Bauleitplanung und Internet: Beteiligungsverfahren des Baugesetzbuches im Wandel 9783737000949, 9783847100942, 9783847000945


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German Pages [262] Year 2013

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Bauleitplanung und Internet: Beteiligungsverfahren des Baugesetzbuches im Wandel
 9783737000949, 9783847100942, 9783847000945

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Planungsrecht

Band 16

Herausgeber und Schriftleiter Rechtsanwalt und Notar Prof. Dr. Bernhard Stüer Honorarprofessor an der Universität Osnabrück

Lars Winter

Bauleitplanung und Internet Beteiligungsverfahren des Baugesetzbuches im Wandel

V& R unipress Universitätsverlag Osnabrück

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. [nur Buchhandelsausgabe] ISBN 978-3-8471-0094-2 ISBN 978-3-8470-0094-5 (E-Book) Veröffentlichungen des Universitätsverlags Osnabrück erscheinen im Verlag V& R unipress GmbH. Ó 2013, V& R unipress in Göttingen / www.vr-unipress.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Druck und Bindung: Hubert & Co., Göttingen Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

Inhalt

Geleitwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Kapitel: Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Problemaufriss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Gang der Erörterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Kapitel: Electronic Government . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Ausprägungen des E-Government . . . . . . . . . I. (Stadt-) Informationssysteme . . . . . . . . II. Virtuelle Verwaltung und virtuelles Rathaus III. Vernetzung von Verwaltung und Wirtschaft IV. Vernetzung von unterschiedlichen Behörden V. E-Government im Bereich des Baurechts . . B. Stand der Entwicklung und Zwischenfazit . . . . .

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3. Kapitel: Beteiligungsprozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Legitimation staatlichen Handelns . . . . . . . . I. Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip . . . II. Politische Willensbildung . . . . . . . . . B. Einflüsse des New Public Management . . . . . C. Partizipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Partizipation . . . . . . . . . . . . . . II. Die Partizipation im Baurecht . . . . . . . III. Partizipationsdefizite des E-Government?

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4. Kapitel: Grundlagen Bauleitplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Planung im rechtlichen Rahmen und als schöpferischer Vorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

B. Planung und Beteiligungsvorgänge der Gemeinde im Kontext des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Bauleitpläne und interkommunales Abstimmungsgebot . 5. Kapitel: Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Das europäische Recht als treibende Kraft der internetgestützten Bauleitplanung . . . . . . . . . I. Aarhus-Konvention . . . . . . . . . . . . . . II. Die Dienstleistungsrichtlinie . . . . . . . . . B. § 4a Abs. 4 BauGB – Nutzung elektronischer Informationstechnologien . . . . . . . . . . . . . C. Die Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 3 BauGB D. Weitere Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . .

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6. Kapitel: Internetgestützte Partizipation in der Bauleitplanung . . . A. Grundsätze und Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . I. Informations- und Kommunikationstechnologie als Instrument der Bauleitplanung . . . . . . . . II. Öffentlichkeitsbeteiligung und Internet . . . . . . III. Möglichkeiten und Potenziale internetgestützter Verfahren der Bauleitplanung . . . . . . . . . . . B. Rechtliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das rechtsstaatliche Publizitätsgebot . . . . . . . II. Benötigt der Staat eine Ermächtigung, Informationen zur Verfügung zu stellen? . . . . . C. Kurz- und mittelfristige Entwicklungen mit Auswirkungen auf netzgestützte Beteiligungsverfahren I. Gesetzesvorhaben und Projekte . . . . . . . . . . 1. Elektronischer Personalausweis . . . . . . . . . 2. Elektronischer Entgeldnachweis . . . . . . . . 3. Elektronische Gesundheitskarte . . . . . . . . . 4. De-Mail-Dienste . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Änderungen durch die sogenannte Föderalismusreform II . . . . . . . . . . . . . . 6. Elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach . . . . . . . . . . . . . . . 7. Fortschritte E-Government . . . . . . . . . . . II. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

D. Rechtliche Problemfelder und Restriktionen . . . . . . . I. Allgemeine Anforderungen an die elektronische Kommunikation nach dem Verwaltungsverfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . 1. Schriftformerfordernis . . . . . . . . . . . . . . 2. Schriftformerfordernis als Hindernis . . . . . . . 3. Eröffnung eines Zugangs für elektronische Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Der Zugang für elektronische Kommunikation und Beteiligungsvorhaben . . . . . . . . . . . b. Die elektronische Kommunikation der Verwaltung mit dem Bürger . . . . . . . . . . 4. Schriftformerfordernis und Öffentlichkeitsbeteiligung . . . . . . . . . . . . . II. Kommunalwirtschaftliche Zulässigkeit bei Internetangeboten der Verwaltung . . . . . . . . . 1. Öffentlicher Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Angemessenes Verhältnis zwischen Leistungsfähigkeit und Internetauftritt . . . . . . 3. Subsidiaritätsklausel . . . . . . . . . . . . . . . . III. Elektronische Signatur nach Signaturgesetz . . . . 1. Fortgeschrittene elektronische Signatur . . . . . 2. Qualifizierte elektronische Signatur . . . . . . . 3. Technische Voraussetzungen . . . . . . . . . . . 4. Die elektronische Signatur und elektronische Akten in der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . 5. Beteiligungsvorhaben und elektronische Signatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Kapitel: Öffentlichkeitsbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Ziele der Öffentlichkeitsbeteiligung . . . . . . . . . . . . B. Frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung . . . . . . . . . . . I. Verfahren der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . C. Formelle Öffentlichkeitsbeteiligung . . . . . . . . . . . . I. Verfahren der formellen Öffentlichkeitsbeteiligung . 1. Offenlegungsbekanntmachung . . . . . . . . . . 2. Stellungnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Unterrichtung über den Ausgang des Beteiligungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

D. Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausschließlich elektronische Behördenbeteiligung? III. Elektronische Behördenbeteiligung nur zeitgleich mit Öffentlichkeitsbeteiligung? . . . . . . . . . . . E. Praxisbeispiele für internetgestützte Beteiligungsangebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Hamburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Esslingen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Planungsverband Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Weitere Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Kapitel: Reichweite und Informationsgehalt der Bauleitplanung im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Digitale Gesellschaft – Verfügbarkeit und Nutzung internetbasierter Dienste . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Verbreitung und Verfügbarkeit von Internetzugängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Nutzung internetbasierter Dienste – Selektivität als Problem . . . . . . . . . . . . . . III. Einbeziehung von internetfernen Bevölkerungsgruppen . . . . . . . . . . . . . . . B. Verletzung des Rechtsstaatsprinzips? . . . . . . . . . . C. Verletzung des Gleichheitssatzes? . . . . . . . . . . . . D. Informationsgehalt und Vermittlung von Planaussagen E. Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Kapitel: Anforderungen und Zukunftsperspektiven . . . . . . . . . A. Anforderungen an internetgestützte Beteiligungsangebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Anforderungen an die Angebote aus Nutzer- und Planersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anforderungen an die Darstellung . . . . . . . 2. Barrierefreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gesamtstrategie und Standardanwendungen . . . III. Zeitpunkt der Einbeziehung der Öffentlichkeit . . IV. Geoinformationssysteme und Geodateninfrastruktur . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

1. Kooperative und öffentliche Geoinformationssysteme . . . . . . . . . . . . . 2. Die europäische INSPIRE-Richtlinie . . . . . . . 3. Weitere Entwicklung und Trends . . . . . . . . . V. Vermeidung von Medienbrüchen . . . . . . . . . . VI. Standardisierung von Anwendungen und Schnittstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Partizipationselemente und Interaktionsbedarf bei internetgestützten Planungsprozessen . . . . . . . . . . . I. Einfacher Formular- und Dateidownload sowie Informationsseiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Diskussionsforen und Weblogs . . . . . . . . . . . III. E-Mail . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. E-Mail-Newsletter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Onlineformulare und -umfragen . . . . . . . . . . . VI. Chat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. E-Voting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Spezielle Produkte und Tools für Beteiligungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . C. Veränderte Wahrnehmbarkeit von Online-Stellungnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Rechtliche Grundanforderungen . . . . . . . . . . . . . . I. Internetauftritt als Telemediendienst . . . . . . . . 1. Abgrenzung zum Regelungsbereich des Rundfunkstaatsvertrages . . . . . . . . . . . . . 2. Foren als Telekommunikationsdienst nach TKG? II. Grundlegende Formalien eines Internetangebots . . 1. Telemediengesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rundfunkstaatsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtliche Hindernisse bezogen auf Kommunikationsangebote . . . . . . . . . . . . . . IV. Elektronische Akten . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Elektronische Verwaltungsakte im Zusammenhang mit der internetgestützten Bauleitplanung . . . . . VI. Elektronische Stellungnahmen und die Präklusionswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Schutz der Persönlichkeitsrechte der Beteiligten . . . . . I. Öffentlichkeitsbeteiligung und Datenschutz . . . . II. Die datenschutzrechtliche Einwilligung (im Internet) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

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1. Datenschutzgesetze . . . . . . . . . . . . . . . 2. Telemediengesetz – elektronische Einwilligung III. Speicherung der Benutzer-IP-Adressen und sogenannter Cookies . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Sonstiger Schutz der Persönlichkeitsrechte . . . . F. Auswirkungen auf den Abwägungsvorgang nach § 1 Abs. 7 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Akzeptanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Kapitel: Internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung in der Praxis . A. Öffentlichkeitsbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ablauf der Öffentlichkeitsbeteiligung . . . . . . . 1. Frühzeitige elektronische Öffentlichkeitsbeteiligung . . . . . . . . . . . . 2. Förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung . . . . . . II. Spezielle Hinweise für die Umsetzung internetgestützter Öffentlichkeitsbeteiligungen . . 1. (Extrarechtliche) Erfolgsbedingungen . . . . . 2. Fehlende Akzeptanz und vermeintlich geringe Relevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Querverbindungen zwischen On- und Offline-Beteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Fehlende Moderation oder Erfahrung der Durchführenden . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Technische Infrastruktur . . . . . . . . . . . . 6. Benutzerfreundlichkeit . . . . . . . . . . . . . 7. Sicherheitsaspekte . . . . . . . . . . . . . . . . B. Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Organisationsdefizite und Akzeptanzvorbehalte . II. Bearbeitung der (elektronisch) eingehenden Stellungnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Wirtschaftlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Kapitel: Fazit, Ausblick und Empfehlungen . . . . . . . . . . . . A. Ausschließliche Nutzung elektronischer Informationstechnologien . . . . . . . . . . . . . . . I. Hindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Chancen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beispiele für aufgezwungenes E-Government

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Inhalt

2. Nutzungspflicht elektronischer Beteiligungsangebote für Bürger . . . . . B. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Mögliche zukünftige Entwicklung . . . . . . II. Motivation und Zielsetzung . . . . . . . . . III. Auswirkungen auf die Verwaltungsstruktur C. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Handlungsempfehlungen . . . . . . . . . . . . . . I. Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gesetzgebungsvorschlag . . . . . . . . . . . 1. Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . E. Übertragbarkeit auf andere Rechtsgebiete . . . . .

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Thesen in Kurzform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Anlage: Synopse Gesetzgebungsvorschlag BauGB . . . . . . . . . . . . .

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Geleitwort

Bereits seit vielen Jahren haben moderne Kommunikationsmittel in die Amtsstuben der Verwaltungen Einzug gehalten. Und auch die Bürgerinnen und Bürger nicht nur der jungen Generation nutzen das Internet und insbesondere auch die E-Mail-Kommunikation. Durch Facebook sind weltweit neue »Freundschaften« entstanden mit gelegentlich unabsehbaren Folgen, wenn die Freunde zu einer privaten Geburtstagsfeier eingeladen werden und mehrere Tausend Gäste erscheinen. Im amtlichen Behördenverkehr fristen die modernen Kommunikationsmittel allerdings vielfach noch ein Schattendasein. Der elektronische Rechtsverkehr ist an die Einhaltung strenger Signaturvorschriften (wie das EGVP) geknüpft, die für die allgemeine Öffentlichkeit kaum verfügbar sind. Gleichwohl steigt die Forderung nach einer verstärkten und vor allem frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung, wie auch die Debatte um das Bahnhofsprojekt »Stuttgart 21« gezeigt hat. Lars Winter greift mit seiner Arbeit »Bauleitplanung und Internet« dieses aktuelle aber ebenso schwierige Themenfeld auf und gibt weiterführende Hinweise für die Praxis nicht nur auf der Grundlage der geltenden Gesetzeslage, sondern auch durch einen Gesetzgebungsvorschlag, der die elektronisch gestützten Beteiligungsverfahren behutsam erweitert. Die elektronische Kommunikation hat besonders im Bereich des Electronic Government auch die öffentliche Verwaltung bereits erreicht. So geben Stadtinformationssysteme oder Internetportale einer virtuellen Verwaltung oder eines virtuellen Rathauses über die Kommunen Auskunft. Auch sind Verwaltung, Wirtschaft und Behörden auf verschiedene Weise vernetzt. Speziell im Bereich des Städtebaurechts können die Träger öffentlicher Belange auf elektronischem Wege in die Beteiligung eingebunden werden. Die elektronischen Wege werden allerdings bisher noch eher behutsam beschritten; sie gehören nicht zum allgemeinen Regelfall der Informationsgewinnung in den Planverfahren. Solange die Internetnutzung allerdings nicht für alle Bürger zum Gemeingut gehört, kann es für einzelne Teile der Gesellschaft zu Partizipationsdefiziten

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Geleitwort

kommen, sodass es wohl noch für einige Zeit nur die Zweigleisigkeit von traditioneller Beteiligung und der Nutzung elektronischer Medien geben wird. Denn anders als im geschäftlichen Verkehr hat der Gesetzeber bei den »Normalbürgern« noch nicht die Nutzung des Internets zur allgemeinen Pflicht gemacht. Allerdings sind verschiedene Kommunen bereits einen Schritt weiter gegangen. Sie ermöglichen durch entsprechende Informationen und dadurch, dass sie Stellungnahmen per E-Mail zulassen, parallel zu den traditionellen Formen eine internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung. Teilweise stecken diese Formen allerdings noch in den Kinderschuhen, wenngleich es schon eine Reihe von Praxisbeispielen der Internetnutzung nicht nur in Großstädten gibt. In der Tendenz begünstigt werden könnte diese Entwicklung durch Handlungsfelder wie etwa die Einführung des elektronischen Personalausweises, den elektronischen Entgeltnachweis, die Elektronische Gesundheitskarte oder DeMail-Dienste. Durch die Föderalismusreform II hat die Informationstechnologie auch Einzug in das GG gehalten. Wünschenswert wäre allerdings, dass der Zugang zu den elektronischen Medien mit einheitlichen Signaturen bzw. Verschlüsselungen erfolgt. Die hohe Schwelle der Schriftform muss allerdings für die Öffentlichkeitsbeteiligung nicht gewahrt sein. Die Information der Öffentlichkeit kann daher schon heute (ergänzend) über das Internet erfolgen. Auch kann die Gemeinde schon nach der aktuellen Gesetzeslage zulassen, dass Stellungnahmen per E-Mail eingehen und diese als ordnungsgemäß abgegeben zu berücksichtigen sind. Auf dieser Grundlage gibt Lars Winter weiterführende Hinweise für die Öffentlichkeitsbeteiligung. Dies wird die Praxis gewiss mit besonderem Interesse aufgreifen. Gerade auch in den Diskussionen um das Bahnhofsprojekt »Stuttgart 21« ist das Interesse der Öffentlichkeit hervorgehoben worden, die Planungsprozesse offener zu gestalten und bereits zu Beginn der Entscheidungsverfahren die Beteiligung zu öffnen. Eine Beteiligung, die erst zu dem fertigen Plankonzept durchgeführt wird, kommt zu spät. Damit muss wohl auch noch für längere Zeit ein Spagat zwischen On- und Offline-Beteiligung geleistet werden. Auch im Bereich der Benutzerfreundlichkeit und der Sicherheitsaspekte ist noch einiges zu tun. Ähnliche Fragen stellen sich auch bei der Behördenbeteiligung. Mit der geschlossenen Darstellung des Themenkomplexes »Bauleitplanung und Internet« betritt Lars Winter Neuland. Die Arbeit vermittelt auf der Grundlage einer umfassenden, systematischen Darstellung dieses neuen Rechtsgebietes weiterführende Erkenntnisse zur Fortentwicklung einer verstärkten Nutzung elektronischer Medien. Der Arbeit ist eine weite Verbreitung zu wünschen und den Vorschlägen ihre baldige Umsetzung in Praxis und Gesetzgebung. Band 16 ist Teil von planungsrechtlichen Veröffentlichungen in der Reihe »Planungsrecht«. Band 1 behandelt Fragen der Verfahrensbeschleunigung, Band 2

Geleitwort

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die Planung von Großvorhaben. In Band 3 widmet sich Dr. Stefan Rude der Planreparatur im Städtebau. In Band 4 arbeitet Dr. Claudia Plogmann die naturschutzrechtliche Konfliktbewältigung in der Bau- und Fachplanung auf. Band 5 gibt einen Überblick über die Vorschriften des Städtebaurechts 2004. In Band 6 stellt Dr. Dietmar Hönig das Verhältnis von Eigentumsgarantie und Fachplanung dar. In Band 7 widmet sich Rechtsanwalt Dr. Caspar David Hermanns der Vereinheitlichung der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten. In Band 8 behandelt Rechtsanwalt Dr. Holger Spreen Bundeskompetenzen bei fehlender Umsetzung des Europarechts durch die Bundesländer und widmet sich dabei besonders auch dem Beispiel der FFH-Richtlinie. In Band 9 befasst sich Leitender Regierungsdirektor Dr. Markus Rieder mit dem Thema »Fachplanung und Präklusion«. Band 10 widmet Dr. Anke Sailer dem Verhältnis von Bauplanungsrecht und Monitoring und der Umsetzung der Plan-UP-Richtlinie in das deutsche Recht. In Band 11 behandelt Dr. Claudia Wirth die Verwaltungsreform in Niedersachsen und fragt nach einem Modellcharakter für andere Bundesländer. Rechtsanwältin Dr. Tomke Weers-Hermanns befasst sich in Band 12 mit der planerischen Steuerung des Einzelhandels aus kommunaler und regionaler Sicht. In Band 13 stellt Dr. Holger Zoubek »Moderne Finanzierungsstrategien im Gefüge kommunaler Finanzverfassungen« vor. In Band 14 behandelt Dr. Christof Austermann die Brachflächenreaktivierung als Instrument der Stadterhaltung und nachhaltigen Entwicklung. In Band 15 befasst sich Dr. Benjamin Klein mit Kommunalen Kooperationen zwischen innerstaatlichem Organisationsakt und Markt. Im Mittelpunkt der Reihe »Planungsrecht« stehen das Bauplanungsrecht und das Fachplanungsrecht. Aber auch die vielfältigen Bezüge des Planrechts zu verwandten Rechtsgebieten werden in dieser Schriftenreihe behandelt. Osnabrück/Münster im September 2012

Bernhard Stüer

Vorwort

Die vorliegende Schrift wurde im Juli 2012 als Dissertation vom Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Osnabrück angenommen. Thematisch rund um die internetgestützte Beteiligung in der Bauleitplanung ausgerichtet, befasst sie sich, wie ich meine, mit einem hochaktuellen und wichtigem Thema. Nämlich der Frage, ob und wie die Öffentlichkeit, aber auch Behörden, besser im Verfahren der Bauleitplanung beteiligt werden können. Das Internet bietet dabei als ergänzendes Medium vielfältige Möglichkeiten und im Vergleich zur »klassischen« Beteiligung grundsätzlich auch Verbesserungspotenzial. Nicht erst durch Proteste zu dem Großvorhaben »Stuttgart 21« oder beispielsweise bei der Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung ist wahrzunehmen, dass die Akzeptanz ein wichtiger Indikator für eine gelungene Planung ist. Dies gilt für die Bauleitplanung wie auch für das Fachplanungsrecht. Die Arbeit soll dazu dienen, schwerpunktmäßig unter rechtlichen Gesichtspunkten, einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Beteiligungsverfahren in der Bauleitplanung zu liefern. Ich möchte mich hiermit bei allen bedanken, die mich während des Promotionsvorhabens unterstützt und damit zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Besonderer Dank gebührt Herrn Professor Dr. Stüer als Doktorvater für die Annahme und die gute Betreuung der Arbeit. Ich danke zudem Herrn Professor Dr. Weber für die Übernahme der Zweitbegutachtung. Mein Dank gilt darüber hinaus meiner Familie und meinen Freunden, die mich ganz besonders unterstützt haben. Ihre Förderung und ihr Verständnis haben bedeutend mit zum erfolgreichen Abschluss der Promotion beigetragen. Ganz besonderer Dank gilt meinen Eltern, Ursula und Jürgen Winter, sowie Martina Grothe, die mich immer unterstützt und bestätigt haben. Ihnen widme ich diese Arbeit. Osnabrück im September 2012

Lars Winter

1. Kapitel: Einleitung

A.

Problemaufriss

Die Bauleitplanung ist in der Regel ein enormer personeller, logistischer, zeitlicher und finanzieller Aufwand. Es handelt sich um einen stark durch Kommunikation geprägten Vorgang, an dem viele Akteure beteiligt sind. Am Beispiel von Hamburg bedeutet dies, dass für ein großes Bebauungsplanverfahren schnell bis zu 100 Behörden und Träger öffentlicher Belange zu beteiligen sind, dafür fast 20.000 Blatt Papier und 200 Pläne in der Größe A1 verschickt werden müssen und knapp 60 Mitarbeiter mit der logistischen Abwicklung beschäftigt sind.1 Viele technologische Entwicklungen, somit auch die vor ein paar Jahren noch als Visionen verschrienen, sind wahr geworden. Allen voran das Internet gehört heute zu den ganz alltäglichen Möglichkeiten der modernen Informationstechnologie. Manche Technologien und Nutzungen haben sich nicht ganz so wie vorausgesagt entwickelt, andere gar nicht und wieder andere vielleicht nur noch nicht. Die elektronische Datenverarbeitung im Gewand des (privaten) Computers, die Nutzung von Internet2 und E-Mail sind längst auch vollständig im privaten Alltag vieler Menschen angekommen. Die elektronische Kommunikation und insbesondere das Internet haben nicht nur Strukturen in der privaten Wirtschaft und den Alltag der Menschen verändert. Auch Regierungen und öffentliche Verwaltungen haben die vielfältigen Möglichkeiten des Internets erkannt und bieten Informationen und Dienstleistungen vermehrt auch online an. Die Nachfrage ist grundsätzlich da – seien es virtuelle Markt- und Handelsplätze, Online-Banking, Internetrecherche 1 Vgl. Rathmann, Bauleitplanung Online, http://www.demos-monitor.de/index.php/bauleitplanung-online/, besucht 11. 05. 2011; Steinebach, ZfBR 2004, 16 (17). 2 Mit Internet ist vorrangig das World-Wide-Web gemeint, also die multimediale Nutzeroberfläche bestehend aus Internetseiten, die anhand von Adressen, beginnend mit http://, aufgerufen werden können. Daneben bildet es die Datentransportinfrastruktur für eine Vielzahl unterschiedlichster Dienste.

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Einleitung

oder E-Mail – die Bevölkerungsgruppe, die das Internet aktiv nutzt ist heute deutlich größer als die Gruppe der sogenannten »Offliner«. Schon früh gab es Bestrebungen mithilfe der neuen Möglichkeiten durch das Internet, die Beziehungen zwischen Bürger3, Verwaltung und auch innerhalb der öffentlichen Verwaltung neu zu definieren. Die Clinton/Gore-Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika unternahm 1993 erste Anläufe, die öffentliche Verwaltung durch die Nutzung von elektronischer Informations- und Kommunikationstechnologie effektiver und zugleich bürgernäher zu gestalten.4 Ähnliche Visionen für eine Verwaltung in der Informationsgesellschaft gab es in der Europäischen Union 1994 mit dem sogenannten »Bangemann-Bericht«.5 Auch wenn es aus historischer Sicht noch nicht lange her ist, so ist dieses frühe Bestreben 1993 beachtlich, da erst Anfang der 1990er Jahre das World-WideWeb (WWW), so ähnlich wie wir es heute kennen, mit untereinander verweisenden Dokumenten6, entstanden ist.7 Es bildet noch heute die Grundlage dessen, was wir unter dem Begriff Internet verstehen – weiterentwickelt und ergänzt mit immer neuen Anwendungen und Inhalten. Davor gab es das Internet in einer rudimentären Form nur für einen geschlossenen militärischen beziehungsweise später wissenschaftlichen Nutzerkreis. Als am 3. August 1984 die erste rudimentäre E-Mail Deutschland erreichte, waren die gewaltigen Veränderungen durch die modernen Kommunikationsformen kaum absehbar. Heute schreiben laut Branchenverband BITKOM rund 60 Prozent der Deutschen über 14 Jahren regelmäßig E-Mails.8 Prognostizierte Auswirkungen des Internets auf die Verwaltung sind Kosteneinsparungen, mehr Bürgernähe und Effizienz- und Transparenzgewinne – die schon fast typischen Schlagwörter bei neuen Technologien. So hat, wie auch in vielen anderen Bereichen der öffentlichen Verwaltung, auch im Fachgebiet der Bauleitplanung das Internet als Kommunikations- und Informationsmedium Einzug gehalten und gewinnt zunehmend an Bedeutung. Zuletzt wurde mit § 4a Abs. 4 S. 1 BauGB die zusätzliche Nutzungsmöglichkeit einer internetgestützten Öffentlichkeitsbeteiligung aufgenommen. Immer mehr Gemeinden9 stellen In3 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gesonderte Nennung beider Genera verzichtet. Bei Nennung nur einer grammatikalischen Form sind grundsätzlich weibliche als auch männliche Personen gemeint. 4 Vgl. Gore, Reengineering through Information Technology. 5 Bangemann, Europa und die globale Informationsgesellschaft – Empfehlungen für den Europäischen Rat; dazu Kubicek/Hagen, S. 15 f. 6 Sog. Hypertext/- und Hypermediadokumente mit Verweisen, Links/Verlinkungen. 7 Brockhaus-Enzyklopädie, 24. Band, S. 364 »World-Wide-Web«. 8 Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V., Presseinformation vom 01. 08. 2009, 25 Jahre E-Mail in Deutschland, S. 1. 9 Im weiteren Verlauf wird der Begriff Gemeinde bzw. Kommune synonym für alle Gebietskörperschaften, wie Gemeinden, Kreise und kreisfreie Städte, verwendet.

Problemaufriss

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formationen zu aktuellen Bauleitverfahren ins Internet, ermöglichen die elektronische Kommunikation oder boten sogar schon vor der Klarstellung durch § 4a Abs. 4 S. 1 BauGB Plattformen für eine Öffentlichkeitsbeteiligung in Bauleitverfahren im Internet an. Zielsetzung, Quantität und Qualität unterscheiden sich jedoch stark.10 Um die Kultur der Öffentlichkeitsbeteiligung in der Bauleitplanung ist es jedoch nicht immer zum Besten bestellt.11 So scheint es zuweilen, als würde die vorgeschriebene Beteiligung der Öffentlichkeit eher argwöhnisch betrachtet und als würden längst nicht alle Möglichkeiten genutzt, um die Verfahren für eine rege Beteiligung der Öffentlichkeit attraktiv zu gestalten. Zugleich kämpfen klassische Beteiligungsverfahren seit jeher mit dem Problem einer geringen und eher zögerlichen Teilnahme der Bürger. Dadurch kann ein erhebliches Potenzial an Abwägungsmaterial ungenutzt bleiben und negative Auswirkungen auf die Qualität der Planung sind nicht ausgeschlossen. Zumeist liegt der Schwerpunkt der Internetangebote der Städte und Gemeinden auf der Informationsvermittlung – immer mehr Angebote ermöglichen jedoch auch eine bidirektionale Kommunikation. Noch wenig entwickelt ist die Nutzung des Internets im Bereich der kollektiven Kommunikation und als Instrument der Bürgerpartizipation durch die öffentliche Verwaltung. Gerade hier bietet sich die Bauleitplanung auf kommunaler Ebene möglicherweise geradezu an, um die neuen Möglichkeiten des Internets zu nutzen und womöglich auf diesem Weg nicht nur die Verwaltungsvorgänge zu erneuern, sondern auch stärkeres bürgerschaftliches Engagement hervorzurufen. Mit dem anhaltenden Siegeszug moderner Informations- und Kommunikationstechnologien sind tiefgreifende Veränderungen nicht nur in der Kommunikationskultur einhergegangen und werden Staat und Gesellschaft weiter verändern. Selbst als die aktuellen Möglichkeiten erst teilweise absehbar waren, wurde schon länger der Übergang von einer Industrie- zur Informations- und Wissensgesellschaft beschrieben.12 So stellen auch gewandelte gesellschaftliche, demographische und ökonomische Rahmenbedingungen an die Bauleitplanung neue Anforderungen.13 Informations- und Kommunikationstechnologien sind einige der Schlüsseltechnologien, vor denen sich die Verwaltung nicht verschließen darf und die es anzuwenden gilt, will man als moderner und zeitgemäßer Staat dem Bürger dienen. Mögliche Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen sind dabei, auch bei der Nutzung durch den Staat, nur ein Teil der Antriebsgründe. Ein besserer Dienst am Kunden, dem Bürger oder privaten 10 11 12 13

Vgl. Initiative eParticipation, S. 18 ff. Vgl. Berghäuser/Berghäuser, NVwZ 2009, 766 (766). Etwa Pitschas, DuD 1998, 139 (139); Schoch, VVDStRL 57 (1998), 158 (168). Vgl. Steinebach, ZfBR 2004, 16 (16).

22

Einleitung

Unternehmen, sollte Antrieb genug sein. Auch weitere Nutzungsmöglichkeiten der elektronischen Informationstechnologien durch die öffentliche Verwaltung, etwa die »Vision des One-Stop-Government«14, sind dabei, zumindest in Anfängen, Wirklichkeit zu werden.15 Zu untersuchen bleibt, welche – vor allem rechtlichen – Probleme die internetgestützte Bauleitplanung und insbesondere die Öffentlichkeitsbeteiligung als Teilbereich des E-Government aufwirft.

B.

Gang der Erörterung

Diese Dissertationsschrift soll die rechtlichen Rahmenbedingungen untersuchen, derzeitige und zukünftige Nutzungsbedingungen einer internetgestützten Bauleitplanung aufzeigen und praktische Anleitung geben. Ihre Verwendbarkeit in informellen und formellen Planungsprozessen soll überprüft und konzeptionelle Anwendungsmöglichkeiten sollen aufgezeigt werden. Bestehende Instrumente zur elektronischen Öffentlichkeitsbeteiligung sind zu untersuchen und so weit wie möglich sind Handlungsempfehlungen zu geben. Dabei können kaum Einzelfälle betrachtet werden, vielmehr ist das Thema abstrakt, vor allem unter juristischen Gesichtspunkten, zu behandeln. Häufig werden mit dem Begriff E-Government die Begriffe Bürgerfreundlichkeit, Effizienzsteigerung und Kosteneinsparung assoziiert. Auch soll durch entsprechende E-Dienstleistungen der Kontakt zu Bürgern, Wirtschaft und auch zwischen Behörden gestärkt werden. Ob dies wirklich zutrifft, bleibt zu untersuchen. Schon seit einigen Jahren ist der Begriff E-Government in der Verwaltung präsent und führt bei der Umsetzung auch zu Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen. Masterpläne wurden aufgestellt und auch durch verschiedene Bundesinitiativen, wie etwa »Deutschland-Online«16, sollte die Nutzung von Informationstechnologien in der Verwaltung an der Schnittstelle zum Bürger, aber auch zwischen einzelnen Verwaltungen vorangetrieben werden. Die öffentliche Verwaltung in Deutschland investierte in den letzten Jahren fast 2,5 Milliarden Euro pro Jahr in entsprechende Projekte, europaweit waren es über 28 Milliarden Euro17. Die einzelnen Bundesländer sind unterschiedlich stark aktiv – die Zielsetzung, durch Angebote der elektronischen Verwaltung den Service für die Bürger und die Wirtschaft zu verbessern und verwaltungsinterne Verfahren zu optimieren, wird jedoch von allen verfolgt. Niedersachsen hat in diesem Sinne 14 Hoffmann-Riem, S. 26 f. 15 Siehe etwa zur EU-Dienstleistungsrichtlinie S. 61 f. 16 Siehe http://www.deutschland-online.de, besucht 30. 05. 2011, nun unter Verwaltung des ITPlanungsrates. 17 Büllesbach, DVBl. 2005, S. 605 (605).

Gang der Erörterung

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beispielhaft den 2005 aufgestellten E-Government-Masterplan im Jahr 2010 fortgeschrieben.18 Informationen, Formulare und elektronische Dienstleistungen werden dementsprechend unter einer Anlaufstelle zusammengefasst.19 Herausstechendes Leistungsmerkmal soll der Grundsatz der einmaligen Registrierung zur Nutzung verschiedenster Dienstleistungen sein, um E-Government auch nutzerfreundlich zu gestalten. Die internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der Bauleitplanung ist hauptsächlich an drei Punkten zu bewerten. Zu prüfen ist, inwiefern Ziele der klassischen Beteiligungsformen auch oder womöglich stattdessen über das Internet erreicht werden können, ob es einen Mehrertrag im Vergleich zu klassischen Formen gibt und ob und wenn welche rechtlichen Hindernisse einer internetgestützten Beteiligung entgegenstehen. Schwerpunkt dieser Arbeit ist die internetgestützte Beteiligung der Öffentlichkeit im Sinne von § 3 BauGB. Mit dieser hängt jedoch die sogenannte Behördenbeteiligung nach § 4 BauGB, also die Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt werden kann, eng zusammen, so dass diese auch betrachtet werden muss. Um möglichst umfassend auf die internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung einzugehen, werden auch weitere Themenbereiche des E-Government, wie etwa die elektronische Aktenführung und Verfahrensabwicklung oder beispielsweise die elektronische Signatur, angesprochen. Diese Arbeit kann keine vollständige Bewertung und Klärung vornehmen, dafür bedarf es weit umfangreicherer Studien und der Einbeziehung empirischer Untersuchungen. Gleichwohl sollen Probleme und mögliche Lösungen aufgezeigt werden und somit ein Beitrag zur Diskussion um neue Formen der Öffentlichkeitsbeteiligung geliefert werden. Um schließlich der Kernfrage einer internetgestützten Öffentlichkeitsbeteiligung nachzugehen, wird ein gedanklicher Bogen über das E-Government allgemein und den mit der internetgestützten Öffentlichkeitsbeteiligung eng verbundenen aktuellen Entwicklungen gespannt.

18 Siehe E-Government-Masterplan Niedersachsen 2010 vom Mai 2010, http://www.mi.niedersachsen.de/download/45825, besucht 30. 05. 2011. 19 Siehe http://www.service.niedersachsen.de, besucht 30. 05. 2011.

2. Kapitel: Electronic Government

In Deutschland entwickeln sich kurze Zeit nach ersten Projekten in den Vereinigten Staaten von Amerika auf nationaler und kommunaler Ebene gleichfalls Vorhaben des Electronic-Government.20 Dieser ins Deutsche unscharf mit »elektronische Regierung« zu übersetzende Begriff muss sich vorwerfen lassen, dass er ungenau ist, da es eigentlich eher um Digitalisierung denn um Elektronik geht21 – sowohl national als auch international hat sich der Sammelbegriff »elektronisch« jedoch etabliert. So unterschiedlich die einzelnen Herangehensweisen an eine Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung sind – sie alle lassen sich unter dem Begriff »Electronic Government« subsumieren: »Electronic Government ist eine Organisationsform des Staates, welche die Interaktionen und Wechselbeziehungen zwischen dem Staat und den Bürgern, privaten Unternehmungen, Kunden und öffentlichen Institutionen durch den Einsatz von modernen Informations- und Kommunikationstechnologien integriert.«22

Oder etwas anders als sogenannte Speyerer Definition: »Unter Electronic Government verstehen wir die Abwicklung geschäftlicher Prozesse im Zusammenhang mit Regieren und Verwalten (Government) mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechniken über elektronische Medien.«23 Es entsteht eine neue elektronische Verwaltungsstruktur – das sogenannte Electronic Government oder kurz E-Government. Unter diesen weiten Sammelbegriff fallen ganz unterschiedliche Aufgabenfelder und Ebenen. So lassen sich unter den Begriff E-Government verschiedene Hauptunterkategorien subsumieren: Dies ist der Oberbegriff für E-Administration (E-Verwaltung), EDemocracy (E-Demokratie), E-Partizipation (E-Beteiligung) und E-Voting (EWahl). 20 21 22 23

Überblick bei Kubicek/Hagen, S. 16. So auch Kleinsteuber/Hagen, S. 128 f. Schedler/Summermatter/Schmidt, S. 6; vgl. Schedler/Proeller, S. 251. Reinermann/von Lucke, Speyer Definition von Electronic Government, S. 1; ähnlich Winkel, S. 7 (7).

26

Electronic Government

So vielfältig wie die Anwendungsbereiche der moderne Informationstechnologie sind, so unterschiedlich und vielfältig sind auch die Konzepte, die mit dem Begriff E-Government verbunden werden. E-Government hat sich somit zu einem Gummibegriff entwickelt.24 Am gebräuchlichsten erscheint ein interaktionsorientiertes und ein das gesamte politisch-administrative System umfassendes Verständnis zu sein. Ziele der Konzepte des »New Public Management«25 (NPM) werden aufgegriffen und mit den neuen elektronischen Möglichkeiten aktualisiert – dazu später mehr26. Damals wie heute wurden und werden fortschrittliche Ziele und Vorteile genannt: – Bürger-/ Kundenfreundlichkeit: Leicht, schnell und einfach – so soll die Verwaltung über das Internet für den Bürger sein. Wie auch bei Konzepten des NPM soll der Bürger als Kunde des »Dienstleisters« Öffentliche Verwaltung betrachtet werden und intendiert eine starke Kundenorientierung. Die Bestrebungen sind nicht neu, allerdings bietet sich durch die neuartigen elektronischen Mittel nun eine erweiterte Möglichkeit, diese erneut zu betrachten und zu aktualisieren. – Effizienzsteigerung und Kostenersparnis: Arbeitsprozesse der Verwaltung sollen durch Nutzung des Internets reorganisiert und optimiert werden. Nicht zuletzt sollen die Liege- und Umlaufzeiten durch die Nutzung elektronischer Dokumente und Akten erheblich reduziert werden. Der aus der privaten Wirtschaft bekannte Begriff des »business reengineering« wird dafür umgeformt in »administration reengineering« und verspricht durch eine Weiterentwicklung der NPM-Konzeptionen eine Optimierung.27 Auf der anderen Seite wird jedoch auch ganz deutlich die prekäre finanzielle Situation vieler Gemeinden als einer der wichtigsten Gründe für die Einführung von E-Government genannt. Man hofft dadurch mit knapperen finanziellen Mitteln dieselbe »Leistung« zu erbringen, indem infolge dessen oder vielleicht auch als Mittel zum Zweck, Verwaltungsabläufe optimiert und flexibilisiert werden. – Demokratie und Partizipation: Eine einfachere Partizipation durch EGovernment und der damit verbundene Demokratiegedanke werden als große Vorteile angeführt. Die Verbindung zwischen Bürgern und Verwaltung soll stärker demokratisiert werden. Auf diese Weise soll der Bürger stärker in das politische, soziale und verwaltungstechnische Geschehen eingebunden werden. So seien in einer elektronischen Verwaltung sowohl die Informationsmöglichkeiten der Bürger als auch ihre Mitwirkungsmöglichkeiten aus24 25 26 27

Schedler/Proeller, S. 251. Schedler/Proeller, S. 66 ff. Siehe S. 42 ff. Kubicek/Hagen, S. 17; vgl. Schedler/Proeller, S. 87 ff.

Electronic Government

27

geprägter als in der klassischen Verwaltung.28 Es wird gehofft, mit EGovernment ein Mittel gegen die weit verbreitete Staats-, Demokratie- und Politikverdrossenheit der Bevölkerung gefunden zu haben.29 – Manche gehen noch weiter und sehen eine neue Form der Demokratie kommen: Eine elektronische Demokratie30, gestützt durch Vorteile des Internets wie Interaktivität, Dezentralität und Universalität. Kritische Stimmen merken jedoch richtigerweise an, dass vergangene Verheißungen durch Technikschübe, wie nun mit dem Internet ein riesiger Schub gerade wieder stattfindet, zumeist nicht das an »neuer« oder »anderer« Demokratie gebracht haben, wie von manchen erwünscht.31 Gerade bezogen auf die elektronischen Partizipationsmöglichkeiten gilt jedoch, dass es weniger um Grundsatzfragen gehen sollte, sondern stattdessen gerade einzelne Projekte und Einsatzmöglichkeiten eine pragmatische und überschaubare Weiterentwicklung der Verwaltungswirklichkeit und somit auch der elektronischen Partizipationsmöglichkeiten im Rahmen des E-Government und als eine Form der E-Demokratie ermöglichen. So erfordert der Blick auf neue demokratische Potenziale Realismus.32 – Wirtschaftsförderung und Standortsicherung: Wirtschafts- und Standortpolitik ist nicht nur in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wichtig. Sowohl national als auch international herrscht ein ständiger Wettbewerb. EGovernment und andere moderne Instrumente können dabei als zusätzliche Marketinginstrumente genutzt werden. Neben einem modernen und offenen Erscheinungsbild kann es mit wenig Aufwand potentielle Partner in der Wirtschaft auch außerhalb ihrer Region erreichen.33 Zu den angestrebten Vorteilen im Widerspruch steht der bislang eher niedrige Umsetzungsgrad in Deutschland. So sind zwar heute fast alle kommunalen Verwaltungen im Internet vertreten, noch zu oft wird jedoch nur ein virtueller Schaukasten betrieben und das Potenzial des E-Governments längst nicht genutzt. Werden moderne Informations- und Kommunikationstechnologien jedoch wirksam eingesetzt, können sich neue Partizipationschancen für die Bürger ergeben (E-Partizipation/E-Konsultation) – im kommunalen Bereich etwa die internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der Bauleitplanung.

28 29 30 31 32 33

Kubicek/Hagen, S. 17 f.; Zittel, ZParl 2000, 903 (913 ff.). Hill, in: Kubicek u. a., S. 234 f. Vgl. etwa http://e-democracy.org, besucht 30. 05. 2011. BT-Drs. 13/11004, S. 80. Vgl. BT-Drs. 13/11004, S. 80. Boehme-Neßler, NVwZ 2001, S. 374 (375); Kubicek/Hagen, S. 17 f.

28

Electronic Government

Für den gesamten E-Government-Bereich werden vor allem folgende Barrieren und Problemfelder als Umsetzungshindernis genannt: Management, Organisation, mentale Bedenken, kulturelle Faktoren, Strukturen, Prozesse, Strategiedefizite, Politik, rechtlicher Rahmen, Technologie und Informationsvolumen.34 Vor allem aufgrund der spezifischen Rahmenbedingungen der öffentlichen Verwaltung sind die Nutzungshindernisse sehr vielfältig. Sie reichen somit von technischen Hürden über öffentlich rechtliche Rahmenbedingungen bis hin zu Hindernissen, welche die Mitarbeiterführung und Verwaltungskultur betreffen.35

A.

Ausprägungen des E-Government Das Internet: Vom Verkündungs-Apparat zur Interaktions-Schnittstelle36

E-Government kann in unterschiedlichsten Formen, Anwendungen und auf unterschiedlichsten Tätigkeitsfeldern angewendet werden. International sind folgende vier Hauptkategorien des E-Government geläufig: Electronic Democracy and Participation (eDP), Electronic Production Networks (ePN), Electronic Public Services (ePS) und Electronic Internal Collaboration (eIC).37 Die nach außen in Zielrichtung einer Beteiligung der Öffentlichkeit ausgerichteten Angebote lassen sich grundsätzlich der Gruppe Electronic Democracy and Partizipation (elektronische Demokratie und Partizipation) zuordnen. Es wird kaum jemals eine abschließende Aufzählung geben, da sich die Anwendungen mit Fortentwicklung der Informationstechnologie analog weiterentwickeln werden. Als starkes Steuerungselement bleibt jedoch die Politik mit der Fortschreibung des rechtlichen Rahmens. Einzelne Ausprägungen des E-Government kann man anhand der beteiligten Seiten beziehungsweise anhand des Beziehungsgeflechts unterscheiden.38 Spielarten und Angebote des E-Governments und sonstiger Nutzungen der Informationstechnologien durch staatliche Stellen gibt es schon viele. Beispielhaft seien einige Ausprägungen erwähnt:

34 35 36 37 38

Von Lucke, S. 68 (69). Vgl. von Lucke, S. 68 (69). Nach Friedrichs/Hart/Schmidt, S. 12 (20). Nach Schedler/Proeller, S. 254 f. Reinermann/von Lucke, Speyer Definition von Electronic Government, S. 1 f.

Ausprägungen des E-Government

I.

29

(Stadt-) Informationssysteme

Bei Stadtinformationssystemen handelt es sich häufig um reine Informationsangebote über die Stadt und dort stattfindenden Veranstaltungen.39 Zum Teil werden auch amtliche Informationen parallel zur gedruckten Publikation zugänglich gemacht. Zu nennen sind etwa öffentliche beziehungsweise amtliche Bekanntmachungen, Berichte, Informationen zu Ratssitzungen und Informationen über den Verwaltungsaufbau sowie Ansprechpartner und Öffnungszeiten. Die besser ausgebauten Systeme bieten zudem schon Möglichkeiten, einzelne Formulare und Sonstiges herunterzuladen.40 Eine direkte Transaktion zwischen Bürgern und Verwaltung findet jedoch selten statt. Betrieben werden entsprechende Seiten oft durch die Pressestelle oder direkt vom Stadtmarketing. Manche Angebote enthalten als einfaches Kommunikationsportal einen elektronischen »Meckerkasten«, um über Formular oder E-Mail unter dem Motto »Ihre Meinung ist uns wichtig!« Anregungen oder Kritik mitzuteilen. Informationsangebote gibt es, neben den von Städten und Gemeinden betriebenen Internetseiten, viele weitere. So ziemlich jede Bundes- und Landesbehörde oder -anstalt bietet zumindest grundlegende Informationen im Internet an. Es existieren auch einzelne verwaltungsstrukturübergreifende Angebote wie beispielsweise das Umweltportal »PortalU«.41

II.

Virtuelle Verwaltung und virtuelles Rathaus

Anspruchsvoller sind Angebote der virtuellen Verwaltung. Sie bieten in unterschiedlichem Umfang Kommunikations- und Serviceleistungen direkt über das Internet. Angebote im Sinn von virtuellen Rathäusern bieten Informationen zur Verwaltungsorganisation, Informationen zu politischen Gremien – etwa in Form von sogenannten Ratsinformationssystemen42 – als auch elektronische Dienstleistungen und erweiterte Kommunikationsangebote. Dienstleistungen der Verwaltung werden dabei direkt durch eine Interaktion über das Internet in Gang gesetzt. Bezeichnet wird dies auch als »administration-to-consumer-electronic-commerce« oder »A2C-eCommerce«.43 Zumeist bleibt ein Rest des Vorgangs in klassischer Papierform zu erledigen, weil etwa 39 40 41 42

Beispielhaft http://www.stuhr.de genannt, besucht 30. 05. 2011. Beispielhaft http://www.osnabrueck.de, besucht 30. 05. 2011. Beispielsweise Umweltportal Deutschland, http://www.portalu.de, besucht 30. 05. 2011. Beispielsweise Stadtrat München: http://www.ris-muenchen.de/RII/RII/ris_startseite.jsp, besucht 30. 05. 2011. 43 Schedler/Proeller, S. 252 ff.

30

Electronic Government

Unterlagen einzureichen oder Unterschriften zu leisten sind. Diese Problematik des Medienbruchs stellt noch ein größeres Problem des E-Government dar.44 Auch umfangreichere Formen wie internetbasierte Diskussionsforen zum Austausch zwischen Bürgern und zwischen Bürgern und Verwaltung gehören dazu.45 Grundsätzlich können durch elektronische Foren demokratische Prozesse gestärkt werden. Neben einem direkten Draht zu Verwaltung oder Politik via E-Mail bieten elektronische Foren ein einfach zu benutzendes Instrument der Partizipation. Wenig gewinnbringend ist diese Form jedoch, wenn sie von bestimmten (organisierten) Interessengruppen missbraucht wird, beziehungsweise sich nur ein kleiner oder nicht repräsentativer Teil der Bürger oder Betroffenen beteiligt.46 Es gilt somit den gesamten Querschnitt der Bevölkerung gleichermaßen zu beteiligen. Als Unterkategorie sind noch interaktive Dienstleistungen besonders hervorzuheben. Soweit komplette Verwaltungsakte elektronisch bearbeitet werden können spricht man von Electronic Public Services (elektronische Leistungsabgabe bzw. Leistungen). Der komplette Vorgang wird dabei ohne persönliche Interaktion Mensch zu Mensch online elektronisch abgearbeitet und das Abholen oder Einreichen von Papierdokumenten entfällt gänzlich. Das Stellen von Anträgen, An- und Abmeldungen ist beispielhaft zu nennen.47 In Deutschland dürfte die elektronische Steuererklärung (ELSTER) vielen Bürgern bekannt sein, welche in einem Modus komplett elektronisch abgewickelt werden kann.48 Als positives Beispiel kann weiterhin das elektronische Mahnverfahren – Antragstellung über das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP)49 mit qualifizierter elektronischer Signatur – genannt werden, welches durch die EG-Verordnung 1896/200650 eine europäische Perspektive bekommen hat. So gibt es schon eine deutsch/österreichische Pilotanwendung, die das europäische Mahnverfahren (European Order for Payment) nach der EG-Verordnung 1896/ 2006 elektronisch betreiben kann.51 Noch gibt es dabei vielfältige Probleme.52 So fehlen oftmals rechtliche oder technische Grundlagen. Teilweise wirken die erforderlichen Verfahren auch einfach auf unerfahrene Benutzer abschreckend, weil sie zu umständlich sind. 44 45 46 47 48 49 50 51 52

Siehe auch S. 153 f. Siehe etwa http://www.wiesbaden.de, besucht 30. 05. 2011. Vertiefend Kraemer, S. 187. Eine weltweite Vorreiterrolle nahm die Stadt Phoenix (USA) ein, die schon früh eine Plattform zum Beantragen von Genehmigungen betreibt: http://phoenix.gov/eservices/index.html, besucht 30. 05. 2011. Einzelheiten https://www.elster.de, besucht 30. 05. 2011. Siehe http://www.egvp.de und https://www.online-mahnantrag.de, besucht 30. 05. 2011. Abl. EU L 399 v. 30. 12. 2006 S. 1 ff., in Kraft seit 12. 12. 2008. Http://www.epractice.eu/en/cases/euopa, besucht 30. 05. 2011. Vgl. schon Knörig, in: Kubicek u. a., S. 93 ff.

Ausprägungen des E-Government

31

Zum Großteil sind die Dienste freiwillig und ein Zusatzangebot zu klassischen Papierformularen. Es gibt jedoch erste Anwendungen, die die klassische Papierform, etwa Meldungen zur Sozialversicherung oder Umsatzsteuervoranmeldungen, nur noch als Ausnahme zulassen, dazu unten mehr.

III.

Vernetzung von Verwaltung und Wirtschaft

Auch das sogenannte »administration-to-business-electronic-commerce« (A2B-eCommerce), welches sich der Gruppe der sogenannten »Electronic Production Networks« (elektronische Produktionsnetzwerke) zuordnen lässt, entwickelt sich fort. Internetbasierte Steuerabwicklung von Unternehmen oder auch Anmeldungen zur Sozialversicherung sind dafür als Beispiele zu nennen. Zunehmende Bedeutung hat auch die elektronische Vergabe öffentlicher Aufträge über das Internet. Verglichen mit der Nutzung im privaten Sektor haben vor allem »business-to-business«(B2B)-Marktplätze als Märkte für den elektronischen Einkauf (E-Procurement) zu gewaltigen Kosteneinsparungen geführt.53 Ähnliches erhofft man sich für den Staat durch die elektronische Vergabe öffentlicher Aufträge. Es geht um gewaltige Summen – die öffentliche Beschaffung macht etwa 16 Prozent des europäischen Bruttoinlandsprodukts aus.54 Die öffentliche Hand nutzt zunehmend die elektronische Auftragsvergabe, verglichen mit der privaten Wirtschaft besteht jedoch noch Nachholbedarf.55 Die rechtlichen Grundlagen für die E-Vergabe sind im nationalen Vergaberecht vorhanden und stellen somit allein kein Anwendungshindernis dar. Da das komplexe Vergaberecht jedoch auch bei der internetgestützten Vergabe vollständig zu beachten ist, lässt sich somit erklären, warum es die private Wirtschaft hierbei einfacher hat und die E-Vergabe durch den Staat differenzierter zu betrachten ist.56 Auch als problematisch wurden weiterhin die noch teilweise fehlenden technischen Infrastrukturen, mangelnde Fähigkeiten/ Kenntnisse des Personals, schlechte Akzeptanz bei Geschäftspartnern und die hohen Einführungskosten identifiziert.57

53 Zerdick, S. 217 ff. 54 EU-Kommission, Smarter, Faster, Better eGovernment, S. 31, 66. 55 Etwa »E-Vergabe« als Vergabeplattform des Beschaffungsamtes des Bundesministeriums des Innern, http://www.evergabe-online.de, zuletzt besucht 30. 05. 2011. 56 Vgl. Kraft/Meister, VR 4/2003, S. 126 (126). 57 Zum Forschungsstand siehe Wirtz/Lütje/Schierz, S. 17 ff.

32 IV.

Electronic Government

Vernetzung von unterschiedlichen Behörden

Die Vernetzung von Verwaltungen untereinander, sogenanntes »administrationto-administration-electronic-commerce« (A2A-eCommerce) oder auch »Electronic Internal Services« (elektronische interne Zusammenarbeit), ist vereinzelt vorhanden. Eine Vorreiterrolle haben die Umweltbehörden der Bundesländer, die seit den 90er Jahren mehrere behördenübergreifende Umweltinformationssysteme aufgebaut haben, eingenommen.58 Technisch können dies auch schon einfache E-Mailsysteme sowie Intranetanwendungen59 sein.60 Nach einem strengeren Maßstab dürften jedoch erst integrierte Systeme mit elektronischer Prozessführung, möglichst behördenübergreifend vernetzt, dazu gezählt werden. Elektronische Aktenbearbeitung und Aktenmanagement sowie elektronische Archivierung sind dabei weitere Aspekte der elektronischen Abwicklung, welche sich in den nächsten Jahren sicher weiter entwickeln und an Bedeutung weiter zunehmen werden. So hat die niedersächsische Landesregierung jüngst beschlossen, ihr Projekt zum Ausbau der elektronischen Aktenführung fortzuführen.61 Nach einem Pilotprojekt im Jahr 2008 wurde ein Dokumentenmanagementsystem (DMS) beschafft und zentral vom Landesbetrieb für Statistik und Kommunikationstechnologie Niedersachsen (LSKN) bereitgestellt. Bislang nutzen es etwa 450 Mitarbeiter in elf Pilotbehörden zur elektronischen Aktenablage und zum Teil auch zur Unterstützung der Vorgangsbearbeitung. Diese Infrastruktur soll weiter als einheitliches DMS für alle niedersächsischen EGovernmentanwendungen ausgebaut werden.62 In diesem Sinne wurde in der niedersächsischen Aktenordnung festgeschrieben, dass Akten der Landesverwaltung vorzugsweise elektronisch zu führen sind.63

V.

E-Government im Bereich des Baurechts

Die Verwendung internetgestützter Beteiligungsangebote in deutschen Bauleitplanungsverfahren wurde bislang großflächig noch relativ wenig von den 58 Killian/Wind, VerwArch 88 (1997), 499 (504 ff.); beispielsweise Umweltportal Deutschland, http://www.portalu.de, besucht 30. 05. 2011. 59 Geschlossenes Informationssystem ähnlich dem Internet. 60 Schedler/Proeller, S. 256. 61 Presseinformationen der Nds. Staatskanzlei v. 17. 03. 2010, http://www.profil.niedersachsen.de/live/live.php?navigation_id=1130& article_id=10713& _psmand=6, zuletzt besucht 23. 03. 2010. 62 Vgl. http://www.lskn.niedersachsen.de/live/live.php?navigation_id=25684& article_id=873 52& _psmand=40, besucht 30. 05. 2011. 63 Vgl. Nds. Aktenordnung, Nds. MBl. Nr. 41/2006, S. 1226 ff.

Ausprägungen des E-Government

33

planenden Gemeinden genutzt. Erst wenige Gemeinden haben sich an den praktischen Einsatz der neuen Möglichkeiten herangetraut. Von diesen wiederum nutzt der Großteil nur grundlegende Funktionen des Mediums Internet – etwa lediglich im Rahmen schon vorhandener Stadtinformationssysteme in Form von Bekanntmachungen und der Betrachtungsmöglichkeit von Plänen und Entwürfen. An interaktive, also auch Eingaben ermöglichende, internetgestützte Beteiligungsvorhaben haben sich bislang nur einige wenige herangewagt.64 Dies bedarf einer genaueren Untersuchung, ist doch der Bereich der Bauleitplanung eine der wesentlichen Aufgaben der Gemeinden. Die Einführung des § 4a Abs. 4 BauGB im Jahr 2004 durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau65 brachte die Nutzung elektronischer Informationstechnologien erstmalig im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung ins BauGB ein. Auch wenn einzelne Landesbauordnungen schon deutlich weiter waren – das E-Government war somit bundesweit im Baurecht angekommen und offiziell »legalisiert«. Schon vor der Änderung des Baugesetzbuches war die unterstützende Nutzung des Internets im Zusammenhang mit der Bauleitplanung nicht verboten. Der Gesetzgeber erhofft sich mit der klarstellenden Ergänzung des § 4a Abs. 4 BauGB in diesem Sinne eine stärkere Nutzung.66 So soll durch die Anregung zur verstärkten Nutzung elektronischer Medien das Beteiligungsverfahren erleichtert und eine höhere Transparenz für die Öffentlichkeit und andere Beteiligte erreicht werden. Der Bundesgesetzgeber lässt den Gemeinden durch den weit gefassten § 4a Abs. 4 BauGB und dadurch, dass zusätzliche Angebote neben dem klassischen Beteiligungsverfahren auch vor der Gesetzesänderung möglich waren und es sich somit lediglich um eine Klarstellung handelt, einen weiten Umsetzungsspielraum. Vermutlich dürfte sich dies auch erst ändern, wenn aus dem fakultativen vielleicht eines Tages ein verpflichtendes Verfahren, womöglich letztendlich sogar unter Wegfall der klassischen papiergebundenen Beteiligung, werden sollte. Fehlte es bis vor einiger Zeit noch an Praxisanleitungen für die Umsetzung einer internetgestützten Öffentlichkeitsbeteiligung, liegt seit dem Jahr 2006 zumindest ein umfassender Spezifikationsbericht mit konkreten Handlungsempfehlungen vor.67 Auch wurden mehrere größere Bauplanungsvorhaben mit interaktiven Beteiligungsmöglichkeiten durchgeführt.

64 Siehe auch unten einige Beispiele, S. 119 ff. 65 Gesetz zur Anpassung des Baugesetzbuchs an EU-Richtlinien (EAG Bau) vom 24. 06. 2004, BGBl. I 2004, S. 1359 ff.; Bekanntmachung der Neufassung im BGBl. I v. 01. 10. 2004, S. 2414 ff. 66 BT-Drs. 15/2250, S. 31. 67 Siehe BMWi, Spezifikationsbericht.

34

B.

Electronic Government

Stand der Entwicklung und Zwischenfazit

Der fortschreitende Einsatz von elektronischer Datenverarbeitung, elektronischer Kommunikation und zuletzt die Erstarkung des E-Government hat die Verwaltungsinformatik stark verändert und wird dies weiter tun. Auch ist EGovernment im weiteren Sinne in einigen Bereichen zum erfolgreichen Innovationsmotor in der Verwaltung geworden. Neue Konzepte bauen dabei auf bestehende oder zum Teil schon eingeführte auf und entwickeln diese weiter. Die Technik allein, also Computer, Internet und Anwendungen, stellen keine große Hürde mehr für den Ausbau von E-Government-Angeboten dar, vielmehr scheint es an der Politik zu sein, entsprechende E-Government-Projekte konzeptionell und rechtlich umzusetzen. Nicht zuletzt müssen jedoch auch die notwendigen finanziellen Mittel bereitgestellt werden, um vor allem die Anfangs- beziehungsweise Modernisierungsinvestitionen tätigen zu können. Angesichts knapperer öffentlicher Kassen mögen dabei erhoffte spätere Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen locken. Vor allem in den 90er Jahren waren die Erwartungen auf eine Stärkung der Öffentlichkeitsbeteiligung und generellen politischen Partizipation an das Internet weit überzogen, wie man heute weiß.68 So finden im Internet zumeist Übertragungen der sozialen auf die technischen Möglichkeiten statt – eine globale Entgrenzung, Egalisierung oder Entterritorialisierung fand in dem erwarteten Maße jedoch nicht statt. Oftmals wurden bekannte und bewährte Prozesse und Mittel lediglich an die neuen digitalen Möglichkeiten angepasst. Auch die Fortschritte im E-Government scheinen nicht die hohen Erwartungen erfüllt zu haben. Viele Probleme im Zusammenhang mit E-Government sind bislang häufig nur anwendungsbezogen und selektiv beantwortet worden, was wohl oftmals mit an einer schwerpunktmäßigen Konzentration auf die technische Entwicklung lag.69 Dies habe jedoch auch strategisch-organisatorische Defizite erkennbar gemacht und bedarf nun einer verwaltungsweiten strategischen Steuerung, welche auf einer langzeitorientierten Konzeption fußen sollte. Warum dies wichtig ist, zeigen nicht zuletzt Defizite, insbesondere bei inkompatiblen Schnittstellen und Anwendungen, wo die Probleme seit Jahren oftmals dieselben zu sein scheinen.70 Auch auf dem Gebiet der Forschung gibt es fast ausschließlich Einzelfallbeschreibungen71 zu E-Partizipations-Angeboten. Ver-

68 Vgl. Dopfer/Becker, S. 7. 69 Vgl. Deutscher Städtetag, Teil 1, S. 8. 70 Vgl. Die Zeit, 11/2002, S. 72, http://www.zeit.de/2002/11/200211_c-memmelsdorf.xml, besucht 18. 05. 2011. 71 Als Ausnahme Dopfer, S. 9 ff. in der Form eines Handbuches.

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gleichende empirische Studien, insbesondere zu Effekten und Erfolgsfaktoren, sind selten.72 Zurzeit laufen parallel verschiedenste Regierungsprogramme zur Förderung von E-Government und Informationstechnik.73 So enthält der EU-Aktionsplan i201074 unter anderem das Ziel, »bessere Entscheidungsprozesse und eine größere Bürgerbeteiligung in allen Phasen der demokratischen Entscheidungsfindung [zu etablieren]«75. Im Aktionsprogramm E-Government 2.0 der Bundesregierung heißt es dazu: »Zur Steigerung der Nutzung des Internets im Sinne der europäischen Ziele zur Einbindung und Teilhabe aller […] werden auch bedarfsgerecht elektronische Beteiligungsformen wie zum Beispiel Foren ausgebaut. Zur digitalen Integration der einzelnen Bevölkerungsgruppen werden die erforderlichen Kompetenzen zielgruppengerecht zu den E-GovernmentDienstleistungen gefördert und Zugangsbarrieren konsequent abgebaut. Es gilt, eine »Informationsgesellschaft für alle« zu schaffen und zu diesem Zweck eine auf Einbeziehung ausgerichtete digitale Gesellschaft zu fördern, in der allen Menschen Chancen geboten und das Risiko einer Ausgrenzung so gering wie möglich gehalten werden.«76 Erste Ergebnisse liegen mittlerweile vor: Auch als Ausfluss der Auswertung des Onlinekonsultationsverfahrens zum Gesetzentwurf »De-Mail/Bürgerportale« sollen im Rahmen des IT-Investitionsprogramms weiterhin E-Partizipationsprojekte gefördert werden.77 Bislang sind vorrangig Verwaltungsabläufe modernisiert worden, da angenommen wurde, dort am ehesten Effektivitätsgewinne und somit Kosteneinsparungen erreichen zu können.78 Eine Modernisierung der partizipatorischen Elemente des Baurechts ist folglich eher nachrangig gewesen, da sich ein Zugewinn an Demokratie nicht direkt in den Gemeindehaushalten wiederspiegelt. Es reicht jedoch nicht, nur die Technik auf den aktuellen Stand zu bringen. So ist der Bereich der elektronischen Öffentlichkeitsbeteiligung von den Behörden bislang eher vernachlässigt worden.79 Lag bei den Internetangeboten der Gemeinden der Schwerpunkt vor allem auf der Bereitstellung von Informationen, zeichnet sich jedoch langsam, vielleicht auch durch den noch relativ neuen § 4a Abs. 4 BauGB, eine zunehmende Nutzung auch zu partizipativen Zwecken ab. 72 Vgl. Albrecht/Kohlrausch/Kubicek u. a., S. 6. 73 Übersicht unter http://www.cio.bund.de, besucht 27. 05. 2011. 74 Siehe http://ec.europa.eu/information_society/eeurope/i2010/index_en.htm, besucht 30. 05. 2011. 75 EU-Kommission, KOM(2006) 173, S. 11 f. 76 BMI, E-Government 2.0, S. 16. 77 BMI, Abschlussbericht E-Government 2.0, S. 25 f. 78 So auch Schröer, NZBau 2010, 36 (36). 79 Vgl. Dopfer/Becker, S. 3.

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Ein Wandel scheint also langsam einzusetzen. Weitergehende Ziele, wie sie unter dem Begriff »Open Government« unter anderem in den USA, Großbritannien oder auch Neuseeland verfolgt werden, und inhaltlich durch Offenheit, Transparenz, Teilhabe, Zusammenarbeit, Innovation, freie Daten und offene Schnittstellen beschrieben werden können, sind in Deutschland in der Form, von einigen Ausnahmen wie etwa dem Umweltinformationsgesetz abgesehen, noch nicht abzusehen.80 Ein damit verbundener und auch geforderter grundlegender Wandel hin zu einem partnerschaftlichen Verhältnis zwischen Staat und Bürger bleibt bisweilen Theorie. Trotz der noch verhaltenen Bereitstellung und Nutzung von E-GovernmentAngeboten, erstaunt es, dass nach der aktuellsten EU-Studie aus dem Jahr 2010 Deutschland bei einer vergleichenden Auswahl bestimmter grundlegender Verwaltungsvorgänge81 immerhin 95 Prozent (EU-Durchschnitt bei 82 Prozent) online anbietet und innerhalb dieser einen Ausbaugrad von 99 Prozent erreicht haben soll.82 Aufgrund der stichprobenartigen Zusammenstellung von überprüften Dienstleistungen ist dies jedoch relativ nichtssagend – erst durch den Vergleich mit dem Vorjahreswert ergibt sich ein Aussagegehalt: Danach liegt eine Steigerung von über 20 Prozentpunkten vor, was für den Zeitraum eines Jahres durchaus ein beachtlicher Zuwachs ist. Für den Bereich des Baurechts bleibt zu hoffen, dass die Klarstellung in Form des § 4a Abs. 4 S. 1 BauGB die internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung im Bauplanungsrecht endgültig aus dem Modellprojektstatus herausbringt, hin zu einer breiten Nutzung.

80 Vertiefend zu dem Bereich »Open Government«: von Lucke, Open Government, S. 1 ff. 81 Auswahlübersicht: Europäische Kommission, Digitizing Public Services in Europe, S. 240 ff. 82 Europäische Kommission, Digitizing Public Services in Europe, S. 7 f., 156 ff.

3. Kapitel: Beteiligungsprozesse

A.

Legitimation staatlichen Handelns

Der Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 3 BauGB liegt wie auch anderen spezifisch verfahrensrechtlichen Instrumenten wie der Umweltverträglichkeitsprüfung, der Umweltprüfung oder dem Informationsauskunftsanspruch nach den Umweltinformationsgesetzen der Länder und des Bundes ein ausgeprägt demokratischer Ansatz zugrunde. Die Bauleitplanung erfordert eine intensive Auseinandersetzung und Berücksichtigung mit den von der Planung betroffenen Interessen und Belangen. Zum Zweck der Rechtssicherheit und Legitimation soll im Sinne einer partizipatorischen Demokratie eine möglichst große Öffentlichkeit an dem Planungsprozess beteiligt werden.83 Das Schlagwort »Legitimation durch Verfahren«84 ist nach wie vor die Grundlage für baurechtliche Planungsverfahren. So sollen geduldige Informations- und Aushandlungsprozesse sowie die Berücksichtigung möglichst vieler Interessen, als Ergebnis nicht nur gute Entscheidungen hervorbringen, sondern auch eine möglichst große allgemeine Zustimmung garantieren.

I.

Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip »(…) Government of the people, by the people, for the people (…).«85

Es gibt viele verschiedenartige Gründe und Theorien für die Legitimation des Staates und seines Handelns – der zitierte Ausspruch Abraham Lincolns ist sicher eine der griffigsten Kurzformeln. Nach dem Demokratieprinzip legiti83 Wagner/Kulus/Krek, S. 349. 84 Nach Habermas, Faktizität und Geltung, S. 369: in erster Linie direkte kommunikative Verfahren der Beratschlagung, auch mit der Öffentlichkeit, neben indirekten wie Wahlen etc. 85 Abraham Lincoln am 19. 11. 1863 (sogenannte »Gettysburg-Formel«), vgl. Boritt, S. 245, 290.

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Beteiligungsprozesse

miert sich staatliches Handeln extrem verkürzt dargestellt dadurch, dass es aus demokratischen Willens- und Entscheidungsprozessen hervorgeht, welche in direkt oder indirekt demokratisch legitimierten Institutionen und in transparenten Verfahren ablaufen.86 Die Konstituierung eines Staates als Rechtsstaat garantiert dem einzelnen Bürger Schutz vor dem Staat durch die Grundrechte und das Legalitätserfordernis. Letzteres erlaubt dem Staat zumindest ein den Bürger einschränkendes Handeln nur aufgrund einer gesetzlichen Grundlage. Gleichzeitig eröffnet es dem Bürger den Rechtsschutz gegen Übergriffe des Staates. Neben diesen beiden Legitimationsgründen wurde, gefördert durch die in den letzten Jahrzenten gewandelten Staatsaufgaben, zum Teil die Wirkungsorientierung als weiteres Prinzip genannt. So sollen sich die leistungsstaatlichen Aktivitäten des modernen Sozialstaates nicht mehr nur alleine durch demokratische und rechtsstaatliche Überlegungen rechtfertigen, sondern erforderten aufgrund ihres Charakters auch eine Legitimation anhand ihrer gesellschaftlichen Wirkung.87 Ergänzt wird dies durch die Theorie der gestuften Legitimation, welche herangezogen wird, um unterschiedliche Positionen und Ansprüche an den Staat in eine Legitimationsgrundlage einfließen zu lassen.88 Weitgehend stimmen die verschiedenen Demokratietheorien in der Bewertung der Partizipation der Bürger als Kernelement der Demokratie neben der Deliberation, Öffentlichkeit und politischer Gemeinschaftsbildung überein.89 Letztendlich lässt sich die Legitimation staatlichen Handelns in allen demokratischen Staaten auf die Volkssouveränität zurückführen. Demnach ist Herrschaft konstituiert und wird durch das institutionalisierte und streng kanalisierte Verfahren der Volkswahl legitimiert.90 Legitimationssubjekt ist somit immer der Bürger. Demokratische Staaten erlangen ihre Legitimität somit grundlegend über den Grad, inwiefern sie Bürger an Entscheidungsprozessen beteiligen.91

II.

Politische Willensbildung

Voraussetzung für die Legitimierung staatlichen Handelns durch Volkswahl ist die freie und offene politische Willensbildung. Dazu gehört auch das bürgerschaftliche Mitwirken in verschiedensten Formen und Ausprägungen. Dieses ist 86 87 88 89 90 91

Schedler/Proeller, S. 8; vertiefend Müller, S. 5 ff. Schedler/Proeller, S. 9. Czybulka, S. 67 ff. Vgl. Leggewie, Transit 1997 Band 13, S. 9. Schmitt Glaeser, in: Isensee/Kirchhof, § 38 Rn. 30. Donath, S. 75.

Legitimation staatlichen Handelns

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im System demokratischer Willensbildung fest im Grundgesetz verankert. So geht das Grundgesetz ganz selbstverständlich von der in der Demokratie bestehenden Notwendigkeit einer »politischen Willensbildung des Volkes« aus, wenn es in Art. 21 Abs. 1 S. 1 GG von den Parteien sagt, dass sie daran mitwirken.92 Aufgrund der Formulierung »mitwirken«, zu verstehen als jede legale Form der Einflussnahme,93 wird ein Monopol der politischen Parteien auf die politische Willensbildung ausgeschlossen.94 Verwiesen wird vielmehr auch auf andere gesellschaftliche Kräfte und Vereinigungen und nicht zuletzt auf den einzelnen Bürger. Die Mitwirkung am politischen Leben der staatlichen Gemeinschaft ist somit bedeutender Teil der funktionellen Grundlage der Demokratie. Die für eine Demokratie schlechthin konstituierende Ausübung bürgerlicher Beteiligungsrechte, die Bildung des kreativen Volkswillens bei Wahlen und die freie Entfaltung von Meinung und Gegenmeinung setzen Informationen über das Staatswesen voraus.95 Der Informationsaspekt ist somit Voraussetzung demokratischer Willensbildung von »unten« nach »oben« – vom Volk zu den Staatsorganen. Den Verfassungsanspruch der Volkssouveränität aus Art. 20 Abs. 2 GG können Bürger umso wirksamer mit Leben füllen, je mehr Kenntnis sie von politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen haben.96 Die Grundlage der einenden Staatsgewalt ist folglich die staatsbürgerliche Mitwirkungsbereitschaft, die in stetiger Unterrichtung über staatliches Planen und Handeln erneuert und gefestigt werden muss. Das demokratische Prinzip baut auf dem informierten, am Staatsleben ständig teilhabenden Bürger, seine wissende Nähe zum Staat auf.97 Demokratie ist somit im weiteren Sinn ein ständiger Kommunikationsprozess zwischen Regierenden und Regierten.98 Die Notwendigkeit von Information und Kommunikation zwischen Volk und Staatsorganen wurde immer wieder herausgestellt – etwa im ersten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung 1977: »Willensbildung des Volkes und Willensbildung in den Staatsorganen vollziehen sich in vielfältiger und tagtäglicher Wechselwirkung. Politisches Programm und Verhalten der Staatsorgane wirken unablässig auf die Willensbildung des Volkes ein und sind selbst Gegenstand der Meinungsbildung des Volkes; Meinungen aus dem Volk, sehr häufig vorgeformt und gestaltet vor allem in den politischen 92 93 94 95

BVerfG, Beschl. v. 30.07.1958 - 2 BvF 3/58 -, BVerfGE 8, 104 (112 f.). Vgl. Schmitt Glaeser, in: Isensee/Kirchhof, § 38 Rn. 11. Vgl. nur BVerfG, Urt. v. 09.04.1992 - 2 BvE 2/89 -, BVerfGE 85, 264 (284). BVerfG, Urt. v. 02.03.1977 - 2 BvE 1/76 -, BVerfGE 44, 125 (147); Schürmann, NJW 1992, 1072 (1074). 96 Engelbert/Kutscha, NJW 1993, 1233 (1234). 97 Kirchhof, JZ 1989, 453 (455). 98 Vgl. Initiative eParticipation, S. 6.

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Beteiligungsprozesse

Parteien, aber auch zum Beispiel über Verbände und über Massenmedien, wirken auf die Willensbildung in den Staatsorganen ein.«99 Diese grundlegende Feststellung, vor allem bezogen auf politische Willensbildung, ist auch für baurechtliche Beteiligungsprozesse richtungsweisend. So entspricht es dem demokratischen Prinzip aus Art. 20 Abs. 2 GG, wenn Bürger vermehrt amtliche Informationen zur Verfügung gestellt bekommen und somit die Bildung einer sachkundigen öffentlichen Meinung vorangetrieben wird.100 Dabei fördern elektronische Beteiligungsverfahren die Informiertheit und Mündigkeit der Bürger ebenso wie etwa Akteneinsichts- und Auskunftsrechte, Öffentlichkeitsbeteiligungen und umfassende Betroffeneninformationen. Im Rahmen der politischen Kommunikation können den Bürgern heute über das Internet alle relevanten Informationen wie Protokolle, Gesetze, Reden und beispielsweise auch bauplanerische Gutachten jederzeit, kurzfristig und vor allem zu minimalen Kosten angeboten werden. Es sei damit das letzte durch den Hinweis auf Kosten legitimierende Argument für das Zurückhalten von »Herrschaftswissen« entfallen.101 Demokratisierend wirken staatliche Informationen, wenn die Informationen und die Art der Aufbereitung den Bürger befähigen, am politischen und verwaltenden Handeln mitzuwirken und so auch eine effektive Kontrollfunktion wahrzunehmen. Dieser Gedanke wird umso bedeutender, wenn man unterstellt, dass die umfassende Kontrolle und Lenkbarkeit der Verwaltung durch die Legislative immer mehr zur Fiktion werde.102 So bewirkt der Informationsvorsprung der Exekutive, dass die parlamentarische Kontrollfunktion weniger effektiv ist.103 Insbesondere bei sehr umfangreichen und komplexen Verfahren kann eine Machtverschiebung deutlich werden. Auch wird die Machtverschiebung zwangsläufig durch eine Fülle unbestimmter Rechtsbegriffe und Spielräume für Prognoseentscheidungen aufgrund der Komplexität der zu regelnden Sachverhalte, welche der Ausfüllung durch die Verwaltung offenstehen, verschärft, insofern der Verwaltung die Entscheidung eigentlich wesentlicher Fragen zugewiesen wird.104 Um diesem Prozess entgegenzusteuern, gebietet sich ein optimales Maß an Transparenz, welches durch elektronische Beteiligungsverfahren gesteigert werden kann. Der Grundsatz der Volkssouveränität verlangt, dass Herrschaft nur dann als gerechtfertigt angesehen wird, wenn das Volk einen effektiven

99 100 101 102 103 104

BVerfG, Urt. v. 02.03.1977 - 2 BvE 1/76 -, BVerfGE 44, 125 (147). Vgl. zur Willensbildung Stein/Frank, § 8 IV (S. 60 ff.). Wienhöfer/Kastenholz/Geyer, S. 7. Vgl. Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit, S. 216. Siehe Kempen, S. 217; Gurlit, S. 21. Vgl. Hoffmann-Riem/Rubbert, S. 61.

Legitimation staatlichen Handelns

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Einfluss auf deren Ausübung hat.105 Dieser lässt sich über verbesserte Information und Mitwirkung an Entscheidungen der Exekutive erzielen. In diesem Sinne ist für das Funktionieren unserer kommunikativen Demokratie die verfügbare mediale Infrastruktur von elementarer Bedeutung.106 Die Möglichkeiten des Internets und anderer moderner Informations- und Kommunikationstechnologien können den politischen Willensbildungsprozess nahezu unbegrenzt verbreitern und intensivieren bis hin zur Einrichtung einer elektronischen Demokratie.107 Zumindest aber sollte der Versuch unternommen werden, der Politikverdrossenheit108 entgegenzuwirken, indem dem Bürger mehr und auch sichtbare Willensbildungs- und Einflussmöglichkeiten an die Hand gegeben werden. Diese können zwar die seit Jahren zurückgehende Wahlbeteiligung nicht auffangen, bilden jedoch ein zumindest lokal wirksames Instrument, gerade bei informellen Beteiligungsverfahren, einen Teil des wachsenden Legitimitätsproblems der repräsentativen Demokratie abzufedern.109 Wobei im informellen und vorpolitischen Bereich weiterhin ein hohes Engagement der Bürger zu verzeichnen ist.110 Dieses gilt es zu fördern und auszubauen. Wie oben schon ausgeführt, hat sich mit dem Aufkommen der elektronischen Kommunikation, vor allem über das Internet, eine ganz neue Art und Qualität von medialer Infrastruktur entwickelt. Es wurden neue Wege der Kommunikation und Partizipation eröffnet.111 Als weiterer Aspekt könnte mit einer für den einzelnen Bürger einfacheren Information eine Besserstellung gegenüber in der Regel besser organisierten und informierten ökonomischen Interessen erreicht werden.112 Möglichen Bedenken, die Effizienz der Verwaltung könnte unter einer einfacheren Informationsmöglichkeit leiden, ist entgegenzuhalten, dass eine intensive Kommunikation zwischen Bürger und Staat die Wirkung von Verwaltungstätigkeit eher fördert.113 Gerade bei der planenden Verwaltung wird klar, dass die Analyse der jeweils aktuellen Situation und die darauf aufbauende Prognose zukünftiger Entwicklungen eine umfassende Information und Kommunikation mit den Bürgern voraussetzt.114

105 106 107 108 109 110 111 112 113 114

BVerfG, Urt. v. 31.10.1990 - 2 BvF 3/89 -, NJW 1991, 159 (159). Siehe auch Korff, S. 193. Vgl. Schmitt Glaeser, in: Isensee/Kirchhof, § 38 Rn. 17. Siehe auch Böge, S. 7 f. Vgl. Baumann/Detlefsen/Iversen/Vogelsang, S. 15 f. Leggewie, Von der elektronischen zur interaktiven Demokratie, S. 115 ff. Vgl. Siedschlag/Rogg/Welzel, S. 11. Vgl. Bohne, S. 146 ff. Vgl. Erichsen, NVwZ 1992, 409 (419). Vgl. schon Pieroth, JuS 1981, 625 (626 f.).

