Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht: Regelungsziele, Anwendungsprobleme und Reformansätze, dargestellt am Beispiel des deutschen und des englischen Rechts [1 ed.] 9783428517671, 9783428117673

Bankeninsolvenzen haben in Deutschland immer wieder gesetzgeberische Reaktionen ausgelöst. Eigenmittelstandards sowie di

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Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht: Regelungsziele, Anwendungsprobleme und Reformansätze, dargestellt am Beispiel des deutschen und des englischen Rechts [1 ed.]
 9783428517671, 9783428117673

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Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Herausgegeben von Mathias Habersack, Peter O. Mülbert und Uwe H. Schneider

Band 166

Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichtsund Insolvenzrecht Von

Jens-Hinrich Binder

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

JENS-HINRICH BINDER

Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht

Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Schriften des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Herausgegeben von

Prof. Dr. Mathias Habersack, Prof. Dr. Peter O. Mülbert und Prof. Dr. Uwe H. Schneider

Band 166

Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichtsund Insolvenzrecht Regelungsziele, Anwendungsprobleme und Reformansätze, dargestellt am Beispiel des deutschen und des englischen Rechts

Von

Jens-Hinrich Binder

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. hat diese Arbeit im Jahre 2003 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

D 25 Alle Rechte vorbehalten # 2005 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7352 ISBN 3-428-11767-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Geleitwort Die Insolvenz von Banken war lange Jahrzehnte in Deutschland kein sehr gefragtes wissenschaftliches Thema. Erfreulicherweise waren Bankinsolvenzen mit Gewicht die große Ausnahme, sodass die Beschäftigung mit der Bankinsolvenz sich nur allzu leicht dem Vorwurf der Realitätsferne auszusetzen schien. Inzwischen aber ist die Bankinsolvenz zu einem durchaus aktuellen Thema geworden, wie dies die Liquidationsrichtlinie der Europäischen Union deutlich macht. Der Grund dafür liegt letztlich in der Europäisierung und Globalisierung der Finanzmärkte. Die Verflechtung der nationalen Märkte macht ein Übergreifen von Schwächeerscheinungen in anderen Ländern wahrscheinlicher, die Risikobereitschaft der deutschen und europäischen Banken ist – oft notgedrungen – gewachsen. Beim Rating von Wertpapieren und Finanzprodukten spielt die Insolvenzfestigkeit von Kapitalanlagen oder Deckungsmassen eine herausragende Rolle. All dies hat dazu geführt, dass die wissenschaftliche Befassung mit der Bankinsolvenz mehr und mehr einer Frage wirtschaftlichen Gewichts gilt. Im Bankinsolvenzrecht stehen sich weltweit und in Europa stark regulatorische und eher deregulierte Modelle der Krisenbewältigung gegenüber. Der Vergleich zwischen dem deutschen und englischen Modell, wie ihn Jens-Hinrich Binder in das Zentrum seiner Arbeit stellt, trägt dieser Gegensätzlichkeit der Regelungsmuster Rechnung und verspricht gerade deshalb vorzüglichen Ertrag für die gesamteuropäische und deutsche Diskussion. Freiburg, Januar 2005

Rolf Stürner

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist im Wintersemester 2003/04 von der Juristischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg als Dissertation angenommen worden. Sie ist im Frühjahr 2004 mit dem Haarmann-Hemmelrath-Förderpreis des Vereins der Freunde der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg ausgezeichnet worden. Die damit verbundene finanzielle Zuwendung, für die auch hier herzlich gedankt sei, hat die Drucklegung dieser Arbeit ermöglicht. Änderungen der Rechtslage sowie die wichtigste neuere Literatur sind bis zum Sommer 2004 berücksichtigt worden. Die grundlegende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Staatshaftung für fehlsame Bankenaufsicht (EuGH, Urt. v. 12. Oktober 2004, Rs. C-222/02 – Paul u. a. ./. Deutschland, vgl. im einzelnen § 15 der Arbeit) konnte daher leider keine Berücksichtigung mehr finden (siehe hierzu u. a. Binder, GPR 2005, 28 ff.), ebenso das abschließende Urteil des III. Zivilsenats in dieser Sache (Urt. vom 20.1.2005 – III ZR 48/01, hierzu Binder, WM 2005, im Erscheinen). Dem Verfasser ist während der Dauer der Forschungsarbeit überaus großzügige Hilfe seitens des Graduiertenkollegs „Internationalisierung des Privatrechts“ an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (März bis September 2000), der ZEIT-Stiftung Gerd und Ebelin Bucerius/Studienstiftung (Förderung des Auslandsaufenthalts) und der Studienstiftung des Deutschen Volkes (Oktober 2001 bis September 2002) gewährt worden. Auch und im besonderen für diese Unterstützung, die das Forschungsvorhaben erst ermöglicht hat, sei hier herzlich gedankt. Wie es anders nicht sein kann und sein sollte, verdankt die Arbeit vielen vieles. Nicht alle, die Ideen vermittelten, Kritik übten und zur Selbstkontrolle anregten, können hier genannt werden. Die nachfolgend Erwähnten sind in diesem Sinne Stellvertreter. Dank gilt zunächst meinem hochverehrten Doktorvater, Herrn Professor Dr. Rolf Stürner, für die Betreuung der Arbeit und die vielfältigen Anregungen, die ich während meiner Zeit als Wissenschaftlicher Angestellter an seinem Institut erfahren durfte. Und Dank gilt Herrn Dr. Christos Hadjiemmanuil, Senior Lecturer in Law an der London School of Economics und derzeit Geschäftsführer der Greek Hellenic Olympic Properties SA, dessen Betreuung während des einjährigen Auslandsaufenthalts einen entscheidenden Anteil an der Entstehung der Arbeit trägt. Herrn Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., bin ich für die

8

Vorwort

außerordentlich rasche Erstellung des Zweitgutachtens sehr verbunden. Den Herren Professoren Mathias Habersack, Peter O. Mülbert und Uwe H. Schneider gilt Dank für die Aufnahme in die Schriftenreihe. Meinem Chef während zweier Jahre als Hilfskraft am Institut für Ausländisches und Internationales Privatrecht, Abt. I, der Universität Freiburg, Herrn Professor em. Dr. Dres. h.c. Peter Schlechtriem, verdanke ich die Unterstützung durch diverse Gutachten ebenso wie die Einführung in das Handwerkszeug der Rechtsvergleichung. Meinem früheren Kollegen an diesem Institut, Herrn Professor Dr. Martin Schmidt-Kessel, danke ich für die kritische Durchsicht von Teilen des Manuskripts und wertvolle Anregungen hinsichtlich Inhalt und Stil der Ausführungen während der gesamten Bearbeitungszeit. Im Verlauf des Jahres 2002 konnte ich an der Vorbereitung einer Reihe von Konferenzen im Rahmen der „Bank Insolvency Initiative“ der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds durch die Erstellung von Länderberichten und Problemübersichten sowie an den Entwürfen der „Bank Insolvency Principles“ im Rahmen dieser Initiative mitwirken, was eine willkommene Möglichkeit bot, die vorläufigen Arbeitsergebnisse der kritischen Diskussion in internationaler Atmosphäre auszusetzen. Dafür wie allgemein für die herzliche Aufnahme in einer gänzlich anderen Wissenschaftswelt danke ich Herrn Professor Joseph J. Norton, University of London und Dedman School of Law, Southern Methodist University, Dallas/ Texas, stellvertretend für alle Mitglieder der International Financial Law Unit am Centre for Commercial Law Studies, Queen Mary and Westfield College, University of London. Für die abschließende Durchsicht des Manuskripts schließlich gilt Dank Frau Victoria Marini, Frau Anna Gruchol und Herrn Georgios Filioussis; ferner haben sich Frau Dr. Chryssa Papathanassiou, LL.M., und Herr Priv.-Doz. RA Dr. Andreas Piekenbrock in der Schlußphase der Mühe unterzogen, einzelne Teile kritisch zu lesen und sehr hilfreiche Anregungen zu geben. Danken möchte ich schließlich meinen Eltern – für alles. Ihnen ist das vorliegende Buch gewidmet. Freiburg i. Br., im März 2005

Dr. Jens-Hinrich Binder, LL.M.

Inhaltsübersicht 1. Teil Grundlagen

39

§ 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Bankeninsolvenzrecht und Regulierung des Bankensektors. . . . . . . . . . . . . C. Bankeninsolvenzen und wirtschaftspolitischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . D. Zum Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands und Gang der Darstellung .

39 39 42 44 45 48

§ 2 Historische Bankenkrisen, Konsequenzen und Reaktionen. . . . . . . . . . . . . . A. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Entwicklung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Entwicklung in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Vergleichende Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51 51 52 60 70

§ 3 Krisenbewältigung im Kontext präventiver Regulierung. . . . . . . . . . . . . . . . A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Präventive Regulierung, Staatsaufsicht über das Kreditwesen und Anforderungen an den Geschäftsbetrieb. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Besondere Krisenbewältigungsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Zwischenzusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72 72 74 87 89

§ 4 Folgerungen: wirtschafts- und rechtspolitische Vorgaben für die Ausgestaltung des Bankeninsolvenzrechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 A. Die Funktion des Insolvenzrechts in der Wirtschaftsordnung als Maßstab. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 B. Untersuchungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

2. Teil Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

127

1. Abschnitt Die Eingriffsinstrumentarien

127

§ 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I: Tatbestandliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

10

Inhaltsübersicht B. Die Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 C. Die Rechtslage in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161

§ 6 Der Eintritt in die Krisenbewältigung II: Handlungsmöglichkeiten . . . . . A. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Rechtslage in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

196 196 196 261

§ 7 Rechtsvergleich und Bewertung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Rechtsvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

281 281 281 290

2. Abschnitt Auswirkungen der verfahrensförmigen Krisenbewältigung

311

§ 8 Rechtsfolgen der Verfahrenseröffnung im allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . 313 A. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 B. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 § 9 Die Auswirkungen der Verfahrenseröffnung auf den Zahlungsverkehr I: Schutz der Zahlungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die EG-Finalitätsrichtlinie und die Finanzsicherheiten-Richtlinie . . . . . C. Schutz der Zahlungssysteme nach deutschem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Schutz der Zahlungssysteme nach englischem Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . E. Zusammenfassung und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

321 321 352 365 389 403

§ 10 Die Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr II: Rechtsbeziehungen im Überweisungsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Rechtslage in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Vergleichende Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

408 408 409 426 432

§ 11 Die Auswirkungen für bestimmte Finanzmarktkontrakte: Bankeninsolvenz und vertragliche Beendigungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Vertragliche Regelungen für den Insolvenzfall im Überblick . . . . . . . . . C. Die Bewährung der vertraglichen Absprachen in der Insolvenz . . . . . . . D. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

433 433 435 444 449

§ 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen und Abwicklung im Krisenfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 B. Ziele und Funktionen und technische Grundfragen der Einlagensicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452

Inhaltsübersicht

11

C. Die EG-Richtlinie über Einlagensicherungssysteme von 1994 – Grundkonzept und Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456 D. Einlagensicherung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 E. Einlagensicherung in England. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 497 F. Vergleichende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505 § 13 Die Umsetzung der Verfahrensziele „Sanierung“ und „Liquidation“ . . . 516 A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 516 B. Sanierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517 C. Liquidation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 567 § 14 Die Rechtsstellung der Beteiligten: Rechtsschutzfragen. . . . . . . . . . . . . . . . 572 A. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 572 B. Rechtsschutz im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 C. Rechtsschutz im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578 D. Vergleichende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 582 § 15 Die Amtshaftung für fehlsame Bankenaufsicht im Gesamtgefüge der Haftungsverwirklichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583 A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583 B. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587 C. Die Amtshaftung nach nationalem Recht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 623 D. Vergleichende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663

3. Teil Sonderprobleme

674

§ 16 Die grenzüberschreitende Bankeninsolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 674 A. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 674 B. Problembeschreibung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 677 C. Der gemeinschaftsrechtliche Lösungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 683 D. Die Umsetzung der Bankeninsolvenzrichtlinie in England und Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 712 § 17 Großinsolvenzen und sektorweite Krisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 717 A. Problembeschreibung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 718 B. Fallgruppen und Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 721 C. Der institutionelle Rahmen für die Bewältigung von Großinsolvenzen. 737 § 18 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 740 A. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 740 B. Die wesentlichen Ergebnisse in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 742 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 750 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 784

Inhaltsverzeichnis 1. Teil Grundlagen

39

§ 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Bankeninsolvenzrecht und Regulierung des Bankensektors . . . . . . . . . . . . C. Bankeninsolvenzen und wirtschaftspolitischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . D. Zum Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands und Gang der Darstellung.

39 39 42 44 45 48

§ 2 Historische Bankenkrisen, Konsequenzen und Reaktionen . . . . . . . . . . . . . A. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Entwicklung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Von der Bankenfreiheit zum Reichskreditwesengesetz 1934. . . . . . . . II. Die weitere Entwicklung nach 1934 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Entwicklung in England. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Weg zum ersten Banking Act von 1979. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Entwicklung nach dem Banking Act 1979 bis heute . . . . . . . . . . D. Vergleichende Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51 51 52 52 56 60 60 66 70

§ 3 Krisenbewältigung im Kontext präventiver Regulierung . . . . . . . . . . . . . . . A. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Einfluß des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht und der Gemeinschaftsrechtssetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Präventive Regulierung, Staatsaufsicht über das Kreditwesen und Anforderungen an den Geschäftsbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Genehmigungszwang und Überwachungskompetenzen . . . . . . . . . . . . 1. Deutschland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beschränkter Marktzutritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Informationspflichten und Prüfungsbefugnisse. . . . . . . . . . . . . . 2. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beschränkter Marktzutritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Informationspflichten und Prüfungsbefugnisse. . . . . . . . . . . . . . 3. Europäisches Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Mindeststandards für den Geschäftsbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Deutschland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72 72 72 73 74 74 74 74 75 76 76 78 78 79 80

Inhaltsverzeichnis

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2. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Europäisches Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Stellenwert der Eigenmittelanforderungen im Aufsichtsrecht . b) Zur Berechnung der Eigenmittelstandards . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Konsolidierung und Beschränkung von Großkrediten. . . . . . . . C. Besondere Krisenbewältigungsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Europäisches Gemeinschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Zwischenzusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 4 Folgerungen: wirtschafts- und rechtspolitische Vorgaben für die Ausgestaltung des Bankeninsolvenzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 A. Die Funktion des Insolvenzrechts in der Wirtschaftsordnung als Maßstab. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 I. Die wirtschaftspolitische Interpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 II. Rechts- und wirtschaftspolitische Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 III. Bewertung und Konsequenzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 B. Untersuchungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 I. Die Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 II. Die Rechtfertigungsansätze im einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 1. Die Sonderstellung der Banken in der Gesamtwirtschaft . . . . . . . . 101 2. Das „Marktversagen“ im Kreditwesen – Grundannahmen, Kritik und Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 a) Unmittelbare Auswirkungen auf Kunden und Gesamtwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 b) „Systemrisiko“ – mittelbare Auswirkungen der Einzelinsolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 aa) „Runs“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 bb) „Ansteckung“ durch Forderungsausfall im Interbankengeschäft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 cc) Die „Ansteckung“ durch Zahlungssysteme als Sonderfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 c) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 aa) Kundenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 bb) Systemrisiko durch „Runs“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 cc) „Ansteckung“ im Interbankengeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 3. Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 a) Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 b) „Verfahrenslösung“ und außerordentliche Eingriffe. . . . . . . . . . 123

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2. Teil Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

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1. Abschnitt Die Eingriffsinstrumentarien § 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I: Tatbestandliche Voraussetzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einführung: System der Eingriffsbefugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Aufsichtsrechtliche Eingriffstatbestände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 45 I KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. § 46 KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gefahr für die Erfüllung von Verpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Begriff der „Verpflichtungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Begriff der „Gefahr“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Konkretisierung anhand des polizei- und ordnungsrechtlichen Gefahrenbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Anknüpfung an § 35 II Nr. 4 KWG? . . . . . . . . . . . . . . (c) Unzureichende Liquidität als alternativer Anknüpfungspunkt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Unzuverlässigkeit der Geschäftsleitung? . . . . . . . . . . . (e) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Notwendigkeit einer Abgrenzung des Tatbestands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Konkretisierung in Anlehnung an die Insolvenzgründe nach §§ 17 ff. InsO? . . . . . . . . . . . . . . (f) Zwischenzusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verdacht der Gefährdung einer wirksamen Aufsicht . . . . . . . . 3. § 46a KWG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ein eigenständiger Tatbestand? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) „Zur Vermeidung des Insolvenzverfahrens“ – eine Ermessensbeschränkung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die „unvermeidbare Insolvenzeröffnung“ – ein Sonderfall? III. Insolvenzrechtliche Eingriffstatbestände und Antragstellung durch die Aufsicht – §§ 17–19 InsO und ihre Bedeutung für die Bankeninsolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Verhältnis zu den aufsichtsrechtlichen Eingriffstatbeständen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Bedeutung der Insolvenzgründe (insbesondere § 18 InsO) . . a) Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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b) Antragstellung bei drohender Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 IV. Zwischenzusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 C. Die Rechtslage in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 I. Einführung – System der Eingriffsbefugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 1. Aufsichtsrechtliche Eingriffstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 2. Förmliche Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 a) Winding-up . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 b) Administrative receivership . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 c) Administration. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 d) Weitere Verfahrensarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 II. Aufsichtsrechtliche Eingriffsbefugnisse im einzelnen . . . . . . . . . . . . . . 167 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 2. Einschränkung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb. . . . . . . . . . . . . 168 a) Allgemeine Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 b) Maßnahmen in dringenden Fällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 3. Aufhebung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . 173 4. Vorgehen gegen Angestellte oder Geschäftsleiter . . . . . . . . . . . . . . . 174 III. Insolvenzrechtliche Eingriffstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 1. Das Verhältnis zu den aufsichtsrechtlichen Eingriffstatbeständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 2. Compulsory winding-up – ss. 122(1), 123 Insolvency Act 1986; 367(3), (4) FSMA 2000. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 a) Inability to pay debts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 b) Verfahrenseröffnung „just and equitable“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 3. Administration – ss. 8(1), 123 Insolvency Act; 359(1), (3) FSMA 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 4. Sonderprobleme der Verfahrenseinleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 a) Anträge Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 b) Anträge der betroffenen Bank bzw. Verfahrenseinleitung durch diese selbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 c) Anträge der Aufsichtsbehörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 IV. Zwischenzusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 § 6 Der Eintritt in die Krisenbewältigung II: Handlungsmöglichkeiten . . . . . 196 A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 B. Die Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 I. Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 II. Aufsichtsrechtliche Eingriffskompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 1. Vorfeldmaßnahmen nach § 45 KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 a) Untersagung oder Beschränkung von Entnahmen . . . . . . . . . . . 197 b) Beschränkung der Gewinnausschüttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 c) Untersagung oder Beschränkung der Kreditgewährung . . . . . . 203

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Inhaltsverzeichnis aa) Eingrenzung auf künftige Verbindlichkeiten oder Zusagen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zivilrechtliche Konsequenzen der anordnungswidrigen Kreditgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Anwendbarkeit für Unternehmensgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Maßnahmen nach § 46 KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anweisungen für die Geschäftsführung (§ 46 I 2 Nr. 1 KWG). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Arten von „Anweisungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zivilrechtliche Konsequenzen der „Anweisungen“? . . . . . (a) Aufforderung zu Handlungen nicht rechtsgeschäftlicher Natur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Verbot der Gewinnausschüttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Verbot von Gewinnentnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Anweisungen hinsichtlich bestehender Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verbot der Gewährung von Krediten (§ 46 II Nr. 2, 2. Alt. KWG). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verbot der Annahme von Geldern oder Wertpapieren (§ 46 II Nr. 2, 1. Alt. KWG). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zivilrechtliche Wirkungen der Anordnungen? . . . . . . . . . . (a) Lösungsansätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Zur Anwendbarkeit der §§ 135, 136 BGB. . . . . . (2) Ein Fall des § 134 BGB?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Maßnahmen gegenüber Inhabern und Geschäftsleitern (§ 46 I 2 Nr. 3 KWG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtsfolgen bei Zuwiderhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Bestellung erforderlicher geschäfts- und vertretungsberechtigter Personen (§ 46 II KWG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Bestellung von Aufsichtspersonen (§ 46 I 2 Nr. 4 KWG) . . . g) Zwischenzusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Maßnahmen nach § 46a KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Veräußerungs- und Zahlungsverbote (§ 46a I 1 Nr. 1 KWG) aa) Ratio und Verbotsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zivilrechtliche Wirkung der Verbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Absolute Unwirksamkeit anordnungswidriger Verfügungen nach § 134 BGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

204 205 207 208 209 209 209 209 210 210 210 211 211 214 215 215 217 217 219 219 219 226 226 226 227 228 229 230 231 232 232 233 233

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(b) Relative Unwirksamkeit anordnungswidriger Verfügungen nach §§ 135, 136 BGB?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 (c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 (1) Absolute Verbotswirkung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 (2) Zur Anwendbarkeit der §§ 135, 136 BGB . . . . . . 237 (3) Zwischenergebnis und Bewertung. . . . . . . . . . . . . . 238 b) Schließung des Instituts für den Verkehr mit der Kundschaft (§ 46a I 1 Nr. 2 KWG). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 c) Verbot der Entgegennahme von Zahlungen (§ 46a I 1 Nr. 3 KWG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 d) Vollstreckungsverbot (§ 46a I 5 KWG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 e) Bestellung geschäftsführungsberechtigter Personen (§ 46a II-VI KWG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 f) Zwischenzusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 III. Insolvenzrechtliche Eingriffskompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 2. Verfügungsverbote und -beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 a) Allgemeines Verfügungsverbot (§ 21 II Nr. 2, 1. Alt. InsO) . 249 b) Zustimmungsvorbehalt (§ 21 II Nr. 2, 2. Alt. InsO) . . . . . . . . . 249 c) Allgemeine oder besondere Verfügungsverbote nach § 21 I InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 3. Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters (§ 21 II Nr. 1 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 b) Einzelne Aufgaben und Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 aa) Vorläufiger Insolvenzverwalter mit Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 bb) Vorläufiger Insolvenzverwalter ohne Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 4. Untersagung und einstweilige Einstellung von Vollstreckungsmaßnahmen (§ 21 II Nr. 3 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 5. Postsperre (§ 21 II Nr. 4 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 6. Zwischenzusammenfassung und Bewertung, insbesondere zum Verhältnis zu aufsichtsrechtlichen Anordnungen. . . . . . . . . . . . . . . . 255 a) Sicherungsmaßnahmen nach §§ 21 ff. InsO im Kontext der §§ 46, 46a KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 b) Maßnahmen nach §§ 21 ff. InsO im geltenden Recht . . . . . . . 257 aa) Allgemeine Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 bb) Die „Überleitung“ aufsichtsrechtlicher Anordnungen ins Insolvenzeröffnungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 cc) Konsequenzen für die Ausgestaltung der Maßnahmen nach § 21 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 dd) Weitere Sicherungsmaßnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 C. Die Rechtslage in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261

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Inhaltsverzeichnis I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Aufsichtsrechtliche Eingriffskompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einschränkung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb . . . . . . . . . . . . a) Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zulässige Einschränkungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gesetzliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Inhalt der Anordnungen in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Rechtsfolgen bei anordnungswidrigem Verhalten . . . . . . . c) Verfahrensrechtliche Anforderungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwischenzusammenfassung und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufhebung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vorgehen gegen Angestellte und Geschäftsleiter . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenzusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Insolvenzrechtliche Eingriffskompetenzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Winding-up . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Provisional liquidation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bedeutung und verfahrensrechtliche Vorgaben für die Anordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Aufgaben und Kompetenzen des Provisional liquidators c) Special management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Anordnungen bezüglich schwebender Rechtsstreitigkeiten . . . 3. Administration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sog. „Statutory moratorium“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Administrator und seine Kompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenzusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

261 262 262 262 263 263 264 266 267 268 269 270 271 271 271 272 272 273

§ 7 Rechtsvergleich und Bewertung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Rechtsvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Eingriffstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aufsichtsrechtliche „Vorfeldtatbestände“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Qualifizierte Eingriffstatbestände. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Handlungsmöglichkeiten innerhalb der einzelnen Tatbestände. . . . . . 1. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Typen möglicher Anordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verbot oder Beschränkung von Gewinnentnahmen bzw. -ausschüttungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschränkungen des Kreditgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschränkung des Einlagengeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Sonstige allgemeine Anordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

281 281 281 281 281 282 284 284 285

273 274 276 277 278 278 278 280

285 285 286 287

Inhaltsverzeichnis

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e) Umfassende Sicherung und Kontrolle über das Vermögen der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 f) Entziehung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb . . . . . . . . . . . . 289 C. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 I. Grundkonzeption der Eingriffsbefugnisse und weiterer Untersuchungsbedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 1. Die Rolle der Aufsicht in der Frühphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 2. Kompetenzen bei fortgeschrittener Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 3. Grenzfälle und Abgrenzungskriterien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 4. Konsequenzen für die zivilrechtliche Wirkung aufsichtsrechtlicher Maßnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 II. Die Lösung des deutschen Rechts im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 1. Befugnisse nach § 45 KWG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 2. Befugnisse nach § 46 KWG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 3. Befugnisse nach § 46a KWG. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 III. Konzeptionelle Grundentscheidung de lege ferenda: aufsichtsrechtliches Ermessen oder stärkere Ermessensbindung?. . . . . . . . . . . . . . . . . 303 1. Problembeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 2. Exkurs: „Structured Early Intervention and Resolution“ im USamerikanischen Bankenaufsichtsrecht als Alternativmodell . . . . . . 305 a) Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 b) Das Konzept im einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 c) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309

2. Abschnitt Auswirkungen der verfahrensförmigen Krisenbewältigung

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§ 8 Rechtsfolgen der Verfahrenseröffnung im allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 A. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 I. Die Auswirkungen der Anordnungen nach § 46a KWG . . . . . . . . . . . . 313 1. Fehlende gesetzliche Regelung als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . 313 2. Zur sog. „Stundungswirkung“ des Moratoriums . . . . . . . . . . . . . . . . 313 a) Streitstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 b) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 II. Auswirkungen der Insolvenzeröffnung und des Eröffnungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 1. Der Eröffnungsbeschluß als Zäsur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 2. Die Insolvenzaufrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 B. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 II. Die Auswirkungen des Winding-up im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . 318 III. Die Auswirkungen der Administration. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319

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Inhaltsverzeichnis

§ 9 Die Auswirkungen der Verfahrenseröffnung auf den Zahlungsverkehr I: Schutz der Zahlungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Problembeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Netto- und Echtzeitabrechnungssysteme als Grundmodelle . . . . . . . . III. Nutzen und Risiken von Zahlungssystemen und Konsequenzen . . . . 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die fraglichen Risiken und ihre technische und rechtliche Bewältigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das „technische“ Systemrisiko der Bankeninsolvenz. . . . . . . . aa) Grundlagen, Erscheinungsformen und weitere Implikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unmittelbare Ausfallrisiken: Kredit- und Liquiditätsrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Kreditrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Liquiditätsrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Besondere Risiken bei der Abwicklung von Devisengeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Beispielsfälle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Bankhaus Herstatt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Drexel-Burnham-Lambert Group . . . . . . . . . . . . . . (3) BCCI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Barings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Lösungsansätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Spezifisch insolvenzrechtliche Probleme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Risikominimierung im Zusammenhang mit dem Schließungszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Insolvenzrechtlicher Bestandsschutz für risikominimierende Gestaltungen – Ansatzpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Das Grundproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Mögliche Konflikte mit dem allgemeinen Insolvenzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zwischenzusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zahlungs- und Abrechnungssysteme in Deutschland und England sowie auf internationaler Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Grenzüberschreitend operierende Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) TARGET . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Euro I-System der Euro Banking Association . . . . . . . . . . . . . . c) Massenverkehrszahlungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

321 321 321 322 325 325 325 325 325 327 327 329 330 330 332 332 333 334 335 335 337 337 337 339 339 340 341 342 342 342 342 344 345

Inhaltsverzeichnis

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3. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 a) Grundstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 b) Zahlungssysteme der Deutschen Bundesbank . . . . . . . . . . . . . . . 347 aa) RTGS-plus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 bb) Elektronischer Massenzahlungsverkehr (EMZ). . . . . . . . . . 348 4. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 b) Die wesentlichen Zahlungssysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 aa) NewCHAPS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 bb) BACS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 5. Zwischenzusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 B. Die EG-Finalitätsrichtlinie und die Finanzsicherheiten-Richtlinie . . . . . . . 352 I. Die Finalitätsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 2. Die Regelungen im einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 a) Herstellung der Finalität von Abrechnungsvorgängen. . . . . . . . 354 b) Schutz gewährter Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 II. Die EG-Richtlinie über Finanzsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 2. Die Regelungen im einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 a) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 b) Regelungen zur Bestellung von Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . 360 c) Regelungen zur Anerkennung bestimmter Finanzsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 d) Regelungen zur Verwertung der Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . 362 III. Zwischenzusammenfassung und -bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 C. Schutz der Zahlungssysteme nach deutschem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 I. Der schuldrechtliche Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 1. Der Überweisungs„auftrag“ als solcher. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 2. Die „Nettingabrede“ bei Nettosystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 II. Die Behandlung in der Insolvenz im einzelnen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 2. Schuldrechtliche Unwiderruflichkeit erteilter Zahlungsaufträge. . . 370 3. Abwicklung bereits erteilter Aufträge nach Verfahrenseröffnung . 371 a) Die Rechtslage für in Bruttosystemen abzuwickelnde Aufträge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 b) Die Rechtslage für über Nettosysteme abzuwickelnde Aufträge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 aa) Das Sachproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 bb) Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 cc) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376

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Inhaltsverzeichnis 4. Sonderprobleme bei der Auftragserteilung nach Verfahrenseröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Bereits ausgeführte und ggf. verrechnete Zahlungsaufträge . . . . . 6. Schutz der innerhalb eines Systems gewährten Sicherheiten . . . . a) Umsetzung der Finalitätsrichtlinie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Umsetzung der Finanzsicherheitenrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands . . . . . . . . . . . bb) Änderungen im Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Änderungen im KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) § 1 XVII KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Privilegierung im aufsichtsrechtlichen Moratorium. . cc) Änderungen in der InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Privilegierte Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Zwischenzusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Schutz der Zahlungssysteme nach englischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der schuldrechtliche Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Zahlungs„auftrag“ als solcher. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Verrechnungsabrede in Nettingsystemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Behandlung in der Insolvenz im einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schuldrechtliche Unwiderruflichkeit erteilter Zahlungsaufträge. . 2. Abwicklung bereits erteilter Aufträge nach Verfahrenseröffnung a) Privilegierung durch Regulation 14(1) der Settlement Finality Regulations . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Rechtslage für Bruttosysteme nach allgemeinen Regeln . . c) Die Rechtslage für Nettosysteme nach allgemeinen Regeln. . . 3. Sonderprobleme bei der Auftragserteilung nach Verfahrenseröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bereits ausgeführte und verrechnete Zahlungsaufträge . . . . . . . . . 5. Schutz der innerhalb eines Systems gewährten Sicherheiten . . . . a) Änderungen durch die Umsetzung der Finalitätsrichtlinie . . . aa) Sicherheit durch Verwertung der Guthaben auf Verrechnungskonten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Sonstige Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Änderungen durch die Umsetzung der Finanzsicherheitenrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Zusammenfassung und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Privilegierung von Zahlungs- und Abrechnungssystemen . . . . . . II. Die Zielvorgaben und ihre Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Zielvorgaben im System des allgemeinen Insolvenzrechts . . 2. Die rechtstechnische Umsetzung in Deutschland und England . . III. Abschließende rechtspolitische Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

377 379 381 381 384 385 385 386 386 386 387 387 388 389 389 389 391 392 392 393 393 394 395 397 398 400 400 400 402 403 403 403 404 404 405 405

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§ 10 Die Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr II: Rechtsbeziehungen im Überweisungsverkehr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408 B. Die Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409 II. Die Auswirkungen auf Girovertrag und Kontokorrent . . . . . . . . . . . . 410 1. Das Verhältnis der Bankeninsolvenz zur Insolvenz des Bankkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410 2. Die Auswirkungen des aufsichtsrechtlichen Moratoriums . . . . . . 412 a) Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 aa) Grundsätzliche Zulässigkeit einer Verbuchung eingehender Beträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 bb) Das Schicksal des Kontokorrents bei Wirksamwerden der Maßnahmen gem. § 46a I KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 3. Die Auswirkungen der Insolvenzeröffnung bzw. des Insolvenzeröffnungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 a) Der Fall der Insolvenz des Kontoinhabers als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 b) Unterschiede bei der Insolvenz der Bank als Kontoführerin . 418 c) Die Beendigung des Kontokorrents insbesondere. . . . . . . . . . . 419 4. Zwischenzusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 III. Sekundäransprüche und die Möglichkeit einer Aufrechnung. . . . . . . 421 IV. Die schuldrechtliche Risikoverteilung zwischen Überweisendem und Überweisungsempfänger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 1. Allgemeine Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 2. Der Sonderfall der „Hausüberweisung“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 3. Vereinbarkeit mit der Rechtsprechung zu Aufklärungs- und Warnpflichten beteiligter Kreditinstitute bei Fehlschlagen der Überweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 C. Die Rechtslage in England. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 II. Kontenführung und Zahlungsverkehr im englischen Recht . . . . . . . . 427 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 2. Der Rechtsrahmen für den Zahlungsverkehr insbesondere. . . . . . 428 III. Die Auswirkungen der Verfahrenseröffnung auf den Zahlungsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 D. Vergleichende Bewertung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 § 11 Die Auswirkungen für bestimmte Finanzmarktkontrakte: Bankeninsolvenz und vertragliche Beendigungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 433 B. Vertragliche Regelungen für den Insolvenzfall im Überblick . . . . . . . . . . 435

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Inhaltsverzeichnis I. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausfallrisiken und korrespondierende vertragliche Regelungen. . . . 1. Ausfallrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Korrespondierende vertragliche Regelungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Novationsnetting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Liquidationsnetting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwischenzusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die aufsichtsrechtliche Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die risikominimierende Funktion der Klauseln als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Position des geltenden Aufsichtsrechts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stärkung der Beendigungsklauseln durch die EG-Finanzsicherheitenrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Bewährung der vertraglichen Absprachen in der Insolvenz . . . . . . . I. Die Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aufsichtsrechtliches Moratorium und Insolvenzfestigkeit . . . . . . 2. Novationsnetting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Liquidationsnetting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Rechtslage im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Novationsnetting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Liquidationsnetting . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) In der Administration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Im Winding-up. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sonderregeln für den Anwendungsbereich des Part VII Companies Act 1989 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§ 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen und Abwicklung im Krisenfall. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Ziele und Funktionen und technische Grundfragen der Einlagensicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zielvorgaben im Gesamtsystem der Bankenregulierung . . . . . . . . . . II. Grundfragen der Ausgestaltung von Einlagensicherungssystemen . . C. Die EG-Richtlinie über Einlagensicherungssysteme von 1994 – Grundkonzept und Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Hintergrund und Motive der Gemeinschaftsrechtssetzung. . . . . . . . . II. Mindestanforderungen nach der Richtlinie 94/19 . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schwerpunkte der Harmonisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mindestabsicherung nach der Richtlinie 94/19 . . . . . . . . . . . . . . . 3. Finanzierung der Einlagensicherungssysteme und deren Rolle im Gesamtkonzept der Krisenbewältigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zwischenzusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

435 436 436 436 436 437 438 440 440 441 442 443 444 444 444 445 446 446 446 446 447 447 448 449 451 451 452 452 455 456 456 458 458 458 460 461

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D. Einlagensicherung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 II. Die Entwicklung der Einlagensicherung zu ihrer heutigen Gestalt . 462 III. Der Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Deutscher Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465 1. Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 465 2. Das „Mandat“ des Einlagensicherungsfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 3. Die Frage der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 4. Höhe der Absicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468 a) Satzungsmäßige Grenzen des Leistungsversprechens . . . . . . . 468 b) Das Problem des ausgeschlossenen Rechtsanspruchs auf Absicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 aa) Der Ausschluß von Ansprüchen im Statut und die bisherige Praxis der Einlagensicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469 bb) Einstandspflicht aus allgemeinen Grundsätzen? . . . . . . . . 470 (a) Unterstützende Stellungnahmen im Schrifttum . . . . . 470 (b) Die ablehnende Ansicht der wohl herrschenden Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 (c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472 (1) Rechtsansprüche der Bank auf Leistungen aus dem Fonds?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472 (2) Rechtsansprüche der Einleger?. . . . . . . . . . . . . . . . 473 5. Finanzierung des Einlagensicherungsfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476 a) Die Fonds-Lösung: Ex ante-Finanzierung durch die Marktteilnehmer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476 b) Beschränkte Risikogewichtung durch Klassifizierung . . . . . . . 477 6. Zur „Verzahnung“ von Einlagensicherung und Krisenbewältigungsmechanismen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478 a) Handlungsalternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478 b) Direkte finanzielle Unterstützung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478 c) Leistungen im Zusammenhang mit Maßnahmen nach § 46a KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480 7. Zusammenfassung und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482 a) Zusammenfassung und Einordnung in den internationalen Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482 b) Zur Kritik am Finanzierungsmodell des Einlagensicherungsfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484 aa) Stellungnahmen im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484 bb) Finanzierung durch die Marktteilnehmer als wettbewerbswidrige „Quersubvention“ solider zugunsten unsolider Kreditinstitute? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484 c) Zur Höhe der Absicherung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 487 IV. Die Entschädigungseinrichtung Deutscher Banken GmbH als Resultat der Umsetzung der EG-Einlagensicherungsrichtlinie . . . . . . . . 490

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Inhaltsverzeichnis 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Umsetzungslösung? . . . . . . . a) Die Kritik Drehers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gegenstimmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zwischenzusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Einlagensicherung in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Entwicklung der gesetzlichen Einlagensicherung . . . . . . . . . . . . II. Die heutige Rechtslage – das Financial Services Compensation Scheme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsgrundlagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Mandat des Financial Services Compensation Scheme . . . . 3. Höhe der Absicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verzahnung von Sicherung und Krisenbewältigung durch Aufsichts- und Insolvenzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zwischenzusammenfassung und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Vergleichende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einlagensicherung in Deutschland und England im Vergleich . . . . . III. Einlagenversicherung als Gegenmodell zu Sicherungsfonds?. . . . . . IV. Insolvenzprivilegien zugunsten der Einleger als Alternative zur Einlagensicherung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erwägungen im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Exkurs: Das schweizerische Privilegienmodell als Anwendungsbeispiel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§ 13 Die Umsetzung der Verfahrensziele „Sanierung“ und „Liquidation“. . . A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Sanierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Begriff der Sanierung; Eingrenzung der Untersuchung . . . . 2. Der Einfluß der Eingriffsinstrumentarien auf die Sanierungsfähigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungsfähigkeit . . . . . . . . . . b) Wechselwirkungen mit der Wahl der Eingriffsinstrumentarien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Verhältnis zwischen Eingriffsinstrumentarien und der Art der Sanierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Sanierung im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die „Vorfeldsanierung“ im Frühstadium der Krise . . . . . . . . . . . . a) Bedeutung der „Vorfeldsanierung“ im allgemeinen . . . . . . . .

490 493 493 494 495 496 497 497 499 499 500 502 502 503 503 505 505 506 508 510 510 511 512 514 516 516 517 517 517 518 518 519 520 521 521 521

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b) Die Rolle der Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523 aa) Das geltende Recht: § 45 KWG als Grundtatbestand . . . 523 bb) Weiterentwicklung des Grundtatbestandes de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523 (a) Ausgangspunkt: Erfordernis erweiterter Eingriffskompetenzen im Frühstadium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523 (b) Verlagerung der Eingriffskompetenzen nach § 46 II KWG auf § 45 KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524 c) Zwischenzusammenfassung und Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . 526 2. Die Sanierung in der „fortgeschrittenen Krise“ – verfahrensförmige Sanierung und Sanierung aus dem Verfahren. . . . . . . . . . 527 a) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527 b) Sanierung durch gegenständlich beschränkte aufsichtsrechtliche Maßnahmen in der Krise? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 aa) Grundprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 bb) Teilweise Beschränkung der Abflußseite als taugliches Sanierungsinstrument? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 cc) Zwischenzusammenfassung und -bewertung . . . . . . . . . . . 532 c) Die Sanierung im oder aus dem umfassenden Moratorium . . 532 aa) Fehlschlagen der Sanierung im Moratorium als Regelfall in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532 bb) Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533 cc) Die verbleibende Bedeutung für die Sanierung aus dem Moratorium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 (a) Die maßgebliche Fallkonstellation . . . . . . . . . . . . . . . . 535 (b) Die Instrumente der Sanierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536 (c) Die Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen, insbesondere zur Frage des Initiativrechts . . . . . . . . . . . . . . 537 (1) Maßgebliche Rechtsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . 537 (2) Folgeprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 537 (3) Das Verhältnis der Gesellschaftsorgane zu den gerichtlich bestellten Geschäftsführern. . . . . . . . . 538 (4) Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben, insbesondere die „Pafitis“-Entscheidung des EuGH. . . . . 539 (d) Zwischenzusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541 dd) Das Moratorium als Sanierungsinstrument – vorläufige Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 542 d) Die Sanierung im oder aus dem Insolvenzverfahren und Insolvenzeröffnungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 542 aa) Sanierungsmöglichkeiten de lege lata . . . . . . . . . . . . . . . . . 542 bb) Die Rechtslage bei Aufgabe des aufsichtsrechtlichen Moratoriums de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543 (a) Die „Sanierungsfeindlichkeit“ einer Verfahrenslösung als Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543

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Inhaltsverzeichnis (b) Sanierung im Insolvenzplanverfahren?. . . . . . . . . . . . . (c) Sanierung im Rahmen einer Eigenverwaltung? . . . . . (d) Übertragende Sanierung im Eröffnungsverfahren bzw. im eröffneten Insolvenzverfahren? . . . . . . . . . . . III. Die Sanierung im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die „Vorfeldsanierung“ im Frühstadium der Krise . . . . . . . . . . . . 3. Die Sanierung in der fortgeschrittenen Krise – verfahrensförmige Sanierung und Sanierung aus dem Verfahren. . . . . . . . . . . . a) Sanierung in der Administration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Fallstudien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Chancery plc . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Barings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sanierung in der Provisional liquidation? . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vergleichende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Liquidation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Liquidation im deutschen Insolvenzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Regelinsolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Liquidationsplan im Insolvenzplanverfahren als Alternative zum Regelverfahren? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Liquidation im englischen Insolvenzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Winding-up . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorbereitung der Liquidation im Wege der Administration . . . . IV. Vergleichende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 14 Die Rechtsstellung der Beteiligten: Rechtsschutzfragen . . . . . . . . . . . . . . . A. Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Rechtsschutz im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Rechtsposition der betroffenen Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aufsichtsrechtliche Maßnahmen vor dem Insolvenzantrag . . . . . 2. Rechtsschutz bezüglich der Insolvenzantragstellung. . . . . . . . . . . II. Die Rechtsposition der Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rechtsschutz im englischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Rechtsposition der betroffenen Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Aufsichtsrechtliche Maßnahmen vor dem Insolvenzantrag . . . . . 2. Eröffnung des Insolvenzverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Rechtsposition der Gläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Vergleichende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

572 572 573 573 573 574 576 578 578 578 581 581 582

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Inhaltsverzeichnis

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§ 15 Die Amtshaftung für fehlsame Bankenaufsicht im Gesamtgefüge der Haftungsverwirklichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583 A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583 I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583 II. Der Untersuchungsbedarf im einzelnen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 585 B. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587 I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587 II. Haftung wegen Verletzung primären Gemeinschaftsrechts?. . . . . . . . 588 III. Haftung wegen Verletzung sekundären Gemeinschaftsrechts? . . . . . 589 1. Allgemeine Grundlagen im Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589 a) Unmittelbare Rechtswirkung von und Gewährung subjektiver Rechte durch Richtlinien nach der Rechtsprechung des EuGH. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 590 b) Die Bedeutung für die vorliegende Fallkonstellation . . . . . . . 593 aa) Die Position des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 594 bb) Die Position der englischen Judikatur im „Three Rivers“-Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 594 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 596 c) Zwischenzusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 600 2. Die einzelnen Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601 a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601 b) Die Einlagensicherungsrichtlinie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601 aa) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 601 bb) Die Haftung für die Nichtumsetzung der Richtlinie – Haftung in Höhe des garantierten Mindestschutzes . . . . . 602 cc) Weitergehende Haftung mit Blick auf die Pflichtmitgliedschaft in einer Sicherungseinrichtung? . . . . . . . . . . . . 605 (a) Überblick. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 605 (b) Einlegerschützende Pflichten zum Einschreiten gegen ungesicherte Institute? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 606 (1) Das Verfahren nach Art. 3 II-V der Richtlinie als Anknüpfungspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 606 (2) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 607 (c) Zum Haftungsumfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 608 c) Die Erste Bankrechtskoordinierungsrichtlinie als Grundlage für Haftungsansprüche?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 610 aa) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 610 bb) Die einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie . . . . . . . 611 cc) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613 d) Die Rechtslage nach der Zweiten Bankrechtskoordinierungsrichtlinie und den damit zusammenhängenden Rechtsakten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615 aa) Die einschlägigen Bestimmungen in den Richtlinien . . . 615

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Inhaltsverzeichnis (a) Die Zweite Bankrechtskoordinierungsrichtlinie . . . . (b) Die Eigenmittelrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Die BCCI-Folgerichtlinie und weitere Rechtsakte. . bb) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Der geschützte Personenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Fehlende Konkretisierung der Vorgaben an das aufsichtsrechtliche Vorgehen im Einzelfall . . . . . . . . (c) Die Einlagensicherungsrichtlinie als abschließende Regelung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zwischenzusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Amtshaftung nach nationalem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Deutschland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Rechtsgrundlagen für Amtshaftungsansprüche (Art. 34 GG, § 839 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Entwicklung in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Urteile bis 1979 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Fälle „Wetterstein“ und „Herstatt“ und Nachfolgeentscheidungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) BGHZ 74, 144 („Wetterstein“). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) BGHZ 75, 120 („Herstatt“). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Weitere höchstrichterliche Konkretisierung: BGHZ 90, 310 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Reaktion des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Der Streit um die Wirksamkeit des Haftungsausschlusses . . . . . 6. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Inhalt möglicher Verhaltenspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Entgegenstehende Rechtspositionen als Abwägungskriterium aa) Das öffentliche Interesse am Schutz der Stabilität des Finanzsystems. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Interessen der betroffenen Institute . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Bedeutung für die Drittschutzdiskussion . . . . . . . . . . c) Die Begründung für die Annahme drittschützender Amtspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Haftungsausschluß vor dem Hintergrund der Gesetzgebungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die verfassungsrechtliche Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Das Sozialstaatsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Grundrechtliche Schutzpflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Verstoß gegen den Gleichheitssatz?. . . . . . . . . . . . . . . (d) Weitere möglicherweise entgegenstehende Verfassungsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Zwischenzusammenfassung und -bewertung. . . . . . . . . . . . . . . . . .

615 616 617 617 618 619 621 622 623 623 623 624 625 625 625 626 628 630 631 632 633 633 636 637 638 638 639 639 640 640 640 646 648 651

Inhaltsverzeichnis

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II. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651 2. Materiellrechtliche Grundlagen der Amtshaftung im Überblick . 652 a) Allgemeine Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 652 b) Fahrlässigkeitshaftung und der Umfang des Haftungsausschlusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 653 aa) Allgemeine Regeln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 653 bb) Beispielsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 656 3. Die Bedeutung der Rechtsprechung im „Three Rivers“-Fall insbesondere. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 660 a) Der allgemeine Kontext der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . 660 b) Der Tatbestand der „Misfeasance in public office“ im einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 661 4. Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663 D. Vergleichende Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663 I. Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663 II. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 665 1. Das Problem der Vergleichbarkeit und Konsequenzen . . . . . . . . . 665 2. Die Funktion der Amtshaftung im einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 668 3. Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 671

3. Teil Sonderprobleme

674

§ 16 Die grenzüberschreitende Bankeninsolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 674 A. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 674 B. Problembeschreibung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 677 I. Die grenzüberschreitende Unternehmensinsolvenz im allgemeinen . 677 II. Spezifische Probleme der Bankeninsolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 680 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 680 2. Auslösung des Verfahrens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 682 C. Der gemeinschaftsrechtliche Lösungsansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 683 I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 683 II. Das gemeinschaftsrechtliche Internationale Bankeninsolvenzrecht . 683 1. Sachlicher Anwendungsbereich der Bankeninsolvenzrichtlinie . . 683 2. Modifizierte Universalität als Grundprinzip. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 685 3. Zwingende Aufhebung der aufsichtsrechtlichen Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 686 4. Sonderanknüpfungen für einzelne Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . . 687 a) Art. 20: Wirkungen auf bestimmte Verträge und Rechte . . . . 687 b) Art. 21: Dingliche Rechte Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 688 c) Weitere Sonderanknüpfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 691

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Inhaltsverzeichnis d) Regelungen hinsichtlich einzelner banktypischer Geschäfte 5. Grenzüberschreitende Verfahrenskoordination . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Verfahren über Kreditinstitute mit Sitz außerhalb der EG. . . . . . 7. Gemeinschaftsrechtliche Regeln für die Einlagensicherung bei grenzüberschreitenden Bankeninsolvenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Notwendigkeit eines speziellen Rechtsrahmens für Bankeninsolvenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die „technische“ Ausgestaltung der Rechtsakte. . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Berechtigung des Universalitätsprinzips insgesamt . . . . . . . . a) Universalität als Korrelat zum Grundsatz der Herkunftslandkontrolle? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung . . . . . . . . . . . . c) Praktikabilitätserwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Systemschutz und die Rolle der Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verhältnis von Sanierungsmaßnahmen und Liquidationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Wirkungserstreckung für Sicherungsmaßnahmen . . . . . . cc) Die Rolle der Aufsicht insbesondere hinsichtlich der Auslösung des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Begrenzte Sonderanknüpfungen im Interesse der Systemstabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Harmonisierung der Krisenbewältigungsmechanismen als Alternative? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Die Umsetzung der Bankeninsolvenzrichtlinie in England und Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Deutschland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wirkungserstreckung für aufsichtsrechtliche Maßnahmen in der Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sanierungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Liquidationsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§ 17 Großinsolvenzen und sektorweite Krisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Problembeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Eingrenzung und Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Fallgruppen und Lösungsansätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

691 692 692 693 693 693 694 695 697 698 700 703 704 704 706 708 709 710 711 712 712 712 713 713 713 714 715 717 718 718 719 721

Inhaltsverzeichnis

33

I.

Die Auswirkungen der Großinsolvenz – Übertragungsmechanismen und weitere Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 722 II. Handlungsmöglichkeiten zur Eingrenzung der Insolvenzfolgen . . . . 724 1. Liquiditätsunterstützung durch die Zentralbank als Lender of Last Resort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 724 2. Förmliche Eingriffe in Liquiditätskrisen, insbesondere §§ 47, 48 KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 726 III. Institutsbezogene Interventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 728 1. Die Legitimation institutsbezogener Stützungsmaßnahmen . . . . . 728 2. Arten institutsbezogener Unterstützungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . 731 a) Staatliche Sanierungsbeihilfen und Alternativen. . . . . . . . . . . . 731 b) Privat finanzierte informelle Stützungsaktionen . . . . . . . . . . . . 732 c) Koordinierte und subventionierte Übernahme durch eine andere Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 733 d) „Überbrückungsbanken“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 734 3. Zusammenfassung und Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 735 C. Der institutionelle Rahmen für die Bewältigung von Großinsolvenzen . 737 § 18 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 740 A. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 740 B. Die wesentlichen Ergebnisse in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 742 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 750 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 784

Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen a. A. a. a. O. ABlEG. Abs. A.C. a. E. a. F. AG AGB AktG All E.R. Alt. Anh. Anm. Art., Artt. Aufl. ausf. AußenwirtschaftsG BAFin BAKred BB BBankG BCC BCLC Bd. Begr. Beschl. BFuP BGB BGBl. BGH BGHZ BIZ BKartA BKR BR-Drs.

andere(r) Ansicht am angegebenen Ort Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Absatz Appeals Cases (Law Report) am Ende alte(r) Fassung Aktiengesellschaft Allgemeine Geschäftsbedingungen Aktiengesetz All England Law Reports Alternative Anhang Anmerkung Artikel Auflage ausführlich Außenwirtschaftsgesetz Bundesanstalt für Finanzaufsicht Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen Betriebsberater (Zeitschrift) Bundesbankgesetz Britisch Company Cases Butterworth’s Company Law Cases Band Begründung Beschluß Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Zeitschrift) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (Amtliche Sammlung) Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (Basel) Bundeskartellamt Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Bundesratsdrucksache

Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen BT-Drs. BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE bwPolG BZ bzw. CGFS Ch. Ch.D. Cir. Cmnd. CPSS DepotG ders. d.h. dies. Diss. DM DNotZ Dok. DZWir -E EAG ebd. EG EGInsO EG-InsVO EGV eig. Einl. entspr. EuGH EuGVÜ EWG EZB f., ff. Fa. FamRZ FAZ

Bundestagsdrucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Amtliche Sammlung) Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (Amtliche Sammlung) Landespolizeigesetz Baden-Württemberg Badische Zeitung beziehungsweise Committee on the Global Financial System Chancery Division (Law Report) Chancery Division Circuit (Gerichtsbezirk, USA) Commandment Committee on Payment and Settlement Systems Depotgesetz derselbe das heißt dieselbe, -en Dissertation Deutsche Mark Deutsche Notar-Zeitschrift Dokument Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Entwurfsfassung Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz ebenda Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung Europäische Insolvenzverordnung EG-Vertrag eigen, -e Einleitung entsprechend Europäischer Gerichtshof Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Europäische Zentralbank folgende, fortfolgende Firma Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Frankfurter Allgemeine Zeitung

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Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen

FDIC FDICIA

Federal Deposit Insurance Corporation (USA) Federal Deposit Insurance Corporation Improvement Act (USA) Finanzdienstleistungsaufsichts-Errichtungsgesetz Finanzierung, Leasing, Factoring (Zeitschrift) Fußnote Festschrift Financial Services Authority Financial Services and Markets Act 2000 Federal Supplement (USA) gemäß Gewerbeordnung Grundgesetz gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH-Gesetz Gedächtnisschrift Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen House of Commons Handelsgesetzbuch House of Lords herrschende Meinung Herausgeber in der Fassung im engeren Sinne in Höhe von International Monetary Fund (Internationaler Währungsfonds) insbesondere Insolvenzordnung International Federation of Insolvency Professionals Insolvenz und Vollstreckung (Zeitschrift) Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts (Zeitschrift) im Sinne des, der in Verbindung mit Insolvenz und Sanierungsrecht (Zeitschrift) im weiteren Sinne Justice (Richter) Jahrhundert Juristische Schulung (Zeitschrift) Juristenzeitung Kapitel King’s Bench Division (Law Report) Kammergericht/Kommanditgesellschaft

FinDAG FLF Fn. FS FSA FSMA F. Supp. gem. GewO GG ggf. GmbH GmbHG GS GWB H.C. HGB H.L. h. M. Hrsg. i. d. F. i. e. S. i. H. v. IMF insbes. InsO INSOL InVo IPRax i. S. d. i. V. m. IWiR i. w. S. J. Jh. JuS JZ Kap. K.B. KG

Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen KO KTS KWG LG lit. L.R. [. . .] Eq. l. Sp. m. E. Mio. M.R. Mrd. m. w. N. Nachw. n. F. NJW NJW-RR Nr. NVwZ NZI N.Z.L.R. ÖBA OHG OLG ORDO o.V. OVG para. PC Q.B. r. RegE RGBl. RIW RKWG RL Rn. RPfleger r. Sp. S. s.; ss. Sch. Schweiz. scil.

Konkursordnung Konkurs, Treuhand, Sanierung. Zeitschrift für Insolvenzrecht Kreditwesengesetz Landgericht litera (Buchstabe) Law Reports [Bd.] Equity linke Spalte meines Erachtens Million, -en Master of the Rolls Milliarde, -en mit weiteren Nachweisen Nachweis, -e neue(r) Fassung Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) NJW-Rechtsprechungsreport Zivilrecht (Zeitschrift) Nummer Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Insolvenzrecht New Zealand Law Report Österreichisches Bank-Archiv (Zeitschrift) Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Ordo. Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft ohne Verfasserangabe Oberverwaltungsgericht paragraph Privy Council Queens Bench Division (Law Report) rule Regierungsentwurf Reichsgesetzblatt Recht der Internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Reichskreditwesengesetz Richtlinie Randnummer Der deutsche Rechtspfleger (Zeitschrift) rechte Spalte Seite, Satz section, sections Schedule schweizerisch, -e, -es sci licet

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Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen

SDNY SI Slg.

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sog. Sonderbeil. Teilurt. Tz. u. a. UmwG UNCITRAL Urt. U.S.C. usw. u. U. v. v. a. VAG VerglO VersR VG vgl. VO VVDStRL VwGO VwVfG W.L.R. WM WuW ZBB ZEuP ZfgKW ZHR ZInsO ZIP z. T. zusf./Zusf. zust. zutr. ZZP

1. Teil

Grundlagen § 1 Einleitung A. Überblick Bankeninsolvenzen sind sicher kein „Normalfall“ einer Unternehmensinsolvenz. Wenn eine Bank, auch eine kleine, insolvenzhalber schließt, so ist dies auch überregionalen Tageszeitungen meist mehr als nur einen Bericht wert. Wenn eine Bank geschlossen wird, kommen Sorgen auf, die bei einem Unternehmen vergleichbarer Größenordnung häufig nicht denkbar sind, fürchten Einzelgläubiger und kleine Kreditnehmer der betroffenen Bank um ihre Existenz. Hohe Einzelverluste finden öffentliche Erwähnung, öffentlich wird über die Gründe für das geschäftliche Scheitern spekuliert und berichtet, die Höhe der Absicherung der Spareinlagen durch die Einlagensicherungseinrichtungen diskutiert. Während ansonsten die Öffentlichkeit auf insolvente Unternehmen meist nur dann blickt, wenn diese von erheblicher Bedeutung sind für eine ganze Stadt oder Region, was meistens vor allem aus der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer resultiert, so ist eine Bankeninsolvenz immer interessant, besorgniserregend – und allgemeines Gesprächsthema. Beispiele aus der jüngsten Zeit, wie die knapp einem Insolvenzverfahren entgangene Hofer Schmidtbank,1 illustrieren die hohe Aktualität des Themas. Von besonderem Interesse ist die Bankeninsolvenz auch für den Juristen – und für den Gesetzgeber. Daß Banken, die als Kreditversorger der Wirtschaft, Verwalter der Ersparnisse der Bevölkerung und Gewährleister des Zahlungsverkehrs geradezu eine Grundfeste jedes modernen Wirtschaftsverkehrs darstellen,2 eine Sonderstellung gerade auch dann einnehmen, wenn es um die juristischen und ökonomischen Mechanismen für die Bewältigung einer Bankenkrise geht, entspricht der allgemeinen Auffassung in allen bekannten westlichen Volkswirtschaften. Die Grundannahme, derzufolge der Ausfall einer einzelnen Bank häufig nicht alleinsteht, daß er gerade aufgrund der besonderen Stellung der Banken in der Volkswirtschaft weite 1 2

Siehe dazu noch unten § 12 sub D. III. 6. b). Näher dazu noch unten § 4 sub B. II. 1.

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1. Teil: Grundlagen

Teile derselben mit ins Chaos zu reißen droht, hat sich in politischen Maßnahmen niedergeschlagen, die von der wirtschaftlichen Unterstützung für in die Krise geratene Bankinstitute – bzw. den nationalen Bankensektor allgemein – bis hin zu besonderen rechtlichen Krisenbewältigungsmechanismen reichen. Kaum ein anderer Sektor ist überdies einer präventiven Staatsaufsicht unterworfen, die ähnlich weit ginge wie die Regelungen, die unter dem Eindruck einschneidender Krisen für das Kreditwesen entwickelt worden sind. Die vorliegende Arbeit will den Gründen hierfür nachgehen, aber vor allem auch die geltenden Regelungen und üblichen Praktiken zur Krisenbereinigung im Bankensektor näher überprüfen. Sie steht im Kontext zunehmender wirtschaftswissenschaftlicher und auch juristischer Bemühungen um eine umfassende Klärung der involvierten Probleme.3 Daß Bankeninsolvenzen immer häufiger zum Gegenstand wissenschaftlicher Analysen werden, ist dabei nicht ohne Grund. Seit dem Zusammenbruch des internationalen Finanzregimes von Bretton Woods in den 1970er Jahren haben die Märkte für Bankdienstleistungen weltweit eine rasante Deregulierungswelle durchlaufen, deren Konsequenzen als für den Kunden positiv gerühmt werden, aber die zugleich die Wahrscheinlichkeit von Bankeninsolvenzen erhöht und das gesamtwirtschaftliche Gefahrenpotential von individuellen Bankenkrisen in gewaltigem Maße hat wachsen lassen. Mit massiver Expansion ins Ausland und immer neuen innovativen Finanzprodukten haben Banken die Chancen der Liberalisierung wahrgenommen (und angesichts des aggressiven internationalen Wettbewerbs wohl auch wahrnehmen müssen), ohne daß die eigenen Kontrollmechanismen mit der Sprengkraft der eigenen Geschäfte stets mitgehalten hätten.4 Ein Beispiel für derartige „neue“ Gefahren waren die mit dem liberalisierten Devisengeschäft in den 1970er Jahren verbundenen Risiken – an ihnen scheiterte, worauf noch zurückzukommen sein wird, im Jahre 1974 das Kölner Bankhaus Herstatt.5 Neuerdings wird insbesondere die Explosivkraft fehlgeschlagener Transaktionen in derivativen Finanzinstrumenten diskutiert6 – ein Problem, das letztlich zum Untergang der englischen 3

Zum Stand der Forschung sogleich unten sub D. Siehe zum Ganzen etwa Dale, Regulation, S. 73 ff.; Davis, Financial Stability, in: Goodhart (Hrsg.), S. 15 ff.; Gardener, in: Norton (Hrsg.), Bank Regulation and Supervision in the 1990s, S. 106 ff.; Kapstein, (1989) 43:2 International Organization 323 ff.; Möschel, ZBB 1989, 168, 170 f. 5 Hierzu unten § 2 sub B. II. und noch ausf. unten § 9 sub A. III. 2. a) cc) (b) (1). 6 Vgl. etwa Burghof, S. 92 f.; De Bandt/Hartmann, in: Goodhart/Illing (Hrsg.), S. 249, 270 f. m. w. N.; zusf. Alworth/Bhattarachya, in: Goodhart (Hrsg.), S. 43, 58 ff. und unten § 11 sub D. 4

§ 1 Einleitung

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Barings Bank 1995 beitrug7 und für dessen aufsichtsrechtliche Bewältigung wirklich befriedigende Lösungen offenbar noch nicht gefunden sind. Ferner geht es um möglicherweise aus der zunehmenden Konsolidierung zwischen verschiedenen Typen von Finanzdienstleistern resultierende Gefahren, etwa im Hinblick auf die zahlenmäßige Zunahme besonders großer und bedeutender Einheiten mit immer komplexeren Management-Strukturen oder Gefahren durch „Ansteckung“ aus Nichtbankgeschäften.8 Schließlich ist das Verlustrisiko zu nennen, das aus hohen Engagements in und gegenüber Ländern resultieren kann, in denen sich eine umfassende Wirtschafts- und Finanzkrise vollzieht; ein aktuelles Beispiel hierfür bietet Argentinien.9 Neben neuartigen Risiken erweist sich überdies auch in jüngster Zeit wieder in besonderer Schärfe, daß auch dichte staatliche Regulierung keineswegs besondere Vorsicht bei der Kreditvergabe in „guten“ Zeiten garantiert, was zu Kreditausfällen und damit zu einem durchaus klassischen Krisenpotential in Zeiten wirtschaftlicher Depression führen kann.10 Insoweit ist zwar festzuhalten, daß auch dann, wenn sich derartige Gefahren realisieren, im Regelfall keine „höhere Gewalt“ vorliegt, das Fehlschlagen also nicht zurückgeht auf unkontrollierbare Entwicklungen im Marktumfeld als solche, sondern in erster Linie – wie im übrigen bei fast allen Bankeninsolvenzen in der Vergangenheit11 – auf Fehler der Geschäftsleitung, deren Aufgabe es gewesen wäre, entsprechenden Gefahren wirksam vorzubeugen. Auch wenn die eigentlichen Inolvenzursachen also trotz veränderter Rahmenbedingungen keineswegs neu sind, bleibt es indessen bei dem Befund, daß die Stabilität auf den Finanzmärkten in Anbetracht des veränderten Marktumfelds eher abnehmen als wachsen dürfte.

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Siehe noch unten § 2 sub C. II. Vgl. insoweit G-10, Consolidation, S. 3 f., 6 f. Anschaulich für die Risiken aus einer zunehmenden Dominanz von Handelsgeschäften im Geschäftsportfolio von Großbanken nunmehr auch o.V., Banks: Trading wars, in: The Economist v. 28.8.2004, S. 13; o.V., Deutsche Bank: A giant hedge fund, in: The Economist v. 28.8.2004, S. 61 f. 9 Vgl. zu den Auswirkungen der Krise in Argentinien auf ausländische Banken etwa o.V., Should I stay or should I go? Argentina’s imploding banks, The Economist v. 19.1.2002, S. 65 f.; siehe auch Asser, S. 1 f., 9; allgemein zu Länderrisiken statt aller Möschel, ZBB 1989, 168, 169 f. m. w. N.; Dale, Regulation, S. 75 ff. 10 Vgl. z. B. die Studie des in London ansässigen Centre for the Study of Financial Innovation: „Banana Skins 2002: The CSFI’s annual survey on the risks facing banks“, www.csfi.fsnet.co.uk; siehe auch FSA, Risk Assessment 2003; BIZ, Bank Failures, S. 1 und passim sowie allgemein auch Caprio/Klingebiel, S. 9 ff. auf der Basis umfassender empirischer Analysen zu Bankenkrisen weltweit. 11 Vgl. unten § 2 sub B. I. bei und in Fn. 59 (für Deutschland). 8

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1. Teil: Grundlagen

B. Bankeninsolvenzrecht und Regulierung des Bankensektors Die rechtliche Behandlung von Bankeninsolvenzen ist nicht so sehr im allgemeinen Insolvenzrecht verwurzelt als vielmehr im besonderen Ordnungsrahmen für die staatliche Regulierung des Kreditwesens und die Aufsicht über diesen Sektor. Wie zu sehen sein wird, weichen die Lösungsansätze in beiden hier untersuchten Rechtsordnungen jeweils (z. T. signifikant) von insolvenzrechtlichen Konzeptionen ab. Sie basieren auf aufsichtsrechtlichen Parametern (wie etwa besonderen Eigenmittelanforderungen), schaffen Sonderzuständigkeiten für die Staatsaufsicht gegenüber dem allgemeinen Insolvenzrecht und setzen dessen Abwicklungsfunktion zum Teil zugunsten verwaltungsrechtlicher Instrumentarien außer Kraft. Eben weil das allgemeine Insolvenzrecht an sich eine tragende Stütze eines jeden marktwirtschaftlichen Ordnungsrahmens darstellt,12 ist indessen gerade die Sonderbehandlung eines gesamten Sektors gegenüber diesen allgemeinen Bestimmungen von hohem Interesse. Wenn für Bankeninsolvenzen die allgemeinen Regelungsrezepte jedenfalls teilweise durch ein komplexes System der präventiven Regulierung und besondere Vorschriften für die Krisenbewältigung ersetzt werden, dann verheißt der Blick auf die Gründe dafür zugleich Rückschlüsse auf das Marktverständnis, die Ordnungsfunktion des Rechts für die Marktwirtschaft, die wirtschaftliche Funktion des Insolvenzrechts und mögliche Grenzen – mithin auf vielfältige rechtspolitische Grundfragen, die in der vorliegenden Arbeit hin und wieder anklingen werden. Es geht insofern nicht um die Untersuchung neuer, weltweit diskutierter Konzepte, die – weit im Vorfeld der eigentlichen Krisenbewältigung – bereits das Aufkommen einer Krise durch präventive Strukturreformen zu verhindern suchen. In diesen Bereich fällt etwa die Trennung von reinen Bank- und Investmentfunktionen, wie sie in den USA der sog. Glass-Steagall-Act bis 1999 für alle Banken vorgeschrieben hatte.13 Hierzu gehören auch neuere, ebenfalls US-amerikanische Forderungen nach sog. Narrow Banks, Bankinstituten, die die hereingenommenen Einlagen nur in sicheren Staatsanleihen oder in Wertpapiere mit außerordentlich hohen Credit Ratings sollen investieren dürfen.14 Derartige Konzepte, die sich mit der Insolvenzverhinderung befassen, liegen außerhalb des hier zu behandelnden Themas, soweit sie fundamentale Neuordnungen des Bankensektors insgesamt 12

Siehe noch im einzelnen unten § 4 sub A. Hierzu statt aller Gruson, ZBB 2000, 153, 154 ff. 14 Vgl. aus dem deutschsprachigen Schrifttum nur Schöner, S. 198 f. m. w. N.; aus dem angelsächsischen etwa Miller, in: Lastra/Schiffman (Hrsg.), S. 37, 60 ff.; ferner die Nachw. bei De Bandt/Hartmann, in: Goodhart/Illing (Hrsg.), S. 249, 261. 13

§ 1 Einleitung

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zum Gegenstand haben, zumal die Realisierungsaussichten derartiger Forderungen im allgemeinen ohnehin eher negativ zu bewerten sein dürften. Daß die staatliche Aufsicht über das Kreditwesen insgesamt in der heutigen Welt als Datum aufzufassen und Alternativen – etwa durch verstärkte Selbstregulierung der Marktteilnehmer oder in der Extremform durch totale Bankenfreiheit („free banking“)15 – schon aufgrund historischer Erfahrungen politisch inakzeptabel und daher in jeder Hinsicht aussichtslos sind,16 wird für die vorliegende Arbeit bei alledem ausdrücklich akzeptiert. Auch auf der Basis der weithin herrschenden Meinung in Wirtschafts- und Rechtswissenschaft, der staatliche Eingriff in Marktvorgänge auf dem Gebiet des Kreditwesens sei wünschenswert und erforderlich im Interesse noch näher zu definierender Gemeinwohlbelange,17 bleibt es indessen notwendig, die bestehenden Konzepte auf ihre Tauglichkeit zu überprüfen. Gerade weil zum staatlichen Markteingriff als Grundkonzept realistische Alternativen nicht bestehen, erscheint eine genaue Prüfung geboten, wie sich dieser Eingriff im einzelnen auswirkt, und ob die damit verbundenen positiven wie negativen Konsequenzen die Ausgestaltung des Eingriffsinstrumentariums tatsächlich rechtfertigen. Entsprechende Ansätze finden sich zunehmend im US-amerikanischen Schrifttum und der dortigen Gesetzgebungspraxis;18 hierzulande hingegen wird an den bestehenden Konzepten kaum je gezweifelt.19 Regulierung ist kein Selbstzweck, sondern soll bestimmte Schutzziele erreichen, ohne ihrerseits neue Gefährdungen hervorzurufen oder vorhandene zu verstärken. Die vorliegende Arbeit verkennt nicht, daß mit der Sicherheit des Bankensektors wichtige gesamtwirtschaftliche und sozialpolitische Gemeinwohlbelange auf dem Spiel stehen. Sie dient der 15 Siehe zur „free banking“-Schule in der angloamerikanischen wirtschaftswissenschaftlichen Literatur statt aller Burghof, S. 97 ff. 16 Vgl. deutlich z. B. Goodhart u. a., Financial Regulation, S. 3 f. 17 Siehe hierzu ausf. die Diskussion unten sub § 4. 18 Benston/Kaufman (1995) 9 Journal of Financial Services Research 209, 236; vgl. auch Calomiris/Gorton, in: Hubbard (Hrsg.), S. 109: „Increasingly, regulators appear to be seeking to balance the benefits of banking stability against the apparent costs of bank regulation.“ Kaufman, (1996) 16:1 Cato Journal 17, 18, urteilt gar: „(. . .) the bulk of the evidence suggests that the greatest danger of systemic risk comes not from the damage that may be imposed on the economy from a series of bank failures, but from the damage that is imposed on the economy from the adverse effects of poor public policies adopted to prevent systemic risk.“ Siehe auch noch im einzelnen unten § 4. 19 Das gesetzliche Instrumentarium für Eingriffsbefugnisse nach deutschem Recht im Krisenfall ist, soweit ersichtlich, weder im Gesetzgebungsverfahren zur Insolvenzrechtsreform noch in jenem zur institutionellen Neuordnung der Aufsichtsstruktur 2001 in Zweifel gezogen worden. Siehe auch die positive Bewertung des bestehenden Regelungsmodells im Zweiten Bericht der Kommission für Insolvenzrecht, S. 174 ff.; vgl. in diesem Sinne auch Pannen, Krise und Insolvenz, S. 3, 113.

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1. Teil: Grundlagen

Untersuchung, ob diesen Gemeinwohlbelangen im Verhältnis zu den individuellen Interessen und Rechtspositionen einzelner Verfahrensbeteiligter tatsächlich Rechnung getragen wird. Sicherlich ist dabei zutreffend, daß sich das deutsche Kreditwesen seit dem 2. Weltkrieg als außerordentlich stabil erwiesen hat und daß es kaum je zu Einzelausfällen gekommen ist, die Auswirkungen von überregionaler Bedeutung nach sich gezogen hätten. Ob dies auf eine besonders effektive Aufsicht zurückzuführen ist oder nicht eher auf ein insgesamt bislang weitgehend prosperierendes gesamtwirtschaftliches Umfeld, kann hier nicht überprüft werden. Fraglich ist jedoch, ob sich angesichts der bisherigen relativen Ruhe im Markt die Behauptung halten läßt, das geltende rechtliche Instrumentarium für die Krisenbewältigung im Kreditwesen habe sich vollumfänglich bewährt.20 Mit vielleicht größerer Berechtigung ließe sich behaupten, dieses Instrumentarium habe sich einer wirklichen Herausforderung bislang noch gar nicht stellen müssen. Auch auf der Basis dieser Erwägung erscheint der hier zu unternehmende Versuch einer erneuten Bewertung potentiell gewinnbringend. C. Bankeninsolvenzen und wirtschaftspolitischer Hintergrund Als Teil des Rechtsrahmens für die Bankenregulierung unterliegen auch die hier zu untersuchenden Krisenbewältigungsmechanismen wirtschaftspolitischen Vorgaben. Als gesamtwirtschaftliches Problem haben Bankeninsolvenzen nicht lediglich das Interesse der Rechtswissenschaft, sondern vor allem auch – und in erheblich stärkerem Umfang – der Wirtschaftswissenschaften auf sich gezogen. Es sind letztlich vor allem wirtschaftswissenschaftliche Arbeiten, die im Verlaufe des 20. Jahrhunderts zunehmend differenzierte Folgerungen aus konkreten Bankenkrisen gezogen und daraus Anforderungen an die Regulierungsmechanismen abgeleitet haben. Die rechtlichen Ansätze für die Bewältigung von Bankenkrisen stellen insofern den Versuch dar, ein genuin wirtschaftliches Problem juristisch erfaßbar und bewältigbar zu machen – ein Problem, das betriebswirtschaftliche wie auch volkswirtschaftliche Bezüge aufweist. Insofern dürfte es durchaus naheliegen, die hier zur Untersuchung anstehenden Fragen zum Gegenstand interdisziplinärer Studien zu machen, was freilich im Rahmen einer rechtswissenschaftlichen Arbeit nur sehr eingeschränkt möglich ist. Vorliegend sollen die Ergebnisse wirtschaftswissenschaftlicher Forschung jedoch wenigstens insoweit in die Untersuchung einbezogen werden, als ihre Erörterung für das Verständnis der Grundprobleme sinnvoll, wenn nicht 20

Vgl. erneut die Nachw. oben Fn. 19.

§ 1 Einleitung

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erforderlich erscheint; kontroverse Lehrmeinungen sind dabei jeweils als solche gekennzeichnet.21 Die vorliegende Arbeit ist bestrebt, den wirtschaftspolitischen Kontext stets deutlich herauszustellen und die juristischen Lösungen konkret an den so ermittelten Vorgaben zu messen. Wie zu sehen sein wird,22 enden die Möglichkeiten einer formellen, verfahrensrechtlichen Krisenbewältigung indessen möglicherweise dort, wo aufgrund der besonderen Bedeutung des betroffenen Kreditinstituts gesamtwirtschaftliche Interessen in einem Maße tangiert sind, daß typischerweise eine rasche, informelle Entscheidung unter Beteiligung der Regierung oder der jeweils zuständigen Zentralbank zu erwarten ist. Diese Entscheidung wird dann weniger juristischer als vielmehr wirtschaftspolitischer Natur und insofern vor allem durch gesamtwirtschaftliche Erwägungen getragen sein. In der vorliegenden Arbeit können die insoweit maßgeblichen Erwägungen selbstverständlich nicht zur letzten Befriedigung geklärt werden. Doch dürfte deutlich sein, daß das Anwendungsfeld einer verfahrensrechtlichen Lösung, deren Untersuchung hier im Vordergrund steht, durch eben diese wirtschaftspolitischen Ausnahmen (möglicherweise nicht explizit, aber doch faktisch) begrenzt wird, was wiederum zur Konkretisierung der wirtschaftspolitischen Vorgaben an die verfahrensrechtlichen Einzelheiten beiträgt. Die Arbeit wird insoweit zu versuchen haben, genauere Kriterien für eben diese Grenzziehung zu entwickeln, und sie wird auch danach fragen, ob und ggf. welche rechtlichen Lösungen für Fälle jenseits des Kreises „normaler“ Insolvenzfälle zur Verfügung stehen. D. Zum Forschungsstand Das Thema ist historisch vor allem im unmittelbaren zeitlichen Kontext mit bestimmten Insolvenzfällen von Interesse gewesen. Nicht nur die wissenschaftliche Debatte, sondern auch die gesetzgeberische Reaktion zeichnet daher in gewisser Hinsicht die konjunkturelle Lage nach. In Deutschland finden sich – z. T. erheblich veraltete – rechtswissenschaftliche Arbeiten zu einzelnen Aspekten wie den Schutzzielen der Aufsicht, zur Konzeption des aufsichtlichen Eingriffsinstrumentariums für den Krisenfall,23 zu Fragen der Einlagensicherung24 sowie zur Staatshaftung für fehlsame Bankenaufsicht.25 Eine neuere Arbeit von Pannen26 widmet sich 21

Allgemein zur Verwertbarkeit ökonomischer Erkenntnisse insoweit schon Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 24. 22 Vgl. unten § 17. 23 Siehe insbesondere die Arbeiten von Huber und Neeff. 24 Siehe im einzelnen die Nachw. unten § 12 sub D. 25 Dazu unten § 15 sub C. I.

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1. Teil: Grundlagen

in erster Linie verfahrensrechtlichen Belangen, konzentriert sich im wesentlichen auf die (bereits in der Kommentarliteratur umfassend aufbereitete) lex lata und befaßt sich eher mit Standardproblemen. Lediglich überblicksweise wird zur Frage der grenzüberschreitenden Bankeninsolvenz Stellung genommen. Eine Stellungnahme zu den wirtschaftspolitischen Vorgaben und Folgerungen daraus fehlt nahezu gänzlich.27 Die grundlegende Studie von Möschel zum „Wirtschaftsrecht der Banken“28 ist nicht primär auf das vorliegend untersuchte Thema bezogen und z. T. auch überholt. In England fällt der Befund ähnlich bescheiden aus. Wissenschaftlich abgehandelt ist die Frage der Krisenbewältigung (als Randfrage) in der 1996 erschienenen Dissertation von Hadjiemmanuil,29 die aber aufgrund der Änderung des Rechtsrahmens für die Finanzaufsicht insgesamt30 inzwischen leider überholt ist. Ein ebenfalls inzwischen weitgehend überholter Sammelband von Oditah u. a.31 widmet sich einzelnen Verfahrensfragen aus der Sicht des Praktikers. Eine Reihe von Aufsätzen behandelt in jüngerer Zeit im Zusammenhang mit noch andauernden konkreten Verfahren die Frage der Staatshaftung für fehlerhafte Bankenaufsicht.32 Zum neuen Recht findet sich nur die – vielfach eher kursorische – Abhandlung von Campbell/Cartwright.33 In jüngerer Zeit ist darüber hinaus eine Reihe von Untersuchungen veröffentlicht worden, die sich zum Teil in abstrakter Form und ohne eingehende Untersuchung einzelner Rechtsordnungen bestimmten Teilaspekten widmen,34 zum Teil aber auch Gesamtdarstellungen anstreben.35 Dabei nimmt die Zahl von Studien zu, die auf die Initiative Internationaler Finanz26

Krisen und Insolvenzen bei Kreditinstituten, Diss. Hamburg 1999, Köln 2000. Insoweit ist lediglich auf die Darstellungen von Bieg, S. 5–38; Mösbauer, S. 251–339 (ausschließlich zum deutschen Recht und ohne vertiefte Auseinandersetzung mit den wirtschaftspolitischen Grundlagen) zu verweisen. 28 Möschel, Das Wirtschaftsrecht der Banken, Frankfurt a. M. 1971; siehe auch ders., FS Stimpel, S. 1065 ff. 29 Hadjiemmanuil, Banking Regulation and the Bank of England, (Diss. UCL London 1995), London u. a. 1996. 30 Hierzu unten § 2 sub C. II. 31 Oditah (Hrsg.), Insolvency of Banks: Managing the Risks. A specially commissioned Report, London 1996. 32 Siehe dazu die Nachweise unten § 15. 33 Campbell/Cartwright, Banks in Crisis. The legal response, Aldershot 2002. 34 Mit Blick auf die Rechtsentwicklung in Schwellenländern siehe etwa Lastra/ Schiffman (Hrsg.), Bank Failures and Bank Insolvency Law in Economies in Transition, Den Haag u. a. 1999; vgl. auch – mit Vorschlägen für eine konzeptionelle Neuausrichtung der Grundsätze für die Krisenbewältigung in Reaktion auf die skandinavische Bankenkrise der 1990er Jahre – Mayes/Liuksila (Hrsg.), Who pays for Bank Insolvency?, Basingstoke 2004. 27

§ 1 Einleitung

institute oder anderer mit der sationen und das Bestreben practice“ auch im Hinblick nismen insbesondere für den wickeln.36

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Entwicklung von Standards befaßten Organizurückgehen, eine Art internationaler „best auf einheitliche KrisenbewältigungsmechaBankensektor von Schwellenländern zu ent-

Wie bereits angedeutet, finden sich wirtschaftswissenschaftliche Untersuchungen zu Bankenkrisen und ihren Auswirkungen bislang vor allem im angelsächsischen, insbesondere im US-amerikanischen Schrifttum, und hier zuvörderst im Hinblick auf Grundlagenfragen der Regulierung sowie auf die Rechtfertigung und Auswirkungen einzelner Lösungsansätze. Umfassend diskutiert worden sind insbesondere die Bedeutung der Einlagensicherung im Zusammenspiel aufsichtsrechtlicher Instrumentarien sowie die Funktion der Zentralbank als Lender of Last Resort. Auf beide Aspekte wird noch einzugehen sein.37 In jüngerer Zeit haben die Ergebnisse dieser Arbeiten zunehmend auch Eingang ins deutsche wirtschaftswissenschaftliche Schrifttum gefunden.38 35 So die Untersuchung von Hüpkes, The Legal Aspects of Bank Insolvency: A Comparative Analysis of Western Europe, the United States, and Canada, Den Haag u. a. 2000; vgl. auch Giovanoli/Heinrich (Hrsg.), International Bank Insolvencies: A Central Bank Perspective, Den Haag u. a. 1999 mit zahlreichen Landesberichten zu verfahrensrechtlichen Fragen und Sonderproblemen der grenzüberschreitenden Bankeninsolvenz; Gup, Bank Failures in the Major Trading Countries of the World. Causes and Remedies, Westport 1998. 36 Vgl. in dieser Hinsicht etwa Asser, Legal Aspects of Regulatory Treatment of Banks in Distress, Washington (IMF) 2001; Caprio, Banking on Crises: Expensive Lessons from Recent Financial Crises, Washington (World Bank) Juni 1996; Goldstein/Turner, Banking Crises in Emerging Economies: Origins and Policy Options (BIS Economic Papers No. 46), Basel (BIZ) 1996; Sbracia/Zaghini, Crises and contagion: the role of the banking system (BIS Papers No. 1), Basel (BIZ) 2001, S. 241 ff.; Sheng, Bank restructuring: Lessons from the 1980s, Washington (World Bank) 1996; Basler Ausschuß für Bankenaufsicht, Regulatory Treatment of Banks in Distress (2001). Ein erster, allerdings wenig konkretisierter Ansatz für die Entwicklung internationaler Standards für die Bankenaufsicht allgemein findet sich etwa in den 1999 vom Basler Ausschuß für Bankenaufsicht veröffentlichten „Core Principles for Effective Banking Supervision“; vgl. allgemein zu Bemühungen um eine Konvergenz der Aufsichtspraktiken, Hüpkes, Legal Aspects, S. 9 ff. m. w. N.; Walker, International Banking Regulation, S. 83 ff., insbes. 131 ff. 37 Zu den gesamtwirtschaftlichen Bezügen von Bankeninsolvenzen und Folgerungen noch unten § 4 sub B. II.; zur Bedeutung des Lender of Last Resort unten § 17 sub B. II. 1. 38 Vorliegend von Interesse sind insbesondere die Studien von Bonn, Bankenkrisen und Bankenregulierung (Diss. Bochum 1997), Wiesbaden 1998; Burghof, Eigenkapitalnormen in der Theorie der Finanzintermediation (Diss. München 1998), Berlin 1998, sowie von Vogel, Bankenregulierung. Die Zielsetzungen Einlegerschutz und Stabilität des Bankensystems, Diss. Würzburg 1990. Aufschlußreich ferner, allerdings ohne Befassung mit dem neueren US-amerikanischen Schrifttum, schon die

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1. Teil: Grundlagen

Dabei ist zu beachten, daß die eigentliche Krisenbewältigung in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur üblicherweise als Randfrage behandelt wird; im Mittelpunkt stehen vielmehr die Grundkonzeption der Aufsicht im allgemeinen und besondere Themenkomplexe wie die Krisenprävention durch Eigenmittelbestimmungen, Einlagensicherungssysteme oder verschiedene Bedrohungsszenarien für das Übergreifen einer einzelnen Krise auf andere Institute und die Gesamtwirtschaft.39 Soweit ersichtlich, fehlt eine Analyse gerade der insolvenzrechtlichen Bezüge des Themas und der Tauglichkeit der verschiedenen juristischen Instrumentarien aus ökonomischer Sicht gänzlich. E. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands und Gang der Darstellung Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit ist das „Bankeninsolvenzrecht“ in Deutschland und England40 aus rechtsvergleichender Sicht. Der Begriff der „Bank“ wird insoweit idealtypisch und synonym verwendet mit dem des „Kreditinstituts“; die Definition des letzteren in Art. 1 Nr. 1 der EG-Bankrechtsrichtlinie 2000/12/EG41 bietet eine für die vorliegende Untersuchung taugliche Arbeitsdefinition: „Bank“ oder „Kreditinstitut“ soll insofern verstanden sein als „ein Unternehmen, dessen Tätigkeit darin besteht, Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegenzunehmen und Kredite für eigene Rechnung zu gewähren“. Das „Bankeninsolvenzrecht“ in dem hier verstandenen Sinne meint alle rechtlichen Mechanismen zur Krisenbewältigung, also neben den insolvenzrechtlichen Bestimmungen im engeren Sinn auch das nachfolgend näher zu untersuchende aufsichtsrechtliche Eingriffsinstrumentarium. aus einem Gutachten hervorgegangene „Bankpolitik“ von Stützel, 3. Aufl., Frankfurt 1984; Seifert, Privilegierung und Regulierung im Bankwesen. Ein Beitrag zur ordnungspolitischen Problematik branchenorientierter Strukturpolitik (Diss. Bochum 1982), Baden-Baden 1984. 39 Siehe noch im einzelnen unten §§ 4, 17. 40 Der Financial Services and Markets Act 2000 als Rechtsgrundlage für die Finanzaufsicht (dazu noch unten § 3 sub C. II.) gilt zwar für das gesamte Vereinigte Königreich; für Unternehmen in Wales, Schottland und Nordirland stellen sich jedoch einzelne insolvenzrechtliche Sonderprobleme. Wegen der herausragenden Stellung Londons als Finanzzentrum erscheint die Beschäftigung damit vorliegend verzichtbar; die nachfolgende Darstellung befaßt sich mithin ausschließlich mit der Rechtslage nach englischem Recht. 41 Richtlinie 2000/12/EG über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute v. 20.3.2000, ABlEG Nr. L 126/1. Die zitierte Definition hat ihren Ursprung bereits in der 1. Bankrechtskoordinierungsrichtlinie von 1977, siehe noch unten § 3 sub B. I. 3.

§ 1 Einleitung

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Nicht behandelt werden die sich aus Anstaltslast und Gewährträgerhaftung ergebenden Sonderprobleme bei kommunalen Sparkassen und Landesbanken in Deutschland42 sowie die Institutssicherung bei Genossenschaftsbanken43 und die besonderen Rechtsprobleme der Insolvenz von Hypothekenbanken.44 Ausgeklammert bleiben auch die aus der Verbindung und Vernetzung von Banken mit sonstigen Finanzdienstleistern resultierenden Risiken, die weitergehende Ansteckungsrisiken begründen, aber eher mit Blick auf die präventive Regulierung von Bedeutung sind. Ebensowenig erfaßt werden die mit der Tätigkeit von Kreditinstituten als Verwahrer von Wertpapieren zusammenhängenden besonderen Problemstellungen, auch weil die Funktion von Banken im Wertpapierhandel in Deutschland und England durchaus unterschiedlicher Natur ist.45 Die Arbeit sieht sich einem gewissen Ziel- und Methodenkonflikt ausgesetzt. Ziel ist zum einen der „Systemvergleich“ – der Vergleich der grundlegenden (zumindest in ihrer technischen Ausgestaltung außerordentlich unterschiedlichen) Konzepte, die hinter dem geltenden Recht stehen. Dies legt bei vordergründiger Betrachtung gewissermaßen eine „Vogelperspektive“ nahe; die Arbeit wird zu berücksichtigen haben, daß sich ein 1:1-Vergleich nicht im Hinblick auf jedes Detailproblem wird bewerkstelligen lassen, da die unterschiedlichen Konzepte eben auch unterschiedliche Anwendungsprobleme – auf verschiedenen Ebenen – zeitigen. Andererseits sind es gerade die Konsequenzen der Anwendung im Detail, derentwegen sich ein 42 Vgl. etwa Thode/Peres, BB 1997, 1749 ff.; Dowe, S. 30 ff.; Schöner, S. 54 ff.; Schneider, FS Steindorff, S. 1393, 1397 ff.; H.-G. Vogel, ZBB 2001, 103 ff. sowie Gleske, passim; aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht Finzel/Thuy, ORDO 47 (1996), 240 ff. Zum Verhältnis zwischen Anstaltslast und Gewährträgerhaftung bei öffentlichen Sparkassen Jarass, WM 2002, 941 ff.; zu den Konsequenzen der Verständigung zwischen Bundesregierung und EG-Kommission über eine Reduktion des Sonderstatus öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute insoweit Wiesel, ZBB 2002, 288 ff. m. w. N. Zur Absicherung der Einlagen bei öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten und Genossenschaftsbanken siehe neuerdings – mit aktuellem Zahlenmaterial – auch M. Wagner, S. 12 f. und passim. 43 Siehe Dowe, a. a. O. 44 Hierzu näher – teilweise veraltet, aber hinsichtlich der Grundsatzfragen nach wie vor aktuell – Stürner, Hypothekenbank, passim. 45 Insoweit kann verwiesen werden auf die Arbeit von Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, insbes. S. 51 f., 195 ff. zum Insolvenzprivileg nach § 32 DepotG (freilich zur Rechtslage unter der Konkursordnung), 205 f. zum Insolvenzschutz bei vollständiger Entstückung des Effektenverkehrs, 297 f. zur Rechtslage bei Insolvenzen von Beteiligten bei Wertpapiertransaktionen nach englischem Recht, 436 ff. zur Rechtslage bei Insolvenzen im grenzüberschreitenden Effektenhandel und 587 ff. zu möglichen Lösungsansätzen. Zu den Auswirkungen der EG-Richtlinie über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen (RL 98/26/EG, siehe noch unten § 9 sub B. I.) insoweit siehe Einsele, WM 2001, 2415 ff.

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1. Teil: Grundlagen

Regelungsmodell bewährt oder nicht bewährt; der Blick aufs Detail wird sich auch schon deshalb empfehlen, weil der bloß konzeptionelle Vergleich, der Blick lediglich auf „Prinzipien“ statt (auch) auf technische Anwendungsprobleme, kaum praktischen Nährwert besitzen dürfte. Im vorliegenden 1. Teil der Arbeit sollen die historischen und wirtschaftspolitischen Grundlagen für die nachfolgende Untersuchung gelegt werden, auf die wiederholt zurückzukommen sein wird. Die nachfolgende Analyse vergangener Bankenkrisen (§ 2), der Grundmuster des geltenden Aufsichtsrechts und besonderer Ansätze für die Krisenbewältigung (§ 3) sowie der wirtschaftspolitischen Grundkonzeption des Bankenaufsichtsrechts und den entsprechenden Anforderungen an die Krisenbewältigungsmechanismen (§ 4) lenkt den Blick insoweit zunächst vor allem auf die Frage der Verfahrenswahl – inwieweit besteht die Notwendigkeit, das Verfahren zur Krisenbewältigung gegenüber dem normalen Insovenzverfahren zu modifizieren, ggf. die allgemeinen Regeln gar vollständig zu ersetzen? Die Arbeit wird zeigen, daß diese Frage in verschiedenen, auch den beiden hier untersuchten Rechtsordnungen durchaus unterschiedlich beantwortet wird, und sie wird daher im einzelnen zu untersuchen haben, inwieweit sich einzelne Lösungskonzepte praktisch bewährt haben, und welche Konsequenzen ihre Anwendung hat. Diese Aspekte stehen im Mittelpunkt des nachfolgenden 2. Teils, der sich in drei Unterabschnitte zu den Eingriffsinstrumentarien als solchen, ihren rechtlichen Auswirkungen sowie den Verfahrenszielen und der Rechtsstellung der Beteiligten gliedert. Im ersten dieser Unterabschnitte werden zunächst (§ 5) die tatbestandlichen Eingriffsvoraussetzungen und sodann (§ 6) die in beiden Rechtsordnungen im einzelnen zur Verfügung stehenden Handlungsmöglichkeiten untersucht; eine vergleichende Zusammenfassung (§ 7) folgt. Der zweite Unterabschnitt enthält sodann zunächst einen knappen Überblick über die Rechtswirkungen im allgemeinen (§ 8), bevor drei wesentliche Problemkonstellationen exemplarisch beleuchtet werden sollen: die Auswirkungen der Bankeninsolvenz auf die Teilnahme an Zahlungssystemen (§ 9), auf die Rechtsbeziehungen im Zahlungsverkehr zwischen Bank und Bankkunden (§ 10) sowie auf Finanzmarktkontrakte (§ 11). Abschließend werden die Auswirkungen der Maßnahmen auf die Einlagensicherung zu untersuchen sein (§ 12). Der dritte Unterabschnitt schließlich befaßt sich vor dem Hintergrund der zuvor gewonnenen Ergebnisse im einzelnen mit den Verfahrenszielen Sanierung und Liquidation (§ 13), dem Rechtsschutz zugunsten der Verfahrensbeteiligten (§ 14) sowie der Frage der Staatshaftung für fehlerhafte Bankenaufsicht (§ 15). Im 3. Teil der Arbeit wird zunächst (§ 16) auf Sonderprobleme näher einzugehen sein, die sich im Rahmen einer grenzüberschreitenden Banken-

§ 2 Historische Bankenkrisen, Konsequenzen und Reaktionen

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insolvenz stellen; hier wird insbesondere die EG-Richtlinie über die Sanierung und Liquidation der Kreditinstitute vom 4. April 2001 in den Blick genommen. Schließlich ist zu untersuchen, inwieweit die zuvor diskutierten Modelle im Hinblick auf außergewöhnliche Krisensituationen modifiziert oder eingeschränkt werden müssen, und welche alternativen Arten formeller oder informeller Lösungsansätze für diese Fälle in Betracht kommen (§ 17). Abschließend (§ 18) sollen die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit in Thesenform zusammengestellt werden. Die Palette der zu behandelnden Teilprobleme ist mithin durchaus breit. Allerdings lassen sich vermutlich nahezu alle hier zu untersuchenden Aspekte auf zwei grundsätzliche, miteinander verknüpfte Fragen zurückführen: Sind Banken gegenüber „normalen“ Unternehmen in der Krise zu privilegieren, und bedarf die Bewältigung der Bankeninsolvenz technischer Sonderregelungen? Wie bereits angedeutet, wird die erste, rechtspolitische Frage üblicherweise (und nicht nur in den beiden hier untersuchten Rechtsordnungen) bejaht. Die Gründe hierfür sind vor allem wirtschaftspolitischer Natur und folglich im hier gesetzten Rahmen nur begrenzt bewertbar. Die nachfolgenden Abschnitte zum Stand der Gesetzgebung und der juristischen wie wirtschaftlichen Debatte werden sich vor allem darum bemühen, diese Gesichtspunkte zu illustrieren und damit einen Ausgangspunkt für die nachfolgenden Abschnitte zu schaffen, die sich in erster Linie der zweiten Frage widmen werden – der Frage nach der Notwendigkeit, der Legitimation und den Konsequenzen einer technischen Sonderregelung für die Bankeninsolvenz.

§ 2 Historische Bankenkrisen, Konsequenzen und Reaktionen A. Überblick Besondere gesetzliche Bestimmungen für Bankeninsolvenzen sind – anders als das Insolvenzrecht im allgemeinen – kein Produkt vielhundertjähriger Erfahrungsprozesse und Rechtstraditionen. Die gesetzliche und administrative Sonderbehandlung von Banken und Insolvenzfällen auf dem Gebiet des Kreditwesens ist vielmehr im wesentlichen ein Phänomen des 20. Jahrhunderts. Der Satz, es handle sich beim Recht der Bankenregulierung um eine „Verdichtung menschlicher Erfahrungen auf bankwirtschaftlichem Gebiet“,46 bedarf mithin zumindest hinsichtlich der zeitlichen Dimension einer gewissen Einschränkung. In der Tat aber ist die Herausbildung rechtlicher 46

Linhardt, Kreditkontrolle, S. 85; vgl. auch Honold, S. 1.

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1. Teil: Grundlagen

Normen für die Aufsicht und besondere Krisenbewältigungsmechanismen ein Resultat konkreter Erfahrungen mit Bankeninsolvenzen und sektorweiten Bankenkrisen.47 Gerade deshalb erscheint es geboten, die wesentlichen Fälle und die gesetzgeberischen Reaktionen darauf kurz zu beleuchten, nicht so sehr im Hinblick auf die konkret maßgeblichen Ursachen für den Insolvenzeintritt, die vorliegend nur am Rande interessieren, als vielmehr zur Ermittlung typischer mit Insolvenz und Zahlungseinstellung verbundener Gefahrenlagen, die juristisch zu bewältigen sind. B. Die Entwicklung in Deutschland I. Von der Bankenfreiheit zum Reichskreditwesengesetz 1934

Die Aufnahme und Ausübung des Kreditgeschäfts48 unterfiel in Deutschland bis weit in das 20. Jahrhundert der Gewerbefreiheit; noch die Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund von 1869 hatte die Anwendung dieses allgemeinen Prinzips auf Banken charakteristischerweise für so selbstverständlich gehalten, daß sie diese als besondere Kategorie von Gewerbebetrieben überhaupt nicht erwähnte:49 Gewerbefreiheit bedeutete in diesem Zusammenhang auch „Bankfreiheit“.50 In dieser Epoche – zumal während der wirtschaftlichen Prosperität nach der Reichsgründung 1871 – waren Ausfälle selten geblieben; traten sie ein, blieben die Auswirkungen beschränkt.51 Verschiedentliche Initiativen für die Einführung einer Staatsaufsicht über den Sektor seit den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts52 fanden 47 Beide sind zu unterscheiden: Als Bankeninsolvenz sei im folgenden der Ausfall eines einzelnen Instituts verstanden; bei Bankenkrisen handelt es sich um den Ausfall des gesamten Sektors bzw. weiter Teile desselben (systemic insolvency in der angloamerikanischen Terminologie). 48 Siehe zur Struktur des deutschen Kreditwesens im Zeitraum zwischen Reichsgründung und den Weltkriegen statt aller neuerdings Müller, S. 27 ff. m. w. N. 49 Die so gewahrte Zurückhaltung des Staates gegenüber dem Bankwesen hatte sich freilich zuvor ihrerseits aus einer Epoche stärkerer Einflußnahme zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert entwickelt: vgl. Honold, S. 37 m. w. N. und Überblick auch zur internationalen Entwicklung. 50 Honold, S. 6 f., 39 ff.; vgl. auch Pleyer, S. 116 f. m. w. N. sowie neuerdings Müller, S. 66 f., der freilich in der nachfolgenden Darstellung der Entwicklung des Aufsichtsrechts – wenig scharf – die allgemeine Bankenaufsicht im heutigen Sinne mit der besonderen Staatsaufsicht über die Reichsbank, die Sparkassen und das öffentliche Bankwesen und Hypothekenbanken vermischt. 51 Vgl. Pleyer, S. 117. Zum allgemeinen volkswirtschaftlichen Hintergrund vgl. etwa Nipperdey, Deutsche Geschichte 1866–1918, Bd. I, München (1994), S. 226 ff.; ebd. S. 265 ff. zur Entwicklung des Finanzsektors. Die Hintergründe der Weltwirtschaftskrise und die Auswirkungen auf den Finanzsektor beleuchten Eichengreen/Portes, in: Portes/Swoboda (Hrsg.), S. 10, 13 ff.

§ 2 Historische Bankenkrisen, Konsequenzen und Reaktionen

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entsprechend zunächst keinen Anklang. Auch das Reichsgesetz über Depotund Depositengeschäfte vom 26. Juni 192553 begründete – vorübergehend, nämlich nur bis 1929 – lediglich eine allgemeine Konzessionspflicht für Banken aus vornehmlich währungspolitischen Gründen, nicht aber eine Bankaufsicht im modernen Verständnis.54 Zum Katalysator für die moderne Rechtsentwicklung wurde erst der Zusammenbruch der „Darmstädter und Nationalbank“ (kurz: Danatbank) im Jahre 1931, in dessen Gefolge das deutsche Bankenwesen, bereits stark geschwächt durch die Weltwirtschaftskrise und durch die auf dem Deutschen Reich seit Ende des 1. Weltkrieges lastenden Reparationsverpflichtungen,55 nahezu vollständig kollabierte und nur mit massiver staatlicher Unterstützung wieder aufgerichtet werden konnte. Der Zusammenbruch der Danatbank, die – vor der Krise eine der sechs größten deutschen Banken – am 13. Juli 1931 ihre Schalter schließen mußte,56 war von grundlegender Bedeutung für die Entwicklung des Bankenaufsichts- und Bankeninsolvenzrechts.57 Jenseits der gesamtwirtschaftlichen Besonderheiten der 1930er Jahre58 bietet dieser Fall reiches Anschauungsmaterial zunächst hinsichtlich typischer bankinterner Fehleinschätzungen und -entwicklungen59 im Vorfeld 52

Vgl. Honold, S. 39 ff. RGBl. 1925-I, S. 89. 54 Vgl. – ausf. auch zur Vorgeschichte – Müller, S. 76 ff. 55 Umfassend zur wirtschaftlichen Entwicklung von 1913 bis 1931 Born, S. 15– 63; Honold, S. 43 ff. 56 Unmittelbarer Auslöser der Krise in Deutschland waren dramatische Verluste bei der Österreichischen Creditanstalt, die im Mai 1931 bekannt wurden und einen Vertrauensverlust nicht nur bei anderen österreichischen Instituten, sondern auch in Deutschland auslösten, wo die Banken allgemein und insbesondere die Danatbank unter vergleichbaren wirtschaftlichen Problemen litten, vgl. hierzu ausf. Born, S. 64 ff. 57 Die Bedeutung gerade dieses Einzelfalls wird m. E. eher unterschätzt bei Müller, S. 57 ff. 58 Der schon nach zeitgenössischer Einschätzung zwar eine erhebliche Bedeutung bei der „Grundlegung“ der Krise zukam, die aber auch durch erhebliche allgemeine bankwirtschaftliche Fehler entscheidend ergänzt wurde: vgl. Born, S. 157 m. w. N.; die ältere Darstellung von Honold, S. 54 ff., setzt die Akzente freilich anders und gewichtet als „erste Ursache“ den „verlorenen Krieg und die Reparationspolitik der Siegerstaaten“ mit den daraus resultierenden politischen, wirtschaftlichen und psychologischen Faktoren. Die von Born herangezogenen betriebswirtschaftlichen Daten scheinen demgegenüber eine Neubewertung zu rechtfertigen, ohne daß dies im vorliegenden Kontext ausführlich erörtert werden könnte. Wiederum stärker die wirtschaftspolitischen Vorbedingungen betont Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 205 ff., zusf. S. 214; auch er bestreitet freilich die Mängel in Geschäftsführung und Kreditpolitik nicht. 59 Zusammengefaßt: nicht ausreichende Liquidität, unausgewogenes Verhältnis von Eigen- und Fremdmitteln, Abhängigkeit von zu hohen Einzelengagements, ris53

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1. Teil: Grundlagen

einer Insolvenz. Im Gefolge des Ausfalls der Danatbank kam es zudem zu einem allgemeinen Vertrauensverlust in der Öffentlichkeit mit nachmaligem Einlagenabzug nicht nur bei der betroffenen Bank selbst60 und zur Zahlungsunfähigkeit weiter Teile des gesamten Bankensystems. In der Nachfolge des Danatbank-Zusammenbruchs fiel im damaligen Deutschen Reich die Zahl der Banken von 211 Provinz- und Lokalbanken (1929) auf 157; von den etwa 1.100 Privatbankiers (1929) waren 1932 nur 709 erhalten geblieben.61 Eine Statistik über Banken-, Sparkassen- und Leihhausinsolvenzen von 1928 bis Herbst 1940 verzeichnet in Deutschland 357 Fälle.62 Eindeutiger als diese Zahlen, die angesichts der Überbesetzung des Bankenmarkts vor der Krise noch als Zeichen einer heilsamen Schrumpfung auf ein erträgliches Normalmaß gewertet werden mochten,63 zeigte der Verlust des Eigenkapitals der privaten Kreditbanken von 1,74 Milliarden Reichsmark 1930 auf 1,17 Milliarden Reichsmark 1932 das zerstörerische Ausmaß der Krise (Mittelzuflüsse seitens des Reichs und der Golddiskontbank in Höhe von 306 Millionen Reichsmark bereits eingerechnet).64 Die Kreditversorgung der deutschen Wirtschaft erlitt im Zuge der Krise erhebliche Einbußen: Hatte das Volumen der Kurzkredite Ende 1930 noch 26,3 Milliarden Reichsmark betragen, so war Ende 1932 nur mehr ein Volumen von 19,5 Milliarden Reichsmark zu verzeichnen; drastische Auswirkungen auf die ohnehin schwache Konjunktur waren die Folge.65 Unmittelbar in der Krise griff die Reichsregierung zu auf Art. 48 WRV gestützten Notverordnungen, in deren Mittelpunkt zunächst die Anordnung allgemeiner „Bankfeiertage“ als Mittel stand, Ruhe in den Markt zu bringen und die „Flucht ins Bargeld“ zu stoppen, d.h. den „Run“ auf Einlagen, ohne daß dem eine Wiedereinlage des Geldes bei anderen Banken gefolgt wäre.66 Nachdem sich die Reichsbank geweigert hatte, als „Lender of Last kante Beteiligungspolitik, Kurspflege durch Ankauf eigener Aktien, Unterschätzung der wirtschaftlichen Risiken allgemein; vgl. zum Verhältnis der einzelnen Aspekte die Nachweise oben Fn. 58. Erhebungen auch außerhalb des Kreditsektors haben allgemein Fehlentscheidungen der Geschäftsleitung als Hauptursache für Unternehmensinsolvenzen ermittelt, vgl. etwa Grub/Rinn, ZIP 1993, 1583 ff. 60 Born, S. 107 f. zu Auswirkungen – bis hin zu drohenden weiteren Zahlungseinstellungen – auf andere Banken und Sparkassen unmittelbar nach Schließung der Danatbank. 61 Born, S. 174. 62 Ebd., S. 64. 63 Ebd., S. 174. 64 Born, S. 174 ff. mit umfangreichem weiteren Zahlenmaterial, u. a. auch zur Liquiditätsentwicklung sowie zum Gesamtvolumen staatlicher Beihilfen. Siehe zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise auch Müller, S. 61 ff. 65 Born, S. 178. 66 Vgl. die Darstellung bei Born, S. 109 ff.

§ 2 Historische Bankenkrisen, Konsequenzen und Reaktionen

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Resort“ Liquiditätsunterstützung zu gewähren,67 übernahm die Reichsregierung umfassende Garantien zugunsten der Kreditinstitute (im Verlauf der Krise offenbar über 68 Mio. Reichsmark) zur Wiederherstellung der Liquidität des Sektors und des Vertrauens der Bevölkerung in die Sicherheit der Bankeinlagen; im Zusammenhang hiermit wurden die Danatbank und die gleichfalls illiquide Dresdner Bank zwangsweise fusioniert.68 Die Widerstände gegen staatliche Eingriffe in die Bankenfreiheit zugunsten „der Sicherheit und Liquidität der Anlage von Depositen und Spargeldern im Wege der Gesetzgebung“69 blieben zwar bestehen,70 doch verloren sie an Gewicht angesichts des Ausmaßes der Krise, das den Boden für das erste deutsche Kreditwesengesetz von 1934 bereitete.71 Die Forderung nach einer staatlichen Beaufsichtigung aller Kreditinstitute gehört zu den sieben zentralen Resultaten der sog. Bankenenquête 1933, welche die Bankenkrise von 1931 analysieren und gesetzgeberische Maßnahmen zum Schutz vor einer Wiederholung dieses Szenarios erarbeiten sollte.72 Das Kreditwesengesetz von 1934 trug dem Rechnung und führte in Deutschland – konzeptionell teilweise zurückgehend auf die 1931 erlassenen Notverordnungen73 – erstmals im Wege formeller Gesetzgebung Regelungen für die Einrichtung einer Aufsichtsbehörde ein: das Aufsichtsamt für das Kreditwesen als zuständige Behörde mit Richtlinienkompetenz (vgl. §§ 30, 32 IV KWG 1934) für die Tätigkeit des ebenfalls neu eingeführten Reichskommissars 67

Zu den Hintergründen Born, S. 91 ff. Siehe zu Einzelheiten ausf. Born, S. 102–134. 69 So die Formulierung der „Frage Nr. 6“ der sog. „Bankenenquête“ von 1908/ 09; vgl. zur Diskussion verschiedener Konzepte, in der sich letztlich zunächst die Gegner von „gesetzgeberischen Experimenten“ zu Lasten einer „gesunden Entwicklung des deutschen Bankenwesens“ Pleyer, S. 116 ff. m. w. N.; ferner Müller, S. 82 f. Interessant insoweit sind die bereits in der ersten „Bankenenquête“ geäußerten Vorschläge u. a. für eine systematische Sammlung der Monatsausweise der einzelnen Banken, eine Einschränkung im Hinblick auf die Verwendung der Bezeichnungen „Bank“ und „Bankier“ sowie besondere Meldepflichten für Großkredite. Die ebenfalls diskutierte Einrichtung eines Bankenaufsichtsamtes wurde bereits in der abschließenden Resolution von 1909 nicht mehr erwähnt. Die gesetzliche Umsetzung der Ergebnisse noch vor dem Ersten Weltkrieg scheiterte indessen; nur einige deutsche Großbanken unterwarfen sich freiwillig gewissen Informationsverpflichtungen (Pleyer, S. 120; Honold, S. 41, jeweils m. w. N.). Erweitert wurden in der Nachfolge der „Bankenquête“ lediglich die Bilanzierungsvorschriften (Honold, S. 42). 70 Noch während der Krise 1931 sprach sich sogar der Präsident der Deutschen Reichsbank, Luther, gegen die Einrichtung einer staatlichen Bankenaufsicht aus: vgl. Born, S. 159. 71 Reichsgesetz über das Kreditwesen v. 5.12.1934, RGBl. 1934-I, 1203. 72 Honold, S. 62; Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 215 f. 73 Siehe hierzu Born, S. 155 ff.; Honold, S. 58 ff.; Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 201 ff.; zu ergänzenden Notverordnungen vgl. Honold, S. 61. 68

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1. Teil: Grundlagen

für das Kreditwesen als des für die Durchführung der Aufsicht und den Erlaß besonderer Maßnahmen zuständigen Exekutivorgans74 (vgl. §§ 3 ff. KWG 1934). Die Gewerbefreiheit, der man im liberalen Norddeutschen Bund und später auch im Deutschen Reich zugetraut hatte, auch im Kreditwesen letztlich zu einem segensreichen Ausgleich der beteiligten Interessen zu kommen – der Interessen einzelner wie der gesamten Volkswirtschaft – hatte sich nach allgemeiner Auffassung als unfähig erwiesen, die „Sprengkraft“ einer Bankenkrise einzudämmen und ein volkswirtschaftliches Desaster aufgrund dieser spezifischen Sprengkraft zu vermeiden. Die Bankenfreiheit war verabschiedet – mit lediglich einigem nachhallendem Grollen.75 II. Die weitere Entwicklung nach 1934

Die Zeit seit Ende des 2. Weltkriegs bzw. der Gründung der Bundesrepublik Deutschland war für das deutsche Kreditwesen geprägt von lang anhaltender, relativer Stabilität und Prosperität; zu größeren Krisen ist es nicht gekommen. Zwar wurden bereits zwischen 1950 und 1961 insgesamt 22 Kreditinstitute insolvent, wobei Fehler der Geschäftsführung, häufig in Verbindung mit realisierten Großkreditrisiken die Hauptursache bildeten.76 Zwischen 1961 und 1998 wurden weitere 45 Institute zwangsweise durch 74

Boden, S. 16 zur Vorgängerregelung in der Notverordnung. Vgl. noch 1957 die Kritik an den Regelungen des KWG von Linhardt, WuW 1957, 3, 13 ff., die anschaulich die Vorbehalte gegenüber einem Sonderstatus des Kreditwesens noch nach dem Zweiten Weltkrieg verdeutlicht: Das KWG sei ein „schlechtes, (. . .) aus nationalsozialistischem Geist geborenes Gesetz“, das die Bankenkrise von 1931 zum Anlaß für die „Entrechtung der Kreditwirtschaft und ihre Bevormundung durch den Staat“ genommen habe, wobei den Aufsichtsbehörden das notwendige Wissen durchaus fehle: „An der Kreditfront (. . .) herrscht eine andere Atmosphäre als in der Behördenluft, ein anderer Ton, ein anderer Geist, ein anderes Ziel als in den Amtsstuben. Da geht es in jedem Augenblick um den Mann und sein Wort. Da kann sich niemand hinter Gesetz, Verordnung, und Ausführungsbestimmungen (. . .) verbergen (. . .). Kann eine Behörde in Kreditfragen überhaupt vernünftig mitreden, wo es um den Kapitaleinsatz von hundert und tausend Instituten und das wirtschaftliche Schicksal von Millionen Sparern und Milliarden Einlagen geht, woran die Behörde mit keinem Pfenning beteiligt ist und selbst nichts riskiert?“ Ausdrücklich dagegen Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 217 f. Interessant erscheint in diesem Zusammenhang die zeitgenössische Bewertung des KWG 1934 aus englischer Sicht von Dark, in: Allen, S. 183, 199, demzufolge das KWG einen „compromise between a completely nationalised banking system and an entirely free one“ angestrebt habe. Differenzierend neuerdings das Urteil bei Müller, S. 443 ff. und passim, der – freilich ohne Auseinandersetzung mit zeitgleichen Parallelentwicklungen in anderen Staaten – zwar den Zusammenhang der Gesetzesentwürfe mit nationalsozialistischer Ideologie herausarbeitet, aber ebenfalls die weitgehende Ideologiefreiheit der „technischen“ Normen des Gesetzes betont. 75

§ 2 Historische Bankenkrisen, Konsequenzen und Reaktionen

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die Bankenaufsicht geschlossen.77 Nicht alle insolventen Institute wurden liquidiert; die Zahl der still abgewickelten Insolvenzen dürfte deutlich über den genannten Daten liegen.78 Häufig wurde eine derartige „stille“ Liquidation unter Beteiligung anderer Marktteilnehmer realisiert, die für eine Übergangszeit finanzielle Unterstützung gewährten und damit die Abwicklung des Geschäftsbetriebs ermöglichten.79 Selbst die schlagzeilenträchtigen Fälle Herstatt 197480 und SMH-Bank 198381 waren jedoch an sich allenfalls Fälle mittlerer Größenordnungen, so daß sich das Gesamtbild bislang als eines der relativen Ruhe präsentiert. Angesichts der relativen Ruhe zumindest bis 1974 verwundert es nicht, daß die Strukturen der Bankenaufsicht seit dem Erlaß des Reichskreditwesengesetzes trotz der Zäsuren durch das Dritte Reich, das Kriegsende und 76 Vgl. dazu Kübler, BFuP 1975, 162, 163 f. (mit namentlicher Übersicht), von Stein, passim und zusf. S. 216. Siehe auch bereits oben sub I. in Fn. 58 f. 77 Vgl. etwa Reischauer/Kleinhans, Einl. S. 12; Pannen, Krise und Insolvenz, S. 2. 78 Vgl. schon Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 242. 79 Siehe schon von Stein, passim sowie dort Übersicht im Anhang 3: 24 von 35 untersuchten Fällen; vgl. auch Bähre, ÖBA 1981, 182, 192 f. Ein Beispiel aus jüngster Zeit ist der Fall der Schmidtbank in Hof im Jahre 2001, vgl. hierzu noch unten § 12 sub D. III. 6. b). Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 243 f., berichtet über zwei weitere Fälle von „Insolvenzen etwas größerer Kreditinstitute“ in den Jahren 1963 und 1954, in denen jeweils eine Auffanglösung gefunden wurde. 80 Das 1955 (als Namensträgerin einer alten Traditionsbank neu-) gegründete Kölner Bankhaus I. D. Herstatt mußte im Juni 1974 auf Anordnung des BAKred geschlossen werden, nachdem umfangreiche Devisentermingeschäfte der Bank zu außergewöhnlich hohen Verlusten geführt hatten. Einen Tag nach der Schließung beantragte der persönlich haftende Gesellschafter Iwan David Herstatt die Eröffnung des Vergleichsverfahrens. Aus dem Ende September 1974 fertiggestellten Vergleichsstatus ergab sich ein vorläufiger Verlust von rund 1,2 Mrd. DM. Zur Zeit der Schließung belief sich die Zahl der Konten auf 78.000 bei insgesamt rund 52.000 Kunden; rund 30.000 Kunden fielen unter den bereits existierenden „Feuerwehrfonds“ des Bundesverbands Deutscher Banken, der Einlagen bis zur Höhe von 20.000,– DM abdeckte. Mehrere kleinere Kreditinstitute schlossen im Zusammenhang mit der Krise ebenfalls ihre Schalter, vgl. Kübler, BFUP 1975, 162, 163 f.; Samm, ÖBA 1976, 308, 309 Fn. 3. Ausf. zum Herstatt-Fall siehe etwa die betriebswirtschaftliche Analyse von Blei, der (S. 68 ff.) anhand der Geschäftsentwicklung der Jahre 1956–1973 gewichtige Fehlentscheidungen im Bankmanagement nachweist. Zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Falles für die Geschäftspartner im Zahlungsverkehr siehe noch unten § 9 sub A. III. 2. a) cc) (b) (1), zur Bedeutung des Falles für die Entwicklung der Einlagensicherung in Deutschland unten § 12 sub D. II. sowie zu staatshaftungsrechtlichen Implikationen unten § 15 sub C. I. 3. b), jeweils m. w. N. zu diesbezüglichen Entscheidungen aus der Rechtsprechung. 81 SMH (eine Abkürzung für die zusammengeschlossenen Privatbanken von Schröder, Münchmeyer, Hengst & Co.) erlitt erhebliche Verluste aufgrund realisierter Großkreditrisiken und weiteren Fehlern der Geschäftsführung. Vgl. dazu ausf. die Arbeit von Kramer, passim.

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1. Teil: Grundlagen

die Gründung der Bundesrepublik wenig verändert geblieben waren. Allerdings war das Reichsaufsichtsamt bereits mit der KWG-Neufassung von 193982 im Zuge der Neuorganisation der Reichsbank wieder aufgelöst und das Amt des bisherigen Reichskommissars für das Kreditwesen nunmehr in „Reichsaufsichtsamt für das Kreditwesen“ umbenannt worden. Faktisch handelte es sich um den Übergang der bisherigen Kompetenzen des Aufsichtsamts auf das Wirtschaftsministerium und der Befugnisse des Reichskommissars auf das neue Reichsaufsichtsamt, wobei die Aufsicht im engeren Sinne auf letzteres konzentriert wurde.83 Nach Kriegsende wurde das Aufsichtswesen, das 1944 durch eine neuerliche Auflösung des Reichsaufsichtsamts und die Übernahme seiner Funktionen durch das Reichswirtschaftsministerium umgestaltet worden war,84 zunächst bei prinzipieller Fortgeltung des KWG 1939 in den einzelnen Besatzungszonen unterschiedlich geregelt;85 nach Gründung der Bundesrepublik dann erfolgte die Bankenaufsicht einheitlich durch entsprechende Landesbehörden unter Aufsicht des Wirtschafts- bzw. Finanzministers.86 Das KWG blieb indessen als Bundesrecht weiter in Kraft, bis 1961 das neue, in seinen Grundzügen bis heute geltende Kreditwesengesetz den Vorkriegszustand einer einheitlichen Bankenaufsicht für das ganze Staatsgebiet in Gestalt des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen wiederherstellte.87 Keine der bis dahin aufgetretenen Bankeninsolvenzen hatte bei alledem auf diese Vorgänge größeren Einfluß; die Neuordnung 1961 beruhte eher auf Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten denn auf grundsätzlichen Zweifeln an der Leistungsfähigkeit der bestehenden Instrumentarien.88 Einen Einschnitt bedeutete insoweit erst der Fall Herstatt 1974, der zunächst zum Erlaß von Einschränkungen für Devisentermingeschäfte durch das BAKred89 führte, vor allem aber zu einer wirtschaftspolitischen Grundsatzdebatte über die Ausgestaltung der Bankenaufsicht in Deutschland Anlaß bot, in deren Verlauf sogar die umfassende Verstaatlichung des Kreditwesens erwogen wurde.90 Die KWG-Novelle 197691 beruhte maßgeblich auf dem Bestreben, das unter dem Eindruck des Herstatt-Falles erschütterte 82

RGBl. 1939-I, S. 1955. Hierzu Honold, S. 72. 84 Ebd., S. 73. 85 Ebd., S. 75 ff. 86 Zu Einzelheiten siehe Honold, S. 78 ff. 87 Vgl. hierzu Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 230. Eine synoptische Übersicht über die Vorschriften des KWG 1961 und ihren historischen Vorläufern im KWG 1934/ 39 und den damit zusammenhängenden Ausführungsverordnungen bringt Rehmann, S. 27. 88 Vgl. Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 221 m. w. N. 89 Im neuerlassenen „Grundsatz Ia“. 83

§ 2 Historische Bankenkrisen, Konsequenzen und Reaktionen

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öffentliche Vertrauen in den deutschen Kreditsektor wieder herzustellen.92 Mit ihr wurde dem Bundesaufsichtsamt neue Kompetenzen bei drohender Insolvenz eines Kreditinstituts eingeräumt, das Recht, die Eröffnung eines Konkursverfahrens über Kreditinstitute zu beantragen, beim Bundesaufsichtsamt monopolisiert und mit dieser Kombination eine Art vorgezogener Sequestration für insolvente Kreditinstitute eingeführt.93 In besonderem Maße illustrierte der Fall Probleme der Anwendung des Vergleichsrechts auf den Fall einer Bankeninsolvenz,94 löste aber auch die Ausweitung der bestehenden Einlagensicherungsmechanismen aus.95 Darüber hinaus führte der Fall zur Gründung der „Liquiditäts-Konsortialbank“ durch die Bundesbank und die Bankenverbände, die – gewissermaßen als institutionalisierter „Lender of Last Resort“ – in Zahlungsschwierigkeiten geratenen Kreditinstituten Liquiditätsunterstützung gewähren soll.96 Die Einrichtung wurde etwa im SMH-Fall tätig, der auf Veranlassung des BAKred und der Bundesbank „still“ durch eine Auffangmaßnahme maßgeblicher Marktteilnehmer und die nachmalige Veräußerung des Instituts an eine ausländische Bank abgewickelt wurde.97 In der Nachfolge dieser beiden Krisen ist es bei Insolvenzen kleinerer Privatbanken geblieben,98 die als solche nicht zu weiteren Gesetzesänderungen Anlaß gegeben haben. Auch die im Jahre 2002 vollzogene institutionelle Reform der Finanzaufsicht, die zum Übergang der Aufsichtskompetenzen vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen auf die neu gegründete Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht führte, hat das materielle Aufsichtsrecht unangetastet gelassen.99 90 Siehe zu dieser Diskussion Bundesfinanzministerium (Hrsg.), Bericht der Studienkommission „Grundsatzfragen der Kreditwirtschaft“, Tz. 776 ff. 91 Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen v. 1.5.1976, BGBl. I, 725. 92 Vgl. hierzu etwa Assmann, BB 1976, 579; Knapp, NJW 1976, 873 ff.; Samm, ÖBA 1976, 803 ff., sowie auch die Stellungnahme des Finanzausschusses zum Regierungsentwurf für Änderungen zum KWG (BT-Drs. 7/4631, S. 1; zum RegE BT-Drs. 7/3657). 93 §§ 46a, 46b KWG, hierzu im einzelnen unten §§ 5, 6. Vgl. auch Assmann, BB 1976, 579, 584. 94 Künne, KTS 1976, 178 ff. 95 Hierzu noch eingehend unten § 12 sub D. II. 96 Vgl. etwa Bieg, S. 121 f.; Samm, ÖBA 1976, 308, 312. Zur Bedeutung der Institution siehe noch unten § 17 sub B. II. 1. Auch diese Einrichtung ist nicht ohne historische Vorbilder, wie ein Blick auf die Gründung des sog. „Überweisungsverbands“ und seiner Nachfolgeeinrichtung, der „Akzept- und Kreditbank AG“ in der Krise der 1930er Jahre erweist; hierzu Born, S. 115 ff. 97 Siehe zu diesem Fall schon den Nachweis oben Fn. 81. 98 Siehe erneut oben bei und in Fn. 77.

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1. Teil: Grundlagen

C. Die Entwicklung in England I. Der Weg zum ersten Banking Act von 1979

Anders als in Deutschland hat sich eine staatliche Regulierung für das Kreditwesen in England erst sehr spät herausgebildet; erst mit den Banking Acts von 1979 und 1986 finden sich die entsprechenden Regelungen gesetzlich in einer Weise fixiert, die dem Instrumentarium des KWG 1934 vergleichbar und die durch den neuerdings geltenden Financial Services and Markets Act 2000 im Hinblick auf den Gegenstand der vorliegenden Untersuchung nurmehr modifiziert worden ist. Sowohl die Träger als auch die Subjekte der Bankenaufsicht haben auch nach Einführung gesetzlicher Vorgaben für diese stets den informellen Charakter der Aufsichtstätigkeit und ihre Flexibilität als ausgesprochen förderlich für die Entwicklung der Finanzmärkte hervorgehoben.100 Schauplatz der Geschichte der Bankenaufsicht in England ist traditionell die Londoner City, die seit dem 18. Jahrhundert einen kontinuierlichen Aufschwung als zentraler britischer Finanzplatz erlebte.101 Im Mittelpunkt der Entwicklung steht seit jeher die Bank of England, also die 1694 zur Finanzierung des staatlichen Kapitalbedarfs gegründete, erst 1946 verstaatlichte heutige Zentralbank,102 die erst mit dem Financial Services Act von 1998 99 Das BAKred wurde mit Wirkung zum 1.5.2002 mit dem Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen und dem Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel zur Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zusammengelegt; Rechtsgrundlage ist das Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz – FinDAG) i. d. F. v. 22.4.2002, BGBl. I-1310; hierzu näher Binder, WM 2001, 2230 f. 100 Siehe etwa einen Vortrag von George Blunden, seinerzeit in der Bank of England zuständig für die Bankenaufsicht, wiedergegeben in (1975) 15 Bank of England Quarterly Bulletin 188, 189; vgl. ferner Bank of England, (1978) 18 Bank of England Quarterly Bulletin 379, 382 sowie den Abschlußbericht des Wilson-Committee, das die Bankenaufsicht und die Entwicklung der Finanzmärkte allgemein in Großbritannien im Gefolge der Secondary Banking Crisis zu untersuchen hatte, Cmnd. 7937, Tz. 1061 ff., insbes. 1072, vgl. aber – mit leichten Einschränkungen – auch ebd. Tz. 1099 ff. Siehe außerdem eine Stellungnahme des Gouverneurs LeighPemberton v. 20.5.1980, wiedergegeben in (1980) 20 Bank of England Quarterly Bulletin 205, 208, der auch nach Einführung des Banking Act 1979 versicherte, „that the Bank has maintained its flexible and participative approach to supervision whilst working within the new statutory framework“. 101 Siehe u. a. Collins, S. 10 ff. 102 Vgl. zur Geschichte der Bank of England u. a. die Arbeiten von Collins, S. 167 ff. (insbesondere zur Entwicklung der Bank als Zentralbank); Fforde, passim (zur Nachkriegsentwicklung seit der Verstaatlichung bis hin zur ersten Reaktion auf die Veränderungen im Bankensektor 1958). Zur Verstaatlichung, die ausdrücklich das Ziel verfolgte, die Bank of England zum Instrument staatlicher Interventionen

§ 2 Historische Bankenkrisen, Konsequenzen und Reaktionen

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ihre aufsichtsrechtlichen Funktionen an die neu begründete Financial Services Authority abgegeben hat. Ihre Verantwortung für die Stabilität des Kreditwesens hat die Bank of England bereits frühzeitig dokumentiert103 und in ihrer Geschichte wiederholt in Krisen einzelner Institute oder einzelner Branchensegmente eingegriffen, notleidenden Instituten als Lender of Last Resort finanzielle Unterstützung gewährt und sie wo nicht hat sanieren helfen, so doch einer geordneten stillen Liquidation zuführen können. Ein erstes Beispiel für derartige Rettungsaktionen findet sich bereits mit der Krise der sog. Country Bankers um 1825/26, die seit dem 18. Jahrhundert das Bankgeschäft außerhalb der Londoner City aufgenommen hatten, den Zahlungsverkehr in weiten Teilen Englands sicherstellten, mit Billigung der Bank of England sogar Banknoten druckten und sich nunmehr nach einzelnen Krisen einem kollektiven Vertrauensschwund in der Öffentlichkeit ausgesetzt sahen. Die Bank trat hier in großem Umfang als Kreditgeber auf, um den Zusammenbruch der Branche zu verhindern,104 und betätigte sich damit erstmals in einer für künftige Krisen bis ins späte 20. Jahrhundert hinein durchaus charakteristischen Weise.105 Daß die Bank in Krisenzeiten als rettende Instanz zur Verfügung stehen würde, entsprach ungeachtet des Fehlens entsprechender gesetzlicher Regelungen bald weithin den Erwartungen der Branche und wurde als völlig legitim angesehen106 – allerdings stets mit der (jedenfalls theoretischen) Einschränkung, daß ein derartiges Einschreiten nur zugunsten solcher Institute erfolgen würde, deren Insolvenz aufgrund ihrer besonderen in die Volkswirtschaft unter anderem im Wege der gezielten Förderung einzelner Wirtschaftsbereiche zur erheben, siehe v. a. Cianferotti, S. 51 ff.; Fforde, S. 4 ff. 103 Vgl. etwa Fforde, S. 11, 749 ff.; Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 4 f.; ferner Bank of England, (1978) 18 Bank of England Quarterly Bulletin 379, 380: „The Bank have for a long time accepted responsibility for the soundness of the City. This responsibility developed out of the nineteenth century banking crises, the successful handling of which by the Bank demonstrated that it was not necessary to have statutory powers to make regulation effective.“ 104 Vgl. Collins, S. 14 ff. 105 Laut Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 12 fanden allein in den 1960er Jahren etwa zwölf Rettungsaktionen in Gestalt von Überbrückungskrediten durch die Bank of England statt. 106 Paradigmatisch hierfür steht das 1873 erstmals erschienene Werk „Lombard Street“ des berühmten Finanzpublizisten des 19. Jahrhunderts Walter Bagehot, in dem die Bank ausdrücklich dazu aufgefordert wird, eine entsprechende Verantwortung für die Sicherheit des Finanzplatzes London insgesamt wahrzunehmen. Vgl. zur Entwicklung und theoretischen Legitimation der Lender of Last Resort-Aktivitäten im angelsächsischen Rechtskreis seit den Arbeiten von Bagehot und Henry Thornton etwa die Darstellungen von Lastra, in: Lastra/Schiffman, S. 21, 22 f.; Humphrey/Keleher, in: Goodhart/Illing (Hrsg.), S. 73 ff., sowie Wood, ebd. S. 71 ff., jeweils m. w. N. Siehe noch im einzelnen unten § 17 sub B. II. 1.

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1. Teil: Grundlagen

Marktstellung ein „Systemrisiko“ mit entsprechenden Gefahren für die gesamte Branche bedeuten würde bzw. deren die Bank zur Wahrnehmung ihrer monetären Aufgaben bedurfte.107 Die Wirksamkeit derartiger Interventionen und der Ausübung der Gesamtverantwortung für die Stabilität der Finanzmärkte beruhte letztlich vor allem auf der Gestaltungsmacht der Führung der Bank in enger Absprache und Kooperation mit den Direktoren der etablierten Geschäftsbanken der City, der Clearing Banks, die zur Refinanzierung auf die Unterstützung der Bank of England angewiesen waren.108 107 Vgl. etwa Fforde, S. 749 ff. (zu den einzelnen Marktsegmenten); Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 16 ff. So kam es beispielsweise in der Bankenkrise 1937/39 durchaus zu zahlreichen Marktaustritten, ohne daß die Bank of England rettend beigestanden hätte, vgl. Collins, S. 83. Auch das Engagement der Bank of England im Fall der Johnson Matthey Bankers (hierzu sogleich unten im Text) spiegelt diese Überlegungen wider, vgl. Bank of England, (1984) 24 Bank of England Quarterly Bulletin 472, 473: „We felt it was vital to prevent any contagious spread to other members of a central and traditional London market, any failure within which could have quickly sent serious shock waves through the UK banking system. To this end, prompt and decisive action was essential (. . .). [T]he rescue operation was characteristic of the City of London. It is, however, important that the ability to act in this way should not be taken for granted (. . .).“ Dabei ist beobachtet worden, daß die Bank of England insbesondere in Bankenkrisen des 19. Jahrhunderts durchaus selektiv eingegriffen und ihre Machtposition als Lender of Last Resort stets auch zur Disziplinierung eines Fehlverhaltens der Institute genutzt hat, vgl. hierzu etwa Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 3115 f. mit Beispielen. 108 Vgl. Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 8 m. w. N.: „To control the banking system, the Bank had to rely solely on its market power.“ Anschaulich zur Ausprägung der informellen Marktkontrolle auch Cianferotti, S. 16 unter Hinweis auf die durch die Bank of England geförderten Zusammenschlüsse verschiedener Bereiche der Kreditbranche zu Vereinigungen wie dem Accepting House Committee, die nicht nur die Funktion einer Interessenvertretung gegenüber dem Gesetzgeber wahrnahmen, sondern auch eine gewisse Selbstkontrolle ausübten und gleichzeitig den Wettbewerb zwischen den Banken regulierten. Siehe auch ebd. S. 22 ff. zur traditionellen Zusammenarbeit der Bank of England mit den etablierten Clearing Banks. Aufschlußreich insoweit ist die offizielle Darstellung über „The functions and organisation of the Bank of England“, (1966) 6 Bank of England Quarterly Bulletin 233 ff., in welcher von der Wahrnehmung bankaufsichtlicher Funktionen überhaupt nicht die Rede ist und die sich auf die Ausführung beschränkt, daß „[t]he Bank’s relations with the rest of the City have always been close, and the Bank have long provided the main channel of communication between [the Government] and the banks and other financial institutions.“ Siehe ferner erneut den Vortrag von Blunden aus dem Jahre 1975, (1975) Bank of England Quarterly Bulletin 15, 188, 189 ff. („friendly, personal relationships (. . .) with senior management in the banks which have helped the Bank to form effective assessments of them and have enabled them to talk to us with trust and confidence“), sowie die Vorlage der Bank an das Wilson-Committee, wiedergegeben in (1978) 18 Bank of England Quarterly Bulletin 379, 380: „To a considerable degree (. . .) Bank Governors have been able to play the rôle of confidant and arbiter of the City and guardian of its standards. The Bank’s rôle was accepted the more easily because players could feel that, as ref-

§ 2 Historische Bankenkrisen, Konsequenzen und Reaktionen

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Diese traditionelle Art der Krisenbereinigung im kleinen, elitären Kreis der etablierten Banken, die das Augenmerk ausschließlich auf die für eine funktionierende Währungspolitik bedeutsamen Teile der Kreditbranche richtete und insoweit irrelevante, kleinere Institute unreguliert ließ, fand ihr Ende in den 1970er Jahren, als ein ganzes Branchensegment in die Krise geriet – die sogenannten Secondary Banks, die sich seit etwa 1960 zu einer zunächst ausgesprochen profitablen, risikofreudigen Branche entwickelt hatten und sich verstärkt auch dem durch die Clearing Banks traditionell nicht ausgeübten Privatkundenkreditgeschäft widmeten.109 Die Entwicklung dieses Marktsegments und der zutiefst einschneidenden Bankenkrise der 1970er Jahre kann hier nicht im Detail nachgezeichnet werden. Aufgrund der Bedeutung der Krise für den Übergang von der informellen Aufsichtspraxis hin zur gesetzlichen Regelung erscheint ein kurzer Überblick dennoch geboten; hinsichtlich weiterer Einzelheiten ist auf die hierzu erschienene Literatur zu verweisen.110 Die Ursachen der Krise waren vielfältig, doch sind auch hier Gemeinsamkeiten ermittelt worden, die wiederum dem Befund der Analyse der Bankenkrisen bzw. -insolvenzen in Deutschland111 durchaus vergleichbar sind: Auch die in Schwierigkeiten geratenen englischen Banken hatten zuvor ihre Geschäftstätigkeit in außergewöhnlich hohem Maße auf eine einzelne, konjunkturabhängige Branche – den Immobilienmarkt – konzentriert, Liquiditätsprinzipien vernachlässigt, waren umfassende Einzelengagements eingegangen oder hatten auf die Stellung von Sicherheiten in ausreichendem Umfang verzichtet. Hatte die Krise ihren Ausgangspunkt in einem reinen Liquiditätsengpaß genommen,112 der auf der Finanzierung risikoreicher langfristiger Anlageprojekte durch kurzfristig auf dem Geldmarkt hereingenomeree, they were both independent of faction and understood the game, while being at the same time able to keep in view the wider issues.“ 109 Vgl. umfassend zur Entwicklung des englischen Kreditwesens in den 1970er Jahren und dem Aufkommen der Secondary Banks die Darstellungen im Bericht des Wilson-Committee, Cmnd. 7937, Tz. 230 ff.; ferner Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 18 ff. 110 Vgl. neben der offiziellen Darstellung der Bank of England, (1978) 18 Bank of England Quarterly Bulletin, 230 ff., etwa die Studie von Reid, die sich zwar aus der Warte einer Finanzjournalistin, aber auf der Basis umfangreichen und auch nachgewiesenen Materials mit der Entwicklung befaßt (siehe insbes. dort S. 152 ff. mit einer Synopse zu insgesamt 54 Einzelfällen); ferner Hadjemmanuil, S. 26 ff. sowie ausf. – mit Blick auf die Entwicklung der Bankenaufsicht in England allgemein – auch Cianferotti, S. 162 ff. 111 Siehe oben sub B. I. bei und in Fn. 58 f. sowie zur Nachkriegsproblematik sub B. II. bei und in Fn. 79. 112 Die Krise wurde manifest durch den Liquiditätsengpaß des Hauses London and County Securities im November 1973, der rasch publik wurde und den Blick der Öffentlichkeit auf Schwierigkeiten in den übrigen Teilen der Branche lenkte,

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1. Teil: Grundlagen

mene Gelder beruhte, so führte nun der Zusammenbruch des zuvor prosperierenden Immobilienmarktes zur weiteren Verschärfung – der Kollaps zahlreicher Investmentprojekte hatte entsprechenden Wertberichtigungsbedarf bei den diese Branche in großem Stil finanzierenden Kreditinstituten des „zweiten Sektors“ und damit deren drohende Überschuldung zur Folge.113 Insgesamt waren auch hier im Rückblick in erster Linie die unsolide, nicht auf entsprechende Einlagen gestützte Kreditpolitik, eine einseitige Kreditvergabe vor allem zugunsten einer einzigen Branche sowie die Bindung an zu große Einzelengagements zu den Ursachen zu rechnen, also im weiteren Sinne – und unabhängig von den sich verfinsternden gesamtwirtschaftlichen Grunddaten in der Krise der 1970er Jahre – unsichere Geschäftspolitik und Fehlverhalten der jeweiligen Geschäftsführung, das in einigen Fällen bis zur Kriminalität reichte.114 Zur Bewältigung der „Secondary Banking Crisis“ und um ein Übergreifen auf das Kreditwesen und mithin auch auf die bis dato sicher geglaubten Clearing Banks zu verhindern,115 engagierte sich die Bank of England in vgl. hierzu Bank of England, (1978) 18 Bank of England Quarterly Bulletin, 230; Reid, S. 82 ff. 113 Ausf. zu Ursachen der Krise allgemein und in Einzelfällen Reid, S. 58–85 sowie S. 170 ff. mit Fallstudien zu den besonders stark von der Krise betroffenen Bankhäusern Keyser Ullmann und Slater Walkers. Im erstgenannten Fall spielten offenbar vier Einzelengagements (und entsprechende Ausfälle) in Höhe von 1/3 des gesamten Kreditgeschäfts eine Rolle, wobei zugunsten eines Kreditnehmers sogar auf eine bereits gestellte persönliche Sicherheit verzichtet worden war (ebd. S. 172 ff.). Auch Slater Walkers’ Krise beruhte letztlich zum einen auf zu großen Einzelengagements und darüber hinaus auf der Vernachlässigung elementarer Liquiditätskriterien (ebd. S. 184 ff.). Siehe auch die offizielle Darstellung der Entwicklung durch die Bank of England, (1978) 18 Bank of England Quarterly Bulletin, 230 ff. 114 Dyer, hier zit. nach Cianferotti, S. 174: „(1) Borrowing was on short term and lending was long. Only a modicum of this can be permitted in a soundly based bank. (2) There were unbalanced lending books, i. e. too much finance was provided for one sector, e. g. property. (3) There were insufficient margins in security values in those cases where the holding of security was vital. (4) Overtrading on a large scale took place and thereby depleted liquidity below safety levels. (5) There was a lack of realisation that booms do not go on for ever. (6) Insufficient attention was given to the knowledge that a loss of confidence in a financial group can quickly cause its downfall.“ 115 Vgl. zu den Motiven der Rettungsaktion die Stellungnahme der Bank in der Verlautbarung „The secondary banking crisis and the Bank of England“, (1978) 18 Bank of England Quarterly Bulletin, 230, 233: „The Bank (. . .) found themselves confronted with the imminent collapse of several deposit-taking institutions, and with the clear danger of a rapidly escalating crisis of confidence. This threatened other deposit-taking institutions and, if unchecked, would have quickly passed into parts of the banking system proper. While the UK clearing banks still appeared secure from the domestic effects of any run – indeed the money-market deposits

§ 2 Historische Bankenkrisen, Konsequenzen und Reaktionen

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einem bis dahin unbekannten Maße und intervenierte über mehrere Jahre auf höchst unterschiedliche Weise. Sie übernahm Initiative und Federführung in dem als „Lifeboat“ („Rettungsboot“) bekanntgewordenen Konsortium der Großbanken (der „Clearing Banks“116). Sie ergänzte dessen Finanzrahmen, als die Rettungsaktionen zugunsten einzelner Institute Anfang 1975 das durch die beteiligten Banken gesetzte Maß von 1,2 Mrd. Pfund überschritten hatte;117 sie versuchte, den angeschlagenen Immobiliensektor, dessen ausgesprochen negative Entwicklung nach dem Boom der frühen 1970er Jahre den Ausschlag für die Krise gegeben hatte,118 durch Gewinnung neuer Großinvestoren bis hin zur Unterstützung einzelner Projekte zu stabilisieren, um weitere Verluste für die beteiligten Banken zu verhindern,119 und übernahm schließlich sogar selbst das größte der ins Wanken geratenen Institute, Slater Walker Securities.120 Insgesamt wurden offenbar über 60 Kreditinstitute von den Auswirkungen der Krise erfaßt, 26 erhielten finanzielle Unterstützung, acht wurden im Insolvenzverfahren liquidiert.121 Die Bank of England wurde mithin in einem Ausmaß tätig, das die Grenzen von „Gentlemen’s Agreements“ im Kreise der Bankdirektoren der City, die in einem überschaubaren Kreditwesen noch praktikable Instrumente zur withdrawn from the fringe were largely redeposited with them – their international exposure was such that the risk to external confidence was a matter of concern for themselves as well as for the Bank. The problem was to avoid a widening circle of collapse through the contagion of fear.“ Hinzuzufügen bleibt, daß die Situation der Clearing Banks in der Krise keineswegs so stabilisiert war, wie aus der zitierten Verlautbarung geschlossen werden könnte – tatsächlich hatten zahlreiche Secondary Banks ihr Kreditgeschäft durch Kredite bei den Clearing Banks finanziert, so daß diese ihrerseits mit Kreditausfällen in großem Umfang konfrontiert wurden, vgl. insoweit u. a. Reid, S. 61. 116 Die Beteiligung dieser Banken kompensierte den Abzug der privaten Einlagen nach Ausbruch der Krise von den Secondary Banks, die bei den als sicher geltenden Clearing Banks untergebracht worden waren, vgl. Bank of England, (1978) 18 Bank of England Quarterly Bulletin 230, 234. 117 Reid, S. 126. Das darüber hinausgehende Engagement der Bank of England beruhte nicht zuletzt auf der zunehmenden internationalen Unruhe in den Finanzmärkten, die auch auf den Zusammenbruch des Bankhauses Herstatt (vgl. zu diesem oben sub. B. II. bei und in Fn. 80) zurückgingen, siehe insoweit Bank of England, (1978) 18 Bank of England Quarterly Bulletin 230, 235. 10% der als Höchstbetrag festgesetzten Summe waren ebenfalls durch die Bank of England (und also aus öffentlichen Mitteln) zur Verfügung gestellt worden, vgl. Cianferotti, S. 172. 118 Zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, v. a. der Rezession der 1970er Jahre und ihrem Einfluß auf das Kreditwesen, siehe ausf. die Feststellungen des WilsonCommittee, Cmnd. 7937, Tz. 16 ff. sowie Tz. 89 ff., 230 ff. zur Entwicklung der Finanzinstitute in jener Zeit allgemein. 119 Reid, S. 104 ff. 120 Siehe ausf. Reid, S. 139 ff. sowie S. 183 ff. und schon oben Fn. 113 f. 121 Bank of England, (1978) 18 Bank of England Quarterly Bulletin 230, 237.

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1. Teil: Grundlagen

Bereinigung kleinerer Krisen gewesen sein mochten, angesichts der Komplexität des neuen Bankenmarkts sehr deutlich in Frage stellten. Weite Teile der neben der traditionell den Markt beherrschenden Elite der etablierten Großbanken entstandenen Marktsegmente hatten sich dem Einfluß der Bank of England entzogen, die über keinerlei formale Eingriffskompetenzen diesen gegenüber verfügte.122 In der Bankenkrise 1973–1975 liegt die Wurzel des heute in England geltenden Rechtsrahmens für die Bankenaufsicht. Während die Bank of England noch 1975 mit einigem Stolz auf die britische Tradition informeller Regulierung des Kreditwesens hinwies,123 schlug das Land nun nicht nur – zunächst mit dem neuen Banking Act 1979 – den Pfad hin zu einem formellen Rechtsrahmen für die Bankenaufsicht ein, sondern hatte innerhalb des Basler Komitees (zusammen mit Vertretern der Deutschen Bundesbank und des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen) sogar eine führende Stellung bei der Entwicklung international einheitlicher Grundsätze für die Regulierung der Finanzmärkte inne.124 II. Die Entwicklung nach dem Banking Act 1979 bis heute

Das Hauptaugenmerk der Gesetzgebung in der Nachfolge der Krise der 1970er Jahre lag in England zunächst auf der Herausbildung qualitativer Anforderungen an das laufende Geschäft der Banken;125 es sollte durch derartige präventive Vorschriften die Gefahr um sich greifender, unkontrollierbarer Bankenzusammenbrüche weitgehend reduziert werden, während detaillierte Eingriffsbefugnisse zugunsten der Bank of England für den Krisenfall weiterhin fehlten. Die Praxis der Bankenaufsicht unter dem Banking Act 1979 verstand sich nach wie vor in erheblichem Umfang als informellflexibel; verstärkt der Aufsichtstätigkeit unterworfen wurde durch das neue Gesetz nur jenes Marktsegment, das sich soeben als besonders problematisch erwiesen hatte und nunmehr als sog. „licensed deposit takers“ erstmalig dem Erfordernis einer Zulassung durch die Bank of England mit korre122 Vgl. ausf. das Fazit bei Cianferotti, S. 175 ff., dort S. 176: „It was then necessary that the Government should accept the lessons of 1973, considering that the Bank of England was no longer able to plug the gaps left by the existing law and to open a process of legislative reform which would ensure supervision of the banking business with the purpose of protecting depositors and maintaining the stability of the financial system as a whole.“ Siehe entsprechend den Bericht des Wilson-Commitee, Tz. 1102. 123 Vgl. erneut Blunden, (1975) 15 Bank of England Quarterly Bulletin 181, 184 f. 124 Vgl. erneut Cianferotti, S. 205 ff.; Sargent, in: Gardener (Hrsg.), UK Banking Supervision, S. 108, 111 ff. und noch unten § 3 sub B. I. 3. sowie B. II. 3. a). 125 Dazu im einzelnen unten § 3 sub B. II. 2.

