Begegnung – Verständigung – Kooperation: Interreligiöse Arbeit vor Ort – Erfahrungen und Perspektiven aus Nürnberg [1 ed.] 9783737011129, 9783847111122


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Begegnung – Verständigung – Kooperation: Interreligiöse Arbeit vor Ort – Erfahrungen und Perspektiven aus Nürnberg [1 ed.]
 9783737011129, 9783847111122

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Johannes Lähnemann

Begegnung – Verständigung – Kooperation Interreligiöse Arbeit vor Ort – Erfahrungen und Perspektiven aus Nürnberg

Mit 24 Abbildungen

V& R unipress

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet þber https://dnb.de abrufbar. Gedruckt mit freundlicher Unterstþtzung der Stiftung Apfelbaum.  2020, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Theaterstraße 13, D-37073 Gçttingen Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich gesch þtzt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen FÐllen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung: Bei der Gebetsstunde zum 30-jÐhrigen Bestehen von Religions for Peace Nþrnberg am 8. Dezember 2018 singen alle gemeinsam »We shall overcome« – Das Lied der Bþrgerrechtsbewegung Martin Luther Kings.  Foto: Ulrike Pilz-Dertwinkel Vandenhoeck & Ruprecht Verlage j www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-7370-1112-9

Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Als Einstieg: Die erste Gebetsstunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Der Aufbruch 1988: Religionen für den Frieden auch in Deutschland, Beginn der Arbeit in Nürnberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Im Hintergrund: Das II. Vatikanische Konzil, das Dialogprogramm des Ökumenischen Rates der Kirchen, World Conference on Religions and Peace (WCRP) . . . . . . . . . . . . 1.2 Gründung der deutschen Sektion von WCRP, Gründung von WCRP Nürnberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Teilnahme an der WCRP-Weltversammlung Januar 1989 in Melbourne/Australien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Religionen in der Begegnung: Schwellen überschreiten . . . . . . . 2.1 Die Synagoge besuchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Die Kirchen im Kontext ökumenischer und interreligiöser Pluralität erfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Moscheen, Gebets- und Sozialräume – Der Vielfalt muslimischen Lebens begegnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Zu Gast sein bei Aleviten, Hindus, Buddhisten und Baha’i . . . . 3. Religionen im Dialog: Verbindendes entdecken, Trennendes verstehen, aushalten und achten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Bei Besuchen den Dialog beginnen . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Lernen an Symbolen, an Lebenswegen, an Kunst und Musik . . 3.3 Sich verbindenden Themen widmen, sich kontroversen Themen stellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Christentum und Islam: Verständigungsmöglichkeiten in der Gottesfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

3.3.2 Buddhismus und Christentum – zwei Heilswege im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3 Ein Problemthema: Gewalt in den Heiligen Schriften . . . . 3.3.4 Dialogwochen gestalten, pädagogische Initiativen begleiten, von internationalen Tagungen profitieren . . . . . . . . . . . 4. Religionen in der Kooperation: Miteinander, Füreinander und für Andere wirken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Religionen in der Öffentlichkeit darstellen . . . . . . . . . . . . 4.2 Globale wie lokale Herausforderungen als Aufgabe wahrnehmen 4.3 Spiritualität und Ethik verknüpfen . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. »Suchet der Stadt Bestes«: Religionen als Akteure in der Zivilgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Ein Blick in die Geschichte: Dunkle Seiten – helle Punkte – Neuansätze in der Gegenwart . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Der Rat der Religionen als Ansprechpartner der Stadtspitze 5.3 Engagement in Schulen und Bildungseinrichtungen . . . . 5.4 Nürnberg als »Stadt der Menschenrechte« mitgestalten . .

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6. Chronik der Arbeit in Nürnberg 1988–2019: Von singulärer Pionierarbeit zur Vernetzung in einer Vielfalt kulturverbindender Initiativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Namensregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort

Im Jahr 2018 konnten wir mit unserer Nürnberger Gruppe der Religionen für den Frieden unser 30-jähriges Jubiläum feiern. »Begegnung – Verständigung – Kooperation« war das Motto, unter dem wir bei der Gebetsstunde der Religionen am 8. Dezember in der evangelisch-reformierten Kirche St. Martha auf unsere Arbeit zurückblickten. In ihr hatten wir schon 1989 unsere erste Gebetsstunde gehalten. 2014 hatte sie ein verheerender Brand bis auf die Außenmauern zerstört. Nun war sie mit viel Einsatz der Gemeinde, der Stadt und der Nürnberger Religionsgemeinschaften frisch wieder hergestellt worden: ein heller, einladender geistlicher Raum, gefüllt mit Menschen aus der ganzen Breite der Religionsgemeinschaften und erfüllt mit den spirituellen Beiträgen aus den verschiedenen Glaubenstraditionen. »Begegnung – Verständigung – Kooperation«, das sind die Schritte eines ganzheitlichen Dialogs, den wir seit 1988 in hunderten Zusammenkünften praktiziert haben: bei Besuchen, Gesprächen, Diskussions- und Vortragsveranstaltungen, gemeinsamen Erklärungen zu aktuellen Herausforderungen, Pilgerwegen, Demonstrationen, Einsätzen miteinander und füreinander und für andere – und immer wieder auch bei Gebetsstunden der Religionen. Der Dialog hat viele hundert Gesichter – Menschen, die in ihren Religionen zu Hause sind, die von ihrem Glauben ihr Leben und Handeln bestimmen lassen, die dabei aber offen sind für ein Lernen in der Begegnung mit Menschen anderen Glaubens. Es haben auch Menschen teilgenommen, die skeptisch sind oder auf der Suche nach einer Lebensüberzeugung, die ihnen Orientierung, Halt und Hilfe geben kann. »Kein Weltfriede ohne Religionsfriede«, für dieses Motto von Hans Küng war und ist unsere Arbeit vor Ort ein lebendiges Laboratorium. Die Anbindung an die internationale Bewegung Religions for Peace hilft dabei, über den Tellerrand hinaus zu schauen, global zu denken, aber auch lokal zu handeln. Die Nürnberger Gruppe war eine der ersten in Deutschland, die sich dieser Arbeit über all die Jahre hinweg gestellt hat. Wir denken, dass angesichts der inzwischen in vielen Städten im deutschsprachigen Raum neu gebildeten interreligiösen Räte, Runden Tische und Gesprächskreise die Erfahrungen in

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Vorwort

unserer Gruppe Beispiele bieten können, die Anstöße, Anregungen und Hilfen geben. In den drei Kapiteln »Religionen in der Begegnung«, »Religionen im Dialog« und »Religionen in der Kooperation« werden sie in diesem Buch zusammenhängend dargeboten, nachdem der Weg zur Gründung unserer Gruppe geschildert wurde. Wichtig ist aber auch, dass die Gruppe über ihre Arbeit hinaus wirkt in die Zivilgesellschaft hinein. »Suchet der Stadt Bestes« heißt deshalb das Motto eines weiteren Kapitels, bevor in einer kurz gefassten Chronik das Prozesshafte unseres Zusammenwirkens deutlich gemacht wird. Wie schon in unserem Band »Spiritualität. Multireligiös. Begegnung der Religionen in Gebeten, Besinnungen, Liedern« , das zu unserem 25-jährigen Jubiläum 2013 im EB-Verlag Berlin erschien, soll auch hier wieder hervorgehoben werden, dass die Begegnung der Religionen in besonderem Maße von dem Einsatz einzelner Persönlichkeiten lebt, denen die Öffnung füreinander ein Herzensanliegen ist. Besonders gedacht werden soll an dieser Stelle an die, die uns über eine wichtige Zeitstrecke begleitet und geprägt haben, die aber schon heimgerufen wurden; sie sind uns in ihrer Freundlichkeit, ihrer geistlichen Ausstrahlung, aber auch mit ihren Fragen und in ihrem Suchen immer wieder präsent: Esther Hallo (Vorsitzende der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit) und Arno Hamburger als Vorsitzender der israelitischen Kultusgemeinde, Pfarrer Alois Huber aus der römisch-katholischen Kirche, Hartmut Wenzel als evangelisch-reformierter Präses, Günter Feitl als lutherischer Diakon, Peter Johannes Athmann für die Baptisten und als Meister meditativer Saxophonmusik, Hauptimam Ahmed D. Ibrahimovic für die geistliche Verwaltung der Muslimflüchtlinge, Ahmed El Banna als Muslim mit einem weiten ökumenischen Herzen, Hans Strese als Senior-Student und Förderer, Sabine Maryam Mugil von der muslimischen Mevlana-Gruppe, Sukumar Roy aus der Hindu-Religion, Ata Enayati aus der Baha’i-Gemeinde und Klaus Klawonn als engagierter Humanist. In besonderem Einsatz über all die Jahre hinweg waren und sind Holger Wielsch und Christine Herrmann-Wielsch als die beiden engsten Mitarbeiter bei Religionen für den Frieden Nürnberg. Zusammen mit Martin Affolderbach bilden wir in enger Kooperation das Leitungsteam unserer Gruppe. Belebt hat unsere Arbeit der regelmäßige Austausch mit den anderen regionalen Gruppen von Religions for Peace Deutschland, den wir im Geschäfteführenden Ausschuss gepflegt haben – unter der Moderation unseres Präsidenten Franz Brendle. Ein besonderer Dank gilt Carla Schmidt und Julia Schwanke vom Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, die die Vorbereitungsschritte und die Herstellung dieser Publikation kompetent begleitet haben. Herzlich gedankt sei auch der Stiftung Apfelbaum – Herrn Rechtsanwalt Dr. Hans-Martin Schmidt/Köln – für einen namhaften Druckkostenzuschuss.

Vorwort

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Wir hoffen, dass dieses Buch all denen Anregung und Inspiration geben kann, die sich auf den Weg gemacht haben oder auf den Weg machen wollen zu Begegnung, Verständigung und Kooperation der Religionen. Nürnberg/Goslar, im Herbst 2019

Johannes Lähnemann

Als Einstieg: Die erste Gebetsstunde

Es war am Buß- und Bettag 1989, als wir uns in der Evangelisch Reformierten Kirche St. Martha versammelten. Seit einem knappen Jahr bestand unsere Nürnberger Gruppe der Weltkonferenz der Religionen für den Frieden. Wir hatten uns mehrfach in den Räumen unserer Religionsgemeinschaften besucht, erste Dialoge geführt, überlegt, wie wir zusammenarbeiten können. Für unsere Stadt Nürnberg war das alles neu. Es gab zwar die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen, die Woche der Brüderlichkeit, die Gesellschaft für christlich jüdische Zusammenarbeit, aber keine darüber hinaus gehende interreligiöse Arbeit. Nun wollten wir ein besonderes Zeichen setzen im Rahmen der Friedensdekade: ein Zusammenkommen der Religionen auf der spirituellen Ebene – mit Gebeten, Meditationen, Texten aus den Heiligen Schriften und Liedern. Uns stand dabei das Gebetstreffen vor Augen, zu dem Papst Johannes Paul II. drei Jahre zuvor nach Assisi eingeladen hatte. Er hatte damit ein vollkommen neues Signal für die Begegnung der Religionen gesetzt. Dass wir für die Gebetsstunde die Martha-Kirche wählten, war kein Zufall: Die reformierte Gemeinde hat sich immer durch eine besondere Offenheit für die Ökumene und für bürgerschaftliches Engagement ausgezeichnet. Die schöne, kleine gotische Kirche – mit den ältesten Nürnberger Glasfenstern – war ein besonderer Andachtsraum für diese Zusammenkunft. Gründlich hatten wir die Gebetsstunde vorbereitet – mit jüdischen, katholischen, evangelischen, orthodoxen, muslimischen, buddhistischen Beiträgen und aus der Baha’i-Religion – und sie unter das Motto »Ich möchte gerne Brücken bauen« gestellt. Saxophon, Gitarre, Querflöte und Orgel begleiteten die Lieder und boten meditative Musik für Stillephasen. Hartmut Wenzel, Pfarrer der reformierten Gemeinde, begrüßte uns und schaute während der Stunde manchmal hinauf in das Kirchengewölbe, so, als wollte er sagen: »Liebe Kirche. So etwas hast du noch nicht erlebt!« Von unserer Gruppe aus luden wir ein, gegenseitig zu Gast zu sein bei den Gebeten und Meditationen, betonten aber auch, niemand solle sich gedrängt fühlen, etwas mitzuvollziehen, was ihm nicht entspräche. Gleichwohl könne auch das Hören auf die Beiträge der verschiedenen Glaubensgemeinschaften Wertvolles aus der Spiritualität der jeweils

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Als Einstieg: Die erste Gebetsstunde

Anderen spürbar machen und manches innerlich mitvollzogen werden. Die Kirche war voll, und die Atmosphäre von einer besonderen Dichte und Wärme. Wir wollten zeigen: Unser Glaube und unsere Spiritualität führen uns mit Menschen anderen Glaubens zusammen, sie lassen uns nicht in Abgrenzung und Abwehr verharren. Und: In der Verschiedenheit unserer Glaubensformen sind wir gemeinsam unterwegs auf der Suche nach dem Frieden. Gleichwohl: Kurz nach dieser Gebetsstunde informierte mich der damalige Nürnberger Stadtdekan und spätere bayerische Landesbischof, Hermann von Loewenich, über einen Beschwerdebrief, den zwei lutherische Gemeindeglieder an den damaligen Landesbischof Johannes Hanselmann gerichtet hatten, dass hier in einer christlichen Kirche nichtchristliche Beiträge vorgetragen worden wären. Hinter dem Brief stand aber, das wurde bald deutlich, ein Pfarrer, der nicht bei der Gebetsstunde zugegen war, sondern auf Grund der Erzählung der Gemeindeglieder diese zu dem Brief angeregt und offenkundig auch die Argumentation theologisch ausgeführt hatte. Ich war froh, dass von Loewenich so offen mit der Beschwerde umging. Er regte an, ein Gespräch mit den eher evangelikal ausgerichteten Geistlichen des Dekanats zu führen, das dann auch stattfand und nach gründlicher Erläuterung unserer Motive, des Selbstverständnisses und der Rahmenmaßgaben der Gebetsstunde auch zu so viel Einverständnis führte, dass es bei den späteren Gebetsstunden ähnliche Probleme nicht mehr gab. Die Erfahrung dieser ersten Gebetsstunde ist kennzeichnend für die Entwicklung interreligiöser Arbeit, wie sie sich vor Ort ebenso darbieten kann wie international: Es sind neue, gewagte Schritte, die hier gegangen werden. Sie stoßen immer wieder auf heftige Reaktionen traditioneller Kreise, die eine Relativierung der eigenen Wahrheitserfahrung befürchten. Es bedarf deswegen immer wieder geduldiger Klarlegung der Anliegen, der Maßgaben und des Erkenntnisgewinns, auch für die jeweils eigene Tradition.

1.

Der Aufbruch 1988: Religionen für den Frieden auch in Deutschland, Beginn der Arbeit in Nürnberg

Die Jahre 1988, 1989 und 1990 waren Schlüsseljahre für den interreligiösen Aufbruch in Deutschland. Parallel zur politischen »Wende« bahnte sich ein neues Bewusstsein für die Aufgabe interreligiöser Begegnung und Verständigung an, auch als eine Herausforderung für neue Bildungsbemühungen.

1.1

Im Hintergrund: Das II. Vatikanische Konzil, das Dialogprogramm des Ökumenischen Rates der Kirchen, World Conference on Religions and Peace (WCRP)

Vorbereitet war der Weg zum Dialog auf katholischer Seite durch das 2. Vatikanische Konzil, auf evangelischer und orthodoxer Seite durch die Arbeit des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), auf islamischer Seite durch Gesprächsangebote im Zusammenhang mit Gipfelkonferenzen und mehreren wichtigen Religionstreffen.1 Das 2. Vatikanische Konzil markiert mit seiner Kirchenkonstitution »Lumen gentium« und seiner Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen (»Nostra aetate«) eine positive Hinwendung der römisch-katholischen Kirche zu den nichtchristlichen Religionen.2 Völlig neu – gegenüber früheren Verurteilungen und Abwertungen – wird das Verhältnis zum Judentum bestimmt: als der »heiligen Wurzel« des Christentums. Ebenso neu sind die Aussagen zum Islam: Die Verbundenheit mit ihm durch die Anbetung des einen Gottes, der sich offenbart hat, die Anerkennung Abrahams und Jesu, die Erwartung des Gerichts, die sittliche Lebenshaltung und Frömmigkeitspraxis werden mit Anerkennung genannt ebenso wie die Aufgabe, ver1 Näheres bei J. Lähnemann: Evangelische Religionspädagogik in interreligiöser Perspektive. Göttingen 1998, 128ff. 2 Texte bei E. Fürlinger (Hg.): Der Dialog muss weitergehen. Ausgewählte vatikanische Dokumente zum interreligiösen Dialog. Feiburg 2009.

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Der Aufbruch 1988

gangene Feindschaften zurückzulassen und sich gemeinsam für soziale Gerechtigkeit, sittliche Güter, für Frieden und Freiheit einzusetzen. Im Hintergrund steht theologisch die Vorstellung von verschiedenen Stufen der Offenbarung, nach der die Gottesverehrung in den Religionen als Vorform zu der Gotteserkenntnis veranschlagt wird, die in ihrer Fülle in der katholischen Kirche präsent ist. Die Aktivitäten des ÖRK in der Begegnung mit den anderen Religionen haben sich insgesamt prozesshafter entwickelt. Dabei ist immer die Beziehung von Zeugnis und Dialog im Blick und es wird zentral-christologisch von der der ganzen Welt in Christus zugewendeten Liebe Gottes aus argumentiert. Die grundsätzliche Position wird in den 1977 und 1979 vom ÖRK verabschiedeten »Leitlinien zum Dialog mit Menschen verschiedener Religionen und Ideologien« umrissen, wobei deutlich wird, dass es nicht um einen Pakt der Religionen gegenüber den säkularen Weltanschauungen geht, sondern um eine Begegnung, die zum Zusammenwirken der Religionen und Ideologien in den Lebensfragen der Menschheit führen soll. Dialog bleibt dabei nicht auf der intellektuellen Ebene, sondern er bedeutet, »sich dem anderen mit Herz und Sinnen zu öffnen«.3 Das 3. Nürnberger Forum zum Thema »Weltreligionen und Friedenserziehung« 1988 war dann eine der ersten Gelegenheiten, bei denen Hans Küng seine These vertrat: »Kein Weltfriede ohne Religionsfriede«.4 Der Konziliare Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung erreichte mit der Weltversammlung der Kirchen in Seoul/Korea einen Höhepunkt. In seiner Folge referierte ich bei einer Tagung in Hofgeismar über »Gerechtigkeit, Friede und Bewahrung der Schöpfung als Themen des Dialogs mit den Weltreligionen«, im Dialog mit Carl Friedrich von Weizsäcker.5

3 Ökumenischer Rat der Kirchen: Leitlinien zum Dialog mit Menschen verschiedener Religionen und Ideologien. Stuttgart 1979.= Arbeitshefte der Ev. Zentralstelle für Weltanschauungsfragen 19, 22. 4 H. Küng: Kein Weltfriede ohne Religionsfriede. In J. Lähnemann (Hg.): Weltreligionen und Friedenserziehung. Wege zur Toleranz. Rissen 1989. = Pädagogische Beiträge zur Kulturbegegnung Bd. 7, 146–152. 5 J. Lähnemann: Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung als Themen des Dialogs mit den Weltreligionen. In: M. Schindehütte (Hg.): Von der Weltversammlung zum Konzil? Bilanz und Perspektiven des konziliaren Prozesses nach Seoul. Hofgeismar 1991. = Hofgeismarer Protokolle 285, 75–92.

Gründung der deutschen Sektion von WCRP, Gründung von WCRP Nürnberg

1.2

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Gründung der deutschen Sektion von WCRP, Gründung von WCRP Nürnberg

Wir standen vor der Frage: Muss nicht auch in Deutschland eine Struktur für systematischen und kontinuierlichen interreligiösen Dialog aufgebaut werden? Es bot sich an, sich an der internationalen Bewegung der World Conference on Religion and Peace (WCRP) – Weltkonferenz der Religionen für den Frieden als Dachorganisation zu orientieren. Sie hatte sich seit ihrer ersten Weltversammlung 1970 in Kyoto/Japan zunehmend entwickelt, mit weiteren Weltversammlungen in Löwen/Belgien (1994), Princeton/USA (1979) und Nairobi/Kenia (1984) und inzwischen eine große Anzahl von »national chapters«, in Einzelfällen auch örtliche Gruppen initiiert. Für Januar 1989 war in Melbourne/Australien die 5. Weltversammlung auf dem 5. Kontinent anberaumt. Leitfaden für die Bewegung war das, was schon in einer interreligiösen Erklärung bei der ersten Weltversammlung in Kyoto, die 1970 mitten in der Zeit des Kalten Krieges stattfand, formuliert worden war : »Wir fanden, dass wir gemeinsam besitzen: – die Überzeugung von der grundlegenden Einheit der menschlichen Familie, von der Gleichheit und Würde des Menschen – ein Bewusstsein für die Unantastbarkeit des Einzelnen und seines Gewissens – ein Bewusstsein für den Wert der menschlichen Gemeinschaft; – die Erkenntnis, dass Macht nicht gleich Recht ist; dass menschliche Macht sich nicht selbst genügen und sich nicht absolut setzen darf; – den Glauben, dass Liebe, Mitleid, Selbstlosigkeit und die Kraft des Geistes letztlich größere Macht haben als Hass, Feindschaft und Eigeninteressen; – ein Bewusstsein für die Verpflichtung, an der Seite der Armen und Bedrückten zu stehen; – die grundlegende Hoffnung, dass letztlich der gute Wille siegen wird.«6

In Deutschland gab es schon eine größere Anzahl von Persönlichkeiten, die sich, meist gewonnen durch Maria A. Lücker, WCRP angeschlossen hatten, darunter Norbert Klaes, Professor für Religionswissenschaft in Würzburg, und Günther Gebhardt, der lange Zeit als Generalsekretär der Bewegung für Europa wirkte. In München und Stuttgart hatten sich erste örtliche Gruppen gebildet. In der Vorbereitung der Versammlung in Melbourne kam es dann zur Initiative, eine deutsche Sektion zu gründen, um die Arbeit in Deutschland zu verbreitern und als klar umrissene Organisation im Rahmen der internationalen Struktur von WCRP zu fungieren. Im August 1988 reisten aus Nürnberg Jürgen Kuhlmann, Christine Herrmann und ich zum Gründungstreffen in Mainz. Etwa 40 Teilnehmende aus verschie6 Kyoto Declaration – in H.A. Jack: WCRP: A History of the World Conference on Religion and Peace. New York 1993, 438 (Übers.: J. Lähnemann).

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Der Aufbruch 1988

denen Regionen Deutschlands waren versammelt. Es wurde debattiert, wie das Anliegen von WCRP, Menschen aus den verschiedenen Religionen auf der Grundlage der Friedenswerte der Religionen zu gemeinsamem Handeln zusammen zu führen, konkret für die Arbeit in Deutschland umgesetzt werden könnte. Das Motto dieses Buches – »Begegnung, Verständigung, Kooperation« – zeichnete sich bereits als ein gewisser Leitfaden ab. Zur Gründung weiterer Gruppen vorwiegend in größeren, aber auch in kleineren Städten, sollte ermutigt werden. Es wurde ein erster Vorstand (»Geschäfteführender Ausschuss«) gewählt, mit dem katholischen Theologen und Pfarrer Franz Brendle aus Stuttgart als Vorsitzendem, dem Buddhisten Günther Saalborn als seinem Vertreter. Ich wurde einer der Beisitzer. Christine Herrmann (nach ihrer Heirat mit Holger Wielsch: Herrman-Wielsch) übernahm später die Vertretung der Nürnberger Gruppe im Vorstand. Im November 1988 schrieb ich die Repräsentanten der verschiedenen Religionsgemeinschaften in Nürnberg – aus der Israelitischen Kultusgemeinde, den christlichen Kirchen (evangelisch-lutherisch, evangelisch reformiert, römischkatholisch, griechisch-orthodox), den Moschee-Vereinen und dem buddhistischen Zentrum an, das sich damals in Langenfeld bei Neustadt/Aisch auf einem Bauernhof etabliert hatte. Ich lud zu einem ersten Treffen in unser Haus in der Viatisstraße ein. Dort versammelte sich am 3. Dezember 1988 ein Kreis von 17 Persönlichkeiten, die sich für die interreligiöse Arbeit interessierten. Wir fragten: Wie begegnen wir uns? Wie können wir zu Wegen des Verstehens gelangen? Was können wir vor Ort für den Frieden tun? Alle Teilnehmenden stellten sich selbst und ihre Überlegungen und Erwartungen vor. Einige Leitlinien kristallisierten sich heraus, die ich in einem Schreiben anschließend zusammenfasste: – Es soll keine Religionsvermischung (»Synkretismus«) geben. Der eigenständige Glaubensweg jeder Religion soll respektiert werden. Gleichwohl kann jede Religion Wege vom persönlichen, inneren Frieden zur tätigen Überwendung von Aggressionen zeigen. Und hier ist es gegenwärtig – gerade angesichts der religiösen Faktoren in vielen Konflikten auf der Erde – notwendig zusammenzuarbeiten. – Es soll aber auch keinen Proselytismus (religiöse »Abwerbung mit unlauteren Mitteln«) geben, auch wenn jeder ernsthaft Gläubigen für seine Religion in Wort und Tat Zeugnis geben wird. – Ein besonderes Augenmerk verdienen die religiösen Minderheiten, die immer leicht übergangen und benachteiligt werden. Religiöse Minderheiten, die sich auf die UNO-Menschenrechtserklärung verpflichten, verdienen den Schutz und den Beistand gerade der Gläubigen aus den dominierenden Glaubensgemeinschaften.

Teilnahme an der WCRP-Weltversammlung Januar 1989 in Melbourne/Australien

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Wichtig erschien uns von Anfang an die internationale Einbindung unserer Arbeit: verbunden zu sein mit der weltweiten Bemühung der Religionsgemeinschaften um Vorbeugungen vor Konflikten, um Lösungsmöglichkeiten in Konflikten und um Versöhnungsarbeit nach Konflikten. Dass die internationalen Konfliktfelder auch in die Arbeit vor Ort hinein wirken, haben wir in den Folgejahren immer wieder feststellen müssen: Jede der bei uns vertretenen Glaubensgemeinschaften konnte und kann auf Bedrängnisse verweisen, die Menschen ihres Glaubens wegen erlitten haben und erleiden. – So hat zur Gruppe längere Zeit ein junger Ägypter gehört, der von einer radikalen Muslimgruppe aus dem Zug geworfen wurde, weil er Christ geworden war; dabei verlor er einen Arm. – Bosnische Muslime sind während des Bürgerkrieges im ehemaligen Jugoslawien nach Nürnberg gekommen, in deren Heimat die Moscheen zerstört wurden und die so genannte »ethnische Säuberung« stattfand. – Das buddhistische Zentrum hat einen hochstehenden tibetischen Lama als Lehrer, der als junger Mann mit dem Dalai Lama zusammen seine Heimat verlassen musste. – Die Baha’i haben Bekannte und Verwandte im Iran, die ihres Glaubens wegen inhaftiert sind. Der Hindutempel ist von tamilischen Flüchtlingsfamilien eingerichtet worden, die ihre Heimat im Norden Sri Lankas verlassen mussten. Die Konflikte in Syrien und im Irak und die Gräueltaten des sogenannten Islamischen Staates haben seit 2013 dazu geführt, dass Angehörige der jesidischen und mandäischen Minderheiten ebenso wie Christen, die ihre Heimat verloren haben, nach Nürnberg gekommen sind. Schließlich: An der schweren Geschichte, die die Juden in Nürnberg durchgemacht haben, konnte und kann die interreligiöse Begegnung in der Stadt nicht vorbeigehen. Wir haben dabei auch erfahren, dass sich in nahezu allen genannten Konfliktbereichen die Weltkonferenz der Religionen für den Frieden als die weltweit größte interreligiöse Koalition in diesen Jahren aktiv in die oft äußerst schwierige Verständigungsarbeit eingebracht hat. Wir haben wir uns das schon bei unserer zweiten Zusammenkunft im Februar 1989 vor Augen führen können, bei der ich von meiner Beteiligung und Mitarbeit bei der V. Weltversammlung von WCRP am Anfang des Jahres berichten konnte.

1.3

Teilnahme an der WCRP-Weltversammlung Januar 1989 in Melbourne/Australien

Die Konferenz stand unter dem Motto »Frieden bauen durch Vertrauen« (»Building Peace through trust«), ein Motto, das sich gerade auch in der örtlichen Arbeit als eine zentrale Aufgabe herausgestellt hat. Denn wo können und sollen die Religionsgemeinschaften ihre Beiträge leisten zur Bewältigung der globalen Herausforderungen? In vier Themenbereichen waren dazu Konzepte

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Der Aufbruch 1988

entwickelt und erörtert worden: 1) Vertrauen bilden durch Abrüstung und konfliktlösende Strukturen, 2) Vertrauen bilden durch Menschenrechte und Verantwortung in Familie und Gesellschaft, 3) Vertrauen bilden durch ökonomische und soziale Entwicklung und ökologisches Gleichgewicht, 4) Vertrauen bilden durch Gewaltlosigkeit und Friedenserziehung. In allen diesen Bereichen wurden Projekte vorgestellt und waren Persönlichkeiten präsent, die an Schritten der Verständigung und Vertrauensbildung arbeiteten. Gegenüber früheren Weltversammlungen erhielt die ökologische Herausforderung und die Aufgabe der Friedenserziehung neues Gewicht. Ich berichtete auch von zwei gegensätzlichen Erfahrungen, die zeigen, wie hoffnungsvoll einerseits, wenig selbstverständlich andererseits ein harmonisches Zusammenwirken auf der globalen Ebene ist: Früh am Sonntagmorgen, dem 28. Januar 1989, versammelten sich die 600 Teilnehmenden der Konferenz – aus insgesamt 17 Religionen und allen Erdteilen – am Strand des südlichen Ozeans in Mornington. Alle verrichteten die Morgenandacht in ihrer besonderen Tradition: Buddhistische Nonnen waren still in Meditation versunken, neben ihnen Hindus. Juden rezitierten leise in Hebräisch aus den Psalmen, Christen hatten in Andacht die Hände zum Gebet gefaltet. Als die Morgensonne langsam den Weg über das Wasser fand, stiegen zwei Angehörige der Jain-Religion aus Indien in ihren weißen Gewändern in die Fluten und verrichteten im Angesicht der aufgehenden Sonne ihr Morgengebet. – Ich selbst nahm mein kleines Horn und blies im Hintergrund zwischen den Bäumen den Choral »Morgenglanz der Ewigkeit« von Christian Knorr von Rosenroth, der mit seinen von Strophe zu Strophe wechselnden Bildern der Transzendenz gleichsam ein interreligiöser Choral ist. Pastor Johannes Achilles, damals lutherischer Geistlicher der deutschsprachigen Gemeinde in Melbourne, schrieb später in einem Bericht über die Konferenz: »Es lag ein Hauch von Ewigkeit über dieser Morgenstunde.« Das Gegenteil erfuhr ich bei der ersten Plenumssitzung der Konferenz: Als zu Beginn der Pause ein buddhistischer US-Amerikaner ans Pult trat und eine Friedensbotschaft des Dalai Lama vorlas – gemäßigt, klug, auch ökologische Herausforderungen benennend –, rissen die chinesischen Delegierten, als sie sie hörten, die Kopfhörer aus ihren Ohren und drohten, die Konferenz zu verlassen. John Taylor, Generalsekretär von WCRP, rief daraufhin die Teilnehmenden auf, nur wirklich Erklärungen vorzutragen, die mit der Konferenzleitung abgestimmt waren. An diesen Beispielen wird sichtbar, dass es Visionen für interreligiöses Zusammenwirken gibt, Visionen, die nötig sind und die über die Konflikte, die vorhanden sind, hinausweisen. Aber sie bieten keine Garantie, dass sich deren Ziele leicht erreichen lassen. Sie müssen verfolgt werden ohne die Illusion, dass es keine Hemmnisse oder Rückschläge geben kann. Aber sie weisen die Richtung für die geduldige Verständigungsarbeit, die beharrlich zu leisten ist. Das gilt für die glo-

Teilnahme an der WCRP-Weltversammlung Januar 1989 in Melbourne/Australien

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balen wie für die lokalen Bemühungen. »Global denken, lokal handeln« – dieses Motto wurde für unsere Arbeit von Anfang an wichtig.

2.

Religionen in der Begegnung: Schwellen überschreiten

Begegnung bedeutet: Hingehen zum anderen, Gegenseitig zu Gast sein, gegenseitige Wahrnehmung des gelebten Glaubens und der Chancen und Probleme, ihn in unserer Gesellschaft zu praktizieren. Begegnung im eigentlichen Sinne ist mehr als die bloße Wahrnehmung der religiösen Vielfalt. Bei wirklicher Begegnung öffne ich mich den anderen. Ich bemühe mich, sie kennenzulernen mit ihren Lebens- und Glaubenserfahrungen. Ich nehme wahr, was mir fremd ist, aber auch, was mich überraschend anspricht, und erkenne, wo ich selbst befragt werde und meine Glaubensgemeinschaft befragt und hinterfragt wird. Das ist mehr als ein Nebeneinanderleben oder nur der freundliche Austausch von guten Wünschen anlässlich religiöser Feste, so wichtig solche Zeichen auch sind. Wo interreligiöse Konflikte aufbrechen – und das gilt für viele Länder –, hat dieser erste Schritt hin zum Dialog zumeist nicht stattgefunden. Nur so können pauschalisierte Vorstellungen über den Anderen genährt und zu Fanatismen missbraucht werden. Und umgekehrt: Durch das Gegenseitig-zu-Gast-sein kann ein Vertrauen erstehen, das ein Gespräch ohne die Angst, übervorteilt oder in die Ecke getrieben zu werden, möglich macht. Was es bedeutet, die religiöse Vielfalt in einer Metropole wie Nürnberg wahrzunehmen, haben wir in den Jahrzehnten seit 1988 zunehmend erfahren. Als wir uns 1991 entschlossen, einen interreligiösen Stadtführer zu vorzubereiten, waren es 17 Glaubensgemeinschaften, die sich mit Informationen, Einführungstexten, Fotos und Ansprechpartnern vorstellten. Von Auflage zu Auflage wurden es mehr. In der 5. Auflage von 2017 sind es 50 verschieden-konfessionelle Gemeinschaften und Gruppen. Natürlich spielen für diese Entwicklung die Zeitereignisse eine große Rolle – wie etwa der Krieg im ehemaligen Jugoslawien und der Bürgerkrieg in Syrien sowie die Fluchtbewegungen aus den Konfliktgebieten in Afrika, aber auch die Bildung von christlichen Auslandsgemeinden. Bewegung ist in die religiöse Landschaft außerdem durch die Bildung neuer spiritueller Gemeinschaften gekommen – christlich im evangelikalen Bereich, muslimisch durch Vereine in der Sufi-Tradition, Gruppen, die von Traditionen des Buddhismus und Hinduismus geprägt sind. Herkömmlich geht man in all dieser Verschiedenheit nicht aufein-

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Religionen in der Begegnung

ander zu, abgesehen von Grüßen und Glückwünschen zu den zentralen Festen im Jahr. »Schwellen überschreiten«: das ist der Weg aus einer bloßen Innensicht hinaus. Echte Begegnung ist ein ganzheitlicher Prozess – von Kopf bis Fuß, mit dem Herzen in der Mitte. Als Überschrift und Motto unseres interreligiösen Stadtführers haben wir bewusst »Offene Türen« gewählt, weil es kaum eine Religionsgemeinschaft gibt, die ihre Türen nicht für Menschen anderen Glaubens und anderer Überzeugung öffnet. Aber die Schritte des Hingehens zu den Anderen, das Gastgeber- und Gastsein bedarf des Anstoßes, der Einladung und der Offenheit, sich auf Anderes, oft sehr Fremdes einzulassen. Eine Grunderfahrung dabei ist, wie verschieden die Kontexte, die Glaubensbedingungen, die geschichtlichen und aktuellen Prägungen in den einzelnen Glaubensgemeinschaften sind. Sie wahrzunehmen, auf sie zu achten, das Staunen und das Kennenlernen-Wollen an den Anfang zu stellen, vor aller Kategorisierung und aller vorschnellen Beurteilung, haben wir erst einüben müssen. Was das konkret bedeutet, soll jetzt an einigen ausgewählten Beispielen deutlich gemacht werden.