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B.

Beteiligungsprozesse

Einflüsse des New Public Management

Unter dem Einfluss des Internets entsteht eine neue elektronische Verwaltungsstruktur – das sogenannte Electronic Government, oder kurz E-Government. Ziele der Konzepte des »New Public Management« (NPM) werden aufgegriffen und mit den neuen elektronischen Möglichkeiten aktualisiert, so zumindest die Erwartung einiger.115 New Public Management wird als Oberbegriff der weltweit terminologisch einheitlichen »Gesamtbewegung« der Verwaltungsreformen, die auf einer institutionellen Sichtweise basieren, verstanden.116 Kennzeichnend für NPM-Reformen ist die Abkehr von einer input- hin zu einer outputorientierten Steuerung der Verwaltung. So wurden in Deutschland NPM-Bestrebungen auch unter dem Begriff »Neues Steuerungsmodell« bekannt. Zusammen mit der Einführung der doppelten Buchführung setzten Reformprogramme, die Ziele des neuen Steuerungsmodells aufgriffen, zuletzt hauptsächlich einen rechtlich-administrativen Schwerpunkt.117 Eine gängige Beschreibung des NPM zählt folgende Hauptziele auf:118 – Praktisches professionelles Management: aktive, sichtbare, mit Handlungsfreiheit ausgestaltete Führung des Staates. – Explizierte Leistungsstandards und -messgrößen: Ziele, Erfolgsindikatoren, möglichst in quantifizierbarer Form. – Größere Betonung der Output-Steuerung: Verknüpfung der Mittelzuteilung und Honorierung mit angemessener Leistung. – Disaggregation von Einheiten des öffentlichen Sektors: Aufbrechen früherer monolythischer Gebilde in kleinere, dezentralere und selbstständigere Einheiten. Dazu arbeiten mit Globalbudgets und Umgang miteinander mit einem gewissen Abstand. – Betonung von privatwirtschaftlichen Führungsstilen: Abrücken von militärisch-hierarchischen Stilen, mehr Flexibilität in Anstellung und Honorierung, mehr Öffentlichkeitsarbeit. – Betonung größerer Disziplin und Sparsamkeit im Ressourceneinsatz: Kostenreduktion, Erhöhung der Arbeitsdisziplin, Widerstand gegen Forderungen der Gewerkschaften.

115 116 117 118

Siehe Schliesky, in: Schliesky, S. 9. Schedler/Proeller, S. 5. Vgl. Kubicek/Lippa/Westholm, S. 11. Nach Hood, S. 3 ff.; vgl. Schedler/Proeller, S. 38 f.

Einflüsse des New Public Management

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Zu beachten ist, dass Inhalte und Ziele des NPM aus verschiedenen Quellen ähnlich beschrieben werden, die Umsetzung jedoch zum Teil größte Unterschiede aufweist.119 Die Motive und Interessenlagen für NPM stehen im Kontext von Veränderungsprozessen in der öffentlichen Verwaltung. Somit drängt es sich gerade auf, dass Fragen der Einbindung von Informationstechnologie in den Verwaltungsalltag in Verbindung mit NPM-Zielen in der letzten Zeit Beachtung gefunden haben. Hier soll die Strukturierungstheorie des NPM einen wichtigen Beitrag leisten, indem die Aufmerksamkeit auf den gegenseitigen Zusammenhang von Strukturen einer Organisation und dem Handeln der Organisationsmitglieder gelenkt wird.120 In diesem Sinne kann zwischen vorhandener Technologie (objective technology) und tatsächlich eingesetzter Technologie (enacted technology) unterschieden werden. Technologie muss somit nicht nur vorhanden sein, sondern auch durch gegebenenfalls anzupassende Prozessabläufe und Handlungsumstellungen sinnvoll eingesetzt werden. Diese Prozessoptimierung (Business Process Reengineering) deckt sich größtenteils mit den aus dem NPM abgeleiteten Zielen. Als Folge daraus ist eine der wichtigen Fragen, wie eine Organisation dazu angehalten werden kann, Technologie sinnvoll einzusetzen.121 Hauptsächlich zusammen mit den Zielen einer besseren Kundenorientierung122 – als Metapher für eine Öffnung der Verwaltung gegenüber den Anliegen der Bürger und sonstigen Öffentlichkeit – und einer Wettbewerbsorientierung123 – auch wenn die öffentliche Verwaltung grundsätzlich eine Monopolstellung hat, sollen wettbewerbsähnliche Situationen simuliert und die Ergebnisse aufgegriffen werden – ergeben sich Rückwirkungen auf internetbasierte Beteiligungsformen. Entsprechend ausgestaltet ergibt sich für den Bürger die Möglichkeit, über das Internet an Entscheidungs- und Ausführungsprozessen zu partizipieren – als sogenanntes »Empowerment der Bürgerinnen und Bürger«124. Der Bürger beziehungsweise »Kunde« ist in diesen Zusammenhängen zumeist prozessorientiert zu verstehen und kann je nach Prozess beziehungsweise Aufgabe Bürger, Unternehmen oder auch eine andere Verwaltungseinheit sein. Ob die Veränderungen unter dem Einfluss von E-Government auf die klassische Verwaltungsstruktur so gewaltig sein werden, wie im Eingangssatz des Abschnitts dargestellt, bleibt abzuwarten. Übereinstimmen kann man jedoch mit der Aussage, dass alleine die Änderungen, welche die EU-Dienstleistungs119 120 121 122 123 124

Vgl. Pollitt/Bouckaert, S. 6 ff. Schedler/Proeller, S. 43. Vgl. Fountain, S. 10 ff. Schedler/Proeller, S. 67 ff. Schedler/Proeller, S. 81 f. Heeks, S. 17.

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Beteiligungsprozesse

richtlinie auslöst125, an dem an der Papierakte orientierten Bürokratiemodell im Sinne von Max Weber126 rütteln. Entsprechend darf die Verbindung des EGovernment zu den im New Public Management enthaltenen Ansätzen der Prozessoptimierung (Business Process Reengineering und Administration Process Reengineering) nicht vernachlässigt werden.127

C.

Partizipation »Es ist eine demokratische und inhaltliche Selbstverständlichkeit, dass die Menschen das Haus, in dem sie leben wollen, selbst planen und gestalten können.«128

I.

Die Partizipation

Nach den einzelnen Demokratietheorien lässt sich über den präzisen Begriff der Partizipation streiten129 – vereinfacht bedeutet Partizipation nichts anderes als Beteiligung an (politischen) Entscheidungen. Die grundrechtlichen Freiheiten begründen jedoch nur das Recht auf eine Mitwirkung am Volks-, nicht am Staatswillensbildungsprozess.130 Es besteht somit kein ausdrückliches Grundrecht auf Partizipation, ein solches kann jedoch landesverfassungsrechtlich oder einfachgesetzlich eingerichtet sein. Auch ist die Möglichkeit der Bürger, ihr Urteil in einem freien und offenen Prozess der Meinungsbildung gewinnen und fällen zu können, wichtige Voraussetzung für die demokratische Legitimation durch Wahlen.131 Damit wird der Volkswillensbildungsprozess nicht auf die Ebene der Legitimation selbst gehoben, aufgezeigt wird jedoch dessen Bedeutung. Die Partizipation als Einflussfaktor zur Bildung der öffentlichen Meinung ist somit ein Stück informell-unmittelbarer Demokratie im Repräsentationssystem.132 Die Beteiligung der Öffentlichkeit an planerischen oder politischen Entscheidungen ist in Deutschland eigentlich nicht ganz neu. So sieht das Baurecht seit 1960 eine zwingende Beteiligung der Bürger bei Bauvorhaben, Planungen und Planänderungen vor. Anfang der 1970er Jahre ist es sogar zu einer regel125 126 127 128 129 130 131 132

Siehe dazu unten S. 61 ff. Vgl. Weber, S. 125 ff. Vgl. Schliesky, in: Schliesky, S. 9. Bertolt Brecht, zitiert nach: http://www.buergergesellschaft.de/politische-teilhabe/modelle-und-methoden-der-buergerbeteiligung/103413/, besucht 13. 05. 2011. Vertiefend Müller, S. 9 ff. Schmitt Glaeser, in: Isensee/Kirchhof, § 38 Rn. 32. Siehe nur BVerfG, Urt. v. 02.03.1977 - 2 BvE 1/76 -, BVerfGE 44, 125 (139). Vgl. Isensee, in: Matz, S. 43 (47).

Partizipation

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rechten Partizipationswelle aufgrund gesetzlich vorgeschriebener Beteiligungsverfahren gekommen.133 Die Prinzipien der Demokratie und der Rechtstaatlichkeit sind treibende Kräfte. Vor den 1960er Jahren war die Partizipation jedoch mit starken Vorbehalten und auch Vorurteilen besetzt. So wurde die Partizipation der Öffentlichkeit zum Teil einfach als unbegründet abgelehnt oder auch als systemfremd charakterisiert.134 Auch der Gedanke der aufbrechenden restriktiven Verwaltungsöffentlichkeit und der freie Zugang zu staatlichen Informationen waren noch nicht sehr weit ausgebildet. Die anfänglichen Vorurteile gingen so weit, dass auch angenommen wurde, man wolle durch eine Erstarkung der Partizipation die repräsentative Verfassung aushöhlen und ein Rätesystem installieren.135 In den 1990er Jahren kamen einige Elemente direkter Demokratie wie zum Beispiel die Direktwahl der Bürgermeister und die Möglichkeit von Bürgerbegehren hinzu. Auch offene, informelle Beteiligungsverfahren wie Planungszellen und Runde Tische wurden etabliert. Infolgedessen ist es zu einer zweiten Partizipationswelle gekommen.136 Darunter waren viele Verfahren im Zusammenhang mit lokalen Agenden, Vorhaben der Sozialen Stadt oder des Stadtmarketings. Es folgten weitere Spielarten wie etwa Mediationsverfahren, Zukunftswerkstätten, Bürgerforen oder Bürgergutachten137.138 Insgesamt sind somit viele freiwillige Verfahren, zumeist als informelle Verfahren bezeichnet, als aktive Demokratieformen hinzugekommen. Oftmals sei deren Nutzung jedoch hinter den Erwartungen zurückgeblieben.139 Auch habe sich ein wachsender Vertrauensverlust in die politischen Institutionen bemerkbar gemacht und es sei erkannt worden, dass Öffentlichkeitsbeteiligungen nicht ausschließlich Privilegien darstellen, sondern auch mit Aufwand verbunden sind. Aus Perspektive der Bürger wird dieser Aufwand überwiegend jedoch nur dann betrieben, wenn er lohnend erscheint.140 Alle Konzepte und Methoden vorzustellen, soll nicht Inhalt dieser Arbeit sein, konzentriert sie sich doch auf den Gesichtspunkt der Nutzung des Internets für Beteiligungsverfahren.141 Beteiligungsprozesse sollen zu einer verbesserten Entscheidungsgrundlage 133 134 135 136 137 138

Siehe Schulze-Wolf, S. 7. Vgl. Schmitt Glaeser, VVDStRL 31 (1973), 179 ff. Kodolitsch, AfK 2/1975, S. 265. Siehe Schulze-Wolf, S. 7 f. Siehe beispielsweise Wienhöfer/Kastenholz/Geyer. Eine Übersicht von Methoden und Instrumenten findet sich unter http://www.buergergesellschaft.de/politische-teilhabe/103354/, besucht 20. 05. 2011. 139 Kubicek/Lippa/Westholm, S. 11. 140 Vgl. Kubicek/Lippa/Westholm, S. 11. 141 Vertiefend zum Überblick über Methoden der Bürgerbeteiligung: Baumann/Detlefsen/ Iversen/Vogelsang, S. 33 ff.

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Beteiligungsprozesse

führen, ohne die politische Verantwortung der Volksvertreter zu ersetzen. Neben dem Ziel, die Planung durch Beteiligung zu legitimieren, tritt somit auch das Ziel, den bürgerlichen und sonstigen Sachverstand für den Planungsprozess zu gewinnen und somit letztlich eine »bessere« Planung zu ermöglichen. Zugleich entsteht durch eine Konfrontation und inhaltliche Auseinandersetzung mit den Planungsinhalten im Idealfall auch eine Identifikation mit der Planung, welche dazu beiträgt, dass eine Planung auch von der Öffentlichkeit »angenommen« wird. Man mag zuletzt den Eindruck gewonnen haben, dass gerade dieser Faktor heutzutage (wieder vermehrt) wichtig ist: Hingewiesen sei nur auf das Großvorhaben »Stuttgart 21«142, welches thematisch letztlich sogar die Landtagswahl in Baden-Württemberg mitentschieden hat. Eine kritische und engagierte Öffentlichkeit, neuerdings auch überspitzt als sogenanntes »Wutbürgertum« bezeichnet, kann erheblichen Einfluss auf Planungsvorhaben ausüben. Auch wenn es sich rechtlich bei »Stuttgart 21« um ein Planfeststellungsverfahren nach den §§ 72 ff. VwVfG handelt, sind die Probleme im Bereich der Einbeziehung der Öffentlichkeit in großen Teilen auf die Bauleitplanung übertragbar.143 So sind zumindest zum Zeitpunkt der formellen Beteiligung die Planungen, aufgrund der singulären Beteiligung nach Planfeststellungsrecht, natürlich dort ausgeprägter, oftmals schon in einem so fortgeschrittenen Stadium, dass eine grundlegende Einflussnahme durch den Beteiligungsvorgang zumindest wenig erfolgsversprechend erscheint.144 Gezeigt hat sich, dass nicht nur schon lange umstrittene Themenkomplexe wie die Atomkraft heutzutage erhebliches Mobilisierungspotenzial bieten, sondern auch vermeintlich »uninteressante« Planungs- und Bauvorhaben – abgesehen von üblichen kleinen lokalen Protesten – in den Fokus von großen Protestbewegungen geraten können.145 Nicht nur um eine Blockade und politisch konsensual festgefahrene Planungsprozesse zu vermeiden, muss gerade bei konfliktträchtigen Planungsprozessen schon frühzeitig auf eine ausreichende Einbeziehung der Öffentlichkeit hingearbeitet werden. Anderenfalls können trotz einem rechtlich nicht zu beanstandenden Planungsverfahren hinsichtlich der Einbeziehung der Öffentlichkeit vermeidbare Überzeugungsdefizite verbleiben und im Extremfall sogar die notwendige demokratische Legitimation fraglich erscheinen lassen. Neben den einzelnen Bürgern haben sogenannte Intermediäre eine wichtige 142 Http://www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de, besucht 28. 05. 2011. 143 Vgl. zur Planfeststellung und Öffentlichkeitsbeteiligung: Stüer/Buchsteiner, UPR 2011, 335 (336). 144 Vgl. Initiativantrag Baden-Württembergs zur Stärkung der Öffentlichkeitsbeteiligung bei Großvorhaben, BR-Drs. 135/11, S. 1 ff. 145 Siehe dazu nur http://www.kopfbahnhof-21.de; http://www.stuttgart21-ja-bitte.de; http:// www.parkschuetzer.de, besucht 28. 05. 2011.

Partizipation

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Rolle auch in Beteiligungsverfahren übernommen.146 Neben den ohnehin tätigen Parteien sind dies hauptsächlich Interessengruppen und sogenannte Nichtregierungsorganisationen wie etwa der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) in Naturschutzbelangen. Insbesondere die Nichtregierungsorganisationen haben durch ihre Anerkennung und Anhörungspflicht als Träger öffentlicher Belange in vielen Verfahren deutlich an Bedeutung gewonnen. Im Vergleich zu dem Engagement Einzelner bietet sich diesen dank ihrer Größe und Organisation ein größeres Gewicht. Es gibt eine große Anzahl unterschiedlicher Konzepte, Methoden und Lehren, mit denen beteiligungsorientierte Beziehungen zwischen Individuen, Gruppen, Institutionen und dem Staat beschrieben werden. Der Begriff elektronische Demokratie, die wörtliche Übersetzung des englischen Begriffs »electronic democracy«, wird dabei unterschiedlich weit oder eng benutzt, um partizipative Verfahren zu beschreiben.147 Soweit partizipative Kommunikationsprozesse internetgestützt stattfinden, hat sich der Begriff E-Partizipation etabliert.148 Unter diesem Oberbegriff lassen sich eine Vielzahl von grundverschiedenen Arten der elektronischen Beteiligung subsumieren wie etwa Online-Wahlen, elektronische Bürger- beziehungsweise Öffentlichkeitsbeteiligungen oder auch internetgestützte Beteiligungsverfahren, auch geläufig als Konsultationen, der Öffentlichkeit im Rahmen von Bauleitplanungen. E-Partizipation kann folglich als Teilhabe von natürlichen und juristischen Personen und auch Gruppierungen an politisch-administrativen Prozessen der Entscheidungsfindung mithilfe von Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) verstanden werden.149 Partizipationsvorhaben sind häufig schwerpunktmäßig faktische »Betroffenenbeteiligungen«150, wonach das Beteiligungsinteresse verallgemeinert mit dem Grad der Betroffenheit steigt. Die Bürger oder die Betroffenen gibt es als homogene Gruppe nicht.151 Grundvoraussetzung für ein Partizipationsinteresse sei jedoch weiter das Gefühl, dass die Stellungnahmen oder sonstigen Beiträge auch, in welcher Form und Qualität auch immer, beachtet werden.152 Besondere Bedeutung erhält die Partizipation als Ausdruck der Demokratie auf der lokalen Ebene, sei doch diese als »Schule der Demokratie« eine wichtige, und oftmals primäre, Stütze der politischen Sozialisation und Partizipation.153 Bürger- beziehungsweise Öffentlichkeitsbeteiligungen sind oftmals verwal146 147 148 149 150 151 152 153

Kubicek/Lippa/Westholm, S. 26. Siehe Wienhöfer/Kastenholz/Geyer, S. 53 f. Vgl. Initiative eParticipation, S. 7. Albrecht/Kohlrausch/Kubicek u. a., S. 5. Vgl. Donath, S. 64. Selle, Was? Wer? Wie? Warum?, S. 142 ff. Initiative eParticipation, S. 22. Vgl. Roth, S. 404 f.; Müller, S. 71 ff.

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Beteiligungsprozesse

tungsrechtlich vorgeschrieben, weshalb der Begriff Beteiligungsverfahren hier auch synonym verwendet wird. Beteiligungsverfahren sind mehr oder weniger strukturiert, folgen jedoch überwiegend ähnlichen Mustern. Eine gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung wird als formelle Beteiligung bezeichnet, da Verfahren, Form und Ablauf im Gesetz, wenn auch unterschiedlich detailliert, geregelt sind. Beteiligungen, dessen Verfahren, Form und Ablauf nicht im Gesetz geregelt sind – zum Teil auch fakultative Verfahren – werden als informelle Beteiligungen bezeichnet. Beide Arten finden tagtäglich Anwendung – als Beispiele lassen sich formelle Beteiligungen im Zusammenhang von Bauvorhaben nach Planfeststellungrecht und Bebauungsplanänderungen oder aber auch informelle Formen wie Bürgerforen im Rahmen der allgemeinen Stadtentwicklung nennen.

II.

Die Partizipation im Baurecht

In dem Bereich des Baurechts sah das Bundesbaugesetz 1960 (BBauG), neben der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange, im damaligen § 2 Abs. 6 BBauG eine Beteiligung der Öffentlichkeit nur im Rahmen der förmlichen Auslegung eines Bauleitplanentwurfes vor. Die Partizipationsmöglichkeiten der Öffentlichkeit verbesserten sich deutlich 1971 mit dem Städtebauförderungsgesetz154 (StBfG). Die von Sanierungsmaßnahmen unmittelbar Betroffenen erhielten eine Mitwirkungschance. Erst 1976 wurde ins Bundesbaugesetz mit dem damaligen § 2a BBauG eine umfassende frühzeitige Teilhabemöglichkeit an der Bauleitplanung aufgenommen und die Bürgerbeteiligung neu geregelt.155 Es wurde die Grundlage für das noch heute aktuelle zweistufige Beteiligungsverfahren gelegt. Die Erfahrungen mit Partizipationsvorhaben waren eher gering und die Einführung des § 2a BBauG mit einem Partizipationsgebot in Anlehnung an den § 9 StBfG nicht unumstritten.156 Die Bürger sollten möglichst frühzeitig und umfassend an der Bauleitplanung beteiligt werden.157 Dieser Grundsatz ist bis heute erhalten geblieben. Die aktuelle Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 BauGB kann als Konsultationsverfahren bezeichnet werden. Dadurch, dass der Öffentlichkeit Gelegenheit zur Abgabe von Stellungnahmen gegeben wird, geht es über ein reines Informationsverfahren hinaus. Nicht erst heutzutage soll die öffentliche Verwaltung rechtmäßig, demokratisch, effektiv und nicht zuletzt bürgernah sein (auch als 154 Gesetz über städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen in den Gemeinden (Städtebauförderungsgesetz) v. 27. 07. 1971, BGBl. I S. 1125. 155 Vgl. Gesetz zur Änderung des Bundesbaugesetzes vom 18. 08. 1976, BGBl. I S. 2221. 156 Vgl. Battis, Partizipation im Städtebaurecht, S. 260 ff. 157 Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 3 Rn. 2a.

Partizipation

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»magisches Viereck« bezeichnet).158 Wenn auch anfangs umstritten, sind eine frühzeitige Beteiligung der Bürger an der Planung und generell die Öffentlichkeitsbeteiligung auch Ausfluss des Zieles der Bürgernähe. Die Schwelle eines kooperativen Verfahrens, also eines gemeinsamen und gleichberechtigten Erarbeitens von Ergebnissen, wird jedoch nicht erreicht. Anerkannt ist jedoch, dass die Gestaltung der Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Beteiligten am Planungsprozess ein ebenso wichtiger und umfänglicher Bestandteil am gesamten Verfahren ist wie die Auseinandersetzung mit Sach- und Fachfragen.159 Der Partizipationsgedanke prägt die Bauleitplanung grundlegend.160 Zusammenfassend besteht somit auch im Bauplanungsrecht der Zweck der Öffentlichkeitsbeteiligung darin, planungsrechtlich und kommunalpolitisch erhebliches Material zu sammeln und Vorstellungen sowie Belange der Öffentlichkeit in den Planungs- und Entscheidungsprozess einfließen zu lassen. Im Rahmen des Abwägungsgebotes aus § 1 Abs. 7 BauGB führt die Öffentlichkeitsbeteiligung in diesem Sinne zu einer Obliegenheit der Öffentlichkeit im eigenen Interesse, durch selbstständige Mitwirkung auch für ihre Belange einzutreten.161 Die einzelnen Bürger interessieren sich häufig erst mit zunehmender Verfahrensdauer für Planungsvorhaben, gleichzeitig nehmen jedoch im zeitlichen Verlauf des Planungsvorhabens die Möglichkeiten zur Einflussnahme ab. Dies kann als »Beteiligungsparadox« bezeichnet werden.162 Nichts destotrotz gilt richtigerweise der Grundsatz nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, nach dem (Grund-) Rechtsschutz vorrangig durch das (Planungs-) Verfahren gewahrt wird.163

III.

Partizipationsdefizite des E-Government?

Schon die EnquÞte-Kommission des Deutschen Bundestages betonte 1998: »Ein Ziel staatlichen Handelns beim Einsatz der neuen Technologien ist, den Bürger optimal an der politischen Willensbildung zu beteiligen. Die modernen Tech-

158 159 160 161 162 163

Schmidt-Jortzig, DÖV 1981, 371 (371). Vgl. Selle/Wimmer, S. 4. Siehe dazu auch S. 107 ff. Vgl. auch Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 3 Rn. 11. Westholm, eDemocracy, S. 14. Grundlegend BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 -, BVerfGE 53, 30 ff. (MülheimKärlich).

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Beteiligungsprozesse

nologien bieten hierzu vielfältige Möglichkeiten.«164 Bürgern können mehr beziehungsweise einfachere Einflussmöglichkeiten eingeräumt werden (sogenanntes Empowerment). Bei aller Hoffnung auf und Begeisterung für internetgestützte Beteiligungsformen oder elektronische politische Meinungs- und Willensbildung darf jedoch nicht vergessen werden, dass auch das Internet nur ein Kommunikationsmedium ist, das entweder genutzt oder vielleicht auch nicht genutzt wird. Insbesondere Beteiligungsvorgänge sollten folglich nicht nur als formale Akte, sondern auch als kommunikative Prozesse aufgefasst werden.165 Zugrunde liegt der Gedanke, dass politische Öffentlichkeitsbeteiligung als Kommunikation zu werten ist.166 Wird diese kommunikationsorientierte Perspektive ausreichend beachtet, kann sich eine qualitativ und quantitativ fruchtbarere Kommunikation zwischen den Beteiligten, insbesondere der Verwaltung und der Öffentlichkeit, entwickeln, die mit klassischen Medien schwerlich zu erreichen ist. Besonderes Merkmal der internetbasierten Beteiligung und Kommunikation generell ist, dass die Nutzer ihre Beteiligung entsprechend ihrer Vorstellung gestalten können und auch selbst Einfluss auf die Wissensvermittlung nehmen können, indem sie beispielsweise das Tempo und die Tiefe bestimmen.167 Dahinterstehendes Ziel als staatliche beziehungsweise kommunale Aufgabe ist auch ein besser informierter Bürger, der an Entscheidungen partizipieren kann und durch elektronische Behördengänge im Alltag entlastet wird. Die Bürgerbeteiligung, respektive Öffentlichkeitsbeteiligung, kann dabei von direktdemokratischer Teilhabe als auch von eher kosmetischen Maßnahmen abgegrenzt werden, welche nur bedingt Beteiligungschancen bieten. Auch lassen sich verschiedene Formen der Beteiligung voneinander abgrenzen – etwa Information, Konsultation, Kooperation, Mediation, Wahlen168 – und nach dem Grad an Einflussmöglichkeiten unterscheiden. Ausschlaggebend ist auch, inwiefern ein Dialog zwischen Bürgern und Entscheidungsträgern hergestellt und inwiefern eine gemeinsame Erarbeitung von Lösungen anvisiert wird.169 Von einer Bürger- beziehungsweise Öffentlichkeitsbeteiligung ist erst zu sprechen, wenn Anregungen oder Stellungnahmen der Öffentlichkeit auch erkennbar in den Entscheidungsprozess einfließen.170 Reine Informationsvermittlungssyste-

164 EnquÞte-Kommission Deutscher Bundestag, Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft – Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft, BT-Drs. 13/11004, S. 79. 165 Vgl. Kubicek/Lippa/Westholm, S. 13. 166 So auch Selle, S. 68. 167 Vgl. Kowalewski/Voullieme, S. 340 f. 168 Vgl. etwa Westholm, eDemocracy, S. 4. 169 Siehe auch OECD, S. 15 ff. 170 Vgl. Initiative eParticipation, S. 3.

Partizipation

51

me wie Ratsinformationssysteme171 stellen demnach keine aktive Öffentlichkeitsbeteiligung dar. Wie oben beschrieben, liegen die Schwerpunkte der staatlichen Nutzung des Internets bezogen auf die Außenkommunikation noch stark auf dem Schwerpunkt der reinen Informationsvermittlung, somit also eher in der »Kinderstube« des E-Government. Die enormen Potenziale von internetgestützten Öffentlichkeitsbeteiligungen werden noch längst nicht voll genutzt. Bislang ist in der Bundesrepublik Deutschland weiter vor allem die Modernisierung von Verwaltungsdienstleistungen, sogenannte E-Administration, vorrangiges Ziel.172 Je nach dem inhaltlichen Funktionsschwerpunkt des einzelnen Angebotes kann grob zwischen sogenannter E-Information, E-Partizipation und E-Kooperation, mit ansteigendem Grad der Beteiligungsmöglichkeit, unterschieden werden.173 Die meisten öffentlichen Angebote beschränken sich auf den Bereich der Informationsbereitstellung in Form von einfachen Internetseiten. Zum EGovernment gehört neben der Informationsvermittlung und Abwicklung von einzelnen Verwaltungsvorgängen über das Internet jedoch auch eine partizipative Komponente. Diese gilt es zu ergänzen.174 Gutes E-Government ist in diesem Sinne mehr als »bunte Websites und Online-Formulare für die Steuererklärung«.175 Gefordert werden vielmehr auch eine gestärkte Transparenz der öffentlichen Hand und Beteiligungsangebote an Entscheidungen. Als Ziel guten E-Governments ist somit ein Ausgleich zwischen einer Steigerung der Verwaltungseffizienz einerseits und einer Stärkung der bürgerschaftlichen Partizipation andererseits herzustellen.176 So hätte in den letzten Jahren der Schwerpunkt noch zu einseitig auf dem Aspekt der E-Administration gelegen.177 Auch seien Erfolgsrisiken für E-Partizipation vor allem bei verwaltungsinternen Barrieren zu suchen.178 So liefen Beteiligungsprozesse oft quer zu den Eigeninteressen und der Kommunikationsstruktur der Verwaltung. Darüber hinaus würden sie die Einführung neuer Prozessabläufe notwendig machen und einen hohen ressortübergreifenden Abstimmungsaufwand auslösen. Im Gegensatz zu vielen Verwaltungsmodernisierungen auf dem Bereich der E-Administration machen E-Partizipations-Angebote nicht nur einmalige Investitionen

171 172 173 174 175 176 177 178

Beispielhaft http://www.ris-muenchen.de, besucht am 02. 03. 2011. Vgl. Initiative eParticipation, S. 3. Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 32; grundlegend Sinning/Wiedenhöft, S. 60. So auch Boehme-Neßler, NVwZ 2001, S. 374 (375); Groß, DÖV 2001, 159 (162 f.). Friedrich/Hart/Schmidt, S. 16. So Initiative eParticipation, S. 6; Friedrich/Hart/Schmidt, S. 16. Initiative eParticipation, S. 6. Albrecht/Kohlrausch/Kubicek u. a., S. 9.

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Beteiligungsprozesse

nötig, sondern erfordern eine permanente personelle Betreuung, welche weitere Kosten nach sich zieht. Das Internet ermöglicht neue Formen der Partizipation, die nicht mehr an die physische Teilnahme an Versammlungen an einem festen Ort anknüpfen – möglich werden Formen der elektronischen Demokratie (E-Democracy). Weiter werden dadurch Veränderungen der Struktur von öffentlichen Willensbildungsprozessen denkbar, welche auch die Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürger bei Normsetzungsverfahren verändern kann.179 Die kontroverse Diskussion über Online-Wahlen hat dabei den Blick etwas darauf versperrt, dass elektronisch durchgeführte Wahlen nur ein kleiner Teil dessen sind, was aktive Beteiligung der Öffentlichkeit an politischen Prozessen ausmacht.180 Dabei hat die internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung ein enormes Potenzial: Die Qualität und Legitimation von Entscheidungen können durch eine aktivere Beteiligung der Öffentlichkeit an Dialog- und Entscheidungsprozessen vergrößert werden.181 Die kommunale Bauleitplanung bietet gute Möglichkeiten, Elemente einer netzgestützten Beteiligung anzuwenden, so eine These dieser Arbeit. Im Idealfall ergibt sich eine für Politiker, Verwaltung und Öffentlichkeit gewinnbringende Situation. Den Kommunen wird bei der elektronischen Öffentlichkeitsbeteiligung generell eine herausragende Funktion zugesprochen, insoweit die Bürger und andere Beteiligte auf dieser Ebene den Einfluss von politischen Entscheidungen auf ihren Alltag mit am unmittelbarsten erfahren würden.182

179 180 181 182

Vgl. Bieber, KJ 2002, S. 180 (188 ff). Vgl. Friedrichs/Hart/Schmidt, S. 12 (20). Vgl. Initiative eParticipation, S. 4. Korff, S. 191.

4. Kapitel: Grundlagen Bauleitplanung

Die Bauleitplanung ist ein durchaus spannungsgeladenes Konfliktfeld. Private und gewerbliche Interessen stoßen aufeinander, gewachsene Gemengelagen sorgen für kollidierende Nutzungsinteressen. Neben den direkten Folgen von Planungsentscheidungen sind auch indirekte bedeutsam wie beispielhaft die wiederkehrenden Streitigkeiten im Zusammenhang mit großen Verbrauchermärkten auf der grünen Wiese oder zumindest in innenstadtfernen Lagen und die damit oftmals verbundene Gefährdung der Attraktivität der Innenstädte zeigt.183 Weiter sind beispielhaft Streitigkeiten in Bezug auf den Lärmschutz, die Umweltprüfung oder natürlich auch weitere Belange von Betroffenen beziehungsweise Berechtigten anzuführen. Die kommunale Bauleitplanung ist ein Vorgang städtebaulicher Gestaltung auf der Grundlage eines gesetzlich normierten Regelwerkes, dessen Hauptbestandteile im Baugesetzbuch (BauGB) und in der Baunutzungsverordnung (BauNVO) niedergelegt sind. Kennzeichnend ist für die Bauleitplanung, dass sie nicht nur einem rechtlichen Regelwerk folgt, sondern auch außerrechtliche Elemente hat.184 Der Flächennutzungsplan, als vorbereitender Bauleitplan nach §§ 5 – 7 BauGB, und der Bebauungsplan, als verbindlicher Bauleitplan nach §§ 8 – 13 BauGB, sind die Hauptinstrumentarien der Bauleitplanung. Beide zusammen ergeben ein System kommunaler Planung, welches nach § 1 Abs. 1 BauGB die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe des Baugesetzbuches vorbereitet und leitet. Die Hauptziele der Bauleitpläne für eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung sind in § 1 Abs. 5 BauGB aufgeführt. Eine Aufstellungspflicht besteht dabei nach § 1 Abs. 3 BauGB sobald und soweit es erforderlich ist.185 Zu den zu beachtenden gesetzlichen Vorschriften gehören auch die Beteili183 Dazu etwa Weers-Hermanns, S. 23 ff. 184 Zur geschichtlichen Entwicklung siehe Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 12 ff. 185 Zur Erforderlichkeit Stüer, in: Hoppenberg/Dewitt, Rn. 68 ff.

54

Grundlagen Bauleitplanung

gungsrechte aus §§ 3 ff. BauGB. Neben den zu beteiligenden Trägern öffentlicher Belange sind, für Bebauungs- und Flächennutzungspläne einheitlich, die Bürger bei der jeweiligen Planaufstellung zu beteiligen.

A.

Planung im rechtlichen Rahmen und als schöpferischer Vorgang

Die Bauleitplanung erweist sich mit dem Zusammenstellen und der Bewertung des Abwägungsmaterials im Sinne des § 2 Abs. 3 BauGB mit dem Vor- und Zurückstellen betroffener Interessen, mit der Entwicklung planerischer Vorstellungen und Leitbilder sowie der eigentlichen planerischen Entscheidung innerhalb eines Geflechts komplexer Interessen, als schöpferischer Vorgang, welcher primär außerrechtlichen, sachimmanenten Gesetzlichkeiten unterliegt und auf der gestaltenden Rationalität der Planer beruht. Weiter liegt es nicht ganz fern, der Planung gelegentlich auch emotionale Züge zuzuschreiben, solange die Parteinahme nicht einseitig sei.186 So wird Planung in erster Linie durch autonome Elemente bestimmt und erst in zweiter Linie durch normative Regelungen gebunden. Schließlich sind die Bauleitpläne durch gerechte Abwägung der öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander nach § 1 Abs. 7 BauGB aufzustellen. Diese autonomen Bestandteile der Handlungsnormen sind einer Rechtskontrolle nicht zugänglich.187 Die Bauleitplanung wird folglich von Verfassung und Gesetzen – Handlungsund Kontrollnormen – rechtlich determiniert. Dabei lassen sich die Handlungsnormen, die sich an die planenden Gemeinden richten, in zwei Gruppen unterteilen. Ein rechtlicher Teil bestimmt die Entscheidungen heteronom. Dieser enthält begleitende Schranken und Grenzen, indem Ziel- und Wertvorstellungen – etwa aus § 1 Abs. 5 und 6 BauGB –, Form- und Verfahrensvorschriften sowie allgemeinen Regeln für Abwägungs- und Bewertungsvorgänge definiert werden. Der andere Teil entzieht sich einer rechtlichen Fixierung und beruht auf autonomen sachimmanenten und fachbezogenen Grundsätzen, Maßstäben, Wertungen und Erwägungen. Die heteronomen normativen Determinanten sind dabei begleitende Schranken und Grenzen, die Ziel- und Wertvorstellungen, Verfahrens- und Formvorschriften sowie allgemeine Grundregeln für die planerischen Abwägungs- und Bewertungsvorgänge vorgeben. In diesem heteronom determinierten Bereich findet eine rechtliche Kontrolle statt. Das Wesen 186 Stüer, in: Hoppenberg/Dewitt, Rn. 4; s. auch Albers, Städtebau und Menschenbild, S. 1 ff. 187 Hoppe, in: FS Scupin, S. 127; ders. in: Hoppe/Grotefels, § 7 Rn. 10 ff.

Planung und Beteiligungsvorgänge der Gemeinde

55

jeder Planung als Entscheidungsprozess mit seinen typischen Eigengesetzlichkeiten wird dadurch jedoch nicht verändert.188

B.

Planung und Beteiligungsvorgänge der Gemeinde im Kontext des Grundgesetzes

Zunächst einmal ist die kommunale Planungshoheit in Art. 28 Abs. 2 des Grundgesetzes statuiert. Die Gemeinden haben das Recht alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze zu regeln. Dieses Recht auf Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 GG enthält eine dreifache Garantie: Eine institutionelle Beseitigung der Gemeinden ist unzulässig. Für die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft haben die Gemeinden eine Allzuständigkeit, welche sie in Eigenverantwortung erfüllen. Weiter stehen den Gemeinden bei staatlichen Eingriffen in den Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung Abwehrrechte zu. Die Gemeinden nehmen als Teil des demokratischen Staatsaufbaus wichtige demokratische, integrative, gewaltenteilende, machtneutralisierende, konfliktverarbeitende, freiheitssichernde, legitimierende, rechts- und sozialstaatliche Funktionen wahr.189 Die gemeindliche Planungshoheit ist neben der Personalhoheit, der Organisationshoheit, der Finanzhoheit, der Steuerhoheit und der Rechtsetzungshoheit Ausdruck der kommunalen Selbstverwaltung. Die Planungshoheit ermöglicht der Gemeinde, ohne durchgängige und strikte Bindung an staatliche Vorgaben, aufgrund eines eigenen politisch-administrativen Gestaltungs- und Entscheidungsspielraums über die bauliche und sonstige Verwendung und Nutzung des Grund und Bodens des Gemeindegebietes zu disponieren und die zur Verwirklichung des eigenverantwortlich wahrnehmbaren Gestaltungspotenzials erforderlichen planerischen Leitlinien ohne imperative staatliche Beeinflussung zu entwickeln.190 Zur Planungshoheit gehört die Kompetenz zur eigenverantwortlichen Aufstellung von Bebauungsplänen. Ebenso ist die Flächennutzungsplanung der kommunalen Planungshoheit zuzurechnen.191 Gleichfalls ergeben sich aus Art. 28 Abs. 2 GG gemeindliche Mitwirkungsund Abwehrrechte bei Fachplanungen und staatlichen Eingriffen in die kommunale Planungshoheit. Die Mitwirkungsrechte sind durch eine umfangreiche 188 189 190 191

Stüer, in: Hoppenberg/Dewitt, Rn. 5. Stüer, in: Hoppenberg/Dewitt, Rn. 18. BVerwG, Urt. v. 12. 12. 1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301. VerfGH Saarland, Urt. v. 11. 10. 1974 - Lv 7/74 - AS RP-SL, S. 145 f.; Blümel, VVDStRL 36 (1978), 171; Vgl. Löhr, S. 111.

56

Grundlagen Bauleitplanung

Rechtsprechung bei staatlichen Planungen und Maßnahmen von Fachverwaltungen, die sich auf die kommunalen Aufgaben auswirken können, bestätigt worden. So sind für Gemeinden Beteiligungsrechte bei allen Planungen und Maßnahmen staatlicher Stellen anerkannt, wenn sich diese schon auf gemeindliche Planungen oder sonstige Selbstverwaltungs- beziehungsweise Aufgabenbereiche auswirken können. Grundgehalt des Rechtes auf Beteiligung sind Informations- und Anhörungsrechte seitens der Gemeinde.192

C.

Bauleitpläne und interkommunales Abstimmungsgebot

Die Bauleitpläne sind zusammen mit den Flächennutzungsplänen die Hauptinstrumente der kommunalen Bauleitplanung. Beide Planungsinstrumente bilden, zusammen mit weiteren wie solchen der Plansicherung und Planverwirklichung, ein System zur Vorbereitung, Leitung und Konfliktlösung der Grundstücksnutzung auf dem Gebiet einer Gemeinde, § 1 Abs. 1 BauGB. In diesem Sinne hat eine Gemeinde sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist, Bauleitpläne aufzustellen, § 1 Abs. 2 BauGB. Nach § 1 Abs. 5 und 6 BauGB soll so eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung unter Beachtung hierfür erforderlicher grundlegender Ziele und Belange gewährleistet werden. Die Befugnis und zugleich Verpflichtung zur Bauleitplanung nach § 1 Abs. 3 S. 2 BauGB ist objektiv-rechtlicher Natur. Ein subjektiver Anspruch besteht somit nicht. Über Planungsinstrumente wie die Öffentlichkeitsbeteiligung, indirekt als Ziele der Bauleitplanung und nicht zuletzt als abwägungserhebliche Belange nach § 1 Abs. 7 BauGB, fließen jedoch auch die Belange subjektiver Dritter mit ein. Die Gemeinden sollen dabei gezielt Städtebaupolitik betreiben.193 Im Sinne einer geordneten städtebaulichen Entwicklung sollen dazu, aufbauend auf den grobstrukturierten Flächennutzungsplänen, parzellenscharfe Festsetzungen durch die Bebauungspläne geschaffen werden. Aufbauend auf dem jeweils für ein ganzes Gemeindegebiet geltenden Flächennutzungsplan194 werden folglich die zumeist vielzähligen einzelnen Bebauungspläne195 entwickelt. Nach dem interkommunalen Abstimmungsgebot gemäß § 2 Abs. 2 BauGB sind die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen. Das Erfordernis wird auch hier aus der Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 192 BVerwG, Urt. v. 7. 7. 1978 - IV C 79.76 - BVerwGE 56, 110; Weitergehend Stüer, in: Hoppenberg/Dewitt, Rn. 20 ff. 193 Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 312 ff. 194 Einzelheiten siehe etwa Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 316 ff. 195 Vertiefend etwa Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 348 ff.

Bauleitpläne und interkommunales Abstimmungsgebot

57

Abs. 2 GG abgeleitet und gibt der betroffenen Gemeinde Mitwirkungs- und Abwehrrechte. Eine Verletzung kommunaler Rechte liegt vor, wenn die planende Gemeinde ihre materielle Abstimmungspflicht gemäß § 2 Abs. 2 BauGB zum Nachteil der Nachbargemeinde durch einen Verstoß gegen das Abwägungsgebot missachtet.196 Es ergibt sich nicht nur eine formelle Beteiligungspflicht, sondern das Erfordernis einer materiellen Abstimmung interkommunaler Belange.197 Auch diesbezüglich können nach § 4a Abs. 4 BauGB elektronische Informationstechnologien genutzt werden.

196 BVerwG, Urt. v. 8. 9. 1972 - IV C 17.71 - BVerwGE 40, 323; BVerwG, Urt. v. 15.12.1989 - 4 C 36.86 - BVerwGE 84, 209; Beschl. v. 23.9.1993 - 4 NB 31.93 - Buchholz 310 § 47 Nr. 83. 197 Stüer, in: Hoppenberg/Dewitt, Rn. 62.

5. Kapitel: Rechtslage

Wie auch viele andere Rechtsgebiete wird das öffentliche Baurecht zunehmend durch Vorgaben des Europarechts beeinflusst, wenn auch noch nicht weitgehend bestimmt. Seit der Novelle im Jahr 2001 ist die Öffentlichkeitsbeteiligung im BauGB zum Teil durch europarechtliche Vorgaben aufgewertet worden. Ziel ist es dabei, durch eine höhere Verfahrenstransparenz im Wege der Öffentlichkeitsbeteiligung eine bessere Bauleitplanung zu ermöglichen.198

A.

Das europäische Recht als treibende Kraft der internetgestützten Bauleitplanung

I.

Aarhus-Konvention

Die Aarhus-Konvention hat weitreichende Folgen für das Umweltrecht und somit auch auf das Baurecht, soweit eine Umweltverträglichkeitsprüfung Gegenstand eines baurechtlichen Vorhabens und Bauleitplans ist. Die Konvention beruht auf einem Dreisäulenmodell, zu dem sich die Vertragsparteien verpflichtet haben: Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Umweltinformationen (1. Säule), auf Beteiligung an umweltbezogenen Entscheidungsverfahren (2. Säule) sowie auf Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (3. Säule). Die Verpflichtung zum Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Umweltinformationen und auf Beteiligung an umweltbezogenen Entscheidungsverfahren bieten vielfältige Möglichkeiten zum Einsatz von E-Government. Die Aarhus-Konvention wird durch mehrere europäische Richtlinien umgesetzt. So regelt die Richtlinie 2003/4/EG den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen, die Richtlinien 2003/35/EG die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung spezifischer umweltbezogener Pläne und Programme 198 Vgl. Schmidt-Aßmann, in: Isensee/Kirchhof, § 109 Rn. 43; Battis, in: Battis/Söfker/Stüer, S. 3.

60

Rechtslage

und die Änderung der Richtlinie 85/337/EWG sowie 96/61/EG. Die sogenannte Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. 05. 2003199 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten setzen Teile der Aarhus-Konvention um. Auch die Richtlinie 2001/42/EG200 zur Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme zielt mit Art. 6 Abs. 2 auf eine bessere Information und Beteiligung der Öffentlichkeit und Behörden ab. Der deutsche Gesetzgeber hat die Vorgaben in mehreren Gesetzen umgesetzt.201 Der § 4a Abs. 4 S. 1 BauGB ist eine dieser auch aufgrund der Konvention neugefassten Normen. Insbesondere durch Art. 5 Abs. 3 der Aarhus-Konvention und der daraus resultierenden Umweltinformationsrichtlinie 2003/35/EG, insbesondere dort Art. 7, sollten die Informations- und Beteiligungsmöglichkeiten auch über das Internet stark an Bedeutung gewinnen.202 So sollen umweltrelevante Informationen verstärkt in elektronischen Datenbanken, welche der Öffentlichkeit über öffentliche Telekommunikationsnetze zugänglich sind, zur Verfügung gestellt werden. Die Länder haben dazu entsprechende Umweltinformationsgesetze verabschiedet.203 § 7 Abs. 1 Umweltinformationsgesetz (UIG), auf den beispielsweise § 5 Abs. 1 NUIG verweist, bestimmt entsprechend, dass der Zugang zu verfügbaren Umweltinformationen zu erleichtern ist und diese zu diesem Zweck zunehmend in elektronischer Form öffentlich zugänglich gespeichert werden sollen.

199 Abl. EU L 156 v. 25. 06. 2003, S. 17 ff. 200 Richtlinie über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme v. 27. 06. 2001, Abl. EU L 197 v. 21. 07. 2001, S. 30 ff. 201 Gesetz über die Öffentlichkeitsbeteiligung in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG v. 9. 12. 2006 (Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz), BGBl. I 2006, S. 2819; Gesetz über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG v. 7. 12. 2006 (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz), BGBl. I 2006, S. 2816; Vgl. Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 2946. 202 Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 24. 203 Siehe etwa Niedersächsisches Umweltinformationsgesetz (NUIG) v. 07. 12. 2006, Nds. GVBl. 2006, 580.

Das europäische Recht als treibende Kraft der internetgestützten Bauleitplanung

II.

61

Die Dienstleistungsrichtlinie

Auch durch die EU-Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG204 (DLRL) entsteht durchaus Umsetzungsdruck auf die öffentliche Verwaltung, verstärkt elektronische Informationstechnologie im Verwaltungsverfahren einzusetzen. Ein Ziel der Richtlinie ist es sogenannte Dienstleistungsportale205 einzurichten, mit deren Hilfe vor allem, aber nicht nur, ausländische Unternehmer einfacher die zuständige öffentliche Stelle bzw. Ansprechpartner finden.206 Nach Art. 6 Abs. 1 EU-Dienstleistungsrichtlinie sind Kontaktstellen als einheitliche Ansprechpartner einzurichten, die alle wesentlichen Verfahren und Formalitäten im Zusammenhang mit der Ausübung beruflicher Tätigkeit abwickeln können. Dazu gehört etwa das Anmelden und Beantragen von Genehmigungen, die Eintragung in Register und Berufsrollen ebenso wie sogenannte Pro-forma-Registrierungen, wozu beispielsweise auch die Gewerbeanmeldung nach § 14 GewO zählt.207 Aufgegriffen wird damit der Gedanke eines sogenannten One-Stop-Government208, also zumindest die Schaffung eines zentralen Portals, von dem notfalls weiter verwiesen wird. Selbst solche Minimalanforderungen sind jedoch ein Fortschritt, ist es doch in der Fülle und Tiefe des Internets, und zuweilen auch in der realen Welt, schwierig, den richtigen Ansprechpartner respektive die zuständige Behörde zu finden. Bedeutend wird jedoch insbesondere die weitere Forderung in Art. 8 Abs. 1 DLRL, nach der die Verfahren und Formalitäten, die die Aufnahme oder die Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit betreffen, problemlos aus der Ferne und elektronisch über den betreffenden einheitlichen Ansprechpartner oder bei der betreffenden zuständigen Behörde möglich sein muss. Somit sollen europaweit alle wirtschaftsrelevanten Genehmigungsverfahren grundsätzlich über die jeweiligen Kontaktstellen auf elektronischem Weg möglich sein. Eine wirtschaftliche Umsetzung elektronischer Verwaltungsverfahren zwingt dazu, den gesamten Prozessablauf eines Verfahrens zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.209 Durch diesen Zwang hat sich eine seltene Chance zur Prozessoptimierung in großem Stil unter Einbeziehung des Aspektes E-Government für große Bereiche der öffentlichen Verwaltung geboten. Dementsprechend hätten sich somit auch in Verwaltungsorganisationen notwendige Veränderungen ergeben müssen. 204 Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt v. 12. 12. 2006, Abl. EU L 376 v. 27. 11. 2006, S. 36. 205 Siehe etwa https://www.dienstleisterportal.niedersachsen.de, besucht 31. 05. 2011. 206 Vertiefend EU-Kommission, Handbuch zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie, S. 5 ff. 207 Vgl. Schliesky, in: Schliesky, S. 5. 208 Grundlegend Schulz, S. 9 ff. 209 Vgl. Schliesky, in: Schliesky, S. 6.

62

Rechtslage

Nach dem Umsetzungsziel der EU-Dienstleistungsrichtlinie, welche nach Art. 44 Abs. 1 DLRL eine Umsetzung drei Jahre nach Inkrafttreten vorsieht, müssten somit eigentlich ab dem Jahr 2010 alle einschlägigen Behördenaufträge elektronisch abgewickelt werden können. Für die Aufstellung und Ausgestaltung der einheitlichen Ansprechpartner sind in Deutschland die Bundesländer zuständig.210 Die EU-Dienstleistungsrichtlinie stellt somit die weitreichendste verpflichtende Einführung von elektronischen Verwaltungsverfahren bislang dar – ob die Umsetzung gelungen ist, kann jetzt noch nicht abschließend beurteilt werden. Auch dürften ihre Folgen zusammen mit den Auswirkungen der Aarhus-Konvention zukünftig wohl nicht die einzigen EU-Bestrebungen zu einem Mehr an E-Government bleiben. In eine ähnliche Richtung wie die Dienstleistungsrichtlinie, dies sei zur Ergänzung erwähnt, zielt die Initiative D115. Ressortübergreifende Ansprechpartner aus der Verwaltung sollen dabei unter der bundeseinheitlichen Telefonnummer 115 erreichbar sein und wenn sie Fragen nicht direkt beantworten können, zumindest Anfragen annehmen oder Verweisen können. Erste Kommunen haben im Jahr 2011 entsprechende Dienste eingerichtet. Ob sich das Angebot hauptsächlich als Informationsdienst etablieren wird oder auch direkt Eingaben und Wünsche der Bürger angenommen werden, wird noch nicht einheitlich bewertet.211

B.

§ 4a Abs. 4 BauGB – Nutzung elektronischer Informationstechnologien

Bei der Öffentlichkeitsbeteiligung und der Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange können nach § 4a Abs. 4 BauGB ergänzend elektronische Informationstechnologien genutzt werden. Der Wortlaut bestimmt somit, dass elektronische Informationstechnologien im Beteiligungsverfahren zulässig sind, jedoch grundsätzlich nur parallel zum obligatorischen klassischen papierbasierten Verfahren genutzt werden können. Auch vor der Einführung des § 4a Abs. 4 BauGB war die Nutzung elektronischer Informationstechnologien als ergänzende Maßnahme zulässig.212 Die somit fakultative Nutzung elektronischer Informationstechnologie ist dabei auf allen Stufen der Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung, also auch in der frühzeitigen Beteiligung als auch im Verfahren einer erneuten Auslegung nach 210 Übersicht auf http://www.dienstleisten-leicht-gemacht.de, besucht 22. 05. 2011. 211 Vgl. von Lucke, Open Government, S. 24. 212 Vgl. Bunzel, BauR 2008, 301 (304); Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 4a Rn. 34.

§ 4a Abs. 4 BauGB – Nutzung elektronischer Informationstechnologien

63

§ 4a Abs. 3 BauGB, möglich. Die Einführung des § 4a Abs. 4 S. 1 BauGB als Befugnisnorm zur ergänzenden Nutzung elektronischer Informationstechnologien soll die Transparenz der Beteiligungsverfahren nach § 3 und § 4 BauGB erhöhen und die Beteiligung erleichtern.213 Weiter sollten kleinere Novellierungen bezüglich der öffentlichen Bekanntgabe und bei der Offenlegung zur Verfügung gestellter Unterlagen vorgenommen werden.214 Angelehnt ist § 4a Abs. 4 S. 1 BauGB an Art. 5 Abs. 3 der Aarhus-Konvention und der zur Umsetzung erlassenen EU-Öffentlichkeitsrichtlinie 2003/35/EG. Der Wortlaut des § 4a Abs. 4 S. 1 BauGB deklariert eindeutig, dass die elektronische Öffentlichkeitsbeteiligung nicht anstelle, sondern nur zusätzlich zu den formalen Erfordernissen des § 3 BauGB Anwendung finden kann. So wird auch in der Gesetzesbegründung betont, dass sich aus § 4a Abs. 3 S. 1 BauGB gerade keine (europarechtliche) Verpflichtung zur Einstellung von Bauleitplänen ins Internet und einer elektronischen Beteiligung ergibt.215 Vielmehr wird die »völker- und europarechtliche Tendenz einer Betonung der Nutzung neuer Medien« aufgegriffen.216 So bleiben die formalen Beteiligungserfordernisse des § 3 BauGB weiterhin verpflichtend. § 4a Abs. 4 Satz 2 BauGB ermöglicht demgegenüber nun für die Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange eine echte Erleichterung des Verfahrens für die Praxis. So kann eine Gemeinde ihre zu beteiligenden Ansprechpartner auch in elektronischer Form, etwa per E-Mail, über Ort und Dauer der Auslegung des Bauleitplans unterrichten, soweit die Gemeinde den Bauleitplan im Internet veröffentlicht hat und der Empfänger über einen entsprechenden Zugang verfügt. Anstelle der klassischen Übersendung der Planunterlagen in Papierform kann auf die Internetadresse verwiesen werden.217 Unter Ort und Dauer sind in diesem Sinne zumindest die Internetadresse und gegebenenfalls Zugangsdaten zu verstehen. Es handelt sich um eine echte Alternative und nicht nur um eine zusätzliche Möglichkeit wie bei der Beteiligung der Öffentlichkeit. Somit kann auf das Übersenden der Plan-Dokumente verzichtet werden. Jedoch sollen sich durch die elektronische Form keine Einschränkungen für eine fundierte und sachgerechte Stellungnahme ergeben, was etwa dann der Fall sein kann, wenn sich Entwürfe nur im Originalmaßstab beurteilen lassen. § 4a Abs. 4 S. 3 Hs. 1 BauGB räumt daher den Behörden und Trägern öffentlicher Belange die Möglichkeit ein, die Plan-Dokumente klassisch in Papierform anzufordern. Auf ein entsprechendes Verlangen hin ist die Gemeinde dazu ver213 214 215 216 217

BT-Drs. 15/2250, S. 31. BMVBS, Rn. 18 ff. BT-Drs. 15/2250, S. 46. BT-Drs. 15/2250, S. 45. Vgl. BT-Drs. 15/2250, S. 46.

64

Rechtslage

pflichtet. Der zweite Halbsatz stellt dazu noch einmal klar, dass auch in diesen Fällen die Fristvorschrift nach § 4 Abs. 4 S. 2 BauGB und auch die Möglichkeit der Fristverlängerung gilt.

C.

Die Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 3 BauGB

Der aktuelle § 3 BauGB hat seinen Ursprung in dem in § 2 Abs. 6 Bundesbaugesetz (BBauG)218 geregeltem Auslegungsverfahren und dem erstmals in §§ 1 Abs. 4 S. 4, 4 und 9 Städtebauförderungsgesetz (StBauFG)219 geregeltem Verfahren der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung. Diese Vorgängervorschriften wurden in den Jahren mehrfach modifiziert. In überarbeiteter Form wurden beide Gesetze 1987 im Baugesetzbuch zusammengefasst. Aus Sorge um die Verfahrenseffizienz wurden die Beteiligungsvorschriften durch die §§ 214 bis 216 BauGB in ihrem Wirkungsgehalt begrenzt.220

D.

Weitere Änderungen

Durch das EAG Bau 2004 wurde der Begriff »Bürgerbeteiligung« in den der »Öffentlichkeitsbeteiligung« und bei § 4 BauGB der Begriff »Beteiligung der Träger öffentlicher Belange« in »Behördenbeteiligung« geändert. Die Terminologie des BauGB sollte damit an die des Europa- und Völkerrechts angepasst werden.221 Der Umfang der Beteiligungsfähigen wurde damit jedoch nicht geändert. Die Überschrift Behördenbeteiligung des § 4 BauGB ist jedoch insoweit irreführend, da das Gesetz weiterhin keine isolierte Behördenbeteiligung vorsieht. Vielmehr werden neben Behörden weitere Träger öffentlicher Belange beteiligt. Wie bereits nach vorherigem Recht unterfallen die Behörden weiterhin dem Oberbegriff der Träger öffentlicher Belange.222 Eine Anpassung der städtebaulichen Beteiligungsvorschriften an die Systematik gemeinschaftsrechtlicher Beteiligungsregime ist somit nicht erfolgt.

218 219 220 221 222

Ursprüngliche Fassung v. 23. 06. 1960, BGBl. I 1960, S. 341 ff. Ursprüngliche Fassung v. 27. 07. 1971, BGBl. I 1971, S. 1125 ff. Vgl. Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, § 3 BauGB, Rn. 2. BT-Drs. 15/2250, S. 31, 44; Finkelnburg NVwZ 2004, S. 897 (900). Erbguth, Jura 2006, S. 9 (11).

6. Kapitel: Internetgestützte Partizipation in der Bauleitplanung

Bietet die Öffentlichkeitsbeteiligung in der Bauleitplanung Erfolg versprechende Einsatzmöglichkeiten für eine internetgestützte Partizipation? Dies dürfte die Kernfrage sein. Dass der Staat sich zum E-Government bekennt und in diesem Bereich immer mehr Dienstleistungen anbietet, ist bekannt und eine Umkehr dieser Entwicklung erscheint ausgeschlossen. Schwerpunktmäßig soll auf die Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 3 BauGB eingegangen werden. Auf Besonderheiten der Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange nach § 4 BauGB wird separat hingewiesen. Das mit frühzeitiger und förmlicher Öffentlichkeitsbeteiligung grundsätzlich zweistufig ausgestaltete Partizipationssystem bietet vielfältige Einsatzmöglichkeiten für elektronische Medien und somit für elektronische Partizipationsangebote. Das bisher prägende Merkmal der Beteiligungsmaßnahmen, nach dem der Bürger grundsätzlich zum Planentwurf gehen musste, könnte schon bald der Vergangenheit angehören.

A.

Grundsätze und Begriffsbestimmung

I.

Informations- und Kommunikationstechnologie als Instrument der Bauleitplanung

Nach § 4a Abs. 4 S. 1 BauGB können ergänzend elektronische Informationstechnologien bei der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung genutzt werden. Kritisiert wird die Unschärfe des Begriffs Technologien.223 Letztendlich ermöglicht dieser weite Begriff jedoch die Nutzung verschiedener Techniken – auch werden auf dem Gebiet verschiedene Begrifflichkeiten durchaus synonym gebraucht.224 Die Informations- und Kommunikationstechnologie allgemein hat 223 Steinebach, ZfBR 2004, 16 (18). 224 Trotz der Ungenauigkeit: Elektronische Datenverarbeitung (EDV), Information und

66

Internetgestützte Partizipation in der Bauleitplanung

sich in den letzten Jahrzehnten vereinfacht ausgedrückt von einer elektronischen Einzelplatz-Datenverarbeitung (EDV) über eine lokal vernetzte VerwaltungsEDV hin zu einer letztendlich weltweit vernetzten Technologie entwickelt. Stellten einzelne Datenleitungen, etwa für Fernschreiben und später Fernkopien, den Anfang dar, so ist heute das Internet die weltweit größte Infrastruktur für den vernetzten elektronischen Datenaustausch. Unter anderem über InternetBrowser-Anwendungen als Benutzeroberfläche des Internets225 können Informationen in Form von Internetseiten angezeigt und auch bearbeitet werden so wie es beispielsweise bei der Benutzung von Internetforen der Fall ist. Die anzuzeigenden Informationen können dabei statisch sein wie bei reinen digitalen Informationsbroschüren oder hochgradig interaktiv wie etwa bei internetbasierten Beteiligungsplattformen oder den aktuell beliebten digitalen sozialen Netzwerken. Beteiligungsverfahren, auf dem Gebiet der Bauleitplanung, zeichnen sich auch dadurch aus, dass grundsätzlich eine hohe Anzahl von Bürgern und Behörden beteiligt sind. Die Kommunikation, als Sammelbegriff für die Verständigung innerhalb eines Planungsverfahrens, nimmt einen Hauptbestandteil der planerischen Tätigkeit ein.226 Je nach dem Stellenwert der Teilhabe können drei Hauptgruppen gebildet werden: Information, Partizipation und Kooperation.227 Es handelt sich um ein kommunikationslastiges Planungsverfahren. Grundsätzlich ist das Medium der Papierform dafür nicht ideal, soweit zum einen der gleichzeitige Leser- und Bearbeiterkreis klein ist und zum anderen die Kosten und der Aufwand für eine Verbreitung an einen großen Empfängerkreis hoch sind. Moderne Informations- und Kommunikationstechnologie (IuK-Technologie bzw. IKT) kann mit dem Medium Internet eine Lösung dieses Problems aufzeigen, da auf einfachem Weg eine fast unendliche Anzahl von Bürgern und Behörden auf Inhalte lesend als auch bearbeitend zugreifen können und die Verbreitungskosten, abgesehen von Infrastrukturkosten, grundsätzlich gering sind. Zudem ist das Internet allgemein ein sehr innovationsfähiges Medium, welches weiter gedacht als Motor einer möglichen »neuen Planungskultur« in Form einer weitergehenden Modernisierung fungieren könnte. Gerade in den Gemeinden, als Nahtstelle von Staat, Bürgern und Wirtschaft, bietet E-Government ein hohes Potenzial für Verbesserungen. Die etwa 12.000 Kommunen in Deutschland stehen dabei jedoch vor einer großen Aufgabe, da, anders als auf Bundes- und Länderebene mit ausgeprägten E-Government-InKommunikation bzw. Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT/IuK) oder Informationstechnologie bzw. Informationstechnik (IT). 225 Beispielsweise Microsoft Internet Explorer oder Mozilla Firefox. 226 Bischoff/Selle/Sinning, S. 16 f. 227 Grundlegend Arnstein, JAIP 1969, 216 ff.; Carver, URISA Journal 2003, Vol. 15, S. 61 ff.

Grundsätze und Begriffsbestimmung

67

itiativen, Ressourcen und Knowhow beschränkt sind.228 Seit 1999 hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie verschiedene Förderprogramme aufgelegt, um das kommunale E-Government voranzutreiben. Schwerpunkte lagen in den Bereichen Rechtssicherheit, der Entwicklung von Standards, Förderung der Verbreitung, Harmonisierung und Internationalisierung.229 Waren anfangs noch überwiegend Bedenken gegenüber internetgestützten Kommunikations- und Beteiligungsformen in der Bauleitplanung anzutreffen, ist die Anzahl der Planungsträger, die auf dem Gebiet erste oder auch schon fortgeschrittene Erfahrungen gesammelt haben, in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen.230 Echte Partizipationsangebote sind jedoch noch selten, reine Informationsangebote überwiegen bisher deutlich.

II.

Öffentlichkeitsbeteiligung und Internet

Schon relativ früh wurde die Gemeindeebene und speziell der Bereich der Bauleitplanung als mögliches Anwendungsgebiet neuer elektronischer Beteiligungsformen gesehen.231 Noch weit früher wurde in einzelnen Publikationen das zukünftige Demokratiepotenzial der aktuellen Technik, damals via Kabelfernsehen und Breitbandkommunikation, aufgezeigt.232 Mit der immer weiter fortschreitenden Verfügbarkeit und Nutzung des Internets wird die Einbeziehung dieser, noch als neue Medien bezeichneten Informations- und Kommunikationskanäle, für die Bauleitplanung immer interessanter. Das Internet bietet dabei für eine breite Öffentlichkeit Möglichkeiten einer Einbindung und Teilhabe in unterschiedlichen Phasen des Planungsverfahrens, darunter auch neue Formen und insgesamt Verbesserungen, wie sie vorher nicht möglich waren.233 So sprechen zumindest aus theoretischer Sicht ein hohes Kommunikations-, Informations- und Partizipationspotenzial für den Einsatz internetgestützter Beteiligungsangebote in der Bauleitplanung.234 Mit dem § 4a Abs. 4 BauGB werden elektronische Informationstechnologien erstmalig im Zuge der Öffentlichkeitsbeteiligung im BauGB erwähnt. Da die §§ 3 und 4 BauGB für die Öffentlichkeitsbeteiligung keine Form vorschreiben, handelt es sich somit um eine Klarstellung.235 Das Ob, die Art und Weise einer 228 229 230 231 232 233 234 235

BMWi, Spezifikationsbericht, S. 3. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 3. Vgl. Richter/Sinning, S. 2. Vgl. BT-Drs. 13/11004, S. 80. Vgl. Lenk, Partizipationsfördernde Technologien?, S. 1 ff. Carver, URISA Journal 2003, Vol. 15, S. 61 (63). Vgl. Hoecker, S. 37 (44 f.). Siehe auch S. 62 f.

68

Internetgestützte Partizipation in der Bauleitplanung

internetgestützten Beteiligung bleibt somit den Gemeinden überlassen. Es wird folglich ein breiter Spielraum gelassen, in welcher Form elektronische Informationstechnologien eingesetzt werden. Wie der Begriff elektronische Informationstechnologien zu definieren ist, soll untersucht werden. In der Offenlegungsbekanntmachung gemäß § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB können auch fakultativ Einwendungen oder Stellungnahmen über das Internet zugelassen werden. Dabei muss ersichtlich sein, dass die Nutzung des Internets lediglich eine zusätzliche Möglichkeit ist: Etwa »Es besteht auch die Möglichkeit, Anregungen im Internet unter folgender Adresse abzugeben: http://www.Beispiel.de«236. Der Wortlaut der Offenlegungsbekanntmachung generell muss dabei für »einen Bürger mit durchschnittlichem Auffassungsvermögen« verständlich sein.237

III.

Möglichkeiten und Potenziale internetgestützter Verfahren der Bauleitplanung

Bisher unterlag die Einsichtnahme in Planunterlagen grundsätzlich zeitlichen und örtlichen Beschränkungen, welche eine möglichst breite und intensive Information und Partizipation der Öffentlichkeit eher behinderte. Die internetunterstützte Öffentlichkeitsbeteiligung könnte das alte Merkmal, dass der Bürger zu den Planungsunterlagen gehen musste, umkehren – die Planungsunterlagen könnten zukünftig grundsätzlich in elektronischer Form dort verfügbar sein, wo der Bürger sich aufhält. Insbesondere für zeitlich nur eingeschränkt flexible Personengruppen wird die Beteiligung, unabhängig von festen Öffnungszeiten der Ämter, eröffnet. Daneben profitieren grundsätzlich auch in ihrer Mobilität eingeschränkte Bürger besonders von der Zeit- und Ortsungebundenheit internetgestützter Beteiligungsverfahren. Eine internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung könnte auf einzelnen oder allen Beteiligungsstufen Verwendung finden. Gleichfalls ist die Qualität und Quantität des Einsatzes von Informations- und Kommunikationstechnologie variabel. Zum Beispiel ist den Bürgern internetgestützt der Zugriff auf digitale Karten und Planzeichnungen zu ermöglichen.238 Einfacher als bisher können auch geplante bauliche Zustände grafisch dargestellt werden und alternative Varianten elektronisch durchgespielt werden.239 Gegenüber der papiergebundenen Kartendarstellung lässt sich durch technische Maßnahmen ein Mehrwert 236 237 238 239

OVG NRW, Urt. v. 25.10.2007 - 7 D 129/06.NE -, nur Juris. Vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.01.1997 - 4 NB 39.96 -, BauR 1997, 596 f. Lenk, in: Lenk/Traunmüller, S. 253 (268). Holznagel/Hanßmann, in: Holznagel, S. 55 (68).

Grundsätze und Begriffsbestimmung

69

erzielen.240 Der Art und Weise, wie die Informationen elektronisch aufbereitet sind, kommt jedoch eine hohe Bedeutung zu. So sollten die Angebote vor allem nutzerfreundlich sein und den Bürger ansprechen. Die internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung bietet über die digitale Informationsbereitstellung hinaus noch weitere Potenziale. So kann durch die Entkopplung der Information und Kommunikation von Raum, Hierarchie und Zeit Potenzial für Veränderungen des gesamten Beteiligungsprozesses ausgehen.241 Die Möglichkeiten des Internets lassen sich besonders gut für kollektive Willensbildungsprozesse nutzen, welche den Bürger stärker in das politische, soziale und auch verwaltungstechnische Geschehen einbeziehen können.242 Die Problemlösungskompetenz kann durch die Nutzung der neuen Medien auf eine fast unbegrenzte Anzahl von Bürgern ausgedehnt werden. Im Idealfall kann sich eine gemeinsame Sichtweise der Planungsprobleme unter den Teilnehmenden entwickeln und somit das Planungsverfahren unterstützen. Insbesondere die informell ausgestaltete frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 1 S. 1 BauGB wird als geeignet angesehen, neue Beteiligungsformen zu testen.243 Richtig ist, dass aufgrund fehlender detaillierter Gesetzesvorgaben der Gemeinde ein breiter Ausgestaltungsspielraum gegeben ist. Darüber hinaus bietet sich in der Frühphase der Planung zumeist eine noch größere Flexibilität als in der schon fortgeschrittenen Planung und der förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB. So sind der Inhalt der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 1 S. 1 BauGB die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung. Einzelheiten der späteren Planfestsetzung spielen noch keine Rolle, es geht zunächst nur um die Grundzüge und voraussichtlichen Auswirkungen der Bauleitplanung.244 Soweit die Planungen in diesem Stadium noch flexibel sind, können neue Erkenntnisse und Ideen der Öffentlichkeit, die durch die Beteiligung gewonnen werden sollen, in den Planungsprozess einfließen. Somit sind die Chancen auf eine »Verwertung« der Stellungnahmen der Öffentlichkeit im Vergleich mit Stellungnahmen im Rahmen der förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligung womöglich größer. Der Erfahrungs- und Meinungsaustausch über Szenarien und Konzepte kann auch über Diskussionsforen organisiert werden.245 Zu erwähnen ist, dass internetgestützte Diskussionsforen und andere Angebote nicht erst in der Stufe der Öffentlichkeitsbeteiligung nutzbar sind, sondern gegebenenfalls schon vorher verwaltungsintern Kommunikations- und Abstimmungsprozesse er240 241 242 243 244 245

Kraft/Meister, VR 4/2003, S. 126 (128). Kraft/Meister, VR 4/2003, S. 126 (128). Groß, DÖV 2001, S. 159 (162 f.). Berghäuser/Berghäuser, NVwZ 2009, 766 (767). Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 1005. Lenk, in: Lenk/Traunmüller, S. 253, 267 f.

70

Internetgestützte Partizipation in der Bauleitplanung

leichtern könnten. Ob jedoch reine, weitgehend nicht moderierte Diskussionsforen das alleinige richtige Mittel für eine internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung sind, ist zweifelhaft. So fehlt es oftmals an einer Moderation und auch werden oftmals nicht weiterführende Kettendiskussionen durch die Betriebsweise eines Forums gefördert. Mittlerweile gibt es jedoch spezielle Anwendungen, die die Durchführung von E-Beteiligungen vereinfachen und den Ablauf verbessern. Auch auf Bundesebene wurden schon Erfahrungen mit internetgestützten Diskussionsforen gesammelt, indem unter anderem Informations- und Diskussionsprozesse eines Gesetzgebungsverfahrens online abgebildet wurden und neue interaktive Beteiligungsformen erprobt wurden.246 Als Erkenntnisgewinn kam dabei jedoch heraus, dass sinnvolle Anregungen zu Gesetzentwürfen die Ausnahme blieben und auch die Repräsentativität kritisch zu hinterfragen ist.247 Insgesamt haben jedoch auch ähnliche Projekte gezeigt, dass das Internet eine neue Form der Partizipation bietet. Die Einrichtung von E-Partizipationsangeboten zu Bauleitplanentwürfen wird schon für die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung empfohlen, wo sich die endgültige Planung erst herauskristallisiert und der rechtliche Rahmen, verglichen mit der förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligung, weniger stark vorgegeben ist.248 Jedoch können auch elektronische Stellungnahmen im förmlichen Verfahren zugelassen werden. Überzeugend sei davon auszugehen, dass diese dann eine höhere Qualität durch die schon in der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgten internetgestützten Information und Diskussion haben.249 Generell wird ein Absenken der Hemmschwelle bezüglich der Beteiligung der Bürger an Beteiligungsverfahren durch den Einsatz internetgestützter Systeme erwartet und so auch eine Belebung der Öffentlichkeitsbeteiligung im Planungsverfahren.250 Da über geschriebene Nachrichten zeitversetzt kommuniziert werden kann, was bislang direkt nur zwischen Verwaltung und einzelnem Bürger möglich war, können Bürger zu jedem Zeitpunkt und von jedem Ort aus an der Diskussion teilnehmen und auch untereinander direkt kommunizieren. Durch die Asynchronität können Bürger auch später einfach in das laufende Verfahren einsteigen, da alle Beiträge und somit Argumente zu jeder Zeit frei verfügbar sind. Auch eher schüchterne Bürger, die sich etwa während einer Bürgerversammlung in der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung nicht beteiligen wür-

246 247 248 249 250

Kraft/Meister, VR 4/2003, S. 126 (128). Lenk, in: Lenk/Traunmüller, S. 253, 267 f.; Floeting/Grabow, in: Leggewie, S. 262 (271). Kraft/Meister, VR 4/2003, S. 126 (128). Lenk, in: Lenk/Traunmüller, S. 253 (268). Groß, DÖV 2001, S. 159 (162); Holznagel/Hanßmann, in: Holznagel, S. 55 (68).

Grundsätze und Begriffsbestimmung

71

den, kann die Beteiligung über das Internet leichter fallen. Rhetorische Fähigkeiten treten dabei stärker in den Hintergrund. Der Ertrag internetgestützter Öffentlichkeitsbeteiligungen ist grundsätzlich derselbe wie bei gut durchgeführten und von der Bevölkerung angenommenen klassischen Beteiligungen ohne Online-Unterstützung. Es besteht jedoch die Erwartung, Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren könnten mit dem Einsatz neuer Medien effektiver und effizienter werden, womit eine stärkere Beachtung in der politischen Entscheidungsfindung einhergehen könnte.251 Weiter würden den virtuellen Diskursen neue Eigenschaften verliehen, die persönlichen Diskursen überlegen seien. Der Grundsatz dieses Gedankens ist das Argument, dass Demokratie ein Organisationsproblem sei und deswegen in seiner Ausprägung von den zur Verfügung stehenden Kommunikationstechnologien abhänge.252 Bei internetgestützten Öffentlichkeitsbeteiligungen können grundsätzlich beliebig viele Personen gleichzeitig Stellungnahmen einreichen beziehungsweise, insofern eine öffentliche Diskussion etwa über ein Forum geführt wird Beiträge und Themen parallel bearbeiten. Zumindest im Vergleich mit Bürgerversammlungen oder anderen Diskussionsveranstaltungen ist damit zu rechnen, dass Bürger sich bei internetgestützten Verfahren in größerer Zahl und häufiger beteiligen werden.253 Ein Vorteil internetgestützter Öffentlichkeitsbeteiligungen kann in einer stärkeren Kohärenz und Sachlichkeit liegen, die nur durch ein gutes elektronisches System voll erreicht werden können. Jedoch ergeben sich schon bei einfachen elektronischen Diskussionsforen im Vergleich zu mündlichen Diskussionen Vorteile, da die zeitversetzte und textbasierte Kommunikation ein gründlicheres Überdenken der eigenen Beiträge ermöglicht. Auch wird das Zitieren oder Aufgreifen von Argumenten oder Gegenargumenten erleichtert, insoweit diese in dem eigenen Beitrag kenntlich gemacht und einbezogen werden können. Insofern eine Beteiligung anonym freigegeben ist, was im Vorfeld gut zu überlegen ist, trägt diese Form der Online-Beteiligung, etwa über ohne Registrierung zu erreichende Foren, dem Bedürfnis nach Anonymität sehr gut Rechnung. Anonyme Beteiligungsmöglichkeiten erhöhen das Risiko einer unverbindlichen Teilnahme und somit der Gefahr von einer sporadischen, unfairen und womöglich unsachlichen Stellungnahmen respektive Beiträgen.254 Ein eher gesellschaftliches Problem internetgestützter Beteiligungen wird mit der Konkurrenz zu anderen »Beschäftigungsmöglichkeiten« im Internet gese251 252 253 254

Tr¦nel/Märker/Hagedorn, S. 5. Lenk, Politik und Kommunikation, S. 235 ff. Vgl. Tr¦nel/Märker/Hagedorn, S. 5. Tr¦nel/Märker/Hagedorn, S. 6.

72

Internetgestützte Partizipation in der Bauleitplanung

hen, soweit diese Beteiligung zu zeit- und aufmerksamkeitsökonomischer Konkurrenz zu anderen Tätigkeiten im Privat- und Berufsleben tritt.255 Da dieses Problem jedoch auch bei klassischen Beteiligungsformen besteht, sogar noch deutlicher, da eine Beteiligung bei einigen Formen noch stärker zeitlich vorherbestimmt ist, ist es somit schnell entkräftet.

B.

Rechtliche Grundlagen

I.

Das rechtsstaatliche Publizitätsgebot

Zur Veröffentlichung von Normen hat die Rechtsprechung einige Grund-sätze aufgestellt, welche im Folgenden näher betrachtet werden sollen, um gegebenenfalls Rückschlüsse auf Erfordernisse der Online-Öffentlichkeitsbeteiligung zu ziehen. Das bundesverfassungsrechtliche Rechtsstaatsprinzip schreibt die Ausgestaltung eines Verkündungsverfahrens nicht in allen Einzelheiten vor – es bedarf der Konkretisierung entsprechend der sachlichen Gegebenheiten.256 Aus dem bundesverfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip folgen jedoch Mindestanforderungen, denen eine Bekanntmachung unabhängig von ihrer gesetzlichen Konkretisierung genügen muss.257 Zwingendes Bekanntmachungserfordernis ist die Möglichkeit verlässlicher Kenntnisnahme vom geltenden Ortsrecht. Nach dem Bundesverfassungsgericht ist die rechtsstaatliche Funktion des Verkündungsverfahrens, der Öffentlichkeit die verlässliche Kenntnisnahme vom geltenden Recht zu ermöglichen.258 Das Bundesverwaltungsgericht fordert übereinstimmend, dass der Normadressat die Möglichkeit erhalten müsse, vom Erlass und vom Inhalt Kenntnis zu nehmen.259

255 Tr¦nel/Märker/Hagedorn, S. 6. 256 BVerwG, Urteil v. 11.10.2006 - 10 CN 2/05 -, NVwZ 2007, 334 (335). 257 BVerwG, Urteil v. 11.10.2006 - 10 CN 2/05 -, NVwZ 2007, 334 (335); BVerfG, Urt. v. 22.11.1983 - 2 BvL 25/81 -, BVerfGE 65, 283 (290); BVerwG, Urt. v. 11. 02. 1972 - VII C 37.69 -, Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 16, S. 18. 258 BVerfG, Urt. v. 22.11.1983 - 2 BvL 25/81 -, BVerfGE 65, 283 (291); BVerfG, Urt. v. 22.02.1994 - 1 BvL 30/88 -, BVerfGE 90, 60 (85). 259 BVerwG, Urt. v. 14. 12. 1973 - IV C 71.71 -, BVerwGE 44, 244 (249); BVerwG, Beschl. v. 08.07.1992 - 4 NB 20/92 -, NVwZ-RR 1993, 262 f.