§ 2 Historische Bankenkrisen, Konsequenzen und Reaktionen

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spondierenden Informationspflichten unterworfen wurde.126 Für die etablierten Banken, die in ihrem Status bestätigt und nunmehr als „recognised banks“ zusammengefaßt wurden, blieb es einstweilen weitgehend bei lediglich informellen Einwirkungsmöglichkeiten der Bank of England.127 Als problematisch erwies sich die so bewirkte Zweiteilung – zwischen „Gentlemen“ und „The Others“128 – indes alsbald nicht nur aufgrund der dadurch bewirkten praktischen Abgrenzungsprobleme,129 sondern auch im Hinblick auf die praktischen Ergebnisse der qualitativen Differenzierung bei der Ausübung der Institutsaufsicht. Manifest wurde dies insbesondere im Fall der 1984 aufgrund unsolider Kreditpolitik und erheblicher, vor der Bankaufsicht verschleierter Ausfälle im Großkreditbereich in Schwierigkeiten geratenen Johnson Matthey Bankers, die den Status einer Recognised bank unter dem Banking Act 1979 innehatten und eine bedeutende Stellung im Londoner Goldhandel einnahmen.130 Die Intervention der Bank of England aus Rücksicht auf eben diese spezielle Position131 und aus Furcht vor 126

SS. 1, 2(1)(c), 3 Banking Act 1979. Allerdings wurde auch für diesen Sektor das Recht eingeräumt, eine natürliche oder juristische Person mit einer Buchprüfung zu beauftragen, wenn es „desirable to do so in the interest of depositors“ erschien (S. 17(1) Banking Act 1979). Näher hierzu Cianferotti, S. 213. 128 So die Formulierung von Cianferotti, S. 277 – offizielle Verlautbarungen waren indes von dem Bestreben geprägt, die durch die Zweiteilung suggerierte (und faktisch auch bewirkte) Diskriminierung zu relativieren, vgl. anschaulich die Ansprache des damaligen Gouverneurs der Bank of England, Leigh-Pemberton, v. 20.5.1980, wiedergegeben in (1980) 20 Bank of England Quarterly Bulletin 205, 206: „(. . .) classification as a licensed deposit-taker is not to be seen of itself as impugning the status of an institution – and certainly not the integrity and competence of its management or the good name of the institution generally. (. . .) [I]ndeed, I should regard the market as failing in professional expertise if it were to base its assessment on this distinction alone. (. . .) The division between licensed deposit-takers and recognised banks has (. . .) a market functional character and some licensed deposit-takers will undoubtedly be stronger and of greater repute than some recognised banks.“ Siehe auch noch sogleich unten 1. Teil Fn. 129. 129 Die Stellung als Recognised bank, die nach Sch. 2, para. 1 Banking Act 1979 ein Mindestkapital von 5 Mio. Pfund und zugleich „a high reputation and standing in the financial community“ erforderte, beruhte im Einzelfall stets auf einer Ermessensentscheidung der Bank of England und bedeutete im Ergebnis nichts weniger als die Anerkennung des Instituts als in hohem Maße sicher durch die Autorität der City. Die Entscheidung war letztlich kaum mit Aussicht auf Erfolg anfechtbar, und der Chancellor of the Exchequer (Finanzminister) als die politisch zuständige Instanz enthielt sich auch in Problemfällen der Einflußnahme auf die Statusentscheidung durch die Bank. Diese hatte mithin nicht unerhebliche Folgen für die Marktposition eines Instituts, vgl. ausf. zum ganzen die Darstellung bei Cianferotti, S. 214–233 m. w. N. 130 Vgl. ausführlich zu diesem Fall Ollard/Routledge, (1985) Euromoney 49 ff.; Moran, S. 163 ff. 127

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1. Teil: Grundlagen

einem Übergreifen der Krise auf andere Bereiche der Branche ist zugleich das bislang letzte Beispiel für die informelle Krisenbereinigung durch die Bank of England als Lender of Last Resort. Die Bank übernahm das notleidende Institut letztlich selbst zu einem symbolischen Preis, führte es unter erheblichem Einsatz öffentlicher Mittel einer teilweisen Sanierung zu132 – und erntete heftige Kritik durch die Fachdebatte und die Öffentlichkeit.133 Der Fall war letztlich Auslöser für die Entwicklung hin zur Verstärkung der institutionalisierten Bankenaufsicht im Banking Act 1987134 und der Aufgabe der Zweiteilung des Bankensystems bei gleichzeitiger Ausdehnung der formellen Aufsichtstätigkeit auch auf die bisherigen Recognised banks. Seither sind fallierende Banken, soweit bekannt, regelmäßig in einem Insolvenzverfahren entweder liquidiert oder saniert worden. Insbesondere das Verfahren der Administration135 hat sich offenbar als besonders geeignet für die Abwicklung oder Reorganisation von Kreditinstituten erwiesen;136 die erst 1989 auch für Kreditinstitute geöffnete,137 flexible Verfahrensart hat sich geradezu zum „Standardverfahren“ für die Bewältigung derartiger Fälle entwickelt.138 Insgesamt setzte sich auch in der sog. „Krise kleiner Banken“ Anfang der 1990er Jahre, die vor allem Institute mit gering diversifiziertem Geschäft und starker Ausrichtung auf den Immobiliensektor erfaßte, eine restriktive Linie durch.139 131

Siehe erneut oben Fn. 115. Die Bank of England hatte sich zunächst bereiterklärt, 10 Mio. Pfund als Teil eines Gesamtpakets unter Beteiligung anderer Banken in Höhe von insgesamt über 100 Mio. Pfund zur Verfügung zu stellen, übernahm dann aber später Garantien in Höhe von bis zu 75 Mio. Pfund und dazu die vor der Insolvenz stehende Bank zum symbolischen Preis von 1 Pfund. Vgl. zu den Arrangements im einzelnen Ollard/ Routledge, (1985) Euromoney 49, 56. 133 Vgl. etwa Ollard/Routledge, (1985) Euromoney 49 ff. 134 Vgl. Cianferotti, S. 293: „The [scil. 1987] Act maintained a similar structure to the Banking Act 1979 (. . .) and did not (. . .) represent a change in direction (. . .); it in fact substantially extended and supplemented existing arrangements (. . .)“. Der Banking Act 1987 basierte weitgehend auf den Vorschlägen eines White Paper aus dem Jahre 1985 („Banking Supervision“, Cmnd. 9695), das wiederum auf die Vorschläge eines zur Untersuchung der Johnson Matthey-Affäre eingesetzten Komitees unter dem Vorsitz des Gouverneurs der Bank of England, Leigh-Pemberton, zurückging. Vgl. zur Vorgeschichte des neuen Banking Act insbesondere die Darstellung bei Cianferotti, S. 263 ff. 135 Siehe ss. 8 ff. Insolvency Act 1986 und dazu insbes. noch unten § 13 sub B. III. 3. a), C. III. 2. 136 Vgl. zunächst Hogan, (1996) 12 Insolvency Law & Practice, 90 ff. 137 Diese waren nach S. 8(4)(b) Insolvency Act 1986 ursprünglich von dieser Verfahrensart ausgeschlossen; die Bestimmung wurde mit der Banks (Administration Proceedings) Order, SI 1989/1276, aufgehoben. 138 Hogan, (1996) 12 Insolvency Law & Practice, 90, 93; vgl. auch Phillips/Tamlyn, in: Oditah (Hrsg.), S. 41, 45. 132

§ 2 Historische Bankenkrisen, Konsequenzen und Reaktionen

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Auch bei den Regelungen des Banking Act 1987 ist es indes nicht geblieben. Mit Ablauf des 30. November 2001 sind dessen Bestimmungen vollständig durch den Regelungskatalog des Financial Services and Markets Act 2000 abgelöst worden, der nunmehrigen Rechtsgrundlage für die Ausübung der Aufsicht über sämtliche Sektoren der Finanzmärkte in England, Schottland und Wales.140 Auslöser für die Reform, die bereits mit der vorerwähnten Verlagerung der Aufsichtsfunktionen von verschiedenen Trägern, vor allem auch der Bank of England, auf die „Financial Services Authority“ im Jahre 1998 begonnen hatte und nunmehr mit dem neuen Gesetz einen einen einheitlichen formellen und materiellen Rechtsrahmen geschaffen hat, waren wiederum nicht zuletzt zwei weitere bedeutende Bankeninsolvenzen, in deren Verlauf die Bank of England als zuständige Aufsichtsbehörde in massive öffentliche Kritik geraten war: Bank of Credit and Commerce International (BCCI) 1991 und Barings 1995. BCCI, eine an sich in Luxemburg zugelassene und beaufsichtigte Bank, war Bestandteil einer weltweit agierenden Gruppe, die ihren faktischen Hauptsitz in London hatte und in England in großem Umfang Einlagen annahm. Die Bank geriet in eine finanzielle Schieflage, als kriminelle Machenschaften der Geschäftsführung, u. a. Verstrickung in Geldwäsche und Scheinkredite an verbundene Personen, Verluste nach sich zogen, aufgrund derer die Bank of England schließlich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragte.141 Der Bank of England wurde verspätetes Einschreiten vorgeworfen; sie habe es zu lange unterlassen, der sich verschlechternden finanziellen Situation entgegenzuwirken und trotz hinreichender Anzeichen für die Vorgänge in der Geschäftsleitung des Instituts dessen Tätigkeit nicht unterbunden. Dem Fall wurde nicht zuletzt wegen der Größe des Instituts, aber auch wegen der Auswirkungen auf zahlreiche Einleger erhebliche Aufmerksamkeit zuteil. Eine Reihe kleinerer Kreditinstitute geriet durch den Ausfall von BCCI in Schwierigkeiten, worauf die Bank of England Liquiditätsbeihilfen als Lender of Last Resort gewährte.142 Unzureichende Aufsicht wurde der Bank of England auch im Falle der Barings Bank vorgeworfen, die aufgrund von Spekulationen in derivativen 139 Vgl. BIZ, Bank Failures, S. 51 f.; zu den Hintergründen der Krise ausf. Logan, Small Banks’ Crisis, passim. 140 Hierzu und zum folgenden im Überblick Binder, WM 2001, 2230, 2232 ff. 141 Vgl. zunächst Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 47 ff. sowie den Bericht der von Lord Bingham geführten Untersuchungskommission, „Inquiry into the Supervision of The Bank of Credit and Commerce International“, H.C. (1991–92) 198; ausf. ferner Quinn/Morgenthau/Lord Bingham, in: Goodhart (Hrsg.), S. 445 ff. 142 Vgl. Bank of England, „Annual report under the Banking Act for 1992/93“, S. 7: „Financial pressures on smaller banks“, sowie Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 268.

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1. Teil: Grundlagen

Finanzinstrumenten eines Mitarbeiters in Singapur Verluste erlitten hatte, welche von der Londoner Zentrale nicht bemerkt wurden.143 Versuche der Bank of England, eine Auffanglösung unter Marktteilnehmern zu erreichen, scheiterten, und über Barings wurde das Insolvenzverfahren der Administration144 eingeleitet. Daß Unzufriedenheit der Regierung mit der Art und Weise der Aufsichtstätigkeit durch die Bank of England eine erhebliche Rolle bei der Entscheidung zugunsten einer Allfinanzaufsichtsbehörde spielte, lassen die offiziellen Stellungnahmen zu diesem Reformprojekt durchaus deutlich erkennen, die die Verbesserung der Effizienz der Aufsicht als Hauptziel der Reform bezeichnen.145 D. Vergleichende Zusammenfassung Ein Vergleich der historischen Entwicklung in den beiden hier untersuchten Rechtsordnungen deutet zunächst auf eine grundsätzliche Gemeinsamkeit hin: Beiden ist die Staatsaufsicht über das Kreditwesen, sind Genehmigungspflicht, Sicherheitsstandards für den Geschäftsbetrieb und Sonderregelungen für Insolvenz eines Kreditinstituts lange unbekannt geblieben – auch dann noch, als die Entwicklung zum modernen Industriestaat längst vollzogen war. In beiden hat sich die Staatsaufsicht nicht als Ausfluß einer bestimmten abstrakten wirtschaftspolitischen Konzeption etabliert, sondern konkret und schrittweise als politische Reaktion auf Krisen oder besonders einschneidende Einzelverluste, die jeweils auch in der Öffentlichkeit besondere Beachtung gefunden haben. In beiden Rechtsordnungen sind nachträglich, wiederum unter dem Eindruck neuer konkreter Fallbeispiele, Änderungen am rechtlichen Rahmen und der Aufsichtspraxis vorgenommen worden, in Deutschland freilich eher punktueller Natur, während in England insbesondere mit dem Financial Services and Markets Act 2000, aber auch bereits mit dem Banking Act 1987 frühere Konzepte zwar aufgenommen wurden, man sich aber jeweils für die umfassende Reform des gesamten Regelungskatalogs entschied. Der neue Rechtsrahmen besteht hier aus einem äußerst komplexen System gesetzlicher Regelungen und delegierter Rechtssetzung durch die Financial Services Authority – eine Neuorientierung, die insoweit ihresgleichen sucht und ihre Effektivität und Effizienz ebenso noch beweisen muß wie ihre Praktikabilität. 143

Vgl. zu diesem Fall Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 268 f. Siehe insbes. noch unten § 13 sub B. III. 3. a) bb) (b). 145 HM Treasury, Financial Services and Markets Bill: A Consultation Document. Part One. Overview of Financial Regulatory Reform, London 1998, S. 1. Vgl. zu den Hintergründen der Reform ferner Briault, FSA Occasional Papers No. 2, S. 5 ff. m. w. N. 144

§ 2 Historische Bankenkrisen, Konsequenzen und Reaktionen

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Daß beide Rechtsordnungen sowohl in zeitlicher als auch in konzeptioneller Hinsicht unterschiedliche Wege gegangen sind, läßt sich mit Zahl, Zeitpunkt und Intensität der jeweils ausschlaggebenden Krisenfälle erklären. Nach der katastrophalen Erfahrung der Bankenkrise der 1930er Jahre sah der Gesetzgeber in Deutschland bereits recht frühzeitig Handlungsbedarf – wie übrigens in zahlreichen Industrieländern, die zeitgleich die Bankenaufsicht einführten oder grundlegend reformierten.146 Die nachfolgende Gesetzgebung konnte auf den zur Krisenbewältigung ergangenen umfassenden Notverordnungen des Reichspräsidenten aufbauen und war entsprechend darauf ausgerichtet, weitreichende Kompetenzen auch für eine den gesamten Sektor erfassende Krise zu schaffen. Zudem hatte sich im durchaus föderal geprägten, vielfältigen deutschen Kreditwesen ein Oligopol ähnlich dem Londoner Kreis alteingesessener größerer Banken nicht gebildet, so daß eine effektive Selbstregulierung als plausible Alternative zur staatlichen Regulierung hierzulande nicht zur Verfügung stand. Das englische Bankensystem hatte demgegenüber die Weltwirtschaftskrise und die Nachkriegszeit ohne existenzbedrohende Einschnitte überstanden; hier gab erst die Bankenkrise der 1970er Jahre Anlaß, die die Einführung einer förmlichen Bankenaufsicht jedoch zunächst nur für denjenigen Sektor erforderlich erscheinen ließ, der sich soeben als krisenanfällig erwiesen hatte. Wichtige Unterschiede zeigen sich vor allem hinsichtlich der Krisenbewältigungspraktiken. Die Tradition von Zentralbankeingriffen zur Stützung der Finanzmärkte allgemein, vor allem aber auch einzelner insolvenzbedrohter Institute ist in England deutlich stärker ausgeprägt als in Deutschland;147 besonders anschaulich wird dies im Vergleich zur deutschen Bankenkrise der 1930er Jahre, in deren Verlauf die Reichsbank sich gegenüber dem Ansinnen nach entsprechenden Unterstützungsmaßnahmen ausdrücklich verweigerte. Eine gewisse Kursänderung bedeutet hier ersichtlich die Gründung der Liquiditäts-Konsortialbank, die indessen aufgrund ihres institutionalisierten Charakters in ihrer Kapazität beschränkt ist und zudem das Ziel verfolgt, die Marktteilnehmer selbst in die Krisenbewältigung einzubinden. Auf die Leistungsfähigkeit derartiger Stützungsmaßnahmen, insbeson146 Vgl. hierzu anschaulich die zeitgenössischen Länderberichte bei Müller-Freienfels sowie Allen, u. a. (Hrsg.), jeweils passim. 147 Nach Goodhart (in: ders./Illing (Hrsg.), S. 227, 233) könnte dies auch darauf zurückzuführen sein, daß der Bank of England auch nach ihrer Verstaatlichung nach dem Zweiten Weltkrieg unabhängige Mittel zur Verfügung verblieben, deren Verwendung eher von bankmäßigen Erwägungen als währungspolitischen Motiven geleitet war: „[. . .] in the case of the Bank of England there used to be an implicit distinction between those aspects of its business that were the affairs of the Bank and those that were the affairs of the government.[. . .] The Bank of England’s own retained capital still gave it some leeway and freedom to act at its own independent volition“.

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1. Teil: Grundlagen

dere im Kontext einer das gesamte nationale Kreditwesen oder wesentliche Teile desselben erfassenden Krise wird noch einzugehen sein.148 Auffällig ist zudem die im englischen Recht neuerdings feststellbare Tendenz, Bankeninsolvenzen zunehmend durch Einleitung eines förmlichen Insolvenzverfahrens abzuwickeln, wobei die Öffnung des Administration-Verfahrens auch für Banken von besonderer Bedeutung gewesen sein dürfte. Dies kontrastiert mit der in Deutschland insbesondere nach dem HerstattFall vollzogenen Hinwendung zu einem stärkeren aufsichtsrechtlichen Einfluß auf die Krisenbewältigung. Die Gründe für beide Entwicklungen werden noch näher zu beleuchten und vor allem darauf zu überprüfen sein, inwieweit das Inkrafttreten der deutschen Insolvenzordnung hier möglicherweise eine Neuorientierung nahelegt.

§ 3 Krisenbewältigung im Kontext präventiver Regulierung A. Einführung I. Überblick

Die Entwicklung eines Rechtsrahmens für die staatliche Bankenaufsicht in Reaktion auf historische Bankenkrisen in den hier untersuchten Rechtsordnungen ist im vorangegangenen Abschnitt im einzelnen dargetan worden. Nachfolgend soll ein knapper Überblick über die wesentlichen Grundzüge der geltenden Regelungen gegeben werden. Dabei geht es nicht um eine Einführung in die Grundlagen des Bankenaufsichtsrechts; in den Mittelpunkt soll vielmehr der Zusammenhang zwischen den allgemeinen Instrumentarien und den für die Krisenbewältigung entwickelten Vorschriften und Aufsichtspraktiken gerückt werden. Die Verzahnung zwischen beiden wird im Verlaufe der weiteren Untersuchung mehrfach bedeutsam werden – die Instrumentarien für die Krisenbewältigung sind gewissermaßen „Schlußstein“ der allgemeinen Regulierungskonzepte, die den Krisenfall verhindern sollen, nehmen auf diese Parameter wiederholt Bezug und sind in beiden Rechtsordnungen eng verknüpft mit allgemeinen aufsichtsrechtlichen Eingriffskompetenzen.

148

Unten § 17.

§ 3 Krisenbewältigung im Kontext präventiver Regulierung

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II. Der Einfluß des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht und der Gemeinschaftsrechtssetzung

Der heutige Rechtsrahmen für die Bankenaufsicht hat wesentliche Impulse nicht lediglich aus Erfahrungen mit Krisenfällen in rein nationalem Kontext erfahren. Nach dem Herstatt-Zusammenbruch im Jahre 1974 ist mit dem bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich eingerichteten „Basler Ausschuß für Bankenaufsicht“ vielmehr ein Forum der Zusammenarbeit zwischen Vertretern von Zentralbanken und Aufsichtsbehörden verschiedener Länder entstanden, dessen Initiativen – insbesondere auf den Gebieten der Entwicklung von Eigenkapitalstandards und des Schutzes der Zahlungssysteme – hohen Einfluß auf die internationale Entwicklung genommen haben.149 Der Einfluß dieses Gremiums ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß – angesichts der Vorreiterrolle nicht zuletzt Deutschlands und Englands bei der Herausbildung einheitlicher Standards durch den Basler Ausschuß kaum verwunderlich – der Europäische Gemeinschaftsgesetzgeber die Initiativen des Basler Ausschusses vielfach aufgreift und in gemeinschaftsweit bindende Rechtsakte übersetzt. Dies ist seit den späten 1970er Jahren in einem Maße erfolgt, daß die autonomen nationalen Aufsichtsrechte der Mitgliedstaaten inzwischen in weiten Teilen weitgehend einander angeglichen worden sind. Rechtsgrundlage für die Richtliniensetzung der Gemeinschaft auf diesem Gebiet sind in erster Linie die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit und die entsprechenden Rechtsetzungskompetenzen (Artt. 43 ff., 49 ff. EG = Artt. 52, 59 ff. EGV a. F.). Wesentliches Hindernis für die Umsetzung dieser Grundfreiheiten und die Schaffung eines echten gemeinsamen europäischen Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen war die bis 1993 aufgeschobene Implementierung der für die Realisierung grenzüberschreitender Bankdienstleistungen unerläßlichen Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 EG = Art. 73b EGV a. F.).150 Seither ist in Umsetzung des Konzepts schrittweiser Harmonisierung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen ein höchst komplexer Rechtsrahmen aus zahlreichen Richtlinien geschaffen 149 Siehe ausf. zur Geschichte und Tätigkeit des Basler Ausschusses BIZ, History; Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 53 ff.; Hayward/Norton, in: Norton (Hrsg.), S. 67 ff.; Norton, Standards, S. 173 ff.; Walker, International Banking Regulation, S. 39 ff., ferner Hellenthal, S. 48 ff.; Bauer, S. 53 ff.; Kapstein, (1989) 43:2 International Organization 323, 327 ff. 150 Vgl. zu diesem Hintergrund etwa Oppermann, Rn. 1480 ff.; Schöne, WM 1989, 873 ff.; Seidel, GS Grabitz, S. 763 ff.; Kümpel, Rn. 15.9 ff., sowie den Überblick von Hirte/Heinrich, ZBB 2001, 388, 389. Zur Frühgeschichte der Harmonisierungsbestrebungen der Gemeinschaft, insbes. den Überlegungen und Entwürfen für ein einheitliches europäisches Kreditwesengesetz in den 1970er Jahren vgl. Römer, S. 80 ff.

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1. Teil: Grundlagen

worden, die das nationale Recht weithin überlagert haben.151 Gleichwohl finden sich wichtige Vorläufer der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen gerade in der vorangegangenen Rechtsentwicklung in Deutschland und England, die daher nachfolgend jeweils zunächst kurz vorgestellt werden sollen, bevor auf die gemeinschaftsrechtliche Harmonisierung eingegangen wird.

B. Präventive Regulierung, Staatsaufsicht über das Kreditwesen und Anforderungen an den Geschäftsbetrieb I. Genehmigungszwang und Überwachungskompetenzen

1. Deutschland a) Beschränkter Marktzutritt In Deutschland begründete bereits das KWG von 1934 Marktzutrittsbedingungen, die schon seinerzeit ein „Eindringen ungeeigneter Personen oder finanziell unzulänglich ausgestatteter Unternehmen“152 verhindern helfen sollten: Hinzuweisen ist insbesondere auf die Einführung einer Genehmigungspflicht153 (§ 3 KWG 1934, heute: § 32 KWG) sowie den Schutz vor den Risiken durch eine unzuverlässige Geschäftsführung (§ 4 I lit. a KWG 151

Zur Abkehr vom ganzheitlichen Konzept und der Hinwendung zum Konzept der schrittweisen Harmonisierung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen bis zum und nach dem „Weißbuch Vollendung des Binnenmarktes“ von 1985 (Weißbuch der Kommission an den Europäischen Rat (KOM[85] 310 endg) vgl. etwa Horn, ZBB 1989, 107 ff.; U. Schneider, in: Rehm (Hrsg.), S. 243, 245 ff.; ders., ÖBA 1991, 312 ff.; Hellenthal, S. 39 ff.; Dassesse/Isaacs/Penn, S. 18 ff.; Cranston/Hadjiemmanuil, in: Norton/Andrews/Footer (Hrsg.), S. 341, 344 ff.; Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 70 ff.; Norton, Standards, S. 106 ff. Zu den einzelnen Rechtssetzungsschritten noch unten im Kontext der jeweiligen Sachprobleme. Es sei darauf hingewiesen, daß die wesentlichen Richtlinien – im Zuge der sogenannten „SLIMInitiative“ (Simpler Legislation in the Internal Market) – ohne inhaltliche Änderungen im Jahre 2000 konsolidiert wurden (vgl. hierzu Hirte/Heinrich, ZBB 2001, 388, 395). Im folgenden wird daher stets auch auf die Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 20.3.2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute, ABlEG Nr. L 126/1 als nunmehr maßgeblichen Rechtsakt verwiesen. 152 Kümpel, Rn. 19.87 zur Ratio der heutigen KWG-Bestimmungen. 153 Auch dieser Punkt gehört zu den Forderungen der Bankenenquête 1933, vgl. Honold, S. 62; Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 215 f. Siehe zu Vorläufern der Genehmigungspflicht im Reichsgesetz über Depot- und Depositengeschäfte v. 26.6.1925 (RGBl. 1925-I, S. 89) nochmals Müller, S. 76 f., 203; zur Entstehung des § 4 RKWG ebd., S. 205 ff.

§ 3 Krisenbewältigung im Kontext präventiver Regulierung

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1934154), der den Umstand reflektiert, daß in der Schlußphase der Bankenkrise 1931 praktisch das gesamte Führungspersonal der großen deutschen Banken ausgewechselt worden war.155 Das sog. „Vier-Augen-Prinzip“ für die Geschäftsleitung, wonach für die Genehmigung mindestens zwei Geschäftsleiter vorhanden sein müssen, findet sich im deutschen Recht erstmalig nach der KWG-Novelle von 1976.156 b) Informationspflichten und Prüfungsbefugnisse Ebenfalls bereits im KWG 1934 finden sich prototypische Vorschriften für Informationspflichten und korrespondierende Kontrollbefugnisse formuliert (vgl. für Anzeigepflichten die §§ 8 f., 12 I 2, 14 VII und 20 f., für Prüfungsbefugnisse die §§ 34 ff. KWG 1934);157 im Zuge der verschiedenen Neufassungen des KWG sind sie seither sukzessive ausgeweitet worden. Heute nimmt die Bundesbank – wie nach § 20 KWG 1934 die Reichsbank – Anzeigen und Unterlagen der Kreditinstitute entgegen (vgl. etwa §§ 13, 13a, 14, 24 ff. KWG) und kann entsprechende Ersuchen um Ergänzung und Änderungen der erlangten Informationen an diese richten. Die BAFin ist hingegen nach Maßgabe der §§ 44 ff. KWG für die Durchführung von Prüfungen zuständig. Die Aufgabenverteilung zwischen beiden Institutionen folgt damit einer bereits der früheren Zweiteilung in Reichskommissariat und Reichsaufsichtsamt zugrundeliegenden Einteilung nach „materieller Aufsicht“ (der laufenden Überwachung unter Mitwirkung der Institute), die durch die Bundesbank ausgeübt wird, sowie hoheitlichen Eingriffsbefugnissen seitens der BAFin; geregelt ist die Zusammenarbeit in § 7 KWG.158

154 Ähnliche, nur wenig präzisierte Anforderungen stellen heute §§ 33 I Nr. 2 a i. V. m. § 1 II 1, 33 II 1 KWG auf. 155 Born, S. 170 f. 156 § 31 I 1 Nr. 5 KWG, vgl. zur Einführung Assmann, BB 1976, 579, 583. Zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Bestimmung siehe Rehmann, S. 69 ff. 157 Siehe zur Entstehungsgeschichte ausf. Müller, S. 213 ff. (Anzeigepflicht nach § 8 RKWG), 300 ff. (Publizitätspflichten nach §§ 20, 21 RKWG), 416 ff. (Prüfbefugnisse). 158 Vgl. zur Aufgabenabgrenzung etwa Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 6 Rn. 28 f. sowie die Kommentierung ebd. zu § 7; siehe ferner schon die Begründung zum KWG 1961 (RegE), BT-Drs. 3/1114, S. 22 ff.: ausf. Darstellung der Aufgabenverteilung vor dem Hintergrund der Doppelwirkung aufsichtsrechtlicher Vorgaben und kreditpolitischer Maßnahmen der Notenbank für den Bankbetrieb und die Währungspolitik gleichermaßen. Das Gesetz zur Einführung einer Allfinanzaufsicht hat diese Aufgabenteilung im wesentlichen beibehalten bzw. „konkretisiert“, vgl. zur Begründung insoweit auch Binder, WM 2001, 2230, 2235 f., 2238.

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1. Teil: Grundlagen

2. England a) Beschränkter Marktzutritt Erste Ansätze zu Marktzutrittsbedingungen finden sich im englischen Recht bereits lange vor dem oben skizzierten Paradigmenwechsel von der Stellung der Bank of England als Marktbeobachter und -lenker in der Rolle eines primus inter pares hin zur modernen, gesetzlich determinierten Bankenaufsichtsbehörde. Auch diese frühen Ansätze beruhten indesssen vielfach auf Absprachen zwischen der Leitung der Bank of England und den Direktoren der in der City vertretenen Banken. Wurden sie gesetzlich fixiert, so kam ihnen kaum wirklich einschränkende Bedeutung zu. Für die im 19. Jahrhundert erstmals auftretenden Banken in der Rechtsform von Kapitalgesellschaften – die sogenannten Joint Stock Banks – forderte ein Parlamentsausschuß des House of Commons bereits recht umfassende Vorgaben für die Aufnahme der Tätigkeit, die aber in den Joint Stock Banks Act 1844 nur teilweise Eingang fanden – und auch insoweit schon 1857 als zu starke Einschränkung des Wettbewerbs wieder aufgehoben wurden.159 Der Moneylenders Act 1908, ein frühes Beispiel „verbraucherschützender“ Bankrechtssetzung,160 führte erstmals das Erfordernis einer förmlichen Registrierung als Moneylender ein (s. 2(1)(a)). Hiervon ausgeschlossen blieben freilich unter anderem „any person bonâ fide carrying out the business of banking“ (s. 6(d)). Bestehende Banken waren mithin von der Registrierungspflicht ausdrücklich ausgenommen. Schwierigkeiten bei der Anwendung der Bestimmung in der Praxis161 führten dann zur Vorschrift der s. 123 159

Siehe etwa Allen, in: ders., S. 225, 228 f.; Collins, S. 72 ff.; Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 8: Mindestvorgaben fanden sich etwa für die Abfolge von Gesellschafterversammlungen, Rotation in der Geschäftsführung sowie auch Restriktionen für das Kreditgeschäft, Publizitätspflichten und das einzuzahlende Kapital, das auf 100.000 Pfund festgelegt wurde (mit Aktien zu jeweils mindestens 100 Pfund). Das Gesetz wurde 1857 außer Kraft gesetzt und durch ein neues ersetzt, mit dem erstmalig die Haftungsbeschränkung für Banken eingeführt wurde (Allen, a. a. O., S. 230). Vgl. allgemein zur Darstellung der Rechtsentwicklung in der ersten Hälfte des 19. Jh. die Darstellung bei Collins, S. 14 ff. 160 S. 1 des Act bestimmte als Voraussetzung für die gerichtliche Korrektur von Verträgen zwischen Moneylenders und Kunden, daß „there is evidence which satisfies the court that the interest charged in respect of the sum actually charged for expenses, inquiries, fines, bonus, premium, renewals, or any other charges, are excessive, and that in either case, the transaction is harsh and unconscionable, or is otherwise such that a court of equity would give relief“. 161 Im Fall United Dominions Trust v. Kirkwood [1966] 2 QB 431 hatte ein Kreditnehmer gegen die Rückzahlungsforderung der kreditgebenden Bank eingewandt, diese habe den Kredit ohne Registrierung nach dem Moneylenders Act 1900 gewährt, weshalb der Kreditvertrag unwirksam sei und die Verpflichtung zur Rückzahlung der Darlehensvaluta entfalle. Der Court of Appeal hatte darüber zu befinden,

§ 3 Krisenbewältigung im Kontext präventiver Regulierung

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Companies Act 1967,162 welche die Möglichkeit vorsah, als „Moneylender“ eine Erklärung des zuständigen Ministeriums (Board of Trade) zu beantragen, derzufolge der Antragsteller als Banker zu behandeln sei. Eine effektive, an qualitative Mindestanforderungen gebundene Marktzutrittskontrolle war damit indes nicht verbunden; die Neuregelung diente vielmehr vor allem dazu, die Grauzone zu beseitigen, in welcher die neu entstandenen Institute ihren Geschäften nachgingen. Sie schuf damit die Basis für das Aufkommen des umfangreichen Secondary Banking-Sektors,163 dessen Kollaps sieben Jahre später bereits dargestellt wurde. Eine generelle Lizenzierungspflicht und mithin eine wirksame Marktzutrittskontrolle führte – wie gesehen,164 nach zwei Gruppen getrennt – erst der Banking Act 1979 ein.165 Der Financial Services and Markets Act 2000 hat hier insoweit eine Neuerung erbracht, als danach die Erlaubnis nicht mehr für das durch eine allgemein gefaßte Definition der „deposit taking institution“ generell fixierte Geschäftsfeld erteilt wird, sondern – nach Maßob das betreffende Institut das Kriterium eines „bonâ fide bankers“ erfülle und daher nach der oben im Text zitierten Ausnahmebestimmung der s. 6(d) Moneylenders Act 1900 keiner Registrierungspflicht unterliege. Dies wurde bejaht, allerdings unter ausdrücklichem Hinweis, daß insoweit eine Ausnahme gemacht werde und künftig ein Nachweis über die amtliche Anerkennung als Banker verlangt würde. 162 Vgl. ausführlich zur Rechtsentwicklung Cianferotti, S. 131 ff. Diese Art der „Anerkennung“ setzte im Ergebnis eine Tradition fort, die sich seit dem Moneylenders Act durch verschiedene Rechtsetzungsakte hindurch entwickelt hatte. So erforderte die Beteiligung am Devisenhandel eine Registrierung unter dem Exchange Control Act 1947 und gewährte der Companies Act 1948 Banken, die durch den Board of Trade als solche anerkannt worden waren, bestimmte bilanzrechtliche Vergünstigungen; der Protection of Depositors Act 1963 nahm bestimmte anerkannte Banking Companies von werberechtlichen Einschränkungen aus, die (als Resultat einzelner Krisen in den 1950er Jahren) kleineren Instituten auferlegt wurden. Die Anerkennung der Institute innerhalb der einzelnen Kategorien beruhte jeweils auf Einzelfallerwägungen, die maßgeblich auf die Reputation und die bisherigen Stellung abstellten (vgl. ebd., S. 83 ff. sowie die Darstellung der Bank of England zur Secondary Banking Crisis, (1978) 18 Bank of England Quarterly Bulletin 230 ff.). Anschaulich zur Anerkennungspraxis und ihren Auswirkungen auf den Bankenmarkt auch Bank of England, (1978) 18 Bank of England Quarterly Bulletin 383: „The amalgam of the market-based and statutory recognitions resulted in what may be described as a status ladder, with a series of rungs represented by individual recognitions, up which some companies could progress as their reputation and expertise developed. But only those which had acquired the highest recognitions were regarded by the Bank as banks in the full sense of the word (. . .).“ 163 Vgl. Cianferotti, S. 135 ff., insbes. 138; siehe auch bereits oben § 2 sub C. II. 164 Siehe oben § 2 sub C. II. 165 Siehe ss. 1, 3 Banking Act 1979. Die Gesetzgebungspläne sind erläutert in dem 1976 erschienenen White Paper „The Licensing and Supervision of DepositTaking Institutions“, Cmnd. 6584. Zu den Anforderungen für die Genehmigung Sch. 3 Banking Act 1987.

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1. Teil: Grundlagen

gabe der s. 40(1) i. V. m. s. 31(1) FSMA 2000 sowie s. 22 i. V. m. Schedule 2 FSMA 2000 – für einzelne, detailliert zu bezeichnende Geschäftsaktivitäten, die durch Rechtsverordnung des Finanzministeriums näher zu spezifizieren sind. Die Zulassung zum Geschäftsbetrieb erfolgt danach sektorübergreifend für alle Bewerber in einem einheitlichen Verfahren, das die Zulassung als sog. „Authorised Person“ sowie die Genehmigung einzelner Geschäftstätigkeiten umfaßt.166 b) Informationspflichten und Prüfungsbefugnisse Die Entwicklung besonderer Informationspflichten und korrespondierender Prüfungsbefugnisse zugunsten der Bank of England als Aufsichtsbehörde entspricht wiederum der traditionellen Aufsichtspraxis der Bank of England, die eher die Stabilität des Systems im Wege einvernehmlicher Lösungen zu sichern suchte, als kontinuierliche Kontrolle anzustreben – bis zum Banking Act 1979167 hat es derartige gesetzlich fixierte Vorschriften in England nicht gegeben, und erst der Banking Act 1987 führte sie auch für Recognised Banks ein.168 Heute sind die Überwachungskompetenzen und korrespondierende Pflichten der beaufsichtigten Institute geregelt in den aufgrund der ss. 138 ff. FSMA 2000 erlassenen „Rules“ der Financial Services Authority, also in Sekundärrechtsakten der Aufsichtsbehörde.169 3. Europäisches Gemeinschaftsrecht Das Europäische Gemeinschaftsrecht nahm (auch) insoweit seinerseits nicht nur verschiedene Regelungskonzepte in den einzelnen EG-Mitgliedsstaaten auf, sondern setzte insbesondere auch Vorschläge des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht um.170 Bereits mit der sog. Ersten Bankrechts166

Hierzu Binder, WM 2001, 2230, 2233 m. w. N. Vgl. ss. 14 ff. Banking Act 1979 und dazu Cianferotti, S. 212 ff. 168 Vgl. ss. 41–44 („Investigations“), 45–47 („Accounts and auditors“). Bis dahin entsprach es einhelliger Ansicht, daß die guten Kontakte zu den etablierten Banken eine derartige institutionalisierte Überwachung nicht erforderten, vgl. Cianferotti, S. 259 m. w. N. Gleichwohl wurde die Bank of England in s. 17(1) Banking Act 1979 ermächtigt, auch Untersuchungen in Recognised Banks durchführen zu lassen. 169 Zum Rechtscharakter der durch die FSA zu erlassenen „Rules“ und sonstiger normkonkretisierender Verlautbarungen vgl. Binder, WM 2001, 2230, 2232 f. m. w. N. 170 Der Basler Ausschuß hatte mit dem sog. „Konkordat“ von 1975 eine Verständigung von Vertretern nationaler Zentralbanken und Aufsichtsbehörden über Grundlagen der Verantwortung für die Bankenaufsicht erreicht; zum Vorläufer konkreter europäischer Rechtsakte wurde später vor allem der Basler Akkord über die Eigenmittelausstattung der Banken von 1988 (hierzu noch sogleich unten sub III. 3.). 167

§ 3 Krisenbewältigung im Kontext präventiver Regulierung

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koordinierungsrichtlinie von 1977 wurde ein einheitliches Genehmigungserfordernis für die Tätigkeit von Kreditinstituten eingeführt171 und die noch heute gültige172 Definition von Kreditinstituten festgelegt.173 Ferner schrieb die Richtlinie das in Deutschland bereits eingeführte „Vier-Augen-Prinzip“ für die Geschäftsführung als zwingende Anforderung fest.174 Zudem wurden einheitliche Voraussetzungen für die Entziehung der Zulassung zum Geschäftsbetrieb formuliert175 – allerdings nicht im Sinne positiver Anforderungen, sondern vielmehr als Eingrenzung möglicher Entziehungsgründe in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten.176 Die laufende Überwachung des Geschäftsbetriebs wurde durch die Richtlinie vorausgesetzt.177 II. Mindeststandards für den Geschäftsbetrieb

Bedeutsamer als die Unterstellung des Kreditwesens unter staatliche Aufsicht als solche war die Herausbildung finanzieller Mindeststandards für den Geschäftsbetrieb. Dies gilt gerade auch für den vorliegenden Kontext, da diese Mindeststandards, wie noch zu diskutieren sein wird, als Indikatoren für die finanzielle Stabilität von Kreditinstituten eine wichtige Rolle zugleich im Rahmen der Tatbestandsvoraussetzungen für das Eingreifen von Krisenbewältigungsmechanismen spielen. Besondere Bedeutung haben seit den 1980er Jahren Eigenmittelgrundsätze für Banken erlangt, für die mit dem Basler Eigenmittelakkord von 1988 einheitliche Standards geschaffen Grundsätzlich zur Kooperation zwischen der zuständigen GD XV der Europäischen Kommission, dem „beratenden Bankenausschuß“ nach Art. Titel VI der RL 2000/ 12/EG und dem Basler Ausschuß siehe Norton, Standards, S. 163 ff. 171 Art. 3 I RL 1977/780/EWG des Rates v. 12.12.1977 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute = Art. 4 RL 2000/12/EG. 172 Freilich mittlerweile um sogenannte E-Geld-Institute erweitert: siehe die Richtlinie 2000/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 18.9.2000 zur Änderung der Richtlinie 2000/12/EG über die Aufnahme und Ausübung der Kreditinstitute, ABlEG. Nr. L 275/37 und den damit neu in die letztgenannte Richtlinie eingefügten Art. 1 Nr. 1 Buchst. b). 173 Siehe Art. 1 I RL 1977/780/EWG = Art. 1 Nr. 1 RL 2000/12/EG, vgl. schon oben § 1 sub E. 174 Art. 3 II 2. Spiegelstrich RL 1977/780/EWG = Art. 6 Nr. 1 RL 2000/12/EG, jeweils das Erfordernis „notwendiger Zuverlässigkeit“ und „angemessener Erfahrung“ zum zusätzlichen Kriterium erhebend. 175 Art. 8 RL 1977/780/EWG = Art. 14 RL 2000/12/EG. 176 Siehe noch unten § 15 sub B. III. 2. b). 177 Vgl. Art. 7 I RL 1977/780/EWG. Zu weiteren, speziellen Informationspflichten siehe RL 2000/12/EG, Artt. 49 (Großkredite), 55 I, II (Meldepflichten bezüglich der Beaufsichtigung von Kreditinstituten auf konsolidierter Basis), 16 (dto. für die Beteiligungslage am jeweiligen Institut).

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1. Teil: Grundlagen

wurden, auf denen dann auch das europäische Gemeinschaftsrecht aufbauen konnte. Als „Puffer“ zur Abschirmung gegen Verluste zu Lasten insbesondere der Bankeinleger stellen Eigenmittelanforderungen seither den Eckpfeiler der Bankenregulierung weltweit dar; frühere aufsichtsrechtliche Konzepte, die insbesondere auf den Schutz der Liquidität der Bankinstitute abzielten, sind damit abgelöst worden.178 1. Deutschland Nachdem die Bankenkrise in besonderer Weise die Folgen finanzieller Labilität unter anderem aufgrund unzureichender Deckung des laufenden Geschäfts durch Eigenmittel in geeignetem Umfang demonstriert hatte, war die Einführung detaillierter Bestimmungen zu beiden Aspekten bereits im KWG 1934 nicht verwunderlich.179 In dem dort zugrundegelegten Konzept hat auch die noch heute geltende Regelungstechnik der §§ 10, 11 KWG ihren Ursprung, wonach der Gesetzgeber die Mindeststandards nur abstrakt unter Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe formuliert, ihre Konkretisierung – durch sog. „Grundsätze“ – aber der Aufsichtsbehörde zuweist (vgl. schon § 11 ff. KWG 1934). Noch erwähnt sei, daß das Erfordernis rechtlich selbständiger Eigenmittel in das deutsche KWG mit der Novelle von 1976 Eingang gefunden hat, die in § 2 a erstmals die Neuzulassung von Kreditinstituten in der Rechtsform des Einzelkaufmanns untersagte.180 Nicht weiter von Interesse ist hier die Mindestreserve der einzelnen Kreditinstitute bei der Bundesbank bzw. heute der Europäischen Zentralbank, die als ursprüngliches Mittel zur Gewährleistung der wirtschaftlichen Sicherheit der Bank einen Funktionswandel hin zum währungspolitischen Steuerungsmittel erfahren hat und daher im hier gesetzten Rahmen nicht mehr von Belang ist.181 178 Norton, Standards, S. 20 ff. Siehe zur Vorbereitung des Basler Akkords von 1988 durch eine Initiative Englands und der Vereinigten Staaten etwa Hadjiemmanuil, S. 53 ff., insbes. 64 ff., 203; ferner Hayward/Norton, in: Norton (Hrsg.), S. 67 ff. sowie die wirtschaftswissenschaftliche Untersuchung von Burghof, passim. Insbesondere zu Vorbehalten gegenüber den darauf basierenden gemeinschaftsrechtlichen Regelungen in Deutschland Alsheimer, RIW 1993, 111 ff.; Horn, ZBB 1989, 107, 114 ff. Siehe auch – wiederum aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht – die Ansätze für eine kritische Neubewertung der Eigenmittelregulierung von Banken bei Eichberger/Summer, passim. 179 Ausf. Müller, S. 225 ff. (Eigenkapital), 274 ff. (Liquidität). Anders als zu den zuvor behandelten Sachfragen finden sich Vorläufer zur materiellen Bankenaufsicht durch Standards für Eigenmittelausstattung, Liquidität und laufendes Geschäft der Institute noch nicht in den 1931 während der Bankenkrise ergangenen Notverordnungen, vgl. Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 214. 180 Vgl. Assmann, BB 1976, 579, 583.

§ 3 Krisenbewältigung im Kontext präventiver Regulierung

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Auch für Bestimmungen zur Einschränkung des Kreditrisikos lassen sich historische Wurzeln bereits im KWG 1934 finden (vgl. § 12 KWG 1934 für Großkredite – Sollvorschrift;182 § 14 KWG 1934 für Organ-183 und Angestelltenkredite;184 § 17 KWG 1934 für die Beteiligung an anderen Unternehmen). Nachdem sich auch nach 1945 die Abhängigkeit von Großengagements immer wieder als Ursache von Bankeninsolvenzen erwiesen hatte, fand die Beschränkung von Großkrediten auch im KWG 1961 bereits (noch unabhängig von entsprechender Rechtsharmonisierung im europäischen Raum) entsprechende Berücksichtigung.185 Die hier behandelten Bestimmungen sind aufgrund der Umsetzung der im Jahre 1989 und nachfolgend durch die 4.,186 die 5.187 sowie die 6. KWG-Novelle188 erheblich verändert worden. 2. England Ähnlich wie im Bereich der Informationspflichten und Prüfungsbefugnisse vollzog sich die Festsetzung von Grundsätzen für die Eigenkapitalausstattung und Liquidität der Banken in England zunächst informell und ein181 Vgl. etwa Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 94 ff.; Müller, S. 291 ff., insbes. 293; Pleyer, S. 124 ff. Zu den Mindestreserven der Nationalbanken des Eurosystems EZB, Monetary Policy, S. 69 ff. 182 Hierzu Müller, S. 238 ff. 183 Vgl. heute § 15 KWG. 184 Siehe Müller, S. 249 ff. 185 Siehe im einzelnen Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 228. Von insgesamt 35 untersuchten Fällen ordnet von Stein 26 Insolvenzen einer Abhängigkeit von „überhöhten Krediten“ zu, vgl. passim und Anhang 1. Tabelle. Zur weiteren Verschärfung der Großkreditbestimmungen, die 1976 erstmals zu „Mußvorschriften“ aufgewertet wurden, siehe Assmann, BB 1976, 579, 582 f. sowie Rehmann, S. 72 ff. (S. 76 ff. zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit unter Art. 12 GG). 186 BGBl. 1992-I, 2211: Umsetzung der 2. Bankrechtskoordinierungsrichtlinie (1. Teil Fn. 200) sowie der Richtlinie 89/299/EWG des Rates v. 17.4.1989 über die Eigenmittel von Kreditinstituten (nachfolgend: Eigenmittelrichtlinie), ABlEG Nr. L 124/16, und der Richtlinie 89/647/EWG des Rates für einen Solvabilitätskoeffizienten für Kreditinstitute (Solvabilitätsrichtlinie), ABlEG. Nr. L 386/14. Vgl. Dürselen, ZBB 1993, 266 ff. 187 BGBl. 1994-I, S. 2735, Inkrafttreten am 31.12.1995: Umsetzung der Richtlinie 92/30/EWG des Rates v. 6.4.1992 über die Beaufsichtigung von Kreditinstituten auf konsolidierter Basis (Konsolidierungsrichtlinie), ABlEG. Nr. L 110/52, und Richtlinie 92/121/EWG des Rates v. 21.12.1992 über die Überwachung und Kontrolle von Kreditinstituten (Großkreditrichtlinie), ABlEG. Nr. L 29/1. 188 BGBl. 1994-I, 1749: Umsetzung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates über Wertpapierdienstleistungen, ABlEG. Nr. L 141/27, der Kapitaladäquanzrichtlinie v. 15.3.1993, ABlEG. Nr. L 141/1 v. 11.6.1993, sowie der sog. BCCI-Folgerichtlinie (siehe noch unten sub 3. a) bei und in Fn. 202). Vgl. zu den Änderungen ausf. Mielk, WM 1997, 2200 ff. und 2237 ff.

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1. Teil: Grundlagen

zelfallorieniert189 und weitete sich dann im Gefolge der Bankenkrise der 1970er Jahre systematisch aus. Eine gesetzliche Regelung unterblieb jedoch bis zum Banking Act 1987, und zwar für Recognised Banks und Licensed Deposit Takers gleichermaßen.190 Die Umsetzung der Gemeinschaftsrechtsetzung auf diesem Gebiet erfolgte u. a. durch Sch. 3, para. 6(1) (Mindesteigenkapital) und para. 4 (laufende Eigenmittelanforderungen) i. V. m. Anpassungen in der Aufsichtspraxis auf der Basis des sehr weiten Beurteilungsspielraums der Bank of England,191 die im „Guide to Banking Supervisory Policy“ der Bank niedergelegt wurden.192 Eine ähnliche Regelungstechnik findet sich auch heute unter der Geltung des Financial Services and Markets Act 2000, der in Sch. 6 die für die Genehmigungserteilung nach ss. 40, 41 maßgeblichen „threshold conditions“ wiederum nur abstrakt formuliert und die nähere Konkretisierung der Financial Services Authority im Einzelfall zuweist.193 Ähnlich wie die Herausbildung von Anforderungen für die Eigenmittel der Kreditinstitute verlief die Entwicklung von Standards für Liquiditätsreserven durch die Bank of England.194 Vorläufer für die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben an einzelne Bereiche des Kreditgeschäfts, insbesondere Großkredite und Kredite an Angestellte etc., lassen sich in der englischen Rechtsentwicklung nur rudimentär 189 Anschaulich zur geübten Praxis Fforde, S. 751 ff. – die entsprechenden Absprachen konzentrierten sich wiederum auf einen kleinen Zirkel etablierter Institute, mit denen die Bank of England eng kooperierte. 190 Vgl. zu den zunehmend detaillierten Maßstäben der Bank of England unter dem Banking Act 1979 den Bericht des Wilson-Committee, Cmnd. 7937, Tz. 1079 sowie Blunden, (1975) 15 Bank of England Quarterly Bulletin 188, 190 ff.; siehe auch Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 32 f. Ausf. zur Herausbildung von Vorgaben der Bank of England zu Eigenmitteln und Solvabilität Cianferotti, S. 181, 238 ff., zu Liquiditätsstandards S. 247 ff. 191 Vgl. Sch. 3 i. V. m. S. 9(2) Banking Act 1987. 192 Bank of England, Notice: „Implementation in the United Kingdom of the Capital Adequacy Directive“ (S&S/1995/2, April 1995); die Bank behielt sich ausdrücklich das Recht vor, ggf. deutlich höhere Anforderungen zu setzen. Vgl. zur Herausbildung entsprechender Standards durch die Aufsichtspraxis auch Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 193 ff., 208. 193 Vgl. Sch. 6, para. 4(1): „Adequate resources“: „The resources of the [scil. applicant] must, in the opinion of the Authority, be adequate in relation to the regulated activities that he seeks to carry on, or carries on.“ (eig. Hervorhebung). In Teil COND Chapter 2 ihres „Handbook“ hat die FSA die Kriterien für die Erteilung der Genehmigung näher spezifiziert; die Anforderungen an Eigenmittel und Liquidität der Kreditinstitute sind nunmehr niedergelegt im sog. „Interim Prudential Sourcebook – Banks“, Teil IPRU Vol. 1 (capital adequacy) und Vol. 2 (u. a. liquidity und large exposures). 194 Hierzu Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 227 ff.

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feststellen.195 Erstmals systematisch in den Blick genommen hat die Bank of England die damit verbundenen Risiken im Gefolge der Bankenkrise der 1970er Jahre, die nicht zuletzt auf die Abhängigkeit einzelner Institute von zu großen Einzelengagements zurückgeführt werden konnte. Ein Rundschreiben der Bank of England 1983 unterstrich sodann die Notwendigkeit besonderer Sorgfalt bei der Vergabe von Großkrediten und Kredite an nahestehende Personen und formulierte entsprechende Mindeststandards.196 Erst der Banking Act 1987 hat – auf den Vorschlägen des Basler Ausschusses aufbauend – auch in diesem Bereich entsprechende Vorgaben gesetzlich fixiert.197 3. Europäisches Gemeinschaftsrecht a) Stellenwert der Eigenmittelanforderungen im Aufsichtsrecht Bereits auf die 1. Bankrechtskoordinierungsrichtlinie198 geht das Erfordernis rechtlich getrennter Eigenmittel und sowie eines zwingenden Anfangskapitals i. H. v. 5 Mio. Euro zurück. Dies und die beschriebenen Vorläufer für materielle finanzielle Sicherheitsstandards der beaufsichtigten Institute in den nationalen Rechten sollten jedoch nicht den Blick auf den Umstand verstellen, daß erst mit der Übernahme des Basler Kapitalakkords von 1988 durch die Eigenmittelrichtlinie und die Solvabilitätsrichtlinie von 1989199 der Paradigmenwechsel in der Herausbildung internationaler aufsichtsrechtlicher Standards auch in das Gemeinschaftsrecht Einzug hielt. Von zentraler Bedeutung war die Harmonisierung von Eigenmittelanforderungen und Beschränkungen für Großkredite (in Verbindung mit Vorgaben für die bilanzrechtliche Behandlung von Bankengruppen und Finanzdienstleistungskonzernen) vor allem auch für die Herstellung gemeinschaftsweit akzeptabler Aufsichtsstandards, die die Einführung des Prinzips der Heimatstaatkontrolle und der gemeinschaftsweit gültigen Zulassung zum Geschäftsbetrieb („Europäischer Paß“) mit der Zweiten Bankrechtskoordinierungsrichtlinie von 1989200 ermöglichten – und damit, zumindest in 195 Siehe aber Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 8 f. zu gewissen allgemein anerkannten und geübten Vorsichtsmaßnahmen im Kreditgeschäft der etablierten Banken. 196 Vgl. Cianferotti, S. 238 m. w. N. 197 Vgl. S. 38 Banking Act 1987; siehe nunmehr Handbook, IPRU (Banks) Vol. 2 (oben Fn. 193). 198 Art. 3 II Nr. 1 RL 1977/780/EWG = Art. 5 II lit. a) RL 2000/12/EG. 199 Oben sub 1. Fn. 186. 200 Zweite Richtlinie 89/646/EWG des Rates v. 15.12.1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tä-

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1. Teil: Grundlagen

wesentlichen Grundzügen, einen gemeinsamen Bankenmarkt in der EG.201 Eine Verschärfung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Qualität der Geschäftsleitung war mit der sogenannten BCCI-Folgerichtlinie202 verbunden, die – nach den Erfahrungen mit der Insolvenz des Instituts im Jahre 1991203 – die Transparenz und Möglichkeit einer effektiven Beaufsichtigung der Kreditinstitute zum Genehmigungskriterium erhob.204 Die Festsetzung von Liquiditätsstandards durch die Mitgliedsstaaten für ihr Territorium bleibt durch die Richtlinien von 1989 unberührt, eine gemeinschaftsweite Harmonisierung wurde insoweit nicht getroffen.205 Im Mittelpunkt der Bemühungen stand die Schaffung einheitlicher Kriterien für das Eigenkapital der Kreditinstitute: als „Sicherheitspuffer“ gegen Verluste, aber auch als Mittel zur Disziplinierung der Geschäftsleitung, indem einer ungezügelten Expansion des Geschäftsbetriebs Grenzen gezogen wurden.206 Von besonderer Bedeutung ist der im Basler Akkord von 1988 und den EGRichtlinien vollzogene Übergang zu risikogewichteten Kapitalanforderungen als nunmehrigem internationalem Standard. Die Sicherungsfunktion gegen Forderungsausfälle wird damit erst ermöglicht, indem die Kapitalunterlegung an konkrete, im Prinzip207 nach dem jeweiligen Ausfallrisiko zu bestimmende Parameter gebunden wird. Durch die Kapitaladäquanzrichtlinie vom 15. März 1993208 sind – auf der Grundlage einer Initiative des Basler Ausschusses zur Erfassung sog. tigkeit der Kreditinstitute und zur Änderung der Richtlinie 77/780/EWG, ABlEG. Nr. L 386/1, nunmehr ebenfalls konsolidiert in RL 2000/12/EG. 201 Ausf. zur hier nur am Rande interessierenden Schaffung einheitlicher Zulassungs- und Aufsichtszuständigkeiten der Aufsichtsbehörden des Heimatstaates, letztlich der Konsequenz aus dem mit dem Weißbuch 1985 eingeschlagenen Strategie (vgl. oben sub A. II. bei und in Fn. 150), u. a. Bader, EuZW 1990, 117 ff.; Horn, ZBB 1994, 130 ff.; U. H. Schneider, ÖBA 1991, 312, 315; Dassesse/Isaacs/Penn, S. 23 ff.; Lomnicka, in: Rider/Andenas (Hrsg.), S. 181 ff.; Katz, [1992] Yearbook of European Law 249 ff.; zusf. Hirte/Heinrich, ZBB 2001, 388, 391 f., jeweils m. w. N.; vgl. ferner die Nachw. oben sub A. II. in Fn. 150. 202 RL 95/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 29.6.1995 zur Änderung diverser Richtlinien, ABlEG. Nr. L 168/7. Hierzu u. a. Hirte/Heinrich, ZBB 2001, 388, 394. 203 Hierzu oben § 2 sub C. II. 204 Vgl. im einzelnen Art. 2 RL 95/26/EG. 205 Vgl. – im Kontext der englischen Rechtsentwicklung – Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 227 ff., zur internationalen Entwicklung insbes. S. 231. Siehe bereits den Nachw. oben sub 1. in Fn. 181 zur Mindestreserve im Eurosystem. 206 Näher Norton, Standards, S. 3 ff.; Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 196 m. w. N. 207 Zu Einschränkungen insoweit sogleich sub b). 208 RL 93/6/EWG des Rates über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten, ABlEG. Nr. L 141/1; hierzu etwa Rudolph,

§ 3 Krisenbewältigung im Kontext präventiver Regulierung

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Marktrisiken – entsprechende Eigenmittelanforderungen auch für Wertpapierdienstleistungsunternehmen geschaffen worden. Die Richtlinie wurde im Jahre 1998 durch zwei weitere Richtlinien an zwischenzeitlich geänderte internationale Standards (insbesondere hinsichtlich der Anerkennung betriebsinterner Risikoüberwachungssysteme sowie der Einbeziehung weiterer Marktrisiken, v. a. bei Derivatgeschäften) angepaßt.209 b) Zur Berechnung der Eigenmittelstandards Der Kreis anrechenbarer, d.h. für die Unterlegung der risikogewichteten Aktiva in Betracht kommender Bestandteile des Eigenkapitals wurde durch die Eigenmittelrichtlinie festgelegt.210 Die Solvabilitätsrichtlinie211 bestimmte demgegenüber die Grundsätze für die Kapitalunterlegung nach Risikogruppen. Danach sind Risikogeschäfte eines Kreditinstituts grundsätzlich jeweils zu wenigstens 8% mit Eigenmitteln zu unterlegen.212 Die Aktiva werden danach in bestimmte Risikogruppen unterteilt (0%, 10%, 20%, 50% und 100% des Nennbetrags der jeweiligen Forderung); das Eigenkapitalerfordernis von 8% bezieht sich jeweils auf den so ermittelten Betrag.213 Diese Art der Berechnung ist aus verschiedenen Gründen zum Gegenstand verbreiteter Kritik geworden.214 Die Debatte um das vom Basler AusZBB 1994, 117 ff.; Hirte/Heinrich, ZBB 2001, 388, 393 m. w. N.; Dale (1994) 9 Journal of International Banking Law 394 ff., 464 ff. 209 RL 98/31/EG und RL 98/33/EG v. 22.6.1998 zur Änderung der Kapitaladäquanzrichtlinie, ABlEG. Nr. L 204/28 bzw. L 204/29; hierzu Hirte/Heinrich, ZBB 2001, 388, 393 und 395. 210 Oben Fn. 186; vgl. näher Hellenthal, S. 60 ff.; Hirte/Heinrich, ZBB 2001, 388, 392; Horn, ZBB 1989, 107, 114 ff.; Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 204 ff.; Dassesse/Isaacs/Penn, S. 129 ff. 211 Oben Fn. 186, dazu im einzelnen Hirte/Heinrich, ZBB 2001, 388, 392; Horn, ZBB 1989, 107, 118 ff.; Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 204 ff.; Dassesse/ Isaacs/Penn, S. 161 ff. 212 Art. 10 I RL 89/647/EWG = Art. 47 RL 2000/12/EWG: sog. „Solvabilitätskoeffizient“. 213 Art. 5 i. V. m. Art. 6 RL 89/647/EWG = Art. 42 i. V. m. Art. 43 RL 2000/12/ EG. 214 Bemängelt wurde zum einen, daß die sehr grobe Einteilung der Risikogruppen der Realität des Bankgeschäfts wenig entspreche, indem sie einerseits staatliche Kreditnehmer umfassend privilegiere, andererseits zwischen privaten Kreditnehmern (deren Verbindlichkeiten – von hypothekarisch besicherten abgesehen – sämtlich zu 100% angesetzt werden) zu wenig differenziere und damit die Vergabe von Krediten an risikoreichere, daher profitablere Kunden sogar fördere und andererseits dazu zwinge, mehr Kapital als erforderlich für Forderungen geringen Risikos vorzuhalten. Zudem könne sich die Regulierung prozyklisch auswirken, indem sie in Zeiten gesamtwirtschaftlicher Schwäche zu Korrekturen im Kreditportfolio zwinge und

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1. Teil: Grundlagen

schuß vorbereitete Nachfolgemodell („Basel II“), das von der EG übernommen werden wird,215 aber – nach der Verlängerung der Vorbereitungszeit durch den Basler Ausschuß im Sommer 2001216 – nochmals einer Überarbeitung unterzogen wurde, interessiert hier zwar nur am Rande; festzuhalten bleibt aber die Tendenz zur damit angestrebten stärkeren Ausrichtung der Kapitalanforderungen am tatsächlichen Risikoprofil des jeweiligen Kreditgeschäfts. c) Konsolidierung und Beschränkung von Großkrediten Nur der Vollständigkeit halber seien hier noch kurz zwei mit den gemeinschaftsrechtlichen Eigenmittelanforderungen für Kreditinstitute eng verknüpfte Rechtsakte erwähnt. Die Zweite Konsolidierungsrichtlinie217 dehnte die Basis der konsolidierten Überwachung auf Unternehmensgruppen unter Führung von Finanzholdings aus und führte zu weiteren Verschärfungen des auf die Vermeidung der Kapitalschwächung durch sog. „Kreditpyramiden“218 innerhalb eines Konzerns („double gearing“) ausgerichteten Prinzips konsolidierter Beaufsichtigung, das mit der Ersten Konsolidierungsrichtlinie219 bereits 1983 eingeführt worden war. Die Großkreditrichtlinie220 zielte darauf ab, die Beschränkung des Risikos einzelner erheblicher Kreditengagements gemeinschaftsweit festzuschreiben und entsprechende Richtgrößen, bezogen wiederum auf die Eigenmittel des jeweiligen Instituts herbeizuführen.

damit die Kreditzufuhr der Wirtschaft gerade dann untermininiere, wenn diese besonders darauf angewiesen ist: vgl. etwa Daníelsson u. a., passim. 215 Vgl. Hirte/Heinrich, ZBB 2001, 388, 396 f. m. w. N.; Daníelsson u. a., passim; Walker, International Banking Regulation, S. 569 ff. 216 Zum jeweils aktuellen Entwicklungsstand siehe www.bis.org/publ/bcbsa.htm; ferner den Überblick bei Zeitler, WM 2001, 1397, 1398 ff. 217 (Zweite) RL 92/121/EWG des Rates v. 6.4.1992 über die Beaufsichtigung von Kreditinstituten auf konsolidierter Basis, ABlEG. Nr. L 110/52 v. 28.4.1992. 218 Hierzu Bauer, S. 160 ff.; Wagner, S. 67 ff. 219 (Erste) RL 83/350/EWG des Rates v. 13.6.1983 über die Beaufsichtigung von Kreditinstituten auf konsolidierter Basis, ABlEG. Nr. L 193/18. Näher zu beiden Rechtsakten Horn, ZBB 1994, 130, 135; Dassesse/Isaacs/Penn, S. 78 ff.; Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 72; Walker, (1996) 11 Butterworth’s Journal of International Banking and Finance Law 74 ff. und 131 ff. 220 RL 92/19/EWG des Rates v. 21.12.1992 über die Überwachung und Kontrolle der Großkredite von Kreditinstituten, ABlEG Nr. L 29/1 v. 5.2.1993, vgl. Hirte/Heinrich, ZBB 2001, 388, 393; Dassesse/Isaacs/Penn, S. 199 ff.

§ 3 Krisenbewältigung im Kontext präventiver Regulierung

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C. Besondere Krisenbewältigungsmechanismen I. Deutschland

Jünger als das bankenaufsichtsrechtliche Instrumentarium allgemein ist im deutschen Recht der Gedanke spezifischer Sonderregeln für Bankeninsolvenzen. Die Monopolisierung des Konkursantragsrechts (heute: des Insolvenzantragsrechts) in § 46b KWG mit der KWG-Novelle 1976 im Gefolge des Herstatt-Zusammenbruchs von 1974221 ist insofern im deutschen Recht weitgehend ohne Vorbilder. Bereits das KWG 1934 kannte (in § 6 I lit. c)) demgegenüber bereits die Befugnis zur Entziehung der aufsichtsrechtlichen Genehmigung zum Geschäftsbetrieb für den Fall, daß „das Kreditinstitut keine Gewähr für die Sicherheit der ihm anvertrauten Gelder oder Wertpapiere bietet oder (. . .) es wichtige allgemeine Interessen verletzt“.222 Auch der Gedanke eines Moratoriums im Krisenfall läßt sich bereits in der Bankenkrise 1931 nachweisen, doch ist dieses Konzept erst mit der KWG-Novelle von 1976 in die Form einer Kompetenz des Aufsichtsamtes für den Krisenfall gegossen worden.223 Zudem entspricht den 1931 erwogenen und dann per Notverordnung durchgesetzten „Bankfeiertagen“224 eher der nunmehr in §§ 47, 48 KWG geregelte Fall einer den gesamten Sektor betreffenden Regelung. Die – für die vorliegende Arbeit in erster Linie interessierenden – Eingriffskompetenzen der Aufsicht in der Krise finden sich in den §§ 45 ff. KWG geregelt. Mit der Herstatt-Insolvenz 1974 ist die Sicherung der Einleger verstärkt in den Blick des Gesetzgebers geraten. Auf eine gesetzliche Normierung der Einlagensicherung ist angesichts der freiwilligen Neugliederung der Einlagensicherung durch den Bundesverband deutscher Banken im KWG 1976 jedoch noch verzichtet worden.225 Für die heute in §§ 46 II, 46 a II-VII KWG vorgesehene Abberufung und Ersetzung geschäftsführungs- und vertretungsberechtigter Personen kann möglicherweise ein entsprechendes Vorbild insofern gefunden werden, als die Reichsregierung per Notverordnung durch den Reichspräsidenten ermächtigt wurde, die Geschäftsführung der Darmstädter und Nationalbank einem durch sie bestellten Treuhänder zu unterstellen,226 und auch der damals ebenfalls notleidenden Dresdner Bank eine „Übernahme der Geschäfte“ angedroht wurde.227 221 222 223 224 225 226

Hierzu noch unten § 5 sub B. III. Siehe zur Regelungsgeschichte insoweit Müller, S. 209. Vgl. dazu schon oben § 2 sub B. II. Vgl. dazu Born, S. 108 f., 114. Hierzu noch ausf. unten § 12 sub D. II. Vgl. Born, S. 104 ff.

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1. Teil: Grundlagen

Sonderregeln für die grenzüberschreitende Bankeninsolvenz waren dem deutschen Recht seit jeher unbekannt. II. England

Echte Sonderregeln für den Fall der Insolvenz einer Bank, Regelungen, die insolvenzrechtliche Vorschriften ersetzen, sind dem englischen Recht traditionell fremd. Die heutige Lösung bloß teilweiser Modifikation oder Ergänzung des Insolvenzrechts hat ihre Wurzeln erst im Banking Act 1979, der (in s. 18) erstmalig ein Insolvenzantragsrecht der Bank of England als damals zuständiger Aufsichtsinstanz begründete und (in ss. 21 ff.) die – bis dahin der Bank of England eher fernliegende – Einlagensicherung in Gestalt des Deposit Protection Scheme228 gesetzlich regelte. Eingriffsrechte der Aufsicht für den Krisenfall scheinen freilich auf den ersten Blick schon mit der s. 4 des Bank of England Act 1946 gesetzlich festgeschrieben worden zu sein, dem gemäß die Bank „if they think it necessary in the public interest, may request information from and make recommendations to bankers, and may, if so authorised by the Treasury, issue directions to any bankers, for the purpose of securing that effect is given to any such request or information.“

Freilich war diese Vorschrift schon von Anfang an nie als Eingriffsnorm für den Gefahrenfall konzipiert gewesen (sie sollte vielmehr als Instrument zu politisch motivierten Markteingriffen genutzt werden),229 und zum zweiten hat die Bank offenbar kaum je auf die ihr damit eingeräumte Kompetenz zurückgegriffen.230 Umfassendere Eingriffsbefugnisse für den Gefah227

Ebd., S. 126. Siehe ss. 21 ff. Banking Act 1979, insbes. s. 28 zum Auszahlungsmodus im Insolvenzfall, und dazu Cianferotti, S. 218 ff.; vgl. auch Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 12, 36 f. Der Protection of Depositors Act 1963 hatte demgegenüber lediglich den Schutz potentieller Anleger durch bestimmte Einschränkungen für die Werbung neuer Kunden und Informationspflichten angestrebt. 229 Vgl. ausf. Cianferotti, S. 66 ff.; ferner Fforde, S. 20 f. Zur öffentlichen Kritik an der Vorschrift ebd. S. 26 f. 230 Vgl. Cianferotti, S. 213; Fforde, S. 12; Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 7; siehe auch Bank of England, (1978) 18 Bank of England Quarterly Bulletin 379, 380: „[A]lthough the Act provided a contingent statutory basis for the exercise of the Bank’s authority over banks (and companies predominate), the Bank in practice have continued to exercise their authority in these fields without radical alteration of their method of operation – which had proved both effective and flexible, and which rested on its long-established custom and use in acting as central bank and controlling money markets, and not on the power to issue directions in closely defined circumstances.“ Nach Fforde, S. 11 „(. . .) the Bank disliked [scil. statutory powers over the banking system] from the start. (. . .) The Bank already possessed, or mostly thought it possessed, an authority over the banking system that was quite 228

§ 3 Krisenbewältigung im Kontext präventiver Regulierung

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renfall sind – unter dem Eindruck der Johnson Matthey-Affäre231 – erst mit dem Banking Act 1987 geschaffen worden.232 Verändert und an den auf sämtliche Sektoren der Finanzmärkte erweiterten Aufsichtsbereich angepaßt worden sind diese Bestimmungen nunmehr im Financial Services and Markets Act 2000.233 III. Europäisches Gemeinschaftsrecht

Das Gemeinschaftsrecht hat insolvenzspezifische Fragen des Aufsichtsrechts zunächst mit der Einlagensicherungsrichtlinie von 1994 aufgegriffen und einer Harmonisierung zugeführt. Der Schutz von Zahlungssystemen bei der Insolvenz von Teilnehmern wurde mit der sog. Finalitätsrichtlinie vereinheitlicht. Nach langjährigen politischen Differenzen wurde schließlich im Jahre 2001 die Richtlinie über die Sanierung und Liquidation von Kreditinstituten angenommen, die sich mit der Zuständigkeit und kollisionsrechtlichen Fragen bei der Krisenbewältigung in grenzüberschreitenden Fällen befaßt und das Prinzip der Wirkungserstreckung für entsprechende Maßnahmen begründet. Diese Rechtsakte werden im Zusammenhang mit den jeweiligen Sachproblemen noch eingehend zu behandeln sein.234

D. Zwischenzusammenfassung Der vorstehende Überblick hat gezeigt, daß Gesetzgeber und aufsichtliche Praxis in beiden hier untersuchten Rechtsordnungen, aber auch internationale Foren der Standardsetzung mit einem komplexen Gefüge aus Krisenverhinderungsbestimmungen, der Überwachung des laufenden Geschäftsbetriebs, besonderen Krisenbewältigungsmechanismen und administrativen oder zentralbankseitigen ad hoc-Eingriffen im Krisenfall auf das als Sonderfall begriffene Phänomen der Bankeninsolvenz reagiert haben. Überzeugend unterscheidet insoweit die wirtschaftswissenschaftliche Literatur zwischen präventiven und protektiven Maßnahmen der Bankenaufsicht,235 also solsufficient for all reasonable purposes. More than that, its prestige and standing in the financial community quite largely depended on the exercise of informal authority, often in private, by established custom. On this view, resort to statutory power would look like a clearly altered and actually diminished status (. . .).“ 231 Vgl. das White Paper zur „Banking Supervision“, Cmnd. 9695, Tz. 4.6. 232 Vgl. ss. 11, 12, 14 Banking Act 1987. 233 Vgl. ss. 43 ff. FSMA 2000 und dazu im einzelnen unten §§ 5, 6. 234 Siehe unten §§ 12 sub C. (Einlagensicherung), § 9 sub B. (Zahlungssysteme) sowie § 16 sub C. (grenzüberschreitende Bankeninsolvenz). 235 So die Formulierung bei Burghof/Rudolph, S. 39 ff.; vgl. auch Baltensperger/ Dermine, in: Portes/Swoboda (Hrsg.), S. 67, 72.

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1. Teil: Grundlagen

chen Maßnahmen, die den laufenden Geschäftsbetrieb dauernd vor dem Eintritt einer Krise bewahren sollen, und solchen, die in der konkreten Krise eingreifen.236 Deutlich wird zunächst der besondere Stellenwert der (gemeinschaftsrechtlich harmonisierten) Eigenmittelgesetzgebung für die geltenden Aufsichtskonzepte. Die entsprechenden Parameter sind der Indikator für die finanzielle Situation von Kreditinstituten, deren Bedeutung bei der Auslösung aufsichtsrechtlicher Maßnahmen in der Krise noch zu behandeln sein wird. Deutlich wird zum zweiten, daß sich einheitliche Konzepte für die Krisenbereinigung demgegenüber nicht finden. Das Gemeinschaftsrecht hat sich insoweit auf die Festlegung der Wirkungserstreckung der jeweiligen Konzepte beschränkt, eine Harmonisierung ansonsten jedoch unterlassen. Schließlich bleibt festzuhalten, daß die vorstehend dargestellten Regelungen die informelle Krisenbereinigung, zumal unter Zuführung von Liquidität durch die Zentralbank oder andere öffentliche Stellen, und damit einen wichtigen Aspekt ausklammern. Weder im nationalen noch im Gemeinschaftsrecht finden sich hierfür brauchbare rechtliche Kriterien.

§ 4 Folgerungen: wirtschafts- und rechtspolitische Vorgaben für die Ausgestaltung des Bankeninsolvenzrechts A. Die Funktion des Insolvenzrechts in der Wirtschaftsordnung als Maßstab I. Die wirtschaftspolitische Interpretation

In der wirtschaftspolitischen Literatur ist die Existenz eines Insolvenzrechts (anders als etwa das einer ausführlichen theoretischen Debatte gewürdigte Wettbewerbsrecht in seinen Zielvorgaben und Regelungsinstrumenten) lange Zeit eher als selbstverständlich vorausgesetzt denn vertieft begründet worden. Das verrät allerdings mehr über den fundamentalen Stellenwert des Insolvenzrechts in den rechtlichen Rahmenbedingungen für die Marktwirtschaft, als es darauf schließen ließe, die Wirtschaftstheorie, insbesondere die Volkswirtschaftslehre, gäbe auf die problematischen Fragen „keine Antwort“, sondern ignorierte sie vielmehr weitgehend.237 Bereits die 236

Entgegen der Definition von Burghof/Rudolph, S. 39, geht es bei „protektiven“ Maßnahmen nicht allerdings lediglich um den Schutz der Bank selbst oder ihrer Einleger, sondern – wie bereits angedeutet – zusätzlich auch um den Schutz von Zahlungssystemen und letztlich stets um gesamtwirtschaftliche Implikationen. 237 So aber die Kritik bei Flessner, Sanierung und Reorganisation, S. 174; daß dieser Standpunkt freilich auf außerordentlich selektiver Literaturauswahl und zu-

§ 4 Folgerungen: Vorgaben für die Ausgestaltung des Bankeninsolvenzrechts

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Hauptwerke des Ordoliberalismus haben sehr nachdrücklich auf den Charakter des Konkurses als notwendiges Korrelat zur Gewinnchance in der Verkehrswirtschaft und damit die tiefere Bedeutung des „Haftungsprinzips“ als wichtigem Bestandteil des Wettbewerbssystems hingewiesen.238 Zugleich wird das damit zusammenhängende, wiederum als Konsequenz des Wettbewerbsprinzips begriffene Element der „Auslese“ und „Ausscheidung“ nicht konkurrenzfähiger Marktteilnehmer hervorgehoben.239 Nachfolgende Stellungnahmen240 haben diese Ansätze aufgegriffen und betonen – mit jeweils unterschiedlicher Schwerpunktsetzung – insbesondere die Einbindung des Insolvenzrechts in den Prozeß der Kapazitätsanpassung in der Marktwirtschaft.241 Auch wird von der Reallokation des Produktionsvermögens im Rahmen eines „Sanktionsprozesses“ gesprochen, in welchem die insolvenzförmige Liquidation die „Endphase“ darstelle, wenn sich im Einzelfall eine Sanierung im Wege einer eigenständigen Restrukturierung, eines vertraglich zwischen Schuldner und Gläubigern vereinbarten oder eines verfahrensförmigen Vergleichs eine Anpassung des Unternehmens an die Marktbedingungen unter Wiederherstellung seiner Ertragsfähigkeit nicht hat realisieren lassen.242 Ein Unternehmen wird danach idealiter dann – und nur dann – zerschlagen,243 wenn der erwartete Liquidationserlös den erwarteten Ertragswert übersteigt244 und wenn es daher gesamtdem teilweiser Fehlinterpretation der zitierten Fundstellen beruht, hat schon Gröner, ORDO 43 (1984), 247, 252, betont. Zur weiteren Auseinandersetzung hiermit noch unten sub III. 238 Vgl. z. B. Eucken, Grundsätze, S. 42, 281; ders., in: ORDO II (1949), 1, 57 ff. (unzutreffend daher die Feststellung bei Flessner, Sanierung und Reorganisation, S. 174 bei und in Fn. 8, das Problem habe in die wirtschaftspolitischen Aussagen Euckens keinerlei Eingang gefunden); siehe auch Röpke, Lehre von der Wirtschaft, S. 245, 293. Ein ausdrückliches wirtschaftspolitisches Bekenntnis zur Bedeutung des Haftungsprinzips findet sich ferner bei Röpke, Angebot und Nachfrage, S. 183, 216 und 380. 239 Röpke, Lehre von der Wirtschaft, S. 292 (mit der charakteristischen Folgerung, „daß unser Wirtschaftssystem letzten Endes durch den Konkurs reguliert wird“); Eucken, Grundsätze, S. 280. 240 Vgl. statt aller aus dem deutschsprachigen Schrifttum Gröner, ORDO 35 (1984), 247 ff.; ferner die Monographien von Daniels und Rohde, jeweils m. w. N. auch zur anglo-amerikanischen Literatur. 241 So etwa Gröner, ORDO 35 (1984), 247, 249 ff. 242 Ausf. Rohde, S. 26 ff., 40 ff., 108 ff. Zusf. aus rechtswissenschaftlicher Sicht K. Schmidt, Gutachten, S. D 23 ff. sowie (dort auch zu den regelmäßig bestehenden Problemen der „richtigen“ Bewertung und Entscheidungsfindung) Eidenmüller, S. 15 ff. 243 Wobei auch die wirtschaftswissenschaftliche Literatur die übertragende Sanierung, d.h. den Verkauf einzelner Betriebsteile aus dem Liquidationsverfahren, als Liquidation im weiteren Sinne auffaßt, siehe z. B. Rohde, S. 32 f.; Hax/Marschdorf, BFuP 1983, 112, 115 f., jeweils m. w. N.

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wirtschaftlich nicht geboten erscheint, das im Unternehmen gebundene Kapital einer rentableren Verwendung zuzuführen:245 Es geht mithin um die Auslese der „Grenzanbieter“, d.h. derjenigen Unternehmen, deren soziale Produktionskosten die volkswirtschaftlichen Erträge ihrer Produktion übersteigen.246 Allgemein repräsentieren diese Annahmen einen internationalen Konsens.247 II. Rechts- und wirtschaftspolitische Kritik

Im Zusammenhang mit der deutschen Insolvenzrechtsreform und den Versuchen einer Stärkung der verfahrensförmigen Sanierung insolventer Unternehmen ist beobachtet worden, das Insolvenzrecht sei gerade auch in der Formulierung der rechtspolitischen Zielvorgaben außerordentlich abhängig von „Moden“.248 Insbesondere die im Zusammenhang mit diesen Reformbestrebungen laut gewordene Fundamentalkritik an der Gültigkeit der oben skizzierten wirtschaftspolitischen Grundmodelle hat sich denn auch auf die Zeit- und Situationsgebundenheit der Insolvenzpolitik berufen; ein „herrschendes insolvenzpolitisches Konzept“ sei dauerhaft nicht vorstellbar.249 Auf dieser Basis ist eine Neuorientierung gefordert und die Funktion von Insolvenzverfahren insbesondere im Falle insolventer Großunternehmen darin gesehen worden, jenseits der Vermögensauseinandersetzung den in der Insolvenz eines bedeutenden Unternehmens liegenden „öffentlichen Großkonflikt“250 durch Sicherung des Fortbestandes des Unternehmens zu lösen. Staatliche finanzielle Unterstützung wurde dabei ersichtlich als nahezu selbstverständliches Datum und durch sozialpolitische Erwägungen gerechtfertigt angesehen und das Insolvenzrecht insofern gerade auch als Instrument betrachtet, einen geregelten Rahmen für derartige Hilfeleistungen zu bieten.251 244 Siehe statt aller Probst, S. 34 ff.; Gröner, S. 253, Hax/Marschdorf, BFuP 1983, 112, 115 ff., jeweils m. w. N. (z. T. auch zum anglo-amerikanischen Schrifttum). 245 Noll, ORDO 43 (1992), 205, 226. 246 Hierzu insbes. Rohde, S. 108 ff. 247 Vgl. etwa die Nachw. bei Gröner, a. a. O. (soeben Fn. 244). Auch die von IMF und INSOL erarbeiteten „Key Issues for Orderly and Effective Insolvency Procedures“ spiegeln die hier skizzierte Grundeinstellung deutlich wider und betonen insbes. die Bedeutung hinreichend verläßlicher Grundsätze für funktionsfähige Kapitalmärkte (vgl. IMF, Key Issues, sub 2.). 248 So die Formulierung bei Baur/Stürner, Taschenbuch, S. 28 f. 249 So Flessner, S. 193; ähnlich kritisch Siedschlag, S. 18 ff. 250 Flessner, S. 196. 251 Vgl. insbes. Flessner, S. 194 ff.; ferner dens., ZIP 1981, 113 ff.; ZIP 1981, 1283 ff. In eine ähnliche Richtung gehen die Erwägungen von Siedschlag, S. 26 ff.

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III. Bewertung und Konsequenzen

Die geschilderte Kontroverse ist sicher vor allem rechtspolitischer Natur und schon deshalb nur begrenzt dem wissenschaftlichen Bemühen um Objektivierung zugänglich. Zudem ist sie historisch; nicht nur das gegenüber der Debatte der 1970er und frühen 1980er Jahre wiederum gewandelte, stärker wettbewerblich orientierte politische Marktverständnis, sondern auch die zwischenzeitlich vollzogene Entwicklung zur durchgreifenden Beschränkung staatlicher Beihilfen aufgrund Europäischen Gemeinschaftsrechts252 haben die wirtschaftspolitischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für die oben sub II. dargestellten kritischen Ansätze neuerlich verändert.253 Mit dem Gegenstand der vorliegenden Untersuchung weist die Debatte freilich in mehrfacher Hinsicht deutliche Verbindungslinien auf, die eine Auseinandersetzung hiermit lohnend erscheinen lassen. Wenn für den „öffentlichen Großkonflikt“ der Insolvenz eines bedeutenden Nichtbankenunternehmens Abweichungen vom allgemeinen Wettbewerbsprinzip und allgemein ein Vorrang der Sanierung gegenüber der Liquidation insolventer Unternehmen postuliert worden sind, so bestehen insoweit deutliche Ähnlichkeiten mit der umfassenden Sonderbehandlung, die das Kreditwesen mit Blick auf die Insolvenzvermeidung erfahren hat und noch erfährt: durch präventive Regulierung des Kreditwesens, durch besondere Krisenbewältigungsmechanismen oder die informelle finanzielle Intervention im Krisenfall. Ähnlich wie die Forderungen nach speziellen Insolvenzregimes für Großunternehmen auf der Annahme einer besonderen wirtschaftspolitischen Bedeutung derselben aufbaut, basiert auch die Sonderbehandlung des Kreditsektors letztlich auf der Annahme von einer Sonderstellung der Banken. mit einer Forderung nach einem „interessenpluralistischen Insolvenzrecht“ (S. 31) und Ausführungen zur Berücksichtigung öffentlicher Belange in der Verfahrensgestaltung (S. 35) sowie einer Forderung nach der Monopolisierung des Insolvenzantragsrechts für Großunternehmen in den Händen einer neu zu schaffenden Aufsichtsbehörde, wofür (S. 40 f.) ausdrücklich die Versicherungsaufsicht als Vorbild angeführt wird. Staatsbeihilfen für insolvente Großunternehmen sieht Siedschlag, S. 162 ff., durchaus mit Kritik, jedoch aus Gemeinwohlerwägungen für unausweichlich an und fordert – im Ansatz wie Flessner, a. a. O. – die Verrechtlichung derartiger Unterstützungen, um Ungleichbehandlung und Willkür zu vermeiden. 252 Vgl. hierzu noch unten § 17 sub B. III. 1. 253 Die neueste Rechtsentwicklung in England, wo sich die grundlegende Reform des Sanierungsverfahrens der Administration mit Hoffnungen auf eine Stärkung des Sanierungsgedankens verbindet (siehe dazu noch unten § 5 sub I. 2. c)), illustriert allerdings, daß auch diese Entwicklung keineswegs endgültig ist und die Dynamik der rechtspolitischen Meinungsbildung auch außerhalb Deutschlands nach wie vor erhalten bleibt.

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Allerdings existiert – in mannigfacher Gestalt – auch für andere Wirtschaftsbereiche ein komplexes System staatlicher Eingriffe teils präventiver, teils im Falle von Mißständen korrigierend eingreifender Art.254 Ähnlichkeiten finden sich nicht nur bezogen auf das Phänomen des lenkenden Eingriffs als solchen, sondern auch hinsichtlich konkreter Eingriffstypen. So ist beispielsweise die Verbindung von besonderen Marktzutrittsbedingungen und Eignungsnachweisen für die jeweils verantwortlichen Geschäftsleiter ein Instrument, das sich im Gewerberecht vielfach findet,255 wann immer dem jeweils ausgeübten Geschäftstyp besondere Bedeutung im öffentlichen Interesse beigemessen wird. Gleichwohl wird sich die These halten lassen, daß das Kreditwesen im Gesamtgefüge der Wirtschaftsaufsicht eine Sonderstellung einnimmt, und zwar sowohl hinsichtlich der Regelungsdichte als auch der Regelungsqualität – insbesondere der Konzeption der Solvenzaufsicht – und nicht zuletzt auch mit Blick auf die gerade in England mit seiner durchaus streng-marktwirtschaftlich ausgerichteten Wirtschaftspolitik besonders ausgeprägte Bereitschaft zur öffentlichen Intervention bei drohenden Bankenzusammenbrüchen.256 Für die vorliegende Untersuchung ist dies vor allem wegen der damit verbundenen Sonderbehandlung des Kreditwesens gegenüber den für Wirtschaftsunternehmen sonst geltenden Marktaustrittmechanismen von Interesse. Es handelt sich insoweit um ein durchaus globales Phänomen. Auch zum US-amerikanischen Recht ist anschaulich geurteilt worden: „(. . .) for ordinary businesses, insolvency is viewed as a quasi Darwinian mechanism that improves the health of the corporate herd, but for banks it is viewed as a social disaster.“257 Stimmen aus der Literatur und der Aufsichtspraxis illustrieren diesen Eindruck weiter. In beiden Rechtsordnungen werden die Aufsichtsziele dabei zwar unterschiedlich formuliert. So wird von der „Substanzerhaltung“258 gesprochen, der „Insolvenzverhinderung“ als Gesetzesziel259 oder 254 Einen Gesamtüberblick über die verschiedenen Formen der Staatsaufsicht über die Wirtschaft geben in Deutschland beispielsweise die Arbeiten von E. Stein und Mösbauer; vgl. aus dem anglo-amerikanischen Schrifttum einleitend etwa die Abhandlung von Breyer. Dabei ist allerdings zu beachten, daß der in der angelsächsischen Literatur zugrundegelegte Begriff der „regulation“ weiter ist als jener der deutschen Wirtschaftsaufsicht; hierunter werden auch Eingriffe etwa durch Besteuerung oder Preisfestsetzungen gefaßt. 255 Vgl. etwa den – freilich etwas veralteten – Überblick bei E. Stein, S. 84. 256 Bereits bei oberflächlicher Betrachtung findet sich dieser Eindruck auch im wirtschafts- und rechtswissenschaftlichen Schrifttum durchaus bestätigt, vgl. besonders anschaulich zunächst Corrigan, Federal Reserve Bank of Minneapolis, Annual Report 1982, S. 5 ff.; Hüpkes, Legal Aspects, S. 7 f., die jeweils ausdrücklich von der „specialness“ der Banken sprechen. 257 Rubin, (1997) 72 Chicago-Kent Law Review 1299, 1324 f. 258 So Gärtner, BB 1971, 499 und passim.

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– verhaltener – von einer bloßen „Reduzierung der Krisenwahrscheinlichkeit einzelner Banken auf ein niedriges Niveau“.260 Die Bank of England hat vor einer Untersuchungskommission im Zusammenhang mit der Insolvenz der BCCI klargestellt, es sei ihre „policy (. . .) as far as possible to preserve banking institutions in the interests of depositors.“261 Die zitierten Quellen gehen zwar unterschiedlich weit. Doch ihnen gemein ist das grundlegende Mißtrauen gegenüber dem freien Ausgleich der Marktkräfte:262 Anders als die normale Unternehmensinsolvenz, soll die Bankeninsolvenz nicht dem freien Markt überlassen sein und durch präventive Aufsicht nach Möglichkeit verhindert werden. Ist es zur Krise gekommen, behält sich der Staat ein entscheidendes Mitspracherecht hinsichtlich der Entscheidung vor, ob es zur Liquidation kommen soll oder ob eine Sanierung erforderlich scheint. Das allgemeine Insolvenzrecht wird ergänzt und teilweise substituiert durch Elemente der staatlichen Wirtschaftsverwaltung. In Deutschland wie in England ist die Bankeninsolvenz mithin schon in rechtstatsächlicher Hinsicht ein Sonderfall, eine Abweichung von allgemeinen Konzepten.263 Weitere Bezüge finden sich auch in Details. Dies gilt etwa für den Gedanken einer allgemeinen konkursvermeidenden Wirtschaftsaufsicht für Großunternehmen.264 Mit dem Postulat einer staatlichen Unterstützung und einer Monopolisierung des Insolvenzantragsrechts für als bedeutsam erkannte Unternehmen weisen die seinerzeit erhobenen Forderungen weitere deutliche Parallelen mit der Privilegierung von Banken auf.265 259 Vgl. etwa D. Schmidt, ZfgKW 1976, 171, 175 f., der ausdrücklich von den „Insolvenzverhinderungsnormen“ des KWG spricht; ferner die Arbeit von Huber, passim, die sich bereits nach der Formulierung ihres Titels ausdrücklich der Untersuchung der „Normen des Kreditwesens zur Verhinderung einer Bankeninsolvenz“ widmet. Siehe zunächst auch den Wortlaut von § 46a KWG, der ausdrücklich festlegt, aufsichtsrechtliche Maßnahmen nach dieser Bestimmung dienten der „Verhinderung des Insolvenzverfahrens“. 260 So zusf. Burghof, S. 83; siehe etwa M. Schneider, Praxis der Bankenaufsicht, S. 78 ff. 261 So der damalige Governor der Bank of England, Robin Leigh-Pemberton, in: „Evidence to the Treasury and Civil Service Committee, Fourth Report: ‚Banking Supervision and B.C.C.I.: International and National Regulation‘, H.C. (1991–92), S. 104, zu Frage 1. 262 Anschaulich die Darstellung aus wettbewerbspolitischer Sicht bei Seifert, S. 120 m. w. N.; vgl. ferner Asser, S. 14. 263 Ähnlichkeiten bestehen insoweit mit den für Krisen von Versicherungsunternehmen entwickelten Lösungskonzepten, auf die hier nur hingewiesen sei; vgl. näher die Arbeit von Henning. 264 Siehe oben Fn. 251. Schon das Vergleichsverfahren in Deutschland hat sich aus einer solchen Geschäftsaufsicht über insolvente Unternehmen entwickelt, vgl. Flessner, S. 9. 265 Interessanterweise kennt etwa das italienische Recht durchaus ähnliche Sonderinsolvenzverfahren für Großunternehmen (Amministrazione straordineria delle

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Damit stellt sich die Frage, ob sich die Rechtfertigung einer Sonderbehandlung des Kreditsektors letztlich auf ähnliche Erwägungen stützen kann wie die damaligen Forderungen nach einer Neuorientierung im Insolvenzrecht allgemein. Übertragbar erscheint zunächst jedenfalls eine Überlegung: Auch bei der Bankeninsolvenz geht es offenbar um die Kollision von Gemeinwohlinteressen mit den individuellen Interessen der Gläubiger eines insolventen Unternehmens. Das Insolvenzverfahren dient der „Haftungsverwirklichung“266 gegenüber diesen und damit der Auseinandersetzung zwischen Privatrechtssubjekten. Es berücksichtigt also etwa denkbare Gemeinwohlinteressen an einem Fortbestand des betroffenen Unternehmens grundsätzlich nicht. Die Einführung spezieller Regelungen zu diesem Zweck dient mithin konzeptionell dazu, ein entsprechendes Desiderat im allgemeinen, lediglich dem Individualinteresse der Gläubiger dienenden Verfahrensrecht zu kompensieren. Die für die Insolvenz von Großunternehmen diskutierten Fragen stellen sich somit prima vista in ähnlicher Weise für die Insolvenz von Kreditinstituten. Hierfür ist fraglich, ob sich die zitierten Auffassungen von der Wertungsoffenheit des Insolvenzrechts halten lassen, welche die Ausfüllung der jeweiligen Zielvorgaben ausschließlich der gesetzgeberischen Definitionsmacht in ihrer „Zeit- und Situationsbedingtheit“ zuweisen. Wäre dies der Fall, dann wäre die Wirtschaftspolitik in der Tat letztlich schon konzeptionell frei, die Leitlinien für die Insolvenzbewältigung auch für die Bankeninsolvenz zu definieren, und wäre die eingangs festgestellte Sonderbehandlung der Banken völlig unproblematisch. Allerdings setzte sich eine solche Position den gleichen schwerwiegenden rechtspolitischen Bedenken aus, die bereits gegenüber den oben sub II. wiedergegebenen allgemeinen Erwägungen geltend gemacht worden sind.267 Die Forderung nach einer Freistellung oder auch nur einer Privilegierung von Banken gegenüber dem insolvenzförmigen Marktaustritt bei gleichzeitiger Verlagerung der Verantwortung für die Krisenbewältigung von der freien Entscheidung der Beteiligten auf die staatliche Intervention wirft wie die Thesen Flessners und Siedschlags zum staatlichen Insolvenzschutz für Großunternehmen gravierende Folgeprobleme auf. Neben den – allerdings kaum quantifizierbaren – Auswirkungen derartiger Ansätze für das Risikoverhalten der für eine derartige Privilegierung in Betracht gezogenen Untergrandi imprese in crisi, siehe im einzelnen Gesetzesdekret v. 30.1.1979, Nr. 26) und für Banken (siehe im einzelnen Gesetzesdekret v. 1.9.1993, Nr. 385, Titolo IV: Disciplina in crisi). 266 Vgl. statt aller aus juristischer Sicht Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 1.13; Eidenmüller, S. 17 ff. 267 Vgl. erneut insbes. Gröner, ORDO 35 (1984), 247, 252 ff.; Stürner, ZIP 1982, 761, 762 f., 764 f. (beide speziell zu den Thesen Flessners).

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nehmen stellt sich vor allem die von deren Verfechtern weithin ignorierte Frage nach den ganz konkreten Folgen der zwangsweisen Unternehmensrettung für das Gesamtgefüge der Anbieter am Markt. Daß die Sanierung eines Großunternehmens und daß die damit verbundene Rettung seiner Arbeitsplätze bei entsprechender Überkapazität im Markt den Verlust unter Umständen mehrerer kleinerer Anbieter (und damit ggf. den „stillen“ Wegfall möglicherweise einer entsprechenden oder gar höheren Zahl von Arbeitsplätzen) zur Folge haben kann, wird nicht gesehen oder erwogen.268 Insgesamt wird damit das Konzept vom Insolvenzrecht als Element des Indikators für eine Fehlallokation von Produktivvermögen und Instrument der Reallokation durch die Vertreter einer Neuorientierung nicht überzeugend erschüttert. Während ihre Kritik, daß die (seinerzeitige) aktuelle Rechtslage diese Funktionen nicht zu erfüllen vermöge, beachtlich sein mag, stellt der Rückschluß von dieser Ausgangssituation auf die Funktionen des Insolvenzrechts letztlich eine unzulässige Vermischung von Regelungszielen und deren Umsetzung dar. Zwar mag die völlige und folgenfreie Nichtachtung eines Prinzips auf dessen Sinnverlust hindeuten, doch das Argument, dies sei vorliegend der Fall, ist eben nicht hinreichend belegt. Durchaus stellt sich bei alledem die – weiterhin offene – Frage, ob sich die Zielvorgaben überhaupt je in einer für die Volkswirtschaft „optimalen“ Weise, d.h. durch effiziente Reallokation ohne Reibungsverluste und überflüssige Kosten, realisieren ließen, oder ob es nicht vielmehr lediglich auf eine möglichst weitgehende Annäherung an die Zielvorgaben in der realistischen Erkenntnis ankäme, daß das Idealmodell eben nur ein theoretisches ist. Die wirtschaftswissenschaftliche Literatur identifiziert mit den „ungelösten Fragen der zutreffenden Wertermittlung“ bezüglich des Schuldnervermögens und der „Prognoseproblematik“ bezüglich der künftigen Ertragslage269 zwei wesentliche Schwachstellen der Reallokation aus einem Insolvenzverfahren heraus, doch hat sie andererseits plausible Konzepte für eine alternative Verwertung im Markt (möglicherweise aufgrund einer Überschätzung der Möglichkeiten desselben) noch nicht geliefert.270 Für die vorliegende Untersuchung sind diese Probleme indes zwar von Interesse, doch 268 Zu diesen oft unberücksichtigten Folgewirkungen der staatlichen Intervention zur Unternehmensrettung am Beispiel des AEG-Falles etwa Lenel, WuW 1983, 429, 440 ff.; aus der jüngeren Zeit wäre etwa das Beispiel der vorübergehenden „Rettung“ des Holzmann-Konzerns auf Initiative des Bundeskanzlers Schröder zu nennen. 269 Vgl. Gröner, ORDO 35 (1984), 247, 260. 270 Wohl auch Baur/Stürner, Taschenbuch, S. 28 f.; Stürner, ZIP 1982, 761, 772. Anschaulich für die Schwierigkeiten der Ermittlung des Massewertes in neueren, marktorientierten (und bislang nicht erprobten) Verfahrenskonzepten sind die bei Hinrichs, passim, erwogenen Ansätze.

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1. Teil: Grundlagen

sekundärer Natur. Sie ändern nichts an der Erkenntnis, daß es sich bei den das Insolvenzrecht regierenden Grundprinzipien nicht um frei manipulierbare Parameter handelt, sondern um Eckdaten der Wirtschaftsverfassung, die nicht aufgegeben werden können, wenn nicht das Konzept der Marktwirtschaft insgesamt zur Disposition werden soll.271 Allerdings mag der Staat in bestimmten Situationen und in Maßen zu unterstützenden Eingriffen in das Wirtschaftsgefüge keine Alternative sehen,272 wobei sich in der Tat die von den Verfechtern einer Neuorientierung bezüglich der Zielvorgaben aufgeworfene Frage stellt, inwieweit eine Verrechtlichung geboten sein könnte. Darauf wird zurückzukommen sein. Doch obwohl dieser Aspekt gerade für die Insolvenz von Kreditinstituten eine Rolle spielen könnte,273 ist weiterhin kein zwingender Grund ersichtlich, Banken grundsätzlich gegenüber dem Prinzip des Wettbewerbs274 und der Ausleseprozesse zu privilegieren, die im Insolvenzverfahren ihre letzte Phase finden. Soll ihnen eine solche (weitgehende oder nur in Bezug auf Details wirksame) Sonderstellung eingeräumt werden, so bedarf diese nach allem auch der ordnungspolitischen Rechtfertigung am Maßstab der Grundprinzipien des allgemeinen Insolvenzrechts – nicht anders als entsprechende Ansätze zu Spezialverfahren für große Industrieunternehmen.275

271 Stürner, ZIP 1982, 761, 765; in die gleiche Richtung das oben Fn. 238 f. zitierte ordoliberale Schrifttum, das die „Verkehrswirtschaft“ und deren Bestandteil, das Wettbewerbsprinzip, jeweils mit dem Gegenmodell der Zentralverwaltungswirtschaft kontrastiert. Aufschlußreich in diesem Zusammenhang ist die Kritik Euckens (Grundsätze, S. 340 ff.) an einer positivistischen Wissenschaftskonzeption, derzufolge jede „Erkenntnis zeitbedingt oder milieuabhängig oder klassenbedingt sei oder von der jeweiligen existentiellen Situation des einzelnen Wissenschaftlers bestimmt werde“. 272 Dies konzediert auch Stürner, ZIP 1982, 761, 765; vgl. auch Rohde, S. 86 ff. mit dem Versuch, die Maßstäbe für derartige Eingriffe ordnungspolitisch zu objektivieren. 273 Siehe unten § 17 sub B. II. 2. im Zusammenhang mit der Untersuchung möglicher rechtlicher Instrumentarien zur Bewältigung großer Insolvenzfälle und sektorweiter Krisen. 274 Zu Recht ist in der Literatur auf den Zusammenhang derartiger Markteingriffe mit der Einräumung sog. „wettbewerbspolitischer Ausnahmebereiche“ (§ 14 GWB), vgl. Seifert, S. 21 ff., 85 ff.; siehe ferner auch bereits Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 326 ff. 275 Zum Stellenwert der ordnungspolitischen Grundentscheidung für die Rechtspolitik schon Eucken, Grundsätze, S. 304 ff. Vgl. auch Gärtner, BB 1971, 499, 501, mit der Feststellung, „in einer marktwirtschaftlich strukturierten Ordnung“ könne eine entsprechende Sonderstellung jedenfalls nicht die Regel sein; Seifert, S. 19: „Ausnahmeregelungen sind nach dem Grundentscheid für Markt und Wettbewerb begründungspflichtig“; insoweit auch Waschbusch, S. 8, 9 m. w. N.

§ 4 Folgerungen: Vorgaben für die Ausgestaltung des Bankeninsolvenzrechts

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B. Untersuchungsbedarf I. Die Problemstellung

Die vorliegende Untersuchung muß diese Rechtfertigung versuchen, wenn sie sich nicht darauf beschränken will, die jeweiligen Regelungskataloge nur als gegebenes System zu betrachten und allenfalls innere Widersprüche innerhalb desselben aufzuspüren. Die zu bewältigenden Sachprobleme blieben bei einer derartigen Betrachtungsweise im Dunkeln – und damit im Ergebnis auch die Tauglichkeit der jeweiligen Lösungsansätze zur Bewältigung der Probleme. Im Rahmen einer rechtsvergleichenden Betrachtung ist aber ein auf diese Sachprobleme bezogener Vergleichsansatz allein erfolgversprechend; dies gilt zumal im Insolvenzrecht, wo institutionelle und verfahrensrechtliche Besonderheiten, aber auch unterschiedliche rechtspolitische Vorgaben die Vergleichung einzelner Rechtssätze erschweren.276 Dabei muß die Untersuchung – mit den bereits in der Einleitung formulierten methodischen Einschränkungen277 – gerade auch den wirtschaftspolitischen Hintergrund mit in den Blick nehmen. In der juristischen Literatur zu Bankeninsolvenzen hat dieser hinreichende Berücksichtigung bislang nicht gefunden.278 276 Vgl. allgemein zum Problem der Insolvenzrechtsvergleichung Ehricke, ZZP 114 (2001), 118 f. 277 Oben § 1 sub C. 278 Vgl. anschaulich etwa Pannen, Krise und Insolvenz, S. 3, der (ohne Nachweise) in zwei Absätzen knapp Regulierungsbedarf postuliert. Ebenfalls nur knapp auf einzelne Aspekte eingehend Molyneux, in: Lastra/Schiffman (Hrsg.), Kap. 1. Den Versuch einer umfassenderen wirtschaftspolitischen Grundlegung zur Ausgestaltung eines Bankeninsolvenzrechts im einzelnen unternehmen, soweit ersichtlich, lediglich Hüpkes, Legal Aspects, S. 7 ff., 12–17, sowie Campbell/Cartwright, Banks in Crisis, S. 5 ff., allerdings wiederum jeweils nur auf der Basis einer sehr kursorischen Analyse einschlägiger wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse. Auch für das allgemeine Insolvenzrecht ist eine fruchtbare interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Rechts- und Wirtschaftswissenschaften wiederholt als Desiderat konstatiert worden, vgl. etwa K. Schmidt, Gutachten, S. D 27 f. m. w. N. Wenn insbesonderer letzterer freilich ein eher skeptisches Bild des zu erwartenden Nutzens solcher Untersuchungen zeichnet, so bedarf dies für den Gegenstand der vorliegenden Untersuchung der Qualifikation: Sicher ist zutreffend, daß die Verständigung zwischen den Disziplinen über allgemeine insolvenzrechtliche Gestaltungsfragen in der Vergangenheit kontrovers geblieben und Konsens insoweit nur eingeschränkt erzielt worden ist (siehe auch die Diskussion abweichender Stellungnahmen sogleich unten sub II.). Allerdings geht es für die vorliegende Arbeit, wie unten im einzelnen darzulegen, zunächst vor allem um eine nähere Bestimmung der Risiken einer Bankeninsolvenz und daraus ableitbaren Konsequenzen, also weniger um ordnungspolitische Grundsatzfragen, die in der Tat jedenfalls teilweise eher der Sphäre des politischen Meinungskampfes als jener der wirtschaftlichen Sachdiskussion angehören (vgl. Stürner, ZIP 1982, 761, 765). Während hinsichtlich der grundsätzlichen wirtschaftspolitischen Fragestellungen, die allerdings für die hier gestellte

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1. Teil: Grundlagen

Das Interesse an möglichst genauer Ermittlung der Regelungsziele ist insoweit im übrigen auch durchaus rechtspraktisch motiviert. Wie zu sehen sein wird, wird in beiden Rechtsordnungen den in die Bewältigung von Bankeninsolvenzen eingebundenen Finanzaufsichtsbehörden umfassendes Ermessen eingeräumt. Ein Verzicht auf möglichst genaue Präzisierung der Normzwecke würde den Aufsichtsbehörden (aber im Rahmen einer etwaigen gerichtlichen Überprüfung aufsichtsrechtlicher Eingriffe auch den Gerichten) nur sehr vage Vorgaben bieten und mithin der weitgehenden Substitution gesetzlicher Maximen durch die Wertungen einzelner Verantwortlicher umfassenden Spielraum eröffnen, was schon aus allgemeinen rechtsstaatlichen Erwägungen unbefriedigend erschiene.279 Damit bedarf es nachfolgend eines Blickes ins Detail. Wie staatliche Eingriffe in den Wirtschaftsverkehr allgemein,280 so werden auch die prävenFrage nach den wirtschaftspolitischen Vorgaben an den Regelungsrahmen für Bankeninsolvenzen von hohem Belang sind, in der Tat kaum mehr als die „ehrliche Offenlegung“ der politischen Motive (Stürner, a. a. O.) geleistet werden kann, so darf für die Frage nach den maßgeblichen Risiken durchaus mit deutlich „greifbareren“ und folglich präziseren Erkenntnissen gerechnet werden; siehe dazu im einzelnen unten sub C. 279 Ein anschauliches Beispiel für die Ausnutzung unbestimmter gesetzlicher Tatbestände zur Einführung richterlicher Wertungen über das Kriterium der sog. „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ beleuchtet kritisch etwa Rittner, Wirtschaftliche Betrachtungsweise, passim, der zusammenfassend moniert, die Verwendung dieser Kategorie sei gefährlich, „weil sie die Gedanken und die Gründe des Richters nicht erhellt, sondern vernebelt. Da sie inhaltlich überhaupt nicht fixiert ist, verdeckt oder verkürzt sie – in den meisten Fällen dem Richter unbewußt – die wirklichen Gründe der Entscheidung. Sie gefährdet damit die Rationalität der Rechtsfindung, und sie öffnet darüber hinaus das Tor zur (verdeckten) Willkür“ (S. 54). Gleiches ließe sich, mutatis mutandis, von einer unkritischen Anerkennung der bislang gefundenen Ergebnisse als gültige Vorgaben für die Abwicklung von Bankeninsolvenzen sagen. Die Risiken einer „richterlichen Versuchung zur sozialpolitischen Selbstverwirklichung“ für den Bereich der Verfahrensziele des allgemeinen Insolvenzrechts hat warnend auch Stürner, ZIP 1982, 761, 766 erwähnt. Aus ähnlichen Gründen fordert Hadjiemmanuil, Banking Regulation, insbes. Kap. 6, eine Formulierung klarer und verbindlicher Zielvorgaben für das gesamte Bankenaufsichtsrecht. 280 Vgl. grundlegend zur theoretischen Legitimation der Staatsaufsicht etwa aus dem anglo-amerikanischen Schrifttum Breyer, S. 15 ff. Speziell zur Bankenregulierung Goodhart u. a. (Hrsg.), Financial Regulation, S. 2 ff. Siehe aus dem deutschen Schrifttum auch Bullinger, VVDStRL 22 (1965), 264 ff.; Seifert, S. 36 ff. (dort mit Bezug auf die wettbewerbsrechtliche Sonderstellung von Banken). In seiner Habilitationsschrift zur „Staatsaufsicht“ verwendet E. Stein die Formel vom Marktversagen zwar nicht ausdrücklich, geht aber implizit von ihr aus, wenn er von der Aufsichtsfunktion des Schutzes „allgemeiner öffentlicher Interessen, insbesondere volkswirtschaftlicher Belange“ spricht (so S. 187, vgl. auch S. 209: Behebung der „aufgetretene[n] Störung der Wirtschaftsfunktionen“). Auf neuere regulierungstheoretische Ansätze, die auf die „Nachfrage“ von Regulierungswirkungen durch bestimmte Interessengruppen (etwa Verbraucher; an der

§ 4 Folgerungen: Vorgaben für die Ausgestaltung des Bankeninsolvenzrechts 101

tive Regulierung des Bankenmarkts, dessen Beaufsichtigung sowie die besonderen Mechanismen für die Krisenbewältigung durch staatliche Organe mit „Marktversagen“ im weitesten Sinne begründet. Wenn den Marktkräften nicht zugetraut wird, den beteiligten Interessen hinreichend Schutz widerfahren zu lassen, so geht es nachfolgend um die Gründe hierfür im einzelnen. Es soll zwar keineswegs der Versuch einer umfassenden juristischen Klärung der „Ziele der Bankenaufsicht“281 unternommen werden. Doch ist zu untersuchen: – als Vorfrage: warum einem funktionierenden Bankenwesen besonderes rechts- und wirtschaftspolitisches Interesse überhaupt gewidmet wird, – sodann: welche Gefährdungspotentiale konkret in Bankenkrisen vermutet werden und, damit zusammenhängend: – welche wirtschaftspolitischen Zielvorgaben an das Aufsichtsrecht gestellt werden, soweit diese für die Krisenbewältigung von Belang sind, – wie diese zu gewichten sind, und – welchen konkreten Anforderungen die im einzelnen entwickelten rechtstechnischen Lösungsansätze insoweit zu genügen haben. II. Die Rechtfertigungsansätze im einzelnen

1. Die Sonderstellung der Banken in der Gesamtwirtschaft Generell wird zur Begründung von staatlicher Regulierung allgemein und spezifischen Krisenbewältigungsmechanismen im besonderen282 auf die spezifische Funktion von Banken in der modernen Volkswirtschaft weltweit Begrenzung des Marktzutritts interessierte etablierte Marktteilnehmer) statt auf „Marktversagen“ abstellen („positive“ statt „normativer Theorie der Regulierung“ – siehe insoweit etwa aus dem deutschen Schrifttum die Darstellungen bei Seifert, S. 37 ff.; Burghof, S. 31 ff., sowie aus dem US-amerikanischen etwa Posner, (1974) 5 Bell Journal of Economics and Management Science 335 ff.), wird noch einzugehen sein; vorliegend geht es einstweilen darum, die zur Rechtfertigung von Sonderregeln angeführten eher „technischen“ Auswirkungen von Bankeninsolvenzen näher zu überprüfen (d.h. auftretende Verluste und deren gesamtwirtschaftliche Auswirkungen, bzw. „externalities“ oder „externe Effekte“, vgl. hierzu etwa Seifert, S. 55 ff. m. w. N.). 281 So der Titel der – allerdings wiederum wirtschaftswissenschaftlichen – Arbeit von Niethammer. Dieser Ansatz steht im Mittelpunkt vor allem der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur, vgl. etwa auch Bieg, S. 5 ff.; Waschbusch, S. 10 ff.; ferner (teilweise kritisch) Stützel, S. 9 ff. Die nachfolgenden Ausführungen verfolgen demgegenüber ein engeres, eben auf die eigentlichen Krisenbewältigungsmechanismen konzentriertes Untersuchungsziel. 282 Siehe etwa Niethammer, S. 162 Fn. 3; siehe ebd., S. 177 mit – m. E. allerdings z. T. angreifbarer – Diskussion der einzelnen Aspekte; Asser, S. 1; Hüpkes,

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hingewiesen: Die Sammlung von Einlagen und die Gewährleistung der Kreditversorgung verleiht ihnen herausragende Bedeutung;283 sie vermitteln den für diese lebenswichtigen Zahlungsverkehr und beeinflussen den Finanzspielraum der Unternehmen durch Bereitstellung unterschiedlicher Finanzierungsmöglichkeiten, sind kraft dieser Funktionen unmittelbar eingebunden in die Währungspolitik der Notenbanken284 und sind mit einem Wort der Finanzintermediär, ohne den die Gesamtwirtschaft nicht existieren kann.285 Insbesondere in der US-amerikanischen Literatur wird in der Auseinandersetzung mit der traditionellen Begründung der Bankenaufsicht allerdings zunehmend auf die fortschreitende Auflösung der traditionellen Bankenfunktion als Intermediär („disintermediation“) betont, die ersetzt wird durch Formen direkter Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, korrespondierende alternative Anlageformen zu traditionellen Bankeinlagen, die auf Banken als Intermediäre verzichteten, sowie die Möglichkeit alternativer Gestaltungen für den Zahlungsverkehr. Die genannten Veränderungen dürften indessen – jedenfalls bis heute – keineswegs weit genug gehen, um das grundlegende Gemeinwohlinteresse an der Funktionsfähigkeit des Kreditwesens als integraler Bestandteil der Gesamtwirtschaft obsolet erscheinen zu lassen.286 2. Das „Marktversagen“ im Kreditwesen – Grundannahmen, Kritik und Folgerungen Während die vorstehenden Überlegungen durchaus ein erhebliches öffentliches Interesse an einem funktionierenden Bankenwesen insgesamt belegen, folgt daraus allerdings noch keineswegs, daß dieses zwangsläufig bedroht wäre, würde auch insoweit den Marktkräften freies Spiel gelassen. Warum dieses Interesse (nur) durch staatliche Markteingriffe adäquat zu Legal Aspects, S. 7 ff.; Molyneux, in: Lastra/Schiffman (Hrsg.), S. 3, 4 f.; ferner auch Waschbusch, S. 18 f. m. w. N. 283 Vgl. Bähre/Schneider, Einl. S. 50. 284 Vgl. ausf. etwa Büschgen, S. 18 f.; Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 245 ff.; zur Einbindung in die monetären Aufgaben der Bundesbank auch Seifert, S. 88 ff., 101 ff. (mit deutlicher Kritik an einer daraus abgeleiteten ordnungspolitischen Sonderstellung); ferner Mösbauer, S. 244 ff. 285 Zum ganzen neben den vorstehenden Nachw. etwa Stützel, S. 9 ff.; aus dem angloamerikanischen Schrifttum Goodhart u. a., Financial Regulation, S. 10 ff.; Bossone, S. 5 ff. m. w. N.; Corrigan, Federal Reserve Bank of Minneapolis, Annual Report 1982, 5 ff. 286 Vgl. entsprechend Hüpkes, Legal Aspects, S. 8; siehe ferner auch den Überblick bei Bossone, S. 37 ff.; Milhaupt, (1999) Washington University Law Quarterly 399, 426. Anders – allerdings aus wettbewerbsrechtlicher Sicht – Seifert, S. 136 f.

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schützen sei, ist wenigstens nicht evident. Dies gilt zumal im Hinblick auf den Einzelfall, also für die Krisenbewältigung in individuellen insolvenzbedrohten Instituten und damit für den hier besonders interessierenden Bereich. Zu unterscheiden ist insoweit zwischen Argumenten, die auf unmittelbare Auswirkungen einer Einzelinsolvenz auf die Kunden und die Gesamtwirtschaft abstellen (sub a)), sowie solchen Auffassungen, die das „Systemrisiko“ von Einzelinsolvenzen für das Kreditwesen mit mittelbaren Auswirkungen für die Gesamtwirtschaft betonen (sub b)).287 a) Unmittelbare Auswirkungen auf Kunden und Gesamtwirtschaft Bankeninsolvenzen werden als schädlich zunächst insbesondere mit Blick auf die Einleger bewertet. Der Schutz vor Einlegerverlusten als Regulierungsziel hat dabei auch eine gesamtwirtschaftliche Dimension, die wiederum mit der speziellen Funktion von Kreditinstituten zusammenhängt: Größere Ausfälle könnten die Ersparnisse einer größeren Bevölkerungsgruppe in Gefahr bringen, da in jeder Insolvenz erhebliche Verluste in Kauf zu nehmen seien, und mithin zu volkswirtschaftlich nicht wünschenswerten Verwerfungen führen. Insbesondere in Deutschland wird auf dieses Argument rekurriert und in der Konsequenz die Gesamtheit des Bankenaufsichtsrechts sowie insbesondere auch die Krisenbewältigungsmechanismen als „Einlagensicherung im weiteren“ Sinne aufgefaßt und dementsprechend im Kontext des Einlegerschutzes diskutiert.288 Bankeninsolvenzen müßten ferner auch mit Rücksicht auf die Kreditnehmer des betroffenen Instituts vermieden werden, dessen Zusammenbruch zum Verlust etablierter Geschäftsbeziehungen führe, die häufig nur schwer ersetzbar seien. Wie der erstgenannte, ist auch dieser Aspekt letztlich ebenso gesamtpolitisch motiviert, nämlich aus der Sorge um die Kreditversorgung der Volkswirtschaft insgesamt, zumindest eines erheblichen Teils.289 Beide Bedenken gelten mithin den unmittelbaren Auswirkungen 287 Irrelevant sind vorliegend dagegen Ansätze, die statt auf die vermuteten Auswirkungen von Krisen und Insolvenzen auf Verbraucherschutzargumente abstellen, die sich unmittelbar auf die vertraglichen Beziehungen zwischen Dienstleistern und Verbrauchern beziehen und ihrerseits als Legitimation für die staatliche Aufsicht über Finanzdienstleistungen (statt der Banken als Dienstleister) dienen; hierzu charakteristisch die Darstellung bei Goodhart u. a., Financial Regulation, Kap. 1, die sich zunächst der Begründung für die Staatsaufsicht über die Finanzmärkte allgemein widmet und sodann die systemischen Bezüge von Bankenausfällen untersucht. 288 Vgl. etwa Schöner, S. 26; Schwark, NJW 1974, 1849; Dowe, S. 9; Kronester, S. 10 f.; ähnlich Neeff, S. 1. 289 Vgl. etwa Guttentag/Herring, in: Portes/Swoboda (Hrsg.), S. 150, 158 f. m. w. N.

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eines Ausfalls der typischen Funktionen eines Kreditinstituts innerhalb der Volkswirtschaft. b) „Systemrisiko“ – mittelbare Auswirkungen der Einzelinsolvenz Traditionell im Mittelpunkt der internationalen Debatte steht demgegenüber die eher mittelbare Schädigung der Gesamtwirtschaft durch Ausfälle im Bankenwesen: das Risiko eines „Übergreifens“ der Einzelinsolvenz, einer „Ansteckung“ des Gesamtsektors durch die Krise im Einzelfall,290 als typischerweise zu erwartende Bedrohung. aa) „Runs“ Gegenstand der traditionellen bankpolitischen Diskussion ist insoweit seit langem die Annahme einer Gefahr durch systemweite „Runs“, massive Einlagenabzüge aufgrund eines Vertrauensverlustes nicht nur hinsichtlich des unmittelbar betroffenen Kreditinstituts, das vermeintlich oder tatsächlich in Schwierigkeiten geraten ist, sondern des gesamten Bankensektors oder zumindest einer Reihe von Instituten, die mit dem betroffenen Ähnlichkeiten aufweist. Das Phänomen solcher „Runs“ beruht letztlich auf zentralen Charakteristika des Einlagengeschäfts: Zum einen ist dies das Informationsungleichgewicht zwischen Banken und ihren Einlegern,291 das dazu führe, daß letztere keine Möglichkeit hätten, die tatsächliche finanzielle Situation ihrer Bank einzuschätzen. Dies mache das System anfällig auch für „panikartige“292 Einlagenabzüge ohne rationale Begründung: Eben weil die Einleger nicht in der Lage seien, zwischen verschiedenen Banken zu unterscheiden, bestehe die Gefahr, daß bereits der Einzelfall einer Insolvenz das Vertrauen in den Bankensektor insgesamt erschüttere; der einzelnde Ausfall gibt insoweit 290 Von „Ansteckung“ („contagion“) wird typischerweise in der angloamerikanischen Literatur gesprochen, vgl. etwa Aharony/Swary, (1996) 20 Journal of Banking & Finance, 57 ff. (passim). 291 Vgl. etwa Gorton, (1988) 40 Oxford Economic Papers 751, 754; Park, (1991) 28 Journal of Monetary Economics 271 ff. 292 Ausf. zum in der US-amerikanischen Literatur häufig verwendeten „Panik-“ Begriff Calomiris/Gorton, in: Hubbard (Hrsg.), S. 109, 112 ff. m.w.N: „We define a banking panic as follows: A banking panic occurs when bank debt holders at all or many banks in the banking system suddenly demand that banks convert their debt claims into cash (at par) to such an extent that the banks suspend convertibility of their debt into cash (. . .).“ „Suspension of convertibility“ ist dabei Zahlungseinstellung aufgrund Illiquidität; maßgeblich ist also, daß ein massiver Einlagenabzug bei einer hinreichend großen Zahl von Banken zum Entzug aller liquiden Mittel führt.

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Anlaß zur „Überprüfung“ der Sicherheit der Bankeinlagen293 und birgt entsprechend das Risiko einer Vertrauenskrise im gesamten Kreditwesen. Von ebenso grundlegender Bedeutung ist daneben der rechtliche Charakter der vertraglichen Beziehungen zwischen Einlegern und Bank: „Runs“ können danach nur deshalb ihre fatale Sprengkraft entfalten, weil Einlagen typischerweise sofort oder innerhalb kurzer Fristen kündbar sind. Da mit ihnen ein langfristig angelegtes Kreditgeschäft finanziert und Bankaktiva mithin typischerweise illiquide sind, ist keine Bank, nicht einmal die „gesunde“, zahlungsfähig, wenn es zum massiven Rückzahlungsverlangen kommt.294 Daraus wird die These abgeleitet, das Bankgeschäft sei gewissermaßen inhärent instabil, was ein erhebliches Risiko für die Gesamtwirtschaft bedeute.295 Historisch ist diese Theorie insbesondere in den Vereinigten Staaten zur Begründung einer umfassenden Einlagensicherung entwickelt wor293 Vgl. Calomiris/Gorton, in: Hubbard (Hrsg.), S. 109, 125; Gorton, (1985) 15 Journal of Monetary Economis 177 ff.; ders., (1988) 40 Oxford Economic Papers 751, 755; siehe auch Mishkin, in: Hubbard (Hrsg.), S. 69, 74: „In a panic, depositors rush to make withdrawals from solvent as well as insolvent banks since they cannot distinguish between them.“; Park, (1991) 28 Journal of Monetary Economics 271, 272: „The main hypothesis of this study is that depositors who lack bank-specific information infer the soundness of a particular bank from the condition of the banking system as a whole.“ Siehe ferner die umfassenden Nachw. bei Kaufman, (1994) 8 Journal of Financial Services Research 123 ff. sowie allgemein die kritische Auseinandersetzung hiermit bei De Bandt/Hermann, in: Goodhart/Illing (Hrsg.), S. 249, 262 ff. Die geradezu „klassisch“ gewordene Interpretation von Bankruns durch Diamond und Dybvig, (1983) 91 Journal of Political Economy 401 ff., geht noch weiter. Auslösendes Moment muß danach keineswegs eine fallierende Bank im Einzelfall sein; der massive Einlagenabzug könne auf vollkommen irrationalen Entscheidungen der Einleger zurückführbar sein – einen „self-fulfilling belief“, der die befürchtete Krise erst hervorrufe (a. a. O., S. 410: Das auslösende Moment könne alles mögliche sein – „a bad earnings report, a commonly observed run at some other bank, a negative government forecast, or even sunspots“.). Von der Annahme einer Möglichkeit „zufälliger Runs“ hat die Literatur nachfolgend zunehmend Abstand genommen, vgl. u. a. Calomiris/Gorton, a. a. O., S. 120 ff. mit einer umfassenden Diskussion des Forschungsstandes, die die „random withdrawal theory“ auf der Basis umfassender empirischer Studien zurückweisen; ferner Gorton, (1988) 40 Oxford Economic Papers 751 ff. 294 Zusf. Benston/Kaufman, (1995) 9 Journal of Financial Services Research 209, 212 ff.; Asser, S. 8. 295 Vgl. die anschauliche Zusammenfassung bei Benston/Kaufman, (1995) 9 Journal of Financial Services Research 209, 229: „Bank failures are widely perceived as more harmful than the failure of other types of firms, particularly nonfinancial firms. They are believed to occur faster, spread more broadly throughout the industry, result in larger numbers of failures of similar firms (. . .), and are more likely to affect other sectors of the economy and the macroeconomy as a whole.“; siehe auch Kaufman, (1994) 8 Journal of Financial Services Research 123 f. m. w. N. Zusf. m. w. N. zur deutschsprachigen Literatur siehe Bieg, S. 30 ff.

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den.296 Sie wird aber ebenso auf Hilfsmaßnahmen der Zentralbank als Lender of Last Resort297 angewendet und auch zur Legitimation von Eigenmittel- und Liquiditätsmaßgaben sowie besonderer aufsichtsrechtlicher Sicherungsmaßnahmen im Krisenfall herangezogen – und also für die gesamte Bandbreite aufsichtsrechtlicher Eingriffe in den Markt.298 bb) „Ansteckung“ durch Forderungsausfall im Interbankengeschäft Neben der durch das Einlegerverhalten vermittelten Bedrohung des gesamten Kreditwesens werden Gefahren auch aus der Vernetzung der Banken untereinander abgeleitet. Hier geht es um die unmittelbar aus Geschäftsbeziehungen im Interbankenverkehr resultierenden Verluste, sei es aus Kreditbeziehungen im Interbankenmarkt, aus Derivatgeschäften oder aus einem kurzfristig angelegten Habensaldo.299 Naturgemäß ist dieser Aspekt um so bedeutender, je größer die wirtschaftliche Bedeutung des insolventen Instituts ist;300 darauf wird im Hinblick auf eine mögliche Sonderbehandlung bedeutender Institute noch zurückzukommen sein.301 Zusätzliche Komplikationen ergeben sich aus der Vernetzung im internationalen Interbankengeschäft.302

296 In diesem Zusammenhang sind etwa die Studien von Diamond/Dybvig, (1983) 91 Journal of Political Economy 401; Demirgüç-Kunt/Detragiache zu sehen; zu weiteren vgl. die Nachw. ebd. sowie Asser, S. 8 f.; aus deutscher Sicht z. B. Kronester, S. 82. 297 Siehe erneut oben § 2 sub C. I. sowie ferner Guttentag/Herring, in: Portes/ Swoboda (Hrsg.), S. 150, 156; vgl. auch Diamond/Dybvig, (1983) 91 Journal of Political Economy 401, 417, die den Lender of Last Resort als Alternative zur umfassenden, staatlich finanzierten Einlagensicherung diskutieren. Siehe auch noch unten § 17 sub B. II. 1. 298 Siehe neben den vorstehend zitierten Nachw. auch Dale, Regulation, S. 53 ff.; charakteristisch ferner Krümmel, Kredit und Kapital 1984, 474, 478 ff., der (a. a. O. S. 478) explizit einen „Schutzzweck Verhinderung des run auf die Schalter der Banken als eingriffserhebliche Ursache für eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des Kreditgewerbes“ postuliert. Zum ganzen zusf. auch Seifert, S. 123 ff., 186 ff.; Waschbusch, S. 20 ff. jeweils m. w. N. 299 Vgl. etwa Kaufman, (1994) 8 Journal of Financial Services Research 123, 127 ff. m. w. N.; ders. (1996) 16:1 Cato Journal 17, 25; zu einzelnen insoweit in Betracht kommenden Positionen etwa Burghof/Rudolph, S. 23; Burghof, S. 91 ff., jeweils m. w. N. 300 Vgl. insoweit zutr. etwa Niethammer, S. 163. 301 Siehe insoweit unten § 17. 302 Hierzu Saunders, in: Portes/Swoboda (Hrsg.), S. 196 ff. sowie bereits oben § 1 sub A.

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cc) Die „Ansteckung“ durch Zahlungssysteme als Sonderfall Die durch die Geschäftsbeziehungen aus der Teilnahme von Banken im Zahlungsverkehr vermittelten Verluste sind im Grunde ein Unterfall der soeben angesprochenen Gruppe,303 haben eine eigenständige Bedeutung aber aufgrund der besonderen technischen Probleme bei der Abwicklung des Zahlungsverkehrs in derartigen Systemen gewonnen. Die negative „Hebelwirkung“ eines einzelnen Ausfalls für das Gesamtgefüge beruht hier auf der Vielzahl und dem hohen Gesamtvolumen der über das System abgewickelten Transaktionen, wenn einzelne Transaktionen durch den Eintritt der Insolvenzwirkungen oder anderweitiger Zahlungsunfähigkeit nicht mehr abgewickelt werden und damit die Gefahr der Entstehung umfassender „offener Positionen“ der jeweiligen Geschäftspartner mit entsprechenden Liquiditätsund Kreditrisiken droht.304 Besondere Gefahren erwachsen dann, wenn die Transaktionen zeitversetzt in das System eingestellt und abgewickelt werden, nicht zuletzt, wenn sich die Geschäftspartner in weit entfernten Zeitzonen befinden: Es kann dann die Situation entstehen, daß zum Zeitpunkt der Einstellung der Zahlungen hohe Ansprüche des Geschäftspartners des insolventen Instituts anwachsen, deren Gegenleistung bereits voll erbracht worden sind und die dann nur noch zur Insolvenzquote befriedigt werden müßte. Bekannt geworden ist dies als „Herstatt-Risiko“ („Herstatt-Risk“); der Fall des Bankhauses Herstatt 1974 hat diese Gefahren in besonders drastischer Weise deutlich gemacht. c) Bewertung Der obige Überblick über die wesentlichen Argumentationslinien für die Begründung der Bankenregulierung im allgemeinen, aber eben auch besonderer Krisenbewältigungsmechanismen für Ausfälle im Kreditwesen zeigt, daß sich ein einheitliches Regulierungsziel insoweit kaum feststellen und formulieren läßt. Die dargestellten Schutzzwecke – der Einlegerschutz und der Schutz vor dem „Systemrisiko“ des Einzelausfalls – sind vielfältiger Natur, sie überschneiden einander teilweise (etwa im Hinblick auf die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen von Verlusten auf Seiten von Einlegern und Kreditkunden), können aber auch konfligieren.305 Deutlich wird schon 303 So implizit zu Recht auch Burghof/Rudolph, S. 23; Burghof, S. 93 m. w. N.; De Bandt/Hermann, in: Goodhart/Illing (Hrsg.), S. 249, 257. 304 Vgl. zum Stellenwert dieser Gefahren innerhalb der Auswirkungen von Bankeninsolvenzen allgemein De Bandt/Hermann, in: Goodhart/Illing (Hrsg.), S. 249, 283 ff., 286; Kaufman, (1996) 16:1 Cato Journal 17, 35 ff. m. w. N.; Guttentag/Herring, in: Portes/Swoboda (Hrsg.), S. 150, 159 f. und noch im einzelnen unten § 9 sub A. III. 2.

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vorab, daß eine Reduktion auf den Regelungszweck des Einlegerschutzes, wie sie sich im deutschsprachigen Schrifttum häufig vertreten findet,306 wichtige Aspekte ausblendet. Festzuhalten ist zunächst, daß beide Zielkategorien ihren Niederschlag durchaus in beiden hier untersuchten Rechtsordnungen gefunden haben (auch wenn – wie bereits ermittelt – staatliche Regulierung im Kern stets eher aus gesamtwirtschaftlichen Erwägungen nach Erfahrungen mit entsprechenden Krisen entstanden ist307). Im deutschen Kreditwesengesetz spiegelt sich dies in der Aufgabenbestimmung des § 6 I wider, derzufolge die BAFin „Mißständen im Kredit- und Finanzdienstleistungswesen entgegenzuwirken (hat), welche die Sicherheit der den Instituten anvertrauten Vermögenswerte gefährden, die ordnungsmäßige Durchführung der Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen beeinträchtigen oder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft herbeiführen können (. . .).“ Durchweg sind Gesetzesänderungen auf beide Aspekte gestützt worden.308 In England sah bereits der Banking Act 1979 Maßnahmen „such as appear (. . .) to be desirable in the interests of depositors (. . .)“ vor;309 der Banking Act 1987 war ausweislich seines Kurztitels auch ein „Act (. . .) for protecting depositors“, und unter dem neuen Financial Services and Markets Act 2000 zählen der Schutz der Stabilität der Finanzmärkte und der Verbraucherschutz gleichermaßen zu den gesetzlich fixierten Aufgaben der Aufsicht.310 Die Ableitung konkreter rechtspolitischer Vorgaben für den Gegenstand der vorliegenden Untersuchung gestaltet sich gleichwohl schwierig. aa) Kundenschutz Undeutlich ist die Situation zunächst im Hinblick auf die praktische Umsetzung des Kundenschutzziels, insbesondere des Einlegerschutzes. Zunächst ist zu bemerken, daß dem Auftreten von Verlusten im Einzelfall 305 Vgl. auch Bieg, S. 38; Waschbusch, S. 167; Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 249, der beide Ziele unter dem Oberbegriff „Insolvenzschutz“ zusammenführt. 306 Siehe noch unten § 15, insbes. sub A. II. 2. 307 Angreifbar daher Mösbauer (S. 257) mit der Feststellung, der Schutz der Einleger als Regulierungsziel sei „wesentlich älter“ als der von ihm als „Schutz für Banken“ bezeichnete Zweck der Sicherung der Systemstabilität. 308 Vgl. etwa Begr. zum Entwurf des KWG, BT-Drs. 3/1114, S. 19 ff.; ähnlich, aber mit deutlicherem Schwerpunkt auf der Einlagensicherung Bericht des Finanzausschusses zur KWG-Novelle 1976, BT-Drs. 7/4631, S. 3 ff. Siehe auch die Diskussion bei Seifert, S. 200 ff., insbes. S. 207 f. m. w. N. (allerdings zum Teil veraltet). 309 Siehe s. 8(2) Banking Act 1979, ähnlich s. 12(2)(b) Banking Act 1987. 310 Siehe ss. (2), (3); 3, 4 FSMA 2000.

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gesamtwirtschaftliche Verwerfungen in der Regel nicht folgen werden, daß also der einzelne Ausfall kaum je tatsächlich einen Zusammenbruch der Funktionen des Kreditwesens im ganzen nach sich zieht. Dies gilt jedenfalls solange, wie es sich bei dem insolventen Institut nicht um eine Großbank handelt, deren Ausfall bereits allein aufgrund der involvierten Volumina sowohl im Hinblick auf die Einlagen als auch das Kreditgeschäft zu größeren Verwerfungen führen könnte. Selbst bei größeren Häusern wie der BCCI, die über einen nicht unerheblichen Marktanteil im Privatkundengeschäft verfügte, war dieser Aspekt allerdings keineswegs gesamtwirtschaftlich bedrohlich.311 Vor allem auch die zunehmende Diversifizierung und Öffnung der (Geld-) Märkte reduziert die Gefahr derartiger unmittelbarer Auswirkungen einer Einzelinsolvenz;312 allerdings ist durchaus die Möglichkeit einer dominierenden Stellung eines einzelnen Kreditinstituts innerhalb einer bestimmten Region in Rechnung zu stellen, dessen Ausfall dann zumindest innerhalb dieses Einzugsbereichs zu spürbaren Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Aktivitäten führen kann.313 Im übrigen fallen die Verluste für Gläubiger von Kreditinstituten in der Insolvenz typischerweise niedriger aus als jene für Gläubiger anderer insolventer Unternehmen,314 vor allem, weil bei Banken in sehr viel geringerem Umfang vorrangig zu befriedigende Sicherungsrechte bestimmter Gläubiger bestehen.315 Dies gilt selbst dann, wenn (auch bei überschuldeten) Kreditinstituten regelmäßig der Liquidationswert geringer sein sollte als der Fortführungswert.316 Dieser Umstand kann möglicherweise für eine Übernahme des betroffenen Instituts durch einen Konkurrenten sprechen. Findet sich aber keine Geldquelle, die die entstandenen Verluste auffängt und kompen311

Siehe nochmals oben § 2 sub C. II. Vgl. in diesem Sinne etwa Benston, Critique, S. 35 f. 313 Ein Beispiel hierfür bietet etwa der Fall der im Jahre 2001 insolvenzreif gewordenen Hofer Schmidtbank; siehe zu diesem Fall ausführlich noch unten § 12 sub D. III. 6. b). 314 Kaufman, (1994) 8 Journal of Financial Services Research 123, 138; vgl. auch Kaufman, (1988) 7:3 Cato Journal, 559, 567. Siehe allerdings noch die Einschränkung unten 1. Teil Fn. 369 a. E. 315 Pannen, Krise und Insolvenz, S. 100. So wurde etwa im Falle der 2001 zusammengebrochenen Gontard- und Metallbank eine Quote von über 50 Prozent erzielt, vgl. o.V., Gontard-Gläubiger erhalten 50 Prozent, FAZ v. 13.8.2002, S. 14. Im Herstatt-Fall lag die Quote offenbar bei 75%, vgl. Brendle, S. 11. Kaufman, (1994) 8 Journal of Financial Services Research 123, 138, führt die geringeren Verluste allerdings auf die gegenüber dem Regelinsolvenzverfahren beschleunigte und kostengünstigere Abwicklung von Bankeninsolvenzen zurück – ein Befund, der sich auf die Situation in Deutschland nicht ohne weiteres übertragen läßt. 316 Zu diesem Ergebnis kommen offenbar empirische Studien zu US-amerikanischen Bankeninsolvenzen, vgl. etwa Freixas u. a., in: Goodhart/Illing (Hrsg.), S. 27, 37 m. w. N. 312

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siert (z. B. der Einlagensicherungsfonds317), so läßt sich hieraus keine Verpflichtung etwa der öffentlichen Hand ableiten, die erforderlichen Mittel bereitzustellen. Unmittelbar gesamtwirtschaftlich wirksame Auswirkungen von Einzelausfällen eignen sich insoweit nicht zur Legitimation besonderer Regulierungsansätze auch für die Einzelinsolvenz in „normalen“, gesamtwirtschaftlich stabilen Zeiten. Tatsächlich wird es sich in solchen Zeiten so verhalten, daß – aufgrund hoher Standardisierung von Finanzprodukten, auch im an sich durchaus individuell geprägten Kreditgeschäft – solche Produkte leichter austausch- und ersetzbar sind, als dies etwa bei der Insolvenz eines Dienstleisters oder Herstellers von Ausrüstungsgegenständen der Fall wäre, die einer dauerhaften Wartung bedürfen.318 Was bleibt, sind in erster Linie sozialpolitisch motivierte Schutzerwägungen,319 die insbesondere in der deutschen Literatur ausführlich diskutiert worden sind. Zwar sind gegen die Schutzbedürftigkeit gerade der Einleger von Banken beachtliche Bedenken auch aus rechtspolitischer Sicht angemeldet worden: Entsprechende Einwände verweisen darauf, auch die Insolvenz anderer Unternehmen als Banken verursachten – mindestens – ebenso einschneidende Konsequenzen für bestimmte Gläubigergruppen, etwa Arbeitnehmer oder Geschäftspartner, ohne daß daraus auf die Notwendigkeit staatlicher Regulierung geschlossen würde.320 Dem läßt sich indes zweierlei entgegenhalten: Zum einen berücksichtigt die Rechtsordnung teilweise durchaus entsprechenden Schutzbedarf (man denke an das Insolvenzausfallgeld für Arbeitnehmer), so daß der behauptete Widerspruch insoweit nicht besteht. Zum anderen läßt sich durchaus ein legitimes öffentliches Interesse an der Sicherheit von Bankeinlagen als einer Anlageform „für die breite Masse“ begründen: Bestünde eine solche Anlageform nicht und wäre mithin die Bildung privater Ersparnisse im Falle der Insolvenz der Bank vom Ausfall bedroht, ohne daß die Sparer (aufgrund wirtschaftlicher Unerfahrenheit) die Sicherheit der Anlage im jeweiligen Einzelfall überhaupt einschät317 Siehe noch unten § 12 sub D. III. 6. b) zur Sanierungspraxis des Einlagensicherungsfonds. 318 Vgl. Benston, Critique, S. 69. 319 Auf die insoweit gebotene Differenzierung zwischen wirtschafts- und sozialpolitischen Aspekten des Gläubigerschutzziels weist Niethammer, S. 93 ff., zu Recht hin. Vgl. ferner Mösbauer, S. 257 ff. 320 Vgl. Gärtner, BB 1971, 499, 503, der auf die Diskrepanz hinweist, in welcher die Sonderbehandlung von Kreditinstituten zugunsten der Einleger gegenüber der normalen Insolvenz von Unternehmen steht: Für deren Arbeitnehmer bedeute der Verlust der Arbeitsplätze eine – oft noch stärkere – Existenzgefährdung, ohne daß daraus per se auf ein besonderes Schutzinteresse geschlossen würde; siehe auch Benston, Critique, S. 68 ff.

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zen könnten,321 so würden – ließe sich argumentieren – diese insoweit unter Umständen zwangsläufig dem staatlich finanzierten sozialen Sicherungsnetzen anheim fallen, was unerwünscht ist.322 Auch insoweit werden sich freilich einige rechtspolitische Einwände anführen lassen: So wäre etwa zu fragen, inwieweit die Vorstellung von der klassischen Spareinlage überhaupt noch realistisch ist in Zeiten, in denen sich der Gesetzgeber selbst (etwa durch Gewährung steuerlicher Anreize) davon weitgehend verabschiedet hat und andere, riskantere Anlageformen wie die Kapitalanlage in Aktien oder neuerdings gar in Hedge Fonds propagiert. Gleichfalls könnte darauf hingewiesen werden, daß ja durchaus hinreichend sichere und wertbeständige Anlageformen etwa in Gestalt von staatlicherseits ausgegebenen (Bundesschatzbriefe etc.) oder anderweit besonders gesicherten Wertpapieren (Hypothekenpfandbriefe oder Kommunalobligationen) bestehen, die zudem den Vorteil einer höheren Verzinsung böten und bei denen der Ausfall eines Finanzintermediärs kein Verlustrisiko zu Lasten des Anlegers berge. Während derlei Überlegungen zwar im allgemeinen durchaus Zweifel an der pauschalen Annahme einer Schutzwürdigkeit der „klassischen“ Bankeinlage de lege ferenda begründen mögen, wird indes zweierlei zu erinnern sein: Zum einen geht es eben nicht allein um die Privilegierung einer Anlageform – ein Schutzinteresse besteht vielmehr auch insoweit, als Bankeinlagen (im Giroverhältnis) nicht „Vermögensanlage“, sondern lediglich ein jederzeit verfügbares323 Medium für den Zahlungsverkehr sind, also der (temporären) „Aufbewahrung“ etwa von Lohn-, Gehalts-, Pensions- oder Rentenzahlungen dienen, deren Verlust unter Umständen existentielle Nöte verursachen kann und die nicht kurzfristig in sicherere, zwangsläufig aber langfristige Anlageformen transferiert werden könnten.324 Zum zweiten dürfte nach wie vor – zumindest in Deutschland – ein durchaus beachtlicher Teil privaten Vermögens in Bankeinlagen angelegt sein, die de lege lata durchaus sozialpolitisch motivierten Schutz rechtfertigen.325 Doch folgt aus diesen Überlegungen ein Schutz sämtlicher Einleger ebensowenig zwingend wie das Postulat eines umfassenden Bestandsschutzes 321 Insofern überschneidet sich die Argumentation mit den für die Gefahr systemweiter „Runs“ angeführten Gründen, siehe oben sub a) aa). 322 Vgl. insoweit die Darstellung bei Niethammer, S. 95 f.; siehe auch aus der angelsächsischen Literatur Goodhart u. a., Financial Regulation, S. 4 ff. 323 Weshalb es nicht ausreicht, auf die regelmäßig hohen Insolvenzquoten zu verweisen – Einlagensicherung erfüllt vielmehr maßgeblich gerade auch die Funktion einer Sicherung vor dem Liquiditätsverlust. 324 Vgl. insoweit Niethammer, S. 114 f. 325 Vgl. – freilich mit überholtem Zahlenmaterial – die Erörterungen bei Niethammer, S. 114 ff.

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für Kreditinstitute in der Krise. Sozialpolitisch schützenswert erscheinen vor allem jene Anleger, die typischerweise über kleine Vermögenswerte in Gestalt von Spareinlagen oder Guthaben auf Girokonten verfügen, Einleger, für die diese Vermögensform letztlich eine erforderliche „Verwahrung“ von Geldguthaben darstellt, nicht aber eine bewußte, auf wirtschaftlicher Überlegung basierende Kapitalanlage. Eine Absicherung dieses Personenkreises ist auch deshalb anzustreben, weil insoweit in der Tat das Risiko besteht, daß im Falle von Ausfällen durch die Insolvenz eines Kreditinstituts unter Umständen das staatlich finanzierte „soziale Netz“ für Verluste haften müßte, deren Ursache sich außerhalb der Verantwortung der Einleger befindet und von diesen mangels hinreichender wirtschaftlicher Erfahrung auch nicht kontrolliert werden kann.326 Zudem könnten diese Kreise Marktdisziplin überhaupt nicht wirksam ausüben.327 Insoweit erscheint eine beschränkte Insolvenzsicherung zugunsten schutzbedürftiger Einleger rechtspolitisch begründbar. Gleichwohl wäre ein effektiver Schutz zugunsten aller Einleger immerhin denkbar, etwa in Gestalt einer Kombination aus rigider Staatsaufsicht und Unterstützung im Krisenfall, die das Insolvenzrisiko minderte und im Fall der Realisierung des Restrisikos die Insolvenz abwehrte. Es ist jedoch evident, daß damit zugleich die vollständige Außerkraftsetzung der Marktkräfte vollzogen wäre – ein derartiges Modell wäre mit erheblichen Kosten für den Staat verbunden; Geschäftsleitung und Eigentümern der Banken wären jede Anreize genommen, durch vorsichtige Geschäftspraktiken selbst zur Verhinderung der Krise beizutragen. Tatsächlich würde sogar ein Anreiz zu riskanter Anlagepolitik geschaffen, da sich angesichts der sicheren Ausfallgarantie so die Profitabilität gefahrlos steigern ließe. Ein derartiges Modell ist, soweit ersichtlich, in einer Marktwirtschaft nie realisiert worden. Allerdings ist ihm die in den USA entwickelte Lösung einer möglichst umfassenden, staatlich abgesicherten Einlagenversicherung bei gleichzeitiger Ausübung der Aufsichtsfunktion durch die Einlagensicherungseinrichtung sehr eng verwandt. Gerade das US-amerikanische Modell hat aber die mit dem Ausgleich jeden Insolvenzrisikos verbundenen Auswirkungen auf die Marktdisziplin nach heute wohl herrschender Auffassung offensichtlich werden lassen.328 326

Für eine Differenzierung nach der sozialen Position der Einleger auch Niethammer, S. 112 ff. m. w. N. Weiter Waschbusch, S. 12 ff. m. w. N., der vor allem auf das „Kriterium der fehlenden bzw. geringen Verhandlungsmacht“ der Einleger abstellt; vgl. auch Bieg, S. 24 ff. und bereits Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 250 f. Das Moment der „Verhandlungsmacht“ dürfte dabei m. E. weniger bedeutsam sein als die fehlende wirtschaftliche Erfahrung; fehlende Verhandlungsmacht allein bei gleichzeitiger Beurteilungsfähigkeit ließe sich in einem diversifizierten Markt durch Abwanderung zur Konkurrenz kompensieren. 327 Zu zuversichtlich für den Fall gesetzlich geregelter entsprechender Transparenzgebote m. E. Asser, S. 16 f.

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Eine Alternative hierzu bietet sich mit dem Konzept einer höhenmäßig begrenzten Einlagensicherung. Dieses Modell hat in der Ausgestaltung des Minimalschutzes im 1979 eingeführten englischen Deposit Protection Scheme sowie nach der Europäischen Einlagensicherungsrichtlinie Niederschlag gefunden.329 Das deutsche System einer von den Banken finanzierten umfassenden Einlagensicherung330 weicht von diesen Grundprinzipien durchaus weitreichend ab, was noch im einzelnen zu beleuchten sein wird. Dabei wird insbesondere zu fragen sein, inwieweit die oben skizzierten Nachteile einer umfassenden Sicherung in diesem Modell möglicherweise kompensiert werden. Das Interesse der Einleger an einem stabilen Bankensystem mag nach alledem ein System präventiver Aufsicht im öffentlichen Interesse wünschenswert erscheinen lassen, was hier letztlich nicht zu entscheiden ist.331 Ist allerdings der Schutz dieser Zielgruppe hinreichend gewährleistet, besteht kein Anlaß, die Bestandssicherung grundsätzlich zum Ziel für die Krisenbewältigungsmechanismen zu erheben und insoweit von allgemeinen insolvenzrechtlichen Grundsätzen abzuweichen.332 Die Entscheidung zur raschen Schließung eines Kreditinstituts kann vielmehr für die Einleger durchaus günstiger sein als langwierige aufsichtsseitige Versuche, eine Sanierung herbeizuführen, während deren sich die aufgetretenen Verluste in der Zwischenzeit vergrößern.333 Im Hinblick auf die verfahrensrechtliche 328 Vgl. z. B. die Analyse bei Eisenbeis/Horvitz, in: Kaufman (Hrsg.), Reforming Financial Institutions, S. 49 ff.; siehe auch Asser, S. 113. Mit Blick auf Kanada ist allerdings – wiederum auf der Basis empirischer Befunde – geurteilt worden, das langjährige Fehlen einer Einlagensicherung oder verwandter Sicherungsvorkehrungen habe dort spürbar zur Stabilität des Bankensystems trotz diverser Einzelkrisen beigetragen, vgl. Carr/Mathewson/Quigley, (1995) 27:4 Journal of Money, Credit, and Banking 1137, 1156: Zwar sei es zu Verlusten bei Einlegern gekommen; diesen hätte jedoch als Vorteil die zügige, marktgerechte Krisenbereinigung im jeweiligen Fall (auch bei Großbanken) gegenübergestanden. 329 Siehe im einzelnen noch unten § 7 sub C. zur EG-Einlagensicherungsrichtlinie und sub E. zur Einlagensicherung in England. 330 Dazu im einzelnen unten § 12 sub D. III. 331 Ähnlich offen Seifert, S. 195 ff. Siehe aber noch unten § 15 zusf. sub D. II. zu den Konsequenzen einer derartigen Zielbestimmung für die Frage der Staatshaftung für fehlerhafte Bankenaufsicht. 332 Vgl. insoweit auch Bieg, S. 34 ff.; Waschbusch, S. 23 ff.; Mösbauer, S. 254. 333 Vgl. etwa Kaufman, (1994) Journal of Financial Services Research 123, 137 ff. Die Herausbildung einer für die Aufsichtsbehördenden bindenden gesetzlichen frühzeitigen Eingriffspflicht steht demgemäß im Mittelpunkt jüngerer US-amerikanischer Reformbemühungen, vgl. dazu etwa die entsprechenden Vorschläge bei Kaufman, (1988) 7:3 Cato Journal, 559, 575 ff. Siehe allerdings Davies/McManus, (1991) 15 Journal of Banking and Finance, 917 ff., die auf der Basis von Modellrechnungen darzulegen suchen, daß das Prinzip frühzeitiger Schließung insolventer Banken möglicherweise wiederum zu erhöhter Risikobereitschaft führen könnte. Die

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Ausgestaltung stellt sich damit vor allem die Frage, ob dieses Ziel mit dem Instrumentarium eines förmlichen Insolvenzverfahrens erreicht werden kann oder ob es insoweit einer Anpassung – auf der Tatbestands- oder der Rechtsfolgenseite – bedarf. Dabei ist auch zu fragen, inwieweit der Aufsichtsbehörde Entschließungsermessen und Auswahlermessen (hinsichtlich des Verfahrensziels – Sanierung oder Liquidation – und der aufsichtsrechtlichen Instrumentarien) gewährt werden sollte. bb) Systemrisiko durch „Runs“ Ein anderes Ergebnis könnte aus der Annahme folgen, der Einzelausfall im Bankensektor sei stets mit der Gefahr eines sektorweiten Einlagenabzugs verbunden. Die insoweit zitierten Erwägungen überschneiden sich erkennbar mit den soeben zur Begründung eines sozialpolitisch motivierten Einlegerschutzes angestellten Erwägungen – entsprechend verfolgt ein Teil der bestehenden Einlagensicherungssysteme weltweit nicht zuletzt neben der individuellen Absicherung das Ziel, derartige „Runs“ zu verhindern.334 Ob allerdings der systemweite „Run“ auf Bankeinlagen zu Recht traditionell im Mittelpunkt der bankpolitischen Diskussion gestanden hat, erscheint nach jüngeren Erkenntnissen insbesondere im US-amerikanischen Schrifttum zunehmend fragwürdig. Festzuhalten ist zunächst, daß der massive Einlagenabzug bei einem in den Verdacht des Mißstands geratenen Kreditinstitut selbst als Keimzelle der vermuteten Ansteckung des Gesamtgefüges keineswegs unerklärlich und durchaus rational ist. Anschaulich spricht Möschel insoweit von der „Ausformung der allgemeinen und nicht nur Kreditinstitute treffenden Verhaltensweise, daß einem dubios gewordenen Schuldner ohne besondere Sicherheit in der Regel kein Kredit gewährt wird“.335 Daß es nicht nur zur Verweigerung der Prolongation oder der Neugewährung von Krediten (d.h. Einlagen), sondern eben zur Einforderung und dem Abzug der bereits gewährten kommt, läßt sich dabei in der Tat auf den besonderen Rechtscharakter der Bankeinlage zurückführen: Im Unterschied zu sonst gewährten Krediten sind Einlagen eben sofort oder innerhalb kurzer Kündigungsfristen fällig und die Bank auf Aufforderung zur Auszahlung verpflichtet, weshalb es keines Fälligstellens und auch keiner weiteren Vollstreckungsmaßnahmen bedarf, um die Auszahlung herbeiinsoweit angestellten Überlegungen können hier nicht überprüft werden. Zur teilweisen Umsetzung entsprechender Reformkonzepte in den USA noch unten § 7 sub C. III. 2. 334 Siehe noch unten § 12 sub B. I. 335 Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 250; zust. Bieg, S. 30; Seifert, S. 121; entspr. auch Benston, Critique, S. 37; Benston/Kaufman, (1995) 9 Journal of Financial Services Research 209, 227.