2.1

Die Synagoge besuchen

Im Norden Nürnbergs befindet sie sich, in der Arno Hamburger-Straße, benannt nach dem Initiator und langjährigen Leiter der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg. Sie ist ein Bau aus den 80-er Jahren des 20. Jahrhunderts, daneben das jüdische Altersheim, das auch Nichtjuden aufnimmt. Die Ästhetik des Raumes spricht unmittelbar an: modern, mit einer leichten Rundung der Sitzreihen für die Gottesdienstbesucher, aber auch mit all den Symbolen ausgestattet, die von einer urlangen jüdischen Tradition erzählen. Öfters waren wir dort zu Gast, nicht nur mit Mitgliedern unserer Gruppe der Religionen für den Frieden, sondern auch mit Studierenden unserer Universität, für die es meist eine Erstbegegnung mit sichtbarer jüdischer Tradition war. Wenn dann Arno Hamburger, über 80-jährig, von der Geschichte der Juden in Nürnberg erzählte, konnte man eine Stecknadel fallen hören. Er selbst war mit seiner Familie so sehr mit dieser Geschichte verbunden, dass man das existentielle Nacherleben spürte. Die Geschichte der Juden in Nürnberg beginnt im Mittelalter, als sie im Feuchtgebiet an der Pegnitz siedeln durften und es kultivierten. Es gab ein Pogrom 1298, ein weiteres 1349, als Kaiser Karl IV. gestattet hatte, das Ghetto abzubrechen, und selbst an der Stelle der Synagoge die Kirche »Unserer lieben Frau« bauen ließ, die als Hofkapelle dienen sollte. Bald danach durften sich Juden wieder ansiedeln und taten dies auch. 1498/99 aber wurden sie mit Billigung Kaiser Maximilians endgültig aus der Stadt verwiesen und erhielten erst später wieder tagsüber Zutritt zur Stadt. Ganz anders war die Situation der Juden in Fürth, wo sie selbst am Marktplatz eigene Häuser besaßen. Im 19. Jahrhundert trugen jüdische

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Familien in beiden Städten Wesentliches zur wirtschaftlichen und kulturellen Blüte bei. An der Pegnitz, nahe der Frauenkirche, wurde eine große, repräsentative Synagoge gebaut. Die dunkelste Geschichte ist dann die Geschichte im vorigen Jahrhundert, in dem der Gauleiter Julius Streicher der schlimmste antisemitische Hetzer war und mit dem Slogan »Die Juden sind unser Unglück« die Stimmung bis zum Abriss der Synagoge, den er 1938 anordnete – noch vor der Reichspogromnacht, die Hamburger mit Recht »Nacht der Schande« nannte –, und schließlich zur Deportation und Vernichtung der Juden anheizte. Am Schicksal von Arno Hamburger wurde die ganze Dramatik der Katastrophe und der erstaunliche Wiederbeginn jüdischen Lebens in Nürnberg sichtbar: Er war selbst 1922 in einer wohlhabenden jüdischen Familie in Nürnberg St. Johannis geboren, wuchs als »Nürnberger Junge« auf, erfuhr nach 1933 die zunehmende Ausgrenzung der Juden, konnte 1939 noch mit einem der letzten Schiffe, das jüdische Kinder transportierte, nach Palästina auswandern. Dort lernte er in einer jüdischen Familie Hebräisch, studierte die Thora, trat dann in die britische Armee ein, die das Nazi-Deutschland bekämpfte. Als er 1945 als britischer Soldat nach Nürnberg trampte, fand er dort seine Eltern – lebend – auf dem jüdischen Friedhof versteckt. Sie gehörten zu den 12 überlebenden Juden in Nürnberg; die alliierten Luftangriffe, die Nürnberg in Asche gelegt hatten, hatten auch die letzten Deportationsunterlagen vernichtet. Zwei Jahre später war Arno Hamburger als Übersetzer bei den Nürnberger Prozessen gegen Nazi-Ärzte tätig, und dann übernahm er auf Bitten seines Vaters den elterlichen Schlachthof und begann, die Israelitische Kultusgemeinde aufzubauen. Als jahrzehntelanger SPD-Stadtrat hat er an dem neuen »Nürnberg der Menschenrechte« mit gebaut, eine ungeheuer starke und doch auch sehr empfindliche Persönlichkeit gegenüber allen »braunen« Erscheinungen. Als er sich bereit fand, in der Frauenkirche, an deren Stelle im Mittelalter die Synagoge gestanden hatte, ein Psalmgebet bei einer Gebetsstunde der Religionen vorzutragen, war das ein besonders bewegender Moment. – In der interreligiösen Arbeit gerade vor Ort ist mir immer wieder deutlich geworden, wie wichtig es ist, die Prägungen und Erfahrungen in den einzelnen Glaubensgemeinschaften konkret in den Blick zu bekommen und sensibel damit umzugehen. Dazu gehört auch die enorme soziale und kulturelle Leistung, die die Israelitische Kultusgemeinde nach der »Wende« leisten musste und muss für die aus dem Osten zugewanderten Juden. Hatte sie 1990 etwa 200 Gemeindeglieder, so sind es inzwischen etwa 1.600. Bildungsarbeit zur Vergewisserung jüdischer Identität, sprachliche Schulung, Aufbau jüdischen Religionsunterrichts, aber auch Sozialarbeit – all das fordert den Religionslehrer, die Kantoren, den Rabbiner und den ehrenamtlichen Vorstand der Gemeinde enorm heraus. Soweit es die vielfach gebundenen Kräfte erlauben, beteiligen sie sich am kulturellen Leben der Stadt, an der Stärkung der demokratischen Allianzen und der interreligiösen Begegnung. Ganz wesentlich ist für sie die enga-

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Religionen in der Begegnung

gierte menschenrechtliche Arbeit in Nürnberg, der (selbst-)kritische Umgang mit den dunklen Seiten der Stadtgeschichte und ihr Bemühen, dem Antisemitismus die Stirn zu bieten. Wichtig ist auch die älteste bi-religiöse Organisation in Nürnberg, die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, die insbesondere die jährliche Woche der Brüderlichkeit in Zusammenarbeit mit der Stadt Anfang März veranstaltet. Interreligiöse Gruppen sollten in der Begegnung mit dem Judentum den Spuren der Vergangenheit nachgehen und die Gegenwart jüdischen Lebens in ihrer Umgebung konkret in den Blick nehmen. Es gibt die Spuren fast überall, auch auf dem Lande: jüdische Friedhöfe, frühere und nun auch neue Synagogen, Gedenkorte wie auch neu gebildete Gemeinden.

2.2

Die Kirchen im Kontext ökumenischer und interreligiöser Pluralität erfahren

Die christlichen Kirchen erleben sich in einem enormem Umbruchsprozess: War Nürnberg zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch eine nahezu komplett lutherische Stadt – als erste Reichsstadt, die die Reformation schon 1525 geordnet eingeführt hatte –, so hat sich das Bild zunehmend gewandelt: durch die Einwanderung katholischer Arbeiter aus der Oberpfalz im Laufe des 19. Jahrhunderts, durch die zunehmende konfessionelle Mischung im 20. Jahrhundert, durch die Zuwanderung von Gastarbeitern und dem Nachzug ihrer Familien aus Italien, Spanien und dem orthodox geprägten Griechenland. Besonders ins Gewicht fällt die wachsende muslimische Bevölkerungsruppe mit vornehmlich türkischem Hintergrund. Zum Gesamtbild gehören auch die freikirchlichen Gemeinden, besonders Baptisten und Methodisten, christliche Auslandsgemeinden, die Aleviten, kleinere Gruppen von Buddhisten, Hindus, Sikhs, Mandäern und Baha‹i und nicht zuletzt das Anwachsen des nicht religiös gebundenen Bevölkerungsanteils. Gleichwohl ist die Präsenz der Kirchen im Stadtbild nicht zu übersehen, und sie bestimmen das kulturellen und sozialen Geschehen der Stadt entscheidend mit. Die großen romanisch-gotischen Kirchen St. Sebald und St. Lorenz werden zu Recht als »5-Sterne-Kirchen« bezeichnet, mit ihrer einzigartigen Architektur und ihren Kunstschätzen. Die im Spätmittelalter und der Reformationszeit weltberühmten Künstler Veit Stoß als Bildschnitzer, Albrecht Dürer als Maler, Peter Vischer als Kunstschmied und Adam Kraft als Bildhauer haben in ihnen ihre Spuren hinterlassen und sind Teil eines einzigartigen kulturellen Erbes, das nicht nur Touristenströme anzieht, sondern auch interkulturell und interreligiös kommuniziert werden kann. Die Kirchenmusik erklingt von Orgeln, Musiken-

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sembles und Posaunenchören in großer Vielfalt und spricht Christen, Gläubige anderer Religionen wie auch religiös nicht gebundene Menschen an. Vielfältige soziale Arbeit wird durch die Stadtmission und die Caritas geleistet. Die Bildungsarbeit durch die Evangelische Stadtakademie und das Caritas Pirckheimer-Haus widmet sich neben christlich-theologischen und politisch relevanten Themen bewusst auch der interreligiösen Aufklärungs- und Verständigungsarbeit. Für die Begegnungsarbeit zwischen den Religionen ergibt sich daraus ein vielfältiges Erlebnis- und Begegnungsfeld. Zum Spektrum der christlichen Kirchen gehören auch die orthodoxen Gemeinden – Griechisch-Orthodox, Russisch-Orthodox, Rumänisch-Orthodox, Serbisch-Orthodox. Allein etwa 12.000 Griechen leben im Nürnberger Raum und werden vom Zentrum »Hl. Apostel Paulus« seelsorgerlich betreut. Unter großem Einsatz konnte bis 1996 eine Ikonen-geschmückte Kirche gebaut werden, unterstütz auch mit Spenden der evangelischen Kirche. Eine Besonderheit ist die Rumänisch-Orthodoxe Kathedralkirche, aus einem früheren evangelischen Gemeindehaus wunderschön aufgebaut, Sitz des Metropoliten Seraphim, zuständig für die rumänisch-orthodoxen Christen in ganz Deutschland und Zentraleuropa – mit einem kleinen Kloster und großer Offenheit für interreligiöse Anliegen. Zum Spektrum gehören auch die Freikirchen – darunter Baptisten, Methodisten u. a. –, deren Anhänger durch große persönliche Frömmigkeit geprägt sind und die ein besonders hohes soziales Engagement aufbringen. Ein Großteil der christlichen Gemeinschaften – in der Broschüre »Offene Türen« sind es allein 17 – ist Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK). Dazu kommen 5 weitere Gemeinschaften mit christlichem Selbstverständnis und 7 Ausländergemeinden. Interesse und Engagement für die interreligiöse Begegnung sind in vielen Fällen sehr begrenzt und hängen oft an einzelnen Persönlichkeiten, die sich dafür stark machen. Da nur die großen Kirchen hauptamtliches Personal für diese Aufgabe in Dienst stellen können, ist die ehrenamtliche Belastung in den kleinen Gemeinden oft zu groß. Offen für Besuche und Besucher sind sie aber durchgängig, und gleichzeitig dankbar, wenn sie wahrgenommen werden und wenn sie ihre geistlichen Grundlagen, ihre Räume und Aktivitäten anderen erläutern können. Wenn Geistliche oder ehrenamtliche Vorstände und Leiter von Gemeindekreisen ihre Kirche, ihren Andachtsraum erklären – von der Ikonostase in einer orthodoxen Kirche bis zum Taufbad in einer baptistischen Gemeinde – und dabei erläutern, was er für ihren Glauben und ihr Leben bedeutet, dann ist das ein Schritt zu einem Dialog, der weit über lexikalisches Wissen hinausführt. Wie die Kirchen dem Generationenwandel und der offenen Ansprechbarkeit und den Kommunikationsstrukturen junger Menschen begegnen, zeigt z. B. die Jugendkirche Lux mit ihren vielfältigen spirituellen Angeboten. Aber auch über die Jugendorganisa-

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Religionen in der Begegnung

tionen wie CVJM/der Christliche Verein junger Menschen und die katholische Pfadfinderschaft St. Georg arbeiten generationenübergreifend. Sie müssen immer wieder projektbezogene Vorhaben initiieren, die den von vielseitigen Anforderungen umdrängten jungen Menschen ein zielgerichtetes Engagement ermöglichen – wie etwa beim Weiterreichen des Friedenslichtes von Bethlehem, das am 3. Advent immer den fränkischen Gemeinden übergeben wird. Eine besondere Einrichtung ist das von der Evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern getragene Zentrum Brücke/Köprü, dass sich schwerpunktmäßig der Begegnung von Christen und Muslimen widmet. Mit einem Pfarrer und Islamwissenschaftler als Leiter – zunächst aus einer finnischen Mission kommend, dann viele Jahre mit Hans-Martin Gloel, aktuell mit Thomas Amberg, einer Religionpädagogin – zunächst Doris Zenns, aktuell Doris Dollinger – und der Sozialpädagogin Gülsan C ¸ iÅek bringt es Menschen in beiden Religionen zu vielen Aktivitäten zusammen. Dazu gehören Information und Dialog, das Lernen miteinander und übereinander, das Kennenlernen religiöser Feste und Bräuche, »Pilgerwege« (z. B. »Schöpfungswege« im Reichswald) und die besondere Förderung von Frauen. »Einfach miteinander reden« für junge Leute, aber auch ein Workshop an Schulen für Vielfalt und Toleranz unter dem Titel »Mein Gott, dein Gott, kein Gott« sind Projekte, die sensibel machen für wichtige religiöse und Sinnfragen in unserer Gesellschaft. Die Brücke ist inzwischen Teil eines Netzwerkes an interreligiösen Initiativen in Nürnberg und bemüht sich auch, die jüdische Seite in den christlich-islamischen Dialog einzubeziehen.

2.3

Moscheen, Gebets- und Sozialräume – Der Vielfalt muslimischen Lebens begegnen

»We have learned that we are plural« – so hat ein englischer Muslim ausgedrückt, dass Muslime, die sich in einer westlichen Gesellschaft einrichten, lernen mussten, die Vielfalt ihres Herkommens aus verschiedenen Ländern und Kulturen wahrzunehmen und auf ihren neuen Lebensraum zu beziehen. Gleiches kann man für die Großstädte und Ballungsräume in Deutschland sagen. Die 7 islamischen Zentren in Nürnberg, die sich in der Broschüre »Offene Türen« vorstellen, dazu vier kleinere nationale Gruppen, nicht zuletzt aber die von muslimischen Familien gegründete Begegnungsstube Medina zeigen ein vielfältiges Bild, wobei die Beziehung zur türkischen Herkunft bei einem Großteil der Gemeinden noch eine wichtige Rolle spielt. Der innere Kern des monotheistischen Bekenntnisses zu dem einen Gott/Allah und zu seinem Propheten Mohammed, der Bereich der religiösen Pflichten – die »5 Säulen des Islam« (Bekenntnis, Gebet, Almosen, Fasten, Pilgerfahrt) – und die 6 zentralen Glau-

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benssätze (der Glaube an die Einzigkeit Gottes, an seine Engel, seine Propheten, die heiligen Schriften, die Auferstehung und die Vorherbestimmung durch Gott) verbindet die verschiedenen Gruppen. Im Einzelnen aber gibt es ganz verschiedene Ausprägungen. In die interreligiöse Begegnung hat sich als erste (und älteste) die Yeni Cami (die »neue Moschee«) hineingefunden, noch von der ersten Gastarbeitergeneration geprägt. Sie hat auch die ältere Gruppe der »Geistlichen Verwaltung der Muslimflüchtlinge« beherbergt – »displaced persons« vom Balkan, die sich nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland einfanden und nicht in das kommunistische Jugoslawien zurückkehren wollten und konnten. Ihr alter Hauptimam Ahmed Ibrahimovic, geprägt von dem schon lange europäisch ausgerichteten bosnischem Islam, war der erste prominente Dialogpartner. Als weitere Zentren kamen die Moscheen des Verbandes islamischer Kulturzentren, der DITIB (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion), von Milli Görüs (»Nationale Sicht«) – jeweils vor allem mit türkischem Hintergrund, und das stärker international ausgerichtete Islamische Zentrum (IGN) Hessestraße hinzu. Das Gesamtspektrum erweiterte sich durch die AhmadiyyaGemeinde, das Mevlana-Zentrum mit seiner Sufi-Tradition (»Tanzende Derwische«) und – besonders öffentlichkeitswirksam – die Begegnungsstube Medina. DITIB, Milli Görüs und IGN können als konservativ geprägte Zentren eingestuft werden. Weil in ihren Auslandsbeziehungen auch islamistische Positionen vorkommen, wurden und werden sie von deutscher politischer Seite und auch von liberaler eingestellten Muslimen oft kritisch betrachtet und als potentiell nicht demokratiekonform eingestuft. Im Kontrast dazu hat sich in Nürnberg insgesamt eine Gesprächskultur entwickelt, in die sich die Zentren immer wieder konstruktiv eingebracht haben. Sie bieten nicht nur Koranunterweisung für Kinder und Jugendliche an, sondern auch Nachhilfekurse, Sport- und Freizeitaktivitäten. Mit unserer Gruppe der Religionen für den Frieden waren wir in allen Gemeinden zu Gast. Wir haben dabei eine große Gastfreundschaft erfahren, ein Willkommen und das Anliegen, den Islam als offen und integrationsfördernd zu präsentieren. Die Symbolik der Moscheeräume wurde uns lebendig erläutert, ebenso wie die Strukturen des rituellen Gebets, bei dem wir anwesend sein durften. Es macht die »Hingabe an den Willen Gottes« (was »Islam« im eigentlichen Sinne bedeutet) ganz besonders sinnfällig. Es gab Sternstunden in der Begegnung wie Gebetsstunden der Religionen etwa nach dem 11. September 2001 mit der Verurteilung von Terrorismus und Gewalt, Dialoge zu theologischen, kulturellen und sozialen Themen und das Zu-Gast-Sein beim Iftar-Essen, dem abendlichen Fastenbrechen im Monat Ramadan. Es gab und gibt auch Spannungen im Blick auf andere muslimische Gruppierungen – etwa Ahmadiyya und Mevlana –, auch gegenüber Aleviten und Baha’i. Aber insgesamt konnte die Kommunikation mit den verschiedenen Gruppen aufrecht erhalten

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Religionen in der Begegnung

werden, und im 2016 gegründeten Rat der Religionen in Nürnberg sind sie alle vertreten. Eine wichtige Rolle für einen begegnungs-offenen Islam spielt die 1995 von jungen muslimischen Familien gegründete Begegnungsstube Medina, die – wie das christliche Begegnungszentrum Brücke – ein Pfeiler der interreligiösen Arbeit ist – mit Cemalettin Özdemir als Leiter, Ali Nihat Koc als Sprecher und Talip Iyi als 1. Vorstand. Sie gehört keinem islamischen Verband an und ist deshalb in besonderem Maße unabhängig. In ehrenamtlicher Arbeit und z. T. in Kooperation mit Religionen für den Frieden sind Gesprächskreise mit Juden, Christen und Andersgläubigen entwickelt worden. Es haben sich jährliche Dialogwochen Christentum – Islam etabliert. Schulklassen und interessierte Gruppen werden in großer Zahl durch das eigene orientalische Museum und die Moschee geführt, aber auch Kirchenführungen organisiert. Die ehrenamtliche Arbeit schließt auch Gefängnisseelsorge und Notfallseelsorge ein. Außerhalb des Mainstream-Islam haben sich in Nürnberg die AhmadiyyaGemeinde und die Sufi-Gemeinschaft Mevlana etabliert. Beide haben sich kontinuierlich in die interreligiöse Begegnung eingebracht. Die Ahmadiyya Muslim Jamaat stellt sich als islamische Reformgemeinde dar, gegründet 1889 von Hazrat Mirza Ghulam Ahmad im damaligen Britisch-Indien, der sich als der von Mohammed verheißene Mahdi/Messias verstand. Mit ihrem humanistischen Ethos – Motto: »Liebe für alle – Hass für keinen« – hat sie sich in viele Länder verbreitet und in Europa längst vor der Gastarbeiterbewegung islamische Zentren aufgebaut. Da es nach klassischer islamischer Auffassung keine prophetische Gestalt nach Mohammed und keine neue Offenbarung nach dem Koran geben kann, wird Mirza Ghulam Ahmad als Apostat/Abtrünniger gesehen, was quasi eine »Exkommunikation« des Ahmadiyya-Islam und seiner Anhänger zur Folge hat. Besonders in ihrer Heimatregion – in Pakistan – leiden die Ahmadis unter Verfolgung. In Deutschland haben sie – mit ihrer verfassten Organisation und ihrem Bekenntnis zum Grundgesetz – den Status einer Körperschaft öffentlichen Rechts erlangt. Die Nürnberger Gemeinde wurde bereits 1949 von Dr. Karl Koller (islamischer Name: Mohammed Sais) gegründet. Es ist ein Prüfstein für die Pluralismusfähigkeit der islamischen Verbände in Deutschland, ob sie die Gleichberechtigung von Ahmadiyya (und auch der Baha’i) als Religionsgemeinschaft anerkennen. In Nürnberg ist die Gemeinde jedenfalls in der interreligiösen Arbeit präsent und beeindruckt auch durch ihre Bildungs- und Sozialarbeit. Die Sufi-Gemeinschaft Mevlana versteht sich als Orden auf der Basis des Islam, ist aber aufgrund ihrer Wurzeln in der Mystik stark von religions-übergreifendem Gedankengut geprägt. Sie geht auf den berühmten Denker und Poeten Hazretin Mevlana Rumi (gest. 1273) zurück. 1991 wurde der Nürnberger Verein gegründet, geleitet von Süleyman Bahn, der, aus Österreich stammend, in

Moscheen, Gebets- und Sozialräume – Der Vielfalt muslimischen Lebens begegnen

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Konya auf Grund seiner intensiven Studien und Erfahrungen zum Scheich ernannt worden ist. Mit ihren Frömmigkeitsübungen, ihrer Vergegenwärtigung der tiefgründigen Weisheiten Rumis und dem Sema (Derwischtanz) repräsentieren sie eine intensive Spiritualität, die sie immer wieder auch in die interreligiösen Begegnungen einbringen. Von besonderer Relevanz für die Integrationsbemühungen im Blick auf den Islam ist schließlich die Entwicklung eines Islamischen Religionsunterrichts, für die die Universität Erlangen-Nürnberg einen der bundesweit ersten Vorstöße unternommen hat. An mehreren Stellen mussten dazu Schwellen überschritten werden. Es ist klar, dass dieser Unterricht den Maßgaben des Grundgesetzes entsprechen und pädagogisch fundiert gestaltet sein muss. Wo er erteilt wird, können sich die Schülerinnen und Schüler als gleichberechtigt mit ihren christlichen Mitschülerinnen und Mitschülern erfahren und werden darin gefördert, ihre Glaubenstradition in offener Weise zu verstehen und vertreten zu können. Der Islamischen Religionsgemeinschaft in Erlangen, die keinem Verband angehört, gelang es, in Zusammenarbeit mit der Universität 2003 einen Modellversuch an einer Erlanger Grundschule einzurichten. Parallel dazu wurde ein Studiengang für künftige Lehrkräfte aufgebaut. In zähen Verhandlungen gelang es der Universität, zunächst eine Professur einzurichten. Vom Kultusministerium wurde eine Kommission einberufen, die einen Modell-Lehrplan entwickelte – in Korrespondenz zu den Lehrplänen für evangelischen und katholischen Religionsunterricht. Die Modellversuche weiteten sich aus, Religionsbücher wurden verfasst – und immer wieder war dieser Unterricht auch Gegenstand von Dialogveranstaltungen im interreligiösen Rahmen. Gemäß den Empfehlungen des deutschen Wissenschaftsrates konnte an der Universität ein Department für islamisch-religiöse Studien (DIRS) mit 4 Professuren eingerichtet werden. Der Modellversuch Islamunterricht wurde auf 250 Schulen in Bayern ausgeweitet. Leider steht er immer wieder unter Druck, sowohl durch die Propaganda islamfeindlicher Gruppen als auch dadurch, dass die Verbände, besonders DITIB und IGMG, durch ihre Verflechtung mit der Politik der Herkunftsstaaten nicht als institutionelle Partner für die Entwicklung des Unterrichts anerkannt werden. Für den interreligiösen Austausch in Nürnberg sind dabei die muslimischen Studierenden mit ihrer religiösen Verankerung und gleichzeitig dem wissenschaftlichen Umgang mit den islamischen Traditionen eine besondere Bereicherung. Ob es gelingen kann, trotz der Versuchung zu abgrenzender Profilierung der einzelnen Gruppen konstruktiv an der Zukunft für einen Islam in einer modernen säkularen Gesellschaft zusammen zu arbeiten, bildet eine der großen Herausforderungen für die interreligiösen Bemühungen.

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2.4

Religionen in der Begegnung

Zu Gast sein bei Aleviten, Hindus, Buddhisten und Baha’i

Die Broschüre »Offene Türen« weist viele weitere Gemeinschaften und Religionstraditionen auf, darunter neben den in der Überschrift genannten die Täufergemeinde der Mandäer und die Sikh-Gemeinde. Dass all diese Gemeinden in Deutschland leben und sich entfalten können, ist dem für die Vielfalt offenen Grundgesetz und einer Politik zu verdanken, die das Engagement der unterschiedlichen religiösen Gemeinden ernst nimmt und begrüßt. Von dieser Offenheit haben in besonderem Maße die Aleviten profitiert, die einen nicht unbedeutenden Teil der aus der Türkei eingewanderten Bevölkerung ausmachen, lange Zeit aber in dieser Eigenständigkeit – in ihrer Beziehung zu islamischen Traditionen, aber auch in ihrer Unterschiedlichkeit gegenüber dem Mainstream-Islam in der Türkei – kaum wahrgenommen wurden. Obwohl sie im osmanischen Reich eine wichtige Rolle spielten und besonders in der Volksfrömmigkeit in Teilen Anatoliens sehr zu Hause sind, sind sie in der Türkei weitgehend marginalisiert und oft bedrängt worden. Ob sie eine Konfession des schiitischen Islam sind oder als eigenständige Religion gelten müssen, ist umstritten. Zentral Bezugsgestalt ist Ali, der 4. Kalif und Schwiegersohn des Propheten Mohammed. Dazu ist der mittelalterliche Mystiker Haci Bektash Veli als geistliche Lehrergestalt von besonderer Bedeutung. In jedem Fall gibt es große Differenzen gegenüber dem sunnitischen Islam, insofern die »5 Säulen« nicht maßgeblich sind, sondern ganz eigene gottesdienstliche und lehrmäßige Traditionen entwickelt worden sind: Es wird zu anderen Zeiten gebetet und gefastet, ihre Andachtsräume sind nicht in Moscheen, sondern in sogenannten CemHäusern. Die jährlichen Cem-Feiern (mit Buß- und Reinigungsritualen) und der Sema-Tanz spielen eine große Rolle wie auch eigenständige geistliche Musik. Der Mensch wird als Träger der heiligen Kraft des Schöpfers in den Mittelpunkt gestellt, religiöse Toleranz, Gleichstellung von Mann und Frau, ethisch-verantwortliches Leben gehören zu den Leitlinien. Durch ihren Dachverband Alevitische Gemeinde Deutschland (AABF) strebt die Gemeinschaft den Status einer Körperschaft öffentlichen Rechts an und hat Modellversuche für alevitischen Religionsunterricht starten können, mit einem bundesweit einheitlichen Lehrplan. Mit unserer Gruppe der Religionen für den Frieden sind wir wiederholt im Nürnberger Cem-Haus zu Gast gewesen, haben an Feiern teilnehmen können, den Sema-Tanz und die Baglama-Musik erlebt. In eine ganz andersartige Welt sind wir eingetaucht, wenn wir bei Hindus zu Besuch waren. – Der Hinduismus ist erst seit 1998 in Nürnberg mit einem Tempel vertreten. Tamilische Familien aus dem Norden Sri Lankas (Ceylons), die dem dortigen Bürgerkrieg entkommen sind, haben ihn eingerichtet. Er weist die wichtigsten Merkmale eines Hindu-Tempels auf: den Altar mit den Götterfiguren im Mittelpunkt, zentral dabei der Gott Ganesha (der Gott mit dem

Zu Gast sein bei Aleviten, Hindus, Buddhisten und Baha’i

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Elefantenkopf), der als Symbol für Glück und Wohlergehen auch vor jeder Reise angerufen wird. Die verschiedenen Göttergestalten sind dabei letztlich Ausdruck des einen Absoluten, das sich den Menschen in vielen Gestalten darbietet. Die eigentlich zutreffende Selbstbezeichnung des Hinduismus ist »Sanatana Dharma« (= der ewige Dharma, das ewige Weltgesetz), das der Gläubige anerkennt und dem er mit seinem Verhalten im Blick auf eine glücklichere Wiedergeburt und schließlich die Erlösung (die Befreiung aus dem Kreislauf der Wiedergeburten) gerecht zu werden versucht. Wenn wir zu einem Gottesdienst am Freitag Abend eingeladen waren, erlebten wir religiöse Riten, die alle Sinne ansprechen: die Buntheit der Götterfiguren und der Opfergaben, die Rezitation aus den heiligen Schriften, den Veden, und den Klang der Schellen, die der Priester schwenkte, den Duft von Blumen und Opferspeisen, ihren Geschmack, wenn sie uns weiter gereicht wurden, das Gefühl einer andachtsvollen, zumeist heiteren Atmosphäre. Religion war hier in einer besonderen Dichte spürbar. Sie begegnete uns – auch wegen der Sprachprobleme – nonverbal, und dabei sehr intensiv. In unsere Gruppe und in die Universität luden wir mehrfach Saraswati Albano-Müller ein, eine Brückenbauerin zwischen den Kulturen, die seit den 50er Jahren in Deutschland lebt. As Kind ist sie noch Mahatma Gandhi begegnet, der Lehrer und Freund ihre Vaters war. Sie brachte aus Schwelm ihren Hausaltar mit und konnte faszinierend sowohl die spirituelle Symbolik indischer Götterverehrung wie auch das Ethos Gandhis erläutern, die Sitar spielen – und kleidete Studentinnen in einen Sari. Wie bei den anderen kleinen Religionsgemeinschaften waren und sind es auch hier immer wieder einzelne Persönlichkeiten, die uns etwas vom Geist der uralten Relgionstraditionen in Indien nahe brachten: Ramakrishna Shankara – Priester, der als Geschäftsmann in Deutschland lebt, Christine Navuna Papendieck als Yoga-Lehrerin, Naguleswary Sachithanantham – Tamilin, die die Kontakte zum Tempel herstellte. Der Buddhismus hat nicht nur früh deutsche Denker wie etwa Schopenhauer fasziniert. Er ist inzwischen auch – stärker noch als der Hinduismus – eine im deutschsprachigen Raum zunehmend gelebte Realität. Der Gedanke einer religiösen Weltdeutung ohne notwendigen personalen Gottesbezug wirkt ebenso faszinierend wie die intensive meditative Praxis, alternative Formen des Kultes und ein anspruchsvoller ethischer Weg. Hinzu kommen die vergleichsweise offenen Formen einer Mitgliedschaft, das Fehlen eines Dogmengebäudes und (oft freilich nur vermeintlich) von kultischer Strenge. In der Deutschen Buddhistischen Union (DBU) haben sich die verschiedenen buddhistischen Richtungen zu einem gemeinsamen Bekenntnis zusammengefunden. Auch im Nürnberger Raum ist der Buddhismus präsent: mit einer vietnamesisch buddhistisch-kulturellen Zentrale im Stadtteil Eibach, die der Theravada-Richtung des Buddhismus folgt, und der Buddhistischen Gemeinschaft Bodhi-Baum in Fürth, die sich besonders auf den in Tibet beheimateten Buddhismus bezieht. Das Fürther Zentrum ist aus

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Religionen in der Begegnung

der buddhistischen Wohngemeinschaft in Langenfeld hervorgegangen, die schon bei unserem ersten Treffen 1988 vertreten war. Mit ihm sind wir in kontinuierlichem Austausch und Dialog gewesen. Es ist verbunden mit dem Tibethaus Deutschland in Frankfurt und steht unter der Schirmherrschaft des XIV. Dalai Lama und unter der spirituellen Leitung von Dagyab Kyabgön Rinpoche. Seine Lebensgeschichte als Lama und Freund des Dalai Lama hat auch eine gleichsam globale Dimension: Als kleines Kinder wurde er als Reinkarnation des geistlichweltlichen Oberhaupts der osttibetischen Provinz Dagyab entdeckt. Mit dem Dalai Lama musste er aus Tibet nach Indien fliehen. Dort unterzog er sich den anspruchsvollen Studien eines buddhistischen Lehrers. Als er dann mit seinen besonderen Qualifikationen vom tibetologischen Institut in Bonn eingeladen wurde, dort wissenschaftlicher Mitarbeiter zu werden, riet ihm der Dalai Lama, seine Mönchsgelübde zurück zu geben, weil er in Deutschland nicht als Mönch leben könne. In Deutschland wirkte er wissenschaftlich. Er heiratete und begründete eine Familie. Dann wurde er von Kreisen als spiritueller Meister entdeckt, die sich in Deutschland schon den religiösen Traditionen des tibetischen Buddhismus zugewandt hatten. Das Tibethaus, dem er vorsteht, ist ein Kulturinstitut, das sich den Prinzipien der Toleranz und Offenheit verpflichtet fühlt. Tibetinteressierte, Buddhisten genauso wie Nicht-Buddhisten, finden hier einen Ort, an dem sie buddhistische Philosophie und Praxis, Heilkunde, Gesellschaftsrelevantes, Wissenschaftliches, sowie die alte und moderne Kultur Tibets kennen lernen und erfahren können. Vom Tibethaus und von Dagyab Kyabgön Rinpoche bekommt auch das Zentrum in Fürth immer wieder Inspiration für seine Arbeit mit seinen meditativen Angeboten, seiner Beschäftigung mit den buddhistischen Lehren und für den interreligiösen Dialog, geleitet von Brigitte Meixner und Bernhard Vetter. Mit unserer Gruppe der Religionen für den Frieden und Studierenden der Universität sind wir immer wieder dort zu Gast gewesen, sind mit seinen Mitgliedern, dabei gelegentlich auch mit Mönchen und Nonnen, im Gespräch gewesen und haben uns die Lehre des Buddha, wie sie Wege aus Leid und Unvollkommenheit zu Harmonie, Glück und Befreiung weist, erläutern lassen. Die Baha’i-Gemeinde Nürnberg schließlich ist eine kleine Gruppe, die aber religiös und interreligiös sehr aktiv ist – Paula van den Boogart, Mehrnas Enayati, Barbara Luber und Markus Mediger. Ihre Mitglieder haben z. T. iranischen Hintergrund. Denn im persischen Raum hat die Religion im 19. Jahrhundert ihren Ursprung genommen. Sie bildet im Iran die größte religiöse Minderheit, ist aber unter dem herrschenden System der islamischen Republik in ständiger Bedrängnis, weil es nach maßgeblicher Auffassung islamischer Lehre nach der koranischen Offenbarung keine spätere Offenbarung geben kann. So steht die Baha’i-Religion oft unter dem gleichen Verdikt der Abtrünnigkeit wie der Ahmaddiya-Islam. Dabei hat der Bah#’&-Glaube eine in besonderem Maße universale Botschaft, der jede rigoristische und intolerante Einstellung fremd ist.

Zu Gast sein bei Aleviten, Hindus, Buddhisten und Baha’i

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Stifter der Religion ist Bah#’u’ll#h (1817–1892). Er erkennt die ihm vorausgegangenen Religionsstifter als Gottgesandte an und beansprucht gleichzeitig, jüngstes Glied in einer Kette der Gottesboten zu sein. Die Bah#’&-Religion sieht sich als unabhängige Offenbarungsreligion und betont, dass sie in ihren ethischen Kernaussagen mit den anderen Hochreligionen übereinstimmt. Darüber hinaus enthält sie jedoch zahlreiche Elemente, die neue Impulse für die Entwicklung der Menschheit geben sollen und für das friedliche Zusammenleben aller Völker unabdingbar sind. Dazu gehört in besonderem Maße die Überzeugung, dass dem Glauben an den einen Gott die Vorstellung von der einen Menschheitsfamilie entspricht, in der alle aufeinander gewiesen sind. Das führt bis hin zu der Idee, eine Weltsprache und einen Weltgerichtshof einzuführen, wie es Abdu’l-Bah#, der Sohn Bah#’u’ll#hs, der die Lehre seines Vaters weltweit bekannt gemacht hat, vorschlug. Die Bah#’&-Gemeinschaft ist eine der aktivsten NGOs (Nichtregierungsorganisation) bei der UNO in Fragen der Menschenrechte und besonders der Religionsfreiheit. Mit diesen Anliegen ist sie kontinuierlich auch in unserer Nürnberger Gruppe der Religionen für den Frieden präsent – mit Vorträgen, Dialogbeiträgen und auch einer eigens entwickelten musikalischen Tradition. Da sie in Deutschland nur über ihr »Haus der Andacht« in Hofheim-Langenhain im Taunus verfügt, haben wir uns mit den Mitgliedern der Nürnberger Gemeinde meist im Gemeindehaus der Evangelisch-Reformierten Gemeinde getroffen, die sich immer wieder als interreligiös gastfreundlich erwiesen hat. Die geschilderten Begegnungserfahrungen können nur einen Ausschnitt dessen abbilden, was es in 30 Jahren interreligiöser Arbeit an Kennenlernen und Eindrücken in der vielfältigen »Religionswelt« in Nürnberg gegeben hat. Was nicht leicht zu erreichen war, ist, dass größere Gruppen aus einzelnen Gemeinden mit zu Besuchen bei ganz andersartigen Gemeinden gekommen sind. Aber es hat sich ein Kreis von engagierten Mitgliedern und Multiplikatoren aus den verschiedenen Gemeinschaften gebildet, die die Beziehungen quer über die Gemeinden pflegen und bei aktuellen Fragen und Problemen bereit stehen. Man weiß, wen man ansprechen kann für Dialoge, gemeinsame Veranstaltungen, gemeinsame Erklärungen. Besonders die Gebetsstunden der Religionen für den Frieden haben von den Begegnungen profitiert. Wertvoll sind nicht zuletzt die Freundschaften, die sich über die Religionsgrenzen hinweg entwickelt haben und vielfältig gepflegt werden.

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Religionen in der Begegnung

Der internationale Rahmen: die »Weltfamilie der Religionen« bei der Weltversammlung von Religions for Peace 2013 in Wien

Die Arbeit auf deutscher Ebene: Religionen für den Frieden beim deutschen Evangelischen Kirchentag

Religionen in der Begegnung

Zu Gast in der Nürnberger Synagoge Arno Hamburger-Straße

In der rumänisch-orthodoxen Kathedralkirche Nürnberg mit Metropolit Serafim

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Religionen in der Begegnung

Besuch der evangelisch-lutherischen Auferstehungskirche in Nürnberg-Zerzabelshof

Mit Studierenden des Seminars »Religionen vor Ort« in der muslimischen Begegnungsstube Medina

Religionen in der Begegnung

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Der Hindu-Priester Ramakrishna Sankara erläutert zeremonielle hinduistische Riten.

Gespräch über Wege des Mönchtums mit dem (ehem.) buddhistischen Mönch Robert Jandaka

3.

Religionen im Dialog: Verbindendes entdecken, Trennendes verstehen, aushalten und achten

Hans Küng hat nicht nur die These aufgestellt: »Kein Frieden unter den Nationen ohne Frieden zwischen den Religionen«, sondern sie fortgesetzt mit der These »Kein Frieden unter den Religionen ohne Dialog zwischen den Religionen«. Es ist ihm selbstverständlich klar, dass es für die Kriege, Konflikte und Spannungen auf der Welt viele andere Faktoren gibt: wirtschaftlicher Art, ethnischer Art, im Verhältnis von Mehrheiten zu Minderheiten – aber die religiös-weltanschauliche Komponente ist nicht zu unterschätzen. Zwar führt der Dialog nicht automatisch zum Frieden der Religionen, und der Friede der Religionen führt nicht automatisch zum Frieden unter den Nationen. Aber ohne den Dialog können religiöse Empfindungen, Vorurteile und Absolutheitsansprüche immer wieder missbraucht werden. Ein Erlebnis kann ein erstes Schlaglicht auf den Problembereich werfen. Es ereignete sich in Erlangen-Eltersdorf bei einem Vortrag über den Gottesglauben in Christentum und Islam. Beim anschließenden Gespräch meldete sich auch ein Muslim zu Wort und richtete an den großen Kreis der anwesenden Christinnen und Christen die Frage: ob ihm nicht jemand nur einmal kurz die Dreieinigkeitslehre erklären könnte! Es entstand zunächst ein längeres Schweigen. Ein wenig stockend versuchte ein Teilnehmer zu verdeutlichen, dass Gott bei uns, wenn wir ihn als Vater, Sohn und Heiligen Geist bekennen, doch immer als der Eine, Einzige gesehen wird. Wir glauben also keineswegs an 3 Götter! Eine dogmatisch korrekte Antwort! Doch wie soll man sie genauer verstehen? Wir merkten, die Dreieinigkeitslehre ist nicht nur für Muslime schwierig, sondern auch für Christen. Das Thema hat also eine doppelte Seite: Wir brauchen Klärungen nach außen hin, im Gespräch zwischen Menschen verschiedenen Glaubens. Und wir brauchen die Klärung nach innen hin: Wie verständigen sich Christen selbst über die Dreieinigkeit? Die Klärung nach innen ist eigentlich die Voraussetzung, um anderen erläutern zu können, was wir meinen, wenn wir von Grundvorstellungen des eigenen Glaubens reden. Hier trifft die dritte These von Hans Küng zu: »Kein Dialog der Religionen ohne Grundlagenarbeit in den Religionen«.

