungswesen Auslandsbezüge auf, die ihrerseits rechtlicher Regelung bedürfen. Deutsche A u s landsschulen und internationale Schulen, ausländische Schulen in der Bundesrepublik, zwischenstaatliche A n e r k e n n u n g von schulischen Berechtigungen oder z. B. internationaler Jugendaustausch können hierfür als einige Beispiele genannt werden. Internationale Zusammenarbeit im Bildungswesen stellt so einen wesentlichen Bestandteil der auswärtigen Kulturpolitik der Bundesrepublik Deutschland dar 2 2 7 . In der Sache geht es dabei weithin um Probleme fachlicher Kooperation und nicht so sehr um den für auswärtige Kulturpolitik sonst oft kennzeichnenden G e d a n k e n der Nationalrepräsentation, zumal die moderne Sicht der Auswärtigen Kulturpolitik („Dritte Säule der Außenpolitik") diese fachliche Seite immer stärker herausstellt. Die internationale Bildungszusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland vollzieht sich vor allem über völkerrechtliche Verträge, auf Grund deren z. T. auch 226 227
Text des A b k o m m e n s im Bulletin Nr. 9 0 vom 3. 7. 1970, S. 891 f. Emge, Auswärtige Kulturpolitik, 1967; Abelein, D i e Kulturpolitik des Deutschen Reiches und der B R D , 1968, S. 137ff.; Hirsch, Kulturhoheit und Auswärtige Gewalt, 1968; Oppermann, KulturverwR, S. 6 0 4 f f . ; Peisert, Gutachten Ausw. Kulturpolitik, 1971; Holzheimer, RdJB 1973, 311 ff. Arnold, Außenpolitik 1973, 165ff.; Bericht Enquetekommission Ausw. Kulturpolitik = BT-Drucks. 7 / 4 1 2 1 (1975).
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Organisationen der zwischenstaatlichen Bildungskooperation errichtet werden 228 . Dabei ergibt sich verfassungsrechtlich die Notwendigkeit, die beiden Entscheidungen des GG in Einklang zu bringen, daß einerseits die Bildungshoheit weitgehend bei den Ländern liegt, während andererseits die Pflege der Beziehungen zu auswärtigen Staaten grundsätzlich Sache des Bundes ist (Art. 32 GG). Diese Problematik tritt vor allem beim Abschluß der Kulturabkommen auf, die vielfach Regelungen aus dem Bildungsbereich enthalten (Lehrer- und Schüleraustausch, Sprachunterrichtsfragen, Schulbuchverbesserung, Gleichwertigkeit und gegenseitige Anerkennung von Berechtigungen, Einrichtungen und Schulen u. a.). Trotz fortbestehenden dogmatischen Dissenses zwischen Bund und Ländern und auch in der Lehre haben sich vor allem im Anschluß an die sog. „Lindauer Verständigung" vom 14. November 1957 praktische Verfahrensweisen entwickelt, die den Abschluß kultureller Verträge der Bundesrepublik innerstaatlich erleichtern 229 . Leider erfordert dieses Procedere nicht selten einen erheblichen Zeitaufwand. Hervorzuheben ist eine weitgehende Beteiligung der Länder schon in der Verhandlungs-(Vorbereitungs-)phase solcher Abkommen sowie die Herstellung völkerrechtlicher Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland nur mit Einverständnis der Länder. Umstritten ist sodann vor allem die bundesstaatliche Einordnung der völkerrechtlichen Abschluß- und der innerstaatlichen Transformationskompetenz. Am meisten überzeugt dazu die sog. „norddeutsche Länderauffassung", wonach der Bund für den völkerrechtlichen Abschluß nach außen verantwortlich ist, die Länder für die Transformation in innerstaatliches (Länder-)Recht. Im Sinne der Erhaltung internationaler Verkehrsfähigkeit der Bundesrepublik ist eine solche Trennung allerdings nur erträglich, wenn sie gleichzeitig durch eine aus der Bundestreue herzuleitende Pflicht der Länder ergänzt wird, im Sinne des zum Abschluß bereits gegebenen Einverständnisses die Transformation in zumutbarer Frist vorzunehmen. Wesentliche Erscheinungsformen der zwischenstaatlichen Bildungskooperation der Bundesrepublik Deutschland liegen neben dem Netz der bilateralen Kulturabkommen und dem bereits (oben II, 3) behandelten Auslandsschulwesen in der Beteiligung an internationalen Bildungsorganisationen. So beteiligt sich die Bundesrepublik Deutschland (Vertretung über A A und KMK) am Internationalen Erziehungsbüro in Genf, über dessen Konferenzen ein Erfahrungsaustausch in Fragen des Erziehungswesens stattfindet. — Ein wichtiges Zentrum der Bildungszusammenarbeit ist der Europarat, insbesondere dessen Rat für kulturellle Zusam-
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Kraus, A r c h V R 3 ( 1 9 5 2 ) , 4 1 4 f f . ; von Stralenheim, BayVBl. 1955, 6 f f . ; Mosler, Z a ö R V R 16 ( 1 9 5 5 / 5 6 ) , 1 ff. Text der Lindauer Verständigung, in: Z a ö R V R 2 0 ( 1 9 5 9 ) , 116ff. und bei Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, G G , zu Art. 32, Rdnr. 45. Vgl. ferner Böning, D Ö V 1957, 8 1 7 f f . , D Ö V 1958, 4 4 7 ; Heckt D Ö V 1958, 4 4 5 f f . ; Kölble, D Ö V 1965, 145ff., D Ö V 1966, 2 5 f f . ; Beck, D Ö V 1966, 20ff.; von Meibom, NJW 1968, 1607ff.; Bohrer, NJW 1969, 2077 ff.
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menarbeit (mit Fachausschüssen) und die in engem Zusammenhang mit dem Europarat turnusmäßig tagende Konferenz der Europäischen Erziehungsminister230. Als Schulwettbewerb gestaltet der Europarat den „Europäischen Schultag" maßgeblich mit. Wichtig sind aber vor allem verschiedene im Rahmen des Europarates abgeschlossene Konventionen bildungsrechtlichen Inhalts. So bekennt sich die Europäische Menschenrechtskonvention (Art. 2 des Zusatzprotokolls vom 20. März 1952) zum Recht auf Bildung und zum Elternrecht 231 , und für die zwischenstaatliche Freizügigkeit im Hochschulstudium schafft die Europäische Konvention über die Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse vom 11. Dezember 1953 232 die grundlegende Voraussetzung. In den Bildungsgremien des Europarates wird die Bundesrepublik Deutschland sowohl durch Bundesressorts als auch über die KMK vertreten. - In weltweitem Rahmen, und seit 1973 auch unter Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland, befaßt sich die Organisation der Vereinten Nationen mit Bildungsfragen. So gewährleisten etwa auch die universalen Menschenrechtskonventionen der UNO vom 16. Dezember 1966 bildungsrechtliche Positionen: Konvention über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte Art. 10: Recht der Familie auf Kindererziehung; Art. 13, 14: Allgemeines Recht auf Erziehung, sehr ausführlich 233 . Vor allem widmet sich aber Bildungsfragen die Sonderorganisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO)234. Die Arbeit dieser Organisation vollzieht sich auf ihren Generalkonferenzen („Weltkonferenz der Erziehungsminister"), im Exekutivrat und im internationalen Sekretariat. Schwerpunkte der UNESCO-Bemühungen, die rechtlich in Empfehlungen, Beschlüsse oder Abkommen ausmünden, liegen immer stärker in der Förderung des Bildungsniveaus der Entwicklungsländer, aber etwa auch in der Bekämpfung erzieherischer Diskriminierung (z. B. Abkommen gegen Diskriminierung im Unterrichtswesen vom 14. Dezember 1964) 235 . Die Bundesrepublik Deutschland wird in der UNESCO wiederum vom Bund und den Ländern kooperativ vertreten. Nationale Verbindungsstellen zur UNESCO sind die Deutsche UNESCO-Kommission e. V., verschiedene UNESCO-Institute (rechtsfähige Stiftungen privaten Rechts) sowie das Internationale Schulbuchinstitut in Braunschweig (vergleichende Begutachtung von Schulbüchern). Wesentliche Impulse für Innovationen im Bildungswesen sind auch von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ausgegangen 236 . 230
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Jochimsen, Bulletin 1977, 849ff.; Vorbeck, D U Z / H D 1977, 756; Zur kulturellen Zusammenarbeit in Europa allgemein Hindrichs, Kulturgemeinschaft Europa, 1968. Dazu Bannwart-Maurer, Das Recht auf Bildung und das Elternrecht. Art. 2 des ersten Zus.protokolls zur EMRK, 1975. BGBl. 1952 II, S. 1880, bzw. BGBl. 1955 II, S. 599. BGBl. 1973 II, S. 1569. Dazu Zuleeg, RdA 1974, 321 ff. Menzel, Unesco, 1951; Kipp, Unesco, 1957; Krill, VjHfZG 1968,247ff. Text u. a. in hess. GVB1. 1964,184. Etwa Konferenz über Wirtschaftswachstum und Ausbau des Erziehungswesens 1961 in Washington (Ergebnisse in Dokumentation der KMK' Nr. 2, 1961) oder die Studie: Indicators of Performance of educational systems, 1973. - Zur Bildungsarbeit der OECD auch Schuster, WissR 1973, S. 148 ff.
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Eine intensive bilaterale Bildungszusammenarbeit sieht auch der deutsch-französische Zusammenarbeitsvertrag vom 22. Januar 196 3 2 3 7 vor. Hier wird u. a. die Erweiterung des gegenseitigen Sprachunterrichts ins Auge gefaßt. Von deutscher Seite ist jeweils ein Länder-Ministerpräsident zum „Bundesbevollmächtigten der Bundesrepublik Deutschland für kulturelle Angelegenheiten im R a h m e n des deutsch-französischen Vertrages" ernannt. In Ausführung dieses sog. „Elyseevertrages" ist ferner als bilaterale Bildungsorganisation durch A b k o m m e n vom 5. Juli 196 3 2 3 8 das Deutsch-Französische Jugendwerk gegründet worden, das organisatorisch und finanziell der Begegnung, d e m Austausch und der Kenntnisvertiefung der Jugend beider Länder dienen soll 2 3 9 *).
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BGBl. 1963 II, S. 707. BGBl. 1963 II, S. 1613. 239 Moesta / Krause, RdJB 1969, 68 ff. *) Für wertvolle Mitarbeit danke ich Herrn Wiss. Assistenten Dr. Armin Dittmann, Tübingen.
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ZEHNTER ABSCHNITT Otto Kimminich
Wissenschaft Literatur 0. Bachof, Die wissenschaftlichen Hochschulen, in: Wolff / Bachof, VwR II, S. 288 ff. M. Baldus, Die nichtstaatlichen katholischen Hochschulfakultäten in der Bundesrepublik Deutschland, WissR 1977,48 ff. P. Becker / H. Kuni, Zum Entwicklungsstand der Kapazitätsverordnung, DVB1. 1978, 248 ff. P. Becker / H. Kuni, Probleme des verwaltungsgerichtlichen Vergabeverfahrens in der Humanmedizin, DVB1. 1976, 863 ff. 1. Berner, Die Problematik des politischen Mandats der Studentenschaft, J Z 1967, 242 ff. H. Bley, Die Hochschulfinanzierung - Möglichkeiten ihrer Gestaltung, WissR 1970, Beih. 4, 7 ff. W. Blümel, Was bewirkte das Karlsruher Urteil? Eine Dokumentation des Hochschulverbandes für das Bundesverfassungsgericht, Mitt. d. Hochschulverbandes 1974,167 ff. W. Blümel, Vom Hochschullehrer zum Professor (Neuere Entwicklungen im Recht der Hochschullehrer), Speyerer Arbeitshefte Nr. 8,1976. C. Bode, Möglichkeiten und Grenzen einer Gesetzgebung des Bundes zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, WissR 1972,222ff. G. Brenner, Organisation und Aufbau der Akademien der Wissenschaften, D U Z 1968,21 ff. W. Cartellieri, Die Großforschung und der Staat, München o. J. H.-J. Dageförde, Die Rechtsprechung der Berliner Verwaltungsgerichte zum Hochschulrecht, DVB1. 1976,241 ff. P. Dallinger, Zur Organisation der Sonderforschungsbereiche nach dem Hochschulrahmengesetz, WissR 1977,106 ff. P. Dallinger, Zur dienstrechtlichen Stellung des Professors nach dem H R G , MittHV 1976, 189 ff. W. Damkoyski, Zur Problematik der verfaßten Studentenschaft, DVB1. 1978, 229 ff. W. Damkowski / H. Rose, Organisatorische Grundprobleme der Hochschulverwaltung, D V 1973,435 ff. F. Dellian, Die Personalstruktur des Hochschulrahmengesetzes, D U Z 1976,227 ff. M. Erhardt, Stiftungsuniversität bürgerlichen Rechts?, WissR 1970,97 ff. A. Eser / K. F. Schuman (Hrsg.), Forschung im Konflikt mit Recht und Ethik, 1976. H.-U. Evers, Weisungsrecht im Hochschulbereich, WissR 1970, Beih. 4 , 4 1 ff.
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Gliederung I. Grundzüge der Verwaltung und Finanzierung der Wissenschaft II. Die wissenschaftlichen Hochschulen 1. Die wissenschaftlichen Hochschulen des Staates a) Begriffsbestimmungen b) Verfassungsrechtliche Grundlagen c) Verwaltung und Organisation d) Lehrkörper und wissenschaftliche Hilfskräfte e) Rechtsstellung der Studenten f) Prüfungen und akademische Grade 2. Nichtstaatliche Hochschulen a) Allgemeine Rechtsgrundlagen b) Kirchliche Hochschulen c) Hochschulen anderer Träger
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III. Wissenschaftsfordernde Institutionen
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IV. Institutionen der Zusammenarbeit
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I. Grundzüge der Verwaltung und Finanzierung der Wissenschaft Wissen und Wissensvermittlung sind Kennzeichen des Menschseins. Tiere können trotz ähnlicher Hirnbildungen keine Wissenschaft erwerben und tradieren, sondern nur instinktmäßig reagieren und bestimmte Verhaltensformen genetisch weitergeben. Wissenschaft aber bedeutet mehr als nur Wissen und Wissensvermittlung: sie beinhaltet zugleich eine spezifische Methode und Betrachtungsweise, die frei von jedem Vorurteil alle Objekte, Beziehungen und Prozesse der gegenständlichen wie der nichtgegenständlichen Welt — einschließlich des Menschen selbst — analysiert. Diese wissenschaftliche Denkweise beruht zwar hinsichtlich eines großen Teils ihrer Systematik auf der spätmittelalterlichen Scholastik, bildete sich aber erst im Laufe der Neuzeit aus. Bis ins 19. Jahrhundert war die Wissenschaft überwiegend eine Neben- oder Freizeitbeschäftigung, dann aber wurde sie für eine wachsende Zahl von Menschen zum Beruf. Das qualitative Wachstum, das sich in einer Vielzahl von Erfindungen, Erkenntnissen und Entdeckungen ausdrückt, ist nicht exakt zu erfassen. Erst in der Gegenwart setzte sich die Erkenntnis durch, daß die Wissenschaft keine Privatangelegenheit einer kleinen Gruppe von Bevorzugten ist, sondern daß sie als eine soziale Institution gesehen werden muß 1 . Die Verbindung von Wissenschaft und Technik, die für die Industriekultur charakteristisch ist, hat dazu geführt, daß sich seit der industriellen Revolution nicht nur die Staaten, sondern auch die Wirtschaftsunternehmen für die Wissenschaft interessieren, sie finanzieren und sich dienstbar machen. Das nicht vom industriellen Interesse beeinflußte Mäzenatentum ist dagegen angesichts des riesigen Finanzbedarfs der modernen Wissenschaft in den Hintergrund getreten. In einigen Förderergesellschaften und Stiftungen lebt es noch fort. Die besondere Lage der Wissenschaft besteht darin, daß sie sich finanziell nicht selbst tragen kann. Die Ergebnisse ihrer Forschung sind zwar die Grundlage für die Industrieproduktion, müssen aber durch die letztere erst in verkäufliche Werte umgesetzt werden. Die Industriestaaten des 19. Jahrhunderts, insbesondere die kontinentaleuropäischen, erkannten daher in der Finanzierung der Wissenschaft ihre große Aufgabe. Sie vertrauten die Pflege der Wissenschaft einer alten Institution an, deren Finanzierung sie seit dem Zeitalter des Absolutismus in zunehmendem Maße übernommen hatten: der Universität. So brachte das 19. Jahrhundert der deutschen Universität die besondere materielle Fürsorge des modernen Staates, zugleich aber auch - dem modernen Wissenschaftsbegriff entsprechend - die geistige Freiheit von Staat, Kirche und anderen äußeren Einflüssen. Die Wissenschaftspflege außerhalb der Universität wurde dadurch nicht abgeschnitten. In den Forschungslaboratorien der Wirtschaftsunternehmen und Stiftungen entwickelte 1
Vgl. Bemal, Die Wissenschaft in der Geschichte, 1961, S. 20ff.; Popper, in: Sozialer Wandel (hrsg. von Dreitzel), 1967, S. 305 ff.
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sie sich weiter und ist gegenwärtig dabei, auf vielen Gebieten die an der Universität betriebene Forschung zu überflügeln. So liegt heute ein großer Teil der Wissenschaftspflege von vornherein außerhalb der staatlichen Verwaltung. Aber auch die an staatlichen Einrichtungen betriebene Wissenschaft wird zum Teil von der Privatwirtschaft finanziert. Die staatliche Verwaltung dieses Bereichs steht daher vor besonders schwierigen Aufgaben, die nicht nur mit der inhärenten Freiheit der Wissenschaft zusammenhängen - die öffentliche Verwaltung muß auch in anderen Bereichen Freiheitsrechte von natürlichen und juristischen Personen achten —, sondern auch mit der Eigenart der wissenschaftlichen Betätigung und mit dem Zusammenspiel von öffentlicher und privater Finanzierung.
II. D i e wissenschaftlichen Hochschulen 1. Die wissenschaftlichen Hochschulen des Staates a) Begriffsbestimmungen: Der Begriff „wissenschaftliche Hochschulen" deutet einen Gegensatz zu „nichtwissenschaftlichen Hochschulen" an. Der Begriff der nichtwissenschaftlichen Hochschule ist jedoch dem deutschen Verwaltungsrecht unbekannt. Nach Aufgabe und Rechtsstellung waren die wissenschaftlichen Hochschulen abgegrenzt gegenüber den Fachhochschulen und Kunsthochschulen, die insofern als „nichtwissenschaftliche Hochschulen" bezeichnet werden konnten. Die modernen Fachhochschulgesetze haben jedoch diese Unterscheidung aufgehoben. So bestimmt § 3 des Baden-Württembergischen FachhochschulG vom 22. 11. 1977 2 : „Die Fachhochschulen bereiten durch anwendungsbezogene Lehre auf berufliche Tätigkeiten vor, die die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und wissenschaftlicher Methoden oder die Fähigkeit zu künstlerischer Gestaltung erfordern. Im Rahmen ihres Bildungsauftrags nehmen die Fachhochschulen Forschungs- und Entwicklungsaufgaben wahr". Ähnlich definieren die Fachhochschulgesetze der anderen Länder 3 . Die Ausdehnung des Begriffs der wissenschaftlichen Hochschule ist eine natürliche Folge der Verwissenschaftlichung aller Bereiche des modernen Lebens, die dazu zwingt, die wissenschaftliche Ausbildungsmethode auf eine immer größer werdende Zahl von Berufen auszudehnen 4 . Dieser Vorgang kann auch als letzte Phase einer längeren Entwicklung angesehen werden, deren erstes Stadium als „Ausweitung des Universitätsbegriffs" bezeichnet worden ist. Die scharfe Unter2 3
4
GBl. 1977, S. 522. Im Zeitpunkt der Drucklegung des vorliegenden Buches wird in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland die von § 72 HRG geforderte Anpassung der Hochschulgesetze an das HRG vorbereitet. Nur in Baden-Württemberg ist die Anpassung bereits durchgeführt. Hinweise auf Landeshochschulgesetze sind daher im folgenden i. d. R. auf BadenWürttemberg beschränkt. Anders G. Roellecke, Die Universität und die Gleichheit, in: Bilanz einer Reform, 1977, S. 181.
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Scheidung zwischen Universitäten und anderen Hochschulen, die über hundert Jahre lang im deutschen Hochschulrecht galt, war schon lange, nämlich seit der Errichtung von Technischen Hochschulen im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts, fragwürdig geworden. Die Universität, deren Bezeichnung sich von dem lateinischen Ausdruck „universitas litterarum" ableitet, war dadurch gekennzeichnet, daß sie die gesamte Breite der Natur- und Geisteswissenschaften in Forschung und Lehre erfaßte, während die Hochschule nur einem Spezialgegenstand oder einer Gruppe verwandter Fächer gewidmet war. Aber gerade durch die Ausklammerung der technischen Fächer beschränkte auch die traditionelle Universität seit dem 19. Jahrhundert ihren Universalitätsanspruch auf die geisteswissenschaftlichen Fächer. Aus der Tatsache, daß heute keine Institution mehr die gesamte Breite aller wissenschaftlichen Disziplinen pflegen kann, hat das Hochschulrecht die Konsequenz gezogen, daß die Pflege eines größeren oder kleineren Kreises von Disziplinen kein rechtliches Unterscheidungsmerkmal mehr sein kann. Die Verleihung der Bezeichnung „Universität" an bestimmte Lehr- und Forschungseinrichtungen ist nur eine Formalität. Die rechtliche Gleichstellung aller wissenschaftlichen Hochschulen ist einer der ersten, bereits vollzogenen, Schritte der Hochschulreform. Um den Problemen einer allgemeinen Definition des Begriffs „wissenschaftliche Hochschule" aus dem Wege zu gehen, ist die Hochschulgesetzgebung dazu übergegangen, die Einrichtungen, auf die ein Gesetz anzuwenden ist, enumerativ zu bestimmen. Einige Länder (Bayern, Schleswig-Holstein) haben ein einheitliches Gesetz für alle Hochschulen und unterscheiden bei der Aufzählung zwischen wissenschaftlichen Hochschulen, Fachhochschulen, Kunsthochschulen usw., andere (z. B. Baden-Württemberg) beschränken den Geltungsbereich auf Einrichtungen mit der Bezeichnung „Universität". Hessen hat neben dem HochschulG ein UniversitätsG für vier namentlich genannte Institutionen, Nordrhein-Westfalen zählt zu den „wissenschaftlichen Hochschulen" ausdrücklich die Universitäten, die TH Aachen, die Pädagogischen Hochschulen und die Sporthochschule Köln, Rheinland-Pfalz verfährt ähnlich und nennt neben zwei Universitäten die Erziehungswissenschaftliche Hochschule und die Hochschule für Verwaltungswissenschaften. Das H R G verzichtet auf die Definition der wissenschaftlichen Hochschule und verweist in seinem § 1 auf das jeweils anzuwendende Landesrecht. In dem historisch gewachsenen deutschen Bildungssystem stellte die Universität die dritte und oberste Schicht von Ausbildungsstätten dar. Rechtlich war jedoch die deutsche Universität keine über den höheren Schulen stehende „höchste" Schule, sondern ein aliud. Ihre Sonderstellung war gekennzeichnet durch das Grundrecht der Lehr- und Lernfreiheit, das den Lehrern und Schülern des Primär und Sekundärbereichs nicht zustand und auch nach geltendem Recht nicht zusteht. Die Tatsache, daß sich in jüngster Zeit für das Hochschulwesen der Ausdruck „tertiärer Bereich" eingebürgert hat, läßt erkennen, daß jene Sonderstellung der Universität im Zuge der Hochschulreform in den Hintergrund treten soll. Von einem Abschluß dieser Entwicklung kann jedoch nicht die Rede sein. Vielmehr läßt sich die Rechtslage - trotz der unbestreitbaren allgemeinen Unsicherheit auf dem Gebiet des Hochschulrechts - dahingehend kennzeichnen, daß diejenige Stel-
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lung, die früher die Universität innehatte, heute allen wissenschaftlichen Hochschulen zukommt. Traditionell ist die deutsche Universität durch folgende Merkmale gekennzeichnet: 1. Einheit von Forschung und Lehre, 2. Berücksichtigung der gesamten Breite der Natur- und Geisteswissenschaften an jeder Universität, 3. körperschaftliche Rechtsstruktur mit der darauf beruhenden Autonomie. Im Zuge der Ausdehnung des Universitätsbegriffs ist unstreitig das zweite Wesensmerkmal beseitigt worden. Durch die Schaffung von Gesamthochschulen kann hierüber nicht hinweggetäuscht werden. Da aber der Universalitätsanspruch im Grunde genommen niemals ganz erfüllt wurde, erscheint auch der ausdrückliche oder versteckte Verzicht auf ihn nicht als grundlegender Wandel des deutschen Hochschulrechts. Schwerwiegender ist die im Verlauf der Debatte über die Hochschulreform wiederholt aufgetauchte Vermutung, daß die Ausweitung des Universitätsbegriffs auch das erste Wesensmerkmal der deutschen Universität, die Einheit von Forschung und Lehre, beseitigt. Diese Einheit, die sich hauptsächlich in der Person des Hochschullehrers verkörpert und eng mit der Lehr- und Lernfreiheit zusammenhängt, stellt besondere Anforderungen an die materielle Ausstattung und die Lehrkörperstruktur der wissenschaftlichen Hochschule. Es ist zu befürchten, daß der Ausbau der bisherigen nichtwissenschaftlichen Hochschulen zu wissenschaftlichen Hochschulen den Einsatz von Finanzmitteln in einer Größenordnung erfordern würde, der für die Bundesrepublik Deutschland unabhängig von der Konjunkturlage nicht in Frage kommt. So entsteht die Gefahr, daß Ausbildungsstätten des tertiären Bildungsbereichs, die kaum noch etwas mit der traditionellen deutschen Universität gemein haben, der fast völlig inhaltsleere Titel „Universität" verliehen wird. Aber auch an den alten Universitäten sind Tendenzen zur Zerstörung der Einheit von Forschung und Lehre erkennbar, die teils auf die Überlastung der Hochschullehrer mit Verwaltungsarbeit zurückgehen („Einheit von Verwaltung und Lehre"), teils auf die wachsenden Studentenzahlen und die relative Verknappung der Forschungsmittel. Durch diese Entwicklungen hat der Universitätsbegriff in der Gegenwart bereits weitgehend seinen Inhalt eingebüßt. Die Ersetzung des Begriffs „Universität" durch den Begriff „wissenschaftliche Hochschule" deutet diesen Wandel an, löst aber keine Probleme. Die Ausdehnung des Universitätsbegriffs auf alle wissenschaftlichen Hochschulen ist eine natürliche Entwicklung. Dagegen wäre es ein gezielter Eingriff, wenn der Gesetzgeber der wissenschaftlichen Hochschule auch die beiden anderen Wesensmerkmale der deutschen Universität vorenthalten würde. Die Frage, ob ein derartiger gezielter Eingriff unter den gegenwärtigen Bedingungen erforderlich ist, soll hier unerörtert bleiben, da sie nicht zum Hochschulrecht, sondern zur Hochschulpolitik gehört. Die Hochschulreform ist noch nicht abgeschlossen, aber die verfassungsrechtlichen Grundlagen des Hochschulrechts bleiben hiervon unberührt. Sie garantieren, daß die Verwaltung der wissenschaftlichen Hochschulen auch in der Übergangsphase dem rechtsstaatlichen Gesamtgefüge entspricht.
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b) Verfassungsrechtliche Grundlagen: Das Hochschulwesen gehört zur Gesetzgebungskompetenz der Länder; der Bund kann gemäß Art. 75 Abs. 1 Nr. 1 a GG die allgemeinen Grundsätze des Hochschulwesens regeln. In Ausübung dieser Rahmenkompetenz, die durch die 22. Änderung des GG vom 12. Mai 1969 (BGBl. I, S. 363) geschaffen worden ist, verabschiedete der Bundestag das HRG am 12. Dezember 1974 5 . Der Bundesrat rief jedoch gemäß Art. 77 Abs. 2 GG den Vermittlungsausschuß an 6 , so daß das Gesetz erst am 27. Januar 1976 in Kraft treten konnte. Die Zuständigkeit des Bundes zur Rahmengesetzgebung gemäß Art. 75 Nr. 1 a GG bezieht sich nicht nur auf die wissenschaftlichen Hochschulen, sondern auf Hochschulen aller Art. Der Hochschulgesetzgebung des Bundes sind „in vierfacher Hinsicht normative Grenzen gesetzt: sie kann nur einen Rahmen im Sinne der Rahmengesetzgebung des Grundgesetzes darstellen; dieser Rahmen darf nur so weit reichen, als ein ,Bedürfnis' im Sinne des Art. 72 GG besteht; durch ein Rahmengesetz dürfen nur,Grundsätze' für das Hochschulwesen erlassen werden; diese Grundsätze wiederum dürfen nur allgemeiner' Natur sein" 7 . Die verfassungsmäßige Sicherung der Eigenart der wissenschaftlichen Hochschulen wird in Art. 5 Abs. 3 GG und den entsprechenden Bestimmungen der Landesverfassungen (Art. 138 Abs. 2 S. 1 der Bayer. Verf., Art. 20 Abs. 2 der Bad.-Württ. Verf., Art. 16 Abs. 1 S. 2 der HessVerf, Art. 16 Abs. 1 der Nordrh.westf. Verf., Art. 39 Abs. 1 S. 1 der Rheinl.Pfälz. Verf.) gesehen. Das dort normierte Grundrecht der Lehrfreiheit weist einen historischen Zusammenhang mit der liberalen Universitätsidee auf, von der die deutsche Universität geprägt worden ist8. Jedoch ist für die Frage nach der verfassungsrechtlich möglichen oder gar zwingend vorgeschriebenen Rechtsform der Universität weniger das Grundrecht der Lehrfreiheit als subjektives öffentliches Recht des einzelnen Forschers und Lehrers von Bedeutung als vielmehr die institutionelle Garantie der Wissenschaftsfreiheit, die aus Art. 5 Abs. 3 GG abzuleiten ist. Diese institutionelle Garantie bedeutet „die Gewährleistung einer von staatlicher Einwirkung freien Sphäre der Wissenschaft" 9 , die „Garantie für den Bestandszusammenhang von Wissenschaftspflege und der für sie üblichen Institution der Universität" 10 . Jedoch schreibt Art. 5 Abs. 3 GG keine bestimmte Rechtsanstalt der Universität vor 11 . In seinem Grundsatzurteil vom 29. Mai 1973 (betreffend das Niedersächsische Vorschaltgesetz) hat das BVerfG ferner betont, daß die Garantie der Wissenschaftsfreiheit auch „das überlieferte Strukturmodell der deutschen Universität" nicht verfassungsrechtlich zenjentieren will, sondern dem Gesetzgeber die Möglichkeit gibt, innerhalb der durch das Grundrecht des Art. 5 Abs. 3 gezogenen Grenzen 5 6 7 8
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BT-Drucks. 7 / 1 3 2 8 , 7 / 2 8 4 4 , 7 / 2 9 3 2 . BT-Drucks. 7/3279 vom 26. 2. 1975. Maunz, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, Grundgesetz, Rdnr. 28 a zu Art. 75. Vgl. Röttgen, GRe II S. 322ff.; R. Thoma, Die Lehrfreiheit der Hochschullehrer, RuSt 166,1952. Thieme, Dt. HochschulR, S. 108. Franz Mayer, Von der Rechtsnatur der Universität, S. 27 f. So schon H. J. Wolff, Die Rechtsgestalt der Universität, S. 32. Ebenso BVerfGE 3 5 , 7 9 .
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„die Organisation der Hochschulen nach seinem Ermessen zu ordnen und sie den heutigen gesellschaftlichen und wissenschaftssoziologischen Gegebenheiten anzupassen" 1 2 . c) Verwaltung und Organisation: Welche Rechtsnatur der wissenschaftlichen Hochschule nach dem „überlieferten Strukturmodell der deutschen Universität" zukommt, ist in der Rechtslehre umstritten. Nach einer vorwiegend in der älteren Literatur vertretenen Ansicht ist die Universität eine Anstalt des öffentlichen Rechts 13 , nach der heute herschenden Meinung ist sie eine Körperschaft des öffentlichen Rechts 1 4 . Auch das H R G und die Hochschulgesetze der Länder bezeichnen die wissenschaftlichen Hochschulen als Körperschaften des öffentlichen Rechts15. Wenn die Gesetze hinzufügen, daß die Hochschulen zugleich Einrichtungen des Landes seien 16 , so ändert das nichts an deren körperschaftlichen Rechtsform. Aus der Tatsache, daß die wissenschaftliche Hochschule eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, ergeben sich Konsequenzen für die Rechtsstellung der Studenten, Assistenten und Professoren. Aber auch für die Verwaltung und Organisation der wissenschaftlichen Hochschule ist diese Rechtsform insofern von Bedeutung, als mit ihr das Recht der Selbstverwaltung verknüpft ist. Das aus Rechtsform und Wesen der wissenschaftlichen Hochschule abgeleitete und durch Art. 5 Abs. 3 G G gesicherte Recht auf Selbstverwaltung besteht auch ohne ausdrückliche Normierung in den betreffenden Landesverfassungen. Das BVerfG hat bisher nicht zu der Frage Stellung genommen, „ob in der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Wissenschaftsfreiheit ein (oder: das) .Grundrecht der deutschen Universität' zu erblicken sei" 1 7 . Im Urteil vom 16. Januar 1963 erklärte es lediglich, Art. 5 Abs. 3 G G besage nicht, daß das Gesetz „das Maximum dessen hätte garantieren wollen, was vom Idealbild einer Universität her gesehen erwünscht wäre. Vielmehr ist davon auszugehen, daß durch Art. 5 Abs. 3 G G auf einem den Ländern nach dem Grundgesetz überlassenen Gebiete nicht mehr als dasjenige geschützt werden sollte, was sich im Laufe der geschichtlichen Entwicklung in den einzelnen Ländern als unerläßlich für eine freie Betätigung der Universitäten in Wissenschaft, Forschung und Lehre herausgebildet hatte" 1 8 . Im Urteil vom 29. Mai 1973 erklärte es jedoch: „Der wesentliche 12 13
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BVerfGE 35, 116. Otto Mayer, VwR II, 3. Aufl. 1924, S. 338; W. Jellinek, VwR, S. 521; Laforet, Dt. VerwaltungsR, 1937, S. 197; Peters, VwR, S. 413; v. Turegg, VwR, 2. Aufl. 1954, S. 409; Forsthoff, VwR I, 10. Aufl., S. 489. Gerber, Das Recht der wissenschaftlichen Hochschulen I, S. 21; Köttgen, GRe II, S. 291; von Lübtow, Autonomie oder Heteronomie der Universitäten, S. 33; Thieme, Dt. HochschulR, S. 108; H. J. Wolff, Die Rechtsgestalt der Universität, S. 13. § 5 Abs. 1 des Baden-Württ. UniversitätsG vom 22. 11. 1977, § 58 HRG. Im übrigen vgl. Anm. 3. So § 58 HRG und bereits früher die Gesetze der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Saarland. BVerfGE 35,116. BVerfGE 15, 264.
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Inhalt eines solchen .Grundrechts', nämlich die Selbstverwaltung im .akademischen', d. h. dem auf Forschung und Lehre unmittelbar bezogenen Bereich, besteht faktisch unangefochten, ist in den Hochschulgesetzen anerkannt und in den meisten Länderverfassungen ausdrücklich garantiert" 19 . In dieser Argumentation liegt insofern die Gefahr eines Zirkelschlusses, als nach herrschender Meinung das Recht auf Selbstverwaltung auch ohne ausdrückliche Normierung in den betreffenden Landesverfassungen besteht. Das BVerfG wollte auch im Urteil vom 29. Mai 1973 nicht die Auffassung widerlegen, daß Art. 5 Abs. 3 GG das Recht der wissenschaftlichen Hochschulen auf Selbstverwaltung verfassungsrechtlich absichert, sondern es wollte lediglich darauf hinweisen, daß auch nach dieser Auffassung der Gesetzgeber frei ist, andere Modelle der Hochschulorganisation zu entwerfen, solange Art. 5 Abs. 3 GG nicht verletzt wird. Der Umfang des Selbstverwaltungsrechts ergibt sich aus den Funktionen der wissenschaftlichen Hochschule. Soweit Landesverfassungen das Selbstverwaltungsrecht der Universität ausdrücklich normieren, wie die nordrh.-westf. Verf. in Art. 16 Abs. 1 und die bayer. Verf. in Art. 138 Abs. 2, wird auf die Grenzen ebenso ausdrücklich verwiesen. Die Funktionen der wissenschaftlichen Hochschule werden mit dem Schlagwort „Forschung und Lehre" umrissen. Der Bundesbericht Forschung III 20 definiert die Forschung als „die geistige Tätigkeit mit dem Ziele, in methodischer, systematischer und nachprüfbarer Weise neue Erkenntnisse zu gewinnen". Das Bundesverfassungsgericht hat diese Definition übernommen und darüber hinaus den Begriff „Lehre" definiert als „die wissenschaftlich fundierte Übermittlung der durch die Forschung gewonnenen Erkenntnisse" 21 . Traditionell ist aber die deutsche Universität ferner dadurch gekennzeichnet gewesen, daß sie Forschung und Lehre als Einheit betrachtet hat. Den untrennbaren Zusammenhang zwischen Forschung und Lehre hat das BVerfG im Urteil vom 29. Mai 1973 auch für die wissenschaftliche Hochschule im Sinne der geltenden Hochschulgesetze ausdrücklich bejaht. Somit ist davon auszugehen, daß die vom Grundgesetz geschützte Rechtsposition der wissenschaftlichen Hochschulen gerade auch die Einheit von Forschung und Lehre umfaßt. Das Bundesverfassungsgericht verwendet den Ausdruck „Wissenschaft" als Oberbegriff für Forschung und Lehre 22 . Die wissenschaftliche Hochschule der Gegenwart ist demnach in gleicher Weise durch die Einheit von Forschung und Lehre gekennzeichnet wie die traditionelle deutsche Universität. Eine Einrichtung, an der die Einheit von Forschung und Lehre nicht garantiert und organisatorisch abgesichert wäre, würde das Grundrecht des Art. 5 Abs. 3 GG nicht genießen. Jenseits des Bereichs von Forschung und Lehre besitzt die wissenschafltiche Hochschule kein Selbstverwaltungsrecht. Die Formulierung des BVerfG im Urteil vom 16. Januar 1963, daß „in neuerer Zeit alles nur auf ein Zusammenwirken mit den staatlichen Hochschulverwaltungen angelegt ist" 23 , ist zwar wegen der Ver-
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BVerfGE 35,116. BVerfGE 35, 113. BVerfGE 15, 264.
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BT-Drucks. V/4335, S. 4. Vgl. Kimminich, WissR 1973, S. 194.
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wendung des Wortes „alles" irreführend, wenn daraus geschlossen wird, daß das Recht der Selbstverwaltung der wissenschaftlichen Hochschulen auf null reduziert werden kann. Sie enthält aber eine im Kern richtige Aussage, wenn sie darauf hinweist, daß auch den traditionellen deutschen Universitäten eine wesentliche Grundlage der Selbstverwaltung, nämlich die Finanzhoheit, stets fehlte. Die deutschen Universitäten hatten zwar bereits im 19. Jahrhundert die geistige Freiheit vom Staat erlangt, nicht jedoch die finanzielle Freiheit. Zwar sind die wissenschaftlichen Hochschulen der Gegenwart ebenso wie die traditionellen deutschen Universitäten als juristische Personen des öffentlichen Rechts durchaus vermögensfähig 24 . Sie können also eigenes Vermögen erwerben und es nach Belieben im Rahmen der allgemeinen Gesetze verwenden. Da aber die wissenschaftlichen Hochschulen keine Handelsgüter produzieren und Schenkungen oder Stiftungen an wissenschaftliche Hochschulen in Deutschland nicht in dem Umfang getätigt werden wie in anderen Industriestaaten, kann keine einzige deutsche wissenschaftliche Hochschule auch nur einen Bruchteil ihres Finanzbedarfs aus eigenen Mitteln decken. Der ganz überwiegende Teil der Finanzmittel der wissenschaftlichen Hochschulen wird in öffentlichen Haushalten zur Verfügung gestellt, in der Regel von dem betreffenden Land, auf dessen Staatsgebiet die Universität besteht. Mehrere Länder können sich durch Staatsvertrag, auch unter Beteiligung des Bundes (wie im Falle der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer) zur gemeinsamen Finanzierung einer wissenschaftlichen Hochschule verpflichten. Die finanzielle Abhängigkeit einer mit dem verfassungsmäßig abgesicherten Recht der Selbstverwaltung ausgestatteten Körperschaft von den Zuwendungen der öffentlichen Hand bewirkt ein kompliziertes Nebeneinander von Selbstverwaltung und Staatsverwaltung an den wissenschaftlichen Hochschulen. Diejenigen, die in der wissenschaftlichen Hochschule immer noch anstaltsrechtliche Züge sehen, deuten dieses Nebeneinander so, daß der Körperschaft eine Anstalt des öffentlichen Rechts zur „Bedarfsverwaltung" zugeordnet ist25. Diese Rechtskonstruktion ist in der Tat dann erforderlich, wenn sich an der Finanzierung einer Universität andere Rechtspersönlichkeiten neben dem betreffenden Bundesland beteiligen (z. B. eine Stadt oder eine Stiftung). Soweit aber ein Land der Bundesrepublik eine wissenschaftliche Hochschule allein unterhält - was der Regelfall ist - , ist die Gründung einer eigenen Anstalt zum alleinigen Zweck der Bedarfsdeckung der wissenschaftlichen Hochschule nicht nötig. Es handelt sich vielmehr um einen Teil der Staatsverwaltung. Die Tatsache, daß diese Staatsverwaltung innerhalb der Universität tätig ist und die Universität zum Gegenstand hat, macht sie noch nicht zur „mittelbaren Staatsverwaltung". Die Abgrenzung der Kompetenzen zwischen jener innerhalb der wissenschaftlichen Hochschule tätigen unmittelbaren Staatsverwaltung und der Selbstverwaltung der wissenschaftlichen Hochschule hat der Rechtslehre Schwierigkeiten bereitet 26 . Weithin gebräuchlich ist die Formel, daß die „akademischen" Angele24 25 26
Vgl. Bley, Die Universitätskörperschaft als Vermögensträger, 1963. So H. J. Wolff, VwR II, 3. Aufl. S. 274. Aus der reichhaltigen älteren Literatur vgl. hierzu zusammenfassend Reinhardt, WissR 1968, S. 12ff. Zum gegenwärtigen Problemstand Rupp, WissR 1974, S. 89 ff.
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genheiten zur Selbstverwaltung gehören, die übrigen zur Staatsverwaltung an der Universität. Dadurch wird jedoch nur das Problem auf die Definition der „akademischen Angelegenheiten" verlagert. Daher empfiehlt es sich, von dem in den Gesetzen und in der Rechtsprechung des BVerfG verwendeten Begriff „Forschung und Lehre" auszugehen. Soweit es sich um den Inhalt von Forschung und Lehre handelt, ist damit von vornherein keine Verwaltungstätigkeit verbunden. Somit können Forschung und Lehre nicht das Wesen der Selbstverwaltung der wissenschaftlichen Hochschule ausmachen, weil sie nicht Verwaltung sind. Forschung und Lehre bedürfen jedoch auch einer Organisation. Diese ist der Gegenstand der Selbstverwaltung der wissenschaftlichen Hochschule. Zu ihr gehört die Zusammensetzung des Lehrkörpers, die Anstellung von wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Dienstkräften, die Aufstellung des Semesterstundenplans, die Abhaltung von Prüfungen. Aber auch in allen diesen Bereichen kann die wissenschaftliche Hochschule nicht selbständig tätig werden, soweit die von ihr gesetzten Rechtsakte Bestandteil einer staatlich geregelten Berufsausbildung sind. Vielmehr muß sie bei der Setzung dieser Rechtsakte die von den zuständigen Behörden erlassenen Ausbildungs- und Prüfungsvorschriften beachten. So muß zum Beispiel jeder Semesterstundenplan einer juristischen Fakultät so aufgestellt werden, daß das Referendarexamen nach der Absolvierung der von der Justizausbildungs- und Prüfungsordnung vorgeschriebenen Mindestzahl von Semestern abgelegt werden kann. Das H R G enthält zwar einen Abschnitt mit der Überschrift „Selbstverwaltung und Staatsverwaltung" (§§ 58 - 60 H R G ) , regelt dort aber nur die Rechtsstellung der Hochschule (§ 58), die Aufsicht (§ 59) und das Zusammenwirken von Land und Hochschule (§ 60). Nur mittelbar ergibt sich auch § 59 H R G eine Aussage über die Unterscheidung zwischen Selbstverwaltung und Staatsverwaltung an den wissenschaftlichen Hochschulen. Die Vorschrift unterscheidet zwischen der Rechtsaufsicht und der „weitergehenden Aufsicht" über die wissenschaftlichen Hochschulen. Diese Formulierungen erinnern an die im Kommunalrecht übliche Unterscheidung zwischen dem eigenen Wirkungskreis (in dem der Staat nur die Rechtsaufsicht ausübt) und dem übertragenen Wirkungskreis (in dem der Staat auch die Fachaufsicht ausübt). Das H R G zählt jedoch nicht alle Bereiche der Hochschulverwaltung auf, die der „weitergehenden Aufsicht" unterliegen, sondern nennt nur einige von ihnen: Personalverwaltung, Wirtschaftsverwaltung, Haushalts- und Finanzverwaltung, Krankenversorgung, Ermittlung der Ausbildungskapazität und Festsetzung von Zulassungszahlen. Daß die Aufzählung nicht abschließend ist, ergibt sich aus der Verwendung des Wortes „insbesondere" in § 58 Abs. 2 H R G . Das Baden-Württembergische UniversitätsG vom 22. November 1977 bestimmt in seinem § 118 Abs. 1 lediglich: „Für die Haushalts- und Wirtschaftsführung sowie für die Personalangelegenheiten und die sonstigen Weisungsangelegenheiten gelten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, die staatlichen Vorschriften." In § 124 desselben Gesetzes wird ausdrücklich zwischen der Rechtsaufsicht und der Fachaufsicht über die Universitäten unterschieden. Die Gegenstände der Fachaufsicht werden in § 124 Abs. 2 aufgezählt: die Personalan-
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gelegenheiten; der Vollzug des Staatshaushaltsplans sowie die Verwendung der mit Mitteln des Staatshaushaltsplans erworbenen Vermögensgegenstände; des Haushalts-, Kassen- und Gebührenwesen; die Organisation der Verwaltung der Universität; die Verwaltung der der Universität zur Verfügung gestellten Grundstücke, Gebäude und Räume und ihre Ausstattung mit beweglichen Gegenständen; die Kranken Versorgung; die Wahrung der Ordnung und die Ausübung des Hausrechts; die Zulassung, Immatrikulation, Rückmeldung, Beurlaubung und Exmatrikulation der Studenten; die Ermittlung der Ausbildungskapazität und die Festsetzung von Zulassungszahlen. In der Literatur ist dagegen eingewendet worden, daß die Einfügung der Universität in das System von Rechts- und Staatsaufsicht dem Wesen der Universität nicht gerecht werde; denn die Universität übe eine „von der allgemeinen Staatsgewalt zu unterscheidende Hoheitsgewalt aus" 2 7 . So wird eine „differenzierende Regelung" gefordert, „die dem Wissenschaftsbezug der im einzelnen jeweils betroffenen konkreten Sachbereiche Rechnung trägt. Die gegenwärtigen Hochschulgesetze tragen dem nicht hinreichend Rechnung. Sie zwängen die Beziehungen zwischen Staat und Hochschule in das grobe Raster der Alternative von Rechts- oder Fachaufsicht, die durch die vielfältigen und in ihrer Systematik nicht leicht zu durchschauenden speziellen Bestimmungskompetenzen nur unzulänglich aufgelockert wird." 2 8 So verdienstvoll die Bemühungen sind, Beschränkungen der staatlichen Aufsichtsbefugnisse gegenüber den wissenschaftlichen Hochschulen aus dem Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit abzuleiten, muß doch beachtet werden, daß solche Beschränkungen wenig nützen, weil die Universität insgesamt keine Finanzhoheit besitzt und fast ausschließlich auf staatliche Zuteilungen angewiesen ist. Mit Recht betont daher Bachof: „Die Beschränkung staatlicher Aufsichtsbefugnisse in akademischen Angelegenheiten wird weitgehend unterlaufen durch die Abhängigkeit der Hochschulen von staatlicher Finanzierung, mittels derer sich nahezu alle Hochschulbereiche umfassend steuern lassen." 29 Ältere Hochschulgesetze beschränkten sich auf den lakonischen Satz: „In Wirtschafts- und Personalangelegenheiten wird die Verwaltung nach den staatlichen Vorschriften geführt." 3 0 Das Hessische UniversitätsG bestimmte: „Die Universitäten verwalten ihre Angelegenheiten nach Maßgabe der Gesetze in eigener Verantwortung unter der Rechtsaufsicht des Landes" 3 1 . Während sich die Fachaufsicht auf die Nachprüfung sowohl der Rechtmäßigkeit als auch der Zweckmäßigkeit der getroffenen Entscheidungen erstreckt, ist die Rechtsaufsicht auf die Nachprüfung der Rechtmäßigkeit der Akte der Selbstver27 28
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31
Oppermann, KuIturverwaltungsR, 1969, S. 324. D. Lorenz, Die Rechtsstellung der Universität gegenüber staatlicher Bestimmung, WissR 1978, S. 6. Wolff! Bachof, VwR II, § 93 IV e 1. § 78 des Baden-Württembergischen HochschulG vom 27. Juli 1973, GBl. S. 246; § 40 des Nordhrein-Westfälischen HochschulG vom 7. April 1970 i. d. F. des G vom 30. Mai 1972 (GVB1. S. 134). § 3 des Hessischen UniversitätsG i. d. F. vom 6. Dezember 1974, GVB1.1, S. 603.
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waltung beschränkt. Die Aufsicht wird vom Kultusminister ausgeübt. Ferner unterliegen alle Akte mit Außenwirkung, die der Definition des Verwaltungsakts entsprechen, der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung. Dies gilt insbesondere für Prüfungsentscheidungen. Verfügungen über Vermögenswerte, die im Eigentum der wissenschaftlichen Hochschule stehen, oder über Einkünfte, die der wissenschaftlichen Hochschule nicht aus einem öffentlichen Haushalt zufließen, gehören ebenfalls zu den Selbstverwaltungsangelegenheiten. Alle anderen Vermögensverfügungen und Entscheidungen in finanziellen Angelegenheiten können nur dann zum Bereich der Selbstverwaltung gehören, wenn der Staat als Geldgeber dies ausdrücklich gestattet. Gelegentlich ist deshalb für die Abgrenzung der Kompetenzen der Selbstverwaltung und der Staatsverwaltung an der wissenschaftlichen Hochschule die Formel empfohlen worden, daß alles, was Geld kostet, zum Bereich der Staatsverwaltung gehört, alles andere dagegen zur Selbstverwaltung. Mit der Einschränkung, daß der staatliche Geldgeber den Selbstverwaltungsorganen der wissenschaftlichen Hochschule selbstverständlich auch das Recht der Einzelverteilung global zugewiesener Mittel zugestehen kann, ist diese Formel richtig. Der Vollzug des Haushalts ist stets Sache der Staatsverwaltung. An der Aufstellung des Haushalts wirken die Organe der wissenschaftlichen Hochschule nur beratend mit. Nach herkömmlichem Universitätsrecht wurden die für den Betrieb der einzelnen Lehrstühle und Institute erforderlichen Mittel vom Staat zweckgebunden zugewiesen, und zwar auf Grund von Vereinbarungen zwischen dem Kultusminister und dem jeweiligen Lehrstuhlinhaber, die von der herrschenden Meinung als öffentlich-rechtliche Verträge gewertet wurden 32 . Im Zuge der Hochschulreform ist dieses System aufgegeben und durch die sogenannte Globalzuweisung ersetzt worden 33 . Danach werden die für den laufenden Betrieb nötigen Finanzmittel der wissenschafltichen Hochschule vom Staat nicht mehr zweckgebunden, sondern in einer Globalsumme zugewiesen, über deren Verteilung die nach der Hochschulsatzung zuständigen Gremien entscheiden. Die einzelnen Hochschullehrer sind damit aus ihrer Verantwortung für die Gewährleistung von Forschung und Lehre des jeweils von ihnen vertretenen Faches entlassen worden. Die in Ernennungsurkunden noch gelegentlich anzutreffende Bemerkung, der Hochschullehrer trage eine derartige Verantwortung, ist ohne die Berufungszusagen, die früher jene Verantwortung begründet haben, gegenstandslos. Ob die Hochschulgremien, die über die Verteilung von Globalzuweisungen entscheiden, damit zugleich die Verantwortung für den Betrieb von Forschung und Lehre auf den jeweiligen Fächern übernehmen, erscheint zweifelhaft, da es sich bei ihnen in der Regel um Nichtfachleute handelt. Auf diesem Gebiet zeigt sich daher die gegenwärtige Unsicherheit und Unklarheit des Hochschulrechts am deutlichsten. Am besten läßt sich das gegenwärtig praktizierte System als organisierte Verantwortungslosigkeit kennzeichnen. 32
33
Vgl. Bullinger, Beamtenrechtliche Zusagen und Reformgesetzgebung, 1972; Grellen, WissR, Beih. 3 (1969), S. 126ff.; W. Thieme, Berufungszusagen und Hochschulreform, 1970. Vgl. Oppermann, WissR 1969, S. l f f .
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Für die Organisation der Selbstverwaltung der wissenschaftlichen Hochschulen bieten sich zwei Systeme an: die Rektoratsverfassung und die Präsidialverfassung. Im Rektoratssystem steht an der Spitze der Selbstverwaltung der Universität ein aus dem Kreis der Lehrstuhlinhaber für ein bis zwei Jahre gewählter Rektor. Als sein Stellvertreter fungiert der Prorektor, in der Regel sein Amtsvorgänger. Da der Prorektor dem Rektor nicht nur bei der Einarbeitung behilflich ist, sondern ihn auch während seiner ganzen Amtszeit im Verhinderungsfall vertritt und bei den laufenden Geschäften entlastet, wird durch die Einrichtung des Prorektors eine gewisse Kontinuität in der Spitze der Selbstverwaltung gewährleistet. Zur weiteren Entlastung von Rektor und Prorektor können die Hochschulsatzungen die Wahl eines zweiten Prorektors („Troika-System") vorsehen. Im Zuge der Hochschulreform trat die Präsidialverfassung in den Vordergrund, konnte aber die Rektoratsverfassung noch nicht vollständig verdrängen. § 11 des Baden-Württembergischen UniversitätsG vom 22. November 1977 überläßt den wissenschaftlichen Hochschulen noch immer die Wahl zwischen Präsidialverfassung und Rektoratsverfassung. Dagegen schreibt das Bayerische Hochschulgesetz vom 21. Dezember 1973 bereits zwingend die Präsidialverfassung vor (Ausnahme: Hochschulen mit weniger als 3000 Studenten, Art. 17 BayHSchG) und läßt den Hochschulen lediglich die Wahl zwischen einem Präsidenten und einem Präsidialkollegium (Art. 12 BayHSchG). Die Amtszeiten der Präsidenten sind in den einzelnen Hochschulgesetzen unterschiedlich geregelt; sie sind aber durchweg länger als die Amtszeiten der Rektoren in den Universitäten alten Stils. So beträgt die Amtszeit des Universitätpräsidenten in Hamburg 9 Jahre, in Baden-Württemberg 8 Jahre, in Bayern 6 Jahre. Im Gegensatz zu den Rektoren bedürfen die Universitätspräsidenten einer Ernennung. Wiederernennung nach Ablauf der Amtszeit ist nach sämtlichen Hochschulgesetzen zulässig. Der Ernennung durch staatliche Stellen geht ein Meinungsbildungsprozeß an der wissenschaftlichen Hochschule voraus. So sieht das Baden-Württembergische HochschulG in § 18 Abs. 2 vor, daß der Universitätspräsident auf Grund eines gemeinsamen Vorschlags des Kultusministers und des Großen Senats vom Ministerpräsidenten ernannt wird. Nach Art. 13 Abs. 1 des Bayerischen HochschulG wird der Universitätspräsident vom Kultusminister auf Vorschlag der „Versammlung" (in der die Dozenten, Studenten und Bediensteten der Universität vertreten sind) ernannt. Dem Vorschlag der Versammlung geht eine öffentliche Ausschreibung und die Erstellung einer in der Regel drei Personen umfassenden Vorschlagsliste des Senats (eines kleineren Gremiums, in dem aber der gleiche Personenkreis vertreten ist wie in der Versammlung) sowie ein Wahlvorgang in der Versammlung voraus. Das HRG schreibt in § 62 lediglich vor, daß die Hochschule einen „gewählten hauptberuflichen Leiter mit mindestens vierjähriger Amtszeit" haben muß, an dessen Stelle allerdings auch „ein gewähltes Leitungsgremium mit mindestens einem hauptberuflichen Mitglied" treten kann 34 . In Hochschulen mit Präsidialverfassung steht der Hochschulpräsident an der Spitze der Selbstverwaltung. In der Person des Präsidenten wird jedoch zugleich 34
§ 62 Abs. 2 HRG.
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eine Verbindung zwischen Selbstverwaltung und Staatsverwaltung hergestellt. D e r Präsident erledigt in eigener Zuständigkeit die Geschäfte der laufenden Verwaltung. D e r „leitende Verwaltungsbeamte", der in einer Hochschule mit Rektoratsverfassung die Spitze der an der Hochschule tätigen Staatsverwaltung darstellt, ist in einer Hochschule mit Präsidialverfassung dem Präsidenten nachgeordnet 3 5 . D e r leitende Verwaltungsbeamte trägt in der Regel die Amtsbezeichnung „Kanzler". Die Bezeichnung „ K u r a t o r " , die d e m preußischen Universitätsrecht entstammt und sich im norddeutschen R a u m gelegentlich noch findet, wird im Zuge der Hochschulreform immer mehr verdrängt. D i e Hochschulen mit Rektoratsverfassung bringen die Verbindung zwischen Selbstverwaltung und Staatsverwaltung dadurch zum Ausdruck, daß sie den R e k t o r zum Dienstvorgesetzten des Kanzlers machen, andererseits aber den Kanzler auch als Mitglied in die Körperschaft aufnehmen. Damit fällt dem Kanzler in der Rektoratsverfassung die Mittlerrolle zwischen Hochschule und Kultusministerium zu, die in der Präsidialverfassung der Präsident spielt. In beiden Verfassungstypen ist der Kanzler (Kurator) der leitende Beamte der Hochschulverwaltung und Beauftragter für den Haushalt. Die neueren Hochschulgesetze bekennen sich zum Grundsatz der Einheitsverwaltung36. Das bedeutet, d a ß Selbstverwaltungsangelegenheiten und Angelegenheiten der staatlichen Verwaltung an der Hochschule in der Verwaltungsorganisation nicht getrennt werden. Ein und derselbe B e a m t e oder Angestellte nimmt zugleich Selbstverwaltungsangelegenheiten und Angelegenheiten der staatlichen Verwaltung wahr. W e n n aber sein Dienstvorgesetzter in j e d e m Fall der Kanzler ist 37 , so erscheint es fraglich, ob in der Praxis noch von einer Selbstverwaltung die R e d e sein kann. Die Tatsache, daß der Kanzler und die anderen an der H o c h schule hauptberuflich tätigen Beamten, Angestellten und Arbeiter zugleich Mitglieder der Körperschaft sind, ändert ihre dienstrechtliche Stellung nicht. Als Beauftragter f ü r den Haushalt sowie als Dienstvorgesetzter ist der Kanzler, wie Art. 32 Abs. 1 BayHSchG betont, nicht an Weisungen der Leitung der Hochschule gebunden. W e n n das System der Verzahnung von Selbstverwaltung und Staatsverwaltung den A n f o r d e r u n g e n des Art. 5 Abs. 3 G G gerecht werden soll, muß die Trennung zwischen Selbstverwaltungsaufgaben und Staatsverwaltungsaufgaben streng durchgeführt werden, auch wenn die Universität als Körperschaft keinen eigenen Verwaltungsapparat besitzt. Bei der Erledigung von Selbstverwaltungsaufgaben durch staatliche Dienstkräfte handelt es sich nicht um eine „Ausleihe" von Dienstkräften auf G r u n d besonderer Vereinbarungen, sondern um eine automatische Doppelfunktion der Staatsverwaltung an der wissenschaftlichen Hochschule. Im Bereich der Staatsverwaltung erstrecken sich die Weisungsbefugnisse der übergeordneten B e h ö r d e (Kultusministerium) auf alle Aspekte der Verwaltungstätigkeit (Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit), im Bereich der Selbstverwaltung ist nur 35
36 37
In einigen Hochschulgesetzen ist dies ausdrücklich normiert: Bayern Art. 14 Abs. 6; Hessen § 13; Nordrhein-Westfalen § 39. Vgl. im übrigen Fn. 3. Beispiel: Art. 31 Abs. 1 BayHSchG 1973. So Art. 32 Abs. 1 Satz 2 BayHSchG 1973.
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die Nachprüfung der Rechtmäßigkeit im Rahmen der Rechtsaufsicht des Kultusministeriums über die Körperschaft zulässig; Weisungen erteilen hier der Rektor bzw. Hochschulpräsident und die übrigen Selbstverwaltungsorgane der Universität. Die übrigen Selbstverwaltungsorgane der Universität (neben Rektor bzw. Hochschulpräsident) haben in den modernen Hochschulgesetzen der Länder unterschiedliche Bezeichnungen erhalten. In der „klassischen" deutschen Universität waren es die Senate und Fakultäten. Zum Teil sind diese Bezeichnungen aufrechterhalten worden, obwohl sich die Zusammensetzung der Gremien grundlegend gewandelt hat. Die klassische deutsche Universität gliederte sich in fünf Fakultäten: Theologie, Jurisprudenz, Philosophie, Medizin, Naturwissenschaften. Das Auftreten neuer Disziplinen (z. B. Nationalökonomie, Soziologie, Politikwissenschaft, Sozialpsychologie), die nur schwer in die herkömmliche Einteilung eingefügt werden konnten, erforderte eine Neugliederung. Diese wurde unumgänglich, als durch die Vermehrung der Lehrstühle die alten Fakultäten, die in der Form eines Zusammenschlusses aller Lehrstuhlinhaber als Kollegialorgane der Selbstverwaltung fungiert hatten, zu umfangreich wurden. Gegenwärtig sind in allen Bundesländern die wissenschaftlichen Hochschulen in Fachbereiche oder Abteilungen aufgegliedert, die bezüglich ihrer fachlichen Zuständigkeit nur in wenigen Fällen (z. B. bei der Theologie und der Jurisprudenz) den alten Fakultäten entsprechen. Die Zusammensetzung der Kollegialorgane hat sich überall durch die Aufnahme von Vertretern der übrigen Mitglieder der Körperschaft grundlegend geändert. Über die Frage, in welchem Verhältnis Lehrstuhlinhaber, Nichtordinarien, Assistenten, Studenten und Dienstkräfte der wissenschafltichen Hochschulen in den Selbstverwaltungsorganen vertreten sein sollten, wurde in allen Landesparlamenten, die sich mit der Schaffung neuer Hochschulgesetze befaßten, ausführlich gesprochen. Die Öffentlichkeit sah hierin (irrtümlicherweise) einen Hauptpunkt der Hochschulreform. Auch in der Fachliteratur findet sich eine ausgiebige Erörterung dieses Problems 3 8 . Das Hochschulrahmengesetz enthält hierzu lediglich eine allgemeine Aussage: „Art und Umfang der Mitwirkung sowie die zahlenmäßige Zusammensetzung der Kollegialorgane, Ausschüsse und sonstigen Gremien bestimmen sich nach deren Aufgaben sowie nach der Qualifikation, Funktionen, Verantwortung und Betroffenheit der Mitglieder der Hochschule. Das Verhältnis der Stimmen, über die die Gruppen (Abs. 2) in den zentralen Kollegialorganen und im Fachbereichsrat verfügen, ist durch Gesetz zu regeln 3 9 ." Im zweiten Absatz dieser Vorschrift werden die folgenden Gruppen aufgezählt: 1. Professoren, 2. die Studenten, 3. die wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiter sowie die 38
39
Vgl. Daliinger, JZ 1971, 6 6 5 f f . ; E. Kaufmann, JZ 1972, 4 5 f f . ; Kittnern, a., Mitwirkung in der Hochschule, 1974; H.-H. Klein, „Demokratisierung" der Universität?, 1968; E. Nolte, Sinn und Widersinn der Demokratisierung in der Universität, 1968; A. Reich, BayVBl. 1972, 6 0 4 f . ; R. Reinhardt, WissR 1970, Beih. 4, S. 164ff.; H. Schiedermair, WissR 1971, S. 1 ff.; H. Schneider, D Ö V 1969, 2 7 5 f . ; H.-J. Strauch, JZ 1972, 4 3 f f . § 38 Abs. 1 H R G .