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zuführen. Der Begriff der „Panik“336 führt insofern in die Irre, als durchaus starke Anreize bestehen, bereits bei Unsicherheit über die wirtschaftliche Lage der Bank Rückzahlung zu verlangen, da im Falle einer drohenden Zahlungsunfähigkeit die zuerst befriedigten Gläubiger noch eine reelle Chance haben, voll befriedigt zu werden. Der Umstand, daß sich möglicherweise die auslösenden Gerüchte und Vermutungen nachträglich als falsch herausstellen und dann, ex post betrachtet, erst der „Run“ die eigentliche Krise des Instituts auslöst, ändert daran nichts.337 Ob aus dieser Interessenlage, die in der Tat bei Bekanntwerden entsprechender Vermutungen den Eintritt eines „Runs“ auf das ins Gerede gekommene Institut erwarten läßt, regelmäßig die Gefahr häufig uninformierter systemweiter „Runs“ und damit die Destabilisierung des Finanzsektors als Regelfall folgt, erscheint nach jüngeren Studien jedoch zweifelhaft. Empirische Untersuchungen (insbesondere des US-amerikanischen Bankensystems338) stützen diese Annahme gerade nicht.339 Danach ist die Auslösung einer ausgreifenden Krise durch den „Run“ im Einzelfall unwahrscheinlich; „Runs“ auf den gesamten Sektor oder bedeutende Teile seien Ausfluß eher denn Ursache außerordentlicher gesamtwirtschaftlicher Störungen, die sich in entsprechenden Kreditausfällen niederschlügen,340 oder auch von tatsächlich bestehenden sektorweiten Mißständen.341 Generell habe sich das Gläubigerver336

Vgl. insoweit schon oben Text und Fn. 292. Siehe auch Burghof, S. 81. 338 Vgl. zur Datenbasis und zur zugrundeliegenden Marktstruktur ausf. etwa Calomiris/Gorton, in: Hubbard (Hrsg.), S. 109, 113 ff. m. w. N. 339 Vgl. etwa Calomiris/Gorton, in: Hubbard, S. 109, 148 f.; einschränkend auch Stützel, Tz. 50. 340 Kaufman, (1988) 7:3 Cato Journal, 559, 567; siehe auch dens., (1994) 8 Journal of Financial Services Research 123, 142, der (auch auf S. 145 in Endnote 18) ausdrücklich darauf hinweist, in allen untersuchten Fällen sei die Bankenkrise der Rezession zeitlich nachgefolgt; Mishkin, in: Hubbard (Hrsg.), S. 69 ff., zusf. S. 96 f. Vgl. auch Gorton, (1988) Oxford Economic Papers 751, 778, der auf der Basis umfassender empirischer Analysen konstatiert: „(. . .) the mechanism of causality from depositors withdrawing currency from ‚illiquid‘ banks causing businesses to fail is not present.“ Ebd., S. 67: Die Bank werde dabei um so anfälliger für „Runs“, je weniger ihr Kreditgeschäft diversifiziert sei. 341 Vgl. etwa Kaufman, (1994) 8 Journal of Financial Services Research 123, 129 f. m. w. N.; Benston/Kaufman, (1995) 9 Journal of Financial Services Research 209, 220 ff. m. w. N., vgl. auch Mishkin, in: Hubbard (Hrsg.), S. 69, 97; Aharony/ Swary, (1996) 20 Journal of Banking & Finance 57, 65 f.; vgl. auch dies., (1983) 56:3 Journal of Business 305 ff.; Calomiris/Gorton, in: Hubbard (Hrsg.), S. 109, 129 ff., insbes. S. 143, 148 ff.; Gorton, (1988) Oxford Economic Papers 751, 771 ff. Ferner Benston, Critique, S. 22: „The failure of a financial services firm, while somewhat costly to those directly associated with it (other than shareholders), is less disruptive than the failure of many (perhaps most) other firms of equivalent size.“ 337

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halten insoweit kaum als fehlgeleitet, sondern trotz natürlich begrenzter Information über den tatsächlichen Zustand der Bank als durchaus verläßlicher Indikator für deren tatsächliche wirtschaftliche Situation erwiesen.342 Der „Spillover“ von einem betroffenen Kreditinstitut auf andere habe sich in der Regel – entgegen der Annahme der Unkontrollierbarkeit von „Runs“ – mit einiger Präzision auf solche Institute beschränkt, die sich in einer der des betroffenen Instituts ähnlichen wirtschaftlichen Situation befunden hätten oder mit diesem besonders verbunden gewesen seien.343 Beachtung verdient insofern die Feststellung, daß „Runs“ typischerweise nicht durch uninformierte Kleineinleger ausgelöst werden, sondern durch den massiven Abzug großer Einlagen durch Konteninhaber, die durchaus in der Lage sind, konkrete wirtschaftliche Schwierigkeiten in der betroffenen Bank zu identifizieren.344 Auf der anderen Seite sei es unwahrscheinlich und kaum je der Fall, daß an sich wirtschaftlich „gesunde“, nicht überschuldete Institute durch einen „Run“ zur Aufgabe gezwungen würden, da sich bei solider wirtschaftlicher Ausgangsposition üblicherweise rasch genügend liquide Mittel beschaffen ließen, um der Zahlungsunfähigkeit zu entgehen.345 Bei alledem könne von echtem Schaden für die Gesamtwirtschaft im Grunde nur gesprochen werden, wenn der „Run“ nicht lediglich zur „Neuverteilung“ der Einlagen von schwachen auf finanzstarke Institute führte, sondern eine „Flucht ins Bargeld“ stattfinde,346 was nicht dem Regelfall entspreche.347 „Runs“ hätten also letztlich der Systemstabilität durchaus genützt, indem sie schwache Marktteilnehmer identifizieren halfen und deren Marktaustritt erzwangen348 342 Vgl. Kaufman, (October 1988) Contemporary Policy Issues 1, 4; ders., (1994) 8 Journal of Financial Services Research 123, 136 ff., jeweils m. w. N.; Benston/ Kaufman, (1995) 9 Journal of Financial Services Research 209, 226 f.; Aharony/ Swary, (1983) 56:3 Journal of Business 305, 321: keine „Ansteckung“ durch „Runs“ bei Insolvenz aufgrund mangelhafter oder betrügerischer Geschäftsführung auch bei großer Bank. 343 Vgl. Kaufman, (1994) 8 Journal of Financial Services Research 123, 129. 344 Burghof, S. 88 f.; Krümmel, Kredit und Kapital 1984, 474, 480; unzutr. demgegenüber die These von Brendle, S. 379 („Runs“ nur aufgrund des Verhaltens „kleiner“ Einleger denkbar). 345 Kaufman, (October 1990) Contemporary Policy Issues 1, 3 m. Nachw. auf eine frühere empirische Untersuchung des Verf.; ders., (1994) 8 Journal of Financial Services Research 123, 130 f., 134 f. m. w. N.; ders., (1996) 16:1 Cato Journal 17, 26 m. w. N.; ebenso Benston/Kaufman, (1995) 9 Journal of Financial Services Research 209, 227. 346 So Benston/Kaufman, (1995) 9 Journal of Financial Services Research 209, 211, 213; siehe auch Kaufman, (October 1990) Contemporary Policy Issues 1, 4 f. 347 Kaufman, (1994) 8 Journal of Financial Services Research 123, 140 m. w. N. 348 Vgl. Kaufman, (1988) 7:3 Cato Journal, 559, 570 ff.; ders., (1994) Journal of Financial Services Research 123, 137; Benston/Kaufman, (1995) 9 Journal of Financial Services Research 209, 230.

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– die Parallele mit der oben postulierten marktbereinigenden Funktion des Insolvenzverfahrens ist offensichtlich. Zwar sind die zitierten Aussagen weitgehend vor dem Hintergrund der besonderen Verhältnisse in den USA zu sehen, die in den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, der Ausgestaltung des Bankensektors und auch der Aufsichtskonzeption stark von der Situation in Deutschland und England abweichen.349 Gegenüber einer pauschalen Übertragung der dargestellten Erkenntnisse auf die hier zu untersuchenden Rechtsordnungen sind daher Zweifel angebracht,350 doch dürfte die zunehmende Kritik herrschender Grundthesen in der US-amerikanischen wirtschaftswissenschaftliche Debatte zumindest insoweit Anlaß zur erneuten Überprüfung europäischer Regulierungsansätze geben, als diese ihrerseits auf vergleichbaren Prämissen aufbauen. Mit den vorstehend dargelegten Bankenkrisen in den beiden Rechtsordnungen erscheint diese Kritik insoweit jedenfalls grundsätzlich vereinbar: Die Bankenkrise von 1931 in Deutschland, der einzige Fall eines sektorweiten „Runs“ im Lande in neuerer Zeit, dürfte sich in der Tat, wie gesehen,351 ohne die katastrophale gesamtwirtschaftliche Situation der Zwischenkriegszeit und bedeutende sektorweite Mißstände in der Geschäftsführung der Banken nicht denken lassen.352 Die englische Bankenkrise der 1970er Jahre war ebenfalls nicht auf willkürliches, fehlgeleitetes Gläubigerverhalten zurückzuführen, sondern – wie viele davorliegende und nachfolgende Bankeninsolvenzen in beiden Ländern – auf fehlerhafte, unvorsichtige Geschäftsführung.353 Insgesamt ist daher festzuhalten, daß systemweite, durch „Runs“ vermittelte Krisen kaum den Regelfall darstellen, sondern vielmehr nur in gesamt349 Dies zeigt sich gerade hinsichtlich der Ausgestaltung und Funktion der Einlagensicherung, aber auch bezüglich der Verwertbarkeit empirischer Daten zu einzelnen Bankenkrisen, die – wie der Zusammenbruch des „Savings & Loans“-Sektors in den 1980er Jahren (vgl. hierzu ausf. etwa Bonn, Abschnitt 3.1) von vollkommen anderen Marktgegebenheiten ausgehen. 350 M.E. nicht unproblematisch daher die abstrakte Diskussion im Zusammenhang mit dem deutschen und europäischen Bankensektor bei Burghof und Bonn, jeweils passim. 351 Oben § 2 sub B. I. 352 Vgl. in diesem Sinne auch Seifert, S. 127 ff., zusf. S. 134: „Vergegenwärtigt man sich den Ablauf der Bankenkrise, so wird klar, daß sie sich zu nichts weniger eignet als zur Verifizierung der These vom irrationalen Kleineinleger als Krisenverursacher. Der kleine Einleger trat erst in der Schlußphase der Krise, als ausländische Banken und besser informierte Inländer die Zeichen der Zeit schon voll erkannt hatten, auf den Plan.“ Skeptisch auch ebd., S. 195 f. 353 Siehe oben § 2 sub C. I.

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wirtschaftlichen Ausnahmesituationen zu erwarten sind.354 Zutreffend ist zur Rechtsentwicklung in den USA geurteilt worden, das wesentliche Motiv für die auf die Vermeidung derartiger systemweiter „Runs“ ausgerichtete Regulierungspolitik seien die Erfahrungen mit dem Zusammenbruch des Sektors in der Weltwirtschaftskrise gewesen.355 Für Deutschland gilt insoweit nichts anderes;356 auch hier haben die geltenden Krisenbewältigungsmechanismen, wie gesehen, zum Großteil ihren Ursprung in den Notmaßnahmen in der Bankenkrise der 1930er Jahre. Allerdings ist auf die in Deutschland durchaus weitverbreitete Auffassung hinzuweisen, welche die relative „Ruhe“ im Bankensektor seit dem 2. Weltkrieg gerade auch auf die Existenz einer umfassenden, insofern also auf den Schutz gesamtwirtschaftlicher Stabilität abzielenden Einlagensicherung als stabilisierendes und vertrauensförderndes Element zurückführen.357 Daran ist sicher zutreffend, daß die investierende Öffentlichkeit in der Tat ein durchaus großes Vertrauen in die Stabilität des Bankensektors entwikkelt hat – und also das insoweit wiederholt formulierte Regulierungsziel offenbar eingetreten ist.358 Das Argument ist freilich nicht unproblematisch, und zwar unabhängig von der Frage, ob die Herstellung eines unerschütterlichen Vertrauens über den Schutz bestimmter als schutzwürdig erkannter Interessengruppen hinaus in dieser Allgemeinheit überhaupt erstrebenswert erscheint oder nicht.359 Daß die seither eingetretenen (durchaus zahlrei354 Anschaulich Benston/Kaufman, (1995) 9 Journal of Financial Services Research 209, 234 f.: „(. . .) there is little, if any, empirical evidence in support for the doomsday scenario.“; vgl. auch Calomiris/Gorton, in: Hubbard (Hrsg.), S. 109, 154: lediglich ein einziger von 116 untersuchten Bankeninsolvenzen auf einen Liquiditätsverlust durch „Run“ ursächlich zurückführbar. 355 So Kaufman, (1988) 7:3 Cato Journal 559, 567; ders., (1994) 8 Journal of Financial Services Research 123 f.; entspr. Benston, Critique, S. 68. 356 Vgl. auch den entsprechenden Befund bei Seifert, S. 18. 357 Siehe etwa Bieg, S. 30 ff.; Waschbusch, S. 25. 358 Siehe erneut insbes. den Bericht des Finanzausschusses zur KWG-Novelle von 1976, BT-Drs. 7/4631, S. 3 ff. Krümmel, Kredit und Kapital 1984, 474, 480, sieht insoweit die Aufgabe der Bankenaufsicht darin, „schlechte Nachrichten“ zu verhindern, die das öffentliche Vertrauen in den Bankensektor erschüttern könnten – freilich ein bedenklicher Ansatz, wenn diese Politik letztlich Probleme „unter den Tisch“ kehrt, anstatt sie zu lösen! Anschaulich auch Waschbusch, S. 166 f. 359 Prononciert kritisch Kaufman (1988) 7:3 Cato Journal 559, 581 m.w.N: „One of the major misconceptions the public has about banking is that one needs to have faith in his bank and banker. Nothing could be further from the truth! Faith belongs in churches; good assets belong in banks. If the value of a bank’s assets are insufficient to meet its deposit liabilities in full and on time, those depositors who have the most faith will be the last to attempt to withdraw their funds and will suffer the largest losses. If a banker asks depositors to have faith in him, they should transfer their funds quickly. Market discipline requires depositor skepticism, not faith, as depositor faith in banks only permits banks to assume greater risk exposure than

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chen) Insolvenzfälle nicht zu einem umfassenden Vertrauensverlust führten, dürfte vor allem mit der Tatsache zusammenhängen, daß es sich stets um kleinere oder – in seltenen Fällen, wie dem Bankhaus Herstatt – Institute mittlerer Größe handelte:360 ein Faktum, das als solches kaum auf den „Erfolg“ der Einlagensicherung und jedenfalls eher auf eine Kombination aus gesamtwirtschaftlicher Prosperität und vorsichtigen Geschäftspraktiken statt ausschließlich auf die Beaufsichtigung der Kreditinstitute zurückführbar sein dürfte. Die Zweifel werden insofern verstärkt, als die umfassende Einlagensicherung heutiger Prägung erst nach dem Herstatt-Fall eingeführt worden ist und sich in einer Großinsolvenz noch nicht bewähren mußte.361 Die verbreitete Auffassung, „angesichts der Vertrauensanfälligkeit des Kreditgewerbes“ sei es – über den sozialpolitisch motivierten (und zugleich begrenzten) Einlegerschutz hinaus – „erforderlich, Vorsorge dafür zu treffen, daß im Falle einer nicht zu umgehenden offenen Bankeninsolvenz die Einleger so weit wie nur irgend möglich vor Vermögensverlusten bewahrt werden“,362 kann nach allem nicht geteilt werden. Eine Existenzsicherung als Aufsichtsziel auch bei insolventen Kreditinstituten läßt sich daher auch insoweit ebensowenig als Zielvorgabe für das Bankeninsolvenzrecht formulieren363 wie eine umfassende Einlagensicherung, wobei im Sonderfall einer gesamtwirtschaftlich relevanten Krise Ausnahmemaßnahmen in Betracht kommen mögen.364 Im „Normalfall“ sind „Runs“ kein systemgefährdendes Element und geben nur insoweit Anlaß zu Handlungsbedarf in der Krise, als damit das Prinzip gleichmäßiger Befriedigung der Gläubiger im Liquidationsverfahren (bzw. eine eventuelle Sanierung im Insolvenzverfahren) they otherwise could.“ Vgl. auch Benston, Critique, S. 75 ff. sowie bereits oben Text und Fn. 331. 360 Angreifbar daher der Hinweis bei Waschbusch, S. 25, es habe sich um Krisen „selbst bedeutender Banken“ gehandelt. Aufschlußreich insoweit dagegen Seifert, S. 196 f., der anhand statistischer Daten über tatsächliche Einlagenbewegungen im deutschen Kreditwesen nachweist, daß auch der rechtspolitisches Aufsehen erregende Herstatt-Fall keineswegs einen allgemeinen „Run“ auslöste. 361 Zum Umfang der Absicherung noch im einzelnen unten § 12 im Zusammenhang mit der Diskussion der Mindeststandards im Gemeinschaftsrecht sowie in den jeweiligen nationalen Sicherungssystemen. Auch insoweit angreifbar Waschbusch, S. 25 m. Nachw. 362 So die Formulierung von Waschbusch, S. 550; ähnlich Bieg, S. 35: „Es gilt (. . .), uneingeschränktes Vertrauen der Bankgläubiger in das Kreditgewerbe und seine Funktionsfähigkeit und damit auch die Sicherheit der Bankeinlagen zu schaffen, so daß im Falle des unvermeidlichen Zusammenbruchs einer einzelnen Bank ein allgemeiner Run mit seinen einzel- und gesamtwirtschaftlichen Schäden verhindert wird.“ (jeweils eig. Hervorhebungen). 363 Siehe auch schon die Nachweise oben Fn. 332, jeweils m. w. N.; vgl. ferner Asser, S. 14. 364 Hierzu unten § 17 sub.

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gefährdet wird – wie dies für jeden Vermögensabfluß in einem insolvenzreifen Unternehmen gilt.365 cc) „Ansteckung“ im Interbankengeschäft Evident hingegen, da ausschließlich auf „technischen“ Abläufen und nicht auf unsicheren Verhaltensweisen beruhend,366 erscheint das aus der Vernetzung der Banken, insbesondere in Zahlungssystemen, auch bei Einzelfällen herrührende Gefahrenpotential.367 Entsprechend steht die insolvenzsichere Ausgestaltung von Zahlungs- und Wertpapierabrechnungssystemen heute im Mittelpunkt internationaler Bemühungen um die Sicherheit des Finanzsektors im Krisenfall.368 Ansteckungsgefahren durch Verbindlichkeiten aus Interbankgeschäft sind zwar – anders als für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs in Zahlungssystemen – angesichts fehlenden empirischen Datenmaterials schwerer theoretisch nachweisbar, doch wird weithin angenommen, daß Bedenken auch insoweit gerechtfertigt sein dürften.369 Kleinere Institute werden dabei vermutlich am ehesten durch den Ausfall eines bedeutenden Geschäftspartners bedroht.370 Insgesamt dürfte dieser 365 Insoweit ist der Hinweis auf die damit verbundene „Einschränkung, wenn nicht gar (. . .) Einstellung der Geschäftstätigkeit“ des betroffenen Kreditinstituts (bei Waschbusch, S. 20 m. w. N., vgl. ähnlich auch Bieg, S. 29 f.) zwar zutreffend, wird aber zu pauschal zur Legitimation besonderer Eingriffe angeführt. 366 Vgl. auch Upper/Worms, BIS Papers No. 1, 211, 213, die zwischen „behavioural“ und „mechanical interdependence“ unterscheiden. 367 Die Feststellung bei Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 246, die Gefahr von Störungen des Zahlungsverkehrs durch Bankeninsolvenzen begründe als solche „keine Sonderstellung, die dann auch von der Rechtsordnung zur Kenntnis genommen werden müßte“, steht dazu nur scheinbar im Widerspruch, bezieht sich nämlich auf den Ausfall eines Zahlungssystems als solchen, der angesichts verschiedener zur Verfügung stehender alternativer Systeme in Deutschland keine ordnungspolitischen Probleme verursache. Dieser Aspekt kann hier dahingestellt bleiben. 368 Siehe im einzelnen unten § 9. 369 Vgl. – auf der Basis der von der Bundesbank erhobenen Monatsausweise der Kreditinstitute in Deutschland – etwa Upper/Worms, BIS Papers No. 1, S. 211 ff. (für Deutschland); siehe zu ähnlichen Berechnungen für Schweden auch Blåvarg/ Nimander, in: BIZ/CGFS (Hrsg.), S. 287 ff. sowie allgemein De Bandt/Hermann, in: Goodhart/Illing (Hrsg.), S. 249, 257. Upper/Worms, a. a. O. S. 222, weisen freilich darauf hin, es komme für die Auswirkung auf andere Banken nicht auf die nach der insolvenzförmigen Liquidation schließlich zu erwartende Quote an, sondern auf die bei Verfahrensbeginn zu erwartenden (deutlich näher am Nominalwert orientierten, allerdings ggf. um Sicherheiten bereinigten) Ausfälle, die vom Geschäftspartner abgeschrieben werden müssen. Gleiches dürfte für die Auswirkungen von Forderungsausfällen bei Bankeninsolvenzen insgesamt gelten, vgl. auch schon oben sub 2. c. aa) bei und in 1. Teil Fn. 323. 370 So offenbar Upper/Worms, BIS Papers No. 1, 211, 222 f.

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Aspekt indes gleichwohl weniger bedeutsam sein als die Möglichkeit einer „Ansteckung“ durch Zahlungssysteme.371 3. Folgerungen Nach allem erscheint es geboten, die Anforderungen an die Aufsichtskonzeption und gerade auch an die für den Krisenfall vorgesehenen besonderen Lösungsansätze neu zu formulieren und dabei die Bedrohungsszenarien, denen beide gerecht werden sollen, neu zu gewichten. Statt einer Pauschalbetrachtung der „Sonderstellung“ der Banken, die letztlich gerade auch die Rechtswirklichkeit in Deutschland prägt,372 sollte dabei zwischen einzelnen solcher Szenarien genau unterschieden und gefragt werden, welche rechtlichen Steuerungsmodelle ihnen wirksam begegnen können. Anders als vereinzelt in der (insbesondere deutschen) Literatur vertreten,373 ist die Ausbreitung von Bankenkrisen durch Interbankbeziehungen und die „Anstekkung“ von Teilnehmern in Zahlungssystemen insoweit als unabhängig von der Problematik allgemeiner Bankruns zu behandeln.374 Zu berücksichtigen sind dabei insbesondere der jeweils zu erwartende Kausalablauf sowie die jeweilige Eintrittswahrscheinlichkeit.375 Gerade weil es um die Ableitung konkreter Lösungskonzepte aus wirtschaftspolitischen Vorgaben und um deren Rechtfertigung geht, kann hier die Gewichtung der einzelnen Kriterien nicht der Ebene „politischer Entscheidungen“ zugewiesen werden.376 371 Anders als bei diesen, dürfte es im Interbankkreditgeschäft nicht dazu kommen, daß sich der Verlust durch eine unterbliebene Saldierung wechselseitiger Verpflichtungen bzw. noch nicht erfolgte Erbringung der Verpflichtungen der nicht insolventen Seite im Moment des Eintritts der Insolvenzwirkungen bei dem Geschäftspartner gleichsam potenziert. Bedeutsam wäre also vor allem der – seltene – Ausfall einer hinreichend großen Bank; zudem müßten die Verluste relativ hoch sein (für die von ihnen untersuchten Fallgruppe rechnen Upper/Worms, BIS Papers No 1, 211, 223 mit ca. 40% als kritischer Höhe). 372 Insoweit entspricht das Bankaufsichtsrecht durchaus dem Recht der Wirtschaftsaufsicht allgemein; schon E. Stein (S. 28) hat darauf hingewiesen, daß „der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Wirtschaftsaufsicht offensichtlich vom Großunternehmen gleichsam als Idealtyp ausgeht“. 373 Vgl. etwa Burghof, S. 91 ff., der die „Interdependenz über Interbankbeziehungen und gemeinsame Märkte“ sub specie der vor einem „Run“ typischerweise ablaufenden Entscheidungsprozesse von (Groß-)Anlegern über einen Einlagenabzug abhandelt. Ähnlich Bonn, S. 28 ff. 374 Dies ergibt sich auch bereits aus der näheren Analyse der vorstehend in § 2 im einzelnen erörterten Bankenkrisen, in denen beide Risiken durchaus unabhängig voneinander aufgetreten sind. 375 Insoweit ebenso Seifert, S. 195. 376 So aber – m. E. auch im dortigen Kontext durchaus angreifbar – Bonn, S. 36, der nach Auseinandersetzung mit den Erkenntnissen zu systemischen „Runs“ letzt-

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1. Teil: Grundlagen

a) Fallgruppen Eine differenzierende Betrachtung empfiehlt sich zur weiteren Klärung aber nicht nur hinsichtlich der jeweils zu erörternden Bedrohungsszenarien, sondern auch im Hinblick auf die Art des betroffenen Kreditinstituts zum einen und die Art der Betroffenheit des jeweiligen Instituts zum anderen.377 Daß unterschiedlich große und bedeutende Bankeninsolvenzen unterschiedliche Folgen haben können, folgt bereits aus den eingangs erörterten historischen Erfahrungen, ergibt sich aber auch aus der vorstehenden Analyse der einzelnen Bedrohungsszenarien. Die „bedeutende“ Bankeninsolvenz tritt seltener auf als die Insolvenz kleinerer Institute, aber ihr Auftreten birgt in besonderer Weise die Gefahr der „Ansteckung“, wenn nicht durch eine davon ausgelöste Vertrauenskrise und einen nachfolgenden systemweiten „Run“, so doch deshalb, weil ein gewichtiger Geschäftspartner des übrigen Bankensektors ausfällt und seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Die Großinsolvenz könnte folglich zu besonderem Interesse am Fortbestand des betroffenen Instituts ohne Rücksicht auf dessen finanzielle Situation Anlaß geben, weniger dagegen der „Normalfall“,378 von dem sie deutlich zu unterscheiden ist und in dem Systemrisiken in deutlich geringerem Maße zu befürchten sind.379 Zu unterscheiden ist ferner danach, ob bei dem betroffenen Institut lediglich Zahlungsunfähigkeit bzw. erhebliche Liquiditätsprobleme oder bereits Überschuldung eingetreten ist. Bloße Zahlungsunfähigkeit wäre etwa die typische Folge einer „Ansteckung“ durch „Runs“ (die eben auch bei ausgeglichender Bilanz zur Illiquidität führen können), ist aber wie das Auftreten solcher systemweiter Verwerfungen eher selten. Ihr isolierter Eintritt ist auch deshalb unwahrscheinlich, weil typischerweise ausreichende Refinanzierungsmöglichkeiten bestehen, um auch die kurzfristig drohende Zahlungsschwierigkeit auszugleichen. Für die verbleibenden Fälle mag ein besonderes Interesse an wirksamen Eingriffen zur Insolvenzverhinderung allerdings durchaus bestehen.380 Zusammengefaßt gilt die nachfolgende Untersuchung konkreter Lösungsansätze der Frage der Tauglichkeit für vier Fallgruppen: lich offenläßt, inwieweit diese als rechtfertigendes Argument für die Regulierung taugen. 377 Vgl. auch die ähnliche Einteilung nach Fallgruppen bei Caprio/Klingebiel, S. 5 f. 378 Vgl. auch Seifert, S. 134 ff., insbes. Fn. 147. 379 Wie hier im Ergebnis auch Asser, S. 10, 13. 380 Siehe hierzu noch im einzelnen unten § 17.

§ 4 Folgerungen: Vorgaben für die Ausgestaltung des Bankeninsolvenzrechts 123

– Überschuldung eines Kreditinstituts „normaler“ Größe und nicht gewichtiger sektoraler Stellung, – bloße Zahlungsunfähigkeit eines Kreditinstituts „normaler“ Größe, – bloße Zahlungsunfähigkeit eines bedeutenden Instituts mit erheblichen Verflechtungen innerhalb des Bankensektors, – Überschuldung eines bedeutenden Instituts. Es dürfte deutlich sein, daß eine gesamtwirtschaftliche Bedrohung nur von den beiden letztgenannten Szenarien ausgehen dürfte, von denen wiederum vor allem der zweitgenannte Fall wahrscheinlich ist. In den ersten beiden Fällen dürfte eine solche Bedrohung hingegen im Regelfall ausscheiden. Im ersten Fall dürfte es geradezu kontraproduktiv sein, den Marktaustritt hinauszuzögern, wenn keine Aussichten für eine Sanierung bestehen, weil dies zur Erhöhung der Verluste beiträgt: Einerseits besteht kein öffentliches Interesse an der Erhaltung des Unternehmens zur Sicherung der Marktstabilität, und andererseits drohen mit jedem weiteren Zuwarten die Verluste zu Lasten der Gläubiger (einschließlich der Einleger) anzusteigen.381 Der zweite Fall indes mag gleichwohl zu besonderen Eingriffen Anlaß geben, wenn er sich seinerseits als Folge eines von einer der beiden letztgenannten Fallgruppen ausgehenden Risikos darstellt.382 b) „Verfahrenslösung“ und außerordentliche Eingriffe Die hier zu erörternde Frage „Wie lassen sich marktwirtschaftliches Ausleseprinzip und Vermeidung allgemeiner Bankkrisen aufgrund einzelner Insolvenzen[. . .] vermeiden?“383 wird sich nach allem dahingehend beantworten lassen, daß ein Anlaß zur grundlegenden Korrektur allgemeiner Rechtsgrundsätze über die bloß präventive Regulierung des Kreditwesens hinaus nicht besteht.384 Es bleibt dabei, daß im Regelfall der Bankeninsolvenz in erster Linie die Interessen der Gläubiger berührt sind. Eine gesamtwirtschaftliche Bedrohung besteht insoweit nicht, vor allem, wenn der Schutz der Zahlungssysteme als der wichtigsten Gefahrenquelle im Regelfall ge381

Vgl. auch Benston, Critique, S. 39, freilich ohne Einschränkung auf den „Normalfall“. 382 Siehe auch schon oben Text und Nachw. Fn. 370 zu den Folgen des Ausfalls von Interbankenforderungen für kleinere Institute und noch unten § 17. 383 So, in etwas anderem Zusammenhang, Seifert, S. 135. 384 Davon unberührt bleibt allerdings das Erfordernis aufsichtsrechtlicher Möglichkeiten zur Durchsetzung der präventiven Sicherheitsstandards, die von Eingriffsbefugnissen für den Insolvenzfall deutlich zu trennen sind; siehe zur Abgrenzung im einzelnen unten § 7 sub C. I.

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1. Teil: Grundlagen

währleistet werden kann. Zudem erscheint ein begrenzter Einlegerschutz wünschenswert. Davon abgesehen, werden für den Regelfall gleiche Ziele zu verfolgen sein wie mit dem allgemeinen Insolvenzverfahren. Dies erfordert eine rasche Verfahrenseinleitung,385 die auf einem ein möglichst frühes Stadium erfassenden Eingriffstatbestand zu beruhen hat (unten § 5), und sodann (nach einem Fehlschlagen interner Restrukturierung) die effektive Sicherstellung der bei dem Institut vorhandenen Vermögenswerte auch gegenüber der bisherigen Geschäftsleitung bewirken muß (unten § 6). Im Falle der Liquidation ist zudem wichtig, daß die jeweilige Verfahrensordnung die Möglichkeit einer längerfristigen Abwicklung vor allem des Kreditgeschäfts ermöglichen und eine sofortige Fälligstellung einträglicher Kredite vermeiden sollte, um massive Verluste etwa an Zinseinnahmen zu verhindern. Diese Anforderungen begründen indessen keine ausschließlich für Banken geltenden Probleme; der rasche Eingriff und die wirksame Vermögenssicherung stehen vielmehr am Anfang eines jeden Insolvenzverfahrens. Die dafür entwickelten insolvenzrechtlichen Instrumente werden daher vor allem darauf zu untersuchen sein, ob sie auch im Falle eines insolventen Kreditinstituts hinreichend flexibel handhabbar sind. Letztlich ist sonach das eingangs dargestellte Bild vom Insolvenzrecht als Medium eines komplexen, mehrstufigen „Sanktionsprozesses“ in der Marktwirtschaft386 im wesentlichen ohne Einschränkungen auch auf die Bankeninsolvenz übertragbar. Die Frage, wie der Gefahr einer gesamtwirtschaftlichen Störung wirksam begegnet werden kann, stellt sich nur in Ausnahmefällen. Ob hier eine formalisierte Verfahrenslösung die Krise (und etwa ein darauf reagierender „Run“ auf Bankeinlagen allgemein) wirksam abwenden werden kann, ist noch zu untersuchen, aber im „Normalfall“ nur insoweit relevant, als verläßliche Mechanismen vorhanden sein müssen, um das Vorliegen einer solchen Gefahr zunächst festzustellen oder auszuschließen, um dann ggf. den Weg zu Sonderlösungen zu eröffnen. Daß eine Abweichung von der grundsätzlichen Ergebnisoffenheit des Insolvenzverfahrens zugunsten der einseitigen Förderung von Sanierungen (ggf. über die Gläubigerinteressen hinweg) auch im „Normalfall“ geboten wäre, erscheint demnach zweifelhaft. Wie nach allgemeinem Insolvenzrecht sollte die Sanierung dann in Betracht gezogen werden, wenn dafür konkrete Chancen bestehen. In der Aufsichtspraxis wird die Substanzerhaltung im übrigen auch unter dem in Deutschland geltenden Sonderverfahrensrecht 385 386

Vgl. entsprechend auch Asser, S. 11: „fair, swift and decisive“. Siehe dazu oben sub A. I.

§ 4 Folgerungen: Vorgaben für die Ausgestaltung des Bankeninsolvenzrechts 125

nur dann durchgehalten, wenn das betreffende Institut tatsächlich wirtschaftlich vertretbare Sanierungsmöglichkeiten aufweist387 – von bedeutenden Sonderfällen, in denen außerordentliche Eingriffe zur Rettung für notwendig gehalten werden, wiederum abgesehen. Gleiches gilt für die Aufsichtspraxis in England.388 Das Postulat der Ergebnisoffenheit des Verfahrens ist schon deshalb keineswegs revolutionär. Eine Ausnahme in Gestalt besonderer Unterstützung auch für Institute geringerer Bedeutung wird sich insofern, wie gesehen, allenfalls im Sonderfall der unverschuldeten Zahlungsunfähigkeit eines an sich nicht überschuldeten Instituts in Betracht ziehen lassen, das aufgrund nicht vorhersehbarer Marktstörungen, insbesondere aufgrund der Insolvenz eines bedeutenden Marktteilnehmers und eines systemweiten „Runs“, Liquiditätsprobleme erleidet. Kommt eine verfahrensförmige Sanierung in Betracht, so werden allerdings an die Flexibilität der Verfahrensgestaltung besondere Anforderungen zu stellen sein, wie der englische Fall der Barings Bank gezeigt hat: Angesichts der besonderen Vertrauensanfälligkeit von Banken und der Gefahr individueller auszehrender „Runs“ wird eine Sanierung, wenn bereits der Geschäftsbetrieb unterbrochen wurde, regelmäßig nur unmittelbar in der Frühphase einer Krise erfolgen können. Insoweit kann eine Einlagensicherung, die bereits die Mehrzahl der Gläubiger entschädigt hat, zur Verfahrensver387 Dies belegt bereits die Zahl der eröffneten Insolvenzverfahren nach einem dem Gesetzeswortlaut zufolge „zur Abwendung des Insolvenzverfahrens“ verhängten Moratorium gem. § 46a KWG; siehe noch unten § 5 sub B. II. 3. a). Hinzu kommt der Umstand, daß offenbar eine Vielzahl von Fällen in Deutschland traditionell im Wege der „stillen Liquidation“ bereinigt wird, daß es also zur Anwendung des Moratoriums gar nicht erst kommt und schon im Vorfeld ein Marktaustritt erfolgt; siehe schon Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 242 und auch bereits die Nachweise oben Fn. 332. 388 Vgl. anschaulich neuerdings auch die Äußerungen des damaligen Chairmans der FSA, H. Davies, Capital Requirements, zur Auslegung der Aufsichtsziele nach S. 2 FSMA 2000: (. . .) we have said explicitly that we do not interpret maintaining market confidence as requiring a zero level of failures in regulated firms. Having said that, we have also made it clear that we will aim to maintain a regime in which there is a low incidence of firm failures. There are many reasons why regulators will not in general be indifferent to the failure of a regulated firm, not least the impact on the reputation of the regulator. But, perhaps more fundamentally, some firms are systemically significant and large enough that their failure might result in adverse consequences for other agents through contagion to other firms, confidence related effects or through other channels. There are some events which might be significant enough to have material impact on a financial system or the real economy, and the economic loss to customers of a failed firm may not match the amount recoverable either through insolvency proceedings or a compensation scheme. For all these reasons, we aim to minimise failures, while explicitly recognising that regulation should not have the effect of guaranteeing that firms will never fail.“

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1. Teil: Grundlagen

einfachung beitragen.389 Auch die gerade für eine erfolgreiche Geschäftsweiterführung gegebene Notwendigkeit, unbegründete Verfahrenseröffnungen wirksam auszuschließen, ist kein spezifisch auf Banken beschränktes Problem, sondern wird hier nur durch die besondere Vertrauensanfälligkeit des Bankbetriebs noch gesteigert.390

389 Vgl. etwa – ausdrücklich aus der Warte eines Aufsichtspraktikers – Randall, (September/October 1990) New England Economic Review 63, 66. 390 Siehe hierzu noch unten § 13 sub B. I. 2.

2. Teil

Die verfahrensförmige Krisenbewältigung 1. Abschnitt

Die Eingriffsinstrumentarien Der vorliegende Abschnitt befaßt sich mit den verfahrensrechtlichen Handlungsmöglichkeiten, die in beiden hier untersuchten Rechtsordnungen für die Bewältigung von Bankeninsolvenzen entwickelt worden sind. Dabei werden zunächst lediglich tatbestandliche Voraussetzungen (§ 5) und die einzelnen Handlungsmöglichkeiten (§ 6) dargestellt und nachfolgend einer vergleichenden Würdigung (§ 7) unterzogen. Die Auswirkungen der einzelnen Maßnahmen werden im nächsten Abschnitt untersucht.

§ 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I: Tatbestandliche Voraussetzungen A. Einführung Gleich, ob der Schwerpunkt der in der Krise eingreifenden Bestimmungen im Insolvenzrecht im engeren Sinne oder vielmehr im bankenaufsichtsrechtlichen Eingriffsinstrumentarium liegt – in jedem Fall sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für das Eingreifen der jeweiligen Regelungen von hoher Bedeutung. Sie sind es zunächst insofern, als es gerade auch vom jeweiligen Eingriffstatbestand abhängt, ab welchem Moment wirksame Maßnahmen zur Krisenabwehr bzw. Insolvenzabwicklung ergriffen werden können. Wie vorstehend gezeigt, stellt sich diese Frage bei insolventen Kreditinstituten insbesondere auch wegen der drohenden Gefahr eines „Runs“ im Falle des Bekanntwerdens der Krise, der nach umfassenden, effektiven und eben frühzeitig eingreifenden Sicherungsmaßnahmen verlangt. Mit der Entscheidung für eine bestimmte Ausgestaltung des Eingriffstatbestands ist auch die Frage nach der Legitimation eines Spezialregimes für insolvente Banken berührt: Ließe sich feststellen, daß die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Einleitung eines Insolvenzverfahrens, also die Insolvenzgründe in der deutschen Terminologie, bestimmte bankspezifische

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Gefahrenlagen nicht oder nicht rechtzeitig erfassen, so wäre hier in der Tat zumindest entsprechender Anpassungsbedarf zu begründen, wenn nicht gar das Erfordernis einer selbständigen Regelung. Keine der so umrissenen Fragen wird sich ausschließlich bereits auf der Basis der Tatbestandsmerkmale allein beantworten lassen; entscheidend wird es vielmehr darauf ankommen, welche Kompetenzen im einzelnen dem jeweils umrissenen Tatbestand zugeordnet sind (hierzu unten § 6). Eine abschließende Bewertung der in den beiden untersuchten Rechtsordnungen gewählten Lösungen wird daher am Ende dieses Unterabschnittes, der allein den tatbestandlichen Voraussetzungen für Krisenbewältigungsmaßnahmen gewidmet ist, noch nicht möglich sein. Eine isolierte Betrachtung der tatbestandlichen Voraussetzungen erscheint gleichwohl sinnvoll, weil sie nicht allein über die Tauglichkeit des jeweils gewählten Tatbestands zu entscheiden hat, sondern das systematische Verhältnis des Aufsichts- zum allgemeinen Insolvenzrecht entscheidend mitbestimmt: Hat es der Gesetzgeber im aufsichtsrechtlichen Instrumentarium bei reinen „Vorfeldmaßnahmen“ belassen, oder wird ein Spezialverfahren außerhalb des allgemeinen Insolvenzrechts eingeführt? B. Die Rechtslage in Deutschland I. Einführung: System der Eingriffsbefugnisse

Die im deutschen Bankenaufsichtsrecht entwickelten Eingriffskompetenzen basieren auf einem Konzept abgestufter aufsichtsrechtlicher Verwaltungsbefugnisse, deren Intensität an die Schwere der Krise angepaßt werden kann.1 Erst wenn dieses Instrumentarium insofern „versagt“ hat, als eine Sanierung des betroffenen Instituts nicht mehr möglich erscheint, soll es nach § 46b KWG zur Einleitung des förmlichen Insolvenzverfahrens kommen. Das aufsichtsrechtliche Instrumentarium für den Krisenfall besteht nach der Konzeption des Gesetzes in erster Linie aus den §§ 45–46b KWG.2 Daneben zu beachten sind freilich die zu den §§ 45 ff. KWG systematisch „querliegenden“,3 diesen gegenüber subsidiären4 §§ 35 ff. KWG, wobei die 1 Vgl. zunächst etwa Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46 KWG Rn. 1a, zu gebotenen Einschränkungen siehe sogleich unten im Kontext der einzelnen Tatbestände. 2 Vgl. auch die Überschrift des 4. Unterabschnitts – „Maßnahmen in besonderen Fällen“. 3 So zutreffend Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46 KWG Rn. 2. 4 Vgl. insbesondere zur Funktion der Abwicklungsanordnung nach § 38 KWG Rittner, FS Ballerstedt, S. 105, 106 ff.

1. Abschnitt: § 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I

129

Systematik der Bestimmungen durch Einfügung der §§ 46a, b mit der KWG-Novelle 1976 nachträglich verändert worden ist. Die §§ 35 ff. KWG unterliegen zwar grundsätzlich anderen, allgemeiner gefaßten Eingriffsvoraussetzungen, überschneiden sich aber zum Teil in ihrem Anwendungsbereich und hinsichtlich ihrer Rechtsfolgen mit den Vorschriften der §§ 45 ff. KWG. Für die Einleitung des förmlichen Insolvenzverfahrens sind schließlich die Insolvenzgründe nach §§ 17–19 InsO maßgeblich: Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. II. Aufsichtsrechtliche Eingriffstatbestände

1. § 45 I KWG Die erste Kategorie der gesetzlich vorgesehenen „Maßnahmen in besonderen Fällen“ wird gebildet durch die nach § 45 I KWG zulässigen „Maßnahmen bei unzureichenden Eigenmitteln oder unzureichender Liquidität“. Die Bestimmung findet sich bereits seit 1961, also von Anfang an im Kreditwesengesetz und ist seither nur hinsichtlich des sachlichen Anwendungsbereichs verändert worden, insbesondere durch dessen Ausdehnung auf Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen.5 Tatbestandlich ist die Norm klar gefaßt, knüpft nämlich unmittelbar an die in § 10 I KWG vorgegebenen Eigenmittelanforderungen (§ 45 I 1 Nr. 1) und die in § 11 S. 1 KWG enthaltenen Liquiditätsstandards (§ 45 I 1 Nr. 2) an, bei deren Nichteinhaltung Maßnahmen nach § 45 KWG zulässig sind. Die §§ 10, 11 KWG bedürfen allerdings ihrerseits der Konkretisierung durch die Aufsichtsbehörde, die im Rahmen der darauf (§§ 10 I 2; 11 S. 2 KWG) zu stützenden „Grundsätze I und II“6 vollzogen wird, nach denen die Behörde „für den Regelfall beurteilt, ob die Anforderungen (. . .) erfüllt sind“. Der Aufsicht ist damit mittelbar auch im Hinblick auf die Tatbestandsmerkmale des § 45 I KWG ein weiter Einschätzungsspielraum eingeräumt, zumal eben die Grundsätze nach dem jeweiligen Wortlaut „nur für den Regelfall“ gelten, so daß nur eine dahingehende Vermutung begründet wird und in begründeten Ausnahmen auch über die so festgelegten Maßstäbe hinausgehende oder weniger hohe Anforderungen gestellt werden können.7 Die Grundsätze nach §§ 10, 11 KWG sind dabei, soweit ersicht5 Vgl. statt aller etwa Boos/Lindemann, § 45 KWG Rn. 12 sowie die Regelung des § 45a KWG. 6 Zur Rechtsnatur der „Grundsätze“ siehe bereits oben § 3 sub B. III. 2. 1. 7 Vgl. etwa Bähre/Schneider, § 45 KWG Anm. 2; Boos/Lindemann, § 45 KWG Rn. 6; Reischauer/Kleinhans, § 45 KWG Rn. 1, 3; Schork, § 45 KWG Rn. 2; Pannen, Krise und Insolvenz, S. 15. Wohl enger dagegen VG Berlin, Urt. v. 22.1.1996 – 25 A 628.93, WM 1996, 1309, 1313 (eine Entscheidung des BAKred bestäti-

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

lich, nie gerichtlich überprüft worden. Gegenstand eines Verfahrens war lediglich die Frage, ob und inwieweit der jeweilige Einzelfall Abweichungen von den in den Grundsätzen formulierten Mindestanforderungen zuließ bzw. gar gebot.8 Wie sich die Neufassung der Eigenmittelanforderungen durch den „Basel II“-Akkord und deren Umsetzung in der Europäischen Gemeinschaft auf diese Praxis auswirken werden, bleibt abzuwarten.9 Die Freiräume der Aufsicht bei der Konkretisierung des Eingriffstatbestands in § 45 I KWG ändern jedoch nichts daran, daß die Gestaltungsbefugnis sich lediglich auf die Festsetzung von Bewertungsmaßstäben bezieht; Tatbestandsmerkmale bleiben aber ausschließlich nicht hinreichende Eigenmittel bzw. Liquidität. Insoweit ist zu berücksichtigen, daß die §§ 10, 11 KWG und die darauf gestützten „Grundsätze“ jeweils noch als sicher empfundene Grenzwerte hinsichtlich beider Kriterien formulieren, die im täglichen Bankgeschäft nicht unterschritten werden sollen.10 Die Nichteinhaltung der so vorgeschriebenen und durch die Aufsicht konkretisierten Vorgaben als solche ist folglich keineswegs gleichbedeutend mit Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit. Es handelt sich lediglich um Richtwerte, deren Unterschreitung der Geschäftsführung wie der Aufsicht Handlungsbedarf signalisiert.11 Gerade deshalb erweist sich die Bestimmung des § 45 KWG tatbestandlich als echte „Vorfeldkompetenz“ der Aufsichtsbehörde, die zum frühzeitigen Eingriff ermächtigt, um eine Ausweitung der finanziellen Störung zur Krise und Insolvenz zu vermeiden. Daß der so erfaßte Sachverhalt lediglich zum vorsorglichen Einschreiten Veranlassung geben soll, nicht aber bereits eine echte Krise darstellt, zeigt sich auch in der zusätzlichen Voraussetzung für die Anordnung von Maßnahmen nach § 45 I 1 KWG, dem fruchtlosen Ablauf einer Frist, die die Aufsichtsbehörde dem betreffenden Kreditinstitut zur Behebung der Störung („des Mangels“) zu setzen hat (§ 45 II 1 KWG).12 Die Frist soll einerseits so bemessen werden, daß genügend Zeit für die Akquisition neuer Eigenmittel bzw. die Reduzierung des Kreditgeschäfts oder die Umschichtung angelegter Mittel zur Verfügung steht, hat aber andererseits dem gend): Der Gesetzgeber habe ein „restriktives und exklusives System der Privilegierungstatbestände angelegt“. 8 Anschaulich VG Berlin, Urt. v. 22.1.1996 – 25 A 628.93, WM 1996, 1309 ff. 9 Siehe bereits oben § 3 sub B. II. 1. 10 Zur mit dem § 10 KWG erfolgten Umsetzung der EG-Eigenmittelrichtlinie von 1989 und damit der Vorgaben des Basler Akkords von 1988 siehe schon oben § 3 sub B. III. 11 Siehe bereits oben § 3 sub B. II. 3. a) zur Funktion der Eigenmittelstandards. 12 Das Abhilfeverlangen ist keine vollziehbare Verfügung: Bähre/Schneider, § 45 KWG Anm. 2; Beck/Samm, § 45 KWG Rn. 34; Schork; § 45 Rn. 9; Begr. zu § 44 RegE, BT-Drs. 3/1114, S. 42.

1. Abschnitt: § 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I

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Grundsatz Rechnung zu tragen, daß Maßnahmen nach § 45 KWG schon in einem frühen Stadium Wirkung erlangen sollen, bevor es zur wirklichen Krise gekommen ist.13 2. § 46 KWG Anders als § 45 KWG formuliert § 46 I 1 KWG die Tatbestandsvoraussetzungen nicht unter Heranziehung konkreter, im Gesetz näher definierter Parameter, sondern bedient sich eines polizeirechtlichen Begriffes – der „Gefahr“: „Einstweilige Maßnahmen“ sind zulässig bei „Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen eines Instituts gegenüber seinen Gläubigern, insbesondere für die Sicherheit der ihm anvertrauten Vermögenswerte“ (§ 46 I 1, 1. Alt. KWG). Hinzu tritt in der 2. Alternative der „Verdacht, daß eine wirksame Aufsicht über das Institut nicht möglich ist (§ 33 Abs. 3 Nr. 1 bis 3)“. a) Gefahr für die Erfüllung von Verpflichtungen Umstritten und dogmatisch nur unbefriedigend aufgearbeitet ist die erste Tatbestandsalternative in mehrfacher Hinsicht. Schwierigkeiten entstehen insbesondere aus der Verzahnung des Begriffs der „Gefahr“ mit der eher insolvenzrechtlichen Kategorie der „Erfüllung von Verpflichtungen“.

aa) Der Begriff der „Verpflichtungen“ Umstritten ist bereits der Begriff der „Verpflichtungen“ eines Instituts nach § 46 I 1 KWG. Der Wortlaut legt insoweit zunächst eine grundsätzlich weite Auslegung unter Einschluß aller Verbindlichkeiten – also auch solcher aus Nichtbankgeschäften, wie z. B. Mietzahlungen, Lohn- und Gehaltsverbindlichkeiten oder Forderungen gegen das Institut aus Factoringoder Leasinggeschäften – nahe, klärt freilich nicht, ob (ähnlich wie beim Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit nach § 17 I, II 1 InsO) nur fällige, oder auch schon zwar noch nicht fällige, aber doch rechtlich bestehende Zahlungs- oder sonstige Pflichten (wie bei den Insolvenzgründen der drohenden Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung, §§ 18, 19 InsO) erfaßt sein sollen.14 13

Vgl. Boos/Lindemann, § 45 KWG Rn. 13; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 45 KWG Rn. 3. Zur Bedeutung der Fristsetzung für die Sanierung in der Frühphase der Krise siehe noch unten § 13 sub B. II. 1. b) bb) (b). 14 Siehe zu den einzelnen Insolvenzgründen unten sub III. 2.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Zum ersten Teilaspekt wird vereinzelt eine einschränkende Auslegung vertreten: Erfaßt sein sollen danach nur Verpflichtungen, die sich „speziell aus dem Betreiben von Bank- und Finanzdienstleistungsgeschäften“ ergeben; dies folge aus dem „Sinn und Zweck der Bankenaufsicht“, gerade den daraus resultierenden Gefahren vorzubeugen.15 Gegen eine derartige Auslegung spricht jedoch, daß sich Gefahren für den Bestand des gesamten Kreditinstituts auch aus bankfremden Aktivitäten ergeben können und folglich die Einstandsfähigkeit eines Kreditinstituts auch für derartige Verbindlichkeiten ein Indikator für dessen gesamte finanzielle Situation sein dürfte, der auch außerhalb der in § 24 I Nr. 9 KWG geregelten Anzeigepflicht für besondere Nichtbankgeschäfte eine bankaufsichtliche Beobachtung legitimiert.16 So dürfte im Fall der Zahlungseinstellung auf Forderungen aus Nichtbankengeschäft stets auch und erst recht die Erfüllung von Verbindlichkeiten im Bankgeschäft gefährdet sein.17 Zudem wird bei Buchprüfungen regelmäßig ohnehin die volle bilanzmäßig nachweisbare Situation ermittelt werden. In jedem Falle dürfte die Differenzierung kaum je praktisch relevant werden; sie erscheint deshalb überflüssig.18 Der Hervorhebung der „anvertrauten Vermögenswerte“ durch den – wenig erhellenden – Wortlaut („insbesondere“) wird bei alledem nur klarstellende Bedeutung zuzumessen sein. Zum zweiten Teilaspekt, dem Fälligkeitserfordernis, dürfte sich ein Blick auf den Zweck des § 46 KWG als hilfreich erweisen, der – wie auch die Verwendung des Begriffes der „Gefahr“ indiziert – möglichst frühzeitige Gegenmaßnahmen ermöglichen soll; nur dann hat eine „Abwendung der Gefahr“ überhaupt noch Sinn. Dieser Umstand legt eindeutig eine Anlehnung an den Begriff der „bestehenden Zahlungspflichten“ in § 18 InsO nahe; auch dessen Ratio läßt sich insofern auf die von § 46 KWG zu erfassenden Sachverhalte übertragen, als diese Norm darauf abzielt, Anreize zu schaffen, in Krisensituationen möglichst ein frühes Eingreifen der insolvenzrechtlichen Bestimmungen auf Initiative der Geschäftsleitung zu ermöglichen.19 Die im Rahmen des § 46 I 1 KWG zu berücksichtigenden Verpflichtungen erfassen daher grundsätzlich auch alle zukünftigen Forderungen gegen das Kreditinstitut, für die der Rechtsgrund bereits zum Bewertungszeitpunkt gelegt ist. Dafür spricht auch die Betonung der „Sicher15 So Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 6. Anders die wohl h. M., siehe Beck/ Samm, § 46 KWG Rn. 15; Reischauer/Kleinhans, § 46 KWG Rn. 2; Szagunn/ Haug/Ergenzinger, § 46 KWG Rn. 3. 16 Anders Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 7. 17 Was auch Lindemann, a. a. O. (soeben Fn. 15) einräumt! 18 Im Ergebnis auch Bähre/Schneider, § 35 KWG Anm. 8; Beck/Samm, § 35 KWG Rn. 45 (übertragbar auf § 46 KWG). 19 Dazu unten sub III. 2.

1. Abschnitt: § 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I

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heit der [dem Kreditinstitut] anvertrauten Vermögenswerte“ in § 46 I 1, 1. Alt. KWG als Beispiel für die „Verpflichtungen“ im Sinne dieser Bestimmung. Denn diese erfassen typischerweise auch solche Einlagen, deren Auszahlung etwa Kündigungsfristen unterliegt und die also nicht sofort fällig sind. Und nur die Einbeziehung aller absehbaren Verpflichtungen vermag überhaupt Grundlage einer brauchbaren Lagebewertung zu sein. Unter den Begriff der Verpflichtungen fallen folglich alle bereits „bestehenden Zahlungspflichten“, gleichgültig, ob das Grundgeschäft zum Kreis der bankspezifischen Geschäfte zählt oder nicht. Darunter fällt nach dem Wortlaut „insbesondere“ die „Sicherheit“20 der dem Institut anvertrauten Vermögenswerte, also von Einlagen oder zur Verwahrung oder Verwaltung anvertrauten Wertpapieren; schließlich Verbindlichkeiten aus dem Kredit-, Diskont-, Finanzkommissions-, Investment-, Garantie-, Emissions- und Netzgeldgeschäft.21 Die Fälligkeit der einzelnen Forderungen wird vor allem im Rahmen der – sogleich zu erörternden – Prognoseentscheidung über die zu erwartende finanzielle Entwicklung zu berücksichtigen sein. bb) Der Begriff der „Gefahr“ Während die Auslegung des Begriffs der „Verpflichtung“ im Sinne des § 46 I 1 KWG über den Bewertungsmaßstab entscheidet, welcher der Ermittlung der tatbestandlichen Eingriffsvoraussetzungen – und also der Ausübung des diesbezüglichen Entschließungsermessens – als eine sich aus Bilanzen, entsprechenden Anzeigen im Rahmen der Informationspflichten des Instituts22 oder aus einer Sonderprüfung23 ergebende feste Größe zugrundeliegt, ist die Auslegung des Gefahrenbegriffs für die Prognoseentscheidung der Aufsichtsbehörde letztlich der in erster Linie maßgebliche Bezugspunkt. Verschiedene Auslegungskriterien werden insoweit vertreten und sind im folgenden zu diskutieren: zunächst eine Konkretisierung anhand der für den polizei- und ordnungsrechtlichen Gefahrenbegriff entwickelten Kriterien (sub (a)), sodann eine Heranziehung der in § 35 II Nr. 4 KWG für den gleichlautenden Begriff genannten Regelbeispiele (sub (b)), die darüber hinausgehende Einbeziehung von Liquiditätsaspekten (sub (c)) sowie die Ausdehnung des Gefahrenbegriffs auch auf abstrakte Gefährdungen durch unzuverlässige Geschäftsleiter u. ä. (sub (d)). In einer abschlie20 Präziser wäre wohl zu formulieren: die Durchsetzbarkeit der Ansprüche auf Auszahlung oder Herausgabe hinsichtlich der anvertrauten Vermögenswerte. 21 Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 6 unter Hinweis auf § 1 I 2, Ia 2 KWG. 22 Vgl. hierzu schon oben § 3 sub B. 1. b). 23 Vgl. Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 35 KWG Rn. 29 – übertragbar auf § 46 KWG.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

ßenden Stellungnahme soll der Versuch einer Neubewertung unternommen werden (sub (e)). (a) Konkretisierung anhand des polizei- und ordnungsrechtlichen Gefahrenbegriffs Zur Auslegung des Begriffes könnte sich zunächst der Rückgriff auf die verwaltungsrechtliche Terminologie anbieten. Unterschieden wird in diesem Kontext insoweit zwischen den Fallgruppen der konkreten Gefahr und jenen der abstrakten Gefahr: Während erstere Eingriffsvoraussetzung für Polizeiverfügungen im Polizei- und Ordnungsrecht bzw. im Gewerbeaufsichtsrecht ist,24 bedarf es letzterer, soweit etwa Polizeiverordnungen erlassen werden sollen.25 Eine „konkrete Gefahr“ liegt vor, wenn eine Sachlage bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden an einem geschützten Rechtsgut führt.26 Eine abstrakte Gefahr ist gegeben, wenn nach den Erfahrungen des täglichen Lebens bei bestimmten Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall aufzutreten pflegt.27 Systemkonform im Hinblick auf die Verwendung des Begriffes im allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht dürfte – ungeachtet der Frage der prinzipiellen Tauglichkeit dieser Kategorien im vorliegenden Kontext – allein die Interpretation des Gefahrenbegriffs in § 46 I 1 KWG im Sinne einer „konkreten Gefahr“ sein;28 nur diese Lesart wird letztlich dem Charakter der Bestimmung als Eingriffsbefugnis für den Einzelfall gerecht.29 Bereits 24

Vgl. etwa Würtenberger/Heckmann/Riggert, Rn. 278; Stober, Allgemeines Wirtschaftsverwaltungsrecht, § 29 I 3; Drews/Wacke/Vogel/Martens, S. 332. 25 Vgl. Würtenberger/Heckmann/Riggert, Rn. 450 (zu § 10 I bwPolG). 26 Würtenberger/Heckmann/Riggert, Rn. 278, jeweils m. w. N. 27 Vgl. Würtenberger/Heckmann/Riggert, Rn. 450 m. w. N. 28 Anders, soweit ersichtlich, nur VG Berlin, Beschl. vom 13.1.1995 – 25 A 234.94; insoweit aber zu Recht aufgehoben durch OVG Berlin, Beschl. vom 22.5.1995 – 1, 27.95 (beide unveröffentlicht): „Weder das KWG selbst noch dessen Entstehungsgeschichte geben einen Anhalt dafür, daß der Begriff der Gefahr als Voraussetzung für einstweilige Maßnahmen nach § 46 Abs. 1 KWG in Abweichung von den überkommenen Begriffen des Ordnungsrechts, zu dem auch die hier in Rede stehende Eingriffsbefugnis des BAK zählt, derart weit verstanden werden sollte.“ (OVG Berlin, a. a. O., unter nachfolgendem ausf. Eingehen auf die Gesetzgebungsgeschichte). Zu dem Beschluß siehe auch unten sub (e) bei Fn. 48. 29 So auch die wohl h. M., siehe etwa Beck/Samm, § 46 KWG Rn. 11; Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 2; Reischauer/Kleinhans, § 46 KWG Rn. 2 und schon die Begründung zu § 45 RegE, BT-Drs. 3/1114, S. 42; im Ergebnis auch Pannen, Krise und Insolvenz, S. 18 f. (freilich im einzelnen angreifbar).

1. Abschnitt: § 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I

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die offensichtliche Interpretationsbedüftigkeit der beiden Begriffe zeigt freilich, daß eine Heranziehung derselben zur nötigen Konkretisierung wenig beiträgt. Wann nämlich eine derartige „konkrete Gefahr“ besteht, ist allein entscheidend – und wird weder durch den einen noch den anderen Gefahrenbegriff geklärt. Die überaus ausführlich geführte Debatte30 um die richtige Auslegung mag insoweit dogmatisch interessant sein, verschleiert aber, daß der Gefahrenbegriff ohnehin auch im allgemeinen Polizei- und im Gewerbeaufsichtsrecht jeweils unterschiedlich ausgefüllt werden muß. Zuzugestehen ist allenfalls, daß der Gefahrenbegriff und die dafür entwikkelten Auslegungskriterien typischerweise Probleme behördlicher Prognoseentscheidungen betreffen und daß eine solche auch im Fall des § 46 I 1 KWG zu erfolgen hat. Eine gewisse Unschärfe wird sich folglich nicht vermeiden lassen. Die bisherigen Formulierungen der Kommentarliteratur, soweit nicht auf Definitionsversuche zugunsten der Diskussion einzelner Fallgruppen verzichtet wird,31 spiegeln diese Unsicherheit wider: Verlangt wird beispielsweise, daß „zu befürchten sein“ müsse, daß „das Kreditinstitut möglicherweise seine Verpflichtungen gegenüber seinen Gläubigern nicht oder nicht mehr voll erfüllen kann“;32 es seien Tatsachen erforderlich, „welche die Besorgnis begründen, daß das Institut in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten ist“.33 Auch diese Ansätze beschränken sich allerdings darauf, einen unscharfen Begriff durch einen anderen zu ersetzen. (b) Anknüpfung an § 35 II Nr. 4 KWG? Gegenüber der Entziehung der Erlaubnis nach § 35 II Nr. 4 KWG stellen die Anordnungen nach § 46 (und § 46 a) KWG mildere, weil lediglich befristet wirkende Maßnahmen dar und sind folglich vorrangig heranzuziehen.34 Eine Heranziehung des § 35 II Nr. 4 KWG auch für die Auslegung des § 46 KWG wird nicht zuletzt deshalb, aber auch wegen der gleichlautenden Formulierung des Tatbestands vertreten: Auch § 35 II Nr. 4 KWG setzt eine „Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen des Instituts gegen30

Umfassend bei Pannen, a. a. O. (soeben Fn. 29). So von Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46 KWG Rn. 3 f. 32 So Beck/Samm, § 46 KWG Rn. 11 (eig. Hervorhebungen). 33 Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 6 (eig. Hervorhebung); entspr. Bähre/Schneider, § 46 KWG Anm. 2. 34 Siehe etwa Bähre/Schneider, § 35 KWG Anm. 8; Beck/Samm, § 35 KWG Rn. 75; Boos/Fischer, § 35 KWG Rn. 41; Pannen, Krise und Insolvenz, S. 20 f.; Reischauer/Kleinhans, § 35 KWG Rn. 12; vgl. auch Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46 KWG Rn. 2 sowie den Wortlaut des § 35 II Nr. 4 KWG: Zulässigkeit der Entziehung der Erlaubnis, wenn „die Gefahr nicht durch andere Maßnahmen nach diesem Gesetz abgewendet werden kann“. 31

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über seinen Gläubigern, insbesondere für die Sicherheit der dem Institut anvertrauten Vermögenswerte“ voraus. Daß die beiden Regelbeispiele im 2. Halbsatz des § 35 II Nr. 4 KWG auch im Rahmen der Auslegung des § 46 I 1 KWG berücksichtigt werden können, ist dementsprechend herrschende Meinung in der Kommentarliteratur und monographischen Abhandlungen35 sowie in der Rechtsprechung.36 Nach § 35 II Nr. 4 KWG „besteht“ „eine Gefahr für die Sicherheit der dem Institut anvertrauten Vermögenswerte (. . .) auch – a) bei einem Verlust in Höhe der Hälfte des nach § 10 maßgebenden haftenden Eigenkapitals oder b) bei einem Verlust von jeweils mehr als 10 vom Hundert des nach § 10 maßgebenden haftenden Eigenkapitals in mindestens drei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren.“

Die Vorschrift formuliert zwei bankspezifische Gefährdungslagen, die letztlich im Zusammenhang mit der bei Kreditinstituten im Verhältnis zum Geschäftsvolumen insgesamt besonders geringen Eigenkapitalbasis zu sehen sind:37 Es ist ohne weiteres ersichtlich, daß außergewöhnlich hohe Verluste diese dünne Eigenkapitaldecke durchaus schnell in Gefahr bringen können. Beide Regelbeispiele beschreiben mithin Fälle bilanziell nachweisbarer schwerer Störungen im Bereich der Risikoaktiva, etwa aufgrund hohen Wertberichtigungsbedarfs im Kreditgeschäft (die wohl in der Praxis häufigste Variante) oder von Ausfällen in außerbilanziellen Geschäften, beispielsweise im Derivatgeschäft. Für den erfaßten Bereich wird nach herrschender Meinung eine Vermutung der Gefahr begründet, so daß die Aufsicht sich zum Nachweis der Eingriffsvoraussetzungen in diesen Fällen schon auf entsprechendes Zahlenmaterial soll stützen können.38 Umstritten ist, ob es sich um eine widerlegliche39 oder eine unwiderlegliche40 Vermutung handelt. 35 Vgl. Bähre/Schneider, § 46 KWG Anm. 8; Beck/Samm, § 46 KWG Rn. 16 f.; Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 6; Reischauer/Kleinhans, § 46 KWG Rn. 2; Neeff, S. 134; einschränkend Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46 KWG Rn. 4; Pannen, Krise und Insolvenz, S. 20. 36 Vgl. VG Berlin, Beschl. vom 15.07.1976 – IV A 345/1976, Beckmann/Bauer, § 46 KWG Nr. 3: Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 46 Abs. 1 KWG entsprechen insoweit denen des § 35 Abs. 2 Nr. 4 KWG a. F.“ Ausf. zu den Grundsätzen für die Anwendung der entsprechenden Kriterien nunmehr VG Köln, Beschl. v. 30.5.2001 – 14 L 928/01, WM 2001, 1612 ff. sowie, in der Rechtsmittelinstanz, OVG Münster, Beschl. v. 31.7.2001 – 4 B 743/01, WM 2002, 847 ff. (Fall des Hofer Bankhauses Partin). 37 Vgl. zu den Mindestvorgaben insoweit schon oben § 3 sub B. II. 38 Vgl. Bähre/Schneider, § 35 KWG Anm. 8; Beck/Samm, § 35 KWG Rn. 72. 39 So Beck/Samm, § 35 KWG Rn. 72; Reischauer/Kleinhans, § 46 Rn. 12. 40 So Schork, § 35 KWG Rn. 25; vgl. auch – zu § 46 KWG – Szagunn/Haug/ Ergenzinger, § 46 KWG Rn. 4. Differenzierungen zwischen den Anwendungsbereichen der §§ 35 und 46 KWG im Hinblick auf die Art der Vermutung nehmen dabei,

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Letztlich dürfte dieser Streitfrage allerdings kaum Relevanz zukommen, da an das Vorliegen der Voraussetzungen nicht Rechtsfolgen ipso iure angeknüpft werden, sondern in jedem Fall eine Prognoseentscheidung der Aufsichtsbehörde im Rahmen ihres Entschließungsermessens erforderlich ist und jedenfalls bei Vorliegen eines der beiden Regelbeispiele die Annahme einer ernsthaften Krise regelmäßig nicht als pflichtwidrig einzustufen sein dürfte.41 Wollte man gleichwohl eine Entscheidung treffen, so ließen sich aus den genannten Überlegungen vermutlich bessere Gründe für die Annahme einer unwiderleglichen Vermutung anführen, denn es ist kaum anzunehmen, daß in dem gesetzlich fixierten Fall erheblicher Verluste, die über bloße, von § 45 KWG erfaßte Störungen hinausgehen, noch eine gerichtliche Auseinandersetzung über das Vorliegen einer Krise sollte erfolgen können.42 Allerdings ist bereits die Subsumtion unter diese prozessual besetzten Kategorien fragwürdig; die eine oder andere Auslegung ändert nichts daran, daß es sich im Kern um eine Ermessensentscheidung handelt, die im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung ohnehin lediglich auf Ermessensfehlerhaftigkeit (§ 114 S. 1 VwGO) kontrolliert wird.43 (c) Unzureichende Liquidität als alternativer Anknüpfungspunkt? Der offene Wortlaut sowohl des § 35 II Nr. 4 als auch (und erst recht) des § 46 KWG erweist indessen, daß die Regelbeispiele – schwere Verluste mit entsprechenden Folgen für die Eigenmittelbasis – den beiden Bestimmungen zugrundegelegten Gefahrenbegriff nicht abschließend ausfüllen. Bereits vor Einführung der Insolvenzordnung und mit ihr des Insolvenzgrundes der „drohenden Zahlungsunfähigkeit“ nach § 18 InsO war durchaus anerkannt, daß neben Gesichtspunkten unzureichender Eigenmittelausstatsoweit ersichtlich, nur letztere vor (unwiderleglich bei § 35 II Nr. 4, widerleglich bei § 46); insoweit zust. Pannen, Krise und Insolvenz, S. 20 f.; etwas unklar Beck/ Samm, § 46 KWG Rn. 17. 41 Vgl. aber Beck/Samm, § 35 KWG Rn. 67, der darauf hinweist, daß diese gesetzliche „Vermutung“ keineswegs zwingend sei: Etwa in der Gründungsphase könnten durchaus entsprechende Verluste auftreten, ohne daß Besorgnis für die Sicherheit der anvertrauten Vermögenswerte bestehe. 42 Diesen Aspekt übersieht Pannen, Krise und Insolvenz, S. 20 – entgegen seinen Ausführungen geht es in den von § 35 II Nr. 4 KWG beispielhaft genannten Fällen gerade nicht um bloß „angegriffenes Eigenkapital“ bzw. um den bloßen „Verlust von Eigenkapital“ (eig. Hervorhebung), sondern eben um eine Steigerung des Gefahrenzustands aufgrund der Erheblichkeit der Verluste, aus denen auf ein beträchtliches Risiko zu schließen ist. 43 Die geringe praktische Bedeutung der Frage beruht letztlich eben darauf, d.h. auf einer aus der Kombination des unbestimmten Rechtsbegriffs mit dem der BAFin eingeräumten Ermessen resultierenden ohnehin zwangsläufig geringen gerichtlichen Prüfungsdichte.

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tung, welche den beiden genannten Regelbeispielen zugrunde liegen, auch solche unzureichender Liquidität Gefahren i. S. d. §§ 35 II Nr. 4, 46 I 1 KWG begründen können.44 Auf konkurs- bzw. insolvenzrechtliche Kategorien wird insoweit indes selten ausdrücklich rekurriert.45 (d) Unzuverlässigkeit der Geschäftsleitung? Nach wohl herrschender Meinung soll eine „Gefahr für die Erfüllung der Verbindlichkeiten“ i. S. d. § 46 I 1 KWG auch anzunehmen sein bei „Unfähigkeit des Geschäftsleiters, die Geschäfte zu führen, bei mangelnder Beweiskraft der Buchhaltung oder der Depotbuchhaltung, bei schweren Verstößen gegen das Depotgesetz, auch wenn Nachteile für die Kunden noch nicht entstanden sind“.46 Auch in Betracht kommen soll die Bestimmung bei „mangelnder Kreditstreuung“.47 (e) Stellungnahme (1) Notwendigkeit einer Abgrenzung des Tatbestands Die verschiedenen Versuche, die Rechtsprechung und Literatur zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals der „Gefahr für die Erfüllung der Verbindlichkeiten“ i. S. d. § 46 I 1 KWG unternommen haben, erweisen sich 44 Vgl. Bähre/Schneider, § 46 KWG Anm. 2: Gefahr etwa anzunehmen, „wenn die Liquidität nicht mehr die fälligen oder nächstens fällig werdenden Verpflichtungen zur Rückzahlung von Einlagen oder Darlehen oder zur Erfüllung verbindlicher Kreditzusagen deckt“; entspr. Beck/Samm, § 46 KWG Rn. 15; Reischauer/Kleinhans, § 46 Rn. 2: „bevorstehende Zahlungsunfähigkeit“. 45 Siehe die soeben Fn. 44 genannten Nachweise, in denen lediglich allgemein von Liquiditätsengpässen und dergleichen die Rede ist. Ausdrücklich auf den Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) weist insofern nur Pannen (Krise und Insolvenz, S. 22) hin – freilich auch nur im Sinne eines hilfsweise heranzuziehenden Kriteriums: „Man könnte auch den Begriff der ‚drohenden Zahlungsunfähigkeit‘ verwenden (. . .)“ (eig. Hervorhebung). 46 So Bähre/Schneider, § 46 KWG Anm. 2; zust. Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 13; entspr. Szagunn/Haug/Ergenzinger; § 46 KWG Rn. 3 (dort unter ausdrücklicher Berufung auf entsprechende Verlautbarungen des BAKred); siehe auch Neeff, S. 133: Organisatorische Mängel bei der Kontoführung könnten u. U. dazu führen, daß der Kunde im Falle eines Rechtsstreits den notwendigen Beweis nicht führen könne. Vgl. aus der Rspr. OVG Berlin, Beschl. v. 3.12.1976 – I S 155 und 156/76, Beckmann/Bauer, § 46 Nr. 4 (Zuwiderhandlung gegen § 33 AußenwirtschaftsG 1971 mit der Folge „möglicher Vertrauenseinbuße und mögliche[n] Ansehensverlust[s] in der Öffentlichkeit“!); ähnlich – trotz Einschränkungen, dazu sogleich im Text – noch OVG Berlin, Beschl. v. 22.5.1995 – 1 S 27.95 (unveröffentlicht). 47 Beck/Samm, § 46 KWG Rn. 14.

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weithin als Tappen im Dunkeln. Eine erschöpfende Systematisierung ist nicht zu erkennen. Die Frage dürfte nicht ganz fernliegen, ob eine Klärung bislang überhaupt erwünscht war und nicht eher das Bedürfnis bestanden haben mag, der Aufsichtsbehörde durch eine durchaus unpräzise Grenzziehung höchstmögliche Flexibilität zu sichern. Daß die Aufsicht bei der Anwendung des aufsichtsrechtlichen Instrumentariums jedenfalls nicht frei ist von einer Tendenz zur weitgehenden Gesetzesinterpretation, belegt anschaulich der Beschluß des OVG Berlin vom 22. Mai 199548 zur Interpretation des Gefahrenbegriffs in § 46 I 1 KWG, der die Maßstäbe für die Gesetzesanwendung unter Aufhebung des angegriffenen Rechtsaktes in recht deutlicher Sprache zurechtrückt: „§ 46 Abs. 1 KWG ist nicht – wie [scil. das BAKred] meint – eine Norm, die in allen Fällen, in denen die gesetzliche Aufgaben des BAK[red] nach § 6 Abs. 2 KWG angesprochen sind oder das BAK[red] eine erteilte Erlaubnis nach § 35 Abs. 2 KWG aufheben dürfte, Grundlage für einstweilige Maßnahmen sein könnte. Seine Anwendung setzt vielmehr in jedem Einzelfall die sorgfältige Prüfung voraus, ob (. . .) eine Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen des betroffenen Kreditinstituts gegenüber seinen Gläubigern besteht und ob die einstweiligen Maßnahmen gerade zur Abwendung dieser Gefahr erforderlich sind.“

Die oben dargestellten, bislang in Literatur und Rechtsprechung behandelten Fallgruppen lassen sich im Grunde in zwei Hauptgruppen scheiden, deren eine Berührungspunkte mit insolvenzrechtlichen Kategorien aufweist (unmittelbar finanzielle Störungen), während die andere eher abstrakte Gefahrenlagen durch inkorrekte, unter Umständen widerrechtliche Geschäftsführungspraktiken erfaßt und damit insolvenzrechtliche Kategorien überschreitet. Mit dem Wortlaut und der Ratio des § 46 I 1 KWG, konkrete Gefahren für die Erfüllung der Verpflichtungen des Kreditinstituts zu erfassen, erscheint nur die erste Fallgruppe überhaupt befriedigend vereinbar. Unmittelbare Gefahren für Erfüllung der Verpflichtungen des Kreditinstituts resultieren allein aus einer unzuverlässigen Geschäftsführung noch nicht;49 ande48 1 S 27.95, unveröffentlicht (siehe dazu auch schon oben sub (a) Fn. 28 und sub (d) Fn. 46): Für die erweiternde Auslegung ließen sich weder aus dem KWG selbst noch seiner Entstehungsgeschichte Anhaltspunkte herleiten. 49 Auch der Hinweis von Neeff, S. 133, bei einer undurchsichtigen Kontoführung drohe der Kunde in einem etwaigen Rechtsstreit in Beweisnöte zu geraten, erscheint letztlich praxisfern und vermag kaum zu überzeugen: Daß der Kunde keine Einzahlungs- oder sonstige Buchungsbelege erhält und damit in Beweisschwierigkeiten zu geraten droht, dürfte kaum vorkommen; vielmehr dürfte die Wahrung des Anscheins gängiger Geschäftspraktiken zumindest im Einlagengeschäft und damit die Ausgabe von Kontoauszügen u. ä. im Interesse gerade einer ungetreuen Geschäftsleitung liegen. Die durch unzuverlässige Geschäftsführung bewirkte Gefahr liegt demgegenüber vielmehr ersichtlich darin, daß durch sie eine unsolide, riskante Geschäftspolitik droht, die jedoch – wie im oben im Text dargelegt – nicht als solche unter § 46 I 1, 1. Alt. KWG subsumiert werden sollte.

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res ließe sich nur vertreten, wenn man – terminologisch kaum schlüssig50 – auch die öffentlich-rechtlichen Obliegenheiten der Institute, etwa die Erfüllung der Anzeige- und Publizitätspflichten, unter die in ihrer Erfüllung gefährdeten „Verpflichtungen“ i. S. d. § 46 I 1 KWG subsumierte.51 Die extensive Auslegung, derzufolge schon eine unzuverlässige bzw. ihre Sorgfaltspflichten nicht erfüllende Geschäftsführung zur Annahme einer „Gefahr für die Erfüllung von Verbindlichkeiten“ soll führen können, überschreitet daher den Wortlaut der Bestimmung, der sich für eine Auslegung im Sinne einer Generalklausel für Gesetzesverstöße letztlich aller Art nicht eignet; das Fehlen einer solchen Generalklausel bis zur Einführung des § 6 III KWG mag dazu beigetragen haben, eine solche extensive Auslegung zu befördern.52 Systematisch gehören abstrakt gefährliche Praktiken und entsprechende Verstöße gegen aufsichtsrechtliche Parameter ohnehin eher in den Anwendungsbereich des § 45 KWG. Der Anwendungsbereich des § 46 I 1, 1. Alt. KWG sollte nach allem auf die Fälle reduziert werden, in denen eine Gefahr für die Erfüllung der Verbindlichkeiten unmittelbar besteht. Dies entspricht letztlich wohl auch der Intention des Gesetzgebers, der mit Einführung des § 46 I 1 KWG eine Handhabe für „konkrete Gefahren“ schaffen wollte.53 Für diese Auslegung spricht auch der Vergleich mit der Vorschrift des § 35 KWG, der – insoweit Parallelvorschrift – eine extensive Auslegung unter Ausdehnung auf bloße Fälle von „Mißwirtschaft“ gerade nicht trägt. Denn die Fälle von Fehlverhalten der Geschäftsführung werden im Rahmen des § 35 KWG (zumindest implizit) durch eine Verweisung in Abs. 2 Nr. 3 auf § 33 I Nrn. 2, 3, 4, 7 KWG erfaßt, so daß die insoweit relevanten Fallgruppen als eigenständige neben der „Gefahr für die Erfüllung der Verbindlichkeiten“ i. S. d. § 35 II Nr. 4 KWG erscheinen, nicht aber als deren Untergruppe.54 50 Angesichts des Wortlauts, der konkretisierend auf die Sicherheit der anvertrauten Vermögenswerte und mithin auf zivilrechtliche Verbindlichkeiten verweist. 51 Was aber die Anhänger einer extensiven Auslegung nicht tun (vgl. die Nachw. oben sub (d) Fn. 46). 52 Die Aufnahme dieser Norm erfolgte erst durch die 6. KWG-Novelle 1997 (BGBl. 1997-I, 2518; vgl. dazu Boos/Fülbier, § 6 KWG Rn. 57 f.). 53 Siehe nochmals die Begr. zu § 45 RegE, BT-Drs. 3/1114, S. 42 und schon oben sub (a) bei und in Fn. 29; wenn die Begründung auch von der Sicherstellung der „Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung“ durch Bestellung einer Aufsichtsperson spricht, ist dies im Zusammenhang mit einer konkreten Gefahr zu sehen, wie aus dem Textzusammenhang wohl eindeutig hervorgeht. 54 Vgl. insoweit auch OVG Berlin, Beschl. v. 22.5.1995 – 1 S 27.95 (unveröffentlicht): „Die Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 KWG sind enger und anders gefaßt als die Aufhebungsgründe des § 35 Abs. 2 KWG; lediglich in § 35 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KWG finden die Eingriffsvoraussetzungen für einstweilige Maßnahmen eine Entsprechung, ohne daß den dort zusätzlich aufgeführten gefahrbegründenden Sach-

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Die Literatur setzt sich dem Vorwurf der Widersprüchlichkeit aus, wenn sie zwar hinsichtlich der Regelbeispiele nach dessen Abs. 2 Nr. 4 ausdrücklich auf § 35 KWG rekurriert, aber gleichwohl die extensive Auslegung des § 46 I 1 KWG ohne Rücksicht auf den weiteren Wortlaut des § 35 KWG vertritt. Die Rechtsprechung verhält sich ebenfalls inkonsequent, wenn sie trotz grundsätzlicher Zugrundelegung eines engen Gefahrenbegriffs und lediglich unter Berufung auf die herrschende Meinung in der Kommentarliteratur weiterhin Raum läßt für die Annahme einer „Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen“ aufgrund von „Mängeln in der Geschäftsleitung und der Organisation der Bank“.55 Ein Fehlverhalten der Geschäftsführung oder organisatorische Mängel sollten daher bei Anwenung des § 46 I 1, 1. Alt. KWG – anders als im Rahmen von Maßnahmen nach § 36 KWG – lediglich als Faktoren für die Bemessung der erforderlichen Gegenmaßnahmen mit herangezogen werden dürfen – insoweit ähnlich der Systematik bei der Anwendung der Sicherungsmaßnahmen nach §§ 21 ff. InsO: Auch dort ist zunächst das Vorliegen eines Insolvenzgrundes (neben der Stellung des Insolvenzantrags) zentrale Voraussetzung, während ein gesetzeswidriges oder auch nur nicht kooperative Verhalten der Geschäftsleitung im Rahmen der Entscheidung über die Wahl der einzelnen Sicherungsmaßnahmen Berücksichtigung findet.56 (2) Konkretisierung in Anlehnung an die Insolvenzgründe nach §§ 17 ff. InsO? Eine positive Klärung des Eingriffstatbestands ist damit freilich noch nicht erreicht. Auch ein isolierter Rückgriff auf die Regelbeispiele des § 35 II Nr. 4 KWG hilft kaum weiter, da diese Vorschrift ebenfalls nur einzelne Beispielsfälle regelt. Sinnvoll im Rahmen der weiteren Konkretisierung erscheint demgegenüber vor allem ein Blick auf die Systematik der Insolvenzgründe der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), der drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) und der Überschuldung (§ 19 InsO). In der Literatur ist eine Übertragung dieser Kategorien bislang kaum in Erwägung gezogen worden – erstaunlicherweise, denn der Blick auf dieses System als Vergleichsmaßstab erscheint angesichts der Terminologie des § 46 I 1 KWG bei unbefangener Lesart mehr als naheliegend: Wenn „Verpflichtungen“ in toto nicht erfüllt werden oder nicht erfüllt zu werden drohen, ist verhalten auch bei Anwendung des § 46 Abs. 1 KWG maßstabgebende Bedeutung zukommt.“ 55 Siehe erneut OVG Berlin, Beschl. v. 22.5.1995 – 1 S 27.95 (unveröffentlicht). 56 Zur Erforderlichkeit von Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO statt aller MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 21 InsO Rn. 19 ff.

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dies ja typischerweise ein Fall für das Insolvenzverfahren. Es überrascht daher, wenn nach herrschender Lesart vielmehr eine Art autonomer Auslegung des Tatbestands vorgenommen werden soll, bei der die insolvenzrechtlichen Kategorien allenfalls von nachrangiger Bedeutung sind und jedenfalls die gängigen Methoden zur Ermittlung der einzelnen Insolvenzgründe nicht zwingend als maßgeblich herangezogen werden.57 Fraglich ist damit, ob sich durch die insolvenzrechtlichen Kategorien die Fälle finanzieller Störungen hinreichend erfassen ließen, welche die herrschende Meinung bislang unter den Begriff der „Gefahr“ in § 46 I 1 KWG subsumiert hat – ob, mit anderen Worten, diese Norm einen Anwendungsbereich hat, der tatbestandlich über die Insolvenzgründe hinausgeht, oder ob völliger Gleichlauf zwischen beiden Komplexen besteht. Keine Probleme bereiten insoweit die Fälle „buchmäßiger Überschuldung“, die ebenfalls von § 46 I 1 KWG erfaßt sein sollen58 (wobei auf die in § 19 II 2 InsO gebotene Diffenzierung zwischen der Bewertung nach Fortführungs- bzw. Liquidationswert hier nicht ausführlich eingegangen werden soll59), ebensowenig – im Prinzip – Fälle deutlich unzureichender Liquidität.60 Zwar ist bereits hier festzuhalten,61 daß die Anwendung des § 17 II 1 InsO, der zur Definition der Zahlungsunfähigkeit auf die „fälligen Zahlungspflichten“ des Schuldners abstellt, auf das Bankgeschäft problematisch erscheint, dessen Einlagen typischerweise sofort oder innerhalb kurzer Fristen fällig, während seine Aktiva zumeist durchaus langfristig angelegt sind (Prinzip des sogenannten „fractional reserve banking“,62 d.h. der Fristentransformation bei gleichzeitiger Zurückbehaltung einer liquiden Re57 Vgl. anschaulich die insoweit vagen Ausführungen bei Pannen, Krise und Insolvenz, S. 22 f. (siehe oben 2. Teil Fn. 45). 58 Vgl. Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46 KWG Rn. 3 (unter Berufung auf eine entsprechende Verlautbarung des BAKred) sowie VG Berlin, Beschl. v. 2.5.1979 – 14 A 334/79, Beckmann/Bauer, § 46 KWG Nr. 5: „Bei einer Überschuldung ist die Sicherheit der anvertrauten Vermögenswerte gefährdet (. . .).“ 59 Vgl. hierzu zunächst etwa Nerlich/Römermann-Mönning, § 19 InsO Rn. 23 ff.; MünchKomm(InsO)-Drukarczyk/Schüler, § 19 InsO Rn. 20 ff.; Drukarczyk/Schüler, Kölner Schrift, Rn. 63 ff. Relevante Bewertungsunterschiede dürften sich insbesondere im Hinblick auf das Kreditgeschäft ergeben; im Falle einer etwaigen insolvenzbedingten außerordentlichen Kündigung einträglicher Kredite verliert die Bank Zinserträge, die ihr bei Weiterführung des Geschäfts zufließen würden. Vgl. darüber hinaus OVG Berlin, Beschl. v. 9.5.1979 – I S 146/79, Beckmann/Bauer, § 49 KWG Nr. 56 sowie die erstinstanzliche Entscheidung in derselben Sache VG Berlin, Beschl. v. 2.5.1979 – 14 A 334/79, Beckmann/Bauer, § 49 KWG Nr. 55: Streit um die Bewertung der von der Bank gehaltenen Wertpapiere; zugrundezulegen sei eine Bewertung der Wertpapiere nach dem Niedrigstwertprinzip. 60 Vgl. die Nachw. oben 2. Teil Fn. 44. 61 Dazu näher unten sub III. 2. sowie sub C. III. 2. a) zum entsprechenden Problem im englischen Recht.

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serve zur Befriedigung der erfahrungsgemäß zu erwartenden Rückzahlungsverlangen).63 Jedenfalls dann, wenn die liquiden Mittel des Kreditinstituts bereits in einem Maße erodiert sind, daß nicht einmal die gewöhnlich zu erwartenden täglichen Rückzahlungsverlangen gedeckt werden können, wird jedoch unproblematisch eine Zahlungsunfähigkeit i. S. d. § 17 I, II 1 InsO bejaht werden können. Auch im Rahmen der Auslegung des § 17 InsO wird im übrigen durchaus eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zugrundegelegt; so bleiben etwa nach herrschender Meinung gestundete Forderungen außer Betracht.64 Ohnehin ist der Fall der von einer Überschuldung unabhängigen Illiquidität für Kreditinstitute kaum je bedeutsam geworden. Die Institute sind vielmehr regelmäßig in der Lage, entweder im Interbankenmarkt, durch Inanspruchnahme von Refinanzierungsmöglichkeiten bei der jeweiligen Zentralbank oder durch Hereinnahme neuer Einlagen Liquidität auch dann noch zu beschaffen, wenn die finanzielle Lage desperat ist65 – der von Pannen so bezeichnete Fall einer Bankeninsolvenz „mit vollen Kassen“.66 Interessanter ist demgegenüber der Grenzbereich zwischen der Situation, in welcher bereits eindeutig die bilanzmäßig nachweisbare Insolvenz eingetreten ist, einerseits und bloßen Störungen im Bereich der Eigenmittel und Liquidität andererseits, die – wie gesehen – von § 45 I KWG erfaßt werden. Die Ermittlung konkreter Kriterien für die Anwendbarkeit des § 46 I 1 KWG ist gerade auch zur Abgrenzung gegenüber dem Tatbestand des § 45 KWG erforderlich. In der Tat wird insoweit auf den durch § 18 InsO eingeführten Insolvenzgrund der „drohenden Zahlungsunfähigkeit“ rekurriert werden können.67 Ziel dieser Norm ist es, einer „sich deutlich abzeichnenden Insolvenz“ bereits vor ihrem Eintritt entgegenzuwirken.68 Gem. § 18 II 62 Vgl. z. B. Dwyer/Gilbert, (May/June 1989) 71:3 Federal Reserve Bank of St. Louis Economic Review 43, 44. 63 Vgl. Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 271 zum englischen Recht: „(. . .) the conception of solvency as an ability to settle immediately all debts currently due (. . ..) is unsatisfactory in the case of banking institutions, whose role as intermediaries depends on maturity transformation, i. e. the transformation of short-term deposit resources into longer-term earning assets, whose immediate realisation may be economically and legally impossible. Essentially, banking involves the practical ability to meet repayment demands as they are actually made in normal circumstances, not the theoretical ability to repay the full deposit base of the institution immediately.“ 64 Vgl. nur MünchKomm(InsO)-Eilenberger, § 17 InsO Rn. 7. 65 Siehe auch Asser, S. 20 f. 66 Vgl. Pannen, Krise und Insolvenz, S. 21, insbes. Fn. 95 unter Hinweis auf eine dahingehende Information des Bundesverbands deutscher Banken e. V. 67 Insoweit (zu Einschränkungen sogleich im Text) zutr. Pannen, Krise und Insolvenz, S. 22. 68 So MünchKomm(InsO)-Drukarczyk, § 18 InsO Rn. 8 mit Hinweis auf die Gesetzesmaterialien, vgl. auch Nerlich/Römermann-Mönning, § 18 InsO Rn. 5 f.

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InsO liegt die drohende Zahlungsunfähigkeit vor, wenn der Schuldner „voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen“. Grundlage der Sachverhaltsermittlung im Rahmen des § 18 InsO ist dabei stets ein Finanzplan zur Messung der Liquidität.69 Insoweit ist freilich wiederum zu berücksichtigen, daß die Feststellung der Liquidität einer Bank sich regelmäßig mit dem Problem der in der Natur des Bankgeschäfts liegenden Fristeninkongruenz zwischen Aktiva und Passiva auseinandersetzen muß. Die Liquiditätsprognose wird also nicht ohne weiteres schlicht auf die tatsächlich bestehenden Fälligkeiten abstellen dürfen, sondern sich vielmehr am Umfang der typischerweise im Prognosezeitraum zu erwartenden Rückzahlungsverlangen zu orientieren haben.70 Dabei wird nicht einfach auf die – bereits eine Sicherheitsmarge einkalkulierenden – Vorgaben nach § 11 KWG i. V. m. den Ausführungsbestimmungen abgestellt werden können, deren Unterschreitung tatbestandlich (wie oben ausgeführt) bereits von § 45 I KWG erfaßt wird. Vielmehr wird es sich um eine – wie auch immer im Einzelfall zu bestimmende – gravierende Unterschreitung handeln müssen. Wohl aber wird – entgegen Pannen71 – bereits die nur zeitweilige „Zahlungsstockung“ regelmäßig ausreichen, weil diese stets einen eklatanten Verstoß gegen das Gebot jederzeitiger hinreichender Liquidität signalisiert und damit ein Eingreifen erforderlich erscheinen läßt. Letztlich dürfte freilich auch dieser Fall praktisch nahezu irrelevant sein.72 An dieser Stelle könnte ein Rekurs auf die in § 35 II Nr. 4 KWG genannten Regelbeispiele weiterhelfen. Ob dabei die Einschränkung berechtigt ist, daß diese nur entsprechend im Rahmen des § 46 I 1 KWG heranzu69

Vgl. nur Drukarczyk/Schüler, Kölner Schrift, Rn. 40 ff.; MünchKomm(InsO)Drukarczyk, § 18 InsO Rn. 13 ff.; Nerlich/Römermann-Mönning, § 18 InsO Rn. 28 ff. 70 Anders – aber m. E. aufgrund der soeben bei und in Fn. 63 angestellten Überlegungen nicht haltbar – Pannen, Krise und Insolvenz, S. 22: „Bezogen auf die Zahlungsströme bei einem Kreditinstitut kann eine bevorstehende oder drohende Zahlungsunfähigkeit gegeben sein, wenn in der Liquiditätsplanung keine Fristenkongruenz besteht.“ 71 Pannen, Krise und Insolvenz, S. 21, demzufolge die Zahlungsstockung „nach dem Schutzzweck des § 46 KWG unter Berücksichtigung der andererseits geschützten Rechtssphäre des Kreditinstituts nur dann zu einem Eingriff nach § 46 KWG berechtigen [dürfte], wenn die Auflösung der Zahlungsstockung zweifelhaft ist.“ 72 Dies folgt bereits aus dem soeben bei und in Fn. 66 diskutierten Umstand, daß Liquiditätsprobleme isoliert kaum je zu erwarten sind; zum anderen würde eine wenn auch nur kurzfristige „Zahlungsstockung“ mit Sicherheit bekanntwerden und damit die Gefahr eines „Runs“ heraufbeschwören, so daß die von Pannen, ebd. (soeben Fn. 71), angestellte Überlegung regelmäßig ins Leere laufen dürfte.

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ziehen seien und insoweit nur einen „Anhalt“ für das Vorliegen einer Gefahr im Sinne dieser Bestimmung vermitteln könnten,73 mag mangels praktischer Bedeutung der Abgrenzungsfrage – insoweit gelten die oben zur Art der Vermutung gemachten Ausführungen entsprechend – hier dahinstehen. Deutlich ist immerhin, daß Gegenstand der Regelbeispiele zumindest eine Art „drohender Überschuldung“74 infolge eines hohen Einzelverlustes oder dauerhafter Unrentabilität ist. Zwar ist diese nicht an sich selbständiger Insolvenzgrund, doch fällt sie regelmäßig faktisch mit der von § 18 InsO erfaßten drohenden Zahlungsunfähigkeit zusammen.75 Wenn die Verluste ein derartiges Maß erreicht haben, werden innerhalb eines absehbaren Zeitraums und ohne gegensteuernde Maßnahmen regelmäßig die völlige Auszehrung der Eigenmittelbasis und damit auch Auswirkungen für die Zahlungsfähigkeit zu befürchten sein. Das Vorliegen der Regelbeispiele nach § 35 II Nr. 4 KWG indiziert folglich das Vorliegen des Insolvenzgrundes der drohenden Zahlungsunfähigkeit. Auf diesen Anwendungsbereich ist im allgemeinen Insolvenzrecht der Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO zugeschnitten. Daß diese Norm grundsätzlich nur dem Schuldner selbst ein Antragsrecht (unter Gewährung bestimmter gesetzlicher Anreize zu dessen Nutzung76) einräumt und entsprechend ande73 So Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46 KWG Rn. 4; OVG Berlin, Beschl. v. 22.5.1995 – 1 S 27.95 (unveröffentlicht); in diesem Sinne auch Pannen, Krise und Insolvenz, S. 20 f.; siehe dazu schon oben 2. Teil Fn. 40. Anders wohl VG Berlin, Beschl. v. 15.6.1976 – IV A 345/76, Beckmann/Bauer, § 46 KWG Nr. 3: „Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 46 Abs. 1 KWG entsprechen (. . .) denen des § 35 Abs. 2 Nr. 4 KWG (. . .)“ (eig. Hervorhebung); Neeff, S. 134 f., allerdings mit unscharfer Abgrenzung zum Anwendungsbereich des § 45 KWG. 74 In diesem Sinne auch Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 8: Gefahr u. a. anzunehmen, „wenn sich die Eigenmittel so verringert haben, daß eine Überschuldung zu erwarten ist.“ 75 Vgl. dazu und zur Bedeutung bei der Abgrenzung zu § 19 InsO MünchKomm(InsO)-Drukarczyk, § 18 InsO Rn. 51 ff., insbes. Rn. 57; Drukarczyk/Schüler, Kölner Schrift, Rn. 124; zum Verhältnis zwischen den jeweils vorzunehmenden Prüfungen ferner Kübler/Prütting-Pape, § 18 InsO Rn. 5 ff.; Nerlich/RömermannMönning, § 19 InsO Rn. 20. Vgl. auch die Analyse verschiedener Presseberichte zu Maßnahmen nach § 46a KWG bei Pannen, a. a. O. S. 34 f. Fn. 149 ff.: Pannen unterscheidet die Fallgruppen der Überschuldung, der „eingetretene(n) bzw. drohende(n) Zahlungsunfähigkeit“ und sodann eine weitere Kategorie von Fällen, in denen „noch keine Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung eingetreten“ sei. Betrachtet man die (ebd. in Fn. 151 genannten) Fälle der dritten Kategorie näher, dann ist freilich auch dort anzunehmen, daß hier zwar noch keine unmittelbar bevorstehende Zahlungsunfähigkeit, wohl aber bereits das Stadium der „drohenden Zahlungsunfähigkeit“ i. S. d. § 19 InsO erreicht sein dürfte: Durchweg handelt es sich um Fälle, in denen jeweils ein erheblicher, ungedeckter Wertberichtigungsbedarf festgestellt worden und also zumindest das Stadium einer „drohenden Überschuldung“ bereits erreicht worden war. 76 Vgl. nur den Überblick bei MünchKomm(InsO)-Drukarczyk, § 18 InsO Rn. 3.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

ren interessierten Dritten das Initiativrecht versagt ist,77 ist für die Bestimmung der systematischen Funktion des § 46 I 1 KWG als Vorschrift, die im Insolvenzfalle zu Sondermaßnahmen der Aufsichtsbehörde berechtigt, zunächst ohne Belang. Es liegt vielmehr gerade in der Natur der Bankenaufsicht, daß sich das geltende Recht nicht damit begnügt, sich auf die Einhaltung der normalerweise geltenden Verhaltensmaßstäbe für die Geschäftsführung von Unternehmen zu verlassen, sondern mit der Aufsicht eine externe Kontrolle einzuführen; dies zeigt sich nicht zuletzt auch in der „Umstellung“ der gesellschaftsrechtlichen Insolvenzantragspflichten auf eine Anzeigepflicht gegenüber der Aufsichtsbehörde in § 46b S. 2 KWG. Insofern78 erscheint es auch durchaus systemgerecht, daß § 46b S. 3 KWG n. F.79 nunmehr ein Insolvenzantragsrecht der Aufsicht schon bei drohender Zahlungsunfähigkeit eines Kreditinstituts vorsieht. (f) Zwischenzusammenfassung Damit läßt sich als Zwischenergebnis festhalten: Zwischen dem Tatbestandsmerkmal der „Gefahr für die Erfüllung der Verbindlichkeiten“ und den Insolvenzgründen der Zahlungsunfähigkeit, der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung besteht Identität. Bei richtiger Auslegung, d.h. bei der gebotenen Außerachtlassung der oben erwähnten Gefährdungen durch unzuverlässige Geschäftsleitungen etc., liegt eine (konkrete) „Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen“ eines Kreditinstituts i. S. d. § 35 II Nr. 4, § 46 I 1 KWG dann und nur dann vor, wenn ein Insolvenzgrund i. S. d. §§ 17–19 InsO gegeben ist. Das Vorliegen eines der beiden in § 35 II Nr. 4 KWG aufgeführten Regelbeispiele indiziert insoweit (zumindest) das Vorliegen des Insolvenzgrundes der drohenden Zahlungsunfähigkeit; diese kann unter Umständen aber auch bereits bei geringfügigeren Verlusten gegeben sein. De lege ferenda würde es sich der Klarheit halber zumindest80 empfehlen, den Begriff der „Gefahr“ entfallen zu lassen, durch einen entsprechenden Verweis zu ersetzen und die wenig fruchtbare Diskussion um die Auslegung zu beenden. Dabei darf nicht verkannt werden, daß auch bei unmit77

Vgl. zur Ratio Drukarczyk/Schlüter; Kölner Schrift, Rn. 35 ff.; Kübler/Prütting-Pape, § 18 InsO Rn. 1 f.; Nerlich/Römermann-Mönning, § 19 InsO Rn. 9 ff. 78 Siehe zu Vorbehalten gegenüber der Bindung der Aufsicht an die Zustimmung der betroffenen Bank in § 46b S. 5 KWG n. F. noch unten sub III. 2. b). 79 I. d. F. des Gesetzes zur Umsetzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen zur Sanierung und Liquidation von Versicherungsunternehmen und Kreditinstituten vom 10.12.2003 – BGBl. 2003-I, S. 2146. 80 Zu weitergehenden Reformvorschlägen siehe noch unten § 7 sub C. II. sowie § 13, passim und insbesondere sub B. V.

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telbarer Anwendung der insolvenzrechtlichen Kategorien sich das Problem der korrekten Bewertung der Finanzlage, ggf. in Verbindung mit den sich aus der Notwendigkeit einer Prognoseentscheidung ergebenden besonderen Schwierigkeiten, selbstverständlich nach wie vor stellen wird. Es handelt sich dabei indes um ein prüfungstechnisches Problem, das hier nicht näher zu beleuchten ist. Die erwogene Änderung würde jedoch zur Klärung der rechtlichen Probleme beitragen; die systematische Stellung der Vorschrift des § 46 KWG, die von Literatur und Rechtsprechung bislang nur sehr unscharf umrissen worden ist, wäre damit eindeutig bestimmt. Damit ist gleichzeitig festgestellt, daß § 46 KWG – anders als § 45 KWG, eine echte „Vorfeldbestimmung“ – keine Sachverhalte erfaßt, die nicht auch in den Anwendungsbereich des allgemeinen Insolvenzrechts fielen. Zumindest tatbestandlich besteht ein Bedürfnis für diese Bestimmung also nicht, so daß zu untersuchen sein wird, ob § 46 KWG Lösungen ermöglicht, die über den Kreis der nach allgemeinem Insolvenzrecht zu verhängenden Sicherungsmaßnahmen hinaus besondere bankspezifische Probleme erfassen würden. Daß der Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO die Antragstellung durch Dritte nicht gestattet, ändert daran nichts; systematisch läßt sich dieses Problem dadurch lösen, daß der Aufsicht ein Antragsrecht auch nach dieser Vorschrift eingeräumt wird, wie es der Gesetzgeber im Zuge der Umsetzung der EG-Bankeninsolvenzrichtlinie81 nunmehr auch getan hat.82 § 46 I 1, 1. Alt. KWG ist nach allem keine Vorschrift, die zu „Vorfeldmaßnahmen“ zu einem Zeitpunkt berechtigt, bevor normalerweise die Bestimmungen der Insolvenzordnung zur Anwendung gebracht werden müßten. Es handelt sich vielmehr um einen originär insolvenzrechtlichen Spezialtatbestand, dessen Anwendung – bei gleichen tatbestandlichen Voraussetzungen – die Anwendung allgemeinen Insolvenzrechts hinauszögert und durch verwaltungsrechtliche Maßnahmen vorübergehend ersetzt. b) Verdacht der Gefährdung einer wirksamen Aufsicht Kaum systematische Auslegungsschwierigkeiten im Vergleich mit der 1. Alternative des § 46 I 1 KWG weist die zweite Alternative auf, die den „begründeten Verdacht“ voraussetzt, „daß eine wirksame Aufsicht über das Institut nicht möglich ist“ und insoweit auf die Vorschriften des § 33 III Nr. 1–3 KWG verweist. Dabei ist zu beachten, daß § 33 III Nr. 2 KWG inzwischen durch das 3. Finanzmarktfördergesetz83 aufgehoben worden ist, so daß die Verweisung nurmehr auf die Nr. 1 und Nr. 3 erfolgt. Beide Fälle 81 82

Dazu noch unten § 16. Siehe auch noch unten sub III. 2. b).

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

beziehen sich auf Gefährdungen durch die Verflechtung in Unternehmensgruppen oder die Eigenschaft des Instituts als Tochter einer im Ausland ansässigen und dort nicht wirksam beaufsichtigten Mutter.84 Der Tatbestand paßt damit im Grunde ebensowenig zu den Fallgruppen der konkreten Gefahr für den finanziellen Bestand des Unternehmens wie die oben bereits erwähnten Sonderfälle, in denen ein Fehlverhalten der Geschäftsleitung für ein Einschreiten der Bankenaufsicht für ausreichend gelten soll. Systematisch ist die Einfügung dieser Tatbestandsalternative in § 46 I 1 KWG daher problematisch, denn der zweite Halbsatz des § 46 I 1 KWG gilt auch für diese Alternative, die mithin ebenfalls erfordert, daß die zulässigen Maßnahmen „zur Abwendung der Gefahr“ zu treffen sind. Erstaunlich scheint insoweit, daß die Literatur (anders als in den genannten Sonderfällen der Gefährdung durch inkorrekte Geschäftsführungspraktiken) durchaus zur Kenntnis nimmt, daß die durch diese Alternative erfaßten Sachverhalte abstrakte Gefährdungen betreffen85 – und damit implizit eingesteht, daß die systematische Einordnung der Vorschrift durch diese Alternative letztlich durchbrochen wird: In der Tat handelt es sich um die Erfassung von Gefährdungen „im Vorfeld einer konkreten Gläubigergefährdung“, während § 46 I 1, 1. Alt. KWG statt dessen eben diese Gefahr und die Prognose der Insolvenzreife voraussetzt. 3. § 46a KWG Die Einfügung des § 46a KWG mit der 2. KWG-Novelle 197686 ist, wie bereits angedeutet, unmittelbare Reaktion auf den Zusammenbruch der Herstatt-Bank87 und beruht auf der Erwägung, daß die in § 46 KWG vorgesehenen Maßnahmen zur Sicherung der Vermögenswerte eines insolventen Kreditinstituts und mithin von vorinsolvenzlichen Sanierungsversuchen nicht ausreichten. Die neue Bestimmung sollte „offene Insolvenzen“ verhindern helfen, durch welche „wirtschaftliche Werte vernichtet [würden], die bei einer Sanierung oder stillen Liquidation hätten erhalten werden können“.88 Als Alternative war ursprünglich die Aufnahme erweiterter Kompe83 Art. 16 Ziff. 15, Gesetz zur weiteren Förderung des Finanzplatzes Deutschland vom 24.5.1998, BGBl. 1998-I, S. 529, 569. 84 Vgl. zu den insoweit nicht interessierenden Einzelheiten Pannen, Krise und Insolvenz, S. 23 f. 85 Vgl. Pannen, a. a. O. (soeben Fn. 84). 86 BGBl. 1976-I, S. 725. 87 Siehe dazu oben § 3 sub B. III. 1. 88 Vgl. den Bericht des Finanzausschusses zur Entwurfsfassung des § 46a, BTDrs. 7/4631, S. 8. Zu den Hintergründen der 2. KWG-Novelle vgl. ausf. Assmann, BB 1976, 579; Knapp, NJW 1976, 873 ff.; Samm, ÖBA 1976, 308 ff.

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tenzen des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen in die Bestimmung des § 46 KWG diskutiert worden. Nach dem ersten Entwurf sollte das BAKred zusätzlich ein vorübergehendes allgemeines Veräußerungs- und Zahlungsverbot und eine vorübergehende Schalterschließung anordnen dürfen; die Neufassung sollte dabei ausdrücklich gegenüber dem bestehendem Wortlaut klarstellenden Charakter haben.89 Die Einführung des § 46a KWG als eigenständige Vorschrift (wie auch der §§ 46b, c KWG) erfolgte demgegenüber in Anlehnung an die bereits bestehenden Instrumentarien der §§ 88, 89 VAG und 15 BSpkG.90 Insgesamt sollte – in Verbindung mit der Monopolisierung des Konkursantragsrechts91 sowie der Verknüpfung mit dem Eingreifen der Einlagensicherung – die Bewältigung der Krise umfassend dem Bundesaufsichtsamt zugewiesen werden, um Raum für Sanierungsbemühungen ohne Zeitdruck92 zu schaffen und eine „Beunruhigung der breiten Öffentlichkeit“ auszuschließen.93 a) Ein eigenständiger Tatbestand? Das tatbestandliche Verhältnis des § 46a KWG zur älteren Bestimmung des § 46 KWG ist unklar und umstritten. Aufgrund der in § 46a I 1 KWG ausgesprochenen Verweisung auf die „Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Satz 1“ ist zunächst erforderlich, daß eine „Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen“ besteht. Die oben ausführlich diskutierten Auslegungsprobleme begegnen also grundsätzlich auch bei der Anwendung dieser Vorschrift; auch hier sollte zur Klärung die Systematik der Insolvenzgründe herangezogen werden. Streitig ist demgegenüber die Bedeutung des Kriteriums der „Vermeidung des Insolvenzverfahrens“. Die wohl herrschende Meinung faßt diesen Passus als eigenständiges Tatbestandsmerkmal neben den weiteren Voraus89 Vgl. die Begr. zu § 46 n. F. RegE, BT-Drs. 7/3657, S. 16. § 46 I 2 KWG i. d. F. des RegE (BT-Drs. 7/3657, S. 7) sollte lauten: „Es [scil. das BAKred] kann insbesondere Anweisungen für die Geschäftsführung des Kreditinstituts erlassen, die Annahme von Einlagen und die Gewährung von Krediten von Krediten (§ 19 Abs. 1) verbieten oder begrenzen, ein auf längstens zwei Wochen befristetes allgemeines Veräußerungs- oder Zahlungsverbot an das Kreditinstitut erlassen, anordnen, daß das Kreditinstitut für den Verkehr mit seiner Kundschaft längstens für zwei Wochen geschlossen bleibt[,] sowie Inhabern und Geschäftsleitern die Ausübung ihrer Tätigkeit untersagen oder beschränken und Aufsichtspersonen bestellen.“ 90 Vgl. Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46a KWG Rn. 1; Pannen, Krise und Insolvenz, S. 31. 91 Hierzu noch ausf. unten sub III. 1. 92 Beachte die Aufgabe der im ersten Entwurf der Bundesregierung vorgesehenen zweiwöchigen Befristung (siehe soeben Fn. 89). 93 Siehe erneut Begr. zu § 46a, BT-Drs. 7/4631, S. 8.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

setzungen des § 46 I 1 KWG auf.94 Die Stellungnahmen in der Literatur fußen insoweit durchweg auf der herrschenden Annahme, daß zwischen den den §§ 45 ff. ein Stufen- oder „Steigerungsverhältnis“95 bestehe: § 46 KWG soll danach bei einer vorinsolvenzlichen Gefährdungslage zur Anwendung kommen, § 46a im eigentlichen Insolvenzfall. Nach den obigen Ausführungen zur Auslegung des Begriffs der „Gefahr“ i. S. d. § 46 I 1 KWG ist diese Auffassung freilich ersichtlich fragwürdig. Es ist ermittelt worden, daß eine konkrete „Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen“ letztlich als identisch mit dem Vorliegen eines Insolvenzgrundes eingestuft werden sollte. Die Annahme eines zusätzlichen Erfordernisses der „Insolvenzgefahr“ in § 46a KWG ist bei dieser Auslegung ersichtlich sinnlos; zumindest im Hinblick auf die 1. Alternative des § 46 I 1 KWG – eben die „Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen“ – würde es den dort zugrundegelegten Tatbestand nur mit anderen Worten wiederholen: Die „Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen“ wäre ja gleichzusetzen mit der „Insolvenzgefahr“. Allenfalls hinsichtlich der 2. Alternative des § 46 I 1 KWG – der Gefährdung der Effektivität der Aufsicht – könnte es tatsächlich eine Abgrenzung bewirken. Die Einstufung der „Insolvenzgefahr“ als Tatbestandsmerkmal ließe sich folglich unter dieser Prämisse keineswegs durchhalten. Diese Auslegungsprobleme sprechen indes keineswegs gegen die hier vertretene Position, sondern resultieren bei näherer Betrachtung vielmehr aus Unstimmigkeiten in der Gesetzgebungsgeschichte: Wie den Materialien zu entnehmen ist, sollte die Vorschrift des § 46a KWG keineswegs auf der Tatbestandsseite Lücken im bestehenden Regelungssystem schließen und also einen besonderen Eingriffstatbestand für die Insolvenz schaffen, sondern ausschließlich den Kreis der zulässigen Rechtsfolgen erweitern.96 Zielrichtung war die Begründung neuer, weiter reichender Eingriffskompetenzen für die bislang in § 46 KWG erfaßten Fälle der konkreten „Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen“. Versuche, die beiden Tatbestände nunmehr im Sinne eines „Steigerungsverhältnisses“ auszudeuten, vermögen deshalb letztlich wenig zu überzeugen; diese Ansätze sind gezwungen, im nachhinein eine einheitlich umschriebene Gefahrensituation – die „Gefahr 94 So Beck/Samm, § 46a KWG Rn. 10; Pannen, Krise und Insolvenz, S. 32; Reischauer/Kleinhans, § 46a KWG Rn. 3; wohl auch Schork, § 46a KWG Rn. 3; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46a KWG Rn. 2; unklar, aber wohl ebenso Bähre/ Schneider, § 46a KWG Anm. 2; offen VG Köln, Beschl. v. 30.5.2001 – 14 L 928/ 01, WM 2001, 1612, 1616; bestätigt durch OVG Münster, Beschl. v. 31.7.2001 – 4 B 743/01, WM 2002, 847 ff. 95 So ausdrücklich Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46 KWG Rn. 1a. 96 Vgl. die Begr. zu § 46a KWG, BT-Drs. 7/4631, S. 8: „Diese Vorschrift beruht auf der Erfahrung, daß die in § 46 Abs. 1 vorgesehenen Maßnahmen häufig nicht ausreichen, (. . .)“ – eig. Hervorhebung.

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für die Erfüllung der Verpflichtungen“, also die „Konkursgefahr“ nach der früheren, durch die Einführung des § 18 InsO überholten97 Diktion – in zwei abgestufte Tatbestände zu teilen, ohne daß der Gesetzgeber eine derartige Gruppenbildung angestrebt hätte.98 Der ursprünglich geplante Ansatz, lediglich den Katalog der nach § 46 I KWG zulässigen Eingriffsmaßnahmen zu erweitern, den Tatbestand der Bestimmung aber zu belassen,99 hätte diese Auslegungsprobleme ohne weiteres hätte vermeiden helfen können; de lege ferenda erscheint eine dahingehende Neufassung durchaus erwägenswert. Die Gesetzgebungsgeschichte bestätigt also, daß die Tatbestände des § 46 I 1, 1. Alt. KWG und des § 46a KWG identisch sind. Die Teilung in zwei Normen ist, wie die dadurch bewirkten Abgrenzungsprobleme und durchaus problematischen Interpretationsansätze zeigen, letztlich als systematisch kaum glücklich zu bewerten. Erst mit der Einführung des neuen, von einer finanziellen Störung unabhängigen Tatbestandsmerkmals der Gefährdung einer effektiven Aufsicht – und damit lange nach Einführung des § 46a KWG – hat die Trennung zum Teil eine nachträgliche Legitimation erfahren: Nunmehr läßt sich in der Tat vertreten, daß dadurch klargestellt wird, daß die nach § 46a KWG ermöglichten Maßnahmen bei bloßer Gefährdung einer wirksamen Aufsicht (§ 46 I 1, 2. Alt. i. V. m. § 33 III KWG) nicht zur Anwendung kommen dürfen.100 b) „Zur Vermeidung des Insolvenzverfahrens“ – eine Ermessensbeschränkung? Nachdem die Klassifizierung der Formulierung „zur Vermeidung des Insolvenzverfahrens“ als eigenständiges Tatbestandsmerkmal abzulehnen ist, könnte sich eine Interpretation dieses Passus als gesetzliche Ermessensbeschränkung anbieten, wie sie in der Literatur insbesondere von Lindemann vertreten wird.101 Nach Lindemann102 soll sich die Unterscheidung auf den Umfang der möglichen gerichtlichen Überprüfbarkeit auswirken: Das Ge97

Siehe oben sub 2. a) bb) (e) (3). Die Feststellung von Pannen, Krise und Insolvenz, S. 33, es handele sich bei der „Konkursnähe“ um einen „im Insolvenzrecht ansonsten nicht gebräuchlichen Terminus“, der der „näheren Ausgestaltung“ bedürfe, berücksichtigt diesen Hintergrund nicht hinreichend und geht daher (wie die nachfolgenden Abgrenzungsversuche gegenüber § 46 KWG) an der Sache vorbei. 99 Siehe soeben bei und in Fn. 89. 100 Vgl. Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 7 f. 101 Boos/Lindemann, a. a. O. (soeben Fn. 100), der sich wohl zu Unrecht auf Bähre/Schneider beruft (zu deren Position oben sub (a) Fn. 94). 102 Ebd. (soeben Fn. 100). 98

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

richt habe kein eigenständiges Merkmal der „Insolvenznähe“103 zu prüfen, sondern insoweit lediglich die Maßnahme der Aufsicht auf Ermessensfehler hin zu untersuchen. Die Aufsicht müsse (lediglich) „den Zweck verfolgt haben, ein Insolvenzverfahren abzuwenden und muß hierfür eine ausreichende Tatsachengrundlage ermittelt haben.“ Besondere Bedeutung komme der Ermessensbeschränkung im Hinblick auf die Tatbestandsalternative der Gefährdung einer wirksamen Aufsicht nach § 46 I 1, 2. Alt. KWG zu; Maßnahmen nach § 46a KWG erforderten insoweit wenigstens auch die Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen.104 Nach den vorstehenden Ausführungen zur systematischen Stellung der Vorschrift erscheint diese Lesart in der Tat auf den ersten Blick zutreffend; das Ermessen der Aufsichtsbehörde wäre damit auf Gefahrenabwehrmaßnahmen im Sinne der Verhinderung eines Insolvenzverfahrens beschränkt. Dies entspricht auch der insoweit klaren Intention des Gesetzgebers.105 Allerdings läßt sich auch diese Lesart kaum mit der Rechtswirklichkeit vereinbaren, in welcher den Anordnungen nach § 46a KWG geradezu regelmäßig die Einleitung eines förmlichen Insolvenzverfahrens auf Antrag der Aufsicht nach § 46b KWG gefolgt ist.106 Der gesetzliche Ermessenszweck wird also in der Praxis regelmäßig verfehlt, um nicht zu sagen: ignoriert; die Vorschrift wird vielmehr nahezu durchweg im Sinne einer der Insolvenzeröffnung vorgeschalteten Sicherungsmaßnahme angewendet.107 Im Kontext der Untersuchung der nach § 46a KWG zulässigen Maßnahmen wird auf die Gründe hierfür einzugehen sein. Zusammenfassend läßt sich daher festhalten, daß die vorgeschlagene Lesart als Ermessensbeschränkung zwar dem Wortlaut der Vorschrift gerecht wird, aber eindeutig – und wohl notwendigerweise – mit der Rechtswirk103 Bzw., in der früheren Terminologie, der „Konkursnähe“, so naturgemäß die zeitlich vor Einführung der InsO liegenden Stellungnahmen zu diesem Punkt. 104 Lindemann, a. a. O. (soeben Fn. 100). 105 Siehe erneut den Nachw. oben sub (a) Fn. 96. 106 Vgl. insoweit zutreffend Pannen, Krise und Insolvenz, S. 31, insbes. Fn. 138. Darauf hinzuweisen ist, daß dem ersten von ihm zitierten Fall der nachmaligen Aufhebung eines Moratoriums – offensichtlich dem Fall des Hofer Bankhauses Partin – im Jahre 2001 dann doch wiederum ein Moratorium nach § 46a KWG sowie die Einleitung eines Insolvenzverfahrens gefolgt sind und also die Sanierungsbemühungen als endgültig gescheitert angesehen werden müssen. 107 Vgl. anschaulich Pannen, Krise und Insolvenz, S. 36, der sich für eine „erweiterte Auslegung“ des § 46a I KWG ausspricht, aber sodann seinerseits eine Ergänzung der Bestimmung um den Passus „bzw. zur Sicherung der vorhandenen Vermögenswerte“ in Vorschlag bringt; der darin liegende Widerspruch zur zuvor durch den Autor vorgenommenen Einstufung der „Vermeidung des Insolvenzverfahrens“ als „Tatbestandsmerkmal“ (siehe schon oben sub a) Fn. 94) wird offenbar übersehen.

1. Abschnitt: § 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I

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lichkeit kollidiert. Die „Vermeidung des Insolvenzverfahrens“ als gesetzliches Ziel der Ermessensausübung kann daher kaum als überzeugend betrachtet werden. c) Die „unvermeidbare Insolvenzeröffnung“ – ein Sonderfall? Nach allem läßt sich auch ein besonderes Auslegungsproblem zum systematischen Verhältnis der §§ 46, 46a KWG lösen, das die Rechtsprechung zur letztgenannten Bestimmung beschäftigt hat. Mit Blick auf die Formulierung, Maßnahmen nach § 46a müßten „zur Vermeidung des Insolvenzverfahrens“ – früher: „zur Vermeidung des Konkurses“ – getroffen werden, ist judiziert worden, es sei „zweifelhaft“, ob Maßnahmen nach § 46a KWG auch dann erlassen werden könnten, wenn der Konkurs bereits unvermeidbar sei.108 Die in dieser Vorschrift vorgesehenen Maßnahmen könnten dann zum Zweck der Vermögenssicherung jedoch auf § 46 I KWG gestützt werden. Der Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem das fragliche Kreditinstitut – wie unter allen Beteiligten unstreitig – bereits überschuldet war; das Bundesaufsichtsamt hatte hier Maßnahmen nach § 46a KWG gleichzeitig mit der Stellung des Konkursantrags angeordnet.109 Überzeugend erscheint die Entscheidung – abgesehen davon, daß die Abstützung der Maßnahmen auf § 46 KWG zu keinen anderen Ergebnissen führte als jene auf § 46a KWG – kaum. Fraglich ist bereits, wie die „Unvermeidlichkeit“ des Insolvenzverfahrens zu definieren wäre: Reicht dazu schon das Vorliegen eines Insolvenzgrundes? Reicht bereits der Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit? Sind auch die Aussichten für eine Sanierung in die Prognose einzustellen – die sich ex ante kaum je feststellen lassen dürften? Das OVG Berlin hat in der genannten Entscheidung die „Unvermeidlichkeit des Insolvenzverfahrens“, wie erwähnt, beim Zustand der Überschuldung angenommen – und hat damit offenbar der ersten Variante zugeneigt, dies freilich nur hinsichtlich der „klassischen“ Insolvenzgründe der Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit. Die Richtigkeit dieser Ansicht unterstellt, bliebe für den Anwendungsbereich des § 46a KWG letztlich offenbar der Bereich der „drohenden Zahlungsunfähigkeit“ nach heutiger Diktion übrig, wenn man annähme, daß in derartigen Fällen eine „Unvermeidlichkeit“ des Insolvenzverfahrens nicht gegeben wäre. Diese Auslegung kollidierte indes ihrerseits mit der nunmehr erfolgten 108 OVG Berlin, Beschl. v. 9.5.1979 – I S 146/79, Beckmann/Bauer, Nr. 56 zu § 49 KWG. Diese Auffassung kann sich freilich auch auf die Motive stützen, vgl. BT-Drs. 7/4631, S. 8 r. Sp. 109 Vgl. den Nachweis soeben Fn. 108 sowie die erstinstanzliche Entscheidung VG Berlin, Beschl. v. 2.5.1979 – 14 A 334/79, Beckmann/Bauer, § 49 KWG Nr. 56.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Ausdehnung der zulässigen Insolvenzantragsgründe auf die drohende Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO.110 Die Abgrenzung bleibt gleichwohl vage; es erweist sich auch hier, daß die Terminologie in Gesetzgebung und Rechtsanwendung zum vorliegenden Kontext letztlich die für die insolvenzrechtliche Bewältigung der Krise erforderliche Klarheit nicht erbringen kann. In jedem Fall könnte das von der herrschenden Meinung postulierte „Steigerungsverhältnis“111 zwischen den Anwendungsbereichen der §§ 46, 46a KWG im übrigen kaum sinnvoll angenommen werden, wenn nach der ersten Stufe (bloße „Gefahr“, § 46 KWG als Ausgangsvorschrift) und der zweiten („Insolvenzgefahr“, § 46a KWG als Qualifikation) für die konkrete Insolvenzreife wiederum auf die Ausgangsbestimmung zurückgegriffen werden müßte. Auch der Wortlaut des § 46a KWG zwingt keineswegs zu der durch das OVG gezogenen Folgerung: „Zur Vermeidung des Konkurses“ kann eben auch heißen: „zur Vermeidung der Verfahrenseröffnung“ (durch Sanierungsbestrebungen); die heutige Fassung („zur Vermeidung des Insolvenzverfahrens“) macht dies noch deutlicher. Auch der Blick auf die Entstehungsgeschichte läßt diese Auslegung angebracht erscheinen: Das „Moratorium“ nach § 46a KWG wurde in den Entwürfen ausdrücklich als „zwischengeschaltetes“ Element vor der Konkurseröffnung eingestuft, das nach Überprüfung der Sanierungsaussichten notfalls in den Konkurs münden sollte,112 so daß für den Rekurs auf § 46 KWG gerade bei „Unvermeidlichkeit des Insolvenzverfahrens“ keine Notwendigkeit besteht. Der kaum präzise zu definierende Fall einer „unvermeidbaren Insolvenzeröffnung“ stellt daher keinen Sonderfall für die Anwendung der §§ 46, 46a KWG dar, sondern ermächtigt gleichfalls zu Maßnahmen auch und gerade nach § 46a KWG.113 Es ist insofern bemerkenswert, daß die Aufsicht in der Nachfolge der Entscheidung des OVG Berlin – und vor Einführung der Insolvenzordnung sowie der entsprechenden Änderung des § 46a KWG – auch weiterhin dann Maßnahmen auf § 46a KWG gestützt hat, wenn bereits Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit eingetreten und also das Insolvenzverfahren in der Diktion des OVG „unvermeidlich“ war.114 Die durch das Gericht aufgestellten Kriterien haben mithin in der Praxis offenbar keine Berücksichtigung 110

Siehe zur Reform bereits oben sub 2. a) bb) (e) (2) und noch unten sub III.

2. b). 111

Vgl. oben sub a) bei und in Fn. 95. Bericht des Finanzausschusses zu § 46a KWG, BT-Drs. 7/4631, S. 4. 113 Im Ergebnis ähnlich Pannen, Krise und Insolvenz, S. 33 ff.; 36 f., freilich ohne kritische Auseinandersetzung mit der zitierten Entscheidung des OVG Berlin. 114 Vgl. erneut die Nachw. aus den Jahren 1991 ff. bei Pannen, Krise und Insolvenz, S. 34 f. 112

1. Abschnitt: § 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I

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gefunden. Zuzugestehen ist der Entscheidung freilich, daß sie den oben sub b) näher diskutierten, im Gesetz selbst angelegten Widerspruch zwischen der Formulierung des Wortlauts und der eigentlichen gesetzessystematischen Funktion der Vorschrift offenbart, geradezu darauf beruht – und sodann illustriert, daß sich eine praktikable Auslegung unter Beachtung des an sich eindeutigen Wortlauts kaum denken läßt. III. Insolvenzrechtliche Eingriffstatbestände und Antragstellung durch die Aufsicht – §§ 17–19 InsO und ihre Bedeutung für die Bankeninsolvenz

1. Das Verhältnis zu den aufsichtsrechtlichen Eingriffstatbeständen Die tatbestandlichen Voraussetzungen für Eingriffe der Bankenaufsicht und die Monopolisierung des Insolvenzantragsrechts in § 46b KWG bewirken ersichtlich einen vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollten dominierenden Einfluß der Aufsicht auf die Frühphase der Bankeninsolvenz, in dem sich das Konzept der staatlichen Aufsicht über die privatwirtschaftlich organisierte Geschäftsleitung allgemein widerspiegelt und auch für die Insolvenzsituation fortsetzt. Die Verantwortung der Geschäftsleitung für die in der Krise zu treffenden Maßnahmen wird durch die Aufsicht ergänzt und teilweise ersetzt. Nochmals ist darauf hinzuweisen, daß sich dies gerade auch in der Anordnung des § 46b S. 1 und 2 KWG ablesen läßt, derzufolge bei Kreditinstituten die gesellschaftsrechtlichen Insolvenzantragspflichten (z. B. § 92 II AktienG, § 64 I GmbHG) in entsprechende Anzeigepflicht gegenüber der Bankenaufsicht „umgestellt“ werden.115 Daraus folgt für die bei Kreditinstituten geltenden Sonderregeln gegenüber den allgemeinen Insolvenzgründen nach §§ 17–19 InsO zunächst ein gewisser Funktionsverlust der Insolvenztatbestände als „Terminierungsregeln“, die bestimmen, „wann der Gesetzgeber das bestehende Ungleichgewicht zwischen Haftung und Verfügungsrechten als zu groß ansieht und durch eine Auslösepflicht der Organe der Gesellschaft (Innenlösung) bzw. ein Antragsrecht für Gläubiger (Außenlösung) zu beseitigen sucht.“116 Diese „Terminierungsfunktion“, die nach allgemeinen Regeln letztlich durch das insolvente Unternehmen selbst oder durch die Gläubiger ausge115 Insoweit wohl zu Recht vertritt Pannen (Krise und Insolvenz, S. 54) die Auffassung, daß die in diesen Bestimmungen eingeräumte „Frist“ von 21 Tagen zur Antragstellung aufgrund der Ratio des § 46b KWG, der Aufsicht möglichst frühzeitig die Einleitung von Sicherungsmaßnahmen zu ermöglichen, in der Bankeninsolvenz nicht gelten könne. 116 Drukarczyk/Schüler, Kölner Schrift, Rn. 2, vgl. auch Rn. 32 ff.: Zahlungsunfähigkeit als „ökonomisches Signal“ für die Unternehmenskrise.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

löst und realisiert wird, wird für die Einleitung des Insolvenzverfahrens bei der Bankeninsolvenz bedeutungslos: Wann es zum Verfahrenseinleitung nach allgemeinem Insolvenzrecht kommt, entscheidet die Bankenaufsicht, und lediglich im Hinblick auf die „Terminierung“ aufsichtsrechtlicher Eingriffe im Vorfeld des förmlichen Insolvenzverfahrens spielen die Insolvenztatbestände noch eine Rolle – freilich eine abgeschwächte, da, wie gesehen, entsprechende Maßnahmen stets auf einer Ermessensentscheidung beruhen. Schon insoweit also tritt die Bedeutung der Einleitung des Insolvenzverfahrens als „Weichenstellung“ für die insolvenzförmige Haftungsverwirklichung bei der Bankeninsolvenz zurück. Die Entscheidung für die insolvenzförmige Abwicklung des Krisenfalls fällt in Wahrheit schon vorher und liegt nicht primär in der Entscheidungssphäre des Gerichts, sondern ist vielmehr der Bankenaufsicht zugewiesen, deren Initiative den Antrag des Gemeinschuldners oder seiner Gläubiger funktional ersetzt. Die Stellung des Insolvenzantrags nach § 46b KWG ist lediglich das Ergebnis der Ausübung dieses Entscheidungsprärogativs. Rechtstechnisch hat sich freilich durch den seit der Einführung der Insolvenzordnung 1999 neuen Wortlaut des § 46b KWG insoweit eine Änderung ergeben. Früher band diese Bestimmung – in S. 5 a. F. – das Konkursgericht ausdrücklich an die Entscheidung des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen, „weil das Bundesaufsichtsamt die größere Sachkunde hat und bei einer staatlichen Behörde sichergestellt ist, daß die Antragstellung erst nach objektiver, nicht interessengebunder Prüfung erfolgt.“117 Mit der Antragstellung durch das BAKred war damit zwangsläufig die Einleitung eines Konkursverfahrens über das Vermögen des betroffenen Kreditinstituts verbunden; nach § 46b S. 6 a. F. war der Eröffnungsbeschluß unanfechtbar. Das betroffene Institut konnte lediglich den Insolvenzantrag als Verwaltungsakt nach Maßgabe der §§ 42, 80 VwGO anfechten. Gegen diese Regelung sind wiederholt verfassungsrechtliche Bedenken sub specie der Artt. 20 III, 92, 91 I GG geltend gemacht worden.118 Mit der Insolvenzrechtsreform ist der Gesetzgeber auf diese Bedenken eingegangen und hat auf die Bindung verzichtet, so daß nunmehr das Insolvenzgericht eine originäre Entscheidung über den Antrag zu treffen hat.119 Ob sich freilich durch diese Gesetzesänderung viel an der faktischen Entscheidungshoheit der Aufsicht ändern wird, ist zweifelhaft: Zum einen wird sie nach wie vor über 117 Vgl. die Begründung im Bericht des Finanzausschusses vom 23.1.1976, BTDrs. 7/4631, S. 11. 118 Siehe noch unten § 14 sub B. I. 2. im Zusammenhang der Diskussion der Rechtsschutzmöglichkeiten der betroffenen Institute. 119 Zur Gesetzgebungsgeschichte insoweit im einzelnen Huber, ZBB 1998, 193, 196 f.; vgl. ferner Pannen, Krise und Insolvenz, S. 47 f.; Heinsius/Kreutzer, WM 1987, 193, 197, jeweils m. w. N.

1. Abschnitt: § 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I

157

die zur Stellung eines substantiierten Eröffnungsantrags erforderlichen hinreichenden Erkenntnisse über die finanzielle Situation des betroffenen Instituts verfügen, und zum zweiten verbleibt ihr zumindest die Entscheidung über die Antragstellung als solche und damit eben die Auslösung der gerichtlichen Entscheidung (erst) in dem Zeitpunkt, in dem – nach einem Moratorium – die finanzielle Situation bereits hinreichend ermittelt werden konnte.120 2. Die Bedeutung der Insolvenzgründe (insbesondere § 18 InsO) a) Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung Gem. § 46b S. 3 KWG (n. F.) findet „das Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Instituts (. . .) im Falle der Zahlungsunfähigkeit, der Überschuldung oder (. . .) auch im Falle der drohenden Zahlungsunfähigkeit statt“. Bis zur Neufassung im Zusammenhang mit der Umsetzung der EGBankeninsolvenzrichtlinie121 erwähnte der Gesetzestext lediglich die Zahlungsunfähigkeit sowie die Überschuldung. Während der Tatbestand der Überschuldung für die Bankeninsolvenz keine speziellen Anwendungsprobleme bereitet, ist bereits im Zusammenhang mit der Auslegung des Begriffs der „Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen“ i. S. d. § 46 I 1 KWG darauf hingewiesen worden, daß der Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit gewisse Modifikationen verlangt und dem Umstand Rechnung zu tragen ist, daß die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit aufgrund des besonderen Charakters des Bankgeschäfts nicht lediglich auf die Fälligkeit der bestehenden Zahlungsverpflichtungen abstellen darf. § 17 II InsO eignet sich daher zur Anwendung auf die Bankeninsolvenz nicht. Insoweit bedeutet die Abkehr vom früheren Recht, wo die herrschende Meinung zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit i. S. d. § 102 KO auf die „ernsthaft eingeforderten Geldschulden“ abstellte,122 durch die Neufassung des Insolvenzgrunds im weniger flexiblen § 17 InsO123 für Bankeninsolvenzen durchaus einen gewissen Verlust an Praktikabilität, der mit einer an der wirtschaftlichen Realität orientierten einschränkenden Auslegung aus120

Zweifelnd offenbar auch Pannen, Krise und Insolvenz, S. 36; etwas unklar, aber im Ergebnis wohl auch Huber, ZBB 1998, 193, 198. 121 Siehe bereits oben sub II. 2. a) bb) (e) (2). 122 Vgl. BGH, Urt. v. 30.4.1959 – VIII ZR 179/58, WM 1959, 891; dazu JaegerWeber, 8. Aufl., § 102 KO Rn. 5, 7; strenger und entspr. der Neufassung des § 17 II InsO jedoch zuletzt Kuhn/Uhlenbruck, § 102 KO Rn. 2. 123 Dazu und zu den Motiven ausf. etwa Drukarczyk/Schüler, Kölner Schrift, Rn. 29 ff.; Nerlich/Römermann-Mönning, § 17 InsO Rn. 5 ff.; Kübler/PrüttingPape, § 17 InsO Rn. 2 ff.; MünchKomm(InsO)-Eilenberger, § 17 InsO Rn. 1 f.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

geglichen werden muß. Die sonst geltenden124 objektiven Anknüpfungspunkte zur Feststellung der Fälligkeit würden hier, wie bereits dargelegt, zu nicht sachgerechten Ergebnissen führen. Gemildert wird das Problem freilich in der Praxis durch den Umstand, daß – wie ebenfalls bereits ausgeführt125 – die Zahlungsunfähigkeit kaum je isoliert auf Banken Anwendung finden wird. Denkbar erscheint die Antragstellung auf der Basis dieses Tatbestands allenfalls dann, wenn bereits konkret eingeforderte Verpflichtungen nicht bedient worden sind und etwa im Falle eines „Runs“ auf die Einlagen.126 Anders als im „Normalfall“ einer Unternehmensinsolvenz,127 ist deshalb bei Banken die Überschuldung wichtigster Insolvenzgrund.128 b) Antragstellung bei drohender Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) Eine Sonderstellung nimmt die nunmehr eröffnete Antragstellung schon bei drohender Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO ein, die – in § 46b S. 3 KWG n. F. – ausdrücklich an die Zustimmung des betroffenen Kreditinstituts und an die weitere Bedingung geknüpft wird, daß Maßnahmen nach § 46 oder § 46a KWG „nicht erfolgversprechend erscheinen“. Nach bisherigem Recht war die Anwendbarkeit des § 18 InsO aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 46b S. 3 KWG, der eine Auslegung als abschließende Definition der Insolvenzgründe für Kreditinstitute unter Ausschluß der drohenden Zahlungsunfähigkeit wohl zwingend nahelegt, noch ausgeschlossen.129 Das Problem der nunmehr zu wählenden Prognosefristen soll hier ausgeklammert werden.130 124

Vgl. nur MünchKomm(InsO)-Eilenberger, § 17 InsO Rn. 6 f. Oben sub II. 2. a) bb) (e) (3) bei und in Fn. 66. 126 Wiederum (vgl. oben schon sub II. 2. a) bb) (e) (3) bei und in Fn. 71 f.) fragwürdig erscheint die Auffassung Pannens (Krise und Insolvenz, S. 50), der die allgemeinen Grundsätze für zeitweilige Zahlungsstockungen auch auf Kreditinstitute anwenden will. 127 Vgl. nur MünchKomm(InsO)-Eilenberger, § 17 InsO Rn. 1. 128 Die Diskrepanz läßt sich unproblematisch damit erklären, daß im genannten „Normalfall“ eine effektive Kontrolle der finanziellen Situation des Unternehmens, wie sie die Staatsaufsicht über das Kreditwesen zu ermöglichen sucht, nicht existiert und daher die Krise erst dann – und regelmäßig zu spät – offenbar wird, wenn bereits die faktische Zahlungsunfähigkeit eintritt (vgl. zum ökonomischen Hintergrund Drukarczyk/Schüler, Kölner Schrift, Rn. 32 ff.). 129 Anders zur Rechtslage vor Inkrafttreten der Reform nur Pannen, Krise und Insolvenz, S. 57 ff., der – m. E. eindeutig contra legem und darüber hinaus hinsichtlich der zugrundegelegten Fallkonstellation kaum realistisch – für den Fall eines von ihm so bezeichneten „Steckenbleibens im Moratorium“ ein Antragsrecht nach § 18 InsO postulierte. 130 Skeptisch gegenüber dem in der Kommentarliteratur teilweise vertretenen Zeitraum von zwei Jahren etwa Pannen, Krise und Insolvenz, S. 53. 125

1. Abschnitt: § 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I

159

Daß der Anwendungsbereich der §§ 46, 46a KWG sich mit der Reform möglicherweise verringert, wenn statt der Anordnung aufsichtsrechtlicher Maßnahmen nach diesen Vorschriften schon frühzeitig ein Insolvenzverfahren eingeleitet wird, spricht dabei keineswegs gegen die Reform.131 Gerade die festgestellte faktische Identität des Tatbestands der beiden Bestimmungen mit den durch die §§ 17–19 InsO erfaßten Sachverhalten132 läßt es vielmehr durchaus denkbar erscheinen, die aufsichtsrechtlichen Eingriffskompetenzen künftig zugunsten der frühzeitigen Anwendung des allgemeinen Insolvenzrechts zurückzudrängen. Ein wesentliches Motiv des Gesetzgebers der Insolvenzordnung, die Antragstellung bei lediglich drohender Zahlungsunfähigkeit dem Schuldner vorzubehalten, daß nämlich nur dieser seine finanzielle Situation hinreichend beurteilen könne und darüber hinaus mißbräuchliche Insolvenzanträge zur bloßen Schuldbeitreibung vermieden werden sollten,133 schlägt jedenfalls angesichts der Stellung der Bankenaufsicht als „wissender Dritter“ für die Insolvenz eines Kreditinstituts gerade nicht durch. Die Ratio der Beschränkung des Antragsrechts läuft folglich bezüglich eines Antragsrechts der Aufsichtsbehörde ohnehin ins Leere;134 dessen Einführung ist mit dem Gesetzeszweck des § 18 InsO – der möglichst frühzeitigen Verfahrenseröffnung135 – gut vereinbar. Weder systematisch noch teleologisch stimmig erscheint jedoch die Anknüpfung an die Zustimmung des betroffenen Instituts als Vorbedingung für einen auf § 18 InsO gestützten Insolvenzantrag durch § 46b S. 5 KWG n. F. Insoweit bleibt angesichts des unklaren Wortlauts schon im Dunkeln, auf wessen Zustimmung – der Geschäftsleitung oder der Hauptverwaltung – es letztlich ankommen soll. Des weiteren überzeugt angesichts der vorstehenden Erwägungen die Erwägung des Gesetzgebers nicht, insolvenzrechtssystematische Gründe zwängen zu dieser Einschränkung:136 Eben weil die Aufsicht im Krisenstadium in systematischer Hinsicht die unternehmensinternen Entscheidungsprozesse weitgehend substituiert, ist es auch gerechtfertigt, ihr ein unbeschränktes Antragsrecht nach § 18 InsO einzuräumen.

131 Anders, aber nicht einleuchtend Pannen, Krise und Insolvenz, S. 58, der insoweit Erwägungen de lege lata und de lege ferenda vermengt. 132 Von Pannen, ebd. (soeben Fn. 131), im Grundsatz durchaus gesehen. 133 Vgl. die Motive, BT-Drs. 12/2443, S. 84; siehe auch MünchKomm(InsO)Drukarczyk, § 18 InsO Rn. 50; Kübler/Prütting-Pape, § 18 InsO Rn. 2; Nerlich/ Römermann-Mönning, § 18 InsO Rn. 8: Vermeidung der „uferlose[n] Ausdehnung von mißbräuchlichen Insolvenzanträgen“. 134 Übersehen von Pannen, Krise und Insolvenz, S. 59. 135 Vgl. insoweit nur Nerlich/Römermann-Mönning, § 18 Rn. 9 ff.; Kübler/Prütting-Pape, § 18 InsO Rn. 1; MünchKomm(InsO)-Drukarczyk, § 18 InsO Rn. 3, jeweils m. w. N. zur Entstehungsgeschichte. 136 Vgl. die Begründung zu § 46b KWG n. F., BR-Drs. 543/03, S. 58 f.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung IV. Zwischenzusammenfassung

Das deutsche Recht kennt zunächst die beiden Eingriffstatbestände des § 45 einerseits und der §§ 46, 46a KWG andererseits, von denen der erstere korrigierende Maßnahmen bereits im Frühstadium einer sich abzeichnenden finanziellen Störung gestattet und insoweit auf die auf §§ 10, 11 KWG gestützten aufsichtsrechtlichen Anforderungen rekurriert.137 Demgegenüber eröffnen §§ 46, 46a KWG – abgesehen vom Tatbestandsmerkmal der Gefährdung einer wirksamen Aufsicht in § 46 I 1 KWG – Befugnisse für ein Einschreiten bei drohender oder bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung i. S. d. §§ 17–19 InsO und stellen damit für Bankeninsolvenzen eine Alternative zur sofortigen Einleitung eines Insolvenzverfahrens durch die Bankenaufsicht nach § 46b KWG zur Verfügung. Nach § 46b S. 3 KWG findet die Einleitung eines Insolvenzverfahrens bei Fehlschlagen der aufsichtsrechtlichen Maßnahmen zur Wiederherstellung finanzieller Stabilität statt, wenn entweder der Tatbestand der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO), Überschuldung (§ 19 InsO) sowie neuerdings auch der drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) gegeben ist. Der Eröffnungsantrag für das förmliche Insolvenzverfahren ist nach § 46b KWG in das Ermessen der Aufsicht gestellt; er wird regelmäßig als ultima ratio nach vorangegangenen aufsichtsrechtlichen Eingriffen und damit in einem Zeitpunkt gestellt, wenn bereits Klarheit über die finanzielle Situation besteht. Die Konzeption umfassender aufsichtsrechtlicher Eingriffstatbestände im Vorfeld der Verfahrenseröffnung führt damit in jedem Fall dazu, daß die Eröffnung eines förmlichen Insolvenzverfahrens für die rasche Krisenbewältigung in der Anfangsphase nicht von Bedeutung ist. Das Gesetz legt die Verantwortung für ein rechtzeitiges Einschreiten in erster Linie in die Hände der Aufsicht und unterstützt dies lediglich mit der Umstellung gesellschaftsrechtlicher Insolvenzantragspflichten in Anzeigepflichten der Unternehmensleitung ihr gegenüber. Ob tatsächlich rechtzeitig genug eingeschritten wird, um einen „Run“ zu verhindern und, darüber hinausgehend, eine wirksame Vermögenssicherung zu ermöglichen, hängt damit im wesentlichen von frühzeitiger Information und einer raschen Reaktion der Aufsicht ab, die andererseits umgehend – ohne die Entscheidung eines Gerichts abzuwarten und gem. § 49 KWG mit sofort vollziehbaren Maßnahmen – tätig werden kann.

137 Angreifbar daher Huber, Auswirkungen, S. 8 f., der die Bestimmung mit der Begründung von seiner Untersuchung ausschließt, es handele sich nicht um eine „Insolvenzverhinderungsnorm“.

1. Abschnitt: § 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I

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C. Die Rechtslage in England I. Einführung – System der Eingriffsbefugnisse

1. Aufsichtsrechtliche Eingriffstatbestände Sedes materiae im Aufsichtsrecht sind nunmehr die ss. 43 (Imposition of requirements), 44 (Variation etc. at request of the authorised person), 45 (Variation etc. on the Authority’s own initiative), 48 (Prohibitions and restrictions), 54 (Cancellation of Part IV permission: procedure), 56 (sog. Prohibition Orders, d.h. Tätigkeitsverbote gegenüber dem Personal des betroffenen Instituts), 63 („Withdrawal of approval“) sowie 66 (allgemeine „Disciplinary measures“) des Financial Services and Markets Act 2000. Die Maßnahmen sind zu sehen in engem Kontext mit der nunmehr geltenden Konzeption der „maßgeschneiderten“ Erlaubniserteilung;138 die Krisenbewältigungsmechanismen i. e. S. bauen, wie im einzelnen noch zu sehen sein wird, im wesentlichen darauf auf. Zur Auslegung der Bestimmungen wird zurückzugreifen sein auf die von der Financial Services Authority in ihrem „Handbook“139 erstellten unverbindlichen „Richtlinien“ („Guidance“); zudem wird teilweise zum Vergleich auf die Vorgängervorschriften im Banking Act 1987 rekurriert werden können.140 Die Umsetzung der EG-Bankeninsolvenzrichtlinie141 mit den Credit Institutions (Reorganisation and Winding up) Regulations 2004 hat diesen neuen Rechtsrahmen im Grundsatz unberührt gelassen und lediglich um Sonderregeln für die grenzüberschreitende Insolvenz erweitert. 2. Förmliche Insolvenzverfahren Die förmlichen Insolvenzverfahren des englischen Rechts sind im wesentlichen geregelt durch den Insolvency Act 1986 (geändert u. a. durch den Insolvency Act 2000142 und teilweise neugefaßt durch den Enterprise Act 2002), in Verbindung mit den darunter als Verordnung („Statutory Instru138 Vgl. erneut insbesondere ss. 40, 41, 42 und 52 FSMA 2000 und dazu oben § 3 sub B. I. 2 b). 139 Dazu schon oben § 3 sub B. II. 2. 140 Vgl. ss. 11 (Revocation of authorisation), 12 (Restriction of authorisation), 14 (Mandatory revocation and restriction in case of urgency) sowie 19 (Directions to institutions) Banking Act 1987. 141 Siehe hierzu allgemein noch unten § 16. 142 Zu den dadurch bewirkten Rechtsänderungen und den Motiven siehe schon die Darstellung des Gesetzesentwurfes (Insolvency Bill 2000) bei Schumacher, S. 18 f. (m. w. N.).