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3.1

Religionen im Dialog

Bei Besuchen den Dialog beginnen

Wenn wir wechselseitig in den Räumen der Religionsgemeinschaften zu Gast sind, beginnt das Wahrnehmen, das Nachfragen, das Erläutern. Als Mitglieder einer Nürnberger Moschee-Gemeinde mit ihrem Vorstand und ihrem Imam die evangelisch-lutherische Auferstehungskirche in Nürnberg besuchten, blieben sie lange mit uns vor der Kirchentür stehen. Es ist eine zweiflügelige Bronzetür mit der Darstellung von Szenen aus dem Alten und dem Neuen Testament. Was erzählen diese Szenen, welche Botschaft vermitteln sie? Die Schöpfungsbilder, Adam und Eva, auch Mose als Prophetengestalt sind Muslimen vom Koran her nicht unvertraut, ebenso die Vorstellung des Paradieses. Der Geburt Jesu und seiner Mutter Maria ist die 19. Sure gewidmet. Aber wie wird sie in der Bibel erzählt? Und was bedeuten die Gleichnisse Jesu – vom Barmherzigen Samariter, vom Verlorenen Sohn, vom reichen Mann und armen Lazarus? Und warum spielen Jesu Tod am Kreuz und die Auferstehung eine so große Rolle? Auch die Rosette über dem Portal zeigt das Kreuz als helles, Hoffnung ausstrahlendes Symbol. Wir mussten uns bemühen – sprachlich und inhaltlich – das bildlich Dargestellte zu erklären. Wir fanden bei den Gästen Neugier, ja direkt Wissensdurst. Das setzte sich fort, als wir in die Kirche gingen: Altar, Taufbecken, Kanzel – wofür stehen sie? Dass das Wort Gottes und seine Verkündigung im evangelischen Gottesdienst zentral ist, hat immerhin seine Parallele beim Freitagsgebet der Muslime und den Freitagspredigten. Die Stuhlreihen, im Halbkreis dem Altarraum zugeordnet, bestärken die Zusammengehörigkeit der Gemeinde beim Hören und Singen. Der Klang der Orgel beeindruckte tief. Das Licht fiel durch die modernen bunten Glasfenster, die auf der einen Seite den brennenden Dornbusch aus der Berufungsgeschichte von Mose, auf der anderen Seite die Flammen des Heiligen Geistes aus der Pfingstgeschichte symbolisieren. Dass christlicher Glaube sich so konkret ausspricht, hat sich in der Begegnung mit Muslimen immer wieder als hilfreich und gesprächseröffnend erwiesen, weil sie im Alltagsleben meist kaum etwas von gelebter christlicher Frömmigkeit wahrnehmen können. Dass das Andersartige nicht als Fremdes, Unverstandenes stehen bleibt, sondern zumeist tief mit existentieller Glaubenserfahrung verknüpft ist, erweist sich als Hilfe zu einem Lernweg, der aus einer kategorisierenden Außensicht heraus führt. Die Besuche bei den verschiedenen Glaubensgemeinschaften sind immer für Überraschungen gut, die zu konkreten Lernanlässen werden können. Als ein Katholik in der Synagoge bemerkte: »Ach, Sie haben auch ein ewiges Licht«, antwortete Arno Hamburger als Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde: »Sie haben auch ein ewiges Licht! Bei uns ist das früher und älter«. – In der rumänischorthodoxen Kathedralkirche wies uns Metropolit Serafim nach ausführlicher Erläuterung der Ikonostase auf eine Tafel hin, auf der Bilder und Namen von »Glaubenszeugen des 20. Jahrhunderts« wiedergegeben waren. Darunter fanden

Bei Besuchen den Dialog beginnen

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sich zu unserer Überraschung auch Dietrich Bonhoeffer, Edith Stein, Maximilian Kolbe und Martin Luther King. In der muslimischen Begegnungsstube Medina konnten die Studentinnen der universitären Besuchergruppe nicht nur orientalische Kleidung anprobieren, sondern es wurde auch ein Student mit dem Gewand eines Imam ausgestattet, bevor das rituelle Gebet in allen Einzelheiten erläutert wurde. Wichtig ist bei den Besuchen eine Haltung der Achtsamkeit, der Aufmerksamkeit. Grundlegend gilt: Eine Religion ist für ihre Anhänger etwas Wertvolles, Wichtiges, ja auch Schönes. Die Orte der Andacht wie auch ihre Gegenstände haben eine Würde, die respektiert werden will: Im Koran blättert man nicht wie in einem Roman. Er darf nicht auf dem Boden liegen. Im buddhistischen Zentrum setzt man sich nicht auf den Boden mit den Füßen in Richtung der BuddhaFigur. Dabei gilt: In der Begegnung kann man Fehler machen – aus Unkenntnis, Unachtsamkeit, Unbeholfenheit. Der größte Fehler aber ist, sich nicht zu begegnen und über Andere zu urteilen, ohne den Kontakt und das Gespräch zu suchen. Im allgemeinen werden Verstöße gegen die Etikette und die Usancen einer Glaubensgemeinschaft von ihren Angehörigen dezent und freundlich richtig gestellt. Aufeinander hören, die eigenen Traditionen darstellen und erläutern: Das ist die Aufgabe, die bei den Besuchen immer wieder wahrzunehmen ist. Sie hilft, problematische Gesprächshaltungen zu überwinden: dass man nicht in einer abwehrenden Verteidigungshaltung (1), nicht mit einem besserwisserischen Bekehrungseifer (2), aber auch nicht positionslos auftritt (3). Alle 3 Haltungen haben wir auch in unserer Nürnberger WCRP-Gruppe erlebt. Je fremder einem eine Religionsform ist, je aggressiver sie erscheint, desto ängstlicher und eifriger ist man dabei, das eigene Wahrheitsbewusstsein zu demonstrieren. Die Besserwisserei ist eine Untugend im Dialog, die das Gespräch immer besonders erschwert – vor allem, wenn die Angehörigen einer Religion den Anhängern einer anderen zeigen wollen, was sie eigentlich glauben müssten. Aber auch das Verstecken der eigenen Position erleben wir nicht selten, wenn man sich den Argumenten der anderen nicht gewachsen fühlt oder wenn man aus Schuldgefühlen den anderen gegenüber, die man z. B. als Opfer der Kolonialgeschichte sieht, die eigene Überzeugung, die eigene Tradition nicht deutlich hervorzukehren vermag. Der Dialog wird dann besonders lebendig, wenn die Teilnehmenden als überzeugte und überzeugende Vertreter ihres Glaubens auftreten, ohne sich dabei kritischen Fragen zu verweigern; eben dann wird sich das jeweilige Gegenüber wirklich ernstgenommen sehen.

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3.2

Religionen im Dialog

Lernen an Symbolen, an Lebenswegen, an Kunst und Musik

Als 1995 das Bundesverfassungsgericht sein Urteil über Kreuze in Klassenzimmern fällte, rief das nicht nur eine breite Diskussion in der Öffentlichkeit hervor, sondern gerade auch unter den Religionsgemeinschaften. In dem Streit um das Kruzifix-Urteil wollten wir einmal über die Grenzen der christlichen Religion hinausschauen und uns der Frage stellen: »Religiöse Symbole – Zeichen der Toleranz?« In der Erarbeitung der Gebetsstunde wurde deutlich: Das Thema ist nicht nur aktuell wegen des Kruzifix-Urteils. Es verdeutlicht auch Zentrales des jeweiligen Glaubens. Dabei hatte die Kirche, in der wir zusammenkamen – Heilig Kreuz im Nürnberger Ortsteil Gebersdorf – 1936 gebaut –, eine besondere Symbolkraft gegenüber der Vergötterung menschlicher Tyrannen. Als Grunderkenntnis stellte sich dabei heraus: Die Religionsgemeinschaften sind – wie andere gesellschaftliche Gruppen (etwa das Rote Kreuz oder humanistische Verbände) – Teil einer lebendigen pluralen Demokratie, die wichtige Beiträge zum Gemeinwesen und Gemeinwohl zu leisten haben und gleichzeitig große Kulturtraditionen repräsentieren, die zum Verstehen einer immer mehr auf wechselseitige Beziehung und Austausch angewiesenen Weltgesellschaft von Bedeutung sind. Zur Wahrnehmung der damit gegebenen Verantwortung in der Vielfalt ist es angemessen, dass sich die Religionsgemeinschaften mit ihren Symbolen auch in der Öffentlichkeit präsentieren. Es erschien uns deshalb auch sinnvoll, wenn auch in Schulen diese Vielfalt sichtbaren Ausdruck findet – mit Symbolen der Religionen wie auch anderer gesellschaftlich relevanter Gruppierungen und Akteure. Es sollen hier deshalb beispielhaft gezeigt werden, was an den in der Gebetsstunde ausgewählten Symbolen sichtbar wurde.7 Für das Judentum war es der Chanukka-Leuchter : Was bedeutet Chanukka für uns? Die Chanukka-Lichter sind mehr als einfach eine Erinnerung an Wunder vergangener Tage. Sie bieten uns Erleuchtung in einer Zeit, wo Sorgen und Ängste unser Leben verdunkeln. Wir zünden Chanukka-Leuchter an öffentlichen Plätzen, damit jeder kommen und sehen kann: Dunkelheit und Finsternis vertreibt man nicht mit Gewalt, vertreibt man nicht mit Aggression. Dunkelheit vertreibt man mit Licht, und wie unsere Weisen sagten: »Ein bisschen Licht vertreibt viel Dunkelheit.« »Unserem Leben Licht geben«: In jeder Nacht von Chanukka zünden wir ein zusätzliches Licht auf der Menora an – bis am achten Tag alle acht Flammen brennen. Daraus lernen wir, dass wir bezüglich des Guten und der Wohltaten nicht auf unseren Lorbeeren ruhen dürfen, sondern stets zulegen müssen. 7 J. Lähnemann / Religionen für den Frieden Nürnberg: Spiritualität. Multireligiös. Begegnung der Religionen in Gebeten, Besinnungen, Liedern. Berlin 2014, 86ff.

Lernen an Symbolen, an Lebenswegen, an Kunst und Musik

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Das jüdische Gesetz schreibt vor, dass der Chanukka-Leuchter nach Einbruch der Nacht anzuzünden ist. Dies ist Ausdruck unserer Aufgabe in dieser Welt: die Dunkelheit auszuleuchten, denn die Dunkelheit existiert nur, um in Licht gewandelt zu werden. Für das Christentum wurde eine katholische Deutung des Kreuzessymbols von Georg Moser vorgetragen8 : Wachsen am Kreuz Meine Mutter bekam zu ihrem Namenstag eine Kletterpflanze geschenkt. Sie stellte sie in den Herrgottswinkel, und ich erinnere mich gut, wie diese Pflanze sich im Laufe der Zeit am Kreuz empor rankte. Am Kreuz hinaufwachsen, das scheint mir ein gültiges Bild für unser menschliches Leben. Denn auch an unserem Lebensweg steht das Kreuz. Ob wir am Kreuz wachsen können oder an ihm zerbrechen, daran entscheidet sich das Gelingen oder Scheitern unseres Lebens. Das Kreuz gehört in die Mitte unseres christlichen Glaubens. Jesu Kreuz ist die Konsequenz seiner umfassenden Liebe, die sogar Leiden und Tod auf sich nimmt. Viele scheuen das Bild des Gekreuzigten, weil es in erschreckender Weise ihre Vorstellungen von Glück und Erfolg durchkreuzt. Der Christ jedoch erkennt im Kreuz den Beweis dafür, dass sich Gottes Sohn total, ohne jeden Vorbehalt mit uns solidarisch erklärt hat. Hier, in der Hingabe seines Lebens bis in das Dunkel des Todes hinein, hier hat er das Elend der Menschen auf sich genommen und stellvertretend unsere Schuld getragen. Und weil auf die Schmach des Kreuzestodes die Auferstehung folgte, hat er unser Schicksal zur erlösenden Wende geführt. Nun kann er sagen: »Ich lebe, und auch ihr sollt leben«. Seither ist das Kreuz für alle, die mit Vertrauen zu ihm aufschauen, der Lebensbaum geworden.

Über den Halbmond als im Islam häufig gegenwärtiges Symbol hörten wir eine aktuelle Besinnung von Ahmed El Banna – Mitglied unserer Nürnberger Gruppe: Die Symbole der Religionen haben eine tiefe Bedeutung für den Glauben. Den Glauben, der in den Herzen verankert ist. Wir Muslime zum Beispiel – wenn wir den Mond in seiner herrlichen Pracht ansehen – beten zu dem, der den Mond geschaffen hat, nämlich zu dem allmächtigen Gott. »Gepriesen bist Du, der uns das Licht im Dunkel geschenkt hat.« Und viele andere Gebete. Ich frage mich: Wenn der Mond sein Licht auf die Erde strahlt, ist dieses Licht nur für die Muslime? Mein Inneres gibt mir die Antwort. Der Mond scheint für uns alle, für Muslime, Christen, Juden und auf alle Menschen. Dabei spielt die Religion gewiss keine Rolle. 8 G. Moser : Wachsen am Kreuz, aus: Ders., Auf dem Weg zu mir selbst T Verlag Herder GmbH, Freiburg i.Br. 1987, 46ff.

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Religionen im Dialog

Möge unser Symbol als ein Zeichen von Gott für alle Menschen verstanden werden. Möge Gott, der Allmächtige, den Verantwortlichen für unseren Glauben die Einsicht geben, so zu handeln, dass dieses Zeichen ein Zeichen der Liebe, des Verständnisses und der Toleranz zwischen den Völkern der Erde wird. So ist es Gottes Wille. – Er ist der Herr der Welten. Wir wollen ihm danken und ihn loben.

Über das Rad der Lehre im Buddhismus wurde ausgeführt: Buddha hat das »Rad der Lehre« in Bewegung gesetzt. Die acht Speichen stellen den edlen achtteiligen Pfad dar : »Dies aber ist die heilige Wahrheit von der Aufhebung des Leidens, der Achtfache Pfad: rechtes Denken, rechtes Entschließen, rechtes Wort, rechte Tat, rechtes Leben, rechtes Streben, rechtes Gedenken, rechtes Sichversenken.« (aus Buddhas Predigt von Benares).9 Aus dem Hinduismus wurde das OM-Symbol ausgewählt:

Das Om-Symbol besteht aus drei untereinander verbundenen Kurven, einem Halbkreis und einem Punkt. Es deutet auf die Bewusstseinszustände Wachen, Träumen, Tiefschlaf sowie auf das absolute Bewusstsein (der freistehende Punkt mit dem Halbkreis), das die drei anderen erleuchtet und beherrscht. – Das Wort OM bezeichnet den Atem des Mundes, die Sonne, die Lebenskraft des Menschen und der Welt, letztlich das Göttliche.10 Vorgetragen wurde dazu ein Gebet nach Rabindranath Tagore11 Dies ist an Dich mein Gebet: Triff, triff bis zur Wurzel des Mangels mein Herz. Gib mir die Kraft, leicht meine Freuden und Sorgen zu tragen. Gib mir die Kraft, meine Liebe fruchtbar im Dienste zu machen. Gib mir die Kraft, meinen Geist über das Nichtige zu erheben, das mich täglich gefangen nehmen will. Gib mir die Kraft, in Menschen aus verschiedenen Kulturen und religiösen Traditionen deine Nähe zu spüren, und gib mir die Kraft, mich Deinem Willen hinzugeben in Liebe. Es wurde in der Gebetsstunde deutlich, wie über die Symbole das Besondere jedes Glaubens in den Blick kommt. Die Symbole sagen nicht dasselbe. Aber sie sagen immer etwas sehr Tiefes und Wichtiges: Sie sind je auf ihre Weise Ausdruck einer heilvollen Erfahrung – einer Erfahrung, die Menschen helfen will, 9 Die Lehrrede von Sarnath: Vinaya-Pitaka Mah.vagga 1,6,17ff. / Samyutta-Nikaya 56,11,2–14, deutsch: Reden des Buddha. Stuttgart: Reclam 1990, 32–34. Hier nach: G. Mensching: Leben und Legende der Religionsstifter. Baden-Baden o. J., 243. 10 W. Trutwin: Licht vom Licht. Religionen in unserer Welt. Düsseldorf 1976, 15.165. 11 Vgl. Breite deinen Frieden in mir aus. Gebete der Religionen, zusammengestellt und kommentiert von W. Kühnelt. Mödling-Wien 1989, 56.

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ihr Leben zu verstehen, seinen Sinn zu begreifen, seine guten Seiten zum Leuchten zu bringen, seine schweren Seiten zu verstehen und tragen zu helfen – und verbunden zu sein mit allem, was lebt und existiert. Symbole der Religionen – sind sie Zeichen der Toleranz? In ihrem eigentlichen Sinne ja: indem sie Menschen zu gegenseitiger Achtung führen, indem sie intolerant sind gegen menschliche Selbstsucht und indem sie Fantasie freisetzen können für ein Leben in gegenseitiger Zuwendung, Hilfe und des Eintretens füreinander. Dass sie in der Geschichte auch exklusiv und abgrenzend gebraucht, ja sogar zur Rechtfertigung von Aggressionen missbraucht werden konnten, stellt eine Herausforderung an die Religionsgemeinschaften dar, die Deutungshoheit nicht den Fanatikern zu überlassen. Authentische Begegnung mit den verschiedenen Religionsgemeinschaften: Das war in den Jahren 2005–2006 ein Anliegen, zu dem die Dachorganisationen der großen Religionsgemeinschaften in Deutschland ein besonderes Vorhaben starteten. Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen, der Zentralrat der Juden, der Zentralrat der Muslime und die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) fanden sich zusammen und regten unter der Überschrift »Weißt du wer ich bin« zu persönlichen Begegnungen in den Religionsgemeinschaften an. Es sollte darum gehen, Neugier zu entwickeln, Vorbehalte zu überwinden und neue, Gemeinschaft stiftende Erfahrungen zu sammeln. In Nürnberg sprachen wir jeweils Repräsentanten der Religionsgemeinschaften an, sich über ihre Lebenswege und ihren Glauben in ihren religiösen Räumen interviewen zu lassen. Es gab einen Leitfaden an Fragen für die Interviews, die von Redakteuren der beiden großen Nürnberger Zeitungen geführt wurden, dann aber auch in das Publikum hinein geöffnet wurden: – Können Sie uns erzählen, wie Ihre religiöse Erziehung aussah? – Würden Sie sagen, dass der Weg, auf dem Sie in Ihren Glauben hineingewachsen sind, typisch ist für Ihre Glaubensgemeinschaft? Spielt dabei ein religiöser Raum wie dieser, in dem wir hier zusammen sind, eine besondere Rolle? – Gibt es Schlüsselerlebnisse, die für Ihr Leben, Ihre Entscheidungen und Einstellungen prägend waren. – Was empfinden Sie selbst als besonders positiv in Ihrer Glaubenstradition? – Gibt es auch Punkte, die Ihnen schwer fallen, die Sie kritisieren würden, – und wie gehen Sie damit um? – Welche Religionsgemeinschaft ist Ihnen – außer Ihrer eigenen – besonders sympathisch, und warum? – Fallen Ihnen (ohne dass Sie das eigene Ideal mit der schlechten Wirklichkeit der anderen vergleichen) Sachverhalten und Erscheinungsformen bei den Anderen ein, mit denen Sie besondere Probleme haben?

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Religionen im Dialog

– Sehen Sie Notwendigkeiten für eine bessere Begegnung, Verständigung und Kooperation mit den anderen Religionsgemeinschaften – und wo sollte man ansetzen? Kann man vor Ort dem »Kampf der Kulturen« etwas entgegenstellen? – Sollen sich die Religionsgemeinschaften gesellschaftlich engagieren – und wenn, in welchen Aufgabenbereichen vor allem? – Welche Rolle spielen religiöse und ethische Erziehung in Ihrer Religionsgemeinschaft? Was würden Sie sich in diesem Feld von den öffentlichen Schulen wünschen? – Haben Sie eine Vision, die Sie gerne wahr machen würden? Würden Sie selbst Schritte dazu unternehmen? Natürlich konnten an keinem der Abende alle Fragen »abgearbeitet« werden, aber sie halfen zu sehr persönlichen, engagierten Darstellungen – in der Synagoge, in der römisch-katholischen, der evangelischen, der rumänisch-orthodoxen Kirche, der DITIB-Moschee und in der Baptistischen Kirche. Im Jahr 2014 haben wir die Thematik in einer etwas anderen, besonders anregenden Perspektive wieder aufgenommen, und zwar unter der Überschrift »Dein Glaube – mein Glaube. Religionen im persönlichen Dialog«. Wir haben Mitglieder unserer Gruppe angesprochen, die sich seit längerem an unserer Arbeit beteiligt hatten, und an jedem Dialog-Abend zwei Angehörige ganz verschiedener Glaubensgemeinschaften interviewt und miteinander ins Gespräch gebracht – Menschen, die in ihren Religionsgemeinschaften zu Hause und verwurzelt sind und andererseits offen für die interreligiöse Begegnung. Es gab Interviews/Gespräche mit jeweils 2 Personen: Baptistin und Sufi-Scheich, Buddhistin und Jude, Katholikin und Vertreterin der Baha’i-Gemeinde, orthodoxer Metropolit und reformierter Pfarrer, Hinduistin und Lutheranerin, Alevit und Mandäer. Die Gesprächspartner antworteten dabei z. B. auf die Fragen: Wie sind Sie in ihre Religion hineingewachsen? Wie kommt sie in Ihrem persönlichen Leben vor – in der Familie, bei Festen, bei Sorgen und Nöten, bei Entscheidungen? – Wie geht es Ihnen, wenn Sie dem Glauben der Anderen begegnen – in der Moschee, in der Synagoge, in einer orthodoxen Kirche? Die Gruppe traf sich jeweils in dem Raum einer der beiden Glaubensgemeinschaften – wie bei »Weißt du wer ich bin« auch dieses eine Originalbegegnung persönlich wie örtlich. Die Moderationen wurden von Martin Affolderbach und mir übernommen. Zusammengefasst haben wir das Jahresthema bei einer Gebetsstunde unter dem Titel »Gelebter Dialog« in der DITIB-Moschee. Ähnlich intensiv hatten wir schon das Jahresthema erlebt, das wir für 2013 gewählt hatten: »Schätze der Religionen – Kraftquellen für Glaube und Leben«. Wir wollten uns an Bildern, Texten, Gegenständen beispielhaft zeigen lassen,

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woran die jeweilige Glaubenstradition ihr Grundvertrauen festmachen kann, was als Wertvolles in die Gestaltung von Festtag und Alltag hinein strahlt. Dazu wanderten wir mit einer echten »Schatztruhe« Monat für Monat zu einer anderen Religionsgemeinschaft, ließen uns einen »Schatz« zeigen und erläutern und in die Truhe legen, um die Schätze schließlich in einer Gebetsstunde in der Kirche St. Martha auszupacken und zusammenfassend ihre Bedeutung sichtbar zu machen. Zu jedem der Schätze wurde ergänzend ein Gebets- bzw. Besinnungstext ausgesucht, der aus der jeweiligen Glaubenstradition stammt und die Perspektive über den eigenen Religionshorizont hinaus öffnet. In der Israelitischen Kultusgemeinde wurde uns ein Bild der großen, in klassizistischem Stil erbauten Synagoge an der Pegnitz überreicht, die 1938 auf Befehl vom Gauleiter Julius Streicher abgerissen werden musste. Sie erinnert an den Reichtum jüdischen Lebens in Nürnberg während des 19. und 20. Jahrhunderts bis zur Vernichtung durch den Nationalsozialismus und an die vielfältigen sozialen und kulturellen Beiträge, die Juden für die Stadtentwicklung geleistet haben. – In der römisch-katholischen Kirche war es ein Bild von Franz von Assisi, anhand dessen uns der Stadtdekan Hubertus Förster die Bedeutung der Heiligen als Beispielgestalten des Glaubens und die des heiligen Franziskus im Besonderen für eine dienende, mit allen Armen solidarische Kirche erläuterte. – In der evangelisch-lutherischen Kirche St. Sebald war es ein Gesangbuch, das in die Schatztruhe hinein gelegt wurde: Die reichhaltige Lied- und Gesangstradition ist über die Jahrhunderte seit der Reformation hinweg bis in die Gegenwart ein besonderes Gut der evangelischen Kirchen, bietet Gotteslob, Ermutigung und Trost für alle Lebenslagen, Zeiten, Feste und Orte. – Für den Islam erhielten wir einen sehr schönen Gebetsteppich – mit einem Kompass, um jeweils die Ausrichtung nach Mekka einstellen zu können –, und uns wurde erzählt, wie das regelmäßige rituelle Gebet die ganze muslimische Gemeinschaft ausrichtet auf die Hingabe an Gott und auf seinen Willen und wie es Halt gibt in allen Wechselfällen des Lebens. – Für den Hinduismus war es eine Statue des Gottes Krishna, der bedeutendsten »Herabkunft« des Gottes Vishnu, des Bewahrers des Leben, für den Buddhismus eine Statue des Bodhisattwa Avalokiteshvara, des Bodhisatvas des unendlichen Mitgefühls, deren vielfältige Bezüge zu Glaubens- und Lebenswelt in den beiden Religionen uns erläutert worden waren. Dass Religionen mehr bieten als Lehrsätze, Riten und ethische Anweisungen, haben wir uns auch im Jahr 2016 vor Augen geführt, als wir als Jahresthema wählten: »Kunst und Musik, das kulturelle Gesicht der Religionen«. Wir eröffneten es mit einer Gebetsstunde in der evangelisch-lutherischen Kirche St. Egidien zusammen mit der dortigen Gemeinde. Gegen Vorbehalte, Ablehnung oder gar Angst vor der Kultur und Kunst der Anderen wollten wir den spirituellen Reichtum und die Schönheit der verschiedenen religiösen Traditionen zum

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Ausdruck bringen. Angehörige und Künstler der verschiedenen in Nürnberg lebenden Religionsgemeinschaften – Juden, Christen, Muslime, Aleviten, Hindus, Buddhisten und Baha’i – machten ihr Zusammenwirken in dieser Stunde zu einem grenzüberschreitenden Erlebnis. Es war gleichsam der Startimpuls zu einem sehr abwechslungsreichen Jahresprogramm, bei dem wir in den einzelnen Religionsgemeinschaften die ästhetische Schönheit der ganz verschiedenen religiösen Ausdrucksformen erfuhren. Die Einzelthemen, unter denen die Begegnungen stattfanden, lassen die Vielfalt des zu Hörenden, zu Sehenden und zu Erlebenden erahnen: – Musik und Tanz (Sema) bei den Aleviten – Kunst und Musik in St. Lorenz – der Zusammenklang von Bild und Orgel – Islamische und orientalische Kunst in der Begegnungsstube Medina – Die Kunst der Ikonen in der rumänisch-orthodoxen Kathedralkirche – Der liturgische Gesang der Kantoren in der Synagoge – Mönchsmusik im buddhistischen Zentrum – Geistliche Musik der Baha’i im Gemeindesaal von St. Martha Das Jahr 2017, in dem die evangelischen Kirchen das 500-Jahr-Jubiläum der durch Martin Luther eingeleiteten Reformation begingen, freilich schon in ökumenischer Ausrichtung im Dialog mit der katholischen und den orthodoxen Kirchen, nahmen wir zum Anlass, nach »Reformation in den Religionen« zu fragen. Wir entdeckten: In allen Glaubensgemeinschaften gibt es Persönlichkeiten, die Zukunftsweisendes gelehrt, gedacht und realisiert haben. An 11 Abenden wurden sie exemplarisch vorgestellt, von Vertreterinnen und Vertretern der Religionsgemeinschaften in ihren religiösen Räumen und Bildungszentren. Dazu gehörten: – Haci Bektas Veli, der große mystische Erneuerer aus dem 13. Jahrhundert, auf den sich besonders die Aleviten beziehen – Josef Trifa (1888–1938), orthodoxer Priester und Gründer der moralischen Erneuerungsbewegung Oastea Domini – Nazr Abu Zaid (1943–2010), Vorkämpfer einer humanistischen Koran-Interpretation – Schalom Ben Chorin (1913–1999), Pionier des christlich-jüdischen Dialogs – Dietrich Bonhoeffer (1906–1945), Pfarrer und Theologe im Widerstand gegen das NS-Regime – Dorothee Sölle (1929–2003), evangelische Theologin, Streiterin für ein politisches und frommes Christentum – Karl Rahner (1904–1984), führender Theologe des 2. Vatikanischen Konzils – Gustavo Gutierrez (geb. 1928), prominenter Vertreter der Befreiungstheologie

Sich verbindenden Themen widmen, sich kontroversen Themen stellen

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– Der Dalai Lama (geb. 1935), buddhistischer Mönch und Friedensnobelpreisträger – Abdu’l Baha (1844–1921), Sohn Baha’u’llahs, Leiter der Baha’i-Gemeinschaft und Botschafter der Toleranz – Beyza Bilgin (geb. 1935), Reformerin islamischer und interreligiöser Erziehung Natürlich hat diese Auswahl eine gewisse Zufälligkeit. Die geschichtlichen und religiösen Zusammenhänge, in denen die gewählten Persönlichkeiten wirkten, sind unterschiedlich und oft sehr spezifisch. Man hätte auch weitere Reformatorinnen und Reformatoren wählen können – wie etwa Chiara Lubich im Katholizismus, Mahatma Gandhi im Hinduismus, Martin Luther King als Baptist. Die Auswahl hing auch von den Referentinnen und Referenten ab, die wir jeweils gewinnen konnten. Diese hatten oft einen persönlichen, existentiellen Bezug zu den Vertreterinnen und Vertretern der Religionsgemeinschaften, die sie vorstellten: Pfarrer Dieter Krabbe hatte eindrucksvolle Begegnungen mit Schalom ben Chorin; für Scheich Süleyman Bahn von der Mevlana-Gruppe ist Nazr Abu Zaid ein zentral wichtiger reformatorischer Denker im Islam gewesen. Ich selbst kannte und kenne Dorothee Sölle und Beyza Bilgin, z. T. aus langjähriger Zusammenarbeit. Was uns bei der Vorstellung dieser besonderen Menschen durchgängig vor Augen trat, war : Es sind sämtlich Persönlichkeiten, die mit ihren Ideen, ihren Interpretationen der Glaubenstradition und ihren Aktionen nicht leichthin auf Zustimmung gestoßen sind, sondern ihren Weg oft durch viele Widerstände hindurch gehen mussten. Zusammengeführt haben wir die Beiträge in einer Gebetsstunde am 23. September 2017 in der Ev.-Lutherischen Kirche St. Sebald unter dem Thema »Freiheit, Gerechtiegkeit, Menschenwürde. Erneuerung in den Religionen« – in Zusammenarbeit mit dem neu gebildeten Rat der Religionen in Nürnberg unter seinem Vorsitzenden, dem evangelischen Stadtdekan Jürgen Körnlein, und am Tag vor der Verleihung des Menschenrechtspreises der Stadt Nürnberg.

3.3

Sich verbindenden Themen widmen, sich kontroversen Themen stellen

Oft wird im Blick auf den Dialog der Religionen gesagt, man solle ihn auf die Verständigung in der Ethik beschränken. Da könne man nicht in ausweglosen Streit geraten wie bei dogmatischen Lehrsätzen und Überzeugungen. Es gäbe genug an verbindenden Herausforderungen in gesellschaftlichen und sozialen Problemfeldern, denen man sich widmen könne.

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Religionen im Dialog

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass diese Überlegungen zu kurz greifen. Sie gehen an der Essenz vorbei, aus der die Religionsgemeinschaften leben: Die Glaubensüberzeugungen in den Religionen enthalten in all ihrer Verschiedenheit etwas Lebensgründendes, Tragendes, Stärkendes. Die Schatztruhe, mit der wir ein Jahr lang in Nürnberg unterwegs waren, hat es sichtbar gemacht. Aus ihrer Spiritualität gewinnen Gläubige die Kraft für ihr Handeln. Das bedeutet keineswegs die Einebnung von Unterschieden, vielmehr ein bewusstes Wahrnehmen der verschiedenen Identitäten und Perspektiven. Das ist z. B. das Anliegen einer »komparativen Theologie«, wie sie vor allem Klaus von Stosch in Deutschland bekannt gemacht und entwickelt hat. Einen fruchtbaren Weg im Dialog, der sich in unserer Arbeit vor Ort bewährt hat, hat besonders auch Karl-Josef Kuschel in seinem Buch »Juden – Christen – Muslime. Herkunft und Zukunft«12 gezeigt, wenn er für die Entwicklung eines Beziehungsdenkens anstelle eines einseitigen Abgrenzungsdenkens und eines einseitigen Harmoniedenkens plädiert. Auf diesem Wege werden Verbindendes, schwerpunktmäßig Verschiedenes, aber auch Unvereinbares offen herausgearbeitet und in ihrem jeweiligen Resonanzraum interpretiert. Wichtig ist, hier zu einem Verstehen zu gelangen, das nicht Zustimmung sein muss, dass aber begriffen werden kann, was dem Anderen in seiner andersartigen religiösen Erfahrung wichtig ist und warum es ihm wichtig ist. Hier sollen drei Beispiele inhaltlich ausführlicher dokumentiert werden, die in Nürnberg beim Dialog mit Denkern aus verschiedenen Religionen entstanden sind: – Christentum und Islam: Verständigungsmöglichkeiten in der Gottesfrage – Buddhismus und Christentum – zwei Heilswege im Vergleich – Ein Problemthema: Gewalt in den Heiligen Schriften

3.3.1 Christentum und Islam: Verständigungsmöglichkeiten in der Gottesfrage Die Frage nach dem Gottesbild hat eine Schlüsselfunktion im Gespräch zwischen Christen und Muslimen. Sie ist zentral für die Beurteilung dessen, was die Religionen verbindet und unterscheidet, wie man die theologische Qualität des jeweils anderen Glaubens einschätzt, ob es in der Spiritualität Verbindendes geben kann, ob und wie deshalb Gebetstreffen der Religionen veranstaltet werden können – bis hin zu der häufig gestellten Frage nach entsprechenden Schulfeiern. Aber auch Anthropologie und Ethik – und damit die Frage nach gemeinsamem Handeln – sind eng mit dem Gottesverständnis verbunden. 12 K.-J. Kuschel: Juden – Christen – Muslime. Herkunft und Zukunft. Düsseldorf 2007.

Sich verbindenden Themen widmen, sich kontroversen Themen stellen

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Es werden im Folgenden Grundeinsichten vorgestellt, die im Dialog mit dem Hamburger Imam Mehdi Razvi formuliert wurden.13 Was wir heraus gestellt haben, ist, dass es in der Gottesfrage bei der Verständigung zwischen Christen und Muslimen drei Ebenen gibt: die Ebene des Verbindenden, die Ebene schwerpunktmäßiger Unterschiede und die Ebene des Unvereinbaren. Dem Argument, man dürfe die drei Ebenen nicht voneinander lösen und das Unvereinbare relativiere damit auch das Verbindende, wird dabei nicht zugestimmt, weil im Verbindenden doch so fundamentale Gotteserfahrungen zur Sprache kommen, dass diese nicht nur für mystische Religionsformen, sondern auch für die lehrmäßige Entfaltung von Theologie, Anthropologie und Ethik Gemeinsames sichtbar machen. Die erste der Grundeinsichten lautet: In Christentum und Islam ist der Glaube an den einen Gott, der sich dem Menschen gnädig zuwendet, die Grundlage. Es ist der Bereich der Schöpfungslehre, in dem Juden, Christen und Muslime ein großes gemeinsames Erbe haben. Alle drei Religionen antworten mit ihrer Rede von Gott als dem Schöpfer auf die Erfahrung, dass der Mensch sich nicht selbst geschaffen hat, dass ihm seine Existenz, seine Lebensgrundlagen voraus gegeben, geschenkt sind. Für Christen und Muslime ist es – wie für Juden – Gott, der alle irdischen Möglichkeiten radikal übersteigt, der Herr ist über Raum und Zeit. Jesus ruft ihn an als »Herr des Himmels und der Erde«, und jeder Muezzin bekennt mit dem Ruf »Allahu akbar« – »Gott ist größer« (im Sinne eines unendlichen Komparativs) –, dass er alles menschliche Vorstellen und Denkvermögen übersteigt. Und beide Religionen gehen davon aus, dass Gott dem Menschen das Leben gegeben hat – als der »Krone der Schöpfung«, als »Ebenbild« bzw. »Khalifa«, also als Stellvertreter Gottes14 : An Gottes Stelle soll der Mensch die Erde verwalten, soll er verantwortlich die Schöpfung bewahren. Christen und Muslime können im Rahmen der Schöpfungslehre von Gottes gnädiger Zuwendung zum Menschen sprechen: Insofern Gott den Menschen trotz seiner Verfehlungen nicht verlässt15, sondern immer wieder Gottesboten

13 Das Folgende in aktualisierender Aufnahme von M. Razvi/J. Lähnemann: Christentum und Islam. Verständigungsmöglichkeiten in der Gottesfrage. In: J. Lähnemann (Hg.): Erziehung zur Kulturbegegnung. Modelle für das Zusammenleben von Menschen verschiedenen Glaubens. Schwerpunkt: Christentum – Islam. Hamburg 1986. = Pädagogische Beiträge zur Kulturbegegnung Bd. 3, 92–110. 14 Die Unterschiede zwischen diesen beiden Begriffen sind m. E. nicht so gravierend, dass damit der Verantwortungsbereich des Menschen eingeschränkt wäre. 15 Diese Aussage gilt jenseits der Kontroverse um die »Erbsünde« – die freilich in der Auseinandersetzung um das »realistischere« Menschenbild eine wichtige Rolle spielt.