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Hochschulassistenten, 4. sonstige Mitarbeiter. Im Schrifttum hat sich deshalb die Bezeichnung „Gruppenuniversität" eingebürgert. Das BVerfG hat im Urteil vom 29. Mai 1973 4 0 erklärt, daß das organisatorische System der Gruppenuniversität „als solches mit Art. 5 Abs. 3 GG vereinbar" sei, daß aber die Organisation der Wissenschaftsverwaltung von den Landesgesetzgebern so gestaltet werden müsse, daß den Hochschullehrern ein „möglichst breiter Raum für freie wissenschaftliche Betätigung" gesichert ist. Dies bedeute unter anderem, daß bei Entscheidungen, die unmittelbar die Lehre betreffen, der Gruppe der Hochschullehrer „der ihrer besonderen Stellung entsprechende maßgebende Einfluß verbleiben" müsse. Diesem Erfordernis werde genügt, wenn diese Gruppe über die Hälfte der Stimmen verfügt. Bei Entscheidungen, die unmittelbar Fragen der Forschung oder die Berufung der Hochschullehrer betreffen, müsse der Gruppe der Hochschullehrer „ein weitergehender, ausschlaggebender Einfluß vorbehalten bleiben". Hinter solchen Leitsätzen steht offenbar die Vorstellung, daß die „Gruppen" einheitlich abstimmen. Wo dies der Fall ist, gibt es keine Zusammenarbeit mehr, sondern nur noch Kampfabstimmungen. Wenn in einer solchen Situation einer bestimmten Gruppe durch Gesetz die Mehrheit eingeräumt wird, so fragt man sich, welchen Sinn dann die Mitwirkung der anderen Gruppen haben soll. Die Funktionsfähigkeit der wissenschaftlichen Hochschulen hängt davon ab, daß sich bei Sachfragen sachliche Argumente ohne Rücksicht auf die Zugehörigkeit der einzelnen Mitglieder der Hochschulorgane zu einer bestimmten Gruppe durchsetzen 41 . d) Lehrkörper und wissenschaftliche Hilfskräfte: Zum Lehrkörper einer wissenschaftlichen Hochschule gehören die Hochschullehrer im engeren Sinn, die Lehrbeauftragten und Lektoren sowie die mit der Abhaltung von Lehrveranstaltungen beauftragten wissenschaftlichen Hilfskräfte. Die Hochschullehrer gliedern sich in Lehrstuhlinhaber, außerplanmäßige Professoren, Universitätsdozenten, Privatdozenten und Honorarprofessoren. Die Lehrstuhlinhaber gliedern sich in ordentliche Professoren (Ordinarien) und außerordentliche Professoren (Extraordinarien). Alle Hochschullehrer, die nicht Lehrstuhlinhaber sind, werden unter der Bezeichnung „Nichtordinarien" zusammengefaßt. Die Lehrstuhlinhaber sind Beamte auf Lebenszeit. Sie werden vom Kultusminister auf Vorschlag der wissenschaftlichen Hochschule ernannt. Der Ernennung geht das sogenannte Berufungsverfahren voraus, das in den einzelnen Hochschulgesetzen geregelt ist. Im allgemeinen schlagen die Fakultäten bzw. Abteilungen oder Fachbereiche dem Kultusminister drei Persönlichkeiten für die Besetzung eines Lehrstuhls vor, von denen der Kultusminister in der Regel den Erstgenannten beruft und im Fall der Ablehnung des Rufes weitere Rufe in der Reihenfolge der Vorschlagsliste erteilt. Bei Annahme des Rufes erfolgt die Ernennung, die wie jede Beamtenernennung ein mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt ist. Nach 40 41
BVerfGE 35,79. Vgl. Kimminich, WissR 1973, 218; Rupp, 1973, 1297 ff.
WissR 1974, 89ff.; Schefold
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herkömmlichem Hochschulrecht wurde vor der Ernennung zwischen dem betreffenden Bundesland als Dienstherrn und d e m zu ernennenden Lehrstuhlinhaber eine Berufungsvereinbarung geschlossen, in der die Ausstattung des Lehrstuhls oder Instituts mit Personal- und Sachmitteln festgelegt wurde 4 2 . Im System der Globalzuweisungen entfallen die Berufsvereinbarungen. Die bereits geschlossenen Berufungsvereinbarungen bleiben jedoch wirksam 4 3 . Wenn allerdings der Gesetzgeber im Zuge einer R e f o r m der Hochschulorganisation in eine auf Berufungsvereinbarungen beruhende Rechtsposition eingreift, so ist dies - wie das B V e r f G in seinem Urt. vom 8. Februar 1977 ausführt - dann verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn sich die Ziele des Gesetzgebers im R a h m e n der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit halten und nur auf diese Weise verwirklicht werden können 4 4 . Im Zuge der Hochschulreform ist auch die Unterscheidung zwischen ordentlichen und außerordentlichen Professoren beseitigt worden. D a der Unterschied zwischen Ordinarien und Extraordinarien stets nur in der Ausstattung des Lehrstuhls zu suchen war, ist im System der Globalzuweisung für eine solche Unterscheidung kein R a u m mehr. Die auf landesgesetzlicher Grundlage bestehenden besoldungsrechtlichen und dienstrechtlichen Unterschiede zwischen verschiedenen G r u p p e n von Professoren bleiben hiervon unberührt. Außerplanmäßige Professoren, Universitätsdozenten und Privatdozenten sind Hochschullehrer, die keinen Lehrstuhl innehaben. Gemeinsam ist ihnen, d a ß sie durch eine Habilitation die Lehrbefugnis (venia legendi) für ein bestimmtes Fach erworben haben 4 5 . Die Habilitation erfolgt auf G r u n d einer Habilitationsordnung, in der die Habilitationsschrift, einem Habilitationsvortrag und einem wissenschaftlichen Kolloquium sowie dem Nachweis pädagogischer Fähigkeiten. Promotion, abgeschlossenes Hochschulstudium, Staatsexamen, praktische Tätigkeit und andere Mindestanforderungen sind Zulassungsvoraussetzungen. U b e r die Zulassung zur Habilitation entscheidet die Fakultät bzw. die Abteilung oder der Fachbereich. Die Habilitation gehört zu den Selbstverwaltungsaufgaben der wissenschaftlichen Hochschulen. Ein Anspruch auf Zulassung zur Habilitation wird von der Rechtsprechung nicht anerkannt 4 6 . Die Rechtsprechung hat sich dabei in erster Linie auf das Recht der Hochschulen auf freie, unabhängige Selbstergänzung des Lehrkörpers berufen. Dagegen ist einzuwenden, daß die Habilitation nicht nur die A u f n a h m e in den Lehrkörper einer wissenschaftlichen Hochschule bedeutet, sondern für den Habilitanden in erster Linie Teil seiner Berufsausbildung ist. Dies hat der B G H im R a h m e n der Wiedergutmachungsrechtsprechung ausdrücklich festgestellt 47 . Dagegen meint Thieme 4 8 , das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 G G gelte 42 43 44
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Vgl. die oben in Anm. 31 genannte Literatur sowie Roellecke, WissR 1976,1 ff. Vgl. Schmitt Glaeser, WissR 1973, 219ff. BVerfGE 43, 242. - Zur sog. Grundausstattung des Hochschullehrers vgl. auch BVerwG JZ 1977,716. Mit Urt. v. 25. November 1977 (JZ 1978, 232) entschied das BVerwG, es verstoße nicht gegen Art. 5 Abs. 3 GG, wenn kraft gesetzlicher Regelung mit der Habilitation nur noch die Lehrbefähigung festgestellt, nicht aber zugleich die Lehrbefugnis erteilt wird. BVerwGE 8,170; OVG Rheinland-Pfalz AS 5,9. BGH RZW RzW 1960,402. 48 Dt. HochschulR, S. 278.
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nicht für die Zulassung zur Habilitation, weil sich die Freiheit des Berufs erst nach der Zulassung als Privatdozent entfalte. Jedoch betrachtet auch er die Habilitation selbst als einen Verwaltungsakt. Auf jeden Fall sind daher bei der Habilitation rechtsstaatliche Grundsätze zu beachten. D e r Privatdozent ist berechtigt und verpflichtet, Vorlesungen in denjenigen Fächern zu halten, für die er die venia legendi besitzt. Wird ein Privatdozent vom Kultusministerium in eine Planstelle eingewiesen, so führt er die Bezeichnung „Universitätsdozent" und wird als solcher besoldet. In einigen Ländern erhalten Universitätsdozenten auch den Professorentitel. Honorarprofessoren sind Persönlichkeiten, denen — in der Regel nach einer längeren Tätigkeit als Lehrbeauftragte - der Professorentitel vom Kultusminister auf Antrag der wissenschaftlichen Hochschule verliehen worden ist. Eine Beamtenernennung ist mit dieser Verleihung nicht verbunden. Die Honorarprofessoren sind auch ohne Habilitation berechtigt, Vorlesungen über die in der Ernennungsurkunde jeweils genau bezeichneten Fächer zu halten. Im Gegensatz zu den Privatdozenten und apl. Professoren verlieren sie ihren Titel nicht, wenn sie ihre Vorlesungstätigkeit längere Zeit unterbrechen oder ganz einstellen. Lehrbeauftragte und Lektoren gehören zum Lehrkörper der wissenschaftlichen Hochschule, nicht aber zu den Hochschullehrern im engeren Sinn 4 9 . Das H R G regelt die Rechtsstellung der Lehrbeauftragten nicht, sondern erklärt in seinem § 5 5 lediglich, daß Lehraufträge zur Ergänzung des Lehrangebots erteilt werden können, und daß die Lehrbeauftragten die ihnen übertragenen Lehraufgaben selbständig wahrnehmen, und zwar grundsätzlich gegen Vergütung. § 82 des Baden-Württembergischen UniversitätsG enthält die folgende Regelung: „ Z u r Ergänzung des Lehrangebots können Lehraufträge an Personen erteilt werden, die nach Vorbildung, Fähigkeit und fachlicher Leistung d e m für sie vorgesehenen Aufgabengebiet entsprechen. Die Lehrbeauftragten n e h m e n die ihnen übertragenen Lehraufgaben selbständig wahr. § 6 Abs. 1 Nr. 2, § 64 Abs. 2 und § 66 des Landesbeamtengesetzes gelten entsprechend. Die Vergütung eines Lehrauftrags ist unzulässig, wenn der Lehrbeauftragte hauptberuflich im öffentlichen Dienst tätig ist und die durch den Lehrauftrag entstehende Belastung bei der Bemessung seiner Dienstaufgaben entsprechend berücksichtigt wird. D e r Lehrauftrag wird auf Vorschlag der zuständigen Fakultät vom Präsidenten durch den Abschluß eines Vertrags über die Erbringung einer Lehrleistung in einer bestimmten Zahl von Wochenstunden im Semester und gegebenenfalls über die A b n a h m e von P r ü f u n gen erteilt. D e r Vertrag wird für eine bestimmte Zeit, in der Regel für ein Semester, abgeschlossen." Die Bestellung der Lehrbeauftragten erfolgt nach den meisten Hochschulgesetzen durch die wissenschaftliche Hochschule, die dem Kultusministerium darüber Mitteilung zu machen hat 5 0 . Mit Recht ist daher in der Literatur geschlossen worden, daß zwischen dem Lehrbeauftragten und der wissenschaftlichen Hochschule bzw. d e m Staat ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis besteht 5 1 . Auch 49 50 51
KG JZ 1956, 288; a. A.: Peters in der Anm. zu dieser Entscheidung, a. a. O. S. 2 8 9 f. S o z . B. Art. 4 4 Abs. 1 Satz 3 BayHochschullehrerG. Vgl. Leinemann / Seibert, JZ 1971, 638 ff.
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die Rechtsprechung hat sich zu dieser Auffassung bekannt 5 2 . Dagegen ist eingewendet worden, daß das der Erteilung des Lehrauftrags vorangehende Verfahren nicht gegen die Begründung des Lehrauftragsverhältnisses durch privatrechtliche Vereinbarung spreche, und daß die privatrechtliche Vereinbarung die übliche und angemessene Form der Begründung des Lehrauftragsverhältnisses sei 53 . Die Frage muß daher gegenwärtig noch als umstritten gelten. Fest steht allerdings, daß der Lehrbeauftragte als solcher nicht in einem Beamtenverhältnis steht. Die Frage der Zugehörigkeit der Lehrbeauftragten zur Hochschulkörperschaft, die früher ebenfalls umstritten war, ist von den neueren Hochschulgesetzen dahingehend beantwortet worden, daß die Lehrbeauftragten Mitglieder der Körperschaft sind 54 . Im Gegensatz zu den Lehrbeauftragten stehen die akademischen Räte ebenso wie die Studienräte im Hochschuldienst im Beamtenverhältnis. Zusammen mit den Konservatoren und Kustoden bilden sie den sogenannten Mittelbau. Diejenige Phase der Hochschulreformdiskussion, in der die Reform insbesondere durch eine Ausweitung des Mittelbaus erreicht werden sollte, scheint abgeschlossen zu sein. § 53 H R G faßt alle den wissenschaftlichen Einrichtungen oder den Betriebseinheiten zugeordneten Beamten und Angestellten, denen wissenschaftliche Dienstleistungen obliegen, unter dem Sammelbegriff „wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiter" zusammen. Die Assistenten unterscheiden sich vom Mittelbau dadurch, daß ihre Tätigkeit nicht als Lebensstellung betrachtet wird, sondern als eine vorübergehende Beschäftigung, die im Regelfall der Vorbereitung auf die wissenschaftliche Laufbahn dient. In denjenigen Ländern, die eigene Hochschullehrergesetze erlassen haben, ist die Rechtsstellung der Assistenten im HochschullehrerG geregelt, in den übrigen Ländern im Hochschulgesetz. Hochschullehrer im engeren Sinn sind die Assistenten jedoch nicht. Daraus hat der BVerwG die Konsequenz gezogen, daß wissenschaftliche Assistenten auch keine „Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule" i. S. von § 67 Abs. 1 VwGO sein können, und zwar auch dann nicht, wenn ihnen ein Lehrauftrag verliehen wurde 5 5 . Art. 46 Abs. 1 des bayerischen HochschullehrerG unschreibt ihre Funktion wie folgt: „Die wissenschaftlichen Assistenten sind Mitarbeiter der ordentlichen und außerordentlichen Professoren in der Lehr- und Forschungstätigkeit, in der klinischen Praxis und in der Verwaltungstätigkeit." § 47 Abs. 1 Satz 1 des baden-württembergischen Hochschulgesetzes definiert: „Die wissenschaftlichen Assistenten sind Mitarbeiter in den ständigen Einheiten für Forschung und Lehre." In jedem Fall sind die wissenschaftlichen Assistenten Beamte, sofern sie promoviert haben, d. h. den Doktortitel besitzen. Ohne Promotion kann der Inhaber eines Hochschuldiploms oder der Absolvent einer Staatsprüfung mit der Verwaltung der Dienstgeschäfte eines wissenschaftlichen Assistenten betraut werden. Seine Beschäftigung erfolgt dann im Angestelltenverhältnis. Vorgesetzter des wissenschaftlichen Assistenten ist der jeweilige Lehr52 53 54 55
V G Kassel DVB1. 1972, 345, hierzu Seibert, DVB1. 1972, 3 0 4 f f . Laeverenz, JZ 1972, 621 ff. § 6 Abs. 1 Nr. 12 des Baden-Württ. UniversitätsG. Vgl. im übrigen Fußn. 3. BVerwG JZ 1971, 130 mit Anm. von Kimminich.
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Stuhlinhaber, dem der Assistent nach der Planstellenverteilung zugeordnet ist. Dies gilt auch dann, wenn der Assistent einer „Betriebseinheit" zugeordnet ist. Bei der Zuordnung zu einem Institut bzw. unmittelbar einer Fakultät ist Vorgesetzter des Assistenten der Institutsdirektor bzw. der Dekan. Dienstvorgesetzter ist dagegen der R e k t o r bzw. Hochschulpräsident. Die Bestimmungen des H R G über Assistenten sind unklar und spiegeln die wechselvolle Entstehungsgeschichte der betreffenden Vorschriften wider. § 47 Abs. 1 H R G bezeichnet es als Aufgabe des Assistenten, „in Forschung und Lehre die für eine Habilitation erforderlichen oder gleichwertige wissenschafltiche Leistungen zu erbringen" und fügt hinzu: „Ihm obliegen auch wissenschaftliche Dienstleistungen." Abs. 3 umschreibt die Dienstpflichten des Assistenten kaum präziser: „ E r hat Lehrveranstaltungen durchzuführen und Dienstleistungen zu erbringen." Ü b e r die Einordnung des Assistenten in die Universitätsorganisation sagt § 47 Abs. 2 H R G : „ D e r Hochschulassistent ist einem Fachbereich zugeordnet; dieser beauftragt im Einvernehmen der Beteiligten einen Professor mit der wissenschaftlichen Betreuung. Als Regelung der dienstrechtlichen Stellung des Assistenten kann diese Vorschrift nicht bezeichnet werden. Die übrigen Bestimmungen dieses Abschnitts des H R G betreffen lediglich die Einstellungsvoraussetzungen, die Beendigung des Assistentenverhältnisses, die Besoldung und weitere technische Details. § 48 H R G steht zwar ausdrücklich unter der Ü b e r schrift „Dienstrechtliche Stellung der Hochschulassistenten", enthält aber außer der Bestimmung, d a ß der Assistent Beamter auf Zeit ist und daß ein Eintritt in den Ruhestand mit Ablauf der Dienstzeit ausgeschlossen ist, keine nähere Regelung der dienstrechtlichen Stellung des Assistenten. Die in § 48 H R G enthaltenen restriktiven Bestimmungen über die Möglichkeiten einer Verlängerung der Dienstzeit bedeuten im übrigen eine Verschlechterung gegenüber den entsprechenden Regelungen in den meisten der bisher geltenden Landesgesetze. Studentische Hilfskräfte werden von den Regelungen des H R G und der Hochschulgesetze bzw. Hochschullehrergesetze nicht erfaßt. Mit ihnen schließt die Hochschule privatrechtliche Dienstverträge ab. Auch die Bezeichnung „Assistenzprofessor"ist in einer bestimmten Phase der Diskussion über die Hochschulreform aktuell gewesen. Sie gilt heute als überwunden, und auch das H R G , das die Assistenzprofessoren zunächst in seinem § 45 erwähnte (allerdings ohne ihre Rechtsstellung zu regeln) 5 6 , hat bereits in der Fassung, die der Regierungsentwurf durch den Bundestagsausschuß für Bildung und Wissenschaft erhielt, die Assistenzprofessoren wieder eliminiert. § 46 des am 12. D e z e m b e r 1974 verabschiedeten Gesetzes erwähnte lediglich die folgenden Kategorien des hauptberuflichen wissenschaftlichen und künstlerischen Personals: „1. Professoren, 2. Hochschuldozenten, 3. wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiter, 4. L e h r k r ä f t e für besondere A u f g a b e n . " 5 7 In der endgültigen Fassung, die das H R G auf G r u n d der Beratungen des Vermittlungsausschusses erhielt, wurde der Ausdruck „Hochschuldozenten" durch den Ausdruck „ H o c h 56 57
Gesetzentw. der Bundesregierung, BT-Drucks. 7/1328 vom 30. November 1973,17. BT-Drucks. 7/2844 vom 22. November 1974, S. 15 f.
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schulassistenten" ersetzt. Wie kaum ein anderer Vorgang in der Entstehungsgeschichte des H R G zeigt diese wiederholte Änderung der Terminologie die Hilflosigkeit des Gesetzgebers im gesamten Hochschulbereich. Da immer wieder Begriffe, die Hilflosigkeit herkömmlichem Hochschulrecht eine fest umrissene Bedeutung gehabt hatten, in einem völlig anderen Kontext verwendet und oft sogar mit konträrem Rechtsinhalt erfüllt wurden, entstand eine Begriffsverwirrung, die in der deutschen Rechtsgeschichte kein Parallele findet. So verwendete das rheinland-pfälzische Hochschulgesetz vom 22. Dezember 1970 den Begriff „Assistenzprofessor" auch noch in der Fassung dieses Gesetzes vom 27. Februar 197 3 5 8 . Bei der Entscheidung über die Zusammensetzung der Hochschulgremien im Rahmen der „Gruppenuniversität" tauchte auch die Frage auf, ob die Assistenzprofessoren zur Gruppe der Hochschullehrer zu zählen sind oder nicht. Das Urteil des BVerfG vom 29. Mai 197 3 5 9 wird überwiegend dahingehend ausgelegt, daß die Frage zu verneinen ist 60 . Die Hochschullehrer im engeren Sinn genießen eine besondere Rechtsstellung auf Grund von Art. 5 Abs. 3 GG. Die bisher herrschende Lehre geht davon aus, daß das dort normierte Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit nur den Hochschullehrern als individuelles Recht zusteht 6 1 . Dagegen erklärt das BVerfG im Urteil vom 29. Mai 1973, Art. 5 Abs. 3 GG gewähre ein individuelles Freiheitsrecht „für jeden, der in diesen Bereichen tätig ist". Die Bereiche sind im vorherstehenden Satz aufgezählt: Wissenschaft, Forschung und Lehre. Die in Art. 5 Abs. 3 G G erwähnte Kunst fehlt in der Aufzählung des BVerfG. Danach steht das Grundrecht des Art. 5 Abs. 3 GG jedem zu, der in Wissenschaft, Forschung und Lehre tätig ist, ohne Rücksicht darauf, ob er an einer wissenschaftlichen Hochschule beschäftigt ist oder nicht. Soweit dieser Grundsatz die Forschungsfreiheit62 betrifft, ist er unbestritten. Hingegen ist die Ausweitung der Lehrfreiheit auf alle Lehrpersonen - gleichgültig, ob sie an einer wissenschaftlichen Hochschule, einer höheren Schule, einer Grundschule, Fachschule oder Privatschule lehren - von der herrschenden Meinung abgelehnt worden, da jene vom Grundgesetz gewährte und gewährleistete Freiheit nur für die wissenschaftliche Lehre gilt und daher nur denjenigen zustehen kann, die an einer Institution lehren, die durch die Einheit von Forschung und Lehre gekennzeichnet ist, d. h. an einer wissenschaftlichen Hochschule 63 . Im gleichen Sinne ist auch das Urteil vom 29. Mai zu verstehen. Die abweichende Meinung zu dem Urteil, die im Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit
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GVB1. 1 9 7 3 , 4 4 . BVerfGE 35,79. Vgl. Knies, JuS 1973, 6 7 2 f f . Vgl. von Mangoldt-Klein, G G I, S. 258. Zur Forschung gehört auch die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse. Nimmt ein Hochschulhörer zur Vorbereitung der Veröffentlichung Einrichtungen der Universität in Anspruch, so kann die Universität dafür kein Nutzungsentgelt verlangen, denn es handelt sich nicht um eine beamtenrechtl. Nebentätigkeit (VG Berlin JZ 1977, 555). Vgl. Kimminich, WissR 1 9 7 3 , 1 9 7 ff.
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ein „Jedermannsrecht" sehen will 64 , hat sich weder im BVerfG noch in der Rechtslehre durchgesetzt. Die den Hochschullehrern in Art. 5 Abs. 3 GG verbriefte Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung. Der Inhalt dieser in Art. 5 Abs. 3 Satz 2 G G niedergelegten „ Treueklausel" war zunächst umstritten. Im Parlamentarischen Rat wurde betont, die Treueklausel solle verhindern, daß „unter dem Vorwand einer wissenschaftlichen Kritik" eine „hinterhältige Politik" betrieben werde 6 5 . Dagegen ist eingewendet worden, daß insbesondere alle Lehr-Wissenschaft, die sich mit den Problemen des Staates auseinanderzusetzen hat, nicht frei sein kann, wenn wissenschaftliche Kritik an der Verfassung unzulässig ist 66 . Politische Agitation ist jedoch nach absolut herrschender Meinung auf keinen Fall vom Grundrecht der Lehrfreiheit gedeckt 6 7 . e) Rechtsstellung der Studenten: Die Rechtsstellung der Studenten richtet sich nach der Rechtsgestalt der wissenschaftlichen Hochschule. Ist die wissenschaftliche Hochschule eine Körperschaft, so sind die Studenten deren Mitglieder; ist sie eine Anstalt, so sind die Studenten deren Benutzer. Da sich im geltenden Recht die Auffassung von der körperschaftlichen Struktur der wissenschaftlichen Hochschule durchgesetzt hat 6 8 , sind folgerichtig die Studenten als Mitglieder einer Körperschaft aufzufassen. Über die einzelnen Konsequenzen, die daraus für die Rechtsstellung der Studenten zu ziehen sind, besteht in der Rechtslehre keine volle Einmütigkeit 69 . Fest steht, daß der moderne Körperschaftsbegriff angewendet werden muß, der auch im Verwaltungsrecht gilt 70 . Ferner ist unbestritten, daß die Wissenschaftsfreiheit, die nach herrschender Meinung nur den Hochschullehrern im engeren Sinn zusteht, auch Ausstrahlungen auf die übrigen Mitglieder der wissenschaftlichen Hochschule hat 7 1 . Dies folgt daraus, daß Art. 5 Abs. 3 G G nicht nur die Freiheit der Hochschullehrer in Lehre und Forschung sichert, sondern auch die Tätigkeit selbst unter einen institutionellen Schutz des Grundgesetzes stellt. Das Lehren setzt die Lernenden als Gegenüber voraus. Die Forschung an der wissenschaftlichen Hochschule hängt, wie oben dargestellt, untrennbar mit der Lehre zusammen. Das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit ist die Basis für 64 65 66 67
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B V e r f G E 35, 155. PR, 9. Sitzung am 6. 5. 1949, StenBer. 176. von Mangoldt-Klein, G G I, S. 263. Vgl. Friesenhahn, Staatsrechtslehrer und Verfassung, 1950, S. 21 ff.; Gerber, DVB1. 1954, 3 1 3 f f . ; Köttgen, in: G R e II, S. 3 1 4 f f . ; W. Weber, D i e Rechtsstellung des deutschen Hochschullehrers, 1965, S. 2 7 f f . ; Wehrhahn, Lehrfreiheit und Verfassungstreue, RuSt 183/184, 1955; R. Thoma, D i e Lehrfreiheit der Hochschullehrer, RuSt 166 (1952), S. 2 2 f f . Vgl. auch BVerwG NJW 1 9 7 7 , 1 8 3 7 . Vgl. oben S. 691. Vgl. die Referate von Rupp und Geck, „ D i e Stellung der Studenten in der Universität" und die darüber geführte Diskussion auf der Staatsrechtslehrertagung 1968, V V D S t R L 27 (1969), S. 113ff.; 143ff., 188ff. Forsthoff, VwR, S. 452. Vgl. Kimminich, DVB1. 1969, 683.
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die institutionelle Garantie dieser Freiheit, beide zusammen bilden die Grundlage für eine Freiheit des Studenten, die als „akademische Freiheit" bezeichnet wird. D e r B G H hat sie mit d e m Schlagwort „geistige Unabhängigkeit" umschrieben und ausdrücklich betont, daß sie auch den Studenten zusteht 7 2 . Kernstück der akademischen Freiheit ist die sogenannte „Lernfreiheit". Sie bedeutet, daß der Student an der wissenschaftlichen Hochschule nicht wie ein Schüler kontrolliert wird und daß er im R a h m e n der von der wissenschaftlichen Hochschule (mit Genehmigung des Kultusministeriums) selbst gesetzten Rechtsnormen sein Studium frei gestalten kann. Sie bedeutet nach herrschender Meinung, d a ß der Student freien Zugang zu den Quellen des Wissens besitzt. Dieses Recht kann aber nicht auf die bereits immatrikulierten Studenten beschränkt werden. Ebenso wie die Wissenschaftsfreiheit der Hochschullehrer nicht nur für diejenigen gilt, die bereits Hochschullehrer sind, sondern auch für jeden einzelnen, „der in Wissenschaft, Forschung und Lehre tätig werden will" 7 3 , muß auch das Recht auf freien Zugang zu den Quellen des Wissens denen zustehen, die die vom geltenden Recht geforderten Voraussetzungen für die Zulassung zur wissenschaftlichen Hochschule (Abitur oder eine gleichwertige Reifeprüfung) erfüllen. Dies ergibt sich aus dem Grundrecht der freien Berufswahl gemäß Art. 12 Abs. 1 G G . Trotzdem verfügten bereits E n d e der sechziger Jahre einzelne Länder bzw. Hochschulen Zulassungsbeschränkungen. Zwei von ihnen, § 17 des hamburgischen UniversitätsG und das bayerische ZulassungsG vom 8. 7. 1970, wurden Gegenstand eines Verfassungsstreits, über den das B V e r f G im Urteil vom 1 8 . 7 . 1972 entschied. Darin bekräftigte es zunächst die herrschende Meinung, daß aus dem in Art. 12 Abs. 1 G G gewährleisteten Recht auf freie Wahl des Berufes und der Ausbildungsstätte in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Sozialstaatsprinzip ein Recht auf Zulassung zum Hochschulstudium folgt. Obwohl Art. 12 Abs. 1 Satz 1 G G seinem Wortlaut nach dem Gesetzgeber keine Befugnis einräumt, dieses Grundrecht einzuschränken, wendete das B V e r f G im Urteil vom 18. 7. 1972 die von ihm bereits früher entwickelte „Stufentheorie" 7 4 an und gelangte zu d e m Ergebnis, daß selbst ein absoluter N u m e r u s clausus für Studienanfänger dann verfassungsmäßig sei, „wenn er 1. in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen unter erschöpfender Nutzung der vorhandenen, mit öffentlichen Mitteln geschaffenen Ausbildungskapazitäten angeordnet wird und wenn 2. Auswahl und Verteilung nach sachgerechten Kriterien mit einer Chance für jeden an sich hochschulreifen Bewerber und unter möglichster Berücksichtigung der individuellen Wahl des Ausbildungsortes erfolgen" 7 5 . Die Argumentationskette des Bundesverfassungsgerichts zum Problem des numerus clausus lautet daher: Unzulässigkeit „an sich", Zulässigkeit in der gegebenen faktischen Situation, Unzulässigkeit auch in dieser Situation bei Überschreitung gewisser Grenzen. D e r schwache Punkt dieser Argumentation ist deren Mit72
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B G H DVB1. 1960, 741. - Zur Rechtswidrigkeit des gewaltsamen Vorlesungsboykotts (sog. „aktiverstreik"): O V G Hamburg NJW 1977, 1 2 5 4 f . ; N J W 1 9 7 8 , 1 3 9 5 f . B V e r f G E 15, 263 f. 7 4 Vgl. B V e r f G E 7, 4 0 1 f f . ; 30, 315 ff. B V e r f G E 33, 338.
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telstück: wenn feststeht, daß der numerus clausus an sich verfassungswidrig ist und zu der „krassen Ungleichheit" führt, „daß ein Teil der Bewerber alles und der andere Teil — zumindest für eine mehr oder weniger lange und für die weitere Lebensentscheidung möglicherweise ausschlaggebende D a u e r — nichts erhält" 7 6 , so ist nicht einzusehen, wie die Zulassungsbeschränkungen in irgendeiner F o r m vor dem Grundgesetz bestehen können. Die Argumentation, der Zulassungsanspruch sei ein „Teilhaberecht" und die Beschränkbarkeit aller Teilhaberechte folge daraus, daß sie „unter dem Vorbehalt des Möglichen stehen" 7 7 , vermag nicht zu überzeugen. Abgesehen davon, daß die U m d e u t u n g von Freiheitsrechten in „Teilhaberechte" den Weg in ein Grundrechtsverständnis öffnet, das der bisherigen Interpretation des G G nicht entspricht, bleibt das Gleichheitsproblem bei der Auswahlregelung völlig ungelöst. Es bleibt unerfindlich, nach welchen Kriterien ein „an sich Gleichberechtigter" ohne Verstoß gegen das Gleichheitsprinzip ausgeschlossen werden könnte 7 8 . Es wäre ehrlicher gewesen, zuzugeben, daß das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 G G unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht mehr gewährleistet werden kann. Die verfassungsrechtliche Diskussion über den numerus clausus hält daher trotz des Urteils des B V e r f G vom 18. Juli 1972 noch an 7 9 . In A u s f ü h r u n g dieses Urteils, das dem Bund und den Ländern die Verpflichtung auferlegte, neue Studienplätze zu schaffen, die vorhandenen Kapazitäten voll auszunutzen und die Zulassungsbeschränkungen einheitlich zu regeln, schlössen die Länder der Bundesrepublik Deutschland den Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen vom 20. O k t o b e r 1972 8 0 . Einheitlich für die gesamte Bundesrepublik Deutschland regelt er das Verfahren für die Vergabe der Studienplätze in denjenigen Fächern, für die Zulassungsbeschränkungen bestehen. G e m ä ß Art. 1 des Staatsvertrags haben die Länder eine Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen in D o r t m u n d errichtet. Sie ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Art. 8 Abs. 4 des Staatsvertrags legte fest, daß für Verwaltungsstreitverfahren über Entscheidungen der Zentralstelle im Vergabeverfahren ausschließ76 78
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BVerfGE 33 , 3 33 . 77 BVerfGE 33, 326. Vgl. Kimminich, Anm. zum Urt. des BVerfG vom 18.7. 1972, JZ 1972, 696ff. Zu diesem Urteil ferner Bähr, Mitt. d. Hochschulverbandes 1973, S. 88ff.; R. Gerhardt, Recht und Gesellschaft 1972, S. 290ff.; Häberle, DÖV 1972, 729ff.; Maunz, BayVBl. 1972, 470; von Mutius, VerwA 64 (1973), S. 183 ff.; Schimanke, JR 1973,45 ff. Zur Gesamtdiskussion vgl. Baer, BayVBl. 1972, 654ff.; Barbey, JZ 1971, 473ff.; W. Berg, Juristische Analysen, 8. öffentl. Recht 1970, 635ff.; F. Czermak, NJW 1973, 1783ff.; Gallwas, JZ 1969, 320ff.; K. Haas, DVB1. 1974, 22ff.; Kaiisch, DVB1. 1967, 134ff.; Karpen, WissR 1974, 192ff.; Maunz, BayVBl. 1972, 324f.; R. Naujoks, Numerus clausus - geschlossene Universität in einer offenen Gesellschaft? Diss. Mainz 1972; R. Naujoks, WissR 1974, 221 ff.; S. Ott, Vorgänge 1971, 226ff.; Renck, BayVBl. 1972, 322ff.; Rotter, Numerus clausus nach neuem Recht. Staatsvertrag, Landesgesetze und einheitliche Rechtsverordnung der Länder, Bad Honnef 1973; J. Schmitt, DVB1. 1971, 10f.; /. Schmitt, JuS 1970, 60ff.; J. Schmitt, NJW 1974,773ff.; Staff, NJW 1967, 2234ff.; Wunsch, WissR 1972,16ff.; Wimmer, DVB1. 1967,139ff. Abgedr. in WissR 1973,151 ff. und in GBl. Baden-Württemberg 1973, S. 87 ff.
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lieh das Verwaltungsgericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk die Zentralstelle ihren Sitz hat (VG Gelsenkirchen). Um den Staatsvertrag in Kraft zu setzen, erließen die Länderparlamente jeweils Gesetze zum Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen 81 . Wegen der Gerichtsstandregelung in Art. 8 Abs. 4 des Staatsvertrages kam es zu einem Verfassungsstreit. Das BVerfG entschied mit Beschluß vom 7. Mai 197 4 8 2 , daß die Regelung als Abweichung von einem Bundesgesetz (§ 52 VwGO), zu dessen Änderung durch Staatsvertrag die Länder nicht befugt sind, gegen Art. 74 Nr. 1 und Art. 72 Abs. 1 G G verstößt und deshalb nichtig ist. Um die örtliche Zuständigkeit des V G Gelsenkirchen aufrechtzuerhalten, war daher eine ausdrückliche Ergänzung der V w G O erforderlich 83 . Mit Beschluß vom 9 . 4 . 1975 hat das BVerfG allerdings entschieden, daß abgewiesene Studienbewerber ihre Zulassung an einer bestimmten wissenschaftlichen Hochschule im Klagewege erzwingen können, wenn sie nachweisen, daß die betreffende Hochschule über ungenutzte Kapazitäten verfügt". Für diese Klage richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach den allgemeinen Regeln der VwGO 8 4 . Mit Urteil vom 1. 8. 1975 entschied der Bayerische Verfassungsgerichtshof, daß der in dem Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen geregelte Notenausgleich zwischen den Ländern (Bonus-Malus-Regelung) der Verfassung des Freistaates Bayern widerspricht 85 . Im selben Verfahren hatte der Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 14. 8. 1973, mit der er den Erlaß einer einstweiligen Anordnung abgelehnt hatte 8 6 , bereits erklärt, daß eine Entscheidung über diese Regelung des Staatsvertrages auch für die übrigen vertragschließenden Länder verbindlich sein würde. Dies ist in der Literatur bezweifelt worden 8 7 . Das BVerwG entschied mit Urteil vom 9. Juli 1975 88 , daß die Bonus-Malus-Regelung nicht gegen Art. 3 Abs. 1 G G verstößt und trotz des vom Bayer. V e r f G H festgestellten Verstoßes gegen Art. 118 Abs. 1 der Verf. des Freistaates Bayern weitergilt. 81
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Baden-Württemberg: G vom 10. 4. 1973, GBl. S. 85; Bayern: G vom 24. 5. 1973, GVB1. S. 261; Bremen: G vom 24. 4. 1973, GBl. S. 71; Hamburg: G vom 9. 4. 1973, GVB1. S. 67; Hessen: G vom 4. 4. 1973 (GVB1. I, S. 135 ber. 156); Niedersachsen: G vom 3 . 4 . 1 9 7 3 , GVB1. S. 95; Nordrhein-Westfalen: G vom 1 8 . 4 . 1 9 7 3 , GVB1. S. 220; Rheinland-Pfalz: G vom 27. 2. 1973, GVB1. S. 44 ber. S. 106; Saarland: G vom 28. 2. 1973, ABl. S. 192; Schleswig-Holstein: G vom 21. 12. 1972, GVB1. S. 243 ber. 1973, S. 9. BVerfGE37,191. G zur Änderung der VwGO vom 26. Februar 1975 (BGBl. I S. 617), Art. 1: Änderung von § 52 Nr. 3 VwGO; hierzu auch Barbey, DVB1. 1973, 233ff.; Barbey, D U Z 1973, 231; Lüthje, ZRP 1973, 141ff.; Tremi, D U Z 1973, 285f., 317f,; K. Haas, DVB1. 1974, 929ff.; Meyer-Ladewig, DVB1. 1974, 26ff. BVerfGE 39, S. 276; hierzu Roellecke, Verfassungsrechtliche Verwirrung der NumerusClausus-Praxis, D Ö V 1975, 561 ff. BayVerfGE, NJW 1975,1733. Vgl. Pestalozza, JuS 1976,93 ff. BayVerfGHE 26,101. Vgl. Hannfried Walter, Die Bonus-Malus-Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs und die Folgen, NJW 1975,1857 ff. NJW 1977,66 ff.
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Das BVerfG mußte ebenfalls nach seiner Numerus-clausus-Entscheidung vom 18. Juli 1972 noch mehrfach zu Fragen der Hochschulzulassung Stellung nehmen. Im Beschluß vom 9. April 197 5 8 9 erklärte es, daß Klagen auf Zuteilung von Studienplätzen, die in einem Studienfach mit Zulassungsbeschränkung infolge unzureichender Kapazitätsausnutzung freigeblieben sind, nicht schon wegen der ungünstigen Rangziffer des klagenden Bewerbers abgewiesen werden dürfen. Im Urteil vom 13. Oktober 1976 9 0 behandelte es den sogenannten „Quereinstieg" und eröffnete denjenigen Studienbewerbern, die für das angestrebte Studium anrechenbare Leistungen nachweisen und die Zuteilung eines freien Studienplatzes in den entsprechenden höheren Semestern begehren, die Möglichkeit des ordnungsgemäßen Weiterstudiums. Durch ein Urteil vom gleichen Tage milderte es die Härten, die das H R G durch die Nichtanrechnung von Wartezeiten geschaffen hatte. Im Urteil vom 8. Februar 1977 9 1 erklärte es schließlich, daß Auswahlregelungen für zulassungsbeschränkte Studiengänge jedem Zulassungsberechtigten eine Chance lassen müssen, und befahl unmißverständlich: „Die gegenwärtige Vergabe freier Studienplätze nach Durchschnittsnoten und Wartezeit ist in Numerus-cIausus-Fächern mit hohem Bewerberüberhang beschleunigt durch ein anderes Auswahlverfahren zu ersetzen." Das H R G hat in seinen §§ 32ff. die Richtlinien für das Auswahlverfahren festgelegt. Von zentraler Bedeutung ist die Vorschrift, daß die nach der Vorwegvergabe bestimmter Studienplätze verbleibende Hauptmasse der Studienplätze (mindestens 7 / 1 0 ) überwiegend nach dem Grad der gemäß § 27 H R G nachgewiesenen Qualifikation für das gewählte Studium zu vergeben ist. Solange die Vergleichbarkeit der Qualifikationen im Verhältnis der Länder untereinander nicht gewährleistet ist, werden für die Auswahl der Studienbewerber Landesquoten gebildet. Die Quote eines jeden Landes bemißt sich zu einem Drittel nach seinem Anteil an der Gesamtzahl der Bewerber für den betreffenden Studiengang und zu zwei Dritteln nach seinem Anteil an der Gesamtzahl der 18- bis 21jährigen. Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg erhalten Sonderquoten. Als Mitglied der Körperschaft ist der Student berechtigt, an der Selbstverwaltung der Universität teilzunehmen (vgl. oben II. 1. c). Auch das Disziplinarrecht ergibt sich aus dieser Rechtsstellung des Studenten. Das herkömmliche Disziplinarrecht der deutschen Universität beruhte auf der Ganzheitsvorstellung des Körperschaftsbegriffs des 19. Jahrhunderts. Der „akademische Bürger" sollte jederzeit und überall als solcher auftreten und sich seiner Bürgerrechte würdig erweisen. Unter der Herrschaft des modernen verwaltungsrechtlichen Körperschaftsbegriffs und der strengen Begrenzung der Hochschulautonomie auf Forschung und Lehre kann von einer „ethischen Totalbindung des Studenten" 9 2 nicht die Rede sein. Deshalb ist mit Recht gefordert worden: „Das studentische Disziplinarrecht sollte von allen strafrechtsähnlichen Elementen befreit, andererseits vor einem
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BVerfGE 39, 258. BVerfGE 43, 34. 9 1 BVerfGE 43, 291. Rotter, Ethische Totalbindung des Studenten?, 1965.
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Abgleiten in betriebspolizeiliche Präventivfunktionen bewahrt werden und eine Umgestaltung im Sinne arbeitsrechtsähnlicher Konzeption erfahren 9 3 ." Das H R G normiert weder ein Disziplinarrecht noch ein Ordnungsrecht und enthält keine Vorschriften über das „Verhalten der Mitglieder der Hochschule" (wie sie die Fraktion der C D U / C S U in § 4 4 a ihres Antrags - BT-Drucksache 7 / 2 9 3 2 - gefordert hatte), sondern bestimmt in § 28 lediglich, daß die Einschreibung zum Studium widerrufen werden kann, wenn ein Student durch A n w e n d u n g von Gewalt, durch A u f f o r d e r u n g zur Gewalt oder durch Bedrohung mit Gewalt den bestimmungsgemäßen Betrieb einer Hochschuleinrichtung, die Tätigkeit eines Hochschulorgans oder die Durchführung einer Hochschulveranstaltung behindert oder ein Hochschulmitglied von der Ausübung seiner Rechte und Pflichten abhält oder abzuhalten versucht. Die gleiche Rechtsfolge tritt ein, wenn ein Student an den vorgenannten Handlungen teilnimmt oder wiederholt A n o r d n u n g e n zuwiderhandelt, die gegen ihn von der Hochschule wegen Verletzung seiner Mitgliedschaftspflichten gemäß § 36 Abs. 4 H R G getroffen worden sind. Die Aufzählung der Pflichten in § 36 Abs. 4 H R G ist allgemein: „Alle Mitglieder und die ihnen gleichgestellten Personen haben sich, unbeschadet weitergehender Verpflichtungen aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis, so zu verhalten, daß die Hochschulen und ihre Organe ihre Aufgaben erfüllen können und niemand gehindert wird, seine Rechte und Pflichten an den Hochschulen wahrzunehmen. Verletzen Mitglieder der Hochschule oder ihnen gleichgestellte Personen die ihnen nach Satz 1 obliegende Pflicht, so richten sich die zu treffenden M a ß n a h m e n nach Landesrecht." Trotz seiner Rechtsstellung als Mitglied der Körperschaft ist jeder Student zugleich Benutzer einer staatlichen Einrichtung. D e n n da die Universität fast völlig auf die Finanzzuweisungen des Staates angewiesen ist und der Staat ihr in der R e gel keine Vermögensobjekte zu Eigentum überläßt, sind alle G e b ä u d e , Geräte, Bücher, Einrichtungsgegenstände usw. Staatseigentum, das die Studenten wie die anderen Mitglieder der Körperschaft benutzen. D a b e i haben sie die Benutzungsordnungen zu beachten, die entweder in staatlichen Vorschriften niedergelegt sind oder in Ordnungen, die sich auf das Hausrecht des Rektors oder der Institutsdirektoren gründen. Dieses Hausrecht ist kein ursprüngliches Hausrecht der Körperschaft, sondern ein vom Staat abgeleitetes Recht. Während der Vorlesung steht es auch den Dozenten zu, denen es vom Rektor bzw. Hochschulpräsidenten übertragen worden ist 94 . D e r Eintritt des Studenten in die Körperschaft erfolgt durch die Immatrikulation. Sie ist ein Verwaltungsakt, zugleich ein A k t der Selbstverwaltung der Universität. Jedoch pflegen die Immatrikulationsbestimmungen in staatlichen Gesetzen und Verordnungen niedergelegt zu sein. Soweit die Hochschulen selbst Immatri-
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Rupp, VVDStRL 27 (1969), S. 141. Zur weiteren Diskussion vgl. Even, in: Fs. f. Felgentraeger, 1969, S. 17; Baumann, D Ö V 1970, 257 ff. Vgl. Karpen, WissR 1972, 195ff.; Quaritsch, JuS 1968, 471; Sonderkötter, WissR 1969, 22 ff.
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kulationsordnungen erlassen haben, werden diese als Ausfluß des Selbstbestimmungsrechts der Hochschulen angesehen 9 5 . In der Zeit nach d e m Ersten Weltkrieg schlössen sich die Studenten an den deutschen wissenschaftlichen Hochschulen zu „Studentenschaften" zusammen. Ihre rechtliche Organisation wurde zum ersten Mal in der V O über die Bildung von Studentenschaften an den preußischen Hochschulen vom 18. 9. 1920 geregelt. Die Studentenschaften sind Gliedkörperschaften der Gesamtkörperschaft „Wissenschaftliche Hochschule". D a aber jeder Student mit der Immatrikulation bereits Mitglied der Körperschaft „Wissenschaftliche Hochschule" wird, kann er über die Mitgliedschaft in der Studentenschaft nicht nochmals Mitglied derselben Körperschaft werden. D a h e r muß angenommen werden, d a ß der Student mit der Immatrikulation Mitglied der Körperschaft „Wissenschaftliche Hochschule" und zugleich Mitglied der Studentenschaft wird. Diese Zwangsmitgliedschaft des Studenten in der Studentenschaft ist in jüngster Zeit häufig kritisiert worden 9 6 . Das Bayerische HochschulG vom 21. Dezember 1973 regelt in seinen Art. 58 und 59 die „Organisation der Studenten in den Hochschulen" ohne die Rechtsfigur der Studentenschaft. Art. 58 Abs. 1 BayHSchG bestimmt lediglich: „Die Studenten wirken in der Hochschule durch ihre gewählten Vertreter in Kollegialorganen mit." Nach Art. 58 Abs. 2 B a y H S c h G bildet die Gesamtheit der gewählten Studentenvertreter in den Fachbereichsräten und im Senat den „studentischen Konvent", der aus seiner Mitte den sogenannten „Sprecherrat" wählt. Im R a h m e n des staatlichen Haushalts werden Mittel für Zwecke des studentischen Konvents und des Sprecherrats zur Verfügung gestellt (Art. 59). Das H R G stellt die Bildung von Studentenschaften „zur W a h r n e h m u n g hochschulpolitischer, sozialer und kultureller Belange der Studenten sowie zur Pflege der überregionalen und internationalen Studentenbeziehungen" in das Ermessen der Landesgesetzgeber. Wird eine solche Studentenschaft gebildet, so steht ihr nach traditionellem deutschem Hochschulrecht das Recht der Selbstverwaltung zu. D e r ursprünglich in § 45 Abs. 2 H R G enthaltene Satz „ D i e Studentenschaft ist eine Teilkörperschaft der Hochschule" ist in der endgültigen Fassung des H R G nicht mehr enthalten. Früher hatten fast alle Hochschulgesetze der L ä n d e r die Studentenschaften — soweit sie nach diesen Gesetzen zulässig sind - als Teilkörperschaften der Hochschule normiert 9 7 . Die Rechtslehre hat Bedenken gegen die Organisation der Studenten-
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OVG Hamburg VRspr. 15, 288; VG Berlin DVB1. 1964, 494 f. Vgl. hierzu Gerber, in: Fs. f. Jahrreiß, 1964, S. 45 ff. Vgl. Besch, WissR 1968, 226ff.; Reinhardt, WissR 1968, 233ff.; Rupp, VVDStRL 27 (1969), S. 135 f. §§ 59ff. des Baden-Württembergischen HochschulG vom 2 7 . 7 . 1 9 7 3 , GBl. S. 246; §§ 55 ff. des Hamburgischen UniversitätsG vom 24. 4. 1973 i. d. F. vom 10. 7. 1973, GVB1. S. 284; § 26 des Hessischen HochschulG vom 12. 5. 1970, GVB1.1, S. 315, zuletzt geänd. durch G vom 12. 5. 1973, GVB1. I S. 202; § 73 des Rheinland-Pfälzischen HochschulG vom 22. 12. 1970 i. d. F. vom 27. 2. 1973, GVB1. S. 44; § 28 des Schleswig-Holsteinischen HochschulG vom 2. 5. 1973, GVB1. S. 153.
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schaft als rechtsfähige oder teilrechtsfähige Gliedkörperschaft angemeldet 9 8 . § 41 Abs. 1 H R G gibt den Landesgesetzgebern die Befugnis, die Bildung von Studentenschaften „zur W a h r n e h m u n g hochschulpolitischer, sozialer und kultureller Belange der Studenten sowie zur Pflege der überregionalen und internationalen Studentenbeziehungen" vorzusehen. D a aber nach traditionellem deutschem Hochschulrecht Studentenschaften bereits vorhanden waren, bedeutet die KannBestimmung des § 4 1 Abs. 1 H R G in Wirklichkeit die Ermächtigung zur A u f h e bung der bestehenden Studentenschaften. Hiervon hat der baden-württemberg. Gesetzgeber Gebrauch gemacht. § 139 des Baden-Württemberg. UniversitätsG vom 22. November 1977 verfügte die A u f h e b u n g der Studentenschaften. Jedoch bestimmt § 18 Abs. 3 desselben Gesetzes, daß über Aufgaben, die in den Bereich der sozialen Förderung der Studenten sowie der geistigen, musischen und sportlichen Interessen fallen, ein besonderer Ausschuß des Großen Senats entscheidet, der die Bezeichnung „Allgemeiner Studentenausschuß ( A S t A ) " führt und dem als stimmberechtigte Mitglieder die Vertreter der Studenten im G r o ß e n Senat und die gleiche Zahl von Stellvertretern angehört. In der Studentenschaft entfaltet sich die studentische Selbstverwaltung. Sie ist nicht identisch mit der Mitwirkung der Studenten an der Selbstverwaltung der wissenschaftlichen Hochschule, bildet aber deren B a s i s " . Das H R G garantiert der Studentenschaft in § 4 1 das Selbstverwaltungsrecht „im R a h m e n der gesetzlichen Bestimmungen". Die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Studentenschaft wird vom Landesrechnungshof geprüft. Die Studentenschaft untersteht der Rechtsaufsicht der Leitung der Hochschule und der zuständigen Landesbehörde 1 0 0 . f ) Prüfungen und akademische Grade: Für die meisten Berufe, für welche die wissenschaftlichen Hochschulen als Ausbildungsstätten dienen, bestehen staatliche Prüfungsordnungen, deren Erlaß und Inhalt durch Art. 12 A b s . l G G gedeckt sind. Daraus folgt jedoch nicht, daß das Prüfungswesen außerhalb der wissenschaftlichen Hochschulen steht. Nach wie vor ist anerkannt, daß die wissenschaftlichen Hochschulen auf allen Wissenschaftsgebieten kraft eigenen Rechts befugt sind, Abschlußprüfungen vorzunehmen und darüber U r k u n d e n auszustellen 1 0 1 . Soweit aber Staatsprüfungen stattfinden, verzichten die wissenschaftlichen Hochschulen auf ein besonderes akademisches Abschlußexamen. Eine reine akademische Prüfung ist in allen Fächern die D o k t o r p r ü f u n g sowie die in einigen Fächern wieder eingeführte Magisterprüfung. Die Prüfungsordnungen werden von den Fakultäten (Abteilungen, Fachbereichen) als autonome Satzungen erlassen und bedürfen der Genehmigung des Kultusministers. Alle Prüfungsentscheidungen im R a h m e n von akademischen Prüfungen unterliegen ebenso wie die Entscheidungen im R a h m e n von Staatsprüfungen der Nachprüfung im Verwaltungs98
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Schmitt Glaeser, D i e Rechtsstellung der Studentenschaft, 1968, S. 23. Zu diesem Problem auch Wagner / Dahrmann, WissR 1969, Beih. 3, S. 162 ff. Hierzu Bartsch, D i e Studentenschaften in der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aull. 1971. § 4 1 Abs. 2 H R G . 1 0 1 Vgl. B V e r w G E 2 , 2 2 ff.
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rechtsweg. Allerdings kann das Verwaltungsgericht nur die Rechtmäßigkeit der Entscheidung nachprüfen und darf nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens der Prüfungskommission setzen. Ermessensfehlgebrauch und Ermessensüberschreitung führen zur A u f h e b u n g des Prüfungsaktes 1 0 2 . Die Prüfungsentscheidung wird dem Prüfling gegenüber erst mit der Bekanntgabe an ihn wirksam. D e r Zeitpunkt des Wirksamwerdens kann auch vor der Aushändigung des Zeugnisses liegen; das Zeugnis bestätigt dann lediglich die bereits vorher ergangene Prüfungsentscheidung 1 0 3 . Die Promotion erfolgt auf G r u n d der von der Fakultät (bzw. der Abteilung oder dem Fachbereich) erlassenen und vom Kultusminister genehmigten Promotionsordnung. Promotionsleistungen sind die Doktorarbeit (Dissertation) und die D o k torprüfung (Rigorosum). Die Promotionsordnung regelt ferner die Voraussetzungen für die Zulassung zur Promotion. Die Zulassung selbst erfolgt durch einen Beschluß des Kollegialorgans der Fakultät oder des Fachbereichs (in der Regel Fachbereichsrat). Von der Zulassung zur Promotion ist die Zuteilung eines Dissertationsthemas zu unterscheiden. Letztere ist früher gelegentlich ebenfalls als Verwaltungsakt angesehen worden 1 0 4 . Sie begründet jedoch lediglich das sogenannte Doktorandenverhältnis. D e r B G H bejaht zwar die öffentlich-rechtliche Natur des Doktorandenverhältnisses, meint aber, daß es einer besonderen rechtlichen Qualifikation nicht unterworfen sei 1 0 5 . In der Rechtslehre wird das D o k t o r a n d e n v e r hältnis entweder als ein „vertragsähnliches Verhältnis" 1 0 6 oder als ein öffentlichrechtliches Vertragsverhältnis zwischen d e m Doktoranden und dem betreffenden Hochschullehrer angesehen, wobei allerdings der Hochschullehrer nur verpflichtet wird, eine von dem D o k t o r a n d e n vorgelegte Dissertation über ein vereinbartes Thema zu beurteilen 1 0 7 . Mit Recht wird jedoch aus Art. 12 Abs. 1 G G gefolgert, daß die Zulassung zur D o k t o r p r ü f u n g nicht von der vorherigen A n n a h m e als D o k t o r a n d seitens eines Hochschullehrers abhängig ist 1 0 8 . Die Zulassung zur Promotion ist ein Verwaltungsakt. Für die Habilitation gelten die gleichen verwaltungsrechtlichen Grundsätze wie für die Promotion. Z u beachten ist allerdings, daß durch die Habilitation nicht nur der Eignungsnachweis für die wissenschaftliche Lehrtätigkeit erbracht, sondern auch die Eingliederung in den Lehrkörper der Hochschule vollzogen wird 1 0 9 .
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Vgl. Krause, WissR 1970, 118 ff.; Neufelder, BayVBl. 1973, 113 ff., 151ff.; Pietzcker, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Ausgestaltung staatlicher Prüfungen, 1975; Stüer, D Ö V 1974, 257ff.; Stüer, JR 1974, 445ff. Hess. VGH ESVGH 11,170. KG Urt. vom 29. 4. 1958, mitgeteilt in Waibel, Die Rechtsprechung auf dem Gebiet des Hochschulrechts seit 1945, S. 58, Anm. 261; Fertig, DVB1. 1960,883. BGH J Z 1960, 366 f. Menger, VerwA 51 (1960), S. 378f. Wolff, VwR II, 3. Aufl. S. 282. Vgl. Geck, Promotionsordnungen und Grundgesetz, 2. Aufl. 1969, S. 34 ff. BVerwGE 16, 51; E. Menzel, J Z 1960, 80 f.
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Für die Führung des Doktortitels gilt das G über die Führung akademischer G r a d e vom 7. Juni 1939 1 1 0 . Nach anfänglicher Unsicherheit ist die Weitergeltung dieses Gesetzes von Rechtsprechung und Lehre bejaht worden 1 1 1 . Das Gesetz gilt als Landesrecht fort. Von besonderer Bedeutung ist es für die Entziehung des Doktorgrades gemäß seinem § 4. Neben Entziehungsgründen, die einer rechtsstaatlichen Prüfung ohne weiteres standhalten (wie z. B. Erschleichung des D o k tortitels), normiert es in § 4 Abs. 1 c die Entziehung des Doktorgrades wegen „Unwürdigkeit". Auf Grund dieser Bestimmung wurde während der nationalsozialistischen Herrschaft in Deutschland zahlreichen Emigranten (darunter auch Thomas Mann) der Doktorgrad entzQgen. Trotz dieses Mißbrauchs und der Schwierigkeit der Definition der „Unwürdigkeit" i. S. von § 4 Ic des Gesetzes über die Führung akademischer G r a d e hält die herrschende Meinung an der Weitergeltung auch dieser Vorschrift fest 1 1 2 . Allerdings steht das Gesetz zur Disposition der Landesgesetzgeber. Bisher ist das G über die Führung akademischer G r a d e vom 7 . 6 . 1939 nur in einem Land (Schleswig-Holstein) vollständig aufgehoben und durch Bestimmungen im Hochschulgesetz ersetzt worden. Einige Länder (Baden-Württemberg, § 9 4 Abs. 2 Ziff. 3 H S c h G 1973; Bayer, Art. 112 Abs. 2 Nr. 1 HSchG 1973) haben § 4 Abs. 2 des G über die Führung akademischer Grade, der eine Beschwerde gegen die Entscheidung über den Entzug des Doktorgrades vorsah, ausdrücklich aufgehoben. In allen Ländern richtet sich der Rechtsweg gegen diese Entscheidung nach der V w G O . Die Strafvorschrift des § 5 des G über die Führung akademischer G r a d e hat durch Art. 85 E G S t G B (BGBl. 1974 I, S. 469) folgende Fassung erhalten: „ W e r sich erbietet, gegen Vergütung den E r w e r b eines ausländischen akademischen Grades zu vermitteln, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft."
2. Nichtstaatliche Hochschulen a) Allgemeine Rechtsgrundlagen: Im Gegensatz zu anderen Ländern, in denen private wissenschaftliche Hochschulen eine große Rolle spielen (wie z. B. in den U S A , wo mehr als die Hälfte der Universitäten nichtstaatlich sind), zeichnete sich das deutsche Universitätswesen stets dadurch aus, daß sämtliche Universitäten staatlich waren. Es wurde als selbstverständlich angesehen, daß nur der Staat berechtigt war, wissenschaftliche Hochschulen zu gründen und zu erhalten. Geht man allerdings in der deutschen Universitätsgeschichte weiter zurück, so findet man, d a ß die ältesten Einrichtungen, die zumindest als Vorläufer der deutschen 110 111
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RGBl. 19391,S. 985. BVerwGE 10, 195; BVerwG DVBI. 1957, 688; BGHSt. S. 9, 43; OVG Münster DVB1. 1957, 465f. = JZ 1955, 209f.; OVG Münster MDR 1965, 515; VGH Stuttgart VerwRspr. 4, 688ff.; VGH Stuttgart VerwRspr 10, 528ff.; OVG Berlin NJW 1967, 1053; BayObLGSt 1967, 134; VGH München, BayVBl. 1970, 184; KG NJW 1971, 1530; BVerwGE 39,77 (82); Kuchinke, DVBI. 1957,773. Hierzu R. von Hippel, Zur Entziehung akademischer Grade, GoldtA 1970, S. 18 ff.; Menzel, JZ 1960,457 ff.