Kurz- und mittelfristige Entwicklungen

II.

73

Benötigt der Staat eine Ermächtigung, Informationen zur Verfügung zu stellen?

Fraglich ist, ob die Bereitstellung von Informationen im Internet einen Grundrechtseingriff darstellen kann. Wäre dies so, müsste der Staat wegen der Grundrechtsbindung der Staatsgewalt im Sinne des Art. 1 Abs. 3 GG aufgrund einer Eingriffsgrundlage handeln. Eine bloße Aufgabenzuweisung oder Kompetenznorm als Eingriffsgrundlage ausreichen zu lassen, verwässert die Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit staatlichen Eingriffshandelns mangels normenklarer und bestimmter Tatbestände.260 Einwände, angesichts der Vielgestaltigkeit staatlichen Informationshandeln sei eine detailliertere gesetzliche Normierung nicht möglich, sind nicht überzeugend.261 Möglicherweise muss dieser Streit aber hier gar nicht eröffnet werden. So könnte es schon an einem Grundrechtseingriff fehlen. Als Vergleich kann hier das Bereithalten beziehungsweise Auslegen klassischer Beteiligungsunterlagen in gedruckter Papierform sein, welcher per se keinen Grundrechtseingriff darzustellen vermag. Auch wurden Aktionen wie etwa der Aids-Aufklärungskampagne bereits Eingriffsqualität abgesprochen.262 Die Bereitstellung der Beteiligungsinformationen im Internet an und für sich stellt kein grundrechtsrelevantes Informationsverhalten des Staates gegenüber dem einzelnen Bürger dar. Eine präzise gesetzliche Festlegung der Zuständigkeiten sowie der Voraussetzungen ist somit nicht erforderlich. Daneben normiert § 4a Abs. 4 BauGB seit der Einfügung auch die Nutzung elektronischer Informationstechnologien. Ein anderes Ergebnis wäre womöglich gegeben, wenn die elektronische Beteiligungsform die einzige Art der Beteiligungsmöglichkeit darstellen würde.263

C.

Kurz- und mittelfristige Entwicklungen mit Auswirkungen auf netzgestützte Beteiligungsverfahren

I.

Gesetzesvorhaben und Projekte

Es gibt verschiedene Projekte, konkrete Gesetzesvorhaben und schon vor der Umsetzung stehende Gesetze, die Deutschland einen Schritt näher in Richtung

260 261 262 263

BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 -, BVerfGE 65, 1 ff. Vgl. Gusy, JZ 1989, 1003 (1004); Engelbert/Kutscha, NJW 1993, 1233 (1234). Vgl. Gröschner, DVBl 1990, 619 (627 f.); Lübbe-Wolff, NJW 1987, 2705 (2710 ff.). Dazu unten S. 212 ff.

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Internetgestützte Partizipation in der Bauleitplanung

E-Government und damit auch Bürgerbeteiligungen im Bereich des Baurechts bringen. Schon am 9. März 2005 hat das Bundeskabinett die Eckpunkte für eine gemeinsame eCard-Strategie264 beschlossen. Wesentliche Stützpfeiler dieser Strategie sind die elektronische Authentifizierung und die qualifizierte elektronische Signatur, die auf Chipkarten unterschiedlicher Ausprägung zum Einsatz kommen. Eine gemeinsame Spezifikation soll die plattformübergreifende Funktionalität sicherstellen.265 Folgende bedeutende Projekte sind damit verbunden: die elektronische Gesundheitskarte (eGK), der elektronische Personalausweis (ePA), der elektronische Reisepass (ePass), die elektronische Steuererklärung (ELSTER) und der elektronische Einkommensnachweis (ELENA). Nach der eCard-Strategie sollen Formerfordernisse für Verwaltungsvorgänge mit dem Ziel der Vereinfachung überprüft werden. Auch wenn die Karten der Projekte sich unter anderem durch zwei verschiedene Datenübertragungstechniken unterscheiden (kontaktlos und kontaktbehaftet), soll die Interoperabilität bei Signatur, Authentifizierung und Verschlüsselung gewährleistet sein. 1.

Elektronischer Personalausweis

Die seit dem 1. November 2010 laufende Einführung des elektronischen Personalausweises könnte neuen Schwung in die Nutzung von E-Government und der elektronischen Signatur266 bringen. So kennzeichnen verpflichtende und freiwillige Zusatzfunktionen des neuen Personalausweises das neue Personalausweisgesetz (PAG).267 Neben der neuen (Scheckkarten-) Form ermöglicht der elektronische Personalausweis drei auf einem kontaktlosen Chip hinterlegbare Funktionen: Eine biometriegestützte Identitätsfunktion mit vorgeschriebenem Lichtbild und fakultativen Fingerabdrücken, einen elektronischen Identifikationsnachweis (sogenannte eID-Funktion), eine einfache elektronische Signatur und eine qualifizierte elektronische Signatur. Der neue Personalausweis ist dabei

264 Siehe auch BMI, Abschlussbericht BundOnline 2005 – Status und Ausblick, http:// www.cio.bund.de/cae/servlet/contentblob/80958/publicationFile/36651/abschlussbericht_bundonline_2005_download.pdf, besucht 21. 05. 2011. 265 eCard-API-Framework TR-03112 des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), https://www.bsi.bund.de/ecard.html, besucht 31. 05. 2011. 266 Siehe dazu S. 100 ff. 267 Gesetz v. 18. 06. 2009, BGBl. I 2009 Nr. 33 v. 24. 06. 2009, S. 1346 (Anmerkung: Mit der Föderalismusreform vom 1. September 2006 ist die Gesetzgebungskompetenz für das Ausweiswesen gem. Art. 73 I Nr. 3 GG vollständig auf den Bund übergegangen, da jedoch Grundlagen für E-Government und E-Business geschaffen werden, ergibt sich zugleich eine konkurrierende Kompetenz aus Art. 74 I Nr. 11 GG).

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keinesfalls lediglich eine technisch verbesserte Version, sondern Grundlage und Teil eines Gesamtsystems für ein (elektronisches) Identitätsmanagement.268 Zu den verpflichtenden Funktionen gehört nur die Speicherung eines digitalen Lichtbildes auf einem kontaktlos auslesbaren Chip (über RFID269). Ähnlich wie die deutschen Reisepässe, die seit November 2007 mit biometrischen Merkmalen ausgegeben werden, sind verpflichtende biometriegestützte Merkmale somit auch im Personalausweis Standard. Freiwillig sind dagegen die Speicherung von zwei Fingerabdrücken und die Freischaltung des elektronischen Personalausweises für die Nutzung der elektronischen Signatur. Beim Reisepass sind neben dem Lichtbild auch zwei Fingerabdrücke verpflichtend.270 Durch die elektronische Identifikationsfunktion wird mit passenden Lesegeräten sowohl bei Online-Anwendungen als auch bei lokalen Datenverarbeitungsprozessen wie etwa an Selbstbedienungsautomaten eine einfache und zuverlässige Identifizierung im elektronischen Rechts- und Geschäftsverkehr ermöglicht. Sowohl der E-Business als auch der E-Government-Bereich können hiervon profitieren. Durchaus lobend ist dabei hervorzuheben, dass der Bund damit eine Infrastrukturvorleistung erbringt, die die E-Government-Landschaft in Deutschland nachhaltig verändern und beflügeln könnte. Die elektronische Authentifizierung durch die sogenannte eID-Funktion eröffnet zudem ganz neue Möglichkeiten durch Selbstbedienung in der kommunalen Verwaltung. Ähnlich wie es seit Jahren selbstverständlich ist, Geld oder Überweisungen am Bankautomaten mit Chipkarte und Geheimnummer auszuführen, ist vorstellbar, bestimmte kommunale Dienstleistungen oder Pflichten mit dem neuen Personalausweis und dazugehörender Geheimzahl271 an einem Selbstbedienungsterminal vorzunehmen. Insbesondere einfache Vorgänge wie Um- oder Abmeldungen des Wohnsitzes, die Erteilung von Melde- und Aufenthaltsbescheinigungen und etwa die Beantragung eines Anwohnerparkausweises könnten dazu gehören. Mit in der Verwaltung oder anderswo aufgestellten Selbstbedienungsterminals der öffentlichen Verwaltung kann somit auch Bürgern ohne privatem Internetzugang der Zugang zu E-Governmentanwendungen eröffnet werden. Folglich könnten über entsprechende Selbstbedienungsterminals nicht nur einfache Behördendienstleistungen angeboten werden, sondern es könnte zugleich der nicht allen Bürgern zur Verfügung stehende private Internetzugang zu 268 Vgl. BMI, Abschlussbericht E-Government 2.0, S. 32. 269 Für »Radio-Frequency IDentification«, übersetzt: Identifizierung mit Hilfe von elektromagnetischen Wellen. 270 Vgl. Verordnung (EG) Nr. 2252/2004 des Rates vom 13. Dezember 2004 über Normen für Sicherheitsmerkmale und biometrische Daten in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten, Abl. EU L 385 v. 29. 12. 2004, S. 1. 271 Als eine sechsstellige Geheimnummer.

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einem Teil, bezogen auf die grundlegende Teilnahme am E-Government, egalisiert werden. Die Teilung der Gesellschaft in Bürger mit und ohne Internetzugang können damit nicht überwunden werden, jedoch würden die Folgen und ungleichen Zugangsmöglichkeiten zum E-Government gemindert. Seit der Einführung des neuen Personalausweises kommt Mehrarbeit auf die Bürgerämter der Gemeinden zu. Bei der Beantragung sind schließlich zusätzliche Schritte nötig, um die neuen Sicherheits- und eID-Funktionen zu ermöglichen. Die teilweise Verlagerung von einfachen Standardverwaltungsaufgaben auf E-Governmentangebote bietet wiederum eine Entlastungs- und Rationalisierungsmöglichkeit. Erste Pilotversuche zu Anwendungsmöglichkeiten des neuen Ausweises sind abgeschlossen, auch wenn zunächst erst einmal die Benutzerfreundlichkeit und Funktionalität der neuen eID-Funktionen selbst getestet wurde.272 Die informationelle Selbstbestimmung der Bürger wird durch rechtliche Vorgaben, technische Vorkehrungen und organisatorische Maßnahmen gewahrt. So erfolgt die Datenübermittlung transparent und eine vorherige ausdrückliche Freigabe durch den Personalausweisinhaber ist zu jeder Übermittlung erforderlich. Konkret geht einer Datenübermittlung ein Übermitteln eines Berechtigungszertifikates des abfragenden Dienstanbieters voraus, das die Identität des Dienstanbieters, die angefragten Datenkategorien, den Zweck der Datenverwendung, Regeln zum Datenschutz und die im Streitfall zuständige Datenschutzaufsicht enthält. Im Folgenden kann der Personalausweisinhaber dann der Übermittlung aller oder nur einzelner Datenkategorien mit der Eingabe seiner Geheimnummer zustimmen. Seitens der zuständigen Stelle, des Bundesverwaltungsamtes, wird im Rahmen der Ausstellung der Berechtigungszertifikate neben der Identität des Dienstanbieters auch die Erforderlichkeit der Datenübermittlung für den angegebenen Zweck geprüft, womit schon auf dieser Ebene ein Missbrauch eingeschränkt werden soll. Insbesondere sollen kommerzielle Anwendungen keinen Zugriff auf den hoheitlichen Speicherbereich des neuen Personalausweises bekommen, wo unter anderen die biometrischen Daten abgelegt sind. Eine datensparsame Konzeption der Authentifizierungsfunktion im Sinne des § 3a Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) wird somit beachtet. Im Mai 2010 hat die Vergabestelle für Berechtigungszertifikate im Bundesverwaltungsamt ihren Wirkbetrieb aufgenommen.273 Kritisch anzumerken bleibt jedoch auch hier, dass einmal erhobene (biometrische) Daten später leicht einem anderen Ver272 Vgl. BMI, Umsetzungsphase für den elektronischen Personalausweis beginnt, Pressemitteilung v. 19. 06. 2009. 273 Seit dem können auch unter http://www.personalausweisportal.de weitere Informationen abgerufen werden, besucht 05. 05. 2011.

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wendungszweck dienen können – so gab es auf EU-Ebene schon erste Fürsprecher, auch die biometrischen Daten für kommerzielle Anwendungen verfügbar zu machen.274 Durch die einfache Freischaltmöglichkeit der elektronischen Signatur entfällt das Nutzungshemmnis der Identifikation und der Bekanntheitsgrad der elektronischen Signatur dürfte erheblich steigen. Es wird mit einem Bürokratiekostenabbau und einer Beflügelung privater und staatlicher Internetdienste gerechnet.275 Hans Bernhard Beus, bis Februar 2010 IT-Beauftragter der Bundesregierung (Neudeutsch: CIO), sieht beispielhaft etwa den Wegfall der persönlichen Vor-Ort-Identifizierung bei Eröffnung eines Bankkontos oder etwa Einsparungen von 140 Millionen Euro durch nicht mehr nötige Auflagen des Geldwäschegesetzes.276 Einzig kontaktlose Kartenlesegeräte werden weiterhin als zusätzliche Komponenten erforderlich sein. Absehbar ist jedoch, dass entsprechende Geräte bald in Tastaturen oder Laptops integriert werden. Zu den Lesegeräten gehört eine als Ausweis-App bezeichnete Software, die als Middleware nach Spezifikationen einer Technischen Richtlinie des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik277 (BSI) die sichere Verwendung des Ausweises im Internet plattformübergreifend ermöglicht. Diese Software278 ist zwingend erforderlich, um den E-Personalausweis im Internet einzusetzen und ermöglicht somit als Standardanwendung die Authentifizierung online. Besonderen Wert wird auf einfache Bedienbarkeit und Barrierefreiheit gelegt, damit die Anwendung von jedermann bedient werden kann.279 Medienbruchfreie Online-Transaktionsdienstleistungen werden durch den Ausweis selbst für solche Dienste möglich, die heute die Schriftform erfordern und mangels nutzbarer flächendeckender Angebote zur qualifizierten elektronischen Signatur280 (QES) bisher nicht online angeboten werden. Die Ära der zwar herunterladbaren PDF-Anträge und Verträge, die dann dennoch manuell unterschrieben und mit der Post verschickt werden mussten, könnte damit beendet werden. Zukünftige Nutzungsgebiete scheinen sehr weitreichend. Mit 28,80 Euro kostet der Ausweis deutlich mehr als die bisherige Ausfüh274 So etwa Frank Paul, Abteilungsleiter EU-Generaldirektion Justiz und Inneres, vgl. Sietmann, c’t 4/2009, S. 42 (42). 275 Krempl/Borchers, Hoheitlicher Gemischtwarenladen, c’t 17/2008, 50 (50). 276 Krempl/Borchers, Hoheitlicher Gemischtwarenladen, c’t 17/2008, 50 (50). 277 eCard-API-Framework TR-03112 des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), https://www.bsi.bund.de/ecard.html, besucht 31. 05. 2011. 278 Hersteller sind Siemens IT Solutions and Services zusammen mit Bundesdruckerei und OpenLimit. 279 Http://www.behoerden-spiegel.de/Internet/sub/a7e/a7e605c6 - 4163-e421-a3b2 1717b988f2ee,,,aaaaaaaa-aaaa-aaaa-bbbb-000000000003& uMen=dd870a33 - 23dd-6411c9b9-a612700266cb& _ic_nopic=true.htm, besucht 17. 11. 2009. 280 Siehe dazu S. 100 ff.

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rung, unter 24-Jährige bezahlen ermäßigt 22,80 Euro.281 Die zunächst vorgesehene Gebührenbefreiung bei erstmaliger Beantragung wurde auf Betreiben des Bundesrates gestrichen. Im Ausstellungspreis enthalten ist die freiwillige Aufbringung einer einfachen elektronischen Signatur (sogenannte eID-Funktion), die etwa als Internetausweis verwendet werden kann (Name, Anschrift, Geburtstag, Geburtsort, Ablaufdatum). Die mit dem Personalausweis mögliche QES verursacht dagegen grundsätzlich Zusatzkosten. Das Aufbringen und das Betreiben einer QES auf dem neuen Personalausweis verursacht nach Angaben des Innenministeriums Kosten in Höhe von 10 bis 20 Euro pro Jahr, welche zu den reinen Kosten für die Ausstellung des Personalausweises hinzukommen, da die für die QES notwendige Zertifizierungsstelle eine private Dienstleistung ist. Rein privatwirtschaftlich angebotene QES mit zusätzlicher Signaturkarte kosten ähnlich viel oder mehr. Erste Überlegungen gehen jedoch auch in die Richtung, für den Nutzer kostenlose, nur kurzzeitig nutzbare QES ergänzend anzubieten, wobei die Kosten beispielsweise bei der Gewerbeanmeldung von der profitierenden Gemeinde übernommen werden könnten.282 Übertragbar wäre ein entsprechendes Modell auch auf andere Konstellationen, bei denen etwa das profitierende Unternehmen die Kosten für den Nutzer übernimmt. Die langfristigen Kosten für eine QES würden somit entfallen, notwendig wäre jedoch weiterhin ein sogenannter Komfort-Kartenleser283 zum Aufspielen der QES, der in der Anschaffung teurer ist, als ein regulärer einfacher Kartenleser ohne diese Funktionalität. Nur am Rande sei erwähnt, dass die kontaktlose Auslesbarkeit zwar den Vorteil einer längeren Haltbarkeit hat, da kein mechanischer Kontakt zur Karte, wie etwa bei der elektronischen Gesundheitskarte oder anderen Signaturkarten, hergestellt werden muss, jedoch führen Kritiker dies auch als Sicherheitslücke an. Sollte die Verschlüsselung mit der die Daten auf dem Personalausweis abgelegt sind einmal geknackt sein, könnten diese auch aus einiger Entfernung unbemerkt ausgelesen werden.284 Dieses bislang nur rein theoretische Szenario wäre ein großes Sicherheitsproblem und könnte, insbesondere dann, wenn Fingerabdrücke als biometrische Merkmale gespeichert sind, zu Identitätsdiebstählen führen. Spätestens 2020 wird jeder Bürger über 16 Jahren einen Personalausweis mit eID-Funktion besitzen, nachdem auch alte Ausweise durch Ablauf ersetzt wur281 BMI, Pressemitteilung zum Gebührenentwurf v. 6. 08. 2010, http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2010/ohneMarginalspalte/08/gebuehren_vo_perso.html, besucht 31. 05. 2011. 282 Siehe http://www.heise.de/newsticker/meldung/Qualifizierte-AdHoc-Signatur-fuer-elektronischen-Personalausweis-1201103.html, besucht 13. 05. 2011. 283 Anschaffungskosten zurzeit ca. 150 E, Stand 13. 11. 2011. 284 Krempl/Borchers, Hoheitlicher Gemischtwarenladen, c’t 17/2008, 51 (50).

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den, und so seine Identität im Internet nachweisen können. Hauptsächlich die einfache Authentifizierung im Internet könnte auch für Anwendungen wie die Öffentlichkeitsbeteiligung positive Auswirkungen haben. 2.

Elektronischer Entgeldnachweis

Noch mehr Bedeutung sollte die QES in Verbindung mit der Einführung des elektronischen Entgeldnachweises (ELENA) bekommen. Auch die Karte und Datenübermittlung für den elektronischen Entgeldnachweises baut auf der Technik nach Signaturgesetz auf. Sehr umstritten ist das laufende Projekt aktuell jedoch vor allem wegen seiner recht umfangreichen zentralen Datenerhebung und Speicherung von Arbeitnehmerdaten. Insbesondere wird die rechtliche Zulässigkeit im Lichte des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur sogenannten Vorratsdatenspeicherung285 aufgrund des Umfangs der Datenerhebung kritisch bewertet. Obwohl schon seit Anfang 2010 Arbeitnehmerdaten erhoben wurden, zeichnet sich nun ein Ende ab, bevor das Vorhaben in vollen Umfang umgesetzt wurde.286 Ein neuer Gesetzesentwurf zur Abänderung des Verfahrens soll demnächst vorgelegt werden. Zumindest öffentlich wird die bislang geringe Verbreitung der elektronischen Signatur nach SigG für das Scheitern verantwortlich gemacht. 3.

Elektronische Gesundheitskarte

Während beim elektronischen Personalausweis die kontaktlose Kommunikation (RFID) zum Auslesen Anwendung finden soll, wird bei der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) eine kontaktbehaftete Kommunikationslösung Anwendung finden. Anders als bei den etwa 65 Millionen Personalausweisen soll somit bei den rund 85 Millionen auszustellenden elektronischen Gesundheitskarten eine nicht miteinander kompatible Technik eingesetzt werden. Dies erscheint nicht ganz schlüssig, zumal die elektronische Gesundheitskarte ebenfalls als Trägermedium für eine einfache oder qualifizierte elektronische Signatur eingesetzt werden kann, sofern es bei der bisherigen Planung bleibt. Denn anzumerken ist, dass im Zusammenhang mit der Einführung der eGK heftige Streitigkeiten um Funktionen, Datensicherheit und selbst generelle Sinnhaftigkeit zwischen Regierung, Ärzteschaft, Krankenkassen und auch Bürgern laufen. Nach der bisherigen Entwicklung dürfte nur ein Bruchteil der Funktio-

285 BVerfG, Urt. v. 02.03.2010 - 1 BvR 263/08 -, NJW 2010, 833 ff. 286 BMWi, Pressemitteilung v. 18. 07. 2011, http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Presse/ pressemitteilungen,did%3D424742.html, besucht 19. 07. 2011.

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nen wirklich umgesetzt werden, womit jedoch auch viele Einsparhoffnungen nicht erfüllt werden dürften.287 4.

De-Mail-Dienste

Die Bundesregierung hat mit einem als De-Mail bezeichneten Standard und einem entsprechendem rechtlichen Rahmen die Voraussetzungen geschaffen, um in Zukunft die Abwicklung von Behördenangelegenheiten rechtssicher online zu ermöglichen. De-Mail-Dienste bieten dabei eine rechtssichere Kommunikation angelehnt an herkömmliche E-Mail, jedoch versehen mit einer hohen Sicherheit und Empfangsfiktion. Eine De-Mail gilt nach dem Gesetz am dritten Tag als zugegangen, entsprechend der postalischen Drei-Tages-Fiktion. Der zunächst zugrundeliegende Gesetzentwurf, das Bürgerportalgesetz288, wurde letztendlich durch Ablauf der Wahlperiode nicht verabschiedet. Ohne die zunächst geplanten umfangreicheren Regelungen zu Bürgerportalen, wurde jedoch in der 17. Wahlperiode ein neuer Gesetzentwurf eingebracht.289 Die DeMail-Adressen selbst und damit verbundene Dienste sollen dabei vorrangig von privatwirtschaftlichen Unternehmen, sogenannten De-Mail-Providern, angeboten werden.290 Das Gesetz enthält keine Regelung zur Entgeltlichkeit, schließt diese jedoch bewusst nicht aus. Normalgebräuchliche E-Mail-Konten gewährleisten keine sichere Übermittlung und Zustellung von elektronischen Dokumenten. Auch sind E-Mails grundsätzlich nicht fälschungssicher und können mit relativ geringem technischen Aufwand abgefangen und mitgelesen werden. Mit De-Mail soll der sichere Austausch von rechtsgültigen Dokumenten und Informationen zwischen Bürgern, Ämtern und Unternehmen ermöglicht werden. Die eindeutige Identifikation von Absender und Empfänger ist neben der Fälschungssicherheit das wesentliche Ziel der Gesetzesinitiative. Durch technische Maßnahmen wie Verschlüsselung und sichere Authentifizierung des Senders und Empfängers soll eine Sicherheitsstufe und Zuverlässigkeit ähnlich einem Post-Einschreiben erreicht werden. So soll auf Wunsch der Absender eine beweiskräftige Bestätigung über den Zugang der De-Mail beim Empfänger erhalten können. Die Einhaltung von strengen Sicherheits- und Datenschutzbestimmungen vor der Zulassung und im laufenden Betrieb der privaten Anbieter soll nach § 20 in Verbindung mit

287 Http://www.heise.de/newsticker/meldung/Elektronische-Gesundheitskarte-Abgespecktbis-aufs-Gerippe-863578.html, besucht 31. 05. 2011. 288 Gesetz zur Regelung von Bürgerportalen, BT-Drs. 16/12598. 289 Gesetz zur Regelung von De-Mail-Diensten und zur Änderung weiterer Vorschriften, BTDrs. 17/3630. 290 § 1 Abs. 2 Gesetzentwurf BT-Drs. 17/3630.

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§ 2 des Gesetzentwurfs das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) überwachen. Grundlage für die erforderliche Identifizierbarkeit ist dabei die zuverlässige Erstregistrierung, wobei nur Verfahren mit hohen Sicherheitsanforderungen in Frage kommen, etwa das PostIdent-Verfahren der Deutschen Post AG oder der neue elektronische Personalausweis nach dem neuen § 18 Personalausweisgesetz (PAG)291. Damit die Zustellung mit Empfangsbekenntnis an ein De-MailPostfach rechtsverbindlich erfolgen kann, soll dem § 174 Abs. 3 ZPO ein Satz angefügt werden, nach welchem die Übermittlung im Sinne des § 174 ZPO auch über De-Mail-Dienste nach § 1 De-Mail-Gesetz erfolgen kann.292 Auch sollen § 2 und § 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes so geändert werden, dass eine Zustellung an einen akkreditierten Dienstanbieter nach § 17 De-Mail-Gesetz zulässig ist. Ein neu einzufügender § 5a Verwaltungszustellungsgesetz soll weiter eine elektronische Zustellung gegen Zugangsbestätigung über De-Mail-Dienste ermöglichen. Am 3. Mai 2011 ist das De-Mail-Gesetz nun in Kraft getreten.293 Interessierte Diensteanbieter können seitdem eine Akkreditierung beantragen. Der Start von De-Mail-Diensten wird noch im Jahr 2011 erwartet. Die Dienstleistung wird nicht kostenlos sein: Erste Preisplanungen wurden seitens der Deutschen Post AG bekannt, die 20 Cent pro Mail veranschlagt.294 Die Konkurrenz mit 1& 1 und web.de kann sich eher Kosten unter 15 Cent vorstellen. Vergleichbare Produkte kosten in Dänemark 9 Cent und in Kanada bis zu 22 Cent. Ein sechsmonatiger Feldtest der De-Mail in Friedrichshafen wurde von den beteiligten Internet-Providern, Behörden, Unternehmen und Anwendern insgesamt positiv bewertet.295 Negativ aufgefallen ist, wie es zu erwarten war, die noch mangelhafte Anpassung der Gesetze an die mit der De-Mail technisch und einzeln betrachtet auch rechtlichen Möglichkeiten, was zu unerwünschten und theoretisch vermeidbaren Medienbrüchen führt. So können beispielhaft Aufenthaltsbestätigungen des Ausländeramtes elektronisch verschickt werden, ein Widerspruch dagegen muss schriftlich eingereicht werden und vom Sachbearbeiter anschließend wiederum eingescannt werden. Die einzelnen Arbeitsprozesse sind somit noch nicht aufeinander abgestimmt. Um möglichst viele Vorteile einer rechtssicheren elektronischen Kommunikation nutzen zu können, müssten somit noch in einigen Gesetzen entsprechende Klarstellungen und 291 292 293 294

Gesetz v. 18. 06. 2009, BGBl. I 2009 Nr. 33 v. 24. 06. 2009, S. 1346. BT-Drs. 17/3630, S. 16 f. Gesetz v. 28. 04. 2011, BGBl. I 2011 Nr. 19 v. 02. 05. 2011, S. 666 ff. Wirtschaftswoche, Meldung vom 06. 02. 2010, http://www.wiwo.de/unternehmen-maerkte/ rechtsverbindlicher-online-brief-soll-rund-20-cent-kosten-421500/, besucht 31. 05. 2011. 295 Http ://www.heise.de/newsticker/meldung/DE-Mail-kommt-an-945382.html, besucht 31. 05. 2011.

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Formvorschriften angepasst werden. Trotzdem würden knapp 90 Prozent der Friedrichshafener De-Mail-Tester den Dienst weiter nutzen und auch weiter empfehlen.296 Nicht nur aus den Kommunen kommen durchaus gemischte Töne zu dem Vorhaben. So ist es für die Verwaltungen schwierig, neben dem Ende 2004 gestarteten Elektronischem Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) weitere Infrastruktur aufzubauen.297 Weiter können über zertifikatbasierte Lösungen wie etwa die qualifizierte elektronische Signatur schon jetzt sicher Dokumente ausgetauscht werden. Zusätzlich kann bemängelt werden, dass in der ganzen EU anerkannte Schnittstellen und Standards noch fehlen und somit die Zukunftssicherheit nicht garantiert ist. Folglich werden verschiedene, sich zum Teil in der möglichen funktionalen Nutzung überschneidende, Systeme entwickelt und es ist unklar, welches sich letztendlich durchsetzen wird. Positiv zu bewerten ist jedoch, dass mit der De-Mail eine vergleichsweise einfache Möglichkeit zur rechtssicheren Behörden- und auch Geschäftskommunikation geschaffen wird. Insbesondere sind die Teilnahmevoraussetzungen, auch hinsichtlich der Kosten, bürgerfreundlicher als bei der schon bestehenden Möglichkeit der elektronischen Kommunikation nach Signaturgesetz, da die Anmeldung einfach und kostenlos ist sowie die Beförderungskosten unter denen eines realen Briefes liegen werden. Allen voran Unternehmen mit hohem Bedarf an Briefpost sehen eine Einsparmöglichkeit, indem zukünftig ein höherer Anteil der Kommunikation auf elektronischem Weg abgewickelt werden kann.298 Wie bei allen neuen Diensten bleibt jedoch abzuwarten, wie Unternehmen und Bürger diesen annehmen.

5.

Änderungen durch die sogenannte Föderalismusreform II

Auch auf Bundesebene hat sich mit dem Inkrafttreten eines Teils der sogenannten Föderalismusreform II zum 1. August 2009 etwas getan. So wurde unter anderem das Grundgesetz um die Art. 91c und 91d GG ergänzt.299 Mit Art. 91c GG hat die Informationstechnologie Einzug in die deutsche Verfassung gehalten. Deutschland ist dabei der erste Staat, der Strukturregelungen für die Informationstechnologie mit Verfassungsrang versieht. Es wurde erkannt, dass die Informationstechnologie in den letzten Jahren wesentlich zur 296 Http ://www.heise.de/newsticker/meldung/DE-Mail-kommt-an-945382.html, besucht 31. 05. 2011. 297 Http://www.heise.de/newsticker/meldung/118372, besucht 31. 05. 2011. 298 Vgl. http://www.heise.de/newsticker/meldung/Nur-noch-geringfuegige-Aenderungen-am -De-Mail-Gesetz-1195017.html, besucht 09. 02. 2011. 299 BR-Drs. 262/09, S. 1 f.

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Modernisierung der öffentlichen Verwaltung beigetragen hat.300 Jedoch können die in jeweils eigener Verantwortung der zuständigen Träger geschaffenen informationstechnischen Systeme des Bundes und der Länder vielfach ihren vollen Nutzen langfristig nur entfalten, wenn zwischen Insellösungen auch einheitliche Schnittstellen zum Datenaustausch implementiert sind. Bestehende IT-Gremien- und Entscheidungsstrukturen sollen auf Grundlage von Art. 91c GG vereinfacht, effektiver ausgestaltet und somit besser den aktuellen Bedürfnissen angepasst werden können. Zugleich schafft die Norm die rechtlichen Voraussetzungen für eine lückenlose medienbruchfreie elektronische Kommunikation zwischen allen deutschen Behörden. Geschaffen wird auch eine rechtliche Grundlage, um zukünftige EUVorgaben im IT-Bereich einfacher umsetzen zu können und eine zentrale Schnittstelle zum Datenaustausch auf EU-Ebene zu schaffen. Der Bund hat hierfür die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für ein Verbindungsnetz erhalten.301 Diesem Ziel ist Deutschland mit dem Gesetz über die Verbindung der informationstechnischen Netze des Bundes und der Länder (IT-NetzG)302 in Verbindung mit einem Staatsvertrag vom 1. April 2010 näher gekommen. Der Staatsvertrag hat einen sogenannten IT-Planungsrat303 als zentrales Gremium für die föderale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Informationstechnik installiert. Er soll die technischen Anforderungen an ein Verbindungsnetz festlegen, bund-länder-übergreifende E-Government-Projekte koordinieren und die dafür notwendigen IT-Interoperabilitäts- und Sicherheitsstandards festschreiben. Die bisherigen Gremien (insbesondere Arbeitskreis der Staatssekretäre für E-Government in Bund und Ländern, Vorhaben aus dem Projekt »DeutschlandOnline«, Kooperationsausschuss von Bund und Ländern für automatisierte Datenverarbeitung) mit allen Untergremien werden durch den IT-Planungsrat abgelöst.304 Die bisherigen Bemühungen und zumeist langwierigen Koordinierungsverhandlungen werden somit auf einer robusteren rechtlichen Basis fortgeführt. Die Betriebsverantwortung für das Verbundnetz soll aus Sicherheitsgründen allein beim Bund liegen. Mit dem Deutschen Verwaltungsdiensteverzeichnis305 300 BR-Drs. 262/09, S. 14. 301 BR-Drs. 262/09, S. 17, 20. 302 Gesetz über die Verbindung der informationstechnischen Netze des Bundes und der Länder – Gesetz zur Ausführung von Artikel 91c Absatz 4 des GG v. 10. 08. 2009, BGBl. I S. 2706 ff. 303 Vgl. zu seinen Aufgaben http://www.it-planungsrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/Entscheidungen/1._Sitzung/Aufgabenspektrum_Gremienstruktur_IT-PLR.pdf ?__blob=publicationFile, besucht 30. 05. 2011. 304 BR-Drs. 262/09, S. 17 f. 305 Vgl. http://www.bit.bund.de, besucht 26. 05. 2011.

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(DVDV), betrieben durch das Bundesverwaltungsamt, ist etwa schon länger ein Infrastrukturdienst in Betrieb, welcher grundsätzlich ausbaubar und auch für weitere Anwendungen nutzbar ist. Mit Art. 91 d GG wird klargestellt, dass Bund und Länder ihre Verwaltungen einem direkten Leistungsvergleich unterziehen können, um eine Leistungssteigerung zu erreichen. Es soll somit ein Signal zur Modernisierung der öffentlichen Verwaltung gesetzt werden, um eine international bislang durchaus schon übliche Vergleichskultur zur Verbesserung staatlichen Handelns zu erreichen.

6.

Elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach

Unter dem Begriff Elektronisches Gerichts- und Verwaltungspostfach306 (EGVP) werden vielfach die sogenannten virtuellen Poststellen der Justizbehörden zusammengefasst. Ziel ist es, bundesweit einen einheitlichen elektronischen Zugang zu Gerichten und anderen Justizbehörden zu schaffen. Durch ein einheitliches Postfach soll vor allem sichergestellt werden, dass alle Justizbehörden und Verfahrensbeteiligte untereinander Daten digital austauschen können und sich die Nutzer nicht bei jeder Behörde einzeln neu registrieren müssen.307 Bisher ist das Ziel jedoch noch nicht ganz erreicht. Noch lange nicht alle Gerichte und Behörden, abgesehen von der schon häufigen Erreichbarkeit der Justizbehörden via E-Mail – bestenfalls auch mit Signierung nach SigG –, sind bislang Teilnehmer.308 Ein voll funktionsfähiges EGVP soll jedoch über den Anwendungsbereich von E-Mails hinaus Funktionalitäten bieten. Zu nennen sind vor allem der Datenaustausch zwischen verschiedenen EDV-Systemen und als einfaches Beispiel der automatisierte und standardisierte Austausch der Beteiligteninformationen an einem Rechtsstreit.309 Mit dem gemeinsamen Justizportal von Bund und Ländern existiert daneben schon eine gemeinsame Plattform im Internet.310 Positiv ist anzumerken, dass zur Signatur und Verschlüsselung der Daten ebenfalls die durch das SigG normierte Signaturkarte Verwendung findet und kein Sonderweg eingeschlagen wurde. In diesem Zusammenhang ist das Justizkommunikationsgesetz311 zu nennen, 306 Vgl. http://www.egvp.de, besucht 30. 05. 2011. 307 Siehe auch Viefhues, in: Kilian/Heussen, Rn. 90. 308 Teilnehmer : http://www.egvp.de/gerichte/index.php und http://www.egvp.de/behoerden/ index.php, besucht 30. 05. 2011. 309 Vgl. etwa Format »XJustiz« nach Verabschiedung Bund-Länder-Kommission v. 31. 10. 2011, http://www1.osci.de/sixcms/detail.php?gsid=bremen76.c.4694.de, besucht 30. 05. 2011. 310 http://www.justiz.de/, besucht 30. 05. 2011. 311 Gesetz über die Verwendung elektronischer Kommunikationsformen in der Justiz v. 22. 05. 2005, BGBl. I S. 837 ff.

Kurz- und mittelfristige Entwicklungen

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durch das wesentliche Verfahrensgesetze angepasst wurden, um grundsätzlich eine vollständige elektronische Aktenführung zu ermöglichen. Problematisch ist, wie bei jedem vergleichbaren Vorhaben in dieser Größenordnung, die in unterschiedlichen Datenformaten und Formatierungen vorliegenden Daten über eine Schnittstelle kompatibel und somit austauschbar zu definieren.312 Neuen Schwung hat die Grundgesetzänderung in Form des Art. 91c gebracht, wonach nunmehr der IT-Planungsrat für die Koordination der Zusammenarbeit von Bund und Ländern bezüglich der Informationstechnik zuständig ist. Erstmals dürfte es somit einfacher möglich sein, einheitliche Schnittstellen und Protokolle zu definieren und diese auch bis in die Praxis durchzubringen. Rechtlich verfügt die als Vorläufer schon länger bestehenden Bund-LänderKommission für Datenverarbeitung (und Rationalisierung) in der Justiz nun über bessere Aussichten, die Ziele eines einheitlichen EGVP zu verwirklichen.

7.

Fortschritte E-Government

E-Government ist innerhalb und außerhalb der öffentlichen Verwaltung oftmals noch immer ein Thema weniger Spezialisten.313 Verglichen mit der Relevanz in der Praxis findet das Thema auch in den Verwaltungswissenschaften noch zu wenig Beachtung, auch ist es in der Breite kaum in der Verwaltung angekommen. Eine generelle Medienkompetenz ist zwar vorhanden, es fehlt aber vor allem an Strategie- und Führungskompetenzen im Sinne einer »E-Transformation«. Das Thema E-Government wird demnach also häufig auf technische Fragen reduziert, ohne die Thematik ganzheitlich, auch unter organisations- und arbeitsorganisatorischen Gesichtspunkten, zu betrachten. Einheitliche Ansprechpartner im Sinne der EU-Dienstleistungsrichtlinie, der eingeführten Behördenrufnummer 115 oder die gemeinsamen Dienstleistungsangebote sind nur einige Beispiele, die auch erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitsorganisation haben.314 Schleswig-Holstein nimmt zurzeit mit einem weitreichenden Gesetzentwurf für ein E-Government-Gesetz315 (EGovG) eine Vorreiterrolle ein. Es ist Teil einer IT-Gesamtstrategie, die auch die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie beinhaltet. Erklärtes Ziel ist es, das allgemeine Landesverwaltungsrecht für 312 Vgl. Pilotprojekt http://www.osci.de/, besucht 30. 05. 2011. 313 Vgl. Schuppan, Tino, Neue Kompetenzen braucht die Verwaltung der Zukunft, Blog v. 03. 05. 2010, http://www.government2020.de/forum, besucht 03. 05. 2010. 314 Schuppan, Tino, Neue Kompetenzen braucht die Verwaltung der Zukunft, Blog v. 03. 05. 2010, http://www.government2020.de/forum, zuletzt besucht 03. 05. 2010. 315 Schleswig-Holsteinischer Landtag Drs. 16/2437; http://www.schleswig-holstein.de/cae/ servlet/contentblob/861594/publicationFile/EGovernmentGVOBl.pdf, besucht 31. 05. 2011.

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Internetgestützte Partizipation in der Bauleitplanung

elektronisch angebotene Verwaltungsverfahren anzupassen.316 Insofern Abstimmungsverfahren zwischen verschiedenen Trägern der öffentlichen Verwaltung nicht zu einem einvernehmlichen Beschluss führen, sieht das Gesetz die Möglichkeit von Verordnungen vor, siehe § 3 Abs. 3 EGovG-SH-Entwurf. Somit sollen heute oftmals anzutreffende heterogene Infrastrukturen vermieden werden, welche kostenintensiv sind und sich oftmals durch eine unzureichende Interoperabilität auszeichnen. Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang auch die nach § 5 Abs. 1 EGovG-SH-Entwurf vorgesehenen verwaltungsträgerübergreifenden Prozessgestaltungsvorgaben, nach denen aufgrund einer vorhergehenden Prozessanalyse eine gemeinsame Lösungsstrategie zu entwickeln ist. Neben einheitlichen Online-Services sollen auch für staatlich genutzte Online-Bezahlsysteme die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Es wird angestrebt, dass Land, Kreise, Gemeinden und andere Behörden die elektronischen Dienste gemeinsam nutzen, indem gemeinsame Infrastrukturen, Basisdienste, Datenformate und Schnittstellen genutzt werden.

II.

Zwischenfazit

Dem Bürger bleibt somit die Wahl zwischen dem elektronischen Personalausweis, der elektronischen Gesundheitskarte oder den natürlich schon länger erhältlichen reinen Signaturkarten mit einem QES-Zertifikat, um digital zu signieren. Allen drei Kartenarten liegt die eCard-Strategie der Bundesregierung317 zugrunde und durch eine einheitliche Softwarespezifikation (eCard-API) soll sowohl auf Bürger- als auch auf Firmen- und Behördenseite eine Interoperabilität gewährleistet sein.318 Der Nutzer soll sich somit für eine Lösung frei entscheiden können. Noch ist es jedoch ein längerer Weg bis zum, auch in der Praxis medienbruchfreien, sicheren Datenaustausch zwischen Behörden, Bürgern und Unternehmen, um nur einen Entwicklungsbereich des E-Government aufzugreifen. Positiv ist jedoch, dass neben den schon heute verfügbaren Möglichkeiten weitere und vermutlich sogar für die Praxis besser geeignete Verfahren zur sicheren Authentifizierung im Internet zur Verfügung stehen werden. Bestrebungen zur stärkeren Verbreitung von E-Governmentangeboten werden somit unterstützt. 316 Medien-Information Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein vom 19. 06. 2009, Modern, kostengünstig und bundesweit vorbildlich: E-Government Gesetz für das Land Schleswig-Holstein, http://www.schleswig-holstein.de/FM/DE/EGovernment/EGovernmentStrategie/EGovernmentStartegie_pdf.html, besucht 31. 05. 2011. 317 Schleswig-Holsteinischer Landtag Drs. 16/2437, S. 3. 318 Krempl/Borchers, Hoheitlicher Gemischtwarenladen, c’t 18/2008, 50 f.

Rechtliche Problemfelder und Restriktionen

D.

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Rechtliche Problemfelder und Restriktionen

Auch das Internet ist kein rechtsfreier Raum – es gelten zumindest dieselben Rahmenbedingungen wie in der Offline-Welt. Diese sind umso bedeutender, je weiter die technischen Möglichkeiten fortschreiten und die Dienstleistungen immer mehr integriert werden. Auch bei technisch denkbaren Anwendungsmöglichkeiten ergeben sich aus den rechtlichen Rahmenbedingungen in der Praxis Schranken. Damit E-Government auf rechtlich sicherer Grundlage steht, sind viele Vorgaben zu beachten. Von besonderer Bedeutung sind dabei das Datenschutzrecht, das Gesetz über die digitale Signatur sowie das kommunale (Wirtschafts-)Recht. Auch das Europa- und Verfassungsrecht geben Rahmenbedingungen vor.319

I.

Allgemeine Anforderungen an die elektronische Kommunikation nach dem Verwaltungsverfahrensrecht

1.

Schriftformerfordernis

Das Verwaltungshandeln ist nach § 10 S. 1 VwVfG nicht an eine bestimmte Form gebunden, soweit die Form des Verfahrens nicht durch besondere Rechtsvorschriften bestimmt wird. Vielfach gilt in hoheitlichen Verwaltungsverfahren jedoch gerade das Erfordernis der Schriftform320, welche die Nichtförmlichkeit nach § 10 VwVfG einschränkt. Als Beispiel sind öffentlich-rechtliche Verträge nach den §§ 54 ff. VwVfG zu nennen. Ist die Schriftform vorgegeben, gilt allgemein nach § 37 Abs. 3 VwVfG, gegebenenfalls i. V. m. § 126 Abs. 1 BGB, dass die Urkunde vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet werden muss.321 Demnach wäre grundsätzlich sämtliche elektronische Kommunikation unzulässig soweit die Schriftform erforderlich ist, da ein elektronisches Dokument nicht eigenhändig unterzeichnet werden kann beziehungsweise schon keine gegenständliche Urkunde mit Perpetuierungsfunktion vorliegt. Das Verwaltungsverfahrensgesetz ermöglicht jedoch seit dem Jahr 2003 grundsätzlich nach § 3a Abs. 2 VwVfG das Ersetzen der angeordneten Schriftform durch die elektronische Form, wenn das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes ausgestattet ist. § 3a VwVfG konkretisiert und überträgt somit die Rechtsgedanken der §§ 126 Abs. 3 BGB und 126a f. BGB in das Verwaltungsverfahrensrecht. 319 Vgl. Schoch, VVDStRL 57 (1998), 158 ff.; Trute, VVDStRL 57 (1998), 216 ff. 320 Zu den Funktionen der Schriftform Schreiber, S. 85 ff. 321 Von Erleichterungen wie § 37 Abs. 5 VwVfG abgesehen.

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Internetgestützte Partizipation in der Bauleitplanung

In Niedersachsen gilt unter anderem für öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeiten der Gemeinden, der Landkreise und der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften grundsätzlich der Verweis des § 1 Abs. 1 Niedersächsisches Verwaltungsverfahrensgesetz (NVwVfG) auf das (Bundes-) VwVfG. Andere Landesverwaltungsgesetze enthalten selbstständige Regelungen oder verweisen ebenfalls auf das VwVfG. Inhaltlich haben die Länder die Regelung des § 3a VwVfG somit vollumfänglich aufgegriffen. § 3a VwVfG regelt die elektronische Kommunikation. Nach Absatz 1 ist die Übermittlung elektronischer Dokumente zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet hat.322 Nach Absatz 2 Satz 1 kann eine durch Rechtsvorschrift angeordnete Schriftform, soweit nicht durch Rechtsvorschrift etwas anderes bestimmt ist, durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn das elektronische Dokument mit einer elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes versehen ist. Ergänzend wird in Satz 2 noch die elektronische Signatur mit einem Pseudonym ausgeschlossen, da dies eine eindeutige Identifizierung des Signaturschlüsselinhabers verhindert. § 3a Abs. 3 S. 1 VwVfG regelt Problemfälle einer technischen Inkompatibilität der elektronisch übermittelten Dokumente. So muss die Behörde bei dem Empfang von nicht zur Bearbeitung geeigneten elektronischen Daten den Absender unverzüglich über die Inkompatibilität informieren und die erforderlichen technischen Rahmenbedingungen für eine erneute Übermittlung mitteilen. Spiegelbildlich gilt Entsprechendes: Kann ein Empfänger das von der Behörde übermittelte elektronische Dokument nicht bearbeiten, ist es entweder in einem geeigneten Format erneut oder als Schriftstück zu übermitteln, § 3a Abs. 3 S. 2 VwVfG. Diese Klarstellung ist für die Verwaltungspraxis sehr bedeutend, gehört doch die Inkompatibilität einzelner Softwareanwendungen nach wie vor mit zu den größten Problemen des E-Governments.323

2.

Schriftformerfordernis als Hindernis

In einigen Fachgesetzen und bei Verwaltungsvorgängen ist oftmals die Schriftform gesetzlich vorgeschrieben. Jedoch erfüllt die elektronische Kommunikation, allen voran die Kommunikation über einfache E-Mails oder Internetformulare, das Schriftformerfordernis nicht. Bislang hindert das Erfordernis der Schriftform folglich noch den flächendeckenden Einsatz von E-GovernmentAngeboten, da die qualifizierte elektronische Signatur nach Signaturgesetz von den Bürgern wenig genutzt wird und Alternativen, etwa die mit dem neuen 322 Siehe dazu S. 90 ff. 323 Vgl. etwa Schliesky, in: Schliesky, S. 10 ff.

Rechtliche Problemfelder und Restriktionen

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Personalausweis nun verfügbare eID-Funktion oder De-Mail im Verwaltungsverfahren, (noch) nicht zulässig sind. Insbesondere bei Standardverwaltungsvorgängen soll zukünftig die rechtssichere Kommunikation und Vornahme von Rechtshandlungen über die eIDFunktion des Personalausweises und De-Mail eine für den Bürger einfache Identifizierung und Authentifizierung bieten.324 Zugleich solle die Notwendigkeit einzelner Schriftformerfordernisse in den Fachgesetzen geprüft und gegebenenfalls gestrichen beziehungsweise an E-Government-Angebote angepasst werden. Folgeprobleme können sich ergeben, wenn im Beteiligungsverfahren ein notwendiges Schriftformerfordernis missachtet wurde oder zumindest der (rechtzeitige) Zugang der Einwendung seitens des Planungsträgers bestritten wird, jedoch im nachfolgenden Rechtsstreit aufgrund von Präklusionsregelungen der Nachweis einer vorherigen ordnungsgemäßen Einwendung geführt werden muss. Zu nennen ist diesbezüglich vor allem § 73 Abs. 4 VwVfG im Rahmen von Planfeststellungverfahren sowie die auf diese Norm verweisenden Verfahrensvorschriften in anderen Verfahren wie etwa § 2 Abs. 3 UmwRG oder § 43a EnWG. Es kann sich somit gegebenenfalls eine Form- und/oder auch Beweislastproblematik ergeben.325 Gilt das Schriftformerfordernis, etwa nach § 73 Abs. 4 VwVfG, so muss die Einwendung schriftlich erfolgen. Nach § 3a VwVfG ist in diesem Fall eine über das Internet eingereichte Einwendung oder Stellungnahme, vor allem als E-Mail, somit nur dann ordnungsgemäß, wenn sie mit einer elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes versehen ist. Wird eine Faxkopie im Rechtsverkehr zumindest fristwahrend allgemein als zulässig anerkannt326, gilt dies nicht in übertragener Anwendung auch für eine einfache E-Mail. Insbesondere ist das Fehlen einer eigenhändigen Unterschrift als teilweise anerkannte Ausnahme vom Unterschrifterfordernis bei anderweitiger Gewähr für die Urheberschaft und den Rechtsverkehrswillen nicht gleichzusetzen mit dem Fehlen einer elektronischen Signatur bei Einwendungen per E-Mail.327 Schon die Unsicherheiten bei einer Kommunikation über grundsätzlich offene Netzwerke wie dem Internet hinsichtlich der Authentifi324 Diesbezüglich befindet sich ein Referentenentwurf »E-Government-Gesetz« auf Bundesebene zum Stand Februar 2012 in Vorbereitung: http://www.verwaltung-innovativ.de/ cln_108/nn_2054880/DE/Regierungsprogramm/e__gov/e__gov__node.html?__nnn=true, besucht 06. 02. 2012. 325 Vgl., auch zur Vereinbarkeit der deutschen Präklusionsvorschriften mit Europarecht, BVerwG, Beschl. v. 17.06.2011 - 7 B 79/10 -, ZNER 2011, 460. 326 Siehe dazu GmS-OGB, Beschl. v. 05. 04. 2000 - GmS-OGB 1/98 -, NJW 2000, 2340; BVerwG, Urt. v. 17.01.1989 - 9 C 44/87 -, NVwZ 1989, 673 f. 327 BVerwG, Beschl. v. 17.06.2011 - 7 B 79/10 -, ZNER 2011, 460; vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 14.09.2010 - 7 B 15/10 -, NVwZ 2011, 364 ff.

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Internetgestützte Partizipation in der Bauleitplanung

zierung des Absenders und der Integrität der übermittelten Nachricht erforderten eine Ungleichbehandlung, wie sie auch der Gesetzgeber mit § 3a Abs. 2 VwVfG vorgesehen hat.

3.

Eröffnung eines Zugangs für elektronische Kommunikation

§ 3a VwVfG328, beispielsweise in Niedersachsen in Verbindung mit § 1 Abs. 1 NVwVfG, regelt die elektronische Kommunikation in öffentlich-rechtlichen Verwaltungsangelegenheiten. Somit kann wie auch im Zivilrecht nach § 126a Abs. 1 BGB im Verwaltungsrecht eine gesetzliche Schriftform durch eine elektronische Form mit qualifizierter Signatur nach Signaturgesetz ersetzt werden. Nach § 3a Abs. 1 VwVfG ist die Übermittlung elektronischer Dokumente zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet hat. Bislang ist die Zugangseröffnung fakultativ, da § 3a Abs. 1 VwVfG terminologisch das Wort »soweit« enthält. Eine grundsätzliche Verpflichtung zur Einrichtung elektronischer Angebote und insbesondere zur Zugangseröffnung besteht zumindest bislang nicht.329 Andersherum können klassische Kommunikationsformen jedoch grundsätzlich auch nicht eingeschränkt werden.330 Argumentativ bleibt es somit der Behörde auch überlassen, den Zugang nur für bestimmte Fach- und Verwaltungsbereiche zu eröffnen.331 Neben den technischen Voraussetzungen setzt die Zugangseröffnung eine Widmung voraus, die jedoch auch konkludent erfolgen kann.332 Genauer definiert wird die Art und Weise der Zugangseröffnung im VwVfG nicht. Einige Landesgesetze enthalten jedoch Klarstellungen. So ist beispielsweise nach § 3a Abs. 1 S. 2 VwVfG NRW der Zugang bei Behörden für die Übermittlung elektronischer Dokumente mit einer entsprechenden Bekanntmachung auf der Homepage im Internet eröffnet. Gleichzeitig sind nach § 3a Abs. 1 S. 3 VwVfG NRW jedoch auch die technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen mit anzugeben. Der Begriff »Zugang« stellt auf objektiv vorhandene technische Kommunikationseinrichtungen beim Empfänger ab.333 Somit ist der Zugang zur elektronischen Kommunikation grundsätzlich schon alleine durch die Veröffentlichung einer E-Mail-Adresse auf dem Briefkopf oder Internetauftritt der Gemeinde rechtsverbindlich eröffnet.334 Regelmäßig wird ein Zugang auch eröffnet, wenn die Verwaltung ohne Wiederspruch oder ablehnenden Hinweis mit dem Bürger 328 329 330 331 332 333 334

Neugefasst durch Bekanntmachung v. 23. 01. 2003, BGBl. I 2003, S. 102 ff. Vgl. Eifert/Püschel, in: Kröger/Hoffmann, S. 110. Schmitz/Schlatmann, NVwZ 2002, 1281 (1285). Deutscher Städtetag, Teil 1, S. 20. Roßnagel, NJW 2003, 469 (472). Deutscher Städtetag, Teil 1, S. 6. Vgl. Bunzel, BauR 2008, 301 (302); Eifert/Püschel, in: Kröger/Hoffmann, S. 110.

Rechtliche Problemfelder und Restriktionen

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über E-Mail kommuniziert und somit ein Vertrauen auf die Zulässigkeit dieses Kommunikationsweges geweckt hat.335 Möchte sie alleine mit der Angabe einer E-Mail-Adresse, welche im Impressum des Internetauftritts angegeben werden muss, keinen Zugang für elektronische Kommunikation im Zusammenhang mit ihrem Verwaltungshandeln eröffnen, so muss sie dies explizit erklären. Teilweise, etwa in Niedersachsen, fehlen genauere landesgesetzliche Regelungen. Auch kann es sein, dass eine Behörde den Zugang nur für bestimmte EMail-Formate eröffnet hat und so etwa nur nach Signaturgesetz signierte EMails zulassen möchte oder zwar eine E-Mail-Adresse angibt ohne jedoch weitere Informationen über technische und organisatorische Rahmenbedingungen vorzugeben. Fehlen Hinweise auf den Ausschluss oder die ausdrückliche Bereitschaft zur Entgegennahme von qualifiziert signierten Dokumenten, sei jedoch auf die Verkehrsanschauung und die Verbreitung der erforderlichen Signaturtechnik abzustellen.336 Da die elektronische Signatur in der öffentlichen Verwaltung bislang noch keine größere Bedeutung erlangt hat, ist nach der Verkehrsanschauung bei Angabe einer E-Mail-Adresse ohne weitere Verwendungsangaben bis auf Weiteres noch nicht von einer Zugangseröffnung für signierte E-Mails auszugehen.337 Bezüglich der internen Behördenorganisation sind Überlegungen zur Struktur der Zugänge anzustellen. Zu klären sind technische, organisatorische und rechtliche Aspekte.338 So sind gerade bei der Zugangseröffnung für qualifizierte Signaturen nach Signaturgesetz autorisierte Mitarbeiter zu bestimmen und die Geschäftsprozesse, beispielsweise bezogen auf Vertretungsregelungen, sollten entsprechend angepasst werden. Die Zugangseröffnung ist somit nicht nur ein technischer Akt. Ob die Behörde die eingegangene elektronische Kommunikation ausdruckt oder direkt elektronisch weiterbearbeitet, bleibt ihr überlassen, solange sie natürlich auch bei der vollelektronischen Bearbeitung die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Aktenführung einhält. Wie schon vereinzelt genutzt, kann (zumindest auf mittlerer Sicht) ein zentrales Postfach für die elektronische Kommunikation nach außen in Form einer virtuellen Poststelle339 unter anderem aus Kosten- und Organisationsgesichtspunkten sinnvoll sein.340 Zugleich verkompliziert diese Organisationsform jedoch auch die direkte Kontaktaufnahme mit einzelnen Behördenmitarbeitern. 335 Schmitz/Schlatmann, NVwZ 2002, 1281 (1285). 336 Kopp/Ramsauer, § 3a Rn. 9; BT-Drs. 14/9000, S. 31. 337 VG Neustadt, Urt. v. 09.07.2009 - 4 K 409/09.NW -, Juris; Vgl. Deutscher Städtetag, Teil 1, S. 7. 338 Vertiefend dazu: Deutscher Städtetag, Teil 2, S. 5 ff. 339 Siehe etwa virtuelle Poststelle Stadt Bonn, http://www.bonn.de/service/kontakt/elektronische_kommunikation/index.html, besucht 11. 05. 2011. 340 Mit detaillierten Handlungsempfehlungen vgl. Deutscher Städtetag, Teil 2, S. 9 ff.

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Internetgestützte Partizipation in der Bauleitplanung

Eine virtuelle Poststelle müsste neben dem Versand vor allem die Signaturprüfung, Protokollierung und gegebenenfalls Entschlüsselung und Archivierung mit anschließender Weiterleitung an den zuständigen Empfänger im Hause übernehmen. a. Der Zugang für elektronische Kommunikation und Beteiligungsvorhaben Nach dem oben Festgestellten kann der Planungsträger Stellungnahmen auf elektronischem Zugangsweg ausdrücklich zulassen. Dies gilt grundsätzlich sowohl für Stellungnahmen der Öffentlichkeit als auch für die der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange. Ebenfalls erstreckt sich die Möglichkeit auch auf die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB und auf die frühzeitige Behördenbeteiligung nach § 4 Abs. 1 BauGB. Auch für auf elektronischem Weg eingehende Stellungnahmen müssen Aussagen zur Authentifizierung und Sicherheit der übermittelten Daten getroffen werden. Das schon oben angesprochene Thema der rechtssicheren Archivierung der Stellungnahmen gilt es auch in baurechtlichen Beteiligungsmaßnahmen zu beachten und im Vorfeld zu klären, um der Beweispflicht im Fall von Rechtsstreitigkeiten nachzukommen. Eine ausreichende Authentifizierung und Sicherheit kann durch verschiedene Lösungen erreicht werden. Beispielsweise können nur nach Signaturgesetz signierte E-Mails zur elektronischen Kommunikation zugelassen werden oder es kann ein spezieller Server mit personifizierten Zugängen und verschlüsselter Datenübertragung genutzt werden, um dort die Stellungnahmen zu hinterlegen.341 Vor allem soweit sich (elektronische) Stellungnahmen auf private Belange beziehen, sei eine angemessene Berücksichtigung nur möglich, wenn sie sich einem Grundstück oder einer Person zuordnen lassen.342 Somit bedeutet dies im Umkehrschluss, dass E-Mails oder auf anderem Weg elektronisch zugehende Stellungnahmen in entsprechenden Fällen, zumindest um vollumfänglich berücksichtigt zu werden, möglichst Angaben zur Person und gegebenenfalls auch Grundbesitz enthalten sollten. Somit sind an die Authentizität elektronischer Stellungnahmen ähnliche Anforderungen wie an entsprechende schriftliche Äußerungen zu stellen. Wie sich später noch genauer zeigen wird, ist eine sichere und eindeutige Identifizierung und Authentizität des Absenders nur bei Verwendung von qualifizierten elektronischen Signaturen nach Signaturgesetz, bei Nutzung der De-Mail oder durch die eID-Funktion des neuen Personalausweises möglich. Die eID-Funktion bietet immerhin hinsichtlich der Identität Sicherheit. Diese wiederum stellen zurzeit, unter anderem wegen (noch) mangelnder Verbreitung und zum Teil relativ hoher Kosten, ein Hindernis für eine 341 Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 56. 342 Bunzel, BauR 2008, 301 (306).

Rechtliche Problemfelder und Restriktionen

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internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung dar. Insbesondere eine verpflichtende Nutzung von qualifizierten elektronischen Signaturen nach Signaturgesetz würde sprichwörtlich übers Ziel hinausschießen. Auch kann die Gemeinde eingehende formlose E-Mails grundsätzlich nicht ablehnen oder formlose Stellungnahmen ignorieren, soweit sie überhaupt einen Zugang für elektronische Kommunikation eröffnet hat.343 Auch formlose (elektronische) Stellungnahmen sind zu prüfen und bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Klar ist somit: Je komplizierter und spezifischer die Voraussetzungen für eine Abgabe der Stellungnahmen sind, desto geringer werden die von der Öffentlichkeitsbeteiligung zu erwartende Anzahl eingehender Stellungnahmen sein. Auch aus Gründen des einfacheren Verarbeitungsprozesses und durchaus noch auftretenden Kompatibilitätsproblemen sollte, soweit die Verwaltungsvorgänge nicht der Schriftform bedürfen, (noch) regelmäßig auf die Voraussetzung einer Signierung nach Signaturgesetz oder auf andere hohe Anforderungen für die Zugangseröffnung verzichtetet werden.344 Was jedoch nicht gegen eine grundsätzliche Signierung (nicht Verschlüsselung!) der ausgehenden behördlichen EMails spricht, um die Kommunikation zumindest in diese Richtung sicherer zu gestalten. Diese Aussage dürfte für die Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange nicht gelten, da diese die Problematik gewohnt sind oder sich zumindest darauf einstellen können. Auch kann an die Authentifizierung und Sicherheit der behördlichen Stellungnahmen höhere Ansprüche gestellt werden, selbst wenn die einschlägigen Gesetze keine spezifischen Anforderungen enthalten. Insbesondere besteht jedoch für die eingehenden Stellungnahmen im Rahmen einer Beteiligung nach Baugesetzbuch keine gesetzliche Anforderung hinsichtlich einer definierten Schriftform, womit eine qualifizierte oder einfache elektronische Signierung nach Signaturgesetz nicht erforderlich ist.345 Nichts desto trotz wird dazu geraten, technische Lösungen und Vorgaben zu beachten, um die Authentizität des Absenders und die Datensicherheit zu gewährleisten.346 Ebenso gilt auch für eingehende Stellungnahmen, zumindest von Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange, dass diese auch einer gewissen Mindestqualität entsprechen sollten, um gegebenenfalls einen maßstabsgerechten Ausdruck und eine detaillierte Betrachtung zu ermöglichen.347

343 344 345 346 347

Vgl. Bunzel, BauR 2008, 301 (306). Vgl. Deutscher Städtetag, Teil 1, S. 33 f.; Deutscher Städtetag, Teil 2, S. 9. Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 24.; siehe auch S. 96 f. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 57. Siehe auch unten zur Darstellung S. 141 ff.

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Internetgestützte Partizipation in der Bauleitplanung

b. Die elektronische Kommunikation der Verwaltung mit dem Bürger Die elektronische Kommunikation erfolgt natürlich auch ausgehend von der Verwaltung zum Bürger oder zu anderen privaten Beteiligten. Für den Bereich der Öffentlichkeitsbeteiligung wird die rechtliche Zulässigkeit etwa bei der Beantwortung einer Anfrage oder bei der Benachrichtigung der Beteiligten nach § 3 Abs. 2 S. 3 BauGB relevant. So kann der Zugang gegenüber der Behörde durch ausdrückliche Erklärung im Sinne von § 3a Abs. 1 VwVfG eröffnet werden. Auch ist eine Zugangseröffnung bei einer bereits fortgesetzten zusammenhängenden Kommunikation zwischen Bürger und Verwaltung anzunehmen.348 Anderenfalls wird empfohlen, im Vorfeld das Einverständnis abzufragen und diese Tatsache entsprechend zu dokumentieren.349 Stellt die Verwaltung Onlineformulare bereit, kann die ausdrückliche Einwilligung über ein entsprechendes Formularfeld eingeholt werden.350 Eine konkludente Zugangseröffnung durch den Bürger oder einen sonstigen Privaten ist dagegen gleichwohl schwieriger zu beurteilen. Eine heute schon häufig angegebene private E-Mail-Adresse auf einem Briefbogen sei, zumindest gegenwärtig, nicht als die Bereitschaft zum Empfang von rechtlich verbindlichen Erklärungen zu werten.351 Ebenso sei die Kenntnis einer E-Mail-Adresse aus einem früheren Verwaltungsvorgang nicht ausreichend, da jeder Vorgang grundsätzlich als getrennte und abgeschlossene Handlungseinheit im Sinne von § 9 VwVfG zu werten sei. Verständlich und richtig ist dies insoweit, da E-MailAdressen, insbesondere im Vergleich zur Postanschrift, sehr viel unbeständiger sind. Auch reicht die Angabe einer E-Mail-Adresse auf der privaten Homepage nicht zur konkludenten Zugangseröffnung gegenüber einer Behörde. Anders sei nur der Fall zu werten, wenn der Bürger den Kontakt zur Verwaltung auf elektronischem Weg, also etwa durch eine E-Mail oder das Ausfüllen eines Online-Formulars, selbst unter Angabe seiner E-Mail-Adresse gewählt hat und es inhaltlich um unverbindliches Verwaltungshandeln geht. Hat der Bürger folglich den elektronischen Kontaktweg selbst gewählt, soll die Verwaltung auch auf elektronischem Weg antworten dürfen. Für rechtsverbindliches Verwaltungshandeln, insbesondere Verwaltungsakte, ist die konkludente Eröffnung eines Zugangs für elektronische Kommunikation nicht möglich. Die elektronische Kontaktaufnahme über im Internet auf einer Unternehmerhomepage veröffentlichte geschäftliche E-Mail-Adressen durch die Verwaltung ist jedoch grundsätzlich möglich, sofern der Grund der Kontakt348 349 350 351

Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 3a Rn. 12. Vgl. Bunzel, BauR 2008, 301 (302); Deutscher Städtetag, Teil 1, S. 23. Bunzel, BauR 2008, 301 (302). Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 3a Rn. 12; Deutscher Städtetag, Teil 1, S. 23.

Rechtliche Problemfelder und Restriktionen

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aufnahme im Zusammenhang mit dem Beruf oder dem Dienst des Unternehmens steht.352 Zumindest für Verwaltungsakte soll eine elektronische Zustellung jedoch auch gegenüber Geschäftsleuten zulässig sein, wenn dies ausdrücklich vorher erklärt wurde oder der Antrag auf Erlass dieses Verwaltungsaktes auch elektronisch gestellt wurde.353 Natürlich gilt gleichfalls wenn die Behörde der Absender ist § 3a Abs. 3 VwVfG, wonach ein elektronisch nicht lesbares Dokument in geeigneter Form oder als Schriftstück erneut zu übermitteln ist. In der Kürze hinzuweisen bleibt noch auf die Anforderungen von E-MailKommunikation an die Aktenführung. So besteht mittelbar unter anderem aus § 29 VwVfG das Gebot der Aktenmäßigkeit, welches die Vollständigkeit und Führung wahrheitsgetreuer Akten einschließt. Nach diesem muss grundsätzlich auch die das Verwaltungsverfahren betreffende E-Mail-Kommunikation aus der Akte ersichtlich werden.354 Ob dies für jede einzelne E-Mail besteht, ist jedoch unklar. Empfehlenswerter Weise ist parallel nach dem Grundsatz zu verfahren, dass schriftliche Äußerungen in aller Regel zu den Akten zu nehmen sind, Telefonate und anderes informelles Handeln nur je nach Bedeutung für das Verwaltungsverfahren. Es wird empfohlen, im Einzelfall zu prüfen, ob eindeutig informelle Kommunikation vorliegt oder eine elektronische schriftliche Äußerung.355 Die zukünftige Entwicklung, zu nennen sind etwa De-Mail und Bürgerpostfach/-portal356, bleibt abzuwarten. Möglicherweise ist die rechtsverbindliche elektronische Kommunikation auch zwischen Bürgern und der Verwaltung schon mittelfristig keine Ausnahme mehr, sondern der Regelfall. 4.

Schriftformerfordernis und Öffentlichkeitsbeteiligung

Noch einmal aufgegriffen werden soll die Frage, ob spezielle Formanforderungen an Stellungnahmen und Einwendungen im Rahmen der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach dem Baugesetzbuch den Einsatz von elektronischer Kommunikationstechnik verhindern oder erschweren. Wie jedoch festgestellt, sind die Stellungnahmen im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung nicht an besondere Formvorschriften gebunden.357 Die §§ 3 ff. BauGB geben keine Form, insbesondere keine gesetzliche Schriftform vor, so dass auch eine einfache E-Mail ohne den Zwang einer Signatur im Sinne von § 3a VwVfG ausreichend ist. Einwendungen und Stel352 353 354 355 356 357

Vertiefend Deutscher Städtetag, Teil 1, S. 24, 28 f. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, § 41 Rn. 90. Eifert/Püschel/Stapel-Schulz, S. 62. Eifert/Püschel/Stapel-Schulz, S. 62 f. Siehe S. 80 ff. Siehe dazu S. 87 ff.

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Internetgestützte Partizipation in der Bauleitplanung

lungnahmen auf dem Gebiet der Bauleitplanung nach den §§ 3 ff. BauGB können somit grundsätzlich formfrei abgegeben werden. Ein Schriftformerfordernis besteht gerade nicht. Lediglich § 215 Abs. 1 BauGB sieht hinsichtlich der späteren Geltendmachung von Fehlern in verkündeten Bauleitplänen ein Schriftformerfordernis vor, dieses ändert jedoch nichts an der Formfreiheit der Stellungnahmen nach den §§ 3 ff. BauGB.358 Die Stellungnahmen können somit im Wege einfacher elektronischer Kommunikationsformen, etwa als unsignierte E-Mail, dem Planungsträger zugehen. Wie auch schon im ansonsten grundsätzlich formfreien Rechtsverkehr, können folglich elektronische Kommunikationsformen rechtssicher Verwendung finden. Es ist gar nicht vorstellbar, wie geschäftliche Korrespondenz – vom einfachen Brief bis hin zu Vertragsabschlüssen oder sonstigen Rechtsgeschäften wie auch private Rechtsgeschäfte, von Dienst- bis Kaufverträgen, – heute noch ohne das Internet und elektronische Kommunikationsformen praktikabel wäre.359 Der gesamte elektronische Handel setzt die Rechtssicherheit auch einfacher, unsignierter elektronischer Kommunikation voraus. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt auch für andere Rechtsgebiete, wie beispielsweise das Planfeststellungsrecht nach §§ 72 ff. VwVfG, das nach § 73 Abs. 4 VwVfG schriftliche Stellungnahmen erfordert. Anders als in der Bauleitplanung ist folglich in Planfeststellungsverfahren keine formfreie elektronische Beteiligung möglich. Insbesondere ist eine E-Mail, sofern ein Zugang eröffnet wurde, nur dann bezüglich der Einwendungsfrist beachtlich, wenn diese mit einer qualifizierten Signatur nach § 3a Abs. 2 VwVfG versehen ist.360 Um in Planfeststellungsverfahren oder anderen Verfahren mit entsprechendem Schriftformerfordernis hinsichtlich der Stellungnahmen auch elektronische Stellungnahmen hinsichtlich der Präklusionsfrist zu ermöglichen, bedarf es somit einer Gesetzesänderung.361 In der Bauleitplanung besteht zumindest die Möglichkeit, über die Offenlegungsbekanntmachung eine Beschränkung auf schriftliche oder zur Niederschrift abzugebende Stellungnahmen vorzunehmen.362 Unsignierte elektronische Stellungnahmen könnten so beispielsweise trotz einer allgemeinen Zugangseröffnung ausgeschlossen werden. Sofern eine schriftliche Form der Stellungnahme gefordert ist, ist zu fragen, ob bei elektronischer Form somit das Erfordernis einer qualifizierten elektronischen Signatur nach § 3a Abs. 2

358 Zur Präklusion von Stellungnahmen und § 47 VwGO siehe S. 177 f. 359 Vgl. zur nicht immer unproblematischen Beweiskraft elektronischer Dokumente Hoeren, S. 325 ff. 360 BVerwG, Beschl. v. 17.06.2011 - 7 B 79/10 -, ZNER 2011, 460. 361 Siehe dazu S. 233 ff. 362 BVerwG, Beschl. v. 28.01.1997 - 4 NB 39/96 -, UPR 1997, 319 f.

Rechtliche Problemfelder und Restriktionen

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VwVfG gilt.363 Nach § 3a Abs. 2 S. 1 VwVfG müsste die Schriftform jedoch durch eine Rechtsvorschrift angeordnet sein. Eine Offenlegungsbekanntmachung nach § 3 Abs. 2 S. 2 BauGB ist jedoch keine Rechtsvorschrift in diesem Sinne. Es liegt schon kein rechtsgestaltender Regelungsinhalt vor. Somit zieht eine entsprechende Beschränkung in der Offenlegungsbekanntmachung nicht ein Schriftformerfordernis im Sinne von § 3a Abs. 2 S. 1 VwVfG nach sich, womit Stellungnahmen in elektronischer Form zulässig sind. Sollen elektronische Stellungnahmen folglich ausgeschlossen werden, so ist diesbezüglich kein Zugang zu eröffnen beziehungsweise ist diese Kommunikationsform ausdrücklich auszuschließen. Hinsichtlich technischer, organisatorischer sowie Verfahrensfragen soll später noch eingegangen werden.364 Hinzuweisen bleibt hier jedoch auf mögliche Beweisprobleme hinsichtlich einer eventuellen Präklusion bei einer grundsätzlich unsicheren Kommunikationsform wie der einfachen E-Mail, sollte der (rechtzeitige) und im Übrigen ordnungsgemäße Zugang einer elektronischen Einwendung streitig sein.365

II.

Kommunalwirtschaftliche Zulässigkeit bei Internetangeboten der Verwaltung

Weitere rechtliche Probleme können auftreten, wenn die Kommune über ihren Aufgabenbereich hinausgehende Angebote beziehungsweise Dienste im Internet zur Verfügung stellt und dabei in Konkurrenz zu privaten Dienstleistern tritt. Wobei die Definition ihres Aufgabenbereiches gerade Probleme bereiten kann.366 Abzugrenzen ist dann schnell zwischen hoheitlichem und wirtschaftlichem Handeln, zwischen öffentlichem und privatem Zweck und zwischen einem angemessenen Verhältnis zwischen Internetauftritt und Leistungsfähigkeit. So kann die in vielen Gemeindeordnungen verankerte Subsidiaritätsklausel respektive Wirtschaftsklausel Probleme aufwerfen, wenn die Gemeinde Dienstleistungen offeriert, die üblicherweise private Konkurrenten anbieten.367 Eine Kommune muss zwingend als Provider (Dienstanbieter) betrachtet werden, wenn sie mehr als nur rein hoheitliche Kernaufgaben wahrnimmt – also zum Beispiel ein Stadtinformationssystem betreibt, Online-Diskussionen ermöglicht oder nicht nur Verwaltungsbereichen, sondern auch privaten Vereinen etc. einen Internetauftritt auf ihrer Seite ermöglicht.368 Zugleich ist sie als 363 364 365 366 367 368

Vgl. Bunzel, BauR 2008, 301 (306). Siehe S. 139 ff. Siehe hierzu S. 177 f. Weiterführend Boehme-Neßler, NVwZ 2001, 374 (379). Beispielsweise § 107 GO NRW, § 136 NKomVG (§ 108 NGO a. F.), § 121 HGO. Vgl. E-Kooperations-Angebote als Rechtsform Public-Private-Partnership (PPP), wenn

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Internetgestützte Partizipation in der Bauleitplanung

Dienstanbieter zu werten, wenn sie ermöglicht, Verwaltungsvorgänge über das Internet abzuwickeln. Sobald die Kommune über das Internet Dienstleistungen anbietet, die auch die private Wirtschaft erbringt, tritt sie in Konkurrenz zu privaten Unternehmen. In diesen Fällen sind strikte kommunalverfassungsrechtliche Grenzen zu beachten. Begrenzt wird grundsätzlich nur eine wirtschaftliche Betätigung. Darunter fällt im Allgemeinen das Herstellen, Anbieten oder Verteilen von Gütern oder Dienstleistungen am Markt, die ihrer Art nach auch von einem Privaten mit der Absicht der Gewinnerzielung erbracht werden können, vgl. § 107 Abs. 1 S. 3 GO NRW. Einzelne Tätigkeitsbereiche werden zusätzlich als ausdrücklich nichtwirtschaftlich privilegiert und somit von der Subsidiaritätsklausel ausgenommen. Dem Grunde nach, auch wenn die Gemeindeordnungen und Kommunalverfassungen im Detail unterschiedliche Regelungen enthalten, lassen sich folgende Anforderungen an die Wirtschaftstätigkeit der Kommunen festmachen. 1.

Öffentlicher Zweck

Ein öffentlicher Zweck muss das Handeln der Kommune rechtfertigen. Das Bereitstellen von Angeboten des E-Governments erfüllt in der Regel einen öffentlichen Zweck: Den Bürgern soll der Zugang zu Angeboten und Dienstleistungen der Kommune über das Internet ermöglicht werden. Gerade die weiter wachsende Bedeutung des Internets in der Informationsgesellschaft berechtigt staatliche Institutionen nicht nur, sondern verpflichtet sie geradezu auf vielen Gebieten elektronische Nutzungsmöglichkeiten zu eröffnen. Auch kann von einem Bildungsauftrag ausgegangen werden.369 2.

Angemessenes Verhältnis zwischen Leistungsfähigkeit und Internetauftritt

Nach dem voraussichtlichen Bedarf und der Leistungsfähigkeit der Kommune hat sich der Internetauftritt auszurichten. Gerade da Serverkapazitäten und EDV-Fachpersonal zum Betrieb der Angebote oftmals durch die Kommune nur gemietet beziehungsweise beauftragt werden, ergibt sich hier in der Regel kein Problem.

Stadt und private Investoren beziehungsweise Unternehmen gemeinsam Angebote betreiben, Beispielsweise (Bürgernetz) Münster : http://www.muenster.de/buergernetz.html, besucht 23. 05. 2011. 369 Boehme-Neßler, NVwZ 2001, 374 (378).

Rechtliche Problemfelder und Restriktionen

3.

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Subsidiaritätsklausel

Jedoch kann die in vielen Gemeindeordnungen verankerte Subsidiaritätsklausel Probleme aufwerfen, wenn die Gemeinde Dienstleistungen anbietet, die üblicherweise private Konkurrenten anbieten. Grundsätzlich finden sich zwei Varianten der Subsidiaritätsklausel in den Kommunalverfassungen. Die strengere Klausel lässt eine wirtschaftliche Betätigung der Kommune nur zu, wenn es keine privaten Dienstleister gibt, die die Dienstleistung ebenso gut oder besser anbieten können. Die mildere Klausel erlaubt wirtschaftliche Betätigungen dagegen schon dann, wenn Kommunen den Zweck zumindest genauso gut wie private Konkurrenten erreichen können. Von der konkreten Ausgestaltung des Internetauftritts hängt es ab, ob diese Kriterien ein rechtliches Hindernis für das Onlineangebot der Kommune darstellen. Zumindest wenn es um kommunale Wirtschaftsförderung geht, ist die Subsidiaritätsklausel kein Hindernis für die Betätigung. Denn diese kann die Kommune grundsätzlich selbst besser betreiben als private Anbieter.370 Den Gemeinden wird seitens der Rechtsprechung regelmäßig auch ein weiter Beurteilungsspielraum eingeräumt.371 Anders könnte es zu bewerten sein, wenn die Kommune weitere Internetserviceleistungen wie E-Mail-Dienste für Bürger, nicht kommunalbedingtes Internetseiten-Hosting oder anderes zur Verfügung stellt, also wie ein freier privater Internetdienstleister auf dem Markt agiert. Vor allem die Subsidiaritätsklausel könnte hier das Handeln der Kommune unzulässig werden lassen.372 Die Durchführung von Markterkundungsverfahren oder Vergleichsberechnungen können nötig werden.373 Für den Bereich der internetgestützten Bauleitplanung ergeben sich jedenfalls keine zu beachtenden Einschränkungen durch Wirtschaftlichkeitsklauseln in den Gemeindeordnungen. Es handelt sich soweit um originäres Verwaltungshandeln, welches auch durch den § 4a Abs. 4 BauGB normiert ist. Sollen allerdings zusätzliche Angebote, welche nicht im engeren Zusammenhang mit der Gemeindeverwaltung stehen oder die Verwaltungstätigkeit nicht unmittelbar unterstützen, durch die Gemeinde online angeboten werden, so muss die Zulässigkeit gesondert geprüft werden. Eine Übertragung des Bauleitplanverfahrens hinsichtlich der Vorbereitung und Durchführung von Verfahrensschritten, insbesondere zur Beschleunigung, nach den §§ 2a bis 4a BauGB auf einen Dritten bleibt jedoch unbenommen gemäß § 4b BauGB. Auch wenn die Verantwortung für das gesetzlich vorgese370 Holznagel/Temme, in: Hoeren/Sieber, Kap. 26 Rn. 25. 371 Eifert/Püschel/Stapel-Schulz, S. 14. 372 Dagegen Holznagel/Temme, in: Hoeren/Sieber, Kap. 26 Rn. 43; dafür Boehme-Neßler, NVwZ 2001, 374 (379). 373 Eifert/Püschel/Stapel-Schulz, S. 14 f.