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

ment“) erlassenen Insolvency Rules 1986.143 Geschichtliche Entwicklung und Details zu den einzelnen Verfahrensarten sind auch in der deutschen Literatur bereits recht umfassend dargestellt worden,144 weshalb sich die vorliegende Arbeit insoweit auf einen Überblick beschränken kann. a) Winding-up Zu nennen ist insoweit zunächst das Verfahren des sog. „Winding-up of companies“, geregelt in Part IV des Insolvency Act 1986.145 Es handelt sich um ein klassisches, insoweit dem früheren deutschen Konkursverfahren ähnliches, Liquidationsverfahren, das zur Abwicklung des betroffenen Unternehmens mit dem Ziel der Verwertung zugunsten der Gläubiger führt. Unterschieden werden insoweit drei Arten des Winding-up: Members’ voluntary winding-up (Part IV, Chapter III), Creditors’ voluntary winding-up (Part IV, Chapter IV) und Winding-up by the court (auch: Compulsory winding-up; Teil IV, Chapter VI). Die erstgenannte Verfahrensart setzt dabei die Fähigkeit der Gesellschaft voraus, im Zuge der Liquidation sämtliche Verbindlichkeiten vollständig zu bedienen146 und ist daher in der Tat kein originär insolvenzrechtlich geprägtes, vielmehr ein eigentlich gesellschaftsrechtliches Abwicklungsverfahren.147 Das Creditors’ voluntary winding-up findet demgegenüber bei tatsächlicher Überschuldung statt.148 Die Verfahrenseinleitung und Bestellung eines Liquidator beruht hier auf einer Entscheidung der Gesellschafterversammlung; spätestens 14 Tage nach deren Ablauf hat das Unternehmen eine Gläubigerversammlung einzuberufen.149 Das Compulsory winding-up ist ein förmliches Verfahren, das grundsätzlich den Antrag eines Gläubigers, der Gesellschafter oder der Directors des Unternehmens voraussetzt.150

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SI 1986/1925. Vgl. hierzu und zum folgenden etwa den Überblick bei Schumacher, S. 3 ff.; ferner Baur/Stürner, Insolvenzrecht, Rn. 39.18 ff. 145 Vgl. auch Schumacher, S. 5 ff. 146 Gem. s. 90 Insolvency Act 1986 setzt das Members’ voluntary winding-up die Abgabe einer förmlichen Erklärung des Unternehmens nach s. 89 voraus, in welcher die Zahlungsfähigkeit substantiiert darzulegen ist. 147 Schumacher, S. 6 m. w. N. 148 D. h. die Unfähigkeit des Unternehmens, eine Erklärung nach s. 89 Insolvency Act 1986 abzugeben, vgl. soeben Fn. 146. 149 Siehe im einzelnen ss. 98 ff. Insolvency Act sowie, im Überblick, Schumacher, S. 6 f. m. w. N. 150 SS. 124, 14A Insolvency Act, siehe zunächst Schumacher, S. 7 f. Auf einzelne Aspekte wird noch näher einzugehen sein. 144

1. Abschnitt: § 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I

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b) Administrative receivership Die Administrative receivership (Insolvency Act 1986, Part III),151 eine Art Verwaltungsverfahren, kam bislang stets in Betracht, wenn das betroffene Unternehmen Sicherheit in Gestalt der Floating charge gegeben hatte; sie wurde von dem so gesicherten Gläubiger eingeleitet, dessen Befriedigung die Einsetzung eines Administrative receiver dient.152 Zugleich trug das Verfahren jedoch deutliche Züge eines kollektiven Verfahrens.153 Der Beliebtheit der Floating charge als Sicherungsmittel entsprechend, wurde dieses Verfahren bislang häufig genutzt.154 Die mit dem Enterprise Act 2002 vollzogene Insolvenzrechtsreform hat die früher dominierende Stellung der Administrative receivership für die Insolvenz von Nichtbankenunternehmen inzwischen allerdings umfassend begrenzt. Danach sollen Administrative receiverships nur mehr unter eng begrenzten Voraussetzungen möglich sein: Während die Bestellung einer Floating charge nur noch zur Ernennung eines Administrator und damit der Einleitung der Administration (hierzu sogleich sub c)) berechtigt, kommt die Ernennung eines Administrator nur noch für Inhaber bestimmer Finanzsicherheiten in Gestalt von Floating charges in Frage.155 Hintergrund der umfassenden Reform ist die Unzufriedenheit des Gesetzgebers über die bisher eher zögerliche Anwendung der Administration bei Nichtbankenunternehmen. Mit der Neufassung des Gesetzes und der Aufgabe eines privilegierten Zugriffs der durch Floating charges gesicherten Gläubiger auf das Schuldnervermögen zugunsten ihrer stärkeren Einbeziehung in die Regelverfahren der Administration und des Winding-up verbindet sich die Hoffnung auf eine Verbesserung der Sanierungsquote.156 Unter früherem Recht war die Anwendung der Administrative receivership auf insolvente Kreditinstitute regelmäßig schon deshalb nicht in Betracht gekommen, weil Banken aufgrund einer aufsichtsrechtlichen Weisung der Bank of England aus dem Jahre 1983 Floating charges nicht gewähren 151 Zur Einführung des Verfahrens durch den Insolvency Act 1986 und den Regelungsvorgängern ausf. Schumacher, S. 8 f. 152 Vgl. s. 29(2) Insolvency Act: Definition eines Administrative receiver. 153 Vgl. Schumacher, S. 10 f. 154 Vgl. statt aller Fletcher, Rn. 14-002 sowie statistische Übersicht Rn. A3-007. 155 Siehe ss. 72A (genereller Ausschluß der Befugnis zur Bestellung eines Administrative receiver); 72B (Ausnahme für Sicherungsnehmer im Rahmen von Kapitalmarkttransaktionen), 72F (Ausnahme für Sicherheiten nach S. 173 Companies Act 1989 sowie u. a. im Rahmen von Zahlungssystemen bestellten Sicherheiten) Insolvency Act 1986 n. F. (i. d. F. der S. 250 Enterprise Act 2002); zu weiteren Einzelheiten Sch. 2A Insolvency Act 1986 n. F. (i. d. F. der Sch. 18 Enterprise Act 2002). 156 Siehe hierzu etwa Fletcher, Rn. 1-038 f.; 16-112 ff. m. w. N.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

durften und es damit an der Voraussetzung für diese Verfahrensart fehlte.157 Ob dies auch heute noch der Fall ist, ist fraglich, weil die Administrative receivership mit der Reform durch den Enterprise Act 2002 ausdrücklich u. a. für die Sicherungsnehmer von Finanzsicherheiten vorbehalten wurde.158 Stellungnahmen hierzu in der Literatur finden sich nicht.159 Gleichwohl dürfte die Administrative receivership jedenfalls deshalb auch weiterhin für die Bankeninsolvenz ohne Bedeutung sein, weil ihre Einleitung – anders als die der Administration und des Winding-up160 – nicht auf Betreiben der Aufsicht erfolgen kann.161 Die Sicherungsnehmer werden bei Banken typischerweise nicht von sich aus die Verwertung der Sicherheiten veranlassen (können), ehe die Aufsicht durch Einleitung des Regelverfahrens die Möglichkeit zur Bestellung eines Administrative receiver sperrt;162 diese Verfahrensart kann daher nachfolgend außer Betracht bleiben.

c) Administration Eine andere Funktion erfüllt die – ebenfalls durch den Insolvency Act 1986163 neu eingeführte – Administration (Part II). Sie fand bislang – auf Antrag eines oder mehrerer Gläubiger, der Gesellschaft selbst oder ihrer Directors – statt164 und kann durch Gerichtsbeschluß eingeleitet werden, wenn eines von vier gesetzlichen Zielen165 erreichbar scheint. Kreditinstitute waren nach der Regelung in s. 8(4)(b) Insolvency Act zunächst ausdrücklich von der Anwendung der Administration ausgeschlossen, weil davon ausgegangen wurde, daß sich insoweit unüberwindliche Anwendungs157

Vgl. Phillips/Tamlyn, in: Oditah (Hrsg.), S. 41; Campbell/Cartwright, S. 123. Siehe soeben Fn. 155. 159 Insbesondere Campbell/Cartwright, a. a. O. (soeben Fn. 157) gehen offenbar von der Fortdauer der früheren aufsichtsrechtlichen Vorgaben aus. 160 Siehe hierzu noch unten sub III. 4. c). 161 SS. 363, 364 FSMA 2000 räumen der FSA in der Administrative receivership lediglich bestimmte Beteiligtenrechte ein. 162 Vgl. Sch. B1, paras. 39, 41 Insolvency Act 1986 n. F. i. d. F. des Enterprise Act 2002. 163 Zurückgehend auf den Bericht der Cork-Kommission, die ihren Abschlußbericht zur Reform des Insolvenzrechts im Jahre 1982 vorlegte (vgl. dazu Schumacher, S. 4 f. m. w. N.). Die Kommission stellte ausdrücklich fest, daß ein Sanierungsverfahren im seinerzeit geltenden Recht ein Desiderat darstelle, soweit mangels Floating charge ein Receiver and manager – das Pendant zum Administrative receiver heutigen Rechts – nicht bestellt werden könne: Cork-Report, Rn. 495 ff.; vgl. Schumacher, S. 11 f.; Shearman, ZIP 1995, 1129, 1130 ff. 164 S. 9(1) Insolvency Act 1986. 165 S. 8(3) i. V. m. S. 8(1)(b) Insolvency Act 1986; dazu im einzelnen unten sub III. 3. 158

1. Abschnitt: § 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I

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probleme ergäben. Nach entsprechenden Anpassungen wurde diese Bestimmung jedoch im Jahre 1989 aufgehoben.166 Seither ist eine Reihe von Insolvenzen – im Inland registrierter167 – Banken in dieser Verfahrensart abgewickelt worden, unter anderem British and Commonwealth Holdings im Juni 1990, Chancery plc im Februar 1991168 sowie Barings im Februar 1995.169 In der Literatur wird die Administration geradezu als Standardverfahren für Banken angesehen.170 Durch den Enterprise Act 2002 ist diese Verfahrensart gründlich reformiert und ist insbesondere ihr Anwendungsbereich gegenüber der bisherigen Administrative receivership ausgedehnt worden. Das Reformprojekt verfolgt das Ziel, die Stellung der Administration als Instrument zur Sanierung insolventer Unternehmen zu stärken. Die Administrative receivership, die maßgeblich durch den Zugriff eines gesicherten Gläubigers auf das Vermögen des betroffenen Unternehmens gekennzeichnet ist, soll zugunsten der Sanierung im kollektiven Verfahren zurückgedrängt werden.171 Die Administration ist allerdings nach wie vor lediglich als „Übergangsverfahren“ ausgestaltet; sie dient lediglich der Überleitung in einen verfahrensförmigen Vergleich nach allgemeinen Regeln172 und der Vorbereitung desselben bzw. einer insolvenzförmigen Liquidation im Winding-up, wenn eine Vergleichslösung nicht zustandekommt. Die mit der Reform bewirkten Rechtsänderun166 Art. 2, Sch., paras. 1, 2 der Banks (Administration Proceedings) Order, SI 1989/1276, erlassen gem. S. 422 Insolvency Act 1986, geändert durch SI 1998/ 1129, Art. 2, Sch. 1, para. 9. In s. 8 des Insolvency Act wurde damit eine neue subsection 1A eingefügt: „For the purposes of a petition presented by the Financial Services Authority alone or together with any other party an authorised institution or former authorised institution within the meaning of the Banking Act 1987 which defaults in an obligation to pay any sum due and payable in respect of a deposit within the meaning of section 92 of that Act shall be deemed to be unable to pay its debts as mentioned in subsection (1) above.“ Die entsprechende Nachfolgeregelung ist nunmehr enthalten in S. 359(3) des Financial Services and Markets Act 2000. 167 Die Administration kommt – vorbehaltlich einer abweichenden Regelung durch den Secretary of State – nach wie vor nur für inländische Unternehmen in Betracht; siehe s. 254 Enterprise Act 2002. Sollte die Administration nunmehr auch für Zweigstellen (außereuropäischer) ausländischer Banken geöffnet werden, würde damit eine wesentliche Forderung des im Zusammenhang mit dem BCCI-Zusammenbruch erstellten Bingham-Reports erfüllt: siehe ebd., Tz. 3.58. 168 Re Chancery plc [1991] BCLC 712, vgl. Bird/Perry, (1992) 5 Insolvency Intelligence 75 ff.; 83 ff. 169 Vgl. Hogan, (1996) Insolvency Law & Practice 90, 93; Phillips/Tamlyn, in: Oditah (Hrsg.), 41, 45. 170 Hogan, ebd. (soeben Fn. 169); Campbell/Cartwright, S. 124. 171 Siehe zu den Hintergründen statt aller – teilweise skeptisch – Fletcher, Rn. 1-036 ff., 14-084 ff., 16-112 ff. m. w. N. 172 Siehe hierzu sogleich sub d).

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

gen werden, soweit vorliegend überhaupt von Interesse, nachfolgend im Zusammenhang der einzelnen Sachprobleme erörtert werden. Außer auf Antrag insbesondere der Aufsicht (vgl. s. 359(1) FSMA 2000) kommt unter neuem Recht auch weiterhin insbesondere die Einleitung durch die betroffene Bank selbst in Betracht; anders als früher, muß die Bank hierfür nicht mehr einen Antrag auf Erlaß der gerichtlichen Administration order stellen, sondern kann – nach Einhaltung bestimmter formaler Voraussetzungen – nunmehr selbst einen Administrator ernennen.173 d) Weitere Verfahrensarten Eine weitere Verfahrensart für die – hier allein interessierende174 – Unternehmensinsolvenz besteht nach dem Insolvency Act 1986 mit sog. Company voluntary arrangements (Part I): einem flexiblen Vergleichsverfahren, das durch einen entsprechenden Vorschlag175 entweder des Unternehmens selbst, durch einen Administrator oder auch durch den Liquidator eines bereits in der Administration oder im Winding-up befindlichen Unternehmens eingeleitet wird.176 Schließlich sind Vergleiche auch in s. 425 des Companies Act 1985 vorgesehen. Aus rechtspraktischen Gründen sind derartige Vergleiche mit den Gläubigern in der Bankeninsolvenz allerdings kaum denkbar, jedenfalls nicht in der Frühphase der Krisenbewältigung. Zwar ist mit dem Insolvency Act 2000 das früher für Company voluntary arrangements geltende Recht durch ein Moratorium für die Eröffnungsphase ergänzt worden,177 doch sind Banken vom Anwendungsbereich dieser Änderungen ausgeschlossen,178 so daß für sie nach wie vor nur Vergleiche ohne vorheriges Moratorium denkbar 173 Siehe Sch. B1, paras. 22 ff. Insolvency Act 1986 i. d. F. des Enterprise Act 2002; Voraussetzung ist im wesentlichen, daß nicht bereits zuvor parallele Insolvenzverfahren, insbesondere eine Administration, eingeleitet worden sind. 174 Zu den Verfahrensarten der (Personal) Bankruptcy sowie der Individual voluntary arrangements siehe Schumacher, S. 20 ff. Banken sind in England regelmäßig als Gesellschaften organisiert, weshalb diese Verfahren auf sie nicht zur Anwendung kommen (vgl. Sch. 6, para. 1 FSMA 2000 i. V. m. Handbook of Rules and Guidance, COND 2, s. 2.1.2, wonach „authorised persons“, die das Einlagengeschäft betreiben, in der Rechtsform eines „body corporate“ bzw. einer „partnership“ organisiert sein müssen). Die sich darauf – wie auch auf Administrative receiverships und die Voluntary winding-up – beziehenden Bestimmungen in Part XXIV des Financial Services and Markets Act 2000 richten sich dementsprechend eher an Wertpapierhändler u. ä. 175 Composition bzw. Scheme of arrangement, s. 1(1) Insolvency Act 1986, dazu Schumacher, S. 15 f.). 176 S. 1(1), (3) Insolvency Act 1986. 177 S. 1, Sch. 1 Insolvency Act 2000; hierzu ausf. Fletcher, Rn. 15-003 ff.

1. Abschnitt: § 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I

167

sind. Unabhängig hiervon verlangen sowohl Company voluntary arrangements als auch Vergleiche nach s. 425 Companies Act 1985 die Entscheidung der Gläubigerversammlung als ausschlaggebendes Element in der Frühphase. Beide erfordern daher die Bekanntmachung gegenüber allen Gläubigern179 und bewirken mithin öffentliche Kenntnis der Krise, bevor eine Einigung über das weitere Fortgehen erzielt und sichernde Maßnahmen ergriffen werden können. Im Falle einer Bank erscheint dies nicht nur aufgrund der Vielzahl der schwebenden Rechtsverhältnisse unpraktikabel, sondern vor allem, weil die Bekanntgabe nahezu zwingend einen Vertrauensverlust und nachmaligen „Run“ auslösen dürfte, der in jedem Fall die Voraussetzungen für die weitere Einigung zerstören wird. Gleiches gilt ersichtlich für die Verfahren des Members’ und auch des Creditors’ voluntary winding-up, weshalb sich die nachfolgende Darstellung auf die allein praxisrelevanten Verfahren des Compulsory winding-up und der Administration konzentrieren kann.180

II. Aufsichtsrechtliche Eingriffsbefugnisse im einzelnen

1. Einführung Nach dem Überblick über die verschiedenen zur Verfügung stehenden Eingriffsmöglichkeiten soll nun untersucht werden, wie sich die Intervention der Financial Services Authority in einem insolvenzbedrohten Institut typischerweise vollziehen wird. Die die Darstellung muß sich dabei ausschließlich auf den gesetzlichen Rahmen und die von der FSA erlassenen „Rules“ sowie die von ihr veröffentlichte „Guidance“ zur Ausübung der in ihrem Ermessen stehenden Kompetenzen unter dem Financial Services and Markets Act 2000 zu stützen hat. Erste Erfahrungen aus der Praxis mit dem neuen Rechtsrahmen sind nur eingeschränkt und jedenfalls nicht im Hinblick auf den Gegenstand der vorliegenden Untersuchung bekannt. Die Literatur hat bislang kaum zu den Auslegungsproblemen Stellung bezogen.181 178

Sch. A1, Part I, para. 2(1), (2) Insolvency Act 1986 i. d. F. des Insolvency Act

2000. 179

Vgl. ss. 2–6 Insolvency Act 1986; 425(1), (2), 426 Companies Act 1985. Siehe zur Frage mögliche Sanierungskonzepte unter Ausnutzung der einzelnen Verfahrensarten aber noch unten § 13 sub B. III. 3. a). 181 Der im Jahre 2000 in 1. Aufl. erschienene, von M. Blair herausgegebene „Blackstone’s Guide to the Financial Services & Markets Act 2000“ beabsichtigt lediglich eine Gesamtdarstellung des Gesetzestextes für Praktiker und bringt kaum eigene Analysen. Mit dem neuen Rechtsrahmen im Hinblick auf die vorliegend interessierenden Sachfragen befassen sich auch die Arbeit von Campbell/Cartwright sowie das Handbuch von Freshfields Bruckhaus Deringer im wesentlichen nur auf 180

168

2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Die bestehenden, eingangs im Überblick erwähnten Eingriffstatbestände lassen sich – entsprechend den jeweils zulässigen Maßnahmen – in drei Kategorien gliedern und sollen schrittweise vorgestellt und erörtert werden: Einschränkung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb (dazu unten sub 2.), Aufhebung der Erlaubnis (unten sub 3.) und Vorgehen gegenüber Mitarbeitern betroffener Institute (unten sub 4.). Dabei ist zu beachten, daß die jeweiligen Kompetenzen – angesichts der Anwendbarkeit auf alle Arten von Finanzdienstleistern: notwendigerweise – recht allgemein gefaßt und nicht ausschließlich für die Anwendung im Insolvenzfall konzipiert sind, auf den sich die folgende Untersuchung jedoch konzentrieren wird. Vorab zu bemerken ist ferner, daß die Rechtsgrundlage für die erstgenannten beiden Kategorien zwar identisch ist, aber offensichtlich ein gewisses „Stufenverhältnis“ zwischen der Einschränkung und der Aufhebung besteht, das auch die entsprechenden Passagen im „Handbook of Rules and Guidance“182 widerspiegeln. Auch der Banking Act 1987 unterschied insoweit zwischen der Revocation of authorisation (s. 11), der Restriction of authorisation (s. 12) und besonderen Anordnungen gegenüber Instituten (s. 19). Beide Kategorien sind daher getrennt zu untersuchen. Die Kompetenzen der FSA bezüglich der Einleitung eines förmlichen Insolvenzverfahrens werden erst im folgenden Teilabschnitt im Zusammenhang mit den tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür erörtert werden. 2. Einschränkung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb a) Allgemeine Voraussetzungen S. 45 FSMA 2000 regelt die Kompetenz der FSA „to vary a Part IV permission in any of the ways mentioned in s. 44(1) or to cancel it“. Während hinsichtlich der Rechtsfolgen – abgesehen von der noch unten sub 3. zu behandelnden Befugnis zur Aufhebung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb – auf die Bestimmung der s. 44 verwiesen wird, welche ihrerseits die Befugnisse zur Abänderung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb auf Antrag des betreffenden Instituts regelt, ist s. 45 allein maßgeblich für die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Eingreifen der Aufsicht auf eigene Initiative und also für den hier interessierenden Bereich der aufsichtsrechtlichen Intervention in der Krise. Die Tatbestandsvoraussetzungen sind abschließend definiert in s. 45(1) FSMA 2000: der Grundlage der Verlautbarungen der FSA. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung lagen noch keine praktische Erfahrungen mit konkreten Fällen vor. 182 Vgl. zu diesem erneut bereits oben § 3 sub B. II. 2. Das Chapter 3 des „Enforcement manual“ im Handbook befaßt sich mit der „Variation of Part IV permission on the FSA’s own initiative“, Chapter 5 hingegen mit der „Cancellation“.

1. Abschnitt: § 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I

169

„The Authority may exercise its power under this section in relation to an authorised person if it appears to it that – (a) he is failing, or is likely to fail, to satisfy the threshold conditions; (b) he has failed, during a period of at least 12 months, to carry on a regulated activity for which he has a Part IV permission; or (c) it is desirable to exercise that power in order to protect the interests of consumers or potential consumers.“

Es ist ersichtlich, daß vorliegend lediglich die Regelungen sub lit. (a) und (c) von Interesse sind, während der zweitgenannte Fall – insoweit ähnlich § 35 II Nr. 1 KWG – den Fall des Nichtgebrauchs der Erlaubnis erfaßt, der hier nicht weiter erörtert werden soll.183 Erster Hauptanknüpfungspunkt ist damit das Nichterreichen der sogenannten „Threshold conditions“, der aufsichtsrechtlichen Kriterien für die Erteilung der Genehmigung zum Geschäftsbetrieb.184 Die Vorschrift steht insoweit in engem Verhältnis zur Bestimmung der s. 41(2), (3) FSMA 2000, der zufolge die FSA gesetzlich verpflichtet ist, bei und nach Erteilung der Erlaubnis die Einhaltung der Threshold conditions durch das betreffende Institut hinsichtlich aller im einzelnen genehmigten Geschäftsbereiche sicherzustellen und ggf. zusätzlich im Interesse der Consumer, d.h. der jeweiligen Kunden,185 einzuschreiten. Näher definiert und erläutert sind die Threshold conditions in Chapter 2 des gleichnamigen Teils („COND“) des Handbook of Rules and Guidance. Neben den aufsichtsrechtlichen Vorgaben für die Rechtsform,186 die sachliche Zuständigkeit aufgrund des Sitzorts bzw. Orts der Geschäftsausübung187 und den Anforderungen an enge Geschäftsbeziehungen mit Dritten188 sind darin näher spezifiziert auch die hier vor allem interessierenden Vorgaben an „Adequate resources“189 sowie die Anforderungen an die „Suitability“ des Geschäftsbetriebs hinsichtlich des eingesetzten Personals und der Geschäftstätigkeit insgesamt.190 Die Untersuchung kann sich im folgenden ersichtlich auf die Gruppe der Adequate resources beschränken. Hierzu enthält das Handbook zunächst eine Begriffsdefinition: 183 Ebenso wie die Folgebestimmungen der s. 46 FSMA 2000 (Variation of permission on acquisition of control), die sich mit den Eingriffskompetenzen für den Fall einer Übernahme des Instituts oder dem Neuerwerb mindestens einer Sperrminorität durch Dritte befassen. 184 Siehe dazu schon oben § 3 sub B. I. 2. b). 185 Der Begriff des „Consumer“ wird definiert in ss. 5(3), 138(7) FSMA 2000; er umfaßt u. a. Einleger, andere Bankkunden und Personen, die Rechte aus der Inanspruchnahme von Bankdienstleistungen ableiten können. 186 Vgl. schon oben sub I. 2. d) Fn. 174. 187 Sch. 6, para. 2 FSMA 2000 i. V. m. Handbook, COND 2, S. 2.2. 188 Sch. 6, para. 3 FSMA 2000 i. V. m. Handbook, COND 2, S. 2.3. 189 Sch. 6, para. 4 FSMA 2000 i. V. m. Handbook, COND 2, S. 2.4. 190 Sch. 6, para. 5 FSMA 2000 i. V. m. Handbook, COND 2, S. 2.5.

170

2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

„(. . .) the FSA will interpret the term ‚adequate‘ as meaning sufficient in terms of quantity, quality and availability, and ‚resources‘ as including all financial resources, non-financial resources and means of managing its resources; for example, capital, provisions against liabilities, holdings of or access to cash and other liquid assets, human resources and effective means by which to manage risks.“191

Die FSA versteht den Begriff der „Resources“ mithin weit und bezieht nicht lediglich finanzielle Parameter, sondern auch eine hinreichende sächliche und personelle Ausstattung sowie die erforderliche Infrastruktur mit ein. Die Auslegung geht damit deutlich weiter als die klassischen Kategorien formalisierter Vorgaben an den Geschäftsbetrieb, wie sie sich etwa in §§ 32, 33 KWG finden. Sie legt statt dessen eine ganzheitliche Bewertung des Geschäftsbetriebs nahe, die sicherstellen soll, daß der Geschäftsbetrieb insgesamt in jeder Hinsicht hinreichend ausgestattet ist, um Krisensituationen ohne Existenzgefahr zu bewältigen.192 Allerdings wird dies den hohen Stellenwert insbesondere der Eigenmittel im Aufsichtsrecht schon aufgrund der entsprechenden gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen193 kaum ändern. Zu beachten ist bei alledem, daß Chapter COND 2 des Handbook die näheren Anforderungen an die finanzielle Ausstattung der beaufsichtigten Institute nicht selbst weiter konkretisiert, sondern insoweit auf die im selben Handbook veröffentlichten „Rules“ verweist,194 die bis zum Inkrafttreten einer endgültigen Regelung195 für Kreditinstitute im „Interim Prudential Sourcebook: Banks“ („IPRU (BANK)“) enthalten sind. Dessen Band 1 enthält die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben an die Eigenmittel der Kreditinstitute, Band 2 unter anderem die Vorgaben für Großkredite, das Derivategeschäft, Securitisation und vor allem auch Liquiditätsanforderungen. Damit ergibt sich, zusammengefaßt, folgendes Bild: Tatbestandlicher Ausgangspunkt für das Einschreiten der Aufsicht im Krisenfall ist der Begriff der Threshold conditions, hier insbesondere der vierten Condition – der Adequate resources. In Chapter COND 2 wird klargestellt, daß die aufsichtsrechtlichen Vorgaben an Eigenmittel und Liquidität wesentliche Bestandteile der Adequate resources i. S. d. FSMA 2000 bilden; die Vorgaben selbst sind – als rechtlich bindende „Rules“ – im IPRU (Bank) ausführlich beschrieben. Eingriffsbefugnisse der FSA bestehen nach s. 45 FSMA 2000 mithin im Falle der Nichterreichung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben an Eigenmittel und Liquidität, in allen Fällen, in denen unabhängig davon ein Einschreiten der Aufsicht im Kundeninteresse geboten erscheint, und schließlich immer dann, wenn die Gesamtbewertung des Geschäftsbetriebs 191 192 193 194 195

Handbook, COND 2, S. 2.4.2 (2). Vgl. auch M. Blair, in: ders. (Hrsg.), Blackstone’s Guide, S. 83, 87. Dazu oben § 3 sub B. II. 3. Vgl. Handbook, COND 2, S. 2.4.2 (3). Vgl. Handbook, IPRU (Bank), General Note.

1. Abschnitt: § 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I

171

Defizite ergibt. Beispiele für die erste Kategorie enthält die einschlägige s. 3.1 des „Enforcement Manual“ (ENF) des Handbook, die wiederum sehr allgemein gefaßt ist. Der hier vor allem interessierende Unterabschnitt (a) betrifft beispielsweise die Situation, in der „the firm’s material and financial resources appear inadequate for the scale or type of regulated activity it is carrying on“ und bringt damit gegenüber dem bereits Gesagten kaum eine weitere Konkretisierung. Letztlich begründet s. 45 FSMA 2000 also eine weitreichende „Vorfeldkompetenz“ der Aufsicht, auf deren Grundlage bereits frühzeitig bei einer sich abzeichnenden finanziellen Störung eingeschritten werden kann. b) Maßnahmen in dringenden Fällen Besondere Regeln gelten für Maßnahmen in besonders dringenden Fällen. Rechtsgrundlage hierfür ist zwar wiederum grundsätzlich die Vorschrift der s. 45 FSMA 2000, weshalb zunächst die vorstehend im einzelnen untersuchten tatbestandlichen Voraussetzungen gelten. Der Fall besonderer Dringlichkeit wird aber sowohl im Handbook196 als auch im Enforcement Manual197 deutlich vom Regelfall unterschieden, so daß eine gesonderte Behandlung angebracht ist. Dabei ist zunächst freilich zu bemerken, daß die Unterschiede insoweit vor allem verfahrensrechtlicher Natur sind – und damit vor allem im Zusammenhang mit dem jeweils maßgeblichen Verfahrensrecht noch unten im einzelnen darzulegen sein werden. Doch hat die FSA durch die Fassung der im Enforcement Manual veröffentlichten Guidance wohl eindeutig zu verstehen gegeben, daß sie selbst eine auch tatbestandliche Konkretisierung und Abgrenzung gegenüber dem Regelfall anstrebt, der – wie gesehen – sehr allgemein gefaßt ist. ENF Chapter 3, s. 3.5.11, definiert zunächst – offenbar abschließend – zwei Szenarien, in denen die Aufsicht die Ausübung ihrer Kompetenzen nach s. 45 „as a matter of urgency“ in Betracht ziehen wird, und zwar: „where: (1) the information available to [scil. the FSA] indicates serious concerns about the firm or its business that need to be addressed immediately; and (2) circumstances indicate that it is appropriate to use statutory powers immediately to require and/or prohibit certain actions by the firm in order to ensure the firm addresses these concerns.“

In s. 3.5.12 werden sodann Regelbeispiele für derartige Situationen beschrieben: „It is not possible to provide an exhaustive list of the situations that will give rise to such serious concerns, but they are likely to include one or more of the follow196 197

Siehe s. 53(2) FSMA 2000. ENF 3, ss. 3.5.9 ff.

172

2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

ing characteristics: (1) information indicating significant loss, risk of loss or other adverse effects for consumers,[198] where action is necessary to protect their interest; (. . .);[199] (3) evidence that the firm has submitted to the FSA inaccurate or misleading information so that the FSA becomes seriously concerned about the firm’s ability to meet its regulatory obligations; (4) circumstances suggesting a serious problem within a firm or with a firm’s controllers that calls into question the firm’s ability to continue to meet the threshold conditions.“

S. 3.5.13 schließlich benennt – wiederum nicht abschließend – eine Liste von Faktoren, die in die Entscheidung der FSA eingehen werden; dazu gehören: „(1) the extent of any loss, or risk of loss, or other adverse effect on consumers (. . .); (2) the extent to which consumers appear at risk (. . .); (4) the seriousness of any suspected breach of the requirements of the legislation or the rules and the steps that need to be taken to correct that breach (. . .); (5) the financial resources of the firm. (. . .) [The FSA] will (. . .) consider the likelihood of the firm’s assets being dissipated without the FSA’s intervention, and whether the exercise of the FSA’s power to petition for the winding-up of the firm[200] is more appropriate than the use of its own-initiative power [scil. under s. 45]; (7) the risk that the firm’s conduct or business presents to the financial system and to confidence in the financial system (. . .);[201] (8) the firm’s conduct (. . .); (9) the impact that use of the FSA’s own-initiative powers will have on the firm’s business and on its customers.“

Insbesondere diese „Kriterien“ wären zwar zumindest zum Teil nach deutschem Verständnis eher ermessensleitende denn tatbestandsbezogene Konkretisierungsansätze und demgemäß eher im Zusammenhang mit den zulässigen Maßnahmen zu behandeln. Doch nehmen sie zumindest insoweit eine „Zwitterstellung“ ein, als sie die vorgenannten Regelbeispiele aufnehmen und fortführen und mithin auch bereits im Hinblick auf die eigentlichen Eingriffsvoraussetzungen von Bedeutung sind; insbesondere die Gefahr der finanziellen „Ausblutung“ des betroffenen Instituts und die Gefahr für Einleger und das Finanzsystem erscheint in dieser Hinsicht von Bedeutung. Damit wird deutlich, daß die so konkretisierte Befugnis zum verkürzten Verfahren in der Tat als nahezu eigenständiger Eingriffstatbestand bewertet wird, der zwar auf den allgemein durch s. 45 FSMA 2000 vorgegebenen Tatbestandsvoraussetzungen aufbaut, für dessen Eingreifen aber praktisch deutlich höhere Anforderungen gelten werden. Maßnahmen „in urgent cases“ werden damit stets eine gesteigerte Gefahrensituation voraussetzen. Jedenfalls werden darunter auch insolvenzrechtlich relevante Kate198 199 200

Eigene Hervorhebung. Anzeichen für Beteiligung an Finanzdelikten – vorliegend irrelevant. Diese Passage dürfte um die Eröffnung auch der Administration zu ergänzen

sein. 201

Eigene Hervorhebung.

1. Abschnitt: § 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I

173

gorien – Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit – subsumiert werden können, wobei auf das Verhältnis zum Eingreifen des allgemeinen Insolvenzrechts noch einzugehen ist. Doch auch bei besonders schweren Verstößen gegen das Aufsichtsrecht kommt eine Anwendung in Betracht. Das tatbestandliche Verhältnis zwischen der Eilkompetenz nach s. 45 i. V. m. s. 53(3) FSMA 2000 gegenüber der allgemeiner gefaßten Eingriffskompetenz der s. 45, für die in verfahrensrechtlicher Hinsicht s. 53(2)(b) bzw. (c), (4) gelten, entspricht mithin in gewisser Hinsicht – zumindest im Hinblick auf finanzielle Störungen – dem oben für das deutsche Recht ermittelten, zwischen § 45 und §§ 46, 46a KWG bestehenden. Es wird noch im einzelnen zu untersuchen sein, inwieweit sich dies in den Rechtsfolgen widerspiegelt. An dieser Stelle ist zunächst der – sich bereits aus der Regelungstechnik202 ergebende – umfassende Beurteilungsspielraum der FSA festzuhalten, der letztlich auf eine eigenständige Konkretisierung der im Gesetz selbst nur sehr vage formulierten Eingriffstatbestände hinausläuft. 3. Aufhebung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb Auf die Tatbestandsidentität auch der zweiten Alternative der s. 45(2) FSMA 2000 mit den oben diskutierten allgemeinen tatbestandlichen Voraussetzungen für die bloße Änderung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb ist bereits oben sub II. hingewiesen worden, ebenso auf die davon abweichende getrennte Behandlung dieser Alternative durch Chapter ENF 5. Wie für die soeben diskutierten Fälle von Eilmaßnahmen gelten im übrigen auch für die Aufhebung der Erlaubnis andere verfahrensrechtliche Anforderungen.203 Gem. s. 54(1) FSMA 2000 ist eine vorherige Androhung („Warning notice“ bzw. „Decision notice“) erforderlich; auch insoweit enthält das Enforcement manual Ausführungen, die eine Interpretation als eigenständigen Tatbestand durchaus nahelegen. Von Bedeutung ist hier der erste von zwei in ENF, s. 5.5.1 beschriebenen Main circumstances, in denen eine Aufhebung zu erwägen sein wird, nämlich „where the FSA has very serious concerns about a firm, or the way its business is or has been conducted“.204 Insoweit liegt ein Vergleich nahe mit der oben zitierten Regelung in Chapter ENF 3, s. 3.5.11, welche die Voraussetzungen für Eilmaßnahmen nach s. 45 i. V. m. s. 53(3) FSMA 2000 u. a. bei „serious concerns“ vorsieht. Der Eindruck, damit werde ein Stufenverhältnis zwischen beiden Vorschriften begründet, täuscht indes. So ver202

Siehe dazu schon oben § 3 sub B. II. 2. Dazu im einzelnen noch unten § 6 sub C. II. 1. c). 204 Die zweite Alternative erfaßt Fälle des Nichtgebrauchs der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb. 203

174

2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

weist ENF 5, s. 5.5.2 zur näheren Konkretisierung des Begriffs der „very serious concerns“ nicht auf die zitierten Regelbeispiele für die Zulässigkeit von Eilmaßnahmen in s. 3.5.8, sondern rekurriert allgemein auf die eingangs sub a) erwähnten Beispiele nach s. 3.3.2. Vor allem hat die Aufhebung der Erlaubnis trotz im wesentlichen gleicher Tatbestandsvoraussetzungen wie die übrigen (auch die Eil-) Maßnahmen nach s. 45 FSMA 2000 einen grundsätzlich anderen Anwendungsbereich. Wie ENF 5, s. 5.5.5 klarstellt, ist die Aufhebung der Erlaubnis eben wegen der vorerwähnten besonderen Androhungspflicht für vermögenssichernde Eilmaßnahmen nicht geeignet. Voraussetzung für die Aufhebung wird vielmehr im Krisenfall regelmäßig zunächst die vorherige Einschränkung der Erlaubnis sein; die endgültige Aufhebung der Zulassung als „authorised person“ wird dann die Abwicklung beschließen. Schon hier ist darauf hinzuweisen, daß s. 45(3) FSMA 2000 für den Fall des Erlöschens aller Genehmigungen für einzelne Geschäftsbereiche die Aufhebung der Zulassung insoweit zwingend vorschreibt, wenn die Aufrechterhaltung nicht aus anderen Gründen erforderlich ist. Letztlich bleibt es insoweit bei der einfachen Änderung der Erlaubnis als „Vorfeldmaßnahme“ und der Änderung als Eilmaßnahme in besonderen Krisensituationen, während die endgültige Aufhebung der Erlaubnis eine nachrangige Rolle spielt – insofern ähnlich dem deutschen Recht, wo der Schwerpunkt, wie gesehen, auf den Maßnahmen nach §§ 45 ff. KWG statt auf der Aufhebung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb nach § 35 KWG liegt. 4. Vorgehen gegen Angestellte oder Geschäftsleiter Das Vorgehen gegen Angestellte oder Geschäftsleiter eines Kreditinstituts205 nach s. 56 FSMA 2000 („Prohibition order“) ist tatbestandlich vollkommen unabhängig von den soeben diskutierten aufsichtsrechtlichen Krisenbewältigungsmechanismen. Es ist jedoch als ergänzendes und in der Krise jedenfalls als flankierende Maßnahme in Betracht kommendes Instrument gleichwohl hier in den Blick zu nehmen. Angesichts des durchaus einfachen Tatbestands kann sich die Darstellung insoweit freilich auf einen Hinweis auf den Wortlaut der s. 56(1) FSMA 2000 beschränken, der den Tatbestand abschließend definiert: s. 56 „applies if it appears to the Authority that an individual is not a fit and proper person to perform functions in relation to a regulated activity carried on by an authorised person.“ Die Vorschrift hat mithin zwar allgemeiner gefaßte (wiederum durch das Hand205 S. 56 FSMA 2000 nennt allgemein „individuals“, wird aber, wie das darauf zu stützende Verbot der Ausübung bestimmter „Funktionen“ zeigt, auf die Managementebene zu beschränken sein.

1. Abschnitt: § 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I

175

book konkretisierte206), aber im wesentlichen gleichlaufende Voraussetzungen wie § 36 KWG im deutschen Recht. Ein Vorgehen gegen leitende Mitarbeiter kann zudem auf die Befugnis zur sog. Withdrawal of approval nach s. 63 FSMA 2000 gestützt werden. Die Vorschrift steht im Zusammenhang mit den ss. 59 ff. FSMA 2000, wonach die Ausübung leitender Tätigkeiten an eine gesonderte Genehmigung der Aufsicht im Einzelfall gebunden wird, die von der Fachkenntnis, aber auch der Integrität des Betreffenden abhängig ist.207 Die Eingriffskompetenz der s. 63 FSMA 2000 beruht im wesentlichen auf den gleichen tatbestandlichen Voraussetzungen wie jene nach s. 56 FSMA 2000.208 Ihr Anwendungsbereich ist freilich spezifisch auf Geschäftsleiter beschränkt,209 während Prohibition orders auch gegenüber sonstigen Beschäftigten zur Verfügung stehen. Nach der Interpretation durch die FSA ist die Withdrawal of Approval als schärferes Mittel zu bewerten, weil Prohibition Orders weiter und weniger restriktiv gefaßt werden könnten.210 Danach wird auch in tatbestandlicher Hinsicht von einem Stufenverhältnis zwischen beiden Kompetenzen auszugehen sein. In beiden Fällen kann auf Kriterien wie Ehrlichkeit, Integrität und Reputation des Betreffenden, seine Fähigkeiten und ihre Bedeutung für die jeweils ausgeübte Tätigkeit sowie etwaige finanzielle Schwierigkeiten abgestellt werden; stets wird zu prüfen sein, welches Risiko die Umstände konkret für die Sicherheit des jeweiligen Instituts und das Vertrauen in die Sicherheit der Finanzmärkte allgemein bergen.211 Allgemeine „Disciplinary powers“ schließlich sieht s. 66 FSMA 2000 vor. Auf eine vertiefte Behandlung dieser für jede Art von Zuwiderhandlung gegen aufsichtsrechtliche Bestimmungen anwendbaren Regelungen soll hier verzichtet werden.212 206

Vgl. Handbook, ENF 8: Prohibition of individuals. Vgl. Handbook, FIT 2. 208 Vgl. s. 63(1) FSMA 2000: „The Authority may withdraw an approval given under section 59 if it considers that the person in respect of whom it was given is not a fit and proper person to perform the function to which the approval relates.“ 209 Vgl. s. 59 FSMA 2000, wonach die Pflicht zur Einholung eines förmlichen „approvals“ der jeweiligen Person auf solche Personen beschränkt ist, welche eine „controlled function“ (spezifiziert durch die FSA im Handbook, FIT 2.1–2.3 auf der Grundlage der s. 59(3) FSMA 2000) ausüben. 210 Vgl. Handbook, ENF 8, S. 8.4.4. 211 Handbook, ENF 8, s. 8.5.2 (für Prohibition Orders gegenüber Approved Persons i. S. d. S. 59 FSMA 2000), allgemeiner gefaßt, aber wohl im wesentlichen gleichlaufend s. 8.8.2 für Prohibition Orders gegenüber sonstigen Personen. Weitere Kriterien (Schwere der Vorwürfe etc.) s. 8.9.2. 212 Siehe aber – auch zur Abgrenzung gegenüber der Regelung in s. 56 FSMA 2000 – R. v. Financial Services Authority, ex parte Davies and Others, (2003) 11:4 Journal of Financial Regulation and Compliance 386 ff. (C.A.). 207

176

2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung III. Insolvenzrechtliche Eingriffstatbestände

1. Das Verhältnis zu den aufsichtsrechtlichen Eingriffstatbeständen Anders als in Deutschland ist das Antragsrecht für Insolvenzverfahren über Kreditinstitute in England nicht monopolisiert, so daß insoweit grundsätzlich die allgemeinen Regeln über die Antragsberechtigung greifen.213 Bereits mit dem Banking Act von 1979 sind der Aufsicht – zunächst der Bank of England – allerdings zusätzliche Antrags- und Beteiligtenrechte eingeräumt worden, die neben die Rechte der übrigen Verfahrensbeteiligten treten; heute regelt der FSMA 2000 Entsprechendes.214 Die Ausübung dieses Antragsrechts steht im Ermessen der FSA. Das systematische Verhältnis zur Anwendung der genannten Eingriffsbefugnisse weicht dabei vom deutschen Konzept ab. Wie bereits gesehen, lassen sich zwar auch im englischen Recht die Eingriffsbefugnisse im Sinne eines „Stufenverhältnisses“ interpretieren, in dessen Rahmen abgestufte Maßnahmen zur Krisenbewältigung ergriffen werden können. Bereits die Konkretisierung des Rechtsrahmens durch die FSA läßt indes erkennen, daß die Insolvenzeröffnung stärker als im deutschen Recht als Alternative zur Ausübung dieser aufsichtsrechtlichen Kompetenzen und nicht so sehr als „letzter Baustein“ begriffen wird: Die bereits oben (sub II. 2. b)) zitierte s. 3.5.13 des Handbook, Chapter ENF 3, erhellt dies eindeutig, wenn sie die Anordnung von Maßnahmen in dringenden Fällen unter den Vorbehalt stellt, daß nicht „(. . .) the exercise of the FSA’s power to petition for the winding-up of the firm is more appropriate than the use of its own-initiative power.“

Ausdrücklich wird also der Fall erörtert, daß letztlich die nach den einzelnen Eingriffstatbeständen zu treffenden Maßnahmen nicht ausreichen, um der Krise wirksam begegnen zu können. Es wird dann von vornherein die sofortige Einleitung eines Insolvenzverfahrens215 als vorzugswürdig eingestuft. Bereits daraus kann auf ein gegenüber der Rechtslage in Deutschland stärkeres Gewicht der Einleitung eines förmlichen Insolvenzverfahrens auch in einem früheren Stadium der Krise geschlossen werden. 213 Oben sub II. 1 bei und in Fn. 150 (zum Compulsory winding-up), Fn. 164 (für die Administration). 214 Siehe zunächst ss. 359 (Administration), 367 FSMA 2000 (Compulsory winding-up). Die in Umsetzung der EG-Bankeninsolvenzrichtlinie (dazu noch unten § 16) erlassenen Credit Institutions (Reorganisation and Winding up) Regulations 2004 haben diese Rechte nochmals erweitert, vgl. im einzelnen Regulations 8 f. 215 Zwar wird insoweit nur das Verfahren des Winding-up erwähnt. Es dürfte freilich anzunehmen sein, daß auch dann, wenn die Eröffnung einer Administration Vorzüge gegenüber den aufsichtsrechtlichen Maßnahmen verspricht, sogleich eine entsprechende Antragstellung in Betracht gezogen werden wird.

1. Abschnitt: § 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I

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Maßgeblich mitbestimmt wird dieses Verhältnis zudem durch die Art der jeweils zulässigen Sicherungsmaßnahmen: Wenn die Qualität der aufsichtsrechtlichen Maßnahmen insoweit deutlich hinter der Sicherung nach allgemeinem Insolvenzrecht zurückbleibt, wird sich eine stärkere Bedeutung des Insolvenzverfahrens gerade auch aus diesem Grund ergeben; darauf wird noch zurückzukommen sein. Festzuhalten bleibt einstweilen, daß mit der Bedeutung des allgemeinen Insolvenzverfahrens nicht zuletzt auch die Frage an Gewicht gewinnt, ob sich die dafür vorgesehenen Eröffnungsverfahren für den raschen Zugriff eignen. Je dynamischer die Situation ist, in der es zur Verfahrenseinleitung kommt, je weniger es sich dabei um die „Endstufe“ eines abgestuften Eingriffskonzeptes handelt, das die Entwicklung bereits abgebremst und beruhigt hat, je mehr die Verfahrenseinleitung vielmehr selbst Bestandteil dieses Eingriffskonzeptes ist, desto stärker müssen die dafür geltenden Bestimmungen, muß die Anwendung in der Praxis den oben formulierten Anforderungen an Flexibilität und Effektivität Rechnung tragen. 2. Compulsory winding-up – ss. 122(1), 123 Insolvency Act 1986; 367(3), (4) FSMA 2000 Grundtatbestand für die Einleitung des Insolvenzverfahrens des Compulsory winding-up ist s. 122(1) Insolvency Act 1986. Danach findet das Winding-up by the court statt, wenn einer aus einer Reihe näher spezifizierter Gründe vorliegt, von denen vorliegend in erster Linie allerdings nur die beiden letzteren von Interesse sind: „(f) the company is unable to pay its debts, [or] (g) the court is of the opinion that it is just and equitable that the company should be wound up.“

Wieder aufgegriffen wird dieser Tatbestand in s. 367(3) FSMA 2000, der – insoweit entsprechend den Vorgängerregelungen in den Banking Acts 1979 und 1987216 – die Verfahrenseinleitung auf Antrag der FSA unter denselben Bedingungen zuläßt. Insoweit könnte angenommen werden, daß der FSMA 2000 als lex specialis die allgemeine Regel der s. 122(1) Insolvency Act 1986 verdrängte. Dagegen spricht aber wohl eindeutig, daß das Aufsichtsrecht lediglich die Antragsbefugnis der FSA regelt, die Insolvenzgründe bei Anträgen des insolventen Unternehmens selbst oder seiner Gläubiger dagegen offenläßt. Richtigerweise ist daher davon auszugehen, daß s. 367(3) FSMA 2000 lediglich die weiteren Antragsgründe nach s. 122(1) Insolvency Act 1986 (u. a. Nichtausübung des Geschäftsbetriebs) für den Fall eines Antrags durch die FSA ausschließen will. Dafür spricht auch, daß sich diese weiteren Antragsgründe wohl weitgehend mit den vorer216

Vgl. ss. 18(1) Banking Act 1979, 92(1) Banking Act 1987.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

wähnten Voraussetzungen für die Aufhebung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb decken und die FSA also dann, wenn sie Handlungsbedarf insoweit erkennt, bereits aufgrund Aufsichtsrechts einschreiten kann, während die weitere gesellschaftsrechtlich wirksame Auseinandersetzung sodann durch das Unternehmen selbst abzuwickeln ist.217 Ohnehin dürften derartige Fallkonstellationen kaum je praktische Bedeutung erlangen. a) Inability to pay debts Die Inability to pay debts i. S. d. s. 122(1)(f) Insolvency Act 1986 wird näher konkretisiert durch die Bestimmung der s. 123(1), die voraussetzt, daß entweder eine förmliche Zahlungsaufforderung mit Fristsetzung bei einer Summe von über £ 750 fruchtlos geblieben ist (Alt. (a), sog. „statutory demand“), die Vollstreckung eines rechtskräftigen Titels den Gläubiger ganz oder teilweise nicht befriedigt hat (Alt. (b)), oder anderweitig („to the satisfaction of the court“) nachgewiesen wird, „that the company is unable to pay its debts as they fall due“ (Alt. (e)).218 Alternativ dazu liegt nach s. 123(2) die Inability to pay debts auch dann vor, „if it is proved to the satisfaction of the court that the value of the company’s assets is less than the amount of its liabilities, taking into account its contingent and prospective liabilities.“ Der Tatbestand der Inability to pay debts umfaßt damit sowohl den Fall der Zahlungsunfähigkeit, die nach den verschiedenen Alternativen der s. 123(1) nachgewiesen werden kann (sog. „cash-flow test“219), als auch die Überschuldung (s. 123(2), sog. „balance-sheet test“220). Daß der Nachweis der jeweiligen Voraussetzungen eine unwiderlegliche Vermutung begründet,221 sollte dabei nicht darüber hinwegtäuschen, daß – jedenfalls außerhalb der leicht nachweisbaren222 Fälle von Statutory demands – erheblicher 217 In Betracht kommt in einem solchen Fall freilich eine nachträgliche Antragstellung durch die FSA aufgrund der s. 122(1)(g) Insolvency Act 1986; vgl. zu einem solchen Fall noch unten sub b) Fn. 238. 218 Alt. (c) regelt den Sonderfall der Nichtzahlung auf fällige Verpflichtungen aus bestimmten Sicherheiten schottischen Rechts bzw. Wertpapieren; Alt. (d) den Fall eines „certificate of unenforceability“ unter dem in Nordirland geltenden Recht; beide Tatbestände sind vorliegend ohne Belang. 219 Vgl. etwa Goode, Principles, S. 67 ff. 220 Goode, ebd. 221 Vgl. s. 123(1) Insolvency Act 1986: „A company is deemed unable to pay its debts (. . .)“. 222 Vgl. hierzu etwa Fletcher, Rn. 20-010 ff. Es besteht Unklarheit darüber, ob das Gericht auf Antrag des Schuldners ggf. eine Satutory demand für unwirksam erklären kann: vgl. Rajani, Tz. C.522, S. 163 unter Berufung auf Re Janeash [1990] BCC 250 (dort allerdings nur implizit für zulässig befunden und in concreto abge-

1. Abschnitt: § 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I

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Beurteilungsspielraum des Gerichts besteht, zu dessen „satisfaction“ der Nachweis der Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit geführt sein muß. Zudem schreibt s. 122(1) Insolvency Act 1986 nicht vor, daß bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen223 eine Winding-up order erlassen werden muß, sondern lediglich, daß sie möglich ist („A company may be wound up (. . .)“). Während der Tatbestand der Überschuldung auch unter englischem Recht keine besonderen Schwierigkeiten bei der Anwendung auf insolvente Kreditinstitute aufwirft, erscheint auch hier auf den ersten Blick die Anwendbarkeit des Kriteriums der Zahlungsunfähigkeit problematisch.224 Auch der diesbezügliche Wortlaut der s. 123(1)(e) Insolvency Act 1986 stellt im Prinzip auf die Fälligkeit der Forderungen ab („as they fall due“) und müßte daher bei wortlautgetreuer Auslegung letztlich jedes Kreditinstitut als „zahlungsfähig“ im Sinne dieser Bestimmung erscheinen lassen. Allerdings haben die Gerichte den ihnen eröffneten Beurteilungsspielraum insoweit stets zu einer umfassenden Lagebewertung genutzt, die jeweils eine den wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten Rechnung tragende, sachgerechte Lösung ermöglicht hat. Ein anschauliches Beispiel hierfür bietet der Fall Re Goodwin Squires Ltd.,225 die Insolvenz eines unter dem Banking Act 1979 zugelassenen Instituts, bei der die Insolvenzeröffnung nicht lediglich auf den Umstand der „Zahlungsunfähigkeit“ im technischen Sinne, sondern auf eine umfassende Bewertung des Geschäftsbetriebs gestützt wurde. Erst diese führte letztlich zum Eindruck, daß das betreffende Unternehmen nicht überlebensfähig und ein Insolvenzverfahren daher unausweichlich war. Ähnlich anschaulich sind die Fälle Re Craven Insurance Co. Ltd.226 und Re lehnt) gegen Fletcher, Rn. 20-011, der sich auf die (an sich lediglich den Fall der Personal Bankruptcy erfassenden) Insolvency Rules 6.1–6.5 stützt. Fletcher verweist jedoch als Alternative auf eine Injunction des Schuldners gegen die Antragstellung durch den Gläubiger für den Fall, daß Streit und Unklarheit bezüglich der Solvenz besteht (ebd. unter Verweis u. a. auf Re A Company (No. 0012209 of 1991) [1992] 2 All E.R. 797). In jedem Fall führt mithin auch die Nichtzahlung auf Statutory demand nicht zwingend zur Verfahrenseröffnung. 223 Einschließlich der Statutory demand, vgl. dazu außerdem soeben Fn. 222. 224 Vgl. erneut Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 271: „(. . .) the conception of solvency as an ability to settle immediately all debts currently due (. . ..) is unsatisfactory in the case of banking institutions, whose role as intermediaries depends on maturity transformation, i. e. the transformation of short-term deposit resources into longer-term earning assets, whose immediate realisation may be economically and legally impossible. Essentially, banking involves the practical ability to meet repayment demands as they are actually made in normal circumstances, not the theoretical ability to repay the full deposit base of the institution immediately.“ Siehe bereits oben sub B. III. 2. 225 The Times, 22.3.1983 (Ch.D.). 226 [1968] 1 W.L.R. 675.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Capital Annuities Ltd.,227 in denen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen von Versicherungsunternehmen trotz festgestellter „technischer“ Zahlungsunfähigkeit jeweils verweigert wurde. Im erstgenannten Fall war festgestellt worden, daß eine „konkrete Aussicht“ auf ein baldiges Ende der Liquiditätsprobleme bestand. Im zweiten wurde entschieden, die bloße Feststellung der Fristeninkongruenz der maßgeblichen Verbindlichkeiten reiche keineswegs, wenn nicht bereits konkrete Anhaltspunkte vorhanden seien, wonach mit der tatsächlichen Einforderung der Verbindlichkeiten durch die Gläubiger (hier: Versicherungsnehmer) zu rechnen sei. Auch außerhalb von Insolvenzen auf dem Finanzsektor streben die Gerichte jeweils eine „realistische Bewertung“228 der finanziellen Situation an, die eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zugrundelegt.229 In der Praxis bereitet somit auch die Subsumtion unter das Kriterium der Zahlungsunfähigkeit letztlich keine Probleme. Bei Antragstellung durch Dritte wird im Regelfall nur die konkret belegbare Nichtzahlung auf eine unbestrittene Forderung zur Verfahrenseinleitung genügen,230 nicht dagegen die bloße Behauptung, es werde demnächst zur Zahlungseinstellung kommen, die lediglich das Unternehmen selbst bzw. die FSA substantiieren könnte. Entsprechendes regelt nunmehr s. 367(4) FSMA 2000, wonach Inability to pay debts (auch) vorliegt, wenn das betreffende Unternehmen „(. . .) is in default on an obligation to pay a sum due and payable under an agreement, (. . .)“.231

Auf die vorgenannten Grundsätze hat sich nunmehr im wesentlichen auch die FSA in ihrem „Handbook“ festgelegt (und damit die bisherige Praxis bestätigt232). Danach wird sie etwaigen Anträgen auf Insolvenzeröffnung folgende Überlegung zugrundelegen: „(. . .) the FSA would not ordinarily petition for a compulsory winding up order solely on the ground of inability to pay debts (as provided in [scil. s. 367(3) of the] Act), unless it believes that the company (. . .) is or is likely to be insolvent.“233 227

[1978] 3 All E.R. 704. Goode, Principles, S. 80. 229 Ebd., S. 80 f. m. w. N. zur Rechtsprechung. 230 Vgl. Re Globe New Patent Iron and Steel Co. (1875) L.R. 20 Eq. 337; Cornhill Insurance plc. v. Improvement Services Ltd. [1986] 1 W.L.R. 114; Taylors Industrial Flooring Ltd. v. M. & H. Plant Hire (Manchester) Ltd. [1990] BCLC 216; siehe auch Fletcher, Rn. 20-016 f. 231 „Agreement“ i. S. dieser Bestimmung meint nach der Definition in s. 367(5) FSMA 2000 „an agreement the making or performance of which constitutes or is part of a regulated activity carried on by the body“. 232 Auch unter den Banking Acts kamen allein auf Zahlungsunfähigkeit gestützte Anträge nicht vor, vgl. anschaulich etwa In re Goodwin Squires Securities, The Times, 22.3.1983 (dazu bereits soeben bei und in Fn. 225); Re Bank of Credit and Commerce International [1992] BCLC 570. 228

1. Abschnitt: § 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I

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Im Hinblick auf die zitierte Regelung der s. 367(4) FSMA 2000 schränkt die FSA ihr Ermessen ausdrücklich ein: „While a default on a single agreement of the type mentioned [scil. in s. 367(4)] is, under the Act, a presumption of an inability to pay debts, the FSA will consider the circumstances surrounding the default. In particular, the FSA will consider whether: (a) the default is the subject of continuing discussion between the company (. . .) and the creditor, under the relevant agreement, which is likely to lead to a resolution; (b) the default is an isolated incident; (c) in other respects the company (. . .) is meeting its obligations under agreements of this kind; and (d) the FSA has information to indicate that the company (. . .) is able to pay its debts or, alternatively, that in addition to the specific default the company (. . .) is in fact unable to pay its debts.“234

Die Entscheidung über die Antragstellung wird darüber hinaus abhängig gemacht von einer umfassenden Lagebewertung, die u. a. einerseits die vom betreffenden Unternehmen selbst in die Wege geleiteten Maßnahmen zur Wiederherstellung finanzieller Sicherheit und mögliche Lösungen durch lediglich aufsichtsrechtliche Eingriffe berücksichtigen wird, andererseits aber auch potentielle Auswirkungen eines Scheiterns solcher Bemühungen auf Kunden und (internationale) Finanzmärkte.235 Im Ergebnis läßt sich daher mit einiger Berechtigung vermuten, daß die bisherige Rechtsprechung zur Auslegung der s. 123 Insolvency Act 1986 von den Änderungen im Rechtsrahmen für die Finanzaufsicht durch Einführung des Financial Services and Markets Act 2000 unberührt bleiben wird. Die FSA hat in ihrem Handbook zwar umfassende Konkretisierungsansätze für die Ausübung ihres Antragsrechts formuliert. Sie hat damit aber den Rahmen derjenigen Faktoren nicht überschritten, die auch die Rechtsprechung zum Insolvenzrecht in ihre Abwägung der wirtschaftlichen Gesamtumstände eines insolventen Instituts einstellt. Gleiches gilt für die neu eingeführte Bestimmung der s. 367(4) FSMA 2000. b) Verfahrenseröffnung „just and equitable“ Weniger klar umrissen sind die gesetzlichen Vorgaben für die Anwendung der s. 122(1)(g) Insolvency Act 1986, welche die Verhängung einer Winding-up order in das Ermessen des Gerichts stellt, wenn die Verfahrenseröffnung diesem „just and equitable“ erscheint. Bei Nichtbankenunterneh233

Handbook, ENF 10, s. 10.6.1, sub (3). Handbook, ENF 10, s. 10.6.1, sub (4). Bei einem Kreditinstitut wird allerdings schon die bloße Zahlungsstockung regelmäßig Anzeichen für die Zahlungsunfähigkeit sein und mithin Anlaß zum Einschreiten geben, siehe bereits oben sub B. II. 2. a) bb) (e) (2) zur gleichgelagerten Frage im deutschen Recht. 235 Vgl. im einzelnen Handbook, ENF 10, s. 10.6.3. 234

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

men wendet die Rechtsprechung diesen Tatbestand durchaus flexibel und nicht lediglich in Insolvenzfällen i. e. S. an.236 Fälle undurchsichtiger und krimineller Geschäftspraktiken, grundlegende Uneinigkeit zwischen den Gesellschaftern und andere schwerwiegende Unregelmäßigkeiten sind Beispiele für die Anwendung der bereits sehr alten Regelung,237 die an sich eher Strafcharakter hat als der insolvenzförmigen Haftungsverwirklichung dient. Damit bietet das englische Recht eine interessante Handhabe, im öffentlichen Interesse gegen Unternehmen vorzugehen, deren Charakter als nicht akzeptabel und ggf. gefährlich empfunden wird – die Ausübung der Vorschrift weist insoweit deutliche Parallelen mit der Ratio der Bankenaufsicht auf, verläßt sich aber, anders als diese, eher auf die punktuelle Initiative von Marktteilnehmern denn auf die dauernde Überwachung. Gerade aus dieser Parallele folgt indes, daß die Bestimmung für Bankeninsolvenzen von geringerer Bedeutung sein dürfte als im „Normalfall“: Weil mit der Bankenaufsicht ein mit umfassenden, wesentlich spezielleren Eingriffsbefugnissen ausgestatteter „Wächter“ über das Wohlverhalten der beaufsichtigten Institute zur Verfügung steht, der relativ frühzeitig gegen Mißstände einzuschreiten bestrebt sein wird, bedarf es weniger des Rückgriffs auf das scharfe Schwert der Winding-up als Ausdruck öffentlicher Mißbilligung. In der Vergangenheit ist in Finanzdienstleistungsunternehmen betreffenden Verfahren, wenn überhaupt, diese Tatbestandsalternative dementsprechend eher kumulativ als alternativ zu den „klassischen“ Insolvenzgründen herangezogen worden.238 Dabei dürfte es auch künftig bleiben und die Bestimmung der s. 122(1)(g) Insolvency Act 1986 lediglich als zusätzliches Kriterium für die Antragstellung bei Bankeninsolvenzen herangezogen werden, auch wenn das Handbook239 diese Einschätzung nicht bestätigt. Gegen Gesetzesverstöße außerhalb insolvenzrechtlich relevanter Tatbestände wird nach wie vor in erster Linie aufgrund Aufsichtsrechts vorgegangen werden.240 236

Vgl. auch Fletcher, Rn. 20-008. Vgl. Rajani, Tz. C5.26 m. w. N. 238 Vgl. z. B. Re Bank of Credit and Commerce International [1992] BCLC 570 (Antrag gestützt auf das „öffentliche Interesse“ und auf Inability to pay debts); siehe auch SIB v. Lancashire and Yorkshire Portfolio Management Ltd. [1992] BCC 381 (ebenso). In der Entscheidung In re Walter L. Jacob and Co. Ltd., The Times, 29.12.1988 (C.A.), S. 27, war der Antrag auf Eröffnung des Verfahrens zwar ausschließlich auf s. 122(1)(g) Insolvency Act 1986 gestützt worden, doch lagen besondere Umstände insofern vor, als die betroffene Wertpapierfirma ihren Geschäftsbetrieb bereits eingestellt hatte. Das Verfahren diente mithin lediglich der Abwicklung des Unternehmens. Mit der hier interessierenden Konstellation einer Antragstellung in der Finanzkrise weist dieser Sachverhalt keine Gemeinsamkeiten auf. 239 Vgl. Handbook, ENF 10, s. 10.6.6. 240 So auch Finch, (2002) 5 Insolvency Law Journal 157, 159 ff. 237

1. Abschnitt: § 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I

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3. Administration – ss. 8(1), 123 Insolvency Act; 359(1), (3) FSMA 2000 Die Voraussetzungen für die Einleitung einer Administration basieren weitgehend auf den Vorschriften über das Winding-up by the court: Gem. s. 8(1)(a) Insolvency Act 1986241 ist erforderlich, „that the company is or is likely to become unable to pay its debts“. Zur Auslegung des Begriffs der Inability to pay debts wird die oben erörterte Vorschrift der s. 123 Insolvency Act 1986 in s. 8(1)(a) Insolvency Act242 ausdrücklich in Bezug genommen, so daß insoweit auf die vorstehenden Äußerungen verwiesen werden kann. S. 359(3), (4) FSMA 2000 trifft eine mit s. 367(4), (5) inhaltsgleiche Regelung zur Bestimmung der Inability bei tatsächlicher Nichtzahlung von Forderungen aus einem Agreement. Auch insoweit gilt das oben Gesagte entsprechend. Der Tatbestand beider Regelungskomplexe ist indessen nicht völlig identisch. Eine wichtige Erweiterung findet sich in s. 8(1)(a) Insolvency Act 1986. Danach ist eine Administration order – anders als das Winding-up – nicht lediglich zulässig bei tatsächlichem Vorliegen der Inability to pay debts, sondern auch bereits dann, wenn deren Eintritt nach Einschätzung des Gerichts lediglich wahrscheinlich ist. Der erforderliche Grad der Überzeugung ist freilich unklar.243 Konkrete Anhaltspunkte für die anzustellende Prognoseentscheidung fehlen, doch wird immerhin die Absicht des Gesetzgebers durchaus deutlich, Fälle schon zu einem Zeitpunkt „abzufangen“, in dem die finanzielle Schwäche des betreffenden Unternehmens dessen Lage noch nicht als völlig aussichtslos erscheinen läßt. Die Ratio der Vorschrift ist damit jener des durch die deutsche Insolvenzrechtsreform eingeführten Tatbestands der „drohenden Zahlungsunfähigkeit“ (§ 18 InsO) ähnlich.244 Die Administration kann mithin zu einem früheren Zeitpunkt angeordnet werden als das Winding-up.245 Mit dem Enterprise Act 2002 wird neben der gerichtlich erlassenen Administration order die Möglichkeit für Sicherungsnehmer von Floating char241

Entspr. Sch. B1, para. 11(a) Insolvency Act 1986 i. d. F. des Enterprise Act

2002. 242 Bzw. nunmehr durch Sch. B1, para. 111(1), letzter Spiegelstrich, Insolvency Act 1986 i. d. F. des Enterprise Act 2002. 243 Vgl. Goode, Principles, S. 285 f.: „It is thought on the one hand this does not require that insolvency be likely to occur in the immediate future but that on the other a distant prospect is to be disregarded. Perhaps ‚fairly soon‘ best captures the underlying idea.“ 244 Siehe dazu schon oben sub B. III. 2 b) bei und in Fn. 135. 245 Was freilich insofern relativiert wird, als – wie gesehen – auch bei der Feststellung der tatbestandlichen Voraussetzungen ein erheblicher Beurteilungsspielraum des Gerichts besteht.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

ges geschaffen, selbst einen Administrator zu ernennen.246 Entsprechend den obigen Ausführungen zur Bedeutung von Floating charges für die Bankeninsolvenz,247 ist die Anwendung dieser Neuregelung im vorliegenden Kontext allerdings kaum wahrscheinlich, so daß auf eine Auseinandersetzung hiermit verzichtet werden kann. Einschränkend gegenüber dem Anwendungskreis der Winding-up wirkten bislang die Voraussetzungen nach s. 8(1)(b), (3) Insolvency Act 1986, die – wie bereits einleitend angedeutet – das Verfahren nur dann gestatteten, wenn einer von vier abschließend definierten Zwecken erreichbar erscheint, und zwar nach subsection (3): „(a) the survival of the company, and the whole or any part of its undertaking, as a going concern; the approval of a voluntary arrangement under Part I; (c) the sanctioning under section 425 of the Companies Act of a compromise or arrangement between the company and any such persons as are mentioned in that section;[248] and (d) a more advantageous realisation of the company’s assets than would be effected on a winding up.“

In Umsetzung des Reformziels einer Stärkung der Administration als Instrument der verfahrensförmigen Sanierung sind diese gesetzlichen Verfahrenszwecke nunmehr durch den Enterprise Act 2002 neuformuliert und ist das Sanierungsziel als vorrangig aufgewertet worden. Die Zahl der Verfahrensziele ist auf drei reduziert worden; es gilt nunmehr folgende Reihenfolge: „(a) rescuing the company as a going concern, or (b) achieving a better result for the company’s creditors as a whole than would be likely if the company were wound up (wihout first being in administration), or (c) realising property in order to make a distribution to one or more secured or preferential creditors“.249

Das letztgenannte Ziel ergibt sich ersichtlich aus der nunmehr vollzogenen, weitgehenden Zusammenführung der Administrative receivership als Instrument der Durchsetzung von Einzelinteressen mit dem Kollektivverfahren der Administration. Vorliegend ist dieses Verfahrensziel weniger von Belang. Neu ist die ausdrückliche Festlegung der Aufgaben des Administrators auf das Sanierungsziel; nur wenn dieses nicht erreichbar ist oder wenn eine (teilweise) Liquidation für die Gesamtheit der Gläubiger günstig ist, darf auf Sanierungsbemühungen abgewichen werden.250 246

Siehe Sch. B1, para. 14 Insolvency Act 1986. Siehe nochmals oben sub B. I. 2. b) im Zusammenhang mit der Administrative receivership. 248 Vgl. dazu und zur vorgenannten Alt. (b) schon oben sub I. 2. d). 249 Sch. B1, para. 3(1) Insolvency Act 1986 i. d. F. des Enterprise Act 2002. 250 Siehe Sch. B1, para. 3(3) Insolvency Act 1986 i. d. F. des Enterprise Act 2002; erst wenn auch diese Ziele nicht erreichbar sind, darf der Administrator gem. para. (4) derselben Vorschrift die gesicherten Gläubiger befriedigen. 247

1. Abschnitt: § 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I

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Hinsichtlich der Erreichbarkeit des Verfahrensziels ist nach wie vor eine Prognoseentscheidung erforderlich. Die wohl h. M. zum bisherigen Recht interpretiert den erforderlichen Grad der Überzeugung unter Verweis auf den Wortlaut251 als gering,252 wobei die Praxis unterschiedliche Maßstäbe anlegt: Zum Teil wird gefordert, die Zweckerreichung müsse „more likely than not“ bzw. „probable“ sein (also „wahrscheinlich“ in wörtlicher Übersetzung);253 nach einer anderen Entscheidung soll es dagegen ausreichen, wenn ein „real prospect“ für die Erreichbarkeit eines der Ziele vorliegt.254 Spätere Urteile haben sich der zweiten Definition angeschlossen;255 es dürfte sich insoweit ein einheitlicher Maßstab in der Rechtsprechung entwickeln.256 Damit kommt eine Administration order über das Vermögen von Kreditinstituten vor allem dann in Betracht, wenn entweder konkrete Anhaltspunkte für die Möglichkeit einer insolvenzförmigen Sanierung oder einer günstigeren Verwertung des Vermögens als im Falle des Winding-up vorliegen. Wie noch zu zeigen sein wird,257 ist insbesondere letzteres bei Kreditinstituten aufgrund größerer Flexibilität der Verfahrensgestaltung regelmäßig der Fall. Im Handbook führt die FSA zunächst aus, ein Antrag auf Administration auf der Basis der s. 359(1) FSMA komme lediglich in Betracht, wenn eines der gesetzlichen Verfahrensziele erreichbar scheine.258 Sodann werden zusätzliche Faktoren bezeichnet, die in die Entscheidung einfließen werden.259 Dazu zählen – insoweit wiederum den gesetzlichen Tatbestand konkretisierend – mögliche Vorteile für die Gläubiger, insbesondere die Einleger, sowie die Sanierungsfähigkeit.260 Andererseits seien aber auch etwa vorangegangenes Fehlverhalten der Geschäftsführung, deren Kooperationswille oder Fälle unübersichtlicher Sachverhalte in die Bewertung einzustellen.261 251 Anders als nach subsection (a), wonach das Gericht vom Vorliegen überzeugt („satisfied“) sein muß (siehe dazu oben im Text), ist hinsichtlich der Erreichbarkeit eines der gesetzlichen Ziele der Administration erforderlich, „that the court considers that the making of an order under this section would be likely to achieve one of the purposes“ (eigene Hervorhebungen). 252 Vgl. zunächst Fletcher, Rn. 16-011 ff.; Goode, Principles, S. 286 f.; Rajani, Tz. B2.1, S. 53 ff. 253 Re Consumer and Industrial Press Ltd. [1988] BCLC 177, per Gibson J. 254 Re Harris Simons Construction Ltd. [1989] 1 W.L.R. 368, per Hoffmann J. 255 Siehe z. B. Re Primlaks (U.K.) Ltd. [1989] BCLC 734; Re S.C.L. Building Services Ltd. [1990] BCLC 98 (Ch. D.); Re Rowbotham Baxter Ltd. [1990] BCLC 397 (Ch. D.); Re Land and Property Trust Co. plc [1991] BCC 446. 256 Vgl. Fletcher, Rn. 16-012. 257 Siehe dazu unten § 13 sub C. III. 2. 258 Handbook, ENF 10, s. 10.6.5 sub (2) a. E. 259 A. a. O. sub (3). 260 Vgl. ebd., Alternativen (a)–(d).

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Zumindest für Banken erscheinen die letztgenannten Erwägungen allerdings nicht unproblematisch. Ohne daß dies ausdrücklich festgestellt würde, deuten sie darauf hin, daß die Administration nach dem Verständnis der FSA eher ausscheiden dürfte, wenn entsprechendes Fehlverhalten vorliege, das sich für das Verfahren als hinderlich erweisen könnte. Damit würde jedoch eine Einschränkung vorgenommen, die sich weder mit dem Wortlaut noch mit der Ratio der s. 8(1), (3) Insolvency Act 1986 vertrüge. Die Anordnung einer Administration ist nicht, jedenfalls nicht ausschließlich konzipiert als „Belohnung“ für ein redliches Unternehmen, dem der Weg in die insolvenzförmige Sanierung ermöglicht werden soll. Dies belegt eindeutig das Verfahrensziel der vorteilhaften Verwertung des Unternehmens als ganzes anstatt der Zerschlagung im Rahmen der Liquidation durch Windingup. Diese ist unter Aufsicht eines Administrators regelmäßig selbst dann grundsätzlich denkbar, wenn organisatorische Mißstände und/oder sonstiges Fehlverhalten der Geschäftsführung zur Insolvenz geführt haben, so daß gleichwohl ein gesetzlicher Zweck der Administration erreichbar sein wird. Ein Beispiel hierfür ist der (freilich noch unter dem Banking Act 1987 entschiedene, aber insoweit gleichlaufende) Fall der Mount Banking Corporation, in dem die Bank of England als damals zuständige Aufsichtsbehörde der Geschäftsleitung die Tätigkeit untersagt hatte, sodann einen Antrag auf Eröffnung des Verfahrens der Winding-up stellte, aber dann gleichwohl der „Umstellung“ des Verfahrens auf die Administration zustimmte, obwohl fraglich erschien, ob das Unternehmen ohne seine Geschäftsleiter selbständig weitergeführt werden konnte.262 Sollte die FSA – was abzuwarten bleibt – die enge Auslegung vertreten, welche die oben zitierten Passagen im Handbook nahelegen, wäre dies mithin nicht nur eine unnötige Beschränkung des gesetzlichen Anwendungsbereichs der Administration, sondern auch eine Abweichung von der früher unter dem Banking Act 1987 üblichen Praxis. 4. Sonderprobleme der Verfahrenseinleitung Das stärkere Gewicht der Einleitung eines Insolvenzverfahrens als Mittel zur Krisenbewältigung im englischen Recht, vor allem aber auch der Umstand, daß die Entscheidung über die Verfahrenseröffnung eben nicht bei der Aufsichtsbehörde konzentriert ist, werfen die bereits angedeutete Frage 261

Vgl. insbesondere ebd., Alternativen (e), (h) (i) und (k). Vgl. hierzu Mount Banking Corporation Ltd. (in administration) v. The Governor and Company of the Bank of England, Entscheidung des Banking Tribunal v. 13.10.1993 (unveröffentlicht), Tz. 67–69 der Gründe, und dazu Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 241; siehe in einem ähnlichen Fall auch R. v. Bank of England (ex parte Mellstrom), [1995] C.O.D. 161 (Q.B.). 262

1. Abschnitt: § 5 Der Eintritt in die Krisenbewältigung I

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nach den Auswirkungen dieser Konzeption auf die Wirksamkeit des dadurch erstrebten Zugriffs auf das Vermögen des betroffenen Kreditinstituts auf. Wie gesehen, kann die Verfahrenseinleitung – und damit auch die Verfahrenswahl – auf dem Antrag eines oder mehrerer Gläubiger, der insolventen oder insolvenzbedrohten Bank selbst und schließlich der Aufsicht beruhen. Die Bankenaufsicht ist in diesem System nicht „Herrin des Verfahrens“, sie ist lediglich Verfahrensbeteiligte. Verzögerungen aufgrund verfahrensrechtlicher Abstimmungsprobleme sowie der stets gegebenen Notwendigkeit einer richterlichen Entscheidung über die Eröffnung in einer oft recht dynamischen Verfahrenslage, aber auch – vor allem im Falle mißbräuchlicher Insolvenzanträge durch Dritte – unbegründete Eröffnungsverfahren als negatives „Signal“ an die Öffentlichkeit mit möglichen verheerenden Auswirkungen auf das Vertrauen der Einleger und anderer Gläubiger in eine an sich durchaus „gesunde“ Bank lassen sich als mögliche Schwachpunkte dieser Konzeption denken. a) Anträge Dritter Weil dem einzelnen Gläubiger die finanzielle Situation des betreffenden Kreditinstituts nicht zugänglich ist, dürften Anträge Dritter regelmäßig auf den Erlaß einer Winding-up order aufgrund einer tatsächlichen oder behaupteten Zahlungsunfähigkeit gerichtet sein. Die Administration wird dagegen nach bisherigem Recht schon deshalb ausscheiden, weil ein privater Gläubiger kaum die Erreichbarkeit eines der gesetzlichen Zwecke substantiiert wird vortragen können. Unter neuem Recht dürfte es trotz der nunmehr für bestimmte Sicherungsnehmer eröffneten Möglichkeiten, einen Administrator zu ernennen, im wesentlichen bei diesem Ergebnis bleiben, da die Winding-up petition, weil auf ein Liquidationsverfahren abzielend, jedenfalls das potentiell schwerere Druckmittel darstellt und unproblematisch verfügbar ist. Die für die Ernennung eines Administrator in Betracht kommenden Gläubigergruppen werden hingegen regelmäßig kaum zu einem Zeitpunkt zur verfahrensförmigen Durchsetzung ihrer Sicherungsrechte schreiten, in dem nicht bereits die Aufsicht Kenntnis von der Krise erlangt und Gegenmaßnahmen getroffen hätte. Bedeutsam ist vor allem die Situation, in welcher das Kreditinstitut eine konkrete, eventuell bestrittene Forderung nicht erfüllt und der vermeintlich Begünstigte die Einleitung des Insolvenzverfahrens als Druckmittel gegenüber dem Institut einsetzt. Auch hier muß die Antragsberechtigung zunächst durch den Antragsteller – durch Abgabe eines sog. Affidavit (einer Art eidesstattlicher Versicherung) – dargetan und müssen die Gründe spezifiziert werden, auf welche sich der Antrag stützt, wobei die Anforderungen an die Vortragslast bei Anträgen auf Anordnung der Administration deutlich wei-

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

tergeht.263 Während das Affidavit als prima facie-Beweis für das Vorliegen des behaupteten Insolvenzgrundes gewertet wird,264 hat das betroffene Kreditinstitut selbstverständlich die Möglichkeit, sich dagegen zu verteidigen. Im Falle der praktisch vor allem relevanten Winding-up petition geschieht dies durch Affidavit in opposition des Kreditinstituts, und zwar vor dem ersten Hearing.265 Die Verfahrenseinleitung wird deshalb lediglich dann überhaupt denkbar sein, wenn der Dritte sich tatsächlich auf eine Nichtzahlung im konkreten Fall berufen kann. Auch in diesem Fall wird zudem regelmäßig „suitable and credible evidence“266 hinsichtlich des Bestehens und der Durchsetzbarkeit der fraglichen Forderung verlangt werden; wiederholt haben die Gerichte Anträge zurückgewiesen und dem Antragsteller sämtliche angefallenen Kosten aufgebürdet, wenn die behaupteten Forderungen nicht oder nicht durchsetzbar bestanden.267 Nach allem dürften mißbräuchliche Verfahrensanträge selten über das Frühstadium der Entscheidungsphase hinaus gelangen. Tatsächlich bestehende Forderungen wird das betroffene Kreditinstitut dagegen, schon um öffentliche Zweifel an der Zahlungsfähigkeit und damit eine unkontrollierbare Entwicklung zu vermeiden, gewissermaßen „bis zum letzten Moment“ zu erfüllen suchen – in diesem Moment wird aber auch die Aufsicht im Regelfall längst bilanzielle Störungen erkannt und Gegenmaßnahmen ergriffen haben. In der Rechtspraxis kommen mißbräuchliche, als „Drohmittel“ eingesetzte Insolvenzanträge Dritter über das Vermögen von Kreditinstituten dementsprechend zwar offenbar nicht selten vor,268 doch stammt der letzte Fall eines „erfolgreichen“ Antrags von Gläubigern offenbar bezeichnenderweise aus dem Jahre 1874.269 Vertrauenskri263 Vgl. für die Winding-up petition Insolvency Rule 4.12; für die Administration Rule 2.3. Während die erstgenannte Vorschrift lediglich allgemein verlangt, daß die Antragsberechtigung durch Affidavit belegt wird, sind Insolvency Rule 2.3 weiterhin Angaben über die finanzielle Situation des betroffenen Unternehmens allgemein sowie über Faktoren, die für die Entscheidung des Gerichts von Belang sein könnten. 264 So ausdrücklich Insolvency Rule 4.12, para. 6 für die Rechtslage bei der Winding-up petition. 265 Siehe Insolvency Rule 4.18. Im Eröffnungsverfahren für die Administration erfolgt die Verteidigung unmittelbar im Hearing, das – ohne die für das Winding-up vorgeschriebene Veröffentlichungspflicht (Fn. 263) – regelmäßig alsbald erfolgen wird. 266 Fletcher, Rn. 20-016. 267 Vgl. beispielsweise Re A Company (No. 0010656 of 1990) [1991] BCLC 464; Re A Company (No. 0012209 of 1991) [1992] 1 W.L.R. 351; Re A Company (No. 00751 of 1992), ex parte Avocet Aviation Ltd. [1992] BCLC 869. 268 Auskunft von Herrn Andrew McKnight, Solicitor, London. 269 In re London and Paris Banking Corporation (1874) L.R. 19 Eq. 444. Das betreffende Institut hatte auf eine Demand in writing (Vorläufer der heutigen statutory demand) eine Forderung wegen der Lieferung von Büromöbeln nicht gezahlt.

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sen haben die seither gestellten Anträge offensichtlich nicht ausgelöst, trotz der an sich bestehenden Pflicht zur Veröffentlichung des Antrags. Diese kann freilich, wie gesehen, ohne durch Gerichtsbeschluß außer Kraft gesetzt werden,270 so daß derartigen Anträgen die Öffentlichkeitswirkung und damit ihre eigentliche „Sprengkraft“ gänzlich genommen werden kann. Im Ergebnis werfen damit mißbräuchliche Anträge Dritter aufgrund rechtstechnischer Besonderheiten, aber auch einer durchaus flexiblen, der Problematik angemessenen Handhabung der gesetzlichen Tatbestände durch die Gerichte kaum praktische Probleme auf. b) Anträge der betroffenen Bank bzw. Verfahrenseinleitung durch diese selbst Grundsätzlich anders liegen die Verhältnisse für Insolvenzanträge durch die Geschäftsleitung der betroffenen Bank selbst. Im Unterschied zur Rechtslage bei Anträgen Dritter kommen hier sowohl Winding-up als auch Administration in Betracht, weil die Geschäftsleitung, anders als Außenstehende, regelmäßig die für die Administration order erforderlichen Informationen271 kennen wird und vortragen kann. Tatsächlich wird sich gerade die Administration aufgrund der dadurch eröffneten Möglichkeit einer Sanierung, aber auch aufgrund der flexibleren Gestaltung des Antragsverfahrens häufig als attraktivere Lösung darstellen, wenn die Situation eine alsbaldige Insolvenz vermuten läßt und ein Ausweg aus der Krise nur mehr im förmlichen Verfahren gesehen wird, das einen Schutz gegen unkontrollierten Vermögensabfluß durch die Geltendmachung bestimmter Forderungen oder gar einen allgemeinen „Run“ der Einleger bietet.272 Bereits oben273 ist darauf hingewiesen worden, daß die Administration nunmehr sogar ohne förmliches Antragsverfahren durch Ernennung eines Administrator seitens der betroffenen Bank selbst eingeleitet werden kann. Ein Beispiel für die Flexibilität der Administration bereits unter bisherigem Recht bietet der Fall Re Chancery plc,274 einer kleinen Privatbank, die 270 Die Winding-up petition ist gem. Insolvency Rule 4.11 – wenn nicht das Gericht ein anderes bestimmt (r. 4.11, para 1) – umgehend in der sog. Gazette zu veröffentlichen. 271 Oben sub a) Fn. 263. 272 Auch nach englischem Recht ist die Versäumnis der Einleitung eines Insolvenzverfahrens durch die Geschäftsleitung u. U. strafbar und kann eine entsprechende Haftung auslösen, vgl. ss. 212 („Fraudulent trading“), 213 („Wrongful trading“) Insolvency Act 1986. Im Fall Re Chancery plc [1991] BCLC 712, 714 stützte das Gericht seine Entscheidung über die Zulässigkeit einer sofortigen Anordnung der Administration ausdrücklich auch auf die Überlegung, bei Nichtzulassung würde sich die Geschäftsleitung zwangsläufig des Wrongful trading schuldig machen. 273 Sub I. 2. c).

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etwa 120 Bankkonten unterhielt, aus dem Jahre 1991. Hier stellte die Geschäftsführung einen Antrag auf Anordnung der Administration, als sich abzeichnete, daß „certain substantial deposits falling due tomorrow“ aufgrund der Liquiditätssituation der Bank nicht befriedigt werden konnten. Ausdrücklich wurde darauf abgestellt, der Zahlungsausfall könnte die gesamte Bank, unter anderem in ihrer Kapazität als Sponsor bestimmter Investmentprojekte, zu Fall bringen. Die Antragstellung erfolgte hier ersichtlich, um „Ruhe“ in die Situation zu bringen und Sanierungsmöglichkeiten zu eruieren. Der Beispielsfall zeigt, daß Anträge der Geschäftsleitung selbst eine Mißbrauchsgefahr nicht zwangsläufig in sich bergen. Der dadurch erzielte Effekt – eine frühzeitige Verfahrenseinleitung zu einem Zeitpunkt, wenn noch Aussicht auf eine wirtschaftliche Gesundung besteht – liegt vielmehr gerade im Interesse aller Beteiligten und entspricht der Ratio des Verfahrens der Administration. Die Gefahr besteht insoweit jedoch darin, daß – umgekehrt – die an sich wünschenswerte sofortige Verfahrenseinleitung durch Verzögerungen im Eröffnungsverfahren aufgehalten und der effektive sichernde Zugriff auf das Vermögen des betroffenen Instituts dadurch zeitweilig blockiert wird. In diesem Zeitraum könnte sich dann wiederum ein Vertrauensverlust einstellen und ein „Run“ der Gläubiger zum Abfluß von Vermögen führen, der sowohl im Falle einer späteren insolvenzförmigen Sanierung als auch für die eventuelle anteilige Befriedigung der Gläubiger aus den Liquidationserlösen nachteilig wäre. Insbesondere beim Verfahren des Winding-up besteht zwangsläufig eine gewisse Frist zwischen Antragstellung und deren Veröffentlichung bis hin zum ersten Hearing zur Sache.275 Das Eröffnungsverfahren der Administration ist insoweit zwar flexibler, doch ist auch insoweit für die Insolvenz eines Nichtbankenunternehmens entschieden worden, der Antrag könne erst dann in öffentlicher Verhandlung entschieden werden, wenn die Absicht, ihn zu stellen, veröffentlicht worden und damit den Gläubigern insgesamt sowie sonstigen interessierten Parteien Gelegenheit zur Prüfung und Stellungnahme gegeben worden sei.276 In diesem Fall hatte die Geschäftsleitung des betroffenen Unternehmens den Antrag um 16.25 Uhr an einem Donnerstag gestellt und die sofortige Anordnung der Administration beantragt. Harman J als erkennender Richter erklärte sich zwar bereit zu einer stark verkürzten Aufnahme des Falles in die Tagesordnung (das öffentliche Hearing fand drei Tage später statt), doch betonte er, es sei, 274

[1991] BCLC 712. Siehe erneut oben sub a) in Fn. 263. 276 Vgl. Re Rowbotham Baxter Ltd. [1990] BCLC 397, 398 (Ch.D.). Vgl. auch SCL Building Services [1990] 5 BCC 746, per Gibson J. sowie Goldring [1990] 7 Journal of International Banking Law 284 ff. 275

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„[i]n my judgment, the practice which has been developing of administration petitions being presented or undertaken to be presented and counsel appearing forthwith on them (. . .) an undesirable practice which should not continue. The danger is that the court hears one side only, the court has not the advantage of adversarial argument to draw its attention to points which may weigh one way or the other and this leads, in my judgment, to a serious risk of injustice being done since the making of an administration order prevents creditors from exercising their normal rights.“

Doch zeigte sich derselbe Richter im Fall des Kreditinstituts Chancery plc bereit, aufgrund der bereits oben dargestellten Erwägungen hinsichtlich der aus der unmittelbar drohenden Zahlungsunfähigkeit resultierenden Gefahren eine Ausnahme zuzulassen: „The matter has proceeded with such extreme haste, despite the proposition which I enuntiated in Re Rowbotham Baxter (. . .). I then said that it was in general terms undesirable for administration petitions to be brought on without any proper service (. . .). I remain of that general view. – Despite my adherence to the view that the general proposition is sound, it seems to me that [scil. the] persuasive submissions in this case are entirely correct. [Scil. It has been submitted] that the reason for making an order in this particular case without any proper formal service, without any adjournment or time for consideration by others, was that for a banking institution to be known in difficulties could only promote a run on the bank. (. . .) An interval of a few days between presentation and hearing of an administration petition would make it (. . .) impossible for the directors to properly perform their duty to depositors with the bank.“277

Der Antrag der Geschäftsleitung der Bank auf Anordnung der Administration, zusammen mit einer befürwortenden Stellungnahme der Bank of England, lag dem Gericht um 13.35 Uhr des betreffenden Tages vor. Die Entscheidung der Geschäftsleitung über die Antragstellung war erst um 12.10 Uhr gefallen. Harman J erklärte sich – wiederum aus Gründen der besonderen Vertrauensanfälligkeit des betroffenen Instituts – zur Verhandlung in camera bereit, in der die relevanten Geschäftsunterlagen zur Verfügung gestellt wurden; die Anordnung der Administration und Einsetzung der von der Geschäftsleitung vorgeschlagenen Administrators erfolgte bereits um 15.40 Uhr. Erst danach wurde – sogleich im Anschluß – die Entscheidung des Gerichts bekanntgegeben.278 Der Fall Chancery und auch der ähnlich abgewickelte Barings-Fall279 zeigen deutlich, daß die englische Rechtspraxis in der Lage ist, eine sich abzeichnende riskante Entwicklung rasch und effektiv mit den Mitteln der 277

[1991] BCLC 712, 713 f. Ebd., S. 714 f. Der veröffentlichte Entscheidungstext gibt den Wortlaut der in der öffentlichen Verhandlung verkündeten Entscheidung und die Begründung für das Vorgehen in der Sache wieder. 279 Siehe Campbell/Cartwright, S. 141 ff. 278

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Administration order abzubremsen und unter Kontrolle zu bringen.280 Es dürfte zu vermuten sein, daß der zuständige Richter auch nach einer Winding-up petition sein Ermessen zur Verfahrensgestaltung281 zu einer ähnlich flexiblen Gestaltung nutzen könnte. Dies wird freilich schon wegen der Endgültigkeit des Verfahrenseintritts kaum zur sofortigen Winding-up order und zur Ernennung eines Liquidator führen, die Sache der Gläubigerversammlung ist, doch jedenfalls zur Anordnung von Sicherungsmaßnahmen genutzt werden.282 Auch die Reform durch den Enterprise Act 2002 dürfte an diesem Grundprinzip wenig ändern. Nach wie vor erscheint der Administration wegen der Festlegung auf das Sanierungsziel gerade für die betroffene Bank und ihre Geschäftsführung oder Kapitaleigner selbst besonders attraktiv. Die Eröffnungsmodalitäten sind gegenüber dem früheren Recht zwar umgestaltet worden, doch bieten sie nunmehr erst recht hinreichende Flexibilität, um einen raschen Zugriff zu ermöglichen. Die heute vor der Ernennung eines Administrator erforderlichen Schritte – insbesondere die Vorlage einer ersten Stellungnahme des Administrator283 – werden ähnlich wie bislang überaus zügig vorgenommen werden können. c) Anträge der Aufsichtsbehörde Unter den zugänglichen Entscheidungen nimmt der Kreis derjenigen Fälle, in denen die Einleitung auf einen entsprechenden Antrag der Aufsichtsbehörde zurückging, den größten Teil ein.284 Daß ihr der Financial Services and Markets Act 2000 insoweit umfassende Antragsrechte einräumt, ist bereits dargelegt worden; hinzu tritt das Recht, vor der Verfahrenseröffnung und allen anderen Entscheidungen wie ein Beteiligter informiert zu werden,285 in den jeweiligen Hearings gehört zu werden und Anträge zu stellen,286 auf die Abwicklung einzuwirken287 sowie die Pflicht für 280 Zu den Auswirkungen einer Administration order siehe noch unten sub § 6 sub C. III. 3. 281 Vgl. erneut Insolvency Rule 4.11, para. 1 („unless the court otherwise directs“) bezüglich der Veröffentlichungspflicht. 282 Vgl. Re W F Fearman Ltd. (No. 2) (1988) 4 BCC 139, 141, und dazu Rajani, Tz. C5.41. Siehe dazu noch unten § 6 C. III. 2. b) im Zusammenhang mit der Provisional liquidation. 283 Siehe Sch. B1, para. 29 i. V. m. para. 31 Insolvency Act 1986 i. d. F. des Enterprise Act 2002. 284 So die Fälle In re Goodwin Squires, The Times, 22.3.1983; Re Bank of Credit and Commerce International SA [1992] BCLC 570; Mount Banking Corporation, unveröffentlicht (oben sub 3. Fn. 262); offenbar auch National Guardian Mortgage Corporation Ltd., verhandelt als R. v. Bank of England, ex parte Mellstrom (a. a. O.).

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den jeweiligen Administrator oder Liquidator zur Berichterstattung an die Aufsicht.288 Die FSA hat mithin eine starke Stellung im Verfahren inne; sie kann insbesondere auf die Wahl einer anderen Verfahrensart dringen oder diese verhindern.289 Das in der Praxis größere Gewicht aufsichtsseitiger Verfahrenseinleitung gegenüber der Verfahrenseröffnung auf Antrag des Unternehmens selbst und erst recht Dritter liegt schon aufgrund der aufsichtsrechtlichen Informationskompetenz in der Natur der Sache. Gerade dann, wenn die Geschäftsleitung der Bank selbst etwa Mißstände zu verschleiern sucht oder aus anderen Gründen nicht von ihrem Antragsrecht Gebrauch macht, ist das der Aufsicht eingeräumte Antragsrecht einem möglichst frühzeitigen sichernden Zugriff zumindest potentiell nur förderlich. Die konkurrierenden Antragsrechte Dritter und der Geschäftsleiter stehen dem nicht entgegen. Sie können vielmehr gerade einen disziplinierenden Anreiz für die Aufsicht bieten, selbst gewissermaßen das „Heft in die Hand“ zu nehmen und durch eine frühzeitige Verfahrenseinleitung selbst die Kontrolle zu übernehmen.290 Der „Wettlauf der Antragsteller“ erscheint freilich als eher theoretische Möglichkeit. Denn die Erfahrung zeigt, daß selbst dann, wenn (wie im Falle der BCCI) die finanzielle Schwäche einer Bank geradezu öffentlich bekannt ist, Einleger und sonstige Gläubiger im Regelfall keinen Insolvenzantrag stellen (und dies, wie gesehen, auch nicht können, wenn und soweit nicht die betreffende Bank bereits eine konkret eingeforderte Verpflichtung nicht erfüllt hat). Es bleibt jedoch die Frage, ob nicht ggf. aufgrund des Erfordernisses einer richterlichen Entscheidung über den Antrag der Aufsicht Verzögerungen mit für die Verfahrensbeteiligten und insbesondere die Einleger nachteiligen Folgen eintreten könnten. Wegen fehlender aufsichtsrechtlicher Sicherungs285

Vgl. s. 362(3) FSMA 2000 für die Administration, s. 371(3) für das Winding-

up. 286

Vgl. s. 362(2) FSMA 2000 für die Administration, s. 371(2) für das Winding-

up. 287 Vgl. insbes. s. 362(4), (5) FSMA 2000 für die Administration, s. 371(4) für das Winding-up; dazu zählt jeweils auch das Recht zur Teilnahme an Gläubigerversammlungen. Durch Regulation 8 f. der in Umsetzung der EG-Bankeninsolvenzrichtlinie (siehe dazu unten § 16) erlassenen Credit Institutions (Reorganisation and Winding up) Regulations 2004 sind diese Rechte auch auf das Voluntary windingup ausgedehnt worden. Wegen der wohl geringen praktischen Bedeutung dieser Verfahrensart für die Bankeninsolvenz (siehe oben sub I. 2. d)) dürfte diese Neuregelung zu vernachlässigen sein. 288 Vgl. ss. 361 (Administration), 370 (Winding-up) FSMA 2000. 289 Vgl. erneut die oben sub a) in Fn. 262 berichteten Beispiele. 290 In diesem Sinne etwa – nicht zum englischen Recht – Schiffman, in: ders./ Lastra (Hrsg.), S. 81, 87.

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kompetenzen kann es, wie bereits mehrfach betont, schon im Frühstadium der Krise zur Antragstellung kommen, wenn etwa bestehende Sanierungsmöglichkeiten und die finanzielle Situation des Instituts im allgemeinen noch nicht vollständig ausgelotet sein können. Gerade deshalb könnte stärker als im deutschen Recht die Gefahr bestehen, daß noch neue Tatsachen in die gerichtliche Überprüfung eingeführt werden und das Gericht deshalb nicht zwangsläufig dem Antrag der Aufsicht entsprechen wird. Ein Beispiel hierfür bietet der Fall der BCCI, in dem eine Winding-up petition der Bank of England als damals zuständiger Aufsichtsbehörde auf Antrag der Mehrheitsaktionäre der Bank (des Herrscherhauses von Abu Dhabi) zunächst zurückgewiesen wurde, bis über eine mögliche Rekapitalisierung des Instituts durch die Eigentümer entschieden werden konnte.291 Freilich wurde unterdessen die Provisional liquidation292 angeordnet, so daß das Vermögen effektiv gesichert werden konnte. Zudem erklärte sich das Gericht zu einer längerfristigen Aufschiebung nur unter der Bedingung bereit, daß die Eigentümer selbst die Einleger (bis zu Einlagen i. H. v. £ 5.000,-) so stellen würden, wie sie stünden, wäre eine Winding-up order umgehend erlassen worden und damit nach damaligem Recht der Einlagensicherungsfonds zur Auszahlung verpflichtet gewesen.293 Zusätzlich wurde die finanzielle Absicherung der Angestellten zur Bedingung erhoben.294 Daß die Zurückweisung des Antrags durch die Aufsicht eine effektive Sicherung des Vermögens verhindern könnte, erscheint nach dieser Entscheidung – sowie auch nach den Ausführungen oben sub b) zur flexiblen verfahrensrechtlichen Gestaltung durch die Gerichte in der Eröffnungsphase – wenig wahrscheinlich. Vielmehr würde selbst dann, wenn das Gericht den Anträgen der Aufsicht nicht im einzelnen folgt, zumindest eine der sofortigen Verfahrenseröffnung äquivalente Vermögenssicherung angeordnet. IV. Zwischenzusammenfassung

Nach allem ergibt sich folgendes Bild: Das englische Recht sieht zunächst aufsichtsrechtlicher Eingriffstatbestände in Gestalt der Einschränkung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb sowie der Aufhebung der Erlaubnis (s. 45 FSMA 2000) vor. Daneben, aber tatbestandlich unabhängig von der genannten Bestimmung, besteht die Möglichkeit eines Einschreitens ge291 Vgl. Re Bank of Credit and Commerce International SA [1992] BCLC 570 (Ch.D.), per Browne-Wilkinson V-C. 292 Hierzu noch unten § 6 sub C. III. 2. b). 293 Vgl. erneut Re Bank of Credit and Commerce International SA [1992] BCLC 570, 573, 575. 294 A. a. O.

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genüber einzelnen Angestellten und der Geschäftsleitung des betroffenen Kreditinstituts (ss. 56, 63 FSMA 2000). Im Krisenfall konzentrieren sich die aufsichtsrechtlichen Eingriffsmöglichkeiten auf die Einschränkung der Erlaubnis, wobei zu unterscheiden ist zwischen dem Tatbestand der einfachen Einschränkung und der Einschränkung in besonderen Fällen, die im Gesetz freilich über das Merkmal der besonderen Eilbedürftigkeit nicht hinausgehend konkretisierten Anforderungen unterliegt. Während sich präventive Eingriffe bereits im Vorfeld der Insolvenzreife auf die erste dieser beiden Alternativen stützen, kommen bei bereits eingetretener Insolvenzreife Einschränkungen nach der zweiten Alternative in Betracht. Die Einleitung eines förmlichen Insolvenzverfahrens ist weniger „letzte Stufe“ eines entsprechend der Schwere der jeweiligen Krise gestaffelten aufsichtsrechtlich dominierten Eingriffskonzepts als vielmehr eine echte Alternative zu den vorstehend zusammengefaßten Kompetenzen, die dann genutzt wird, wenn letztere – was maßgeblich von der Qualität der nachfolgend zu untersuchenden einzelnen Sicherungsmaßnahmen abhängt – als nicht ausreichend für die effektive Sicherung der Vermögenswerte des Instituts einzustufen sind. Aus dem Kreis der nach allgemeinem Insolvenzrecht zur Verfügung stehenden Verfahrensarten kommen in erster Linie die Verfahrensarten des Winding-up und der Administration in Betracht. Für beide gelten die Insolvenzgründe der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung. Allerdings findet die Administration auch bereits bei lediglich drohender Insolvenz statt. Sie kann jedoch nur zur Erreichung einer Reihe gesetzlich definierter Verfahrenszwecke angeordnet werden. Für Kreditinstitute sind insoweit in erster Linie die Möglichkeit einer insolvenzförmigen Sanierung sowie einer im Vergleich zum Winding-up möglicherweise vorteilhaften Verwertung der Vermögensmasse von Belang. Das Winding-up-Verfahren kann darüber hinaus auch dann eingeleitet werden, wenn das Gericht zur Überzeugung kommt, dies sei „just and equitable“. Bei Bankeninsolvenzen dürfte dieses Kriterium lediglich kumulativ und nicht alternativ zu den klassischen Insolvenzgründen zur Anwendung gebracht werden. Die Bedeutung der sofortigen Insolvenzeröffnung für die Krisenbewältigung in der Frühphase stellt besondere Anforderungen an eine flexible und schnelle Verfahrenseinleitung durch die Gerichte, denen jeweils die Entscheidung über die Verfahrenseinleitung auf Antrag eines Gläubigers, der Geschäftsleitung oder der Aufsichtsbehörde zugewiesen ist. Doch hat die Praxis diesen Anforderungen bislang durchaus entsprochen. Insbesondere im Verfahren der Administration eröffnet ein umfassender richterlicher Gestaltungsspielraum pragmatische Lösungswege, die in praktischen Fällen geholfen haben, Verzögerungen mit möglichen negativen Konsequenzen,

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insbesondere einen „Run“, zu vermeiden. Mißbräuchliche Anträge Dritter kommen zwar vor, doch haben sie in der Vergangenheit nicht ersichtlich zu einem unbegründeten Vertrauensverlust gegenüber dem betroffenen Institut geführt. Bei den meisten bisherigen Fällen von Bankeninsolvenzen waren Anträge der Bankenaufsicht der ausschlaggebende Faktor.

§ 6 Der Eintritt in die Krisenbewältigung II: Handlungsmöglichkeiten A. Einführung Nachdem im vorstehenden Unterabschnitt die tatbestandlichen Voraussetzungen für Eingriffe der Aufsicht und die Sicherungsmaßnahmen aufgrund allgemeinen Insolvenzrechts untersucht worden sind, soll nunmehr ermittelt werden, welche konkreten Maßnahmen unter diesen Voraussetzungen im einzelnen zulässig sind. Es geht mithin nicht mehr um die Frage, ob und zu welchem Zeitpunkt ein rascher sichernder Zugriff im Frühstadium einer Bankeninsolvenz möglich ist, sondern darum, ob die jeweils durch diese Tatbestände eröffneten Handlungsmöglichkeiten einen hinreichend effektiven Zugriff auf das Vermögen und den laufenden Geschäftsbetrieb des Instituts ermöglichen. Erst am Schluß dieses Abschnitts wird sodann eine endgültige Bewertung der verschiedenen Regelungssysteme – Aufsichtsrecht und allgemeines Insolvenzrecht – für die jeweilige Rechtsordnung vorgenommen und wird abschließend festgestellt werden können, welche Vorzüge die eine gegenüber der anderen Lösung aufweist. Wie im allgemeinen Insolvenzrecht ist in der Frühphase die Sicherung des Vermögens des insolventen Kreditinstituts zur Vorbereitung einer etwaigen späteren Sanierung oder Liquidation, in jedem Falle aber zugunsten der Gläubiger anzustreben. Doch tritt neben diesen Aspekt, wie gesehen, die Sicherung der Finanzmärkte als Schutzzweck, der im Normalfall in erster Linie den Schutz betroffener Zahlungssysteme verlangt. Damit ist auch zu untersuchen, ob das jeweilige Regime diesem Schutzerfordernis hinreichend Rechnung trägt. B. Die Rechtslage in Deutschland I. Überblick

Im folgenden werden zunächst die aufsichtsrechtlichen Eingriffsinstrumentarien abgehandelt (sub II.), im einzelnen § 45 KWG (sub II. 1.), § 46 (sub II. 2.) und schließlich § 46a KWG (sub II. 3.). Sodann ist zu fragen, ob und ggf. wie sich entsprechende Wirkungen auch durch die nach allgemei-

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nem Insolvenzrecht zulässigen Sicherungsmaßnahmen herstellen lassen (sub III.). Das Insolvenzantragsrecht der Aufsicht nach § 46b KWG ist bereits im Zusammenhang mit der Frage nach der Bedeutung der Insolvenzgründe für den raschen Zugriff im Krisenfall behandelt worden (oben § 5 sub B. III. 1.); es wird daher in diesem Abschnitt nicht mehr gesondert untersucht. II. Aufsichtsrechtliche Eingriffskompetenzen

1. Vorfeldmaßnahmen nach § 45 KWG Sind die im vorstehenden Unterabschnitt behandelten Voraussetzungen erfüllt, unterschreitet das betreffende Institut mithin die aufsichtsrechtlichen Vorgaben an Eigenmittel und Liquidität (§§ 10, 11 KWG), so kann die Aufsicht nach § 45 I 1 KWG Entnahmen durch die Inhaber oder Gesellschafter, die Ausschüttung von Gewinnen und die Gewährung von Krediten i. S. d. § 19 I KWG untersagen oder beschränken. Nach S. 2 kann sie für den Fall einer Störung der Liquidität des Kreditinstituts ferner Verbote für die Anlage verfügbarer Mittel in bestimmten Vermögenswerten treffen. Bereits oben ist darauf hingewiesen worden, daß Maßnahmen nach § 45 II 1 KWG erst nach Ablauf einer Frist zur Wiederherstellung finanzieller Stabilität erlassen werden dürfen. a) Untersagung oder Beschränkung von Entnahmen Die Untersagung oder Beschränkung von Entnahmen ist eine Maßnahme zur Stärkung der Eigenmittel der Bank, zugleich aber auch zur Stärkung der Liquidität, da die einbehaltenen Mittel in jederzeit mobilisierbarer Weise angelegt werden können.295 Praktische Bedeutung hat die Maßnahme für Kreditinstitute in den Rechtsformen einer OHG, einer KG oder einer KGaA,296 nachdem Kreditinstitute nicht mehr durch Einzelkaufleute betrieben werden297 und wegen der Bestimmung des § 2a I KWG (Verbot der Neuzulassung) auch künftig nicht betrieben werden können. Der Begriff der „Entnahme“ ist nach einhelliger Ansicht umfassend zu verstehen; erfaßt sind alle Vermögenszuwendungen, welche die Gesellschafter oder der Unternehmensinhaber unabhängig von erwirtschafteten Gewin295 Siehe Begr. zu § 44 RegE, BT-Drs. 3/1114, S. 42; entspr. und unter Berufung darauf Beck/Samm, § 45 KWG Rn. 17. 296 Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 45 KWG Rn. 8; Pannen, Krise und Insolvenz, S. 15. 297 Vgl. etwa Pannen, Krise und Insolvenz, S. 15, Fn. 69, unter Berufung auf eine entsprechende Auskunft seitens des BAKred.

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nen für private Zwecke zu Lasten der Kapitalkonten oder der Rücklagen aus dem Betriebsvermögen erhalten.298 Ausgenommen sein sollen Vergütungen für konkret an die Gesellschaft erbrachte Arbeitsleistungen, erfaßt hingegen Gesellschafterkredite, sofern diese zu nicht marktüblichen Bedingungen ausgegeben und mithin nicht primär durch § 45 I 1, 3. Alt. KWG erfaßt sind.299 Die Entscheidung darüber, ob – als milderes Mittel300 – lediglich eine Beschränkung oder aber ein vollständiges Verbot von Entnahmen anzuordnen ist, liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Aufsicht.301 Anders als im Falle der Beschränkung von Gewinnausschüttungen (hierzu sogleich sub b) ordnet § 45 KWG keine bestimmten Sanktionen für verbotswidrige Entnahmen an. Vereinzelt ist vertreten worden, die Beschränkung bzw. das Verbot sei ein Ausnahmefall i. S. d. § 122 I HGB (ggf. i. V. m. 161 II HGB), der eine Entnahme über das Mindestentnahmerecht von 4% des jeweiligen Kapitalbeitrags hinaus verbietet, wenn diese „zum offenbaren Schaden der Gesellschaft gereicht“. Anordnungswidrige Entnahmen seien daher an die Gesellschaft zurückzugewähren.302 Worauf sich die Rückabwicklung einer § 122 HGB zuwiderlaufenden Entnahme stützen kann, ist freilich in der gesellschaftsrechtlichen Literatur umstritten. Soweit überhaupt auf die Rückabwicklung anordnungswidrig entnommener Entnahmen eingegangen wird,303 berufen sich einige auf einen vertraglichen Schadensersatzanspruch i. V. m. der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht.304 Die wohl herrschende Meinung, die demgegenüber eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung in Betracht zieht, will diese im Regelfall an § 813 S. 1 BGB scheitern lassen, weil das Zurückbehaltungsrecht der Gesellschaft gegenüber dem Verlangen des Gesellschafters nur vorübergehender Natur sei,305 nämlich beschränkt auf den Zeitraum, in dem der Gesellschaft tat298 Bähre/Schneider, § 45 KWG Anm. 3 unter Hinweis auf §§ 122, 161 II HGB; Boos/Lindemann, § 45 KWG Rn. 17 (gegen enge Anknüpfung an § 122 HGB und eher für autonome Auslegung, die auch „verdeckte“ Entnahmen erfassen müsse); Reischauer/Kleinhans, § 45 KWG Rn. 6 (unter ausführlicher Befassung mit § 122 HGB); Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 45 KWG Rn. 8. 299 Boos/Lindemann, a. a. O.; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 45 KWG Rn. 8; vgl. auch Beck/Samm, § 45 KWG Rn. 18 sowie die weiteren Nachw. soeben Fn. 298. 300 Vgl. Beck/Samm, § 45 KWG Rn. 18. 301 Bähre/Schneider, § 45 KWG Anm. 3; Beck/Samm, § 45 KWG Rn. 18. 302 Beck/Samm, § 45 KWG Rn. 38; Pannen, Krise und Insolvenz, S. 16; wohl auch Reischauer/Kleinhans, § 45 KWG Rn. 12; Bähre/Schneider, § 45 KWG Anm. 7 (letztere allerdings nur für Zuwiderhandlungen gegen das Verbot der Gewinnausschüttung nach § 45 I 1, 2. Alt. KWG). 303 Keine Aussage diesbezüglich etwa bei Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 45 KWG. 304 Vgl. etwa Heymann-Emmerich, § 122 HGB Rn. 9; wohl auch Baumbach/ Hopt, § 122 HGB Rn. 6.

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sächlich ein Schaden droht – vorliegend also bis zur Wiederherstellung einer den Anforderungen des § 10 KWG genügenden Eigenmittelbasis. Befriedigend begründbar erscheint die Möglichkeit einer Rückabwicklung nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen damit kaum, insbesondere angesichts der weiten, über den Anwendungskreis der §§ 121, 122 HGB hinausgehenden Auslegung des Begriffs der „Entnahme“ in § 45 KWG. Auch eine analoge Anwendung der Nichtigkeitsanordnung des § 45 II 2 KWG auf die verbotswidrige Entnahme306 erscheint angesichts des durchaus klaren Gesetzeswortlauts eher bedenklich. Zu erwägen wäre dagegen die Anwendbarkeit des § 134 BGB. Zwar würde die darin vorgeschriebene Nichtigkeitsanordnung, weil auf Rückzahlung von Geld gerichtet, regelmäßig nicht zu einem Vindikationsanspruch führen, doch ließe sich damit wenigstens ein von den zur Rückabwicklung aufgrund des § 122 HGB angeführten Einschränkungen (§ 813 S. 1 BGB) unabhängiger Bereicherungsanspruch begründen. Die verbotswidrige Entnahme müßte sich als Rechtsgeschäft darstellen, das gegen ein gesetzliches Verbot i. S. d. § 134 BGB verstößt. In Betracht kommt dabei nicht die isolierte Qualifikation des § 45 I, 1. Alt. KWG als Verbotsgesetz i. S. d. § 134 BGB, weil diese Bestimmung lediglich die Anordnung eines Verbots gestattet, nicht aber bereits selbst ein solches begründet.307 Verbotsgesetzcharakter könnte der Bestimmung jedoch i. V. m. der Vorschrift des § 56 III Nr. 5 KWG zuzusprechen sein, wonach die Zuwiderhandlung gegen eine vollziehbare Anordnung der Aufsicht nach § 45 I 1 KWG eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Die Erfassung der Entnahme als verbotswidriges Rechtsgeschäft i. S. d. § 134 BGB ist jedoch zweifelhaft. Zwar indiziert eine Sanktion für ein bestimmtes untersagtes Verhalten im allgemeinen die Qualifikation einer bestimmten Vorschrift als Verbotsgesetz i. S. d. § 134 BGB.308 Schon grundsätzlich aber erscheint fragwürdig, ob der Fall eines durch eine Behörde im 305 So Schlegelberger-Martens, § 122 HGB Rn. 17; ebenso Münchener HB GesR-v. Falkenhausen, KG § 22 Rn. 7 m. w. N. (einschränkend für nicht näher definierte „Extremfälle“), siehe ebd. Rn. 22 zur systematischen Verortung des Rückzahlungsanspruchs im Bereicherungsrecht (freilich nur „sofern die Rückzahlung nicht vertraglich (. . .) vereinbart war.“ Die soeben Fn. 302 nachgewiesenen KWG-Kommentierungen berücksichtigen dieses Problem nicht. 306 Wie von Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46 KWG Rn. 8, zum insoweit gleichgelagerten § 46 KWG erwogen. Die Verf. halten hinsichtlich der Nichteinbeziehung anordnungswidriger Entnahmen insoweit ein Redaktionsversehen für möglich, werten die Analogie indes selbst als „aus Gründen der Rechtssicherheit nicht unbedenklich“. 307 Wie zur Anordnung nach §§ 45 I, 3. Alt.; 46 KWG zutreffend festgestellt worden ist, vgl. etwa BGH, Urt. v. 5.10.1989 – III ZR 34/88, WM 1990, 54, 55; Staudinger-Sack, § 134 BGB Rn. 259.

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Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeit auszusprechenden, mithin erst zu konkretisierenden Verbots unter § 134 BGB subsumierbar ist, dessen Anwendung nach dem Wortlaut ersichtlich eher eine Verbotswirkung ex lege voraussetzt.309 Ein Fall des § 134 BGB liegt damit im Ergebnis nicht vor. Auch der für ein behördliches Verfügungsverbot an sich einschlägige § 136 BGB (i. V. m. § 135 BGB) dürfte vorliegend ausscheiden. Daß § 45 KWG dem „Schutz bestimmter Personen“ i. S. d. § 136 BGB zu dienen bestimmt ist, denen gegenüber verbotswidrige Verfügungen unwirksam wären, wird sich kaum begründen lassen: Wie gesehen, handelt es sich bei der Bestimmung um eine echte Vorfeldkompetenz der Aufsicht, die letztlich der Durchsetzung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Eigenmittel und Liquidität dient. Sicher wird damit mittelbar auch Gläubigerschutz bewirkt, doch ist die von § 45 KWG tatbestandlich erfaßte Fallgruppe gekennzeichnet durch eine eher abstrakte Gefährdungssituation, in der das betroffene Institut weder zahlungsunfähig noch überschuldet ist. Maßnahmen nach § 45 KWG dienen daher in erster Linie dem Schutz der Stabilität der Bankinstitute im öffentlichen Interesse. Die Anwendung des § 136 BGB scheidet daher gleichfalls aus. Freilich ist seit einer Entscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahre 1922310 anerkannt, daß nicht unter § 136 BGB fallende, da im öffentlichen Interesse angeordnete behördliche Verfügungsverbote analog § 134 BGB absolut unwirksam sein sollen.311 Auch mit dieser Lösung würden die gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen über das Entnahmerecht jedoch eindeutig durchbrochen. Ohnehin könnte damit wiederum lediglich ein bereicherungsrechtlicher Rückgewähranspruch begründet werden. Der betroffenen Bank die verbotswidrig abgeflossenen Mittel wieder zuzuführen, erscheint nach allem de lege lata kaum erreichbar. De lege ferenda könnte insoweit an eine gesetzliche Klarstellung dahingehend gedacht werden, daß verbotswidrige Entnahmen auf Weisung der Aufsicht zurückzugewähren sind. Doch fragt sich, ob eine derartige Lösung wirklich erforderlich ist. In der Praxis dürfte vor allem die Möglichkeit der Durchsetzung entsprechender Anordnungen mit den Mitteln des Verwaltungszwangs, ins308 Vgl. Larenz/Wolf, § 40 Rn. 7; siehe auch MünchKomm(BGB)-Mayer-Maly/ Armbrüster, § 134 BGB Rn. 52 (für Normen des StGB), 60 (für Ordnungswidrigkeiten). 309 Soweit ersichtlich, setzen sämtliche zu § 134 BGB erwogenen Anwendungsfälle die Konstellation eines gesetzlichen Verbots i. e. S. voraus, vgl. etwa aus dem Bereich des KWG die Diskussion um § 32 KWG (dazu nur MünchKomm(BGB)Mayer-Maly/Armbrüster, § 134 BGB Rn. 69). 310 RG, Beschl. v. 24.6.1922 – V 1/22, RGZ 105, 71. 311 RGZ 105, 71, 75 ff.; vgl. MünchKomm(BGB)-Mayer-Maly/Armbrüster, § 136 BGB Rn. 2.

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besondere eines Zwangsgeldes, – und zwar nach § 49 KWG im Wege der sofortigen Vollziehung – und zum anderen auch die Ahndung entsprechender Verstöße als Ordnungswidrigkeiten nach § 56 III Nr. 5 KWG vor einer Zuwiderhandlung zurückschrecken lassen. Zudem kann die Nichteinhaltung einer Auflage nach § 45 I 1, 1. Alt. KWG Anlaß für die Abberufung eines Geschäftsführers auf Verlangen der Aufsicht bzw. die Untersagung der Geschäftsführung nach § 36 II 1 KWG sein.312 In jedem Falle begründet die Nichteinhaltung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben an Eigenmittel und Liquidität schließlich die Möglichkeit einer Aufhebung der aufsichtsrechtlichen Erlaubnis nach §§ 35 II Nr. 3, 33 I 1 Nr. 1 KWG, so daß auch insoweit ein wirksames „Druckmittel“ für die Aufsicht besteht. Letztlich dürften diese Möglichkeiten die Einhaltung der Anordnung hinreichend gewährleisten, so daß auf die soeben erwogene, wie gesehen nicht unproblematische Möglichkeit einer Rückabwicklung aufgrund aufsichtsrechtlicher Anordnung vermutlich verzichtet und statt dessen gesetzlich klargestellt werden könnte, daß das Verbot einer Entnahme zivilrechtliche Wirkung auf anordnungswidrige Handlungen nicht soll entfalten dürfen. Ob in der Praxis überhaupt je die Rückforderung verbotswidriger Entnahmen durchgesetzt worden ist, ist nicht ersichtlich. b) Beschränkung der Gewinnausschüttung Die gleiche Zielrichtung wie die Begrenzung von Entnahmen durch die Gesellschafter oder Inhaber des betreffenden Kreditinstitut verfolgt die nach § 45 I 1, 2. Alt. KWG zulässige Beschränkung bzw. Untersagung von Gewinnausschüttungen. Neben der unmittelbaren Stärkung bzw. Erhaltung der Eigenmittelbasis313 dienen sie darüber hinaus als – aufgrund der damit verbundenen Risiken des Bekanntwerdens und eines öffentlichen Vertrauensverlustes ambivalentes314 – Druckmittel auf die Gesellschafter, eine sichere Eigenmittelbasis zu erhalten.315 Auch hier gilt, daß die Bestimmung über den gesellschaftsrechtlichen Rechtsanspruch der Gesellschafter auf Gewinnausschüttung (vgl. §§ 121 HGB, 29 GmbHG, 60 AktG) hinaus auch soge312

Beck/Samm, § 45 KWG Rn. 42. In der gleichen Weise, wie oben sub a) (bei Fn. 295) zur Begrenzung von Entnahmen dargetan, vgl. Reischauer/Kleinhans, § 45 KWG Rn. 7; Szagunn/Haug/ Ergenzinger, § 45 KWG Rn. 9; die abweichende Ansicht von Pannen, Krise und Insolvenz, S. 16 („natürlich“ keine Stärkung der Eigenmittelbasis, nur Druckmittelfunktion) beruht offenbar auf einem Irrtum bei der Übernahme der entsprechenden Darstellung aus den Kommentierungen. 314 Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 45 KWG Rn. 9; vgl. auch Pannen, Krise und Insolvenz, S. 16. 315 Szagunn/Haug/Ergenzinger, ebd. (Fn. 314); entspr. Pannen, Krise und Insolvenz, S. 16. 313

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nannte „verdeckte“ Gewinnausschüttungen etwa in Gestalt überhöhter Geschäftsführergehälter oder Zahlungen aufgrund fingierter oder ungleicher Verträge erfassen soll.316 Nach § 45 II 2 KWG sind Beschlüsse über die Gewinnausschüttung „insoweit[317] nichtig, als sie einer Anordnung nach Absatz 1 widersprechen“. Inwieweit die Ausführung bereits getroffener Beschlüsse von der Nichtigkeit und entsprechender bereicherungsrechtlicher Rückgewähransprüche erfaßt werden, ist freilich umstritten. Teilweise wird vertreten, die Nichtigkeitsfolge gelte auch für solche Beschlüsse, die vor einer Anordnung der Aufsicht nach § 45 I 1, 2. Alt. KWG getroffen worden, aber noch nicht zur Ausführung gelangt sind.318 Dagegen wendet die wohl herrschende Meinung ein, in diesem Falle könne von einem Verstoß gegen eine Anordnung der Aufsicht nach § 45 I KWG keine Rede sein,319 weil eben ein vorangehender Beschluß dem nachfolgenden Verbot nicht widersprechen könne. Allerdings wird auch diese Ansicht insofern relativiert, als die Ausschüttung als solche, die auf der Basis eines noch nicht vollzogenen Ausschüttungsbeschlusses erfolgt, vom Verbot nach § 45 I KWG umfaßt sein soll, ohne daß freilich eine verbotswidrige Auszahlung als rechtsgrundlos zurückgefordert werden könne (eben weil sie aufgrund des nach wie vor rechtmäßigen Gewinnverteilungsbeschlusses getätigt worden sind).320 Die Aufsicht könne lediglich gem. § 44 V 1 KWG eine Hauptversammlung des Kreditinstituts beantragen und in deren Rahmen auf einen Abänderungsbeschluß hinsichtlich des an sich wirksamen Gewinnausschüttungsbeschlusses hinwirken.321 Für die letztgenannte Ansicht spricht in der Tat die bessere Vereinbarkeit mit dem Wortlaut. Daß verbotswidrige Auszahlungen auf der Grundlage rechtswirksamer Ausschüttungsbeschlüsse danach nicht zurückgefordert werden können, erscheint freilich aus teleologischer Sicht mißlich – die erwünschte Sicherung der Eigenmittel bzw. der Liquidität kann mithin unterlaufen werden. Auch für diesen Fall bleiben die zivilrechtlichen Konse316

Boos/Lindemann, § 45 KWG Rn. 20 f. Ansonsten bleiben sie wirksam, vgl. etwa das Beispiel bei Beck/Samm, § 45 KWG Rn. 35: Gewinnausschüttung von 10% auf die Kapitalbeteiligungen; das BAKred setzt den Satz auf 4% fest – bis zu diesem Satz bleibt der Beschluß rechtswirksam. Siehe auch Bähre/Schneider, § 45 KWG Anm. 4. 318 So Reischauer/Kleinhans, § 45 KWG Rn. 7. 319 So Beck/Samm, § 45 KWG Rn. 36; entspr. Bähre/Schneider, § 45 KWG Anm. 4; Boos/Lindemann, § 45 KWG Rn. 22. 320 So Schork, § 45 KWG Rn. 10. Etwas unklar, aber wohl im Ergebnis aufgrund der vorstehenden Erwägungen auch Bähre/Schneider, § 45 KWG Anm. 7; Boos/ Lindemann, § 45 KWG Rn. 22; Beck/Samm, § 45 KWG Rn. 36 f. 321 Bähre/Schneider, § 45 KWG Anm. 4; Boos/Lindemann, § 45 KWG Rn. 23; Beck/Samm, § 45 KWG Rn. 36. 317

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quenzen mithin ein stumpfes Schwert, und die Durchsetzbarkeit entsprechender Anordnungen muß sich vornehmlich auf die möglichen öffentlichrechtlichen Folgen einer Nichtbefolgung stützen.322 Auch die Ausschüttung aufgrund eines von § 45 II 2 KWG erfaßten, unwirksamen Beschlusses ist nicht unproblematisch zu bewältigen. Zwar folgt schon aus der gesetzlichen Nichtigkeitsanordnung ein Rückzahlungsanspruch der Gesellschaft gegen die Empfänger der Ausschüttung aus ungerechtfertigter Bereicherung323 bzw. direkt oder analog nach gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen.324 Auch insoweit besteht nämlich die Gefahr, daß eine ggf. durch die Aufsicht anzuordnende325 Rückforderung ausgezahlter anordnungswidriger Gewinnausschüttungen dazu führen kann, daß aus der Geltendmachung solcher Rückerstattungsansprüche ein unerwünschtes öffentliches Aufsehen mit der Gefahr eines Vertrauensverlustes erwächst.326 c) Untersagung oder Beschränkung der Kreditgewährung Als dritte Alternative eröffnet § 45 I 1 KWG die Möglichkeit, zur Beseitigung der Störung die Gewährung von Krediten zu untersagen bzw. (qualitativ oder quantitativ)327 zu beschränken.328 Dabei ist kraft Verweisung der weite Kreditbegriff nach § 19 I KWG zugrundezulegen, so daß sämtliche mit einem Adressenausfallrisiko behafteten Bilanzaktiva und eine Reihe außerbilanzieller Geschäfte – so auch das gesamte Wertpapier- und Deriva322 Siehe dazu soeben sub a) für die Beschränkung bzw. Untersagung von Entnahmen. 323 So Boos/Lindemann, § 45 KWG Rn. 22. 324 Bähre/Schneider, § 45 KWG Anm. 7 vertreten insoweit eine analoge Anwendung von § 31 GmbHG heutiger Fassung; ähnlich Beck/Samm, § 45 KWG Rn. 37. Folgeprobleme entstehen damit insoweit, als bei Gutgläubigkeit der Empfänger danach die Rückzahlungsverpflichtung entfiele. 325 Auf der Grundlage des § 6 III KWG, sofern die Gesellschaft die Ansprüche nicht bereits von sich aus geltend macht; vgl. hierzu Boos/Lindemann, § 45 KWG Rn. 22. 326 Vgl. auch Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 45 KWG Rn. 9; Beck/Samm, § 45 Rn. 23. 327 Vgl. Bähre/Schneider, § 45 KWG Anm. 3; ausf. auch Boos/Lindemann, § 45 KWG Rn 27: Denkbar sind etwa allgemeine höhenmäßige Beschränkungen, aber auch besondere Vorgaben für besonders riskante Geschäftsbereiche. 328 Zu möglichen Gestaltungen derartiger Beschränkungen im Hinblick auf Kreditarten/-laufzeiten eingehend etwa Bähre/Schneider, § 46 KWG Anm. 5; Boos/Lindemann, § 45 KWG Rn. 27; Reischauer/Kleinhans, § 45 KWG Rn. 8 sowie Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 45 KWG Rn. 10 mit dem Hinweis, daß in der Praxis Verbote von bestimmten gefährlichen Einzelkrediten primär auf die Generalklausel des § 6 KWG gestützt worden seien.

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tegeschäft – von den Anordnungen umfaßt werden können.329 Auch hier stellt sich zum einen die Frage nach der Reichweite der Anordnung: Fraglich ist, ob davon nur die Eingehung neuer, künftiger Kreditverpflichtungen oder -zusagen betroffen wird (enge Auslegung) – oder auch die Erfüllung der insoweit bereits eingegangenen Verbindlichkeiten oder Vereinbarungen (weite Auslegung). Zum anderen fragt sich wiederum, ob und inwieweit verbotswidrige Rechtsgeschäfte durch das betreffende Kreditinstitute zivilrechtlich Bestand haben. aa) Eingrenzung auf künftige Verbindlichkeiten oder Zusagen? Die erste Frage wird von der wohl herrschenden Meinung zugunsten der engen Auslegung entschieden.330 Dafür werden teleologische Erwägungen ins Feld geführt: Ohne eine Beschränkung auf das Eingehen neuer Geschäfte würde der Zweck des § 45 KWG gefährdet, eine Stabilisierung der Lage zu erreichen, ohne daß das in der Öffentlichkeit dem Institut entgegengebrachte Vertrauen erschüttert wird. Könnte auch die Erfüllung bereits eingegangene Verbindlichkeiten „gestoppt“ werden, so würde dies zwangsläufig zur Offenlegung der Anordnung gegenüber den betroffenen Kunden führen, und die sei im Rahmen des § 45 KWG gerade nicht erwünscht.331 Die Verlängerung eines befristet gewährten Kredits kann dagegen nach herrschender Ansicht gem. § 45 I 1 KWG untersagt werden.332 Ziel der Anordnung ist es danach, das Geschäft nur ex nunc in einer Weise zu beeinflussen, die sich durch interne Maßnahmen realisieren läßt, ohne daß Dritte – die Bankkunden – Kenntnis von der Anordnung (und damit von der Störung) erlangen. Ist so die Leitlinie für die Anwendung der Vorschrift korrekt umrissen, dann wird sich dieses Ziel mit einem umfassenden Kreditverbot am wenigsten durchsetzen lassen, da die Einstellung der Kreditvergabe am ehesten an die Öffentlichkeit dringen dürfte.333 Obwohl der offene Wortlaut der Vorschrift an sich Maßnahmen in weiterem Umfang zuläßt und die Beschränkung auf interne, „geheime“ Maßnahmen durchaus nicht gebietet, spricht dafür mit der ganz herrschenden Mei329

Vgl. Boos/Lindemann, § 45 KWG Rn. 24. Bähre/Schneider, § 45 KWG Anm. 4; Boos/Lindemann, § 45 KWG Rn. 25; Reischauer/Kleinhans, § 45 KWG Rn. 8; Schork, § 45 KWG Rn. 6; vgl. insoweit auch Huber, Auswirkungen, S. 37 f. sowie BGH, Urt. v. 5.10.1989 – III ZR 34/88, WM 1990, 54, 55 (letztere zu § 46 KWG, aber übertragbar). 331 Vgl. Boos/Lindemann, § 45 KWG Rn. 25. 332 Bähre/Schneider, § 45 KWG Anm. 5; Boos/Lindemann, § 45 KWG Rn. 26; Beck/Samm, § 45 KWG Rn. 26 (dort auch zur Erhöhung bereits bestehender Kreditlinien). 333 Zutreffend Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 45 KWG Rn. 10. 330

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nung334 die Zielsetzung der Norm, die sich mit der Offenlegung der Maßnahme nicht verträgt, sei es, daß diese unmittelbar etwa in Gestalt einer Pressemitteilung unter Erwähnung des betroffenen Kreditinstituts oder mittelbar im Rahmen der Rückführung bestehender Kredite durch Kündigung unter Berufung auf die Anordnung erfolgt: In der Tat kommt daher die Untersagung oder Beschränkung der Gewährung von Krediten i. S. d. § 45 I 1, 3. Alt. KWG nur für solche Kredite in Betracht, die noch nicht verbindlich zugesagt worden sind. bb) Zivilrechtliche Konsequenzen der anordnungswidrigen Kreditgewährung Nachdem sich die zivilrechtlichen Konsequenzen einer anordnungswidrigen Auszahlung, anders als in der 2. Alternative, nicht aus der Vorschrift des § 45 KWG selbst ergeben und auch keine unmittelbare oder analoge Anknüpfung an Tatbestände außerhalb des Kreditwesengesetzes möglich ist, könnte die Unwirksamkeit der Kreditgewährung allenfalls aus § 134 BGB analog335 folgen; diese müßte folglich gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen. Die herrschende Meinung lehnt dies ab.336 Maßgeblich für Anwendbarkeit des § 134 BGB ist vor allem der Zweck der Norm;337 für die analoge Anwendung der Vorschrift auf behördliche Verbote im öffentlichen Interesse kann insoweit nichts anderes gelten. Die Rechtsprechung differenziert vor allem nach der „Richtung“ des Verbots im Hinblick auf die am fraglichen Vertrag beteiligten Parteien: Richtet es sich 334 Vgl. neben den oben genannten Hinweisen noch Bähre/Schneider, § 45 KWG Anm. 1. 335 Siehe zu den Bedenken gegenüber der gelegentlich erwogenen unmittelbaren Anwendung von § 134 BGB i. V. m. § 56 III Nr. 5 KWG schon oben sub 1. a). 336 Vgl. BGH, Urt. v. 5.10.1898 – III ZR 34/88, WM 1990, 54, 55 – zum Kreditgewährungsverbot nach § 46; entsprechend Staudinger-Sack, § 134 BGB Rn. 259. Die herrschende Ansicht in den Kommentierungen zu §§ 45, 46 KWG teilt diese Ansicht offenbar und kommt – freilich ohne Begründung – zum gleichen Ergebnis, vgl. Bähre/Schneider, § 45 KWG Anm. 7; Beck/Samm, § 45 KWG Rn. 39; Boos/ Lindemann, § 45 KWG Rn. 26; Reischauer/Kleinhans, § 45 KWG Rn. 12; entspr. – mit abweichender Begründung – auch schon Lünterbusch, S. 177. 337 Vgl. statt aller Körner, ZHR 131 (1968), 127, 134; Larenz/Wolf, § 40 Rn. 12 ff., 15; MünchKomm(BGB)-Mayer-Maly/Armbrüster, § 134 Rn. 38; Soergel-Hefermehl, § 134 BGB Rn. 15; Staudinger-Sack, § 134 BGB Rn. 1 sowie ausf. Rn. 57 ff. zur Bedeutung des Normzweckvorbehalts. Die von Huber, Auswirkungen, S. 62 ff., diskutierten „anderen Stimmen in der Literatur“ unterscheiden sich im Ergebnis wenig von dieser Ansicht; der Gegensatz, den Huber diskutiert, besteht in dieser Weise folglich nicht.

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nicht gegen beide, sondern nur gegen eine Vertragspartei, so soll der Vertrag in der Regel gültig sein.338 Diese Unterscheidung beruht auf dem Gedanken, daß bei einem einseitigen Verbot gewöhnlich nur eine Vertragspartei in ihren Handlungen beeinflußt und vom Vertragsschluß ferngehalten, nicht aber das Rechtsgeschäft schlechthin verhindert werden soll.339 Letzteres ist im Rahmen der anordnungswidrigen Kreditgewährung durchaus der Fall: Die aufsichtsbehördliche Anordnung wendet sich allein an die Bank, deren finanzielle Stabilisierung sie herbeiführen soll. Ausnahmen sollen allenfalls bei sittenwidrigem Zusammenwirken zwischen Kreditinstitut und Kreditnehmer zulässig sein, dann im Rahmen der §§ 138, 826 BGB.340 Allein aus der „Richtung“ des Verbots wird sich die Wirksamkeit des Geschäfts freilich noch nicht ableiten lassen; auch die Rechtsprechung läßt Ausnahmen von der Grundregel zu, wonach die „Richtung“ des Verbots im Regelfall über die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts entscheidet.341 Auch der Schutzzweck spricht jedoch im Ergebnis gegen die Annahme der Unwirksamkeit: Die von Maßnahmen nach § 45 KWG intendierte rasche Wiederherstellung angemessener Eigenmittel oder Liquidität ließe sich bei vordergründiger Betrachtung zwar an sich durchaus nur dann bewirken, wenn ein entsprechender Erstattungsanspruch auf die ausbezahlte Darlehensvaluta bzw. sonst aufgrund der Abrede erlangte Mittel unmittelbar noch während der Störung der finanziellen Verhältnisse und also während der Geltung einer entsprechenden Anordnung der Aufsicht geltend gemacht und durchgesetzt werden könnte. Eine derartige Abwicklung hätte aber fast zwangsläufig das Bekanntwerden der entsprechenden Anordnung zur Folge und ist daher letztlich als zweckwidrig abzulehnen: Wenn die Bank gegenüber dem Kunden die Rückzahlung einfordert, wird dies nur unter Berufung auf die Nichtigkeit wegen der Anordnung der Aufsicht geschehen kön338 BGH, Urt. v. 1.6.1966 – VIII ZR 65/64, BGHZ 46, 24, 26; Urt. v. 23.10.1980 – IVa ZR 28/80, BGHZ 78, 263, 265; Urt. v. 22.9.1983 – VII ZR 43/83, BGHZ 88, 240, 243; Urt. v. 19.1.1984 – VII ZR 121/83, BGHZ 89, 369, 372; Urt. v. 17.1.1985 – III ZR 135/83, BGHZ 93, 264, 267. 339 Soergel-Hefermehl, § 134 BGB Rn. 15. 340 BGH, Urt. v. 5.10.1989 – III ZR 34/88, WM 1990, 54, 55; siehe auch die Nachw. oben 2. Teil Fn. 338. 341 Siehe – neben den Nachw. oben Fn. 338 – insbesondere etwa BGH, Urt. v. 25.6.1962 – VII ZR 120/61, BGHZ 37, 259, 262; Urt. v. 10.11.1977 – VII ZR 321/ 75, BGHZ 70, 12, 13 ff., 17 (Verstöße gegen Rechtsberatungsgesetz). Ob nach allem die „Grundregel“ überhaupt ein geeignetes Abgrenzungskriterium bietet und nicht durch die formelhafte Wiederholung in Rechtsprechung und Kommentarliteratur den erforderlichen Blick auf die Ermittlung des maßgeblichen Verbotszwecks letztlich eher verstellt, mag an dieser Stelle dahinstehen. Zweifelnd an der Brauchbarkeit auch OLG Stuttgart, Urt. v. 1.4.1980 – 6 U 184/79, NJW 1980, 1798, 1800 (Kreditvergabe durch nicht zugelassenes Institut: § 134 BGB bejaht).

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nen, die spätestens342 in einem Rechtsstreit über die Zulässigkeit der Rückforderung wird genannt werden müssen, so daß letztlich wiederum öffentliche Verunsicherung entstehen dürfte. Mit der herrschenden Meinung und der Rechtsprechung sind anordnungswidrige Kreditgewährungen daher im Rahmen des § 45 I 1, 3. Alt. KWG nicht in Verbindung mit § 56 III Nr. 5 KWG nach § 134 BGB unwirksam; ein343 Rückzahlungsanspruch des Kreditinstituts aus § 812 I 1, 1. Alt. BGB auf die ausgezahlte Darlehensvaluta344 besteht nicht. Ähnlich wie bereits das Verbot oder die Beschränkung von Entnahmen nach § 45 I 1, 1. Alt. KWG werden sich also auch Vorgaben für das Kreditgeschäft nach der 3. Alternative dieser Norm nicht mit einer zivilrechtlichen Rückabwicklung anordnungswidriger Geschäfte, sondern nur im Rahmen möglicher öffentlich-rechtlicher Sanktionen gegen die Geschäftsleitung durchsetzen lassen. Dies wird von der aufsichtsrechtlichen Praxis offenbar auch akzeptiert.345 Ohnehin sinnlos wäre die Annahme zivilrechtlicher Auswirkungen bei lediglich quantitativen oder qualitativen Beschränkungen der Kreditvergabe,346 bei denen nicht feststellbar wäre, welche Kreditgeschäfte konkret von der Anordnung erfaßt sein sollten. d) Anwendbarkeit für Unternehmensgruppen Die Anwendbarkeit der Bestimmung für Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen stellt § 45 I 2 KWG sicher, der auf die Anforderungen nach § 10 a I KWG verweist. Insoweit ergeben sich freilich keine grundlegenden Modifikationen; zu Einzelheiten kann auf die entsprechende Kommentarliteratur verwiesen werden.

342 Für die „Kündigung aus wichtigem Grund“ nach Nr. 19 III 1 AGB-Banken ist anerkannt, daß das Vorliegen eines wichtigen Grundes für eine wirksame Kündigung ausreicht, ohne daß diese den sich darauf ausdrücklich berufen müßte (siehe BankrechtsHB-Lwowski, § 24 Rn. 44). Auch in diesem – auf die hier wegen der unterstellten Nichtigkeit der Kreditgewährung nicht direkt anwendbaren – Fall würde der wichtige Grund dann aber jedenfalls bei Nachfrage des Kunden bzw. im Rahmen einer Rechtsstreitigkeit über die Zulässigkeit der Kündigung bekannt. 343 Ggf. durch Anordnung der Aufsicht nach § 6 III KWG durchzusetzender, vgl. hierzu oben sub b) in Fn. 325; die dort angestellten Überlegungen lassen sich hier übertragen. 344 Entsprechendes gilt für sonstige Kreditgeschäfte nach § 19 I KWG, siehe oben sub aa) bei und in Fn. 329. 345 Vgl. Reischauer/Kleinhans, § 45 KWG Rn. 8. 346 Siehe schon oben sub aa) bei und in Fn. 327.

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e) Zwischenergebnis Nach allem läßt sich festhalten: § 45 I KWG bietet die Handhabe zu aufsichtsrechtlichen Anordnungen mit dem Ziel der Wiederherstellung einer sicheren Eigenmittelausstattung und Liquidität des Kreditinstituts. Die nach dieser Vorschrift zulässigen Maßnahmen, das Verbot von Entnahmen durch die Gesellschafter, von Gewinnausschüttungen sowie die Untersagung der Kreditvergabe sind zwar im Grundsatz durchaus geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Die zivilrechtliche Behandlung von Zuwiderhandlungen durch das Kreditinstitut bzw. seine Geschäftsleitung bereitet jedoch erhebliche Schwierigkeiten. Die an sich aus teleologischer Sicht wünschenswerte Rückabwicklung anordnungswidriger Vermögensabflüsse läßt sich kaum unter Rückgriff auf allgemeine Grundsätze des Gesellschaftsrechts oder die §§ 134 ff. BGB konstruieren. Im übrigen besteht regelmäßig die Gefahr, daß ein Bekanntwerden der Anordnungen die erwünschte Wirkung – die „geräuschlose“ Behebung von Mißständen in einem möglichst frühen Zeitpunkt – zu konterkarieren droht. Kommt es gleichwohl zur Anordnung von Einzelmaßnahmen nach § 45 I 1 KWG, so ist die Spannung zwischen der Qualität der Maßnahmen und den damit begründeten Gefahren für das angestrebte Ziel unübersehbar. Das Vermögen des Kreditinstituts kann mit den nach § 45 I 1 KWG zulässigen Maßnahmen nicht umfassend gesichert werden; es findet kein „Einfrieren“ der Verfügungsbefugnisse und vermögensmindernder Rechtsgeschäfte allgemein statt. Maßnahmen nach § 45 KWG sollen und können nur zur Abwendung eng umrissener Risiken (Störungen in der Eigenmittelbasis und der Liquidität) in einem frühzeitigen Stadium und nur rein intern wirken; es handelt sich „überwiegend um Maßnahmen an die Geschäftsleitung, die nicht nach außen erkennbar sind.“347 Das Geschäft des betroffenen Kreditinstituts wird lediglich in Teilbereichen für einen bestimmten Zeitraum gegenständlich eng begrenzten Vorgaben unterworfen, von denen eine Beseitigung der Störung erhofft wird. Praktische Erwägungen hinsichtlich eines möglichen Bekanntwerdens werden vielfach selbst die Herbeiführung dieser begrenzten Rechtswirkungen untunlich erscheinen lassen, wenn nicht sichergestellt erscheint, daß sich tatsächlich absolute Vertraulichkeit sichern läßt.

347

So denn auch Bähre/Schneider, § 45 KWG Anm. 1.

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2. Maßnahmen nach § 46 KWG a) Überblick Auch auf der Rechtsfolgenseite bleibt § 46 I 1 KWG unbestimmt. Die Bestimmung eröffnet zunächst eine Generalklausel, die freilich durch in die S. 2 aufgeführten Einzelmaßnahmen beispielhaft konkretisiert wird. Allen Maßnahmen ist gemein, daß es sich nach dem Wortlaut lediglich um „einstweilige Maßnahmen“ zur Abwendung der Gefahr handeln darf: Sie dürfen nur solange angeordnet werden, wie es zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist (bzw. bis feststeht, daß sich die Gefahr durch die ergriffene Maßnahme nicht beseitigen läßt und eine endgültige Maßnahme wie etwa die Entziehung der Erlaubnis zu erfolgen hat).348 Genauere Vorgaben für die Fristbemessung finden sich weder in den Gesetzesmaterialien noch in den Konkretisierungsbemühungen in Rechtsprechung und Literatur; der Wirkungszeitraum für Maßnahmen nach § 46 I 1 KWG ist mithin in das Ermessen der Aufsicht gestellt und in der Konsequenz kaum gerichtlich kontrollierbar. In der Praxis haben bislang bei der Anwendung des § 46 I 1 KWG die in S. 2 der Bestimmung aufgezählten Beispiele (dazu unten sub b)–f)) ausweislich der veröffentlichten Entscheidungen, aber auch der in der Kommentarliteratur gesetzten Schwerpunkte die größte Rolle gespielt. b) Anweisungen für die Geschäftsführung (§ 46 I 2 Nr. 1 KWG) aa) Arten von „Anweisungen“ Der offene Wortlaut des § 46 I 2 Nr. 1 KWG zeigt, daß diese Alternative letztlich ihrerseits wiederum eine Generalklausel für „Anweisungen“ aller Art darstellt und mithin zur Konkretisierung des Satzes 1 der Bestimmung wenig beiträgt.349 Zulässig sind danach ganz allgemein „Gebote und Verbote für die Geschäftspolitik und -organisation“,350 deren Kreis allenfalls 348 Vgl. Bähre/Schneider, § 46 KWG Anm. 3; Beck/Samm, § 46 KWG Rn. 19; Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 17; Reischauer/Kleinhans, § 46 KWG Rn. 3; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46 KWG Rn. 6, z. T. unter Verweis auf „einstweilige Verfügungen“ nach § 935 ZPO und „einstweilige Anordnungen“ nach § 123 VwGO. 349 Geradezu paradigmatisch hierfür die Formulierung bei Schork, § 46 KWG Rn. 8: Erfaßt seien sowohl „generelle Weisungen“, „ausnahmsweise“ aber auch „Einzelweisungen“ (sic!). 350 So Bähre/Schneider, § 46 KWG Anm. 3; Beck/Samm, § 46 KWG Rn. 20; Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 19. „Geschäftsführung“ im Sinne der Bestimmung sind dabei nicht die „Geschäftsleiter“ i. S. d. § 1 II KWG, sondern eben die Führung der Geschäfte, vgl. Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46 KWG Rn. 7a. Praktische Be-

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dadurch eingegrenzt wird, daß bestimmte Anordnungen durch die im nachfolgenden Maßnahmenkatalog genannten Beispiele erfaßt werden. Als Beispiele für Anordnungen nach § 46 I 2 Nr. 1 KWG werden gemeinhin erwähnt: Verbote oder Beschränkungen für die Entnahme von Kapitaleinlagen sowie die Gewinnausschüttung, die Anordnung von Maßnahmen zur Eigenkapitalerhöhung, Gebote zur Verstärkung der Sicherheiten oder zur Kündigung bestimmter Kredite (insoweit anders als nach § 45 I 1, 3. Alt. KWG!351), organisatorische Auflagen (Verstärkung und Verbesserung interner Kontrollmechanismen), Verzicht auf verlustbringende Geschäftszweige und/oder Filialen;352 denkbar sind, zusammengefaßt, mithin Auflagen unterschiedlichsten Inhalts zur Beseitigung möglicher Risikoquellen im laufenden Geschäftsbetrieb. bb) Zivilrechtliche Konsequenzen der „Anweisungen“? (a) Aufforderung zu Handlungen nicht rechtsgeschäftlicher Natur Für die meisten der oben genannten nach § 46 I KWG möglichen Anweisungen folgt bereits aus ihrem Gegenstand, daß sich die Durchsetzung der Anordnungen letztlich auf die öffentlich-rechtlichen Mittel des Verwaltungszwangs und des Ordnungswidrigkeitenrechts sowie die Möglichkeit stützen muß, ein anordnungswidriges Verhalten der Verantwortlichen im Rahmen einer Entscheidung über deren Abberufung und ggf. die Aufhebung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb zu würdigen. Zivilrechtliche Konsequenzen scheiden denklogisch aus, wo es etwa um Weisungen für die Organisation des Kreditinstituts geht, die durch die Geschäftsleitung als Realakte umgesetzt werden müssen, und also nicht um rechtsgeschäftliche Handlungen. (b) Verbot der Gewinnausschüttung Eine ausdrückliche Regelung für die Rechtsfolgen von Verstößen gegen Anweisungen der Aufsicht findet sich in § 46 KWG nur zum Teil, nämlich insofern, als der Anordnung widersprechende Beschlüsse über die Gewinndeutung dürfte dies freilich kaum haben, da die Geschäftsleiter jedenfalls Adressaten der Anordnungen sind. 351 Siehe oben sub 1. c) aa). Aufgrund des unbestimmteren Wortlauts ist es daher zweifelhaft, wenn Pannen, Krise und Insolvenz, S. 17 Fn. 76, unter Berufung auf die Rechtsprechung zu § 46 KWG offenbar auch im Rahmen des § 45 I 1 KWG ein Verbot der Anordnung bereits zugesagter Kredite für zulässig hält. 352 Vgl. im einzelnen etwa Bähre/Schneider, § 46 KWG Anm. 3; Beck/Samm, § 46 KWG Rn. 20; Boos/Lindemann § 46 KWG Rn. 13; Schork, § 46 KWG Rn. 8.

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ausschüttung nichtig sind (§ 46 I 3 KWG) – insoweit besteht Gleichlauf mit § 45 I 2 KWG,353 und es ist auf die vorstehende Darstellung zu dieser Vorschrift zu verweisen. (c) Verbot von Gewinnentnahmen Teilweise wird eine analoge Anwendung der Nichtigkeitsanordnung auch für den nicht erwähnten Fall verbotswidriger Entnahmen nach entsprechenden Anweisungen vertreten.354 Auch in diesem Kontext bereitet die Konstruktion der Rückabwicklung anordnungswidriger Entnahmen freilich Probleme. Insoweit ist zunächst auf die vorstehenden Überlegungen zur an sich gleichgelagerten Problematik bei Anordnungen nach § 45 I 1, 1. Alt. KWG zu verweisen. Allerdings wäre zu überlegen, ob die Frage der Notwendigkeit einer zivilrechtlichen Wirkung der Anordnung im Anwendungsbereich des § 46 I KWG nicht anders als zum § 45 I KWG beantwortet werden müssen, in dessen Rahmen eine solche Wirkung, wie gesehen, durchaus verzichtbar sein könnte. Diese Überlegung könnte sich auf die gegenüber dem Tatbestand des § 45 KWG gesteigerte Gefahrenlage berufen, die für Maßnahmen nach § 46 I KWG Voraussetzung ist und angesichts derer die sofortige Rückabwicklung von Vermögensabflüssen an Gesellschafter durchaus angebracht sein mag. Das Fehlen einer gesetzlichen Regelung hierfür läßt eine solche Differenzierung jedoch fragwürdig erscheinen. Auch die Vorschrift des § 46 I KWG ist insoweit unklar gefaßt. (d) Anweisungen hinsichtlich bestehender Rechtsverhältnisse Besondere Probleme sind bei Anordnungen denkbar, die den rein internen Bereich verlassen und dem Institut – angesichts des offenen Wortlauts durchaus zulässig – Vorgaben für die weitere Gestaltung bestehender Rechtsverhältnisse auferlegen. So hatte die Rechtsprechung einen Fall zu 353 Siehe dazu oben sub 1. b). Nach Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46 KWG Rn. 8, sollen freilich im Rahmen des § 46 I 1 KWG auch die ursprünglich gefaßten Beschlüsse von der Nichtigkeitsfolge erfaßt werden, so daß ausgezahlte Beträge (wohl: in jedem Fall) „nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung zurückzuzahlen“ seien. Gegen diese Auslegung, die im Widerspruch zu der von dens., § 45 KWG Rn. 9, vertretenen Ansicht zur entsprechenden Regelung des § 45 II 2 KWG steht, lassen sich freilich die gleichen Bedenken geltend machen, wie oben zu dieser dargelegt; die Differenzierung wird durch den Gesetzeswortlaut nicht getragen und ist abzulehnen. 354 Vgl. Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46 KWG Rn. 8, die einen Redaktionsfehler annehmen, freilich insoweit vage bleiben, als „eine entsprechende Anwendung (. . .) jedoch aus Gründen der Rechtssicherheit nicht unbedenklich“ eingestuft werden müsse.

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entscheiden, in welchem das BAKred neben dem Verbot der Gewährung von Krediten nach § 46 I 2 Nr. 2 KWG auch ein Verbot ausgesprochen hatte, bei einzeln aufgelisteten Engagements die weitere Inanspruchnahme der Kredite trotz entsprechender Zusagen gegenüber dem Kunden zuzulassen.355 Ähnlich gelagerte Schwierigkeiten könnten sich aus Auflagen zur Auflösung bestimmter Geschäftsbereiche ergeben, was die Aufgabe bestehender Rechtsverhältnisse erfordern könnte. Anders als hinsichtlich der Anweisungen für das Kreditgeschäft nach § 45 I 1, 3. Alt. KWG, scheidet in diesen Fällen die Annahme einer relativen Unwirksamkeit der anordnungswidrigen Verfügung nach §§ 135, 136 BGB nicht von vornherein aus. Es erscheint vielmehr angesichts des Wortlauts des § 46 I KWG, der auf die Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern“ abstellt, prima vista durchaus plausibel, die Gläubiger des Instituts als durch das Verbot zu schützenden Personenkreis i. S. d. § 136 BGB einzustufen und insoweit die relative Unwirksamkeit zu begründen. Doch bleiben auch insoweit Bedenken: Ziel der aufsichtsrechtlichen Intervention ist vor allem die Wiederherstellung finanzieller Stabilität und damit die Insolvenzvermeidung. Nur im Rahmen eines nachfolgenden Insolvenzverfahrens könnte jedoch die relative Unwirksamkeit überhaupt – dann durch den Insolvenzverwalter – geltend gemacht werden.356 Der Schutzzweck der Insolvenzvermeidung kann damit durch die Annahme relativer Unwirksamkeit nicht erreicht werden. Daß die Aufsichtsbehörde insoweit ermächtigt wäre, die Rückforderung der ausgezahlten Gelder nicht lediglich im Wege des Verwaltungszwangs, sondern auch zivilrechtlich gegenüber den Kreditnehmern unter Berufung auf die relative Unwirksamkeit gegenüber den Gläubigern des Instituts durchzusetzen, läßt sich kaum dogmatisch begründen. Alles in allem bestehen daher an der Tauglichkeit der §§ 135, 136 BGB für diesen Fall erhebliche Zweifel. Gleiches gilt aber auch im Ergebnis für eine Nichtigkeit anordnungswidriger Verfügungen analog § 134 BGB.357 Die Nichtigkeitsfolge würde insoweit lediglich auf das Verfügungsgeschäft abzielen, da das Verpflichtungsgeschäft, etwa die „Kreditgewährung“ als solche, ja vor der Anordnung erfolgte und mithin in jedem Falle rechtswirksam bleibt. Zwar läßt sich die oben angestellte Überlegung, wonach der Schutzzweck die „Geheimhaltung“ der Maßnahmen erfordere und schon deshalb die zivilrechtliche Nich355 Vgl. KG, Beschl. v. 26.10.1984 – 330 OWi 404/83, Beckmann/Bauer, § 46 KWG Nr. 9 (Ordnungswidrigkeit des Geschäftsleiters durch verbotswidrige Auszahlung). 356 Die Befugnis hierzu liefe wohl parallel der Befugnis des Verwalters, der Gläubigergesamtheit zustehende Schadensansprüche geltend zu machen; in Betracht kommt mithin eine Analogie zu § 92 S. 1 InsO. 357 Vgl. insoweit schon oben sub 1. a).

