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German Pages 232 Year 1988
SVEJCER Ü B E R S E T Z U N G UND L I N G U I S T I K
SAMMLUNG 47
SPRACHE
AKADEMIE-VERLAG
A L E K S A N D R D. SVEJCER
ÜBERSETZUNG UND LINGUISTIK
AKADEMIE-VERLAG
1987
BERLIN
Titel der Originalausgabe: üepeBOH H JIHHrBHCTHKa O ra3eTHo—hh^opm^hohhom h bobhho—nyßjiimHCTixHecKOM nepeBoffe Ubersetzung aus dem Russischen: Claus Cartellieri, Manfred Heine I n deutscher Sprache herausgegeben und bearbeitet von Albrecht Neubert unter Mitarbeit von Brigitta Schrade
I S B N 3-05-000418-5 I S S N 0138-550X Erschienen im Akademie-Verlag Berlin, Leipziger Str. 3 - 4 , Berlin, D D R - 1086 © der deutschsprachigen Ausgabe Akademie-Verlag Berlin 1986 Lizenznummer: 202 • 100/113/87 Printed in the German Democratic Republic Gesamtherstellung: V E B Druckerei „Gottfried Wilhelm Leibniz", 4450 Gräfenhainichen • 6581 L e k t o r : Dr. Gisela Leiste L S V 0805 Bestellnummer: 753 124 7 (7547) 01800
Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkung des Autors Vorwort zur deutschen Ausgabe I. Allgemeine linguistische Grundlagen der Übersetzungstheorie . . . . 1. Übersetzen als Untersuchungsgegenstand verschiedener Wissenschaften 2. Die Entwicklung der zeitgenössischen Sprachwissenschaft und die Grundrichtungen der Übersetzungstheorie — Die Theorie der gesetzmäßigen Entsprechungen — Übersetzungstheorie und strukturelle Sprachwissenschaft . . . — Generative Grammatik und Übersetzen — Die Komponentenanalyse — Das semantische Modell — Das Situationsmodell 3. Übersetzung und Textlinguistik 4. Übersetzen als Kommunikationsakt II. Semantische Probleme der Übersetzung 1. Zur Anwendung der grammatischen Transformation 2. Zur lexikalischen und syntaktischen Paraphrasierung 3. Zur Anwendung des situativen Modells III. Stilistische Probleme der Übersetzung 1. Die Übertragung der funktionellen Eigenschaften der Äußerung . 2. Die Übertragung einiger Besonderheitendes Stils der Presse und der Publizistik beim Übersetzen — Zeitungsüberschriften — Die Struktur der Pressemeldung — Unterschiede in der Häufigkeit lexikalischer Einheiten — Die Übersetzung von Klischees
7 10 13 13 24 24 34 40 48 51 57 63 70 89 89 101 119 137 138 151 151 158 166 169
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Inhaltsverzeichnis — Stilistische Modifizierungen — Kompression des Textes 3. Die Ü b e r t r a g u n g einiger Besonderheiten der Militärpublizistik
I V . P r a g m a t i s c h e Aspekte der Übersetzung
173 177 . .
182 202
Zusammenfassung
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Literatur
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Personenregister
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Vorbemerkung des Autors
Der Beruf des Übersetzers und Dolmetschers gehört zu den ältesten der Welt, seine Ausübung hat jedoch zu keiner Zeit im Verlaufe der vielhundertjährigen Geschichte ein so großes Ausmaß angenommen, wie das in den letzten Jahrzehnten der Fall ist. Von der immer umfangreicher werdenden Literatur entfällt ein beträchtlicher Teil auf Übersetzungen. Übersetzer und Dolmetscher spielen eine wichtige' Rolle bei der Entwicklung der internationalen Beziehungen auf dem Gebiet des wissenschaftlichen, technischen und kulturellen Austauschs, denn sie helfen den Sprechern verschiedener Sprachen, die Sprachbarrieren zu überwinden. Es ist deshalb auch keineswegs verwunderlich, wenn sich gerade heute die Notwendigkeit einer theoretischen Verallgemeinerung der praktischen Erfahrungen beim Übersetzen und Dolmetschen dringlicher als je zuvor ergibt. Die Übersetzungstheorie, die gegenwärtig eine stürmische Entwicklung durchläuft, ist eines der jüngsten Gebiete der Sprachforschung. In den letzten Jahren sind im Rahmen dieser Disziplin zahlreiche neue Richtungen entstanden, die sich auf verschiedene Strömungen der zeitgenössischen Sprachwissenschaft stützen. Sie interpretieren den Übersetzungsvorgang und seine Ergebnisse von ihrem jeweiligen Standpunkt aus. Wenn es sich dabei zuweilen lediglich um Bestrebungen handelt, bereits Geläufiges in neue Begriffe zu kleiden, so gibt es doch auch neue Auffassungen zu praktischen und theoretischen Fragen des Übersetzens. Die Arbeit verfolgt zwei Zielstellungen: Erstens will sie den Leser in die Problematik der linguistischen Theorie des Übersetzens einführen und ihn in einer leicht faßlichen Art mit den grundlegenden theoretischen Modellen für den Übersetzungsvorgang vertraut machen, und sie will zweitens aufzeigen, auf welche Weise diese Modelle bei der Übersetzung von publizistischen Texten Anwendung finden. Mit der Darstellung des Beispielmaterials zum Übersetzen von Texten aus Zeitungen und anderen publizistischen Quellen sollen nicht nur allgemeine theoretische Aussagen belegt werden; vielmehr geht es um eine systematische Beschreibung der spezifischen Aspekte solcher Texte.
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Vorbemerkung des Autors
Die Arbeit umfaßt vier Kapitel. Das erste Kapitel enthält eine knappe Darstellung des gegenwärtigen Standes der linguistischen Theorie für das nichtmaschinelle, traditionelle Übersetzen. Es wird der Versuch unternommen anzudeuten, welche" Möglichkeiten aus den Resultaten der gegenwärtigen Sprachwissenschaft für die Ausarbeitung einer Theorie des Ubersetzens erwachsen. Vor allem wird dabei auf die Richtungen eingegangen, die die Besonderheiten der natürlichen Sprachen und den Prozeß der Redetätigkeit in den Mittelpunkt ihrer Untersuchungen stellen. Dieses Kapitel will auch die Frage des Verhältnisses der linguistischen zur literaturwissenschaftlichen Übersetzungstheorie beleuchten. Weiterhin wird der Übersetzungsprozeß in Begriffen der Kommunikationstheorie dargestellt, und die Ausgangsbegriffe werden definiert. Das zweite Kapitel will zeigen, wie die denotative Bedeutung einer Äußerung wiedergegeben werden kann. Daneben erfolgt eine Bewertung der für Theorie und Praxis des Übersetzens möglichen Anwendung einiger Verfahren der Komponentenanalyse in Verbindung mit Modellen der Transformationsgrammatik, der semantischen Synthese und der „situativen Grammatik". Das dritte Kapitel ist dem Problemkreis „Übersetzen und Stilistik" gewidmet. Es behandelt Fragen, die sich auf die Wiedergabe solcher Funktionen eines Sprechaktes beziehen, die gelegentlich in eine „Stilistik der Rede" verwiesen werden. Unsere besondere Aufmerksamkeit richtet sich dabei auf eine Gegenüberstellung der Rolle dieser Funktionen in Quellen- und Zielsprache und der in ihnen dafür aufgewendeten sprachlichen Mittel. Insbesondere wird ein Vergleich der expressiven Funktion und der Mittel für ihre Verwirklichung im Englischen und Deutschen angestellt; es werden die Ergebnisse der vergleichenden Stilistik herangezogen und entsprechende Schlußfolgerungen für die Theorie und Praxis des Übersetzens abgeleitet. Dazu gehört auch die Feststellung, daß beim Übersetzen funktionalstilistische Besonderheiten zu berücksichtigen sind, wie sie unter anderem in publizistischen Texten des verglichenen Sprachenpaares beobachtet werden können. Diese Vergleiche und entsprechende Schlußfolgerungen werden nicht nur für den in dieser Arbeit betrachteten Funktionalstil, sondern auch für seine genrespezifischen Einzelfälle präzisiert; den funktionalen genrespezifischen Unterschieden, die in das Gebiet der Struktur des Textes (discourse structure) gehören, wird dabei gebührende Beachtung zuteil. Thema des vierten Kapitels sind die pragmatischen Aspekte des Übersetzens. In diesem Kapitel soll gezeigt werden, daß bei der Übersetzung die unterschiedliche Aufnahme eines gegebenen Textes oder einer Mitteilung durch die Teilnehmer des Kommunikationsaktes berücksichtigt werden muß. Das entspricht einem Fragekomplex, der in der Praxis normalerweise mit der Aussage „der Leserkreis muß berücksichtigt werden" charakterisiert wird.
Vorbemerkung des Autors
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Die wesentlichen Schlußfolgerungen aus den Darlegungen der vier Kapitel erscheinen in einer „Zusammenfassung". Die vorliegende Arbeit ist für einen breiten Leserkreis bestimmt — f ü r den Übersetzer in der Praxis, f ü r Studenten an sprachausbildenden Hochschulen und für alle, die sich f ü r die theoretischen und praktischen Probleme des Übersetzens interessieren. Der Verfasser möchte den Herren Professoren L. S. Barchudarov, V. G. Gak und L. L. Neljubin seinen herzlichen Dank für ihre wertvollen Ratschläge und Hinweise aussprechen, die ihm bei seiner Arbeit am Manuskript eine wesentliche Hilfe bedeuteten.
Vorwort zur deutschen Ausgabe
Wie die Menschen, so werden auch Bücher älter, und die in einem Buch dargelegten Auffassungen sind nicht unbedingt identisch mit denen, die der Autor gegenwärtig vertritt, sondern entsprechen seinen Auffassungen aus der Zeit, in der das Buch geschrieben wurde. Dies trifft besonders auf Bücher zu, die übersetzt werden: Die Zeit, die nötig ist, um das Original zu publizieren, die Übersetzung anzufertigen, zu bearbeiten und herauszugeben, ist zu lang angesichts der sich rasch ändernden wissenschaftlichen Denkweisen. Zu Beginn der 70er Jahre geschrieben, ist dieses Buch 1973 erschienen. Würde ich es jetzt schreiben, so könnte ich von einigen neueren Untersuchungen auf dem Gebiet der Semantik, der Text-, Sozio- und kontrastiven Linguistik profitieren, ganz abgesehen von Untersuchungen auf dem Gebiet der eigentlichen Übersetzungstheorie. Beim erneuten Lesen meines Buches habe ich jedoch zu meiner Überraschung entdeckt, daß sein etwas verspätetes Erscheinen in deutscher Sprache auch sein Gutes hat. Zum einen konnte ich entgegen meinen Befürchtungen glücklicherweise feststellen, daß sich die grundlegenden Gedanken und Begriffe dem natürlichen Alterungsprozeß gegenüber als genügend widerstandsfähig erwiesen haben. Zum anderen wurde mir beim nochmaligen Lesen des Buches klar, daß im Original etwas fehlt. Wenn dort die Betonung auf den dynamischen Aspekten der Äquivalenz liegt, so werden deren statische Aspekte, die für einige Linguisten gerade das zentrale Problem der Übersetzungstheorie darstellen, etwas vernachlässigt. Es handelt sich hierbei um eine Typologie und Hierarchie von Beziehungen zwischen dem Originaltext und seiner zielsprachlichen Entsprechung. Ich möchte deshalb nicht nur meine Auffassungen zu diesem Problem darlegen, sondern gleichzeitig versuchen, die Berührungspunkte zwischen den dynamischen bzw. operativen und den statischen Aspekten der Übersetzung oder, anders ausgedrückt, zwischen der Übersetzung als Prozeß und der Übersetzung als Produkt bzw. Resultat aufzuzeigen. Ein Bereich, wo die statischen und die dynamischen Aspekte der Übersetzung sich eng berühren, ist die Äquivalenz. Es handelt sich dabei um ein Problem, über das die Linguisten sich eingestandenermaßen nicht einigen können.
Vorwort zur deutschen Ausgabe
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Der Grund liegt auf der Hand. Die Auffassung von der Äquivalenz hängt wesentlich davon ab, wie das Übersetzen selbst und sein Verhältnis zur Sprache und der außersprachlichen Realität verstanden werden. I m Ergebnis dessen gibt es so viele Definitionen von der Übersetzung, wie es verschiedene Auffassungen vom Übersetzen gibt. Deshalb wurde in den Abschnitt „Übersetzen als Kommunikationsakt" neues Material aufgenommen, das die Frage des Niveaus und der Typen von Äquivalenz, ihrer Beziehungen zu Übersetzungstransformationen und das Verhältnis zwischen dynamischer und statischer Äquivalenz beleuchtet. Die Periode nach dem Erscheinen der russischen Ausgabe meines Buches war durch bedeutende Erfolge auf einem eng mit der Übersetzungstheorie verbundenen neuen Gebiet der Sprachwissenschaft — der Textlinguistik — gekennzeichnet. Fragen der Textlinguistik fanden ihren Niederschlag auch in der Originalausgabe (vgl. z. B . die Abschnitte, die dem Zeitungstext und den Problemen, die mit seiner Übersetzung zusammenhängen, gewidmet sind). In der deutschen Ausgabe wird die Frage der Beziehung zwischen der Übersetzungstheorie und der Textlinguistik in einem besonderen Abschnitt behandelt, der in Kapitel I eingefügt wurde. Die Vorbereitung der deutschen Variante des Buches hat folglich erhebliche Mühe gekostet, was die Durchsicht des Materials und seine „Modernisierung" betrifft. Ich möchte in diesem Zusammenhang vor allem die Arbeit der Lektorin Dr. Gisela Leiste hervorheben. Mein ganz besonderer Dank gilt Prof. Dr. Albrecht Neubert und Brigitta Schrade, in deren Hand die Arbeiten zur Übertragung meines Buches ins Deutsche sowie die redaktionelle Betreuung dieses Manuskripts lagen. Sie haben die schwierige Aufgabe bewältigt, deutsche Illustrationsbeispiele zu finden, was dem deutschsprachigen Leser die Lektüre des Werkes zweifellos erleichtern wird. A. D. Svejcer
I Allgemeine linguistische Grundlagen der Übersetzungstheorie 1.
Übersetzen als Untersuchungsgegenstand verschiedener Wissenschaften
Als eine spezifische Form der sprachlichen Tätigkeit ist das Übersetzen ein kompliziertes und vielseitiges Phänomen, dessen unterschiedliche Aspekte das Interesse von Literaturwissenschaftlern, Psychologen, Ethnographen und Sprachwissenschaftlern auf sich ziehen. Für die Psychologie gehören etwa Besonderheiten der Aufnahme und des Verstehens im Translationsprozeß oder spezielle Aspekte von Aufmerksamkeit, Zielvorstellung und Wissen beim Übersetzen sowie die Rolle des Lernens und des Vorgriffes beim Übersetzen zu wesentlichen Fragestellungen (KKUPNOV 1968). Den Ethnographen interessiert die Übersetzung als ein Gegenstand, der die Aufmerksamkeit auf ein Gebiet lenkt, das gemeinhin als „ethnographische Semantik" bezeichnet wird (SMITH, FISCHER 1970). Es schließt den großen Kreis all der Fragen ein, die sich auf kulturelle Unterschiede und auf Verschiedenheiten im System der Vorstellungen von der Umwelt beziehen. Für den Literaturwissenschaftler ist das Problem des Übersetzens eine Frage der künstlerischen Meisterschaft des Übersetzers. Ihn interessiert die Kunst, wie der individuelle Stil eines Autors wiedergegeben und dabei die Bildstruktur des Werkes erhalten bleiben kann. Worin sieht nun der Sprachwissenschaftler die Bedeutung des Übersetzens? Zunächst darin, daß das Übersetzen eine außerordentlich einflußreiche Quelle von Belegen f ü r die allgemeine Sprachwissenschaft und in noch größerem Maße für die konfrontative Linguistik darstellt (BABCHUDAROV 1962, NIDA 1969). Hierbei hat aber die Sprachwissenschaft gegenüber dem Übersetzen keine dienende Funktion, sondern das Übersetzen dient seinerseits der Sprachwissenschaft, indem es ihren Blickwinkel erweitert und ihr damit hilft, sowohl die spezifischen Merkmale einzelner Sprachen als auch ihre allgemeinsten Wesenszüge, die Universalien aufzudecken. Daneben sind zahlreiche Sprachwissenschaftler jedoch schon lange zu der Schlußfolgerung gekommen, daß die Translation selbst zum Gegenstand sprachwissenschaftlicher Beschreibung werden kann. Ziel einer derartigen Beschreibung muß dabei sein, eine linguistische Theorie der Translation zu schaffen. Die Notwendigkeit einer solchen Theorie wurde jedoch nicht immer an-
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Linguistische G r u n d l a g e n der Ü b e r s e t z u n g s t h e o r i e
erkannt. So hat R E F O R M A T S K I J seinerzeit bestritten, daß es möglich sei, eine Wissenschaft vom Übersetzen zu begründen. Als Argument führte er ins Feld, daß das praktische Übersetzen die Ergebnisse vieler Wissenschaften nutze und somit keine eigenständige Theorie haben könne. Seine Behauptung traf auf den entschiedenen Widerspruch der Theoretiker des Übersetzens. Und in der Tat widerlegt der Umstand, daß die eine oder andere Disziplin Ergebnisse angrenzender Wissensgebiete nutzt, noch nicht ihre Existenzberechtigung. Ohnehin wird es heute kaum möglich sein, auch nur eine Disziplin zu benennen, die nicht Ergebnisse aus anderen Wissenschaftsgebieten anwendet. Für die Entwicklung jeder einzelnen wissenschaftlichen Disziplin ist es darüber hinaus außerordentlich bedeutungsvoll, ihren Standort gegenüber den anderen Wissenschaften exakt abzugrenzen und den Gegenstand der eigenen Untersuchungen zu bestimmen. Zu den wichtigsten Problemen gehört hierbei die Frage nach der Stellung der Übersetzungstheorie zur Sprach- und Literaturwissenschaft. In einigen Veröffentlichungen auf dem Gebiet der künstlerischen Übersetzung wurden die Versuche, eine linguistische Theorie des Übersetzens zu schaffen, zu einer „formalistischen Irrlehre" erklärt, die mit den Gesetzen des künstlerischen Schaffens unvereinbar sei. Von diesen Positionen aus beurteilten Anhänger der literaturwissenschaftlichen Schule die linguistische Übersetzungstheorie und warfen zum Beispiel F E D O E O V eine übermäßig linguistische Ausrichtung vor. Gleichzeitig erhoben andere auf dem Gebiet der Übersetzungswissenschaft arbeitende Wissenschaftler, die sich an den Postulaten der strukturellen Linguistik orientieren, ihm gegenüber den Einwand, daß in seiner Arbeit formale Kriterien ungenügend berücksichtigt seien ( F E D O E O V 1 9 6 8 ) . Es kann hier nicht darum gehen, eine umfassende Bewertung der grundlegenden Arbeit von F E D O E O V vorzunehmen. Es soll daher nur erfragt werden, ob es möglich ist, eine umfassende Theorie der Translation zu schaffen, die jeweils entweder ausschließlich formale und strukturelle oder künstlerische und ästhetische Kriterien berücksichtigt. Dabei stößt man auf ein Problem, das nunmehr wieder in der Frage formuliert wird: Ist das Übersetzen Wissenschaft oder Kunst ? Unserer Auffassung nach ist dem amerikanischen Linguisten N I D A zuzustimmen, der darauf verweist, daß sich das Übersetzen gerade hierin prinzipiell nicht von jeder anderen sprachlichen Tätigkeit unterscheidet. Auch der Vorgang der einsprachigen Kommunikation kann als schöpferischer Akt betrachtet werden. Nicht umsonst spricht man davon, daß es eine Kunst ist, eine Rede zu halten, oder daß es eine Meisterschaft der künstlerischen Prosa und der Publizistik gibt ( N I D A 1 9 6 9 ) . Niemand wird daran zweifeln, daß die Formen dieser Genres Gegenstand sowohl der literaturwissenschaftlichen als auch der linguistischen Verallgemeinerung sein können. Dies gilt gleichermaßen f ü r das Übersetzen als eine besondere Art der sprachlichen Tätigkeit.
Übersetzen als Untersuchungsgegenstand
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Wenn auch das Übersetzen durch spezifische Wesensmerkmale bestimmt wird, die es von anderen kommunikativen Akten unterscheiden (wovon später noch zu sprechen sein wird), so kann man auf Grund dieser Merkmale doch keineswegs von einer größeren Freiheit des Schaffens beim Übersetzen — verglichen mit anderen Arten sprachlicher Tätigkeit — sprechen. Nach der etwas vereinfachten, aber im großen und ganzen zutreffenden Definition des bulgarischen Linguisten LJITDSKANOV (1970) ist der schöpferische Prozeß dadurch gekennzeichnet, daß es in ihm eine oder mehrere nicht durch Regeln erfaßte Auswahlmöglichkeiten gibt. Hierbei darf aber nicht übersehen werden, daß beim Übersetzen die Freiheit der Entscheidung für die eine oder andere sprachliche Form immer in einem gewissen Grade beschränkt ist, obwohl sie andererseits keiner hinreichend exakten Regelung unterliegt. Die Übersetzung wird in jedem Falle durch den Text des Originals bestimmt, folglich letztendlich durch die Beziehungen zwischen Quellen- und Zielsprache. Selbstverständlich ist damit das Wesentliche des Übersetzungsprozesses durchaus nicht vollständig erfaßt, doch kann kein Übersetzer diese Beziehungen außer acht lassen. Schöpferisches und Nichtschöpferisches sind in jeder Art des Übersetzens in enger Verflechtung gegeben, obwohl die Beziehungen zwischen diesen beiden Größen — in Abhängigkeit vom Übersetzungsgenre — variabel sind. Dabei reicht die Skala etwa von der Übersetzung offizieller Sachtexte und technischer Dokumentationen, für die eine Regelung deutlicher zu erkennen ist, bis zur künstlerischen Übersetzung, bei der der Anteil der keiner strengen Regelung unterliegenden Entscheidungen ungleich größer ist. Wollte man annehmen, daß das Gebiet des künstlerischen Übersetzens eine Domäne des „ausschließlich Schöpferischen" ist, in dem die linguistischen Gesetzmäßigkeiten des Übersetzens nicht gelten, dann müßte man zu der Schlußfolgerung kommen, daß es keine allgemeine Theorie des Übersetzens geben kann; denn eine Theorie, die nur für einzelne Übersetzungsarten zuträfe, könnte keine Allgemeingültigkeit haben. Wie aber die Sprachwissenschaft in ähnlicher Weise beliebige sprachliche Erscheinungen untersucht — und zwar unabhängig von der Umgebung, in der sie auftreten —, so erfaßt die allgemeine Übersetzungstheorie alle Varianten der Translation. Dabei sollen die Gesetzmäßigkeiten aufgedeckt werden, die der Translation insgesamt eigen sind, und zwar ungeachtet der spezifischen Merkmale, die dem einen oder anderen Genre zukommen. Bei der Untersuchung dieser Gesetzmäßigkeiten hat der Sprachwissenschaftler sprachliche Erscheinungen oder Texte in zwei verschiedenen Sprachen vor sich. Es handelt sich dabei um die Quellensprache, die Sprache des Originals, und die Zielsprache, die Sprache der Übersetzung. In seinen Überlegungen vollzieht er den Weg nach, den der Übersetzer von der Aufnahme
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Linguistische Grundlagen der Übersetzungstheorie
des quellensprachlichen Textes bis zur Nachschaffung des Textes in der Zielsprache zurückgelegt hat. Dabei kann sich jeder einzelne Text durch individuelle Vielfalt auszeichnen. Die Wiedergabe dieses Eigenwertes erfordert ein vertieftes Eindringen in die schöpferische Tätigkeit des Autors. Gerade hier handelt es sich um eines der Hauptprobleme der Theorie des künstlerischen Übersetzens. Diese Aufgabe gilt jedoch mit bestimmten Abstrichen auch für alle anderen Übersetzungsgenres. Auf der anderen Seite liefert ein Vergleich mehrerer Übersetzungen den überzeugenden Beweis dafür, daß die Erfahrungen der übersetzerischen Tätigkeit sehr wohl verallgemeinert werden können. Viele Entscheidungen von Übersetzern sind zwar nicht deckungsgleich, sie können aber auf jeden Fall dem gleichen Typ zugeordnet werden. Daraus läßt sich schlußfolgern, daß dem Ubersetzungsprozeß in all seiner Vielfalt bestimmte allgemeine Gesetzmäßigkeiten zugrunde liegen, deren Aufdeckung gerade die linguistische Theorie des Ubersetzens zum Ziel hat. Untersuchen wir nunmehr die Frage des Verhältnisses der linguistischen Übersetzungstheorie zu den anderen sprachwissenschaftlichen Disziplinen wie Grammatik, Lexikologie und Stilistik. Uns interessiert dabei in erster Linie, in welcher Relation Forschungen auf dem Gebiet der Ubersetzungstheorie zu Arbeiten über den Sprachvergleich stehen. Solche Arbeiten sind in der letzten Zeit in größerem Umfang entstanden, und aus ihnen hat sich eine besondere Richtung (contrastive linguistics), die als kontrastive Linguistik oder Charakterologie bezeichnet wird, entwickelt. In der sowjetischen Sprachwissenschaft wird sie etwa durch Arbeiten von FEDOBOV (1961), KRUSEPNICKAJA (1961),
STEPANOV (1965), GAK, ROJZENBLIT (1965), GAK (1975)
und JARCEVA (1981) vertreten. Der Fortschritt auf diesem Teilgebiet der Sprachwissenschaft ist eng verbunden mit der Untersuchung zum Problem der Zweisprachigkeit, zu Beziehungen der Sprachmischung sowie der strukturellen Interferenz, die sich im Verlaufe sprachlicher Kontakte herausbildet. Die Konfrontation von sprachlichen Systemen kann übrigens von nur einer wie auch von beiden Seiten aus erfolgen. Im ersten Fall wird eine der Sprachen durch die Brille der anderen Sprache betrachtet, die gleichzeitig letzterer auch die Kriterien des Vergleichs liefert. Es werden dabei lediglich die Schwierigkeiten erfaßt, die ein Sprecher der jeweils als Ausgangspunkt dienenden Sprache beim Erlernen der anderen Sprache hat. So treten zum Beispiel bei einem Engländer, der Deutsch lernt, Probleme beim richtigen Gebrauch des männlichen, weiblichen und sächlichen Artikels auf; das trifft aber nicht für einen Deutschen zu, der Englisch lernt. Daraus ergibt sich, daß dieses Problem nur dann zum Gegenstand der konfrontativen Analyse von Erscheinungen in einer bestimmten Richtung werden kann, wenn das Englische mit dem Deutschen konfrontiert werden soll. Als Beispiel für eine solche Gegenüberstellung
Übersetzen als Untersuchungsgegenstand
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in einer Richtung sei auf die Arbeit der amerikanischen Linguisten STOCKWELL und B O W E N verwiesen. Sie stellt eine konfrontative Untersuchung des Lautsystems im Englischen und Spanischen dar ( S T O C K W E L L , B O W E N 1 9 6 5 ) . Daneben sind jedoch auch Arbeiten entstanden, bei denen die Gegenüberstellung der Sprachen in beiden Richtungen erfolgt, wo dann also beide verglichenen Sprachen jeweils einmal als Kriterium für die Konfrontation gewählt werden. Hierher gehört in erster Linie die Arbeit der kanadischen Sprachwissenschaftler V I N A Y und D A B B E L N E T , in der Erscheinungen des Französischen und des Englischen einer konfrontativen stilistischen Analyse unterzogen werden ( V I N A Y , D A E B E L N E T 1 9 5 8 ) . Aus dem bisher Gesagten läßt sich die Schlußfolgerung ziehen, daß die kontrastive Linguistik in engem Zusammenhang mit der Lösung der praktischen Aufgabe des Fremdsprachenunterrichts steht. SPALATLN, einer der Vertreter dieser Richtung, stellt dazu fest, die Konfrontationslinguistik verfolge in erster Linie eine praktische Zielstellung — sie wolle das Erlernen einer zweiten (d. h. einer fremden) Sprache erleichtern ( S P A L A T I N 1 9 6 7 ) . Dabei ist vielen auf diesem Gebiet Tätigen klar, daß die konfrontative Analyse nicht nur direkte Ergebnisse für die Methodik des Fremdsprachenunterrichts, sondern auch für die Theorie des Übersetzens erbringt. In einigen Arbeiten finden sich auch direkte Verweise darauf, daß die Übersetzungstheorie als ein Bestandteil der kontrastiven Linguistik anzusehen sei. Das wird insbesondere von N I D A hervorgehoben ( N I D A 1 9 6 9 ) . Auch C A T F O E D vertritt diesen Standpunkt, wenn er die Auffassung äußert, daß die Übersetzungstheorie ein Teilgebiet der konfrontativen Sprachwissenschaft sei, da sie sich mit einer bestimmten Art von Beziehungen zwischen Sprachen befaßt ( C A T F O E D 1 9 6 5 ) . Gegen eine solche Auffassung vom Wesen der Übersetzungstheorie treten einige Theoretiker der künstlerischen Übersetzung auf. Sie sind der Ansicht, ein rein linguistisches Herangehen an die belletristische Übersetzung sei nicht tragbar, und schlagen statt dessen eine „wissenschaftlich-linguistische Analyse" vor, die „die Grenzen des Linguistischen überschreitet" und nach ästhetischen Gesichtspunkten verlangt ( E T K I N D 1 9 7 0 ) . „Das hier Gesagte" — so erklärt E T K I N D — „bezieht sich selbstverständlich nur auf das künstlerische Übersetzen, das ein Problem f ü r sich darstellt. Mit der Übersetzung von wissenschaftlichen Sachtexten gibt es fast keine Gemeinsamkeiten, wenn einmal die rein linguistischen Grundlagen des Übersetzungsvorgangs außer acht gelassen werden. I n einem Kunstwerk gehört jedes Wort in ein besonderes System, in dem eigene und in jedem Fall andere Gesetzmäßigkeiten gelten. Ohne Linguistik kommt man natürlich hier nicht aus, aber sie dient lediglich zur Erläuterung der untersten Ebene des übersetzerischen Schaffens, derjenigen nämlich, auf der der Unterschied zwischen verschiedenen Texttypen — 2
Übersetzung
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Linguistische Grundlagen der Übersetzungstheorie
etwa einer Zeitung und einem Roman, einem Lehrbuch für Physik und der ,Göttlichen Komödie', zwischen einem diplomatischen Dokument und der Bibel — weggefallen ist." Nach den Auffassungen von Etkind ist eine linguistische Übersetzungstheorie also nicht mehr als eine Gegenüberstellung sprachlicher Formen. Es bleibt jedoch unklar, warum bei einer linguistischen Analyse des Übersetzens der Unterschied zwischen Texten unterschiedlicher funktionaler Genres verwischt werden soll, etwa der zwischen einem Kunstwerk und einem Sachtext usw. Befaßt sich die linguistische Stilistik nicht gerade mit der Untersuchung derartiger Unterschiede ? Denn per definitionem ist ja die linguistische Stilistik das Teilgebiet der Sprachwissenschaft, das sich mit der Untersuchung der Stile, der stilistischen Gewohnheiten und der expressiven Mittel einer Sprache im Verhältnis zum ausgedrückten Inhalt befaßt (Gal'pebiií 1958). Offensichtlich engt Etkend die linguistische Übersetzungstheorie viel zu sehr ein, wenn er sie auf den elementaren Vergleich von Formen reduziert. Den Ausweg aus diesem scheinbaren Widerspruch zwischen einem sprachwissenschaftlich und einem literaturwissenschaftlich orientierten Herangehen an die Untersuchung der Übersetzung sieht Etkestd in einer Erforschung der Gesetzmäßigkeiten des Übersetzungsprozesses. Dies soll innerhalb einer wissenschaftlichen Disziplin geschehen, die über den von der Linguistik gesteckten Rahmen hinausreicht und vergleichende Stilistik genannt wird. An späterer Stelle folgt der Hinweis, daß der Begriff „vergleichende Stilistik" sehr weit verstanden und ihm ein besonderer Inhalt zugeordnet wird. Nach den Vorstellungen Etklnds umfaßt diese Disziplin die folgenden Vergleichsebenen: 1. Systemvergleich beider Sprachen (grammatischer Aufbau, Lexik, Phraseologie u. a.); 2. Vergleich der stilistischen Systeme des Sprachenpaares (z. B. der Bildungsgesetze für die funktionalen Sprachstile, des Verhältnisses der literatursprachlichen Norm zu Dialekten, Jargons und Volkssprache; 3. Vergleich der traditionellen literatursprachlichen Stile innerhalb beider Sprachen (z. B. der sprachlichen Stile des Klassizismus, des Sentimentalismus und der Romantik, oder einiger konkreter genrespezifischer Stile, wie der von Oden, Elegien, Fabeln usw.); 4. Vergleich der beiden spezifischen, nationalen prosodischen Systeme (zum Beispiel des ausschließlich von der Silbenzahl abhängigen Systems im Französischen mit dem durch Wechsel der Silbenbetonung bestimmten im Russischen, der metrischen Prosodie des Altertums mit der auf dem reinen Betonungswechsel beruhenden im Deutschen und Russischen); 5. Vergleich der historisch-kulturellen Traditionen zweier Nationen, die in einer bestimmten nationalen Tradition für das Übersetzen von Gedichten deutlich werden; 6. Vergleich der individuellen künstlerischen Stilsysteme: des Systems des Autors des Originals mit dem des Übersetzers.
Übersetzen als Untersuchungsgegenstand
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Die erste Vergleichsebene gehört demnach in den Zuständigkeitsbereich der konfrontativen Grammatik und Lexikologie, die zweite in den Bereich der linguistischen Stilistik sowie zu bestimmten Teilen in die Dialektologie und die Soziolinguistik. Bei der fünften Ebene gehört die Widerspiegelung historischer und kultureller Traditionen in der Sprache, in konkreten sprachlichen Äußerungen zu den Aufgaben der vergleichenden Ethnolinguistik. Die unter P u n k t drei, vier und sechs aufgeführten Probleme werden tatsächlich in erster Linie von der literaturwissenschaftlich ausgerichteten Stilistik untersucht, obgleich es auch eine Reihe interessanter sprachwissenschaftlicher Arbeiten zu diesen Fragen gibt. Aus dem Gesagten folgt keineswegs, daß die Probleme der künstlerischen Übersetzung keine besondere Spezifik hätten. Die Erforschung dieser Spezifik überschreitet tatsächlich den Rahmen der Linguistik. Dennoch kann man die Behauptung, die linguistische Theorie könne lediglich die „unterste Ebene" der übersetzerischen Tätigkeit erklären, nur als offensichtliche Unterschätzung dieser Theorie bezeichnen. Es liegt auf der Hand, daß eine derart enge Auffassung von der linguistischen Übersetzungstheorie, die auf der Voraussetzung basiert, daß sie sich lediglich mit einem Vergleich der Formen in verschiedenen Sprachen befaßt, auch die Begründung für den gegen die theoretische Sprachwissenschaft erhobenen Vorwurf einer „formalistischen Irrlehre" liefert. Gleichzeitig läßt sich der Einspruch ETKZNDS gegen Versuche, den Gegenstand des Übersetzens in die konfrontative Sprachwissenschaft einzugliedern, nicht von der Hand weisen, denn letztere hat ihre eigenen Aufgaben, die nicht mit den Aufgaben der Übersetzungstheorie übereinstimmen. Selbstverständlich gibt es eine direkte Beziehung zum Übersetzen, aber diese reicht nicht über Theorie und Praxis des Fremdsprachenunterrichts hinaus. Gegenstand der kontrastiven Linguistik ist häufig die Gegenüberstellung konkreter sprachlicher Systeme (auf grammatikalischem, lexikalisch-semantischem und stilistischem Gebiet). Man möchte meinen, COSEBITT hat recht, wenn er feststellt, die kontrastive Linguistik, die sich lediglich mit einer Gegenüberstellung der Strukturen konkreter Sprachen befaßt und „typologischen" Charakter besitzt, könne nur eine Hilfswissenschaft f ü r die Übersetzungstheorie sein. In dem Falle jedoch, wenn die kontrastive Linguistik die faktische Anwendung inhaltlicher und materieller Strukturen erforscht, nähert sie sich seiner Meinung nach stark der auf Einzelsprachen orientierten Übersetzungstheorie. Für eine derartige kontrastive Linguistik bzw. für eine derartige Komponente der kontrastiven Linguistik stellt die Übersetzung eine ständige Quelle dar (siehe z. B. G A K , R O J Z E N B L I T 1 9 6 5 , F E D O R O V , KTJZNECOVA, MOROZOVA, CYGANOVA 1 9 6 1 ) , weil die Erarbeitung von Bezeichnungsäquivalenten zumindest die Übersetzung impliziert, sie voraussetzt. Die 2*
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Linguistische Grundlagen der Übersetzungstheorie
Materialien einer solchen kontrastiven Linguistik könnten die Grundlage einer Übersetzungsgrammatik und eines Übersetzungswörterbuchs bilden. Leider aber, so bemerkt C O S E B I U , gibt es vorläufig keine solche kontrastive Linguistik ( C O S E B I U 1981). Und selbst wenn es sie gäbe, so könnte sie doch die Übersetzungstheorie nicht vollständig ersetzen, hat diese doch eine besondere Aufgabe, die im Rahmen der kontrastiven Linguistik ganz einfach nicht zu lösen ist: nämlich den Mechanismus des Übersetzungsprozesses selbst zu erforschen, alle die Faktoren zu definieren, die auf die übersetzerischen Lösungen Einfluß haben, die Logik dieser Lösungen aufzudecken. Es ist völlig richtig, daß eine wissenschaftliche Analyse des Übersetzungsprozesses eine Orientierung auf Ästhetik und Psychologie erfordert (das gilt übrigens nicht nur f ü r die künstlerische Übersetzung, sondern ebenso für andere Übersetzungsgenres), eine Orientierung auch auf die Ethnographie und andere angrenzende Wissenschaften. Diese Aufgabe wird jedoch zu einem großen Teil dadurch erleichtert, daß die zeitgenössische Sprachwissenschaft eng mit diesen Disziplinen verbunden ist, wodurch der Aktionsradius der Forschungsarbeiten in diesen interdisziplinären Richtungen wesentlich vergrößert wurde. Zu den angesprochenen Disziplinen gehören die Soziolinguistik und die eng mit ihr verbundene Ethnolinguistik. Die Berücksichtigung ethnolinguistischer und soziolinguistischer Sachverhalte ist speziell dann von besonderer Bedeutung, wenn in Sprachen und für Völker übersetzt wird, die sich in unterschiedlichen Etappen der kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklung befinden. Übersetzen ist schließlich nicht nur ein Zusammenführen von sprachlichen Systemen, sondern es ergibt sich auch ein Kontakt zwischen verschiedenen Kulturen. Beim Übersetzen kommt der sozialen Schichtung einer Sprache große Bedeutung zu. In diesem Zusammenhang könnten die Ergebnisse einiger soziolinguistischer Untersuchungen für die Übersetzungstheorie überaus nützlich sein. So hat die Soziolinguistik die allgemeine Semantiktheorie durch den Begriff „soziale Bedeutung" (social meaning) bereichert, der eine bestimmte soziale Wertigkeit darstellt, die mit der Benutzung einer Wendung in diesem oder jenem Kontext zusammenhängt. Wie G U M P E R Z feststellt, erfolgt die Einstufung der Wertigkeit für diese oder jene Gegenstände oder Handlungen ebenso willkürlich wie die referentielle Nominierung der Gegenstände. Ein und dieselbe Einheit kann in dem einen Kollektiv territoriale Unterschiede und in einem anderen soziale Unterschiede ausdrücken. Die soziale Bedeutung unterscheidet sich von der territorialen durch die Art und Weise der Kodierung : Wird die Referenz vorwiegend mit Hilfe von Wörtern kodiert, so wird die soziale Bedeutung nicht nur durch akustische Zeichen, sondern auch durch die Situation, in der die Mitteilung erfolgt, durch die Einheiten der Hinter-
Übersetzen als Untersuchungsgegenstand grundinformation
sowie durch
eine bestimmte
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ausgedrückt
(GUMPERZ 1 9 7 2 ) .
Wesentlich für die Wiedergabe der sozialen Bedeutung ist die Eingrenzung der Stratifikations- und der situativen Variabilität der Sprache (SVEJCER 1976). Die Stratifikations Variabilität der Sprache hängt mit der sozialen Gliederung der Gesellschaft zusammen, mit ihrer Aufspaltung in Klassen, soziale Schichten, Gruppen usw. Führen wir als Beispiel den folgenden Auszug aus der Komödie „Lysistrate" von Aristophanes a n : Herold: Wo ist der groß' Rat hie z' Athen ? D' Prytanen, wo sy sie de ? I sött nen öppis säge ! Ratsherr: Bist du ein Mensch, du ? Oder ein Priap ? Herold: E Herold bin i, Herr, bim Donner, ja, vo Sparta chumen i vo wegem Friede. Ratsherr: Was trägst du denn den Spieß da unterm Arm? Herold: I trage nüt bi Gott! Ratsherr: Du drehst dich um ? Was ziehst du so den Mantel vor ? Hast du 'nen Wolf vom Marsch ? Herold: Bim Hell, dem Cheubel fehlt's im Chopf! (Aufbau-Verlag 1979; Übersetzer Ludwig Seeger.) I m Original spricht der B o t e aus Sparta einen dorischen Dialekt, der ihn als „Provinzlehrer", als „Dorftölpel" ausweist. Der Übersetzer der deutschen Ausgabe wählt Schweizerdeutsch, um sprachliche und damit zugleich soziale Unterschiede transparent zu machen. I n der russischen Übersetzung von 1934 bedient sich A. Piotrowski, um die entsprechenden sozialen Merkmale wiederzugeben, einfacher umgangssprachlicher Formen. Einen anderen Weg haben die englischen Übersetzer eingeschlagen. So spricht der B o t e in der Übersetzung D. Parkers, die in den U S A veröffentlicht wurde, einen betont südlichen Dialekt: HERALD: "This Athens? Where-all hin 1 find the Council of Eiders or eise the Executive Board? I brung some news." Der englische Übersetzer B . Rodgers (London, 1911) hat den Boten aus Spart a zu einem Schotten gemacht, indem er ihn mit klar ausgeprägtem schottischem Akzent sprechen l ä ß t : HERALD: "Whaur sali a body fin' the Athanian Senate, or the gran' lairds? Ha' gotten news to teil." In Nigeria spricht der B o t e aus Sparta Pidgin, einen Dialekt, der ein sehr niedriges soziales Prestige besitzt: MEESENGER: " Wusa ah go find una Chiefs or wetin una de call dem leaders ? Ah bring important news for dem!" (Ibadan, 1966). Auf der Suche nach funktionalen Entsprechungen bemüht sich der Übersetzer also, Formen der Zielsprache zu finden, die der allgemeinen sprach-
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Linguistische Grundlagen der Übersetzungstheorie
liehen Norm widersprechen, mit einer ähnlichen sozialen Bewertung assoziiert werden und einen ähnlichen Rang in der Struktur der sozialen Stratifikation der Sprache einnehmen wie im Original. Es versteht sich von selbst, daß eine solche Lösung den Text seines nationalen Kolorits beraubt, und in dieser Beziehung erscheint die Lösung, die A. Piotrowski gefunden hat, eher gerechtfertigt. Er nutzt neutralere, umgangssprachlichere Elemente. Die situative Variabilität hängt mit der Widerspiegelung der Parameter der sozialen Situation in der Sprache zusammen, mit den Rollenbeziehungen, den allgemeinen Umständen (setting) und anderem. In einer Arbeit von Eevin-Tbitp (1972) wird folgende Straßenszene vorgestellt: — What's your name, boy. . . ? — Dr. Poussaint. I'm an physician. . . — What's your first name, boy. . . ? — Alvin. Der beschriebene Vorfall stellt einen bewußten Verstoß gegen die situationsbedingten Normen der Anrede eines unbekannten erwachsenen Menschen dar. Mit der Art und Weise, wie der amerikanische Polizist einen Farbigen anspricht, beleidigt er ihn öffentlich, indem er sein Alter und seinen sozialen Status ignoriert. Die Anrede, die einem Kind gegenüber annehmbar ist, wirkt beleidigend bei Vorliegen anderer Rollenbeziehungen. (Vgl. das oben Gesagte über die Abhängigkeit der „sozialen Bedeutung" vön der Situation. Die funktionale Entsprechung einer solchen Form im Deutschen ist etwa die Anrede mit „du" und „Jungchen".) Um den Übersetzungsvorgang richtig verstehen zu können, muß weiterhin der Einfluß psychologischer Faktoren berücksichtigt werden. Der Einfluß dieser Faktoren, die gelegentlich „subjektive Faktoren" genannt werden, •erstreckt sich sowohl auf den Übersetzungsprozeß als auch auf sein Ergebnis, und er kann durchaus mit den Begriffen der Psycholinguistik bestimmt werden. I m Herangehen an ihr Material unterscheiden sich die kontrastive Linguistik und die Übersetzungstheorie gerade dadurch, daß erstere Übersetzungen als Gegenstand von Verallgemeinerungen verwendet und dabei alle in ihnen auftretenden subjektiven Elemente unberücksichtigt läßt und statt dessen die Aufmerksamkeit primär auf diejenigen objektiven Gesetzmäßigkeiten richtet, die das Wesen der Beziehungen zwischen den gegenübergestellten Systemen charakterisieren ( F i l i p o v i ö 1967). Eine Übersetzungstheorie kann demgegenüber nicht völlig von den subjektiven Elementen abstrahieren, die die Teilnehmer des zweisprachigen Kommunikationsaktes — der Verfasser des Quellentextes, der Übersetzer und der Leser der Übersetzung — in den Übersetzungsvorgang einbringen. Für den Übersetzer ist es weiterhin von großer Wichtigkeit, die territoriale Vielfalt einer Sprache zu beachten. Hier können die Ergebnisse der Dialekt-
Übersetzen als U n t e r s u c h u n g s g e g e n s t a n d
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forschung und der Sprachgeographie — sie erforschen die Besonderheiten der Dialekte und der sprachlichen Varianten — bedeutenden Nutzen für die Übersetzungstheorie erbringen. Beim Übersetzen ins Englische wird zum Beispiel die Auswahl der entsprechenden Variante manchmal in Abhängigkeit davon bestimmt, ob sich der vorliegende Text an britische oder amerikanische Leser wendet. So ist es charakteristisch, daß englische Leser häufig gegen die Verwendung von Amerikanismen in Übersetzungen Einspruch erheben, wie etwa instructor (in der Bedeutung „Lehrer an einer Hochschule"), graduate (in der Bedeutung „Oberschulabsolvent"), diapers („Windeln"), apartment house („Wohnblock"). An ihrer Stelle werden die folgenden britischen Varianten empfohlen: lecturer, school-leaver, nappies, block of flats. Amerikanische Leser wiederum betrachten die in den für sie bestimmten Übersetzungen auftretenden britischen Varianten als nicht akzeptabel. Der Einfluß von künstlerischen und ästhetischen Faktoren auf den Übersetzungsvorgang ist natürlich bei der Übersetzung von Belletristik besonders groß, obgleich er auch bei der Übersetzung von publizistischen Texten und sogar bei einigen Genres der wissenschaftlichen Literatur einen bestimmten Wert annehmen kann. Es wurde bereits darauf verwiesen, daß eben diese Faktoren in einer Theorie der künstlerischen Übersetzung Gegenstand besonderer Aufmerksamkeit sind, sie müssen jedoch auch f ü r die anderen Bereiche der Übersetzungstheorie in Betracht gezogen werden. Aus alledem ziehen wir den Schluß, daß die allgemeine Translationstheorie eine interdisziplinäre Forschungsrichtung ist. Sie baut auf linguistische Grundlagen auf und lehnt sich eng an die konfrontative Sprachwissenschaft, die Psycholinguistik, die Soziolinguistik, die Ethnolinguistik und die Sprachgeographie an. Dem Wesen nach handelt es sich um eine Anwendung der Theorie der Linguistik auf das Übersetzen als einen konkreten T y p von sprachlicher Tätigkeit. Mithin kann eine allgemeine linguistische Theorie des Übersetzens als Zweig der angewandten Sprachwissenschaft charakterisiert werden, wenn unter der letzteren nicht ausschließlich die Komputerlinguistik (computational linguistics) verstanden wird, sondern darüber hinaus jeder Bereich der Anwendung der sprachwissenschaftlichen Theorie bei der Lösung konkreter Aufgaben. Die allgemeine Übersetzungstheorie hat ihren klar abgegrenzten Gegenstand — nämlich den Prozeß der Translation in seiner Gesamtheit und der ihm eigenen Vielfalt unter gebührender Berücksichtigung aller auf ihn einwirkenden Faktoren. Dabei versteht es sich, daß jeder einzelne Zweig der Übersetzungstheorie (so zum Beispiel die Theorie der künstlerischen Übersetzung oder die der Übersetzung publizistischer Texte) seinerseits die allgemeinen theoretischen Aussagen dieser Theorie konkretisiert und vertieft. Das ist auch deshalb richtig, weil die allgemeine Übersetzungstheorie die Gesamtheit dessen ein-
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Linguistische Grundlagen der Übersetzungstheorie
schließt, was allen Translationsarten gemeinsam ist. Auf der anderen Seite ist es die Aufgabe der einzelnen Teiltheorien des Übersetzens, die Spezifik des jeweiligen Übersetzungsgenres widerzuspiegeln. I m vorliegenden Buch soll sowohl auf die allgemeinen linguistischen Grundlagen der Übersetzungstheorie (bezogen auf die angeführten Beispiele) wie auch auf die speziellen Gesetzmäßigkeiten eingegangen werden, die sich auf die besonderen Merkmale des zu untersuchenden funktionalstilistischen Genres beziehen.
2.
Die Entwicklung der zeitgenössischen Sprachwissenschaft und die Grundrichtungen der Ubersetzungstheorie
Sowjetische Sprachwissenschaftler haben bei der Erarbeitung der Grundlagen für eine linguistische Theorie des Übersetzens eine bedeutende Rolle gespielt. Es sollte auch nicht übersehen werden, daß die Initiative zur Schaffung einer allgemeinen Theorie der Translation auf sprachwissenschaftlichem Fundament von sowjetischen Sprachwissenschaftlern ausging. Sie haben nicht nur die grundlegenden Prinzipien dieser Theorie ausgearbeitet, sondern auch zum ersten Male ein geschlossenes System von Auffassungen zum Übersetzen erarbeitet, in dem die wesentlichen Ergebnisse der sowjetischen Übersetzerschule berücksichtigt wurden. (Es ist zu bedauern, daß diese grundlegenden Arbeiten sowjetischer Übersetzungstheoretiker in der ausländischen Literatur nicht immer beachtet worden sind. Das geht sogar so weit, daß in einigen bedeutend später veröffentlichten ausländischen Arbeiten zur Theorie des Übersetzens mehrfach etwas als eine „Entdeckung" ausgegeben wurde, was erstmalig in der sowjetischen sprachwissenschaftlichen Fachliteratur aufgegriffen und wissenschaftlich analysiert worden war.) Aus Raumgründen können hier nicht alle Arbeiten erwähnt werden, die von den Begründern der allgemeinen Translationstheorie verfaßt worden sind. Es soll lediglich auf diejenigen eingegangen werden, die auf linguistischen Prinzipien aufbauen. Dabei sind viele Arbeiten, die im wesentlichen von einem literaturwissenschaftlichen Standpunkt ausgehen — angefangen etwa mit ÖUKOVSKIJS „Vysokoe iskusstvo" („Die hohe Kunst") — für eine linguistische Theorie des Übersetzens von großem Interesse (ÖTTKOVSKIJ 1968).
Die Theorie der gesetzmäßigen E n t s p r e c h u n g e n Bei einer Betrachtung der verschiedenen Schulen und Richtungen, die es in der linguistischen Übersetzungstheorie gibt, sollte in erster Linie die Theorie der gesetzmäßigen Entsprechungen erwähnt werden, die erstmalig von
Grundrichtungen der Übersetzungstheorie
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RECKER vorgelegt wurde (RECKER 1950). Verwandte Auffassungen zum Wesen des Übersetzungsprozesses fanden auch Eingang in die Arbeiten von FEDOROV. Seine im Jahre 1953 veröffentlichte Arbeit „Vvedenie v teoriju perevoda" („Einführung in die Übersetzungstheorie") stellt — soweit uns bekannt ist — das erste grundlegende Werk zu einer linguistischen Theorie des Übersetzens dar. Dieses Werk ist bereits in drei Auflagen erschienen; die wesentlich erweiterte und überarbeitete letzte Auflage erschien im Jahre 1983 und trägt den Titel „Osnovy obscej teorii perevoda" („Grundlagen einer allgemeinen Übersetzungstheorie"). Die von den Vertretern der sowjetischen Übersetzerschule erarbeitete Theorie der gesetzmäßigen Entsprechungen erweist sich nach wie vor als besonders einflußreich sowohl bei der Schaffung einer linguistischen Übersetzungstheorie als auch im Übersetzungsunterricht, der als sprachliche Disziplin betrieben wird. Auf dieser Theorie fußt auch die Mehrzahl der in der Sowjetunion erschienenen Lehrbücher und praktischen Übungsbücher zum Übersetzen. Das Positive dieser Theorie kann vor allem in der Tatsache gesehen werden, daß sie erstmalig anstelle unklarer und häufig subjektiver Äußerungen zur Adäquatheit beim Übersetzen ein auf linguistischen Prinzipien beruhendes und abgesichertes Herangehen an den Problemkreis des Übersetzens ermöglicht. Weiterhin — und hier handelt es sich um ein nicht geringer zu bewertendes Verdienst ebendieser Theorie — stützt sie sich auf den reichen Erfahrungsschatz der Übersetzungspraxis. Sie unterscheidet sich insofern von einigen der jüngeren, rein deduktiv aufgebauten Theorien, als sie die praktischen Errungenschaften der Übersetzungstätigkeit verallgemeinert. Somit erhält sie besonderes Gewicht als einer der ersten Versuche zur schöpferischen Durchdringung des Übersetzens. Der Gedanke, eine linguistische Übersetzungstheorie zu schaffen, die auf einer Analyse der gesetzmäßigen Entsprechungen zwischen den Mitteln der Quellensprache und denen der Zielsprache beruht, wurde erstmalig von RECKER in seinem im Jahre 1950 erschienenen Artikel „ 0 zakonomernych sootvetstvijach pri perevode na rodnoj j a z y k " („Über gesetzmäßige Entsprechungen bei der Übersetzung in die Muttersprache") formuliert. „Das Übersetzen", so wurde dort postuliert, „ist ohne eine solide linguistische Grundlage gar nicht denkbar. Diese muß geschaffen werden durch eine vergleichende Untersuchung sprachlicher Erscheinungen und durch die Ermittlung von bestimmten Entsprechungen zwischen der Sprache des Originals und der Zielsprache der Übersetzung. Diese finden sich in der Lexik, der Phraseologie, der Syntax und im Stil, und sie stellen die linguistische Grundlage der Übersetzungstheorie dar." RECKER hat diesen Gedanken weiterentwickelt und für die gesetzmäßigen Entsprechungen eine eigene Klassifizierung vorgelegt. Das von ihm ausgear-
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Linguistische Grundlagen der Übersetzungstheorie
beitete Schema teilt diese in drei Gruppen: 1. Äquivalente; 2. Analogie (hierfür wird in späteren Arbeiten der Terminus „Entsprechungsvarianten" verwendet ; 3. adäquate Ersetzungen. Zur ersten Gruppe gehören die konstant bedeutungsgleichen Entsprechungen, die nicht vom Kontext abhängen. Sie umfassen vor allem bestimmte Fachtermini. Nach den angegebenen Beispielen zu urteilen, handelt es sich dabei um solche Termini, die in beiden Sprachen monosem sind. So sind zum Beispiel frz. Société des Nations, engl. League of Nations, dt. Völkerbund und russ. Liga nacij Äquivalente, da es zwischen ihnen eine vorgegebene und strenge Entsprechung gibt, die durch das Wörterbuch und nicht vom Kontext bestimmt wird. In gleicher Weise können engl, surplus value dt. Mehrwert und russ. pribavoönaja stoimosf sowie dt. Luftabwehr und russ. protivovozdusnaja oborona als Äquivalente aufgefaßt werden. I n die linguistische Fachsprache von heute, in der die mathematische Formulierung eines Sachverhalts bevorzugt wird, übersetzt, heißt das, daß man nur dann von Äquivalenten sprechen kann, wenn zwischen den untersuchten Einheiten in verschiedenen Sprachen die Beziehung der Eineindeutigkeit ( 1 : 1 ) gegeben ist, d. h., wenn a = b, dann b = a. Jedoch handelt es sich bei der Monosemie sprachlicher Einheiten — und das gilt in besonderem Maße für die Lexik — meist um eine Ausnahme von der Regel. Deshalb ist eine zweite Gruppe von Entspreehungen vorgesehen: sie umfaßt die Fälle, wo für eine mehrdeutige Einheit in einer Sprache verschiedene Einheiten in einer anderen Sprache stehen. Dieser Entsprechungst y p heißt Analogie oder Entsprechungsvariante. (Die Analogie ist das Ergebnis einer Übersetzung „per Analogie", d. h., indem eines von mehreren möglichen Synonymen ausgewählt wird.) Zum Unterschied von den Äquivalenten werden somit die Analogien durch den Kontext festgelegt. So werden für das frz. Substantiv importance im Wörterbuch drei Synonyme angegeben : Wichtigkeit, Bedeutsamkeit, Bedeutung. I m Englischen kann das Adjektiv bad sowohl schlecht wie auch schlimm bedeuten, bad illness jedoch ist natürlich eine „schlimme" und nicht eine „schlechte Krankheit". Das vorliegende Klassifizierungsschema bedarf nach unserer Auffassung aber einiger Korrekturen. Spricht man von Äquivalenten, so sollte man auf jeden Fall zwischen der Äquivalenz in einer Richtung und der in zwei Richtungen unterscheiden. Die oben angeführten Beispiele standen f ü r Äquivalenz in zwei Richtungen. League of Nations wird also in jedem Falle als Liga nacij ins Russische übersetzt und Liga nacij unabhängig vom Kontext in jedem Falle mit League of Nations ins Englische. Somit gilt ebenfalls, daß eine monoseme Interpretation einer sprachlichen Einheit mit Mitteln einer anderen Sprache nur in einer Richtung erfolgen kann (vgl. hierzu die entsprechenden Richtungen der konfrontativen Sprachwissenschaft). Es ist
G r u n d r i c h t u n g e n der Ü b e r s e t z u n g s t h e o r i e
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deshalb kein Zufall, daß die Autoren einer der bereits erwähnten Arbeiten zur konfrontativen Sprachwissenschaft den Übergang von einer Sprache in eine andere als „ F a h r t auf einer Einbahnstraße" beschrieben haben (STOCKWELL, BOWEN 1 9 6 5 ) .