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hene Aufstellungsverfahren bei der Gemeinde bleibt, können etwa die Ausarbeitung der städtebaulichen Planungen durch einen städtebaulichen Vertrag abgegeben werden. Eine vollständige Privatisierung ist jedoch nicht möglich – vor allem die eigenständige planerische Gestaltungsbefugnis ist nicht übertragbar.374

III.

Elektronische Signatur nach Signaturgesetz

Die Beteiligung oder sonstige Interaktion mit der öffentlichen Verwaltung über das Internet kann nur verlässlich und rechtlich unproblematisch funktionieren, wenn Absender und Inhalt verlässlich einem Teilnehmer beziehungsweise Absender zugeordnet werden können. Dabei sollte sichergestellt sein, dass der Inhalt der Kommunikation richtig einer Person zugeordnet werden kann und dieser Inhalt auch nicht auf dem Kommunikationsweg durch Dritte verfälscht werden kann. Mit dem Signaturgesetz wird eine rechtssichere elektronische Kommunikation ermöglicht. Die zu signierenden Daten und Nachrichten werden dabei mit elektronischen Signaturen im Sinne von § 2 Nr. 1 Signaturgesetz375 (SigG) verknüpft und können so dessen Unverfälschtheit gewährleisten und zugleich eine Authentifizierung des Absenders ermöglichen. Dazu werden Zertifikate (elektronische Bescheinigungen) gemäß § 7 SigG verwendet, mit denen die Signaturen überprüft und einer Person zugeordnet werden können. Sogenannte TrustCenter stellen elektronische Zertifikate aus und garantieren die Richtigkeit und Zuordnung eines Zertifikates zu einer Person. Eine sogenannte qualifizierte elektronische Signatur nach § 2 Nr. 3 SigG bietet dabei heutzutage eine ebenso hohe Sicherheit wie ein handschriftlich unterzeichnetes Schriftstück. Notwendig ist dabei immer eine zuverlässige und persönliche Identifizierung des Antragstellers anhand von gültigen amtlichen Ausweispapieren. Neben dem SigG ist noch ergänzend die Signaturverordnung376 zu beachten. Die Identifizierung kann nur von Zertifizierungsdienstleistern erbracht werden, die mindestens die Anforderungen nach §§ 4 bis 14 oder § 23 SigG erfüllen. Die meisten Anbieter verlassen sich bei der Personenidentifizierung auf das PostIdent-Verfahren der Deutschen Post. Daneben können auch durch jedermann, ohne die Dienstleistung eines TrustCenters, Zertifikate erstellt werden. Diesen fehlt dann jedoch die »Glaub374 Vgl. BVerwG, Urt. v. 25.11.2005 - 4 C 15/04 -, NVwZ 2006, 336 ff. 375 Gesetz über Rahmenbedingungen für elektronische Signaturen (Signaturgesetz – SigG) in der Fassung v. 16. 05. 2001, BGBl. I 2001, S. 876. 376 Verordnung zur elektronischen Signatur (Signaturverordnung – SigV) in der Fassung v. 16. 11. 2001, BGBl. I 2001, S. 3074.

Rechtliche Problemfelder und Restriktionen

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würdigkeit«, dass heißt, es fehlt die Überprüfbarkeit und Garantie der Identität des Ausstellers eines im Sinne des SigG durch ein TrustCenter ausgestellten Zertifikats – nur dieses kann rechtsverbindlich eingesetzt werden. TrustCenter müssen als Beglaubigungsinstanz strenge Anforderungen bezogen auf die Computersicherheit erfüllen und eine Anerkennung nach SigG durchlaufen, ehe sie entsprechende Zertifikate ausstellen dürfen. Die Zertifikate ermöglichen Kommunikation, etwa E-Mail oder Formulardaten, mit einer Signatur zu »unterschreiben«. Die Signatur verbindet dann Erklärungsinhalt und Zertifikat. Es ist zwischen der einfachen, fortgeschrittenen und qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes zu unterscheiden. Ein einfaches Personenzertifikat ermöglicht, nur einfache zertifikatbasierte Kommunikation ohne eine rechtsverbindliche Wirkung entfalten zu können.

1.

Fortgeschrittene elektronische Signatur

Ein sogenanntes fortgeschrittenes Zertifikat ermöglicht, die sichere und eindeutige Identifizierung des Inhabers. Damit erzeugte Signaturen sind jedoch nicht mit der Unterschrift von Hand gleichgestellt, da verglichen mit qualifizierten elektronischen Zertifikaten weniger aufwendige Sicherheitsvorkehrungen zu beachten sind. Fortgeschrittene Zertifikate werden sowohl rein softwarebasiert als auch smartcardbasiert angeboten. Smartcardlösungen werden als sicherer erachtet, da hierbei die Karte in einen Kartenleser eingesteckt sein muss, um Signaturen zu erstellen. Dafür entfallen bei der Softwarelösung die Kosten für eine Karte und einen Kartenleser. Fortgeschrittene Zertifikate finden bei der Kommunikation mit Behörden und Kommunen Anwendung, sofern keine höheren Anforderungen gestellt werden. Kommt es zu einem Rechtsstreit über die Wirksamkeit einer Signatur, greift bei der fortgeschrittenen Signatur nicht die Beweislastumkehr wie bei einer realen Unterschrift oder der qualifizierten Signatur, dass heißt, die Gültigkeit müsste gegebenenfalls durch ein Gutachten bewiesen werden.

2.

Qualifizierte elektronische Signatur

Das qualifizierte Zertifikat (QES) ist der elektronische Ersatz für eine Unterschrift und erfüllt das Schriftformerfordernis gemäß § 126 BGB. Qualifizierte Personenzertifikate dürfen nach SigG nur von offiziellen Zertifizierungsstellen, den sogenannten TrustCentern, ausgegeben werden. Das qualifizierte Zertifikat ist immer an eine Smartcard gebunden. Der Empfänger kann durch einen sogenannten öffentlichen Schlüssel jederzeit sicher prüfen, wer die empfangene

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Internetgestützte Partizipation in der Bauleitplanung

Erklärung abgeben hat und sichergehen, dass der Inhalt dem abgegebenen entspricht. Zurzeit wird die (qualifizierte) elektronische Signatur kaum durch Bürger genutzt, da neben noch wenigen Anwendungsmöglichkeiten vor allem vergleichsweise hohe Kosten anfallen und neben einer Signaturkarte auch ein kostenpflichtiges Kartenlesegerät benötigt wird377. Neben dem TrustCenter müssen auch die Software und der verwendete Kartenleser nach dem SigG zugelassen sein. So muss ein Kartenleser für die qualifizierte Signatur § 17 Abs. 4 Satz 2 SigG i. V. m. § 15 Abs. 5 SigV genügen.

3.

Technische Voraussetzungen

Die elektronische Signatur verwendet verschiedene kryptografische Verfahren. Je nach Verwendung werden Dokumente nur signiert, dass heißt, die Unverfälschtheit kann überprüft oder die Dokumente können auch komplett verschlüsselt und signiert werden, so dass Sie für unbefugte auch unlesbar werden. Der Empfänger benötigt dann zum Lesen einen elektronischen Schlüssel. Bedeutend ist, dass zugleich immer auch festgestellt werden kann, durch wen die Dokumente bearbeitet wurden und Manipulationen, etwa während der Datenübertragung durch Unbefugte, vorgenommen wurden.378 Somit kann die digitale Signatur die Authentizität eines elektronischen Dokuments oder einer ganzen Akte und die Identität des Absenders gewährleisten. Für die digitale Signatur ist eine umfangreiche IT-Infrastruktur notwendig. Grundlage der digitalen Signatur ist das »Public Key-Verfahren«. Der Verwender erzeugt mit einem speziellen mathematischen Verschlüsselungsverfahren einen privaten Schlüssel und signiert beziehungsweise signiert und verschlüsselt damit ein elektronisches Dokument. Die auf diese Weise verschlüsselte Signatur respektive das gesamte Dokument kann der Empfänger mithilfe eines öffentlichen Prüfschlüssels entschlüsseln, der automatisch mit dem Dokument versendet und gespeichert wird. Auf diesem Weg kann noch nicht die Identität des Absenders sicher bestimmt werden. Erst wenn, wie in § 2 SigG vorgesehen, die Übereinstimmung von öffentlichem und dazugehörendem privatem Schlüssel durch eine sogenannte 377 So kostet eine QES bei der Sparkasse knapp 20 Euro pro Jahr, vgl. Preis- und Beantragungsinformationen zu qualifizierten S-TRUST Personenzertifikaten, Deutscher Sparkassenverlag, Stuttgart Stand 01.08. Ein passender Kartenleser (Klasse 3) kostet um 80 Euro, vgl. https://www.sparkassen-shop.de/home/shop/165/, besucht am 28. 05. 2010. Bei DTRUST werden für 2 Jahre 118 Euro fällig und ein passender Kartenleser (Klasse 3) kostet nochmals 118 Euro, vgl. https://www.d-trust.net/fileadmin/dokumente/2.Preisinformationen.pdf, besucht 28. 05. 2010. 378 Herchenbach, K& R 2000, 235 (235).

Rechtliche Problemfelder und Restriktionen

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Zertifizierungsstelle auf elektronischem Weg bescheinigt wird, lässt sich der Authentizität und auch Identität des Ausstellers bestimmen. Der gesamte Überprüfungsvorgang findet beim Öffnen online statt. Nur die Zertifizierungsstelle, auch als TrustCenter bezeichnet, kennt den genauen Zusammenhang zwischen privatem und öffentlichem Schlüssel, damit eine Fälschung ausgeschlossen ist. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Betreibern von Zertifizierungsstellen. 4.

Die elektronische Signatur und elektronische Akten in der Verwaltung

Elektronische Verwaltungsverfahren können grundsätzlich nur medienbruchfrei und somit effektiv genutzt werden, wenn sie auf der Nutzung von elektronischen Akten basieren.379 So können sämtliche Vorteile aus dem E-Government nur realisiert werden, wenn elektronische Anträge nicht nur entgegengenommen, sondern auch elektronisch, unter der Nutzung von elektronischen Akten, abgewickelt werden können.380 Die elektronische Aktenführung und die elektronische Signatur sind oftmals miteinander Verknüpft, soweit die Sicherheitsfunktionen der elektronischen Signatur genutzt werden, um auch die digitale Aktenführung ausreichend sicher und insbesondere fälschungssicher zu gestalten. Das Leitbild für die Entwicklung von elektronischen Dokumentenverwaltungssystemen beziehungsweise Dokumentenmanagementsystemen (DMS) war und ist häufig noch die elektronische Ablage, also hauptsächlich das Erfassen und Verwalten.381 Klassische Dokumentenmanagementsysteme haben ihren Funktionsschwerpunkt folglich auf einer dokumentenbasierten Verwaltung von Vorgängen. Andere Systeme wie funktionsorientierte Workflow-Managementsysteme (WMS) oder bearbeiterzentrierte Workgroup-Systeme setzten beispielsweise andere Funktionsschwerpunkte.382 In der öffentlichen Verwaltung werden oftmals Kombinationen aus diesen Funktionsschwerpunkten, die jeweils auch andere Prozessarchitekturen nach sich ziehen, benötigt.383 Für die Führung elektronischer Akten sind die Vorgaben des Signaturgesetztes und die jeweiligen Normen zur Aktenführung einzuhalten. Die Anforderungen an eine elektronische Aktenführung sind vielfältig: Probleme können die Koexistenz von Papier- und Elektronikschriftgut bereiten, vertrauenswürdige Zugriffs- und Berechtigungskonzepte müssen vorhanden sein, die langfristige Lesbarkeit und Bearbeitungsfähigkeit der Dokumente, Vorgänge und 379 380 381 382 383

Vertiefend Guckelberger, VerwArch (97) 2006, 62 (72). Vgl. Schreiber, S. 74 f. Vgl. Engel, S. 105 f. Nach Engel, S. 105 f., 113 f., 125 f. Vertiefend Engel, S. 129 ff.

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Internetgestützte Partizipation in der Bauleitplanung

Akten muss sichergestellt sein und schließlich müssen etwa auch Aussonderungsverfahren mit einer Übergabe an Archive abgewickelt werden. Die elektronische Signatur nach SigG bietet die entsprechenden Grundfunktionen, auf welche Dokumentenverwaltungsprogramme zurückgreifen können, um eine sichere elektronische Aktenführung zu ermöglichen.384 Dazu zählt vor allem die Vollständigkeit, Integrität und Authentizität elektronischer Akten sicherzustellen. Es wird die Verwendung von akkreditierten elektronischen Signaturen nach § 15 SigG empfohlen, auch wenn dies rechtlich nicht zwingend ist.385 Die sogenannte akkreditierte elektronische Signatur nach § 15 SigG bietet einen noch höheren Sicherheitsstandard, da für diese Art der Zertifizierungsdienstanbieter zusätzlich noch ein spezielles Zertifizierungsverfahren durchlaufen muss. Weitere Besonderheit ist, dass die Verwendbarkeit für mindestens 35 Jahre sichergestellt ist, was bei nicht akkreditieren Signaturen nicht unbedingt gewährleistet ist.386 Eine weitere Verwendung kann die elektronische Signatur bei der Verwendung von elektronischen Archivierungssystemen finden, welche sinnvollerweise mit einer elektronischen Aktenführung gekoppelt ist. Für elektronische Akten wird ein völlig neues Architekturmodell notwendig, welches von Dokumenteneingang/-erzeugung, über ein Dokumentenmanagement- und Vorgangsbearbeitungssystem, bis hin zu einem elektronischen Langzeitspeicher und gegebenenfalls auch (Staats-)Archivspeicher reicht. Die Planung und der Aufwand sind hierbei nicht zu unterschätzen. So entstehen allein in der niedersächsischen Landesverwaltung Dokumente im Umfang von etwa 130 Millionen Seiten Papier pro Jahr.387 Schon die Dokumente auch nach Jahren noch technisch lesbar zu erhalten, ist aufgrund des schnellen Wandels und der Kurzlebigkeit von Computersystem und Dateiformaten schwierig. Schon in den Langzeitarchiven gelten zum Teil Aufbewahrungsfristen von bis zu 30 Jahren, bevor die Dokumente den Staatsarchiven angeboten werden. Für elektronische Aktenführung und zur Langzeitarchivierung von elektronischen Dokumenten bietet sich das plattformunabhängige PDF-Dateiformat an. Entsprechende Software zum Bearbeiten der Dateien ist sehr weit verbreitet und kann als Quasi-Standard betrachtet werden. Das PDF-Format eignet sich zur originalgetreuen Wiedergabe auf verschiedensten Computersystemen und unterliegt grundsätzlich keinen typischen Konvertierungsproblemen. Ohne zu tief in das nicht nur technisch komplexe Thema einzusteigen, bleibt 384 385 386 387

Roßnagel, in: Kubicek u. a., S. 158 (163 ff.). Bunzel, BauR 2008, 301 (303). Dietlein/Heinemann, NWVBl. 2005, 53 (57). LSKN, http://www.lskn.niedersachsen.de/live/live.php?navigation_id=25636& article_id =87331& _psmand=40, besucht 31. 05. 2011.

Rechtliche Problemfelder und Restriktionen

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darauf hinzuweisen, dass es auch bei diesem Format verschiedene Spezifikationen gibt und bei unbedarfter Nutzung Kompatibilitätsprobleme, welche zu Darstellungsfehlern führen können, nicht gänzlich ausgeschlossen werden können. Zu empfehlen ist deshalb die ausschließliche Verwendung der PDFSpezifikation A, da diese eine größtmögliche Kompatibilität auch für Archivierungszwecke bietet.388 PDF/A enthält als Hauptmerkmal alle benutzten Schriftarten und Bilder, ohne dass externe Verlinkungen oder Dateien benötigt werden.389 Somit soll eine originalgetreue Abbildung und auch langfristige Nutzungsmöglichkeit gewährleistet werden. Mittlerweile stehen nur noch wenige verwaltungsrechtliche Formvorschriften einer flächendeckenden Einführung der digitalen Signatur entgegen. Durch die grundsätzlich zulässige elektronische Kommunikation nach § 3a VwVfG kann zumeist auch in Fällen einer geforderten Schriftform eine elektronische Kommunikation stattfinden, soweit die Voraussetzungen gemäß § 3a VwVfG erfüllt sind. Heutzutage scheitert es folglich nicht an der rechtlichen Zulässigkeit, sondern eher am Fehlen der Voraussetzungen seitens der Behörde oder mindestens noch genauso wahrscheinlich seitens des Bürgers. So müssen am Beispiel der Finanzbehörden, die Bescheide oftmals schriftlich erteilt werden, in dem Fall scheitert eine elektronische Kommunikation zumindest, wenn der Bürger keinen entsprechenden Zugang eröffnet hat.390 Derartige Formvorschriften stehen somit der praktischen Nutzung von elektronischen Dokumenten selbst in Verbindung mit digitalen Signaturen entgegen. Mittlerweile ist etwa die elektronische Steuererklärung zumindest teilweise möglich, mit qualifizierter elektronischer Signatur kann sogar auf ein Schriftstück in Papierform verzichtet werden. Der Kreis von der elektronischen Aktenführung zum E-Government allgemein schließt sich damit, dass der zu einengende Blick auf ein papierloses Büro mit elektronischen Akten sich zu sehr auf die Arbeitstechniken im Büro beschränkt hat – heute ist auch die Einbeziehung kooperativer Unterstützungssysteme in einer Gesamtbetrachtung hin zum E-Government nötig.391

5.

Beteiligungsvorhaben und elektronische Signatur

Für die Stellungnahmen der Öffentlichkeit und der Behörden oder sonstigen Träger öffentlicher Belange im Rahmen von Bauleitplanungsverfahren besteht 388 PDF/A nach International Organization for Standardization (ISO), ISO-Norm 19005 - 1:2005. 389 Vertiefend etwa Drümmer/Oettler/Seggern, PDF/A Kompakt. 390 Siehe §§ 157 Abs. 1, 191 Abs. 1 S. 3 AO. 391 Vgl. Engel, S. 171.

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Internetgestützte Partizipation in der Bauleitplanung

kein spezielles gesetzliches Schriftformerfordernis.392 Für die digitale Übermittlung der Dokumente kann somit auf die Nutzung einer Signatur verzichtet werden. Ob dies zugunsten der Dokumentensicherheit und Authentizität so bleibt, ist bislang eine hypothetische Frage. Es ist jedoch auch hier auf die grundsätzlich unsichere Übermittlung als E-Mail oder anderer nicht durch Signaturmaßnahmen geschützten Form hinzuweisen.

392 Siehe auch S. 88 ff., 95 ff.; vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 24.

7. Kapitel: Öffentlichkeitsbeteiligung

Die kommunale Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 GG ist gelebte Demokratie, die in überschaubaren Räumen eine bürgerschaftliche Mitwirkung ermöglicht.393 Neben der Beteiligung der Behörden und Träger öffentlicher Belange gem. § 4 BauGB ist die Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 BauGB das Kernstück der öffentlichen Verfahrensbeteiligung im Bauplanungsrecht. Das Baugesetzbuch nennt in § 3 zwei unterschiedliche Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung, die jeweils in verschiedenen Planungsstadien Anwendung finden. So gliedert sich der Ablauf der Öffentlichkeitsbeteiligung in eine frühzeitige (vorgezogene) Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB sowie eine förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung gem. § 3 Abs. 2 BauGB. Die Öffentlichkeitsbeteiligung im Baurecht gem. § 3 BauGB dient nicht der Erfüllung einer grundrechtlichen Schutzpflicht, sondern hat im Sinne des § 1 Abs. 1 BauGB die dem Gemeinwohl dienende Aufgabe, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in dem Gebiet einer Gemeinde vorzubereiten und zu leiten.394 Zugleich fordert die europarechtliche Plan-UP-Richtlinie entsprechende Regelungen zur Öffentlichkeitsbeteiligung. Seit Inkrafttreten des sogenannten Europarechtsanpassungsgesetzes Bau (EAG Bau) ist im BauGB der alte Begriff »Bürgerbeteiligung« durch »Öffentlichkeitsbeteiligung« in § 3 BauGB umbenannt wurden. Ohne dass eine inhaltliche Textänderung stattfand, wurde die Öffentlichkeitsbeteiligung damit an den in der Plan-UP-Richtlinie verwendeten Begriff angepasst. Daneben diente die Wortanpassung jedoch auch der Klarstellung, dass nicht nur Bürger im gemeinderechtlichen Sinne, sondern auch Personen aus Nachbargemeinden sowie Verbände, sofern sie nicht schon Träger öffentlicher Belange sind, sich nach § 3 BauGB beteiligen können. Somit zählt zur Öffentlichkeit im Sinne von § 3 Abs. 1 BauGB jedermann, also jede natürliche wie auch juristische Person, die von der Bauleitplanung betroffen ist oder ein sonst wie geartetes Interesse an ihr hat. Die 393 Vgl. Stüer, DVBl. 2007, 1267 (1267). 394 BVerwG, Beschl. v. 3.8.1982 - 4 B 145/82 -, DÖV 1982, 941 f.

108

Öffentlichkeitsbeteiligung

Beteiligung ist insbesondere gerade nicht auf Bürger der Gemeinde im Sinne der jeweiligen Gemeindeordnung beschränkt.395 So können auch Naturschutzverbände Stellungnahmen einreichen und sich beteiligen. § 13 BauGB regelt das vereinfachte Verfahren und ermöglicht bei einer Änderung oder Ergänzung eines Bauleitplanes, bei dem die Grundzüge der Planung nicht berührt werden, Ausnahmen vom üblichen Ablauf der Beteiligung. So kann das frühzeitige Verfahren nach § 3 Abs. 1 S. 1 BauGB ebenso wie die frühzeitige Beteiligung der Behörden und Träger sonstiger Belange nach § 4 Abs. 1 BauGB entfallen und das formelle Verfahren nach § 3 Abs. 2 BauGB und § 4 Abs. 2 BauGB kann modifiziert durchgeführt werden. § 13a BauGB regelt darüber hinaus das beschleunigte Verfahren und ermöglicht bei bestimmten Vorhaben der Innenentwicklung ebenso ein Abweichen von der regulären Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung. Weitere besondere Verfahren und Regeln der Öffentlichkeitsbeteiligung im BauGB finden sich in § 137 BauGB für städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen, in § 175 Abs. 1 BauGB für städtebauliche Gebote, in § 22 Abs. 10 S. 2 in Verbindung mit Abs. 1 BauGB für Satzungen zur Sicherung von Gebieten mit Fremdenverkehrsfunktionen und in § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BauGB für die Zulassung von Vorhaben während der Planaufstellung.

A.

Ziele der Öffentlichkeitsbeteiligung

Die Öffentlichkeitsbeteiligung hat mehrere wichtige Ziele und Funktionen. Das gemeindliche Abwägungsmaterial im Sinne des § 2 Abs. 3 BauGB soll erweitert und ergänzt werden (Informationsfunktion). Erreicht werden soll dies durch die Einbeziehung des gesellschaftlichen Sachverstandes. Der Planungsprozess soll der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden (demokratische Funktion) und ihre Einwirkungsmöglichkeiten verbessern (Rechtsschutzfunktion). Weiter soll auf diesem Weg die Akzeptanz gemeindlicher Planungen erhöht werden (Integrationsfunktion). So dient die Mitwirkungsmöglichkeit des Einzelnen, so kontrovers dies auch sein mag, der faktischen Akzeptanz der letztlich beschlossenen staatlichen Maßnahme.396 Auch im Sinne einer europarechtlichen Aufwertung des Beteiligungsverfahrens geht es grundlegend um eine Richtigkeitsgewähr durch ein formelles Verfahren.397 So dienen Beteiligungsvorschriften nicht nur oder in erster Linie zur 395 Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 3 Rn. 6. 396 Hoppe, in: FS Scupin, S. 753. 397 Grundlegend zum Grundrechtsschutz durch Verfahren: BVerfG, Beschl. v. 20.12.1979 - 1 BvR 385/77 -, BVerfGE 53, 30 (63 ff.).

Ziele der Öffentlichkeitsbeteiligung

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Information des Planträgers. Eine direkte grundrechtsschützende Wirkung des § 3 BauGB ist dennoch umstritten.398 Die Öffentlichkeitsbeteiligung ist somit ein Teil des allgemeinen Öffentlichkeitsprinzips399 der Demokratie. Auch kann sie als Ausdruck des städtebaulichen Kooperationsprinzips verstanden werden.400 Insbesondere die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung war nicht immer unumstritten wie auch die wechselvolle Entstehungsgeschichte zeigt.401 Längst wird sie aber auch in der kommunalen Praxis hoch geschätzt und ihr ein großer Stellenwert beigemessen.402 Die genaue Funktion und vor allem die verfassungsrechtliche Einordnung der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung des § 3 BauGB sind jedoch noch immer umstritten.403 Letztendlich werden auch hier die Informationsfunktion404, demokratische Funktion405, Integrationsfunktion und auch die Rechtsschutzfunktion406 genannt. Natürlich erhöht sich auch durch eine gegebenenfalls umfangreiche frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung der Verwaltungsaufwand, was unter anderem das Planungsverfahren verlängern kann. Als weiterer Kritikpunkt wird die Frühzeitigkeit genannt, durch die ferner Bodenspekulationen angeheizt werden könnten, welchen, anders als bei städtebaulichen Sanierungen, nicht mit Ausgleichsbeiträgen begegnet werden kann.407 Aus pragmatischer Sicht der kommunalen Bauleitplaner sollen durch die Öffentlichkeitsbeteiligung hauptsächlich folgende Ziele erreichen werden:408 – Planungsfehler und damit verbundenen Rechtsstreitigkeiten werden vermieden. – Konsenserzeugung und Akzeptanzsicherung von Entscheidungen werden gefördert. – Gesellschaftliche Bedürfnisse und Präferenzen, um Zielgruppenorientierung und Problemadäquanz von Maßnahmen zu optimieren, werden eruiert. – Kreativitätspotenziale für die Entwicklung neuer Leistungsangebote oder angemessener Produktionsverfahren werden aktiviert. – Selbsthilfefähigkeit und Eigeninitiative werden unterstützt, um die Notwendigkeit kommunalen Handelns zu reduzieren. – Potenziale und Kompetenzen zur Evaluation kommunalen Handelns werden genutzt. 398 399 400 401 402 403 404 405 406 407 408

Vertiefend Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 3 Rn. 4. Dazu BVerfG, Urt. v. 14.01.1986 - 2 BvE 14/83 -, BVerfGE 70, 324 (358). Battis, S. 65. Vgl. W. Schrödter, in: Schrödter, § 3 Rn. 3 - 7. Vgl. BT-Drs. 13/5489, S. 9; Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 3 Rn. 3. Blümel, in: Blümel, S. 25 ff.; m. w. N. Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 3 Rn. 3. Vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.1987 - 4 NB 2/87 -, NVwZ 1988, 822 (822 f.). Vgl. BVerfG, Beschl. v. 09.12.1987 - 2 BvL 16/84 -, BVerfGE 77, 288 (300). Vgl. Gaentzsch, in: Schlichter, § 3 Rn. 3. Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 3 Rn. 3. Nach Tr¦nel/Märker/Hagedorn, S. 3 f.

110

Öffentlichkeitsbeteiligung

– Angemessenheit im Verhältnis zwischen aufzuwendenden Kosten und den erwarteten Effekten wird gefördert. Eine repräsentative Beteiligung der Bürger ist dabei nicht das Ziel, denn die Beteiligung dient der Entscheidungsvorbereitung – so kommt es darauf an, entscheidungsrelevantes Wissen zu sammeln, Optionen argumentativ zu bewerten und Bürgern, insbesondere Betroffenen, eine Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.409 Zusätzliche Erträge einer gelungenen Öffentlichkeitsbeteiligung können sein:410 – Informationsgewinne seitens der Verfahrensteilnehmer und Argumentation auf höherem Niveau. – Der verbleibende Dissens kann elaborierter und vernünftiger sein als am Anfang des Verfahrens. – Der soziale Frieden wird durch die Anerkennung von unterschiedlichen Standpunkten gefördert. – Konflikte werden deutlicher, so dass nicht nur die jeweils Betroffenen, sondern auch Verwaltung und Politik Konfliktpositionen besser verstehen.

B.

Frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung

In der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB wird die Öffentlichkeit über die Planungsentwürfe und Konzeptionen informiert und erhält eine frühe Gelegenheit zur öffentlichen Erörterung und Stellungnahme.411 Auf diesem Wege sollen die Wünsche und Vorstellungen der Bürger schon in einem frühzeitigen Stadium in die Planungen der Gemeinde einfließen. So ist die Öffentlichkeit möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, mögliche unterschiedliche Lösungen, welche für die Neugestaltung und Entwicklung des Gebietes in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswirkungen öffentlich zu unterrichten. Der Öffentlichkeit, dass heißt jedermann sowie juristischen Personen, ist Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben. Ein irgendwie geartetes Interesse, abwägungserhebliche Belange oder gar eigene Rechte sind nicht nachzuweisen.412 Gegenstand dieser sogenannten frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung ist zumeist gerade nicht ein ausgereifter Planentwurf – so kann sie bereits vor dem in § 2 Abs. 1 S. 2 BauGB vorgesehenen Planaufstellungsbeschluss stattfinden. Allerdings muss die Planung schon soweit verfestigt und konkretisiert sein, dass 409 410 411 412

Vgl. Troja, S. 145 ff. Nach Bora, S. 371 ff. Stüer, Der Bebauungsplan, Rn. 387. Stüer, Der Bebauungsplan, Rn. 388.

Formelle Öffentlichkeitsbeteiligung

111

eine Diskussionsgrundlage gegeben ist.413 § 3 Abs. 1 S. 2 BauGB nennt Ausnahmen, nach denen eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung entfallen kann.

I.

Verfahren der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung

Der Ablauf der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung lässt sich in zwei Verfahrensschritte unterteilen. So ist erstens die Öffentlichkeit zu unterrichten und zweitens den Bürgern Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben. Gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BauGB hat die Unterrichtung öffentlich zu erfolgen. Weitere Vorgaben zur Art und Weise enthält das Gesetz jedoch nicht. Adressatenkreis der Unterrichtung muss jedoch die Öffentlichkeit insgesamt sein und darf somit nicht auf einen Personenkreis, etwa nur Internetnutzer oder direkte Anwohner, beschränkt sein.414 Zugleich ist jedoch die zusätzliche Information über das Internet ein geeigneter Weg, um die Unterrichtung für einen Teil der Öffentlichkeit leichter und komfortabler zu gestalten.415 Das Verfahren und die Form bezüglich der Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung sind nicht näher vorgegeben. Insbesondere schreibt das Gesetz keine besondere Form der Äußerung oder Stellungnahme, wie beispielsweise die Schriftform, vor. Es obliegt somit der Gemeinde Art und Weise selbst festzulegen.416 Häufig werden öffentliche Erörterungstermine, etwa in Form von Bürgerversammlungen, bei denen die Gemeinde die Planungsabsicht und den Stand der Planungen darlegt gewählt und so auch eine frühzeitige Diskussion mit Ratsmitgliedern ermöglicht.

C.

Formelle Öffentlichkeitsbeteiligung

Nach der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgt die formelle gemäß § 3 Abs. 2 BauGB, sobald die Bauleitplanung einen entsprechenden Reifegrad erreicht hat. Es muss eine fertige Plankonzeption der Gemeinde vorliegen, welche vom Stand und Detailierungsgrad auch Gegenstand des endgültigen Ratsbeschlusses über den Bauleitplan sein könnte.417 Dabei wird die ausgearbeitete Planung gemäß § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB für einen Monat öffentlich ausgelegt und 413 Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 3 Rn. 8a. 414 Vgl. Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Vorb. § 1 - 13a Rn. 43; § 3 Rn. 18. 415 Vgl. Bunzel, BauR 2008, 301 (305). 416 Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 3 Rn. 9. 417 Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, § 3 Rn. 12.

112

Öffentlichkeitsbeteiligung

jedermann kann diese einsehen und nach § 3 Abs. 2 S. 2 BauGB Stellungnahmen vorbringen. Bei einer Planänderung nach der förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligung muss grundsätzlich eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinden, § 4a Abs. 3 BauGB. Wenn die Änderung oder Ergänzung des Bauleitplans die Grundzüge der Planung nicht berührt, kann die erneute Öffentlichkeitsbeteiligung jedoch auf die geänderten oder ergänzten Teile beschränkt werden.

I.

Verfahren der formellen Öffentlichkeitsbeteiligung

Die formelle Öffentlichkeitsbeteiligung richtet sich nach § 3 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 4 BauGB. Die Vorschriften enthalten Vorgaben zur Dauer des Verfahrens, der Bekanntmachung sowie zur Handhabung der eingegangenen Stellungnahmen. 1.

Offenlegungsbekanntmachung

Die förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung beginnt mit der öffentlichen Auslegung und dessen Bekanntmachung. In der Offenlegungsbekanntmachung gemäß § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB ist mindestens eine Woche vor Beginn ortsüblich auf die Öffentlichkeitsbeteiligung hinzuweisen. Insbesondere ist anzugeben, zu welchen Zeiten und wo die Pläne einsehbar sind und wo respektive Einwendungen oder Stellungnahmen geltend gemacht werden können. Das Verfahren ist somit form- und ortsgebunden. Die Form der Bekanntmachung wird durch die Ortsüblichkeit definiert. Landesrechtliche Regelungen und auch die Gemeindesatzungen können dazu Vorgaben enthalten.418 Die Offenlegungsbekanntmachung soll die Öffentlichkeitsbeteiligung anstoßen und somit die Bürger herausfordern, mit Anregungen zur Planung beizutragen.419 Folglich hat sie auf eine Weise zu erfolgen, dass Interesse an Information und Beteiligung bei der Öffentlichkeit geweckt wird. Die ortsübliche Bekanntmachung erfolgt in der Regel in der Lokalpresse, durch Aushang und nun öfter auch über das Internetangebot der Gemeinde. Wie auch in der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung, ist eine ausschließliche Bekanntmachung im Internet nicht zulässig. Aufgrund einer stetig wachsenden

418 Vgl. W. Schrödter, in: Schrödter, § 10 Rn. 64. 419 BVerwG, Urt. v. 06.07.1984 - 4 C 22/80 -, BVerwGE 69, 344; BVerwG, Urt. v. 26.05.1978 - 4 C 9/ 77 -, BVerwGE 55, 369; Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 3 Rn. 14.

Formelle Öffentlichkeitsbeteiligung

113

Anzahl von Internetnutzern, ist eine zusätzliche Bekanntmachung im Internet jedoch auch hier sinnvoll.420 2.

Stellungnahmen

Die Stellungnahmen im Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung können während des Auslegungszeitraumes abgegeben werden. Sie können sowohl schriftlich, mündlich oder zur Niederschrift bei der Gemeindeverwaltung einzeln oder auch als Sammeleingabe vorgebracht werden.421 Das Gesetz schreibt somit auch hier keine besondere Form der Stellungnahmen vor.422 Eine gewisse Einschränkung als Hinweis im Text der Bekanntmachung, zumindest darauf, dass die Stellungnahmen schriftlich oder zur Niederschrift abzugeben sind, sei jedoch zulässig.423 So könnte bei lediglich mündlich vorgetragenen Argumenten, die nirgendwo fixiert werden, die Gefahr bestehen, dass ihnen das gebührende Gewicht nicht in gleicher Weise zukommt und auch bei einer gewissenhaft arbeitenden Verwaltung die Gefahr besteht, in Vergessenheit zu geraten oder abweichend von der eigentlichen Meinung des Einwenders festgehalten zu werden. Auch besteht zumindest kein Recht auf einen mündlichen Vortrag vor dem beschließenden Gemeindeorgan, jedoch sei eine Erörterung in einigen Fällen sinnvoll.424 Ein grundsätzlicher Ausschluss mündlich vorgebrachter Stellungnahmen aufgrund der Form sei jedoch unzulässig.425 Sowohl in der frühzeitigen als auch in der formellen Öffentlichkeitsbeteiligung sind die Bürger beteiligungsberechtigt. Gemeint sind damit nicht nur Bürger der planaufstellenden Gemeinde beziehungsweise im Sinne der Gemeindeordnung, sondern jedermann – auch eine Planbetroffenheit oder Klagebefugnis ist nicht erforderlich.426 Auch ein irgendwie geartetes Interesse ist nicht nachzuweisen. Somit handelt es sich um eine uneingeschränkte Beteiligung der Öffentlichkeit. Die Gemeinde ist allerdings nur verpflichtet, eine gemeindliche Öffentlichkeit herzustellen, so dass sie nicht sicherstellen muss, dass auch Auswärtige außerhalb der Gemeindegrenzen von dem Beteiligungsverfahren erreicht werden.427 In der Beratung und Planabwägung werden zusam420 421 422 423 424 425 426

Vgl. Bunzel, BauR 2008, 301 (305). Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 3 Rn. 18. Siehe dazu auch S. 90 ff., 94 f. BVerwG, Beschl. v. 28.01.1997 - 4 NB 39/96 -, UPR 1997, 319 f. Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 3 Rn. 57. Bunzel, BauR 2008, 301 (306). Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 3 Rn. 13a; Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 3 Rn. 6. 427 BVerwG, Urt. v. 6.7.1984 - 4 C 22.80 -, BVerwGE 69, 344; Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/ Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 3 Rn. 13b.

114

Öffentlichkeitsbeteiligung

men mit den restlichen Belangen auch die eingegangenen Stellungnahmen, welche grundsätzlich vorher durch die Verwaltung aufbereitet wurden, beraten. 3.

Unterrichtung über den Ausgang des Beteiligungsverfahrens

Soweit die Stellungnahmen fristgemäß abgegeben wurden, sind sie nach § 3 Abs. 2 S. 4 BauGB von der Gemeinde zu prüfen und das Ergebnis ist den Einsendern mitzuteilen. Der Anspruch auf Mitteilung des Ausgangs des Beteiligungsverfahrens ist sogar einklagbar.428 Eine mündliche Mitteilung reicht gegebenenfalls auch aus.429 Dies ist jedoch mangels Dokumentierbarkeit weder praktisch noch zu empfehlen.430 Oftmals geschieht die Mitteilung des Ergebnisses zusammen mit dem Beschluss über den Bauleitplan. Um den gesetzmäßigen Ablauf des Verfahrens zu dokumentieren, kann jedoch auch ein vorhergehender Beschluss über die Stellungnahmen sinnvoll sein.431 Grundsätzlich kann die Unterrichtung auch mittels elektronischer Kommunikation wie etwa E-Mail erfolgen, vorausgesetzt, dass der Adressat einen Zugang für elektronische Kommunikation im Sinne von § 3a Abs. 1 VwVfG eröffnet hat.432 Die Zugangseröffnung in diesem Sinne könnte aus praktischer Sicht zusammen mit Abgabe der Stellungnahme in elektronischer Form, beispielsweise E-Mail oder Onlineformular, erfolgt sein. Bei den Hinweisen zur Eröffnung eines Zugangs für elektronische Kommunikation sollte somit auf die notwendige Einwilligung hingewiesen werden, auch wenn schon in der digitalen Abgabe der Stellungnahme eventuell eine konkludente Erklärung gesehen werden könnte.433 Erfolgt die Abgabe der Stellungnahme über ein Onlineformular und soll die spätere Unterrichtung nach § 3 Abs. 2 S. 4 BauGB auch auf elektronischem Weg erfolgen, empfiehlt es sich eine Abfrage in Form einer Eingabemaske vorzusehen, um die Einwilligung abzufragen und zu dokumentieren.434 Darüber hinaus sollten zumindest Name und Anschrift für eine spätere Mitteilung des Ergebnisses der Prüfung abgefragt werden.435

428 429 430 431 432 433 434 435

Vgl. Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 3 Rn. 65. VGH Mannheim, Beschl. v. 12. 03. 1969 - III 213.67 -, BRS 22 Nr. 28. Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 3 Rn. 19. Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 3 Rn. 61. Vgl. auch Bunzel, BauR 2008, 301 (307). Siehe dazu auch oben S. 94 f. Vgl. Bunzel, BauR 2008, 301 (307). Grundlegend dazu Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 3 Rn. 65 ff.

Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange

D.

115

Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange

Am Bauleitplanverfahren sind neben der Öffentlichkeit, die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange zu beteiligen. Dies erfolgt in einem zweistufigen Verfahren mit einer frühzeitigen und einer förmlichen Behördenbeteiligung. Nach § 4 Abs. 1 S. 1 BauGB sind die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Zuständigkeitsbereich durch die Planung tangiert werden kann entsprechend § 3 Abs. 1 S. 1 BauGB im Verlauf der frühzeitigen Behördenbeteiligung zu unterrichten und aufzufordern, sich auch bezogen auf den erforderlichen Umfang und Detaillierungsgrad der Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB zu äußern. Anders als bei der internetgestützten Beteiligung der Öffentlichkeit ist bei der elektronischen Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange nicht unbedingt eine offenere und nutzerfreundlichere Beteiligung das Ziel, sondern als Ziel kann vielmehr eine medienbruchfreie und auch dadurch effizientere Bearbeitung genannt werden.436 Der Aufwand für den Druck der Pläne und Begründungen sinkt und es müssen weniger Dokumente postalisch versendet werden. Die Effizienzvorteile in Form von Kosteneinsparungen und einer möglicherweise auch schnelleren Bearbeitung beschränken sich dabei nicht nur auf den Planungsträger, sondern gelten auch für die zu beteiligenden Behörden und weiteren Träger öffentlicher Belange. Durch die Vorgaben zur Umweltprüfung wurde die Behördenbeteiligung an europäische Richtlinienvorgaben angepasst. Nach § 2 Abs. 4 S. 2 BauGB hat die Gemeinde in der Umweltprüfung für jeden Bauleitplan festzulegen, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Gemäß § 4 Abs. 1 BauGB hat sich die Behördenbeteiligung auch auf diesen Untersuchungsrahmen zu erstrecken.

I.

Verfahren

Schon während der frühzeitigen Behördenbeteiligung müssen die Planungen und Vorstellungen der Gemeinde einen entsprechenden Reifegrad erreicht haben, um den Behörden und sonstigen Trägern öffentlicher Belange eine Stellungnahme zu ermöglichen. In den Stellungnahmen kann somit wiederum auch zum Umfang und Detaillierungsgrad Stellung genommen werden. Ist die Planungsphase abgeschlossen, wird nach § 4 Abs. 2 BauGB eine 436 Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 55; Bunzel, BauR 2008, 301 (310).

116

Öffentlichkeitsbeteiligung

förmliche Behördenbeteiligung durchgeführt. Dabei sind durch die Gemeinde Stellungnahmen der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange, deren Zuständigkeitsbereich durch die Planung berührt werden kann, zum Planentwurf und zur Planungsbegründung einzuholen. Innerhalb eines Monats haben die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange ihre Stellungnahmen abzugeben, § 4 Abs. 2 S. 2 BauGB. Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kann die Gemeinde diese Frist allerdings auf Antrag verlängern. Es handelt sich somit eher um eine Regelfrist. Die Träger öffentlicher Belange sollen sich gemäß § 4 Abs. 2 S. 3 BauGB in ihren Stellungnahmen auf ihre eigenen Belange beschränken. Mehr als geringfügige, schutzwürdige und erkennbare Belange sind jedoch immer in die Abwägung einzustellen, selbst wenn der Einwendungsführer sich nicht auf diese als eigene Belange berufen kann.437 Berechtigte Einwendungen dürfen somit nicht von einer Gemeinde ignoriert werden, nur weil diese nicht dem Aufgabenbereich des Einwendungsführers zuzuordnen sind. Weiter haben nach § 4 Abs. 2 S. 3 BauGB die Behörden und sonstige Träger öffentlicher Belange in ihrer Stellungnahme, die Gemeinde über beabsichtigte oder bereits eingeleitete Planungen und sonstige Maßnahmen zu informieren, welche die städtebauliche Entwicklung und Ordnung des Plangebietes beeinflussen können. Die Stellungnahmen der Behörden und sonstiger Träger sind in der Abwägung gemäß § 1 Abs. 7 BauGB zu berücksichtigen. § 4 Abs. 2 S. 1 BauGB sieht eine Präklusionsfrist für nicht innerhalb der Frist vorgebrachte Belange vor, es sei denn, die verfristet vorgebrachten Belange sind der Gemeinde bekannt, hätten ihr bekannt sein müssen oder sind für die Rechtmäßigkeit der Planung von Bedeutung, § 214 Abs. 1 und 3 BauGB in Verbindung mit § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 2, § 4a Abs. 3 und 5 S. 2 BauGB.

II.

Ausschließlich elektronische Behördenbeteiligung?

Ist bei der Öffentlichkeitsbeteiligung ein elektronisches Verfahren nur zusätzlich und fakultativ möglich, kann die internetgestützte Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange nach § 4a Abs. 4 S. 2 in Verbindung mit § 4 BauGB das klassische papiergestützte Verfahren ersetzen. Die gesetzlichen Vorrausetzungen sind dabei eindeutig festgelegt. Nach § 4a Abs. 4 S. 2 Hs. 1 BauGB muss der Planungsträger den Entwurf des Bauleitplans und die Begründung in das Internet eingestellt haben und nachfolgend die zu beteiligenden Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange über den Ort und die Dauer der öffentlichen Auslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB sowie über die 437 Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, Rn. 971.

Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange

117

Internetadresse zum Abrufen der Unterlagen informieren. In diesem Fall hat der Planungsträger die Unterlagen nur auf ausdrückliches Verlangen nach § 4a Abs. 4 S. 3 Hs. 1 BauGB in Papierform an die Behörde oder sonstigen Träger öffentlicher Belange zuzustellen. Die Beteiligungsfrist verlängert sich durch das Anfordern eines Papierexemplars nicht automatisch, § 4a Abs. 4 S. 3 Hs. 2 BauGB mit Verweis auf § 4 Abs. 2 S. 2 BauGB. Die Nutzung elektronischer Informationstechnologien zur Behördenbeteiligung stellt somit eine echte Alternative zur klassischen Einleitung und Form des Beteiligungsvorgangs dar. Die Mitteilung über das Beteiligungsverfahren nach § 4a Abs. 4 S. 2 Hs. 2 BauGB kann ausschließlich auf elektronischem Weg erfolgen, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet hat.438 Der Planungsträger muss vor dem Beginn des Beteiligungsverfahrens klären, ob er alle notwendigen Entwurfsunterlagen in elektronischer Form vorliegen hat und diese im Internet veröffentlichen kann. Die Veröffentlichung muss nicht für jedermann zugänglich erfolgen, sondern kann auch geschützt werden, so dass nur die berechtigten Behörden und sonstigen Träger Zugriff haben. Jedoch gibt es bezüglich der digitalen Entwurfsunterlagen in dieser Frage oft eine Verbindung zur Öffentlichkeitsbeteiligung, da die Unterlagen – soweit sie schon in elektronischer Form vorliegen – sinnvollerweise auch für die Beteiligung der Öffentlichkeit im Internet für jedermann zugänglich gemacht werden sollten. Weiter stellt sich für den Planungsträger die Frage, auf welchem Weg er die zu beteiligenden Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange über das Beteiligungsverfahren nach § 4a Abs. 4 S. 2 Hs. 2 BauGB informieren will und in welcher Medienform er die Stellungsnahmen empfangen möchte. Zunächst ist auch die Benachrichtigung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange formlos möglich.439 Eine einfache Textform im Sinne von § 126b BGB ist ausreichend.440 Somit ergeben sich keine speziellen Formvoraussetzungen zur Nutzung der elektronischen Kommunikation. Insbesondere besteht kein Zwang zur Nutzung von qualifizierten elektronischen Signaturen nach Signaturgesetz, es sei denn eine zu beteiligende Behörde hat dies zur Voraussetzung für eine elektronische Kommunikation erklärt. Weiter ist entscheidend, ob der Planungsträger auch für eingehende Stellungnahmen auf elektronischem Weg den Zugang eröffnet oder ob er dies womöglich gerade ausgeschlossen hat. Sollen Stellungnahmen auch auf elektronischem Weg angenommen werden, sind Vorgaben unter anderem zur Form zu machen.441 438 439 440 441

Zu den Voraussetzungen der Zugangseröffnung siehe S. 90 ff. Vgl. W. Schrödter, in: Schrödter, § 3 Rn. 39. Vgl. auch Bunzel, BauR 2008, 301 (311). Siehe dazu S. 90 ff.

118 III.

Öffentlichkeitsbeteiligung

Elektronische Behördenbeteiligung nur zeitgleich mit Öffentlichkeitsbeteiligung?

Für die Behördenbeteiligung auf elektronischem Weg sind nach § 4a Abs. 4 S. 2 1. HS BauGB die Behörden und sonstige Träger öffentlicher Belange durch Mitteilung von Ort und Dauer der öffentlichen Auslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB und der Internetadresse, unter der der Entwurf des Bauleitplans und die Begründung abgerufen werden können, zu informieren. Dem Wortlaut nach könnte somit angenommen werden, dass eine elektronische Behördenbeteiligung nur dann möglich ist, wenn die Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB und die Behördenbeteiligung nach § 4 Abs. 2 BauGB zeitgleich durchgeführt werden. Die Anwendung der Vorschrift würde somit erheblich eingeschränkt, da es verbreitete Praxis ist, die Behördenbeteiligung nach § 4 Abs. 2 BauGB vor der förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen.442 Hintergrund ist, dass die Behördenbeteiligung oftmals zu Änderungen im Planentwurf und Begründung führt, welche anderenfalls zu einer Wiederholung der förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligung führen würden. Dieser nach § 4a Abs. 2 BauGB zulässige Weg wird vor allem aus Gründen der Verfahrenseffizienz gewählt. Womöglich handelt es sich bei der Formulierung in § 4a Abs. 4 S. 2 1. HS BauGB jedoch um ein redaktionelles Versehen. Dafür spricht, dass weder in der Gesetzesbegründung noch in den anderen Gesetzmaterialien diese faktische Beschränkung erwähnt oder begründet wird. Entsprechend wird die Meinung vertreten, dass § 4a Abs. 4 S. 2 1. HS BauGB eine ausschließende Wirkung entfaltet und folglich eine Behördenbeteiligung unter Angabe einer Internetadresse, jedoch ohne Nennung von Ort und Zeit der öffentlichen Auslegung, zulässig ist.443 Es würde auch verwundern, wenn die Nutzung elektronischer Informationstechnologien nach § 4a Abs. 1 S. 1 BauGB die ansonsten zulässige Staffelung der Beteiligungsschritte verbieten würde. In diesem Sinne sei der geforderten Mitteilung über Ort und Zeit der öffentlichen Auslegung nach § 4a Abs. 4 S. 2 1. HS BauGB lediglich eine deklaratorische, jedoch keine konstitutive Wirkung beizumessen und somit nicht als Zulässigkeitsvoraussetzung zu werten.444

442 Vgl. Bunzel, BauR 2008, 301 (310). 443 Vgl. Bunzel, BauR 2008, 301 (311). 444 Bunzel, BauR 2008, 301 (311).

Praxisbeispiele für internetgestützte Beteiligungsangebote

E.

119

Praxisbeispiele für internetgestützte Beteiligungsangebote

Wie sieht zurzeit die Realität aus? Internetgestützte interaktive Beteiligungsformen haben bislang kaum Eingang in die Praxis der Bauleitplanung gefunden. Die Verfahren werden nach außen hin fast ausschließlich ohne die Einbindung elektronischer Informations- und Kommunikationstechnologien durchgeführt. Allenfalls rein auf Informationsvermittlung ausgerichtete Internetangebote der Städte und Gemeinden sind schon relativ häufig zu finden, wo Entwürfe und fertige Bauleitpläne im Internet angesehen werden können. Ein informationstechnischer Rückkanal zur Verwaltung wird jedoch in den wenigsten Fällen eröffnet. Erste Versuche zu internetgestützten Öffentlichkeitsbeteiligungen haben mittlerweile stattgefunden. Bislang handelt es sich jedoch noch um einzelne und aufgrund fehlender einheitlicher Standards nur schwer zu vergleichende Verfahren. Folglich handelt es sich bei den Erkenntnissen um Einzelfälle, und eventuelle Rückschlüsse sind nur bedingt verallgemeinerungsfähig. Im Folgenden sollen ein paar Beispiele für internetunterstützte Verfahren kurz vorgestellt werden.

I.

Hamburg

Die Freie und Hansestadt Hamburg setzte ebenso wie München bisher die Onlinebeteiligungsplattform »Bauleitplanung online« aufbauend auf der Plattform DEMOS445 ein.446 Generell stellt die Stadt Bauleitpläne im Verfahrensstadium zum Betrachten ins Internet.447 Über die Plattform DEMOS kann die komplette Beteiligung der Öffentlichkeit sowie die Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange internetbasiert durchgeführt werden. Die gesamten Planungsunterlagen können auf der Plattform eingesehen werden, wie auch Stellungsnahmen auf diesem Weg eingereicht und eingesehen werden können. Der gesamte Vorgang, vom Betrachten der Unterlagen bis zum möglichen Einreichen einer Stellungnahme, kann somit auf elektronischem Weg erfolgen. Selbstverständlich ist die Nutzung rein fakultativ. 445 Delphi-Mediation-Online-System (DEMOS) der Firma TuTech Innovation GmbH, http:// tutech.de/22326554, besucht am 31. 05. 2011; siehe auch (Meta-) Weblog über DEMOS: http://www.demos-monitor.de; Video zur Funktionsweise http://www.youtube.com/ watch?v=AsSNYPhwJuc, besucht am 31. 05. 2011. 446 Vgl. http://www.demos-monitor.de/index.php/formelle-beteiligung-in-hamburg-jetzt-online/, besucht 31. 05. 2011. 447 Vgl. http://www.hamburg.de/bauleitplanung, besucht am 01. 02. 2010.

120

Öffentlichkeitsbeteiligung

Im Jahr 2008 wurde in Hamburg der Bebauungsplan »Lokstedt 56« als Pilotprojekt als komplettes formelles Online-Beteiligungsverfahren in der Phase der Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange durchgeführt. Von 80 zu beteiligenden Dienststellen hatten sich im Vorfeld schon 80 Prozent zur Nutzung der internetbasierten Beteiligungsplattform gemeldet und somit auf die Zusendung von Unterlagen in Papierform verzichtet.448 Das Interesse in den Behörden an medienbruchfreien elektronischen Planungsverfahren scheint somit durchaus vorhanden zu sein. Auch Verfahren mit Beteiligung der Öffentlichkeit wurden schon über DEMOS durchgeführt. Beispielhaft sind das Bebauungsplanverfahren »Eimsbüttel 35« und eine Partizipation zum umstrittenen Vorhaben »Living Bridge – Wohnbrücke über der Elbe« im Rahmen einer informellen Beteiligung vor Planungsreife zu erwähnen. Zum letztgenannten, nicht abgeschlossenen Vorhaben existiert eine umfangreichere Auswertung des Verfahrens.449 Zumindest dieses markante Vorhaben wurde sowohl von Experten als auch von Bürgern sehr gut angenommen und es gelang, wenn auch nicht abschließend, eine mehr als solide Entscheidungsgrundlage für ein mögliches späteres Planungsvorhaben zu legen.450 Hervorgehoben werden sollte weiter, dass das Beteiligungsprojekt in den Medien rege Beachtung gefunden hat und das ergänzend zum rein elektronischen Verfahren im Internet auch mehrere öffentliche Präsenzveranstaltungen abgehalten wurden, welche wiederum Eingang in die Online-Beteiligung gefunden haben. Das Beteiligungsverfahren »Living Bridge« wurde nicht im Rahmen einer frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung nach Baugesetzbuch durchgeführt, sondern diente der Erhebung eines Meinungsbildes weit im Vorfeld einer möglichen Bauleitplanung. Zumindest auf Verfahren der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 BauGB sind die verwendeten Instrumente jedoch problemlos übertragbar.451 So kommt es weder im weiten Vorfeld einer Bauleitplanung noch in der Phase einer frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne des Baugesetzbuches auf einzelne Details an. Vielmehr können und sollen grobe Planungsabsichten und mögliche Alternativen diskutiert und um neue Ideen ergänzt werden. Entsprechende Beteiligungsplattformen können somit nicht nur im Planungsverfahren selbst, sondern auch sehr gut im Vorfeld in Form eines Bürgerdialoges genutzt werden. Im Verfahren »Living Bridge« wurden neben textlichen Beschreibungen des Vorhabens, bildlichen Plänen und Fotomontagen 448 Http://www.demos-monitor.de/index.php/formelle-beteiligung-in-hamburg-jetzt-online, besucht 31. 05. 2011. 449 Siehe Lührs, Abschlussbericht zum Hamburger Bürger-Dialog »Living Bridge«. 450 Lührs, Abschlussbericht zum Hamburger Bürger-Dialog »Living Bridge«, S. 81. 451 Vgl. Berghäuser/Berghäuser, NVwZ 2009, 766 (767).

Praxisbeispiele für internetgestützte Beteiligungsangebote

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auch Videoanimationen genutzt, den Interessierten das Bauvorhaben vorzustellen und somit den Einstieg in eine Diskussion zu schaffen. Parallel zur internetgestützten Beteiligung fanden mehrere öffentliche Präsenzinformationsveranstaltungen statt, welche Gelegenheit zur Diskussion auch mit den Stadtplanern und anderen Experten boten. Dabei wurden auch Zwischenergebnisse der Online-Beteiligung vorgestellt, wie auch die Ergebnisse der Präsenzveranstaltungen in das Internet eingestellt wurden. Voraussetzung der aktiven Teilnahme war lediglich die Registrierung eines Benutzernamens, Kennwortes und einer E-Mail-Adresse. Auf im Internet übliche Art und Weise wurde daraufhin eine Bestätigungs-E-Mail versendet, in welcher die Richtigkeit der Registrierung abschließend bestätigt werden musste. Die Zugangsschranken waren somit niedrig, jedoch mit dem Anmeldeverfahren zur aktiven Teilnahme zum Zwecke der Missbrauchsverhinderung wohl erforderlich. Die Diskussionen in den sogenannten Internetforen waren durch konkrete Fragestellungen eingeleitet und auch geordnet.452 Gefragt wurde etwa nach dem Einfügen ins Stadtbild, nach der Attraktivität des Wohnstandortes und den möglichen Auswirkungen des Vorhabens. Das Beteiligungsvorhaben wurde dabei in konkrete Phasen eingeteilt und am Ende jeder Phase wurden die bisherigen Stellungnahmen gebündelt und Ergebnisse herausgearbeitet. Fast 500 Nutzer registrierten sich dazu und verfassten 1.600 Beiträge in 22 Themenbereichen.453 Die Zahl der Beiträge und Diskussionen, auch mit Experten, wurde als Erfolg gewertet. Auch kann zumeist mit einer weit höheren Zahl von passiven Teilnehmern gerechnet werden – so besuchten über 8000 unterschiedliche Nutzer die Internetseite des Beteiligungsvorhabens und riefen einzelne Unterseiten etwa 150.000-Mal auf. Neutrale unabhängige Moderatoren haben das Beteiligungsverfahren begleitet und strukturiert. Auch achteten sie auf die Einhaltung der Beteiligungsregeln, welche verbindlich festgelegt waren. Zu besonders umfangreichen Themenkomplexen wurden eigenständige, durch die Benutzer veränderbare, Unterseiten – sogenannte Wikis454 – angelegt, wo somit Wissen und Aspekte genauer aufgeführt und gesammelt werden konnten. Auch war es möglich, einzelne zeitliche Bearbeitungszustände aufzurufen und somit die Entwicklung nachzuvollziehen. Besonders umstrittene Themen erhielten getrennte Wikis für befürwortende und ablehnende Argumente. Da auch gezielt gestalterische Aspekte zur Diskussion standen, haben die 452 Berghäuser/Berghäuser, NVwZ 2009, 766 (768). 453 Pressemitteilung der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt v. 21. 02. 2008. 454 Begriff abgeleitet vom Namen des Mitmach-Online-Lexikon Wikipedia, vgl. http:// www.wikipedia.de, besucht 12. 04. 2010.

122

Öffentlichkeitsbeteiligung

Initiatoren des Beteiligungsvorhabens damit ein besonders umstrittenes Feld betreten.455 So konnten die Nutzer auch ästhetische Festlegungen des architektonischen Entwurfs kommentieren und eigene Lösungen darstellen. Dies wurde zum Teil von Standesvertretern der Architekten und Stadtplanern als laienhafte Einmischung kritisiert.456 Offenbar war eine unfundierte Ablehnung bis hin zu reinem Antimodernismus befürchtet worden, was sich jedoch in dem Verfahren nicht bestätigte.

II.

Esslingen

Einer der Vorreiter war die Stadt Esslingen, die ein internetgestütztes Beteiligungsverfahren über vier Wochen im Jahr 2001 durchführte. Die Bürger hatten die Möglichkeit, ein umstrittenes Bauvorhaben in einem Internetforum zu diskutieren. Dabei ist die aktive sowie passive Beteiligung, gemessen an der Stadtgröße (90.000 Einwohner), eher gering gewesen, so dass weder von einem Massendiskurs noch von einer repräsentativen Beteiligung der Bürger die Rede sein kann.457 Jedoch beteiligten sich betroffene und fachkundige Bürger an der Diskussion, was entscheidend für die Akzeptanz ist. Zu einem richtigen Dialog zwischen Entscheidungsträgern und Bürgern ist es leider aufgrund mangelnder Beteiligung der Politiker nicht gekommen. Eine These des damals wissenschaftlich aufgearbeiteten internetgestützten Beteiligungsverfahrens lautet demnach auch wenig überraschend, dass die technisch und kulturell umsetzbaren Partizipationschancen größer seien als derzeit von der Politik geduldet.458 Weiter wurde ein wachsender Anspruch an Information und Beteiligung seitens der Bürger prognostiziert.

III.

Planungsverband Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main

Der Planungsverband Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main führte eine internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung zur Aufstellung eines regionalen Flächennutzungsplans (RegFNP) durch, wobei es sich um ein sehr komplexes und umfangreiches Verfahren handelte. Die dabei gesammelten Erfahrungen flossen unter anderem in einen Spezifikationsbericht459 ein, der bis heute einer der umfassendsten Leitfäden für internetgestützte Beteiligungen in formellen Pla455 456 457 458 459

Vgl. Berghäuser/Berghäuser, NVwZ 2009, 766 (768). Berghäuser/Berghäuser, NVwZ 2009, 766 (768). Vgl. Tr¦nel/Märker/Hagedorn, S. 26 f. Tr¦nel/Märker/Hagedorn, S. 31, 35 ff. Siehe BMWi, Spezifikationsbericht.

Praxisbeispiele für internetgestützte Beteiligungsangebote

123

nungsverfahren ist. Während des Verfahrens wurden verstärkt neue Medien, hauptsächlich ein Online-Diskussionsforum, eingesetzt, um nach eigener Angabe zeitgemäße Beteiligungsmöglichkeiten anzubieten und Effizienzsteigerungs- und Kostenreduktionspotenziale auszuschöpfen.460 Im Rahmen des Verfahrens wurde das Internet schwerpunktmäßig auch erst einmal genutzt, um das Instrument des regionalen Flächennutzungsplans bekannt zu machen und dann in zweiter Linie ein moderiertes Diskussionsforum zur Beteiligung der Öffentlichkeit anzubieten. In dem Abschlussbericht wird ein modulares Methodenbaukastensystem für die internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung empfohlen, um ausgearbeitete und vorhandene Beteiligungsund Verarbeitungsinstrumente vereinfacht auf andere Planungsprozesse mit Beteiligungsmaßnahmen übertragen zu können.461 Insgesamt wurde diese internetgestützte Beteiligungsmöglichkeit aus Sicht der Verwaltung als Erfolg gewertet.462

IV.

Weitere Beispiele

Einige weitere relativ gute interaktive Beteiligungsangebote sind bei folgenden Städten zu finden: Paderborn463, Essen464 und Frankfurt465. Die genannten Städte bieten ausführliche Informationen und die Möglichkeit der Beteiligung an der Bauleitplanung via E-Mail oder Onlineformular. Schon im Vorfeld eines Beteiligungsvorgangs oder der Planung eines Beteiligungsangebotes gilt es, Qualitätsstandards466 zu definieren und die Einhaltung auch regelmäßig zu prüfen. Immerhin umfangreichere Informationsseiten bietet beispielsweise Freiburg467. Weiter ist festzustellen, dass vereinzelt auch ältere Bauleitpläne nach und nach digitalisiert und im Internet öffentlich verfügbar gemacht werden.468 So etwa auch fast vollständig alle rechtskräftigen Bebauungspläne für ein ganzes Stadt460 BMWi, Spezifikationsbericht, S. 16. 461 BMWi, Spezifikationsbericht, S. 26 f.; eine Übersicht zu den einzelnen Modulen findet sich in BMWi, Spezifikationsbericht, S. 92 ff. 462 BMWi, Spezifikationsbericht, S. 17. 463 Http://www.paderborn.de/microsite/bauen_wohnen/stadtplanung/ 109010100000060710.php, besucht 31. 05. 2011. 464 Http://essen.de/de/Rathaus/Aemter/Aktionen/Aktuelle_Stadtplanungen/Themenseite_Bauen_in_Essen.html, besucht 31. 05. 2011. 465 Http ://www.stadtplanungsamt-frankfurt.de/buergermitwirkung_4317.html, besucht 12. 04. 2011. 466 Beispielhafte Kurzübersicht bei Richter/Sinning, S. 5; http://www.ifr-internetpreis.de/bewertungskriterien, besucht 23. 05. 2011. 467 Http://www.freiburg.de/servlet/PB/menu/1143621_l1/index.html, besucht 12. 04. 2011. 468 Beispielsweise http://www.geoportal.rlp.de, besucht 21. 05. 2011.

124

Öffentlichkeitsbeteiligung

gebiet am Beispiel Osnabrücks.469 Weitere Hinweise auf besonders gelungene internetgestützte Beteiligungsverfahren liefert der in den letzten Jahren jährlich vergebene Internetpreis des Informationskreises für Raumplanung (IfR) e.V.470 Im Jahr 2009 ging der Preis an das Stadtplanungsamt der Stadt Frankfurt am Main für das Auskunftssystem planAS471, über welches sich die Bürger neben der übersichtlichen Beteiligungsmöglichkeit auch Informationen zu bereits abgeschlossenen Planungen sowie zu weiteren Bereichen des Planungsrechts (Veränderungssperren, Erhaltungssatzungen, Sanierungsmaßnahmen, Entwicklungsmaßnahmen und Gestaltungssatzungen) informieren können. Gelungen und vor allem nicht nur grafisch ansprechend, sondern zugleich informativ, sind auch die, für verschiedene Planungsträger, über die Plattform B-Planpool ins Internet eingestellten Bauleitpläne.472 Neben der Möglichkeit die Pläne und sonstigen Unterlagen zu betrachten und in Form von PDF-Dateien herunterzuladen bietet die Plattform eine gelungene grafische Integration in internetbasierte Kartendienste.473 So werden beispielsweise Bebauungsplaninhalte interaktiv als eine zusätzliche Ebene über Straßen- oder Luftbildkarten gelegt. Ein Vorteil ist dabei die für den Benutzer grundsätzlich gewohnte Bedienung, da diese den üblichen Kartendiensten im Internet entspricht.474 Auch wird durch die Hinterlegung von Luftbildern und der Möglichkeit verschiedene Maßstäbe fast stufenlos auszuwählen, die Visualisier- und Verständnisfähigkeit verbessert im Gegensatz zu statischen (Papier-) Plänen. Der Anbieter wirbt neben der Durchführung von Öffentlichkeitsbeteiligungen explizit auch mit der internetbasierten Durchführung der Beteiligung der Behörden. Absolut begrüßenswert ist auch das Projekt »Bauleitplanung Online-Beteiligung« für Schleswig-Holstein (BOB-SH), das seit Anfang 2012, wenn auch noch im Funktionsumfang eingeschränkt, einsetzbar ist.475 Auf Grundlage der DEMOS-Plattform476 wird für alle Gemeinden in Schleswig-Holstein zentral eine Möglichkeit geschaffen, internetgestützte Beteiligungsprozesse durchzuführen. Ist die Beteiligung zunächst nur für Behörden und Träger öffentlicher Belange vorgesehen, soll später auch die allgemeine Öffentlichkeitsbeteiligung über die Online-Plattform möglich sein. Besonders positiv ist hervorzuheben, dass mit dem Projekt der Versuch gemacht wird, eine zumindest bundeslandeinheitliche 469 470 471 472 473

Etwa http://geodaten.osnabrueck.de/bplan, besucht 23. 08. 2011. Http://www.ifr-ev.de/index.php?id=160, besucht 22. 05. 2011. Siehe http://www.planas-frankfurt.de, besucht 23. 05. 2011. Http://www.b-planpool.de, besucht 06. 02. 2012. Siehe etwa http://b-planpool-wms.de/gesamt/9b237de228be3ff754 fd82be804ef0a0/wms, besucht 06. 02. 2012. 474 Etwa http://maps.google.de, besucht 06. 02. 2012. 475 Siehe http://www.bob-sh.de und http://www.demos-deutschland.de, besucht 06. 02. 2012. 476 Siehe dazu S. 164 ff.

Praxisbeispiele für internetgestützte Beteiligungsangebote

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Lösung zu schaffen, was nicht nur unter fiskalischen- und Schulungsgesichtspunkten vorteilhaft sein wird. Ein Großteil der Kosten der BOB-SH-Plattform wird aus dem Zukunftsinvestitionsgesetz477 finanziert, so dass für die teilnehmenden Gemeinden nur geringe Kosten anfallen sollen. In der Pilotphase wurde die erste Beteiligung im Jahr 2011 durchgeführt. Zum Betrieb der Plattform wurde ein Verein (Kommunales Forum für Informationstechnik e. V.) gegründet; die technischen Komponenten werden durch den Landkreis Stormarn betrieben. Zusammen mit Schleswig-Holstein ist die Hansestadt Hamburg dabei, diese Plattform einzuführen.478 Indem durch den Einsatz einer einheitlichen Software beziehungsweise Plattform ein möglichst großer potenzieller Nutzerkreis erschlossen werden kann, bieten sich erhebliche Vorteile bezogen auf Interoperabilität, einfacher Skalierbarkeit und Verfügbarkeit von Wissen und Erfahrung im Betrieb.479

477 Gesetz zur Umsetzung von Zukunftsinvestitionen der Kommunen und Länder v. 02. 05. 2009, BGBl. I S. 416 (428). 478 Vgl. http://www.bob-sh.de/haeufige-fragen/index.html, besucht 12. 05. 2011. 479 Siehe zum Vorteil standardisierter Software auch: Europäische Kommission, Digitizing Public Services in Europe, S. 17 f.

8. Kapitel: Reichweite und Informationsgehalt der Bauleitplanung im Internet

Auch von der möglichen Reichweite und dem Informationsgehalt einer internetgestützten Öffentlichkeitsbeteiligung hängt es ab, ob dieses Werkzeug zur elektronischen Beteiligung ein Erfolg wird. Fraglich ist auch, ob zukünftig einmal eine vollständige Abwicklung der Öffentlichkeitsbeteiligung über das Internet möglich und auch rechtlich zulässig wäre. Zunächst soll die aktuelle Verfügbarkeit und Nutzung des Internets näher betrachtet werden. Man unterscheidet zwischen Personen, die über einen Internetzugang verfügen und diesen nutzen, auch als »Onliner« bezeichnet, und denen, die das Internet nicht nutzen können oder wollen, sogenannte »Offliner«. Am treffendsten kann man diese Trennung mit dem Begriff »digitale Spaltung«, abgeleitet vom englischen Begriff »Digital Divide«, bezeichnen. Diese Spaltung zu überwinden oder zumindest zu verringern, muss auch bei allen Überlegungen zum E-Government ein wichtiges Anliegen sein.

A.

Digitale Gesellschaft – Verfügbarkeit und Nutzung internetbasierter Dienste

Konzepte, nach denen öffentliche Dienstleistungen ausschließlich online angeboten werden, können gravierende Auswirkung haben, soweit Gebiete in Deutschland mit einer schlechten oder schmalbandigen Internetversorgung weiterhin existieren und darüber hinaus internetferne Bevölkerungsschichten von dem Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen vollkommen abgeschnitten werden könnten. Dies hätte Auswirkungen für den gesamten Bereich der Verwaltung, elektronischen Demokratie und Partizipation. Da der § 4a Abs. 5 Satz 1 BauGB in der aktuellen Fassung den Einsatz von elektronischen Informationstechnologien nur zusätzlich zum klassischen Beteiligungsverfahren vorsieht, ist dieser Aspekt auf kurze Sicht noch nicht relevant. Die Entwicklung hin zu einer elektronischen Nutzungspflicht zur Kom-

128

Reichweite und Informationsgehalt der Bauleitplanung im Internet

munikation mit der öffentlichen Verwaltung – bislang nur für Selbstständige und Unternehmer – wie die elektronische Umsatzsteuervoranmeldung oder beispielsweise die zurzeit erforderliche Übermittlung des elektronischen Entgeldnachweises (ELENA)480 zeigen eine mögliche Richtung auf. Die ungleiche Verteilung des Zugangs zum Internet für unterschiedliche Bevölkerungsschichten innerhalb eines Landes – als »Digital Divide«481 oder auch »digitaler Graben« bezeichnet – darf bei der Einführung von E-Government-Dienstleistungen nicht unterbewertet werden. Die sozioökonomische Teilung einer Gesellschaft zwischen denen, die einen vollwertigen Zugang zum Internet haben und diesen auch nutzen können und denen, die hierzu aus unterschiedlichen Gründen nicht in der Lage sind, ist ein dringendes Schlüsselproblem mit Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft. Ungleiche Internetzugangsmöglichkeiten führen auch zu einem ungleichen Zugang zu Verwaltungsleistungen, sofern diese online angeboten werden. Gerade wenn öffentliche Dienstleistungen nur über das Internet angeboten werden, besteht die Gefahr, ganze Bevölkerungsgruppen komplett auszugrenzen.482 Beispielhaft haben in den Vereinigten Staaten von Amerika tendenziell Weiße einen besseren Zugang zum Internet als Schwarze, Reiche einen besseren als Arme, städtische Bevölkerungsschichten einen besseren als ländliche.483 Letztendlich haben sozial schwächere Gesellschaftsmitglieder in der Regel einen schlechteren Zugang zum Internet. Gerade dort wirkt der »Digital Divide« verheerend, wenn Verwaltungsdienstleistungen vermehrt im Internet angeboten werden. Positiver Gesichtspunkt ist wiederum, dass internetgestützte Beteiligungsverfahren, wie auch andere Angebote der öffentlichen Verwaltung, durchaus auch das Interesse von internetaffinen Bevölkerungsgruppen weckt, die sich ansonsten an den aus deren Sicht durchaus antiquierten klassischen Verfahren nicht beteiligen würden.484

I.

Verbreitung und Verfügbarkeit von Internetzugängen

Die Verfügbarkeit von Computern mit Internetanbindung im privaten Bereich nimmt fast unaufhaltsam weiter zu. Wie oben schon in den allgemeinen Erläuterungen aufgezählt, ist weiter vor allem die ständige Verfügbarkeit der Informationen und Beteiligungsmöglichkeiten Rund-um-die-Uhr von zu Hause oder auch dem Arbeitsplatz aus ein Fortschritt und wie dargestellt, ein wichtiger 480 481 482 483 484

Auch wenn das Verfahren abgeändert werden soll, vgl. S. 79. Grundlegend OECD, Understanding The Digital Divide. Vgl. auch Steinebach, ZfBR 2004, 16 (19). Schedler/Proeller, S. 261. So auch Berghäuser/Berghäuser, NVwZ 2009, 766 (768).

Digitale Gesellschaft – Verfügbarkeit und Nutzung internetbasierter Dienste

129

Punkt der Verwaltungsmodernisierung. Heute gehört die Verfügbarkeit des Internets am Arbeitsplatz auch in der Verwaltung eigentlich zur Selbstverständlichkeit – vor nicht ganz 10 Jahren war dies auch im Bereich der Bauleitplanung eher die Ausnahme.485 Selbst ländliche Gegenden, die bislang aufgrund unwirtschaftlicher Erschließungskosten nicht mit breitbändigen Internetanschlüssen ausgerüstet wurden, werden zunehmend, auch mit öffentlicher Förderung, versorgt. Technisch wird dabei häufig der Weg über mit geringeren Erschließungskosten verbundene Funkverbindungen, nach dem neuen LTEStandard als UMTS-Nachfolger, gewählt werden.486

II.

Die Nutzung internetbasierter Dienste – Selektivität als Problem

Demokratie lebt von und verlangt die gleichen Beteiligungschancen aller Bürger.487 So verlangt das Demokratiegebot eine allgemeine Beteiligungsmöglichkeit aller Bürger an elektronischen Partizipations- und Demokratieangeboten. Nachdem heute die technische Verfügbarkeit und Verbreitung von Internetzugängen selbst in schlecht versorgten Gebieten Deutschlands grundsätzlich möglich ist und allenfalls die verfügbare Bandbreite problematisch sein kann bzw. höhere Kosten verursacht, gibt es vor allem im Nutzungsverhalten weiterhin gravierende Unterschiede. Problematisch dürfte in diesem Zusammenhang vor allem die Tatsache sein, dass nicht alle Bürger über einen privaten Zugang zum Internet verfügen, beziehungsweise mit der Nutzung von Computern generell und dem Internet im Speziellen nicht ausreichend vertraut sind oder die Nutzung ablehnen. Möglicherweise wäre somit diese Bevölkerungsgruppe der Nicht-Internetnutzer von elektronischen Verfahren ausgeschlossen. Laut dem (N)ONLINER Atlas 2010, einer Befragung im Auftrag der Initiative D21, sank die Anzahl der Internetverweigerer alleine seit Anfang 2009 um sechs Millionen auf nur noch etwa 24 Prozent.488 Demnach sind rund 48,3 Millionen Deutsche über 14 Jahren online – was einem Anteil von etwa 72 Prozent der Bevölkerung entspricht (2001 waren es gerade mal 37 Prozent). Seit 2008 ist dies ein Zuwachs von 7 Prozentpunkten. Knapp 4 Prozent planen nach der Studie die baldige Internetnutzung. Auch wenn die Zuwachsraten langsam geringer ausfallen, haben in letzter Zeit vor allem günstige Internetzugangs-Angebote zu einer Steigerung geführt.489 In der Altersgruppe bis 29 Jahre sind 95,8 Prozent im 485 486 487 488 489

Vgl. Kuhlmann, S. 79 (79). Siehe dazu http://emf2.bundesnetzagentur.de/tech_lte.html, besucht 30. 05. 2011. BT-Drs. 13/11004, S. 80. Initiative D21 e.V./TNS Infratest, (N)ONLINER Atlas 2010, S. 12. Vgl. Initiative D21 e.V./TNS Infratest, (N)ONLINER Atlas 2009, S. 17.