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schickt, die die Menschen aufrütteln, mahnen, Gottes Verheißungen und Gericht verkünden und sie neu an seine Gebote bzw. an seine »Rechtleitung« weisen. Von daher gibt es Gemeinsamkeiten für die Sinngebung des Lebens und den Auftrag des Menschen: Dankbarkeit für die Schöpfung und Verantwortung für sie, Solidarität mit allen Kreaturen, Sinngebung für ein nicht dem Egoismus verfallenes Leben, Geborgenheit aus dem Glauben an Gott, Kritik an der Vergötzung von innerweltlichen Zielen, Einsatz für Schwächere und Benachteiligte … All dies sind Grunderfahrungen und Orientierungen, in denen auch pädagogisch relevante Maßstäbe stecken, Maßstäbe, von denen wir wissen, dass sie unerlässlich sind, damit Menschen zu einer Mündigkeit reifen können, die nicht Orientierungsbeliebigkeit ist. Konstitutiv ist für Christen und Muslime gerade auch der Einsatz für Schwächere und Benachteiligte: So wie es zu Jesu Sendung gehört, dass die Zeichen der anbrechenden Gottesherrschaft besonders den Unmündigen, den Kranken, den vermeintlich Gottesfernen gelten, so bildet für Mohammed die Erfahrung, dass Gott ihn, das Waisenkind, berufen hat, mit den Hintergrund für die soziale Verpflichtung, Witwen und Waisen beizustehen. Es gibt also in der Theo-logie, der Gotteslehre im engeren Sine, und der aus der Gotteserfahrung erwachsenen Anthropologie und Ethik eine Fülle an Gemeinsamkeiten und Parallelitäten, die zu gemeinsamem Handeln für die Schöpfung und für den Menschen befähigen sollten. Auf der anderen Seite dürfen und sollen die Unterschiede nicht übersprungen werden. Es kommt aber darauf an, dass man die wirklichen Unterschiede herausarbeitet und: wie man mit diesen Unterschieden umgeht. Bei der Wahrnehmung der Unterschiede ist demgemäß jeweils zu fragen, in welchem Sinnzusammenhang sie sehen und welche Erfahrungen sich in ihnen ausdrücken. Die Feststellung von Unterschieden muss noch nicht prinzipiell Trennung und Abgrenzung bedeuten, können sie sich doch auch auf Erfahrungen beziehen, die eine Ergänzung oder Bereicherung der eigenen Horizonte bedeuten. Das gilt auch für bestimmte Elemente in der Gottesfrage: Hier gibt es einmal schwerpunktmäßig verschiedene, aber einander doch korrespondierende Aussagen: Gott, der liebende Vater, wie Jesus ihn verkündigt, Gott, der Erhabene, der Barmherzige, wie er sich vor allem im Koran darstellt. Für Jesus ist zentral, dass er die anbrechende Herrschaft Gottes verkündet und darbietet. Er wendet sich mit der Liebe Gottes den Menschen seines Volkes zu, und zwar besonders denen, die bedürftig sind, die angewiesen sind, die von sich aus Gott nichts bieten können. Ihnen bringt er in einer Zeit und Umgebung, in der Gott vor allem als der Erhabene gesehen wurde, dessen Wille im Gesetz

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gegenwärtig ist, Gott nahe als den, den sie als liebenden Vater ansprechen können. Das deutlichste Zeichen hierfür ist die Anrede Gottes im VaterunserGebet. In dieser Anrede kommt im Aramäischen, der Muttersprache Jesu, das Wort »Abba« vor, das Wort, mit dem ein Kleinkind vertrauensvoll und liebevoll seinen Vater ansprach. Die einfachen, weitgehend ungebildeten Menschen, die Jesus nachfolgen, erfahren hier : So nahe wie ein Vater und sein kleines Kind einander sind, so nahe ist uns Gott, wenn wir das Gebet sprechen, das Jesus uns lehrt. Ähnliches kommt in dem berühmten Gleichnis vom verlorenen Sohn zum Ausdruck: So wie sich der Vater in dem Gleichnis dem verkommenen Sohn zuwendet, als dieser zurückkehrt, so ist Gott: so voller Güte, so voller Zuwendung zu dem, der ihn am meisten braucht. Kennzeichnend für Jesus ist hier das erstaunlich direkte Reden von und mit Gott, die Erläuterung seines Verhaltens anhand von menschlichen Bildern, die denen, die Jesus zuhören, zeigen, wie Jesus sich ihres scheinbar unbedeutenden, ihres scheinbar gottfernen Lebens annimmt. Von da aus ergeben sich für christlichen Glauben Maßstäbe, die Christen selbst immer wieder zu lernen und sich zu vergegenwärtigen haben, weil sie gängigen Maßstäben in unserer und anderen Gesellschaften zuwiderlaufen: dass nämlich der Mensch vor Gott nicht angenommen ist nach dem Maß seiner Leistungsfähigkeit, sondern nach dem Maß seiner Liebesbedürftigkeit. Dass dieses auch Konsequenzen hat für alle christliche Pädagogik, liegt auf der Hand: Gerade die Offenheit, die Angewiesenheit der Kinder macht es erforderlich, dass am Anfang aller Erziehung die Vermittlung von Erfahrungen des Angenommenseins stehen muss, aus denen erst humanes Verhalten sich entwickeln kann. Dass bei Mohammed die Souveränität, die Erhabenheit Gottes demgegenüber viel stärker im Vordergrund steht, hängt u. a. mit dem Ort seiner Gottesverkündigung zusammen: In Mekka hatte man sich in der Zeit vor Mohammeds Auftreten die vielen Götter, die in der Kaaba angebetet wurden, gleichsam zu Diensten gemacht. Sie garantierten die Heiligkeit der Stadt Mekka, die dadurch unangreifbar war, und ermöglichten es den Kaufleuten, unter dem Schutzmantel der Gottheiten ein durch und durch egoistisches Leben zu führen: andere zu übervorteilen, Witwen und Waisen zu übersehen, in jeder Hinsicht dem Geld nachzujagen. Mohammed verkündet demgegenüber den einen, alleinigen, erhabenen Gott. Seinem Gericht werden die Unbußfertigen nicht entgehen. Auf der anderen Seite ist Allah gemäß Mohammeds Predigt keineswegs der »starre, unbewegte, einsame Gott«, wie es noch in den ersten Aufgaben des Evangelischen Erwachsenenkatechismus hieß. Er ist vielmehr immer auch der »barmherzige Erbarmer«, als der er zu Beginn einer jeden Sure des Koran (mit Ausnahme der neunten) bezeichnet wird. Er gibt die »sharia«, die »gnadenhafte Weisung« für ein heiles und ausgeglichenes Leben. »Als Religion der Mäßigung

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berücksichtigt der Islam die Schwachheit des Menschen, er gibt Erleichterung und übt Nachsicht, wo immer es geht. Das Gesetz knechtet nicht, sondern ist gut für die Menschen.«16 Die Barmherzigkeit Gottes besteht auch darin, dass er den Menschen ethisch nicht zu schwere Lasten auferlegt und dass er verzeihend und nicht nachtragend ist, wenn jemand von seinem falschen Lebenswandel ablässt. Es ist deutlich, dass auch diese Gotteserfahrung Konsequenzen für die Pädagogik hat, und zwar für eine Pädagogik, die die Heranwachsenden in angemessenen, ihnen zumutbaren Lernschritten in die Ethik hinein führt, die der Gottergebenheit – dem Islam – entspricht. In den hier genannten Punkten, in denen Christen und Muslime mit unterschiedlichen Schwerpunkten von Gott einmal als von dem liebenden Vater, andererseits als dem erhabenen, dem barmherzigen reden, zeigen sich also wesentliche Grunderfahrungen der Religionen. Sie sind aber nicht notwendig konträr zueinander zu sehen, sondern könnten wechselseitig einander erschlossen werden: Von Christen könnte hier Muslimen im offenen Gespräch etwas deutlich zu machen sein von der am Weg Jesu sichtbar werdenden Zuwendung Gottes, der sich in Liebe auch der notvollsten Erfahrungen menschlicher Ausweglosigkeit annimmt. Und umgekehrt werden sich Christen von Muslimen daran erinnern lassen, dass die Verflüchtigung Gottes in bloße Mitmenschlichkeit hinein, mit der manche Christen den Herausforderungen des säkularen Zeitalters gerecht zu werden meinen, schwerlich die Freiheit und Gelassenheit zu vermitteln vermag, die der Glaube an den souveränen Gott geben kann; nur diese Freiheit und Gelassenheit kann letztlich davor bewahren, im Handeln für den Menschen nicht an den menschlichen Grenzen zu verzweifeln, weil man alles Heil nur in innerweltlicher Erfüllung erwartet. Die eigentliche Differenz ergibt sich durch den christlichen Glauben an Jesus als das endgültige Heil Gottes, als den »Sohn Gottes«, dem auf muslimischer Seite die einzigartige, letztlich nur im Koran authentische Selbstbekundung Gottes gegenüber steht. Im christlichen Glauben knüpfen wir hier daran an, dass schon beim irdischen Jesus unübersehbar ist, wie er sich mit der Präsenz Gottes identifizieren kann, wie in ihm das Angebot Gottes personhaft gegenwärtig ist, wie seine Zeichen, die er tut, die Zeichen der anbrechenden Gottesherrschaft sind, wie in der Entscheidung für oder gegen ihn die endgültige Entscheidung Gottes fällt.

16 U. Tworuschka: Einige Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Glaubenswelt von Christentum und Islam. Neue Zeitschrift für Systematische Theologie und Religionsphilosophie 1980, S. 268–281, 271.

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Hier bleibt ein Punkt, der muslimischem Denken anstößig sein muss. Zwar hat auch Mohammed sich als letztgültigen Boten Gottes verstanden; aber der Gedanke, dass Gott selbst in seinem Gesandten am menschlichen Geschick – und zwar gerade auch an Leid und Not – teilnimmt, wäre ihm gotteslästerlich erschienen. Eben hier aber liegt die eigentliche Zuspitzung des Gottesbildes Jesu, seiner Rede von Gott als dem Vater, der sich in Jesus vor allem seiner schwächsten und verlassensten Kinder annimmt. Von daher ist die Bedeutung des Kreuzestodes, den der Koran relativiert, die Bedeutung der Auferstehung, in der die Identifikation Gottes mit Jesus ihre Bestätigung erfährt, die Bedeutung der Person Jesu schließlich als des Gottesheils schlechthin, als zentralen Inhalts der Offenbarung nicht einfach eine Erfindung der christlichen Gemeinde, sondern die legitime Entfaltung der Bedeutung des Weges Jesu durch seine Jünger. Für Muslime ist demgegenüber die Herabsendung des Koran auf Mohammed die größte Gnade Gottes, die alle bisherigen Offenbarungen zum Ziel bringt. Hier zeigt sich Gott für sie in seiner Einzigkeit, ohne Zusätze und Verfälschungen, wie sie für die Bücher der Bibel angenommen werden. In diesen Punkten bleiben Differenzen, die wir stehen lassen müssen, wenn wir nicht die Grundlagen unseres Glaubens verlassen wollen. Wir können nur versuchen, mit den anderen so weit »mitzudenken«, dass wir sie besser verstehen. Ein kleines Beispiel hierfür findet sich in der Broschüre von Ibrahim Rüschoff »Da’wa unter Nichtmuslimen«, in der er seinen muslimischen Leserinnen und Lesern verständlich zu machen versucht, was Christen mit der Rede von Jesus als »Sohn Gottes« meinen. Er schreibt: »Jesus ist für Christen nicht ›Sohn Gottes’ in einem wie auch immer gearteten biologischen Sinn, so etwa wie wir Söhne und Väter haben … Vielmehr lehrt das Christentum eine Verwandtschaft bzw. eine innere Identität von Gott und Jesus, die außer ihm kein Mensch erreichen kann.« Er fährt dann aber fort: »Wie eine Christologie ›Wesensgleichheit’ auch immer definiert, hier wird eine Grenze überschritten, an der wir Muslime haltmachen, wenn wir nicht die Sünde des Schirk (d. h. Gott etwas beizugesellen) begehen wollen.«17 Ein weiterer essentieller Differenzpunkt trifft das Handeln Gottes in Kreuz und Auferstehung Jesu, so wie Christen es verstehen. Wir sehen hier das Handeln Gottes, der im Leiden am Kreuz und in der Auferweckung Jesu die Erlösung für die Sünden der Menschen bewirkt. Das hat wiederum Konsequenzen für die Anthropologie: 17 I. Rüschoff: Da’wa unter Nichtmuslimen. München 1983. = Schriftenreihe des Islamischen Zentrums 11, 15f.

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Im Islam wird die durch den Koran gewährleistete Rechtleitung des Menschen durch Gott so eindeutig positiv gesehen, dass das Bild vom Menschen im Islam »optimistischer« ist als im Christentum. Der christliche Glaube geht dem gegenüber von der prinzipiellen Erlösungsbedürftigkeit des Menschen aus der Verfallenheit in Sünde und Schuld hinein aus. Hier wäre zu erörtern, welches die realistische Sicht des Menschen ist. Christen werden darauf verweisen, dass es nicht nur Böses bzw. Verfehlungen im Willen und Vermögen des Einzelnen gibt, sondern auch so etwas wie die Macht der Sünde und des Bösen, wie sie sich etwa in unterdrückerischen, tyrannischen Herrschaftssystemen zeigen können. Im Ganzen aber wird sichtbar, wie fruchtbar ein inhaltliches Gespräch sein kann, das Gemeinsamkeiten und Unterschiede in ihrem jeweiligen Sinnzusammenhang heraus arbeitet und die Differenzen nicht an den falschen Stellen konstatiert. Vor allem ergibt sich, dass keine Unterschiede zwischen den Religionen bestehen, die zu einer prinzipiellen Abwertung der anderen führen dürften. In der Offenheit gegenüber Gott, der sich dereinst endgültig offenbaren wird, wird man Gemeinsames entdecken, die Unterschiede zu verstehen suchen und den anderen in Wort und Tat das Licht des eigenen Glaubens aufleuchten lassen. Geleitet von einem Ethos der Aufmerksamkeit, der Freundlichkeit, des Respekts und der Wahrhaftigkeit werden sich die Möglichkeiten und Herausforderungen zu gemeinsamem Handeln in solcher Begegnung unmittelbar erschließen.

3.3.2 Buddhismus und Christentum – zwei Heilswege im Vergleich Seit langem schon gibt es tief greifende Dialoge zwischen Buddhismus und Christentum.18 Sie verleihen der Begegnung der Religionen eine besondere »Tiefenschärfe« und sind sowohl für die weltanschauliche Verständigung als auch für das Miteinander der Religionen in einer globalisierten Welt von besonderer Bedeutung. Der Dialogbeitrag, den ich hier vorstelle, hat sich auch bei der interreligiösen Arbeit vor Ort ergeben, nämlich aus unserer Zusammenarbeit mit der buddhistischen Gemeinschaft Bodhi-Baum in Fürth. Sie hat als geistlichen Leiter Dagyab Kyabgön Rinponche, einen der hochrangigsten tibe18 Als Beispiele aus den letzten Jahrzehnten seien nur genannt Heinrich Dumoulin, Begegnung mit dem Buddhismus, Freiburg 1991 sowie das große Werk von Michael von Brück und Whalen Lai, Buddhismus und Christentum. Geschichte, Konfrontation, Dialog, München 1997.

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tischen Lamas, der seit langem in Deutschland lebt.19 Wie der Dalai Lama ist er als Kind als Wiedergeburt eines hohen Lama entdeckt worden und wurde damit »Schutzherr« der Provinz Dagyab im Osten Tibets. Mit dem Dalai Lama musste er 1959 nach Indien fliehen, wo er eine intensive Ausbildung in allen Disziplinen, die zur tibetisch-buddhistischen Tradition gehören, erhielt. Er wurde dann eingeladen, Mitarbeiter am tibetologischen Institut in Bonn zu werden. Diesem Ruf folgte er und gab aus diesem Anlass in Abstimmung mit dem Dalai Lama seine Mönchsgelübde zurück, weil er es als schwierig erachtete, in dem neuen Lebenskontext als Mönch zu leben. Das bedeutete auch, dass er in Deutschland heiratete und eine Familie gründete. Er forschte und forscht bis heute im Westen. Nach einiger Zeit wurde er von den dem tibetischen Buddhismus verbundenen Gruppen in Deutschland als Lehrer und geistlicher Leiter gewonnen. Er baute das Tibethaus in Frankfurt auf und kann in ihm und von dort aus tibetische Religion, Kunst und Kultur fördern und international bekannt machen. Aus dem Gespräch mit ihm erwuchs der – sehr elementare – Vergleich der beiden Heilswege in Buddhismus und Christentum. Bei unserem Dialog im Heilig Geist Spital in Nürnberg füllte sich der große Saal mit 200 Zuhörern. Bei meinem Vortrag hielt ich mich jeweils an einen Zentraltext in Christentum und Buddhismus, deren Interpretation die Besonderheiten, aber auch verbindende Elemente in den beiden Heilswegen sichtbar werden lässt: das Apostolische Glaubensbekenntnis im Christentum einerseits, die dreifache Zuflucht im Buddhismus andererseits. Ich begann mit dem ersten Artikel des Glaubensbekenntnisses: »Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde .«

Diese Aussage ist den drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam im wesentlichen gemeinsam. Sie ist eine Antwort auf die Erfahrung, dass der Mensch sich nicht selbst geschaffen hat, dass seine Existenz und diese Welt ihm gegeben, geschenkt, anvertraut ist. Damit steht das Glaubensbekenntnis gegen menschliche Selbstmächtigkeit, gegen menschliche Allmachtsphantasien, dagegen, dass Menschen sich selbst göttliche Vollkommenheit zurechnen. Der erste Glaubensartikel antwortet auf die Frage nach dem Woher und dem Ziel unseres Seins: Gott hat den Anfang gesetzt. Er ist Herr über Raum und Zeit. Er setzt das Ziel. Er bestimmt die Schöpfung mit ihrer Vielfalt und Wunderbarkeit. Er bestimmt auch das Leben jedes Einzelnen, wie Martin Luther es in der Auslegung des 1. Artikels im Kleinen Katechismus ausdrückt: »Ich glaube, dass mich Gott geschaffen hat samt allen Kreaturen …«. Der Mensch steht in der 19 Aktuell über das Wirken von Dagyab Kyabgön Rinponche in dem von ihm geleiteten Tibethaus Frankfurt/M.: http://www.tibethaus.com/13-11-2008.html.

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Einmaligkeit seiner Existenz unter dem Ruf Gottes. Der Mensch ist Ebenbild Gottes: Er soll für Gott diese Erde verwalten, gestalten, sie verantwortet bewahren und entwickeln. Für die Sinngebung des Lebens und den Auftrag des Menschen ergeben sich daraus wichtige Konsequenzen: Dankbarkeit für die Schöpfung und Verantwortung für sie, Solidarität mit allen Kreaturen, Sinngebung für ein nicht dem Egiosmus verfallenes Leben, Geborgenheit aus dem Glauben an Gott, Kritik an der Vergötzung von innerweltlichen Zielen, Einsatz für Schwächere und Benachteiligte. – All dies sind Grunderfahrungen und Grundorientierungen, die für eine heile Gemeinschaft (einen verantworteten »Heilsweg«) von besonderer Relevanz sind. Sie sind im wesentlichen den drei monotheistischen Religionen gemeinsam. Ein christliches Spezifikum des 1. Artikels ist die Rede von Gott als dem Vater (dazu unten mehr). Im Gegenüber soll das buddhistische Gelübde – und zwar zuerst mit seinem 2. Teil – in den Blick kommen: »Ich nehme meine Zuflucht zur Lehre«.

Als der Buddha am Ende seiner 40jährigen Wirksamkeit als »Erwachter/Erleuchteter« in Indien den Tod vor Augen sah und sein Betreuer Ananda noch erwartete, von ihm eine Verfügung über die Leitung des Mönchsordens zu erhalten, bekam er eine bezeichnende Weisung,die für den Buddhismus insgesamt kennzeichnend ist: »Ein Vollendeter, Ananda, glauubt nicht, dass (unbedingt) er den Orden leiten müsse oder dass der Orden auf ihn angewiesen sei … Darum, Ananda, seid selbst eure Insel, selbst eure Zuflucht; habt die Lehre als Insel, die Lehre als Zuflucht, habt keine andere Zuflucht.«20

Die Lehre, die Erkenntnis ist das Wesentliche, sie ist wichtiger als irgendeine göttliche Gestalt. Dabei gibt es im Blick auf das Verständnis des Menschen durchaus Parallelen zu dem Menschenverständnis, das Christen aus ihrem Glaubensbekenntnis ableiten können: Auch im Buddhismus ist ein starker Impuls gegen den Egoismus des Menschen vorhanden, gegen seine Selbstmächtigkeit, gegen die Verblendung, er selbst sei etwas Ewiges, Bleibendes. Der Mensch unterliegt immer wieder der Täuschung, er sei etwas Bleibendes21, und indem er sich daran festklammert, wird er an der Erkenntnis/der Erleuchtung gehindert. Es ist aber nicht Gott, der ihn 20 Aus der in der Pali-Sprache überlieferten Textsammlung entnommen und übertragen von H.-W. Schumann, Buddhismus. Stifter, Schulen und Systeme. Olten 1976, 46. 21 Hier spielt im Buddhismus die sogen. Anatta-Lehre, die Lehre vom Nicht-Selbst, eine wichtige Rolle, mit der sich die maßgeblichen buddhistischen Richtungen vom Hinduismus mit seinem Verständnis des Atman, des »Selbst« im Menschen, das letztlich mit dem Absoluten, dem Brahman identisch ist, unterscheiden.

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befreit, sondern die Lehre – die Erkenntnis der vier edlen Wahrheiten vom Leiden – und der Weg – der edle achtfache Pfad –, den er zu gehen hat. Im Hintergrund muss man dabei die Welt- und Lebensvorstellungen sehen, wie sie im Buddhismus (z. T. in ähnlicher Weise wie im Hinduismus) vorhanden sind, sowie die buddhistische Daseinsanalyse. Hier spielen die drei Grundvorstellungen bzw. –lehren eine besondere Rolle, in denen sich die fundamentalen Unterschiede zu den »westlichen« Religionen ausdrücken: 1) die Lehre von der Wiedergeburt oder dem ewigen Kreislauf des Werdens und Vergehens (Samsara); 2) die Lehre von Ursache und Wirkung bzw. von der Wiedervergeltung (das Gesetz des Karma); 3) die Lehre von dem Nicht-Sein als dem Zustand höchster Glückseligkeit (Nirvana). Im Buddhismus gibt es also nicht einen Schöpfergott, der alles in der Hand hat, der Anfang und Ziel der Welt und des Einzelnen setzt. Es ist vielmehr das ewige Weltgesetz, gemäß dem unsere jetzige Existenz nur ein Glied in einer langen Kette von Daseinsformen ist. Dieses Gesetz gilt es zu durchschauen und in Beachtung des Karmagesetzes ein besseres nächstes Leben vorzubereiten. Auch die Götter unterliegen dem Kreislauf, aus dem es letztlich herauszugelangen gilt. Das bedeutet für Buddhisten aber keineswegs, dass sie weltfremd würden und sich von der Weltverantwortung abwendeten. Im Gegenteil: Ein Buddhist empfindet eine tiefe Solidarität mit allen Lebewesen, weil sie alle dem gleichen »Grundgesetz« unterliegen und weil alle Welt auf die erlösende Erkenntnis wartet. Christen gehen hier ihren Weg in ihrem persönlichen Gegenüber zu Gott, den sie Vater nennen dürfen. Gott als »Vater« anreden zu dürfen, ist das, was Christen von Jesus und an seinem Weg gelernt haben: Jesus zeigt Gott als den liebenden Vater so, wie er es selbst im Gleichnis vom Verlorenen Sohn schildert: als den, der sich gerade über die Rückkehr des Verkommenen freut und ihn aufnimmt wie den besten Gast des Hauses. Gott als »Vater«: Das ist bei Jesus nicht eine patriarchalische Herrschergestalt, sondern der »Abba«, so wie er im Vaterunser angeredet wird, wie schon das kleine Kind vertrauensvoll seinen Vater anreden kann, der sich ihm in einzigartiger Weise zuwendet. Hier schließen die Inhalte des 2. Artikels im Apostolischen Glaubensbekenntnis an: »Ich glaube an Jesus Christus, Gottes eigeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur

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Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten.«

Was der 2. Artikel in seinem Kern besagt, ist, dass in dem einen geschichtlichen Menschen Jesus Gott in seiner ganzen Liebe und Zuwendung zu den Menschen gekommen ist: Jesus hat in seiner Gemeinschaft mit Armen, Verlassenen, Ausgestoßenen, Verachteten die Zeichen der Gottesherrschaft aufgerichtet. Er hat realisiert, dass im Angesicht Gottes der Mensch nicht angenommen ist nach dem Maß seiner Leistungsfähigkeit, sondern nach dem Maß seiner Liebesbedürftigkeit. Er hat Menschen herausgeholt aus Not, Verstrickung, Sünde, Schuld und Tod. Dabei kann ähnlich wie im Buddhismus die Verlorenheit des Menschen besonders darin gesehen werden, wie der Mensch auf sich selbst fixiert, in sich selbst verkrümmt ist, wie er an seinem Haben, seinem Besitz festhalten will. Das Gleichnis vom reichen Kornbauern (Lukas 12,13–21), der meint, er könne mit seinen Vorräten seine Zukunft sichern, zeigt das besonders. Jesus hat die Feindesliebe gelehrt und gelebt: eine Feindesliebe, die nicht nur dem persönlichen Gegner gilt, sondern auch dem, der als Feind des Volkes und der Religion angesehen wird. Dabei ist das Feindesliebegebot nicht eine »maximale Forderung«, sondern Folge der erfahrenen Liebe Gottes: Wer, trotz eigener Ungerechtigkeit, der Liebe Gottes begegnet ist, kann anderen gegenüber keine Grenzen ziehen, die diese ausschließen. Jesus hat sich selbst mit seinem Leben in dieser Liebe dahin gegeben; noch am Kreuz hat er für seine Feinde gebetet. Die Ostererfahrung, die Erfahrung, dass Jesus nicht im Tode geblieben ist, sondern lebt, ist die Erfahrung, dass dieser Niedrigkeitsweg Jesu von Gott bestätigt ist: Der, der den Tod in seiner Hingabe erlitten hat, ist nun Herr über alles, Herr auch über die Mächte und Gewalten, die den Menschen knechten wollen. Im Leben von Jesus her ist darum Überwindung von Egoismus möglich, von Lieblosigkeit und von Angst vor den menschlichen Tyrannen. Deswegen ist der Glaube an Jesus als den Christus, als den, den Gott den Menschen zum Heil geschickt hat, die Mitte christlichen Glaubens: die Antwort auf das Verlangen des Menschen nach Hilfe, Befreiung, Erlösung aus Not, Schuld und Verstrickung. Dem 2. Artikel des Glaubensbekenntnisses lässt sich der erste Teil des buddhistischen Gelübdes gegenüberstellen: »Ich nehme meine Zuflucht zum Buddha«.

Zunächst bedeutet dieser Teil des Gelübdes, dass – so wie Jesus die entscheidende Leitgestalt im Christentum ist – der Buddha die entscheidende Leitgestalt im Buddhismus. Und was Buddha und Jesus vergleichbar macht, ist jeweils das Überzeugende ihrer Persönlichkeit: dass Lehre und Leben bei beiden überein-

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stimmen, dass sie ihre Überzeugung verkörpern. Der Gottesliebe, die Jesus darbietet, und seiner Teilnahme am Weg der Verlorensten entspricht beim Buddha seine einzigartige Gelassenheit und sein unendliches Mit–leid mit allem Lebendigen, dem er die eine, erlösende Erkenntnis vermitteln will. Er ist dabei nicht der, der von Gott gesandt ist, sondern der, der den Weg gegangen ist, der exemplarisch die Erleuchtung erlangt hat – das Freiwerden vom Anhaften, von der Lebensgier – und der die Grundlage dieser Erkenntnis unermüdlich weitergegeben hat. Auf dem mittleren Weg zwischen übermäßiger Kasteiung einerseits, einem verhängnisvollen Wohlleben andererseits ist es ihm gelungen, alle Begierden, alle Gefühle von Zorn und Hass und alle Verblendung in sich zu ertöten. Auf diesem Wege ist er zum Lehrer von Königen und Bettlern, von Brahmanen und Straßenkehrern geworden, und die Grundzüge dieser Lehre haben ganze Kulturräume gewaltlos durchdrungen. – Es ist deswegen auch kein Wunder, dass sich im Buddhismus Richtungen entwickelt haben, in denen der Buddha eine gott-ähnliche Verehrung erfährt. Wichtig ist er dabei auch in der Fülle seiner Wiedergeburten, die alle etwas Exemplarisches zum Weg der Erleuchtung beitragen können. Es ist schwer, Jesus und Buddha einander entgegenzustellen, weil jeder von ihnen auf seine Weise einzigartig einen Heilsweg darstellt. Ein spezifischer Unterschied kommt vor allen von der unterschiedlichen Welt- und Lebensvorstellung her: Im christlichen Glauben wird die Einmaligkeit dieser Welt und des einzelnen Lebewesens vorausgesetzt. Deswegen kann bei Jesus sein aktives Mit–Leiden und die Befreiung von konkretem Leid (mit seinen Krankenheilungen und Dämonenaustreibungen) zum Zeichen der Gottesnähe werden, die in ihm gegenwärtig ist. Beim Buddha bedeutet demgegenüber die Erkenntnis der universalen Leidhaftigkeit des Seins, dass mit dem Freiwerden vom Anhaften ein Nicht-mehrbetroffen-werden vom Leid (wie umgekehrt auch vom Glück) einhergeht, was Voraussetzung für den Eingang ins Nirvana ist. Buddhisten sind dabei davon überzeugt, dass man dem Leid besonders effektiv begegnen kann, wenn man selbst nicht mehr von der Fessel von Leid und Glück festgehalten ist. Der 3. Artikel und der dritte Teil des buddhistischen Gelübdes sind in besonderem Maß auf die Existenz in der Nachfolge und in der Gemeinschaft bezogen: »Ich glaube an den Heiligen Geist, eine heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben.«

Im 3. Artikel geht es um die in Geschichte und Gegenwart lebendige Wirksamkeit des Geistes Gottes, wie er in Jesus in die Welt gekommen ist: ein Geist, der den Menschen Kraft und Mut zur Liebe gibt, der sie der Nähe und des Beistandes Gottes versichert; ein Geist, der die Grenzen von Sprachen und Völkern sprengt, der die Christen auf den Weg bringen will, weltweit in Wort und Tat ein Zeugnis von der Liebe Jesu Christi zu geben.

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Die Rede von der Kirche und von der Gemeinschaft der Heiligen bedeutet: Die Heilserfahrung, die in Jesus Christus zuteil wird, ist keine Individualerfahrung; sie bedarf der Gemeinschaft, die sich dieser Erfahrung immer wieder vergewissert. Dass von der »heiligen, christlichen Kirche« die Rede ist und von der »Gemeinschaft der Heiligen«, bedeutet nicht, dass die Kirche in ihrem Erscheinungsbild göttliche Vollkommenheit erreichen und darstellen könnte; dann wäre die Geschichte der Christenheit eine eindeutige Widerlegung dieses Glaubensartikels. Sie bedeutet vielmehr, dass hier eine Gemeinschaft existiert, der das Heil begegnet ist, die es erfahren hat, die dadurch geheiligt ist: Diese Heilserfahrung ist nicht ihr Verdienst, sondern sie ist ein Geschenk Gottes. Es ist die Vergebung der Sünden, das immer wieder nötige Herausgenommenwerden aus dem Egoismus, die Ermöglichung eines neuen Anfangs, von deren Notwendigkeit Christen wissen und die sie vor aller Überheblichkeit bewahren sollten. Der Gedanke der Gemeinschaft, die von der Liebe Gottes in Christus her lebt, drückt sich nach evangelischem Verständnis auch darin aus, dass von einem »Allgemeinen Priestertum aller Gläubigen« gesprochen werden kann, dass jeder und jede durch die Taufe in gleicher, »heiliger« Unmittelbarkeit zu Gott steht, dass es deshalb auch kein kirchliches Amt geben kann, das neben Christus selbst einen Anspruch auf Heilsvermittlung hätte. Das bedeutet allerdings nicht, dass es nicht eine nach Aufgaben und Verpflichtungen geordnete Kirchengemeinschaft geben müsste. Aber diese Kirchengemeinschaft ist in evangelischem Verständnis eine »ecclesia reformata semper reformanda«, d. h. eine Gemeinschaft, die vom Blick auf ihre Mitte in Jesus Christus her immer wieder der Erneuerung bedarf, auf diese Mitte hin angesprochen und verpflichtet werden kann. – Das ist besonders dort wichtig, wo in der Organisation und konkreten Aktion von Kirchen und Christen der Liebe Christi zuwider gehandelt wird – was auch bedeuten kann, dass Kritik nötig ist, wo Kirchen zu Ungerechtigkeiten und Nöten in der Gesellschaft und zu politischem Machtmissbrauch schweigen. Reformationsbedürftig ist die Kirche auch immer wieder in der Weise, wie sie Menschen anderen Glaubens und anderer Weltanschauung begegnet. Der Weg Jesu, das Evangelium, an dem sie sich zu orientieren hat, ist ein Weg gegen jede konfessionalistische Engführung, ein Weg der Grenzüberschreitung hin zu Menschen, die in anderen Lebenskontexten und auch in anderen Glaubens- und Kulturtraditionen leben. Ein besonders lehrreiches Beispiel dafür ist, dass die Evangelien nicht verschweigen, wie Jesus selbst von einer nichtjüdischen Frau, einer Frau aus Syrophönizien, lernt, dass er nicht nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt ist (Markus 7,24–30; Matthäus 15,21–28). Die letzten beiden Elemente des Glaubensbekenntnisses schließlich – der Glaube an die Auferstehung der Toten und das ewige Leben – haben die christliche Hoffnung im Blick, die daraus resultiert, dass das christliche Zeugnis von Anfang an von der Überzeugung bestimmt ist, dass Jesus Christus selbst der Auferstehung

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und des ewigen Lebens teilhaftig ist. Hier kommt wieder die Grundauffassung der »westlichen« Religionen zum Ausdruck, die von der Einmaligkeit unserer individuellen Existenz in dem ganz spezifischen geschichtlichen Zusammenhang, in dem wir leben, ausgehen: Ich persönlich, mit meinem ganz individuellen Leben, mit meinen Lasten, meinem Können, aber auch meiner Schuld und meinem Versagen bin aufgehoben im Liebesplan Gottes, der mich durch Christus am Ende aus all der Begrenztheit meiner irdischen Existenz herausnehmen kann und in die unbegrenzte Gemeinschaft mit ihm selbst hineinholen will. – Das ist der Trost und die Hoffnung, die Christen immer wieder ihren Weg im Gottvertrauen haben gehen lassen und der in einzigartiger Weise in evangelischen Kirchenliedern besungen wird; sie haben ihre Kraft gerade in Leid- und Bedrängnissituationen, am Krankenund Sterbebett wie auch in Notsituationen des Alltags erwiesen, ohne dabei vertrösten und von den wichtigen Aufgaben in dieser Welt fortführen zu wollen. Im Gegenüber dazu gewinnt die buddhistische Überzeugung erneut an Profil, wenn wir das buddhistische Gelübde – hier seinen dritten Teil – ins Auge fassen: »Ich nehme meine Zuflucht zum Sangha (zur Mönchsgemeinde)«. – Auch für die buddhistische Gemeinschaft ist kennzeichnend, dass sie einerseits von einer das gegenwärtige Leben weit übergreifenden Perspektive aus denkt, dass sie andererseits effektiv die Werte, Maßstäbe und Leitlinien für eine verantwortliche Lebensgestaltung darbietet. Der besondere Weg der Mönchsgemeinde, in der den 227 Ordensregeln des Buddha gefolgt wird, umschließt den Weg der Laien, die den ersten fünf Geboten (Enthaltung vom Töten, Stehlen, Unkeuschheit, Lüge, Berauschmitteln) folgen.22 Diese Ethik, die in vier Geboten des Dekalogs ihre Parallele hat (und aus deren Kombination die »vier unverrückbaren Weisungen« der Weltethos-Erklärung abgeleitet sind), ist die notwendige Grundlage auf dem Weg, der im Kreislauf der Wiedergeburten zu besseren Wiedergeburten und schließlich ins Nirvana führen kann. – Vom Buddha ist hier eine sehr differenzierte Relation von Mönchsgemeinde und ziviler Gemeinschaft entwickelt worden, die auch als Gesellschaftmodell hochinteressant ist. Wenn Laien partiell – etwa zu einer bestimmten Jahreszeit oder für einen begrenzten Lebensabschnitt – den Weg der Mönche mitgehen, dann kann ihnen das helfen in Richtung auf die Erleuchtung, sie frei machen von dem Verhaftet- und Versklavtsein in ein auf Vergängliches fixiertes Leben. Wichtig ist im Vergleich schließlich noch festzuhalten, dass die Vorstellung vom ewigen Leben auf christlicher Seite wie auch die Vorstellung vom Nirvana auf buddhistischer Seite nicht zu vordergründig betrachtet werden dürfen: »Ewiges 22 Die Novizen befolgen die fünf weiteren »Gebote«: die Enthaltung vom Essen zur Unzeit, von Tanz, Gesang, Musik und Schauspielen, von allen Arten des Schmückens und Verzierens durch Kränze, Wohlgerüche und Salben, vom Liegen auf hohen oder großen Betten sowie vom Annehmen von Gold und Silber. Vollordinierte Mönche befolgen 227, vollordinierte Nonnen 311 Regeln.

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Leben« ist nicht eine ins Unendliche verlängerte irdische Existenz, sondern eine vollkommen verwandelte Seinsweise – die ansatzweise in den Zeichen der Heilszeit, wie Jesus sie aufgerichtet hat, vor Augen stehen kann. Und »Nirvana« ist alles andere als ein »Nichts« im Sinne des Nihilismus; es ist als das Nicht-Sein vielmehr die Auflösung alles leidvollen Lebens, die höchste Freiheit, die es geben kann. Die Gegenüberstellung zeigt, wie sehr Christentum und Buddhismus ihr je ganz eigenes Profil haben, wie es dabei in den verschiedenen Ausprägungen jeder der Religionen einmal mehr, einmal weniger Berührungspunkte gibt, wie aber die Tiefe der Offenbarungs- bzw. Erleuchtungserfahrung in jedem Fall eine ernsthafte Würdigung des Gegenübers begründen sollten, bei der die Anhänger nicht nur die andere »Religionswelt«, sondern auch die eigene Tradition in ihrer Ausprägung besser und fundierter verstehen können. Dabei kann es zu wechselseitigen Anfragen und Befruchtungen, zu Selbst- wie auch zu Fremdkritik kommen, wie sie für einen offenen Dialog kennzeichnend sein sollten. Vor allem zeigen sich sowohl für die Ethik der persönlichen Lebensführung als auch für die Sozialethik Parallelen, die zu gemeinsamem Handeln angesichts der gegenwärtigen globalen Herausforderungen führen können.