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Universität gelten können, kirchliche Gründungen waren. Das Recht der Kirchen, Hochschulen zu gründen und zu erhalten, wurde vom Staat auch in der Neuzeit respektiert, allerdings mit der Maßgabe, daß die kirchlichen Hochschulen erst nach staatlicher Anerkennung akademische Titel verleihen durften. So war im Grunde genommen das staatliche „Hochschulmonopol" zu keiner Zeit perfekt. Immerhin aber fand dieser Gedanke so sehr Eingang in die Praxis und Rechtslehre, daß die Problematik nichtstaatlicher wissenschaftlicher Hochschulen lange Zeit überhaupt nicht erörtert wurde. Auch die meisten der geltenden Hochschulgesetze stellen ohne weiteres fest, daß die wissenschaftlichen Hochschulen zugleich Einrichtungen des Staates seien 112 . Und selbst die Feststellung erfolgt nur, um klarzustellen, daß die wissenschaftlichen Hochschulen trotz ihrer körperschaftlichen Rechtsstellung staatliche Einrichtungen sind. Es ist keineswegs die Gegenüberstellung von staatlichen und nichtstaatlichen Hochschulen, die den Gesetzgeber zu jener Klarstellung veranlaßt, sondern lediglich die Frage, ob eine als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisierte Einrichtung wegen dieser Organisationsform ihren staatlichen Charakter verliert. Diese Frage wäre auch ohne ausdrückliche gesetzliche Bestimmung zu verneinen. Auf dieser Grundlage kommt Oppermann bezüglich des deutschen Hochschulwesens zu dem Ergebnis, „daß von einer unwiderruflichen Entscheidung für seine Staatlichkeit ausgegangen werden kann" 1 1 4 . Die Selbstverständlichkeit, mit der vom staatlichen Hochschulmonopol ausgegangen wird, ist jedoch gegenwärtig im Schwinden begriffen. Das BVerfG hat zwar in den beiden bedeutsamsten hochschulrechtlichen Entscheidungen der neueren Zeit, dem Numerus-clausus-Urteil vom 18. Juli 1972 und dem Gruppenuniversitäts-Urteil vom 29. Mai 1973, das staatliche Hochschulmonopol bekräftigt, aber es hat sich dabei nicht auf verfassungsrechtliche Grundlagen berufen. Im Urteil vom 18. Juli 1972 stellt es fest, der Staat habe im Bereich des Hochschulwesens „ein faktisches, nicht beliebig aufgebbares Monopol" 1 1 5 . Die Formulierung im Urteil vom 29. Mai 1973 ist noch vorsichtiger. Dort weist das BVerfG zunächst darauf hin, daß „ohne eine geeignete Organisation und ohne entsprechende finanzielle Mittel, über die im wesentlichen nur noch der Staat verfügt, heute in weiten Bereichen der Wissenschaften, insbesondere der Naturwissenschaften, keine unabhängige Forschung und wissenschaftliche Lehre mehr betrieben werden kann" und fügt dann hinzu: „Der Staat besitzt hinsichtlich dieses Wissenschaftsbetriebs heute weithin ein faktisches Monopol 1 1 6 . Über die Faktizität dieses Monopols besteht kein Streit. Ob die finanziellen Voraussetzungen für die Berechnung dieses faktischen Monopols in der B R D vorhanden sind, ist eine metajuristische Sachfrage. Vom juristischen Standpunkt ist allein die Frage von Interesse, ob der Versuch, das faktische staatliche Hochschulmonopol zu brechen, verfassungswidrig wäre oder nicht. Das Grundgesetz hat zur Frage der Zulässigkeit nichtstaatlicher wissenschaftlicher Hochschulen nicht Stellung genommen. Die Garantie der Privatschulfreiheit
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Vgl. oben. 1 1 4 Oppermann, KulturverwaltungsR, 1969, S. 320. B V e r f G E 33, 331 ff. 1 1 6 B V e r f G E 3 5 , 1 1 5 .
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in A r t . 7 A b s . 4 G G bezieht sich nicht auf die wissenschaftlichen H o c h s c h u l e n , da diese keine Schulen im S i n n e des G G s i n d 1 1 7 . A n d e r e r s e i t s findet sich im G G keine B e s t i m m u n g , welche die Errichtung privater wissenschaftlicher H o c h s c h u l e n verbietet. A r t . 5 A b s . 3 G G , aus d e m sich nach absolut h e r r s c h e n d e r M e i n u n g auch die Leitlinien für die Organisation der wissenschaftlichen H o c h s c h u l e n e r g e b e n , will die F r e i h e i t der Wissenschaft vom Staat garantieren. D a b e i mag argumentiert werden, d a ß die Sicherung einer staatsfreien S p h ä r e für eine staatliche Einrichtung besonders problematisch ist, und d a ß deshalb A r t . 5 A b s . 3 G G eine b e s o n d e r e B e d e u t u n g für die wissenschaftlichen H o c h s c h u l e n hat, die „ z u g l e i c h " staatliche E i n r i c h t u n g e n sind. J e d o c h kann daraus nicht geschlossen werden, d a ß A r t . 5 A b s . 3 nichtstaatliche H o c h s c h u l e n verbietet. M a n wird d a h e r d e m E r g e b nis von Flämig zustimmen müssen: „ A u s d e m G r u n d g e s e t z läßt sich allerdings ein staatliches H o c h s c h u l m o n o p o l nicht a b l e i t e n 1 1 8 . " D a s H R G gestattet den L ä n d e r n , nichtstaatliche H o c h s c h u l e n zuzulassen, wenn b e s t i m m t e Mindestvoraussetzungen erfüllt w e r d e n 1 1 9 . D i e geltenden H o c h s c h u l gesetze der L ä n d e r b e d i e n e n sich unterschiedlicher S y s t e m e . D a sie, wie o b e n ( S . 6 8 8 ) ausgeführt, in der R e g e l das E n u m e r a t i o n s p r i n z i p v e r w e n d e n , um den G e l t u n g s b e r e i c h des jeweiligen Hochschulgesetzes eindeutig zu b e s t i m m e n , müssen sie bereits aus diesem A n l a ß zur F r a g e der nichtstaatlichen wissenschaftlichen H o c h s c h u l e n Stellung n e h m e n . D i e Aufführung einer nichtstaatlichen wissenschaftlichen H o c h s c h u l e in der Liste d e r j e n i g e n E i n r i c h t u n g e n , für die das b e t r e f f e n d e G e s e t z gilt, würde bereits die A n e r k e n n u n g b e d e u t e n . E i n solcher Fall läßt sich im geltenden H o c h s c h u l r e c h t nicht nachweisen. D a s B a d e n - W ü r t t e m b . U n i v e r s i t ä t s G vom 2 2 . N o v e m b e r 1 9 7 7 zählt nur staatliche wissenschaftliche H o c h s c h u l e n auf und fügt dann hinzu: „ D i e B e z e i c h n u n g Universität darf von anderen als den in § 1 aufgeführten Bildungseinrichtungen nur auf G r u n d eines G e s e t z e s geführt werden. Im übrigen darf eine auf eine Universität hinweisende B e z e i c h n u n g nur mit Z u s t i m m u n g des Kultusministeriums geführt w e r d e n . " D a s hamburgische H o c h s c h u l G , geändert durch G e s e t z v o m 1 0 . Juli 1 9 7 3 ( G V B 1 . S. 2 8 4 ) , hat in s e i n e m § 7 1 a die H o c h s c h u l e der B u n deswehr H a m b u r g , die von der B u n d e s r e p u b l i k D e u t s c h l a n d als wissenschaftliche H o c h s c h u l e für die Ausbildung von Soldaten errichtet worden ist, ausdrücklich für b e s t i m m t e Z w e c k e und unter b e s t i m m t e n V o r a u s s e t z u n g e n in die G e l t u n g des Universitätsgesetzes e i n b e z o g e n . B i s h e r berücksichtigten nur drei L ä n d e r die nichtstaatlichen H o c h s c h u l e n in ihren Hochschulgesetzen. D a s bayerische H o c h s c h u l G vom 2 1 . D e z e m b e r 1 9 7 3 ( G V B 1 . S. 6 7 9 , ber. 1 9 7 4 , S. 4 5 ) führte in seinem A r t . 1 A b s . 2 zunächst die staatlichen H o c h s c h u l e n einzeln auf und fügte in A r t . 1 A b s . 3 hinzu: „Nichtstaatliche H o c h s c h u l e n sind die E i n r i c h t u n g e n des Bildungswesens, die nach M a ß g a b e dieses G e s e t z e s staatlich a n e r k a n n t sind, soweit die kirchlichen H o c h s c h u l e n g e m ä ß A r t . 1 5 0 A b s . 1 der Verfassung des F r e i s t a a t s B a y e r n . " Für diese nichtstaatlichen Hochschulen gilt der zweite Abschnitt des B a y H S c h G ( A r t . 9 1 - 9 9 ) , in 117
Vgl. oben.
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Flämig, WissR 1975, S. 5.
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§ 70 H R G .
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dem die Voraussetzungen für die Anerkennung, die Rechtswirkung der A n e r k e n nung, die Z u r ü c k n a h m e der Anerkennung und die A u f h e b u n g einer nichtstaatlichen Hochschule, sowie gewisse Organisationsprinzipien und die A n w e n d u n g einzelner Vorschriften des BayHSchG auf nichtstaatliche Hochschulen geregelt sind. Die Bundeswehrhochschulen werden - mit geringfügigen sachbedingten Einschränkungen - in dieses System einbezogen (Art. 96 BayHSchG). Einen geringeren U m f a n g haben die einschlägigen Bestimmungen des rheinland-pfälzischen HochschulG 1 2 0 . Es behandelt in seinem dritten Teil (§§ 8 1 - 8 3 ) die „wissenschaftlichen Hochschulen in freier Trägerschaft". Umfangreicher sind die Regelungen, die das schleswig-holsteinische HochschulG 1 2 1 über die nichtstaatlichen Hochschulen enthält, die Unterscheidung zwischen wissenschaftlichen Hochschulen und anderen Hochschulen muß in den Ländern, in denen allgemeine Hochschulgesetze gelten, innerhalb des jeweiligen Gesetzes getroffen werden. Auf jeden Fall aber kann nach geltendem Hochschulrecht nicht mehr davon ausgegangen werden, daß nur staatliche Einrichtungen wissenschaftliche Hochschulen sind. Mit Recht definiert H. J. Wolff: „Wissenschaftliche Hochschulen sind staatlich errichtete oder anerkannte Körperschaften des öffentlichen Rechts zur Pflege der Wissenschaft im Zusammenwirken von Forschung und Lehre, deren Mitgliedschaft (mindestens) Hochschulreife voraussetzt 1 2 2 ." b) Kirchliche Hochschulen: U n t e r den nichtstaatlichen wissenschaftlichen Hochschulen nehmen die kirchlichen Hochschulen eine besondere Stellung ein. Allerdings erwähnt sie das H R G nicht eigens, und von den Ländergesetzen widmet ihnen nur das bayerische HochschulG vom 21. Dezember 1973 einen eigenen Artikel, dessen erster Absatz lautet: „Das Recht der Kirchen, ihre Geistlichen auf eigenen kirchlichen Hochschulen (einschließlich Ordenshochschulen) aus- und fortzubilden, bleibt u n b e r ü h r t " (Art. 97 Abs. 1 Satz 1 BayHSchG). Studiengänge, die nicht oder nicht nur die Aus- und Fortbildung von Geistlichen zum Gegenstand haben, können an kirchlichen Hochschulen nur auf Grund staatlicher A n e r k e n nung eingerichtet werden; die A n e r k e n n u n g beschränkt sich auf diese Studiengänge (Art. 97 Abs. 2 Satz 1 BayHSchG). Das katholische Kirchenrecht fordert, daß jede Diözese eine eigene Ausbildungsstätte für den Priesternachwuchs besitzt. Diese Ausbildungsstätte kann als theologische Fakultät an einer staatlichen wissenschaftlichen Hochschule bestehen, sie kann aber auch eine eigene Hochschule bilden. Die theologischen Fakultäten an den Hochschulen des Staates unterliegen den allgemeinen Hochschulgesetzen, doch sichern K o n k o r d a t e der katholischen Kirche ein Mitwirkungsrecht bei der Besetzung der Lehrstühle. Ferner bestimmt Art. 19 des Reichskonkordats vom 12. September 193 3 1 2 3 , daß sich das Verhältnis der katholisch-theologischen 120
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LandesG über die wissenschaftlichen Hochschulen in Rheinland-Pfalz v. 22. Dez. 1970, GVB1. 1971, S. 5, geänd. durch G vom 27. Febr. 1973, GVBI. S. 44. G über die Hochschulen im Land Schleswig-Holstein vom 2. Mai 1973, GVBI. S. 153. Wolff, V w R II, 3. Aufl. S. 273. RGBl. 1933 II, S. 679.
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Fakultäten zu den kirchlichen Behörden „nach den in den einschlägigen Konkordaten und dazugehörigen Schlußprotokollen festgelegten Bestimmungen unter Beachtung der einschlägigen kirchlichen Vorschriften" regelt. Z u r Erläuterung verweist das Schlußprotokoll des Konkordats auf die Apostolische Konstitution „Deus scientiarum D o m i n u s " vom 24. Mai 1931 und die Instruktion vom 7. Juli 1932. Art. 20 des Reichskonkordats von 1933 bestätigt das Recht der Kirche, „philosophische und theologische Lehranstalten" zu errichten. Dieses Recht ist in verschiedenen Länderverfassungen bekräftigt worden 1 2 4 . Die bayerische Verfassung betont an anderer Stelle (Art. 138 Abs. 1) noch ausdrücklich, daß es sich hierbei um eine A u s n a h m e vom staatlichen Hochschulmonopol handelt. Das Monopol selbst ist in Art. 138 Abs. 1 Satz 1 niedergelegt: „Die Errichtung und Verwaltung der Hochschulen ist Sache des Staates." Art. 60 Abs. 3 der hessischen Verfassung, der nur die „kirchlichen theologischen Bildungsanstalten" anerkennt, ist ebenfalls bereits früher als Durchbrechung des staatlichen Hochschulmonopols angesehen worden 1 2 5 . Hinsichtlich der übrigen Länder war die Begründung des Rechts der Kirche auf Errichtung und Unterhaltung wissenschaftlicher Hochschulen schwieriger, solange am staatlichen Hochschulmonopol festgehalten wurde. A b e r schon die Tatsache, daß sich solche Hochschulen auch in solchen Ländern befinden, die in ihrer Verfassung das staatliche Hochschulmonopol nicht ausdrücklich zugunsten der kirchlichen Hochschulfähigkeit durchbrechen, zeigt, daß in Wirklichkeit ein solches Monopol niemals von Rechts wegen bestand. A u s diesem Grund sind die Länder zu keiner Zeit der Entwicklung eines eigenständigen kirchlichen Hochschulwesens unter Berufung auf das staatliche Hochschulmonopol entgegengetreten 1 2 6 . Die von der katholischen Kirche unterhaltenen Hochschulen führen in der Regel die Bezeichnung „Philosophisch-theologische Hochschule" und sind wissenschaftliche Hochschulen i. S. des deutschen Hochschulrechts. Ihre Verwaltung obliegt jedoch naturgemäß nicht staatlichen, sondern kirchlichen Behörden. Sie unterstehen der Aufsicht des zuständigen Bischofs. Eine besondere Rechtsform hat die Kirchliche Gesamthochschule Eichstätt erhalten: sie ist eine Stiftung des öffentlichen Rechts. Für den Bereich der Evangelischen Kirche Deutschlands ist die Rechtslage anders. In den evangelischen Kirchenverträgen der Weimarer Zeit wurde unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß die Ausbildung der Theologen staatlichen Hochschulen vorbehalten ist. Dort wurde der G e d a n k e kirchlicher Hochschulen bereits vor der Jahrhundertwende von Friedrich von Bodelschwingh vertreten. Seiner Verwirklichung dient der 1905 gegründete „Verein zur G r ü n d u n g und Unterhaltung einer praktischen theologischen Schule in Bethel". Die Schule wurde noch im gleichen Jahr eröffnet, galt aber nach preußischem Recht als Pri124
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Art. 150 Abs. 1 der Bayerischen Verf., Art. 4 2 der Rheinland-Pfälzischen Verf., Art. 36 der Verf. des Saarlandes, Art. 16 Abs. 2 der Nordrhein-Westfälischen Verf. Mikat, G R e IV/1, 213, Anm. 432. Vgl. Baldus, Die philosophisch-theologischen Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland, 1965, S. 112.
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vatschule. In ihrem Wirken entfaltete sie bald die Merkmale einer Hochschule und wurde nach 1945 als solche eröffnet. Ihr folgte am 31. Oktober 1945 die „Kirchliche Hochschule" in Wuppertal. Weitere kirchliche Hochschulen bestehen gegenwärtig in Berlin und Neuendettelsau. Neben den evangelisch-theologischen Fakultäten an den Hochschulen des Staates betreiben diese evangelischen kirchlichen Hochschulen die Ausbildung der evangelischen Geistlichen und die Pflege der Wissenschaft. Sie sind wissenschaftliche Hochschulen i. S. des deutschen Hochschulrechts 127 . c) Hochschulen anderer Träger: Obwohl sich in jüngster Zeit die Vorschläge zur Errichtung privater wissenschaftlicher Hochschulen mehren 1 2 8 , gibt es gegenwärtig noch immer nur sehr wenige wissenschaftliche Hochschulen, die weder von den Ländern noch von Kirchen getragen werden. Ihre Einrichtung bedarf, wie im vorstehenden (vgl. oben II. 2.a) ausgeführt, der Genehmigung des zuständigen Kultusministers. Dies gilt auch dann, wenn das betreffende Hochschulgesetz nur von der „Anerkennung" der nichtstaatlichen wissenschaftlichen Hochschule spricht. Bedeutende wissenschaftliche Einrichtungen, die über die reine Forschung hinausgehen, sind insbesondere die folgenden: 1. Die Hochschule für Internationale Pädagogische Forschung in Frankfurt. Sie wurde gemeinsam vom Lande Hessen und von der Gesellschaft für pädagogische Tatsachenforschung und weiterführende pädagogische Studien e. V. in der Rechtsform einer selbständigen Stiftung des öffentlichen Rechts gegründet. 2. Die Hochschulen für Politik. Die erste Einrichtung dieser Art war die 1920 als eingetragener Verein in Berlin gegründete Deutsche Hochschule für Politik, die 1958 als „Otto-Suhr-Institut" in die Freie Universität Berlin eingegliedert wurde. In München wurde 1950 die Hochschule für Politische Wissenschaften als eingetragener Verein gegründet. Gemäß Art. 1 des Gesetzes vom 27. Oktober 197 0 1 2 9 trägt sie nunmehr die Bezeichnung „Hochschule für Politik München" und ist „eine institutionell selbständige Einrichtung an der Universität München". 3. Die Sozialakademien in Frankfurt, Dortmund und Hamburg. Die Sozialakademie Frankfurt setzt die Tradition der 1921 gegründeten Akademie der Arbeit fort. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie vom D G B zusammen mit dem Hessischen Minister für Arbeit, Landwirtschaft und Wirtschaft als Stiftung neu errichtet. Die Sozialakademie Dortmund wurde 1947 durch eine Vereinbarung zwischen dem Lande Nordrhein-Westfalen, der Stadt Dortmund dem D G B gegründet. 1953 wurde sie als staatliche Anstalt der Aufsicht des Kultusministers unterstellt; in ihrem Kuratorium sind aber die Stadt Dortmund und der D G B noch vertreten.
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Vgl. Gisela Schmidt, D e r Rechtsstatus der evangelischen kirchlichen Hochschulen in der Bundesrepublik Deutschland, Diss. Köln 1957, S. 123 ff. Vgl. Maitre, D i e Privatuniversität - Alternative zum staatlichen Hochschulmonopol, 1973; Reusch / Pierenkaemper, Projektstudie Freie medizinische Hochschule (Schriftenreihe des Hartmannbundes) 1973. GVB1. Bayern 1970, S. 495.
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Die Hochschulen der Bundeswehr in Hamburg und München werden nach den Landesgesetzen als nichtstaatliche wissenschaftliche Hochschulen behandelt, obwohl sie einen staatlichen Träger haben, nämlich den Bund. Die Einordnung dieser Hochschulen in das System der wissenschaftlichen Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland war deshalb schwierig, weil die Errichtung und der Betrieb von wissenschaftlichen Hochschulen Sache der Länder ist. Deshalb mußte der Bund mit dem Freistaat Bayern und der Freien und Hansestadt Hamburg jeweils ein Abkommen über die Errichtung einer wissenschaftlichen Hochschule für Soldaten der Bundeswehr abschließen. Beide Länder haben die Bundeswehrhochschule in den Geltungsbereich ihrer Hochschulgesetze einbezogen (Art. 96 BayHSchG 1973, § 71 a UniG Hamburg) 1 3 0 .
III. Wissenschaftsfördernde Institutionen Die wichtigste der wissenschaftsfördernden Institutionen ist die Max-PlanckGesellschaft, Die Nachfolgerin der im Jahre 1911 gegründeten Kaiser-WilhelmGesellschaft zur Förderung der Wissenschaft. Der von Kaiser Wilhelm II. unterzeichnete Gründungsaufruf umreißt die Stellung dieser Gesellschaft zwischen Universität und industrieller Forschung 131 . Die Institute der Max-Planck-Gesellschaft, die überwiegend der naturwissenschaftlichen Forschung dienen, sind zwar in der Regel personell mit wissenschaftlichen Hochschulen verbunden, widmen sich als solche jedoch nicht der Lehre. Wissenschaftsförderung in der Form der Finanzierung einzelner Forschungsprojekte betreibt die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG). Sie setzt die Tradition der am 30. Oktober 1920 gegründeten Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft fort und fördert neben Einzelprojekten auch Schwerpunktprogramme, mit denen sie zur Koordinierung der wissenschaftlichen Forschung in der Bundesrepublik beiträgt und die Beteiligung deutscher Forscher an internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaftsprojekten ermöglicht 132 . Die Arbeit der D F G wird ergänzt durch die des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft. Er ist eine Gemeinschaftsaktion der gewerblichen Wirtschaft und der freien Berufe zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung. Die von ihm gesammelten Spenden werden zu 70% an die D F G und andere wissenschaftliche Institutionen abgeführt. Zahlreiche Förderergesellschaften und Stiftungen mit begrenzteren Zwecken ergänzen diese zentralen wissenschaftsfördernden Institutionen 133 . 130 131
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Vgl. Wangemann, WissR 1975,37ff. Vgl. Butenandt, in: 50 Jahre Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, 1961, S. 5. Hierzu Zieroldt, Forschungsförderung in drei Epochen. Deutsche Forschungsgemeinschaft — Geschichte, Arbeitsweise, Kommentar, 1968; Deutsche Forschungsgemeinschaft (Hrsg.), Aufbau und Aufgaben der Deutschen Forschungsgemeinschaft, 1975. Hierzu Massow, Organisation der Wissenschaft und der Wissenschaftsförderung in der Bundesrepublik Deutschland, 1968.
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IV. Institutionen der Zusammenarbeit Die wissenschaftlichen Hochschulen der Bundesrepublik sind seit dem 21. April 1949 in der Westdeutschen Rektorenkonferenz ( W R K ) zusammengeschlossen. Diese ist ein nichtrechtsfähiger Verein des bürgerlichen Rechts. D e r Aufbringung der für sie notwendigen Mittel dient die „Stiftung zur Förderung der Westdeutschen R e k t o r e n k o n f e r e n z " 1 3 4 . Die W R K betreibt im N a m e n aller westdeutschen wissenschaftlichen Hochschulen eine intensive Öffentlichkeitsarbeit und hält ständigen Kontakt zu Parlament, Wirtschaft und Presse. Für die Mitgliedshochschulen ist sie Informationszentrum und Ort der Begegnung. Ferner ist sie Gesprächspartner der Bundesregierung und der Ständigen Konferenz der Kultusminister in allen Fragen der Wissenschaft. Mit entsprechenden Einrichtungen in anderen Staaten pflegt sie einen engen Kontakt, insbesondere vertritt sie die B R D in der E u r o p ä ischen Rektorenkonferenz. Eine weitere wichtige Institution der Zusammenarbeit auf Bundesebene ist der durch ein Verwaltungsabkommen zwischen der BReg. und den Regierungen der Länder am 5. September 1957 gegründete Wissenschaftsrat. Seine erste A u f g a b e bestand darin, einen Gesamtplan für die Förderung der Wissenschaften zu erarbeiten und in der Folgezeit jährlich ein Dringlichkeitsprogramm aufzustellen. Ferner arbeitet er Empfehlungen für die Verwendung derjenigen Mittel aus, die in den Haushaltsplänen des Bundes und der Länder für die Förderung der Wissenschaft verfügbar sind. D e r Wissenschaftsrat besteht aus 39 Mitgliedern; 22 von ihnen beruft der BPräs., und zwar 16 auf gemeinsamen Vorschlag der D F G , der MaxPlanck-Gesellschaft und der W R K und 6 auf gemeinsamen Vorschlag der BReg. und der Landesregierungen. 17 Mitglieder werden von den Regierungen des Bundes und der Länder entsandt, und zwar entsenden die BReg. 6 Mitglieder, die Landesregierungen je 1 Mitglied.
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Hierzu Flämig, WissR 1975, 235 ff.
ELFTER A B S C H N I T T Walter Rudolf
Presse und Rundfunk Literatur Presserecht: H. Arndt, Die Konzentration in der Presse und die Problematik des Verleger-Fernsehens, 1967. P. Cramer, Das Zeugnisverweigerungsrecht von Presse und Rundfunk, 1968. L. Delp / H. Kliemann / W. von Randohr / J. Roters, Das gesamte Recht der Presse, des Buchhandels, des Rundfunks und des Fernsehens (Loseblattausgabe). R. Gross, Grundzüge des deutschen Presserechts, 1969. G. H. Kemper, Pressefreiheit und Polizei, 1964. F. Kubier, Empfiehlt es sich, zum Schutze der Pressefreiheit gesetzliche Vorschriften über die innere Ordnung von Presseunternehmen zu erlassen?, Gutachten für den 49. Deutschen Juristentag, 1972. M. Löffler, Presserecht I, 2. Aufl., 1969; Presserecht II, 2. Aufl. 1968. M. Löffler, Selbstkontrolle von Presse, Funk und Film, 1960. M. Löffler / R. Ricker, Handbuch des Presserechts, 1978. C. H. Lüders, Presse- und Rundfunkrecht, 1952. Pressefreiheit, Entwurf eines Gesetzes zum Schutze freier Meinungsbildung und Dokumentation des Arbeitskreises Pressefreiheit. Herausgegeben von H. Armbruster u. a., 1970. K. Mathy, Das Recht der Presse, 1977. B. Rebe, Die Träger der Pressefreiheit nach dem Grundgesetz, 1969. K. Rebmann / M. Ott / W. Storz, Das baden-württembergische Gesetz über die Presse, 1964. M. Rehbinder, Presserecht, 1967. M. Rehbinder, Die öffentliche Aufgabe und rechtliche Verantwortlichkeit der Presse, 1962. M. Rehbinder, Informationsfreiheit und innere Organisation der Presseunternehmen, D Ö V 1972,450 ff. H. J. Reh / R. Gross, Hessisches Pressegesetz, 1963. H. Ridder, Meinungsfreiheit, in: GRe II, 1954, S. 243 ff. O. B. Roegele, Presse-Reform und Fernseh-Streit, 1965. B. Scheer, DeutschesPresserecht, 1966. U. Scheuner, Pressefreiheit, VVDStRL 22 (1965) S. l f f . W. Schmidt, Pressefreiheit, allgemeine Gesetze und Polizei, J Z 1967,151 ff. F. Schneider, Presse- und Meinungsfreiheit nach dem Grundgesetz, 1962.
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Zeitschriften: Archiv für Presserecht; Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht (UFITA); Media Perspektiven; Rundfunk und Fernsehen (RuF); Z V + ZV, Zeitschrift für presse + Werbung.
Gesetze Presse: Baden-Württemberg: G über die Presse vom 14. 1. 1964 (GBl. S. 11) Bayern: G über die Presse vom 3. 10. 1949 (BayBS I S . 310) Berlin: PresseG vom 15. 6. 1965 (GVB1. S. 744) Bremen: G über die Presse vom 16. 3.1965 (GBl. S. 63) Hamburg: PresseG vom 29. 1. 1965 (GVB1. S. 15) Hessen: G über Freiheit und Recht der Presse in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. 11. 1958 (GVB1. S. 183), geändert durch G vom 22. 2. 1966 (GVB1. S. 31) Niedersachsen: PresseG vom 22. 3. 1965 (GVB1. S. 9) Nordrhein-Westfalen: PresseG vom 24. 5. 1966 (GVB1. S. 340) Rheinland-Pfalz: LandesG über die Presse vom 14. 6. 1965 (GVB1. S. 107) Saarland: PresseG vom 12. 5. 1965 (ABl. S. 409) Schleswig-Holstein: G über die Presse vom 19. 6. 1964 (GVB1. S. 71) Rundfunk: (Vgl. die Zusammenstellung der Rundfunkgesetze bei G. Hermann, Rundfunkgesetze, 2. Aufl. 1977) Bayern: G über die Errichtung und die Aufgaben einer Anstalt des öffentlichen Rechts „Der Bayerische Rundfunk" in der Fassung vom 22. 12. 1959 (Bay. GVB1. S. 311) - z u l e t z t G vom 1. 8. 1973 (Bay. GVB1. S. 426) Berlin: G über die Errichtung der Rundfunkanstalt „Sender Freies Berlin" in der Fassung vom 23. 5. 1967 (Berl. GVB1. S. 782) - zuletzt Bekanntm. vom 5. 12. 1974 (Berl. GVB1. 1975, S. 145) Bremen: G über die Errichtung und die Aufgaben einer Anstalt des öffentlichen Rechts „Radio Bremen" vom 22. 11. 1948 (Brem. GBl. S. 225) - zuletzt G vom 18. 2. 1975 (Brem. GBl. S. 97) Hessen: G über den Hessischen Rundfunk vom 2. 10. 1948 (Hess. GVB1. S. 123) Norddeutscher Rundfunk: Staatsvertrag über den Norddeutschen Rundfunk vom 16. 2. 1955 (Niedersachsen, GVB1. S. 167; Schleswig-Holstein, GVB1. S. 92; Hamburg, GVB1. S. 197) Saarland: G Nr. 806 über die Veranstaltung von Rundfunksendungen im Saarland in der Fassung vom 1. 8. 1968 (ABl. Saar 1968,558) Süddeutscher Rundfunk: G Nr. 1096 - Rundfunkgesetz - vom 21. 11. 1950 (Württ.-Bad. RegBl. 1951,1) Südwestfunk: Staatsvertrag über den Südwestfunk vom 2 7 . 8 . 1951 (Baden: G vom 18. 3. 1952, GVB1. S. 40; Rheinland-Pfalz: G vom 22. 4. 1952, GVB1. S. 71; WürttembergHohenzollern: G vom 8. 4. 1952, RegBl. S. 27) Westdeutscher Rundfunk: G über den „Westdeutschen Rundfunk Köln" vom 25. 5. 1954 (GV. NW.S. 151) - z u l e t z t G vom 9. 7. 1974 (GV. NW. S. 251) Zweites Deutsches Fernsehen: Staatsvertrag über die Errichtung der Anstalt des öffentlichen Rechts „Zweites Deutsches Fernsehen" vom 6. 6. 1961 (Baden-Württemberg: G vom 18. 7. 1961 [GBl. S. 215]; Bayern: Zustimmungsbeschluß des Landtags vom 26. 6. 1962, Bekanntmachung vom 16.7. 1962 [GVB1. S. 111]; Berlin: G vom 24. 11. 1961 [GVB1.
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S. 1641]; Bremen: G vom 22. 2. 1962 [GVB1. S. 49]; Hamburg: G vom 23. 1. 1962 [GVB1. S. 5]; Hessen: G vom 20. 12. 1961 [GVB1. S. 199]; Niedersachsen: G vom 24. 1-. 1962 [GVB1. S. 9]; Nordrhein-Westfalen: Zustimmungsbeschluß des Landtages vom 17. 7. 1961, Bekanntmachung vom 9. 8. 1961 [GV. NW. S. 269]; Rheinland-Pfalz: G vom 24. 7. 1961 [GVB1. S. 179]; Saarland: G Nr. 750 vom 30. 1. 1962 [Amtsbl. S. 67]; Schleswig-Holstein: G vom 18. 11. 1961 [GVB1. S. 169]) Deutsche Welle und Deutschlandfunk: G über die Errichtung von Rundfunkanstalten des Bundesrechts vom 29. 11. 1960 (BGBl. I, S. 862)
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Gliederung I. Die Massenmedien
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Ii. Presserecht 1. Historische und soziale Grundlagen a) Geschichtliche Entwicklung b) Gegenwartssituation 2. Rechtsgrundlagen 3. Anwendungsbereich der Landespressegesetze a) Druckwerke b) Periodische Druckwerke 4. Pressefreiheit und Informationsanspruch a) Äußere Pressefreiheit b) Innere Pressefreiheit c) Informationsanspruch 5. Schranken der Pressefreiheit und Pflichten der Presse a) Schranken der Pressefreiheit b) Pflichten der Presse
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III. Rundfunkrecht 1. Historische und soziale Grundlagen a) Geschichtliche Entwicklung b) Gegenwartssituation 2. Rechtsgrundlagen a) ßundesrecht b) Landesrecht 3. Organisation des Rundfunks a) Aufgaben der Rundfunkanstalten b) innere Organisation und Kompetenzen der Organe aa) Rundfunkrat bb) Verwaltungsrat cc) Intendant dd) Programmbeirat c) Werbefernsehen d) A R D e) Privater Rundfunk 4. Rundfunkgebühr
741 741 741 743 746 746 747 748 748 749 749 750 750 751 751 751 752 753
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I. Die Massenmedien In der modernen Industriegesellschaft besteht neben den rein materiellen Bedürfnissen, die mit der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung verbunden sind, ein Massenbedarf an Information, Erbauung und Unterhaltung, der durch Presse, Film und Rundfunk befriedigt wird. Da man mit Hilfe dieser modernen Mittel öffentlicher Meinungsbildung die Bevölkerung leicht erreichen und ihre Ansichten und Lebensgewohnheiten beeinflussen kann, ist es notwendig, den Gebrauch dieser Massenmedien so zu regeln, daß ihr Mißbrauch entsprechend den Zielen von Staat und Gesellschaft verhindert wird. Diese Regelung ist orientiert an dem Zweck, den man mit den Medien der Meinungsbildung verfolgt. Der Zweck kann je nach der Verfassung von Staat zu Staat verschieden sein 1 . In einem System, in dem die Aufgabe der Massenmedien darin gesehen wird, die breiten Massen der Arbeiter zu erziehen und sie unter der alleinigen Führung einer Partei zu organisieren, um klar bestimmte Ziele der Partei zu erreichen 2 , wird man zu einer anderen Regelung kommen als in einem Staat, der die Vielfalt der Meinungen der einzelnen Informationsträger respektiert und es ihnen überläßt, ihre Zielsetzungen selber zu bestimmen. Ausgehend von der Vorstellung, daß das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt und für eine freiheitliche demokratische Staatsordnung schlechthin konstituierend ist 3 , wird den Massenmedien in der Bundesrepublik gemäß Art. 5 I G G die Freiheit des Empfangs und der Verbreitung von Nachrichten und Meinungen gewährleistet und ihnen ein vor Eingriffen des Staates geschützter Raum überlassen. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film finden gemäß Art. 5 II G G ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre. Wer eine dieser Freiheiten zum Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt diese Grundrechte gemäß Art. 18 G G 4 . Dadurch, daß der Staat den Massenmedien in der Bundesrepublik verfassungsrechtlich eine staatsfreie Sphäre gewährt, bleibt für eine rechtliche Regelung vornehmlich die Aufgabe, die Grenzen der Presse-, Film- und Rundfunkfreiheit entsprechend Art. 5 II G G näher festzulegen. Das Recht der Massenmedien ist deshalb wie kaum ein Rechtsgebiet sonst verfassungsrechtlich vorgezeichnet, ist kon-
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Vgl. die rechtsvergleichende Untersuchung über die Massenmedien von Terrou-Solal, Legislation for Press, Film, Radio, Paris 1951. So Kuzmichev für die sowjetische Auffassung, Terrou-Solal, a. a. O., S. 51. BVerfG E 7 , 1 9 8 , 208. Zur Verwirkung vgl. W. Schmitt-Glaeser, Mißbrauch und Verwirkung von Grundrechten im politischen Meinungskampf, 1968.
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kretisiertes Verfassungsrecht. Die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung hat sich demgemäß wiederholt mit den Schranken zu Art. 5 G G befassen müssen 5 . D a Presse und Film privatrechtlich betrieben werden, ohne daß eine Zensur stattfinden darf, ist die Zahl verwaltungsrechtlicher Vorschriften für diese beiden Medien verhältnismäßig gering. Presserecht und Filmrecht stellen vielmehr ein Konglomerat von Normen des Urheber-, Schadensersatz-, Strafrechts und anderer Rechtsgebiete dar, das sich insgesamt nur minimal als Teil des besonderen Verwaltungsrechts qualifizieren läßt. Dagegen ist der öffentlich-rechtlich organisierte. R u n d funk stärker Gegenstand verwaltungsrechtlicher Vorschriften. U n t e r den Massenmedien spielen Presse und R u n d f u n k die wichtigste Rolle, nachdem der Film durch das Fernsehen an Boden verloren hat, wie überhaupt der Film als Mittel öffentlicher Meinungsbildung nicht die Bedeutung besitzt wie Presse und R u n d f u n k . Ein Überblick über das Verwaltungsrecht der Massenmedien kann deshalb auf das Filmrecht verzichten 6 .
II. Presserecht 1. Historische und soziale Grundlagen a) Geschichtliche Entwicklung: Nachdem Gutenberg um 1450 den Buchdruck mit beweglichen Lettern in Europa erfunden hatte, dauerte es nicht lange, bis kirchliche und weltliche Obrigkeit die Druckerzeugnisse unter ihre Kontrolle zu bringen versuchten. 1475 findet man bereits einen Zensurvermerk auf einer Druckschrift. 1501 erließ Papst Alexander VI. eine Bulle gegen den D r u c k nicht zensierter Schriften. Durch den Reichsabschied von Speyer 1529 wurde f ü r ganz Deutschland auch von weltlicher Seite die präventive Zensur eingeführt. In den ersten eineinhalb Jahrhunderten nach der Erfindung des Buchdrucks erschienen vor allem Bücher und Flugschriften. Eine periodische Presse entstand erst zu Beginn des 17. Jahrhundert. 1695 fällt in England die Pressezensur, nachd e m John Milton schon 1644 Pressefreiheit gefordert hatte. Eine Positivierung des Rechts auf Pressefreiheit findet erstmals in der Bill of Rights von Virginia 1776 statt, in der die Pressefreiheit als eines der stärksten Bollwerke der Freiheit bezeichnet wird. 1791 wird die Pressefreiheit im 1. Zusatzartikel der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika verankert. Auf d e m europäischen Festland
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BVerfG E 7, 198; 10,118; 12, 113; 19, 73; 20,162; 21, 271; 27, 71, 88,104; 28,191; 30, 336; 33, 52,34,269; 35,202. Zum Filmrecht vgl. von Hartlieb, UFITA 20 (1955), S. 129; und UFITA 28 (1959), S. 32; Berthold / von Hartlieb, FilmR, 1957; Noltenius, Die freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft und das Zensurverbot des Grundgesetzes, 1958; Wohland, Informationsfreiheit und politische Filmkontrolle, 1968; Weides, Bundeskompetenz und Filmförderung, 1971; vgl. ferner BVerwGE 1, 303; 21,184; 23,104 und 194; 45,1 und 8.
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proklamiert Art. 11 der französischen Menschenrechtsdeklaration von 1789 die freie Mitteilung seiner Gedanken und Meinungen als eines der kostbarsten Rechte des Menschen — eine Auffassung von der Meinungsfreiheit, auf die jetzt das BVerfG zurückgegriffen hat 7 . In Deutschland hatte zwar die Bundesakte von 1815 die Verwirklichung der Pressefreiheit zur Aufgabe erklärt, gleichwohl schrieb aber das BundespreßG von 1819 die präventive Zensur der Presse von Bundes wegen vor. Erst die Revolution von 1848 beseitigte die Zensur 8 . Auch nach dem Scheitern der Revolution blieb die Pressefreiheit bestehen. In Preußen wurde sie durch die Verfassung von 1850 und im Reich durch das PreßG von 1874 ausdrücklich anerkannt. Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts brachte für die periodische Presse einen gewaltigen wirtschaftlichen Aufschwung und erheblichen Einfluß auf die politische Gestaltung. Nach der Erfindung der Rotationsmaschine durch Bullock 1865 und weiteren bahnbrechenden Erfindungen auf dem Gebiet der Drucktechnik war es möglich, die Zeitungsherstellung außerordentlich zu steigern und zu beschleunigen. Die durch die Technik ermöglichten hohen Auflagen sicherten den großen Zeitungen politischen Einfluß und machten die Presse zum entscheidenden Mittel der öffentlichen Meinungsbildung. Einen Rückschlag erfuhr die Pressefreiheit durch die Wiedereinführung der Zensur während der Dauer des 1. Weltkriegs und nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933. Durch die Zwangsmitgliedschaft aller im Pressewesen tätigen Personen in der Reichspressekammer 9 und durch das SchriftleiterG 1 0 wurde die Pressefreiheit beseitigt. Die politische Säuberung der Presse führte zu einer Pressekonzentration in den Händen der NSDAP. Am Ende des 2. Weltkrieges waren 82,5% der Gesamtauflage der deutschen Zeitungen in zwei Holdings zusammengefaßt, die beide im Eigentum eines der Partei gehörenden Verlags standen. Mit dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Herrschaft endete auch deren Presse. Der Neuaufbau des Pressewesens nach 1945 begann zunächst im Rahmen eines von den Besatzungsmächten kontrollierten eng begrenzten Lizenzierungssystems (sog. Lizenzpresse), das erst 1949 aufgehoben wurde. Art. 5 I G G stellte die Pressefreiheit wieder in vollem Umfang her. Noch bestehende Vorbehalte der alliierten Besatzungsmächte wurden 1955 aufgegeben 1 1 . b) Gegenwartssituation: Die deutsche Presse bietet ein vielgestaltiges und bewegtes Bild. Im Bereich der Buchpresse besteht eine Fülle von Verlagen, ohne daß trotz einer Tendenz zur Konzentration marktbeherrschende Positionen einzelner Verlage erkennbar wären.
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BVerfG E 7,198, 208. § 143 Abs. 2 der Verf. des Deutschen Reiches vom 28. 3. 1849. Vgl. das ReichskulturkammerG vom 22. September 1933 (RGBl. I, S. 661). Vom 4. Oktober 1933 (RGBl. I, S. 713). Zur Geschichte der Presse und des Presserechts vgl. Möhrke, Pressegeschichte zum Nachschlagen, 1951; Löffler, PresseR, Kommentar, Bd. I, 2. Aufl. 1969, S. 13ff.
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Die periodische Presse ist demgegenüber gekennzeichnet durch den Zug zur Konzentration12. Da die privatwirtschaftlich betriebenen Zeitungsverlage selbst in weitem Umfange zu einer großbetrieblich organisierten Industrie geworden sind und die Kapitalinvestitionen, die ein Presseunternehmen laufend benötigt, erheblich sind, werden Verlage der Kleinpresse bis zu einer Auflage von 20000 häufig zur Kooperation mit anderen Pressebetrieben gezwungen. Mit Hilfe von Materndiensten kann die Kleinpresse Teile des redaktionellen Inhalts der Zeitung fertig von dritter Seite beziehen, ohne ihre rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit aufgeben zu müssen. Damit kann allerdings die Gefahr eines Meinungsmonopols der Materndienstzentralen entstehen, die den Lesestoff der von ihnen belieferten Zeitungen gestalten. Besonders erhöht hat sich der Anteil der Großpresse (Auflagen über 150000) an der Gesamtauflage auf Kosten des Anteils der Mittelpresse (Auflage 2 0 0 0 0 bis 150000). Im 4. Quartal 1975 existierten in der Bundesrepbulik Deutschland 1186 Zeitungen, und zwar 375 Haupt- und 811 mit diesen verbundene Neben-, Bezirks-, Lokal- und Stadtteilausgaben. Es bestanden aber nur noch 121 Zeitungen mit Vollredaktionen (sog. „publizistische Einheiten"). Die Verkaufsauflage betrug durchschnittlich je Erscheinungstag 22,7 Millionen Exemplare, was einer Leserdichte von 368 Exemplaren auf 1000 Einwohner entspricht. 9 5 % aller Zeitungen sind Abonnementszeitungen. Die wenigen Straßenverkaufszeitungen — unter ihnen auch 5 Zeitungen für ausländische Arbeitnehmer - erreichten aber eine Auflage, die fast 4 0 % aller verkauften Exemplare ausmachte. „Bild" erschien im 2. Quartal 1977 in einer werktäglich verkauften Auflage von 4 Millionen, während die kleinste Zeitung aus einem wirtschaftlich selbständigen Verlag, die „Zeitung für St. Andreasberg", eine verkaufte Auflage von 586 und die kleinste Zeitung mit einer Vollredaktion, die „Honnefer Volkszeitung", eine verkaufte Auflage von 3000 hatten 1 3 . Sonntags erscheinen nur zwei Zeitungen mit zusammen etwa 2,8 Millionen Auflage, beide bei selbständiger Redaktion im selben Verlag (Axel Springer). Der Umsatz aller Zeitungen erreichte 1975 die Summe von 5,4 Milliarden DM. Das Zeitschriftenwesen ist durch eine reiche Vielfalt gekennzeichnet. Wöchentlich erscheinenden Programmzeitschriften, Magazinen und Illustrierten mit Millionenauflagen stehen Fach-, Berufs-, Verbands-, Werks-, Bildungs-, Unterhaltungsund andere Zeitschriften mit verschiedenen Erscheinungszeiträumen und unterschiedlichen Auflagenhöhen gegenüber. Auflagenstärkste Zeitschrift ist die monatlich erscheinende „ A D A C motorweit" mit einer Auflage von 4,76 Millionen im 1. Quartal 1977. Sie ist ebenso wie die an 3. Stelle stehende Zeitschrift „Das Haus" mit einer Auflage von 2,72 Millionen auf Mitgliedschaften in Verbän-
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Zu den verfassungsrechtlichen Aspekten der Pressekonzentration vgl. etwa Kunert, Pressekonzentration und Verfassungsrecht, 1971; Lerche, Verfassungsrechtliche Fragen zur Pressekonzentration, 1971. Diederichs, Media Perspektiven 1977, 2 6 7 f f . ; Taubert, in: Deutscher Presserat, Jahrbuch 1978, S. 133 ff.; Schütz, Media Perspektiven 1978, 225 ff.
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den gestützt. An 2. Stelle liegt „Hör zu", von der durch Abonnement und Einzelverkauf wöchentlich 3,84 Millionen Exemplare verkauft wurden. Im 4. Quartal 1975 wurden insgesamt 3838 Zeitschriften erfaßt, deren Verkaufsauflage sich auf 121 Millionen Exemplare belief, während weitere 70 Millionen unentgeltlich verteilt (Kundenzeitschriften, Anzeigenblätter) oder an Mitglieder von Vereinen und Verbänden im Rahmen der Mitgliedschaft abgegeben wurden. Die Fachzeitschriften bildeten nach der Anzahl die größte Gruppe. Der Umsatz aller Zeitschriften betrug 1975 4,8 Milliarden DM. Da die periodische Presse überwiegend vom Anzeigengeschäft und weniger durch den Verkauf der Zeitungen finanziert wird, besteht nicht nur eine Konkurrenzsituation zwischen lokaler Klein- und Mittelpresse und überregionaler Großpresse, sondern auch ein Wettbewerb mit den anderen Massenmedien, da Hörfunk und Fernsehen ebenfalls Werbung betreiben. Ein Gesetzentwurf, der 1965 im Bundestag eingebracht wurde und vorsah, den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten überhaupt zu untersagen, sich gewerblich als Werbeträger oder Anzeigenvermittler zu betätigen und Werbesendungen auszustrahlen 14 , wurde freilich nicht weiter verfolgt. Der Marktanteil des Rundfunks an der Werbung ging im übrigen in den letzten Jahren etwas zurück. An den gesamten Werbeträgerkosten von 11,92 Milliarden D M im Jahre 1975 waren die Anzeige- und Beilagenwerbung mit 5,54 Milliarden DM, die Fernseh-, Hörfunk- und Filmwerbung nur mit 1,10 Milliarden D M beteiligt. Die Anteile der Werbeaufwendungen für Markenartikel und überregionale Dienstleistungen betrugen 1976 für die Zeitungen 30%, die Zeitschriften 46%, den Hörfunk 5 % und das Fernsehen 19% 1 5 .
2. Rechtsgrundlagen Von der ihm in Art. 75 Nr. 2 G G eingeräumten Rahmengesetzgebungskompetenz hat der Bund noch keinen Gebrauch gemacht. Ein im Bundesministerium des Inneren erarbeiteter Referentenentwurf, der sich vornehmlich mit der inneren Pressefreiheit befaßte, fand keinen Anklang und stieß auch in einer revidierten Fassung von Ende Juli 1974 überwiegend auf Ablehnung. Abgesehen von Zweifeln an seiner Praktikabilität bestanden gegen ihn erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken 1 6 . Der Bund hat aber auf Grund anderer Gesetzgebungskompetenzen Regelungen getroffen, die das Pressewesen angehen, wie etwa auf den Gebieten des Strafrechts, des Kartellrechts oder der Statistik. Auf Grund des Gesetzes über eine Pressestatistik vom 1. April 1975 17 ist es möglich, umfassende amtliche stati-
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BT-Drucksache IV/3156. Media Perspektiven 5/77. ZV + ZV 3 9 ^ 0 / 1 9 7 4 , S. 1208. Vgl. auch z. B. Augstein, Der Spiegel vom 29.7. 1974; Fromme, FAZ vom 31. 7. und 19. 9. 1974; Ahlers, Wirtschaftswoche vom 23. 8. 1974. BGBl. 1975 I, S. I I I .
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stische Erhebungen bei allen Unternehmen durchzuführen, die Zeitungen oder Zeitschriften verlegen. D i e Länder einigten sich 1963 auf einen Modellentwurf e.ines LandespresseG, der von ihnen kooperativ ausgearbeitet wurde 1 8 . Diesem Modell entsprechend erließen zwischen 1964 und 1966 neun Länder inhaltlich weitgehend übereinstimmende Landespressegesetze, und das Land Hessen paßte sein PresseG d e m Modellentwurf an. Unverändert blieb allein das bayerische LandespresseG von 1949 1 9 . 3. Anwendungsbereich der Landespressegesetze a) Druckwerke: Die Landespressegesetze enthalten keine Legaldefinition des Pressebegriffs. Durch die jüngste technische Entwicklung ist die Abgrenzung zwischen Presse und R u n d f u n k problematisch geworden. Der Videotext, von den Zeitungsverlegern „Bildschirmzeitung" genannt, erscheint auf dem Fernsehempfangsgerät als geschriebener Text und die Faksimilezeitung wird vom Empfängergerät sogar ausgedruckt. Die Pressegesetze der Länder definieren nur das Druckwerk. D e r rechtliche Begriff der Presse m u ß sich demnach vornehmlich am Begriff des Druckwerks orientieren. Anknüpfungspunkt für die Anwendung der Pressegesetze ist somit in erster Linie das Presseerzeugnis, nicht das Presseunternehmen oder die Pressetätigkeit. U n t e r den Begriff des Druckwerks fallen alle mittels der Buchdruckerpresse oder eines sonstigen zur Massenherstellung geeigneten Vervielfältigungsverfahrens hergestellten und zur Verbreitung bestimmten Schriften, besprochenen Tonträger, bildlichen Darstellungen mit und ohne Schrift und Musikalien mit Text oder Erläuterungen 2 0 . Z u den Druckwerken gehört auch das gesamte Koorespondenzmaterial der presseredaktionellen Hilfsunternehmen, so daß Nachrichtenagenturen, Pressekorrespondenzen, Materndienste und ähnliche U n t e r n e h m e n den Bestimmungen der Landespressegesetze unterliegen. Keine Druckwerke i. S. der Pressegesetze sind amtliche Druckwerke, soweit sie ausschließlich amtliche Mitteilungen enthalten, und die sog. „harmlosen" Druckwerke, die nur Zwecken des Gewerbes und Verkehrs, des häuslichen geselligen Lebens dienen, wie Formulare, Preislisten, Werbedrucksachen, Familienanzeigen, Geschäfts-, Jahres- und Verwaltungsberichte, Visitenkarten, Konzertprogramme, Speisekarten, Taschenkalender oder Hochzeitszeitungen sowie Stimmzettel für Wahlen. Ebenso wird der Charakter eines Druckwerks verneint, wenn der geistige Inhalt der Vervielfältigung gegenüber dem vorherrschenden Stoffmaterial so in
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Text: Löffler, PresseR, Bd. II, 2. Aufl. 1968, S. 605 ff. G über die Presse vom 3. 10. 1949 (BayBS I, S. 310). Zur Neuordnung vgl. Gensior, Juristen-Jahrbuch 5 ( 1 9 6 4 / 6 5 ) , S. 19ff. § 7 der PresseG von Baden-Württemberg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein; § 6 der PresseG von Bayern und Berlin; § 4 Hessisches PresseG.
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den Hintergrund tritt, daß er dessen stofflich wirtschaftlicher Bestimmung völlig untergeordnet wird oder eine unwesentliche Rolle spielt wie z. B. Biergläser mit Aufschriften, Warenetiketten, Banknoten oder Spielkarten. Trotz dieser Ausnahmen ist der Begriff des Druckwerkes außerordentlich weit, da er nicht nur gedruckte oder anderweitig vervielfältigte Erzeugnisse, sondern auch Schallplatten und besprochene oder bespielte Tonbänder umfaßt. Da der vom Gesetz nicht definierte juristische Pressebegriff am Druckwerkbegriff orientiert ist, folgt daraus, daß den Landespressegesetzen grundsätzlich auch ein sehr weiter Pressebegriff zugrunde zu legen ist. Die Pressegesetze gelten nicht nur für die Zeitungspresse, sondern darüber hinaus für alle Unternehmen, soweit sie Druckwerke im Sinne der Pressegesetze herstellen, sofern nicht ausdrücklich normierte oder aus dem Sinn und Zweck einer Bestimmung gebotene Einschränkungen vorliegen. b) Periodische Druckwerke: Besondere Vorschriften gelten für periodische Druckwerke, worunter Zeitungen, Zeitschriften und andere in ständiger, wenn auch unregelmäßiger Folge und im Abstand von nicht mehr als 6 Monaten erscheinende Druckwerke verstanden werden. Der Begriff des periodischen Druckwerkes deckt sich ungefähr mit dem, was man nach dem Sprachgebrauch unter Presseerzeugnis bzw. überhaupt unter Presse versteht 21 . Auch das BVerfG hat im Fernsehurteil als Presse nur die Zeitungspresse gemeint 22 . Keine periodischen Druckwerke sind reine Anzeigenblätter 2 3 sowie wiederkehrend erscheinende Druckwerke, denen die Abgeschlossenheit und Selbständigkeit fehlt, wie z. B. Ergänzungslieferungen von Loseblattsammlungen.
4. Pressefreiheit und Informationsanspruch a) Äußere Pressefreiheit: Eine freie, nicht staatlich gelenkte und keiner Zensur unterworfenen Presse ist ein Wesenselement des freiheitlichen Staates. Die der Presse zufallende öffentliche Aufgabe, die sie insbesondere dadurch erfüllt, daß sie Nachrichten beschafft und verbreitet, Stellung nimmt, Kritik übt oder auf andere Weise an der Meinungsbildung mitwirkt 24 , nimmt sie im gesellschaftlichen Raum wahr. Sie stellt also keine vierte Gewalt im Sinne der staatlichen Gewaltentrennung dar, sondern steht außerhalb der staatlichen Organisation. Die Presseunternehmen arbeiten nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen und privatrechtlichen Organisationsformen und stehen untereinander in geistiger und wirtschaftlicher Konkurrenz, in die die öffentliche Gewalt grundsätzlich nicht eingreifen darf 2 5 . 21 22 24 25
Vgl. H. J. Wolff, V w R III, 3. A u f l . , § 1 3 2 I a 2 . B V e r f G E 1 2 , 2 0 5 , 2 6 1 . 23 B G H Z 1 9 , 3 9 2 . Vgl. § 3 der L a n d e s p r e s s e G . B V e r f G E 2 0 , 1 6 2 , 1 7 4 . A b w e i c h e n d v o n d e r h e r r s c h e n d e n M e i n u n g b e h a u p t e t Löffler, N J W 1 9 6 9 , 2 2 2 7 , d a ß auch nichtstaatliche Institutionen A d r e s s a t e n d e s Z e n s u r v e r b o t s sein k ö n n e n .
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Art. 5 I S. 2 GG gewährt der Presse nicht nur einen individuellen Abwehranspruch gegen störende Eingriffe des Staates, sondern gewährleistet darüber hinaus die institutionelle Eigenständigkeit der Presse von der Beschaffung der Informationen bis zur Verbreitung der Nachricht und Meinung 2 6 . Geschützt ist nicht nur die formelle oder passive, sondern auch die materielle oder aktive Pressefreiheit, d. h. das Recht, aktiv am öffentlichen Geschehen durch Nachrichtenübermittlung, Meinungsäußerung, Kontrolle und Kritik mitzuwirken. Die institutionelle Sicherung der Presse als einer der Träger und Verbreiter der öffentlichen Meinung im Interesse einer freien Demokratie schließt das subjektive öffentliche Recht der im Pressewesen tätigen Personen ein, ihre Meinung in der ihnen geeignet erscheinenden Form ebenso frei und ungehindert zu äußern wie jeder andere Bürger. Der verfassungsmäßigen Garantie der Pressefreiheit widerspräche es, die Presse oder einen Teil von ihr unmittelbar oder auch nur mittelbar von Staats wegen zu reglementieren oder zu steuern. Ein Gesetz, das der Regierung erlauben würde, einem Redakteur die Berufsausübung zu untersagen, wäre verfassungswidrig 27 . Die institutionelle Garantie kommt freilich nur jenem Bereich der Presse zu, der den in § 3 der LandespresseG umschriebenen öffentlichen Aufgaben dient 2 8 . Sie gilt sicherlich nicht für sämtliche Personen, die Druckwerke in der weiten Bedeutung dieses Begriffs herstellen. Geschützt sind aber auch die im deutschen Pressewesen beschäftigten Ausländer sowie Deutsche und Ausländer, die in der B R D für ausländische Presseunternehmen tätig sind, soweit diese am Prozeß der Meinungsbildung im Inland mitwirken. Wichtigster Ausfluß der Pressefreiheit ist das in Art. 5 I S. 3 GG normierte Zensurverbot. Es bedeutet, daß präventive Einwirkungen, welche die Möglichkeit eines Eingreifens gegen bestimmte Auffassungen eröffnen, verboten sind. Wie weit dieses Verbot auch im sog. besonderen Gewaltverhältnis, z. B. für die Schülerpresse gilt, hängt jeweils von den besonderen Rechtsverhältnissen ab 2 9 . Eine
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B V e r f G E 10, 118, 121; 12, 205, 260; 2 0 , 1 6 2 , 1 7 5 f. So die h. M.,vgl. H. Ridder, G R e II, S. 2 5 9 f f . ; H. J. Reh / R. Gross, Hessisches PresseG 1963, S. 27; Scheuner, V V D S t R L 22 (1965), S. 6 2 f f . ; Scheer, Deutsches PresseR, 1966, S. 175f.; Löffler, PresseR II, S. 2 3 f f . Kritisch: Bettermann, DVB1. 1963, 42; Forsthoff, D Ö V 1963, 633; Kemper, Pressefreiheit und Polizei, 1964, S. 5 3 f f . ; Schnur, V V D S t R L 22 ( 1 9 6 5 ) , S. 116ff.; M. Rehbinder, PresseR, 1967, S. 2 0 f . BVerfG E 10, 118, 121 ff. Zum zulässigen Ausspruch eines Berufsverbots gemäß §§ 61 Nr. 7 und 7 0 StGB n. F. vgl. BVerfG E 2 5 , 8 8 ff. (zu § 421 StGB a. F.). In diesem Sinne Scheuner, V V D S t R L 2 2 (1965), S. 75. D a s BVerfG beschränkt die „öffentliche Aufgabe" der Presse nicht auf die regelmäßig erscheinende politische Presse; vgl. B V e r f G E 20, 162, 174ff. Nach BVerfG E 21, 271, 278, umfaßt die Pressefreiheit auch den Anzeigenteil. - Zum geschützten Personenkreis vgl. Rebe, D i e Träger der Pressefreiheit nach dem Grundgesetz, 1969, S. 52 ff. Vgl. hierzu von Münch, Freie Meinungsäußerung und besonderes Gewaltverhältnis, 1957; Brenner, Pressefreiheit und Schülerzeitung, 1966; Leuschner, D a s Recht der Schülerzeitung, 1966; Schock, Schülerpresserecht, 1971.
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Selbstkontrolle der Presse fällt nicht unter das Zensurverbot. Sie könnte jedoch dann unzulässig sein, wenn durch sie eine Selbstgleichschaltung der Presse bewirkt würde, welche die durch Art. 5 I S. 2 GG gewährte institutionelle Garantie in Frage stellt. Ob auch eine Nachzensur verfassungsrechtlich ausgeschlossen ist, der Zensurbegriff also auch repressive Maßnahmen umschließt, ist streitig 30 . Auf Grund der Landespressegesetze gehört zur Freiheit der Presse auch das Verbot von Berufsorganisationen der Presse mit Zwangsmitgliedschaft und eine mit hoheitlicher Gewalt ausgestattete Standesgerichtsbarkeit 31 . Berufsorganisationen auf freiwilliger Basis und eine freiwillige Ehrengerichtsbarkeit sind dagegen zulässig. Freilich darf ein Ehren- oder Schiedsgericht nicht auf Ausschluß aus dem Presseberuf erkennen; denn die Verwirkung der Pressefreiheit darf allein durch das BVerfG ausgesprochen werden. Da die Pressefreiheit ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze findet, wäre auch eine Sonderbesteuerung der Presse unzulässig 32 . b) Innere Pressefreiheit: Angesichts der zunehmenden Konzentration der Zeitungspresse erhebt sich die Frage, ob die Pressefreiheit auch vor nichtstaatlichen Einwirkungen gesichert ist. Geht man davon aus, daß die Presse als Institution zur Artikulierung der öffentlichen Meinung im demokratischen Staat geschützt ist, kann sich zur Erhaltung und Sicherung der Offenheit und Vielfalt der Diskussion im Extremfall das Gebot eines staatlichen Eingriffs ergeben, um Gefahren abzuwehren, die einem freien Presserecht aus der Bildung von Meinungsmonopolen erwachsen könnten 3 3 . Nach dem umstrittenen Bericht vom 14. Juni 1968, den die von der BReg eingesetzte Kommission vorgelegt hat, welche die Ursachen für die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz von Presseunternehmen und die Folgen der Konzentration im Pressewesen für die Meinungsfreiheit zu untersuchen hatte 3 4 , beginnt die Gefährdung der Pressefreiheit bei einem Marktanteil von 2 0 % an der Gesamtauflage der Presseorgane. Die unmittelbare Beeinträchtigung der Pressefreiheit ist nach Auffassung der Pressekommission bei einem Marktanteil von 4 0 % an Tagesund Sonntagszeitungen erreicht. Der Bericht empfiehlt ein Anti-KonzentrationsGesetz, das eine Marktanteilsbegrenzung für Presseunternehmen bestimmen soll. Im juristischen Schrifttum fand der Vorschlag Befürworter, doch stieß er auch auf
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Vgl. im einzelnen Löffler, PresseR I, S. 136ff., und BVerfG E 33, 52, 7 2 f . G e g e n einen „materiellen" Zensurbegriff, wie ihn Noltenius (FN 7), S. 106 ff., gebraucht, wendet sich Scheuner, V V D S t R L 2 2 ( 1 9 6 5 ) , S. 79. § 1 IV der PresseG von Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg, NordrheinWestfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein; § 1 III PresseG von Bayern und Niedersachsen; § 2 III Hessisches PresseG. Ein ausdrückliches Verbot einer Sonderbesteuerung der Presse enthält § 1 IV des Hessischen PresseG. BVerfG E 20, 162, 176; Scheuner, V V D S t R L 22 (1965), S. 7 6 f . ; Löffler, PresseR II, S. 4 5 ff. BT-Drucksache V / 3 1 2 2 .