130

Reichweite und Informationsgehalt der Bauleitplanung im Internet

Internet490. Bei den unter 20-Jährigen sind es sogar 97 Prozent491 – das Internet ist in dieser Gruppe eine Selbstverständlichkeit. Langfristig werden diese auch als »Digital Natives« bezeichneten das Verhältnis zum Internet in der Gesellschaft prägen. Weiter gab es ein überdurchschnittliches Wachstum bei der Gruppe der 60 bis 69-Jährigen, wo mittlerweile immerhin etwa jeder zweite das Internet nutzt. Allgemein waren es bei den Personen 50plus im Jahr 2008 noch 40,3 Prozent. Im Jahr 2010 wuchs der Anteil in dieser Bevölkerungsgruppe auf 49,6 Prozent. Was veranschaulicht, dass sich die Internetnutzung auch bei den älteren Nutzern stetig erhöht.492 Einen großen Bruch gibt es erst bei der Altersgruppe 70plus, lediglich ein Viertel dieser Gruppe nutzt das Internet. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes aus dem ersten Quartal 2009 nutzen 73 Prozent der Personen im Alter von 10 Jahren und älter das Internet.493 Im Vorjahr lag der Anteil in der Personengruppe noch bei 71 Prozent. Gleichfalls steigt die Nutzungshäufigkeit: 70 Prozent der Internetnutzer ab 10 Jahren aufwärts sind jeden oder fast jeden Tag im Internet (66 Prozent im Jahr 2008). Männliche Internetnutzer dominieren noch mit 79,5 Prozent im Vergleich zu weiblichen Nutzern mit 64,8 Prozent.494 Zu beobachten ist eine Parität der weiblichen Nutzer eigentlich nur bei den unter 30-Jährigen.495 Insgesamt nimmt die Anzahl der privaten Haushalte mit Internetzugang weiter zu. Im Jahr 2009 verfügten 29 Millionen Haushalte über einen Anschluss (27 Millionen, 69 Prozent im Jahr 2008), was 73 Prozent entspricht.496 Ebenfalls steigend ist die Zahl der privaten Haushalte, die einen Breitbandanschluss besitzen. Sie stieg 2010 auf 49,6 Prozent der Bevölkerung (46,2 Prozent im Jahr 2009), womit etwa 20 Prozent der Internetnutzer über keinen breitbandigen Zugang zum Internet verfügen.497 Der Breitbandzugang ist somit zum Standard geworden. Schmalbandige Zugänge über Modem oder ISDN sind endgültig antiquiert, obwohl der Anteil der Nutzer mit schmalbandigen Zugang relativ stabil bei 16 Prozent der Bevölkerung liegt.498 Bis 2014 plant die Bundesregierung mit ihrer Breitbandstrategie für 75 Prozent der Haushalte extrem schnelle Anschlüsse mit 50 Megabit/Sekunde verfügbar zu machen.499 Leistungsfähige Breitbandnetze sind längst so bedeutend geworden wie Straßen, Schienen oder Energienetze. Deutschland nimmt in der 490 491 492 493 494 495 496 497 498 499

Initiative D21 e.V./TNS Infratest, (N)ONLINER Atlas 2010, S. 10. Initiative D21 e.V./TNS Infratest, (N)ONLINER Atlas 2010, S. 14. Vgl. Initiative D21 e.V./TNS Infratest, (N)ONLINER Atlas 2010, S. 10, 14. Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 464 v. 3. 12. 2009. Initiative D21 e.V./TNS Infratest, (N)ONLINER Atlas 2010, S. 10. Vgl. Initiative D21 e.V./TNS Infratest, (N)ONLINER Atlas 2010, S. 44. Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 464 v. 3. 12. 2009. Initiative D21 e.V./TNS Infratest, (N)ONLINER Atlas 2010, S. 58, 62. Initiative D21 e.V./TNS Infratest, (N)ONLINER Atlas 2010, S. 62. BMWi, Breitbandstrategie der Bundesregierung, S. 5.

Digitale Gesellschaft – Verfügbarkeit und Nutzung internetbasierter Dienste

131

Internetnutzung nach Eurostat mit 75 Prozent Onlinern den neunten Platz im europäischen Vergleich ein. Höchste Internetnutzerzahlen erreichen nach wie vor Island, Norwegen und Schweden mit etwa 84 Prozent und auch die Niederlande mit 86 Prozent ihrer Bevölkerung.500 Für die Mehrheit der Deutschen ist das Internet somit kein unbekanntes Medium mehr. Trotzdem werden die elektronischen Medien, zu denen das Internet zählt, noch oft als »Neue Medien« bezeichnet – auch nach über 15 Jahren Verfügbarkeit. Die Internetnutzung gehört zur heutigen Gesellschaft. Gefragt werden muss jedoch, wie fest es in dieser schon verankert ist. So gibt die gelegentliche Nutzung alleine noch keine Auskunft darüber, wie routiniert die Bürger das Internet wirklich einsetzten.501 Fraglich ist, wie eine Gesellschaft die Nutzung von E-Government-Angeboten – wie etwa der internetgestützten Öffentlichkeitsbeteiligung in der Bauleitplanung – weiter vorantreiben kann, wenn Millionen Menschen das Internet noch nicht nutzen und kennen oder es nur gelegentlich nutzen. Noch hat es nicht den Stellenwert und die Verbreitung wie beispielsweise von Radio oder Fernsehen. Die vielfältigen digitalen Möglichkeiten werden umfassend und täglich nur von rund einem Viertel der Bevölkerung genutzt.502 Weit größer ist mit 35 Prozent die Gruppe der als »digitale Außenseiter« bezeichneten. Der Rest ist als Gelegenheits- oder Berufsnutzer zu klassifizieren, welcher die fortschreitende Digitalisierung eher passiv miterlebt. Auch hiernach spielen der Zugang und die Ausstattung mit Zugangstechnik nur noch eine untergeordnete Rolle, vielmehr bestimmen die digitalen Kompetenzen die Nutzungsintensität, Nutzungsvielfalt und Einstellung zu digitalen Medien und Diensten.503 Problematisch sind somit nach wie vor die internetfernen Bevölkerungsschichten. Dies sind vor allem Personen der Altersgruppe ab 65 Jahren und hierbei vor allem Frauen. So nutzen im ersten Quartal 2009 nur 17 Prozent der Frauen dieser Altersgruppe das Internet, während Männer immerhin einen Anteil von 39 Prozent erreichten.504 Insgesamt nutzen in der Gruppe 50plus nur 64,6 Prozent der Frauen im Vergleich zu 79,1 Prozent der Männer das Internet.505 In den jüngeren Altersgruppen sind die Unterschiede zwischen Frauen und Männern jedoch zu vernachlässigen. Insbesondere in der Gruppe der unter 30Jährigen gibt es praktisch keine Unterschiede mehr. Somit stellen noch immer

500 501 502 503 504 505

Eurostat, S. 2. Vgl. Initiative D21 e.V./TNS Infratest, (N)ONLINER Atlas 2009, S. 5. Initiative D21 e.V./TNS Infratest, Digitale Gesellschaft, S. 7. Initiative D21 e.V./TNS Infratest, Digitale Gesellschaft, S. 4, 13. Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 464 v. 3. 12. 2009. Initiative D21 e.V./TNS Infratest, (N)ONLINER Atlas 2010, S. 44.

132

Reichweite und Informationsgehalt der Bauleitplanung im Internet

eher formal geringer gebildete, einkommensschwächere Haushalte, Nicht-Berufstätige und Ältere den größeren Anteil der »Offliner« dar.506

III.

Einbeziehung von internetfernen Bevölkerungsgruppen

Fraglich ist, ob nicht selbst bei einer angenommenen umfassenden Grundversorgung der Bevölkerung mit schnellen Internetzugängen, elektronische Beteiligungsvorgänge – wie alle sonstigen Kommunikationsangebote auch – eine selektive Wirkung haben. Also Bürger sehr unterschiedlich auf die jeweiligen Angebote reagieren beziehungsweise eben nicht reagieren. Die ursächlichen Kriterien können dabei unterschiedlich sein: Soziales Umfeld, Lebensalter, Herkunft, Bildungsstand, Geschlecht, generelle Einstellung oder eben auch finanzieller Art.507 Wobei weniger der Bildungsstand, als die Geübtheit in der entsprechenden Kommunikationsform entscheidend sei.508 Die Teilnahmechancen wären somit auch bei einer optimalen informationstechnischen Grundversorgung immer ungleich. So werden erfahrene Internetnutzer eher gefördert und nutzen die elektronischen Angebote in deutlich größerem Umfang als Unerfahrene oder Nutzer ohne professionellen Bezug zum Internet.509 Schon bisher kommunikationsstarke »Eliten« könnten dementsprechend ihren Informationsvorsprung und indirekt ihre Einflussmöglichkeiten der realen Welt im Internet reproduzieren. Ob elektronische Beteiligungsverfahren in der Bauleitplanung auch in der Zukunft weiterhin nur fakultativ sein werden, dürfte nur auf kurze und mittlere Sicht fraglich sein, gerade wenn man die Entwicklung zu rein elektronischen Verfahren in anderen Verwaltungsbereichen zum Vergleich heranzieht.510 Neben technischen und rechtlichen Belangen wird die Sicherstellung von gleichen Mindestzugangschancen somit zu einer ganz bedeutenden Aufgabe. Um auch internetfernen Bevölkerungsschichten einen Zugang zu vermehrt online angebotenen Verwaltungsdienstleistungen zu ermöglichen, werden oft die bestehenden (Offline-) Kommunikationskanäle offen gehalten. Dies führt zu parallelen Prozessstrukturen und oftmals zu einer Doppelung der Kosten. Oftmals werden deshalb erhoffte Einsparungen durch die Einführung von Onlinedienstleistungen nicht voll erreicht und die eigentlich erhoffte finanzielle

506 507 508 509 510

Vgl. Richter/Sinning, S. 4, 17. Vgl. Selle, S. 97. Strastil von Straßenheim, S. 42. Vgl. Wesselmann, S. 238 f. Vgl. etwa nur die elektronische Umsatzsteuervoranmeldung (über ELSTER) oder den elektronischen Entgeldnachweis (ELENA).

Digitale Gesellschaft – Verfügbarkeit und Nutzung internetbasierter Dienste

133

Performance des E-Governments tritt nur teilweise oder gar nicht ein.511 Dies trifft jedoch vor allem auf Verwaltung-Bürger-Prozesse zu. Verwaltung-Business-Prozesse sind davon nicht in dem Maß betroffen, da in der Wirtschaft entsprechende Internetzugänge oftmals vorhanden sind.512 Will man die klassischen Kommunikationskanäle offen halten, stellt sich die Frage und Problematik, wie eine sinnvolle Verknüpfung zwischen beiden womöglich parallel laufenden Prozessen erreicht werden kann. Beide Verfahren abgeschottet alleine laufen und erst bei der Auswertung die Ergebnisse zusammenlaufen zu lassen dürfte dabei nicht optimal sein, da somit mögliche positive Synergieeffekte nicht eintreten können. Da wie aufgezeigt die Eigenheiten der Nutzung kaum noch von technischen Hindernissen wie schmalbandigen Zugängen abhängen, muss weiter gefragt werden, wie digitale Kompetenz grundsätzlich und insbesondere an internetferne Bevölkerungsgruppen vermittelt werden kann. Neben der Politik sind die Wirtschaft und auch die Wissenschaft gefordert, gemeinsam den sogenannten digitalen Graben zu überwinden. Insbesondere bleibt die Gruppe im Alter von 60 bis 69 Jahren zu fördern, von der nicht einmal die Hälfte das Internet nutzt. Erste Förderinitiativen gibt es und gilt es auszubauen.513 Immerhin wächst auch der Anteil der Nutzer mit geringem Haushaltseinkommen. So sind 51,5 Prozent der Bevölkerung mit einem Nettoeinkommen unter 1.000 Euro online, bereits 63,9 Prozent sind es mit einem Nettoeinkommen von 1.000 bis 2.000 Euro und 92 Prozent ab 3.000 Euro.514 Die Ergebnisse sprechen für eine Erhöhung der Förderung bei Personen mit geringem Einkommen, um die ungleichen Chancen zu verringern. In Bezug auf die Nutzerfreundlichkeit erscheine vor allem eine verbrauchergerechtere Gestaltung der Informationsgesellschaft als Voraussetzung für eine alle Grundfunktionen durchdringende Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologien erforderlich.515 Die zukünftige »Virtualisierung« wird demnach richtigerweise auch von der Integration ferner Nutzergruppen und der Beachtung sozialräumlicher Voraussetzungen abhängen. Die technikferne Bevölkerung ist nur zu gewinnen, wenn allen voran Nutzerfreundlichkeit, Zuverlässigkeit und Vertrauen in die Informations- und Kommunikationssysteme gestärkt wird und dabei die Bedienung so einfach wird wie die Bedienung eines Fernsehgerätes – was auch eine noch speziellere Entwicklung zielgruppenspezifischer Endgeräte einschließt.516 511 512 513 514 515 516

Vgl. Schedler/Proeller, S. 261. Schedler/Proeller, S. 261. Vgl. http://www.internet-erfahren.de, besucht am 31. 05. 2011. Initiative D21 e.V./TNS Infratest, (N)ONLINER Atlas 2010, S. 17. Steinebach, S. 16 f. Siehe Steinebach, S. 17.

134

Reichweite und Informationsgehalt der Bauleitplanung im Internet

Somit bleibt es zunächst bei einer älteren, aber noch geltenden Forderung, nach der es insbesondere eine Herausforderung der Politik sei, gleiche Beteiligungschancen aller Bürgerinnen und Bürger zu ermöglichen.517 Wobei die technische Verfügbarkeit alleine kein Maßstab sein kann, da für eine Chancengleichheit auch die mediale Nutzungskompetenz nötig ist.

B.

Verletzung des Rechtsstaatsprinzips?

Zu untersuchen ist, ob eine Beteiligung alleine über das Internet das grundgesetzlich verankerte Rechtsstaatsprinzip verletzen kann. Das Rechtsstaatsprinzip verlangt in Fällen von Beteiligungsvorgängen, dass das rechtsstaatliche Publizitätsgebot gewahrt wird. Aus diesem folgen bundesverfassungsrechtliche Bekanntmachungsanforderungen. Eine bedeutende Frage ist hier, ob das Rechtsstaatsprinzip noch gewährt ist, wenn die Beteiligung über das Medium Internet durchgeführt wird, welches jedoch nicht jedem Bürger unmittelbar, dass heißt von seinem Zuhause aus, zugänglich ist. Weiter müsste untersucht werden, welche Zugangsmöglichkeiten allen Bürgern offen stehen müssen beziehungsweise, inwiefern diese eingeschränkt sein können. Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Jahr 2007 die Frage einer möglichen Rechtsstaatsprinzipsverletzung bezogen auf die Bekanntmachung einer kommunalen Satzung in einer nur käuflich und in relativ geringer Auflage erscheinenden Zeitschrift zu klären. Die Entscheidung ist zumindest insofern vom Ergebnis her übertragbar, soweit es um Beteiligungen bezogen auf einen Bebauungsplan geht, da Bebauungspläne nach § 10 BauGB ebenfalls in der Rechtsform einer (kommunalen) Satzung erlassen werden. Das Bundesverwaltungsgericht führte dazu aus, dass ortsübliche Bekanntmachungen auch in einer Zeitung erfolgen können, welche nur käuflich zu erwerben ist.518 Das Rechtsstaatsprinzip verlange nicht, dass das Bekanntmachungsorgan in einer Auflagenstärke erscheinen muss, die der Zahl der potenziellen Rechtsbetroffenen entspricht519. Es gebietet lediglich, dass Rechtsnormen so zu verkünden, also bekanntzumachen sind, dass die Betroffenen sich vom Erlass und vom Inhalt der Rechtsnorm verlässlich Kenntnis verschaffen können und dass die Möglichkeit der Kenntnisnahme nicht in unzumutbarer Weise erschwert sein darf.520 Welche weiteren Anforderungen im Einzelnen an die Verkündung zu stellen sind, richtet sich nach dem jeweils einschlägigem Recht, da das Rechts517 518 519 520

Vgl. Hoecker, S. 37 (44). BVerwG, Beschl. v. 18.10.2006 - 9 B 6.06 -, NVwZ 2007, 216 (216). BVerwG, Beschl. v. 18.10.2006 - 9 B 6.06 -, NVwZ 2007, 216 (216). BVerfG, Urt. v. 02.04.1963 - 2 BvL 22/60 -, BVerfGE 16, 6 (17); BVerfG, Urt. v. 22.11.1983 - 2 BvL 25/81 -, BVerfGE 65, 283 (291).

Verletzung des Rechtsstaatsprinzips?

135

staatsprinzip keine in allen Einzelheiten eindeutig bestimmten Gebote und Verbote enthält – es vielmehr einer Konkretisierung je nach sachlichen Gegebenheiten bedarf.521 Der Konkretisierung dienen hier die Bekanntmachungsvorschriften des BauGB. Ob die Möglichkeit, sich vom Norminhalt zuverlässig Kenntnis zu verschaffen, durch die Art und Weise der Veröffentlichung unzumutbar erschwert wird, hängt von den jeweiligen Umständen ab, welche sich einer Verallgemeinerung über den konkreten Sachverhalt hinaus entziehen.522 Dabei ist dem Rechtsstaatsprinzip grundsätzlich auch bei einer Bekanntmachung von kommunalem Satzungsrecht in nur einer Zeitung Genüge getan, soweit sichergestellt ist, dass diese Zeitung von interessierten Bürgern erworben werden kann.523 Es stellt folglich grundsätzlich auch keine unzumutbare Erschwernis dar, wenn die Zeitung nur käuflich zu erwerben ist. Weiter hat sich das Bundesverwaltungsgericht auch zu der Höhe der Auflagenstärke eines Bekanntmachungsorgans geäußert. Die Auflagenstärke ist demnach dann ausreichend, wenn diese sich an dem mutmaßlichen Bedarf und Erwerbsinteresse der jeweils Rechtsbetroffenen orientiert.524 Fraglich ist, ob sich daraus Rückschlüsse auf eine Bekanntmachung im Internet herleiten lassen. Im Folgenden wird noch zu untersuchen sein, inwiefern die Vorschriften des BauGB das Rechtsstaatsprinzip konkretisieren. Hier bleibt als Zwischenergebnis festzuhalten, dass das Rechtsstaatsprinzip einer ausschließlichen Beteiligung über das Internet nicht grundsätzlich entgegensteht, sofern alle Interessierten die Unterlagen einsehen können. Eine Lösung der Problematik, der nicht bei allen Bürgern vorhandenen Internetzugänge und Computer, könnte die Bereitstellung öffentlicher Computer schaffen. Beispiele für durch eine Gemeinde bereitgestellter öffentlicher Computer gibt es mehrere.525 Auch beschränkt sich die Problematik bezüglich des Zugangs zu internetgestützten Angeboten der Verwaltung oder des Staates allgemein bei weitem schon jetzt nicht mehr nur auf den Bereich der Öffentlichkeitsbeteiligung. Dabei kann die Nutzungsmöglichkeit der bereitgestellten Computer auf Gemeindebürger beschränkt werden, da für die Öffentlichkeitsbeteiligung nur eine Gemeindeöffentlichkeit herzustellen ist. Weiter könnte sogar der Nutzungszweck auf die Teilnahme an Beteiligungsvorgängen beschränkt werden, so dass eine missbräuchliche Nutzung verhindert werden kann. 521 BVerwG, Beschl. v. 17.06.2004 - 4 BN 5/04 -, Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 166. 522 BVerwG, Beschl. v. 17.06.2004 - 4 BN 5/04 -, Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 166. 523 BVerwG, Urt. v. 13.12.1985 - 8 C 66/84 -, NVwZ 1986, 925 (927); BVerwG, Urt. v. 03.06.1971 - 4 C 28/70 -, BVerwGE 38, 147. 524 BVerwG, Beschl. v. 18.10.2006 - 9 B 6.06 -, NVwZ 2007, 216 (216). 525 Etwa der Stadt Esslingen http://www.buerger-pc.de, besucht 31. 05. 2011.

136

C.

Reichweite und Informationsgehalt der Bauleitplanung im Internet

Verletzung des Gleichheitssatzes?

Es kann bei der Betrachtung auch eine soziale Frage bezogen auf den Gleichheitssatz des Grundgesetzes eine Rolle spielen. Um Beteiligungsinformationen aus dem Internet zu betrachten und an der Öffentlichkeitsbeteiligung erfolgreich und gleichberechtigt teilnehmen zu können, bedarf es einer performanten Internetverbindung. Bezüglich der Verbreitung von sogenannten Breitbandanschlüssen ergibt sich für Deutschland jedoch noch kein homogenes Bild. Nach dem Bundeswirtschaftsministerium gibt es hierzulande kaum noch Versorgungslücken.526 Dabei wird der Preis der Zurverfügung-stellung jedoch nicht betrachtet. Denn dort, wo Standardlösungen527 nicht möglich sind, wird es sehr schnell teuer und auch nur eingeschränkt breitbandig.528 Es existieren somit nicht nur technische Versorgungslücken, sondern vor allem auch durch die persönliche Finanzsituation geprägte Zugangsdefizite. Auch technische Neuerungen wie breitbandige Funkverbindungen nach LTE-Standard sind bislang erst vereinzelt verfügbar und zumindest teurer als ein vergleichbarer kabelgebundener DSL-Anschluss.529 Der Branchenverband BITKOM untersuchte in einer Studie die Nutzung des Internets und fand heraus, dass vor allem sozial Schwache und Arbeitslose das Internet unterdurchschnittlich nutzen.530 Diese auch als »digitaler Graben« bezeichnete Trennung der Gesellschaft wird in Deutschland bislang nichts entgegengesetzt. Anders ist dies etwa in Österreich, wo der Infrastrukturminister Faymann Ende März 2008 eine Novelle des Fernmeldegebührengesetzes sowie des Fernsprechentgeltzuschussgesetzes ankündigte, nach der die Gebührenbefreiung für sozial Schwache vom Telefon auf Breitbandinternetanschlüsse ausgeweitet werden solle.531 Die Initiative wurde letztlich zu Beginn des Jahres 2011 umgesetzt, so dass nun alle Telekommunikationsdienste zuschussfähig sind.532 Auch auf EU-Ebene wurde das Problem erkannt. So genehmigte Wettbe526 BMWi, Breitbandatlas, http://www.zukunft-breitband.de/BBA/Navigation/breitbandatlas.html, zuletzt besucht am 30. 05. 2011. 527 Wie zumeist DSL, also Internet über das Telefonnetz, oder eine Verbindung über das Kabelfernsehnetz. Für beide Formen sind Dreifachprodukte (Fernsehen, Telefon, Internet) über eine Leitung verfügbar. 528 Patalong, Arm bleibt offline – Die Grenzen des Breitband-Booms, Spiegel Online, http:// www.spiegel.de/netzwelt/tech/0,1518,564248,00.html, zuletzt besucht am 16. 09. 2008. 529 Vgl. etwa http://www.telekom.de; http://www.heise.de/newsticker/meldung/Telefonicastartet-Regelbetrieb-im-LTE-Netz-1252246.html, besucht 30. 05. 2011. 530 Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM), Daten zur Informationsgesellschaft, S. 14. 531 Gesetzesentwurf des österreichischen Ministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) vom 29. 02. 2008, http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIII/ME/ ME_00166/fname_102328.pdf, zuletzt besucht am 30. 05. 2011. 532 Siehe Budgetbegleitgesetz 2011 Österreich, BGBl. I Nr. 111/2010 v. 30. 12. 2010.

Erkenntnisse

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werbskommissarin Kroes 2008 Beihilfen in Höhe von 141 Millionen Euro, um den ungewöhnlich stark mit Breitbandzugängen unterversorgten ländlichen Raum in Deutschland zu erschließen. Sozial und finanziell benachteiligte Bürger in Ballungsgebieten werden dabei jedoch nicht berücksichtigt. Dies erscheint unverständlich, da es zumeist nicht an der technischen Hürde scheitert – immerhin sind theoretisch 98 Prozent des Landes mit Breitbandnutzungsmöglichkeiten versorgt. Oftmals ist es schlicht nicht bezahlbar.533 Es darf somit zu Recht gefragt werden, ob nicht mit direkten Zuwendungen oder Subventionen, vergleiche die nun aktuelle Gesetzeslage Österreichs, mehr erreicht werden könnte.

D.

Informationsgehalt und Vermittlung von Planaussagen

Internetgestützte Beteiligungsprozesse ermöglichen eine nicht an einen festen Ort oder eine feste Zeit gebundene Information und Kommunikation zwischen allen am Prozess Beteiligten. Anders als bei klassischen Beteiligungsprozessen werden bei der Kommunikation über das Internet und somit auch grundsätzlich bei internetgestützten Beteiligungsformen, hierarchielose Sender-EmpfängerBeziehungen ermöglicht, wobei jeder Teilnehmer sowohl Sender als auch Empfänger sein kann.534 Dies kann positive Auswirkungen auf den Informationsgehalt und die Vermittlung von Planaussagen haben. So kann die Beteiligungspraxis, welche sich in klassischer Form eher als nicht interaktive »Einbahnstraßenkommunikation«535 darstellt, durch eine polydirektionale Kommunikationsebene in Form einer elektronischen Beteiligungsplattform ergänzt werden. Die Beschränkung auf eine faktisch begrenzte Zahl der aktiv oder nur passiv Beteiligten, die bei klassischen papiergestützten Verfahren gegeben ist, entfällt somit bei internetgestützten Verfahren.

E.

Erkenntnisse

Neben den Potenzialen dürfen die Restriktionen von internetgestützten Beteiligungsprozessen nicht aus dem Blick verloren werden. So werden privilegierte Bevölkerungsgruppen, die das Internet von sich aus schon stärker nutzen, möglicherweise zusätzlich gestärkt, während Bevölkerungsgruppen, die auch 533 Patalong, Arm bleibt offline – Die Grenzen des Breitband-Booms, Spiegel Online, http:// www.spiegel.de/netzwelt/tech/0,1518,564248,00.html, besucht 31. 05. 2011. 534 Vgl. Fleischhauer/Maerker/Pipek/Schmidt, S. 20 f. 535 Vgl. Selle, S. 23.

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Reichweite und Informationsgehalt der Bauleitplanung im Internet

bislang bei politischen Prozessen weniger vertreten waren, noch weniger an Beteiligungsprozessen teilhaben, wenn diese über das Internet geführt werden.536 Abweichend davon nutzen die 25- bis 29-Jährigen das Internet jedoch am häufigsten, während beim allgemeinen politischen Interesse eher Ältere bis 60 Jahren bei der Nutzung hervorstechen.537 Schließlich jedoch ergibt sich für internetgestützte Beteiligungen dasselbe Problem, wie es auch bei klassischen Beteiligungsverfahren auftritt: bestimmte Personengruppen beteiligen sich stärker, andere weniger bis gar nicht. Das Medium Internet scheint so weit als »Verstärker« zu wirken. Es bliebe somit zu vermuten, dass sich wie bisher eher formal gut gebildete, ressourcenstarke und sozial integrierte Bevölkerungsgruppen stärker beteiligen, da sie die politische Kommunikation gewohnt sind.538 Nicht verkannt werden darf jedoch, dass das Internet als universales Trägermedium mittlerweile einen hohen Stellenwert eingenommen hat – vergleichbar mit dem Zugang zu Telefon oder Fernsehen. Neue Technologien und entsprechende Angebote unterscheiden diesbezüglich in sinnvollerweise erst gar nicht mehr und bieten alles im Paket über eine Leitung an.539 Erst recht wenn zukünftig auch der letzte Winkel Deutschlands technisch mit Breitbandzugängen versorgt ist, wird die finanzielle Leistungsfähigkeit dafür maßgebend sein, auf welcher Seite des »digitalen Grabens« der einzelne Bürger steht. Der Staat ist gefordert, diesbezüglich aktiv gegen die Verfestigung einer Zweiklassen-Gesellschaft vorzugehen. Ein vielversprechender Ansatz dürfte dabei sein, wie in Österreich, auch den Zugang zum Internet als Grundversorgung zu definieren und entsprechend zu bezuschussen.

536 537 538 539

Vgl. Richter/Sinning, S. 17; ähnlich auch Kubicek/Lippa/Westholm, S. 35. Kubicek/Lippa/Westholm, S. 35. Holtkamp, S. 48 (51 ff.). Sogenannte Dreifachprodukte (Fernsehen, Telefon, Internet) über eine Leitung.

9. Kapitel: Anforderungen und Zukunftsperspektiven

A.

Anforderungen an internetgestützte Beteiligungsangebote

Die moderne Technik zur Erstellung und Pflege von Internetseiten erlaubt heute hochanpassungsfähige Nutzungen, die vor ein paar Jahren noch nicht möglich waren. So muss zwar die Technik nach wie vor durch EDV-Fachpersonal betreut werden, die Pflege der Inhalte und Daten selbst kann jedoch durch die Sachbearbeiter in den jeweiligen Verwaltungsabteilungen erfolgen. Die Engstelle einer zentralen EDV-Abteilung, durch die früher alle Inhalte bearbeitet werden mussten, gibt es nicht mehr. Oder um vielleicht der vermeintlichen Realität in den Verwaltungen näher zu kommen, müsste es in der Form nicht mehr geben. Um diese modernen Möglichkeiten voll zu nutzen, bedarf es natürlich der Schulung der Mitarbeiter. Da entsprechende Anwendungen, sogenannte Content-Management-Systeme (CMS) jedoch auch immer anwendungsfreundlicher werden, ergeben sich nicht mehr viele Unterschiede verglichen mit der Nutzung von normaler Bürosoftware. Erstrebenswert ist der Einsatz von möglichst ähnlichen oder gleichen System innerhalb einer Verwaltungsstruktur, um Administrations- und Serviceaufwand gering zu halten.540 Bei den einzelnen auf einer Beteiligungsinternetseite einsetzbaren Werkzeugen und Instrumenten kann grundlegend zwischen unspezifischen und spezifischen unterschieden werden. Damit zählen hier zu den unspezifischen Angeboten die, welche auch anderswo im Internet zu privaten oder kommerziellen Zwecken eingesetzt werden können. Dies wären beispielsweise einfache Diskussionsforen, Antwortformulare oder E-Mail-Dienste. Spezifische Angebote zeichnen sich dagegen dadurch aus, dass sie zumeist an individuelle Planungsinhalte gekoppelt sind. Aufgrund einer spezifischen Problem- oder Zielorientierung müssen sie individuell programmiert oder zumindest angepasst

540 Siehe etwa CMS-Lösung der Bundesverwaltung, http://www.government-site-builder.de, besucht 05. 05. 2011.

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Anforderungen und Zukunftsperspektiven

werden.541 Zu den spezifischen Anwendungen können spezielle Programme zur Öffentlichkeitsbeteiligung ebenso gezählt werden wie Geoinformationssysteme542. Ob sich die einzelnen Software-Werkzeuge und -Anwendungen auf einem einzelnen Server im technischen Sinn befinden und möglichst gemeinsam verwendet werden – Prinzip des sogenannten Application Service Providing543 – oder nach dem Prinzip eines Baukastens für jedes Beteiligungsvorhaben zusammengestellt werden544, hat für die Nutzer wenig Auswirkungen und wäre nicht zuletzt aus ökonomischer Sicht zu beurteilen. Gerade zum Einstieg in die Nutzung internetbasierter Beteiligungsangebote und für Gemeinden mit wenigen größeren Öffentlichkeitsbeteiligungen könnte es sinnvoll sein, die EDVDienstleistung komplett extern einzukaufen. Externe Anbieter vermieten dabei auch auf Zeit entsprechende Server-Dienste und helfen so, zumindest die Technikkosten planbar zu gestalten.545

I.

Anforderungen an die Angebote aus Nutzer- und Planersicht

Die technisch schon lange machbaren Möglichkeiten der Bauleitplaner und Entscheidungsträger, um Bauleitplanungsvorhaben beziehungsweise die dahinter stehende Politik gegenüber der Öffentlichkeit zu kommunizieren, werden noch lange nicht voll und wenn, längst nicht von allen Akteuren genutzt. Schon länger werden so Chancen vertan.546 Oftmals fehlen auf Internetauftritten von Gemeinden schon grundlegende Informationen für die Öffentlichkeit, etwa wie Aufgaben zwischen Kommunalpolitik und Verwaltung geteilt sind und wie das Zusammenspiel funktioniert.547 Auch für den Bereich der Bauleitplanung wären entsprechende begleitende Informationen wünschenswert – um der breiten Öffentlichkeit eine Beteiligungsmöglichkeit zu bieten, reicht es nicht, Planentwürfe und Begründungen unkommentiert ins Internet einzustellen. Die Bereitstellung und Präsentation der kompletten Planungsunterlagen sowie die Möglichkeit, Stellungnahmen abgeben zu können sind die Hauptanforderungen sowohl in der frühzeitigen als auch in der formellen Öffentlich541 542 543 544 545

Vgl. Wagner/Kulus/Krek, S. 350 ff. Siehe dazu S. 149 ff. So Schulze-Wolf/Menzel, S. 120 (134). Vgl. Kubicek/Lippa/Westholm, S. 130; BMWi, Spezifikationsbericht, S. 26 f. Siehe etwa http://www.tetraeder.com und http://www.kubis-online.info, besucht 31. 05. 2011. 546 Initiative eParticipation, S. 21. 547 Vgl. Initiative eParticipation, S. 22.

Anforderungen an internetgestützte Beteiligungsangebote

141

keitsbeteiligung.548 Ergänzend wird dazu noch die öffentliche Erörterung beziehungsweise Diskussionsmöglichkeit vor allem im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung genannt.549 Die Hauptintentionen der frühzeitigen und der formellen Öffentlichkeitsbeteiligung unterscheiden sich, was auch bei einer internetbasierten Beteiligung Auswirkungen hat. Während die frühzeitige Beteiligung hauptsächlich der Information und Erörterung der allgemeinen Ziele, Zwecke und Auswirkungen der beabsichtigten Bauleitplanung dient, liegt während der formellen Beteiligung schon ein grundsätzlich detaillierter Bauleitplan vor und es können zu diesem konkrete Stellungnahmen abgegeben werden. Nicht unterschätzt werden sollte die Bereitstellung von Hintergrund- und Grundlageninformationen zum Beteiligungsprozess. Dazu gehören einfache Informationen zur Natur und Sinn eines Bauleitplanes ebenso wie eine ausführliche, aber zugleich leicht verständliche Erklärung über den Verfahrensablauf.550 1.

Anforderungen an die Darstellung

Bislang kommt nur ein Bruchteil der im Internet schon heute existierenden Möglichkeiten und Anwendungen bei den bislang durchgeführten Beteiligungsverfahren zur Anwendung. Damit Online-Angebote zur Öffentlichkeitsbeteiligung von den Bürgern angenommen werden, müssen, wie bei anderen Angeboten auch, bestimmte Anforderungen erfüllt werden. Neben grundsätzlichen Faktoren, wie etwa der Relevanz und der grundsätzlichen Internet-Affinität jedes einzelnen, sind vor allem die Güte der Benutzer- und Bedienführung, die Verständlichkeit des Inhalts, die Barrierefreiheit des Zugangs und durchaus auch die Freude an der Benutzung maßgeblich.551 Neben der grundsätzlichen Problematik, dass sich vor allem Bilddarstellungen schwerlich barrierefrei, also etwa beschreibend in Textform, darstellen lassen, sind hier jedoch auch Systembarrieren gemeint. Diese können sich durch Softwareinkompatibilitäten oder etwa durch für die Benutzung erforderliche spezielle Anwendungen ergeben. Viele der bereitgestellten Informationen sind häufig zu textlastig und nicht zielgruppenorientiert aufbereitet.552 Neben Text-, Bild-, Audio- und Videoinhalten entstehen regelmäßig neue Unter- und Mischformen im Internet. Beispielhaft sind etwa das Nachrichtenformat RSS genannt oder das sogenannte 548 549 550 551

Vgl. Wagner/Kulus/Krek, S. 355. Vgl. Schulze-Wolf/Menzel, S. 120 (142); Wagner/Kulus/Krek, S. 355. Beispiel einer »Begrüßungsseite«: Dopfer, S. 46, 53 f. Vgl. Wagner/Kulus/Krek, S. 350; dazu grundlegend: Sinning, Virtuelle Planungskommunikation. 552 Vgl. Richter/Sinning, S. 3.

142

Anforderungen und Zukunftsperspektiven

Podcasting553, welches sich auch bei unserer Bundeskanzlerin Merkel großer Beliebtheit erfreut.554 Auch im Internet abrufbare Video- oder Audioaufzeichnungen von öffentlichen Versammlungen können bei sehr großen Beteiligungsprozessen in Betracht gezogen werden.555 Weitere übliche Informationsmedien sind Luftbilder, 2D- und 3D-Modelle, Visualisierungen und natürlich verschiedenste digitale Pläne. Solange nicht wirklich flächendeckend breitbandige Internetzugänge verfügbar sind, muss der Einsatz von allzu aufwändigen Animationen und Videosequenzen immer unter dem Gesichtspunkt der »Ladezeit«556 abgewogen werden. Bauleitpläne sind vorrangig für Fachleute konzipiert. Insbesondere für Laien sind aus diesem Grund Visualisierungen und digitale Modelle wichtig, um komplizierte Pläne »lesen« zu können.557 Es bedarf somit gegebenenfalls einer zielgruppengerechten Aufbereitung. Die Möglichkeiten dazu sind sehr vielfältig, werden in der Praxis jedoch vor allem durch fiskalische und sachliche Erfordernisse bestimmt.558 Möglich sind beispielsweise interaktive Karten, Panoramabilder, Fotomontagen, Skizzen, Animationen, 2D-/3D-Modelle und VorherNachher-Simulationen. Digitale Pläne können auf unterschiedliche Art und Weise in internetgestützte Beteiligungsprozesse eingebunden werden. Abgrenzen lassen sich zumindest zwei Arten: Die Pläne können zum einen als statische Bilder, als Datei, etwa im PDF-Format, oder auch als interaktive Karten559 eingebunden werden. Jedes bietet jeweils Vor- und Nachteile.560 Erwähnt sei nur, das interaktive Karten aufwendig zu erstellen sind und sofern spezielle Software zum Betrachten nötig ist, auch entgegen der Intention wiederum benutzerunfreundlich sein können. Als Vorteil sei nur angeführt, dass einzelne Gebiete, Darstellungsebenen und Objekte ein- und ausgeblendet werden können und so die Ansicht durch den Benutzer individuell verändert werden kann. Spezialisierte Software ermöglicht die elektronische Abgabe einer Stellungnahme mit direktem Bezug und ortsbezogener Darstellung auf der digitalen Karte.561 Die Bereitstellung von Plänen und sonstigen Unterlagen im PDF-Format ist dagegen in der Regel mit der üblicherweise vorhandenen EDV-AusÜber das Internet abonnierbare Mediendateien (Audio und Video). Vgl. http://www.bundeskanzlerin.de, besucht 31. 05. 2011. Siehe dazu auch S. 197 f. Zeit vom Aufrufen einer Internetseite bis zur kompletten Darstellung. Vgl. Kubicek/Lippa/Westholm, S. 116. Zu den Möglichkeiten etwa Bundesamt für Naturschutz, S. 131 ff. Einbindung digitaler Karten beispielsweise unter Landkreis Diepholz, http://www.enteraonline3.de/036_diepholz, besucht 06. 05. 2011. 560 Siehe im einzelnen BMWi, Spezifikationsbericht, S. 48. 561 Beispielsweise unter Landkreis Diepholz, http://www.entera-online3.de/036_diepholz, besucht 06. 05. 2011. 553 554 555 556 557 558 559

Anforderungen an internetgestützte Beteiligungsangebote

143

stattung der Planungsträger möglich und schließt mögliche Kompatibilitätsprobleme aus. Auch bleibt dies unter dem Gesichtspunkt der Barrierefreiheit562 geboten, da diese mit interaktiven Karten nicht gewährleistet ist.563 Bei der Qualität der Pläne bezogen auf Maßstab und Detailgrad sei zu berücksichtigen, dass diese den üblichen Ansprüchen, insbesondere der Behörden bei einer elektronischen Behördenbeteiligung, entsprechen solle, auch wenn dies nicht ausschließt, dass sie einzelnen Beteiligten nicht genügt.564 Erwähnenswert ist noch die DIN EN ISO 9241565 über die ergonomischen Anforderungen für Bürotätigkeiten mit Bildschirmgeräten. Sie enthält als internationaler Standard Richtlinien zur Interaktion zwischen Mensch und Computer, also zur Arbeitsumgebung, Hard- und Software, aber auch zur Gestaltung von Benutzeroberflächen, Dialogführung und zur Gebrauchstauglichkeit. Auch im Sinne der Bildschirmarbeitsverordnung566 wird die Einhaltung der DIN empfohlen.567 Zu beachten ist, dass auch Inhalte technischer Art wie Zeichnungen, Pläne Skizzen oder Tabellen urheberrechtlichen Werkschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG in Verbindung mit § 15 UrhG genießen können und somit in deren Verwendung durch den Urheber eingewilligt werden muss. Dies betrifft die Vervielfältigung, Verbreitung sowie die öffentliche Wiedergabe.

2.

Barrierefreiheit

Internetangebote und öffentlich zugängliche Informationsterminals sowie sonstige Datenträger der öffentlichen Verwaltung sollten barrierefrei wahrnehmbar und bedienbar sein. Barrierefrei bedeutet in diesem Fall, dass der Zugang und die Nutzung für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe möglich sein soll, vgl. § 4 Behindertengleichstellungsgesetz568 (BGG) oder als Beispiel für ein entsprechendes Landesgesetz § 2 Abs. 3 niedersächsisches Behindertengleichstellungsgesetz569 (NBGG). Gemeint ist damit nicht die Schaffung eines »Sonderzugangs« oder eine be562 563 564 565 566 567 568 569

Siehe dazu S. 143 ff. Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 51. Bunzel, BauR 2008, 301 (310). Veröffentlicht durch Deutsches Institut für Normung e.V., erhältlich über den Beuth-Verlag, Berlin. Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit an Bildschirmgeräten v. 4. 12. 1996, BGBl. I 1996, S. 1843 ff. Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 70 f. Gesetz v. 27. 04. 2002, BGBl. I 2002, S. 1467 f., zuletzt geändert am 19. 12. 2007, BGBl. I 2007, S. 3024. Gesetz v. 25. 11. 2007, Nds. GVBl. 2007, S. 661.

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Anforderungen und Zukunftsperspektiven

hindertengerechte Erweiterung bestehender Angebote.570 Im Gegenteil, der Gesetzgeber verlangt als Ziel eine vollwertige Einbeziehung und einen grundsätzlich durch alle Menschen zu nutzenden universalen Zugang zu elektronischen Informationen staatlicher Stellen.571 Was die Zugänglichkeit von staatlichen Angeboten für Menschen mit Behinderungen angeht, gelten die USA als Schrittmacher und durchaus als Vorbild.572 Zeitlich etwas hinterher hinkte der deutsche Gesetzgeber, als er auch im Grundgesetz mit Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG in Gestalt eines subjektiven Abwehrrechtes einen Gleichbehandlungsanspruch einführte.573 Der Umsetzung der Selbstverpflichtung einer elektronischen Barrierefreiheit ins nationale Recht voran gingen europäische Absichtserklärungen und Bestrebungen.574 § 11 Abs. 1 S. 1 BGG führt zur Barrierefreiheit näher aus, dass Träger öffentlicher Gewalt im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 ihre Internetauftritte und -angebote sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden schrittweise technisch so zu gestalten haben, dass sie von behinderten Menschen grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können. Einzelheiten werden dabei durch Rechtsverordnung ausgestaltet.575 Auch wenn das BGG direkt nur für die Dienststellen und sonstigen Einrichtungen der Bundesverwaltung, einschließlich der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts gilt, weitet § 7 Abs. 1 S. 2 BGG den Anwendungsbereich auf Landesverwaltungen, einschließlich der landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, soweit sie Bundesrecht ausführen aus. Die Landesgleichstellungsgesetze weichen zum Teil vom Wortlaut des BGG ab und unterscheiden sich durchaus auch inhaltlich. Das niedersächsische Behindertengleichstellungsgesetz bestimmt in § 9 S. 1 NBGG etwa, dass öffentlichen Stellen ihre Internetauftritte und -angebote sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen, die mit Mitteln der Informationstechnik dargestellt werden, technisch so, dass sie von Menschen mit Behinderungen grundsätzlich uneingeschränkt genutzt werden können zu gestalten haben. Vorhandene Internetauftritte und -angebote sowie zur Verfügung gestellte 570 571 572 573 574

Siehe dazu Roggenkamp, NVwZ 2006, 1239 (1241). Vgl. BT-Drs. 14/7420, S. 24 f. Vgl. Roggenkamp, NVwZ 2006, 1239 (1240). Vgl. BT-Drs. 12/8165, S. 29. Vgl. etwa EU-Kommission, Aktionsplan eEurope 2002 – Eine Informationsgesellschaft für alle v. 14. 06. 2000. 575 Siehe Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV) v. 17. 07. 2002, BGBl. I 2002, S. 2654 ff.

Anforderungen an internetgestützte Beteiligungsangebote

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grafische Programmoberflächen sind in diesem Sinne schrittweise umzugestalten, § 9 S. 2 NBGG. Sollte eine solche schrittweise Umgestaltung aus technischen Gründen nicht oder nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand möglich sein, so sind die Internetauftritte und -angebote sowie die zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen spätestens bei einer Neugestaltung des bestehenden Auftritts, des Angebots oder der bestehenden grafischen Programmoberfläche im Sinne des § 9 S. 1 NBGG zu gestalten, § 9 S. 3 NBGG. Was der zunächst recht leere Begriff der Barrierefreiheit bezogen auf die technische und inhaltliche Gestaltung von Internetangeboten für Auswirkungen hat, kann anhand der Anlage der Verordnung nach § 11 Abs. 2 S. 2 BGG nachvollzogen werden.576 So sind beispielsweise grundsätzlich für jeden audio- oder visuellen Inhalt geeignete äquivalente Inhalte bereitzustellen, die den gleichen Zweck oder die gleiche Funktion wie der originäre Inhalt erfüllen. Und für jedes Nicht-Text-Element ist ein äquivalenter Text bereitzustellen. Dies gilt insbesondere für Bilder oder grafisch dargestellten Text einschließlich Symbolen. Weiter müssen Texte und Grafiken auch dann verständlich sein, wenn sie ohne Farbe betrachtet werden. Die Anforderungen einer barrierefreien Darstellung erstrecken sich nicht nur auf die sichtbaren Inhalte, sondern auch auf die Technik. So ist die Verwendbarkeit von nicht mehr dem jeweils aktuellen Stand der Technik entsprechenden assistiven Technologien und Browsern sicherzustellen, soweit der hiermit verbundene Aufwand nicht unverhältnismäßig ist.577 Soweit wie möglich sollte somit auch auf den Einsatz unüblicher Zusatzprogramme zum Betrachten, sogenannte Plugins (zusätzliche Softwareerweiterungen), verzichtet werden, da diese ein weiteres Benutzungshemmnis darstellen können. Sind diese unverzichtbar, sollte eine direkte Verknüpfung zum Herunterladen angeboten werden. Dabei wird deutlich, dass einige Darstellungen, etwa Landkarten und Bauleitpläne mit Detailinformationen aus einem Geoinformationssystem, wie sie bei einer internetgestützten Öffentlichkeitsbeteiligung sinnvollerweise eingesetzt werden, schwer beziehungsweise gar nicht in eine auch für Blinde zu lesende Form gebracht werden können. Viele andere Inhalte lassen sich einfach barrierefrei gestalten, als Beispiel seien in grafischen Objekten und Bildern eingebaute Verlinkungen auf andere Seiten genannt, welche in einer barrierefreien Version als einfacher Text dargestellt werden können. Ein Pendant auf Landesebene zur (Bundes-) Barrierefreie Informations576 Siehe Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV) v. 17. 07. 2002, BGBl. I 2002, S. 2654 ff. 577 Vgl. etwa Anforderung 10 der Anlage zur Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV) v. 17. 07. 2002, BGBl. I 2002, S. 2654 ff.

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Anforderungen und Zukunftsperspektiven

technik-Verordnung (BITV) mit detaillierten Vorgaben gibt es nicht in allen Bundesländern beziehungsweise wird auf die Bundes-BITV verwiesen.578 Generell geben die BITVoder andere Richtlinien Ziele vor, um einen barrierefreien Zugang zu erreichen und definieren diese. Als konkrete Anleitung können sie jedoch nicht gewertet werden, da die Vorgaben auf unterschiedlichste Weise erreicht werden können.579 Grundsätzlich geben § 11 Abs. 1 BGG und die jeweiligen Landesgesetze dem einzelnen Betroffenen einen Rechtsanspruch in Form einer allgemeinen Leistungsklage auf barrierefreie Internetangebote der staatlichen Stellen. Zusätzlich bestehen nach §§ 12 und 13 BGG Prozessstandschaften anerkannter Interessenverbände. Initiativen und Anforderungen für die Erstellung barrierefreier Internetangebote finden sich beispielsweise auch beim World Wide Web Consortium (W3C).580 Das international bedeutende Konsortium gibt dazu Richtlinien und Empfehlungen heraus.581 Die BITV basiert grundlegend auf den Empfehlungen der W3C Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 1.0 aus 1999, welche somit beachtliche 10 Jahre alt sind.582 Eine Anpassung an die aktuellen Richtlinien (2.0) wäre sinnvoll.583

II.

Gesamtstrategie und Standardanwendungen

Die spezifische Ausgestaltung einer internetgestützten Öffentlichkeitsbeteiligung ist abhängig von der Komplexität und Größe des Planungsverfahrens. Als grundlegende Arbeit zur Online-Öffentlichkeitsbeteiligung muss der Spezifikationsbericht der Media@Komm-Transfer-Initiative gewertet werden, welcher wegen den unterschiedlichen Anforderungen und Voraussetzungen einen modularen Baukastenaufbau mit Standardanwendungen zur Öffentlichkeitsbeteiligung vorschlägt, mit dem durch Auswahl und gegebenenfalls Erweiterung viele unterschiedliche Anwendungsfälle bedient werden können.584 So wird ein modulares Konzept empfohlen, um durch einfache Anpassung und Übertragung einzelner konzeptioneller Werkzeuge und Anwendungen auch andere (formelle) 578 Siehe etwa Baden-Württemberg, § 10 S. 2 BWBGG oder Bremen, § 9 Abs. 2 BremBGG. 579 Vgl. Roggenkamp, NVwZ 2006, 1239 (1241 f.). 580 Siehe Web Accessibility Initiative des World Wide Web Consortium, http://www.w3.org/ wai, zuletzt besucht 31. 05. 2011. 581 Vgl. Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.0, http://www.w3.org/TR/WCAG20/, besucht 31. 05. 2011. 582 Vgl. Anlage Teil 1 Abs. 2 zur Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV) v. 17. 07. 2002, BGBl. I 2002, S. 2654 f. 583 Vgl. Initiative der Aktion Mensch für ein barrierefreies Internet, Blog v. 01. 02. 2010, http:// www.einfach-fuer-alle.de/blog/tags/bitv, besucht 03. 05. 2010. 584 BMWi, Spezifikationsbericht, S. 14, 26 f.

Anforderungen an internetgestützte Beteiligungsangebote

147

Beteiligungsverfahren neben raumbezogenen Planungsprozessen bedienen zu können. Beschleunigungsmöglichkeiten bezogen auf den Planungsprozess ergeben sich vor allem bei einer frühzeitigen Erarbeitung eines integrierten Kommunikationskonzeptes unter Nutzung elektronischer Kommunikationstechnologie.585 Verschiedene Konzepte und damit auch Anforderungen an eine internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung können sich unter anderem durch die Größe der Gemeinde und der Fläche des Bauleitplans ergeben sowie ebenso durch unterschiedliche Komplexitäten und der politischen und öffentlichen Bedeutsamkeit der Planungen.586 Auch wird empfohlen, sämtliche Beteiligungsmaßnahmen in einer Gesamtstrategie zur Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zu integrieren.587 Neben den Rahmenbedingungen und Zielen des Beteiligungsverfahrens sollten Zielgruppen identifiziert und entsprechende Ansprache- und Aktivierungsmaßnahmen herausgearbeitet werden.588 Eine erfolgreiche Kommunikation, auch der Partizipationsaufgabe selbst, ist eine der grundlegenden Erfolgsfaktoren einer Beteiligungsmaßnahme.589 Eine ansprechende Gestaltung, unter anderem mit eher kurzen Texten, ansprechenden Überschriften, und einer Bewerbung des Verfahrens, sowohl on- als auch offline, sind gewichtige Erfolgsfaktoren.590 Zumindest bislang bedarf eine erfolgreiche internetgestützte Beteiligung entsprechend noch der Werbung und Unterstützung durch andere Medien wie Ankündigungen in Tageszeitungen, Postwurfsendungen oder Anzeigen.591 Die einzelnen Maßnahmen sollten zeitlich, inhaltlich, funktional und gestalterisch aufeinander abgestimmt sein. Die für eine erfolgreiche Beteiligung benötigten Informationen sind grundsätzlich vom Beteiligungsträger bereitzustellen. Anstatt einfach alle verfügbaren Daten, Pläne und Sonstiges zu veröffentlichen, ist es sinnvoll, in der Regel eine Auswahl dahingehend zu treffen, nur solche Informationen bereitzustellen, die eine Beteiligung positiv unterstützen. Die Auswahl muss jedoch nach klaren Kriterien erfolgen, um einen möglichen Vorwurf der Filterung zur gezielten Meinungsbeeinflussung präventiv zu vermeiden. Zu den grundlegenden Kriterien zählen Relevanz, Verständlichkeit, Ausgewogenheit und Transparenz.592 Auch wenn eine uneingeschränkte Beteiligung der Öffentlichkeit vorgesehen ist, weist in diesem Sinn auch § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB auf eine besondere Be585 586 587 588 589 590 591 592

Vgl. Steinebach, ZfBR 2004, 16 (16). BMWi, Spezifikationsbericht, S. 27, 30 ff. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 30 ff. Vgl. Liebe/Sinning, S. 118; BMWi, Spezifikationsbericht, S. 31, 52 ff. Vgl. Wesselmann, S. 27. Dazu auch Dopfer, S. 34 f. Siehe auch Westholm, S. 43 ff. Vgl. Dopfer, S. 40 ff. mit Beispielkriterien.

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Anforderungen und Zukunftsperspektiven

achtung einiger Bevölkerungsgruppen hin. Gegebenenfalls muss der Planungsträger somit einzelne Bevölkerungsgruppen speziell gezielt ansprechen.593 Jedoch auch bei fakultativen oder lediglich vorbereitenden Öffentlichkeitsbeteiligungen kann es sinnvoll sein, gerade nur bestimmte Zielgruppen, etwa die direkten Anwohner, aktiv einzubeziehen.594 Besonders wichtig ist die Verzahnung der virtuellen und realen Informationsund Beteiligungsinstrumente. Auch die Verzahnung beider Beteiligungswelten sollte in einer Gesamtstrategie zum Beteiligungsverfahren vorgesehen sein.595 Nicht nur aufgrund der aktuellen Gesetzeslage, sondern auch aufgrund der noch nicht lückenlosen Verbreitung von Internetzugängen ist eine Kombinierung beider Arten von Beteiligungsarten sinnvoll. Die gegenseitige Verknüpfung zu gemischten Beteiligungsverfahren, auch als Multi-Channel-Strategie bezeichnet, verspreche eine bessere Erreichbarkeit aller Bevölkerungsgruppen.596 Mehrkanälige Ansätze sind notwendig, um möglichst niemanden auszuschließen und den »digitalen Graben«597 zu schließen.598 Solche medienübergreifenden Beteiligungsverfahren versprechen, die Stärken zu verbinden und Schwächen einzelner Kommunikationskanäle auszugleichen. Auch könnten so zusätzlich bei klassischen Verfahren unterrepräsentierte Bevölkerungsgruppen wie Jugendliche besser erreicht werden.599 Der sonst üblichen Verschiebung der Altersstruktur l ä sst sich somit begegnen. Zumindest die angenommene bessere Erreichbarkeit und das höhere Aktivierungspotenzial von Jugendlichen über internetbasierte Beteiligungsformen scheinen sich zu bestätigen.600 Die Verzahnung von realer beziehungsweise analoger und virtueller beziehungsweise digitaler Öffentlichkeitsbeteiligung bietet somit im Idealfall positive Synergieeffekte. Neben Medien im Sinne von Kommunikationsmitteln wie elektronischen Diskussionsforen oder anderen Beteiligungsformen sind auch die Medien im institutionellen Sinn wie Zeitungen oder Rundfunk mit einzubeziehen.601 Beispielsweise kann im Vorfeld von Bürgerversammlungen oder Foren auf das Informationsangebot im Internet verwiesen werden und andersherum. Durch einen regelmäßigen Austausch der gewonnenen Stellungnahmen oder Diskus593 594 595 596 597 598 599 600 601

Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 35; Kubicek/Lippa/Westholm, S. 50. Dopfer, S. 37. Beispielübersicht in BMWi, Spezifikationsbericht, S. 34. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 32; Kubicek/Lippa/Westholm, S. 136 ff.; Kubicek/Lippa/ Westholm, Forschungsbericht, S. 279 ff. Siehe dazu S. 127 ff. So ähnlich auch Ministerio de Industria, Turismo y Comercio, S. 3 f. als spanischer EUStrategievorschlag für ein digitales Europa. Vgl. dazu Haller, S. 66 f. Vgl. Lührs/Albrecht/Hohberg/Lübke, S. 10. Vgl. Kubicek/Lippa/Westholm, S. 13, 17 ff.

Anforderungen an internetgestützte Beteiligungsangebote

149

sionsstände können beide Beteiligungsarten profitieren.602 Der auch schon ohne eine Einbeziehung des Internets sinnvolle Medienmix wurde durch die »neuen« elektronischen Kommunikationsmöglichkeiten erheblich erweitert.

III.

Zeitpunkt der Einbeziehung der Öffentlichkeit

Gesamtstrategisch ist weiter abzuwägen, in welchem Planungsstadium die Bauleitplanung öffentlich gemacht wird. Unumstritten scheint zu sein, dass sich vor allem die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung für die Einbindung internetbasierter Beteiligungsformen eignet.603 Insbesondere in dieser Planungsphase können neben Stellungnahmen auch offene Diskussionsforen und etwa Chats eingesetzt werden. Grundsätzlich ist dies in der Phase der formellen Beteiligung auch möglich. Dadurch dass jedoch die Planungen schon sehr weit fortgeschritten sind, wird die Möglichkeit für grundlegende Änderungen in dieser Phase zumindest kleiner als noch am Anfang der Planungen. Aus demselben Grund wird auch empfohlen, internetbasierte Informationsund Beteiligungsmittel schon vor der Phase der frühzeitigen Beteiligung, also während der Erarbeitung eines Vorentwurfs, einzusetzen.604 Andererseits können die verwaltungsinternen Planungen zu diesem Zeitpunkt noch so unvollständig sein, dass eine Information der Öffentlichkeit wenig sinnvoll wäre. In diesem Sinne ist die klassische Einbeziehung der Öffentlichkeit auch erst mit der frühzeitigen Beteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB vorgesehen, sobald die Grundzüge der Planung vorliegen und diese einigermaßen nachvollziehbar sind.605 In der Praxis wird dies auch noch deutlicher, da einigen Bauleitplanänderungen durchaus informelle Gespräche und Vorüberlegungen mit potenziellen Investoren vorangehen.606

IV.

Geoinformationssysteme und Geodateninfrastruktur

Die alltägliche Verwaltungspraxis und auch manche Angebote des E-Government sind nicht mehr ohne Geoinformationssysteme607 (GIS) vorstellbar.608 So 602 603 604 605 606 607

Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 32. Siehe dazu S. 110 f. Vgl. Übersicht BMWi, Spezifikationsbericht, S. 34. Vgl. Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 3 Rn. 7 f. Vgl. Wagner/Kulus/Krek, S. 356. GIS sind Teil einer GDI und bilden die Nutzerschnittstelle zum Erfassen, Anzeigen und Auswerten der im GIS verfügbaren Geodaten. 608 Vgl. Deutscher Landkreistag, Geodaten sinnvoll nutzen, S. 3.

150

Anforderungen und Zukunftsperspektiven

hat ein Großteil aller kommunalen Entscheidungen einen geografischen Raumbezug und zahlreiche öffentlich zu nutzende Anwendungen dokumentierten bereits den positiven Nutzen von Geodateninfrastruktur609 (GDI) über die reine verwaltungsinterne Verwendung hinaus.610 Auch ältere Bauleitpläne werden zusehends über Geoinformationssysteme abrufbar aufbereitet.611 Geoinformationssysteme ermöglichen unter anderem die digitale grafische Darstellung von geographischen Karten, Bauleitplänen und Planentwürfen. Dabei lassen sich die geografischen Informationen mit grundsätzlich beliebigen weiteren Informationen verknüpfen, darstellen und analysieren. In der Integration verschiedenster Daten, welche alle einen räumlichen Bezug aufweisen, liegt die große Stärke dieser Systeme. Verallgemeinert sind schließlich Informationen, die gesammelt, geordnet und aufbereitet werden für komplexe Planungsaktivitäten die wichtigste Voraussetzung.612 Die Erfassung, Visualisierung und Vermittlung von Daten und Information wird auch für die Bauleitplanung immer wichtiger. Die verknüpfte Darstellung von Luftbildern mit Karten beziehungsweise Katasterinformationen sind nur ein Beispiel für die Leistungsfähigkeit der GIS. GIS bestehen zumeist aus einem Bearbeitungs- und einem Server/Datenbankmodul.613 Geodateninfrastruktursysteme sind sowohl auf europäischer als auch auf nationaler, Landes- und Kommunalebene in Betrieb. Die hohe Steuerungsrelevanz im Zusammenhang von Planungsentscheidungen bietet durch die Einbindung von Geoinformationssystemen einen Mehrwert für die politischen und administrativen Entscheidungsträger sowie die Öffentlichkeit in Beteiligungsverfahren. Auch können neben reinen räumlichen Daten auch weitere Datenbestände unterschiedlichster Fachverwaltungen eingespielt und mit den räumlichen Daten verknüpft grafisch dargestellt werden.614 Einzubindende Informationen stammen etwa aus dem Liegenschaftskataster, aus Luftbildern, Bauordnungsplänen und topografischen Karten, welche ohne GIS und GDI alle in einzelnen Datenbanken oder noch auf Papierkarten abgelegt sind und mühsam zusammengesucht werden mussten. Durch

609 Als GDI wird ein komplexes Computernetzwerk zum Austauschen von Geodaten bezeichnet, in dem Geodaten-»Produzenten«, Dienstleister und Nutzer über ein digitales Datennetz, etwa dem Internet, miteinander verbunden sind und so übergreifend Geodaten nutzen können. Die Verbindungreichweite kann räumlich und/oder hierarchisch definiert sein. 610 Etwa BayernViewer, http://www.geodaten.bayern.de/BayernViewer, oder NiedersachsenViewer, http://www.geodaten.niedersachsen.de, besucht am 31. 05. 2011. 611 Beispielsweise http://www.geoportal.rlp.de, besucht 21. 05. 2011. 612 Vgl. Streich, S. 11, 17. 613 Insbesondere in Deutschland ist ArcGIS der Firma ESRI Deutschland GmbH weit verbreitet: http://esri.de, besucht 20. 05. 2011. 614 Deutscher Landkreistag, Geodaten sinnvoll nutzen, S. 4.

Anforderungen an internetgestützte Beteiligungsangebote

151

die Sichtbarmachung räumlicher Wechselwirkungen können komplexe Sachverhalte anschaulicher dargestellt werden. Geoinformationssysteme sind somit zur Basis der Unterstützungssysteme der Raumplanung im engeren Sinne geworden. Die Erfassung und Visualisierung planungsrelevanter raumbezogener Informationen sowie die Abfrage und Analyse sind folglich typische Nutzungen.615 1.

Kooperative und öffentliche Geoinformationssysteme

Aufbauend auf GIS-Infrastrukturen wurden Entscheidungsunterstützungssysteme entwickelt. Waren auch diese Systeme anfänglich nur auf eine Einzelplatznutzung ausgelegt, hat sich auch dort eine Vernetzung etabliert, so dass parallel und kooperativ auf GIS-Anwendungen zugegriffen werden kann.616 Ein entscheidender Mehrwert der vernetzten und kooperativen GIS zur Unterstützung von Beteiligungsprozessen in der Bauleitplanung ergibt sich jedoch erst, wenn auch die Verwendung durch Verfahrensabläufe koordiniert wird und Kommunikationsdienste in die Anwendungsplattform eingebunden sind.617 Insbesondere die Offenlegung von Planungsunterlagen und die damit verknüpfte Nutzung von Geoinformationssystemen, kann auch die Öffentlichkeit mit noch vor einigen Jahren unvorstellbaren Möglichkeiten teilhaben lassen. So können neben einem Zugriff auf internetgestützte digitale Karten und Planzeichnungen auch mögliche zukünftige bauliche Zustände grafisch dargestellt werden. Einen deutlichen Mehrwert bildet dabei beispielsweise die Option, verschiedene Planungsoptionen interaktiv für jeden einzelnen Bürger elektronisch durchspielen zu können. Solche Systeme werden als Public Participatory Geoinformationssysteme (PPGIS) bezeichnet. Sie zeichnen sich folglich dadurch aus, dass bei einer elektronisch bereitgestellten kartenbasierten Anwendung verschiedenste Akteure – im Sinne von »Public« vor allem auch die Öffentlichkeit nach § 3 BauGB – gezielt in ein Entscheidungs- und Planungsverfahren eingebunden werden können. Interaktivität und Kommunikation im Planungsverfahren können dementsprechend durch den Einsatz eines PPGIS gesteigert werden. Vier Interaktivitätsebenen seien dabei zu unterscheiden.618 Auf der ersten Ebene werden lediglich Informationen bereitgestellt. Auf der zweiten Ebene werden parallel zur Bereitstellung von Informationen auch Angebote zur Onlinediskussion gemacht. Dabei kann es sich etwa um ein Diskussionsforum 615 Vgl. Fleischhauer/Maerker/Pipek/Schmidt, S. 19 ff. 616 Bezeichnet auch als Collaborative GIS (CGIS) bzw. Public GIS (PGIS) oder Public Participatory GIS (PPGIS). 617 Vgl. Fleischhauer/Maerker/Pipek/Schmidt, S. 20 ff. 618 Steinmann/Krek/Blaschke, S. 4 f.; Wagner/Kulus/Krek, S. 352.

152

Anforderungen und Zukunftsperspektiven

handeln. Auf der dritten Ebene werden kartenbasierte Diskussionen ermöglicht, das heißt, Geodaten und die öffentliche Diskussion über die Bauleitplanung werden verknüpft geführt und die Kartendarstellungen des GIS können etwa direkt kommentiert werden. Erst ab diesem Grad unterschiedet sich ein PPGIS erheblich von sonstigen statischen Kartendarstellungen und beschreibenden Informationen. Die vierte Ebene ist erreicht, wenn Bürger die Möglichkeit haben, eigene Ideen und Entwürfe direkt ins GIS einzustellen und so eine höchstmögliche Interaktivität gegeben ist. Dazu gehören weitere hoch interaktive Funktionen wie Abstimmungen oder sonstige Formen einer direkten Einbeziehung der Öffentlichkeit in den Entscheidungsvorgang. Es wird somit vor allem darauf abgestellt, dass der räumliche Bezug der Planungsverfahren bei ausschließlich textbasierten Diskussionen und Stellungnahmen oftmals stark geschwächt wird.619

2.

Die europäische INSPIRE-Richtlinie

Einen Überblick über vorhandene GIS bietet die Geodateninfrastruktur Deutschland (GDI-DE), die 2003 gestartete Initiative von Bund, Ländern und Kommunen für den Aufbau einer länder- und ressortübergreifenden Geodateninfrastruktur Deutschlands.620 Durch die weitere Verfolgung der Ziele der GDI-DE werden die Voraussetzungen für die Erfüllung der INSPIRE-Richtlinie621 geschaffen. Auf nationaler Ebene wurde dazu das Bundesgeodatenzugangsgesetz622 verabschiedet. Entsprechende Landesgesetze sind verabschiedet oder in Arbeit.623 Durch die Umsetzung von INSPIRE sollen Geodaten nach einheitlichen fachlichen und technischen Regeln interoperabel für die Organe der EU, die öffentlichen Stellen der Mitgliedstaaten sowie Wirtschaft, Wissenschaft und Öffentlichkeit verfügbar gemacht werden. Richtlinienzweck ist, Probleme der Verfügbarkeit, Qualität, Organisation und Zugänglichkeit von Geodaten zu beseitigen und den Umweltschutz durch bessere Informationen zu fördern. Bis 2019 soll der Prozess der Datenharmonisierung abgeschlossen werden. Eine Geodateninfrastruktur unterstützt daneben Pflichtenaufgaben des Informationsfreiheitsgesetzes, des Umweltinformationsgesetzes und ermöglicht 619 Vgl. Steinmann/Krek, S. 458, 460. 620 Http://www.gdi-de.org, zuletzt besucht am 31. 05. 2011. 621 SPartial InfoRmation in Europe (INSPIRE), Richtline 2007/2/EG v. 14. 03. 2007, Abl. EU L 108 v. 25. 4. 2007, S. 1. 622 BGBl. I 2009, S. 278. 623 Etwa Geodatenzugangsgesetz NRW, GVBl. NRW 2009, S. 84 v. 17. 02. 2009.

Anforderungen an internetgestützte Beteiligungsangebote

153

zum Teil erst die elektronische Abwicklung von Genehmigungsverfahren. Der aktuelle Umsetzung- und Erfassungsstand ist im Internet einzusehen.624 3.

Weitere Entwicklung und Trends

Es ist anzunehmen, dass der Einsatz von elektronischen Informationstechnologien auch auf dem Bereich der Bauleit- und Stadtplanung fortschreiten wird. Die vermehrte Öffnung der staatlichen Datenbestände für die Öffentlichkeit, etwa in Form von frei zugänglichen Geoinformationssystemen, dürfte nur ein weiterer Schritt sein.625 Virtuelle 3D-Modelle zum Betrachten von gegenwärtigen Bauzuständen und auch Planentwürfen, vor allem in der Stadtplanung, können zukünftig erwartet werden und könnten klassische »hölzerne« Stadtmodelle verdrängen.626 Schon jetzt wird auch der Einsatz von frei verfügbaren Internetanwendungen wie Google Earth627 zur virtuellen dreidimensionalen Stadt- und Bauleitplanung untersucht und erprobt.628

V.

Vermeidung von Medienbrüchen

Fortschrittliches E-Government sollte integriert, nutzerorientiert, wirtschaftlich und nicht zuletzt medienbruchfrei sein.629 Von einem Medienbruch spricht man, wenn ein Wechsel des informationstragenden Mediums innerhalb eines Informationsverarbeitungsprozesses auftritt. Der Informationsverarbeitungsprozess wäre in unserem Fall ein Vorgang der Beteiligung in der Bauleitplanung, also etwa die Auswertung und Gewichtung der eingegangenen Stellungnahmen. Sind diese handschriftlich eingegangen, müssen sie zur Weiterverarbeitung zumindest bei größeren Beteiligungsvorhaben in ein EDV-System übertragen werden. Tritt ein Medienbruch auf, muss die Information somit zwangsweise im Verlauf des Verarbeitungsvorgangs auf ein anderes Medium übertragen werden, was in der Regel die Verarbeitung erschwert, verlangsamt und neben einem höheren Aufwand auch die Qualität negativ beeinflussen kann. Sind schon einheitliche Protokolle und semantische Festlegungen nicht definiert, kann ein Transfer nicht medienbruchfrei und nur mit erheblichem Aufwand erfolgen. 624 Siehe http://www.gdi-de.org/inspire/monitoring, besucht 31. 05. 2011. 625 Siehe nur http://www.geoportal-mv.de, besucht 31. 05. 2011; dazu Landtag-MV- Drs. 5/ 1877. 626 Höffken, S. 28. 627 Http://earth.google.com/intl/de/, besucht 20. 05. 2011. 628 Höffken, S. 37 ff. 629 BMWi, Spezifikationsbericht, S. 18 f.

154

Anforderungen und Zukunftsperspektiven

Druck- und Versandkosten sowie ein gegebenenfalls notwendiger Erfassungsaufwand eingehender Stellungnahmen verringern sich, wenn diese bereits in elektronischer Form – also medienbruchfrei – eingehen.630 Können eingehende Stellungnahmen direkt elektronisch für die Auswertung, etwa durch Kopieren und Einfügen, übernommen werden, ergibt sich auch eine Arbeitsentlastung.631 Das aufwendige händische Eingeben und Zusammenstellen der eingehenden Stellungnahmen kann entfallen oder zumindest reduziert werden. Im E-Government strebt man folglich an, ähnlich wie im elektronischen Handel und sonstigem privatwirtschaftlichen Geschäftsverkehr, durch Integration möglichst vieler Vorgänge und Funktionen auf ein Medium diese Brüche in der »Wertschöpfungskette« zu vermeiden. Nicht zuletzt können unnötige Medienbrüche Auswirkungen auf Transaktionskosten, in unserem Fall somit beispielsweise auf Versandkosten von Planungsunterlagen haben, wenn diese eigentlich auch kostengünstig oder zumindest neutral bezogen auf die Stückzahl in elektronischer Form zu verschicken wären. Ein zusätzlicher positiver Effekt kann sich auf Seiten der zu beteiligenden Behörden oder sonstiger Träger ergeben, da im Gegensatz zu den Akten in Papierform auf elektronische Dateien parallel von mehreren Nutzern zugegriffen werden kann und somit im Idealfall Abstimmungswege verkürzt und der Informationsfluss verbessert wird. Es ist somit erstrebenswert, möglichst alle Vorgänge und Informationen elektronisch verarbeiten zu können, um Medienbrüche zu vermeiden und folglich die Effizienz der öffentlichen Verwaltung zu fördern. So ist die Medienbruchfreiheit eines der Hauptziele des E-Government.

VI.

Standardisierung von Anwendungen und Schnittstellen

Aufgrund von historisch gewachsenen und zum Teil unterschiedlichen Lösungsansätzen von Verwaltungsabläufen in den Gemeinden bietet sich durch das E-Government eine Chance zur Harmonisierung.632 Insbesondere muss sichergestellt werden, dass digitale Daten sicher, zuverlässig und soweit erforderlich automatisiert medienbruchfrei zwischen Gemeinden, Landkreisen, den Ländern und anderen Berechtigten ausgetauscht werden können. Vorgaben von oben nach unten sind dabei nur bedingt möglich. Aufgrund der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG kann nur eingeschränkt in interne Abläufe der Gemeindeverwaltungen eingegriffen werden. Zu unterscheiden ist dabei zwischen eigenem Wirkungskreis und über630 Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 28. 631 Kubicek/Lippa/Westholm, Forschungsbericht, S. 289; Kubicek/Lippa/Westholm, S. 215. 632 Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 19.

Anforderungen an internetgestützte Beteiligungsangebote

155

tragenen Auftragsbereich, welcher durch Landesverfassung und Landesgesetze genauer bestimmt wird. So hat eine Gemeinde im eigenen Wirkungskreis weitgehende Ermessens- und Entscheidungsfreiheit für eigene Vorhaben, während im übertragenen Auftragsbereich eine Weisungsgebundenheit vorliegt.633 In keinem Fall jedoch hat der Bund ein unmittelbares Recht zum Durchgriff auf die Gemeinden.634 Die Gemeinden sind die Träger der Bauleitplanung nach §§ 1 Abs. 3 S. 1 und 2 Abs. 1 S. 1 BauGB. Sie stellen Bauleitpläne in eigener Verantwortung auf.635 Nach § 10 Abs. 1 BauGB wird der Bebauungsplan als kommunale Satzung erlassen. Die Bauleitplanung ist somit eine Pflichtaufgabe der gemeindlichen Selbstverwaltung. Die Gemeinde muss diese Selbstverwaltung jedoch im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben ausüben. Im jeweiligen Landesrecht ist, wie in anderen Bereichen auch, eine Rechtsaufsicht vorgeschrieben. Auch der neue Art. 91c GG, welcher die informationstechnische Zusammenarbeit und in Absatz 2 die Definierung von Standards und Sicherheitsanforderungen zwischen Bund und Ländern ermöglicht, hat nur indirekte Auswirkungen auf die Gemeinden. Auch wenn klare Vorgaben von technischen Standards für alle Ebenen des Staates aus rein technischer Sicht sinnvoll und wünschenswert wären,636 ist ein solches Vorhaben schon föderalismusbedingt nicht durchsetzbar. Das genaue »Wie« der Aufgabenerfüllung darf nicht durch eine Fremddeterminierung so stark beschnitten werden, dass kein Gestaltungsspielraum mehr bleibt.637 Standards im Bereich der Bauleitplanung werden sich somit vermutlich am ehesten aufgrund von sogenannten Best-Practice-Empfehlungen638 ergeben. Zusätzlich können womöglich die schlechten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch effizienzsteigernde Kooperationen und Übernahmen von erfolgreichen Lösungen beflügeln. Zumindest für den Bereich eines Bundeslandes sollten jedoch einheitliche Standards für alle Arten elektronischer Verwaltungsverfahren, bis hinunter in die Gemeinden unter Beachtung von Art. 28 Abs. 2 GG, herrschen, ansonsten scheitert beispielsweise schon das einfache elektronische An- und Ummelden von Kraftfahrzeugen.639

633 634 635 636 637 638 639

Maunz, in: Maunz/Dürig, Art. 28 Rn. 66. BVerfG, Urt. v. 30.07.1958 - 2 BvG 1/58 -, BVerfGE 8, 122 (137). Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Vorb. §§ 1 - 13a, Rn. 17. Hierzu Schliesky, in: Schliesky, S. 11 f. Vgl. Maunz, in: Maunz/Dürig, Art. 28 Rn. 42; Schwarz, NVwZ 1997, 237 (242). Wie etwa BMWi, Spezifikationsbericht. Vgl. Schliesky, in: Schliesky, S. 11, 17 f.

156

B.

Anforderungen und Zukunftsperspektiven

Partizipationselemente und Interaktionsbedarf bei internetgestützten Planungsprozessen

Die ausreichende und angemessene Bereitstellung von Informationen ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine gelungene und aktive Beteiligung der Öffentlichkeit an Beteiligungsverfahren, nicht nur in der Bauleitplanung. Die Informationsvermittlung sei unbestreitbare Stärke des Internets, sie gilt es, auszuschöpfen und qualitativ weiterzuentwickeln.640 Insbesondere bestimmen die Nutzer das Tempo der Informationsaufnahme und die Tiefe der Informationen selbst. Darstellungen und Begründungen in Bauleitverfahren können mit ergänzenden Erklärungen oder externen Verweisen versehen werden und bieten so zusammen mit möglichen Interaktionsmöglichkeiten eine Grundlage für ein besseres Verständnis des Nutzers. Die Einfachheit der Informationsbeschaffung und Vermittlung im Internet könnte die Beteiligten nicht nur bei internetgestützten Beteiligungsformen besser qualifizierten, sondern auch als Vorabinformationsquelle für öffentliche Beteiligungsangebote wie etwa Bürgerforen- und Versammlungen dienen, beziehungsweise wird es schon heute entsprechend durch engagierte Bürger genutzt.641 Grundlegend sind elektronische Karten, interaktive Pläne, Visualisierungen und dazugehörende Begründungen und Erklärungen als wichtigste Informationsquelle im Internet für Beteiligungsvorgänge zu nennen. Neben der reinen Informationsvermittlung ist die Vielfalt der Kommunikationsformen, welche immer weiter zunimmt, eine große Stärke des Internets.642 Grundlegend können Angebote nach Art der Kommunikationsrichtung unterschieden werden. Also danach, ob Informationen nur in eine Richtung fließen können oder auch ein Rückkanal besteht. Daneben gibt es noch Dienste, die mehrfache Verbindungen mit Hin- und Rückkanal ermöglichen wie etwa Diskussionsforen, in denen mehrere Teilnehmer parallel untereinander Informationen austauschen können. Daneben kann noch unterschieden werden nach dem inhaltlichen Funktionsschwerpunkt des jeweiligen Angebotes.643 So kann grob zwischen sogenannter E-Information, E-Partizipation und E-Kooperation, mit ansteigendem Grad der Beteiligungsmöglichkeit, differenziert werden. Als Beispiel für E-Informationsangebote sind Internetseiten mit dem Schwerpunkt auf Informationsvermittlung, weiterführenden Verweisen und Downloadangeboten zu nennen. E-Partizipationsangebote finden sich selten, passen jedoch genau zu den mit § 4a Abs. 4 BauGB angesprochenen elektroni640 641 642 643

BMWi, Spezifikationsbericht, S. 25. Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 25. Vgl. Übersicht in Albrecht/Kohlrausch/Kubicek u. a., S. 20 ff., 24 ff. Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 32; grundlegend Sinning/Wiedenhöft, S. 60.

Partizipationselemente und Interaktionsbedarf

157

schen Informationstechnologien in der Bauleitplanung. Zu nennen sind beispielsweise Angebote zur Beteiligung über E-Mail, Online-Formulare und Diskussionsforen. E-Kooperations-Angebote setzen eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Beteiligten voraus und finden somit grundsätzlich in der förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der Bauleitplanung keine Anwendung. Gemeinsame Projekte und Internetangebote von Gemeinde und etwa Bürgern oder Bürgerbewegungen und Vereinen sind als Beispiele zu benennen. Im Rahmen von E-Kooperations-Angeboten können auch Public-Private-Partnerships644 (PPP) als Rechtsform vorkommen, wenn Stadt und private Investoren beziehungsweise Unternehmen gemeinsam Angebote betreiben.

I.

Einfacher Formular- und Dateidownload sowie Informationsseiten

Vielerorts sind Formular- und Dateidownloadangebote neben der reinen Informationsvermittlung nach wie vor die einzige digitale Angebotsart auf den Internetseiten der Gemeindeverwaltungen. Dominierendes Dateiformat ist dabei PDF.645 Dessen Vorteil liegt in der systemübergreifenden Nutzbarkeit und enorm großen Verbreitung, gehört doch ein sogenannter PDF-Reader646 zur kostenlosen Standardsoftware. Charakteristisch ist dabei, dass die Nutzer sich zwar Informationen und etwa Anträge herunterladen und diese gegebenenfalls auch am Computer ausgefüllt werden können, ein direkter elektronischer Versand ist jedoch häufig nicht möglich. Das Dokument muss in der Regel ausgedruckt werden und auf klassischem Weg via Brief oder Telefax versendet werden. Es handelt sich somit nicht um ein richtiges kommunikationsorientiertes Kooperationselement. Soweit jedoch viele Verwaltungsvorgänge nach wie vor, abgesehen von schon jetzt mit einer Signatur nach Signaturgesetz rein elektronisch abzuwickelnden Vorgängen, die Papierform erfordern, wird der klassische Formulardownload als Ein-Weg-Kommunikation bedeutsam bleiben.

644 Beispielsweise (Bürgernetz) Münster : http://www.muenster.de/buergernetz.html, besucht 23. 05. 2011. 645 Siehe auch S. 200 f. 646 Etwa: http://get.adobe.com/de/reader/ oder http://www.foxitsoftware.com/pdf/reader/, besucht 13. 04. 2011.