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tigkeit der anordnungswidrigen Kreditvergabe wenig sinnvoll sei, auf die vorliegende Fallkonstellation nicht übertragen. Vielmehr liegt es gerade in der Natur einer Anordnung, bestimmte Verpflichtungen nicht zu erfüllen, daß der jeweils betroffene Vertragspartner davon erfährt. Derlei Anordnungen sind mithin – anders als die auf zukünftige Geschäfte beschränkte Untersagung der Kreditgewährung nach § 45 I 1, 3. Alt. KWG – nicht bloß „interne“ Maßnahmen. Doch bleibt hier wiederum das Problem, daß ein Rechtsgeschäft der absoluten Unwirksamkeit unterworfen würde, dessen eine Partei das Verbot nicht kennt, es auch gar nicht kennen kann: das Paradox einer privatrechtsgestaltenden Drittwirkung von Verwaltungsakten, die sich lediglich an eine der beiden Vertragsparteien richten und der anderen nicht bekanntgegeben werden. Diese Bedenken werden letztlich nicht befriedigend aufgelöst werden können und lassen auch die Zweckmäßigkeit entsprechender Maßnahmen insgesamt als kaum hinreichend durchdacht erscheinen. Es ist durchaus aufschlußreich, wenn die Literatur sich weitgehend über zivilrechtliche Konsequenzen der im einzelnen erwogenen Anordnungen ausschweigt und zum Teil sogar formuliert, „in der Regel“ sollten eben wegen der unerwünschten Öffentlichkeitswirkung derartige Maßnahmen nicht ergriffen werden.358 Wenn sich in Literatur und Rechtsprechung die Formulierung findet, es handele sich auch bei Anordnungen nach § 46 KWG durchweg um „interne Maßnahmen“,359 und wenn andererseits in einem Fall, in dem dem Kreditinstitut verboten worden war, zugesagte Kredite auszuzahlen, nur konstatiert wird, die Aufsichtsbehörde habe dabei „das Übermaßverbot besonders sorgfältig zu beachten“, ohne eine Festlegung zu treffen, wie sich denn ein „Eingriff in bestehende Rechtsverhältnisse“ tatsächlich auswirke,360 so zeugt dies von einer beachtlichen Verwirrung, die eine Neufassung der Vorschrift angebracht erscheinen lassen dürfte. Diese Probleme liegen wohl im wesentlichen in der Natur des Versuchs begründet, für eine Krisensituation, in welcher ansonsten bereits die Einleitung eines Insolvenzverfahrens zum Schutze der Gläubiger stattfinden könnte und angemessen wäre, ein aufsichtsrechtliches Sonderverfahren zur „geräuschlosen“ Krisenbewältigung zu schaffen, das einerseits die mit der Eröffnung eines förmlichen kollektiven Sanierungsverfahrens verbundene Öffentlichkeitswirkung vermeiden soll, ohne aber andererseits hinter den durch dieses ermöglichten Sicherungsmaßnahmen zurückzubleiben. Es ist ja 358 So Boos/Lindemann; § 46 KWG Rn. 22 zum Verbot der Auszahlung zugesagter Kredite. 359 So Huber, Auswirkungen, S. 37 f., und, unter Berufung darauf, BGH, Urt. v. 5.10.1989 – III ZR 34/88, WM 1990, 54, 55. 360 So der Beschluß des KG v. 26.10.1984 (oben Fn. 355).

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gerade die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bewirkte förmliche und öffentliche Umstellung auf die kollektive Vermögensauseinandersetzung, welche im allgemeinen Insolvenzrecht die umfassenden Eröffnungswirkungen auf bestehende Rechtsverhältnisse legitimiert, indem sie die beteiligten Gläubigern in das Verfahren einbezieht und ihnen Verfahrensrechte entsprechend ihrem Forderungsanteil einräumt. Auch hier wird sich (wie schon zum Verbot der Kreditgewährung nach § 45 I 1 KWG) das Spannungsverhältnis zwischen der Natur der aufsichtsrechtlichen Maßnahmen und der danach möglichen Sicherungsqualität letztlich nicht ausräumen lassen. Eine de lege ferenda an sich denkbare gesetzliche Klarstellung zugunsten zivilrechtlicher Unwirksamkeit anordnungswidriger Verfügungen – eine Art „Vorinsolvenz-Anfechtung“ durch Verwaltungsakt, allerdings ohne die Einschränkungen der Anfechtung betreffend den guten Glauben des Leistungsempfängers – wäre dogmatisch höchst zweifelhaft. Das oben so bezeichnete „Paradox einer privatrechtsgestaltenden Drittwirkung von Verwaltungsakten, die sich lediglich an eine der beiden Vertragsparteien richten und der anderen nicht bekanntgegeben werden“, ist nicht aufzulösen. Daß das betroffene Institut mithin die Anordnung unterlaufen kann und damit zunächst (bis zu einer eventuellen Anfechtung im nachfolgenden Insolvenzverfahren) irreversible Vermögensabflüsse die Krise weiter verschärfen können, muß hingenommen werden – und belegt, daß Anordnungen nach § 46 I 2 Nr. 1 KWG keine hinreichend effektive Vermögenssicherung ermöglichen. c) Verbot der Gewährung von Krediten (§ 46 II Nr. 2, 2. Alt. KWG) Das nach § 46 II Nr. 2, 2. Alt. KWG zulässige, praktisch häufig angeordnete361 Verbot der Gewährung von Krediten hat die gleiche Zielrichtung wie entsprechende Verbote nach § 45 I 1, 3. Alt. KWG362 und ist entsprechend formuliert. Insoweit gelten grundsätzlich die bereits oben angestellten Erwägungen. Daß, wie diskutiert, nach herrschender Auffassung die Auszahlung bereits zugesagter Kredite auf das allgemeine Anordnungsrecht nach § 46 II Nr. 1 KWG gestützt werden kann, erscheint auch aus systema361

Vgl. etwa die Sachverhalte in KG, Beschl. v. 26.10.1984 – 330 OWi 404/83, Beckmann/Bauer, § 46 KWG Nr. 9 (allgemeines Kreditverbot); BGH, Urt. v. 5.10.1989 – III ZR 34/88, WM 1990, 54 ff. (Verbot von Gesellschafterdarlehen u. a.); OVG Berlin, Beschl. v. 22.5.1995 – 1 S 27.95 (unveröffentlicht – Verbot von Krediten an namentlich aufgeführten Personenkreis); VG Berlin, Beschl. v. 31.10.1995 – 25 A 313.95, WM 1996, 295 ff. 362 Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46 KWG Rn. 7b; siehe insoweit auch Huber, Auswirkungen, S. 70 ff.; Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 22.

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tischer Sicht mißlich. In jedem Fall ist auch hier eine Nichtigkeit nach § 134 BGB abzulehnen.363 d) Verbot der Annahme von Geldern oder Wertpapieren (§ 46 II Nr. 2, 1. Alt. KWG) aa) Überblick Verbote der Annahme von Geldern oder Wertpapieren sollen dem Schutz potentieller Anleger dienen und vermeiden, daß diese dem betreffenden Kreditinstitut Vermögenswerte auch dann noch anvertrauen, wenn es sich in der Krise befindet.364 „Einlagen“ i. S. d. § 46 II Nr. 2, 1. Alt. KWG umfassen dabei – entsprechend der Legaldefinition des „Einlagengeschäfts“ in § 1 I 1 Nr. 1 KWG – jede „Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer rückzahlbarer Gelder des Publikums, sofern der Rückzahlungsanspruch nicht in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft wird, ohne Rücksicht darauf, ob Zinsen vergütet werden.“ Es geht mithin um Gelder, die das Kreditinstitut erlangt – sei es in Gestalt von Bareinzahlungen, Überweisungen durch Kunden von Konten bei anderen Kreditinstituten oder anderweitig im Zahlungsverkehr.365 Die Möglichkeit, auch die Annahme von Wertpapieren zu verbieten, ist in das Gesetz erst mit der 6. KWG-Novelle366 eingefügt worden, zugleich mit der Umgestaltung des Katalogs der aufgeführten Maßnahmen in die nunmehr numerierte Aufzählung und der Streichung des bisherigen Hinweises, daß neben einem „Verbot“ auch bloße, weniger weitreichende „Beschränkungen“ für die jeweiligen Geschäftsbereiche angeordnet werden können – dies ergibt sich heute nur mehr aus dem nicht abschließenden 363 Insoweit ausdrücklich auch BGH, Urt. v. 5.10.1989 – III ZR 34/88, WM 1990, 54, 55. 364 Vgl. die Nachw. soeben sub c) in Fn. 362. 365 Vgl. Boos/Fülbier, § 1 KWG Rn. 35: Bei Bargeld kommt es auf die tatsächliche Geldübergabe an; bei Buchgeld auf die Gutschrift im Rahmen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs bzw. durch die Speicherung von Werteinheiten im Rechner bei Netzgeld; siehe auch Kümpel, Rn. 3.4. Die Notwendigkeit der Zahlung von Konten bei einem anderen Kreditinstitut ergibt sich zwar nicht aus dem Gesetzestext, erscheint aber für den Anwendungsbereich des § 46 I 2 Nr. 2, 1. Alt. KWG denklogisch angemessen – transferiert ein Kunde Gelder von einem Konto bei der dem Verbot unterliegenden Bank auf ein anderes bei derselben Bank, dann mag zwar – bezogen auf dieses Konto – eine neue „Annahme“ vorliegen, der Verbotszweck (der Schutz potentieller neuer Einlagen, vgl. Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46 KWG Rn. 7b; insoweit zutreffend auch Huber; Auswirkungen, S. 70) kann aber evidentermaßen nicht erreicht werden. 366 BGBl. 1997-I, S. 2518.

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Charakter der Beispiele und insbesondere aus § 46 I 2 Nr. 1 KWG.367 Das Verbot der Annahme von Wertpapieren erfaßt Fälle, in denen die betreffenden Kunden letztlich in geringerem Maß gefährdet erscheinen als solche, die Zahlungen an das Institut leisten: Die im Kommissionsgeschäft erlangten Wertpapiere können unproblematisch in der Insolvenz ausgesondert werden; anders als bei Geldzahlungen erlangt die Bank hieran kein Eigentum. Ein Verbot der Annahme von Wertpapieren kann und soll somit in erster Linie den Schutz vor Rechtsstreitigkeiten in bestimmten Sonderfällen für den Eintritt der Insolvenz bewirken.368 Sowohl zum Verbot der Annahme von Zahlungen und Wertpapieren als auch zu Anordnungen für das Kreditgeschäft ist anerkannt, daß in beiden Fällen entsprechende Anordnungen beispielsweise höhenmäßig oder durch Eingrenzung auf besondere Geschäftsbereiche – z. B. Spareinlagen – beschränkt werden können.369 Verbote der Annahme von Einlagen stellen in der Praxis offenbar die Ausnahme dar;370 insbesondere aufgrund der damit verbundenen Gefahr eines sofortigen Bekanntwerdens der Krise eignen sie sich kaum als isolierte Maßnahme zur Krisenbewältigung.371 367

Vgl. Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 21: „entweder als weniger einschneidende Maßnahme nach Nr. 2 oder aber nach Absatz 1 Satz 1“. Ein Grund für die – nicht eben klärende – Änderung des Wortlauts durch die Novelle ist nicht zu erkennen. 368 Vgl. hierzu Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 20. 369 Vgl. Bähre/Schneider, § 46 KWG Anm. 4; Beck/Samm, § 46 KWG Rn. 22 ff.; Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 21; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46 KWG Rn. 7b. 370 Eine solche Anordnung war im Fall des Beschl. des OVG Berlin v. 22.5.1995 – 1 S 27.95 (unveröffentlicht) getroffen worden. Es handelte sich freilich (insoweit ausweislich der ebenfalls unveröffentlichten erstinstanzlichen Entscheidung des VG Berlin, Beschl. v. 13.1.1995 – 25 A 234.94) um ein Institut, das Kredite nahezu ausschließlich zur Finanzierung von Anteilen geschlossener Immobilienfonds gewährte, die von dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Bank beherrscht waren – so daß letztlich kein umfassender Kundenkreis wie bei einem „normalen“ Einlagengeschäft bestanden haben dürfte und insoweit ein Sonderfall gegeben war. Übersehen von Pannen, Krise und Insolvenz, S. 26, der das Vorliegen von Rechtsprechung zu dieser Frage verneint, den Beschluß freilich an anderer Stelle (S. 19 Fn. 82) durchaus zitiert. 371 Daß deshalb entsprechende Verbote nur selten in Betracht kommen, wird in der Literatur durchweg betont, vgl. insbesondere Schork, § 46 KWG Rn. 9: „Das Verbot oder die Beschränkung der Einlagenannahme ist oft gleichbedeutend mit dem Zusammenbruch des Kreditinstituts. Ein Kreditgeschäft kann einem Kunden gegenüber leichter abgelehnt werden und fällt daher weniger auf. Lehnt ein Kreditinstitut, das das Einlagengeschäft auf breiter Basis betrieben hat, plötzlich die Annahme von Einlagen ab, so ist ein Run auf seine Schalter zu befürchten, der es vollends zum Erliegen bringen wird.“ So oder ähnlich auch Beck/Samm, § 46 KWG Rn. 23; Boos/Lindemann; § 46 KWG Rn. 21; Reischauer/Kleinhans, § 46 KWG Rn. 7.

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bb) Zivilrechtliche Wirkungen der Anordnungen? Wie die verbotswidrige Annahme von Einlagen zivilrechtlich zu beurteilen ist, ist wiederum streitig.372 Auch hierzu enthält das Gesetz keine ausdrückliche Regelung; die Gesetzesmaterialien schweigen gleichermaßen.373 Die geringe praktische Bedeutung dieser Eingriffsalternative kontrastiert mit erheblichen Auslegungsproblemen. (a) Lösungsansätze Diskutiert, aber letztlich weithin verworfen wird zunächst eine Qualifikation des Verbots der Annahme von Einlagen als „Erwerbsverbot“ mit der Folge, daß – in Analogie zu §§ 135, 136 BGB – der Eigentumserwerb des Kreditinstitut an den eingezahlten Geldern den Kunden gegenüber relativ unwirksam wäre.374 Wurzeln des Instituts relativer Erwerbsverbote sind zwei Entscheidungen des Reichsgerichts zu Schwarzkauffällen;375 erwogen – und von der wohl herrschenden Meinung für zulässig gehalten376 – werden relative Erwerbsverbote noch heute im Bereich des Immobiliarsachenrechts, um es dem Grundstücksverkäufer bei Formnichtigkeit des Verpflichtungsgeschäfts und bereits erklärter Eintragungsbewilligung zu ermöglichen, im Wege der einstweiligen Verfügung nach § 938 II ZPO die Eintragung des Käufers im Grundbuch und damit die Heilung des Formmangels nach § 311b I 2 BGB (n. F. = § 313 S. 2 BGB a. F.) verhindern zu können.377 372 Für den Fall eines Verbots der Annahme von Wertpapieren ergeben sich dagegen keine Schwierigkeiten, da das Kreditinstitut – wie bereits oben (sub aa) bei und in Fn. 368) gesehen – als bloßer Kommissionär/Treuhänder ohnehin kein Eigentum an diesen erlangt und die Kunden folglich im Insolvenzfalle Aussonderung verlangen können. 373 Vgl. Begr. zu § 45 RegE, BT-Drs. 3/1114, S. 42. 374 Vgl. ausf. Huber, Auswirkungen, S. 51 ff. Unpräzise Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 23, der seine Ablehnung – am dogmatischen Kern der Begründung relativer Erwerbsverbote vorbei – ausschließlich darauf stützt, daß „im Erwerb eines Gegenstandes keine Verfügung gesehen werden kann“; wiederum anders Neeff, S. 191 (Bejahung des Erwerbsverbots, freilich ohne überzeugende Erläuterung). 375 RG, Urt. v. 21.6.1927 – III 282/26, RGZ 117, 287, 291; Urt. v. 4.2.1928 – V 117/27, RGZ120, 118, 120: In beiden Fällen ging es um die Korrektur von Grundstückskaufverträgen, die jeweils unter Angabe eines niedrigeren als des vereinbarten Kaufpreises beurkundet wurden. 376 Vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht, § 15 Rn. 32; MünchKomm(BGB)-MayerMaly/Armbrüster, § 136 BGB Rn. 9; Erman-Palm, § 136 BGB Rn. 15; Soergel-Hefermehl, § 136 Rn. 31, jeweils m. w. N., sowie aus der Rechtsprechung u. a. OLG München, Beschl. v. 11.2.1969 – 12 W 621/69, FamRZ 1969, 151, 152; OLG Hamm, Beschl. v. 2.7.1970 – 15 W 144/70, DNotZ 1970, 661, 662; BayObLG, Beschl. v. 31.1.1997 – 2 Z BR 7/97, RPfleger 1997, 304 f.

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Alternativ dazu wird ein Verbot nach § 46 I 2 Nr. 2, 1. Alt. KWG teilweise – i. V. m. § 56 III Nr. 12 KWG378 – als Verbotsgesetz i. S. d. § 134 BGB eingestuft und vertreten, daß die verbotswidrige Annahme von Einlagen der Nichtigkeitsanordnung dieser Bestimmung unterfalle.379 Danach soll im Fall der bargeldlosen Einlage der zahlenden Bank ein Rückforderungsrecht gegen die annehmende Bank aus § 812 I 1, 1. Alt. BGB zustehen, ggf. auch ein Stornorecht der annehmenden Bank nach § 4 I S. 3 AGB-Banken (a. F. = Nr. 8 AGB-Banken n. F.), sofern zwischen beiden Banken ein Girovertragsverhältnis bestand.380 Sofern es sich um eine Bareinzahlung handle, entstehe zwar regelmäßig aufgrund der §§ 947, 948 BGB Eigentum der Bank; jedoch bleibe der Kunde Miteigentümer, da eine Gewichtung nach „Haupt-“ und „Nebensache“ i. S. d. § 947 II BGB bei der Vermischung von Geld nicht zu erfolgen habe.381 Der überwiegende Teil der Literatur indes verhält sich zu diesem Problem nicht, geht aber offenbar davon aus, daß auch die verbotswidrige Annahme von Geldern zivilrechtlich ohne Konsequenzen und mithin wirksam bleibe.382 Zahlen also beispielsweise Kunden Gelder auf Spar- oder Girokonten bei der betreffenden Bank ein, bleibt es nach dieser Ansicht beim Eigentumserwerb durch die Bank der wirksamen Buchung der Gutschrift im Girovertragsverhältnis. Ebenso bleibt die Wirksamkeit der Buchung bei bargeldloser Überweisung unberührt. 377

Siehe die Nachweise soeben Fn. 376. Diese erforderliche Ergänzung übersieht Huber (Auswirkungen, S. 57 ff.), wenn er (mit dogmatisch wenig klarer Argumentation) § 46 KWG unter den Begriff des Verbotsgesetzes subsumiert; ähnlich unklar auch Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 23. Zur isolierten Einstuftung des § 46 I 2 Nr. 2 KWG als „Verbotsgesetz“ i. S. d. § 134 BGB gilt das gleiche, wie oben sub 1. a) bei und in Fn. 307 zu Beschränkungen des Kreditgeschäfts ausgeführt (§ 46 I 2 Nr. 2 KWG stellt, für sich genommen, lediglich eine Ermächtigungsnorm für Verbote dar; der Verbotsgesetzcharakter ergibt sich allenfalls in Verbindung mit der Ahndung als Ordnungswidrigkeit). 379 So Huber, Auswirkungen, S. 70 ff., insbes. S. 74; ebenso Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 23; vgl. schon Canaris, Bankvertragsrecht (2. Aufl.), Rn. 1176a (ohne Begründung): Unwirksamkeit „auch auf der dinglichen Ebene“. Offen BGH, Urt. v. 5.10.1989 – III ZR 34/88, WM 1990, 54, 55. 380 Huber, Auswirkungen, S. 74; dies gelte auch für den Fall bereits erfolgter Buchung. 381 Huber, Auswirkungen, S. 75; vgl. zur Vermischung/Vermengung von Geld grundsätzlich Baur/Stürner, Sachenrecht, § 53 Rn. 11; Soergel/Mühl, § 948 BGB Rn. 3; MünchKomm(BGB)-Quack, § 948 BGB Rn. 10; Palandt/Bassenge, § 948 BGB Rn. 3: Teilungsrecht des Miteigentümers in Abweichung von §§ 947, 948 (h. M.). 382 Vgl. implizit etwa Reischauer/Kleinhans, § 46 KWG Rn. 12. Keine Stellungnahme bei Pannen, Krise und Insolvenz, S. 26. 378

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(b) Stellungnahme (1) Zur Anwendbarkeit der §§ 135, 136 BGB Der Rekurs auf die in der Praxis zum Immobiliarsachenrecht entwickelten relativen Erwerbsverbote ist fragwürdig. Bei diesen handelt es sich um einen Versuch, vor allem die Heilungsvorschrift des § 311b I 2 BGB (n. F.) für bestimmte Fälle der Formnichtigkeit zu überwinden.383 Abgesehen von der Frage der – schon an sich überaus streitigen, wiederholt scharf in Abrede gestellten384 – grundsätzlichen Berechtigung dieses Lösungswegs innerhalb des Systems der §§ 135, 136 BGB, sind die Fälle des Verbots der Annahme von Einlagen nach § 46 I 2 Nr. 2, 1. Alt. KWG mit den dieser Rechtsprechung zugrundeliegenden Fallkonstellationen in keiner Weise vergleichbar. Auch wenn das Institut des „relativen Erwerbsverbots“ durch die Rechtsprechung inzwischen im Immobiliarsachenrecht als gewohnheitsrechtlich anerkannt erscheinen mag, so dürfte die Übertragbarkeit auf Konstellationen außerhalb der so umrissenen Fallgruppe schon wegen der Einbettung in einen völlig anderen rechtstechnischen Kontext kaum in Betracht kommen. Im Ergebnis läßt sich daher ein derartiges Verbot kaum als Fall der §§ 135, 136 BGB erfassen.385 (2) Ein Fall des § 134 BGB? Problematisch ist aber auch die als Alternative teilweise angenommene Nichtigkeit nach § 134 BGB. Wiederum ist zunächst bereits auf die oben dargelegten grundsätzlichen Zweifel an der dogmatischen Überzeugungskraft einer solchen Lösung im vorliegenden Kontext zu verweisen.386 Davon abgesehen, wird durch die Vertreter dieser Auffassung keineswegs 383

Vgl. ausf. zur Ratio der oben (sub (a) Fn. 375) zitierten Rechtsprechung insbesondere MünchKomm(BGB)-Wacke, § 888 BGB Rn. 24 f.; MünchKomm(BGB)Mayer-Maly/Armbrüster, § 136 BGB Rn. 8 f. 384 Siehe nur Flume, Rechtsgeschäft, § 17 6 e; MünchKomm(BGB)-Wacke, § 888 BGB Rn. 24 f.; Staudinger-Gursky (12. Aufl.), § 888 BGB Rn. 71; Staudinger-Kohler, § 136 BGB Rn. 22 ff., jeweils m. w. N. 385 Im Ergebnis gälte dies auch dann, wenn man in dem Verbot kein relatives Erwerbs-, sondern ein an die Bank gerichtetes relatives Verfügungsverbot sähe: Auf diese Weise könnte allenfalls das in der Gutschrift des Buchgeldbetrags auf dem Empfängerkonto verkörperte abstrakte Schuldversprechen der Bank erfaßt werden. Dann bliebe gleichwohl der Vermögenswert in der Bank und kommt im Ergebnis nur eine Rückabwicklung nach Bereicherungsgrundsätzen zugunsten des (unterstellt) relativ geschützten Kunden in Betracht, die ihm keine insolvenzfeste Position ermöglichte. Soweit ersichtlich, ist diese Alternative bislang nicht diskutiert worden. 386 Siehe oben sub aa) (d).

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plausibel begründet, wie sich der Verbotszweck – der Ausschluß der Gefährdung neuer Einlagen, mithin der Schutz der (potentiellen) Kunden – bei Unwirksamkeit der Annahme tatsächlich erreichen ließe. Voraussetzung dafür wäre, daß die „Einlage“ des Kunden – also das angenommene Geld – im Falle der Nichtigkeit letztlich aus der Sphäre der dem Verbot unterliegenden Bank heraus wieder in die „sichere Sphäre“ des Kunden zurückflösse (sei es in Gestalt einer Barauszahlung oder der Rückbuchung auf ein „sicheres“ Konto bei einer anderen Bank) bzw. sich insolvenzfest zurückfordern ließe. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt wären, wäre dem Schutzzweck tatsächlich genüge getan, und nur dann ließe sich vertreten, daß dieser die Nichtigkeit der Transaktion tatsächlich zwingend erfordere. Dies ist indes zweifelhaft. Auffällig ist bereits, daß die Vertreter der Unwirksamkeit verbotswidriger Einlagen das der Nichtigkeitsanordnung unterliegende Rechtsgeschäft nur vage identifizieren: Nichtig sei, so wird formuliert, die verbotswidrige „Annahme“ als solche.387 Daß insoweit zwischen Bareinzahlungen und der Überweisung sowie anderen Zahlungen im bargeldlosen Zahlungsverkehr zu differenzieren ist, wird nicht hinreichend berücksichtigt. Läßt sich im Fall der Bargeldeinzahlung die Nichtigkeitsanordnung relativ unproblematisch als auf die Einigung zwischen Kunde und Bank bei der Übereignung des Bargeld gerichtet verstehen,388 so ist die Anwendung auf den Fall der Überweisung im bargeldlosen Zahlungsverkehr schwieriger: Soll hier schon der Überweisungsvertrag des Kunden mit dem erstbeauftragten Kreditinstitut oder erst das mit der Gutschrift der Empfängerbank begründete abstrakte Schuldversprechen389 der Nichtigkeit verfallen? Es kann hier nicht unternommen werden, in extenso die Rechtsfolgen gestörter Überweisungsvorgänge allgemein und für die beiden aufgezeigten Alternativen im besonderen zu untersuchen.390 In jedem Falle dürfte sich erweisen, daß sowohl die Anwendung der Nichtigkeitsanordnung schon auf den Überweisungsauftrag als auch die Alternative der bloßen Unwirksamkeit der Gutschrift auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen, die schon grundlegend erhebliche Zweifel an der Praktikabilität der vorgeschlagenen Lösung begründen.391 387

So Huber, Auswirkungen, S. 74; ähnlich Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 23; Canaris, Bankvertragsrecht (2. Aufl.), Rn. 1176a. 388 In diesem Sinne implizit auch Huber, Auswirkungen, S. 75. 389 Vgl. zur rechtstechnischen Konstruktion des Girovertrags nur BankrechtsHBSchimansky, § 47 Rn. 29; Palandt-Sprau, § 676f BGB Rn. 10; zur Rechtsnatur der Gutschrift auch BGH, Urt. v. 25.1.1988 – II ZR 320/87, BGHZ 103, 143, 146. 390 Insoweit muß auf die Literatur zum Girovertragsrecht allgemein verwiesen werden, siehe – schon unter Berücksichtigung der durch das Überweisungsgesetz vom 21.07.1999 (BGBl. 1999-I, 1642) auf der Grundlage der EG-Überweisungsrichtlinie begründeten Änderungen – etwa Kümpel, Rn. 4.99 ff.; BankrechtsHBSchimansky, § 49, jeweils m. w. N.

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Zudem wird das Schicksal der „unwirksamen“ Annahme von Einlagen für den Fall offengelassen, in der es nachfolgend ohne Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zur Sanierung kommt: Bleibt es dann bei der Unwirksamkeit eines zugrundeliegenden Überweisungsvertrags bzw. der Gutschrift als solcher, mit der wohl auch ein girovertraglicher (über § 818 I BGB hinausgehender) Zinsanspruch erlöschen dürfte?392 Bedarf es eines erneuten Überweisungsvertrags über die bereits gebuchte Summe, um die Wirksamkeit der Buchung (ex nunc oder ex tunc) zu begründen, obwohl der betroffene Kunde unter Umständen die Nichtigkeit gar nicht kennt? Auch bei nachfolgender Insolvenzeröffnung schließlich – mithin wohl im Regelfall – wäre dem Kunden keineswegs geholfen: Der von Huber und Lindemann vertretene Rekurs auf eine mögliche Stornierung nach Nr. 8 AGB-Banken (n. F.)393 ist dabei schon aus tatbestandlichen Gründen zweifelhaft: Bereits nach dem Wortlaut der Nr. 8 AGB-Banken erfordert eine Stornierung einen materiellen Erstattungsanspruch der kontoführenden Bank gegen den Überweisungsempfänger,394 die Gutschrift müßte sich als rechtsgrundlose Leistung der (dem Verbot unterliegenden Empfänger-) Bank an den Überweisungsempfänger darstellen.395 Wenn die Einlage durch Überweisung von einem anderen Konto erfolgt, verlaufen die Leistungsbeziehungen freilich anders: Grundsätzlich liegt in einer Überweisung primär eine Leistung des Auftraggebers an den Überweisungsempfänger im Rah391 Wollte man das Verbot als auf den Überweisungsauftrag gerichtet verstehen, so ergibt sich die Schwierigkeit, daß der Einleger die Anordnung des Annahmeverbots ja nicht kennt (vgl. insoweit zutreffend Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 25). Die isolierte Erfassung der Gutschrift demgegenüber würde kaum ohne weiteres die angestrebte Rückabwicklung auf das Konto bei der „sichere“ zahlenden Bank ermöglichen; da das durch den (hier als wirksam unterstellten) Überweisungsvertrag begründete Auftragsverhältnis ja von allen Beteiligten erfüllt wurde. Vertragliche Erstattungsansprüche kommen daher (anders als bei wirksamem Widerruf des Überweisungsauftrags, bei dem die Empfängerbank zur Herausgabe der erhaltenen Dekkung nach §§ 667, 675 BGB an die Überweiserbank verpflichtet wäre, vgl. Kümpel, Rn. 4.248) nicht in Betracht. Wie die dem Verbot unterliegende Bank genau dem Verbot gerecht werden kann, begründen auffälligerweise weder Huber, Auswirkungen, S. 74 f., noch Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 16. 392 Dies gesteht auch Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 25, zu. 393 Siehe oben sub (a) bei und in Fn. 380. 394 Vgl. BGH, Urt. v. 9.5.1983 – II ZR 241/82, BGHZ 87, 246, 252; OLG Zweibrücken, Urt. v. 22.4.1997 – 5 U 48/95, NJW-RR 1997, 1546, 1547. Die entgegengesetzte Ansicht von Canaris, Bankvertragsrecht (3. Aufl.), Rn. 447 (Unabhängigkeit des Stornorechts von zugrundeliegenden materiellen Bereicherungs- oder sonstigen Rückerstattungsansprüchen der Bank) hat sich durch die Neufassung des Stornorechts in Nr. 8 AGB-Banken evidentermaßen erledigt (Stornorecht der Bank, „soweit ihr ein Rückzahlungsanspruch gegen den Kunden zusteht“); vgl. auch BankrechtsHB-Bunte, § 13 Rn. 4; Kümpel, Rn. 2.403. 395 Vgl. dazu Kümpel, Rn. 2.404.

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men des sogenannten Valutaverhältnisses, und bei Fehlern in diesem Verhältnis ist zwischen ihnen rückabzuwickeln.396 Daneben wird in der Ausführung des Überweisungsauftrags eine Leistung der Überweiserbank an ihren Kunden (also den Auftraggeber) im „Deckungsverhältnis“ gesehen, so daß unter Umständen ein Bereicherungsausgleich zwischen diesen beiden zu treffen ist.397 Die Annahme eines Bereicherungsanspruchs der Überweiserbank an den Überweisungsempfänger soll nur dann in Frage kommen, wenn der Überweisungsauftrag – etwa aufgrund eines gefälschten Überweisungsauftrags, wegen Geschäftsunfähigkeit des Überweisenden oder wegen irrtümlicher Doppelausführung – niemals wirksam erteilt worden ist und daher die Zahlung nicht dem Kunden zugerechnet werden kann. Insoweit handele es sich freilich um eine Nichtleistungskondiktion (§ 812 I 1, 2. Alt. BGB); man spricht vom „Durchgriff“ der Überweiserbank auf den Überweisungsempfänger.398 Ein Bereicherungsanspruch der Empfängerbank dagegen, auf den es für das Stornorecht nach Nr. 8 AGB-Banken allein ankäme,399 kommt nach herrschender Ansicht nur dann in Frage, wenn der Gutschrift auf dem Empfängerkonto kein wirksamer Auftrag (bzw. nach § 676d BGB kein wirksamer Zahlungsvertrag) zugrunde lag, so etwa, wenn die Empfängerbank irrtümlich auf ein falsches Konto oder doppelt bucht.400 396

Siehe Kümpel, Rn. 4.288; BankrechtsHB-Schimansky, § 50 Rn. 9; PalandtHeinrichs, § 270 BGB Rn. 5; BGH, Urt. v. 18.12.1969 – VII ZR 152/67, BGHZ 53, 139, 142; Urt. v. 9.11.1978 – VII ZR 17/76, BGHZ 72, 316, 318 f. 397 Wenn aufgrund einer fehlerhaften Weisung auf das Empfängerkonto überwiesen wurde und dem Auftraggeber dadurch ein Vermögenszuwachs entstand, etwa bei dadurch bewirkter Tilgung einer Schuld, vgl. Schimansky, a. a. O. (soeben Fn. 396) Rn. 8. 398 Vgl. Schimansky, a. a. O. (oben Fn. 396), Rn. 3; siehe auch Kümpel, Rn. 4.302 ff.: Daß es sich hierbei nicht um einen Fall der Leistungskondiktion handeln soll, beruht auf der Überlegung, daß die Überweiserbank ja auch in diesen Fällen nicht an den Überweisungsempfänger, sondern ausschließlich an ihren Kunden leisten wolle. 399 Wenn Huber, Auswirkungen, S. 74, ein Stornorecht der „zahlenden“ (Überweiser-) gegenüber der „annehmenden“ (Empfänger-) Bank in Betracht zieht, soweit beide „in einem Girovertragsverhältnis stehen“, bleibt im Dunkeln, wie sich diese Konstellation praktisch vorstellen ließe: Soweit die Überweiserbank ein Stornorecht überhaupt hätte, würde sich dieses ja nur auf ein (Loro-) Konto der Empfänger- bei der Überweiserbank selbst beziehen können – die darauf gebuchten Beträge aber sind ja offensichtlich nicht gefährdet, weshalb das Konto schon nicht in den Anwendungsbereich des Annahmeverbots fallen dürfte. Auch aus den von Huber, a. a. O., zitierten Fundstellen ergibt sich nichts Gegenteiliges. 400 Vgl. Kümpel, Rn. 4.326 ff.; Schimansky, a. a. O. (oben Fn. 396), Rn 3. Siehe aber auch BGH, Urt. v. 9.5.1983 – II ZR 241/82, BGHZ 87, 246 ff.: kein Bereicherungsanspruch der kontoführenden Bank gegen den Empfänger, wenn die Gutschrift trotz eines (übersehenen) wirksamen Widerrufs durch den Auftraggeber erfolgt und der gutgläubige Empfänger einen Zahlungsanspruch gegen den Auftraggeber hatte. Aus der Sicht des Empfängers liege keine Leistung der Bank, sondern eine des Auf-

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Der vorliegende Fall läßt sich offensichtlich unter diese Kategorien nicht recht subsumieren, was aus grundsätzlichen Schwierigkeiten resultieren mag, die für den bargeldlosen Zahlungsverkehr typischen Leistungsketten mit bereicherungsrechtlichen Mitteln zu bewältigen, welche im Grunde auf direkte Leistungs- bzw. Eingriffsbeziehungen ausgerichtet sind.401 Auch im Falle einer Bargeldeinzahlung indessen wird eine schlichte „Stornierung“ als Instrument der Rückabwicklung ausscheiden, handelt es sich bei dem Stornorecht doch – wie schon der Wortlaut hinreichend erkennen läßt – um ein Recht der Bank zur „Rückgängigmachung“ fehlerhafter Buchungen gegenüber ihren Kunden,402 das zu Gunsten der Bank erleichterte Rückforderungsmöglichkeiten schafft, nicht aber um ein Recht des Kunden.403 Das kontoführende Institut, das die – unterstellt – nichtige Annahme unter Zuwiderhandeln gegen das aufsichtsbehördliche Verbot verbucht, wird kaum aus eigener Initiative von dem Stornierungsrecht Gebrauch machen, wie es ansonsten bei der Ausübung des Stornorechts typischerweise der Fall ist. Diese Konstruktion liefe mithin auf das paradox anmutende Ergebnis hinaus, daß der Kunde die Ausübung eines eigentlich gegen ihn gerichteten Rechts erzwingen müßte – ohne daß ihm mit der Geltendmachung irgendwie genützt wäre, denn der Buchgeldposten verbliebe ja auch nach der traggebers vor; der folglich ggf. im Valutaverhältnis rückabzuwickeln sei, ohne daß ein materiell-rechtlicher Rückgewähranspruch der Bank bestehe. 401 In der vorliegenden Konstellation wird die Unzulänglichkeit solcher Versuche besonders augenfällig. Das zu bewältigende Problem besteht letztlich darin, daß durch die Transaktion bloß als Buchgeldposten existierender Vermögenswerte zugleich sowohl der Empfänger mit dem durch die Gutschrift verkörperten Auszahlungsanspruch gegen die Empfängerbank als auch diese selbst insofern begünstigt wird, als sie mit dem ihrer „Obhut“ überantworteten Vermögensposten „arbeiten“ und ihn anlegen berücksichtigen kann. Der Vorgang einer „Übergabe“ des Buchgelds mit Hilfe der eingeschalteten Banken schafft also, anders als die schlichte Übergabe einer Sache „von Hand zu Hand“, gleich zwei bereicherungsrechtlich möglicherweise relevante Vermögensposten bei verschiedenen „Empfängern“ – die Buchgeldposition und das in der Gutschrift verkörperte abstrakte Schuldversprechen. Die vorliegende Konstellation zeichnet sich durch die Besonderheit aus, daß es in ihr ausschließlich darum geht, dem bloß „mitbegünstigten“ Empfängerinstitut die Begünstigung zu entziehen, da der Anspruch des Kunden gegen sie gefährdet zu sein scheint, während der durch die Transaktion hauptsächlich „Begünstigte“, der mit dem Auftraggeber identische Überweisungsempfänger, den transferierten Vermögensposten im Ergebnis soll behalten dürfen – das Problem kann mithin bei einer einfachen Leistungsbeziehung, zu deren Rückabwicklung der Tatbestand des § 812 I 1, 1. Alt. BGB an sich geschaffen wurde, überhaupt nicht virulent werden! 402 Vgl. BGH, Urt. v. 9.5.1983 – II ZR 241/82, BGHZ 87, 246, 251; BankrechtsHB-Bunte, § 13 Rn. 6; siehe auch Kümpel, Rn. 2.399 ff. 403 Ähnlich muß der Empfänger einer Zahlung, mit der er nicht einverstanden ist, den Betrag zurücküberweisen, kann aber keine Stornierung verlangen, vgl. BGH, Urt. v. 19.9.1989 – XI ZR 150/88, NJW-RR 1990, 323 f. und dazu Kümpel, Rn. 4.218.

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Stornierung der Buchung zu Lasten des Kundenkonto bei der dem Verbot unterliegenden Bank und müßte noch an den Kunden ausgezahlt bzw. an die Überweiserbank zurückübertragen werden.404 Daß die Ausübung des Stornorechts den Kunden im Falle eines aufsichtsbehördlichen Annahmeverbots schützen soll, läßt sich daher kaum überzeugend begründen. Letztlich bliebe es bei Einlagen im Überweisungswege mithin allenfalls bei einem Bereicherungsanspruch405 des Kunden, der nach Insolvenzeröffnung (ebenso wie ein etwaiger Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung gegen die Empfängerbank wegen der verbotswidrigen Annahme) ohnehin Insolvenzforderung wäre,406 so daß die Nichtigkeit der verbotswidrigen Annahme von Einlagen letztlich unter keinen Umständen erhöhten Schutz für den Kunden bedeuten würde. Auch zur Aussonderung möglicherweise aufgrund der Unwirksamkeit der Annahme bestehender Miteigentumsanteile des Kunden an bar eingezahlten Geldern dürfte es im Regelfall nicht kommen, da nach Insolvenzeröffnung der Anteil am noch vorhandenen Geldbestand regelmäßig kaum noch nachzuweisen sein dürfte.407 404 Überdies gilt das Stornorecht ausschließlich für Girokonten, erfaßt also keine Sparkonten (vgl. BankrechtsHB-Bunte, § 13 Rn. 1; Kümpel, Rn. 2.397, 2.415), so daß sich selbst dann, wenn die geltend gemachten Bedenken ausgeräumt werden könnten, ein erheblicher Teil von Einlagen damit gar nicht wirksam sichern ließe. 405 Die Annahme einer Leistungskondiktion erscheint dabei wiederum nicht unproblematisch, da der Kunde eine „bewußte zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens“ und also eine „Leistung“ an die Bank bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht intendiert hat, sondern eben nur sein eigenes Konto begünstigen wollte (und dies auch erreicht hat – daß der Bank dabei die Einlage in Gestalt des Buchgeldpostens zugeführt wurde, ist aus Sicht des Kunden eher Nebenfolge). Und auch die Annahme einer Nichtleistungskondiktion dürfte als nicht unzweifelhaft gelten, denn die Bank ist hier durch die bloße Gutschrift (die ja einen Anspruch des Kunden auf Auszahlung verkörpert!) nicht schon auf dessen Kosten bereichert; eine Entreicherung tritt beim Kunden vielmehr erst durch den insolvenzbedingten Wertverfall des Anspruchs ein, denn sowohl vor als auch nach der Überweisung bestand der fragliche Vermögensposten jeweils in einem Auszahlungsanspruch gegen ein Kreditinstitut in gleicher Höhe. Auch diese Schwierigkeiten werden im Ergebnis auf den soeben bei und in Fn. 401 diskutierten Umstand zurückgeführt werden können, daß das Bereicherungsrecht systematisch auf die hier zu bewältigende Konstellation letztlich nicht recht paßt. 406 Nur zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, daß bei Annahme der Nichtigkeit gem. § 134 BGB etwa bestehende bereicherungsrechtliche Erstattungsansprüche des Einlegers auch keine Masseverbindlichkeiten i. S. d. § 55 I Nr. 3 InsO wären; nicht die Masse, sondern schon der Gemeinschuldner ist vor Verfahrenseröffnung ungerechtfertigt bereichert gewesen – erfaßt von § 55 I Nr. 3 InsO sind aber nur solche Ansprüche, die nach Eröffnung der Masse zugeflossen sind; vgl. HK-Eickmann, § 55 InsO Rn. 24; Nerlich/Römermann-Andres, § 55 InsO Rn. 122; Kübler/ Prütting-Pape, § 55 InsO Rn. 60. 407 Vgl. insoweit etwa Kuhn/Uhlenbruck, § 43 KO Rn. 4; siehe auch BGH, Urt. v. 8.3.1972 – VIII ZR 40/71, BGHZ 58, 257, 258; Nerlich/Römermann-Andres,

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Selbst wenn dies möglich sein sollte, fragt sich, wie die darin liegende Privilegierung der bar eingezahlten Einlage gegenüber den lediglich schuldrechtlich rückabzuwickelnden Guthaben aus Überweisungen zu legitimieren wäre. Auch insoweit käme die Anwendung von § 134 BGB mithin zu widersprüchlichen, wenig sachgerechten Lösungen. Daß der Kunde davon profitieren würde,408 kann kaum ernsthaft behauptet werden. Damit ergibt sich folgendes Bild: Da der Kunde selbst regelmäßig bei Geschäftsabschluß vom Annahmeverbot keine Kenntnis hat409 und er auch während der Dauer des Verbots keine Kenntnis davon erlangen wird (dies soll auch gerade vermieden werden, was sich aus dem Charakter der Maßnahme als Verbot nur gegenüber dem Kreditinstitut zur Vermeidung öffentlichen Aufsehens ergibt), könnte er in jedem Fall die Unwirksamkeit allenfalls nachträglich geltend machen, wie auch immer eine darauf gestützte Rückabwicklung zu konstruieren wäre: Im einen Fall – der Weiterführung des sanierten Kreditinstituts – dürfte ihm daran das Interesse fehlen, weil er seine Einlagen gefahrlos auch ohne Berufung auf die Nichtigkeit (ggf. unter Einhaltung bestehender Fristen und mithin im Rahmen der geltenden Vertragsbedingungen) abdisponieren kann, und im zweiten Fall nutzte ihm die Berufung nichts, weil er mangels effektiven Aussonderungsrechts bzw. anderweit privilegierter Ersatzansprüche letztlich doch auf die Insolvenzquote verwiesen bleibt. Die verschiedentlich vorgeschlagenen Lösungswege der Rückabwicklung nichtiger Überweisungs- bzw. Einzahlungsvorgänge bieten mithin keine wirklich praktikable Perspektive.410 Erst recht kaum zu konstruieren wäre angesichts dessen die Unwirksamkeit eines nur beschränkten (etwa auf bestimmte Betragsgrenzen reduzierten) Verbots der Annahme von Einlagen, da dann etwaige Rückerstattungsansprüche nur in Höhe des „geschützten“ Betrags denkbar sind und insoweit eine teilweise Nichtigkeit angenommen werden müßte.411

§ 47 InsO Rn. 6; Kübler/Prütting-Prütting, § 47 InsO Rn. 10 f.; MünchKomm(InsO)-Ganter, § 47 InsO Rn. 45. Gerade bei den umfassenden und durch ständige Zu- und Abgänge in hohem Maße veränderlichen Bargeldbeständen einer Bank dürfte die Möglichkeit der Aussonderung eine nur akademische bleiben. 408 So ausdrücklich Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 25. 409 Insoweit zutreffend Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 25. 410 In keiner der diskutierten Fallkonstellationen würde ein anderes Ergebnis eintreten, wenn das Verbot der Annahme von Einlagen nur Zwischenstufe wäre und vor dem Gelingen der Sanierung bzw. der Insolvenzeröffnung noch weitere aufsichtsrechtliche Maßnahmen, etwa ein „Moratorium“ nach § 46 a I KWG, angeordnet würden. Da dieses u. a. in einem Zahlungsverbot bestünde, würde eine Geltendmachung der Nichtigkeit in jedem Falle auch hier bis zur endgültigen Feststellung scheitern, ob entweder die Sanierungsbemühungen Erfolg hatten oder ein Insolvenzverfahren unvermeidlich ist.

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(3) Zwischenergebnis Nach allem ist festzuhalten, daß sich – entgegen Huber und Lindemann – der Schutz des potentiellen Einlegers durch die Nichtigkeit als zivilrechtliche Konsequenz der verbotswidrigen Annahme durch das betreffende Kreditinstitut praktisch unter keinen Umständen bewirken läßt. Auch diese Maßnahme kann damit nur mit öffentlich-rechtlichen Sanktionen durchgesetzt werden. Daß der Schutzzweck bei dieser Auslegung unter Umständen „ins Leere“ läuft,412 wird die gegen die Annahme der Nichtigkeit nach § 134 BGB vorgetragenen Bedenken kaum ausräumen können und ist daher zwangsläufig hinzunehmen. Auch in diesem Fall zeigt sich, daß der Versuch, dem aufsichtsrechtlichen Eingriff eine Sicherungswirkung beizumessen, die jene der Eröffnung des Insolvenzverfahrens – nach welcher ja regelmäßig niemand mehr der Masse ein ungesichertes Darlehen geben würde – zumindest kompensieren soll, dogmatisch und rechtspraktisch kaum befriedigend realisierbar ist. e) Maßnahmen gegenüber Inhabern und Geschäftsleitern (§ 46 I 2 Nr. 3 KWG) aa) Überblick Die in § 46 I 2 Nr. 3 KWG vorgesehene Möglichkeit, Inhabern und Geschäftsleitern die Ausübung ihrer Tätigkeit zu untersagen oder zu beschränken, schafft für den Krisenfall eine von der allgemeinen Bestimmung des § 36 KWG abweichende Regelung. Während § 36 KWG (wie bereits angedeutet) tatbestandlich einen größeren Gefahrenbereich erfaßt als die Vorschrift des § 46 I KWG, läßt letztere andererseits Maßnahmen gegenüber einem größeren Adressatenkreis zu.413 In der bisherigen Aufsichtspraxis hat bei Maßnahmen gegenüber Geschäftsführern und Inhabern häufig die oben414 als problematisch bewertete Fallgruppe einer „Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen“ schon durch inkorrekt handelnde oder unfähige Geschäftsleitung eine Rolle gespielt.415 Vorliegend soll die Bestimmung im 411 Was Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 25, durchaus zugibt! Vgl. ferner ebd. zu Differenzen der erörterten Auslegung mit Verstößen gegen § 32 KWG, die (heute unstreitig) nicht die Nichtigkeit der entsprechenden Rechtsgeschäfte zur Folge haben. 412 Worauf sich Huber, Auswirkungen, S. 71, zur Stützung der „Nichtigkeitsthese“ beruft. 413 Vgl. im einzelnen Bähre/Schneider, § 36 KWG Anm. 3; Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 30; Schork, § 46 KWG Rn. 13; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46 KWG Rn. 2. 414 § 5 sub B. II. 2. a) bb) (e) (1).

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Sinne der oben angestellten Erwägungen hierzu ausschließlich als Möglichkeit für die Aufsicht untersucht werden, im Krisenfall durch Maßnahmen gegenüber der Geschäftsleitung Handlungen durch diese zu unterbinden, die weiteren Anordnungen zuwiderlaufen und damit die finanzielle Krise zu verschärfen. Grundsätzlich gilt, daß die Adressaten entsprechender Untersagungsverfügungen durch das Gesetz abschließend definiert sind – diese können gegen „Inhaber“ (bei Instituten, die von einem Einzelkaufmann allein oder mit stillen Gesellschaftern betrieben werden416) und gegen Geschäftsleiter i. S. d. § 1 II 1 und 2 KWG gerichtet werden,417 nicht aber gegen andere Organe des Kreditinstituts wie etwa das Aufsichtsorgan.418 bb) Rechtsfolgen bei Zuwiderhandlungen Für die Dauer der Untersagung sind die Geschäftsleiter419 gem. § 46 I 4 KWG von der Geschäftsführung und der Vertretung ausgeschlossen; die 415 Vgl. etwa OVG Berlin, Beschl. v. 3.12.1976 – I S 155 und 156/76, Beckmann/Bauer, § 46 KWG Nr. 4 (Zuwiderhandlung gegen Außenwirtschaftsgesetz); VG Berlin, Urt. v. 23./27.12.1983 – 14 A 189/81, Beckmann/Bauer, § 46 KWG Nr. 8 (leichtfertiges Eingehen dubioser Verbindlichkeiten); siehe aber nunmehr (einschränkend) OVG Berlin, Beschl. v. 22.5.1995 – 1 S 27.95 (unveröffentlicht) und dazu oben § 5 sub B. II. 2. a) bb) (e) (1). Zutreffend macht dagegen Schork, § 46 KWG Rn. 12, darauf aufmerksam, Voraussetzung einer Maßnahme gegen die Geschäftsleitung seien „erhebliche Beanstandungen“ hinsichtlich der Geschäftsführung durch die betreffende Person (nur) „neben der allgemeinen Gefahrensituation“ (eigene Hervorhebung). Wiederum anders Beck/Samm, § 46 KWG Rn. 26: Unzuverlässigkeit oder mangelnde fachliche Eignung sei für ein Tätigkeitsverbot nach § 46 KWG nicht Voraussetzung, es komme allein auf die Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen an – diese Auslegung erscheint freilich vor dem Hintergrund des Verhältnismäßigkeitsprinzips fragwürdig, das eine derartig einschneidende Maßnahme nur bei entsprechender Eignung zur Gefahrenabwehr zulassen dürfte (die zweifelhaft ist, wenn es sich um eine an sich korrekte Geschäftsführung handelte); ähnlich wie hier Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 29 und Reischauer/Kleinhans, § 46 KWG Rn. 8. In den meisten Krisenfällen dürfte indes auch die Unzuverlässigkeit der Geschäftsführung zu bejahen sein, so daß sich praktisch erhebliche Differenzen zwischen beiden Positionen kaum ergeben dürften (vgl. freilich Bähre/ Schneider, §§ 46a-c KWG Anm. 6; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46 KWG Rn 7d zu – hier nicht weiter interessierenden – möglichen Konsequenzen im Hinblick auf die Eintragung der Verfügung ins Gewerbezentralregister). 416 Vgl. statt aller Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 26. 417 Vgl. ausf. Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 26 ff.; Bähre/Schneider, § 46 KWG Anm. 5; Beck/Samm, § 46 KWG Rn. 28; teilweise a. A. Reischauer/Kleinhans, § 46 KWG Rn. 8; Pannen, Krise und Insolvenz, S. 28, welche die Anwendung der Vorschrift auf „gekorene“ Geschäftsleiter i. S. d. §§ 1 II, 3 KWG nicht für erforderlich bzw. (so Pannen, a. a. O.) unstatthaft halten. 418 Vgl. Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 27; Schork, § 46 KWG Rn. 17.

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Untersagung wirkt – anders als nach der ursprünglichen Fassung der Bestimmung420 – mithin handelsrechtlich.421 Nach § 46 I 6 KWG darf der Geschäftsleiter für die Dauer des Verbots auch gesellschaftsrechtliche Mitwirkungsrechte nicht wahrnehmen bzw. in anderer Weise an Entscheidungen über Geschäftsführungsmaßnahmen mitwirken. Wird keine Untersagung der Tätigkeit, sondern lediglich eine Beschränkung ausgesprochen, darf also beispielsweise der Inhaber oder Geschäftsleiter nur zusammen mit anderen Geschäftsleiter oder Prokuristen das Institut vertreten,422 so bleiben die anordnungswidrig allein getätigten Rechtsgeschäfte dagegen nach ganz herrschender Meinung wirksam.423 Diese Einschränkung ist in der Tat angesichts der für Dritte nicht erkennbaren Art der Beschränkung erforderlich424 und entspricht im übrigen dem gesellschaftsrechtlichen Grundsatz, daß Einschränkungen der Vertretungsmacht im Innenverhältnis (Gesellschaftsvertrag oder Vollmacht bei der Prokura) nicht gegenüber Dritten wirken.425 Zuwiderhandlungen können wiederum nur als Ordnungswidrigkeit geahndet werden (§ 56 I 1 i. V. m. § 46 I 1, 2 Nr. 3 KWG). cc) Bestellung erforderlicher geschäfts- und vertretungsberechtigter Personen (§ 46 II KWG) Um die möglicherweise aus einer Untersagung nach § 46 I Nr. 3 KWG resultierende Handlungsunfähigkeit des jeweiligen Kreditinstituts zu verhindern, bestimmt § 46 II KWG, daß ggf. auf Antrag der Aufsicht bei dem 419 Bei Kreditinstituten, die nicht in der Rechtsform des Einzelkaufmanns betrieben werden – was bei Kreditinstituten stets der Fall ist (siehe oben sub a) bei und in Fn. 297). Zu den Rechtswirkungen bei Einzelkaufleuten siehe Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 26; Bähre/Schneider, § 46 KWG Anm. 5. 420 Geändert durch die 2. KWG-Novelle (BGBl. 1976-I, S. 1121). 421 Vgl. – auch zu den gesellschaftsrechtlichen Konsequenzen – etwa Bähre/ Schneider, § 46 KWG Anm. 5; Beck/Samm, § 46 KWG Rn. 29; Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 32; Reischauer/Kleinhans, § 46 KWG Anm. 8a. Für die – vorliegend uninteressanten – zivilrechtlichen Folgen des Verbots für Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag oder anderen Bestimmungen über die Tätigkeit des Geschäftsleiters verweist § 46 I 5 KWG auf die allgemeinen Vorschriften. 422 Vgl. nur Bähre/Schneider, § 46 KWG Anm. 5; Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 28. 423 Vgl. Bähre/Schneider, § 46 KWG Anm. 5; Beck/Samm, § 46 KWG Rn. 30; Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 32; Schork, § 46 KWG Rn. 13; Szagunn/Haug/ Ergenzinger, § 46 KWG Rn. 7d. 424 Siehe erneut die Nachw. soeben Fn. 423. 425 Vgl. etwa §§ 50 I (Prokura), 126 I (OHG-Geschäftsführer) HGB; 37 II 1 GmbHG (GmbH-Geschäftsführer), 78, 82 AktG (Vorstand der AG).

1. Abschnitt: § 6 Der Eintritt in die Krisenbewältigung II

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(nach § 145 I FGG zuständigen) Amtsgericht des Sitzes des Kreditinstituts die erforderlichen geschäftsführungs- und vertretungsbefugten Personen zu bestellen sind.426 Das Amtsgericht ist dabei hinsichtlich der Auswahl der zu bestellenden Person frei, wird aber von dem Vorschlag der Aufsichtsbehörde kaum abweichen.427 Nach der Neufassung durch die 6. KWG-Novelle besteht das Antragsrecht nunmehr in allen Fällen, in denen Geschäftsleiter bzw. Inhabern des Instituts die Tätigkeit untersagt worden ist und daraufhin keine Geschäftsleiter mehr in der erforderlichen Anzahl zur Verfügung stehen – und nicht nur dann, wenn nach allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen eine Notbestellung möglich ist.428 Die Verweisung in Abs. 2 S. 2 auf § 46 a KWG hat zunächst zur Folge, daß die Bestellung von Amts wegen in die öffentlichen Register, etwa das Handels- oder Genossenschaftsregister, einzutragen sind (siehe § 46 a II 2 KWG). Der Umfang der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse bestimmt sich nach § 46 II 2 i. V. m. § 46a IV KWG; danach richtet sich die Vertretungsbefugnis der gerichtlich bestellten Person prinzipiell nach jener, die der abberufene Geschäftsleiter innehatte (§ 46a III 1 KWG).429 f) Bestellung von Aufsichtspersonen (§ 46 I 2 Nr. 4 KWG) Die durch § 46 I 2 Nr. 4 KWG eingeräumte – in der Praxis häufig genutzte430 – Möglichkeit der Bestellung einer Aufsichtsperson gibt der Aufsicht die Möglichkeit, im betreffenden Kreditinstitut Informationen über Geschäftsvorgänge, organisatorische Fragen und die Erfüllung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben zu sammeln. Insoweit ist von einem „verlängerten Arm“431 der Aufsicht gesprochen worden, treffender könnte die Aufsichtsperson als „verlängertes Auge und Ohr“ bezeichnet werden. Wie weit die Befugnisse der Aufsichtsperson reichen, wird in der Literatur uneinheitlich beantwortet: Übereinstimmend wird zwar der Charakter der Maßnahme als 426

Die eigentlich als Antragsbefugnis formulierte Bestimmung ist in der Tat wohl als Antragspflicht zu lesen, vgl. Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 68 (freilich einschränkend: „im Regelfall“). 427 Wohl h. M., siehe etwa Schork, § 46a KWG Rn. 13: „(. . .) weil gerade in einem solchen kritischen Zeitpunkt für das Kreditinstitut eine enge Zusammenarbeit mit der Bankenaufsicht erforderlich ist“. 428 Vgl. zu Problemen der dahingehenden früheren Regelung nur Bähre/Schneider, § 46 KWG Anm. 7; zur neuen Rechtslage nunmehr Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 66 f. 429 Zu beachten ist, daß die Einschränkung des § 46a III 2 KWG auf Maßnahmen der Gefahrenabwehr für den Anwendungsbereich des § 46 KWG nicht gilt! 430 Vgl. etwa Beck/Samm, § 46 KWG Rn. 33; Reischauer/Kleinhans, § 46 KWG Rn. 9. 431 So Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 28.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

bloß interne ohne Einfluß auf die zivilrechtliche Wirksamkeit eines weisungswidrigen Handelns durch das betreffende Kreditinstitut betont; der Aufsichtsperson könne weder Geschäftsführungs- noch Vertretungsbefugnis eingeräumt werden.432 Doch ist umstritten, ob Entscheidungen der Geschäftsleitung an die Zustimmung der Aufsichtsperson gebunden werden können.433 Die Differenzen zwischen den verschiedenen Ansichten dürften indes praktisch geringer sein, als die Debatte zunächst vermuten läßt: Da jedenfalls zivilrechtlich keine Unwirksamkeit einer fehlenden „Zustimmung“ der Aufsichtsperson eintreten soll, kann etwa im Falle der Auflage, daß der gesamte Schriftverkehr und geschäftsinterne Weisungen von der Aufsichtsperson „mitzuzeichnen“ sind,434 der Unterschrift der Aufsichtsperson nur deklaratorische Wirkung zukommen. Auch die Nichteinhaltung von Weisungen der Aufsicht für die Zusammenarbeit des betreffenden Kreditinstituts stellt nach § 56 III Nr. 12 KWG i. V. m. § 46 I, II Nr. 4 KWG eine Ordnungswidrigkeit dar – wiederum die einzige Sanktion für mangelnde Kooperation der Bank. g) Zwischenzusammenfassung Wie oben435 gesehen, lassen sich durch die Bestimmung des § 46 KWG Gefahrensituationen oberhalb der Schwelle drohender Zahlungsunfähigkeit i. S. d. § 18 InsO erfassen. Für den so definierten Anwendungsbereich wird der Aufsicht ein durchaus umfassender Handlungsspielraum eröffnet, wie bereits die generalklauselartigen Formulierungen in § 46 I 1, 2 Nr. 1 KWG belegen. Die nach dieser Vorschrift zu treffenden Maßnahmen gehen damit weiter als die enger gefaßten, abschließenden Kompetenzen nach § 45 KWG. Mit der Kombination aus „Anweisungen für die Geschäftsführung“, der Möglichkeit zur Abberufung der Geschäftsleitung und deren Ablösung durch eine Person, die das Vertrauen der Aufsicht genießt, sowie der Einsetzung einer Aufsichtsperson stehen verschiedene, unterschiedlich weitgehende Handlungsoptionen zur Verfügung, nach denen sowohl eher punktuelle Eingriffe – wie die bereits nach § 45 I KWG zulässigen – als auch die umfassende Kontrolle über und Einflußnahme auf den Geschäftsbetrieb der betroffenen Bank möglich sind. 432 Vgl. etwa Bähre/Schneider, § 46 KWG Anm. 6; Beck/Samm, § 46 KWG Rn. 35; Reischauer/Kleinhans, § 46 KWG Rn. 9 und schon die Begr. zu § 45 RegE, BT-Drs. 3/1114, S. 42. 433 Dafür Bähre/Schneider, § 46 KWG Anm. 6; Beck/Samm, § 46 KWG Rn. 34; Reischauer/Kleinhans, § 46 KWG Rn. 9; Pannen, Krise und Insolvenz, S. 29; dagegen Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 37; Schork, § 46 KWG Rn. 20. 434 So das Beispiel bei Bähre/Schneider, § 46 Anm. 6. 435 § 5 sub B. II. 2. bb) (e), (f).

1. Abschnitt: § 6 Der Eintritt in die Krisenbewältigung II

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Auch hinsichtlich der Maßnahmen nach § 46 I KWG haben sich freilich die zivilrechtlichen Konsequenzen anordnungswidriger Handlungen des Kreditinstituts als problematisch erwiesen. Anordnungen nach dieser Vorschrift werden (wie solche nach § 45 I KWG) nicht zwangsläufig öffentlich bekannt. Die Konstruktion einer Drittwirkung der jeweiligen Anordnung bereitet demgemäß auch hier erhebliche dogmatische Probleme. Nicht durchführbar erscheinen vor allem auch deshalb die in der Literatur vereinzelt diskutierten Modelle einer Unwirksamkeit der anordnungswidrigen Annahme von Einlagen: Eben weil der Einleger nichts von der Anordnung weiß, wird er die Einlage vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht zurückfordern; kommt es statt dessen zur Sanierung, fragt sich, warum dann eine Unwirksamkeit im Interesse des Einlegers sein sollte. Insbesondere diese Diskussion illustriert die Schwierigkeiten, die ein inter partes wirkendes Verwaltungsverfahren im Vergleich mit dem kollektiven Insolvenzverfahren aufweist, wenn es ein diesem entsprechendes Niveau der Gläubigersicherung und des Schutzes der Vermögensmasse des Schuldners ermöglichen will. Im kollektiven Insolvenzverfahren bedarf es eben aufgrund seiner Öffentlichkeit eines Verbots der Zahlungsannahme zum Schutz potentieller Neugläubiger nicht, weil nach der durch die Verfahrenseinleitung bewirkten Zäsur Darlehen (hier: Einlagen) dem insolventen Unternehmen regelmäßig nicht mehr zur Verfügung gestellt würden. Angesichts der fehlenden zivilrechtlichen Unwirksamkeit anordnungswidriger Verfügungen und der fehlenden Möglichkeit, die Annahme neuer Einlagen effektiv zu unterbinden, ist es nach § 46 I KWG daher allenfalls möglich, auf die Drosselung des Geschäftsbetriebs und eine organisatorische Neuausrichtung hinzuwirken. Während Anordnungen nach dieser Vorschrift insbesondere bei kooperativer Geschäftsleitung und konkreten Sanierungsaussichten durchaus hilfreich sein können, ist eine wirksame Vermögenssicherung, die vor allem bei unkooperativer Geschäftsleitung im Interesse der Gläubiger wünschenswert und geboten ist, damit nicht realisierbar. Maßnahmen nach dieser Vorschrift können sich mithin als durchaus zweischneidiges Schwert erweisen – und dies in einer Situation, in der die Zahlungsunfähigkeit zumindest unmittelbar bevorsteht.

3. Maßnahmen nach § 46a KWG Den in § 46a KWG vorgesehenen Maßnahmen ist gemein, daß ihre Wirkung umfassend in den Betrieb des Kreditinstituts eingreift; dieser wird nicht punktuell gesteuert, sondern in toto blockiert. Anders als die Bestimmung des § 46 I KWG enthält § 46a KWG indes keine Generalklausel, sondern schafft drei besondere Eingriffskompetenzen, die alternativ oder

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

kumulativ wahrgenommen werden können: für Veräußerungs- und Zahlungsverbote (Abs. 1 S. 1 Nr. 1, dazu unten sub a)), für das die Schließung des Kreditinstituts für den Verkehr mit der Kundschaft (Abs. 1 S. 1 Nr. 2, dazu unten sub b)) sowie für das Verbot der Entgegennahme von Zahlungen (Abs. 1 S. 1 Nr. 3, dazu unten sub c)). Darüber hinaus enthält § 46a KWG Sonderregeln für Maßnahmen nach § 46 KWG (unten sub d)). a) Veräußerungs- und Zahlungsverbote (§ 46a I 1 Nr. 1 KWG) aa) Ratio und Verbotsinhalt Veräußerungs- und Zahlungsverbote nach § 46a I 1 Nr. 1 KWG sollen verhindern, daß einzelne Gläubiger zu Lasten der übrigen Befriedigung erhalten oder daß Vermögensgegenstände des betreffenden Kreditinstituts während der Krise veräußert werden.436 Veräußerungsverbote nach dieser Bestimmung umfassen dabei nach ganz herrschender Ansicht alle Sachen und Rechte des Kreditinstituts; Zahlungsverbote greifen bezüglich aller baren und unbaren Zahlungen, und zwar auch solcher an die geschützten Gläubiger.437 Sie sollen im Verein mit den weiteren nach § 46a I KWG zulässigen Maßnahmen „den beteiligten Wirtschaftskreisen Zeit für Überlegungen und Maßnahmen (. . .) geben, die einen Schaden für die Gläubiger des Kreditinstituts und für die gesamte Kreditwirtschaft möglichst gering halten“;438 sie sollen mit diesen eine „Verschnaufpause“439 für Sanierungsverhandlungen schaffen und während dieser Zeit den Abfluß von Vermögenswerten zu Lasten der Gläubiger verhindern. Es ist freilich bereits darauf hingewiesen worden, daß dieser Gesetzeszweck im Regelfall nicht erreicht wird; auf die Gründe wird noch zurückzukommen sein. Zunächst geht es in erster Linie um die durch die Vorschrift eröffneten Möglichkeiten einer effektiven Vermögenssicherung am Beginn der Bemühungen um die Krisenbewältigung. Weitgehend ausgeklammert bleiben einstweilen auch die Bedeutung der Bestimmung für das Eingreifen der Einlagensicherung sowie der Vorschriften über den Schutz der Abrechnungen in Zahlungssystemen, auf die noch gesondert eingegangen werden wird.440 436

H.M., siehe statt aller Bähre/Schneider, § 46a KWG Anm. 3; Beck/Samm, § 46a KWG Rn. 15; Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 11; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46a KWG Rn. 4a und schon entspr. die Begr. zu § 46a KWG, BT-Drs. 7/ 4631, S. 8. 437 Vgl. etwa Beck/Samm, § 46a KWG Rn. 16; Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 11; Schork, § 46a KWG Rn. 6; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46a KWG Rn. 4a. 438 Vgl. erneut die Begr. zu § 46a KWG, BT-Drs. 7/4631, S. 8. 439 So anschaulich Stürner, Hypothekenbank, S. 14.

1. Abschnitt: § 6 Der Eintritt in die Krisenbewältigung II

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Noch hinzuweisen ist auf die Möglichkeit, jeweils durch Einzelentscheidung der Aufsicht Ausnahmen vom Veräußerungs- und Zahlungsverbot zuzulassen, wenn und soweit dies „zur Durchführung der Verwaltung des Instituts notwendig ist“ (§ 46a I 4 KWG);441 besondere Probleme ergeben sich hieraus allerdings nicht. In der Literatur ist darüber hinaus erwogen worden, als weniger einschneidende Maßnahmen auch beschränkte Veräußerungs- und Zahlungsverbote nach § 46a I 1 Nr. 1 KWG zuzulassen, die etwa zulässige Zahlungen auf bestimmte Geschäftsbereiche beschränken könnten.442 Dies könnte vor dem Hintergrund der Entwicklungsgeschichte der Vorschrift, die eher zum Zweck der Erweiterung der Handlungsalternativen für die Krise um die im einzelnen genannten, umfassenderen Einzelkompetenzen eingeführt worden ist,443 zwar bezweifelt werden. Doch werden sich entsprechende Anordnungen selbst dann, wenn man die Zuordnung zu § 46a KWG ablehnt, jedenfalls auf die Generalklausel des § 46 I 1 KWG stützen lassen, so daß die systematische Verortung letztlich offenbleiben kann. bb) Zivilrechtliche Wirkung der Verbote Daß Anordnungen nach § 46a I 1 Nr. 1 KWG zivilrechtliche Wirkung zukommen soll, wird in der Literatur durchweg bejaht. Die genaue dogmatische Begründung und damit die Reichweite der Wirkungen sind freilich umstritten. (a) Absolute Unwirksamkeit anordnungswidriger Verfügungen nach § 134 BGB? Neeff nimmt insoweit absolute Verbotswirkung an und will auf die anordnungswidrige Verfügung § 134 BGB anwenden.444 Zur Begründung beruft er sich auf die Effektivität der Schutzmaßnahmen,445 aber vor allem auch auf den Umstand, daß Maßnahmen nach § 46a KWG nicht lediglich die Gläubiger des betroffenen Instituts und damit einen abgrenzbaren Personenkreis zu schützen bestimmt seien. Geschützt würden vielmehr auch die 440 Siehe dazu unten § 9 sub C. zu den Auswirkungen auf Zahlungssysteme; § 12 sub D. III. 6, IV. 1 zur Verzahnung mit dem Eingreifen der Einlagensicherung. 441 Vgl. hierzu nur Bähre/Schneider, § 46a-c KWG Anm. 3; Beck/Samm, § 46a KWG Rn. 21. 442 Siehe hierzu Stürner, Hypothekenbank, S. 18; ausf. hierzu noch unten § 13 sub B. II. 2. b). 443 Siehe bereits oben § 5 sub B. II. 3. a). 444 Neeff, S. 146 ff. 445 Ebd., S. 151 ff.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

„Inhaber bzw. (. . .) das Kreditinstitut in seinem Bestand“,446 so daß nicht nur relative Unwirksamkeit angenommen werden könne. Folge einer anordnungswidrigen Verfügung ist zunächst auch nach dieser Auffassung, daß Leistungen durch Barauszahlung nicht wirksam sind.447 Zur Ausführung von Überweisungsaufträgen, also der „Verfügung“ von Buchgeldposten im bargeldlosen Zahlungsverkehr trotz Zahlungs- und Veräußerungsverbots, äußert sich Neeff nicht.448 (b) Relative Unwirksamkeit anordnungswidriger Verfügungen nach §§ 135, 136 BGB? Die herrschende Meinung geht demgegenüber von einer lediglich relativen Unwirksamkeit der anordnungswidrigen Verfügung nach §§ 135, 136 BGB aus und beruft sich insoweit, wenn überhaupt zur Begründung Stellung bezogen wird, im wesentlichen auf den Wortlaut der §§ 46 I, 46a I KWG, die die „Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern“ zur Voraussetzung haben und mithin den gläubigerschützenden Charakter erkennen ließen.449 Das Veräußerungs- und Zahlungsverbot erfasse alle Verfügungen über Sachen und Rechte sowie bare und bargeldlose Zahlungen,450 die den Gläubigern des betroffenen Instituts – auch den unter die Einlagensicherung fallenden Gläubigern451 – relativ unwirksam würden. Einen Sonderweg innerhalb dieser Gruppe geht Canaris, wenn er zwar die relative Unwirksamkeit anordnungswidriger Verfügungen als Rechtsfolge annimmt, aber gleichwohl den Gutglaubensschutz nach § 135 II BGB einschränken will.452 Diese Auffassung stützt sich auf einen systematischen Vergleich mit den Verfügungsverboten nach § 106 KO und §§ 59 ff. VerglO; zwar sei bei Verboten nach § 106 KO die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs gegeben, doch komme dieser bei Verboten nach §§ 7 f. KO, 446

Ebd., S. 150 f. Ebd., S. 163. 448 Die Ausführungen ebd. S., 163 ff. beziehen sich ausschließlich auf die allgemeinen Auswirkungen eines Verbots auf die Buchungsvorgänge im Kontokorrent (z. T. aufgrund der neueren Gesetzgebung über die Finalität von Abrechnungsvorgängen überholt, vgl. dazu noch unten § 9 sub C. III.). 449 Huber, Auswirkungen, S. 115 ff.; ebenso auch – jeweils ohne Begründung – Pannen, Krise und Insolvenz, S. 37; Bähre/Schneider, § 46a-c Anm. 3; Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 19, 21; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46a KWG Rn. 4a. Offen Reischauer/Kleinhans, § 46a KWG Rn. 5. 450 Vgl. insoweit nur Beck/Samm, § 46a KWG Rn. 16; Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 11. 451 Vgl. die Nachw. soeben Fn. 449. 452 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 518a; offen Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46a KWG Rn. 4a. 447

1. Abschnitt: § 6 Der Eintritt in die Krisenbewältigung II

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59 ff. VerglO nach herrschender Auffassung nicht in Betracht.453 Systematisch stünden Anordnungen nach § 46a KWG als auf die Konkursvermeidung abzielende Maßnahmen der Vergleichseröffnung näher, so daß die analoge Anwendung der Grundsätze über die Veräußerungsverbote nach §§ 7 KO, 59 ff. VerglO sachgerecht sei.454 (c) Stellungnahme Die Rechtswirkungen von Veräußerungs- und Zahlungsverboten nach § 46a I 1 Nr. 1 KWG sind für die Beurteilung der Sicherungswirkungen, die sich nach dieser Vorschrift erzielen lassen, von hoher Bedeutung. Die umfassenden Anordnungen nach § 46a KWG, die verhindern sollen, „daß einzelne Gläubiger auf Kosten der übrigen Gläubiger befriedigt und Vermögensgegenstände veräußert werden“,455 spielen für die Vermögenssicherung vor allem im Falle einer späteren Liquidation eine zentrale Rolle. Die Maßnahmen nach § 46a I 1 Nr. 1 KWG entsprechen damit funktional den massesichernden Verfügungsbeschränkungen im Insolvenzeröffnungsverfahren. Angesichts dieser Parallele fragt sich, ob sich eine ähnliche Sicherungswirkung für Anordnungen nach § 46a I KWG erzielen läßt. Entsprechend hat die Literatur wiederholt die Anwendbarkeit der §§ 135, 136 BGB unter Hinweis auf die Rechtslage zum Konkurs- und Vergleichsrecht begründet;456 dabei stellt sich freilich das Problem, daß mit der Neufassung der Sicherungsmaßnahmen im Eröffnungsverfahren durch die Insolvenzrechtsreform457 die Basis für früher gezogene Analogien teilweise entfallen ist. (1) Absolute Verbotswirkung? Kaum überzeugend ist zunächst die von Neeff vertretene Einordnung des Veräußerungs- und Zahlungsverbots als Fall des § 134 BGB. Wie im Falle der Anordnungen nach § 46 I KWG, so dürfte zunächst auch hierfür gelten, daß § 134 BGB aufgrund der Natur des Verbots als behördlicher Anordnung allenfalls i. V. m. § 56 III KWG anwendbar sein könnte.458 Als Haupt453

Ebd. m. w. N. zur Rechtslage unter Konkurs- und Vergleichsordnung. Ebd. 455 Bericht des Finanzausschusses zu § 46a KWG-E, BT-Drs. 7/4631, S. 8. 456 Vgl. erneut insbes. Huber, Auwirkungen, S. 119 f.; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 518a. 457 Dazu noch unten sub III. 2. 458 Siehe im einzelnen bereits oben sub 2. d) bb) (a); wenig plausibel die Einwände hiergegen von Neeff, S. 146: „Das Gesetz könnte ja anordnen, daß bei Vorliegen einer Gefahr für die Erfüllung der Verbindlichkeiten Verfügungen verboten seien“, in welchem Fall § 134 BGB unproblematisch anwendbar wäre. Dies mag 454

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

einwand gegen die Annahme eines absolut wirkenden Verfügungsverbots läßt sich jedoch anführen, daß in diesem Falle das betroffene Kreditinstitut seine Verfügungsmacht umfassend verlöre, ohne daß ein Rechtsübergang auf einen neuen Verfügungsberechtigten angeordnet würde: Das Vermögen des Kreditinstituts würde zur „Sache außerhalb jeglicher Verfügungsmöglichkeit.“459 Daß dieses Ergebnis unbefriedigend und mit sonstigen Fällen absoluter Verfügungsverbote im System des Privatrechts unvereinbar wäre, hat Gerhardt für das Konkurs- und Insolvenzeröffnungsverfahren nachgewiesen: Stets komme es in derartigen Konstellationen – wie bei angeordneter Testamentsvollstreckung (§§ 2211, 2205 BGB) oder bei Nachlaßverwaltung (§§ 1984 f. BGB) – zur Übertragung der Verfügungsmacht auf eine besonders ermächtigte Person (wie den Testamentsvollstrecker, den Nachlaßverwalter oder, in der Insolvenz, den Sequester bzw. vorläufigen Insolvenzverwalter).460 Im Falle des aufsichtsrechtlichen Veräußerungs- und Zahlungsverbots fehlt es jedoch an einem Funktionsäquivalent zu diesen Rechtsträgern: Die Bestellung einer geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten Person nach § 46a II KWG461 kann dieses Vakuum nicht füllen, da sich ihre Vertretungsmacht ausschließlich nach der Vertretungsbefugnis desjenigen Geschäftsleiters bestimmt, den sie ersetzen (§ 46a III 1 KWG). Sie sind mithin lediglich in dem Umfang verfügungsberechtigt, wie es das betroffene Kreditinstitut ist, in dessen Namen sie handeln und das sie vertreten. Wenn dieses einem absoluten Verfügungsverbot unterliegt, dann gilt dies auch für die gerichtlich bestellten Geschäftsleiter. Ihre Funktion mag der eines vorläufigen Insolvenzverwalters insoweit ähneln, als sie schon durch die bloße Präsenz im Unternehmen eine gewisse Sicherungswirkung erzielen und eine durchaus zentrale Stellung innerhalb der Weiterführung bzw. Abwicklung der Geschäfte einnehmen, doch sind sie – anders als der vorläufige Insolvenzverwalter – rechtlich gewissermaßen „Teil“ des Unternehmens. Ein Übergang der vollumfänglichen Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Kreditinstituts bei gleichzeitiger Anordnung eines absoluten Verfügungsverbots diesem gegenüber läßt sich daher nicht konstruieren.462 Die zutreffen, aber de lege lata trifft das Gesetz diese Anordnung eben nicht selbst; die unmittelbare Übertragbarkeit einer derartigen gesetzlichen Anordnung auf den vorliegenden Fall eines behördlichen Verbots wird ja gerade bestritten. 459 In der – dort zum allgemeinen Insolvenzrecht verwendeten – Formulierung von Gerhardt, FS 100 Jahre Konkursordnung, S. 111, 121. 460 Gerhardt, FS 100 Jahre Konkursordnung, S. 111, 121 f.; daran anschließend ders., ZZP 109 (1996), 415, 419; Kölner Schrift, Rn. 8; ihm folgend die h. M.: vgl. nur Uhlenbruck, Kölner Schrift, Rn. 5, jeweils m. w. N. 461 Dazu im einzelnen sogleich unten sub f). 462 Übersehen von Neeff, der auf S. 175 f. die Rechtsstellung der gerichtlich bestellten Geschäftsleiter durchaus korrekt bewertet.

1. Abschnitt: § 6 Der Eintritt in die Krisenbewältigung II

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Annahme einer absoluten Wirkung des Veräußerungs- und Zahlungsverbots nach § 46a I 1 Nr. 1 KWG scheitert zwangsläufig an diesem Umstand. (2) Zur Anwendbarkeit der §§ 135, 136 BGB Auch die Auffassung der herrschenden Meinung, die relative Unwirksamkeit nach §§ 135, 136 BGB annimmt, ist freilich nicht ganz zweifelsfrei. Nach der Neugestaltung der Verfügungsbeschränkungen im Insolvenzeröffnungsverfahren durch §§ 21, 24 i. V. m. § 81 InsO463 ist jedenfalls die Grundlage für eine Analogie zur Rechtslage im Eröffnungsverfahren insoweit entfallen. Zwar spricht in der Tat schon der Wortlaut durchaus für die Annahme, der Schutzzweck des Veräußerungs- und Zahlungsverbots nach § 41 I 1 Nr. 1 KWG erschöpfe sich im Gläubigerschutz.464 Legt man die rechtstatsächlich regelmäßige Entwicklung zugrunde, daß das aufsichtsrechtliche Moratorium nur eine Übergangsphase zur unmittelbar nachfolgenden Insolvenzeröffnung darstellt,465 so bereitet diese Auslegung auch keine Schwierigkeiten; die relative Unwirksamkeit der verbotswidrigen Verfügungen könnte dann unproblematisch durch den Insolvenzverwalter im eröffneten Verfahren geltend gemacht werden.466 Nimmt man hingegen die gesetzgeberische Idealvorstellung zum Maßstab, wonach das aufsichtsrechtliche Moratorium vor allem Freiräume für Verhandlungen zwischen dem betroffenen Kreditinstituten und anderen Marktteilnehmern oder Großgläubigern und damit die Voraussetzungen für eine informelle Sanierung schaffen soll,467 so erscheint die relative Unwirksamkeit damit kaum vereinbar: Wiederum468 fehlt es an einem dem Insolvenzverwalter vergleichbaren Funktionsträger, der die relative Unwirksamkeit anstelle der Gläubiger gegenüber dem Empfänger der verbotswidrigen Verfügung während der Dauer der Anordnung geltend machen könnte. Weder die Aufsicht noch – als Vertreter der betroffenen Bank – die gerichtlich bestellten Geschäftsführer kommen dafür systematisch in Betracht. Auch mit § 4 IV FinDAG (= § 6 IV KWG a. F.), wonach die Aufsicht ihre Aufgaben nur im öffent463

Siehe hierzu noch unten sub III. 2. Zutr. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 518a, gegen Neeff, S. 146 ff. 465 Siehe schon oben § 5 sub B. II. 3 b); zu den Gründen hierfür noch unten § 13 sub B. II. 2. c) bb). 466 Vgl. schon oben sub 2. b) bb) (d) zu ähnlichen Erwägungen für die Rückabwicklung verbotswidriger Rechtsgeschäfte im Rahmen einer Anordnung nach § 46 I 1 Nr. 1 KWG. 467 Siehe erneut oben sub aa). 468 Wie bereits oben sub 2. b) bb) (d) im Zusammenhang mit der Rückabwicklung verbotswidriger Rechtsgeschäfte im Rahmen einer Anordnung nach § 46 I 1 Nr. 1 KWG festgestellt. 464

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

lichen Interesse ausübt, läßt sich die herrschende Ansicht kaum bruchfrei vereinbaren. (3) Zwischenergebnis und Bewertung Mit der herrschenden Meinung ist nach allem zunächst die Anwendung des § 134 BGB abzulehnen. Dies folgt vor allem aus dem Umstand, daß bei Annahme absoluter Wirkung das dem Verbot unterworfene Kreditinstitut in diesem Falle seine Verfügungsbefugnis verlöre, ohne daß sich ein Übergang der Verfügungsbefugnis auf eine andere Person konstruieren ließe. Angesichts des Fehlens einer der Rechtsstellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Verfügungsbefugnis gleichwertigen Institution für das aufsichtsrechtliche Moratorium ist dieses – von Neeff als alleinigem Vertreter der Anwendbarkeit des § 134 BGB übersehene – Problem nicht zu bewältigen. Wie gesehen, begegnet allerdings auch die herrschende Meinung Bedenken, die das Verbot unter Berufung auf den Wortlaut der §§ 46a I 1, 46 I 1 KWG als relatives Verfügungsverbot nach §§ 135, 136 BGB qualifizieren will. Diese Auffassung läßt sich zwar mit der Rechtswirklichkeit gut vereinbaren, in der das aufsichtsrechtliche Moratorium in erster Linie als Sicherungsverfahren vor der Überleitung in die insolvenzförmige Liquidation fungiert; sie stößt sich aber mit dem Gesetzeszweck insofern, als die relative Unwirksamkeit im Falle der vom Gesetzgeber angestrebten informellen Sanierung aus dem Moratorium nicht durchgesetzt werden könnte und damit bedeutungslos wäre. Im Falle der gelungenen Sanierung wäre das Ergebnis, daß sämtliche verbotswidrigen Verfügungen nach wie vor relativ unwirksam wären, ohne daß formal eine Heilung einträte, obwohl die Unwirksamkeit längst ihren Zweck verfehlt. Gleichwohl soll nachfolgend die herrschende Meinung zugrundegelegt werden. b) Schließung des Instituts für den Verkehr mit der Kundschaft (§ 46a I 1 Nr. 2 KWG) Die Schließung des Instituts für den Verkehr mit der Kundschaft ist „räumliche Manifestation“ von Maßnahmen nach § 46a I 1 Nrn. 1, 3 KWG „und faktische Sicherung“ zugleich.469 Für sich genommen, sind Anordnungen nach dieser Vorschrift kaum problematisch. Sie betreffen die „körperliche“ Schließung470 der dem Kundenverkehr offenstehenden Räumlichkeiten und wohl auch die Stillegung von Automaten für die Ein- und Auszah469

So Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 42. So Beck/Samm, § 46a KWG Rn. 27. Vgl. auch Huber, Auswirkungen, S. 164 f., der die Möglichkeit einer auch „rechtlichen“, d.h. die „Beendigung der 470

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lung und Nachttresore sowie die technische Einstellung des Online-Banking471 und sind unstreitig mithin schon ihrer Natur gemäß nicht mit unmittelbaren zivilrechtlichen Rechtsfolgen verbunden.472 Gleichwohl ist damit faktisch eine wirksame Vermögenssicherung verbunden, weil der unmittelbare Kontakt zur Kundschaft erheblich erschwert wird und damit Barauszahlungen kaum mehr denkbar sind.473 Ebenso wirksam lassen sich Bareinzahlungen verhindern.474 Anordnungen nach dieser Bestimmung richten sich nach herrschender Meinung allerdings ausschließlich darauf, den Verkehr mit der Kundschaft zu unterbinden, womit eine Sperrung der Schalterräume verbunden sein wird,475 keineswegs aber zur Versiegelung der Geschäftsräume sowie der Sperrung aller Kontaktmöglichkeiten (Posteingang, Telefon-, Telefax- oder E-mail-Verbindungen).476 Durch die Anordnung der Schließung allein wird daher dem Institut die Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen nicht unmöglich gemacht;477 eigentliche Bedeutung erlangt die Anordnung in der Tat erst neben den Maßnahmen nach § 46a I 1 Nrn. 1, 3 KWG. Ein verbotswidriges Offenhalten der Bank durch die Geschäftsleitung478 dürfte in Anbetracht der Tatsache, daß während des Moratoriums regelmäßig der Austausch der geschäftsführungsberechtigten Personen auf Antrag der Aufsicht erfolgen wird,479 kaum je denkbar sein. Neben der vollständigen Schließung kann die Aufsicht nach ganz herrschender Meinung auch die lediglich teilweise Schließung anordnen. Erwogen wird dies vor allem im Hinblick auf die Abwicklung der Einlagensicherung über das betroffene Institut selbst und sonstiger von der Einlagensicherung geschützter „laufender Geschäfte“,480 zu welchem Zweck einzelne Kreditinstitutseigenschaft“ herbeiführenden Schließung nach § 46a I 1 Nr. 2 KWG im Ergebnis ablehnt. 471 Vgl. Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 44. 472 So im Ergebnis auch Huber, Auswirkungen, S. 167; Neeff, S. 181 f. 473 Vgl. Bähre/Schneider, § 46a KWG Anm. 4; Pannen, Krise und Insolvenz, S. 39. 474 Siehe die Nachw. soeben Fn. 473 und schon die Erwägungen des Finanzausschusses zu § 46a KWG-E, BT-Drs. 7/4631, S. 9: „Eine Schließung verhindert, daß das Kreditinstitut zum Schaden einzelner noch Bareinzahlungen annehmen kann.“ Siehe zu eingehenden Überweisungen nach Wirksamwerden der Anordnungen noch ausf. unten § 10 sub B. II. 2. 475 Vgl. Bähre/Schneider, §§ 46a-c KWG Anm. 4. 476 Vgl. Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 18; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46a KWG Rn. 4b. 477 So zu Recht Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 19. 478 Diskutiert von Huber, Auswirkungen, S. 167. 479 Dazu sogleich unten sub e). 480 Vgl. etwa Bähre/Schneider, §§ 46a-c Anm. 4; Beck/Samm, § 46a KWG Rn. 28; Reischauer/Kleinhans, § 46a KWG Rn. 6; Szagunn/Haug/Ergenzinger,

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Filialen oder der Verkehr in allen Filialen jeweils mit entsprechenden Beschränkungen offen gehalten werden können. Daß freilich „durch Beibehaltung des vertrauten Auszahlungsweges für die Masse der Bankkunden eine Beunruhigung der Öffentlichkeit wegen der Moratoriumseröffnung vermieden werden kann“,481 erscheint angesichts der eindeutigen Signalwirkung der Anordnung, über die regelmäßig in den Medien berichtet werden wird, sehr unrealistisch. Ebensowenig läßt sich die These halten, die Abwicklung der Einlagensicherung über das betroffene Kreditinstitut selbst sei im Interesse des Vertrauensschutzes erforderlich: Die Offenhaltung wäre geradezu die Einladung zu einem (wenngleich nur begrenzt erfolgversprechenden) „Run“ aller Gläubiger; die Schalterräume würden regelmäßig durch ungeheuren Andrang blockiert. Es wären Diskussionen über die Höhe der Absicherung, unter Umständen ausgesprochen emotional geführte Auseinandersetzungen und mithin chaotische Zustände bei großer Resonanz in der Öffentlichkeit zu erwarten, die keinerlei Gewähr für eine ruhige Abwicklung bieten, daher besser überhaupt nicht riskiert werden sollten und jedenfalls die erhoffte „Beruhigung“ der Öffentlichkeit ins Gegenteil verkehren würden.482 Tatsächlich ist es bislang offenbar nicht zu einer „Einlegerentschädigungsaktion bei ‚geöffneten Schaltern‘“ gekommen.483 Eine lediglich beschränkte Weiteröffnung der Bank zur Abwicklung der Einlagensicherung kommt nach allem im Regelfall kaum in Betracht. c) Verbot der Entgegennahme von Zahlungen (§ 46a I 1 Nr. 3 KWG) Das nach § 46a I 1 Nr. 3 KWG anzuordnende Verbot der Entgegennahme von Zahlungen soll nach den Erwägungen des Gesetzgebers „verhindern, daß erst nach Erlaß des Zahlungs- und Veräußerungsverbotes eingehende Gelder sofort durch das Zahlungsverbot blockiert werden und die aus der Zahlung Berechtigten – falls das Kreditinstitut überschuldet ist – zusätzlich einen Erfüllungsschaden erleiden“.484 Die Ratio weicht damit kaum von jener des § 46 I 2 Nr. 2 KWG ab,485 wobei freilich zum einen § 46a KWG Rn. 4b. Zur Einlagensicherung allgemein siehe unten § 12 sub D. III. 6. (Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Deutscher Banken) sowie sub IV. 1. (gesetzliche Einlagensicherung). 481 So die Begr. des Finanzausschusses, BT-Drs. 7/4631, S. 9 und, unter Berufung darauf, auch Beck/Samm, § 46a KWG Rn. 28. 482 Siehe auch noch unten § 13 sub B. I. 2. zum Zusammenhang zwischen der Wahl der Verfahrensart und der Sanierungsfähigkeit im allgemeinen. 483 Vgl. auch Pannen, Krise und Insolvenz, S. 39. 484 Bericht des Finanzausschusses, BT-Drs. 7/4631, S. 9. 485 Siehe dazu oben sub 2. d) aa).

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auffällt, daß das Verbot der Annahme von Wertpapieren ausschließlich nach dieser Vorschrift und nicht nach § 46a I 1 Nr. 3 KWG angeordnet werden kann, und zum anderen, daß dieser solche Zahlungen ausnimmt, „die nicht zur Tilgung von Schulden gegenüber dem Institut bestimmt sind“.486 Die Begründung für diese Abweichungen bleibt im Dunkeln (und wird in der Literatur, soweit ersichtlich, nicht diskutiert), was das problematische systematische Verhältnis beider Bestimmungen nochmals illustriert. Warum eine eigenständige Regelung in § 46a KWG für erforderlich gehalten wurde, wird sich am ehesten aus der Absicht erklären, mit der neuen Bestimmung eine Sonderregelung für das Eingreifen der Einlagensicherung „flankierende Maßnahmen“487 zu schaffen. Allerdings ist ersichtlich, daß sich ein darauf abgestimmtes Annahmeverbot angesichts des offenen Wortlauts des § 46 I 2 Nr. 2 KWG durchaus unproblematisch auch unter dieser Vorschrift bewerkstelligen ließe, so daß es der Sonderregelung in § 46a nicht bedürfte. Die Abweichungen im Wortlaut beider Bestimmungen haben ersichtlich keine Konsequenzen für die Frage der zivilrechtlichen Wirksamkeit anordnungswidriger Entnahmen. Wenn in der Literatur insoweit überhaupt zur zivilrechtlichen Wirkung eines Annahmeverbots nach § 46a I 1 Nr. 3 KWG Stellung bezogen wird, wird demgemäß regelmäßig lediglich bereits auf Ausführungen zu gleichgelagerten Verboten verwiesen.488 Anders als Maßnahmen nach § 46 I KWG, werden Anordnungen nach § 46a I KWG allerdings regelmäßig schon aufgrund der Verbindung mit einer Schalterschließung öffentlich bekannt; zudem klärt die Aufsicht selbst über die Maßnah486

Zur weiteren Ausnahme von Zahlungen, deren Befriedigung durch die zuständige Einlagensicherungseinrichtung gewährleistet ist, siehe noch unten § 12 sub D. II. 6. c). 487 Vgl. den Bericht des Finanzausschusses, BT-Drs. 7/4631, S. 4. 488 So verweisen Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 46 sowie Reischauer/Kleinhans, § 46a KWG Rn. 13, auf die – freilich konträr ausgelegte – Rechtslage bei § 46 I 2 Nr. 2 KWG (siehe im einzelnen oben sub 2. d) bb)). Beck/Samm, § 46a KWG Rn. 29 und Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46a KWG Rn. 4 stützen sich demgegenüber zur Begründung der Wirksamkeit auf die Verbotsregelung nach § 3 KWG (jeweils unter Hinweis auf die entsprechende Kommentierungen zu dieser Bestimmung, welche im wesentlichen den zu § 46 angestellten Überlegungen entsprechen); ihnen folgend Pannen, Krise und Insolvenz, S. 40. Keine Stellungnahme insoweit bei Bähre/Schneider, §§ 46a-c KWG Anm. 5. Ausführlichere Überlegungen allerdings bei Huber, Auswirkungen, S. 178 ff., der freilich im Ergebnis die Annahme der Unwirksamkeit bei Anordnungen nach § 46a KWG wiederum auf die zu § 46 KWG als weniger „schutzzweckintensiver“ Norm (sic!) angestellten Erwägungen stützt (S. 181 f.). Anders nur Neeff, S. 191 ff., der in Abweichung von seiner Darstellung der Rechtslage zu § 46 KWG mit unklarer Begründung absolute Unwirksamkeit von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft vertritt und über eine „Geldwertvindikation“ zum Aussonderungsrecht im Konkurs kommen will.

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men und ihre Bedeutung für die Rechte der Kunden auf.489 Die damit theoretisch gegebene Möglichkeit, daß die durch das Verbot geschützten Einleger unter Berufung auf eine etwaige (relative oder absolute) Unwirksamkeit die verbotswidrig angenommene Zahlung zurückverlangen könnten, scheitert freilich im Regelfall schon am parallel verhängten Zahlungsverbot. Ohnehin käme490 eine Rückabwicklung wie bereits bei Anordnungen nach § 46 I 2 Nr. 2 KWG regelmäßig nur in Gestalt eines Anspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung in Betracht, so daß entsprechende Forderungen nach Insolvenzeröffnung Insolvenzforderungen wären und mithin den Gläubiger nicht besserstellen würden. Abgesehen von wenigen Besonderheiten, gelten die oben diskutierten Einwände daher auch für die vorliegende Konstellation, so daß die Unwirksamkeit der verbotswidrigen Annahme von Zahlungen auch bei Anordnungen nach § 46a I 1 Nr. 3 KWG abzulehnen ist. Daß dann, wenn die Einlagensicherung „die Befriedigung der Berechtigten in vollem Umfang“ sicherzustellt und mithin bereits nach dem Wortlaut des § 46a I 1 Nr. 3 KWG eine Ausnahme vom Verbot der Entgegennahme von Zahlungen gelten soll, zivilrechtliche Wirkungen ohnehin ausscheiden, erscheint dabei durchaus trivial.491 Auch die Durchsetzung eines Verbots nach dieser Norm kann sich mithin nur auf Mittel des Verwaltungszwangs und die Ahndung als Ordnungswidrigkeit nach § 56 (Abs. 3 Nr. 12) KWG492 stützen. Praktisch relevant ist die Frage ohnehin kaum, da schon aufgrund der Signalwirkung des Moratoriums kaum noch Bareinlagen getätigt werden (und wegen der Schalterschließung auch kaum mehr angenommen werden können); wegen des regelmäßig mit Wirksamwerden der aufsichtsrechtlichen Anordnungen vollzogenen Ausschlusses aus dem Zahlungssystem493 wird es auch zur Annahme von Zahlungen im Überweisungsverkehr kaum mehr kommen.

489 In der Praxis erfolgt neuerdings regelmäßig die Bekanntgabe des Moratoriums in Verbindung mit der Veröffentlichung eines Merkblattes zu den Konsequenzen in Gestalt eines Frage-und-Antwortkatalogs auf den Internetseiten der Aufsicht, vgl. etwa die entsprechenden Pressemitteilungen vom 20.4.2001 im Falle der Systracom Bank AG (www.bakred.de/texte/presse/p240401.htm) und vom 27.4.2001 im Falle des Hofer Bankhauses Partin (www.bakred.de/texte/presse/p270401.htm), jeweils mit Link auf entsprechendes Merkblatt. 490 Entgegen der insoweit wenig klaren Begründung bei Neeff, S. 191 ff. 491 Etwas kompliziert daher die ausführlichen Überlegungen von Huber, S. 184 ff., 186, die freilich mit Erwägungen zu Auswirkungen auf den Girovertrag vermengt sind. 492 Letzteres übersehen von Neeff, S. 193, der sich „verwundert“ zeigt, daß eine derartige Möglichkeit nicht bestehe. 493 Siehe noch unten § 9 sub C. I. 3. a).

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d) Vollstreckungsverbot (§ 46a I 5 KWG) Als zwingende Folge von Maßnahmen nach § 46a I 1 KWG ordnet Abs. 1 S. 5 der Vorschrift die Unzulässigkeit von Zwangsvollstreckungen, Arresten und einstweiligen Verfügungen in das Vermögen des Instituts für die Dauer solcher Maßnahmen an. Die Begründung stützt sich auf die Bestimmung des § 14 KO (Verbot der Zwangsvollstreckung nach Konkurseröffnung), mit der Gleichlauf hergestellt werden sollte.494 Nach herrschender Meinung soll das Verbot auch solche Maßnahmen der Zwangsvollstrekkung erfassen, die bei Erlaß der Maßnahmen bereits eingeleitet sind. Dies folge aus dem Schutzzweck der Norm, die eine möglichst umfassende Sicherung des Vermögens herbeiführen solle.495 Bedenken hiergegen sind nicht ersichtlich. e) Bestellung geschäftsführungsberechtigter Personen (§ 46a II-VI KWG) Wie im Falle des § 46 II KWG,496 so wird der Aufsicht auch nach § 46a II 1 KWG die Möglichkeit eröffnet zu beantragen, daß das (nach § 145 FGG) zuständige Amtsgericht am Sitzort des betroffenen Kreditinstituts „die erforderlichen geschäftsführungs- und vertretungsbefugten Personen [bestellt], wenn zur Geschäftsführung und Vertretung befugte Personen infolge der Untersagung nicht mehr in der erforderlichen Anzahl vorhanden sind.“ Voraussetzung ist auch hier mithin, daß den Geschäftsleitern die Ausübung ihrer Tätigkeit untersagt worden ist. Insoweit freilich trifft § 46a KWG keine eigenständige Regelung. Die Untersagung muß vielmehr nach § 46 I 2 KWG oder nach § 36 I KWG erfolgt sein; regelmäßig ist ersteres der Fall.497 Die für die Rechtsstellung der bestellten Personen und das weitere Verfahren in § 46a II-VI KWG getroffenen Regelungen sind wesentlich umfangreicher als jene in § 46 II KWG, der, wie gesehen, seinerseits – systematisch kurios – teilweise auf die Regelungen des § 46a KWG verweist. Dabei gilt folgendes: Anwendbar sind die Regelungen des § 46a gem. § 46a II 1 KWG – anders als nach § 46 II KWG – zunächst nur auf Kredit494

Vgl. den Bericht des Finanzausschusses, BT-Drs. 7/4631, S. 9. Vgl. Beck/Samm, § 46a KWG Rn. 38 ff.; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46a KWG Rn. 5. 496 Dazu oben sub 2. e) cc). 497 Wohl eindeutig aufgrund des tatbestandlichen Verhältnisses der Vorschriften zueinander, in diesem Sinne implizit auch Bähre/Schneider, §§ 46a-c Anm. 6; Beck/Samm, § 46a KWG Rn. 53; Reischauer/Kleinhans, § 46a KWG Rn. 8, die ausschließlich auf § 46 KWG abstellen; offen Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 66; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46a KWG Rn. 7. 495

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

institute, die nicht in der Rechtsform des Einzelkaufmanns betrieben werden; eine heute freilich bedeutungslose Unterscheidung.498 Einzelheiten der Bestellung und der Registrierung richten sich nach § 46a II 2, 3 KWG; die Abberufung aus wichtigem Grund ist geregelt in § 46a V, die Ablösung bei Aufhebung der Anordnungen der Aufsicht in § 46a VI KWG. Nach dem bereits mehrfach erwähnten § 46a III 1 KWG richtet sich der Umfang der Vertretungsbefugnis einer durch das Gericht bestellten Person nach der Vertretungsbefugnis desjenigen Geschäftsleiters, an dessen Stelle die bestellte Person tritt. Gem. § 46a III 2 KWG ist jedoch „die Geschäftsführungsbefugnis (. . .), wenn sie nicht durch die dafür zuständigen Organe des Instituts erweitert wird, auf die Durchführung von Maßnahmen beschränkt, die zur Vermeidung des Insolvenzverfahrens und zum Schutz der Gläubiger erforderlich sind.“ Insoweit sind die Kompetenzen enger umrissen als nach der Bestimmung des § 46 II 2 KWG, die auf diesen Satz, wie gesehen, nicht verweist. Die Verletzung dieser Beschränkung soll zu Schadensersatzansprüchen gegen die bestellten Personen führen können.499 Einer verbreiteten Auffassung zufolge dient diese Begrenzung der Geschäftsführungsbefugnis dem Interesse der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme; es solle nicht stärker in die Rechte der Eigentümer und damit in deren Befugnis zur Kontrolle über die Geschäftsführung eingegriffen werden, als „zur Vermeidung des Insolvenzverfahrens erforderlich ist.“500 Diese Begründung findet sich bereits in den Gesetzesmaterialien: „Insbesondere soll vermieden werden, daß die gerichtlich bestellten Geschäftsleiter durch werbende Tätigkeit gegen den Willen des Kreditinstituts dessen Geschäftsrisiken erhöhen.“501 Mit der genannten Einschränkung wird also angestrebt, die bestellten Geschäftsführer ausschließlich auf Sicherungsfunktionen zu verpflichten und ihre Funktion mithin der Sequestration bzw. vorläufigen Insolvenzverwaltung anzunähern; dauerhaft auf die Geschäftspolitik einwirken dürfen sie nicht. Ganz abgesehen davon, daß – wie bereits mehrfach angedeutet – der gesetzlich formulierte Zweck der „Vermeidung des Insolvenzverfahrens“ durch Anordnungen nach § 46a KWG bislang so gut wie nie erreicht wird, sind diese Erwägungen freilich in mehrfacher Hinsicht angreifbar. So ist zunächst zweifelhaft, ob die Regelung in der Praxis wirklich zu einer Beschränkung führt, nachdem aufgrund der Anordnungen nach § 46a I 1 Nrn. 498

Vgl. schon oben sub 1. a) bei und in Fn. 297. Vgl. Bähre/Schneider, §§ 46a–c KWG Anm. 6. 500 So die Formulierung von Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 71: „Diese Regelung konkretisiert den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.“ Ähnlich Beck/Samm, § 46a KWG Rn. 58; Reischauer/Kleinhans, § 46a KWG Rn. 9. 501 BT-Drs. 7/4631, S. 10. 499

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1–3 KWG der Geschäftsbetrieb ohnehin weitgehend stillgelegt wird.502 Zum zweiten ist zu bedenken, daß die Aufsicht bei der Bestellung der Geschäftsleiter durch das Amtsgericht ein Vorschlagsrecht hat und damit faktisch erheblichen Einfluß auch auf die Ausübung der Tätigkeit durch die bestellten Personen wird ausüben können, so daß schon deshalb kaum zu erwarten ist, daß die bestellten Personen das Kreditinstitut in der Krise gewissermaßen „aus dem Ruder laufen“ lassen und neue Geschäftsrisiken eingehen werden, anstatt sich auf Sicherungsmaßnahmen zu beschränken. Zum dritten fragt sich, warum, eine wirkliche Bedeutung der Begrenzung unterstellt, diese nicht auch im Rahmen einer Anordnung nur aufgrund des § 46 II KWG gelten sollte: Sollen den gerichtliche bestellten Personen dann größere Handlungsspielräume eröffnet sein; stellen sich Fragen der „Verhältnismäßigkeit“ insoweit in anderer Weise?503 Über die praktische Bedeutung der Bestellung geschäftsführungsberechtigter Personen finden sich unterschiedliche Angaben. Laut Pannen, der sich auf eine entsprechende Auskunft des Bundesverbands Deutscher Banken beruft, ist „in der bisherigen Praxis der Bankenkrisen von dem Recht gemäß § 46a Abs. 2 KWG nicht oder nur höchst selten Gebrauch gemacht worden.“504 In der Kommentarliteratur finden sich insoweit kaum Angaben; allerdings weisen sowohl Bähre/Schneider505 als auch Beck/Samm506 (und damit Aufsichtspraktiker) darauf hin, daß regelmäßig schon deshalb ein Austausch der Geschäftsführung notwendig sei, weil die bisherige Geschäftsleitung die finanzielle Krise verursacht habe.507 Zumindest im Falle des Freiburger Bankhauses Krebs hat die Aufsicht offenbar einen derartigen Antrag gestellt.508 Entgegen der Bewertung Pannens dürfte die Bestimmung mithin durchaus eine gewisse praktische Bedeutung haben.

502 Im Ergebnis kaum abweichend Beck/Samm, § 46a KWG Rn. 53, der zugesteht, die an sich eröffnete Möglichkeit einer Erweiterung der Geschäftsführungsbefugnisse durch die dafür zuständigen Organe des Kreditinstituts finde ihre Grenze in den Anordnungen nach Abs. 1 S. 1. 503 Siehe auch noch unten § 13 sub B. II. 2. c) cc) (c) zur Bedeutung der gerichtlich bestellten Geschäftsführer im Rahmen von Sanierungsbemühungen. 504 Pannen, Krise und Insolvenz, S. 40. 505 §§ 46a-c KWG, Anm. 6. 506 § 46a KWG Rn. 53. 507 Die Einschränkung bei Boos/Lindemann, § 46 KWG Rn. 26 (zu § 46 I 2 Nr. 3 KWG) bezieht sich lediglich auf Maßnahmen gegenüber Inhabern, die nur Einzelkaufleute betreffen und daher bei Kreditinstituten, wie mehrfach dargelegt, bedeutungslos sind. 508 Vgl. VG Berlin, Beschl. v. 31.10.1995 – 25 A 313.95, WM 1996, 295.

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f) Zwischenzusammenfassung Die nach § 46a KWG zulässigen Maßnahmen eröffnen der Aufsicht sehr weite Eingriffsbefugnisse für den Insolvenzfall. Hierzu gehört zunächst das umfassende Veräußerungs- und Zahlungsverbot (§ 46a I 1 Nr. 1 KWG), das allerdings – vor allem für die Abwicklung von Maßnahmen der Einlagensicherung und zur Abwicklung noch laufender Geschäfte unter dem Schutz des jeweiligen Einlagensicherungssystems – eingeschränkt werden kann. Die zivilrechtlichen Wirkungen eines derartigen Verbots sind umstritten. Die teilweise vertretene absolute Unwirksamkeit erscheint angesichts der Tatsache, daß es dann an einem Verfügungsbefugten über das Vermögen des Instituts vollständig fehlte, nicht begründbar. Für die herrschende Meinung, die relative Unwirksamkeit nach §§ 135, 136 BGB zugunsten der Gläubiger annimmt, spricht zwar isoliert der Wortlaut der Bestimmung, der ausdrücklich auf deren Gefährdung abstellt. Diese Auslegung stößt sich aber an dem stets zugleich die Interessen der Allgemeinheit schützenden Charakter des Aufsichtsrechts allgemein und insbesondere am Wortlaut des § 6 IV KWG, der den Schutz des öffentlichen Interesses zum alleinigen Zweck der Aufsichtstätigkeit erhebt. Tatsächlich ist damit zwischen beiden Bestimmungen ein gewisser Widerspruch angelegt, auf den im Rahmen der Frage der Staatshaftung für fehlerhafte Bankenaufsicht noch zurückzukommen sein wird. Mit der Rechtswirklichkeit, in der Maßnahmen nach § 46a KWG regelmäßig als Sicherungsmaßnahmen die Überleitung in die insolvenzförmige Liquidation vorbereiten, läßt sich die Annahme relativer Unwirksamkeit dagegen durchaus vereinbaren. Sie kollidiert aber mit dem Gesetzeszweck, wonach das aufsichtsrechtliche Moratorium im Regelfall der Vorbereitung einer informellen Sanierung dienen soll – in diesem Fall wäre die relative Unwirksamkeit bedeutungslos. Die Anordnung, das Institut für den Verkehr mit der Kundschaft zu schließen (§ 46a I 1 Nr. 2 KWG), zielt auf eine umfassende Schließung der Geschäftsräume und richtet sich darüber hinaus auch auf die Stillegung von Bankautomaten und anderer Einrichtungen für die Abwicklung von Bareinzahlungen oder -auszahlungen. Die Beschränkung auf einzelne Filialen oder bestimmte Geschäftstätigkeiten ist möglich, wird aber vom Gesetzgeber und der herrschenden Meinung in erster Linie lediglich für die Abwicklung der Einlagensicherung in Betracht gezogen. Die hierfür ins Feld geführte Überlegung, dies könne zur Vertrauensbildung in der Öffentlichkeit beitragen und damit ggf. gegenüber der Abwicklung im Überweisungswege oder über Drittinstitute vorteilhaft sein, erweist sich bei näherer Betrachtung als nicht überzeugend; eine entsprechende Gestaltung dürfte regelmäßig unpraktikabel sein.

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Das Verbot der Entgegennahme von Zahlungen (§ 46a I 1 Nr. 3 KWG) weist ähnliche Auslegungsprobleme auf wie die im Grundsatz parallele Eingriffsbefugnis nach § 46 I 2 Nr. 2 KWG. Eine zivilrechtliche Auswirkung dergestalt, daß verbotswidrig angenommene Zahlungen insolvenzfest durch den jeweils Begünstigten herausverlangt (ggf. ausgesondert) werden könnten, läßt sich kaum konstruieren. Die nach § 46a II KWG eröffnete Möglichkeit, die Bestellung neuer geschäftsführungs- und vertretungsberechtigter Personen herbeizuführen, steht rechtssystematisch in einem kaum überzeugenden Verhältnis zu den entsprechenden Möglichkeiten bei Anordnungen nach § 46 I, II KWG. Davon abgesehen, wirft sie keine Probleme auf. Insgesamt sind die nach § 46a KWG möglichen Maßnahmen – anders als Anordnungen nach den §§ 45, 46 KWG – nicht lediglich punktuelle Eingriffe, sondern bewirken ein vollständiges „Einfrieren“ des Geschäftsbetriebs; die Geschäftstätigkeit des betroffenen Instituts wird damit „vollständig gelähmt“.509 III. Insolvenzrechtliche Eingriffskompetenzen

1. Überblick Die im Insolvenzeröffnungsverfahren nach § 21 InsO zulässigen, jeweils im Einzelfall durch das Gericht besonders anzuordnenden Maßnahmen dienen ausschließlich der Sicherung des Masservermögens und schützen damit letztlich auch das Prinzip der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger in der Insolvenz – der par condicio creditorum.510 Die Zielrichtung dieser Maßnahmen weicht mithin ab von jener der oben diskutierten aufsichtsrechtlichen Maßnahmen; anders als teilweise diesen, geht es den insolvenzrechtlichen Maßnahmen nicht um die Wiederherstellung der finanziellen Stabilität, sondern eben ausschließlich um die effektive Bewahrung des status quo. Während massesichernde Maßnahmen unter der Konkurs- und der Vergleichsordnung nur lückenhaft geregelt waren (vgl. § 106 I KO), begründet 509

Vgl. Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 2. Vgl. hierzu nur Baur/Stürner, Insolvenzrecht, Rn. 5.36 („Charakteristikum des Konkurses“); Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 2.17 ff., 4.01 und ders., KTS 1982, 507 ff. m. w. N. zur historischen Entwicklung; Kuhn/Uhlenbruck, § 3 KO Rn. 3 („Kernstück“); siehe auch Stürner, ZZP 94 (1981), 263, 269 ff. (mit kritischer Würdigung der Reformdiskussion um die Umsetzung des Prinzips in der InsO) sowie BGH, Urt. v. 29.1.1964 – Ib ZR 197/62, BGHZ 41, 98, 101; Urt. v. 13.7.1983 – VIII ZR 246/82, BGHZ 88, 147, 153. 510

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nunmehr § 21 I InsO die Kompetenz des Insolvenzgerichts, „alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich scheinen, um bis zur Entscheidung über den Antrag eine den Gläubigern nachteilige Veränderung in der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten.“ Den Charakter von Regelbeispielen511 haben die Einzelbestimmungen des § 21 II Nrn. 1–3 InsO, die den Erlaß von Verfügungsverboten und -beschränkungen (unten sub 2.), die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters (sub 3.), die Untersagung oder einstweilige Einstellung von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner (sub 4.) sowie die Verhängung einer Postsperre (sub 5.) betreffen. Im Anschluß wird zu untersuchen sein, welche Bedeutung die einzelnen Maßnahmen für Bankeninsolvenzen spielen können und wie sie insoweit mit vorangegangenen aufsichtsrechtlichen Anordnungen abzustimmen sind (sub 6.). 2. Verfügungsverbote und -beschränkungen Die Rechtswirkungen massesichernder Verfügungsverbote im jeweiligen Eröffnungsverfahren nach § 106 KO bzw. §§ 12 S. 3, 13 VerglO waren im früheren Recht nicht geregelt und dementsprechend im einzelnen streitig.512 Heute ist § 21 II Nr. 2 InsO wesentliche Rechtsgrundlage für die Anordnung von Verfügungsverboten und -beschränkungen. Zu unterscheiden sind nach dem Gesetzeswortlaut dabei grundsätzlich zwei Fälle: die Anordnung eines „allgemeinen Verfügungsverbots“ (1. Alt., dazu unten sub a)) und die Verfügungsbeschränkung dahingehend, „daß Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters zulässig sind“ (2. Alt., dazu unten sub b)). Inwieweit und mit welchen Auswirkungen daneben aufgrund der Generalklausel des § 21 I InsO auch weiterhin besondere Veräußerungsverbote verhängt werden können, ist streitig (sub c)).

511

Vgl. BT-Drs. 12/2443, S. 116; entspr. W. Uhlenbruck, Kölner Schrift, Rn. 4. Das Verfügungsverbot nach § 106 KO stufte die herrschende Meinung als Fall der §§ 135, 136 BGB ein (relative Wirkung, Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs nach § 135 II BGB) ein, vgl. etwa Baur/Stürner, Insolvenzrecht, Rn. 7.37; Hess, § 106 KO Rn. 4; Kleiner, S. 16, jeweils m. w. N.; zur Begründung siehe etwa Koch, S. 55; Kleiner, S. 20; Kuhn/Uhlenbruck, § 106 KO Rn. 4. A.A. für den Fall der gleichzeitigen Anordnung der Sequestration (absolute Unwirksamkeit) Gerhardt, FS 100 Jahre Konkursordnung, S. 111, 123 f.; ders., FS Flume I, S. 527, 542 sowie ZIP 1982, 1, 4. Ausf. zu den Hintergründen MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 24 InsO Rn. 3 ff. 512

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a) Allgemeines Verfügungsverbot (§ 21 II Nr. 2, 1. Alt. InsO) Das allgemeine Verfügungsverbot nach § 21 II Nr. 2, 1. Alt. InsO hat gem. § 24 I i. V. m. § 81 I 1 InsO die absolute Unwirksamkeit zuwiderhandelnder Verfügungen zur Folge;513 die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs durch Dritte nach § 135 II BGB ist damit ausgeschlossen.514 Die Sicherungswirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden hiermit in das Eröffnungsverfahren vorverlegt.515 Die Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots ist nur zulässig, wenn auch ein vorläufiger Insolvenzverwalter (siehe unten sub 3.) bestimmt wird, auf den gem. § 22 I 1 InsO die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergeht; dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Gesetzestext, folgt aber aus dem erwähnten Grundsatz, daß ein Verfügungsbefugter für das Schuldnervermögen auch während des Eröffnungsverfahrens existieren muß.516 b) Zustimmungsvorbehalt (§ 21 II Nr. 2, 2. Alt. InsO) Nach § 21 II Nr. 2, 2. Alt. InsO kann das Insolvenzgericht anstelle des allgemeinen Verfügungsverbots anordnen, daß Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind. Ob zuwiderhandelnde Verfügungen des Schuldners – wiederum aufgrund der Verweisung in § 24 I InsO auf die Rechtsfolgen des § 81 I 1 InsO – abso513 Vgl. etwa Gerhardt, Kölner Schrift, Rn. 4; MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 21 InsO Rn. 55; Kübler/Prütting-Pape, § 24 InsO Rn. 1; W. Uhlenbruck, Kölner Schrift, Rn. 5; FK-Schmerbach, § 21 InsO Rn. 28 sowie § 24 Rn. 4. Die Gegenansicht etwa von Hess, FLF 1995, 8, 10; Hess/Weis, InVo 1997, 141; Smid, WM 1995, 785, 787 (relative Wirkung nach §§ 135, 136 BGB) steht im Widerspruch zum klaren Gesetzeswortlaut und ist entsprechend z. T. durch spätere Stellungnahmen derselben Autoren (vgl. etwa Hess/Wienberg, § 21 InsO Rn. 25) stillschweigend aufgegeben worden, vgl. dazu ausf. Pohlmann, Rn. 264 ff. mit dem zutreffenden Hinweis, diese Ansichten beriefen sich vornehmlich auf veraltete Rechtsprechung zur KO, ohne sich mit § 24 I InsO auseinanderzusetzen. 514 Ausnahmen gem. § 24 i. V. m. § 81 I 2 InsO: Veräußerung von Immobilien, eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken sowie Flugzeugen. 515 Vgl. statt aller Pohlmann, Rn. 266; MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 24 InsO Rn. 1. 516 Vgl. Gerhardt, Kölner Schrift, Rn. 5; W. Uhlenbruck, Kölner Schrift, Rn. 5; Kübler/Prütting-Pape, § 23 InsO Rn. 1; Nerlich/Römermann-Mönning, § 21 InsO Rn. 53, § 22 InsO Rn. 39; einschränkend (gleichzeitige Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung nur Regelfall) HK-Kirchhof, § 21 InsO Rn. 15; FK-Schmerbach, § 21 InsO Rn. 31 ff.; MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 21 InsO Rn.; OLG Jena, Beschl. v. 12.4.2000 – 5 U 135/99, NJW-RR 2000, 1075; AG Göttingen, Beschl. v. 17.5.1999 – 74 IN 24/99, InVo 1999, 387.

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lut unwirksam517 ist oder ob das verbotswidrige Verhalten lediglich dazu führt, daß das Gericht nunmehr ein absolutes Verfügungsverbot erlassen muß,518 ist streitig. Gegen die letztgenannte Ansicht spricht allerdings bereits der Wortlaut des § 24 InsO, der die Verweisung ausdrücklich für „eine der in § 21 Abs. 2 Nr. 2 vorgesehenen Verfügungsbeschränkungen“ gelten lassen will, so daß sich insoweit kein qualitativer Unterschied zwischen den Rechtsfolgen des absoluten Verfügungsverbots nach der 1. Alternative des § 21 II Nr. 2 InsO und der Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts ergibt. c) Allgemeine oder besondere Verfügungsverbote nach § 21 I InsO In der Literatur wird neben den beiden ausdrücklich in § 21 II Nr. 2 InsO genannten Verfügungsbeschränkungen auch die Anordnung abweichend ausgestalteter Verfügungsverboten bzw. Zustimmungsvorbehalten für zulässig gehalten. Einzelheiten sind allerdings streitig. Eine Mindermeinung hält auch unspezifizierte, sämtliche Verfügungen erfassende Veräußerungsverbote mit nur relativer Wirkung nach §§ 135, 136 BGB auf der Grundlage der Generalklausel des § 21 I InsO für zulässig. Damit wird das Ziel verfolgt, die vollständige Blockade der Verfügungsmacht des Schuldners ähnlich den Rechtsfolgen der vorläufigen Insolvenzverwaltung mit Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis herbeizuführen, ohne daß damit die Begründung von zusätzlichen Masseverbindlichkeiten durch diesen gem. § 55 II InsO eintritt.519 Die herrschende Meinung lehnt eine derartige Konstruktion dagegen als Umgehung der gesetzlichen Konzeption ab und hält lediglich gegenständlich beschränkte Verfügungsverbote („besondere Verfügungsverbote“) für zulässig.520 Mit dem System der §§ 21, 22 InsO erscheint nur diese Auffassung wirklich vereinbar. Die Mindermeinung unterläuft letztlich das darin verankerte Konzept des zwingenden Übergangs der Verfügungsbefugnis auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter bei Anordnung allgemein wirkender Verfügungsverbote. 517 H.M., vgl. Gerhardt, Kölner Schrift, Rn. 15; Pohlmann, Rn. 259; MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 21 InsO Rn. 65; T. Engelhardt, S. 119. 518 So Hess/Wienberg, § 21 Rn. 34. 519 Hess/Wienberg, § 21 InsO Rn. 44 ff.; hier seien die zur KO entwickelten Grundsätze anwendbar. 520 W. Uhlenbruck, Kölner Schrift, Rn. 5; HK-Kirchhof, § 21 InsO Rn. 14, 27; Kübler/Prütting-Pape, § 24 InsO Rn. 1; MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 21 InsO Rn. 59; Nerlich/Römermann-Mönning, § 21 Rn 63 ff.; Pohlmann, Rn. 88, 257 ff.; T. Engelhardt, S. 124 f.; wohl auch Gerhardt, Kölner Schrift, Rn. 16; FK-Schmerbach, § 21 InsO Rn. 92.

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Insoweit ist freilich wiederum umstritten, welche Rechtsfolge die gegen ein spezielles Verbot verstoßenden Verfügungen auslösen. Einer Auffassung zufolge soll auch insoweit § 24 I InsO anwendbar sein, mithin absolute Unwirksamkeit gelten,521 während die herrschende Meinung die Fortgeltung der zu den Verfügungsverboten nach KO und VerglO entwickelten Grundsätze und mithin lediglich relative Unwirksamkeit annimmt.522 Die Gesetzesmaterialien, welche die Anordnung besonderer Verfügungsbeschränkungen nach § 21 I InsO an sich durchaus in Erwägung ziehen, äußern sich hierzu nicht.523 Die Gegenansicht kann sich zwar auf die Ratio der Sicherungsmaßnahmen und die insgesamt durch die Einführung der Insolvenzordnung bewirkte stärkere Angleichung der Massesicherung im Eröffnungsverfahren an die im eröffneten Verfahren berufen. Für die herrschende Meinung spricht indes der durchaus eindeutige Wortlaut des § 24 I InsO, der nur hinsichtlich der in § 21 II Nr. 2 InsO vorgesehenen Verfügungsbeschränkungen auf die §§ 81, 82 InsO verweist. 3. Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters (§ 21 II Nr. 1 InsO) a) Überblick Die Kompetenzen des vorläufigen Insolvenzverwalters können nach der gesetzlichen Konzeption durch das Insolvenzgericht frei ausgestaltet und auf die Bedürfnisse des Einzelfalls zugeschnitten werden. Wie schon die Sequestration524 unter der Konkursordnung, dient auch die vorläufige Insolvenzverwaltung der Massesicherung und Masseerhaltung, Masseschaffung und Reduzierung der Verbindlichkeiten. Für den Regelfall der Unternehmensinsolvenz soll nach Vorstellung des Gesetzgebers der Betriebsfortführung durch den Insolvenzverwalter erhebliche Bedeutung zukommen,525 was der Ergebnisoffenheit des neuen Insolvenzverfahrens Rechnung 521

So MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 21 InsO Rn. 59 f.; Pohlmann, Rn. 259 f.; in diese Richtung auch Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 7.38; T. Engelhardt, S. 126 ff. 522 So Gerhardt, Kölner Schrift, Rn. 16; HK-Kirchhof, § 22 InsO Rn. 25, § 21 InsO Rn. 14; § 24 InsO Rn. 4; Kübler/Prütting-Pape, § 24 InsO Rn. 2; § FKSchmerbach, § 21 InsO Rn. 30; W. Uhlenbruck, Kölner Schrift, Rn. 13 bei und in Fn. 76; Nerlich/Römermann-Mönning, § 21 InsO Rn. 61. 523 Begr. zu § 25 RegE, BT-Drs. 12/2443, S. 116. 524 Zur Funktion des – in § 106 KO nicht ausdrücklich erwähnten, aber gewohnheitsrechtlich anerkannten, in Einzelheiten umstrittenen Instituts der Sequestration vgl. etwa Baur/Stürner, Insolvenzrecht, Rn. 7.38 f.; Kuhn/Uhlenbruck, § 106 KO Rn. 6 ff., jeweils m. w. N., siehe auch die die Literaturübersicht bei W. Uhlenbruck, Kölner Schrift, Rn. 12 Fn. 66 sowie ausf. Koch, S. 9 ff.

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trägt.526 Art und Tragweite der Kompetenzen des vorläufigen Insolvenzverwalters stehen in engem Zusammenhang mit der Wahl der gerichtlich angeordneten Verfügungsbeschränkungen: Wird dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot nach § 21 II Nr. 2, 1. Alt. InsO auferlegt, so geht nach § 22 I 1 InsO die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den (sog. „starken“) vorläufigen Insolvenzverwalter über und bestimmen sich die weiteren Aufgaben nach § 22 I 2 InsO; ansonsten hat das Insolvenzgericht die Aufgaben selbst zu bestimmen. Entgegen ursprünglichen Erwartungen527 hat sich die „starke“ vorläufige Insolvenzverwaltung keineswegs zum Regelinstrument der Vermögenssicherung im Insolvenzeröffnungsverfahren entwickelt. Der Grund ist vor allem darin zu suchen, daß nach § 55 II 1 InsO die durch den „starken“ vorläufigen Verwalter begründeten Verbindlichkeiten nach Verfahrenseröffnung als Masseverbindlichkeiten zu befriedigen sind. Die Insolvenzgerichte waren vor diesem Hintergrund bestrebt, die vorläufigen Insolvenzverwalter vor einer persönlichen Haftung für den Fall zu schützen, daß die Insolvenzmasse später zur Befriedigung der so begründeten Masseverbindlichkeiten nicht ausreicht (vgl. § 61 InsO)528. Statt dessen ist die Rechtsstellung der vorläufigen Insolvenzverwalter unter Ausnutzung des durch § 22 II 1 InsO gewährten weiten Entscheidungsermessens vielfach weitgehend an die des „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalters angeglichen worden, ohne freilich den „letzten Schritt“ zu gehen und ein allgemeines Verfügungsverbot anzuordnen. Die Eingrenzung des Aufgabenkatalogs über den Zustimmungsvorbehalt nach § 21 II Nr. 2, 2. Alt. InsO hinaus wirft freilich erhebliche praktische Probleme auf. Mit Blick auf die „starke“ Stellung eines umfassend ermächtigten vorläufigen Insolvenzverwalters ohne Verwaltungsund Verfügungsbefugnis ist überlegt worden, die unter dessen Mitwirkung begründeten Verpflichtungen in Analogie zu § 55 II 1 InsO ebenfalls als Masseverbindlichkeiten zu behandeln; der Bundesgerichtshof hat dies nunmehr allerdings abgelehnt, aber auch der Gestaltungsbefugnis der Insolvenzgerichte hinsichtlich der Kompetenzen des vorläufigen Verwalters Grenzen gezogen.529 525 Vgl. zunächst den Aufgabenkatalog für den vorläufigen Insolvenzverwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis in § 22 II Nr. 2 InsO. 526 Siehe statt aller MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 22 InsO Rn. 2. 527 Vgl. etwa Pohlmann, Rn. 212. 528 Siehe Pape ZIP 2002, 2277, 2284. 529 Siehe BGH, Urt. v. 18.7.2002 – IX ZR 195/01, BGHZ 151, 353 ff. m. w. N. zum Streitstand: Danach ist eine umfassende Berechtigung des vorläufigen Insolvenzverwalters ohne Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt zu Rechtshandlungen mit Wirkung für und gegen den Schuldner unzulässig. Vgl. zur (praktisch wohl überholten) Gegenauffassung – Zulässigkeit

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Neben den geschilderten Alternativen können die Aufgaben des vorläufigen Insolvenzverwalters ohne Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf eine bloß beratende Funktion ähnlich der eines gerichtlichen Sachverständigen reduziert werden,530 doch dürfte dies praktisch zu Unsicherheit über den Pflichtenkreis des vorläufigen Verwalters und zu einem erhöhten Risiko der Masseschwächung führen.531 b) Einzelne Aufgaben und Befugnisse aa) Vorläufiger Insolvenzverwalter mit Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis Maßgeblich für die Aufgaben und Befugnisse des vorläufigen Insolvenzverwalters mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis ist in erster Linie § 22 I InsO. Zum Pflichtenkreis zählen danach die Sicherung und Erhaltung des Schuldnervermögens (S. 2 Nr. 1), grundsätzlich – sofern nicht das Insolvenzgericht einer Stillegung ausdrücklich zustimmt532 – auch die Weiterführung des schuldnerischen Unternehmens (S. 2 Nr. 2) sowie Prüfungsbefugnisse hinsichtlich der Feststellung der Masse und – fakultativ – des Eröffnungsgrundes sowie der Aussichten für eine Sanierung (S. 2 Nr. 3). Zu den Aufgaben gehört damit zunächst die Inbesitznahme des Schuldnervermögens, soweit dieses zum zu verwaltenden Betrieb gehört und also ein entsprechendes Sicherungsbedürfnis besteht.533 Der Beschluß, durch den die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet wird, bildet dabei einen Vollstreckungstitel i. S. d. § 793 Nr. 3 ZPO, mit dem der vorläufige Insolvenzverwalter erforderlichenfalls die Herausgabevollstreckung nach den §§ 883 ff. ZPO betreiben kann.534 des umfassenden Zustimmungsvorbehalts und Analogie zu § 55 II InsO noch ausf. T. Engelhardt, S. 151 ff. m. w. N. zum Streitstand. 530 Die Wahrnehmung gutachterlicher Aufgaben durch den vorläufigen Insolvenzverwalter hat auch Bedeutung für seine Vergütung; vgl. hierzu nur FK-Schmerbach, § 21 InsO Rn. 6, § 22 InsO Rn. 61; Kübler/Prütting-Pape, § 22 InsO Rn. 13 f.; HK-Kirchhof, § 22 InsO Rn. 52; Pohlmann, Rn. 184 ff., 235. 531 Vgl. insoweit im einzelnen MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 22 InsO Rn. 128 ff. 532 Zu den Kriterien für eine Betriebsfortführung ausf. etwa MünchKomm(InsO)Haarmeyer, § 22 InsO Rn. 83 ff. 533 Vgl. – im einzelnen hinsichtlich der konkreten Verpflichtung differenzierend – FK-Schmerbach, § 22 Rn. 11; HK-Kirchhof, § 22 InsO Rn. 4; Pohlmann, Rn. 110 ff.; W. Uhlenbruck, Kölner Schrift, Rn. 19; jeweils m. w. N. 534 Vgl. Kübler/Prütting-Pape, § 22 InsO Rn. 29; MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 22 InsO Rn. 41; Lohkemper, ZIP 1995, 1641, 1649; Pohlmann, Rn. 120 ff. (mangels ausdrücklicher gesetzlicher Grundlage analog § 148 II 1 InsO); W. Uhlenbruck, Kölner Schrift, Rn. 19.

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Mit dem gerichtlichen Beschluß einer vorläufigen Insolvenzverwaltung mit Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis rückt der vorläufige Insolvenzverwalter umfassend in die Stellung des Schuldners ein. Zur Durchsetzung der ihm obliegenden Aufgaben stehen ihm die in § 22 III InsO fixierten Rechte auf Zutritt zu den Geschäftsräumen, auf die Vornahme von Nachforschungen sowie auf Einsichtnahme in die Geschäftspapiere zur Seite.535 bb) Vorläufiger Insolvenzverwalter ohne Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis Bleibt es bei der vorläufigen Insolvenzverwaltung ohne Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis, so obliegt dem vorläufigen Insolvenzverwalter die Sicherung der künftigen Insolvenzmasse sowie die Prüfung des Insolvenzgrundes und der Massekostendeckung im Zusammenwirken mit dem weiter verfügungsbefugten Schuldner zu erfüllen;536 dieses Zusammenwirken kann das Insolvenzgericht mit den bereits besprochenen Verfügungsbeschränkungen näher ausgestalten. Anders als beim Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis bleibt die Weiterführung des Unternehmens – einschließlich der Vornahme der entsprechenden Rechtsgeschäfte – bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens in dieser Fallgestaltung folglich dem Schuldner überlassen und der vorläufige Insolvenzverwalter auf eine Art „Steuerung aus dem Hintergrund“ beschränkt.537 4. Untersagung und einstweilige Einstellung von Vollstreckungsmaßnahmen (§ 21 II Nr. 3 InsO) Dienen die dargestellten Möglichkeiten der Beschränkung der Verfügungsmacht des Schuldners dazu, der Vermögensschmälerung unter dessen Mitwirkung Einhalt zu gebieten, so soll die in § 21 II Nr. 3 InsO festgeschriebene Möglichkeit der Untersagung bzw. einstweiligen Einstellung von Vollstreckungsmaßnahmen in das bewegliche Vermögen538 durch das Insolvenzgericht der Aushöhlung des Schuldnervermögens durch Vollstreckungsmaßnahmen solcher Gläubiger für den Zeitraum des Eröffnungsverfahrens 535 536

Siehe ausf. auch T. Engelhardt, S. 88 ff. Vgl. auch W. Uhlenbruck, Kölner Schrift, Rn. 13; dens., NZI 2000, 289,

290 f. 537 Vgl. anschaulich nochmals BGH, Urt. v. 18.7.2002 – IX ZR 195/01, BGHZ 151, 353 ff. 538 Zur Einstellung der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen im Eröffnungsverfahren vgl. § 30d I ZVG und ausf. etwa MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 21 InsO Rn. 79 ff.

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entgegenwirken, die bereits einen vollstreckbaren Titel gegen den Schuldner erworben haben. Die Neuregelung in § 21 II Nr. 3 InsO soll verhindern helfen, daß Maßnahmen der Einzelzwangsvollstreckung noch während des Insolvenzeröffnungsverfahrens das Schuldnervermögen in seiner wirtschaftlichen Einheit zerschlagen, damit dem Prinzip der par condicio creditorum Rechnung tragen und sicherstellen, daß eine in Betracht kommende Sanierung des Unternehmens nicht durch die vorzeitige Verwertung des Vermögens von vornherein ausgeschlossen wird.539 5. Postsperre (§ 21 II Nr. 4 InsO) Ausdrücklich im Katalog der Regelbeispiele des § 21 II InsO erfaßt wird noch die Zulässigkeit einer vorläufigen Postsperre, für die nach Nr. 4 der Bestimmung wiederum ein Verweis auf die Vorschriften des eröffneten Verfahrens gilt (§§ 99, 101 I 1 InsO). Früheren verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf Art. 10 I GG sowie auf § 106 KO als hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage540 ist durch die Neufassung Rechnung getragen worden, indem die Insolvenzordnung nun zum einen auch eine ausdrückliche Regelung für das Eröffnungsverfahren trifft und zum anderen in § 99 I 1 InsO klarstellt, daß die Postsperre nur zu Abwendung von gläubigerbenachteiligenden Handlungen des Schuldners angeordnet werden darf.541 6. Zwischenzusammenfassung und Bewertung, insbesondere zum Verhältnis zu aufsichtsrechtlichen Anordnungen a) Sicherungsmaßnahmen nach §§ 21 ff. InsO im Kontext der §§ 46, 46a KWG Mit Inkrafttreten des neuen Insolvenzrechts sind dem zuständigen Insolvenzgericht nach allem sehr weitgehende Möglichkeiten eröffnet, den schuldnerischen Geschäftsbetrieb bereits während des Eröffnungsverfahrens umfassend im Interesse des Masseschutzes zu sichern. Die betreffenden Kompetenzen sind damit gegenüber dem alten Recht weitgehend an die Rechtswirkungen des bereits eröffneten Verfahrens angeglichen worden. Vergleicht man diese mit den bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes eingrei539 Vgl. etwa Vallender, ZIP 1997, 1993; vgl. auch Kübler/Prütting-Pape, § 21 InsO Rn. 18; MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 21 InsO Rn. 71. 540 Siehe – im Ergebnis freilich keine Bedenken äußernd – die Auseinandersetzung damit bei Kuhn/Uhlenbruck, § 121 KO Rn. 1 a-d m. w. N. 541 Ausf. zur Neuregelung etwa Landfermann, Kölner Schrift, Rn. 91 ff.

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fenden aufsichtsrechtlichen Kompetenzen nach §§ 46, 46a KWG, so ergibt sich zwar – bei Zugrundelegung des Gesetzeswortlauts – eine abweichende Stoßrichtung: Wie gesehen, sollen Maßnahmen nach diesen Kompetenzen stets die Sanierung des betroffenen Kreditinstituts und damit eine Vermeidung der Insolvenzeröffnung bewirken, die lediglich als ultima ratio begriffen wird. Auch bestehen Unterschiede zwischen der Rechtsnatur der nach § 46 I KWG zulässigen Anordnungen und den Sicherungsmaßnahmen nach §§ 21 ff. InsO insoweit, als erstere nicht die Sicherstellung des gesamten Vermögens der betroffenen Bank anstreben, sondern punktuell wirkende, wenngleich ihrerseits durchaus weitreichende Eingriffe für den Krisenfall vorsehen. Die in § 46a KWG festgeschriebenen Kompetenzen indes, das „schärfste Schwert“ der Aufsicht, das im Insolvenzfall regelmäßig zur Anwendung kommen wird, unterscheiden sich konzeptionell jedenfalls im Grundsatz kaum von der Vermögenssicherung im Insolvenzverfahren: Hier wie dort besteht die Möglichkeit zur Anordnung umfassender Verfügungsverbote und der umfassenden Kontrolle über den Geschäftsbetrieb durch Außenstehende im Interesse der Stabilisierung der Lage und der Verhinderung weiterer Verluste. Allerdings fallen insoweit auch erhebliche qualitative Unterschiede ins Auge. So ist zunächst festzustellen, daß die Rechtslage hinsichtlich des Umfangs und der Auswirkungen der nach allgemeinem Insolvenzrecht zulässigen Maßnahmen wesentlich klarer ist; dies gilt insbesondere für die zivilrechtlichen Folgen von anordnungswidrigen Verfügungen des dem Verbot unterworfenen Kreditinstituts, die nach den §§ 21 ff. InsO – anders als im Aufsichtsrecht – keine besonderen Schwierigkeiten aufwerfen. Wesentlich weiter sind sodann die Einwirkungsmöglichkeiten, die ein vorläufiger Insolvenzverwalter gegenüber den nach § 46a II KWG gerichtlich bestellten geschäftsführungs- und vertretungsberechtigten Personen hat. In der schärfsten Form, der vorläufigen Insolvenzverwaltung mit Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 21 II Nr. 2, 1. Alt. InsO, rückt der vorläufige Insolvenzverwalter nicht lediglich in die gesellschaftsrechtliche Position der einzelnen Geschäftsleiter ein, sondern erhält er umfassend die Verfügungsmacht und faktische Kontrolle über das schuldnerische Unternehmen und befindet sich damit in einer wesentlich stärkeren Position. Schließlich sind zu nennen die nach § 21 I InsO zulässigen weiteren Sicherungsmaßnahmen, die jeweils genau auf die Bedürfnisse des Einzelfalls abgestimmt werden können. Insgesamt also bleiben die Maßnahmen nach § 46a KWG qualitativ hinter den nach allgemeinem Insolvenzrecht eröffneten Sicherungsmaßnahmen zurück.542 542 Widersprüchlich, aber im Ergebnis wohl ebenso Pannen, Krise und Insolvenz, S. 96 f., der zunächst konstatiert, die Kompetenzen nach § 46a KWG hätten „keine

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b) Maßnahmen nach §§ 21 ff. InsO im geltenden Recht aa) Allgemeine Vorgaben Die Anwendbarkeit der Maßnahmen nach §§ 21 ff. InsO auf die Bankeninsolvenz und damit ihre Relevanz für die Krisenbewältigung im geltenden Recht wird maßgeblich vor allem durch die Einbindung in das aufsichtsrechtliche Regelungskonzept gesteuert und begrenzt: Wie gesehen, kommt es vor Antragstellung durch die Aufsicht im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 46b KWG regelmäßig zu einem Moratorium nach § 46a KWG, durch das der Geschäftsbetrieb des betroffenen Kreditinstituts bereits weitgehend eingefroren wird. Anders als im allgemeinen Insolvenzverfahren, setzt die Wirkung von nach §§ 21 ff. InsO angeordneten Maßnahmen daher nicht in einer dynamischen Situation ein, sondern erst in einem Stadium, in welchem bereits eine gewisse Ruhe eingekehrt ist: Die insolvenzrechtlichen Sicherungsmaßnahmen sind insoweit in jedem Falle „Fortsetzung des Aufsichtsrechts mit freilich durchaus ähnlichen Mitteln“. Über diesen allgemeinen Befund hinaus freilich finden sich konkrete Regeln für die Anwendbarkeit der insolvenzrechtlichen Sicherungsmaßnahmen und deren Abstimmung mit den zuvor angeordneten aufsichtsrechtlichen Anordnungen weder im Kreditwesengesetz noch in der Insolvenzordnung. bb) Die „Überleitung“ aufsichtsrechtlicher Anordnungen ins Insolvenzeröffnungsverfahren In der Literatur wird, falls zur Frage der „Überleitung“ aufsichtsrechtlicher Anordnungen ins Insolvenzeröffnungsverfahren überhaupt Stellung bezogen wird, die Auffassung vertreten, die Aufsicht müsse „spätestens“ dann das Moratorium aufheben, wenn wirkungsgleiche Sicherungsmaßnahmen aufgrund der §§ 21 ff. InsO verhängt würden.543 Die Gesetzesmaterialien verhalten sich zu dieser Frage nicht.544 Für die Aufhebung zu diesem Zeit‚geringere Qualität‘ “, dann aber einräumt, „eher“ seien die durch § 21 InsO eröffneten Möglichkeiten „umfassender“. 543 Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 81 ff.; Huber, Auswirkungen, S. 14 ff.; etwas unklar, aber im Ergebnis wohl ebenso Pannen, Krise und Insolvenz, S. 97. 544 A.A. insoweit offenbar Huber, Auswirkungen, S. 13: Der Gesetzgeber sei davon ausgegangen, daß die Anordnungen bereits mit Antragstellung aufgehoben werden müßten. Der von ihm zitierte Nachw., BT-Drs. 7/4631, S. 8, ist freilich zumindest unklar. Daß mit der darin zum Ausdruck gebrachten Auffassung, bei Fehlschlagen des Moratoriumszwecks müsse ein Insolvenzantrag nach § 46b KWG gestellt werden, zugleich auch eine zwingende Aufhebung der Anordnungen bereits bei Antragstellung verbunden wäre, erscheint zumindest zweifelhaft. Offen auch Bähre/ Schneider, §§ 46a–c Anm. 2.

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punkt und mithin die Aufrechterhaltung bis zur gerichtlichen Entscheidung über die Anordnung sprechen in der Tat schon bloße Zweckmäßigkeitserwägungen.545 Dies dürfte ohnehin regelmäßig der aufsichtsrechtlichen Gestaltungspraxis entsprechen. Ob der unterschiedliche Zweck der beiden Regelungskomplexe oder gar der Grundsatz der Gewaltenteilung dieses Ergebnis zwingend gebietet, wie von Huber546 und, ihm folgend, Lindemann547 angenommen, mag insoweit dahinstehen. cc) Konsequenzen für die Ausgestaltung der Maßnahmen nach § 21 InsO Damit ist freilich noch nicht die – allerdings die soeben diskutierte Problematik teilweise überschneidende – Frage beantwortet, welche der oben im einzelnen dargestellten Anordnungen nach §§ 21 ff. InsO für den Fall der Insolvenz eines Kreditinstituts faktisch zur Anwendung kommen werden. In der seit Inkrafttreten der Insolvenzordnung erschienenen Literatur finden sich insoweit nur sehr vage Stellungnahmen. Fraglich ist dies bereits für die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten der vorläufigen Insolvenzverwaltung und, damit zusammenhängend, für die Wahl zwischen den nach § 21 InsO insgesamt zulässigen Verfügungsbeschränkungen. Angesichts der damit verbundenen umfassenderen Sicherungswirkung könnte sich insoweit zunächst die Anordnung der „starken“ vorläufigen Verwaltung in Verbindung mit einem allgemeinen Verfügungsverbot nach § 21 II Nr. 2, 1. Alt. InsO anbieten. Zwar hat sich, wie gesehen, die Rechtspraxis bislang bei „normalen“ Unternehmensinsolvenzen allgemein dieses Instruments eher zögerlich bedient, um das Risiko der Eingehung neuer Masseverbindlichkeiten und damit der Masseschwächung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter zu vermeiden. Doch dürften derartige Bedenken in der besonderen Situation eines Kreditinstituts kaum tragen: Wegen des bereits zuvor angeordneten Moratoriums ist die nach § 22 I 2 Nr. 2 InsO als Regelfall der „starken“ Verwaltung angesehene Weiterführung der Geschäfte durch den vorläufigen Insolvenzverwalter ohnehin nicht im Sinne einer Wiederaufnahme des „normalen“ Geschäftsbetriebs denkbar.548 Dies spricht jedoch im Prinzip keineswegs gegen die Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung mit Verfügungsbefugnis. Zunächst sieht bereits § 22 I 2 Nr. 2 InsO eine Ausnahme vom Regelfall der Weiterführung vor, „soweit (. . .) das Insolvenzgericht einer Stillegung zustimmt, um eine erhebliche 545 546 547 548

Zutreffend Pannen, Krise und Insolvenz, S. 97. Auswirkungen, S. 14 f. Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 83. Ähnlich Pannen, Krise und Insolvenz, S. 98 f.

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Verminderung des Vermögens zu vermeiden“. Angesichts der besonderen Situation insolventer Kreditinstitute dürfte diese Ausnahme regelmäßig greifen und eine entsprechende Anordnung des Gerichts zulässig sein. Zudem stünden einer erfolgreichen Wiederaufnahme der Geschäfte wegen des zuvor erfolgten Moratoriums ohnehin erhebliche faktische Widerstände entgegen, und schließlich würde diese auch ggf. gegen die Aufhebung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Zusammenhang mit der Stellung des Insolvenzantrags verstoßen.549 Das Risiko neuer Masseverbindlichkeiten besteht mithin nicht im gleichen Umfang wie in einem etwa stärker auf Zulieferung angewiesenen Betrieb. Gegen die Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung mit Verfügungsbefugnis in der Bankeninsolvenz bestehen damit im Ergebnis keine Bedenken; sie führt die bereits umfassende Fremdkontrolle des Geschäftsbetriebs während des aufsichtsrechtlichen Moratoriums auch während der Insolvenzeröffnungsphase fort, verstärkt diese noch und stellt insgesamt das wirksamste Sicherungsmittel dar. Insoweit ließe sich freilich einwenden, daß es de lege lata umgekehrt gerade wegen der bereits zuvor erfolgten umfassenden Sicherung der „starken“ vorläufigen Insolvenzverwaltung weniger bedürfe und der bereits weitgehend stillgelegte Geschäftsbetrieb ohne weiteres auch durch einen oder mehrere vorläufiger Insolvenzverwalter ohne Verfügungsbefugnis effektiv kontrolliert werden könne. Sind die nach § 46a II KWG gerichtlich bestellten Geschäftsleiter noch im Amt – und damit überschneidet sich die Frage mit der oben diskutierten Problematik der Überleitung aufsichtsrechtlicher Anordnungen in das Insolvenzeröffnungsverfahren –, so ließe sich sogar argumentieren, es reiche eine eher restriktive Ausgestaltung der Kompetenzen eines vorläufigen Insolvenzverwalters. In der Literatur ist diese Alternative bislang nicht diskutiert worden; offenbar wird eher die „starke“ vorläufige Insolvenzverwaltung für das für Kreditinstitute geeignete Instrument gehalten.550 Ob der Sonderfall, daß die Insolvenzeröffnung mangels Masse abgelehnt wird und deshalb nach dem Insolvenzeröffnungsverfahren und der ablehnenden Entscheidung des Gerichts eine aufsichtsrechtliche Abwicklung nach Maßgabe des § 38 KWG herbeigeführt werden muß,551 praktisch überhaupt relevant ist, muß m. E. angesichts der bisher bei Kreditinstituten sogar regelmäßig hohen Insolvenzquote bezweifelt werden.552 549 Wiederum zutreffend Pannen, a. a. O., der darauf hinweist, daß die Aufhebung in der Rechtspraxis regelmäßig der Antragstellung unmittelbar nachgefolgt sei. 550 So implizit wohl Pannen, Krise und Insolvenz, S. 99; abweichend Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 83, der auch die „schwache“ vorläufige Insolvenzverwaltung für praktikabel hält und dann die Anordnungen nach § 46a KWG auch während des Insolvenzeröffnungsverfahrens aufrechterhalten will. 551 Siehe das Beispiel bei Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 81. 552 Siehe oben § 4 sub B. II. 2. c) aa).

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

In der Tat dürften dann, wenn zuvor die Bestellung der Notgeschäftsleiter aufgehoben worden sein sollte, diese Lösung vorzugswürdig sein, doch stellt sich eben die Frage, ob deren Verbleib in Verbindung mit einer schwächeren Form der vorläufigen Insolvenzverwaltung nicht sachgerechter sein könnte. Zum einen bestünde in diesem Fall ja nicht die Besorgnis eines weiteren Vermögensabflusses wie im insolvenzrechtlichen Normalfall, in dem die Geschäftsleitung des schuldnerischen Unternehmens und damit im Regelfall die Verursacherin der Krise nach wie vor Kontrolle über das Vermögen hätte. Zum anderen werden die nach § 46a II KWG gerichtlich bestellten Geschäftsführer sich typischerweise nach Ablauf des Moratoriums bereits recht umfassend in die Geschäftslage des betroffenen Kreditinstituts eingearbeitet haben, so daß es durchaus sinnvoll erscheint, sich dieser Sachkenntnis auch während des nachfolgenden Insolvenzverfahrens zu versichern und die betreffenden Personen in institutionalisierter Form in dieses einzubinden. Allerdings entspricht das herkömmliche Bild der Funktion gerichtlich bestellter Geschäftsleiter wohl eher einer lediglich übergangsweisen Tätigkeit, die spätestens mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens ihr Ende findet. Eine weitere Verpflichtung der betreffenden Personen über die Dauer des Insolvenzverfahrens hinaus (dauerhaft oder zeitlich begrenzt) findet in der bisherigen Gestaltungspraxis jedenfalls wohl nicht statt. Im Regelinsolvenzverfahren würde ohnehin mit dem Eröffnungsbeschluß die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis der Geschäftsleitung auf den Insolvenzverwalter übergehen (§ 80 I InsO). Die Verzahnung der aufsichtsrechtlichen Eingriffsmaßnahmen mit den Sicherungsmaßnahmen des allgemeinen Insolvenzrechts ist damit nicht überzeugend gelungen. Insbesondere werden die Kompetenzen der gerichtlich auf Antrag der Aufsicht bestellten Geschäftsleiter nicht mit denen des vorläufigen Insolvenzverwalters koordiniert, was auch im Interesse der Gläubiger wünschenswert sein könnte. Welche der beiden diskutierten Ausgestaltungen bislang in der Praxis gewählt wurde, kann mangels veröffentlichter Entscheidungen nicht beurteilt werden. dd) Weitere Sicherungsmaßnahmen Die Anordnung weiterer, auf die besonderen Anforderungen des Einzelfalls abgestimmter Sicherungsmaßnahmen während des Eröffnungsverfahrens durch das Insolvenzgericht stellt angesichts der Generalklausel des § 21 I InsO, wie gesehen, keine besonderen Probleme. Insoweit ist beispielsweise überlegt worden, daß sich auf der Grundlage dieser Bestimmung auch eine dem Verbot der Entgegennahme von Zahlungen nach §§ 46 I 2 Nr. 2, 46a I 1 Nr. 3 KWG entsprechende Regelung für

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das Insolvenzeröffnungsverfahren treffen ließe.553 Eine solche ist in den Regelbeispielen des § 21 II InsO nicht vorgesehen; §§ 24 I, 82 InsO treffen lediglich Sonderregeln für die Erfüllung von Verbindlichkeiten gegenüber der Masse. Ein gegenüber dem Aufsichtsrecht schwächerer Gläubigerschutz dürfte freilich kaum anzunehmen sein. Ob die Notwendigkeit einer – an sich wohl unzweifelhaft zulässigen – entsprechenden Anordnung aufgrund der Generalklausel des § 21 I InsO besteht, erscheint durchaus zweifelhaft: De lege lata geht dem Insolvenzeröffnungsverfahren ohnehin bereits ein aufsichtsrechtliches Moratorium voraus, dessen Signalwirkung selbst ohne die Anordnung eines Annahmeverbots hinreichende Warnung vor weiteren Zahlungen an das Institut sein dürfte. Im Falle der etwaigen Abschaffung aufsichtsrechtlicher Eingriffskompetenzen für den Insolvenzfall und sofortiger Einleitung des Insolvenzeröffnungsverfahrens bei gleichzeitiger Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach §§ 21 ff. InsO de lege ferenda dürfte kaum anderes gelten. Ebenso soll eine Schalterschließung auf der Grundlage des § 21 I InsO angeordnet werden können.554 Auch insoweit trifft es ohne Zweifel zu, daß die Generalklausel eine solche Anordnung ebenfalls trägt, wenn sie im Interesse des Masseschutzes für erforderlich gehalten wird. Ob diese Erforderlichkeit freilich wirklich zu bejahen ist, begegnet allerdings wiederum Zweifeln. Wie gesehen, scheidet die Weiterführung der Bank durch den vorläufigen Insolvenzverwalter entgegen der Regelanordnung des § 22 I 2 Nr. 2, 2. Hs. InsO ohnehin nach dem vorangegangenen Moratorium praktisch aus. Es besteht daher kein Anlaß für den vorläufigen Insolvenzverwalter, den Kundenverkehr über die dafür vorgesehenen Schalterräume wieder aufzunehmen; vielmehr wird gerade der zu erwartende Massenansturm besorgter und verärgerter Einleger eine solche Maßnahme als untunlich erscheinen lassen. Sie wird daher schon aus praktischen Gründen ohnehin unterbleiben, ohne daß dies gerichtlich eigens angeordnet werden müßte. C. Die Rechtslage in England I. Überblick

Der Gehalt der nach dem Financial Services and Markets Act 2000 für den Krisenfall eröffneten Eingriffsbefugnisse der Financial Services Authority ist im Grundsatz bereits oben im Zusammenhang mit den jeweiligen Tatbeständen dargestellt worden:555 Möglich sind danach die Beschränkung 553 554 555

Pannen, Krise und Insolvenz, S. 96. Pannen, a. a. O. (soeben Fn. 553). § 5 sub C. II.