So wird zum Beispiel engl, betatron nur als betatron ins Russische übersetzt. Demgegenüber wird der russ. Terminus betatron ins Englische entweder mit betatron oder mit induction electron accelerator übersetzt. Der russ. Fachbegriff echorezonator k a n n n u r mit echo box ins Englische übersetzt werden, im Gegensatz dazu gibt es f ü r den engl. Fachbegriff mindestens zwei E n t sprechungen im Russischen, nämlich echo-kamera und echo-rezonator. W a s n u n die Analogien oder Entsprechungsvariariten betrifft, so sind hier einige unterschiedliche Typen zu unterscheiden. Bei den angeführten Beispielen befanden sich die Entsprechungen in der Relation der S y n o n y m i t ä t (vgl. „Wichtigkeit", „Bedeutsamkeit", „Bedeutung"). Das t r i f f t gewöhnlich f ü r die Fälle zu, wo im Wörterbuch jeweils eine B e d e u t u n g eines fremdsprachlichen Wortes durch eine Synonymreihe umschrieben wird. Neben den inhaltlichen Synonymen, die sich in bestimmten Nuancierungen dem Sinn nach unterscheiden (für diesen T y p sind bereits Beispiele angeführt worden) und den stilistischen Synonymen vom T y p slander — Verleumdung, üble Nachrede, Klatsch, Tratsch(erei), deren Auswahl vom K o n t e x t bestimmt wird, können jedoch auch noch Fälle auftreten, in denen die Entsprechungsvarianten echte Synonyme sind, deren Auswahl nicht vom K o n t e x t abhängig ist. Der engl. Ausdruck Grand Jury wird ins Russische als bol'soe zjuri oder boVSoj sovet prisjaznych und ins Deutsche als Anklagekammer oder Großes Geschworenengericht übersetzt. Diese beiden Varianten unterscheiden sich weder im Sinn noch im Stil, und demnach spielt der K o n t e x t der Äußerung bei der W a h l zwischen einer von beiden keine Rolle. Dies f ü h r t zu der Schlußfolgerung, daß die bei dem von uns untersuchten Klassifizierungsschema angewendeten Merkmale — nämlich Monosemie bzw. Nichtmonosemie der E n t sprechung auf der einen Seite und die Kontextabhängigkeit auf der anderen Seite — durchaus nicht immer zusammenfallen müssen. Schließlich kommen auch solche Fälle vor, in denen einem polysemen Wort in der einen Sprache mehrere Wörter in der anderen Sprache entsprechen, wobei diese untereinander keineswegs als Synonyme aufgefaßt werden können. Bei einem Vergleich der dt. Wörterbucheintragungen f ü r das engl. confidence 1) Vertrauen, 2) vertrauliche Mitteilung, 3) Sicherheit, 4) Selbstvertrauen, Zuversicht fällt auf, daß die Beziehung der S y n o n y m i t ä t zwischen den Varianten nur f ü r eine der angeführten Bedeutungen zutrifft (Selbstvertrauen, Zuversicht); sie gilt aber nicht für diejenigen dt. Wörter, die f ü r die verschiedenen Bedeutungen des engl. Wortes stehen. D e m Wesen nach stellt die Auswahl unter den Synonymen eine zusätzliche E t a p p e beim Übersetzen
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dar. Sie erfolgt, nachdem der Übersetzer sich für eine der im Wörterbuch verzeichneten Bedeutungsvarianten entschieden hat. Relationen vom Typ confidence — Vertrauen und confidence — Sicherheit, bei denen es sich um Beziehungen der Monosemie zwischen einem Wort der Quellensprache (in seinen unterschiedlichen Bedeutungen) und den verschiedenen dafür in der Zielsprache aufgewendeten Wörtern handelt, die selbst untereinander keine Synonyme sind, werden in der Theorie der gesetzmäßigen Entsprechungen unter der Rubrik „partielle Äquivalenz" erfaßt. Zur dritten Gruppe von Entsprechungen gehören die adäquaten Ersetzungen, die man dann wählt, wenn bei der genauen Wiedergabe eines Gedankens „der Übersetzer sich vom Buchstaben des Originals und den im Wörterbuch verzeichneten Entsprechungen und Ausdrücken lösen muß und vom Ganzen auszugehen hat, um zu einer Lösung zu gelangen". Hier liegt offensichtlich ein Widerspruch vor, der später von R E C K E R in dem von ihm gemeinsam mit B A R C H U D A R O V verfaßten „Kurs lekcij po teorii perevoda" („Vorlesungsreihe zur Übersetzungstheorie") ausgemerzt wurde ( B A R C H U D A R O V , R E C K E R 1968). In dieser Arbeit werden lediglich zwei Typen von gesetzmäßigen Entsprechungen angeführt, nämlich Äquivalente und Entsprechungsvarianten, die Analogien. Was nun die adäquaten Ersetzungen anbelangt, so werden die damit umrissenen Fragen nunmehr unter der Rubrik „Übersetzungsverfahren" abgehandelt. Das ist nur logisch, denn wenn Äquivalente und Analogien wirklich Typen von Entsprechungen darstellen, dann gehören die adäquaten Ersetzungen längst nicht mehr zu einer bestimmten Gruppe von Entsprechungen zwischen Erscheinungen verschiedener Sprachen, sondern in die Technik des Übersetzens. Dem Wesen nach wird hier bereits der Versuch unternommen, den Prozeß des Übersetzens als solchen zu beschreiben, und es findet sich eine Reihe von interessanten und zutreffenden Beobachtungen, die aus einer Verallgemeinerung der übersetzerischen Praxis abgeleitet sind. R E C K E R untersucht die folgenden Verfahren, die beim Übersetzen Anwendung finden, wenn die Adäquatheit garantiert werden soll: a) Konkretisierung von undifferenzierten und abstrakten Begriffen; b) logische Ableitung von Begriffen; c) antonymische Übersetzung und d) die Kompensation. Zur Erläuterung sollen einige Beispiele angeführt werden. Die Einheiten in jeder Sprache sind bekanntlich eine spezifische Art der Widerspiegelung der uns umgebenden Wirklichkeit, wie etwa das Beispiel der Lexik deutlich zeigt. So gibt das dt. Wort Geschwister die verallgemeinerte Form eines Begriffes wieder, für die im Russischen keine entsprechenden Wörterbucheintragungen zur Verfügung stehen. In den deutsch-russischen Wörterbüchern wird die Form brat'ja i sestry (Brüder und Schwestern) angegeben, dabei ist der allgemeinere Begriff konkretisiert und differenziert worden. Das gilt auch für das engl. Wort sibling (brat ili sestra; Bruder oder Schwester), das den weiten
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Begriff umschreibt: „der dieselben Eltern h a t " . Bei einer Wiedergabe im Russischen und im Deutschen ist eine Geschlechtsangabe notwendig, es muß also konkretisiert werden. Hierbei ist jedoch zu ergänzen, daß beim Übersetzen auch der entgegengesetzte Fall eintreten kann, nämlich eine Erweiterung des von der einen sprachlichen Einheit bezeichneten Begriffs. Das liegt darin begründet, daß die Unterschiede in der inneren Form bei Einheiten verschiedener Sprachen sich nicht nur auf den Grad der Allgemeinheit oder der Abstraktheit bestimmter Begriffe erstrecken, sondern daß diese Einheiten die Begriffe auch in unterschiedlichem Maße detaillieren oder konkretisieren. Das „EnglischRussische Militärwörterbuch" ( S U D Z I L O V S K I J 1968) führt zum Beispiel für die Form summary court martial (einfaches Militärgericht) die Entsprechung disciplinamyj sud (disziplinarisches Gericht) an und fügt in Klammern die Erklärung bei: „welches kleinere Disziplinarvergehen untersucht". Zur näheren Bestimmung dieses Terminus gibt „Webster's New World Dictionary" eine Reihe zusätzlicher Kriterien a n : „theleast formal court, consistingof one officer for judging minor offences". Bei dieser Bestimmung wird demnach darauf verwiesen, daß dieses Gericht „the least formal", sein Verfahren also vereinfacht ist und daß es aus einem Offizier besteht. Diese Merkmale fehlen bei der russ. Übersetzung, obwohl sie zu dem Begriff gehören, für den diese Form steht. Dabei erhebt sich natürlich die Frage, inwieweit eine solche Übersetzung gerechtfertigt ist. Wir meinen, daß die im „Englisch-Russischen Militärwörterbuch" gegebene Entsprechung deshalb völlig adäquat ist, weil sie die wesentlichen Kennzeichnungen des Begriffes enthält. E s können unmöglich alle Merkmale dieses Begriffes aufgeführt werden, weil es sich dann nicht mehr um eine Übersetzung, sondern um eine umfangreiche Definition handeln würde. Somit ist es als gerechtfertigt anzusehen, wenn der Übersetzer einige Merkmale eines Begriffes wegfallen läßt bzw. verallgemeinert und erweitert. Unter der logischen Ableitung von Begriffen versteht man, daß ein Begriff an die Stelle eines anderen tritt, der zu ihm in der logischen Relation Ursache— Wirkung oder deren Umkehrung steht. So kann für den engl. S a t z : The workers insist on higher wages, better living conditions and shorter working hours. folgende Übersetzung gegeben werden: Die Arbeiter fordern höhere Lohne, bessere Lebensbedingungen und eine Senkung der Arbeitszeit. Die Wortgruppen Senkung der Arbeitszeit und shorter working hours bezeichnen hier im ersten Falle einen Vorgang und im zweiten sein Ergebnis, d. h. im ersten Falle wird die Ursache und im zweiten das Ergebnis angesprochen. Oder man vergleiche die Übersetzung des folgenden dt. Satzes ins Englische: Die Urheber des Marshallplanes bezogen die Teilung Europas bewußt in ihre Überlegungen ein. The authors of the Marshall plan deliberately counted on a divided Europe. Was auffällt, ist die Wiedergäbe des Verbalsubstantivs Teilung, das für einen
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Prozeß steht, durch das Partizip divided, das sein Ergebnis oder eine Folge bezeichnet. Die Relation Ursache — Folge ist nur ein spezifischer Fall einer logischen Ableitung von Begriffen, wie sie beim Übersetzen häufig auftritt. GAK hat völlig zu Recht darauf verwiesen, daß es sich hierbei um eine metonymische Umformung handelt (GAK 1971 2 ). Diese bekannte sprachliche Erscheinung bedeutet, daß eine sprachliche Einheit für eine andere eingesetzt wird, und zwar auf der Grundlage der Assoziation zwischen beiden verwandten Bedeutungen. Dazu die folgenden Beispiele: The British worker's take-home pay was severely hit by inflation. Die Nettolöhne der britischen Arbeiter wurden von der Inflation hart getroffen. Für take-home pay, „der Lohn, der mit nach Hause genommen wird", steht Nettolohn, also f ü r die Art und Weise der Entlohnung steht das Verhältnismaß. The Company
carried
heavy
metal.
Die Kompanie war mit schweren Waffen ausgerüstet. Hier wird nach dem Prinzip „Material — Erzeugnis aus diesem Material" assoziiert. Ein ähnliches Beispiel stellt das Wort silk dar, das in der Umgangssprache der Soldaten für Fallschirm steht. The pilot had no time to hit the silk. Dem Pilot gelang es nicht, mit dem Fallschirm abzuspringen. Mit dem Begriff der antonymischen Übersetzung wird eine ganze Reihe von Erscheinungen zusammengefaßt. Darunter fallen in erster Linie die Fälle, bei denen f ü r ein Wort sein Antonym gesetzt wird, wobei dann das Verb verneint werden muß. The railroad unions have been a hotbed of Jim Crow — even the American Railroad Union headed by Eugene V. Debs, excluded Negroes from its membership. Die amerikanischen Eisenbahnergewerkschaften waren schon immer eine Hochburg des Rassismus, selbst die American Railroad Union mit ihrem Führer Eugene V. Debs nahm keine. Neger als Mitglieder auf. Zu dieser Gruppe gehören auch jene Fälle, in denen der Ersatz eines Wortes durch ein Antonym nicht gleichzeitig zu einer Negierung des Verbs f ü h r t , sondern in denen die Wörter ausgetauscht werden, die die Person bezeichnen, auf die sich die Handlung bezieht oder f ü r die ein Merkmal zutrifft. Dazu gehören Übersetzungen des Typs the inferiority of the enemy — „die Überlegenheit unserer Streitkräfte". Gelegentlich werden für die antonymische Übersetzung darüber hinaus Beispiele angeführt, bei denen es überhaupt nicht zu einer Gegenüberstellung von Antonymen kommt. In solchen Fällen wird für eine stehende Redewendung der einen Sprache ein Ausdruck der anderen Sprache eingesetzt, dessen Äquivalenz sich jedoch erst durch Verneinung ergibt.
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Relax. Nicht aufregen ! Take it easy. Reg dich nicht auf! To sit up. Nicht zu Bett gehen. Mind your own business. Misch dich nicht in fremde Angelegenheiten. (Vgl. dazu auch den frz. Ausdruck Mtlez-vous de vos affaires.) Die Wörter mind und sich einmischen kann man auf keinen Fall als Antonyme betrachten. Noch viel weniger trifft das auf certainly und ohne weiteres zu, etwa in Übersetzungen wie: You can certainly do that für das kannst du ohne weiteres machen. Oder: Do you think I can still catch the train ? — Certainly. Für: Glaubst du, daß ich den Zug noch erreiche ? — Ohne weiteres. Hier handelt es sich eher um eine Assoziation verwandter Bedeutungen, wie wir sie bereits erwähnt haben. Dieser Einwand bezieht sich aber lediglich auf die Exaktheit und die Eindeutigkeit des Klassifikationsschemas. Was die eigentlichen Übersetzungsverfahren anlangt, so sind diese hier durchaus richtig beschrieben worden. Als weiteres Übersetzungsverfahren wurde von den Begründern der Theorie der gesetzmäßigen Entsprechungen schließlich die Methode der Kompensation angeführt. Sie haben damit eine überaus interessante Gesetzmäßigkeit des Übersetzens aufgedeckt. Diese besteht darin, daß ein Übersetzer nicht die gesamte Information einer bestimmten sprachlichen Einheit übertragen kann, wobei der dadurch eintretende Informationsverlust durch andere sprachliche Mittel kompensiert wird, die oft in ganz anderen Textabschnitten zu finden sind. In Scholochows Roman „Neuland unterm Pflug" haben z. B . die Dialektismen in der Rede der handelnden Personen die Aufgabe, ganz bestimmte zusätzliche Informationen zu vermitteln, indem sie der Rede soziales und lokales Kolorit verleihen. Zumeist wird der Übersetzer bei einer Übertragung ins Deutsche keine deutschen Dialektismen gebrauchen. Es bleibt ihm demnach nur der Weg, dafür umgangssprachliche Wendungen zu benutzen. Vorohs' zaraz ze, a to v ambar zapru. Komm hierher, sag ich, sonst sperr' ich dich in den Speicher. Sama s söboj uz nacala ja gutorit'. Ich fange schon an, Mensch, mit mir selber zu reden. A vy seete melkim rjadkom, napolovinu reze, 6em zavsegda. . . . ihr sät sie nicht dicht, sondern etwa um die Hälfte weiter voneinander entfernt, versteht ihr ? No vase delo riskovoe. Aber Ihre Sache ist verdammt gefährlich (FLEISCHMANN 1 9 6 8 ) . Dadurch, daß der Übersetzer im Text die für die deutsche Umgangssprache charakteristischen Wendungen sag ich, Mensch, versteht ihr, verdammt gebraucht, wird die Informationslücke kompensiert, die aus der Nichtverwen-
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Linguistische Grundlagen der Übersetzungstheorie
dung deutscher Dialektausdrücke, z. B. aus dem Plattdeutschen, als Äquivalente f ü r die russ. Formen (zaraz, gutorit' usw.) resultiert. Diese Kompensation ist jedoch unvollständig, denn der russische Leser erhält trotzdem ein größeres Maß an Information als der deutsche. Das ist auch der Grund dafür, daß wir in einer Reihe von Fällen lediglich eine partielle Kompensation vor uns haben. Der Begriff der Kompensation selbst bedarf aber noch einer genaueren Präzisierung. W e n n nämlich unter Kompensation verstanden wird, daß ein sprachliches Mittel beliebig durch ein anderes ersetzt werden kann, m u ß wohl davon ausgegangen werden, daß jede Übersetzung im wesentlichen aus Fällen von Kompensation besteht. Da nämlich solche Sprachenpaare wie Englisch und Russisch, Französisch und Russisch sowie Deutsch und Russisch wesentliche strukturelle Unterschiede aufweisen, k a n n etwas, wozu in einer Sprache grammatische Mittel aufgewendet werden, in einer anderen Sprache lexikalisch ausgedrückt werden. Mit vollem Recht f ü h r t e B A K C H U D A K O V hierzu einmal a n : „Für die Übersetzungstheorie spielt es überhaupt keine Rolle, ob die Einheiten, die einander gegenübergestellt werden, identischen Typs sind bzw. in die gleiche Ebene des sprachlichen Systems gehören (z. B. zur Lexik oder Grammatik)" ( B A E C H U D A E O V 1962). Daraus wäre zu folgern, daß die Kompensation — f ü r den Fall, daß man sie im Sinne der angeführten Definition versteht — eine so allgemein wirkende Gesetzmäßigkeit ist, daß es eigentlich nicht angebracht erscheint, sie als ein spezifisches Verfahren des Übersetzens noch hervorzuheben. E s ist deshalb wohl zweckmäßig, unsere oben angeführte Definition etwas enger zu fassen und unter Kompensation nur solche Fälle zu verstehen, bei denen ein Teil der Information einer Einheit des Ausgangstextes in eine andere Einheit des übersetzten Textes aufgenommen wird. Wir werden im weiteren noch auf dieses Verfahren zu sprechen kommen. I n der Folge wurde eine weitere Realisationsform des Übersetzens beschrieben. Dabei handelt es sich u m die sogenannte ganzheitliche Sinnumwandlung. Davon spricht man in den Fällen, in denen der Übersetzer seinen Text unabhängig von den Bedeutungen einzelner Elemente der betreffenden Äußerung allein auf der Grundlage des Sinngehaltes der gesamten Äußerung gestaltet, indem er den Inhalt in anderen Worten wiedergibt, die sich zuweilen von denen des Originals beträchtlich unterscheiden. Hierfür werden in erster Linie Beispiele angeführt, die beim Übersetzen idiomatischer Wendungen entstehen, also solcher Ausdrücke, deren Gesamtsinn nicht einfach eine S u m m e der Bedeutungen der einzelnen Wörter ist. Help yourself! Langen Sie zu! A good riddance! Fort mit Schaden!
G r u n d r i c h t u n g e n der Ü b e r s e t z u n g s t h e o r i e
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To put a wet blanket (on). Einen Dämpfer aufsetzen. To be like a wet blanlcet. Wie eine kalte Dusche wirken. Pork-barrel. Geldzuwendung. Birds of a feather flock together. Oleich und gleich gesellt sich gern. In for a penny, in for a pound. Wer A sagt, muß auch B sagen. Der Terminus „ganzheitliche Sinnumwandlung" ist nicht besonders glücklich gewählt, denn der Sinn wird durchaus nicht umgewandelt. Gerade das Gegenteil ist der Fall: Der Sinn der Äußerung wird beim Übersetzen voll und ganz erhalten. Es handelt sich eher um eine Paraphrase — der Ausgangstext wird neu ausgedrückt bzw. neu umschrieben. Als Beispiel für eine derartige „Umschreibung" ist das Übersetzen von phraseologischen Einheiten durch seine Anschaulichkeit und Einfachheit besonders geeignet, weil hier vom Sinngehalt einer Äußerung als Ganzheit ausgegangen wird. Jedoch ist dieses auf die Ganzheit gerichtete Verfahren, bei dem eine Paraphrase des ganzen Satzes oder der ganzen Wendung notwendig wird, nicht nur beim Übersetzen von Wortgruppen wichtig. Es finden sich auch Elemente dieses Verfahrens bei einigen bereits analysierten Übersetzungsverfahren, so z. B . bei der logischen Ableitung von Begriffen. Wir werden an späterer Stelle noch ausführlicher zu einigen Gesetzmäßigkeiten kommen, die den Paraphrasen beim Dolmetschen zugrunde liegen. Sie werden nicht durch die Bedeutungen der einzelnen Bestandteile einer Äußerung bestimmt, sondern sowohl durch Inhalt und Funktion der gesamten Äußerung als auch durch die strukturelle und inhaltliche Organisation des Gesamttextes. Zusammenfassend ist hinzuzufügen, daß die Bedeutung der Theorie der gesetzmäßigen Entsprechungen weit über den Rahmen einer einfachen Konstatierung bestimmter regelhafter, wiederholt auftretender Relationen zwischen Einheiten einander gegenübergestellter Sprachen hinausgeht. Eigentlich trifft auch die Bezeichnung „gesetzmäßige Entsprechungen" nicht ganz den Kern der Sache, denn es geht hierbei sowohl um die T y p e n gesetzmäßiger Entsprechungen zwischen den Einheiten eines Sprachenpaares (Äquivalente, Entsprechungsvarianten) als auch um solche Gesetzmäßigkeiten, die sich direkt auf den Prozeß des Übersetzens beziehen. Es trifft dabei allerdings zu, daß die Gesetzmäßigkeiten des Übersetzungsprozesses meistens aus der Sicht der Beziehungen zwischen verschiedenen Einheiten des Textes betrachtet werden (wenn man hier einmal die antonymische Übersetzung unberücksichtigt läßt, bei der eine Kombination von lexikalischen und syntaktischen Umformungen erfolgt). Aber es wäre ungerechtfertigt, den Begründern der Theorie der gesetzmäßigen Entsprechungen einen Vorwurf zu machen. Schließlich muß berücksichtigt werden, daß ihre Konzeption auf einer linguistischen Grundlage entstand, die noch keine Übersetzung
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Linguistische Grundlagen d e r Übersetzungstheorie
gründlichere Durchdringung der Gesetzmäßigkeiten des wechselseitigen Zusammenhangs von Lexik und Grammatik im Prozeß der Erzeugung einer sprachlichen Äußerung zuließ. Deshalb konzentriert sich die Aufmerksamkeit sowohl in der allgemeinen Übersetzungstheorie als auch in den speziellen Theorien für ein spezielles Sprachenpaar, die auf dieser Konzeption aufbauen, im wesentlichen auf die Beziehungen zwischen einzelnen lexikalischen Einheiten, morphologischen Kategorien und syntaktischen Konstruktionen. In einer Reihe von Fällen geht die Theorie der gesetzmäßigen Entsprechungen trotzdem über den Rahmen eines Vergleichs einzelner Einheiten hinaus und bewegt sich in Richtung auf eine, wie RECKER es ausdrückte, „komplexe Lösung" der beim Übersetzen zu bewältigenden Probleme.
Übersetzungstheorie und strukturelle Sprachwissenschaft Der Einfluß der strukturellen Sprachwissenschaft auf die weitere Entwicklung der Übersetzungstheorie war erheblich. So wurden innerhalb des von ihr gesteckten Rahmens zahlreiche Anstrengungen unternommen, um der Lösung der Probleme einer Automatisierung der Übersetzung näherzukommen. Für eine gewisse Zeit führte das Interesse an den Problemen des maschinellen Übersetzens sogar dazu, daß die Zielstellungen einer linguistischen Übersetzungstheorie für das traditionelle, vom Menschen ausgeführte Übersetzen vernachlässigt wurden. Eine Einschätzung der Arbeiten zum maschinellen Übersetzen gehört zwar nicht zu unseren Aufgaben, es muß jedoch an dieser Stelle angemerkt werden, daß auch diese Arbeiten in letzter Konsequenz einen unbestreitbaren Nutzen für die allgemeine Übersetzungstheorie erbrachten, indem sie bei den Sprachwissenschaftlern das Interesse an der Untersuchung linguistischer Aspekte der übersetzerischen Tätigkeit geweckt haben. Die Schwierigkeiten und Hindernisse, die sich den Theoretikern der automatischen Übersetzung in den Weg stellten, haben deshalb unzweifelhaft auch eine positive Bedeutung, denn um mit ihnen fertig zu werden, bedurfte es einer noch gründlicheren Analyse des Prozesses, der vom Menschen beim Übersetzen von der einen in eine andere natürliche Sprache bewältigt wird. Unter den in dieser Richtung liegenden Arbeiten kommt dem Buch von REVZIN und ROZENCVEJG „Osnovy obsöego i masinnogo perevoda" („Grundlagen der herkömmlichen und der maschinellen Übersetzung") große Bedeutung zu (REVZIN, RozEircvEJG 1963). Diese Arbeit verdient schon allein deshalb besonderes Interesse, weil ihre Autoren sich die Aufgabe gestellt hatten, eine Brücke von der Theorie des maschinellen Übersetzens zur „traditionellen" Übersetzungstheorie zu schlagen, als deren Variante insbesondere die
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weiter oben behandelte Theorie der gesetzmäßigen Entsprechungen anzusehen ist. Hervorgehoben werden muß auch, daß im Unterschied zu einer Reihe von anderen Arbeiten zum Übersetzen, die von den Positionen der strukturellen Linguistik aus verfaßt wurden, das Werk von R E V Z I N und R O Z E N C V E J G von einer positiven Beurteilung der traditionellen Übersetzungstheorie ausgeht, die für die Autoren „eine Reihe wertvoller und sehr leicht formalisierbarer Begriffe" enthält. Es ist das Ziel der Autoren, die Probleme der traditionellen Übersetzungstheorie mit den Termini der strukturellen Sprachwissenschaft zu beschreiben. Doch die Bedeutung dieses Buches erschöpft sich nicht in einer einfachen Neuformulierung einer traditionellen Theorie, denn die Verfasser führen auch eine Reihe neuer Begriffe in die Übersetzungstheorie ein. In einigen Fällen nehmen sie sogar wesentliche Änderungen in der Behandlung der Probleme des Ubersetzens vor. Ihr größtes Verdienst ist jedoch, daß sie zu den ersten gehören, die die Übersetzungstheorie in die Entwicklungslinie der zeitgenössischen Sprachwissenschaft eingeordnet haben. Der Gegenstand der Übersetzungstheorie wird in ihrem Buch genau definiert. .Nach den Worten der Verfasser besteht dieser Gegenstand im eigentlichen Prozeß des Übersetzens (translating), bei dem der Übergang von einem Zeichensystem in ein anderes vollzogen wird. Er kann mit semiotischen Termini, also unter dem Aspekt der Semiotik — der Wissenschaft von den allgemeinen Eigenschaften der Zeichensysteme, zu denen auch die sprachlichen Systeme zu rechnen sind —, beschrieben werden. R E V Z I N und R O Z E N C V E J G vertreten die Auffassung, daß die Übersetzungstheorie vorwiegend deduktiv aufgebaut werden muß, da sie sonst in Stilistik, Grammatik und Lexikologie zerfällt und somit ihren spezifischen Gegenstand aus den Augen verliert. Doch kann man für das Übersetzen kein deduktives Modell aufbauen, ohne sich bei der Schaffung dieses idealisierten Modells auf spezifische Beispiele zu stützen. I m übrigen erscheint die Möglichkeit des Aufbaus einer solchen Theorie auf dem Wege der reinen Deduktion recht wenig wahrscheinlich. Man muß daher K A D E beipflichten, wenn dieser die Auffassung vertritt, daß es die reine Deduktion in dem Sinne, wie sie in der Mathematik auftritt, in den empirischen Wissenschaften, zu denen auch die Übersetzungstheorie zu rechnen ist, nicht geben kann ( K A D E 1968).
In ihrem Buch werfen die Verfasser eine weitere Frage auf, die für die Übersetzungstheorie von prinzipieller Bedeutung ist — nämlich die nach den Zusammenhängen zwischen innersprachlichen und außersprachlichen Gegebenheiten und danach, wie diese Zusammenhänge in theoretischen Verallgemeinerungen erfaßt werden können. Dabei gehen sie davon aus, daß „der Gegenstand der Übersetzungstheorie dem Gegenstand der strukturellen 3*
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Sprachanalyse selbst sehr nahe steht, denn die strukturelle Erforschung der Sprache verfolgt das Ziel, die Regeln bzw. Gesetzmäßigkeiten für die Organisation sprachlicher Äußerungen durch das sprachliche System zu erfassen" (RBVZTN-, ROZENCVEJG 1963, S. 22). Mit dieser F e s t s t e l l u n g w i r d s i c h t b a r ,
daß sich die Verfasser auf eine linguistische Theorie orientieren, die auf der Beschreibung und Interpretation sprachlicher Erscheinungen im Rahmen der innersprachlichen Beziehungen f u ß t und keine Analyse zuläßt, die die Grenzen der Struktur der Sprache überschreitet. Unbestreitbar ist ein derartiges Vorgehen bei der Lösung der Probleme des maschinellen Übersetzens wichtig, denn die Übersetzungsmaschine kann ja nur die Information erfassen, die im Text formal ausgedrückt ist. Das Grundproblem besteht dabei darin, die sprachlich kodierte Information in die formalisierte Komputersprache umzukodieren. Die vorbehaltlose Ausdehnung eines solchen Vorgehens auf das Humanübersetzen dürfte jedoch kaum in der Lage sein, den Ablauf der übersetzerischen Tätigkeit voll zu durchdringen und die dabei auftretenden Gesetzmäßigkeiten herauszufinden. Es ist jedem in der Praxis tätigen Übersetzer und Dolmetscher geläufig, daß das Wissen um die konkrete Situation, in der ein bestimmter zweisprachiger Kommunikationsakt abläuft, sowie um den Sachverhalt, der in der zu übersetzenden Mitteilung geschildert wird, von der gleichen Bedeutung ist, wie die Beherrschung der übersetzerischen Routine in bezug auf ein bestimmtes Sprachenpaar. Wie läßt sich das nun mit der Forderung, den Rahmen der innersprachlichen Beziehungen nicht zu sprengen, unter einen H u t bringen? Zur Lösung dieses Problems wird der Vorschlag unterbreitet, die übersetzerische Tätigkeit in zwei Komponenten aufzuspalten. Es sind dies das eigentliche Übersetzen, das nach vorgegebenen Regeln abläuft und bei dem die außersprachliche Realität unberücksichtigt bleibt, und die I n t e r p r e t a t i o n , bei der außersprachliche Gegebenheiten Berücksichtigung finden können. An dieser Stelle sei der Hinweis angebracht, daß den Verfechtern dieser Konzeption bewußt daran gelegen ist, einen komplizierten und in sich widersprüchlichen Prozeß zu vereinfachen. Sie gehen dabei davon aus, daß sich eine solche Vereinfachung in völliger Übereinstimmung mit dem Prinzip befindet, wonach vom Einfachen zum Komplizierten vorgegangen wird. Dazu muß aber auch festgestellt werden, daß jede Vereinfachung nur innerhalb bestimmter Grenzen zulässig ist. Wenn es auf einer bestimmten Stufe der wissenschaftlichen Analyse völlig gesetzmäßig und zuverlässig ist, eine komplizierte und vielseitige Erscheinung auf ihre einfachsten Elementarformen zu reduzieren, so kann man einer Vereinfachung dann nicht mehr zustimmen, wenn wesentliche Faktoren dieser Erscheinung unberücksichtigt bleiben.
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Ein Modell des Übersetzungsprozesses, das auf ein so wichtiges Moment verzichtet, wie es der Bezug auf die Wirklichkeit, auf die reale Situation ist, kann deshalb in keiner Weise zur Erhellung der Probleme beitragen. Die Vorstellung, daß der Mensch übersetzt, indem er einen Text der Quellensprache (QS) in die Zielsprache (ZS) allein nach vorgegebenen Entsprechungen überträgt, ohne dabei einen Bezug zur Wirklichkeit herzustellen oder auf bisherige Erfahrungen zurückzugreifen, widerspricht ganz eindeutig allem, was uns über die tatsächlich ablaufenden Prozesse beim normalen, d. h. beim Humanübersetzen bekannt ist. Selbst beim Simultandolmetschen, wo nach Auffassung der Anhänger der hier diskutierten Konzeption die Übertragung der Information fast ohne Rückbezug auf die Realität erfolgt, kann es doch wohl kaum eine Umsetzung ohne das geben, was im Alltag Vertrautheit mit dem Gegenstand genannt wird. Ohne sie ist der Simultandolmetscher gar nicht in der Lage, die bei dieser Art der Sprachmittlung notwendige Kompression der Information vorzunehmen, d. h. unwesentliche und zweitrangige Einzelheiten wegzulassen ( C E K N O V 1958). Gerade die Abgrenzung von Wichtigem gegenüber Unwichtigem setzt voraus, daß der Dolmetscher mit dem Gegenstand ausreichend vertraut ist. Die Einbeziehung der außersprachlichen Information ist vor allem dann von entscheidender Bedeutung für die Auswahl einer bestimmten Variante, wenn bei der ausschließlich auf linguistischen Kriterien beruhenden Analyse des Sinns einer Äußerung kein eindeutiges Ergebnis zustande kommt. Das liegt daran, daß in keinem Produkt der menschlichen Rede alles eindeutig ausgedrückt wird, bzw., wie es der Linguist nennt, explizit ist. Vieles bleibt normalerweise unausgedrückt, wird assoziiert bzw. ist implizit, denn jede Äußerung richtet sich an eine bestimmte Person oder einen bestimmten Kreis von Empfängern. Der Verfasser einer Äußerung geht generell davon aus, daß seine Hörer oder Leser über ausreichende Kenntnisse verfügen, um eine bestimmte Mitteilung ohne erläuternde Details interpretieren zu können. Wir werden im weiteren noch ausführlich auf diesen Aspekt von Kommunikationsakten und seine Relevanz für das Dolmetschen und Übersetzen zu sprechen kommen. An dieser Stelle wollen wir uns auf ein Beispiel aus dem Militärwesen beschränken. Es zeigt, wie wichtig die außersprachliche Information für das Verstehen des Originals und die Auswahl der Übersetzungsvariante i s t . A rifle Company
is extremely
light when moving
on foot, too light
probably
for unsupported action under normal battle conditions. Hält man sich hier ausschließlich an die linguistischen Merkmale, dann kann dieser Satz zwei verschiedene Lesarten haben. Das Adjektiv light (leicht) kann im vorliegenden Kontext mit leicht ausgerüstet und, etwas konkreter, mit leicht bewaffnet wiedergegeben werden. Auch die Doppelausdeutung unsupported — ohne materialtechnische Versorgung und ohne Artille-
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rieunterstützung — ist möglich. Stellen wir die beiden Varianten einmal gegenüber: 1) Beim Vorrücken führt eine Schützenkompanie nur sehr leichte Ausrüstung, die wahrscheinlich für den Einsatz unter normalen Gefechtsbedingungen ohne material-technische Versorgung nicht ausreicht. 2) Beim Vorrücken führt eine Schützenkompanie nur sehr leichte Waffen, die wahrscheinlich für den Einsatz unter normalen Gefechtsbedingungen ohne Artillerieunterstützung nicht ausreicht. Ein mit dem Gegenstand vertrauter Übersetzer wird die erste Variante verwerfen, denn eine Schützenkompanie muß immer materialtechnisch versorgt werden, ganz gleich, wie sie ausgerüstet ist. Gleichzeitig kann er reale Situationen einkalkulieren, in denen die Kompanie entweder selbständig handeln und dabei mit der eigenen Feuerkraft auskommen muß oder von anderen Einheiten Artillerieunterstützung erhält. Diese ganze Kombinationskette, die bei der Auswahl der endgültigen Variante von entscheidender Bedeutung ist, resultiert aus der Berücksichtigung der außersprachlichen Information. In der Praxis des Dolmetschens und Übersetzens kommt es immer wieder zu groben Fehlern, die sich mit unzureichender Sachkenntnis erklären lassen. Es ist deshalb kein Zufall, daß die künstliche Gegenüberstellung von Übersetzung und Interpretation in das Blickfeld von Übersetzungsexperten geraten ist, die zu bedenken geben, daß ein Bezug auf die Wirklichkeit in allen Fällen der vom Menschen ausgeübten Übersetzungs- und Dolmetscherpraxis notwendig ist (Kuz'Mnsr 1 9 6 8 ; FEDOROV 1 9 6 8 ) . Charakteristisch für diese Art des Übersetzens und Dolmetschens ist eben eine untrennbare Verbindung der eigentlich linguistischen und der extralinguistischen Faktoren. Deshalb kann eine Methodik, die auf der Analyse allein der formalen und strukturellen Gesetzmäßigkeiten aufbaut, nicht dazu beitragen, die Wechselbeziehungen zwischen linguistischen und außerlinguistischen Faktoren zu erhellen, die im Prozeß des Humanübersetzens wirken und seine Spezifik bestimmen. Dabei wollen wir keineswegs die Rolle einer formalen und strukturellen Analyse in der Übersetzungstheorie leugnen. Wir wollen lediglich hervorheben, daß diese Analyse einhergehen muß mit der Erfassung nichtlinguistischer Gegebenheiten, die im Übersetzungsprozeß eine Rolle spielen. Gleichzeitig steht aber auch fest, daß die Ergebnisse der strukturellen Sprachwissenschaft von großer Bedeutung für die Ausarbeitung der wesentlichen Grundlagen der Übersetzungstheorie waren. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang der in dem Buch von R E V Z I N und ROZENCVEJG verwendete und erläuterte Terminus „Mittlersprache". Dieser Gedanke war erstmalig im Zusammenhang mit dem Maschinenübersetzen aufgetaucht. In ihren Arbeiten versuchen R E V Z I N und ROZENCVEJG,
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diesen Begriff auf das vom Menschen praktizierte normale Übersetzen zu übertragen. Dem Wesen nach handelt es sich hier um das Problem einer Metasprache der Übersetzungstheorie. Einerseits wird unter einer Metasprache in der Linguistik eine „Sprache zweiter Ordnung" verstanden, also eine Sprache, in der Urteile über die natürliche Sprache gefällt werden. Hierbei kann es sich um eine Reihe linguistischer Fachausdrücke handeln, die einem bestimmten System von Begriffen entsprechen, die ihrerseits wesentliche Merkmale von Sprachen widerspiegeln und die somit die Möglichkeit bieten, die formale, äußere, wie auch die innere, die inhaltliche Seite zu beschreiben. Andererseits versteht man unter einer Metasprache in der Sprachwissenschaft gelegentlich eine abstraktere Art von Sprachbeschreibung. Bezogen auf den Übersetzungsprozeß, gehören dazu: a) eine Anzahl elementarer sinntragender Einheiten; b) eine Beschreibung der Generierung des entsprechenden Abschnittes im Text; c) die entsprechende stilistische Beschreibung. Somit ist die Metasprache oder „Mittlersprache" des Übersetzens ein Komplex struktureller und linguistischer Beschreibungen, die es — nach Auffassung der Verfasser — gestatten, den Übersetzungsprozeß mit dem notwendigen Grad an Vollständigkeit zu beschreiben. Die sprachwissenschaftliche theoretische Grundlage ist demnach einerseits die generative Grammatik, in deren Terminologie die grammatischen Aspekte des Übersetzungsprozesses beschrieben werden, sowie andererseits die Theorie der Komponentenanalyse, mit deren Hilfe einige lexikalische Aspekte dieses Prozesses durchdrungen werden können. Dadurch wird es möglich, ein „Netz von Entsprechungen" zwischen den QS- und ZS-Einheiten zu schaffen und die Gesetzmäßigkeiten des Übersetzungsprozesses aufzudecken. Obwohl die verwendete Terminologie „Netz von Entsprechungen" den Eindruck entstehen lassen könnte, daß es sich um ein statisches System handelt, das sich nur geringfügig von dem in der konfrontativen Grammatik gebräuchlichen unterscheidet, haben die Autoren aber einen der ersten Versuche zur Schaffung eines dynamischen Modells des Übersetzungsprozesses unternommen. In dieser Beziehung kommen ihre Ergebnisse denen von NIDA sehr nahe, obwohl sie den grundlegenden Ablauf des Übersetzens anders sehen als er (NIDA 1969). Wie NIDA konzentrieren auch sie ihre Aufmerksamkeit auf das Übersetzen als Prozeß, wobei sie sich weitgehend auf den theoretischen Apparat der generativen Grammatik und den der lexikalischen Komponentenanalyse stützen.
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Generative G r a m m a t i k u n d Übersetzen Eingangs sollen einige der Aussagen dieser linguistischen Theorie daraufhin untersucht werden, ob sie für das Übersetzen genutzt werden können. In den weiteren Abschnitten werden wir dann ausführlicher darauf eingehen, auf welche Weise sie für einige konkrete Aufgaben des Übersetzens anwendbar sind. Betrachten wir zunächst die in dieser Theorie postulierten Prinzipien über das Herangehen an sprachliche Erscheinungen, soweit sie uns f ü r die Theorie des Übersetzens als wesentlich erscheinen. Die Idee zur Schaffung einer generativen Grammatik geht auf CHOMSKY zurück (CHOMSKY 1965). Den Gedanken CHOMSKYS liegt die Vorstellung zugrunde, daß die Sprache als ein wirkender Mechanismus angesehen werden muß, der mit Hilfe eines Katalogs von Regeln in der Lage ist, aus einer begrenzten Anzahl von elementaren Kernsätzen eine endlose Anzahl grammatisch richtiger Aussagen zu generieren. Diese Kernsätze sind die einfachsten syntaktischen Modelle für die gegebene Sprache, von ihnen werden durch eine Reihe von Transformationen (Umformungen) die sogenannten Oberflächenstrukturen abgeleitet. Das sind die in der realen Sprachpraxis vorkommenden syntaktischen Konstruktionen, deren Aufbau mehr oder weniger kompliziert ist. Es folgt eine Aufstellung von Kernsätzen der englischen Sprache, wobei es natürlich nicht um die konkreten Sätze, sondern um die durch sie repräsentierten Strukturtypen geht: 1. John ran quickly. 2. John hit Bill. 3. John gave Bill a ball. 4. John is sick. 5. John is a boy. 6. John is my father. ( N I D A , T A B E R 1 9 6 9 ) . Aus jedem dieser Kernsätze kann nunmehr eine ganze Reihe abgeleiteter Strukturen (Transforme) gebildet werden. Als Beispiel wollen wir die Transforme des Kernsatzes John hit Bill anführen: 1. John hit Bill. 2. Bill was hit by John. 3. John's hitting Bill. 4. BilVs being hit by John. 5. The hitting of Bill by John. 6. It was John who hit Bill. 7. It was Bill who was hit by John. Es wird deutlich, daß die grammatischen Transformationen Paraphrasierungen sind. Sie stellen verschiedene Verfahren dar, eine bestimmte Äußerung
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sprachlich umzuformulieren. Betrachten wir nunmehr die Grundtypen dieser Transformationen, ohne dabei jedoch den gesamten umfassenden Apparat der transformationeilen Analyse zu benutzen, weil dies für unseren Zusammenhang zu weit führen würde. Gewöhnlich werden zwei Grundtypen von Transformationen unterschieden: Transformationen, die mit einer Umformung der syntaktischen Struktur von Kernsätzen verbunden sind, und Transformationen, die durch eine Kombination mehrerer Kernsätze zu einem einheitlichen Ganzen entstanden sind. Zu den ersteren gehören die Umformungen von Aktiv- in Passivkonstruktionen (John hit Bill — Bill was hit by John), von Bejahung in Verneinung (John hit Bill — John did not hit Bill) und von Bejahung in eine Frage (John hit Bill — Did John hit Bill?). Zur zweiten Gruppe gehören die Fälle einer Kombination von Kernsätzen mit Hilfe von Konjunktionen (Some people worked while others watched; He went home because he was tired; He said that he was ill) oder Relativpronomen (The car which I drove broke down ; I met the man whom I had known) sowie unter Verwendung konjunktionsloser Konstruktionen mit Kernsatzcharakter (z. B. We saw him leave the room — We saw him; He left the room oder: His leaving the room surprised me — He left the room, [this] surprised me). Daneben schließen die Transformationsregeln auch die Fälle ein, bei denen die Kombinationen von Kernsätzen zu einer Oberflächenstruktur mit der Tilgung eines Elements der Tiefenstruktur verbunden ist, welches vom Kontext ohne weiteres kompensiert wird (z. B. He was in New York und He was ill kann umgebildet werden in: While in New York, he was ill); sowie die Fälle, in denen bestimmte Elemente des Kernsatzes in der Oberflächenstruktur durch lexikalische Mittel ersetzt werden (z. B. ist der Satz I went home and so did he ein Transform aus zwei Kernsätzen — I went home und He went home). Da die Umformung sprachlicher Äußerungen den wesentlichen Inhalt des Übersetzens darstellt, stieß die Transformationsgrammatik verständlicherweise bei den Wissenschaftlern auf Interesse, die ein dynamisches Modell für das Übersetzen schaffen wollten. Dabei ergaben sich jedoch wesentliche Auffassungsunterschiede. Dieee betrafen einmal die Einschätzung der erklärenden K r a f t des vorliegenden Modells in bezug auf das Übersetzen, zum anderen ergaben sie sich im Zusammenhang mit der Rolle, die den Transformationen im Übersetzungsprozeß eingeräumt wurde (KOMISSAEOV 1 9 7 0 ) . Wir werden uns im folgenden ausführlicher mit dem Transformationsschema befassen, das N I D A in seinen Arbeiten verwendet. Nach dem von ihm vorgelegten Modell kann der Übersetzungsprozeß auf zweierlei Weise beschrieben werden. Meist stellt man sich diesen Prozeß als geradlinige Verbindung zwischen QS und ZS vor, wobei die Verbindung entweder über eine
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Mittlersprache (natürliche oder künstliche Sprache) oder direkt hergestellt werden kann. A
(x)
B
In diesem Schema steht A für die QS, B für die ZS und (x) für die Mittlersprache, deren Vorhandensein in der Darstellung — nach N I D A — am Wesen der Sache nichts verändert, da im einen wie im anderen Falle die Übersetzungsregeln auf Oberflächenstrukturen angewendet werden. Statt dieses vereinfachten Modells schlägt N I D A ein komplizierteres Modell vor, wonach der Übersetzungsprozeß in drei Etappen zerfällt: Analyse, Übertragung und Neuaufbau ( N I D A 1969). Unter Analyse (analysis) wird die Aufnahme oder die Durchdringung der zu übersetzenden Mitteilung verstanden, unter Neuaufbau (restructuring) die Synthese oder Generierung der entsprechenden Äußerung in der Zielsprache. Der Begriff der Übertragung (transfer) erfordert ein tieferes Eindringen in das Wesen des vorgeschlagenen dreistufigen Modells.
A (Ausgang)
B (Endergebnis)
Analyse
Neuaufbau
x
Übertragung
—y
Hier wird der Übersetzer mit einem Wanderer verglichen, der an das andere Flußufer übersetzen will. Er tut dies aber nicht an einer Stelle, an der der Fluß tobt oder sehr tief ist, sondern er geht solange stromaufwärts oder stromabwärts am Ufer entlang, bis er eine gefahrlose Stelle für die Überquerung gefunden hat. So erreicht er den vorgegebenen Punkt am anderen Ufer auf einem Umweg. Bezogen auf die grammatischen Strukturen, sieht ein solches „Umgehungsmanöver" beim Übersetzen wie folgt aus: Der Übersetzer bemüht sich nicht lange, unmittelbare Entsprechungen für die Oberflächenstrukturen verschiedener Sprachen zu finden, zwischen denen es keine umkehrbar eindeutigen Beziehungen gibt. Statt dessen analysiert er die Oberflächenstruktur in der Quellensprache mittels Umkehrtransformationen (d. h., er verwandelt die Oberflächenstrukturen in Kernsätze) und findet dann eine zielsprachliche Entsprechung für den Kernsatz aus der Quellensprache (das entspricht der von uns oben erwähnten Etappe der Übertragung). Diese ZS-Entsprechung
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wird dann durch direkte Transformationen in eine Oberflächenstruktur der Zielsprache verwandelt (Etappe des Neuaufbaus). D a die in jeder Sprache mögliche Anzahl von Transformationen mehrere Varianten für die Paraphrasierung einer Äußerung zuläßt, zwischen denen stilistische Unterschiede bestehen, wird in der Etappe des Neuaufbaus die Verwandlung des Kernsatzes der Zielsprache in eine Oberflächenstruktur unter Berücksichtigung stilistischer Kriterien vorgenommen. Doch warum ist dieses „Umgehungsmanöver" überhaupt nötig, und was berechtigt zu der Annahme, daß es sich hierbei nicht um ein einmaliges und besonderes Verfahren handelt, sondern um eine objektive Gesetzmäßigkeit, die als Charakteristikum für jede gute Übersetzung gelten kann? B e i der Beantwortung dieser Frage müssen wir uns von den allgemeinen Prinzipien der semantischen Analyse grammatischer Konstruktionen beim Übersetzen leiten lassen. Es ist vorteilhafter, bei der Analyse des Sinngehaltes grammatischer Konstruktionen in der Q S und bei der Suche nach Entsprechungen in der Z S mit semantischen und nicht mit grammatischen Kategorien zu arbeiten, denn die grammatischen Kategorien unterscheiden sich von Sprache zu Sprache. Stellt man Formen verschiedener Sprachen einander gegenüber, müssen sie erst auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden. Dazu eignen sich aber die Kategorien der Grammatik nicht, weil sie dem Wesen nach Kategorien für die Oberflächenstrukturen sind. Die K a t e gorien der Semantik dagegen sind verschiedenen Sprachen gemeinsam. In der Grammatik werden so z. B . Kategorien wie Substantiv, Verb, A d j e k tiv, Adverb, Präposition und Konjunktion verwendet. Der wahre Gehalt dieser Kategorien wird jedoch durch die formale Struktur einer jeden Sprache festgelegt. An anderer Stelle konnten wir bereits feststellen, daß die Zugehörigkeit von miteinander verglichenen Einheiten zu einer bestimmten grammatischen Kategorie keine wesentliche Bedeutung für das Übersetzen hat. Die Aufmerksamkeit des Übersetzers gilt dem Sinn des T e x t e s und seiner Komponenten. W a s die Wiedergabe des Sinns der Redeteile anbelangt, so gibt es dabei keine klar markierten Abgrenzungen. Ihre Bedeutungen überkreuzen sich vielmehr häufig. So kann die Handlungs- oder die Verlaufsbedeutung, die gewöhnlich einem Verb zugeschrieben wird, in einer Reihe von Sprachen mit Hilfe eines Substantivs wiedergegeben werden (z. B . im Englischen the signing of a treaty, a long walk, a lightning). Deshalb ist es bei der Sinnanalyse der Oberflächenstrukturen des Ausgangstextes zweckmäßig, vor allem dessen Inhalt in die Sprache der semantischen Kategorie zu übertragen. NIDA führt vier semantische Kategorien ein, die universell in allen Sprachen anzutreffen sind: Gegenstand (object), Ereignis oder Prozeß (event), A b s t r a k t u m (abstract) und Beziehung (relation). Die Relation dieser Kategorien zu bestimmten grammatischen Klassen
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unterscheidet sich dabei von Sprache zu Sprache. Die Klasse der Gegenstände umfaßt eine recht breite semantische Kategorie, zu der die Dinge oder Lebewesen gehören, die an Prozessen beteiligt sind (z. B. Haus, Hund, Mensch, Tisch). Meistens sind die Glieder dieser Klasse Substantive. Der Prozeß ist eine semantische Kategorie, die Handlungen, Ereignisse und Vorkommnisse umfaßt. Charakteristische Vertreter dieser Kategorie — aber durchaus nicht die einzigen — sind die Verben (laufen, springen, erscheinen, ersetzen u. a.). Zu den Abstrakta gehören die verschiedensten Elemente der Oberflächenstruktur, die Qualität, Quantität und Intensität von Gegenständen, Prozessen und anderen Abstrakta betreffen (z. B. rot, schnell, zwei, zweimal, viel, selten, wenig, sehr, allzu). Adjektive, Adverbien und Numerale sind typische Vertreter dieser Kategorie. In die Klasse der Beziehungen gehören die semantischen Elemente, die die inhaltlichen Beziehungen zwischen Gegenständen, Prozessen und Abstrakta herstellen. Für ihre grammatische Realisierung stehen die Wortfolge, die Flexion, Präpositionen, Konjunktionen und die Kopula zur Verfügung. Weiterhin werden innerhalb dieser semantischen Klassen Unterklassen vorgesehen. So zum Beispiel können die Gegenstände sowohl als Subjekt oder Agens (agent) auftreten, d. h. als jemand, der eine Handlung ausführt bzw. einen Prozeß oder eine Handlung auslöst, oder auch als Objekt (goal), auf das die Handlung gerichtet ist. Dabei dürfen Subjekt oder Agens nicht mit dem grammatischen Subjekt und das Objekt nicht mit dem grammatischen Objekt verwechselt werden. Agens kann zum Beispiel nicht nur he in dem Satz He left Moscow sein, sondern auch his in His leaving Moscow. Objekt ist nicht nur Peter im Satz Paul reprimanded Peter, sondern auch Peter's im Syntagma Peter's reprimand by Paul. Die Abstrakta können ihrerseits unterteilt werden in solche der Qualität (schnell), der Quantität (zwei, zweimal, viel, häufig) und des Grades (allzu, sehr). Die hier dargelegte semantische Klassifizierung ist für die Durchdringung des Übersetzungsprozesses von wesentlicher Bedeutung. Auf der Grundlage der Gemeinsamkeiten in ebendiesen semantischen Kategorien werden Äquivalenzbeziehungen gerade zwischen Einheiten hergestellt, die zu ganz unterschiedlichen formalen Kategorien gehören können und sogar in verschiedene Ebenen einzuordnen sind. So wird die gleiche Verknüpfung des Sinns im Russischen und Deutschen mit Hilfe der Kasusflexion und im Englischen mit einer Präposition dargestellt: The Taming of the Shrew; TJkrosCenie stroptivoj; Der Widerspenstigen Zähmung. Wichtiger aber noch ist für uns die Tatsache, daß es zwischen semantischen und grammatischen Kategorien keine umkehrbar eindeutigen Beziehungen gibt. Darüber hinaus kann dieselbe sprachliche Einheit in Abhängigkeit vom Kontext in verschiedene semantische Kategorien einzugliedern
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sein. Die grammatische Charakteristik eines Wortes, etwa die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Wortart, liegt ein für allemal fest. Das engl. Wort foundation ist immer ein Substantiv; in den Fällen, in denen es die Bedeutung „Gründung" hat, bezeichnet es jedoch einen Prozeß und in der Bedeutung „Fundament" einen Gegenstand. Solche Mehrdeutigkeiten bei der Interpretation des Sinns werden nicht immer durch den Kontext der umgebenden Wörter ausgeschlossen. Was zum Beispiel bezeichnet das Syntagma the foundation of the school ? Es kann sich sowohl um „die Gründung der Schule" als auch um „das Fundament der Schule" handeln. Wenn es der Kontext erlaubt, können wir die Umkehrtransformation ansetzen: the foundation of the school — (somebody) founded the school. Wir erhalten dann die inhaltliche Verbindung zwischen den Komponenten dieses Syntagmas auf die folgende Art: the foundation als ein Prozeß und the school als Gegenstand, der das Objekt dieses Prozesses bezeichnet. Ein grundlegendes Argument, das für die Anerkennung der Transformation als universelle Methode zur Realisierung des Übersetzens spricht, besteht in folgendem: I m Unterschied zu den Oberflächenstrukturen sind in den Kernsätzen die inhaltlichen Beziehungen stets eindeutig ausgedrückt. Ein Gegenstand wird immer durch ein Substantiv oder durch ein dafür stehendes Pronomen bezeichnet, ein Prozeß stets durch ein Verb; ein Subjekt (Agens) ist hier immer grammatisches Subjekt, und ein Objekt ist stets grammatisches Objekt. Mit anderen Worten: Die Transformation der Oberflächenstrukturen in Kernsätze ist ein Verfahren zur Herstellung eindeutiger Entsprechungen zwischen den grammatischen und den semantischen Kategorien oder, was dasselbe ist, zur eindeutigen Sinninterpretation der grammatischen Konstruktionen des Ausgangstextes. Doch wie verläuft nun der Übersetzungsprozeß weiter? An dieser Stelle muß noch eine wichtige Korrektur vorgenommen werden. Bei der Transformation komplizierter syntaktischer Strukturen in eine Kette von Kernsätzen kann ein Verlust an Informationen eintreten, die aber für den Übersetzer sehr wichtig sind. Es ist von solchen Beziehungen die Rede, welche in komplizierten Sätzen mit Hilfe von Konjunktionen und Relativpronomen ausgedrückt werden, also von solchen Sinnzusammenhängen, welche sich zwischen den Komponenten einer komplizierten syntaktischen Struktur aufdecken lassen. Wenn wir z. B. den Satz The White House pressurized the Senate into reconsidering its decision nehmen und ihn einer vollständigen Rücktransformation unterwerfen, erhalten wir als Ergebnis folgende zwei Kernsätze: The White House pressurized the Senate. The Senate reconsidered its decision. Bei den nun folgenden Schritten des Übersetzens (Übertragung und Neuauf-
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bau) stellen wir jedoch fest, daß das nicht ausreicht. Wir benötigen unbedingt einen Hinweis auf den inhaltlichen Zusammenhang, der zwischen diesen beiden Sätzen besteht, nämlich die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung. Der inhaltliche Zusammenhang zwischen den Kernsätzen muß also genau ermittelt werden. Dazu formen wir die beiden (oder auch mehrere) Kernsätze in einen komplexen Satz um, in dem ein ähnlicher inhaltlicher Zusammenhang mit Hilfe von Konjunktionen, Relativpronomen und anderen syntaktischen Mitteln hergestellt wird. Mit ihnen können wir das Verhältnis zwischen den Kernsätzen, die in unseren neugebildeten Satz eingehen, exakt festlegen. So kann, um bei unserem Beispiel zu bleiben, die Beziehung zwischen den Kernsätzen folgendermaßen ausgedrückt werden: 1) The White House pressurized the Senate and it reconsidered its decision. 2) The White House pressurized the Senate so that it should reconsider its decision. Damit ist die ursprüngliche Äußerung für die Übertragung vorbereitet. J e nach dem Kontext können wir die erste oder die zweite Variante wählen. 1) Das Weiße Haus übte Druck auf den Senat aus, und dieser überprüfte seine Entscheidung. 2) Das Weiße Haus übte Druck auf den Senat aus, damit dieser seine Entscheidung überprüfen sollte. In der Terminologie von N I D A entspricht das der kernnahen Ebene. Die beschriebenen Transformationen werden im Übersetzungsprozeß vor allem auch deshalb verwendet, weil die Sprachen auf der Ebene der Oberflächenstrukturen weitaus größere Unterschiede aufweisen als in den Kernsätzen oder kernnahen Strukturen. Auf der Kernsatzebene läßt sich deshalb die Übertragung weitaus einfacher und mit einem Minimum von Entstellung verwirklichen (NIDA, TABER 1 9 6 9 , S . 3 8 ) .
Wie bereits angedeutet, bleiben in der endgültigen Übersetzungsvariante die grammatischen Konstruktionen natürlich nicht auf der Ebene von Kernsätzen oder kernnahen Sätzen, sondern werden vom Übersetzer unter Beachtung der stilistischen Normen der Zielsprache in der Etappe des Neuaufbaus verschiedenen Transformationen unterworfen. So können zum Beispiel im Deutschen die beiden Kernsätze in einen komplexen Satz mit partizipialer Einleitung aufgelöst werden: Vom Weißen Haus unter Druck gesetzt oder im Stil des offiziellen Verkehrs: Zum Zwecke der Überprüfung seiner Entscheidung. Wir werden im folgenden noch ausführlich auf die Möglichkeiten der Anwendung von grammatischen Transformationen bei semantischen und stilistischen Problemen des Übersetzens zu sprechen kommen. Vorerst steht aber noch die Frage, ob die grammatischen Transformationen als universelles Übersetzungsverfahren betrachtet werden können.
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Die Schlußfolgerung, daß das dargelegte Transformationsschema ein universelles Modell des Übersetzungsprozesses darstellt, erscheint uns rein spekulativ. Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens kann es zwischen den Strukturen verschiedener Sprachen (insbesondere bei verwandten Sprachen) durchaus direkte Entsprechungen geben, und zwar nicht erst auf der Ebene von Kern- oder kernnahen Sätzen, sondern auch auf der Ebene der Oberflächenstrukturen. Unter Verwendung des Nidaschen Bildes kann man sagen, daß es kaum sinnvoll erscheint, dort nach Umwegen zu suchen, wo man auf dem kürzesten Weg an das andere Flußufer übersetzen kann. Wenn wir noch einmal zu dem angeführten Beispiel mit dem Wort foundation zurückkehren, so erscheint es kaum notwendig, das Syntagma the foundation of the house in den Kernsatz the house has the foundation umzuwandeln, wie das die Regeln der Transformationsgrammatik vorschreiben. Besonders dann nicht, wenn es im Deutschen auf der Ebene der Oberflächenstrukturen den analogen Ausdruck das Fundament des Hauses gibt. Zum zweiten ist es nicht möglich, innerhalb der engen Grenzen des Nidaschen Modells die zahlreichen Fälle von lexikalischen und syntaktischen Paraphrasen einzuordnen, die beim Übersetzen auftreten. Mit Hilfe dieses Modells könnten z. B. kaum jene öben beschriebenen Fälle der „antonymischen Übersetzung" erklärt werden. Bei der getrennten Betrachtung von lexikalischen und grammatischen Problemen des Übersetzens (erstere werden hauptsächlich in der Terminologie der Komponentenanalyse behandelt) haben die Vertreter dieser Konzeption gerade einen für das Übersetzen sehr bedeutsamen Aspekt außer acht gelassen, und zwar die gegenseitige Beeinflussung, die lexikalische und grammatische Mittel bei der Analyse und der Generierung von sprachlichen Äußerungen aufeinander ausüben ( S V E J C E R 1970). Wenn hier gegen die Behauptung, daß das transformationeile Übersetzungsmodell universell sei, polemisiert wird, dann soll damit durchaus nicht das angezweifelt werden, was wir in bezug auf die semantische Analyse von grammatischen Konstruktionen festgestellt haben. Die Vorstellung, daß während des Übersetzens sprachliche Fakten aus den unterschiedlichen Systemen vom Gesichtspunkt universeller semantischer Kategorien aus analysiert werden, erscheint uns voll und ganz abgesichert und entspricht der übersetzerischen Praxis. Jeder Übersetzer führt diese Analyse — bewußt oder unbewußt — durch. Doch dazu ist die Transformation der jeweiligen Äußerung in einen Kernsatz nicht absolut notwendig. I n unserem Beispiel entscheiden wir anhand des Kontextes, ob foundation einen Gegenstand oder einen Prozeß bezeichnet, ohne erst das Syntagma the foundation of the house in einen Kernsatz zu transformieren. Aus dem Gesagten können wir die Schlußfolgerung ziehen, daß das transformationeile Modell als Methode der Beschreibung und der Erklärung des Übersetzungsprozesses in manchen
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Fällen den realen Sachverhalt verkompliziert und in anderen Fällen offensichtlich nicht ausreicht bzw. wesentlicher Ergänzungen bedarf. Gerechterweise soll aber noch hinzugefügt werden, daß von den hier referierten Arbeiten, die das Modell der transformationeilen Grammatik verwenden, das Buch von Revzdt und Rozencvejg von einer realistischeren Vorstellung vom Übersetzen ausgeht, da dort die Transformation nicht als universelles Modell, sondern nur als eine der Möglichkeiten beim Übersetzen angesehen wird.
Die Komponentenanalyse Es wurde bereits festgestellt, daß in den von uns besprochenen Arbeiten die Verfahren der Komponentenanalyse weitgehende Anwendung finden. Da bei den weiteren Darlegungen einige Begriffe verwendet werden sollen, die auf der Grundlage der Komponentenanalyse von sprachlichen Einheiten erarbeitet wurden, erscheint eine knappe Darlegung dessen angebracht, was Komponentenanalyse ist und welche Bedeutung sie für Theorie und Praxis des Übersetzens und Dolmetschens hat. Unter Komponentenanalyse versteht man heute in der linguistischen Fachliteratur eine Methode der Textanalyse, bei der es um die Aufdeckung der Bestandteile der Wortbedeutungen geht. Sie dient also der Ermittlung der semantischen Komponenten, die in anderer Terminologie auch Seme oder semantische Multiplikatoren genannt werden. Außerdem handelt es sich bei dieser Methode um die Erfassung der Prinzipien der Kombination und der strukturellen Gliederung der semantischen Komponenten. Mit Hilfe der Komponentenanalyse wird es möglich, die Sinnstruktur eines Wortes exakter zu analysieren, die Beziehungen zwischen den einzelnen Bedeutungen eines Wortes zu durchdringen und die Merkmale zu bestimmen, auf Grund derer sich Wörter in Synonymgruppen oder semantische Felder einordnen lassen. Man unterscheidet drei Arten von semantischen Komponenten: allgemeine, differentielle und zusätzliche. Allgemeine Komponenten sind diejenigen, die den verschiedenen Bedeutungen desselben Wortes oder den Bedeutungen verschiedener Wörter, soweit sie zur selben Synonymreihe oder zu demselben semantischen Feld gehören, gemeinsam sind. Wenn wir einmal alle Bedeutungen des englischen Verbs give zusammenstellen, finden wir als gemeinsame Komponente „haben lassen" oder „veranlassen, daß X etw. hat". Es handelt sich also um die Summe aus zwei Komponenten (give = let + have). Dazu hat give in der Bedeutung „schenken" noch die Komponente „unentgeltlich" und in der Bedeutung „bezahlen" noch die Komponente „Geld". Hier handelt es sich um die differentiellen (oder diagnostischen) Komponenten der ent-
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sprechenden Bedeutungen des Verbs give. In diesen Bedeutungen ist das Verb give in verschiedenen Synonymreihen vertreten. I m ersten Fall wäre das give, confer, grant, present und im zweiten pay, remunerate, reward, recompense. Wenn wir die inhaltlichen Relationen in der ersten Reihe analysieren, sehen wir, daß die semantischen Komponenten von give auch für alle anderen Wörter gelten, die in dieser Reihe vertreten sind. Bei diesen Wörtern treten dazu noch differentielle semantische Komponenten auf, die sich ihrer Bedeutung nach von der von give unterscheiden. So liegt zum Beispiel in der Bedeutung confer noch die differentielle Komponente „Auszeichnung" vor (to confer a degree), bei grant ist es „auf Bitten oder Ersuchen" (to grant permission) und bei present „feierlich oder offiziell" (to present a citation to a regiment). I n dieser Synonymreihe finden wir bestimmte hierarchische Relationen zwischen den Bedeutungen der einzelnen Wörter. Das W o r t give mit der allgemeinen oder Grundbedeutung umfaßt den größten semantischen Raum. Das zeigt auch seine Verwendung: Es kann an der Stelle der anderen Wörter in den obigen Beispielen stehen — to give a degree, to give permission, to give a citation. Das ist auch der Grund für die Feststellung, daß in dieser Reihe confer, grant und present in der Hierarchie unter give zu stehen kommen. Unser Beispiel belegt eine wichtige Gesetzmäßigkeit: Je weniger semantische Komponenten ein Verb hat, das zu einer semantischen Reihe oder zu einem semantischen Feld gehört, desto umfassender ist seine Bedeutung, und desto breiter ist sein Anwendungsbereich. Außer den differentiellen und den allgemeinen Komponenten enthalten die Wortbedeutungen noch zusätzliche Komponenten. Sie können bei der Ermittlung von Relationen zwischen der direkten und der übertragenen Bedeutung eines Wortes eine entscheidende Rolle spielen. So ist zum Beispiel die semantische Komponente „schlau, listig" zusätzlich oder zweitrangig in der inhaltlichen Struktur des engl. Wortes fox. Aber gerade diese Komponente ist für die Bestimmung des Platzes der übertragenen Bedeutung „listenreicher Mensch" in der inhaltlichen Struktur dieses Wortes wesentlich. Damit hat die Komponentenanalyse sehr unmittelbare Relevanz sowohl f ü r den konfrontativen Sprachvergleich als auch für die Übersetzungstheorie. Bekanntlich unterscheiden sich die Komponentenstruktur der Wortbedeutungen und die Anordnung der semantischen Felder von Sprache zu Sprache. Häufig teilt der Übersetzer und Dolmetscher das Schicksal aller Bilingueten — das heißt der Menschen, die zwei Sprachen beherrschen —, indem er hin und wieder die Komponentenstruktur der Wörter einer Sprache mit der der anderen gleichsetzt. Nachdem er eine Beziehung zwischen engl, give und dt. geben festgestellt hat, könnte er dabei aber die wesentliche Tatsache außer acht lassen, daß im Unterschied zum dt. geben das engl, give potentiell auch 4
Übersetzung
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L i n g u i s t i s c h e G r u n d l a g e n der Ü b e r s e t z u n g s t h e o r i e
die semantischen Komponenten „unentgeltlich", „für immer" einschließt. Daher könnte der Satz This is the watch my grandfather gave me in der einen Bedeutung Das ist die Uhr, die mir mein Großvater gegeben hat ins Deutsche übertragen werden, wobei nicht berücksichtigt ist, daß give hier auch „geschenkt" bedeuten kann und nicht nur „zeitweilig übergeben". Die Gesetzmäßigkeiten der Anwendung von Verfahren der Generalisierung und der Konkretisierung werden mit Hilfe der Komponentenanalyse voll und ganz erklärbar. So ist beim Übersetzen des engl. Wortes sibling ins Deutsche eine Konkretisierung notwendig, vor allem bedingt durch die Strukturunterschiede in den semantischen Feldern der Verwandtschaftsbezeichnungen (kinship terms), die es zwischen dem Deutschen und dem Englischen gibt. In den meisten dieser semantischen Felder spielen die differentiellen Merkmale wie Generation, Geschlecht, direkte Verwandtschaft oder Seitenlinie eine wesentliche Rolle. Beim Terminus sibling fehlt die semantische Komponente des Geschlechts, und darum hat dieses Wort eine allgemeinere Bedeutung als die hierarchisch untergeordneten Wörter brother und sister. I m Deutschen ist das Vorhandensein einer solchen Komponente obligatorisch, es gibt deshalb keine direkte Entsprechung für diesenTerminus. Beim Übersetzen ins Deutsche muß folglich konkretisiert werden, d. h., das eine oder andere semantische Merkmal muß, bedingt durch den K o n t e x t , hinzutreten: my sibling kann übersetzt werden als mein Bruder oder meine Schwester. Dagegen gibt es für den Plural They were siblings die dt. Entsprechung Sie waren Geschwister. Es ist äußerst wichtig, die Differenzen in der Konfiguration und der Komponentenstruktur der semantischen Felder bei der Auswahl der entsprechenden Mittel in der ZS zu berücksichtigen. B e i der Übersetzung des dt. Terminus Regisseur ins Englische erweist es sich als notwendig, einen von den beiden engl. Termini, nämlich director oder producer zu wählen. Die beiden Wörtern gemeinsamen Komponenten „Person, die für eine Inszenierung verantwortlich ist" bringen sie dem dt. Regisseur nahe. Trotzdem gibt es aber zwischen director und producer bestimmte Unterschiede. I m britischen Englisch ist director ein Filmregisseur und producer ein Theaterregisseur. Die ihnen eigenen differentiellen Komponenten (Film bzw. Theater) bestimmen die Anwendungsunterschiede. Ein producer beim Film ist kein Regisseur, sondern der für die Finanzierung Verantwortliche, der Produzent. I m amerikanischen Englisch fehlt diese Gegenüberstellung der differentiellen Komponenten Film/Theater. Dort ist der director immer der Regisseur und der producer immer der Produzent. U m einen noch komplizierteren Fall handelt es sich bei den semantischen Feldern für Farbbezeichnungen. Die Unterschiede in den differentiellen Komponenten eines bestimmten Wortes hängen oft mit einer mehr oder
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weniger detaillierten Hervorhebung bestimmter Teile des Farbspektrums oder der Abgrenzung von Farbschattierungen nach Helligkeit oder Intensität zusammen. So kann zum Beispiel das engl. Adjektiv purple im Deutschen als purpurn, purpurrot und als (dunkel)violett wiedergegeben werden. In engl. Wörterbüchern wird purple definiert als „deep red, crimson" (purpurrot, hochrot) und als „any colour intermediate between red and blue"; dagegen wird violet (violett) definiert als „bluish-purple". So umfaßt purple nicht nur die Farbe Violett, sondern noch einen breiteren Ausschnitt aus dem Spektrum, der den dt. Farben Dunkellila, Fliederfarben entspricht. In der inhaltlichen Struktur dieses Wortes fehlen die differentiellen Komponenten, die die dt. Äquivalente haben; deshalb ist bei der Übersetzung stets eine Konkretisierung erforderlich. Trotz der großen Bedeutung der Komponentenanalyse f ü r das Übersetzen reicht ihre Anwendung zusammen mit der Transformationsanalyse noch nicht aus, u m das Übersetzen adäquat zu beschreiben. Das liegt wohl daran, daß das transformationeile Modell, wie die angeführten Beispiele gezeigt haben, lediglich solche Umformungen vorsieht, die das grammatische Gerüst einer Äußerung erfassen, wohingegen deren lexikalische Füllung unverändert bleibt. Auf der anderen Seite kann auch die Komponentenanalyse, die in erster Linie zur Differenzierung und zum Vergleich von Bedeutungen dient, den Mechanismus der lexikalischen und syntaktischen Paraphrasen nicht aufdecken, die, komplizierter als grammatische Transformationen, charakteristisch sind für die sprachliche Tätigkeit generell und für das Ubersetzen im besonderen ( S V E J C E B 1 9 6 3 ) .