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Ablehnung 3 5 . Insbesondere wird darauf hingewiesen, daß es sich bei einem solchen Gesetz nicht um ein allgemeines im Sinne von Art. 5 II GG, sondern um ein Einzelfallgesetz handeln würde. Um Meinungsmonopole zu verhindern oder zu erschweren, kommt auch die Genehmigungspflicht für Fusionen oder die Offenlegung der Besitz- und Beteiligungsverhältnisse in Betracht. Letzteres ist in Bayern und Hessen bereits in den Pressegesetzen geregelt. Eine pressespezifische Fusionskontrolle ist mit Wirkung vom 28. 1. 1976 in Kraft getreten 3 6 . Gemäß § 23 I S. 7 GWB sind Fusionen von Presseunternehmen mit Gesamtumsätzen von mehr als 25 Mill. D M dem Bundeskartellamt anzuzeigen 37 . Zur Sicherung der Meinungsvielfalt wird schließlich eine interne „Demokratisierung" der Presse empfohlen, indem der Verleger auf die Auswahl der Redakteure und auf die Festlegung „der allgemeinen publizistischen Haltung" der Zeitung beschränkt würde, während dem Chefredakteur eine „Richtlinienkompetenz" bei der Gestaltung der Zeitung zukommen würde und die Redakteure oder sogar alle Journalisten in diesem Rahmen bei der inhaltlichen Gestaltung ihrer Beiträge im einzelnen frei sein würden 3 8 . Die Interessen der Redakteure könnte eine Redakteursvertretung wahrnehmen, die auch an personellen Entscheidungen mitwirkt. Eine gesetzliche Regelung der Mitbestimmung von Redakteuren, Journalisten ohne Redakteurstatus und Redakteursvertretung wird freilich nicht nur unter verfassungsrechtlichen Aspekten kritisiert. Auch wird eingewendet, daß es unmöglich sei, die „allgemeine publizistische Haltung" eines Blattes festzulegen 39 . Da das wirtschaftliche Risiko dem Verleger nicht abgenommen werden kann, ohne daß die privatwirtschaftliche Struktur der Presse aufgegeben würde, sind der Mitbestimmung von Redakteuren und anderen im Pressewesen tätigen Personen letztlich Grenzen gesetzt, mögen diese auch recht weit sein 40 . Eine gesetzlich eingeführte Journalistenmitbestimmung ist im übrigen nur dann zulässig, wenn nur dadurch die Meinungsvielfalt einer freien Presse gewährleistet werden kann. 35
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Dafür: Löffler, ZRP 1968, 12ff.; Ablehnend: Kuli, D Ö V 1968, 861ff.; Heizier, ZRP 1969, 7. - Vgl. ferner Kirn, ZRP 1970, 102ff.; Kunert, Pressekonzentration und Verfassungsrecht, 1971, S. 102 ff. - Der Politische Ausschuß der Beratenden Versammlung des Europarates will den 17 Mitgliedsländer des Rates Maßnahmen zur Lösung der Presseprobleme auf europäischer Ebene vorschlagen. 3. Gesetz zur Änderung des GWB vom 28. 6. 1976 (BGBl. I, S. 1697). Zur verfassungsrechtlichen Problematik der Fusionskontrolle vgl. Gehrhardt, AfP 1971, 2ff.; Kuli, AfP 1974, 634ff.; Ricker; AfP 1975, 7 3 3 « . ; Groß, DVB1. 1976, 925ff.; Löffler / Ricker, Handbuch des Presserechts, 1978, S. 383 ff. So z. B. die Regelung des inzwischen nicht weiter verfolgten Referentenentwurfs vom Juli 1974. Wie „jeder Fach- und jeder Nicht-Idiot weiß" (Augstein, Der Spiegel vom 29. 7. 1974). Zur „inneren Pressefreiheit" vgl. z. B. Pressefreiheit, Entwurf eines Gesetzes zum Schutze freier Meinungsbildung und Dokumentation des Arbeitskreises Pressefreiheit, hrsg. von Armbruster u. a., 1970; Schwerdtner, ZRP 1970, 220ff., BB 1971, 833ff. und JR 1972, 357ff.; Kuli, AfP 1970, 906ff. und 1972, 2 4 9 « . ; Hensche, ZRP 1972, 177ff.; Marx, NJW 1972, 1547 «.; Kaiser, Presseplanung, 1972, S . 4 1 « . ; Kubier, Gutachten für
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c) Informationsanspruch: Art. 5 I S. 1 G G gewährt das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Dieses Informationsrecht steht auch der Presse zu und wird in § 4 der LandespresseG näher präzisiert. Danach sind die Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen A u f g a b e dienenden Auskünfte zu erteilen. Allgemeine Anordnungen, die einer Behörde Auskünfte an die Presse verbieten, sind unzulässig. D e r Verleger einer Zeitung oder Zeitschrift kann von den Behörden verlangen, daß ihm deren amtliche Bekanntmachungen nicht später als seinen Mitbewerbern zur Verwendung zugeleitet werden. Die Tätigkeit von amtlichen Pressestellen und Informationsdiensten gründet sich nicht auf das Auskunftsrecht der Presse, sondern dient der Öffentlichkeitsarbeit der betreffenden Körperschaften und Behörden 4 1 . Das Recht auf Information steht in engem Z u s a m m e n h a n g mit der Pressefreiheit, da diese mangels Information zu einem nudum ius degenerieren würde. Das Recht auf Meinungsverbreitung ist wertlos, wenn nicht gleichzeitig das Recht auf Unterrichtung über die Meinung anderer gesichert wird, wie auch andererseits das Recht, Informationen zu sammeln, ohne das Recht der freien Meinungsäußerung ohne jeden effektiven Wert ist. Begrifflich wird die Meinungsäußerungsfreiheit mitunter sogar als Teil der Informationsfreiheit verstanden. So spricht Art. 19 der allgemeinen Menschenrechtsdeklaration der Vereinten Nationen von 1948 von der Freiheit, Informationen zu sammeln, zu empfangen und zu verbreiten 4 2 . Im Zusammenhang mit der Informationsfreiheit sind einige Privilegien der Presse zu sehen, darunter das verfassungsrechtlich zum Bereich des gerichtlichen Verfahrens gehörende und in § 53 I Nr. 5 StPO geregelte Zeugnisverweigerungsrecht der Redakteure, Verleger, Herausgeber, Drucker und anderer, die bei der Herstellung oder Veröffentlichung einer periodischen Druckschrift mitgewirkt haben 4 3 . Auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarungen genießt die Presse eine
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den 49. Deutschen Juristentag, 1972; W. Weber, Innere Pressefreiheit als Verfassungsproblem, 1973; Lerche, Verfassungsrechtliche Aspekte der „inneren Pressefreiheit", 1974; Branahl / Hoffmann-Riem, Redaktionsstatute in der Bewährung, 1975; Liesegang, JuS 1975, 2 1 5 f f . ; Arndt / von Olshausen, JuS 1975, 485 ff.; Fischer / Molenveld / Petzke / Wolter, Innere Pressefreiheit in Europa. Komparative Studie zur Situation in England, Frankreich, Schweden, 1975; Löffler / Ricker, Handbuch des Presserechts, S. 198 ff. Leisner, Öffentlichkeitsarbeit der Regierung im Rechtsstaat, 1966, S. 121 ff.; zur Öffentlichkeitsarbeit von Regierung und Verwaltung vgl. ferner Sänger, D i e Funktion amtlicher Pressestellen in der demokratischen Staatsordnung, 1966; Jerschke, Öffentlichkeitspflicht der Exekutive und Informationsrecht der Presse, 1971, S. 117ff. - Über die Grenzen der Pressefreiheit bei der Beschaffung von Informationen durch strafbare Handlungen vgl. BVerfG E 25, 296 ff. Vgl. auch Löffler / Ricker, Handbuch des Presserechts, S. 9 9 ff. Zu den Bemühungen der Vereinten Nationen um die Informationsfreiheit vgl. Eek, Freedom of Information as a Project of International Legislation, 1953; W. Rudolf, JIR 5 (1955), S. 2 5 9 ff. BVerfG E 36, 193 ff. Vgl. auch BVerfG E 20, 162, 189 und 25, 2 9 6 , 3 0 5 ; Löffler, PresseR II, S. 4 3 4 f . ; Kaiser, NJW 1968, 1260ff.; Gross, NJW 1968, 2 3 6 8 f f . ; Cramer, D a s Zeugnisverweigerungsrecht von Presse und Rundfunk, 1968; Löffler / Ricker, Handbuch des Presserechts, S. 131 ff.
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bevorzugte Behandlung im internationalen Fernmeldeverkehr, z. B. hinsichtlich der Pressetelegramme. Die Schranken des Informationsrechts ergeben sich einmal daraus, daß eine Auskunftspflicht nur im Rahmen der öffentlichen Aufgaben der Presse besteht. Zum anderen können Auskünfte verweigert werden, soweit hierdurch die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte oder Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen oder ein überwiegendes Interesse oder ein schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde oder ihr Umfang das zumutbare Maß überschreitet.
5. Schranken der Pressefreiheit und Pflichten der Presse Uberwachungsbehördliche Eingriffe in die Pressefreiheit sind nach ihren Schranken und nach den Pflichten zu beurteilen, denen die Presse unterliegt. a) Schranken der Pressefreiheit: Wichtigste Schranke sind die allgemeinen Gesetze. Darunter sind alle Gesetze zu verstehen, „die nicht eine Meinung als solche verbieten, die sich nicht gegen die Äußerung der Meinung als solche richten, die vielmehr dem Schutz eines schlechthin ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung zu schützenden Rechtsguts dienen, dem Schutz eines Gemeinschaftswerts, demgegenüber die Betätigung der Meinungsfreiheit den Vorrang hat" 4 4 . Das Recht zur Meinungsäußerung muß zurücktreten, wenn schutzwürdige Interessen eines anderen von höherem Rang durch Betätigung der Meinungsfreiheit verletzt würden. Zu diesen Gesetzen gehören Straf-, Zivil- und Beamtengesetze sowie die Landespressegesetze selbst. Umstritten ist, ob auch die allgemeinen Polizei- und Ordnungsgesetze zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in die Pressefreiheit eingreifen dürfen. Nach einer weitverbreiteten Meinung soll die Pressefreiheit nicht mehr wie zur Zeit des ReichspreßG „polizeifest" sein 45 . Demgegenüber ist auf den Inhalt der Pressegesetze zu verweisen, wonach polizeiliche Eingriffe in Form der präventiv-polizeilichen Beschlagnahme im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nicht zulässig sind. Nach den Landespressegesetzen ist die Beschlagnahme von Druckwerken grundsätzlich ausschließlich dem Richter vorbehalten 4 6 . Dieser Grundsatz gilt uneingeschränkt allerdings nur in Berlin, Hamburg, Hessen und Reinland-Pfalz. In den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland und Schleswig-Holstein ist eine vorläufige Sicherstellung von Presseerzeugnissen durch die Staatsanwaltschaft und 44 45
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BVerfG E 7,198, 209f. BGHZ 12, 197, 203; Kemper, Pressefreiheit und Polizei, S. 70ff.; Bettermann, JZ 1964, 605; Maunz, StaatsR, S. 128. Gegen diese Auffassung vor allem W. Schmidt, JZ 1967, 151 ff.; vgl. auch Schwark, Der Begriff der „Allgemeinen Gesetze" in Artikel 5 Absatz 2 des Grundgesetzes, 1970, S. 54 ff. § 13 derLandespresseG, außer Bayern (§ 16), Hamburg (§ 12), Hessen (§§ 1 3 , 1 6 , 1 7 ) .
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ihre Hilfsbeamten zulässig, wobei in Bayern, Bremen und Niedersachsen für Zeitungen und Zeitschriften und in Nordrhein-Westfalen für Zeitungen das richterliche Beschlagnahmemonopol nicht durchbrochen ist. Keinen Rechtsschutz genießt die Presse gegenüber wertneutralen Eingriffen der Polizei, da es sich insoweit nicht um gezielte Eingriffe in die Pressefreiheit handelt. So ist die Schließung einer Druckerei aus baupolizeilichen Gründen ebenso zulässig wie die Entfernung von Plakaten an der Autobahn aus verkehrspolizeilichen oder Landschaftsschutzrücksichten. Auch die Zollerhebung für Druckwerke berührt die Pressefreiheit nicht. Ebenso ist die gesetzliche Beschränkung der freien Einfuhr von Presseerzeugnissen aus dem Ausland insoweit zulässig, als das betreffende Gesetz ein allgemeines im Sinne von Art. 5 II G G ist. Ob das bei dem Gesetz zur Überwachung strafrechtlicher und anderer Verbringungsverbote vom 24. Mai 1961 der Fall ist, ist bestritten 47 . Neben den allgemeinen Gesetzen stellen die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und das Recht der persönlichen Ehre weitere Schranken der Pressefreiheit dar. Das G über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften beschränkt die Verbreitung von Druckwerken. Schriften, Schallaufnahmen, Abbildungen und Darstellungen, die geeignet sind, Kinder oder Jugendliche sittlich zu gefährden, sind in eine bei einer Bundesprüfstelle geführte Liste aufzunehmen. Indiziert werden vor allem unsittliche, verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhaß anreizende sowie den Krieg verherrlichende Schriften. Nicht in die Liste aufgenommen werden dürfen Schriften allein ihres politischen, sozialen, religiösen oder weltanschaulichen Inhalts wegen oder solche, die der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre dienen 4 8 . Eine periodische Druckschrift kann auf die Dauer von 3 bis 12 Monaten in die Liste aufgenommen werden, wenn innerhalb von zwölf Monaten mehr als zwei ihrer Nummern in die Liste aufgenommen worden sind; doch gilt dies nicht für Tageszeitungen und politische Zeitschriften, wohl aber für Wochenzeitungen. b) Pflichten der Presse: Unter den Pflichten, welche die Pressegesetze der Presse auferlegen, ist zuerst ihre Sorgfaltspflicht zu nennen. Danach hat die Presse alle Nachrichten vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit, Inhalt und Herkunft zu prüfen, um Druckwerke von strafbarem Inhalt freizuhalten oder Druckwerke strafbaren Inhalts nicht zu verbreiten 4 9 . Die
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BGBl 1961 I, S. 607. - Als Sondergesetz wird das Überwachungsgesetz von Löffler, PresseR II, S. 44 f., charakterisiert; a. M.: Handschuh, Die Überwachung der Einfuhr und Verbreitung verfassungsfeindlicher Schriften, Diss. Tübingen, 1967, S. 140ff. Hinsichtlich des § 5 I und II G Ü V vgl. BVerfG E 33, ff. und die abweichende Meinung der Richter Rupp-von Brünneck und Simon, BVerfG E 33, 78 ff. Zum Kunstbegriff vgl. BVerwG DVB1. 1968, 879ff. Vgl. ferner Knies, Schranken der Kunstfreiheit als verfassungsrechtliches Problem, 1967, S. 113 ff. § 6 der LandespresseG von Baden-Württ., Bremen, Hamburg, Nieders., Nordrh.-Westf., Rheinl.-Pf., Saarl. und Schlesw.-Holst.; § 3 der PresseG von Bayern und Berlin. Das Hess. LandespresseG enthält keine Bestimmung über die Sorgfaltspflicht der Presse.
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unverfälschte Nachrichtenübermittlung ist deshalb von so großer Wichtigkeit, weil jede bewußte oder unbewußte Falschmeldung in das Denken von Millionen übergehen kann. Ein späteres Dementi versagt oft da, wo die falsche Nachricht auf die Gesinnung oder Meinung der Leserschaft richtig berechnet ist und ihre Wirkung bereits entfaltet hat, wenn das Dementi ergeht. Ferner dürfen Anklageschriften und andere amtliche Schriftstücke eines Straf- oder Bußgeldverfahrens vor ihrer Erörterung in öffentlicher Verhandlung oder vor Abschluß des Verfahrens nicht oder nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde veröffentlicht werden. Schließlich ist von jedem Druckwerk bestimmten Stellen (z. B. einer Universitätsbibliothek) ein Pflichtexemplar anzubieten und auf Verlangen gegen angemessene Entschädigung abzuliefern. Besonderen Pflichten unterliegen periodische Druckwerke. Nur für sie besteht die Pflicht, einen verantwortlichen Redakteur zu haben und ihn mit Namen und Anschrift im Impressum anzugeben. An den Redakteur stellt das Gesetz persönliche Anforderungen: Er muß im Bundesgebiet seinen ständigen Aufenthalt haben, die bürgerlichen Ehrenrechte besitzen, unbeschränkt strafrechtlich verfolgt werden können und — soweit es sich nicht um Druckwerke von Jugendlichen für Jugendliche handelt - das 21. Lebensjahr vollendet haben und unbeschränkt geschäftsfähig sein. Ferner müssen gegen Entgelt gedruckte Anzeigen als solche deutlich bezeichnet sein. Der verantwortliche Redakteur und der Verleger eines periodischen Druckwerks sind verpflichtet, eine Gegendarstellung der Person oder Stelle zum Abdruck zu bringen, die durch eine in dem Druckwerk aufgestellte Tatsachenbehauptung betroffen ist. Von der Anbietungs- und Ablieferungspflicht ist die periodische Presse befreit 50 .
III. Rundfunkrecht 1. Historische und soziale Grundlagen a) Geschichtliche Entwicklung: Im Jahre 1888 entdeckte der Physiker Hertz die elektromagnetischen Wellen und zeigte auf, wie man diese selber erzeugen und sich dienstbar machen kann. 10 Jahre später betrieb Marconi als erster einen drahtlosen Telegraphenverkehr, und 1902 wird das erste drahtlose Telegramm über den Atlantik gesendet. Die „Funkentelegraphie" wird zunächst für die Schiffahrt nutzbar gemacht. Um gegenseitige Störungen zu vermeiden, wird 1906 in Berlin der erste Internationale Funkentelegraphenvertrag geschlossen, dem nach dem Titanic-Untergang 1912 der zweite Weltfunkvertrag folgt. Die erste Rundfunkübertragung fand 1913 in New York statt. In Deutschland wird ein Unterhal-
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Zum Ordnungsrecht der Presse und zum Recht der Gegendarstellung vgl. Löffler / Rikker, Handbuch des Presserechts, S. 59 ff., 108 ff.
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tungsrundfunkdienst seit 1923 betrieben. Über Draht wurden aber schon seit 1881 Opernaufführungen für einige hochgestellte Persönlichkeiten in Berlin, Frankfurt, Danzig und in Bayern übertragen. Die Kompetenz über das Funkwesen nahm das Deutsche Reich auf Grund seiner Kompetenz über Telegraphenangelegenheiten in Anspruch. Der Rundfunk selbst wurde privatwirtschaftlich durch neun verschiedene regionale Gesellschaften und die Deutsche Welle betrieben. 1925 wurde die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft mbH als Dachorganisation für alle Rundfunkgesellschaften gegründet. 51 % des Gesellschaftskapitals aller Rundfunkgesellschaften erhielt die Reichspost. Eine Kontrolle über die Gesellschaften übte der Rundfunkkommissar aus, zu dem Staatssekretär Bredow ernannt wurde, der sich um die Entwicklung des Rundfunks besonders verdient gemacht hatte. Als Überwachungsorgane über die Programmgestaltung fungierten Überwachungsausschüsse, deren Mitglieder von den jeweils betroffenen Landesregierungen und der Reichsregierung ernannt wurden, und Kulturbeiräte 5 1 . Mit der nationalsozialistischen Machtergreifung begann die Gleichschaltung des Rundfunks, der aus dem Ressort der Reichspost in das des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda überführt wurde. Nur die Technik blieb Angelegenheit der Post. Nach dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen Herrschaft betrieben die alliierten Militärbehörden die Sender zunächst selbst und schalteten auch die Post aus der Technik aus. Schließlich wurde der Rundfunk in deutsche Hände zurückübertragen, wobei entsprechend dem Vorbild der britischen BBC als Rechtsform die Anstalt öffentlichen Rechts gewählt wurde 5 2 . In der amerikanischen Besatzungszone entstanden in den Jahren 1948/49 der Bayerische Rundfunk, der Hessische Rundfunk, Radio Bremen und der Süddeutsche Rundfunk, jeweils für den Bereich des betreffenden Landes. Für die britische Zone wurde eine einheitliche Anstalt, der N W D R , gebildet, der 1954/55 in den Westdeutschen Rundfunk und den Norddeutschen Rundfunk geteilt wurde. Ebenso entstand in der französischen Besatzungszone nur eine Anstalt, der Südwestfunk. Im Saarland betrieb man den Rundfunk zunächst durch eine GmbH, deren Rechte und Pflichten 1957 der ebenfalls anstaltlich organisierte Saarländische Rundfunk übernahm. 1953 wurde der Sender Freies Berlin errichtet, doch blieb der von der amerikanischen Besatzungsmacht errichtete Sender RIAS daneben weiterhin bestehen. Außerdem existieren auf dem Bundesgebiet ausländische Militärsender zur Rundfunkversorgung der
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Zur Geschichte des Rundfunks bis zur Bildung der Reichsfunkgesellschaft vgl. Lerg, D i e Entstehung des Rundfunks in Deutschland, 1965; Haensel, Rundfunkfreiheit und Fernsehmonopol, 1969. S. 17 ff. Zur Entstehung der gegenwärtigen Rundfunkorganisation vgl. Reichert, D e r Kampf um die Autonomie des deutschen Rundfunks, 1955; Brack, RuF 1962, 3 0 f f . ; ders., Organisation und wirtschaftliche Grundlagen des Hörfunks und des Fernsehens in Deutschland, 1968, S. 9 f f . ; Hermann, RuF 1962, 3 6 8 f f . ; Rudolf, Über die Zulässigkeit privaten Rundfunks, 1971, S. 11 ff.
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alliierten Streitkräfte sowie ein Sender der BBC in Berlin und 3 von ausländischen Privatpersonen organisierte und finanzierte Rundfunkunternehmen. Im Jahre 1960 gründete auch der Bund zwei Rundfunkanstalten. Das Fernsehen ist Teil des Rundfunks. Es hat sich in Deutschland in organisatorischer Verbindung mit dem Hörrundfunk entwickelt. Zwischen 1935 und 1944 gab es bereits einen Fernsehversuchsbetrieb. Nach dem zweiten Weltkrieg übernahm der N W D R die Rechte der früheren Reichspost-Fernseh-GmbH und strahlte seit 1950 ein Versuchsprogramm aus. Seit Ende 1952 gibt es ein regelmäßiges Fernsehprogramm, das zunächst vom N W D R allein betrieben, dann von sämtlichen in der Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands ( A R D ) zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten bestritten wurde. Zur Sendung eines Kontrastprogramms gründeten sämtliche deutschen Länder durch Staatsvertrag vom 6. Juni 1961 das Zweite Deutsche Fernsehen 5 3 . Außerdem bieten die Rundfunkanstalten der Länder fünf regionale dritte Fernsehprogramme an, teilweise als Gemeinschaftsprogramm (z. B. S 3 gemeinsam vom Saarländischen Rundfunk, Süddeutschen Rundfunk und Südwestfunk). In Anbetracht der technischen Schwierigkeiten ist die Fernsehversorgung in der Bundesrepublik Deutschland nicht zu 100% gesichert. Das 1. und 2. Programm kann im gesamten Bundesgebiet nur von 97%, das 3. Programm nur von 9 5 % der Bevölkerung empfangen werden. Es bestehen jedoch regionale Unterschiede. Mit allen 3 Programmen zu 100% versorgt ist nur Berlin (West), mit dem 1. Programm auch Bremen. Die schlechteste Fernsehversorgung besteht im Saarland, wo z. B. das 3. Programm nur 7 5 % der Bevölkerung erreicht. Die Fernsehversorgung ist abhängig von der Struktur der Landschaft. Sie ist besonders günstig in den ebenen Stadtstaaten und besonders ungünstig im geographisch stark gegliederten Sendegebiet des Saarländischen Rundfunks und des Südwestfunks. Hier sind besonders viele Füllsender erforderlich. Als erste Rundfunkorganisation der Welt hat der Südwestfunk Ende Oktober 1977 eine neuartige Füllsender-Versuchsstation in Betrieb genommen, die der Erprobung mit solarelektrischer Energieversorgung dient. b) Gegenwartssituation: Angesichts der großen Bedeutung, die der Rundfunk als Träger der öffentlichen Meinungsbildung besitzt, haben die Staaten sehr bald entsprechend ihren Vorstellungen über die Stellung des Rundfunks in der Gesellschaft Einfluß auf die Organisation dieses Massenmediums genommen. Dabei mußte berücksichtigt werden, daß aus technischen Gründen nur eine beschränkte Anzahl von Wellenlängen überhaupt zur Verfügung steht. Der Gesamtbereich sämtlicher Radiofrequenzen ist zudem zwischen Hör-, Fernseh-, Amateur-, Schiffs-, Flug-, Militär-, Polizeifunk und sonstigen Funkdiensten bis zu Hertzsche Wellen erzeugenden medizinischen Geräten aufzuteilen. Sind in einer Region genügend Wellenlängen vorhanden, daß jeder Interessierte, der die nötigen finanziellen Mittel besitzt, eine Frequenz erhalten kann, läßt
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GV. NW. 1961, S. 269; Hillig, RuF 1962, 391 ff.
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sich der R u n d f u n k privatwirtschaftlich organisieren, wie das zumeist in der westlichen Hemisphäre geschehen ist. Nur die Gründung und der Geschäftsbetrieb der Privatgesellschaften wird staatlich überwacht. Finanziert wird dieser Privatrundfunk durch W e r b e f u n k . Das extreme Gegenteil dieses Systems ist ein staatliches R u n d f u n k m o n o p o l der Art, daß die Regierung die Programmgestaltung in eigener Regie betreibt, wie z. B. in den Staaten des Ostblocks 5 4 . In der Bundesrepublik Deutschland hat man sich im Hinblick auf die verhältnismäßig geringe Zahl der zur Verfügung stehenden Frequenzen entschlossen, den R u n d f u n k als Anstalt des öffentlichen Rechts zu organisieren, da diese Rechtsform unter den gegebenen technischen Voraussetzungen die verfassungsrechtlich garantierte Freiheit der Berichterstattung durch den R u n d f u n k besonders gut gewährleistet 5 5 , aber ohne daß Art. 5 I S. 2 G G die Rechtsform der öffentlich-rechtlichen Anstalt fordert. Bei der Rechtsform der Anstalt des öffentlichen Rechts sind die Rundfunkanstalten durch die ihnen ständig z u k o m m e n d e n G e b ü h r e n auf der einen Seite von der Regierung wirtschaftlich unabhängig, während auf der anderen Seite die pluralistischen Kräfte des öffentlichen Lebens in den Organen der Anstalten die Aufstellung von Grundsätzen der Programmgestaltung entscheidend beeinflussen können. Durch die Einrichtung des Werbefunks sind neben die Einnahmen aus R u n d f u n k g e b ü h r e n sehr beträchtliche Einkünfte der Rundfunkanstalten aus der R u n d f u n k w e r b u n g getreten. Bestrebungen, die Zahl der R u n d f u n k a n stalten durch Zusammenschlüsse zu verringern, blieben bisher erfolglos 5 6 . Während man bisher unter R u n d f u n k H ö r f u n k und Fernsehen 5 7 als Ü b e r t r a - ' gung akustischer und visueller Darbietungen durch Funk — allerdings auch durch D r a h t f u n k 5 8 - verstand, ist angesichts der neuesten technischen Entwicklung der Rundfunkbegriff umstritten. A n neuen technischen Möglichkeiten sind einmal Kabelhörfunk und Kabelfernsehen zu nennen. Über Koaxialkabel können gleich-
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Vgl. die rechtsvergleichende Untersuchung von H. von Mangoldt / P. Sympher / W. Zeidler, Die rechtliche Ordnung des Rundfunks im Ausland, 1953; Krause-Ablass, in: Internationales Handbuch für Rundfunk und Fernsehen 1967/68, S. 63 ff. Werner Weber, Zur Rechtslage des Rundfunks, in: Denkschrift des Nordwestdeutschen Rundfunks, Hamburg, 1953, S. 63 ff. - Einen Alimentierungsanspruch der Anstalten gegen den Staat vertreten Bachof, Verbot des Werbefernsehens durch Brundesgesetz? 1966, S. 34; K. Stern / H. Bethge, Funktionsgerechte Finanzierung der Rundfunkanstalten durch den Staat, 1968, S. 38ff.; Ossenbühl, Rundfunkfreiheit und die Finanzautonomie des Deutschlandfunks, 1969, S. 16. - Zum Werbefernsehen vgl. vor allem Leisner, Werbefernsehen und öffentliches Recht, 1967, S. 22ff., 129ff. und passim. Schmücker, Neue Rundfunkstruktur in Südwestdeutschland? ARD Jahrbuch 70, S. 18ff. Vgl. auch Schneider, Konzentrationsbestrebungen der deutschen Landesrundfunkanstalten in verfassungsrechtlicher Sicht, 1970. BVerfG E 12,205,226. Gegen die Einbeziehung des Drahtfunks ex definitione: Demme, Das Kabelfernsehen in rechtlicher Sicht, 1969. Vgl. auch G. Küchenhoff, BB 1969, 1360; W. Weber, Festschrift für Forsthoff, 1972, S. 477.
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zeitig 12 bis 60 Fernsehprogramme und zusätzlich etwa die gleiche Anzahl von Hörfunkprogrammen übertragen werden. Mit der in der Entwicklung befindlichen Glasfaserübertragung wird die Zahl der zur Verfügung stehenden Kanäle für Fernsehen undHörfunk in nicht allzu ferner Zukunft unvorstellbare Dimensionen annehmen. Zum anderen kann schon jetzt Videotext übertragen werden. Darunter versteht man die drahtlose oder drahtgebundene Übermittlung von Textnachrichten oder graphischen Darstellungen, die auf dem Bildschirm eines Fernsehempfängers mittels eines Decoders wiedergegeben werden können. Die Übertragung erfolgt in einer bisher nicht genützten Lücke der allgemeinen Fernsehübermittlung. Beim Bildschirmtext wird das bestehende Telefon-, Fernschreib- oder Datennetz als Übermittlungsträger benutzt. Fernmelderechtlich sind Funkanlagen „elektrische Sendeeinrichtungen, bei denen die Übermittlung oder der Empfang von Nachrichten, Zeichen, Bildern oder Tönen ohne Verbindungsleitungen oder unter Verwendung elektrischer, an einem Leiter entlang geführter Schwingungen stattfinden kann" (§ 1 I S. 2 FAG). Daraus folgt, daß nicht nur der drahtlose, sondern auch der drahtgebundene Rundfunk, also auch der Kabelrundfunk und der Video-Text unter den fernmelderechtlichen Funkanlagenbegriff fallen. Die fernmelderechtliche Genehmigung zum Betreiben von Funkanlagen, die den Rundfunkanstalten von der Bundespost erteilt wurde, erstreckt sich grundsätzlich auch auf die Benutzung der Austastlücke für Video-Text, so daß die Rundfunkanstalten für Video-Text-Übertragungen keiner zusätzlichen fernmelderechtlichen Genehmigung bedürfen 5 9 . Nicht unter den fernmelderechtlichen Funkbegriff fällt der Bildschirmtext, da er über das bestehende Telefon- oder Telegrafennetz übermittelt wird. Nach dem Rundfunkrecht der Länder ist der Rundfunkbegriff weit gefaßt. In dem Staatsvertrag über die Regelung des Rundfunkgebührenwesens von 1968 haben sich die Länder auf eine einheitliche Begriffsbestimmung geeinigt, an der sie in dem neugefaßten Staatsvertrag von 1974 festgehalten haben. Danach ist Rundfunk die für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, in Ton und in Bild unter Benutzung elektrischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters 60 . Nach dieser Definition unterfallen auch das Kabelfernsehen und der Video-Text dem Rundfunkbegriff, nicht dagegen der Bildschirmtext. Auch der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff des Art. 5 I S. 2 GG ist weit gefaßt. Ihm unterfallen alle Massenmedien, die sich der Übermittlung durch elektrische Schwingungen bedienen. Nicht das Endprodukt (z. B. Faksimilezeitung) ist
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Rudolf / Meng, Rechtliche Konsequenzen der Entwicklung auf dem Gebiet der Breitbandkommunikation für die Kirchen, 1978, S. 29. Zum Video-Text vgl. KtK-Bericht, 1976, Anlagenband 2, S. 48ff., Anlagenband 4, S. 122ff.; Messerschmid, Media-Perspektiven 1977, S. 421 ff.; Ratzke (Hrsg.), Die Bildschirmzeitung, 1977. Art. 1 des Staatsvertrages vom 5. 12. 1974, GV. NW. 1975, S. 278.
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entscheidend, sondern die A r t der Übermittlung, wobei freilich nicht zum R u n d funk gehört, was nicht der Massenkommunikation dient (z. B. ein Telefongespräch) 6 1 . Gegen eine derartig weite Fassung des Rundfunkbegriffs werden vor allem vor dem Hintergrund des faktischen Monopols der Rundfunkanstalten B e d e n k e n erhoben 6 2 . Legt man den weiten Rundfunkbegriff zugrunde, ist es unerläßlich, die neuen technischen Kommunikationsmittel, vor allem den Kabelrundfunk in rechtlich unterschiedlich organisierten Pilotprojekten zu testen. Auf G r u n d eines noch nicht konkretisierten Beschlusses der Ministerpräsidentenkonferenz vom 11. Mai 1978 sollen 4 befristete Versuche mit Breitbandkabel durchgeführt und ausgewertet werden. A n der Durchführung der Pilotprojekte sind Rundfunkanstalten, eine öffentlich-rechtliche Körperschaft und eine öffentlich-rechtliche Anstalt zu beteiligen, wobei auch private Veranstalter bei der E r p r o b u n g der neuen Medien zugelassen werden. Auch die Trägerschaft an den Kabelnetzen soll alternativ getestet werden, so daß nicht nur die Bundespost als Netzträger auftreten wird.
2. Rechtsgrundlagen a) Bundesrecht: D e r Streit um den Rundfunkbegriff hat auch kompetenzrechtliche Aspekte. Auf dem Gebiet des Rundfunkwesens ist die Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach dem Fernsehurteil des Bundesverfassungsgerichts vor allem auf den sendetechnischen Bereich beschränkt 6 3 . Insoweit besitzt der B u n d gemäß Art. 73 Nr. 7 G G die ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis. Unter den bundesrechtlichen Normen, die Regelungen für den R u n d f u n k enthalten, spielen zunächst innerstaatlich anwendbare völkerrechtliche Verträge eine Rolle, vor allem der Internationale Fernmeldevertrag 6 4 und dessen Vollzugsordnung für den Funkdienst 6 5 . Bedeutsam ist auch das Europäische Ü b e r e i n k o m m e n vom 22. Januar 1965 zur Verhinderung von Rundfunksendungen von Strahlern außerhalb nationaler Gebiete 6 6 , durch welches sich die Vertragsstaaten verpflichtet haben, Rechtsnormen zu schaffen, um gegen Piratensender außerhalb des Küstenmeeres vorgehen zu können.
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Einen weiten Rundfunkbegriff vertritt auch Herzog, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, G G , Art. 5 Rdnr. 195; Lerche, Rundfunkmonopol, 1970, S. 14ff.; Schwandt, D Ö V 1972, 6 9 3 f f . ; Ossenbühl, D Ö V 1972, 6 9 5 f f . ; Lieb, Kabelfernsehen und Rundfunkgesetz, 1974; Stammler, Verfassungs- und organisationsrechtliche Probleme des Kabelrundfunks, 1974, S. 8 f f . ; ders., A f P 1975, 7 4 3 f f . Rudolf-Meng, a. a. O., S. 4 0 f f .
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M. Forsthoff, A f P 1975, 7 3 9 f f . B V e r f G E 1 2 , 205. Vertrag von Malaga - Torremolinos v o m 25. Oktober 1973, BGBl. 1976 II, S. 1090. In der Fassung von Genf 1963. B G B l . 1969 II, S. 1940. Vgl. Haucke, Piratensender auf See, 1969; Oehler, D a s deutsche Strafrecht und die Piratensender, 1970.
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Die wichtigsten bundesrechtlichen Regelungen für den R u n d f u n k sind im G über Fernmeldeanlagen in der Fassung vom 17. März 1977 enthalten 6 7 . Danach steht das Recht, Fernmeldeanlagen, worunter auch R u n d f u n k - und Fernsehsendeanlagen fallen, zu errichten und zu betreiben, ausschließlich dem Bund zu, der diese Befugnis verleihen kann. Die Durchführung dieses Gesetzes obliegt der Bundespost, die für die Vergabe der Sendelizenzen und die Zuteilung der Frequenzen an die R u n d f u n k s e n d e r zuständig ist. Durch ein B u n d e s r u n d f u n k G von i 9 6 0 6 8 wurde die Bundesanstalt „Deutschl a n d f u n k " errichtet und die bisher als gemeinsame Einrichtung der Landesrundfunkanstalten betriebene „Deutsche Welle" vom Bund als Anstalt öffentlichen Rechts übernommen. b) Landesrecht: Bei den landesrechtlichen Bestimmungen handelt es sich vor allem um die Rundfunkgesetze Baden-Württembergs, Bayerns, Berlins, Bremens, Hessens, Nordrhein-Westfalens und des Saarlands und um den Staatsvertrag über den Norddeutschen R u n d f u n k , der von den Ländern Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein abgeschlossen und von Schleswig-Holstein zum 31. Dezember 1980 gekündigt wurde, den zwischen B a d e n - W ü r t t e m b e r g und Rheinland-Pfalz abgeschlossenen Staatsvertrag über den Südwestfunk und den von sämtlichen Bundesländern abgeschlossenen Staatsvertrag über das Zweite Deutsche Fernsehen. D e n drei genannten Staatsverträgen haben die Parlamente der beteiligten L ä n d e r zugestimmt. Diese Gesetze bzw. Staatsverträge sowie die auf Grund der Gesetze bzw. Staatsverträge ergangenen Satzungen regeln die Organisation der R u n d f u n k - bzw. Fernsehanstalten 6 9 . Bedeutsam sind ferner das L ä n d e r a b k o m m e n über die Koordinierung des ersten Fernsehprogramms von 1959 7 0 , der Staatsvertrag über die H ö h e der R u n d f u n k g e b ü h r von 1973 7 1 , der mit Wirkung vom 1. Januar 1979 abgelöst werden wird durch einen neuen Staatsvertrag vom 17. März 1978, das L ä n d e r a b k o m m e n über einen Finanzausgleich von 1973 7 2 und der Staatsvertrag über die Regelung des Rundfunkgebührenwesens von 197 4 7 3 . Auf die verfassungsrechtliche Frage, ob die auf Staatsvertrag beruhenden R u n d funkanstalten überhaupt solche des Landesrechts sind oder aber auf d e m Vertrag als einer eigenständigen interföderalistischen Rechtsordnung beruhen, braucht hier nicht eingegangen zu werden 7 4 . 67 68
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BGBl. 1977 I, S. 460; BGBl. III Nr. 9 0 2 0 / 1 ; Sartorius I, Nr. 925. B G B l 1960 I, S. 862; Mallmann, JZ 1963, 3 5 0 f f . , erhebt verfassungsrechtliche Bedenken gegen dieses Gesetz; vgl. dazu auch Lerche, Zum Kompetenzbereich des Deutschlandfunks, 1963; Ossenbühl, a. a. O., 3ff. Keine Satzung hat Radio Bremen. GV. NW. 1959, S. 115. 7 1 GV. NW. 1973, S. 558. GV. NW. 1973, S. 558. 7 3 G V . NW. 1975, S. 278. Vgl. etwa Kölble, NJW 1962, 1084; O. Bachof / G. Kisker, Rechtsgutachten zur Verfassungsmäßigkeit des Staatsvertrages über die Errichtung der Anstalt „Zweites Deutsches Fernsehen", 1965, S. 51 f.; Kisker, Kooperation im Bundesstaat, 1971, S. 237ff.; BVerwG E 2 2 , 2 9 9 ff.
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3. Organisation des Rundfunks a) Aufgaben der Rundfunkanstalten: Aufgabe der Rundfunkanstalten der Länder ist die für die Allgemeinheit bestimmte Verbreitung von Nachrichten und Darbietungen in Wort, Ton und Bild. Jeder dieser Anstalten ist ein Sendegebiet zugewiesen, für dessen Programmversorgung die Anstalt verantwortlich ist und aus dem ihr das Gebührenaufkommen überwiegend zufließt. Ein vom Gesetz geregeltes ausschließliches Recht einer Rundfunkanstalt, sendetechnische Anlagen zu errichten und zu betreiben, ist freilich mit Art. 73 Nr. 7 G G nicht vereinbar 7 5 . Gleichwohl besitzen die Landesrundfunkanstalten tatsächlich ein Monopol der Rundfunkversorgung in ihrem Gebiet, abgesehen von der auf Staatsvertrag beruhenden Anstalt „Zweites Deutsches Fernsehen" und den Sendern, die von den alliierten Streitkräften oder von ausländischen Gesellschaften betrieben werden. Von den Bundesrundfunkanstalten hat die „Deutsche Welle" die Aufgabe, den Rundfunkteilnehmern im Ausland ein umfassendes Bild des politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens in Deutschland zu vermitteln und ihnen die deutsche Auffassung zu wichtigen Fragen darzustellen und zu erläutern 7 6 . Der Deutschlandfunk hat Sendungen für Deutschland und das europäische Ausland zu veranstalten. Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben sind die Rundfunkanstalten nur der Rechtsaufsicht des Staates unterworfen 7 7 . Beim Norddeutschen und Westdeutschen Rundfunk und den Bundesrundfunkanstalten beschränkt sich diese Aufsicht auf die Beachtung der Bestimmungen der einschlägigen Gesetze, während sie beim Südwestfunk und beim „Zweiten Deutschen Fernsehen" auch die Beachtung der allgemeinen Rechtsvorschriften umfaßt und beim Saarländischen Rundfunk in allen Fällen, in denen Gesetze verletz sind, eingreift. Die Rechtsaufsicht umfaßt neben der durch Art. 5 I S. 2 GG garantierten freien Programmgestaltung vor allem die Haushalts- und Wirtschaftsführung. Eine staatliche Zensur im Hinblick auf den Inhalt der gesendeten Meinungen darf freilich nicht ausgeübt werden. Wohl aber besteht ein weiter Spielraum bei der Einflußnahme der staatlichen Schulverwaltung auf Bildungssendungen im engeren Sinne (Schulfernsehen), die von den Rundfunkanstalten ausgestrahlt werden 7 8 .
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BVerfG E 12, 205, 240; BGBl. 1961 I, S. 269. Zum Ausschließlichkeitsanspruch vgl. Herbert Krüger, Der Rundfunk im Verfassungsgefüge und in der Verwaltungsordnung von Bund und Ländern, 1960, S. 113 ff. Rechtsvergleichend zum Auslandsfunk vgl. W. Rudolf, RuF 1954, 47 ff. Zur Rechtsaufsicht vgl. Wilkens, D i e Aufsicht über den Rundfunk, Diss. Frankfurt 1965; Leibholz, in: Fs. f. U. Scheuner, 1973, S. 363 ff.; Berendes, Die Staatsaufsicht über den Rundfunk, 1973; Bethge, D V 1974, 4 3 9 f f . ; Mallmann, Zur Rechtsaufsicht über das Zweite Deutsche Fernsehen, 1975; Rudolf, Z R P 1977, 2 1 3 ff. Jarass, in: Popperl Wolny, Beiträge zum Medienrecht (1978), S. 37 ff., 55 ff.
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b) Innere Organisation und Kompetenzen der Organe: Die Rundfunkanstalten der Länder und des Bundes sind verhältnismäßig einheitlich organisiert. Bedenklich ist der zunehmende parteipolitische Einfluß in ihnen 7 9 . Die Rundfunkorganisation erlaubt den Kontrollgremien unmittelbaren Einfluß auf das Programm und über Personal- und Finanzentscheidungen. Noch in den 60er Jahren waren die Kontrollgremien mit Persönlichkeiten besetzt, die sich auch dem Druck aus ihren eigenen Parteien widersetzen und dem R u n d f u n k den verfassungsrechtlich gebotenen Freiraum erhalten konnten. Das hat sich im Gefolge einer von den politischen Parteien systematisch betriebenen Medien- und Personalpolitik leider geändert. Parlamentarisch oder durch weisungsgebundene Beamte beherrschte oder weitgehend beeinflußte Rundfunkgremien können die Freiheit der Rundfunkberichterstattung beeinträchtigen. Sind die verantwortlichen Personen zu stark dem Druck politischer Parteien, denen sie angehören, ausgesetzt, so könnte die Meinungsvielfalt verkümmern. W e r d e n die Funkhäuser zur Spielweise der Parteien, ist eine Reorganisation der Rundfunkanstalten geboten 8 0 . Organe der Anstalten sind der Rundfunkrat, der Verwaltungsrat 8 1 und der Intendant. Dazu kommt bei Nord- und beim Westdeutschen R u n d f u n k der Programmbeirat. Hinsichtlich der Verteilung der Kompetenzen dieser Organe besteht ebenfalls weitgehende Ubereinstimmung 8 2 . aa) D e r Rundfunkrat ist die Vertretung der Allgemeinheit im R u n d f u n k . In ihm sind zwischen 11 und 66 Mitglieder, die entweder von gesellschaftlichen Kräften aus dem wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und kulturellen Leben und aus den Lebensbereichen der Frauen, der Jugend, der Heimatvertriebenen und des Sports oder aber von staatlichen Organen - dann meist von den Landtagen - bestimmt werden. Sie gehören entweder zu den gesellschaftlichen G r u p p e n oder sind Parlamentarier. Die Regierungen entsenden grundsätzlich nur ein Mitglied. Weniger die Wahl der Rundfunkratsmitglieder durch die V e r b ä n d e vielmehr die Auswahl von Personen, die bestimmten gesellschaftlichen G r u p p e n angehören müssen, durch die Parlamente ist auf Kritik gestoßen. Wegen der teilweise praktizierten Mediatisierung der Verbandsmitglieder durch die Verbandsmanager, aber auch wegen der fehlenden Repräsentation ganzer gesellschaftlicher G r u p p e n ist die Legitimation des R u n d f u n k r a t s angezweifelt worden 8 3 . D a der R u n d f u n k „staatsfrei" zu sein hat, ist die Wahl der Rundfunkratsmitglieder ausschließlich durch Landesparlamente verfassungsrechtlich nicht unbedenklich.
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Zum folgenden vgl. vor allem Starck, Rundfunkfreiheit als Organisationsproblem, 1973. Zur politischen Betätigung der Rundfunkmitarbeiter und ihrer Meinungsäußerungsfreiheit im Verhältnis zur Neutralitätspflicht der Rundfunkanstalten vgl. Fuhr, A f P 1975, 7 3 6 ff. Gemäß § 9 der Satzung des Senders Freies Berlin bildet der Verwaltungsrat einen ständigen Ausschuß des Rundfunkrates. Zum folgenden vgl. Jank, D i e Rundfunkanstalten der Länder und des Bundes, 1967, S. 24ff. (zu den Organen), 81 ff. (zu den Kompetenzen). Vgl. etwa Dagtoglou, D e r Private in der Verwaltung als Fachmann und als Interessenvertreter, 1964, S. 76.
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Beim R u n d f u n k r a t sind sämtliche Kreationsfunktionen und die wichtigsten A u f sichtsbefugnisse konzentriert. Er wählt die zu wählenden Mitglieder des Verwaltungsrates, wählt und entläßt den Intendanten oder stimmt dessen Wahl durch den Verwaltungsrat zu. In der Programmgestaltung und teilweise auch in anderen Fragen darf er den Intendanten beraten. Geschieht dieses, so übt er damit keine Zensur aus. D e r R u n d f u n k r a t kann Ausschüsse (Hörfunk-, Fernseh-, Finanz-, Rechtsausschuß) bilden und diesen in bestimmtem U m f a n g A u f g a b e n und Kompetenzen delegieren. bb) D e r Verwaltungsrat, dem 7 bis 9 Mitglieder angehören, wird vom R u n d funkrat bestellt. Beim Bayerischen und Hessischen R u n d f u n k und bei Radio Bremen bestehen außerdem Mitgliedschaften kraft Amtes 8 4 . Z u m Verwaltungsrat des Süddeutschen R u n d f u n k s entsendet der Landtag, zu dem des Saarländischen Rundfunks, des Südwestfunks und des Zweiten Deutschen Fernsehens die Regierung einen oder mehrere Vertreter. Bei der Auswahl der Mitglieder des Verwaltungsrats ist der R u n d f u n k r a t grundsätzlich frei. Es besteht allerdings eine Inkompatibilität zwischen der Mitgliedschaft in R u n d f u n k r a t und Verwaltungsrat. Paritätische Mitbestimmung der Beschäftigten der Anstalt im Verwaltungsrat, wie sie der Entwurf einer Rundfunkgesetz-Novelle der SPD-Fraktion der Bremer Bürgerschaft vom 20. Juli 1978 vorsieht, begegnet verfassungsrechtlichen B e d e n k e n . Z u den A u f g a b e n des Verwaltungsrats gehört, die laufende wirtschaftliche und technische Geschäftsführung des Intendanten zu überwachen und bestimmten Rechtshandlungen des Intendanten zuzustimmen. Eine besonders starke rechtliche Stellung besitzt der Verwaltungsrat des Norddeutschen und des Westdeutschen Rundfunks, des Südwestfunks und des Zweiten Deutschen Fernsehens. cc) D e r Intendant ist der Leiter der Rundfunkanstalt 8 5 . Er wird in der Regel vom R u n d f u n k r a t mit qualifizierter Mehrheit gewählt. Bei einigen R u n d f u n k a n stalten erfolgt die Wahl in anderer Weise, entweder durch R u n d f u n k r a t und Verwaltungsrat gemeinsam 8 6 oder durch den Verwaltungsrat unter Bestätigung durch den R u n d f u n k r a t 8 7 . Nach der Wahl schließt der Intendant mit der Anstalt einen privatrechtlichen Vertrag ab. Allein bei den Bundesrundfunkanstalten wird er nach der Wahl und dem Abschluß eines Dienstvertrages auf Vorschlag des R u n d funkrates vom BPräs. ernannt. Die Amtszeit der Intendanten beträgt zwischen drei und neun Jahren. D e m Intendanten obliegt die Leitung der Anstalt und ihre Vertretung nach außen. Er ist vor allem f ü r die Programmgestaltung zuständig und insoweit nahezu unabhängig 8 8 . Er kann A u f g a b e n an die leitenden Direktoren (Verwaltungs-, H ö r funk-, Fernseh-, Technischer Direktor, Justitiar) delegieren. Eine Mitbestimmung 84
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Z. B. in Bayern die Präsidenten des Landtags, des Senats und des Verwaltungsgerichtshofs. Stern / Bethge, D i e Rechtsstellung des Intendanten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, 1972. So beim Südwestfunk. So beim Norddeutschen und beim Westdeutschen Rundfunk. Stern / Bethge, D i e Rechtsstellung des Intendanten, S. 55 ff.
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durch Belegschaftsmitglieder gegenüber dem Intendanten und in den Aufsichtsgremien der Rundfunkanstalten entbehrt der gesetzlichen Grundlage und kann nicht auf Art. 5 I G G gestützt werden 8 9 . Engeren Bindungen ist der Intendant dagegen bei der technischen und wirtschaftlichen Geschäftsführung unterworfen. D e r Entwurf einer Novelle zum Rundfunkgesetz, den die SPD-Fraktion der Bremer Bürgerschaft am 20. Juli 1978 gebilligt hat, sieht vor, das A m t des Intendanten in der bisherigen Form abzuschaffen und durch ein aus 5 Mitgliedern bestehendes Direktorium zu ersetzen. Nach diesem Entwurf ist der Intendant Vorsitzender des Direktoriums, das die Rundfunkanstalt gemeinsam leitet. dd) Einen Programmbeirat neben den genannten drei Organen besitzen der Norddeutsche und der Westdeutsche R u n d f u n k ; er besteht aus 24 bzw. 20 Mitgliedern, von denen jede Landesregierung einen ernennt, während die übrigen von gesellschaftlichen Einrichtungen, Organisationen und Interessengemeinschaften aus deren Reihen gewählt werden. D e r Programmbeirat hat die Aufgabe, den Intendanten bei der Programmgestaltung durch Aussprache und Empfehlungen zu beraten. D e r Programmbeirat des Saarländischen R u n d f u n k s ist nur ein beratender Ausschuß des Rundfunkrats. Er besteht aus Mitgliedern des R u n d f u n k r a t s und einer begrenzten Zahl von Persönlichkeiten des kulturellen Lebens. c) Werbefernsehen: Mit A u s n a h m e der Bundesrundfunkanstalten strahlen die Anstalten Werbesendungen aus, und zwar sämtliche Anstalten im Fernsehen und die Mehrzahl der Anstalten auch im H ö r r u n d f u n k . Normalerweise wird den Anstalten das Werbeprogramm durch Gesellschaften des privaten Rechts geliefert. Diese Werbegesellschaften wurden jeweils von den Rundfunkanstalten gegründet. D e r von den Gesellschaften erzielte Gewinn kommt den R u n d f u n k a n stalten zugute. Die Werbegesellschaften stellen das zu sendende Programm zusammen. Sie nehmen A u f t r ä g e für Werbesendungen von privaten Wirtschaftsunternehmen entgegen. Für das Verhältnis zu den Auftraggebern sind allgemeine Geschäftsbedingungen maßgeblich. Die von der Werbegesellschaft angenommenen Werbesendungen werden über die Sendeanlagen der Rundfunkanstalten ausgestrahlt. Hinsichtlich der D a u e r der täglichen Werbeprogrammzeit sind die Rundfunkanstalten insofern Beschränkungen unterworfen, als im Fernsehen nur 20 Minuten täglich Werbung gesendet werden darf. d) ARD: Die Rundfunkanstalten der Länder haben sich 1950 zur Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland ( A R D ) zusammengeschlossen zur Wahrnehmung gemeinsamer 69
Zur Rundfunkmitbestimmung vgl. vor allem Bethge, U F I T A 58 ( 1 9 7 0 ) , 117ff. und JR 1972, 4 9 3 f f . ; Jpsen, Mitbestimmung im Rundfunk, 1972; Hoffmann-Riem, Redaktionsstatute im Rundfunk, 1972; Herrmann, Fernsehen und Hörfunk in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 252ff.; Tietze, Rechtmäßigkeit einer Mitbestimmung der Redakteure in den Rundfunkanstalten, Diss. Mainz 1975; Müller I Pieroth, Politische Freiheitsrechte der Rundfunkarbeiter, 1976, S. 22ff.; Rummel, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 26. Mai 1978.
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Interessen auf dem Gebiet des Rundfunks, Bearbeitung gemeinsamer Fragen des Programms und gemeinsamer Fragen rechtlicher, technischer und betriebswirtschaftlicher A r t und zur Erstattung von Gutachten. Später sind der Arbeitsgemeinschaft die inzwischen hinzugekommenen Landesrundfunkanstalten und die beiden Bundesrundfunkanstalten beigetreten. Die allgemeine Geschäftsführung und die Vertretung der Arbeitsgemeinschaft wird in der Weise bestimmt, daß ein Mitglied als geschäftsführende Anstalt für die D a u e r eines Jahres gewählt wird. Beschlüsse der Arbeitsgemeinschaft werden je nach der Wichtigkeit der Angelegenheit mit einfacher oder mit 3 / 4 -Mehrheit oder einstimmig gefaßt. Jede Rundfunkanstalt besitzt eine Stimme. Wichtigste Aufgabe der Arbeitsgemeinschaft ist der Betrieb des ersten Fernsehprogramms. e) Privater Rundfunk: Abweichend von dem Recht der übrigen Länder läßt das Saarland seit der verfassungsrechtlich umstrittenen Änderung seines R u n d f u n k G 1967 9 0 die Errichtung eines kommerziell betriebenen Rundfunks ausdrücklich zu. Im übrigen ist — abgesehen vom Staatsvertrag über den Norddeutschen Rundfunk - in den Rundfunkgesetzen der Länder die Frage, ob neben die bestehenden Anstalten weitere Rundfunkträger treten dürfen, offengelassen. Ob ein privates R u n d f u n k u n t e r n e h m e n nach dem Muster der saarländischen Regelung den Anforderungen entspricht, die gemäß Art. 5 I G G an die Organisation eines solchen Unternehmens zu stellen sind, ist umstritten 9 1 . Das B V e r f G schließt die Bildung eines privatwirtschaftlich organisierten R u n d f u n k s nicht aus, verlangt aber, daß er nach seiner Organisationsform hinreichende Gewähr bietet, daß in ihm in ähnlicher Weise wie in der öffentlich-rechtlichen Anstalt alle gesellschaftlich relevanten Kräfte zu Worte kommen und die Freiheit der Berichterstattung unangetastet bleibt 9 2 . Sind genügend Kanäle vorhanden, ist privater R u n d funk zuzulassen 9 3 .
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§§ 38ff., saarländisches ABl. 1967, S. 478 ff. Die Änderung des saarländischen Rundfunkgesetzes wird von einigen Autoren für verfassungswidrig gehalten. Vgl. etwa Stern / Bethge, öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Rundfunk, 1972, S. 37 ff. Vgl. auch den Vorlagebeschluß des OVG Saarland DÖV 1974, 497. Dazu: BVerfGE 42,42ff. Vgl. Haensel, UFITA 50 (1967), 537; Fuhr / Konrad, UFITA 50 (1967), 562 ff.; Schmitz, DÖV 1968, 683ff.; Stern I Bethge, öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Rundfunk, S. 67 ff. BVerfGE 12, 205, 262 f. Gegen ein kommerzielles Fernsehen zum gegenwärtigen Zeitpunkt: OVG Hamburg, DÖV 1968,178ff. = RuF 1968, 415f.; OVG Berlin, D Ö V 1969, 713ff.; BVerwG E 39, 159; Bay VerfGH, AfP 1977, 334ff.; Schmitz, DÖV 1969, 698ff.; Grund, DVB1. 1969, 481 ff. Vgl. aber Krause-Ablass, RuF 1968, 398ff.; Herzog, in: Maunz / Dürig / Herzog/ Scholz, GG, Art. 5 Rdnr. 223; Haensel, Rundfunkfreiheit und Fernsehmonopol, S. 101 ff.; Lerche, Rundfunkmonopol, 1970, S. 104ff.; Rudolf, Über die Zulässigkeit privaten Rundfunks, 1971, S. 73f. und NJW 1972, 1292; W. Weber, Der Staat 11 (1972), S. 82ff.; Hoffmann-Riem, ZPR 1976,291 ff.; Scheuner, AfP 1977, 367ff.
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Falls durch die technische Entwicklung die für den R u n d f u n k zur Verfügung stehenden Kanäle erheblich vermehrt werden können, werden vor allem entsprechend der Auswertung der Pilotprojekte des Kabelfernsehens auch die mit einem kommerziell betriebenen R u n d f u n k verbundenen verfassungsrechtlichen Fragen erneut aufgeworfen und beantwortet werden müssen.
4. Rundfunkgebühr D e r Rundfunkteilnehmer hat eine Gebühr zu entrichten, da aus Art. 5 I G G niemand das Recht zur unentgeltlichen Unterrichtung herleiten kann. Nach A u f fassung des B V e r f G ist die Veranstaltung von Rundfunksendungen öffentliche Leistungsverwaltung 9 4 . D a sie durch Anstalten des öffentlichen Rechts erbracht wird, liegt es nahe, daß der Rundfunkteilnehmer, der die Leistungen der Anstalt beim E m p f a n g entgegennimmt, dafür eine Anstaltsnutzungsgebühr zu entrichten hat. Die Rechtsnatur der Hörergebühr ist gleichwohl umstritten. Sie wird entweder als Anstaltsnutzungsgebühr 9 5 oder als Beitrag 9 6 oder als Anstaltsnutzungsgebühr mit Beitragscharakter 9 7 qualifiziert. Das B V e r w G hat sie nunmehr als Benutzungsgebühr bestimmt 9 8 . Ferner ist entschieden, daß die R u n d f u n k g e b ü h r nicht zum Recht des Post- und Fernmeldewesens gehört, sich also nicht nach den Bestimmungen des Fernmeldeanlagengesetzes richtet; ihre Regelung obliegt vielmehr den Ländern 9 9 . A b 1. Januar 1976 ziehen die Rundfunkanstalten die Gebühr selbst ein. Die H ö h e der Gebühr wird von den Ländern gesetzlich festgelegt. Durch Beschluß der Ministerpräsidenten wurde 1975 eine Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der in der A R D zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten des Landesrechts und des Z D F eingerichtet, die im Juni 1977 einen ersten Bericht vorlegte, der bei den Rundfunkanstalten auf lebhaften Widerspruch stieß. A m 17. März 1978 unterzeichneten die Ministerpräsidenten der Länder einen neuen Staatsvertrag über die H ö h e der Rundfunkgebühr, der am 1. Januar 1979 in Kraft treten wird und erstmals zum 31. Dezember 1982 gekündigt werden kann. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten wird 1979 ihren 2. Bericht vorlegen. Hinsichtlich eines Finanzausgleichs zwischen der den Rundfunkanstalten gilt auf Grund des Staatsvertrages über einen Finanzausgleich der Rundfunkanstalten von
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BVerfG E 12, 205, 244ff. Ebenso Ipsen, Die Rundfunkgebühr, 2. Aufl. 1958, S. 39ff.; Zeidler, Probleme der Rundfunkgebühr, 1961, S. 38. BayVGH, DVB1. 1967,332; Herrmann, AÖR90 (1965), S. 325f. Krause-Ablass, DÖV 1962, 238; Wolff / Bachof, S. 308. Ipsen, Die Rundfunkgebühr, S. 62ff.; Knemeyer, DVB1. 1968, 923. BVerwG E 29,214. Vgl. dazu Knemeyer, DVB1. 1968, 922f.; Kölble, DÖV 1969, 279. BVerwG E 29,214,217.
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197 3 1 0 0 eine Verwaltungsvereinbarung der Rundfunkanstalten von 1973 1 0 1 , die ergänzt wurde übergangsweise für die Jahre 1979 und 1980 durch eine Vereinbarung der Rundfunkanstalten von 1978. Die Finanzierung von Kabelfernseh-Pilotprojekten ist bislang noch offen 1 0 2 .
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G V NW. 1973, S. 558. Text: Herrmann, Rundfunkgesetze, S. 308 ff. Vgl. Hymmen, D a s Kabel, Fakten und Illusionen, 1975, S. 112ff., 130ff.; KiK-Benchi, S. 118 und Anlageband 8, S. 53ff.; Lange, Media Perspektiven 1978, 133ff.; Rudolf / Meng, a. a. O., S. 74.
ZWÖLFTER A B S C H N I T T Dietrich Rauschning
Wehrrecht und Wehrverwaltung Literatur J. Heckel, Wehrverfassung und Wehrrecht des Großdeutschen Reiches, 193s*. L. von Stein, Die Lehre vom Heerwesen, Neudr. der Ausg. von 1872, 1967. E. Barth, Der Soldat im Rechtsstaat. Das heutige Wehrrecht: Entstehungsgeschichte Grundzüge - Reformgedanken, 1967. E. Busch, Der Oberbefehl. Seine rechtliche Struktur in Preußen und Deutschland seit 1848, 1967. F. Brandstetter / H.-G. Schwenk / R. Weidinger (Hrsg.), Handbuch des Wehrrechts (Textsammlung mit Erläuterungen), Losebl.-Ausg., 1956ff. M. Erhardt, Die Befehls- und Kommandogewalt, 1969. G. Hahnenfeld, Wehrverfassungsrecht, 1965. K. Ipsen, Rechtsgrundlagen und Institutionalisierung der atlantisch-europäischen Verteidigung, 1967. M. Lepper, Die verfassungsrechtliche Stellung der militärischen Streitkräfte im gewaltenteilenden Rechtsstaat, 1962. S. Mann, Das Bundesministerium der Verteidigung, 1971. W. Martens, Grundgesetz und Wehrverfassung, 1961. H. Reinfried, Die Bundeswehrverwaltung, 3. Aufl. 1976. P. Pernthaler, Der Rechtsstaat und sein Heer, Wien 1964. ]. Salzmann, Der Gedanke des Rechtsstaates in der Wehrverfassung der Bundesrepublik, 1962. H. Schulte, Die verfassungsrechtliche Stellung der Bundeswehrverwaltung, 1970. G. Chr. von Unruh / H. Quaritsch, Führung und Organisation der Streitkräfte im demokratisch-parlamentarischen Staat, VVDStRL 26 (1967/68), S. 157 ff. Weißbücher, Zur Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und zur Lage der Bundeswehr; 1971/1972 erschienen 1971,1973/1974 erschienen 1974, 1975/1976 erschienen 1976.