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und Aufhebung der Erlaubnis (ss. 43 ff. FMSA 2000) sowie ein Vorgehen gegenüber der Geschäftsleitung und sonstigen Mitarbeitern des betroffenen Instituts (ss. 56, 63, 65 FSMA 2000). Die Folgewirkungen derartiger Maßnahmen bedürfen allerdings gleichwohl näherer Betrachtung (sub II.). Auch zum englischen Recht sollen die nach Aufsichtsrecht eröffneten Kompetenzen nachfolgend mit den Sicherungswirkungen verglichen werden, die mit der Einleitung eines Insolvenzverfahrens möglich sind (sub III.). II. Aufsichtsrechtliche Eingriffskompetenzen

1. Einschränkung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb a) Überblick Die Befugnis der FSA, nach s. 45 FSMA 2000 die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb einzuschränken, steht, wie gesehen, im Mittelpunkt der aufsichtsrechtlichen Eingriffskompetenzen für den Krisenfall.556 Wie oben weiter dargelegt, handelt es sich dabei im Grunde um zwei verschiedene Tatbestände, deren einer das bloße Nichterreichen der sog. Threshold conditions für die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb erfaßt, während der andere Eilkompetenzen für besondere Krisensituationen regelt. Vorliegend sind beide Konstellationen von Interesse – erstere insoweit, als sie gegenüber dem insolvenzrechtlich relevanten Bereich Vorfeldkompetenzen schaffen und damit tatbestandlich den in Deutschland vor allem von § 45 KWG geregelten Bereich betreffen, und letztere als aufsichtsrechtliche Eingriffsbefugnis für den eigentlichen Krisenfall und damit den vorliegend in erster Linie interessierenden Bereich. Während damit zwei unterschiedliche Anwendungsbereiche eröffnet sind und zudem, wie bereits angedeutet, für beide Tatbestände unterschiedliche verfahrensrechtliche Regelungen für die Art und Weise der Anordnung gelten, ist der Inhalt der nach s. 45 FSMA 2000 zulässigen Maßnahmen für beide gleich. Im folgenden soll daher zunächst näher untersucht werden, welchen Inhalt und welche Revelanz derartige Maßnahmen im einzelnen haben können (sub b)); erst im Anschluß wird dann auf die unterschiedliche verfahrensrechtliche Gestaltung im Frühstadium und unter den besonderen Voraussetzungen des Krisenfalls eingegangen werden (sub c)). Eine kurze Zwischenzusammenfassung und Bewertung folgt (sub d)).

556

Siehe im einzelnen oben sub § 5 sub B. I. 2.

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b) Zulässige Einschränkungen aa) Gesetzliche Regelung Die zulässigen Maßnahmen regelt s. 45 FSMA 2000 nicht selbst, sondern verweist in subsection (2) zunächst auf den abschließenden Katalog der s. 44(1) FSMA 2000. Danach hat die FSA, soweit vorlegend von Interesse, zunächst folgende Befugnisse: „The Authority may (. . .) vary the permission by – (. . .) (b) removing a regulated activity from those for which it gives permission; (c) varying the description of a regulated activity for which it gives permission; (. . .) (e) varying a requirement [scil. under s. 43].“

Nach s. 45(4) FSMA 2000 sind die Befugnisse freilich insofern erweitert, als zusätzlich sämtliche Auflagen und Bedingungen neu angeordnet werden können, die bereits bei erstmaliger Erteilung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb ggf. hätten angeordnet werden können. In Bezug genommen werden dadurch die Vorschriften der ss. 42(7) und 43 FSMA 2000, welche die grundsätzlich zulässigen Auflagen und Bedingungen konkretisieren. S. 42(7) FSMA 2000 bestimmt folgendes. „The Authority may – (a) incorporate in the description of a regulated activity such limitations (for example as to circumstances in which the activity may, or may not, be carried on) as it considers appropriate; (b) specify a narrower or wider description of regulated activity than that to which the application relates. (. . .)“

Weiter gefaßt ist s. 43 FSMA 2000: „(1) A Part IV permission may include such requirements as the Authority considers appropriate. (2) A requirement may, in particular, be imposed – (a) so as to require the person concerned to take specific action; or (b) so as to require him to refrain from taking specific action. (3) A requirement may extend to activities which are not regulated activities. (4) A requirement may be imposed by reference to the person’s relationship with – (a) his group; or (b) other members of his group.“

Eine besondere Art von Requirements nach dieser Bestimmung, sog. Assets requirements, ist vorgesehen in s. 48 FSMA 2000, wonach dem betroffenen Institut die Veräußerung von oder der Handel mit bestimmten Aktiva untersagt oder eingeschränkt (s. 48(3)(a)) bzw. die Übetragung bestimmter oder aller Aktiva auf einen Treuhänder vorgeschrieben werden kann (s. 48(3)(b)).

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bb) Inhalt der Anordnungen in der Praxis Der Blick auf den Wortlaut der oben zitierten Bestimmungen zeigt recht deutlich, daß der Aufsicht ein weiter Handlungsspielraum eröffnet werden soll. Die Aufschlüsselung in einzelne Regelbeispiele trägt kaum zur Klärung bei, weil auch diese wiederum sehr allgemein gefaßt sind. Klar ist lediglich, daß zunächst durch einen „Neuzuschnitt“ der „maßgeschneiderten“ Erlaubnis für einzelne Geschäftsbereiche,557 aber auch durch Weisungen oder Verbote zum Verhalten der Institute allgemein eine detaillierte „Feinsteuerung“ durch die Aufsicht ermöglicht wird, die das Fortbestehen der Erlaubnis zu einzelnen Geschäften oder zum Geschäftsbetrieb insgesamt an konkrete Maßnahmen zur Wiederherstellung der finanziellen Stabilität knüpfen kann. Etwas präziser gefaßt, aber wiederum grundsätzlich offen sind insoweit die Ausführungen im einschlägigen Teil des Handbook,558 in dem die FSA Beispiele für mögliche Limitations und Requirements formuliert hat. So sollen nach s. 42(7) FSMA 2000 Beschränkungen für das Geschäft mit Kunden allgemein,559 für bestimmte Arten von Finanzprodukten560 oder für die Beschränkung auf besondere Geschäftsbereiche561 statthaft sein. Allgemeine Requirements nach s. 43 FSMA 2000 können demnach Verbote umfassen, neue Verbindlichkeiten einzugehen, Kundengelder zu verwahren, oder in bestimmte Vermögenswerte zu investieren,562. Hinsichtlich der besonderen Assets requirements nach s. 48 i. V. m. s. 43 FSMA 2000 beschränkt sich das Handbook auf die Wiederholung des Gesetzestextes.563 Auch nach dem Verständnis der FSA können mithin weitreichende Vorgaben an den Geschäftsbereich formuliert werden, wobei immer zu beachten ist, daß die genannten Bestimmungen und Interpretationen – dem umfassenden Charakter der gesetzlichen Grundlage gemäß – nicht lediglich auf Kreditinstitute, sondern prinzipiell auf alle Arten von Finanzdienstleistern zur Anwendung kommen können. So läßt das Gesetz beispielsweise die Anwendbarkeit der Assets requirements auf Kreditinstitute offen. Zwar erscheint ein Verfügungsverbot hinsichtlich der Aktiva der Bank nach der 557 Siehe zum neuen Konzessionssystem unter dem Financial Services and Markets Act 2000 erneut oben § 3 sub B. I. 2.a). 558 ENF, chapter 3, s. 3.2.2 ff. 559 Vgl. ebd., s. 3.2.7 (1): Beschränkungen bezüglich „[t]he number, or category of customers that a firm can deal with.“ Hierzu auch M. Blair, in: ders. (Hrsg.), S. 62, 85 f. 560 Ebd., para. (2). 561 Ebd., para. (3). 562 ENF chapter 3, s. 3.2.8. 563 Ebd., s. 3.2.10.

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ersten Alternative der s. 48(3) FSMA 2000 durchaus vorstellbar. Doch ist nicht klar, ob die vollständige Übertragung der Aktiva auf einen Treuhänder nach der zweiten Alternative bei Kreditinstituten praktisch denkbar ist und ob sich damit den Gefahren einer Bankeninsolvenz tatsächlich wirksam begegnen ließe. Ob auch an die Anwendung dieser Alternative gedacht werden kann, erscheint deshalb fraglich. Dafür könnte sprechen, daß eine derartige Zwangsverwaltung an sich durchaus denkbar erscheint; dagegen dürfte jedoch einzuwenden sein, daß die Vorschrift eben lediglich die Übertragung von Aktiva („assets“) ermöglicht und damit gerade nicht die Übertragung der Kontrolle über den gesamten Geschäftsbereich. Nachdem die Bestimmung Vorläufer nicht im Banking Act 1987, sondern nur im Financial Services Act 1986 hat,564 der die Aufsicht über Investmenthäuser und andere Nichtbanken-Finanzdienstleister regelte, dürfte trotz des offenen Wortlauts zu vermuten sein, daß insgesamt eher an eine Anwendung auf solche Arten von Finanzdienstleistern gedacht worden ist, die typischerweise treuhänderisch Vermögenswerte ihrer Kunden verwalten, also z. B. Investmentfonds. Denkbar wäre aber auch die Anwendung auf Versicherungsunternehmen. Für Banken dürften Assets requirements dagegen regelmäßig ausscheiden. Weitere konkretisierende Beispiele für Anordnungen der Aufsicht im Rahmen der s. 45 FSMA 2000 dürften sich aus einem Vergleich mit den unter dem Banking Act 1987 eröffneten Eingriffskompetenzen gewinnen lassen, da durchaus anzunehmen ist, daß mit Einführung des neuen Rechts zwar eine Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten für den Krisenfall angestrebt wurde, aber zumindest die bestehenden Kompetenzen auch weiterhin sollten ausgeübt werden können. Maßgebliche Bestimmungen waren insoweit die ss. 12 und 19 des Banking Act. Während s. 12 die Befugnis der Aufsicht zur Einschränkung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb regelte, begründete s. 19 ein umfassendes Anordnungsrecht für den Fall, daß die Entziehung der Erlaubnis – insolvenzhalber oder aus anderen Gründen – bereits angeordnet worden war. Beide Bestimmungen enthielten – weitgehend identische – Kataloge mit Regelbeispielen, die neben allgemeinen Anordnungen ähnlich denen nach s. 43 FSMA 2000 insbesondere auch Beschränkungen hinsichtlich der Annahme neuer Einlagen565 und des Kreditgeschäfts566 ermöglichten. Ausdrücklich sahen beide Bestimmungen ein Recht der Aufsicht vor, den Geschäftsbetrieb des betroffenen Kreditinstituts quan564 Vgl. ss. 65 ff. Financial Services Act 1986; siehe auch M. Blair, in: ders. (Hrsg.), S. 83, 90. 565 Vgl. ss. 12(4)(b), 19(2)(b) Banking Act 1987; s. 19(2)(c) sah zudem ein Verbot vor, neue Einlagen generell oder gegenüber Personen einzuwerben, die nicht bereits Einleger des betroffenen Instituts waren. 566 Ebd.

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titativ oder qualitativ zu beschränken. In der Praxis hat die Bank of England diese Kompetenzen offenbar wiederholt genutzt, um – ohne eigenes finanzielles Engagement – über einen längeren Zeitraum hinweg die Sanierung der jeweiligen Institute oder eine „stille“ Liquidation durch genaue Vorgaben zu leiten.567 Die Übertragung dieser Grundsätze auf das neue Recht ist wahrscheinlich; dafür spricht vor allem auch der partielle Gleichlauf der konkretisierenden Ausführungen im Handbook mit den Regelbeispielen der ss. 12, 19 Banking Act 1987. cc) Rechtsfolgen bei anordnungswidrigem Verhalten Allgemein kann die Nichtbefolgung aufsichtsrechtlicher Vorgaben unter dem Financial Services and Markets Act 2000 als Verstoß gegen die sog. Threshold conditions568 und damit mit Auswirkungen für die Genehmigung zum Geschäftsbetrieb gewürdigt werden. Hinzu tritt ggf. die Strafbarkeit einer Zuwiderhandlung gegen das generelle Verbot, Regulated activities ohne Erlaubnis zu betreiben, nach s. 23 FSMA 2000. In den Kategorien des deutschen Rechts haben die Anordnungen mithin mindestens öffentlichrechtliche Wirkung. Wie bei den Anordnungen der §§ 45 ff. KWG stellt sich aber auch im englischen Recht die Frage nach der zivilrechtlichen Wirksamkeit anordnungswidriger Verfügungen und sonstiger Verhaltensweisen, also beispielsweise der Annahme von Einlagen oder der Vergabe neuer Kredite und Auszahlung der Darlehensvaluta entgegen einer Limitation nach s. 42(7) oder einem Requirement nach s. 43 i. V. m. s. 45 FSMA 2000. Das Gesetz selbst enthält insoweit keine generelle Regelung. Lediglich für Assets requirements nach s. 48 FSMA 2000 ist vorgeschrieben, daß dann, wenn die Anordnung einem Kreditinstitut bekanntgemacht worden ist, bei dem das eigentlich betroffene Institut ein Konto unterhält, das eigentlich unbeteiligte Institut zur Zahlung eines entsprechenden Betrages an die FSA verpflichtet ist, wenn es trotz Kenntnis der Anordnung eine Verfügung seitens des betroffenen Instituts ausführt. Auch diese, im Falle eines Assets requirement gegenüber einem Kreditinstitut nicht recht einleuchtende Rechtsfolge569 dürfte darauf hindeuten, daß eher an eine Anwendbarkeit der Bestimmung für Verwalter von Fremdvermögen, wie z. B. Investmentfonds, gedacht worden ist. 567

Vgl. Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 268. Dazu oben § 5 sub C. II. 2. a). 569 Wohl durchaus vergleichbar den im englischen (Equity-)Recht entwickelten Grundsätzen für die Haftung einer Bank wegen „knowing assistance in breach of trust“, also der Weiterleitung treuhänderisch gebundenen Vermögens trotz Kenntnis der treuhänderischen Bindung, vgl. dazu nur Goode, Commercial Law, S. 614 ff. sowie W. Blair, (2000) Hong Kong Law Journal 75 ff., jeweils m. w. N. 568

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Ersichtlich ist indessen selbst diese spezielle Regelung für Assets requirements, unabhängig von der Frage der Anwendbarkeit auf Kreditinstitute, nicht mit zivilrechtlicher Unwirksamkeit nach deutschem Verständnis gleichzusetzen; es wird damit lediglich eine Rückgriffsmöglichkeit gegen Dritte bezüglich anordnungswidriger Verfügungen geschaffen. An einer ähnlichen Regelung für die „Normalfälle“ von Anordnungen nach ss. 42(7), 43 i. V. m. 45 FSMA 2000 fehlt es. Eine analoge Übertragbarkeit dürfte ausscheiden. Auch anderweitig wird sich die Unwirksamkeit angesichts der fehlenden gesetzlichen Regelung im FSMA 2000 selbst und in Ermangelung allgemeiner schuldrechtlicher Grundsätze vergleichbar den §§ 134 ff. BGB kaum begründen lassen. Dafür spricht auch ein Vergleich mit der früheren Rechtslage: Sowohl s. 12(7) als auch s. 19(7) Banking Act 1987 bestimmten ausdrücklich, daß – unbeschadet der dargestellten öffentlichrechtlichen Wirkungen der Verbote und einer möglichen Strafbarkeit der verantwortlichen Geschäftsleiter – die zivilrechtliche Wirksamkeit anordnungswidriger Rechtsgeschäfte unberührt bleiben sollte. c) Verfahrensrechtliche Anforderungen Wie gesehen,570 unterscheidet das Gesetz zwei Konstellationen für die Anwendbarkeit der s. 45 FSMA 2000: zum einen den Fall, in dem das betroffene Institut die Threshold conditions nicht erreicht bzw. zu erwarten ist, daß dies demnächst der Fall eintritt, und zum anderen den Fall, in dem darüber hinaus nach Einschätzung der FSA besondere Eile geboten ist. Die verfahrensrechtlichen Vorgaben für beide Fälle sind geregelt in s. 53 FSMA 2000. Im erstgenannten Fall hat die FSA dem Institut schriftlich unter Angaben von Gründen eine Frist zu setzen, nach welcher die Anordnungen wirksam werden, wenn nicht zuvor die Störung beseitigt worden ist (s. 53(2)(b), (4), (5) FSMA 2000). Während dieser Frist ist dem Institut Gelegenheit zu Einwänden zu geben; die Aufsicht kann hierzu die Frist verlängern und ist verpflichtet, ihrerseits zu dem Vorbringen des betroffenen Instituts Stellung zu nehmen (s. 53(6)–(7) FSMA 2000). Im zweitgenannten Fall kann die FSA ein sofortiges Wirksamwerden der Maßnahmen anordnen und muß dies dem betroffenen Kreditinstitut – wiederum schriftlich und unter Angabe von Gründen – darlegen (s. 53(2)(a), (4), (5)). Nach s. 53(3) FSMA 2000 kommt die sofortige Anordnung nur dann in Betracht, wenn im Lichte der bis dahin erfolgten Sachverhaltsermittlung ein Zuwarten nicht tunlich erscheint. Für die Anwendung der Vorschrift dürfte aus dem Gesagten folgen, daß Anordnungen im „Normalfall“ zunächst eher eine Warnfunktion zukommt; 570

Siehe erneut oben § 5 sub C. II. 2.

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das betreffende Institut soll über die Bedenken der Aufsicht informiert werden und darauf selbständig reagieren können, bevor die konkreten Weisungen der Aufsicht in Kraft treten. Nur dann, wenn – etwa angesichts einer besonders gravierenden finanziellen Störung, aber auch, wenn das betroffene Institut sich nicht hinreichend kooperativ zeigt – keine Aussicht besteht, daß die Störung durch rein „geschäftsinterne“ Maßnahmen beseitigt werden kann, und damit unmittelbares Einschreiten sowohl im öffentlichen als auch im Interesse der Einleger und sonstiger Kunden geboten scheint,571 soll die Aufsicht unmittelbar detaillierte Vorgaben für die Krisenbewältigung durchsetzen können. Zwischen dem Grundtatbestand und der Eilkompetenz besteht damit ein ähnliches Verhältnis wie zwischen dem Recht zur Einschränkung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb nach s. 12 und dem Weisungsrecht nach s. 19 Banking Act 1987: Während Anordnungen nach s. 12 nur nach vorheriger Fristsetzung erfolgen durften,572 war nach s. 19 (i. V. m. s. 20) im Krisenfall eine solche nicht erforderlich. d) Zwischenzusammenfassung und Bewertung Mit den Kompetenzen nach s. 45 FSMA 2000 stellt das neue Recht der Aufsicht umfassende Eingriffs- und Steuerungsmöglichkeiten für den Krisenfall zur Verfügung. Nach dem „Grundtatbestand“ muß die Aufsicht die geplanten Maßnahmen zunächst dem betroffenen Institut androhen, worauf dieses Gelegenheit hat, eigenständig eine Verbesserung der Situation herbeizuführen sowie gegenüber der Androhung Stellung zu nehmen. Dieser Alternative dürfte daher vor allem die Funktion einer Warnung gegenüber dem betreffenden Institut zukommen, durch welche die Aufsicht wirksame Schritte zur Krisenbewältigung innerhalb einer bestimmten Frist erzwingen kann. Die verfahrensrechtlich erleichterte Möglichkeit der Anordnung sofort wirksamer Maßnahmen in Fällen besonderer Eilbedürftigkeit ermöglicht demgegenüber der Aufsicht selbst die Übernahme der Kontrolle über das weitere Vorgehen. Denkbar sind insoweit etwa detaillierte Vorgaben für das weitere Kredit- oder Einlagengeschäft, die Stillegung einzelner Geschäftsbereiche bis hin zu Verfügungsverboten. Während diese Maßnahmen insgesamt durchaus einschneidend sein können, ist gleichwohl erforderlich, daß das betroffene Kreditinstitut sich ko571 Vgl. erneut die oben § 5 sub C. II. 2. b) zitierten normkonkretisierenden Passagen des Handbook, ENF chapter 3, s. 3.12 f., die sowohl auf die Schwere der Störung als auch auf das Verhalten des Instituts sowie die mit beidem verbundenen Gefahren abstellen. 572 Vgl. im einzelnen s. 13 Banking Act 1987, insbes. subsections (6)–(19), wonach die Maßnahmen zunächst durch sog. „notice“ anzudrohen waren und sodann Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden mußte.

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operativ verhält und die Anweisungen der Aufsicht befolgt. Insgesamt sind die zulässigen Anordnungen darauf beschränkt, auf den betroffenen Geschäftsbetrieb einzuwirken und bestimmte Verhaltensweisen zu verhindern oder herbeizuführen, doch betreffen sie nicht unmittelbar die Rechtsverhältnisse des betroffenen Kreditinstituts zu Dritten. Auch die Durchsetzung von Ansprüchen gegen das betroffene Institut mit Mitteln der Zwangsvollstrekkung kann nicht aufgrund Aufsichtsrechts unterbunden werden. Eine wirklich effektive Vermögenssicherung läßt sich mittels dieser Anordnungen daher nicht bewerkstelligen, weil – vom für Kreditinstitute kaum anwendbaren Sonderfall der Übertragung der Aktiva auf einen Treuhänder nach s. 48(3)(b) FSMA 2000 abgesehen – eine Fremdverwaltung nicht stattfindet und zugleich anordnungswidrige Rechtsgeschäfte wirksam bleiben. Der an sich durchaus weite Handlungsspielraum der Aufsicht wird dadurch, aber wohl auch durch die Gefahr eines Bekanntwerdens entsprechender Vorgaben mit negativen Folgen für das Vertrauen seiner Einleger de facto stark eingeschränkt. In der Tat wird, wie die Aufsicht in den bereits oben573 näher diskutierten Passagen des Handbook selbst feststellt, stets sorgsam abzuwägen sein, ob „(. . .) the exercise of the FSA’s power to petition for the winding-up of the firm is more appropriate than the use of its own initiative power [scil. under s. 45]“,

ob also eine effektive Sicherung der Vermögenswerte eher durch Einleitung eines Insolvenzverfahrens statt durch einen weniger wirksamen aufsichtsrechtlichen Eingriff zu erreichen sein wird. Unter den Beweggründen, die typischerweise in die Entscheidung über die Ausübung der Eingriffsbefugnisse einfließen werden, dürfte diesem Gesichtspunkt letztlich zumindest dann entscheidende Bedeutung zukommen, wenn tatsächlich davon auszugehen ist, daß angesichts der Bedeutung der finanziellen Probleme des betreffenden Instituts weder eine Sanierung aus eigener Kraft noch eine „stille“ Liquidation nach Maßgabe der Aufsicht wahrscheinlich erscheint und statt dessen die Gefahr besteht, daß bei einem Bekanntwerden der Krise ein unkontrollierter Vermögensabfluß aufgrund eines „Runs“ der Einleger droht. 2. Aufhebung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb Bereits oben574 ist darauf hingewiesen worden, daß die Aufhebung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb nach s. 45 FSMA 2000 – zu unterscheiden von der Aufhebung bloßer Teilgenehmigungen für einzelne Geschäftstätigkeiten – für die Frühphase der Krisenbewältigung praktisch bedeutungslos 573 574

Oben § 5 sub C. II. 2. b). § 5 sub C. II. 2.

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ist, sondern erst als Abschluß der Abwicklung erfolgen wird. Auch insoweit bestehen im Grundsatz Parallelen zur Rechtslage unter dem Banking Act 1987, der in s. 11 die Kompetenz der zur Aufhebung der Erlaubnis begründete. Systematisch waren die oben erwähnten Anordnungen nach s. 12 Banking Act 1987 ausdrücklich als „milderes Mittel“ gegenüber der Aufhebung der Erlaubnis vorgesehen, während s. 19 die Möglichkeit eröffnete, Anordnungen im Zusammenhang mit der Aufhebung zu treffen, um diese vorzubereiten und besondere Gefährdungssituationen auszuschließen. Folge einer Aufhebung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb unter dem Financial Services and Markets Act 2000 ist nunmehr, daß jede weitere Geschäftstätigkeit unter das allgemeine Verbot mit Erlaubnisvorbehalt nach s. 19 FSMA 2000 fällt und mithin nach s. 23 FSMA 2000 strafbar ist. Eine unmittelbare Sicherungswirkung ist mit der Aufhebung, ihrer Bedeutung als formeller „Schlußpunkt“ der Abwicklung gemäß, nicht verbunden. Vorliegend ist die Bestimmung daher kaum von weiterem Interesse. 3. Vorgehen gegen Angestellte und Geschäftsleiter Wenig problematisch sind auch die Befugnisse der Aufsicht zum Einschreiten gegenüber Angestellten und Geschäftsleitern des betroffenen Kreditinstituts. Wie dargestellt, sind derartige Maßnahmen nach den ss. 56 und 63 FSMA 2000575 vollkommen unabhängig von den Eingriffskompetenzen nach s. 45 FSMA 2000; eine spezielle Regelung für den Insolvenzfall fehlt damit. Verbote nach ss. 56, 63 FSMA 2000 zielen darauf ab, dem Betreffenden die Ausübung seiner Tätigkeit zu verbieten; Zuwiderhandlungen gegen die förmliche Prohibition order sind strafbar,576 während eine Person, die trotz des Entzugs der aufsichtsrechtlichen Approval weiterhin leitende Tätigkeiten ausübt, ihrerseits einer Prohibition order unterworfen werden kann.577 Eine unmittelbare gesellschaftsrechtliche Wirkung der Maßnahmen ordnet das Gesetz nicht an; damit bleiben anordnungswidrig getätigte Rechtsgeschäfte zivilrechtlich wirksam.

575 Anders als unter dem Banking Act 1987, der in den oben diskutierten Fällen der ss. 12 und 19 die Befugnis, die Abberufung eines „director, controller or manager“ zu verlangen, jeweils im Rahmen der Regelbeispiele für Anordnungen in der Krise erwähnte (vgl. ss. 12(4)(e), 19(2)(e) Banking Act 1987). Noch zu nennen, aber im vorliegenden Kontext wohl nur von geringer Bedeutung sind Disciplinary powers nach s. 66 FSMA 2000. Diese umfassen die Verhängung von Strafgeldern und die Befugnis, ein „statement of misconduct“ zu veröffentlichen (s. 66(3) FSMA 2000); siehe hierzu im einzelnen Freshfields on Financial Services, Rn. 7.8 ff. 576 Vgl. s. 56(4) FSMA 2000. 577 Vgl. Handbook, ENF chapter 8, s. 8.5.5.

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4. Zwischenzusammenfassung Im Mittelpunkt der aufsichtsrechtlichen Eingriffsbefugnisse für den Krisenfall stehen Anordnungen nach s. 45 FSMA 2000, die in einen Grundtatbestand und Eilkompetenzen für die verfahrensrechtlich erleichterte Durchsetzung in besonderen Fällen getrennt sind. Mit ihnen kann die Aufsicht umfassend auf den Geschäftsbetrieb des betroffenen Kreditinstituts einwirken, aber keine wirksame Vermögenssicherung herbeiführen, weil weder eine zivilrechtliche Unwirksamkeit anordnungswidriger Rechtsgeschäfte noch eine wirksame Kontrolle über die Verwaltung durch besonders bestellte Personen gesetzlich vorgesehen ist. Anordnungen nach dieser Bestimmung sind daher im Grunde auf ein Mindestmaß an Kooperativität auf seiten des Kreditinstituts angewiesen, soll der damit verfolgte Schutzzweck nicht unterlaufen werden. Ist dies nicht gewährleistet, wird statt aufsichtsrechtlicher Weisungen die unmittelbare Einleitung eines Insolvenzverfahrens auf Antrag der Aufsicht im öffentlichen Interesse wie im Interesse der Gläubiger zu erwägen sein. Dies ist ebenso dann der Fall, wenn trotz an sich gegebener Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Anordnungen die Krise des Instituts publik wird und ein „Run“ der Einleger droht, der sich angesichts der begrenzten Rechtswirkungen der Anordnungen nicht wird aufhalten lassen. Die Entziehung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb hat als solche keine Bedeutung für die Krisenbewältigung und wird regelmäßig erst am Ende der Krisenbewältigungsbemühungen erfolgen. Maßnahmen gegenüber Angestellten und Geschäftsleitern auf der Grundlage der ss. 56, 63, 66 FSMA 2000 sind vorliegend dagegen von Bedeutung. Insbesondere mittels einer Prohibition order nach s. 56 FSMA 2000 kann die Aufsicht die weitere Tätigkeit einer Person innerhalb der Organisation des Kreditinstituts unterbinden. Auf die gesellschaftsrechtlichen Befugnisse der Person im Rechtsverkehr mit Dritten haben Maßnahmen nach diesen Bestimmungen freilich wiederum keine Auswirkungen, so daß auch insoweit die Gefahr besteht, daß die betreffenden Personen die Weisungen zum Schaden des Instituts und seiner Gläubiger unterlaufen. III. Insolvenzrechtliche Eingriffskompetenzen

1. Überblick Die mit dem Eröffnungsverfahren verbundenen Sicherungswirkungen sind im englischen Insolvenzrecht für die einzelnen Verfahrensarten unterschiedlich geregelt. Für das Verfahren des Winding-up knüpft das Gesetz keine unmittelbaren Rechtswirkungen an die Antragstellung als solche; erst

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

der Eröffnungsbeschluß selbst löst derartige Wirkungen aus. Zur Sicherung des Vermögens bedarf es daher der richterlichen Anordnung im Einzelfall (dazu unten sub 2.); von Bedeutung ist insoweit insbesondere die Anordnung der Provisional liquidation. Für die Administration dagegen sind die Rechtswirkungen des Eröffnungsverfahrens im Gesetz selbst geregelt (sub 3.). In einer Zwischenzusammenfassung am Ende dieses Unterabschnitts (sub 4.) sollen die nach beiden Verfahrensarten zulässigen Sicherungsmaßnahmen miteinander verglichen werden. 2. Winding-up a) Überblick Das wichtigste Instrument, um die Situation in dem betroffenen Unternehmen nach Antragstellung und vor der Entscheidung über die Verfahrenseröffnung wirksam unter Kontrolle bringen und damit insbesondere vermögensschädigende Handlungen der bisherigen Geschäftsführung zu unterbinden, ist im Winding-up-Verfahren zweifellos die Ernennung eines Provisional liquidator gem. s. 135 Insolvency Act 1986 (dazu unten sub b)) oder ggf. eines Special manager nach s. 177 Insolvency Act 1986 (dazu unten sub c)). Darüber hinaus kann das Gericht nach s. 126 Insolvency Act 1986 schon vor Entscheidung über den Erlaß einer Winding-up order Anordnungen bezüglich schwebender Rechtsstreitigkeiten erlassen (sub d)). Erst der Eröffnungsbeschluß führt freilich – allerdings mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Antragstellung578 – zur Stillegung des schuldnerischen Betriebs579 und insgesamt zur umfassenden Vermögenssicherung; erst danach kann die Gläubigerversammlung einen Liquidator mit umfassenden, gesetzlich geregelten Kompetenzen bestellen.580 Wie oben bereits angedeutet, kann das Gericht zwar unter Umständen die Verfahrenseröffnung sofort beschließen, wird aber regelmäßig zunächst keinen Liquidator ernennen, sondern sich auf die Einsetzung eines Provisional liquidator, ggf. eines Spe578 Mit dem die Rechtswirkungen einsetzen (sog. „commencement“), siehe s. 129(2) Insolvency Act 1986. 579 Für das Compulsory winding-up ist dies nicht ausdrücklich geregelt, ergibt sich aber aus der Natur des Verfahrens als Liquidationsverfahren unter Aufsicht eines Liquidator, vgl. s. 167 i. V. m. Sch. 4, para. 5 Insolvency Act 1986. Für das Voluntary winding-up bestimmt s. 87 Insolvency Act 1986, daß mit Beginn der Rechtswirkungen des Verfahrens der Betrieb einzustellen ist, wenn nicht ein anderes im Interesse der Gläubiger geboten scheint. 580 Vgl. insbes. ss. 139, 143 ff. Insolvency Act 1986 sowie Insolvency Rules 1986, Chapter 11. Dazu und zur Rechtsprechung zu den Aufgaben und Kompetenzen des Liquidator ausführlich etwa Rajani, Tz. C11.24 ff.; Fletcher, Rn. 22-057 ff.

1. Abschnitt: § 6 Der Eintritt in die Krisenbewältigung II

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cial manager, beschränken.581 Der Umfang der Sicherungswirkung im Einzelfall hängt daher stark von der Ermessensentscheidung des zuständigen Richters im Einzelfall ab. b) Provisional liquidation aa) Bedeutung und verfahrensrechtliche Vorgaben für die Anordnung Die Einsetzung eines Provisional liquidator zur Vermögenssicherung hat im Gesetz nur eine ausgesprochen knappe Regelung erfahren; auch in der Literatur wird dieser Komplex nur sehr kursorisch behandelt. Über die praktische Bedeutung der Provisional liquidation im allgemeinen kann angesichts fehlender Informationen insoweit nur gemutmaßt werden.582 Da jedoch, wie oben583 bereits angedeutet, die Gerichte – anders als im Verfahren der Administration – im allgemeinen zögern werden, die Winding-up order unmittelbar bei Antragstellung zu erlassen, und mithin während des Zeitraums zwischen Antragstellung und Eröffnungsbeschluß ein unmittelbares Interesse an einer wirksamen Vermögenssicherung besteht, dürfte die Provisional liquidation durchaus eine wichtige Rolle spielen. Rechtsgrundlage für die Anordnung der Provisional liquidation ist s. 135 Insolvency Act 1986 i. V. m. Insolvency Rules 1986, rules 4.25 ff. Die Anordnung findet auf Antrag statt; antragsberechtigt ist jede Person, die berechtigt wäre, einen Antrag auf Eröffnung des Winding-up zu stellen584 – und damit aufgrund des Antragsrechts nach s. 367 FSMA 2000 auch die Financial Services Authority. Für den Antrag gelten grundsätzlich die Bestimmungen der Insolvency Rules 7.3 und 7.4. Danach ist der Antrag dem zuständigen Gericht einzureichen,585 das darüber nach einer Frist von grundsätzlich 14 Tagen nach Zustellung an das Unternehmen586 in einem Hearing zu entscheiden hat.587 Es ist nach den obigen Ausführungen zur besonderen Eilbedürftigkeit für die effektive Vermögenssicherung bei Kreditinstituten in der Krise evident, daß diese verfahrensrechtlichen Vorgaben letztlich für die Anwendung in der Bankeninsolvenz kaum passen. Zu be581 Vgl. erneut Re W F Fearman Ltd. [1988] 4 BCC 141, und dazu noch sogleich sub b). 582 In den bei Fletcher im Anhang, Rn. A3-001 ff., wiedergegebenen Statistiken wird die Provisional liquidation nicht gesondert aufgeführt. 583 Oben § 5 sub C. II. 4. c). 584 Vgl. Insolvency Rule 4.25(1); zur Darlegungslast im einzelnen siehe r. 4.25(2). 585 R. 7.4(1). 586 Vgl. r. 7.4(5) i. V. m. r. 4.22(4). 587 Vgl. r. 7.4(2).

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

achten ist allerdings, daß dem Gericht in besonders gelagerten Fällen die Möglichkeit offensteht, über die Einsetzung eines Provisional liquidator entweder unmittelbar bei Antragstellung oder innerhalb einer stark verkürzten Frist zu entscheiden.588 Ein Beispiel hierfür bietet die bereits mehrfach zitierte Entscheidung Re W F Fearman Ltd.589 In dem zugrundeliegenden Fall konkurrierte ein Insolvenzantrag von Gläubigerseite mit einem Antrag des betroffenen Unternehmens selbst auf Erlaß einer Administration order. Das Gericht gab dem Antrag auf Eröffnung des Winding-up-Verfahrens unmittelbar statt, ordnete aber lediglich die Einsetzung eines Provisional liquidator an, um der Entscheidung der Gläubigerversammlung über die Bestellung des Liquidator nicht vorzugreifen. Interessanterweise ist – wie bei der Einleitung der Administration590 – auch hinsichtlich der Entscheidung über die Anordnung der Provisional liquidation dann vom Prinzip der Entscheidung nur aufgrund öffentlicher Anhörung abgewichen worden, wenn aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls eine solche nicht vertretbar erschien. So erklärte sich das Gericht im Falle Re London and Norwich Investments Ltd.591 zur Anordnung in camera bereit, nachdem der Antrag auf Eröffnung des Winding-up nicht öffentlich bekanntgemacht worden und unklar war, ob letztlich ein Eröffnungsbeschluß aufgrund des Antrags ergehen würde. Die Anordnung der Provisional liquidation erfolgte hier in einer Art „Geheimverfahren“ ausdrücklich, um eine irreparable Schädigung des Ansehens des betroffenen Unternehmens für den Fall zu vermeiden, daß die Anordnung später ohne nachfolgende Enleitung des Liquidationsverfahrens aufgehoben werden würde. bb) Aufgaben und Kompetenzen des Provisional liquidators Die Definition der Aufgaben und Kompetenzen des Provisional liquidators für den jeweiligen Einzelfall überläßt das Gesetz dem zuständigen Gericht.592 Insbesondere dann, wenn die Anordnung bereits mit dem Eröffnungsbeschluß zusammenfällt und lediglich der Zeitraum bis zur Bestellung eines Liquidator durch die Gläubigerversammlung überbrückt werden soll,593 erscheint es an sich denkbar, bereits dem vorläufigen Verwalter 588

R. 7.4(5), (6). [1988] 4 BCC 141. 590 Siehe oben § 5 sub C. III. 4. c). 591 [1988] BCLC 226. 592 Vgl. s. 135(4) Insolvency Act 1986: „The provisional liquidator shall carry out such functions as the court may confer on him.“ Siehe auch Insolvency Rule 4.25(4): „The court may on the application, if satisfied that sufficient grounds are shown for the appointment, make it on such terms as it thinks fit.“ 589

1. Abschnitt: § 6 Der Eintritt in die Krisenbewältigung II

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weitgehend die Rechtsstellung einzuräumen, die dem endgültigen Verwalter zukommt. In der Praxis dürfte es dazu indes nicht kommen. Aus dem vorläufigen Charakter der Anordnung wird gefolgert, die Funktion des Provisional liquidator sei zu beschränken auf eine reine Sicherungsfunktion; er habe keine Befugnis, das Unternehmen zu liquidieren, zu verkaufen und etwa Zahlungen an die Gläubiger zu erbringen.594 Im Falle einer Bankeninsolvenz werden die Provisional liquidators595 – als „independent persons operating under the direction of the court for a purpose that is one entirely of preservation during an interim period“596 – regelmäßig zunächst damit betraut werden, das betroffene Kreditinstitut in Besitz zu nehmen597 und damit einen weiteren Vermögensabfluß durch Handlungen der bisherigen Geschäftsführung zu verhindern. Daß ihnen darüber hinaus ungeachtet der oben erwähnten Einschränkung indes gerade in komplexen Fällen eine durchaus aktive Rolle bei der Vorbereitung des weiteren Verfahrens zukommen kann, erhellt der bereits mehrfach diskutierte Fall der Bank of Credit and Commerce International (BCCI). Nachdem der Antrag der Bank of England auf Eröffnung des Winding-up über das in England belegene Vermögen der Bank für eine Frist zurückgewiesen worden war, innerhalb derer Raum für Sanierungsverhandlungen mit den Eigentümern des Instituts, dem Herrscherhaus von Abu Dhabi, geschaffen werden sollte, waren die Provisional liquidators aktiv eingebunden sowohl in diese Verhandlungen als auch in die Abwicklung der in diesem Zusammenhang vereinbarten Entschädigungsleistungen an Einleger und Angestellte im Gegenzug für den Aufschub der Verfahrenseröffnung.598 Von Bedeutung war 593

Siehe erneut oben sub a) bei und in Fn. 580 f. Vgl. Re Dry Docks Corp. of London (1883) 39 Ch.D. 306, 309 per Kay J, 314 per Fry L.J.; Fletcher, Rn. 21-036. 595 Diese werden – anders als im Normalfall der Unternehmensinsolvenz, in deren Rahmen die Funktion des Provisional liquidator üblicherweise dem sog. Official receiver, einer Art staatlichem Insolvenzverwalter, zufällt (vgl. dazu Fletcher, Rn. 21-036, und zum Official receiver aus der deutschsprachigen Literatur etwa Schumacher, S. 7 m. w. N.) – in England regelmäßig Angehörige einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sein, vgl. etwa den Fall Re Bank of Credit and Commerce International SA (No. 2) [1992] BCLC 579 und Fletcher, a. a. O. 596 Re Bank of Credit and Commerce International SA (No. 2) [1992] BCLC 579, 582 per Browne-Wilkinson V-C. 597 Vgl. ebd.: „They [scil. the provisional liquidators] are appointed by the court to get in and to safeguard assets of BCCI. They may not take any major step without obtaining directions from the court as to the steps that are appropriate to be taken. They are not responsible for the distribution of assets. All they do is holding assets.“ (eigene Hervorhebung). 598 Siehe Re Bank of Credit and Commerce International SA [1992] BCLC 570, 574 ff.; Re Bank of Credit and Commerce International SA (No. 2) [1992] BCLC 579 ff. 594

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

die Provisional liquidation in diesem Fall im übrigen auch für den Abgleich des Verfahrensganges in England mit der weltweiten Liquidation der betroffenen Bank. Ausdrücklich würdigte es das Gericht insoweit als Vorteil, daß diese insgesamt weitgehend „aus einer Hand“, nämlich durch die lokalen Büros derselben Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erfolgte, deren Partner in England als Provisional liquidators berufen worden waren.599 c) Special management Anders als für die Provisional liquidation, sind keine Beispielsfälle für die Anordnung eines Special management nach s. 177 Insolvency Act 1986 im Falle insolventer Kreditinstitute bekannt, so daß sich die nachfolgende Darstellung auf die kargen gesetzlichen Vorgaben und die allgemeine Diskussion in der Lehrbuchliteratur stützen muß. Ausgangspunkt ist insoweit s. 177(1) Insolvency Act 1986, wonach die Ernennung eines Special managers dann stattfindet, wenn das Verfahren der Winding-up bereits eröffnet oder zumindest ein Provisional liquidator ernannt worden ist. Die Bestellung findet nur auf Antrag statt, der durch den Liquidator oder den Provisional liquidator gem. s. 177(2) Insolvency Act 1986 gestellt werden kann, „(. . .) where it appears to him that the nature of the business or property of the company, or the interests of the company’s creditors or contributories or members generally, require the appointment of another person to manage the company’s business or property.“

Nach s. 177(4) Insolvency Act 1986 können die Kompetenzen eines Special managers an die eines Provisional liquidators oder Liquidators angeglichen werden; in der Praxis wird offenbar auch die Konstellation eines mit dem Provisional liquidator identischen Special manager gewählt.600 Auch für den Special manager gilt, daß die Ausgestaltung seiner Aufgaben und Befugnisse völlig in das Ermessen des Gerichts gestellt sind.601 Damit ist fraglich, welche Funktionen ein Special manager überhaupt ausüben kann, die eine Ernennung zusätzlich zur bereits angeordneten Provisional liquidation durch eine oder mehrere sachkundigen Person(en) sinnvoll erscheinen lassen könnten. Tatsächlich dürfte die Bedeutung eines Special manager vor allem in der Assistenz der Provisional liquidator liegen. Dafür spricht auch, daß gem. Insolvency Rule 4.209 auch die Erstellung 599

Re Bank of Credit and Commerce International SA (No. 2) [1992] BCLC 579,

581. 600

Vgl. erneut Re W F Fearman Ltd. [1988] 4 BCC 141. Vgl. s. 177(3) Insolvency Act 1986: „The special manager has such powers as may be entrusted to him by the court.“ 601

1. Abschnitt: § 6 Der Eintritt in die Krisenbewältigung II

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von Bilanzen zur Vorlage an den Provisional liquidator zu den Aufgaben eines Special managers zählt. Ferner kann so erklärt werden, daß auch ein bisheriger Geschäftsleiter des betroffenen Unternehmens zum Special manager bestellt werden kann.602 Der Unterschied zum Provisional liquidator dürfte nach allem darin liegen, daß dieser vor allem die Sicherung des Schuldnervermögens zu veranlassen hat, während der Special manager, sofern dies erforderlich ist, die einzelnen Vermögensgegenstände bewirtschaftet bzw. verwaltet. Daß die Grenzen insoweit fließend sind, dürfte der bereits erwähnte Umstand belegen, daß in der Praxis beide Funktionen auch durch eine Person ausgeübt werden können.603 Wie erwähnt, sind praktische Beispiele für eine Anordnung des Special managements für insolvente Kreditinstitute nicht ersichtlich. Doch könnte sich auch für diese eine entsprechende Anordnung als sinnvoll erweisen, und zwar gerade auch die Bestellung etwa eines erwiesenermaßen integren, möglicherweise neu eingesetzten Mitglieds der Geschäftsleitung, das durch seine Kenntnis der Vorgänge innerhalb der Bank und durch die Kenntnis der Branche die Krisenbewältigung erheblich befördern kann. d) Anordnungen bezüglich schwebender Rechtsstreitigkeiten Gemäß s. 126 Insolvency Act kann „at any time after the presentation of a winding-up petition, and before a winding-up order has been made“ auf Antrag die Einstellung von Proceedings gegen das betroffene Unternehmen angeordnet werden, und zwar nach s. 126(1)(a) bei Verfahren vor dem High Court oder Court of Appeal in England, Wales oder Nordirland durch das für dieses Verfahren zuständige Gericht und nach s. 126(2)(b) bei anderen Verfahren durch das Insolvenzgericht selbst. Der Begriff der Proceedings umfaßt auch Maßnahmen der Zwangsvollstreckung.604 Ist allerdings – wie regelmäßig – ein Provisional liquidator ernannt worden, bedarf es hierfür (wie im Falle der bereits erlassenen Winding-up order) gem. s. 130(2) Insolvency Act 1986 keiner besonderen Entscheidung des Gerichts; die aufschiebende Wirkung greift automatisch gegenüber allen Verfahren ein und kann nur aufgrund gerichtlicher Entscheidung im Einzelfall aufgehoben werden.605 Stellt also, was wiederum regelmäßig der Fall sein wird, die Bank bei bereits erfolgter Anordnung der Provisional 602

Fletcher, Rn. 21-037. Siehe erneut oben bei und in Fn. 600. 604 Vgl. Re Artistic Colour Printing Co. (1880) 14 Ch.D. 502, 504 f., per Jessel M.R.; The Constellation [1966] 1 W.L.R. 272, 274 f. 605 Siehe zu Einzelheiten und möglichen Fallkonstellationen etwa Rajani, Tz. C8.2; Fletcher, Rn. 21-006, jeweils m. w. N. 603

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

liquidation die Zahlungen an ihre Gläubiger ein, so wird sie nach allem wirksam gegen einen weiteren Vermögensabfluß durch Zwangsvollstreckungen geschützt. 3. Administration a) Sog. „Statutory moratorium“ Im Verfahren der Administration griffen bislang gem. s. 10(1) Insolvency Act bereits mit Antragstellung umfassende Sicherungswirkungen ein (sog. „statutory moratorium“606), zu denen, soweit vorliegend von Interesse, insbesondere eine Sperre für die Realisierung von Sicherheiten607 sowie für sonstige Verfahren und Maßnahmen der Zwangsvollstreckung608 gehörten, soweit nicht das Gericht die Maßnahmen im Einzelfall gestattete.609 Sobald die Administration order erlassen war, galten insoweit weitgehend entsprechende Regelungen nach s. 11 Insolvency Act 1986. Die Reform der Administration durch den Enterprise Act 2002610 betrifft auch und gerade den Zugriff auf das Vermögen des insolventen Unternehmens in der Frühphase der Krise, was in erster Linie darauf zurückzuführen sein dürfte, daß – wie gesehen – der Kreis antrags- bzw. sonst zur Einleitung berechtigter Dritter nunmehr erheblich erweitert wurde und damit auch das Risiko einer späteren Korrektur der Verfahrenseinleitung gewachsen ist. Ähnlich wie bislang, ist der förmliche Antrag auf Einleitung des Verfahrens mit einem Moratorium verbunden, das allerdings nicht mehr endgültig eingreift, sondern bis zur gerichtlichen Entscheidung.611 b) Der Administrator und seine Kompetenzen Wird ein Administrator bestellt, was – wie oben612 gesehen – schon nach bisherigem Recht bereits unmittelbar nach Stellung des Eröffnungsantrags erfolgen kann und häufig aufgrund der besonderen Eilbedürftigkeit auch erfolgen wird, so richten sich dessen durchaus umfassende Kompetenzen 606

Vgl. etwa Fletcher, Rn. 16-042 ff. Siehe s. 10(1)(b) Insolvency Act 1986. 608 S. 10(1)(c) Insolvency Act 1986. 609 Vgl. zu Einzelproblemen insoweit Rajani, Tz. B4.1, sowie Fletcher, Rn. 16-046 ff. 610 Siehe dazu einführend oben § 5 sub B. I. 2. c). 611 Sch. B1, para. 44 („Interim Moratorium“) Insolvency Act 1986 i. d. F. des Enterprise Act 2002. 612 Oben § 5 sub C. III. 4. 607

1. Abschnitt: § 6 Der Eintritt in die Krisenbewältigung II

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nach s. 14 i. V. m. Sch. 1 Insolvency Act 1986. Gem. s. 14(1) umfassen die Aufgaben zunächst prinzipiell „(. . .) all such things as may be necessary for the management of the affairs, business and property of the company“. Einen umfassenden Katalog an Regelbeispielen für regelmäßig bestehende Kompetenzen benennt Schedule 1 des Insolvency Act 1986: Dazu gehören das Recht, das betroffene Unternehmen insgesamt in Besitz zu nehmen,613 umfassende Verfügungsmacht über einzelne Gegenstände oder das gesamte Unternehmensvermögen,614 Vertretungsrechte,615 das Recht, das betroffene Unternehmen weiterzuführen,616 Tochterfirmen zu gründen617 und ggf. darauf den Geschäftsbetrieb zu verlagern,618 Vergleiche mit Gläubigern einzugehen,619 sowie eine generalklauselartige Befugnis, sämtliche weitere Maßnahmen vorzunehmen620 oder Zahlungen zu leisten,621 die zur Ausführung der umfassenden Verwaltungskompetenzen erforderlich sind. Die Gesetzesreform mit dem Enterprise Act 2002 hat die außerordentlich umfassenden Kompetenzen des Administrator weitgehend unberührt gelassen.622 Entsprechend dem Charakter der Administration order als ergebnisoffenes Verfahren, in dem der schuldnerische Betrieb zunächst weiterbetrieben werden soll, rückt der Administrator mithin umfassend in die Stellung der Gesellschafter und der bisherigen Geschäftsführung ein. Anders als der Liquidator im Winding-up, ist er nicht lediglich auf die Vorbereitung der Liquidation beschränkt. Wie bei diesem allerdings hat die Übernahme der Kontrolle über das Unternehmen eine erhebliche Sicherungswirkung. Die Gesellschafter wie auch die bisherige Geschäftsleitung verlieren damit den Zugriff auf das Unternehmensvermögen.623

613

Sch. 1, Nr. 1. Sch. 1, Nr. 2. 615 Sch. 1, Nr. 9, 10, 11; zur Prozeßführungsbefugnis siehe Sch. 1, Nr. 5, 6. 616 Sch. 1, Nr. 16. 617 Sch. 1, Nr. 15. 618 Sch. 1, Nr. 16. 619 Sch. 1, Nr. 18. 620 Sch. 1, Nr. 23. 621 Sch. 1, Nr. 13. 622 Vgl. Sch. B1, paras. 59 ff. i. V. m. Sch. 1 Insolvency Act 1986 i. d. F. des Enterprise Act 2002. 623 Vgl. nunmehr Sch. B1, para. 61 Insolvency Act 1986 i. d. F. des Enterprise Act 2002, wonach der Administrator die Geschäftsführer ihrer Ämter entheben und neue Geschäftsführer bestellen kann. 614

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

4. Zwischenzusammenfassung Trotz der rechtstechnisch durchaus unterschiedlichen Gestaltung im einzelnen kann sowohl in der Frühphase eines Winding-up als auch der Administration eine durchaus umfassende Vermögenssicherung erzielt werden. Im Winding-up sind dazu besondere Anordnungen des Gerichts erforderlich; wichtigster Fall in der Praxis dürfte insoweit die Bestellung eines Provisional liquidators nach s. 135 Insolvency Act 1986 sein. Die Bestellung, die zugleich gem. s. 130(2) des Gesetzes schwebende Verfahren und Maßnahmen der Zwangsvollstreckung hemmt, kann ähnlich flexibel erfolgen wie die Anordnung der Administration; ggf. kommt es zum Verfahren in camera. Der Provisional liquidator kann für die weitere Verfahrensgestaltung von großer Bedeutung sein und – insbesondere in Verhandlungen über eine Sanierungslösung oder eine Vorabbefriedigung einzelner Gläubigergruppen, etwa der Einleger des betroffenen Kreditinstituts – eine aktive Rolle spielen, wie der Fall BCCI gezeigt hat. Dem kommt das sehr weite Ermessen bei der Ausgestaltung der Funktionen und Kompetenzen zugute, das dem zuständigen Insolvenzgericht im Gesetz eingeräumt ist. Zur Unterstützung des Provisional liquidator kommt die Bestellung eines Special manager in Betracht, wofür praktische Beispiele allerdings nicht bekannt sind. Sie könnte nicht zuletzt sinnvoll erscheinen, um zu gewährleisten, daß ein bisheriger, erwiesenermaßen integrer Mitarbeiter des betroffenen Kreditinstituts durch seine Fachkenntnis es dem Provisional liquidator erleichtert, sich in das Unternehmen einzuarbeiten. Bei der Administration, die, wie oben gesehen, ggf. unmittelbar nach Antragstellung angeordnet werden kann, ergeben sich die Rechtsfolgen – das sog. Statutory moratorium nach s. 10(1) für die Zeit zwischen Antragstellung und Eröffnungsbeschluß und s. 11 Insolvency Act 1986 für die Zeit danach sowie die umfassende Übernahme der Kontrolle und Verwaltung des betroffenen Unternehmens – bereits aus dem Gesetz selbst, ohne daß es hierzu einer besonderen Anordnung des Gerichts bedürfte. Die Insolvenzrechtsreform mit dem Enterprise Act 2002 hat die Flexibilität insbesondere der Administration insoweit gesteigert, als die betroffene Bank nunmehr selbst unter bestimmten Voraussetzungen durch Ernennung eines Administrators die Vermögenssicherung zur Ermöglichung eines Sanierungserfolgs betreiben kann.

1. Abschnitt: § 7 Rechtsvergleich und Bewertung

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§ 7 Rechtsvergleich und Bewertung A. Überblick Nachdem in den vorstehenden Unterabschnitten versucht worden ist, das jeweils geltende Recht in seinen Grundkonzeptionen zu ermitteln und die wesentlichen Anwendungsprobleme darzustellen, sind nunmehr die jeweils gefundenen Ergebnisse zu vergleichen und an den zuvor624 abstrakt formulierten Zielvorgaben zu messen. Ausgangspunkt ist dabei zunächst eine Feststellung der konzeptionellen und regelungstechnischen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den in beiden Rechtsordnungen gewählten Lösungen (unten sub B.). Eine Bewertung folgt (sub C.). B. Rechtsvergleich I. Eingriffstatbestände

1. Aufsichtsrechtliche „Vorfeldtatbestände“ In beiden Rechtsordnungen sind der jeweiligen Aufsichtsbehörde zunächst Eingriffskompetenzen für Fälle eingeräumt, die tatbestandlich den Voraussetzungen des allgemeinen Insolvenzrechts vorgelagert sind, also idealiter gewissermaßen die Funktion eines „Grundtatbestands“ für den Einstieg in die Krisenbewältigung bilden: Es bestätigt sich das bereits oben § 3 sub D. festgestellte Konzept einer Kombination aus „präventiven“ und „protektiven“ Eingriffsinstrumenten. Im folgenden soll hinsichtlich der Kompetenzen für die Frühphase von „Vorfeldkompetenzen“ gesprochen werden. In Deutschland finden sich die aufsichtsrechtlichen Vorfeldkompetenzen in erster Linie geregelt in § 45 KWG. Wie gesehen, herrscht in der Literatur zwar die Auffassung vor, auch die Vorschrift des § 46 KWG sei zumindest teilweise als „Vorfeldkompetenz“ in dem Sinne einzuordnen, daß sie ein frühzeitiges Einschreiten der Aufsicht gestattete, noch bevor ein Insolvenzgrund gegeben wäre. Es ist jedoch im einzelnen dargelegt worden, daß diese Lesart trotz des ausgesprochen unklaren Wortlauts der Bestimmung, die sich auf den im Gesetz nicht näher konkretisierten Begriff der „Gefahr für die Erfüllung der Verbindlichkeiten“ stützt, systematisch nicht zu überzeugen vermag.625 Eine Analyse der relevanten Fallgruppen hat gezeigt, daß die Bestimmung vielmehr tatbestandlich identisch ist mit den Insol624 625

Oben § 4 sub B. II. 3. Siehe oben § 5 sub B. II. 2. a).

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

venzgründen der Überschuldung sowie der drohenden und der bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit (§§ 17–19 InsO). Eine erweiternde Auslegung unter Einbeziehung abstrakter Gefährdungslagen durch lediglich inkorrekte Geschäftspraktiken ist abzulehnen. In England sind maßgeblich in erster Linie die Kompetenzen nach s. 45 FSMA 2000, die ebenfalls zu Eingriffen unterhalb der Schwelle einer konkreten Gläubigergefährdung durch Eintritt der Insolvenz berechtigen. Anders als § 45 KWG indes, ist der Tatbestand der Bestimmung durchaus weit gefaßt. Während die deutsche Vorschrift ausschließlich auf die Verfehlung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben für Eigenmittel und Liquidität abstellt, ist Voraussetzung für ein Einschreiten der FSA nach s. 45 FSMA 2000 (soweit vorliegend von Interesse), daß die sog. Threshold conditions, die Bedingungen für die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb, nicht erreicht werden oder nicht erreicht zu werden drohen (s. 45(1)(a) FSMA 2000), oder daß aus anderen Gründen ein Einschreiten im Interesse der vorhanden oder möglicher zukünftiger Kunden des betreffenden Instituts wünschenswert erscheint.626 Das Weisungsrecht nach dieser Bestimmung hat mithin gegenüber den Vorfeldkompetenzen nach § 45 KWG einen weiter gesteckten Anwendungsbereich; s. 45 FSMA 2000 gewährt nicht nur Befugnisse für die Frühphase einer finanziellen Störung, sondern zugleich eine aufsichtsrechtliche Sanktion für allgemeine Verfehlungen der beaufsichtigten Institute. Systematisch unabhängig von den Kompetenzen nach s. 45 FSMA 2000 bestehen Eingriffstatbestände für Maßnahmen gegenüber den Geschäftsleitern und sonstigen Personen nach ss. 56 und 63 FSMA 2000, die jeweils an konkrete Fälle persönlicher Rechtsverstöße anknüpfen und kumulativ oder alternativ zu Maßnahmen nach s. 45 angeordnet werden können.627 2. Qualifizierte Eingriffstatbestände In Deutschland eröffnen §§ 46, 46a KWG Eingriffsmöglichkeiten für den Fall einer „Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen eines Instituts gegenüber seinen Gläubigern“. Unklar ist sowohl das tatbestandliche Verhältnis der Bestimmungen untereinander als auch die Abgrenzung zur eigentlichen „Vorfeldkompetenz“ nach § 45 KWG. Das von der herrschenden Meinung vertretene Bild eines „Stufenverhältnisses“ zwischen den Tatbeständen der §§ 46, 46a KWG ist, wie gezeigt, nicht überzeugend.628 Vorzugswürdig ist sowohl nach dem Wortlaut als auch der Regelungsgeschichte die Auslegung als einheitlicher Tatbestand, wobei der Handlungs626 627 628

Siehe im einzelnen oben § 5 sub C. II. 1. a). Siehe oben § 5 sub C. II. 3. Siehe oben § 5 sub B. II. 3. a), c).

1. Abschnitt: § 7 Rechtsvergleich und Bewertung

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spielraum der Aufsicht durch § 46a erweitert und auf einen bestimmten Zweck – die (freilich zumeist unrealistische) Vermeidung der „offenen“ Insolvenz – festgelegt wird. Eine „Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen“ besteht dann, wenn bereits einer der Insolvenzgründe nach §§ 17–19 InsO vorliegt, also im Zeitpunkt der bereits eingetretenen oder drohenden Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung.629 Nach der gesetzlichen Konzeption, die insbesondere in der Monopolisierung des Insolvenzantragsrechts in § 46b KWG ihren Niederschlag gefunden hat, tritt die Bedeutung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinter die aufsichtsrechtlichen Handlungsmöglichkeiten zurück; das förmliche Insolvenzverfahren ist nach diesem Konzept auf die Funktion einer ultima ratio für den Fall reduziert, daß nicht zuvor eine Sanierung oder eine anderweitige „stille“ Lösung für die Krise ermöglicht werden konnte.630 Bereits tatbestandlich stellen die Befugnisse für ein Einschreiten „in besonderen Fällen“ nach §§ 45 ff. KWG eine Spezialregelung gegenüber der allgemeinen Befugnis zur Aufhebung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb nach § 35 KWG sowie zur Abberufung von Geschäftsleitern nach § 36 KWG dar.631 In England kann sich die Aufsicht auch im Krisenfall in erster Linie auf den allgemeinen Eingriffstatbestand der s. 45 FSMA 2000 stützen. Allerdings gelten für aufsichtsrechtliche Maßnahmen in Krisenfällen erleichterte verfahrensrechtliche Bedingungen; insbesondere kann in Fällen besonderer Dringlichkeit auf die sonst vorgeschriebene vorherige Androhung der Maßnahmen verzichtet werden. Dies hat die FSA dazu bewogen, im Rahmen ihrer Befugnis zur Tatbestandskonkretisierung Regelbeispiele für derartige besondere Gefahrensituationen zu formulieren, die im Grundsatz die Annahme eines eigenen Tatbestands nahelegen.632 Anders als im deutschen Recht, wird die Anordnung von Maßnahmen unter diesen besonderen Bedingungen jedoch lediglich als Alternative und nicht als vorrangig gegenüber der umgehenden Einleitung eines Insolvenzverfahrens verstanden, das immer dann vorrangig herbeizuführen ist, wenn eine wirksame Sicherung nur mehr durch die Sicherungswirkungen des allgemeinen Insolvenzrechts möglich erscheint.633 Die konzeptionellen Schwerpunkte weichen damit vom deutschen Recht in zweierlei Hinsicht ab: Zum einen sind die aufsichtsrechtlichen Befugnisse für den Krisenfall im englischen Recht systematisch zwischen den Tatbeständen des § 45 einerseits und andererseits den §§ 46, 46a des deutschen KWG angesiedelt. Zum anderen ergibt sich 629 630 631 632 633

Oben § 5 sub B. II. 2. Siehe oben § 5 sub B. Oben § 5 sub B. II. 2. Siehe oben § 5 sub C. Siehe oben § 5 sub C.

a). III. bb) (b) (für § 35 KWG). II. 1. b). III. 1.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

aus dieser Konzeption schon tatbestandlich eine größere Bedeutung des allgemeinen Insolvenzrechts für die Frühphase der Krisenentwicklung, das weniger als ultima ratio, sondern stärker als ergebnisoffene, nicht lediglich auf die Liquidation reduzierte Handlungsalternative begriffen wird. Eine eigenständige tatbestandliche Regelung des Rechts zur Aufhebung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb besteht demgegenüber im englischen Recht nicht. Wie bereits im Rahmen des „Grundtatbestands“ der s. 45 FSMA 2000 folgen Maßnahmen gegenüber Geschäftsleitern und sonstigen Personen nach ss. 56, 63 und 66 FSMA 2000 eigenständigen, nicht speziell auf Insolvenzsituationen zugeschnittenen tatbestandlichen Voraussetzungen. II. Handlungsmöglichkeiten innerhalb der einzelnen Tatbestände

1. Einführung Ungeachtet der unterschiedlichen Regelungstechnik lassen sich im Grundsatz durchaus Parallelen zwischen den im Einzelfall eröffneten Handlungsmöglichkeiten für die Krisenbewältigung bei finanziellen Störungen und der Insolvenz feststellen, die nachfolgend nach Fallgruppen abgehandelt werden sollen. Diese Übereinstimmungen sind kaum zufällig; entsprechende Befugnisse finden sich vielmehr in zahlreichen Rechtsordnungen, so daß nahezu von einem mehr oder weniger festen, lediglich in Detailfragen und in der Gewichtung der einzelnen Handlungsmöglichkeiten variierenden internationalen Kanon gesprochen werden kann.634 Konzeptionell weichen beide Rechtsordnungen freilich insofern stark voneinander ab, als das deutsche Recht diese Handlungsalternativen teils abschließend (im Falle des § 45 KWG), teils in Gestalt von Regelbeispielen (§§ 46, 46a KWG) selbst vorgibt und auch deren Zuordnung zu den einzelnen Tatbeständen selbst regelt, während das englische Recht nur sehr allgemeine Weisungsbefugnisse eröffnet und deren Konkretisierung im Einzelfall der Aufsicht überläßt. Demgegenüber geht das deutsche Recht weiter hinsichtlich des Umfangs und der zivilrechtlichen Wirkung der einzelnen Anordnungen. Damit ist die englische Aufsicht hinsichtlich der Handlungsmöglichkeiten in der bereits eingetretenen Insolvenz im Vergleich mit den deutschen Eingriffsbefugnissen stärker beschränkt. Gemeinsam ist beiden Rechtsordnungen bei alledem, daß die Ausübung der einzelnen Kompetenzen – innerhalb der gesetzlichen Zuordnung zu bestimmten aufsichtsrechtlichen Tatbeständen – weitgehend ins Ermessen der 634 Insoweit anschaulich die rechtsvergleichenden Abhandlungen bei Asser, Kap. I-XIII; Hüpkes, Legal Aspects, Kap. II–IV, die jeweils verschiedene Kompetenztypen in mehreren Rechtsordnungen untersuchen.

1. Abschnitt: § 7 Rechtsvergleich und Bewertung

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Aufsicht gestellt ist; zwingende Pflichten zum Einschreiten in bestimmter Weise finden sich weder im deutschen noch im englischen Recht. 2. Typen möglicher Anordnungen a) Verbot oder Beschränkung von Gewinnentnahmen bzw. -ausschüttungen Das Verbot oder die Beschränkung von Gewinnentnahmen oder -ausschüttungen ist ausdrücklich nur im deutschen Recht geregelt, und zwar sowohl für „Vorfeldmaßnahmen“ nach § 45 KWG635 als auch – mit identischen Rechtsfolgen – für die Kompetenzen bei Vorliegen eines Insolvenzgrunds in § 46 KWG.636 Gesetzliche Folge eines Verbots ist die zivilrechtliche Unwirksamkeit für anordnungswidrig gefaßte Gewinnausschüttungsbeschlüsse; unklar sind die Auswirkungen für anordnungswidrige Gewinnentnahmen. Im englischen Recht haben entsprechende Anordnungen demgegenüber weder im Gesetz noch im Handbook Erwähnung gefunden. Sie dürften freilich unproblematisch unter die Befugnis zu subsumieren sein, dem betreffenden Kreditinstitut nach s. 43(1)(b) i. V. m. s. 45 FSMA 2000 bestimmte Handlungen zu verbieten.637 Nachdem Anordnungen dieser Art ein international durchaus gängiges Mittel darstellen, die Kapitalausstattung von Kreditinstituten zu stärken,638 dürften sie auch in der englischen Aufsichtspraxis im Prinzip durchaus in Betracht kommen. Eine zivilrechtliche Wirkung der Anordnung scheidet insoweit freilich, wie gesehen,639 aus, was sich sowohl aus dem Fehlen einer entsprechenden ausdrücklichen Anordnung im Gesetz als auch aus den Vorläuferbestimmungen der ss. 12(7), 19(7) Banking Act 1987 ergibt. Beispiele für derartige Anordnungen finden sich in den veröffentlichten Fällen zur Praxis unter dem Banking Act 1987 freilich nicht. b) Beschränkungen des Kreditgeschäfts Die Einwirkung der Aufsicht auf die Ausgestaltung des Kreditgeschäfts kann verschiedene Formen annehmen. Denkbar sind zum einen quantitative 635

Siehe oben § 5 sub B. II. 1. a), b). Siehe oben § 5 sub B. II. 2. a) bb) (b), (c). 637 M. Blair, in: ders. (Hrsg.), Blackstone’s Guide, S. 82, 86, benennt immerhin Vorgaben, die Kapitalbasis zu verstärken, als Anwendungsbeispiele für Anordnungen nach s. 43 FSMA 2000. 638 Vgl. etwa Asser, S. 82 m. w. N. 639 Oben § 6 sub C. II. 1. b) cc). 636

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

oder qualitative Beschränkungen bis hin zum vollständigen Verbot der Eingehung neuer Kreditverpflichtungen, zum anderen auch Vorgaben für konkrete Kreditgeschäfte, wie Verpflichtungen, bestimmte Geschäfte zurückzuführen oder die Sicherheiten hierfür zu verstärken. Nach deutschem Recht sind Vorgaben der erstgenannten Art sowohl nach § 45 als auch nach den § 46 KWG möglich.640 Die – weitergehenden – Anordnungen der zweiten Gruppe können ausschließlich auf die Generalklausel des § 46 I 1 KWG gestützt werden und sind mithin erst dann zulässig, wenn bereits die drohende Zahlungsunfähigkeit des Instituts eingetreten ist. Umstritten ist für beide die Frage der zivilrechtlichen Wirksamkeit anordnungswidriger Auszahlungen; wie gesehen, bleibt diese nach richtiger Auslegung jedoch letztlich unberührt. Anders als im deutschen Recht, können beide Arten von Anweisungen im englischen Recht auch bereits unter dem „Grundtatbestand“ des s. 45 FSMA 2000 erteilt werden. Denkbar ist zunächst eine Ausgestaltung als Limitation nach s. 42(7) i. V. m. s. 45 FSMA 2000, und zwar dergestalt, daß eine Beschränkung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb mit einer Beschränkung für bestimmte Geschäftsbereiche versehen wird. Alternativ möglich sind entsprechende Requirements nach s. 43 i. V. m. s. 45 FSMA 2000.641 In Art und Umfang dürften die Anordnungen ähnlich wie nach deutschem Recht ausgestaltet werden können. Wiederum scheidet insoweit zivilrechtliche Unwirksamkeit aus. c) Beschränkung des Einlagengeschäfts Anders als die Einflußnahme auf das Kreditportfolio dienen aufsichtsrechtliche Vorgaben für das Einlagengeschäft zunächst dem Schutz bereits vorhandener oder auch potentieller neuer Einleger; es soll damit verhindert werden, daß das betreffende Institut bei bereits eingetretener finanzieller Störung Verbindlichkeiten eingeht, deren Bedienung bereits zum Zeitpunkt der Eingehung gefährdet erscheint. Es ist daher durchaus nachvollziehbar, daß nach deutschem Recht Beschränkungen des Einlagengeschäfts oder das Verbot der Annahme neuer Einlagen lediglich im Rahmen des § 46 KWG und damit bei bereits drohender Zahlungsunfähigkeit i. S. d. § 18 InsO zulässig sind;642 hinzu tritt das umfassende Verbot der Entgegennahme von Zahlungen nach § 46a I 1 Nr. 3 KWG.643 Als problematisch haben sich 640 Vgl. oben § 6 sub B. II. 1. c) zu § 45 I 1, 2. Alt. KWG, § 6 sub B. II. 2. c) zu § 46 I 2 Nr. 2, 2. Alt. KWG. 641 Siehe oben § 6 sub C. II. 1. b) bb). 642 Siehe oben § 6 sub B. II. 2. d). 643 Dazu oben § 6 sub B. II. 3. c).

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insoweit wiederum die in der Literatur vertretenen Versuche erwiesen, zum Schutz der Kunden eine zivilrechtliche Unwirksamkeit der Zahlungen an das Kreditinstitut zu begründen. Daß ähnliche Anordnungen auch nach englischem Recht (wiederum auf der Grundlage der ss. 45, 42(7), 43 FSMA 2000) getroffen werden können, erweisen sowohl die dahingehenden Ausführungen des Handbook als auch die Vorgängervorschriften der ss. 12(4), 19(2) Banking Act 1987, in denen eine entsprechende Kompetenz der Aufsicht ausdrücklich enthalten war.644 Eine Beschränkung auf Fälle besonderer Eilbedürftigkeit ist jedoch nicht vorgesehen. Zivilrechtliche Folgen haben die Anordnungen nicht. d) Sonstige allgemeine Anordnungen Neben den diskutierten Fallgruppen stehen der Aufsicht in beiden Rechtsordnungen darüber hinaus generalklauselartige Weisungsrechte zur Verfügung, mit deren Hilfe im jeweiligen Einzelfall auf die Geschäftsleitung eingewirkt werden kann. Im deutschen Recht besteht eine solche Befugnis allerdings erst nach § 46 I 1 KWG und nicht bereits für Fälle bloßer Abweichungen von aufsichtsrechtlichen Eigenmittel- und Liquiditätsstandards nach § 45 KWG, während im englischen Recht die Kompetenzen nach s. 45 FSMA 2000 keiner derartigen Beschränkung unterliegen. e) Umfassende Sicherung und Kontrolle über das Vermögen der Bank Ein wichtiges Instrument, um den Einfluß der Aufsicht auf die Krisenbewältigung sicherzustellen, ist im deutschen Recht bereits die Möglichkeit der Bestellung einer Aufsichtsperson nach § 46 I 2 Nr. 4 KWG. Bereits damit sind weitreichende Kontrollmöglichkeiten und – mittelbar – auch eine gewisse faktische Sicherungswirkung verbunden.645 Eine umfassende, rechtlich auch gegen Dritte wirksame Vermögenssicherung ist freilich erst aufgrund der Befugnisse nach § 46a KWG möglich. Das nach § 46a I 1 Nr. 1 KWG zulässige Veräußerungs- und Zahlungsverbot bewirkt gem. § 46a I 5 KWG zugleich ein Vollstreckungsverbot und ist damit insgesamt im Grundsatz den Sicherungswirkungen im Insolvenzeröffnungsverfahren nachgebildet. Entsprechend nimmt die herrschende Meinung – freilich nicht ganz unproblematisch – die zivilrechtliche relative Unwirksamkeit anordnungswidriger Verfügungen an.646 Lediglich faktische Wirkung und unterstützende Funktion hat demgegenüber die Anordnung der Schalterschließung nach 644 645 646

Siehe im einzelnen oben § 6 sub C. II. 1. b) bb). Siehe im einzelnen oben § 6 sub B. II. 2. f). Siehe oben § 6 sub B. II. 3. a) bb).

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§ 46a I 1 Nr. 2 KWG.647 Die Maßnahmen sind zu sehen im Zusammenhang mit der Möglichkeit der Abberufung von Geschäftsleitern und deren Ersetzung durch Dritte auf Antrag der Aufsicht nach §§ 46 I 2, II; 46a II-VI KWG (bzw. die Beschränkung der Befugnisse auf der Basis dieser Vorschriften).648 Insgesamt werden so wichtige Sicherungswirkungen gerichtlicher Verfügungsverbote im Insolvenzeröffnungsverfahren durch das Aufsichtsrecht gleichsam nachgebildet. Die Einsetzung neuer geschäftsführungsberechtigter Personen aufgrund der §§ 46, 46a KWG bleibt jedoch qualitativ hinter den Möglichkeiten der vorläufigen Insolvenzverwaltung649 zurück. Gleichwohl kann die Aufsicht durch Anordnung eines sog. „Moratoriums“ nach § 46a KWG den Geschäftsbetrieb des betreffenden Kreditinstituts bereits umfassend stillegen. Da die Aufsicht erst nach Ablauf aufsichtsrechtlicher Anordnungen nach §§ 46, 46a KWG den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt und das Recht zur Antragstellung gem. § 46b KWG allein in ihren Händen liegt, liegt der Schwerpunkt der Frühphase der Krisenbewältigung auf den aufsichtsrechtlichen Anordnungen; die im nachfolgenden Insolvenzeröffnungsverfahren nach den §§ 21 ff. InsO angeordneten Sicherungsmaßnahmen setzen diese lediglich fort. Das englische Recht kennt in deutlichem Gegensatz zur Rechtslage in Deutschland keine umfassenden Kontroll- und Sicherungsrechte der Finanzaufsicht. Zwar bestehen aufgrund der Bestimmung der s. 45 FSMA 2000 durchaus umfassende Weisungsrechte, die – auch im Zusammenhang mit der Möglichkeit einer schrittweisen Einschränkung der Teilerlaubnisse zum Geschäftsbetrieb – selbst auf die schrittweise „stille“ Liquidation des betreffenden Instituts gerichtet werden können,650 doch fehlt die im deutschen Aufsichtsrecht eröffnete Möglichkeit effektiver Vermögenssicherung schon wegen der lediglich öffentlich-rechtlichen Wirkung aufsichtsrechtlicher Anordnungen, aber auch wegen der fehlenden Möglichkeit einer effektiven Fremdkontrolle: Das englische Recht kennt kein der deutschen Aufsichtsperson ähnliches Institut, und Maßnahmen gegenüber der Geschäftsleitung oder sonstigen Angestellten nach ss. 56, 63 FSMA 2000 beschränken lediglich deren Handlungsmöglichkeiten, ohne aber bei völligem Verlust der Handlungsmacht einen Ersatz der betreffenden Person zu ermöglichen. Eine effektive Vermögenssicherung kann die Aufsicht daher nur durch Einleitung eines Insolvenzverfahrens herbeiführen. Nimmt sie ihr Antragsrecht aus s. 369 (Administration) oder s. 367 (Winding-up) FSMA 2000 wahr, kommen im Fall des Winding-up vor allem die Anordnung einer Provisional 647 648 649 650

Siehe oben § 6 sub B. II. 3. b). Siehe oben § 6 sub B. II. 3. c). Dazu oben § 6 sub B. III. 3. Siehe oben § 6 sub C. II. 1. b) bb).

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liquidation gem. s. 135 und des Special management nach s. 177 Insolvency Act 1986 in Betracht, während bei der Administration bislang bereits ab Antragstellung ein sog. Statutory moratorium nach s. 10(1) Insolvency Act 1986 eingriff.651 Anders als im deutschen Recht, spielt damit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mithin schon in der Frühphase der Krisenbewältigung eine entscheidende Rolle und ist echte Handlungsalternative für die Aufsicht eher denn lediglich ultima ratio.652 Insbesondere die Administration kann gem. s. 8(1)(a) Insolvency Act 1986 schon bei bloß drohender Insolvenz angeordnet werden,653 doch auch der für das Winding-up maßgebliche Eröffnungstatbestand der ss. 122, 123 Insolvency Act 1986 ist hinreichend flexibel gefaßt654 und wird so einer frühzeitigen Verfahrenseröffnung nicht im Weg stehen. f) Entziehung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb In beiden Rechtsordnungen ist die Entziehung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb gegenüber den oben sub a)–e) dargestellten Eingriffsmöglichkeiten für den Einstieg in die Krisenbewältigung faktisch bedeutungslos. In Deutschland folgt dies bereits aus der eigenständigen Regelung in § 35 KWG, der gegenüber die §§ 45 ff. KWG als Spezialregelungen vorrangig zur Anwendung kommen, in England ergibt sich dies insbesondere aus der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung der entsprechenden Befugnis nach s. 45 FSMA 2000.655 In beiden Rechtsordnungen markiert die Entziehung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb damit den Abschluß der Bemühungen um die Krisenbewältigung; eine Sicherungsfunktion erfüllt sie dagegen ebensowenig wie eine Abwicklungsfunktion.656

651 Hierzu und zu den Rechtsänderungen durch den Enterprise Act 2002 oben § 6 sub C. III. 3. 652 Was die Aufsicht selbst im Handbook erkennen läßt, siehe erneut Handbook, Chapter 3, S. 3.5.13(5) und im einzelnen oben § 5 sub C. II. 1. b), III. 1; § 6 sub C. III. 4. 653 Siehe im einzelnen oben § 5 sub C. III. 3. 654 Oben § 5 sub C. III. 2. a). 655 Siehe oben § 5 sub C. II. 2. 656 Eine entsprechende Sichtweise liegt auch der EG-Bankeninsolvenzrichtlinie zugrunde; vgl. die 19. Begründungserwägung („Der Widerruf der Bankzulassung ist eine der notwendigen Folgen der Liquidierung eines Kreditinstituts.“) und zur Richtlinie im einzelnen unten § 16 sub C.

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C. Bewertung I. Grundkonzeption der Eingriffsbefugnisse und weiterer Untersuchungsbedarf

In beiden Rechtsordnungen – wenn auch bei unterschiedlicher Abgrenzung und systematischer Verortung im einzelnen – ist eine Trennung von eher punktuellen Eingriffskompetenzen für den Fall einer bloßen finanziellen „Störung“ einerseits und umfassenden Sicherungsmöglichkeiten für den bereits eingetretenen Krisenfall andererseits feststellbar. 1. Die Rolle der Aufsicht in der Frühphase Mit den punktuellen Einwirkungen in der Frühphase übernimmt die Aufsicht im Grunde eine Funktion, die normalerweise idealtypisch den Kontrollgremien eines Unternehmens zukommt: Sie identifiziert Schwachstellen und Gefahrensituationen schon im Frühstadium und veranlaßt deren Beseitigung. Ausgangspunkt des Eingriffs in diesen Fällen ist die bloße Warnung – in Deutschland in Gestalt der Fristsetzung nach § 45 II 1 KWG, in England durch die Notice nach s. 53 FSMA 2000, durch welche die Aufsicht ihre Absicht bekanntgibt, auf eine bestimmte Weise auf einen beobachteten Mißstand zu reagieren, wenn die Geschäftsleitung ihm nicht zuvor abhilft. In beiden Systemen ist die Entscheidung über die Art der zu treffenden Maßnahmen damit – im Ansatz nicht anders als bei einer Nichtbank – zunächst rein dem Verantwortungsbereich des betroffenen Kreditinstituts zugewiesen. Erst wenn dieses nicht oder nach Einschätzung der Aufsicht nicht hinreichend reagiert hat, darf die Aufsichtsbehörde selbst konkrete Maßnahmen vorschreiben. Diese „Vorfeldkompetenz“ ist letztlich logische Konsequenz des Konzepts einer Staatsaufsicht über das Kreditwesen allgemein: Wenn der Staat gewissermaßen als zusätzlicher „Wächter“ neben die disziplinierenden Marktkräfte, aber eben auch neben die unternehmensinternen Kontrollinstanzen und -mechanismen tritt, die zur frühzeitigen Reaktion auf Marktentwicklungen und Mißstände im Unternehmen berufen sind,657 wenn sich die staatlichen Behörden zu diesem Zweck typisierter Sicherheitsstan657 Nach wie vor anschaulich zum Verhältnis zwischen Unternehmensleitung und Staatsaufsicht ist die (aus staatsrechtlicher Sicht entwickelte) Interpretation E. Steins, der als Aufgabe der Staatsaufsicht den „Schutz des öffentlichen Interesses am Unternehmen“ formuliert; letztlich habe die Wirtschaftsaufsicht „darüber zu wachen, daß der Unternehmensleiter die Schranken beachtet, die ihm andere öffentliche Interessen ziehen.“ (E. Stein, S. 55 ff., 79). Der Gesichtspunkt der Einwirkung des Staates auf die normalerweise berufenen Entscheidungsträger, aber auch jener der Entscheidung an ihrer Stelle treten in diesem Ansatz klar zutage.

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dards etwa in Gestalt detaillierter Vorgaben für die Eigenmittelausstattung und die Liquidität der Kreditinstitute bedienen, dann ist demgemäß die Zulassung korrigierender Eingriffe gegenüber der Unternehmensleitung zur Wiederherstellung dieser Standards und der Beseitigung entsprechender Mißstände im Einzelfall systematisch nur folgerichtig. Die Legitimation der oben sub B. II. 2. a)–d) diskutierten Handlungsmöglichkeiten folgt mithin aus der Begründung für eine Staatsaufsicht über das Kreditwesen selbst – es handelt sich, in den Worten Möschels,658 um die Funktion der Aufsicht als „Technik der Normgewährleistung“. Eingriffe dieser Art sind systematisch eine zusätzliche Komponente gegenüber den normalen betriebswirtschaftlichen Abläufen und dem dafür geltenden wirtschaftsrechtlichen Regelungsrahmen. Dies zeigt sich gerade auch in dem Umstand, daß der Auslösetatbestand für diese Maßnahmen in beiden hier untersuchten Rechtsordnungen autonom im Aufsichtsrecht verankert ist – angeknüpft wird in Deutschland an die Vorgaben für Eigenmittel und Liquidität nach §§ 10, 11 KWG und die konkretisierenden „Grundsätze“ der Aufsichtsbehörde, in England an die Nichterreichung der sog. Threshold conditions, was zwar weiter geht, aber am bankspezifischen Charakter der Auslösetatbestände nichts ändert. Dem allgemeinen Insolvenzrecht sind die darauf gestützten Eingriffe insoweit vorgelagert und den Sicherungsmaßnahmen des Insolvenzrechts gegenüber ein aliud. Es handelt sich, kurz gefaßt, um die Durchsetzung der aufsichtsrechtlichen Sicherungsstandards und damit um Präventivmaßnahmen. In den weiteren Ausführungen wird daher nicht mehr zu untersuchen sein, ob es dieser Maßnahmen tatsächlich bedarf; es geht vielmehr ausschließlich um deren Ausgestaltung. 2. Kompetenzen bei fortgeschrittener Krise Mit der oben sub B. II. 2. e) diskutierten Fallgruppe umfassender Sicherungsmaßnahmen verhält es sich anders. Derartige Anordnungen dienen nicht lediglich der Wiederherstellung aufsichtsrechtlicher Sicherheitsstandards, sondern in erster Linie der Sicherung des status quo im Zeitpunkt der Anordnung. Damit659 wird die Sphäre betreten, in welcher bei einem Nichtbankbetrieb eine wirksame Krisenbewältigung nur mehr unter Rückgriff auf das kollektive Verfahren und seine Sicherungswirkung möglich ist. Es handelt sich um den Bereich, in dem die unternehmensinterne Reaktion 658

Wirtschaftsrecht, S. 235. Anders als bei der Entziehung der aufsichtsrechtlichen Genehmigung, die lediglich die letzte Stufe der aufsichtsrechtlichen Präventivmaßnahmen darstellt und der in einem nicht regulierten Unternehmen die Erkenntnis der Unternehmensleitung entspricht, eine Geschäftstätigkeit sei unrentabel, damit für die Zukunft des Unternehmens auf lange Sicht gefährlich und mithin einzustellen. 659

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nicht mehr ausreicht, um die Lage zu stabilisieren, sondern in dem es einer förmlichen Auseinandersetzung mit der Gesamtheit der Gläubiger bedarf. Soweit der Aufsicht die Möglichkeit eingeräumt wird, diese Sicherungswirkungen nicht lediglich durch Zuflucht zum gerichtlich geleiteten Insolvenzverfahren, sondern selbst durch hoheitliche Anordnung im einzelnen herbeizuführen, ist sie funktional nicht mehr bloße Ergänzung der Entscheidungsorgane des betroffenen Unternehmens mit entsprechenden Befugnissen, sondern übernimmt die normalerweise dem Insolvenzgericht zukommenden Funktionen und wirkt so – systematisch singulär – von außen auf das Unternehmen und seine Rechtsbeziehungen zu Dritten ein.660 Ob diese Sicherung im Interesse einer nachmaligen Wiederherstellung finanzieller Stabilität, also zur Sanierung des betroffenen Kreditinstituts, oder zur Vorbereitung der Liquidation erfolgt, ist zunächst unerheblich. Die diesen Kompetenzen zugrundeliegende Motivation ist damit unabhängig von aufsichtsrechtlichen Parametern. In die Entscheidung über die Auslösung derartiger Eingriffe werden die bankspezifischen Sicherheitsstandards des Aufsichtsrechts zwar einfließen, doch ist maßgeblich letztlich eine Analyse der finanziellen Gesamtsituation – nicht anders als im allgemeinen Insolvenzrecht. Spezielle bankaufsichtsrechtliche Sicherungsmaßnahmen sind daher kein aliud zum allgemeinen Insolvenzrecht, sondern vielmehr genuin insolvenzrechtliche Materie, die lediglich eine Sonderregelung erfahren hat. Im deutschen Recht knüpfen die aufsichtsrechtlichen Sicherungskompetenzen, wie gesehen, nicht an einen Tatbestand an, der sich nur unter Rück660 Daß die damit begründete „Doppelfunktion“ dem Wesen der Staatsaufsicht jedenfalls grundsätzlich nicht zwingend immanent, ihm vielmehr an sich eher fremd ist, demonstriert ein vergleichender Blick auf die verschiedenen Formen hoheitlicher Wirtschaftsaufsicht in Deutschland insgesamt: Neben der Bankaufsicht sind zu nennen etwa die Bergaufsicht, Apothekenaufsicht, Gewerbeaufsicht, Energie- und Telekommunikationsaufsicht, Versicherungsaufsicht (vgl. beispielsweise die Darstellung bei Mösbauer, §§ 4, 9, 11, 13 f. sowie den historischen Abriß bei E. Stein, S. 20 ff.). Die Entwicklung der einzelnen Regelungsbereiche mag den Unternehmer auch allgemein vom ursprünglich „unabhängigen Subjekt des zivilen Wirtschaftsrechts“ zum „integrierten Teil eines gesamtwirtschaftlichen Ganzen“ (Mösbauer, S. 592 f.) hat werden lassen und die ursprünglichen Grenzen der „bloß sehenden“ Staatsaufsicht (Mösbauer, S. 598) weit in ein komplexes Steuerungssystem (vgl. im Überblick die nach wie vor im wesentlichen aktuelle Darstellung der Eingriffsbefugnisse bei E. Stein, S. 195 ff.) ausgedehnt haben, doch besteht die Möglichkeit einer aufsichtsseitigen Zwangsverwaltung mit Wirkung gegen Dritte über eine bloße „Einwirkungsfunktion“ (Mösbauer, S. 635; siehe dazu auch bereits oben sub 1. Fn. 657) hinaus außer im Kreditwesen nur im Rahmen der Versicherungsaufsicht (vgl. §§ 88, 89 VAG und dazu Henning, S. 9 ff.). Dieser dogmatische Bruch wird in den sektorübergreifenden Arbeiten zur Staatsaufsicht über die Wirtschaft in Deutschland, soweit erkennbar, übersehen.

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griff auf aufsichtsrechtliche Kategorien ausfüllen ließe, sondern legen den Begriff der „Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen“ zugrunde, der, wie dargetan, bei richtiger Auslegung mit den Insolvenzgründen nach §§ 17–19 InsO identisch ist. Das Fehlen einer eigenständigen Regelung für die Vermögenssicherung im englischen Aufsichtsrecht und deren ausschließliche Zuweisung an das allgemeine Insolvenzrechts illustrieren ihrerseits deutlich, daß die Legitimation derartiger Maßnahmen eben unabhängig von derjenigen der Bankenregulierung insgesamt und keineswegs zwingender Bestandteil desselben ist. Eine Sonderstellung nimmt in dieser Hinsicht das ebenfalls oben sub B. II. 2. e) erwähnte, in beiden Rechtsordnungen bestehende Recht der Aufsicht zur Insolvenzantragstellung ein. Anders als die Anordnung der Sicherheitsmaßnahmen als solche, ist deren Auslösung durch Einleitung eines förmlichen Insolvenzverfahrens durchaus an sich – zumindest auch – Sache der verantwortlichen Unternehmensleitung; insoweit nimmt die Aufsicht wiederum lediglich eine diese ergänzende Funktion ein.661 Nach allem ist nicht nur zu untersuchen, wie die Sicherungsmaßnahmen für die fortgeschrittene Krise ausgestaltet sein sollten, sondern auch und vor allem, ob es insoweit – also für den nicht genuin aufsichtsrechtlichen Bereich – einer eigenständigen bankspezifischen Regelung überhaupt bedarf. Zu bejahen sein wird diese Frage nur dann, wenn das allgemeine Insolvenzrecht Sachverhalte nicht bewältigen kann, die sich durch die aufsichtsrechtlichen Sicherungsmaßnahmen erfassen lassen. Dabei geht es zunächst ausschließlich um die Bewertung der Sicherungsfunktion der aufsichtsrechtlichen Sonderregelung und damit das „Nahziel“ derartiger Maßnahmen. Selbst wenn sich herausstellt, daß das Aufsichtsrecht insoweit lediglich den entsprechenden Möglichkeiten des allgemeinen Insolvenzrechts qualitativ gleichwertige Kompetenzen begründet, kann sich eine eigenständige Legitimation durchaus noch mit Blick auf die Fernziele ergeben, zu denen der in § 46a I 1 KWG festgelegte Zweck der „Vermeidung des Insolvenzverfahrens“ und – abstrakt formuliert – allgemein eine bessere Bewältigung der bankspezifischen Gefahrenlagen (etwa der Schutz der Zahlungssysteme oder die besonderen Gefahren einer Großinsolvenz für die Stabilität des Gesamtsystems) gehören. Dies wird an an anderer Stelle zu untersuchen sein.662 661 Besonders deutlich wird dies im englischen Recht, wo die Einleitung der Administration praktisch nur aufgrund eines Antrags der Aufsicht oder auf Initiative des betroffenen Kreditinstituts selbst in Betracht kommt (oben § 5 sub C. 4.). Auch insoweit ist es sinnvoll, wenn das deutsche Recht nunmehr der Aufsicht ein Insolvenzantragsrecht auch im eigentlich dem Unternehmen selbst vorbehaltenen Fall der drohenden Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO einräumt, siehe hierzu bereits oben § 5 sub B. III. 2.

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3. Grenzfälle und Abgrenzungskriterien Allerdings sind die Grenzen zwischen dem Bereich der bloß präventiven, krisenabwendenden Aufsichtstätigkeit und der umfassenden Vermögenssicherung auf den ersten Blick fließend. Auch aufsichtsrechtliche Eingriffe ohne umfassenden Übergang der Kontrollbefugnisse, ohne Verfügungs- und korrespondierende Vollstreckungsverbote können weitreichende Folgen haben und können der Absicherung einer („stillen“) Liquidation des Geschäftsbetriebs dienen; andererseits soll auch das „Moratorium“ nach § 46a KWG und kann möglicherweise sogar das förmliche Insolvenzverfahren die Sanierung und die Wiederherstellung aufsichtsrechtlicher Sicherheitsstandards bewirken. Die aufsichtsseitig veranlaßte und begleitete „stille“ Liquidation wird freilich im Regelfall voraussetzen, daß sich das betreffende Institut kooperativ verhält. Außerdem ist eine „stille“ Abwicklung in erster Linie nur dann denkbar, wenn das vorhandene Vermögen, ggf. bei Zuführung neuer Mittel im Rahmen einer auf die Abwicklung begrenzten Auffanglösung, zur Befriedigung der vorhandenen Verbindlichkeiten ausreicht und auch hinreichende Liquidität besteht, woran in der Öffentlichkeit aufgrund der besonderen Vertrauensanfälligkeit des Bankbetriebs keine Zweifel aufkommen sollten. Damit liegt die Situation indessen nicht anders als in einem Unternehmen, das sich bei rapide verschlechterter Finanzsituation zur Einstellung des Geschäftsbetriebs entscheidet. Wiederum beschränkt sich insoweit die Funktion der Aufsicht darauf, diese Entscheidung zu befördern und durchzusetzen, indem Druck ausgeübt und bestimmte Verhaltensweisen erzwungen werden; auch hier wird die Aufsicht lediglich ergänzend zu den Entscheidungsmechanismen des Unternehmens tätig. Und bei der Sanierung im förmlichen Verfahren ist gerade diese Verfahrensförmigkeit eben das Entscheidende: der Umstand, daß eine Sanierung aus eigener Kraft nicht mehr möglich ist, sondern daß es der Leitung durch außenstehende Instanzen bedarf. Auch diese Fallkonstellation läßt sich daher letztlich unter die obigen Kategorien subsumieren: Im ersten Fall – der stillen Liquidation – handelt es sich im Grunde ebenfalls um Präventivmaßnahmen, freilich mit der Besonderheit, daß hier eine erfolgreiche Prävention, die auf die Vermeidung von Gläubigerverlusten abzielt, angesichts der Aussichtslosigkeit einer Sanierung die Liquidation erzwingt. Wenn die genannten Voraussetzungen, insbesondere die finanziellen Vorbedingungen einer solchen „stillen“ Lösung 662 Siehe unten § 13 sub B. zur Eignung des aufsichtsrechtlichen Moratoriums für die Unterstützung von Sanierungsmaßnahmen sowie § 17 sub B. II. zur Eignung entsprechender Maßnahmen für die Eignung zur Bewältigung von Großinsolvenzen.

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nicht ausreichen, dann bleibt es bei der Notwendigkeit der umfassenden Sicherung, so daß dieser Fall sich letztlich durchaus präzise in die oben diskutierten Kategorien einfügt. Im zweiten Fall kommt die Prävention zu spät. An seiner Zuordnung zur Gruppe der umfassenden Maßnahmen, die zwangsläufig Auswirkungen auf die Rechtsbeziehungen zu Dritten zeitigen, ändert die spätere Sanierung nichts. Die vorstehend aufgestellten Kriterien für die Abgrenzung zwischen den beiden Kategorien erweisen sich damit auch für diese scheinbaren Grenzfälle als brauchbar. Entscheidend ist nicht der Zweck, das Fernziel, sondern ist der Charakter als „unternehmensinterne“ oder aber „von außen“ kommende Maßnahme: Kann das Unternehmen sich aus eigener Kraft stabilisieren – oder bedarf es einer auch Drittwirkungen einschließenden Fremdkontrolle? Eben weil die Auslösetatbestände des allgemeinen Insolvenzrechts indizieren, ab welchem Moment das Recht die Umstellung normaler Rechtsdurchsetzung in ein kollektives Verfahren aus Gerechtigkeitsgründen für angebracht erachtet, indizieren sie auch die Grenze zwischen den vorstehend erörterten, systematisch höchst unterschiedlichen Kategorien von Handlungsmöglichkeiten im Falle der Bankeninsolvenz. Die hier vorgeschlagene Systematisierung663 erlauben damit im allgemeinen eine durchaus klare Verortung der oben im einzelnen untersuchten Eingriffsbefugnisse in den beiden Rechtsordnungen;664 sie dürften damit präziser sein als die in der Literatur gelegentlich vorgeschlagene Zusammenfassung der Tatbestände unter dem Oberbegriff der „Insolvenzverhinderungsnorm“.665 Nachfolgend wird zu fragen sein, welche Folgerungen aus diesen Kategorien gezogen werden können.

663 In Anlehnung an den Ansatz des Verfassers nunmehr entsprechend auch Hadjiemmanuil, in: Mayes/Liuksila (Hrsg.), S. 272, 284 f./319. 664 Die von Asser (S. 52 f.) vertretene weitere Differenzierung zwischen bloßen „enforcement actions“ und „corrective actions“ innerhalb der Gruppe der hier als „Vorfeldkompetenzen“ bezeichneten Maßnahmen erscheint demgegenüber nicht zwingend, sondern eher willkürlich: Eine „enforcement action“ ist danach die „prevention by calling on banks to correct weaknesses before they cause serious banking problems“; ein Beispiel sei die Anweisung, bestimmte riskante Geschäftstätigkeiten einzustellen. Das Wesen der „corrective action“ liege dagegen im „damage repair designed to save the bank and to return it to regulatory health“, und zwar durch die Anordnung konkreter Maßregeln. 665 Siehe erneut Huber, passim.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

4. Konsequenzen für die zivilrechtliche Wirkung aufsichtsrechtlicher Maßnahmen Letztlich liefert die vorstehend entwickelte Systematisierung brauchbare Kriterien auch für das Problem der zivilrechtlichen Wirkung aufsichtsrechtlicher Anordnungen: Wegen ihres genuin „unternehmensinternen“ Charakters wäre eine derartige Drittwirkung der reinen „Vorfeldmaßnahmen“ im Regelfall systemwidrig. Vergleichsmaßstab sind die Möglichkeiten, die die Geschäftsleitung eines insolvenzbedrohten Unternehmens selbst in der Krise hätte: Wenn sie sich entschließt, bestimmte Engagements zurückzuführen, eventuell einzelnde Geschäftsbereiche ganz aufzugeben, etwa keine Kredite mehr zu gewähren oder verstärkte Sicherheiten für bestehende Engagements zu verlangen, so ist sie in diesem Fall zwar grundsätzlich frei, dies zu tun, doch nur in den Grenzen der bestehenden vertragsrechtlichen Bindungen gegenüber Dritten. Wenn versucht wird, dieses Ergebnis bei Kreditinstituten durch die zivilrechtliche Unwirksamkeit als Folge einer aufsichtsseitigen Entscheidung zu ändern, so ist dies systematisch nicht stimmig. Mit den oben im einzelnen nachgewiesenen dogmatischen und rechtspraktischen Schwierigkeiten bei der Begründung einer derartigen Wirkung für bloße Vorfeldmaßnahmen korrespondiert somit ein tiefer liegender Systembruch. Einen Sonderfall stellt lediglich die Rückforderung anordnungswidrig ausgezahlter oder entnommender Gewinnanteile dar, denn deren Wirkungen verlassen nicht die „Sphäre“ der Unternehmensinterna und haben daher keine „Außenwirkung“ gegenüber gesellschaftsrechtlich nicht mit dem Unternehmen verbundenen Dritten Die Rückforderung der abgeflossenen Mittel wäre daher nicht grundsätzlich systemwidrig, was auch die zumindest ähnliche, wenn auch (wie gesehen) nicht ohne Probleme übertragbare Regelung der §§ 121, 122 HGB des deutschen Rechts erweist.666 Insoweit ließe sich also eine spezialgesetzlich begründete Durchsetzbarkeit der Rückzahlungspflicht durchaus formulieren; daß diese nicht zwangsläufig erforderlich ist, ist freilich bereits bemerkt worden. Keinesfalls systematisch stimmig wäre eine Nichtigkeitsanordnung dagegen für die Fälle von Verboten der Kreditgewährung. Gleiches gilt für das Verbot der Annahme neuer Einlagen. Mit der umfassenden Vermögenssicherung wird der Bereich bloßer Einwirkung auf die Geschäftsführung und deren Entscheidungsfindung überschritten. Erst diese Umstellung in ein „von außen“ auf das betroffene Institut einwirkendes, damit auch öffentlich bekanntes Verfahren rechtfertigt die umfassende Wirkung gegen Dritte, wie sie zu den Charakteristika des kollektiven Insolvenzverfahrens gehört. Zivilrechtliche Konsequenzen können 666

Siehe erneut oben § 6 sub B. II. 1. a), b).

1. Abschnitt: § 7 Rechtsvergleich und Bewertung

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also nur bei Maßnahmen der zweiten Eingriffskategorie begründet werden, die eine umfassende Vermögenssicherung bewirken und den gesamten Geschäftsbetrieb des Kreditinstituts betreffen.

II. Die Lösung des deutschen Rechts im Vergleich

1. Befugnisse nach § 45 KWG Betrachtet man zunächst die Eingriffsbefugnisse des deutschen Aufsichtsrechts am Maßstab der vorstehend gewonnenen Ergebnisse, so erscheint die Vorschrift des § 45 KWG insoweit im Grundsatz durchaus systematisch stimmig. Tatbestand und damit eröffnete Handlungsmöglichkeiten lassen sich eindeutig der ersten der oben diskutierten Kategorien zuordnen. Allerdings fällt zunächst auf, daß die Vorschrift nur einen Teilbereich möglicher Gefahrensituationen herausgreift, also, für sich genommen, eine Handhabe etwa gegen riskante Großengagements schon tatbestandlich nicht gewährt. Für die, wie gesehen, tatbestandlich deutlich weiter gehende, nicht lediglich auf bestimmte finanzielle Parameter abstellende Bestimmung der s. 45 FSMA 2000 im englischen Recht trifft diese Einschränkung nicht zu. Es ist daher überlegenswert, ob nicht statt einer isoliert auf Eigenmittel und Liquidität abstellenden Vorschrift ein weitergehender, zumindest sämtliche finanziellen Parameter des Aufsichtsrechts einbeziehender „Grundtatbestand“ für die aufsichtsrechtlichen Eingriffsbefugnisse auch im deutschen Recht sinnvoller wäre, um entsprechende Gefährdungen möglichst einheitlich, frühzeitig und damit effektiv erfassen zu können. Ähnliches dürfte auch für die nach dieser Bestimmung zulässigen Maßnahmen gelten. Zwar mag eine Einschränkung der Ermessensausübung zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit der aufsichtsrechtlichen Eingriffe geboten sein, zumal – angesichts der durchaus willkürlich gesetzten, eine großzügige Sicherheitsmarge einkalkulierenden Natur der aufsichtsrechtlichen finanziellen Sicherheitsstandards – die entsprechende Befugnis der Aufsicht zu korrigierenden Maßnahmen bereits weit im Vorfeld einer eigentlichen existenzbedrohenden Krise angesiedelt ist. Doch könnte – wie im englischen Recht – auch insoweit ein weitergehendes Weisungsrecht durchaus sinnvoll und wünschenswert sein, um eine adäquate Reaktion auf sich abzeichnende Fehlentwicklungen innerhalb eines Eingriffstatbestands zu ermöglichen. Die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs wäre insoweit bereits dadurch gewahrt, daß die Anordnung konkreter Maßregeln eben erst nach fruchtlosem Verstreichen einer entsprechenden Frist zulässig wäre – wie dies de lege lata nach § 45 II 1 KWG im deutschen Recht schon jetzt der Fall ist und auch der Lösung des englischen Rechts entspricht.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

2. Befugnisse nach § 46 KWG Unter systematischen Gesichtspunkten deutlich problematischer ist demgegenüber die Einordnung der Befugnisse nach § 46 KWG im deutschen Recht. Tatbestandlich eher auf die bereits fortgeschrittene Krisensituation ausgerichtet und damit deutlich weiter gefaßt als § 45 KWG, eröffnet die Vorschrift zwar ein generalklauselartiges Weisungsrecht der Aufsicht gegenüber der betroffenen Bank, doch beschränken sich die in § 46 I 2 KWG im einzelnen aufgeführten Regelbeispiele für zulässige Maßnahmen wiederum auf punktuelle Anordnungen und fallen damit ihrer Natur nach eher in die Kategorie der Vorfeldkompetenzen im hier verwendeten Sinne. Die Vorschrift gestattet damit eine genuin unternehmensinterne Reaktion auf finanzielle Probleme auch noch in einem Zeitpunkt, in welchem ein nicht der Staatsaufsicht unterliegendes Unternehmen bereits der Insolvenzantragspflicht unterläge.667 Sie ermöglicht damit noch das Weiteroperieren mit möglicherweise negativen Folgen für die Gläubiger im Stadium der Insolvenzreife. Wenn das betroffene Institut erst überschuldet ist oder die Überschuldung und damit auf absehbare Frist auch die Zahlungsunfähigkeit zu erwarten sind, dann werden allerdings bloße „Anweisungen an die Geschäftsleitung“ sowie die bereits nach § 45 KWG zulässigen Maßnahmen ebensowenig ausreichen wie die Abberufung der Geschäftsleitung. Daß dem Institut unter diesen Bedingungen die Annahme neuer Einlagen verboten werden kann, ist, wie gesehen, kein wirksamer Schutz gegenüber der Entstehung neuer Verbindlichkeiten und damit neuer Ausfallrisiken zu Lasten unbeteiligter Dritter, die sich nur durch die öffentlich sichtbare Einleitung eines förmlichen Verfahrens zur Krisenbewältigung abwenden ließe. Insgesamt setzen damit die erweiterten Kompetenzen nach § 46 KWG zu spät ein, nämlich in einem Zeitpunkt, in dem sie, für sich genommen, regelmäßig die Krise nicht mehr abwenden können. Dabei ist zuzugestehen, daß sich dieses Urteil in seiner Schärfe vor allem bei der hier vertretenen restriktiven Auslegung des Tatbestandsmerkmals der „Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen“ aufdrängt; bei Zugrundelegung der herrschenden, flexibleren Lesart mögen sich – freilich wohl kaum zahlreiche – Fälle ergeben, in denen die Insolvenz noch abzuwenden ist. Zudem gelten die hier angestellten Erwägungen ersichtlich nicht für die 2. Alternative des § 46 I 1 KWG, den Fall der „Gefährdung einer wirksamen Aufsicht“. Beides ändert jedoch nichts an der oben entwickelten Kritik an der Zusammenfassung beider Tatbestände und ihrer Auslegung durch die herrschende Meinung. Als „Vorfeldkompetenz“ eignet sich § 46 I KWG damit tatbestandlich nicht; der Tatbestand läßt sich auf Gefahrenlagen anwenden, die „zwischen“ einer bloßen Abwei667

Siehe erneut die §§ 92 II AktG, 64 I GmbHG.

1. Abschnitt: § 7 Rechtsvergleich und Bewertung

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chung aufsichtsrechtlicher Standards und der „technischen“ Insolvenz liegen. Dies erweist auch die Tatsache, daß die weitergehenden Kompetenzen nach § 46a KWG auf demselben Tatbestand aufbauen. Die vorstehenden Überlegungen sind letztlich unabhängig von dem Umstand, daß das Insolvenzrecht erst durch Neueinführung des Insolvenzgrundes der drohenden Zahlungsunfähigkeit in § 18 InsO eine (nunmehr auch für die Bankeninsolvenz anwendbare) Möglichkeit geschaffen hat, bereits dann Zuflucht zum kollektiven Verfahren und seinen Sicherungswirkungen zu suchen, wenn die Insolvenz im technischen Sinne zwar noch nicht eingetreten ist, aber bei weiterem Zuwarten unabwendbar erscheint. Denn gerade diese Neukonzeption der insolvenzrechtlichen Auslösetatbestände zeigt, daß in einer derartigen Situation durch bloß unternehmensinternes Gegensteuern die Krise eben nicht mehr abgewendet werden kann und es vielmehr einer umfassenden Sicherung auch gegenüber Dritten bedarf. Das englische Recht vermeidet diese Schwierigkeiten, indem es die – dem § 46 KWG an sich systematisch ähnelnden – Eilkompetenzen nach s. 45 i. V. m. s. 53(3) FSMA 2000 an die gleichen Voraussetzungen knüpft wie die bereits im „Grundfall“ zulässigen Maßnahmen und lediglich durch eine andere verfahrensrechtliche Ausgestaltung faktisch einen qualifizierten Eingriffstatbestand begründet. Auch durch die Begrenzung der Aufsicht auf Einzelweisungen ist klargestellt, daß es sich um eine echte „Vorfeldkompetenz“ handelt. Eine präzise Abgrenzung zum „Grundtatbestand“ ist freilich weder anhand der abstrakten Fassung des Gesetzes noch anhand der Interpretation der Aufsicht im „Handbook“ möglich; es besteht ein weitgehender Beurteilungsspielraum. Dennoch hat diese Lösung gegenüber der deutschen den Vorteil der systematischen Stimmigkeit. 3. Befugnisse nach § 46a KWG Anders als § 46 eröffnet die Bestimmung des § 46a KWG eine dem Tatbestand adäquate, weitgehende Sicherungskompetenz. Mit ihnen verläßt das Aufsichtshandeln die Sphäre der lediglich unternehmensinternen Reaktion auf die Krise und wirkt deutlich „von außen“ auf das betroffene Institut und seine Rechtsbeziehungen zu Dritten ein. Zwar ergeben sich auch hinsichtlich der zivilrechtlichen Unwirksamkeit der Veräußerungs- und Zahlungsverbote nach § 46a I 1 Nr. 1 KWG dogmatische Konstruktionsprobleme. Die zivilrechtliche Wirkung derartiger Verbote wäre jedoch gleichwohl systemgerecht und ließe sich, würde die grundsätzliche Erforderlichkeit einer umfassenden aufsichtsrechtlichen Sicherungskompetenz vor Einleitung des Insolvenzverfahrens bejaht, de lege ferenda durch klarstellende Anpassungen im Gesetz gewährleisten.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Gegenüber den nach §§ 21 ff. InsO zulässigen Sicherungsmaßnahmen bleibt die Wirkung eines aufsichtsrechtlichen „Moratoriums“ indes eindeutig zurück. Dies kommt auch darin zum Ausdruck, daß die Aufsicht eine sequestrationsähnliche Fremdverwaltung nicht anordnen kann, sondern sich ihre Einwirkungsmöglichkeiten darauf beschränken, die Geschäftsleitung des Unternehmens abzuberufen und auf Antrag durch außenstehende Personen ihres Vertrauens ersetzen zu lassen. Daß die Vertretungsbefugnis und die Geschäftsführungskompetenzen dieser Personen auf das Mandat derjenigen Funktionsträger beschränkt ist, an deren Stelle sie treten, ist logische Folge dieser aufsichts- und gesellschaftsrechtlichen anstelle einer insolvenzrechtlichen Lösung. Gegenüber den Möglichkeiten der vorläufigen Insolvenzverwaltung (insbesondere der „starken“ Variante der vorläufigen Verwaltung mit Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach (§ 21 II Nr. 2, 1. Alt. InsO) ist diese Form der Kontrollübernahme gerade deshalb jedoch durchaus schwach. Damit stellt sich erneut die bereits angedeutete Alternative zwischen einer noch stärkeren Angleichung der aufsichtsrechtlichen Sicherungsbefugnisse an die Sicherungsmaßnahmen im Insolvenzeröffnungsverfahren einerseits und ihrer Aufgabe und der Zuweisung dieser Funktionen an das Insolvenzverfahren andererseits. In der letzteren Alternative wäre die Aufsicht – wie in England – gezwungen, ihr Antragsrecht wahrzunehmen und unmittelbar die Einleitung des Insolvenzverfahrens sowie die Anordnung entsprechender Sicherungsmaßnahmen im Eröffnungsverfahren zu betreiben, wenn angesichts der Schwere der finanziellen Schwierigkeiten des betroffenen Kreditinstuts und der Gefahr weiterer nachteiliger Vermögens nur mehr eine umfassende Blockade des Vermögens der Bank in Betracht kommt. Die Alternativen bestehen, mit anderen Worten, zum einen in der Verfeinerung der bestehenden aufsichtsrechtlichen Eingriffskompetenzen des deutschen Rechts bei noch stärkerer Angleichung an das allgemeine Insolvenzrecht und zum anderen in der Übernahme des englischen Modells, in dem die Einleitung entweder der Administration oder des Winding-up die einzige Möglichkeit der umfassenden Vermögenssicherung darstellt. Für die erstgenannte Alternative sind – an dieser Stelle668 – einstweilen kaum Gründe ersichtlich: Der Sicherungszweck als solcher wird sich mit Anordnungen nach §§ 21 ff. InsO jedenfalls mindestens ebenso gut erreichen lassen wie durch eine entsprechende aufsichtsrechtliche Regelung, die sich letztlich darauf beschränkt, die zivilrechtlichen und die faktischen Wirkungen der insolvenzrechtlichen Anordnungen im einzelnen nachzubilden. Dagegen wird sich nicht einwenden lassen, mit der Schalterschließung und 668 Vgl. noch unten § 13 sub B. II. 2. b), c) zur Bedeutung des aufsichtsrechtlichen Moratoriums als Instrument zur Ermöglichung von Sanierungslösungen.

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dem Verbot der Entgegennahme von Zahlungen sehe das Aufsichtsrecht immerhin Gestaltungsmöglichkeiten vor, die dem allgemeinen Insolvenzrecht fremd sind und mit denen sich bankspezifische Gefährdungssituationen daher besser erfassen ließen. Das Argument läuft schon deshalb leer, weil die Generalklausel des § 21 I InsO eine bankspezifische Ausgestaltung der gerichtlich anzuordnenden Sicherungsmaßnahmen durchaus gestattet. Darüber hinaus wird, wie gesehen, weder der Schalterschließung als solcher noch dem Verbot der Entgegennahme von Zahlungen eine unverzichtbare Bedeutung zukommen: Würde anstelle des aufsichtsrechtlichen Moratoriums Insolvenzantrag gestellt, so würde die Schalterschließung im Regelfall schon aus praktischen Gründen durch den vorläufigen Insolvenzverwalter angeordnet, und die Gefahr der Begründung neuer Ausfallrisiken zugunsten Dritter würde schon aus der mit der Antragstellung verbundenen Publizitätswirkung gemindert, aufgrund derer kaum noch Zahlungen auf Konten bei dem betroffenen Institut erfolgen dürften. Eine wichtige Voraussetzung für die vollständige Aufgabe der aufsichtsrechtlichen Eingriffsbefugnisse nach § 46a KWG wäre freilich, daß das dann zuständige Insolvenzgericht die Sicherungsanordnungen tatsächlich ohne weitere Verzögerung im notwendigen Umfang erläßt, wenn die Aufsicht den Insolvenzantrag aufgrund der ihr zugänglichen Informationen stellt und spätestens ab diesem Moment mit einem Bekanntwerden der Krise und einem nachfolgenden „Run“ der Einleger gerechnet werden muß. Wie gesehen, ist es die besondere Flexibilität der Verfahrenseinleitung bei der Administration bzw. der Entscheidung über die Anordnung der Provisional liquidation, welche letztlich das entscheidende Kriterium für die Tauglichkeit des allgemeinen Insolvenzrechts für die besonders dynamische und gefährliche Situation der Bankeninsolvenz darstellt. Dies könnte im deutschen Recht schon deshalb Schwierigkeiten bereiten, weil nach Inkrafttreten der Insolvenzrechtsreform das Insolvenzgericht nicht mehr an den Antrag der Aufsichtsbehörde gebunden ist und damit eine eigene Entscheidung über den Antrag zu treffen hat:669 So ist für die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach §§ 21 ff. InsO streitig, ob diese erst nach Prüfung der Zulässigkeit des Insolvenzantrags durch das Insolvenzgericht erfolgen darf670 oder schon zuvor, wenn keine offensichtlichen Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrags erkennbar sind.671 Zwar spricht schon der Schutzzweck einer effektiven Verhinderung masseschädigender 669

Siehe erneut oben § 5 sub B. III. 1. So etwa Kübler/Prütting-Pape, § 21 InsO Rn. 10; wohl auch Nerlich/Römermann-Mönning, § 21 InsO Rn. 12. 671 So MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 21 InsO Rn. 16; vgl. auch HK-Kirchhof, 21 Rn. 4. 670

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Vermögensabflüsse während des Eröffnungsverfahrens für die erstgenannte Alternative.672 Ohnehin ist der Grundsatz rechtlichen Gehörs im Eröffnungsverfahren weitgehend eingeschränkt.673 Gleichwohl besteht die Gefahr einer Verzögerung zwischen Antragstellung und der Anordnung, welche bei der Anordnung entsprechender Maßnahmen im Wege des Verwaltungsakts vermieden würde. Das englische Modell verlangt dem zuständigen Richter am High Court674 sowie auch den administrativen Geschäftsabläufen hinsichtlich Bekanntmachung und Wirksamwerden insoweit eine Flexibilität ab, die im deutschen Gerichtsalltag in dieser Form möglicherweise nicht denkbar wäre. Auf den Punkt gebracht, müßte für die Übertragbarkeit des Modells auf Deutschland gewährleistet sein, daß der zuständige Insolvenzrichter am Amtsgericht des Sitzorts des Kreditinstitut (vgl. §§ 2, 3 InsO) unmittelbar auf Eingang des Eröffnungsantrags der Aufsichtsbehörde, ggf. sogar am Wochenende, um die Schließung während der Geschäftszeit zu unterbinden,675 tätig wird und innerhalb weniger Stunden über die Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung entscheidet. In diesem Zusammenhang wären die Erfahrungen mit der Rechtslage vor Einführung des § 46b KWG von besonderem Interesse, über die allerdings nichts bekannt ist. Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß die Legitimation eines besonderen aufsichtsrechtlichen Sicherungsverfahrens als Alternative zur sofortigen Einleitung eines Insolvenzverfahrens und den während des Insolvenzeröffnungsverfahrens möglichen Sicherungsmaßnahmen nicht bereits aus der unterschiedlichen Qualität der Sicherungsmöglichkeiten folgt; vielmehr bleibt de lege lata die Sicherungswirkung des aufsichtsrechtlichen Moratoriums sogar hinter jener der Maßnahmen nach §§ 21 ff. InsO zurück. Eine Einschränkung könnte sich lediglich im Hinblick auf den Zeitpunkt zwischen der Antragstellung durch die Aufsichtsbehörde und der Anordnung der Sicherungsmaßnahmen durch das Insolvenzgericht ergeben; wenn das 672

Überzeugend MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 21 InsO Rn. 16. Vgl. nur MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 21 InsO Rn. 31 ff. m. w. N. 674 Zur Zuständigkeit siehe s. 117(1) Insolvency Act 1986 (für die Administration i. V. m. ss. 251 Insolvency Act, 744 Companies Act 1985). 675 Wenn Asser, S. 113, ein weiteres Verzögerungspotential bei der Anwendung allgemeinen Insolvenzrechts in dem Aufwand erblickt, den die Vorbereitung des Insolvenzantrags erfordert, dann wird dem regelmäßig (nicht nur im deutschen Rechtsraum) nicht gefolgt werden können; die für die Antragstellung erforderlichen Informationen wird die Aufsicht ohnehin auch bei lediglich verwaltungsrechtlichen Anordnungen verfügbar vorhalten und vorlegen müssen, und die im Regelfall dem betroffenen Kreditinstitut gegenüber schriftlich zu erfolgende Anordnung (vgl. in Deutschland §§ 39, 41 VwVfG, in England s. 53(4), (5) FSMA 2000) wird kaum mehr Aufwand erfordern als die Vorbereitung eines entsprechenden Antrags an das zuständige Insolvenzgericht. 673

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Insolvenzgericht nicht in der Lage wäre, kurzfristig auf Anträge der Aufsicht zu reagieren, könnte für diese (allerdings sehr kurze) Frist tatsächlich ein aufsichtsrechtliches Moratorium unabdingbar sein.676 III. Konzeptionelle Grundentscheidung de lege ferenda: aufsichtsrechtliches Ermessen oder stärkere Ermessensbindung?

1. Problembeschreibung Wie oben im Vergleich festgestellt, ist die Einräumung sehr weitgehenden Ermessens – in Verbindung mit umfassenden tatbestandlichen Beurteilungsspielräumen – ein beiden Rechtsordnungen gemeinsames Phänomen. Den Aufsichtsbehörden ist damit eine erhebliche Last anvertraut – die Last der Entscheidung über den Zeitpunkt des Eingreifens, aber auch über die Wahl der Maßnahmen. Die Wahl vollzieht sich im Spannungsfeld zwischen den Erwartungen der Öffentlichkeit und damit der Politik, die auf ein möglichst geringes Risiko abzielen, und zwar sowohl hinsichtlich der Häufigkeit von Einzelausfällen als auch hinsichtlich der dadurch jeweils verursachten Verluste, und andererseits dem Interesse der Eigentümer der betroffenen Bank, die im Vertrauen auf scheinbar oder tatsächlich tragfähige Abhilfemöglichkeiten regelmäßig allzu weitgehende Eingriffe abzuwehren bestrebt sein werden, insbesondere solche, bei denen die Gefahr eines Bekanntwerdens besteht und die daher potentiell irreversible Folgen für die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs haben werden. Daß die Ziele der Bankenaufsicht miteinander konfligieren, ist bereits vorab dargelegt worden.677 Daß jedenfalls im Regelfall der Insolvenz eines kleineren oder mittleren Kreditinstituts ein möglichst rasches, effektives Eingreifen angebracht ist, um die Gefahr weiterer Verluste bei unklaren Erfolgsaussichten bloß unternehmensinterner Sanierungsversuche zu verhindern, ist ebenfalls angeklungen.678 Es ist dies letztlich das Ergebnis einer Art „praktischer Konkordanz“ zwischen den beteiligten Individualinteressen der Gläubiger und denen der Eigentümer des betroffenen Instituts, wie sie im Grundsatz bei jeder Unternehmensinsolvenz zu erfolgen hat. Diese Ge676 Es ist freilich nochmals darauf hinzuweisen, daß für die Einführung des § 46a KWG andere Überlegungen maßgeblich waren; vgl. oben § 5 sub B. II. 3. Die Dauer von Maßnahmen nach § 46a KWG dient danach gerade nicht dazu, die Übergangszeit bis zur Anordnung entsprechender Sicherungsmaßnahmen durch das Insolvenzgericht zu überbrücken, sondern soll Raum geben für Sanierungsbemühungen. Eine Reduktion des Anordnungszwecks auf die bloße Übergangsfunktion entspricht mithin nicht der Gesetzeskonzeption de lege lata. 677 Siehe oben § 4 sub B. II. 2. 678 Oben § 4 sub B. II. 3. b).

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

mengelage wird freilich ergänzt um den – bedeutenden – Aspekt des hinzutretenden öffentlichen Interesses an der Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems sowie des sozialpolitischen Bedürfnisses nach einem Mindestschutz für die betroffenen Einleger, der jedoch, wie gesehen, im Normallfall bei hinreichendem Schutz der Zahlungssysteme und den bestehenden Einlagensicherungssystemen keine grundsätzlich andere Entscheidung als die bei einem Nichtbankenunternehmen erzwingt. Dies ändert indessen nichts daran, daß der Erwartungsdruck auf die Aufsicht steigt, je mehr diese praktische Konkordanz für den jeweiligen Einzelfall in ihren Händen konzentriert wird. Insoweit ist sehr überzeugend geurteilt worden, das „Anreizsystem“ sei vielfach – gerade in Zeiten einer den gesamten Sektor erfassenden Schwäche – der raschen und konsequenten Bereinigung von Einzelfällen nicht eben förderlich:679 In der Tat werden, wie in Deutschland etwa die Diskussion um die Aufsichtsrechtsreform nach dem Herstatt-Zusammenbruch680 und in England die politische Debatte nach den Fällen Barings und BCCI681 gezeigt haben, spektakuläre Einzelfälle stets auch als Versagen der Bankenaufsicht und der vorhandenen Eingriffsmöglichkeiten bewertet werden – unabhängig von der theoretischen Erwägung, wonach die Insolvenz auch im Kreditwesen an sich eine der Marktwirtschaft letztlich immanente Möglichkeit darstellt, und sogar unabhängig von der Frage, ob in concreto ein schuldhaftes oder wenigstens objektiv fehlsames Verhalten der Aufsicht überhaupt feststellbar ist. Noch verschärft wird das Problem durch die Tatsache, daß die Staatsaufsicht, soweit sie nicht lediglich abstrakte Sicherheitsstandards formuliert, sondern deren Einhaltung überwacht und auf Problemfälle reagiert, stets angewiesen ist auf die Information ex post. Neben die stets erforderliche komplexe Interessenabwägung tritt daher der für die Informationsbeschaffung und -auswertung erforderliche Aufwand als weitere Quelle potentieller Verzögerungen, die den Wert der, wie vorstehend ermittelt, bestehenden Möglichkeiten frühzeitigen Eingreifens faktisch erheblich mindern. Weiter verschärft wird dieses Problem, wenn die personellen oder finanziellen Ressourcen der Aufsicht sich als für eine hinreichend schnelle Reaktion unzureichend herausstellen.682 Daß diese Fragen nicht lediglich theoretischer Natur sind, sondern in beiden hier untersuchten Rechtsordnungen eine erhebliche Sprengkraft zu entfalten vermögen, zeigt die Vielzahl der Fälle, in denen der Aufsicht verspätetes Eingreifen vorgeworden worden ist – und in denen geschädigte Bankkunden unter Berufung darauf Schadensersatz für fehlsame Bankenaufsicht 679 680 681 682

Vgl. z. B. Hadjiemmanuil, in: Mayes/Liuksila (Hrsg.), S. 272, 282 ff., 300 ff. Vgl. dazu oben § 2 sub B. II. Siehe oben § 2 sub C. II. Vgl. auch Born, S. 401.

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eingefordert haben.683 Angesichts dessen drängt sich naturgemäß die Frage auf, ob nicht durch eine veränderte Konzeption der aufsichtsrechtlichen Eingriffstatbestände, insbesondere eine stärkere Beschränkung des aufsichtsbehördlichen Ermessens, diese Probleme zumindest teilweise bewältigt werden könnten. Daß ein solcher Ansatz weder das Problem des in der Natur der Sache liegenden retrospektiven Charakters jeder Aufsichtstätigkeit noch das Problem unzureichender Ressourcen lindern kann, ist evident. Doch zumindest dann, wenn der verantwortlichen Behörde alle entscheidungsrelevanten Fakten bekannt sind, erscheint durchaus denkbar, daß detailliertere gesetzliche Vorgaben für die Ermessensausübung zumindest das Risiko eines aufsichtsseitigen Zuwartens unter dem Eindruck der im Einzelfall involvierten, konfligierenden Interessen mindern könnten. Die insoweit bestehenden regelungstechnischen Alternativen sollen daher zum Abschluß des vorliegenden Abschnitts wenigstens im Überblick erörtert werden. Ein knapper Exkurs zur Rechtslage in den USA, in denen ein solcher Schritt unter dem Eindruck der sogenannten „Savings and Loans“-Krise in der 1980er Jahren vollzogen worden ist, empfiehlt sich dabei nicht nur aufgrund der grundsätzlichen Übertragbarkeit des dort gewählten Lösungsansatzes auf die beiden hier untersuchten Rechtsordnungen, sondern auch, weil das Modell auch im europäischen Raum bereits Befürworter gefunden hat,684 so daß die Einführung eines entsprechenden Modells de lege ferenda auch hierzulande jedenfalls nicht ausgeschlossen scheint. Das neuartige US-amerikanische Konzept der „Structured Early Intervention and Resolution“ (SEIR) soll daher nachfolgend in seinen Grundzügen kurz vorgestellt und bewertet werden, wobei freilich die diesbezügliche Darstellung einen Anspruch auf Vollständigkeit nicht erhebt und zumal die Bezüge zur Konzeption der Bankenaufsicht in den USA allgemein allenfalls angedeutet werden können.685 2. Exkurs: „Structured Early Intervention and Resolution“ im US-amerikanischen Bankenaufsichtsrecht als Alternativmodell a) Hintergrund Seit dem sog. Glass-Steagall Act von 1933 liegt die Bewältigung von Bankeninsolvenzen und -krisen für das Marktsegment der sog. Commercial 683

Siehe dazu im einzelnen unten § 15. Vgl. etwa Hüpkes, Legal Aspects, S. 40 unter Hinweis auf die aufsichtsrechtliche Diskussion. 685 Ausführlich insoweit – neben den Nachw. sogleich sub b) – etwa aus deutscher Sicht die Arbeit von Reiner; siehe zur Bankenkrise in den USA der 1980er Jahre ferner die umfassende Analyse von Bonn, S. 65–183 sowie Schöner, S. 88 ff. 684

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banks und Mutual savings banks686 und damit der sowohl für industrielle als auch private Kreditnehmer bedeutsamsten Bankengruppen in den Händen einer Einlagensicherung in staatlicher Trägerschaft, aber autonomen Charakters, der Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC).687 Für den Teilsektor der sog. „Savings & Loans Associations“ (SLA)688 nimmt diese Funktion seit dem Financial Institutions Reform, Recovery and Enforcement Act von 1989 der Savings Association Insurance Fund unter dem Dach der FDIC wahr.689 Hintergrund für die Reform aufsichtsrechtlicher Krisenbewältigungskonzepte, die ihren Abschluß mit dem sogenannten Federal Deposit Insurance Corporation Improvement Act (FDICIA) von 1991 gefunden hat, war der katastrophale Zusammenbruch des SLA-Sektors in den 1980er Jahren, der, wie an anderer Stelle angedeutet, die Gefahren einer Politik der „aufsichtsrechtlichen Nachsicht“ („regulatory forbearance“) gegenüber insolvenzbedrohten Instituten eindrucksvoll demonstrierte: Anstatt unmittelbar auf die ersten Krisenanzeichen effektiv zu reagieren, hatten die zuständigen Stellen angesichts des Umfangs der Probleme auf die Schließung einzelner Institute lange verzichtet und auch erhebliche Unterschreitungen anerkannter Sicherheitsstandards in der Hoffnung auf Besserung der Situation toleriert, was die Verluste weiter ansteigen ließ und damit die Krise erheblich verschärfte.690 Als sich auch für den Sektor der Commercial banks die Zahl der Einzelausfälle zu häufen begann und eine ähnliche, den gesamten Sektor erfassende Krise befürchtet wurde,691 erfolgte zunächst unter dem FIRREA von 1989 die Zusammenlegung der FDIC mit den Einlagensicherungseinrichtungen für die SLA-Branche.692 Wurde damit in erster Linie das Ziel verfolgt, die Einlagensicherung nach den katastrophalen Verlusten der 1980er Jahre wieder handlungsfähig zu machen und die Krise im gesamten Kreditwesen wirksam einzudämmen, so verfolgte der Erlaß des FDICIA von 1991 sodann vor allem das Ziel, durch Vorgaben für eine grundlegend veränderte aufsichtsseitige Reaktion 686

Zu diesen Begriffen Reiner, S. 3. Vgl. nur Reiner, S. 6 sowie ausf. zur Vorgeschichte Born, S. 66 ff., jeweils m. w. N. zur US-amerikanischen Literatur. 688 Dazu Reiner, S. 3 f.; Born, S. 85 ff. 689 Seit 1988, davor die Federal Savings & Loans Insurance Corporation, vgl. Reiner, S. 37. 690 Siehe zum Ganzen neben den Nachw. oben § 4 sub B. II. 2. c) aa), in Fn. 324; aus deutscher Sicht ausf. die Darstellung bei Born, S. 89 ff.; Reiner, S. 11 ff., jeweils m. w. N. 691 Siehe zu Einzelheiten und Ursachen nur Born, S. 125 ff. m. w. N.; BIZ, Bank Failures, S. 58 ff. 692 Hierzu Born, S. 144 ff. 687

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bereits auf die ersten Anzeichen finanzieller Störungen im Zusammenhang mit einer Neugestaltung aufsichtsrechtlicher Eigenmittelauflagen das Entstehen vergleichbarer Krisensituationen für die Zukunft wirksam auszuschließen.693 Maßgeblich für das mit diesem Gesetz, das in der Literatur als wichtigstes Regulierungsgesetz seit dem Glass-Steagall Act von 1933 eingestuft wird,694 neu eingeführte Konzept einer abgestuften aufsichtsrechtlichen Reaktion auf Störungen der Eigenmittelbasis – eben die Structured Early Intervention and Resolution – waren nicht zuletzt Vorschläge aus dem wirtschaftswissenschaftlichen Schrifttum, namentlich von Benston und Kaufman, wobei die gesetzliche Umsetzung des Modells hinter den ursprünglichen Vorschlägen in erheblichem Umfang zurückblieb.695 b) Das Konzept im einzelnen Kernpunkt des Konzepts der Structured Early Intervention and Resolution ist die Verknüpfung detailliert vorgegebener aufsichtsrechtlicher Eingriffsmaßnahmen mit dem Zustand der Eigenkapitalausstattung. Zu diesem Zweck definiert das Gesetz – allerdings unter weitgehendem Verzicht auf zahlenmäßige Vorgaben – fünf Kategorien für die Bewertung der Eigenmittel der Institute:696 – „Well capitalized“: „An insured depository institution is ‚well capitalized‘ if it significantly exceeds the required minimum level for each relevant capital measure.“ – „Adequately capitalized“: „An insured depository institution is ‚adequately capitalized’ if it meets the required minimum level for each relevant capital measure.“ – „Undercapitalised“: „An insured depository institution is ‚adequately capitalized‘ if it fails to meet the required minimum level for any relevant capital measure.“ – „Significantly undercapitalised“: „An insured depository institution is ‚significantly undercapitalized‘ if it is significantly below the required minimum level for any relevant capital measure.“ – „Critically undercapitalized“: „An insured depository institution is ‚critically undercapitalized‘ if it fails to meet any level specified under subsection (c)(3)(A) of this section.“ 693

Hierzu Born, S. 170 ff. Vgl. Benston/Kaufman, in: Kaufman (Hrsg.), Reforming Financial Institutions, S. 1. 695 Ausf. zu den Hintergründen der Reform ebd., S. 2 ff., zu den entsprechenden Vorschlägen und ihrer Aufnahme in Literatur, aufsichtsrechtlicher Praxis und der Gesetzgebung ebd., S. 5 ff. Einen ausf. Überblick über die Neuregelungen und deren Hintergründe bietet auch Olson, in: Lastra/Schiffman (Hrsg.), S. 107 ff. 696 Siehe 12 U.S.C. § 1831o (b). 694

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Während die zuständigen Bundesaufsichtsbehörden ansonsten frei sind, die einzelnen Schwellenwerte durch „Regulation“ zu bestimmen,697 schreibt das Gesetz selbst als Grenzwert für die letztgenannte Stufe ein Verhältnis zwischen Aktiva und eigenem Kapital von 2% vor.698 An die einzelnen Gruppen werden sodann im einzelnen folgende Rechtsfolgen geknüpft: Ist ein Kreditinstitut lediglich „adequately capitalized“, bedarf es zur Einwerbung neuer Einlagen der vorherigen Genehmigung durch die FDIC. Jedes als „undercapitalized“ bewertete Institut ist zunächst verpflichtet, der FDIC einen sog. „capital restoration plan“ zur Genehmigung vorzulegen, in welchem das Institut selbst detaillierte Vorschläge zur Verbesserung der Eigenmittelausstattung zu entwickeln hat und sich auf einen entsprechenden Zeitplan festlegen muß; zugleich sind die Geschäftsbereiche anzugeben, welche das Institut während der Dauer des Plans betreiben möchte.699 Daneben wird die Expansion auf der Passivseite auf das Volumen des jeweiligen Vorjahres beschränkt.700 Die Eröffnung neuer Niederlassungen sowie die Erschließung neuer Geschäftsfelder bedürfen der vorherigen Zustimmung durch die FDIC.701 Institute, die als „significantly undercapitalised“ eingestuft worden sind, sowie solche, die trotz entsprechender Verpflichtung einen „capital restoration plan“ nicht vorgelegt oder nicht im erforderlichen Umfang umgesetzt haben, kann die FDIC verpflichten, neues Eigenkapital durch Emission von Aktien einzuwerben. Ferner kann ihnen verboten werden, Geschäfte mit verbundenen Unternehmen einzugehen, Zinsen auf Einlagen oberhalb einer durch die Aufsicht zu bestimmenden Grenze zu zahlen oder bestimmte Geschäftstypen einzustellen. Die FDIC hat das Recht, die Bestellung neuer oder die Abberufung amtierender Geschäftsleiter oder leitender Angestellter zu erzwingen. Die Zahlung über ein normales Angestelltengehalt hinausgehender Bezüge an leitende Angestellte bedarf der vorherigen Zustimmung. Schließlich wird das Recht eingeräumt, die Liquidation von Tochtergesellschaften oder anderweit verbundenen Unternehmen zu verlangen.702 Bei „critically undercapitalized institutions“ schließlich hat die FDIC 90 Tage nach Eintritt dieses Zustands einen „Receiver“ zu bestellen, also die (aufsichtsrechtlich geprägte) Zwangsverwaltung über das betroffene Institut 697 Zur Ausgestaltung der Eigenmittelanforderungen in den USA etwa Olson, in: Lastra/Schiffman (Hrsg.), S. 107, 125 ff.; speziell zum FDICIA Benston/Kaufman, in: Kaufman (Hrsg.), Reforming Financial Institutions, S. 99, 115. 698 Siehe 12 U.S.C. 1831o (c)(3)(A), (B). 699 12 U.S.C. 1831o (e)(2). 700 12 U.S.C. 1831o (e)(3). 701 12 U.S.C. 1831o (e)(4). 702 12 U.S.C. 1831o (f).

1. Abschnitt: § 7 Rechtsvergleich und Bewertung

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anzuordnen.703 Maßgeblich für die Anwendung des Gesetzes ist der Grundsatz der Krisenbewältigung auf die Art und Weise, die für die Einlagensicherung langfristig die geringstmögliche Kostenbelastung verursacht.704 Die im einzelnen zuständigen Aufsichtsbehörden sowie die FDIC selbst werden ausdrücklich darauf verpflichtet, auf erkannte Problemsituationen unmittelbar nach Maßgabe des Gesetzes zu reagieren.705 c) Bewertung Eine erschöpfende Behandlung des US-amerikanische Konzepts der Structured Early Intervention and Resolution würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit – ebenso wie ein detaillierter Vergleich mit den Handlungsalternativen des deutschen und englischen Aufsichtsrechts – sprengen,706 so daß sich die folgenden Ausführungen auf wenige Aspekte zu beschränken haben. In jedem Fall ist das Konzept eine durchaus innovative Möglichkeit, die Aufsicht auf bestimmte Handlungsformen festzulegen. Auch wenn sicherlich auch hier erhebliche Spielräume für die Rechtsanwendung bestehen,707 so wird doch die Krisenbewältigung nicht ausschließlich in das Ermessen der Aufsicht gestellt. Es ist vielmehr gerade Hauptziel der Reform, dieses Ermessen stärker zu beschneiden. Obwohl die Berechtigung umfassenden Ermessens und weitgehender tatbestandlicher Einschätzungsspielräume für die Staatsaufsicht über die Wirtschaft in Deutschland grundsätzlich anzuerkennen ist,708 dürfte das Modell durchaus auch mit Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vorrangs und Vorbehalts des Gesetzes,709 zu denen die Einräumung weiter Handlungsspielräume für die Aufsicht im Vertrauen auf deren besondere Fachkenntnis im Spannungsverhältnis steht, von gewissem Reiz sein. Stärker als im deutschen und englischen Recht werden im Modell der SEIR jedenfalls schon die „Vorfeldkompetenzen“ der Aufsicht an konkrete, zum Eingreifen verpflichtende Parameter gebunden, denen damit nicht lediglich die Funktion bestimmte Anordnungen gestattender Tatbestände zukommt, sondern die – wie im Prinzip die Insolvenzgründe in Verbindung mit einer gesellschafts703

12 U.S.C. 1831o (h)(3). 12 U.S.C. 1831o (a)(1). 705 12 U.S.C. 1831o (a)(2). 706 Siehe dazu etwa Olson, in: Lastra/Schiffman (Hrsg.), S. 107, 125 ff.; Benston/ Kaufman, in: Kaufman (Hrsg.), Reforming Financial Institutions, S. 99 ff.; ferner Asser, S. 60 f. 707 Asser, S. 60 f. 708 Siehe dazu nur Maurer, § 7 Rn. 26 ff. m. w. N. 709 Ebd., § 6 m. w. N. 704

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

rechtlichen Antragspflicht der jeweiligen Geschäftsleitung – eine Art automatischer Auslöser für korrigierende Maßnahmen darstellen. Grundvoraussetzung für die Funktionsfähigkeit einer derartigen gestuften Eingriffskompetenz ist indessen evidentermaßen die Wahl der richtigen tatbestandlichen Eingriffsvoraussetzungen, im US-amerikanischen Modell also die Ausfüllung der fünf Kategorien für die Bewertung der Kapitalisierung der beaufsichtigten Kreditinstitute.710 Damit sind zwei miteinander verknüpfte Fragen aufgeworfen. Zum einen geht es um die Tauglichkeit von Eigenmittelstandards zur Bewertung von Kreditinstituten im allgemeinen,711 zum anderen um die Möglichkeit, durch Bilanzierungsvorgaben insbesondere das spezifisch aus bestimmten Geschäften712 resultierende Risiko zeitnah und realistisch713 zu erfassen und damit einen verläßlichen Anknüpfungspunkt für die angemessene Kalibrierung zu gewinnen. Auch diese Aspekte können vorliegend nicht im Detail abgehandelt werden;714 sie stehen zudem im Kontext einer gegenwärtig durchaus dynamischen Debatte um die Erarbeitung international einheitlicher Bilanzierungsgrundsätze im allgemeinen715 und die Neugestaltung der aufsichtsrechtlichen Eigenmittelanforderungen durch den Basler Ausschuß für Bankenaufsicht („Basel II“) im besonderen,716 deren Bewährung in der Praxis abzuwarten bleibt. Die Notwendigkeit einer Aufspaltung der bislang in erster Linie als einheitlicher Richtwert konzipierten Kapitaladäquanzmaßstäbe in präzisere Tatbestandsgruppen zur Auslösung jeweils konkret gesetzlich umrissener Eingriffe in den Geschäftsbetrieb bis hin zu einer (im Aufsichts- oder im allgemeinen Insolvenzrecht verankerten) Zwangsverwaltung dürfte die kon710 So auch Benston/Kaufman, in: Kaufman (Hrsg.), Reforming Financial Institutions, S. 99, 114. 711 Ggf. als alleiniger Standard: In diesem Zusammenhang ist von Interesse, daß nach dem FDICIA die Aufsicht grundsätzlich befugt ist, Institute ungeachtet ihres Kapitalisierungsgrads im Rahmen der fünf Eingriffstatbestände herabzustufen, wenn diese gegen anderweitige aufsichtsrechtliche Vorgaben verstoßen und damit insgesamt als unsicher erscheinen, vgl. 12 U.S.C. 1831o (g). Zur Funktion aufsichtsrechtlicher Eigenmittelstandards schon oben § 3 sub B. II. 3. a) m. w. N. 712 Vgl. etwa zum Kreditrisiko und Möglichkeiten, dieses effektiv zu kontrollieren, o.V., Banks and credit risk: Bombe surprise, The Economist, 9.2.2002, S. 65 f. unter Hinweis auf neuere Forschungsergebnisse. 713 Ein Schwachpunkt der Regelungen des FDICIA scheint die Bewertung nach dem Buchwertprinzip statt dem Marktwertprinzip zu sein, vgl. Benston/Kaufman, in: Kaufman (Hrsg.), Reforming Financial Institutions, S. 99, 114. 714 Zu Fragen der Bankbilanzierung sowie der Ausgestaltung aufsichtsrechtlicher Eigenmittelstandards siehe aus dem deutschsprachigen Schrifttum etwa die Arbeiten von Bieg und Burghof. 715 Siehe etwa o.V., International accounting standards: The impossible dream, The Economist, 2.3.2002, S. 73. 716 Siehe dazu oben § 3 sub B. II. 3. a).

2. Abschnitt: Auswirkungen der verfahrensförmigen Krisenbewältigung

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troverse Debatte um eine stärkere Risikoorientierung der Eigenmittelanforderungen jedenfalls noch komplizieren. Ob sich damit eine Übernahme des US-amerikanischen Konzepts auf die hier diskutierten Rechtsordnungen wirklich so wird realisieren lassen, daß sich gegenüber dem derzeit sehr weitgehenden Ermessen der Aufsicht sichtbare Vorteile ergäben, ist nach allem zumindest zweifelhaft. Es scheint, daß die Entscheidung des englischen Rechts gegen die Möglichkeit einer umfassenden aufsichtsseitigen Vermögenssicherung im Insolvenzfall, vielleicht in Verbindung mit dem Verzicht auf ein monopolisiertes Insolvenzantragsrecht, ihrerseits durchaus disziplinierende Wirkungen zu entfalten mag, die eine Politik des „aufsichtsrechtlichen Zuwartens“ mit katastrophalen Folgen zumindest weniger wahrscheinlich machen dürfte. Selbst im Fall der BCCI, in dem das Hinauszögern der Liquidation weithin kritisiert worden ist,717 wurde dies nicht zuletzt auch auf die unklaren Verhältnisse hinsichtlich der Zuständigkeit der Bank of England gegenüber den Behörden in Luxemburg zurückgeführt, wo das Bankhaus zugelassen worden war.718 Der Fall wird daher jedenfalls nicht zwingend als Gegenbeispiel für diese These zitiert werden können, zumal die Annahme nicht fernliegt, daß gerade aufgrund der Erfahrungen aus diesem Fall künftig mit einem rascheren und konsequenteren Einschreiten zu rechnen ist.

2. Abschnitt

Auswirkungen der verfahrensförmigen Krisenbewältigung Nach der im vorstehenden Abschnitt erfolgten Untersuchung der verschiedenen in beiden Rechtsordnungen zur Verfügung stehenden Eingriffsmöglichkeiten sollen nunmehr deren Auswirkungen auf bestimmte banktypische Rechtsverhältnisse in den Blick genommen werden. Entsprechend dem oben dargelegten Befund, daß (im wesentlichen bereits de lege lata) nur dieser Kategorie sinnvoll zivilrechtliche Auswirkungen beigelegt werden können, werden dabei ausschließlich diejenigen Handlungsalternativen für die Krisenbewältigung untersucht, die über unternehmensintern wirkende Maßnahmen hinausgehen, also die Anordnung eines umfassenden aufsichtsrechtlichen „Moratoriums“ nach § 46a KWG im deutschen Recht bzw. die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sowohl im deutschen als auch im englischen Recht. 717 718

Siehe die Nachw. oben § 2 sub C. II. Vgl. zu diesem Aspekt den „Bingham-Report“, Tz. 3.1, 3.29 f.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Weder sinnvoll noch praktikabel wäre insoweit ein Versuch, die Auswirkungen derartiger Maßnahmen auf alle (auch) bei Kreditinstituten denkbaren Rechtsverhältnisse mit Dritten erschöpfend darzulegen, zumal deren Behandlung vielfach keine Besonderheiten gegenüber der Insolvenz eines Nichtbankenunternehmens aufweist. Die Untersuchung konzentriert sich daher auf die Auswirkungen der Verfahrenseröffnung auf den Zahlungsverkehr und schwebende Finanzkontrakte und damit zwei potentielle Risikoquellen für die Systemstabilität; daneben geht es um die Auswirkungen der Bankeninsolvenz auf die Rechtsverhältnisse mit den Konteninhabern. Im folgenden Unterabschnitt (§ 8) wird zunächst ein knapper allgemeiner Überblick über die Auswirkungen der einzelnen Maßnahmen auf schwebende Rechtsverhältnisse gegeben werden, der im wesentlichen die bereits erarbeiteten Ergebnisse aufnimmt und die Grundlage für die nachfolgende Untersuchung bildet. Vielfach beruhen die Regelungen für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs und der zum Zeitpunkt des Verfahrensbeginns schwebenden Finanzmarktkontrakte indes nicht allein auf den sogleich im Anschluß zusammengestellten insolvenz- (bzw. im Deutschland aufsichtsrechtlichen) Vorschriften über die zivilrechtlichen Auswirkungen der Verfahrenseröffnung, sondern vielmehr auch und gerade auf der privatautonomen Gestaltung durch die betroffenen Parteien (einschließlich der Zentralbank als Betreiberin von Zahlungssystemen) als Reaktion auf die allgemeinen Regeln. Die Untersuchung der Konsequenzen dieser Regelungen für den Zahlungsverkehr (unten § 9 zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs über Zahlungssysteme und § 10 zum Rechtsverhältnis zwischen den beteiligten Kreditinstituten und den Kontoinhabern) wie auch zu den Auswirkungen der Verfahrenseröffnung auf Finanzmarktkontrakte, insbesondere auf schwebende Derivategeschäfte (§ 11), hat deshalb nicht allein den insolvenzrechtliche Regelungskatalog isoliert zu betrachten, sondern insbesondere auch die Wechselbeziehungen dieser Normen zu den korrespondierenden vertraglichen Regelungen, mit denen die beteiligten Parteien selbst den besonders gelagerten Problemen der Bankeninsolvenz Rechnung getragen haben. Die Wirkungen der Verfahrenseröffnung sind insoweit vielfach eher mittelbarer Natur, nämlich auf die insolvenzrechtliche Anerkennung (oder Nichtanerkennung) privatautonomer Gestaltungen reduziert, die ihrerseits auf einem komplexen Gefüge aus technischen Notwendigkeiten, Marktgepflogenheiten und rechtlichen Wertungen beruhen.