Das semantische Modell Von besonderem Interesse für die Theorie des Übersetzens sind die sprachwissenschaftlichen Arbeiten, die sich mit der Erarbeitung eines semantischen Modells f ü r die Analyse und Generierung von sprachlichen Äußerungen befassen. Hier müssen einmal die Arbeiten der Chomskyschüler hervorgehoben werden, die zur Richtung der „generativen Semantik" gezählt werden ( K A T Z 1 9 7 0 ; FILLMORE 1 9 6 8 ) , sowie die Arbeiten der sowjetischen Linguisten, die das generative Modell „Sinn-^Text" f ü r die Analyse des Übersetzungsprozesses erarbeitet haben ( U B I N 1 9 6 9 ; S A L J A P I N A 1 9 6 9 ) . Auf einige Besonderheiten dieses Modells, das für die Übersetzungstheorie unmittelbar relevant ist, soll hier eingegangen werden. I m Unterschied zum Modell der generativen Grammatik verfolgt dieses Modell das Ziel, die Gesetzmäßigkeiten bei der Umformung von Sinn zu Text und umgekehrt zu ermitteln bzw., anders ausgedrückt, es geht um die 4»
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Gesetzmäßigkeiten des Prozesses, wie er nach Auffassung der Anhänger dieser Theorie der sprachlichen Tätigkeit zugrunde liegt. Dabei handelt es sich einerseits um den Vorgang des Textaufbaus durch einen Sprecher auf der Grundlage eines konkreten Sinns (das heißt um die Synthese einer sprachlichen Äußerung) und andererseits um die Erschließung dieses Sinns aus dem Text durch einen Hörer (also die Analyse). Daraus kann geschlußfolgert werden, daß ein solches Modell per definitionem auch ein Modell des Übersetzungsprozesses sein muß. Die Begründer dieser Theorie verwiesen auch direkt darauf, daß sie nicht an einer einfachen Textgenerierung ohne Bezug auf einen bestimmten Sinn interessiert sind, sondern an der „Übersetzung", die sie als weiter gefaßten Begriff verstehen, indem sie darin auch innersprachliche Paraphrasierungen mit einschließen. Der Vorzug des Modells „Sinn«-Text" besteht darin, daß es den Mechanismus der Analyse und der Generierung von sprachlichen Äußerungen unter Berücksichtigung der gegenseitigen Beeinflussung von lexikalischen und syntaktischen Faktoren aufdeckt. Ähnlich der generativen Grammatik differenziert auch dieses Modell zwischen Oberflächen- und Tiefenstrukturen. Letztere, unterscheiden sich von ersteren durch einen hohen Grad an Abstraktheit gegenüber dem konkreten sprachlichen Ausdruck. Die Tiefenstruktur gliedert sich dabei nach zwei Aspekten: in eine Tiefensyntax und eine Tiefenlexik. Für die Syntax der Tiefenstruktur ist typisch, daß in ihr lediglich die Inhaltsbeziehungen, der Sinnzusammenhang, zwischen den Elementen der Äußerung Ausdruck finden. Deshalb werden in die Betrachtung auch nur vier verschiedene Prädikatsrelationen einbezogen, nämlich die zum Subjekt, zu den Objekten, die attributiven (im weitesten Sinne des Wortes) und die koordinativen. Zu beachten ist dabei, daß die Termini Subjekt, Objekt usw. hier nicht grammatische, sondern semantische Kategorien bezeichnen (vgl. dazu die Verwendung ähnlicher Kategorien in der generativen Grammatik). Die Tiefenlexik stellt im Modell „Sinn-—Text" ebenfalls eine bestimmte Ebene der Abstraktion vom konkreten sprachlichen Material dar. Zu ihr gehören lediglich die unabhängigen oder selbständigen Wörter der gegebenen Sprache und die Symbole für die sogenannten lexikalischen Funktionen. Doch dazu ist eine entsprechende Erklärung notwendig. Die lexikalische Funktion wird im Modell „Sinn«-Text" als eine bestimmte semantische Verbindung aufgefaßt, die zwischen einem Schlüsselwort und einem anderen Wort oder einer Wortverbindung besteht. Es gibt zwei Kategorien von lexikalischen Funktionen. Hierher gehören in erster Linie die sogenannten äquivalenten Substitute, das sind Wörter, die bei einer Paraphrasierung der Äußerung an Stelle des Schlüsselwortes eingesetzt werden können. Zu dieser Gruppe gehören die Synonyme (schicken — senden, Linguistik — Sprach-
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Wissenschaft), die Konversive oder Konverse, d. h. solche Wörter, die die umgekehrte oder konversive Relation zum Subjekt der Äußerung haben (fürchten — schrecken, geben — bekommen) sowie die sogenannten syntaktischen Derivate (sich irren — irrtümlich, falsch; anfangen — anfangs; sich freuen [etw. zu tun] — [etw.] immer gern [tun]). Zu den lexikalischen Funktionen gehören weiter die semantischen Parameter, unter denen der Ausdruck einiger elementarer Inhalte verstanden wird, die im Satz zum Sinn des gegebenen Wortes hinzutreten. Sie werden durch das Schlüsselwort ausgedrückt. Dem Wesen nach handelt es sich dabei um Gesetzmäßigkeiten der lexikalischen Kompatibilität, die von den Sinnstrukturen der „Tiefe" bestimmt werden und die Verknüpfung der Wörter charakterisieren. So bestimmt beispielsweise der Parameter Operj (Operationstyp, der dem Subjekt die Rolle des grammatischen Subjekts zuordnet) die Verwendung des Verbs durchführen bei dem Schlüsselwort Maßnahme, des Verbs stellen beim Schlüsselwort Frage und die Verwendung von machen beim Schlüsselwort Zugeständnisse. Die Verwendung von verbüßen zusammen mit Strafe, von haben mit Schwierigkeiten, von Ausgesetztsein mit Angriff wird durch den Parameter Oper 2 bestimmt (Operationstyp, der dem Objekt die Rolle des grammatischen Subjekts zuordnet). Wir wollen an dieser Stelle noch einmal daran erinnern, daß es sich dabei immer um semantische Subjekte und Objekte handelt (z. B. in dem Satz Er hat Schwierigkeiten ist „er" das grammatische Subjekt, das als ein semantisches Objekt fungiert). Die Verbindung zwischen fällt und Regen, zwischen scheint und Sonne wird durch den Parameter Func 0 bestimmt (Funktionstyp, Grundverb beim grammatischen Subjekt). Der semantische Parameter Labor („Einwirkung", wobei das Subjekt als grammatisches Subjekt mit dem Objekt und dem grammatischen Grundobjekt korreliert) bestimmt die Verwendung des Verbs unterziehen beim Schlüsselwort Kritik und von aussprechen bei Tadel. Wenn wir den Parameter Incep („Anfangen") mit Sturm kombinieren, erhalten wir setzt ein, mit Konflikt erhalten wir bricht aus, mit Diskussion ergibt sich entbrennt. Der Parameter Fin („Aufhören"), bezogen auf das Wort Wind, ergibt ebbt ab, bezogen auf Durcheinander, ergibt legt sich, bezogen auf Mode, vergeht. Der Parameter Caus („Veranlassen, daß . . .", „verursachen") wird in den Wortverbänden zum Weinen bringen, zu einer Straftat verleiten, zum Mord anstiften realisiert u n d L i q u („einen Zustand liquidieren", etw.„ beseitigen") in einen Fleck entfernen, die Atmosphäre entspannen, Schmerz nehmen. Der Parameter Magn („hoher Grad") liegt den Verbindungen grenzenloser Haß, unreifer Jüngling und grober Fehler zugrunde. Diese Aufzählung umfaßt bei weitem nicht alle lexikalischen Funktionen, die im Modell „Sinn-»Text" vorgesehen sind. I m Zusammenhang mit den ver-
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schiedenen Aspekten des Übersetzungsprozesses wollen wir einige davon noch ausführlicher betrachten. An dieser Stelle soll lediglich noch vermerkt werden, daß diese Funktionen die Grundlage für die lexikalischen Paraphrasierungsregeln bilden, die zu Äquivalenzrelationen zwischen verschiedenen Formulierungen gleichen Sinns führen. Wie sehen nun diese Regeln aus? Die einfachste ist die Ersetzung eines Wortes durch sein Synonym. Als Beispiel für die Substitution durch ein Synonym möge die folgende Äußerung dienen: Ich habe den Brief gestern geschickt — Ich habe den Brief gestern abgesandt. Hier wird nicht nur die syntaktische Struktur des ursprünglichen Satzes erhalten, sondern auch die Lexik. Lediglich für eine Komponente ist ein Synonym eingesetzt worden. Komplizierte Fälle stellen dagegen die konversiven Umformungen dar: Der AFT-CPP ist ein bedeutender Teil der kanadischen Gewerkschaften beigetreten. --He rises early (Er steht f r ü h auf). Hier einige Beispiele f ü r die Übersetzung von Sätzen mit ähnlichen Strukturen : The word has gone out from the White House and the Republican National Committee to the GOP faithfuls across the land to concentrate their fire on the Democratic "big spenders" in Congress. Bei Democratic „big spenders" bezeichnet die erste Komponente (Democratic) das Subjekt der Handlung, die zweite Komponente qualifiziert hier nicht die gegenständliche, sondern die prozessuale Komponente von spender. Daher ist eine Transformation in Democrats who spend (too) much möglich. Das Weiße Haus und das Nationale Komitee der Republikanischen Partei haben die Anhänger ihrer Partei im ganzen Land aufgefordert, sich gegen die
Grammatische T r a n s f o r m a t i o n
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verschwenderische Finanzpolitik der Demokraten im Kongreß zur Wehr zu setzen. Ein weiteres Beispiel ist: Nearly half of the women described the housewife who drew up the list including instant coffee as lazy and a poor planner. A poor planner läßt sich auf den Kernsatz She plans poorly zurückführen. Damit kann die Übersetzung wie folgt lauten: Nahezu die Hälfte der Frauen beschrieb die Hausfrau, welche die Liste mit dem löslichen Kaffee aufgestellt hatte, als faul und unökonomisch wirtschaftend. Die Transformation erweist sich auch bei der Übersetzung von konjunktionslosen Partizipialkonstruktionen als notwendig, da der Sinngehalt solcher Konstruktionen ein breites Spektrum umfaßt. Aside from being an ungainly word, „Vietnamization", repeated here, can sound something like an insult. „Vietnamisierung" — das ist nicht nur ein ungeschicktes Wort. Wenn man es hier gebraucht, kann es wie eine Beleidigung klingen. Bei diesem Beispiel wurde die Transformation repeated here *>-if (it is) repeated here vorgenommen. Bei den bisher angeführten Beispielen stellte die syntaktische Transformation lediglich ein Hilfsmittel der semantischen Interpretation des Ausgangstextes dar. Die Etappe der Synthese (Neuaufbau) wurde bisher nicht berücksichtigt. Hier nun einige der Fälle, in denen syntaktische Transformationen helfen, die endgültige Formulierung in der Zielsprache zu finden. Dabei wollen wir uns in erster Linie mit den Fällen beschäftigen, in denen Quellensprache und Zielsprache eine unterschiedliche Struktur aufweisen. Dieses Problem ist in der theoretischen Fachliteratur und in methodischen Lehrbüchern zum Übersetzen gut und ausführlich behandelt worden, wir möchten uns deshalb auf einige wenige Beispiele beschränken. Manchmal wird die Transformation bei der Formulierung der endgültigen Übersetzungsvariante vor allem deshalb angewendet, weil es in der ZS keine entsprechende morphologische Form gibt. Bei der Übersetzung von Gerundialkonstruktionen ins Deutsche ist es oft nötig, diese in einen Satz zu transformieren. Fortunately, for the Army, an increasingly unpopular politician was to serve as a prime target in an election year; and, indeed, his handling the mili-
tary operation appears to have been lax. Hier ist his das Subjekt der Handlung, die durch handling ausgedrückt wird. His handling the military operation appears to have been lax—It appears that he handled etc. Entsprechend lautet dann die Übersetzung des ganzen Satzes: Zum Glück für die Armee mußte ein ständig unpopulärer werdender Politiker 7
Übersetzung
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Semantische Probleme der Übersetzung
als Hauptzielscheibe der Kritik in einem, Wahlkampf jähr herhalten, und in der Tat ist der Eindruck entstanden, daß er das militärische Unternehmen nachlässig geleitet hat. Wenn man in solchen Fällen von morphologisch bedingten Transformationen sprechen kann, so sind beim Übersetzen gleichzeitig auch syntaktisch bedingte Transformationen notwendig; Transformationen also, die sich aus dem Nichtvorhandensein entsprechender syntaktischer Konstruktionen in der Zielsprache ergeben. Als Beispiel dafür können die Umformungen dienen, die sich bei der Übersetzung von engl, sogenannten absoluten, d. h. unverbundenen Partizipialkonstruktionen mit oder ohne die Präposition tvith ins Deutsche ergeben: Two days later, with 10,000 veterans massed on Capitol Hill awaiting the result the Senate defeated the bill by an overwhelming vote of 62 to 18. Zwei Tage später, als sich 10 000 Kriegsveteranen auf dem Hügel des Kapitols versammelt hatten und auf das Abstimmungsergebnis warteten, lehnte der Senat den Gesetzesentwurf mit einer überwältigenden Stimmenmehrheit von 62 zu 18 ab. I n solchen Fällen expliziert der Übersetzer nach der semantischen Analyse der quellensprachlichen Äußerung den inhaltlichen Zusammenhang zwischen der unverbundenen Partizipialkonstruktion und dem Rest des Satzes durch eine entsprechende Konjunktion, etwa eine temporale oder eine kausale. Unterschiede in den syntaktischen Normen erfordern in manchen Fällen nicht nur eine Transformation der Oberflächenstruktur in Kernsätze und kernnahe Sätze, sondern auch eine Umformung von Verbal- in Nominalkonstruktionen . Why do they act, or rather not act so, and keep it up through the years ? Womit erklärt sich ihr Handeln oder vielmehr ihre Untätigkeit all die Jahre hindurch ? Würde der Übersetzer die Verbalkonstruktion des engl. Satzes ins Deutsche übernehmen (Warum handeln sie, vielmehr, warum handeln sie nicht so, und das über Jahre hinweg?) könnte er nicht den Zustand der Untätigkeit sichtbar machen. Die verbale Übersetzungsvariante ließe vielmehr den Eindruck entstehen, daß eine Handlung nicht ordnungsgemäß ausgeführt wurde. Neben den syntaktisch und morphologisch bedingten Transformationen kommen beim Übersetzen häufig auch solche Transformationen vor, die durch die unterschiedliche Art der Wortbildung notwendig werden. So ist es möglich, daß in einer der beiden Sprachen für ein bestimmtes Wort keine Ableitung existiert: A vote. for the Market is a vote to keep the Tory Government in office. It is a vote for Heath, the worst Prime Minister for decades . . . for Amery, the rent raiser.
Grammatische Transformation
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Für die Übertragung von rent raiser ins Deutsche muß auf eine Transformation zurückgegriffen werden: Amery, the rent raiser*-Amery, who raises the rent = Amery, der die Wohnungsmiete in die Höhe treibt. In manchen Fällen ist lexikalische Inkompatibilität der Grund für eine Transformation, dazu das folgende Beispiel: Das Syntagma the waste of human resources kann im nichttransformierten Zustand übersetzt werden mit die Verschwendung von menschlichen Ressourcen. Für den folgenden Abschnitt muß jedoch eine andere Übersetzung gefunden werden: Mrs. Barbara Castle claimed that the official figure of 970,000 jobless was a big underestimate. She spoke of the grim realities of the waste of human resources that is the direct result of the Tory policy. Die nicht normgerechte Nominalkonstruktion (die grausame Realität der Verschwendung von menschlichen Ressourcen) wird besser mit Hilfe eines Nebensatzes aufgelöst: Barbara Castle erklärte, daß die offiziellen Angaben, nach denen es 970000 Arbeitslose gibt, beträchtlich untertrieben seien. Sie sprach über die grausame Tatsache, daß im Ergebnis der Tory-Politik menschliche Ressourcen verschwendet werden. Steht der Übersetzer in einem konkreten lexikalisch-syntaktischen Kontext vor der Wahl, entweder die transformierte oder die nichttransformierte Variante zu verwenden, so entscheidet häufig der semantische Faktor. Dies ist etwa bei der Übersetzung des folgenden Satzes ins Englische der Fall: Uns geht es natürlich nicht um den Austausch eines Systems von Kennziffern gegen ein anderes, sondern um die breite Anwendung solcher ökonomischer Kategorien wie Preis, Gewinn, Kredit usw. We have in mind, of course, not the replacement of one system of indices by another but the wide use of such economic categories as prices, profits, credit, etc. Bei dieser Übersetzung wurde außer acht gelassen, daß mit der Wendung es ist nicht beabsichtigt im vorliegenden Fall etwas in die Zukunft projiziert wird. Deshalb hat der Redakteur auch ganz richtig We have in mind durch The intention is ersetzt, wobei die Nominalkonstruktion in eine Infinitivkonstruktion umgewandelt wurde: The intention is not to replace one system of indices by another but to use widely such economic categories as prices, profits, credit, etc. Einer der wichtigsten „Filter" für die Wahl des Übersetzungsverfahrens ist die Sinnstruktur oder die aktuelle Gliederung einer Äußerung. Konkrete Produkte der Redetätigkeit gliedern sich für den Sprecher und für den Hörer jeweils in zwei Grundkomponenten — das Thema (wovon die Mitteilung handelt) und ein dazugehöriges Rhema (was darüber mitgeteilt wird). Der englische Linguist H A L L I D A Y hat festgestellt, daß das Thema gewöhnlich 7*
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(aber nicht in allen Fällen) am Anfang einer Äußerung steht (HALLIDAY 1966). Das ist auch nur natürlich, denn das Thema ist der Ausgangspunkt einer Mitteilung, das Rhema dagegen das „Sinnzentrum". Die sowjetische Sprachwissenschaftlerin C E E N J A C H O V S K A J A hat sich speziell mit dem Problem von syntaktischen Umstellungen befaßt, die sich aus der Notwendigkeit ergeben, die Komponenten der inhaltlichen Gliederung zu übertragen (CERNJACHOVSKAJA 1971 2 ). Wir werden uns damit noch an anderer Stelle ausführlicher befassen; hier soll nur auf die Fälle hingewiesen werden, wo bei der Wiedergabe solcher Komponenten eine syntaktische Transformation vorgenommen wird. Unserer Auffassung nach gehört die Kategorie Thema-Rhema in die Tiefenstruktur einer Äußerung — in die Semantik — und nicht in die Oberflächenstruktur. In der Oberflächensyntax werden grammatisches Subjekt und grammatisches Prädikat unterschieden, Thema und Rhema fallen jedoch durchaus nicht immer mit dem grammatischen Subjekt oder Prädikat zusammen. Das trifft auf das Deutsche viel stärker zu als auf das Englische, denn im Deutschen ist die Wortfolge so variabel, daß jedes Satzglied zweiter Ordnung (wie etwa adverbiale Bestimmung oder ein Objekt) an erster Stelle im Satz stehen kann, wenn der Sprecher es zum Ausgangspunkt seiner Mitteilung machen will. I m Englischen dagegen ist die Wortfolge im Satz weitaus strenger geregelt, und es werden viel häufiger Konstruktionen benutzt, bei denen das Thema zur gleichen Zeit grammatisches Subjekt ist. Bei der Übersetzung ergeben sich deshalb Transformationen und Paraphrasen. Steht im Deutschen das direkte Objekt am Satzanfang, so wird — um die gleiche Struktur für die aktuelle Gliederung zu erreichen — die Transformation Aktiv — Passiv angewendet: Offensichtliche Verärgerung in imperialistischen Kreisen rief der Vorschlag der TJdSSR hervor, über die Frage zukünftiger Fahrten sowie die ständige Präsenz von Kriegsschiffen in weit entfernten Gewässern zu diskutieren — aber nur zu gleichen Bedingungen. Obvious exasperation was caused in the Imperialist circles by the USS R proposal to discuss — of course, on equal terms — further cruises and permanent naval presence in distant areas. Einen anderen Standpunkt vertraten Frankreich und die BRD. A different stand was taken by France and the G.F.R. Wenn im deutschen Text ein Präpositionalobjekt in Verbindung mit einer Passivkonstruktion erscheint, so muß bei der Übersetzung ins Englische zur Beibehaltung der Thema-Rhema-Gliederung eine Transformation vom Passiv in das Aktiv vorgenommen werden: Durch massiven Einsatz der Marineinfanterie und der Nationalgarde wurden im Mai in Washington Antikriegsdemonstrationen brutal zusammengeschlagen.
Lexikalische und syntaktische Paraphrasierung
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Massive blows of Marines and the National Ghiard last May brutally smashed anti-war demonstrations in Washington. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß Transformationen beim Übersetzen als ein Verfahren der semantischen Analyse (genauer gesagt, zur Beseitigung von Ambiguität und Homonymie) Anwendung finden, aber auch helfen, die ZS-Variante endgültig zu formulieren. Dabei kann die Entscheidung f ü r die Transformation vor den anderen möglichen Verfahren durch lexikalische, morphologische, syntaktische und semantische Faktoren begründet sein. Die Übersetzungsmethoden dürfen jedoch nicht allein auf syntaktische Transformationen reduziert werden; in den folgenden Abschnitten sollen auch andere Wege behandelt werden.
2.
Zur lexikalischen und syntaktischen Paraphrasierung
Wenn wir im vorhergehenden Abschnitt einige Umformungen dargestellt haben, die sich faktisch an der Grenze zwischen syntaktischen und lexikalisch-semantischen Paraphrasierungen nach dem Modell „Sinn—Text" bewegen, so wollen wir uns im folgenden ausführlicher mit den Fällen von lexikalisch-syntaktischer Paraphrasierung befassen, die nicht in Begriffen der syntaktischen Transformation beschrieben werden können. Berücksichtigt werden muß dabei, daß im Modell „Sinn—Text" ein streng formalisierter Apparat verwendet wird. Das ist insofern gerechtfertigt, als dieses Modell Algorithmen (Regeln) für die automatische Textbearbeitung durch den Computer enthält. Diese Regeln spiegeln weitgehend die reale Übersetzungspraxis wider, in der kombinierte lexikalisch-syntaktische Umformungen des Ausgangstextes vorgenommen werden. Für den in der Praxis tätigen Übersetzer ist aber eine derart strenge Formalisierung nicht unbedingt notwendig. Ausgehend von der Zielstellung unseres Buches haben wir es daher auch vorgezogen, das Verfahren der semantischen Synthese (wie übrigens auch das der Transformationsanalyse) in einer vereinfachten Form darzustellen. Ziel des vorliegenden Abschnittes ist es, nicht nur die Mechanismen dieser Umformungen aufzudecken, sondern auch die strukturell-semantischen Faktoren herauszufinden, die eine bestimmte Art von Umwandlung erfordern. (Die durch stilistische Faktoren bedingten lexikalisch-syntaktischen Paraphrasierungen werden im dritten Kapitel dargestellt.) In erster Linie wollen wir uns mit den Fällen von lexikalisch-semantischen Umwandlungen befassen, die auf Grund von strukturellen Unterschieden zwischen QS und ZS vorgenommen werden müssen. Hier ein Beispiel, das im vorhergehenden Abschnitt in gekürzter Form angeführt wurde: A vote for the Market is a vote to Jceep the Tory Government in office. It is a
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Semantische Probleme der Übersetzung
vote for Heath, the worst Prime Minister in decades, for Carr, the union-basher; forDavies, the UCS (Upper-Clyde Shipyards) butcher; for Home, thecold-war spy maniac; for Amber, destróyer of a million jobs; for Amery, the rent raiser. Wenn bei der Übersetzung des Syntagmas Amery, the rent raiser die nominale einfach in eine verbale Konstruktion umgeformt werden konnte — Amery, der die Wohnungsmieten in die Höhe treibt —, so muß beim Übersetzen der verbleibenden Syntagmen oft ein anderer Weg eingeschlagen werden. Zunächst wollen wir einmal versuchen, Carr, the union-basher zu übersetzen. Das Verb bash bedeutet „heftig schlagen", „dreschen". I m Deutschen gibt es kein von diesem Verb abgeleitetes Substantiv, das zur Bezeichnung einer Person dienen kann. Wenn wir eine einfache Transformation analog der von rent raiser durchführen, lautet die Übersetzung Carr, der die Gewerkschaften heftig schlägt (drischt). Eine solche Übersetzungsvariante kann jedoch keinesfalls als optimal bezeichnet werden. Der Übersetzer muß, um den semantischen Gehalt der engl. Zusammensetzung zu erhalten, das Verb durch eine verbale Ableitung ersetzen und eine zusätzliche lexikalische Einheit einführen. Er erhält dann als endgültige Übersetzung Carr, der die Gewerkschaften zu zerschlagen versucht. Bei der nächsten Wendung the UCS butcher führt das Wörterbuch zu butcher nicht nur „Fleischer, Metzger", sondern auch „Mörder" und „Schlächter" an. Hier stoßen wir auf eine weitere, von den Regeln der Paraphrasierung bestimmte Beschränkung, die der lexikalischen Kompatibilität. Die semantischen Parameter geben im wesentlichen die Unterschiede in der Kompatibilität von Wörtern wieder, wie sie sich beim Vergleich verschiedener Sprachenizeigen. I m Englischen ist die Wortverbindung the UCS butcher möglich, Mörder oder Schlächter von Schiffswerften im Deutschen dagegen nicht. Beide Wörter sind nur mit solchen Substantiven kombinierbar, die Lebewesen bezeichnen. Hier kommen uns die Regeln der semantischen Analyse zu Hilfe. Um für das Wort butcher eine Entsprechung im Deutschen zu finden, müssen wir zuerst seine lexikalische Funktion bestimmen, seinen „Tiefen"-Sinn aufspüren. I n unserem Fall können wir es fassen als Nomen agentis mit dem semantischen Parameter Liqu (liquidieren, beseitigen), bezogen auf ein weiteres Substantiv (Upper-Clyde Shipyards). Dieses Merkmal muß nun in der dt. Sprache ausgedrückt, d. h., es muß ein Synonym gesucht werden, das mit dem Wort Schiffswerften kompatibel ist und den elementaren Sinn enthält. Aus den in Frage kommenden Verben wählen wir liquidieren und erhalten die Variante für Davies, der die Upper-ClydeSchiffswerften liquidierte. Bei der Übersetzung von cold-war spy maniac stoßen wir erneut auf Einschränkungen in bezug auf die Wortbildung. I m Deutschen gibt es keine
Lexikalische und syntaktische Paraphrasierurg
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direkte Entsprechung für das engl, spy maniac, möglich ist lediglich die Übersetzung von spy maniac als „Spionagefimmel", aber davon gibt es keine Ableitung, die eine Person bezeichnet. Wenn wir aber eine Transformation vornehmen und diesen Teil der engl. Nominalkonstruktion umwandeln in jemand, der von der Spionage besessen (spionagebesessen) ist, wobei das Partizip besessen den semantischen Parameter Oper2 zum Ausdruck bringt, wird auch die Ableitung einer Person möglich: ein von der Spionage Besessener, ein Spionagebesessener. Doch das allein reicht für die Ubersetzung noch nicht aus. Eine mögliche Lösung bietet sich an, wenn wir von kalter Krieg (cold war) ein „syntaktisch deriviertes" Syntagma bilden, nämlich Anhänger des kalten Krieges (vgl. dazu das engl, cold -warrjor). Damit kann cold-war spy maniac schließlich übersetzt werden mit: ein spionagebesessener Anhänger des kalten Krieges. Bei diesem Ergebnis zeigt sich eine interessante syntaktische Umverteilung — Definiens und Definiendum haben die Plätze getauscht: Cold-ivar sjpionagebesessener
spy
maniac
Anhänger Krieges
des
kalten
Ursache für diese Umverteilung sind auch Beschränkungen hinsichtlich der Wortbildungsmöglichkeiten. Die syntaktische Umstellung wird begleitet von einer lexikalisch-semantischen Veränderung. Die semantische Komponente „Person" ist erhalten worden, wurde aber auf ein anderes Element verlagert. I m Original wird die Person durch spy maniac ausgedrückt, in der Übersetzung steht dafür Anhänger des kalten Krieges. Solche Veränderungen, die als „Umverteilung der semantischen Komponenten" bezeichnet werden, treten beim Übersetzen recht häufig auf. Hier trifft die mathematische Regel zu, nach der die Reihenfolge der Summanden ohne Einfluß auf die Summe ist. Diese Gesetzmäßigkeit hatte auch N I D A im Auge, als er den Übersetzer mit einem Reisenden verglich, der gerade aufbrechen will und dem es ziemlich gleichgültig ist, in welchen Koffer ein bestimmtes Stück kommt, wichtig ist nur, daß alle Sachen eingepackt werden. Natürlich ist es dem Übersetzer durchaus nicht gleichgültig, zu welchem Wort oder zu welcher Wortverbindung eine bestimmte semantische Komponente gehört. Es darf aber auch nicht vergessen werden, daß selbst der Zusammenschluß bestimmter semantischer Komponenten in einzelnen Worten oder sogar in den Bedeutungen eines Wortes mehr oder weniger zufälligen Charakter trägt und von den spezifischen Bedingungen einer Sprache abhängt. Würde man also vom Übersetzer verlangen, daß er nicht
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nur eine bestimmte Anzahl semantischer Merkmale wiedergibt, sondern sie auch mit Hilfe der gleichen Einheiten überträgt — sie also „in die gleichen Koffer packt" —, so hieße das, ihn bewußt vor eine unlösbare Aufgabe zu stellen. Bei der nächsten Wendung Amber, destroyer of a million jobs liegt gleich eine zweifache Beschränkung vor — eine morphologische und eine lexikalischsyntaktische (es geht also um die Kombinierbarkeit von Wörtern mit bestimmten Bedeutungen). Dazu gehört, daß das Wort job, das Arbeit im Sinne von „Beschäftigung, Stelle, die Arbeit als Quelle des Lohnes" bedeutet, im Englischen im Singular und im Plural stehen kann, während das Wort Arbeit in der angeführten Bedeutung jm Russischen und im Deutschen nur im Singular gebraucht wird. Wir sprechen von Feldarbeiten und künstlerischen Arbeiten, aber man kann nicht sagen: Sie verloren ihre Arbeiten. Es kann nur richtig heißen: Sie verloren ihre Arbeit. Hier helfen auch die Wörterbuchentsprechungen für das Substantiv destroyer oder das Verb destroy, von dem es abgeleitet wurde, nicht weiter („zerstören", „vernichten", „verwüsten"). Keine dieser drei Varianten ist kompatibel mit dem Begriff Arbeit im obengenannten Sinn. Wie sieht nun die Bedeutung dieses Wortes in der „Tiefe" aus? Es handelt sich wiederum um eine Handlung, die dem bereits erwähnten Parameter Liqu entspricht. Eine ähnliche inhaltliche Funktion erfüllt im Zusammenhang mit Arbeit im Deutschen das Verb wegnehmen. I m Unterschied zum engl, destroy, das mit zwei Aktanten (Beteiligten an der vom Verb ausgedrückten Handlung) auftreten kann — einem Subjekt und einem Objekt —, bedarf das dt. wegnehmen der obligatorischen Erwähnung von zwei Objekten — jemandem etwas wegnehmen. Die syntaktische Regel, die ein weiteres Objekt verlangt, das im Ausgangstext nicht erwähnt, sondern nur stillschweigend mit einbegriffen ist, führt schließlich zu der folgenden Variante: Amber, der einer Million Menschen die Arbeit wegnahm. Damit kann der gesamte Abschnitt übersetzt werden: Jede Stimme für den Beitritt zum Gemeinsamen Markt ist eine Stimme zur Verlängerung der Tory-Herrschaft. Es ist eine Stimme für Heath, den schlimmsten Premierminister der letzten Jahrzehnte, für Carr, der die Gewerkschaften zu zerschlagen versucht; für Davies, der die Vpper-Clyde Schiffswerften liquidierte; für Home, den spionagebesessenen Anhänger des kalten Krieges; für Amber, der einer Million Menschen die Arbeit wegnahm; für Amery, der die Wohnungsmieten in die Höhe treibt. Wenn wir uns so eingehend mit der Übersetzung dieses Absatzes befaßt haben, dann deshalb, weil wir auf diese Weise die grundlegenden Prinzipien der Anwendung von einigen Gesetzmäßigkeiten der lexikalisch-syntaktischen Paraphrasierung darlegen konnten. Diese werden bestimmt von den unter-
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schiedlichen morphologischen Strukturen, verschiedenen Möglichkeiten der Wortbildung und der lexikalischen und syntaktischen Kompatibilität. Dabei haben wir uns bemüht, Schritt für Schritt den Weg nachzuvollziehen, den der Übersetzer bis zur Formulierung einer endgültigen Variante zurücklegt. Einige der dabei aufgeführten Schritte sind es wert, detailliert untersucht zu werden. Interessant scheinen uns vor allem die Fälle, wo ein semantischer Parameter in einem bestimmten Wort nicht durch eine separate lexikalische Einheit, sondern durch eine semantische Komponente eben dieses Wortes ausgedrückt wird. Das Wort betäuben kann als eine Kombination aus der Bedeutung des Schlüsselwortes Schmerz und dem semantischen Parameter Liqu ([weg]nehmen) aufgefaßt werden, betäuben **• den Schmerz nehmen. Eine solche Umformung, die mit einer Umverteilung der semantischen Komponenten verbunden ist, kommt beim Übersetzen immer wieder vor. Sie kann dann strukturell bedingt sein, wenn eine Form sowohl die Bedeutung des Schlüsselwortes als auch seinen semantischen Parameter einschließt und nur in der Quellensprache, nicht aber in der Zielsprache vorhanden ist. In solchen Fällen wird diese zusammengesetzte (oder, wie es in der Terminologie der semantischen Synthese heißt, „amalgamierte" Form in ihre Komponenten zerlegt, das heißt, das Wort wird durch eine Wortverbindung ersetzt. Dieses Verfahren muß häufig bei Übersetzungen aus dem Englischen angewendet werden, wo zahlreiche Wörter durch Konversion entstanden sind und solche „amalgamierte" Formen darstellen. In response to cries for help Dr. Richter and his staff depth-probed the Situation. Als Antwort auf die Hilferufe nahmen Dr. Richter und seine Mitarbeiter eine gründliche Analyse der Situation vor. I m engl. Satz erscheint das durch Konversion gebildete Verb depth-probe als eine Kombination von zwei Komponenten — dem Schlüsselwort probe, zu dem der Parameter Magn („hoher Grad") tritt. Dieser inhaltlichen Struktur entsprechen im Deutschen Strukturen wie gründlich analysieren, einer gründlichen Analyse unterziehen, eine gründliche Analyse vornehmen. The US Navy's Light Attack Squadron was tasked with providing close air support to Navy units and ground forces. Das Verb task stellt wiederum eine „amalgamierte" Form aus dem Schlüsselwort und dem semantischen Parameter Operj („Oper"aktionstyp, der dem Subjekt die Rolle des grammatischen Subjekts zuordnet) dar: to taslc-n-to set a task. Da im Ausgangstext das Verb im Passiv gebraucht wurde, läßt sich ableiten, daß das grammatische Subjekt hier nicht Subjekt, sondern Objekt der vom Verb bezeichneten Handlung ist.
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Die leichte Jagdfliegerstaffel der TJS-Navy erhielt die Aufgabe, den Einheiten der Navy und den Bodentruppen unmittelbar Luftunterstützung zu gewähren. Wir haben anhand konkreter Beispiele bereits darauf verwiesen, wie wichtig es ist, beim Übersetzen die semantischen Parameter zu berücksichtigen. Dieses Problem verdient eine nähere Betrachtung, denn für den Übersetzer ist die Kompatibilität ein äußerst wichtiger Faktor. Es wäre falsch anzunehmen, daß der Übersetzer beim Übertragen der originalen Mitteilung eine ihr entsprechende grammatische Struktur in der Zielsprache auswählt und diese dann mit den entsprechenden lexikalischen Mitteln ausfüllt. In der Realität laufen diese Prozesse parallel ab, und wir werden an anderer Stelle noch darauf verweisen, daß Unterschiede in der lexikalischen Kompatibilität einen wesentlichen Einfluß auf die Wahl einer bestimmten syntaktischen Struktur haben können. Wenn der Übersetzer von den semantischen Parametern ausgeht, kann er sich von einem übermäßigen Einfluß der inneren Form der zu übersetzenden lexikalischen Einheit frei machen und wird dadurch blinde Worttreue vermeiden. Trifft er zum Beispiel in seinem Text auf die Wortverbindung schändliche Undankbarkeit, so muß er zuerst von der inneren Form des Adjektivs schändlich abstrahieren und herausfinden, welche inhaltliche Funktion es für das von ihm näher bestimmte Substantiv Undankbarkeit hat. Wenn er festgestellt hat, daß es den semantischen Parametern Magn („hoher Grad") verkörpert, kann er das entsprechende engl. Adjektiv suchen, das den gleichen Parameter bei ingratitude repräsentiert, ohne dabei die innere Form von schändlich weiter zu berücksichtigen. Er findet schließlich die Wortverbindung rank ingratitude. Geht man einzig und allein von der inneren Form aus, so scheint das engl. Adjektiv rank sehr weit vom dt. schändlich entfernt zu sein. Vgl. etwa rank grass („üppig wachsendes Gras"), rank soil („fruchtbarer Boden"). Dennoch fungiert dieses Adjektiv in Fällen, wo es mit den Substantiven treachery, ingratitude und anderen kombiniert wird, so, daß es dem dt. schändlich analog ist („schändlicher Verrat", „schändliche Undankbarkeit"). Diese Bedeutung des engl. Adjektivs rank wird in Hornbys „Advanced Learner's Dictionary of Current English" (London 1957) definiert als „possessing a bad quality to an extreme degree". Das nächste Beispiel: Die Schlacht um Moskau hatte einen großen Einfluß auf den weiteren Verlauf des Krieges, sie zerstörte den Mythos der Unbesiegbarkeit der faschistischen Truppen und bereitete den Weg zum endgültigen Sieg vor. The battle of Moscow greatly influenced the further course of the war, exploding the myth of nazi invincibility and paving the way to final victory. Bei diesem Beispiel hängt die Wahl des Wortes, das dem Parameter Liqu entspricht, völlig vom Schlüsselwort ab. Würde das Schlüsselwort im dt.
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Original Glück oder Hoffnung lauten, so wäre das Wort mit der analogen inhaltlichen Funktion nicht explode, sondern destroy. Und würde man in der Wortverbindung explode the myth das Schlüsselwort durch ein anderes mit explode kompatibles Substantiv ersetzen, so könnte — obwohl die Bedeutung von explode die gleiche bleibt — im dt. Text nicht mehr zerstören als Übersetzung stehen. Explode etwa in der Wortverbindung explode a theory würde wiedergegeben werden mit verwerfen, über den Haufen werfen. Diese komplizierte Abhängigkeit des Wortes, das einen bestimmten semantischen Parameter ausdrückt, vom Schlüsselwort kann mit dem folgenden Schema dargestellt werden: verwerfen
Theorie.
- theory /
zerstören —
/
Mythos - —explode Glück
myth ______
happiness
=destroy 'Hoffnung
hope
Hier ein weiteres Beispiel: It was the night of December 5—6 that the Soviet troops launched a major counter-offensive in the course of which the enemy was thrown back from Moscow over 200 miles and dozens of Nazi divisions were routed. In der Nacht vom 5. zum 6. Dezember begannen die sowjetischen Truppen eine großangelegte Gegenoffensive, in deren Verlauf der Feind über 300 km vor Moskau zurückgeworfen wurde und Dutzende von faschistischen Divisionen zerschlagen wurden. I m Englischen wird die innere Form des Verbes launch von seiner Grundbedeutung „vom Stapel laufen lassen" (launch a ship) bestimmt. Der Grundbedeutung des dt. Verbs beginnen entspricht das engl, begin oder start, das in ganz anderen Wortverbindungen anzutreffen ist (to begin a new book — „ein neues Buch anfangen"; to start a quarrel — „einen Streit beginnen"). Zusammenfassend läßt sich also feststellen, daß in Übersetzungen Wörter mit einer anderen inneren Form verwendet werden, die aber dem gleichen semantischen Parameter entsprechen (in unserem Fall Caus — „veranlassen, daß . . .; verursachen"). Das hier dargelegte Prinzip ist besonders dann von großer Bedeutung, wenn aus der Muttersprache in eine Fremdsprache übersetzt wird. Wir haben an anderer Stelle bereits darauf verwiesen, daß der Übersetzer in starkem Maße dem Einfluß von Interferenzerscheinungen der Quellensprache ausgesetzt ist. Das gilt besonders dann, wenn die Quellensprache auch die Muttersprache des Übersetzers ist.
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Wird das Verb launch mit Substantiven kombiniert, die bestimmte materielle Objekte bezeichnen, kann es bei Erhaltung des gleichen elementaren Sinns („etwas in Bewegung setzen") dem dt. in Betrieb nehmen (z. B. launch a new enterprise — „ein neues Werk in Betrieb nehmen") entsprechen. Für den Übersetzer kann daher eine feste assoziative Verbindung zwischen dem dt. in Betrieb nehmen und dem engl, launch entstehen. Auf diese Weise ist etwa für den dt. Satz Das größte Kraftwerk der Welt wurde in Betrieb genommen die folgende Übersetzung entstanden: The world's biggest power station was launched. Dazu bemerkte ein englischsprachiger Übersetzungsredakteur humorvoll: „Everything gets launched these days, including things that shouldn't. You launch a ship or rocket, you commission a power station." Die Herausbildung einer festen assoziativen Verbindung zwischen commission und dem dt. in Betrieb nehmen oder seiner Bestimmung ubergeben kann indes genauso gefährlich sein, wie das folgende Beispiel zeigt: In Moskau werden jährlich 110000 bis 115000 neue Wohnungen ihrer Bestimmung übergeben. Each year 110,000 to 115,000 new apartments are commissioned in Moscow. In diesem wie auch im vorhergehenden Fall lag der durch die Interferenz des Deutschen bedingte Fehler an der Nichtbeachtung des Umstandes, daß in der konkreten sprachlichen Äußerung der semantische Parameter vom Schlüsselwort bestimmt wird. Und so mußte der Übersetzungsredakteur anmerken: Ships and power stations are commissioned, new apartments are made available or moved into. Hier die von ihm vorgeschlagene Variante: Each year 110,000 to 115,000 Moscow families move into newly-built apartments. (Die Umformung dieser Äußerung überschreitet die Grenzen der lexikalischsyntaktischen Paraphrasierung, wie sie im Modell „Sinn-—Text" festgelegt sind.) Ähnliche Erscheinungen lassen sich auch in den Fällen beobachten, wo das engl. Verb overcome, das den Parameter Liqu in bezug auf Substantive wie obstacle, opposition, temptation ausdrückt, im Bewußtsein des Übersetzers mit dem dt. überwinden assoziiert wird, ohne daß er dabei die entscheidende Rolle beachtet, die dem Schlüsselwort zukommt. So findet sich zum Beispiel overcome a housing shortage als Kalkierung des dt. Ausdrucks den Wohnungsmangel überwinden. Der richtige engl. Ausdruck dagegen lautet meet a housing shortage. Beim praktischen Übersetzen kommt es relativ selten vor, daß ein konkretes Wort mit einer bestimmten inhaltlichen Funktion gegenüber einem Schlüsselwort nur eine einzige Entsprechung in der Zielsprache hat. Dem oben betrach-
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teten launch an offensive könnte im Deutschen sowohl eine Offensive starten als auch zur Offensive ubergehen entsprechen. Die Festlegung der optimalen Variante kann selbstverständlich auch mit Hilfe von stilistischen Kriterien erfolgen. Der entscheidende Faktor ist in einigen Fällen auch das, was man vom Standpunkt des Empfängers in der ZS als „allgemein üblich" oder „angemessen" bezeichnen kann. Schließlich wird eine solche Reaktion des ZSSprechers auf eine konkrete Wortverbindung durch die Häufigkeit ihres Auftretens bestimmt. Als Beispiel soll die Überschrift einer Zeitungsnotiz dienen, die über die Lieferung von israelischen Waffen nach Südafrika berichtet: Unheilvolle Allianz. Mögliche Entsprechungen für das dt. unheilvoll wären: sinister, evil, ominous, wobei man ominous als erstes ausschließen kann, da es eher in dem Sinn „Unheil voraussagend", „von schlimmer Vorbedeutung" gebraucht wird. Sinister alliance und evil alliance sind dagegen im Prinzip möglich. Trotzdem geben wir unholy, das im Wörterbuch nicht als Äquivalent für das dt. „unheilvoll" verzeichnet ist, den Vorzug, denn dieses ist mit dem Substantiv alliance in der angegebenen Bedeutung bereits eine recht feste Verbindung eingegangen, die sich wohl aus der Gegenüberstellung mit Holy Alliance — Heilige Allianz ergibt. Diesen Faktor hat ein Übersetzer also bei der Auswahl einer bestimmten Variante zu berücksichtigen; er muß entscheiden, welche der Varianten die „idiomatischste" ist. An dieser Stelle soll darauf verwiesen werden, daß der Bestand an semantischen Parametern, wie er vom Modell „Sinn—«-Text" vorgegeben wird, in einer ganzen Reihe von Fällen nicht für die endgültige Auswahl einer Variante unter Berücksichtigung der bestimmenden Rolle des Schlüsselwortes ausreicht. Daher ist es auch kein Zufall, daß die Schöpfer dieses Modells bei der Anwendung auf natürliche Sprachen zur Einführung zusätzlicher Parameter gezwungen waren (SALJAPESTA 1969; ÜBEST 1969). Eine solche detailliertere Klassifikation von inhaltlichen Funktionen wird durch die Notwendigkeit einer tiefergehenden semantischen Analyse bestimmt. Diese erweist sich besonders dann als wichtig, wenn verschiedene Sprachen miteinander verglichen werden und wenn übersetzt wird. Two courses, it seems to us, are open to the United States. It can come to its senses and begin to put its money where its needs are, or it can continue on its present disastrous course, courting the dangers inherent in a runaway arms
race. Unsere Aufmerksamkeit gilt in diesem Fall der Übersetzung von courting the dangers und runaway arms race. Unter den verschiedenen Bedeutungen des Verbs court finden wir auch die folgende, die am ehesten den Sinn trifft, in dem das Wort im vorliegenden Abschnitt verwendet wird: „to act in such a manner as to cause, lead to or provoke — to court disaster by reckless driv-
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ing". Diese Bedeutung ist in englisch-deutschen Wörterbüchern meist nicht so deutlich verzeichnet, aber wir finden als Entsprechung für court disaster — ein Unheil heraufbeschwören, mit dem Feuer spielen. Nach der angegebenen Definition handelt es sich hier also um ein Wort, das dem semantischen Parameter Caus entspricht. Soll der Rahmen der Wortverbindung nicht überschritten werden, könnte man sich mit einer analogen Wortverbindung eine Gefahr heraufbeschwören zufriedengeben. Aber der weitere Kontext zeigt, daß diese Variante nicht akzeptabel ist. Denn dangers wird auch noch bestimmt durch inherent in a runaway arms race. Es handelt sich also nicht um eine Gefahr, die in der Zukunft liegt, sondern die bereits existiert. Der Sinn von court kann noch genauer bestimmt werden; er entspricht dem kombinierten Parameter Caus Plus ( S a l j a p i n a 1969). Dieser hat nicht die Bedeutung „etwas heraufbeschwören", sondern „etwas verstärken, erhöhen, aktivieren" und gilt für etwas bereits Bestehendes. Es müßte also besser übersetzt werden: ein Kurs, der die Gefahr verstärkt. Nun zu der Wendung runaway arms race. Wenn wir davon ausgehen, daß runaway in bezug auf arms race den Parameter Magn („hoher Grad") repräsentiert, erhalten wir unter Beachtung des Schlüsselwortes „Rennen" die folgenden Varianten für diesen Parameter— „beschleunigtes", „fieberhaftes", „intensives". Auf der Suche nach der endgültigen Lösung müssen wir aber noch tiefer in den Sinn von runaway eindringen. (Eine Arbeit, die sich mit der Analyse der Ausdrucksmittel befaßt, die im Russischen für den Parameter Magn zur Verfügung stehen, bietet eine feinere Graduierung der inhaltlichen Schattierungen dieses Parameters in Abhängigkeit von der „aufgewendeten Kraft" [vgl. z. B . „sil'nyj dozd'" — „starker Regen" und „prolivnoj dozd'" — „wolkenbruchartiger Regen"] Übest 1969.) In dem vorliegenden Beispiel bezeichnet runaway in Verbindung mit arms race den höchsten Grad an Intensität, nämlich den Punkt, wo die Kontrolle über das Wettrüsten verlorengeht. Die am nächsten liegende dt. Entsprechung für den engl. Ausdruck würde somit lauten: fieberhaftes Wettrüsten. Wie uns scheint, haben die Vereinigten Staaten zwei Möglichkeiten: entweder nehmen sie Vernunft an und beginnen, ihre Mittel für die wirklichen Bedürfnisse aufzuwenden, oder sie setzen ihren gegenwärtigen unglückseligen Kurs fort, der die Gefahr, die einem fieberhaften Wettrüsten innewohnt, noch verstärkt. Das Modell der semantischen Analyse und Synthese umfaßt auch kompliziertere Fälle von kombinierten lexikalisch-syntaktischen Umformungen einer Äußerung, wie sie in der praktischen Übersetzertätigkeit häufig auftreten. Hierher gehören ebenso einige Varianten der sogenannten „antonymischen Übersetzung", von der schon im ersten Kapitel die Rede war. Practical training waspoor, and the men received littlepractice in shooting.
Lexikalisohe u n d s y n t a k t i s c h e P a r a p h r a s i e r u n g
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Für den hervorgehobenen Teil des Satzes existieren im Prinzip zwei Übersetzungsmöglichkeiten Die Soldaten erhielten eine ungenügende Ausbildung im Schießen und Die Soldaten erhielten keine genügende Ausbildung im Schießen (bzw. keine ausreichende Ausbildung . . .) Welche dieser beiden Varianten ist nun zu bevorzugen? Um dieses entscheiden zu können, übersetzen wir den ersten Teil des Satzes: Die praktische Ausbildung war unzulänglich . . . Die Sinnstruktur der gesamten Äußerung bestimmt die logischen Relationen zwischen ihren Teilen: Im ersten Teil des Satzes wird eine Ursache dargestellt, im zweiten dann die Wirkung. Der Satz könnte etwa wie folgt paraphrasiert werden: Die praktische Ausbildung war unzulänglich, und im Ergebnis dessen . . . Es wäre also die Variante vorzuziehen, in der der Inhalt des zweiten Teils der Äußerung verneint wird. Die logische Verbindung zwischen den Teilen der Äußerung kommt deutlich zum Ausdruck, wenn der Satz lautet: Die praktische Ausbildung war unzulänglich, und die Soldaten erhielten keine ausreichende Ausbildung im Schießen. In der anderen Variante Die praktische Ausbildung war unzulänglich, und die Soldaten erhielten eine ungenügende Ausbildung im Schießen ist die logische Verbindung weniger deutlich, da die Aufmerksamkeit des Lesers darauf orientiert wird, daß die Soldaten zwar eine Schießausbildung erhielten, diese aber unzureichend war. Neben den Beispielen für eine antonymische Paraphrasierung, die durch die Sinnstruktur der Äußerung bedingt wird, wollen wir vor allem noch auf die Anwendung der antonymischen Übersetzung in Fällen von bestimmten strukturellen Differenzen zwischen QS und ZS verweisen. Consumera were led to believe that tea-drinking is no more unmanly than felling an oak or killing a moose. Dieses Beispiel bezieht sich auf eine in Amerika weitverbreitete Ansicht, daß Tee ein Getränk für Menschen mit schwächlicher Gesundheit sei — nichts für Männer. Nun gibt es für das engl, unmanly im Deutschen die Entsprechung unmännlich ; eine Steigerungsform wie das hier vorliegende more unmanly ist jedoch in der dt. Sprache ungebräuchlich. Hier kommt uns die antonymische Paraphrasierung zu Hilfe — wir verwandeln die negierte Konstruktion in eine positive und ersetzen das Adjektiv durch sein Antonym: nicht unmännlicher — genauso männlich. Die Negation und der Komparativ werden durch den Verweis auf die Identität (genauso) ersetzt. Den Verbrauchern wurde suggeriert, daß Teetrinken genauso männlich sei wie eine Eiche zu fällen oder einen Elch zu erlegen. In manchen Fällen führen Differenzen in der Kompatibilität dazu, daß ein Wort durch seine Konversive (d. h. ein Wort, das in bezug auf die Beteiligten der Verbhandlung die umgekehrten Relationen zum Ausdruck bringt)
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ersetzt wird und entsprechende syntaktische Veränderungen vorgenommen werden: An example is the Safeguard system which last year missed defeat in the Senate by only one vote. Ein Beispiel ist das Safeguard-System, das im vergangenen Jahr mit nur einer Stimme Mehrheit durch den Senat gebracht wurde. Wir wollen versuchen, den Lösungsweg des Übersetzens nachzuvollziehen. Die engl. Wortverbindung miss defeat könnte in einem entsprechenden Kontext übersetzt werden mit der Niederlage (oder dem Mißerfolg) entgehen. I n diesem Satzkontext ist das allerdings kaum möglich: das System, das der Niederlage mit einer Stimme Mehrheit entgangen ist. Der "Übersetzer hat daher auf eine Paraphrasierung zurückgegriffen. Das Wort System wurde vom Subjekt der Verbhandlung in das Objekt verwandelt, und anstelle von der Niederlage entgehen t r a t eine konversive Form, das Verb durchbringen. Dazu noch ein weiteres Beispiel: The air raids came at dusk and one by one the towns were blacked out as air raid sirens wailed and anti-aircraft guns went into action. Die Luftangriffe begannen mit Einbruch der Dämmerung, und eine Stadt nach der anderen versank unter dem Geheul der Sirenen und dem Feuer der Flakgeschütze in der Dunkelheit. Hier ist die Substitution des Verbs durch seine Konversive ebenfalls durch Einschränkungen bedingt, die sich auf die semantische Kompatibilität beziehen. Offensichtlich wurde aus diesem Grund auch das nächstliegende Wörterbuchäquivalent für black out — verdunkeln verworfen. I m Deutschen kann man dieses Verb in Verbindung mit Fenster oder Zimmer, nicht aber mit Stadt verwenden. Und eine Wendung wie in den Städten wurde die Verdunklung eingeführt müßte eher dahingehend interpretiert werden, daß in den Städten ganz allgemein Anordnungen f ü r die Lichttarnung in K r a f t traten. In unserem Beispiel war aber nur davon die Rede, daß in den Städten das elektrische Licht abgeschaltet werden mußte. Aus diesem Grund erweist sich in dem vorliegenden Fall die konversive Form des Verbs verdunkeln, nämlich in der Dunkelheit versinken, als die optimale Variante. Dabei wird towns vom (semantischen) Objekt zum Subjekt der Verbhandlung, bleibt jedoch das grammatische Subjekt im Satz, denn die Passivkonstruktion wird in eine Aktivkonstruktion umgewandelt. Ursache für derartige Umformungen sind — wie wir bereits festgestellt haben — häufig die Gesetzmäßigkeiten der lexikalisch-syntaktischen Kompatibilität, die beim Vergleich von Äußerungen der QS und der ZS sichtbar werden. I n einer ganzen Reihe von Fällen kann die lexikalische Bedeutung von Wörtern, die als grammatisches Subjekt oder Prädikat fungieren, diesen innerhalb einer gegebenen Sprache bestimmte Beschränkungen der Kombinierbarkeit auferlegen. Diese Einschränkungen
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stellen einen der Filter dar, die in dem bereits beschriebenen Modell den „Selektor" bilden. Anders formuliert heißt das, daß sie zu einem großen Teil die Wahl einer bestimmten Art der lexikalisch-syntaktischen Paraphrasierung vorherbestimmen. D a f ü r einige Beispiele: In 1961 an airliner crash in Illinois killed seventy-eight persons. Im Jahre 1961 kamen 78 Menschen bei einem Flugzeugunglück im Staate Illinois ums Leben. Bad weather brought Concorde 002 down on a sudden visit to London's Heathrow airport yesterday. Wegen des schlechten Wetters landete die Concorde 002 gestern überraschend auf dem Londoner Flugplatz Heathrow. The split in the Democratic Party elected Lincoln. Auf Grund der Spaltung innerhalb der Demokratischen Partei wurde Lincoln zum Präsidenten gewählt. Die syntaktische S t r u k t u r der angeführten engl. Sätze k a n n in der Übersetzung nicht beibehalten werden, weil Wortverbindungen wie das Unglück tötete Menschen, das Wetter landete ein Flugzeug oder die Spaltung wählte Lincoln im Deutschen nicht möglich sind. Subjekte von Handlungen, die mit Verben dieser Bedeutung bezeichnet werden, können Substantive sein, die anderen semantischen Klassen angehören und die nicht die Ursache der Handlung, sondern das Agens, d. h. den Träger der H a n d l u n g bezeichnen (vgl.Der Jäger tötete den Bären-, der Pilot landete das Flugzeug-, das Volk wählte den Abgeordneten). Da die S t r u k t u r der Äußerung also in der Zielsprache der Übersetzung nicht beibehalten werden konnte, m u ß t e wiederum auf lexikalisch-syntaktische Umformungen zurückgegriffen werden. I n allen drei Beispielen wurde ein analoges Verfahren gewählt: 1. syntaktische Derivation (das grammatische Subjekt wurde zu einer Adverbialbestimmung (weather — wegen des Wetters, split — auf Grund der Spaltung, crash — bei einem Unglück, durch ein Unglück); 2. Bilden der konversiven F o r m (bring down — landen, die Landung durchführen, elect — gewählt werden, an die Macht kommen, kill — umkommen). Solche Umformungen werden jedoch nicht nur d a n n durchgeführt, wenn grammatisches Subjekt und P r ä d i k a t des engl. Originalsatzes in der Relation Ursache — Wirkung zueinander stehen, sondern sie sind auch in den Fällen möglich, wo das grammatische Subjekt die Art und Weise oder den Charakter einer Verbhandlung bezeichnet: No amount of cover-up-rationalizing,. alibiing or ducking will avoid the inevitable day of reckoning. Auch mit noch so vielen Ausflüchten, Rechtfertigungen oder Finten wird es nicht gelingen, dem unvermeidlichen Tag der Abrechnung zu entgehen. 8
Übersetzung
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Hier liegt wiederum ein Unterschied in der lexikalisch-semantischen Kompatibilität zwischen dem Englischen und dem Deutschen vor. Wird der engl. Satz unter Beibehaltung der lexikalisch-syntaktischen Struktur ins Deutsche übertragen — keine Ausflüchte werden dem Tag der Abrechnung entgehen — erweist er sich als unrichtig. I n diesem Fall kann nur ein für den Handlungsträger stehendes Substantiv oder Personalpronomen grammatisches Subjekt für das Verb entgehen sein. Anders ausgedrückt, kann nur derjenige einer Abrechnung entgehen, dem sie auch droht. I m Ergebnis der syntaktischen Derivation wurde das grammatische Subjekt des engl. Satzes zu einer Modalbestimmung des dt. Satzes. Da das Subjekt der Verbhandlung im Englischen nicht erwähnt ist, wurde im Deutschen auf die unpersönliche Konstruktion wird es nicht gelingen zu entgehen zurückgegriffen. Eine ähnliche Paraphrasierung läßt sich auch bei dem folgenden Beispiel beobachten: A recent survey of 1,100 soldiers in the 173d Airborne Division in Vietnam revealed that nearly one-third of the men were smoking marijuana, either occasionally or regularly. Bei einer Umfrage, die vor kurzem unter 1100 Soldaten der 173. Luftlandedivision in Vietnam durchgeführt wurde, stellte sich heraus, daß nahezu ein Drittel von ihnen gelegentlich oder regelmäßig Marihuana raucht. Mit der Verwendung der konversiven Form (reveal-«->-sich herausstellen) wurde auch die Satzstruktur verändert. Die Erwähnung eines Subjekts wird vermieden, denn im Originaltext fehlt der Hinweis darauf, wer diese Untersuchung durchgeführt hat. Bei einer Zusammenstellung all der „Filter", die die spezifische Art der Paraphrasierung bei einem bestimmten Sprachenpaar festlegen, wird sichtbar, was STOCKWELL und B O W E N meinen, wenn sie sagen, daß der Übergang von einer Sprache in eine andere stets über eine „Einbahnstraße" erfolgt (STOCKWELL, B O W E N 1 9 6 5 ) . Während nämlich beim Übersetzen aus dem Englischen ins Deutsche die Unterschiede in der lexikalisch-syntaktischen Kompatibilität den wichtigsten Grund für die bisher beschriebenen Umformungen darstellten, haben beim Übersetzen ähnlicher Texte vom Deutschen ins Englische ganz andere Überlegungen den Vorrang. Bei der Übersetzung des dt. Satzes Zu der Kundgebung werden eine Menge Leute kommen haben wir sowohl die Möglichkeit, die Struktur der ursprünglichen Äußerung beizubehalten: A large crowd will come to the meeting, als auch die oben beschriebene lexikalisch-syntaktische Paraphrasierung durchzuführen : The meeting will draw a large crowd. Bereits an diesem Beispiel wird ersichtlich, daß die lexikalisch-syntaktische Kompatibilität, die beim Übersetzen analoger Sätze vom Englischen ins Deutsche eine so wichtige Rolle
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gespielt hat, hier nicht mehr einen die Entscheidung beeinflussenden „Filter" darstellt. I n den Vordergrund treten jetzt andere Faktoren, die mit der inhaltlichen Gliederung der Äußerung im Zusammenhang stehen. Bei der Übersetzung des Satzes Zu der Kundgebung werden eine Menge Leute kommen ins Englische und bei einem Vergleich mit dem anderen möglichen dt. Satz, bei dem die Wortfolge nicht invertiert wurde — Eine Menge Leute werden zu der Kundgebung kommen —, werden die Unterschiede in der Relation von Thema und Rhema deutlich sichtbar. I m vorhergehenden Abschnitt war von diesem Problem bereits einmal die Rede, und zwar im Zusammenhang mit den Transformationen vom Typ Aktiv — Passiv. Hier haben wir es mit einer analogen Erscheinung zu tun, nur daß in dem invertierten dt. Satz kein direktes Objekt an erster Stelle steht, sondern eine adverbiale Bestimmung. An anderer Stelle wurde bereits darauf verwiesen, daß die im Englischen strenger festgelegte Wortfolge es nicht zuläßt, die Inversion in diesem Maße zur Hervorhebung von Thema und Rhema zu nutzen, wenn wir einmal von einigen wenigen Fällen absehen, in denen stilistische Faktoren vom Typ In the Tieart of London stands an old brick building eine Rolle spielen. Dafür weist das Englische — wie wir sehen konnten — aber ein höheres Maß an Kombinierbarkeit von Substantiven, die als grammatisches Subjekt auftreten, mit Verben, die als Prädikat erscheinen, auf. Deshalb kann auch für die Übersetzung eines dt. invertierten Satzes ein engl. Satz mit der direkten Wortfolge verwendet werden, und zwar indem die im dt. Satz an erster Stelle stehende Adverbialbestimmung zum grammatischen Subjekt wird: The meeting will draw a large crowd. Die syntaktische Derivation zu der Kundgebung*^-the meeting geht einher mit der Bildung einer konversiven Form kommen **• draw. (Diese Art von Umformungen wird in der bereits zitierten Arbeit von C E R N JACHOVSKAJA ausführlich beschrieben. ( Ö E E N J A C H O V S K A J A 1971 2 ). Wir wollen an dieser Stelle auf einige grundlegende Gesetzmäßigkeiten eingehen, die in solchen Fällen beobachtet werden können. I n erster Linie fällt auf, daß neben den bereits erwähnten Umformungen auch eine Umverteilung der semantischen Komponenten der Äußerung erfolgt: Durch die Aufregung veränderte sich die Stimme des Sergeanten fast bis zur Unkenntlichkeit. Excitement made the Sergeant's voice almost unrecognizable. Hier wird die semantische Äquivalenz durch das Vorhandensein konversiver Relationen zwischen make unrecognizable und sich bis zur Unkenntlichkeit verändern und den damit verbundenen Veränderungen der syntaktischen Relationen zwischen den an der Verbhandlung Beteiligten garantiert. I n der Folge der syntaktischen Umstellung wird die dt. Kausalbestimmung, 8»
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bestehend aus Präposition und Nomen, zum grammatischen Subjekt des engl. Satzes. Die im Deutschen mit Hilfe einer Präposition ausgedrückte Kausativität durch die Aufregung wird im Englischen vermittels eines kausativen Verbs (make unrecognizable) ausgedrückt. Der Hinweis also darauf, daß Aufregung — excitement die Ursache der vom Verb ausgedrückten Handlung ist, wird durch die Bedeutung unterschiedlicher Elemente des dt. und des engl. Satzes wiedergegeben. Wenn bei dem hier angeführten Beispiel die Kausativität im engl. Satz durch die Bedeutung eines speziellen Verbs ausgedrückt wird, so werden in anderen Fällen Verben gebraucht, bei denen sie mit Hilfe einer der semantischen Komponenten ihrer Gesamtbedeutung zum Ausdruck gebracht wird. Im Ergebnis einer Lohnerhöhung für Berg- und andere Arbeiter würde die Kaufkraft steigen. Higher pay for miners and other workers would raise purchasing power. Die kausative Komponente ist hier in der Bedeutung des Verbs raise (raise = cause to rise) enthalten. Die für die Erhaltung der Thema-Rhema-Beziehung des ursprünglichen Satzes notwendige syntaktische Umstellung kann auch durch eine Substitution erreicht werden. Zum Beispiel tritt ein Verb, das den Parameter Func 2 (,,Funk"tionstyp) ausdrückt, der dem Subjekt die Rolle eines grammatischen Objekts zuordnet, an die Stelle eines Verbs, das den Parameter Operj (,,Oper"ationstyp) verkörpert, der dem Subjekt die Rolle des grammatischen Subjekts zuordnet: Einen Aufruf zum Streik erließen die Teilnehmer der Konferenz der pädagogischen Colleges. A strike call came from the Colleges of Education Conference. Der dt. Satz verwendet das Verb erlassen, das „Grundverb" in Verbindung mit dem Substantiv Aufruf ist: einen Aufruf erlassen — d. h. die genannte Handlung ausführen, verwirklichen. Das Subjekt dieser Handlung fällt mit dem grammatischen Subjekt zusammen (die Teilnehmer erließen einen Aufruf). Damit Aufruf zum grammatischen Subjekt des engl. Satzes werden kann, müssen wir das Verb durch ein anderes substituieren, bei dem das Subjekt der Handlung nicht mit dem grammatischen Subjekt übereinstimmt (ähnlich wie bei dem Satz Der Befehl geht vom Oberkommandierenden aus, in dem das Objekt vom Oberkommandierenden das semantische Subjekt der Äußerung ist). I m Ergebnis der lexikalisch-syntaktischen Transformationen liegt im engl. Satz die gleiche Relation zwischen Thema und Rhema vor wie im Originalsatz: Zuerst wird darauf verwiesen, wovon die Rede ist — A strike call — und danach, was darüber ausgesagt wird — came from the Colleges of Eduction Conference.