158 II.

Anforderungen und Zukunftsperspektiven

Diskussionsforen und Weblogs

In elektronischen Diskussionsforen tauschen Benutzer zu bestimmten Themen ihre Meinungen, Gedanken und Erfahrungen aus. Die anderen Teilnehmer können die eingestellten Beiträge ebenfalls lesen und auch kommentieren. Auch ältere Beiträge können dabei einzeln kommentiert werden, wobei sich die Ergänzung chronologisch einreiht. Im Idealfall kann sich ein Diskurs entwickeln. Insbesondere asynchrone Diskussionsforen auf Internetplattformen eignen sich erwiesenermaßen für eine diskursive Aufarbeitung von öffentlichen Themen mit Konfliktpotenzial. Solche interaktiven Kommunikationsangebote sollen unter anderem einen intensiven Austausch zwischen der Öffentlichkeit und den Planungsträgern ermöglichen und seien somit insbesondere für die Bürger interessant.647 Im Idealfall entsteht ein tatsächlicher Dialog. Die Bürgerinteressen würden wertgeschätzt.648 Da die gesamte Diskussion chronologisch sortiert ist, kann sie zu jedem Zeitpunkt nachvollzogen werden und ein späterer Einstieg in die Diskussion ist möglich. Der einzelne Teilnehmer kann seine Argumentation ausreichend lange Vorbereiten, bevor er einen Beitrag abgibt. Probleme bereiten kann eine mangelnde Übersichtlichkeit, fehlende Steuerungsfunktionen für Moderatoren oder überhaupt eine fehlende oder nicht konsequente Moderation. Schon in den späten 70er Jahren stand Software zur Verfügung, die speziell für raumplanerische Beteiligungsvorgänge entwickelt oder zumindest angepasst war.649 Insbesondere auf die Lösung von Problemstellungen ausgerichtete Systeme (sogenannte »Issue Based Information Systems« – IBIS) eigneten sich, da Beiträge oder Stellungnahmen in ein, auch grafisch aufbereitetes, Argumentationsmodell eingestellt werden konnten. In den Anfängen waren dies technikbedingt Einzelplatzlösungen – heute stehen mit speziellen Beteiligungsplattformen und anderen Softwarelösungen internetund mehrbenutzerfähige Systeme zur Verfügung. Grundlegende Funktion solcher Software ist die Eigenschaft, dass Problemstellungen, Lösungsvorschläge inklusive möglicher Alternativen und jeweils befürwortende beziehungsweise ablehnende Argumente eingepflegt werden können. Nach und nach kann sich daraus ein hierarchischer Diskussionsbaum entwickeln. Auch hier gilt jedoch, dass ohne Betreuung und ordnendes Begleiten durch ein Organisationsteam Beteiligungsvorgänge, die der kompletten Öffentlichkeit zugänglich sind, schnell unübersichtlich und somit weniger erkenntnisgewinnbringend werden können. Somit spielen die Strukturierung und Aufbereitung eine erhebliche Rolle und die verwendete Softwareanwendung 647 Vgl. Initiative eParticipation, S. 21. 648 Initiative eParticipation, S. 21. 649 Vgl. Fleischhauer/Maerker/Pipek/Schmidt, S. 20 ff.

Partizipationselemente und Interaktionsbedarf

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sollte spezielle Funktionen für diesen Zweck mitbringen. Normale Forensoftware für den Einsatz auf sozialen Kommunikationsplattformen ist somit für die Praxis der Bauleitplanung eindeutig nicht geeignet. In einem Pilotprojekt wurde die Möglichkeit, Beiträge zustimmend oder ablehnend durch einfaches Anklicken einer Schaltfläche zu kennzeichnen, sehr positiv bewertet.650 Zum einen lassen sich somit auch leichter die lediglich mitlesenden Teilnehmer zu einer indirekten Aussage bewegen und zum anderen erleichtert es bei der Auswertung die Einschätzung, wie relevant ein Vorschlag beziehungsweise eine Stellungnahme ist. Zugleich werden inhaltlich gleiche Beiträge vermieden, welche zur Unübersichtlichkeit beitragen, jedoch kaum weiteren Erkenntnisgewinn bringen. Weblogs, kurz auch Blogs genannt, können im weitesten Sinne den Diskussionsforen zugeordnet werden. Ähnlich einem digitalen Tagebuch, schreiben darin ein oder mehrere Autoren zu bestimmten Themen. Im Regelfall können andere Nutzer diese Beiträge kommentieren, was wiederum zu weiteren Kommentierungen führen kann und somit starke Ähnlichkeiten zu Diskussionsforen annehmen kann. Bislang wurden Weblogs häufig als journalistisches Stilmittel und von Politikern genutzt.651 Im Gegensatz zu allgemeinen Diskussionsforen steht die Meinung des oder der Autoren jedoch im Mittelpunkt, womit es sich für Öffentlichkeitsbeteiligungen weniger eignet, sondern eher ein Mittel zur politischen Stimmungsmache am Rande von Beteiligungsvorgängen sein kann.

III.

E-Mail

E-Mail, also elektronische Post, ist seit den Anfängen des Internets eine der Hauptnutzungen der elektronischen Kommunikation. Im weiteren Sinne können unter diese Kommunikationsform auch Newsgroups und Mailing-Listen, also die automatische Verteilung einer E-Mail beziehungsweise Nachricht an Abonnementempfänger, gezählt werden. Übereinstimmend können diese Kommunikationsformen als das zeitunabhängige asynchrone Übermitteln, Speichern und Abrufen von elektronischen Nachrichten beschrieben werden. EMail ist eine schnelle, kostengünstige und einfache Möglichkeit zum Informationsaustausch, welche jedoch nicht immer gänzlich zuverlässig und sicher ist. Wie unsicher E-Mails als Kommunikationsmedium sind, zeigt das Beispiel der fehlgeleiteten E-Mail auf die Domäne »donotreply.com«. Oftmals geben EMail-Versender, wenn sie keine Antwort wünschen, die vermeintlich fiktive Antwortadresse »[email protected]« an. Dabei wird nicht bedacht, 650 Zum Projekt ePP-Plattform: Dopfer, S. 63. 651 Chappelet/Kilchenmann, S. 36 ff.; Wagner/Kulus/Krek, S. 351.

160

Anforderungen und Zukunftsperspektiven

dass diese Domäne existiert und das Antwortenfeld schnell gedrückt ist. Alleine auf diesem Weg landen viele, auch vertrauliche Daten, bei einem Empfänger, für welchen die Informationen nicht bestimmt waren.652 Auch kleinste Schreibfehler in der Empfängeradresse führen automatisch zu Fehlleitungen, die zumeist unbemerkt bleiben, solange zumindest irgendjemand die E-Mail empfängt beziehungsweise die Adresse existiert. Vor daraus entstehendem möglichem Missbrauch schützen auch etwaige vorformulierte Erklärungen (sogenannte »Disclaimer«), zumeist am Ende geschäftlicher E-Mails, nicht.653 Eine hohe Anzahl versendeter E-Mails bleibt auch in Filtern und Firewalls hängen und erreicht den Empfänger folglich nicht. Fatal ist dabei, dass dies dem Sender in der Regel nicht angezeigt wird – womit die E-Mail grundsätzlich als unsicheres Kommunikationsmittel einzustufen ist. Abhilfe schaffen zum Teil die Optionen Übermittlungs- und Lesebestätigung, wobei auch diese nicht garantieren, dass die E-Mail wirklich gelesen und/oder bei der richtigen Person angekommen ist. Es empfiehlt sich somit auf die Unzulänglichkeiten des E-Mailversandes hinzuweisen, soweit dieser Kommunikationszugang eröffnet wird und entsprechende Hinweise zu geben. Eine einfache E-Mail ohne Verschlüsselung und Signatur654 kann sinnvoller Weise nur eingesetzt werden, soweit keine besonderen Anforderungen an die Integrität, Vertraulichkeit und Authentizität gestellt werden.655 Eine Verschlüsselung hat jedoch schon dann zu erfolgen, wenn die Vertraulichkeit der Daten, vor allem bei personenbezogenen Daten und Daten im Sinne von § 30 VwVfG, dies erfordert.656 Eine Verschlüsselung ist oftmals mit einer Signatur nach Signaturgesetz praktisch verbunden, muss es jedoch nicht zwangsläufig sein. Signierte E-Mails sind erforderlich, wenn entweder entsprechende Formvorschriften dies nach § 3a VwVfG erfordern oder die Authentizität des Urhebers und die Integrität der Nachricht und möglicher Anhänge dies schon alleine notwendig machen. Eine Verschlüsselung kann zusätzlich zu einer Signatur verwendet werden. Signierte oder Verschlüsselte E-Mails und Dateien können bisweilen zu technischen Kompatibilitätsproblemen führen, weshalb eine gründliche technische und konzeptionelle Planung unvermeidbar ist.657 Insofern Stellungnahmen beziehungsweise sonstige Beiträge zu Beteiligungsverfahren in Form von E-Mails angenommen werden, sollten folgende Punkte berücksichtigt werden: Nutzer sollten auf jeden Fall eine, wenn auch 652 653 654 655 656

Mielke, c’t 10/2008, S. 180 (180). Vertiefend dazu Makoski, K& R 5/2007, S. 246 ff. Siehe dazu S. 100 ff. Vgl. Deutscher Städtetag, Teil 1, S. 12. Mit weiteren Hinweisen: https://www.bsi.bund.de/EGovHandbuch.html, besucht 31. 05. 2011. 657 Vgl. Deutscher Städtetag, Teil 1, S. 13.

Partizipationselemente und Interaktionsbedarf

161

automatisierte, Rückmeldung auf ihre abgeschickte E-Mail erhalten. So wird der Eingang positiv signalisiert und der Nutzer kann zugleich noch einmal auf den weiteren Verlauf des Verfahrens und die Art und Weise, wie seine Stellungnahme berücksichtigt wird hingewiesen, werden.658 Die Eröffnung der Beteiligungsmöglichkeit in Form von E-Mails sollte mit festen Regeln und Hinweisen verbunden werden. Ein alleiniger und möglicherweise halbherzig wirkender Hinweis auf die Möglichkeit, Stellungnahmen auch als E-Mail abgeben zu können, ist zum einen nicht besonders einladend und führt womöglich auch nicht zu der gewünschten Qualität der Stellungnahmen. Somit sollten Regeln und Hinweise formuliert sein, wie die E-MailBeteiligung aussehen soll.659 Insbesondere wenn das Anhängen von eigenen Plänen oder sonstigen Dateien möglich ist, sollte auf durch den Planungsträger lesbaren Dateiformate hingewiesen werden, da ansonsten aufgrund der vielen möglichen Formate zu Inkompatibilitäten kommen kann. Als nachteilig ist anzusehen, dass eingehender Inhalt der E-Mails grundsätzlich einzeln händisch Auszuwerten und zu Übertragen ist.

IV.

E-Mail-Newsletter

Insbesondere zur teilautomatisierten Information von vielen Interessierten, etwa über Planänderungen oder neue Beteiligungsangebote, bieten sich sogenannte E-Mail-Newsletter an. Mit ihnen können über eine Listenfunktion viele E-Mail-Empfänger auf einmal angeschrieben werden. Nach einer Anmeldung können die Empfänger ähnlich einem Abonnement regelmäßig Informationen via E-Mail zugesendet bekommen. E-Mail-Newsletter sind somit ein schnelles und kostengünstiges Informationsinstrument, welches auch in der Bauleitplanung sinnvoll eingesetzt werden kann. Soweit eine sichere Authentifizierung im Internet in der Regel schwierig ist, kann Missbrauch stattfinden, indem fremde Personen Benutzer bei entsprechenden Diensten anmelden können. Um Missbrauch zu erschweren, sollte (auch) hier das Konzept der sogenannten zweifachen Zustimmung (sogenanntes »Double Opt-In«) angewendet werden.660 Der Nutzer bekommt dazu nach der Anmeldung bei einem E-Mail-Newsletterdienst oder auch sonstigen registrierpflichtigen Diensten eine E-Mail an die angegebene E-Mail-Adresse geschickt und muss durch Aufrufen einer verlinkten Internetseite oder mit einer vorgegebenen Antwort auf die E-Mail die Anmeldung an dem jeweiligen Dienst be658 Vgl. auch Initiative eParticipation, S. 21. 659 Vgl. auch Initiative eParticipation, S. 21. 660 Zscherpe, MMR 2004, 723 (726).

162

Anforderungen und Zukunftsperspektiven

stätigen. Somit kann zumindest die Übereinstimmung zwischen E-MailAdresseneigentümer und der sich anmeldenden Person relativ sicher verifiziert werden. Einem möglichen Identitätsdiebstahl wird vorgebeugt. Zugleich wird empfohlen, mit dieser Bestätigungsmail weitere Informationen wie die Nutzungsbedingungen, akzeptierte datenschutzrechtliche Bestimmungen und etwa noch einmal die Kontaktinformationen des Dienstes und Hinweise für eine spätere Abmeldung zu schicken.661

V.

Onlineformulare und -umfragen

Über Onlineformulare können Anfragen oder Stellungnahmen direkt über den jeweiligen Internetbrowser ausgefüllt und abgeschickt werden. Zugleich bieten sich Onlineformulare auch für Umfragen an. Somit können Onlineformulare als flexible Kommunikationsschnittstelle zur Verwaltung dienen. Großer Vorteil ist, dass keine weitere Software oder andere Internetanwendungen dazwischengeschaltet werden müssen. Möglich sind dabei Kombinationen mit und ohne vorheriger Authentifizierung. Grundsätzlich kann der Kommunikationsweg über eine sogenannte SSLVerschlüsselung gesichert werden, um die Integrität der übermittelten Daten sicherzustellen. Unter anderem dadurch, dass der Planungsträger bestimmte strukturierte Pflichtfelder vorsehen kann, wie etwa Name, Adresse und E-MailAdresse, und dadurch, dass der Planungsträger durch das Formular selbst das Format der zu übermittelnden Anfrage oder Stellungnahme definiert, kann die Verwaltung bei der Bearbeitung entlastet werden.662 Auch einfache Plausibilitätsprüfungen sind möglich, um unvollständige Stellungnahmen oder Anfragen zu vermeiden. Die Verwaltung kann somit weitgehend »Herrin des Vorgangs« bleiben. Onlineformulare können in Standard-Internetseiten der Planungsträger integriert werden oder eingebettet in spezielle Beteiligungsserver und -angebote Verwendung finden. Technisch möglich ist mittlerweile auch die Verknüpfung der Stellungnahme mit einer Kartendarstellung. Auf diese Weise kann der Absender deutlicher darstellen, auf was sich seine Stellungnahme bezieht. Auch der Dateiupload in Form von Anhängen zum Formular kann zugelassen werden, etwa um den Autor die Möglichkeit zu geben, die Stellungnahme um eigene Zeichnungen oder 661 Zscherpe, MMR 2004, 723 (726). 662 Vgl. Steinebach, ZfBR 2004, 16 (18); Beispielsweise Onlineformular Stadt Paderborn, https://www.o-sp.de/ssl/beteiligung.php?pid=15290& tid=40774& STADT=paderborn oder Stadt Osnabrück zu den einzelnen Plänen, http://www.osnabrueck.de/22098.asp, besucht 31. 05. 2011.

Partizipationselemente und Interaktionsbedarf

163

Sonstiges zu ergänzen. Zu empfehlen ist, dann allerdings die zugelassenen Dateiformate anzugeben, um Kompatibilitätsprobleme zu vermeiden. Auch bei der Verwendung von Onlineformularen ist aus datenschutzrechtlichen Gründen ausdrücklich in dem Formular auf die weitere Verwendung der persönlichen Daten hinzuweisen und somit durch erforderliche Bestätigung, die ausdrückliche Zustimmung des Nutzers einzuholen.663

VI.

Chat

Als Chat wird eine in Echtzeit stattfindende textbasierte Diskussion mit mehreren Teilnehmern bezeichnet. Im Gegensatz zu Diskussionsforen ist kennzeichnend, dass die Beiträge im Regelfall nur für die kurze Zeitspanne der laufenden Diskussion zu verfolgen sind. Es handelt sich somit um eine vom Grundsatz her kurzlebige Art der Kommunikation. Ein Vorteil ist jedoch wiederum, dass auf Beiträge spontan und direkt reagiert werden kann, solange die jeweiligen Teilnehmer noch im Chat aktiv sind. Wenn der Verlauf der Chats protokolliert wird, kann dieser natürlich auch der Öffentlichkeit dauerhaft zugänglich gemacht werden.664 Da der Chat in Echtzeit läuft, sind die Beiträge systembedingt jedoch nicht unbedingt logisch sortiert, sondern nur nach dem Beitragszeitpunkt geordnet. Je mehr Teilnehmer sich beteiligen, desto unübersichtlicher kann ein Chat somit werden und es wird schwieriger, dem Verlauf der Diskussion zu folgen.665 Überlegenswert kann es unter Umständen sein, den Verlauf der Diskussion im Nachhinein ergebnisorientiert auszuwerten und somit auch zusammenzufassen. Aufgrund der Schnelligkeit, Antworten zu erhalten, bietet sich ein Chat durchaus als elektronisches Pendant zu einer Bürgerfragestunde an. Befragt werden können somit etwa Experten, Politiker oder sonstige an der Bauleitplanung Beteiligte.666 Sicherlich kann jedoch auch hier bei einer zu großen Masse an Fragen die Ordnung verlorengehen und es bedürfte eines Moderators. Dessen Möglichkeiten, ordnend einzugreifen, sind jedoch deutlich geringer als in Diskussionsforen, will man den synchronen und direkten Charakter des Chats erhalten. Anderenfalls sollte man aufgrund der besseren Steuerungsmöglichkeiten direkt ein Diskussionsforum als Medium wählen. 663 Als positives Beispiel kann das Paderborner Formular genannt werden: https://www.osp.de/ssl/beteiligung.php?pid=15290& tid=40774& STADT=paderborn, besucht 31. 05. 2011. 664 Hettich, S. 19. 665 Chappelet/Kilchenmann, S. 36 ff. 666 Wagner/Kulus/Krek, S. 351.

164 VII.

Anforderungen und Zukunftsperspektiven

E-Voting

Unter dem Begriff E-Voting (elektronische Wahlen) lässt sich mehr subsumieren, als die vielleicht eines Tages möglichen plebiszitären Onlinewahlen auf lokaler, Landes- oder gar Bundesebene. Darunter fallen begrifflich vielmehr auch Meinungsumfragen, Themenfindungen oder etwa Abstimmungen über mögliche Planungsalternativen.667 Dabei geht das Spektrum von einfachen Abstimmungen bis hin zu umfangreicheren Onlinebefragungen mit mehreren Fragestellungen. Im Unterschied zu Telefoninterviews oder Haustürbefragungen verursachen diese nur geringe Kosten, können jedoch in der Regel nicht repräsentativ sein, da es mehr oder weniger vom Zufall abhängt, wer an der Befragung teilnimmt. Solange das Abstimmungsergebnis keinen bindenden Charakter haben soll, sondern lediglich eine nicht unbedingt repräsentative Tendenz aufgezeigt werden soll, können die grundsätzlichen Probleme des E-Votings wie Sicherheit und Authentizität ignoriert werden. Gerade einfache Meinungsumfragen sind aus technischer Sicht nicht sonderlich anspruchsvoll, können folglich jedoch auch relativ einfach verfälscht werden. Die Manipulationsgefahr lässt sich durch Maßnahmen verringern, beispielsweise indem die Abstimmung nur in einem geschlossenen Bereich für registrierte Teilnehmer durchgeführt wird. Auch hier stellt sich wieder die Aufgabe, ein Gleichgewicht zwischen definierter Sicherheit und einfacher Benutzbarkeit herzustellen.

VIII.

Spezielle Produkte und Tools für Beteiligungsverfahren

Im Bereich der Moderationswerkzeuge und der technischen Umsetzung und Einbettung in elektronische Beteiligungsplattformen gibt es noch großen Forschungs- und Entwicklungsbedarf. Einfache Rückkanäle zur Verwaltung, etwa für elektronische Stellungnahmen, lassen sich mit Standardanwendungen jedoch schon heute unkompliziert in bestehende oder noch zu erstellende Informations-Internetseiten integrieren. Komplexe und hochinteraktive Beteiligungsplattformen jedoch sind noch rar, woran auch einzelne Pilotprojekte nichts ändern. Gemeinsames Ziel ist, dass ziel- und problemorientiert mehrere Stufen einer Öffentlichkeitsbeteiligung abgedeckt werden können. Insbesondere für den Bereich der Bauleitplanung bietet sich eine Verknüpfung und enge Verzahnung mit einem kooperativen Geoinformationssystem an. Spezielle internetgestützte Beteiligungsplattformen sind bislang nur vereinzelt in Betrieb gewesen oder sind zumindest bislang noch die Ausnahme. Er667 Vgl. Brandt/Volkert, S. 5 ff., 28 ff.

Partizipationselemente und Interaktionsbedarf

165

wähnenswert sind hierbei sicherlich das Projekt Delphi Mediation Online System (DEMOS)668 und die Discourse-Machine669. Beide Plattformen konzentrieren sich jedoch auf den Schwerpunkt eines internetbasierten Diskurses und dessen sinnvolle Moderation und Strukturierung. Die grundsätzlich sinnvolle enge Verbindung mit einem Geoinformationssystem fehlte. Obwohl die Plattformen nicht spezifisch auf Öffentlichkeitsbeteiligungen in der Bauleitplanung ausgerichtet sind, bieten sich diese oder ähnliche Plattformen auch für problemorientierte Diskussionen unter der Beteiligung der Öffentlichkeit an. DEMOS setzt auf einen dreiphasigen Prozessablauf. Angefangen mit der Informationsbereitstellung über die Herausstellung der Probleme und ersten Erörterung soll in einer dritten Phase die Diskussion konsolidiert werden.670 Dabei werden unterschiedliche spezifische und unspezifische Werkzeuge wie Diskussionsforen, E-Mail-Funktionen, E-Voting-Tools und Umfragen eingesetzt. Die Discourse-Machine ermöglicht darüber hinaus, dem Benutzer eigene Ansichten zu erstellen und grafische Beiträge einzustellen.671 Gerade die Fähigkeit, grafisch untermauerte Diskurse zu ermöglichen macht diese Plattform für die Bauleitplanung interessant.672 Weiterhin entwickelte die Sonderforschungsgruppe (Sofia) der FH Darmstadt 2005 ein als electronic-Participation-Plattform (ePP-Plattform)673 bezeichnetes internetbasiertes Instrument zur Öffentlichkeitsbeteiligung.674 Die Software beziehungsweise die einzelnen Beteiligungsangebote wurden in Zusammenarbeit mit der Stadt Viernheim konzipiert und dort auch eingesetzt. Inhaltlich wurden Informationen, Umfragen und Diskussionen über die Plattform angeboten. Die Anschaffung oder Miete entsprechender Plattformen bedarf guter Vorüberlegungen und Planungen, wobei auch zu berücksichtigen ist, dass zumindest anfangs auch Schulungsbedarf einzukaufen sein wird.675 Eine bemerkenswerte Mischform zwischen Umfrage und Diskussionsforum, als besondere Form einer internetgestützten Öffentlichkeitsbeteiligung, stellt das mit öffentlichen Mitteln geförderte Projekt »Nexthamburg«676 dar. Auf der Plattform können Bürger ihre Wünsche und Ideen zur Stadtgestaltung und Entwicklung ohne größere Einschränkungen veröffentlichen. Anschließend können diese durch die Öffentlichkeit diskutiert und bewertet werden. In re668 Http://www.demos-monitor.de/index.php/das-demos-konzept/die-plattform/ und http:// www.demos-deutschland.de, besucht 31. 05. 2011. 669 Http://www.discourse-machine.de, besucht 31. 05. 2011. 670 Vgl. Richter/Gordon, S. 22 f. 671 Wagner/Kulus/Krek, S. 353. 672 Beispielsweise http://www.gleisdreieck-dialog.de, besucht 31. 05. 2011. 673 Zum Forschungsprojekt: http://www.sofia-darmstadt.de/118.0.html, besucht 06. 05. 2011. 674 Vertiefend Dopfer, S. 9 ff. 675 Siehe vertiefend zur Software-Ausstattung und Internetseitengestaltung, Dopfer, S. 77 ff. 676 Http://www.nexthamburg.de, besucht 13. 05. 2011.

166

Anforderungen und Zukunftsperspektiven

gelmäßigen Abständen finden Abstimmungen statt, in der die überzeugendsten Ideen gewählt werden, um dann vertieft behandelt zu werden – es findet somit eine Vorfilterung schon auf der Beteiligungsplattform statt. Auf der letzten Stufe sollen die meistgewählten Vorschläge bis zum Reifegrad einer Projektstudie entwickelt werden und im Folgenden in die offizielle Stadtplanung eingespeist werden.677 Die Teilnehmer werden dabei selbst zu Stadtentwicklern. Langfristig dürfte für den Erfolg entscheidend sein, ob Vorschläge und Ideen auch den Sprung in die Realität schaffen oder zumindest ausreichend von der Verwaltung und Politik gewürdigt werden. Wünschenswert wären spezielle auf die Belange der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 BauGB und der Behördenbeteiligung nach § 4 BauGB ausgerichtete Beteiligungsplattformen. Durch eine Abbildung des Verfahrensablaufs innerhalb der Beteiligungsplattformen und spezifischen Werkzeugen und Anwendungen dürfte sich nicht nur das Ergebnis eines Beteiligungsverfahrens verbessern, auch könnte die Hemmschwelle zum Einsatz innerhalb der Verwaltungen sinken, wenn die Systeme spezialisiert, besser erprobt und somit hoffentlich auch einfacher einsetzbar wären. Auch wenn dies noch nicht der Fall ist, sollte es nicht davon abhalten, schon heute bei geeigneten Verfahren nicht nur über das Verfahren im Internet zu informieren, sondern wo sinnvoll und erfolgsversprechend auch die Öffentlichkeit neben der klassischen Beteiligung interaktiv über das Internet einzubinden und einen internetbasierten Kommunikationsrückkanal zu eröffnen. Insbesondere wenn die Beteiligungssoftware, unter anderem aufgrund einer grundlegenden Anpassung an die immer wiederkehrenden Bedürfnisse, einfach zu bedienen ist und eine Anwendung nicht nur singulär, sondern dauerhaft stattfinden soll, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die betroffenen Verwaltungseinheiten, abgesehen von Grundschulungen und in Spezialfällen, alltäglich ohne externe Hilfe in der Lage sind, entsprechende internetgestützte Beteiligungsverfahren durchzuführen. Ihre Verwendung verursacht dann auch nur wenig Zusatzaufwand und lässt sogar eine Ressourceneinsparung erwarten, soweit Prozesse optimiert und etwa Transferkosten aufgrund von Medienbrüchen vermieden werden.678 Dank der Innovationsfreude im Internet generell, vergleiche etwa Apples iPhone und iPad oder verschiedene Netzwerkdienste wie Twitter und Co., dürfte die Technik allein jedoch nicht als Hindernis gelten. Vielmehr haben sich bislang mangelnde Organisation, »Kultur« und Qualifikation der Beteiligten als Hindernis erfolgreicher Beteiligungsverfahren erwiesen.679 Es bleibt also weiter 677 Vgl. http://www.nexthamburg.de/about/wie.php, besucht 13. 05. 2011. 678 Vgl. Dopfer, S. 16. 679 Vgl. Tr¦nel/Märker/Hagedorn, S. 36; Kubicek/Hagen, in: Breisig, S. 374 (375).

Veränderte Wahrnehmbarkeit von Online-Stellungnahmen

167

gespannt abzuwarten, welche neuen Kommunikationsformen und Anwendungen uns das Internet in Zukunft bietet.

C.

Veränderte Wahrnehmbarkeit von Online-Stellungnahmen

Die Nutzung des Internets in der Öffentlichkeitsbeteiligung hat Auswirkungen auf die Wahrnehmbarkeit der Stellungnahmen im Verfahrensverlauf. In klassischen Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung sind die schriftlich bei der Planungsbehörde eingereichten Stellungnahmen direkt zunächst nur den unmittelbar Beteiligten zugänglich. Elektronische Beteiligungsplattformen dagegen ermöglichen es zumindest, die eigene Stellungnahme auch der restlichen interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ebenso wie sich andere Stellungnahmen schon im laufenden Verfahren betrachten lassen und somit neben einer Verbreiterung der eigenen Informationsbasis auch eine Interaktion zwischen mehreren Beteiligten durch gegenseitige Bezugnahme ermöglichen. Ein elektronisches Beteiligungsverfahren kann somit ein nicht isoliertes Verfahren sein, wenn Querverbindungen zwischen Beteiligten zugelassen werden. Die Pläne und Stellungnahmen können über eine längere Zeit im Internet verfügbar gehalten werden. Auch im Vergleich und als Ergänzung zu Bürgerversammlungen ergeben sich Vorteile bezüglich der Informationsvermittlung, da für das Informieren und Austauschen erheblich mehr Zeit zur Verfügung steht. Vor allem Späteinsteigern könnte so ein einfacherer Einstieg geboten werden. Zugleich erhöhten sich die Chancen auf erkenntnisgewinnbringende Stellungnahmen.680 Darüber hinaus könnten gruppendynamische und sozialpsychologische Faktoren einer direkten Präsenzkommunikation, welche erhebliches Störpotenzial beinhalten können, bei internetgestützten Beteiligungsverfahren keine oder zumindest geringer hemmende Wirkung entfalten. Auch könne durch diesen Umstand eine gesteigerte Beteiligungsgleichheit, Sachlichkeit und Aufgabenbezogenheit erreicht werden.681 Dem ist grundsätzlich zuzustimmen. Psychologische Zugangsschwellen werden durch die internetbedingte (Teil-) Anonymisierung respektive durch die indirektere Diskussionsform deutlich herabgesetzt und animieren auch ungeübte und zurückhaltende Menschen eher zur Teilnahme und Äußerung.682 Soziale Hemmungen spielen eine geringere Rolle. So zählt weniger die Person als die sprachliche Vermittlung des Arguments

680 Vgl. auch Berghäuser/Berghäuser, NVwZ 2009, 766 (768). 681 So Fleischhauer/Maerker/Pipek/Schmidt, S. 19 ff. 682 Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 25.

168

Anforderungen und Zukunftsperspektiven

über das Internet.683 Im Internet abgegebene Stellungnahmen sind schriftlich fixiert und erscheinen folglich verbindlicher, als etwa eine mündliche Äußerung auf einer öffentlichen Versammlung. Das Internet ebnet dabei die soziale Ungleichheit keineswegs ein, da die Textbasiertheit wiederum eine höhere Sprachkompetenz erfordert.684 Soweit jedoch gerade kein zeitlicher Druck zur Erwiderung einer Stellungnahme entsteht, kann dies durch die Entkopplung der Zeitgebundenheit ausgeglichen werden – wer länger zum Formulieren seines Beitrages braucht, kann sich diese Zeit im Gegensatz zu einer öffentlichen Diskussionsrunde nehmen. Da die Kommunikation grundsätzlich textbasiert ist, werden jedoch auch sogenannte soziale Hinweisreize reduziert. Dies kann in positiver Ausprägung zu einer Versachlichung und in negativer Ausprägung jedoch zu einer gestörten Kommunikation führen, insoweit der Inhalt des reinen Textes ohne ergänzende Informationen auch fehlgedeutet und falsch interpretiert werden kann. Somit kann eine verkürzte Kommunikationsbandbreite schneller zu Fehlinterpretationen führen, welche wiederum bei Meinungsverschiedenheiten in der elektronischen Kommunikation, aufgrund einer geringeren Hemmschwelle schneller zu aggressiven und beleidigenden Äußerungen verleiten können.685 Seit der Entstehung von öffentlichen Internet-Diskussionsforen, ist man deshalb bemüht, unter anderem durch selbst aufgestellte Regeln – mitunter auch als sogenannte Netiquette bezeichnet – die Nutzer an die Einhaltung gesellschaftlicher Verhaltensregeln auch in der virtuellen Kommunikation zu erinnern. Zusätzlich sollten verbindliche Nutzungsregeln definiert sein. Auch aus diesem Grund benötigt ein öffentliches Forum beziehungsweise eine Beteiligungsplattform einen oder mehrere Moderatoren, welche gegebenenfalls Eingreifen können.

D.

Rechtliche Grundanforderungen

I.

Internetauftritt als Telemediendienst

Grundsätzlich muss der Betreiber eines Internetauftritts einschlägige Kennzeichnungsverpflichtungen einhalten, zu denen im einfachsten Umfang die Angaben des Namens und Kontaktmöglichkeiten gehören. Etabliert haben sich

683 Vgl. Dopfer/Becker, S. 8. 684 Dopfer/Becker, S. 8. 685 Vgl. Fleischhauer/Maerker/Pipek/Schmidt, S. 19 ff.

Rechtliche Grundanforderungen

169

dafür Unterseitenbezeichnungen wie Impressum oder auch »Wir über uns«, die ohne größere Suche zu finden sein müssen.686 Je nach Inhalt des Internetangebotes der Verwaltung entscheidet sich, ob das Angebot außer als Teledienst im Sinne des Telemediengesetzes687 (TMG) auch inhaltlich zusätzlich nach dem Rundfunkstaatsvertrag zu beurteilen ist. Nach § 1 Abs. 1 TMG sind Telemediendienste alle »[…] elektronischen Informationsund Kommunikationsdienste, soweit sie nicht Telekommunikationsdienste nach § 3 Nr. 24 des Telekommunikationsgesetzes, die ganz in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, telekommunikationsgestützte Dienste nach § 3 Nr. 25 des Telekommunikationsgesetzes oder Rundfunk nach § 2 des Rundfunkstaatsvertrages sind (Telemedien). Dieses Gesetz gilt für alle Anbieter einschließlich der öffentlichen Stellen unabhängig davon, ob für die Nutzung ein Entgelt erhoben wird.«

1.

Abgrenzung zum Regelungsbereich des Rundfunkstaatsvertrages

Die bis März 2007 oftmals schwierige Abgrenzung zwischen Medien- und Telediensten ist mit Inkrafttreten des TMG weggefallen.688 Abzugrenzen bleibt jedoch zu den Telemedien im Sinne des Rundfunkstaatsvertrages (RStV), welche unter den Begriff Rundfunk fallen und für die der einschlägige RStV einige ergänzende Vorschriften enthält. So bestimmt § 2 Abs. 2 S. 3 RStV: »Telemedien sind alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, soweit sie nicht Telekommunikationsdienste nach § 3 Nr. 24 des Telekommunikationsgesetzes sind, die ganz in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen oder telekommunikationsgestützte Dienste nach § 3 Nr. 25 des Telekommunikationsgesetzes oder Rundfunk nach Satz 1 und 2 sind.« Dazu auch § 54 Abs. 2 RStV: »Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten, in denen insbesondere vollständig oder teilweise Inhalte periodischer Druckerzeugnisse in Text oder Bild wiedergegeben werden, haben den anerkannten journalistischen Grundsätzen zu entsprechen. Nachrichten sind vom Anbieter vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Inhalt, Herkunft und Wahrheit zu prüfen.« Für Telemedien im Sinne des RStV gilt nach § 1 Abs. 1 1. HS »[…] nur der IV. bis VI. Abschnitt sowie § 20 Abs. 2.« des RStV. Nach dem RStV ist Internetradio, das als Stream für mehr als 500 gleichzeitige 686 Siehe dazu etwa BGH, Urt. v. 20. 07. 2006 - I ZR 228/03 -, NJW 2006, 3633 (3634). 687 Das bis März 2007 bestehende Teledienstegesetz (TDG) und weitestgehend auch der Mediendienste-Staatsvertrag (MDStV) gingen im Telemediengesetz auf. 688 Siehe auch BT-Drs. 16/3078, S. 13.

170

Anforderungen und Zukunftsperspektiven

Nutzer angeboten wird, seit Mitte 2007 als Rundfunk nach dem RStV genehmigungspflichtig. Für die Genehmigungserteilung ist die jeweilige Landesmedienanstalt zuständig. Einschlägig kann dies somit bei Liveübertragungen von Sitzungen oder Bürgerforen sein. Anders als beispielsweise in den Vereinigten Staaten von Amerika689 werden entsprechende Möglichkeiten in Deutschland bislang sehr selten genutzt. 2.

Foren als Telekommunikationsdienst nach TKG?

Zu den Datenschutzregelungen des Telemediengesetzes gelten für Telekommunikationsdienste parallel die Regelungen des Telekommunikationsgesetzes, soweit es primär um den technischen Kommunikationsvorgang geht. Datenschutzrechtliche Vorgaben finden sich in § 88 TKG und in den §§ 91 ff. Internetangebote, die Telemedien- und zugleich Telekommunikationsdienstleistungen bereitstellen, unterliegen sowohl dem Telemediengesetzes als auch dem Telekommunikationsgesetzes. Ansonsten findet grundsätzlich eine Abgrenzung zu Mediendiensten statt. § 3 Nr. 24 TKG definiert Telekommunikationsdienste als »in der Regel gegen Entgelt erbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen, einschließlich Übertragungsdienste in Rundfunknetzen«. Anders als bei Internetprovidern oder reinen Kommunikationsanbietern, steht bei Diskussionsforen oder anderen Beteiligungsangeboten jedoch nicht die reine Transportleistung im Sinne eines Kommunikationsdienstes im Vordergrund690, womit grundsätzlich nicht das TKG, sondern das TMG und gegebenenfalls der RStV und das BDSG Anwendung finden.

II.

Grundlegende Formalien eines Internetangebots

1.

Telemediengesetz

Das TMG enthält unter anderem Vorschriften zum Impressum für Telemediendienste, zur Bekämpfung von Spam (Verschleierungs- und Verheimlichungsverbot von Absender und Inhalt bei Werbe-E-Mails), zur Haftung von Dienstebetreibern für gesetzeswidrige Inhalte, zum Datenschutz beim Betrieb und zur Herausgabe von Daten und zum Providerprivileg. Nach § 5 TMG besteht für den Betreiber eines geschäftsmäßigen, in der Regel 689 Siehe auch S. 197 f.; BMWi, Spezifikationsbericht, S. 47; Beispielsweise City of Azusa, Kalifornien, http://www.ci.azusa.ca.us/media/ oder City of Santa Monica, Kalifornien, http:// santamonica.granicus.com/ViewPublisher.php?view_id=3, besucht 06. 05. 2011. 690 Vgl. Hoeren, Das Telemediengesetz, NJW 2007, 801 (802).

Rechtliche Grundanforderungen

171

gegen Entgelt angebotenen Telemediums die Pflicht, ein Impressum zu führen. Unterschieden werden muss jedoch nach Art des Dienstes zwischen allgemeinen und gegebenenfalls zusätzlichen besonderen Informationspflichten. Besondere Informationspflichten können sich zum Bespiel ergeben, soweit kommerzielle Kommunikationen691, welche Telemedien692 oder Bestandteile von Telemedien sind, nach § 6 TMG angeboten werden. Hauptbestandteile der Informationspflicht nach § 5 TMG sind: der Name, die Anschrift sowie bei juristischen Personen zusätzlich die Rechtsform und Vertretungsberechtigte. Weiterhin müssen Angaben zur schnellen elektronischen Kontaktaufnahme und unmittelbaren Kommunikation, einschließlich der E-Mail-Adresse enthalten sein. Weitere jetzt hier nicht relevante Angaben umfassen etwa noch Registereinträge, Aufsichtsbehörden und steuerliche Identifikationsnummern. Die Informationspflicht aus § 5 TMG setzt auch Bestimmungen der E-Commerce-Richtlinie693 um. Telemedien, die ohne den Hintergrund einer Wirtschaftstätigkeit bereitgehalten werden, müssen nicht über ein Impressum im Sinne des § 5 TMG verfügen. Rein private Internetseiten oder Informationsangebote von beispielsweise Idealvereinen sollen nicht den Informationspflichten des TMG unterliegen.694 Jedoch sollen schon geringe finanzielle Verdienste, etwa durch das Schalten von Werbung auf einer ansonsten rein privaten Seite, zu einer Entgeltlichkeit und somit zur Anwendung von § 5 TMG führen.695 Die Höhe des Verdienstes könne schließlich kein geeignetes Abgrenzungskriterium sein.

2.

Rundfunkstaatsvertrag

Informationspflichten werden weiter durch den Verweis in § 1 Abs. 4 TMG durch § 55 Abs. 1 RStV definiert. So sind, sofern das Angebot nicht ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dient, Name, Anschrift und gegebenenfalls Vertretungsberechtigte anzugeben. Der Katalog der Pflichtangaben bleibt somit hinter dem des TMG zurück. Eine privilegierende Ausnahme von jeglichen Pflichtangaben dürfte somit faktisch nur von sehr wenigen Internetseiten in Anspruch genommen werden können, soweit sich selbst private Seiten in der Regel an die Allgemeinheit richten, von Suchmaschinen696 indiziert 691 Vgl. § 2 Nr. 5 TMG. 692 Vgl. § 2 Nr. 4 TMG. 693 Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. 06. 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (»Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr«), ABl. EU L 178 v. 17. 7. 2000, S. 1 – 16. 694 BT-Drs. 16/3078, S. 14. 695 Ott, MMR 2007, 354 (355). 696 Etwa http://www.google.de.

172

Anforderungen und Zukunftsperspektiven

werden und zumeist ein Selbstdarstellungs- und Mitteilungswille über die Privatsphäre hinaus angenommen werden kann.697 Für journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote konkretisiert § 55 Abs. 2 RStV die Informationspflichten nach den §§ 5 und 6 TMG. So ist zusätzlich ein Verantwortlicher namentlich und mit Anschrift zu nennen. Soweit Angebote zur internetgestützten Öffentlichkeitsbeteiligung in der Bauleitplanung als journalistisch-redaktionell gestaltet anzusehen sind, wäre folglich auch ein Verantwortlicher im Sinne des § 55 Abs. 2 RStV zu benennen. Der Gesetzgeber wollte durch diese Formulierung die aus den Pressegesetzen bekannte Person des Verantwortlichen im Sinne der Landespressegesetze (V.i.s.d.P.) übernehmen und so den Bereich der elektronischen Massenkommunikation in Form von elektronischer Presse abdecken.698 Dies war bedeutsam, soweit die Pressegesetze und der alte MDStV hinsichtlich von Informationspflichten und Gegendarstellungsansprüchen bei Internetpublikationen nicht unbedingt einschlägig waren, da die nach diesen zumeist notwendige Voraussetzung eines periodischen Druckwerks bei Internetseiten problematisch ist. So kann ein periodisch erscheinendes Druckwerk als ständig, wenn auch in unregelmäßiger Folge und Abstand von nicht mehr als sechs Monaten definiert werden.699 Der notwendige periodische Charakter wird nicht durch die ständige Verfügbarkeit eines Textes auf einer Internetseite erfüllt.700 Mittlerweile ist das Erfordernis der Regelmäßigkeit entfallen, womit auch einmalige elektronische Veröffentlichungen, soweit sie journalistisch-redaktionell gestaltet sind, nach §§ 54 - 56 RStV besonderen Sorgfaltspflichten unterliegen und Auskunfts- und Gegendarstellungsansprüchen vereinfacht zugänglich sind.701 Unter einer redaktionellen Gestaltung ist eine planvolle, nicht notwendig gewerbsmäßige, Tätigkeit zu verstehen, welche auf inhaltliche, sprachliche, graphische oder akustische Bearbeitung eines Angebots abzielt und der Einwirkung auf die öffentliche Meinungsbildung oder der Information bestimmt ist.702 Diese Voraussetzungen, insbesondere die Informationsvermittlung, werden beziehungsweise sollten bei einen entsprechenden Angebot zur Bauleitplanung vorliegen. In diesem Sinne sollten entsprechende Angaben veröffentlicht werden. Alle Pflichtinformationen müssen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar 697 698 699 700

Vgl. Ott, MMR 2007, 354 (356). Landtag Baden Württemberg, Drs. 14/558, S. 39. Etwa Löffler, § 7 Rn. 65 ff. LG Düsseldorf, Beschl. v. 29.04.1998 - 12 O 132/98-, CR 1998, 431 ff.; Barton, MMR 1998, 294 (295). 701 Vgl. Weiner/Schmelz, K& R 2006, 453 (457). 702 Ott, MMR 2007, 354 (356); Weiner/Schmelz, K& R 2006, 453 (457).

Rechtliche Grundanforderungen

173

und ständig verfügbar sein.703 So können die Angaben auf einer Seite zusammengefasst sein, welche wiederum von allen Seiten aus erreicht werden können und verknüpft sind (dabei soll die Erreichbarkeit jedoch über maximal zwei Links gewährleistet sein). Als zulässige Bezeichnungen haben sich Anbieterkennzeichnung, Impressum oder auch Kontakt durchgesetzt.704

III.

Rechtliche Hindernisse bezogen auf Kommunikationsangebote

Insbesondere unter dem Begriff Forenhaftung wurden zuletzt regelmäßig Problemfälle behandelt, wenn in einem Forum oder ähnlichen Kommunikationsangeboten verfassungswidrige Beiträge oder Stellungnahmen mit verleumderischem, verunglimpfendem oder beleidigendem Inhalt abgegeben wurden. Es stellt sich die rechtliche Frage, inwiefern der Betreiber für fremde Äußerungen haftet und ob er etwa zensierend eingreifen muss. Nach § 10 TMG ist der Betreiber eines Diskussionsforums als Internetprovider in der strafrechtlichen Verantwortung und hinsichtlich der Haftung auf Schadensersatz privilegiert, soweit dieser nur Telekommunikationsleistungen zur Verfügung stellt.705 Eine mögliche Störerhaftung nach § 1004 Abs. 1 BGB bleibt bei Kenntnis des Betreibers von der Rechtsverletzung jedoch von der Privilegierung unberührt.706 So bestimmt auch § 7 Abs. 2 TMG, dass eine Verpflichtung zur Sperrung und Entfernung von Inhalten nach den allgemeinen Gesetzen auch bei einer nicht vorliegenden Haftung nach den §§ 8 bis 10 TMG vorliegt. Ein Verletzter kann somit Löschungs- und Untersagungsansprüche gegen den Betreiber, als Administrator des Diskussionsforums, richten. In Frage kommen dabei vor allem Fälle einer deliktischen Haftung, etwa aus Urheberrechtsverletzung oder ehrverletzenden Äußerungen. Insbesondere wenn entsprechende Einträge, etwa aufgrund einer gereizten Diskussionsstimmung, zu erwarten sind, trifft den Forenbetreiber eine gesteigerte Pflicht zur Kontrolle im Sinne des § 7 Abs. 1 TMG.707 Dies gilt ebenfalls, wenn entsprechende Beiträge provoziert worden sind.708 Ab Kenntnis trifft den Betreiber zumindest eine unverzügliche Pflicht zur Löschung.709 Eine allgemeine Pflicht zur Vorabkon703 Vgl. BGH, Urt. v. 20. 07. 2006 - I ZR 228/03 -, MMR 2007, 40 (41); BT-Drs. 14/6098, S. 21. 704 Ott, MMR 2007, 354 (358 f.). 705 BGH, Urt. v. 11. 03. 2004 - I ZR 304/01 - BGHZ 158, 236 (246 ff.); BGH, Urt. v. 27. 03. 2007 - VI ZR 101/06 - NJW 2007, 2558 (2559). 706 BGH, Urt. v. 11. 03. 2004 - I ZR 304/01 - BGHZ 158, 236 (248); BGH, Urt. v. 27. 03. 2007 - VI ZR 101/06 - NJW 2007, 2558 (2559). 707 Vgl. LG Düsseldorf, Urt. v. 14.08.2002 - 2a O 312/01 -, MMR 2003, 61. 708 Vgl. OLG Hamburg, Urt. v. 22.08.2006 - 7 U 50/06 -, MMR 2006, 744 ff. 709 Vertiefend dazu OLG Düsseldorf, Urt. v. 07.06.2006 - 15 U 21/06 -, MMR 2006, 618 ff.

174

Anforderungen und Zukunftsperspektiven

trolle, etwa im Sinne einer Freischaltung einzelner Beiträge, besteht jedoch nicht.710 Lange Zeit war umstritten, wie Verweise auf andere Internetseiten, sogenannte Hyperlinks, haftungsrechtlich zu beurteilen sind. Mittlerweile hat sich dazu eine einigermaßen ausdifferenzierte Rechtsprechung gebildet.711 Vom Grundsatz her gilt, dass der Verlinkende zumindest dann für die verlinkten Inhalte mithaftet, wenn er sich dessen Inhalte zu eigen macht oder sich mit diesen solidarisiert.712 Erfolgt eine Verlinkung dagegen beispielsweise aus wissenschaftlichen oder pressegründen, soll eine haftungsausschließende Privilegierung ähnlich der Wertung des § 8 TMG wirken.713 Sobald eine staatliche Stelle Betreiber eines Forums ist und aufgrund möglicherweise strafrechtlich beziehungsweise deliktrechtlich relevanter Beiträge eingreifen müsste, könnte sich zusätzlich ein Konflikt mit dem Zensurverbot nach Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG ergeben. Es könnte sich ein Anspruch auf Grundrechtsschutz auf beiden beteiligten Seiten ergeben. So ist bezüglich der Löschung von Forenbeiträgen eine Abwägung zwischen dem Zensurverbot und den Persönlichkeitsrechten einzelner Betroffener beziehungsweise bei verfassungswidrigen Beiträgen nach dem Rechtsstaatsprinzip vorzunehmen.714

IV.

Elektronische Akten

Auch für elektronische Akten gelten rechtliche Rahmenbedingungen, wie die Einhaltung des Datenschutzes und die sichere Speicherung im Besonderen.715 Noch bedeutender wird wirksamer Datenschutz, wenn nicht nur kleine einzelne Datensätze bearbeitet werden, sondern durch vernetzte Dienstleistungen über die Grenzen einzelner Verwaltungseinheiten hinweg716, persönlich zuordenbare Datensätze und eventuell auch umfangreiche Datensammlungen entstehen, welche die persönliche Freiheit und Integrität beeinträchtigen können.717 Sind die in einzelnen Verwaltungseinheiten vorhandenen Daten zumeist sinnvollerweise und auch in rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, ohne weitere Einschränkungen durch die Mitarbeiter dieser Verwaltungseinheit einseh- und 710 OLG Hamburg, Urt. v. 04.02.2009 - 5 U 180/07 -, ZUM 2009, 417 ff.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 07.06.2006 - 15 U 21/06 -, MMR 2006, 618 ff. 711 Vertiefend Hoeren, S. 457 ff. 712 Vgl. OLG München, Urt. v. 06.07.2001 - 21 U 4864/00 -, ZUM 2001, 809 ff. 713 Vgl. BGH, Urt. v. 14. 10. 2010 - I ZR 191/08 -, K& R 2011, 325 ff. 714 Bunzel, BauR 2008, 301 (309). 715 Grundlegend: Fischer-Dieskau, in: Kröger/Hoffmann, S. 350 ff. 716 Sogenannte One-Stop-Lösungen, siehe auch zur EU-Dienstleistungsrichtlinie S. 61 f.; Grundlegend Schulz, S. 9 ff. 717 Schedler/Proeller, S. 259 f.

Rechtliche Grundanforderungen

175

bearbeitbar, so ergeben sich in über Verwaltungseinheiten hinweg vernetzten Umgebungen bei freier Verfügbarkeit der Daten gewaltige Datenschutzprobleme. Es ergibt sich aus den Datenschutzbestimmungen die Verpflichtung, Vorsorge zu treffen, dass einzelne Verwaltungseinheiten nur Zugriff auf diejenigen Daten haben, welche für die spezielle Leistungserbringung benötigt werden. Auch eine unbeabsichtigte Verbreitung von Daten, etwa durch E-Mails, ist zu vermeiden. Es bedarf somit ausgereifter Sicherheitsrollen und Gruppen, schlicht eines ausgeklügelten Datenschutz- und Sicherheitskonzeptes, so dass die Missbrauchsgefahr minimiert wird. Oftmals dürfte auch eine Prozessoptimierung nötig sein, um unnötige und damit zu vermeidende Datenzugriffe zu vermeiden. Bei der Einbindung und Weitergabe von Daten an verwaltungsexterne Stellen, verschärfen sich die Anforderungen und es muss noch sorgfältiger auf die Einhaltung von Datenschutz- und Sicherheitskonzepten geachtet werden, da einmal herausgegebene Daten zumeist schwer kontrollierbar bleiben. Idealerweise ermöglicht E-Government nicht nur eine elektronische Kommunikation, sondern verzichtet, soweit dies möglich ist, auf Papierdokumente – ersetzt werden sie durch elektronische Akten. Dabei sind dieselben rechtlichen Regeln, wie für die Arbeit mit herkömmlichen Akten in Papierform zu beachten. Das heißt vor allem: Auch elektronische Akten müssen wahrheitsgetreu und vollständig718 geführt werden. Insbesondere bedeutet dies, dass alle Bestandteile einer elektronischen Akte gegen Manipulation geschützt sein müssen.719 Auch der Aussteller einer in der Akte festgehaltenen Erklärung muss ebenso eindeutig erkennbar sein wie der Zeitpunkt der Erklärung. Folgende Voraussetzungen müssten somit grundsätzlich erfüllt sein: – Die Integrität jedes einzelnen gespeicherten elektronischen Dokuments muss sichergestellt sein. – Die Identität des Ausstellers muss eindeutig bestimmbar sein. – Der Zeitpunkt, an dem ein Dokument ausgestellt worden ist, muss eindeutig bestimmbar sein. – Die Vollständigkeit der elektronischen Akte muss gegen Manipulation gesichert sein.720 Die elektronische Signatur bietet mit ihren Funktionen die passenden Möglichkeiten, oben genannte Sicherheitsfunktionen zu erfüllen.

718 BVerwG, NVwZ 1988, 622. 719 Vgl. Boehme-Neßler, NVwZ 2001, 374 (377). 720 Dazu: Roßnagel, in: Kubicek u. a., S. 158 (162).

176 V.

Anforderungen und Zukunftsperspektiven

Elektronische Verwaltungsakte im Zusammenhang mit der internetgestützten Bauleitplanung

Für den Erlass von Verwaltungsakten kennt das Verwaltungsverfahrensrecht spezielle Formanforderungen, welche somit auch im Verfahren der Bauleitplanung relevant sein könnten. Zu nennen ist beispielsweise das Genehmigungsverfahren der Flächennutzungspläne nach § 6 Abs. 1 oder ausnahmsweise der Bebauungspläne nach § 10 Abs. 2 BauGB durch die höhere Verwaltungsbehörde. Die Genehmigung oder Versagung hat die Rechtsqualität eines Verwaltungsaktes.721 Nach § 37 Abs. 2 S. 1 VwVfG kann ein Verwaltungsakt schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Nach Satz 2 ist ein mündlicher Verwaltungsakt schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn daran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Auch ein elektronischer Verwaltungsakt ist nach § 37 Abs. 2 S. 3 VwVfG unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 VwVfG findet insoweit keine Anwendung. Die weitere Form eines elektronischen Verwaltungsaktes muss gemäß § 37 Abs. 3 VwVfG der eines schriftlichen Verwaltungsaktes entsprechen. So muss er die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form nach § 3a VwVfG verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Ein Attributzertifikat ist eine Ergänzung zur Signatur nach § 5 Abs. 2 S. 1 SigG und kann weitere Angaben darüber enthalten, welche Privilegien beziehungsweise Attribute dem Signierenden zugeordnet sind. Dies können etwa Angaben zur Vertretungsmacht, berufsbezogene oder auch sonstige Angaben zur Person sein.722 Soweit der Verwaltungsakt folglich keine besonderen Anforderungen an die Form stellt, kann er gemäß § 37 Abs. 2 S. 1 VwVfG auch auf elektronischem Weg ergehen. Die Erteilung der Genehmigung oder, soweit eine Genehmigung nicht erforderlich ist, der Beschluss des Bebauungsplans durch die Gemeinde ist nach § 10 Abs. 3 S. 1 BauGB ortsüblich bekannt zu machen. Eine Bekanntmachung ausschließlich im Internet genügt demnach nicht,723 was jedoch natürlich eine ergänzende Information im Internet nicht ausschließt. Die anschließende Be721 Vgl. Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 6 Rn. 77. 722 Vgl. Kopp/Ramsauer, § 37 Rn. 35a. 723 Siehe auch Bunzel, BauR 2008, 301 (312).

Rechtliche Grundanforderungen

177

reithaltung des ausgefertigten Bauleitplans in Originalform zur Einsicht nach § 10 Abs. 3 S. 2 BauGB kann wohl aufgrund fehlender Regelungen und ungewisser Folgen für die Rechtssicherheit nur in Papierform geschehen.724 So ist auch schon nicht eindeutig geregelt, ob das Digitalisieren des Originaldokuments zwecks Transferierung in eine elektronische Akte möglich ist. Theoretisch denkbar wäre wohl nur eine rein elektronische Ausfertigung nach § 3a VwVfG, welche zurzeit noch nicht praktikabel ist.

VI.

Elektronische Stellungnahmen und die Präklusionswirkung

Ist eine Stellungnahme nicht oder nicht rechtzeitig abgegeben worden, kann die Präklusionswirkung des § 3 Abs. 2 S. 2 2. HS BauGB i. V. m. § 4a Abs. 6 S. 2 BauGB und § 47 Abs. 2a VwGO eingreifen.725 Eine solche Stellungnahme kann dann bei der Beschlussfassung über den Bauleitplan grundsätzlich unberücksichtigt bleiben und auch eine spätere Normenkontrolle präkludieren.726 Soweit eine Stellungnahme während des Beteiligungsverfahrens ausschließlich in elektronischer Form abgegeben wurde, könnte der Nachweis des Zugangs beim Planungsträger im Zusammenhang mit der Nichtberücksichtigung bei der Beschlussfassung nach § 4a Abs. 6 S. 2 BauGB oder einer späteren Normenkontrolle nach § 47 VwGO somit möglicherweise problematisch sein, wenn die vollständige Übermittlung unsicher ist oder sich schlecht nachweisen lässt. Elektronisch eingegangene Stellungnahmen dürfen schließlich keinesfalls schlechter gestellt werden, als in Papierform eingegangene. Soweit eine elektronische Übermittlung je nach Art und Weise – etwa in Form einer einfachen EMail – jedoch unsicherer sein kann als eine postalische Übermittlung, ist es sinnvoll, eine Übermittlungsbestätigung einzufordern.727 Idealerweise wird dies vom Planungsträger hinsichtlich der gewählten Beteiligungsform und -art beachtet. Den Beteiligungsteilnehmern kann und sollte somit auch zusätzliches Vertrauen in die internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung gegeben werden; schließlich kann aufgrund der physikalisch nicht greifbaren Form ein erhöhtes Misstrauen in den Übermittlungsvorgang und auch einer späteren Berücksichtigung vorherrschen. Bekommt der Teilnehmer jedoch eine Eingangsbe724 Vgl. W. Schrödter, in: Schrödter, § 10 Rn. 70; Bunzel, BauR 2008, 301 (312). 725 Grundlegend etwa Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 3 Rn. 36 ff. und 50 ff. 726 Siehe zu den Voraussetzungen und Hinweispflichten etwa BVerwG, Urt. v. 29.01.2009 - 4 C 16/07 -, BVerwGE 133, 98 ff.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 20.09.2010 - 8 S 2801/08 -, DÖV 2011, 245. 727 Vertiefend dazu S. 228 ff.

178

Anforderungen und Zukunftsperspektiven

stätigung, die auch automatisiert ergehen kann, dürfte dies für zusätzliches Vertrauen sorgen. Grundsätzlich bedarf es jedoch keiner weitergehenden Anforderungen, soweit schließlich auch eine postalisch abgegebene Stellungnahme auf dem Transportweg abhandenkommen und somit eine vergleichbare Problematik bezüglich des Nachweises des Zugangs bestehen kann. Im Übrigen ist die gefestigte Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der die Präklusionswirkung auslösenden Belehrung, welche in der Bekanntmachung und bei Online-Beteiligungen auch in elektronischer Form auf den Internetseiten erfolgen muss, übertragbar.728 Dass der Wortlaut von § 3 Abs. 2 S. 2 BauGB und § 47 Abs. 2a VwGO hinsichtlich der Präklusion nicht identisch ist, ist unerheblich.729 Dies gilt auch dann, wenn der Planungsträger nur nach dem Wortlaut von § 3 Abs. 2 S. 2 BauGB belehrt habe. Zur Klarstellung sollte jedoch der Wortlaut des § 47 Abs. 2a VwGO verwendet werden. Daneben prägt der Grundsatz der Planerhaltung die §§ 214 f. BauGB. Insbesondere ist auf § 215 Abs. 1 BauGB ergänzend hinzuweisen. Nach § 214 BauGB beachtliche Fehler in Bauleitplänen müssen danach rechtzeitig und schriftlich gegenüber dem Planungsträger geltend gemacht werden. Anderenfalls werden diese unbeachtlich. Abweichend von der Form der Stellungnahmen in den Beteiligungsverfahren, gilt nach § 215 Abs.1 BauGB ein Schriftformerfordernis hinsichtlich der Geltendmachung von Verfahrensfehlern. Dieses ist im Sinne der Planerhaltung und Rechtssicherheit auch beizubehalten.

E.

Schutz der Persönlichkeitsrechte der Beteiligten

Ziel des Datenschutzes ist es, den Einzelnen vor Verletzungen seiner Persönlichkeitsrechte und anderer Interessen im Umgang mit personenbezogenen Informationen zu schützen. Das Datenschutzrecht enthält dazu verbindliche Vorgaben. Schon bei klassischen Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung gilt es, den Datenschutz zu beachten und eventuelle Konflikte zwischen einer möglichst offenen Beteiligung und den Rechten Betroffener zu lösen. Darüber hinaus bieten moderne Computersysteme und Netzwerke immer weiterreichende Möglichkeiten, persönliche Daten zu sammeln, auszuwerten und auch miteinander zu verknüpfen. Auch wenn die Betroffenen zumeist freiwillig persönliche Daten offenlegen, so sind elektronisch gespeicherte Daten flüchtiger und kön-

728 Grundsätzlich zu den Anforderungen der Belehrung schon BVerwG, Beschl. v. 31.10.1989 - 4 NB 7/89 -, ZfBR 1990, 32 ff. 729 BVerwG, Urt. v. 27.10.2010 - 4 CN 4/09 -, DVBl. 2011, 108 f.

Schutz der Persönlichkeitsrechte der Beteiligten

179

nen leichter als nicht-elektronisch vorliegende Daten über das von einer Einwilligung umfasste Maß hinaus genutzt beziehungsweise missbraucht werden. Grundsätzlich gilt es strenge datenschutzrechtliche Vorschriften zu beachten. Der Datenschutz im Internet wird durch das Telemediengesetz (TMG) und subsidiär auch durch das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) geregelt. Das Bundesdatenschutzgesetz findet neben dem spezielleren Telemediengesetz nach § 12 Abs. 3 TMG Anwendung. Es ist einschlägig, soweit das Telemediengesetz keine speziellere Norm enthält und regelt auch grundlegend die wirksame datenschutzrechtliche Einwilligung. Daneben sind ebenfalls die Datenschutzgesetze der Bundesländer zu beachten.

I.

Öffentlichkeitsbeteiligung und Datenschutz

Im Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung kann ein Konflikt mit nach Datenschutzrecht zu schützenden persönlichen Daten entstehen, insoweit diese zum eigentlich auslegungsbedürftigen Informationsmaterial gehören oder im Rahmen der Behandlung von Stellungnahmen öffentlich behandelt werden müssten. Da das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung die Öffentlichkeitsbeteiligung nicht ausschließen und andererseits der Datenschutz auch nicht komplett zurückstehen darf, ist eine differenzierte Gewichtung notwendig.730 Das dem Bauleitplanverfahren immanente Öffentlichkeitsprinzip konkurriert somit mit dem verfassungsrechtlich bewehrten Recht auf informationelle Selbstbestimmung731 aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Beides sei im Rahmen einer praktischen Konkordanz in einen angemessenen Ausgleich zu bringen.732 § 3 BauGB treffe zulässigerweise die grundsätzliche Entscheidung über den Vorrang der Öffentlichkeitsbeteiligung bei datenschutzrechtlichen Konflikten.733 Die bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen sind nach § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB schon mit dem Plan- und Begründungsentwurf auszulegen. Auch erfolgen die Beschlussfassungen der Organe der Gemeinde grundsätzlich in öffentlicher Sitzung. Folglich könnten leicht datenschutzrechtliche Belange berührt werden. Jedoch kann der Schutz von personenbezogenen Daten grundsätzlich auch die Anwendung des § 3 BauGB einschränken, so dass diese nicht nach § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB ausgelegt werden dürfen.734 Auch können Be730 731 732 733 734

Bunzel, BauR 2008, 301 (308). Grundlegend: BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 -, BVerfGE 65, 1 ff. Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 3 Rn. 5. Berkemann, ZfBR 1986, 155 ff. BVerfG, Beschl. v. 14.10.1987 - 1 BvR 1244/87 -, BVerfGE 77, 121 ff.

180

Anforderungen und Zukunftsperspektiven

lange des Datenschutzes eine nichtöffentliche Behandlung von Stellungnahmen in den kommunalen Gremien notwendig machen.735

II.

Die datenschutzrechtliche Einwilligung (im Internet)

Wann immer persönliche Daten erhoben, verarbeitet, gespeichert oder sonst wie genutzt werden, gilt es, die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen zu schützen. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts geschützt.736 Dieses Grundrecht gewährleistet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung wurde durch die Datenschutzrichtlinie737 auch auf europäischer Ebene bekräftigt. Für den Bereich der elektronischen Kommunikation wurde daneben eine spezielle EG-Richtlinie erlassen.738 Auf nationaler Ebene enthalten mehrere Normen Aussagen zum Datenschutz. Grundsätzlich handelt es sich um Verbotsgesetze mit Erlaubnisvorbehalt, womit das Erheben, Verarbeiten und Nutzen von personenbezogenen Daten grundsätzlich verboten ist. Ein gesetzlicher Erlaubnistatbestand oder eine Einwilligung des Betroffenen überwindet das Verbot. Da gesetzliche Erlaubnistatbestände selten sind, muss die Legitimation in einem Großteil der Fälle durch eine Einwilligung erfolgen. Grundsätzlich bestehen dabei keine Unterschiede zwischen einem klassischen papiergebundenen Beteiligungsverfahren und einem, das ergänzend elektronische Informationstechnologien nutzt.739 1.

Datenschutzgesetze

Die Zulässigkeit von Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten regelt § 4 Abs. 1 BDSG oder die entsprechende landesgesetzliche Norm. Insofern der Betroffene nicht eingewilligt hat, ist eine gesetzliche Erlaubnis durch eine Ermächtigungsnorm notwendig. Über eingehende Stellungnahmen 735 W. Schrödter, in: Schrödter, § 2 Rn. 8; Ehlers/Heydemann, DVBl. 1990, 1 (4 ff.). 736 BVerfG, Urt. v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 -, BVerfGE 65, 1 ff.; zuletzt BVerfG, Beschl. v. 11.08.2009 - 2 BvR 941/08 -, NJW 2009, 3293. 737 Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. 10. 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, ABl. EG L 281 v. 23. 11. 1995, S. 31 – 50. 738 Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. 07. 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation, ABl. EU L 201 v. 31. 07. 2002, S. 37 – 47. 739 Vgl. auch Bunzel, BauR 2008, 301 (307).

Schutz der Persönlichkeitsrechte der Beteiligten

181

hat der Planungsträger in einem vorgegebenen Verfahren zu entscheiden, wobei er regelmäßig personenbezogene Daten im Sinne von § 4 Abs. 1 BDSG verarbeitet und nutzt.740 Die jeweiligen Landesdatenschutzgesetze sind zusätzlich zu beachten, basieren jedoch auf dem gleichen Prinzip des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt.741 Zu den personenbezogenen Daten gehören nicht nur klassische Daten wie der Name, Anschrift und der Geburtsort, sondern auch weitere wie etwa Meinungsäußerungen.742 Als datenschutzrechtlich relevante persönliche Daten sind etwa der Name, Anschrift und auch Eigentumsverhältnisse und sonstige Rechte an Grundstücken zu nennen.743 Jegliche Daten sind als personenbezogen zu werten, sobald sich diese auf eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person beziehen. Dies ist gegeben, wenn die Daten mit dem Namen des Betroffenen verbunden sind oder sich aus dessen Inhalt und Zusammenhang der Bezug unmittelbar herstellen lässt.744 Weiter sind Daten personenbezogen, soweit der Betroffene bestimmbar ist.745 Nach § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDSG sind unzulässige Speicherungen von Daten zu löschen. Sobald der Nutzer sich mit seinem Namen an einem Onlinedienst, wie etwa einem Diskussionsforum anmeldet oder Beiträge verfasst fallen somit grundsätzlich personenbezogene Daten im Sinne des BDSG an. Die Daten werden zumindest elektronisch gespeichert, verarbeitet und gegebenenfalls genutzt im Sinne von § 3 BDSG. Folglich ist eine Einwilligung des Nutzers in Form einer vorherigen Einverständniserklärung746 notwendig. Diese Einverständniserklärung ist eine vorherige Zustimmung im Sinne von § 183 BGB.747 Ob dabei eine rechtsgeschäftliche Erklärung abgegeben wird oder eine rein tatsächliche Handlung vorliegt, ist umstritten und hat Auswirkungen auf die Einwilligungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen.748 Eine nachträgliche Genehmigung oder eine andere Art von Einverständnis im Sinne von § 184 BGB ist nicht möglich.749 Eine Heilung einer rechtswidrigen Datenschutzverletzung ist somit nicht möglich und ist als Verstoß gegen die datenschutzrechtlichen Vorschriften zu werten. Einzig kann mit einer nachträglichen Erklärung der weiteren – also zukünftigen – Nutzung der schon er-

740 741 742 743 744 745 746 747 748 749

Vgl. auch Kukk, VBlBW 2003, 337 (338). Siehe etwa § 4 NDSG. Vgl. Gola/Schomerus, § 3 Rn. 3. Berkemann, ZfBR 1986, 155 (156); W. Schrödter, in: Schrödter, § 2 Rn. 8. Gola/Schomerus, § 3 Rn. 10. Vgl. BGH, Beschl. v. 30. 07. 1990 - NotZ 10/89 -, NJW 1991, 568 ff. Vertiefend Gola/Schomerus, § 4a Rn. 2. Gola/Schomerus, § 4a Rn. 2. Mit Nachweisen Zscherpe, MMR 2004, 723 (724); Gola/Schomerus, § 4a Rn. 10. Gola/Schomerus, § 4a Rn. 31.

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Anforderungen und Zukunftsperspektiven

hobenen oder verarbeiteten Daten zugestimmt werden.750 Die Einwilligung bedarf grundsätzlich nach § 4a Abs. 1 S. 3 BDSG der Schriftform nach § 126 BGB, wobei die elektronische Form nach § 126a BGB mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz nicht ausgeschlossen ist. Von der Schriftform darf nach BDSG nur abgewichen werden, wenn aufgrund besonderer Umstände eine andere Form angemessen ist. Entsprechende Umstände liegen grundsätzlich bei Online-Datenerhebungen vor, da die Einholung einer schriftlichen Einwilligung die Online-Kommunikation ansonsten ad absurdum führen würde. Es sind weder pauschale noch Blanko-Einwilligungen zulässig.751 Stillschweigende, mutmaßliche oder konkludente Einwilligungen sind nicht ausreichend.752 Weiter ist eine Einwilligungsfiktion nicht zulässig.753 Die Einwilligung ist auch nur rechtmäßig, soweit der Betroffene nach § 4a Abs. 1 S. 2 BDSG vorher auf die weitere Verwendung seiner Daten hinreichend hingewiesen wurde.754 Beweispflichtig für das Vorliegen einer Einwilligung ist die jeweils datenverarbeitende Stelle, insbesondere gehen Unklarheiten zu dessen Lasten.755 Die Einwilligung muss somit auf informierter Basis erfolgen. Der Einwilligung hat nach §§ 4 Abs. 3, 4a Abs. 1 S. 2 NDSG und § 13 Abs. 1 TMG eine hinreichend detaillierte Aufklärung über Art, Umfang und Zweck der Datenverarbeitung vorauszugehen.756 Leicht zu übersehende oder auf Unterseiten »versteckte« Einwilligungserklärungen, etwa in Allgemeinen Nutzungsbedingungen, sind ebenso ungültig im Sinne der §§ 307 und 305c BGB wie pauschalierte Einwilligungen.757 Persönliche Daten sind immer nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu bearbeiten und zu nutzen. Die Nutzung und Bearbeitung muss somit vor allem zweckgebunden und erforderlich sein und sich am Grundsatz der Datenvermeidung und Datensparsamkeit orientieren.758 Auch wenn sich eine Nutzung der persönlichen Daten aus der abgegebenen Stellungnahme aufgrund des folgenden gesetzlich vorgegebenen Bearbeitungsund Abwägungsvorgangs ergibt und somit eine ausdrückliche datenschutzrechtliche Einwilligung nach einer Ansicht nicht nötig sei,759 ist es zweckmäßig 750 751 752 753 754 755 756 757 758 759

Zscherpe, MMR 2004, 723 (726). Simitis, in: Simitis, § 4a Rn. 74; Gola/Schomerus, § 4a Rn. 11 ff. Simitis, in: Simitis, § 4a Rn. 45 ff.; Gola/Schomerus, § 4a Rn. 13. Simitis, in: Simitis, § 4a Rn. 76; Gola/Schomerus, § 4a Rn. 14. Gola/Schomerus, § 4a Rn. 11. Gola/Schomerus, § 4a Rn. 11.; Vgl. BGH, Urt. v. 10. 07. 1991 - VIII ZR 296/90 -, BGHZ 115, 123 (127). Vgl. auch Gola/Schomerus, § 4a Rn. 11. Vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.06.1996 - 15 U 4/96 -, CR 1997, 152 f. Vgl. Ronellenfitsch, S. 373 (374 f.). Bunzel, BauR 2008, 301 (308).

Schutz der Persönlichkeitsrechte der Beteiligten

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in der Bekanntmachung zur öffentlichen Auslegung auf die Datenverarbeitung hinzuweisen. Angenommen werden kann ansonsten eine konkludente Einwilligung nur, wenn die Freiwilligkeit und ausführliche Darstellung der Zweckbestimmung eindeutig ersichtlich sind.760 Für eine grundsätzliche Einwilligungserforderlichkeit, auch bei freiwilligen Datenerhebungen, spricht jedoch der eindeutige Wortlaut des § 4a Abs. 1 BDSG.761 Auch sei ein Hinweis auf eine mögliche Beratung in öffentlicher Sitzung zweckmäßig.762 Folglich ist bei der ergänzenden Nutzung elektronischer Informationstechnologien auch auf die Nutzung und Bearbeitung von möglicherweise persönlichen Daten hinzuweisen. Wie schon angesprochen, sollte eine Einwilligung dazu insbesondere bei der Verwendung von Onlineformularen über eine entsprechende Eingabemaske abgefragt werden.763 Dies ist erst recht erforderlich, wenn die Stellungnahme – auch nur Auszugweise – im Internet veröffentlicht wird. Belange des Datenschutzes können eine nichtöffentliche Behandlung von Stellungnahmen in den kommunalen Gremien notwendig machen.764 Dies komme jedoch nur als Ultima Ratio in Betracht. Aufgrund der Abwägung zwischen Datenschutz und Öffentlichkeitsgrundsatz kann es jedoch womöglich reichen, auf die Angabe der Namen von privaten Grundstückseigentümern zu verzichten, soweit diese für das Verfahren beziehungsweise den Abwägungsvorgang nicht notwendig sind.765 Der Personenbezug sei dementsprechend in der Regel bei der Auslegung der umweltbezogenen Stellungnahmen nicht von Bedeutung, so dass dies anonymisiert erfolgen könne.766 2.

Telemediengesetz – elektronische Einwilligung

Das Telemediengesetz gilt nach § 1 Abs. 1 mit Ausnahmen für alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste (IuK).767 Somit gilt es, regelmäßig für Internetangebote wie Webseiten und andere im Internet oder mittels Internet zur Verfügung gestellte Dienste.768 Das TMG enthält auch spezielle Regelungen für den Umgang mit Daten, die zur Durchführung eines Telemediendienstes anfallen. Diesbezüglich ist es gegenüber dem BDSG spezieller. 760 761 762 763 764 765 766 767 768

Vgl. LG Darmstadt, Urt. v. 24.09.1998 - 15 O 204/98 -, RDV 1999, 28. In diesem Sinne auch LG Stuttgart, Urt. v. 13.08.1998 - 17 O 329/98 -, RDV 1998, 262. Kukk, VBlBW 2003, 337 (338). Siehe auch Steinebach, ZfBR 2004, 16 (18). W. Schrödter, in: Schrödter, § 2 Rn. 8; Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 3 Rn. 5; Ehlers/Heydemann, DVBl. 1990, 1 (4 ff). Vgl. VG München, Beschl. v. 13. 02. 1980 - M 562 VII/80 -, NJW 1981, 475 (476); Bunzel, BauR 2008, 301 (308). Bunzel, BauR 2008, 301 (309). Siehe auch oben S. 170 ff. Schmitz, in: Spindler/Schuster, § 1 Rn. 22 ff.

184

Anforderungen und Zukunftsperspektiven

Reine Inhaltsdaten, die nicht zur direkten Durchführung des Telemediendienstes benötigt werden, sollen jedoch nicht darunter fallen.769 Unter den Begriff Inhaltsdaten können beispielsweise E-Mailinhalte fallen, die im Nachgang eines Besuches eines Internetangebotes ausgetauscht werden. Die Abgrenzung zwischen TMG und BDSG ist somit abgestuft. Das TMG enthält als Besonderheit mit § 13 Abs. 2 eine Erleichterung für wirksame elektronische Einwilligungen. Diese Erleichterung ist der besonderen Umstände bei elektronischen Diensten geschuldet, da es in einem Großteil der Fälle unverhältnismäßig wäre, eine schriftliche Einwilligung vorher einzuholen. Gefordert wird dafür dann jedoch nach § 13 Abs. 2 TMG das Vorliegen einer bewussten und eindeutigen Handlung des Nutzers, also etwa das Auswählen einer Schaltfläche vor der Bestätigung.770 Und weiter eine Protokollierung der Einwilligung, die jederzeitige Widerrufbarkeit der Einwilligung für die Zukunft und die Möglichkeit, den Inhalt der Einwilligung jederzeit abrufen zu können. Weiter gelten die Grundsätze der informierten Einwilligung nach dem BDSG auch im Internet.

III.

Speicherung der Benutzer-IP-Adressen und sogenannter Cookies

Ein Bürger muss ein virtuelles Rathaus grundsätzlich genauso spurlos betreten und wieder verlassen können, wie bei einem körperlichen Besuch auch.771 Allein schon der virtuelle Besuch einer Internetseite, ohne eine weitergehende Nutzung, kann Spuren hinterlassen, wenn die Benutzer-IP-Adresse in einer Datei auf dem Internetserver zur Auswertung gespeichert wird. Aus technischer Sicht wird dies gerne entsprechend an den Servern konfiguriert, um mögliche Fehler erkennen zu können und Informationen zur Nutzung des Angebotes zu erhalten. Rechtlich missbräuchlich ist die Speicherung der kompletten IP-Adresse zumindest dann, wenn daraus auch Nutzungsprofile erstellt werden können – was aus Betreibersicht gerade nicht nur für private Anbieter zur Auswertung der Nutzung und Verbesserung des Angebotes interessant und verlockend ist. Eine Speicherung ist jedoch grundsätzlich nur in anonymisierter, also verkürzter Form772, erlaubt, solange nicht ein zwingender sachlicher Grund vorliegt.773 Auf diese Weise kann ein Benutzer nicht mehr persönlich identifiziert werden; eine Abgrenzung zu anderen Nutzern und damit die Verfolgung von 769 770 771 772 773

Hoeren, S. 383. Vgl. zum alten TDDSG Zscherpe, MMR 2004, 723 (726). Dix, in: Kubicek u. a., S. 178 (180). Beispielsweise statt »192.168.1.2« nur »192.168.xxx.xxx«. Vgl. zu Zugangsanbietern LG Darmstadt, Urt. v. 25.01.2006 - 25 S 118/05 -, MMR 2006, 330 ff.

Schutz der Persönlichkeitsrechte der Beteiligten

185

mehreren Benutzerhistorien bleibt jedoch zur anonymen Auswertung möglich. Auch nach den Grundsätzen der Datenvermeidung und Datensparsamkeit wäre eine Speicherung der IP-Adresse im Zusammenhang mit der Teilnahme an einem internetgestützten Beteiligungsverfahren schon nicht zulässig, soweit dies für das Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung nicht zwingend erforderlich ist.774 Eine ähnliche Problematik ergibt sich bezogen auf die Speicherung sogenannter Cookies durch die Benutzung von Internetangeboten auf dem Computer des Nutzers. Die dort abgelegten Dateien können verwendet werden, um den Benutzer bei wiederholter Nutzung zu identifizieren und um Daten, wie etwa das Abstimmungsergebnis einer Umfrage, zu speichern. Problematisch sind folglich die Fälle, in denen ähnlich der Speicherung von IP-Adressen Benutzerprofile erstellt werden können und in denen datenschutzrechtlich relevante Daten dauerhaft in den Cookies gespeichert werden.775 Wenn möglich, sollten die Internetangebote somit zumindest nur anonymisierte Daten in den Cookies speichern, sofern nicht komplett auf den Einsatz verzichtet werden kann.

IV.