Zeitschriften: Bundeswehrverwaltung; Neue Zeitschrift für Wehrrecht; Wehrkunde.
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Gesetze WehrpflichtG vom 21. Juli 1956, i. d. F. der Bekanntmachung vom 7. November 1977 (BGBl. I , S . 2021). MusterungsVO vom 25. Oktober 1956, neu bekannt gemacht am 5. März 1975 (BGBl. I, S. 671, ber. S. 748). G über Rechtsstellung des Soldaten (SoldatenG) vom 19. März 1956, neu bekannt gemacht am 19. August 1975 (BGBl. I, S. 2273), zuletzt geändert am 18. Februar 1977 (BGBl. I, S. 297). V O über das militärische Vorgesetztenverhältnis (VorgesetztenVO) vom 4. Juni 1956 (BGBl. I, S. 459), zuletzt geändert am 6. August 1960 (BGBl. I, S. 684). Wehrbeschwerdeordnung vom 23. Dezember 1956, neu bekannt gemacht am 11. September 1972 (BGBl. I, S. 1737,1906). Wehrdisziplinarordnung vom 15. März 1957, neu bekannt gemacht am 4. September 1972 (BGBl. I, S. 1665), zuletzt geändert am 13. Juli 1977 (BGBl. I, S. 1229). G über die Geld- und Sachbezüge und die Heilfürsorge der Soldaten, die auf Grund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten (Wehrsoldgesetz-WSG) vom 30. März 1957, neu bekannt gemacht am 8. März 1971 (BGBl. I, S. 171), zuletzt geändert am 2. 9. 1974 (BGBl. I, S. 2152). G über die Versorgung für die ehemaligen Soldaten der Bundeswehr und ihre Hinterbliebenen (Soldatenversorgungsgesetz-SVG) vom 26. Juli 1957, neu bekannt gemacht am 1. September 1971 (BGBl. I, S. 1481), zuletzt geändert am 6. August 1975 (BGBl. I, S. 2113). BundesleistungsG vom 19. Oktober 1956, neu bekannt gemacht am 27. September 1961 (BGBl. I, S. 1769, 1920), zuletzt geändert am 20. Dezember 1976 (BGBl. I, S. 3574). G über die Beschränkung von Grundeigentum für die militärische Verteidigung (SchutzbereichsG) vom 7. Dezember 1956 (BGBl. I, S. 899), zuletzt geändert am 20. Dezember 1976 (BGBl. I , S . 3574). G über die Anwendung unmittelbaren Zwangs und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und zivile Wachpersonen vom 12. August 1965 (BGBl. I, S. 796), geändert am 2. März 1974 (BGBl. I, S. 469).
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Gliederung I. Verfassungsrechtliche Grundlagen II. Gliederung und Organisationsrecht der Bundeswehr 1. Organisation der Streitkräfte 2. Organisation der Bundeswehrverwaltung 3. Das Bundesverteidigungsministerium als Spitze der Bundeswehr 4. Auswirkungen der NATO-Integration auf die Organisation der Bundeswehr? III. Wehr-Dienstrecht 1. Begründung und Beendigung des Wehrdienstverhältnisses 2. Der Status der Soldaten 3. Beschwerde- und Disziplinarrecht IV. Materielle Rechtsgrundlagen des Handelns der Bundeswehr gegenüber Dritten 1. Rechtsgrundlagen des Handelns der Bundeswehrverwaltung 2. Rechtsgrundlagen des Handelns der Streitkräfte
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I. Verfassungsrechtliche Grundlagen Nach Art. 87 a I S. 1 G G i. d. F. von 1968 stellt der Bund Streitkräfte zur Verteidigung auf. Damit wird nicht nur d e m Bund eine Kompetenz erteilt, sondern auch die A u f g a b e umschrieben: Es geht um das Errichten und Erhalten eines auf die Verteidigung ausgerichteten militärischen Instrumentes. Die A u f g a b e der Bundeswehr als Teil der Staatsorganisation des Bundes ist zunächst das Bereithalten von Verteidigungskräften, das schon im Verein mit anderen Verteidigungsvorkehrungen und vor allem mit politischen M a ß n a h m e n einen militärischen Angriff auf die Bundesrepublik Deutschland verhindern soll 1 . Sollten die Streitkräfte dennoch ihren Verteidigungsauftrag in Form eines militärischen A b w e h r k a m p f e s ausführen müssen, so würde auch dann die Aufgabe, die Streitkräfte und Teile davon zu erhalten, zusätzlich oder ersatzweise zu errichten und bereitzuhalten, bedeutend bleiben. Die Aufgabe, Streitkräfte bereitzuhalten, fällt in den Bereich der Exekutive. Ihre Erfüllung ist vollziehende Gewalt i. S. von Art. 1 III, 20 II S. 1 G G . Im Wortlaut von Art. 1 III G G ist 1956 „Verwaltung" gerade deshalb in „vollziehende Gewalt" geändert worden, um auch die Bundeswehr zweifellos in diesen Begriff einzuschließen 2 . Die Rechtsgrundlagen, nach denen die Exekutive die Streitkräfte aufstellt und bereithält - und damit auch funktionsfähig macht und erhält - werden hier als Wehrrecht bezeichnet 3 . Dazu gehört also nicht das kriegerische Schädigungsrecht gegenüber den angreifenden feindlichen Streitkräften, das im Völkerrecht geregelt ist. Aus der Betrachtung im R a h m e n dieses Lehrbuches des besonderen Verwaltungsrechts ist das Wehrstrafrecht, das im WehrstrafG von 1957 niedergelegt ist, auszuschließen. Die verfassungsrechtlichen Vorschriften des Wehrrechts sind, soweit sie vor allem Grundlagen von Wehrgesetzen bilden, als Wehrverfassungsrecht nur zu erwähnen 4 . Das G G enthält eine Reihe von Vorschriften, in denen die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die Erfüllung der genannten A u f g a b e geschaffen und 1
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Siehe dazu z. B. H. P. Ipsen, Scheuner und von der Heydte, Aussprache in V V D S t R L 26 ( 1 9 6 7 / 6 8 ) , S. 275 ff. Dazu Menzel, BK, Art. 1 Abs. 3, S. 37ff.; zur Einordnung auch Erhardt, S. 29ff. und ausführlich G. Lehnguth: D i e Verwaltungsakte der Streitkräfte gegenüber dem Bürger, Diss. Göttingen 1973, S. 13 ff. Auch in dieser Umschreibung umfaßt der Bereich des Wehrrechts eine Reihe von Materien mit erheblichen Problemen und Kontroversen. Es ist nicht möglich und erforderlich, daß sich ein Jurist während des Studiums in dieses Gebiet gründlich einarbeitet. Mehr als bei den anderen Beiträgen geht es im folgenden darum, einen Überblick und einen Eindruck zu vermitteln und dem Interessierten weiterführende Hinweise zu geben. Siehe dazu die Berichte von von Unruh und Quaritsch in V V D S t R L 26 ( 1 9 6 7 / 6 8 ) , S. 157ff.; die im Literaturverzeichnis genannten Monographien von Hahnenfeld, Lepper, Martens, Salzmann und Schulte; Gutachten und Schriftsätze im Streit vor dem BVerfG in „Der Kampf um den Wehrbeitrag", 3 Bde., 1 9 5 2 - 1 9 5 8 .
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einige besondere Bestimmungen über die Organisation, Führung und Kontrolle der Bundeswehr getroffen sind: Art. 73 Ziff. 1 gibt dem Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz über die Verteidigung; nach Art. 115 c I GG verfügt er darüber hinaus schlechthin über die konkurrierende Gesetzgebung für den Verteidigungsfall. Zur Verteidigung gehören außer dem Recht über das Bereithalten der Streitkräfte die Verteidigungsvorsorge im Bereich der Wirtschaft und die Zivilverteidigung; das Gebiet des Verteidigungsrechts umfaßt also mehr als das Wehrrecht. Art. 12 a I G G ist die Grundlage der allgemeinen Wehrpflicht, Art. 4 III G G ermöglicht dagegen die Kriegsdienstverweigerung. Nach Art. 17 a I GG können für Angehörige der Streitkräfte die Meinungsäußerungsfreiheit, die Versammlungsfreiheit und das Recht auf Sammelpetitionen gesetzlich eingeschränkt werden 5 . Im Bereich von Organisation und Führung regeln Art. 65 a und 115 b GG die Zuständigkeit für die Befehls- und Kommandogewalt. Nach Art. 36 II G G müssen die Wehrgesetze die Bundesstaatlichkeit berücksichtigen, die Organisation der Streitkräfte muß sich gem. Art. 87 a I S. 2 GG aus dem Haushaltsplan ergeben. Die Einrichtung einer zivilen Bundeswehrverwaltung regelt Art. 87 b GG. Über den Verteidigungseinsatz der Streitkräfte, d. h. über den Eintritt des Verteidigungsfalles, wird nach Art. 115 a G G entschieden, der Einsatz in Katastrophenfällen und zum Objektschutz wie zur Bekämpfung von Aufständischen ist in Art. 35 II und III bzw. in Art. 87 a III und IV GG geregelt. Der besonderen Überwachung der Streitkräfte durch das Parlament dienen der Bundestagsausschuß für Verteidigung und der Wehrbeauftragte des Bundestages nach Art. 45 a und b GG.
II. Gliederung und Organisationsrecht der Bundeswehr In den Schlußvorschriften des SoldatenG von 1956, in § 66, ist vorgesehen, daß die Organisation der Verteidigung gesetzlich geregelt wird. Ein solches OrganisationsG ist bisher nicht erlassen, und es ist auch anzunehmen, daß eine gesetzliche Fixierung der Wehrorganisation die erforderlichen Anpassungen an neue Lagen und Erkenntnisse zu sehr erschweren würde; zudem steht nach den bisherigen Erfahrungen die Bundeswehr hinreichend unter der Kontrolle des Parlaments, so daß es eines gesetzlichen Eingriffs in die Organisationsgewalt der Regierung nicht bedarf 6 . Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Bestimmungen und der Bewilligungen im Haushalt sowie unter Berücksichtigung einzelner Organisationsvorschriften in Wehrgesetzen ist es also der Regierung überlassen, mit welcher Organisation sie den Verfassungsauftrag zum Bereithalten von Streitkräften erfüllt 7 . 5
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Siehe dazu vor allem Lerche, Grundrechte der Soldaten, G R e IV, 1, S. 4 4 7 - 5 3 5 ; K. Ipsen / J. Ipsen, BK, Art. 17 a, Rdnr. 2 6 - 7 8 . Siehe dazu Quaritsch, V V D S t R L 2 6 ( 1 9 6 7 / 6 8 ) , S. 2 4 6 f f . Siehe E.-W. Böckenförde, Die Organisationsgewalt im Bereich der Regierung, 1964, §§ 1 5 , 2 6 .
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1. Organisation der Streitkräfte Die Streitkräfte sind vor allem entsprechend ihrer Aufgabe als potentielles Instrument militärischen Kampfes organisiert. Sie umfassen die Teilstreitkräfte Heer, einschließlich der Territorialverteidigung, Luftwaffe und Marine, sowie Zentrale Militärische Dienststellen und Zentrale Sanitätsdienststellen der Bundeswehr. Das Feldheer gliedert sich stufenweise in Korps, Divisionen und Brigaden als Großverbände, in Bataillone, die nur in Sonderfällen zu Regimentern zusammengefaßt sind, (Verbände) und in Kompanien (bzw. Batterien und Staffeln) als den Einheiten. Den Korps untersteht eine Anzahl von Spezialtruppen als Korpsverfügungs- und Korpsversorgungstruppen. Zum Feldheer gehören entsprechend Heeresverfügungs- und Heeresversorgungstruppen. Die bodenständige Organisation des Heeres umfaßt die Schulen des Heeres, die Depotorganisation und das Heeresamt. Dazu kommt die Ausbildungsorganisation. Dem Heer eingeordnet und neben dem Feldheer steht das Territorialheer als Zusammenfassung der Territorialverteidigung. Den Korps entsprechen die Territorialkommandos. Für die Wehrbereiche bestehen Wehrbereichskommandos, denen für jeweils kleinere Räume Verteidigungsbezirkskommandos und Verteidigungskreiskommandos unterstellt sind. Dazu gehören noch Fernmelde- und Sanitätseinrichtungen. Im Rahmen des Territorialheeres besteht zudem die Basisorganisation mit den Kommandeuren der Logistik-(Versorgungs-)Truppen, den Stäben Hauptdepotgruppen und den Hauptdepots. Es war geplant, inbesondere das Heer neu zu gliedern. Die von der Bundesregierung eingesetzte unabhängige Wehrstrukturkommission hatte dazu in ihrem Strukturbericht Vorschläge vorgelegt 8 . Die Planungen des Bundesverteidigungsministeriums gingen u. a. dahin, Feldheer und Territorialheer organisatorisch zusammenzufassen und das Heer durch drei Generalkommandos und das Kommando Hamburg/Schleswig-Holstein zu führen. Die neue Kommandostruktur sollte die Korps und die Wehrbereichskommandos ersetzen 9 . Die Neugliederung wird aber gegenwärtig nicht weiter betrieben. Die Einsatzverbände der Luftwaffe sind die Geschwader (Jagdbomber-, Aufklärungs-, Jagd- und Transportgeschwader), die u. a. mit Flugkörperverbänden zu vier Luftwaffendivisionen zusammengefaßt und dem Luftflottenkommando unterstellt sind. Dem Luftwaffenunterstützungskommando sind die Luftwaffenunterstützungskommandos Nord und Süd sowie das Materialamt der Luftwaffe nachgeordnet. Schließlich sind das Luftwaffenausbildungskommando, das Lufttransportkommando, das Luftwaffendienstkommando und das Amt für Wehrgeophysik unter dem Luftwaffenamt zusammengefaßt.
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Siehe Wehrstruktur-Kommission der Bundesregierung, Die Wehrstruktur in der Bundesrepublik Deutschland — Analyse und Optionen, Bericht an die Bundesregierung vom 28. 11. 1972. BMVg: Die neue Struktur der Bundeswehr, 1974, insbesondere S. 19—30. Vgl. auch Weißbuch 1973/74, S.76f.
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Die Einsatzverbände der Marine unterstehen dem Flottenkommando. D e m Flottenbefehlshaber unterstehen die Seestreitkräfte der Ostsee unmittelbar. Für die Seestreitkräfte der Nordsee besteht ein besonderer Einsatzführungsstab. Die Einsatzgeschwader sind zu Typkommandos (wie Zerstörer, Schnellboote, UBoote) zusammengefaßt. D e m Flottenkommando unterstehen auch das Kommando der Marineflieger mit den Marinefliegergeschwadern, die Marinedivisionen der Ostsee und der Nordsee mit den Unterstützungsverbänden und der Küstenorganisation sowie die Lehrgruppen. D e m Marineamt ist u. a. die Ausbildungsorganisation nachgeordnet. Schließlich gehören zum militärischen Bereich eine Reihe von Zentralen Militärischen Dienststellen der Bundeswehr wie das A m t für Sicherheit der Bundeswehr mit dem bei den Wehrbereichskommandos eingerichteten militärischen Abschirmdienst, das Personalstammamt und das Materialamt. Z u m Bereich Zentrale Sanitätsdienststellen gehören das Sanitätsamt und die Sanitätsakademie. An zentralen Schulen sind die Führungsakademie, die Sportschule, die Schule für Innere Führung, die Schule für Nachrichtenwesen, die Logistikschule, die Stabsakademie und die Schule für Psychologische Verteidigung zu nennen. Im Herbst 1973 haben die Hochschulen der Bundeswehr in H a m b u r g und München, an denen die Berufsoffiziere während ihrer Ausbildung in auch außerhalb der Streitkräfte anerkannten Studiengängen studieren, ihren Lehrbetrieb aufgenommen. Die Streitkräfte sind ein Teil der Exekutive. Nach der konstitutionellen Auffassung von Laband und O t t o Mayer 1 0 sollten sie als öffentlich-rechtliche Anstalten anzusehen sein. Das entspricht jedoch nicht einem neueren engen Verständnis der Anstalt: Anstalten sind durch die Nutzbarkeit, insbesondere auch der Sachmittel, von Seiten der Destinatäre gekennzeichnet. Die Streitkräfte werden aber nicht in diesem Sinne „genutzt", und trotz des erheblichen Materialbedarfs überwiegt bei ihrer Organisation das personale Moment. Sind sie keine Anstalten, so müssen sie noch nicht als Zweig der Verwaltung angesehen werden, von deren allgemeinem Bild sie vor allem in A u f g a b e und Struktur abweichen. Die Verwaltungszweige erbringen in der Regel eine Leistung oder verwalten „etwas" außer ihnen selbst Liegendes, während die unmittelbare Aufgabe der Streitkräfte im Frieden in ihrer Bereitschaft und im Krieg dann in der Abwehr des Feindes besteht. D e r Struktur nach heben sich die Streitkräfte von der Verwaltung dadurch ab, daß sie in militärischen Angelegenheiten einheitlich, durchgehend und strikt durch Befehle geführt werden. Wegen dieser Besonderheiten werden die Streitkräfte als der Verwaltung nebengeordnete Form der Exekutive angesehen 1 1 . Sie werden als „gliedschaftlich organisierter Leitungsverband" bezeichnet 1 2 . Besonderes Führungsmittel der Streitkräfte ist der Befehl, und ihre einzelnen V e r b ä n d e werden insbesondere als die Zusammenfassung der einem Vorgesetzten folgepflichtigen Soldaten abgegrenzt. Die besonders strenge Bindung des militäri10
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Laband, Deutsches StaatsR, 5. Aufl. 1914, Bd. 4, S. 38; Otto Mayer, VwR, 3. Aufl. 1924, Bd. 2, S. 269. Siehe etwa Lepper, S. 98 ff.; Quaritsch, V V D S t R L 26 ( 1 9 6 7 / 6 8 ) , S. 211 ff. Pernthaler, S. 6 9 ff.
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sehen Befehls zeigt sich schon im Verhältnis zwischen über- und untergeordneten Ä m t e r n : Nach den systematisch zu Unrecht im Dienstrecht enthaltenen Vorschriften der §§ 37, 38 B R R G gehört es zu den A u f g a b e n eines Amtes der Verwaltung, das vorgesetzte A m t zu beraten, die A n o r d n u n g e n auszuführen und Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnungen gegenüber dem unmittelbar und dem weiter vorgesetzten A m t zu erheben. Ein militärischer dienstlicher Befehl (Begriff in § 2 Ziff. 2 WehrstrafG) ist demgegenüber nach § 11 SoldatenG vollständig und unverzüglich, also ohne Remonstration, auszuführen, wenn er nicht die Menschenwürde verletzt oder eine Straftat auslöst. D e r militärische Befehl ergreift aber nicht nur das institutionell vorhandene A m t (etwa das des Bataillonskommandeurs), sondern auch den Amtswalter, die Person des Soldaten: Er hat nach § 11 SoldatenG die Befehle nach besten Kräften und gewissenhaft auszuführen, das Nichtbefolgen ist nicht nur wie bei Beamten ein Dienstvergehen, sondern wird nach den §§ 1 9 - 2 1 WehrstrafG strafrechtlich verfolgt 1 3 . Dementsprechend ist ein Soldat für ein rechtswidriges Handeln auf Befehl hin nur verantwortlich, wenn er die Strafbarkeit der Befehlsbefolgung erkannt hat oder sie offensichtlich war ( § 1 1 II SoldatenG, § 5 I WehrstrafG). O b man wegen dieser Unterschiede den militärischen Befehl als gesteigerte Weisungsbefugnis 1 4 oder gegenüber den Weisungen in der Verwaltungsorganisation als ein aliud ansieht 1 5 , kann dahingestellt bleiben. Ist das spezifische Führungsmittel innerhalb der Streitkräfte der Befehl, so ist entscheidend wichtig, wer befehlsbefugter Vorgesetzter ist. Das Vorgesetztenverhältnis ist gem. § 1 IV SoldatenG besonders durch die VorgesetztenVO 1 6 rechtlich normiert. Als Regel bestimmt § 1, daß ein Soldat als Führer eines militärischen Verbandes oder einer militärischen Einheit oder Dienststelle den dazugehörenden Soldaten im und außer Dienst Befehle erteilen kann. Im Gegensatz zu früheren Regelungen folgt die Befehlsbefugnis aus dem höheren Dienstgrad gem. § 4 der V O nur für Befehle im Dienst innerhalb der Kompanien oder entsprechender Einheiten oder auf Schiffen bzw. innerhalb von Stäben; lediglich innerhalb umschlossener militärischer Anlagen können Soldaten einer höheren Dienstgradgruppe den einer niedrigeren angehörenden Soldaten außer Dienst Befehle erteilen. Wenn besondere Notlagen es erforderlich machen, können Offiziere und Unteroffiziere sich ausnahmsweise nach § 6 der V O zu Vorgesetzten erklären und im und außer Dienst Befehle erteilen. Damit herrscht heute das funktionale Vorgesetztenverhältnis vor. Befehle außer Dienst gibt, von Ausnahmesituationen abgesehen, nur der unmittelbare Vorgesetzte.
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Siehe allgemein (und vor allem zum schweizerischen Recht) Flutsch, D i e rechtliche Natur des militärischen Befehls, 1969. Zu den diffizilen Problemen „Befehlsdurchsetzung und Waffengebrauch" siehe die gleichnamige Schrift von K. Doehring, 1968. So Dürig, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, G G , Art. 65 a, Randnr. 18; ebenso B V e r w G E 43, 55 ff (58) und dazu E. Klein, Ministerielle Weisungsbefugnis und Stellvertretung in der Befehls- und Kommandogewalt, JuS 1974, S. 3 6 2 ff. So Quaritsch, V V D S t R L 26 ( 1 9 6 7 / 6 8 ) , S. 2 2 0 f . Erläutert von W. Scherer / O. Meyer, Soldatengesetz und Vorgesetztenverordnung, 5. Aufl. 1976.
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2. Organisation der Bundeswehrverwaltung U m d e m A u f t r a g aus Art. 87 a G G zum Bereithalten von Streitkräften nachzukommen, muß der Bund die damit verbundenen A u f g a b e n des Personalwesens und der Deckung des Sachbedarfs erfüllen. Dazu dient die nach Art. 87 b I G G als bundeseigener Verwaltungszweig mit eigenem Verwaltungsunterbau zu f ü h r e n d e Bundeswehrverwaltung 1 7 . Sie ist eine zivile Verwaltung neben den Streitkräften, obwohl sie deren Existenz dient. Organisatorisch sind die territoriale Bundeswehrverwaltung, der technische Verwaltungsbereich und die Truppenverwaltung zu unterscheiden. Territorial bestehen als Mittelbehörden die Wehrbereichsverwaltungen, deren räumlicher Amtsbereich sich mit den 6 Wehrbereichen deckt. Sie nehmen alle Verwaltungsaufgaben in der Mittelinstanz, namentlich im Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen, im Besoldungs-, Betreuungs- und Versorgungswesen, in Angelegenheiten des zivilen Personals, in Unterbringungs- und Beschaffungsangelegenheiten, im Wehrersatzwesen, der materiellen Bedarfsdeckung nach dem Bundesleistungsgesetz und in der Wehrtechnik mit dem Güteprüfdienst wahr. Als untere Verwaltungsbehörden sind ihnen die Wehrbereichsbekleidungsämter (für die persönliche Ausrüstung des Bundeswehrpersonals), die Wehrbereichsverpflegungsämter (für die dezentrale Beschaffung von Verpflegungsmitteln, deren Prüfung und Lagerung und deren Bereitstellung für die Truppe) und die Wehrbereichsgebührnisämter (für die Dienstbezüge der Bundeswehrangehörigen) nachgeordnet. Für die Verwaltungsbetreuung aller Truppenteile und Dienststellen im Standortbereich unterstehen den Wehrbereichsverwaltungen die Standortverwaltungen. Auch die A u f g a b e n des Wehrersatzwesens werden gemäß der Ermächtigung in Art. 8 7 b II G G nach §§ 14ff. W P f l G 1 8 durch die territoriale Bundeswehrverwaltung wahrgenommen. Lediglich die Wehrerfassung ist als Auftragsverwaltung in § 15 III WPflG den Ländern übertragen; sie wird von den Meldebehörden durchgeführt. Als Bundesunterbehörden führen die Kreiswehrersatzämter, die den Wehrbereichsverwaltungen nachgeordnet sind, die Musterungen durch die Musterungsausschüsse durch; diese bestehen nach § 18 WPflG aus dem Leiter des Kreiswehrersatzamtes, einem von der Landesregierung ernannten sowie einem regional gewählten ehrenamtlichen Beisitzer. Ü b e r die Berechtigung der Kriegsdienstverweigerung entscheiden nach § 26 WPflG Prüfungsausschüsse bei den Kreiswehrersatzämtern, deren Vorsitzende zwar Juristen und über 32 Jahre alt sein müssen, aber nur beratende Stimme haben; den Ausschüssen gehören ein vom Land bestimmter und zwei regional gewählte Beisitzer an. Über Widersprüche in Musterungs- oder Kriegsdienstverweigerungssachen entscheiden nach § 33 W P f l G 17
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Dazu im einzelnen die im Literaturverzeichnis angegebenen Schriften von Reinfried und Schulte sowie F.-W. Witte, Die rechtliche Stellung der Bundeswehrverwaltung, 1963. Siehe dazu K. Zwingenberger, WehrpflichtR, 2. Aufl. 1963; W. Scherer / F. Krekeler, WehrpflichtG (Kommentar), 3. Aufl. 1966; G. Hahnenfeld, Wehrpflichtgesetz, 1962ff. (Loseblattausgabe); eine Einführung und Anleitung aus der Praxis gibt H.-O. Eickel, Wehrersatzwesen, 3. Aufl. 1973.
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Musterungs- bzw. Prüfungskammern bei den Wehrbereichsverwaltungen, über Widersprüche gegen Einberufungs- oder Bereitstellungsbescheide entscheiden die Wehrbereichsverwaltungen. Obere Bundesbehörde im Wehrersatzwesen ist das Bundeswehrverwaltungsamt. Die Organisation und das Verfahren für den Wehrersatz sind in dieser Weise gesetzlich festgelegt. Damit ist entsprechend der Verfassungsentscheidung in Art. 87 b II GG sichergestellt, daß das Wehrersatzwesen ausschließlich im Bereich der zivilen Verwaltung bleibt. Durch Übertragung von Entscheidungen an die Ausschüsse und Kammern für Musterungen und zur Prüfung von Kriegsdienstverweigerern soll die Berücksichtigung der Belange der Betroffenen organisatorisch gewährleistet werden. Gegen Entscheidungen in Wehrpflichtsachen ist dann die Klage vor den Verwaltungsgerichten und unter Ausschluß der Berufung die Revision an das BVerwG gegeben, wenn Verfahrensmängel gerügt werden oder die Revision zugelassen worden ist (§ 34 WPflG). Die Verwaltung des wehrtechnischen Bereichs ist unter dem Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung zusammengefaßt 19 . Ihm obliegen vor allem die technischen Entwicklungsaufgaben für alle Waffensysteme und des sonstigen Materials, die wehrtechnische Normung und die zentrale Beschaffung nach Weisung des Ministeriums. Ihm sind nachgeordnet u. a. die Marinearsenale, die Beschaffungsstellen, die Erprobungsstellen und verschiedene Prüfstellen. Die territoriale Bundeswehrverwaltung und die techniche Sonderverwaltung sind jedoch organisatorisch nicht in der Lage, die Verwaltungsaufgaben für das Bereithalten der Streitkräfte voll zu erfüllen. In den militärischen Einheiten und in den höheren Stäben fallen täglich eine große Anzahl von Geschäftsvorfällen mit Verwaltungscharakter an, die sich nicht auf die territoriale Verwaltung verlagern lassen. Der BMVg hat deshalb in einer Reihe von sog. Abgrenzungserlassen bestimmte Verwaltungs- und Versorgungsaufgaben Truppenteilen, Stäben, militärischen Dienststellen und Kommandobehörden (kurz dem Kommandobereich) zur Erledigung überwiesen. Es handelt sich um solche Aufgaben, die auch im Einsatz vom Kommandobereich erfüllt werden müssen oder die wegen der Ausbildungsziele oder der Einsatzbereitschaft im Kommandobereich zu erledigen sind. Zur Erledigung der Truppenverwaltungsaufgaben sind in den Kommandobereich zivile Verwaltungsbeamte eingegliedert. Bei den Korps- und Divisionsstäben des Heeres sowie den vergleichbaren Stäben der Luftwaffe und der Marine wie auch beim Territorialheer in den Wehrbereichskommandos sind „Abteilungen Verwaltung", bei den Wirtschaftstruppenteilen (Truppenteile mit eigener Verwaltungsausstattung, insbesondere eigener Bewirtschaftung von Haushaltstiteln, i. d. R. Bataillon, Geschwader) sind Truppenverwaltungsbeamte tätig. Die Abteilungen Verwaltung wie auch die Positionen der Truppenverwaltungsbeamten sind mit zivilen Beamten und z. T. Angestellten als Hilfskräften besetzt. Für den Ver19
Aufgaben und Organisation sind näher beschrieben von E. Caspar, Das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung und sein Geschäftsbereich, 1969, und von J. Latka / M. Werte, Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung, 1970. Siehe auch die Schrift Neuordnung des Rüstungsbereiches - Rahmenerlaß und Bericht des Organisationskomitees des BMVg zur Neuordnung des Rüstungsbereichs, 1971.
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teidigungsfall ist vorgesehen, die Zivilbediensteten zu Soldaten zu machen. Sie sind jedoch institutionell nicht selbständig, sondern in die jeweiligen Stäbe eingegliedert. Sie erfüllen ihre Verwaltungsaufgaben unter der Verantwortung des jeweiligen Kommandeurs oder Chefs des Stabes, der ihr Vorgesetzter ist. Als Verwaltungsstellen erhalten sie Anordnungen von ihren Vorgesetzten, stehen aber in Friedenszeiten nicht unter militärischem Befehl 20 . Der Truppenverwaltungsbeamte bei den Wirtschaftstruppenteilen erledigt entsprechend den Abgrenzungserlassen die Aufgaben im Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen. Nur er ist im Auftrag des Kommandeurs für Ausgaben anordnungsbefugt, er ist Beauftragter für den Haushalt. Ihm unterstehen eine von einem Soldaten verwaltete Zahlstelle und die von den Rechnungsführern (Feldwebeln) in den Kompanien geführten Nebenzahlstellen; er leitet die Rechnungsführer an. Im Gebührniswesen unterstützt er das Wehrbereichsgebührnisamt und bereitet eine Reihe von Zahlungen vor oder leistet sie. Er ist für das Verpflegungsgeld und für eine Reihe von Unterstützungen zuständig. Bei den Kommandobehörden berät der Leiter der Abteilung Verwaltung den Kommandeur und den Chef des Stabes in allen Verwaltungsangelegenheiten. Er bearbeitet federführend alle Verwaltungs-, Fürsorge- und Wirtschaftsangelegenheiten und ist Sachbearbeiter des Haushalts. Dienstvorgesetzter der in der Truppenverwaltung tätigen Beamten nach § 3 II BBG ist der Präsident der jeweiligen Wehrbereichsverwaltung. Soweit die Truppenverwaltung im Rahmen der Verwaltungszuständigkeit der territorialen Verwaltung tätig wird, also etwa im Gebührnis- oder Kassenwesen, unterliegt sie auch der Fachaufsicht der Wehrbereichsverwaltung. Die Tätigkeit ziviler Beamter in der Truppenverwaltung entlastet die militärischen Führer von den Verwaltungsaufgaben und ist den Erfordernissen einer rechtmäßigen Fachverwaltung angemessen. In der Praxis überwindbare Schwierigkeiten ergeben sich aus der Eingliederung nicht befehls-, sondern nur weisungsgebundener Stellen in den Kommandobereich und aus der engen Berührung zwischen Truppenverwaltung und -Versorgung. Die Deckung des Sachbedarfs der Truppe ist nämlich nicht nur ein Problem der haushaltsrechtlichen und beschaffungstechnischen Verwaltung, sondern zugleich unter dem Gesichtspunkt militärischer Effektivität ein Problem des Nachschubs und damit unter der Bezeichnung „Versorgung" (oder bei höheren Stäben „Logistik") eine militärische Aufgabe. 3. Das Bundesverteidigungsministerium als Spitze der Bundeswehr Die Leitung der Streitkräfte und der Bundeswehrverwaltung ist im Amt des Bundesministers der Verteidigung, der durch das Verteidigungsministerium unterstützt wird, zusammengefaßt. Daß die Wehrverwaltung einem parlamentarisch verantwortlichen Minister untersteht, entspricht den Regelungen in den Ländern des Reiahes vor dem I. Weltkrieg und in der Weimarer Republik und ist heute selbst20
Zur Gegenüberstellung von Befehl und Anordnung siehe Schulte a. a. O., S. 53 ff.
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verständlich. Der Oberbefehl über die Streitkräfte stand dagegen dem Kaiser und dann nach Art. 47 W R V dem Reichspräsidenten zu. Für die Gegenwart folgt nach der einen Auffassung die Unterstellung der Streitkräfte unter den BMVg schon aus Art. 65 S. 2 GG 2 1 , nach anderer Auffassung ist Art. 65 a GG, dem gemäß der BMVg die Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte hat, konstitutiv 22 . Ob ohne Art. 65 a G G die Auslegung von Art. 65 S. 2 G G ebenfalls zur Unterstellung der Streitkräfte geführt hätte, kann nicht sicher beurteilt werden. Die Sondervorschrift hat so jedenfalls Klarheit geschaffen. Mit dem Doppelausdruck „Befehls- und Kommandogewalt", der wohl einen Pleonasmus darstellt 23 , wird zugleich sichergestellt, daß alle Leitungsgewalt für die Streitkräfte dem Minister zusteht und daneben nicht noch ein besonderer Teil einer Militär-Leitungsgewalt kraft Natur der Sache originär bei militärischen Führern oder bei anderen Staatsämtern liegt. Mit dieser verfassungsrechtlichen Unterstellung unter den BMVg werden entsprechend der Staatsauffassung des G G die Streitkräfte voll in die politisch überwachte und geleitete Exekutive eingegliedert. Das Verteidigungsministerium ist wie Ministerien allgemein in Abteilungen untergliedert. Die Führungsstäbe Heer, Luftwaffe und Marine unter den jeweiligen Inspekteuren und der Inspekteur des Sanitätswesens sind als militärische Abteilungen dem Generalinspekteur als Hauptabteilungsleiter nachgeordnet, dem der Führungsstab der Streitkräfte für die Gesamtaufgaben untersteht. Entsprechend dem Rahmenerlaß des BMVg zur Neuordnung des Rüstungsbereichs vom 28. Januar 1971 untersteht dem Hauptabteilungsleiter für Rüstungsangelegenheiten der gesamte ministerielle Rüstungsbereich. Die früheren Abteilungen Verteidigungswirtschaft und Wehrtechnik sind in der Abteilung Rüstung, allerdings unter je einem stellvertretenden Hauptabteilungsleiter, vereinigt. Dem Hauptabteilungsleiter für Administrative Angelegenheiten sind die Abteilungen Verwaltung und Recht, Unterbringung und Liegenschaften und die Sozialabteilung nachgeordnet. Die Abteilungen Personal und Haushalt unterstehen ohne Dazwischentreten eines Hauptabteilungsleiters den beamteten Staatssekretären und endlich dem Minister 24 . Die Zusammenfassung der Militär- und der Verwaltungsabteilungen im Ministerium ermöglicht spätestens in dieser Instanz die Koordinierung zwischen den Zweigen der Bundeswehr. Trotz Einordnung in das Ministerium sind die Inspekteure der Teilstreitkräfte und deren Führungsstäbe und der Inspekteur des Sanitäts- und Gesundheitswesens seit dem 6. April 1970 gleichzeitig Kommandobehörden. Truppendienstlicher Vorgesetzter der Zentralen Militärischen Dienststellen ist der Stellvertreter des Generalinspekteurs. Der Generalinspekteur selbst hat diese Zuständigkeit nicht. Vertreter des BMVg ist nach § 14 G O B R e g z. Z. lt. 21 22 23
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So Dürig, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, Art. 65 a, Rdnr. 1 2 , 1 3 . So etwa Busch, S. 121; Erhardt, S. 67 f., 69 f. Siehe etwa Böckenförde, Die Organisationsgewalt im Bereich der Regierung, 1964, S. 153, 159; Dürig, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, GG, Art. 65 a, Rdnr. 20; a. A. Erhardt, S. 7 4 f f . ; dazu auch von Unruh, Befehls- und Kommandogewalt, in Fs. f. H. J. Wolff 1973, S. 109ff. (138ff.). Siehe dazu vor allem Mann und Weißbuch 1971/72, S. 114ff.; 138ff.
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Kabinettsbeschluß vom 29. 5. 1974 der Bundesminister des Auswärtigen, und zwar „einschließlich der Vertretung in der Befehls- und Kommandogewalt". Aus dem Bezug auf § 14 G O B R e g geht aber hervor, daß auch bei der Vertretung in der Befehlsgewalt durch den Bundesaußenminister nur die Vertretung in dem „regierungsrelevanten Teil dieser Befugnisse" umfaßt wird; die Vertretung in Ressortangelegenheiten, und darunter wird die Ausübung der Befehls- und Kommandogewalt in den meisten Fällen gehören, obliegt einem Staatssekretär 25 . Den Hauptabteilungsleitern, in militärischen Angelegenheiten also dem Generalinspekteur, ist die ständige Wahrung einer Reihe von Einzelaufgaben in Vertretung der Staatssekretäre übertragen. Mit Verkündung des Verteidigungsfalles geht die Befehls- und Kommandogewalt nach Art. 115 b G G auf den Bundeskanzler über; der Verteidigungsminister ist in jenem Bereich dann nicht mehr selbständiger Ressortchef. Um gerade in diesem Fall die Leitung der Streitkräfte und die der Bundeswehrverwaltung nicht zu trennen, wäre es zweckmäßig, dann ohne weitere organisatorische Änderung den BMVg als im Kommandobereich dem Kanzler unterstellt und als dessen Vertreter in seinen Funktionen zu belassen 26 .
4. Auswirkung der NATO-Integration auf die Organisation der Bundeswehr? Zur Vorbereitung der in Art. 5 I des Nordatlantikvertrages mit vorgesehenen kollektiven Verteidigung sind auf Grund der Beschlüsse des NATO-Rates vom 26. September 1950 und vom 22. Oktober 1954 2 7 Kommandobehörden der N A T O gebildet worden. Sie haben die Aufgabe, im Bündnisfall die ihnen unterstellten Großverbände der Vertragsstaaten operativ zu führen. Die übrigen Führungsbereiche Personalwesen, Feindlage und Sicherheit sowie Logistik bleiben auch dann in nationaler Zuständigkeit. Das operative Kommando geht nach den NATO-Planungen im Verlauf der Spannungszeit, spätestens bei Ausbruch der Feindseligkeiten, auf die alliierten Befehlshaber über. Die Auslösung der entsprechenden Alarmstufe unterliegt der Entscheidungsgewalt des betreffenden Mitgliedstaates - die Regelung entspricht Art. 5 I des Vertrages, wonach jeder Bündnispartner über die erforderlichen Abwehrmaßnahmen selbst entscheidet. Schon im Frieden haben die NATO-Kommandobehörden entsprechend dem Konzept der gemeinsamen Verteidigung hinsichtlich der ihnen für den Bündnisfall zur Verfügung gestellten (assignierten) Verbände nach den Beschlüssen des NATO-Rates und des Militärausschusses wichtige Befugnisse. Ihnen obliegt die operative Planung, sie können die Kommandostruktur der alliierten Kommandobehörde bestimmen, sie nehmen Einfluß auf die Dislozierung der Verbände, ertei25 26
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So BVerwGE 46, 55 (59 ff.), und dazu E. Klein, JuS 1974,362 ff. Siehe dazu Busch, S. 149 ff.; Dürig, in: Maunzl Dürigl Herzog I Scholz, GG, Art. 115b, Rdnr. 12; K. Ipsen, BK, Art. 115 b, Rdnr. 105 ff. Übersicht folgt vor allem K. Ipsen, Rechtsgrundlagen, S. 135 ff.; dort auch die Texte der Beschlüsse. Text des NATO-Vertrages: BGBl. 1955 II, S. 289.
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len den Regierungen Empfehlungen hinsichtlich Organisation, Ausbildung und Logistik, fordern Berichte an und inspizieren die Verbände. Die Bundesrepublik ist der Empfehlung des NATO-Rates von 1954, daß alle Einsatzverbände in Mitteleuropa der NATO assigniert werden, gefolgt. Bestimmte Verbände zur Luftabwehr unterstehen auch schon im Frieden operativ den NATO-Kommandobehörden. Die mit Soldaten der Mitgliedstaaten besetzten Ämter und Stäbe der zuständigen NATO-B efehlshaber sind für Schleswig-Holstein der dem Befehlshaber Nordeuropa nachgeordnete Commander Allied Forces Baltic Approaches (COMBALTAP) mit Befehlshabern für die Teilstreitkräfte COMLANDJUT, COMNAVBALTAP und COMAIRBALTAP. Die Verbände in den übrigen Gebieten unterstehen in den NATO-Heeresgruppen Nord bzw. Mitte (NORTHAG und CENTAG) oder in der 2. und 4. Taktischen Luftflotte der NATO (ATAF) dem übergeordneten Oberbefehlshaber Mitte CINCENT. In rein nationaler Zuständigkeit bleiben die Territoriale Verteidigung, die Basisorganisation der Logistik und die Ersatzbundeswehr, d. i. die für den Verteidigungsfall vorgesehene militärische Ersatz- und Ausbildungsorganisation. Die Organisationsprinzipien der Bündnisstreitkräfte ermöglichen so eine integrierte operative Führung im Bündnisfall. Ein erheblicher Teil der Befehls- und Kommandogewalt auch hinsichtlich der assignierten Verbände sowie der über die nicht unterstellten Teile der Streitkräfte bleibt selbst im Bündnisfall in der Hand des Ministers oder der des Bundeskanzlers nach Art. 115 b GG. Auch steht die Unterstellung der Einsatzverbände selbst in nationaler Entscheidungszuständigkeit.
III. Wehr-Dienstrecht 1. Begründung und Beendigung des Wehrdienstverhältnisses Nach § 1 SoldatenG 28 ist Soldat, wer in einem Wehrdienstverhältnis steht, in dem Staat und Soldat in gegenseitiger Treue verbunden sind. Es handelt sich um ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis, das manches mit dem gleichfalls so gekennzeichneten Beamtenverhältnis gemeinsam hat. Es wird begründet entweder auf Grund der Wehrpflicht oder auf Grund freiwilliger Verpflichtung bei Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit; das Dienstrecht dieser letzten Gruppe entspricht dem Beamtenrecht in höherem Maße als das Dienstrecht der Wehrpflichtigen. Das Dienstverhältnis der Soldaten auf Zeit und der Berufssoldaten darf nur begründet werden mit Deutschen, die die Gewähr für das Eintreten für die demokratische Grundordnung bieten und zum Soldaten geeignet sind; es ist zudem eine Planstelle erforderlich. Zum Soldaten darf nicht berufen werden, wer strafgerichtlich qualifiziert bestraft worden ist (§§ 37, 38 SoldatenG). Berufssoldaten können 28
Zum SoldatenG siehe vor allem M. Rittau, SoldatenG (Kommentar) 1957; W. Scherer / O. Meyer, SoldatenG und VorgesetztenVO, 5. Aufl. 1976.
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nur Offiziere und Unteroffiziere vom Feldwebel an aufwärts sein. Auf Zeit kann das Dienstverhältnis für längstens 15 Jahre, bei Mannschaften und Unteroffizieren jedoch nicht über das 40. Lebensjahr hinaus begründet werden (§§ 39, 40 SoldatenG). Wie bei Beamten ist zur Begründung des Dienstverhältnisses die Aushändigung einer Urkunde erforderlich; das gleiche gilt bei Beförderungen zum Unteroffizier und zu höheren Dienstgraden (§§ 41,42 SoldatenG). Die Berufssoldaten und die Soldaten auf Zeit erhalten Dienstbezüge nach dem BundesbesoldungsG. Nach § 47 BBesG können sie nach Maßgabe von Erschwernisverordnungen Erschwerniszulagen erhalten; Flieger-, Fallschirmspringer- oder Bordzulagen werden als Aufwandsentschädigung gewährt. Das Dienstverhältnis des Berufssoldaten endet regelmäßig mit dem Eintritt in den Ruhestand je nach Dienstgrad mit Vollendung des 53., 55. . . . 60. Lebensjahres (§§ 44, 45 SoldatenG). Er bezieht dann Ruhegehalt nach den §§ 15 ff. SoldVersG. Das Dienstverhältnis endet durch Entlassung nach näheren Bestimmungen, wenn die Voraussetzungen für die Begründung nicht vorlagen oder wegfallen, der Soldat die Eidesleistung verweigert oder wenn er bei Erreichen der Altersgrenze nicht die Mindesdienstzeit zurückgelegt hat. Auf Antrag ist der Berufssoldat zu entlassen, jedoch innerhalb der ersten sechs Offiziersdienstjahre nur unter erschwerten Voraussetzungen (§ 46 SoldatenG). Bei strafgerichtlicher Verurteilung zu einer qualifizierten Freiheitsstrafe verliert er nach § 48 SoldatenG die Rechtsstellung als Berufssoldat. Das Dienstverhältnis der Soldaten auf Zeit endet regelmäßig durch Zeitablauf. Unteroffiziere und Mannschaften erhalten gem. § § 4 - 1 0 SoldVersG während und nach ihrer Dienstzeit eine Berufsausbildung und werden im Rahmen der Berufsförderung in Stellen der Wirtschaft oder nach Erhalt eines Zulassungsscheines in solche des öffentlichen Dienstes vermittelt. Bei Dienstzeiten ab 4 Jahren werden 75 v. H. der letzten monatlichen Dienstbezüge für 6 Monate, bei einer Dienstzeit von 12 Jahren für 3 Jahre als Übergangsgebührnisse gezahlt. Als Übergangsbeihilfe wird je nach Dienstzeit das Mehr- oder Vielfache der monatlichen Dienstbezüge gezahlt (§§ 11,12 SoldVersG). Im September 1973 gehörten der Bundeswehr rund 250000 Berufs- und Zeitsoldaten und rund 222000 Wehrpflichtige sowie 4300 Wehrübende an. Für die Wehrpflichtigen und Wehrübenden wird das Wehrdienstverhältnis nach dem WehrpflichtG 29 durch Einberufungsbescheid der Kreiswehrersatzämter begründet (§§ 21, 23 WPflG). Die Folgepflicht gegenüber der Einberufung ergibt sich aus der Wehrpflicht, die nach § 3 I WPflG außer dem Wehrdienst die Pflicht umschließt, sich zu melden, vorzustellen, mustern zu lassen sowie bei der Entlassung oder später Bekleidungs- und Ausrüstungsstücke für den Gebrauch im Wehrdienst in Empfang zu nehmen und aufzubewahren. Wehrpflichtig sind deutsche Männer, die im Geltungsbereich des WPflG, also in den westdeutschen Bundesländern, ihren ständigen Aufenthalt haben oder zuletzt 29
Siehe dazu K. Zwingenberger, Wehrpflichtig 2. Aufl. 1963; W. Scherer / F. Krekeler, WehrpflichtG (Kommentar), 4. Aufl. 1974; G. Hahnenfeld, Wehrpflichtgesetz, 1962ff. (Loseblattausgabe). Eichler, Wehrersatzwesen, 3. Aufl. 1973.
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gehabt haben. Die Wehrpflicht erlischt oder ruht gemäß § 1 III W P f l G jedoch nicht, wenn ein schon Wehrpflichtiger seinen ständigen Aufenthalt aus d e m Geltungsbereich des Gesetzes ohne eine in § 3 II WPF1G geregelte Genehmigung herausverlegt. Die Wehrpflicht beginnt mit dem vollendeten 18. Lebensjahr und endet mit Ablauf des 45., bei Unteroffizieren und Offizieren sowie im Verteidigungsfall mit Ablauf des 60. Lebensjahres (§§ 1, 3 WPflG). Z u m Wehrdienst wird nicht herangezogen, wer dienstuntauglich oder entmündigt ist, wer wegen qualifizierter strafgerichtlicher Verurteilung vom Wehrdienst ausgeschlossen ist, wer durch einen gesetzlich genannten G r u n d davon befreit ist, wer vom Wehrdienst zurückgestellt oder unabkömmlich gestellt ist oder wer vom zivilen Bevölkerungsschutz oder d e m Bundesgrenzschutz in Anspruch genommen wird (§ § 9 - 1 3 a, 42 a WPflG). O b ein ungedienter Wehrpflichtiger f ü r den Wehrdienst zur Verfügung steht, wird im Musterungsverfahren von den Musterungsbehörden durch Bescheid entschieden (§§ 1 6 - 2 0 a WPflG). Z u m Wehrdienst nicht herangezogen wird ein Wehrpflichtiger, der „sich aus Gewissensgründen der Beteiligung an jeder Waffenanwendung zwischen Staaten widersetzt und deshalb den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert" (§ 25 WPflG). Mit der gesetzlichen Regelung wird sinnvollerweise Kriegsdienst als Wehrdienst verstanden. D e r Hinweis auf die Ablehnung „ j e d e r W a f f e n a n w e n d u n g " schließt die „situationsbedingte" Kriegsdienstverweigerung aus und erkennt nur die „absolute" als rechtlich erheblich an; das B V e r f G hat die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung bestätigt 3 0 . Über die A n e r k e n n u n g als Kriegsdienstverweigerer entscheiden Prüfungsausschüsse und - k a m m e r n in einem festgelegten V e r f a h r e n 3 1 . D e r als Wehrpflichtiger einberufene Soldat darf den militärischen Dienst erst verweigern, wenn er im förmlichen Verfahren als Kriegsdienstverweigerer rechtskräftig anerkannt worden ist. Gegenüber d e m Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung aus Art. 4 III G G ist die auch im Grundgesetz verfassungsrechtlich verankerte Verteidigungsaufgabe der Bundeswehr abzuwägen; dieser Abwägung entsprechend ist dem Antragsteller eine vorläufige Fortsetzung des militärischen Dienstes zuzumuten 3 2 . Kriegsdienstverweigerer haben statt des Wehrdienstes Zivildienst — früher: Ersatzdienst — nach dem Zivildienstgesetz 3 3 zu leisten 3 4 . Durch die Novelle zum Wehrpflichtgesetz vom 13. Juli 1977 (BGBl. I, S. 1229) änderte sich die Rechtslage dahingehend, daß ungediente Wehrpflichtige bereits aufgrund einer auf Art. 4 III G G bezugnehmenden Erklärung als Kriegsdienst30 31
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BVerfG E 12, 45; 23, 191 (204). §§ 26, 32 Abs. 4, 5 WPflG und oben S. 764. Siehe dazu näher G. Hahnenfeld, Kriegsdienstverweigerung, 1966; R. Zippelius, BK, Art. 4 III, Zweitbearbeitung, 1966, und das dort angegebene Schrifttum; das Verfahren ist mit Art. 4 III GG vereinbar, BVerfGE 28, 243; 32, 40; DÖV 1975, 66 (LS). So BVerfGE 28, 242 (256 ff.; 274 ff.) Das Gesetz über den zivilen Ersatzdienst vom 13. Januar 1960 ist am 9. August 1973 unter dem Titel Gesetz über den Zivildienst der Kriesdienstverweigerer neu bekannt gemacht worden - BGBl.. 1973 I, S. 1015. Jetzt gültig i. d. F. der Bekanntm. vom 7. November 1977 (BGBl. I, S. 2039). vgl. im einzelnen Riecker, NJW 1977, 2056 ff.
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Verweigerer anerkannt wurden (§ 25 a I WPflG). Für den Fall, d a ß die Zahl der Wehrpflichtigen zur Erfüllung des Verteidigungsbeitrages nicht ausreichen sollte, war die Wiedereinführung des Anerkennungsverfahrens (§ 26 WPflG) durch Rechtsverordnung vorgesehen (§ 25 a II WPflG). Das B V e r f G hat mit Urteil vom 13. April 1978 (NJW 1978, 1245) festgestellt, daß das Änderungsgesetz als mit Art. 3 I in Verbindung mit Art. 4 III, 1 2 a I, II und 78, 8 7 b II 1 G G unvereinbar nichtig ist. Einberufen werden die ungedienten Wehrpflichtigen entsprechend d e m Musterungsbescheid auf G r u n d der Einberufungsanordnung des Verteidigungsministers ( § 2 1 WPflG). Gegenwärtig ist die Z a h l der wehrtauglichen Angehörigen des jeweils zur Einberufung anstehenden Jahrgangs größer als der Bedarf der Streitkräfte an Wehrpflichtigen. Nach Abschaffung des Lossystems und entsprechend der Novelle zum Wehrpflichtgesetz von 1965 liegen den Einberufungen die detaillierten Personalanforderungen der Truppen zugrunde, die im Bundeswehrverwaltungsamt zu einem Bedarfsdeckungsplan zusammengefaßt und regional aufgeschlüsselt werden. Die Wehrpflichtigen werden von den Kreiswehrersatzämtern entsprechend den ihnen zugegangenen Anforderungen nach ihrer gemäß § 20 a W P f l G festgestellten Eignung einberufen 3 5 . Sie werden zum Grundwehrdienst, seit der Novelle zum Wehrpflichtgesetz von 1972 statt f ü r 18 nunmehr i. d. R. für 15 Monate einberufen. Z u m Ausgleich für die durch die Verkürzung der G r u n d wehrdienstzeit entstandene Verringerung der Präsenz ausgebildeter Soldaten in den Einheiten kann nach § 5 a W P f l G eine bis zu zwölf Monate dauernde V e r f ü gungsbereitschaft angeordnet werden. D a n n unterliegt ihr der Wehrpflichtige unmittelbar im Anschluß an die 15 Monate Grundwehrdienst; er kann während der Verfügungsbereitschaft im vereinfachten Verfahren nach § 23 I, III wieder in seine Einheit zurückberufen werden 3 6 . Gediente Wehrpflichtige werden nach Maßgabe des § 6 WPflG zu Wehrübungen durch Bescheid nach § 23 herangezogen. Im Verteidigungsfall wird zu unbefristetem Wehrdienst einberufen. D e r als Wehrpflichtiger dienende Soldat erhält während seines Wehrdienstes neben kostenloser U n t e r k u n f t , Dienstbekleidung und Heilfürsorge Wehrsold, nach Dienstgrad gestaffelt zwischen 5,50 und 19 D M täglich. Bei W e h r ü b u n g e n wird ein einem Gehalt ähnliches Übungsgeld gewährt (§§ 1—8 WehrsoldG). D e r Unterhalt von Angehörigen des Soldaten und in Ausnahmefällen auch nicht gedeckte Teile seines Unterhalts werden während des Dienstes als Wehrpflichtiger nach dem UnterhaltssicherungsG durch Geldleistungen gesichert. Das Wehrdienstverhältnis eines Soldaten kraft Wehrpflicht endet durch Entlassung regelmäßig mit Ablauf der im Einberufungsbescheid festgesetzten Zeit, wenn nicht Wehrdienst während der Verfügungsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst 35
Siehe dazu Hahnenfeld, Aufl. 1973, S. 78.
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Siehe dazu Hahnenfeld, WehrpflichtG, Erläuterungen zu § 6 a alter Fassung. Bedenken gegen die unterschiedliche Inanspruchnahme von Wehrpflichtigen und Zivildienstleistenden erheben K. Ipsen / J. Ipsen, BK, Art. 12 a, Rdnr. 125 ff. im Hinblick auf Art. 12 a II S. 2 G G .
WehrpflichtG, § 21, Randnr. 2 - 7 ; Eichler, Wehrersatzwesen, 3.
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angeordnet oder der Verteidigungsfall eingetreten ist. Der Soldat wird weiterhin nach dem langen Katalog von Gründen in § 29 WPflG entlassen, wenn er auch als Berufs- oder Zeitsoldat aus dem Wehrdienst ausscheiden würde oder wenn die Voraussetzungen der Einberufung wegfallen. Bei qualifizierter gerichtlicher Bestrafung wird er aus der Bundeswehr ausgeschlossen (§ 30 WPflG). Nach seiner Entlassung untersteht er der Wehrüberwachung wie auch ein ungedienter Wehrpflichtiger nach der Musterung (§ 24 WPflG).
2. Der Status der Soldaten Die Rechtsstellung des Soldaten ist im SoldatenG 37 zusammenfassend sowohl für die Wehrpflichtigen wie für die Berufssoldaten und die Soldaten auf Zeit geregelt. Der Soldat hat nach § 7 SoldatenG die nach § 9 durch Eid oder Gelöbnis zu bekräftigende Grundpflicht, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen. Er muß gem. § 8 die freiheitlich-demokratische Grundordnung anerkennen und für sie eintreten. Inner- und außerhalb des Dienstes muß er in seinem Verhalten dem Ansehen der Bundeswehr sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Dienst als Soldat erfordern (§§17 I—III, 10 VI SoldatenG). Auf die Besonderheiten der Führung im militärischen Bereich zugeschnitten erlegt § 10 SoldatenG den Vorgesetzten die Pflichten auf, Beispiel zu geben, Dienstaufsicht zu führen, für die Untergebenen zu sorgen sowie nur zu dienstlichen Zwecken und rechtmäßig Befehle zu erteilen. § 11 verpflichtet den Untergebenen zum Gehorsam. Die Wahrheitspflicht wird in § 131 betont; sie steht wie die Gehorsamspflicht und eine Reihe von Vorgesetztenpflichten nach § 42 WehrStrafG unter strafrechtlicher Sanktion. Der Charakter der Streitkräfte und ihrer Gliederungen als Personalverbände mit einem potentiellen Kampfauftrag bringt eine besondere Vorsorge für das Verhältnis der Soldaten zueinander mit sich, insbesondere, wenn das gemeinsame Wohnen und Verpflegen nach § 18 SoldatenG angeordnet ist. So erlegt § 12 SoldatenG unter dem Gesichtspunkt der Kameradschaft die Pflicht auf, den anderen Soldaten zu achten und ihm beizustehen. Zur Vermeidung persönlicher Spannungen darf sich der Soldat innerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen politisch nur zurückhaltend betätigen; bei einer politischen Veranstaltung darf er keine Uniform tragen (§ 15 II, III SoldatenG). Sonst stehen ihm die staatsbürgerlichen Rechte jedoch, wie § 6 SoldatenG betont, voll zu 38 . Im Gegensatz zu den Soldaten der Weimarer Republik hat er das aktive Wahlrecht; in der Wählbarkeit steht er den Beamten bis auf die Meldepflicht über seine Kandidatur gem. § 25 SoldatenG gleich. 37 38
Schrifttum siehe Anm. 28. Siehe dazu Lerche, Grundrechte der Soldaten, GRe IV/1, S. 4 4 7 - 5 3 5 ; K. Ipsen, BK, Art. 17 a, bes. Rdnr. 79 ff.
Ipsen/J.
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Es entspricht dem Verständnis des Soldaten als eines Staatsbürgers in Uniform und auch der Pflicht zum Eintreten für die Staatsordnung nach § 8 SoldatenG, daß er unter Beachtung der gebotenen Beschränkungen am politischen Leben teilnimmt. Dem Staat ist es dagegen verwehrt, mit seinen Einrichtungen parteipolitisch tätig zu werden. Folgerichtig ist eine Betätigung für oder gegen eine politische Richtung im Dienst untersagt; ein Soldat darf von seinem Vorgesetzten oder im staatsbürgerlichen Unterricht nicht zugunsten oder zuungunsten einer politischen Richtung beeinflußt werden ( § § 1 5 1 , IV; 33 SoldatenG). Im übrigen ist die allgemeine Rechtsstellung der Soldaten ähnlich oder entsprechend geregelt wie die der Beamten. Hinzuweisen ist so auf die Vorschriften über die Verschwiegenheit (§ 19), die Nebentätigkeit (§ 20), das Verbot der Dienstausübung (§ 22), die Lauf bahn Vorschriften (§ 27) und auch das jetzt analog dem Beamtenrecht geregelte Recht auf Einsicht in die Personalakten (§ 29 SoldatenG). In militärischen Schulen und Einheiten wählen Soldaten Vertrauensmänner, die sich um die verantwortungsvolle Zusammenarbeit zwischen Vorgesetzten und Untergebenen und um die Erhaltung des kameradschaftlichen Vertrauens bemühen; in Dienststellen, die nicht Schulen, Einheiten oder Verbände sind, wählen auch Soldaten Vertretungen nach dem Personalvertretungsgesetz (§ 35 SoldatenG). 3. Beschwerde- und Disziplinarrecht Die Eigenart des militärischen Dienstes, insbesondere unter den Maximen der Effektivität, der Flexibilität und der Bereitschaft, bringt es mit sich, daß die rein innerdienstliche Anordnung von militärischem Amt zu militärischem Amt, sozusagen das militärische Betriebsverhältnis, sich von der Einwirkung auf die Person des Soldaten häufig nicht trennen läßt. Die persönliche Rechtsstellung des Soldaten wird deshalb sinnvollerweise nicht dadurch rechtsstaatlich gesichert, daß die auch diesen Bereich berührenden Anordnungen als Verwaltungsakte angesehen und so in das allgemeine Rechtsschutzsystem eingeordnet werden, sondern dadurch, daß dem Soldaten gem. § 34 SoldatenG nach Maßgabe der WehrbeschwerdeO 3 9 ein weites Beschwerderecht zuerteilt ist: Nach § 1 WBO kann ein Soldat sich beschweren, wenn er glaubt, von Vorgesetzten oder von Dienststellen der Bundeswehr unrichtig behandelt oder durch pflichtwidriges Verhalten von Kameraden verletzt zu sein. Mit der Beschwerde wird also nicht nur gegen rechtswidrige, sondern auch gegen unrichtige, nach dem Wortlaut von § 13 WBO „unsachgemäße" Befehle und Maßnahmen vorgegangen. Es entspricht den Vorstellungen vom Verhältnis zwischen den Soldaten und von dem in der Bundeswehr angestrebten Führungsstil, wenn § 4 WBO ausdrücklich die Möglichkeit vorsieht, daß vor der Beschwerde ein Soldat, der sich persönlich gekränkt fühlt, einen von ihm zu wählenden Vermittler mit dem Bemühen um einen gütlichen Ausgleich beauftragen kann. Dem Beschwerdeführer ist auch nach § 4 V WBO Gelegenheit zu geben, im Rahmen einer Aussprache seinen Standpunkt darzulegen. 39
Dazu D. W. Oetting/ J. Schreiber, Wehrbeschwerdeordnung, 4. Aufl. 1973; H. V. Böttcher / K. Dau, Wehrbeschwerdeordnung (Kommentar), 2. Aufl. 1971.