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Hier noch einige weitere charakteristische Umstellungen, die zur Erhaltung der Sinnstruktur der QS-Äußerung notwendig sind: Stunde für Stunde und Minute für Minute werden neue Beweise für die ungeheuerlichen Verbrechen geliefert, die die amerikanischen Militaristen am vietnamesischen ebenso wie an ihrem eigenen Volk begehen. Every hour and every minute document the monstrous crimes committed by the U.S. militarists against both the Vietnamese and their own people. In diesem Fall ist die syntaktische Derivation (die Umformung der Adverbialbestimmung in das grammatische Subjekt) mit einigen lexikalisch-syntaktischen Modifikationen gekoppelt (z. B. Stunde für Stunde und every hour). Außerdem erscheint im dt. Satz eine Passivkonstruktion (Beweise werden geliefert). Wenn nicht die gegebene Relation zwischen Thema und Rhema beizubehalten wäre, könnte dieser Satz auch mit dem engl. Passiv übersetzt werden (crimes are documented). Da jedoch die Reihenfolge der Komponenten erhalten bleiben soll, muß vom Passiv ins Aktiv transformiert werden. I n anderen Fällen sieht das für die Übertragung der Thema-Rhema-Relation benutzte Paraphrasierungssystem nicht nur die Substitution einiger Komponenten der ursprünglichen Äußerung vor, sondern darüber hinaus werden noch Komponenten entweder hinzugefügt oder weggelassen. Trotzdem stand im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit des Senats die Frage, ob das System "Safeguard" weiter ausgebaut werden soll. Nevertheless, the Senate concentrated on the question of whether "Safeguard" should be expanded. Vor unseren Augen haben sich viele große Entdeckungen in den Naturwissenschaften vollzogen. We have witnessed many breakthroughs in natural sciences. In Europa macht sich eine wachsende Besorgnis in bezug auf die Eskalation des Krieges in Indochina bemerkbar. Europe is growing increasingly concerned about the escalation of the war in Indo-China. Das erste Beispiel ist insofern kompliziert, als eine feste Wortverbindung erscheint, die wir nicht paraphrasieren können. Wir können sagen die Frage stand im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit oder im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand die Frage, aber nicht der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand (befand sich) in der Frage. Zunächst einmal soll der Satz in der Quellensprache paraphrasiert werden, und zwar mit Hilfe der von N I D A empfohlenen Transformation (siehe oben); n u r wollen wir die Äußerung nicht in Kernsätze oder „kernnahe" Sätze transformieren, sondern lexikalisch-syntaktische Veränderungen vornehmen. Folgende Paraphrasen wären akzeptabel: die Aufmerksamkeit des Senats war gerichtet auf . . ., der Senat richtete seine Aufmerksamkeit auf . . .
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Semantische Probleme der Übersetzung
Für beide Varianten gibt es recht befriedigende Entsprechungen im Englischen — the attention of the Senate was concentrated (focused, centred) on . . .; the Senate concentrated on . . . I n der zweiten Variante kann attention weggelassen werden, da das Verb concentrate in der konkreten Situation die Bedeutung „fix one's attention" hat, die semantische Komponente attention also durch die Sinnstruktur dieses Wortes mit abgedeckt ist. Nach der Umwandlung der präpositionalen Nominalphrase im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit in das verbale Prädikat des engl. Satzes kann auch das Verb stehen als Bestandteil der dt. Wortverbindung die Frage stand . . . entfallen. Beim zweiten Beispiel erkennen wir eine ähnliche Umformung der zu übersetzenden Äußerung. Aus der adverbialen Bestimmung, die am Anfang des dt. Satzes steht, kommt lediglich das Possessivpronomen unser als grammatisches Subjekt in Frage. Wird es in das Personalpronomen wir verwandelt, dann haben wir mit wir waren Zeugen (Augenzeugen) die semantische Entsprechung für vor unseren Augen vollzog sich. Durch den entsprechenden engl. Ausdruck We have witnessed . . . wird das dt. vollzogen überflüssig, da der engl. Satz ja bereits ein Prädikat hat. Bei dem dritten Beispiel wird die Adverbialbestimmung zum grammatischen Subjekt. Bemerkbar machen ist ein Grundverb in Verbindung mit einem deverbativen Substantiv, das einen Prozeß oder ein Ereignis bezeichnet. I m vorliegenden Kontext könnte es durch zu bemerken sein, spürbar sein oder sich abzeichnen ersetzt werden, ohne daß sich dabei der Sinngehalt der Äußerung verändern würde. Es ergäben sich selbstverständlich einige stilistische Verschiebungen, von denen aber hier noch nicht die Rede sein soll. Bei unserer Paraphrasierung der Äußerung spielt der Wegfall dieses Elementes keine Rolle, es entstehen keine inhaltlichen Verluste. Weiterhin werden die semantischen Komponenten der Wortverbindung wachsende Besorgnis auf die Elemente der verbalen Phrase growing increasingly concerned verteilt. Auf diese Weise erweitert das semantische Paraphrasierungsmodell im Vergleich zum Transformationsmodell wesentlich den Umfang semantisch äquivalenter Äußerungen im Übersetzungsprozeß. Es bietet dem Übersetzer zusätzliche Hilfsmittel für die Übertragung der denotativen Bedeutung unter Berücksichtigung von strukturellen Unterschieden zwischen QS und ZS, von Unterschieden in der lexikalisch-syntaktischen Kompatibilität sowie im Ausdruck von Komponenten der Sinnstruktur einer Äußerung. I n einer Reihe von Fällen erweist sich dieses Modell, das von der Invarianz des Sinns ausgeht, jedoch als nicht anwendbar auf jene Umformungen, die im Übersetzungsprozeß tatsächlich stattfinden. Mit solchen Umformungen wollen wir uns im folgenden Abschnitt beschäftigen.
Anwendung des situativen Modells
3.
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Zur Anwendung des situativen Modells
Im ersten Kapitel wurde versucht, die allgemeinen Prinzipien des situativen Modells zur Generierung von Äußerungen darzulegen. Wir haben festgestellt, daß dieses Modell auf der Vorstellung basiert, daß die gleiche gegenständliche Situation unterschiedlich beschrieben werden kann, und zwar mittels unterschiedlicher Kombinationen von semantischen Komponenten. Beim Übergang von einer Sprache in eine andere können dabei semantische Komponenten weggelassen oder eingefügt oder auch ersetzt werden. Dabei handelt es sich selbstverständlich nicht um willkürliche Veränderungen. Der Übersetzer nutzt lediglich die von diesem Modell gebotenen Möglichkeiten, die ursprüngliche Äußerung umzuformen. Dabei geht er von bestimmten Faktoren aus, wie zum Beispiel den strukturellen Unterschieden, den Unterschieden in der Kombinierbarkeit, der unterschiedlichen Art und Weise, in einer konkreten Sprache bestimmte Situationen mit bestimmten Mitteln zu beschreiben, und schließlich auch von den stilistischen Unterschieden. I m vorliegenden Abschnitt wollen wir uns mit Paraphrasen befassen, die durch solche Faktoren bedingt werden. Eine der Ursachen für Umformungen, die das Modell „Situation-—Text" erfaßt, kann die relative Offenheit des Systems der Wortbildungsverfahren in einer der beiden Sprachen sein. I m Englischen gibt es zum Beispiel unter den abgeleiteten Formen des Verbs spend („ausgeben") auch das Substantiv Spender, das eine handelnde Person bezeichnet. Im Deutschen fehlen bei entsprechenden Verben ausgeben, verausgaben abgeleitete Formen mit der gleichen Bedeutung. (Es finden sich lediglich Formen in der Bedeutung „verschwenden" — „Verschwender" oder auch „verbrauchen" — „Verbraucher".) Ein solcher struktureller Unterschied kann in einem bestimmten Kontext dazu führen, daß im Text semantische Transformationen vorgenommen werden müssen. The plan, the general outlines of which have been known since last year, would make Japan the seventh largest Spender on defense. Da im Deutschen keine deckungsgleiche Form für das engl. Spender existiert, muß der Übersetzer bei der Beschreibung der Situation einen anderen Weg einschlagen. Nach dem Prinzip des situativen Modells kann der gleiche Ausschnitt der Wirklichkeit mit Hilfe unterschiedlicher Merkmale oder Eigenschaften beschrieben werden. Zu solchen Äußerungen, die ein und dieselbe Situation, ausgehend von ihren verschiedenen Aspekten, beschreiben, gehören insbesondere auch diejenigen, in denen semantische Komponenten aus unterschiedlichen Sinnkategorien erscheinen. Solche Kategorien können eng miteinander verbunden sein, wie etwa die handelnde Person und die Handlung.
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Semantische Probleme der Übersetzung
Wenn wir diesem Gedanken folgen, können wir das Situationselement, das im engl. Satz mit dem Wort Spender (Handlungsträger) ausgedrückt wird, im Deutschen mit dem Wort Ausgaben (Handlung) erfassen. In diesem Fall ist aber noch eine syntaktische Umstellung der Äußerung notwendig. Die Wortverbindung seventh largest Spender wird aufgegliedert: die Attribute seventh und largest werden zu der Prädikatsgruppe und spender zu einer Wortgruppe, die das Prädikat genauer bestimmt. Nach dem Plan, der in seinen Grundzügen seit dem vergangenen Jahr bekannt ist, würde Japan bezüglich seiner Militärausgaben den 7. Plats in der Welt einnehmen. Bei diesem wie auch bei einer Reihe von anderen hier angeführten Beispielen sind die Auswahlmöglichkeiten für den Übersetzer dadurch begrenzt, daß er im Deutschen eine streng festgelegte Art und Weise der Beschreibung für eine gegebene konkrete Situation vorfindet. Wir sprechen in diesem Fall von einem konkreten lexikalisch-syntaktischen Modell bezüglich einnehmen (deverbatives Substantiv), den (Ordnungszahl oder Adjektiv) Platz in (der Welt, im Land u. ä.). In diesem Zusammenhang ist interessant zu beobachten, daß sich auch hin und wieder eine asymmetrische Relation beim Übergang von einer Sprache in eine andere beobachten läßt. So ist bei der Übersetzung des oben angeführten dt. Satzes ins Englische die Auswahl der Variante nicht so streng festgelegt (vgl. die möglichen Übersetzungen — Japan would take the seventh place in defense expenditures; Japan would rank seventh, u. a.). Bei dem folgenden Beispiel Pierre Martineau found that advertisers of instant coffee had been accentuating this unfortunate image. Pierre Martineau fand heraus, daß in der Reklame für löslichen Kaffee der wenig günstige Eindruck, der beim Verbraucher entstanden war, noch unterstrichen wurde. fehlt im Deutschen ein Substantiv, das die handelnde Person von anpreisen bezeichnen könnte. Es mußte also wieder eine semantische Umstellung nach dem Muster „handelnde Person«-Handlung" vorgenommen werden. Zur Erhaltung der Sinnäquivalenz zwischen Original und Übersetzung war weiterhin eine syntaktische Umformung des grammatischen Subjekts in eine adverbiale Bestimmung erforderlich. Es ist allgemein bekannt, daß die Wörter, die im lexikalisch-semantischen System einer bestimmten Sprache vorhanden sind, Begriffe einer bestimmten Ebene der Abstraktion ausdrücken. Nun können in der einen oder anderen Sprache aber auch Wörter zur Bezeichnung eines Begriffes einer bestimmten Abstraktionsebene fehlen. In solchen Fällen werden die oben beschriebenen Verfahren der Generalisierung oder der Konkretisierung angewendet. Sie
A n w e n d u n g des s i t u a t i v e n Modells
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stellen eine semantische Umformung der Äußerung dar, bei der eine Einheit, die einen spezifischen (Art-)Begriff bezeichnet, durch eine Einheit ersetzt wird, die einen allgemeineren (Gattungs-)Begriff darstellt, oder umgekehrt wird an die Stelle einer Einheit, die für einen Gattungsbegriff steht, eine Einheit gesetzt, die einen Artbegriff bezeichnet. Solche Erscheinungen sind beim Übersetzen recht häufig. So fehlt im Englischen beispielsweise eine Wörterbucheinheit, die dem Begriff des dt. Liebhaber in der Bedeutung von „jemand, der etwas besonders gern tut, eine Vorliebe für etwas hat" entspricht. Beim Übersetzen ins Englische muß diese Bedeutung jedesmal konkretisiert werden. Er fand auch heraus, daß manche Liebhaber von Bohnenkaffee ein leichtes Schuldgefühl verspüren, weil sie zu viel trinken. Also he found some coffee drinkers feeling a little guilty about drinking too much. Beim Übersetzen wird der Begriff konkretisiert, was stets bedeutet, daß zusätzliche semantische Komponenten eingeführt werden. Wenn in diesem Falle das dt. Liebhaber eine höhere Abstraktionsebene repräsentiert und eine Person bezeichnet, die eine Vorliebe für etwas hat, so muß im engl. Text eine zusätzliche semantische Komponente erscheinen, die auf den Charakter der Handlung verweist, für die die bezeichnete Person eine Vorliebe hat. Manchmal ist eine Verallgemeinerung oder Konkretisierung nicht deshalb notwendig, weil in der Zielsprache der Übersetzung Wörterbuchäquivalente für den gegebenen Begriff fehlen, sondern weil ohne Verallgemeinerung oder Konkretisierung die Vieldeutigkeit eines Wortes nicht beseitigt werden kann. The Tory Government has brought misery and insecurity to over a million homes. Die Tory-Regierung hat mehr als einer Million englischer Familien Unglück und Unsicherheit in besug auf die Zukunft gebracht. Eine der Bedeutungen von insecurity ist Unsicherheit. Eine Übersetzung wie Die Regierung der Tories brachte ihnen Unsicherheit wäre aber semantisch unvollständig. Ohne eine entsprechende Erklärung bleibt der Sinn des Satzes unklar. Es muß darauf verwiesen werden, ob es um Mangel an Selbstvertrauen, mangelndes Vertrauen in die eigenen Kräfte oder Unsicherheit in bezug auf die Zukunft geht. Die Konkretisierung bedeutet in diesem Fall nicht, daß eine Wörterbucheinheit mit einer konkreteren Bedeutung verwendet wird, sondern daß der Satz durch den Einschluß zusätzlicher präzisierender Elemente erweitert wird. Die damit verbundene lexikalische Ableitung (an die Stelle eines Wortes tritt eine Wortverbindung) unterscheidet sich prinzipiell von den im Modell „Sinn-» Text" vorgesehenen Umformungen etwa des Typs „untersuchen"— „eine Untersuchung durchführen", denn in unserem Falle werden in die
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Semantische P r o b l e m e der Übersetzung
Äußerung zusätzliche semantische Komponenten eingefügt, die aus dem Kontext oder der Situation erschlossen werden können. Es verändert sich also nicht nur die Form, in der der gegebene Sinn ausgedrückt wird, sondern bis zu einem bestimmten Grad auch der Sinn selbst, wobei aber der Objektbezug gewahrt bleibt. Was wir unter semantischer Vollständigkeit verstehen, variiert von Sprache zu Sprache. Es wurden bereits zwei einander entgegengesetzte Tendenzen jeder natürlichen Sprache erwähnt, und zwar die Tendenz zum expliziten Ausdruck und die Tendenz zur implizierenden Darstellung. Im Sprechakt werden bei weitem nicht alle Elemente einer bestimmten Situation, in der sich ein Objekt befindet, ausgedrückt. Viele von ihnen bleiben sozusagen außerhalb des Bildausschnitts. Es gibt jedoch in jeder natürlichen Sprache Grenzen für das Minimum an obligatorischen semantischen Komponenten, das explizit ausgedrückt werden muß. Bei dem folgenden Beispiel The Labour Movement will never forgive MPs who, whether by action or inaction, help this crew to carry on their wrecking activities. Nor will they forgive those who defy an overwhelming Labour Party conference decision. Die Labour-Bewegung wird Abgeordneten, die durch ihre Tätigkeit oder ihre Untätigkeit dieser Bande helfen, ihre schändlichen Aktivitäten fortzusetzen, niemals verzeihen. Sie wird auch denen nicht verzeihen, die sich einem Beschluß, der auf der Konferenz der Labour Party mit überwältigender Stimmenmehrheit angenommen wurde, widersetzen. ist in der engl. Wortverbindung overwhelming Labour Party conference decision eine ganze Reihe von semantischen Komponenten ausgelassen. Es fehlt zum Beispiel der Hinweis, daß der Beschluß der Konferenz der Labour Party „mit Stimmenmehrheit angenommen" wurde. Alle diese Elemente lassen sich aber leicht aus dem Kontext ergänzen. Auch finden sich in der eigentlichen Wortverbindung solche lexikalischen Verweise wie conference und decision, so daß die in der Äußerung implizierten Elemente ohne große Mühe eingefügt werden können. Die vollständigere Form der Wortverbindung würde dann lauten: the decision of the Labour Party conference passed by an overwhelming majority. Die Übersetzung wird in diesem Fall auch dadurch erleichtert, daß die Kombinierbarkeit von overwhelming recht beschränkt ist und sich im vorliegenden Kontext die Assoziation mit dem ausgelassenen majority recht deutlich abzeichnet. Wenn es hier möglich war, die weggelassenen Elemente der Wortverbindung durch Zurückgreifen auf die expliziten Elemente zu ergänzen, so gibt es aber auch Situationen, in denen ein umfassenderer Kontext konsultiert werden muß: Recently, according to a "leak" in Washington, American troops carried out a practice manoeuvre for the suppression of a left-wing revolt in Spain.
Anwendung des situativen Modells
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In diesem Satz steht leak eigentlich für die ganze Wortverbindung leak of information. Davon kann ausgegangen werden, weil dieses Wort in dem Teil der Äußerung zu finden ist, der normalerweise einen Verweis auf die Information oder deren Quellen enthält (according to information, according to a source, etc.). Um den Normen der dt. Sprache gerecht zu werden, muß der Übersetzer die weggelassenen semantischen Komponenten in seinen dt. Satz einfügen. Außerdem muß er beachten, daß das Substantiv „Durchsickern" im Deutschen nicht der Kern der Wortverbindung sein kann (man kann nicht sagen „aus dem Durchsickern geht hervor"). Er muß also den unvollständigen Teil der Wortverbindung ergänzen und gleichzeitig eine syntaktische Umstellung vornehmen. Definiens und Definiendum wechseln den Platz: „Durchsickern von Nachrichten" -*• „durchgesickerte Nachrichten". Damit entsteht als Endergebnis: Aus Nachrichten, die in Washington durchgesickert sind, geht hervor, daß amerikanische Truppen unlängst Militärübungen mit dem Ziel durchgeführt haben, einen Aufstand linker Kräfte in Spanien niederzuschlagen. Ein typisches Beispiel für die Implikation im Englischen sind Wortverbindungen vom Typ „Adjektiv + Substantiv", in denen sich das Adjektiv aber nicht auf das Substantiv, bei dem es steht, bezieht, sondern auf ein anderes Element der Wortverbindung, das jedoch impliziert bleibt. Bei der Übersetzung solcher Wortverbindungen ins Deutsche muß expliziert werden: Mr. Heath's vision of European security included a degree of defence integration that none of us would accept — particularly admitting West Germany to nuclear participation. Heath's Wunschvorstellung von der europäischen Sicherheit schloß ein solches Maß an Integration der Verteidigungskräfte ein, zu dem sich keiner von uns bereit erklären würde — insbesondere nicht dazu, Westdeutschland den Zugang su den Kernwaffen der NATO zu eröffnen. I m Deutschen können die in nuclear participation implizierten Elemente nicht einfach weggelassen werden. „Nukleare Beteiligung" wird als unklar empfunden, denn in dt. Wortverbindungen dieser Art bezieht sich das Adjektiv unmittelbar auf das von ihm näher bestimmte Substantiv („aktive Beteiligung", „rege Beteiligung", „unmittelbare Beteiligung"). An dieser Stelle soll aber noch angemerkt werden, daß diese Regel nicht immer beachtet wird. So finden wir zum Beispiel den Ausdruck militärische Präsenz (die militärische Präsenz der USA in Südostasien) anstelle von die Anwesenheit von Streitkräften (oder Truppen) der USA in Südostasien. Military presence ist in seiner Sinnstruktur dem Ausdruck nuclear participation recht ähnlich. Military bezieht sich hier nicht auf presence, sondern auf die implizierte Komponente — military (forces) presence = presence of military forces.
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Semantische P r o b l e m e der Ü b e r s e t z u n g
In manchen Fällen ist gerade die implizierte Komponente der inhaltliche Schwerpunkt einer Wortverbindung: The British military presence in the Gulf is now between 5,000 and 6,000 men of all services. TJnder the present administration there appears to be more interest in the Persian Oulf. But there is no evidence of an intention thus far to increase the US naval presence. In diesen beiden Sätzen geht es um militärische Kontingente, die sich im Gebiet des Persischen Golfs aufhalten. Der Übersetzer könnte hier wie folgt vorgehen: 1. Er expliziert die weggefallenen Elemente. 2. Er sucht nach einer dt. Entsprechung für die Wortverbindung im explizierten Zustand: presence of military (naval) forces = Anwesenheit (Aufstellung) von Streitkräften (Seestreitkräften). 3. Er führt eine Probe auf Verträglichkeit durch, d. h., er stellt die Wortverbindung in den Kontext der Äußerung, um festzustellen, ob sie der entsprechenden Umgebung (im Kontext) angemessen ist. I m vorliegenden Fall verläuft diese Probe negativ. Wortverbindungen wie die Anwesenheit (oder die Aufstellung) zählt . . . Menschen oder die Anwesenheit erhöhen widersprechen eindeutig den Normen der dt. Sprache. 4. Der Übersetzer stellt die Wortverbindung syntaktisch u m : Definiens und Definiendum tauschen die Plätze — die Anwesenheit (Aufstellung) von Streitkräften Streitkräfte, die aufgestellt worden sind (die sich befinden, die anwesend sind) in .. . Erst jetzt kann die endgültige Variante formuliert werden: Die im Gebiet des Golfs aufgestellten britischen Truppenkontingente umfassen zur Zeit 5000 bis 6000 Mann aller Waffengattungen. Unter der jetzigen Regierung scheint das Interesse am Persischen Golf zugenommen zu haben. Bisher gibt es allerdings noch keine Anzeichen dafür, daß die Seestreitkräfte der USA, die sich in diesem Raum befinden, verstärkt werden sollen. An dieser Stelle muß jedoch eine wesentliche Einschränkung gemacht werden. Es ist durchaus denkbar, daß sich die in der Zeitungssprache benutzte Kalkierung militärische Präsenz auch im allgemeinen Sprachgebrauch fest einbürgert. In diesem Zusammenhang braucht nur an das Beispiel Atomversuche (nuclear tests) erinnert zu werden, das anfangs auch als semantisch unvollständig aufgefaßt wurde (die vollständige Form ist Versuche mit Atomwaffen). Mit der Zeit hat sich Atomversuche jedoch so eingebürgert, daß diese Form inzwischen parallel zur vollständigen Form verwendet wird. Vom Standpunkt der Normen der dt. Sprache aus können auch attributive Wortverbindungen mit der Präposition of semantisch unvollständig sein:
Anwendung des situativen Modells
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The culmination of 20 years of Naval hydrofoil technology, Tucuncari, is one of the most advanced surface craft. Ganz gleich, welches dt. Wort wir für das engl, technology einsetzen (Technik, Technologie, Produktionsprozeß), die hervorgehobene Wortverbindung muß im Deutschen auf alle Fälle erweitert werden. Die „ Tucuncari", Höhepunkt 20jähriger technologischer Entwicklung auf dem Gebiet des Baus von Tragflächenbooten für die Marine, ist eines der modernsten Überwasserfahrzeuge. Bei der Übersetzung kann ebenso wie eine vervollständigte auch eine reduzierte Variante Verwendung finden. Das hängt im Normalfall von stilistischen Faktoren ab. Es gibt jedoch eine Reihe von Fällen, in denen die Entscheidung des Übersetzers vorherbestimmt ist. Und zwar ist sie das immer dann, wenn es in der ZS eine feste „Standard"entsprechung f ü r die Wortverbindung gibt (einen Terminus oder eine phraseologische Einheit). Zum Beispiel: Das Weiße Haus ist eifrig darum bemuht, das sogenannte „Programm für Auslandshilfe" zu retten, das am vergangenen Freitag vom Senat abgelehnt wurde. The White House is taking urgent steps to salvage the so-called 'foreign aid programme' defeated in the Senate last Friday. Da im Original Anführungszeichen stehen, ist der Übersetzer gezwungen, im Englischen die exakte Bezeichnung dieses Programms einzusetzen. Obwohl die vollständige Variante (a programme of aid to foreign nations) an sich nicht den Normen des Englischen widerspricht, kann hier nur die reduzierte Form der Wortverbindung, eine feste terminologische Einheit, stehen. Wir haben bereits einige der Gesetzmäßigkeiten angeführt, die mit der Umverteilung semantischer Komponenten beim Übersetzen zusammenhängen. Dem ist noch hinzuzufügen, daß die Reduzierung oder die Vervollständigung manchmal so weit geht, daß zum Beispiel der Inhalt eines ganzen Nebensatzes durch die semantischen Komponenten eines Wortes wiedergegeben werden k a n n : The feeling today against the Market and the Tories is so strong that every Labour MP who helps to save the Government will face the wrath of those who put him where he is. Heute sind die Vorbehalte gegenüber dem Gemeinsamen Markt und den Tories so groß, daß jeder Labour-Abgeordnete, der die Regierung unterstützt, gewärtig sein muß, den Zorn der Wähler auf sich zu ziehen. Die Übersetzung von those who put him where he is mit Wähler beruht auf der kontextuellen Äquivalenz bzw. dem in den Äußerungen widergespiegelten Sachverhalt. I m vorliegenden Beispiel wurde eine solche Umformung beim Übersetzen vom Englischen ins Deutsche vorgenommen. Bei einer Gegenüberstellung der unterschiedlichen Verfahren zur Beschreibung von identi-
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sehen Sachverhalten im Deutschen und im Englischen wird jedoch ersichtlich, daß im allgemeinen im Deutschen die vollständigen und im Englischen die reduzierten oder komprimierten Äußerungen vorherrschen. Eine ganze Anzahl von bereits angeführten Beispielen belegt, daß die lexikalische Vervollständigung oder die Ergänzung von nicht explizit ausgedrückten semantischen Komponenten vorwiegend beim Übersetzen vom Englischen ins Deutsche auftritt. Dafür sollen noch einige weitere Belege angeführt werden. Im Englischen gibt es Verben, die zur Bezeichnung von Lauten oder Geräuschen dienen und die im entsprechenden lexikalisch-syntaktischen Kontext zur Beschreibung der von einem Geräusch begleiteten Bewegung verwendet werden können, obwohl sie die semantische Komponente der „Bewegung" selbst nicht enthalten. Bekanntlich treten bei der Beschreibung einer Bewegung gewöhnlich bestimmte semantische Komponenten auf, die sich auf die Bewegung, die Art und Weise der Fortbewegung und ihre Richtung beziehen. Im Englischen jedoch finden sich Äußerungen, in denen nur die Richtung angegeben wird, dafür stehen dann Präpositionen: Tanks roared into the city. Cars were bombing down those great silJcy highways. The sleigh jingled along the road. The old jalopy clanked up the hill. Im Deutschen muß in ähnlichen Äußerungen häufig das entsprechende Verb der Bewegung eingesetzt werden, das in der Regel die folgenden semantischen Komponenten enthält: „Richtung der Bewegung", „Art und Weise der Fortbewegung", „Charakter der Bewegung": Die Panzer fuhren dröhnend in die Stadt ein. Die Wagen jagten mit aufheulendem Motor die breite, glatte Chaussee hinunter. Der Schlitten glitt mit Schellengeläut den Weg entlang. Im Fall des letzten Beispielsatzes The old jalopy clanked wp the hill ist es auch im Deutschen möglich, ein Verb ohne die semantische Komponente der Bewegung einzusetzen: Die alte Kiste quälte sich klappernd den Berg hoch. In allen Fällen erfolgt jedoch eine Umverteilung der semantischen Komponenten im Satz. Die Komponente, die zur Bezeichnung von Geräuschen dient, wird im Deutschen durch Fügungen aus Präpositionen und Nomen wiedergegeben, wie etwa mit aufheulendem Motor, mit Schellengeläut, oder mit adverbial gebrauchten Partizipien — dröhnend oder auch klappernd. Daneben kommen auch Fälle vor, wo Handlungen, die hintereinander ablaufen, aber zwei Abschnitte ein und desselben Vorgangs darstellen, im Deutschen von zwei verschiedenen Verbformen und im Englischen durch eine Verbform bezeichnet werden. Einer Kolonne Rotgardisten folgend, betrat sie das Winterpalais.
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I m dt. Satz bezeichnen das Adverbialpartizip und die finite Verbform zwei Handlungen, die eng miteinander verbunden sind. Vom Übersetzer wurde dieser Sachverhalt mit Hilfe von zwei miteinander koordinierten engl. Verben wiedergegeben: She followeda column of Red Guards and entered the Winter Palace. Der Redakteur schlug dafür jedoch eine komprimierte Variante vor: She followed a column of Red Guards into the Winter Palace. Durch den Kontext der Äußerung wird das weggefallene zweite Verb vollständig kompensiert. Die Präposition into ist ein lexikalischer Hinweis, der die semantische Komponente „Richtung der Bewegung" enthält. Diese wurde im dt. Original und in der ersten Übersetzungsvariante durch ein besonderes Verb wiedergegeben. Hier handelt es sich dem Wesen nach also um eine Situation, die der analog ist, wie wir sie von den vorhergehenden Beispielen kennen. Dort wurde das fehlende Verb der Bewegung durch einen Verweis im Kontext auf eines der Merkmale der Bewegung — die Richtung, ausgedrückt durch eine Präposition — kompensiert. Die im vorigen Abschnitt bereits erwähnte lexikalisch-semantische Kompatibilität spielt auch eine wesentliche Rolle bei der Festlegung der vom Modell „Situation«-»Text" erfaßten Übersetzungsverfähren. Unterschiedliche Kompatibilität ist für den Übersetzer häufig der Anlaß, semantische Umformungen vorzunehmen, wie wir sie oben bereits besprochen haben. Nach Meinung des CDU-Abgeordneten Leisler Kiep steht der Opposition eine schwere Stunde bevor, wenn sie in der Bundestagsdebatte eine klare Position zu den Verträgen mit der UdSSR und Polen beziehen muß. CD U Deputy Leisler Kiep says that hard times are in störe for the Opposition when it will have to take a clear-cut stand in the parliamentary debate on treaties with the USSR and Poland. Durch eine Probe auf Verträglichkeit wurde bei diesem Beispiel hard hour ausgeschlossen, an die Stelle von hour trat ein mit hard kompatibles Wort. Betrachten wir die so entstandene Wortverbindung hard times, so fällt auf, daß sich der von times bezeichnete Begriff zu dem von hour bezeichneten in der Relation Gattungsbegriff — Artbegriff befindet. Somit liegt hier eine Verallgemeinerung vor. Die Aufgabe des Übersetzers wurde in diesem Fall dadurch erleichtert, daß das Merkmal für die Gattung (Zeit) in der vorliegenden Situation wesentlich ist, während das Merkmal für die Art (Dauer) durch den Kontext neutralisiert wird. In solchen und ähnlichen Fällen, wenn es darum geht, die Bedingungen der semantischen Kompatibilität zu erfüllen, wird sich ein Übersetzer bei seiner Suche auf die hierarchische Reihe der allgemeineren und der konkreteren Begriffe konzentrieren. Dabei kann er sowohl vom Besonderen zum Allgemeinen (Generalisierung) als auch vom Allgemeineren zum Besonderen (Konkretisierung) vorgehen.
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An NBC documentary once again conveyed — despite some tampering designed to shift the onus from Coca Cola and other giant corporations — the grirn deprivation that is the migrants' lot. In einem Dokumentarfilm der NBC wurde erneut an die großen Entbehrungen, unter denen die Saisonarbeiter zu leiden haben, erinnert, obwohl einiges in der Absicht, die Gesellschaft Coca Cola und andere Monopole von einer Schuld freizusprechen, verzerrt dargestellt worden ist. Das im Original verwendete Verb convey bedeutet soviel wie „ausdrücken", „mitteilen". Beide dt. Verben werden hier jedoch durch die Probe auf Verträglichkeit ausgeschlossen: Der Film teilte die Entbehrungen mit. . . Im Film werden die Entbehrungen ausgedrückt etc. In diesem Kontext würde sich erzählen anbieten; in Verbindung mit erneut ergäbe sich jedoch eine Doppeldeutigkeit (es könnte angenommen werden, daß der gleiche Film schon früher gezeigt worden sei und jetzt erneut vom Schicksal der Saisonarbeiter erzählen würde). Über eine Sinnkonkretisierung wurde schließlich das Verb erinnern ermittelt, das semantisch mit dem Adverb erneut kompatibel ist und den Inhalt der ursprünglichen Äußerung adäquat wiedergibt. Die Verben mitteilen und erinnern weisen gemeinsame semantische Merkmale auf („erinnern" bedeutet in diesem Zusammenhang soviel wie „mitteilen in der Absicht, eine Erinnerung wachzurufen"). Die Bedeutung von erinnern ist also konkreter, das Verb enthält zusätzliche semantische Komponenten, die jedoch keine Sinnentstellung mit sich bringen. Manchmal muß auch ein anderer Weg eingeschlagen werden: Pressure from without needs to be redoubled in the Coming weeks against that sinister prospect as well. Der Druck von außen muß in den kommenden Wochen verstärkt werden, damit
auch diese unheilvollen Pläne vereitelt werden
können.
Beginnen wir die Analyse dieses Beispieles mit einer Probe auf Verträglichkeit : Eine Übersetzung wie den Druck gegen diese düstere Aussicht verstärken ist auszuschließen. Also versuchen wir, ein anderes Wort für Aussicht zu finden. Nach den vom Modell „Situation«--Text" vorgesehenen Umformungen können wir nicht nur einen Begriff durch einen anderen aus der gleichen hierarchischen Reihe substituieren, wir können auch sich überlagernde Begriffe benutzen, die durch logische Relationen verbunden sind. I n unserem Kontext geht es um Pläne, den Krieg in Indochina auszuweiten. I n diesem konkreten Fall sind Pläne und Aussicht also Begriffe, die in der Relation Ursache — Wirkung zueinander stehen. (Die Pläne bringen die düstere Aussicht mit sich.) Wir können also unheilvolle Pläne als Substitut für düstere Aussicht einsetzen. Die Regeln der Kompatibilität verlangen auch eine lexikalisch-syntaktische Umformung des Textes: und zwar der nicht akzeptablen Wendung den Druck gegen die unheilvollen Pläne verstärken in den
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Druck verstärken, um die Pläne zu vereiteln bzw. den Druck verstärken, damit die unheilvollen Pläne vereitelt werden können. Einigen Differenzen in der Kompatibilität, die beim Übersetzen unbedingt Beachtung finden müssen, liegt eine in der Stilistik als übertragenes Epitheton bezeichnete Erscheinung zugrunde ( G A L ' P E B I N 1 9 7 1 ) . Es handelt sich dabei um Fälle, wo ein Merkmal, das normalerweise auf eine Person bezogen ist, nun für eine Handlung, einen Zustand oder eine Eigenschaft dieser Person verwendet wird. Die übertragenen Epitheta können zum einen als individuelle stilistische Charakteristik angesehen werden, zum anderen als ein äußerst produktives Verfahren zur Bildung von festen Wortverbindungen in einer Sprache. Die Möglichkeiten einer solchen Bedeutungsübertragung werden jedoch von den Normen der lexikalisch-semantischen Kompatibilität einer jeden Sprache geregelt. Daraus ergeben sich einige Unterschiede in der Kombinierbarkeit von Komponenten in attributiven Wortverbindungen. Informed comment on the progress of the Berlin negotiation has made it clear that the Soviet Union has offered to approve everything Berliners ask for. Aus den Mitteilungen informierter Beobachter über den Verlauf der BerlinVerhandlungen geht hervor, daß die Sowjetunion allen Wünschen der Berliner entgegenkommen will. Da die Wörter informiert und Kommentar nicht miteinander kombiniert werden können, muß das Attribut in diesem Fall auf die Person bezogen werden {informierte Beobachter). To use his own words, he will be the voice of " r e s p o n s i b l e dissent". Nach seinen eigenen Worten wird er das Sprachrohr einer „verantwortungsvollen Opposition" sein. Dissent bedeutet Nichtübereinstimmung, Meinungsverschiedenheit. Da die Kombination von verantwortungsvoll und Nichtübereinstimmung unzulässig ist, verwenden wir Opposition in seiner Kollektivbedeutung (Opposition nicht als Handlung, sondern als eine Gruppe von Menschen). Astronaut John Glenn came home to laughing, crying, eheering acclaim from his country. Astronaut John Glenn kehrte nach Hause zurück, begrüßt von lachenden, weinenden und Beifall jubelnden Landsleuten. In diesem Fall entnehmen wir dem Kontext ein Substantiv, auf das laughing, crying and eheering bezogen werden können, und unterwerfen es einer semantischen Umformung: his country = sein Land, Landsleute (Austausch von semantischen Kategorien auf der Grundlage metonymischer Bedeutungsübertragung). Manchmal führt die Berücksichtigung des Faktors Kompatibilität zu Substitutionen, bei denen benachbarte Begriffe verwendet werden, die aber noch 9
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unter denselben Gattungsbegriff fallen. Diese Umformung, die bei der Übersetzung von festen Wortverbindungen und Phraseologismen besonders häufig anzutreffen ist, wird in der Terminologie des situativen Modells als Bedeutungsverschiebung bezeichnet (GAK 1971). Since the military coup of April 1967, the Greek people have beert living under a fascist-style dictatorship, and not all the perfumed apologias of the Administration's spokesmen can sweeten that sour fact. Wie kann bei diesem Beispiel vorgegangen werden? Beginnen wir mit der Wortverbindung sweeten that sour fact. Eine wörtliche Übertragung diesen sauren Fakt versüßen ist nicht akzeptabel. Bei den im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen lexikalisch-semantischen Umformungen, die sich aus der unterschiedlichen Kompatibilität bestimmter Wörter in QS und ZS ergeben haben, sind wir stets vom Schlüsselwort ausgegangen, das die konkrete Realisierung eines semantischen Parameters bestimmt. In diesem Fall steht am Anfang aber nicht das Schlüsselwort, sondern das Wort, wodurch es bestimmt wird. Wenn wir unsere Überlegungen also nicht mit fact, sondern mit sour beginnen, können wir feststellen, daß es im Deutschen ein ähnliches Attribut gibt, das einen unangenehmen Geschmack anzeigt und den gleichen Symbolgehalt hat, und zwar bitter. Sauer und bitter sind artverwandte Begriffe mit der gleichen Gattungsbedeutung „einen unangenehmen Geschmack haben". I m vorliegenden Kontext werden ihre differentiellen Merkmale neutralisiert, wesentlich bleibt die semantische Komponente „unangenehm". Diese eine semantische Umformung zieht aber noch andere nach sich. Bei der Probe auf Verträglichkeit zeigt sich, daß bitterer Fakt keine akzeptable Wortverbindung ist. Wenn wir von bitter ausgehen, findet sich als passender Partner für dieses Attribut Wahrheit. Eine weitere Probe auf Verträglichkeit ergibt jedoch, daß die Wahrheit versüßen ebenfalls nicht akzeptabel ist. Es ist also noch eine Substitution notwendig. Unter Berücksichtigung der Kombinier barkeit von Wahrheit entscheiden wir uns für die bittere Wahrheit vergessen machen, da zwischen versüßen und Bitteres vergessen machen eine logische Relation vorliegt. Die Übersetzung könnte damit wie folgt aussehen: Seit dem Militärputsch im April 1967 lebt das griechische Volk unter den Bedingungen einer faschistischen Diktatur, und auch mit noch so honigsüßen Worten werden diejenigen, die im Namen der Regierung Erklärungen abgeben, diese bittere Wahrheit nicht vergessen machen können. Natürlich sind versüßen und vergessen machen keineswegs identisch. Bei der vorliegenden Substitution bleiben einige semantische Komponenten unübersetzt. Um diesen Verlust zu kompensieren, haben wir eine der weggefallenen Komponenten in das Attribut von Worte eingefügt — honigsüße Worte. Damit wird die Gegenüberstellung sweeten — sour (honigsüß — bitter) beibehalten.
A n w e n d u n g des s i t u a t i v e n Modells
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Wie wir gesehen haben, ist die Kompensation immer dann notwendig, wenn die Berücksichtigung von Unterschieden in der lexikalisch-semantischen Kompatibilität offensichtlich inhaltliche Verluste mit sich bringt. Die Übersetzungsanalyse zeigt, daß solche Umstellungen, mit denen inhaltliche Verluste kompensiert werden sollen, immer dann möglich sind, wenn die Umverteilung von semantischen Komponenten die Elemente der Äußerung betrifft, die in engen logischen Beziehungen zueinander stehen. In dem angeführten Beispiel erfolgte die Verlagerung einiger Komponenten von einem Element der Äußerung, das einen „Prozeß" bezeichnet, zu einem anderen Element, das ein „Mittel oder die Art und Weise zur Verwirklichung eines Prozesses" benennt. In anderen Fällen kann die Umverteilung solche Elemente der Äußerung betreffen, die sich zueinander verhalten wie ein Teil zum Ganzen: The President's own' bitte ribbon defense panel' heavily stacked with representatives ofthe military-industrial complex foundit necessary to reccmmend some bureaucratic reforms to deal with mind-boggling evidence of official mismanagement. Die Schwierigkeiten bei der Übersetzung dieses Beispiels liegen vor allem bei der attributiven Wortverbindung blue ribbon. Die im Wörterbuch angeführten Bedeutungen — „blaues Band des Hosenbandordens, blaues Band als Abzeichen von Mäßigkeitsvereinen, bes. sportliche Auszeichnung für besondere Leistungen; erster Preis, höchste Auszeichnung" — entsprechen alle nicht dem Kontext. In engl. Wörterbüchern findet sich aber noch die Wortverbindung „blue-ribbon jury (or panel)", die bestimmt wird als „a jury whose members have been carefully selected". Wenn wir die sogenannte „Übersetzung nach Präzedenzfall" anwenden, wobei wir davon ausgehen, daß blue ribbon in unserem Beispiel eine ähnliche Bedeutung hat, erhalten wir eine sorgfältig ausgesuchte Kommission. Nach der Probe auf Verträglichkeit müssen wir diese Wortverbindung jedoch ausschließen. Eine Umverteilung der semantischen Komponenten führt zu: eine Kommission, die sich aus sorgfältig ausgesuchten Mitgliedern zusammensetzt. Wenn wir aus dem weiteren Kontext noch erschlossen haben, daß es sich um eine Kommission für die Reorganisierung des Verteidigungsministeriums handelt, kann die Übersetzung wie folgt aussehen: Selbst die Kommission des Präsidenten für die Reorganisierung des Verteidigungsministeriums, deren sorgfältig ausgesuchte Mitglieder vor allem aus dem militärisch-industriellen Bereich kommen, hielt es für nötig, einige bürokratische Reformen zu empfehlen, um mit der unbegreiflichen Mißwirtschaft in den amtlichen Stellen aufzuräumen. Manchmal befinden sich die Elemente einer Äußerung, die von der kompensierenden Umstellung betroffen sind, im Verhältnis Handlung — handelnde Person: 9*
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Semantische Probleme der Übersetzung
Indem sie sich auf ihre während eines Besuches in der Sowjetunion gesammelten „Erfahrungen" berufen und dabei das Ansehen dieses Landes mißbrauchen, versuchen diese „Friedensfreunde" eindringlich darzulegen, daß Englands einseitiger Verzicht auf Kernwaffen sinnlos sei, solange die Sowjetunion auch nicht das geringste Interesse am Kampf um atomare Abrüstung zeigt. I m Deutschen drückt das Wort eindringlich ein Merkmal aus, das auf einen Prozeß bezogen ist. I m Englischen gibt es zur Wiedergabe des Sinns von eindringlich eine mögliche Entsprechung mit soft-spoken, das jedoch nicht mit einem Verb, dafür aber mit einem Substantiv kombiniert werden kann: soft-spoken 'peace-lovers'. Das Merkmal für die Tätigkeit bezieht sich damit also auf die handelnde Person: Referring to the 'experience' of their visit to the Soviet Union and misusing its prestige, these soft-spoken 'peace-lovers' are trying to sell the idea that Britain's unilateral nuclear disarmament would make no difference as long as the Soviet Union does not show the slightest interest in the nuclear disarmament campaign. Die Berücksichtigung der Kompatibilität von Elementen der Äußerung verlangt manchmal nicht nur eine Umverteilung der semantischen Komponenten, sondern gleichzeitig auch syntaktische Veränderungen. As always in comparable cases the British capitalist press took up a holierthan-thou and moralising attitude. Dem hervorgehobenen Teil der Äußerung liegt die feste Wortverbindung take up an attitude („eine Haltung einnehmen") zugrunde. Eine Haltung einnehmen kann aber im Deutschen nicht mit heuchlerisch (holier-than-thou) oder moralisierend (moralizing) kombiniert werden. Der Übersetzer steht nun vor der Wahl, entweder die vorgegebene Wortverbindung unter den Tisch fallen zu lassen oder die angeführten Adjektive einer inhaltlichen Modifizierung zu unterwerfen, damit sie mit der Wortverbindung kombiniert werden können. Für die Wiedergabe der denotativen Bedeutung ist es in solchen Fällen äußerst wichtig zu bestimmen, welches dieser beiden Elemente den wesentlichen inhaltlichen Schwerpunkt darstellt. I m vorliegenden Fall läßt sich leicht feststellen, daß die Adjektive in semantischer Hinsicht von größerem Gewicht sind. Die Wortverbindung eine Haltung einnehmen dient eher als Stützelement, welches hauptsächlich für die syntaktische Organisation der Äußerung benötigt wird. Die eigentliche Bedeutung von attitude („a way of thinking, feeling or behaviour") ist außerordentlich breit und verschwommen, und die gesamte Wortverbindung kann unterschiedlich paraphrasiert werden. Sie könnte praktisch durch ein beliebiges „Grundverb" ersetzt werden, das mit einem vom vorliegenden Adjektiv abgeleiteten Substantiv kombiniert werden kann. (Take up an arrogant attitude kann zum Beispiel übersetzt werden mit Hochmut an den Tag legen und take up a threatening attitude mit mit Drohungen aufwarten.)
Anwendung des situativen Modells
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Bei unserem Beispiel besteht die Schwierigkeit nur darin, daß die Substantive Heuchelei und Moralpredigt mit unterschiedlichen Verben kombiniert werden und daß anstelle des Substantivs Heuchelei in diesem oder einem ähnlichen Kontext besser das Verb heucheln oder das Adjektiv heuchlerisch gebraucht werden (eine Moralpredigt halten; heucheln — heuchlerisches Verhalten an den Tag legen). Diese Überlegungen führen schließlich zu der folgenden Übersetzung: Wie immer in solchen Fällen hielt die englische kapitalistische Presse heuch-
lerische Moralpredigten
bereit.
Dieser Variante liegt eine recht schwierige semantisch-syntaktische Umformung zugrunde: Erstens wurde die Wortverbindung eine Haltung einnehmen durch ein „Grund verb" ersetzt; dies führte zur Umverteilung bestimmter semantischer Komponenten; zweitens wurde eines der Adjektive zu einem Substantiv; und drittens t r a t an die Stelle der Koordination (holier-than-thou and moralizing) die Subordination (heuchlerische Moralpredigten). Grund für eine Verwendung der Kontextparaphrasierung, so wie sie vom situativen Modell vorgesehen wird, sind häufig nicht die Beschränkungen, die sich aus der unterschiedlichen Kombinierbarkeit von Elementen der Äußerung in QS und ZS ergeben, sondern ganz andere Faktoren. Dabei muß vor allem berücksichtigt werden, daß selbst die Auswahl der verschiedenen Mittel zur Beschreibung ein und desselben Sachverhaltes von unterschiedlichen Blickwinkeln aus innerhalb eines bestimmten Sprachenpaares mehr oder weniger beschränkt sein kann, das heißt, in einer der beiden Sprachen werden zum Aufbau einer Äußerung gelegentlich Mittel gebraucht, die in der anderen fehlen. I n solchen Fällen ist eine Paraphrasierung nach dem situativen Modell obligatorisch. Battered and weary troops kept trickling into Phnom-penh yesterday after the collapse of the Lon Nol regime's biggest operation this year against the Liberation Forces. Diese Äußerung kann im Englischen wie folgt paraphrasiert werden: More battered and weary troops trickled into Phnom-penh yesterday after the collapse of the Lon Nol regime's biggest operation this year against the Liberation Forces. Grundlage für diese Paraphrasierung ist die Substitution einer semantischen Kategorie durch eine andere, die mit ihr in einem engen Zusammenhang steht: hier liegt die Relation Ursache — Wirkung vor. Entsprechend wird die dt. Äußerung aufgebaut: Weitere schwer angeschlagene und erschöpfte Truppen trafen gestern in PhnomPenh ein, nachdem der größte diesjährige Angriff des Lon-Nol-Regimes gegen die Befreiungsfront gescheitert war. Häufig werden auch Umformungen einer Äußerung vorgenommen, bei denen
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S e m a n t i s c h e P r o b l e m e der Ü b e r s e t z u n g
in den beschriebenen Situationen unterschiedliche Phasen des gleichen Vorgangs hervorgehoben werden (GAK 1 9 7 1 2 ) : His breathtaking statement was that 'this government has done more than any other to get the economy moving'. Er trat mit der umwerfenden Behauptung auf, diese Regierung habe mehr als jede andere getan, um die Stagnation in der Ökonomie zu überwinden. In der engl. Variante wird ein späteres Stadium dieses Vorgangs beschrieben (get the economy moving). Im Deutschen kann diese Äußerung jedoch nicht so aufgebaut werden. Schließlich können die situationsbedingten Umformungen, wie auch die vom Modell „Sinn--—Text" vorgesehenen lexikalisch-syntaktisch bedingten Paraphrasen, dazu verwendet werden, die inhaltliche Gliederung der Äußerung zu übertragen, das heißt, die Thema-Rhema-Beziehung zu erhalten. Es ist eine Tatsache, daß das Einfrieren der Löhne nicht verbunden ist mit irgendwelchen Einschränkungen der Monopolprofite. Es gibt mehr Profite für die Kapitalisten und mehr Entbehrungen für die Arbeiter. In fact, the wage freeze is not accompanied by any restrictions on monopoly profits. This brings more profits to monopolies and more hardhips to workers. In diesem Fall sind zur Beibehaltung der Thema-Rhema-Beziehung des Originals .eine Reihe von Veränderungen vorgenommen worden. Erstens wurden die semantischen Kategorien ausgetauscht (Resultat-•Handlang), und zweitens mußte ein zusätzliches Element in den Text eingeführt werden— das Demonstrativpronomen this, das hier als grammatisches Subjekt und zur gleichen Zeit als Verbindungsglied zum vorhergehenden Satz auftritt. Das situative Modell trägt auch zur Erhellung einer anderen Gesetzmäßigkeit des Übersetzens bei. Die Wortbedeutungen sind als eine Summe von semantischen Komponenten anzusehen. Dabei unterscheidet sich die Anzahl der semantischen Komponenten, die eine konkrete Bedeutung ausmachen, von Sprache zu Sprache. Dieser Umstand ist für die zwischensprachliche Kommunikation aber durchaus kein Hindernis, und zwar deshalb, weil bei weitem nicht alle Komponenten für die Beschreibung einer konkreten Situation in gleicher Weise relevant sind. In einer spezifischen Situation sind bestimmte Komponenten besonders wichtig, andere hingegen werden durch den Kontext neutralisiert. Somit ist der Übersetzer nicht gezwungen, eine Variante zu suchen, deren Bedeutung in die gleichen Komponenten zerfällt, wie sie in der Bedeutung des zu übersetzenden Elements der Äußerung vorliegen (wobei in vielen Fällen eine solche Zielstellung bereits irreal wäre). Unabdingbare Forderung ist jedoch, daß in der Übersetzung die Komponente bzw. die Komponenten wiedergegeben werden, die für die exakte Widerspiegelung der vorliegenden Situation wesentlich sind (GÄK 1 9 7 1 J .
A n w e n d u n g des s i t u a t i v e n Modells
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Als Beispiel soll die Übersetzung des folgenden engl. Satzes ins Deutsche dienen: I do not foresee a time of decentralized control whereby investment decisions will be made at the graasroot agencies within each of the services where the studies are made. Ich glaube wicht, daß eine Zeit der dezentralisierten Leitung kommen wird, in der Beschlüsse über Investitionen auf den untersten Ebenen der einzelnen Teilstreitkräfte, wo man diese Fragen untersucht, getroffen werden. Die hier vorliegende Bedeutung von grassroot wird im Wörterbuch bestimmt als „the common or ordinary people, the rank and file". Bei diesem Beispiel wird die semantische Komponente „Menschen" neutralisiert, wesentlich ist die Komponente „einfach". In der engl. Wortverbindung public relations sind mehrere semantische Komponenten enthalten — „Information der Öffentlichkeit", „Propaganda", „Reklame/Werbung". Bei dem folgenden Beispiel liegt das Schwergewicht auf der Komponente „Propaganda": The U.S. government has launched a public relations effort to whitewash its aggression in South-East Asia. Die Regierung der USA startete eine breit angelegte Propagandakampagne zur Rechtfertigung ihrer Aggression in Südostasien. In anderen Kontexten, und zwar besonders dann, wenn public relations dem Wort Propaganda gegenübergestellt wird, kommt dem semantischen Unterschied zwischen diesen Benennungen besondere Bedeutung zu. Every Western government, indeed, every enterprise engages in self-serving public relations or propaganda. Jede westliche Regierung, und im Grunde genommen jedes Unternehmen, macht für sich Reklame bzw. Propaganda. Im Englischen gibt es zwei Entsprechungen für das dt. Mord: killing und murder. Im Unterschied zu killing enthält murder eine differentielle semantische Komponente: „vorsätzlich". Das heißt nun aber durchaus nicht, daß murder in jedem Kontext mit vorsätzlicher Mord zu übersetzen ist. Die im Kontext der Äußerung widergespiegelte Situation macht eine explizite Wiedergabe dieser Komponente unnötig. Es gibt aber auch Fälle, wo der Sinnunterschied zwischen killing und murder beim Übersetzen unbedingt erhalten werden muß: The Pentagon lawyers are leaning over backwards to prove that the Songmy massacre was killing, not murder. Die Juristen des Pentagon geben sich die größte Mühe zu beweisen, daß der Massenmord von Song My keinen vorsätzlichen, sondern zufälligen Charakter trug. Zusammenfassend läßt sich also feststellen, daß das situative Modell eine
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Semantische Probleme der Übersetzung
große Anzahl der beim Übersetzen vor sich gehenden Veränderungen des Sinns und der Komponenten einer Äußerung erklärt. I n diesem Abschnitt konnten nur einige der recht vielfältigen Möglichkeiten zur Anwendung dieses Modells beim Übersetzen dargelegt werden. Das situative Modell, das bisher hauptsächlich hinsichtlich der Übertragung der denotativen Inhaltskomponente ausgearbeitet wurde, ist aber auch — wie das Material des dritten Kapitels zeigen wird — ebenso wie das transformationelle und das semantische Modell auf die Übertragung der anderen Inhaltskomponenten anwendbar.