3.3.3 Ein Problemthema: Gewalt in den Heiligen Schriften Ein Thema, das uns im Dialog der Religionen immer wieder bedrängt und beschäftigt hat, ist das Thema religiös motivierter Gewalt, das besonders nach den Anschlägen auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington am 11. September 2001 auf die öffentliche Tagesordnung gelangte und seitdem häufig politische wie religiöse Debatten dominiert. Dabei ist auch von der Geschichte her unstreitig, dass sich religiöse Motivationen für Gewalt immer wieder als besonders tiefgreifend erweisen. Die Verletzungen, die hier zugefügt werden, graben sich tief in das kollektive Bewusstsein von Gemeinschaften ein! Es war im Sommer 2011. Wir näherten uns dem 11. September, dem 10. Jahrestag der verheerenden Anschläge auf das World Trade Centre in New York und das Pentagon in Washington. Wir überlegten: Können wir mit unserer Nürnberger Gruppe der Religionen für den Frieden an diesem Tag ein besonderes Zeichen setzen in unserer Stadt, von der einmal die Rassegesetze der Nationalsozialisten ausgegangen sind und die sich jetzt als Stadt des Friedens und der Menschenrechte profiliert? Da wurden wir auf muslimische Jugendliche aufmerksam gemacht, die TShirts trugen mit der Aufschrift: »Terrorism has no Religion!«. Befragt nach ihren Motiven, sagten die Jugendlichen: »Wir wollen ein Zeichen setzen gegen Terroristen, die meinen, sie könnten die Religion für sich okkupieren!« Das war

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das Stichwort für uns: »Terrorismus hat keine Religion!« Und wir überlegten weiter : Wird eine Moschee bereit sein, Gastgeberin zu sein für eine Gebetsstunde der Religionen? Wird auch ein Vertreter oder eine Vertreterin der Israelitischen Kultusgemeinde dazu in die Moschee kommen? Wie steht es um die verschiedenen christlichen Konfessionen, um Beteiligung von Buddhisten, Hindus und Baha’i? Und: Finden wir Gebete, Lieder, Texte aus den heiligen Schriften, die unterstreichen können: Terrorismus hat keine Religion? Es folgten viele Telefonate, Beratungen, eine intensive Quellensuche. Es war ein streckenweise fast abenteuerlicher Weg, aber letztlich doch ein sehr bewegendes und eindrückliches Ereignis: Eingeladen hatte die große Nürnberger DITIB-Moschee. Alle angesprochenen Glaubensgemeinschaften waren vertreten. Eine Christin und eine Muslima lasen aus der Borporus-Erklärung der Konferenz der Religionen für Frieden und Toleranz vor23 : »Ein Verbrechen im Namen der Religion ist ein Verbrechen gegen die Religion. Wir lehnen ab, die Grundsätze unseres Glaubens mit falschen Interpretationen und ungehindertem Nationalismus zu korrumpieren. Wir stellen uns gegen jene, die die Heiligkeit des Menschenlebens schänden. … Wir wollen alle Gläubigen daran erinnern, dass die Heiligen Schriften aller drei monotheistischen Religionen den Frieden als einen höchsten Wert erwähnen: ›Selig sind die Friedensstifter, denn sie werden Gotteskinder heißen.‹ – ›Allah ruft alle zum Haus des Friedens. Seine Wege sind die Wege des Friedens.‹«

Ein besonderes Problem stellen die Gewaltaussagen in Bibel und Koran dar, auf die sich Extremisten in Judentum, Christentum und Islam immer wieder beziehen. Das habe ich in einem Vortrag vor unserer Gruppe einmal bewusst thematisiert. Da sind die Eroberungsgeschichten im Buch Josua, wo Gott die Tötung alles Lebenden in den eroberten Städten befiehlt. Extreme Siedlergruppen in Israel leiten daraus den Anspruch auf Landgebiete ab, wie sie etwa zur Herrschaftszeit Davids zu Israel und Juda – also vom Mittelmeer bis weit über den Jordan hinaus – gehörten. Fundamentalisten im Christentum nehmen die Schlachten zwischen Gott und dem Satan, zwischen Gut und Böse in der Offenbarung des Johannes, dem letzten Buch der Bibel, wörtlich, um gegen die sündenverfallene Welt zu Felde zu ziehen. Dschihadisten im Islam beziehen die Aufforderungen im Koran zum Kampf gegen die Ungläubigen auf alle, die nicht dem ihrer Ansicht nach reinen, ursprünglichen Islam folgen – und das sind dann nicht nur Götzenanbeter/Polytheisten, sondern auch Juden und Christen, Jesiden und 23 Diese Konferenz mit Vertretern aus Judentum, Christentum und Islam fand 1994 in Istanbul statt.

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Baha’i, und schließlich auch alle, die einer anderen islamischen Richtung folgen, und alle, die für religiöse Toleranz und Vielfalt eintreten. Man kann die Gewaltdarstellungen in Bibel und Koran nicht eliminieren. Beide heiligen Bücher spiegeln die Lebensverhältnisse, wie sie sind. Sie beschönigen sie nicht. Und dazu gehören Auseinandersetzungen, Kämpfe, dazu gehören Leid und Schuld. Und doch sind die heilvollen, humanen Visionen und Bilder, die Modelle für ein verantwortungsvolles Leben und Handeln das Dominierende. Aber was bedeutet das für den Umgang mit den Gewaltdarstellungen in Bibel und Koran, die nicht zu eliminieren sind? Im Christentum hat sich seit der Aufklärung zunehmend ein geschichtlichwissenschaftlicher Umgang mit der Bibel etabliert, der oft als historisch-kritisch bezeichnet wird – und mit dem evangelikale und fundamentalistische Kreis immer noch große Schwierigkeiten haben. Im Blick auf den Islam wird immer wieder betont, dass der Koran Wort für Wort als Gottesoffenbarung verstanden wird, die Mohammed durch den Engel Gabriel übermittelt wurde. Und doch gibt es auch hier eine lange Tradition, die die Umstände in Rechnung stellt, unter denen die jeweilige Offenbarung ergangen ist – und es wird dann überlegt, ob die Offenbarung unter ganz anderen Umständen noch so wörtlich verstanden werden darf, wie sie da steht. Bei den vielen Stellungnahmen zum IS-Terror von muslimischer Seite, die es inzwischen gibt, spielt das eine große Rolle. Ich nenne einmal Grundprinzipien, die bei einer verantwortlichen Auslegung von Bibel und Koran bei jedem Text zu beachten sind: 1) Die Beachtung der Situation, in der der jeweilige Text entstanden ist bzw. in die er hinein spricht. 2) Der Kontext, in dem der jeweilige Text steht. Mit dem Herausreißen einzelner Verse oder Aussagen aus dem Zusammenhang, in dem sie stehen, kann jede noch so problematische Meinung begründet werden. 3) Die Beachtung der literarischen Gattung der einzelnen Texte: Eine Sage, eine Fabel, ein Gleichnis muss anders verstanden werden als ein Geschichtsbericht oder ein Prophetenwort. 4) Der Bezug zum Gesamtcharakter der jeweiligen Heiligen Schrift. So sind die brutalen Texte über die Eroberung Palästinas durch die Hebräer wohl erst ein halbes Jahrtausend später im babylonischen Exil entstanden, als sich das am Boden liegende und geschlagene Volk Israel mit diesen Sagen von ihrem früheren militärischen Erfolg innerlich aufrichtete. Im Neuen Testament ist die Offenbarung des Johannes mit ihren Schreckensdarstellungen über das Los derer, die vom Glauben abtrünnig geworden sind, wohl entstanden zur Zeit der ersten größeren Christenverfolgungen unter

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dem Kaiser Domitian am Ende des ersten Jahrhunderts, als die christlichen Gemeinden im Westen Kleinasiens gestärkt und getröstet werden mussten angesichts der Todesbedrohung, wenn sie dem Kaiser keine Opfer brachten. Besonders hart sind die Aussagen im Koran, Sure 2. Vers 190–195: »Und bekämpft auf dem Weg Gottes die, die euch bekämpfen. Handelt aber nicht widerrechtlich! Siehe, Gott liebt die nicht, die widerrechtlich handeln.« Und dann die Aussage, die Muslimen immer wieder vorgehalten wird: »Tötet sie, wo ihr sie trefft und vertreibt sie, von wo sie euch vertrieben haben.« Aber auch hier ist eine ganz spezifische Situation vorausgesetzt: Die Muslime waren wegen der Unterdrückung in Mekka nach Medina ausgewandert und hatten immer wieder Kämpfe mit den Leuten aus Mekka zu bestehen. Schließlich erreichten sie einen Vertrag, der ihnen erlauben sollte, zur Kaaba nach Mekka zu pilgern. Sie mussten aber einen Vertragsbruch und Angriffe aus Mekka befürchten. Hier erhalten die Muslime, die bis dahin die Feindseligkeiten aus Mekka geduldig ausgehalten haben, erstmals die Erlaubnis, sich aktiv gegen die Mekkaner zur Wehr zu setzen.24 Dass solche Aussagen, wenn sie aus dem Kontext gerissen werden und wenn die spezifische Situation, auf die sie sich beziehen, nicht beachtet wird, leicht zur Legitimierung von Gewalt herangezogen werden, dürfte deutlich sein. Das ist der Punkt, an dem die Deutungshoheit nicht den Fanatikern überlassen werden darf. Die Gewaltaussagen müssen nicht nur im Blick auf die spezifische Situation, in der und in die sie sprechen, relativiert werden, sondern sie müssen auch in den Kontext der gesamten Heiligen Schrift gestellt werden. Den Gewalterzählungen im Buch Josua stehen die 10 Gebote gegenüber und mit ihnen die Forderung, die Fremden im eigenen Land wie Einheimische leben zu lassen. Den endzeitlichen Visionen in der Offenbarung des Johannes steht Jesu Gebot der Nächsten- und Feindesliebe gegenüber, die auch dem religiösen und politischen Gegner gelten soll. Und im Koran heißt es in Sure 5, Vers 32 – unter Bezugnahme auf eine jüdische Überlieferung: »Wenn jemand einen Menschen tötet, der keinen anderen getötet, auch sonst kein Unheil auf Erden gestiftet hat, so ist’s, als töte er die Menschen allesamt. Wenn aber jemand einem Menschen das Leben bewahrt, so ist’s, als würde er das Leben aller Menschen bewahren.« (Übersetzung: Hartmut Bobzin) Blicken wir auf die Zentralbotschaften der Religionen, so können wir feststellen, dass jede der großen Religionen von ihren Ursprüngen her eine spezifische Friedensbotschaft in sich trägt.

24 Hierzu H. Mohagheghi: »Tötet sie, wo ihr sie trefft.« Eine Auslegung zu Q 2:190–195. In H. Mohagheghi / K. v. Stosch: Gewalt in den Heiligen Schriften von Christentum und Islam. Paderborn 2014, 73–91, 82ff.

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Aus der israelitischen Tradition ist der Begriff des Schalom von besonderer Relevanz, weil er viel mehr umschließt als eine bloße Kennzeichnung der Abwesenheit von Krieg, sondern das Heil-sein einer Gemeinschaft unter dem Heilswillen Gottes in umfassendem Sinne zum Ausdruck bringt. Die prophetische Vision der Umwandlung der Schwerter in Pflugscharen hat sich gerade in der Friedensbewegung seit den 70er/80er Jahren des 20. Jahrhunderts als besonders kräftig erwiesen. Der Weg Jesu Christi kann in ganz spezifischer Weise als exemplarischer Friedensweg betrachtet werden. Zur Botschaft Jesu gehört nicht nur die Seligpreisung der Friedensstifter, sondern zentral auch das Gebot der Feindesliebe, das aus der erfahrenen Güte Gottes resultiert und dessen Zuspitzung bei Jesus darin liegt, dass es auch dem nationalen und religiösen Gegner gilt. Jesus realisiert dieses Gebot an der Seite derer, die als von der Gottesliebe ausgeschlossen galten, und noch in seinem Gebet für seine Feinde, das er am Kreuz spricht. Für die Jünger wird dieser Weg zu Ostern als Gottes eigener Weg bestätigt und stellt sie in den Auftrag, als Friedensbringer Salz der Erde und Licht der Welt zu sein. Im Islam wird immer wieder betont, wie die Grundbedeutung der Religionsbezeichnung »Islam« – die wörtlich »Hingabe an den Willen Gottes« heißt – eine enge Beziehung zum Begriff des Friedens hat. Gegen jeden kriegerischen Eifer, den bestimmte muslimische Gruppen aus der Pflicht zum »Dschihad« – wörtlich: der »Anstrengung auf dem Weg Gottes« – abgeleitet haben und auch gegenwärtig ableiten, wird hervorgehoben, dass die eigentliche Anstrengung auf dem Weg Gottes der Kampf gegen den eigenen Egoismus sein müsse, der sich jedem Frieden in den Weg stellt. Ich brauche nicht aufzuzählen, wie viele Gegenbeispiele zu den hier dargestellten Friedensbotschaften es in der Geschichte der Religionen gibt. Die Berufung auf Gott oder einen religiösen Auftrag hat den Kriegen und Konflikten oft erst ihre unbarmherzige Härte und Grausamkeit verliehen: Wenn ein Krieg Gottes Plan entspricht und der Feind als von Gott verdammt betrachtet werden kann, braucht er nicht länger als menschliches Geschöpf angesehen zu werden. In jeder der großen Religionen gibt es militante Gruppen, die aus einem Heilsmonopol heraus Andersdenkende und Andersgläubige verdammen – Fundamentalisten und Konfessionalisten im Christentum, Rigoristen im Islam, im Judentum, im politischen Hinduismus, aber auch unter Buddhisten. Freilich haben sich die Gegenkräfte, die auf eine innere Erneuerung der Religionen von ihren Friedensmotivationen her drängen, wohl noch nie der in der Geschichte der Religionen so vielfältig und phantasiereich entwickelt wie im 20. Jahrhundert. Und hier gibt es längst ein die Religionen übergreifendes Denken und Lernen. Ein Beispiel dafür ist, dass Martin Luther King in den USA die Grundsätze für seine Bürgerrechtsbewegung, die ja auch zu einer Frie-

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densbewegung wurde, dem Evangelium entnahm – besonders der Bergpredigt –, dass er aber die Methoden für zivilen Ungehorsam und gewaltlosen Widerstand von Mahatma Gandhi lernte, der Zeit seine Lebens bewusst Hindu geblieben war – trotz seiner Hochachtung für Jesus und den Inhalt der Evangelien. Wir können die Kette fortsetzen mit Nelson Mandela, dem Dalai Lama, Prinz Hassan von Jordanien und vielen weiteren. Das Beispiel des Umgangs mit den Gewalt-Stellen in der hebräischen Bibel, dem Neuen Testament und Koran zeigt, wie hilfreich es ist, wenn wir beginnen, gemeinsam in den Heiligen Schriften zu lesen – nicht unkritisch, aber mit besonderem Blick darauf, inwiefern sie heilsame Quellen des Glaubens und der Menschlichkeit sein können. Wir lernen dabei, dass sie fast durchgängig dialogische Texte sind, auf Lebenssituationen bezogen, und mit- und weiterdenkende Leserinnen und Leser brauchen. Besonders intensiv haben wir das bei einer Dialogveranstaltung mit dem Rabbiner Markus Schalom Schroll und Nasr Abu Zaid als Vordenker eines humanistisch-dialogischen Koranverständnisses erfahren, die unter dem Thema stand: »Thora, Bibel, Koran: Hemmschuhe oder Wegbereiter für ein friedliches Zusammenleben in der modernen Gesellschaft.« Der große Heilig Geist-Saal in Nürnberg fasste kaum die Zuhörerschaft. Mit den Mitreferenten, beides Persönlichkeiten auf der Aufbruchslinie ihrer Religionsgemeinschaften, konnten wir zu Dritt deutlich machen, wie die Gottesoffenbarungen, aus denen die Heiligen Schriften leben, immer die Menschen als fragendes und antwortendes Gegenüber haben und nicht isoliert situationslos dastehen. Dieses Beispiel führt schon hin zu dem nächsten Punkt.

3.3.4 Dialogwochen gestalten, pädagogische Initiativen begleiten, von internationalen Tagungen profitieren Den von Hans Küng formulierten Maximen – Kein Weltfriede ohne Religionsfriede, Kein Religionsfriede ohne Dialog der Religionen, Kein Dialog der Religionen ohne Grundlagenarbeit in den Religionen – ist als weitere Maxime hinzuzufügen: Kein Friede, kein Dialog, keine Grundlagenarbeit ohne Interreligiöses Lernen! – Es ist ein Lernen »von Kopf bis Fuß«: mit dem Verstand, mit dem Herzen und mit dem Sich auf den Weg zueinander machen. Das Miteinander-unterwegs-sein haben wir vor allem bei »Pilgerwegen der Religionen« erfahren – an den geistlichen Orten der Religionen, die für uns zu Räumen der Besinnung und des Lernens wurden: gemeinsam von der Kirche »Unsere liebe Frau« zur nahen Gedenkstätte für die Synagoge, zur Moschee des Verbandes der Islamischen Kulturzentren und zum Hindu-Tempel, jeweils mit einem Nachdenken über die Friedensmotivationen auf der Basis der Grundlagen der Religionsgemeinschaften. Mit Karl Josef Kuschel sind wir einen Abrahamsweg

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gegangen unter dem Motto: »Abraham – Aufbrechen – Neues Wagen« und haben die Abrahamstraditionen in Judentum, Christentum und Islam in ihrer jeweiligen Ausprägung wahrgenommen: Abraham als Träger der Verheißung Gottes für sein Volk Israel, aber auch als Segensträger für alle Völker; Abraham als »Vater des Glaubens« im Neuen Testament; Abraham als Streiter für Gottesverehrung gegen die Vergötzung menschlicher Macht im Islam. Es sind verschiedene Bilder mit großer Symbolkraft, die aber nicht gegeneinander, sondern in Beziehung zueinander gesehen werden können. Den theologischen Dialog an Beispielen, wie sie im voraufgegangenen Abschnitt gezeigt wurden, haben zunehmend auch die Akademien der Stadt – die Evangelische Stadtakademie, das katholische Caritas Pirckheimer-Haus und das Bildungszentrum der Stadt Nürnberg – als eine unverzichtbare Aufgabe erkannt. Die Woche der Brüderlichkeit der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit hatte schon eine lange Tradition. In Zusammenarbeit des christlichislamischen Begegnungszentrums Brücke/Köprü und der muslimischen Begegnungsstube Medina mit unserer Gruppe der Religionen für den Frieden wurde das Konzept jährlicher Wochen des Christlich-Islamischen Dialogs entwickelt. Dabei ging es nie nur um Glaubensfragen – um die natürlich auch –, sondern besonders um den gelebten Glauben im Alltag (einschließlich Essen und Kleidung), um das Miteinander der Geschlechter und der Generationen, um das Selbstverständnis der Religionsgemeinschaften und ihrer Mitglieder in der pluralistischen deutschen Gesellschaft, um soziale Fragen, um Schule und Unterricht, um den Umgang mit Extremismus, Fundamentalismus und auch Religionsfeindlichkeit. Das Programm der Dialogwochen 2016 kann mit seinen Themen ein Bild davon geben: – »Licht in Sicht!« Sich ohne Angst begegnen. Tag für junge Menschen zwischen 16 und 27 im Don Bosco Jugendwerk Nürnberg – Auf der Flucht. Fremde und Flüchtlinge in Bibel und Koran – Männerblicke und Frauenbilder. Musliminnen und Christinnen zu den Ereignissen in Köln (mit den Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht 2015/ 16) – »Das habt ihr mir getan…« Texte, Impulse, Musik zum Thema »Umgang mit Schwachen, Ausgegrenzten und Verzweifelten« – Wer sind wir – und wenn ja., wieviele? Christliche und islamische Identitäten in Nürnberg – Gegenseitige Verunsicherung. Christliche Mehrheiten und muslimische Minderheiten Aktuelle, herausfordernde Zeitereignisse wurden jeweils ebenso reflektiert und bearbeitet wie grundlegende Fragen zu sozialer und politischer Verantwortung – oft in Bezug zur Situation vor Ort.

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Befruchtet wurde die dialogische Arbeit auch durch die von der Universität Erlangen-Nürnberg in Zusammenarbeit mit einzelnen Schulen und der Islamischen Religionsgemeinschaft Erlangen entwickelte Pilotarbeit zu einem islamischen Religionsunterricht. Dieser Unterricht, der – parallel zu evangelischem und katholischem Religionsunterricht – muslimischen Schülerinnen und Schülern zur Identitätsbildung in deutschen schulischen Kontext verhelfen soll, war seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts immer wieder gefordert worden. Die Vorstöße waren wenig erfolgreich gewesen, vor allem, weil es im Islam keine den Kirchen vergleichbare Struktur gibt, die der Staat als Gegenüber zur Unterrichtsentwicklung auf religiöser Seite braucht. Im Hintergrund der Forderung steht die Erkenntnis, dass interreligiöses und interkulturelles Lernen unserem Bildungssystem in Schulen und Gemeinden insgesamt aufgetragen ist – als ein Begegnungslernen, das das Kennenlernen und die Achtung voreinander im Fremden und im Verbindenden fördert und damit jedem Fanatismus entgegenwirkt. Der Religionsunterricht hat dabei prinzipiell eine doppelte Aufgabe: Er soll die Kinder vertraut machen mit der religiös-kulturellen Tradition des Lebenszusammenhanges, der ihre jeweilige Geschichte besonders beeinflusst hat; den Heranwachsenden soll damit eine Lebensorientierung geboten werden, die sie zu verantwortlichem Handeln in unserer pluralen Gemeinschaft befähigen kann. Hierzu gehört notwendig die zweite Aufgabe, die Heranwachsenden für Begegnung und Dialog vorzubereiten und darin einzuüben. Die Entwicklung islamischen Religionsunterrichts ist dabei so etwas wie die »Probe aufs Exempel« und hat sich auf den interreligiösen pädagogischen Dialog enorm ausgewirkt. Wie schwierig sich die Aufgabe gestaltete, kann man sich leicht vorstellen: Woher kommen die Lehrkräfte für einen solchen Unterricht? Wie entwickelt man einen Lehrplan? Wie kommt man zu zeitgemäßen und qualitätvollen Schulbüchern? Es war eine spannende, spannungsvolle Geschichte vom ersten Schulversuch an einer Erlanger Grundschule, dann an einer Nürnberger Realschule, von den ersten 8 Studierenden, die sich in einem Pilotsemester 2002 einfanden, bis hin zu über 200 bayerischen Schulen, in denen seit 2011 ein Islamunterricht angeboten werden konnte. Dass es einen Studiengang gibt, der in der bayerischen Lehramtsprüfungsordnung verankert ist, einen Lehrplan, der – in Abstimmung mit evangelischem, katholischem, jüdischem Religionsunterricht und Ethikunterricht – muslimisches Profil bietet, Schulbücher, die auf gleicher Augenhöhe mit christlichen Religionsbüchern stehen, ist quasi eine Entdeckungs- und Entwicklungsreise gewesen, die nur in vielperspektivischer Zusammenarbeit gelingen konnte. Die Universität war beteiligt, die islamische Religionsgemeinschaft Erlangen, die Lehrerkollegien der Schulen mit den Modellversuchen, Eltern, die anfangs ihre Kinder zu diesem Unterricht extra anmelden mussten, die zunehmende

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Zahl an Studierenden. Das Kultusministerium hat – nach anfänglicher Zurückhaltung – eine Richtlinienkommission eingerichtet, die zügig arbeitete. Über die Entwicklungsschritte haben wir immer wieder in unserer Gruppe der Religionen für den Frieden informiert, besonders bei den Dialogwochen. Denn wie religiöse Themen elementar und dialogisch im Schulzusammenhang vermittelt werden, was sie zur Identitätsbildung der Schülerinnen und Schüler und für das Schulleben beitragen können, fordert unmittelbar zum Mitdenken nicht nur in einer religiös interessierten Öffentlichkeit heraus. Die Evaluation nach den ersten Jahren hat hohe Zustimmungswerte in den Schulkollegien wie auch in der Eltern- und Schülerschaft erbracht. Die angehenden Lehrerinnen und Lehrer, die für ihr Fach, das bisher nur als Erweiterungsfach studiert werden kann, hohes Engagement aufbringen müssen, sind damit aber auch vielfältig als Dialogpartner gefragt. Denn die islamische Religion wird hier nicht nur auf der Basis des Grundgesetzes – und d. h. in toleranter Offenheit – gelehrt, sondern auch auf akademischem Niveau, das wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht werden muss. Dafür, dass der Dialog der Religionen theologisch, religionswissenschaftlich und pädagogisch lebendig in internationalem interreligiösen Horizont erlebt werden kann, stehen die Nürnberger Foren für Religions- und Kulturbegegnung, die seit 1982 in 3-jährigem Rhythmus von Lehrstuhl für Religionspädagogik und Didaktik des ev. Religionsunterrichts durchgeführt werden. Die Idee war, Vertreterinnen und Vertreter der Religionen, die im Dialog erfahren sind, zusammenzubringen mit Pädagogen und Experten aus anderen Humanwissenschaften, aber auch Lehrerinnen und Lehrern, Erzieherinnen und Erziehern, die in der Praxis stehen. Sie kommen besonders aus Brennpunkten im Zusammenleben der Kulturen sowie aus pädagogisch und religionspädagogisch beispielhaften Projekten. Es ist regelmäßig auch die politische, die wirtschaftliche und die ökologische Perspektive vertreten. Die Titel der Foren zeichnen den Weg der sich entwickelnden und immer stärker ausweitenden Perspektiven auf: 1. Kulturbegegnung in Schule und Studium. Türken – Deutsche, Muslime – Christen/1982. 2. Erziehung zur Kulturbegegnung. Modelle für das Zusammenleben von Menschen verschiedenen Glaubens. Schwerpunkt: Christentum – Islam/1985. 3. Weltreligionen und Friedenserziehung. Wege zur Toleranz. Schwerpunkt: Christentum – Islam/1988. 4. Das Wiedererwachen der Religionen als pädagogische Herausforderung. Interreligiöse Erziehung im Spannungsfeld von Fundamentalismus und Säkularismus/1991. 5. »Das Projekt Weltethos« in der Erziehung/1994. 6. Interreligiöse Erziehung 2000. Die Zukunft der Religions- und Kulturbegegnung/1997.

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7. Spiritualität und ethische Erziehung. Erbe und Herausforderung der Religionen/2000. 8. Bewahrung – Entwicklung – Versöhnung. Religiöse Erziehung in globaler Verantwortung/2003. 9. Visionen wahr machen. Interreligiöse Bildung auf dem Prüfstand/2006. Der Schwerpunkt Christentum und Islam bei den ersten 3 Foren bezieht sich auf das in der damaligen Bundesrepublik, aber auch darüber hinaus vornehmlich präsente Spannungsfeld. Dieses geriet bei den folgenden Foren nicht aus dem Blick, wurde aber in den größeren Kontext interreligiöser und internationaler Entwicklungen gestellt. Die Themenbereiche, die bei den Foren im wesentlichen gleich geblieben sind, vergegenwärtigen miteinander verbundene, aber doch deutlich unterscheidbare Ebenen: 1) die Ebene der Selbstinterpretation von Anhängern der verschiedenen großen Religionsgemeinschaften; 2) die Ebene politischer, ökonomischer und ökologischer Kontexte; 3) die Ebene grundlegender pädagogischer Fragen; 4) die Ebene schulischer Arbeit; 5) die Ebene außerschulischer pädagogischer Aufgabenfelder. Die Foren wurden nach meiner Emeritierung 2007 in Zusammenarbeit mit meinem Nachfolger, Manfred Pirner, fortgeführt: 10. Medien-Macht und Religionen. Herausforderung für interkulturelle Bildung/2010. 11. Menschenrechte und inter-religiöse Bildung/2013. 12. Öffentliche Theologie – Religion – Bildung. Interreligiöse Perspektiven/ 2016. Ein Beispiel dafür, wie die Erfahrungen vor Ort in diesem internationalen Rahmen reflektiert wurden, stellt mein Beitrag zum 6. Nürnberger Forum 1997 dar, in dem ich unter der Überschrift »Die Ungleichzeitigkeit des Bewusstsein« interreligiöse Lernprozesse in unserer Nürnberger Gruppe der Religionen für den Frieden umrissen habe: Die Ungleichzeitigkeit kommt in verschiedenen Bereichen vor. Es ist wichtig, diese wahrzunehmen, wenn man einander nicht ständig mit Vorerwartungen begegnen will, die dem anderen nicht entsprechen – und wenn man nicht aneinander vorbeireden will. Wir erfahren die Ungleichzeitigkeit einmal hinsichtlich des intellektuellen Bewusstseins: So können wir, die wir in Mittel- und Westeuropa ausgebildet sind, nicht absehen von den Erfahrungen der Aufklärung; dazu gehört auch, dass unsere religiösen Inhalte kritisch hinterfragt wurden und werden.

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Menschen, die aus den vorwiegend islamisch geprägten Ländern des Mittleren Ostens kommen, können sich häufig nicht vorstellen, wie sehr unsere Gesellschaft pluralistisch durchmischt ist, und dass es sogar als Gewinn betrachtet werden kann, wenn die Religionsgemeinschaften sich von areligiösen, säkularen Positionen aus befragen lassen. Bei Gesprächen mit Menschen, die von den religiösen Traditionen des fernen Ostens geprägt sind, begegnet uns dann eher das Ideal einer nicht kritisch-unterscheidenden Denkweise, sondern einer synthetischen Zusammenschau, einer integrativen Sicht, die deutlich favorisiert wird. Wir erfahren die Ungleichzeitigkeit sodann hinsichtlich der sehr unterschiedlichen geschichtlichen Hintergründe und Lebenskontexte, aus denen die Angehörigen der verschiedenen Religionsgemeinschaften kommen: In Nürnberg kann man nicht davon absehen, dass dies eine der ersten und wichtigsten Städte gewesen ist, die geschlossen die Reformation Martin Luthers angenommen hat. Man kann aber auch nicht absehen von der Leidensgeschichte der Juden in dieser Stadt – von den ersten Pogromen im 14. Jahrhundert bis zu der Vernichtung unter der Naziherrschaft. Wir nehmen aber auch den Lebenskontext der großen Zahl der Muslime wahr, die aus der Türkei mit ihrer ganz spezifischen neuzeitlichen Geschichte mit den Atatürkschen Reformen und andererseits den tiefen islamischen Kulturwurzeln kommen. Wir erfahren die Ungleichzeitigkeit schließlich hinsichtlich der verschiedenen Strukturen von Lehre, Spiritualität und Ethik in den verschiedenen Religionen. Eine Grundschwierigkeit im Selbstverständnis der monotheistischen Religionen besteht darin, dass die jeweils später ans Licht getretene Religion die frühere in ihr heilsgeschichtliches System mit einbeziehen kann, eine später behauptete Offenbarung aber schwer einzuordnen vermag: So hat das Christentum nach der als endgültig angesehenen Offenbarung in Jesus Christus Schwierigkeiten, die Prophetie Mohammeds anzuerkennen, während Muslime entsprechende Schwierigkeiten mit dem Offenbarungsanspruch Bah#’u’ll#hs haben. Wie unterschiedlich das Verhältnis von Glaube, Lehre und Ritus gesehen werden kann, erfuhr ich, als ein neu nach Nürnberg gekommener Imam sein erstes Gespräch mit mir mit der Frage eröffnete: »Können Sie mir bitte sagen: Was sind die Hauptpflichten eines evangelischen Christen?« – Ich würde ja, wenn ich Anhänger einer anderen Religion nach Grundlagen ihres Glaubens fragte, nicht zuerst nach den Pflichten fragen. Ich musste mich nun selbst fragen: Wie könnte ich dem Imam als besondere Errungenschaft der Reformation Martin Luthers klarmachen, dass die Freiheit von der Rechtfertigung durch fromme Werke zu meinem Glauben wesentlich hinzugehört?! Ich sprach dann davon, dass das Doppelgebot der Liebe zu Gott und zum Nächsten der Leitfaden für unser religiöses Leben sei, und dass jeder Christ in der je spezifischen Situation fragen müsse: Was heißt hier Liebe zu Gott, und was heißt hier Liebe zum Nächsten. Die Rückfrage des Imams war: »Aber

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sagen Sie mal, wenn den evangelischen Christen das so zur Entscheidung freigestellt ist: Tun die das denn auch?« – Er hatte deutlich das »evangelische Problem« erspürt, dass es hier eine große Freiheitlichkeit gibt, dass aber daraus leicht eine Beliebigkeit werden kann. Ich habe dann zu Martin Luthers Kleinem Katechismus gegriffen und bin mit ihm die Erläuterungen des Glaubensbekenntnisses und der 10 Gebote durchgegangen, durch die das Verbindende in der Schöpfungslehre und der Ethik, aber auch das Unterscheidende durch den Glauben an Jesus als den Christus deutlich wird. Als Hauptthese, die sich aus diesen Erfahrungen ergibt und die die Wichtigkeit interreligiöser Basisarbeit sichtbar macht, habe ich formuliert: Die Ungleichzeitigkeit des Bewusstsein kann, wenn sie nicht wahrgenommen und reflektiert wird, Anlass zu Missverstehen und Aversionen sein (und auch politisch missbraucht werden). Sie kann aber auch produktiver Impuls zu lebendigem Lernen sein. Mitglieder der Nürnberger Gruppe der Religionen für den Frieden waren bei den Foren häufig Gastgeber für die national und international angereisten Referentinnen und Referenten, begleiteten sie durch die Stadt und die gefüllten Konferenztage und konnten die internationale Dimension der interreligiösen Arbeit mit ihren Gästen wie auch bei den Vorträgen während der Tagung erleben. Wie Nürnberg sich als Stadt der Menschenrechte profiliert, wurde den Gästen bei der persönlichen Begleitung durch die Stadt, besonders bei Führungen durch das nahe unserer Fakultät gelegene Dokumentationszentrum zu Nürnberg und dem Nationalsozialismus sichtbar, ebenso durch das nahe Reichsparteitagsgelände. Aber auch die »Straße der Menschenrechte« mit den vom israelischen Künstler Dani Karavan gestalteten Säulen, auf denen jeweils ein Menschenrecht in Deutsch und in einer anderen Sprache eingraviert ist, ist immer ein besonderer Eindruck bei den Besuchen.

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Der internationale Rahmen: Die Nürnberger Foren. Hier : Präsentation des Handbuchs Friedenserziehung – interreligiös, interkulturell, interkonfessionell

»Dein Glaube – mein Glaube«: Religionen im persönlichen Dialog mit Irmgard Stanullo/Baptistin und Scheich Süleyman Bahn/Islam – Mevlana e.V.

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Gebetsstunde der Religionen in der Frauenkirche mit Lichtworten aus den Religionen

Beim Jahresthema »Schätze der Religionen«: die Figur des Buddha Avalokiteshvara – dem Bodhisattva des unendlichen Mitgefühls – im buddhistischen Zentrum Fürth

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Im Cem-Zentrum der Aleviten – mit der Figur des Erneuerers Pir Sultan Abdal

Ein Gebetsteppich mit Kompass für die »Schatztruhe der Religionen«

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Gebetsstunde »Schätze der Religionen« in der Ev.-reformierten Kirche St. Martha am 10. November 2013 / 7 Monate vor dem Brand der Kirche

Schalom ben Chorin als Reformdenker im Judentum: Dieter Krabbe, reformierter Pfarrer, stellt ihn in der Israelitischen Kultusgemeinde vor.

4.

Religionen in der Kooperation: Miteinander, Füreinander und für Andere wirken

Wenn es gelingt, Gemeinsames zu unternehmen, dann führt das Menschen und Gruppen am stärksten zusammen. Konkrete Anlässe dafür gibt es immer wieder : wenn Zerrbilder über religiöse Gruppierungen verbreitet werden, wenn Fremdenfeindlichkeit um sich greift, die besonders auch eingewanderte religiöse Gemeinschaften trifft, aber auch, wenn religiöse Parolen politisch missbraucht werden und wenn extreme Positionen in Religionsgemeinschaften Nährboden finden. Voraussetzung zur Zusammenarbeit ist, dass man sich kennt, dass man zumindest elementares Wissen voneinander hat.