Sonstiger Schutz der Persönlichkeitsrechte

Mit der elektronischen Beteiligung etwa in einem Diskussionsforum oder der Einreichung einer Stellungnahme, welche auch die restliche Öffentlichkeit einsehen kann, begibt sich der Einzelne in einen öffentlichen Bereich. Die Äußerung kann folglich eine Publizität haben, welche den Teilnehmern im Vorfeld bewusst sein muss. So kann die aktive Teilnahme an einem internetbasierten Verfahren mindestens die Qualität, wie eine Äußerung im Rahmen einer Präsenzveranstaltung haben und dazu noch länger zeitlich nachwirken. Schließlich ist das Internet weniger vergesslich, als einzelnen Beteiligten vielleicht lieb ist. Einmal ins Internet gelangte Äußerungen oder sonstige Inhalte lassen sich in der Regel schwer bis gar nicht wieder aus dem Licht der Öffentlichkeit entfernen. Auch hier kann somit eine ähnliche Problematik lauern wie bei anderen Online-Diskussionsforen oder internetbasierten sozialen Netzwerken, die aufgrund derselben Situation immer mal wieder in die Schlagzeilen geraten. Aus den oben genannten Gründen sollten Stellungnahmen bei internetgestützten Verfahren auch so eingereicht werden können, dass diese entweder gar nicht oder wenn, anonymisiert für andere private Teilnehmer oder passive Mitleser sichtbar sind. Auch wenn anonyme Beiträge zugelassen werden, 774 Vgl. Bunzel, BauR 2008, 301 (309). 775 Vertiefend Hoeren, S. 422 ff.

186

Anforderungen und Zukunftsperspektiven

sollte jedoch die Authentizität durch den Moderator beziehungsweise das Moderatorenteam überprüfbar sein.776 Bei Beteiligungsformen wie Diskussionsforen oder anderen interaktiven Formen müssen die Nutzer vor dem Einreichen eines Eintrages oder einer Nachricht deutlich auf die Sichtbarkeit für die Öffentlichkeit hingewiesen werden. Entsprechende Hinweise in Form von Nutzungsbedingungen etc. sollten schon beim Anmeldeprozess zu bestätigen sein. Dabei ist zu empfehlen, diese trotz einiger inhaltlich zu beachtender Punkte, kurz und verständlich zu halten. Negativbeispiele für unverständliche Nutzungsbedingungen respektive allgemeine Geschäftsbedingungen im geschäftlichen Bereich gibt es zuhauf und können vor allem bei öffentlichen Beteiligungsvorgängen abschreckend wirken. In den Nutzungsbedingungen beziehungsweise Regeln777 ist somit eine Balance zwischen dem rechtlich Notwendigen, einer ausreichenden Aufklärung und der Verständlichkeit beziehungsweise dem Motivationscharakter bezüglich einer aktiven Beteiligung zu wählen. Das Aufstellen von Nutzungsbedingungen ist weiterhin auch notwendig, um eine eindeutige, transparente und objektive Rechtsgrundlage für das Vorgehen gegen Störer zur Hand zu haben. Alle Beteiligten müssen in Online-Diskussionsforen damit rechnen, dass auf einen Beitrag durchaus heftige Kritik folgen kann. Im Sinne der verfassungsmäßig geschützten Meinungsfreiheit sind dabei jedoch auch überspitzte und polemische Beiträge hinzunehmen.778 Eine Grenze wird grundsätzlich erst bei Schmähkritik gezogen, wobei dann auch bei Kenntnis des Forenbetreibers eine Pflicht zur Löschung bestehen kann.779 Schmähkritik liegt in der Regel vor, wenn statt der sachlichen Auseinandersetzung, die sachlich grundlose Diffamierung einer Person im Vordergrund steht.780

F.

Auswirkungen auf den Abwägungsvorgang nach § 1 Abs. 7 BauGB

Die internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung kann im Idealfall erheblich dazu beitragen, eine umfassende Materialsammlung für den Abwägungsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 7 BauGB zu generieren. Dabei ist es grundsätzlich nachrangig, in welchem Planungsstadium die Beteiligung durchgeführt wird – dies

776 777 778 779 780

Vgl. Fleischhauer/Maerker/Pipek/Schmidt, S. 22 ff. Siehe auch Eifert/Püschel/Stapel-Schulz, S. 63 f. OLG Koblenz, Beschl. v. 7.12.2007 - 2 U 862/06 -, MMR 2008, 54. Dazu grundlegend BGH, Urt. v. 27. 03. 2007 - VI ZR 101/06 -, MMR 2007, 518 f. Siehe auch Hoeren, S. 368 f.

Auswirkungen auf den Abwägungsvorgang nach § 1 Abs. 7 BauGB

187

kann im Vorfeld eines Bauleitplanungsverfahrens geschehen oder auch im informellen beziehungsweise formellen Verfahren. Entscheidende und vielleicht bisher nicht beachtete Argumente und Ideen der Öffentlichkeit konnten und können natürlich wie bisher auch auf klassischem Wege in Papierform bei der Gemeinde eingehen. Zusammen mit neuen internetgestützten Angeboten werden aber womöglich breitere Bevölkerungsgruppen erreicht, welche die klassischen Verfahren mit Stellungnahmen in Papierform oder Präsenzveranstaltungen eher nicht beachtet haben.781 Klassische und internetgestützte Beteiligung zusammen können somit, entsprechend der Ziele der Öffentlichkeitsbeteiligung782, einen breiten Materialfundus für die kommunalen Entscheidungsträger liefern. Der Intention des § 3 BauGB in Verbindung mit § 4a Abs. 1 BauGB wird somit gedient.783 Kritisch ist jedoch auch anzumerken, dass bei internetgestützten Beteiligungsvorgängen, zumindest wenn zugunsten einer möglichst hohen Benutzerfreundlichkeit auf strenge Sicherheits- und Registrierungsfunktionen verzichtet wird, einfacher als bei klassischen Verfahren Missbrauch in Form von Mehrfachabstimmungen oder Mehrfacheingaben stattfinden kann.784 Auf diese Art und Weise kann gegebenenfalls durch wenige Teilnehmer das Meinungsbild und somit auch die Abwägung verfälscht werden. Auch der auswertende Behördenmitarbeiter und Entscheidungsträger muss deshalb mit dem Medium Internet vertraut sein, um gewinnbringende Schlussfolgerungen ziehen zu können. Andere Repräsentativitätsproblematiken lassen sich dagegen von der OfflineWelt mehr oder weniger direkt in die Online-Welt übertragen. So können auch bei internetgestützten Beteiligungsverfahren besonders interessierte und motivierte Teilnehmergruppen, wie etwa Bürgerinitiativen oder Vereine, die Repräsentativität unabhängig vom Kommunikationsweg verschieben.785 Ähnlich wie durch die Wirkung von Leserbriefen verursacht, kann somit das vermeintliche Stimmungsbild der Öffentlichkeit verschoben sein und muss nicht mit der Realität übereinstimmen.

781 782 783 784 785

Vgl. auch Lührs, S. 130 f. Vgl. Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 3 Rn. 11. Vgl. Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 4a Rn. 2. Westholm, eDemocracy, S. 18 f. Vgl. Westholm, eDemocracy, S. 19.

188

G.

Anforderungen und Zukunftsperspektiven

Akzeptanz

Selbst die besten Konzepte und Systeme für die Online-Beteiligung der Bürger an der Bauleitplanung drohen zu scheitern, wenn die neuen Möglichkeiten nicht von den Bürgern respektive anderen verwaltungsinternen Nutzern angenommen werden. Abgestimmt wird darüber mit Tastatur und Maus. Eine aktuelle Studie, durchgeführt für den Branchenverband BITKOM, lässt hoffen, denn demnach nutze jeder zweite Internetuser bereits Online-Angebote von Behörden und Verwaltung, dies sind 26 Millionen Bürger über 14 Jahren. Außerdem seien 84 Prozent der Befragten schon jetzt zufrieden mit der Reaktionszeit der Behörden.786 Zumeist werden lediglich Informationen online eingeholt, so die Studie, aber bereits jeder Sechste nehme zudem schon via Internet Kontakt mit der Verwaltung auf. Die Ergebnisse zeigen, dass interaktive Angebote angenommen werden und ausgebaut werden sollten – so bekamen vor allem Angebote mit Interaktionsmöglichkeiten gute Noten. Nach der Studie wünschen 56 Prozent der Befragten, per E-Mail mit Behörden in Kontakt treten zu können und Anträge online stellen zu können. Immerhin 39 Prozent begrüßten sogar die Möglichkeit, einen Live-Chat mit Behördenvertretern durchführen zu können. Laut dem Branchenverband BITKOM gibt es etwa 7.000 Online-Portale der öffentlichen Verwaltung mit unterschiedlichem Entwicklungsgrad.787 Eine Webseite mit Telefonverzeichnis, Öffnungszeiten und allgemeinen Informationen reicht jedoch nicht, um die Verwaltung fit fürs Internet zu machen. Für erfolgreiche Bauleitplanung über das Internet respektive allgemein erfolgreiches E-Governments bedarf es eines ganzheitlichen Ansatzes, um schließlich bessere öffentliche Dienstleistungen bereitzustellen. Effizienz- und Kostenabwägungen bestimmen gerade in Zeiten knapper öffentlicher Kassen das Verwaltungshandeln. Bei der Durchführung elektronischer Beteiligungsverfahren fallen immer zusätzliche Kosten an: Sei es nur die zusätzlich erforderliche Software für die Internetplattform, zusätzliche Arbeitszeit seitens der Verwaltung für die Pflege dieser oder die Kosten für externe Moderatoren. Selbst bei einem kleineren Verfahren können schnell 10.000 bis 30.000 Euro zusammenkommen.788 Auf der Gewinnseite ist jedoch ein möglicher Erkenntnisgewinn und somit eine solidere Entscheidungsgrundlage für die Entscheidungsträger und womöglich eine bessere Akzeptanz der Planung sei-

786 Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM), Hohe Zufriedenheit mit E-Government, Presseinformation vom 05. 11. 2009, S. 1. 787 Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM), Hohe Zufriedenheit mit E-Government, Presseinformation vom 05. 11. 2009, S. 1. 788 Vgl. Auswertung eines Verfahrens in Esslingen, Tr¦nel/Märker/Hagedorn, S. 34.

Akzeptanz

189

tens der Öffentlichkeit789 zu verzeichnen. Auch sind weitere Verfahren durch gesammelte Erfahrungen und nicht immer neu zu beschaffene »Produktionsmittel« wie Software, erwartungsgemäß kostengünstiger durchzuführen. Bislang bleibt festzuhalten, dass die Akzeptanz neuer elektronischer Informations- und Kommunikationsformen nicht an die klassischen Beteiligungsformen heranreicht.790 Damit steht Deutschland nicht alleine – auch der Ausbau der E-Government-Angebote europaweit hat an der relativ geringen Nutzung durch Bürger bisher wenig geändert.791 E-Government-Angebote werden durch die Wirtschaft dagegen deutlich besser angenommen. Grundsätzlich wächst die Partizipationsbereitschaft der Bürger mit der Nähe zum jeweiligen Vorhaben der Bauleitplanung und der persönlichen Betroffenheit.792 Insoweit hat die Form der Beteiligung keine Auswirkungen. So ist die Beteiligung umso erfolgreicher, je größer das Ausmaß an persönlicher Betroffenheit, je aktueller und brisanter das Thema, je größer die tatsächlichen Mitsprachemöglichkeiten, je geringer und überschaubarer der Zeitaufwand, je höher der persönliche Nutzen und je besser die im Beteiligungsprozess stattfindende Qualifikation.793 Auch ist die Größe einer Gemeinde für die Quantität der sich online beteiligenden Bürger relativ betrachtet nicht entscheidend.794 Einzelne Beispiele elektronischer Öffentlichkeitsbeteiligungen haben gezeigt, dass Bürger die Vorteile einer Beteiligung über das Internet schätzen, zumindest solange Nachteile durch ergänzende reale Treffen ausgeglichen werden.795 Möglicherweise entwickelt sich daraus sogar eine Anspruchshaltung in dem Sinne, dass die Beteiligung erleichternde Möglichkeiten auch eingesetzt werden sollten. Die in der Praxis durch »Planer alter Schule« als »lästiges Übel« empfundenen formellen Beteiligungsverfahren seien zum Teil zur Routine erstarrt oder zum Zeitpunkt der Beteiligung schon so weit in der Planung fortgeschritten, dass sich selbst interessierte Bürger mangels Einflussmöglichkeiten abwenden würden.796 Weiter ist zu beachten, dass die Akzeptanz unterhalb einer kritischen Masse von Teilnehmern und somit auch Stellungnahmen oder Beiträgen fehlen kann.797 Als Ursache dessen kann man eine zumindest gefühlte Bedeutungslosigkeit annehmen, wenn sich zu wenige beteiligen. Auch bleibt als Akzeptanzkriterium 789 790 791 792 793 794 795 796 797

Vgl. Tr¦nel/Märker/Hagedorn, S. 34. Kraft/Meister, VR 4/2003, S. 126 (129). EU-Kommission, Smarter, Faster, Better eGovernment, S. 59 f. Floeting/Grabow, in: Leggewie, S. 262 (271). Vgl. Bogumil, S. 53. Vgl. Kraft/Meister, VR 4/2003, S. 126 (129). Vgl. Tr¦nel/Märker/Hagedorn, S. 35. Haller, S. 13. Vgl. Fleischhauer/Maerker/Pipek/Schmidt, S. 22 ff.

190

Anforderungen und Zukunftsperspektiven

neuer Werkzeuge und Möglichkeiten der tatsächliche individuelle Nutzen maßgeblich. Insbesondere bei Beteiligungsprozessen sind dabei die Transparenz des Prozesses und die Wirkung der eigenen aktiven Beteiligung maßgeblich. Im Vergleich zur klassischen Beteiligung im Bauleitprozess, der zumeist hinter verschlossenen Türen stattfindet, bieten internetgestützte Verfahren jedoch erhebliche Möglichkeiten zur transparenten Gestaltung. Die Betonung liegt hier jedoch auf dem Wort bieten, sofern die Feststellung richtig ist, dass die aktuelle Planungspraxis eher auf ein nicht sehr hohes Maß an Bereitschaft der Entscheidungsträger zur Abgabe von Entscheidungskompetenz schließen lasse.798 Grundsätzlich als positiv für alle Beteiligten dürfte dabei der Vorteil der zeitlichen Ungebundenheit zu bewerten sein. Die elektronischen Informationen und Beteiligungsmöglichkeiten sind grundsätzlich unabhängig von Ort und Zeit verfügbar. Die Frage nach der Akzeptanz bleibt auch bezogen auf eine Kosten-NutzenAbwägung des einzelnen Bürgers interessant. Neben den Zugangskosten zum Internet und der Computerausstattung ist vor allem der kognitive Mehraufwand für das Verstehen und die Bedienung der elektronischen Beteiligungsplattform und dem Mehrwert durch die Benutzung des internetbasierten Angebotes im Vergleich zu einer klassischen Beteiligung in Papierform zu sehen. Das Problem der Einarbeitung und Bedienung bleibt über ergonomisches Softwaredesign zumindest zu lindern.799 Eine leicht verständliche, intuitive Benutzeroberfläche ist somit zu fordern. Wie jedoch auch andere, alltägliche Software zeigt, gelingt es den Entwicklern offenbar nicht immer, die Software intuitiv bedienbar zu gestalten. Folglich ist dieser Punkt vor dem Einsatz einer elektronischen Beteiligung besonders sorgsam zu prüfen, um einen gewinnbringenden Verlauf der internetbasierten Beteiligung nicht daran scheitern zu lassen. Eine lediglich Eins-zu-eins-Übertragung der bislang in klassischer Form ausgelegten Planunterlagen in eine elektronische Form sollte vermieden werden. Die Akzeptanz und der Durchbruch neuer Technologie oder hier die Nutzung der elektronischen Beteiligung im Bereich des Baurechts lebt davon, dass mit dem neuen Medium ein Mehrwert – oft durch neue Funktionen und Möglichkeiten indiziert – erzielt wird. Dies kann eine größere Informationsvielfalt, verbunden mit einer neuen Art der Stellungnahme auf elektronischem Weg sein.

798 Vgl. Fleischhauer/Maerker/Pipek/Schmidt, S. 23 ff. 799 Fleischhauer/Maerker/Pipek/Schmidt, S. 22 ff.

10. Kapitel: Internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung in der Praxis

Da internetbasierte Beteiligungsverfahren in der Bauleitplanung und auch ansonsten im Zusammenhang mit öffentlichem Verwaltungshandeln in Deutschland bislang kaum eingesetzt werden, fällt es schwer, eine Handlungsanleitung im Sinne von »Best-Practice« zu geben. Allenfalls können aufgrund einiger herausragender Pilotprojekte und Arbeiten zu dem Thema grobe Handlungsempfehlungen aufgezeigt werden. Bei alledem bleiben jedoch immer die lokalen Besonderheiten und Traditionen, vor allem im Vorfeld des förmlichen Bauleitverfahrens, zu berücksichtigen. Wie oben herausgearbeitet, werden bei internetgestützten Beteiligungsverfahren unter anderem eine gesteigerte Qualität, Effizienz und Transparenz im Vergleich zu klassischen Verfahren erwartet, welche einen Einsatz elektronischer Beteiligungsverfahren in bauleitplanungsrechtlichen Prozessen rechtfertigen würden. Spezifische Probleme dürfen, wie dargestellt, jedoch nicht verkannt werden und können bei Nichtberücksichtigung die erwartete Euphorie schnell trüben.

A.

Öffentlichkeitsbeteiligung

I.

Ablauf der Öffentlichkeitsbeteiligung

Das Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung in der Bauleitplanung ist nach § 3 BauGB zweistufig aufgebaut. Absatz 1 verpflichtet die Gemeinde, beide Phasen, die frühzeitige nach Abs. 1 und die formelle beziehungsweise die auch als Auslegungsverfahren bezeichnete nach Abs. 2 durchzuführen. 1.

Frühzeitige elektronische Öffentlichkeitsbeteiligung

Zunächst findet nach § 3 Abs. 1 S. 1 1. Halbsatz BauGB eine frühzeitige (auch vorgezogene) Öffentlichkeitsbeteiligung statt. Mit ihr soll die Öffentlichkeit

192

Internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung in der Praxis

über die allgemeinen Ziele, Zwecke, Auswirkungen und eventuelle Alternativen der Planung informiert und anschließend angehört werden. Die Beteiligung soll möglichst frühzeitig stattfinden. Diese Gestaltung dient auch der Entlastung der Gemeinde bei der Zusammenstellung der für die Abwägung erheblichen Belange.800 Je mehr Material für den Abwägungsvorgang von außen zugesteuert wird, desto geringer können gegebenenfalls die eigenen Ermittlungsanstrengungen der Gemeinde ausfallen. Zugleich verringert sich die Gefahr aufgrund von später eingehenden Stellungnahmen möglicherweise den Planentwurf ergänzen und erneut auslegen zu müssen.801 Da der Handlungsspielraum im Rahmen von frühzeitigen beziehungsweise informellen Beteiligungsverfahren im Vergleich zu förmlichen Beteiligungsprozessen zumeist deutlich breiter ist, eignen sich diese oftmals besonders gut zur Leitbild- oder Strategiefindung im Anfangsstadium von Planungen. Außer den kennzeichnenden Verfahrensstrukturen der frühzeitigen Auslegung mit Planungsalternativen und der Anhörung der Öffentlichkeit macht das Gesetz den Gemeinden keine weiteren Vorgaben. Art und Weise der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung bleiben der Gemeinde überlassen. Unter speziellen Umständen kann die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 1 S. 2 BauGB entfallen. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BauGB sind entsprechend früh auch die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange zu beteiligen. Die Nutzung des Internets im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung muss nicht erst im Verlauf der förmlichen Öffentlichkeitsbeteiligung erwogen werden, sondern kann folglich auch frühzeitig im Verfahren nach § 3 Abs. 1 S. 1 BauGB stattfinden. So ergibt sich früh ein Stimmungsbild der Bürger und die Entscheidungsträger können noch vor dem Beschluss über das Planänderungsbzw. Aufstellungsverfahren von dem Ergebnis profitieren. 2.

Förmliche Öffentlichkeitsbeteiligung

In der zeitlich und sachlich selbstständigen zweiten Stufe werden nach § 3 Abs. 2 BauGB die fertigen Entwürfe der Bauleitpläne mit dazugehörigen Begründungen öffentlich ausgelegt. Der Öffentlichkeit wird somit nach § 3 Abs. 2 und 3 BauGB Gelegenheit gegeben, die Bauleitpläne einzusehen und Anregungen vorzubringen. Entgegen dem Verfahren der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB handelt es sich bei der Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 2 BauGB um ein rechtsförmliches Verfahren. So ist die Dauer der Auslegung (Abs. 2 S. 1), die ortsübliche Bekanntmachung (Abs. 2 S. 2 Hs. 1), die Präklusion 800 Erbguth, Jura 2006, S. 9 (11); Peine, Rn. 403. 801 BT-Drs. 15/2250, S. 45.

Öffentlichkeitsbeteiligung

193

verspäteter Stellungnahmen (Abs. 2 S. 2 Hs. 2), die Benachrichtigung der nach § 4 BauGB zu beteiligenden Behörden (§ 2 S. 3 BauGB), die mitzuteilende Prüfung der vorgebrachten Anregungen (Abs. 2 S. 4), die Behandlung von Massenverfahren (Abs. 2 S. 5) und die Vorlage der unberücksichtigten Anregungen nach endgültiger Beschlussfassung über den Bauleitplan an die Plangenehmigungsbehörde (Abs. 2 S. 6) geregelt. Der Gemeinde wird somit ein recht enger rechtlicher Rahmen bezüglich des Verfahrens an die Hand gegeben.

II.

Spezielle Hinweise für die Umsetzung internetgestützter Öffentlichkeitsbeteiligungen

1.

(Extrarechtliche) Erfolgsbedingungen

Neben rechtlichen und anderen durch das Verfahren der Bauleitplanung vorgegebenen Bedingungen ist auch eine soziale Komponente nicht zu vernachlässigen. So ist die soziale Einbettung der internetgestützten Beteiligungsmöglichkeiten in die politischen und kulturellen Strukturen für den Erfolg nicht zu unterschätzen.802 Es sei vielmehr auch eine sogenannte Anschlussfähigkeit auf drei Ebenen zu garantieren: Erstens auf der rechtlich-institutionellen Ebene, das heißt, das Rechtssystem muss die Beteiligungsmöglichkeiten vorsehen. Zweitens auf der inhaltlich-motivationalen Ebene, die subjektive Relevanz der Beteiligung und somit auch Akzeptanz muss folglich groß genug sein. Drittens auf der technischen Ebene, womit die Software und Internetzugangsmöglichkeiten gemeint sind. Die unterschiedlichen Interessen der verschiedenen Akteure im Beteiligungsprozess sind soweit möglich zu integrieren und vorhandene Gemeinsamkeiten herauszustellen. Zielen Interessen schon im Vorfeld einer Beteiligung in gänzlich unterschiedliche Richtungen, muss behutsam vorgegangen werden, will man eine (weitere) Verhärtung der Fronten vermeiden. Sind die Fronten dagegen schon verhärtet und von überwiegend wenig konstruktiven Beiträgen und Protesten gekennzeichnet, bietet die Nutzung internetgestützter Beteiligungskonzepte doch zumindest weitere Ansatzpunkte zur Konfliktlösung als klassische Konzepte alleine. Selbst bei weit fortgeschrittener Planung sei bei stark umstrittenen Planungsvorhaben die Einbeziehung von internetgestützten Beteiligungsangeboten noch sinnvoll.803 Jedoch muss dann noch mehr Aufmerksamkeit auf eine ordentliche Moderation und Begleitung gelenkt werden, will man ein Entgleiten der Diskussion vermeiden.804 802 Nach Kubicek/Hagen, in: Breisig, S. 374 (396); Vgl. Tr¦nel/Märker/Hagedorn, S. 6. 803 Haller, S. 50. 804 Siehe dazu auch S. 198 f.

194 2.

Internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung in der Praxis

Fehlende Akzeptanz und vermeintlich geringe Relevanz

Eine Öffentlichkeitsbeteiligung wird generell nicht den gewünschten Ertrag bringen, wenn sie als nicht relevant wahrgenommen wird. Einher geht damit zumeist eine mangelnde Akzeptanz. Akzeptanz und im Idealfall sogar eine gewisse Identifikation mit dem Planungsprozess sind jedoch maßgebliche Erfolgsfaktoren.805 Das Partizipationsinteresse der Bürger an der Bauleitplanung ist besonders groß, wenn diese von der Planung selbst betroffen sind, ihrem Gerechtigkeitsempfinden Ausdruck verschaffen wollen oder ein sonst wie geartetes Interesse an dem Planungsvorgang haben. Solange eine subjektive Relevanz fehlt, ist eine Beteiligung, für welche es Freizeit zu opfern gilt, unwahrscheinlich. Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass in der Bevölkerung vor allem die Bereitschaft groß ist, sich kurzfristig politisch oder gesellschaftlich zu engagieren, während das langfristige, durchorganisierte Engagement, etwa in Parteien, nicht mehr so ausgeprägt ist.806 Anders mag es allenfalls bei umstrittenen Vorhaben sein, welche darüber hinaus im starken öffentlichen Interesse stehen. Diese beiden Voraussetzungen betreffen kraft Natur der Sache hauptsächlich die Bürgerseite. Jedoch muss gerade bei einer internetgestützten Öffentlichkeitsbeteiligung auch die Verwaltung ihren noch gewichtigeren Beitrag zum Erfolg leisten, womit auch dort Akzeptanz und Relevanz eine wichtige Rolle spielen. In diesem Sinne hat eine Untersuchung zu Hindernissen bei der Einführung der Nutzung einer E-Vergabe herausgefunden, dass die Barrieren der Verwaltungsmitarbeiter eine bedeutendere Rolle spielen, als man zunächst vermuten würde.807 Darüber sollte für den Bürger erkennbar sein, dass sich eine Beteiligung lohnt – also das Endergebnis des Bauleitplanungsvorhabens noch so weit offen ist, dass die Relevanz der Beteiligung nicht in Frage gestellt ist.808 Die bürgerliche Öffentlichkeit wird ein Beteiligungsangebot auch nur sinnvoll nutzen, wenn es als relevant eingeschätzt wird. Etwaige »Pseudo-Beteiligungen« würden nicht akzeptiert.809 Die Beteiligung muss sich zumindest subjektiv auch lohnen, was zumeist dann der Fall sein dürfte, wenn diese die Planung wirklich beeinflussen kann. In diesem Sinne sollte nie der Eindruck entstehen, dass Anregungen folgenlos blieben.810 Im Zeitalter des Mitmach-Internets und Web 2.0811 sei sonst

805 806 807 808 809 810 811

Vgl. Haller, S. 14. Dazu Baumann/Detlefsen/Iversen/Vogelsang, S. 11 ff. Vgl. Hindernisse für E-Vergabe Wirtz/Lütje/Schierz, S. 70 ff., 130, 132. Vgl. Tr¦nel/Märker/Hagedorn, S. 8. Baumann/Detlefsen/Iversen/Vogelsang, S. 23. Initiative eParticipation, S. 8. Vertiefend zu Möglichkeiten und Chancen Lindner, S. 68 (71 ff.).

Öffentlichkeitsbeteiligung

195

auch schnell damit zu rechnen, dass entsprechender Frust umgehend im Internet öffentlich publik gemacht wird.812 Im Interesse der Beteiligten ist somit grundsätzlich eine frühzeitige Beteiligung.813 Dies gilt auch für das politische beziehungsweise verwaltungsseitige Lager – eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung kann als frühzeitiger »Lackmustest« hinsichtlich der Akzeptanz eines Vorhabens dienen.814 Aus diesem Grund müssen auch die Ergebnisse von zurzeit zusätzlich Angebotenen internetgestützter Öffentlichkeitsbeteiligungen mit dem gleichen Gewicht in die Planungen einfließen wie die Ergebnisse aus der klassischen Beteiligung. Die Partizipation alleine stelle in modernen Demokratien keinen Wert an sich mehr dar, da Mitmachen und Mitentscheiden nicht als Privileg oder verpflichtende Aufgabe gesehen wird, sondern als zusätzliche Belastung, die in einer Kosten-/Nutzen-Analyse abgewogen wird.815 Neben dem reinen Verfahrensablauf muss, dieser richtigen These folgend, den potenziell Beteiligten somit auch der Nutzen kommuniziert werden. Es kommt viel weniger auf eine quantitative Ausweitung der Öffentlichkeitsbeteiligung als vielmehr auf eine Verbesserung der Kommunikation an.816 Anderenfalls entwickelt sich möglicher Widerstand erst, wenn der Bagger gleichsam vor der Haustür steht. Zur Beteiligung am Planungsverfahren ist dies zu spät. Es sollte kein zweitrangiger Beteiligungsweg für elektronische Stellungnahmen entstehen. Damit dies gelingt, müssen im Vorfeld Schnittstellen zum politischen Entscheidungsprozess definiert werden. Diese Verbindungen des internetbasierten Kommunikationsprozesses zum formalen Offline-Kommunikations- und Entscheidungsprozess müssen definiert und publik gemacht werden, damit der Bürger beurteilen kann, ob er seine Meinung in Form einer klassischen papiergebundenen Stellungnahme abgibt oder ob seine Beteiligung alternativ über das Internet erfolgen kann und seine Stellungnahme dabei genauso viel Gewicht haben wird. Dieser rechtliche Kontext, ob online abgegebene Stellungnahmen genauso viel »zählen« wie offline abgegebene ist für die Relevanz und Akzeptanz sehr bedeutend. Eine Rückmeldung beziehungsweise Feedback auf eingegangene Stellungnahmen oder sonstige Beteiligungsformen kann bei elektronischen Beteiligungsprozessen wesentlich einfacher gegeben werden, als bei rein papiergebundenen Verfahren. Wichtig ist eine Rückmeldung auch, um das weitere Interesse aufrecht zu erhalten und so nicht nur eine singuläre Teilnahme zu er-

812 813 814 815 816

Von Lucke, Open Government, S. 25. Siehe auch Märker, S. 99. Vgl. Stüer/Buchsteiner, UPR 2011, 335 (340). Wesselmann, S. 27. Vgl. so zur Planfeststellung Durner, ZUR 2011, 354 (359).

196

Internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung in der Praxis

reichen.817 Für den Nutzer ist es wichtig zu wissen, ob sein Beitrag angekommen ist und in welcher Form beziehungsweise wie er weiterverarbeitet wird. Unter anderem aus diesen Gründen sollte eine – gegebenenfalls auch automatisierte – Rückmeldung auf Beiträge erfolgen.818 Dieses gibt vor allem bei per Internetformular oder E-Mail eingegangenen Stellungnahmen eine Zustellsicherheit und ein erstes positives Signal für den Nutzer, dass seine Beteiligung eingegangen ist und grundsätzlich Berücksichtigung findet. Neben diesen Strukturen sollte klar sein, wann und wie die Online-Stellungnahmen in den Entscheidungsprozess einfließen. Ein Nachweis kann etwa geführt werden, indem die Ergebnisprotokolle im Internet zugänglich gemacht werden. Der Beteiligungsprozess sollte möglichst transparent ablaufen. Eine hohe Transparenz erleichtert die Orientierung, erhöht die Akzeptanz und steigert als Folge die Effizienz der Öffentlichkeitsbeteiligung.819 Ausführliche Erläuterungen zu Zweck, Form und Regeln erleichtern den thematischen Zugang zur Öffentlichkeitsbeteiligung für die Bürger und können dazu beitragen, dass diese sich stärker einbringen.820 Ebenso sollte der Verfahrensstand, Erläuterungen zur Bearbeitung der Stellungnahmen und die Veröffentlichung von Zwischenergebnissen und Abwägungsentscheidungen regelmäßig veröffentlicht werden. Soweit internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligungen nach der aktuellen Gesetzeslage nach § 4a Abs. 4 S. 1 BauGB nur ergänzend genutzt werden können, sollte der Gegenstand einer angebotenen Online-Beteiligung auch für eine ausreichend große Anzahl von Bürgern relevant sein, damit das Angebot auch genutzt wird. Gerade wenn nur eine kleine Auswahl von Beteiligungsprozessen im Internet angeboten wird, kann es sinnvoll sein, sich auf konfliktreiche Bauleitplanungen mit einer größeren Betroffenenanzahl zu konzentrieren. Zum einen wird gerade die Premiere einer internetgestützten Öffentlichkeitsbeteiligung der Gemeinde nicht nur viel Arbeit machen, sondern vermutlich auch wegen anzuschaffender Software und womöglich einzukaufender externer Beratung auch nicht unerhebliche Kosten verursachen. Wenn man sich dann an für die Mehrzahl der Bürger weniger relevanten Vorhaben versucht, ist die Chance auf Rückschläge und eine weniger positive ex ante Auswertung der Beteiligung recht hoch.821 Über das passive Anbieten einer elektronischen Beteiligungsmöglichkeit hinaus kann es sinnvoll sein, Betroffene und auch Entscheidungsträger aktiv einzubinden und auf die zusätzlichen Möglichkeiten hinzuweisen. Weitere wichtige und möglichst zu gewinnende Akteure können darüber hinaus Bür817 818 819 820 821

Siehe dazu auch Dopfer, S. 64 ff. Vgl. auch Initiative eParticipation, S. 21. Vgl. Friedrichs/Hart/Schmidt, S. 12 (16). Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 40. Vgl. Tr¦nel/Märker/Hagedorn, S. 8.

Öffentlichkeitsbeteiligung

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gerinitiativen oder sonstige Interessengruppen sein. Um im Voraus mögliche Interessierte zu identifizieren, bietet sich im Vorfeld eine Konfliktanalyse an.822 3.

Querverbindungen zwischen On- und Offline-Beteiligung

Weiter ist zu hinterfragen, ob eine internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung nicht nur richtig gelingen kann, wenn auch Querverbindungen während des laufenden Prozesses zwischen On- und Offline-Beteiligung bestehen: Also der Sinngehalt von übers Internet eingegangene Stellungnahmen der Nicht-Internetwelt zugänglich gemacht werden und wiederum der Sinngehalt von Stellungnahmen in Papierform ins Internet eingestellt werden sollten. Gerade das Internet bietet die Möglichkeit, nicht nur isolierte Stellungnahmen aufzunehmen, sondern auch Diskussionen mit Argumenten und Gegenargumenten auszutauschen. So können Zeitungsartikel und Diskussionsbeiträge den Online-Diskurs bereichern und einen Einstiegspunkt in schon bestehende Meinungsstände liefern. Andersherum bieten sich klassische Medien wie etwa Lokalzeitungen an, um Inhalte und den Verlauf der Online-Beteiligung einer breiten Masse zugänglich zu machen und somit gleichzeitig auf die Teilnahmemöglichkeit hinzuweisen. Bei größeren Planungsvorhaben kann auch überlegt werden, Zwischenergebnisse der Onlinebeteiligung in Bürgerversammlungen oder andere Treffen einfließen zu lassen und andersherum Ergebnisse und Stellungnahmen der Versammlung wiederum in elektronischer Form in die Onlinebeteiligung einzustellen. Als Ausblick ist zu ergänzen, dass die Vereinigten Staaten von Amerika in einigen Bereichen der Beteiligung der Öffentlichkeit deutlich progressiver sind. So ist es nicht ungewöhnlich, dass öffentliche Veranstaltungen zu formellen Planungsprozessen auf Video aufgezeichnet werden und dann im Internet abgerufen werden können.823 Ebenso werden auch Audiomitschnitte angeboten und eine Übertragung im Stadt-Fernsehen ist durchaus üblich. Durch solche und ähnliche Angebote wird die reale Beteiligung auf den virtuellen Bereich transferiert und kann sicherlich, ohne die Kostenseite zu betrachten, als gelungene Verzahnung zwischen analoger und digitaler Welt bewertet werden. Gelingt ein fruchtbarer Diskurs kann ein deutlich höherer Ertrag aus der Beteiligung herauskommen, da etwa neben Problemen auch Lösungen schon im Verlauf des Diskurses entstehen können. Dabei geht es nicht darum, quasidemokratisch eine Entscheidung im Internet zu erlangen, sondern um eine Be822 Vgl. Tr¦nel/Märker/Hagedorn, S. 9. 823 BMWi, Spezifikationsbericht, S. 47; Beispielsweise: City of Azusa, Kalifornien, http:// www.ci.azusa.ca.us/media oder City of Santa Monica, Kalifornien, http://santamonica.granicus.com/ViewPublisher.php?view_id=3, besucht 06. 05. 2011.

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Internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung in der Praxis

reicherung und Ergänzung der späteren Entscheidungsfindung auf politischer und planerischer Ebene. 4.

Fehlende Moderation oder Erfahrung der Durchführenden »Deliberandum est diu quod statuendum est semel.«824

Die Deliberation – also Beratschlagung/Betrachtung – im Rahmen einer Öffentlichkeitsbeteiligung bedarf immer einer leitenden oder zumindest ordnenden Kraft. Unabhängig vom jeweiligen Modus Operandi gilt: Der »Moderator« sollte von allen akzeptiert sein.825 So würden die Beteiligten ohne eine irgendwie geartete Moderation der Produktivität des Verfahrens nicht vertrauen. Für elektronische Öffentlichkeitsbeteiligungen gilt dies umso mehr, solange diese Beteiligungsform noch neu ist und die »gesichtslose« Diskussion unfaire Beiträge begünstigen kann, was zum Teil auch mit dem Fehlen einer nonverbalen Kommunikationsebene zu erklären ist. Wie schon angesprochen, bedarf es aufgrund der Asynchronität der Stellungnahmen einer übersichtlichen Strukturierung. Auf detaillierte Moderationskonzepte kann hier nicht eingegangen werden, wichtige Grundprinzipien sollen jedoch nicht unerwähnt bleiben:826 Die Einhaltung von vorher definierten Regeln der Fairness sollte überwacht und gegebenenfalls auch durch Zurückziehen von Beiträgen oder notfalls Ausschluss sanktioniert werden. Insbesondere bei umstrittenen Themen, bei denen die Verwaltung selbst nicht neutral sein kann, sollten ein oder mehrere neutrale Moderatoren gewählt werden und das Handeln dieser sollte möglichst transparent erfolgen. Trotz der Neutralität sollte der Moderator den Diskurs in eine übersichtliche und ergebnisorientierte Richtung lenken, ohne jedoch inhaltlich in die Stellungnahmen einzugreifen. Gelingen kann dies durch Strukturierungen und behutsames Zusammenfassen der Hauptargumentationsstränge. Möglich ist auch die Trennung in verschiedene Phasen oder Abschnitte wie etwa Gegenstandserörterung und Lösungssammlung. Wie bei der klassischen Form müssen Ablauf, Beginn und Ende festgelegt sein. Vereinzelt wird auch vorgeschlagen, abweichend vom klassischen Ablauf von Öffentlichkeitsbeteiligungen, Argumentationen und Beiträge, durch Fragen oder direkte Aufforderungen herauszufordern. Gerade am Anfang von OnlineDiskursen kann eine Beteiligungsplattform wegen mangelnder Beteiligung abschrecken. Durch eine aktive Einbindung und Einbeziehung über E-Mail etwa kann versucht werden, passive Teilnehmer zu aktivieren und eine Beteili824 »Es ist längere Zeit zu bedenken, was ein für alle Mal festzusetzen ist.«. 825 Vgl. Coleman/Gøtze, S. 17 ff. 826 Nach Tr¦nel/Märker/Hagedorn, S. 11 f.

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gungsplattform mit Leben zu erfüllen. Darüber hinaus kann ein abgespaltener Bereich für eine Diskussion über die elektronische Öffentlichkeitsbeteiligung selbst und deren Akteure sinnvoll sein. Solch eine Metakommunikation verbessere die wahrgenommene Verfahrensgerechtigkeit.827 Alle internetbasierten Softwarelösungen zur Abwicklung von Beteiligungsvorgängen benötigen Pflege – sei es nur die technische Bereitstellung und Wartung oder aber gerade auch die laufende Pflege der Inhalte. Elektronische Beteiligungsvorgänge, die über Informations- und Briefkastenlösungen hinausgehen, wie etwa Diskussionsforen oder spezialisierte Beteiligungslösungen benötigen darüber hinaus auch eine möglichst durchgehende Pflege durch Moderatoren. So sind Diskussionen zumindest zu strukturieren und Inhalte auf strafrechtlich Relevantes zu überwachen. Spezialisierte Anwendungssoftware kann zudem auch versachlichend auf die Diskussionsbeiträge oder Stellungnahmen einwirken, wenn die Teilnehmer ihren Beitrag einem Thema oder einem Teilproblem selbst zuordnen müssen. Dies kann zwar dazu führen, dass Beiträge gesplittet werden müssen, trägt jedoch positiv zur Ordnung bei. Idealerweise bildet sich folglich eine Selbstregulierung, so dass Moderatoren nicht eingreifen müssen. Zwischendurch sollten im Verfahrensverlauf Zusammenfassungen und gegebenenfalls Zwischenergebnisse präsentiert werden, damit eine Konzentration auf die wirklich strittigen Themen stattfinden kann. Zusätzlich erleichtern Zusammenfassungen Späteinsteigern eine schnelle Übersicht zu bekommen und in umfangreicheren Verfahren eine Übersicht zu behalten.828 Eine Aufbereitung sei dabei auch in Form von Grafiken, Statistiken und gegebenenfalls Schlussfolgerungen der Verwaltung sinnvoll. Auch können bei einem hitzigen Diskurs schnell einmal Teilnehmer über eine sachliche Grenze hinweg aneinander geraten, wo der Moderator einzugreifen hat. Der Moderator sollte unter anderem deswegen idealerweise nicht nur Erfahrungen mit klassischen Beteiligungsvorgängen haben, sondern auch Kenntnisse in der Mediation.829

5.

Technische Infrastruktur

Die gewünschte Form der elektronischen Öffentlichkeitsbeteiligung bestimmt die benötigte Software und Beteiligungsplattform. Auch wenn der Einfluss der ausgewählten Software auf den Erfolg der Beteiligung überschätzt sein soll830, 827 828 829 830

Vgl. Röhl, Zeitschrift für Rechtssoziologie 14, S. 1 ff. Vgl. dazu Dopfer, S. 68 ff. Vgl. Tr¦nel/Märker/Hagedorn, S. 8. Tr¦nel/Märker/Hagedorn, S. 9.

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setzt doch die benutzte Software die Grenzen des Machbaren und kann bei mangelhafter Auswahl oder falschen Erwartungen schnell zu einem Ärgernis, wenn nicht sogar Hindernis werden. So wurden häufig technische Gründe als Umsetzungshindernis von internetgestützten Beteiligungsangeboten genannt.831 Über die verschiedenen Modi und möglichen Formen elektronischer Öffentlichkeitsbeteiligungen wurde oben berichtet. Zu empfehlen ist die Nutzung interaktiver Internetplattformen, welche neben asynchronen, textbasierten Diskussionsforen noch weitere Optionen bieten. So können Kommunikations-, Koordinations- und Organisationsfunktionen wie Mailinglisten und automatische Benachrichtigungsfunktionen sinnvoll sein.832 Weiter werden ein Ablaufplan und ein gemeinsames Ablagesystem für Internetlinks und Dateien genannt, um die Bürger und andere Beteiligte in die Lage zu versetzen, ihre Argumente auch durch Nachweise zu untermauern. Beispielsweise wären dafür Fotos, Textdokumente oder auch Zeitungsartikel zu nennen. Wichtig bleiben neben einer wünschenswerten flexiblen Anpassbarkeit, die Steuer- und Überwachbarkeit des Gesamtsystems. So sollten die Moderatoren jederzeit strukturierend und gegebenenfalls auch regulierend eingreifen können, falls sachfremde oder andere gänzlich ungeeignete Beiträge eingehen. Insbesondere wenn Bauleitpläne und Begründungen zum Herunterladen im Internet bereitgestellt werden oder via E-Mail, etwa für die elektronische Beteiligung von Behörden, versendet werden sollen, bietet sich das plattformunabhängige PDF-Dateiformat an. Entsprechende Software zum Bearbeiten der Dateien ist sehr weit verbreitet und kann als Quasi-Standard betrachtet werden, zumindest die Programme zum Betrachten sind kostenlos. Das PDF-Format eignet sich zur originalgetreuen Wiedergabe auf verschiedensten Computersystemen und unterliegt grundsätzlich keinen typischen Konvertierungsproblemen. Hinzuweisen bleibt jedoch darauf, dass es auch bei diesem Format verschiedene Spezifikationen gibt und bei unbedarfter Nutzung Kompatibilitätsprobleme, welche zu Darstellungsfehlern führen können, nicht gänzlich ausgeschlossen werden können. Zu empfehlen ist deshalb die ausschließliche Verwendung der PDF-Spezifikation A, da diese eine größtmögliche Kompatibilität auch zu Archivierungszwecken bietet.833 PDF/A enthält als Hauptmerkmal alle benutzten Schriftarten und Bilder, ohne dass externe Verlinkungen oder Dateien

831 Ifib, E-Partizipation, S. 39. 832 Nach Tr¦nel/Märker/Hagedorn, S. 10. 833 PDF/A nach International Organization for Standardization (ISO), ISO-Norm 19005 - 1:2005.

Öffentlichkeitsbeteiligung

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benötigt werden.834 Somit soll eine originalgetreue Abbildung und auch langzeitige Nutzungsmöglichkeit gewährleistet werden. 6.

Benutzerfreundlichkeit

Es gilt ein Gleichgewicht zwischen Benutzerfreundlichkeit und somit einer unkomplizierten Beteiligung auf der einen Seite und einem gewissen Sicherheitsstandard auf der anderen Seite zu finden. Internetgestützte Beteiligungsangebote stehen grundsätzlich in der Konkurrenz um die Aufmerksamkeit der Nutzer mit anderen Internetangeboten. Den zuständigen Planungsträgern sollte auch bewusst sein, dass die Aufmerksamkeit der potenziellen Nutzer begrenzt ist und somit einer überlegten und auch ansprechenden Informationsaufbereitung besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss.835 So sollten der Inhalt und mögliche Beteiligungsfunktionen leicht zu erfassen sein, um den Einarbeitungsaufwand gering zu halten. Gleichzeitig gilt es, das Angebot möglichst barrierefrei zu gestalten.836 Neben grundsätzlichen Faktoren, wie etwa der Relevanz und der grundsätzlichen Internet-Affinität jedes einzelnen Nutzers, spielen bei der Benutzerfreundlichkeit die Güte der Benutzer- und Bedienführung, die Verständlichkeit des Inhalts und durchaus auch die Freude an der Benutzung eine maßgebliche Rolle.837 Die Benutzerfreundlichkeit kann dabei in drei Bereiche unterteilt werden: Die sogenannte Web-Usability (beispielsweise die Gestaltung und Steuerbarkeit), die Content-Usability (beispielsweise die Verständlichkeit des Inhalts) und der Joy-of-Use (also die individuelle Freude an der Nutzung). Unter diesem letzten Aspekt ist ein Optimum erreicht, wenn die Bedienbarrieren minimiert und der Bedienspaß maximiert worden seien.838 Dies kann für bestimmte Funktionen, etwa zur Vermittlung von Grundlagen der Bauleitplanung, auch den Einsatz von spielerischen Angeboten beinhalten.839 Weiter ist zu berücksichtigen, dass Informationen im Internet anders wahrgenommen werden, als in klassischen Fließtexten wie etwa im Buch oder der Zeitung, da Nutzer oft nicht von oben nach unten lesen, sondern vielmehr das Angebot »überfliegen« und somit der Gliederung und schnellen Auffindbarkeit

Vertiefend etwa Drümmer/Oettler/Seggern, PDF/A Kompakt. Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 36. Siehe oben S. 143 ff. Vgl. Wagner/Kulus/Krek, S. 350; dazu grundlegend Sinning, Virtuelle Planungskommunikation. 838 Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 43. 839 Siehe etwa Stadt Kamen, http://www.o-sp.de/kamen/spiele/memory/index.php, zuletzt besucht 05. 05. 2011.

834 835 836 837

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Internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung in der Praxis

einzelner Inhalte eine noch größere Bedeutung zukommt.840 Eine einfache Übertragung der Inhalte aus den papiergebundenen Planentwürfen dürfte somit in der Regel diesen Ansprüchen nicht genügen. Zur Aufbereitung zählt auch, die passenden Worte zu wählen (etwa »Ihre Meinung« statt »Offenlage« als Kategorie) und somit zur Beteiligung zu animieren.

7.

Sicherheitsaspekte

Im Gegensatz zu anderen E-Government Dienstleistungen spielen die Identitätssicherheit und Repräsentativität bei elektronischen Öffentlichkeitsbeteiligungen am Maßstab einer möglichst breiten und vorbehaltlosen argumentativen Aufbereitung und Diskussion des Entscheidungsgegenstandes eine eher untergeordnete Rolle. So wird auch eine anonyme Teilnahmemöglichkeit am Beteiligungsvorgang empfohlen.841 Zum Teil wird auch zwischen informellen und formellen Beteiligungsprozessen differenziert: So ist bei informellen Verfahren eine eindeutige Identifizierung nicht erforderlich; bei formellen Verfahren jedoch eine relativ sichere Angabe von Namen und Adresse notwendig, um das Abwägungsergebnis gemäß den Vorschriften mitteilen zu können.842 Gleichzeitig kann jedoch eine freie Namenswahl ohne weitere Registrierung der Nutzer zu einem leichten Missbrauch in Form von Identitätsdiebstahl führen, was nicht nur bei politisch und emotional aufgeladenen Plan- und Bauvorhaben schnell unter anderem zu juristischen Auseinandersetzungen führen kann. Somit muss über eine Authentifizierungsmöglichkeit mit Nutzernamen und Passwort nachgedacht werden, um zumindest eine Hürde für Missbrauchsversuche zu errichten und somit das Schreiben unter fremdem Namen zu erschweren. Möchte man noch mehr Sicherheit erreichen, geht dies schnell zu Lasten einer breiten Beteiligungsbasis, da zur Verfügung stehende Möglichkeiten wie etwa eine Authentifizierung durch eine Signatur nach Signaturgesetz zurzeit nur von einem geringen Prozentsatz der Bürger genutzt wird. Diese Situation wird sich wohl in einigen Jahren grundlegend anders darstellen, wenn etwa mit dem neuen Personalausweis eine einfache und in der Grundfunktion kostenlose Authentifizierungsmöglichkeit für Internetanwendungen bereitsteht. Ein Mittelweg kann die vorherige Anmeldung sein, wobei zumindest die E-Mail-Adresse durch eine zu bestätigende Überprüfungs-E-Mail verifiziert wird. Der Name und weitere Angaben können damit nicht rechtssicher garantiert werden, aber der Teilnehmer hat zumindest eine gültige E-MailAdresse angegeben und mehrfache Beiträge können einem Benutzer zugeordnet 840 Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 37. 841 Tr¦nel/Märker/Hagedorn, S. 10. 842 Siehe auch BMWi, Spezifikationsbericht, S. 69.

Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange

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werden, was vor allem in Diskussionsforen wichtig ist. Zusätzlich könnte man eine weitere Schwelle einbauen, wenn man neue Teilnehmer am Beteiligungsvorgang erst durch den Moderator freischalten lässt und erst dann Stellungnahmen oder sonstige Beträge abgegeben werden können. Viele weitere Sicherheitsaspekte bleiben bei dem Einsatz von EDV-Systemen zu beachten, erst recht, wenn diese mit dem Internet verbunden sind und somit auch eine weltweite Angriffs- und Missbrauchsmöglichkeit besteht. Grundlegende Informationen und konkrete Maßnahmenempfehlungen, welche nur zum Teil für den technischen Laien verständlich sind, finden sich etwa beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).843 Ebenfalls ist dort ein E-Government-Handbuch abrufbar, welches bei der Einführung von EGovernment in Behörden unterstützen soll.844

B.

Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange

Parallel zur Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 BauGB regelt § 4 BauGB die Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange. Gemeinsame ergänzende Vorschriften finden sich in § 4a BauGB. Auch wie für die Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 BauGB finden sich in §§ 13 und 13a BauGB Ausnahmen vom regulären Verfahren für besondere Fälle. Sobald die zu beteiligende Behörde oder andere Träger öffentlicher Belange einen Zugang für elektronische Kommunikation eröffnet haben, kann der Planungsträger via E-Mail den Beteiligungsvorgang starten, indem er mitteilt unter welcher Internetadresse die Planungsunterlagen bereitliegen. Spiegelbildlich dazu kann die Stellungnahme auf diesem Weg auch abgegeben werden, soweit auch der Planungsträger einen Zugang zur elektronischen Kommunikation eröffnet hat. Auf Aufforderungen hat der Planungsträger nach § 4a Abs. 4 S. 3 BauGB die Unterlagen jedoch auch klassisch in Papierform zur Verfügung zu stellen. Die Behördenbeteiligung könnte somit für sich allein betrachtet und wenn alle Beteiligten Zugänge für eine elektronische Kommunikation eröffnet hätten, rein elektronisch geführt werden. Die behördenübergreifende gemeinsame Nutzung einer Geodateninfrastruktur ermöglicht insbesondere in Beteiligungsverfahren eine einfachere Einbindung der Träger öffentlicher Belange. Auch wenn die breite Öffentlichkeit 843 BSI, dort vor allem unter den Bereichen IT-Grundschutz, E-Government und InternetSicherheit zu finden, https://www.bsi.bund.de, besucht 11. 05. 2011. 844 Https://www.bsi.bund.de/cln_183/ContentBSI/Themen/Egovernment/EgovernmentHandbuch/egovernmenthandbuch.html, besucht 11. 05. 2011.

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Internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung in der Praxis

erst teilweise oder eingeschränkt Zugriff auf Geodaten hat, so ist ein Zugriff zwischen Behörden zumeist unproblematischer. Auf die frühzeitige Beteiligung folgt das Verfahren zur Einholung von Stellungnahmen der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange zum Planentwurf und zur Begründung nach § 4 Abs. 2 BauGB. Dies ist nach Abs. 1 Satz 2 auch so, wenn die Äußerungen nach Abs. 1 zu einer Änderung der Planung geführt haben. Das Gesetz macht zu dem Verfahren keine detaillierten Vorgaben. Somit liegt die Ausgestaltung im Ermessen der Gemeinde. Für die Beteiligung ist maßgeblich, ob die Belange der jeweiligen Stellen die Art der Bodennutzung erfassen und diese Interessen von der örtlichen Planung berührt werden können. Damit können gerade nicht nur hoheitlich tätige Behörden im verwaltungsorganisatorischen Sinn gemeint sein. Entscheidend ist vielmehr der funktionelle Behördenbegriff wie etwa in § 1 Abs. 4 VwVfG. Es ist somit darauf abzustellen, ob der dem Träger durch den Gesetzgeber ausdrücklich zugewiesene Auftrag die Verfolgung öffentlicher Belange bedingt.845

I.

Organisationsdefizite und Akzeptanzvorbehalte

In Auswertungen von einzelnen bereits durchgeführten internetgestützten Behördenbeteiligungsmaßnahmen wurden zwei Haupthindernisse seitens der zu beteiligenden Behörden ausgemacht: die unzureichend vorbereitete interne Organisation und Akzeptanzvorbehalte der verantwortlichen Mitarbeiter.846 Die interne Behördenorganisation betreffend, wären die klassischen Dienstwege unzureichend an auftretende neue Anforderungen im Prozessablauf von internetgestützten Stellungnahmen angepasst. Dazu kamen Akzeptanzvorbehalte und unzureichende Erfahrung mit dem Medium Internet. Empfohlen wird deshalb, möglichst früh vor einem Beteiligungsprozess unter Nutzung des Internets und der elektronischen Kommunikation alle zu beteiligenden Stellen zu kontaktieren und zu informieren. Auf diesem Weg können frühzeitig zu verwendende Dateiformate, Schnittstellen und Zugänge für elektronische Kommunikation festgelegt und gegebenenfalls auch Dienstwege und interne Prozesse neu organisiert werden.847 Insbesondere unzureichend angepasste interne Prozessabläufe können sich als großes Hindernis für die erfolgreiche Einführung internetgestützter Beteiligungsprozesse und generell der elektronischen Verwaltungsmodernisierung erweisen. Insbesondere beim ers845 Zum Funktionellen Behördenbegriff etwa Erbguth, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6 Rn. 5. 846 BMWi, Spezifikationsbericht, S. 58. 847 Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 58.

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ten Projekt sollte ein Kernteam gebildet werden, welches vorbereitend und unterstützend tätig wird. Implementiert werden sollte dieses durch die Behördenleitung, wobei zu beachten sei, dass sowohl Vertreter der betroffenen Fachund Amtsleitungen sowie Mitarbeiter vertreten sind.848 Nicht unterschätzt werden darf gerade bei tiefergehenden Veränderungen eine alleine aufgrund der erwarteten Neuerungen einhergehende mögliche allgemeine Abwehrhaltung der Verwaltungsmitarbeiter. Schon früh sollten diese informiert und soweit möglich aktiv beteiligt und eingebunden werden. Zuträglich können dazu auch Dienstvereinbarungen, beispielsweise zwischen der Verwaltungsspitze und dem Gesamtpersonalrat, sein, die gemeinsame Ziele und Grundsätze definieren, zugleich jedoch auch Vereinbarungen zu Weiterbildungsangeboten und Schutzklauseln vor einer Schlechterstellung der Mitarbeiter im Wege der Prozessoptimierungen zur Vorbereitung des E-GovernmentAusbaus enthalten.849 In ähnlicher Form gebe es zum Teil Vorbehalte von Fachleuten in der Verwaltung, dass Laien, auf einem für sie fremden Sachgebiet, überhaupt zusätzliche Erkenntnisse beisteuern könnten und nicht eher die Gefahr eines Zerredens bestehe.850 Auch mag bei grundsätzlich streng hierarchischen Verwaltungsstrukturen mit wenigen Mitbestimmungsmöglichkeiten zunächst eine Öffnung und fakultative weitergehende Einbeziehung der Öffentlichkeit ungewohnt erscheinen. Diesen Ängsten und Fehleinschätzungen muss im Vorfeld eines Beteiligungsprojektes begegnet werden.

II.

Bearbeitung der (elektronisch) eingehenden Stellungnahmen

Die Stellungnahmen werden, soweit ein elektronischer Zugang eröffnet ist, nicht nur als Brief, Fax oder Protokoll, sondern auch als E-Mail, als Daten aus einem Internetformular oder anderer digitaler Form, etwa über einen speziellen Beteiligungsserver, eingehen. Anschließend müssen diese durch den Planungsträger erfasst, bewertet und beantwortet werden. Wie bisher wird dabei die Anzahl der Stellungnahmen je nach Komplexität des Bauleitverfahrens, Betroffenheit oder sonstigem Interesse der Öffentlichkeit variieren. So werden bei einem räumlich kleinen und eher unbedeutenden Verfahren weniger Stellungnahmen eingehen als bei größeren und/oder inhaltlich bedeutenden Verfahren. Nicht zu unterschätzen ist dabei auch die wo-

848 Vgl. Dopfer, S. 21 f. 849 Vgl. Kiper, Computer-Fachwissen 2/2006, S. 14 ff.; Dopfer, S. 31 ff. 850 Baumann/Detlefsen/Iversen/Vogelsang, S. 21.

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Internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung in der Praxis

möglich hohe Anzahl von zu beteiligenden Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange. Verfahren mit einer sehr hohen Anzahl von Stellungnahmen, etwa große beziehungsweise regionale Flächennutzungspläne, lassen sich nur mit Hilfe einer spezialisierten Softwareanwendung konsistent und somit auch rechtssicher bewältigen.851 Verwaltungsintern werden solche vereinzelt schon sehr lange erfolgreich eingesetzt wie etwa beim Planungsverband Ballungsraum Frankfurt/ Rhein-Main seit den 80iger Jahren.852 Sollen die Stellungnahmen in elektronischer Form erfasst und bewertet werden, so gelten auch hier die Grundsätze zur elektronischen Aktenführung. Somit müssen zunächst alle Stellungnahmen auf ein einheitliches Format gebracht werden – etwa in Form von PDF-Dateien. Stellungnahmen in Papierform müssen dazu eingescannt und schon digital vorliegende Stellungnahmen gegebenenfalls umgewandelt werden. Schließend können diese in die Softwareanwendung eingepflegt werden, wozu sie wie im klassischen Verfahren mit weiteren Daten versehen werden müssen. Die folgenden Arbeitsschritte wie Prüfung, Bewertung und gegebenenfalls Beantwortung erfolgen im Weiteren rein computerbasiert. Die Verwendung bei kleineren Verfahren und insbesondere bei der Aufstellung oder Änderung von Bebauungsplänen scheint jedoch noch wenig verbreitet zu sein. Insofern aufgrund der Komplexität keine Speziallösungen benötigt werden, kann auf Standardsoftware oder sogar einfache Office-Lösungen zurückgegriffen werden.853 Zurzeit ist eine papiergebundene Dokumentation grundsätzlich (noch) unerlässlich, um das Verfahren gerichtsfest überprüfbar zu halten oder um ein eventuelles Genehmigungsverfahren des Flächennutzungsplans zu ermöglichen. Die elektronische Bearbeitung aller eingehenden Stellungnahmen, unabhängig ihrer Quelle, hilft jedoch grundsätzlich, Verfahrensfehler zu vermeiden und fördert eine transparentere Durchführung.854 Die Software sollte vor allem dabei helfen, die Stellungnahmen zu erfassen, zu sortieren, zu bewerten und automatisierte Abfragen zu ermöglichen. Auch die halbautomatische Erstellung von Benachrichtigungsschreiben auf Stellungnahmen bei Eingang und am Ende zur Mitteilung des Abwägungsergebnisses ist eine sinnvolle Funktion. Insbesondere bei größeren Verfahren kann auch eine automatisierte Vollständigkeitskontrolle

851 Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 22, 28, 59. 852 BMWi, Spezifikationsbericht, S. 22, dort Programm »INFODOC« – der Hersteller IGV vermarktet das Programmpaket nun unter dem Namen »KommunalRegie«, http:// www.igv.de/scripts/angebote/3356?produkt=37422& sichtbar=visi_a& bereich=allgemein& aktivid=main2& subaktiv=1, besucht 11. 05. 2011. 853 BMWi, Spezifikationsbericht, S. 28. 854 Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 28.

Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange

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bezogen auf die Bearbeitung einzelner Stellungnahmen und somit ein lückenloser Bearbeitungsnachweis sinnvoll sein.

III.

Wirtschaftlichkeit

Zum Teil wird das Maß an Informationstechnologie als entscheidendes Kriterium für den Erfolg der Verwaltungsmodernisierung angesehen. Zu Recht darf E-Government jedoch nicht Selbstzweck sein.855 Ziele und Erwartungen sind oft breit gefächert: Effizienzgewinne, Verbesserung des Bürgerservice und der Partizipationsmöglichkeiten, Erhöhung der Transparenz politisch-administrativen Handelns, Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Befreiung von überflüssiger Bürokratie, Sicherung der Rechtmäßigkeit von Verwaltungshandeln, Baustein einer neuen Bürgergesellschaft, Ermöglichung von Barrierefreiheit.856 Entsprechendes gilt auch für (elektronische) Beteiligungsverfahren in der Bauleitplanung.857 Wirtschaftlichkeitsberechnungen wären wünschenswert, um aufgrund von Kosten-Nutzen-Analysen eindeutige Entscheidungen über die Art- und Weise des Einsatzes elektronischer Beteiligungsmaßnahmen treffen zu können. Entsprechende Berechnungen sind jedoch schon in der privatwirtschaftlichen Geschäftswelt schwierig und mit erheblichen Ungenauigkeiten verbunden. In der öffentlichen Verwaltung sind aufgrund der noch vielfältigeren Faktoren genaue Aussagen schlicht kaum möglich.858 Exakte Kostenermittlungen würden schon aufgrund des Ermittlungsaufwands regelmäßig nicht durchgeführt. Möglich bleiben somit zumeist nur grobe Schätzungen. Für die privaten Unternehmen haben sich die Erfolgsfaktoren schon lange grundlegend geändert. Gute erfolgreiche Dienstleistungen und Produkte sind ohne moderne EDV und die Nutzung von Informationstechnologie kaum noch machbar. Private Dienstleistungen werden, soweit möglich, vermehrt ausschließlich über das Internet beziehungsweise elektronisch abgewickelt. Auch Bund, Länder und Kommunen haben in den letzten Jahren eine Vielzahl von Onlinediensten aufgebaut. Dabei dient das Internet zurzeit zumeist als Informationsplattform und zum Formulardownload. Weitergehende Nutzungsformen sind noch selten. Gemein ist diesen Angeboten jedoch, dass sie fast ausnahmslos in doppelter Vorhaltung neben den traditionellen Verwaltungsangeboten bestehen. Dies 855 856 857 858

Vgl. BehördenSpiegel, Juni 2004, S. 1 (1). Winkel, S. 7 (8); Büllesbach, DVBl. 2005, S. 605 (606). Vgl. Kubicek/Lippa/Westholm, S. 210 f. Kubicek/Lippa/Westholm, S. 211.

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Internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung in der Praxis

unterscheidet die Bundesrepublik Deutschland auch von einigen anderen auf dem Gebiet des E-Government besonders erfolgreichen Staaten859, die sich jedoch auch dadurch auszeichnen, dass zum Teil keine ortsnahen Verwaltungsstrukturen vorhanden sind und somit vorher eine deutlich schlechtere Ausgangssituation vorhanden war. Anders als bei uns ist E-Government dort das zentrale Verwaltungsthema und entscheidendes Instrument um mehr Bürgernähe herzustellen860. Auch privatwirtschaftliche Unternehmen können anders reagieren und Dienst- oder Serviceangebote einfacher in reine internetbasierte Angebote transformieren. Die Investitionen in das E-Government führen folglich häufig nicht zu den Kosteneinsparungen, die in der freien Wirtschaft durch die Nutzung von Informationstechnologien zu vermelden sind. Traditionelle Verwaltungsdienstleistungen können nur zum Teil durch elektronische Verfahren ersetzt werden, zumeist müssen und sollen sie, auch politisch gewollt, parallel weiterbestehen. Die erhofften Einsparungs- und Effizienzsteigerungspotenziale lassen sich auch deshalb nur eingeschränkt monetär beziffern.861 Jedoch könnte eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung zu einer höheren Akzeptanz der Bauleitplanung und folglich zu einer Verminderung von Klagen im Nachhinein führen. Auch könnte die Verwaltung entlastet werden, insofern sich die Bürger über das Informationsangebot im Internet schon selbst ein umfassendes Bild über das Vorhaben machen können und folglich persönliche Nachfragen seltener erfolgen. Die verringerten Transferkosten, sofern eine medienbruchfreie Übernahme der Stellungnahmen möglich ist, wurden schon genauer angesprochen.862 Druck- und Versandkosten können ebenso wie sonstige Logistikkosten durch eine internetbasierte Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange reduziert werden, was insbesondere bei größeren Verfahren ein erhebliches Einsparpotenzial ausmacht.863 Anders als auf Bundes- und Landesebene, wo in den letzten Jahren zum Teil ausgeprägte E-Government-Initiativen gefördert wurden, haben die etwa 12.000 Gemeinden und Landkreise mit eingeschränkterem Knowhow und geringeren Ressourcen noch größere Probleme mit der Einführung von elektronischen Verwaltungsdienstleistungen und anderen Angeboten.864 Insbesondere kleinere Gemeinden dürften nicht über das notwendige Wissen sowie die Kapazitäten 859 Beispielsweise Estland und Finnland. Siehe auch Europäische Kommission, Smarter, Faster, Better eGovernment, S. 24 ff. 860 Siehe Büllesbach, DVBl. 2005, S. 605 (605). 861 Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 27. 862 Siehe S. 153 f. 863 Vgl. Rathmann, Bauleitplanung Online, http://www.demos-monitor.de/index.php/bauleitplanung-online/, zuletzt besucht 11. 05. 2011. 864 Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 3.

Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange

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verfügen, um selbstständig Beteiligungsplattformen aufbauen zu können. Eine externe Begleitung und technische Unterstützung kann somit notwendig sein, wenn die bessere Möglichkeit der Kooperation und Mitnutzung bestehender Angebote nicht gegeben ist. Eine internetbasierte Öffentlichkeitsbeteiligung wirkt zumindest auf den ersten Blick nur für größere Bauleitplanänderungen, mit einem erwartungsgemäß hohen Maß an Beteiligung, interessant. Ob digitale Beteiligungsplattformen auch für kleine Planverfahren sinnvoll sind, erscheint zumindest kurzfristig, solange komplexe internetbasierte Beteiligungsverfahren noch nicht aus dem Pilotprojektstatus heraus sind und unter anderem deswegen kosten- und personalaufwändig sind, unwahrscheinlich. Dies trifft zumindest auf kleine Bebauungspläne zu, die in nicht geringer Anzahl nur wenige Grundstücke umfassen. Solange die »große digitale Lösung« gerade für kleine Gemeinden noch nicht interessant ist, sollte zumindest der Informationskanal Internet genutzt werden, um die Bauleitpläne und Entwürfe ohne größeren Aufwand digital abrufbar vorzuhalten.865 Die dürfte auch für kleinere Planungsträger umsetzbar sein, da die Planungsunterlagen zumeist aufgrund der eingesetzten EDV schon in elektronischer Form vorliegen und ihre Übertragung in ein Internetangebot zumeist problemlos und mit geringen Kosten möglich ist.866 Insbesondere in Zeiten wegbrechender Steuereinnahmen wird demnach nicht jede Gemeinde die zusätzlichen Kosten für eine fakultative internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung bereitstellen wollen oder können. Insbesondere die Anschaffungskosten für Computerhard- und Software sowie Ausgaben für eine externe Moderation und Weiterbildungskosten des eigenen Verwaltungspersonals könnten vor allem kleinere Gemeinden abschrecken.867 Schon vor einigen Jahren wurde ein mangelnder finanzieller Spielraum im Stadthaushalt als größtes Umsetzungshindernis angesehen.868 Auch würden sich die oftmals enormen E-Government-Investitionen höchstens auf lange Sicht rechnen.869 Auch eine genaue Kalkulation von Kosten und Nutzen bezogen auf die Leistungsziele sei bei großen Projekten schwer möglich. Die Verwendung standardisierter Beteiligungsplattformen und Mitnutzung vorhandener Plattformen, könnte jedoch relativ kostengünstige Ansätze bieten, die Planungskultur in der Bauleitplanung zu modernisieren. Solange internetgestützte Beteiligungsmaßnahmen fakultativ sind und ein herkömmliches papiergestütztes Verfahren parallel laufen muss, stellen sie

865 866 867 868 869

Vgl. Wagner/Kulus/Krek, S. 356. Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 28. Berghäuser/Berghäuser, NVwZ 2009, 766 (769). Vgl. Heinz, S. 61 f. So Wind, S. 84.

210

Internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung in der Praxis

einen zusätzlichen Kosten- und Zeitaufwand dar.870 Um die öffentlichen Gelder möglichst effizient zu nutzen ist es deshalb erforderlich, jedes Beteiligungsverfahren im Vorfeld auf die Sinnhaftigkeit einer zusätzlichen internetgestützten Beteiligung zu überprüfen. Kriterien können dabei, wie schon mehrfach angesprochen, die erwartete Bedeutung des Planungsverfahrens und in diesem Sinne auch die erwartete Konfliktträchtigkeit sein. Das Ergebnis dieser Prüfung bestimmt dann das Ob oder Wie der Nutzung elektronischer Beteiligungsangebote. Vorstellbar wäre in diesem Sinne ein grundsätzliches Basisangebot in Form einer Informationsbereitstellung, je nach Bedeutung des Verfahrens mit unterschiedlicher Informationstiefe, und darauf aufbauend gegebenenfalls weitere Elemente mit interaktiven beziehungsweise kommunikativen Funktionen. Regelmäßige Unterhaltskosten für elektronische Beteiligungsangebote im Internet lassen sich durch die Nutzung von Content-Management-Systemen (CMS) reduzieren.871 Mit Unterstützung dieser Systeme können die zuständigen Sachbearbeiter zumeist ohne die Hilfe zusätzlicher EDV-Spezialisten Inhalte ins Internet einstellen, was Kosten spart. Auch ist der Mittelaufwand nach den Einrichtungskosten und erstem Verfahren erwartungsgemäß relativ gering, da sich die einmal eingerichteten Angebote für weitere Verfahren mit geringerem Aufwand anpassen ließen.872 Die sogenannten CMS sind dabei nur ein Teilbereich der sogenannten Web 2.0-Technologien, die sich dadurch auszeichnen, dass sie recht einfach zu bedienen sind und vor allem keine Programmierkenntnisse erfordern.873 Solange die internetbasierte Öffentlichkeitsbeteiligung noch der Ausnahmefall ist, können Einsparungs- und Effizienzsteigerungspotenziale nur eingeschränkt monetär beziffert werden, womit internetunterstützte Verfahren zunächst als zusätzlicher Kostenfaktor anzusehen sind.874

870 871 872 873 874

Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 27. Dazu BMWi, Spezifikationsbericht, S. 28. Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 28. Vertiefend von Lucke, Open Government, S. 7 ff. Vgl. Wagner/Kulus/Krek, S. 356; BMWi, Spezifikationsbericht, S. 27.

11. Kapitel: Fazit, Ausblick und Empfehlungen

In diesem Kapitel soll ein Ausblick auf die mögliche zukünftige Entwicklung der Beteiligungsverfahren in der Bauleitplanung gegeben sowie die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst werden. Anschließend werden Handlungsempfehlungen formuliert, um die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung zu reformieren. Möglich erscheint durchaus, dass aus der Befugnis, elektronische Informationstechnologien im Wege des Beteiligungsverfahrens ergänzend nutzen zu können, zukünftig – auch durch europarechtliche Initiativen – eine Verpflichtung wird. An internationalen Standards gemessen ist die Öffentlichkeitsbeteiligung in Deutschland faktisch sehr restriktiv. So ist das Beteiligungsverfahren über Amtsblätter und Anzeigen in örtlichen Tageszeitungen mit der Transparenz einer Internetveröffentlichung nicht konkurrenzfähig.875 Nach den gewaltigen Veränderungen durch das Internet in der Wirtschaft, auch bezogen auf die Strukturen und Managementmodelle,876 prägen die neuen elektronischen Medien und Kommunikationsformen auch die öffentliche Verwaltung und werden diese weiter verändern. Wenn auch die internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung bislang keine wesentliche Rolle spielt, bietet sich gerade die kommunale Bauleitplanung für elektronische Partizipationsformen an. Auch lassen sich insbesondere in einem den Bürgern grundsätzlich vertrauten Rahmen neue Erfahrungen mit E-Government-Angeboten sammeln. Mittelfristig ist nicht von einer Ersetzung der klassischen Öffentlichkeitsbeteiligung durch die internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung auszugehen. Neben exakten rechtlichen Vorgaben fehlen flächendeckend, vornehmlich in der breiten Öffentlichkeit, auch noch die technischen und individuellen Möglichund Fähigkeiten. Für allzu ambitionierte elektronische Beteiligungsangebote fehlen darüber hinaus, angesichts knapper öffentlicher Haushalte, oftmals auch die finanziellen Mittel. 875 So auch Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 4a Rn. 33. 876 Vgl. dazu Kaczorowski, S. 30 (35).

212

Fazit, Ausblick und Empfehlungen

Wenn die Bedeutung von E-Government gefördert werden soll, besteht auf gesetzlicher Ebene weiterer Änderungsbedarf hinsichtlich der Vorgaben für elektronische Beteiligungen im Bereich des Baurechts. Auch wenn das »Ob« einer Planänderung oftmals feststeht und nur noch das »Wie« einer Öffentlichkeitsbeteiligung zugänglich ist und somit eigentlich von einer »trivialen Konsultation«877 zu sprechen ist, bietet gerade die Form der elektronischen Öffentlichkeitsbeteiligung neue Chancen, vor allem Bürger für die aktive Mitgestaltung an der bauplanerischen Gestaltung zu gewinnen. Der Einsatz internetbasierter oder zumindest internetunterstützter Beteiligungsprozesse in der Bauleitplanung darf sich nicht allein an dem technisch Machbaren orientieren, sondern sollte vorrangig an dem Ziel einer modernen und grundsätzlich kundenorientierten Planungspraxis ausgerichtet sein. Einher geht dann fast automatisch eine Förderung und stärkere Gewichtung der Beteiligung im Planungsprozess. Es geht somit nicht um eine Spiegelung der bisherigen Planungspraxis ins Internet, sondern auch um eine Erneuerung, oftmals als neue Planungskultur bezeichnet. Geht mit der Nutzung neuer Medien nicht auch eine Neuausrichtung einher, erscheinen fakultative internetgestützte Beteiligungsprozesse mehr wie eine symbolische und rein legitimatorische Maßnahme.878

A.

Ausschließliche Nutzung elektronischer Informationstechnologien

Ist eine ausschließliche Nutzung elektronischer Beteiligungsformen in der Bauleitplanung möglich? Zum Großteil sind die bestehenden Angebote des EGovernments freiwillig und lediglich Zusatzangebote zu klassischen papiergebundenen Verwaltungsvorgängen und -handlungen. Erste Bestrebungen, grundsätzlich nur noch den elektronischen Weg zu eröffnen, gibt es jedoch auch, wie etwa das verpflichtende elektronische Meldeverfahren bei den Knappschaften seit dem 1. Januar 2006 und anderen Sozialversicherungsträgern nach § 28a Abs. 1 SGB IV zeigt.879 Gleichfalls sind Umsatzsteuer-Voranmeldungen gem. § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG und Lohnsteuer-Anmeldungen gem. § 41a Abs. 1 Satz 2 EStG nach Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung880 auf elektronischem Weg vorzunehmen. 877 878 879 880

Nach Tr¦nel/Märker/Hagedorn, S. 33. So auch schon früh Kleinsteuber/Hagen, S. 136 f. Ausnahmen gem. § 28a Abs. 6a SGB IV nur für wenige Fallgruppen. Verordnung zur elektronischen Übermittlung von Steuererklärungen und sonstigen für das Besteuerungsverfahren erforderlichen Daten (Steuerdaten-Übermittlungsverordnung – StDÜV), zuletzt geändert am 8. 01. 2009, BGBl. I 2003, S. 139.

Ausschließliche Nutzung elektronischer Informationstechnologien

213

Verpflichtendes E-Government existiert somit jedoch bislang nur für geschäftliche Nutzer und die Wirtschaft. Im privaten Lebensbereich ist die Nutzung bislang ausschließlich freiwillig. So ist die Nutzungsmöglichkeit elektronischer Informationstechnologien für die Öffentlichkeitsbeteiligung in der Bauleitplanung nach § 4a Abs. 4 S. 1 BauGB auch fakultativ. Den Gemeinden wurde lediglich eine klarstellende Rechtsgrundlage zur Verfügung gestellt. Insbesondere werden die Gemeinden nicht von den formalen Erfordernissen des § 3 BauGB befreit.881 Bislang herrscht das Freiwilligkeitsprinzip – die Nutzung von E-GovernmentAngeboten wird zumindest dem einzelnen Bürger bislang nicht aufgedrängt.882 Wäre jedoch eine zukünftige ausschließliche Nutzung elektronischer Informationstechnologien bei der baurechtlichen Öffentlichkeitsbeteiligung, unter grundsätzlichem Wegfall der klassischen Auslegung in Papierform, denkbar?

I.

Hindernisse

Fraglich ist, ob nicht selbst bei einer angenommenen umfassenden Grundversorgung der Bevölkerung mit Internetzugängen, elektronische Beteiligungsvorgänge – ebenso wie alle sonstigen Kommunikationsangebote – eine selektive Wirkung haben, also Bürger sehr unterschiedlich auf das Angebot reagieren beziehungsweise eben nicht reagieren. Die ursächlichen Kriterien können dabei unterschiedlich sein: soziales Umfeld, Lebensalter, Herkunft, Bildungsstand, Geschlecht, generelle persönliche Einstellung.883 Die Teilnahmechancen wären somit auch bei einer optimalen informationstechnischen Grundversorgung immer ungleich. Dieses Phänomen ist zwar auch bei klassischen Beteiligungsformen zu beobachten, jedoch vermag die Zugangshürde Internet die selektive Wirkung zu verstärken. Zum jetzigen Zeitpunkt dürfte eine Substitution der Auslegung in Papierform durch eine Auslegung in elektronischer Form sowohl wegen technischer als auch wegen einer (noch) eingeschränkten Zugriffsmöglichkeit oder auch -fähigkeit breiter Bevölkerungsschichten auf elektronische Medien mit dem Grundsatz des transparenten Handelns der Gemeinde nicht vereinbar sein. Hoheitliche Verwaltungsdienstleistungen dürfen darüber hinaus nach herrschender Meinung nur dann ausschließlich elektronisch angeboten werden, wenn eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung dafür besteht.884 Dies ist 881 882 883 884

Vgl. auch BT-Drs. 15/2250, S. 46. Kopp/Ramsauer, § 3a Rn. 7 f. Vgl. Selle, S. 97. Eifert/Püschel, in: Kröger/Hoffmann, S. 111.