III Stilistische Probleme der Übersetzung
I m vorhergehenden Kapitel war die Rede von der Übertragung der denotativen Inhaltskomponente, d. h. der Komponente, die mit der Beschreibung konkreter Situationen im Zusammenhang steht. Ebensowenig kann der Übersetzer aber beim Analysieren einer QS-Äußerung und bei der Schaffung einer äquivalenten ZS-Äußerung die stilistischen Komponenten außer acht lassen. Wenn wir von stilistischen Faktoren sprechen, die auf die eine oder andere Weise im Übersetzungsprozeß wirksam werden, müssen wir davon ausgehen, daß diese in zwei Kategorien einzuordnen sind. Zur ersten Kategorie gehören jene funktionellen Eigenschaften des Kommunikationsaktes, von denen bereits im ersten Kapitel die Rede war. Sie können in hohem Maße die Lösungssuche des Übersetzers vorherbestimmen. Diese funktionellen Eigenschaften, die mit dem Gebrauch sprachlicher Mittel im Kommunikationsakt im Zusammenhang stehen, werden gelegentlich unter der Überschrift „Stilistik der Rede" ( A C H M A N O V A , N A T A U Z O N , F A T J U S Ö E N K O 1 9 6 6 ) betrachtet und schließen die expressive, die poetische und andere Funktionen ein (s. o.). Der andere stilistische Aspekt der Übersetzung hängt mit der stilistischen Stratifikation, der Schichtung der Sprache zusammen. Dabei handelt es sich um die Subsysteme der Sprache, die sich auf die verschiedenen Bereiche ihrer Verwendung beziehen und die charakterisiert werden sowohl durch die Unterschiede im Inventar der zum einen oder anderen Subsystem gehörenden sprachlichen Mittel selbst (vgl. z. B. die Archaismen, die in der engl. Gegenwartssprache nur in der Sprache der Poesie gebraucht werden) als auch durch die Unterschiede in der Häufigkeit ihres Gebrauchs (z. B. treten einige Arten der Ellipse, besonders der situativen Ellipse, häufiger in der Umgangssprache auf, wobei sie aber auch in den anderen Subsystemen vorkommen können). I n diesem Kapitel wird die Rede sein sowohl vom Einfluß der funktionellen Parameter der Äußerung auf den Übersetzungsprozeß als auch von der Notwendigkeit der Beachtung der Faktoren, die mit den sprachlichen Besonderheiten der zu untersuchenden stilistischen Subsysteme zusammenhängen. I m ersten Teil geht es dabei um die Widerspiegelung der funktionellen Eigenschaften der Äußerung in der Übersetzung, im zwei-
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Stilistische P r o b l e m e der Übersetzung
ten um die Berücksichtigung einiger Besonderheiten des publizistischen Stils beim Übersetzen und im dritten um die Widerspiegelung der spezifischen Züge der Militärpublizistik in der Übersetzung.
1.
Die Übertragung der funktionellen Eigenschaften der Äußerung
I n den vorhergehenden Kapiteln war von einigen Gesetzmäßigkeiten die Rede, die sich beim Übersetzen von Zeitungstexten beobachten lassen. Dabei konnten wir im ersten Kapitel feststellen, daß die für den Übersetzungsprozeß notwendige Bestimmung der wichtigsten funktionellen Eigenschaften der Äußerung zum großen Teil vom Kommunikationsziel abhängt. Diesen Begriff wollen wir nunmehr etwas präzisieren. Unserer Meinung nach sind zwei Kommunikationsziele zu berücksichtigen: das kommunikative Ziel des jeweiligen Stils oder funktionalen Genres und das Ziel des gegebenen Kommunikationsaktes. Diese beiden Ziele spielen eine wichtige Rolle sowohl bei der Analyse der QS-Äußerung als auch bei der Auswahl der endgültigen ÜbersetzungsVariante. Dies wollen wir am Beispiel des publizistischen Stils zu zeigen versuchen. I m Stil der Presse und Publizistik stehen zwei grundlegende Kommunikationsziele im Mittelpunkt: die Information und die Überzeugung ( K O S T O MAEOV 1971). Diese beiden kommunikativen Aufgaben bilden eine untrennbare Einheit. Davon ausgehend, können von allen funktionellen Eigenschaften des Kommunikationsaktes zwei als die wesentlichsten und die für den untersuchten Stil bestimmenden charakterisiert werden — die denotative Komponente und die expressive Komponente. Nicht weniger wichtig für die Übersetzung ist auch das konkrete Kommunikationsziel einer Äußerung. Die Berücksichtigung des Kommunikationsziels führt fast immer zu zusätzlichen Verbesserungen der Lösung des Übersetzers und bestimmt, welche funktionelle Eigenschaft für die jeweilige Äußerung die wichtigste, d. h. ihre funktionelle Dominante ist. Dabei können nicht nur die Hauptfunktionen des jeweiligen Genres, d. h. die denotative oder expressive Funktion, funktionelle Dominanten sein, sondern auch Funktionen, die für dieses Genre weniger charakteristisch sind (z. B. die poetische Funktion). Doch darüber wird später noch ausführlich zu sprechen sein. Wenn das vorige Kapitel im wesentlichen der Übertragung der denotativen Funktion gewidmet war, so sollen hier einige Probleme dargelegt werden, die mit der Übertragung der expressiven Funktion zusammenhängen.
F u n k t i o n e l l e E i g e n s c h a f t e n der Äußerung
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NIDAS D e f i n i t i o n d e r „ d y n a m i s c h e n Ä q u i v a l e n z " e n t h ä l t als obligatorisches E l e m e n t f ü r die B e s t i m m u n g d e r A d ä q u a t h e i t einer Ü b e r s e t z u n g den Vergleich d e r R e a k t i o n e n (responses) d e r QS- u n d d e r Z S - S p r e c h e r auf die Q S u n d die Z S - Ä u ß e r u n g . D a b e i h a n d e l t es sich hier n i c h t n u r u m die rein intellektuelle R e a k t i o n (d. h. d a s Verstehen), sondern a u c h u m die e m o t i o n a l e R e a k t i o n . Mit a n d e r e n W o r t e n , u n a b d i n g b a r e V o r a u s s e t z u n g f ü r eine a d ä q u a t e Ü b e r s e t z u n g ist die m a x i m a l g e n a u e Ü b e r t r a g u n g d e r e m o t i o n a l e n F ä r b u n g des Originals. W i r h a b e n bereits darauf verwiesen, d a ß d e r Ü b e r s e t z e r bei d e r A u s w a h l der einen oder a n d e r e n Realisationsweise des Ü b e r s e t z u n g s p r o z e s s e s die R e a k t i o n d e r verschiedensprachigen E m p f ä n g e r auf d e n QS- bzw. auf d e n Z S - T e x t gedanklich vergleicht. D a b e i müssen i n d e r Ü b e r s e t z u n g d u r c h a u s n i c h t die gleichen S t i l m i t t e l wie i m Original v e r w e n d e t w e r d e n . W i c h t i g ist n u r , d a ß d e r gleiche expressiv-stilistische E f f e k t erzielt wird, d. h. d a ß bei den E m p f ä n g e r n die möglichst gleiche R e a k t i o n h e r v o r g e r u f e n wird. D a s b e d e u t e t , d a ß der k o r r e l a t i v e E f f e k t dieser oder j e n e r stilistischer M i t t e l b e r ü c k s i c h t i g t werden m u ß . So spielt z. B. die A l l i t e r a t i o n u n t e r d e n Stilm i t t e l n des Englischen eine wesentlich größere Rolle, u n d d e r Versuch, sie bei d e r Ü b e r s e t z u n g v o m Englischen ins D e u t s c h e b e i z u b e h a l t e n , k a n n in m a n c h e n Fällen d a z u f ü h r e n , d a ß die k o n n o t a t i v e (d. h. die stilistischexpressive) B e d e u t u n g des Originals n i c h t richtig ü b e r t r a g e n wird. Vgl. z. B . den G e b r a u c h d e r Alliteration in den Zeitungs- u n d Z e i t s c h r i f t e n ü b e r schriften S U M M E R O F S U P P O R T , Q U I P S A N D Q U I R K S , F R E N Z Y AT FRANCONIA, FACE T H E F U T U R E . Dies b e d e u t e t jedoch n i c h t , d a ß d e r Ü b e r s e t z e r d e n G e b r a u c h d e r alliterierten W o r t v e r b i n d u n g im Original völlig ignorieren k a n n . D a z u ein Beispiel: Even for a Tory politician he set up a new record for the gap between promise
and
Performance.
I m vorliegenden S a t z wird die Alliteration als Mittel d e r expressiven H e r v o r h e b u n g d e r e i n a n d e r gegenübergestellten E l e m e n t e der Ä u ß e r u n g promise a n d Performance v e r w e n d e t . W e n n wir u n s bei d e r Ü b e r s e t z u n g auf die Ü b e r t r a g u n g d e r d e n o t a t i v e n B e d e u t u n g b e s c h r ä n k e n , e r h a l t e n wir e t w a die f o l g e n d e Variante: Sogar für einen Politiker der Tory-Partei war das eine noch nie dagewesene Kluft zwischen Versprechen und Einhaltung dieses Versprechens. D e r S i n n d e r Q S - Ä u ß e r u n g between promise and Performance ist hier m i t zwischen Versprechen und Einhaltung dieses Versprechens völlig a u s r e i c h e n d ü b e r t r a g e n w o r d e n . Auf ihre expressive F ä r b u n g , die K o n n o t a t i o n , t r i f f t d a s jedoch n i c h t zu. W a s ist in e i n e m solchen Fall zu t u n ? D e r G e b r a u c h d e r Alliteration in d e r d t . V a r i a n t e wäre keinesfalls a d ä q u a t . M a n k a n n n u n ver-
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Stilistische P r o b l e m e der Ü b e r s e t z u n g
suchen, ein Stilmittel zu finden, mit dem im Deutschen ein analoger Effekt erzielt wird: Sogar für einen Politiker der Tory-Partei war das eine noch nie dagewesene Kluft zwischen Wort und Tat. Um eine expressive Verstärkung zu erreichen, wurde hier also — abgesehen von der Reimbildung im Auslaut — eine phraseologische Wendung gebraucht, was allerdings auch zu einer gewissen inhaltlichen Modifizierung führte. Wort in der dt. Übersetzung hat eine allgemeinere Bedeutung als das engl. promise. Eine solche Generalisierung entstellt jedoch keinesfalls den Sinn der Äußerung als Ganzes, da aus dem Kontext hervorgeht, daß es sich hier um die Wahlversprechungen der Konservativen handelt. Gleichzeitig konnte aber durch den Gebrauch einer phraseologischen Wendung anstelle der alliterierten Wortverbindung der expressiv-stilistische Effekt der Äußerung erhalten und somit die „dynamische Äquivalenz" (oder Adäquatheit) der Übersetzung garantiert werden. RECKER führt ein ähnliches Beispiel an (RECKER 1 9 6 6 ) : Butler: donnish, dignified and dull; Hailsham: ebullient, erudite and erratic; Maudling: manly, matey and money-wise. Völlig zu Recht wird auf den humoristischen Effekt verwiesen, der sich hier mit der Verwendung der Alliteration erzielen läßt. Während es im Deutschen zur Übertragung der expressiven Funktion der Alliteration den Stabreim oder die Möglichkeit der Verwendung phraseologischer Mittel gibt, gebraucht man im Russischen zweckmäßigerweise die Reimbildung. Die von RECKER vorgeschlagene Übersetzung der ersten Zeile dieses Abschnittes ins Russische sieht folgendermaßen aus: Batler: akademiSen, priliöen i skuöen I m Deutschen könnte man bei diesem Beispiel analog dem Englischen auch die Alliteration oder den Stabreim verwenden, der „ästhetisch als eine Art Reim wirkt" (RIESEL, SCHENDELS 1 9 7 5 , S. 1 9 6 ) . Butler: gravitätisch, geziert und geistlos. Dabei ist es nicht wesentlich, daß z. B. dignified und priliöen im Russischen oder geziert im Deutschen nicht genau dasselbe sind. Dignified bedeutet eher „würdevoll", „imposant". Da wir es hier aber — wie RECKER völlig richtig bemerkt — nicht mit einer ernsthaften Analyse der Qualitäten und Mängel dieser drei Führer der Konservativen Partei zu tun haben, sondern mit einer satirischen Skizzierung in der Art des Epigramms, kann angenommen werden, daß die expressive Funktion (Erzielung eines humoristischen Effektes) in diesem Text keine geringere — wenn nicht sogar eine größere — Rolle spielt als die denotative Funktion. In diesem Fall sind die inhaltlichen Modifizierungen einzelner Wörter völlig berechtigt, dies um so mehr, als es für
Funktionelle Eigenschaften der Äußerung
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den Übersetzer eine offensichtlich unlösbare Aufgabe wäre, wenn er Wörter finden müßte, die nicht nur entsprechend „klingen", sondern in ihrer denotativen Bedeutung völlig identisch mit den oben angeführten engl. Adjektiven sind. Führt man die Übersetzung in diesem Sinne fort, könnte das Ergebnis im Deutschen etwa folgendermaßen aussehen: Hailsham: Exaltiert, ehrgeizig und enervierend; Maudling: Großspurig, gesellig und geldgierig. Die Übertragung der expressiven Funktion ist mit einigen semantischen Verschiebungen verbunden, doch diese entsprechen durchaus den vom situativen Modell vorgesehenen Veränderungen. Die Übersetzungen dignified= geziert, erudite — ehrgeizig, erratic = enervierend und manly—großspurig basieren z. B. auf bestimmten logischen Verbindungen zwischen den durch die Wörter bezeichneten Begriffen. Ein weiteres Stilmittel zur Realisierung der expressiven Funktion ist die Metapher. Dabei treten im Stil der Presse und Publizistik am häufigsten stereotype Metaphern auf, die einen ziemlich großen Häufigkeitsindex haben und vom Leser als etwas Gewohntes und für den gegebenen Stil Charakteristisches aufgenommen werden. Beim Übersetzen muß jedoch im Hinblick auf die „dynamische Äquivalenz" beachtet werden, daß sich ein Bild, das f ü r den Träger der einen Sprache gewohnt und sogar etwas abgegriffen ist, für den Träger der anderen Sprache als neu und originell erweisen kann. Dazu das folgende Beispiel: Both Tories and many right-wing Labour leaders have been surprised by the swelling tide of worhing class opinion, embodied primarily in the trade unions, which said "No" to the Common Market. Swelling tide ist im Englischen ein ganz gewöhnlicher bildhafter Ausdruck. Eine auf diesem Bild beruhende Metapher wäre jedoch f ü r das Deutsche äußerst ungewöhnlich. Auf der Suche nach einer anderen Lösung müssen wir vor allem die Bedeutung von opinion konkretisieren. Aus dem weiteren Kontext geht hervor, daß hier vom entschlossenen Auftreten der englischen Werktätigen gegen den Beitritt Englands zum Gemeinsamen Markt die Rede ist. Wir versuchen nun, im Deutschen eine analoge und gleichzeitig genügend stereotype Metapher zu finden: Sowohl die Tories als auch viele konservative Labour-Fuhrer sind von der immer mächtiger werdenden Front der Arbeiterklasse, vor allem der Gewerkschaften, gegen den Anschluß Englands an den Gemeinsamen Markt überrascht worden. Der Austausch eines Bildes, das einer bestimmten Metapher zugrunde liegt, wird in den Fällen erschwert, wenn er zusätzliche semantische Verschiebungen mit sich bringt.
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Stilistische Probleme der Übersetzung
But he is soaring into this world of fantasy because in the real world his policies are getting such a bashing from the working people. Er entschwebt lieber ins Reich der Phantasie, weil seine Politik in der rauhen Wirklichkeit eine heftige Abfuhr seitens der Werktätigen erfährt. Wir können this world of fantasy mit der für den dt. Leser gebräuchlichen Metapher Reich der Phantasie übersetzen. Im engl. Text steht this world of fantasy jedoch der Wortverbindung the real world gegenüber. Um diese Gegenüberstellung zu erhalten, müssen wir auch im Deutschen nach einem entsprechenden Bild suchen: Reich der Phantasie — rauhe Wirklichkeit. Eine solche Umformung kann als stilistisch-expressive Adaption bezeichnet werden. Hier handelt es sich um semantische Umformungen desselben Typs wie bei den im vorigen Kapitel beschriebenen situativ bedingten Paraphrasen. Die Notwendigkeit einer stilistisch-expressiven Adaption ergibt sich fast immer dann, wenn eine erweiterte Metapher folgender Art übersetzt werden muß: As for the London Foreign Office, it seems to matter little what government is in office; the moment negotiations to bring the cold war in Europe to an end are proposed they are smothered in an indigestible blanket of clotted damp wool whose verbal framework differs not an iota from Stewart. Bei diesem Beispiel ist es nicht ganz einfach, den deformierten Phraseologismus to put a wet blanket (on) zu erkennen, der etwa dem dt. jemandem eine kalte Dusche verpassen entspricht. Bei der Übersetzung wird der dt. Phraseologismus einer analogen Deformation unterworfen. Für das Londoner Außenministerium scheint es kaum eine Rolle zu spielen, welche Regierung gerade an der Macht ist : Sobald Verhandlungen über die Beendigung des kalten Krieges in Europa vorgeschlagen werden, versucht man dort sofort, diese Initiative in einem Schwall von so eisigem Wasser zu ertränken, wie es auch unter Stewart nicht eisiger hätte sein können. Der Austausch des Bildes, das der erweiterten Metapher zugrunde liegt, führte hier zur Adaption der gesamten Äußerung. Dabei mußte die gleiche logische Gegenüberstellung der Bilder eingehalten werden. In der engl. Variante erfolgt die Deformierung des Phraseologismus to put a wet blanket {on) im wesentlichen durch eine expressive Verstärkung. Es ist also nicht einfach von blanket die Rede, sondern von an indigestible blanket, nicht einfach von wet, sondern von of clotted damp wool. In ähnlicher Weise wurde das Bild, auf dem der entsprechende dt. Phraseologismus basiert, entwickelt: kalte Dusche — ein Schwall von eisigem Wasser. Diesem Bild müssen auch die übrigen Elemente der Äußerung angepaßt werden. Wenn im engl. Text der Gebrauch des Verbs smother (ersticken) im Zusammenhang mit einer Decke gerechtfertigt ist, so muß in der dt. Variante ein anderes Verb gesucht werden, das den gleichen semantischen Parameter (Liqu — „vernichten") zum
F u n k t i o n e l l e E i g e n s c h a f t e n der Ä u ß e r u n g
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Ausdruck bringt, aber in einer anderen Wortverbindung (ein Schwall von eiskaltem Wasser) auftreten kann. Hier bietet sieh ertränken an. Nun zu dem restlichen Teil dieses Satzes: Es könnte der Anschein entstehen, als gäbe es nichts Gemeinsames zwischen whose verbal framework etc. und wie es nicht eisiger hätte sein können. Wir müssen uns hier aber vor allem fragen, ob es sich vom Standpunkt der stilistischen Normen des Englischen wirklich um ein gelungenes Bild handelt (verbal framework/of a blanket) und ob hier nicht eine gebrochene Metapher vorliegt. I m Deutschen ist jedenfalls klar, daß mit ein Schwall von eisigem Wasser eben diese aufwendigen Reden gemeint sind. Deshalb wäre es auch unsinnig, diesen Schwall noch mit einer „verbalen Hülle" zu ergänzen. Man kann dafür das Bild entsprechend erweitern (. . . wie es auch unter Stewart nicht eisiger hätte sein können.). Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß es bei der Übersetzung einer erweiterten Metapher, die auf einem deformierten Phraseologismus basiert, äußerst wichtig ist zu bestimmen, in welcher Richtung das diesem Phraseologismus zugrunde liegende Bild verändert wird. Nur durch Erfassen dieser bildhaften Symbolik und der Logik ihrer Veränderung kann eine optimale Lösung erreicht werden. Hier ein analoges Beispiel: Pie in the sky is too colourless a phrase to describe Mr. Heath's closing speech to the Tory Party conference. It was more like caviar in the stratosphere. Bei diesem Beispiel wird der Phraseologismus ebenfalls durch eine expressive Verstärkung deformiert. Anstelle von pie steht caviar (eine exklusivere Speise), anstelle von sky steht stratosphere (noch höher, d. h. noch weiter von der Erde entfernt). Der humoristische Effekt beruht hier auf der Unsinnigkeit und Ungewöhnlichkeit der Wortverbindung caviar in the stratosphere. Wir versuchen, den gleichen Weg zu gehen, und nehmen das dt. Analogon dieses Phraseologismus als Ausgangspunkt — goldene Berge versprechen: Es wäre viel zu ausdrucksschwach, würde man sagen, Heaih habe . .. goldene Berge versprochen. Es waren schon eher ganze Gebirge aus Diamanten. Damit besteht die gleiche Tendenz zur Verstärkung, anstelle „goldene" steht aus Diamanten und für „Berge" steht ganze Gebirge; und ein ähnlich humoristischer Effekt wird erzielt durch den wenig Sinn ergebenden Zusammenhang zwischen Gebirge und aus Diamanten. Neben der stilistisch-expressiven Adaption erfordert die Übersetzung stereotyper metaphorischer Ausdrücke, einschließlich phraseologischer Einheiten, in einer Reihe von Fällen auch eine semantisch-syntaktische Adaption. This knocks the film "Operation Abolition" into the creek and nails the lies in the original police department records. Auf diese Weise werden die Autoren des Films „Operation Abolition" und
144
Stilistische Probleme der Übersetzung
diejenigen, auf deren Konto die Fälschungen der Polizeiakten gehen, der
Lüge
überführt. Knock into the creek bedeutet hier soviel wie „völlig entlarven". Diese Übersetzung gibt allerdings nur die denotative Bedeutung des engl. Ausdrucks wieder, nicht jedoch seine expressive Konnotation. Davon ausgehend wählen wir den expressiven Phraseologismus der Lüge uberführen. Nun kann als Objekt zu dieser Verbalphrase aber nur ein Substantiv auftreten, das eine Person bezeichnet (man kann keinen Film der Lüge überführen). Wir müssen daher einen situativ bedingten Austausch der Bezeichnungen zweier logisch verbundener Begriffe vornehmen (Gegenstand und derjenige, der ihn erschafft) und die Äußerung entsprechend den Normen der semantisch-syntaktischen Verträglichkeit der dt. Sprache umformen: Somit werden die Autoren des Films der Lüge überführt. I n diesem Falle erscheint es auch unnötig, diesen Ausdruck zu dublieren, wie dies im engl. Original geschah, wo das Verb nail ebenfalls in der Bedeutung „entlarven" gebraucht wird. Wir nehmen besser eine ähnliche semantische Umformung vor: Lies in the department records = Lügen in den Polizeiakten Fälscher der Polizeiakten = diejenigen, auf deren Konto die Fälschungen der Polizeiakten gehen. Unproblematischer ist die Entscheidung des Übersetzers immer dann, wenn einer expressiven Redewendung der QS eine feststehende Wendung der ZS entspricht. Das trifft z. B. auf die Übersetzung des ironischen engl. Ausdrucks not the most modest of men mit sich nicht durch übertriebene Bescheidenheit hervortun zu. I n beiden Sprachen wird die Ironie mit Hilfe einer euphemistischen Wendung zum Ausdruck gebracht : Sam Erwin, not the most modest of men, cheerfülly accepts both compliments. Sam Erwin, nicht eben ein Muster an Bescheidenheit, nahm die beiden Komplimente gern an. Eine Verstärkung der Expressivität muß genauso als Verletzung der Bedingungen der „dynamischen Äquivalenz" angesehen werden wie eine Abschwächung dieser Expressivität. Dazu das folgende Beispiel : Die Entscheidung, eine Kampfeinheit der Kriegsmarine in das Gebiet des Golfs von Bengalen zu entsenden, widerspiegelte haargenau die gesamte Politik der USA gegenüber den um ihre nationale Befreiung kämpfenden Völkern. The décision to send a U.S. naval task force into the Bay of Bengal reflected to a hair the entire U.S. policy vis-à-vis the national-libération movements. Bei seiner Entscheidung, das Bild beizubehalten, das dem im dt. Satz gebrauchten Vergleich zugrunde liegt, hat der Übersetzer nicht beachtet, daß es sich dabei um ein sehr abgegriffenes Bild handelt und daß dieser Ausdruck beim dt. Leser schon längst keine klaren bildhaften Assoziationen mehr hervorruft. Der Redakteur hat deshalb völlig richtig gehandelt, als er dem ZS-Text die überflüssige Expressivität n a h m :
Funktionelle E i g e n s c h a f t e n der Äußerung
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The décision to send a U.S. naval task force into the Bay of Bengal reflected in a small way the entire U.S. policy vis-à-vis the national-libération movements. Natürlich werden in Zeitungstexten mit Informationscharakter außer der Metapher und dem Vergleich auch noch andere expressive Mittel angewandt. Besondere Bedeutung kommt dabei der expressiv gefärbten Lexik zu : Eine Heidenangst bekamen auch die braven Befürworter des alten Huts von einem geteilten Europa und die Verfechter einer Nato-Politik der Aufrüstung und der Verschärfung der Spannungen. Von den Champs Elysées dringt die mißtönende Stimme des „Figaro", die den Franzosen angst und bange macht vor der Gefahr einer Anerkennung der europäischen Nachkriegsgrenzen und der Aussicht, daß es mit der Rolle Europas als Anhängsel der amerikanischen Macht vorbei sein könnte. In diesem Ausschnitt fällt auf, daß eine ganze Reihe von Wörtern mit negativer konnotativer Bedeutung gebraucht wird. Die negative Expressivität entsteht durch das umgangssprachliche bzw. salopp-umgangssprachliche eine Heidenangst bekommen, des alten Huts, angst und bange machen oder durch das literarische Verfechter und mißtönende Stimme. Diese Verschiedenartigkeit der benutzten Stilmittel kann als ein charakteristischer Zug der Pressepublizistik angesehen werden. Der Gebrauch eines so breiten Spektrums stilistischer Mittel stellt den Übersetzer aber oft vor eine schwierige Aufgabe. Eigentlich muß er solche Entsprechungen finden, die nicht nur die gleiche Expressivität aufweisen, sondern auch noch der gleichen Stilebene angehören. Mit anderen Worten müßte also die engl. Entsprechung für das dt. eine Heidenangst bekommen nicht nur eine negative expressive Färbung haben, sondern auch noch zur gleichen Stilebene gehören. Dies ist zum Glück jedoch nicht unbedingt nötig. Wir müssen uns fragen, weshalb der Journalist hier die umgangssprachliche oder salopp-umgangssprachliche Lexik gebraucht. Doch wohl, weil er ein Ziel verfolgt, das sich grundsätzlich von dem unterscheidet, dem der Gebrauch dieser Lexik in der schöngeistigen Literatur untergeordnet ist. Wenn dort diese Art Lexik zur sprachlichen Charakterisierung der handelnden Personen benutzt wird, so werden in einem Zeitschriftenartikel salopp-umgangssprachliche und umgangssprachliche Elemente ausschließlich wegen der ihnen eigenen expressiven Färbung verwendet und stilistisch neutralen oder nicht genügend expressiven literarischen Synonymen vorgezogen. (Vgl. z. B. Angst bekommen und eine Heidenangst bekommen.) Auch die spezifisch literatursprachliche Lexik wird zum gleichen Zweck gebraucht. Ihr gehobener Charakter ist eine geeignete Grundlage für spöttisch-ironische und verächtliche Schattierungen. Später soll noch ausführlich auf die funktionalstilistischen Charakteristika 10
Übersetzung
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Stilistische Probleme der Übersetzung
der Zeitungslexik im Englischen im Vergleich zum Deutschen eingegangen werden. An dieser Stelle sei nur darauf verwiesen, daß der Übersetzer in diesem wie auch in allen anderen Fällen f ü r seine Entscheidung das Kommunikationsziel beachten muß. Er muß berücksichtigen, daß hier mit den umgangssprachlichen, salopp-umgangssprachlichen und spezifisch literarischen Elementen deutlich auf eine negative Expressivität abgezielt wird. This gave the jitters to some moth-eaten champions of a divided Europe and the mouth-pieces of Nato's policy of militarization an further tension. From Champs Elysees comes the scream of Le Figaro alerting the French to a bloodchilling prospect of recognized post-war European boundaries and of an end to Europe's role as an appendage to U.S. power. I m engl. Text wird ein entsprechender stilistischer Effekt durch die expressiv gefärbten Elemente jitters, moth-eaten, mouth-piece und blood-chilling erreicht. Dabei werden auch einige Bedeutungsverschiebungen in Kauf genommen. So bedeutet z. B. moth-eaten champion of a divided Europe nicht braver Befürworter des alten Huts von einem geteilten Europa, sondern von den Motten zerfressener Fürsprecher eines geteilten Europas. Die übertragene Bedeutung dieser Wortverbindung entspricht jedoch völlig dem Deutschen, obwohl sie auf einem anderen Bild beruht. Scream bedeutet nicht mißtönende Stimme, sondern Geschrei, Gekreisch, doch in diesem Falle wird die Verschiebung in der denotativen Bedeutung durch die expressive Färbung dieses Wortes kompensiert. Bei dieser Übersetzung findet auch eine Methode Anwendung, von der bereits im Zusammenhang mit der Übertragung der denotativen Bedeutung die Rede war — die Methode der Kompensation. Wir werden z. B. im Englischen kaum ein Wort oder eine Wendung finden, die dem dt. angst und bange machen expressiv äquivalent ist. Wenn wir das Verb alert („vor einer Gefahr, Bedrohung warnen") gebrauchen, muß das Fehlen der expressiven Komponente kompensiert werden. Hier geschieht das durch die Wortverbindung bloodchilling prospect. Eine solche Ergänzung ist nur logisch, da ein kausaler Zusammenhang besteht: Wenn jemandem angst und bange gemacht wird, dann muß das auch Angst hervorrufen. Die übertriebene Expressivität des engl, blood-chilling („terrifyingly horrible") wird natürlich als Ausdruck der Ironie empfunden. Eine solche Übersetzung kann durchaus als adäquat (d. h. dynamisch äquivalent, eine ähnliche Reaktion hervorrufend) betrachtet werden. Ein besonderes Problem stellt die Übersetzung der in englischen und besonders in amerikanischen Zeitungstexten und in militär-publizistischen Texten häufig auftretenden Slangausdrücke dar. Die Entscheidung des Übersetzers hängt dabei weitgehend von der funktionalen Rolle dieser Ausdrücke im Text ab. Dazu ein Beispiel aus einem Artikel des „Morning S t a r " :
Funktionelle E i g e n s c h a f t e n der Äußerung
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But the fact remains that the people of Spain in their overwhelming majority hateFranco's guts and his thugs. Der Übersetzer wird sich, bevor er eine Entsprechung für den engl. Ausdruck hate one's guts sucht, die Frage stellen, wieso er in diesem T e x t gebraucht wird. Er steht nicht in der direkten Rede, wo er als Mittel für die Charakterisierung des Sprechenden aufgefaßt werden könnte, sondern in der Rede des Autors, und dabei handelt es sich um einen seriösen Artikel, der sich mit der Lage in Spanien befaßt. Offensichtlich hat der Autor des Artikels diesen Ausdruck ausschließlich seiner expressiven Wirkung wegen benutzt. In der Stilistik wird diese Methode des Einschaltens eines "Wortes in einen fremden stilistischen Kontext als Transposition bezeichnet. I m Englischen ist der Slang eine der wichtigsten Quellen der expressiven Lexik (familiär, geringschätzig, humoristisch gefärbt usw.), und während in der schöngeistigen Prosa diese Substandardismen (d. h. nicht der literarischen Norm entsprechend) nur in gewissen Grenzen in die Rede des Autors einbezogen werden können, zeigt die Sprache der Presse ihnen gegenüber insgesamt eine viel größere Toleranz. Davon ausgehend, kann der angeführte Satz wie folgt übersetzt werden: Aber die Fakten beweisen, daß die uberwiegende Mehrheit des spanischen Volkes Franco und seine Halsabschneider bis auf den Tod haßt. Ein anderer Fall liegt vor, wenn der Slang in der direkten Rede auftritt, wenn also zitiert wird: And he knows that "Community control of police is where it's at". Hier ist der Gebrauch einer entsprechenden umgangssprachlichen Form in der Übersetzung erforderlich: Und er weiß, daß eine öffentliche Kontrolle der Polizei das A und O des Ganzen ist. Das im Jargon der Hippies entstandene und in den Slang der Jugendlichen übernommene it's at bedeutet „das Wesen einer Sache, das Wichtigste". Die Verwendung der inhaltlich äquivalenten literatursprachlichen Entsprechung das ist das Wesen der Sache hätte hier aber offensichtlich zur Entstellung der konnotativen Bedeutung des Satzes geführt. Die Übertragung der umgangssprachlichen Färbung, die im gegebenen Fall für die Ubersetzung als Mittel der sprachlichen Charakterisierung relevant, d. h. wesentlich ist, wird in diesem Fall durch den Gebrauch der entsprechenden Lexik und einer umgangssprachlichen syntaktischen Konstruktion erreicht. (Von den mit der Übertragung von Slangausdrücken verbundenen Problemen wird noch ausführlicher im Abschnitt über Militärpublizistik die Rede sein.) Als ein expressives Mittel wird auch die terminologisierte Lexik verwendet, die metaphorisch gebraucht wird und die damit ihre terminologische Bedeutung verloren hat: Journalists, too, overkill with jargon and pretentious usages because they come quickly to mind and Substitute for thinking. 10»
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Stilistische P r o b l e m e d e r Ü b e r s e t z u n g
In dem angeführten Beispiel wird ein Terminus der Kernstrategie benutzt: „overkill" bedeutet soviel wie „Übervernichtung", d. h. ein Zuviel an Vernichtungskraft und wird im „Random House Dictionary". definiert als: „the capacity of a nation to destroy, by nuclear weapons, more of an enemy than would be necessary for a military victory". Dieser Terminus hat in der amerikanischen und englischen Presse eine große Verbreitung gefunden und wurde dann auf Grund seiner bildhaften inneren Form auch im übertragenen Sinne gebraucht. Wie könnte er nun im vorliegenden Fall übersetzt werden? Eine Variante wie Auch die Journalisten mißbrauchen den Jargon. . . wäre in bezugauf die denotative Inhaltskomponente völlig adäquat. Die stilistisch-expressive Komponente hätte der Übersetzer dabei allerdings vernachlässigt. Es ist deshalb besser, ein anderes Bild zu benutzen: Auch die Journalisten überschütten den Leser mit einer Flui von Jargonismen und hochtrabenden Ausdrücken, weil diese schnell zur Hand sind und das Denken ersparen. Wir haben bereits darauf verwiesen, daß, obwohl die denotative und die expressive Funktion zweifellos die wichtigsten Funktionen für den untersuchten Redestil darstellen, auch anderen Funktionen eine gewichtige Rolle zukommen kann. Wir denken z. B. an die im Genre der Presse und Publizistik benutzten Wortspiele. Natürlich werden mit der Verwendung von Wortspielen auch expressive Ziele verfolgt. Doch im Unterschied zu anderen Stilmitteln, die zum Ausdruck der expressiven Funktion benutzt werden, wird beim Wortspiel die unmittelbare Form der Äußerung, die poetische Funktion also, kommunikativ relevant; besteht doch das Wesen des Wortspiels in der geschickten humoristischen Ausnutzung verschiedener Bedeutungen derselben oder zweier ähnlicher Formen. Wir können den humoristischen Effekt eines Wortspiels also nur übertragen, indem wir eine entsprechende Form in der Zielsprache wählen, was jedoch ohne bestimmte Veränderungen der denotativen Bedeutung nahezu unmöglich ist. Dies ist allerdings auch nicht so wesentlich, da hier die denotative Funktion — wie in den oben untersuchten Fällen von Alliteration — nicht die entscheidende Rolle spielt. Der folgende Satz stammt aus dem Artikel einer amerikanischen Zeitschrift, in dem die Situation während eines Fernsehwettbewerbs beschrieben wird: As the television Cameras pan contestants and the critics pan the show, muscles twitch, words are flübbed, sweat drenches dinner jackets and gowns. Die Wirkung dieses Satzes basiert auf der humoristischen Gegenüberstellung zweier Wörter (pan) mit der gleichen Lautform, aber mit völlig unterschiedlichen Bedeutungen. Es handelt sich im Grunde genommen also um Homonyme. Das eine ist die gekürzte Form von panorama und bedeutet „mit einer Fernseh- oder Kinokamera eine Panoramaaufnahme machen", „panoramie-
Funktionelle Eigenschaften der Äußerung
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ren"; das andere ist durch Konversion des Substantivs pan in der Bedeutung „Bratpfanne, Tiegel" entstanden und beinhaltet „scharf kritisieren, herunterreißen". Der Versuch, im Deutschen eine Form zu finden, die den Bedeutungen „eine Panoramaaufnahme machen" und „scharf kritisieren" entspricht, dürfte kaum zu einem positiven Ergebnis führen, denn Homonymie und Polysemie sind mehr oder weniger zufällige Erscheinungen natürlicher Sprachen, und Fälle von in verschiedenen Sprachen zusammenfallender Homonymie gibt es äußerst selten. Wir versuchen also, einen anderen Weg zu gehen. Wovon ist in diesem Satz die Rede ? Es wird mitgeteilt, daß die Teilnehmer des Wettbewerbs schwitzen und nervös sind, ja daß der Schweiß in Strömen fließt und der Grund dafür in den hin und her schwenkenden Fernsehkameras und den heftigen Attakken der Kritiker zu suchen ist. Da der dt. Leser aber diese Fernsehkameras nicht mit Hitze assoziiert (im Gegensatz zum engl, pan, das „panoramieren", „schwenken", „kritisieren" bedeutet), muß ein anderes entsprechendes Zubehör des Fernsehstudios gewählt werden, und zwar die Studioscheinwerfer, die man mit Hitze und einem nervösen Zustand der vor den Kameras Agierenden assoziieren kann. I m vorliegenden Fall können wir das Wortspiel auch im Deutschen erhalten, wenn wir das Verb schwitzen verwenden, und zwar in seiner direkten Bedeutung („unter der starken Bestrahlung der Scheinwerfer schwitzen") und im übertragenen Sinn („Blut und Wasser schwitzen angesichts heftiger Kritik"). Die Übersetzung des engl. Satzes ins Deutsche könnte also wie folgt lauten: Unter dem. Licht der Scheinwerfer und den heftigen Angriffen der Kritiker schwitzend, zucken die Kandidaten nervös zusammen, verheddern sich beim Sprechen und triefen vor Schweiß in ihren Smokings und Abendkleidern. Dazu ein weiteres Beispiel: If Congress can't or won't keep the President from going to war — and apparently it can't or won't — perhaps it can do the next best thing and keep him from going to movies. Hier beruht das Wortspiel auf der geschickten Ausnützung zweier Bedeutungen des Verbs go, und zwar der phraseologisch gebundenen in go to war („den Krieg beginnen, in den Krieg ziehen") und der Grundbedeutung in go to movies („ins Kino gehen"). Wir versuchen einen ähnlichen Effekt zu erzielen, indem wir die verschiedenen Bedeutungen des dt. marschieren gegenüberstellen. Wenn der Kongreß den Präsidenten schon nicht davon abhalten kann oder will, in den Krieg zu marschieren — und offensichtlich kann oder will er das nicht —, vielleicht kann er ihn dann wenigstens davon abhalten, ins Kino zu marschieren. Die Übertragung von Wortspielen und anderen Stilmitteln, die mit der poetischen Funktion der Rede verbunden sind, fordern vom Übersetzer ein hohes
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Stilistische Probleme der Übersetzung
Maß an Können und Erfindungsgabe. Daher wären fertige Rezepte völlig fehl am Platze. Hier können deshalb auch nur einige allgemeine Prinzipien aufgezeigt werden, deren erfolgreiche Realisierung weitgehend von den individuellen Fähigkeiten des Übersetzers abhängt. Abschließend sollen noch einige Probleme angesprochen werden, die mit der Übertragung der metalinguistischen Funktion zusammenhängen, d. h. der Funktion, die die unterschiedlichen Äußerungen über die Sprache umfaßt. Anders ausgedrückt, wird der „ K o d e " selbst (d. h. die Sprache, ihre Formen und Ausdrücke) zum Thema der Äußerung. Dabei besteht die Schwierigkeit darin, daß der Übersetzer eine bestimmte Meinung über die QS, die oft wertenden Charakter hat, in die ZS übertragen muß. NBC commentator David Brinkley says he likes the terra "uptight" better than earlier, less expressive terms, stich as "tensed up". Up tight ist ein Neologismus des amerikanischen Slangs. I m 1971 erschienenen Wörterbuch von E. Landy, „ T h e Underground Dictionary", finden wir folgende Bestimmung: 1. In a State of extreme tensions or great anxiety. 2. Inhibited. Eine ähnliche Definition wird auch im Beispiel selbst gegeben, wo up tight dem Ausdruck tensed up gegenübersteht. W i e kann der Übersetzer in diesem Fall vorgehen ? Die Suche nach saloppumgangssprachlichen oder nach Jargonausdrücken mit der Bedeutung „angespannt", „beunruhigt" bzw. „gehemmt" wird kaum zu einer befriedigenden Lösung führen. Es muß vor allem davon ausgegangen werden, daß nicht unbedingt in jeder Sprache eine salopp-umgangssprachliche lexikalische Einheit oder ein Jargonismus zur Bezeichnung des gegebenen Begriffs existiert. Doch selbst wenn es im Deutschen eine solche Einheit gäbe, könnte sie kaum benutzt werden, da diese Einheiten gewöhnlich eine deutlich ausgedrückte lokale oder temporale Färbung aufweisen. I n unserem Beispiel ist von einer Neubildung die Rede, und es wird darauf hingewiesen, daß diese expressiver ist, als der bisher im Englischen benutzte Ausdruck. Offensichtlich basiert die Expressivität dieses Neologismus auf seiner völlig durchsichtigen inneren Form. U m nun dem Leser den Sinn der geäußerten' Meinung klarzumachen (better than earlier, less expressive terms), kann der Übersetzer versuchen, die innere Form wiederzuspiegeln: NBC Kommentator David Brinkley meint, ihm würde der Ausdruck „unter Hochspannung stehen" besser gefallen als früher verwendete, weniger anschauliche Ausdrücke wie „sehr gespannt". I m Deutschen ist unter Hochspannung stehen natürlich kein Jargonismus, doch der Leser weiß ja, daß hier nicht von einem dt., sondern von einem amerikanischen Jargonausdruck die Rede ist. Deshalb ist das Unerwartete, die Normfremdheit und Neuigkeit dieses Ausdrucks völlig gerechtfertigt.
Stilbesonderheiten in Presse und Publizistik
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Wir können somit zusammenfassend feststellen, daß die funktionellen Eigenschaften einer Äußerung als einer der „Filter" anzusehen sind, die die Wahl der einen oder der anderen Realisationsweise der Übersetzung einschränken. Diese Realisationsweisen — d. h. der Übersetzungsmechanismus — lassen sich dabei auf die im vorhergehenden Kapitel besprochenen Umformungen der Äußerung und ihrer Elemente reduzieren.
2.
Die Übertragung einiger Besonderheiten des Stils der Presse und der Publizistik beim Ubersetzen
An dieser Stelle soll etwas zu den „Filtern" gesagt werden, die den Umfang der in der ZS gebrauchten sprachlichen Mittel begrenzen. Es handelt sich dabei um jene Fälle, bei denen eine bestimmte QS-Äußerung durch verschiedene mehr oder weniger gleichwertige Methoden in die ZS übertragen werden kann, wobei jedoch der Stil oder das Genre dieser Äußerung der Wahl der Übersetzungsmethode bestimmte Beschränkungen auferlegen. Hier ist also von Beschränkungen die Rede, die mit der stilistischen Verschiedenartigkeit der Sprache im Zusammenhang stehen. Dabei stellen auch die Redestile selbst bei weitem keine einheitlichen Gebilde dar. Der sogenannte Stil der Presse und Publizistik zerfällt wiederum in verschiedene Sub- oder Genrestile, von denen jeder durch eine Anzahl bestimmter syntaktischer und lexikalischer Mittel charakterisiert wird. Wie wir bereits festgestellt haben, kann es sich dabei nicht nur um sprachliche Mittel handeln, die ausschließlich innerhalb des gegebenen Genres benutzt werden, sondern auch u m Mittel, die vorrangig zu diesem Genre tendieren. Für die Erhellung der Gesetzmäßigkeiten, die mit der Übertragung bestimmter Unterscheidungsmerkmale des gegebenen Stils oder Genres in der Übersetzung zusammenhängen, spielen die Erkenntnisse der vergleichenden Stilistik eine äußerst wichtige Rolle. Mit anderen Worten muß der Übersetzer, u m den Wirkungsmechanismus der „stilistischen Filter" aufdecken zu können, vor allem wissen, welche sprachlichen Mittel innerhalb eines bestimmten Redestils oder Genres in der QS und in der ZS vorrangig angewandt werden (SVEJCER 1971). Zeitungsüberschriften Bei dem Vergleich von dt. und engl. Presse- und publizistischen Texten wird sichtbar, daß es zwischen diesen wesentliche Unterschiede gibt, die bei der Übersetzung berücksichtigt werden müssen. Dabei kann in den einzelnen Fällen das Inventar der benutzten sprachlichen Mittel mehr oder weniger streng reglementiert sein.
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Stilistische Probleme der Übersetzung
Bereits bei einem Vergleich engl, und dt. Überschriften wird eine Reihe von Unterscheidungsmerkmalen aufgedeckt, die in der Übersetzung ihren Niederschlag finden. So werden in den engl. Überschriften vorwiegend verbale Wendungen gebraucht (FRANCO PLANS T R I A L ; TUC C H I E F S GO OVER TO ATTACK; MORTARS P I N DOWN LON NOL FORCE), in denen das Verb „to be" in der Regel weggelassen wird (NOEL F I E L D S D E A D ; 255 R E LEASED). Eine in der Vergangenheit abgelaufene Handlung wird durch das Verb im Präsens bezeichnet (CONCORDE LANDS AT H E A T H R O W ; GEN. K O E N I G D I E S ; WORLD'S G R E A T E S T F A I R ENDS) und eine zukünftige Handlung durch den Infinitiv ausgedrückt (TO "CONFRONT" ROLLS-ROYCE; P H O N E R E P A I R E R S TO S T R I K E ; OIL S I T E S MEN TO R E T U R N ) . In dt. Zeitungsüberschriften werden dagegen viel häufiger Nominalkonstruktionen verwendet (USA-Präsident Carter zum SALT II-Abkommen; Skandalöser Umgang der Justiz mit Auschwitz-Akten; Hetzveranstaltung von Neofaschisten), und bei verbalen Wendungen finden nicht nur das Präsens, sondern vor allem auch das Präteritum breite Anwendung {Dr. Kurt Waldheim beendete Besuch in der SR Vietnam; Kriegsrecht in Bolivien verkündet; Vollversammlung der UNO schloß Generaldebatte ab). In diesen Fällen lassen sich die Gesetzmäßigkeiten des Übersetzens relativ leicht in Form von „Regeln" der syntaktischen Transformation formalisieren. („Regeln" muß hier allerdings in Anführungszeichen stehen, weil die Gesetzmäßigkeiten des Übersetzens, die Wahrscheinlichkeitscharakter haben, nur bedingt als solche bezeichnet werden können.) So wird z. B. die in der Überschrift verwendete dt. Nominalkonstruktion, bei der das Nomen im Nominativ den Prozeß und das Nomen im Genitiv das Subjekt dieses Prozesses bezeichnet, oft in einen Satz transformiert, in dem das Subjekt durch ein Nomen und der Prozeß durch ein Verb ausgedrückt werden. Von diesen „Regeln" wird auch die Zeitform des engl. Verbs bestimmt (unbestimmtes Präsens). Flucht des entführten Generals -*• Entführter General geflohen = K I D N A P P E D G E N E R A L ESCAPED — K I D N A P P E D G E N E R A L ESCAPES. Wenn jedoch in einer dt. Zeitungsüberschrift eine Nominalkonstruktion gebraucht wird, bei der das im Nominativ stehende Nomen den Prozeß, das im Genitiv stehende Nomen aber nicht das Subjekt, sondern das Objekt dieses Prozesses bezeichnet, dann wird eine andere Transformation vorgenommen: Die Nominalkonstruktion wird in einen Satz umgeformt, in dem das das Objekt bezeichnende Nomen als grammatisches Subjekt auftritt und der Prozeß durch die Form des Partizips I I ohne das Verb „to be" ausgedrückt wird.
Stilbesonderheiten in Presse und Publizistik
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Verlegung britischer Truppen nach Malta-*Britische Truppen werden nach Malta verlegt = B R I T I S H TROOPS ARE A I R L I F T E D TO MALTA — B R I T I S H TROOPS A I R L I F T E D TO MALTA. Wie aus diesen Beispielen ersichtlich ist, entfällt im Englischen auch der Artikel. In anderen Fällen erweist sich nicht das Transformationsmodell, sondern das Modell der lexikalisch-syntaktischen Umformung als günstiger, da es mit Hilfe dieses Modells möglich ist, Beziehungen der semantischen Äquivalenz zwischen grammatischen und lexikalischen Mitteln der Sprache herzustellen. In der dt. Überschrift Bevorstehender Besuch von Ky in Washington wird z. B. die Bedeutung der Zukunft lexikalisch durch das Adjektiv bevorstehender übertragen. In der semantisch äquivalenten engl. Überschrift K Y TO VISIT WASHINGTON wird die gleiche Bedeutung durch eine entsprechende grammatische Konstruktion wiedergegeben (KY TO VISIT WASHINGTON—KY I S TO VISIT WASHINGTON). Bei der Übersetzung von Zeitungsüberschriften muß beachtet werden, daß sich diese nicht nur durch bestimmte grammatische Konstruktionen, sondern auch durch eine sogenannte „Überschriftenlexik" (headline vocabulary) auszeichnen. Lesley S E L L E R S führt z. B. in einem „Handbuch für Journalisten" ( S E L L E E S 1968) eine Liste von Wörtern des „Uberschriftenjargons" auf: ban, bid, claim, crack, crash, cut, dash, hit, move, pact, plea, probe, quit, quiz, rap, Red, rush, slash. Die Besonderheit dieser „Überschriftenwörter" liegt nicht nur in der Häufigkeit ihres Gebrauchs, sondern auch in ihrem „universellen" Charakter. Das Wort pact z. B. kann nicht nur „Pakt" heißen, sondern auch „Vertrag", „Vereinbarung", „Übereinkunft", „Geschäft" usw. Das Verb hit bedeutet „kritisches Auftreten" im weitesten Sinn, Red kann sowohl „kommunistisch" als' auch „sozialistisch" oder auch „progressiv" bedeuten. Wie stellt sich dieses Problem nun beim Übersetzen dar? R E P O R T RAPS LACK OF LAW REFORM NUT RAPS NASTERS' S T R I K E CALL I m ersten Fall ist von dem Bericht einer Kommission die Rede, die zur Untersuchung gesetzgeberischer Reformen gebildet wurde. I m Kontext dieser Überschrift kann das Verb rap, das in den Bedeutungen „kritisieren", „verurteilen" und „enthüllen" gebraucht wird, mit enthüllen übersetzt werden. (Untersuchungsbericht enthüllt Mangel an gesetzgeberischen Reformen. I m zweiten Fall geht es um die Nationale Gewerkschaft der Lehrer, die sich gegen den Beschluß der Nationalen Gewerkschaft der Mittelschuldirektoren, einen Streik auszurufen, wendet. (Im Text des Artikels heißt es: Leaders of the National Union of Teachers yesterday strongly opposed the ac-
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Stilistische Probleme der Übersetzung
tion of the National Association of Schoolmasters announcing a one-day strike on June 5). Nationale Lehrergewerkschaft wendet sich gegen Aufruf der Schuldirektoren zum Streik. Die angeführten Beispiele machen bereits deutlich, daß es unsinnig wäre, nach einer „ständigen" Entsprechung für das eine wie auch f ü r jedes andere Überschriftenwort zu suchen. Die Bedeutung dieser Wörter ist so breit und verschwommen, daß sie unmöglich durch ein einziges dt. Wort bestimmt werden kann. Wir betrachten daher die Bedeutungskonkretisierung unter Beachtung sowohl des Kontextes der Überschrift als auch des Kontextes der Meldung selbst als Voraussetzung für die Übersetzung solcher Wörter. Dies trifft auch für die Übersetzung des Substantivs bid zu, das häufig in Zeitungsüberschriften zu finden ist. Seine Bedeutung kann noch weniger bestimmt werden als die des Verbs rap. Es kann sowohl „Aufruf" heißen als auch „Einladung" oder auch „Versuch, ein bestimmtes Ziel zu erreichen". NATIONAL GALLERY LAUNCHES BID TO BUY T H E T I T I A N Der Kontext der Überschrift ist hier eindeutig unzureichend, da bid in diesem Falle sowohl „Aufruf" als auch „Versuch" bedeuten kann. Deshalb müssen wir den Text der Zeitungsmeldung hinzuziehen: The National Gallery is to make every effort to buy Titian's "Death of Actaeon". Bid bedeutet hier also „Versuch", „Bemühung": Nationalgalerie bemüht sich um Gemälde Tizians Genauso unzureichend ist auch der Kontext einer anderen Überschrift: BID TO STOP N E W POLICE P O W E R S Auch in diesem Fall muß der Kontext der Zeitungsmeldung zu Hilfe genommen werden: Members of the Parliamentary Civil Liberties Group will try today to have deleted a clause in the Bill concerning police powers of search and seizure. Es geht also um eine Gruppe von Parlamentariern, die gegen die Annahme einer Gesetzesvorlage auftritt, die die Vollmachten der Polizei erweitern soll. I n entsprechenden dt. Zeitungsüberschriften wird am häufigsten die Nominalform gebraucht, z. B.: Keine Ausweitung polizeilicher Vollmachten Bid dient hier als „Stützwort", das nicht unbedingt übersetzt werden muß. Es signalisiert lediglich, daß die nachfolgende Wortverbindung ein bestimmtes Aktionsprogramm bezeichnet. Bei dem nächsten Beispiel SUDAN ARMY R E G I M E ' S BID TO CRUSH T H E L E F T muß dagegen die Bedeutung von bid auf jeden Fall übertragen werden. Sudanesisches Militärregime versucht Linke zu zerschlagen.
Stilbesonderheiten in Presse und Publizistik
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Bei Wortverbindungen des T y p s peace bid muß neben dem engeren wiederum der weitere Kontext herangezogen werden. In einer Zeitungsmeldung mit der Überschrift SOVIET PEACE B I D ist von sowjetischen Vorschlägen zur friedlichen Regelung des Konflikts im Nahen Osten die Rede. Eine Übersetzung der Überschrift mit Sowjetische Friedensinitiative könnte hier als optimale Variante bezeichnet werden. Wenn die Konkretisierung der Bedeutung von peace bid auf der Grundlage des weiteren und engeren Kontextes erfolgt, so spielt bei der Auswahl der konkreten ZS-Variante der engere Kontext, der die lexikalische Verbindlichkeit einer gegebenen Einheit bestimmt, die entscheidende Rolle. Der Inhalt einer Überschrift ergibt sich in der Regel aus der Einführung der Nachricht (lead). In der Einführung einer Meldung mit der Überschrift TUC TO QUIZ UNIONS ON P R I V A T E RADIO heißt es: The TUC is to ask affiliated unions for their views on proposed commercial radio stations. Das Verb quiz, das im Kontext der Zeitungsüberschrift „prüfen", „ausforschen", „verhören" und „nachfragen" bedeuten kann, wird hier folglich als Synonym des Verbs ask gebraucht (to quiz unions = to ash unions for their views). Die Überschrift kann also mit Britischer Gewerkschaftskongreß befragt Gewerkschaften zum Thema kommerzielle Rundfunkstationen übersetzt werden. (TUC = Trade(s) Union Congress) Ein ebenfalls häufig gebrauchtes Überschriftenwort ist das Verb quit. I n der folgenden Überschrift wird es als Synonym für leave gebraucht: CIA MAN QUITS I S R A E L The head of the US Central Intelligence Agency, Mr. Richard Helmes, yesterday left Israel. CIA-Chef verläßt Israel In einer anderen Überschrift wird quit als Synonym für withdraw benutzt: T E L L US TO QUIT kann unter Hinzuziehung des weiteren Kontextes übersetzt werden m i t : Fordert Abzug der Amerikaner In der Überschrift UNIONS BOSS QUITS wird dieses Verb schließlich in der gleichen Bedeutung wie resign gebraucht: Gewerkschaftsboß tritt zurück Eine besondere Schwierigkeit stellt die Übersetzung der in engl. Zeitungsüberschriften oft gebrauchten Nominalkonstruktionen mit einer Anhäufung von mehreren Attributen dar, die sich auf dasselbe Determinatum beziehen. Hierbei tauchen die gleichen Probleme der semantischen Analyse auf, wie wir sie bereits im vorigen Kapitel berührt haben. F I G H T S I X SELLOUT CALL Wie viele andere Zeitungsüberschriften dieses Typs ist auch die vorliegende
Stilistische P r o b l e m e der Übersetzung
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"Überschrift vom Z S - S t a n d p u n k t aus semantisch unvollständig und erfordert eine Erweiterung. Vor allem aber muß ihre semantische S t r u k t u r bestimmt werden: F I G H T S I X S E L L O U T CALL
FIGTH SIX SELLOUT
O.ALI
F I G H T S I X S E L L O U T CALL wird also transformiert in CALL TO F I G H T S I X S E L L O U T . Die W o r t v e r b i n d u n g S I X S E L L O U T bleibt jedoch ohne den weiteren, dem Leser der Zeitung bekannten K o n t e x t unverständlich (semantisch unvollständig). S I X — das sind die sechs Länder, aus denen der sogenannte Gemeinsame Markt besteht. Sellout bedeutet soviel wie „Ausverkauf". I m gegebenen Beispiel ist six nicht das Subjekt der Handlung, die durch sellout bezeichnet wird, wie angenommen werden k ö n n t e ; es ist also nicht von einem Verkauf durch „Sechs" die Rede, sondern von einem Ausverkauf bzw. von einer Auslieferung durch diejenigen, die England in den Gemeinsamen Markt hineinziehen wollen. Die Überschrift kann daher wie folgt übersetzt werden: Aufruf zum Kampf gegen Auslieferung Englands an den Gemeinsamen Markt I n den Überschriften wird viel häufiger als im Text einer Meldung umgangssprachliche Lexik benutzt. Zum Beispiel wurde die weniger umgangssprachliche Übersetzungsvariante M I N I S T R Y O F F I N A N C E P R E F E R S 'NO' (für einen Artikel mit der Überschrift Finanzministerium ist für „Nein") von einem R e d a k t e u r verändert in M I N I S T R Y O F F I N A N C E L I K E S TO SAY 'NO'. Wird in der dt. Überschrift umgangssprachlich gefärbte Lexik benutzt, so muß diese Stilfärbung auf jeden Fall auch in der Übersetzung erhalten bleiben. Die Überschrift einer Zeitungsmeldung zu der Ausweisung eines amerikanischen Spions aus einem afrikanischen Land Rausgeschmissen kann z. B. mit Hilfe der umgangssprachlichen W e n d u n g S E N T P A C K I N G a d ä q u a t wiedergegeben werden. Ein bei der Bildung engl. Zeitungsüberschriften oft verwendetes Stilmittel ist die Alliteration. (Natürlich ist die Anwendung der Alliteration in der russischen Variante völlig ausgeschlossen, da dieses Stilmittel im Russischen äußerst selten gebraucht wird und auf alle Fälle dem gegebenen Genre völlig f r e m d ist.) Auch im Deutschen wird die Alliteration nicht in diesem U m f a n g und nicht unbedingt mit dem gleichen stilistischen Effekt gebraucht. I n vielen Fällen muß der Übersetzer daher nach einem anderen geeigneten stilistischen
S t i l b e s o n d e r h e i t e n in P r e s s e u n d P u b l i z i s t i k
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Mittel suchen. Er kann z. B. bei der Übertragung der Überschrift eines Artikels TEAMING IS T O P S FOR TRAINING, in dem von den Vorzügen der Gruppenausbildung die Rede ist, die aphoristische Form der engl. Überschrift erhalten und vielleicht sogar noch verstärken: Ausbildung in der Gruppe — der Schlüssel zum Erfolg Bei der Übersetzung von Überschriften ist schließlich noch zu beachten, daß diese als ein Element der Textstruktur (discourse structure), der formalen, kompositionellen und semantischen Struktur des Textes anzusehen sind. Die strukturelle Organisierung des Textes ordnet sich den stilistischen Normen der einen oder anderen Sprache unter, die zwischen QS und ZS aufgedeckten Unterschiede dieser Organisierung müssen daher im Übersetzungsprozeß Berücksichtigung finden ( N I D A 1 9 6 9 ; N I D A , T A B E R 1 9 6 9 ) . Der Übersetzer kann also auch die strukturellen und semantischen Beziehungen zwischen der Überschrift und dem Text einer Pressemeldung nicht außer acht lassen. Zwischen engl, und dt. Überschriften können dabei einige wesentliche Unterschiede beobachtet werden. S E L L E R S hat das Prinzip der Bildung von Überschriften in der englischen Presse so formuliert: "Headlines should teil the story, the sages say" ( S E L L E R S 1 9 6 8 ) . Solche dt. Überschriften, wie z. B. Eintreffen der Delegation, Häftlingsaufstand, Fall Anderson oder Entschlossener Protest, sind vom Standpunkt der in der engl. Publizistik geltenden Regeln für den Aufbau eines Pressetextes nicht informativ genug. So werden z. B. f ü r die Übersetzung der Überschrift Eintreffen der Delegation zusätzliche Fakten benötigt, u m welche Delegation es sich handelt, wo die Delegation eingetroffen ist. Aus dem Text der Meldung geht hervor, daß es sich um die Ankunft einer ugandischen Delegation in Moskau handelt. Auf der Grundlage dieses Informationsminimums kann die Überschrift übersetzt werden mit UGANDA DELEGATION VISITS MOSCOW. I n einer mit Häftlingsaufstand überschriebenen Meldung wird über den Aufstand irischer Patrioten im Gefängnis von Belfast berichtet. Eine mögliche Übersetzung wäre: P R I S O N E R S REVOLT I N BELFAST Unter einer Überschrift Der Fall Anderson wird von Versuchen offizieller Kreise der USA berichtet, den Korrespondenten der „Washington Post", Anderson, zur Verantwortung zu ziehen, da dieser geheime Dokumente über die Rolle der USA im indisch-pakistanischen Konflikt enthüllt hatte. Diese Nachricht könnte im Englischen überschrieben werden mit: B I D TO INDICT ANDERSON oder B I D TO INDICT 'WASHINGTON POST' MAN. Auch eine wörtliche Übersetzung der Überschrift Entschlossener Protest
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Stilistische Probleme der Übersetzung
würde das oben formulierte Prinzip der Bildung von Überschriften im Englischen verletzen. Der Zusatzinformation aus dem Text der Meldung zufolge handelt es sich um einen Protest des japanischen Außenministeriums gegen die Durchführung chinesischer Kernwaffenversuche in der Atmosphäre. Eine mögliche engl. Überschrift für diesen Text wäre: J A P A N E S E R A P C H I N E S E BLAST An dieser Stelle könnte sich nun die Frage erheben, ob es sich bei der Übersetzung von Überschriften überhaupt um eine Übersetzung handelt. Wenn man die angeführten Beispiele nur als Übertragung der gegebenen Wortverbindungen betrachtet, dann ist der Terminus „Übersetzung" natürlich kaum anwendbar. Der Umfang der in den Überschriften enthaltenen Information wird so erweitert, daß wir dem Wesen nach über die Grenzen jener semantischen Umformungen hinausgehen, die im Übersetzungsprozeß zulässig sind. Wenn man jedoch die Überschrift als Bestandteil der Textstruktur auffaßt, dann müssen solche semantische Modifizierungen vom Standpunkt der stilistisch bedingten Unterschiede in der Textstruktur als völlig berechtigt angesehen werden, denn diese Unterschiede bestimmen nicht nur die Divergenzen in der syntaktischen Struktur der Zeitungsüberschriften und ihrer lexikalischen Gestaltung, sondern auch den Mindestumfang an Information, der für die Bildung der Überschrift erforderlich ist.