4.1

Religionen in der Öffentlichkeit darstellen

Bei einer Reise zu einer Konferenz über Religion und Migration Mitte der 80-er Jahre des letzten Jahrhunderts in England konnte ich an einem Pilgerweg von Religionsgemeinschaft zu Religionsgemeinschaft in der Stadt Wolverhampton teilnehmen und bekam einen interreligiösen Stadtführer überreicht, in dem sich die verschiedenen Glaubensgemeinschaften vorstellen. Das wurde für unsere Nürnberger Arbeit zum Vorbild, als sich unmittelbar aus der Begegnung das Anliegen ergab, gemeinsam über die Religionsgemeinschaften in Nürnberg und Umgebung zu informieren, weil so am ehesten Unkenntnis und Missverständnisse überwunden werden können. Das Resultat ist die Broschüre »Offene Türen. Religionsgemeinschaften in Nürnberg und Umgebung«, in der sich die Glaubensgemeinschaften mit Texten, Adressen und Fotos selbst vorstellen – auch solche, die (noch) nicht bei Religionen für den Frieden mitarbeiten. In der ersten Auflage 1991 waren es 17, in der 4. Auflage 2009 32, in der 5. Auflage 2017 50! »Offene Türen«: Dieses Motto zeigt den Willen, sich mit dem eigenen Glauben und seiner Praxis nicht abzuschließen, sondern zu öffnen, sich bekannt zu machen und Gastfreundschaft zu üben. Fast durchgängig halten die verschiedenen Glaubensgemeinschaften ihre Türen offen für Gäste, für Besucher, für Gespräche, für Kontakte. Diese Kontakte wollten wir mit den Erweiterungen von Auf-

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Religionen in der Kooperation

lage zu Auflage und mit jeweils aktueller Neugestaltung unseres Leitfadens weiter fördern. Denn wie viele wissen schon, dass es neben den großen christlichen Kirchen, der Israelitischen Kultusgemeinde und den muslimischen Gemeinden auch die Alt-Katholische Gemeinde, die Mormonen, eine Gruppe von Bah#’i, ein buddhistisches Zentrum in der Nachbarschaft und einen HinduTempel von tamilischen Familien gibt?! All diese Gruppen sind da, leben in unserer Stadt und Region und gestalten unser Gemeinwesen mit. In den vergangenen Jahren ist das Bild durch die Migrations- und Flüchtlingsbewegungen noch vielfältiger geworden als während der 4. Auflage von 2008. Dass sich die Religionsgemeinschaften entfalten können, verdanken sie, verdanken wir alle der Verfassung unseres Landes, die uns Glaubensfreiheit in umfassendem Sinne gewährt. Mit diesem unkonventionellen »Stadtführer« sind inzwischen auch die Nürnberger Schulen ausgerüstet. In anderen Städten – wie in Berlin und Hannover – hat es Nachahmer und ähnliche Bemühungen gegeben. Unsere Broschüre stellt zunächst die Glaubensgemeinschaften vor, die den monotheistischen Religionen zugehören (Judentum, Christentum, Islam, Bah#’itum), danach die Gruppen, deren religiöser Ursprung im Fernen Osten liegt (Hinduismus, Buddhismus, Sikhismus). An verschiedenen Stellen sind Texte – Gebete, Meditationen, Besinnungen – eingefügt, die einen inhaltlichen Zugang zu den Glaubenstraditionen eröffnen. Hinzu kommt die Information über Gruppen und Ansprechpartner für die Interreligiöse Begegnung, die zeigt, wie sich aus der Pilotarbeit von Religionen für den Frieden im Laufe der Zeit ein Netzwerk interreligiöser Bemühungen entwickelt hat: die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (AcK), das Begegnungszentrum »Brücke« für die Begegnung von Christen und Muslimen, die muslimische Begegnungsstube »Medina«, den Rat der Religionen in Nürnberg. Natürlicch werden auch die Anliegen von RfP/Religionen für den Frieden Nürnberg, dargestellt, dazu die Nürnberger Erklärung der Religionen für die Bewahrung des Lebens wiedergegeben. Schließlich ist Nürnberg auch ein wichtiges Zentrum interreligiöser Bildungsarbeit geworden, durch die Nürnberger Foren einer Erziehung zur Religionsund Kulturbegegnung und den Aufbau interreligiöser Strukturen in der Lehramtsausbildung an der Universität und der Evangelischen Hochschule. Grußworte des Oberbürgermeisters Ulrich Maly und des Vorsitzenden des Rates der Religionen Jürgen Körnlein unterstreichen das öffentliche Interesse an dieser Selbstvorstellung der Religionsgemeinschaften und interreligiösen Initiativen. Sie bietet vor allem auch Schulen, Einrichtungen der Erwachsenenbildung und den Gemeinden im Nürnberger Raum Anregungen und Information, sich zu den Religionsgemeinschaften auf den Weg zu machen.

Globale wie lokale Herausforderungen als Aufgabe wahrnehmen

4.2

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Globale wie lokale Herausforderungen als Aufgabe wahrnehmen

»Global denken, lokal handeln«: Dieses Motto kann nicht ernst genug genommen werden. Vor Ort existieren wir nicht mehr ohne die überregionalen, nationalen und internationalen Bezüge. Die Nürnberger Foren mit ihrer internationalen interreligiösen Teilnehmerschaft haben uns das immer wieder deutlich gemacht. Aber auch aktuelle Zeitereignisse – wie der 11. September 2001 und der Beginn des Irakkrieges – haben in unserer Zusammenarbeit zu Aktionen, Erklärungen und sichtbarer Demonstration unserer Zusammengehörigkeit geführt. Als im Januar 2003 der Krieg der USA gegen den Irak drohte, haben wir mit einer Erklärung, einer Postkartenaktion und einer Gebetsstunde in der Frauenkirche protestiert. Unsere Erklärung hat – ebenso wie viele Protestaktionen in Deutschland und international – den Krieg, für den mit bewussten Falschinformationen Propaganda gemacht wurde, nicht verhindert. Aber sie hat uns in unserer Überzeugung miteinander verbunden und enthält so wichtige Argumente, die sich letztlich mit dem Krieg und seinen Folgen bestätigt haben, dass sie hier wiedergegeben werden soll:

Aufruf von

Religionen für den Frieden/WCRP Nürnberg (auf der Basis des Friedensaufrufs des Aktionskreises der Religionen und Kulturen in Hannover)

Wir, Angehörige der Religionsgemeinschaften in Nürnberg, haben die Besorgnis, dass – trotz aller Bemühungen der UNO – ein Krieg gegen den Irak bevorsteht, dessen Folgen unabsehbar sind. Wenn es dazu kommt, werden dabei unzählige Menschen das Leben verlieren, und die Umwelt wird langfristig geschädigt werden. Aus der Sicht der Religionen ist das menschliche Leben unantastbar. Wir sind der festen Überzeugung, dass durch kriegerische Auseinandersetzungen die bestehenden Probleme nicht gelöst werden. Im Gegenteil, es steht zu befürchten, dass neue Probleme entstehen werden. Das Vertrauensverhältnis zwischen den Menschen verschiedener Kulturen würde dauerhaft gestört und damit die für das Überleben der Menschheit erforderliche gemeinsame Lösung von globalen Problemen in weite Ferne gerückt. Das können wir uns nicht leisten! Das Leid vieler Menschen auf diesem Planeten ist bereits jetzt schon unerträglich geworden. Daher müssen wir unsere Energie konstruktiv für das

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Religionen in der Kooperation

Wohl aller Menschen einsetzen. Wir müssen lernen, dass wir von einander abhängig sind und – ob wir wollen oder nicht – für einander die Verantwortung für eine zukunftsfähige Welt zu tragen haben. Das Misstrauen und die Kluft zwischen den ärmeren Staaten und der westlichen Welt würden sich durch einen Krieg weiter vergrößern. Wir haben die Befürchtung, dass der internationale Terrorismus hierdurch neue Nahrung erhält. In allen Religionen gibt es eine fundamentale Friedensbotschaft und die Überzeugung, dass der innere Friede, den ein religiöser Glaube verleiht, auch zu aktivem Einsatz für den Frieden zwischen Völkern, Kulturen und Religionen führen muss. Wir sind uns darin einig, dass für die Probleme auf jeden Fall eine andere Lösung als der Krieg gesucht werden muss. Kriege zu führen heißt, das Wohlergehen der eigenen sowie der anderen Nationen aufs Spiel zu setzen. Die verantwortlichen Politiker, alle Institutionen und jede und jeder Einzelne sind aufgefordert, Verantwortung zu übernehmen und ihren Beitrag zur Erhaltung des Weltfriedens im Rahmen ihrer Möglichkeiten beizusteuern. Nürnberg, im Januar 2003 für WCRP Nürnberg: Prof. Dr. Johannes Lähnemann, Gerda El Banna, Christine Herrmann-Wielsch, Pfr. Alois Huber, Holger Wielsch M.A. Diese Erklärungen haben wir auch ins Englische übersetzt und international weitergegeben. Am 15. Februar 2003 hing vor der Frauenkirche am Hauptmark ein großes Spruchband: »UM GOTTES UND DER MENSCHEN WILLEN: KEIN KRIEG« In der Kirche hielten wir dazu eine Gebetsstunde, an der sich Juden, Christen, Muslime, Buddhisten und Baha’i beteiligten und in der auch Erklärungen von Religionsführern aus verschiedenen Ländern vorgelesen wurden. Ein wichtiges Anliegen der lokalen Arbeit angesichts internationaler Konflikte, in die die verschiedenen Gruppen in ihren Herkunftsländern verwickelt sind, ist darüberhinaus, sich vor Ort durch diese Spannungen nicht »auseinanderdividieren« zu lassen. Das ist nicht leicht, wenn Angehörige der Israelitischen Kultusgemeinde verbunden sind mit Verwandten in Israel, die unter der Drohung von Raketen aus dem Gaza-Streifen leben, und umgekehrt Familien, die aus Palästina stammen, von den Nachrichten über Bedrückung und Schikanen durch die israelische Verwaltung und Armee in den Palästinensergebieten

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betroffen sind. Aber auch die Tatsache, dass Baha’i und Ahmadiyya-Muslime gleichberechtigt am interreligiösen Diskus teilnehmen, ist angesichts der Verfolgungen der Baha’i in Iran und der Ahmadis in Pakistan und ihrer Aburteilung als Abtrünnige in weiten Teilen des internationalen Mainstream-Islam nicht selbstverständlich. Zwei Bewegungen, die auf breiter Basis religiöse Verantwortung für globale Herausforderungen erschlossen haben und an vielen Stellen in die Praxis hinein gewirkt haben, haben uns auch auf lokaler Ebene immer wieder beschäftigt: Es ist einmal der Konziliare Prozess der Kirchen für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Initiiert wurde er 1983 bei der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Vancouver/Kanada, wo die Stationierung von Massenvernichtungswaffen diskutiert und als Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezeichnet wurden. Carl Friedrich von Weizsäcker – Philosoph, Physiker, Universaldenker und Bruder von Bundespräsident Richard von Weizsäcker – erhoffte sich damals schon ein »gesamtchristliches Friedenskonzil«, musste sich dann aber mit dem Entstehen einer gemeinsamen Aktion der christlichen Kirchen zufrieden geben. Die zweite Bewegung ist das von Hans Küng initiierte »Projekt Weltethos«, das von vornherein die Verständigung zwischen den Religionen im Blick auf die Überlebensherausforderungen unserer Erde ins Auge gefasst hat. Beide Bewegungen haben – oft im Gegenwind gegen herrschende Machtstrukturen – eine große Breitenwirkung entfaltet. Der Konziliare Prozess wuchs quasi von unten nach oben: über Beratungen und Versammlungen im Nationalen Rahmen – bei den westdeutschen Kirchentagen, aber auch in der DDR – über kontinentale Veranstaltungen wie die erste europäische Versammlung 1989 in Basel – bis zur Weltversammlung 1990 in Seoul/Südkorea. Bei ihr wurden 10 Grundüberzeugungen formuliert, die den Menschenrechten korrespondieren und gleichzeitig die Herausforderungen für Frieden und Gerechtigkeit zum Ausdruck bringen. Der Startpunkt für das Projekt Weltethos war das Jahr 1990, als Hans Küngs Buch zu diesem Thema erschien. Seine These war : »Diese eine Welt braucht das eine Ethos; diese eine Weltgesellschaft braucht keine Einheitsreligion und Einheitsideologie, wohl aber einige verbindende und verbindliche Normen, Werte, Ideale und Ziele.«25

Trotz der gleich einsetzenden Kritik an dieser These, sie sei viel zu global, viel zu undifferenziert, und eine Verständigung über ein globales Ethos sei letztlich unrealistisch, hat es auch gleich einen breiten Diskurs zwischen Angehörigen verschiedener Religionen gegeben. Er mündete in der Erklärung zum Weltethos, 25 H. Küng: Projekt Weltethos. München 1990. Neuausgabe 1992. Rückdeckel.

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die 1993 beim »Parlament der Weltreligionen« 1993 in Chicago von mehr als 200 führenden Persönlichkeiten aus den Religionen unterzeichnet wurde. In ihrem Mittelpunkt steht die Goldene Regel – »Was du nicht willst, das man die tu, das füg auch keinem Andern zu«. Diese Regel gibt es in allen großen Religionen und Philosophien. Und dann folgen 4 unverrückbare Weisungen. Sie sind aus den 10 Geboten des Judentums und des Christentums abgeleitet, aber ebenso aus den Grundverpflichtungen im Buddhismus: I. Verpflichtung auf eine Kultur der Gewaltlosigkeit und der Ehrfurcht vor allem Leben II. Verpflichtung auf eine Kultur der Solidarität und eine gerechte Wirtschaftsordnung III. Verpflichtung auf eine Kultur der Toleranz und ein Leben in Wahrhaftigkeit IV. Verpflichtung auf eine Kultur der Gleichberechtigung und die Partnerschaft von Mann und Frau. Es hat seitdem viele Konkretionen in verschiedenen Handlungsfeldern gegeben – mit Arbeiten zu Weltethos und Politik, Weltethos und gerechtes Wirtschaften, Weltethos und Ökologie. In Nürnberg haben wir uns schwerpunktmäßig der pädagogischen Aufgabe zugewandt und Hans Küng dazu gewinnen können, 1994 das 5. Nürnberger Forum zum Thema »›Das Projekt Weltethos‹ in der Erziehung« mit uns zu veranstalten – mit 50 Referentinnen und Referenten aus Europa, Asien, Afrika und Amerika.26 Die Mitglieder unserer Gruppe der Religionen für den Frieden konnten erleben, wie sie sich der Weltethosthematik aus der Sicht der verschiedenen Religionen zuwandten, aber auch den politischen und gesellschaftlichen Kontext beleuchteten. Die Arbeit führte nicht nur hin zu grundlegenden pädagogischen Überlegungen, sondern erschloss auch Modelle für die pädagogische Praxis in der Schule und der außerschulischen Bildung und Erziehung. In Nürnberg haben wir zwei Bände mit Unterrichtsprojekten herausgegeben, die auf einen Wettbewerb der Stiftung Weltethos in Tübingen zurückgehen, und Unterrichtsbeispiele vom Grundschulbereich (»Entdecken – Staunen – Handeln. Weltethos und ökologische Verantwortung«) bis hin zu »Weltethos im Philosophieunterricht« der Oberstufe des Gymnasiums enthalten.27 An der Berufsschule 3 in Nürnberg, an der 75 Lehrkräfte etwa 3000 Schülerinnen und Schüler in unterschiedlichen Berufsbereichen unterrichten, wurde das Weltethos-Projekt im Religions- und Ethikunterricht sowie im gesamten 26 J. Lähnemann (Hg.): »Das Projekt Weltethos« in der Erziehung. Hamburg 1995.= Pädagogische Beiträge zur Kulturbegegnung Bd. 14. 27 J. Lähnemann/ W. Haußmann (Hg.): Unterrichtsprojekte Weltethos I. Grundschule – Hauptschule – Sekundarstufe I. Unterrichtsprojekte Weltethos 2. Realschule – Gymnasium – Berufsschule. Hamburg 2000. = Pädagogische Beiträge zur Kulturbegegnung Bd. 17/18.

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pädagogischen Weiterentwicklungsprozess konzeptionell verankert. Mit dem Kollegium, mit Eltern- und Schülervertretern wurden Grundlinien eines gemeinsamen Schulethos entwickelt, das vier ethische Grundhaltungen beschreibt, die an den vier unverrückbaren Weisungen der Weltethoserklärung orientiert sind: 1. Achtung vor allen Mitschülern (d. h. Respekt vor der Person, der – unabhängig von deren Leistung – jegliche Verunglimpfung oder gar Gewaltandrohung verbietet) 2. Solidarität mit den Mitschülern, insbesondere mit den jeweiligen Teammitgliedern 3. Toleranz gegenüber den Mitschülern (d. h. Akzeptanz unterschiedlicher Wahrnehmungen und Meinungen) 4. Gleichberechtigung der unterschiedlichen Geschlechter (vor allem, wenn z. B. in typischen Männerberufen nur wenige weibliche Auszubildende vertreten sind).28 Eine globale Thematik, der wir uns im Laufe der Jahre immer wieder zugewandt haben, ist die Bewahrung der Schöpfung bzw. die Bewahrung der Lebensgrundlagen. Worum es dabei geht, ist in dem Motto ausgedrückt, das das Jahresthema 2018 für unsere Gruppe bildete: »›Wir haben nur eine Erde.‹ – Die Spiritualität des Lebens in den Religionen.« Es stand über einem Gottesdienst in der Kirche St. Egidien, in dem der Sonnengesang des Franz von Assisi in der Fassung des Liedes »Laudato si« ausgelegt wurde – in Beziehung zu der eindrucksvollen Enzyklika »Laudato si« von Papst Franziskus –, und über einem Schöpfungsweg der Religionen: »Gemeinsam unterwegs«- Interreligiöses Pilgern im Nürnberger Reichswald. Bei ihm sind wir durch ein Waldstück gewandert, dessen Existenz durch eine geplante Flughafenanbindung bedroht ist und haben uns von einem Umweltexperen über das vielfältige Mikro- und Makro-Leben der Bäume, in den Bäumen und Sträuchern und auf dem Waldboden unterrichten lassen. Dies führt unmittelbar hin zu dem nächsten Inhaltspunkt unserer Zusammenarbeit.

28 M. Müller: Das Weltethos-Projekt als normative Basis im Schulentwicklungsprozess der Berufsschule 3 in Nürnberg. In: J. Lähnemann (Hg.): Bewahrung – Entwicklung – Versöhnung. Religiöse Erziehung in globaler Verantwortung. Referate und Ergebnisse des Nürnberger Forums 2003. Schenefeld 2005.= Pädagogische Beiträge zur Kulturbegegnung Bd. 23, 425–427, 426.

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4.3

Religionen in der Kooperation

Spiritualität und Ethik verknüpfen

Das 7. Nürnberger Forum im Jahr 2000 stand unter dem Motto »Spiritualität und ethische Erziehung. Erbe und Herausforderung der Religionen«. Gemeint war »Herausforderung« in dem doppelten Sinn: als Herausforderung an die Religionen, diesen Zusammenhang bei sich selbst und in ihren Beziehungen zueinander ernst zu nehmen, aber auch als eine Herausforderung, die von den Religionen ausgeht. Gerade im Übergang zum neuen Jahrtausend erwies sich dies als ein zentrales Thema. Auf Einladung unseres Lehrstuhls für Religionspädagogik arbeiteten 50 Referentinnen und Referenten aus Europa, Asien, Afrika und Amerika eine Woche lang mit über 200 Teilnehmenden an den Fragen: Kann Spiritualität die Religionen verbinden, ohne dass sie ihr eigenes Gesicht aufgeben? Kann Spiritualität helfen in Konflikten und weltweiten Nöten? Kann Spiritualität Grundlage sein für ethische Erziehung, kann sie Lehrerinnen und Lehrern, Erzieherinnen und Erziehern, Erwachsenen wie jungen Menschen praktische Hilfen bieten für die Sinngebung des Lebens, Gewissensbildung, verantwortliches Handeln? Unter den Referentinnen und Referenten waren Bayerns evangelischer Altbischof von Loewenich und der Religionspädagoge Karl Ernst Nipkow, die katholischen Theologen Gotthard Fuchs und Hans Küng, der Meditationslehrer Pater Sebastian Painadath aus Indien, die jüdische Theologin Eveline Goodman-Tau aus Jerusalem und die christliche Schulrätin Viola Raheb aus Bethlehem, die muslimische Religionspädagogin Beyza Bilgin aus Ankara, aber auch der »Gandhi Sri Lankas« A.T. Ariyaratne und der buddhistische Religionsführer Sulak Sivaraksa aus Thailand, Freund des Dalai Lama und Träger des alternativen Friedensnobelpreises.29 Es wurde herausgearbeitet, wie jede der Religionen über ganz spezifische geistliche Quellen verfügt, die nicht einfach zu vereinheitlichen sind, die sich aber gegenseitig befragen und befruchten können. Im grundlegenden Themenbereich I wurde über »Theologische und spirituelle Grundlagen der Ethik in den Religionen« nachgedacht. In ihm war die ganze Bandbreite von den traditionellen Religionen Afrikas und ihrem BalanceSystem von Lebenden und Toten, Menschen- und Geisterwelt, Lebens- und Naturrhythmen bis hin zu dem von Anfang an globale Dimensionen einbeziehenden sittlichen Monotheismus des Baha’i-tums vertreten. Dabei zeichneten sich in aller Verschiedenheit verbindende Grundlinien ab: nicht nur darin, dass Spiritualität entfaltet wird als Tiefendimension des Lebens, zu der Staunen, Innewerden, Ehrfurcht, Fantasie gehören – ein geisterfülltes 29 Referate und Ergebnisse sind veröffentlich in J. Lähnemann (Hg.): Spiritualität und ethische Erziehung. Erbe und Herausforderung der Religionen. Hamburg 2001.= Pädagogische Beiträge zur Kulturbeegnung Bd. 20.

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Leben, das im Gegensatz zu vordergründigem Zweck- und Erfolgsdenken steht, sondern auch darin, dass durchgängig eine ganzheitliche Sicht vertreten wird, in der Spiritualität und Ethik und eine ihr entsprechende Erziehung in enger, sich befruchtender Beziehung zueinander stehen. Was bei diesem Forum kompakt und in internationaler, ja globaler Dimension reflektiert und bearbeitet wurde, hat sich wie ein Leitfaden durch unsere interreligiöse Arbeit vor Ort hindurch gezogen. Am deutlichsten wird das bei den Gebetsstunden der Religionen, die wir regelmäßig gehalten haben. Sie waren ein besonderes Übungsfeld dadurch, dass alle Beiträge – Texte, Gebete, Besinnungen, Lieder – gemeinsam verantwortet werden mussten und müssen, nicht in dem Sinne, dass sich in allen Texten alle wiederfinden müssen, aber so, dass sich keine Religionsgemeinschaft durch einen Beitrag verletzt fühlen konnte – und dass der Bezug zum jeweiligen Gesamtthema erkennbar sein sollte. Wie eng dabei Spiritualität und Ethik immer wieder aufeinander bezogen wurden, kann an einigen der Gebetsstunden, die wir in unserem Band »Spiritualität. Multireligiös. Begegnung der Religionen in Gebeten, Besinnungen, Liedern«30 dokumentiert haben, deutlich werden: »Buße, Umkehr, Reinigung des Geistes« (in St. Elisabeth 1990), »Bewahrung der Schöpfung/Bewahrung des Lebens« (St. Egidien 1991), »Schritte zur Gerechtigkeit« (St. Anton 1992), »›Gastlich zu sein vergesset nicht‹. Religionen im Einsatz für Bedrängte« (Gustav-Adolf-Gedächtniskirche 1993), »Die gemeinsame Verantwortung für Frieden auf unserem Planeten« (St. Anton 1994), »Religionen, Menschenrechte, Wege zur Freundschaft« (St. Sebald 1998), »›Wasser ist Leben‹. Andacht der Religionen zum UNO-Weltwassertag« (St. Peter 2001), »Nachhaltig zusammenarbeiten! Lernprozesse der Religionen nach dem 11. September 2001« (Moschee am Spittlertorgraben 2002), »Lasst uns die Erde schützen« (St. Klara 2008), »Terrorismus hat keine Religion« (Sultan Eyüp-Moschee 2011), »Freiheit, Gerechtigkeit, Menschenwürde. Erneuerung in den Religionen« (zum »Reformationsjahr« 2017 in St. Sebald). Was wir mit und bei den Gebetsstunden gelernt haben, worauf besonders zu achten ist, lässt sich in einigen Thesen wiedergeben, die wir in der Einführung zu dem Band »Spiritualität. Multireligiös« genauer entfaltet haben:31 1. Gebetsstunden der Religionen sind das deutlichste Beispiel dafür, dass Menschen aus verschiedenen Religionen sichtbar machen: Unser Glaube und

30 J. Lähnemann/Religionen für den Frieden Nürnberg: Spiritualität. Multireligiös. Begegnung der Religionen in Gebeten, Besinnungen, Liedern. Berlin 2014. 31 Das Folgende nach a. a. O. 27ff.

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unsere Spiritualität führen uns mit Menschen anderen Glaubens zusammen, sie lassen uns nicht in Abgrenzung und Abwehr verharren. Unsere Erfahrung ist: Es gibt ein Bedürfnis, gerade an der Basis unserer Religionsgemeinschaften, Spiritualität religionsübergreifend zu erfahren und auf die Herausforderungen der Gegenwart zu beziehen. Dem stehen Bedenken gegenüber, die immer wieder geäußert wurden und werden: 2. Gebetsstunden der Religionen müssen mit kritischen Einwänden rechnen: – dem Verdacht der Religionsvermischung – dem Verdacht der Verleugnung des jeweiligen Wahrheitsanspruches einer Glaubensüberzeugung – dem Verdacht wechselseitiger Vereinnahmung – dem Verdacht religiöser Schau Hier hat der nächste Lernschritt angesetzt: Wir mussten uns gründlich fragen: Was tun wir hier gemeinsam, warum ist es uns wichtig, wie können wir Missverständnissen begegnen? In der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Bayern hat es dazu in der ersten Hälfte der 80er Jahre des letzten Jahrhunderts eine längere Diskussion gegeben: Die theologischen Fakultäten in Erlangen, München und Neuendettelsau wurden vom Landesbischof um Stellungnahmen gebeten. Aus Neuendettelsau kam dann der Vorschlag, von »multireligiösem« statt von »interreligiösem« Beten zu sprechen. Die Vielheit und Verschiedenheit der bei den Gebetsstunden vertretenen Religionstraditionen, die durchaus nicht vermischt werden, sollte damit zum Ausdruck kommen. In der Arbeit der internationalen Bewegung Religionen für den Frieden (Religions for Peace / RfP) gehört es zu den Grundmaßgaben, dass es keinen Synkretismus, keine Glaubensvermischung geben soll, die die Identität der verschiedenen Glaubensformen negiert und zu einer vermeintlich höheren Glaubensform umschmilzt. Ebenso soll es keinen Proselytismus geben. Es wird aber bewusst anerkannt, dass jede und jeder an der Begegnung und an den Gebetsstunden Beteiligte sich als engagierter Vertreter seiner Glaubensgemeinschaft, als überzeugter Zeuge seines Glaubens einbringen will. Was wir hier gelernt haben, ist dies, dass man auch Maßgaben und Regeln braucht (und sie einüben muss), die eine aufrichtige und lautere Begegnung möglich machen. Das führt unmittelbar zu der 3. These: 3. Gebetsstunden der Religionen können zum Prüfstein aufrichtiger Begegnung der Religionen werden: – durch das achtungsvolle Gegenseitig-zu-Gast-sein – durch das offene, authentische Einbringen des jeweiligen Glaubenszeugnisses

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– durch die sensible Wahrnehmung des spirituellen Reichtums der Anderen – durch die inhaltliche Konzentration auf Aufgaben, die die Religionen in ihrem Zusammenleben und Zusammenwirken betreffen Das Gegenseitig-zu-Gast-sein ist ein besonders gutes Bild für das Sich-Gegenseitig-Besuchen, aber auch das Zusammenkommen zu Gebetsstunden: Wenn man »zu Gast« ist, heißt das, dass man willkommen ist, eingeladen ist, etwas von der Spiritualität einer Glaubensgemeinschaft zu sehen, zu hören, zu fühlen. Dabei erfährt man viel mehr von der jeweiligen Glaubensform als nur in einem intellektuellen »Reden über«. Andererseits bedeutet »zu Gast« sein, dass man nicht vereinnahmt wird, dass man nichts mitvollziehen muss, was man nicht mitvollziehen kann, umgekehrt auch – von Seiten des Gastes –, dass man die Würde des religiösen Vollzuges achtet, dass man aufmerksam zugegen ist, bereit, zu hören und zu lernen, was den Gastgebern wichtig ist und warum es bei ihnen wichtig ist, auch zu respektieren, was fremd ist und dem eigenen Zugang entzogen bleibt. Das offene, authentische Einbringen des eigenen Glaubenszeugnisses ist ein ganz besonders wichtiger Lernschritt. »Authentisch« heißt: Ich relativiere nicht die besondere Gestalt meiner Glaubenstradition, ich reduziere sie nicht um der Harmonie willen, sondern bringe sie in ihren ganz spezifischen Konturen ein. »Offen« heißt, dass ich die anderen bei der Entfaltung meines Glaubens im Blick habe, bedenke, wie ich ihnen einen Verstehenszugang zu meiner Tradition auftun kann, aber dabei auch den Respekt vor ihrem Anderssein bewahre. Dieser Lernprozess ist besonders intensiv, wenn eine Gruppe eine Gebetsstunde der Religionen vorbereitet, wenn Texte, Lieder, Symbole ausgesucht werden; da können Grundlagen des Glaubens erklärt, können falsche Vorurteile überwunden, neue Ebenen der Verständigung erreicht werden. Die sensible Wahrnehmung des spirituellen Reichtums der Anderen bedeutet, dass ich lerne, von der Rechtfertigung des Eigenen durch die Abwertung des Anderen fort zu kommen, dass ich vielmehr beginne, aufmerksam zu sehen, zu hören, zu spüren, was mir an Spiritualität in den Gebets- und Meditationsformen der Anderen entgegenkommt. Die inhaltliche Konzentration auf Aufgaben, die die Religionen in ihrem Zusammenleben und Zusammenwirken betreffen, bedeutet zunächst, dass wir lernen, die Barrieren abzubauen, die uns an unserem Zusammenarbeiten hindern. Dazu gehört die Arbeit an den Bildern, die wir voneinander haben, und der wahrhaftige Umgang mit unserer Geschichte. Wir haben viel damit zu tun, die geschichtlichen Belastungen aufzuarbeiten, die es zwischen den Religionen gibt. Das Eingeständnis von Fehlern und der Wille zur Umkehr ist etwas, das in unseren verschiedenen Religionen seinen wichtigen Ort hat. »Umkehr – Reinigung des Geistes« war deshalb auch eines der ersten Themen unserer Gebets-

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stunden. Ein praktisches Zeichen dafür war es, als unser Nürnberger römischkatholischer Regionaldekan Theo Kellerer in der Frauenkirche, die an der Stelle einer im Mittelalter zerstörten Synagoge steht, in unserer Gebetsstunde zu 10 Jahren Assisi 1996 den Vorsitzenden der israelitischen Kultusgemeinde Arno Hamburger begrüßen konnte und dieser an eben dieser Stelle eine Friedensbotschaft sagte. Das war keine äußere Schau – so medienwirksam dieser Auftritt auch war –, sondern ein deutliches Signal, das sichtbar gegeben wurde für einen Neuanfang, der bitter nötig ist. Eine quer durch die Religionen verbindende Grundverpflichtung ist sodann die Solidarität mit den Leidenden und den Schwachen in unserer Gesellschaft: Ich kann nur dann aufrichtig beten, wenn mir die Not der anderen nicht gleichgültig ist. Daraus ergibt sich die 4. These: 4. Gebetsstunden der Religionen können der gemeinsamen Weltverantwortung der Religionen den Boden bereiten. In ihnen lässt sich zur Geltung bringen, dass die globalen Herausforderungen, wie sie im Konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung (bzw. Bewahrung der Lebensgrundlagen) und im Projekt Weltethos mit seinen »4 unverrückbaren Weisungen« (Ehrfurcht vor allem Leben, Solidarität, Wahrhaftigkeit, Partnerschaft) beschrieben werden, jeweils spezifische Korrespondenzen in den geistlichen Grundlagen der Religionstraditionen haben. Sie bilden die Basis, auf der sowohl die nötige Fantasie als auch der lange Atem für das gemeinsame Handeln erwachsen kann. Dass jede der Religionen zu jedem dieser ethischen Themen etwas besonderes beitragen kann, wird deutlich, wenn wir für unsere Gebetsstunden nach grundlegenden Texten und Beispielen aus unseren Traditionen Ausschau halten. Dabei wird sichtbar, dass diese grundlegenden Texte und auch Lehren nicht gleich sind, aber in ihrer besonderen Ausprägung jeweils eine tief gründende Kraft für das ethische Handeln bereithalten – und dass dabei auch Korrespondenzen zwischen den verschiedenen Traditionen erkennbar werden. Die verschiedenen Bilder, Texte, Gebete, Lieder aus den Religionen geben der geistlichen Kraft, die aus den religiösen Quellen fließt, die Anschauung und Plastizität. Dabei sind die Texte nicht auf buchstäbliche Wiederholung angelegt, sondern bedürfen der Auslegung in die jeweils aktuellen Herausforderungen hinein. Was sich aus der Verbundenheit in spirituell gegründeten Überzeugungen für ethische und soziale Verpflichtungen ergibt, haben wir in einer grundlegenden Nürnberger Erklärung der Religionen für die Bewahrung des Lebens bei der Gebetsstunde zum Thema Gläubige im Einsatz für Menschen in Bedrängnis bereits 1993 zum Asudruck gebracht:

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»Wir, Gläubige aus verschiedenen Religionen, sind erschrocken über neu auflebende Fremdenfeindlichkeit, religiösen und nationalen Fanatismus, über Flüchtlingselend und Verarmung in vielen Regionen der Welt und den gleichzeitig weiter fortschreitenden Raubbau auf unserem Planeten. In der Verschiedenheit unserer Bekenntnisse wissen wir uns doch verbunden in der »Ehrfurcht vor dem Leben« (A. Schweitzer) und in der Suche nach neuer Geschwisterlichkeit. Wir rufen die Schwestern und Brüder in unseren Glaubensgemeinschaften und alle Menschen guten Willens auf: – Wehrt dem Fremdenhass! In der Stadt, von der einmal die Nürnberger Rassegesetze ausgegangen sind, wollen wir ein Zeichen setzen gegen neue Menschenverachtung, dafür, dass Verfolgte und Flüchtlinge eine Heimat finden können. – Haltet eure Hand über die Minderheiten! Erkennt, dass andere religiöse und ethnische Gruppen unter euch Reichtum, nicht Verarmung bedeuten. Die Beschneidung ihrer Rechte und Entfaltungsmöglichkeiten macht euer Leben ärmer. Unsere Religionen gebieten, was Grundgesetz und Menschenrechte fordern: Schützt den Fremden. – Seid Anwälte der Verfolgten und Unterdrückten überall in der Welt! Gebt euch nicht mit billigen Parolen zufrieden, weckt Verständnis, setzt euch für Gerechtigkeit ein. – Tragt Sorge dafür, dass Kinder in den guten Werten unserer Religionen erzogen und von ihnen geprägt werden! Lasst sie Liebe erfahren und lernen, solidarisch zu handeln, damit sie nicht der Verwahrlosung, dem Drogenkonsum oder auch fanatischen Anschauungen anheim fallen. – Arbeitet gemeinsam daran, die Lebensgrundlagen in unserem Land und auf unserer ganzen Welt zu pflegen! Wehrt der Gedankenlosigkeit und Rücksichtslosigkeit im Umgang mit Tieren und Pflanzen, mit Luft, Wasser und den Böden. – Setzt Zeichen gegen maßlosen Konsum, gegen hemmungslose Raserei auf unseren Straßen, gegen Machbarkeitswahn und unbegrenztes Wachstum. Setzt aber auch Zeichen gegen die Vergiftung des Geistes und der Sitten durch Sexismus in den Medien, durch Gewaltvideos oder durch okkulte Praktiken. – Vergesst nicht, dass das Leben eines jeden von uns eine kostbare Gelegenheit ist! Lasst uns wahrnehmen, wie jeder von uns einzigartig ist mit seinen Gaben und Begabungen, aber auch mit seinem Bedürfnis nach Liebe und Gemeinschaft. Und gleichzeitig sind wir verbunden mit allem Lebenden, sind beschenkt mit Sonne, Wind und Regen, mit Wachsen und Gedeihen. Im Bewusstsein der ganzen Vielfalt und Schönheit der belebten und doch so bedrohten Welt wollen

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wir mittragen an der Verantwortung für das Leben um uns und auf der ganzen Erde.«32 Sehr beschäftigt hat uns im Jahr 2015 und in der Zeit danach die Flüchtlingskrise, in der in besonderem Maße die Bewahrung der Menschenwürde auf dem Spiel stand und steht. Wir haben mitgearbeitet an einer Erklärung der Religionen, in der die in den Heiligen Schriften verankerten Grundüberzeugungen der Religionen mit den ethischen und sozialen Verpflichtungen der Religionsgemeinschaften in direkten Zusammenhang gebracht wurden. Diese Erklärung hat sich der Runde Tisch der Religionen in Deutschland im Jahr 2016 zu eigen gemacht:

Erklärung des Runden Tisches der Religionen in Deutschland zur Flüchtlingsfrage »Wenn bei dir ein Fremder in eurem Land lebt, sollt ihr ihn nicht unterdrücken. Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten, und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid selbst Fremde in Ägypten gewesen. Ich bin der Herr, euer Gott.« Levitikus / 3. Mose 19,33–34 Jesus spricht: »Ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen oder nicht aufgenommen. … Was ihr für meine geringsten Brüder und Schwestern getan habt oder nicht getan habt, das habt ihr mir getan oder nicht getan.« Nach Matthäus 25,35.40 »O ihr Menschen. Wir haben euch von einem männlichen und einem weiblichen Wesen erschaffen, und Wir haben euch zu Verbänden und Stämmen gemacht, damit ihr einander kennenlernt. Der Angesehenste von euch bei Gott, das ist der Gottesfürchtigste von euch. Gott weiß Bescheid und hat Kenntnis von allem.« Koran Sure 49,13 »Die Erde ist eine Heimat. Alle Menschen sind ihre Bürger.« Baha’u’llah »Sieh jeden Bittenden als deinen spirituellen Meister an.« Vimalakirti Sutra (Buddhismus) Die Aussagen unserer heiligen Schriften im Blick auf Fremde, auf Bedürftige und auf das Verhältnis der verschiedenen Völker zueinander sind eindeutig. Sie entsprechen der zentralen Aussage der Menschenrechtserklärung: »Die Würde des Menschen ist unantastbar.« 32 Abgedruckt in: Religions for Peace Nürnberg: Offene Türen. Religionsgemeinschaften in Nürnberg und Umgebung. 5. Aufl. 2017, 93.