2. Abschnitt: § 8 Rechtsfolgen der Verfahrenseröffnung im allgemeinen

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§ 8 Rechtsfolgen der Verfahrenseröffnung im allgemeinen A. Deutschland I. Die Auswirkungen der Anordnungen nach § 46a KWG

1. Fehlende gesetzliche Regelung als Ausgangspunkt Wie bereits angedeutet, enthält sich das Kreditwesengesetz jedweder Aussage zu den zivilrechtlichen Konsequenzen der Anordnungen nach § 46a KWG; selbst die allgemein angenommene Auslegung des Veräußerungsund Zahlungsverbots nach § 46a I 1 Nr. 1 KWG als relatives Verfügungsverbot i. S. d. §§ 135, 136 BGB ist, wie ermittelt, nicht ganz zweifelsfrei.719 Schon daraus läßt sich ableiten, daß die Bestimmung der Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr und die Abwicklung schwebender Finanzmarktkontrakte Probleme sich auf dogmatisch schwankendem Grund bewegt. 2. Zur sog. „Stundungswirkung“ des Moratoriums a) Streitstand Die wohl herrschende Meinung im Schrifttum nimmt an, das Veräußerungs- und Zahlungsverbot nach § 46a I 1 Nr. 1 KWG habe eine behördlich angeordnete „Stundung“ bezüglich der Ansprüche Dritter zur Folge.720 Damit wären zunächst Sekundäransprüche der Gläubiger wegen der Nichterfüllung ihrer Forderungen während der Dauer der aufsichtsrechtlichen Maßnahmen ausgeschlossen. Ist nämlich „Stundung“ nach herrschender Auffassung „das Hinausschieben der Fälligkeit bei Bestehenbleiben der Erfüllbarkeit“,721 so gerät die Bank als Anspruchsgegnerin jedenfalls nicht in Verzug. Zugleich wird mit der Stundungswirkung auch die Unzulässigkeit einer Aufrechnung während der Dauer der Sicherungsmaßnahmen begründet.722 719

Siehe oben § 5 sub B. II. 3. a) bb) (c). Vgl. in diesem Sinne Beck/Samm, § 46a KWG Rn. 15; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46a KWG Rn. 4a; ebenso Pannen, Krise und Insolvenz, S. 37 f.; Zietsch, WM 1997, 954, 956 f. 721 Siehe statt aller MünchKomm(BGB)-Krüger, § 271 BGB Rn. 21; Palandt/ Heinrichs, §§ 271, 272 BGB Rn. 12. 722 Zietsch, WM 1997, 954, 956 f.; ähnlich Beck/Samm, § 46a KWG Rn. 17. Ein Aufrechnungsverbot für die Dauer des aufsichtsrechtlichen Moratoriums vertreten – unter Analogie zum Aufrechnungsverbot für das eröffnete Konkursverfahren – weiterhin auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 518a a. E.; Neeff, S. 164 ff. Gegen ein 720

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Die oben zitierten Stimmen können sich bereits auf eine entsprechende Formulierung der Gesetzesbegründung stützen, wonach das Moratorium die „Wirkung einer Stundung“ habe.723 Die Auffassung geht zurück auf eine Entscheidung des Reichsgerichts zu der dem § 46a KWG entsprechenden Vorschrift des § 89 I VAG (§ 69 VAG a. F.), die folgendes ausgeführt hatte: „Wenn dem Schuldner verboten wird, zu zahlen, so wird damit gleichzeitig dem Gläubiger verboten, zu fordern. Tut er es dennoch, so kann sich der Schuldner ihm gegenüber auf das Zahlungsverbot berufen, weil es einer Verurteilung des Schuldners zu sofortiger Zahlung entgegensteht. Das zeitweilige Zahlungsverbot bedeutet eine von der zuständigen Behörde im gesetzlich geordneten Verfahren bewilligte Stundung und der Einwand der Stundung ist ein materieller, gegen den Anspruch selbst gerichteter Einwand.“724

Insbesondere Huber,725 aber auch Neeff 726 und, beiden folgend, Lindemann727 haben dieser Lesart freilich widersprochen und nehmen ein bloßes rechtliches Leistungshindernis für Zahlungspflichten des betroffenen Kreditinstituts an, das ggf. zu einem Ersatzanspruch etwa des Kontoinhabers wegen Nichterfüllung führen könne.728 b) Stellungnahme Die herrschende Auffassung erscheint problematisch. Der Wortlaut der Bestimmung ist unklar. Zutreffend ist insoweit auf die Diskrepanz zur Bestimmung des § 47 KWG aufmerksam gemacht worden, der für das durch die Bundesregierung in besonderen Krisenzeiten729 anzuordnende Moratorium im Unterschied zu § 46a I 1 Nr. 1 KWG von der Gewährung eines „Aufschub[s] für die Erfüllung [der] Verbindlichkeiten“ betroffener Kreditinstitute spricht und mithin deutlicher als die vorliegend zu untersuchende Vorschrift in die Richtung einer behördlich angeordneten Stundung weist.730 Allerdings ist dieses Argument sicherlich nicht zwingend. Aufrechnungsverbot unter Hinweis auf die Rechtslage im Vergleichsverfahren hingegen Obermüller, FS Uhlenbruck, S. 365, 381 f. 723 Vgl. den Bericht des Finanzausschusses, BT-Drs. 7/4631, S. 8. 724 RG, Urt. v. 22.1.1926 – VI 413/25, RGZ 112, 348, 350. 725 Auswirkungen, S. 121 ff., insbes. S. 127 ff. 726 S. 202 f. 727 Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 23 f. 728 So Huber, Auswirkungen, S. 138 i. V. m. S. 90 ff.; Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 23 f.; diese Konsequenz zieht Neeff, ebd., freilich nicht. 729 Siehe dazu noch unten § 17 sub B. II. 2. 730 Vgl. Huber, Auswirkungen, S. 133; ihm folgend auch Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 24.

2. Abschnitt: § 8 Rechtsfolgen der Verfahrenseröffnung im allgemeinen

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Ebenso wenig zwingend ist allerdings der von der herrschenden Meinung weithin angeführte Hinweis auf die Gesetzesbegründung, die gerade nicht konstatiert, das Moratorium bewirke eine Stundung, sondern lediglich feststellt, es habe „die Wirkung“ einer solchen.731 Diese „Wirkung“ – den Aufschub der unmittelbaren Durchsetzung von Zahlungspflichten – hat das Veräußerungs- und Zahlungsverbot für das betroffene Institut nämlich unbestreitbar, ohne daß daraus jedoch zwangsläufig bereits der Ausschluß möglicher Sekundäransprüche folgte. Auch die vom Finanzausschuß in der Begründung zur Vorschrift des § 46a KWG gewählte Formulierung ist mithin durchaus offen. Allerdings kann wohl in der Tat angenommen werden, daß der Gesetzgeber eher von einer Stundung im Rechtssinne ausging, wie sich aus der bereits erwähnten, in der Literatur zum Versicherungsaufsichtsgesetz weithin anerkannten732 Rechtsprechung des Reichsgerichts zur Parallelvorschrift des § 89 I VAG ergibt. Damit ist fraglich, ob diese eine tragende Begründung für die herrschende Ansicht bietet. Auch dies erscheint indes fraglich. In der Tat733 stößt bereits die Prämisse auf Bedenken, ein Zahlungsverbot ziehe stets auch das Verbot gegenüber dem jeweiligen Gläubiger mit sich, seine Forderung geltend zu machen. Tatsächlich wird man darin eine petitio principii sehen müssen, denn der Charakter des Verbots als behördlich angeordnete Stundung wird darin vorausgesetzt, während ebenso auch eine rechtliche Unmöglichkeit angenommen werden könnte.734 Auch ein Vergleich mit den Verfügungsverboten im Insolvenzeröffnungsverfahren, für welche eine Auslegung als Stundung, soweit ersichtlich, bislang nicht in Erwägung gezogen worden ist, spricht gegen die herrschende Ansicht. Fraglich könnte allenfalls sein, ob der Gesetzeszweck des Moratoriums eine solche Auslegung zwingend erforderte. Doch auch insoweit bestehen Zweifel. Wie gesehen, ist Ziel der Anordnung nach § 46a I 1 Nr. 1 KWG zunächst in erster Linie die Vermögenssicherung, um ein weiteres finanzielles „Ausbluten“ des betroffenen Kreditinstituts im Interesse einer nachfolgenden Sanierung oder – praktisch wahrscheinlicher – einer geordneten, insolvenzförmigen Liquidation unter gleichmäßiger Befriedigung aller Gläubiger zu verhindern. Auf den ersten Blick ist dabei die Annahme der Stundungswirkung zwar in der Tat im Interesse der Bank und damit der Gläubigergemeinschaft insgesamt. 731

Oben bei und in 2. Teil Fn. 723. Siehe etwa Prölss/R. Schmidt-Kollhosser, § 89 VAG Rn. 9. 733 Zu Recht kritisch insoweit Huber, Auswirkungen, S. 127 f. 734 Siehe die Beispiele für Fälle rechtlicher Unmöglichkeit in RG, Urt. v. 27.5. 1921 – II 525/20, RGZ 102, 203, 205 (Übereignung einer Sache, deren Lieferung durch Gesetz verboten war); vgl. ferner MünchKomm(BGB)-Emmerich, § 275 BGB Rn. 72. 732

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Diese Lesart kontrastiert aber in augenfälliger Weise mit der Vorschrift des § 103 II 1 InsO, die bei Ablehnung der Erfüllung eines gegenseitigen Vertrags durch den Insolvenzverwalter die Geltendmachung einer „Forderung wegen der Nichterfüllung“ zuläßt. Ebensowenig scheidet im Insolvenzverfahren – jedenfalls grundsätzlich – bei bereits bestehenden Aufrechnungslagen die Aufrechnung durch Gläubiger aus (vgl. §§ 94 ff. InsO). Die den Maßnahmen nach § 46a KWG funktional entsprechenden Sicherungsmaßnahmen im Insolvenzeröffnungsverfahren begründen nach überwiegender Auffassung kein Aufrechnungsverbot; Aufrechnungen sind allenfalls später im Wege der Insolvenzanfechtung rückwirkend zu beseitigen.735 Die Konstruktion eines Aufrechnungsverbots für das aufsichtsrechtliche Moratorium wäre mithin auch systematisch unstimmig und ist daher abzulehnen. II. Auswirkungen der Insolvenzeröffnung und des Eröffnungsverfahrens

1. Der Eröffnungsbeschluß als Zäsur Für das Insolvenzverfahren ist gesetzlich klargestellt, daß erst mit dem Eröffnungsbeschluß die „Umstellung“ der vertraglichen und außervertraglichen Verbindlichkeiten des Gemeinschuldners auf die insolvenzförmige Abwicklung im kollektiven Verfahren vollzogen wird und also über eine die bloß sichernde Wirkung der Maßnahmen nach §§ 21 ff. InsO hinausgehende Folgen eintreten sollen: Erst ab diesem Moment ist der Verlust der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners über die Insolvenzmasse endgültig (vgl. §§ 80 I, 35, 36 InsO), setzt das Wahlrecht des Insolvenzverwalters bezüglich nicht erfüllter Verträge ein (§ 103 InsO), kommt es ipso iure zu Auswirkungen auf bestimmte Schuldverhältnisse (vgl. §§ 115 ff. InsO) und kann der Insolvenzverwalter vorangegangene Rechtshandlungen des Schuldners nach Maßgabe der §§ 129 ff. InsO anfechten. Erst nach dem Eröffnungsbeschluß schließlich erfolgt die Verwertung der Masse durch den Insolvenzverwalter (§§ 148 ff. InsO); in dem Eröffnungsbeschluß liegt nicht nur im Hinblick auf die Verpflichtungsgeschäfte eine „Zäsur“:736 das Ende der freien rechtsgeschäftlichen Handlungsmacht des Gemeinschuldners und deren Überleitung in die Vermögensauseinandersetzung im kollektiven Insolvenzverfahren. 735 Siehe unten sub II. 2. Die von Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 518a vorgeschlagene Heranziehung der Vorschriften über das Konkursverfahren überzeugt deshalb nicht. 736 MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 24 InsO Rn. 13 (für Verfügungsverbote nach § 21 InsO).

2. Abschnitt: § 8 Rechtsfolgen der Verfahrenseröffnung im allgemeinen

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2. Die Insolvenzaufrechnung Die Zulässigkeit der Insolvenzaufrechnung bestimmt sich, wie bereits ausgeführt, nach den §§ 94 ff. InsO. Danach gilt grundsätzlich, daß bei Verfahrenseröffnung bestehende Aufrechnungslagen von den Rechtswirkungen der Insolvenz unberührt bleiben. Der Gläubiger braucht seine Forderung nicht im Anmeldungs- und Feststellungsverfahren (§§ 174 ff. InsO) geltend zu machen, sondern kann sich durch Aufrechnung mit seiner Forderung gegen die Forderung der Bank befriedigen. Ausgeschlossen ist die Aufrechnung, wenn die Voraussetzungen der Aufrechnung erst nach Verfahrensbeginn eingetreten oder in anfechtbarer Weise begründet worden sind (§ 96 InsO).737 Demgegenüber ist wohl unstreitig, daß ähnliche Beschränkungen für das Insolvenzeröffnungsverfahren nicht gelten; die Aufrechnung durch einen Insolvenzgläubiger mag insoweit unter Umständen später anfechtbar sein, doch bleibt sie grundsätzlich zulässig.738 Die „These, daß im Insolvenzrecht der aufrechnende und der vollstreckende Gläubiger einander gleichzustellen seien“, ist unzutreffend; der mit dem Eröffnungsbeschluß bewirkte Masseschutz geht durchaus weiter als die Sicherungsmaßnahmen im Vorverfahren.739 B. England I. Überblick

Im englischen Recht entfallen mit dem Fehlen eines umfassenden, über bloß punktuelle administrative Eingriffe hinausgehenden aufsichtsrechtlichen Vorverfahrens auch entsprechende Auswirkungen auf die Rechtsverhältnisse mit den Einlegern, so daß sich die Darstellung auf das allgemeine 737 Zu beachten ist dabei, daß die für § 96 I Nr. 3 i. V. m. §§ 130 ff. InsO maßgeblichen Fristen durch § 46c KWG insoweit modifiziert werden, als bei der Berechnung an den Tag des Erlasses einer Maßnahme nach § 46a I KWG anzuknüpfen ist. 738 Siehe schon (freilich mit Blick auf die Aufrechnung der Bank in der Insolvenz des Kunden) zum Vergleichsverfahren BGH, Urt. v. 20.10.1986 – II ZR 293/ 85, BGHZ 99, 36, 38 ff.; allgemein zur Sequestration BGH, Beschl. v. 4.6.1998 – IX ZR 165/97, ZIP 1998, 1319; für die InsO Gerhardt, ZZP 109 (1996), 415, 420 ff.; HK-Kirchhof, § 24 InsO Rn. 7; MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 24 InsO Rn. 14; MünchKomm(InsO)-Brandes, § 94 InsO Rn. 43 f.; FK-Schmerbach, § 24 InsO Rn. 11 f.; die entgegengesetzte Auffassung vertrat im Anschluß an Canaris zur KO noch OLG Celle, Urt. v. 22.4.1998 – 3 U 168/97, ZIP 1998, 1232 f.; offen Kübler/Prütting-Pape, § 24 InsO Rn. 7. 739 Ausf. Gerhardt, ZZP 109 (1996), 415, 420 f. m. w. N.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Insolvenzrecht konzentrieren kann. Doch ist zu berücksichtigen, daß die Auswirkungen der vorliegend in erster Linie zu untersuchenden Verfahrensarten der Administration und des Winding-up, ihren unterschiedlichen Verfahrenszielen gemäß,740 voneinander abweichen – und mit ihnen auch die Konsequenzen für die Rechtsverhältnisse einer Bank mit den Kontoinhabern und den Zahlungsverkehr. Ähnlich wie im deutschen Recht, erfolgt sowohl im Verfahren der Administration als auch im Winding-up die Umstellung auf die verfahrensförmige Liquidation bzw. (in der Administration) die Verwaltung des Schuldnervermögens zur Erreichung eines der gesetzlich definierten Verfahrensziele.741 Zuvor bleibt es wie im deutschen Insolvenzeröffnungsverfahren im Prinzip bei der Sicherung des schuldnerischen Vermögens in der oben in §§ 5, 6 näher untersuchten Form. Nochmals ist freilich darauf hinzuweisen, daß insbesondere dann, wenn – wie häufig bei Bankeninsolvenzen742 – die Administration als Verfahrensart gewählt wird, sehr schnell, bisweilen sogar unmittelbar das Verfahren ohne „Vorschaltung“ einer reinen „Sicherungsstufe“ eingeleitet wird, so daß die rechtsgestaltenden Wirkungen der Eröffnung eine wichtigere Rolle spielen als im deutschen Recht. Wie dargetan, erfolgt die Überleitung in ein förmliches Verfahren mithin in einem dynamischeren Stadium der Krise – unter Umständen mitten im Geschäftsbetrieb, wobei zu beobachten ist, daß in der Praxis die Verfahrenseröffnung im Regelfall743 vorgenommen wird, wenn die Geschäftsaktivitäten (etwa am Wochenende) ruhen und die Auswirkungen auf laufende Tagesgeschäfte schon deshalb geringen Ausmaßes sind. II. Die Auswirkungen des Winding-up im Überblick

Mit der Eröffnung des Winding-up sind neben den oben bereits erwähnten Rechtswirkungen (Einstellung laufender Verfahren, Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse)744 auch im englischen Recht die gewissermaßen „klassischen“ Folgen einer Insolvenzeröffnung verbunden, u. a. die Befugnis zur Anfechtung (ss. 238 ff. Insolvency Act 1986 – „adjustment of prior transactions“).745 Während Arbeitsverträge mit Angestellten des schuldnerischen Unternehmens ipso iure erlöschen,746 hat der Insol740

Siehe dazu oben § 5 sub C. I. 2. a), c). Zu letzterem oben § 5 sub C. I. 2. c). 742 Zu den Gründen oben § 5 sub C. I. 2. c), § 6 sub C. III. 3. 743 Beispiele hierfür bieten die bereits erwähnten Fälle Chancery und Barings, in denen das Verfahren jeweils nicht mitten in der Geschäftswoche eröffnet worden ist, sondern jeweils an deren Ende (siehe oben § 5 sub C. III. 4. b)). 744 Siehe oben § 6 sub C. III. 2. a). 745 Vgl. hierzu etwa Goode, Principles, Kap. 11; Fletcher, Rn. 26-025 ff. 741

2. Abschnitt: § 8 Rechtsfolgen der Verfahrenseröffnung im allgemeinen

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venzverwalter für alle anderen vertraglichen Schuldverhältnisse grundsätzlich ein Wahlrecht und kann für die Masse günstige Verträge erfüllen, muß dies aber nicht, was sich aus der generellen Kompetenz zum Disclaimer of onerous property nach ss. 178 ff. Insolvency Act 1986 ergibt.747 Eine Forderung wegen der Nichterfüllung ist als Insolvenzforderung anzumelden und wird zur Quote abgegolten.748 Dieses Wahlrecht kann aber nicht im Sinne eines fortlaufenden Geschäftsbetriebs ausgeübt werden; dieser ist vielmehr nur mit Genehmigung des Gerichts und nur insoweit zulässig, als er dem Liquidationszweck günstig ist.749 Generell sind die verfahrensrechtlichen Vorgaben für die Tätigkeit des Insolvenzverwalters auf eine zügige Liquidation ausgerichtet – ein rasches „swelling of the assets“ im Interesse der Gläubiger.750 Gegenseitige Geldforderungen werden dabei ipso iure miteinander verrechnet, wenn noch keine Aufrechnung nach allgemeinen Regeln erfolgt ist.751 Im Fall Stein v. Blake hat das House of Lords entschieden, daß aufgrund dieser Regelung die Abtretung einer Forderung gegen einen Insolvenzgläubiger (bzw. der Forderung eines Insolvenzgläubigers bei Gegenforderungen der Masse) bis zur Höhe, in dem sich beide Forderungen wechselseitig und aufrechenbar gegenüberstehen, unzulässig ist; lediglich der Saldo existiert als selbständige und abtretbare Forderung.752 III. Die Auswirkungen der Administration

Die Rechtswirkungen der Administration ähneln zwar dem Winding-up insofern, als der Administrator, wie bereits dargelegt, umfassend in die Rechte des Gläubigers eintritt und volle Verwaltungs- und Verfügungsmacht über das schuldnerische Vermögen erhält.753 Anders als im Winding-up und entsprechend dem Verfahrenszweck der Sanierung des betroffenen Unternehmens, bleibt es hinsichtlich der laufenden Rechtsverhältnisse jedoch zu746 Vgl. Re General Rolling Stock Co. (Chapman’s Case), (1866) L.R. 1 Eq. 346; dazu Schumacher, S. 25. 747 Vgl. Fletcher, Rn. 24-003 ff.; Goode, Principles, S. 127 ff. 748 S. 178(6) Insolvency Act 1986. 749 Sch. 4, para. 5 i. V. m. s. 167(1)(a) Insolvency Act 1986. Die Erlaubnis wird regelmäßig nur dann erteilt, wenn keine neuen Verbindlichkeiten zu Lasten der Masse zu erwarten sind, vgl. Re Mawcon Ltd. [1969] 1 All. E.R. 188. 750 Vgl. Goode, Principles, S. 133. 751 Insolvency Rules, r. 4.90 (sog. „insolvency set-off“), siehe hierzu und zum Verhältnis zur normalen schuldvertraglichen Aufrechnung Goode, Principles, S. 172 ff., insbes. S. 177 f., 184 ff. 752 Stein v. Blake [1996] 1 A.C. 243, 250 ff., per Lord Hoffmann. 753 Siehe S. 234 Insolvency Act 1986.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

nächst beim status quo.754 Wesentlicher Effekt der Administration order ist nach bisherigem Recht die Aufrechterhaltung und Verschärfung des bereits mit der Antragstellung verbundenen Statutory moratorium755 sowie nach neuem Recht das „Interim moratorium“;756 ansonsten hat die Verfahrenseröffnung keine rechtsgestaltende Wirkung. Dem Administrator steht – anders als dem Liquidator im Winding-up – kein Wahlrecht bezüglich schwebender Rechtsverhältnisse zur Verfügung. Vielmehr handelt der Administrator als „agent“ für das betroffene Unternehmen und innerhalb seiner bestehenden Verpflichtungen; bricht er diese, dann greifen grundsätzlich die normalen schuldrechtlichen Rechtsbehelfe (einschließlich Schadensersatz),757 und der Gläubiger kann ggf. die Vertragserfüllung im Wege der injunction erzwingen.758 In Ausnahmefällen kann der Administrator freilich nach s. 14(3) Insolvency Act 1986 eine Weisung des Gerichts erwirken, die ihm den Bruch einer vorinsolvenzlichen Verpflichtung ermöglicht, und zwar dann, wenn die Vertragserfüllung die Interessen des schuldnerischen Unternehmens und damit letztlich auch den Verfahrenszweck ernsthaft zu schädigen geeignet ist. In derartigen Fällen 754

Allerdings können sich unter Umständen Vertragspartner – etwa solche, die im Rahmen Leasingvertrags dem schuldnerischen Unternehmen Ausrüstungsgegenstände zur Verfügung gestellt haben – vom Vertrag lösen; dies ergibt sich aus der Möglichkeit von Ausnahmeentscheidungen des Gerichts nach s. 11(3)(c), (d) Insolvency Act 1986; siehe etwa Re Atlantic Computer Systems plc, [1992] 2 W.L.R. 367, 381 ff., und dazu ausf. Rajani, Tz. B4.1, B4.2; Fletcher, Rn. 16-047 ff. Dabei wird jeweils eine Abwägung getroffen zwischen dem Interesse insbesondere gesicherter Gläubiger an der Realisierung ihrer Sicherheiten und dem Verfahrenszweck; grundsätzlich allerdings sollen die Gläubiger in der Administration nicht gegenüber ihrer Rechtsposition im Winding-up schlechter gestellt werden. 755 Siehe s. 11(3) Insolvency Act 1986. 756 Siehe Sch. B1, para. 44 und zu beidem bereits oben § 5 sub C. III. 3. a). 757 Generell zu „Remedies for breach of contract“ statt aller Goode, Commercial Law, S. 115 ff. 758 Vgl. Fletcher, Rn. 16-061; Rajani, Tz. B7.5; generell zu injunctions bei breach of contract Goode, Commercial Law, S. 118 f. m. w. N. Nach Fletcher ergeben sich die dargelegten Grundsätze aus den analog anwendbaren Vorgaben an office holders [prüfen] in der Entscheidung ex parte James, (1874) L.R. 9 Ch.App. 609, wonach „the exceptional powers vested in such an office holder should not be exercised in such a way as to cause the company to reap windfall benefits at others’ expense, nor should there be any exploitation of legal advantages to avoid obligations which the company ought morally to perform“. Die Verpflichtung zur Vertragserfüllung wird sich mithin lesen lassen als Ausprägung eines allgemeinen Grundsatzes, daß insbesondere die Sanierung des Unternehmens nicht zu Lasten der Gläubiger gehen soll – und damit als eine den deutschen Recht insoweit durchaus verwandte Regel (vgl. § 201 InsO). Die oben sub A. I. 2. geltend gemachten Zweifel an der Berechtigung der herrschenden Annahme einer Stundungswirkung des aufsichtsrechtlichen Moratoriums werden damit auch durch den Rechtsvergleich bestätigt.

2. Abschnitt: § 9 Die Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr I

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scheidet allerdings nur der Rechtsbehelf der Injunction gegen die Erfüllungsverweigerung aus; Schadensersatz kann weiterhin verlangt werden,759 so daß insoweit Gleichlauf mit der Rechtslage im Winding-up hergestellt wird.760 Wie der Liquidator kann auch der Administrator allerdings zurückliegende Transaktionen nach den auch für ihn anwendbaren ss. 238 ff. Insolvency Act 1986 anfechten.761

§ 9 Die Auswirkungen der Verfahrenseröffnung auf den Zahlungsverkehr I: Schutz der Zahlungssysteme A. Grundlagen I. Problembeschreibung

Die Bedeutung von Zahlungssystemen, also „Systemen, die ein Instrumentarium, Prozesse und Vorschriften für Geldtransfers zwischen den Systemteilnehmern umfassen“,762 als Medium der Vernetzung von Banken untereinander zum Zweck der Abwicklung des Zahlungsverkehrs ist bereits oben § 4 angedeutet worden.763 Weiter wurde darauf hingewiesen, daß eben in dieser Vernetzung eine wichtige Ursache für „Ansteckungsgefahren“ bei Bankeninsolvenzen liegt. Der nachfolgende Unterabschnitt wird diese Gefahren und möglichen Lösungen näher untersuchen. Durchaus ähnliche Probleme stellen sich für die Teilnahme von Banken in Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen, die allerdings vorliegend wegen der Vielfalt der technischen Strukturen in beiden Rechtsordnungen und der auch damit zusammenhängenden Komplexität der betreffenden Rechtsprobleme außer Betracht bleiben sollen.764 Die Untersuchung der Zahlungs759 Vgl. Fletcher, Rn. 16-061: „(. . .) it would seem reasonable to suggest that under some circumstances, the company’s best interest might be advanced by the act of breaking a particular contract, rather than in fulfilling it, even at the cost of incurring liability in damages. An administrator forming such a view, if acting bona fide and on a sound professional basis, might avoid being restrained by injunction from following that course of action.“ Siehe auch Rajani, Tz. B7.2 mit der Feststellung, in derartigen Fällen könne unter Umständen ein dem Wahlrecht mindestens gleichwertiges Ergebnis erzielt werden. 760 Siehe oben sub II. bei und in Fn. 748. 761 Siehe im einzelnen dazu schon die Nachw. oben sub II. in Fn. 745. 762 So die Formulierung in BIZ (CPSS), Grundprinzipien, Tz. 1.7. Komplizierter, aber im Ergebnis ähnlich die Definition nach Art. 2 der EG-Finalitätsrichtlinie (RL 98/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.5.1998 über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen, ABlEG. Nr. L 166/45). 763 Siehe nochmals oben § 4 sub B. II. 2. c) cc).

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

systeme soll exemplarisch in die auch für den Wertpapierhandel charakteristischen Probleme einführen. Einführend werden zunächst (sub II.) Netting- und Echtzeitabrechnungssystemen als Grundmodelle kurz in ihren Grundzügen skizziert. Sonach (sub III.) sollen die Bedeutung von Zahlungssystemen für die Stabilität der Finanzmärkte und die mit dem Betrieb von Zahlungssystemen beim Ausfall eines Teilnehmers verbundenen Risiken im einzelnen erörtert werden. Ein weiterer Überblick gilt den europaweit und insbesondere in Deutschland und England gegenwärtig operierenden Zahlungssystemen (sub IV.). Auf dieser Basis werden dann (sub B.) die Vorgaben an die insolvenzrechtliche Behandlung von Zahlungssystemen durch die EG-Richtlinie über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und Abrechnungssystemen (nachfolgend: Finalitätsrichtlinie)765 sowie die Auswirkungen der EG-Richtlinie über Finanzsicherheiten (nachfolgend: Finanzsicherheitenrichtlinie) und abschließend die Umsetzung in Deutschland und England (sub C.) zu untersuchen sein. II. Netto- und Echtzeitabrechnungssysteme als Grundmodelle

Zwei Grundkonzepte haben sich als Basisformen moderner Abrechnungsund Zahlungssysteme herausgebildet: sog. „Netting“- oder „Nettoabrechnungssysteme“ („Net Settlement Systems“)766 sowie Echtzeit- (Brutto-) Abrechnungssysteme („Real Time Gross Settlement Systems“). Während bei letzteren die einzelnen Zahlungsvorgänge im Prinzip767 unmittelbar nach Eingang der jeweiligen Weisung eines Teilnehmers in das System eingestellt und ausgeführt werden,768 werden bei Nettosystemen mehrere solcher 764 Vgl. hierzu noch die Nachw. unten im Zusammenhang mit der Diskussion einzelner Aspekte. Aktuelle Informationen zum Entwicklungsstand entsprechender gemeinschaftsweiter Standards bringt die Europäische Kommission, GD Binnenmarkt, auf der Internetseite www.europa.eu.int/comm/internal_market/en/finances/ mobil/clearing/index.htm. Hier werden auch die Berichte der sog. GiovanniniGruppe zu Reformkonzepten veröffentlicht. Siehe nunmehr ausf. zu den Rechtsproblemen der Insolvenz eines Teilnehmers an Wertpapierzahlungssystemen – am Beispiel der Eurex Deutschland – die Arbeit von Kieper, passim. 765 Z. T. im deutschen Schrifttum auch als „Systemrichtlinie“ bezeichnet, so etwa bei Böhm, S. 140 et passim; Berger, S. 396; die vorliegende Arbeit lehnt sich an den angelsächsischen Sprachgebrauch an. 766 Auch bezeichnet als „Designated-Time Net Settlement Systems“, so in BIZ (CPSS), RTGS-Report, S. 5; Grundprinzipien, Kasten 7, S. 30; dieser Begriff berücksichtigt neben der Saldierung wechselseitiger Ansprüche zusätzlich die Abrechnung innerhalb bestimmter Zyklen. 767 Zu („hybriden“) Kombinationsmodellen siehe sogleich unten sub III. 2. bb) (b). 768 Vgl. Giovanoli, in: Norton/Reed/Walden (Hrsg.), S. 205, 215; ausf. ferner auch BIZ (CPSS), RTGS-Report, S. 10; Langenbucher, S. 340 ff.

2. Abschnitt: § 9 Die Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr I

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Vorgänge in einer Gesamtrechnung über einen bestimmten Abrechnungszeitraum verrechnet (sog. „Nettingphase“, „Clearing“) und erfolgt erst nach Ablauf des Abrechnungszeitraums der Ausgleich der von den Parteien individuell geschuldeten bzw. ihnen zustehenden Nettobeträge („Saldenausgleichsphase“, „Settlement“).769 Denkbar ist entweder die Erstellung bilateraler Nettopositionen, d.h. eine Abrechnung für jeweils zwei Parteien einer Reihe von wechselseitigen Transaktionen, oder eine multilateralen Abrechnung (sog. „net-net“-Systeme), wobei die Ansprüche aller Teilnehmer untereinander festgelegt und insgesamt zentral ausgeglichen werden. Für Zahlungssysteme überwiegt die multilaterale Abrechnung.770 Abweichend organisiert ist in Nettosystemen nicht der Zeitpunkt der Einstellung der Buchungsaufträge in das System, sondern der Zeitpunkt der Abwicklung durch endgültige, d.h. technisch und rechtlich unwiderrufliche („finale“) Buchung zugunsten der Empfängerbank.771 Nachdem bis Ende der 1980er Jahre der technischen und rechtlichen Gestaltung von Zahlungssystemen kaum Bedeutung beigemessen worden war, zogen zunächst Nettingsysteme als Instrument der Risikominderung im Zahlungsverkehr verstärkte Aufmerksamkeit auf sich.772 In jüngster Zeit setzen sich zunehmend Bruttoabrechnungssysteme und hybride Modelle durch, insbesondere für sog. „systemrelevante“ Zahlungssysteme, d.h. vor allem für die Abwicklung von Großbetragszahlungen und die regelmäßig großvolumigen Zahlungsströmen, die auch für die Geldpolitik der Zentralbanken eine Rolle spielen.773 Wenngleich Einzelheiten rechtlicher und technischer Natur in den einzelnen Staaten variieren (insbesondere für Nettingsysteme, die in erheblichem 769 Vgl. Giovanoli, in: Norton/Reed/Walden (Hrsg.), S. 205, 215 f.; ausf. aus anglo-amerikanischer Sicht auch Geva, [1991] 19 Canadian Business Law Journal, 130, 140 ff.; ferner BIZ (CPSS), Grundprinzipien, Kasten 7, S. 30; Langenbucher, S. 346 ff., 392 ff. 770 BIZ, Lamfalussy-Report, Teil B, Tz. 2.8; BIZ (CPSS), RTGS-Report, S. 4 f. 771 BIZ, RTGS-Report, S. 5. 772 Vgl. Böhm, S. 21 f.; BIZ (CPSS), RTGS-Report, S. 1. 773 Vgl. z. B. BIZ (CPSS), Grundprinzipien, Tz. 7.4.6 ff., die Brutto- oder Hybridsysteme im Kontext mit der Forderung nach einem möglichst frühzeitigen endgültigen Ausgleich der wechselseitigen Verpflichtungen für systemwichtige Zahlungssysteme propagieren. Siehe deutlich auch bereits die Begründung für die Zunahme von Echtzeitsystemen in BIZ (CPSS), RTGS-Report, S. 11; vgl. ferner EZB, Aufsichtsstandards, sub 2.2, wo die „Grundprinzipien“ ausdrücklich als für die aufsichtliche Bewertung für systemrelevante Zahlungssysteme im Euroraum anerkannt wird. Nach den „Grundprinzipien“, Tz. 3.0.2, gilt ein Zahlungssystem dann als „‚bedeutsam‘, wenn eine unzureichende Risikoabsicherung des Systems zur Folge haben könnte, daß bei einer Störung innerhalb des Systems weitere Störungen bei den Systemteilnehmern oder systemweite Störungen im Finanzbereich ausgelöst oder weitergegeben werden können“; siehe ebd. für weitere Kriterien.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Maße von der Gestaltung der konsensualen Aufrechnung in den berührten Rechtsordnungen abhängen), sind die Grundmuster – auch aufgrund wachsenden Konsenses und hochentwickelter internationaler Standardsetzung auf diesem Gebiet774 – in allen entwickelten Finanzmärkten weitgehend identisch. Vorliegend ist vor allem von Belang, wie die hier untersuchten Rechtsordnungen den jeweils vorhandenen Risiken begegnen; die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen den Teilnehmern an Zahlungssystemen sind als solche nicht Gegenstand der Untersuchung und werden im Rahmen der Untersuchung der nationalen Rechte lediglich als Vorfrage kurz zu skizzieren sein.775 774 Insbesondere das bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich angesiedelte „Committee on Payment and Settlement Systems“ sowie verschiedene Ad hoc-Kommissionen unter der Ägide der BIZ haben insoweit umfassende Vorarbeiten geleistet. Die bereits zitierten „Grundprinzipien“ vom Januar 2001, die ihrerseits Teil der umfassenderen Initiativen des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht zur Herausbildung weltweit anerkannter Standards für die wirksame Bankenaufsicht sind (siehe insoweit bereits oben § 3 sub A.), sind insoweit nur das jüngste Glied einer Kette von Einzelberichten zu bestimmten Fragen: Von erheblicher Bedeutung war zunächst der ebenfalls bereits zitierte sog. Lamfalussy-Report zu Interbank-Netting-Systemen von 1990, der bereits die wesentlichen Risiken von Zahlungssystemen darlegte und dessen Empfehlungen später zu einem erheblichen Teil in die „Grundprinzipien“ Eingang fanden. Die EZB hat die Grundprinzipien ausdrücklich zum Maßstab für die Aufsicht über Zahlungssysteme durch das ESZB erhoben, vgl. EZB, Blue Book 2001, S. 21. Zu nennen sind weiter der Bericht zu Zahlungs- und Abrechnungssystemen der Zentralbanken für grenzüberschreitende und Zahlungen in verschiedenen Währungen von 1993 (BIZ, Noël-Report), der Bericht über Zahlungssysteme in den G-10-Staaten von 1995 (BIZ, G-10-Report), der Bericht über Abrechnungsrisiken in Devisengeschäften von 1996 (BIZ (CPSS), Forex-Report), der Bericht über Echtzeit-Bruttozahlungssysteme von 1997 (BIZ (CPSS), RTGS-Report) sowie eine Studie über die Bedeutung von Zahlungssystemen für die Stabilität der Finanzmärkte aus dem Jahre 2000 (BIZ, Financial Stability). Zur aufsichtsrechtlichen Relevanz des Massenzahlungsverkehrs siehe nunmehr BIZ (CPSS), Policy issues, passim, sowie zum Zusammenhang zwischen Zahlungssystemen und den monetären Zentralbankaufgaben BIZ (CPSS), Central Bank money. Zur Entwicklung der einzelnen Arbeiten und zu Vorläuferdokumenten ausf. Berger, S. 20 f. bei und in Fn. 66, 70 m. w. N. 775 Womit keineswegs bestritten wird, daß ein umfassendes Verständnis der Rechtsnatur derartiger Systeme eine gründliche Analyse der jeweiligen Rechtsordnung voraussetzt und sich eine Untersuchung daher nicht auf die konzeptionelle Beschreibung beispielsweise nach Art der vorstehend Fn. 774 erwähnten Ansätze zur internationalen Standardsetzung beschränken darf; zutreffend daher die Kritik von Berger, S. 22 ff., gegenüber der in der Literatur nicht selten verwendeten „diffusen Begrifflichkeit“, die vielfach anglo-amerikanische Fachterminologie und Kategorien unreflektiert auf Institute anderer Rechtsordnungen übernehme. Gegenstand der vorliegenden Untersuchung (im Unterschied zur schuldrechtsdogmatisch ausgerichteten Studie Bergers) sind indes nicht die Rechtsbeziehungen der Teilnehmer an Zahlungssystemen insgesamt, sondern eben die Regelungen für Insolvenzrisiken in derartigen Systemen und mithin ein isoliertes Sachproblem, so daß eine gewisse

2. Abschnitt: § 9 Die Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr I

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III. Nutzen und Risiken von Zahlungssystemen und Konsequenzen

1. Grundlagen Die Entwicklung moderner Zahlungssysteme verfolgt in erster Linie das Ziel, den Zahlungsverkehr durch Ausnutzung automatisierter Abrechnungsverfahren schneller und effizienter zu gestalten, dies vor allem auch vor dem Hintergrund rapide steigender Transaktionsvolumina auf nationaler Ebene (etwa aufgrund der zunehmenden Nutzung innovativer Zahlungsformen im Privatkundenbereich) sowie starker Zuwächse im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr.776 Zugleich dienen derartige Systeme der Risikominderung zugunsten der beteiligten Geschäftspartner und damit letztlich der Stabilität der Finanzmärkte insgesamt, was allerdings voraussetzt, daß die verschiedenen Systemkonzepte die denkbaren Risiken präzise identifizieren und belastbare – und dies heißt nicht zuletzt insolvenzsichere – Vorkehrungen zur Risikominimierung treffen. Diese Erwägungen gelten grundsätzlich für die hier zu untersuchenden Zahlungssysteme und andere Formen von Clearing- und Abwicklungssystemen (etwa im Wertpapierhandel) gleichermaßen.777 2. Die fraglichen Risiken und ihre technische und rechtliche Bewältigung a) Das „technische“ Systemrisiko der Bankeninsolvenz aa) Grundlagen, Erscheinungsformen und weitere Implikationen Die spezifische Gefahr einer Bankeninsolvenz für die Funktionsfähigkeit eines Zahlungssystems (und Wertpapierabrechnungssystems) liegt im Risiko, daß die endgültige oder nur vorübergehende Nichterfüllung der Verpflichtungen eines Teilnehmers gegenüber den anderen Teilnehmern an einem Zahlungssystem dazu führt, daß ein anderer oder mehrere weitere TeilSchematisierung gerade im Interesse der Vergleichbarkeit der einzelnen Regelungen unumgänglich ist. 776 Vgl. etwa Böhm, S. 30 f.; Berger, S. 26 m. w. N.; BIZ, Lamfalussy-Report, Teil A, Tz. 1.1; BIZ (CPSS), Grundprinzipien, Prinzip VIII und dazu im einzelnen Tz. 7.81 ff.; Flannery, in: Goodhart/Illing (Hrsg.), S. 213. Jeweils aktuelle Statistiken und Darstellungen der in Betrieb befindlichen Zahlungssysteme für den Bereich der gesamten Europäischen Gemeinschaft bringt das von der Europäischen Zentralbank herausgegebene sog. „Blue Book: Payment and Securities Settlement Systems in the European Union“ (zuletzt 3. Aufl. 2001), zu dem ergänzend neue Daten auf der Internetseite der Zentralbank (www.ecb.int) bereitgestellt werden. 777 Zur aufsichtsrechtlichen Bedeutung von Nettingabreden in Finanzkontrakten siehe noch unten § 11 sub B. III.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

nehmer ihre Ausgleichsverpflichtungen nicht oder nicht rechtzeitig herbeiführen können. Diese Definition des „Systemrisikos“ ist heute weltweit anerkannt.778 Über die Art und Weise der „Ansteckung“ freilich gibt sie nur ungenaue Auskunft. Insoweit ist eine Untersuchung der tatsächlichen Rechtsbeziehungen der Systemteilnehmer geboten, die auch die technische Abwicklung im Blick haben, folglich zwischen den Grundmodellen der Netto- und Bruttosysteme differenzieren und auch die außerhalb der vertraglichen Gestaltung zwischen den Teilnehmern liegenden (vornehmlich insolvenz-) rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen muß. Zwei Ebenen lassen sich unterscheiden: Zum einen geht es um Risiken, die unmittelbar aus der technischen Gestaltung des Abrechnungsvorgangs und aus den diese widerspiegelnden vertraglichen Beziehungen folgen. Dies sind, je nach der Art des gewählten Grundmodells, in erster Linie sog. Kredit- (Bonitäts- oder Adressenausfall-)779 und Liquiditätsrisiken, also allgemein unmittelbare Ausfallrisiken (dazu unten sub bb)). Ein Sonderfall innerhalb dieser Risikoformen ergibt sich aus dem speziellen Charakter von Devisentermingeschäften, die in der Praxis typischerweise unter Rückgriff auf Zahlungssysteme abgewickelt werden (dazu unten sub cc)). Sekundärer Natur sind demgegenüber Risiken, die sich aus den außerhalb der vertraglichen Gestaltung liegenden Parametern ergeben (dazu unten sub b)). Hierzu zählt zunächst das sog. „Rechtsrisiko“ („legal risk“), d.h. die Gefahr, daß die Unvereinbarkeit der vertraglichen Gestaltung mit zwingenden Normen des anwendbaren Rechts (insbesondere des Insolvenzrechts) nicht nur die gewünschte Risikominimierung in Bezug auf die allgemeinen Ausfallrisiken aufhebt, sondern möglicherweise die vorhandenen Risiken sogar verstärkt.780 Auch unterschiedliche kollisionsrechtliche Bestimmungen über die Behandlung der fraglichen Rechtsbeziehungen fallen in diese Kategorie. Zum zweiten umfaßt diese Kategorie das sog. „operationelle Risiko“, d.h. das Risiko, daß betriebliche Faktoren wie technische Störungen (wie etwa Stromausfälle) oder menschliches Versagen Ausfallrisiken 778 Siehe z. B. BIZ, Lamfalussy-Report, Teil A, Tz. 1.4 f.; BIZ (CPSS), Noël-Report, Tz. 3.5 ff.; RTGS-Report, S. 9; Grundprinzipien, Tz. 1.1, 3.0.1 und passim. 779 So die Diktion bei Böhm, S. 25 m. w. N. zur in Deutschland uneinheitlichen Begrifflichkeit. Von „Kredit- und Adressenausfallrisiko“ (eig. Hervorhebung) spricht demgegenüber Berger, S. 25, ohne allerdings den offenbar unterstellten Unterschied in seiner Bedeutung näher zu spezifizieren. Für die vorliegende Untersuchung soll nachfolgend ausschließlich der dem international anerkannten Terminus „credit risk“ am nächsten stehende Begriff des „Kreditrisikos“ verwendet werden. „Ausfallrisiken“ werden demgegenüber im weiteren Sinne aufgefaßt als alle Risiken, die sich unmittelbar aus der – temporären oder endgültigen – Nichterfüllung von Verpflichtungen gegenüber dem System und/oder seinen Teilnehmern ergeben, siehe dazu auch sogleich im Text. 780 Zum Begriff etwa BIZ (CPSS), Grundprinzipien, Tz. 3.0.1.

2. Abschnitt: § 9 Die Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr I

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schaffen oder verschärfen. Während dieser letztgenannte Bereich außerhalb des Untersuchungsgegenstandes der vorliegenden Arbeit liegt,781 ist das „Rechtsrisiko“ von Interesse, eben weil damit die Schnittstelle zwischen dem Rechtsrahmen für Bankeninsolvenzen und der wirtschaftlich-technischen Realität angesprochen ist. Soweit vorstehend und nachfolgend pauschal vom „Ausfall“ einzelner Teilnehmer gesprochen wurde und wird, ist darunter – dem Untersuchungsgegenstand der Arbeit entsprechend – in erster Linie der insolvenzbedingte Ausfall zu verstehen, der im Regelfall mit der Verfahrenseinleitung und den entsprechenden Verfügungsbeschränkungen verbunden ist. Ähnliche Erwägungen wie für die Folgen insolventer Ausfälle gelten indes auch für einen hier zunächst nicht weiter zu verfolgenden, aber in der Vergangenheit durchaus bedeutsamen Störungstypus, der in Abgrenzung zu den bisher behandelten als „politisches Risiko“ bezeichnet werden könnte.782 bb) Unmittelbare Ausfallrisiken: Kredit- und Liquiditätsrisiken (a) Kreditrisiken Kreditrisiko wird definiert als das „Risiko, daß eine Partei ihrer finanziellen Verpflichtung weder zum Fälligkeitstermin noch zu einem künftigen Zeitpunkt nachkommen kann“.783 Werden die Verpflichtungen der ausfallenden Partei aufgrund der Verrechnungsabrede von seiten der übrigen Teilnehmer „gestundet“, so bewirkt der Ausfall zunächst den Wegfall der erwarteten Nettozahlung zum Abrechnungszeitpunkt.784 Hat die Saldierung in Nettosystemen keinen Bestand (vor allem, wenn sich das sog. „Rechtsrisiko“ realisiert, d.h. wenn die Saldierung aufgrund insolvenzrechtlicher Bestimmungen rückwirkend durchbrochen wird),785 so treten Kreditrisiken auf, wenn einer der Teilnehmer zugunsten der ausfallenden Bank Verfü781 Vgl. hierzu statt aller BIZ (CPSS), Grundprinzipien, Tz. 3.0.1, 3.9.1, 7.9.2, 8.2.2 und 8.3.8. 782 Für den Ablauf insbesondere des grenzüberschreitenden Zahlungsgeschäfts hat dieses Risiko wiederholt erhebliche Bedeutung entfaltet, so etwa im Zusammenhang mit dem gescheiterten Staatsstreich in der Sowjetunion im Jahre 1991 (hierzu BIZ (CPSS), Foreign Exchange-Report, S. 7 f.) sowie den durch die Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA bewirkten Verwerfungen in den einheimischen und internationalen Kapitalmärkten. Zur Bedeutung derartiger Fälle im vorliegenden Kontext siehe noch unten § 17 sub A. II. 1. 783 Vgl. statt aller BIZ (CPSS), Grundprinzipien, Tz. 3.0.1. 784 Vgl. BIZ, Lamfalussy-Report, Teil C, Tz. 2.9; BIZ (CPSS), RTGS-Report, S. 7 f.; Grundprinzipien, Tz. 7.3.4 f. 785 Siehe unten sub b).

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

gungen im Vertrauen auf die spätere Saldierung getroffen hat und gegen sich gelten lassen muß, ohne noch Leistungen von der Gegenseite zu empfangen.786 Insbesondere Höhenbeschränkungen für die zulässigen wechselseitigen Verbindlichkeiten sind daher wichtige Bestandteile moderner Nettosysteme.787 Die sog. „Lamfalussy-Standards“788 fordern weiterhin, daß derartige Systeme den täglichen Abrechnungsverkehr zumindest auch beim Ausfall ihres größten Teilnehmers ohne Einschränkungen sollten durchführen können, was nicht nur besondere Anforderungen an die Ausgestaltung der Verlusttragungsregeln789 stellt, sondern in der Regel nur durch eine zumindest teilweise Absicherung der jeweiligen Verpflichtungen durch entsprechende Guthaben auf dem Transaktionskonto oder durch Bestellung hinreichend liquider Sicherheiten erreicht werden kann.790 Echtzeit-Bruttosysteme hingegen zielen darauf ab, das Entstehen von Kreditrisiken vollständig zu eliminieren. Weil in der Reinform solcher Systeme sämtliche Buchungsaufträge sofort nach Eingang (in „Echtzeit“) und endgültig abgewickelt werden, wobei die erforderliche Deckung unmittelbar in vollem Umfang bereitgestellt werden muß und nicht mit vorangegangenen, gleichzeitigen oder späteren Zahlungseingängen saldiert werden kann, entfallen das Kreditmoment der Nettosysteme und damit das entsprechende Verlustrisiko.791 Es ist freilich ersichtlich, daß die so erlangte Sicherheit nur um den Preis eines erheblich gesteigerten Liquiditätsbedarfs erreicht werden kann, worauf sogleich sub (b) zurückzukommen sein wird. Ungeachtet dessen und auch der inzwischen realisierten Fortschritte bei der Risikominimierung in Nettosystemen792 ist die bei Echtzeit-Bruttosystemen gegenüber 786 Insoweit vereinfachend, nämlich unter Zugrundelegung des Modells bilateraler Verrechnung formuliert (siehe dazu oben sub II.). Für das multilaterale Netting gilt – mutatis mutandis – entsprechendes, nur verteilen sich hier die Ausfallverluste auf mehrere Schultern. 787 Vgl. schon BIZ, Lamfalussy-Report, Teil C, Tz. 5.1 ff.; BIZ (CPSS), Grundprinzipien, Tz. 7.3.5, 7.3.14 sowie – allgemein zu Teilnahmebedingungen für Zahlungssysteme – Grundprinzip IX und dazu Tz. 7.9.1 ff. 788 Siehe nochmals oben sub III. 2. Fn. 774. 789 Siehe hierzu im einzelnen BIZ, Lamfalussy-Report, Teil C, Tz. 3.20 ff. 790 Vgl. BIZ, Lamfalussy-Report, Teil C, Tz. 4.1 ff.; ebenso auch BIZ (CPSS), Grundprinzipien, Grundprinzip V und dazu Tz. 7.5.1 ff. Eine Weiterung stellen sog. „Lamfalussy-plus-Systeme“ dar, die nicht nur den Ausfall des Teilnehmers mit der größten Nettoverpflichtung, sondern zusätzlich auch den weiterer Teilnehmer auf einmal „verkraften“ können, siehe hierzu BIZ (CPSS), RTGS-Report, S. 6. 791 Vgl. BIZ (CPSS), RTGS-Report, S. 10 f.; Grundprinzipien, Tz. 7.3.4. 792 Wobei der Grundsatz, daß auch bei Nettosystemen hinreichende Sicherheiten für die Sicherstellung der Ausgleichsleistungen im Falle der Zahlungsunfähigkeit vorhanden sein sollten, im Grunde bereits eine gewisse Annäherung an das Prinzip

2. Abschnitt: § 9 Die Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr I

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Nettosystemen erreichte Sicherheit ein wesentlicher Grund für die Ausbreitung der Echtzeitabrechnung insbesondere für systemwichtige, vor allem Großbetragszahlungssysteme.793 (b) Liquiditätsrisiken Das Liquiditätsrisiko ist das „Risiko, daß eine Partei im System ihre finanziellen Verpflichtungen zum Fälligkeitszeitpunkt nicht vollständig begleichen kann, aber möglicherweise später“,794 also die Gefahr, daß die Vorteile einer liquiditätsschonenden Abwicklung des Zahlungsverkehrs ausbleiben und nicht vorhergesehener Liquiditätsbedarf auftritt. Auch dieses Risiko betrifft zunächst Netto-Systeme, die sich gerade aus dem Bedürfnis entwickelt haben, durch die Saldierung der über den Abrechnungszeitraum hinweg erfolgenden Einzelbuchungen insbesondere die für den Zahlungsverkehr erforderlichen Liquiditätsreserven der teilnehmenden Banken zu optimieren und damit den Zahlungsverkehr insgesamt effizienter zu gestalten.795 Diese Effektivitätsgewinne können sich als trügerisch erweisen, wenn die Saldierungsabreden mit zwingendem (Insolvenz-) Recht kollidieren. Liquiditätsrisiken können aber auch durch Ausfälle von Teilnehmern in Echtzeit-Bruttosystemen auftreten, allerdings in anderer Weise: Daß diesem Systemtyp grundsätzlich die liquiditätssparenden Effekte eines Nettosystems fehlen, ist bereits ausgeführt worden. Die reibungslose Abwicklung der durch Echtzeit-Bruttosysteme abgewickelten Transaktionen beruht mithin entscheidend auf dem Vorliegen hinreichender liquider Mittel während des gesamten Geschäftstages.796 Bleiben hier erwartete Zahlungsströme aus, die einem Teilnehmer die liquiden Mittel für eigene Buchungsaufträge hätten zuführen können, kann dies weitere Zahlungsstaus verursachen.797 Für des Bruttosystems bedeutet: Es wird zwar auf die sofortige Ausführung jeder Einzeltransaktion verzichtet, aber doch eine gegenüber dem „Grundkonzept“ der aufgeschobenen Abwicklung erhöhte Liquiditätsvorsorge gefordert, wie sie für EchtzeitBruttosysteme kennzeichnend ist. Siehe auch noch unten sub (b) zu sog. Hybridsystemen, die – umgekehrt – das Grundkonzept des Bruttosystems um bestimmte Elemente von Nettosystemen ergänzen und damit gleichfalls den Versuch unternehmen, die Vorteile der einen mit denen der anderen Konstruktion zu kombinieren. 793 Siehe die Nachw. oben sub A. II. Fn. 773. 794 Vgl. statt aller BIZ (CPSS), Grundprinzipien, Tz. 3.0.1. 795 Vgl. BIZ, Lamfalussy-Report, Teil A, Tz. 2.1, 2.12. Nach der letztgenannten Fundstelle ließen sich durch den so bewirkten Verzicht auf die Einzeldurchführung zugunsten eines bloßen Ausgleichs der nach Saldierung jeweils geschuldeten „Spitzen“ ca. 80% des Gesamtvolumens im modernen Zahlungsverkehr reduzieren. 796 Angelini/Passacantando, LI (1992) Giornale Degli Economisti e Annali di Economia 453, 469. 797 Vgl. ausf. BIZ (CPSS), Grundprinzipien, Tz. 7.3.8 ff.

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die Bewältigung dieser Probleme hat die Praxis verschiedene Möglichkeiten entwickelt, die alternativ oder kumulativ zur Anwendung kommen können. Dazu gehören zunächst verschiedene Konzepte eines Liquiditätsmanagements, vor allem sog. „Warteschlangensysteme“ für Bruttosysteme, bei denen Buchungsaufträge, die mangels hinreichender Deckung auf dem Transaktionskonto nicht ausgeführt werden konnten, nicht gelöscht werden, sondern bis zum Eingang von Zahlungen in ausreichender Höhe zunächst zurückgestellt werden. Je nach Ausgestaltung erfolgt die Ausführung nach dem Zeitpunkt der Auftragserteilung oder der bestmöglichen Ausnutzung der vorhandenen Liquidität; bei einigen Systemen kann der auftragserteilende Teilnehmer während der Wartephase die Auswahl beeinflussen. Regelmäßig steht den Teilnehmern die Möglichkeit zur Verfügung, sich zeitnah über den Stand der Abrechnungsvorgänge zu informieren. Wenn in diesen Systemen der Ausgleich in zahlreichen – zumeist sehr kurzen – Abrechnungszyklen über den Geschäftstag hinweg und wiederum in Gestalt einer multilateralen Saldierung mit finaler Wirkung vollzogen wird, so wird ersichtlich, warum derartige Modelle als Bezeichnung „Hybridsysteme“ bekanntgeworden sind: Sie vereinen mit einer möglichst frühzeitigen endgültigen Ausführung einzelner Zahlungen und andererseits der liquiditätsschonenden Verrechnung die Vorteile von Echtzeit- und Nettosystemen.798 cc) Besondere Risiken bei der Abwicklung von Devisengeschäften (a) Grundlagen Wie angedeutet, folgen die besonderen Risiken bei der Abwicklung von Devisengeschäften (wie auch der Abrechnung von Wertpapiergeschäften) aus dem Umstand, daß hier die wechselseitigen Zahlungen bei wirtschaftlicher Betrachtung von vorn herein an korrespondierende Leistungen geknüpft sind, nämlich Zahlungen in einer anderen Währung799 (bzw. die Lieferung von Wertpapieren).800 Anders als bei „normalen“ Zahlungsvorgängen, handelt es sich bei den über den über diese Systeme ausgetauschten Vermögensflüssen nicht um durch Dritte (die Inhaber der jeweiligen Trans798 Siehe ausf. zu den verschiedenen praktizierten Konzepten BIZ (CPSS), RTGS-Report, S. 24 ff.; einen anschaulichen Überblick bieten auch die Grundprinzipien, S. 30, Kasten 8. 799 Ausf. zur Abrechnung im Devisenhandel und den entsprechenden Risiken u. a. BIZ, Lamfalussy-Report, Teil C, Tz. 2.4 ff.; BIZ (CPSS), Foreign-Exchange-Report, S. 4 ff.; siehe auch die Bewertung verschiedener Risikominimierungskonzepte in BIZ (CPSS), Noël-Report, Tz. 5.1 ff. 800 Zu entsprechenden Risiken und Lösungsansätzen ausf. BIZ (CPSS), DVP-Report, passim.

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aktionskonten und Auftraggeber einzelner Zahlungen) initiierte Zahlungen, sondern regelmäßig um die Abwicklung von Eigengeschäften der Institute. Die Möglichkeit, die dafür benötigte Liquidität durch Saldierung mit entgegengesetzten Zahlungsflüssen zu mindern, ist daher für diesen Bereich nicht „zufällig“, nämlich von dem wohl stochastisch in gewissen Grenzen voraussehbaren und bereits aufgrund vorläufiger Gutschriften erwartbaren Zahlungsfluß abhängig (man denke an typische Leistungsspitzen, etwa zum Monatsanfang), sondern stets präzise berechenbar, weil es sich um echte Austauschverhältnisse handelt: um die Abrechnung von Handelspositionen mit einem wirtschaftlichen Eigenwert und nicht um eine mit der Kontenführung verbundene Dienstleistung. Daß auch die insoweit auftretenden Risiken ihrerseits wiederum in erster Linie Kredit- und Liquiditätsrisiken darstellen und mithin den bereits oben diskutierten Kategorien angehören, ist bereits erwähnt worden. Die ihnen gewidmete besondere Aufmerksamkeit resultiert zunächst aus dem erheblichen Anteil derartiger Transaktionen am Großbetragszahlungsverkehr weltweit.801 Zweitens handelt es sich typischerweise – häufig offenbar von den Marktteilnehmern selbst unterschätzt – um recht hohe Engagements auch im Verhältnis zum Geschäftsvolumen der beteiligten Banken insgesamt, wobei die Risiken oft aus technischen und organisatorischen Gründen über einen längeren Zeitraum andauern als entsprechende Gefahren im „normalen“ Zahlungsverkehr.802 Zum dritten ergeben sich gerade auch aus dem grenzüberschreitenden Charakter eines Großteils dieser Transaktionen besondere Gefahren. Beide Aspekte führen dazu, daß diesen Geschäften eine größere systemgefährdende „Sprengkraft“ innewohnt als dem einfachen Zahlungsverkehr, wie der nachfolgende Blick auf eine Reihe von Beispielsfällen zeigt.

801 Vgl. erneut die Diskussion des Begriffs „systemwichtiger Zahlungssysteme“ oben sub 2., 3.a) m. w. N. und die oben sub A. II. in Fn. 773 zitierte Definition der Basler „Grundprinzipien“. Zu – allerdings inzwischen nicht mehr aktuellen, wohl aber die Größenverhältnisse noch in etwa korrekt wiedergebenden – statistischen Angaben siehe BIZ (CPSS), Foreign-Exchange-Report, S. 4. Danach liegt der Anteil der Zahlungen im Rahmen von Fremdwährungsgeschäften zwischen 50% und 90% an den über die wichtigsten Großzahlungssysteme abgewickelten Transaktionsvolumina in Europa und den USA. Zu aktuellen Statistiken für das Euro-Währungsgebiet siehe EZB, Blue Book: Payment and Securities Settlement Systems in the European Union. Addendum incorporating 2004 figures (www.ecb.int/pub/pdf/ other/bluebook 2004addenden.pdf). Besonders nachdrücklich Blåvarg/Nimander, in: BIZ/CGFS (Hrsg.), Risk Measurement, S. 287, 290 ff. 802 Siehe hierzu BIZ (CPSS), Foreign-Exchange-Report, S. 11 ff. sowie am Beispiel Schwedens auch Blåvarg/Nimander, a. a. O. (soeben Fn. 801).

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(b) Beispielsfälle (1) Bankhaus Herstatt Hierzu gehört zunächst der bereits mehrfach angesprochene Zusammenbruch des Kölner Bankhauses Herstatt im Jahre 1974, einer im internationalen Devisenhandel übermäßig engagierten Bank.803 Zum Zeitpunkt der Schließung der Bank und der Einstellung ihrer Zahlungen aufgrund des eingeleiteten Vergleichsverfahrens am 26. Juni 1974 um 15.30 Uhr deutscher Zeit war der Abrechnungsverkehr innerhalb Deutschlands bereits abgeschlossen gewesen, in New York allerdings hatte er – um 10.30 Uhr Ortszeit – erst vor kurzem begonnen. Dies hatte zur Folge, daß die US-amerikanischen Geschäftspartner der Bank ihre Zahlungen in D-Mark bereits über die deutschen Zahlungssysteme unwiderruflich an Herstatt geleistet hatten, die korrespondierenden Zahlungsaufträge Herstatts in Höhe von 620 Mio. US-Dollar an diese Geschäftspartner jedoch noch vor der Ausführung bei der Korrespondenzbank in New York eingefroren wurden. Dies führte zum Verlust des gesamten Nennwerts der an Herstatt geleisteten Zahlungen; es realisierte sich also ein Kreditrisiko, ergänzt um gravierende Liquiditätsprobleme der betroffenen Banken in den USA. Zusätzliche Probleme ergaben sich für solche Institute, die mit Herstatt weitere Termingeschäfte eingegangen waren und sich nun mit entsprechenden Wiederbeschaffungskosten für die ausgefallenen Geschäfte konfrontiert sahen. Diese beiden Faktoren und darüber hinaus der Ausfall ungeschützter Einlagen der ausländischen Kreditinstitute bei Herstatt führten zu langanhaltenden Verwerfungen im Devisengeschäft zwischen Deutschland und den USA sowie zu entsprechenden Problemen im Geldmarkt, der die aufgetretenen Liquiditätsprobleme aufzufangen hatte.804 Der Fall machte erstmals deutlich, warum gerade aus dem grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr zwischen Zahlungssystemen in unterschiedlichen Zeitzonen besondere Gefahren erwachsen können. Zugleich bietet er reiches Anschauungsmaterial für die daraus unter Umständen resultierenden Folgeprobleme für die Stabilität der Finanzmärkte, wobei besonders die Di803 Siehe allgemein zu den Hintergründen des Herstatt-Falles schon oben § 2 sub B. II. m. w. N. 804 Siehe ausf. zu den genannten Auswirkungen der Herstatt-Schließung vor allem Herring, Conglomerates, S. 5 ff., jeweils m. w. N.; ferner auch BIZ (CPSS), Foreign-Exchange-Report, S. 6, sowie Dale, S. 73 ff. Aufschlußreich auch die mit den rechtlichen Konsequenzen des Falles befaßten Entscheidungen Momm v. Barclays Bank [1976] 3 All E.R. 588 (Q.B.); Delbrueck & Co. v. Manufacturers Hanover Trust Co., 609 f. 2d 1047 (2d. Cir., 1979) und die Instanzentscheidung zur letzteren, 464 f. Supp. 989 (SDNY, 1979).

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mensionen ins Auge stechen, die bereits der Ausfall eines einzelnen, nicht besonders großen Marktteilnehmers verursachen kann. Schließlich illustriert der Fall auch die allgemeinen Kredit- und Liquiditätsprobleme, die allgemein – bei hinreichend großen Ausfallvolumina – infolge der Zahlungsunfähigkeit eines Marktteilnehmers auftreten und dann ihrerseits neue Ausfälle verursachen können. In seiner „Urform“, d.h. soweit es im Zusammenhang mit dem grenzüberschreitenden Handel in verschiedenen Währungen auftritt, ist dieses Risiko als „Cross-Currency Settlement Risk“ bzw. als „Herstatt Risk“ bekanntgeworden.805 (2) Drexel-Burnham-Lambert Group Bei der Drexel-Burnham-Lambert-Gruppe handelte es sich um eine in New York ansässige Investmentbank, die nicht im normalen („retail“) Bankgeschäft, wohl aber teilweise – durch eine Tochtergesellschaft in London – im Devisenhandel tätig war. Nachdem Teile der Gruppe in den USA zu Strafzahlungen verurteilt worden waren, verlor die gesamte Gruppe im Jahre 1989 das Vertrauen der Märkte, obwohl sie zu keinem Zeitpunkt überschuldet war. Zugleich verfiel aus anderen Gründen der Marktpreis für bestimmte Anleiheformen, die für das Liquiditätsmanagement der Gruppe von erheblicher Bedeutung waren. Nachdem Versuche, Marktteilnehmer zu einem Überbrückungskredit zu bewegen, ebenso gescheitert waren wie solche, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs notwendigen liquiden Mittel auf dem Geldmarkt zu beschaffen, beantragte die Unternehmensgruppe Schuldnerschutz nach Chapter 11 des US-amerikanischen Bankruptcy Code. Obwohl dies nicht die englische Tochtergesellschaft betraf, mußte auch diese ihre Handelsaktivitäten aufgrund des eingetretenen Vertrauensverlustes einstellen. Als feststand, daß die Londoner Gesellschaft an sich nicht überschuldet war, ermöglichten die Bank of England und die Federal Reserve Bank of New York durch Abgabe von Garantien und die Bereitstellung besonderer Buchungseinrichtungen spezielle Abrechnungsmöglichkeiten, die das Vertrauen der Geschäftspartner gewinnen und den Zahlungsfluß vor den befürchteten massiven Verwerfungen bewahren konnten. Die Implikationen des insolvenzbedingten Ausfalls der Konzernmutter konnten zwar in diesem Fall durch das Eingreifen der beteiligten Zentralbanken erheblich abgemildert werden, doch beruhte dies vor allem auf dem Umstand, daß die betroffenen Tochtergesellschaften als solche durchaus überlebensfähig waren, was die Fortführung der Geschäfte erheblich begün805 Siehe neben den soeben Fn. 804 zitierten Nachw. aus der Literatur darüber hinaus etwa BIZ, Lamfalussy-Report, Teil C, Tz. 2.7 f.; BIZ (CPSS), Noël-Report, Tz. 2.2 f., 3.10 ff.; Geva, in: Norton/Reed/Walden (Hrsg.), S. 7 f.

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stigte. Deshalb und auch wegen der insgesamt eher unbedeutenden Marktposition der Tochtergesellschaften ist dieser Fall freilich eine Ausnahme,806 illustriert aber als solche durchaus die Regel, wonach auch Einzelausfälle zu erheblichen Verwerfungen im gesamten Finanzsektor führen können. (3) BCCI Ein weiteres Beispiel für die Auswirkungen einer Bankeninsolvenz auf den Devisenhandel bietet auch der BCCI-Fall aus dem Jahre 1991.807 Auch hier kam es bei der Abwicklung von Fremdwährungsgeschäften zu Verlusten für Geschäftspartner einzelner BCCI-Filialen, die – wie im HerstattFall – aus der Abwicklung der einzelnen Zahlungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten über Zahlungssysteme in verschiedenen Zeitpunkten resultierten. Hinsichtlich einer Geschäftsverbindung zwischen der Londoner BCCI-Filiale und einer Bank in New York lag dabei die Besonderheit vor, daß die bereits in das dortige Zahlungssystem „CHIPS“ eingestellten, aber wegen der CHIPS-internen Kreditobergrenzen noch nicht ausgeführten Zahlungsaufträge in US-Dollar für bereits erhaltene Zahlungen in Pfund Sterling von BCCI an den Geschäftspartner auf Initiative der zwischenzeitlich in London ernannten Liquidatoren storniert wurden. Zu weiteren Verlusten kam es im Rahmen eines Handelsgeschäfts zwischen BCCI-Filialen in New York und Tokio und einer japanischen Großbank.808 Zwar handelte es sich bei BCCI trotz der Größe der Bank nicht um einen bedeutenden Zahlungsverkehrsteilnehmer; auch ansonsten war die Zahl ihrer Geschäftsverbindungen mit anderen Banken gering bzw. bereits von deren Seiten seit dem Bekanntwerden der ersten negativen Informationen über die Geschäftspraktiken der Bank stark reduziert worden.809 Doch unterstrichen die in den beiden skizzierten Fällen aufgetretenen Verluste nochmals besonders nachdrücklich das Problem der Koordination von aufsichtsrechtlicher bzw. insolvenzrechtlicher Schließung und der Abwicklung des Zahlungsverkehrs. Die für die Liquidation insgesamt ausschlaggebende, weil die aufsichts- bzw. insolvenzrechtlichen Schließungen in den einzelnen beteiligten Staaten auslösende Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Luxemburg konnte offenbar nur während der normalen Geschäftszeiten eines Gerichts erfolgen – und mithin zu einem Zeitpunkt, in dem nicht alle sich 806 Ausf. zum Ganzen insbes. Herring, Conglomerates, S. 9 ff.; ferner BIZ (CPSS), Foreign-Exchange-Report, S. 6 f. 807 Zu den Hintergründen bereits oben § 2 sub C. II. 808 Im einzelnen Herring, Conglomerates, S. 8 f.; BIZ (CPSS), Foreign-Exchange-Report, S. 7. 809 Herring, Conglomerates, S. 18.

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über verschiedene Zeitzonen erstreckenden Transaktionen vollständig abgewickelt waren.810 (4) Barings Auch im Barings-Fall811 im Jahre 1995 kam es zu einer Störung des Zahlungsverkehrs. Hier hatte eine andere Bank an einem Freitag eine ECUZahlung zur Überweisung an Barings in das damals verwendete Zahlungssystem eingestellt, die aber vor dem Wochenende nicht mehr zur Ausführung kam. Als am darauffolgenden Sonntag die Administration order über das Institut verhängt wurde, wollte die Bank den Auftrag stornieren, was aber die Nutzungsbedingungen des Systems nicht zuließen. In der Folge kam es für die betroffene Bank, die unerwartet am Ende der Abrechnungsperiode am Montag abend zu Zahlungen verpflichtet war, ohne korrespondierende Zahlungen von Barings erhalten zu haben, zu einem Liquiditätsengpaß. Dieser hätte ihre Fähigkeit zum Ausgleich der Verpflichtungen und damit den Zahlungsverkehr in ECU insgesamt bedroht und auf diese Weise auch nicht mit Barings in Geschäftsbeziehungen stehende Institute tangiert, hätte die Bank nicht durch eine kurzfristige Aufnahme von Geldern ausreichend Liquidität beschaffen können.812 (c) Lösungsansätze Wie insbesondere der Barings-Fall zeigt, lassen sich Risiken häufig offenbar bereits dann vermeiden, wenn die Systemteilnehmer mit der technische Ausgestaltung der Abrechnungsvorgänge und den daraus resultierenden Risiken im einzelnen vertraut sind und ihre Geschäftspraktiken – insbesondere hinsichtlich der Höhe der eingegangenen und zu jeder Zeit erwartbaren offenen Positionen – darauf einstellen. Wichtiger im vorliegenden Kontext ist indes das oben anhand der einzelnen Beispielsfälle diskutierte Problem der wirtschaftlichen Konnexität zwischen der ausgefallenen und der als Gegenleistung bereits erbrachten Zahlung (bzw. der korrespondierenden Lieferung von Wertpapierpositionen). Eine Lösung für das Problem, welche die in Frage stehende Marktstruktur ansonsten akzeptiert,813 muß genau hier ansetzen und eine derartige Verbin810

BIZ (CPSS), Foreign-Exchange-Report, S. 7. Hierzu bereits oben § 2 sub C. II. 812 BIZ (CPSS), Foreign-Exchange-Report, S. 8. 813 Siehe aber noch unten sub E. III. zur rechtspolitischen Kritik an den daraus zwangsläufig resultierenden faktischen Insolvenzprivilegien gerade auch für Eigengeschäfte der Banken. 811

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dung wirtschaftlich-technisch und auch rechtlich herzustellen suchen. Dies erfordert zunächst vor allem die drastische Reduktion der Zeitspanne zwischen den jeweiligen Buchungsaufträgen, so daß die wechselseitigen Zahlungen quasi „Zug-um-Zug“ („payment-versus-payment“ bzw. „deliveryversus-payment (DVP)“814) erbracht werden können. Auch in dieser Hinsicht zeigt sich die Verwandtschaft dieser Risikogruppe mit den allgemeinen Zahlungsverkehrsrisiken, aber zugleich ihre Sonderstellung: Wie oben diskutiert, ist auch für den Schutz der Zahlungssysteme vor Kreditrisiken die Minimierung der Zeitspanne zwischen Auftragserteilung und endgültiger Ausführung einer Buchung von erheblicher Bedeutung. Auch allgemein ist insoweit wichtig, daß diese Ausführung rechtlich nicht mehr angegriffen werden kann.815 Allerdings bereiten diese Zielvorgaben für den grenzüberschreitenden Handel Organisationsprobleme, die bei rein nationalen Transaktionen nicht auftreten können. Hierzu zählt nicht nur das Erfordernis der technischen Koordination zwischen verschiedenen Systemen als solches, sondern vor allem die Schwierigkeit, verschiedene Handelszeiten miteinander zu verzahnen.816 Das Ziel ist heute jedoch in technischer Hinsicht als erreicht anzusehen: Nachdem bereits zwischenzeitlich die Handelszeiten in Europa, Japan und New York erheblich erweitert worden waren, hat im Jahre 2002 das erste weltweiten 24-Stunden-Zahlungs- und Abrechnungssystem seinen Betrieb aufgenommen, die in New York ansässige sog. CLS-Bank („CLS“ für „Continuously Linked Settlement System“). Das Auftreten von „Herstatt-Risiken“ im engeren Sinne ist damit, die (insolvenzrechtliche) Finalität (Unanfechtbarkeit) der Abrechnungsvorgänge vorausgesetzt, weitgehend ausgeschlossen.817 Damit ist allerdings nur der Aspekt der technischen Ausgestaltung der Abrechnungsvorgänge angesprochen. Eine auch rechtlich wirksame Verknüpfung zwischen den ein- und ausgehenden Zahlungen (bzw. Lieferungen) wird allein durch die organisatorische Herstellung eines zeitlichen Zu814 Vgl. etwa BIZ (CPSS), Noël-Report, insbes. Tz. 3.12 und passim; Foreign-Exchange-Report, S. 22; für die Abrechnung von Wertpapiergeschäften etwa BIZ (CPSS), DVP-Report, passim. 815 Siehe unten sub b) cc) (b) zu den Schwierigkeiten, dies im Insolvenzfall zu gewährleisten. 816 Anschaulich zu den praktischen Problemen insbesondere BIZ (CPSS), NoëlReport, Tz. 3.1 ff. zu verschiedenen Lösungsansätzen (mit synoptischer Darstellung der seinerzeit – 1993 – wesentlichen Zahlungssysteme und mithin der Ausgangsposition vor der inzwischen erreichten organisatorischen Vereinheitlichung). 817 Hierzu Herring, Conglomerates, S. 8; siehe auch o.V., Eine neue Ära im Devisenhandel, FAZ v. 13.9.2002, S. 22 sowie zu Einzelheiten die Internetseite der CLS-Bank (www.cls-group.com).

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sammenhangs noch nicht bewirkt. Dieser Aspekt weist zwar mit der hier untersuchten Gestaltung der Zahlungssysteme enge Bezüge auf. Er betrifft aber diese nicht unmittelbar, sondern vielmehr die Gestaltung der vertraglichen Rahmenbedingungen für die jeweilige Transaktionsart, auf deren insolvenzrechtliche Anerkennung nochmals einzugehen sein wird.818 b) Spezifisch insolvenzrechtliche Probleme aa) Überblick Vorstehend ist untersucht worden, welche finanziellen Risiken im einzelnen beim Betrieb von Zahlungssystemen auftreten können. Wenn ein Teilnehmer an einem Zahlungssystem im Insolvenzfall seine Zahlungen einzustellen gezwungen ist, sei es aufgrund einer entsprechenden aufsichtsrechtlichen Verfügung oder aufgrund des Eingreifens insolvenzrechtlicher Verfügungsverbote, realisieren sich diese Risiken und müssen sich die rechtlichen und organisatorischen Mechanismen bewähren, die zur Risikominimierung bei der Gestaltung des jeweiligen Systems eingeführt bzw. als Teilnahmebedingung mit den Teilnehmern vereinbart wurden. Damit ist der Bereich des bereits kurz erwähnten „Rechtsrisikos“ angesprochen, also der Gefahr, daß „eine mangelhafte Rechtsgrundlage oder Rechtsunsicherheiten Kredit- oder Liquiditätsrisiken verursachen oder verschärfen“.819 Letztlich geht es vor allem um die mehrfach angesprochene Frage der rechtlichen Anerkennung für die angestrebte „Finalität“ von Abrechnungsvorgängen und folglich um die für alle Ansätze zur Risikominimierung entscheidende Vereinbarkeit mit den zwingenden Normen des jeweils anzuwendenden Aufsichts- oder Insolvenzrechts (dazu unten sub cc)). Diesem Problemkreis gewissermaßen vorgelagert ist allerdings der Einfluß des Schließungszeitpunkts auf das Risikopotential im Einzelfall (unten sub bb)). bb) Risikominimierung im Zusammenhang mit dem Schließungszeitpunkt Insbesondere die oben im Zusammenhang mit den besonderen Risiken bei der Abrechnung von Devisengeschäften erörterten Beispielsfälle haben den Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der jeweils zur Einstellung der Zahlungen führenden Maßnahmen einerseits und dem Ausmaß der jeweiligen Risiken und damit letztlich der Bedrohung des Finanzsystems andererseits deutlich werden lassen. Gerade bei grenzüber818 819

Siehe unten § 11. So die Definition u. a. in BIZ (CPSS), Grundprinzipien, Tz. 3.0.1.

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schreitenden Transaktionen und hier wiederum vor allem bei Transaktionen über mehrere Zeitzonen hinweg steigern sich die Gefahren, wenn der Austritt bzw. Ausschluß aus dem System zu einem Zeitpunkt erfolgt, wenn nur ein Teil mehrerer korrespondierender Leistungen bereits erbracht ist. Dies haben vor allem der Fall Herstatt und alle anderen Konstellationen gezeigt, in denen sich das sog. „Herstatt-Risiko“ verwirklichte. Allerdings kann – wiederum vor allem auch für grenzüberschreitende Transaktionen – nicht damit gerechnet werden, daß sich die Schließung stets auf einen Zeitpunkt terminieren läßt, in dem der Zahlungsverkehr an keinem der beteiligten Finanzplätze aktiv ist und auch darüber hinaus keine signifikanten offenen Positionen etwa im grenzüberschreitenden Fremdwährungsgeschäft bestehen.820 Ohnedies können evidentermaßen besondere Umstände, etwa ein unmittelbar drohender „Run“ der Einleger bei unvorhergesehenem öffentlichen Bekanntwerden der finanziellen Krise eines Teilnehmers, zur Schließung auch während des laufenden Geschäftsbetriebs und innerhalb der Betriebszeiten der betroffenen Zahlungssysteme zwingen. Gleichwohl bleibt die Wahl des Zeitpunktes der aufsichtsrechtlichen oder insolvenzrechtlichen Schließung ein entscheidendes Moment für die Steuerung der Auswirkungen einer Bankeninsolvenz auf die Stabilität des Finanzsystems insgesamt. Hinsichtlich der Krisenbewältigung im nationalen Recht ist damit vor allem die bereits oben § 5 erörterte Frage berührt, ob die Vorschriften über die Verfahrenseinleitung und der institutionelle Rahmen insoweit hinreichend flexible Möglichkeiten zur Wahl eines günstigen Zeitpunkts bieten. Der Problemfall BCCI bietet offenbar ein Beispiel für in dieser Hinsicht bestehende Defizite im luxemburgischen Recht. Für den noch im einzelnen unten § 16 zu untersuchenden Problemkreis grenzüberschreitender Bankeninsolvenzen wird deutlich, daß insoweit besondere Anforderungen an die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Staaten zu stellen sind. Hier zeigen insbesondere der Herstatt-Fall, aber wiederum auch die im Zusammenhang mit der BCCI-Insolvenz aufgetretenen Pro820 Besonders nachdrücklich für Fremdwährungsgeschäfte BIZ (CPSS), ForeignExchange-Report, S. 5: „Given the serious domestic and international repercussions that a significant FX [d.h. Foreign Exchange] settlement disruption could have in [scil. modern markets], a bank might believe that public authorities in some countries would not close a major FX market participant during the day or permit it to default unexpectedly and cause significant losses during the settlement process. This belief might make a bank unwilling to reduce its present settlement exposures, or even increase its willingness to take on even greater settlement exposures with its counterparties. To the extent that this belief is widely held in the market, it has already produced an unacceptable level of risk in the financial system. (. . .) It is also the case that the market’s belief that a major FX market participant will not be closed during the day is ill-founded. There is in fact no time, during a weekday, at which the large-value payment systems of every major currency are closed.“

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bleme, daß eine Vorgehensweise zu kurz griffe, die lediglich die Sicherheit des nationalen Zahlungsverkehrs im Blick hätte. cc) Insolvenzrechtlicher Bestandsschutz für risikominimierende Gestaltungen – Ansatzpunkte (a) Das Grundproblem Wenn die systemimmanenten Ansätze zur Risikominimierung im Insolvenzverfahren keinen Bestand haben, wächst die Gefahr einer Ansteckung anderer Teilnehmer des Zahlungssystems – das „Systemrisiko“. Entsprechend richten sich die Bestrebungen internationaler Standardsetzung darauf, diese Vereinbarkeit jedenfalls für den Kreis der „systemwichtigen“ Zahlungssysteme821 nach Möglichkeit herzustellen.822 Diese Ansätze sind zwar wiederholt vor allem im deutschsprachigen Schrifttum auf Kritik gestoßen.823 Dabei wird häufig – meist sehr pauschal824 – schon die Existenz oder die Bedeutung der vorstehend im einzelnen erörterten Risiken in Zweifel gezogen. Soweit man die gegenwärtige Struktur des Zahlungsverkehrs als solche akzeptiert, läßt sich diese Kritik allerdings angesichts der Erfahrungen mit Systemstörungen in der Vergangenheit kaum halten und sind in der Tat risikominimierende Mechanismen (mit entsprechenden Auswirkungen auf andere Gläubiger) als sinnvoll zu bewerten. Im folgenden sollen zunächst die möglichen Konflikte derartiger Ansätze mit dem allgemeinen Insolvenzrecht in abstrakter Form näher untersucht werden. Die abschließende rechtspolitische Bewertung der insolvenzrechtlichen Privilegierung von Zahlungssystemen wird dann erst nach der Konkretisierung dieser Ansätze für die beiden hier zu untersuchenden Rechtsordnungen vor dem Hintergrund der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben vorzunehmen sein.825 821

Hierzu bereits oben sub A. II. bei und in Fn. 773. Vgl. zunächst erneut statt aller BIZ (CPSS), Grundprinzipien, Prinzip I und insbes. Tz. 7.1.4 ff.; auch die sogleich unten sub B. II. zu erörternde EG-Richtlinie über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- und Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen (die „Finalitätsrichtlinie“) verfolgt diesen Zweck. 823 Vgl. Becker, ZEuP 2002, 287, 295 ff.; Hasselbach, ZIP 1997, 1491, 1495. 824 So setzt sich Becker, a. a. O., mit den Hintergründen der Privilegierung von Zahlungssystemen (im Kontext einer Diskussion der EG-Finalitätsrichtlinie) überhaupt nicht auseinander. Hasselbach, a. a. O., konzediert zwar, entsprechende Befürchtungen seien „nicht völlig unbegründet“; um dann allerdings – stark simplifizierend – einzuwenden, sie träten „aber auch beim Zusammenbruch großer Industrie- und Dienstleistungskonzerne auf und stellen daher ein für alle Branchen gleichartiges allgemeines Geschäfts- und Konkursrisiko dar“. Zur Auseinandersetzung damit siehe im einzelnen unten sub E. III. 825 Unten sub E. III. 822

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(b) Mögliche Konflikte mit dem allgemeinen Insolvenzrecht Mögliche Konfliktpunkte mit dem allgemeinen Insolvenzrecht bzw. etwaigen speziellen aufsichtsrechtlichen Regelungen für die Bankeninsolvenz bestehen vor allem dort, wo das jeweilige Zahlungssystem „Finalität“, also Unanfechtbarkeit, abgewickelter Transaktionen vorsieht, dies aber nicht durch das Insolvenzrecht akzeptiert wird. Wenn ein aufsichts- oder insolvenzrechtliches Verfügungsverbot eingreift, betrifft dies naturgemäß auch die Verfügungsberechtigung hinsichtlich der Abwicklung von Zahlungsaufträgen auf eigene Rechnung oder für Rechnung von Kunden (d.h. den Überweisungs- und sonstigen Zahlungsverkehr). Regelmäßig wird die betroffene Bank damit ex nunc auch aus der Teilnahme am Abrechnungsverkehr ausgeschlossen werden.826 Probleme können hier vor allem dann entstehen, wenn die insolvenzrechtlichen Verfügungsbeschränkungen vom Erlaßzeitpunkt an auf einen früheren Zeitpunkt zurückwirken und mithin zurückliegende Abrechnungsvorgänge stören. Insolvenzrechtsordnungen mit der sog. „Null-Uhr-Regelung“, wonach die Insolvenzwirkungen auf den Beginn des Tages des Eröffnungsbeschlusses zurückwirken, nehmen demgemäß einen gewichtigen Stellenwert in den internationalen Bemühungen um den Schutz der Finalität von Abrechnungsvorgängen in Zahlungssystemen ein.827 Denkbar ist vor allem bei Nettosystemen828 weiterhin eine mögliche Kollision mit den jeweiligen Anfechtungstatbeständen, wenn und soweit davon gerade die Verrechnungsabrede betroffen ist bzw. der konkrete Zahlungsvorgang rückabgewickelt werden muß, auf dessen Bestand das System baut. Schließlich können sich Konflikte mit Blick auf das Recht der Aufrechnung in der Insolvenz ergeben. Dies gilt naturgemäß vor allem für Nettosysteme, für die sich die Frage stellt, ob die darin vorgesehenen Verrechnungsabreden in der Insolvenz geschützt sind.829 Sonderprobleme stellen sich allgemein für alle Systeme, in denen die Teilnehmer gegenüber dem System insgesamt oder gegenüber einzelnen Teilnehmern zum Zweck der Minimierung von Aus826 Siehe unten sub C. II. 1. am Beispiel der Zahlungssysteme der Deutschen Bundesbank. 827 Siehe z. B. BIZ, Lamfalussy-Report, Teil B, Tz. 2.25; BIZ (CPSS), Noël-Report, Tz. 3.19; Grundprinzipien, Tz. 7.1.5 und Kasten 7; Giovanoli, in: Norton/ Reed/Walden (Hrsg.), S. 205, 223; ausf. auch Berger, S. 314 f. mit Beispielen zur Rechtslage in Italien, den Niederlanden und Frankreich. 828 Bei reinen Bruttosystemen fehlt es jedenfalls im Verhältnis zwischen der insolventen Bank und dem System an einer nachträglichen Sicherung oder Befriedigung einer vorhandenen Forderung, die zur Anfechtung berechtigen könnte, vgl. Obermüller, FS Uhlenbruck, S. 365, 383. 829 Vgl. BIZ (CPSS), Grundprinzipien, Tz. 7.1.5; Giovanoli, in: Norton/Reed/ Walden (Hrsg.), S. 205, 223.

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fallrisiken Sicherheiten – meist durch Verpfändung von Wertpapieren – stellen, wenn diese Sicherheiten aufgrund allgemeiner Bestimmungen des Insolvenzrechts nicht durchsetzbar sind.830 c) Zwischenzusammenfassung Die Insolvenz eines Teilnehmers moderner Zahlungs- und Abrechnungssysteme birgt nach allem insbesondere bei hohen Engagements erhebliche „Ansteckungsgefahren“ für die übrigen Teilnehmer und damit das Risiko, daß die insolvenzbedingte Nichterfüllung von Verpflichtungen weitere Teilnehmer in finanzielle Schwierigkeiten bringt. Je nach Art des gewählten Zahlungssystems und nach Art und Volumen der darüber abgewickelten Transaktionen wirken sich die Ausfallrisiken in unterschiedlichem Maße aus. Besondere Schwierigkeiten bestehen bei der grenzüberschreitenden Abrechnung von Fremdwährungs- und Wertpapiergeschäften, weil hier typischerweise korrespondierende vertragliche Lieferverpflichtungen eingegangen und zeitlich versetzt abgewickelt werden, so daß bei zwischenzeitlichem Eingreifen von Verfügungsverboten das Entstehen umfassender offener Positionen droht. Die genannten Risiken lassen sich teilweise bereits über eine strikte präventive Kontrolle der zulässigen Engagements im Vorfeld minimieren; für Zahlungssysteme allgemein sind mit Netto- und Bruttosystemen unterschiedliche Gestaltungen gefunden worden, die – im einen Fall durch die Verrechnung der wechselseitig geschuldeten Leistungen und im anderen durch die sofortige Abwicklung eingestellter Zahlungsaufträge – die allgemeinen Kredit- und Liquiditätsrisiken in unterschiedlichem Maße bewältigen. Echtzeitsysteme mit Bruttoabrechnung erfordern zwar einen erhöhten Liquiditätsbedarf, können aber Kreditrisiken im wesentlichen ausschließen, weshalb sie für als systemwichtig eingestufte Zahlungssysteme heute weitgehend als Standard gelten. Die verschiedenen systemimmanenten Ansätze zur Risikominimierung müssen sich jeweils im Insolvenzfall bewähren und können dies nur dann, wenn sie vor den zwingenden Normen des Insolvenzrechts Bestand haben. Mögliche Angriffspunkte und damit ggf. das Erfordernis einer Anpassung zwingenden Insolvenzrechts für die Bankeninsolvenz ergeben sich insoweit mit Blick auf die Wirkungsdauer aufsichts- bzw. insolvenzrechtlicher Verfügungsverbote, das Anfechtungsrecht sowie die Möglichkeit von Aufrechnungen im Insolvenzverfahren. 830 Vgl. statt aller BIZ (CPSS), Grundprinzipien, Tz. 7.1.6 sowie zu den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen insoweit insbesondere unten sub B. III.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung IV. Zahlungs- und Abrechnungssysteme in Deutschland und England sowie auf internationaler Ebene

1. Überblick Sowohl in Deutschland als auch in England existiert nicht zuletzt aus historischen Gründen jeweils eine Vielzahl unterschiedlicher Zahlungs- und Abrechnungssysteme. Hinzu treten verschiedene international operierende Systeme. Auf beiden Ebenen finden sich rein privatwirtschaftlich gegründete und betriebene Systeme neben solchen, die durch eine (nationale bzw. die Europäische) Zentralbank betrieben werden. Die für die beiden hier untersuchten Rechtsordnungen bedeutsamen Systeme sollen nachfolgend nicht in extenso dargestellt werden. Es geht vielmehr um einen Überblick über die vorhandenen Grundmodelle, um eine Zuordnung zu den vorstehend abstrakt diskutierten Risikostrukturen und Bewältigungsmöglichkeiten – und somit um die Gewinnung von Anschauungsmaterial für die nachfolgende Ermittlung der jeweiligen Rechtslage für den Krisenfall. Im Anschluß (sub 2.) sollen insoweit zunächst die wesentlichen grenzüberschreitend operierenden Systeme in den Blick genommen werden. Sodann (sub 3.) werden die in Deutschland und schließlich (sub 4.) die in England vorhandenen Systeme jeweils kurz vorgestellt. 2. Grenzüberschreitend operierende Systeme a) TARGET In Wahrnehmung der Aufgaben nach Art. 105 II, 4. Spiegelstrich EGV; Art. 3.1 EZB-Statut (Förderung des Zahlungsverkehrs) sowie Art. 22 EZBStatut (Bereitstellung von Diensten zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs; Aufsicht über die Zahlungssysteme)831 hat das Europäische System der Zentralbanken bereits aufgrund eines Beschlusses des Europäischen Währungsinstituts aus dem Jahre 1995 mit der Planung und Errichtung des Euro-Zahlungssystems „TARGET“ („Trans-European Automated Real-time Gross Settlement Express Transfer“) begonnen.832 TARGET besteht aus den nationalen RTGS-Systemen, dem Zahlungsverkehrsmechanismus der EZB sowie einem sog. Interlinking-System.833 Auch Dänemark, Großbritan831 Vgl. zu diesen Funktionen auch EZB, Role of the Eurosystem in the field of payment systems oversight (2000). 832 Hierzu und zum folgenden EZB, Blue Book 2001, S. 29 ff.; siehe ausf. auch Stenström, in: Langenbucher/Gößmann/Werner (Hrsg.), S. 385 ff. 833 Siehe hierzu und zum folgenden die Leitlinie der Europäischen Zentralbank vom 26.4.2001 über ein transeuropäisches automatisches Echtzeit-Brutto-Express-

2. Abschnitt: § 9 Die Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr I

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nien und Schweden wirken daran mit. Die Möglichkeiten, über TARGET Euro-Zahlungen abzuwickeln, besteht mithin für das gesamte Gebiet der Europäischen Union und nicht lediglich für das Eurosystem. Die Rechtsgrundlage für das System wird zunächst gebildet durch die sog. TARGET-Leitlinie der Europäischen Zentralbank,834 die im wesentlichen Mindestanforderungen an die Gestaltung der teilnehmenden nationalen Zahlungssysteme, Regeln für die Abwicklung des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs über das zentrale Verbindungssystem sowie für die Sicherheit des Zahlungsverkehrs und das Systemmanagement enthält. Neben die Leitlinie treten die jeweils für die mitwirkenden nationalen Systeme geltenden Teilnahmebedingungen. Über TARGET können drei Arten von Zahlungen abgewickelt werden: (1) Transaktionen mit währungspolitischem Bezug, an denen das Eurosystem selbst beteiligt ist, (2) Transaktionen für den Zahlungsausgleich von Großbetrags-Nettingsystemen, die in Euro abwickeln, sowie (3) in Euro denominierte Interbank- und sonstige kommerzielle Zahlungen.835 Das System wird weiterhin für den Zahlungsverkehr zwischen den einzelnen Zentralbanken des Eurosystems untereinander genutzt.836 Der tägliche Abrechnungsverkehr beginnt um 7 Uhr und endet um 18 Uhr MEZ, wodurch dem Bedürfnis der Finanzmärkte nach langen Betriebszeiten Rechnung getragen wird.837 Grenzüberschreitende TARGET-Zahlungen werden über die nationalen RTGS-Systeme ausgeführt und bilateral zwischen den beteiligten Zentralbanken über das Verbindungssystem ausgetauscht.838 Sobald die den Auftrag ausführende nationale Zentralbank die Verfügbarkeit hinreichender Mittel auf dem Teilnehmerkonto bzw. ausreichenden Kredit diesem gegenüber festgestellt hat, wird die jeweilige Zahlung sofort (auf „Echtzeitbasis“) ausgeführt.839 Der Zahlungsbetrag wird dem Empfängerkonto erst nach der Belastung auf dem Auftraggeberkonto gutgeschrieben; Kreditrisiken treten auf diese Weise nicht auf. Die Deckung des für die Abwicklung erforderlichen Liquiditätsbedarfs wird den teilnehmenden Kreditinstituten in mehrfaZahlungssystem (TARGET), ABlEG. Nr. L 140/72, geändert durch Leitlinie EZB/ 2002/1 vom 27.2.2002, ABlEG. Nr. L 67/74. 834 Siehe soeben Fn. 833. 835 Vgl. TARGET-Leitlinie, Art. 3 lit. e) Ziff. 1. 836 EZB, Blue Book 2001, S. 31. 837 Ebd. Dieses Bedürfnis ergibt sich nicht zuletzt auch aus dem oben zur Bedeutung von RTGS-Zahlungssystemen allgemein und insbesondere der Abwicklung des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs Gesagten; durch ausgedehnte Geschäftszeiten kann der Zahlungsverkehr mit Zahlungssystemen in anderen Zeitzonen besser verzahnt werden (siehe oben sub III. 2. a) cc) (c) bei und in Fn. 817). 838 Zu Einzelheiten EZB, Blue Book 2001, S. 32; TARGET-Leitlinie, Anh. IV. 839 Zu weiteren Einzelheiten EZB, Blue Book 2001, S. 32 f.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

cher Hinsicht erleichtert. Zum einen können die vorgeschriebenen Mindestreserven bei der jeweiligen Zentralbank840 während des laufenden Abrechnungsbetriebs zur Deckung verwendet werden.841 Darüber hinaus stellt das Eurosystem den mitwirkenden Banken zinslosen Kredit für die Dauer des Geschäftstages zur Verfügung842 und bietet zudem Übernachtkredit an,843 wobei die ausgeliehenen Beträge jeweils voll mit Sicherheiten zu unterlegen sind.844 Bereits im Jahre 2000 wurden über TARGET täglich durchschnittlich 188.157 Transaktionen im Wert von rund 1,033 Mrd. Euro abgewickelt. Der Anteil grenzüberschreitender Transaktionen am Gesamtwert aller Transaktionen belief sich dabei auf 41,8%, von denen wiederum 96,5% auf Interbankzahlungen und der Rest auf Zahlungen für die Kunden der teilnehmenden Institute entfielen. Auf die Zahl der Transaktionen bezogen, lag der Anteil der grenzüberschreitenden Zahlungen am Gesamtaufkommen bei 21,2% (davon wiederum 65,5% Zahlungen im Interbankverkehr).845 Gegenwärtig wird unter der Bezeichnung „TARGET 2“ an einer Weiterentwicklung gearbeitet.846 b) Euro I-System der Euro Banking Association Das sog. Euro I-System ist ein rein privatwirtschaftlich betriebenes Großbetragszahlungssystem, das von der „Euro Banking Association“ und damit zusammenhängenden Unternehmen als Joint Venture verschiedener Banken aus der EU und den Tochtergesellschaften von außereuropäischen Instituten geführt wird.847 Während die Träger sich selbst nach französischem Recht zusammengeschlossen haben, wird der eigentliche Abrechnungsverkehr unter der vereinbarten Geltung deutschen Rechts ausgeführt. Nach der dem System zugrunde gelegten sog. „Single Obligation Structure (SOS)“ werden 840 Für das Eurosystem auf der Basis von Art. 19 EZB-Statut/ESZB-Statut geregelt durch VO 2531/98 des Europäischen Rates sowie VO 2818/98 der Europäischen Zentralbank (ECB/1998/15) in der jeweils aktuellen Fassung. Siehe auch EZB, Monetary Policy, S. 69 ff.; BankrechtsHB-Papathanassiou, § 134 Rn. 90 ff. 841 EZB, Blue Book 2001, S. 33; TARGET-Leitlinie, Art. 3 lit. e) Ziff. 2. 842 EZB, Blue Book 2001, S. 33; TARGET-Leitlinie, Art. 3 lit. f), g). 843 EZB, Blue Book 2001, S. 33. 844 Zum ganzen auch BankrechtsHB-Papathanassiou, § 134 Rn. 73 ff. 845 EZB, Blue Book 2001, S. 34. 846 Siehe zu Einzelheiten EZB, Öffentliches Konsultationsverfahren: TARGET2: Grundsätze und Struktur, 16.12.2002 (www.bundesbank.de/ezb/download/pn/2002/ 12/20021216ezb.pdf). 847 Hierzu, zu den Teilnahmebedingungen und den Trägern EZB, Blue Book 2001, S. 34 f.; ausf. nunmehr auch Neyrinck, in: Langenbucher/Gößmann/Werner (Hrsg.), S. 433 ff.

2. Abschnitt: § 9 Die Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr I

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im Laufe des Abrechnungstages die Verbindlichkeiten zwischen einzelnen Teilnehmern und den übrigen Teilnehmern als Gesamtschuldnern bzw. -gläubigern laufend neu bestimmt, wobei sich in der Literatur zur konkreten rechtlichen Gestaltung nur unbestimmte Ausführungen finden.848 Der Ausgleich der Ansprüche zwischen den Teilnehmern erfolgt unter Ausnutzung von TARGET über Transaktionskonten bei der EZB. Die aufgrund der Verrechnungsabrede bestehenden Kredit- und Liquiditätsrisiken werden durch Höchstgrenzen für zulässige Engagements begrenzt. Weiterhin wird bei der EZB laufend ein Liquiditätspool in Höhe von 1 Mrd. Euro unterhalten, der im Falle der Zahlungsunfähigkeit eines oder mehrerer Teilnehmer zum Zeitpunkt des Ausgleichs am Ende des Abrechnungstages die Abwicklung des Ausgleichs im übrigen sichern soll; für den Fall darüber hinausgehender Verluste besteht eine Nachschußpflicht.849 Seit der Inbetriebnahme im Januar 1999 hat die Inanspruchnahme von Euro I stetig zugenommen. Im Jahre 2000 betrug die Zahl der täglich abgewikkelten Transaktionen durchschnittlich 96.830 Zahlungen mit einem Gesamtvolumen von 195 Mrd. Euro.850 c) Massenverkehrszahlungssysteme Neben den genannten Systemen ist eine Reihe von Zahlungsausgleichssystemen für kleinere Zahlungsgeschäfte grenzüberschreitend tätig. Hierzu 848

Nach EZB, Blue Book 2001, S. 35, schließt das gewählte Abrechnungsverfahren „bilateral payments, claims or obligations between participants“ aus: „Nor will there be any form of set-off, novation or netting resulting from the continuous adjustment of the claim or obligation. The SOS is intended to prevent any unwinding in the event of a participant being unable to honour its single obligation at the end of the day.“ Ähnlich unklar auch die Begründung zum deutschen Umsetzungsgesetz für die EG-Finalitätsrichtlinie, BT-Drs. 14/1539, S. 6: „Die rechtliche Struktur des EBA Clearing Systems beruht weder auf Skontration noch auf einer sonstigen Aufoder Verrechnung von Ansprüchen. [D]as EBA Clearing System [hat] jedoch die Verrechnung von Leistungen zum Gegenstand.“ Ohne Kenntnis des, soweit ersichtlich, nicht veröffentlichten Rahmenvertrags für den Zahlungsverkehr über Euro I wird sich die Qualifikation der vertraglichen Abrede letztlich nicht eindeutig treffen lassen. Ob es sich tatsächlich um einen Vertrag sui generis, oder nicht im Ergebnis doch um eine Skontration (dazu noch unten sub C. II. 2) handelt, erscheint nicht zuletzt auch deshalb fraglich, weil deutsches Recht offenbar vor allem auch wegen der relativ ausdifferenzierten Anerkennung von Skontrationsabreden in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gewählt worden ist (so BT-Drs. 14/1539, S. 6). In jedem Fall wird Euro I den deutschen Abrechungssystemen im Rahmen der insolvenzrechtlichen Sonderbehandlung gleichgestellt (ebd.), so daß die Frage letztlich dahinstehen kann. 849 EZB, Blue Book 2001, S. 36. 850 EZB, Blue Book 2001, S. 37.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

zählt etwa der durch „Europay“ abgewickelte Ausgleich von Zahlungen unter Verwendung von „Eurocards“ bzw. „MasterCards“, ein multilaterales Mehrwährungs-Nettingverfahren mit einem für alle Teilnehmer maßgeblichen Abrechnungszeitpunkt.851 Ebenso im Nettingverfahren werden Zahlungen über das sog. VISA-Netzwerk abgewickelt.852 In beiden Verfahren werden Fremdwährungsverbindlichkeiten über Ausgleichskonten bei privaten Geschäftsbanken abgewickelt. Neben dem Euro I-System wird durch die Euro Banking Association auch das sog. STEP I-System betrieben, das der Abwicklung von kleineren Einzelbetragszahlungen (durchschnittlich bis ca. 50.000,– Euro) dient. Das Abrechnungsverfahren entspricht Euro I und ist auch technisch wie dieses ausgestaltet.853 3. Deutschland a) Grundstrukturen In Deutschland ist der Zahlungs- und Abrechnungsverkehr traditionell schon aufgrund der Aufteilung des Kreditwesens in die drei Hauptgruppen der privaten Geschäftsbanken, der öffentlichen Sparkassen und der Genossenschaftsbanken außerordentlich diversifiziert. Für die vorliegende Untersuchung sind dabei lediglich solche Systeme von Interesse, an denen private Geschäftsbanken mitwirken und die durch die Insolvenz eines solchen Instituts in Mitleidenschaft gezogen werden könnten. Dies sind im wesentlichen die von der Deutschen Bundesbank auf der Rechtsgrundlage des § 3 BBankG für den Großbetrags- und den Massenzahlungsverkehr betriebenen Zahlungssysteme. Ausgeklammert bleiben hier die gruppeninternen Zahlungssysteme der Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die Geldclearings aus Wertpapierumsätzen sowie die Wertpapierabrechnungssysteme dieser Institutsgruppen und der Postbank AG.854 Nicht zu berücksichtigen sind wegen der Gruppenzugehörigkeit der beteiligten Filialen ferner die konzerninternen Abrechnungssysteme der großen Geschäftsbanken.855 Gewichtige 851

EZB, Blue Book 2001, S. 37 f. Hierzu im einzelnen EZB, Blue Book 2001, S. 39 f. 853 EZB, Blue Book 2001, S. 44 f.; Neyrinck, in: Langenbucher/Gößmann/Werner (Hrsg.), Rn. 100 ff. 854 Obwohl, wie bereits oben § 1 sub C. dargelegt, eine insolvenzbedingte Schließung dieser Institute faktisch kaum in Betracht kommt, unterfallen sie allerdings gleichwohl den unten im einzelnen zu erörternden insolvenzrechtlichen Sonderregeln für Teilnehmer an Zahlungssystemen; siehe dazu die Begründung zum „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung insolvenzrechtlicher und kreditwesenrechtlicher Vorschriften“ in Umsetzung der EG-Finalitätsrichtlinie, BT-Drs. 14/1539, S. 10, l. Sp. Siehe zu diesen Systemen ansonsten im Überblick EZB, Blue Book 2001, S. 145 f. 852

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Änderungen hinsichtlich der Abwicklung des Zahlungs- und Wertpapierabrechnungsverkehrs in Deutschland werden mit den gegenwärtig in der Planung befindlichen Auslagerung der entsprechenden Funktionen aus den großen Geschäftsbanken und teilweise auch der Deutschen Börse auf gemeinsam betriebene sog. „Transaktionsbanken“ verbunden sein; ausländische Banken haben offenbar bereits Interesse an einer internationalen Konsolidierung von Abrechnungsaktivitäten am Standort Frankfurt bekundet.856 b) Zahlungssysteme der Deutschen Bundesbank aa) RTGS-plus Am 3. September 2001 hat das neue deutsche Brutto-Echtzeitsystem der Deutschen Bundesbank „RTGS-plus“ seinen Betrieb aufgenommen und die beiden Vorläufersysteme, die „Elektronische Abrechnung Frankfurt (EAF)“857 und den sog. „Elektronischen Schalter (ELS)“858 abgelöst. Der Sache nach handelt es sich um einen Zusammenschluß beider Systeme, wobei das ELS-System nach wie vor als Zugang zur Abwicklung von Großbetragszahlungen für solche Banken zur Verfügung steht, die nicht unmittelbar an der Abrechnung über RTGS-plus teilnehmen.859 RTGS-plus ist zugleich das Zahlungssystem, mit dem die Deutsche Bundesbank am TARGET-System teilnimmt. Teilnahmeberechtigt sind Kreditinstitute, im Europäischen Wirtschaftsraum zugelassene und beaufsichtigte Wertpapierfirmen, beaufsichtigte Anbieter von Verrechnungs- oder Abwicklungsdiensten860 sowie die Deutsche Bundesbank.861 RTGS-plus verbindet die Bruttoabrechnung in Echtzeit mit liquiditätssparenden Elementen. Teilnehmer haben die Möglichkeit, ausgehende Zahlungen – als sog. „Express-Zahlungen“ – bei entsprechendem Guthaben auf dem Transaktionskonto sofort ausführen zu lassen;862 alternativ können Aufträge für sog. „Limit-Zahlungen“ erteilt werden, die dann ausgeführt 855

Hierzu EZB, Blue Book 2001, S. 146. Vgl. o.V., Frankfurt soll Abwicklungszentrum für ganz Europa werden, FAZ v. 13.9.2002, S. 22. 857 Hierzu EZB, Blue Book 2001, S. 139 ff.; hierbei handelte es sich um ein Hybridsystem. 858 Hierzu EZB, Blue Book 2001, S. 138 f.; die Abrechnung im ELS-System erfolgte in Echtzeit. 859 Hierzu EZB, Blue Book 2001, S. 142 f. sowie im einzelnen die RTGS-Geschäftsbedingungen; siehe ausf. hierzu und zum folgenden nunmehr auch Langner, in: Langenbucher/Gößmann/Werner (Hrsg.), S. 410 ff. 860 RTGS-Geschäftsbedingungen, sub 1.2 (1). 861 RTGS-Geschäftsbedingungen, sub 1.2 (2). 856

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

werden, wenn der betreffende Teilnehmer über ein hinreichendes Guthaben im Rahmen der von ihm selbst zur Liquiditätssteuerung verfügt.863 Im Rahmen der Deckungsprüfung berücksichtigt das System auch Aufträge für sog. „gegenläufige Zahlungen“, d.h. Zahlungsaufträge an das betreffende Institut, die bereits in das System eingestellt, aber mangels Deckung noch nicht ausgeführt worden sind.864 Mangels Deckung nicht unmittelbar ausgeführte Aufträge werden in Warteschlangen eingestellt, die – je nach vorhandener Deckung und Auftragslage – nach unterschiedlichen Algorithmen aufgelöst werden;865 maßgebliches Kriterium ist dabei eine möglichst hohe Zahl abgewickelter Zahlungen.866 Ausgehende Zahlungsaufträge können die Teilnehmer mit Ausführungsfristen versehen;867 zusätzlich besteht bis zur endgültigen Buchung die Möglichkeit, über das sog. „integrierte Informations- und Steuerungssystem (ISS)“ die Aufträge zu kündigen bzw. zurückzurufen sowie Ausführungszeitpunkte und den Status einzelner Aufträge innerhalb der Warteschlangen beeinflussen.868 bb) Elektronischer Massenzahlungsverkehr (EMZ) Neben RTGS-plus, das auf die Abwicklung des Großbetragszahlungsverkehrs ausgerichtet und damit für die Sicherheit des Zahlungsverkehrs von besonderem Interesse ist, betreibt die Deutsche Bundesbank auch den sog. „Elektronischen Massenzahlungsverkehr (EMZ)“ als Zahlungssystem für Zahlungen in niedrigeren Beträgen. Über EMZ werden sowohl Überweisungen als auch Lastschrift- und Scheckzahlungen abgewickelt.869 Maßgebliche Rechtsgrundlagen sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen Bundesbank sowie die Besonderen Geschäftsbedingungen für den EMZ. Einlieferungstermin für Zahlungen ist 14.30 Uhr. Auch die Durchführung von Zahlungen über EMZ erfolgt auf Bruttobasis, so daß Kreditrisiken ausgeschlossen sind.870 862 Diese werden dann auf dem sog. „First in-first out“-Prinzip ausgeführt, d.h. in der Reihenfolge der Auftragserteilung: vgl. RTGS-Geschäftsbedingungen, sub 1.1 (6), 3.1 (3). 863 Siehe RTGS-Geschäftsbedingungen, sub 1.1 (6), 3.1 (4); zur Steuerung der sog. Limits sub 3.2. 864 RTGS-Geschäftsbedingungen, sub 1.1 (6), 3.3. 865 RTGS-Geschäftsbedingungen, sub 1.1 (7) sowie sub 3.4. zu den verschiedenen Algorithmen. 866 RTGS-Geschäftsbedingungen, sub 3.4, insbes. (4). 867 RTGS-Geschäftsbedingungen, sub 1.5 (2). 868 RTGS-Geschäftsbedingungen, sub 1.5 (3), 3.2 (6). 869 Siehe zu Einzelheiten EZB, Blue Book 2001, S. 143 f. 870 EZB, Blue Book 2001, S. 144.

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4. England a) Überblick Auch in England ist der institutionelle Rahmen für die Abwicklung des Zahlungs- und Wertpapierabrechnungsverkehrs durch eine Vielfalt verschiedener Systeme gekennzeichnet. Auch dies beruht auf der historischen Entwicklung: Die gegenwärtig betriebenen Systeme haben sich aus verschiedenen privatwirtschaftlichen Arrangements vor allem innerhalb des Kreises der traditionellen „clearing banks“ entwickelt, die erst durch die Gründung der Association for Payment Clearing Services (APACS) im Jahre 1985 eine – allerdings wiederum auf der Initiative privater Geschäftsbanken und Bausparkassen beruhende – Vereinheitlichung erfahren haben.871 Die Bank of England ist nicht Betreiberin der einzelnen Systeme, sondern an den drei Zahlungssystemen unter dem Dach der APACS sowie an dieser selbst lediglich beteiligt. Sie ist darüber hinaus kontoführende Stelle für die Transaktionskonten und versorgt die Teilnehmer am (New)CHAPS-System (hierzu unten sub b) aa)) darüber hinaus mit Liquidität. Schließlich nimmt sie auch die Aufsicht über die Zahlungssysteme wahr.872 Nach wie vor ist der Scheckzahlungsverkehr in England von großer Bedeutung; bezogen auf das Gesamtvolumen der abgewickelten Transaktionen sind Schecks inzwischen allerdings durch den Lastschrifteinzug überholt worden.873 Damit verliert auch die technische Abwicklung von Scheckzahlungen874 gegenüber der elektronischen Abrechnung über Zahlungssysteme an Bedeutung, die hier wegen der oben im einzelnen erörterten Risiken von besonderem Interesse ist, während die Ansteckungsgefahren bei der Scheckabrechnung schon wegen der im Vergleich zum Großbetragszahlungsverkehr geringfügigen Gesamtwerte kaum Besorgnis erregen.875

871 Vgl. etwa EZB, Blue Book 2001, S. 483; Einzelheiten zu APACS ebd., S. 488 f.; ausf. zur Infrastruktur auch Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 8 ff., 467 f., 476 ff. 872 EZB, Blue Book 2001, S. 484, 486 ff. 873 Vgl. die statistischen Nachw. bei Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 460 Fn. 2. 874 Dazu Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 331 ff.; ausf. zu Einzelheiten über die Abwicklung des Scheckzahlungsverkehrs durch die ebenfalls unter dem Dach der APACS operierende Cheque and Credit Clearing Company auch EZB, Blue Book 2001, S. 503 ff. 875 EZB, Blue Book 2001, S. 504.

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b) Die wesentlichen Zahlungssysteme aa) NewCHAPS Das neue, sowohl in Pfund Sterling als auch in Euro operierende Zahlungssystem „NewCHAPS“876 hat erst im August 2001 seinen Betrieb aufgenommen; in der Literatur ist es bislang nur begrenzt gewürdigt worden.877 Im Kern handelt es sich um eine Zusammenfassung der bisherigen Dienste „CHAPS sterling“878 und „CHAPS euro“.879 Beide Systeme arbeiteten im wesentlichen nach gleichen Grundsätzen als RTGS-Systeme für die Abwicklung hauptsächlich von Großbetragszahlungen, wobei CHAPS euro als Schnittstelle zum TARGET-System fungierte.880 Heute wird der TARGET-Verkehr ebenfalls über NewCHAPS durchgeführt.881 Gegenwärtig wirken 20 Banken als direkte Teilnehmer am Zahlungsverkehr über NewChaps mit; weitere Banken haben – als „indirekte Teilnehmer“ – aufgrund vertraglicher Beziehungen mit einem direkten Teilnehmer ebenfalls Zugang zum System.882 Die Rechtsgrundlage für die Beziehungen der Teilnehmer untereinander und gegenüber dem System sind geregelt in den von der „CHAPS Clearing Co. Ltd.“ festgelegten „Rules“. Eingehende Zahlungsaufträge werden nach einer Deckungsprüfung auf dem Transaktionskonto bei der Bank of England zur Ausführung gebracht.883 Zwar gilt auch für den Zahlungsverkehr durch CHAPS zunächst die Grundregel, daß auftragserteilende Institute für die Bereitstellung der erforderlichen Deckung verantwortlich sind, doch bestehen auch hier die für TARGET bereits kurz erwähnten charakteristischen liquidititätssparenden Elemente, insbesondere ein Warteschlangensystem, Möglichkeiten zur 876

„CHAPS“ steht dabei für „Clearing House Automated Payment System“, vgl. hierzu und zu Vorläufermodellen Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 480. 877 Einen Überblick über die neuen Arrangements bieten in jüngster Zeit lediglich Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 484 f. 878 Hierzu Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 480 f. 879 Hierzu Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 482 ff.; EZB, Blue Book 2001, S. 497 ff. 880 Vgl. Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 482 f.; EZB, Blue Book 2001, S. 497. 881 Siehe zu Einzelheiten Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 484 f. 882 Aktuelle Zahlen bei www.apacs.org.uk; vgl. auch Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 481; EZB, Blue Book 2001, S. 498. 883 Hierzu Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 484 f.; zu den Vorgängerarrangements (unmittelbare Deckungskontrolle durch die Bank of England) siehe ebd., S. 481; EZB, Blue Book 2001, S. 499. Bei indirekten Teilnehmern ist dies das Konto desjenigen direkten Teilnehmers (des sog. „settlement agent“), mit dem die Empfängerbank vertragliche Beziehungen unterhält; vgl. Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 481 f.; EZB, Blue Book 2001, S. 499.

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Beeinflussung der Dringlichkeit von Zahlungsaufträgen und zur Überprüfung des jeweiligen Ausführungsstandes884 und schließlich Zugang zu Innertageskredit durch die Bank of England, der im Wege eines Repo-Geschäfts gewährt wird.885 bb) BACS Das von der BACS Ltd. angebotene „BACS“-System (ursprünglich: „Bankers Automated Clearing System“)886 dient in erster Linie der Abwicklung des Massenzahlungsverkehrs und also großer Mengen einzelner Zahlungen von jeweils relativ geringem Wert, vor allem Lohn- und Gehaltszahlungen sowie der Abrechnung von Einzugsermächtigungen für Versicherungen, Energieversorgung o. ä. Der Wert der abgewickelten Transaktionen insgesamt liegt deutlich unter dem des CHAPS-Verkehrs.887 Bei BACS handelt es sich um ein multilaterales Netting-Verfahren mit 14 direkten Teilnehmern,888 dessen Abrechnungszyklus, also die Zeitspanne zwischen Auftragserteilung und Buchung zugunsten des Empfängerkontos bei der Bank of England, drei Tage beträgt.889 Die maßgebliche Rechtsgrundlage findet sich in den von der BACS Ltd. festgelegten „Rules“. Wesentliche Veränderungen sind nach den gegenwärtig bei der APACS in der Planungsphase befindlichen Pläne für ein „Future Payment Systems Development (FPSD) project“ als künftiges Zahlungssystem für den Massenverkehr zu erwarten, die nicht zuletzt eine Abrechnung am Tag der Auftragserteilung erbringen und damit auch die mit der langen Abrechnungsdauer bei BACS verbundenen Ausfallrisiken minimieren soll;890 im Zusammenhang damit steht das von der BACS Ltd. geplante „NewBACS“.891 5. Zwischenzusammenfassung Ein Vergleich der Zahlungs- und Abrechnungssysteme ergibt einen eindeutigen Trend zum Schutz des Zahlungsverkehrs durch Umstellung von der Abrechnung auf Nettobasis hin zur Einführung von Echtzeit-Bruttosystemen. In Deutschland ist dieser Prozeß für die im hier gesetzten Rahmen 884 885 886 887 888 889 890 891

Hierzu Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 485 m. w. N. Vgl. hierzu EZB, Blue Book 2001, S. 500 f. Vgl. zur Entwicklung Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 8. Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 478; EZB, Blue Book 2001, S. 502. Vgl. www.apacs.org.uk/about_apacs/htm_files/members.htm. Näher Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 478 ff.; EZB, Blue Book 2001, S. 502. Vgl. EZB, Blue Book 2001, S. 496. EZB, Blue Book 2001, S. 503.

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interessierenden Zahlungssysteme sowohl im Großbetrags- als auch im Massenzahlungsverkehr bereits weitgehend abgeschlossen; in England besteht allerdings mit dem BACS-System nach wie vor eine – angesichts des langen Abrechnungszyklus sogar signifikante – Ausnahme. Gleichwohl gilt, daß sich für den besonders systemwichtigen Großbetragsverkehr inzwischen das RTGS-Verfahren in beiden Rechtsordnungen schon aufgrund der Teilnahme am TARGET-System durchgesetzt hat. Damit können Kredit- und Liquiditätsrisiken bei der Insolvenz eines Teilnehmers weitgehend ausgeschlossen werden. Insolvenzfestigkeit vorausgesetzt, sind die wesentlichen mit einer Bankeninsolvenz verbundenen, durch Zahlungssysteme vermittelten „Ansteckungsgefahren“ so weitgehend reduziert worden. Erheblich verbessert haben sich auch die Möglichkeiten für den Schutz des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs; das im Jahre 2002 in Betrieb genommene „Continuously Linked Settlement System“ hat insoweit die „Herstatt-Risiken“ in technisch-organisatorischer Hinsicht stark reduziert. B. Die EG-Finalitätsrichtlinie und die Finanzsicherheiten-Richtlinie I. Die Finalitätsrichtlinie

Die Finalitätsrichtlinie892 dient nach den Begründungserwägungen 1–4 der Verringerung der Systemrisiken in Zahlungs- sowie Wertpapierlieferund -abrechnungssystemen und insoweit zugleich der Stärkung der Freiheit des Kapitalverkehrs. Ihr Ziel ist es, „die Beeinträchtigung eines [Zahlungs-] Systems im Fall von Insolvenzverfahren gegen einen Teilnehmer des betreffenden Systems so gering wie möglich gehalten.“893 Die Minimierung von Risiken im Zusammenhang mit dem Wertpapierliefer- und -abrechnungsverkehr wird „insbesondere“ dann für wichtig gehalten, „wenn enge Beziehungen zwischen derartigen Systemen und Zahlungssystemen bestehen“.894 Die Richtlinie ist gem. Art. 13 am Tag der Veröffentlichung im Amtsblatt, dem 11. Juni 1998, in Kraft getreten und war gem. Art. 11 I bis zum 11. Dezember 1999 in den Mitgliedstaaten umzusetzen.895

892 RL 98/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.5.1998 über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen, ABlEG. Nr. L 166/45. 893 RL 98/26/EG, 4. Begründungserwägung. 894 RL 98/26/EG, 2. Begründungserwägung. 895 Siehe zum folgenden auch den Überblick von Vereecken, (1988) 6:2 Journal of Financial Regulation and Compliance 107 ff.

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1. Anwendungsbereich Erfaßt sind gem. Art. 1 lit. a) i. V. m. Art. 2 lit. a) die dort definierten „Systeme“: „förmliche Vereinbarung[en], – die ohne Mitrechnung einer etwaigen Verrechnungsstelle, zentralen Vertragspartei oder Clearingstelle oder eines etwaigen indirekten Teilnehmers – zwischen mindestens drei Teilnehmern getroffen wurde[n] und gemeinsame Regeln und vereinheitlichte Vorgaben für die Ausführung von Zahlungs- und Überweisungsaufträgen zwischen den Teilnehmern [vorsehen], (. . .) – die unbeschadet anderer, weitergehender einzelstaatlicher Vorschriften von allgemeiner Geltung als System angesehen [werden] und der Kommission von dem Mitgliedstaat, dessen Recht maßgeblich ist, gemeldet worden [sind], nachdem der Mitgliedstaat sich von der Zweckdienlichkeit der Regeln des Systems überzeugt hat.“896

Von der weiten Definition sind damit Zahlungs- sowie Wertpapierlieferund -abrechnungssysteme i. w. S. erfaßt; dies ergibt sich auch aus den Definitionen des „Zahlungs- bzw. Übertragungsauftrags“ in Art. 1 lit. i) der Richtlinie sowie der den Mitgliedstaaten in Art. 2 lit. a) 2. Unterabs. eingeräumten Befugnis, auch solche Systeme als unter die Richtlinie fallend an die Kommission zu melden, die „in beschränktem Umfang andere Anlageinstrumente betreffende Aufträge“ ausführen als die in Art. 1 lit. i) berücksichtigten Aufträge über Geldbeträge oder Wertpapiere.897 Inkorrekt ist die im deutschsprachigen Schrifttum gelegentlich vertretene Annahme, die Regelungen der Richtlinie bezögen sich ausschließlich auf Nettosysteme.898 Dies belegt bereits die Wortwahl in Art. 3 I 1, die „Zahlungs- und Übertragungsaufträge“ i. S. d. Art. 2 lit. i) neben der „Aufrechnung“ erwähnt; es ergibt sich aber auch aus S. 2 der 1. Begründungserwägung, die ausdrücklich auch auf die Verringerung der rechtlichen Risiken in RTGS-Systemen abstellt. Nach Art. 2 lit. a) Unterabs. 2 und 3 der Richtlinie können die Mitgliedstaaten ferner „förmliche Vereinbarungen“ über die Abwicklung von Zahlungs- sowie Wertpapierlieferaufträgen „als System [i. S. d. Richtlinie] ansehen“, wenn dies „unter dem Gesichtspunkt des Systemrisikos als gerechtfer896 RL 98/26/EG, Art. 2 lit. a), 1. und 3. Spiegelstrich; der oben nicht im Wortlaut wiedergegebene 2. Spiegelstrich betrifft das zusätzliche Erfordernis der Anwendbarkeit des Rechts eines Mitgliedstaats kraft Rechtswahl. 897 Aus der 8. Begründungserwägung ergibt sich, daß insoweit vor allem Systeme zur Abwicklung von Derivatgeschäften gemeint sind. 898 Vgl. etwa Berger, S. 396, der von der Schaffung eines „EU-weite[n] Sonderkonkursrecht[s] für bankrechtlich relevante Aufrechnungsvorgänge“ spricht; in diese Richtung auch Böhm, S. 140 f.; Obermüller, FS Uhlenbruck, S. 365, 367; zutr. dagegen Keller, WM 2000, 1269, 1271.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

tigt“ eingestuft wird; damit wird die Möglichkeit geschaffen, auch bedeutende Korrespondenzbeziehungen zwischen einzelnen Instituten in den Insolvenzschutz nach der Richtlinie einzubeziehen.899 2. Die Regelungen im einzelnen a) Herstellung der Finalität von Abrechnungsvorgängen Der Insolvenzschutz von Zahlungs- bzw. Übertragungsaufträgen sowie Aufrechnungen („netting“) werden in der zentralen Bestimmung des Art. 3 I, 1. Unterabs. ausdrücklich angeordnet, „sofern die Zahlungs- bzw. Überweisungsaufträge vor dem Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung gemäß Artikel 6 Absatz 1 in das System eingebracht wurden.“ Unter den im deutschen Wortlaut verwendeten Begriff der „Aufrechnung (‚netting‘)“900 fällt danach gem. Art. 2 lit. k) „die Verrechnung von Forderungen und Verbindlichkeiten aus Zahlungs- bzw. Überweisungsverträgen, die ein oder mehrere Teilnehmer erteilt haben oder von einem oder mehreren Teilnehmern erhalten haben, zu einer einzigen Nettoforderung bzw. -verbindlichkeit pro Teilnehmer mit der Folge, daß nur diese Nettoforderung bzw. -verbindlichkeit besteht.“

Es handelt sich wiederum um eine offene Definition, die über den technischen Begriff der „Aufrechnung“ nach deutschem Verständnis901 weit hinausgeht. Rechtlich geschützt ist im Ergebnis der gesamte Buchungsvorgang von der Auftragserteilung über die Verrechnung der Aufträge (bei Nettosystemen) bis hin zum wirksamen Ausgleich der (Saldo-) Verbindlichkeiten der Teilnehmer.902 Den nach Art. 3 I, 1. Unterabs. maßgeblichen „Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens“ konkretisiert Art. 6 I als den „Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung des zuständigen Gerichts bzw. der zuständigen Behörde ergangen ist“, und nimmt damit die Definition des Insolvenzverfahrens durch Art. 2 lit. j) auf: „eine Kollektivmaßnahme gemäß dem Recht eines Mitgliedstaates oder eines Drittlandes, die ergriffen wird, um den betreffenden Teilnehmer entweder zu liquidieren oder zu sanieren, sofern die Maßnahme zur Aufhebung oder Einschränkung der Befugnis des Teilnehmers führt, Zahlungen oder sonstige Verfügungen vorzunehmen.“ 899

Vgl. Keller, WM 2000, 1269 f. Der Wortlaut verwendet diese Formel ausdrücklich bereits in der Definition des Art. 1 lit. k). 901 Und auch der Skontration, siehe dazu noch unten sub C. I. 2. 902 Überzeugend Keller, WM 2000, 1269, 1271. 900

2. Abschnitt: § 9 Die Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr I

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Unter diesen Begriff fallen mithin neben Insolvenzverfahren i. e. S. auch aufsichtsrechtliche Verfahren (wie das Moratorium nach § 46a KWG im deutschen Recht). Von dem so bezeichneten Zeitpunkt an sind die bereits in das System eingebrachten Aufträge verbindlich und dürfen gem. Art. 3 II der Richtlinie nicht aufgrund solcher „Rechtsvorschriften, Regeln und Gepflogenheiten“ rückgängig gemacht werden, welche „die Aufhebung von Verträgen oder Geschäften [scil. betreffen], die vor dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (. . .) abgeschlossen wurden“. Während damit vor allem das Verbot der Anfechtung gegenüber dem System und seinen Teilnehmern903 angesprochen ist, verbietet Art. 7 die automatische Rückwirkung der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf die Rechte und Pflichte der Teilnehmer und konkretisiert insoweit die vorstehend zitierte Bestimmung des Art. 6 I für den Beginn des Verfahrens und seiner Wirkungen. Damit wird insbesondere die in einigen Rechtsordnungen zu findende sog. „NullUhr-Regelung“ ausgeschlossen.904 Wann ein Zahlungs- bzw. Übertragungsauftrag i. S. d. Art. 3 I in das System „eingebracht“ ist, bestimmt sich nach Art. 3 III 1 „nach den Regeln des betreffenden Systems“ und kann also durch die Systembetreiber selbst festgelegt werden; dabei sind freilich gem. Art. 3 III 2 zwingende Bestimmungen im anwendbaren nationalen Recht905 zu beachten. b) Schutz gewährter Sicherheiten Die Insolvenzfestigkeit der im Rahmen der Teilnahme an Zahlungs- und Abrechnungssystemen906 zu gewährenden Sicherheiten zugunsten anderer Teilnehmer, der Systembetreiber oder den Liquidität gewährenden Zentralbanken ist zweiter Regelungsgegenstand der Richtlinie und wird im einzelnen in Art. 9 geregelt. Dem Wortlaut nach betrifft dies zunächst vor allem den Schutz der vertragsgemäßen Verwertung der bestellten Sicherheiten; die 903

Unberührt bleiben etwaige anfechtungsrechtliche Rückgewähransprüche gegen den Zahlungsempfänger; der Anfechtungsschutz beschränkt sich ausschließlich auf die Finalität des Abrechnungsvorgangs als solche, vgl. die 13. Begründungserwägung. 904 Vgl. bereits oben sub A. III. 2. b) cc) (b). 905 Grundsätzlich gilt das Recht des Landes, in dem das System betrieben wird; vgl. RL 98/26/EG, Art. 8 sowie RL 2001/24/EG, Art. 25 und dazu noch unten § 16 sub C. II. 3. d). 906 Eine weite Auslegung, die auch solche Sicherheiten umfaßt, die lediglich über Systeme i. S. d. Richtlinie, also unter technischer Ausnutzung derselben, gewährt worden sind, hat Keller (WM 2000, 1269, 1273) vorgeschlagen; aufgrund der sub II. erörterten Richtlinie über Finanzsicherheiten dürfte sich diese Frage erledigt haben.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Insolvenzfestigkeit zwingt aber auch zu – allerdings unklar umrissenen – Anpassungen hinsichtlich der Frage einer möglichen Anfechtbarkeit der Sicherheitenbestellung.907 In diesem Zusammenhang ist auch die Vorschrift des Art. 4 S. 1 zu sehen. Nach diesem können die Mitgliedstaaten bestimmen, daß „ungeachtet der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen einen Teilnehmer Guthaben oder Wertpapiere auf dem Verrechnungskonto des Teilnehmers dazu verwendet werden können, die am Tage der Verfahrenseröffnung in dem System bestehenden Verbindlichkeiten des betreffenden Teilnehmers zu begleichen.“

Beide Bestimmungen dienen dazu, neben dem „primären“ Systemschutz durch Insolvenzfestigkeit der Abrechnungsverfahren die „sekundären“ Sicherheitsmerkmale der jeweiligen Systeme, also die zur weiteren Absicherung des Ausfallrisikos getroffenen Maßnahmen, zu schützen und insolvenzfest zu stellen. Art. 4 hat freilich neben der grundlegenden Schutzbestimmung des Art. 3, der – wie gesehen – die Verrechnung ausgehender mit eingehenden Zahlungen bereits erfaßt, einen eher engen Anwendungsbereich.908 Der Regelungszweck beider Bestimmungen ist auf Kritik gestoßen, die insbesondere an der Unbestimmtheit der genannten Vorschriften Anstoß nimmt und auf die damit verbundene Schlechterstellung der übrigen Insolvenzgläubiger verweist. So ist konstatiert worden, „sämtliche Vermögenswerte, die zu irgendeinem Zeitpunkt und in irgendeiner Form einmal in das Zahlungssystem eingeführt worden sind“, würden als Konsequenz „ad infinitum dem Zugriff aller anderen Gläubiger des betreffenden Systemteilnehmers entzogen“. Problematisch seien insbesondere auch das Problem einer Mehrfachverwertung von Sicherheiten sowie die Vereinbarkeit mit den allgemeinen insolvenzrechtlichen Regeln über den Rang der Gläubiger.909 Ähnlich wie bereits oben hinsichtlich der grundlegenden Kritik an einer insolvenzrechtlichen Privilegierung von Zahlungssystemen, sollte insoweit unterschieden werden zwischen „technischer“ Kritik, die die konkret gewählte Ausgestaltung der Privilegierung betrifft, und der rechtspolitischen Bewertung der Privilegierung als solcher und ihrer Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte. Zur erstgenannten Kategorie zählt der Vorwurf der Unbestimmtheit der Regelung. Dieser wird bereits mit Blick auf die Regelung der Artt. 4 S. 1, 9 der Finalitätsrichtlinie insofern zu relativieren sein, als der Kreis der geschützten Sicherungsvereinbarungen letztlich 907 Siehe zu diesem Zusammenhang noch ausf. unten sub C. III. 6. im Zusammenhang mit der Umsetzung des Art 9 I der Finanzsicherheitenrichtlinie ins deutsche Recht. 908 Vgl. Keller, WM 2000, 1269, 1272. 909 Hasselbach, ZIP 1997, 1491, 1493 f.

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durch die Marktpraxis der Besicherung in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen eingegrenzt und damit durchaus bestimmbar ist; es geht nicht um den endgültigen Entzug willkürlich vergebener Sicherungswerte zu Lasten der Gläubiger, sondern um die im Geldmarktgeschäft typischerweise vereinbarten, zeitlich begrenzten Sicherungsmittel (wie z. B. Verpfändungen von Finanzinstrumenten, Wertpapierpensionsgeschäfte, etc.).910 Weiter und durchschlagend entkräftet wird der Vorwurf der Unbestimmtheit allerdings nunmehr durch die mit Veröffentlichung im Amtsblatt am 27. Juni 2002 in Kraft getretene EG-Richtlinie über Finanzsicherheiten,911 die einen die Regelungen der Finalitätsrichtlinie umfassend konkretisierenden und weiternden Rechtsrahmen auch für die im Rahmen der Teilnahme an Zahlungssystem zu leistenden Sicherheiten trifft (hierzu unten sub II.). In die zweite, rechtspolitisch geprägte Kategorie gehören Zweifel an der Berechtigung der Privilegierung insgesamt, die von der Frage der technischen Ausgestaltung zu unterscheiden sind.912 II. Die EG-Richtlinie über Finanzsicherheiten

1. Grundlagen Ausschlaggebend für den Erlaß der EG-Richtlinie über Finanzsicherheiten waren insbesondere Kriterien der Effizienz der Finanzmärkte,913 aber auch der Aspekt der Risikominimierung im Insolvenzfall und damit der Schutz der Stabilität der Finanzmärkte.914 Die Richtlinie geht auf Vorschläge der sog. „Politischen Gruppe für Finanzdienstleistungen“ innerhalb der Europäischen Gemeinschaft zurück, eines Gremiums von Vertretern der Wirtschafts- und Finanzminister und der Europäischen Zentralbank unter Vorsitz der Kommission. Die Vorschläge sind in einen entsprechenden Kommissionsvorschlag eingemündet, dessen endgültige Fassung am 26. Juni 910 Einen Überblick über die Sicherheiten für die Geschäfte privater Banken mit den Zentralbanken des Euroraums gibt EZB, The Single Monetary Policy, S. 38 ff. i. V. m. den dazu durch die EZB veröffentlichten tagesaktuellen Verzeichnissen in Betracht kommender Sicherungswerte. Aus der Natur der Refinanzierungsgeschäfte folgt deren zeitliche und wertmäßige Begrenzung, vgl. dazu EZB, ebd., S. 14 ff. Siehe auch BankrechtsHB-Hauck, § 123 Rn. 68 ff., 78 ff. sowie – im vorliegenden Kontext – Keller, WM 2000, 1269, 1273; ders., BKR 2002, 347, 351 f. 911 RL 2002/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6.6.2002 über Finanzsicherheiten, ABlEG Nr. L 168/43. 912 Siehe hierzu noch unten sub E. III. 913 Finanzsicherheitenrichtlinie-E, Begr., sub 1.2; siehe auch Finanzsicherheitenrichtlinie, 3., 9. und 12. Begründungserwägung. 914 Siehe insbesondere Finanzsicherheitenrichtlinie, 17. Begründungserwägung. Zum ganzen Keller, BKR 2002, 347, 353 f.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

2001 veröffentlicht wurde. Der Vorschlag beruht im wesentlichen auf Vorarbeiten einer aufgrund des „Aktionsplans Finanzdienstleistungen“ der Kommission einberufenen Expertengruppe, die von 1999 bis 2000 tagte.915 Bereits der Kommissionsvorschlag stellt die Richtlinie in einen engen Zusammenhang mit der vorstehend erörterten Finalitätsrichtlinie, aber auch mit den Regelungen insbesondere der Richtlinie über die Sanierung und Liquidation von Kreditinstituten,916 auf die noch zurückzukommen sein wird.917 Nach befürwortenden Stellungnahmen der Europäischen Zentralbank918 sowie des Wirtschafts- und Sozialausschusses919 ist die Richtlinie am 6. Juni 2002 im Verfahren nach Art. 251 EGV verabschiedet worden. Sie war gem. Art. 11 bis spätestens zum 27. Dezember 2003 umzusetzen. Ziel der Richtlinie ist die Schaffung gemeinschaftsweit harmonisierter Vorgaben „für die Bereitstellung von Wertpapieren und Barguthaben als Sicherheit in Form eines beschränkten dinglichen Sicherungsrechts oder im Wege der Vollrechtsübertragung, einschließlich Wertpapierpensionsgeschäften (Repos) (. . .). Dies wird zu einer weiteren Integration und höheren Kostenwirksamkeit des Finanzmarkts sowie zur Stabilität des Finanzsystems in der Gemeinschaft beitragen und dadurch den freien Dienstleistungs- und Kapitalverkehr fördern.“920

Sowohl hinsichtlich der Einzelheiten als auch des Regelungszwecks geht die Richtlinie über die vorstehend erörterten Bestimmungen der Artt. 4 S. 1, 9 der Finalitätsrichtlinie weit hinaus; erfaßt werden nunmehr nicht mehr lediglich solche Sicherheiten, die im Rahmen der Teilnahme an einem Zahlungssystem durch die Teilnehmer gewährt werden, sondern Sicherheiten zwischen und zugunsten von Finanzintermediären, Systembetreibern und Zentralbanken allgemein. Die Regelungen der Richtlinie erstrecken sich auch auf die Bestellung derartiger Sicherheiten durch andere natürliche oder juristische Personen, wenn diese die fragliche Sicherheit gegenüber einem der vorgenannten Marktteilnehmer bestellen. Die Mitgliedstaaten sind allerdings frei, diese Regelung nicht zu übernehmen (sog. „Opt-Out“-Befugnis).921 Die Neuregelungen betreffen damit auch, aber nicht ausschließlich den hier erörterten Problembereich. Sie erstrecken sich grundsätzlich auf Fragen 915 Siehe EG-Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Finanzsicherheiten, ABlEG Nr. C 180 v. 26.6.2001/312. 916 Vgl. Finanzsicherheitenrichtlinie-E, Begr., sub 1.1, 1.2. 917 Siehe im einzelnen unten § 16. 918 Vom 13.6.2001, ABlEG Nr. C 196 v. 12.7.2001/10. 919 Vom 28.11.2001, ABlEG Nr. C 48 v. 21.2.2002/1. 920 Finanzsicherheitenrichtlinie, 3. Begründungserwägung. 921 Finanzsicherheitenrichtlinie, Art. 1 II lit. e), III.

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der Anerkennung einzelner Formen von Finanzsicherheiten, ihrer Durchsetzbarkeit insbesondere in der Insolvenz und bewirken innerhalb des Anwendungsbereichs materiell-rechtliche Rechtsvereinheitlichung. Wegen des engen Zusammenhangs mit der Finalitätsrichtlinie soll die Finanzsicherheitenrichtlinie an dieser Stelle mit behandelt werden; auf eine vertiefte Bewertung, die eine rechtsvergleichende Analyse der gegenwärtig verfügbaren Sicherungsrechte in den einzelnen EG-Mitgliedstaaten erfordern würde, soll freilich verzichtet werden. 2. Die Regelungen im einzelnen a) Anwendungsbereich Nach Art. 1 II Finanzsicherheitenrichtlinie ist deren Anwendungsbereich auf Vereinbarungen zwischen den dort aufgeführten Institutionen und Körperschaften begrenzt; hierzu gehören, soweit vorliegend von Interesse, vor allem auch Zentralbanken (lit. b)) sowie beaufsichtigte Finanzinstitute (lit. c)) und zentrale Vertragsparteien, Verrechnungsstellen und Clearingstellen i. S. d. Art. 2 lit. c)–e) der Finalitätsrichtlinie (lit. d)). Hier nicht weiter zu verfolgen, da außerhalb des Themas liegend, ist die Möglichkeit eines „Opt-Out“ für sonstige Sicherheiten nach Art. 1 II lit. e), III der Richtlinie. Erfaßt werden die in Art. 2 I der Richtlinie näher bestimmten Finanzsicherheiten, d.h. „Sicherheit[en], die in Form der Vollrechtübertragung oder in Form eines beschränkten dinglichen Sicherungsrechts bestellt [werden]; hierbei ist unerheblich, ob diese Geschäfte einem Rahmenvertrag oder allgemeinen Geschäftsbedingungen unterliegen oder nicht.“922 Der Begriff der Vollrechtübertragung umfaßt auch Wertpapierpensionsgeschäfte.923 Hinzu tritt der Begriff der „Barsicherheit“, der definiert ist als „[Sicherheit an einem] in beliebiger Währung auf einem Konto gutgeschriebener Betrag oder vergleichbare[n] Geldforderungen, beispielsweise Geldmarkt-Sichteinlagen.“924 Stets geht es um Sicherheiten für Verbindlichkeiten aus Finanzgeschäften, nämlich solchen, die „ein Recht auf Barzahlung und/oder Lieferung von Finanzinstrumenten begründen“, Art. 2 I lit. f) Finanzsicherheitenrichtlinie.

922 923 924

Finanzsicherheitenrichtlinie, Art. 2 I lit. a). Finanzsicherheitenrichtlinie, Art. 2 I lit. b). Finanzsicherheitenrichtlinie, Art. 2 I lit. d).

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

b) Regelungen zur Bestellung von Sicherheiten Nach Art. 2 II der Richtlinie bedeutet „Bestellung“, „daß dem Sicherungsnehmer oder seinem Vertreter eine Finanzsicherheit geliefert oder im Wege des Effektengiros gutgeschrieben wurde oder ihnen auf sonstige Weise der Besitz oder die Kontrolle daran verschafft wurde, sofern er den Besitz oder die Kontrolle nicht bereits innehatte.“

Abgestellt wird mithin auf den dinglich wirkenden Übertragungsakt, nicht auf die obligatorische Sicherungsabrede. Nach Art. 3 I der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, daß es für die Bestellung, die Wirksamkeit der Sicherheiten sowie die „prozessuale Beweisführung bei einer Finanzsicherheit“ sowie die Besitzverschaffung nicht auf Formerfordernisse ankommt. Diese Regelung wurde damit begründet, daß die Richtlinie ohnehin nur solche Sicherheiten erfasse, die auf den Sicherungsnehmer übertragen worden oder in dem Depotkonto oder Register vermerkt sind, in dem die Rechtsposition des Sicherungsgebers verbucht oder eingetragen wird; ein guter Glaube Dritter an die unbelastete Vollrechtsinhaberschaft des Sicherungsgebers sei schon deshalb ausgeschlossen.925 Nach dem – in der deutschen Fassung etwas unklar formulierten und erst nach dem Kommissionsentwurf in den Richtlinientext eingefügten – Art. 3 II „hindert“ die Vorschrift des Abs. 1 nicht die Anwendung der Richtlinie auf besitzgebundene Sicherheiten, bei denen die Besitzverschaffung „schriftlich oder in rechtlich gleichwertiger Form nachgewiesen werden kann“. Die Bedeutung dieser Regelung erschließt sich erst aus der 10. und der 11. Begründungserwägung. Nach letzterer gilt, daß vom Schutz der Richtlinie nur solche Sicherheiten umfaßt sein sollen, deren Bestellung „schriftlich oder auf jene andere rechtswirksame Weise“ nach Maßgabe des anwendbaren Rechts nachgewiesen werden kann. In der 10. Begründungserwägung ist ausgeführt, daß das grundsätzliche wirtschaftliche Interesse an der Vermeidung des durch Formerfordernisse verursachten Verwaltungsaufwands mit dem Interesse an Rechtsklarheit auch zum Schutze Dritter ins Gleichgewicht zu setzen sei. Es dürften folglich nur solche besitzgebundenen Sicherheiten einbezogen werden, bei denen die Besitzverschaffung nachgewiesen werden könne und mithin „äußerlich nachvollziehbar“ sei. Die Vorschrift des Art. 3 II der Richtlinie dient somit dem Ausschluß von Sicherheiten aus dem Anwendungsbereich, bei denen kein Nachweis über die Übertragung existiert, wie sich auch aus Art. 1 V der Richtlinie ergibt. 925

Finanzsicherheitenrichtlinie, Begr. zu Art. 4-E.

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Nicht als Formvorschrift i. S. d. Art. 3 I zählen nach der 10. Begründungserwägung im übrigen „Rechtshandlungen, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats für die wirksame Übereignung oder Bestellung eines Sicherungsrechts an anderen Finanzinstrumenten (als im Effektengiro übertragbaren Wertpapieren) erforderlich sind, wie beispielsweise das Indossament bei Orderpapieren oder der Eintrag im Emittentenregister im Falle von Namenspapieren“. c) Regelungen zur Anerkennung bestimmter Finanzsicherheiten Ein Schwerpunkt der Regelungen der Finanzsicherheitenrichtlinie liegt auf der gemeinschaftsweiten Harmonisierung bestimmter Typen derartiger Sicherheiten. Bereits die oben diskutierten Begriffsdefinitionen des Art. 2 I der Richtlinie i. V. m. den sogleich im Anschluß zu erörternden Bestimmungen über die Verwertung von Sicherheiten schaffen insoweit einen Kreis gemeinschaftsweit zu harmonisierender Sicherungsinstrumente, die mithin über das gesamte Gemeinschaftsgebiet hinweg zur Besicherung zur Verfügung stehen sollen. Ergänzt werden diese Bestimmungen um spezielle Vorschriften zu einzelnen Sicherheiten. Die Vorschrift des Art. 5 betrifft Sicherheiten, bei denen dem Sicherungsnehmer während der Dauer der Besicherung ein Verfügungsrecht über die Sicherheiten eingeräumt wird. Art. 5 I verpflichtet die Mitgliedstaaten, derartige Abreden grundsätzlich anzuerkennen. Übt der Sicherungsnehmer sein Verfügungsrecht aus, trifft ihn gem. Art. 5 II die Verpflichtung, spätestens zum Fälligkeitstermin Sicherheiten derselben Art und im selben Umfang zur Rückgewähr an den Sicherungsgeber zu beschaffen. Alternativ kann der Sicherungsnehmer nach seiner Wahl den Wert der Sicherheiten gegen die zugrundeliegende Forderung aufrechnen oder die Sicherheiten „an Zahlungs statt verwenden“.926 Nach Art. 5 II sind im Falle der Bereitstellung gleichwertiger Sicherheiten nach Ausübung des Verfügungsrechts diese Sicherheiten insbesondere auch hinsichtlich des maßgeblichen Bestellungszeitpunkts wie die ursprünglich gewährten zu behandeln. Nach der 19. Begründungserwägung zur Richtlinie wird damit angestrebt, die Liquidität an den Finanzmärkten zu erhöhen, indem die zur Sicherung verwendeten Wertpapiere während der Sicherungsdauer weiterverwendet werden können; dies lasse einzelstaatliche Vorschriften über die Trennung von Vermögensgegenständen sowie zur Verhinderung gläubigerschädlicher Handlungen unberührt. 926 Die Regelung war umstritten; in seiner Stellungnahme (oben sub 1. Fn. 919) setzte sich der Wirtschafts- und Sozialausschuß für Schutzmaßnahmen zugunsten des Sicherungsgebers im Falle der Insolvenz des Sicherungsnehmers ein (ebd., sub 3.5); vgl. Keller, BKR 2002, 347, 353.

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Art. 6 der Richtlinie betrifft die Anerkennung von Finanzsicherheiten in Gestalt der Vollrechtsübertragung, also nach dem oben zitierten Art. 2 I auch Wertpapierpensionsgeschäfte, und zwar in der Gestalt der jeweils zugrundeliegenden vertraglichen Abreden.927 Nach Art. 6 II gilt auch für die Vollrechtsübertragung, daß der Sicherungsnehmer im Verwertungs- bzw. Beendigungsfall die Verpflichtung zur Rückübertragung im Wege der Aufrechnung erfüllen kann; damit wird Gleichlauf geschaffen mit der vorstehend zitierten Regelung des Art. 5 II, 2. Unterabs. d) Regelungen zur Verwertung der Sicherheiten Auch die Finanzsicherheitenrichtlinie schützt die Verwertung der Sicherheiten in der vertraglich vereinbarten Form.928 Bei Sicherheiten in Form von Finanzinstrumenten i. S. d. Art. 2 I lit. e)929 soll die Verwertung durch „Verkauf oder Aneignung und anschließende Verrechnung ihres Werts mit den maßgeblichen Verbindlichkeiten oder Verwertung an Zahlungs statt“ erfolgen können. Die Aneignung ist allerdings gem. Art. 4 II der Richtlinie an die doppelte Bedingung geknüpft, daß die Parteien bei Bestellung der Sicherheiten diese Art der Verwertung vereinbart haben, und daß die Sicherungsvereinbarung die Bewertung der betreffenden Finanzinstrumente ermöglicht. Mitgliedstaaten, die zum Stichtag am 27. Juni 2002 die Möglichkeit einer Aneignung nicht anerkennen, sind gem. Art. 4 III nicht verpflichtet, diese Verwertungsform anzuerkennen. Für Barsicherheiten sind nach Art. 4 I lit. b) der Richtlinie die Verwertung durch Aufrechnung des Betrags gegen die maßgeblichen Verbindlichkeiten oder durch „Verwendung an Zahlungs statt“ vorgesehen. Für beide Arten von Sicherheiten gilt, daß die Verwertung bei einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien ohne Verwertungsandrohung, ohne vorherige Genehmigung eines Gerichts oder einer anderen öffentlichen Einrichtung, ohne das Erfordernis einer öffentlichen Auktion o. ä. sowie ohne Wartefristen erfolgen können muß.930 Die vereinbarungsgemäße Verwertung soll auch durch die Einleitung von Liquidations- bzw. Sanierungsmaßnahmen über das Vermögen einer der beiden Parteien nicht berührt werden.931 Unbeschadet dieser Bestimmungen bleiben 927 Vgl. den Wortlaut des Art. 6 I Finanzsicherheitenrichtlinie: „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, daß eine Finanzsicherheit in Form der Vollrechtsübertragung vereinbarungsgemäß wirksam werden kann“ (eig. Hervorhebung). 928 Vgl. den Wortlaut des Art. 4 I Finanzsicherheitenrichtlinie. 929 Darunter fallen beispielsweise Aktien und andere Wertpapiere, Schuldverschreibungen und sonstige verbriefte und verbriefte Schuldtitel, andere marktfähige Papiere und Derivate. 930 Finanzsicherheitenrichtlinie, Art. 4 IV.

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gem. Art. 4 VI solche einzelstaatlichen Bestimmungen wirksam, die die Verpflichtung begründen, die Verwertung der Sicherheiten sowie die Wertermittlung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorzunehmen. Dies soll nach der 17. Begründungserwägung auch die Zulässigkeit einer nachträglichen richterlichen Bewertung der Finanzsicherheiten und der durch sie gesicherten Forderung einschließen. Art. 7 der Richtlinie betrifft die Anerkennung von Vereinbarungen über die durch im deutschen Wortlaut sog. „Aufrechnung infolge Beendigung“. Hierbei handelt es sich nach der Definition in Art. 2 I lit. n) im wesentlichen um das im angelsächsischen Bankrecht entwickelte „close-out netting“, d.h. eine Art speziellen Aufrechnungsvertrag im Rahmen eines Finanzkontrakts, der im Falle der (vor allem insolvenzbedingten) Beendigung des Vertragsverhältnisses die wechselseitigen Verpflichtungen sofort fällig stellt bzw. in eine Zahlungsverpflichtung in Höhe des aktuellen Werts verwandelt und in eine Nettoforderung verwandelt. Diese nicht nur für die Bestellung von Finanzsicherheiten typische Absprache und ihre Behandlung in den vorliegend zu untersuchenden Insolvenzrechten soll hier zunächst ausgeklammert und später im Gesamtzusammenhang der Auswirkungen der Verfahrenseröffnung auf schwebende Finanzkontrakte untersucht werden.932 Von besonderer Bedeutung mit Blick auf die Auswirkungen der Insolvenzeröffnung auf bestellte Finanzsicherheiten sind schließlich die Regelungen des Art. 8 der Finanzsicherheitenrichtlinie. Art. 8 I verbietet die Anwendung einer etwa nach allgemeinen Vorschriften geltenden „Null-UhrRegelung“933 auf die Bestellung von Finanzsicherheiten (lit. a)) und die Anwendbarkeit einzelstaatlicher Bestimmungen, die zur Unwirksamkeit der Sicherheit ausschließlich wegen der Bestellung innerhalb einer bestimmten Frist vor Verfahrenseröffnung führen könnten. Abs. 2 legt fest, daß auch am Tag der Verfahrenseröffnung bestellte Sicherheiten wirksam sind, wenn der Sicherungsnehmer seine Gutgläubigkeit hinsichtlich der bereits erfolgten oder bevorstehenden Verfahrenseröffnung beweisen kann. Nach Abs. 3 können Sicherheiten, die eine Verpflichtung zur Aufstockung der Sicherungswerte im Falle von Wertschwankungen oder Schwankungen des Werts der gesicherten Forderung enthalten bzw. die dem Sicherungsgeber das Recht zum Austausch gestellter Sicherungsmittel einräumen, nicht allein deshalb „als unwirksam angesehen oder rückgängig gemacht oder für nichtig erklärt werden“, weil sie am Tag der Verfahrenseröffnung, jedoch vor dem Wirksamwerden des Eröffnungsbeschlusses, bzw. davor innerhalb einer be931 932 933

Finanzsicherheitenrichtlinie, Art. 4 V. Siehe hierzu noch im einzelnen unten § 11 sub B. II. 2. c). Siehe dazu bereits oben sub A. III. 2. b) cc) (b).