Die S t r u k t u r der Pressemeldung Die deutlichsten Merkmale struktureller Organisiertheit zeigt die kurze Einführung (lead, intro) der Pressemeldung. Ihre Struktur muß bestimmte Forderungen erfüllen. Gewöhnlich enthält die Einführung ein Resümee der wichtigsten oder interessantesten Fakten der Meldung. Ihr schließt sich dann normalerweise eine detaillierte Darbietung des Materials an. Früher waren die Einführungen von Pressemeldungen der englischen und amerikanischen Zeitungen nach einem recht einfachen Prinzip aufgebaut, sie sollten aus einem Satz bestehen, der auf sechs Fragen Antwort gab: Wer? Wann? Wo? Warum? Was? Wie? Heute wird diese Regel weniger streng gehandhabt. Nach wie vor muß die Einführung auf solche Fragen Antwort geben, es müssen jedoch nicht unbedingt alle Fragen beantwortet werden, auch muß nicht die gesamte Information in einem einzigen Satz zusammengefaßt sein. So sind Einführungen zulässig, die aus zwei, drei oder sogar fünf bis sechs Sätzen bestehen. Sowohl im Englischen als auch im Deutschen werden in der Einführung bestimmte Standardformulierungen gebraucht, zum Beispiel Formulierungen, die auf die Informationsquelle verweisen:
Stilbesonderheiten in Presse u n d Publizistik
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Wie X mitteilte X said Wie X berichtete X reported X gab bekannt X announced Nach Angaben von X according to X Aus X wird gemeldet it is reported Wie aus X gemeldet wird from X Wie aus X verlautet Die strukturellen Unterschiede zwischen den Einführungen dt. und engl. Pressemeldungen betreffen vor allem die Wortstellung. I m Deutschen kann der Bezug auf die Informationsquelle am Anfang oder am Ende der Einführung stehen: Nach Angaben aus Detroit wurde zwischen den Vertretern der Gewerkschaft und der Konzernleitung von „General Motors" eine vorläufige Vereinbarung getroffen. Die Bosse des kapitalistischen Großkonzerns „General Motors" sahen sich gezwungen, den Arbeitern teilweise Zugeständnisse zu machen, wurde aus De-
troit
gemeldet.
I n engl. Zeitungsmeldungen steht der entsprechende Hinweis auf die Informationsquelle gewöhnlich am Ende des einführenden Absatzes: Gen. Pierre Koenig, former French Defence Minister and military governor of Paris after the Liberation in 1944, died in hospital in Paris on Wednesday, it
was announced
yesterday.
Davon ausgehend, kann eine einfache Transformationsregel aufgestellt werden: Der Teil des Satzes, der die Informationsquelle angibt, wird bei Übersetzungen vom Deutschen ins Englische an das Ende der Äußerung gestellt, während er bei Übersetzungen vom Englischen ins Deutsche an den Anfang oder das Ende der Äußerung gestellt werden kann. Danach müßten die beiden weiter oben angeführten dt. Sätze etwa wie folgt ins Englische übersetzt werden: Representatives of the trade union and the General Motors management have reached a preliminary agreement, it was reported from Detroit. The bosses of General Motors, a major capitalist corporation, had to make partial concessions to the workers, it was announced in Detroit. Für die Übersetzung des engl. Satzes ins Deutsche sind dagegen zwei Möglichkeiten gegeben: Wie gestern gemeldet wurde, starb am Mittwoch in einem Pariser Krankenhaus General Pierre Koenig, ehemaliger Verteidigungsminister und Militärgouverneur von Paris nach der Befreiung Frankreichs 1944. General Pierre Koenig, ehemaliger Verteidigungsminister und nach der Befreiung Frankreichs 1944 Militärgouverneur von Paris, starb am Mittwoch in einem Pariser Krankenhaus, wie gestern bekannt wurde.
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Stilistische P r o b l e m e der Ü b e r s e t z u n g
Bei der Untersuchung der syntaktischen Struktur des engl. Satzes in der Pressemeldung fällt die Verwendung der direkten, d. h. nicht invertierten Wortstellung auf. Subjekt und Prädikat stehen gewöhnlich am Anfang des Satzes, ihnen schließen sich die adverbiale Bestimmung des Ortes und die adverbiale Bestimmung der Zeit an. In den Einführungen dt. Pressemeldungen kann dagegen auch die invertierte Wortstellung beobachtet werden. Diese Inversion steht mit der Realisierung von Thema und Rhema, den Komponenten der semantischen Struktur einer Äußerung, im Zusammenhang. Bei der Übersetzung von Pressemeldungen müssen die Probleme, die mit der Übersetzung dieser Komponenten verbunden sind, unter Beachtung einiger spezifischer Züge des untersuchten Genres gelöst werden. Heute begann in Delhi die vierte Konferenz der Schriftsteller Asiens und Afrikas. In Norwegen traf heute eine Delegation des Obersten Sowjets der UdSSR ein. I m ersten Beispiel ist die vierte Konferenz der Schriftsteller Asiens und Afrikas das Rhema der Äußerung. I m engl. Text kann eine adverbiale Bestimmung der Zeit oder des Ortes aber nicht Ausgangspunkt der Äußerung sein, wir müssen also eine entsprechende Umstellung vornehmen. Eine lexikalisch-syntaktische Umformung, nach der eine der adverbialen Bestimmungen in das Subjekt des engl. Satzes verwandelt und das im dt. Satz gebrauchte Verb durch sein Konversiv ersetzt wird, erscheint hier kaum möglich. Wir lösen deshalb aus der Wortgruppe des Rhemas dessen strukturellsemantischen Kern — vierte Konferenz— und den abhängigen Teil — der Schriftsteller Asiens und Afrikas — heraus und formen den abhängigen Teil zum Thema des engl. Satzes um, dazu tritt ein entsprechendes Verb (meet): Asian and African writers have met for their 4th Conference in Delhi today. Beim zweiten Satz ist ein anderes Vorgehen möglich. Auch hier kann die Temporalbestimmung nicht zum Subjekt des engl. Satzes umgewandelt werden, mit der Lokalbestimmung (in Norwegen) ist das aber durchaus möglich, und zwar unter der Voraussetzung, daß im engl. Text anstelle eines Äquivalentes für das dt. Verb eintreffen dessen Konversiv verwendet wird. Das vorliegende dt. Verb wird in der kontextuellen Bedeutung von „als Gäste ankommen, eintreffen" gebraucht, und es kann durch den konversiven Ausdruck „als Gäste empfangen" ersetzt werden. Die Temporalbestimmung muß dann entsprechend den spezifischen Bedingungen des gegebenen Genres am Ende der Äußerung erscheinen: Norway isplaying host to a delegation of the TJSSR Supreme Soviet today. Aus dem Obengesagten folgt jedoch nicht, daß die adverbiale Bestimmung der Zeit um jeden Preis an das Ende der Mitteilung gestellt werden muß. In einer Reihe von Fällen kann die Umstellung nämlich zu einer Sinnentstellung der QS-Äußerung führen. Dazu das folgende Beispiel: Heute erfolgte in der demokratischen Führungsspitze ein Meinungsaustausch
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über den optimistischen Bericht des Präsidenten zur wirtschaftlichen Lage der Nation. Stellen wir nun die Temporalbestimmung an das Ende des Satzes: Top Democrats disputed the President's optimistic report of the nation's economic position today. In diesem Falle bezieht sich die Temporalbestimmung nicht auf die durch das Verb disputed bezeichnete Handlung, sondern auf economic position. Economic position today würde soviel bedeuten wie „gegenwärtige wirtschaftliche Lage". Solche Sinnentstellungen können vermieden werden, wenn in diesen Fällen eine Wortstellung gewählt wird, bei der die Beziehung der adverbialen Bestimmung zum prädikativen Verb unzweideutig ist. Die stilistischen Normen des gegebenen Genres erlauben es allerdings nicht, die adverbiale Bestimmung der Zeit am Anfang des Satzes beizubehalten. Im vorliegenden Fall sind also zwei Varianten möglich: 1. Adverbiale Bestimmung vor dem prädikativen Verb: Top Democrats today disputed the President's optimistic report of the nation's economic position. 2. Adverbiale Bestimmung nach dem prädikativen Verb: Top Democrats disputed today the President's optimistic report of the nation's economic position. Einführungen werden in der Regel nach dem Prinzip aufgebaut, daß die wichtigere Information im ersten Satz bzw., wenn der erste Satz ein Satzgefüge ist, im Hauptsatz enthalten sein muß. Dabei steht der Hauptsatz gewöhnlich an erster Stelle. In einem Lehrbuch zum publizistischen Stil wird das folgende Beispiel eines falschen Aufbaus der Einführung angeführt ( H E Y N , B R I E R 1 9 6 9 ) : Two firemen fought their way into a smoke-filled building where ahoy was trapped on the second floor and died of asphyxiation. Neben der ungenügenden Klarheit des Auf baus (aus dem Text geht nicht eindeutig hervor, wer ums Leben kam, der Junge oder die Feuerwehrleute) ist hier eine weitere wesentliche Unzulänglichkeit zu verzeichnen: Die wichtigste Informationskomponente findet der Leser, nachdem ihm einige zweitrangige Details mitgeteilt worden sind, erst ganz am Ende der Meldung. Dies bedeutet eine Verletzung des Prinzips, nach dem in einer Pressemeldung zuerst das Wichtigste, dann die Details mitgeteilt werden. Für die oben genannte Mitteilung wird daher folgende Verbesserung vorgeschlagen: Two firemen were asphyxiated today while trying to rescue a boy trapped on the second floor of a smoke-filled building. Bei einer Übersetzung vom Deutschen ins Englische muß also erst einmal festgestellt werden, inwieweit die Struktur der Einführung dem Prinzip „to say first things first" entspricht. Werden wesentliche Abweichungen von 11
Übersetzung
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Stilistische Probleme der Übersetzung
diesem Prinzip beobachtet, muß der Übersetzer entsprechende Veränderungen der Textstruktur vornehmen. Das UNO-Komitee zur Abschaffung der Rassendiskriminierung hat seine Arbeit beendet. Die Mehrheit seiner Mitglieder verurteilte Rassendiskriminierung und Rassentrennung in scharfer Form.
In dieser Mitteilung befindet sich das wichtigste Element der Information im zweiten Satz (Verurteilung von Rassendiskriminierung und Rassentrennung). I m ersten Satz werden eher zweitrangige Details angeführt. Der entsprechende engl. Text muß daher anders aufgebaut werden, zum Beispiel so: Racial discrimination and segregation were strongly denounced members of a UN committee. The Committee To End Racial has just finished its work.
by most of the Discrimination
Einer weiteren wichtigen Regel für den Aufbau einer Pressemeldung zufolge darf die Einführung nicht mit Informationen überladen werden. Schwierige syntaktische Gebilde mit einem großen Informationsumfang sollten deshalb in einfachere Sätze aufgespalten werden. Dazu ein von H e y n und Brieb angeführtes Beispiel: Sen. Wayne Morse announced today he has requested hearings by the Senate Agriculture Committee on a House-passed bill to change the present formula under which 25 per cent of gross receipts from national forests are paid to counties in lieu of taxes.
Für diesen Satz wird die folgende redigierte Variante vorgeschlagen: Sen. Wayne Morse said today he has asked for hearings on a House-passed bill changing the basis of allocating national forest revenue to counties. At present counties get 25 per cent of gross receipts, instead of taxes. The Senate Agriculture Committee would conduct the hearings.
Für das Übersetzen läßt sich die wichtige Schlußfolgerung ableiten, daß, wenn der einführende Satz der QS-Meldung einen äußerst großen Informationsumfang hat, diese Information auf zwei oder mehrere Sätze aufgeteilt werden sollte. Dabei muß der erste Satz die wichtigsten Komponenten der zu übermittelnden Information enthalten. Die im Zentralen Hochland kämpfenden südvietnamesischen Patrioten haben in den vergangenen sechs Monaten ständig Stellungen der amerikanischen und Saigoner Truppen entlang der gesamten Verteidigungslinie angegriffen und konnten dadurch, so berichtete die Nachrichtenagentur der Befreiungskräfte, einen Vergeltungsschlag des Gegners im Gebiet nahe der laotischen und kambodschanischen Grenze verhindern.
Der vorliegende Satz ist eindeutig mit Informationen überladen. Wir versuchen also, diese Information auf zwei Sätze zu verteilen, wobei im ersten Satz das mitgeteilt werden soll, was als wesentliche Information angesehen
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werden kann: das Ergebnis der Angriffe der Patrioten, d.h. die Vereitelung des Vergeltungsschlages. South-Vietnamese patriots have forestalled an enemy punitive operation near the Laotian and Cambodian borders, the Liberation News Agency reports. This was achieved by continuous attacks during the past six months on the entire USSaigon defence line in the Central Plateau area. Bei der Übersetzung vom Englischen ins Deutsche kann sich eine syntaktische Umstellung des Textes in den Fällen als notwendig erweisen, wo Teile des engl. Satzes durch die in Einführungen von Pressemeldungen häufig vorkommende Konjunktion as verbunden sind. Labor yesterday stepped up its attacks on President Nixon's 90-day wage-price freeze as the administration sought to smooth its relations with AFL-SIO President George Meany. Im Deutschen ist die Verbindung von zwei Äußerungen dieser Art innerhalb eines Satzes nicht immer möglich. Der vorliegende engl. Satz kann bei der Übersetzung in zwei Sätzen wiedergegeben werden, wobei der sematische Zusammenhang zwischen diesen Äußerungen durch die den zweiten Satz einleitende Wendung zur gleichen Zeit ausgedrückt wird: Die Gewerkschaften verstärkten gestern ihre Angriffe auf das von Präsident Nixon durchgesetzte 90tägige Einfrieren der Löhne und Preise. Zur gleichen Zeit war die Regierung bemüht, ein entspannleres Verhältnis zum Präsidenten der AFL-SIO, George Meany, zu schaffen. Bei dem folgenden Beispiel ist die Verbindung zwischen Haupt- und Xebensatz des Satzgefüges durch die Konjunktion as semantisch so schwach und unbestimmt, daß eine Übersetzung des untergeordneten Satzes mit zwei selbständigen Sätzen vertretbar ist: Pakistan has launched full scale war on India, Premier Indira Gandhi charged in Delhi yesterday, as bombs rained on eight Indian airfields, and a national state of emergency was declared. Pakistan wurde von Premierministerin Indira Gandhi gestern in Delhi beschuldigt, einen militärischen Großangriff auf Indien begonnen zu haben. Acht indische Flugplätze sind massiv bombardiert worden. Im ganzen Land wurde der Notstand ausgerufen. Die Umformung eines Teils der Äußerung in einen selbständigen Satz ist auch dann möglich, wenn der zu übersetzende engl. Satz eine Wendung mit der Präposition in enthält, die in der Funktion einer adverbialen Ergänzung auftritt. (GAVKILENKO hebt das Auftreten solcher Wendungen in kurzen Pressemeldungen hervor [GAVKILENKO 1 9 7 3 ] . ) In the world's worst aviation disaster, two airliners groping through a snowstorm toward International Airport and La Guardia Field collided over the city yesterday, killing at least 131 persons. Ii«
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Diese Äußerung kann ebenfalls in mehrere Sätze zerlegt werden. Die Partizipialkonstruktion am Ende des engl. Satzes (killing at least 131 persons), die in einem anderen Kontext auch mit Hilfe der Konjunktion wobei übersetzt werden könnte, wird hier in einen selbständigen Satz umgeformt, der durch die Bewertung des Ereignisses (the world's worst aviation disaster) ergänzt wird: Über New York stießen gestern zwei Passagierflugzeuge zusammen. Sie hatten während eines Schneetreibens versucht, den Internationalen Flughafen und den Flugplatz La Ouardia zu erreichen. Bei dieser bisher schwersten Flugzeugkatastrophe der Welt kamen mindestens 131 Menschen ums Leben. Ein wesentlicher Aspekt der Textstruktur ist die Identifizierung der handelnden Personen. Im Englischen wird die handelnde Person, wenn sie zum erstenmal im Nebensatz erwähnt wird, durch das Personalpronomen bezeichnet. Die endgültige Identifizierung erfolgt dann im Hauptsatz (When he stepped off the bus, Fred was killed. Fred wurde getötet, als er aus dem Bus stieg.). Vgl. das von LEVICKAJA und FITERMAN ( 1 9 7 1 ) angeführte Beispiel: When he is seeing Gromyko, Brown could also discuss with him the nuclear non-proliferation draft treaty. I m Deutschen wird dagegen die handelnde Person in der Regel schon bei der ersten Erwähnung identifiziert, unabhängig davon, ob dies im Hauptoder im Nebensatz der Fall ist: Wenn Brown mit Gromyko zusammentrifft, könnte er auch mit ihm über den Entwurf eines Vertrages über die Nichtweiterverbreitung von Kernwaffen sprechen. In den Einführungen dt. Pressetexte sind Sätze zu finden, in denen die vom prädikativen Verb ausgedrückte Handlung auf eine beliebige dritte Person bezogen werden kann. Wer in Amerika war und dort einmal ein bis zwei Stunden vor dem Fernsehgerät zugebracht hat, muß ganz einfach Mitleid mit den Amerikanern haben, die eine nahezu unverdauliche Mischung aus Verbrechen und Reklame, billigen Shows und ständig von Werbung unterbrochenen Filmen vorgesetzt bekommen. Es gibt im Englischen natürlich parallele Ausdrucksweisen, z. B . He who has visited America . . . Ein solch epischer Beginn wäre für einen Zeitungsartikel allerdings wenig geeignet. One who has visited . . . klingt pedantisch korrekt und ist für die Sprache der Presse ebenfalls nicht annehmbar. Möglich ist dagegen eine umgangssprachlichere Form mit dem Pronomen you: If you have spent an hour or so watching American TV, you couldn't but sympathize with Americans who live on a horrible diet of crime and advertising, cheap shows and cut-up films. Wir haben hier also unter verschiedenen synonymen Formen diejenige ausgewählt, die dem untersuchten Stil am ehesten entspricht.
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Aus der Untersuchung struktureller Besonderheiten von Pressetexten, die für den Übersetzungsprozeß von wesentlicher Bedeutung sind, kann gefolgert werden, daß die „Übersetzungsregeln" in dem Maße einen immer flexibleren Charakter annehmen, wie von den Überschriften und kurzen Einführungen zu den weniger starr strukturierten Textteilen übergegangen wird. Hierin zeigt sich ein charakteristischer Zug des Pressetextes, der ihn z. B. vom Text eines offiziellen Dokumentes unterscheidet. Es handelt sich um die relativ große — wenn auch nicht absolute — Freiheit der Auswahl der für den Aufbau eines solchen Textes benutzten sprachlichen Mittel. (Davon kann man sich leicht überzeugen, wenn man die Struktur eines Zeitungstextes mit der sehr stark reglementierten Struktur eines Kampfbefehls vergleicht, wie sie von N E L J U B I N [1968] analysiert worden ist.) Aus diesem Grunde sind auch die „Regeln" für die Übersetzung von Pressetexten wesentlich flexibler als die Regeln für die Übersetzung von offiziellen Dokumenten, deren Text nach bestimmten syntaktischen Modellen aufgebaut ist und der sich eines beschränkten Repertoires lexikalischer Mittel bedient. Dabei wird davon ausgegangen, daß Konstruktionen mit einem Nomen actionis im russ. und dt. Stil der Presse und Publizistik eine verbreitetere Erscheinung sind als im engl. ( D E N I S E N K O 1964). Unter den „Regeln", die für die Übersetzung von dt. Pressetexten ins Englische formuliert werden könnten, wäre z. B. die folgende zu nennen: Ein dt. Satz, in dem das Subjekt durch eine Nominalphrase ausgedrückt wird, die aus einem einen bestimmten Prozeß bezeichnenden Nomen und einem anderen Nomen besteht, das das Subjekt oder das Objekt dieses Prozesses bezeichnet (z. B. Vormarsch der Truppe oder Verleihung eines Ordens) und in dem das Prädikat durch ein dem semantischen Parameter „Func" (Funk'tionstyp, Grundverb beim grammatischen Subjekt) entsprechendes Verb ausgedrückt wird (z. B. erfolgen), kann in einen Kernsatz transformiert werden, in dem der Prozeß durch ein Verb und sein Subjekt durch ein Nomen ausgedrückt wird: Die Herausbildung kommunistischer Anschauungen erfolgt unter den Bedingungen eines erbitterten ideologischen Kampfes. I n diesem Satz wird die Nominalphrase die Herausbildung kommunistischer Anschauungen transformiert in kommunistische Anschauungen bilden sich heraus, und das Verb erfolgen wird somit überflüssig: Kommunistische Anschauungen bilden sich unter den Bedingungen eines erbitterten ideologischen Kampfes heraus. Damit haben wir nach N I D A die Äußerung f ü r die Übertragung (transfer) vorbereitet, indem ihr in der QS bereits die Form gegeben wurde, die der ZSÄußerung am nächsten k o m m t : Communist views are shaped in an atmosphere of bitter ideological struggle.
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A u s dem Zuvorgesagten folgt jedoch nicht, daß Konstruktionen mit einem Nomen actionis dem Englischen bzw. dem engl. Pressestil grundsätzlich fremd wären. Es handelt sich hier lediglich um die größere bzw. geringere Häufigkeit bestimmter parallel anwendbarer, d. h. synonymer Mittel innerhalb eines bestimmten Funktionalstils. Anders ausgedrückt, ist der Gebrauch einer ähnlichen engl. Konstruktion mit einem Nomen actionis in einem analogen K o n t e x t im Prinzip möglich, wenngleich weniger wahrscheinlich. A n dieser Stelle muß festgestellt werden, daß fast alle Regeln und Gesetzmäßigkeiten des Übersetzens diesen Wahrscheinlichkeitscharakter haben. Dieses wird u. a. auch ersichtlich bei der Lösung des Problems, das mit der unterschiedlichen Häufigkeit bestimmter lexikalischer Einheiten, d. h. von Wörtern und phraseologischen Einheiten, zusammenhängt.
U n t e r s c h i e d e in der H ä u f i g k e i t lexikalischer E i n h e i t e n Bei der Frage nach der Benutzbarkeit einer bestimmten sprachlichen Einheit innerhalb eines bestimmten Stils muß auch die Häufigkeit ihres Gebrauchs berücksichtigt werden. Oft findet der Übersetzer für eine Einheit der Q S eine Einheit der Z S , die-dieser zwar in ihrer denotativen Bedeutung genau entspricht, aber innerhalb des gegebenen Funktionalstils wesentlich seltener gebraucht wird. Nun ist es durchaus zu vertreten, daß der Übersetzer diese Einheit gelegentlich benutzt. Der interferierende Einfluß der QS, über den wir bereits gesprochen haben, zeigt sich aber u. a. auch in der Nichtbeachtung des oben beschriebenen Prinzips der relativen Häufigkeit. Es kommt zu einer Überladung des ZS-Textes mit Einheiten, die für den betreffenden Funktionalstil wenig charakteristisch sind. Die Nichtbeachtung des quantitativen Prinzips führt letztendlich zu qualitativen Veränderungen, d. h. zur Verletzung der stilistischen Norm der Z S . A l s Beispiel dafür wollen wir einige lexikalische Einheiten anführen, die im dt. Stil der Presse und Publizistik recht häufig verwendet werden. Zwei von diesen häufig gebrauchten Wörtern sind die Verben garantieren und gewährleisten. Ein noch unerfahrener Übersetzer findet in den deutsch-englischen Wörterbüchern oder in Übersetzungsmaterialien die Entsprechungen guarantee, Warrant, vouch for und ensure und verbindet oft vor allem mit dieser letztgenannten Entsprechung eine einzige feststehende Bedeutung. Das dt. gewährleisten wird immer (oder fast immer) mit ensure ins Englische übersetzt. Dabei wird aber nicht beachtet, daß im Gegensatz zu den dt. Verben gewährleisten, garantieren, die recht häufig in- Pressetexten zu finden sind (ein hohes Entwicklungstempo gewährleisten, die Versorgung der Bevölkerung gewährleisten, einen höheren Lebensstandard garantieren usw.), das V e r b
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ensure im entsprechenden Stil des Englischen bei weitem nicht so oft gebraucht wird. Die falsche Analogie, die auf diese Weise zwischen dem dt. gewährleisten und dem engl, ensure hergestellt wird, führt zur Verletzung der stilistischen Norm der engl. Sprache und ist ein charakteristisches Merkmal der sogenannten Translatese, der künstlichen Übersetzungssprache, die sich unter dem interferierenden Einfluß der QS herausbildet. Pravo na trud, otdych i social'noe obespeöenie v starosti obespecivaetsja vsern grazdanam nasej strany soglasno konstitucii 8S8R. Das Recht auf Arbeit, Erholung und soziale Sicherheit im Alter wird gemäß der Verfassung der UdSSR für alle Bürger unseres Landes gewährleistet. The right to work, leisure and social security in old age is ensured for all our citizens under the USSR constitution. Zum Vergleich die vom Redakteur berichtigte Variante: The right to work, leisure and social security in old age is guaranteed to all citizens under the USSR constitution. Es ist also wichtig, daß der Übersetzer in engl. Texten auch die entsprechenden Synonyme von ensure verwendet (make sure, make certain, make safe z. B.). Bei der Übersetzung von Verbindungen des Verbs gewährleisten bzw. garantieren mit einem Nomen actionis muß jedoch vor allem der semantische Gehalt des dt. Verbs bestimmt werden: Bedeutet es in Verbindung mit dem entsprechenden Schlüsselwort „garantieren" (etwas wahr, unzweifelhaft werden lassen) oder drückt es einfach nur den semantischen Parameter „Caus" aus (eine Situation schaffen, etw. so machen, daß . . .). Trotz all ihrer Bemühungen können bürgerliche Reformisten keine Wirtschaftsplanung auf nationaler Ebene garantieren. Try as they would, bourgeois reformists cannot ensure planned economic development on a national scale. Dazu die von einem Redakteur korrigierte Variante: Try as they would, bourgeois reformists cannot do economic planning on a national scale. Hier drückt garantieren den Parameter „Caus" aus. Das wird deutlich, wenn man diesen Satz umformt, und zwar in eine Verbindung des Verbs tun mit einem das Ziel bezeichnenden Nebensatz: können es nicht so tun, daß die Wirtschaft auf nationaler Ebene geplant wird. In einer Reihe von Fällen gebraucht der Übersetzer anstelle des „universalen" Äquivalents ensure ein Verb, das im Englischen den gegebenen semantischen Parameter in Verbindung mit einem bestimmten Substantiv zum Ausdruck bringt. Nur die Führung durch die kommunistische Partei gewährleistete den Sieg der proletarischen Revolution und den Aufbau eines sozialistischen Staates.
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The communist Party's guidance led to the victory of the proletarian revolution and the establishment of a socialist state. Bei diesem Beispiel erfolgt gewissermaßen eine Konkretisierung der Bedeutung von garantieren, gewährleisten, den Sieg gewährleisten — zum Siege führen. Diese semantische Umformung kann bereits in der QS erfolgen und damit der Übertragung vorausgehen (Stadium der innersprachlichen Übersetzung). I m dt. Stil der Presse und Publizistik sind Wortverbindungen mit dem Stützwort Kreise weit verbreitet (reaktionäre Kreise, offizielle Kreise, Geschäftskreise, herrschende Kreise). In fast allen Fällen kann dieses Wort durch die direkte Entsprechung circles ins Englische übersetzt werden. Im Englischen werden allerdings Wortverbindungen mit circles weitaus seltener gebraucht als Verbindungen mit dem Wort Kreise im Deutschen. Erfahrene Übersetzer wechseln deshalb zwischen der direkten Entsprechung dieses Wortes und kontextuellen Ersatzvarianten: In bestimmten Kreisen hat diese Zeitung einen schlechten Ruf. This newspaper has a bad reputation in certain quarters. Das Problem des Kampfes gegen die Umweltverschmutzung ist in letzter Zeit in wissenschaftlichen Kreisen ausfuhrlich diskutiert worden. The problem of environmental control has been widely debated of late in the scientific community. Die Wiederaufnahme der Bombenangriffe auf das Gebiet der Demokratischen Republik Vietnam durch die Vereinigten Staaten wurde von weiten Kreisen der Weltöffentlichkeit scharf verurteilt. The resumption by the U.S. of bombing raids on the Democratic Republic of Vietnam was sternly condemned by broad sections of the world public. Die bei diesen Übersetzungen verwendeten „kontextuellen Ersatzwörter" bezeichnen entweder einen weiteren Begriff (z. B. sections) oder aber benachbarte oder konkretere Begriffe (quarters, community). Bei der Auswahl der Ersatzwörter müssen die Gesetzmäßigkeiten der semantischen Verträglichkeit der ZS berücksichtigt werden. So wird quarters hauptsächlich in Verbindungen wie certain quarters, high quarters, official quarters gebraucht, die in adverbialen Bestimmungen des Ortes auftreten ( f r o m high quarters, in official quarters). Darin zeigt sich auch die Beziehung zur Grundbedeutung von quarters („housing accomodations, place of residence, lodging"). Community wird vor allem in Verbindungen wie scientific community, business community, academic community usw. gebraucht und bezeichnet in diesem Falle eine soziale Gruppe oder eine Gruppe von Personen, die durch die gleichen beruflichen Interessen verbunden sind. In bestimmten Fällen kann eine Wortverbindung wie herrschende Kreise auf ein einziges Wort reduziert werden:
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Und die herrschenden Kreise Englands werden immer stärker mit den Forderungen der Atomwaffengegner rechnen müssen, ob sie es wollen oder nicht. And the British Establishment will have to reckon more and more with the demands of the nuclear disarmament campaigners, whether it likes it or not. Der Kontext der Äußerung gestattet es, anstelle der Wortverbindung ruling circles, deren häufiger Gebrauch dem Text einen Charakter von „Translatese" verleiht, Establishment in seiner neologistischen Bedeutung „the institutional authority" zu verwenden. Zusammenfassend läßt sich also feststellen, daß es sich hier um Gesetzmäßigkeiten der Übersetzung mit Wahrscheinlichkeitscharakter handelt. Die Beachtung der quantitativen Eigenschaften des Gebrauchs der einen oder anderen lexikalischen Einheit innerhalb eines bestimmten Funktional- oder Gattungsstils erfordert vom Übersetzer die Einhaltung bestimmter quantitativer Proportionen.
Die Übersetzung von Klischees Der sowjetische Sprachwissenschaftler KOSTOMAROV (1971) sieht die charakteristische Besonderheit des Stils der Presse und Publizistik in der Existenz von zwei entgegengesetzten Tendenzen: der Tendenz zur Expressivität und der Tendenz zur Standardisierung ('Regularität, Wiederholbarkeit, Reproduzierbarkeit). Und VINOGRADOV schrieb: „Im System der Literatursprache der Gegenwart funktionieren die Wörter zum großen Teil nicht als willkürlich und unerwartet auftretende und zusammengekettete einzelne Komponenten der Rede, sondern sie nehmen einen festen Platz in traditionellen Formulierungen ein. Die meisten Menschen sprechen und schreiben mit Hilfe fertiger Formulierungen, der Klischees" ( VINOGRADOV 1938, S. 21). Diese „fertigen Formulierungen" oder Klischees, von denen hier die Rede ist, finden wir sowohl in der engl, als auch in der dt. Pressesprache. In manchen Fällen ist die innere Form des Klischees so durchsichtig, daß eine Übersetzung keinerlei Schwierigkeiten bereitet: I am convinced that Pat Frawly is merely the most visible, resourceful and possibly best financed of a breed that exercises more enduring impact on the channels of news and opinion than Spiro Agnew and that helps to mold the opinion of Nixon's 'silent majority'. Ich bin überzeugt davon, daß Pat Frawly lediglich der bekannteste, der wendigste und der vielleicht am besten finanzierte aus der Gruppe derer ist, die einen bedeutenderen Einfluß auf die Nachrichtenkanäle und die öffentliche Meinung ausüben als Spiro Agnew und die zur Meinungsbildung der stummen Mehrheit" beitragen, auf die sich Nixon stützt.
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Der von Nixon geprägte Ausdruck silent majority, der von der amerikanischen Presse aufgenommen wurde und sich inzwischen in ein Presseklischee verwandelt hat, kann wörtlich ins Deutsche übersetzt werden, da die Beziehung zwischen der übertragenen Bedeutung des Wortes stumm (nicht aktiv an politischen Ereignissen teilnehmen) und der direkten Bedeutung in beiden Sprachen klar ist. Zumindest läßt der K o n t e x t keinerlei Zweifel in bezug auf die semantische Struktur des Ausdrucks zu. In anderen Fällen kann sich die wörtliche Übersetzung eines Klischees als ungünstig erweisen. Dazu das folgende Beispiel: Der „Generationskonflikt" ist sowohl für die bürgerliche Presse als auch für die bürgerliche Gesellschaft überhaupt ein unlösbares und äußerst akutes Problem. In der westlichen kapitalistischen Welt wird er zu einem ausgeprägten sozialen Konflikt. The 'generation conflict' is for the bourgeois press as for all bourgeois society an insoluble and most dramatic problem. It is developing into an acute social conflict in the western capitalist world. Die wörtliche Übersetzung des dt. Klischees Generationskonflikt reicht hier nicht aus, da es im Englischen ebenfalls eine „fertige Formulierung", ein Klischee gibt: The generation gap is an insoluble and most dramatic problem both for the bourgeois press and for the entire bourgeois society. It is developing into an acute social conflict in the western capitalist world. Nach dem Muster eines Klischees werden häufig andere Ausdrücke mit der gleichen Grundkomponente geschaffen. So entstanden im modernen Englischen eine Reihe von feststehenden oder okkasionellen Wortverbindungen mit dem Substantiv gap, die analog zu generation gap gebildet wurden. Dabei variiert die Bedeutung des Kernwortes von Klischee zu Klischee so stark, daß sich eine allgemeine Bedeutung dieses Wortes nur schwer bestimmen läßt. Understanding, brought about by bridging the generation and racial gaps with truth, sincerity and integrity is the key. Die Lösung ist gegenseitiges Verständnis, das erreicht wird, indem die Gegensätze zwischen den Rassen und Generationen durch Wahrheit, Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit überwunden werden. Speaking of credibility gaps, the Navy is actually asking for volunteers for shore duty in Hawai. Es ist schwer zu glauben, aber die Marine sucht wirklich Freiwillige für den Landdienst auf Hawai. He feels the problem was not recognized as early as it should have been because of a communications gap. Er glaubt, daß das Problem auf Grund mangelnder Information nicht rechtzeitig genug erkannt wurde.
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Zu den vorgeschlagenen Übersetzungsvarianten ist folgendes anzumerken: Im ersten Beispiel kann generation and racial gaps nicht nur mit Gegensätze zwischen den Rassen und Generationen, sondern auch mit Rassen- und Generationskonflikte übertragen werden. Die Übersetzung von speaking of credibility gaps mit es ist schwer zu glauben ist wiederum ein anschauliches Beispiel für die Bedeutungsverallgemeinerung des Zeitungsklischees. Gewöhnlich wird nämlich credibility gap mit Vertrauenskrise übersetzt. I m vorliegenden Kontext bedeutet es jedoch einfach, daß etwas schwer zu glauben ist. Communication gaps, mit mangelnder Information übersetzt, bedeutet in anderen Kontexten eine Barriere, die verschiedene soziale und Altersgruppen trennt, bzw. Nichtkommunizierbarkeit. Das Wort gap als Kernelement dieser Klischees kann also sowohl Konflikt oder Widerspruch als auch Krise oder Fehlen von etwas bedeuten. Und hier, d. h. in der verallgemeinerten Bedeutung, liegt auch das Grundproblem der Übersetzung von Klischees. Ein weiteres wichtiges Problem bei der Übersetzung von Klischees ist die Übertragung ihrer konnotativen Bedeutung. Es muß also nicht nur der Inhalt des Klischees genau wiedergegeben, sondern auch das Allgemeine, das Gewohnheitsmäßige und die Regularität solcher Wortverbindungen zum Ausdruck gebracht werden. Als Beispiel mögen die folgenden Sätze mit dem Klischee dynamic leadership dienen: His autobiographical sketch in the Congressional Directory notes among sundry other honours his citations for 'defence of democratic rights' from the United Daughters of the Confederation and for ' d y n a m i c leadership' in defence of mental patients' rights from the American Psychiatric Association. Eine wörtliche Übersetzung von dynamic leadership (dynamische Leitung) scheint durchaus möglich zu sein, da die denotative Bedeutung der engl. Wortverbindung ausreichend übertragen wäre und dynamische Leitung durchaus den Normen der lexikalischen Verträglichkeit im Deutschen gerecht würde. Dennoch weist diese Wortverbindung einen wesentlichen Mangel auf, sie ist nicht hinreichend gewohnt, wie im Englischen, wo dynamic leadership eine traditionelle Formulierung, ein Klischee geworden ist. Deshalb erscheint hier eine gebräuchlichere Wortverbindung wie etwa aktive Leitung, dynamischer Leitungsstil oder auch das abgeleitete dynamische Führerpersönlichkeit passender. Die kurze autobiographische Darstellung im Kongreßführer erwähnt neben etlichen anderen Auszeichnungen seine Ehrendiplome für die „Verteidigung der demokratischen Rechte'1, verliehen von der „ Vereinigung der Töchter der Kongreßföderation'1, und für die „aktive Leitung" von Aktionen zur Verteidigung der Rechte von psychisch Kranken, verliehen von der Amerikanischen Psychiatrischen Gesellschaft. In der modernen engl. Publizistik sind viele Klischees ihrem Ursprung nach
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Stilistische Probleme der Übersetzung
Termini populärer Wissenschaftszweige, besonders der Soziologie. So trifft man in der am. und engl. Presse häufig auf die aus der soziologischen Terminologie stammende Wortverbindung power structure. In engl. Definitionswörterbüchern wird sie bestimmt als „the system of authority or influence in government, politics, education etc.". Wie das folgende Beispiel zeigt, verlor diese Wortverbindung mit ihrer Verbreitung im Stil der Presse und Publizistik ihre streng terminologische Bedeutung: 'Operation Breadbasket' in Chicago is the largest mass political Organization in the city, and it has won thousands of jobs for Black unemployed, improved welfare facilities and mobilized people for mass marches and demonstrations that have shaken Mayor Daley's power structure. Die Übersetzung von power structure mit einem entsprechenden soziologischen Terminus wäre vor allem deshalb wenig sinnvoll, weil ein solcher Terminus im dt. Stil der Presse und Publizistik kaum anzutreffen und daher dem Leser auch kaum verständlich sein dürfte. Außerdem wird die Wortverbindung in dem zitierten Zeitungsartikel nicht terminologisch gebraucht. Daher wäre zum Beispiel die folgende Übersetzungsvariante eher gerechtfertigt : Die Aktion „Brot für alle" in Chicago ist die größte politische Massenbewegung dieser Stadt. Sie hat für Tausende von Negern Arbeitsplätze geschaffen, eine Verbesserung der sozialen Bedingungen erreicht und Protestmärsche und Massendemonstrationen organisiert, die die Macht von Bürgermeister Daley ins Wanken gebracht haben. Der Gebrauch der engl. Wortverbindung als Klischee führte somit zu einer Entterminologisierung. Power structure bedeutet hier einfach „Macht" oder „Einfluß". Bei dem folgenden Beispiel kann power structure mit Kräfteverhältnis übersetzt werden: The State elections threatened to upset the existing power structure. Durch die Wahlen im Bundesstaat drohte das gegenwärtige Kräfteverhältnis aus dem Gleichgewicht zu geraten. In bestimmten Fällen, und zwar immer dann, wenn ein Ausdruck der QS seine Expressivität weitgehend verloren und sich in ein mehr oder weniger abgenutztes Klischee verwandelt hat, wird der Übersetzer zweckmäßigerweise das Bild, auf dem dieses Klischee beruht, aufgeben. Hier ein Beispiel das dem Beitrag von L. A. ÖEKNJACHOVSKAJA (1971) entnommen wurde: Ja söitaju, ¿to eti tri goda prinesli moemu pokoleniju mnogo pol'zy, ito oni doli nam glavnoe, 6to neobchodimo dlja molodych ljudej — pole dlja aktivnoj dejateVnosti. Diese drei Jahre waren ungeheuer wichtig für meine Generation, weil sie uns das gegeben haben, was junge Menschen am meisten brauchen — ein aktives Betätigungsfeld.
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Those were the good years for my generation because they gave us what the young people needed most — the chance to do big things. Zusammenfassend läßt sich also feststellen: Die Skala der bei der Übersetzung von Klischees verwendeten Mittel reicht von der wörtlichen Wiedergabe in den Fällen, wo sie in der QS und in der ZS gebraucht werden (z. B. silent majority — schweigende Mehrheit), bis zur völligen Umformung in den Fällen, wo ihnen ein abgegriffenes Bild zugrunde liegt (z. B. Betätigungsfeld). Die Übersetzung von Klischees ist dabei sowohl ein semantisches Problem, das mit der beim Klischee zu beobachtenden Bedeutungsverallgemeinerung im Zusammenhang steht, als auch ein stilistisches, das mit der Gegenüberstellung der konnotativen Bedeutung des QS- und des ZS-Ausdrucks verbunden ist.
Stilistische Modifizierungen I n bezug auf den Stil unterscheiden Wörterbücher zwei Arten von Indizes: Hinweise auf expressive Färbungen wie scherzhaft, ironisch, verächtlich und Hinweise auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Stilebene wie z. B. umgangssprachlich, vulgär, poetisch. Von der Übertragung der expressiven Färbung war bereits die Rede; in diesem Abschnitt sollen nun Fragen behandelt werden, die mit der Übersetzung von sprachlichen Einheiten im Zusammenhang stehen, die deutlich ausgedrückte Merkmale der Zugehörigkeit zu dieser oder jener Stilebene, zu einem bestimmten Funktionalstil oder auch Genre aufweisen. Die Wissenschaftler, die sich mit der Untersuchung des russischen Stils der Presse und Publizistik befassen, stellen eine eigenartige Verknüpfung von Elementen verschiedener Stile fest. So treffen nach den Feststellungen von KOSTOMAEOV ( 1 9 7 1 ) in den in unserer Presse veröffentlichten Artikeln die verschiedensten Stilschichten aufeinander. Die engl, und am. Pressesprache zeichnet sich durch eine ausgeprägte Vielgestaltigkeit aus, d. h., wir finden neben spezifisch literatursprachlichen Wendungen Ausdrücke, die für die Umgangssprache oder sogar für den Slang charakteristisch sind. Neben terminologisierter Lexik und fachsprachlichen Ausdrücken wird stilistisch neutrale Lexik gebraucht, die keinerlei Merkmale einer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Stilebene aufweist. Dies trifft in bestimmtem Maße auch auf den dt. publizistischen Stil zu, dabei ist aber das quantitative Verhältnis dieser Elemente aus verschiedenen Stilen und Stilebenen in der dt. und in der engl. Pressesprache unterschiedlich. So finden wir z. B. im englischen Stil der Presse und der Publizistik im Gegensatz zum deutschen (und russischen) keine derart deutlich ausgeprägte Orientierung auf die Literatur-
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Stilistische P r o b l e m e d e r Ü b e r s e t z u n g
spräche u n d keinen so relativ hohen Anteil von Ausdrücken aus dem Stil der Wissenschaft. Der Übersetzer m u ß daher bei der Ü b e r t r a g u n g vom Deutschen ins Englische, den N o r m e n des engl. Stils der Presse u n d Publizistik entsprechend, diese Proportionen zwischen stilistisch neutralen u n d spezifisch literatursprachlichen Einheiten beachten. E r m u ß also, u m eine Verletzung der stilistischen Normen des Englischen zu vermeiden, die k o n n o t a t i v e Bed e u t u n g bestimmter Einheiten einer gewissen Modifizierung unterziehen, indem er ihre funktionalstilistische Zugehörigkeit ä n d e r t . Das heißt, d a ß f ü r eine QS-Einheit, die einer bestimmten Stilebene zuzurechnen ist, eine ZS-Einheit gewählt werden kann, die zu einer anderen Stilebene gehört. Eine solche Veränderung der funktionalstilistischen Zugehörigkeit wird als „stilistische Modifizierung" bezeichnet. Bei der U n t e r s u c h u n g von Übersetzungen ins Englische, die von nichtmuttersprachlichen Übersetzern angefertigt und d a n n von muttersprachlichen P.edakteuren korrigiert wurden, k o n n t e festgestellt werden, daß die Übersetzer in der Regel die spezifisch literatursprachliche F ä r b u n g einiger Wörter und Ausdrücke desQS-Textes im ZS-Text beibehielten, während der R e d a k t e u r häufig versuchte, sie einer stilistischen Modifizierung zu unterwerfen, indem er diese Ausdrücke durch stilistisch neutrale W e n d u n g e n ersetzte. Nehmen wir folgendes Beispiel: Er sah das Land in der Umklammerung der Blockade. Er erfuhr von dem Hunger und den Lasten, die die Menschen zu Boden drückten. He saw the country in the clenches of the blockade. He learned of the fapeople. mine and hardships that had befallen the Diese Übersetzung wurde von einem R e d a k t e u r wie folgt korrigiert: He saw the country being strangled by the blockade, the famine and hardsuffering. ships the people were Die literatursprachlichen Wendungen in der Umklammerung der Blockade und die die Menschen zu Boden drückten wurden durch Ausdrücke mit der gleichen stilistischen F ä r b u n g in the clenches of the blockade that had befallen the people, wiedergegeben. Da aber solche W e n d u n g e n dem engl. Stil der Presse und Publizistik f r e m d sind, wurden sie ganz richtig durch strangled by the blockade, the people were suffering ersetzt, durch W e n d u n g e n also, die genauso expressiv sind, jedoch keine spezifischen Merkmale der Zugehörigkeit zur L i t e r a t u r s p r a c h e aufweisen. I n einer Reihe von Fällen besteht die stilistische Modifizierung darin, d a ß spezifische W e n d u n g e n aus d e m Stil der Wissenschaft durch stilistisch neutrale Ausdrücke ersetzt w e r d e n : Die Entwicklung der Vorstellungen iiber die Zukunft der menschlichen Gesellschaft läßt sich durch die ganze Geschichte des sozialen Denkens verfolgen.
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The development of the notions of the human society's future can be traced throughout the history of the world's social thought. Bei der Variante des Redakteurs Speculation on the future of human society is as old as the history of social ideas fällt vor allem die Reduzierung der für den wissenschaftlichen Stil charakteristischen Wortverbindung development of the notions zu dem neutralen speculation auf. (Dieser Austausch ist kontextuell gerechtfertigt, da wir es im vorliegenden Fall mit der Äußerung einer Vermutung bzw. dem Aufstellen einer Hypothese zu tun haben.) Für die Übertragung der Wendung can he traced throughout the history, die als typisch für eine wissenschaftliche Abhandlung angesehen werden kann, war eine komplizierte Umformung erforderlich, nämlich ein Austausch von semantischen Kategorien. Der Beschreibung der Situation liegt nunmehr eine andere Kennzeichnung zugrunde: is as old as the history of social ideas. Die stilistische Modifizierung ist häufig der Grund für syntaktische Transformationen. Dazu gehören zum Beispiel Transformationen, die mit der Umformung von bestimmten Konstruktionen mit abstrakten Substantiven in Verbalphrasen verbunden sind. Die Wahl einer Verbalphrase ist in solchen Fällen durchaus nicht immer strukturell bedingt. Der Satz Dies zeugt von der Anfechtbarkeit seiner Argumente kann z. B. durch mindestens zwei verschiedene Varianten wiedergegeben werden: 1. This testifies to the vulnerability of his arguments. 2. This shows that his arguments are vulnerable. Der wesentliche Unterschied zwischen diesen beiden grammatisch richtigen und semantisch gleichwertigen Sätzen besteht darin, daß der zweite stilistisch neutraler als der erste ist. Das wird auch bei dem folgenden Beispiel ersichtlich: Dies erklärt die stets gleichbleibende Bedeutung des Marxismus. This explains the non-transitory significance of Marxism. Die Variante des Redakteurs dagegen lautet: This explains why Marxism has more than transient significance. Für die stilistischen Modifizierungen ist es wichtig zu berücksichtigen, daß der Stil der Presse und Publizistik sowohl im Deutschen als auch im Englischen keineswegs eintönig ist und daß seine verschiedenen Genres eine Orientierung auf unterschiedliche Stilebenen erkennen lassen. So ist z. B. für die Sportberichte der engl. Presse eine viel stärkere Konzentration von umgangssprachlicher Lexik und ein wesentlich geringerer Anteil an literatursprachlicher Lexik charakteristisch. In den hier untersuchten, von einem engl. Muttersprachler redigierten Übersetzungen läßt sich der regelmäßige Gebrauch von typisch umgangssprachlichen Wendungen anstelle von literatursprachlichen oder auch neutralen Wendungen beobachten:
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Stilistische Probleme der Übersetzung
Die Sportjournalisten fielen über die Funktionäre her und sprachen ihnen jegliche Moral ab. Sports writers took up the cudgels accusing the club officials of a lack of ethics. Die redigierte Variante lautet: Sports writers banged away at club officers for unethical practice. Vergleichen wir auch: Grundlage für das Training ist körperliche Fitness. All training is founded on physical fitness. Die Variante des Redakteurs lautet: All training is built around physical fitness. Die Transposition der Äußerung in den Stil der Alltagsrede wird besonders dann notwendig, wenn der Text auf einen Dialog aufbaut, wie das z. B. bei einem Interview der Fall ist: Zu Beginn des Interviews erwähnten Sie eine bemerkenswerte Erscheinung: Je mehr die Gegner des Marxismus behaupten, daß er veraltet sei, desto mehr interessieren sich die Menschen für ihn. Woran liegt das? In the beginning of the interview you mentioned a peculiar phenomenon: the more the opponents of Marxism speak of it as being outdated, the more people take an interest in it. What's the reason for it? You said earlier that the more the opponents of Marxism call it outdated, the more people are interested in it. How's that? Bei diesem Beispiel wird nicht nur das literatursprachliche speak of it as being outdated durch das neutrale call it outdated ersetzt, sondern auch das neutrale What is the reason for it? durch das umgangssprachliche How's that ? In anderen Genres des Stils der Presse und Publizistik kann sich der Gebrauch von spezifisch umgangssprachlichen Wendungen als nicht angemessen erweisen. Dies ist zum Beispiel bei dem folgenden Satz aus einer populärwissenschaftlichen Abhandlung der Fall: Kürzlich entdeckte jedoch Oeorgi Schtykow aus Belorußland diesen Gegenstand — eine aus Elfenbein geschnitzte männliche Figur. Recently, however, Georgi Shtykov of Byelorussia hit upon this piece, the carved ivory effigy of a man. Die korrigierte Variante lautet: Recently, however, Georgi Shtykov of Byelorussia found this piece, the carved ivory effigy of a man. Der Gebrauch des umgangssprachlichen Ausdrucks hit upon this piece in einem wissenschaftlichen Artikel bringt eine deutliche Dissonanz in die Stilfärbung dieses Textes. Es ist deshalb völlig gerechtfertigt, ihn durch das stilistisch neutrale found zu ersetzen. Bei Übersetzungen vom Englischen ins Deutsche muß oft eine umgekehrte
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Modifizierung vorgenommen werden: stilistisch neutrale oder spezifisch umgangssprachliche Ausdrücke werden durch literatursprachliche Ausdrücke ersetzt. Secretary Laird told the news conference that the United States was going to leave a residual force in Vietnam. Verteidigungsminister Laird erklärte auf einer Pressekonferenz, daß die Vereinigten Staaten beabsichtigen, „Resttruppen" in Vietnam zu belassen. I n einem dt. Pressetext wäre der Gebrauch des stilistisch neutralen erzählen, sagen u n a n g e b r a c h t . Die stilistische Norm erfordert hier den Austausch einer wörtlichen E n t s p r e c h u n g f ü r das engl, teil durch eine der literatursprachlichen Rede angemessenere Einheit wie erklären oder mitteilen. W e n n also bei der Übersetzung vom Deutschen ins Englische solche stilistischen Modifizierungen wie der Austausch von Einheiten mit literatursprachlicher F ä r b u n g durch neutrale Einheiten charakteristischer sind, so lassen sich f ü r die Übersetzung vom Englischen ins Deutsche entgegengesetzte Tendenzen nachweisen. Dabei bestimmen die Prinzipien der Auswahl solcher sprachlicher Mittel, wie sie innerhalb b e s t i m m t e r Genres des Stils der Presse u n d Publizistik in der QS u n d der ZS festgestellt werden, im wesentlichen das Verhältnis der funktionalstilistischen Besonderheiten der QS- u n d der ZS-Äußerung.
K o m p r e s s i o n des T e x t e s Ein und derselbe Gedanke k a n n bekanntlich auf verschiedene Art u n d Weise z u m Ausdruck gebracht werden, entweder in gedrängterer u n d lakonischer oder in ausführlicher F o r m . Die W a h l der Ausdrucksweise wird dabei wesentlich von stilistischen F a k t o r e n b e s t i m m t , d. h. von den Erfordernissen eines b e s t i m m t e n Funktionalstils oder a u c h Genres. F ü r den Pressestil ist insgesamt gesehen der Lakonismus charakteristisch. I n vielen engl, und a m . L e h r b ü c h e r n f ü r Journalisten wird der L a k o n i s m u s der Darstellung deshalb auch als eine H a u p t f o r d e r u n g des Stils der Presse u n d Publizistik aufgestellt. Gleichzeitig läßt sich beobachten, d a ß jede Ü b e r s e t z u n g ihrem U m f a n g n a c h den T e x t des Originals ü b e r t r i f f t . BARTH e r m i t t e l t e bei einer U n t e r suchung von engl, und frz. T e x t e n u n d deren Übersetzungen die folgenden W e r t e (BAETH 1 9 7 1 ) :
Länge der T e x t e (in Wörtern) Engl. T e x t e . . . . 15249 I n s Franz. übersetzte T e x t e . . . . 17384 Frz. T e x t e . . . . 15139 I n s Engl, ü b e r s e t z t e T e x t e . . . . 15436 Aus der Tatsache, d a ß bei Übersetzungen vom Englischen ins Französische 12 Übersetzung
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Stilistische Probleme der Übersetzung
die Länge des Textes zunimmt, ließe sich schlußfolgern, daß das Englische prinzipiell über ökonomischere Formen des Gedankenausdrucks verfügt. Dann müßte allerdings bei Übersetzungen vom Französischen ins Englische der Umfang des Textes abnehmen. Dies ist jedoch nicht der Fall, wie die o. g. Angaben deutlich machen, auch hier nimmt der Umfang des Textes zu, wenngleich in etwas geringerem Maße. Barth erklärt dieses Phänomen, daß die Übersetzung gewöhnlich länger als das Original ist, damit, daß es Wörterbucheinheiten, Strukturen und Gedanken gibt, die eine erläuternde Umschreibung erfordern und daß es die Übersetzer eher vorziehen, zur größeren Klarheit Ergänzungen einzufügen, als etwas der größeren Einfachheit wegen wegzulassen. Aus dem Obengesagten folgt, daß die Tendenz zur Erweiterung des Umfangs des ZS-Textes durch eine Tendenz zur Kompression, d. h. zur Gedrängtheit, ausgeglichen werden muß, wenn ein den Normen des Stils der Presse und Publizistik entsprechender Text geschaffen werden soll. Bei Übersetzungen von Pressetexten ins Englische, die von Muttersprachlern redigiert wurden, fällt vor allem die häufige Verwendung jener Methode der Umformung einer Äußerung auf, die im situativen Modell als lexikalische Reduzierung bezeichnet wird, d. h. die Umwandlung einer Wortverbindung in ein Wort. Zum Beispiel: Würden Sie bitte die These von der ungleichmäßigen ökonomischen Entwicklung im Kapitalismus anhand einiger Beispiele erläutern? Would you please quote a few examples to illustrate the thesis on uneven economic development under capitalism ? Die reduzierte Variante des Redakteurs lautet: Would you please illustrate the thesis on uneven economic development under capitalism ? Anstelle der umfangreichen Wortverbindung qoute a few examples to illustrate gebraucht der Redakteur hier das Verb illustrate und verbindet auf diese Weise die lexikalische Reduzierung mit der Beseitigung überflüssiger Komponenten, denn illustrate allein bedeutet schon: „to make clear or intelligible, as by examples; exemplify". Die Bedeutung dieses Verbs schließt also die semantische Komponente „Beispiele" mit ein, eine Komponente, die in der vom Übersetzer gebrauchten Wendung dubliert wird. An dieser Stelle sei angemerkt, daß das Weglassen von Elementen der Äußerung, die aus dem Kontext leicht erschließbar sind, eine der effektivsten und am häufigsten angewandten Methoden der Textkompression darstellt. Dazu das folgende Beispiel: Das Werk wurde in den ersten Jahren der Sowjetmacht erbaut, als die Industrialisierung eine lehenswichtige Angelegenheit für die Sowjetunion war.
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The plant was built during the early Soviet years when industrialization was a matter of life and death for the Soviet Union. Die korrigierte Variante dagegen lautet: The plant was built in the early Soviet years when industrialization was a life and death matter. Aus dem Kontext geht klar hervor, daß von der Sowjetunion die Rede ist, also ist die Wendung for the Soviet Union überflüssig. Die Kompression wird nicht nur durch die Umformung einer Wortverbindung in ein Wort erreicht, sondern auch durch den Gebrauch eines Wortes anstelle von zwei oder mehreren Wörtern, die durch keine unmittelbaren syntaktischen Beziehungen verbunden sind. Dabei erfolgt eine Umverteilung der semantischen Komponenten: das anstelle von mehreren Wörtern gebrauchte Wort nimmt gewissermaßen deren semantische Komponenten in sich auf. Voraussetzung dafür ist ein größeres semantisches Aufnahmevermögen dieses Wortes. Die durchschnittliche jährliche Autoproduktion beträgt etwa eine Million. Dieser Gedanke kann im Englischen auf verschiedene Weise ausgedrückt werden, z. B.: The average annual car output will be about 1 million. Die semantischen Komponenten der dt. Adjektive durchschnittlich und jährlich lassen sich aber auch folgendermaßen verteilen: On an average the annual car output will be about 1 million. The annual car output will amount to an average of about 1 million. Gleichzeitig kann die semantische Komponente „durchschnittlich" mit den semantischen Komponenten des prädikativen Verbs verbunden werden: die durchschnittliche jährliche Produktion wird betragen . . . die jährliche Produktion wird im Durchschnitt betragen . . . = annual output will average. Mit Hilfe dieser Konstruktion läßt sich die Äußerung entsprechend komprimieren. Die dabei erfolgte Umformung wird auch als semantische Kontraktion bezeichnet. Eine andere Art der Kompression ist die Umformung einer umfangreichen Wortverbindung in eine Wortverbindung mit einer kompakteren Struktur. In diesem Fall findet eine teilweise Reduzierung statt, d. h., die Wortverbindung wird nicht in ein einziges Wort umgeformt, sondern die gegebene Situation wird in ökonomischer Weise beschrieben. Die Moldauische SSR nimmt einen führenden Platz in der Produktion von ätherischen ölen ein. The Moldavian Republic is a key supplier of essential oils. Natürlich ist es im Englischen möglich, diesen Gedanken auch anders auszudrücken: The Moldavian Republic holds a key position in the production of essential oils. 12*
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D i e N o r m e n des Stils der Presse u n d P u b l i z i s t i k verlangen jedoch eine k o m p r i m i e r t e r e V a r i a n t e . Die K o m p r e s s i o n wird in diesem Fall d a d u r c h erreicht, d a ß d a s Vollverb d u r c h eine k o p u l a t i v e s V e r b e r s e t z t wird, d a s N o m e n actionis in ein N o m e n u m g e f o r m t wird, d a s d e n T r ä g e r d e r H a n d l u n g bezeichnet (producer oder supplier), u n d die f e s t e W o r t v e r b i n d u n g (hold a k e y position) zu e i n e m einzigen a t t r i b u t i v g e b r a u c h t e n W o r t (key) r e d u ziert wird. N a c h diesem Modell k ö n n e n wir Ä u ß e r u n g e n m i t e i n e r analogen S t r u k t u r einer ä h n l i c h e n U m f o r m u n g u n t e r z i e h e n : In der Kohleproduktion nimmt die UdSSR den ersten Platz in der Welt ein. The USSR is the world's No. 1 producer of coal. Die DDR nimmt einen fuhrenden Platz im Export von optischen Instrumenten ein. The G.D.R. is a key exporter of optical instruments. Z u m Vergleich die entgegengesetzte U m f o r m u n g bei einer Ü b e r s e t z u n g v o m Englischen ins D e u t s c h e : According to W.H.O. statistics, heart diseases are the No. 1 killer. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation stehen Herzerkrankungen an erster Stelle unter den Todesursachen. O f t w e r d e n a u c h die im D e u t s c h e n h ä u f i g g e b r a u c h t e n K o n s t r u k t i o n e n mit V e r b a l s u b s t a n t i v in k o m p a k t e r e V e r b a l k o n s t r u k t i o n e n u m g e w a n d e l t . Dies ist z u m Beispiel bei Ä u ß e r u n g e n d e r Fall, in d e n e n die S e m a n t i k d e r H a n d l u n g d u r c h ein i m G e n i t i v s t e h e n d e s V e r b a l s u b s t a n t i v a u s g e d r ü c k t wird, d a s d e m S u b s t a n t i v Aufgabe folgt (die A u f g a b e d e r E r f o r s c h u n g von U m w e l t e i n f l ü s s e n [bewältigen]). I n solchen W e n d u n g e n wird die B e d e u t u n g „erfüllen", d. h. d e r P a r a m e t e r „ R e a l " , d u r c h V e r b e n wie verwirklichen, realisieren, erfüllen, bewältigen ü b e r t r a g e n . Die K o m p r e s s i o n geschieht n u n f o l g e n d e r m a ß e n : Sowohl d a s S u b s t a n t i v Aufgabe als a u c h d a s d e n P a r a m e t e r „ R e a l " a u s d r ü c k e n d e V e r b w e r d e n weggelassen, u n d die V e r b i n d u n g zwischen d e m N o m e n , d a s die H a n d l u n g beschreibt, u n d d e m N o m e n , d a s d a s O b j e k t dieser H a n d l u n g beschreibt, wird in einen S a t z t r a n s f o r m i e r t , i n d e m d a s O b j e k t d e r H a n d l u n g d u r c h ein n o m i n a l e s S u b j e k t u n d die H a n d l u n g selbst d u r c h ein i m P a s s i v s t e h e n d e s p r ä d i k a t i v e s V e r b a u s g e d r ü c k t w e r d e n . Also wird e n t s p r e c h e n d d e n N o r m e n des engl. Pressestils n i c h t ü b e r s e t z t : to accomplish the task of investigating environmental factors, s o n d e r n environmental factors are investigated. M a n c h m a l wird die K o m p r e s s i o n einer Ä u ß e r u n g d u r c h die V e r e i n f a c h u n g i h r e r u n ü b e r s i c h t l i c h e n s y n t a k t i s c h e n S t r u k t u r erreicht (z. B . d u r c h den A u s t a u s c h u n t e r o r d n e n d e r B e z i e h u n g e n d u r c h gleichordnende Beziehungen). Z u m Beispiel: Der wissenschaftliche Marxismus hat die neuen Lebensprozesse verallgemeinert, auf deren Grundlage er seine Schlußfolgerungen zog und seine Prognose stellte.