Spiritualität und Ethik verknüpfen

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Für Menschen, die in den Traditionen ihrer Religionen leben, sind sie verbindlich. Fremdenfeindlichkeit und Fanatismus dürfen nicht religiös begründet werden! Für die Religionsgemeinschaften ergeben sich in der gegenwärtigen Flüchtlingskrise folgende Maßstäbe: Bei allen notwendigen Maßnahmen ist die Würde jedes einzelnen Menschen und die Perspektive eines gelingenden Zusammenlebens national und international zu achten. Das gilt für die Bekämpfung der Fluchtursachen ebenso wie für die Versorgung in den Flüchtlingslagern der verschiedenen Länder, für die Aufnahme in Deutschland und auch für unvermeidliche Rückführungen. Wir setzen uns insbesondere ein für gemeinsame Aktionen der Religionsgemeinschaften im nationalen wie im internationalen Rahmen. Dabei hat die Freiheit in umfassendem Sinne für uns besonderes Gewicht, indem wir verfolgten und marginalisierten Gruppen zur Seite stehen wollen. Alles, was einem Willkommensklima in unseren Gemeinden und unserer Gesellschaft dient – in Begegnung, Verständigung und Kooperation –, unterstützen wir aus tiefer Überzeugung. Für die Mitglieder des Runden Tisches der Religionen in Deutschland (RT/D) aus dem Zentralrat der Juden, der evangelischen Kirche, der römisch-katholischen Kirche, der orthodoxen Kirche, der Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB), dem Islamrat, dem Zentralrat der Muslime, der Deutschen Buddhistischen Union (DBU) und dem Nationalen Geistigen Rat der Baha’i. gez. Dr. Franz Brendle Geschäftsführer des RT/D In unserer Zusammenarbeit der Religionsgemeinschaften in Nürnberg sind wir immer wieder gefordert gewesen, zu politischen und gesellschaftlichen Problematiken Stellung zu beziehen: gegen Antisemitismus ebenso wie gegen das Schüren von Ängsten gegenüber dem Islam als vermeintlich aggressiver Ideologie, aber auch gegenüber jedem Extremismus. Nach der Schändung von Gräbern auf dem jüdischen Friedhof haben wir unsere Betroffenheit in einer Solidaritätserklärung mit der Israelitischen Kultusgemeinde ausgedrückt. Beim Auftreten des Salafistenpredigers Pierre Vogel gab es eine Gegendemonstration mit viel größerer Teilnehmerschaft gegenüber der kleinen Gruppe, die sich um Vogel versammelte. Aber auch bei der Suche nach angemessenen Räumen für kleinere religiöse Gruppen haben wir uns einsetzen können – als z. B. Anwohner sich gegen die Einrichtung der Begegnungsstube Medina in ihrem Haus wehrten.

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Religionen in der Kooperation

Eine Hilfe ist für uns dabei die Erklärung des Runden Tisches der Religionen in Deutschland zur Religionsfreiheit, die er – auch motiviert von Diskussionen in unserer Nürnberger Gruppe – 2013 beim Tag der Religionen in Coburg verabschiedete: Menschenrecht Religionsfreiheit Angesichts der aktuellen Bedrängnisse und Verfolgungen, denen Religionsgemeinschaften in vielen Ländern der Erde ausgesetzt sind, besonders wenn sie eine Minderheit bilden, hebt der Runde Tisch der Religionen in Deutschland den umfassenden Sinn des Menschenrechts Religionsfreiheit hervor. Grundlegend ist Art. 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, in dem es heißt: »Jeder Mensch hat Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit.«

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland betont das noch ausführlicher. In Artikel 3 Abs. 3 heißt es: »Niemand darf wegen … seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.«

Und in Artikel 4: » (1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (2) Die ungestörte Religionsübung wird gewährleistet.«

Will man sichtbar machen, was diese Bestimmungen bedeuten, so kann man folgende Einzelpunkte nennen: – Jeder Mensch darf eine Religion haben. – Er darf sich öffentlich dazu bekennen. – Er darf sie ausüben. – Er darf wegen seiner Religion oder einer nichtreligiösen Überzeugung nicht benachteiligt oder bevorzugt werden. – Er darf seine Religion wechseln. – Er darf seine Religion verlassen. – Er darf auch keine Religion haben. – Er darf für seinen Standpunkt eintreten. Einschränkungen der Religionsfreiheit können verschiedene Gründe haben: – Der Absolutheitsanspruch einer Religionsgemeinschaft, besonders, wenn dieser mit der Kulturtradition eines Landes verknüpft wird und deshalb

Spiritualität und Ethik verknüpfen

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andere religiöse und weltanschauliche Orientierungen marginalisiert, ausgrenzt oder sogar bekämpft werden. – Die soziale Struktur, wenn z. B. die Anhänger einer Religionsgemeinschaft als wirtschaftlich erfolgreicher gelten, andere sich als benachteiligt erfahren. – Das Vorherrschen von Säkularismus bzw. einer säkularen Ideologie in bestimmten Staaten, die die Religionsgemeinschaften als negativ für die Gesellschaftsentwicklung einstufen und sie deshalb in ihrem öffentlichen Wirken einschränken oder sogar bekämpfen. Wir erklären demgegenüber : – Religionsfreiheit in vollem Sinn ist die Freiheit »für«, »in« und »von« Religionen. Religionsfreiheit »Für« beinhaltet das Recht, eine Religion zu haben, sie auszuüben, sie öffentlich zu vertreten und für sie einzutreten. – Religionsfreiheit »In« bedeutet die Notwendigkeit, konfessionelle Vielfalt innerhalb der Religionen zuzulassen; das Recht, eine Religion/ein Bekenntnis zu wechseln. – Religionsfreiheit »Von«: bezieht sich auf das Recht, keine Religion zu haben, eine Religion zu verlassen, und das Recht, religiöse wie nichtreligiöse Standpunkte zu kritisieren. Die Grenzen der Religionsfreiheit liegen da, wo sich eine Religion- oder eine Weltanschauungsgemeinschaft gegen Freiheiten richtet, die das Grundgesetz garantiert.33 Diese Erklärung wendet sich deutlich gegen die Einschränkung von Religionsfreiheit in vollem Sinne etwa in islamisch geprägten Staaten, in denen die Abwendung vom Islam sanktioniert wird, aber auch gegen die staatlichen Einschränkungen von Religionsfreiheit etwa in der Volksrepublik China. Sie wurde von allen am Runden Tisch der Religionen beteiligten Religionsgemeinschaften in Deutschland mitgetragen. Sie beschreibt grundlegende Maßgaben, die auch für unsere Arbeit vor Ort gelten: im Verhältnis der Religionsgemeinschaften zueinander, im Verhältnis der Religionsgemeinschaften zu dem nichtreligiös orientierten Bevölkerungsanteil und im Verhältnis der Religionsgemeinschaften zu der Stadt und ihren Institutionen. Das führt bereits hin zu der nächsten Thematik.

33 Erklärung des Runden Tischs der Religionen in Deutschland vom 24. 10. 2013.

5.

»Suchet der Stadt Bestes«: Religionen als Akteure in der Zivilgesellschaft

Das Motto »Suchet der Stadt Bestes« ist dem Brief aus dem Buch des Propheten Jeremia (Jer 29) entnommen. In ihm werden die aus Jerusalem ins Exil in Babylon Weggeführten angesprochen, die Mühe hatten, sich auf ihre Existenz an dem fremden Ort einzustellen. Sie werden ermutigt, sich in die Umgebung und die Gesellschaft, in der sie nun leben, positiv einzubringen. – In einer pluralen Demokratie lebt die Gemeinschaft davon, dass die verschiedenen Gruppen, die in ihr leben, konstruktiv an der Gestaltung des Gemeinwesens mitwirken. Damit sind die Gewerkschaften und die Industrieverbände, die Vereine auf kommunaler und regionaler Ebene, die Parteien, aber eben auch die Religionsgemeinschaften gefordert. Dass diese ein wichtiger Faktor für ein gelingendes Miteinander sind, ist seit der Jahrtausendwende zunehmend ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Runde Tische der Religionen, interreligiöse Räte, Begegnungszentren der Religionen gibt es inzwischen in den meisten größeren, aber auch vielen kleineren Städten. Nachdem es 1988 nur 2 örtliche Gruppen Religions for Peace gab – in München und Stuttgart – sind sie inzwischen in 13 Städten bzw. Ballungszentren vertreten. Der Austausch zwischen ihnen befruchtet die jeweilige örtliche Arbeit. Nürnberg mit seiner besonderen Geschichte hat da ein herausforderndes Erbe zu verwalten.

5.1

Ein Blick in die Geschichte: Dunkle Seiten – helle Punkte – Neuansätze in der Gegenwart

Nürnberg kann sich einerseits rühmen, die Stadt der mittelalterlichen Reichstage gewesen zu sein. In der Goldenen Bulle war festgelegt, dass jeder erste Reichstag eines neu gewählten Kaisers des römischen Reiches deutscher Nation in Nürnberg stattzufinden hatte. Nürnberg ist die Stadt des Malers Albrecht Dürer, des Meistersingers Hans Sachs, des Humanisten Willibald Pirckheimer.

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Religionen als Akteure in der Zivilgesellschaft

Sie ist die Stadt der Religionsgespräche zur Reformation und des von Philipp Melanchthon gegründeten ersten Gymnasiums. Sie ist die Stadt des großen Friedensmahles nach dem 30jährigen Krieg. Dem stehen dunkle Seiten der Intoleranz gegenüber: die dunkelste ist zweifelsohne das Geschick der Juden in verschiedenen Jahrhunderten: besonders grausam die Pogrome 1298 und dann wieder 1349, als Kaiser Karl IV. gestattet hatte, das Getto abzubrechen, und selbst an der Stelle der Synagoge die Kirche »Unserer lieben Frau« bauen ließ, die als Hofkapelle dienen sollte. Bald danach durften sich Juden wieder ansiedeln und taten dies auch. 1498/99 aber wurden sie mit Billigung Kaiser Maximilians endgültig aus der Stadt verwiesen und erhielten erst später wieder tagsüber Zutritt zur Stadt. Ganz anders war die Situation der Juden in Fürth, wo sie selbst am Marktplatz eigene Häuser besaßen. Die dunkelste Geschichte ist dann die Geschichte im vorigen Jahrhundert, in dem der Gauleiter Streicher der schlimmste antisemitische Hetzer war und mit dem Slogan »Die Juden sind unser Unglück« die Stimmung bis zur Deportation und Vernichtung der Juden anheizte. Hitler nutzte das Renommee Nürnbergs als Stadt der mittelalterlichen Reichstage, um hier die Reichsparteitage der NSDAP zu etablieren – mit dem Negativ-Höhepunkt der Rassegesetze von 1935. Ein heller Punkt in dieser dunklen Geschichte ist Nürnbergs Reformator Andreas Osiander, der in einer Schrift 1540 die Juden gegen den Vorwurf des Ritualmordes, der damals immer wieder Vorwand für Judenverfolgung war, in Schutz nahm. Osiander widerlegt diesen Vorwurf aus einer gründlichen Kenntnis der jüdischen Gesetze und Bräuche und des Alten Testaments. Er polemisiert nicht, sondern argumentiert. Die Heilswege Gottes für Christen und Juden werden nebeneinander gestellt – ohne Abwertung des jüdischen Glaubens zugunsten des christlichen. Leider ist dieses wichtige Signal in der damaligen Zeit ein Einzelfall geblieben. Aber nicht nur für Juden gab es immer wieder Schwierigkeiten in Nürnberg. Nach der geordnet eingeführten Reformation und dem Aussterben der letzten Nonnen im Clarissenkloster hatten lange Zeit nur Lutheraner Wohnrecht in Nürnberg. Und selbst die reformierte Kirche konnte erst ab 1818 – also dann, als Nürnberg nicht mehr freie Reichsstadt, sondern bayrische Stadt war, ein eigenes Gotteshaus in Nürnberg haben: die Kirche St. Martha, die noch heute ihr Zentrum ist. Im 19. Jahrhundert wurde dann allerdings die konfessionelle Einheitlichkeit Nürnberg schon stark aufgelockert: Es konnte sich wieder eine jüdische Gemeinde bilden. Durch den massenhaften Zuzug aus der Oberpfalz wuchs seit 1870 der katholische Anteil der Bevölkerung. Evangelischerseits war die liberale Theologie maßgeblich. Schon 1848 bildete sich eine starke freireligiöse Gemeinde. 1902 kam Friedrich Rittelmeyer als Pfarrer nach Nürnberg, der als liberaler Prediger eine

Ein Blick in die Geschichte

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große Hörerschaft unter seiner Kanzel versammelte und später in Berlin Leiter der anthroposophisch geprägten »Christengemeinschaft« wurde. Als dann 1934 die Nationalsozialisten die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Bayerns der von den Deutschen Christen beherrschten Berliner Reichskirchenleitung unterstellen wollten, wurde Nürnberg zum Schwerpunkt des Widerstandes. Landesbischof Hans Meiser wurde vom Gauleiter Streicher als »Judenfreund« beschimpft und in München in Schutzhaft genommen, der Nürnberger Dekan Weigel seines Amtes enthoben. Da kam es zu einer Protestbewegung, die mit einem Bekenntnisgottesdienst in St. Lorenz am 16. Oktober 1934 ihren Höhepunkt erreichte. Nur eine Nürnberger Gemeinde schloss sich den Deutschen Christen an. Leider hat es in der Bayerischen Landeskirche nicht den gleichen Widerstand gegen die Entrechtung der Juden gegeben, die in den »Nürnberger Gesetzen« von 1935 legitimiert wurde. Schon vor der Reichsprogromnacht wurde im August 1938 die große Synagoge am Hans Sachs-Platz abgerissen. An dieser Hypothek unserer Stadtgeschichte können wir nicht vorbeigehen. Und das wird gerade auch von den christlichen Kirchen in unserer Stadt ernstgenommen. Blicken wir auf die Zeit nach dem 2. Weltkrieg, so ist zunächst festzustellen, dass sich in Nürnberg ein vorbildliches ökumenisches Miteinander der christlichen Kirchen entwickelt hat. Das Bewusstsein, dass die verschiedenen Konfessionen in versöhnter Verschiedenheit zusammenleben können, ist nicht nur auf der Leitungsebene, sondern auch in den Gemeinden inzwischen tief verankert. Die Tatsache etwa, dass der Griechisch-Orthodoxen Gemeinde für viele Jahre der evangelische Gebetssaal der Epiphanias-Kirche als Gottesdienstraum überlassen wurde, bis sie ihre eigene schöne Kirche einweihen konnte, zu deren Baukosten auch die evangelische Kirche beitrug, ist dafür ebenso ein Beispiel wie die intensive Zusammenarbeit in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen, zu der neben der römisch-katholischen, der evangelisch-lutherischen, der evangelisch-reformierten und der griechisch-orthodoxen Kirche auch mehrere evangelische Freikirchen gehören. Dass für Stadtjubiläen selbstverständlich ökumenische Gottesdienste durchgeführt werden, zeigt das hier gewachsene Vertrauen und Zusammenwirken. Aber auch der Blick über die christlichen Kirchen hinaus hat inzwischen schon eine längere Tradition. Dazu gehört die ehrliche Auseinandersetzung mit der unheilvollen Geschichte zwischen Christentum und Judentum, gehört die Einrichtung der »Woche der Brüderlichkeit«, die immer im März das kulturelle Erbe des Judentums lebendig werden lässt und zu Begegnung und Dialog einlädt. Einen Höhepunkt für das gegenseitige Verständnis stellt die Erklärung der EvangelischLutherischen Kirche in Bayern zum Thema »Christen und Juden« dar, die auf der Herbstsynode 1998 in Nürnberg einstimmig verabschiedet wurde. Darin wird die gemeinsame Wurzel von Judentum und Christentum betont, der Antijudaismus in der Kirchengeschichte und der mangelnde Einsatz der Kirche für die Juden im sogen. 3. Reich kritisch eingestanden und eine Fülle von Aufgaben zur Neuorien-

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Religionen als Akteure in der Zivilgesellschaft

tierung in Gottesdienst, Religionsunterricht und theologischer Aufgaben benannt. Hinter dieser Erklärung stand besonders der damalige Nürnberger Dekan und spätere Landesbischof Johannes Friedrich. Eine noch viel weitere Dimension religiöser Toleranz muss in den Blick kommen, wenn die ganze Breite der verschiedenen Religionen beachtet wird. Das ist am Beispiel der Nürnberger Gruppe der Religionen für den Frieden bereits deutlich geworden. Ein Leitmotiv – im Sinne von »Suchet der Stadt Bestes« – kann ein Lied sein, das Martin Affolderbach für einen regionalen Kirchentag 2001 in Hannover gedichtet hat und das, in Form eines Gebets, die Bitte um ein gutes Miteinander in der Vielfalt der Kulturen der Großstadt vor Gott bringt:34 Wir bitten Gott für diese Stadt mit Arbeit, Hektik, Eile, die Ruhe deiner Gegenwart all’ unsre Spannung heile. Wir bitten Gott für diesen Ort, die Nachbarn hier und drüben, Vertrauen schafft ein gutes Wort, das muss man täglich üben. Wir bitten Gott für diese Stadt, die Vielfalt der Kulturen, die Weite, die die Schöpfung hat, die findet darin Spuren. Wir bitten Gott für diesen Ort, die Jungen und die Alten, sein Segen möge immerfort uns Glück und Heil erhalten.

5.2

Der Rat der Religionen als Ansprechpartner der Stadtspitze

Seit 2016 gibt es in Nürnberg – wie schon in einer Reihe anderer deutscher Städte – den Rat der Religionen. Er ist – auf der Basis von Gesprächen zwischen der Stadtspitze und den Religionsgemeinschaften – gegründet worden als offizielles Forum und offizielle Vertretung auf der Ebene der Repräsentanten der Religionsgemeinschaften für die Angelegenheiten der Religionen in der Öffentlichkeit. Er ersetzt nicht die Basisarbeit von Begegnung und Dialog, wie sie von Religionen für den Frieden, vom Begegnungszentrum Brücke und von der Begegnungsstube Medina geleistet wird, gibt aber dem gemeinsamen Auftreten der Religionsgemeinschaften ein offizielles Gesicht. In ihm sind die Religionsgemeinschaften nach einem Schlüssel vertreten, der den großen Kirchen mit ihrer hohen Mitgliederzahlen gerecht wird, aber auch alle kleineren Glaubensgemeinschaften vertreten sein lässt. Der Vorstand setzt sich aktuell zusammen aus dem evangelisch-lutherischen Stadtdekan Jürgen Körnlein als erstem Vor34 M. Affolderbach, A. Scheunpflug: Wir bitten Gott für diese Stadt. In: W. Haußmann, M. Pirner (Hg.): Lieder als Lebensbegleiter. Geistliche Impulse aus Vergangenheit und Gegenwart. J. Lähnemann zum 75. Geburtstag. Berlin 2018, 91–93, 91.

Der Rat der Religionen als Ansprechpartner der Stadtspitze

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sitzendem, dem Geschäftsführer der Israelitischen Kultusgemeinde Andr8 Freud als 1. Stellvertreter, der Alivitin Serpil Saglam als 2. Stellvertreterin und einem Vertreter der DITIB-Gemeinde. Dr. Jürgen Körnlein als erster Vorsitzender hat die Aufgaben in seiner Eröffnungsrede am 16. Oktober 2016 unter Rückgriff auf die Satzung folgendermaßen umrissen:35 »Übergeordnetes Ziel des Vereins ist das gemeinsame Auftreten von Religionen in der Öffentlichkeit. Der Rat der Religionen in Nürnberg versteht sich als Ansprechpartner für die Stadtspitze und den Stadtrat (auch in Konfliktfällen) und als Repräsentanz der Religionen in der Stadtgesellschaft. Er fördert den Dialog, die Vernetzung und das gegenseitige Verständnis unter den in Nürnberg vertretenen Religionen sowie zwischen den Religionsgemeinschaften und der Stadtgesellschaft. Er nimmt aus einer religiösen Perspektive Stellung zu Themen von gesellschaftlicher Relevanz mit lokalem Bezug. Sein Ziel ist es, den Zusammenhalt in der Kommune und ein konfliktfreies Zusammenleben zu fördern. Die Mitglieder des Vereins treten in der Öffentlichkeit für einen respektvollen Umgang miteinander ein.« Die Mitgliedschaft ist an Voraussetzungen gebunden, die bei Religionen für den Frieden seit deren Anfängen gelten: Im Rat der Religionen kann nur Mitglied werden, »wer für Folgendes steht: – die Achtung des Grundgesetzes und seiner darin garantierten negativen wie positiven Religionsfreiheit, – eine respektvolle Kooperation, welche die jeweilige Eigenständigkeit und das Existenzrecht der verschiedenen Religionsgemeinschaften anerkennt und akzeptiert, – das Recht auf freie Meinungsäußerung, welche die Würde und Integrität des anderen achtet, – die Bereitschaft, Gemeinsamkeiten zu suchen und Unterschiede zu achten, – das Verbot jeder Form von unmittelbarer und mittelbarer Diskriminierung aufgrund der Religion, weltanschaulicher, politischer Anschauungen, des Geschlechts, der ethnischen Herkunft oder rassistischer Zuschreibungen, des Alters, einer Behinderung, des sozialen Status und der sexuellen Identität und Orientierung, – Gewaltfreiheit.« Seit seiner Gründung ist der Rat der Religionen mit mehreren Erklärungen und Aktionen aktiv geworden: – mit einer Erklärung »Gemeinsam gegen die Angst« (14. 09. 2017) – mit einer Erklärung gegen Hetze gegen Juden und Muslime (06. 07. 2018) 35 https://www.rat-der-religionen-nuernberg.de/.

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Religionen als Akteure in der Zivilgesellschaft

– mit einem Faltblatt »Heimat ist für mich« (09. 10. 2018) – mit einer interreligiösen Lichtinstallation in Moschee, Synagoge und Kirche (17.11.–02.12. 2018) Aus dem sehr vielgestaltigen Faltblatt zum Thema Heimat sei als Beispiel die Erklärung von Ali Koc, Sprecher der Begegnungsstube Medina, zitiert: »Wenn ich das Wort Heimat höre, schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Ich habe Heimatgefühle in dem Land meiner Eltern, der Türkei, wo ich geboren wurde. Und in Deutschland, wohin ich vor knapp 50 Jahren als 5-Jähriger gekommen und aufgewachsen bin. Meine ›Hauptheimat‹ ist nun Deutschland. Dessen Staatsbürgerschaft habe ich angenommen, hier bin ich durch Freunde und Familie verwurzelt. Heimat ist der Ort, auf den man sich freut, wenn man nach einer Reise nach Hause zurückkehrt; an dem man sich wohl- und aufgenommen fühlt. Heimat sind für mich Nachbarn, die zu Freunden, fast zu Familienmitgliedern geworden sind. Heimat ist der Ort, wo ich meine Kultur und Religion frei ausüben kann und das Gefühl habe, willkommen zu sein. Manchmal schwinden meine Heimatgefühle, wenn ich Politiker sagen höre, dass der Islam, also ich, nicht zu Deutschland gehöre und ich immer wieder als Deutscher mit Migrationshintergrund bezeichnet werde. Heimat sind für mich die Freunde in der Begegnungsstube Medina, in der wir uns seit Jahren für ein friedliches Miteinander der Kulturen und Religionen in unserer Gesellschaft einsetzen. Wir empfinden uns als der muslimische Teil der deutschen Gesellschaft. Diese kulturelle und religiöse Vielfalt ist für mich die wahre Heimat. Und diese gilt es mit aller Kraft zu erhalten. Wir dürfen nicht zulassen, dass rassistische und antiislamische Gesinnung dies zerstört. Wenn mich einer fragt, wie ich mich in dieser Gesellschaft darstelle, dann sage ich: ›Meine Religion ist der Islam, mein heiliges Buch ist der Koran, meine Propheten sind Abraham, Moses, Jesus und Muhammed, meine Heimat ist Deutschland und mein Bundespräsident heißt Frank-Walter Steinmeier.‹« Es kann kaum genug solcher Voten für die Beheimatung in unserem Land und in unseren Städten geben angesichts unserer inzwischen so stark von Migration geprägten Gesellschaft.

5.3

Engagement in Schulen und Bildungseinrichtungen

Hans Küngs Maximen – »Kein Weltfriede ohne Religionsfriede«, »Kein Religionsfriede ohne Dialog der Religionen« und »Kein Dialog der Religionen ohne Grundlagenarbeit in den Religionen« müssen ergänzt werden: »Kein Friede, kein Dialog und keine Grundlagenarbeit ohne interreligiöse Bildung«. Beson-

Engagement in Schulen und Bildungseinrichtungen

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ders geht es um die Aufgaben, die mit der dritten der »Unverrückbaren Weisungen« in der Erklärung zum Weltethos angesprochen sind: um die »Verpflichtung auf eine Kultur der Toleranz und ein Leben in Wahrhaftigkeit«. Angesichts extremer Kräfte von Rechts und Links, von Überfremdungsängsten und der Konjunktur antisemitischer und antiislamischer Parolen, bei denen oft bewusst mit Falsch-Nachrichten operiert wird, sind verlässliche Informationen, fundierte Kenntnisse und besonders auch Begegnungserfahrungen von zentraler Bedeutung. Für diese Aufgaben haben die Religionsgemeinschaften ebenso wie die Schulen und die kommunalen Bildungseinrichtungen einen großen Lernprozess durchmachen müssen. Ein Beispiel kann das deutlich machen: Noch 1993 kam in den bayerischen Lehrplänen für Evangelischen Religionsunterricht an Grundund Hauptschulen eine nichtchristliche Weltreligion nur ein einziges Mal vor : das Thema »Islam« im 7. Schuljahr – damals aber noch austauschar gegen das Thema »Jugendreligionen«. Auch in der theologischen Ausbildung an den Universitäten war es bis zu diesem Zeitpunkt noch ein ausgesprochenes Randthema. Einen Durchbruch stellte evangelischerseits die Denkschrift zum Religionsunterricht von 1994 dar, die unter dem bezeichnenden Titel stand: »Identität und Verständigung«. Orientierung in der eigenen Religion und Konfession wurden in ein durchdachtes Verhältnis gesetzt zum Kennenlernen anderer Religionen und Weltanschauungen. Es ist dort von einer Fächergruppe Religion/Ethik die Rede, in der die konfessionellen Formen des Religionsunterrichts ihren Ort haben, die aber nicht isoliert voneinander existieren sollen. Daraus ergeben sich eine Reihe von Konsequenzen: – Als verbindende Aufgabe lässt sich herausstellen, dass es in dieser Fächergruppe um Orientierungshilfen, Existenzhilfen und Handlungshilfen in religiösen, weltanschaulichen und ethischen Fragen gehen soll. D. h. in jedem der Fächer geht es um kognitives Lernen, identitätsbildendes Lernen und soziales Lernen. – Die Nachbarschaft der Fächer bedeutet, dass jeweils sowohl spezifische als auch parallele und nicht zuletzt verbindende Lernbereiche zu erschließen sind. – Wichtig ist sodann die Abstimmung mit Lernaufgaben anderer verwandter Schulfächer, besonders im sprachlichen, geschichtlichen, sozialen und musischen Bereich. – Jedes der Fächer hat außerdem seinen Beitrag zur Gestaltung des »Schullebens« zu leisten, wozu die auch gesellschaftlich relevanten religiösen Elemente im Verlauf eines Schuljahres besonders einladen. – Nachbarschaft bedeutet schließlich die Kooperation bei der Lehrplan-, Schulbucharbeit und der Ausbildung der Lehrkräfte.

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Religionen als Akteure in der Zivilgesellschaft

Die langjährigen Diskussionen um den Aufbau eines islamischen Religionsunterrichts, aber auch solche Modellversuche wie ein »Religionsunterricht für alle« in Hamburg haben zu einem Paradigmenwechsel geführt. Inzwischen werden Lehrpläne für evangelischen und katholischen Religionsunterricht nicht ohne den Blick auf islamische Modelllehrpläne, aber auch auf jüdische Lehrpläne und für die Alternativfächer Ethik, Werte und Normen (in Niedersachsen), Praktische Philosophie (in Nordrhein-Westfalen) erarbeitet. Es gibt Ansätze für einen religions-kooperativen Religionsunterricht. Und es ist Standard, dass bei Schulbüchern und Unterrichtsmaterialien für eine Konfession Kapitel über eine andere Konfession oder Religion von Experten dieser Konfession bzw. Religion gegengelesen werden. Die Nürnberger Foren einer Erziehung zur Religions- und Kulturbegegnung, an denen die Mitglieder von Religionen für den Frieden Nürnberg vielfältig partizipierten, sind ein Gradmesser für diese Entwicklung gewesen. Von der Erarbeitung eines gemeinsamen Schulethos an der Berufsschule VI in Nürnberg war schon die Rede. Es sind die Projekte vor Ort aber immer auch in einen überregionalen und internationalen Rahmen hineingestellt worden: Was geschieht in anderen europäischen Ländern? Und gibt es zukunftsweisende Beispiel aus anderen Kontinenten: etwa aus Südafrika nach dem Ende der Apartheid oder aus den Spannungsgebieten des Nahen Ostens? Lassen sich gemeinsame Standards interreligiösen Lernens bei der Entwicklung von Curricula und der Erstellung neuer Schulbücher formulieren? Letzteres ist auf der Basis der Forschungen am Lehrstuhl Religionspädagogik zur Darstellung des Christentums in Schulbüchern islamisch geprägter Länder in internationaler Konsultation möglich geworden und ebenso international bekannt gemacht worden – auf Deutsch, Englisch und Arabisch. In der örtlichen Zusammenarbeit der Universität mit Religionen für den Frieden Nürnberg hat es immer wieder gemeinsame Veranstaltungen gegeben – durch die Kombination des regelmäßig angebotenen Seminars »Religionen vor Ort« für Studierende mit den Jahresthemen unserer Gruppe. Zu jeder der Religionsgemeinschaften, die wir besuchten, wurde in der Universität eine inhaltliche Einführung geboten. Die Broschüre »Offene Türen. Religionsgemeinschaften in Nürnberg und Umgebung« erweist sich dabei als hilfreicher Schlüssel für die Hinführung. Es wurden Fragen erarbeitet, die in den Räumen der jeweiligen Religionsgemeinschaft mit deren Angehörigen zu lebhaften Gesprächen führten. In den allermeisten Fällen waren es Erstbegegnungen. Befruchtend war dabei immer das Lernen über die Generationen hinweg und die Erfahrung, ganz verschiedene spirituelle, kultische und kulturelle Kontexte zu erleben: Die Religionen sind eben doch viel mehr, als was in Lehrbüchern steht und was medial vermittelt wird.

Nürnberg als »Stadt der Menschenrechte« mitgestalten

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Für die Begegnung haben besonders auch das Begegnungszentrum Brücke/ Köprü und die Begegnungsstube Medina viel geleistet. In letzterer erleben jährlich mehrere Tausend Schüler die Grundlagen muslimischen Glaubenslebens. Ein besonderer Workshop wurde und wird vom Begegnungszentrum Brücke konzipiert und durchgeführt: eine Arbeit mit Jugendlichen in den verschiedenen Schularten – einschließlich Berufsschule – unter dem Thema »Dein Gott, mein Gott, kein Gott«: Anliegen ist, jugendlichen Teilnehmenden – ohne zu bewerten – gelebte Religiosität als Teil von Jugendkultur nahezubringen. In einem abwechslungsreichen Methodenmix werden weniger abstrakte Inhalte vermittelt als vielmehr ein aktiver Zugang zur eigenen Religiosität ermöglicht sowie eine nicht wertende Haltung gegenüber anderen Religionen angebahnt. Die Teilnehmenden werden dabei unterstützt, sich gegenseitig wertfrei und wohlwollend wahrzunehmen, ohne an stereotypen Vorurteilen, insbesondere religiöser Art, haften zu bleiben. Es ist eine besonders wichtige präventive Arbeit gegenüber radikalisierenden Einflüssen, denen muslimische Jugendliche leicht aus salafistischen Kreisen, auch über die sozialen Medien, andere aus rechtsradikalen Kreisen ausgesetzt sein können.

5.4

Nürnberg als »Stadt der Menschenrechte« mitgestalten

Nürnberg als Stadt der Reichsparteitage der NSDAP – als vermeintlich »deutscheste« Stadt –, Nürnberg als Stadt mit dem Magazin »Der Stürmer« von Gauleiter Julius Streicher und seiner ungebremsten Hetze gegen Juden, Nürnberg als Stadt der Rassegesetze von 1935 – und dann in der von Bomben zerstörten Stadt die Nürnberger Prozesse: Es ist die besondere Hypothek, die auf der Geschichte der Stadt liegt und die für Juden weltweit den Namen Nürnberg als Symbol für die Verbrechen des Nationalsozialismus hat erscheinen lassen. Mit dieser Hypothek setzt sich Nürnberg an mehreren Stellen bewusst auseinander. Das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände am Dutzendteich im von Hitlers Architekten Albert Speer konzipierten riesigen »Kolosseum« bietet eine schonungslose Auseinandersetzung mit der Unheilsgeschichte Nürnbergs: Im Zentrum steht ein großer gläserner Pfeil, der durch die 6 m dicken Mauern gebohrt ist und neben den Dokumentationen auch Tagungsräume enthält. Auf den weiten Flächen des Aufmarschgeländes finden sich erläuternde Erklärungen für die Besucher. Nicht nur mit den Angehörigen der Religionsgemeinschaften in Nürnberg waren wir dort, sondern immer auch mit der internationalen Teilnehmerschaft der Nürnberger Foren – von dem nahe gelegenen Zentrum St.

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Religionen als Akteure in der Zivilgesellschaft

Paul aus, in dem sich die Tagungsräume der Foren und der Sitz unseres Lehrstuhls Religionspädagogik befindet. Die Internationale Akademie Nürnberger Prinzipien ist am historischen Ort der Nürnberger Prozesse aufgebaut worden – anknüpfend daran, dass hier zum ersten Mal in der Geschichte die Weltöffentlichkeit über Kriegsverbrechen zu Gericht saß. Die Akademie hat es sich zur Aufgabe gemacht, dieses Erbe zu bewahren, etwa bei wissenschaftlichen Tagungen oder Fortbildungen für Richter und Staatsanwälte aus aller Welt. Aufarbeitung der Vergangenheit und aktuelle Herausforderungen kommen zusammen in einem eindrucksvollen Mahnmal mitten in der Stadt beim Germanischen Nationalmuseum: der Straße der Menschenrechte. Nach einem Entwurf des israelischen Künstlers Dani Karavan konnte sie 1988 eingeweiht werden. Sie besteht aus 27 weißen Rundpfeilern von 8 Metern Höhe, 2 Bodenplatten, einer Säuleneiche und einem Torbogen, der zum Wandeln und Wahrnehmen in der anschließenden Straße einlädt. Jede der Säulen in der Straße trägt in Kurzform einen der Menschenrechtsartikel in Deutsch und in einer anderen Sprache – sowohl als Anklage gegen die Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Nationalsozialisten als auch als Mahnung zum Einsatz für Menschenrechte, der in vielen Staaten der Welt unverändert nötig ist. Seit 1995 verleiht die Stadt Nürnberg alle 2 Jahre den mit 15.000 E datierten Menschenrechtspreis. Er wird Persönlichkeiten und Gruppen verliehen, die mit ihrer Menschenrechtsarbeit in einem besonderen Spannungsgebiet leben und nicht selten an Leib und Leben bedroht sind. Er soll den Trägerinnen und Trägern internationale Anerkennung und Bekanntheit vermitteln und sie bei ihrer konkreten Projektarbeit unterstützen. Dazu gehören u. a. Fatimata M’Baye (Mauretanien) für ihren Kampf gegen die Diskriminierung schwarzafrikanischer Bevölkerungsgruppen, Bischof Samuel Ru&z Garc&a (Mexiko) für seine Bemühungen um die Rechte der indigenen Völker, Eug8nie Musayidire (Ruanda) für ihre Versöhnungsarbeit zwischen den beiden verfeindeten Volksstämmen der Hutu und Tutsi in Ruanda, Abdolfattah Soltani (Iran) für sein Engagement für die Anerkennung der Menschenrechte in der Islamischen Republik Iran, Kasha Jacqueline Nabagesera (Uganda) für ihren mutigen Kampf gegen Homophobie und für sexuelle Selbstbestimmung in Uganda, Amirul Haque Amin (Bangladesh) für seinen Kampf für die Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter in der Textilindustrie. Seit 1999 ist es Tradition, dass sich die Nürnbergerinnen und Nürnberger nach der Verleihung des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises an einer Tafel zum gemeinsamen Mahl treffen. Viele zivilgesellschaftlich aktive Gruppen – darunter auch religiöse Gemeinschaften – laden dazu an ihre Tische ein. Die Friedenstafel in der Nürnberger Altstadt setzt damit ein Zeichen für Frieden, Toleranz und die Achtung der Menschenrechte.

Nürnberg als »Stadt der Menschenrechte« mitgestalten

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Seit 1997 konzipiert, koordiniert und realisiert das kommunale Menschenrechtsbüro die Menschenrechtsaktivitäten der Stadt, häufig in Kooperation mit Partnern innerhalb und außerhalb der Stadtverwaltung. Dazu gehören auch der Rat der Religionen, unsere Gruppe der Religionen für den Frieden und die Universität. Sie hat 2009 einen eigenen Lehrstuhl für Menschenrechte und Menschrechtspolitik eingerichtet, dessen Inhaber, Heiner Bielefeldt, schon 2010 zum UNO-Sonderberichterstatter für das Menschenrecht der Religionsfreihet berufen wurde. Mit ihm und dem Menschenrechtsbüro unter der Leitung von Martina Mittenhuber haben mein Nachfolger Manfred Pirner am Lehrstuhl für Religionspädagogik und ich 2013 das XI. Nürnberger Forum zum Thema »Menschenrechte und inter-religiöse Bildung« durchgeführt. Mit einem internationalen Kreis an Referentinnen und Referenten aus allen großen Religionstraditionen haben wir 5 Fragenkreise bearbeitet, die Manfred Pirner in seinem zusammenfassenden Referat aufgelistet hat: 1. In welchem Verhältnis stehen (partikulare) religiöse Traditionen und (universelle) menschliche Vernunft? Verkürzt: Wie stehen Glaube und Vernunft zueinander? 2. In welchem Verhältnis stehen die (großen Welt-) Religionen zu einander? 3. Welchen gesellschaftlichen Beitrag können die Religionen zur Fundierung, Förderung und kritischen Begleitung einer Kultur der Menschenrechte leisten? 4. Welchen Beitrag kann eine Kultur der Menschenrechte zur konstruktiven, je internen Weiterentwicklung der Religionen leisten? 5. Welchen Beitrag kann eine Kultur der Menschenrechte zu Bildung und Erziehung leisten? Von grundlegenden Reflexionen aus der Sicht der verschiedenen Religiosntraditionen bis hin zu empirischen Untersuchungen über die Einstellungen von christlichen und muslimischen Jugendlichen zu den Menschenrechten und exemplarischen Unterrichtsprojekten reichte die Spannbreite der Beiträge, die – wie bei allen Foren – veröffentlicht und einem breiteren Leserkreis zugänglich gemacht wurden. Immer wieder hat es spezifische Aktionen zur Förderung des Menschenrechtsbewusstseins in Nürnberg gegeben, an denen sich die Gruppe der Religionen für den Frieden beteiligt hat: etwa an einer Aktion zum Menschenrecht »Wasser« und an dem Projekt »Bäume für Menschenrechte«, bei dem an symbolischen Stellen der Stadt von jeweils einer Gruppe in der Stadt ein GingkoBaum gepflanzt wurde mit der Benennung eines besonderen Menschenrechts – von unserer Gruppe im Innenhof hinter der St. Klara-Kirche mit dem 18. Menschenrecht, dem Recht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit. Anlässlich der Verleihung des Menschenrechtspreises 2017 haben wir in St. Sebald eine Gebetsstunde unter dem Titel »Freiheit, Gerechtigkeit, Menschenwürde« gehalten,

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Religionen als Akteure in der Zivilgesellschaft

in der die Quellen der Menschlichkeit, wie sie in den Texten, Überlieferungen und Liedern der verschiedenen Religionen zu finden sind, als Beitrag zu den Menschenrechten in und mit den Religionen zur Sprache gebracht wurden.