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Die Beschwerde wird beim nächsten Disziplinarvorgesetzten des Beschwerdeführers — das kann ein Kompaniechef oder ein übergeordneter Offizier als dienstlicher Vorgesetzter sein - schriftlich oder zur Niederschrift eingelegt; über sie entscheidet der Disziplinarvorgesetzte des Betroffenen, über den Beschwerde geführt wird. Ist der nächste Disziplinarvorgesetzte des Beschwerdeführers danach nicht zur Entscheidung über die Beschwerde zuständig, dann kann die Beschwerde auch bei der dann zuständigen Stelle eingelegt werden. Ausuferungen werden dadurch vermieden, daß die Beschwerde frühestens nach einer Nacht seit Kenntnis des Beschwerdegrundes und nur binnen 2 Wochen erhoben werden kann; sie kann zurückgenommen werden. Gegen dienstliche Beurteilungen ist die Beschwerde unzulässig (§§ 5, 9, 6, 8 , 1 III WBO). Die Beschwerde hat gem. § 3 W B O keine aufschiebende Wirkung, ausgenommen die Beschwerde gegen Disziplinarmaßnahmen gem. § 38 W D O . Der Beschwerdebescheid ergeht schriftlich und begründet. Unzulässige oder unsachgemäße Befehle oder Maßnahmen sind aufzuheben oder zu ändern, von ausgeführten ist festzustellen, daß sie nicht hätten ergehen dürfen; unterbliebene Maßnahmen und Entscheidungen sind, wenn möglich, nachzuholen. Gegen den Beschwerdebescheid kann der Beschwerdeführer fristgebunden weitere Beschwerde zum nächsthöheren Disziplinarvorgesetzten bzw. zur nächsthöheren Behörde der Bundeswehrverwaltung einlegen (§§ 1 2 , 1 3 , 1 6 WBO). Gegen einen ablehnenden Bescheid auf die weitere Beschwerde hin kann der Beschwerdeführer, wenn er sich gegen die Verletzung von Rechten oder von Vorgesetztenpflichten ihm gegenüber beschwert, die in den §§ 6 - 3 6 SoldatenG genannt sind, die Entscheidung des Truppendienstgerichts gem. §§ 17, 19, W B O beantragen. Das Gericht entscheidet dann über die Beschwerde und schließt insoweit nach § 17 II W B O die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte aus. Nicht die Truppendienstgerichte, sondern die Verwaltungsgerichte entscheiden über Beschwerden, die die Haftung der Soldaten gegenüber dem Bund (§ 24 SoldatenG), deren Wahlrecht (§ 25 SoldatenG) oder deren Bezüge und die Fürsorge (§§ 30, 31 SoldatenG) betreffen. Mit der WehrbeschwerdeO wird der allgemeine Rechtsbehelf der Beschwerde formalisiert und besonders dem Schutz der persönlichen Stellung des Soldaten dienstbar gemacht. Die Beschwerde hat, da sie auch gegen unsachgemäße Befehle und Maßnahmen zulässig ist, einen weiten Schutzbereich; ihr Einmünden in ein gerichtliches Verfahren hinsichtlich des Rechtsschutzes enthebt die Praxis und die Wissenschaft weitgehend schwieriger Abgrenzungsprobleme zwischen innerdienstlichen und eingreifenden Akten. Neben dem Rechtsbehelf der Beschwerde kann sich der Soldat zum Schutze seiner Grundrechte unmittelbar ohne Einhaltung des Dienstweges an den Wehrbeauftragten des Bundestages wenden. Die Befugnisse des Wehrbeauftragten, der als parlamentarisches Hilfsorgan die Aufgaben aus Artikel 45 b G G wahrzunehmen hat, sind im Gesetz über den Wehrbeauftragten des Bundestages vom 26. 6. 1957 (BGBl. I, S. 652) geregelt. Zur Sicherung von Gehorsam und Disziplin dient das Wehrdisziplinarrecht. Die Wehrdisziplinarordnung von 1957 wurde durch Gesetz zur Neuordnung des
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Wehrdisziplinarrechts vom 21. 8.1972 (BGBl. I, S. 1481) wesentlich geändert und dann neu bekannt gemacht (BGBl. I, S. 1669). Die Neufassung läßt den Erziehungsgedanken gegenüber dem Prinzip der Ahndung mehr hervortreten 4 0 . Die W D O regelt nicht nur die Ahndung von Dienstvergehen durch Disziplinarmaßnahmen, sondern sieht auch die Würdigung besonderer Leistungen durch förmliche Anerkennungen vor. Die förmliche Anerkennung kann im Kompanie- oder Tagesbefehl ausgesprochen oder im Ministerialblatt des BMVg veröffentlicht werden; mit der förmlichen Anerkennung kann ein Sonderurlaub gewährt werden. Ein Dienstvergehen, das ist gem. § 23 SoldatenG eine schuldhafte Verletzung soldatischer Pflichten, kann durch den Disziplinarvorgesetzten mit einfachen Disziplinarmaßnahmen oder durch die Wehrdienstgerichte im disziplinargerichtlichen Verfahren geahndet werden (§§ 18, 54 WDO). Die Bedingungen des militärischen Dienstes mit soldatischer Ordnung und dem Erfordernis der Einsatzbereitschaft sowie das enge Zusammenleben von Soldaten, die nicht nur freiwillig dienen, auch außerhalb des Dienstes, läßt eine Disziplinargewalt der militärischen Vorgesetzten in den Streitkräften aller Länder erforderlich erscheinen, die über die entsprechende Dienststrafgewalt von vorgesetzten Beamten hinausgeht. Außer den auch beamtenrechtlich vorgesehenen Disziplinarmaßnahmen Verweis und Geldbuße kann gegen Soldaten Ausgangsbeschränkung und sogar Disziplinararrest verhängt werden (§ 1 8 - 2 2 W D O ) . Wenn es zur Aufrechterhaltung der Disziplin notwendig ist, kann der Disziplinarvorgesetzte Soldaten wegen eines Dienstvergehens vorläufig festnehmen (§ 17 W D O ) . Über eine einfache Disziplinarmaßnahme entscheidet der nächstzuständige Disziplinarvorgesetzte, d. h. der Einheits- und Verbandsführer vom Kompaniechef aufwärts. Nach der neuen W D O kann der Kompaniechef, der früher nicht mit Disziplinararrest bestrafen durfte, gegen Unteroffiziere und Mannschaften Disziplinararrest bis zu 7 Tagen, der Bataillonskommandeur bis zu 21 Tagen verhängen; gegen Offiziere kann Disziplinararrest nur vom Regiments- oder Brigadekommandeur an aufwärts verhängt werden (§ 24 W D O ) . Entsprechend Art. 104 II G G kann Disziplinararrest jedoch erst verhängt werden, wenn der Richter beim Truppendienstgericht die Maßnahme für rechtmäßig erklärt hat (§ 36 WDO). Der zuständige Disziplinarvorgesetzte entscheidet darüber, ob und wie disziplinar geahndet werden soll, ohne daß ihm darüber Befehle erteilt werden können ( § 3 1 W D O ) . Er kann eine Disziplinarmaßnahme erst nach Ablauf einer Nacht seit Kenntnis des Dienstvergehens verhängen. Die Disziplinarmaßnahme wird durch dienstliche Bekanntgabe an den Beschuldigten verhängt (§ 33 W D O ) . Gegen Disziplinarmaßnahmen ist die Beschwerde nach der W B O an den Disziplinarvorgesetzten des Verhängenden gegeben. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Truppendienstgericht, das Rechtsfragen dem Wehrdienstsenat vorlegen kann (§ 38 Ziff. 6 WDO).
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Zu den Änderungen siehe E. Lindgen, RiA 1973, S. 25 ff. Allgemein zur W D O siehe F. Hodes, Wehrdisziplinarordnung in der Neufassung vom 4. September 1972 (Kommentar), 4. Aufl. 1973; F. Faust, Einführung in das Wehrdisziplinarrecht, 1966.
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Die gerichtlichen Disziplinarmaßnahmen werden von den Truppendienstgerichten als Wehrdienstgerichten verhängt. Aus den sonst auch im Beamtenrecht bekannten Maßnahmen hebt sich die Dienstgradherabsetzung heraus (§ 54 I Ziff. 3 WDO). Da die Wehrdienstgerichte auch einfache Disziplinarmaßnahmen verhängen können, steht ihnen auch der Disziplinararrest zur Verfügung. Laufbahnstrafen, die dem Soldaten das Aufsteigen im Gehalt versagen oder ihn in eine niedrigere Dienstaltersstufe einstufen, sind in der neuen WDO nicht mehr vorgesehen. Die Kammern der Truppendienstgerichte entscheiden in der Hauptverhandlung mit einem richterlichen Vorsitzenden und zwei Soldaten als ehrenamtlichen Richtern; einer gehört der Dienstgradgruppe des Beschuldigten und möglichst seiner Laufbahn an, der zweite muß einen höheren Dienstgrad haben und mindestens Stabsoffizier sein (§§ 69ff. WDO). Im Wehrdisziplinarverfahren ist die Mündlichkeit der Verhandlung betont, im übrigen ist es entsprechend dem beamtenrechtlichen Dienststrafverfahren geregelt. Berufungsinstanz sind die Wehrdienstsenate mit dem Sitz in München, die zum Bundesverwaltungsgericht gehören. Sie entscheiden in der Hauptverhandlung mit drei Richtern und zwei ehrenamtlichen Richtern.
IV. Materielle Rechtsgrundlagen des Handelns der Bundeswehr gegenüber Dritten 1. Rechtsgrundlagen des Handelns der Bundeswehrverwaltung Die bei der Übersicht über die Organisation der Bundeswehrverwaltung gegebenen Hinweise auf deren Aufgaben lassen erkennen, daß ein erheblicher Teil ihres Verwaltungshandelns keine rechtlichen Auswirkungen gegenüber anderen Rechtsträgern hat. Beispiele sind die Personal- und Bedarfsplanungen oder die Lagerung, Pflege und auch Ausgabe von Material; auch die interne Haushaltsverwaltung hat keine rechtliche Außenwirkung. Die Beschaffungsaufgaben werden vorwiegend auf zivilrechtlicher Grundlage auf dem Wege über Kauf- oder Werkverträge und Miet- und Pachtverträge erfüllt 41 , so daß es auch hierfür keiner besonderen materiell-rechtlichen Grundlage nach dem Grundsatz von der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung bedarf. Eigene Rechtsträger sind im Verhältnis zum Bund die Beamten und Soldaten der Bundeswehr. Ihnen gegenüber ergehen Personalverwaltungsakte auf Grund des Beamten- oder des Wehrdienstrechts. Sie sind gemäß § 59 SoldatenG, nach einer als Vorverfahren geltenden zweistufigen Beschwerde (§ 22 Abs. 2 WBO), vor den Verwaltungsgerichten anfechtbar, soweit der Rechtsschutz nicht gemäß § 17 Abs. 1 WBO den Truppendienstgerichten übertragen ist. Besondere Eingriffsrechte sind der Bundeswehrverwaltung für die Sach- und Leistungsbeschaffung für Verteidigungszwecke sowie bei der Erklärung von 41
So auchBVerwGDVBl. 1971,111.
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Schutzbereichen übertragen. Nach dem BundesleistungsG können insbesondere zu Zwecken der Verteidigung als Leistungen die Überlassung von beweglichen Sachen zum Gebrauch oder Eigentum, die Überlassung von Grundstücken und von Nachrichtenmitteln und das Erbringen von Werkleistungen angefordert werden, wenn der Bedarf anders nicht adäquat gedeckt werden kann (§§ 1 - 3 BLG). Anforderungsbehörden sind nach § 5 I BLG und § 1 I der VO über die Anforderungsbehörden zunächst die Behörden der Landkreise und der kreisfreien Städte. Die Bundeswehrverwaltung ersucht diese Behörden um die Beschaffung. Erst im Verteidigungsfall oder nach einer Feststellung der BReg, daß dies zur beschleunigten Herstellung der Verteidigungsbereitschaft notwendig ist, können bestimmte in § 5 II BLG aufgezählte Leistungen von den Behörden der territorialen Bundeswehrverwaltung angefordert werden. Die Behörden der Bundeswehrverwaltung können solche Leistungen auch vorher für den Verteidigungsfall oder einen noch festzusetzenden Zeitpunkt nach seiner Verkündung oder nach der Erklärung der BReg durch Bereitstellungsbescheid anfordern (§ 36 III BLG). Leistungsbescheide und Bereitstellungsbescheide sind Verwaltungsakte, die nach den Vorschriften der VwGO angefochten werden können. Die Berufung gegen Urteile der Verwaltungsgerichte ist gem. § 46 BLG beschränkt. Für die angeforderten Leistungen ist eine Entschädigung oder Ersatz zu leisten. Kommt eine Einigung nicht zustande, wird die Entschädigung oder die Ersatzleistung von der Anforderungsbehörde durch Bescheid festgesetzt ( § 5 1 III BLG). Gegen den Festsetzungsbescheid kann Beschwerde eingelegt werden, über die die Aufsichtsbehörde entscheidet; gegen die Beschwerdeentscheidung kann Klage zum Landgericht erhoben werden (§ 58 BLG). Mit der Erklärung zum Schutzbereich wird die Nutzung von Grundstücken nach dem SchutzbereichsG 43 beschränkt, um so Verteidigungsanlagen zu schützen oder deren Wirksamkeit zu erhalten. Für die Erklärung zum Schutzbereich ist der BMVg zuständig, die übrigen notwendigen und nach dem Gesetz zulässigen Maßnahmen werden von den Wehrbereichsverwaltungen vorgenommen (§ 9 SchutzberG). Für Vermögensnachteile ist eine Entschädigung zu leisten, die von landesrechtlich bestimmten Festsetzungsbehörden festzusetzen ist. Gegen den Festsetzungsbescheid ist nach Beschwerde Klage zum Landgericht zulässig (§§ 1 2 - 2 5 SchutzberG). Gegen Verwaltungsakte der Schutzbereichsbehörden ist gem. § 26 der Rechtsschutz nach der VwGO gegeben. Nicht in dem Gesetz geregelt und Umstritten ist, ob auch die Anordnung des Schutzbereichs durch den BMVg als Verwaltungsakt anfechtbar sein soll. Es besteht Einigkeit darüber, daß die Anordnung keine Verordnung ist, weil sie als solche den Anforderungen des Art. 80 G G nicht entspricht. Nach Meinung mancher ist sie als „rechtsetzender Regierungsakt" unanfechtbar 4 4 ; nach anderer Meinung ist sie als Allgemeinverfügung ein 42
43
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Dazu B. Bauch / B. Danckelmann / H. Kerst / A. Dimpker, BundesleistungsG, 2. Aufl. 1965; E. Oestreicher, BundesleistungsG, 1957. Dazu B. Bauch / R. Schmidt, Landbeschaffungs- und SchutzbereichsG, 1957; R. von Schalburg, Landbeschaffungs- und SchutzbereichsG, 1957. So B. Bauch / R. Schmidt, S. 138f; auch noch Reinfried, a. a. O., in der 2. Aufl. 1964, S. 169 f, während in der 3. Aufl. dazu keine Aussagen mehr gemacht werden.
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anfechtbarer Verwaltungsakt 45 . Sie ist wohl als ein in der Rechtsnatur einer Widmung ähnlicher Verwaltungsakt anzusehen. Zu den Wehr-Leistungsgesetzen gehört auch das G über die Landbeschaffung für Aufgaben der Verteidigung. Es ist wie ein klassisches Enteignungsgesetz ausgestaltet. Enteignungsbehörde ist nach § 28 des Gesetzes jedoch eine Landesbehörde; der Bund ist im Enteignungsverfahren nach § 29 I Ziff. 1 nur Beteiligter. Ein Eingriffsrecht ist danach der Bundeswehrverwaltung im Landbeschaffungsgesetz nicht übertragen.
2. Rechtsgrundlagen des Handelns der Streitkräfte Die Streitkräfte oder ihre Untergliederungen handeln in der Regel nicht mit rechtlicher Verbindlichkeit für Rechtsträger außerhalb der staatlichen Organisation des Bundes. Von der Betrachtung ausgeschlossen bleiben hier zudem die Handlungen gegenüber dem Feind, den Angehörigen seiner Streitkräfte oder seiner Bevölkerung auf Grund des Völkerrechts. Dienststellen oder Funktionsträger der Bundeswehr treten jedoch in Ausnahmefällen mit dem Anspruch auf, Dritten gegenüber rechtsverbindliche Akte zu setzen 46 . Für den Erlaß derartiger belastender Hoheitsakte bedürfen auch die Streitkräfte einer gesetzlichen Grundlage. Eine Grundlage solcher Akte bietet zunächst das G über die Anwendung unmittelbaren Zwanges durch die Bundeswehr 4 7 (UZwGBw), das die Befugnisse der Bundeswehr zu ihrer eigenen Sicherung normiert. Es umfaßt nicht nur Bestimmungen darüber, in welchen Fällen und wie Zwangsmittel eingesetzt werden dürfen, sondern enthält auch die Rechtsgrundlagen für die Akte, die mit Zwang durchgesetzt werden. § 2 II UZwGBw ermächtigt Dienststellen der Bundeswehr, das Betreten militärischer Bereiche zu verbieten und sonstige örtlichkeiten vorübergehend zu sperren, wenn das zur Erfüllung von Bundeswehraufgaben unerläßlich ist; die gesperrten Bereiche und Örtlichkeiten sind militärische Sicherheitsbereiche. Wer einen militärischen Sicherheitsbereich betreten will oder hat, kann angehalten und überprüft werden. Kann seine Person oder Aufenthaltsberechtigung nicht sofort festgestellt werden oder besteht Verdacht auf eine strafbare Handlung gegen die Bundeswehr, kann er zum Wachvorgesetzten gebracht werden. Bei Straftatverdacht kann der Verdächtige, wenn die Haftbefehlsvoraussetzungen vorliegen, vorläufig festgenommen werden, er kann durchsucht, besondere Gegenstände können beschlagnahmt werden (§§ 4—7 UZwGBw). Um eine dieser Maßnahmen oder eine Festnahme nach § 127 I StPO durchzusetzen, eine akute Straftat gegen die Bundeswehr zu verhindern oder eine rechtswidrige Störung des 45 46
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So z. B. R. von Schalburg, S. 94 f. Für eine Übersicht über die einzelnen Arten von Verwaltungsakten und ihre Rechtsprobleme siehe G. Lehnguth, Die Verwaltungsakte der Streitkräfte gegenüber dem Bürger, Diss. Göttingen 1973, S. 73 ff. Dazu E. Jess / S. Mann, G über die Anwendung unmittelbaren Zwanges durch die Bundeswehr, 1966.
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Dienstes, die die Bereitschaft oder Sicherheit der Truppe gefährdet, zu beseitigen, kann gem. § 9 unmittelbarer Zwang nach Maßgabe der §§ 10—18 angewandt werden. Handelnde sind Soldaten mit Wach- und Sicherheitsaufgaben oder auch zivile Wachpersonen. Sowohl das Sperren von militärischen Bereichen und von anderen örtlichkeiten wie auch die Maßnahmen zur Personenüberprüfung und die Festnahme müssen als Verwaltungsakte angesehen werden 48 , die nach der Verwaltungsgerichtsordnung angefochten werden können. Wenn auch im UZwGBw eine in den Polizei- und Ordnungsgesetzen übliche Bestimmung, daß die unmittelbare Ausführung dem Erlaß einer Verfügung gleichsteht, fehlt, so wird man dennoch in dem Ausführungsakt gleichzeitig einen Verwaltungsakt sehen müssen. Zweifelhaft erscheint nur, ob auch die sofortige Anwendung unmittelbaren Zwanges zur Verhinderung von Straftaten oder Störungen nach § 9 Ziff. 1, 2 UZwGBw, also eine Abwehrhandlung, so konstruiert werden muß, daß sie von einem konkludent geäußerten Verwaltungsakt begleitet ist49. Entsprechend den Parallelregelungen in den Polizeigesetzen und zur Gleichstellung im Rechtsschutz im Vergleich zum Rechtsschutz gegen die anderen Maßnahmen nach dem UZwGBw wird man auch bei dieser Form des sofortigen Zwanges einen Verwaltungsakt annehmen müssen, der konkludent mit der Handlung des sofortigen Vollzuges erlassen wird 50 . Ermächtigungen an Dienststellen und Funktionsträger der Streitkräfte zum Erlaß von Verwaltungsakten finden sich auch in anderen Gesetzen. So dürfen etwa nach § 68 I BLG „Truppen . . . Grundstücke überqueren, . . . oder zeitweilig sperren". Sperren bedeutet hier den Erlaß eines rechtlichen Verbotes, das Grundstück zu betreten, mithin den Erlaß eines Verwaltungsaktes. Aus den Vorrechten der Streitkräfte nach § 35 Abs. 1 StVO ist eine Zuständigkeit zur Verkehrsregelung zur Sicherung der Bewegungsfreiheit der marschierenden Truppe nicht herzuleiten 51 . Der Vorrang der Streitkräfte folgt unmittelbar aus § 35 StVO, und es genügt in der Praxis, wenn die Streitkräfte bei Inanspruchnahme des Verkehrsvorrechts durch Angehörige der besonders ausgebildeten Feldjäger-Truppe auf das Vorrecht durch Zeichen jeweils hinweisen. Für den Verteidigungsfall und den Spannungsfall ermächtigt Artikel 87 a III GG die Streitkräfte jedoch ausdrücklich zu einer Verkehrsregelung, soweit dies zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrags erforderlich ist. Diese Verkehrsregelung ist mit Verwaltungsakten verbunden 52 . Gleichfalls nach Art. 87 a III und IV GG kann den Streitkräften im Verteidigungs- und Spannungsfall oder im inneren Notstand der Schutz ziviler Objekte übertragen werden. Gleichgültig, ob die Objekte zur Erfüllung des Verteidigungsauftrages oder zur Unterstützung polizeilicher Maßnahmen geschützt werden 48 50 51
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So auch E. Jess / 5. Mann, S. 51 f. 4 9 So E. Jess / S. Mann, S. 52. Siehe Lenguth, a. a. O., S. 102 ff. So richtig Lenguth a. a. O., S. 114 und P. Karpinski, öffentlich-rechtliche Grundsätze für den Einsatz im Staatsnotstand, 1974, S. 57; a. A.: K. Ipsen, BK, Art. 87 a, Rdnr. 86. Dazu K. Ipsen, BK Art. 87 a, Rdnr. 8 6 - 9 1 ; Dürig, in: Maunz / Dürig / Herzog / Scholz, Grundgesetz, Art. 87 a, Rdnr. 55; 88; Lenguth a. a. O., S. 145ff.; Karpinski a. a. O., S. 65 ff.
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sollen, würde der Zugang zu ihnen abgesperrt oder beschränkt werden; die Verbote würden letztlich mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt. Fraglich ist, nach welcher gesetzlichen Grundlage die erforderlichen Verwaltungsakte erlassen würden. Landespolizeirecht kommt schon deshalb nicht in Frage, weil der Vollzug von Landesgesetzen durch die Bundesexekutive nach der Rechtsprechung des BVerfG schlechthin ausgeschlossen ist 53 . Die Akte müßten unmittelbar auf Grund der Verfassungsbestimmungen ergehen, und zwar in den im UZwGBw vorgesehenen Formen. Es wäre allerdings notwendig, den Anwendungsbereich des Gesetzes über das Militärische hinaus auf die Aufgaben der Streitkräfte nach Art. 87 a GG zu erweitern 54 .
" BVerfGE 2 1 , 3 1 2 (325). Siehe dazu K. Ipsen, BK, Art. 87a, Rdnr. 1 1 5 - 1 3 3 ; auch E. Jess / S. Mann, S. 68f.; Lehnguth, a. a. O., S. 142 ff.
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D R E I Z E H N T E R ABSCHNITT Gerhard Hoffmann
Internationales Verwaltungsrecht Literatur W. K. Geck, Anerkennung fremder Hoheitsakte, WVR, Bd. I, i960, S. 55 ff. A. Heldrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, 1969. E. Isay, Internationales Verwaltungsrecht, in: HWBd.Rechtswiss. Bd. III, 1928, S. 344 ff. K. Neumeyer, Internationales Verwaltungsrecht, Bd. IV, Allg. Teil, 1936. O. Sandrock, Neue Entwicklungen im Internationalen Verwaltungs-, insbes. im internationalen Kartellrecht, Zf. vergl. Rechtswiss. 69 (1967), S. lff. H.-J. Schlochauer, Die extraterritoriale Wirkung von Hoheitsakten nach dem öffentlichen Recht der Bundesrepublik Deutschland und nach internationalem Recht, 1962. H.-J. Schlochauer, Internationales Verwaltungsrecht, in: Die Verwaltung (Hrsg. F. Giese) Bd. 2 Va 3 H. 49. J. Schulze, Das öffentliche Recht im internationalen Privatrecht, 1972. E. Steindorff, Internationales Verwaltungsrecht, in: WVR, Bd. III, 1962, S. 581 ff. F. Stier-Somlo, Grundprobleme des internationalen Verwaltungsrechts, Revue Internationale de la Théorie du Droit 5 (1930/31), S. 222 ff. K. Vogel, Der räumliche Anwendungsbereich der Verwaltungsnormen, 1965.
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Inhalt I. Einführung 1. Völkerrecht, supranationales Recht und nationales Recht in ihrem Verhältnis zu den Staaten und den Staatsangehörigen 2. Geltung und Anwendung von fremdem Recht im innerstaatlichen Bereich . . . . II. Gegenstand des Internationalen Verwaltungsrechts 1. Begriff des Internationalen Verwaltungsrechts 2. Inhalt des Internationalen Verwaltungsrechts 3. Rechtsnatur des Internationalen Verwaltungsrechts 4. Abgrenzung des Internationalen Verwaltungsrechts 5. Besonderheit des Internationalen Verwaltungsrechts
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III. Völkerrecht und Internationales Verwaltungsrecht 1. Geltungsbereich des Völkerrechts 2. Völkerrechtliche Berechtigung und Verpflichtungen 3. Einzelpersonen als Träger völkerrechtlicher Rechte und Pflichten
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IV. Das Internationale Verwaltungsrecht der Bundesrepublik Deutschland 1. Ausgangspunkt 2. Einzelne Rechtsanwendungsregeln 3. „Ordre public" und Grundrechte 4. Zusammenfassung
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I. Einführung 1. Völkerrecht, supranationales Recht und nationales Recht in ihrem Verhältnis zu den Staaten und den Staatsangehörigen Die Rechtsbeziehungen der Staaten zueinander werden im allgemeinen durch das Völkerrecht geregelt. Soweit Staaten einer gemeinsamen supranationalen Gemeinschaft angehören, kann auch deren Rechtsordnung 1 einen Teil zwischenstaatlicher Beziehungen normieren, wie das z. B. durch das interne Recht der EWG geschieht. Diese Rechtsordnung enthält auch Regelungen für die Beziehungen der Mitgliedstaaten zu ihren eigenen Rechtsunterworfenen und zu den Angehörigen der anderen Mitgliedstaaten. Da es gegenwärtig nur wenige supranationale Gemeinschaften gibt, die Zahl ihrer Mitgliedstaaten gering und ihr Aufgabenbereich verhältnismäßig eng begrenzt ist, fallen die im Recht dieser Gemeinschaften getroffenen Regelungen im Vergleich zu den einer Regelung überhaupt zugänglichen Fragen zahlenmäßig nicht besonders ins Gewicht. Das Völkerrecht begründet gegenwärtig nur in geringem Umfang Berechtigungen und Verpflichtungen eines Staates gegenüber seinen Angehörigen und gegenüber den Angehörigen fremder Staaten. Sie beruhen insoweit vornehmlich auf völkerrechtlichen Verträgen. Zu diesen gehört beispielsweise die Europäische Menschenrechtskonvention vom 4. November 1950 mit ihren Zusatzprotokollen. Die Beziehungen von Angehörigen verschiedener Staaten untereinander werden gegenwärtig — sofern überhaupt - praktisch nur durch das Vertragsvölkerrecht geregelt. Rechtssätze dieser Art, begrenzt auf die Angehörigen der Mitgliedstaaten, finden sich auch im internen Recht supranationaler Gemeinschaften. Es zeigt sich also, daß die Staaten es für sinnvoll gehalten haben, ihre Beziehungen und die ihrer Angehörigen zu Ausländern ganz überwiegend im innerstaatlichen (nationalen) Recht zu regeln. Dieses ist trotz aller internationaler Verflechtungen auch heute noch für solche „internationalen" (teilweise auch als „transnational" bezeichneten) Beziehungen zuständig. Ein Staat, der seine eigenen Beziehungen oder die seiner Angehörigen zu Ausländern regeln will, kann das in der Weise tun, daß er den Geltungsanspruch seiner Gesetze auf Ausländer erstreckt. Werden seine Ansprüche oder die seiner Angehörigen von den Ausländern nicht erfüllt, so kann er sie mit Hilfe seiner rechtsanwendenden Organe durchsetzen. Allerdings erlaubt das allgemeine Völkerrecht einem Staat nicht, schrankenlos
1
Zur Eigenständigkeit der Rechtsordnung supranationaler Gemeinschaften gegenüber dem Völkerrecht und dem staatlichen Recht vgl. G. Hoffmann, Strafrechtliche Verantwortung im Völkerrecht, 1962, S. 10f.; G. Hoffmann, D Ö V 1967, 433 (434f.) und die dort unter Anm. 18 u. 19 angegebene Literatur und Rechtsprechung; Zuleeg, Das Recht der Europäischen Gemeinschaften im innerstaatlichen Bereich, 1969, S. 15 ff. (20 ff.).
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d e n Geltungsanspruch seiner G e s e t z e über das e i g e n e Staatsgebiet hinaus zu erstrecken und A u s l ä n d e r in i r g e n d e i n e m Teil der W e l t mit beliebigen Pflichten in A n s p r u c h zu n e h m e n 2 . Selbst s o w e i t derartiges erlaubt ist, wird es e i n e m Staat nicht i m m e r möglich sein, seinen G e s e t z e n mit Auslandsgeltungsanspruch jenseits der e i g e n e n Staatsgrenzen effektiv G e l t u n g zu verschaffen. D a s schließt nicht aus, daß der Staat diese N o r m e n a n w e n d e t , w e n n A u s l ä n d e r sich in seinen Herrschaftsbereich b e g e b e n . A u c h w e n n das V ö l k e r r e c h t es mißbilligt, daß ein Staat seine G e s e t z e , w i e z. R. das Eherecht, zu L a s t e n v o n A u s l ä n d e r n im A u s l a n d mit Geltungsanspruch ausstattet, k ö n n e n d e u t s c h e G e r i c h t e v o n auf d e u t s c h e m G e b i e t ansässigen A u s l ä n dern in A n s p r u c h g e n o m m e n w e r d e n , u m deren im A u s l a n d g e s c h l o s s e n e E h e w e g e n im A u s l a n d e i n g e t r e t e n e r Ereignisse zu scheiden. In d i e s e m Fall stellt sich die Frage, o b e s völkerrechtlich zulässig und darüber hinaus sinnvoll ist, einer solchen Entscheidung d e u t s c h e s oder ausländisches bzw. sonstiges f r e m d e s R e c h t zugrunde zu l e g e n . W e l c h e s R e c h t bei der E n t s c h e i d u n g v o n Fällen mit internationalen B e z ü g e n zur A n w e n d u n g k o m m t , wird v o n d e n Staaten in ihrem innerstaatlichen R e c h t — u. a. im Internationalen Privatrecht ( I P R ) 3 , Internationalen Strafrecht 4 und Internationalen Verwaltungsrecht ( I V R ) 5 - geregelt 6 . 2
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Zur Frage, ob der staatliche Geltungsanspruch seiner Gesetze nur durch das völkerrechtliche Mißbrauchsverbot begrenzt wird, vgl. Sandrock, ZfvglRechtswiss. 69 (1967), S. l f f . (7) und die dort rezensierte Literatur; insbesondere K. Vogel, a. a. O., S. 89 ff. (104). Kegel, Internationales Privatrecht, 3. Aufl. 1971, Niederer, Einführung in die allgemeinen Lehren des internationalen Privatrechts, 3. Aufl. 1961, Raape, Internationales Privatrecht, 5. Aufl., 1961; M. Wolff, Das internationale Privatrecht Deutschlands, 3. Aufl., 1954. Aus dem Bereich der sozialistischen Länder z. B. Lunz, Internationales Privatrecht, 1961 (Sowjetunion); Batàsch, Le droit international public - fondement du droit international privé et facteur qui en détermine le contenu, Revue Roumaine d'Etudes Internationales, 5. Jg., Bukarest 1971, S. 47ff. Jescheck, in: W V R Bd. III, 1962, S. 396 ff.; Rahn, Internationales Strafrecht, in: Die Verwaltung, Bd. 2 V a 2, Heft 48 (herausgegeben von F. Giese); Schnorr von Carolsfeld, Straftaten in Flugzeugen, 1965. Vgl. die im Literaturverzeichnis angegebenen Titel. Zum sonstigen „Internationalen Recht" vgl. u. a. Gamillscheg, Internationales Arbeitsrecht (Arbeitsverweisungsrecht), 1959; Isay, Internationales Finanzrecht, 1934; Lippert, Handbuch des Internationalen Finanzrechts, 2. Aufl., 1928; von Maydell, Sach- und Kollisionsnormen im internationalen Sözialversicherungsrecht, 1965; ders., Probleme des internationalen Sozialversicherungsrechts, DVB1. 1971, 905ff.; Meessen, Völkerrechtliche Grundsätze des internationalen Kartellrechts, 1975; Schnorr von Carolsfeld, in: Fs. f. Liermann, Erlangen 1964, S. 221 ff.; Schnorr von Carolsfeld, RdA 1958, S. 201 ff.; Heldrich / Schröder, Die Frage der internationalen Zuständigkeit im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit, Berichte auf der Tagung der deutschen Gesellschaft für Völkerrecht 1969, Berichte dieser Gesellschaft, Heft 10 (1971), S. 97ff., 133ff. In der D D R wird diese Frage weitgehend im Gesetz über die Anwendung des Rechts auf internationale zivil-, familien- und arbeitsrechtliche Beziehungen sowie auf internationale Wirtschaftsv e r t r ä g e - Rechtsanwendungsgesetz - vom 5. Dezember 1975 (GBl. S. 748 ff.) geregelt. - Allgemeines zu diesem Gesetz bei Wehser, J Z 1977,449 ff.
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2. Geltung und Anwendung von fremdem Recht im innerstaatlichen Bereich Das rechtsanwendende Organ (Gericht oder Verwaltungsbehörde) eines Staates hat bei seinen Entscheidungen dasjenige Recht - nationales oder fremdes Recht anzuwenden, das ihm in seiner Rechtsordnung zur Anwendung befohlen ist. Dieser Rechtsanwendungsbefehl kann im geschriebenen Recht des betr. Staates (vgl. z. B. §§ 7ff. EGBGB), aber auch in dessen ungeschriebenem Recht enthalten sein. In der Regel ist es das nationale Recht seines Staates, dessen Anwendung befohlen wird. Da die Gerichte und Behörden eines Staates auch verpflichtet sein können, ihren Entscheidungen fremdes Recht zugrunde zu legen, erheben sich in diesem Zusammenhang zwei Fragen: 1. Welches Recht ist für das rechtsanwendende Organ „fremdes" Recht? und 2. welches ist die rechtliche Position dieses fremden Rechts im Gesamtrahmen des im innerstaatlichen Bereich dem Rechtsanwender von seiner Rechtsordnung zur Anwendung befohlenen Rechts? Eine Rechtsnorm stellt für das rechtsanwendende Organ fremdes Recht dar, wenn diese Norm von Rechtsetzungssubjekten erzeugt worden ist, die nicht rechtserzeugende Organe seines Staates (d. h. des Staates, dessen rechtsanwendendes Organ es ist) sind. Dieses für das rechtsanwendende Organ fremde Rechtsetzungssubjekt kann der Völkerrechtsordnung, einem ausländischen Staat oder einer supranationalen Gemeinschaft (welche bekanntlich keine Staatseigenschaft besitzt) zugehören. Auch Besatzungsrecht - stamme es von einer einzelnen Besatzungsmacht oder einer Gruppe von Besatzungsmächten - ist in diesem Sinne fremdes Recht. Handelt es sich bei dem „Heimatstaat" des rechtsanwendenden Organs um einen Bundesstaat (wie z. B. die Bundesrepbulik Deutschland), so ist auch das in den Gliedstaaten erlassene Recht für den Rechtsanwender kein fremdes Recht. Das ergibt sich daraus, daß die Gliedstaaten z. B. der Bundesrepublik Deutschland zwar originäre Rechtsordnungen besitzen, daß sie aber dennoch der Verfassung und der sonstigen Rechtsordnung des Bundes, also ihres gemeinsamen „Dachstaates", unterstehen. Gemeinsame Zugehörigkeit zum Bund als Dachstaat schließt es aus, daß das Recht eines Gliedstaates (Landes) für die rechtsanwendenden Organe eines anderen Gliedstaates fremdes Recht ist, wie auch das Bundesrecht für sie kein fremdes Recht darstellt. So sind Bund und Länder sowie die Länder im
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BVerfGE 36, lff. (17). - Vgl. zum Problem der Inland-Ausland-Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten Gascard, Zur Frage der besonderen innerdeutschen Beziehungen zwischen der BRD und der DDR, in: Ostverträge Berlin-Statushünchener Abkommen, Beziehungen zwischen der BRD und der D D R (Symposium in Kiel vom März 1971, Hamburg 1971); ders., Inland/Ausland-Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik, JIR 15 (1971), S. 339ff.
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Verhältnis zueinander auch kein Ausland. Das GG - die Verfassung des ihnen gemeinsamen Staates, den sie bilden - stellt die Klammer dar, welche sowohl die Eigenschaft des internen Rechts (Bundes- und Landesrechts) als fremden Rechts wie auch die Auslandseigenschaft im Verhältnis untereinander ausschließt. In seiner Entscheidung vom 31. Juli 1973 hat das BVerfG übrigens festgestellt, daß die DDR zu Deutschland gehöre und im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland nicht als Ausland angesehen werden könne. Diese angesichts früherer Entscheidungen zwar konsequente, aber vom Standpunkt des Völkerrechts aus keineswegs überzeugende Rechtsauffassung basiert auf der Prämisse, daß das deutsche Reich als Dachstaat über beiden deutschen Staaten auch heute noch bestehe. Diese Rechtsauffassung ist, auch wenn man sie für völkerrechtlich unzutreffend hält, von den rechtsanwendenden Organen der Bundesrepublik in einschlägigen Fällen bei ihren Entscheidungen - als eine Fiktion mit der rechtlichen Bedeutung eines verfassungsrechtlichen Befehls, so zu handeln, als ob das Reich als Dachstaat über beiden deutschen Staaten fortbestehe und die DDR eines der Glieder dieses Reichs sei - zu beachten. Indem bei der Abgrenzung zwischen „fremdem" und „eigenem" Recht auf die Zugehörigkeit zu einem gemeinsamen Staatsverband abgestellt wird, ist zugleich klargestellt, daß die gemeinsame Zugehörigkeit zu einer supranationalen Gemeinschaft (wie z. B. der Bundesrepublik Deutschland und Frankreichs zur Europäischen Gemeinschaft) die „Fremdheit" der EWG-Verordnungen und des französischen Rechts im Verhältnis zum Recht der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Länder ebensowenig ausschließt wie die Auslandseigenschaft der EGMitgliedstaaten untereinander. Im Ursprung fremdes Recht ist für die rechtsanwendenden Organe eines Staates kein solches, wenn es von den rechtsetzenden Organen in diesem Staat rezipiert, d. h. in eigenes innerstaatliches Recht umgewandelt worden ist. Aus Völkerrecht, aus ausländischem Recht oder aus dem internen Recht einer supranationalen Gemeinschaft ist durch die Rezeption und in deren Umfang eigenes nationales Recht geworden, ohne daß dadurch die rezipierte Norm des ursprünglich fremden Rechts aufhört, in dieser Rechtsordnung Geltung zu besitzen (und insofern unverändert fremdes Recht für die Organe des rezipierenden Staates ist). Den Entscheidungen der Organe des rezipierenden Staates liegt sie jedoch als (im Wege der Rezeption gewonnenes) eigenes Recht zugrunde. Auf Grund dieser Darlegungen läßt sich umgekehrt formulieren: Eigenes Recht stellt für das rechtsanwendende Organ eines Staates diejenige Norm dar, welche von den zuständigen Organen seines Staates (bzw. — wenn dieser ein Bundesstaat ist — von den zuständigen Organen des Bundes oder eines Gliedstaates) erzeugt worden ist. Erzeugt worden ist in diesem Sinne auch das im Wege der Rezeption aus einer anderen Rechtsordnung gewonnene Recht. Eine nähere Betrachtung des dem rechtsanwendenden Organ in der Bundesrepublik zur Anwendung befohlenen Rechts zeigt, daß es sich dabei einerseits um Normen handelt, die hier Geltung besitzen und anzuwenden sind, sowie andererseits um solche, die hier zwar keine Geltung haben, aber dennoch zur Anwendung befohlen werden.
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Bei dieser Unterscheidung zwischen „Geltung haben" und „ohne Geltung anwendbar sein" ist klarzustellen, daß eine Norm für denjenigen Geltung besitzt, der unmittelbar aus ihr zu einem bestimmten Verhalten berechtigt oder verpflichtet wird. Ist die betreffende Norm im Bereich eines Staates und damit für dessen Angehörige zwar ohne Geltung, aber dennoch in bestimmten Fällen anwendbar (wie z. B. das Eherecht eines fremden Staates), so zeigt sich das darin, daß der einzelne sich in seinem Verhalten zwar nicht nach ihr zu richten braucht, um rechtmäßig zu handeln, wohl aber später in eine rechtliche Situation geraten kann, daß aus dieser Norm Rechtsfolgen an sein von ihr damals nicht geregeltes Verhalten geknüpft werden. Geltung besitzt in der Bundesrepublik - allem Recht des Bundes und der Länder übergeordnet - das Besatzungsrecht, und zwar unabhängig davon, ob es sich um vom Alliierten Kontrollrat (KR) gesetztes Recht oder um solches der drei westlichen Besatzungsmächte oder einer einzelnen von ihnen handelt, soweit es nicht aufgehoben oder außer Wirksamkeit gesetzt worden ist. Zwar ist der Alliierte Kontrollrat seit 1948 nicht mehr tätig. Die von ihm erlassenen Gesetze haben mit dem Ende seiner Tätigkeit jedoch nicht ihre Geltung verloren. Vielmehr wird sie im Vertrag zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen (Überleitungsvertrag) vom 26. Mai 1952 i. d. F. v. 23. Oktober 1954 8 vorausgesetzt. Dort heißt es: „. . . Vom Kontrollrat erlassene Rechtsvorschriften dürfen weder aufgehoben noch geändert werden." (Art. I Abs. 1). Jedoch haben die am Vertrag beteiligten drei Mächte auf die Bundesrepublik das Recht übertragen, „nach jeweiliger Konsultation der drei Mächte die Rechtsvorschriften des Kontrollrats außer Wirksamkeit zu setzen . . ." (Abs. 2). Das ist bis jetzt jedoch nur teilweise geschehen. So hat das BVerfG in einem Beschluß vom 14. November 1973 9 z. B. festgestellt, § 4 Abs. II EheG mit seinem Ehehindernis der Geschlechtsgemeinschaft gelte das KR-Recht nach dem Überleitungsvertrag in der Bundesrepublik ohne Rücksicht auf seine Vereinbarkeit mit dem GG zunächst fort. Doch seien die zuständigen Verfassungsorgane gehalten, diese Vorschrift nach Konsultation der drei Mächte außer Wirksamkeit zu setzen. Zum Bestand des in der Bundesrepublik geltenden Rechts gehört auch das von den zuständigen Organen des Bundes und der Länder gesetzte Recht (vor allem Gesetze, Verordnungen usw.), natürlich ebenfalls unter der Voraussetzung, daß es nicht von zuständigen Organen außer Kraft gesetzt oder (von den Besatzungsmächten) suspendiert worden ist. Es handelt sich bei diesen Normen um nationales (eigenes) Recht. Völkerrecht kann — sofern es überhaupt der Fall ist — in der Bundesrepublik als im Wege der Rezeption oder Transformation gewonnenes nationales, d. h. eigenes Recht Geltung besitzen. Es kann aber auch in seiner Eigenschaft als Völkerrecht Geltung haben, soweit sich die Bundesrepublik dieser Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Maß8 9
BGBl. 1955 II, S. 4 0 5 - 4 6 8 . BVerfGE 36,146 ff.
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gäbe unterstellt hat, daß die Sätze und Grundsätze des Völkerrechts die Organe und Bürger der Bundesrepublik unmittelbar berechtigen und verpflichten sollen 10 . Gleiches gilt für das interne Recht der Europäischen Gemeinschaft, das Europarecht. Theoretisch ist es möglich, daß diese Rechtssätze und Rechtsgrundsätze in der Bundesrepublik als durch Rezeption gewonnenes deutsches Recht gelten. Doch ist mit dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) 1 1 und dem BVerfG zutreffend davon auszugehen, daß das Europarecht (europäisches Recht) in den Mitgliedstaaten in dieser seiner Eigenschaft unmittelbar Geltung besitzt 12 . Auch der Rechtspraxis in der Bundesrepublik liegt diese Auffassung zugrunde 13 . Da es Kriterium für „Geltung" oder „Anwendbarkeit ohne Geltung" ist, ob die betreffende fremde Norm die Bürger in der Bundesrepublik unmittelbar zu einer bestimmten Verhaltensweise, wie sie in der betreffenden Norm umschrieben ist, verpflichtet oder berechtigt, zeigt sich, daß ausländisches Recht in der Bundesrepublik zwar den rechtsanwendenden Organen in auslandsbezogenen Fällen zur Anwendung befohlen sein kann, aber dennoch hier keine Geltung besitzt. Wäre es anders, so würde das — vom Ergebnis her gesehen — bedeuten, daß jeder Deutsche nicht nur Besatzungsrecht, dem deutschen Recht und dem europäischen Recht (und eventuell dem Völkerrecht) unterstünde, sondern darüber hinaus den Rechtsordnungen aller Staaten der Welt, wie sich aus der im Einzelfall einmal möglichen Anwendbarkeit ausländischen Rechts in einer eigenen Angelegenheit zeigen würde. Auch der die zwischenstaatlichen Beziehungen weitgehend beherrschende Gesichtspunkt der Souveränität der Staaten spricht dagegen, daß ein Staat seine Angehörigen unkontrolliert der Rechtsordnung aller anderen Staaten unterstellt, ohne daß ein rechtlich relevanter Kontakt zu diesen bestünde. Ob eine fremde Norm in einem Land nur anwendbar ist oder darüber hinaus auch Geltung im Sinne eines unmittelbaren Berechtigens und Verpflichtens besitzt, ist eine rechtliche Regelung, deren inhaltliche Ausgestaltung grundsätzlich im Ermessen eines Staates liegt. Völkerrechtliche Vereinbarungen können ihn verpflichten, bestimmten fremden Normen (etwa europäischem Recht in den EGMitgliedstaaten) in seinem Herrschaftsbereich Geltung zu verschaffen. Auch gehört es — sofern nicht völkerrechtliche Verpflichtungen insbesondere aus Verträgen vorliegen - zur Zuständigkeit eines Staates, darüber zu bestimmen, welches Recht in international-bezogenen Fällen bei ihm angewendet werden soll14.
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Vgl. dazu G. Hofpnarm, Strafrechtliche Verantwortung im Völkerrecht, S. 14ff.; Partsch, Die Anwendung des Völkerrechts im innerstaatlichen Recht, in: Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, H. 6, 1964, S. 56ff., 86ff.; Rudolf, Völkerrecht und deutsches Recht - Theoretische und dogmatische Untersuchung über die Anwendung völkerrechtlicher Normen in der Bundesrepublik Deutschland, 1967, passim. Vgl. EuGH Bd. VIII, 110; IX, lff., 25f.; X, 1256ff., 1269ff. Vgl. B V e r f G E 3 7 , 2 7 1 f f . ( 2 7 7 f f . ) . Vgl. BVerfGE 2 2 , 2 9 3 f f . (296); 31,145ff. (173f.); vgl. auch Zuleeg, a. a. O., S. 20ff. s . o . I 1.
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n . Gegenstand des Internationalen Verwaltungsrechts 1. Begriff des Internationalen Verwaltungsrechts Internationales Verwaltungsrecht ist der Inbegriff derjenigen Rechtsnormen eines Staates, die eine Bestimmung darüber enthalten, welches Recht — eigenes oder fremdes - von seinen Verwaltungsbehörden und Gerichten in auslandsbezogenen („internationalen") Fällen anzuwenden ist 15 . Die Auslandsbezogenheit kann darin bestehen, daß Ausländer, die sich im Inland aufhalten oder hier Vermögen besitzen, Vergünstigungen erhalten oder zu Leistungen herangezogen werden sollen. Ebenso liegt ein internationaler Sachverhalt vor, wenn ein Inländer im Ausland weilt. In diesen Fällen wird der Staat eine Regelung zu treffen haben, welche von mehreren gleichzeitig nebeneinander bestehenden Rechtsordnungen zur Anwendung kommt. Eine Vermutung spricht dafür, daß ein Staat sein eigenes Recht zur Anwendung befiehlt. Das ist für den Ausländer im Inland der Fall, weil aufgrund der dem Aufenthaltsstaat zustehenden Territorialhoheit grundsätzlich auch Ausländer unter der Herrschaft seiner Rechtsordnung stehen. Die einem Staat zustehende Personalhoheit ermöglicht es ihm, auch die im Ausland befindlichen eigenen Staatsangehörigen seiner Rechtsordnung zu unterwerfen. Aber auch bei der Entscheidung von Vorfragen muß das anzuwendende Recht bestimmt werden, da es der Klarstellung bedarf, ob z. B. sich die Staatsangehörigkeit und der sonstige Status eines Fremden (Geschäftsfähigkeit, Familienstand usw.) nach deutschem oder fremdem Recht richten sollen.
2. Inhalt des Internationalen Verwaltungsrechts Seinem Inhalt nach ist das Internationale Verwaltungsrecht Rechtsanwendungsrecht 16 . Jeder auf einen „internationalen" Tatbestand bezogene Rechtsanwendungsbefehl, gleich ob er die Verwaltungsbehörden und Gerichte auf deutsches oder fremdes Recht verweist, gehört damit dem Internationalen Verwaltungsrecht an. Häufig werden als dem Internationalen Verwaltungsrecht angehörend nur diejenigen Rechtsanwendungsbefehle bezeichnet, welche auf inländisches oder ausländisches Recht verweisen 17 . Es besteht jedoch kein Anlaß, Rechtsanwendungsbefehle, die auf andere Rechtsordnungen wie z. B. das Völkerrecht oder das Recht 15
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Ebenso u. a. Isay, a. a. O., S. 344; Neumeyer, a. a. O., S. 94f.; Schlochauer, Int. VerwR, S. 1. Isay, a. a. O., S. 344; Kopp, DVB1. 1967, 469ff.; Neumeyer, a. a. O., S. 44ff.; Schlochauer, a. a. O., S. 1; a. A.: Vogel, a. a. O., S. 298ff. (310f.). Beispielsweise Schlochauer, a. a. O., S. 1; Isay, a. a. O., S. 344; M. Wolff, a. a. O., S. 1.
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einer supranationalen Gemeinschaft verweisen, von dem Begriff des Internationalen Verwaltungsrechts auszunehmen. Für das Völkerrecht folgt das aus der Möglichkeit einer Inkorporation von self-executing International Law. Soweit der gesetzesähnliche Teil eines rechtsetzenden völkerrechtlichen Vertrages (sog. selfexecuting International Law) durch völkerrechtsparallele Landesgesetzgebung in innerstaatliches Recht umgewandelt wird (eine Erscheinungsform der Rezeption), bezieht sich der Befehl zur Anwendung dieses Teiles des völkerrechtlichen Vertrages auf innerstaatliches Recht. Ist dieses gesetzesähnliche Völkerrecht hingegen nach dem Recht des beteiligten Staates als Völkerrecht anzuwenden (Inkorporation 18 ), so wird nicht das Recht eines fremden Staates (ausländisches Recht) zur Anwendung befohlen, sondern Völkerrecht. Die völkerrechtlich zulässige Möglichkeit, gesetzesähnliches Völkerrecht in innerstaatliches Recht umzuwandeln oder aber seine Anwendung als Völkerrecht zu befehlen, hätte sonst das merkwürdige Ergebnis, daß im Fall der Rezeption der auf eigenes Recht verweisende Rechtsanwendungsbefehl dem Internationalen Verwaltungsrecht angehörte, wohingegen im Fall der Inkorporation der Rechtsanwendungsbefehl nicht dem Internationalen Verwaltungsrecht zuzurechnen wäre, obwohl es sich materiell um die Regelung ein und derselben Materie in ein und demselben Vertrag handelt. Die lediglich unterschiedliche Art des Vertragsvollzugs rechtfertigt es nicht, die Verweisung auf das Völkerrecht vom Begriff des Internationalen Verwaltungsrechts auszunehmen. Nicht zum Internationalen Verwaltungsrecht gehören solche Kollisionsnormen in der Rechtsordnung der Gliedstaaten oder des Zentralstaates, die auf die eigene oder eine andere der im Bundesstaat bestehenden Rechtsordnungen verweisen. Wie das Internationale Privatrecht, so regelt auch das Internationale Verwaltungsrecht nur die Abgrenzung der Anwendbarkeit der eigenen Rechtsordnung gegenüber der eines fremden Staates. Die Rechtsordnungen innerhalb eines Bundesstaates (Zentralstaatsrecht und Gliedstaatsrecht bzw. Bundesrecht und Landesrecht) sind im Verhältnis zueinander nicht „fremdes" Recht, weil sie durch die Bundesverfassung (in der Bundesrepublik Deutschland durch das GG), welche Zentralstaat und Gliedstaaten auch in bezug auf die einander ergänzenden Gesetzgebungen berechtigt und verpflichtet, miteinander verbunden sind 19 . Doch sind diejenigen Rechtsanwendungsbefehle, die im Recht eines Mitgliedstaates einer supranationalen Gemeinschaft (EWG, Montanunion) enthalten sind und den rechtsanwendenden Organen die Anwendung supranationalen Rechts befehlen, Teil des Internationalen Verwaltungsrechts. Das einander ergänzende supranationale Recht und das Recht des Mitgliedstaates sind zwar durch die Verfassung der supranationalen Gemeinschaft, vornehmlich den Gründungsvertrag, die die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten erfaßt, miteinander verbunden.
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Zu den Begriffen Rezeption und Inkorporation vgl. G. Hoffmann, Strafrechtliche Verantwortung, S. 14 ff. (17 f.). S. o. I 2.
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Gemeinschaftsrecht und Mitgliedstaatsrecht sind dennoch zueinander „fremd" 2 0 . Da auch supranationales Recht und nationales Recht eines Mitgliedstaates miteinander kollidieren können, bedarf dieser Normenkonflikt einer Lösung 21 . Auch hier handelt es sich um einen Fall des Internationalen Verwaltungsrechts. Das Recht der D D R ist, da es nach der in diesem Beitrag vertretenen Rechtsauffassung keine gemeinsame Verfassung eines über beiden deutschen Staaten stehenden Dachstaates gibt, gegenüber dem Recht der Bundesrepublik Deutschland fremdes Recht im Sinne dieses oben entwickelten Begriffes 22 . Zwar hat das BVerfG in seiner Entscheidung vom 31. Juli 1973 23 ausdrücklich den Standpunkt eingenommen, daß die D D R im Verhältnis zur Bundesrepublik kein Ausland sei. Doch muß man trotzdem — ohne den Boden dieser Entscheidung zu verlassen — die Auffassung vertreten, daß das Recht der D D R für die rechtsanwendenden Organe in der Bundesrepublik fremdes Recht ist, weil die rechtsetzenden Organe der D D R nicht an das Grundgesetz gebunden sind, außerdem auch, weil sie ihr Recht aus dem Gedankengut des Marxismus-Leninismus heraus setzen und durchsetzen, so daß die dem zugrundeliegende Rechtskonzeption eine völlig andere ist als die der Bundesrepublik. Das Gesetz über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen vom 2. Mai 1953 24 trägt diesem Umstand im Bereich des Strafrechts Rechnung, ohne vom BVerfG beanstandet worden zu sein. Auch in einigen anderen Gesetzen der Bundesrepublik werden die D D R und ihre Bürger wie Ausland bzw. Ausländer behandelt 25 .
3. Rechtsnatur des Internationalen Verwaltungsrechts Die Normen des Internationalen Verwaltungsrechts sind trotz des Attributes „international" nationales Recht. Sie gehören dem innerstaatlichen Recht an und sind nicht Bestandteil des Völkerrechts. Ihre Bezeichnung rührt daher, daß sie sich auf internationale Sachverhalte beziehen. Deshalb gehört das Verwaltungsrecht der internationalen Organisationen und der supranationalen Gemeinschaften nicht zum Internationalen Verwaltungsrecht.
4. Abgrenzung des Internationalen Verwaltungsrechts Es bedarf der Klarstellung, daß die Zurechnung von Kollisionsnormen zum bundesdeutschen Internationalen Verwaltungsrecht noch keine Rückschlüsse auf die Regelung zuläßt, ob im konkreten Fall von den bundesdeutschen Organen 20
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22 24
S. o. Fußn. 19 — indem ich auf die Zugehörigkeit zu einem gemeinsamen staatlichen Verband abstelle und deshalb im Europarecht fremdes Recht sehen muß, weiche ich von der in früheren Auflagen vertretenen Auffassung ab. Vgl. hierzu u.a. G. Hoffmann, D Ö V 1967, S. 433 ff.; Zuleeg, a . a . O . , S. 61 ff. (mit umfassendem Literaturnachweis). S. o. 12. 23 BVerfGE 3 6 , 1 ff. (17). BGBl. 19531, S. 161. 25 Vgl. die Literaturhinweise in Fußn. 7.
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deutsches oder fremdes Recht der Entscheidung zugrunde zu legen ist. Es ist damit auch noch nicht gesagt, ob das gegebenenfalls zur Anwendung befohlene fremde Recht unverändert oder durch die Berücksichtigung des bundesdeutschen „ordre public" modifiziert anzuwenden ist. Der Begriff des Internationalen Verwaltungsrechts entspricht dem des Internationalen Privatrechts, wie es heute überwiegend verstanden wird 26 , insoweit als beide Begriffe nur solche Normen des geschriebenen und ungeschriebenen Rechts umfassen, die die Anwendung materiellen Rechts, nicht aber einen internationalen Sachverhalt regeln. In diesem Sinne ist auch das Internationale Verwaltungsrecht Rechtsanwendungsrecht. Der Begriff des Internationalen Verwaltungsrechts ist weiter als der des IPR, da auch die die Anwendung von Völkerrecht und Europarecht befehlenden Bestimmungen von ihm erfaßt werden. Abweichend von der hier vertretenen Auffassung wird der Begriff teilweise auch in Anlehnung an den des Internationalen Sozialversicherungsrechts27 und andere Zweige des deutschen Internationalen Rechts 28 mit einem die Sachnorm mit auslandsbezogenem (internationalem) Tatbestand einschließenden Inhalt verstanden 29 . Faßte man den Begriff des „internationalen Rechts" so weit, dann gehörten auch die jedermann gewährten Grundrechte des GG zu einem deutschen „internationalen Verfassungsrecht", da sie auch Ausländer berechtigen. Gegen eine Ausdehnung des Internationalen Verwaltungsrechts auf verwaltungsrechtliche Sachnormen spricht auch, daß zum Internationalen Privatrecht nur die Rechtsanwendungsnormen gehören und deshalb die Herausbildung eines einheitlichen Begriffes des deutschen „internationalen Rechtes" erschwert würde. Das schließt nicht aus, daß man die materiellen Verwaltungsnormen, die einen internationalen Sachverhalt ordnen, von den übrigen Sachnormen unterscheidet und als Fremdenrecht zusammenfaßt. Eine solche begriffliche Unterscheidung empfiehlt sich schon deshalb, um deutlich zu machen, daß es sich nicht um Rechtsanwendungsnormen, sondern um materielle Verwaltungsrechtsnormen handelt, die allerdings gemeinsam haben, daß sie sich auf einen internationalen Sachverhalt beziehen. Wenn auch diesem Beitrag der enge Begriff des Internationalen Verwaltungsrechts zugrunde gelegt wird, sollen dennoch Betrachtungen über völkerrechtliche Gegebenheiten angestellt werden, die zwar dem engen Begriff des Internationalen Verwaltungsrechts nicht entsprechen, aber seine rechtliche Umgebung beschreiben.
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Neuhaus, Die Grundbegriffe des Internationalen Privatrechts, 1962, S. l f . ; M. Wolff, a. a. O., S. l f . ; Kegel, a. a. O., S. 3; Raape, a. a. O., S. 2. von Maydell, a. a. O., S. 16; Wickenhagen, Zwischenstaatliches Sozialversicherungsrecht, 1957, S. 15. Weitergehend insbesondere: G. Erler, Grundprobleme des Internationalen Wirtschaftsrechts, 1956, S. 16; von Würzen, Internationales Kraftfahrzeugrecht, 1960, S. 2f.; Steindorff, a. a. O., S. lOff. K. Vogel, a. a. O., S. 153 ff., 287ff.
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5. Besonderheit des Internationalen Verwaltungsrechts Die technische Besonderheit eines vom Internationalen Verwaltungsrecht angeordneten Vollzugs von fremdem Recht besteht darin, daß inländische Verwaltungsbehörden und Gerichte an speziell oder generell bezeichnete Tatbestände, die vom inländischen Gesetzgeber in dessen Internationalem Verwaltungsrecht bezeichnet sind, unter Zugrundelegung fremden Rechts die dort gebotenen oder erlaubten Rechtsfolgen knüpfen. Die Verbindlichkeit einer so zustande gekommenen Entscheidung resultiert aus inländischem Recht, nicht aus dem angewandten fremden Recht. Dieses wird weder durch den Rechtsanwendungsbefehl noch durch seine Anwendung rezipiert oder inkorporiert.
III. Völkerrecht und Internationales Verwaltungsrecht 1. Geltungsbereich des Völkerrechts Jeder Staat untersteht dem allgemeinen Völkerrecht, dem für ihn zuständigen partikulären Gewohnheitsvölkerrecht und Vertragsvölkerrecht. Das Völkerrecht regelt nicht nur die unmittelbaren zwischenstaatlichen Kontakte, sondern in beschränktem Umfang auch das Verhalten der Staaten in ihrem internen Bereich. Innerstaatliche Normen materiellen und formellen Inhalts können deshalb am Maßstab des Völkerrechts gemessen werden, und ein Staat ist im Fall der Völkerrechtswidrigkeit seiner Gesetze völkerrechtlich verpflichtet, diese Gesetze wenigstens nicht zu vollziehen30. Geschieht das dennoch, so müssen die dadurch begründeten Rechte von anderen Staaten nicht beachtet werden. 2. Völkerrechtliche Berechtigungen und Verpflichtungen Die Bestimmung, welches Recht von den Verwaltungsbehörden und Gerichten eines Staates anzuwenden ist, könnte theoretisch im Völkerrecht getroffen werden. Das hätte den Vorteil einer in den beteiligten Staaten einheitlichen Regelung. Doch haben die Staaten als Völkerrechtssetzungssubjekte von einer solchen Möglichkeit nur wenig Gebrauch gemacht 31 .
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Zu den Konfliktsregeln vgl. Dahm, Völkerrecht 1,1958, S. 57ff. In bezug auf Amtspflichtsverletzungen z. B. im deutsch-österreichischen Abkommen zur Regelung der Amtshaftung aus Handlungen von Organen des einen in grenznahen Gebieten des anderen Staates v. 14. Sept. 1955 (BGBl. 1957 II, 596) und im Natotruppenstatut v. 3. August 1959 (BGBl. 1963 II, 745). - Näheres zum internationalen Amtshaftungsrecht und zu diesen Verträgen bei Grasmann, Kollisions- und fremdenrechtliche Fragen bei Amtspflichtverletzungen, JZ 1969, S. 454 ff.