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Scientific Marxism has generalized new processes of life from which it has drawn conclusions and made predictions. Die verbesserte Variante lautet: Scientific Marxism has generalized new developments, drawn conclusions from them and made predictions. Eine häufig anzutreffende Kompressionsmethode bei der Übersetzung vom Deutschen ins Englische ist die Ersetzung eines Nebensatzes (z. B . eines Final- oder Konsekutivsatzes) durch eine Infinitivkonstruktion. I n einigen Fällen ist diese syntaktische Umformung auch mit einem lexikalischen Austausch verbunden: Vor uns steht jetzt die Aufgabe, das System der materiellen Interessiertheit für Arbeiter und Arbeitskollektive so zu gestalten, daß die Interessen jedes einzelnen und jedes Betriebes mit den Interessen der gesamten Oesellschaft übereinstimmen. The task now is to build the system of material incentives for workers and groups enterprise of workers in such a way that the interests of each person and each should coincide with the interests of society as a whole. Die von einem Redakteur vorgeschlagene Variante lautet: The task now is to build a system of material incentives to interlock the interests of the individual worker, the interests of his factory and the interests of society as a whole. Bei dem lexikalischen Austausch, der eine solche Umformung ermöglicht, wird das Verb durch sein Konversiv (coincide-»-interlock) ersetzt. Eine andere Methode der Kompression ist die Umwandlung von Nebensätzen in präpositional-nominale Wendungen. Das ist z. B . dann möglich, wenn das Subjekt des Nebensatzes eine unbestimmte Person bezeichnet: Demjenigen, der schon einmal in London oder Paris war, kommt Washington wie eine Provinzstadt vor. To anyone who has visited London or Paris Washington looks provincial. Beim Austausch des Nebensatzes durch eine präpositional-nominale Wendung kann der Bezug auf die unbestimmte Person und die Handlung weggelassen werden. Die weggefallenen Angaben lassen sich leicht aus dem K o n t e x t ergänzen: After Paris or London Washington looks provincial. Bei Übersetzungen ins Englische werden häufig auch einführende Wendungen weggelassen (z. B . Dabei muß besonders erwähnt werden, — es muß darauf verwiesen werden, — es kann nicht übersehen werden, oder die Tatsache, daß . . .). Die engl. Äquivalente für diese Wendungen (z. B . it should be noted) wären in der wissenschaftlichen Prosa durchaus angebracht, im Stil der Presse und Publizistik sind jedoch komprimiertere Redewendungen vorzuziehen.
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Stilistische Probleme der Übersetzung
Zum Beispiel wird im Westen oft von der „marxistischen Doktrin" gesprochen. Wenn die Theorie damit gemeint ist, läßt sich natürlich nichts dagegen einwenden. Doch häufig wird der Begriff „Doktrin" neben den „Doktrinarismus" gestellt und nicht selten in diesem Sinne gebraucht. In dem Zusammenhang muß jedoch festgestellt werden, daß Doktrinarismus dem Marxismus stets fremd war. For instance, in the West they often speak of the Marxist doctrine. Of course, if they mean theory, in this case you cannot object to this word. But more often the term 'doctrine'' is close to doctrinairism and is often used in this sense. It is worth noting in this connection that doctrinairism has always been alien to Marxism. Die korrigierte Variante lautet: Commentators in the West often talk of Marxist doctrine. Of course, if they mean 'theory', there is no objection to the word. But more often they mean 'doctrinaire', and that has always been alien to Marxism. I n der zweiten Variante fällt vor allem die Auslassung der einführenden Wendung it is worth noting in this connection auf, die dem Wesen nach keinerlei semantische Ladung hat. Ebenso weggefallen ist das pleonastische in this case nach dem Konditionalsatz der ersten Variante. Auch die Wiederholung wurde weggelassen: More often the term 'doctrine' is close to doctrinairism und is often used in this sense bedeutet praktisch ein und dasselbe und kann deshalb reduziert werden zu more often they mean 'doctrinaire'. Es ist im Rahmen dieses Abschnittes kaum möglich, alle Methoden der durch stilistische Faktoren bestimmten Kompression darzustellen. Abschließend soll deshalb lediglich noch eine kurze Zusammenfassung dieser Methode gegeben werden: Reduzierung einer Wortverbindung auf ein Wort, semantische Kontraktion, Vereinfachung der syntaktischen Struktur der Wortverbindung, Umformung von Konstruktionen mit einem Verbalsubstantiv in weniger umständliche Verbkonstruktionen, Austausch von Nebensätzen durch Infinitivkonstruktionen oder präpositional-nominale Wendungen, Austausch von unterordnenden Beziehungen durch gleichordnende, Auslassung von einführenden und pleonastischen Wendungen, Weglassen von Elementen der Äußerung, die sich leicht aus dem Kontext ergänzen lassen.
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Die Übertragung einiger Besonderheiten der Militärpublizistik
Das bisher über die funktionalstilistischen Besonderheiten des Stils der Presse und Publizistik und deren Beachtung im Übersetzungsprozeß Gesagte trifft weitgehend auch auf die Militärpublizistik zu. Andererseits weist diese jedoch einige spezifische Züge auf, die in der Übersetzung ihre
B e s o n d e r h e i t e n der Militärpublizistik
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Widerspiegelung finden müssen. Diese Züge werden durch die Spezifik der Themen, das Abzielen auf einen genau festgelegten Leserkreis und bestimmte Traditionen dieses funktionalen Genres bestimmt. Wir stoßen deshalb einerseits auf Merkmale, die nur für die Militärpublizistik typisch sind, andererseits stellen sich einige allgemeine Züge, die für alle Substile des publizistischen Stils charakteristisch sind, innerhalb der Militärpublizistik auf eine besondere Weise dar; so werden in der Militärpublizistik lexikalische Einheiten und syntaktische Konstruktionen aus den' verschiedenartigsten Quellen benutzt. Die Gesamtheit dieser Quellen selbst jedoch und folglich auch das Inventar dieser aus verschiedenen Stilen entnommenen Elemente sind für die Militärpublizistik wiederum spezifisch. Solche in der am. und engl. Militärpublizistik anzutreffende Elemente sind die Militärterminologie, die Sprache der militärischen Vorschriften und Dokumente, der Stil der öffentlichen Rede, die Literatur-, Umgangs- und Alltagssprache sowie der allgemeine und Militärslang. Dabei handelt es sich um Quellen, die für den Stil der Presse und Publizistik insgesamt charakteristisch sind, und um Quellen, die nur in der Militärpublizistik Verwendung finden. Neben der allgemeinen funktionalstilistischen Ungleichheit, die für das untersuchte Genre als Ganzes charakteristisch ist, sind auch wesentliche Unterschiede im Umfang und im Inventar der verwendeten stilistischen Mittel zwischen den einzelnen Militärzeitschriften und -Zeitungen und zwischen den funktionalen Gattungsstilen (z. B. Kurzgeschichte, Feuilleton, Nachricht) zu beobachten. Wir wollen hier vor allem den Charakter der Unterschiede zwischen einigen Militär-Periodika untersuchen. Als ein Beispiel soll die am. „Military Review" dienen, eine Fachzeitschrift der US-Armee. Diese Zeitschrift dient der Publikation von militär-theoretischen und allgemeinen Artikeln zu Problemen der Militärstrategie und Taktik, zu Fragen der nationalen Sicherheit und der Militärdoktrin von der Divisionsebene an aufwärts. Die thematische Orientierung der Zeitschrift bestimmt auch den Kreis ihrer Autoren und Leser. Bei diesen handelt es sich im wesentlichen um höhere Offiziere. Themenkreis und Leserkreis der Zeitschrift bestimmen auch einige besondere Merkmale ihres Stils. So findet sich in vielen Beiträgen eine Reihe von Wendungen, die für die wissenschaftliche Prosa charakteristisch sind. Dieser Stil der Darstellung muß natürlich auch in der Übersetzung erhalten bleiben. A mathematical characteristic of highly interdependent systems is that there is a priori no distinction between independent and dependent variables. Ein mathematisches Spezifikum hochorganisierter Systeme ist, daß nicht ohne weiteres zwischen den unabhängigen und abhängigen Variablen unterschieden werden kann.
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Stilistische P r o b l e m e der Übersetzung
Bei der Übersetzung von Beiträgen aus dieser Zeitschrift müssen auch einige f ü r die wissenschaftliche Prosa spezifische Formen des T e x t a u f b a u s berücksichtigt werden: If we list all the wars from Fig. 1 in a roughly chronological order on a chart, see Fig. 2, showing deviation from each of the three sources and types of war, we can see some patterns. Bei der Übersetzung ins Deutsche könnte die Wir-Form hier durchaus beibehalten werden, da „wir", wie KOZINA ( 1 9 6 6 ) in ihrer Untersuchung über den künstlerischen und wissenschaftlichen Sprachgebrauch im Russischen schreibt, sowohl die Zugehörigkeit zu einem Auditorium oder den Leser wie ü b e r h a u p t alle Menschen bezeichnen kann. „Das kann eine beliebige Person, ein jeder oder niemand Besonderes sein. Für den Verfasser einer wissenschaftlichen Arbeit ist die konkrete Person ü b e r h a u p t nicht wichtig. Diese pronominale Form ist typisch f ü r den wissenschaftlichen Redestil mit seiner Verallgemeinerung und Abstraktheit." Wenn wir alle in Abb. 1 dargestellten Kriege in ungefährer chronologischer Reihenfolge zu einem Schema zusammenfassen (s. Abb. 2), das die Abweichungen von jeder der drei Ursachen und den Arten von Kriegen aufzeigt, können wir bestimmte Gesetzmäßigheiten erkennen. Daneben ist die Möglichkeit der f ü r die wissenschaftliche Prosa charakteristischen unpersönlichen Darstellungsweise gegeben: Wenn alle in Abb. 1 dargestellten Kriege in ungefährer chronologischer Reihenfolge zu einem Schema zusammengefaßt werden (s. Abb. 2) . . ., lassen sich bestimmte Gesetzmäßigkeiten erkennen. An dieser Stelle könnte nun die völlig berechtigte Frage gestellt werden, inwieweit das bisher Gesagte auf die Militärpublizistik zutrifft und ob hier nicht viel eher bestimmte Züge der wissenschaftlichen Prosa zu erkennen sind. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß, wie bereits festgestellt wurde, der militärpublizistische Stil eine Verbindung von Elementen verschiedener Stile darstellt und daß die Konzentration eines jeden dieser Elemente in ganz beträchtlichen Grenzen variieren kann. In der von uns untersuchten „Military Review" treten relativ viele Elemente der wissenschaftlichen Prosa auf. D a r a u s folgt aber noch nicht, daß diese Zeitschrift zur wissenschaftlichen Literatur gezählt und ihre Beiträge als Muster des wissenschaftlichen Sprachgebrauchs angesehen werden können, denn es finden sich — manchmal sogar innerhalb eines Artikels — daneben auch Elemente des offiziellen Sprachgebrauchs, der Literatursprache, der Umgangssprache. Das folgende Beispiel weist alle stilistischen Merkmale von Dienstanweisungen und -Vorschriften auf. The perimeter, with armored vehicles used, should be organized in depth, avoiding
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linear or regular circle configurations. Commanders must continue to display resourcefulness and ingenuity in their conduct of the defense. Thorough planing, preparation, execution and supervision by all levels of command are the basis of a good defense. Die Rundumverteidigung unter Einsatz gepanzerter Fahrzeuge ist in der Tiefe zu organisieren, wobei gerade oder gleichmäßig kreisförmige Aufstellungen zu vermeiden sind. Die Kommandeure haben weiterhin Findigkeit und Geschicklichkeit bei der Führung der Verteidigung zu zeigen. Exakte Planung, Vorbereitung, Durch fuhrung und Kontrolle auf allen Befehlsebenen sind die Grundlage einer guten Verteidigung. Durch den Gebrauch von Modalverben des Sollens (should, must), kurze Sätze mit relativ einfacher Struktur und offizielle Militärterminologie kommt dieser Text einer militärischen Instruktion sehr nahe. Diese Stilzüge mußten auch im ZS-Text entsprechend berücksichtigt werden. In der gleichen Zeitschrift finden wir andererseits Texte, die sich in ihrer Darstellungsart kaum von den Texten einer Tageszeitung unterscheiden : After two years of complicated negotiations, on some occasions almost nearing the breaking point, an agreement was signed on 6 August 1970 in Washington by Secretary of State William P. Rogers and Spanish Foreign Minister Gregorio Lopez Bravo. Nach zweijährigen komplizierten Verhandlungen, die mehrmals kurz vor dem Scheitern standen, haben Außenminister William P. Rogers und der spanische Außenminister Gregorio Lopez Bravo am 6. August 1970 in Washington ein Abkommen unterzeichnet. Für die Beiträge anderer Zeitschriften indessen, z. B. des „Soldiers" (ehemals „Army Digest"), sind auch andere stilistische Merkmale charakteristisch. „Soldiers" als ein offizielles Organ des Armeeministeriums ist für einen viel größeren Leserkreis vorgesehen, nämlich für den Personalbestand der Armee im aktiven Dienst, für die Nationalgarde, die Reserve des Heeres und Zivilbeschäftigte der Armee. Für diese Zeitschrift schreiben viele jüngere Offiziere und Sergeanten. Gleichzeitig finden sich Artikel, die den offiziellen Standpunkt des Ministers oder des Stabschefs des Heeres zu einer bestimmten Frage darstellen. Der Unterschied zwischen „Military Review" und „Soldiers" wird auch in ihren Benennungen sichtbar. Erstere Zeitschrift nennt sich im Englischen "journal", was soviel wie „spezialisiertes Presseorgan" bedeutet: "Soldiers" dagegen nennt sich „magazine", ist also eine populäre illustrierte Zeitschrift, die auf einen großen Leserkreis abzielt. Dieses Abzielen auf unterschiedliche Leserkreise und die thematischen Unterschiede zwischen den beiden Zeitschriften bestimmen auch deren
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Stilistische Probleme der Übersetzung
stilistische Unterschiede. Hier findet faktisch die von der modernen Soziolinguistik untersuchte Variante in der Auswahl der Stilmittel, die von der sozialen Situation und dem Thema des Kommunikationsaktes bestimmt wird, ihren Ausdruck (FRIEDRICH 1966). Offensichtlich passen sich Zeitungen, Zeitschriften und andere Massenkommunikationsmittel in gewissem Maße dem kommunikativen Verhalten des Menschen an, und zwar wie er die Aaswahl der von ihm gebrauchten sprachlichen Mittel in Abhängigkeit von der sozialen Situation (z. B. ein Gespräch mit einem Kollegen, das Auftreten auf einer Versammlung, ein Gespräch mit einem Kind) und vom Thema (ein Gespräch über ein Alltagsthema, ein wissenschaftliches Thema usw.) variiert. Diese Arten der Varianz (situativ oder thematisch bedingt) zeigen sich sowohl in den stilistischen Unterschieden zwischen den einzelnen Presseorganen als auch in den Unterschieden zwischen bestimmten Genres des Stils der Presse und der Publizistik. Einige Besonderheiten des Stils von „Soldiers" lassen sich aus den folgenden Beispielen ableiten: 1. He started out as a medical corpsman. Today he is a full fledged physician. He's Capitain Charles W. Poling, now interning at Fitzsimmons General Hospital in Denver. Seinen Dienst hat er als Sanitätssoldat begonnen. Inzwischen ist er richtiger Arzt. Er heißt Hauptmann Charles W. Poling und ist heute Stationsarzt im Allgemeinen Krankenhaus von Denver. 2. Happiness is many things. To the soldier, it's a hot meal when you are hungry, a letter from home when you're lonely, a soft bunk when you're tired. Glück kann vielerlei bedeuten. Für den Soldaten bedeutet es ein warmes Essen, wenn er Hunger hat, ist es ein Brief von zu Hause, wenn er sich einsam fühlt, ein weiches Bett, wenn er müde ist. 3. How do you get the job ? You don't volunteer. You can't even ask to be considered. But if you fill a few simple requisites, your name might appear on the list for consideration. Wie kann man diesen Job bekommen ? Freiwillige werden nicht genommen. Man darf nicht einmal danach fragen. Wenn aber einiges von dem, was gefordert wird, auf einen zutrifft, dann kann man seinen Namen bald auf der Liste der Anwärter finden. Bei diesen drei Beispielen handelt es sich um Einführungen von Artikeln, die sich im Stil der Darstellung stark von den oben angeführten Beispielen aus „Military Review" unterscheiden. Im Gegensatz zu der trockenen und unpersönlichen Art der Darstellung in „Military Review" mit Orientierung auf den Stil der Wissenschaft und der öffentlichen Rede fällt bei „Soldiers" eine Orientierung auf den Stil der Alltagsrede auf und das Bestreben, den Leser zu interessieren und neugierig zu machen.
Besonderheiten der Militärpublizistik
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Das erste Beispiel ist typisch für eine „neugierig machende" Einführung: Die handelnde Person wird durch das Personalpronomen he bezeichnet, und erst im dritten Satz erfährt der Leser, von wem eigentlich die Rede ist. Charakteristisch sind weiter die deutlich ausgedrückte umgangssprachliche Färbung, die umgangssprachliche Zusammenziehung (Kontraktion) — he's, die vereinfachte Syntax und die umgangssprachliche Lexik (started out). Diese Besonderheiten finden auch in der Übersetzung ihren Niederschlag: in der Wortverbindung richtiger Arzt z. B . oder in der Inversion seinen Dienst hat er . . . begonnen. Bei dem zweiten Beispiel muß neben einigen bereits genannten Zügen auch der für den Stil der Alltagsrede typische Gebrauch des Pronomens you in verallgemeinerter persönlicher Bedeutung beachtet werden. In der dt. Variante hat das Pronomen der 3. Person Sing, er in seiner verallgemeinerten Bedeutung eine analoge Funktion. I m dritten Beispiel scheint der Autor mit dem Leser ein Gespräch zu führen. Auch hier steht you in verallgemeinerter persönlicher Bedeutung. Dafür wird im Deutschen man mit den umgangssprachlichen, flektierten Formen einen, einem gebraucht. Diese Beispiele aus den beiden genannten Zeitschriften sollen genügen, um den Charakter der durch verschiedene Thematik und einen unterschiedlichen Leserkreis bestimmten Stilunterschiede deutlich zu machen. Während sich die „Military Review" an den Offizier, und dabei vor allem an den höheren Offizier richtet, wendet sich „Soldiers" auch an den Soldaten und variiert dabei die Wahl der sprachlichen Mittel entsprechend der Spezifik der Kommunikationssituation. Die letztgenannte Zeitschrift ahmt merklich den Sprachgebrauch des Soldaten nach und benutzt bisweilen auch den sogenannten „Soldatenslang". Doch davon soll später noch die Rede sein. Bei der Untersuchung von stilistischen Unterschieden zwischen bestimmten Gattungsstilen der Militärpublizistik fallen einige Besonderheiten des Leitartikels (editorial) auf. I m allgemeinen weisen die Leitartikel am. und engl, periodischer Militärpublikationen die gleichen Merkmale auf, wie sie auch für dieses Genre der Publizistik überhaupt typisch sind ( G a l ' p e r i n 1971). Diese Merkmale werden durch das Kommunikationsziel des Leitartikels bestimmt: den Leser zu überzeugen, die Bildung seiner Meinung zu beeinflussen. Die Leitartikel anglo-amerikanischer Militär-Periodika haben dabei einen deutlich tendenziösen Charakter, der bestimmt wird durch das Streben, die offizielle Linie der herrschenden Kreise zu rechtfertigen oder in manchen Fällen auch nur die Interessen der einen oder anderen Abteilung der Militärbehörde zu vertreten. Unter den in Leitartikeln oft benutzten sprachlichen Mitteln fallen besonders
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Stilistische Probleme der Übersetzung
lexikalische Einheiten, d. h. Wörter nnd feste Wortverbindungen, auf, die eine emotional-wertende Färbung haben. Dazu die folgenden Beispiele aus der Marinezeitschrift „Our Navy": Largely by citing two case histories, the author demonstrates the devastating effect on crew morale of inept personnel policies and shortsighted Congressional attitudes and actions. Anhand von zwei konkreten Beispielen macht der Autor deutlich, wie katastrophal sich unvernünftige Kaderpolitik und kurzsichtiges Verhalten des Kongresses auf die moralische Verfassung der Besatzung auswirken. All the good accomplished by the recent well-intended actions designed to improve the attractiveness of a Navy career can be irretrievably undone by budgetary suicide. AU die positiven Ergebnisse, zu denen die kürzlich mit den besten Absichten durchgeführten Maßnahmen, die den Dienst in der Marine attraktiver machen sollten, geführt haben, können ein für allemal durch eine selbstmörderische Etatkürzung zunichte gemacht werden. A few old-timers and traditionalists dercy the change but there is no doubt that enlisted men, by and large, welcome the change and feel that it is long overdue. Einige Ewig-Gestrige und Konservative kritisieren den Wechsel heftig, doch es besteht kein Zweifel, daß die überwiegende Mehrheit der Unteroffiziere und Mannschaften diese Veränderungen begrüßt und der Meinung ist, daß sie schon längst hätten vorgenommen werden müssen. Im ersten Beispielsatz werden die bewertenden Epitheta devastating, inept und shortsighted mit negativer expressiver Färbung gebraucht. Bei der Übersetzung ins Deutsche wird diese negative Bewertung durch entsprechende Adverbien und Adjektive wiedergegeben (katastrophal, unvernünftig und kurzsichtig). Im zweiten Beispiel wird die Bewertung durch die emotional gefärbte Wortverbindung budgetary suicide wiedergegeben. Um diese emotionale Färbung zu übertragen, wurde eine Umverteilung der semantischen Komponenten vorgenommen: Die emotional-wertende Komponente des Determinativs suicide wird in der Übersetzung durch das Attribut selbstmörderisch ausgedrückt. Im letzten Beispiel schließlich stellt die Übersetzung von old-timers and traditionalists eine gewisse Schwierigkeit dar. Der Kontext der Äußerung verdeutlicht, daß beide Wörter pejorativ gebraucht werden. Daher wäre die Verwendung neutraler Entsprechungen (Veteranen und der Tradition Verhaftete etwa) kaum gerechtfertigt. Außerdem hat old-timer eine bestimmte umgangssprachliche Färbung. Das geringschätzige Ewig-Gestrige und das negativ gefärbte Konservative dagegen bringen die Position des Autors deutlicher zum Ausdruck.
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Die Darstellungs weise eines militärpublizistischen Essays kann sieh stark der Belletristik nähern. Dazu das folgende Beispiel: The squat wooden tower loomed dimly in the low-lying mists, its outlines so faint that the casual onlooker probably wouldn't even have noticed it. A red light flared deeply at its base and then went out. Diese beiden Sätze weisen eine Reihe von stilistischen Merkmalen der künstlerischen Prosa a u f : Neben dem Epitheton squat (untersetzt), das gewöhnlich auf Menschen bezogen ist, und der für die künstlerische Darstellung charakteristischen Lexik (loom dimly) findet sich z. B. auch das Adverb deeply, das ein Merkmal kennzeichnet, das sich eigentlich nicht auf das Verb, sondern auf ein Substantiv bezieht und anstelle eines Adjektivs gebraucht wird (vgl. a deep red light). Das wiederum ist eine Methode, die häufig in der schöngeistigen Literatur angewandt wird. Hier n u n der Versuch, diese stilistische Expressivität auch in der Ubersetzung zu erhalten: Der gedrungene Holzturm ragte kaum sichtbar aus dem tiefliegenden Nebel auf, seine Umrisse waren so undeutlich, daß ein zufälliger Beobachter ihn wahrscheinlich gar nicht wahrgenommen hätte. An seinem Fundament flackerte tiefrot ein Licht auf und verlosch wieder. Die Übersetzung von Feuilletons erfordert eine besondere Geschicklichkeit, da hier oft dialogische Redeformen mit typisch umgangssprachlichen und bisweilen sogar salopp-umgangssprachlichen Wendungen gebraucht werden. 'We won, man, and they can't touch us with a court-martial charge short of physical assault.' 'Bedcheck, Saturday morning inspection and all that crap is gone, man. Yeah, we built a new army in tune with the times.' ,Wir haben gewonnen, Alter, die können uns nicht mit dem Kriegsgericht kommen, bloß noch mit tätlicher Beleidigung.' ,Mit Stubendurchgang, Sonnabendmorgenkontrolle und diesem ganzen Mist ist es jetzt vorbei, Mann. Wir haben eben eine neue, zeitgemäße Armee aufgebaut.' Dieser Abschnitt steckt voller umgangssprachlicher und salopp-umgangssprachlicher Einheiten: die Anrede man, die W o r t v e r b i n d u n g touch with a court-martial charge, yeah anstelle von yes und crap. Ein humoristischer Effekt entsteht durch den Kontrast dieser niedrigen Stilebene mit d e m absichtlich gehobenen we built a new army in tune with the times. Die Übertragung der umgangssprachlichen bzw. salopp-umgangssprachlichen F ä r b u n g erfolgt nicht unbedingt nach dem Prinzip „Einheit zu Einheit". Wenn hier also eine Entsprechung f ü r crap und man zur Verfügung steht, nämlich Mist und Aller bzw. Mann, so heißt das nicht, daß u m jeden Preis auch eine stilistische Entsprechung f ü r yeah gefunden werden muß. Mit Hilfe der Kompensationsmethode können wir die umgangssprachliche Fär-
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Stilistische Probleme der Übersetzung
bung der Äußerung auch durch ein anderes Element dieser Äußerung übertragen, z. B. durch bloß noch oder die. In den Feuilletons von Militärzeitschriften finden sich häufig parodistische Elemente. In einem Feuilleton mit der Überschrift TERMINOLOGY GAP („Terminologie-Lücke") wird zum Beispiel die Vorliebe der Militärsprache für Abkürzungen parodiert: In addition to passing the FTX, CPX, and AGI, you and Barbara have done an outstanding service for the PTA. With great relish he slashed his way into the phantasmagoric world of the S3 — G3. The SOP-SOI-SSI led to the TOC-FOC-FCL which depended on the PIREP, SHELREP and SITREP. I m ersten Beispiel wird neben den militärischen Abkürzungen FTX (field training exercise — Geländeübung), CPX (command post exercise — Kommandostabsübung),
AGI
(annual general inspection
— jährliche
allgemeine
Inspek-
tion) auch eine Abkürzung aus einem ganz anderen Gebiet benutzt, und zwar PTA (parent-teacher association — Eltern-Lehrer-Vereinigung). I m zweiten Beispiel werden zur Verstärkung des humoristischen Effekts ähnlichlautende (alliterierte oder gereimte) Abkürzungen gebraucht: SOP (•standing Operation procedure — Dienstvorschrift), SOI (Signal Operation Instruction — AnordnungfenJ über Signalgabe), SSI (standing Signal instruction — Dienstvorschrift über Signalgabe), TQC (tactical Operations centre — Gefechtsführungszentrum), FQG (flight Operations centre — Flugleitzentrum), FOL (fire coordination line — Schußstreifen), PIREP (pilot report — Pilotenmeldung), SHELREP (shelling report — Meldung über die Feuertätigkeit des Gegners), SITREP (Situation report — Lagemeldung). Eine Übersetzung der angeführten Beispiele ist ohne den Gebrauch entsprechender Abkürzungen nicht möglich. Der ZS-Text muß in gleichem Maße wie der QS-Text auf Abkürzungen und deren parodistischer Ausnutzung aufbauen, nur so kann er bei einem ZS-Sprecher eine ähnliche Reaktion hervorrufen. Bei dem ersten Beispiel wäre es sinnlos, im Deutschen nach analogen Entsprechungen für alle Abkürzungen zu suchen. Es ist davon auszugehen, daß es im Deutschen nicht unbedingt eine Abkürzung f ü r jedes Denotat gibt, für das im Englischen eine abgekürzte Bezeichnung existiert. Daher erscheint es im gegebenen Fall zweckmäßiger, eine „improvisierte" Abkürzung zu schaffen, deren Bedeutung in einer Anmerkung des Übersetzers erklärt werden kann. Du und Barbara, ihr habt nicht nur die GÜ, die KSÜ und die JAI erfolgreich absolviert, sondern auch der ELV eine unschätzbare Hilfe erwiesen. Bei dem zweiten Beispiel kann der Übersetzer darüber hinaus die Form der verwendeten Abkürzungen nicht unberücksichtigt lassen, da diese einen bestimmten stilistischen Effekt erzeugt. Wie meistens erfordert die Über-
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tragung der formalen Gestaltung (der „poetischen Funktion") eine Kompromißlösung vom Übersetzer, die mit bestimmten semantischen Modifizierungen verbunden ist. Daher ist es gerechtfertigt, bei der Bildung von dt. Abkürzungen nach dem im wesentlichen gleichen Prinzip wie beim vorhergehenden Beispiel einige dieser Abkürzungen wegfallen zu lassen und dafür andere, passendere einzusetzen (z. B. GAZ — Geländeausbildungszentrum — statt Schußstreifen). Mit großem Entzücken machte er sich auf in die zauberische Welt der operativen Abteilungen und Unterabteilungen, wo die FVs, ASs undDVSs für dieGFZs, FLZs und GAZs bestimmend sind, die von den P-, FG- und L-Meldungen abhängen. Nun zu der Frage des Verhältnisses zwischen militär-publizistischer und terminologischer Lexik. Die Aussagen über Standardisierung und Expressivität als zwei entgegengesetzte Tendenzen des Stils der Presse und Publizistik treffen in vollem Maße auch auf die Militärpublizistik zu. Hier zeigt sich die Standardisierung des Genres aber nicht nur im Gebrauch einiger typischer Klischees, sondern auch in der Verwendung einer ganzen Reihe von militärischen Termini — sowohl Wörtern als auch Wortverbindungen. Die Expressivität wird durch die häufige Verwendung verschiedener Stilfiguren (Epitheta, Metaphern usw.) ebenso wie durch den Gebrauch expressiv gefärbter Elemente der umgangssprachlichen Lexik und den Gebrauch von Slangausdrücken, einschließlich des Militärslangs, ausgedrückt. Dazu das folgende Beispiel: In midsummer 1944, as Allied forces lay bottled up on the Gotentin Peninsula, General Omar N. Bradley called for massive firepower to force a breakthrough in the German line. On 27 July 2,000 aircraft poured bombs on an area of about eight square miles between Saint-Lo and the sea. The Panzer Division, surprised under the carpet of fire, was pulverized, and a gap was opened for Gen. George S. Patton's 3rd Army. One of the best German divisions had been erased from the map in one day by Allied firepower but it had required a formidable air armada and air supremacy which had been achieved only at a great price. In dem vorliegenden Text finden wir eine ganze Reihe von expressiven Äquivalenten für stilistisch neutrale, feststehende Termini. So wird anstelle des terminologisierten encircled hier das expressiv gefärbte bottled up gebraucht, für drop bombs steht pour bombs, statt der feststehenden Termini area bombing bzw. carpet bombing wird die Metapher carpet of fire benutzt, für destroyed steht pulverized bzw. erased from the map, und für das neutrale large bomber group gebraucht man hier a formidable air armada. Daneben finden wir aber auch eine Reihe von standardisierten militärischen Termini, nämlich massive firepower, breakthrough, open a gap und air supremacy.
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Als die alliierten Streitkräfte im Hochsommer 1944 auf der Halbinsel Cotentin eingekesselt waren, forderte General Omar N. Bradley massive Feuerunterstützung an, um eine Bresche in die deutsche Frontlinie zu schlagen. Am 27. Juli entluden 2000 Flugzeuge ihre Bombenlast auf ein Gebiet von ungefähr 20 Quadratkilometern zwischen Saint-Lo und dem Meer. Die von dem Bombenhagel überraschte Panzerdivision wurde dem Erdboden gleichgemacht. Durch die so entstandene Gasse konnte General George 8. Pattons 3. Armee weiter vordringen. Eine der besten deutschen Divisionen war an einem Tag durch die Feuerkraft der Alliierten ausradiert worden. Voraussetzung dafür waren jedoch eine gewaltige Luftflotte und eine Luftüberlegenheit, die nur um einen hohen Preis zu erringen gewesen war. Bei diesem Beispiel erfolgte die Auswahl der Entsprechungen für die im Text hervorgehobenen Elemente der Äußerung unter Berücksichtigung ihrer expressiven Färbung. Bottie up könnte nach dem Wörterbuch auch mit einschließen übersetzt werden. Hier wurde jedoch dem expressiveren einkesseln der Vorzug gegeben. Für die Wortverbindung pour bombs steht daher auch nicht das stilistisch neutrale Bomben(ab)werfen, sondern die expressive Wortverbindung eine Bombenlast entladen. Da der Verfasser des QS-Textes die Metapher carpet of fire den feststehenden Termini carpet bombing bzw. area bombing bewußt vorgezogen hat, wurde in der Übersetzung ebenfalls eine Metapher (Bombenhagel) gewählt, die eine entsprechende Expressivität aufweist. Das Verb pulverize wird in den Wörterbüchern mit zermalmen, völlig vernichten wiedergegeben. Auch in diesem Fall wurde ein expressiverer Ausdruck vorgezogen (dem Erdboden gleichmachen). Die Übersetzung der feststehenden Wortverbindungen erase from the map und formidable air armada ist kaum mit Schwierigkeiten verbunden, da sich im Deutschen passende Äquivalente finden lassen: ausradieren und gewaltige Luftflotte. Die Adäquatheit der vorgeschlagenen Übersetzung läßt sich durch ein einfaches linguistisches Experiment überprüfen: Man ersetzt im ZS-Text eingekesselt durch eingeschlossen, ihre Bombenlast entladen durch Bomben abwerfen, Bombenhagel durch Bombenteppichwurf, dem Erdboden gleichmachen und ausradieren durch vernichten. Der ZS-Text wird farbloser und ausdrucksschwächer, Original und Übersetzung stimmen stilistisch nicht mehr überein. Bei der Beschreibung von Kampfhandlungen werden expressiv-bildhafte Mittel gewöhnlich in großem Umfang angewandt. Metaphern, Epitheta und andere Stilfiguren sollen eine anschauliche Vorstellung von der Dynamik des Kampfes geben. I have sat on an open hillside under a screaming roof of loaded steel and watched our farthest thin broum line of fighting infantry smash irresistibly into the worst the Germans had to offer.
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Die vom Autor dieser Kriegsreportage benutzten Metaphern u n d E p i t h e t a schaffen ein räumliches u n d dynamisches Bild des K a m p f e s . Die Methapher a roof of steel vermittelt einen E i n d r u c k von d e m dichten Hagel der ü b e r d e m Kopf hinzischenden Geschosse. Eine wörtliche Ü b e r t r a g u n g ins Deutsche (Dach aus Stahl) würde jedoch äußerst ungewöhnlich wirken, und ungebräuchliche Metaphern t r e t e n im Stil der Presse u n d Publizistik insgesamt, und in der Militärpublizistik insbesondere, sehr selten auf. D a s Gleiche t r i f f t auf das ü b e r t r a g e n e E p i t h e t o n screaming (a screaming roof — schreiendes Dach) zu. (Es wurde bereits darauf verwiesen, daß sich der Gebrauch von ü b e r t r a g e n e n E p i t h e t a im Deutschen u n d i m Englischen verschiedenen Gesetzmäßigkeiten unterordnet.) Auch eine wörtliche Übersetzung von loaded steel — „steel" wird hier metonymisch i m Sinne von „Geschoß" gebraucht — würde im Widerspruch zu den Normen des Deutschen stehen. Eine Lösung bieten die Umformungen, die das situative Modell vorsieht. Bei d e m Austausch semantischer Kategorien wird eine bestimmte gegenständliche Situation auf der Grundlage verschiedener, jedoch miteinander verbundener Aspekte dargestellt. I m Falle von loaded steel bedeutet loaded „beladen"-*• „eine L a d u n g t r a g e n " ^ „ t o d b r i n g e n d e L a s t t r a g e n " . Anstelle der den N o r m e n des Deutschen widersprechenden W o r t v e r b i n d u n g e n beladener Stahl oder beladenes Geschoß k a n n also besser gesagt w e r d e n : todbringendes Geschoß. D a m i t läßt sich auch die Ü b e r t r a g u n g von screaming roof einfacher realisieren. U m das Bild der über den Kopf hinzischenden, t o d b r i n g e n d e n Geschosse zu zeichnen, reicht die im Englischen durch das A d j e k t i v screaming ausgedrückte semantische K o m p o n e n t e Heulen völlig aus. Die K o m p o n e n t e Dach k a n n hier wegfallen. Ein Problem ergibt sich noch im letzten Teil des Satzes: smash irresistibly into the worst the Germans had to offer. Hier ist offensichtlich eine situativ bedingte Bedeutungskonkretisierung notwendig. Mit the worst the Germans had to offer ist natürlich nicht gemeint „das Schlimmste, wozu die Deutschen f ä h i g waren", sondern „die schlimmste, d. h. die heftigste Gegenwehr, die die Deutschen aufbieten k o n n t e n " . N u n scheidet der „Verträglichkeitsfilter" des Modells „ S i n n " T e x t " aber eine Verbindung von Verben wie eindringen oder sich hineinbohren (für smash) mit dem a b s t r a k t e n S u b s t a n t i v Gegenwehr aus. E i n e weitere Konkretisierung ergibt schließlich: sich in die feuerspeienden Reihen der Deutschen hineinbohren. Als mögliche Übersetzungsvariante k a n n n u n vorgeschlagen w e r d e n : Ich saß an einem ungeschützten Berghang unter dem Heulen der todbringenden Geschosse und beobachtete, wie sich im Hintergrund die schmale braune Frontlinie unserer kämpfenden Infanterie unbeirrbar in die feuerspeienden Reihen der Deutschen hineinbohrte. 13
Übersetzung
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Das beliebteste Mittel jedoch, die Erzählung zu beleben und eine größere Expressivität zu erzielen, ist der Gebrauch expressiv gefärbter Verben, solcher Verben etwa, von denen bereits im Zusammenhang mit der Charakteristik expressiv-emotionaler Synonyme für offizielle terminologisierte Lexik die Rede war. Die Übersetzung dieser expressiv gefärbten Verben ist allerdings mit einer Reihe von Problemen verbunden. Spooky also hamntered the enemy's escape routes. 20-mm cannon fire rained down on the enemy. Machine-guns hosed down their sectors of fire and riflemen blasted away at targets of opportunity. Bestimmte expressiv gefärbte Verben werden in der Militärpublizistik sehr häufig gebraucht. Eines davon ist Kammer. Wie viele andere lexikalische Einheiten dieses oder jenen Genres ist auch Kammer mehrdeutig, und in dieser Mehrdeutigkeit liegt auch die grundlegende Schwierigkeit seiner Übersetzung. Bekanntlich muß in solchen Fällen von Mehrdeutigkeit der lexikalische und syntaktische Kontext herangezogen werden. Bei dem vorliegenden Beispiel signalisiert z. B. das Fehlen eines direkten Objekts nach dem Verb Kammer (syntaktischer Kontext) und eines Adverbs, etwa aKead, south, west nach diesem Verb (lexikalischer Kontext), daß es in der Bedeutung „vormarschieren, vorrücken" gebraucht wird. Das Vorhandensein von direkten Ergänzungen nach Kammer zeigt an, daß es in entsprechend anderen Bedeutungen verwendet wird. Manchmal ist dieser „diagnostische" Kontext bereits mit dem Kontext einer feststehenden Wortverbindung gegeben. To Kammer the enemy tKe force to a finish kann z. B. mit den Gegner aufreiben übersetzt werden. In anderen Fällen wird die Bedeutung von Kammer durch ein nachfolgendes präpositionales Adverb und die lexikalische Bedeutung des direkten Objekts präzisiert. Der Ausdruck Kammer out gains of 40 to 60 miles in the drive kann in einem anderen Beispiel übersetzt werden mit in einem Vorstoß den Gegner 40—60 Meilen zurückwerfen. Bei der Übersetzung des oben angeführten Beispiels muß nun die lexikalische Bedeutung sowohl des Subjekts als auch des Objekts berücksichtigt werden. Spooky ist ein Flugzeug der taktischen Luftstreitkräfte, und in dem vorliegenden Fall ist davon die Rede, daß dieses Flugzeug den zurückweichenden Gegner unter Beschuß genommen hat: Außerdem nahm „Spooky" die Rückzugswege des Gegners unter Beschuß. Der Ausdruck unter Beschuß nehmen ist besser als beschießen, vor allem auch wegen der lexikalisch-semantischen Verträglichkeit mit dem in der Funktion des Objekts auftretenden Substantiv Rückzugswege. Auch in dem folgenden Satz findet sich ein solches mehrdeutiges, häufig gebrauchtes Verb mit deutlich ausgedrückter expressiver Färbung (rain). Hier
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wird es metaphorisch in Verbindung mit dem präpositionalen Adverb down gebraucht. Wenn rain mit einem direkten Objekt verbunden ist, kann es z. B. unterwerfen, unter Beschuß nehmen heißen (rain destruction on the enemy — den Gegner unter vernichtenden Beschuß nehmen, dem Gegner vernichtende Schläge zufügen). Rain down paratroops kann übersetzt werden mit Luftlandetruppen absetzen. In dem vorliegenden Beispiel wird rain ohne direktes Objekt gebraucht. In solchen Fällen bedeutet dieses Verb gewöhnlich „(herab)fallen", „niedergehen" (z. B. bombs rained on airfields — Bomben fielen auf Flugplätze). Der angeführte Satz könnte also folgendermaßen übersetzt werden: Feuer aus 20mm-Kanonen prasselte auf den Gegner nieder. Bei dem nächsten Beispiel fällt ein expressiv gefärbtes Verb auf, das mit einem präpositionalen Adverb verbunden ist (hose down). Solche Verbindungen sind bei den in der Publizistik gebrauchten Verben mit emotional-expressiver Färbung recht häufig zu finden. Hose, ein durch Ableitung von einem Substantiv gebildetes Verb (das Substantiv hose bedeutet „Schlauch", das Verb hose soviel wie „mit dem Schlauch begießen") wird hier metaphorisch gebraucht. Bei der Übersetzung ins Deutsche könnte es durch das ebenfalls metaphorisch gebrauchte rasieren wiedergegeben werden. Maschinengewehre rasierten ihre Schußsektoren. Auch der folgende Abschnitt: Crashing through thickets, the A PCs weave and crisscross, stitching the jungle with lethal preplotted patterns of 50-calibre and M-60 machine-gun fire. The A PCs grind to a halt, there is a rumble from the rear; and volley after volley of 105-mm shells whistle overhead to crash down among the enemy in an endless earth-shaking invisible whiplash of steel. ist voller expressiv gefärbter bildhafter Lexik. Das Verb crash z. B. erinnert an die bereits im vorigen Kapitel erwähnten Verben mit der Bedeutung von „Geräusch, Lärm", die in einem entsprechenden lexikalisch-semantischen Kontext zur Beschreibung einer Bewegung benutzt werden können, obwohl sie selbst die semantische Komponente der Bewegung nicht enthalten (z. B. tanks roared into the city). I m Deutschen werden in ähnlichen Äußerungen dagegen häufig Verben der Bewegung benutzt, die durch entsprechende Adverbialbestimmungen ergänzt werden (z. B. Die Panzer fuhren dröhnend in die Stadt hinein). In ähnlicher Weise kann die Wendung crashing through thickets übersetzt werden mit sich krachend einen Weg durch das Dickicht bahnen. Die Verbalphrase grind to a halt wurde nach dem Modell von come to a halt gebildet, ist aber wesentlich expressiver als letztere. Eine Bedeutung von grind ist „knirschend zermahlen". In der Wendung grind to a halt wird lediglich eine der semantischen Komponenten dieser Bedeutung realisiert, die 13*
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noch dazu — wie das bei metaphorischen Übertragungen oft der Fall ist — n u r eine zusätzliche K o m p o n e n t e ist. Bei der Übersetzung wird der engl. Ausdruck erweitert u n d zwar ähnlich wie das Verb crash: knirschend zum Halten kommen. Auch whistle in d e m Ausdruck shells whistle overhead gehört zu dieser Gruppe von Verben. I n diesem Fall liegt jedoch im Deutschen ein a d ä q u a t e s Verb mit den gleichen semantischen K o m p o n e n t e n v o r : die Geschosse pfeifen über die Köpfe hinweg. Die Verben weave u n d crisscross wiederum werden bei der Übersetzung in K o m p o n e n t e n mit der B e d e u t u n g „Bewegung" u n d „Art der Bewegung" zerlegt: zickzackförmig bewegen u n d kreuz und quer bewegen, wobei die semantische K o m p o n e n t e „Bewegung" in diesem Fall bereits durch das vorliegende V e r b sich arbeiten (durch) ausgedrückt wird. Schwieriger erscheint die Übersetzung von stitch the jungle with lethal preplotted patterns of fire. Hier ist es möglich, von d e m dt. Ausdruck mit einer Salve durchlöchern auszugehen, der auf einem ähnlichen Bild b e r u h t wie der engl. stitch with bursts, dabei k a n n jedoch in V e r b i n d u n g mit Dschungel anstelle von durchlöchern das expressive durchkämmen verwendet werden. Beipreplotted patterns stoßen wir auf einen Fall von Entterminologisierung, wie er in der anglo-amerikanischen Militärpublizistik häufig zu finden ist. Pattern heißt hier nicht etwa „ S t r e u u n g beim Schießen" oder „ S c h u ß " bzw. „Trefferbild", sondern bedeutet eher das gleiche wie fire plan — „Feuerplan". D a der engl. Ausdruck nicht terminologisiert ist, können wir ihn i m Deutschen d u r c h allgemeingebräuchliche lexikalische Einheiten wie planmäßig, geplant wiedergeben. Die vorliegende Beschreibung endet mit der Metapher whiplash of steel, die v e r b u n d e n ist mit einer Reihe von E p i t h e t a : endless, earth-shaking u n d invisible. I m Deutschen bietet sich eine Metapher an, die auf einem ähnlichen Bild b e r u h t : (nicht enden wollendes) Stahlgewitter. N a c h einer entsprechenden U m f o r m u n g k ö n n t e die Ü b e r s e t z u n g etwa wie folgt aussehen: Krachend arbeiten sich die Schützenpanzerwagen kreuz und quer und im Zickzack durch das Dickicht, durchkämmen den Dschungel planmäßig mit tödlichem Maschinengewehrfeuer. Die Fahrzeuge kommen knirschend zum Halten. Von hinten ein dumpfes Getöse, und Salve auf Salve pfeifen die 105-mm-Geschosse über die Köpfe hinweg, lassen die Erde erbeben und überschütten den Gegner mit einem nicht endenwollenden Stahlgewitter. F ü r die Übersetzung der in der Militärpublizistik a m häufigsten verwendeten bildhaften expressiven Lexik sollte der Übersetzer unbedingt einige feststehende W o r t v e r b i n d u n g e n kennen, wie z. B. bog down — (Angriff) „steckenbleiben", mow down — „niedermähen, roll up enemy lines — „die gegnerische F r o n t aufrollen". Ebenso wie in anderen Genres der engl, u n d a m . Publizistik wird a u c h in
B e s o n d e r h e i t e n der M i l i t ä r p u b l i z i s t i k
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der Militärpublizistik der Slang als ein expressives Mittel benutzt. Dabei können die Wörter und Ausdrücke des allgemeinen Slangs und des Militärslangs verschiedene Funktionen erfüllen. Die Berücksichtigung dieser Funktionen ist äußerst wichtig, da von ihnen letztlich die Wahl der einen oder anderen Übersetzungsmethode abhängig sein kann. In einigen Fällen treten die Slangausdrücke als stilistische Transpositionen in der Autorenrede auf, die selbst völlig den Normen der Literatursprache entspricht und keine umgangssprachliche oder grob-umgangssprachliche Färbung aufweist. Junior officers accept the maxim that the argument stops when the Commander makes his decision. It is quite another thing — all too prevalent in the view of many young officers — when a senior ' p u l l s rank' to settle a difference of opinion. Die vorliegende Äußerung entspricht völlig den lexikalischen und syntaktischen Normen des literarischen Sprachgebrauchs. Der Slangausdruck pull rank steht in Anführungszeichen, ein Hinweis also darauf, daß er hier als Zitat aus einem anderen Redestil aufgefaßt wird. Die Frage ist nun, welche Funktion er erfüllt. Offensichtlich hat der Autor diesen Ausdruck aus dem Militärslang nicht als ein Mittel der sozialen Redecharakterisierung gebraucht, sondern ihn vor allem zur Übertragung einer negativen konnotativen Bedeutung benutzt. In einer Reihe von Fällen kann ein Slangausdruck aber auch die kürzeste und bisweilen auch die einzig übliche Ausdrucksweise für einen Begriff sein. Die Vorstellung nämlich, daß Slangausdrücke emotional gefärbte Äquivalente stilistisch neutraler lexikalischer Einheiten seien, entspricht nicht immer der Wirklichkeit. In bestimmten Fällen ist der Slangausdruck kein parallel vorkommendes Mittel zur Bezeichnung eines bestimmten Denotats, sondern die einzige dafür übliche sprachliche Einheit. Dies trifft auch auf pull rank zu. Seine Bedeutung wird im „Random House Dictionary" bestimmt als: „to make use unexpectedly of one's superior rank in demanding respect, obedience etc." Bei der Übersetzung müssen also sowohl die negative Expressivität als auch die Stabilität dieser Wendung berücksichtigt werden: Jüngere Offiziere akzeptieren die Regel, daß jede Auseinandersetzung aufhört, wenn der Kommandeur seine Entscheidung getroffen hat. Etwas anderes ist es — und das geschieht nach Meinung vieler junger Offiziere sehr oft —, wenn ein Dienstgradhöherer die Meinungsverschiedenheit dadurch beendet, daß er den Vorgesetzten herauskehrt. I m vorliegenden Fall wurde die negative konnotative Bedeutung von pull rank mit Hilfe des dt. Phraseologismus den Vorgesetzten herauskehren übertragen, dabei erfolgte auch eine Bedeutungskonkretisierung. A n dieser Stelle sei darauf verwiesen, daß das Inventar an umgangssprach-
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Stilistische Probleme der Ü b e r s e t z u n g
liehen, salopp- oder grob-umgangssprachlichen Elementen der Berufslexik in den verschiedenen Sprachen nicht übereinstimmt. Der engl, und am. Militärslang spiegelt natürlich vor allem reale Erscheinungen der engl, und am. Streitkräfte wider. Für viele Wörter und Ausdrücke des Militärslangs, die spezifische Erscheinungen des engl, und am. Militärlebens bezeichnen, gibt es daher keine Äquivalente in den entsprechenden Stilebenen der dt. Militärlexik (z. B. sky pilot — Feldgeistlicher, huck for section VIII — die Entlassung nach Artikel VIII versuchen, d. h. wegen Dienstuntauglichkeit). Daraus folgt jedoch nicht, daß Ausdrücke des Militärslangs prinzipiell unübersetzbar seien. Occasionally, there is enormous explosion as'the tunnel rats', having excavated a burrow, blow it up. Der in Anführungszeichen stehende Slangausdruck tunnel rats hat eindeutig eine expressive Funktion. Er wurde vom Verfasser des Textes dem offiziellen Terminus tunnel exploration and clearing team, (Tunnelbau- und Räumkommando) vor allem seiner Bildhaftigkeit und Ausdruckskraft wegen vorgezogen. Deshalb sollte tunnel rats hier auch wörtlich übersetzt werden. Dies ist möglich, weil das diesem Ausdruck zugrunde liegende Bild erkennbar ist und weil die denotative Bedeutung aus dem Kontext klar wird: Von Zeit zu Zeit ist eine mächtige Detonation zu hören, wenn nämlich die „ Tunnelratten" einen Gang gegraben haben und ihn am Ende aufsprengen. Meistens muß der Übersetzer jedoch das Bild ändern, auf dem der Slangausdruck in der QS basiert. Das ist hauptsächlich dann der Fall, wenn es für den zu übersetzenden Ausdruck in der ZS eine Entsprechung gibt, die auf einem anderen Bild beruht, z. B.: Some commanders, aware that their product is the impression they make on superiors as far as efficiency reports are concerned, appear to place more emphasis on from than on substa,nce, to treat command primarily as a 'ticket to be punched' rather than a professional challenge and opportunity for leadership. Einige Kommandeure, die wissen, daß der Eindruck, den sie auf ihre Vorgesetzten machen, von den schriftlichen Erfolgsmeldungen abhängt, scheinen mehr Wert auf die Form als auf den Inhalt zu legen. Sie scheinen die Führung in erster Linie als eine Sache „zum Abhaken" zu betrachten statt als berufliche Herausforderung und als Möglichkeit, ihre Führungsqualitäten unter Beweis zu stellen. Das engl, ticket to be punched und das dt. eine Sache zum Abhaken basieren auf verschiedenen Bildern: der engl. Ausdruck beruht auf einer bildhaften Bedeutungsverschiebung der Wendung mit der Bedeutung „eine Fahrkarte lochen", und der dt. Ausdruck bezeichnet in seiner direkten Bedeutung eine bereits erledigte Sache, die nur noch auf dem Papier als erledigt gekennzeich-
Besonderheiten der Militärpublizistik
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net werden muß. Beide Ausdrücke sind jedoch äquivalent, weil ihre denotative Bedeutung und ihre expressive Färbung übereinstimmen. Eine andere funktionale Färbung erhalten die in der Militärpublizistik auftretenden Slangwörter und -ausdrücke in den Fällen, wo sie in der direkten Rede gebraucht werden. Manchmal sollen sie der zitierten Rede Glaubwürdigkeit verleihen, und manchmal werden sie zur Charakterisierung des Sprachgebrauchs dieser oder jener handelnden Personen benutzt: "Baloney," said the wife of a lieutenant-colonel, "he's in it, not me and they can like it or lump it, I don't give a hoot." „Blödsinn", sagte die Frau eines Oberstleutnants. „Das ist seine Sache, nicht meine. Ob es denen paßt oder nicht, mir ist das piepegal." Die umgangssprachliche bis salopp-umgangssprachliche Färbung muß bei diesem Beispiel auf jeden Fall übertragen werden. Das bedeutet allerdings nicht, daß für jedes Element der Äußerung mit einer solchen Färbung eine absolut genaue Entsprechung gefunden werden muß. Eine solche Zielstellung wäre irreal. Erhalten werden muß lediglich der allgemeine stilistische Effekt der QS-Äußerung. Wie das angeführte Beispiel zeigt, ist dies auch durchaus zu erreichen, selbst wenn es keine völlige stilistische Identität zwischen den einzelnen Elementen gibt. Bei der Übersetzung von Ausdrücken des Militär- und allgemeinen Slangs ist das Problem der Analyse (d. h. des Verstehens) nicht weniger wichtig als das Problem der Synthese (d. h. des Aufbaus der endgültigen ZS-Äußerung). Der Slang stellt insgesamt gesehen eine der beweglichsten lexikalischen Ebenen dar. Die Wörterbücher können Slangneologismen nur in den wenigsten Fällen erfassen. Aus diesem Grund kommt der kontextuellen Analyse von Slangsausdriicken eine große Bedeutung zu. Relativ unkompliziert ist diese Analyse immer dann, wenn ein Slangneologismus im Kontext neben einem bereits bekannten Wort erscheint und wenn, wie das bei dem folgenden Beispiel der Fall ist, die Begriffe, die von diesen beiden Wörtern bezeichnet werden, im Verhältnis von Art- und Gattungsbegriff zueinander stehen: "They're smart enough to lcnow they can ruin their health, and their future can be hurt if they're discovered using pot or other drugs." Wenn der Übersetzer also weiß, daß drugs im vorliegenden Kontext "Narkotika" heißt, kann er auch ganz richtig darauf schließen, daß pot eine bestimmte Art von Narkotikum darstellt (Marihuana, eines der verbreitetsten Narkotika in der amerikanischen Armee). Die salopp-umgangssprachliche Färbung kann in diesem Fall auch mit Hilfe eines anderen Elements der Äußerung wiedergegeben werden: „Sie sind intelligent genug, um zu wissen, daß sie ihre Gesundheit ruinieren und ihrer Zukunft schaden können, wenn sie mit Marihuana oder anderen Narkotika erwischt werden."
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Stilistische P r o b l e m e der Übersetzung
In einigen Fällen wird die Bedeutung eines Slangneologismus auch durch den parallelen Gebrauch eines bekannten Synonyms bestimmt: Nevertheless, the serviceman on duty in a stränge, intriguing and sometimes dangerous location has the same frustrations — hangups — and aspirations as his 'päd partners' in the States. Bei diesem Beispiel wird das literatursprachliche frustrations durch den wesentlich expressiveren synonymen Slangausdruck hangups dubliert. Der Übersetzer kann in diesem Fall nicht auf die Kompensationsmethode zurückgreifen, das heißt, er kann die umgangssprachliche bis salopp-umgangssprachliche Färbung nicht auf andere Elemente der Äußerung übertragen. Er muß also feststellen, weshalb dieser Slangausdruck hier gebraucht wurde, welche Funktion er innerhalb der gesamten Äußerung erfüllt. Wenn die expressive Funktion als Hauptfunktion anzusehen ist, kann auf ein analoges Stilmittel der Zielsprache zurückgegriffen werden: auf den Gebrauch von Synonympaaren, die durch Konjunktionen verbunden sind (z. B. unbekannt und dem Namen nach unbekannt). S A L J A P I N A (1969) untersuchte solche Paare im Rahmen der Terminologie des Modells „Sinn-«-Text" und hob für ihre Bezeichnung den semantischen Parameter „Grupp" hervor, indem sie ihre Funktion als Verstärkung oder Ergänzung der Bedeutung jedes Teiles des Paares bestimmte. I m vorliegenden Fall handelt es sich eindeutig um eine expressive Verstärkung. Möglich wäre also etwa eine Übersetzung mit Sorgen und Ängste. Die Übertragung der funktionalstilistischen Färbung von hangups ist in diesem Fall nicht wesentlich. Dennoch hat der in einer ungewohnten, verwirrenden und manchmal auch gefährlichen Umgebung dienende Soldat die gleichen Sorgen und Ängste und die gleichen Hoffnungen wie sein Kamerad in den Staaten. In wieder anderen Fällen wird die Bedeutung eines Wortes bzw. Ausdrucks aus dem Militärslang, das nur dem Eingeweihten verständlich ist, durch den parallelen Gebrauch des offiziellen Dienstterminus erhellt. "Aroundhere the trainingis calledfoot stamping", saidsquadleader Sergeant Richard Hart. "And we do a lot of that. It's just going through the formations over and over again, the different ways to hold weapons, how to get rhythm with your feet." Der Kontext weist eindeutig darauf hin, daß foot stamping hier in der Bedeutung „Exerzierausbildung" gebraucht wird. Ein expressives (ironisch gefärbtes) Äquivalent ist das dt. Ex-Kloppen. „Die Exerzierausbildung heißt bei uns 'Ex-Kloppen'", sagte Zugführer Sergeant Richard Hart. „ Und das machen wir ziemlich intensiv. Die Aufstellungen müssen immer wieder geübt werden, die verschiedenen Möglichkeiten, eine Waffe zu halten, und wie man mit den Füßen im Takt bleibt."
Besonderheiten der Militärpublizistik
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Manchmal liegt auch eine antonymische Gegenüberstellung mit einer dem Übersetzer bekannten lexikalischen Einheit vor, z. B . : There was 'big picture' and ' n i t t y gritty' planning going on simultaneously that summer. — In jenem Sommer wurde der Operationsplan sowohl im großen als auch bis ins winzigste Detail ausgearbeitet. Dieses Beispiel zeigt erneut, daß die Kompensationsmethode immer d a n n nicht anwendbar ist, wenn Slangausdrücke als Transpositionen im literarischen Sprachgebrauch auftreten. Unsere bisherigen Feststellungen zu der Übersetzung von Slangneologismen gelten auch f ü r die Übersetzung von Neologismen überhaupt. Die Analyse der in am. und engl. Militärzeitschriften gebrauchten Neologismen kann im wesentlichen erfolgen 1. auf der Grundlage der Beachtung der kontextuellen Beziehungen einer bestimmten Neubildung, d. h. etwa so, wie wir sie bei den obengenannten Slangneologismen nachvollzieben konnten, und 2. auf der Grundlage der Beachtung des Modellcharakters einer bestimmten Neubildung, d. h. analog zu bereits vorhandenen und dem Übersetzer bekannten Einheiten, nach deren Muster die entsprechende Einheit gebildet wurde. I n der Militärpublizistik werden ebenso wie im Stil der Presse und Publizistik überhaupt viele Abkürzungen von Eigennamen gebraucht, die in der Regel nicht in Wörterbüchern zu finden sind. Die Entschlüsselung von solchen Abkürzungen ist nur auf der Grundlage des Kontextes oder der extralinguistischen Situation möglich, wie auch der folgende Satz aus einem Artikel der am. Militärzeitschrift „Army" zeigt: The word 'escalation' was never populär in the days when Mr. McNamara was running the show for LBJ and I can think of no reason why 'deescalation' would receive the cheers of Melvin Laird or RMN. Es wäre sinnlos, RMN unter den Abkürzungen aus dem Militärbereich zu suchen. Die Verwendung der bekannten Abkürzung LBJ f ü r den Eigennamen Lyndon Baines Johnson in diesem Satz f ü h r t zu der Annahme, daß RMN eine Abkürzung des gleichen Typs ist. Außerdem liegt die Vermutung nahe, daß hier von einem anderen Präsidenten, nämlich dem Nachfolger Johnsons, Richard Milhouse Nixon, die Rede ist. (Einzelheiten über die Übersetzung von Abkürzungen werden in dem Buch von V. B O R I S O V „Abbreviacija i akronomija" („Abkürzungen und Akronyme" [ B O R I S O V 1972] gegeben.) I m vorliegenden Abschnitt wurde versucht, die stilistische Variabilität der Militärpublizistik und die Widerspiegelung dieser Verschiedenartigkeit im Übersetzungsprozeß aufzuzeigen. Dabei waren insbesondere die aus der Verwendung der Militärlexik, einschließlich der expressiven Lexik, der Slangausdrücke und Neologismen resultierenden Probleme zu beachten.
IV Pragmatische Aspekte der Übersetzung
Wir haben bereits im ersten Kapitel darauf verwiesen, daß der Übersetzer neben der denotativen und der leonnotativen Inhaltskomponente auch die pragmatische Komponente beachten muß. Diese Komponente wird bestimmt durch die Beziehung zwischen einer sprachlichen Äußerung und den Teilnehmern des Kommunikationsaktes, den Sendern und Empfängern einer Mitteilung. Die Berücksichtigung der pragmatischen Inhaltskomponente hat einen bestimmten Einfluß auf die Übertragung aller anderen Komponenten. Dem Wesen nach beruht bereits der von N I D A eingeführte und im ersten Kapitel dieses Buches untersuchte Begriff der „dynamischen Äquivalenz" von quellen- und zielsprachlicher Mitteilung auf der Beachtung der pragmatischen Aspekte der Äußerung, denn er setzt voraus, daß die bei den Empfängern des Originaltextes und bei den Empfängern des übersetzten Textes hervorgerufenen außersprachlichen Reaktionen auf die Mitteilung übereinstimmen. Anders ausgedrückt, erfordert die Bewertung der Qualität einer Übersetzung die Einbeziehung der Relation zwischen den zu vergleichenden Texten und den Teilnehmern des Kommunikationsaktes, d. h. den Empfängern desQS- und des ZS-Textes. Tatsächlich hat die Übersetzung als ein zweisprachiger Kommunikationsakt ihr Ziel dann nicht erreicht, wenn die Empfänger des QS-Textes den Inhalt anders aufnehmen als die Empfänger des ZS-Textes. Die Übersetzungswissenschaft der DDR widmet der Untersuchung pragmatischer Aspekte der Übersetzung große Aufmerksamkeit. Hier sind insbesondere die Arbeiten von A. N E U B E R T ZU nennen, in denen wir eine interessante und für den Übersetzungsprozeß äußerst wesentliche Klassifikation der QS-Texte finden. N E U B E R T hebt folgende Typen von Texten hervor: 1. Texte, die an den Träger der QS gerichtet sind; 2. Texte, die an den Träger der ZS gerichtet sind; 3. Texte, die eine Zwischenstellung zwischen 1 und 2 einnehmen, d. h. Texte, die in erster Linie an den Träger derQS, aber nicht nur an diesen, sondern in gewissem Maße auch an einen beliebigen Empfängerkreis gerichtet sind; und 4. schließlich Texte, die nicht speziell auf den Träger d e r Q S oder der ZS orientieren, d. h. Texte, die in gleichem Maße an einen beliebigen Empfängerkreis gerichtet sind ( N E U B E E T 1 9 6 8 , 1 9 7 0 1 ; 1 9 7 0 2 , 1 9 7 0 - J ) .