214

Fazit, Ausblick und Empfehlungen

nicht verwunderlich, da schon für eine Verpflichtung bestimmte Formulare komplett als zwingende Formvoraussetzung im Antragsverfahren auszufüllen sind, regelmäßig eine ausdrückliche Ermächtigung voraussetzen.885 Daneben werden natürlich auch verfassungsrechtliche Bedenken geäußert, zumindest wenn dies zu ungleichen Zugangschancen zu Verwaltungsdienstleistungen führt.886 Zu hohe verfassungsrechtliche Voraussetzungen dürfe man jedoch auch nicht fordern.887 Insgesamt bedarf es folglich einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB bestimmt vom Wortlaut her, dass die Entwürfe der Bauleitpläne mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats öffentlich »auszulegen« sind. Es ist aber zu fragen, wie sich ausgelegte Akten von elektronisch abzurufenden Informationen und internetgestützten Beteiligungen unterscheiden. Entscheidend ist, wie der Wortlaut des § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB auszulegen ist. Möglicherweise ist »auslegen« sinnhaft zu verstehen und zielt auf die abstrakte Verfügbarmachung ab, ohne eine bestimmte Form festzulegen. Dem Wortlaut nach kann man »auslegen« offenkundig jedoch nur im Sinne einer papierbezogenen klassischen Form verstehen. Demnach wäre eine ausschließliche internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung nicht zulässig. Schon hier wird offensichtlich, dass der Gesetzgeber das Auslegen in Papierform meint und nicht ein Verfügbarmachen oder Bereithalten, welches neutral formuliert wäre. Somit lassen sich Beteiligungsverfahren nach dem BauGB zurzeit nur ergänzend internetgestützt durchführen. Für eine zukünftige Regelung wäre eine gesetzliche Klarstellung erforderlich.888 Der Adressatenkreis der Öffentlichkeitsbeteiligung nach dem Baugesetzbuch ist die gesamte Öffentlichkeit. Nicht zulässig ist die Bildung privilegierter Gruppen, wie sie mit der Gruppe der Inhaber eines Internetzuganges gegeben sein könnte.889 Deshalb ist der additive Charakter der Nutzung elektronischer Informationstechnologien nach § 4a Abs. 4 S. 1 BauGB beizubehalten, um eine faktische Verschlechterung bestehender Beteiligungsrechte und Kommunikationsformen zu verhindern. Zu prüfen ist, ob oder inwiefern die ausschließliche Nutzung elektronischer Informationstechnologien Auswirkungen auf Beteiligungsrechte hat. Von einer Koexistenz klassischer und internetgestützter Beteiligungsformen ist weiter auszugehen, da die alten und neuen Medien von 885 Vgl. BFH, Urt. v. 11. 10. 1989 - I R 101/87 -, BFHE 159, 98; Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/ Sachs, § 24 Rn. 88 ff. 886 Vgl. Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, S. 405 (422); Storr, MMR 2002, 579 (581). 887 Eifert/Püschel, in: Kröger/Hoffmann, S. 111. 888 Vgl. Kraft/Meister, VR 2003, 126 (128). 889 So auch Schröer, NZBau 2010, 36 (36).

Ausschließliche Nutzung elektronischer Informationstechnologien

215

unterschiedlichen Personengruppen unterschiedlich genutzt werden und das Ziel einer möglichst vollständigen Einbeziehung aller Adressatenkreise nur durch einen Medienmix von klassischen und elektronischen Medien erreicht werden kann.890 Eine vollstände Abwicklung der Öffentlichkeitsbeteiligung wurde bislang auch aus diesem Grund als nicht zulässig erachtet, womit allenfalls nur eine zusätzliche Beteiligungsmöglichkeit im Internet gesehen wird.891 Je deutlicher die sich abzeichnenden Veränderungen der Verwaltungsstruktur und -Kultur durch einen Ausbau von E-Government-Projekten und die damit einhergehende Verwaltungsmodernisierung werden, desto dringender stellt sich, zumindest vereinzelt, die Frage, ob es auch ein Abwehrrecht gegen diese Entwicklung gibt.892 Viele durch Veränderungen Betroffene gibt es zunächst im verwaltungsinternen Bereich. Aus ihrer besonderen Stellung als Verwaltungsbedienstete heraus besteht jedoch kein Rechtsanspruch, um sich gegen Veränderungen ihres Aufgaben- und Arbeitsumfeldes grundlegend zu wehren.893 Es besteht jedoch, aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums abgeleitet, eine Fürsorgepflicht des Dienstherren, die auch eine individuelle Förderung und eine gebührende Berücksichtigung der wohlverstandenen Interessen des Beamten umfasst.894 Dies beinhaltet auch eine Verpflichtung zur individuell geeigneten Weiterqualifizierung.895 Diese läuft überein mit einem grundsätzlichen durch die Verwaltungsmodernisierung und Stärkung von EGovernment fälligem Qualifikations- und Fortbildungsbedürfnis der Verwaltungsbediensteten. Nicht zuletzt ist die Akzeptanz innerhalb der Verwaltung zur Nutzung neuer Technologien eine der entscheidenden Voraussetzungen für deren erfolgreiche Einführung und Nutzung, womit eine solide Qualifikation grundlegender Bestandteil einer E-Government-Strategie sein muss.896 Es handelt sich somit weniger um ein Hindernis, sondern mehr um eine Voraussetzung, die auch zur Chance werden kann.

II.

Chancen

Sind der Planentwurf und die Begründung in das Internet eingestellt, kann die Gemeinde die Stellungnahmen der Behörden und Träger öffentlicher Belange 890 891 892 893 894 895 896

Vgl. auch Kubicek/Lippa/Westholm, S. 14. Vgl. Kraft/Meister, VR 2003, 126 (128 f.). Vgl. Heckmann, MMR 2006, 3 (3 ff.). Dazu Heckmann, MMR 2006, 3 (3 f.). Vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.12.1976 - 2 BvR 841/73 -, DÖV 1977, 558 ff. Heckmann, MMR 2006, 3 (4). Vgl. Brosch/Weiber, S. 67 ff.; Heckmann, MMR 2006, 3 (4).

216

Fazit, Ausblick und Empfehlungen

durch eine Mitteilung über Ort, Dauer und Internetadresse der öffentlichen Auslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB einholen. Hat der Empfänger einen Zugang für elektronische Kommunikation eröffnet, kann die Mitteilung nach § 4a Abs. 4 Satz 2 BauGB auf diesem Wege erfolgen. Somit lässt sich zumindest die Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange grundsätzlich ausschließlich internetbasiert durchführen. Doch auch bei der Behördenbeteiligung darf die Abgabe der Stellungnahmen durch die elektronische Form der Auslegung nicht leiden, weshalb die Planentwürfe und Begründungen nach § 4a Abs. 4 Satz 3 BauGB nach wie vor in gedruckter Papierform anforderbar sein müssen. Dies soll vor allem dann notwendig sein, wenn sich der Bauleitplanentwurf nur im gedruckten Originalmaßstab beurteilen lässt.897 In diesem Zusammenhang ist es auch vorstellbar, dass unter Umständen nicht jeder Bauleitplan für eine Darstellung in elektronischer Form optimal geeignet ist. Kriterium dafür kann eine besondere Größe oder Komplexität sein, welche tendenziell gegen die Veröffentlichung in elektronischer Form spricht.898 Entkräften lässt sich dies jedoch mit dem Argument, dass einzelne besonders unübersichtliche oder komplexe Pläne, wenn sie für die direkte Betrachtung am Computerbildschirm nicht geeignet sind, unproblematisch in voller Größe ausgedruckt werden können. Somit können immer noch erhebliche Druck- und Versandkosten eingespart werden, da ein Großteil der Pläne und Begründungen sicherlich für eine digitale Betrachtung geeignet sind. Zumindest für den Bereich der Beteiligung der Behörden und Träger öffentlicher Belange lässt sich somit eindeutig feststellen, dass grundsätzlich eine ausschließliche Nutzung elektronischer Informationstechnologien möglich ist und die Vorteile deutlich gegenüber möglicher Nachteile überwiegen. Als Nachteile können hauptsächlich einmalige Anpassungskosten, etwa durch Modernisierung der Technik und Personalschulungen, genannt werden.

1.

Beispiele für aufgezwungenes E-Government

Für Unternehmen gilt in einzelnen Bereichen schon länger ein Zwang zur Nutzung von staatlichen E-Government-Angeboten und somit eine Abkehr vom Freiwilligkeitsprinzip im Sinne des § 3a VwVfG. Die Nutzung elektronischer Kommunikation wird somit durchaus schon heute aufgezwungen. Als Beispiel ist die Pflicht zur elektronischen Umsatzsteuervoranmeldung nach § 18 Abs. 1 S. 1 UStG oder die Lohnsteueranmeldung nach § 41a Abs. 1 S. 2 EStG nach 897 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen v. 28. 04. 2004, BT-Drs. 15/2996, S. 64. 898 Vgl. Mustereinführungserlass zum EAG Bau v. 12. 07. 2004 des BMVBS, S. 55.

Ausschließliche Nutzung elektronischer Informationstechnologien

217

Maßgabe der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung899 (StDÜV) zu nennen. Eine Ausnahme von der Pflicht ist nur zur Vermeidung von unbilligen Härten, beispielsweise nach § 18 Abs. 1 S. 2 UStG, möglich. So ein unbilliger Härtefall ist jedoch nicht anzunehmen, wenn der Übermittlungspflichtige nur nicht über die technischen Voraussetzungen verfügt – etwa keinen Internetanschluss besitzt –, um die Übermittlung nach der StDÜV durchzuführen.900 Insbesondere liegt die grundsätzliche Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen in elektronischer Form nach § 18 UStG innerhalb des verfassungsrechtlichen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers und stellt eine zulässige Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG dar. Auch wird der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz durch eine Härtefallregelung und entsprechende (neue) Zumutbarkeitskriterien nach § 150 Abs. 8 AO901 beachtet. Ein Härtefall liegt nach diesen insbesondere dann vor, wenn eine Übermittlung nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre. Dabei sei das Fehlen der für eine elektronische Übermittlung erforderlichen Hard- und Software grundsätzlich kein Härtefall, da § 150 Abs. 8 S. 2 AO ausdrücklich nicht auf das Vorhandensein technischer Einrichtungen abstellt. Dieser Rechtsstreit könnte für die weitere Entwicklung des E-Government richtungsweisend wirken. Das Revisionsgericht hat zwischenzeitlich insbesondere die Verfassungsmäßigkeit der Zumutbarkeitskriterien des § 150 Abs. 8 AO bestätigt.902 Vor der Einführung des § 150 Abs. 8 AO entschied in einem ähnlich gelagerten Fall ein anderes Gericht im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, insbesondere unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien zum StÄndG 2003, noch, dass der Übermittlungspflichtige einen Anspruch auf Befreiung habe.903 Nicht näher auseinandergesetzt hat sich das Gericht in dieser Entscheidung zur alten Rechtslage allerdings mit der Argumentation der Finanzverwaltung, dass es dem Übermittlungspflichtigen auch zuzumuten gewesen wäre, sich eines Internetcaf¦s oder eines Steuerberaters zur elektronischen Übermittlung zu bedienen. Ausführungen zur Sicherheit der elektronisch übermittelten Daten werden auch gemacht. So finden sich übereinstimmend Entscheidungen, nach denen die verschlüsselte Datenübermittlung nach StDÜV als sicher gilt und insbesondere

899 900 901 902 903

Steuerdaten-Übermittlungsverordnung v. 28. 01. 2003, BGBl. I 2003, S. 139. FG Niedersachsen, Urt. v. 20.10.2009 - 5 K 149/05 -, EFG 2010, 277 ff. Eingefügt mit Wirkung v. 01. 01. 2009, BGBl. I 2008, S. 2850. BFH, Urt. v. 14. 03. 2012 - XI R 33/09 -, Juris. FG Hamburg, Beschl. v. 10. 03. 2005 - II 51/05 -, MMR 2005, 393 f.; BT-Drs. 15/1798, S. 13; 15/1945, S. 14.

218

Fazit, Ausblick und Empfehlungen

unspezifische Sicherheitsbedenken keinen Härtefall darstellen.904 Auch sei das Verfahren nicht manipulationsanfälliger als das papiergebundene System. Verwiesen werden kann auch noch auf das öffentliche Vergaberecht, nach dem die Beteiligung an öffentlichen Ausschreibungen vermehrt nur noch in digitaler Form möglich ist.905 Mittlerweile können die öffentlichen Auftraggeber die zugelassenen Kommunikationsmittel grundsätzlich frei wählen. So können sie angeben, ob sie per Post, Telefax, direkt, elektronisch oder in Kombination dieser Kommunikationsmittel mit den Unternehmen Informationen austauschen wollen, vgl. §16 Nr. 4 VOL/A, § 4 Abs. 6 VOF oder § 16 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A. Für den Bereich der Unternehmen kann somit, nach oberflächlicher Betrachtung, festgehalten werden, dass ein verpflichtendes E-Government grundsätzlich zulässig ist, auch wenn verfassungsrechtlich abschließende obergerichtliche Feststellungen noch ausstehen, und auch zunehmend Verbreitung findet. Sicherlich kann dieses Zwischenergebnis nicht auf den bürgerlichen Anwendungsfall übertragen werden, eine Tendenz wird jedoch aufgezeigt – und diese geht zumindest bezogen auf die Wirtschaft, in die Richtung, E-Government nicht nur in fakultativer Form, sondern auch in verpflichtender Form auszubauen. 2.

Nutzungspflicht elektronischer Beteiligungsangebote für Bürger

Für den Bereich der Beteiligung der Bürger, nach neuer Bezeichnung der Öffentlichkeit, beziehungsweise generell für einen weiteren schnellen Ausbau des E-Governments, wird angeführt, dass die zusätzlichen Kosten, die jeder Bürger tragen müsste, um etwa via qualifizierter Signatur rechtssicher elektronische Verwaltungsdienstleistungen wahrnehmen zu können, auf absehbare Zeit noch die Vorteile überwiegen.906 Somit würden vor allem Kosten und Mühen seitens der Bürger in nächster Zukunft einer Abkehr des bislang vorhaltenden Freiwilligkeitsprinzips bezogen auf die Nutzung von E-Government-Angeboten eines möglichen Änderungswillens des Gesetzgebers entgegenstehen. Fraglich dürfte jedoch sein, auch vor dem Hintergrund der Einführung der neuen Personalausweise ab November 2010, ob sich dieser »Bürgerwille« nicht schnell ändern könnte, wenn E-Government kostengünstiger sicher nutzbar ist und sich somit die Kosten-Nutzen-Abwägung verändert. Schon in seiner Grundkonfiguration ermöglicht der neue Personalausweis einfache Authentifi904 Vgl. FG Hamburg, Urt. v. 09.11.2009 - 2 K 65/08 -, Juris; FG Niedersachsen, Urt. v. 20.10.2009 - 5 K 149/05 -, EFG 2010, 277 ff. 905 So akzeptiert beispielsweise das Beschaffungsamt des BMI seit dem 01. 01. 2010 nur noch Angebote, die elektronisch über die E-Vergabeplattform des Bundes (http://www.evergabeonline.de) abgegeben werden. 906 Vgl. Heckmann, MMR 2006, 3 (5 f.).

Ausschließliche Nutzung elektronischer Informationstechnologien

219

zierungsfunktionen.907 Seine automatisch einsetzende massenhafte Verbreitung dürfte schon kurzfristig auch entsprechende private Lesegeräte zur Nutzung erweiterter sicherer Signaturen kostengünstiger werden lassen. Vielleicht kann auch die zuletzt stark ansteigende Anzahl der Nutzer von Internet-Banking als Indiz zur grundsätzlichen Aufgeschlossenheit der Bürger zur Nutzung elektronischer Angebote, solange sich Sicherheit und Aufwand in einem angemessenen Verhältnis halten, gewertet werden.908 Darüber hinaus sind insbesondere im Bereich der Öffentlichkeitsbeteiligung in der Bauleitplanung allzu hohe Sicherheitsanforderungen nicht zwingend notwendig und im Zweifel eher als kontraproduktiv einzuschätzen, wenn dadurch dem einzelnen Nutzer zu hohe Hürden auferlegt werden. Jedoch müssen auch die Auswirkungen des E-Government auf die leistungsund teilhaberechtlichen Grundrechte betrachtet werden. So sind die Hauptzielgruppen der staatlichen Leistungsverwaltung – ältere Menschen, Arme und schlecht Ausgebildete – besonders von der sogenannten digitalen Spaltung betroffen, da diese überdurchschnittlich oft nicht über einen Zugang zum Internet oder die notwendigen Kenntnisse verfügen.909 Somit können sich Ungleichbehandlungen ergeben und eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG erscheint möglich.910 Daraus wird die Folgerung gezogen, dass digitale und analoge Verwaltungsverfahren parallel und somit doppelt zu führen seien, bis die notwendigen technologischen Voraussetzungen und Fähigkeiten in allen Gesellschaftsschichten gesichert seien.911 Insoweit ist folglich die Gefahr der Schaffung einer neuen Form von gesellschaftlicher Ausgrenzung gegeben. Im Vergleich mit dem für die Wirtschaft verpflichtend zu nutzenden EGovernment sind somit auch die IT-Kompetenz und der Hintergrund der privaten Nutzung zu berücksichtigen.912 Schlechter gestellte Bürger sind gegebenenfalls zu fördern und zu unterstützen, um eine Ungleichbehandlung zu vermeiden. Solange gesellschaftliche Unterschiede in Bezug zur Nutzungsmöglichkeit von E-Government vorhanden sind, sind staatliche Alternativangebote sinnvoll: Öffentlich zugängliche E-Government-Terminals, wenn nötig mit Hilfestellungen, können auf mittlere Sicht eine digitale Spaltung der Gesellschaft bezogen auf die Zugänglichkeit zu E-Government-Leistungen verhindern.913 Die 907 Siehe dazu S. 74 ff. 908 So würden 2009 schon 24 Millionen Deutsche Bankgeschäfte im Internet abwickeln, während es vor fünf Jahren erst 13 Millionen waren, vgl. BITKOM-Presseinfo v. 22. 02. 2009, http://www.bitkom.org/de/presse/62013_57847.aspx, besucht 15. 05. 2011. 909 Vgl. Heckmann, MMR 2006, 3 (6). 910 Siehe auch Holznagel/Verhulst/Grünwald/Hahne, K& R 2000, 425 ff. 911 Heckmann, MMR 2006, 3 (6). 912 So auch Heckmann, MMR 2006, 3 (7). 913 Vgl. auch Heckmann, MMR 2006, 3 (7).

220

Fazit, Ausblick und Empfehlungen

weitere Bereitstellung von konventionellen Zugangsmöglichkeiten zur Verwaltung erscheine damit auch wie ein verfassungsrechtlicher Rettungsanker. Zukünftig wird auch zu klären sein, ob der Begriff staatliche Daseinsvorsorge demnächst auf eine elektronische Daseinsvorsorge ausgeweitet werden muss.914 Gehören schließlich elementare IT-Infrastrukturen, bis hin zum PC und Internetzugang, aufgrund ihrer Bedeutung zunehmend zum Bereich der Daseinsvorsorge mit besonderem öffentlichen Interesse. In diesem Sinne könnten Förderungsbestrebungen wie zurzeit in Österreich in der Planung zu sehen sein, um die digitale Spaltung der Gesellschaft zu verringern.915

B.

Ausblick

I.

Mögliche zukünftige Entwicklung

Das Internet verändert die Welt und das Denken.916 Waren am Anfang nur Ansätze und Umrisse zu erkennen, so zeigt sich mittlerweile immer stärker die enorme Umgestaltungskraft des Internets und der elektronischen Kommunikation insgesamt. Vor allem in der Wirtschaft wurden und werden, zumeist grundlegend durch die fortschreitende Entwicklung des Internets geprägt, alte Strukturen umgeworfen – Handelsstrukturen und Wettbewerbs-verhältnisse ändern sich, neue Unternehmenstypen entstehen, die Arbeitsteilungen in der Weltwirtschaft ändern sich, alte Branchen verschwinden, neue Branchen entstehen und werden von flexiblen Unternehmen bedient. Dies blieb und bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Gesellschaft.917 Die öffentliche Verwaltung wird sich der andauernden »Internet-Revolution« nicht entziehen können. So wird E-Government weiter an Bedeutung gewinnen und auch weitere Auswirkungen auf das Bau- und Planungsrecht haben. Viele Probleme sind noch ungelöst ebenso wie sich aus der weiteren technischen Entwicklung neue Probleme ergeben werden. Daneben ist der enorme Investitionsbedarf angesichts leerer öffentlicher Kassen ein nicht zu unterschätzendes Hindernis.918 Insbesondere bei Standardverwaltungsvorgängen soll zukünftig die rechts914 Vgl. Interdisziplinäre Studien zu Politik, Recht, Administration und Technologie e.V. (ISPRAT), Presseinformationen v. 12. 05. 2010 zur 6. ISPRAT-CIO-Konferenz, http://isprat.net/ fileadmin/downloads/pdfs/presse/CIO-Konferenz%2020100512_ISPRAT-Pressemitteilung_CIO-Konferenz.pdf, besucht 17. 05. 2011. 915 Siehe auch S. 136 ff. 916 Vgl. schon früh auch zu sozialen Aspekten Rötzer, in: Rötzer, S. 7 ff.; Turkle, S. 7 ff. 917 Vgl. Giarini/Liedtke, S. 34 ff. 918 Boehme-Neßler, NVwZ 2001, 374 (379).

Ausblick

221

sichere Kommunikation und Vornahme von Rechtshandlungen über die eIDFunktion des Personalausweises und De-Mail eine für den Bürger einfache Identifizierung und Authentifizierung bieten.919 Zunächst sollen durch entsprechende weitergehende Änderungen die Gesetze über die Regelung des § 3a Abs. 2 VwVfG hinausgehend angepasst werden. Insbesondere soll das Schriftformerfordernis in den Fachgesetzen überprüft und leichter handhabbar gestaltet werden. Auch ist geplant, zumindest im Zuständigkeitsbereich der Bundesbehörden, die Eröffnung von elektronischen Kommunikationszugängen verbindlich vorzuschreiben. Auch soziokulturelle Aspekte sind nicht zu unterschätzen. Neben technischen und finanziellen Hindernissen ist die fehlende Medienkompetenz von Bürgern und Verwaltungsbediensteten ein großes Hindernis auf dem Weg in die digitale Verwaltung und die digitale Öffentlichkeitsbeteiligung. Auch fehlen für das Kommunikationsmittel Internet noch Forschungsergebnisse, um eindeutige Aussagen zur Adressatengruppenerreichbarkeit tätigen zu können.920 So sind bislang medien- und kommunikationswissenschaftliche Konzepte und Erkenntnisse vor allem ausschließlich für die klassischen Massenmedien wie Presse, Fernsehen und Hörfunk vorhanden. Insbesondere der Bereich der Bürger- und Öffentlichkeitsbeteiligungen ist diesbezüglich noch nicht ausreichend durchdrungen. Zukünftig sollen sich die schon bisher bekannten Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung in quantitativer wie qualitativer Hinsicht verbessern.921 Quantitativ vor allem durch den Abbau von Zugangshürden und dem Erreichen höherer Nutzerzahlen durch die Einbeziehung von bislang eher unempfänglichen Nutzergruppen wie Jugendlichen. Qualitative Verbesserungen sind vor allem durch bessere Visualisierungstechniken und mehr Anschaulichkeit, verbunden mit einer zeitlich uneingeschränkten Benutzbarkeit, zu erwarten. Soweit schon länger ein Trend zu einer geringeren Bereitschaft zur dauerhaften Beteiligung an politischen oder planerischen Prozessen zu beobachten ist,922 kommt die internetgestützte Beteiligung dem insoweit entgegen, als dass auch eine kurzfristige und relativ spontane Teilnahme möglich ist. Die Bereitschaft für ein langfristiges Engagement wurde durch die kontextbezogene und oftmals kurzweilige

919 Diesbezüglich befindet sich ein Referentenentwurf »E-Government-Gesetz« auf Bundesebene zum Stand Februar 2012 in Vorbereitung: http://www.verwaltung-innovativ.de/ cln_108/nn_2054880/DE/Regierungsprogramm/e__gov/e__gov__node.html?__nnn=true, besucht 06. 02. 2012. 920 Kubicek/Lippa/Westholm, S. 14 f., 91 ff. 921 Vgl. Kubicek/Lippa/Westholm, S. 16. 922 Vgl. Böge, S. 7 f.

222

Fazit, Ausblick und Empfehlungen

Beteiligung verdrängt und hat sich somit dem Zeitgeist und der Kurzlebigkeit923 aufgrund der Angebotsfülle des Internets angenähert.924 Angerissen aber nicht beantwortet werden kann dabei die Streitfrage, ob die Computer- und Internetnutzung die schon vorhandenen gesellschaftlichen Verhältnisse und Trends in aller Regel nur verstärken oder gerade auch umkehren können.925 Grundsätzlich sind die Technologien nutzungsoffen und bedürfen der Gestaltung durch die Gesellschaft. Trotzdem kann nicht abgestritten werden, dass große gesellschaftliche Veränderungen auch durch technologische Fortschritte und Entwicklungen ausgelöst wurden. Nicht ohne Grund wird heutzutage auch von einer Informationsgesellschaft beziehungsweise Wissensgesellschaft gesprochen, welche ohne Computer und Internet in dieser Form nicht möglich wäre.

II.

Motivation und Zielsetzung

Zum Teil wird der Bürgerwille als Kriterium für die Auswahl der E-GovernmentAnwendungen gesehen.926 Andere wollen unter verschiedenen Branchen und deren Nutzerpotenzialen unterscheiden, um durch Orientierung und Differenzierung einer E-Government-Strategie eine hohe Akzeptanz zu erreichen.927 Auch Personalkosteneinsparungen aufgrund effizienterer Arbeitsabläufe durch elektronische Verfahren lassen sich in der Verwaltung aufgrund des öffentlichen Dienstrechtes nur längerfristig erreichen. Der Hype um E-Government hat sich nicht zuletzt wegen der Lage der öffentlichen Haushalte in letzter Zeit merklich abgekühlt. Auch aufgrund einer eher schleppenden Nachfrage wurden Investitionen kritisch hinterfragt und auch aufgeschoben.928 In diesem Sinne darf auch der Themenbereich E-Partizipation, mit ihm die internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung, niemals ausschließlich einem Selbstzweck dienen. Bei den fakultativen, also freiwilligen oder zusätzlichen Beteiligungsverfahren, ist immer im Vorfeld zu ermitteln, ob zu erwarten ist, dass durch das Verfahren weitere notwendige Fakten und Beiträge generiert werden und auch, ob entsprechend überhaupt der Wille und die Möglichkeit besteht, auf zu erwartende Beiträge und Anregungen planerisch zu reagieren.929 Bezogen auf den Fokus der Öffentlichkeit, nicht die »Vergesslichkeit«. Vgl. auch Haller, S. 8 f. Vgl. Kubicek/Lippa/Westholm, S. 17. Accenture, Was-will-der-Buerger.de, S. 4; Liikanen, S. 37. Vgl. Büllesbach, Wege zum Trialog, Kommune 21 5/2004, S. 72; Birkelbach/Schulzki-Haddouti, C’t 2004 Heft 8, S. 158 (160). 928 Büllesbach, DVBl. 2005, S. 605 (605). 929 Dopfer, S. 18.

923 924 925 926 927

Ausblick

III.

223

Auswirkungen auf die Verwaltungsstruktur

Die zunehmende Vernetzung der Verwaltung, auch im Zusammenhang mit wachsender E-Government-Nutzung, soll Auswirkungen auf die Grundstrukturen der Behördenorganisation haben.930 Diese liegen vor allem an der grundsätzlichen Hierarchiefeindlichkeit der Client/Server-Architektur der IuKTechnologie.931 Neue Verwaltungsabläufe schaffen häufig Unsicherheiten bezüglich der Zuständigkeiten und/oder Verfahren und können in die bisherige Zuständigkeitsordnung eingreifen. So werde sich die überkommene strikte hierarchische Gliederung der Behörden allenfalls erheblich modifiziert in eine vernetzte elektronische Verwaltung übernehmen lassen. Nach einer weiteren Meinung führt ein derartiger Umbruch dazu, dass sich innerhalb der Verwaltungen leichter selbstständigere Einheiten, sogenannte »Unternehmensnetzwerke«, bilden werden und leichter strategische Allianzen eingehen, um Ziele zu erreichen.932 Während klassischerweise hauptsächlich die Amtsleitung und Pressestelle mit der Öffentlichkeit kommunizierten, treten über das Medium Internet und elektronische Kommunikation häufiger einzelne Verwaltungseinheiten direkt in Kontakt mit der Öffentlichkeit.933 So könnte eine »vernetzte« Gesamtzuständigkeit das strikte Modell der Kompetenzverteilung und -trennung verdrängen934 oder zumindest ergänzen. Dies wiederrum entspricht einem Gedanken des sogenannten »New Public Management« durchaus innerhalb einer Verwaltung einen Wettbewerb zwischen dezentralen, selbstständigen Verwaltungseinheiten anzustreben.935 Viele Organisationsveränderungen, die in der öffentlichen Verwaltung unter dem Begriff »Neues Steuerungsmodell«936 diskutiert wurden – Kernelemente, dezentrale Ressourcenverantwortung, Haushaltssteuerung, Kontrakte, Berichtswesen und Controlling –, sind heute schon eingetreten und wurden durch moderne IuK-Technologie zumindest nachhaltig erleichtert.937 Mindestens ebenso weitreichend werden die Folgen auf innerbehördliche Kommunikationsstrukturen beschrieben. So wird eine Änderung innerbehördlicher Interaktionen angenommen.938 Gesehen wurde auch eine Veränderung weg von hierarchisch orientierten Anweisungen hin zu vermehrten in930 Vgl. Boehme-Neßler, NVwZ 2001, 374 (379 f.); Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann, S. 405 (414 ff.). 931 Grundlegend Reinermann, S. 389 ff. 932 Killian/Wind, VerwArch 88 (1997), 499 (512). 933 Vgl. Dopfer/Becker, S. 6. 934 So Schliesky, NVwZ 2003, 1322 (1323). 935 Schedler/Proeller, S. 90 ff. 936 Dazu Schneider, S. 103 (114 ff.). 937 Vgl. Schmidt-Aßmann, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann, S. 405 (415 f.). 938 Reinermann, DÖV 1999, 20 (22 ff.).

224

Fazit, Ausblick und Empfehlungen

nerbehördlichen Verhandlungsprozessen939, da in Netzwerkstrukturen einfacher und schneller über Themen verhandelt werden kann. Ebenso wären Anweisungen von Vorgesetzten an Untergebene in Netzwerkstrukturen nicht so effektiv, wie eine Kommunikation in beide Richtungen. Auch im Umkehrschluss wird argumentiert, dass die steigende Anforderung an die Planungsträger, einen klaren Internetauftritt anzubieten, auch Auswirkungen auf Interna wie Informations- und Ablaufstrukturen hat.940 Die Dynamik der Veränderungen durch den Einsatz moderner IuK-Technologien wird das herkömmliche Verwaltungsdenken und eine überalterte Verwaltungsstruktur verändern, so die Erwartungen. Tatsächlich hat schon alleine der vermehrte Gebrauch von E-Mails das Verwaltungshandeln in Teilbereichen verändert. Die schrittweise Einführung von E-Government-Anwendungen und ihre auch indirekten Folgen könnten als die am weitesten gehende Verwaltungsreform der letzten Jahrzehnte gesehen werden. Teilweise lässt sich jedoch auch vermuten, dass die verstärkte Nutzung elektronischer Informationstechnologie in der öffentlichen Verwaltung, zumindest bislang, eher einen kleinen Beitrag zur Verwaltungsmodernisierung geleistet hat und das Hauptziel bisweilen eher eine ausgeprägte Rationalisierungslogik mit der Begleiterscheinung einer stärkeren Bürgernähe ist.941 Speziell im Bereich der internetgestützten Öffentlichkeitsbeteiligung hat sich schon gezeigt, dass eine unzureichend vorbereitete interne Organisationsstruktur und Akzeptanzvorbehalte der verantwortlichen behördlichen Mitarbeiter ein Hindernis für eine erfolgreiche Nutzung des Internets für die Bauleitplanung sein können.942 So haben bereits durchgeführte internetgestützte Behördenbeteiligungsmaßnahmen aufgezeigt, dass Änderungen und Anpassungen der bisherigen Bearbeitungsabläufe notwendig werden können.943 Auch am Beispiel der elektronischen Signatur lässt sich darstellen, dass nicht für alle Verwaltungsvorgänge der zum Teil umständlichere Weg gegangen werden muss, alte Abläufe »nur« elektronisch abzuwickeln, sondern dass es manchmal auch besser sei, ein altes Verwaltungsverfahren neu zu gestalten.944 Die Nutzung neuer Technologien und Konzepte kann somit durchaus Auswirkungen auf interne Verwaltungsstrukturen haben. Oder andersherum können unvorbereitete Strukturen und Verfahrensabläufe ein Hindernis darstellen und sollten im Vorfeld evaluiert werden. So kann E-Government nur dann er939 940 941 942 943

Dazu Killian/Wind, VerwArch 88 (1997), 499 (514). Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 26. Vgl. Heinz, S. 102 ff. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 58. Vgl. BMWi, Spezifikationsbericht, S. 63; Beispielhafte Übersicht über organisatorische Anforderungen BMWi, Spezifikationsbericht, S. 64. 944 Vgl. Schreiber, S. 74 ff.

225

Fazit

folgreich umgesetzt werden, wenn es »Chefsache« ist und sowohl die politischen als auch die administrativen Entscheidungsträger die gegebenenfalls notwendigen Anpassungsprozesse befürworten.945 Um nicht lediglich schriftliche Verwaltungsverfahren zu »elektrifizieren«, sollte die Einführung elektronischer Verwaltungsverfahren und anderer E-Government-Angebote unbedingt auch zur Prozessoptimierung genutzt werden.946

C.

Fazit

Internetgestützte Bauleitplanung: nur ein neues Werkzeug oder eine neue Art zu planen? Sowohl bei der Öffentlichkeits- und/oder Behördenbeteiligung können ergänzend elektronische Informationstechnologien genutzt werden, vgl. § 4a Abs. 4 BauGB. Nach Meinung des Autors bieten sich vor allem bei größeren und/ oder konfliktträchtigen Verfahren deutliche Vorteile durch eine zusätzliche Nutzung moderner Informationstechnologien. Somit sollte je nach Einzelfall im Rahmen einer Gesamtstrategie über den Einsatz von internetgestützten Informations- und Beteiligungsangeboten entschieden werden. Für die Behördenbeteiligung im Speziellen gilt, dass, soweit Bauleitplan und Begründung im Internet veröffentlicht sind, auch die Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange auf elektronischem Weg erfolgen kann. Nur auf Verlangen muss die Gemeinde als Planungsträger den Plan und die Begründung dann in Papierform versenden. Darüber hinaus können auch die eingehenden Stellungnahmen der Behörden über elektronische Kommunikation erfolgen, soweit die Gemeinde einen entsprechenden Zugang eröffnet hat. Insbesondere für die Behördenbeteiligung bieten sich folglich große Veränderungschancen, da ein elektronisches Beteiligungsverfahren nicht nur parallel zur papiergebundenen Beteiligung, sondern alternativ eingesetzt werden kann. Vor allem unter den Gesichtspunkten Kosteneffizienz und Prozessoptimierung sind Vorteile zu erwarten. Als Ergebnis dieser Arbeit kann auch festgehalten werden, dass selbst kleinere Gemeinden das Internet nicht nur als virtuelles Aushängeschild für ihre Gemeinde begreifen, sondern es aktiv in jeweils angemessener Form auch zur Beteiligung der Bürger und sonstiger Öffentlichkeit nutzen sollten. Gerade die Bauleitplanung bietet sich, wie in der Arbeit gezeigt, an, um Impulse zur Stärkung der lokalen Demokratie und nebenbei zur Verwaltungsmodernisierung zu geben. Es gilt die internetgestützte Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung dauerhaft in die Planungsabläufe zu integrieren, so dass sie jederzeit genutzt 945 So auch BMWi, Spezifikationsbericht, S. 63. 946 Vgl. Schliesky, in: Schliesky, S. 16.

226

Fazit, Ausblick und Empfehlungen

werden kann – eine Standardisierung der notwendigen Software sowie eine Modularisierung dieser können dies ermöglichen. Durch die Ausdehnung der Öffentlichkeitsbeteiligung auf elektronische Medien ergeben sich große Chancen, die Beteiligungsmöglichkeiten weiter zu öffnen und dabei quantitativ sowie qualitativ zu verbessern. Durch das Angebot internetgestützter Beteiligungsformen kann die Tatsachen- und Erkenntnisbasis für die Abwägungsvorgänge in der Bauleitplanung ausgeweitet werden. Neben Bürgern, die etwa aufgrund ihrer Arbeitszeiten Schwierigkeiten bezüglich der Wahrnehmung klassischer Auslegungsbeteiligungen haben, können insbesondere auch internetaffine Menschen, neben anderen bislang unterrepräsentierten Bevölkerungsgruppen, als neue potenzielle Teilnehmergruppe gewonnen werden. Fast schon nebenbei erhöht sich die Legitimationsgrundlage, wenn einer breiteren Öffentlichkeit eine Beteiligungsmöglichkeit an der Bauleitplanung geboten werden kann. Technische sowie rechtliche Hinderungsgründe sind in den vergangenen Jahren fast vollständig entfallen. In abgestuftem Umfang können internetgestützte Beteiligungsangebote auch durch kleinere Planungsträger durchgeführt werden. Die Spanne kann dabei von der Bereitstellung des Planentwurfs und der Begründung im Internet mit der Möglichkeit, in einem Onlineformular eine Stellungnahme abgeben zu können, bis hin zu komplexen Angeboten mit Diskussionsforen und der Nutzung spezieller Software und multimedialer Angebote gehen. Der Ausbau von E-Government-Angeboten wird vielleicht noch nicht in der Form als Chance begriffen, auch unbefriedigende Verwaltungsprozesse und Abläufe zu verändern. Die Überprüfung dessen bietet sich jedoch gerade mit der Erweiterung oder dem Aufbau eines E-Government-Angebotes an. Teilweise gibt es auch keine Alternative, als manche Prozessabläufe in der Verwaltung an neue Technologien und gesellschaftliche Veränderungen anzupassen. Zumindest ist eine zögerliche »Erst-Muss«-Argumentation, um den Status Quo zu halten, aus technischer und rechtlicher Sicht argumentativ nicht mehr länger zu begründen. Die aktuelle und wohl noch länger andauernde hochdefizitäre Haushaltslage der meisten Gemeinden könnte sich stattdessen als wahres Hindernis für die Umsetzung allzu ambitionierter elektronischer Beteiligungsmaßnahmen erweisen. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass schon mit relativ einfachen Mitteln und finanziellen Aufwendungen der Beteiligungsvorgang ergänzend im Internet stattfinden kann – dazu muss es nicht gleich die »ganz große Lösung« sein. Einen positiven Mehrertrag und eine Verbesserung der Partizipationsvoraussetzungen bringen auch weniger ambitionierte InternetBeteiligungen. Auch bieten möglicherweise interkommunale Kooperationen, nicht nur auf dem Gebiet der internetgestützten Bauleitplanung, neue Chancen, trotz hoher

Fazit

227

Finanzdefizite durch gemeinsame Kostentragung auch mit einer modernen Bauleitplanung im Internet vertreten zu sein.947 Schließlich bieten sich gerade solche gemeindlichen Pflichtaufgaben für eine Verwaltungs-/ Kooperationsgemeinschaft an. Durch mehrere Planungsträger gemeinsam betriebene Beteiligungsplattformen, als technische Grundgerüste der Angebote, reduzieren sowohl die Investitions- als auch die Vorhaltekosten erheblich. Zugleich kann auf schon gemachte Erfahrungen und Knowhow zurückgegriffen werden.948 Zudem bleibt den Gemeinden angesichts eines zunehmenden Modernisierungsdrucks auf Dauer wenig Spielraum, um sich dauerhaft der Einführung und Nutzung moderner Technologien zu verschließen.949 Durch die klarstellende Aufnahme des § 4a Abs. 4 S. 1 BauGB sollte durch den Gesetzgeber auch eine häufigere Nutzung elektronischer Informationstechnologien bezweckt werden – schließlich war ihre Nutzung auch vor der Novellierung nicht ausgeschlossen.950 In diesem Sinne wird auch eine zukünftige Verpflichtung der Planungsträger zur Durchführung internetgestützter Öffentlichkeitsbeteiligungen vorgeschlagen.951 Ein umfangreicheres E-Government-Profil des Staates wäre wünschenswert. Insbesondere der Bereich der kommunalen Bauleitplanung bietet sich an, neue Beteiligungsformen und -wege zu testen. Allgemein bleibt festzustellen, dass der Staat gut daran täte, Beteiligungsangebote auszubauen und dabei auch neue Wege, wie die der internetbasierten Öffentlichkeitsbeteiligung zu gehen. Ein Profit ist bei allen Beteiligten zu erwarten. Bieten sich doch wie dargestellt erhebliche Ansatzpunkte und Hoffnungen gerade auch umstrittene Verfahren und Planungen mit einem möglichst konsensfähigen Ergebnis abzuschließen. Das Planfeststellungsverfahren »Stuttgart 21« und auch die zuletzt immer wieder diskutierten und wohl notwendigen neuen Stromtrassen für den Umstieg auf weitere erneuerbare Energiequellen bergen beispielsweise erhebliches Konfliktpotenzial, welches idealerweise nicht erst im formellen Verfahren versucht werden sollte zu entschärfen. Begangene grundsätzliche Fehler, jedoch auch Erkenntnisse zur Verbesserung, erscheinen jeweils übertragbar auf andere formelle Planungsverfahren wie auch die der Bauleitplanung. Das Selbstverständnis des Staates muss sich dabei keinesfalls in großen Schritten zu einem kooperativen Staat entwickeln.952 Volksabstimmungen oder 947 Zur interkommunalen Kooperation im E-Government Kröger/Hanken, in: Kröger/Hoffmann, S. 289 ff. 948 Siehe etwa http://www.bob-sh.de und http://www.demos-deutschland.de, besucht 31. 05. 2011. 949 Vgl. auch Schröer, NZBau 2010, 36 (37). 950 Vgl. auch Bunzel, BauR 2008, 301 (304). 951 So Schröer, NZBau 2010, 36 (37). 952 So wohl Haller, S. 9 f.

228

Fazit, Ausblick und Empfehlungen

anderer Instrumente direkter Demokratie in Bezug auf große Planungsverfahren bedarf es nicht. Vielmehr bietet sich durch internetgestützte Beteiligungsformen eine Ergänzung und sinnvolle Erweiterung der klassischen Formen der Entscheidungsbildung und -findung sowie zugleich auch eine Möglichkeit zur besseren Konfliktbewältigung. Es gilt jedoch, wie zumeist, dass dieses Potenzial auch voll ausgeschöpft werden will, sofern man gute und tragfähige Ergebnisse erzielen möchte. Die verstärkte Anwendung internetgestützter Angebote zur Öffentlichkeitsbeteiligung besitzt viel Potenzial und bietet noch viel Entwicklungsspielraum, den es zu nutzen gilt.

D.

Handlungsempfehlungen

Wie vorhergehend aufgezeigt, bietet eine stärkere Nutzung des Internets für Beteiligungsvorgänge der Bauleitplanung erhebliche Verbesserungs- und Weiterentwicklungsmöglichkeiten. Im Folgenden werden Handlungsempfehlungen gegeben, die zum Zwecke einer Weiterentwicklung der Bauleitplanung auch verpflichtende Vorgaben für die Planungsträger enthalten.

I.

Ziele

Da die freiwillige Bereitstellung internetgestützter Beteiligungsangebote durch die Planungsträger noch zu wenig genutzt wird, sollten grundsätzlich alle Bauleitplanungen durch Online-Informations- und Beteiligungsangebote begleitet werden. Es empfiehlt sich eine Klarstellung und Gesetzesänderung zur Förderung internetgestützter Beteiligungsangebote. In diesem Sinne sollte die Bereitstellung elektronischer Informations- und Beteiligungsmöglichkeiten im Internet für die Planungsträger verpflichtend werden. Für die Öffentlichkeitsbeteiligung sollten vorwiegend elektronische Beteiligungsformen gefördert und beworben werden. Hinsichtlich der Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange sollte eine elektronische Beteiligung die Regel werden und die klassische papiergebundene Beteiligungsform nur ausnahmsweise zulässig sein. Den aktuell laufenden baurechtlichen Gesetzgebungsvorhaben, geprägt auch durch die Ergebnisse der sogenannten »Berliner Gespräche zum Baurecht«953 und zum Teil auch unter dem Eindruck des Reaktorunglücks von Fukushima/ 953 Vgl. dazu etwa Bunzel, DVBl. 2010, 1551 ff. und BMVBS, Berliner Gespräche zum Städtebaurecht.

Handlungsempfehlungen

229

Japan, als Bestandteil des Gesetzespaketes »Energiewende«954, beschleunigt, könnte, im Anschluss an den Regelungsteil zur Stärkung der klimagerechten Stadtentwicklung in den Gemeinden955, ein weiterer Teil unter anderem zur Stärkung der internetgestützten Bauleitplanung nachgeschoben werden. So zeichnet sich schon jetzt ab, dass nach dem Inkrafttreten des »Gesetzes zur Stärkung der klimagerechten Stadtentwicklung in den Gemeinden« eine weitere Baurechtsnovelle ansteht, um unter anderem die städtebauliche Innenentwicklung zu stärken.956 Die folgenden Gesetzgebungsvorschläge könnten in diese Novelle integriert werden. Hierfür wiederum bietet die planfeststellungsrechtliche Causa »Stuttgart 21« ebenso wie planungsrechtlich zu erwartende Konflikte im Zusammenhang mit dem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien einen aktuellen Aufhänger, um eine Modernisierung der Beteiligungsprozesse in der Bauleitplanung, wie auch im Planfeststellungsrecht, anzugehen. Das Interesse der Öffentlichkeit lässt grundsätzlich ein gesteigertes Informations- und Beteiligungsbedürfnis erkennen, das durch die klassischen Beteiligungsformen schon länger nicht mehr voll erfüllt wird und hinter dem Erwartungshorizont zurückbleibt, jedoch durch die verstärkte Nutzung internetgestützter Angebote kanalisiert und mit gewinnbringendem Ergebnis, neben den weiteren herausgearbeiteten Vorteilen, genutzt werden kann.957 Wie sich die Informations-, Mitteilungs- und sozialen Umgangsformen durch die modernen Informationstechnologien gewandelt haben, so haben sich auch die Beteiligungsformen im Verhältnis Staat-Bürger anzupassen. Gelingt dies nicht, sind zukünftig, zumindest bei konfliktträchtigen Groß- und Planvorhaben, ähnliche Proteste der Öffentlichkeit wie bei »Stuttgart 21« zu erwarten, selbst wenn rein formal der Planungsvorgang nicht zu beanstanden ist.

II.

Gesetzgebungsvorschlag

1.

Umsetzung

Die Planungsträger werden verpflichtet, die erforderlichen Informationen zu Bauleitplanverfahren im Internet zu veröffentlichen und eine internetgestützte Beteiligung zu ermöglichen. Die Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger 954 Übersicht unter http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2011/06/2011-06-06 -energiewende-kabinett-weitere-informationen.html, besucht 28. 06. 2011. 955 Gesetzentwurf v. 06. 06. 2011, BT-Drs. 17/6076; Stand 28. 06. 2011 noch in der Beratung befindlich, 1. Beratung: BT-PlPr. 17/114, S. 12959 ff.; Siehe dazu auch Krautzberger/Stüer, BauR 2011, Heft 8. 956 Vgl. Stüer/Ehebrecht-Stüer, DVBl. 2010, 1540 (1540 ff.). 957 Grundsätzlich zustimmend Landsberg, DStGB Position v. 13. 05. 2011, S.1 (1).

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Fazit, Ausblick und Empfehlungen

öffentlicher Belange erfolgt grundsätzlich in elektronischer Form. Sollte eine elektronische Beteiligung nicht möglich sein, ist ausnahmsweise die klassische papiergebundene Form zulässig. In Abgrenzung dazu soll die Öffentlichkeitsbeteiligung möglichst elektronisch erfolgen. Zur Wahrung gleicher Beteiligungsmöglichkeiten bleibt die klassische Form jedoch uneingeschränkt zulässig. § 3 Abs. 2 S. 2 1. HS BauGB ist wie folgt neu zu fassen: »2Ort und Dauer der Auslegung sowie Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, sind mindestens eine Woche vorher ortsüblich und im Internet bekannt zu machen; […]«

§ 4a Abs. 4 BauGB ist neu zu fassen: »1Bei der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung sind ergänzend elektronische Informationstechnologien zu nutzen. 2Die Gemeinde stellt dazu den Entwurf des Bauleitplans, die Begründung und bereits vorliegende umweltbezogene Stellungnahmen in das Internet ein und eröffnet einen Zugang für die Abgabe von Stellungnahmen auf elektronischem Wege. 3 Die Stellungnahmen der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange sind grundsätzlich durch Mitteilung von Ort und Dauer der öffentlichen Auslegung nach § 3 Abs. 2 und der Internetadresse im Wege der elektronischen Kommunikation einzuholen und abzugeben; soweit der Empfänger keinen Zugang hierfür eröffnet oder der Sender keine Möglichkeit dazu hat, erfolgt die Übermittlung von dem Entwurf des Bauleitplans, der Begründung und der Stellungnahme auf anderem Wege; § 4 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt. 4Der Zugang einer Stellungnahme auf elektronischem Wege ist durch den Empfänger zu bestätigen.«

2.

Begründung

Durch § 4a Abs. 4 S. 1 in Verbindung mit S. 2 BauGB wird aus dem bislang fakultativen Angebot von internetgestützten Beteiligungsverfahren eine Verpflichtung für die Planungsträger. Die Bekanntmachungsregelung des § 3 Abs. 2 S. 2 1. HS BauGB muss um die Bekanntmachung im Internet ergänzt werden, damit die Hinweiswirkung auch dort erreicht wird. Als Platz für den elektronischen Hinweis bietet sich die Internetpräsenz der Gemeinde an. Durch die abstrakte Formulierung »im Internet« bleibt den Gemeinden ein weiter Ausgestaltungsspielraum. Die Anforderungen an die ortsübliche Bekanntmachung im Übrigen werden nicht verändert.958 Wortlautgemäß reicht zur Erfüllung der Vorgaben nach § 4a Abs. 4 BauGB die 958 Zu diesen etwa Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 3 Rn. 45 ff.

Handlungsempfehlungen

231

Veröffentlichung der Planungsunterlagen in geeigneter Form959 und die Eröffnung eines Zugangs für Stellungnahmen960 – beispielsweise per Onlineformular oder einfacher Angabe einer E-Mailadresse – aus. Die bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen sind im Hinblick auf § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB ebenfalls im Internet einzustellen, damit der Informationsgehalt nicht hinter der papiergebundenen Form zurückbleibt. Da die Planungsunterlagen fast ausschließlich schon in elektronischer Form vorliegen und ebenso fast ausnahmslos auch kleine Gemeinden über eine Präsenz im Internet verfügen, bereitet das Onlinestellen keine größeren Probleme. Um eine Überforderung zu vermeiden und den Planungsträgern auch einen breiten Gestaltungsspielraum zu ermöglichen, wird explizit auf Detailanforderungen verzichtet. Wie es »schlechte« klassische Beteiligungsverfahren geben mag, müssen ebenso auch »schlechte« elektronische Verfahren hingenommen werden, sofern sie ansonsten den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Gewisse Grundstandards können durch freiwillige Gestaltungsempfehlungen961 und auch gemeinsam betriebene Gestaltungsplattformen962 erreicht werden. Soweit auch die Eröffnung eines Zugangs zur Abgabe der Stellungnahmen nicht detailgenau geregelt wird – und aufgrund der Anforderungen des BauGB an die Stellungnahmen auch nicht restriktiv geregelt werden muss –, können die Planungsträger ohne größeren Aufwand einen elektronischen Zugang schaffen.963 Da es auch möglich ist, den Zugang, mit entsprechendem Hinweis, ausschließlich für die Stellungnahmen des Bauleitplanverfahrens zu eröffnen, können soweit strenge Anforderungen – etwa nach SigG oder EGVP – unberücksichtigt gelassen werden. Anzuraten bleibt jedoch eine oder mehrere spezifisch formatbezogene maschinenlesbare Form beziehungsweise Formen964 zu fordern oder überwiegend Onlineformulare einzusetzen, um Kompatibilitätsprobleme zu vermeiden. Insbesondere wird auf Vorgaben hinsichtlich der Form der zulässigen Stellungnahmen und somit auch der Zugangseröffnung absichtlich verzichtet. Auch wenn eine möglichst unkomplizierte Beteiligung, beispielsweise in Form von einfacher E-Mail, grundsätzlich wünschenswert ist, kann es durchaus sachliche Gründe geben, beispielsweise nur Stellungnahmen über ein Onlineformular oder nach vorhergehender Registrierung zuzulassen. Vorrangiges Ziel ist es, die internetbasierte Beteiligung zu stärken, ohne zugleich den Handlungsspielraum der Planungsträger unnötig einzuschränken. 959 960 961 962 963 964

Siehe dazu S. 139 ff. Vertiefend dazu S. 90 ff. Vgl. dazu S. 140 ff. Siehe etwa »Bauleitplanung Online-Beteiligung« für Schleswig-Holstein (BOB-SH), S. 124. Siehe dazu S. 92 f. Vgl. dazu S. 156 ff. und S. 205 ff.

232

Fazit, Ausblick und Empfehlungen

Die bislang bestehende Ausgestaltungsfreiheit hinsichtlich des konkreten Beteiligungsvorganges soll erhalten bleiben. Auch ist eine möglichst offene Formulierung zu wählen, um technische Weiterentwicklungen und Nutzungsformen wie beispielsweise die De-Mail oder eine Authentifizierung mit dem neuen Personalausweis nicht auszuschließen beziehungsweise nicht einen Wettlauf zwischen Gesetzeswortlaut und Nutzungsverhalten im Internet zu eröffnen. § 4a Abs. 4 S. 3 1. und 2. HS BauGB stellt klar, dass die Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange grundsätzlich über elektronische Kommunikationskanäle erfolgt, da hier überwiegend erwartet werden kann, dass die notwendige Infrastruktur vorhanden ist und auch nur bei überwiegender Nutzung der elektronischen Form für diesen Bereich der Beteiligung mit der Einsparung von Ressourcen, vor allem in Form von Druck- und Transportkosten, zu rechnen ist. Ausnahmsweise bleibt die klassische papiergebundene Beteiligungsform zulässig, wenn der Beteiligungsempfänger keinen Zugang für eine elektronische Kommunikation eröffnet hat und/oder seine Stellungnahme nicht in elektronischer Form abgeben kann. § 4a Abs. 4 S. 3 3. HS BauGB stellt mit einem Verweis auf § 4 Abs. 2 Satz 2 BauGB klar, dass eine Fristverlängerung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gewährt werden kann. Sollte die Beteiligung im Einzelfall nicht in elektronischer Form möglich sein, sollte darauf hingewiesen werden, die schriftliche Stellungnahme möglichst in maschinenlesbarer Form abzugeben, das heißt, dass diese ohne Probleme digitalisiert werden kann. Die negativen Folgen eines sogenannten Medienbruches können somit zumindest reduziert werden, wenn die Stellungnahmen zur Sichtung und Auswertung halbautomatisch digitalisiert werden können.965 Nach § 4a Abs. 4 S. 4 BauGB ist der Zugang einer Stellungnahme auf elektronischem Wege durch den empfangenden Planungsträger zu bestätigen, da je nach gewählter Kommunikationsform und Ausgestaltung – vor allem bei einfacher E-Mail – Übermittlungsdefizite nicht ganz ausgeschlossen werden können. Einem erhöhten Sicherheitsbedürfnis bei elektronischer Übermittlung wird somit, auch im Hinblick auf eine spätere Nichtberücksichtigung bei der Beschlussfassung nach § 4a Abs. 6 S. 2 BauGB oder einer möglichen Normenkontrolle nach § 47 VwGO, Rechnung getragen.966

965 Siehe dazu S. 153 f. 966 Vertiefend dazu S. 177 f.

Übertragbarkeit auf andere Rechtsgebiete

E.

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Übertragbarkeit auf andere Rechtsgebiete

Auch wenn diese Abhandlung sich auf die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung in der Bauleitplanung nach § 3 und § 4 BauGB bezieht, können einzelne Essenzen grundsätzlich auch auf andere Verfahren mit Beteiligungspflichten übertragen werden. So finden sich auch in der Regional- und anderer Raumordnungsplanung, in Planfeststellungsverfahren sowie in anderen fachgesetzlichen Genehmigungsverfahren gesetzlich vorgeschriebene Beteiligungsprozesse. Zu nennen sind beispielsweise die Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 10 Abs. 1 Raumordnungsgesetz (ROG), § 17a Fernstraßengesetz (FStrG), § 18a Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) oder § 47 Abs. 5a Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG), § 83 Abs. 4 S. 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) sowie § 73 VwVfG. Zum Großteil ähneln sich die Rahmenbedingungen, so dass vorgestellte Werkzeuge beziehungsweise Anwendungen und Konzepte auch in diesen Verfahren zur internetgestützten Einbeziehung der Bürger und anderer Beteiligter genutzt werden könnten. Waren anfangs beispielsweise den Fachplanungsgesetzen Partizipationsvorschriften fremd und wurden diese eher abgelehnt, da unter anderem befürchtet wurde, die Bürger könnten nur in Form einer Abwehrhaltung gegen Vorhaben wie den Autobahn- oder Kläranlagenbau vorgehen,967 sind sie heute fester Bestandteil des Planungsprozesses. Zumeist fehlt nur ein der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung entsprechendes informelles Regime. Insbesondere bei sehr komplexen und umfangreichen Verfahren können sich erhebliche Vorteile ergeben.968 Zuletzt war beabsichtigt, die Planfeststellung nach den §§ 72 ff. VwVfG dahingehend zu reformieren, Beteiligungsverpflichtungen zu reduzieren, um eine Beschleunigung zu erreichen.969 So sollte unter anderem die Durchführung eines Erörterungstermins in das Ermessen der Behörde gestellt werden.970 Unter anderem durch die öffentlichen Proteste gegen das Großvorhaben »Stuttgart 21« und durch die Forderungen einer gegensätzlich stärkeren Einbeziehung der Öffentlichkeit in dem Zusammenhang, scheint die Politik diesbezüglich wieder umzudenken. Soweit, anders als in der Öffentlichkeitsbeteiligung nach den §§ 3 ff. BauGB, 967 Etwa Battis, S. 270 f. 968 Siehe zur regionalen Flächennutzungsplanung S. 122 f. 969 Vgl. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU, FDP zur 17. Legislaturperiode, Wachstum. Bildung. Zusammenhalt., S. 36 (Im Internet abrufbar : http://www.cdu.de/doc/pdfc/ 091026-koalitionsvertrag-cducsu-fdp.pdf, besucht 27. 06. 2011); In Anlehnung an Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben, BGBl. I 2006, S. 2833 ff. 970 Guckelberger, NuR 2010, S. 835 (842).

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Fazit, Ausblick und Empfehlungen

gesetzliche Schriftformerfordernisse gelten, wie etwa im Planfeststellungrecht nach § 73 Abs. 4 VwVfG, ergeben sich grundlegende zu beachtende Besonderheiten. Einfache elektronische Stellungnahmen erfüllen nicht die Schriftform971, dieses ist nur solchen mit qualifizierter Signatur nach § 3a VwVfG vorbehalten, und wirken somit vor allem nicht wahrend hinsichtlich der Präklusionsfrist.972 Sie wären grundsätzlich unbeachtlich. Sollen somit auch abseits der Bauleitplanung elektronische Beteiligungsformen genutzt werden, bedarf es einer grundlegenderen Gesetzesreform. Ein Detailvorschlag soll hier nicht unterbreitet werden, anzumerken ist jedoch, dass das Präklusionsregime des Planfeststellungsrechts schon durch das Schriftformerfordernis nach § 73 Abs. 4 VwVfG wesentlich strikter ist als das der §§ 3 ff. BauGB, womit sich Beweisproblematiken hinsichtlich der rechtskonformen Geltendmachung von Einwendungen noch stärker auswirken können. So könnte ein Entfallen des Schriftformerfordernisses hinsichtlich der Planungssicherheit und der Planerhaltung negative Folgen haben. Es bedürfte somit neben einer notwendigen Gesetzesänderung auch in der Planfeststellung geeigneter und darüber hinaus vermutlich auch strengerer Vorgaben hinsichtlich der Durchführung von elektronischen Beteiligungen.973 Erwähnenswert ist auch die noch relativ neue frühzeitige und dreistufige Beteiligungsausgestaltung zu den gewässerbezogenen Bewirtschaftungsplänen nach § 83 WHG. Abweichend vom üblichen Planfeststellungsrecht, mit einer einmaligen punktuellen Beteiligung, bietet sich diesbezüglich wiederholt die Möglichkeit bis zum Zeitpunkt der Planverabschiedung. Auch ist bei jeder Aktualisierung eine wiederholte Beteiligung vorgesehen, so dass eine kontinuierliche Beteiligung, wie nach der Wasserrahmenrichtlinie974 intendiert, stattfindet.975 Darüber hinaus sei eine aktive Beteiligung bei Aufstellung der Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne nach § 85 WHG durch die Planungsträger zu fördern, die sich damit nicht nur begrifflich von der klassischen Öffentlichkeitsbeteiligung, etwa bei der baurechtlichen Beteiligung, unterscheiden würde.976 Abgezielt würde somit auf eine reaktive Beteiligung von Anfang an und in kooperativeren Formen als bei Beteiligungsvorgängen mit

971 972 973 974

Siehe dazu auch S. 87 ff. Siehe dazu BVerwG, Beschl. v. 17.06.2011 - 7 B 79/10 -, ZNER 2011, 460. Vgl. zur Präklusion in der Bauleitplanung S. 177 f. Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 23. 10. 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik, ABl. EG L 327 v. 22. 12. 2000, S. 1 ff. zuletzt geändert durch Richtlinie 2009/ 31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 23. 04. 2009, Abl. EU L 140 v. 05. 06. 2009, S. 114. 975 Vertiefend Guckelberger, NuR 2010, S. 835 (839). 976 Guckelberger, NuR 2010, S. 835 (839 f.).

Übertragbarkeit auf andere Rechtsgebiete

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ausschließlicher Möglichkeit zur Stellungnahme schon weitgehend abgeschlossener Planung. Entsprechend heißt es in der Richtlinie »[…] wichtig [für den Erfolg der Richtlinie] sind jedoch Information, Konsultation und Einbeziehung der Öffentlichkeit, einschließlich der Nutzer«.977 Und: »Um eine Beteiligung der breiten Öffentlichkeit, […] an der Erstellung und Aktualisierung der Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete sicherzustellen, ist es nötig, über geplante Maßnahmen in geeigneter Weise zu informieren und über deren Fortschreiten zu berichten, damit die Öffentlichkeit einbezogen werden kann, ehe endgültige Entscheidungen über die nötigen Maßnahmen getroffen werden«.978 Für das deutsche Fachplanungsrecht ein Novum. Der frühzeitigen und nachhaltigen Einbeziehung der Öffentlichkeit wird somit ein hoher Stellenwert eingeräumt. Entsprechende Trends zeigen sich derzeit im gesamten europäischen Umweltrecht.979 Wie auch bei der Öffentlichkeitsbeteiligung in der Bauleitplanung würde eine aktivere und frühzeitigere Einbeziehung der Öffentlichkeit im Bereich des Wasserrechts zu mehr Transparenz, verstärkter Teilnahme und auch mehr gegenseitiger Akzeptanz führen.980 Daraus direkte Ableitungen oder Forderungen an die Beteiligungsverfahren der Bauleitplanung zu knüpfen, ist noch nicht möglich, eine gewisse europarechtliche Entwicklungstendenz, hin zu einer stärkeren Einbeziehung der Öffentlichkeit, wird jedoch aufgezeigt. Entsprechende Bestrebungen sind auch auf weiteren Rechtsgebieten zu erwarten und können mit einer stärkeren Nutzung elektronischer Informationstechnologien einhergehen. Dem Gesetzgeber ist folglich zu raten, die Verwaltungsmodernisierung insbesondere hinsichtlich der Beteiligungsverfahren weiter voranzutreiben und in diesem Sinne »bürger-« beziehungsweise »nutzerfreundlicher«, unter Berücksichtigung der technologischen Möglichkeiten, zu gestalten.

977 Richtlinie 2000/60/EG, ABl. EG L 327 v. 22. 12. 2000, S. 4. 978 Richtlinie 2000/60/EG, ABl. EG L 327 v. 22. 12. 2000, S. 8; vgl. dazu auch Art. 14 d. Richtlinie, S. 23. 979 Dazu auch Guckelberger, NuR 2010, S. 835 (837 f.). 980 Guckelberger, NuR 2010, S. 835 (840).

Thesen in Kurzform

Die internetgestützte Partizipation sollte gefördert werden. Insbesondere im Bereich der Bauleitplanung bietet sie sich als geeignetes und zusätzliches gewinnbringendes Instrument neben der klassischen Öffentlichkeitsbeteiligung an; dies umso mehr, je größer und konfliktträchtiger eine Planung ist.981 Vorteilhaft kann dabei auch eine frühzeitige elektronische Beteiligung sein.982 Technische oder rechtliche Hürden für die Nutzung elektronischer Informationstechnologien auf dem Gebiet der Bauleitplanung sind grundsätzlich nicht mehr existent.983 Allenfalls Organisations- und/oder Finanzierungsdefizite hindern die stärkere Nutzung.984 Für den Bereich der Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange sind schon heute grundsätzlich alle Voraussetzungen gegeben, eine ausschließlich elektronische Beteiligung durchzuführen.985 Hier bieten sich tatsächlich realisierbare Sparpotenziale vor allem bezogen auf die fast vollständig entfallenden Druck- und Versandkosten der Planungsunterlagen.986 Die technischen und organisatorischen Voraussetzungen für internetgestützte Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligungen sollten dauerhaft in die Planungsabläufe und den Ämtern integriert werden, so dass sie jederzeit genutzt werden können – eine Standardisierung der notwendigen Software und eine Modularisierung können dies ermöglichen.987 981 982 983 984 985 986 987

Zusammenfassend S. 225 ff. Vgl. S. 149. Siehe dazu S. 87 ff. Vgl. S. 205 ff., 207 ff. Siehe nur S. 116 ff., 212 ff. Vgl. etwa S. 153 f., 207 ff. Siehe dazu etwa S. 164 ff., 205 f.

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Thesen in Kurzform

Die Partizipation allein stellt in modernen Demokratien häufig keinen Wert an sich mehr dar, da Mitmachen und Mitentscheiden nicht als Privileg oder verpflichtende Aufgabe gesehen werden, sondern als zusätzliche Belastung, die in einer Kosten-/Nutzen-Analyse abgewogen wird. Neben dem reinen Verfahrensablauf muss den potenziellen Beteiligten somit auch der Nutzen kommuniziert werden: Voraussetzung für ein erfolgreiches Beteiligungsverfahren ist somit Glaubwürdigkeit und wahrscheinlicher Nutzen aus Sicht der Bürger sowie ein nutzengenerierendes Verfahren aus Sicht der Verwaltung.988 Ein Entweder-Oder von Offline- beziehungsweise Online-Verfahren hat wenig Aussicht auf Erfolg, da heutzutage die Reichweite ausschließlicher Online-Beteiligungen noch zu gering wäre und tatsächliche Vorstellungs- und Diskussionsveranstaltungen einige qualitative Aspekte beinhalten, die online nur schlecht darstellbar sind. Im Rahmen einer notwendigen Gesamtstrategie sollte eine gegenseitige Ergänzung (sogenannte Multi-Channel-Strategie) angestrebt werden. Verbindungen zwischen klassischer und onlinegestützter Beteiligung sind folglich zu schaffen, wie auch eine Verzahnung in zeitlicher Sicht vorzusehen ist.989 Um eine Einbindung möglichst vieler Bevölkerungsgruppen zu garantieren und die sogenannte »digitale Spaltung« der Gesellschaft zu überwinden, bedarf es auch immer einer ausgeprägten Öffentlichkeitsarbeit unter Einbeziehung klassischer Medien und Beteiligungsformen.990 Gemeinsame Standards in Hinsicht auf Softwareanwendungen und Verfahren sollten vereinbart werden, um die Verwendung zu vereinfachen und Schnittstellenprobleme bezogen auf den Datenaustausch zu vermeiden.991 Die Planungsabläufe und bereitgestellten Informationen müssen verständlich und transparent sein. Die Beteiligungsangebote sollten nicht unnötig kompliziert gestaltet werden. In diesem Sinne sollte die Benutzerfreundlichkeit auch gegenüber Sicherheitsaspekten bezüglich der Authentifizierung der Teilnehmer Vorrang haben.992 Durch die Nutzung der internetgestützten Öffentlichkeitsbeteiligung wird die Tatsachengrundlage für die Abwägungsentscheidungen nach § 1 Abs. 7 BauGB 988 989 990 991 992

Vgl. etwa S. 187 ff.; 194 ff. Siehe dazu nur S. 129 ff., 146 ff., 197 f. Dazu etwa S. 146 ff., 197 f. Vgl. dazu S. 153 ff., 204 ff. Siehe dazu S. 187 ff., 201 ff.

Thesen in Kurzform

239

erweitert. Im Idealfall werden zugleich ein breiterer Konsens und eine gesteigerte Legitimation sowie eine mögliche höhere Rechtssicherheit erreicht, wenn es gelingt, eine möglichst große Öffentlichkeit tatsächlich in den Planungsvorgang einzubeziehen. Insbesondere bietet die internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligung als Ergänzung zur klassischen Form die Chance, ansonsten unterrepräsentierte Bevölkerungsgruppen zu erreichen.993 Auch kleinere Planungsträger können erfolgreich internetgestützte Öffentlichkeitsbeteiligungen durchführen. Insbesondere soweit für die technischen Voraussetzungen auf externe oder mit anderen Planungsträgern gemeinsam betriebene Internetplattformen zurückgegriffen wird, lassen sich Investitions- und Vorhaltekosten reduzieren sowie notwendiges Knowhow einfacher austauschen.994 Der Ausbau des E-Governments allgemein und im Speziellen auch bezüglich der internetgestützten Bauleitplanung verspricht insgesamt eine weniger belastende, schnellere und effizientere Vorgangsabwicklung für den Bürger, für sonstige Dritte als auch für die Verwaltung selbst. Vor allem anfangs erhoffte Kosteneinsparungen werden jedoch zumindest so lange, wie ein Großteil des Beteiligungsverfahrens weiterhin auch in klassischer Form parallel durchgeführt werden muss, allenfalls hinsichtlich der Behördenbeteiligung eintreten.995 Auf längere Sicht kann vermutet werden, dass internetgestützte Informationsund auch Beteiligungsangebote auf dem Gebiet der Bauleitplanung nicht mehr nur fakultativ angeboten werden können, sondern daraus auch eine Verpflichtung für die Gemeinden wird.996 Die Entwicklung von E-Governmentangeboten wird – die Bauleitplanung ist dafür prädestiniert – zukünftig einen noch größeren Stellenwert einnehmen, da sowohl die gesellschaftliche Entwicklung und Nachfrage als auch aufgrund verwaltungsinterner Modernisierungsbestrebungen mehr und mehr die notwendigen Voraussetzungen dafür vorliegen.997

993 994 995 996 997

Dazu etwa S. 68 ff., 167 f. Siehe dazu u. a. S. 119 ff., 207 ff. Siehe dazu etwa S. 203 ff. Vgl. dazu S. 59 ff., 212 ff. Dazu etwa S. 220 ff.

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Soweit Internetseiten als Verweisquelle aufgeführt werden, bezieht sich das angegebene Datum auf den letzten erfolgreichen Aufruf der Seite. Es bleibt darauf hinzuweisen, dass sich Internetadressen und -inhalte kurzfristig ändern können. Verwendete Abkürzungen richten sich, sofern nicht anders angegeben, nach: Kirchner, Hildebert / Pannier, Dietrich, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 6. Auflage, Berlin 2008

Anlage: Synopse Gesetzgebungsvorschlag BauGB

Aktuelle Gesetzeslage1 § 3 Beteiligung der Öffentlichkeit:

Gesetzgebungsvorschlag § 3 Beteiligung der Öffentlichkeit:

(1) Die Öffentlichkeit ist möglichst früh- (1) [unverändert] zeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffentlich zu unterrichten; ihr ist Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben. Von der Unterrichtung und Erörterung kann abgesehen werden, wenn 1. ein Bebauungsplan aufgestellt oder aufgehoben wird und sich dies auf das Plangebiet und die Nachbargebiete nicht oder nur unwesentlich auswirkt oder 2. die Unterrichtung und Erörterung bereits zuvor auf anderer Grundlage erfolgt sind. An die Unterrichtung und Erörterung schließt sich das Verfahren nach Absatz 2 auch an, wenn die Erörterung zu einer Änderung der Planung führt.

1 BauGB neugefasst d. Bekanntmachung v. 23. 09. 2004, BGBl. I 2004, S. 2414 ff., zuletzt geändert d. Art. 4 des Gesetzes v. 12. 04. 2011, BGBl. I 2011, S. 619 ff.

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Anlage: Synopse Gesetzgebungsvorschlag BauGB

Fortsetzung Aktuelle Gesetzeslage1 (2) Die Entwürfe der Bauleitpläne sind mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen. Ort und Dauer der Auslegung sowie Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, sind mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen; dabei ist darauf hinzuweisen, dass Stellungnahmen während der Auslegungsfrist abgegeben werden können, dass nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Bauleitplan unberücksichtigt bleiben können und, bei Aufstellung eines Bebauungsplans, dass ein Antrag nach § 47 der Verwaltungsgerichtsordnung unzulässig ist, soweit mit ihm Einwendungen geltend gemacht werden, die vom Antragsteller im Rahmen der Auslegung nicht oder verspätet geltend gemacht wurden, aber hätten geltend gemacht werden können. Die nach § 4 Abs. 2 Beteiligten sollen von der Auslegung benachrichtigt werden. Die fristgemäß abgegebenen Stellungnahmen sind zu prüfen; das Ergebnis ist mitzuteilen. Haben mehr als 50 Personen Stellungnahmen mit im Wesentlichen gleichem Inhalt abgegeben, kann die Mitteilung dadurch ersetzt werden, dass diesen Personen die Einsicht in das Ergebnis ermöglicht wird; die Stelle, bei der das Ergebnis der Prüfung während der Dienststunden eingesehen werden kann, ist ortsüblich bekannt zu machen. Bei der Vorlage der Bauleitpläne nach § 6 oder § 10 Abs. 2 sind die nicht berücksichtigten Stellungnahmen mit einer Stellungnahme der Gemeinde beizufügen.

Gesetzgebungsvorschlag (2) Die Entwürfe der Bauleitpläne sind mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen. Ort und Dauer der Auslegung sowie Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, sind mindestens eine Woche vorher ortsüblich und im Internet bekannt zu machen; dabei ist darauf hinzuweisen, dass Stellungnahmen während der Auslegungsfrist abgegeben werden können, dass nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Bauleitplan unberücksichtigt bleiben können und, bei Aufstellung eines Bebauungsplans, dass ein Antrag nach § 47 der Verwaltungsgerichtsordnung unzulässig ist, soweit mit ihm Einwendungen geltend gemacht werden, die vom Antragsteller im Rahmen der Auslegung nicht oder verspätet geltend gemacht wurden, aber hätten geltend gemacht werden können. [im Folgenden unverändert]

Anlage: Synopse Gesetzgebungsvorschlag BauGB

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Fortsetzung Aktuelle Gesetzeslage1 § 4a Gemeinsame Vorschriften zur Beteiligung:

Gesetzgebungsvorschlag § 4a Gemeinsame Vorschriften zur Beteiligung:

(1) Die Vorschriften über die Öffentlich- (1) [unverändert] keits- und Behördenbeteiligung dienen insbesondere der vollständigen Ermittlung und zutreffenden Bewertung der von der Planung berührten Belange. (2) Die Unterrichtung nach § 3 Abs. 1 kann (2) [unverändert] gleichzeitig mit der Unterrichtung nach § 4 Abs. 1, die Auslegung nach § 3 Abs. 2 kann gleichzeitig mit der Einholung der Stellungnahmen nach § 4 Abs. 2 durchgeführt werden. (3) Wird der Entwurf des Bauleitplans nach (3) [unverändert] dem Verfahren nach § 3 Abs. 2 oder § 4 Abs. 2 geändert oder ergänzt, ist er erneut auszulegen und sind die Stellungnahmen erneut einzuholen. Dabei kann bestimmt werden, dass Stellungnahmen nur zu den geänderten oder ergänzten Teilen abgegeben werden können; hierauf ist in der erneuten Bekanntmachung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 hinzuweisen. Die Dauer der Auslegung und die Frist zur Stellungnahme kann angemessen verkürzt werden. Werden durch die Änderung oder Ergänzung des Entwurfs des Bauleitplans die Grundzüge der Planung nicht berührt, kann die Einholung der Stellungnahmen auf die von der Änderung oder Ergänzung betroffene Öffentlichkeit sowie die berührten Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange beschränkt werden.

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Anlage: Synopse Gesetzgebungsvorschlag BauGB

Fortsetzung Aktuelle Gesetzeslage1 (4) Bei der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung können ergänzend elektronische Informationstechnologien genutzt werden. Soweit die Gemeinde den Entwurf des Bauleitplans und die Begründung in das Internet einstellt, können die Stellungnahmen der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange durch Mitteilung von Ort und Dauer der öffentlichen Auslegung nach § 3 Abs. 2 und der Internetadresse eingeholt werden; die Mitteilung kann im Wege der elektronischen Kommunikation erfolgen, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet hat. Die Gemeinde hat bei Anwendung von Satz 2 Halbsatz 1 der Behörde oder dem sonstigen Träger öffentlicher Belange auf dessen Verlangen einen Entwurf des Bauleitplans und der Begründung zu übermitteln; § 4 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Gesetzgebungsvorschlag (4) Bei der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung sind ergänzend elektronische Informationstechnologien zu nutzen. Die Gemeinde stellt dazu den Entwurf des Bauleitplans, die Begründung und bereits vorliegende umwelt-bezogene Stellungnahmen in das Internet ein und eröffnet einen Zugang für die Abgabe von Stellungnahmen auf elektronischem Wege. Die Stellungnahmen der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange sind grundsätzlich durch Mitteilung von Ort und Dauer der öffentlichen Auslegung nach § 3 Abs. 2 und der Internetadresse im Wege der elektronischen Kommunikation einzuholen und abzugeben; soweit der Empfänger keinen Zugang hierfür eröffnet oder der Sender keine Möglichkeit dazu hat, erfolgt die Übermittlung von dem Entwurf des Bauleitplans, der Begründung und der Stellungnahme auf anderem Wege; § 4 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt. Der Zugang einer Stellungnahme auf elektronischem Wege ist durch den Empfänger zu bestätigen.

Anlage: Synopse Gesetzgebungsvorschlag BauGB

Fortsetzung Aktuelle Gesetzeslage1 Gesetzgebungsvorschlag (5) Bei Bauleitplänen, die erhebliche Aus- (5) [unverändert] wirkungen auf Nachbarstaaten haben können, sind die Gemeinden und Behörden des Nachbarstaates nach den Grundsätzen der Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit zu unterrichten. Abweichend von Satz 1 ist bei Bauleitplänen, die erhebliche Umweltauswirkungen auf einen anderen Staat haben können, dieser nach den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung zu beteiligen; für die Stellungnahmen der Öffentlichkeit und Behörden des anderen Staates, einschließlich der Rechtsfolgen nicht rechtzeitig abgegebener Stellungnahmen, sind abweichend von den Vorschriften des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung die Vorschriften dieses Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Ist bei Bauleitplänen eine grenzüberschreitende Beteiligung nach Satz 2 erforderlich, ist hierauf bei der Bekanntmachung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 hinzuweisen. (6) Stellungnahmen, die im Verfahren der (6) [unverändert] Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nicht rechtzeitig abgegeben worden sind, können bei der Beschlussfassung über den Bauleitplan unberücksichtigt bleiben, sofern die Gemeinde deren Inhalt nicht kannte und nicht hätte kennen müssen und deren Inhalt für die Rechtmäßigkeit des Bauleitplans nicht von Bedeutung ist. Satz 1 gilt für in der Öffentlichkeitsbeteiligung abgegebene Stellungnahmen nur, wenn darauf in der Bekanntmachung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 zur Öffentlichkeitsbeteiligung hingewiesen worden ist.

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Planungsrecht herausgegeben von Bernhard Stüer Band 10: Anke Sailer Bauplanungsrecht und Monitoring Die Umsetzung der Plan-UP-Richtlinie in das deutsche Recht 2006, 243 Seiten, kartoniert ISBN 978-3-89971-291-9 Band 11: Claudia-Maria Wirth Neuordnung der Mittelinstanz – Verwaltungsreform in Niedersachsen mit Modellcharakter? 2006, 218 Seiten, kartoniert ISBN 978-3-89971-341-1 Band 12: Tomke Frauke Weers-Hermanns Planerische Steuerung des Einzelhandels aus kommunaler und regionaler Sicht 2007, 334 Seiten, kartoniert ISBN 978-3-89971-346-6 Band 13: Holger Zoubek Moderne Finanzierungsstrategien im Gefüge kommunaler Finanzverfassungen Beispiele – Gesetzgebungsvorschläge 2011, 367 Seiten, kartoniert ISBN 978-3-89971-830-0 Band 14: Christof Austermann Brachflächenreaktivierung als Instrument der Stadterhaltung und nachhaltiger Innenentwicklung 2011, 276 Seiten, kartoniert ISBN 978-3-89971-905-5 Band 15: Benjamin Klein Kommunale Kooperationen zwischen innerstaatlichem Organisationsakt und Markt 2012, 277 Seiten, kartoniert ISBN 978-3-89971-925-3

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