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Einer dieser Fälle, in denen das Völkerrecht einen Staat verpflichtet, seine Organe ausländisches Recht anwenden zu lassen, bezieht sich auf die nationale Regelung der Staatsangehörigkeit. Als Ausdruck eines allgemeinen Völkerrechtsgrundsatzes ist Art. 1 des Abkommens über einzelne, aus mangelnder Übereinstimmung der Staatsangehörigkeitsgesetze sich ergebende Fragen von 193 0 32 anzusehen: „Dem einzelnen Staat steht es zu, durch seine Gesetzgebung zu bestimmen, wer seine Staatsangehörigkeit besitzt. Die anderen Staaten müssen diese Gesetzgebung anerkennen, soweit sie mit den internationalen Verträgen, der internationalen Übung und auf dem Gebiet des Staatsangehörigkeit allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen im Einklang stehen." Ebenso bestimmt Art. 3 des Europäischen Fürsorgeabkommens vom 11. Dezember 195 3 33 : „Der Nachweis der Staatsangehörigkeit richtet sich nach den einschlägigen Bestimmungen der Gesetzgebung des Heimatstaates." Soweit von den Verwaltungsbehörden und Gerichten eines Staates ausländisches Recht anzuwenden ist, sind diese Instanzen nach Völkerrecht berechtigt, die Völkerrechtskonformität dieser Rechtssätze zu prüfen 34 . Im Fall ihrer Völkerrechtswidrigkeit darf ein Staat diese Rechtssätze nicht anwenden. Mit dem Vollzug des völkerrechtswidrigen ausländischen Gesetzes würde der betreffende Staat das völkerrechtswidrige Verhalten des anderen Staates fortsetzen und sich damit ebenfalls einer Völkerrechtsverletzung schuldig machen. Die rechtsanwendenden Organe dürfen ausländische Rechtssätze auch auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigen Normen derselben Rechtsordnung prüfen und im Falle ihrer Unvereinbarkeit dann unangewendet lassen, wenn die Rechtsanwendungsorgane des Staates, dessen Rechtsordnung angewendet wird, diese Normen bei Unvereinbarkeit mit höherrangigem Recht unbeachtet lassen dürfen. Die rechtsanwendenden Organe eines Staates sind nach Völkerrecht auch berechtigt, die Verwaltungsakte und Gerichtsurteile eines anderen Staates zu überprüfen 35 , wenn an einen solchen fremden Rechtsakt im eigenen Recht Rechtsfolgen geknüpft werden sollen. Das gilt sowohl für die (im Verwaltungsbereich seltene) Vollstreckung eines fremden Rechtsaktes wie auch für die Fälle, in denen einem solchen Rechtsakt nach dem Recht des fremden Staates eine unmittelbar feststellende oder gestaltende Wirkung zukommt, wie das z. B. bei der Begründung eines familienrechtlichen Status, einer Einbürgerung oder einer Enteignung der Fall ist. Das folgt - wie Dahm 36 im Ergebnis zutreffend ausführt - daraus, daß 32
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Abgedruckt bei: Lichter, Die Staatsangehörigkeit nach deutschem und ausländischem Recht, 2. Aufl., 1955, S. 845 ff. BGBl. 1956 II, S. 564. Heiz, Das fremde öffentliche Recht im internationalen Kollisionsrecht, Diss. Zürich 1959, S. 173ff.; Seidl-Hohenveldern in: Recht im Wandel, Fs. 150 Jahre Carl Heymanns Verlag, 1965, S. 591 ff. J. P. Bauer, Das Internationale Privatrecht im Rechtssystem, Diss. Erlangen 1967, S. 463f.; a. A. Heiz, a. a. O., S. 170f.; zur Frage der Normenkontrolle fremden Rechts: Neumayer, Fremdes Recht und Normenkontrolle, Rabeis Z 23 (1958), S. 573 ff. Völkerrecht I, S. 262 ff.
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die Staaten nach allgemeinem Völkerrecht nicht verpflichtet sind, Hoheitsakte eines fremden Staates als in ihrem Bereich verbindlich zu behandeln. Bestünde eine solche Verpflichtung, so wäre ein Staat imstande, in den Hoheitsbereich fremder Staaten hineinzuregieren, was mit der Ausschließlichkeit der Herrschaftsgewalt des Territorialstaates auf seinem Gebiet nicht zu vereinbaren wäre. Aus diesem Grunde ist auch von der grundsätzlich auf das Inland begrenzten Wirkung staatlicher Hoheitsakte auszugehen (grundsätzlicher Ausschluß extraterritorialer Wirkung). Wenn es einem Staat nach Völkerrecht aber freisteht, einem fremden Hoheitsakt im eigenen Bereich Rechtswirksamkeit beizumessen oder nicht, so ist der Staat auch darin frei, diesen Hoheitsakt rechtlich zu überprüfen und im Fall der Unvereinbarkeit mit den als Prüfungsmaßstab dienenden Normen nicht anzuwenden. Diese Normen können sowohl völkerrechtliche als auch ausländische sein. Ist der ausländische Hoheitsakt mit dem Völkerrecht nicht zu vereinbaren, so muß er aus denselben Gründen wie das völkerrechtswidrige ausländische Gesetz unberücksichtigt bleiben. Maßstab für die Prüfung fremder Rechtssätze und Rechtsakte kann nach Völkerrecht auch der eigene „ordre public" sein. Gegen den deutschen „ordre public" verstößt ein ausländischer Hoheitsakt dann, wenn er mit den guten Sitten oder dem Zweck eines deutschen Gesetzes unvereinbar ist (Art. 30 E G B G B ) . In diesem Fall ist der ausländische Rechtssatz oder Rechtsakt nicht anzuwenden. Die im angelsächsischen Rechtskreis vertretene „Act of State-Doktrin" 3 7 , die eine Überprüfung ausländischer Hoheitsakte durch inländische Organe verbietet, ist nicht Bestandteil des Völkerrechts und hat in das deutsche Recht keinen Eingang gefunden. Schließlich verpflichtet das allgemeine Völkerrecht einen jeden Staat, Ausländer nach dem völkerrechtlich vorgeschriebenen Mindeststandard 3 8 zu behandeln, entsprechendes materielles und prozessuales Recht zu schaffen und den rechtsanwendenden Organen zur Anwendung zu befehlen. Diese Verpflichtung besteht nach allgemeinem Völkerrecht auch dann, wenn die Angehörigen dieses Staates ausnahmsweise rechtlich unter dem Mindeststandard stehen. In völkerrechtlichen Verträgen verpflichten sich die Staaten häufig zu einer Besserstellung von Ausländern, wobei über dem Mindestmaß nach allgemeinem Völkerrecht eine differenzierende Behandlung zulässig ist. Vor allem im Rahmen des Europa-Rates sind unter Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland eine Anzahl von Verträgen dieser Art auf den Gebieten des Sozial- 39 und Kulturwesens als rechtsgeschäftliche und - wie z. B. die Europäische Menschenrechtskonvention mit ihren Zusatzprotokollen — als rechtsetzende Verträge geschlossen und in Kraft gesetzt worden. Auch die Rechtsstellung von Minderheiten innerhalb eines Staates ist - vor
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Sehr ausführlich hierzu Folz, D i e Geltungskraft fremder Hoheitsäußerungen, 1975. Dahm, Völkerrecht I, S. 5 0 3 f . ; Verdross / Simma, Universelles Völkerrecht, 1976, S. 5 86 ff. 39 Vgl. hierzu die Sammlung von: Plöger / Wortmann, Deutsche Sozialversicherungsabkom» men mit ausländischen Staaten, Stand 1966. 38
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allem nach dem 1. Weltkrieg - zum Gegenstand zwischenstaatlicher Vereinbarungen gemacht worden 40 . Darin hat sich der für eine Minderheit zuständige Territorialstaat regelmäßig verpflichtet, Minderheitenschutzgesetze des vereinbarten Inhalts zu erlassen und seinen Organen zur Anwendung zu befehlen.
3. Einzelpersonen als Träger völkerrechtlicher Rechte und Pflichten Nicht nur auf den Gebieten des Fremden- und Minderheitenrechts, sondern auch auf anderen Gebieten des allgemeinen und besonderen Verwaltungsrechts, zu welchem auch das Steuerrecht gezählt werden kann, finden sich im Vertragsvölkerrecht eine Vielzahl von Bestimmungen, welche die Staaten primär zum Erlaß von Gesetzen verwaltungsrechtlichen Inhalts und - damit diese Gesetze auch von den Organen angewandt werden — entsprechender Rechtsanwendungsbefehle verpflichten. Neben rechtsgeschäftlichen Bindungen der Staaten können im allgemeinen oder partikulären Völkerrecht gesetzesähnliche Bestimmungen entstehen, die unmittelbar einem einzelnen gegenüber dem Staat Ansprüche einräumen oder Verpflichtungen auferlegen. So ist beispielsweise ein Staat, der dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961 41 nicht beigetreten ist, aus allgemeinem Völkerrecht verpflichtet, die Unverletzlichkeit des Missionschefs zu gewährleisten, insbesondere ihn keiner Festnahme oder Haft zu unterwerfen (Art. 29). Der Diplomat hat gegenüber dem Empfangsstaat einen eigenen Anspruch auf Beachtung seiner Immunität. Schon heute läßt sich feststellen, daß das Vertragsvölkerrecht in zunehmendem Maße Einzelpersonen zu Trägern völkerrechtlicher Rechte und Pflichten macht. Angesichts dieser Entwicklung ist eine Tendenz zur Herausbildung eines völkerrechtlichen Verwaltungsrechts, das in seinem gesetzesähnlichen Teil einzelne unmittelbar zu Adressaten hat, erkennbar. Gegenwärtig kann man bereits auf steuerrechtlichem Gebiet im Wege der Abstraktion von den mehr als 500 Verträgen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (Stand von i960 4 2 ) Grundsätze erkennen, die dem einzelnen gegenüber dem Staat einen Anspruch auf Befreiung von der Doppelbesteuerung gewähren. Der Schritt von einer Vielzahl einheitlicher vertragsvölkerrechtlicher Regelungen zu einer Norm des Völkergewohnheitsrechts ist nicht weit. Die Staaten trifft dann die Verpflichtung, derartige gesetzesähnliche Bestimmungen des ungeschriebenen Völkerrechts zum Inhalt eines Rechtsanwendungsbefehls zu machen.
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Näheres bei Erler, in: WVR Bd. II, 1961, S. 531 ff. BGBl. 1964 II, S. 958. Vgl. Bühler, in: WVR Bd. III, 1962, S. 377 ff.
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IV. Das Internationale Verwaltungsrecht der Bundesrepublik Deutschland 1. Ausgangspunkt Da ein jedes zur Rechtsanwendung berufene Organ innerhalb eines Staates wissen muß, welches Recht es seiner Entscheidung (Verwaltungsakt oder Urteil) zugrunde zu legen hat, enthält eine jede innerstaatliche Rechtsordnung notwendigerweise - wenn auch überwiegend im ungeschriebenen Recht - Rechtsanwendungsnormen. Die oberste Rechtsanwendungsnorm, die dem ungeschriebenen Verfassungsrecht zuzuzählen ist, hat die Verpflichtung der Organe zum Inhalt, nur dasjenige Recht anzuwenden, das ihnen zur Anwendung befohlen oder erlaubt wird. Das ist, wie die Rechtserfahrung innerhalb aller Staaten zeigt, das innerstaatliche Recht des betreffenden Staates, sofern nicht im geschriebenen oder ungeschriebenen Recht ausnahmsweise auf fremdes Recht (Völkerrecht, ausländisches Recht oder das interne Recht einer supranationalen Gemeinschaft) verwiesen wird.
2. Einzelne Rechtsanwendungsregeln Auch im ungeschriebenen Verfassungsrecht der Bundesrepublik ist ein solcher oberster Rechtsanwendungsbefehl mit dem genannten Vorbehalt eines Verweises auf fremdes Recht vorhanden, da es sonst für die deutschen rechtsanwendenden Organe an einer Verpflichtung zur Anwendung deutschen Rechts fehlen würde. Die auf fremdes Recht verweisenden (z. T. im Vollzug völkerrechtlicher Verträge erlassenen) Rechtsanwendungsbefehle sind demgegenüber in einfachen Gesetzen 4 3 und sonstigen Normenkomplexen enthalten. Sie sind wie jede deutsche Rechtsnorm im Rang unterhalb der Verfassung in vollem Umfang an den Grundrechten zu messen, wie es das BVerfG 4 4 für die Vorschriften des deutschen Internationalen Privatrechts ausdrücklich festgestellt hat. Gehört dieser Rechtsanwendungsbefehl einem nachkonstitutionellen förmlichen Gesetz an, ist er auch der konkreten Normenkontrolle des BVerfG gem. Art. 1001 G G zugängig. Oft ist es schwierig festzustellen, ob das rechtsanwendende Organ das zur Anwendung befohlene ausländische Gesetz einer Überprüfung unterziehen und bei Nichtübereinstimmung mit höherrangigem Recht unangewendet lassen darf. Bei Unvereinbarkeit einer zur Anwendung befohlenen ausländischen Rechtsnorm mit dem allgemeinen Völkerrecht ist die Bundesrepublik als Staat und Völker-
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Für das deutsche Internationale Privatrecht (Recht der Eheschließung und Ehescheidung) z. B. vgl. Art. 13 und 17 EGBGB. BVerfGE31,58ff.,73.
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rechtssubjekt zur Nichtanwendung völkerrechtlich verpflichtet. Für die Staatsorgane enthält das deutsche Recht keine ausdrückliche Regelung dieser Frage. D a gem. Art. 25 G G die allgemeinen Regeln des Völkerrechts auch von den Organen der Bundesrepublik zu beachten sind und da diese Regeln überdies den (einfachen) Gesetzen vorgehen, haben sie auch im Verhältnis zu den im konkreten Fall anwendbaren ausländischen Gesetzesbestimmungen Vorrang. Sie sind also für diesen Prüfungsmaßstab. Die Unvereinbarkeit mit ihnen führt deshalb zur Unzulässigkeit ihrer Anwendung. Weiterhin bestimmt das deutsche Recht, daß die deutschen rechtsanwendenden Organe die zur Anwendung befohlene ausländische Norm daraufhin zu prüfen haben, ob sie nach dem Recht des Staates, dem sie angehört, Rechtsbestand hat. Denn nur auf geltendes Recht verweist der Rechtsanwendungsbefehl, wie Bauer 4 5 zutreffend festgestellt hat. Ist eine fremde Norm aber trotz Unvereinbarkeit mit höherrangigem Recht des betreffenden Staates von dessen Organen anzuwenden (etwa weil die dafür zuständige Instanz diese Norm noch nicht vernichtet hat) 4 6 , so ist im Zweifel auch das deutsche rechtsanwendende Organ zur Anwendung dieser Norm verpflichtet, da das deutsche Recht nicht Hüter der Verfassung eines fremden Staates ist. Schwieriger ist die Frage nach dem anzuwendenden Recht in einem auslandsbezogenen Fall zu beantworten, wenn das geschriebene Recht keine ausdrückliche Bestimmung enthält. Zwar enthält die oberste Rechtsanwendungsnorm eine Vermutung zugunsten des deutschen Rechts. Da aber der Gesetzgeber die Rechtsanwendungsbefehle zumindest im Verwaltungsrecht kaum jemals ausdrücklich erteilt und die Verweisung auf ausländisches Recht dennoch seinem Willen entsprechen kann, dürfen die Verwaltungsbehörden und Gerichte nicht ohne weiteres unter Hinweis auf das Fehlen einer geschriebenen die Anwendung fremden Rechts befehlenden Norm deutsches Recht ihrer Entscheidung zugrunde legen. Sie haben vielmehr das Schweigen des Gesetzgebers daraufhin zu überprüfen, ob es zur Abweichung von der in der obersten Rechtsanwendungsnorm enthaltenen Vermutung berechtigt. Die hierbei anzustellenden Erwägungen zielen praktisch darauf ab, ob in einem speziellen Fall die Anwendung des deutschen oder die des ausländischen Rechts sachgerechter ist. Die Antwort auf diese Frage kann sich aus einem Vergleich der Rechtsfolgen ergeben, je nachdem, ob ausländisches oder deutsches Recht der Entscheidung zugrunde gelegt wird. Führt die Anwendung ausländischen Rechts zu einer sachgerechteren Entscheidung als die deutschen Rechts, so ist davon auszugehen, daß der Rechtsanwendungsbefehl auf das fremde Recht verweist. Anderenfalls ist — der Vermutung entsprechend — deutsches Recht anzuwenden. Die Möglichkeit einer Wahl zwischen der Anwendung deutschen Rechts oder Völkerrechts kann nicht eintreten, wenn nach deutschem Recht allgemeines Völkerrecht und Vertragsvölkerrecht im Wege der Rezeption in deutsches Recht
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a. a. O., 463f.; Neumayer, Rabeis Z 23 (1958), S. 585f.; M. Wolff, a. a. O., S. 85. Vgl. hierzu G. Hoffmann, JZ 1961, S. 193.
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umgewandelt worden ist. In diesem Fall steht dem rechtsanwendenden Organ kein Völkerrecht zur Verfügung. Ist im deutschen Recht hingegen von der Möglichkeit einer Inkorporation Gebrauch gemacht worden, so besteht ebenfalls keine Wahlmöglichkeit, da entweder im Zustimmungsgesetz nach Art. 59 II G G oder im ungeschriebenen Bundesverfassungsrecht ein für die Inkorporation unerläßlicher Rechtsanwendungsbefehl mit Verweisung auf das inkorporierte Völkerrecht enthalten ist. Diese Regeln gelten nicht nur bei Prüfung der Frage, ob ein geltend gemachter Anspruch begründet ist. Auch wenn auf einen auslandsbezogenen Sachverhalt deutsches Recht anzuwenden ist, müssen der Entscheidung über eine dabei auftretende Vorfrage (Erwerb bzw. Verlust von Eigentum unmittelbar kraft Gesetzes) nicht zwingend deutsche Sachnormen zugrunde gelegt werden. Die oben erörterten Regeln gelten auch für diesen Fall. Nicht anwendbar sind sie hingegen, wenn es darauf ankommt, ob ein ausländischer Hoheitsakt (z. B. Einbürgerung oder Enteignung durch Verwaltungsakt) einer nach deutschem Recht zu treffenden Entscheidung zugrunde zu legen und damit „anzuerkennen" ist 47 . Zwar dürfen die rechtsanwendenden Organe der Bundesrepublik Deutschland prüfen, ob eine von einem fremden Staat nach dessen Recht vorgenommene Einbürgerung oder Enteignung mit dem dortigen Recht und dem Völkerrecht vereinbar ist (s. o., auch III 2). Eine deutsche Instanz ist aber nicht berechtigt, die Einbürgerung bzw. Enteignung — statt nach dem zuständigen fremden Recht - nach deutschem materiellen Recht eintreten bzw. nicht eintreten zu lassen. So weit geht ihr „Wahlrecht" in bezug auf das anzuwendende Recht nicht. Das Völkerrecht verpflichtet grundsätzlich die Staaten nicht, die Hoheitsakte fremder Staaten anzuerkennen. Dieser Grundsatz wird nur ausnahmsweise durchbrochen, so beispielsweise bei einer völkerrechtskonform gewährten Staatsangehörigkeit. Der deutsche Gesetzgeber ist somit grundsätzlich frei, die Frage der Anerkennung ausländischer Hoheitsakte in seinem Recht nach eigenem Belieben zu entscheiden. Eine ausdrückliche Regelung enthält das Recht der Bundesrepublik Deutschland nicht. Wenn sich auch in der deutschen Verwaltungspraxis die Gepflogenheit entwickelt hat, ausländische Verwaltungsakte und Gerichtsurteile weitgehend zu berücksichtigen, so läßt sich hieraus dennoch nicht eine diesbezügliche Verpflichtung dem ungeschriebenen Recht entnehmen. Es liegt vielmehr im Ermessen der Verwaltungsbehörden, ob sie ihren Entscheidungen ausländische Hoheitsakte zugrunde legen. Eine Ermessensbindung besteht nur insoweit, als ausländische Hoheitsakte bei ihrer Unvereinbarkeit mit dem deutschen „ordre public" nicht anerkannt werden dürfen. Sie sind dann anzuerkennen, wenn ein Hoheitsakt desselben Inhalts unter gleichen Umständen von deutschen Stellen erlassen werden kann. Kein Ermessen ist den Verwaltungsbehörden eingeräumt, soweit für die Bundesrepublik Deutschland eine völkerrechtliche Verpflichtung
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Zur Vollziehung ausländischer Verwaltungsakte - unter besonderer Berücksichtigung der Abgabenbescheide-s. Papier I Olschewski, DVB1. 1976,475 ff.
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zur Anerkennung ausländischer Hoheitsakte besteht, da andernfalls die Verwaltungsbehörden zu einem völkerrechtswidrigen Verhalten nach deutschem Recht befugt wären. Das kann nicht Inhalt der deutschen Rechtsordnung sein.
3. „Ordre public" und Grundrechte Trotz Verweisung des deutschen rechtsanwendenden Organs auf fremdes Recht können dessen Anwendung rechtliche Hindernisse entgegenstehen. Das gesamte deutsche Rechtsanwendungsrecht wird von dem Grundsatz beherrscht, daß ein ausländischer Rechtssatz einer Entscheidung deutscher Organe nur dann zugrunde gelegt werden darf, wenn er mit dem deutschen „ordre public" harmoniert. Dieser Grundsatz, der auch für andere Gebiete des deutschen „internationalen Rechts" gilt, ist in Art. 30 E G B G B formuliert: „Die Anwendung eines ausländischen Gesetzes ist ausgeschlossen, wenn die Anwendung gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde." Ob deutsche Verwaltungsbehörden und Gerichte ausländische Rechtsnormen, die mit dem deutschen „ordre public" nicht zu vereinbaren sind, inhaltlich abändern dürfen, hängt allein vom Willen des deutschen Gesetzgebers ab. Kommt es dem Gesetzgeber auf eine unveränderte Anwendung des ausländischen Gesetzes an, dann muß das fremde Gesetz unangewendet bleiben, wenn es gegen den deutschen „ordre public" verstößt. Lassen sich die Intentionen des deutschen Gesetzgebers auch bei inhaltlicher Abwandlung des fremden Gesetzes erfüllen, so darf das Gesetz mit einem dem deutschen „ordre public" angepaßten Inhalt von den deutschen Organen angewendet werden 48 . Dieser von einem Teil der Lehre im Internationalen Privatrecht entwickelte Grundsatz gilt auch im Internationalen Verwaltungsrecht. Ausländische Privatrechtsnormen werden von Verwaltungsbehörden und "Gerichten nur zur Entscheidung von Vorfragen herangezogen, beispielsweise zur Entscheidung darüber, ob jemand nach ausländischem Recht einen bestimmten Rechtsstatus erworben hat. Zeigt es sich, daß die den Status begründende ausländische Rechtsnorm mit dem deutschen „ordre public" nicht zu vereinbaren ist, so können die deutschen Organe diesen Status ihrer Entscheidung nicht zugrunde legen. Entsprechendes gilt für die Anerkennung ausländischer Verwaltungsakte und Gerichtsentscheidungen, die nach ihrem Inhalt, ihren Motiven oder den ihr zugrundeliegenden Gesetzen mit dem bundesdeutschen „ordre public" nicht zu
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Eine andere Regelung enthält das Rechtsanwendungsgesetz der D D R (s. o. Fußn. 6). § 4 dieses Gesetzes lautet: „Gesetze und andere Rechtsvorschriften eines anderen Staates werden nicht angewandt, soweit ihre Anwendung mit den Grundprinzipien der Staatsund Rechtsordnung der Deutschen Demokratischen Republik unvereinbar ist. In diesem Falle sind die entsprechenden Rechtsvorschriften der Deutschen Demokratischen Republik anzuwenden."
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vereinbaren sind. „Anerkennung" bedeutet in diesem Zusammenhang, daß aus dem fremden Akt im Inland die rechtlichen Folgen abgeleitet werden, die ihm in der ausländischen Rechtsordnung zugedacht sind 49 . Für von Gerichten der DDR in Strafsachen erlassene Entscheidungen und sonstige Akte ergibt sich das unzweideutig aus § 2 des Bundesgesetzes über innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen vom 2. Mai 195 3 50 , für Verwaltungsakte nunmehr aus Art. 6 des zwischen den beiden deutschen Staaten geschlossenen Grundlagenvertrages vom 21. Dezember 197 2 51 ' 52 . Dort heißt es, die beiden deutschen Staaten „gehen von dem Grundsatz aus, daß die Hoheitsgewalt jedes der beiden Staaten sich auf sein Staatsgebiet beschränkt". Wolff/Bachof 53 knüpfen hieran überzeugend die Rechtsauffassung, daß die Organe in der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet (und nicht nur berechtigt) sind, von Staatsorganen der DDR erlassene Verwaltungsakte anzuerkennen, soweit sie nicht gegen den bundesdeutschen „ordre public" verstoßen. Die vom BVerfG für die bundesdeutschen Staatsorgane verbindlich getroffene Feststellung, die DDR sei im Verhältnis zur Bundesrepublik kein Ausland, lasse den bundesdeutschen Staatsorganen keine Ermessensfreiheit. Ferner bestehen für eine Anwendung fremden Rechts dann Hindernisse, wenn die ausländische Norm nicht mit den Grundrechten des GG zu vereinbaren ist. Ist eine Angleichung der Norm an die Erfordernisse des deutschen Rechts nicht zulässig, so muß sie unangewendet bleiben, da die Staatsorgane in der Bundesrepublik an die Grundrechte auch dann gebunden sind, wenn sie fremdes Recht anwenden 54 . Der auf dieses Recht bezogene Anwendungsbefehl enthält keine Freistellung der deutschen Rechtsanwendungsorgane von ihrer Bindung an die Grundrechte 53 . So hat das BVerfG in einer Entscheidung vom 4. Mai 197 1 56 nunmehr klargestellt, daß die Vorschriften des deutschen IPR und des durch sie berufenen ausländischen Rechts an den Grundrechten zu messen sind 57 . In bezug auf das europäische Recht hat das BVerfG in einem Beschluß vom 29. Mai 1974 58 den Rechtsstandpunkt eingenommen, es könne niemals über die
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So auch Folter, Auslandsenteignungen und Investitionsschutz, 1975, S. 76. Dort (S. 75 ff.) Näheres zur Anerkennung fremder Hoheitsakte und zur Act of State-Doctrin. Zu dieser Doktrin sehr umfassend auch Folz, Die Geltungskraft fremder Hoheitsäußerungen, 1975. S. o. Fußn. 24. 5 1 BGBl. 1973 II, S. 421 ff. Hierauf weisen Wolff / Bachof, VwR I, 9. Aufl., 1974, § 50 IV b hin. Dort auch weitere Nachweise. Vgl. Fußn. 52. So z. B. auch BVerfGE 3 7 , 2 7 1 ff., 283. Das hat das BVerfG (E 31, 58ff.) nunmehr für das deutsche Internationale Privatrecht ausdrücklich klargestellt, wobei es sich mit einer im IPR bisher weit verbreiteten, abweichenden Meinung ausführlich auseinanderzusetzen hatte. Zustimmend u. a. Sturm, FamRZ 1972,16 ff. BVerfGE 3 1 , 5 8 f f . , 73 ff. 5 7 Vgl. hierzu auch Sturm, a. a. O. B V e r f G E 3 7 , 2 7 1 ff., 280ff.
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Gültigkeit oder Ungültigkeit einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts entscheiden. Jedoch könne es zu dem Ergebnis kommen, daß eine solche Vorschrift von den Behörden oder Gerichten der Bundesrepublik Deutschland nicht angewandt werden dürfe, soweit sie mit einer Grundrechtsvorschrift des G G kollidiert 59 . Auch bei der Anwendung von Völkerrecht durch deutsche Organe ist davon auszugehen, daß diese an die im G G verankerten Grundrechte gebunden sind, wenn sie inkorporiertes Völkerrecht anzuwenden haben. Der Konflikt zwischen grundrechtswidrigem Völkerrecht und völkerrechtswidrigem Grundrechtsvollzug ist im deutschen Verfassungsrecht trotz seiner Völkerrechtsfreundlichkeit zugunsten der Grundrechte entschieden. Das G G enthält keine Freistellung der Staatsorgane von ihrer Bindung an die Grundrechte (Art. 1 III) für den Fall abweichender Regelungen im Völkerrecht. Auch Art. 25 G G begründet eine solche Freistellung nicht, da die von dieser Bestimmung erfaßten Regeln des Völkerrechts im Range unter der Verfassung stehen. Soweit ein rechtsanwendendes Organ der Bundesrepublik hingegen eine besatzungsrechtliche Norm anzuwenden hat, darf es dieser nicht deshalb die Anwendung versagen, weil sie mit dem G G oder einer Grundrechtsbestimmung nicht zu vereinbaren ist 60 . Da Besatzungsrecht fremdes Recht 6 1 ist, kann es vom BVerfG nicht vernichtet werden, weil eine jede Rechtsordnung selbst über das Rechtsschicksal der ihr zugehörigen Norm entscheidet. Da es im Rang über dem G G steht, kann es auch bei Unvereinbarkeit mit dem G G nicht unangewendet bleiben, solange es nicht außer Kraft oder außer Wirksamkeit gesetzt 62 worden ist. Für die Anwendung der in der Wissenschaft vom deutschen Internationalen Privatrecht entwickelten Lehre von der Angleichung ausländischen Rechts an die Erfordernisse des deutschen „ordre public" bietet sich im Internationalen Verwaltungsrecht nur selten Gelegenheit. Sie ist vornehmlich auf länger dauernde Rechtsverhältnisse zugeschnitten, die der deutsche Gesetzgeber im Internationalen Verwaltungsrecht seiner eigenen Rechtsordnung unterwirft. Wo ausnahmsweise im deutschen Internationalen Verwaltungsrecht für Dauerrechtsverhältnisse auf ausländisches Recht verwiesen wird, können diese Regeln des Internationalen Privatrechts auch im Verwaltungsrecht angewendet werden. Soweit das Internationale Privatrecht Regeln über die Änderung eines Rechtsstatus entwickelt hat, ist deren Anwendung im Verwaltungsrecht möglich und zulässig.
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Beschränkung auf Zeit, solange es keinen Grundrechts-Katalog gibt. - Kritik an dieser Entscheidung u. a. bei Feige, JZ 1975, 476 ff. mit weiteren Nachweisen der Kritik pro und contra; s. auch (unter Einbeziehung völkerrechtlicher Argumente) Stöcker, JZ 1976, 45 ff. - Mit Feige und anderen Autoren fragt man sich, warum das BVerfG in seiner Entscheidung (BVerfGE 37, 271 ff., 280) der von ihm angeschnittenen Frage einer aus Art. 24 GG resultierenden Relativierbarkeit der Grundrechte des GG nicht weiter nachgegangen ist. Als Schranken einer solchen Relativierung wäre nicht erst Art. 79 III GG in Betracht zu ziehen, sondern bereits Art. 19 II GG. Vgl. BVerfGE 36,146ff., 169. S. o. I 2. 6 2 S. o. I 2.
Internationales Verwaltungsrecht
803
Zusammenfassung Zusammenfassend lassen sich folgende Grundsätze feststellen: In der Bundesrepublik Deutschland hat jedes rechtsanwendende Organ seinen Entscheidungen dasjenige Recht zugrunde zu legen, das ihm zur Anwendung befohlen wird. Das ist von Verfassungs wegen grundsätzlich deutsches Recht. Wird auf fremdes Recht - inkorporiertes Völkerrecht, europäisches Recht oder ausländisches Recht - verwiesen, so muß dieses grundsätzlich angewendet werden. Verstößt dieses fremde Recht gegen den bundesdeutschen „ordre public" oder gegen die im GG verankerten Grundrechte, so ist die fremde Norm in der konkreten Entscheidung diesen Geboten der bundesdeutschen Rechtsordnung anzupassen. Wenn das nach deutschem Recht unzulässig ist, so muß die fremde Norm im Einzelfall unangewendet bleiben. Besatzungsrecht ist von den Staatsorganen der Bundesrepublik wegen seines höheren Ranges auch dann anzuwenden, wenn die betreffende Norm mit dem G G oder einer in ihm enthaltenen Grundrechtsbestimmung nicht zu vereinbaren ist.
Sachverzeichnis (Die Zahlen verweisen auf die Seiten, fettgedruckte Zahlen auf die Hauptfundstellen.)
A Abbruch - gebot 466 - Verfügung 502 ff. Abendgymnasium 639 Abendvolkshochschule 662 Abfallrecht 590 Abgeordneter 1 0 , 1 7 Abitur 639, 660, 707 A b o r d n u n g d. Beamten 63 ff., 78 Abstimmungspflicht ( R O G ) 5 3 9 , 5 4 1 Abwägungsgebot 3 0 1 , 4 5 6 f. Abwasser 1 0 9 , 1 1 2 , 1 3 4 , 1 4 4 , 4 9 2 , 5 3 2 , 612 - abgaben 592 - beseitigungspläne 592 - einleitungen 590, 592, 600 Abwehranspruch - individueller 735 - wasserrechtl. 594ff., 601 f., 609 Act of State-Doktrin 795 Adäquanztheorie 197 Ämter 136,139,176 - patronage 14 Äquivalenztheorie 197 Ärzte 312 Agitation, polit. 706 Agrarstruktur 255 A k a d e m i e 355, 623, 636 Akademische(r) - Abschlußexamen 713 - Freiheit 707 - G r a d e 713 ff. - Grade, Gesetz üb. d. Führung 715 - Rat 703 Aktenvermerk 28 Aktiver Streik 707
Alimentationstheorie 4 8 f . , 75 Alkoholiker 422 Allgemeiner Studentenausschuß 713 Allgemeinverfügung 777 Alliierter Kontrollrat 787 Allzuständigkeit d. Gemeinden 1 0 6 f f . , 116,122,148,151,154 Almende 94,96 Alte Rechte 605 Alten - heim 135 - hilfe 422 f. Alters - grenze, flexible 4 0 1 - grenze f. Beamte 24, 64, 67 - grenze f. Soldaten 769 - hilfe f. Landwirte 405 - kasse, landwirtschaftl. 3 7 1 , 4 0 7 f. - r e n t e 399 f. - r u h e g e l d 4 0 1 f. - Sicherung d. freien Berufe 430 - Sicherung f. Landwirte 396 - Versorgung d. Beamten 14 Amt(s) - bezeichnung 25, 36, 63, 117 f. - b e z i r k 139 - direktor 130 - führung, unparteiische 15, 39 - haftung 3 5 , 4 6 f., 60ff., 194, 238, 573, 575 ff., 5 8 2 f . - handlungen, Bestandskraft 34 f. - h i l f e 176 f. - p f l i c h t 194, 5 7 5 , 5 8 2 , 6 1 1 - Pflichtverletzung 46 f., 60f., 64, 72 - stelle 20 - träger 16, 7 3 , 1 2 7 - verband 103
806
Sachverzeichnis
- Verhältnis, öffentl.-rechtl. 10
- Verleihung 25 - Verschwiegenheit 12, 34, 4 1 f., 5 4 , 6 8 ,
75 - Vorsteher 2 2 0
- walter 762 - Zulage 4 8
Anerkennung, förmliche 775 Anerkennungsverfahren f. Kriegsdienstverweigerer 771 Anfechtung d. Beamtenernennung 33 Anfechtungsklage 28, 62, 430ff., 472, 514,526f., 562,573, 582,602 Anforderungsbehörden 777 Angelegenheiten (kommunale) - eigene 111 - übertragene 111 Angestellte - im öffentl. Dienst 7 ff., 35, 55,74ff., 655 Anhörungsverfahren 464 Anlage -bauliche 471,491,496 - genehmigungsbedürftige 493 - lästige 318 - überwachungsbedürftige 294, 313 f. Anlieger 559, 561, 564, 567f., 573, 577, 595,609,611 - gebrauch 568 - r e c h t 567 f. Annex 673 - kompetenz 176 Anordnung - allgemeine 738 - einstweilige 469,709 - nachträgliche 604 Anpassungsgebiete 470 Anpassungspflicht 452, 461, 540, 544 Anpflanzungspflicht 555 Anscheinsgefahr 189 Anschlußzwang 99,132 Anspruchs-Konkurrenzverhältnis 429 Anstalt - bundesunmittelbare 348,537 - nicht-öffentliche 648 - nicht-rechtsfähige 630, 633, 648 - öffentl.-rechtl. 9 , 1 9 , 1 8 4 , 3 6 3 , 5 3 7 691, 693, 708, 742, 744, 746, 752,761 Anstellung 25, 118
Anti-Konzentrations-Gesetz 736 Anwartschaftszeit 360 Anzeigenblätter 734 Anzeigepflicht 155, 312f„ 318f„ 476, 649 Apotheke(n) - Aufsicht über 294 - Urteil 276 Apotheker 312 Arbeit(s) 247 - amt 358f., 361 f. - aufnähme, Förderung der 259 - beratung 3 5 8
- beschaffung, Förderung v. Maßnahmen z. 359 - geber 358, 366, 370 - kammern 286 - kämpf s. Aussperrung, Streik - losigkeit 362 - platz 275 - politik 254 - recht 246, 346 - schadensgeneigte 6 2 - s c h ü t z 7 7 f f . , 346, 348 - U n f ä h i g k e i t 3 8 1 ff., 3 8 5
- Unfall 350, 391 - Vermittlung 348,358, 360 - versuch, mißglückter 367 - Verwaltung 4 2 1
Arbeiter s. Arbeitnehmer Arbeitnehmer 358, 366, 379, 398 - ausländischer 412 - im öffentl. Dienst 7ff., 35, 5 5 , 7 4 f f „ 655 - Überlassungsgesetz 3 6 6
- überlassungsgesetz(es), Durchführung d. 363 Arbeitsförderung(s) 343 f., 357 ff. - Finanzierung 362f. - gesetz 627 - Leistungen 357 ff. - Organisation 363 Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands 743, 751 f. Arbeitslos(en) 359f. -geld359f. - geld, Dauer d. Anspruchs auf 360 - h i l f e 359 f. - Versicherung 3 4 8 , 3 6 5 , 3 6 7 , 4 2 8 , 4 3 0
Sachverzeichnis
807
A r c h i t e k t 312 - Vorschriften 694 Assessor 20 Ausführung(s) A s s i s t e n z p r o f e s s o r 704 f. - anordnung 486 Atom - genehmigung (baurechtl.) 5 1 4 f . - aufsieht 294 - unmittelbare 227 f. - k r a f t w e r k 303 Ausgangsbeschränkung 775 - r e c h t 3 0 2 f. Ausgleich(s) - w a f f e n , V o l k s b e f r a g u n g 107 - a b g a b e n 271,293 A u f b a u g e s e t z e 445 - amt 162 Auffangplanung 466, 531 - a u f g a b e n d. G e m e i n d e n 109 Aufgaben - v e r f a h r e n , wasserrechtl. 604 - dualismus 110 A u s k u n f t ( S G B I ) 352 - hoheitsrechtl. 23 A u s k ü n f t e 211, 256, 3 6 2 , 5 4 2 , 7 3 8 f . - k o m m u n a l e 111 ff., 125 A u s l ä n d e r 24, 31, 355, 7 3 5 , 7 8 4 , 7 9 1 , - ö f f e n t l i c h e , der Presse 7 3 5 , 739 795 Auslandsschule, deutsche 6 4 1 - örtliche ( g e m e i n d l i c h e ) 109 Auslandsschulwesen 626 - struktur, monistische 110 - überörtliche ( g e m e i n d l i c h e ) 109 - Ausschuß für das 6 7 1 - v e r b a n d , bayerischer 138 Auslese (Schule) A u f k l ä r u n g ( S G B I ) 352 - n e g a t i v e 635 A u f l a g e 231, 298, 3 2 1 , 4 6 1 , 4 6 4 , 5 0 4 , - positive 635 5 1 3 , 5 2 6 , 570, 5 7 4 , 6 0 1 ff., 613 A u s n a h m e ( B a u r e c h t ) 4 7 7 f f . , 506 f f . - m o d i f i z i e r t e 513 A u s n a h m e b e w i l l i g u n g 229 f. A u f o p f e r u n g 238, 408, 5 9 9 f f . Ausschreibung, ö f f e n t l . 697 A u f s i c h t , w e i t e r g e h e n d e ( H R G ) 694 Ausschüsse ( U n i v e r s i t ä t ) 6 9 9 A u f s i c h t s b e h ö r d e 31, 110, 114, 129 A u ß e n b e r e i c h 4 7 3 f., 477, 4 8 2 132, 154, 157, 233, 294, 376, 4 5 8 f . , - sonstige V o r h a b e n im 4 7 8 611 f f . A u ß e n w i r t s c h a f t s p o l i t i k 253 Aussetzungsanordnung 528 Aufständische(n), Bekämpfung von 759 A u s s p e r r u n g 288 A u f s t i e g s b e a m t e 14, 21 A u s ü b u n g eines ö f f e n t l . A m t e s 18, 60 f f . A u f t r a g s v e r w a l t u n g 114, 127, 575 A u s w ä r t i g e r Dienst 22 f. A u f t r ä g e , ö f f e n t l . 306 A u s w ä r t i g e s A m t ( K u l t u r a b t e i l u n g ) 673 Aufwandsentschädigung 5 1 , 1 1 7 , 1 1 9 , A u s w a h l v e r f a h r e n , Richtlinien f ü r das 769 A u f w e n d u n g e n z. wirtschaftl. N u t z e n ( H R G ) 710 399 A u t o n o m i e 622 A u s b i l d u n g ( s ) 631 - zur Rechtsetzung 96, 117 - a u f g a b e 625 B - auftrag 6 3 2 -beteiligte 348,625,669 B a d e g e w ä s s e r , Qualität d. 5 9 0 - f ö r d e r u n g 343 f., 355 ff., 628, 673 B A F ö G s. Bundesausbildungsförde- f ö r d e r u n g , A m t f. 162 rungsgesetz - hilfe 416, 4 2 0 Bankenaufsicht 294 - kapazität, Ermittlung d. 694 f. B a n n r e c h t e 259 - kosten, R ü c k z a h l u n g d. 50 Bau - Ordnung 355 - abnahme 511, 516 -stätte 275,356,358 - amt 2 3 0 - stätte, f r e i e W a h l d. 625 f., 635, 707 - antrag 511 f. - stelle, V e r m i t t l u n g in b e r u f l . 358 - anzeige 4 9 9 f.
808
Sachverzeichnis
- und private Rechtsverhältnisse 5 0 4 f. - verfahren 468, 476 f , 481, 496, 505 - zeitliche Begrenzung 505 ff. Bauleitplan(ung) 113, 123, 138, 4 4 7 f f , 459ff., 4 7 6 f , 489, 491 ff., 530, 5 3 4 f , 540, 543 f. - Änderung 458 - Aufhebung 4 5 8 -Aufstellung 458 - Ergänzung 458 - grenzen 4 5 4 f . - Grundsätze 455 - S i c h e r u n g 479 ff. - u. privates Grundstückeigentum 485 ff. - Verfahren, zweistufiges 4 5 9 - Vollzug 496 - Zulässigkeit 454 f. Bauordnung(s) 442, 4 4 5 ff., 4 9 2 , 496, 506,508 - behörden 516 - recht 442, 446, 448 f f , 476, 491ff., 509 - recht(s), Funktionen 492ff. Bauten, öffentliche(n), Zustimmungsverfahren 515 Beamte(n, r) l f f . - Abordnung 63 f f , 78 - Altersgrenze 24, 64, 67 - Altersversorgung 14 - a r t e n 19 ff. - Aufstiegsb. 1 4 , 2 1 - B e f ä h i g u n g 15, 24 - Stillegung 5 2 8 - Beförderung 25, 6 3 f f , 78 - Überwachung 446, 492, 510ff. - B e g r i f f 7 f f , 15 ff. - unkTlaucn, nachträgl. Einreichung 501 - B e i h i l f e 4 5 , 4 9 , 7 5 , 1 5 8 - \ erfahren 510ff. - Beschwerde 52, 7 0 f „ 80 - vorhaben, bauplanerische Zulässigkeit - Betriebsverhältnis 72 470 ff. - Bundesrecht 12 - vorlagen 512, 514 - Ehrenb. 21 f f , 25, 19, 125 - wesen 1 5 4 , 1 6 1 , 443, 448, 4 9 3 - Eignung 15, 2 6 f , 32 - wich 447, 525 - Entlassung 11, 33, 68 f , 73 Bauen(s), Rechtsfolgen ungenehmigten - Ernennung 15, 2 4 f f , 33, 72, 700, 7 0 2 5 0 0 ff. - freier Bewerber 20 f , 24 Bauermeister 95 - Gehorsamspflicht 4 0 f , 73, 655 Baugenehmigung(s) 230, 450, 461, 468, - Landesb. 1 1 , 1 9 , 21, 2 5 , 1 1 8 , 655 472 f f , 484, 497ff., 5 0 4 f f , 527 - Laufbahnb. 20 - b e h ö r d e 476 f f , 518 - Lebenszeit 1 9 f , 25, 30, 67, 70, 7 0 0 - pflicht 500 -pflichten 33 f f , 6 8 , 1 1 7 , 1 1 9 - Rechtsanspruch auf Erteilung 477 f , - planmäßige 20 499, 527 - politische 2 1 , 6 7 f.
- aufsieht 1 4 3 , 1 6 1 f., 476 - aufsichtsbehörde 450, 468, 476, 495 f., 498,510,512,515 - bedingung 514 - dispens s. Dispens - dispensvertrag 518 f. - erlaubnis s. Baugenehmigung - erlaubnisverfahren 511 ff. - erwartungsland 462 - freiheit 443, 478, 493, 497 f., 507 - gestaltungsrecht 493 f. - gesuch, Zurückstellung 4 8 0 f. - h e r r 496, 498, 500f., 505, 514, 519, 527 - landsachen, Kammern u. Senate 487 - landumlegung 449 - lasten 511 - lastverträge, öffentl.-rechtl. 573 - leiter 496 - leitpläne, Genehmigung d. örtlichen 452 - Ordnungsbehörden 516 - planung 444 f. - planungsrecht 448, 470ff., 497, 523 - polizeirecht 448 -recht 229,442ff., 505,544 - rechtliche Verträge 517 ff. - rechtskommission 446 - rechtswidrigkeit 468, 4 9 8 ff. - schein 513 - sperre 4 6 4
Sachverzeichnis - politische Betätigung 7, 12, 15, 36, 39, 54 - P r o b e 20, 2 5 , 3 0 , 64 - r e c h t e 1 1 , 4 4 ff., 6 8 , 1 1 7 , 1 1 9 - rechte, Verlust 69 f. - Rechtsbehelfe, gerichtl. 72 f. - rechtsrahmengesetz 39, 55, 72 - Rechtsschutz 37, 70ff. - Ruhestandsb. 43 - S t r e i k r e c h t 7 , 3 6 , 4 1 , 59f - Teilzeitb. 37, 83 - Wahlb. 20, 30f., 117 f., 148 - auf Widerruf 20, 2 5 , 5 0 , 69 - auf Zeit 2 0 , 2 5 , 7 0 , 1 2 9 , 1 4 2 , 7 0 4 Beamtenverhältnis 7 , 1 9 , 3 0 , 3 5 ff., 53, 57,768 - Beendigung 3 6 , 4 1 , 66 ff. - B e g r ü n d u n g 1 5 , 2 5 ff. - D a u e r des 19 ff. - faktisches 34 - f e h l e r h a f t e s 33 ff. - Grundrechte 4 2 , 5 3 ff., 70 - objektive Voraussetzungen 23 - subjektive Voraussetzungen 23 f. - Umwandlung 25 - Verrechtlichung 14 - Weisung im 39 f. Bebauungsgebot 466 Bebauungsplan 117, 4 4 2 , 4 5 9 ff., 488, 544, 5 6 3 , 5 7 7 - Aufstellung 464 - A u ß e r k r a f t t r e t e n 465 - I n h a l t 462 ff. - N i c h t i g k e i t 463 f., 472 - nichtqualifizierter 468 - qualifizierter 4 6 8 , 4 7 0 ff. - Rechtsbehelfe gegen 468 f. - Rechtsnatur 466 f - Wirkung, rechtliche 465 ff. Bedarfs - deckung 247, 693 - Verwaltung 6 9 3 Bede 95 Bedingung 2 3 1 , 5 0 4 , 514, 570, 601 ff. Bedingungslehre s. Äquivalenztheorie Befähigung(s) - bericht 52 - z . B e a m t e n 15,24
809
Befehl, militär. 761f., 7 6 5 , 7 7 4 Befehls- u. Kommandogewalt 759, 766 ff. Beförderung d. Beamten 25, 63ff., 78, 118 Befreiung 229 f. - im Baurecht s. Dispens Befreiungsschuß 215 Befristung 231 Beherbergungsbetrieb 320 Behinderte(r) 366, 379 - Eingliederung 4 2 6 ff. - Eingliederungshilfe f. 4 2 1 - Förderung d. beruflichen Eingliederung 358 - M a ß n a h m e n d. Eingliederung 343 - Werkstätten 427 Behörde(n) 174 - der allgemeinen Verwaltung 178 - nachgeordnete 92 - O b e r - 92 - Organisation 174 - staatliche 184 B e h V e r s G 427 f. Beigeordneter 1 1 9 , 1 2 8 , 233 Beihilfe 45, 49, 75, 158 Beitrag(s) 1 3 7 , 1 4 9 , 7 5 3 - berechnung ( W V V O ) 612 - erstattung 399 - Satzung 116 Bekenntnis - freiheit 5 4 , 6 4 4 - schulbegriff, formeller 645 - schulbegriff, materieller 645 - schulen 628, 6 3 8 , 6 4 4 f f . , 657 Belästigung 188 - unzumutbare 493 Beleuchtung, verkehrsmäßige 572 Beliehener U n t e r n e h m e r 8 , 1 0 , 2 9 7 , 5 7 2 Benutzung(s) - bedingungen, wasserechtl. 601 f., 604 - erlaubnisfreie 598, 606 - gebühr 5 7 0 , 7 5 3 - zwang 99, 132 - zweck 600 Beratung(s) - pflicht 40, 5 4 2 , 7 6 2 - SGB 1352f. Berechtigung, schulische 635, 660
810
Sachverzeichnis
- A n e r k e n n u n g 674 Bereitschafts - d i e n s t 37 f., 771 - polizei 58, 219 Bereitstellungsbescheid 764, I I I Berg - ämter 219 - r e c h t 259, 3 0 0 , 3 1 1 - mannsrente 399 f. - wacht 389 - Werkseigentum 300 Berichterstattung, Freiheit d. 728, 752 Beruf(s) 276 f. - aufbauschule 640 - ausbildung 284f., 358f., 365, 4 1 2 , 4 2 1 , 641,694,701,769 - ausbildung, gehobene 638 - ausübung 256, 275 ff., 735 - beamter 19 ff. - beratung 358 - bezeichnung 366 - bildungsgesetz 318, 627 - fachschule 6 3 6 , 6 4 1 , 6 6 0 - förderung 408, 769 -freier 283,311,348,407 - freiheit 247, 262, 273, 275 f., 284, 309, 311,566 - genossenschaft 371, 391 f., 395 - grundbildungsjahr 631 f. - gruppenkatalog 379 - hilfe 390 - konsul 23 - k r a n k h e i t 350, 3 9 1 , 3 9 3 - Organisationen, freiwillige 736 - s c h u l e 135,143, 635f.,640f.,661 - Schulpflicht 6 3 1 - s o l d a t 10, 7 6 8 ff.
- staatlich gebundener 312 - Unfähigkeit 400, 405 - Unfähigkeit, R e n t e wegen 399 f. - verband 59 - w ä h l 277,315,707 Berufsbeamtentum, hergebrachte Grundsätze 1 1 , 3 5 ff., 60 Berufung(s) - Vereinbarung 701 - verfahren 700 - zusage 696 Besatzungsrecht 785, 787 f., 8 0 2 f .
Beschäftigungsverhältnis 346, 365 f., 368,380,389 - mittelbares 366 Bescheid (Musterung) 770 f. Beschlagnahme 214 - präventiv-polizeil. 739 Beschwerde 773 ff. - weitere 774 f. Besitzeinweisung - vorläufige 557, 579 - vorzeitige 486 Besoldung(s) 1 4 , 1 8 , 2 1 , 4 7 f f . , 6 0 , 1 1 7 - Grundsatz d. funktionsgerechten 47 - gruppen 47 f., 74 - Ordnungen 47 f., 117 Bestandsschutz 475, 506 Bestimmtheitsgebot, verfassungsrechtliches 232 Betriebs - hilfe 390 - krankenkasse 371, 388 - Verfassungsgesetz 77 - Verhältnis im Beamtenrecht 72 - weise, industrielle 319 Beurlaubung d. Studenten 695 Beurteilung(s) - dienstliche 51 f., 73 - maßstab im Polizei- u. Ordnungsrecht 185 - spielraum 182 Bevölkerungsschutz, ziviler 770 Bewährung(s) - aufstieg 14 - mangelnde 69 Bewilligung(s) 593 ff., 5 9 8 f f . - Anspruch auf 605 - v e r f a h r e n 599 ff. Bewirtschaftungsermessen W H G 591 Bezirk (s) - a u s s c h u ß 125 f., 148 - beiräte 125 - planungsräte 544 - Polizeibehörde 220 - regierung 460 - tag 148 - v e r b a n d 1 0 3 , 1 4 7 f. -Vertretung 125, 127 - Verwaltungsstelle 125 f.
Sachverzeichnis Bezüge, Rückforderung ohne Rechtsgrund gezahlter 49 f. Bildschirmtext 745 Bildschirmzeitung 733 Bildung(s) 615 ff., 631 - anstalten, kirchlich theologische 719 - aufgaben, öffentliche 625 - auftrag 632 - ausgaben 623 - einrichtungen, ergänzende 623 - fragen, Sonderressorts für 670 - gesamtplan 642, 669, 674 - hoheit d. Länder 670, 672, 675 - Organisationen, internai. 675 - planung 626, 634, 643, 654, 669, 672 - planungskommission v. Bund u. Ländern 628, 642, 674 - politische 623, 664 - rat 630 - Recht auf 628, 631, 635, 657 - staatsbürgerl. 623, 664, 672 - urlaub 662 - Verfassung, gemeindeutsche 626 f. - Verwaltung 623, 6 6 8 f f . - verwaltungsrecht 622 - Vorsorge 632 - w e s e n 622f., 661, 669, 671 - wesen, internai. Zusammenarbeit 674 ff. - wesen, Zentralstelle f. ausländisches 671 Bindung - behördeninterne 578 - rechtssatzmäßige 467 Binnenkonstitutionalisierung 80 Binnenwasserstraße 590 Blinden - geldrecht 430 - h i l f e 421 ff. - Werkstätten 427 Blutspender 389, 408 Boden - bewertung 449 - O r d n u n g 447 f., 490 - ordnungsrecht 445, 449 ff. - Verkehrsgenehmigung 448, 461, 480ff. - verkehrsrecht 484 Bonus-Malus-Regelung 709 Borkum-Lied-Fall 198 f.
811
B r e m e r Klausel 648 Büchereigesetz 663 Bündnisfall 767 f. Bürger 95, 131 - liehe Ehrenrechte 69 f., 132, 741 Bürger in U n i f o r m 664, 773 Bürgermeister 118f., 124ff., 1 2 8 f f „ 220, 555 - Versammlung 128, 143 Bummelstreik d. Fluglotsen 60 Bundes - Abwasserabgabengesetz 589 - amt f. gewerbliche Wirtschaft 283 - amt f. Verfassungsschutz 176 - amt f. Wehrtechnik und Beschaffung 764 - angestelltentarifvertrag 12, 74 - anstalt Deutschlandfunk 747 - anstalt f. A r b e i t 358 ff., 396, 413, 427, 431 - anstalt f. d. Güterfernverkehr 283 - anstalt f. landwirtschaftliche M a r k t ordnung 283 - auftragsverwaltung s. Auftragsverwaltung - ausbildungsförderungsgesetz 355 ff., 627,669 - ausführungsbehörde f. Unfallversicherung 360f., 396 - ausgleichsamt 348 - autobahn 149, 552, 563 - b a h n 19f., 307, 310, 411 - bahnversicherungsanstalt 371, 406 f. - bank 283 - baugesetz 445, 450, 452, 530, 534, 563 - beamter 11,19, 2 5 , 1 1 8 - bericht Forschung I I I 692 - bildungsrecht 624 - bildungsverwaltung 673 - fernstraße 149, 513, 552, 554 - Finanzgarantie 114 - grenzschutz 176, 770 - immissionsschutzgesetz 442, 457, 493, 599 - jugendkuratorium 666 - jugendplan 662, 667 - jugendpreise 667 - jugendring 66 - jugendspiele 667
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-
Sachverzeichnis
kanzler 10, 55, 767 f. kartellamt 283, 296, 737 knappschaft 348, 368, 371, 388,407 körperschaft 136
- kriminalamt 176 - kulturverwaltung 6 7 2
- leistungsgesetz 777 - minister s. Minister - Oberbehörde 348 - personalausschuß 8 0 - personal Vertretungsgesetz 7 6 f.
-
planung 530, 534 post 19, 307, 310,411, 592,745 f. präsident 25, 722, 750 prüfstelle f. jugendgefährdende Schriften 6 6 8 , 6 7 3 , 7 4 0 - r a t 55, 282, 449, 690 - regierung 10, 55,111, 253, 264, 282, 357, 374, 412, 449, 532, 538, 722, 736, 760, 777 - rundfunkanstalten 748, 750 ff. - rundfunkgesetz 747 -schulrecht 624 ff.
-
des Innern (Kulturabteilung) 673 f. Arbeit u. Sozialordnung 376, 410 f. Bildung u. Wissenschaft 623, 673 f. Jugend, Familie u. Gesundheit 666, 668,673 - f . Verkehr305, 558, 573 - f. Verteidigung 760,764,765ff., 775, 777 - f. Wirtschaft 282, 295 f. Bundeswehr 569 f., 592, 758 ff - ausbildung 664 - Führung 759 - Gliederung 759 - Hochschule 717 f., 721,761 - Kontrolle 759 - Organisationsrecht 759 Bundeswehrverwaltung 755 ff., 776 ff. - Eingriffsrechte, besondere 776 f. - Organisation 763 ff. - Rechtsgrundlagen d. Handelns 776 ff. - zivile 759 Bundkörperschaft 103,109, 123
- Staat, unitarischer 6 6 9
- staatsentscheidung 626, 668 f.