Pragmatische Aspekte der Übersetzung
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Als Beispiel für die Texte der ersten Gruppe können Gesetzestexte, große Teile der gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Tagesliteratur, Flugblätter, die Lokalpresse und die auf den Binnenmarkt ausgerichtete Werbung dienen. Diese Texte, die an den Träger der QS gerichtet sind, gehen von den spezifischen Zügen seiner Psyche, von dem ihm zugänglichen Umfang an Informationen und von den Besonderheiten des ihn umgebenden sozialkulturellen Milieus aus. Texte dieser Art haben zunächst keinerlei Bezug zu einem Empfänger in einer anderen Sprache. So wird z. B. der amerikanische Reklametext für die Zigarette „Winston" — BAD GRAMMA R, GOOD TASTE — dem Nichtamerikaner kaum verständlich sein, selbst bei semantisch genauer Übersetzung ( S C H L E C H T E GRAMMATIK, GÜTER GESCHMACK). Beim amerikanischen Leser entsteht hingegen sofort die Assoziation mit einem früheren Reklametext - WINSTON TASTES GOOD, LIRE A CIGARETTE SHOULD -, der wegen der Verletzung der grammatischen Norm Kritik hervorgerufen hatte (Gebrauch von like anstelle von as). Somit wird der Sinn der neuen Reklame nur dem verständlich, der ihre Vorgeschichte kennt. Anders gesagt, richten sich die Texte der ersten Gruppe an denjenigen, der die Quellensprache nicht nur beherrscht, sondern sozusagen „in ihr denkt und fühlt". Zur zweiten Gruppe (Texte, die an einen ZS-Eriipfänger gerichtet sind) gehören z. B. Texte aus dem Bereich der Information und Propaganda. Sie sind für einen ausländischen Empfängerkreis bestimmt. Im Idealfall müßten die Autoren solcher Texte beim Schreiben die erwünschte Reaktion des ausländischen Lesers oder Hörers berücksichtigen. In diesen Fällen wäre die Aufgabe des Übersetzers maximal erleichtert: Er brauchte sich nicht um die Wahrung der pragmatischen Inhaltskomponente zu kümmern, da der Sender, d. h. der Autor des Textes, diese Aufgabe selbst übernommen hat. In der Praxis sieht es jedoch häufig so aus, daß der Übersetzer, der die Zielsprache gut beherrscht und über mehr außersprachliche Informationen über den Adressaten und dessen sehr wahrscheinliche Reaktionen auf bestimmte Mitteilungen verfügt, zusätzliche Verbesserungen hinsichtlich der pragmatischen Aspekte des Textes vornehmen muß. Zur dritten Gruppe von Texten werden insbesondere Werke der schöngeistigen Literatur gezählt, die in erster Linie für die Träger der Quellensprache geschrieben wurden, die aber gleichzeitig auch einen Wert für die gesamte Menschheit darstellen können und sich folglich auch an einen breiteren Leserkreis wenden. Auch in diesem Fall besteht eine der wichtigsten Aufgaben des Übersetzers darin, hinsichtlich der pragmatischen Unterschiede der QS und der ZS Veränderungen vorzunehmen, obgleich dies nicht in dem Maße wie bei den Texten der ersten Gruppe erforderlich ist. Zur letzten Gruppe gehören schließlich Texte, die sowohl an denQS- als auch
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Pragmatische Aspekte der Übersetzung
an den ZS-Sprecher, so z. B. an Wissenschaftler verschiedener Länder, gerichtet sind, die in gleichem Maße mit dem Fach vertraut sind und mehr oder weniger über den gleichen U m f a n g an Ausgangsinformationen verfügen. I n diesem Fall treten die pragmatischen Aspekte der Übersetzung ebenso in den Hintergrund wie bei der Übersetzung von Texten der zweiten Gruppe (aufgrund anderer Ursachen allerdings). Das t r i f f t aber wiederum n u r auf den Idealfall zu. Natürlich ist die von N E U B E B T vorgeschlagene Einteilung bis zu einem gewissen Grade relativ. So wird zum Beispiel ein Wissenschaftler seinen Vort r a g f ü r eine internationale Konferenz etwas anders abfassen als f ü r ein Seminar, an dem n u r Kollegen seines eigenen Landes teilnehmen, die in denselben wissenschaftlichen Traditionen erzogen worden sind, dieselbe wissenschaftliche Schule vertreten und über denselben terminologischen A p p a r a t verfügen. Gleichzeitig k a n n festgestellt werden, daß die pragmatischen Aspekte der Übersetzung zwar entsprechend dem Charakter des zu übersetzenden Textes mehr oder weniger große Bedeutung haben können, daß der Übersetzer sie aber auf keinen Fall völlig ignorieren darf. D a r ü b e r hinaus sind in der Praxis des Übersetzens die QS- und ZS-Texte oft genug an verschiedene Empfänger gerichtet; dies t r i f f t vor allem auch auf die Übersetzung von Pressetexten mit Informationscharakter und von militärpublizistischen Texten zu. Auf welche Weise berücksichtigt nun der Übersetzer die pragmatische Inhaltskomponente des zu übersetzenden Textes? Gewöhnlich wird der Text im Übersetzungsprozeß unter Beachtung der pragmatischen Beziehungen der Z S f ü r einen anderssprachigen Empfänger umkodiert, d. h. unter Einbeziehung jener Reaktion, die ein Text, der die denotative und die konnotative Inhaltskomponente der QS-Äußerung genau wiedergibt, bei einem anderssprachigen Leser hervorruft. Dabei erfolgt eine pragmatische Adaption des QS-Textes, das heißt, es werden bestimmte Veränderungen hinsichtlich sozial-kultureller, psychischer und anderer Unterschiede zwischen den E m p fängern des Originals und denen des übersetzten Textes vorgenommen. Wie N E U B E E T in der oben zitierten Arbeit bemerkt, ist das Entscheidende die „ E i n b e t t u n g eines grammatisch-semantisch (relativ) eindeutigen Textes in ein Netz pragmatischer Beziehungen" ( N E U B E E T 1968, S. 28). Bei der Umkodierung einer Mitteilung f ü r einen ZS-Empfängerkreis und bei der Vornahme von Veränderungen hinsichtlich der obengenannten Unterschiede strebt der Übersetzer nicht n u r danach, semantische Äquivalente zu finden, d. h. Einheiten, die die gleichen Erscheinungen der Wirklichkeit bezeichnen. E r sucht auch nach jenen funktionalen Entsprechungen, die beim ZS-Empfänger die gleiche Reaktion wie bei einem QS-Empfänger hervor-
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rufen. 1 Deshalb ist der Meinung des französischen Linguisten M O U N I N zuzustimmen, daß ein Übersetzer, der nicht gleichzeitig auch als Ethnograph auftritt, seine Aufgabe nicht vollständig erfüllen kann. Es wurde bereits darauf verwiesen, daß im Übersetzungsprozeß neben den verschiedenen sprachlichen Systemen auch verschiedene Kulturen gegenübergestellt werden. N I D A f ü h r t interessante Beispiele für eine durch enthnographische Unterschiede hervorgerufene pragmatische Adaption des Textes an. So wird schneeweiß in die Sprache eines Volkes, das den Begriff Schnee nicht kennt, übersetzt als weiß wie das Gefieder des weißen Reihers; Herz wird in die Sprache eines Volkes, das diesen Begriff nicht mit Emotionen assoziiert, als Leber übersetzt usw. Das durch ethnographische Unterschiede bedingte Fehlen bestimmter assoziativer Beziehungen f ü h r t also zu Divergenzen in der semantischen Wortstruktur, d. h. zum Fehlen einiger konnotativer Bedeutungen. Ein interessantes Beispiel für die pragmatische Adaption f ü h r t auch NEUB E R T an ( 1 9 7 0 3 ) . ES sollen die Anfangszeilen des achtzehnten Sonetts von Shakespeare ins Arabische übersetzt werden: Shall I compare thee to a summer's day . . . Die genaue Übertragung der denotativen Bedeutung von summer kann beim arabischen Leser nicht jene Reaktion hervorrufen, auf die der Shakespearesche Text abzielt, denn in diesem Text assoziiert sich der Sommertag mit dem Begriff der Schönheit, während die Vorstellung von einem glühendheißen Sommertag beim arabischen Leser wohl kaum ähnliche Assoziationen bewirken kann. Daher muß zur Wahrung der Äquivalenz der Vergleich mit einem Sommertag unbedingt durch einen anderen Vergleich ersetzt werden, der das Kommunikationsziel der Äußerung erreicht; mit einem Frühlingstag z. B. Dieses Beispiel demonstriert anschaulich jene in der Übersetzungspraxis häufig auftretenden Situationen, in denen die genaue Übertragung der denotativen Bedeutung unvereinbar ist mit einer adäquaten Wiedergabe der pragmatischen Bedeutung und der Übersetzer sich zugunsten der letzteren entscheiden muß. Wie N E U B E R T richtig bemerkt, ist bei diesem Beispiel die Assoziation mit der Schönheit die Invariante, nicht jedoch die denotative Bedeutung der Phrase a summer's day. Die pragmatischen Beziehungen der ZS bestimmen also den Umfang und den Charakter dessen, was im Übersetzungsprozeß invariant bleibt. Die hier angewandte Methode wird in der Terminologie des situativen Modells als Methode der semantischen Transformation bezeichnet (Austausch eines gegebenen Begriffs durch einen benachbarten in den Grenzen ein und desselben Gattungsbegriffs). I m ersten Kapitel wurde die von N E U B E R T vorgeschlagene Abgrenzung zweier Arten der adäquaten Übersetzung angedeutet, nämlich die seman1 D a r a u s folgt, daß vieles v o n dem, w a s i m vorigen K a p i t e l i m Z u s a m m e n h a n g m i t den stilistischen P r o b l e m e n des Übersetzens festgestellt wurde, auch eine direkte B e z i e h u n g zu den p r a g m a t i s c h e n A s p e k t e n des Ü b e r s e t z e n s hat.
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Pragmatische Aspekte der Übersetzung
tisch adäquate Übersetzung, bei der der Inhalt des Originals unter Beachtung der ZS-Normen übertragen wurde, und die pragmatisch adäquate Übersetzung, bei der die pragmatische Komponente der Äußerung einbezogen wurde. Der Unterschied zwischen einer semantisch und einer pragmatisch adäquaten Übersetzung kann mit dem folgenden Beispiel N E U B E B T S illustriert werden: I came to Warley on a wet September morning with the sky the grey of Guiseley sandstone. Dieser Satz wurde wie folgt ins Deutsche übertragen: Es war an einem regnerischen Septembermorgen mit einem Himmel wie aus grauem, Sandstein, als ich in Warley ankam. Die im Text hervorgehobene Wortverbindung könnte auch mit Sandstein aus Guiseley oder Guiseley-Sandstein übersetzt werden. Die erste Variante (aus grauem Sandstein) ist ein typisches Beispiel für eine pragmatisch adäquate Übersetzung. Da Guiseley sandstone dem engl. Leser verständlich ist und darüber hinaus bei ihm eine konkrete bildhafte Assoziation hervorruft, ist in einem an den engl. Leser gerichteten Text der Gebrauch dieses Vergleichs durchaus gerechtfertigt. Er kann jedoch in dieser Form beim dt. Leser, der sich kaum vorstellen kann, wie dieser „Sandstein aus Guiseley" aussieht, keine ähnliche Reaktion bewirken. Deshalb können also die Varianten Sandstein aus Guiseley oder Guiseley-Sandstein nicht als pragmatisch adäquat angesehen werden, auch wenn sie semantisch völlig adäquat sind. Gleichzeitig hängt die Lösung der Frage nach der pragmatischen Adäquatheit der Übersetzung in großem Maße aber auch vom Kommunikationsziel ab. Wenn Guiseley-Sandstein zum Beispiel in der Übersetzung eines wissenschaftlichen Textes verwendet worden wäre, der sich an Spezialisten der physikalischen Geographie Englands richtet, dann könnte die Wahl dieser Variante als völlig gerechtfertigt angesehen werden, ja sie wäre in diesem Fall pragmatisch adäquat. Der pragmatische Faktor ist einer der wichtigsten „Filter", die nicht nur die Realisationsweise des Übersetzungsprozesses bestimmen, sondern auch den Umfang der in der Übersetzung zu übertragenden Information. Es wurde bereits wiederholt auf zwei gegensätzliche Tendenzen innerhalb der natürlichen Sprache verwiesen — auf die Tendenz zur Explikation und die Tendenz zur Implikation. Die Betrachtung dieser gegensätzlichen Tendenzen ist von prinzipieller Bedeutung für das Verständnis des Wesens der pragmatischen Adaption. Der Sender einer Mitteilung steht in der Tat immer vor der Frage, welche Information in der Mitteilung explizit auszudrücken ist und welche nicht expliziert zu werden braucht, da sie als dem Empfänger schon bekannt vorausgesetzt werden kann. Diese Auswahl muß für einen Empfänger, der QS-Sprecher ist, anders vorgenommen werden als für einen ZS-Empfänger.
Pragmatische Aspekte der Übersetzung
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Denn das, was für einen QS-Sprecher selbstverständlich ist und keiner Explikation bedarf, muß bei der Umkodierung der Mitteilung für einen ZS-Sprecher oft besonders erwähnt werden. Umgekehrt erweist sich auch das, was dem QS-Sprecher das Verständnis des Textes erst ermöglicht, bei der Übersetzung dieses Textes in die ZS häufig als überflüssig. Die Variierung des im Übersetzungsprozeß übertragenen Informationsumfanges zeigt sich vor allem darin, daß gegenüber der ursprünglichen Mitteilung einige erklärende oder präzisierende Elemente hinzugefügt oder weggelassen werden: Part of the nuclear Station in Cumberland
has been closed
down.
Ein Teil des Atomkraftwerkes in der Grafschaft Cumberland ist stillgelegt worden. I m angeführten Beispiel ist das erklärende Element Grafschaft bei der Übersetzung vom Englischen ins Deutsche deshalb erforderlich, weil dem dt. Leser sonst vielleicht nicht klar wäre, ob von einer Ortschaft oder einer territorialen Einheit die Rede ist. Andererseits wird ein solches erklärendes Element bei einer Übersetzung vom Deutschen ins Englische als überflüssig weggelassen: Achttausend Demonstranten marschierten an jenem Tage an dem US-amerikanischen Super-Sabre-Stützpunkt auf den grünen Wiesen und Feldern der Grafschaft Essex vorbei. Eight thousand demonstrators marched on that day past a U.S. Super-Sabre nest in the green fields of Essex. Erklärende Elemente werden nicht nur bei geographischen Bezeichnungen, sondern auch bei Namen von Einrichtungen, Presseerzeugnissen usw. weggelassen oder hinzugefügt. Wie die Zeitschrift „Newsweek" berichtet, wächst die Streikbewegung in Spanien an. The strike movement in Spain is on the increase, Newsweek reports. In diesem an den am. Leser gerichteten Text ist das erklärende Wort Zeitschrift überflüssig, zumal einem beliebigen englischsprachigen Leser auf jeden Fall klar wäre, daß „Newsweek" die Bezeichnung für eine Wochenzeitschrift sein muß. Hier handelt es sich also um einen jener Fälle, wo die semantische Struktur einer bestimmten Bezeichnung für den Träger der einen Sprache völlig durchsichtig ist, während sie für den Sprecher einer anderen Sprache unverständlich bleibt. Anders ausgedrückt haben wir es hier mit einem Fall zu tun, bei dem ein und derselbe Lautkomplex im Netz der pragmatischen Beziehungen der QS und der ZS einen unterschiedlichen Platz einnimmt. Während sich für den engl, und den am. Leser die Bedeutung „Newsweek" aus den Bedeutungen der ihm
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Pragmatische Aspekte der Übersetzung
bekannten Komponenten „news" + „week" ergibt, hat diese Lautkombination keine Beziehung zu ihrem Bedeutungsinhalt. Bei der Einbeziehung des engl. „Newsweek" in das Netz der pragmatischen Beziehungen der dt. Sprache muß also ein erklärendes Element hinzugefügt werden, während ein solches Element bei der Übersetzung ins Englische überflüssig und vom pragmatischen Filter „ausgesondert" wird. Bei dem folgenden Beispiel: Zur Einflußsphäre der Morgans gehören sowohl mächtige Versicherungsgesellschaften als auch riesige Aktiengesellschaften — vom Atom- und Elektronikgiganten „General Electric" mit einem Kapital von 2 Milliarden Dollar und dem Stahlkonzem „United States Steel", dessen Kapital mehr als 3,5 Milliarden Dollar beträgt, bis zu der bekannten „Coca-Cola Company". wurde „Coca-Cola Company" nicht mit einem erklärenden Element ergänzt, da aus der Bezeichnung selbst hervorgeht, daß hier von einer Gesellschaft die Rede ist, die das Getränk „Coca-Cola" produziert. Die Bezeichnungen für die beiden anderen Gesellschaften („General Electric" und „United States Steel") wurden dagegen mit erklärenden Kommentaren versehen. Welche Veränderungen erfährt nun diese erklärende Information unter Beachtung der pragmatischen Komponente der Äußerung in der Übersetzung? The Morgan's sphere of influence includes both jumbo-sized insurance companie and major corporations from General Electric, a § two-billion nuclear-electronic giant, and U.S. Steel, worth more than $ 3.5billions, to the well-known Coca-Cola Company. Bei der Umkodierung der Mitteilung für den englischsprachigen Leser wurde die Erläuterung Stahlkonzern, die die semantischen Komponenten der Bezeichnung U.S. Steel dubliert, als überflüssig weggelassen. Der pragmatische Filter kann Elemente der Äußerung, die eine rein informative oder denotative Funktion erfüllen, nicht nur in jenen Fällen aussondern, in denen die durch diese Elemente zu übertragende Information an den Empfänger in der QS gerichtet ist. Es sind auch solche Fälle möglich, wo unter dem Einfluß pragmatischer Faktoren Elemente weggelassen werden, die eine andere, zum Beispiel metasprachliche, Funktion haben (Bezug auf Kode, d. h. auf die Sprache der Mitteilung selbst). Dazu einige charakteristische Beispiele: Bridgetown, die „Brückenstadt", liegt am Ufer einer schmalen Bucht, über die sich eine hohe Brücke spannt. Das Englische kennt den Ausdruck „Safety first". Diesen Ausdruck, der soviel bedeutet wie „vor allem Sicherheit", „Sicherheit über alles" (im Sinne von „ Vorsicht"), konnte man bisher vor allem auf Streichholzschachteln finden. Es bleiben noch zwei Wochen für das Shopping. „Shopping" heißt, durch die Geschäfte gehen, Waren ansehen, Einkäufe tätigen. Das politische Shopping hat bisher den Republikanern mehr Vorteile gebracht.
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Wenn bei den vorhergehenden Beispielen in Phrasen wie der Stahlkonzern „United States Steel" eine für den QS-Empfänger erforderliche zusätzliche Information über das Denotat enthalten war, wird hier eine Erklärung fremdsprachlicher Wörter gegeben. So wird im ersten Beispiel mittels einer wörtlichen Übersetzung die Etymologie der geographischen Bezeichnung Bridgetown erläutert. Für den engl. Leser sind diese etymologischen Erläuterungen jedoch unnötig, weil diese Bezeichnung „Bridgetown" ihrer semantischen Struktur nach eindeutig ist. Hieraus folgt, daß die Erläuterung die „Brückenstadt" im engl. Satz weggelassen werden muß: Bridgetown lies along a narrow bay spanned by a tall bridge. Schwieriger ist es bei dem zweiten Beispiel. Hier ist wiederum eine für den englischsprachigen Empfänger überflüssige Information enthalten: die Erläuterung der Bedeutung des engl. Ausdrucks Safety first wurde offensichtlich des nationalen Kolorits wegen in den Text aufgenommen. Dieser Ausdruck wird in seiner wörtlichen Übersetzung („vor allem Sicherheit", „Sicherheit über alles") und mit seinem funktionalen Äquivalent („Vorsicht") angeführt. Alle diese Hinweise sind natürlich für den dt. Empfänger gedacht und müssen bei der Übersetzung ins Englische weggelassen werden. Dies bedeutet aber, daß wir die gesamte Äußerung entsprechend umformen müssen. I m ersten Satz wird der engl. Ausdruck Safety first dem Leser als etwas Neues dargeboten. Er bildet somit das semantische Zentrum (Rhema) der Äußerung. Eine wörtliche Übersetzung des Satzes In English there is an expression — "Safety first". könnte zwar durchaus in einem Englischlehrbuch für Ausländer auftauchen, in einem Text jedoch, der sich an einen englischsprachigen Leserkreis richtet, würde ein solcher Satz zumindest seltsam klingen. Wenn wir die überflüssige Phrase in English und das ebenso unnötige there is wegfallen lassen, kann der verbleibende Teil des Satzes mit dem anschließenden Satz verbunden und so zu dessen Thema umgewandelt werden, d. h. zu etwas, das dem engl. Leser bekannt ist. Diese Phrase wird an den Anfang des Satzes gestellt, und der unbestimmte Artikel wird durch den bestimmten ersetzt. The expression "Safety first" has so far appeared mainly on match-boxes. I m dritten Beispiel wird der Ausdruck Shopping aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls wegen des nationalen Kolorits gebraucht. Die ausführliche Erläuterung dieses Ausdrucks wird im Übersetzungsprozeß gleichfalls ausgesondert. Bei diesem ebenso wie auch beim vorhergehenden Beispiel besteht der Prozeß der pragmatischen Adaption aber nicht einfach im Weglassen der überflüssigen Elemente der Äußerung. In diesem Abschnitt t r i t t das engl. Wort Shopping in zwei miteinander kontrastierenden Bedeutungen auf — „Shopping" als „Einkaufen" und als „politisches Shopping". Das Weglassen des zweiten Satzes, der vom Standpunkt des englischsprachigen 14
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Empfängers aus überflüssig ist, gibt gleichzeitig auch den für die semantische Struktur des Textes wichtigen Hinweis darauf, daß im ersten Fall vom „Shopping" als „Einkaufen" die Rede ist. Das wird deutlich, wenn man diesen Abschnitt nach dem Weglassen des zweiten Satzes ohne weitere Umformungen ins Englische übersetzt. TJiere are two more weeks of Shopping. So far political Shopping has favoured the Republicans. Diese Übersetzung kann wohl kaum als adäquat betrachtet werden, fehlt doch die Gegenüberstellung, ohne die der Bezug zwischen dem ersten und dem zweiten Satz zerstört wird. Damit der engl, und am. Leser weiß, worum es geht, muß der weggelassene Satz durch ein zusätzliches Element im T e x t kompensiert werden, ein Element, das deutlich darauf verweist, daß Shopping im ersten Fall in seiner üblichen Bedeutung gebraucht wird. Eine wörtliche Ubersetzung von Es bleiben noch zwei Wochen für das Shopping würde vom engl. Leser nicht verstanden werden, wenn er nicht erklärt bekäme bzw. aus dem Kontext hervorginge, daß von der Zeit der Festtagseinkäufe die Rede ist („the Shopping season"). Gleichzeitig kann die Gegenüberstellung durch eine Konstruktion mit as to noch verstärkt werden: The Shopping season will last another two weeks. As to the political Shopping, so far it has favoured the Republicans. Die angeführten Beispiele machen deutlich, daß sich die pragmatische Adaption nicht einfach auf das Weglassen überflüssiger Elemente der Äußerung und auf die Einführung von zusätzlichen Elementen in den T e x t reduzieren läßt. Bisweilen berührt sie die semantische Struktur des Textes und fordert die Veränderung des Verhältnisses von Thema und Rhema. Manchmal hat sie auch die Vereinigung von Sätzen zur Folge, erfordert eine Kompensierung der weggelassenen Elemente oder verlangt teilweise Veränderungen in der syntaktischen Struktur des Textes. Die pragmatischen Aspekte der Übersetzung stellen eines der wichtigsten Probleme Tbei der Übertragung von Realien dar, d. h. von Bezeichnungen für Dinge und Erscheinungen, die mit der Geschichte, Kultur, Ökonomie und der Lebensweise einer Sprachgemeinschaft verbunden sind. In der Übersetzungstheorie werden Realien, die in der anderen Sprache kein Äquivalent haben, mit dem Begriff „äquivalentlose L e x i k " gefaßt (ÖEKNOV 1958). Zur Übertragung von Realien gibt es solche Möglichkeiten wie die Entlehnung (Jazz, Rugby z . B . ) , die Lehnübersetzung (brain-washing — Gehirnwäsche, roundthe-clock — rund um die Uhr) und die sogenannte „erläuternde Übersetzung" oder Lehnschöpfung (close-out sale — Ausverkauf wegen Geschäftsaufgabe). Gleichzeitig gestattet es die allseitige Beachtung der pragmatischen Aspekte der Übersetzung nicht nur, einige Gesetzmäßigkeiten für die Auswahl einer Übersetzungsmethode zu bestimmen, sondern auch das Spektrum der Mittel
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zu erweitern, die für die Übertragung der „äquivalentlosen" lexikalischen Einheiten angewandt werden. Dabei müssen neben der nationalen Spezifik des Empfängerkreises auch noch eine Reihe anderer Charakteristika beachtet werden, insbesondere der Grad der Sachkenntnis. Ein Beispiel dafür sind englische Originaltexte, in denen sogenannte „Germanismen" vorkommen. Hier läßt sich folgende Gesetzmäßigkeit feststellen: In Texten, die sich an Spezialisten richten, d. h. an Leser, die mit den entsprechenden realen Erscheinungen vertraut sind, überwiegen solche Methoden der Übertragung wie die Entlehnung und die Lehnübersetzung. In Texten dagegen, die sich an einen breiteren Empfängerkreis wenden, findet man häufiger die erläuternde, die beschreibende Art der Übersetzung; Transliterierung und Lehnübersetzung werden dann gewöhnlich mit erläuternden Kommentaren versehen. Bei der Übertragung von Realien muß beachtet werden, welche funktionale Rolle sie in dieser oder jener Mitteilung spielen. So erfüllte die Realienbezeichnung in der oben angeführten Phrase with the sky the grey of Guiseley sandstone keine denotative, sondern eindeutig eine expressive Funktion. Sie konnte also, da sie beim dt. Leser keine konkrete bildhafte Vorstellung auslöst, weggelassen werden; der Übersetzer ging dabei den Weg der Generalisierung. Eine ähnliche Lösung wurde auch bei der Übersetzung der folgenden Phrase aus Salingers „The Catcher in the Rye" gefunden: in one of those flitty-looking Tattersall vests — mit karierter Weste. Diese Übersetzung kann als pragmatisch adäquat angesehen werden, da sie die nur beim am. Leser konkrete bildhafte Assoziationen hervorrufende Realienbezeichnung wegläßt und dafür als funktionelles Analogon ein Wort mit allgemeinerer Bedeutung gebraucht. (Es wird also in der ZS-Äußerung ein Element benutzt, das eine ähnliche Funktion hat und beim dt. Leser eine ähnliche Reaktion hervorruft.) Die Übertragung von Realien mittels ihrer funktionellen Analoga wird häufig bei der Übersetzung von Pressetexten mit Informationscharakter angewandt. Als Beispiel dafür ein Satz aus einem Artikel über die 7. USFlotte: Drei Jahre Aggressionskrieg in Korea und mehr als zehn Jahre verbrecherische Abenteuer in Indochina — so sieht das „Dienstprotokoll" dieses schwimmenden Gendarmen des US-Imperialismus seit dem Ende des zweiten Weltkrieges aus. Die Übersetzung des dt. Gendarm ins Englische ist scheinbar mit keinerlei Schwierigkeiten verbunden, da sich im zweisprachigen Wörterbuch eine direkte Entsprechung finden läßt — „gendarme". Daher kann diese lexikalische Einheit strenggenommen auch nicht als äquivalentlos betrachtet werden. „Gendarm" bezeichnet jedoch eine historische Erscheinung Deutschlands, Rußlands oder Frankreichs, nicht jedoch Englands oder der USA. 14*
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Für den engl, und den am. Leser (im gegebenen Fall nicht den Spezialisten, sondern einen durchschnittlich gebildeten Leser) ist „gendarme" ein sehr selten gebrauchtes Wort, dessen denotative Bedeutung möglicherweise unklar ist, zumindest aber nicht die gleiche emotionale Assoziation wie beim dt. Leser hervorruft. (Siehe auch die Wörterbucheintragungen. Nach dem „Advanced Learner's Dictionary" ist ein „gendarme [in France and some other countries, but not in Great Britain or U.S.A.] a member of a military force employed in police duties".) Für den dt. Leser ist ein Gendarm nicht nur ein Polizeibeamter, sondern auch eine Person, die im Dienste der Reaktion, d. h. der herrschenden Klasse, steht. Wenn man davon ausgeht, daß gerade diese Bedeutung bei der Übersetzung ins Englische erhalten werden und daß das Wort „gendarme" in diesem Abschnitt eine bestimmte Reaktion hervorrufen soll, dann kann es hier durch ein Synonym ersetzt werden: Gendarm des Imperialismus = Kettenhund des Imperialismus = a watch-dog of imperialism. Der ganze Abschnitt könnte damit wie folgt übersetzt werden: Three years of the aggressive war in Korea and more than ten years of criminal ventures in Indo-China — such is the service record of this watch-dog of US imperialism since the end of World War II. Ein weiteres Beispiel: The money to fund the programme is in the Nixon budget, he explained, but if the family assistance plan is not enacted into law, the funds will be nickeled and dimed into other programmes. Er erklärte, das Geld zur Finanzierung des Programms sei im Budget der NixonRegierung vorgesehen, doch wenn das Gesetz zur Unterstützung kinderreicher Familien nicht angenommen werde, würden diese Geldmittel unbemerkt in andere Fonds abwandern. Die Verben nickel und dime, die durch Konversion von nickel (FünfcentMünze) und dime {Zehncent-Münze) gebildet wurden, könnten mit einer adverbialen Wortverbindung ins Deutsche übersetzt werden: werden Nickel für Nickel und Dime für Dime davonschwimmen. Aber diese Variante würde von einem breiten Leserkreis kaum verstanden werden und bei ihm vor allem auch nicht die gleichen Assoziationen wie beim Leser des Originals hervorrufen. (Vgl. das oben über die Unterschiede in der assoziativen Beziehung der Wörter und die dadurch bedingten Unterschiede in den konnotativen Bedeutungen Gesagte.) I m vorliegenden Fall erscheint es daher zweckmäßiger, die Betrachtungsweise der beschriebenen Situation in der Übersetzung zu verändern: Wenn das Geld Stück für Stück in andere Fonds davonschwimmt, dann wandert es folglich unbemerkt dorthin. Die Darstellung ein und derselben konkreten Situation auf der Grundlage
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verschiedener — wenn auch miteinander verbundener — Aspekte, gibt dem Übersetzer die Möglichkeit, Realien, die eine spezielle Erklärung für den ZSEmpfänger erfordern und die Mitteilung mit unwesentlichen Einzelheiten überladen würden, nicht in den ZS-Text aufzunehmen. Dazu zwei Übersetzungsvarianten : Wieviel kostet ein Ferienscheck für einen Kurort in der DDR ? What is ihe price of an accommodation card at a GDR health resort? How much are accommodations at GDR health resorts ? In der ersten Variante hat der Übersetzer versucht, Ferienscheck durch eine erläuternde Übersetzung wiederzugeben. Für den engl. Leser, der mit der sozialistischen Realität wenig vertraut ist, dürfte die Bedeutung von accommodation card jedoch ohne zusätzliche Erläuterung kaum verständlich sein. Wenn in dem Text vom System der Verteilung von Ferienschecks in der DDR oder in der Sowjetunion die Rede wäre, d. h., wenn der Begriff „Ferienscheck" selbst eine mehr oder weniger starke semantische Ladung hätte, dann könnte der Übersetzer allerdings kaum ohne die Einbeziehung von Wortverbindungen des Typs accommodation card oder accommodation voucher — mit einem entsprechenden Kommentar versehen — auskommen. Doch im vorliegenden Fall kann der Satz paraphrasiert und in einer für den engl. Leser üblicheren und verständlicheren Formulierung wiedergegeben werden. Dabei wird hier die logische Verbindung zwischen den Begriffen accommodation card und accommodations ausgenutzt. Bei einigen oben angeführten Beispielen sollten fremdsprachliche Ausdrücke dem Text ein „nationales Kolorit" verleihen. (KOSTOMAKOV [ 1 9 7 1 ] charakterisiert die Rolle solcher Ausdrücke in russischen publizistischen Texten und schreibt, da-ß sie gleichzeitig eine expressive und informative [d. h. denotative] Funktion haben, von der Authentizität der Aussage zeugen und ihr eine „lokalspezifische Färbung" geben.) Eine ähnliche Rolle spielen auch die entlehnten Wörter. Die Entlehnung wird in der Regel da angewandt, wo die semantische Ladung einer gegebenen Einheit im Kontext der Äußerung genügend hoch ist, d. h. dann, wenn der bezeichnete Begriff Gegenstand der Mitteilung ist und deshalb nicht weggelassen oder den oben gezeigten Umformungen unterworfen werden kann. Außerdem hängt der Gebrauch der Entlehnung oft von der Häufigkeit des Auftretens der gegebenen Einheit im Text ab, denn der wiederholte Gebrauch von ausführlichen, erklärenden Periphrasen innerhalb desselben Textes erweitert dessen Umfang wesentlich und läßt ihn umständlich und allzu wortreich werden, was bereits eine Abweichung von der Norm des Zeitungsstils bedeutet. Ebenso wie die dem ZS-Empfänger wenig bekannten geographischen Bezeichnungen können auch entlehnte Realien beim erstmaligen Auftreten
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im Text mit einer Erläuterung versehen werden, die entweder im Text oder als Fußnote des Übersetzers erscheint. Sowohl in dem einen als auch in dem anderen Falle ist diese Erläuterung Bestandteil der Übersetzung, weil ohne sie die entlehnte Einheit dem Empfänger unklar bleiben würde und die Übersetzung als kommunikativer Akt folglich ihr Ziel nicht erreicht hätte. Die Bedeutung der mit der Übertragung des nationalen Kolorits verbundenen Funktion nimmt bei jenen Genres des Stils der Presse und Publizistik zu, die in größerem Maße zur Belletristik neigen, z. B. bei der Kurzgeschichte. Dabei müssen die in Texten dieses Genres häufig vorkommenden entlehnten Realien nicht unbedingt zusätzlich erklärt werden. In einer Reihe von Fällen wird die Bedeutung einer solchen Einheit ausreichend klar durch den Kontext bestimmt: Der Vater hielt ein Tynsej in den Händen, und Savarka schwenkte ebenfalls ein ledernes Lasso. His father held a tynzei, Savarka also twirled a leather lasso. Der Viehzüchter trug ein weites, lose fallendes Maliza und Gummistiefel... Auch Savarka hatte ein Malisa an mit zurückgeschlagener Kapuze. The herder was wearing a wide loose malitsa, and high rubber boots . . . Savarka was also wearing a malitsa, the hood thrown back on his shoulders. Im ersten Beispiel wird die Bedeutung von Tynsej bestimmt durch die in der folgenden Phrase an seine Stelle tretende Wortverbindung ledernes Lasso. Im nächsten Beispiel geht aus der lexikalischen Umgebung hervor, daß es sich um eine Oberbekleidung mit Kapuze handelt. Wenn eine bestimmte Realienbezeichnung eine geringe Ladung in der semantischen Struktur des Textes hat, nur episodenhaft erwähnt wird und in der gegebenen Äußerung lediglich eine Hilfsfunktion hat, kann der Übersetzer entweder den Weg der Generalisierung gehen, indem er die Bezeichnung ganz wegläßt (s. o.), oder er wählt eine ähnliche Bezeichnung der ZS als funktionelles Analogon. Nach den geltenden Bestimmungen müssen die Meistermannschaften ihren eigenen Nachwuchs heranbilden. Under present regulations the big league teams must train their own replacements. Meistermannschaften und big league teams sind natürlich nicht identisch. I m Prinzip handelt es sich hier um einen Fall von Bedeutungsverschiebung, wobei der gegebene Begriff nicht durch einen identischen, sondern einen angrenzenden ersetzt wird. Entscheidend ist, daß die Bedeutung des Begriffs Meistermannschaft erst durch eine ausführliche Erläuterung im Text erhellt werden konnte. Dem ZS-Leser müßte z. B . auch erklärt werden, was ein „Meister des Sports" ist. Eine solche Erklärung würde jedoch eine ungerecht-
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fertigte Erhöhung der semantischen Ladung dieses Satzes gegenüber dem Ausgangstext zur Folge haben. Zum anderen ist uns aus dem situativen Modell bekannt, daß bei weitem nicht alle semantischen Bedeutungskomponenten der einen oder anderen lexikalischen Einheit iür die Darstellung einer konkreten Situation wesentlich sind. Bei dem angeführten Beispiel ist „führende" (Mannschaft) die wesentliche semantische Komponente. Diese Komponente ist sowohl in Meistermannschaft als auch im engl, big league team enthalten. Ein weiteres Beispiel: Die Organisatoren haben bei Wettkämpfen das Recht, sich das Zeugnisheft des Teilnehmers zeigen zu lassen. At tournaments officials have the right to ask acontestant to show his report card. Das dt. „Zeugnisheft" und das engl, „report card" bezeichnen keine identischen Begriffe, doch für die gegebene Situation ist wesentlich, daß in dem einen wie in dem anderen Dokument die Leistungen eines Schülers registriert werden. Der Bedeutungsunterschied, daß im Zeugnisheft im Gegensatz zu report card Zensuren eingetragen werden, ist in diesem Falle unwesentlich. Die Berücksichtigung der pragmatischen Faktoren, die auf den Prozeß des Übersetzens und sein Ergebnis einwirken, macht es erforderlich, den sprachlichen Formen, in denen die soziale Differenzierung der Sprache ihren Ausdruck findet, gebührende Aufmerksamkeit zu schenken. Während für die Quellensprache eine genaue Differenzierung der situationsbedingten Merkmale obligatorisch ist, braucht der Übersetzer in den meisten Fällen keine expliziten Wiedergabemöglichkeiten für diese Merkmale in der Zielsprache zu suchen. In einigen Fällen ist das aber doch notwendig. Wenn man z. B. den Satz Sie sagte das erste Mal Du zu ihm ins Englische übersetzt, so muß in der Zielsprache ein funktionelles Analogon für die Anrede gesucht werden. Ein Übersetzer übertrug diesen Satz wie folgt: It was the first time she addressed him in the second person Singular. Diese Übersetzung klingt komisch, und doch kann sie strenggenommen als semantisch adäquat bezeichnet werden, da sie die gesamte semantische Information dieser Äußerung wiedergibt. Die Übertragung der pragmatischen Information kann allerdings kaum als effektiv angesehen werden. Eine gelungenere Art der pragmatischen Adaption finden wir bei einem anderen Übersetzer: It was the first time she called him by his Christian name. Hier wurde als funktionelles Analogon des dt. „Du" eine entsprechende Anredeform gebraucht, die im Englischen in einer ähnlichen Situation üblich ist (vgl. das offizielle Mr. Brown, Mr. Smith mit dem vertraulichen John, Peter usw.). Bei der Übersetzung vom Englischen ins Deutsche steht der Übersetzer
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vor einer anderen Aufgabe: anstelle des undifferenzierten engl, you muß er entweder eine der beiden dt. Anredeformen gebrauchen, die sieh auf sozialer Ebene gegenüberstehen, oder das unpersönliche man. Dabei ist die Wahl der entsprechenden Form ohne Berücksichtigung der im Text beschriebenen sozialen Situation unmöglich. So ist es z. B. bei Dialogen wichtig, die Beziehungen der Gesprächspartner zueinander zu beachten. Dazu zwei Beispiele aus der Militärpublizistik: "What you going to do when you get out?" "Run for political office, both of us, you stupid jerk." „Was willst du machen, wenn du aus der Armee entlassen wirst?" „Wir werden uns einen Job in der Politik verschaffen, du blöder Hund." „You know, Oliver," General Smith was saying, "You've done well — outstanding." "Sir?" — "I said you've been outstanding, Oliver." „Hör zu, Oliver", sagte General Smith, „das hast du gut gemacht, hervorragend." „Was haben Sie gesagt, Sir?" „Ich habe gesagt, du warst hervorragend, Oliver." Bei dem ersten Beispiel handelt es sich um ein Gespräch unter Soldaten. Der familiäre Charakter des Dialogs wird durch das salopp-umgangssprachliche you stupid jerk unterstrichen. In einer analogen Gesprächssituation wird im Deutschen „du" gebraucht. Das zweite Beispiel ist insofern interessant, als sich in den Anredeformen die soziale Ungleichheit der Gesprächspartner widerspiegelt. Während der General seinen Unterstellten mit dem Vornamen anredet, gebraucht dieser die vorschriftsmäßige Anredeform Sir. Im Deutschen kann das sogenannte „asymmetrische Du/Sie" (Terminus nach F E I E D E I C H [1966]) als funktionelles Analogon auftreten, d. h., es gibt Situationen, in denen jemand seinen Gesprächspartner duzt, während dieser Sie zu ihm sagt. Das Problem der Auswahl differenzierter pronominaler Formen entsteht nicht nur bei der Übersetzung von Dialogen. Wie aus einigen Beispielen des vorigen Kapitels ersichtlich ist, dient „you" in publizistischen Texten häufig als verallgemeinerte Anredeform des Autors. Dabei hängt die Wahl der entsprechenden Form im Deutschen oft davon ab, an welchen Adressaten sich der Autor wendet. Back in 1957 if you had asked the average American what "Polaris" meant, he probably wouldn't have known. How do you know that's the best weapon for you, soldier ? How was it decided that this was the best weapon? Consider for a moment the avid bird hunter out shopping for a gun. . . Im ersten Beispiel wendet sich das verallgemeinerte you an einen beliebigen Adressaten. I m Text gibt es keinerlei Hinweise auf den Charakter des Ver-
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hältnisses zwischen Autor und Leserkreis. In einem dt. Text würde in solchen Fällen das unbestimmte „man" stehen: Wenn man damals, 1957, den Durchschnittsamerikaner gefragt hätte, was „Polaris" ist, er hätte es vermutlich nicht gewußt. Bei dem folgenden Beispiel wäre dagegen das Personalpronomen „du" durchaus denkbar: Woher willst du denn wissen, Soldat, daß dies die beste Waffe für dich ist ? Stell' dir einmal einen leidenschaftlichen Jäger von Wildvögeln vor, der ein Gewehr kaufen will. Wenn wir die pragmatische Adäquatheit als entscheidendes Kriterium der Äquivalenz beim Übersetzen bezeichnet haben, so haben wir aber auch einschränkend darauf verwiesen, daß man auf Grund der sozial-kulturellen Unterschiede zwischen den QS- und ZS-Empfängern lediglich von einer Entsprechung, nicht aber von völliger Identität der Aufnahme korrespondierender Texte sprechen kann. Daraus folgt, daß eine völlige Einbeziehung des vom Übersetzer geschaffenen Textes in das Netz der pragmatischen Beziehungen der Zielsprache, d. h. eine völlige pragmatische Adaption des Textes im Übersetzungsprozeß, oft nicht erfolgt und die Entscheidung des Übersetzers häufig Kompromißcharakter trägt. Damit verbunden sind auch die Probleme der Übertragung von Stilfärbungen des Originals. Bei der Übersetzung eines dt. Zeitungstextes mit Informationscharakter ins Englische bzw. eines engl. Zeitungstextes ins Deutsche müssen die stilistischen Normen der Zielsprache beachtet werden. (Siehe auch das Kapitel über stilistische Probleme des Übersetzens.) Dabei erhebt sich jedoch die Frage, wo die vernünftige Grenze für die pragmatische Adaption der Stilfärbung des zu übersetzenden Textes liegt. Anders gesagt, muß eine völlige stilistische Identität zwischen dem Text der Übersetzung und Texten des entsprechenden Genres in der ZS erreicht werden ? In der theoretischen Übersetzungsliteratur wurde wiederholt die Meinung vertreten, daß man sich bei der Übersetzung von Zeitungstexten aus dem Englischen ins Deutsche oder Russische auf den gehobeneren und reservierteren Stil dt. und sowj. Zeitungen zu orientieren habe. U. a. wurde vorgeschlagen, von der Übertragung der Gattungsspezifik des QS-Textes Abstand zu nehmen, um die stilistischen Normen der ZS zu wahren. Dabei wurde vom pragmatischen Standpunkt aus argumentiert: Die in engl, publizistischen Texten benutzten sog. Substandardismen wie Slangausdrücke, Jargonismen oder andere familiär-umgangssprachliohe Formen und expressive Stilmittel, die dem engl. Leser vertraut sind, machen wegen ihrer Ungewöhnlichkeit einen viel stärkeren Eindruck auf den dt. oder russ. Leser. Wir meinen, daß eine bestimmte Angleichung an den publizistischen Stil der
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Pragmatische A s p e k t e der Übersetzung
ZS eine Bedingung f ü r eine a d ä q u a t e Übersetzung ist, die Frage ist nur, ob hier eine vollständige pragmatische A d a p t i o n nötig oder möglich ist, ob beim d t . oder russ. Leser die Illusion erzeugt werden muß, d a ß er keine Ü b e r s e t z u n g vor sich hat, sondern einen Artikel aus der eigenen Presse u n d ob beim engl. Leser der E i n d r u c k erweckt werden m u ß , daß er nicht eine Ü b e r s e t z u n g aus d e m Deutschen oder Russischen, sondern z. B. einen Artikel aus der „New Y o r k Times" liest. Unserer Meinung nach wäre dies nicht n u r unzweckmäßig, sondern auch nicht d u r c h f ü h r b a r . W e n n ein übersetzter Artikel genau so aufgenommen werden sollte wie ein Artikel, der in der Muttersprache des E m p f ä n g e r s e n t s t a n d e n ist, d a n n m ü ß t e in der Mehrzahl aller Fälle das Original weitgehend redaktionell bearbeitet werden. Der Übersetzer entscheidet sich meist nicht f ü r eine maximale, sondern f ü r eine optimale Lösung, da zwei gegensätzliche F o r d e r u n g e n zu berücksichtigen sind, nämlich die Wiedergabe der gattungsstilistischen Besonderheiten des Originals und die Angleichung an entsprechende T e x t e der Zielsprache. Aus d e m Gesagten folgt, daß die B e a c h t u n g pragmatischer F a k t o r e n die Einbeziehung zusätzlicher Elemente in den Text, das Weglassen von f ü r den Z S - E m p f ä n g e r überflüssigen Elementen und auch eine Reihe semantischer U m f o r m u n g e n wie Generalisierung, Konkretisierung, Bedeutungsverschieb u n g u. a. mit sich bringt. W i r haben versucht, die Schwierigkeit u n d Vielfältigkeit des Übersetzungsprozesses u n d die Vielzahl intra- u n d extralinguistischer F a k t o r e n , die die E n t s c h e i d u n g des Übersetzers bestimmen, aufzuzeigen. Erschwerend dabei ist, daß sich diese F a k t o r e n bisweilen widersprechen und daß die Berücksichtigung des einen nicht immer mit der völligen B e a c h t u n g des anderen vereinbar ist. N E U B E E T ist zuzustimmen, wenn er schreibt, daß ein pragmatisch a d ä q u a t e r T e x t durchaus nicht obligatorisch durch ein H ö c h s t m a ß an semantischer, d. h. k o m m u n i k a t i v e r Invarianz charakterisiert wird. Letztere ist das optimale P r o d u k t der p r a g m a tischen, semantischen u n d — wir fügen hinzu — funktional-stilistischen Adäquatheit ( N E U B E R T , 1 9 7 0 2 ) .
Zusammenfassung
Die allgemeine Übersetzungstheorie, als eine interdisziplinäre Wissenschaft, baut auf linguistischen Grundlagen auf und ist eng mit der vergleichenden Sprachwissenschaft, der Psycholinguistik, Soziolinguistik, Ethnolinguistik und der Sprachgeographie verbunden. Sie ist ein wichtiger Zweig der angewandten Linguistik, der sich nicht auf eine innersprachliche formalstrukturelle Analyse beschränkt, sondern die wechselseitigen Beziehungen sprachlicher und außersprachlicher Faktoren untersucht und sich in enger Verbindung mit nichtlinguistischen Disziplinen entwickelt. In der vorliegenden Arbeit wurde der Versuch unternommen, die Perspektiven der Entwicklung der Übersetzungstheorie auf der Grundlage moderner linguistischer Theorien der Analyse und Synthese sprachlicher Äußerungen aufzuzeigen. Diese Theorien bieten die Möglichkeit zur Schaffung eines dynamischen Modells vom Übersetzungsprozeß, d. h. einer Theorie, die die wesentlichsten Seiten des Übersetzens als Prozeß widerspiegelt und eine Reihe von Vorzügen gegenüber der statischen Beschreibung interlingualer Entsprechungen aufweist. Letztere orientiert sich hauptsächlich auf die vergleichende Sprachwissenschaft und ist für die Übersetzungstheorie nur von begrenzter Bedeutung. Das dynamische Modell beruht auf der Vorstellung vom Übersetzen als einem zweisprachigen kommunikativen Akt, der durch ein komplizierteres System syntaktischer, semantischer und pragmatischer Beziehungen charakterisiert wird als der gewöhnliche Redeakt. Die Invariante der Übersetzung wird durch die komplizierte Wechselwirkung der semantischen und pragmatischen Komponente der Äußerung bestimmt und hängt in hohem Maße vom Kommunikationsziel und den funktionellen Charakteristika des kommunikativen Aktes ab. Invariant, d. h. unveränderlich, bleibt im Übersetzungsprozeß der funktionelle Inhalt des QS-Textes — sowohl semantisch als auch pragmatisch —, der von der Beziehung zwischen den funktionellen Merkmalen des Textes und schließlich vom Kommunikationsziel bestimmt wird. Ganz allgemein kann der Übersetzungsprozeß als ein Prozeß der Lösungs-
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suche charakterisiert werden, die einem bestimmten Komplex variierender funktioneller Kriterien entspricht. Die Vielzahl veränderlicher Größen, die das Ergebnis des Übersetzens beeinflussen, ebenso wie die breite Möglichkeit der Paraphrasierung (kontextuelle Synonymie) bestimmen die Uneinheitlichkeit der Entscheidung des Übersetzers. Anders gesagt, kann es von einer Äußerung nicht nur eine, sondern mehrere „richtige" Übersetzungsvarianten geben. Der Prozeß der Suche nach einer optimalen Lösung ist kein einmaliger Akt (wenn man vom Simultandolmetschen einmal absieht). Diese Suche wird — wie auch die kommunikative Tätigkeit überhaupt — gewöhnlich durch die Trial-and-error-Methode realisiert, das heißt, der Übersetzer nähert sich Schritt für Schritt durch Auswahl einiger möglicher Übersetzungsvarianten und durch Verwerfen jener Varianten, die bestimmten funktionellen Kriterien nicht entsprechen, der optimalen Variante. I m vorliegenden Buch sollte mit Hilfe einer detaillierten Beispielanalyse gezeigt werden, wie diese Suche vor sich geht und von welchen Kriterien sich der Übersetzer leiten läßt, wenn er eine Variante ablehnt und eine andere bevorzugt. Mit anderen Worten, gezeigt werden sollte die Logik der Entscheidung des Übersetzers. Als Grundlage für die Einschätzung des Übersetzungsergebnisses kann das Prinzip der funktionellen oder „dynamischen" Äquivalenz (Begriff: E. NIDA) dienen, wodurch eine Übersetzung charakterisiert wird, in der der Inhalt einer ausgangssprachlichen Mitteilung so übertragen wurde, daß die Aufnahme des zielsprachlichen Textes durch den ZS-Empfänger in allen wesentlichen Zügen der Aufnahme des QS-Textes durch den QS-Empfänger, an den der Text ursprünglich gerichtet war, entspricht. Dabei handelt es sich um die Aufnahme der gesamten im Text enthaltenen Information, sowohl um die semantische als auch die expressiv-stilistische. Das Material des vorliegenden Buches zeugt von der Irrealität der Annahme, daß sich das Übersetzen nach einem einheitlichen starren Modell vollzieht — nach dem Transformationsmodell, dem semantischen oder dem situativen Modell. Jedes dieser Modelle beschreibt lediglich die Art und Weise der Umformung einer Äußerung, die den von diesem Modell postulierten Regeln gerecht wird. Vom Standpunkt der allgemeinen Übersetzungstheorie aus gesehen, ergänzen diese Modelle einander und finden in bestimmtem Rahmen bei der Beschreibung der Realisationsverfahren des Übersetzungsprozesses Anwendung. I m Übersetzungsprozeß werden sowohl grammatische Transformationen und lexikalisch-syntaktische Umschreibungen nach dem Modell „Sinn-n-Text" als auch semantische Umformungen nach dem Modell „Situation«-Text" vorgenommen. Dabei wird die Wahl des optimalen Verfahrens für die Analyse des QS-Textes und den Aufbau des entsprechenden ZS-Textes von den konkreten Bedingungen des interlingualen Kommu-
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nikationsaktes diktiert. Nicht selten gebraucht der Ubersetzer innerhalb ein u n d derselben Ä u ß e r u n g Elemente aller drei Modelle. Die oben aufgezählten Modelle bestimmen das I n v e n t a r syntaktischer Transformationen, lexikalisch-syntaktischer und lexikalisch-semantischer U m f o r m u n g e n der Äußerung. D a s dynamische Modell m u ß daneben auch einen „Selektor" einschalten, d. h. das Register struktureller, semantischer u n d funktionalstilistischer Beschränkungen, die die Auswahl dieser Umf o r m u n g e n bestimmen. Die syntaktische T r a n s f o r m a t i o n findet in der Übersetzung A n w e n d u n g als eine Methode der semantischen Analyse vor allem zur K l ä r u n g von Polysemie u n d H o m o n y m i e , aber auch als ein Weg des A u f b a u s der ZS-Äußerung. Allerdings wird durch die Z u r ü c k f ü h r u n g aller Übersetzungsmethoden auf die syntaktischen T r a n s f o r m a t i o n e n das reale Bild äußerst vereinfacht. D a s semantische Modell erweitert im Vergleich zum Transformationsmodell wesentlich den U m f a n g semantisch äquivalenter Äußerungen im Übersetzungsprozeß. E s gibt d e m Übersetzer zusätzliche Hilfsmittel in die H a n d f ü r die Ü b e r t r a g u n g der denotativen B e d e u t u n g u n t e r B e a c h t u n g der strukturellen Unterschiede zwischen der QS u n d der ZS, der Unterschiede in der lexikalisch-semantischen Verträglichkeit und auch im Ausdruck der K o m p o n e n t e n der I n h a l t s s t r u k t u r einer Äußerung. Gleichzeitig aber erweist sich dieses Modell, das die I n v a r i a n z des Sinns postuliert, in einer Reihe von Fällen als nicht a n w e n d b a r auf jene U m f o r m u n g e n der Äußerung, die im Übersetzungsprozeß tatsächlich s t a t t f i n d e n . D a s situative Modell erklärt eine ganze Reihe von B e d e u t u n g s v e r ä n d e r u n g e n und U m f o r m u n g e n der Äußerung, die beim 'Übersetzen vor sich g e h e n : E r s a t z eines Gattungsbegriffs d u r c h einen Artbegriff (Konkretisierung), Austausch eines Artbegriffs durch einen Gattungsbegriff (Generalisierung), gegenseitige Austauschbarkeit b e n a c h b a r t e r Begriffe (Bedeutungsverschiebung), Umverteilung semantischer K o m p o n e n t e n , Austausch semantischer Kategorien usw. Das situative Modell, das bisher hauptsächlich hinsichtlich der Ü b e r t r a g u n g der d e n o t a t i v e n I n h a l t s k o m p o n e n t e ausgearbeitet wurde, ist auch (ebenso wie das transformationelle u n d das semantische Modell) auf die Ü b e r t r a g u n g der anderen I n h a l t s k o m p o n e n t e n a n w e n d b a r . Als „Filter", der den bevorzugten Gebrauch der einen oder anderen Methode der U m f o r m u n g einer Ä u ß e r u n g bestimmt, k ö n n e n die expressiven, die metalinguistischen u n d andere funktionelle Eigenschaften des zu übersetzenden T e x t e s a u f t r e t e n . D a b e i m u ß der Übersetzer entscheiden, welche funktionelle Eigenschaft in einem konkreten Fall die wichtigste ist. Bei der Auswahl einer b e s t i m m t e n Realisationsweise der Ü b e r s e t z u n g m u ß er weiterhin den korrelativen E f f e k t der stilistischen Mittel berücksichtigen,
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die im Originaltext und im Text der Übersetzung angewandt werden. In einer Reihe von Fällen bringt die adäquate Übertragung der stilistischen Hauptfunktion bestimmte Verschiebungen der denotativen Bedeutung mit sich. Bei der Übertragung expressiv-stilistischer Schattierungen der Äußerung findet die sogenannte Kompensationsmethode, d. h. die Umgruppierung stilistisch gefärbter Komponenten der Äußerung, breite Anwendung. Bei der Übersetzung von Texten, in denen stilistische Transpositionen gebraucht werden, d. h. fremde Stilelemente eingestreut sind, ist die funktionale Rolle dieser Transpositionen das entscheidende Kriterium für die Wahl der Übersetzungsmethode. Einen weiteren wichtigen „Filter", der den Umfang der im ZS-Text benutzbaren sprachlichen Mittel begrenzt, stellen die gattungsstilistischen Besonderheiten des QS-Materials dar. Der Wirkungsmechanismus dieses „Filters" wurde an Texten aus Zeitungen und anderen publizistischen Quellen ausführlich untersucht. Dabei konnte festgestellt werden, daß z. B. bei der Übersetzung von Zeitungsüberschriften vom Deutschen ins Englische und umgekehrt die Unterschiede im Repertoire der lexikalischen und syntaktischen Mittel, die beim Aufbau von Überschriften in diesen Sprachen angewandt werden, ebenso beachtet werden müssen wie die Unterschiede in den semantischen Beziehungen zwischen der Überschrift und dem Text des Artikels. Berücksichtigt werden müssen auch der mehr oder weniger streng reglementierte Gebrauch von sprachlichen Mitteln in der Einführung einer Nachricht und die inhaltliche und kompositioneile Struktur dieser Einführungen. Dabei nehmen die „Übersetzungsregeln" in dem Maße einen immer flexibleren Charakter an, wie von den Überschriften und kurzen Einführungen zu anderen, weniger starr strukturierten Textteilen übergegangen wird. Wahrscheinlichkeitscharakter haben die Gesetzmäßigkeiten des Übersetzens, die auf dem mehr oder weniger häufigen Gebrauch bestimmter lexikalischer Einheiten und ihrer ZS-Äquiralente innerhalb des entsprechenden Stils der QS und der ZS beruhen. Beim Gebrauch der direkten Entsprechungen dieser Einheiten im ZS-Text muß der Übersetzer bestimmte quantitative Proportionen einhalten. Das Obengesagte bezieht sich auch unmittelbar auf die Übersetzung von Zeitungsklischees. Die direkte Entsprechung des Klischees, die seine denotative Bedeutung am genauesten wiedergibt, ist bei weitem nicht immer die beste Übersetzung, weil ihr in d e r Z S jene Tradition und Gewohnheit fehlen, die das Klischee der QS hat. Ähnliche Gesetzmäßigkeiten lassen sich auch bei der Gegenüberstellung von QS- und ZS-Texten in bezug auf die funktionalstilistische Zugehörigkeit der in ihnen vorkommenden sprachlichen Einheiten feststellen. Die englische
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und amerikanische Pressesprache zeichnet sich durch eine ausgeprägte Vielgestaltigkeit aus, d. h., neben spezifisch literatursprachlichen Elementen finden sich solche, die für die Alltagsrede oder sogar für den Slang charakteristisch sind; neben terminologisierter Lexik wird stilistisch neutrale Lexik gebraucht. Dies trifft in bestimmtem Maße auch auf den dt. publizistischen Stil zu, dabei ist aber das quantitative Verhältnis dieser Elemente in der deutschen und englischen Pressesprache verschieden. I m engl, publizistischen Stil treten spezifisch schriftsprachliche Elemente wesentlich seltener auf. Das findet auch im Übersetzungsprozeß seine Widerspiegelung. So werden publizistische Texte bei der Übersetzung vom Deutschen ins Englische häufig einer stilistischen Modifizierung unterworfen, bei der die spezifisch literatursprachlichen Elemente der QS-Äußerung durch stilistisch neutrale oder für die Alltagsrede charakteristische Elemente ersetzt werden. Dabei finden die von den drei obengenannten Modellen vorgesehenen Umformungen Anwendung. Das gleiche trifft auch auf die Kompression des Textes zu. Auf Grund des unterschiedlichen Grades der Text Verdichtung im Deutschen und im Englischen muß der Übersetzer bei der Übertragung ins Englische weitgehend kompaktere syntaktische Konstruktionen gebrauchen und überflüssige Elemente, ebenso Elemente, die sich leicht aus dem Kontext und der außersprachlichen Situation erschließen lassen, weglassen. In der vorliegenden Arbeit sollten weiterhin an einer Reihe von Beispielen aus dem Bereich der Militärpublizistik die stilistische Variabilität dieses funktionalen Genres und die Widerspiegelung dieser Verschiedenartigkeit im Übersetzungsprozeß aufgezeigt werden. Dabei waren insbesondere die aus der Verwendung der Militärlexik einschließlich der expressiven Lexik, der Slangausdrücke und Neologismen resultierenden Probleme zu beachten. Bei der Untersuchung der pragmatischen Aspekte der Übersetzung konnte festgestellt werden, daß die Beachtung pragmatischer Faktoren verbunden ist mit der Einbeziehung von zusätzlichen erklärenden Elementen in den Text, dem Weglassen von Elementen, die vom Standpunkt des ZS-Empfängers aus überflüssig sind, und mit einer Reihe von semantischen Umformungen, wie sie das situative Modell vorsieht, also Generalisierung, Konkretisierung, Bedeutungsverschiebung u. a. Das untersuchte Material zeugt von der Kompliziertheit und Vielgestaltigkeit des Übersetzungsprozesses und von der Vielfalt der inner- und außersprachlichen Faktoren, die die Entscheidung des Übersetzers bestimmen. Diese Faktoren widersprechen manchmal einander, und die Beachtung des einen Faktors ist nicht immer mit der völligen Beachtung eines anderen vereinbar. So fällt zum Beispiel die pragmatische Adäquatheit der Übersetzung bei weitem nicht immer mit ihrer semantischen Adäquatheit zusammen. Doch
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gerade im Fehlen von streng vorgeschriebenen Entscheidungen liegt das schöpferische Moment der übersetzerischen Tätigkeit. Das vorliegende Buch kann keine Darstellung einer endgültig ausgearbeiteten linguistischen Übersetzungstheorie sein. Die Ausarbeitung einer solchen Theorie ist eine Aufgabe für die Zukunft. Der Autor wollte lediglich anhand von Texten aus Zeitungen und anderen publizistischen Quellen mögliche Wege zur Ausarbeitung einer solchen linguistischen Übersetzungstheorie andeuten, einer Übersetzungstheorie, die sich auf das Übersetzen als einen kommunikativen Prozeß, als einen Prozeß der Lösungssuche orientiert. Das vorliegende Buch soll dabei vor allem zur Weiterarbeit auf diesem Gebiet anregen.
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