Religionen als Akteure in der Zivilgesellschaft

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Der Blick von der Kaiserburg über die Dächer von Nürnberg mit den Kirchen St. Sebald und St. Lorenz

Pilgerweg der Religionen in der Innenstadt mit Empfang in Kirche, Moschee und Hindu-Tempel

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Religionen als Akteure in der Zivilgesellschaft

Gebetsstunde der Religionen in der Ayasofia-Moschee nach den Attentaten des 11. September 2001: Metropolit Serafim betet das Vaterunser.

Gebetsstunde »Lasst uns die Erde schützen« in St. Klara. Symbolisches Zerschneiden des Netzes, in dem die Erde gefangen ist

Religionen als Akteure in der Zivilgesellschaft

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Stadtrat Arno Hamburger, Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde, spricht in der Frauenkirche, wo im Mittelalter die Synagoge gestanden hatte.

Die Vorstandsmitglieder des 2016 gegründeten Rates der Religionen in Nürnberg

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Religionen als Akteure in der Zivilgesellschaft

Interreligiöse Orientierung in Nürnberg (2017): 50 Religionsgemeinschaften stellen sich vor.

Jubiläum in der wieder hergestellten Kirche St. Martha am 8. Dezember 2018: Stadträtin Christine Kayser bedankt sich für 30 Jahre interreligiöser Arbeit in Nürnberg.

6.

Chronik der Arbeit in Nürnberg 1988–2019: Von singulärer Pionierarbeit zur Vernetzung in einer Vielfalt kulturverbindender Initiativen

1988 – 18.11. Einladungsschreiben an die Religionsgemeinschaften für ein erstes Treffen – 03.12. Erstes Treffen in der Viatisstr. 125 – vertreten sind Baptisten, Buddhisten, Ev.-Luth., Ev.-ref., Röm-Kath. Christen, Muslime – Beratung durch Dr. Günther Gebhardt als europäischem Generalsekretär

1989 – 18.02. Zweites Treffen in der Universität: Bericht über die V. Weltversammlung von Religions for Peace in Melbourne – Ab April kontinuierlich Besuche der Religionsgemeinschaften: Israelitische Kultusgemeinde, christliche Kirchen – evangelisch, katholisch, orthodox, freikirchlich –, muslimische Gemeinden, Aleviten, Mandäer, Hindus, Buddhisten, Baha’i – 22.11. Erste Nürnberger Gebetsstunde der Religionen für den Frieden in der Ev.-reformierten Kirche St. Martha: »Ich möchte gerne Brücken bauen«

1990 – 14./15. 04. Dialog: Glaube an Gott bei Christen und Muslimen mit Kardinal Francis Arinze (Caritas Pirckheimer-Haus) – 22.05. Dialog: Buddhismus und Christentum: Zwei Heilswege im Vergleich – Johannes Lähnemann mit Dagyab Kyabgon Rinpoche (Zentrum Heilig Geist) – 21.11. Zweite Nürnberger Gebetsstunde in der kath. Kirche St. Elisabeth: »Buße, Umkehr, Reinigung des Geistes«

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1991 – 16.02. Erklärung »Religionen für den Frieden – Gegen neue Feindbilder« angesichts des Irak-Krieges (200 Unterzeicchner) – Juni Erste Auflage der Broschüre: »Offene Türen. Religionsgemeinschaften in Nürnberg und Umgebung« (17 Glaubensgemeinschaften stellen sich vor) – 25.–28.9. Beteiligung am IV. Nürnberger Forum: »Das Wiedererwachen der Religionen als pädagogische Herausforderung« – 20.11. Dritte Nürnberger Gebetsstunde der Religionen in der ev.-luth. Kirche St. Egidien: »Bewahrung der Schöpfung« (dazu: Nürnberger Erklärung der Religionen zur Bewahrung des Lebens)

1992 – 17.01. Beim Freitagsgebet in der Yeni Cami: Einsatz für neue Räume der Moscheegemeinde (Hauptimam Ahmed Ibrahimovic) – 20.02. Holger und Christine Herrmann-Wielsch berichten von der Indienreise mit WCRP – 27.04. Vortrag Johannes Lähnemann: Religion und Frieden in Ostasien – eine Dialogreise nach Japan, Korea und Hongkong – Juli Aufruf zur Solidarität mit den leidenden Menschen in Bosnien – September Zeitschrift »Friedenshoffnungen« (Initiator Hans Strese)

1993 – 16.01. Gebetsstunde der Religionen für den Frieden in der katholischen Kirche St. Anton Thema »Gerechtigkeit« (Pfarrer Alois Huber) – Januar Gründung der Brücke/Köprü – Begegnungsstube für Christen und Muslime (Pfarrer Esko Kähkönen aus Finnland) – Juli Die »Erklärung zum Weltethos« (Initiator Hans Küng) wird beim »Parlament der Weltreligionen« in Chicago von 200 führenden Religionsvertretern unterzeichnet – 14.10. Podium der Religionen in St. Martha: »Gemeinsam für Toleranz und Vertrauen, gegen Fanatismus und Gewalt« – 17.11. Gebetsstunde »Gastlich zu sein vergesset nicht« – Religionen im Einsatz für Bedrängte in der evangelisch-lutherischen Gustav Adolf-Kirche. Dabei Vorstellen der 2. Auflage der »Offenen Türen. Religionsgemeinschaften in Nürnberg und Umgebung«

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1994 – 17.03 Einladung in die Brücke – Nürnberger Vorschläge für die VI. Weltversammlung von WCRP/RfP im Vatikan und in Riva del Garda – 28.09.–01.10. V. Nürnberger Forum: »›Das Projekt Weltethos‹ in der Erziehung« mit Hans Küng – 02.10. Matin8e zum 125. Geburtstag von Mahatma Gandhi: »Gewaltlos kämpfen in friedloser Zeit« mit Vinu Aram/Indien und A.T. Ariyaratne (dem »Gandhi Sri Lankas«) – 3.–9.11. Weltversammlung von WCRP/RfP im Vatikan und in Riva: »Im Dienst für eine heile Welt« (Teilnehmende Holger und Christine HerrmannWielsch, Johannes Lähnemann), Initiative für eine »Peace Education Standing Commission« unter Leitung von J. Lähnemann

1995 – 14.01. Gebetsstunde in der katholischen Kirche St. Anton (mit der RivaErklärung) – 15.01. »Maßnahmen der Religionen in Konfliktsituationen« (Konzept Holger Wielsch für WCRP/RfP – Jüngere Generation) – Mai Gründung der Peace Education Standing Commission (PESC) in Den Haag – 19.–21.9. Besuch einer japanischen WCRP/RfP-Delegation – 50 Jahre nach Hiroshima, Gesprächsabend im Caritas Pirckheimer-Haus mit Kirchenkonzert von Peter Athmann, Saxophon

1996 – 14.01. Gebetsstunde in St. Thomas/Boxdorf: Kalender der Religionen. Kollekte für die Arbeit von A.T. Ariyaratne und die Sarvodaya-Bewegung auf Sri Lanka (Heide Broll, Vorsitzende von des Sarvodaya-Fördervereins, stellt die Arbeit am 24.04. in der Katholischen Hochschulgemeinde vor) – Vorstellen und Erörtern der Thesen von Klaus Lefringhausen in der Viatisstraße (bei Lähnemanns): Verantwortliches und sozialverträgliches Wirtschaften im Spiegel der Religionen – 05./06.07 Seminar von WCRP – Jüngere Generation: Trainings für »sustainable peace«) – 27.10. Gebetsstunde in der Frauenkirche: Religionen für Toleranz und Wahrhaftigkeit, zum 10-jährigen Jubiläum des Friedensgebets in Assisi

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– 14.12. Adventsabend in der Viatisstraße (bei Lähnemanns): »Friede über Bethlehem« – Ahmed und Gerda El Banna berichten über das Caritas BabyHospital in Bethlehem

1997 – 02.02. Im buddhistischen Zentrum Langenfeld: Ziele/Hoffnungen der Religionen – 14.03. In der Brücke/Köprü: Religiöse Erziehung in Christentum und Islam – April-Juni: Pesach in der Synagoge, Ostern in der griechisch-orthodoxen Kirche, Bläsergottesdienst in der Ev.-Lutherischen Auferstehungskirche Zerzabelshof – 29.09.–02.10. VI. Nürnberger Forum: Interreligiöse Erziehung 2000. Die Zukunft der Religions- und Kulturbegegnung (mit Eröffnungsvortrag von Annemarie Schimmel : Christliche und islamische Mystik) – 09.11. Gebetsstunde der Religionen in der Auferstehungskirche ZABO: »Religionen in Nürnberg im Einsatz für Gläubige in Bedrängnis«

1998 – 01.02. Begegnungsstunde der Religionen in St. Thomas Boxdorf: »Wertschätzung ist mehr als Toleranz und Komplimente« – 26.03. Gründung des Runden Tisches der Religionen in Deutschland (mit Franz Brendle, Ignaz Bubis, Johannes Lähnemann, Klaus Lefringhausen) – 16.04. Heimgang von Ahmed El Banna: Interreligiöse Trauerfeier in Heilig Kreuz/Gebersdorf – 25.05. Jonathan Magoneth in der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät: Interreligiöser Dialog in jüdischer Sicht – 19.07 Gelebter Glaube als Jüdin, Christin, Muslima – im Islamischen Zentrum Hessestraße – 10.12. Gebetsstunde zu 10 Jahren WCRP Nürnberg in St. Sebald: Wege zur Freundschaft

1999 – 09.02. Thora, Bibel, Koran: Hemmschuhe oder Wegbereiter für ein friedliches Zusammenleben in der modernen Gesellschaft – mit Markus Schalom Schroll, Johannes Lähnemann und Nasr Abu Zaid im Heilig Geist-Saal

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– März Solidaritätserklärung nach Schändung des jüdischen Friedhofs – 24.04. Vortrag Johannes Lähnemann: Nürnberg – Stadt religiöser Toleranz im Rahmen des Stadtjubiläums (mit Beiträgen von Dorothee Sölle, Hans Küng, Abdelfatta Amor – UNO-Sonderberichterstatter zu Glaubens- und Religionsfreiheit) – 21.09. Pilgerweg der Religionen (Frauenkirche, Synagogen-Gedenkstätte, Moschee, Hindu-Tempel) – 25.–29. VII. Weltversammlung von WCRP in Amman (mit 6 Teilnehmenden aus Nürnberg: Peter Athmann, Gerda El Banna, Johannes Lähnemann, Jutta Müller, Gertrud Schröppel, Yussuf Uca): Action for Common Living. The Role of Religion in the next Millenium

2000 – 31.01. Gebetsstunde in Boxdorf: »Anliegen 2000« – 30.03. Im Friedensmuseum: »Friedensmotivationen aus den Religionen« – 23.07. Klaus Klawonn, aktiver Humanist in unserer Gruppe, verunglückt tödlich. Wir veranstalten eine interreligiöse Gedenkfeier – 25.–29.09. VII. Nürnberger Forum: Spiritualität und ethische Erziehung. Erbe und Herausforderung der Religionen, u. a. mit Landesbischof Hermann von Loewenich und Hans Küng – 11.–22.11. Friedensdekade

2001 – UN-Jahr des Dialogs der Kulturen – 19.02. Johannes Lähnemann bei der UNO-Konferenz zur Friedenserziehung. Referat und Broschüre: »Peace Education from Faith Traditions«, Bericht in Nürnberg am 11.03. – 22.03. Multireligiöse Andacht »Wasser ist Leben« zum Weltwassertag in St. Peter – 14.06. Gebetsstunde »Du stellst meine Füße auf weiten Raum« beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Frankfurt/Main, vorbereitet und gestaltet von WCRP Nürnberg – 21.09. Erklärung zu den Terroranschlägen vom 11. September – Mitgefühl, Terror-Abscheu, Herausforderung für den Dialog der Religionen

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– 30.09. Gebetsstunde dazu in der Ayasofia-Moschee u. a. mit Imam Yusuf Uca, Arno Hamburger von der Israelitischen Kultusgemeinde und Metropolit Serafim von der rumänisch-orthodoxen Kirche – 18.11. Friedensweg der Nord- und Innenstadtgemeinden

2002 – 27.01. Gebetsstunde in St. Martha: Abraham – Aufbrechen – Neues Wagen, mit Karl-Josef Kuschel und einem gemeinsamen Weg zur Frauenkirche – 18.02. Johannes Lähnemann hält den Festvortrag zum 65. Geburtstag von Rita Süssmuth im Konrad Adenauer-Haus in Berlin: »Dialog der Kulturen in Deutschland – Visionen ohne Illusionen« – 10.–19.6. Woche des christlich-islamischen Dialogs: »Spirituelle Räume können Orte des Friedens sein« – 17.11. Friedensweg: »Warum habt ihr Angst?« – 15.12. Das Friedenslicht aus Bethlehem wird im historischen Rathaussaal den Vertretern und Vertreterinnen der Religionsgemeinschaften überreicht

2003 – 27.01. »Um Gottes und der Menschen willen: Kein Krieg«: Postkartenaktion, Erklärung und Gebetsstunde in St. Klara im Angesicht des Irakkrieges, am 15.02. in der Frauenkirche – März/April: Interreligiöse Fastenreden in St. Sebald (mit Saraswati AlbanoMüller, Rabeya Müller, Heiner Aldebert, Genpo Döring, Jonathan Magonet) – 12.05. Bericht von Susanne Lähnemann über die Reise zu den SchnellerSchulen in Jordanien und im Libanon zu Beginn des Irak-Krieges – 23.–26.09. VIII. Nürnberger Forum: »Bewahrung – Entwicklung – Versöhnung. Religiöse Erziehung in globaler Verantwortung« (Eröffnungsvortrag: Rita Süssmuth) 23.09.: Tag der Religionen – mit dem Runden Tisch der Religionen in Deutschland – 13.11. Gedenkfeier für den am 22.09. verstorbenen Hauptimam Ahmed D. Ibrahimovic in der Yeni Cami – 06.12. 15 Jahre WCRP Nürnberg – Feier im Pfarrhaus der Frauenkirche

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2004 – Jahresthema: Zentrale und umstrittene Begriffe in den Religionen (»Erwähltes Volk«/Judentum, »Trinität«/Christentum, Dschihad/Islam, »Religion ohne Gott«/Buddhismus, »Götter , Karma, Dharma«/Hinduismus) – Juni Dialogwochen Christentum – Islam, u. a. mit Günther Beckstein – 24.07. Heimgang Susanne Lähnemann, Trauerfeier mit jüdischer und muslimischer Beteiligung in der Auferstehungskirche Nürnberg-Zerzabelshof – 06.10. Erklärung des interkulturellen Rates: »Religion ist öffentlich« – Thematik 2004/2005: Kalender der Religionen (Dieter Krabbe / Hansjörg Biener)

2005 – 06.01. Aktion: Fluthilfe für Sri Lanka nach dem Tsunami (Spenden an die Sarvodaya-Bewegung von A.T. Ariyarathne) – Thematik »Feste in den Religionen« (Hinduismus 12.1., Sabbat 21.4., Wesak 22.5. ) – Marktveranstaltung auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag in Hannover : »Wenn dein Kind dich fragt« – Jahresthema 2005/2006/2007: »Weißt du, wer ich bin?« (mit Arno Hamburger/Israel. Kultusgemeinde, Dekan Hans Reeg/Katholische Kirche, Stadtdekan Michael Bammessel/Evangelische Kirche, Irmgard Stanullo/Baptisten, Metropolit Serafim/Orthodoxe Kirche, Robert Jandaka/ Buddhismus, Saraswati Albano-Müller/Hinduismus, Babak Farokhzad/ Baha’i)

2006 – 12.05. Antrittsvorlesung Harry Harun Behr, Professor für islamische Religionspädagogik im Rahmen der Dialogwochen Christentum – Islam – 20.06. Bericht über Schulbuchgespräche in den Ländern des Nahen Ostens (J. Lähnemann) – 26.–29.08. VIII. Weltversammlung von Religions for Peace in Kyoto: Confronting violence and advancing shared security – 26.–29.09. IX. Nürnberger Forum: Visionen Wahr Machen. Interreligiöse Bildung auf dem Prüfstand (u. a. mit Karl Ernst Nipkow und Hans Küng)

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– 29.10. Gebetsstunde »Miteinander auf dem Weg« in St. Martha zum 20-jährigen Jubiläum des Weltgebetstreffens der Religionen in Assisi mit Papst Johannes Paul II. – 26.11. Holger Wielsch und Johannes Lähnemann berichten über die Weltversammlung in Kyoto in der Ev. Auferstehungskirche Zerzabelshof

2007 – Januar- April: Abschluss der Reihe »Weißt du, wer ich bin« mit Robert Jandaka, Saraswati Albano-Müller, Babak Farokhzad – Beginn des Monatsgesprächskreises mit kontinuierlichen monatlichen Dialogtreffen, moderiert von Birgit John – 10.07. Abschiedsvorlesung Johannes Lähnemann: »Kein Weltfriede ohne interreligiöses Lernen« – 22.09. Regionaltreffen RfP Deutschland Süd mit Reinhold Mokrosch/Osnabrück – 08.11. Im Friedensmuseum Nürnberg im Rahmen der Friedensdekade: Vorstellung der internationalen Arbeit von RfP: »Einander achten – an der Friedenssicherung arbeiten« – 18.11. Bei der Mevlana-Sufi-Gruppe (»Tanzende Derwische«) mit Scheich Süleyman Bahn

2008 – 18.01. »Erziehen Religionen zum Frieden?« Johannes Lähnemann stellt im Begegnungszentrum Brücke die Arbeit der Peace Education Standing Commission von Religions for Peace vor – 24.02. Gebets- und Meditationsstunde »Lasst uns die Erde schützen« in St. Clara im Rahmen des Jahresthemas »Ökologisches Weltethos« – 10.04. Kirchenführung in St. Sebald für Christen und Muslime mit Christa Schlottmann – 28.05. »Wenn Christen und Muslime heiraten – Herausforderungen und Chancen interkultureller und interreligiöser Familien« im Rahmen der Dialogwochen – 04.06. Rabbi Jonathan Magonet: »Wie die Rabbinen Gott verbesserten« im Bibel-Erlebnishaus – 15.10. Johannes Lähnemann erhält in der Staatskanzlei in München das Bundesverdienstkreuz und am 20.10. den Tschelebi-Friedenspreis in Soest für Verdienste im Christlich-Islamischen Dialog

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– 02.11. Jubiläum »20 Jahre Religionen für den Frieden Nürnberg« mit Gebetsund Meditationsstunde in St. Martha: »Offene Türen« (dazu: 4. Auflage der Broschüre), Pflanzung eines Gingko-Baumes im Innenhof von St. Klara im Rahmen der Aktion »Bäume für Menschenrechte« und Festversammlung im Caritas-Pirckheimer-Haus

2009 – Jahresthema: Pilgern in den Religionen – 15.01. Amin Rochdi: Der Hadsch – die Pilgerfahrt nach Mekka – im Zentrum Brücke – 21.02. Regionaltreffen Süd von RfP Deutschland mit Norbert Klaes/Würzburg: Globale Ethik der Religionen und die Stellung Deutschlands – 12.03. Alois Huber und Heidi Schwimmbeck: der Jakobsweg – 15.05. Besuch des Wallfahrtsmuseums Gößweinstein – 18.06. »Bibel und Koran verstehen«: Dialogveranstaltung mit Johannes Lähnemann und Ömer Özsoy/Frankfurt in der Universität – 26.09. Ökumenische Sternwallfahrt auf den Schwanberg – 26.11. Einführung in das Manifest »Vertrauen schaffen – Vertrauen wagen« des Runden Tisches der Religionen in Deutschland in St. Martha – 21.12. Heimgang Peter Athmann, Trauerfeier am 29.12. in der EvangelischBaptistischen Kirche

2010 – 25.02. Thema »Vertrauen schaffen« in der Synagoge – 25.04. Gebets- und Meditationsstunde »Vertrauen wagen« in der Frauenkirche – 13.05. Podium zum Manifest »Vertrauen schaffen – Vertrauen wagen« mit dem Runden Tisch der Religionen in Deutschland beim Ökumenischen Kirchentag – in München 29.09.–02.10. X. Nürnberger Forum »Medien-Macht und Religionen – Herausforderung für interkulturelle Bildung« (Johannes Lähnemann mit seinem Nachfolger Manfred Pirner) – Jahresthema 2010/2011: Unbekanntes – mitten unter uns: Kleine Religionsgemeinschaften in Nürnberg – 12.11. Im Hindu-Tempel Sitivinayako

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2011 – 15.01. Vorstellung der Gemeinschaft der Mandäer durch Sabith Al Sohairy im Gemendesaal St. Martha – 06.02. Hindu-Priester Ramakrishna Shankara erläutert Hindu-Zeremonien im Yoga-Zentrum – 10.04. Gebets- und Meditationsstunde »RELIGION MACHT FRIEDEN« in der Frauenkirche – 24.05. »Neues Leben nach der Shoa«: Exkursion zur Synagoge in Ermreuth – Führung durch Nadja Radler – 28.06. Der Weg eines Buddhisten: Gespräch mit Robert Jandaka im Buddhistischen Zentrum Fürth – 01.07. Festakt in der Universität aus Anlass des 70. Geburtstags von Johannes Lähnemann – Festvortrag Karl-Josef Kuschel: »Jesus hat nie gelacht?« – 11.09. Gebetsstunde in der DITIB-Moschee: »Terrorismus hat keine Religion« 10 Jahre nach dem Terror des 11. September 2001 in New York und Washington – 20.9.-16. 01. 2012: Veranstaltungsreihe »Was uns zusammenhält: Weltethos vor Ort in Nürnberg«

2012 – Jahresthema: Propheten, Heilige, Glaubenszeugen, Beispielgestalten der Religionen – 09.02.: Dietrich Bonhoeffer (Johannes Lähnemann), 13.03. Der Dalai Lama (Brigitte Meixner), 19.04. Chiara Lubich (Hermann Schweers/Fokolar), 10.05. Schalom ben Chorin (Dieter Krabbe), 21.06. Hz. Mevlana Rumi und Rabeya von Basra (Süleyman Bahn), 12.10. Abdul Baha (Ario Deghani/Gisbert Schaal), 09.11. Martin Luther King (Irmgard Stanullo), 06.12. Mahatma Gandhi (Ramakrishna Shankara) – 30.06. Regionalkonferenz Süd von RfP Deutschland: Gebete der Religionen – Miteinander oder Nebeneinander? – September : Heimgang von Pfarrer Alois Huber

2013 – Jahresthema: Schätze der Religionen – Kraftquellen für unsere Gesellschaft – Mit einer echten Schatztruhe besuchen wir die verschiedenen Glaubensgemeinschaften und lassen uns jeweils einen symbolischen Schatz hineinlegen

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– 27.01. In der Begegnungsstube Medina: eine Replik der Tür zur Kaaba in Mekka – 25.02. Im Buddhistischen Zentrum Fürth: ein Bild des Bodhisattva Avalokitesvara, dem Bodhisattva des unendlichen Mitgefühls – 13.03.Alevitische Gemeinde: ein Standbild von Pir Sultan Abdal – 21.04. In der Synagoge: ein Bild der großen Synagoge an der Pegnitz (1938 auf Nazi-Befehl abgerissen) – 13.05. In der Ev.-Lutherischen Kirche St. Sebald: ein Evangelisches Gesangbuch – 01.07. In der Eyüp Sultan-Moschee: ein schöner Gebetsteppich (mit Kompass) – 18.09. In der rumänisch-orthodoxen Kathedralkirche: ein orthodoxes Gebetbuch – 24.–26.09. XI. Nürnberger Forum: Menschenrechte und inter-religiöse Bildung (mit UNO-Sonderberichterstatter Heiner Bielefeldt) – 30.10. In der röm.-kath. Kirche St. Klara: Bild des heiligen Franziskus von Assisi – 10.11. Jubiläum 25 Jahre Religionen für den Frieden Nürnberg Gebetsstunde in St. Martha mit Auspacken der Schatzkiste und Vorstellung des Buches »Spiritualität. Multireligiös. Begegnung der Religionen in Gebeten, Besinnungen, Liedern« – 22.–24.11. IX. Weltversammlung von Religions for Peace in Wien: »Welcoming the Other« (mit Holger und Christine Herrmann-Wielsch und Johannes Lähnemann)

2014 – Jahresthema: »Dein Glaube – mein Glaube. Religionen im persönlichen Dialog« – Januar : Heimgang Ata Enayati (Baha’i) – 13.02. Dialog Süleyman Bahn (Sufi) – Irmgard Stanullo (Baptistin) – 10.03. German Djanatliev/Baruch Grabowski (Juden) – Brigitte Meixner (Buddhistin) – 24.04. Gerda El Banna (Katholikin) – Markus Mediger (Baha’i) – 05.06. Navuna Papendieck (Hindu/Yoga) – Regina Garten (evangelisch) – Juni: Die Kirche St. Martha wird durch einen Brand bis auf die Außenmauern zerstört – 10.07. Ibrahim Altunkaymak (Alevit) – Sabith Al Sohairy (Mandäer) – 18.09. Ali Koc (Muslim/Begegnungsstube Medina) – Hans-Martin Glo[l (evangelisch/ Begegnungszentrum Brücke/Köprü

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– September : Heimgang Sukumar Roy (Hindu) – 26.10. Gebetsstunde »Gelebter Dialog – Dem Fanatismus entgegentreten« in der Sultan Eyüp-Moschee

2015 – – – – – – – – – –

Jahresthema: Religiöse Räume – Orte der Andacht 15.02. Zu Gast in der Kirche der Baptisten 15.03. Zu Gast in der rumänisch-orthodoxen Kathedralkirche 18.04. Regionalkonferenz Süd von RfP Deutschland: Entwicklung des Projektes Weltethos (Referent: Günther Gebhardt) 10.05. Musik religiöser Räume. Konzert der Weltreligionen für St. Martha in St. Klara 19.05. Zu Gast in der Synagoge 02.06. Zu Gast im Cem-Zentrum der Aleviten 16.06. Zu Gast im Buddhistischen Zentrum Fürth 30.06. Zu Gast in der Mevlana-Dergah der Tanzenden Derwische 28.10.–01.11. Europäische Versammlung von RfP in Castel Gandolfo: The role of Religion in overcoming Fear and building Trust

2016 – – – – – – – – –

Jahresthema: Kunst und Musik – das kulturelle Gesicht der Religionen 24.01. Gebetsstunde in St. Egidien: Gebete, Besinnungen, Musik 28.04. Musik und Tanz (Sema) bei den Aleviten 10.05. Kunst und Musik in St. Lorenz 24.05. Islamische und orientalische Kunst in der Begegnungsstube Medina 07.06. Die Kunst der Ikonen in der rumänisch-orthodoxen Kathedralkirche 21.06. Der liturgische Gesang der Kantoren in der Synagoge 05.07. Mönchsmusik im buddhistischen Zentrum 03.–06.10. 12. Nürnberger Forum »Public Theology and Interreligious Learning« (Manfred Pirner zusammen mit Johannes Lähnemann, Werner Haußmann, Susanne Schwarz) – 08.10. Heimgang Günter Feitl – 26.10. Gründung des Rates der Religionen in Nürnberg – 11.11. Geistliche Musik der Baha’i im Gemeindesaal von St. Martha

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2017 – Jahresthema: Reformation in den Religionen – 03.02.–10.11.: Haci Bektas Veli (Aleviten), Josif Trifa (rumänisch-orthodox), Nazr Abu Zaid (Islam), Schalom Ben Chorin (Judentum), Dietrich Bonhoeffer und Dorothee Sölle (Evangelische Kirche), Karl Rahner und Gustavo Guti8rrez (Katholische Kirche), der Dalai Lama (Buddhismus), Abdu’l Baha (Baha’i), Beyza Bilgin (Islam) – 23.09. Gebetsstunde in St. Sebald: »Freiheit – Menschenwürde – Erneuerung der Religionen« , am Tag vor der Verleihung des Menschenrechtspreises der Stadt Nürnberg am 24.09. Dabei: Vorstellung der 5. Auflage der »Offenen Türen – Religionsgemeinschaften in Nürnberg und Umgebung« (50 Glaubensgemeinschaften stellen sich vor) – Gestaltung: Johannes Lähnemann, Werner Haußmann, Richard Isaiah Peters)

2018 – Jahresthema: »Wir haben nur eine Erde«. Die Spiritualität des Lebens in den Religionen – 15.04. Gottesdienst in St. Egidien zu »Laudato si«, dem Sonnengesang des Franz von Assisi – 28.06. Schöpfungsweg der Religionen im Reichswald – 14.07. Interreligiös-interkulturelles Gartenfest im Heilskräutergarten am Spittlertor – 16.10. Vortrag Johannes Lähnemann im Caritas Pirckheimer-Haus: »Terrorismus hat keine Religion« – Interreligiöse Koalitionen gegen Extremismus und Populismus – 08.12. Jubiläum 30 Jahre Religionen für den Frieden Nürnberg: »Begegnung – Verständigung – Kooperation. Interreligiöse Arbeit vor Ort« Gebetsstunde und Festveranstaltung in der wieder eröffneten Kirche St. Martha

2019 – Jahresthema: »Suche Frieden und jage ihm nach«. Friedensprojekte in den Religionen – 12.02. Friedensbeiträge durch Information, Arbeit in Gefängnissen, Notfallseelsorge: die muslimische Begegnungsstätte Medina (Ali Koc)

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– 10.03. Eröffnung der Woche der Brüderlichkeit (zentral in Nürnberg für Deutschland) – 02.04. Frieden durch Begegnung, Dialog, Bildung, Perspektivenwechsel: Die Arbeit des christlichen Begegnungszentrums Brücke/Köprü (Thomas Amberg) – 03.05. »Buddha, Bibel, Borkenkäfer«. Mit den Weltreligionen im Nürnberger Reichswald unterwegs – 03.06. Vortrag »Lernen aus Katastrophen. Kirche, Gesellschaft, Religionen seit dem 2. Weltkrieg (Johannes Lähnemann) im Caritas Pirckheimer-Haus – 09.07. Franz von Assisi als Pionier des Dialogs mit dem Islam (Abend mit Niklaus Kuster, Franziskusforscher) im Caritas Pirckheimer-Haus – 23.–26.08.: Teilnahme von Martin Affolderbach, Holger und Christine Herrmann-Wielsch und Johannes Lähnemann an der 10. Weltversammlung von Religions for Peace in Lindau/Bodensee (Gesamtthema: Caring for our Common Future – Advancing Shared Well-Being) – 24.09. Bericht über die Weltversammlung im Gemeindesaal St. Martha – 20.10. Friedensprojekte in buddhistischer Tradition (Brigitte Meixner) im Buddhistischen Zentrum Fürth – 14.11. Tag der Religionen – mit dem Runden Tisch der Religionen in Deutschland. Zentralveranstaltung im Heilig Geist-Saal mit Angelika Nussberger (Vizepräsidentin des europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte Straßburg): Säkularer Staat und Religionsfreiheit – Rolle der Religionen lokal und global Eröffnung der interaktiven Ausstellung »Gesichter der Religionen – Nürnberg«

Namensregister

Abdu’l-Bah#’ 33, 49, 124, 127 Abu Zaid, Nazr 48f., 69, 118, 127 Achilles, Johannes 18 Affolderbach, Martin 8, 46, 102, 128 Ahmad, Hazrat Mirza Ghulam 28 Albano-Müller, Saraswati 31, 120f. Aldebert, Heiner 120 Altunkaymak, Ibrahim 125 Amberg, Thomas 26, 128 Amin, Amirul Haque 108 Amor, Abdelfatta 119 Aram, Vinu 117 Arinze, Francis, Kardinal 115 Ariyarathne, Ahangamage Tudor 88, 117, 121 Athmann, Peter J. 8, 117, 119, 123 Bah#’u’ll#h 33 Bammessel, Michael 121 M’Baye, Fatima 108 Beckstein, Günther 121 Behr, Harry Harun 121 Ben Chorin, Schalom 48f., 124, 127 Bielefeldt, Heiner 109, 125 Biener, Hansjörg 121 Bilgin, Beyza 49, 88, 127 Bobzin, Hartmut 67 v. d. Boogart, Paula 32 Bonhoeffer, Dietrich 40, 48, 124, 127 Brendle, Franz 8, 16, 95, 118 Broll, Heide 117 v. Brück, Michael 56 Bubis, Ignaz 118

C ¸ iÅek, Gülsan

26

Dagyab Kyabgön Rinpoche 32, 56f., 115 Dalai Lama 18, 32, 49, 57, 69, 124, 127 Deghani, Ario 124 Djanatliev, German 125 Döring, Genpo 120 Dollinger, Doris 26 Dürer, Albrecht 24 Dumoulin, Heinrich 56 El Banna, Ahmed und Gerda 118f. , 125 Enayati, Atah 8, 125 Enayati, Mehrnas 32 Farokhzad, Babak 121f. Feitl, Günter 8, 126 Förster, Hubertus 47 Franz von Assisi 47, 128 Franziskus I., Papst 87 Freud, Andr8 103 Friedrich, Johannes, Bischof Fuchs, Gotthard 88 Fürlinger, Ernst 13

8, 43, 84,

102

Garcia, Samuel R. 108 Garten, Regina 125 Gebhardt, Günther 15, 115, 126 Gandhi, Mahatma 31, 49, 69, 117, 124 Glo[l, Hans-Martin 26, 125 Goodman-Thau, Evelin 88 Grabowski, Baruch 125

130 Guti8rrez, Gustavo

Namensregister

48, 127

Hacı Bektas¸ Veli 30, 48, 127 Hallo, Esther 8 Hamburger, Arno 8, 22f., 40, 92, 113, 120f. Hanselmann, Johannes 12 Hassan bin Talal von Jordanien 69 Haußmann, Werner 86, 102, 126f. Herrmann-Wielsch, Christine 8, 15f., 84, 116f., 125, 128 Huber, Alois 8, 84, 116, 123f. Ibrahimovic, Ahmed Iyi, Talip 28

8, 27, 116, 120

Jack, Homer A. 15 Jandaka, Robert 37, 121f., 124 Johannes Paul II., Papst 11, 122 John, Birgit 122 Kähkönen, Esko 116 Karavan, Dani 75, 108 Kayser, Christine 114 Kellerer, Theo 92 King, Martin Luther 40, 49, 68, 124 Klaes, Norbert 15, 123 Klawonn, Klaus 8, 119 Knorr von Rosenroth, Christian 18 Koc, Ali 28, 104, 125, 127 Kolbe, Maximilian 40 Körnlein, Jürgen 82, 102f. Koller, Karl 28 Krabbe, Dieter 49, 79, 121, 124 Kraft, Adam 24 Kühnelt, Walter 44 Küng, Hans 7, 14, 39, 69, 85f., 88, 104, 116f., 119, 121 Kuhlmann, Jürgen 15 Kuschel, Karl-Josef 26, 50, 69, 120, 124 Kuster, Niklaus 128 Lai, Whalen 56 Lähnemann, Susanne 120f. Lefringhausen Klaus 117f. v. Loewenich, Hermann 12, 88, 119

Luber, Barbara 32 Lubich, Chiara 49, 124 Lücker, Maria Alberta 15 Magonet, Jonathan 118, 120, 122 Mali, Ulrich 82 Mandela, Nelson 69 Mediger, Markus 32, 125 Meiser, Hans, Bischof 101 Meixner, Brigitte 32, 124f., 128 Mensching, Gustav 44 Mittenhuber, Martina 109 Mohagheghi, Hamideh 67 Mokrosch, Reinhold 75 Moser, Georg 43 Müller, Jutta 119 Müller, Manfred 87 Müller, Rabeya 120 Mugil, Sabine Maryam 8 Musayidire, Eug8nie 108 Nabagasera, Kasho Jaqueline Nipkow, Karl Ernst 88, 121 Nussberger, Angelika 128

108

Osiander, Andreas 62 Özdemir, Cemalletin 28 Özsoy, Ömer 123 Painadath,. Sebastian 88 Papendieck, Christine Navuna 31, 125 Peters, Richard Isaiah 127 Pilz-Dertwinkel, Ulrike 4 Pirner, Manfred 73, 102, 109, 123, 126 Rabeya von Basra 124 Radler, Nadja 124 Raheb, Viola 88 Rahner, Karl 48, 127 Razvi, Mehdi 51 Reeg, Hans 121 Rochdi, Amin 123 Roy, Sukumar 8, 125 Rüschoff, Ibrahim 55 Rumi, Mevlana Cemalledin

28, 124

131

Namensregister

Saalborn, Günther 16 Sachithanantham, Naguleswari 15 Saglam, Serpil 103 Schaal, Gisbert 124 Scheunpflug, Annette 102 Schimmel, Annemarie 118 Schindehütte, Martin 14 Schlottmann, Christa 122 Schmidt, Carla 8 Schmidt, Hans-Martin 8 Schröppel, Gertrud 119 Schroll, Markus Schalom 69, 118 Schwanke, Julia 8 Schwarz, Susanne 126 Schweers, Hermann 124 Schweitzer, Albert 93 Schwimmbeck, Heidi 123 Serafim Joanta, Metropolit 25, 35, 40, 112, 120f. Shankara, Ramakrishna 31, 37, 124 Sivaraksa, Sulak 88 Sölle, Dorothee 48, 118, 127 Al Sohairy, Sabith 124f. Soltani, Abdolfatta 108 Speer, Albert 107 Stanullo, Irmgard 76, 121, 124f. Stein, Edith 40

v. Stosch, Klaus 50, 67 Stoß, Veit 24 Streicher, Julius 22, 100f. Strese, Hans 8, 116 Süleyman Bahn, Scheich 28, 49, 76, 122, 124f. Süßmuth, Rita 120 Tagore, Rabindranath 44 Taylor, John 18 Trifa, Josef 48, 127 Trutwin, Werner 44 Tworuschka, Udo 54 Uca, Yusuf

119f.

Vogel, Pierre 95 Vetter, Bernhard 32 Vischer, Peter 24 v. Weizsäcker, Carl Friedrich 14, 85 v. Weizsäcker, Richard 85 Wenzel, Hartmut 8, 11 Wielsch, Holger 8, 84, 116f., 122, 125, 128 Zenns, Doris

26