C Caritas 346 - Straße 5 5 2 , 5 5 4 f „ 558, 563, 572ff. Chancengleichheit 342f„ 350, 428, - straßenrecht 552 625,687,640, 6 4 3 , 6 5 4 , 6 6 0 - tag 19, 82, 91, 321, 374,449,607, 673, clausula rebus sie stantibus 520 690,759 D - tagsausschuß f. Bildung u. WissenDachstaat 786, 791 schaft 704 Damenringkampf 198 - tagsausschuß für Verteidigung 759 Daseinsfürsorge 342, 345 - tagsbeamter 25 Daseinsvorsorge 17, 134 f., 262, 289, - tagsmitglied 25 307, 342, 345, 443, 632 - treue 675 Datistik 255 - verband f. d. Selbstschutz 19 Dauerdienstverhältnis 82 - verkehrsrecht 552 Dekan 704 - versicherungsamt 348, 376 f. DELOG-Fall 457 - Versicherungsanstalt f. Angestellte Dementi 741 4 0 6 f. Demokratie(gebot) 81,121, 131,151, - verwaltungsamt 356,673 159, 257, 261, 269f., 286, 625f., - Wasserstraße 5 8 9 f . , 5 9 3 , 6 0 9 f . 637,654,728 - wehr 569f., 592,758ff. Demokratische Grundordnung - wirtschaftsrat 286 s. Grundordnung - zentrale f. polit. Bildung 664 Demokratisierung 625, 630, 652,655 Bundesminister(ium) 10 - interne 737 - des Auswärtigen 767 Demokratiewissenschaft 664 - des Innern 82, 732 - Staatlichkeit 7 5 9
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Sachverzeichnis Dereliktion 201 Deutsche(r) - Auslandsschule 641 - Ausschluß f. d. Erziehungsund Bildungswesen 673 - Bildungsrat 636, 673 - Forschungsgemeinschaft 721 f. - U N E S C O - K o m m i s s i o n e. V . 676 - Volkshochschulverband e . V . 663 - W e l l e 742, 747 f. Deutsch-Französisches Jugendwerk 677 Deutschlandfunk 748 Dezentralisationsprinzip 91 f., 108, 127, 283, 373 Dienst - alter 4 7 , 6 4 , 7 3 - a u f s i e h t 221, 653 - aufsichtsbeschwerde 71 - barkeit, öffentl.-rechtl. 551 f., 557,560 - bezeichnung 117 - bezüge 3 8 , 4 7 f f . , 7 0 , 7 5 , 1 1 9 , 7 6 9 - e i d 14,16,68,75,769,772 - gradherabsetzung 776 - h e r r l O , 27,45, 50, 5 5 , 6 0 f . , 72,118,370,408,644,701 - leistungspflicht d. Beamten 37 ff. - nach Vorschrift 60 - öffentl. s. ö f f e n t l . Dienst - ordnungsrecht, einheitl. 82 - pflicht d. Beamten 37 ff. - Pflichtverletzung 42 ff., 60 ff. - postenbewertung 47 - recht, einheitliches 13 f., 82 - rechtsreform, Aktionsprogramm zur 83 - S i e g e l 133,372 - Stellenleiter 77 - Strafgewalt s. Disziplinarrecht - u. Treueverhältnis 7 ff., 15, 19, 75. 768 - Unfähigkeit 50, 67 - vergehen 42 f., 70, 762, 775 - Verhältnis, öffentlich-rechtliches 702 - Verhältnis z. Ausbildung 82 - Verhältnis z. Erprobung 82 - vertrag 34, 74 f. - vorgesetzter 3 3 , 4 0 f . , 5 1 , 7 0 f . , 698,765 - weg 70, 774
- wohnung 78 - zeugnis 5 I f f . , 75 Dingliche Mitglieder 612 f. Diplomat. Beziehungen, Wiener Übereink. 796 Direktorium (Rundfunk) 751 Dispens 2 3 0 , 4 7 7 ff., 506 ff. Dissertation 714 Disziplinar - arrest 775 f. - gericht 72 - gewalt 775 - maßnahmen 42ff., 774ff. - recht 17, 40, 4 2 f f . , 70, 7 2 , 7 6 , 118,710f., 773 ff. - verfahren 3 3 , 7 0 , 7 9 , 1 1 8 - vorermittlungen 43 - vorgesetzter 774 f. Doktor - prüfung 713 - titel, Führung 715 Doktorandenverhältnis 714 Doppelbesteuerung 796 Doppelstörer 203 Doppelwirkung s. Verwaltungakt mit Doppelwirkung Dotation s. Finanzzuweisung Dozent 711 Dritter Bildungsweg 662 Drittwirkung im Wasserrecht 599 f. Drogenabhängige 422 Druckwerk(e,n) 733 - B e g r i f f 733 f. - Beschlagnahme 739 - harmloses 733 - periodisches 734,740 f. Düsenflugzeuge, Tiefflüge 203 Duldungspflicht 195, 550ff., 608 Duldungsverfügung 200 Durchgriffsrecht 111 Durchsuchung - präventive polizeil. 214 - von Personen 214 - von Wohnungen 214 E Ehe und Familie, Schutz von 58 Ehre, Recht d. persönlichen 740 Ehrenamtl. Tätigkeit 10, 21 f., 119, 132
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Sachverzeichnis
E h r e n b e a m t e 21 ff., 2 5 , 1 1 9 , 1 2 5 - Berufskonsularbeamte 23 - Honorarkonsularbeamte 22 - Wahlkonsul 22 Ehrengerichtsbarkeit, freiwillige 736 Ehrenrechte, bürgerl. 69f., 1 3 2 , 7 4 1 Eigenbetrieb 9 f., 1 3 4 , 1 5 0 Eigengesellschaft 9 Eigentum(s) - garantie 2 6 2 , 2 7 8 f f . , 466, 488, 497, 525 - öffentliches 553 - Privatnützigkeit 2 8 1 - Sozialpflichtigkeit 202, 488, 608 - a n Straßen 5 5 1 f. Eigentumskräftig verfestigte Anspruchsposition 475 f. Eigenunfallversicherung(s) 396 - träger 371 Eignung z. Beamten 15, 26f., 32 Einberufung(s) 771 - anordnung 7 7 1 - bescheid 7 6 4 , 7 6 9 Einbürgerung 799 Eindringen in Wohnungen 181 Einfacher Dienst s. ö f f e n t l . Dienst Eingriff (s) 108 - enteignender 280, 488 - ermächtigung 182, 211, 215, 353 - geringstmöglicher 192f., 236, 276,486 - Verwaltung 16, 2 3 , 1 7 9 , 270, 289, 442, 565, 606 - wertneutraler 740 Einheit der Verwaltung, Grundsatz 115 Einheit v. Forschung u. Lehre 689, 692,694, 705,718 Einheitsbauanordnungen 446 Einheitslaufbahn 21 Einheitsschule 658 Einheitssystem 178, 217 Einheitsverwaltung, Grundsatz 698 Einigungsstelle 78 f. Einleitungsstandards 589, 591, 600 Einrichtungen - des Landes 691 - d e s Staates 183, 248 - heimatkundliche 119
- k u l t u r e l l e 119 - öffentliche 9 1 , 1 3 1 f . , 1 6 1 , 7 1 6 Einsatzverbände 768 Einsicht in Personalakten 5 1 ff. Einstweiliger Ruhestand 21, 66 Einzelfallgesetz 737 Einzelhandel 311, 321 Einzelweisungen 114 Einziehung 551 f., 555, 5 6 0 f f . Einzugsgebiete 630, 650 Elementarbereich 6 2 3 , 6 4 2 Eltern 655 ff. - rat 658 - recht 622, 625, 628, 633, 635, 653 - mitverwaltung 622, 625, 633 - wille 646 Elyseevertrag 677 Empfängnisregelung 384 Energie - politik 254 - recht 294 - Versorgung 1 3 , 9 9 , 1 4 4 , 1 6 1 f., 473,532 - Versorgung, solarelektr. 7 4 3 Enteignung(s) 448, 461, 481, 484, 557, 577 ff., 600f., 608, 610, 794, 799 - behörde 486, 557, 578f., 778 - beschluß 486 f., 579 - gesetz 778 - gleicher Eingriff 2 3 8 , 4 6 2 , 5 6 0 , 573 - m a ß n a h m e , Zulässigkeit 485 f. - r e c h t 485ff., 5 7 9 , 6 1 3 - rechtes, Verleihung d. 579 - verfahren 476, 486f., 578 f., 778 Entfernung aus dem Dienst s. Öffentl. Dienst, Entfernung aus dem Entlassung d. Beamten 11, 33, 68f., 73 Entmündigung 31 Entpolizeilichung 1 7 5 , 1 7 8 , 1 8 1 , 220 Entschädigung(s) 1 9 6 , 2 0 8 f., 462, 486, 538, 599 ff., 604f., 608, 610, 741,777 - anspruch 237 ff., 4 8 1 , 4 8 4 , 5 6 0 , 5 7 8 - losigkeit, grundsätzl. 487 f. - pflicht 608 - recht, soziales 344 - soziale 344, 346
Sachverzeichnis
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Entwicklungsbereiche 470 - reduzierung auf Null 193 f., 502, 510 Entwicklungs - Sozialverwaltungsrecht 352, 355, - planung 531 359, 3 9 9 , 4 1 8 , 4 2 3 f., 429 - politik 254 - Überschreitung 714 - prinzip 455 - Wasserrecht 600, 602f., 605 Entwidmung s. Einziehung - Wege- u. Verkehrsrecht 562f., 569, Entwurfsverfasser (Baurecht) 496 580 Enumerationsprinzip 217, 224, 717 - Wirtschaftsverwaltungsrecht 303 Erbbaurecht 482 Ermittlungsverfahren, strafrechtl. 214 Ergänzungsgebiet 470 Ernennungsurkunde 15, 23, 696, 702 Ergänzungsschule 649 - Aushändigung 15, 25 f. Erhaltung v. baul. Anlagen, - Wortlaut 30 Pflicht z. 466 Ernennung z. Beamten 15,24ff., 33, Erholungsanlage 123 72,700, 702 Erlaß, schriftl. 227 - Anfechtung 33 Erlaubnis - Ausspruch auf 26 ff. - a u f Widerruf 569 - F o r m 2 5 f . , 30f. - auf Zeit 569 - M ä n g e l 30ff. - freie 229 - Nichtigkeitsgründe 24, 31 f. - g e b u n d e n e 229ff., 482 - Rücknahme 24, 32f., 73 - nachträgliche Einschränkung 231 - Zeitpunkt 26 - Nebenbestimmungen 231 - Zuständigkeit 25 - ordnungsbehördliche 224, 229 ff. Ersatz - pflicht 608 - anspruch 237 ff. - polizeiliche 224, 229 ff., 238 - dienst 770 - Rücknahme 181, 231, 238 - dienstleistender 363 - gebiet 470 - Straßenbaubehörde 569 f. - k a s s e 368 f., 371, 388 - wasserrechtliche 593 ff., 598 ff., 603 - Widerrufsvorbehalt, unter gesetzl. 231 - land 487 - schule 649 f. - zwang 229 - verkündung 465 Ermächtigung(s) - vornähme 155, 228, 236, - fehlende baurechtl. 184 239,458 - generalklauselartige 508 - Zeiten 402 - Gesetz 272 Ersatzbauten 474 f. - gesetzl. 174,178 Erscheinungsbild(es), Theorie des - sondergesetzl. 215 f. typischen 108 Ermessen(s) Erschließungs - Baurecht 454, 456, 462, 474, 478 f., - beiträge 491 500, 502f., 508,510, 518, 538 - l a s t 491 - Beamtenrecht 14, 24, 27, 49,64 f., 69 - recht 449 - B i l d u n g 712 Erschwerniszulage 48, 769 - bindung 799 Erstattungs - fehlgebrauch 714 - anspruch 293 - Gemeinderecht 108, 113,121 - verfahren 63 - Internat. Verwaltungsrecht 799, 801 Erste Hilfe 390 - kontrolle 456 Erwachsenenbildung(s) 162,623, - Polizei- u. Ordnungsrecht 173,179, 661 ff. 182,191 ff., 199, 203, 222, 228, - Lehrstuhl für 663 231,236
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Sachverzeichnis
- wesen 112, 663 Erweiterungsbau 475 Erwerbsfähigkeit, M a ß n a h m e n zur - Erhaltung der 399 - Erlangung der 399 Erwerbsunfähigkeit(s) 400f., 405 - r e n t e 399 f. Erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der öffentl. H a n d 17, 307 Erziehungsauftrag 632 Erziehungsrecht d. Eltern 622, 625,633 Europäische Gemeinschaft 265, 293, 412, 532, 589f., 783, 786, 788, 801 f. Europäische Gemeinschaft f. Kohle u. Stahl s. Montanunion Europäische Konvention üb. d. Gleichwertigkeit des Reifezeugnisses 676 Europäische Menschenrechtskonvention 676,783,795 Europäische Wirtschaftsgemeinschaft s. E W G Europäischer Gerichtshof 266 f., 341,788 Europäischer Schultag 676 E u r o p a r a t 675 f., 7 3 7 , 7 9 5 Europarecht 788, 792, 802 Evidenztheorie 32 E W G - V e r o r d n u n g e n 786 E W G - V e r t r a g 266 ff., 3 4 0 f . Exmatrikulation 695 Extraordinarien 700 f. Extremisten im öffentl. Dienst 55 ff.
- schulreife 635, 640 - Verwaltung 765 Fachbereich(s) 700f., 713 - r a t 699,712 Fahrerlaubnis 580 f. Fakultäten 699 f f . , 7 1 3 - theologische 718 Fallprüfung im Polizei- u. Ordnungsrecht 193 Familien - hilfe 380, 384f., 400 - lastenausgleich 413 - planung 421 - schütz 667 Familienaufwand(s), Minderung des 344, 411 ff. - anspruchsberechtigter Personenkreis 411 f. - Finanzierung 413 - H ö h e 413 - Organisation 413 - Zielsetzung 411 Farbzeichen 581 Feindseligkeiten, Ausbruch 767 Feldheer 760 Fernmeldeanlagengesetz 747 Fernseh(en) - Jugendschutz 668 - Kollegs 639, 649 - urteil 6 2 6 , 7 3 4 , 7 4 6 Fernstudien 640 Fernunterricht(s) 649 - lehrgang 357 - Schutzgesetz 627 - Zentralstelle f. 649 Festsetzungen, rechtsverbindliche 467 Festsetzungsbescheid 777 F Feststellung(s) - beschluß 459 Fach - aufsieht 9 2 , 1 4 9 , 1 5 4 f f . , 221, 653, 694, - k l a g e 27, 72, 430 f . , 6 0 2 Feuerwehrunfallversicherungskasse 396 765 Film 728 - aufsichtsbehörde 156 - freiheit, Grenzen 728 - behörde 175, 451, 496, 5 1 2 f . - jugendschutz 668 - hochschule 6 2 3 , 6 3 6 , 641, 660, 6 8 7 f . - recht 729 - hochschulgesetze 687 - Wirtschaft, Freiw. Selbstkontrolle - hochschulreife 660 d. dtschen 668 - Oberschule 641 Finanz - P l a n u n g 301, 530, 545 - ausgleich 116, 1 5 1 , 7 5 3 - s c h u l e 143, 635, 638, 641
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Sachverzeichnis
- hilfe 291 - hoheit 693 - ministerien 670 - planung 264 - p o l i t i k 253,263 ff. - politik der öffentl. Haushalte 252 - u. Steuersachen 162 - Verfassung, k o m m u n a l e 1 4 9 ff.
- Verwaltung 694 -Zuweisung 114, 137,149 ff., 711 Fiskalgeltung s. Grundrechte Flächennutzungsplan 459 ff., 488, 539, 541,544 - Aufstellung 460 f. - Inhalt 460 - rechtl. Bedeutung 461 f. - Rechtsbehelf 462 - Wirkungen 462 Flächensicherungspläne 545 Flößerei 609, 611 Fluchtlinie 444,450 Flüchtling(s) 247,425 - hilfe 13 Flug - lärm 305 - lotsen 60 - platze 304 Flurwesen 95 Föderalismus, kooperativer 670 Förderstufe 626, 635, 637, 639 Förderung - elternunabhängige 356 - familienunabhängige 356 Folgekostenverträge 519 f. Folgenbeseitigung(s) 208 f. - anspruch 209 Folgerecht (öffentl. Dienst) 82 Fondskompetenzen 673 Formalprinzip 25, 30 Formalversicherter 365 Forschung(s) 686ff., 692 - freiheit 705 Forst - amt 219 - Wirtschaft 310 Fortbildung 421,628 - dienstl. 46, 358f. Fortsetzungsfeststellungsklage 432 Fraktion, Vertretungskörpersch. 152
Freie Entfaltung d. Persönlichkeit 261, 273,626 Freiheit d. Einzelschule 630, 634 Freiheitl. demokrat. Grundordnung s. Grundordnung Freiheits - beschränkung 211,214 - entziehung 211 ff. - rechte 352 Freiwillige Selbstkontrolle d. dtschen Filmwirtschaft 688 Freizügigkeit, Recht auf 341, 566, 654 Fremdenrecht 792 Fremdverwaltung 110, 113 f. Füllsender-Versuchsstation 743 Fünf-Tage-Woche (Schule) 626 Fürsorge - öffentl. 347, 665 - pflicht 31,36,45 ff., 5 2 , 6 0 , 6 4 , 6 8 , 7 5 - soziale 430 - wesen 119 Funk-Kollegs 639 Funktion, planähnliche 474 Fusionskontrolle 296,737 Fußgängerzonen 563
G Garagenersatzvertrag 518 Garantien, institutionelle 566, 627, 647 f, 707,735 f. Gartenbau 310 Gaststättengesetz 320 Gebiet(s) - autonomie 92 - entwicklungspläne 540 - reform, kommunale 67, 124,130, 157 Gebietskörperschaft 9, 92,101,103, 108 f., 114, 1 16, 124, 126 f., 130,133, 137, 264, 308, 371, 395, 451, 5 5 2 f „ 560,613,635,643 - Gemeinde als 122,147 - Kreis als 138, 140,142,145 Gebühren 137, 149, 363 - Ordnung 116
- wesen 695 Geeignetheit einer Maßnahme 275, 280 Gefährdungshaftung ( W H G ) 596 Gefahr(en)
818
Sachverzeichnis
- abstrakte 226, 232 - a b w e h r 99, 1 1 5 , 1 2 9 , 1 6 0 , 1 6 2 , 1 7 0 f f . , 178 ff., 195, 207 f., 210, 231 f., 246, 2 9 0 , 4 4 3 ff., 492, 555 f., 5 8 1 , 5 9 7 , 6 0 6 - B e g r i f f 187 ff. - dringende 214 - erhöhte 206 - gegenwärtige 206, 228 - i m Verzug 214, 224, 227 - konkrete 225 - l a t e n t e 190 f. - polizeil. 187 ff. - q u e l l e n 188 - unmittelbar bevorstehende 206, 228 - Vorsorge 171 Gegendarstellung, Pflicht z. 741 Gegenstromverfahren ( R O G ) 539 f. Gehalts- u. Versorgungsbezüge 33, 36, 47 ff., 67 f., 70 G e h o b e n e r Dienst s. ö f f e n t l . Dienst Gehorsamspflicht - beamtenrechtl. 40f., 7 3 , 6 5 5 - d. Soldaten 7 7 2 , 7 7 4 Geistige Unabhängigkeit 707 Geld - b ü ß e 44, 2 3 5 , 7 7 5 - entwertung 281 - leistungspflicht 281 Gelöbnis 75, 772 Gelsenkirchener-Floatglas( D E L O G - ) F a l l 457 G e m a r k u n g 94 Gemeinde 8 5 ff., 1 7 6 , 1 8 4 , 3 4 3 , 4 2 5 , 450, 468ff., 530f., 537, 5 4 0 f „ 554, 610, 630, 635, 643 f., 661 - Allzuständigkeit 106 ff., 1 1 6 , 1 2 2 , 1 4 8 , 151,154 - amtsangehörige 1 3 0 , 1 3 7 - aufgaben 111 - a u f s i e h t 153 ff. - aufsieht, Ersatzvornahme in 155 - autonomie 643 - beamte 19, 129 - bedienstete 116 - bezirke 125 f. - direktor 118f., 129ff., 220, 555 - Dualismus d. Aufgaben 113 - einkommensteuer 152 - Einvernehmen der 477, 479
- ein wohner 131 - fahne 133 - f r e i h e i t 100, 104 -gebiet 122,131,451,478 - haushaltsverordnung 149 - inspektor 118 - kreisangehörige 1 2 3 , 1 2 6 , 1 4 1 , 1 4 4 , 162,476 - kreisfreie 123 f. - Ordnung, revidierte deutsche 129 - Pflichtaufgaben der 112 f. - r a t 125f., 130, 2 3 3 , 4 6 4 - r e c h t 85 ff., 1 3 1 , 1 3 3 , 3 0 8 , 5 7 6 - steuergesetz 131 - S t r a ß e 554, 563, 567, 577 - unfallversicherungsverbände 396 - v e r b ä n d e 9 1 ff., 103, l l O f . , 1 1 7 , 1 2 0 , 1 2 4 , 1 2 7 , 1 3 4 , 1 4 0 , 1 4 7 ff., 1 5 6 , 1 5 8 , 425, 537, 540f., 643 - Verbindungsstraße 563 - Verfassung 1 1 6 , 1 2 7 , 1 3 1 , 1 3 8 , 1 5 5 , 157 - Verfassungsbeschwerde 1 1 9 , 1 5 6 - Verfassungsklage 156 f. - Versammlung 130 - Versorgungsbetriebe 9 , 1 3 4 f . - V e r t r e t e r 125, 129 - Verwaltung 85 ff., 1 2 5 , 1 2 7 f., 666 - Wahlprüfungssachen 157 Gemeingebrauch 5 5 0 f f „ 5 6 1 ff., 564 ff., 607 - Schranken 566 f. - Unentgeltlichkeit 565 f. Gemeinsamer Markt 265, 2 9 3 , 2 9 7 Gemeinschaft(s) - aufgabe 669 - künde 664 - r e c h t 2 6 6 f . , 591 - schule, christl. 27, 644ff., 657 Gemeinschaften, supranationale 783, 7 8 5 , 7 9 0 f . , 797 Gemein Verträglichkeitsklausel 5 5 1 Gemeinwesen 171, 2 4 8 , 6 3 4 Gemeinwirtschaft 249 Gemeinwohl 350 - Erforderlichkeit 121 - methode 108 Genehmigung(s) - anspruch 474
Sachverzeichnis
-fingierte 482f. - öffentl.-rechtl. 560 - Nebentätigkeit 38 f., 75 - p f l i c h t 298, 3 0 1 , 4 9 8 - pflicht f. Fusionen 737 Gesamthochschule 634f., 638, 689 Gesamtkörperschaft 712 Gesamtschule 636 Gesamtversorgung, dynamische 76 Genehmigungsvorbescheid 1 3 2 , 4 8 4 , 540 Generalbundesanwalt 21 Generalinspekteur 766 f. Generalklausel - baurechtl. 4 9 3 , 4 9 5 - beamtenrechtl. 42 - ordnungsbehördl. 502 - polizeil. 1 7 4 , 1 7 8 ff., 183 f., 191 ff., 2 0 9 f f , 215, 228, 232, 2 7 7 , 3 1 0 f „ 444 f , 4 9 3 , 6 0 6 - Schutzobjekte d. polizeil. 182ff. - wasserrechtl. 598 Generalstaatsanwalt 21 Genossenschaft(lich) 9 4 , 1 0 6 , 1 3 1 , 1 3 8 Geschäfts - führer 372 - führung 372 - führung ohne A u f t r a g 34, 239, 387 - herr 199 Gesellschafts - politik 247, 250, 256 f , 268, 274 - r e c h t 244,251 Gesetze - allgemeine 7 2 8 , 7 3 9 f f . - einfache 797 f. Gesetzesvorbehalt s. Vorbehalt des Gesetzes Gesetzgebungskompetenz s. Zuständigkeit Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, Grundsatz 269, 2 7 2 , 5 1 0 , 7 7 6 Gesetz-/Tarif-Modell 82 Gestaltungsfreiheit - d. Gesetzgebers 261 f. - d. Länder 534 - Spielraum planerischer 456 f. Gesundheit(s) - a m t 219 3 4 6 , 4 2 1 , 4 2 5 - g e f a h r 188
-
819
hilfe, vorbeugende 4 2 0 , 4 2 5 liehe Folgen ( B V G ) 409 liehe Schädigung 409 liche(n) Verhältnisse, M a ß n a h m e n z. Hebung d. 399 - recht 176 -wesen 143,149,161,389 Gewässer - aufsichtsbehörde 611 - ausbau 609 f. - bewirtschaftung 606 - Bewirtschaftungspläne f. 592 - eigentum 5 9 3 , 5 9 5 , 6 0 1 , 6 0 4 - d. europ. Gemeinschaft 5 8 9 f . - herrschaft, hoheitl. 590 - reinhaltung 5 8 9 , 6 0 3 - Schädigung 606 - s c h ü t z 606 ff. - Schutzkonvention (europ.) 589 -Standards589, 591,600 - Unterhaltung 5 9 8 , 6 0 9 f f . - Verschmutzung 589, 5 9 1 , 6 0 5 Gewahrsam, polizeil. 189 Gewalt, A n w e n d u n g v. passiver 186 Gewaltdarstellungsverbot 668 Gewaltenteilung 81, 91 f., 1 0 3 , 1 2 7 Gewaltverhältnis, besonderes s. Pflichtenverhältnis, besonderes Gewerbe 310 - aufsieht 143, 2 9 4 , 3 4 2 - aufsichtsamt 219 - ausübung, Untersagung d. 317 - berechtigung 259 - betrieb 309 - betrieb, eingerichteter u. ausgeübter 2 7 9 f , 5 6 8 , 5 9 4 f , 600f., 605 - freiheit 244, 247, 250, 258 f , 261, 309 ff. - gebiete 4 6 3 - handwerksähnliche 319 - Ordnung 259, 309 - polizeirecht 259 - recht 229, 244, 246, 309 ff., 442, 496, 649 - schein 259 - s t e h e n d e s 317 f., 320 - S t e u e r 151 f . , 2 5 9 - Überwachung 216, 342 - wesen 114
820
Sachverzeichnis
Gewerkschaft s. Koalitionen Gewissensfreiheit 54, 68, 646, 667 Gewohnheitsrecht 63 - örtliches 117 - völkerrechtl. 793,796 Giebelwand-Abbruch-Fall 198 Gilden 95, 259 Glaubensfreiheit 54, 63, 644 Gleichbehandlung, Grundsatz 273 Gleichgewicht, gesamtwirtschaftl. 251 f., 263 ff. Gleichheitssatz 262,274, 282, 306, 349, 503,519, 571, 637,707 f. Gliedkörperschaft 712 f. Globalzuweisung 696, 701 Graue Liste 592 Gremien (Universität) 699 Grenzregelungsverfahren 448, 479, 490 Grunderwerbsrecht 470, 484f., 490 Grundgehälter 47 f., 63 Grundlagenvertrag 801 Grundordnung, freiheitl. demokrat. 7,24, 42,53 ff., 71,75,185,768,772 Grundpflicht 772 Grundrechte, s) -Baurecht 469,525 f. - Beamtenrecht 42,53 ff. - bindung d. Fiskus 571 - Gemeinderecht 120 - Gemeinschaftsrecht 266 ff. - liberale 349 - mündigkeit 622, 632, 658 - Ordre public 800 - Polizei- u. Ordnungsrecht 171 - schütz wirtschaftl. Tätigkeit 272 ff. - soziale 350 - Verwirkung 70, 728 - Wege- u. Verkehrsrecht 566 Grundschule 113,123,623, 635 ff. - Allgemeinheit 637 Grundstücken, s) - erschließung 448 f., 479,482,490 - teilung 482 - umlegung 444 - verkehr 449 - verkehrswert 491 - wert 448, 491 - Zusammenlegung 449 Grundverhältnis im Beamtenrecht 72
Grundwasser 589, 593, 595, 598, 607 f. Grundwehrdienst 771 Gruppenuniversität(s) 700, 705 - U r t e i l 716 Gruppenwahl 77 Güterkraftverkehr 311 Gutachterausschüsse 491 Gymnasiale Oberstufe 626 Gymnasium 143, 623,635 ff., 639f., 648,660 - altsprachliches 639 - humanistisches 639 - mathematisch-naturwissenschaftl. 639 - neusprachliches 639 H Habilitation 701 f., 714 Haftung(s) - B e a m t e r 15ff., 35, 60ff. - minderung 62 - privileg 61 - rechtl. Beamtenbegriff 15 ff. - S t a a t 18 Hamburger Abkommen z. Vereinheitlichung auf d. Gebiet des Schulwesens 629, 631, 636 ff. Handels - politik 269 - recht 244 Handlungs - fähigkeit (SGB I) 352f. - freiheit, allg. 566 - haftung s. Verhaltenshaftung - pflicht 195 Hand- und Spanndienste 96, 131 Handwerk(s) 318 f. - betrieb 319 - innung 285 -kammerlOO, 285, 318f. - r e c h t 318 - r o l l e 318f. Harmonisierungspflichten, vertikale 541 Hauptfürsorgestellen 411 Hauptschul(e) 623,635 ff. - abschluß 641 Hauptverwaltungsbeamter 118,130, 136,141,143,154, 157
Sachverzeichnis Haushalts - aufstellung d. Hochschule 696 - Beauftragter d. Hochschule 698 - gesetz 270, 292 - hilfe 382f. - Hilfe z. Weiterführung d. 422 - p l a n 22,28,117,125,141, 148ff., 306, 395,759 -Politik 263ff. - Satzung 149 - Verwaltung 6 9 4 ff. - Wahrheit u. -klarheit 150
- wesen 695,765 Hauspflege 382 f. Hausrecht d. Rektors 711 Hebamme, männliche 276 Heer 760, 764, 766 Heilbehandlung 390 Heilfürsorge 771 Heilpraktiker 312 Heim - arbeiter 360f., 389 - bürge 95 - stättenwesen 348 - Heimatpflege 162 - Heimvolkshochschule 662 - Herabzonung (baurechtl.) 489 Hergebrachte Grundsätze d. Berufsbeamtentums 11,35 ff., 60 Hilfsschule 638 Hinterbliebenen - rente 51, 390f., 399,403f., 408 - Versorgung 370
Hinterlieger 595, 609 Hochschul(e) 355, 622 f., 644, 688 ff. - assistenten 691, 699 f., 703,704 - bereich 642 - der Bundeswehr 717 f., 721 - evangel. kirchl. 720 - Fachhochschule 623,636, 641, 660, 687 f. - Freiheit der 630 - für Internationale Pädagogische Forschung 720 - für Politik 720 - für Verwaltungswissenschaften 688, 693 - G e s e t z e 688ff. - in freier Trägerschaft 718
821
- Kanzler 698 -kirchliche 716 f., 718 ff. - Kunsthochschule 687 f. - l e h r e r 24,48,689, 700f. - lehrer, Lehrfreiheit 656, 689 - monopol, staatliches 716f., 719 - nichtstaatliche 715 ff. - Pädagogische 656, 688 - Philosophische-theolog. 719 - politik 689 -Präsident 697ff. - rahmengesetz 12, 691 ff. - r e c h t 688 ff. - r e f o r m 688 ff. - r e i f e 635,718 - reife, allgemeine 639 - reife, fachbezogene 638, 641 - Satzung 6 9 6
- Sporthochschule 688 -staatliche 357, 687 ff. - Studium, Recht auf Zulassung 707 - technische 688 - wesen 623 - wissenschaftl., 687 ff. - wissenschaftl. Selbstverwaltungsaufgabe 701 - Zusammenwirken mit Land 694 Höherer Dienst s. öffentlicher Dienst Höhere Schule s. Gymnasium Hörergebühr, Rechtsnatur d. (Rundfunk) 753 Hoheitliche Funktionen 58 Hoheits - akt 778,795 - akt, ausländ., Anerkennung 799 - akt, ausländ., Überprüfung 794f. - bauten 515 - gewalt 801 - Verwaltung 16, 5 7 3 - Verwaltung, wasserwirtschaftl. 6 1 0
Honorarkonsularbeamter 22, 24 Honorarprofessor 700,702 Hundegebell, nächtl. 188
1/3 Immatrikulation 695, 711 f. Immissionsschutzrecht 181, 303, 442,493
822
Sachverzeichnis
Immunität, diplomatische 796 Inanspruchnahme, rechtswidrige 238 Inanspruchnahmeverfügung 5 5 2 , 5 5 5 , 573 Indienstnahme Privater 297 Indienststellung, faktische (Wegerecht) 559 f. Individualgüter, Unversehrtheit der 183 Individualisierung, Grundsatz der 417 Individualität d. Hilfe 425 Industrie - gebiete 463 f. - gesellschaft 1 3 , 7 4 , 1 1 3 , 1 2 2 , 246, 622, 654, 660, 728, - recht 246 Industrie- u. Handelskammer 9, 100, 284f., 321 Information(s) - anspruch 7 3 4 , 7 3 8 f. - freiheit 186, 6 6 1 , 7 3 8 - recht 738 - recht d. Aufsichtsbehörde 155, 222 - recht(s), Schranken 739 Ingenieur 312 - akademien 6 4 1 Inkompatibilität 25, 68, 750 Inkorporation 790, 799 Innenbereich, nichtbeplanter 5 23 f. Innenminister 129f., 1 3 3 , 1 4 9 , 1 5 4 , 219 Innungskrankenkasse 388 Instandsetzungsgebot 466 Institutionelle Garantien 566, 627, 647 f., 7 0 7 , 7 3 5 f. Institutionsleihe 110 Institutsdirektor(s) 704 - Hausrecht 711 Intendant 749 ff. Interesse, öffentl. 1 8 3 , 1 9 4 Internationale(r,s) - Beziehungen 7 8 3 - Bildungsorganisationen 675 - Erziehungsbüro 675 - Fernmeldevertrag 746 - Privatrecht 784f., 7 9 2 , 7 9 7 , 800, 802 - Recht 792, 800 - Sachverhalt 7 8 9 , 7 9 2 , 7 9 8 f. - Schulbuchinstitut 676 - Sozialversicherungsrecht 792 - Strafrecht 784
- Verwaltungsrecht 7 8 4 f f . Investitions - hilfegesetz 261 - kontrolle 269 - zulagengesetz 254 Jagdwesen 162 Jahreswirtschaftsbericht 264 Journalistenmitbestimmung 737 Jugend - a m t 417, 4 2 1 , 6 6 6 - arbeitsschutz 665 - austausch, internat. 674 - b i l d u n g 6 2 3 , 6 6 5 ff. - förderung 665 - fürsorge 665 - gefährdende Schriften 667 - Organisationen 666 - p f l e g e 113,119,148, 623,665ff. - pfleger 666 - schütz 182, 349, 623, 6 6 5 , 6 6 7 f . , 740 - strafrecht 665 - verband, freier 666 - Vertretung 77 - Wohlfahrt 6 6 5
- Wohlfahrtsausschuß 4 1 7 , 6 6 6 - wohlfahrtsgesetz 626 - Wohlfahrtspflege 1 1 3 , 1 4 3 Jugendhilfe 1 2 3 , 1 6 2 , 343 f., 379, 4 1 5 ff. - Finanzierung 416 - leistungen 415 f. - Organisation 417 - Zielsetzung 415 Justizausbildungsordnung 694 K Kabelfernsehen 744f., 753 Kameradschaft 772 f. K a m m e r n 283 Kanalisation 1 3 4 , 5 9 8 Kanzler (Universität) 698 Kapitalismus 257 f. Kartellrecht 2 5 0 , 2 9 4 f. Kassenärztl. Vereinigung 375, 386, 430 Kassenarzt 387 Kassenarztrecht 430 Kassenwesen 695 Katastrophen
Sachverzeichnis - fälle 759 - schütz 19, 162, 389 Kausalhaftung 197 Kausalität 32,197 - haftungsausfüllende 394f., 409 f. - haftungsbegründende 393,409 Kernkraftwerk 303 Kiesabbau 608 f. Kinder - geld 412 - geldkasse 363 - krankengeld 382 f. - spielsplätze 495 Kirche(n) 10,635,644, 661 -Konkordate 718f. - liehe evangel. Hochschule 720 - liehe Gesamthochschule 719 - liehe Hochschulen 716f., 718ff. - recht, kathol. 718 - spielgemeinde 136 - turmpolitik 96 Klassensprecher 659 Kleinsiedlungsgebiete 463 Knappschafts - ausgleichsleistungen 399 - ruhegeld 401 Koalitionen 59, 77, 264, 287, 662 Koalitionsfreiheit 36, 58f., 262, 284, 286 ff., 661 Körperersatzstücke(n) - Erneuerung 390 - Wiederherstellung 390 Körperschaft(s) 93 - bundesunmittelbare 19, 348, 537 - des öffentl. Rechts 9 , 1 9 , 282f., 363,371,537,575,611,613, 689, 6 9 1 , 7 0 6 , 7 1 8 , 7 4 6 - faktische 612 - kommunale 92 ff., 100,103 ff.. 111, 156 Kohlebergbau 255 Kollegialorgane 699 Kollegs 639f.,649 Kollisionsnormen 784f„ 790f. Kommando - bchördc 765. 767 - bereich 765 - operatives 767 Kommunalaufsicht 109, 458
823
Kommunalisierung der Polizei 220 Kompetenz s. Zuständigkeit Kompetenz-Kompetenz 109, 137 Konferenz d. Europäischen Erziehungsminister 676 Konfessionsschulen s. Bekenntnisschulen Konjunktur - ausgleichsabgabe 2 6 5
- politik 250iL, 263, 270, 306 - rat f. d. öffentl. Hand 264 Konkordate 629 f., 718 f. Konkordatsurteil 626 Konkurrentenklage - im Beamtenrecht 27 f. - im Wirtschaftsverwaltungsrecht 299 Konkursausfallgeld 361 f. Konservatoren 703 Konsultation der Drei Mächte 787 Kontrahierungszwang 298, 570f. Konvent, studentischer 712 Konzentrations - bewegung 251 - kontrolle 295 f. - prinzip 512 Konzernrecht 251 Konzertierte Aktion 264, 287 - im Gesundheitswesen 378 Kooperativer Förderalismus 670 Kraftverkehr, Teilnahme am 580 Kraftwerk 474 Kranken - g e l d 381 ff. - haus 8 , 1 0 9 , 1 3 5 , 1 4 3 , 1 6 1 f., 348, 382f. - hauspflege 381 f. - hauspflegesatz 348 - hilfe 3 8 1 , 4 0 0 , 4 2 0 f . , 424 -pflege 381 f. - Versorgung 6 9 4
Krankenkasse -Betriebs 371,388 - gesetzliche 368 - Innungs 388 - landwirtschaftl. 371, 388 - Orts 388, 421 - S e e 388 Krankenversicherung(s) 368 f., 378 ff. - bei Bezug von Arbeitslosengeld 360
824
Sachverzeichnis
- berechtigung 379 - Finanzierung 387 f. - formale 380 - f r e i w i l l i g e 380, 3 8 8 , 4 1 9 - gesetzliche 362f., 367, 373, 377 ff., 388, 427 - Leistungen 3 8 0 f f . - Leistungskatalog 377 - Organisation 388 f. - Personenkreis, versicherter 378 ff. - Pflicht 378 - sonstige Hilfen 380, 384 - soziale 420 - träger, Anspruchsvoraussetzungen auf Leistungen gegen 385 f. Krankheit(en) 385 - M a ß n a h m e n z. Früherkennung 380f„385,420 - M a ß n a h m e n zur Verhütung 380 Krebserkrankung, Früherkennung 381 Kreditpolitik 252, 282 Kreis 9 1 , 1 0 3 , 1 0 9 f., 1 1 2 f „ 123 f., 1 3 4 , 1 3 8 f f . , 1 5 4 , 1 7 6 , 219, 221, 3 5 6 , 4 1 1 , 4 1 7 , 4 2 5 , 4 7 6 , 5 4 1 , 543, 554f., 558, 596f., 6 1 0 , 7 7 7 - amtmann 118 - A u f g a b e n 1 4 1 , 1 4 3 f., 162 - Ausgleichsfunktion 144 - a u s s c h u ß 1 3 9 , 1 4 1 f., 233 - Gebietshoheit 140 f. - mitglieder 140 - O r d n u n g 127, 1 3 2 , 1 3 8 ff., 145 f. - ordnungsgesetzbehörde 221 - organe 141 ff. - Polizeibehörde 220 - Satzung 141 -städte 124,141,154 - straße 1 3 0 , 1 4 3 , 1 4 9 , 1 6 2 , 5 5 4 , 563,573,577 - tag 1 3 9 , 1 4 1 f . , 145, 544 - Umlage 123 - untere staatl. Verwaltungsbehörde 144 ff. - Verfassung 138f. -Verwaltungsaufgaben 162 - wehrersatzämter 763, 769, 7 7 1 Kreuzberg-Urteil 1 7 3 , 4 4 4 , 4 9 5 Krieg(s) - beschädigter 347
- dienstverweigerer 7 6 4 , 7 7 0 , 7 7 1 - dienstverweigerung 759, 7 6 3 f., 770 - gefangener, ehem. 347 - hinterbliebener 347 - opf erversorgung 4 1 1 , 4 3 0 f. - Schäden 347 Kriminalpolizei 219 Kündigung im öffentl. Dienst 76 Kultur - abkommen 6 2 8 , 6 7 5 - abteilung des A A 641 - ausschuß des Bundesrates 673 - ausschuß des Deutschen Städtetages 672 - hoheit der Länder 6 2 4 , 6 6 9 f . - politik, auswärtige 626, 674 - Verwaltung 6 2 3 , 6 6 8 ff. - verwaltungsrecht 622 - wesen 795 Kulturbesitz, preuß. 9 , 1 9 Kultusminister(ium) 92, 623, 651, 654, 669, 672, 696 f., 7 0 0 , 7 0 2 , 7 0 7 , 7 1 3 , 717, 720 Kultusministerkonferenz s. Ständige Konferenz der Kultusminister Kurator 698 Kurtaxenordnung 116 Kurzarbeitergeld 359 Kustoden 703 Kunst 6 2 2 , 6 6 8 -freiheit 185,667 - hochschule 687 f. - verwaltungsrecht 622 L Ländergemeinschaft 670 Länderschulrecht 628 ff. Lagerung ( W H G ) 607 Landes - arzt 4 2 1 - ausschuß 148 - bauordnung 446 f., 4 5 0 , 4 9 3 , 4 9 5 , 504, 508 - beamte 1 1 , 1 9 , 21, 2 5 , 1 1 8 , 655 - eiternrat 658 - entwicklungspläne 540 - entwicklungsprogramme 540, 542
Sachverzeichnis
-
hochschulgesetze 691 jugendpläne 667 kriminalamt 220 minister 124, 554 Ordnungsbehörde 221 planung 109,158, 448,452,460, 530f. 542 ff. - planungsbehörde 532, 540 - planungsgesetze 530, 541 - Polizeibehörde 220 - Pressegesetze 733 ff. - quote 710 - raumordnung, Stufenbau 542 ff. - raumordnungsplan 542 - raumordnungsprogramm 542 - rechnungshof 713 - regierung 10,133, 451,460, 542, 571,573,722 - Straße 553, 555, 563, 572,577 - straßengesetze 554 - straßenrecht 552 - Versicherungsanstalt 406 f. - versorgungsamt 411 - Verteidigung 113 f. - wassergesetz 589 ff., 609 f. - wasserwege 590 - zentrale f. polit. Bildung 664 Landkreis s. Kreis Landrat 1 1 5 , 1 2 4 , 1 3 0 , 1 3 9 , 1 4 1 f., 144f., 154, 220, 233,555 Landschafts - ausschuß 148 - verband 1 0 3 , 1 4 7 , 5 5 4 f „ 558, 573, 577 - Versammlung 148 Landstraße 554 Landtag 654, 670,750 Landwirtschaft(s) 255, 283, 310, 602 - kammern 285 - schule 143 Lastenausgleich(s) 348, 407, 430 - behörde 143 Lastenverteilung 195 Laufbahn 20ff., 82f., 655,773 - beamter 20 - bewerber 24 - Einheitsl. 21 - fachrichtung 20 t. - gruppen 20 f.
825
- strafen 776 Leben(s) - güter(n), Bestand an 198 - unterhalt, Hilfe zum 418 f. - zeitbeamte 19f., 25, 30, 6 7 , 7 0 , 7 0 0 Lebensgrundlage - Hilfe z. Aufbau 420 - Hilfe z. Sicherung 420 Legalitätsprinzip 191 Lehrbeauftragte 700,702 f. Lehrer 633 f., 644,655 ff. - bildung 656 - konferenz 633 Lehrfach, ordentliches 647 f. Lehrfreiheit 661, 688,705 - Grundrecht 690 Lehrkörper 700 Lehrpläne 653 Lehrstuhlinhaber 699 ff. Leiharbeiterverhältnis 366 Leistungen, vorläufige (SGB I) 352 ff. Leistung(s) - bescheid 50, 62f., 777 - k l a g e 423 f.,430 f. - prinzip im Beamtenrecht 27, 64 - prinzip im Schulrecht 640 - träger 346, 362 - träger, Beziehungen der zueinander 429 - Verwaltung 23, 270, 289, 307, 310,
442,565,622, 667,753 - verweigerungsrecht 354 Leistungsverband, gliedschaftl. organisierter 761 Lektor 700, 702 Lernfreiheit 688 f., 707 Lernmittelfreiheit 628 Liberalismus 244ff., 257, 259 Life — long — Learning 662 Lindauer Verständigung 675 Lizenzpresse 730 Logistik 7 6 0 , 7 6 5 , 7 6 7 f. Luftrecht 304 Luftwaffe 760, 766 M Mäßigungspflicht d. Beamten 54 Magisterprüfung 713 Magistratsverfassung 128
826
Sachverzeichnis
Manteltarifvertrag 12 Marine 760 f., 766 Markt 249 - freiheit 318 - Ordnungen 2 6 8 , 2 7 1 , 2 9 0
- preis 249 - verkehr 317 f. - Wirtschaft 2 4 7 f., 2 4 9 , 2 5 2
- Wirtschaft, soziale 251, 261, 263 Massenmedien 728 f., 743,745 Maßnahme(n) - erkennungsdienstl. 210, 212 -gesetz 14,271 f. - notwendige im Polizei- u. Ordnungsrecht 192 Materndienste 731,733 Max-Planck-Gesellschaft 721 f. Meinungsäußerung, freie s. Meinungsfreiheit Meinungsbildung, öffentl. 730, 735,743 Meinungsfreiheit 54f., 186, 566, 627, 646,656,659, 661,667, 728, 730, 735,738,739,759 Meinungsmonopol 731,736f. Meisterprüfung 319 Meldewesen 175 Menschenrechtskonvention der UNO 676 Menschenwürde 54, 342, 345,349,762 Merkantilismus 257 Milchmarktordnung 291 Militärausschuß 767 Militär. Dienststelle, zentrale 760f., 766 Minderheiten - lehrer 647 - schüler 647 - Schutzgesetze 796 Mindestanforderungen (§ 7 a WHG) 591 f. Mindeststandard, völkerrechtl. 795 Minister 233f., 538, 542,720 Ministerkonferenz für Raumordnung 534 Ministerpräsidentenkonferenz d. Länder 672 Mischgebiete 463 Mißbrauchsaufsicht 295 f. Mitarbeiter - künstlerische 699, 703 f.
- wissenschaftl. 699,703 f. Mitbestimmung 80, 256 - modifizierte 78 - paritätische 750 - volle 78 Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindl., nicht verbotenen Partei 55 ff. Mitnahme z. Wache 210f. Mittelbau 703 Mittelbehörde 124,460,554 Mittelpunktschule 100,123 Mittelschule 623,638 f. Mitgliedschaft, formale (RVO) 380 Mittlere Reife 635, 638, 640f., 660 Mittlerer Dienst s. öffentl. Dienst Mitwirkung im Personalvertretungsrecht 78 ff. Mitwirkungspflichten (SGB I) 352,354f. Modernisierungsgebot 466 Monopol - kommission 297 - privilegien 258 Montanunion 297, 790 Mühlen Wirtschaft 255 Müllbeseitigung 132,144,162 Mütter, werdende, Hilfe f. 421, 424 Munizipalität 91 Municipalsozialismus 134 Musterbauordnung 446, 495 f., 502 Musterung(s) - behörde 770 - bescheid 771 - kammer 764 - verfahren 770 Mutterschafts - geld 421 - hilfe 380, 383,400 Mutterschutz 349 N Nachbarhilfe, polizeil. 223 f. Nachbarklage 503, 521 f., 526 f. - offensive 522 - verfahren 526 f. - vorläufiger Rechtsschutz 527 f. Nachbarrecht, wasserrechtl. 593 ff. - Abwehransprüche 594ff.
Sachverzeichnis
- R e c h t s n a t u r 593 f. Nachbarschafts - hilfe 422 - verband 138 Nachbarschutz, baurechtl. 520 ff. Nacheile 223 f. Nachversicherung 370 Nachzensur 736 Namensrecht 1 3 3 , 1 4 1 , 1 4 8 Nationalrepräsentation 674 NATO - Befehlshaber 768 - Kommandobehörde 767 f. - Planungen 767 - R a t 767 f. - vertrag 767 Naturschutzrecht 496 Nebenbestimmungen (baurechtl.) 506f., 513 Nebentätigkeit - \n gestellte u. Arbeiter im (iffentl. Dienst 75 - Beamte 38f. - Soldaten 773 Negativattest 482 f. Neutralitätspflicht d. Beamten 15, 39 Nichtintervention, Prinzip der 250 Nichtordinarien 699 f. Nichtseßhafte 422 Nichtstörer 196, 206, 228, 2 3 7 , 2 3 9 Nordatlantikvertrag s. N A T O Norddeutsche Länderauffassung 675 Normenkontrolle - konkrete 797 - verwaltungsgerichtl. 467 ff. Notar 1 0 , 1 6 , 3 1 2 Notzuständigkeit 182 Numerus clausus 6 2 6 , 7 0 7 ff., 716 Nutzung(s) - änderung 474, 476 - gebot 466 - rechtl. Grenzen 191 - verbot 502 - vertrag 570, 573 O Obdachlose 422 Oberflächengewässer 589 f.
827
Oberkreisdirektor 129 f., 141,145 f., 154,220, 555 Oberschulämter 651 Objektschutz 7 5 9 , 7 7 9 Observanzen 117 O E C D 676 öffentliche Ämter - Fähigkeit z. Bekleidung 24, 31, 69 - Zugang 27 ö f f e n t l i c h e ^ , r) Dienst 7 ff., 118, 638,769 - Abgrenzungsmerkmale 7 ff. - einfacher 20, 660 - Entfernung aus dem 66 ff. - Extremisten im 55 ff. - gehobener 20, 660 - höherer 20, 660 - mittlerer 20, 660 - Nebentätigkeit im 38f., 75 - Zulassungsschein 769 öffentliche Hand 306 f. öffentliche Sicherheit u. Ordnung s. Sicherheit, öffentliche Öffentlichkeitsarbeit 738 öffentlich -rechtl. Vertrag 34, 557,560, 570, 574 O E G 410f. ölschäden, Haftung 202 Offenbarungspflicht 32 Opportunitätsprinzip 191, 376, 583 Ordenshochschulen 718 Ordinarien 700 f. Ordnungs - behörde, höhere 221 - behörde, untere (örtliche) 221 - behörden 1 7 5 , 1 7 8 , 1 8 4 , 233, 235, 476,608 - behörden Aufsicht über 221 - maßnahme 632 - Organisation 220 f. - prinzip 455 - Verwaltung 622 -Widrigkeiten 1 1 7 , 1 4 3 , 1 7 5 Ordo-Liberalismus 250, 261 Ordre public 7 9 2 , 7 9 5 , 7 9 9 , 802 - und Grundrechte 800 ff. Organ - beschluß 155 - l e i h e 110, 219f.
828
Sachverzeichnis
- träger 14 - w a i t e r 1 3 1 , 1 4 3 , 1 5 4 f., 157 Organisation der Vereinten Nationen 6 7 6 Organisations -akt 572,575,611 - hoheit, gemeindl. 126 - zwang 2 8 7 , 2 9 6 Orientierungsstufe 6 3 5 , 6 3 7 Ort(s) 104 f. - b e i r a t 125 f. - beiratsverfassung 126 - bezirke 125 - bürgermeister 125 - durchfahrt 5 6 7 , 5 7 7 - krankenkasse 3 8 8 , 4 2 1 - planung 5 3 0 - Straße 5 6 3 - s t u f e 115 - V o r s t e h e r 9 5 , 1 2 5 f. - Zuschlag 47 f. Ortschaft(s) 125 - rat 125 - Verfassung 125
P Pädagogische - Freiheit d. Lehrers 6 2 2 , 6 2 5 , 6 5 6 - Hochschule 6 5 6 , 6 8 8 Paketpostamt 2 0 3 Panzerfahrzeuge, Einsatz 5 6 9 Parkuhr 5 6 5 Parlamentsvorbehalt 6 5 4 Passivraucher 45 Paß- u. Meldewesen 2 1 6 Patentanwalt 3 1 2 Personal - a k t e 26,51ff., 75,773 - ausschuß 3 1 , 7 1 , 8 0 - gewinnung 83 - h o h e i t 27f., 6 4 , 1 0 8 , 1 1 7 f . , 7 8 9 - konzession 3 1 4 , 3 2 1 - r a t 59, 7 1 , 7 7 f f . - Versammlung 7 7 , 7 9 - Vertretung 5 9 , 7 6 f f . - Verwaltung 6 9 4
- Verwaltungsakte 7 7 6 - Vertretungsgesetz 7 7 3 Personalien, Festeilung von 2 1 0 Personenbeförderung 3 1 1 , 3 1 4 Persönlichkeit, freie Entfaltung der 261,273,626 Petitionsrecht 7 1 , 1 2 0 Pflanzgebot 4 6 6 Pflege, Hilfe z. 4 2 2 Pflichtaufgaben nach Weisung 5 1 6 , 5 9 7 Pflichtenverhältnis, besonderes 631,633,659,735 - Verrechtlichung 6 3 3 Pflichtschulen 6 3 5 f. Pflichtverletzung s. Disziplinarrecht Pflichtversicherter 3 6 4 Pflichtversicherungsverhältnis 3 6 7 - Beendigung 3 6 8 Pipeline 5 5 2 - Genehmigung 6 0 5 f. Piratensender 7 4 6 Plan - änderung, spätere 4 5 4 - aufstellung, Bauantrag während laufender 4 7 7 - entwurf 4 6 4 - erisches Ermessen 4 5 6 f. - ersatz 4 7 2 - feststellung 3 0 4 , 4 5 1 , 5 7 7 f., 6 1 0 - feststellungsbeschluß 5 7 7 - feststellungsverfahren 3 0 2 , 3 0 4 f . , 560, 570, 577, 609f. - gesetz 2 7 1 - gewährleistungsanspruch 2 8 0 - kontrolle, Maßstab d. justitiellen 4 5 5 - Verwirklichungsgebote 4 6 6 -Wirtschaft 2 4 7 f., 2 7 1 Planification 2 7 1 Planstelle 20, 2 3 , 6 5 , 7 0 2 , 7 6 8 Planung(s) - ermessen 3 0 1 , 4 5 6 f . , 4 6 2 - gemeinschaft 5 3 0 , 5 4 1 , 5 4 3 - hoheit, kommunale 3 0 2 , 3 0 5 , 4 5 0 f f . , 477 - kompetenzen 6 7 3 - Leitsätze 4 5 5 - pflicht d. Gemeinde 4 5 4 ff. - politische 2 7 0
Sachverzeichnis
- recht d. Gemeinde 454 ff. - Rechtsanspruch auf Durchführung 457 f. - schaden, Entschädigungsanspruch 488 ff. - stufen 530 - verbände 451 - verfahren 45 3 f. Planungsmaßnahmen 447 - enteignender Charakter 487 Politische Betätigung v. Beamten 7,12,15,36,39,54 Politische Ökonomie 248 Politisches Mandat - Schülervertretung 660 - Studentenschaft 679 Polizei 1 1 7 , 1 7 0 f f . - amt 220 - b e a m t e r 1 7 5 , 5 8 1 f. - behörde 174f., 217ff., 233, 235, 555, 5 8 1 f . - behörde, örtliche 219 f. - beirat 233 - bezirk 222 - direktion 220 - direktor 172 - funktion, materielle 178 - Hilfszuständigkeit 217 - kommissionen 172 - kommunale 219 f. - Organ 175 - Organisation 174, 216ff. - Notzuständigkeit 217 -pflicht 196,200 - pflicht von Hoheitsträgern 203 ff. - Pflicht z. Einschreiten 193 ff. - Pflichtige Personen 195 ff., 228 - Präsidium 220 - r e c h t 170 ff. - s t a a t l i c h e 219 f. - Verordnung 2 2 9 , 4 5 0 - Verwaltung, einheitliche 178 - vollzugsbeamte d. Bundes 19, 217, 223, 2 3 6 f . - Vollzugshilfe durch 175 - vorbehält, allgemeiner 186 Polizeibegriff 17 I f f . - f o r m e l l e r 174 f., 177 - m a t e r i e l l e r 172 ff., 177
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- Verhältnis von formellem u. materiellem 174 f. Polizeibehörden 184, 218, 608 - A r t e n der 218 f. - A u f s i c h t über 221 - ö r t l i c h e 219 f. - Zuständigkeit 174, 217 ff. Polizeigesetze(s) - Musterentwurf eines einheitlichen 176,210,215 - Vereinheitlichung 176 Polizeilicher Notstand 1 8 9 , 1 9 5 , 2 0 2 , 2 0 5 ff., 211, 229, 237, 239 Polizei- u. Ordnungs - behörden, Aufsicht über 221 - gesetze als allg. Gesetze 186, 739 f. - Verwaltung 177 ff. - Verwaltung, Zweigliederung 177 ff. Polizei- und Ordnungsrecht(s) 114, 163 f f . , 3 4 5 - formelles 216 ff. - im Bundestag 177 - materielles 179 ff. - Organisation 216 ff. - Zuständigkeitsordnung 216 ff. - Zuständigkeitsverteilung 217 Popularklage 157 Posthalter 20 Präsident d. Deutschen Bundestages 177 Präsidialverfassung 697 f. Praktikant 379, 388 Preisbindung zweiter H a n d 295 Presse 723 ff. - erzeugnis 733 f. - erzeugnisse(n), vorläufige Sicherstellung 739 f. - institutionelle Eigenständigkeit 735 - kommission 736 - konzentration 731 - Offenlegung d. Besitzverhältnisse 737 - periodische 729 ff. - P f l i c h t e n 739 ff. - r e c h t 729 ff. - recht, geschichtl. Entwicklung 729 f. - Selbstkontrolle 736 - Sorgfaltspflicht 748 - Standesgerichtsbarkeit 736 - statistik, Gesetz 732 Pressefreiheit 1 8 6 , 6 2 7 , 728 ff.
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Sachverzeichnis
- aktive 735 - ä u ß e r e 734 f f . - f o r m e l l e 735 - G r e n z e n der 728, 73 9 f f . - innere 736 f f . - materielle 735 - passive 735 -Schranken728, 739ff. - verfassungsmäßige G a r a n t i e 735 Preußischer Kulturbesitz 9, 19 Preußisches allgemeines L a n d r e c h t 1 1 , 1 7 2 , 4 4 3 , 4 9 7 , 551 P r i m a r b e r e i c h 642, 6 8 8 Priorität, Grundsatz 191 P r i v a t a u t o n o m i e 2 4 4 f f . , 2 5 1 , 273, 279, 290, 298 Privatdozenten 700 ff. Privatnützigkeit des E i g e n t u m s 281 Privatrecht, internationales 7 8 4 f . , 7 9 2 , 7 9 7 , 8 0 0 , 802 P r i v a t s c h u l ( e n ) 648 f f . - f r e i h e i t 625 f., 628, 6 4 2 , 6 5 3 , 657,716f. - gründungsfreiheit 6 4 8 - w e s e n 622, 648 Privatstraßen 5 5 0 Privatunterricht 6 4 9 P r i v a t w e g e 550 Priviligierte V o r h a b e n 4 7 3 f., 524 Professoren 6 9 1 , 6 9 9 - außerordentliche 7 0 0 f . , 703 - außerplanmäßige 7 0 0 - o r d e n t l i c h e 7 0 0 f., 703 P r o g n o s e 275 Programmbeirat 749,751 P r o m o t i o n ( s ) 701, 703, 7 1 4 - Ordnung 714 P r o p a g a n d a , religiöse 5 4 P r o r e k t o r 697 P r ü f u n g ( e n , s) 713 f f . - akte 5 1 , 7 1 4 - ausschuß 633, 7 7 0 - v . B e a m t e n 1 1 , 2 4 , 80 - entscheidung 53, 6 9 6 , 713 - k a m m e r n 764, 7 7 0 - Ordnungen 355, 653, 7 1 3 - Vorschriften 694 Publizistische E i n h e i t e n 7 3 1 Putativgefahr 189
Q Quereinstieg 710
R Räumungsgebot 502 R a h m e n g e s e t z g e b u n g s z u s t ä n d i g k e i t d. Bundes im Bildungswesen 6 6 9 , 690, 732 Rahmenrichtlinien 629 R a t f. kulturelle Z u s a m m e n a r b e i t 675 f. Rats - mitglied 119, 157 - Verfassung 128 f. - Vorsitzender 1 2 8 , 1 3 1 , 1 3 6 R a u m o r d n u n g ( s ) 158, 4 4 8 , 4 5 2 f „ 460, 529 ff. - A u f g a b e n 535 - B e g r i f f 529 ff. - Beirat für 542 - gesetz d. B u n d e s 529, 5 3 3 f f . - Grundsätze 533 f f . - in d. L ä n d e r n 5 4 1 f f . - klausein 545 - pläne 530 - p o l i t i k 254, 529 f . , 5 3 5 - p r o g r a m m d. B u n d e s 534 - p r o g r a m m e d. L ä n d e r 541 - r e c h t 529 f f . - Z e n t r a l e 542f. Raumplanung 530 R a z z i a 211 Realschule 143, 623, 6 3 5 f f . , 6 3 8 f . R e a l s t e u e r n 151 f. R e c h t ( e , s) - a k t 633, 694, 7 9 4 - anspruch auf polizeil. Einschreiten 193 f f . - ansprüche, Sicherung privater 211 - anwalt 312 - anwaltskammer 100, 283 -aufsieht 92,110,112f., 121,149, 3 7 3 f . , 4 5 2 , 4 6 1 , 644, 6 5 2 f „ 694, 699, 713,748 - ausländisches 788, 7 9 0 , 7 9 4 , 7 9 7 , 801 f., 803 - b e g r i f f e , unbestimmte 182, 4 2 3 f . , 455 f., 538, 600, 607 - B e i s t a n d 312 - beugung18
Sachverzeichnis - des ersten Zugriffs 217 - e u r o p . 788, 801 f., 803 - fremdes 785, 789, 7 9 1 , 7 9 3 , 7 9 7 , 802 - mittelbelehrung 227, 578 - multinationales 783 ff., 791 - nachfolge 5 0 4 , 5 0 7 - satz, ausländischer 800 - schütz im Beamtenrecht 37, 70ff. - soziale 352 - staatsbürgerliche 772 - subjektiv-öffentliches 4 5 8 , 4 7 7 , 4 9 7 , 550, 564,566, 578,594f., 601 - supranationales 783 ff. - Verordnungen 117, 269, 451, 460, 603, 608 - weg im Sozialversicherungsrecht 347 - d . Wirtschaft 271 Rechtsanwendungs - befehl 789f., 792f., 796ff., 801, 803 - norm 797 f. - recht 800 - regeln, einzelne 797 ff. Rechtsstaat(s) 5 7 , 9 9 , 1 1 5 , 1 3 8 , 1 4 6 , 159,170ff., 182, 207, 226f., 231, 236, 262, 267, 269 ff., 301, 339, 457. 494. 612, 624, 626, 629, 632, 654, 689, 702 -sozialer261, 342,349f. Redakteur, verantwortl. 741 Redistribution s. Umverteilung Referendar 20, 30, 69 Regalität 259 Regelbeförderung 64 Regierung 184, 264, 270, 651,749f., 759 Regierungsakt, rechtsetzender 777 Regierungspräsident 2 1 , 9 2 , 1 2 4 , 1 4 5 , 1 4 8 , 1 5 4 , 2 2 1 , 234,460, 544, 554, 577,579,596 Regional - planung 530, 5 4 1 , 5 4 3 - verband 1 0 3 , 1 4 7 , 5 4 3 Rehabilitation(s) 345, 377, 390, 392, 399 - berufsfördernde Leistungen 399 - berufsfördernde Maßnahmen 400 - ergänzende Leistungen 399 - Gesamtplan 427 - medizinische Leistungen 399 - medizinische Maßnahmen 400
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- träger 427 RehaG 426 f. Reichsgemeindeordnung 96 Reichskonkordat 6 2 6 , 7 1 8 f. Reichspressekammer 730 Reichsstädte 95 Reichsverfassung 100 Reifezeugnis 639, 660 Reinhalteordnungen 603 Reinhaltung der Bundeswasserstraßen, Gesetz z. 589 Reinigung(s) - auflage 592 - polizeimäßige 576f. - verkehrsmäßige 5 7 2 , 5 7 6 f. - Reisegewerbe 317 f., 320 Rektor(s, en) 697 ff. - Hausrecht 711 - konferenz, westdeutsche 722 Rektoratssystem 697 Religion (s) - freiheit, positive 646, 653, 657 - gesellschaft 10 - mündigkeit 659 - Unterricht 625 f., 6 3 0 , 6 4 4 , 6 4 7 , 6 5 7 Remonstration 40f., 75, 762 Renten 403 f. - anpassung 405 - antrag 404 - berechnung 403 - formel 403 - gewährung 404 Rentenversicherung 431 - Finanzierung 406 - gesetzliche 363, 367, 369, 387,396ff., 427, - Leistungen 399 - Organisation 406 f. - versicherter Personenkreis, in der 398 - Versicherungsfall 405 - Voraussetzungen für den Anspruch 405 Rentner 379, 388 Repräsentativorgan 93 Residenzpflicht 58 Restschule 638 Rettungsschuß 215 Rezeption 786 ff., 798 Richter 10,16, 47 f., 739
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Sachverzeichnis
Richtlinien-Gesetz 272 Rigorosum 714 Risikogeschützte Tätigkeit 409 R o h b a u a b n a h m e 516 Rückenteignung 487 Rückforderung ohne Rechtsgrund gezahlter Bezüge 47 Rückmeldung 695 Rufbereitschaft 38 Ruhegehalt 4 3 , 4 8 , 5 1 , 7 6 9 Ruhestand 33, 66 f. - einstweiliger 21, 66 R u n d f u n k ( s ) 7 2 3 ff. - anstalt, öffentl. rechtl. 9, 6 6 8 , 7 3 2 , 744,751 - anstalten, Aufgaben der 748 ff. - b e g r i f f 744 ff. - begriff, verfassungsrechtl. 745 - freiheit, Grenzen der 728 - gebühr 7 4 4 f . , 747, 7 5 3 - monopol, faktisches 7 4 6 , 7 4 8 - monopol, staatliches 744 - organisation 7 4 8 ff. - p r i v a t e r 743 f., 752 f. - Programmgestaltung 744 - r a t 749f. - r e c h t 741 ff. - recht, geschichtl. Entwicklung 741 ff. S Sachkonzession 314 Sachkunde 315 Sachzusammenhang 673 Sammelpetitionen 759 Samtgemeinde 1 0 3 , 1 0 9 , 1 2 4 , 1 3 5 ff. Sanierungs - gebiet 4 5 1 f., 4 5 4 , 4 5 9 , 4 6 6 , 4 7 0 , 4 8 4 , 490 - genehmigung 484, 490 - maßnahmen 4 5 4 , 4 7 0 , 4 8 4 - programm, wasserrechtl. 603 Sanitätsdienststellen, Zentrale 760 f. Satzungen 1 1 4 , 1 1 6 f., 1 3 2 , 1 4 9 , 3 7 1 f., 464,467,480,577,747 - autonome 7 1 3 - E r l a ß 127,136,155,612 - gemeindliche 116 f. -Haushalts- 114,116
Satzungsrecht, kommunales 630 See - berufsgenossenschaft 371, 395 - k a s s e 3 7 1 , 4 0 6 f. Sekundanzanspruch 657 Sekundarbereich 1635, 642, 688 Sekundarbereich II 6 2 3 , 6 4 2 , 6 8 8 Selbständig Tätiger 369, 379, 398 Selbstbindung d. Verwaltung 28, 45 Selbsteintritt 222 Selbstgefährdung 1 8 3 , 2 1 3 Selbstkontrolle, freiw. d. dtschen Filmwirtschaft 688 Selbstversicherung 369 Selbstverwaltung(s) 91, 96 ff., 1 0 6 , 1 3 4 , 371 ff., 630 - angelegenheiten 111 - a u f g a b e n 111 ff., 1 2 0 , 1 2 7 , 1 4 8 , 4 5 2 - b e r u f s s t ä n d i s c h e 100 - garantie 107 f., 121, 451 ff., 540 - gesetzesabhängige freie 112 - körperschaft 99ff., 1 1 0 , 1 1 2 f f „ 118ff., 140,158,176,184,221, 554,558 - körperschaft, Autonomie der 116 ff., 611 - kollegialorgane 699 - kommunale 2 2 , 9 6 f f . , 219, 222, 373, 476 - organ 371 ff. - Pflichtaufgaben 5 5 5 , 5 7 6 , 644 - Provinzial 147 - recht 1 0 0 , 1 1 7 f., 1 3 7 , 1 5 6 , 5 4 4 , 653, 691 - Schutz der kommunalen 153 ff. - studentische 713 - U n i v e r s i t ä t 678 ff., 694 - verbandsangehörige 149 self-executing International Law 790 Semesterstundenplan 694 Sexualerziehung 626 Sicherheit, öffentl. 183f., 606 - und O r d n u n g 1 1 0 , 1 1 4 , 1 4 3 , 1 6 0 , 170ff., 1 7 9 , 1 8 2 , 1 8 4 f f . , 244, 277. 2