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stimmten Frist bestellt worden sind oder weil die gesicherte Forderung bereits vor Bestellung der Sicherheit entstanden ist.934 Eingeschränkt werden diese Regelungen durch Abs. 4, wonach die Richtlinie die „allgemeinen einzelstaatlichen Insolvenzvorschriften in Bezug auf die Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit von Geschäften“ innerhalb der dafür vorgesehenen Fristen unberührt läßt. Ausweislich der 16. Begründungserwägung fallen darunter „beispielsweise“ die Anfechtung „wegen betrügerischer Handlungen oder ähnliche Anfechtungsregeln, die während eines gesetzlich bestimmten Zeitraums gelten“. Auch hierin wird das Bestreben deutlich, einen Ausgleich mit den Interessen Dritter vorzunehmen, das sich bereits in der oben erörterten Regelung des Art. 4 VI der Richtlinie äußert, wonach die Art und Weise der Besicherung der richterlichen Kontrolle zugänglich gemacht werden darf. Erfaßt und ausgeschlossen sind durch die Bestimmung des Art. 8 mithin nur Anfechtungs- bzw. sonstige Unwirksamkeitstatbestände, die ausschließlich auf den Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit abstellen.935 III. Zwischenzusammenfassung und -bewertung

Durch die Finalitätsrichtlinie sowie auch die Richtlinie über Finanzsicherheiten wird die insolvenzrechtliche Behandlung der vertraglichen Rahmenbedingungen für die Teilnahme an Zahlungssystemen umfassend modifiziert und vor dem Eingreifen zwingender Vorschriften des allgemeinen Insolvenzrechts bzw. des Aufsichtsrechts geschützt. Die Finalitätsrichtlinie regelt vor allem den Bestandsschutz von Regelungen zur Bewältigung der „unmittelbaren“ Ausfallrisiken, also der Saldierung in Nettosystemen und von Zahlungen, die über Echtzeit-Bruttosysteme sofort oder im Rahmen 934 Vgl. dazu die Begründung zu Art. 9-E: „Aufstockungssicherheiten spielen eine wichtige Rolle bei der Begrenzung des Kreditrisikos, da sie es den Marktteilnehmern ermöglichen, ihr gegenseitiges Kreditengagement zu begrenzen. Dies geschieht im allgemeinen durch ‚Marktwertberechnungen‘, bei denen der aktuelle Marktwert der Sicherheit mit dem gesicherten Betrag verglichen wird. Wenn die Sicherheit unzureichend ist, verlangt der Sicherungsnehmer eine Aufstockungssicherheit (und ist der Sicherungsnehmer entsprechend verpflichtet, den Überschuß herauszugeben, wenn die Berechnung einen Sicherheitsüberschuß ergibt). Solche Vereinbarungen gelten als solide Marktpraxis und werden von der Aufsicht bevorzugt. Es wird daher vorgeschlagen, Marktbewertungsaufstockungssicherheiten in dieser Richtlinie zu schützen. Ein solcher Schutz ist notwendig, da Aufstockungssicherheiten in einigen Rechtsräumen mit der Begründung unberücksichtigt bleiben können, daß der Sicherungsnehmer gegenüber allgemeinen Gläubigern durch die Stellung der Aufstockungssicherheit bevorzugt wird, wenn der Scherungsgeber innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach der Stellung der Aufstockungssicherheit (der sogenannten ‚Verdachtsfrist‘) insolvent wird.“ 935 So ausdrücklich auch Finanzsicherheitenrichtlinie, 16. Begründungserwägung.

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von Warteschleifen abgewickelt werden. Die rückwirkende Vernichtung entsprechender Transaktionen wird für unzulässig erklärt. Dies erfordert insbesondere Anpassungen in insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbeständen, hinsichtlich der in einigen Rechtsordnungen zu findenden Rückwirkung der Verfahrenseröffnung (vor allem durch sog. „Null-Uhr-Regelungen“) sowie der Wirksamkeit von bereits gegenüber dem System getätigten Verfügungen des insolventen Teilnehmers über den Eröffnungsbeschluß hinaus. Die Richtlinie über Finanzsicherheiten betrifft demgegenüber diejenigen Absprachen der Teilnehmer untereinander sowie der einzelnen Teilnehmer mit dem Systembetreiber, die der Bewältigung der „mittelbaren“ Ausfallrisiken dienen, d.h. der Risikominimierung durch Bestellung von Finanzsicherheiten. Darüber hinaus erfaßt ihr Anwendungsbereich auch Nichtintermediäre – vorbehaltlich eines „Opt-Out“ nach Art. 1 III. Sie geht hinsichtlich der hier allein zu behandelnden Aspekte in zweierlei Hinsicht deutlich weiter als die Finalitätsrichtlinie. Zum einen erfaßt sie nicht lediglich Sicherheiten, die im Rahmen der Teilnahme am Zahlungsverkehr typischerweise bestellt werden, sondern etwa auch die Besicherung der geldpolitischen Aktivitäten von Zentralbanken allgemein. Zum zweiten beläßt sie es nicht bei punktuellen Korrekturen einzelner zwingender Regelungen des Insolvenzrechts, sondern strebt darüber hinaus eine materiellrechtliche Harmonisierung bestimmter Sicherungsinstrumente an, die nicht nur die verfahrensrechtliche Verwertung dieser Sicherheiten erfaßt, sondern nicht zuletzt auch deren schuld- und sachenrechtliche Gestaltung sowie die Modalitäten der Bestellung nach nationalem Recht. Dies wird vor allem dort deutlich, wo die Richtlinie die Anerkennung bestimmter Sicherungsformen vorschreibt, so etwa von Wertpapierpensionsgeschäften. Ausdrücklich wird insoweit das Ziel verfolgt, eine „Umdeutung“ etwa einer Vollrechtsübertragung in ein beschränkt dingliches Sicherungsrecht zu unterbinden.936 C. Schutz der Zahlungssysteme nach deutschem Recht I. Der schuldrechtliche Hintergrund

1. Der Überweisungs„auftrag“ als solcher Wegen der engen Verzahnung der insolvenzrechtlichen Behandlung von Zahlungsvorgängen mit den zugrundeliegenden schuldrechtlichen Bestimmungen937 ist zunächst fraglich, wie der Zahlungsvorgang schuldrechtlich zu qualifizieren ist. Nach den durch die in Umsetzung der EG-Überwei936 937

So Finanzsicherheitenrichtlinie, 13. Begründungserwägung. Vgl. zunächst §§ 676a III 2, IV 2, 676d II 2 BGB, 115, 116 S. 3 InsO.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

sungsrichtlinie938 mit dem Überweisungsgesetz939 erfolgten Änderungen940 könnte sich das oben im weiteren Sinne als „Zahlungsauftrag“ bezeichnete Rechtsgeschäft zwischen der auftragserteilenden Bank und dem System941 nunmehr als Zahlungsvertrag i. S. d. § 676d BGB darstellen.942 Dies ist allerdings zweifelhaft: Entsprechend den Vorgaben der Richtlinie unterscheidet die Systematik der §§ 676a-f BGB zwischen dem durch den die Überweisung veranlassenden Kunden (den „Überweisenden) beauftragten Kreditinstitut (dem „überweisenden Kreditinstitut“),943 dem „Kreditinstitut des Begünstigten“944 sowie sog. „zwischengeschalteten Instituten“, d.h. solchen, die in die Überweisungskette eingeschaltet sind.945 Zahlungsverträge i. S. d. § 676d I BGB sind dabei nach dem Wortlaut solche Verträge, durch die sich „ein zwischengeschaltetes Institut gegenüber einem anderen Kreditinstitut [verpflichtet], im Rahmen des Überweisungsverkehrs einen Überweisungsbetrag an ein weiteres Kreditinstitut oder an das Kreditinstitut des Begünstigten weiterzuleiten.“ Die Subsumtion eines durch das erstbeauftragte bzw. auf eigene Rechnung tätige Institut erteilten „Zahlungsauftrags“ unter diese Definition bereitet Probleme: Es handelt sich hierbei nicht um eine Abrede zwischen dem Institut und einem „zwischengeschalteten“ oder „Empfängerinstitut“, sondern eben um ein Rechtsgeschäft zwischen ihm und dem Systembetreiber (und ggf., je nach vertraglicher Ausgestaltung, den übrigen Teilnehmern) lediglich über die („technische“) Ausführung des Zahlungsvertrags i. S. d. § 676d I BGB. Auch die Qualifizierung als „Über938

RL 97/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 27.1.1995, ABlEG Nr. L 43/25. 939 Gesetz v. 21.7.1999, BGBl. 1999-I, 1642. 940 Vgl. zur Richtlinie und zur – sehr umstrittenen – Umsetzung statt aller im vorliegenden Kontext Böhm, S. 90 ff., 101 ff., jeweils m. w. N. 941 Angesichts der durch die §§ 676a ff. BGB verwendeten Terminologie und der, wie sogleich darzulegen, unklaren dogmatischen Verortung bereitet die Wortwahl vorliegend Mühe. Soweit es um den eher „technischen“ Vorgang der Weisungserteilung zwischen Teilnehmer und Systembetreiber geht, soll nachfolgend wie bisher vom „Zahlungsauftrag“ (entsprechend der Finalitätsrichtlinie) die Rede sein; soweit von „Zahlungsverträgen“ gesprochen wird, ist damit ausschließlich das in § 676d BGB vertypte Institut gemeint. 942 Etwas unklar Böhm, S. 101 ff., der im Rahmen der Betrachtung der Rechtsbeziehungen innerhalb von (Netto-) Zahlungssystemen ausschließlich die in den §§ 676a ff. BGB geregelten Typen zugrundelegt. Undeutlich auch Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 36, 39, der einerseits „Zahlungs- und Überweisungsaufträge“ erwähnt und sich mithin der Diktion der EG-Finalitätsrichtlinie bedient, ausdrücklich sodann aber das rechtliche Schicksal „bestehende[r] Überweisungs-, Zahlungs- und Übertragungsverträge im Sinne der §§ 676, 676a und 676 BGB“ untersucht (jeweils eig. Hervorhebung). Siehe zur Terminologie auch soeben Fn. 941. 943 Vgl. § 676a I 1 BGB. 944 Vgl. § 676d I BGB. 945 Vgl. § 676a I 2 BGB.

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weisungsvertrag“ i. S. d. § 676a BGB ist problematisch, weil diese Bestimmung ausdrücklich auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Bankkunden als Überweisendem und dem „überweisenden Kreditinstitut“ abstellt. Demgegenüber trifft § 676 BGB eine ausdrückliche Regelung lediglich zum sog. „Übertragungsvertrag“, der in S. 1 der Vorschrift definiert wird als „Geschäftsbesorgungsvertrag, der die Weiterleitung von Wertpapieren oder Ansprüchen auf Herausgabe von Wertpapieren im Wege der Verbuchung oder auf sonstige Weise zum Gegenstand hat“. Während sich Verträge zwischen den Teilnehmern an Wertpapierliefer- und Übertragungssystemen ohne weiteres unter diesen Wortlaut subsumieren lassen, fehlt eine entsprechende Regelung für die nicht davon erfaßten reinen Zahlungssysteme. Gerade wegen dieser Sonderregelung für die Übertragung von Wertpapieren, die – wie die den Zahlungsverkehr betreffenden §§ 676a ff. BGB – im übrigen die systematische Stellung des Girovertrags als besondere Form des Geschäftsbesorgungsvertrags unberührt läßt, liegt es an sich nahe, die Rechtsbeziehungen zwischen Zahlungssystem und Teilnehmern nicht unter die Bestimmung des § 676d BGB zu subsumieren.946 Die vertraglichen Beziehungen zwischen dem Teilnehmer an einem Zahlungssystem und dem Betreiber würden somit hinsichtlich des einzelnen „Zahlungsauftrags“ keinen „Zahlungsvertrag“ i. S. d. § 676d BGB oder einen „Überweisungsvertrag“ i. S. d. § 676a BGB darstellen, sondern eher eine Weisung im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrags i. S. d. § 675 BGB über die Durchführung des Zahlungsverkehrs.947 Mit dem Schutzzweck der Finalität von Abrechnungsvorgängen dürfte diese Lesart allerdings kaum vereinbar sein, da damit die §§ 676a III 2, IV 2, 676d II 2 BGB für das Verhältnis zwischen teilnehmendem Institut und Systembetreiber im Falle der Insolvenz des Teilnehmers gerade nicht zur Anwendung kämen.948 Auch die noch zu erörternde insolvenzrechtliche Privilegierung nach §§ 115, 116 S. 3 InsO bezieht sich ausdrücklich auf „Überweisungsverträge sowie Zahlungs- und Übertragungsverträge“ – und würde damit bei wortlautgetreuer Auslegung der §§ 676a und 676d BGB nicht auf die Rechtsverhältnisse zwischen dem betroffenen Teilnehmer und dem Systembetreiber Anwendung finden. Der Schutzzweck würde mithin unterlaufen, wenn nicht auch dieses Rechtsverhältnis in Ausdehnung des Wortlauts unter den Begriff des „Zahlungsvertrags“ subsumiert oder im Rahmen einer Analogie entsprechende Gleichbehandlung erzielt würde. 946 Auch die §§ 676a III 2, IV 2; 676d II 2 BGB betrachten das „Zahlungsverkehrssystem“ nach dem Wortlaut offenbar als eigenständigen Typus. 947 Wohl übersehen von Langenbucher, S. 411 und passim; ders., in: Langenbucher/Gößmann/Werner (Hrsg.), § 7 Rn. 32. 948 Unklar insoweit die Gesetzesmaterialien, BT-Drs. 14/1067, S. 19 l. Sp.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Der Gesetzgeber des Umsetzungsgesetzes zur Finalitätsrichtlinie geht ohne weitere Begründung offenbar implizit von einer Gleichstellung des Zahlungsauftrags i. S. d. der Richtlinie mit dem „Zahlungsvertrag“ i. S. d. § 676d BGB aus,949 die außer aus den vorgenannten Gründen weiterhin auch deshalb nicht überzeugt, weil sie unberücksichtigt läßt, daß über Zahlungssysteme eben nicht nur die Weiterleitung von Zahlungen für Rechnung der Bankkunden (und also „Überweisungen“ i. e. S.) betrieben wird, sondern auch Zahlungen im Interbankenverkehr, bei denen das Kreditinstitut, das den Auftrag erteilt, eindeutig nicht „zwischengeschaltetes Institut“ i. S. d. § 676d BGB ist, sondern „Überweisender“ und Ausführender in einer Person. Während an sich der Wortlaut der schuldrechtlichen Bestimmungen eine Qualifikation als „einfaches“ Geschäftsbesorgungsverhältnis nahelegt, zwingt mithin die systematisch unbefriedigende Abstimmung zwischen den Rechtsvorschriften zur Umsetzung der EG-Überweisungsrichtlinie mit jenen zur Umsetzung der Finalitätsrichtlinie zu einer Gleichbehandlung an sich nicht durchweg vom Wortlaut der schuldrechtlichen Vertragstypen erfaßter Rechtsgeschäfte.950 2. Die „Nettingabrede“ bei Nettosystemen Die Rechtsgrundlage für die Ausführung des Zahlungsverkehrs in Nettosystemen bildet zunächst der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen den Teilnehmern und dem System, in dessen Rahmen erstere Weisungen über einzelne Zahlungen erteilen, die rechtliche Grundlage.951 Hinzu tritt die Ab949

Besonders deutlich in der Begr. zur Einführung des § 96 II InsO durch Art. 1 des Umsetzungsgesetzes, BT-Drs. 14/1539, S. 10. 950 In der Sache wie hier nunmehr auch Kieper, S. 110 ff. – dort S. 121 ff. allerdings mit dem m. E. fragwürdigen Ergebnis, daß der Gesetzgeber infolge der fehlerhaften Umsetzung der Finanzsicherheitenrichtlinie möglicherweise einem gemeinschaftsrechtlichen Schadensersatzanspruch ausgesetzt sein könnte. Entgegen Kieper, a. a. O., dürfte eine richtlinienkonforme Auslegung der betreffenden Bestimmungen letztlich doch in Betracht kommen, wenngleich seine Kritik an der Umsetzungslösung – wie ausgeführt – durchaus beizupflichten ist. 951 Vgl. – für den früheren Abrechnungsverkehr der Deutschen Bundesbank – auch Schlegelberger-Hefermehl, Anh. § 365 HGB Rn. 8; Böhm, S. 138; OLG Frankfurt, Urt. v. 29.4.1976 – 1 U 184/75, WM 1976, 723, 725; BGH, Urt. v. 29.5.1978 – II ZR 89/76, WM 1978, 588, 589: „auf eine Geschäftsbesorgung gerichtete[s] privatliche[s] Vertragsverhältnis“. A.A. (Auftrag) noch z. B. Michahelles, S. 191; siehe für den Scheckverkehr auch BGH, Urt. v. 23.9.1985 – II ZR 172/84, BGHZ 96, 9, 12 (Fall Herstatt: Schutzpflicht der Bundesbank als Betreiberin des Zahlungssystems gegenüber den Teilnehmern). Wegen der nunmehr seit längerem ausdrücklich festgelegten Entgeltlichkeit der Durchführung des Zahlungsverkehrs ist dieser Streit heute überholt und die Qualifikation als entgeltliche Geschäftsbesorgung geklärt, vgl. Berger, S. 379.

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rede über die multilaterale Verrechnung der wechselseitigen Ansprüche am Ende einer Abrechnungsperiode. In der Rechtsprechung insbesondere zum früheren Zahlungsverkehr der Deutschen Bundesbank sind derartige Abreden mit der Rechtsfigur der Skontration, d.h. eines multilateralen Aufrechnungsvertrags, stets als wirksam anerkannt worden;952 die heute ganz herrschende Meinung in der Literatur ist dem gefolgt.953 Ähnlich wie beim Kontokorrent,954 werden zwei Bestandteile der Skontrationsabrede unterschieden: der lediglich obligatorisch wirkende Geschäftsvertrag sowie eine dinglich wirkende Verrechnungsabrede. Ersterer955 regelt im einzelnen einen Verzicht auf das Gegenseitigkeitserfordernis bei der Aufrechnung (§ 387 BGB)956 und begründet die Verpflichtung für alle Beteiligten, an der multilateralen Aufrechnung teilzunehmen, die einzelnen Forderungen ausschließlich im Rahmen der Skontrationsabrede und nicht anderweitig geltend zu machen sowie hinsichtlich der verbleibenden Saldoforderungen im Wege der Novation ein abstraktes Schuldanerkenntnis abzugeben und an die Stelle des errechnete Saldos zu setzen. Die – nach h. M. im Zweifel konkludent neben dem Geschäftsvertrag geschlossene – dingliche Verrechnungsabrede sichert demgegenüber die Verpflichtung zur Abwicklung durch Skontration dadurch ab, daß „die zur Verrechnung kommenden Forderungen insoweit ‚gelähmt‘ werden, als sie die Qualität bloßer Rechnungsposten annehmen und nicht mehr anderweitig geltend gemacht, abgetreten und verpfändet werden können. Da durch diesen Vertrag der Inhalt des jeweiligen Forderungsrechts insoweit geändert wird, als seine freie Verfügbarkeit unterbunden wird, handelt es sich um einen Verfügungsvertrag.“957

952 Vgl. etwa OLG Frankfurt, Urt. v. 29.4.1976 – 1 U 184/75, WM 1976, 723, 725; BGH, Urt. v. 26.1.1987 – II ZR 121/86, WM 1987, 400. 953 Vgl. in jüngerer Zeit insbesondere Berger, S. 354 ff. (dort auch zu entsprechenden rechtshistorischen Vorläufern und abweichenden dogmatischen Konstruktionen im älteren Schrifttum); Langenbucher, S. 397 ff.; siehe auch Canaris, WM 1976, 994, 997; Michahelles, S. 195 ff., jeweils m. w. N. und im einzelnen teilweise abweichenden dogmatischen Konstruktionen. 954 Zu dieser Parallele Berger, S. 364; siehe zum Kontokorrent noch unten § 12 sub B. I. 955 Hierzu Berger, S. 364; siehe auch bereits Michahelles, S. 169 ff. 956 Zum dispositiven Charakter des Gegenseitigkeitserfordernisses vgl. statt aller ausf. Berger, S. 241 f. m. w. N. zur Rechtsprechung und Literatur. 957 Berger, S. 364 f.; Michahelles, S. 171.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung II. Die Behandlung in der Insolvenz im einzelnen

1. Überblick Nach der Ermittlung der schuldrechtlichen Grundlagen für die hier zu untersuchenden Rechtsverhältnisse geht es nachfolgend um deren Vereinbarkeit mit der Verfahrenseröffnung, insbesondere den Verfügungsbeschränkungen, sowie eine mögliche Anfechtbarkeit. Ausgangspunkt hierfür ist die im BGB geregelte schuldrechtliche Unwiderruflichkeit für die bei Eintritt der Verfahrenswirkungen bereits erteilten Zahlungsaufträge (dazu sogleich sub 2.). Im Anschluß daran wird (sub 3.) untersucht, wie die weitere Abwicklung der noch offenen Aufträge nach Eintritt der Verfahrenswirkungen geschützt wird. Sonderprobleme ergeben sich für den – praktisch allerdings wenig bedeutsamen – Fall einer Auftragserteilung nach Verfahrenseröffnung (dazu unten sub 4.). Schließlich bleibt (sub 5.) zu prüfen, wie der Schutz der abgewickelten Aufträge vor einer rückwirkenden Unwirksamkeit aufgrund einer Insolvenzanfechtung bewerkstelligt wird. Eben weil das aufsichtsrechtliche Moratorium und damit ein entsprechendes Verfügungsverbot de lege lata der Insolvenzeröffnung stets vorgeschaltet sein wird, kommt es zunächst vor allem auf die Auswirkungen des Moratoriums an: Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung oder auch nur des Wirksamwerdens von Sicherungsmaßnahmen im Insolvenzeröffnungsverfahren nach §§ 21 ff. InsO werden schon deshalb keine offenen Zahlungsaufträge mehr ausstehen, weil mit der Verfahrenseröffnung in der Praxis regelmäßig der Ausschluß aus dem Zahlungsverkehr erfolgen wird und bereits erteilte, aber noch nicht ausgeführte Aufträge für den insolventen Teilnehmer nur noch am Tag des Wirksamwerdens der Anordnung ausgeführt werden.958 Erst für die Frage der Anfechtbarkeit der fraglichen Rechtsgeschäfte sind dann die Vorschriften der InsO unmittelbar und nicht über die Verweisungsnorm des § 46a I 6 KWG einschlägig. 2. Schuldrechtliche Unwiderruflichkeit erteilter Zahlungsaufträge Dem Erfordernis eines Bestandsschutzes für bereits erteilte Zahlungsaufträge gem. Artt. 3, 5 der Finalitätsrichtlinie ist teilweise bereits mit den 958 Vgl. für den Zahlungsverkehr durch die Bundesbank etwa RTGS-Geschäftsbedingungen, sub 1.4 (Ausschluß mit Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, mit Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach § 21 II Nr. 2 InsO sowie § 46a KWG bzw. einer vergleichbaren Maßnahme ausländischen Rechts); eine ähnliche, allgemeiner gefaßte Regelung enthält Nr. 27 (2) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen Bundesbank. Siehe auch Berger, S. 413 zur – insoweit vergleichbaren – Rechtslage für den früheren Abrechnungsverkehr der Deutschen Bundesbank.

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oben erwähnten, durch das Überweisungsgesetz in das BGB eingefügten Bestimmungen der §§ 676a III 2, 676d II 2 BGB Rechnung getragen worden. Nach § 676a III 2 BGB ist die Kündigung des Überweisungsvertrags durch das Kreditinstitut, nach Abs. 4 S. 2 dieser Bestimmung die Kündigung durch den Überweisenden in Abweichung von allgemeinen Grundsätzen nicht mehr möglich, wenn der betreffende Vorgang nach den für das jeweilige System geltenden vertraglichen Teilnahmebedingungen unwiderruflich geworden ist. Nach § 676d II 2 BGB braucht die Kündigung eines Zahlungsvertrags ebenfalls von dem im System festgelegten Zeitpunkt an nicht mehr beachtet zu werden. Alle genannten Bestimmungen gelten sowohl für die Ausführung der Aufträge in Brutto- wie in Nettosystemen. 3. Abwicklung bereits erteilter Aufträge nach Verfahrenseröffnung a) Die Rechtslage für in Bruttosystemen abzuwickelnde Aufträge Für Aufträge, die in das System eingestellt, aber mangels Deckung noch nicht ausgeführt sind (mithin von vornherein nur für einen Teil des Gesamtvolumens ausgehender Zahlungen am Tag des Wirksamwerdens) sollen kraft Verweisung in § 46a I 6 KWG unmittelbar die Bestimmung der §§ 115, 116 S. 3 InsO zur Anwendung kommen.959 Die Vorschriften regeln den Fortbestand von Überweisungs- sowie Zahlungs- und Überweisungsverträgen nach Insolvenzeröffnung und begründen damit eine Ausnahme zu den Vorschriften der §§ 115, 116 S. 1, 2 InsO, welche das Erlöschen von Aufträgen und Geschäftsbesorgungsverträgen mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Geschäftsherrn anordnen. Es ist bereits oben960 angedeutet worden, daß in der Formulierung dieser Vorschriften ein systematischer Bruch mit der Ausgestaltung der schuldvertraglichen Grundlagen für den Zahlungsverkehr in den §§ 676a, 676d BGB insofern angelegt ist, als die §§ 115, 116 S. 3 InsO lediglich „Überweisungsverträge sowie Zahlungs- und Übertragungsverträge“ privilegieren, während die Rechtsbeziehungen zwischen den Systemteilnehmern und den Systembetreibern bei wortlautgetreuer Auslegung an sich weder als Überweisungsvertrag i. S. d. § 676a BGB noch als Zahlungsvertrag i. S. d. § 676d 959

Vgl. Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 39; Begr. zu § 46a I 6 KWG, BTDrs. 14/1539, S. 14. Die Bedeutung der aufsichtsrechtlichen Vorfeldmaßnahmen wird offenbar grundlegend übersehen bei Langenbucher, S. 420 ff. und passim, die sich jeweils ausschließlich nur mit der Behandlung von Zahlungssystemen im eröffneten Insolvenzverfahren befaßt. Deshalb und auch wegen des anderen Schwerpunkts ihrer Arbeit soll darauf vorliegend und nachfolgend nicht mehr eingegangen werden. 960 Sub I. 1.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

BGB qualifiziert werden können. Erkennbar läßt sich der angestrebte Schutz bereits erteilter, aber noch nicht ausgeführter Aufträge nicht bewerkstelligen, wenn nicht die §§ 115, 116 S. 3 InsO auch auf diese Rechtsbeziehungen Anwendung finden. De lege lata bereitet angesichts des klaren Gesetzeszwecks insoweit eine Analogie kaum Schwierigkeiten. De lege ferenda empfiehlt sich wohl am ehesten eine entsprechende Klarstellung in der Definition des Zahlungsvertrags in § 676d BGB, wobei freilich die vertraglichen Pflichten eines Systembetreibers sich mit denen nach § 676d BGB kaum vollständig decken. Die Verknüpfung des § 46a I 6 KWG mit den §§ 115, 116 S. 3 InsO ist darüber hinaus aber vor allem deshalb problematisch, weil damit das Moratorium nicht lediglich die insolvenzrechtlichen Sicherungsmaßnahmen im Eröffnungsverfahren nach §§ 21 ff. InsO vorwegnimmt, sondern hinsichtlich des Schicksals nicht ausgeführter Zahlungsaufträge sogar bereits die Rechtswirkungen des eröffneten Insolvenzverfahrens bezüglich noch nicht vollständig erfüllter schuldrechtlicher Verträge für anwendbar erklärt. Nachdem oben961 die grundsätzliche Vergleichbarkeit des Moratoriums mit den Sicherungsmaßnahmen im Insolvenzeröffnungsverfahren herausgearbeitet worden ist, die nicht zuletzt auch das Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung hinsichtlich des Schicksals schwebender Rechtsverhältnisse in § 46a KWG erklärt, bedeutet die (offenbar unreflektierte) Verweisung auf §§ 115, 116 S. 3 InsO aus systematischer Sicht eine erhebliche Unstimmigkeit. Welche Auswirkungen das Moratorium ohne den Verweis auf die §§ 115, 116 S. 3 InsO in Bezug auf die hier in Rede stehenden, noch nicht ausgeführten Zahlungsaufträge hätte, ist unklar. Qualifiziert man – mit der, wie dargestellt, ihrerseits nicht ganz unproblematischen herrschenden Meinung962 – das Veräußerungs- und Zahlungsverbot nach § 46a I 1 Nr. 1 KWG als relatives Verfügungsverbot i. S. d. §§ 135, 136 BGB, so erscheint zweifelhaft, ob davon auch bereits vor Wirksamwerden der Maßnahmen nach § 46a KWG erteilte Zahlungsaufträge erfaßt sind. An einer den §§ 115, 116 S. 1, 2 InsO vergleichbaren Anordnung für das aufsichtsrechtliche Moratorium fehlt es jedenfalls. Daher liegt die Annahme jedenfalls nicht fern, daß bereits mit der Regelung der §§ 676a III 2, 676d II 2 BGB – vorbehaltlich der oben angesprochenen Auslegungsprobleme – die Finalität für das aufsichtsrechtliche Moratorium hinreichend gesichert sein könnte. Selbst wenn sich die Unwirksamkeit der bereits erteilten Aufträge aus dem relativen Verfügungsverbot ableiten ließe,963 so würde dies mit 961 962 963

Zusf. oben § 7 sub C. II. 3. Siehe erneut oben § 6 sub B. II. 3. a) bb). So wohl Obermüller, FS Uhlenbruck, S. 365, 381.

2. Abschnitt: § 9 Die Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr I

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den über § 46a I 6 KWG in Bezug genommenen Vorschriften des §§ 115, 116 S. 3 InsO systematisch nur wenig befriedigend korrigiert. Überdies stellt sich erneut das bereits oben964 im Zusammenhang mit der Untersuchung des § 46a KWG festgestellte Problem, daß die Verbotswirkungen bei Zugrundelegung der herrschenden Meinung auch deshalb verschwommen bleiben, weil nicht klar ist, wie die Gläubiger die relative Unwirksamkeit der fraglichen Transaktionen während der Dauer des Moratoriums überhaupt geltend machen könnten. So läßt sich sogar bezweifeln, ob die relative Unwirksamkeit als solche überhaupt die Durchführung der „wartenden“ Zahlungsaufträge ernsthaft zu hindern geeignet ist.965 Die vorstehend erörterten Unstimmigkeiten werden auch nicht durch die im Zusammenhang mit der Umsetzung der Bankeninsolvenzrrichtlinie neu gefaßte Vorschrift des § 21 II InsO aufgelöst, die nunmehr – an sich systematisch zumindest konsequenter als das bisherige Recht – die Privilegierung von Zahlungssystemen auch für die Dauer von Sicherungsmaßnahmen im Insolvenzeröffnungsverfahren anordnet. Denn diese Regelung ist nach ihrem Wortlaut ausschließlich auf die „Verrechnung“ von Forderungen „aus Überweisungs-, Zahlungs- oder Übertragungsverträgen“ bezogen. Damit bleiben einerseits die bereits bisher bestehenden terminologisch-systematischen Schwierigkeiten hinsichtlich der schuldrechtlichen Grundlagen weiterhin bestehen. Andererseits wird übersehen, daß eine entsprechende Regelung wohl auch für Bruttosysteme geboten wäre. Insgesamt lassen sich nach allem – schon wegen der eindeutigen Vorgaben der Finalitätsrichtlinie – der Schutzzweck der einzelnen Vorschriften (Bestandsschutz für bereits ins System eingestellte, aber noch nicht ausgeführte Zahlungsaufträge) und damit die für die vorstehend erörterte Fallkonstellation maßgeblichen Wertungen zwar eindeutig identifizieren. Die Umsetzung dieses Regelungsziels durch das Überweisungsgesetz und das Gesetz zur Umsetzung der Finalitätsrichtlinie ist jedoch ausgesprochen problematisch und systematisch unbefriedigend erfolgt. Die bereits in anderem Zusammenhang konstatierten Schwierigkeiten einer systematisch überzeugenden Verzahnung zwischen dem aufsichtsrechtlichen Vorverfahren und dem Insolvenzrecht i. e. S. wiederholen sich auch an dieser Stelle. 964

§ 6 sub B. II. 3. a) bb). Außerordentlich vage, aber gleichwohl aufschlußreich insoweit die Ausführungen bei Berger, S. 411, der – für die Skontration, aber ohne weiteres auf die vorliegend untersuchte Fallgruppe übertragbar – vor dem Hintergrund der von ihm kritiklos akzeptierten Prämisse der relativen Unwirksamkeit lediglich konstatiert, die Verrechnung als solche sei „nach § 135 BGB wirksam. Sie kann aber durch die (. . .) geschützten anderen Gläubiger des Instituts mit dem Verdikt der Unwirksamkeit belegt werden.(. . .) Diese relative Unwirksamkeit kann bei der Verrechnung zu erheblichen Unsicherheiten bei der Ermittlung des Saldos führen“ (eig. Hervorhebung). 965

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Ungeachtet dessen bleiben bei Wirksamwerden des aufsichtsrechtlichen Moratoriums diejenigen Zahlungsvorgänge in Bruttosystemen, die noch nicht abgewickelt, sondern in eine Warteschlange eingereiht worden sind, unberührt, und zwar auch unbeschadet eines ggf. im Zusammenhang mit dem Moratorium erfolgten Ausschlusses des betreffenden Teilnehmers aus dem Zahlungsverkehr.966 Dies folgt schon daraus, daß trotz der festgestellten systematischen Mängel der Umsetzungslösung die Inbezugnahme der §§ 115, 116 S. 3 InsO durch § 46a I 6 KWG jedenfalls die Wirksamkeit bereits erteilter Zahlungsaufträge durchaus eindeutig festlegt. b) Die Rechtslage für über Nettosysteme abzuwickelnde Aufträge aa) Das Sachproblem Weitere Schwierigkeiten ergeben sich für den Problemkreis der zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bereits in ein Nettosystem eingebrachten, aber noch nicht verrechneten Zahlungen: Vor Abschluß des Abrechnungstermins ist hier „die mit der Skontration angestrebte multilaterale Verrechnung noch nicht erfolgt, die Endgültigkeit der angestrebten Vermögensverschiebung noch nicht eingetreten.“967 Fraglich ist, wie sich das Wirksamwerden des aufsichtsrechtlichen Veräußerungs- und Zahlungsverbots968 insofern auswirkt. Problematisch ist insbesondere der Bestand der Verrechnungsabrede. Auch insoweit ist nach der Umsetzung der Finalitätsrichtlinie im deutschen Recht u. a. durch die Verweisung in § 46a I 6 KWG zwar klar, daß auch diese Abrede bereits vor dem Eingreifen der Wirkungen des aufsichtsrechtlichen Moratoriums geschützt werden soll, doch bleibt zu ermitteln, welche der durch § 46a I 6 KWG allgemein in Bezug genommenen insolvenzrechtlichen Vorschriften zum Schutz der Zahlungssysteme zur Anwendung kommen. In Betracht kommen insoweit zum einen wiederum die Vorschriften der §§ 115, 116 S. 3 InsO, zum anderen aber auch die Bestimmungen über die Zulässigkeit einer Aufrechnung in der Insolvenz, also § 96 II i. V. m. §§ 94, 96 I InsO. Maßgeblich für die Entscheidung ist letztlich, welche Auswirkungen die Anordnung des aufsichtsrechtlichen Moratoriums ohne das Eingreifen der Sonderregeln hätte. 966 Vgl. insoweit auch RTGS-Geschäftsbedingungen, sub 1.4 (5), wo die taggleiche Ausführung bereits erteilter, aber noch nicht abgewickelter Zahlungsaufträge ausdrücklich vorgesehen wird. 967 So Berger, S. 410. 968 Wegen der oben sub 1. angestellten Erwägungen hingegen weniger die unmittelbare Eröffnung des Insolvenzverfahrens; dies übersieht offenbar Böhm, S. 133 f., 138 ff., der sich ausschließlich mit der Eröffnung des förmlichen Insolvenzverfahrens befaßt.

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bb) Lösungsansätze Nachdem bereits an anderer Stelle969 sowohl die von der herrschenden Meinung angenommene „Stundungswirkung“ des aufsichtsrechtlichen Moratoriums als auch ein Aufrechnungsverbot für dessen Dauer abgelehnt wurde, kommt es für das vorliegend interessierende Sachproblem auf diese Ansätze nicht mehr an.970 In seiner Untersuchung zu den Auswirkungen der Insolvenzeröffnung und des aufsichtsrechtlichen Moratoriums auf die Skontration hat Berger demgegenüber eine Lösung unter Rückgriff auf die herrschende Ansicht von der relativen Verbotswirkung des aufsichtsrechtlichen Veräußerungsund Zahlungsverbots versucht: Das Verbot lasse zwar die Verfügungsmacht des Kreditinstituts unberührt, erfasse aber die dinglichen Verfügungswirkungen im Zusammenhang mit der Durchführung der Saldierung am Ende der Abrechnungsperiode insofern, als die Saldoforderung gegenüber den von § 46a I 1 Nr. 1 KWG geschützten anderen Gläubigern des Instituts relativ unwirksam sei.971 Der Gesetzgeber des Umsetzungsgesetzes zur Finalitätsrichtlinie scheint indessen der Auffassung zugeneigt zu haben, es handle sich um das Problem der Zulässigkeit einer Aufrechnung; die Gesetzesbegründung befaßt sich ausführlich mit der Insolvenzfestigkeit von „Netting-Transaktionen“ (sic!) unter dem Gesichtspunkt der die Aufrechnung im Insolvenzverfahren betreffenden §§ 94 ff. InsO (insbesondere des § 96 I InsO),972 für das aufsichtsrechtliche Vorverfahren wird darauf lediglich knapp verwiesen.973 Eine andere Sichtweise läßt nun der im Zusammenhang mit der Umsetzung der Bankeninsolvenzrichtlinie neu eingeführte § 21 II 2 InsO vermuten, der neuerdings, wie ausgeführt, ausdrücklich den Schutz der „Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen aus Überweisungs-, Zahlungs- und Übertragungsverträgen“ in Zahlungssystemen vor den Wirkungen der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO anordnet.

969

Oben § 8 sub A. I. 2. b). So im Ergebnis auch Berger, S. 410 f. 971 Berger, S. 410 f. 972 Begr. zu § 96 II InsO durch Art. 1 des Umsetzungsgesetzes, BT-Drs. 14/ 1539, S. 10. 973 Begr. zur § 46a I 6 KWG durch Art. 3 des Umsetzungsgesetzes, BT-Drs. 14/ 1539, S. 14. 970

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cc) Stellungnahme Unverkennbar ist auch diese Kontroverse letztlich eine Folge der Notwendigkeit, die Regelungen des § 46a I KWG insbesondere im Hinblick auf ihre zivilrechtlichen Konsequenzen durch Analogien zum allgemeinen Insolvenzrecht zu konkretisieren. Diese Aufgabe wird mit der im Grunde systemwidrigen Inbezugnahme nicht zuletzt der §§ 115, 116 S. 3 InsO durch den neuen § 46a I 6 KWG nicht eben erleichtert. Anschaulich belegt dies nicht zuletzt die Übertragung der oben zitierten Auffassung Bergers auf das neue Recht nach Inkrafttreten des Umsetzungsgesetzes; Berger beruft sich wiederholt – und zum früheren Recht auch durchaus überzeugend – gerade auf die mangelnde Vergleichbarkeit des aufsichtsrechtlichen Moratoriums mit dem eröffneten Insolvenzverfahren und damit auf die fehlenden Voraussetzungen für eine Analogie zu den Insolvenzwirkungen. Nachdem das Moratorium keine „Stundungswirkung“ und kein Aufrechnungsverbot zur Folge hat und auch nicht zum vollständigen Verlust der Verfügungsmacht des betroffenen Instituts infolge des Veräußerungs- und Zahlungsverbots führt,974 kann – insoweit mit Berger – eine Lösung in der Tat allenfalls aus der relativen Verbotswirkung der Maßnahmen nach § 46a I 1 Nr. 1 KWG abgeleitet werden. Allerdings ist auch der von Berger vorgeschlagene Ansatz – die relative Unwirksamkeit der Saldoforderung als Ergebnis der Skontration – nicht zweifelsfrei. Auch hier stellt sich – wie oben sub a) zum Bestandsschutz für den einzelnen Zahlungsauftrag dargelegt975 – zusätzlich die Frage, ob angesichts der lediglich relativen Unwirksamkeit, die von den geschützten Gläubigern geltend gemacht werden müßte, eine tatsächliche Beeinträchtigung der Verrechnung im laufenden Geschäftsbetrieb überhaupt denkbar ist. Auf der Basis dieser Auffassung, die jedenfalls mit der herrschenden Ansicht zur Rechtsnatur des Veräußerungs- und Zahlungsverbots in Einklang steht, folgt indes zumindest, daß es – entgegen den Vorstellungen des Gesetzgebers, der das Problem offenbar der Zulässigkeit von Aufrechnungen im eröffneten Insolvenzverfahren zuordnet976 – für den Bestandsschutz zugunsten der Skontration bei Zahlungsystemen nicht auf die Vorschrift des § 96 II InsO ankommen kann. Dies gilt im übrigen nicht nur de lege lata, d.h. im Zusammenhang mit der weitgehenden Vorverlagerung der insolvenzrechtlichen Sicherungswirkungen auf das aufsichtsrechtliche Morato974 § 6 sub B. II. 3. a) bb) (c) (1) in Auseinandersetzung mit den zu den zivilrechtlichen Konsequenzen entsprechender Anordnung vertretenen Auffassungen in der Literatur. 975 Siehe oben sub a) bei und in Fn. 965. 976 Siehe oben bei und in Fn. 972 f.

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rium, sondern auch im oben erwogenen Falle der Aufgabe des Moratoriums zugunsten einer rein „insolvenzrechtlichen Lösung“: Dann würden die Auswirkungen auf die Verrechnungsabrede regelmäßig bereits aufgrund eines Verfügungsverbots nach § 21 II Nr. 2 InsO eintreten und bereits im Zusammenhang mit dieser Anordnung ein Ausschluß aus dem Zahlungssystem erfolgen, so daß die zu bewertenden Abrechnungsvorgänge bei der späteren Eröffnung des Insolvenzverfahrens und damit in dem für § 96 II InsO maßgeblichen Zeitpunkt längst abgeschlossen wären.977 Überzeugend erscheint bereits wegen der Sachnähe des aufsichtsrechtlichen Moratoriums sowohl zur Rechtsnatur als auch zu den Folgewirkungen von Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO heute nurmehr eine Lesart, welche die in § 46a I 6 KWG ausgesprochene Verweisung für die vorliegende Konstellation als auf die neue Bestimmung des § 21 II 2 InsO gerichtet versteht. Dabei bleibt freilich nochmals darauf hinzuweisen, daß die Verweisungstechnik auch künftig kaum systematisch zu überzeugen vermag. Zumindest hinsichtlich der gesetzestechnischen Umsetzung ist Deutschland vor diesem Hintergrund zu Recht für das frühere Recht von der Europäischen Kommission zur Neuregelung aufgefordert und ist die bisherige Regelung als nicht richtlinienkonform bewertet worden.978 4. Sonderprobleme bei der Auftragserteilung nach Verfahrenseröffnung Nach Art. 3 I 2 der Finalitätsrichtlinie behalten solche Aufträge, die nach dem Eintritt der Verfahrenswirkungen in das System eingebracht werden, ihre Wirksamkeit, wenn „die Verrechnungsstelle, die zentrale Vertragspartei oder die Clearingstelle nachweisen kann, daß sie keine Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hatte und keine Kenntnis davon hätte haben müssen.“979 So lassen etwa die RTGS-plus-Geschäftsbedingungen980 auch die taggleiche Ausführung solcher Aufträge zu. Praktisch bedeutsam kann das Problem nur dann werden, wenn die aufsichtsrechtliche Schließung ausnahmsweise in der Mitte des Geschäftstages und vor Ablauf der Einlieferungsfrist für Zahlungsaufträge erfolgt.981 Nachdem aber der Zah977 Es wird hier davon ausgegangen, daß insoweit de lege ferenda nicht mit der sofortigen Insolvenzeröffnung unmittelbar nach Stellung des Eröffnungsantrags zu rechnen sein dürfte, sondern – schon wegen der erforderlichen Feststellung der genauen finanziellen Situation des betroffenen Instituts – regelmäßig für einen gewissen Zeitraum die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet würde. 978 Vgl. insoweit Kollmann, WM 2004, 1012, 1020. 979 Siehe bereits oben sub B. I. 2. a). 980 Sub 1.4 (5). 981 Siehe zum Schließungszeitpunkt schon oben sub A. III. 2. b) bb).

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lungssystembetreiber (zumal die in den Aufsichtsprozeß eingebundene Bundesbank) kaum je gutgläubig bezüglich der Verfahrenseröffnung sein wird, wird die Zulässigkeit der weiteren Durchführung des Zahlungsverkehrs regelmäßig schon wegen des Gutglaubenserfordernisses des Art. 3 I 3 der Richtlinie ausscheiden. Das Umsetzungsgesetz zur EG-Finalitätsrichtlinie hat für diesen Fall nur begrenzt eine Sonderregelung für erforderlich gehalten. Hierzu heißt es in der Gesetzesbegründung, komme der Zahlungsvertrag982 nach der Verfahrenseröffnung zustande, so könne „durch ihn die Masse nicht mehr belastet werden, da die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis mit Verfahrenseröffnung auf den Insolvenzverwalter übergegangen ist. Allerdings ist es geboten, einen gewissen Vertrauensschutz für diejenigen vorzusehen, die in Unkenntnis der Verfahrenseröffnung und im Vertrauen auf den Bestand des Zahlungsvertrags handeln. Diesem Schutzbedürfnis wird jedoch durch die Anwendung von § 116 i. V. m. § 115 InsO ausreichend Rechnung getragen.“

Ähnlich wie bereits zur Abwicklung „offener“ Zahlungsaufträge nach Eintritt der Verfahrenswirkungen ausgeführt, wird insoweit übersehen, daß auch das Problem der taggleichen Durchführung von Aufträgen, die erst nach Eintritt der Verfahrenswirkungen in das System eingestellt worden sind, nicht erst mit der Insolvenzeröffnung akut wird, sondern bereits mit Wirksamwerden des Veräußerungs- und Zahlungsverbots gem. § 46a I 1 Nr. 1 KWG unter geltendem Recht bzw., bei dessen Aufgabe de lege ferenda, mit Anordnung eines Verfügungsverbots nach § 21 II Nr. 2 InsO. Insoweit kann im wesentlichen auf die vorstehenden Erwägungen verwiesen werden. Eine systematisch stimmige Korrektur im Interesse eines Vertrauensschutzes müßte unmittelbar bei den aufsichtsrechtlichen bzw. den Sicherungsmaßnahmen im Insolvenzeröffnungsverfahren einsetzen, nicht bei §§ 115, 116 S. 3 InsO. Dies wurde bei der bereits angesprochenen Neufassung des § 21 II 2 InsO wiederum nicht hinreichend berücksichtigt. Grundsätzlich dürfte indes anzunehmen sein, daß mit der Übernahme der Kontrolle durch die nach § 46a II KWG gerichtlich bestellten geschäftsführungsberechtigten Personen983 die Gefahr eines ungehindert weiterlaufenden Buchungsbetriebs und damit weiterer Auftragserteilungen ohnehin gering sein wird, so daß die Gesetzesbegründung insoweit durchaus in die richtige Richtung weist. Hinzuweisen bleibt auf § 46b II KWG i. d. F. des Umsetzungsgesetzes zur Finalitätsrichtlinie. Dieser begründet die Verpflichtung der BAFin, die zuständigen Stellen in anderen EG-Mitgliedstaaten und Systembetreiber von 982 983

Siehe zur Terminologie insoweit nochmals oben sub C. I. 1. Siehe dazu erneut oben § 6 sub B. II. 3. e).

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der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Kenntnis zu setzen. Es ist zwar unerfindlich, warum diese Anordnung nicht auch bereits im bisherigen Recht die für die Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr wichtigere Anordnung eines aufsichtsrechtlichen Veräußerungs- und Zahlungsverbots nach § 46a I 1 Nr. 1 KWG umfaßt, doch dürfte die Mitteilung in der Praxis regelmäßig auch in diesem Fall erfolgt sein und damit die Wahrscheinlichkeit, daß gutgläubig auch nach Wirksamwerden der Maßnahmen noch Zahlungsaufträge berücksichtigt werden, weiter reduziert haben. Weshalb eine entsprechende Benachrichtigungspflicht auch im Zusammenhang mit der Umsetzung der EG-Bankeninsolvenzrichtlinie984 durch § 46b II 2 KWG n. F. nur für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, nicht aber in § 46d I KWG n. F. auch und gerade für die aufsichtsrechtlichen Anordnungen nach §§ 46, 46a KWG vorgesehen wird, ist um so unverständlicher. 5. Bereits ausgeführte und ggf. verrechnete Zahlungsaufträge Nachdem das deutsche Recht eine automatische Rückschlagswirkung der Verfahrenseröffnung etwa in Gestalt der sog. „Null-Uhr-Regelung“985 nicht kennt, bleibt nachfolgend das Problem der Anfechtbarkeit von Zahlungsaufträgen zu untersuchen. Dabei geht es nicht um die mittelbare Anwendung der insolvenzrechtlichen Sonderbestimmungen kraft Verweisung in § 46a I 6 KWG, sondern um deren unmittelbare Geltung für etwaige Anfechtungserklärungen durch den Insolvenzverwalter der betroffenen Bank nach Verfahrenseröffnung. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch die Vorschrift des § 46c KWG, welche den für die Anfechtungstatbestände der §§ 130–136 InsO maßgeblichen Fristbeginn vom Tag der Stellung des Insolvenzantrags auf den Tag der Anordnung der Maßnahmen nach § 46a I KWG vorverlagert. In Betracht kommt hinsichtlich der Verrechnung in Nettosystemen986 in erster Linie eine Deckungsanfechtung nach §§ 130, 131 InsO. Das Umsetzungsgesetz zur Finalitätsrichtlinie will – im Prinzip entsprechend den Vorgaben der Richtlinie, welche die Anfechtung als solche mit Einschränkungen weiter zuläßt987 – nicht die Anfechtungstatbestände für über Zahlungssysteme abgewickelte Zahlungen insgesamt außer Kraft setzen.988 Die 984

Siehe noch im einzelnen unten § 16. Siehe dazu erneut oben sub A. III. 2. b) cc) (b). 986 Vgl. auch Berger, S. 416 ff. am – verallgemeinerungsfähigen – Beispiel des früheren Abrechnungsverkehrs der Deutschen Bundesbank. 987 Siehe oben sub B. I. 988 Vgl. insbesondere auch die Begr. zur Einführung des § 147 I 2 InsO durch Art. 1 des Umsetzungsgesetzes zur Finalitätsrichtlinie, BT-Drs. 14/1539, S. 11. 985

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Gesetzesbegründung verortet den Anfechtungsschutz für die Verrechnungsabreden im wesentlichen bei der Regelung des § 96 II InsO; dadurch solle insbesondere auch der Schutz von Verrechnungen vor dem Aufrechnungsverbot des § 96 I Nr. 3 InsO sichergestellt werden, der seinerseits auf die Anfechtbarkeit der Herbeiführung der Aufrechnungslage abstellt.989 Wegen der Vorverlagerung des Ausschlusses aus dem Zahlungssystem auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens eines aufsichtsrechtlichen Moratoriums kommt es allerdings, wie gesehen, darauf nicht entscheidend an. Fraglich ist jedoch, ob sich der Anfechtungsschutz für sämtliche zurückliegenden Verrechnungen im Zahlungssystem über die Anwendung der neu geschaffenen Bestimmung des § 147 I 2 InsO erreichen ließe. § 147 I 2 InsO betrifft nach seinem Wortlaut an sich ausschließlich die Möglichkeiten einer Anfechtung von nach Verfahrensbeginn vollzogenen Verrechnungen bzw. noch ausgeführten Überweisungs-, Zahlungs- und Übertragungsverträgen im Rahmen von Zahlungssystemen. Hiernach gilt für die Anfechtung der jeweiligen Rechtsgeschäfte grundsätzlich die Vorschrift des § 147 I 1 InsO entsprechend, wonach eine Anfechtung unter den gleichen Voraussetzungen wie im Falle von Rechtshandlungen vor Verfahrensbeginn stattfinden darf, jedoch mit der Maßgabe, „daß durch die Anfechtung nicht die Verrechnung einschließlich des Saldenausgleichs rückgängig gemacht wird oder die betreffenden Überweisungs-, Zahlungs- oder Überweisungsverträge unwirksam werden“. Im Prinzip entsprechend den Vorgaben der Artt. 3 I, 7 i. V. m. der 13. Begründungserwägung der Finalitätsrichtlinie soll damit gewährleistet werden, daß im Falle der Anfechtung durch den Insolvenzverwalter des betroffenen Teilnehmers nur ein Wertersatzanspruch nach § 143 I InsO geltend gemacht werden kann, nicht aber eine Rückabwicklung der „endgültigen“ Abwicklung durch das System selbst.990 Der eigentliche Anwendungsbereich des § 147 I 2 InsO wird in der Praxis der Bankeninsolvenz jedoch kaum von Bedeutung sein, weil bereits im aufsichtsrechtlichen Moratorium der Ausschluß des Teilnehmers und damit die Abwicklung nur noch der dann schwebenden Aufträge erfolgt. In Betracht kommt allerdings i. V. m. § 46a I 6 KWG eine Auslegung, wonach der für § 147 I 2 InsO maßgebliche Zeitpunkt der „Verfahrenseröffnung“ mit dem des Wirksamwerdens von Maßnahmen nach § 46a KWG gleichzusetzen ist. Systematisch überzeugt dies freilich kaum, weil das Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens einsetzt. 989

Vgl. die Begr. zur Einführung des § 96 II InsO durch Art. 1 des Umsetzungsgesetzes zur Finalitätsrichtlinie, BT-Drs. 14/1539, S. 10; dabei wird offenbar vor allem von der Anfechtung wegen inkongruenter Deckung (§ 131 InsO) ausgegangen, was nicht weiter begründet wird. 990 Vgl. die Begr. zur Einführung des § 147 I 2 InsO durch Art. 1 des Umsetzungsgesetzes, BT-Drs. 14/1539, S. 11.

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Will man nicht aus der Verweisungsnorm des § 46a I 6 KWG einen – wie auch immer konstruiert – auch die Insolvenzanfechtung einschließenden pauschalen Privilegierungstatbestand herauslesen,991 so kommt es deshalb für die Frage nach der Insolvenzfestigkeit von vor dem Wirksamwerden aufsichtsrechtlicher Maßnahmen nach § 46a KWG abgewickelten Zahlungsvorgängen darauf an, ob die allgemeinen Anfechtungstatbestände eine rückwirkende Aufhebung derselben ohne entsprechende Sonderregeln gestatten würden. Im Ergebnis dürfte dies zu verneinen sein. Regelmäßig wird es im Verhältnis der insolventen Bank zum Zahlungssystem und seinen Teilnehmern (anders als möglicherweise im Verhältnis zum Zahlungsempfänger als solchem) schon an einer Benachteiligung der Masse fehlen. Vielfach wird – in Übertragung der für die Anfechtung von Buchungen im Kontokorrent entwickelten Grundsätze – ein Bargeschäft i. S. d. § 142 I InsO angenommen werden müssen, so daß die Anfechtung (mangels spezieller Benachteiligungsabsicht i. S. d. § 133 I InsO) schon deshalb ausscheidet.992 Letztlich kommt es also wiederum auf die wenig systematische Inbezugnahme auch der Bestimmung des § 147 I 2 InsO durch § 46 I 6 KWG nicht an. 6. Schutz der innerhalb eines Systems gewährten Sicherheiten a) Umsetzung der Finalitätsrichtlinie Der Gesetzgeber hatte sich zunächst dazu entschlossen, die durch Art. 4 der Finalitätsrichtlinie vorgesehene Möglichkeit einer insolvenzrechtlichen Privilegierung von Guthaben oder Wertpapieren auf dem Verrechnungskonto im Rahmen der Absicherung der Verbindlichkeiten der Teilnehmer gegenüber einem System nicht wahrzunehmen, weil dies „eine Abweichung von dem grundlegenden Prinzip des deutschen Insolvenzrechts bedeuten [würde], daß mit Verfahrenseröffnung die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen auf den Insolvenzverwalter übergeht und grundsätzlich zur gleichmäßigen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger eingesetzt wird.“993 991 So wohl Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 40; auch die Begründung zur Einführung des § 46a I 6 durch Art. 3 des Umsetzungsgesetzes will die Verweisung ausdrücklich auch als auf § 147 I 2 InsO bezogen wissen, vgl. BT-Drs. 14/1539, S. 14. 992 In diese Richtung auch Obermüller, FS Uhlenbruck, S. 365, 383 f.; siehe zu den Grundsätzen der Anfechtung von Verrechnungen im Kontokorrent aus der neueren Rechtsprechung zu § 142 InsO insbesondere BGH, Urt. v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, NJW 2002, 1722, 1724; OLG München, Urt. v. 21.12.2001 – 23 U 4002/ 01, WM 2002, 621, 624. 993 BT-Drs. 14/1539, S. 9.

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Die Erwägung ging zwar wiederum insofern fehl, als es aus den oben dargelegten Gründen für die Bewertung der Abwicklung schwebender Zahlungsaufträge nicht auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ankommt, sondern bereits die Anordnung aufsichtsrechtlicher Maßnahmen nach § 46a KWG zur Beendigung des Zahlungsverkehrs über ein Zahlungssystem führt. Die Entscheidung gegen die Umsetzung des Art. 4 der Finalitätsrichtlinie ist allerdings jedenfalls aufgrund des durch diesen eingeräumten Entscheidungsspielraums völlig unproblematisch. Auch insoweit ist es daher systematisch als kaum überzeugend anzusehen, wenn der Gesetzgeber Anpassungen im Aufsichtsrecht darauf beschränkt hat, den Verweis auf „die Vorschriften der Insolvenzordnung“ in § 46a I 6 KWG nunmehr auch auf dingliche Sicherheiten zu erstrecken. Die Umsetzung der zwingenden Vorgaben nach Art. 9 I der Finalitätsrichtlinie über den Bestandsschutz für dingliche Sicherheiten im Rahmen von Zahlungssystemen wurde zum einen mit der Einführung eines neuen § 166 II 3 InsO vorgenommen, d.h. im Rahmen der Vorschriften über die Verwertung von Forderungen, an denen ein Absonderungsrecht i. S. d. §§ 50, 51 InsO besteht. Danach dürfen Forderungen, die an den Teilnehmer eines Systems bzw. an die EZB oder die Zentralbank eines EG-Mitgliedsstaates oder Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums abgetreten worden sind, in Abweichung von der allgemeinen Vorschrift des § 166 II 1 InsO nicht durch den Verwalter eingezogen oder in anderer Weise verwertet werden; dies bleibt dem Sicherungsnehmer vorbehalten, der ausnahmsweise zur freihändigen Verwertung berechtigt wird.994 Diese Bestimmungen sind nunmehr im neu gefaßten Abs. 3 aufgegangen (dort Nrn. 1, 2), der – in Nr. 3 – auch Finanzsicherheiten i. S. d. Finanzsicherheitenrichtlinie erfaßt. Der ebenfalls neu eingeführte § 223 I 2 InsO schützt dieses Recht vor abweichenden Beschlüssen der Gläubiger im Insolvenzplanverfahren; die praktische Bedeutung dieser Bestimmung ist freilich gering, da die Durchführung derartiger Verfahren für Kreditinstitute eher unwahrscheinlich ist.995 Hinsichtlich der Sicherungsübereignung von Wertpapieren, Edelmetallen und anderen körperlichen Gegenständen hat der Gesetzgeber auf eine Sonderregelung verzichtet, da mit der handelsrechtlichen Anerkennung von Pensionsgeschäften ohnehin die Möglichkeit einer Vollübertragung besteht996 und überdies die Sicherungsübereignung nur dann von den §§ 166 ff. InsO erfaßt würden, wenn die sicherungsübereigneten Gegenstände im 994 Vgl. auch die Begründung zur Einführung des § 166 II 2 (fehlerhaft in der Überschrift als „Satz 3“ gekennzeichnet) durch Art. 1 des Umsetzungsgestzes, BTDrs. 14/1539, S. 11 f. mit zahlreichen instruktiven Beispielen aus der Besicherungspraxis der Zahlungssysteme und der Zentralbanken. 995 Siehe noch unten § 13 sub B. II. 2. d).

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Besitz des Sicherungsgebers verbleiben. Dies ist jedoch in der Praxis regelmäßig nicht der Fall.997 Problematisch erscheint allerdings auf den ersten Blick, daß weder das Umsetzungsgesetz selbst noch die Begründung hierzu zur Frage einer möglichen Anfechtbarkeit der Bestellung der durch Art. 9 der Finalitätsrichtlinie erfaßten Sicherheiten Stellung nehmen. Die Anfechtung von Finanzsicherheiten wurde zwar an sich erst durch Art. 8 der Finanzsicherheitenrichtlinie einer ausdrücklichen und ausführlichen Regelung unterworfen;998 die Finalitätsrichtlinie selbst bleibt insoweit vage. Doch läßt sich aus dem Wortlaut bereits der Finalitätsrichtlinie entnehmen, daß auch die Frage der Anfechtbarkeit mitgeregelt sein sollte. So begründet Art. 9 I 1 der Finalitätsrichtlinie die Verpflichtung sicherzustellen, daß die Rechte an den betreffenden Sicherheiten „durch ein Insolvenzverfahren gegen den die Sicherheit leistenden Teilnehmer oder die die Sicherheit leistende Vertragspartei der Zentralbanken der Mitgliedstaaten oder der künftigen Europäischen Zentralbank nicht berührt“999 bleiben. Nach S. 2 dieser Vorschrift „können“ diese Sicherheiten „zur Befriedigung der betreffenden Forderungen verwertet werden.“ Läßt sich bereits hieraus das Postulat nach einer Insolvenzfestigkeit für die bestellten Sicherheiten ablesen, so gilt dies erst recht für die damit zusammenhängenden Begründungserwägungen 16 und 18, wo zunächst ohne Einschränkung festgestellt wird, daß „ein Insolvenzverfahren (. . .) nicht rückwirkend in die Rechte und Verpflichtungen der Teilnehmer eines Systems eingreifen“ sollte und sodann konkretisiert wird: „Bei Insolvenz eines Teilnehmers sollten die von ihm geleisteten dinglichen Sicherheiten von der Anwendung des Insolvenzrechts auf den insolventen Teilnehmer nicht berührt werden.“

Auch die 20. Begründungserwägung spricht ausdrücklich davon, die erworbene Sicherheit müsse eine „gültige und wirksame“ sein. 996

Vgl. hierzu – neben den Kommentierungen zu § 340b HGB (gemeinschaftsrechtlich harmonisierte Definition des Pensionsgeschäfts für den Bereich des Bilanzrechts) – vor allem BankrechtsHB-Kienle, § 105 Rn. 12 ff., dort auch zur dogmatisch teilweise unterschiedlichen Behandlung der Wertpapierpensionsgeschäfte nach deutschem Verständnis und Repo-Geschäften angelsächsischer Prägung. Die insolvenzrechtliche Anerkennung der Geschäfte nicht als Form einer Sicherungsübereignung/-zession (mit der Folge der Absonderung), sondern als Vollrechtsübertragung ergibt sich implizit auch aus der Erfassung der Rückübertragungsverpflichtung durch § 104 II 2 Nr. 2 InsO (allgemein zu dieser Bestimmung noch unten § 11 sub C. I. 2. b)). Zur Sicherungspraxis des Eurosystems nochmals BankrechtsHB-Papathanassiou, § 134 Rn. 74 ff. 997 Vgl. BT-Drs. 14/1539, S. 12; MünchKomm(InsO)-Lwowski, § 166 InsO Rn. 129 ff. 998 Siehe hierzu oben sub B. II. 999 Eigene Hervorhebung.

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Zwar dürfte deutlich werden, daß ein insolvenzrechtlicher Bestandsschutz für die Bestellung von Sicherheiten nicht bei den Modalitäten der Verwertung stehenbleiben kann. Art. 8 der Finanzsicherheitenrichtlinie, der die Anfechtbarkeit der Finanzsicherheiten umfassend regelt und modifiziert zuläßt, stellt insofern keine grundsätzlich neue Regelung dar, sondern baut letztlich den Schutz des Art. 9 I der Finalitätsrichtlinie nur weiter aus. Doch begründet – ähnlich wie die Finalitätsrichtlinie zur Anfechtung von Aufrechnungen bzw. abgewickelten Zahlungs- oder Übertragungsaufträgen – auch Art. 8 I Finanzsicherheitenrichtlinie keine Verpflichtung zur generellen Freistellung der Bestellung von einer Anfechtung zum Schutz der Gläubiger, sondern schließt lediglich solche Anfechtungstatbestände aus, die ausschließlich auf die zeitliche Nähe zum Wirksamwerden insolvenzrechtlicher oder vergleichbarer Sicherungsmaßnahmen abstellen.1000 Dies ist jedoch auch im am ehesten für eine Anfechtung im vorliegenden Kontext in Betracht kommenden Anfechtungstatbestand der kongruenten Deckung (§ 130 I InsO) nicht der Fall, bei dem zusätzlich zur zeitlichen Nähe der Sicherheitenbestellung zur Verfahrenseröffnung Kenntnis oder Kennenmüssen des Sicherungsnehmers bezüglich der Krise treten muß; eine „automatische“ Anfechtung für Rechtsgeschäfte in der Krise kennt das deutsche Recht nicht. Im Ergebnis war daher die Nichtberücksichtigung der Anfechtbarkeit durch das Umsetzungsgesetz unschädlich. b) Umsetzung der Finanzsicherheitenrichtlinie Umfassende Neuregelungen (auch) für die Behandlung der im Rahmen von Zahlungssystemen bestellten Sicherheiten hat nunmehr das Gesetz zur 1000 Vgl. den Wortlaut von Art. 8 I der Finanzsicherheitenrichtlinie: „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, daß die Bestellung einer Finanzsicherheit sowie die Besitzverschaffung nicht allein deshalb für unwirksam oder nichtig erklärt oder rückgängig gemacht werden dürfen, weil die Bestellung oder die Besitzverschaffung (a) am Tag der Eröffnugn eines Liquidationsverfahrens oder der Einleitung von Sanierungsmaßnahmen, jedoch vor Erlaß des hierfür erforderlichen Gerichtsbeschlusses oder Verwaltungsakts, oder (b) innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor der Eröffnung eines Liquidationsverfahrens oder der Einleitung von Sanierungsmaßnahmen oder vor dem Erlaß eines Gerichtsbeschlusses oder Verwaltungsakts oder vor sonstigen Maßnahmen oder Ereignissen im Laufe derartiger Verfahren bzw. Maßnahmen erfolgte.“ Nach der 16. Begründungserwägung gilt diese Vorschrift ausschließlich „bestimmten automatischen Anfechtungs- oder Nichtigkeitsregeln“ (jeweils eig. Hervorhebung): „Dies greift jedoch nicht der Möglichkeit vor, die Bestellung einschließlich der Besitzverschaffung an der ursprünglichen, einer zusätzlichen oder einer Ersatz-Finanzsicherheit nach einzelstaatlichem Recht anzufechten, beispielsweise weil hierdurch andere Gläubiger vorsätzlich geschädigt worden sind (darunter fallen z. B. Anfechtungen wegen betrügerischer Handlungen oder ähnliche Anfechtungsregeln, die während eines gesetzlich bestimmten Zeitraums gelten).

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Umsetzung der Finanzsicherheitenrichtlinie vom 5.4.2004 und zur Änderung weiterer Gesetze gebracht,1001 mit dem Änderungen unter anderem im BGB, in der InsO sowie im KWG vorgenommen wurden. aa) Eingrenzung des Untersuchungsgegenstands Die Neuregelungen sind auf kontroverse Literaturmeinungen1002 gestoßen, die sich allerdings vielfach insbesondere an der Behandlung des „OptOut“ nach Art. 1 III der Finanzsicherheitenrichtlinie1003 im deutschen Recht entzündet haben und deshalb hier nicht in allen Einzelheiten nachgezeichnet werden sollen. Auch der langwierige Abstimmungsprozeß zwischen Bundesregierung und Bundesrat wurde nicht zuletzt durch unterschiedliche Auffassungen zur rechtspolitischen Legitimation einer Privilegierung von Finanzsicherheiten außerhalb des zwingenden Anwendungsbereichs der Richtlinie aufgehalten.1004 Wie dargelegt, ist diese Frage vorliegend nicht von Belang, da die im Rahmen von Zahlungssystemen bestellten Sicherheiten jedenfalls in den zwingenden Anwendungsbereich der Richtlinie fallen. Die nunmehr in § 1 XVII KWG gefundene, vermittelnde Lösung hinsichtlich des Anwendungsbereichs im deutschen Recht bleibt daher nachfolgend insoweit ausgeklammert.1005 Da es für die vorliegende Untersuchung in erster Linie auf die mit der Richtlinie bewirkte Privilegierung als solche ankommt, soll sich die Darstellung überdies auf wesentliche Grundzüge beschränken. bb) Änderungen im Zivilrecht Im allgemeinen Zivilrecht ist die Richtlinie mit den neuen §§ 1259, 1295 S. 2 BGB umgesetzt worden. § 1295 BGB n. F. gestattet bei einer Sicherheitenbestellung zwischen Parteien, die beide Unternehmer, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind, in Ausnahme von allgemeinen Regelungen über die Pfandverwertung (§§ 1229, 1233–1239 BGB) eine freihändige Verwertung zum aktuellen Marktpreis.1006 § 1295 S. 2 BGB n. F. verweist hierauf auch für den Fall 1001

BGBl. 2004-I, S. 502. Vgl. etwa Ehricke, ZIP 2003, 1065 ff.; ders., ZIP 2003, 2141 ff.; Hölzle, ZIP 2003, 2144 ff.; Kieper, ZInsO 2003, 1109 ff.; Kollmann, WM 2004, 1012 ff.; Obermüller, ZIP 2003, 2336 ff.; Sabel, ZIP 2003, 781, 786 ff.; Wimmer, ZInsO 2004, 1 ff. 1003 Siehe dazu oben sub B. II. 1. 1004 Vgl. statt aller Kollmann, WM 2004, 1012 f. m. w. N. 1005 Vgl. hierzu ebd., S. 1014 ff. m. w. N. 1006 Zu Einzelheiten ebd., S. 1018 ff. 1002

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der Verpfändung von Orderpapieren. Im deutschen Recht bewirkt diese Neuregelung kaum eine wesentliche Neuorientierung, da das sog. „unregelmäßige Pfand“ mit Aneignungsbefugnis ebenso wie eine Sonderform in Gestalt des sog. „uneigentlichen Lombardgeschäfts“ nach §§ 17, 13 DepotG i. V. m. § 700 II, I 2 BGB bereits vor Einführung der §§ 1259, 1295 S. 2 BGB n. F. anerkannt waren.1007 Die Neupassung bedeutet somit insoweit eher eine Anpassung hinsichtlich einzelner Details. cc) Änderungen im KWG (a) § 1 XVII KWG Eine – auch auf die nachfolgend sub dd) zu besprechenden Änderungen der InsO ausstrahlende – Definition des Begriffs der Finanzsicherheiten für das deutsche Recht enthält nunmehr § 1 XVII KWG. Bereits einleitend wurde darauf hingewiesen, daß hier insbesondere die Sonderregelungen für die Anwendbarkeit der Vorgaben der Richtlinie außerhalb ihres zwingenden Anwendungsbereichs verankert sind, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll. Finanzsicherheiten für den vorliegend interessierenden Bereich sind nach der Definition in § 1 XVII KWG „Barguthaben, Wertpapiere, Geldmarktinstrumente sowie sonstige Schuldscheindarlehen einschließlich jeglicher damit im Zusammenhang stehender Rechte oder Ansprüche, die als Sicherheit in Form eines beschränkten dinglichen Sicherungsrechts oder im Wege der Vollrechtsübertragung“ bereitgestellt werden. (b) Privilegierung im aufsichtsrechtlichen Moratorium Den Schutz der privilegierten Sicherheiten während des aufsichtsrechtlichen Moratoriums hat der Gesetzgeber ebenso wie bereits die Umsetzung der Finalitätsrichtlinie geregelt. Insoweit wurde lediglich die Verweisung auf „die Vorschriften der Insolvenzordnung“ – und damit auch die nachfolgend zu besprechenden Anpassungen – in § 46a I 6 KWG auch auf den „Schutz von dinglichen Sicherheiten der Zentralbank und von Finanzsicherheiten“ erstreckt. Wie bereits ausgeführt, stößt diese Lösung aufgrund der einschneidenden Auswirkungen bereits des aufsichtsrechtlichen Moratoriums auf die Rechtsverhältnisse des betroffenen Instituts zu seinen Vertragspartnern auf systematische Bedenken.

1007 Vgl. statt vieler zusf. Keller, BKR 2002, 347, 353; Kollmann, WM 2004, 1012, 1019, jeweils m. w. N.

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cc) Änderungen in der InsO In der Insolvenzordnung finden sich die zahlreichsten Änderungen infolge der Umsetzung der Richtlinie. Bereits hingewiesen wurde auf die Neufassung des § 21 II 2 InsO, der neben der Privilegierung von Verrechnungen in Zahlungssystemen während der Dauer von Sicherungsmaßnahmen im Insolvenzeröffnungsverfahren auch die vertragsgemäße Durchsetzbarkeit von Finanzsicherheiten i. S. d. § 1 XVII KWG n. F. anordnet. § 81 III 2 InsO setzt sodann die Regelung des Art. 8 II Finanzsicherheitenrichtlinie über Verfügungen am Tage der Verfahrenseröffnung um. Die Vorschrift könnte aufgrund der Verweisung in § 46a I 6 KWG auch auf das aufsichtsrechtliche Vorverfahren ausstrahlen. Umfassend überarbeitet wurden im Zusammenhang der Richtlinienumsetzung insbesondere der sachliche Anwendungsbereich des § 104 InsO und dessen Einzelregelungen.1008 Die Neufassung des § 130 I 2 InsO dient der Umsetzung des in Art. 8 III Finanzsicherheitenrichtlinie angeordneten Anfechtungsschutzes. Praktisch dürften die Auswirkungen im Hinblick auf die Ausgestaltung der Besicherung in der Praxis gering bleiben; gleiches gilt für die Auswirkungen der bereits kurz angesprochenen Neuregelung über die Verwertung der Finanzsicherheiten in § 166 III InsO n. F.1009 7. Privilegierte Systeme Die Sonderregeln zum Schutz der Zahlungssysteme in §§ 21 II 2, 96 II, 166 III, 223 I 2 InsO sowie den §§ 46, 46a KWG gelten nach der – vor Umsetzung der Bankeninsolvenzrichtlinie in § 96 II 2 InsO enthaltenen – Definition des § 1 XVI KWG n. F. nur für solche Systeme, die der Kommission seitens der zuständigen Stelle (in Deutschland: seitens der Deutschen Bundesbank, vgl. § 24b I KWG) gemeldet wurden. Demgegenüber finden die §§ 116 S. 3, 147 I 2 InsO auch auf sonstige Zahlungs- und Abrechnungssysteme Anwendung; diese Bestimmungen enthalten keine den §§ 96 II 1, 166 III, 223 I 2 InsO entsprechende Einschränkung. In der Sache ergibt sich für die inländischen Systeme allerdings keine Abweichung, da sich die Bundesbank im Zusammenhang mit der Umsetzung der Finalitätsrichtlinie dazu entschlossen hat, die im Inland tätigen Systeme umfassend in den Schutzbereich einzubeziehen und mithin gem. Artt. 2 lit. a), 10 der Finalitätsrichtlinie an die Kommission zu melden.1010 Es kann also fest1008 Vgl. hierzu zunächst Kollmann, WM 2004, 1012, 1021 f. sowie noch unten § 11 sub C. I. 1. 1009 Vgl. Obermüller, ZIP 2003, 2336, 2340; Kollmann, WM 2004, 1012, 1022. 1010 Vgl. BT-Drs. 14/1539, S. 10; Boos/Fischer, § 24b KWG Rn. 9.

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gehalten werden, daß grundsätzlich alle im Inland tätigen Systeme sowie die gemeldeten ausländischen Systeme vom Schutzbereich der §§ 96 II, 166 III Nr. 1, 223 I 2 InsO erfaßt werden; unabhängig von einer Meldung i. S. d. Finalitätsrichtlinie gelten die §§ 115, 116 S. 3, 147 I 2 InsO sowie die Verweisungsvorschrift des § 46a I 6 KWG. 8. Zwischenzusammenfassung Bereits die schon für sich nicht eindeutigen Rechtswirkungen des aufsichtsrechtlichen Veräußerungs- und Zahlungsverbots erschweren erheblich die Beurteilung ihrer Auswirkungen auf die für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs über Zahlungssysteme maßgeblichen Rechtsverhältnisse. Die Art und Weise der Umsetzung der Vorgaben der EG-Finalitätsrichtlinie hat insoweit kaum Klarheit gebracht, sondern eine Reihe neuer systematischer Brüche geschaffen. Erst im Zuge der Umsetzung der Finanzsicherheitenrichtlinie hat der Gesetzgeber insoweit zumindest teilweise frühere Fehler beseitigt, so insbesondere mit der Regelung des § 21 II 2 InsO. Nach wie vor verbleiben allerdings Unklarheiten. So passen die Institute des Überweisungs- und Zahlungsvertrags i. S. d. §§ 676a, 676d BGB (anders als jene des Übertragungsvertrags i. S. d. § 676 BGB) für das vorliegend interessierende Rechtsverhältnis zwischen Systembetreiber und teilnehmenden Kreditinstituten nicht. Weiterhin nicht hinreichend berücksichtigt wird der Schutz erteilter Aufträge in Bruttosystemen. Insgesamt zwingt die Umsetzungslösung wiederholt zu eigentlich systemwidrigen und auch mit dem Gesetzeswortlaut vielfach kaum zu vereinbarenden Auslegungen, wenn der angestrebte Schutzzweck erreicht werden soll. Dies läßt sich nicht zuletzt auch auf die kaum sachgerechte Verankerung der anwendbaren Vorschriften in der Insolvenzordnung zurückführen, die unberücksichtigt läßt, daß wesentliche Probleme bereits im aufsichtsrechtlichen Moratorium akut werden und aufgrund des bereits typischerweise dann erfolgenden Ausschlusses aus dem Zahlungsverkehr gar nicht mehr ins Insolvenzverfahren gelangen. Insgesamt berücksichtigt die Gesetzesfassung zu wenig, daß der Schutz von Abrechnungsvorgängen in Zahlungssystemen vor allem ein Problem der Vereinbarkeit mit den Sicherungsmaßnahmen am Beginn der verfahrensförmigen Krisenbewältigung ist (seien sie – de lege lata – aufsichtsrechtlicher oder – de lege ferenda – insolvenzrechtlicher Natur). Erst in zweiter Linie fragt sich, ob die zuvor erreichte „Finalität“ der Abrechnungsvorgänge auch nach Einsetzen der privatrechtsgestaltenden Wirkungen des Insolvenzeröffnungsbeschlusses Bestand hat, insbesondere: ob sie ggf. im Wege der Anfechtung rückwirkend beseitigt werden kann. Die pauschale

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Verweisung auf „die Vorschriften der Insolvenzordnung“ in § 46a I KWG wird dem nicht gerecht; verwiesen wird jeweils auf Ausnahmebestimmungen der InsO (§§ 115, 116 S. 3; 96 II InsO) für Regeln (über das rechtliche Schicksal schwebender Vertragsverhältnisse bzw. die Zulässigkeit von Aufrechnungen im eröffneten Insolvenzverfahren), die im aufsichtsrechtlichen Moratorium (wie auch im Insolvenzeröffnungsverfahren) an sich gerade nicht gelten. D. Schutz der Zahlungssysteme nach englischem Recht I. Der schuldrechtliche Hintergrund

1. Der Zahlungs„auftrag“ als solcher Angesichts der traditionell geringen Bedeutung der Abwicklung des Zahlungsverkehrs mittels elektronischer Zahlungssysteme im Vergleich zum Scheckzahlungsverkehr in England ist wenig verwunderlich, daß die maßgeblichen Rechtsbeziehungen der Parteien im englischen Recht bislang kaum geklärt sind. Nichts anderes gilt für das Gebiet des Überweisungsverkehrs insgesamt, in dem sich – vor allem unter dem Einfluß des den Überweisungsverkehr betreffenden Art. 4A des US-amerikanischen Uniform Commercial Code und des UNCITRAL-Modellgesetzes über grenzüberschreitende Überweisungen von 1992 – erst allmählich überhaupt eine allgemein übliche Terminologie durchsetzt.1011 Die Rechtsprechung hat sich bislang ausschließlich auf die Feststellung beschränkt, es handle sich bei einer Überweisung nicht um ein Assignment (also eine Abtretung);1012 für die vorliegend interessierenden Rechtsverhältnisse gibt diese Definition nichts her. Die Literatur beschränkt sich gleichfalls auf nur vage Umschreibungen.1013 Erst die Umsetzung der EG-Überweisungsrichtlinie1014 und der Finalitätsrichtlinie1015 hat eine gewisse verbindliche Klärung der fraglichen 1011 Vgl. hierzu in jüngster Zeit vor allem Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 461 ff.; zu den Rechtsbeziehungen zwischen dem auftragserteilenden Kunden („sender“), dem Empfänger („recipient“) und den beteiligten Banken siehe noch im einzelnen § 10 sub C. II. 1012 Libyan Arab Foreign Bank v. Bankers Trust Co. [1989] QB 728, 750, per Staughton J.: „ ‚Transfer‘ may be a somewhat misleading word, since the original obligation is not assigned (. . .); a new obligation by a new debtor is created.“ Zur Rechtsnatur des Assignment im Common law siehe statt aller Chitty/Burrows, Rn. 20-001 ff. 1013 Charakteristisch Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 461 ff. 1014 Durch die Cross-Border Credit Transfer Regulations 1999 (SI 1999/1876). 1015 Durch die Financial Markets and Insolvency (Settlement Finality) Regulations 1999 (SI 1999/2979) (im folgenden zitiert als „Settlement Finality Regulations“).

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Rechtsverhältnisse erbracht. Gerade diese Umsetzungsverordnungen als abschließende, umfassende Regelungskataloge zum jeweiligen Problemkomplex illustrieren allerdings, daß es sich um neuartige Institute handelt, die unmittelbar aus den gemeinschaftsrechtlichen Regelungen adaptiert worden sind, ohne daß diese Übertragung bereits auf einem gesicherten dogmatischen Fundament hätte aufbauen können. Der Auftrag eines Teilnehmers an das System zur Abwicklung einer Zahlung wird insoweit als Weisung innerhalb der allgemeinen vertraglichen Beziehungen zwischen beiden Seiten aufgefaßt. Nach der Legaldefinition in Regulation 2(1) der Settlement Finality Regulations ist eine „transfer order“ zu verstehen als: „(a) an instruction by a participant to place at the disposal of a recipient an amount of money by means of a book entry on the accounts of a credit institution, a central bank or a settlement agent, or an instruction which results in the assumption or discharge of a payment obligation as defined by the rules of a designated system (‚a payment transfer order‘); or (b) an instruction by a participant to transfer the title to, or interest in, securities by means of a book entry on a register, or otherwise (‚a securities transfer order‘).“

Das englische Recht hat somit zwei Unterformen des Oberbegriffs der „transfer order“ geschaffen, deren eine durch Zahlungsaufträge in der oben verwendeten, weiten Terminologie gebildet wird, während der andere im wesentlichen dem Begriff des „Übertragungsvertrags“ im deutschen Recht (vgl. § 676 BGB) entspricht.1016 Eine Einordnung in systematisch übergeordnete Kategorien (etwa ein Pendant zum deutschen Geschäftsbesorgungsvertrag) findet nicht statt. In der zitierten Definition erschöpft sich die durch die Umsetzungsverordnung bewirkte Klärung. Bei alledem ist zu beachten, daß die in Umsetzung der Finalitätsrichtlinie erlassenen Settlement Finality Regulations einen deutlich kleineren Anwendungsbereich als das deutsche Umsetzungsgesetz haben; die Bank of England als nach Regulation 4 i. V. m. Regulation 2 der Settlement Finality Regulations zuständige Stelle hat, im Unterschied zur Deutschen Bundesbank, keineswegs sämtliche in England operierenden Zahlungs- und Abrechnungssysteme nach Maßgabe der Artt. 2 lit. a), 10 der Finalitätsrichtlinie an die Kommission gemeldet, sondern die Anwendung der gemeinschaftsrechtlichen Standards bislang auf die von CHAPS betriebenen Systeme beschränkt.1017 Nur diese sind „designated systems“ i. S. d. Settlement Finality 1016

Insoweit besteht auch keine Identität mit dem Überweisungsauftrag („credit transfer order“) i. S. d. der Cross-Border Credit Transfer Regulations), der Umsetzungsverordnung zur EG-Überweisungsrichtlinie. 1017 Vgl. Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 467.

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Regulations und damit insolvenzrechtlich in der unten zu näher untersuchenden Weise privilegiert. 2. Die Verrechnungsabrede in Nettingsystemen Das englische Recht kennt kein der deutschen Skontration vergleichbares Institut, dem sich die Verrechnung der gegenseitigen Forderungen in Nettosystemen zuordnen ließe. Zur näheren Klärung läßt sich allgemein nur die – nach wie vor auch für die insolvenzrechtliche Bewertung grundlegende1018 – Entscheidung des House of Lords im Fall British Eagle International Airlines Ltd. v. Compagnie Nationale Air France1019 heranziehen. Diese betraf ein Abrechnungsverfahren der International Air Transport Association (IATA) für erbrachte Buchungen und Transportdienstleistungen der Mitglieder untereinander, ein „Clearing House“, bei dem die IATA selbst als zentrale Vertragspartei fungierte. Es handelte sich mithin zwar nicht um ein Zahlungssystem im vorliegend interessierenden Sinne, doch weist die Entscheidung wegen der ähnlichen technischen und vertraglichen Ausgestaltung sowohl im Sachverhalt als auch hinsichtlich der rechtlichen Bewertung zahlreiche Bezüge zum hier zu untersuchenden Problem auf.1020 Auch sie enthält freilich keine Definition des „Netting“ und verwendet diesen Begriff nicht einmal ausdrücklich; es findet sich vielmehr eine eher vage Umschreibung des Phänomens.1021 Sie unterstreicht, daß es sich um ein Institut handelt, das nicht als solches in abstrakt-systematisierender Form erfaßt und bewertet, sondern ausschließlich mit Blick auf seine Vereinbarkeit mit zwingendem Insolvenzrecht überprüft wird. 1018 1019 1020

Siehe noch im einzelnen unten sub 3. b) cc). [1975] 2 All E.R. 390. Vgl. insoweit auch Geva, [1991] 19 Canadian Business Law Journal 138,

153 ff. 1021 Vgl. British Eagle International Airlines Ltd. v. Compagnie Nationale Air France [1975] 2 All E.R. 390, 394: „The system which was devised was that month by month there would be clearances of the sums referable to the services rendered by operators between each other and that such clearances would be made by the clearing house and would result in settlements involving either a payment by a member to the clearing house or a payment by the clearing house to a member but never in payments being made to or by members inter se.“, 397: „The net indebtedness was the difference between the total items of a member and the total of the debit items of a member.“ (jeweils per Lord Morris); 403 f. (per Lord Cross): „(. . .) a ‚clearing house‘ (. . .) to which every member will give notice of each transaction to which it is a party and which will at regular intervals strike a balance between them all showing what, as a result of all the transactions into which it has entered during the relevant period, is the net amount which each member is in credit or debit as the case may be.“ (eig. Hervorhebungen).

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Nur begrenzt aufschlußreich ist auch die Legaldefinition in Regulation 2(2) der Financial Markets and Insolvency (Settlement Finality) Regulations. Auch sie bewegt sich auf abstrakter Ebene, die von der durch die Entscheidung in British Eagle gezeichneten Grundlinie nicht wesentlich abweicht, jedoch den Bezug zu Abrechnungsvorgängen in Zahlungssystemen konkretisiert: „‚netting‘ means the conversion into one net claim or obligation of different claims or obligations between participants resulting from the issue and receipt of transfer orders between them, whether on a bilateral or multilateral basis and whether through the interposition of a clearing house, central counterparty or settlement agent or otherwise“.

In der Literatur ist die Netting-Abrede bei der Abwicklung des Zahlungsverkehrs („payment netting“, sog. „position netting“) ausdrücklich der Aufrechnung („set-off“) zugeordnet worden.1022 Auch dieser Versuch einer begrifflichen Klärung führt allerdings kaum weiter. „Set-off“ im englischen Recht erfordert die Gegenseitigkeit der aufzurechnenden Forderung; dieses Erfordernis ist zwingend.1023 Damit lassen sich multilaterale Verrechnungsabreden von vornherein nicht unmittelbar unter dieses Institut subsumieren, es sei denn, die vertragliche Ausgestaltung läßt sich als auf eine Kette bilateraler Aufrechnungen gerichtet interpretieren.1024 Die Unsicherheiten einer solchen Betrachtungsweise erscheinen deutlich, ihre Tauglichkeit für die Gewinnung allgemeiner Grundsätze zweifelhaft. Auch die theoretische Auseinandersetzung mit der Rechtsnatur der Verrechnungsabrede beschränkt sich letztlich auf einen Teilbereich und verzichtet damit auf erschöpfende dogmatische Durchdringung. II. Die Behandlung in der Insolvenz im einzelnen

1. Schuldrechtliche Unwiderruflichkeit erteilter Zahlungsaufträge Die Unwiderruflichkeit erteilter Zahlungsaufträge als schuldrechtliches Korrelat zum insolvenzrechtlichen Bestandsschutz für die erfolgte Ausführung bzw. Verrechnung ist im englischen Recht nicht als solche ausdrücklich geregelt worden. Die Rechtsprechung zu Überweisungsaufträgen zwischen dem Auftraggeber einer Überweisung und dem (erst-)beauftragten In1022 Geva, [1991] 19 Canadian Business Law Journal 138, 140 f., 149 ff.; in diese Richtung wohl auch Goode, Principles, S. 180 ff. 1023 Vgl. schon die Grundsatzentscheidung in Jones v. Mossop (1844) 3 Hare 568, 574 (per Wigram V-C): „one man’s money shall not be applied to pay another man’s debt“. Siehe auch Geva, [1991] 19 Canadian Business Law Journal 138, 142 bei und in Fn. 15 m. w. N. 1024 Geva, [1991] 19 Canadian Business Law Journal 138, 143 ff., 154.

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stitut hat allerdings zur Bestimmung des Ausführungszeitpunkts einer Überweisung auf die tatsächlichen wirtschaftlichen Abläufe abgestellt;1025 daraus dürfte für das Interbankenverhältnis bzw. das Verhältnis zwischen Bank und Systembetreiber folgen, daß die vertragliche Unwiderruflichkeit von Zahlungsaufträgen nach den für das jeweilige Zahlungssystem maßgeblichen Vertragsbedingungen als wirksam anerkannt wird. Hierfür spricht auch eine – für das englische Recht als „persuasive authority“ zitierte1026 – USamerikanische Entscheidung, die Erfüllung eines Überweisungsauftrags bereits mit der unwiderruflichen Einstellung des jeweiligen Zahlungsauftrags in das entsprechende Zahlungssystem angenommen hat.1027 Die schuldrechtliche Unwiderruflichkeit folgt im übrigen für deren Geltungsbereich auch aus der Vorschrift der Regulation 14(1)(a) der Settlement Finality Regulations, die ausdrücklich den Schutz von „transfer orders“ gegenüber zwingendem Insolvenzrecht anordnet. 2. Abwicklung bereits erteilter Aufträge nach Verfahrenseröffnung a) Privilegierung durch Regulation 14(1) der Settlement Finality Regulations Die Möglichkeit einer weiteren Durchführung der zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bereits in das System eingestellten Aufträge bei Bruttosystemen wie auch die Möglichkeit einer Verrechnung nach Verfahrensbeginn ergibt sich für den erfaßten Geltungsbereich bereits aus Regulation 14(1) der Settlement Finality Regulations, die einzelne „transfer orders“ sowie die Abrechnungsregeln des jeweiligen Systems für den Störungsfall (einschließlich der Verrechnungsabrede) für insolvenzfest erklärt.1028 Nach Regulation 14(2) sind diese Abreden auch vor Eingriffen durch den Insol1025

So Momm v. Barclays Bank International [1977] QB 790, 797 ff. Der Fall betraf einen von der Herstatt-Bank kurz vor deren Zahlungsunfähigkeit am 26. Juni 1974 erteilten Überweisungsauftrag, der zunächst trotz unzureichender Deckung ausgeführt und später widerrufen worden war. Siehe auch Royal Products Ltd. v. Midland Bank Ltd. [1981] 2 Lloyd’s Report und zum Ganzen Ellinger/Lomnicka/ Hooley, S. 516 ff. 1026 Vgl. die Würdigung bei Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 515 f. 1027 Delbrueck & Co. v. Manufacturers Hanover Trust Co., 609 F 2d 1047, 1051 (1979), in Bestätigung von 464 F Supp. 989 (1979) – ebenfalls ein aus der HerstattInsolvenz resultierender Rechtsstreit. 1028 Vgl. den Wortlaut, wonach die betreffenden Rechtsgeschäfte „shall [not] be regarded as to any extent invalid at law on the ground of inconsistency with the law relating to the distribution of the assets of a person on bankruptcy, winding up, sequestration or under a protected trust deed, or in the administration of an insolvent estate.“

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venzverwalter bzw. das Insolvenzgericht nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen geschützt. Regulation 15(2) erstreckt diesen Schutz auch auf die außerordentliche Verrechnung der Nettosalden im Insolvenzfall. Anders als im deutschen Recht, wird die Privilegierung insoweit mithin durch Generalklauseln durchgesetzt, nicht durch Ausnahmeregelungen für einzelne insolvenzrechtliche Vorschriften. b) Die Rechtslage für Bruttosysteme nach allgemeinen Regeln Für die Abwicklung über Bruttosysteme ist indes fraglich, ob es der Privilegierung durch die Regulations überhaupt bedurfte, oder ob sich nicht vielmehr bereits aus allgemeinen Grundsätzen die Möglichkeit einer Ausführung „wartender“ Aufträge auch nach Verfahrenseröffnung ergibt. Denkbar wäre nach allgemeinen Regeln im Winding-up-Verfahren zwar eine Kollision mit dem Verlust der Verfügungsmacht des Schuldners zugunsten des Liquidator im eröffneten Verfahren,1029 dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters bezüglich offener Verträge1030 oder mit den Sicherungswirkungen bei Provisional liquidation.1031 In einer Administration wäre de lege lata ebenfalls ein Konflikt mit dem Verlust der Verfügungsmacht des Schuldners1032 zu erwägen, während nach der Insolvenzrechtsreform durch den Enterprise Act 2002 de lege ferenda eine Kollision mit den Sicherungswirkungen der Interim order gem. Schedule A1, para. 43(5)1033 in Betracht käme. Es ist jedoch zweifelhaft, ob damit die Sichtweise des englischen Rechts korrekt wiedergegeben wäre. Dagegen spricht vor allem, daß, wie gesehen, die in der Erteilung eines Zahlungsauftrags liegende Verfügung offenbar als in dem Moment erfolgt und abgeschlossen angesehen wird, in dem der Zahlungsauftrag nach den für das System maßgeblichen vertraglichen Rechtsgrundlagen als unwiderruflich erfolgt gilt.1034 Jedenfalls wenn und soweit der Auftraggeber keine Möglichkeiten mehr hat, auf die Durchführung Einfluß zu nehmen, dürften deshalb die insolvenzrechtlichen Verfügungsbeschränkungen bzw. Sicherungsmaßnahmen – unbeschadet der noch zu diskutierenden Möglichkeit einer Anfechtung – der weiteren Ausführung nicht im Wege stehen. Damit kann festgehalten werden, daß der weiteren Ausführung der bei Eintritt der Verfahrenswirkungen bereits in das System eingestellten, aber 1029 1030 1031 1032 1033 1034

Siehe bereits oben § 6 sub C. III. 2. a). SS. 178 ff. Insolvency Act 1986; siehe bereits oben § 8 sub B. II. Siehe oben § 6 sub C. III. 2. b). S. 10(1) Insolvency Act 1986; siebe oben § 6 sub C. III. Ebd. Siehe oben sub 1.

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noch nicht abgewickelten Aufträge keine zwingenden insolvenzrechtlichen Bestimmungen entgegenstehen. Erhält der insolvente Teilnehmer etwa durch zufließende Zahlungen im System hinreichende Deckung, können diese Aufträge abgewickelt werden. Regulation 14(1) der Settlement Finality Regulations hat insoweit nur klarstellende Bedeutung; die Rechtslage für nicht von den Regelungen erfaßte Systeme ist mithin die gleiche. c) Die Rechtslage für Nettosysteme nach allgemeinen Regeln Die insolvenzrechtliche Zulässigkeit einer Verrechnung offener Aufträge nach Eintritt der Verfahrenswirkungen ist demgegenüber problematisch; insoweit haben Regulations 14(1), 15(2) der Settlement Finality Regulations durchaus eine eigenständige Bedeutung. Im Unterschied zur bilateralen Aufrechnung, die in der Insolvenz gem. rule 4.90 Insolvency Rules (sog. „Insolvency set-off“) bei gegenseitigen Forderungen zwingend durchgeführt wird,1035 erkennt das englische Insolvenzrecht multilaterale Verrechnungsabreden nicht an, wie sich aus der zitierten Grundsatzentscheidung des House of Lords in Sachen British Eagle International Airlines Ltd v. Compagnie Nationale Air France1036 ergibt. Diese Regel beruht zwar nur auf einer Mehrheitsentscheidung1037 und ist auch in der Literatur nicht unbestritten,1038 jedoch gleichwohl außerhalb des Anwendungsbereichs der Settlement Finality Regulations geltendes Recht.1039 Die Entscheidung stützte sich nicht auf die Unvereinbarkeit der Verrechnung mit den verfügungsbeschränkenden Wirkungen der Verfahrenseröffnung und auch nicht auf das Wahlrecht des Insolvenzverwalters im Winding-up. Auch der (in der Literatur vorrangig erörterte) Aspekt der Unverein1035 Vgl. hierzu im einzelnen statt aller Fletcher, Rn. 23-008 ff.; zum Verhältnis zwischen allgemeinem Aufrechnungsrecht („set-off“) und der Aufrechnung in der Insolvenz auch Goode, Principles, S. 177 f., 184 ff. 1036 [1975] 2 All E.R. 390. 1037 Ein ausführlich begründetes Minderheitsvotum, dem sich Lord Simon anschloß, wurde von Lord Morris vorgetragen, siehe [1975] 2 All E.R. 390, 392 ff. 1038 Kritisch Goode, Principles, S. 182: „It is to be hoped that the opportunity will arise for the House of Lords to review its decision in British Eagle, since the minority view is much more in keeping with commercial reality (to say nothing of commercial convenience) than that of the majority.“ 1039 Vgl. etwa Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 466; Fletcher, Rn. 24-023 bei und in Fn. 62; Rajani, Tz. F2.9; dies gilt, obwohl der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung nicht mehr wie früher für alle Verfahrensarten (außerhalb der Administrative Receivership) festgeschrieben ist und sich nurmehr aus den Verteilungsregeln der S. 107 Insolvency Act 1986 (für das Voluntary Winding-up) sowie Rule 4.181(1) Insolvency Rules (für das Compulsory Winding-up) ergibt, siehe auch Goode, Principles, S. 141 ff.

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barkeit des multilateralen Nettings mit dem Gegenseitigkeitserfordernis beim Set-off1040 spielte für die Entscheidung des House of Lords offenbar keine wesentliche Rolle.1041 Abgestellt wurde vielmehr ausschließlich auf die in der Anerkennung derartiger Abreden liegende Verletzung des Prinzips der gleichmäßigen Verteilung des Gläubigervermögens („pari passu principle“): Durch die Verrechnungsabrede strebten die interessierten Parteien eine Besserstellung in der Insolvenz gegenüber der ihnen eigentlich zustehenden Stellung an, die aus Gerechtigkeitsgründen nicht toleriert werden könne.1042 Sieht damit die für ein Zahlungs- oder Abrechnungssystem maßgebliche vertragliche Rechtsgrundlage die multilaterale Verrechnung auch nach Eröffnung des Winding up-Verfahrens über einen Teilnehmer vor, so ist diese Abrede nach den in der British Eagle-Entscheidung aufgestellten Grundsätzen unwirksam; statt dessen hat eine bilaterale Auseinandersetzung über die Ansprüche zwischen den einzelnen Teilnehmern stattzufinden. Wenn und soweit die bilaterale Aufrechnung im Wege des Insolvency set-off ausscheidet, bleiben die Gläubiger des insolventen Teilnehmers auf die Insolvenzquote verwiesen, während dessen Insolvenzverwalter Leistung an die Masse in voller Höhe geltend machen kann. Dies entspricht auch dem in früheren Entscheidungen ausgesprochenen Grundsatz, wonach Absprachen auf den Insolvenzfall zu Lasten der übrigen Gläubiger nicht wirksam vorgenommen werden können.1043 Problematisch im vorliegenden Kontext ist allerdings, daß das „pari passu“-Prinzip, auf das sich die Entscheidung maßgeblich stützt, für das Verfahren der Administration (und damit eine für die Bankeninsolvenz, wie gesehen, besonders wichtige Verfahrensart) gerade nicht gilt.1044 Die Argu1040 Vgl. erneut Geva, [1991] 19 Canadian Business Law Journal 138, 143 ff., 154, und bereits oben sub I. 2. In diese Richtung auch Goode, Principles, S. 182. 1041 Die das Urteil tragenden Ausführungen von Lord Cross, [1975] 2 All E.R. 390, 403 ff. stellen dahingehende Erwägungen ebenso wenig wie die Stellungnahmen der übrigen Lordrichter an; auf die Auseinandersetzung mit der die Frage einer Abbedingung insolvenzrechtlicher Aufrechnungsregeln betreffenden Entscheidung des House of Lords in Sachen National Westminster Bank Ltd. v. Halesowen Presswork and Assemblies Ltd [1972] 1 All E.R. 641 = [1972] AC 785 wird vielmehr verzichtet (vgl. British Eagle, a. a. O., S. 403 per Lord Simon, 411 per Lord Cross). 1042 Vgl. insbesondere British Eagle International Airlines Ltd. v. Compagnie Nationale Air France [1975] 2 All E.R. 390, 411, per Lord Cross. Siehe hierzu auch noch unten sub 4. 1043 Vgl. die auch in der British Eagle-Entscheidung zitierten Urteile Ex parte Mackay (1873) 8 Ch App 643, 647 f.; Re Johns [1928] Ch 737; Ex parte Williams (1877) 7 Ch D 138; Ex parte Holthausen (1874) 9 Ch App 722, 726 f.; ferner auch Rajani, Tz. F2.9. 1044 Vgl. Goode, Principles, S. 143.

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mentation des House of Lords im British Eagle-Fall läßt sich folglich auf den ersten Blick nicht ohne Probleme auf die Administration übertragen. In der Literatur finden sich zu diesem Problem zwar keine Stellungnahmen;1045 auch die Rechtsprechung hat sich bislang mit der Frage noch nicht beschäftigen müssen. Jedoch erschiene es merkwürdig, wenn die im Winding-up unzulässige weitere Durchführung der Verrechnungsabrede in der Administration nur aus diesem systematischen Grund für statthaft gehalten würde; dies würde zumindest dem Sicherungszweck des gesetzlichen Moratoriums bei Verfahrensbeginn, der ja für den Fall einer späteren Liquidation gerade auch der Gläubigergleichbehandlung dient, widersprechen.1046 Sowohl im Winding-up als – vermutlich – auch in der Administration scheitert damit im Ergebnis die weitere Durchführung der multilateralen Verrechnung der wechselseitigen Forderungen an zwingendem Insolvenzrecht. Für die von den Settlement Finality Regulations erfaßten Systeme wird mithin der in der British Eagle-Entscheidung aufgestellte Grundsatz für unanwendbar erklärt; für die übrigen Systeme bleibt es bei der Unvereinbarkeit. 3. Sonderprobleme bei der Auftragserteilung nach Verfahrenseröffnung Auch in England dürfte das Problem einer Sonderregelung für die insolvenzrechtliche Behandlung von Aufträgen, die erst nach Verfahrenseröffnung in das jeweilige Zahlungs- oder Abrechnungssystem eingestellt worden sind, kaum praktische Bedeutung entfalten. Regelmäßig wird auch hier mit der Übernahme der Kontrolle durch den Verwalter in der Provisional liquidation, im Winding-up (siehe auch s. 127 Insolvency Act 1986: Avoidance of property dispositions) oder in der Administration die Gefahr eines ungehinderten Weiterlaufs des Buchungsbetriebs kaum mehr bestehen, so daß kaum noch Zahlungsaufträge in das System eingebracht werden. 1045 Vgl. erneut die Nachw. oben Fn. 1039 zur British Eagle-Entscheidung, die ausdrücklich jeweils nur auf das Liquidationsverfahren des Winding-up abstellen, ohne zur Administration Stellung zu nehmen. 1046 Vgl. allerdings Oditah, in: ders. (Hrsg.), Rn. 7.2.1, der für die vorzeitige Beendigung wechselseitiger Verbindlichkeiten im Rahmen des sog. „close-out netting“ (hierzu noch unten § 11 sub C. II. 2. a) einen Verstoß gegen das Statutory moratorium nach ss. 10(1), 11(3) Insolvency Act 1986 ablehnt; die vertragliche Beendigung und anschließende Verrechnung der wechselseitigen Ansprüche sei „certainly not an execution or other legal process since it does not involve the intervention of the court or anyone else“; siehe auch Re Olympia & York Canary Wharf Ltd. (No. 1) [1993] BCLC 453. Da diese Grundsätze jeweils nur bilaterale Rechtsbeziehungen betreffen, erscheint die Übertragbarkeit auf den vorliegend untersuchten Fall allerdings zweifelhaft.

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Für die Fälle, in denen gleichwohl noch Aufträge erteilt werden, die dann mit dem Verlust der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis der Geschäftsleitung der Bank zugunsten des Verwalters in der jeweils gewählten Verfahrensart kollidieren würde, trifft Regulation 20 der Settlement Finality Regulations die von Art. 3 I 2 der Finalitätsrichtlinie geforderte Vertrauensschutzregelung für Zahlungen, die das System in (nicht lediglich fahrlässiger) Unkenntnis des Eintritts der Verfügungsbeschränkungen ausführt. Die in Regulation 22 geregelte Pflicht des Insolvenzgerichts, die Zahlungssysteme und die Bank of England bei Verfahrenseröffnung zu benachrichtigen, sowie der Umstand, daß in der Marktpraxis wohl regelmäßig auch ohne förmliche Benachrichtigung mit einem sofortigen Bekanntwerden zu rechnen ist, schränken die Bedeutung der Ausnahmeregelung weiter ein. 4. Bereits ausgeführte und verrechnete Zahlungsaufträge Für bereits ausgeführte bzw. in Nettosystemen verrechnete Zahlungssysteme gilt innerhalb des Anwendungsbereichs der Settlement Finality Regulations wiederum die Privilegierung der Regulation (14), die ausdrücklich einzelne Transfer orders und auch die Durchführung der Verrechnung im Falle der Insolvenz einzelner Systemteilnehmer für insolvenzfest erklärt. Für Buchungen außerhalb des Anwendungsbereichs der Regulations darstellt wäre etwa an eine Anwendung der s. 239 Insolvency Act 1986 zu denken, die sowohl für die Administration als auch für das Winding-up für eine Frist von sechs Monaten vor Verfahrenseröffnung1047 eine sog. Preference für anfechtbar durch den Insolvenzverwalter erklärt. Der Begriff der Preference wird in s. 239(4) definiert als ein Rechtsgeschäft mit einer Person, „if – (a) that person is one of the company’s creditors or a surety or guarantor for any of the company’s debts or other liabilities, and (b) the company does anything or suffers anything to be done which (in either case) has the effect of putting that person into a position which, in the event of the company going into insolvent liquidation, will be better than the position he would have been in if that thing had not been done“. 1047 S. 240(1)(b); subs. (1)(a) dieser Vorschrift, die eine 2-Jahres-Frist für maßgeblich erklärt, betrifft Transaktionen mit sog. „connected persons“ i. S. d. s. 249 (Direktoren, Eigentümer) und damit für die vorliegend untersuchte Fallkonstellation nicht relevant. Der maßgebliche Zeitpunkt des Verfahrensbeginns ist bei der Administration der Zeitpunkt, in dem die Administration order beantragt wurde (s. 240(3)(a)); für das Winding-up das „commencement of winding up“ i. S. d. s. 129 Insolvency Act 1986 (s. 240(3)(b)); danach kommt es beim Voluntary winding up vor einem Insolvenzantrag durch Dritte auf den Zeitpunkt der Insolvenzerklärung („resolution“) durch die Gesellschaft selbst an, in allen anderen Fällen auf den Zeitpunkt des Insolvenzantrags.

2. Abschnitt: § 9 Die Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr I

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Im Grundsatz handelt es sich mithin um eine Entsprechung zur deutschen Deckungsanfechtung (§§ 130, 131 InsO); wobei s. 240(2) Insolvency Act 1986 bestimmt, daß nur solche Transaktionen in Betracht kommen, die zu einem Zeitpunkt erfolgen, in dem die Gesellschaft bereits „unable to pay its debts within the meaning of section 123“ ist, bzw. solche, aufgrund derer sie es wird.1048 Schon das Votum von Lord Cross im British Eagle-Fall, der die Mehrheitsentscheidung maßgeblich formulierte, hatte insoweit allerdings die zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung bereits erfolgten Verrechnungen ausdrücklich als insolvenzfest akzeptiert.1049 Das Vorliegen einer Preference nach damaligem Insolvenzrecht wurde ausdrücklich auch im Minderheitsvotum von Lord Simon mit der Begründung verneint, es habe sich um „bona fide commercial transactions“ gehandelt.1050 Daß die zurückliegenden Verrechnungen insoweit ausdrücklich von den oben diskutierten grundlegenden Gerechtigkeitserwägungen ausgenommen wurden, mit denen die Unwirksamkeit einer Verrechnung nach Verfahrensbeginn begründet worden war,1051 dürfte dafür sprechen, daß auch unter geltendem Insolvenzrecht zurückliegende Buchungen in Zahlungssystemen als nicht anfechtbar einzustufen sind. Dies könnte mit der weiteren Einschränkung des Anfechtungsrechts in s. 239(5) Insolvency Act 1986 begründet werden, wonach das Insolvenzgericht eine Anfechtung nicht zulassen soll, wenn nicht das insolvente Unternehmen mit der angegriffenen Rechtshandlung gerade die von s. 239(4)(b) geforderte Schlechterstellung bewußt anstrebte. Eine solche Benachteiligungsabsicht wird regelmäßig bei Verfügungen im „normalen“ Geschäftsbetrieb nicht angenommen.1052 Nur dann, wenn die jeweilige Verfügung nicht im normalen Geschäftsbetrieb erfolgte,1053 käme darüber hinaus eine Anwendung der Nichtigkeitsanordnung nach s. 127 Insolvency Act 1986 für zurückliegende Transaktionen in Betracht. War die Bank aufgrund eines Kundenauftrags zur Ausführung einer Zahlung verpflichtet, bevor das Insolvenzverfahren mit der Winding-up order förmlich eingeleitet wurde, so dürfte s. 127 Insolvency Act 1986 aus diesem Grunde als Sanktion regelmäßig ausscheiden.

1048

Siehe zum Begriff der Inability to pay debts bereits oben § 5 sub C. II. 2. a). British Eagle International Airlines Ltd v. Compagnie Nationale Air France [1975] 2 All E.R. 390, 407: „it is common ground that that settlement was not affected by the subsequent liquidation“. 1050 British Eagle International Airlines Ltd v. Compagnie Nationale Air France [1975] 2 All E.R. 390, 403. 1051 Siehe erneut oben sub 2. c). 1052 Vgl. ausf. auch Fletcher, Rn. 26-029 f. 1053 Vgl. zur großzügigen Rechtspraxis Fletcher, Rn. 26-004 ff. m. w. N. aus der Rechtsprechung. 1049

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Im Ergebnis erscheint damit auch für Systeme außerhalb des Anwendungsbereichs der Settlement Finality Regulations unwahrscheinlich, daß bei Verfahrensbeginn vollständig abgeschlossene Zahlungsvorgänge nachträglich angegriffen und beseitigt werden könnten. Auch insoweit käme den Regulations mithin eher klarstellende Bedeutung zu. 5. Schutz der innerhalb eines Systems gewährten Sicherheiten Die durch die Finalitätsrichtlinie und insbesondere die Finanzsicherheitenrichtlinie geforderte Privilegierung der innerhalb eines Systems gestellten Sicherheiten ist naturgemäß auch im englischen Recht nur ein Teilaspekt des Gesamtsystems verfügbarer Sicherungsmittel und ihrer insolvenzrechtlichen Behandlung; eine eingehende Untersuchung des Problems in diesem Kontext würde wiederum den Rahmen der vorliegenden Untersuchung sprengen, weshalb hier nur Grundzüge erläutert werden sollen. a) Änderungen durch die Umsetzung der Finalitätsrichtlinie aa) Sicherheit durch Verwertung der Guthaben auf Verrechnungskonten Die von Art. 4 der Finalitätsrichtlinie eingeräumte Möglichkeit, Guthaben auf dem jeweiligen Verrechnungskonto zur Deckung der am Tage der Verfahrenseröffnung bestehenden Verbindlichkeiten des insolventen Teilnehmers gegenüber dem System zu reservieren, könnte insoweit jedenfalls mit den in der Entscheidung Re Charge Card Services1054 durch den Court of Appeal aufgestellten Grundsätzen über die Unmöglichkeit kollidieren, Sicherheit in Form einer Charge über ein Guthaben zu gewähren.1055 Die Konstruktion, eine Forderung der kontoführenden Bank gegen den Schuldner durch Stellung einer Sicherheit über eine Forderung des Schuldners gegen die kontoführende Bank (auf Auszahlung des Guthabenbetrags) zu sichern, müsse – so das Urteil – zwangsläufig auf einem Assignment, also der Übertragung der Forderung des Kunden an die Bank beruhen. Das Ergebnis sei denklogisch unmöglich; die Bank könne die Sicherheit ja nicht gegen sich selbst durchsetzen.1056 Diese Entscheidung ist zwar sowohl 1054

[1986] 3 W.L.R. 697, per Millett J. Vgl. in diese Richtung Rajani, Tz. F2.8; siehe aber auch – einschränkend – ebd., Tz. F5.8. 1056 Vgl. Re Charge Card Services [1986] 3 W.L.R 697. In diesem Sinne auch Goode, Credit and Security, S. 125 ff., siehe ferner dens., Commercial Law, S. 659 f. 1055

2. Abschnitt: § 9 Die Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr I

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in der Rechtsprechung1057 als auch in der Literatur1058 als nicht praktikabel und formalistisch kritisiert worden; nach wie vor dürfte sie jedoch als „Authority“ zu berücksichtigen sein. Zu berücksichtigen ist freilich das Obiter dictum von Lord Hoffman in einer Entscheidung zum BCCI-Fall, der ausdrücklich Zweifel gegenüber dem Urteil des Court of Appeal in Sachen Charge Card formuliert hat.1059 Sofern im konkreten Fall daher keine Aufrechnung möglich ist,1060 stellt sich die Frage, ob sich nach englischem Recht anderweitig eine entsprechende Sicherheit wirksam bestellen läßt. Die Praxis1061 scheint das Problem – in Reaktion auf die zitierte Entscheidung – weitgehend durch sog. Flawed Asset Clauses zu lösen, d.h. Absprachen, denen zufolge das Guthaben soweit und solange gestundet bleibt, wie die kontoführende Bank Forderungen gegen den Kontoinhaber geltend machen kann; im Ergebnis handelt es sich also um eine Art Zurückbehaltungsrecht,1062 das allerdings darauf angelegt ist, von vornherein die Forderung des Kunden auf Auszahlung des Guthabens nur insoweit durchsetzbar entstehen zu lassen, wie ihr keine Forderung der Bank gegenübersteht.1063 Für den Geltungsbereich der Settlement Finality Regulations erfaßt die umfassende Privilegierung der Regulation 14(1) offenbar auch die Verwertbarkeit von Guthaben auf dem Verrechnungskonto, sofern diese nach den für das jeweilige System geltenden Regeln im Insolvenzfall vorgesehen ist. Dies ergibt sich aus der umfassenden Freistellung systemeigener „default arrangements“ in Regulation 14(1)(b) sowie der sonstigen im Zusammenhang mit der Teilnahme an einem System gewährten Sicherheiten zugunsten des Systems bzw. seiner Teilnehmer oder der Zentralbank (Regulation 14(1)(d), (e)). Für nicht von den Regulations erfaßte Systeme, die eine derartige Verwertung vorsehen, dürfte sich Entsprechendes aus den insolvenzrechtlichen Sonderbestimmungen für bestimmte Finanzmarkttransaktionen in Part VII, ss. 159, 173 ff. Companies Act 1989 ergeben, welche die „default arrangements“ von „recognised clearing houses“ sowie „market char1057 Vgl. etwa Welsh Development Agency v. Export Finance Co. Ltd. [1992] BCC 270 (CA). 1058 Siehe z. B. Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 806 f. m. w. N. 1059 In re Bank of Credit and Commerce (No. 8) [1998] AC 214, 227 f.; die Entscheidung ist auch unter der Bezeichnung Morris v. Rayner Enterprises Inc. bekanntgeworden. 1060 Siehe zum Set-off bereits oben sub 2. c) bei und in Fn. 1035. 1061 Hierzu Rajani, Tz. F3.6. 1062 Vgl. in diesem Sinne insbesondere Goode, Commercial Law, S. 660 f. m. w. N.; siehe auch Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 802 f.; Re Bank of Credit and Commerce International SA (No. 8) [1998] AC 214, 225 ff., per Lord Hoffman. 1063 Rajani, Tz. F3.6.

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ges“, d.h. in Verbindung mit bestimmten Finanzmarkttransaktionen gewährte Sicherheiten in Gestalt einer Charge, umfassend von entgegenstehenden zwingenden insolvenzrechtlichen Bestimmungen ausnehmen und so letztlich dem Finanzmarkt die Ausgestaltung der insolvenzförmigen Vermögensauseinandersetzung selbst überlassen.1064 bb) Sonstige Sicherheiten Die in Art. 9 I der Finalitätsrichtlinie geforderte Insolvenzfestigkeit sonstiger im Rahmen der Teilnahme eines Systems bestellten Sicherheiten wird im englischen Recht zum einen durch Regulations 16, 18 f. der Settlement Finality Regulations geregelt. Diese Bestimmungen substituieren die bereits durch ss. 173 ff. des Companies Act 1989 begründete umfassende insolvenzrechtliche Privilegierung von „market charges“ im allgemeinen.1065 Durch Regulation 16(1) werden insoweit u. a. die ss. 178 (Wahlrecht des Liquidator bezüglich nachteiliger Rechtsgeschäfte, sog. Disclaimer of onerous property)1066 und 186 (Anfechtung eines Rechtsgeschäfts durch Dritte, sog. Rescission of contracts by the court) des Insolvency Act 1986 für unanwendbar auf die entsprechenden Sicherheiten erklärt. Regulation 19 betrifft die Durchsetzung einer Collateral security charge, die von den Einschränkungen der Durchsetzbarkeit in ss. 10(1)(b), 11(3)(c), 15(1) und 15(2) (für die Administration) und der ss. 127 und 284 (rückwirkende Aufhebung im Winding-up) des Insolvency Act 1986 freigestellt werden. Der Schutz derartiger Sicherheiten durch die Regulations geht über den Kreis der im Rahmen von Zahlungssystemen bestellten Sicherheiten insofern hinaus, als er sich auch auf alle Sicherheiten erstreckt, die sich eine Zentralbank in Erfüllung ihrer Aufgaben bestellen läßt; dies folgt aus Regulation 16 i. V. m. Regulation 2(1) der Settlement Finality Regulations. Aus Regulation 2(1) ergibt sich auch, daß der Begriff der „Sicherheit“ weit zu verstehen ist und auch Pensionsgeschäfte umfaßt.1067 1064 Vgl. hierzu im einzelnen insbesondere die zwar hinsichtlich der korrespondierenden Regelungen des Financial Services Act 1986 veraltete, aber im wesentlichen auch auf die Rechtslage unter dem FSMA 2000 übertragbare ausf. Darstellung bei Rajani, Teil F, Kap. 6. Das Verhältnis zu den Settlement Finality Regulations ergibt sich aus den Regulations 13(3), 21, wonach die oben diskutierten Regelungen der Regulations zwar grundsätzlich die Regelungen des Part VII Companies Act 1989 unberührt lassen, jedoch grundsätzlich Vorrang beanspruchen, soweit eine Finanzmarkttransaktion („market contract“) i. S. d. S. 155 Companies Act 1989 zugleich eine „transfer order“ und eine „market charge“ i. S. d. S. 173 Companies Act 1989 zugleich eine „collateral security charge“ i. S. d. Regulations darstellt. 1065 Siehe hierzu soeben Fn. 1064 und insbesondere die Darstellung bei Rajani, Tz. F6.18. 1066 Siehe dazu oben § 8 sub B. II.

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b) Änderungen durch die Umsetzung der Finanzsicherheitenrichtlinie Die in Umsetzung der Finanzsicherheitenrichtlinie erlassenen Financial Collateral Arrangements (No. 2) Regulations 20031068 überlagern die vorstehend erörterten Regelungen in vielerlei Hinsicht, ohne sie ausdrücklich aufzuheben. Damit werden die Regelungen der Finanzsicherheitenrichtlinie praktisch deckungsgleich ins englische Recht übernommen, ohne daß eine die betroffenen Sicherungsrechte insgesamt erfassende Gesamtkodifikation erfolgt wäre. Eine umfassende Defintion des sachlichen Anwendungsbereichs enthalten Regulations 3–7. Regulation 4 nimmt die Sicherheiten von Formerfordernissen aus, Regulations 8–15 begründen die von der Richtlinie geforderten Insolvenzprivilegien. Regulations 16 ff. schließlich betreffen die Durchsetzbarkeit der vertraglichen Abreden über die Verwertung der Sicherheiten. Ob diese Bestimmungen angesichts der bereits jetzt ausgesprochen großzügigen Praxis des englischen Rechts wirklich substantielle Änderungen im Vergleich zur bisherigen Rechtslage – außerhalb des Bereichs von Formerfordernissen1069 – mit sich bringen, dürfte zu bezweifeln sein. E. Zusammenfassung und Bewertung I. Die Privilegierung von Zahlungs- und Abrechnungssystemen

Die insolvenzrechtliche Sonderstellung von Zahlungssystemen hat sich zu einem umfassenden eigenständigen Problemkreis innerhalb der Rechtsprobleme von Bankeninsolvenzen entwickelt, seitdem erstmalig mit dem Herstatt-Fall 1974 die besonderen Risiken eines Einzelausfalls aufgrund der technischen Vernetzung der Kreditinstitute durch derartige Systeme zutage getreten sind (wobei in diesem Fall die besondere Konstellation eines Devisentermingeschäfts über verschiedene Zeitzonen ausschlaggebend für die drastischen Konsequenzen war). Zwar fehlt es weitgehend an belastbaren wirtschaftswissenschaftlichen Erkenntnissen, wie hoch die Ansteckungsgefahr bei Verlusten verschiedener Größenordnungen tatsächlich sind; die bislang gesammelten Erfahrungen sind insoweit eher anekdotischer Natur.1070 1067 Vgl. den Wortlaut der Regulation 2(1): „‚collateral security‘ means any realisable assets provided under a charge or a repurchase or similar agreement, or otherwise (including money provided under a charge) (. . .)“ (eig. Hervorhebung). 1068 SI 2003/3226. Mit den Regulations wurde eine frühere Version, die Financial Collateral Arrangements Regulations 2003 (SI 2003/3112), welche fehlerhaft ausgeführt worden war, vgl. hierzu die Explanatory Notes zur neuen Fassung. 1069 Siehe zu Formerfordernissen im bisherigen Recht statt vieler Rajani, Tz. C12.10; Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 760 ff., 793 ff.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Dennoch besteht weltweit Einigkeit dahingehend, daß die Privilegierung der vertraglichen Gestaltungsformen für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs der Banken in Zahlungssystemen und entsprechend die Abwicklung des Wertpapierlieferverkehrs im Interesse der Systemstabilität zwingend geboten ist. Die Sonderstellung der Zahlungs- und Abrechnungssysteme und der ihnen zugrundeliegenden vertraglichen Teilnahmebedingungen ist Kernbestandteil und Grundmuster heutiger Regelungskataloge für die rechtliche Bewältigung der Folgen einer Bankeninsolvenz. Die EG-Finalitätsrichtlinie, die ihrerseits weitgehend auf den Vorarbeiten des „Committee on Payment and Securities Settlement Systems“ bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich aufbaut, unterstreicht dies besonders deutlich. II. Die Zielvorgaben und ihre Umsetzung

1. Die Zielvorgaben im System des allgemeinen Insolvenzrechts In der Sache zielen die oben untersuchten Sonderregeln auf die Privilegierung der Zahlungssysteme insbesondere gegenüber Insolvenzvorschriften über den Verlust der Verfügungsmacht des Gemeinschuldners und die Möglichkeit einer nachträglichen Beseitigung gläubigerschädigender Verfügungen im Interesse der Systembetreiber und Teilnehmer, deren Vertrauen auf den vertraglich vereinbarten Abrechnungsmodus geschützt werden soll. Der diesen Absprachen gewährte Schutz erstreckt sich auch auf die im Rahmen der Systemteilnahme bestellten Sicherheiten. Konsequenz dieser Vorgaben ist letztlich eine Art „Sonderinsolvenzrecht“ für Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und Abrechnungssysteme (einschließlich der in diesem Rahmen bestellten Sicherheiten) kraft privatautonomer, insolvenzrechtlich anerkannter Gestaltung. Dies illustriert besonders anschaulich das englische Recht, das schon mit den oben angesprochenen Sonderregeln des Part VII Companies Act 1989 die Bereitschaft gezeigt hat, die wirtschaftliche Praxis der Finanzmärkte als Sonderfall im Rahmen der allgemeinen insolvenzförmigen Vermögensverteilung umfassend anzuerkennen und entsprechende Freiräume für die privatautonome Gestaltung durch die Marktteilnehmer außerhalb der zwingenden gläubigerschützenden Insolvenzbestimmungen zu gestatten. Im Unterschied zur teilweisen Zuweisung der Verfahrensgestaltung an die Bankenaufsicht im deutschen Recht, die oben ebenfalls mit dem Schlagwort des „Sonderinsolvenzrecht“ charakterisiert worden sind, setzt diese neuere Entwicklung nicht bei der Ausgestaltung der insolvenz- bzw. aufsichtsrecht1070 Siehe allerdings nochmals die Arbeiten von Upper/Worms, BIS Papers No. 1, 211 ff.; Blåvarg/Nimander, in: BIZ/CGFS (Hrsg.), Risk Measurement, S. 287 ff.

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lichen Eingriffsinstrumentarien an, sondern betrifft ausschließlich die Verteilungsebene: Es wird kein eigenes Verfahren geschaffen, sondern es werden lediglich Anpassungen im Rahmen der bestehenden Verfahrensarten vorgenommen, die von der Ausgestaltung des Verfahrens als aufsichts- oder allgemein-insolvenzrechtliches völlig unabhängig sind. Dies belegt auch ein abschließender Blick auf die rechtstechnische Umsetzung dieser Vorgaben. Diese ist in zweierlei Weise denkbar: durch Einzelanpassungen in den jeweils einschlägigen insolvenzrechtlichen Tatbeständen – oder aber durch einen Rückgriff auf generalklauselartige Ausnahmeregelungen. Wie gesehen, hat der deutsche Gesetzgeber im wesentlichen die erste Alternative gewählt. Gerade der Umstand, daß § 46a I 6 KWG für das aufsichtsrechtliche Moratorium auf die Sonderregeln des allgemeinen Insolvenzrechts verweist, zeigt, daß die erforderlichen Anpassungen im Hinblick auf die Wahl zwischen allgemeinem Insolvenzrecht oder einem aufsichtsrechtlichen Verfahren für die Bankeninsolvenz neutral sind, sie also auch (wie in England) in einem auf allgemeinem Insolvenzrecht beruhenden Verfahren vorgenommen werden können. Auch aus dem Erfordernis eines Schutzes der Zahlungssysteme kann daher nicht auf die Notwendigkeit eines aufsichtsrechtlichen Insolvenzverfahrens außerhalb des allgemeinen Insolvenzrechts geschlossen werden. 2. Die rechtstechnische Umsetzung in Deutschland und England Unabhängig von den vorstehenden grundsätzlichen Erwägungen ist, wie nachgewiesen, dem deutschen Gesetzgeber ein systematisch befriedigender Abgleich mit dem allgemeinen Insolvenzrecht nicht gelungen. Die Verknüpfung des aufsichtsrechtlichen Moratoriums mit den einzelnen Sondervorschriften der InsO über die Behandlung der Zahlungssysteme im Insolvenzfall ist hier geprägt von dogmatischen Brüchen und Unstimmigkeiten, die sich durch eine eigenständige Regelung in § 46a KWG oder durch eine Zuweisung zum Insolvenzeröffnungsverfahren hätten vermeiden lassen. Die generalklauselartige Gestaltung der englischen Settlement Finality Regulations vermeidet diese Schwierigkeiten, dies allerdings um den Preis einer weitgehenden Zersplitterung der Rechtsmaterie infolge des Verzichts auf eine systematische Verzahnung der Neuregelungen mit dem bisherigen Recht. III. Abschließende rechtspolitische Bewertung

Nachdem die Untersuchung zur Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben im deutschen und englischen Insolvenzrecht die Tragweite der insolvenzrechtlichen Privilegierung von Zahlungssystemen erst hat deutlich

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

werden lassen, ist damit auch die Grundlage für eine abschließende Bewertung der bereits oben erwähnten, grundsätzlichen rechtspolitischen Kritik an dieser Privilegierung insgesamt gelegt. Bereits oben ist ausgeführt worden, daß die im deutschen Schrifttum erhobene pauschale Kritik an der insolvenzrechtlichen Sonderstellung der Zahlungssystemen1071 jedenfalls insoweit nicht überzeugt, als sie die Rechtfertigung dieser Sonderstellung durch das Bemühen um Sicherung der Systemstabilität weitgehend außer Acht läßt und letztlich auf einer falschen Ebene ansetzt. Denn ungeachtet der bislang eher geringen empirischen Erkenntnisse über die zur Begründung der Sonderstellung angeführten Auswirkungen von Bankeninsolvenzen aufgrund der Vernetzung in Zahlungssystemen wird den in der internationalen Debatte vorgebrachten Rechtfertigungsansätzen Überzeugungskraft nicht abzustreiten sein: Auch wenn Kriterien für die Feststellung, wann eine Bedrohung der Systemstabilität im Einzelfall vorliegt, tatsächlich nach wie vor weitgehend ein (durch die wirtschaftswissenschaftliche Forschung auszufüllendes) Desiderat darstellen,1072 erscheint wegen der involvierten Transaktionsvolumina jedenfalls nachvollziehbar, daß eine solche Bedrohung durchaus möglich ist – und daß damit eine Privilegierung begründbar sein dürfte.1073 Wo die rechtspolitische Kritik eigentlich ansetzen müßte, illustriert demgegenüber eher die Auseinandersetzung mit dem Problem in der englischen Rechtsprechung und Literatur: Wenn es sich tatsächlich so verhält (wofür vieles spricht), daß „commercial reality (to say nothing of commercial convenience“ entsprechende Anpassungen zwingend nahelegt,1074 wenn also die insolvenzrechtliche Privilegierung der Zahlungssysteme letztlich eine notwendige Folge der Ausgestaltung des modernen Massenzahlungsverkehrs ist, die ihrerseits nicht zuletzt aus Effizienzerwägungen resultiert, dann steht nicht die innere Begründung der Privilegierung in der gegebenen Wirtschaftsordnung isoliert zur Debatte. Zu fragen ist vielmehr, ob die Sicherung der Markteffizienz hinreichende Rechtfertigung für eine Abkehr 1071

Siehe erneut Becker, ZEuP 2002, 287, 295 ff.; Hasselbach, ZIP 1997, 1491,

1495. 1072 Die empirische Erfassung der Systemrisiken erscheint auch insoweit wünschenswert, als detailliertere Erkenntnisse insoweit helfen könnten, die Anpassungen am allgemeinen Insolvenzrecht auf solche Systeme zu beschränken, die tatsächlich von Bedeutung für die Stabilität des Finanzsystems insgesamt sind. Daß in England die Anwendung der Settlement Finality Regulations auf die CHAPS-Systeme beschränkt worden ist, könnte darauf hindeuten, daß die umfassende Einbeziehung der deutschen Systeme insoweit vielleicht nicht unbedingt erforderlich gewesen sein könnte (was hier nicht bewertet werden kann). 1073 Siehe schon oben § 4 sub B. II. 2. c) cc). 1074 Siehe erneut die Kritik an der British Eagle-Entscheidung bei Goode, Principles, S. 182.

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vom Prinzip der Gleichbehandlung der Gläubiger bietet oder ob nicht auf die so bewirkte Effizienzsteigerung verzichtet werden müßte und möglicherweise weniger effiziente, aber dafür „sicherere“ Abwicklungsmöglichkeiten gefunden werden müßten.1075 Dieses Kernproblem der Abwägung zwischen allgemeinen Gläubigerinteressen und der Systemeffizienz wird nicht zuletzt bei der Bewertung der Insolvenzprivilegien für Finanzsicherheiten augenfällig, bei denen es nicht um die unmittelbare Gewährleistung der Fortführung des Abrechnungsverkehrs, sondern letztlich um die (sekundäre) Verteilung der Insolvenzverluste geht. Der Konflikt zwischen dem Interesse an Markteffizienz einerseits und übergeordneten Gerechtigkeitserwägungen wird nicht zuletzt besonders deutlich in den widerstreitenden Voten der Lords Morris und Cross im British Eagle-Fall,1076 welche die beiden Positionen deutlich formuliert haben. Allerdings wird sich der Streit keineswegs pauschal mit der Feststellung entscheiden lassen, die Privilegierung der Zahlungssysteme berücksichtige einseitig die Partikularinteressen der Systembetreiber und -teilnehmer und sei daher abzulehnen.1077 Die Sonderstellung der Zahlungssysteme führt nicht als solche dazu, daß die Gewinne der Marktteilnehmer vollständig „privatisiert“, die Insolvenzverluste aber letztlich zu Lasten dritter Gläubiger „sozialisiert“ würde. Die Gewährleistung eines sicheren und effizienten Zahlungsverkehrs ist vielmehr durchaus ein „öffentliches Gut“, das durch die Kreditinstitute zum allgemeinen Nutzen wie zum Nutzen der Kunden bereitgestellt wird; auch dieser Aspekt ist in die Abwägung einzustellen. Entscheidend dürfte jedoch vor allem sein, daß sich die Sonderregelungen für die insolvenzförmige Vermögensauseinandersetzung bei Banken ja keineswegs auf eine einseitige Privilegierung der Teilnehmer und Betreiber von Zahlungs- und Abrechnungssystemen reduzieren, sondern nur einen Teil eines Gesamtkomplexes bilden, zu dem auch die vorrangige und beschleunigte Befriedigung von Insolvenzforderungen durch die Einlagensicherung und damit letztlich durch die Mitbewerber des insolventen Instituts gehört.1078 Die Privilegierung der Zahlungssysteme begünstigt zwar andere Teilnehmer; diese leisten jedoch durch die Finanzierung der Einlagensicherung andererseits einen erheblichen Beitrag zur Entlastung dritter Gläubiger. Die Kritik berücksichtigt schließlich zu wenig, daß die Tragweite der mit der Finalitäts- und der Finanzsicherheitenrichtlinie eingeführten Sonderre1075 Dieses Problem stellt sich in durchaus vergleichbarer Weise bei der Beurteilung der Insolvenzprivilegien für Finanzmarkttransaktionen (dazu näher unten § 11). 1076 Siehe erneut oben sub D. II. 2. c). 1077 In diese Richtung aber Becker, ZEuP 2002, 287, 295 f., der die eigentlichen Motive für die EG-Finalitätsrichtlinie im Lobbyismus interessierter Kreise verortet. 1078 Zur Einlagensicherung noch unten § 12.

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geln jedenfalls im deutschen, aber weitgehend auch im englischen Recht wenig dramatisch ist. Wie gesehen, dürfte im deutschen Recht die rückwirkende Beseitigung der Verrechnungsabreden bei Nettosystemen und der ausgeführten Aufträge in Bruttosysteme als solche, also ohne hinzutretende Benachteiligungsabsicht, ohnehin schon nach allgemeinen Grundsätzen weitgehend ausscheiden. Ähnliches gilt für das englische Recht, das freilich die multilaterale Abrechnung nicht im gleichen Maße anerkennt wie das deutsche. Die rechtspolitische Auseinandersetzung mit der Sonderstellung der Zahlungssysteme in der Bankeninsolvenz kann insgesamt nur befriedigen, wenn sie die erhebliche Bedeutung des Zahlungsverkehrs für die Systemstabilität, die in der Praxis gewählten Lösungsansätze zur Risikominimierung und die insolvenzrechtliche Stellung derselben umfassend in den Blick nimmt. Zumal in Deutschland reduziert sich überdies die Belastung dritter Gläubiger durch die den Zahlungssystemen eingeräumten Privilegien auf ein Minimum, weil die Einlagensicherung der privaten Banken im Regelfall einen fast unbegrenzten Ausfallschutz gewährt.1079 Daß alle derartigen Erwägungen nur für den hier allein interessierenden Problemkreis der Insolvenz von Kreditinstituten als Teilnehmer an Zahlungssystemen gelten, versteht sich. Aus ihnen kann nicht auf die Legitimation oder fehlende Legitimation eines Sonderrechts für alle Parteien von Finanzmarktkontrakten einschließlich der von ihnen in diesem Zusammenhang bestellten Sicherheiten geschlossen werden, wie es die Umsetzung der Finanzsicherheitenrichtlinie in Deutschland wie auch in England jedenfalls teilweise geschaffen hat. Diese Frage bleibt eine offene, liegt aber außerhalb des Untersuchungsgegenstands der vorliegenden Arbeit und mag daher hier dahinstehen.

§ 10 Die Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr II: Rechtsbeziehungen im Überweisungsverkehr A. Einführung Mit der Untersuchung der Auswirkungen der Verfahrenseröffnung auf die Teilnahme der Banken in Zahlungssystemen ist zugleich die Grundlage für die nachfolgende Befassung mit einem verwandten weiteren Problemkreis gelegt: den Auswirkungen der Verfahrenseröffnung für die Rechtsbeziehungen der beteiligten Banken mit den weiteren Parteien des Überweisungsverkehrs, also dem Überweisenden und dem Überweisungsempfänger. Wann 1079

Siehe dazu unten § 12 sub D. III. 4.

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bei der Insolvenz einer am Zahlungssystem teilnehmenden Bank noch Aufträge durchgeführt und mithin die mit der Überweisung angestrebte Vermögensverschiebung als solche eintritt, bestimmt sich nach den vorstehend ermittelten Grundsätzen über die Behandlung „offener“ Zahlungsvorgänge. Nur wenn danach eine für einen Bankkunden bestimmte Zahlung – einstweilen untechnisch formuliert – noch aus der bzw. in die Sphäre eines insolventen Instituts gelangt ist, stellt sich die weitere Frage nach der rechtlichen Behandlung der betreffenden Forderung, um die es nachfolgend vor allem geht. Die hierfür gewonnenen Grundsätze werden sich im wesentlichen auf die Rechtslage für andere als im Wege der Überweisung abgewickelte Zahlungen übertragen lassen, etwa auf den Scheck- oder den Lastschriftverkehr. Die folgende Untersuchung legt zugleich die weitere Grundlage für die nachfolgende Erörterung der Einlagensicherung (§ 12), da die Verlustzuweisung zwischen Auftraggeber und Begünstigtem wesentlich über den Umfang der Verpflichtungen des insolventen Instituts gegenüber seinen Kunden mitentscheidet. B. Die Rechtslage in Deutschland I. Überblick

Die Rechtsverhältnisse zwischen den Parteien des Giroverkehrs in der Bankeninsolvenz stehen im Schnittpunkt zwischen den allgemeinen Grundsätzen über die Rechtsfolgen der aufsichtsrechtlichen Sicherungsmaßnahmen bzw. des Insolvenzeröffnungsverfahrens einerseits und der schuldrechtlichen Dogmatik der fraglichen Vertragsverhältnisse andererseits. Für den Giroverkehr bereiten insoweit die Grundsätze über das Kontokorrent1080 1080

Es ist zu unterscheiden: Der Girovertrag ist ein „durch dienstvertragliche Elemente geprägter Geschäftsbesorgungsvertrag, der mit Einrichtung eines Girokontos abgeschlossen wird“, bzw. in der nunmehrigen gesetzlichen Definition ein Vertrag, durch den sich das Kreditinstitut „verpflichtet, für den Kunden ein Konto einzurichten, eingehende Zahlungen auf dem Konto gutzuschreiben und abgeschlossene Überweisungsverträge zu Lasten dieses Kontos abzuwickeln“, vgl. statt aller BankrechtsHB-Schimansky, § 47 Rn. 1 m. w. N.; zum darauf beruhenden Pflichtenkreis ebd., Rn. 4 ff. Das Kontokorrent betrifft demgegenüber die Art und Weise, in welcher das Girokonto aufgrund des Girovertrags zu führen ist. Nach der gesetzlichen Regelung in § 355 HGB ist dies die fortlaufende Verrechnung von Ansprüchen und Leistungen (d.h. Zu- und Abgängen vom Girokonto) mit dem Ziel der Feststellung eines für die Parteien bindenden Saldos, vgl. BankrechtsHB-Schimansky, § 47 Rn. 20 ff. m. w. N. Die dogmatische Qualifizierung ist in Einzelheiten umstritten; teilweise wird die Kontokorrentabrede als gegenüber dem Girovertrag eigenständiger Vertrag (so z. B. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 319) aufgefaßt, teilweise aber auch als Bestandteil eines „Kontokorrentvertrags“, der den „reinen Geschäftsvertrag“ und zusätzlich die „Kontokorrentabrede“ umfaßt (so z. B. Münch-

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vielfach gleichgelagerte Probleme wie die Einordnung der Verfahrenswirkungen in die Grundsätze über die Skontration.1081 Nachfolgend (sub II.) soll zunächst – getrennt für aufsichtsrechtliches Moratorium (sub II. 1.) und Insolvenz- bzw. Insolvenzeröffnungsverfahren (sub II. 2.) – gefragt werden, wie sich die Einleitung förmlicher Krisenbewältigungsverfahren auf Girovertrag und Kontokorrent auswirkt. Im Anschluß (sub III.) geht dann es um die (allgemein bereits oben in § 8 untersuchte) Frage möglicher Sekundäransprüche gegen die Bank wegen der Nichterfüllung der Gläubigerforderungen sowie um die Möglichkeit einer Aufrechnung im vorliegenden Kontext. Abschließend (sub IV.) soll vor diesem Hintergrund die Risikoverteilung zwischen Überweisendem und Überweisungsempfänger in der Bankeninsolvenz in den Blick genommen werden. II. Die Auswirkungen auf Girovertrag und Kontokorrent

1. Das Verhältnis der Bankeninsolvenz zur Insolvenz des Bankkunden Bereits die Anordnung eines aufsichtsrechtlichen „Moratoriums“ nach § 46a KWG führt, wie gesehen, zum umfassenden „Einfrieren“ des betroffenen Geschäftsbetriebs. Eine weitergehende rechtsgestaltende Wirkung ergibt sich daraus indes noch nicht. Ähnliches gilt für die rechtsgestaltende Wirkung der Sicherungsmaßnahmen im Insolvenzeröffnungsverfahren. Von Interesse sind dabei für das deutsche Recht insbesondere die Auswirkungen der Anordnungen auf Girovertrag und Kontokorrent. Die Insolvenz der „Empfängerbank“, also der Bank, bei der Zahlungen für ein Kundenkonto eingehen, unterscheidet sich insoweit von den in der Insolvenz des Bankkunden, sei er Überweisender oder Überweisungsempfänger, auftretenden Problemen erheblich. In dieser wie in der vorliegend zu untersuchenden Konstellation geht es zwar im Grundsatz gleichermaßen um das rechtliche Schicksal von Zahlungseingängen nach Insolvenzeröffnung. Bei der Insolvenz des Bankkunden und Kontoinhabers spielen insoweit regelmäßig folgende Streitfragen eine Rolle: (1) Kann die Bank durch Saldierung des Debetsaldos mit der im Überweisungswege eingehenden Deckung sich selbst eine gegenüber anderen Gläubigern vorteilhafte Rechtsposition verschaffen? Komm(HGB)-Hefermehl, § 355 HGB Rn. 6); siehe zur Begründung der einzelnen Aspekte durch die ältere Literatur grundlegend Herz, S. 5 ff. m. w. N. In der Bankpraxis kommt der Girovertrag i. S. d. § 676f BGB regelmäßig unter Einbeziehung der AGB-Banken zustande, deren Nr. 7 I die Führung des Kontos als Kontokorrentkonto voraussetzt (vgl. allgemein BankrechtsHB-Bunte, § 12 Rn. 5). 1081 Siehe zur Skontration bereits oben § 9 sub C. I. 2.

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(2) Wer darf auf ein Guthaben zugreifen?1082 (3) Bis zu welchem Zeitpunkt muß die Bank Überweisungsaufträge des Kunden ausführen oder Schecks und Lastschriften zu seinen Lasten einlösen? Fraglich ist also im wesentlichen das Rechtsverhältnis zwischen der Bank und den übrigen Insolvenzgläubigern.1083 In der Insolvenz der Bank als Kontoführerin hingegen geht es nicht um den Zugriff auf ein etwa bestehendes Guthaben bzw. um eine vorrangige Befriedigung durch Saldierung im Kontokorrent, sondern um die eher technische Frage, ab welchem Moment die kontokorrentmäßige Abwicklung des Kontoverkehrs zu beenden und eine außerordentliche Saldierung vorzunehmen ist. Zwar sind die Überschneidungen mit den sich bei der Kundeninsolvenz stellenden Sachfragen unverkennbar, doch liegen die Interessen und Sachprobleme ebenso unverkennbar anders. Auch die gesetzlichen Vorgaben unterscheiden sich grundlegend, worauf noch einzugehen sein wird. Die auf die Insolvenz des Bankkunden anwendbaren Grundsätze werden im Folgenden nur insoweit zu berichten sein, als sie Anhaltspunkte für die Bewältigung der Insolvenz der Bank bieten können. In der Literatur, auch den Kommentaren zur Insolvenzordnung, finden sich vornehmlich Darstellungen zu den Auswirkungen der Insolvenzeröffnung auf einzelne Vertragstypen, einschließlich des Girovertrags und der Kontokorrentabrede, die in erster Linie auf die Insolvenz des Bankkunden ausgerichtet sind. Nicht selten werden dabei – auch in der Rechtsprechung – die für diese geltenden Erwägungen ohne weiteres spiegelbildlich auf die Insolvenz des Kontokorrentführers, also die Bankeninsolvenz, übertragen.1084 Auch diejenigen Darstellungen, welche die insoweit gebotene Differenzierung nicht unterlassen, übersehen gemeinhin, daß zum einen die insolvenzrechtlichen Rahmenbedingungen schon wegen der unterschiedlichen Behandlung der Insolvenz des Geschäftsherrn und des Geschäftsführers in den einschlägigen Bestimmungen der InsO abweichen und daß zum anderen die praktische Bedeutung der Rechtswirkungen für die Eröffnung des 1082 Zu den möglichen Problemkonstellationen bei der Behandlung von Zahlungseingängen nach Insolvenz siehe beispielsweise FK-Wegener, § 116 InsO Rn. 58 ff.; MünchKomm(InsO)-Ott, § 116 InsO Rn. 33 ff.; Uhlenbruck-Berscheid, §§ 115, 116 InsO Rn. 16 ff. 1083 Zusf. zum früheren Recht Stürner, ZZP 94 (1981), 263, 301 ff.; siehe auch Herz, S. 197 ff. 1084 Vgl. etwa BGH, Urt. v. 7.12.1977 – VIII ZR 164/76, BGHZ 70, 86, 93 (für ein handelsrechtliches Kontokorrent i. S. d. § 355 HGB); siehe auch BankrechtsHBSchimansky, § 47 Rn. 57; Steinhoff, ZIP 2000, 1141 ff.; Gerhardt, ZIP 1982, 1, 8; ders., ZZP 109 (1996) 415, 420 ff.; Schwintofski/Schäfer, Rn. 56 ff.; Beck/Samm, § 46a KWG Rn. 52. Unklar insoweit auch Herz, S. 197 ff.

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Insolvenzverfahrens von vornherein entfällt, wenn und soweit bereits das aufsichtsrechtliche Vorverfahren mit entsprechenden Rechtswirkungen verbunden ist.1085 Eine eigenständige, gestaltende Wirkung käme der Eröffnung des Insolvenzverfahrens dann nicht mehr zu. Insoweit besteht Gleichlauf mit den oben § 9 untersuchten Auswirkungen der Verfahrenseröffnung auf die Zahlungssysteme. Gleichwohl sind die insolvenzrechtlichen Auswirkungen auf Girovertrag und Kontokorrent schon deshalb von Interesse, weil vorliegend stets auch die Konsequenzen einer etwaigen Abschaffung des § 46a KWG de lege ferenda mit erwogen werden sollen; in diesem Falle käme es – entsprechend der Rechtslage vor Einführung dieser Bestimmung – wieder entscheidend auf die Auswirkungen von Insolvenzeröffnungsverfahren und Eröffnungsbeschluß an. 2. Die Auswirkungen des aufsichtsrechtlichen Moratoriums Schon aus dem Fehlen einer den §§ 103, 115, 116 InsO entsprechenden gesetzlichen Regelung für das aufsichtsrechtliche Vorverfahren kann geschlossen werden, daß die Anordnung nach § 46a I 1 KWG jedenfalls im Grundsatz den Bestand der zwischen dem Kreditinstitut und seinen Geschäftspartnern schwebenden Rechtsverhältnisse unberührt läßt.1086 Während damit der Girovertrag als solcher durch die Anordnung unberührt bleibt, ergeben sich jedoch notwendige Anpassungen für das Pflichtenprogramm des Vertrags sowohl hinsichtlich der Ausführung schwebender Überweisungsverträge als auch der Behandlung eingehender, zur Gutschrift auf Kundenkonten bestimmter Zahlungen. Die Auswirkungen des Veräußerungs- und Zahlungsverbots nach § 46a I 1 Nr. 1 KWG auf die Behandlung des Girovertrags und des Kontokorrents bezüglich eingehender Zahlungen sind umstritten. a) Lösungsansätze Huber hat insoweit die Auffassung vertreten, aufgrund der lediglich vorläufigen Wirkung des aufsichtsrechtlichen Moratoriums seien Konsequenzen für die rechtlichen „Außenbeziehungen“ generell und mithin auch für das Kontokorrent auszuschließen.1087 Nach dieser Auffassung hätte die 1085 Charakteristisch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 511 ff., der zunächst die Auswirkungen des Konkurses und sodann die des Moratoriums auf Girovertrag und Kontokorrent untersucht. 1086 Siehe zusf. nochmals oben § 8 sub A. I. 1. 1087 Huber, Auswirkungen, S. 145.

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Bank auch nach Erlaß des Veräußerungs- und Zahlungsverbots eingehende Zahlungen nach wie vor ins Kontokorrent einzustellen; der Kontoinhaber würde grundsätzlich zur Höhe des Saldos berechtigt, und die einzelnen Buchungsposten wären nach wie vor kontokorrentgebunden. Für den Fall der Schließung eines Kreditinstituts „von hoher Hand“ hat die Rechtsprechung in den Nachkriegsjahren demgegenüber wiederholt die Beendigung des Kontokorrents angenommen und dies mit der damit zusammenhängenden Unfähigkeit des Instituts zur weiteren Ausübung seiner Geschäftstätigkeit begründet.1088 Dafür soll auch die nur vorübergehende Unfähigkeit ausreichen.1089 Folgt man dem für die vorliegend zu untersuchende Fallkonstellation, so muß im Moment des Wirksamwerdens der jeweiligen Anordnung ein außerordentlicher Endsaldo gebildet werden; ein sich für den Kontoinhaber ergebendes Guthaben ist maßgeblich für die Bemessung der Einlagensicherung bzw. muß, wenn es nicht durch diese in voller Höhe geschützt wird, als Insolvenzforderung zur Tabelle angemeldet werden. Ein etwaiger Debetsaldo fällt bei nachfolgender Insolvenzeröffnung in die Masse und ist vom Insolvenzverwalter gegenüber dem Kunden geltend zu machen.1090 Als Konsequenz dieser Auffassung wäre eine nach Wirksamwerden der Anordnung noch zugunsten des Kunden eingehende Zahlung nicht mehr kontokorrentgebunden und müßte in der nachfolgenden Insolvenz gesondert geltend gemacht werden. Nach einer bereits zur Skontration kurz erwähnten,1091 von Canaris vertretenen differenzierenden Ansicht ist zu unterscheiden: Der „obligatorische Geschäftsvertrag“ als Bestandteil des „Kontokorrentvertrags“1092 bleibe – wie im Fall der Konkurseröffnung – uneingeschränkt bestehen, während der „antizipierte Verrechnungsvertrag“ unwirksam werde, weil (nur) dieser den Fortbestand der Verfügungsmacht voraussetze; diese entfällt nach der bereits in anderem Zusammenhang diskutierten Auffassung Canaris’ mit Eintritt der Verbotswirkungen.1093 Danach soll die Bank zwar nach Wirksamwerden des aufsichtsrechtlichen Veräußerungsverbots den jeweiligen Betrag dem Kontoinhaber „forderungsbegründend“ gutschreiben dürfen1094 (und 1088 Vgl. etwa BGH, Urt. v. 21.10.1955 – I ZR 187/53, NJW 1956, 17; Urt. v. 6.12.1956 – II ZR 345/55, BGHZ 22, 304, 309. 1089 So BGHZ 22, 304, 309. 1090 Vgl. zu den Folgen – allerdings für den Konkursfall und ohne Berücksichtigung der Einlagensicherung – Schlegelberger-Hefermehl, § 355 HGB Rn. 99. 1091 Siehe erneut oben § 9 sub C. II. 3. b) bb). 1092 Zur Terminologie schon oben sub I. Fn. 1080. 1093 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 518a; vgl. auch Großkomm(HGB)-Canaris, § 355 Anm. 114; siehe auch Gerhardt, ZZP 109 (1996), 415, 419 m. w. N., der die dieser Auffassung zugrundeliegenden Überlegungen zur Insolvenz des Kunden als „ganz herrschende Meinung“ einstuft.

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bleibt dazu wohl aufgrund des weiterhin bestehenden Girovertrags auch verpflichtet), während die Saldierung als antizipierte Verfügung analog § 55 KO (siehe nunmehr § 96 InsO) nicht mehr erfolgen dürfe, sondern ein eigenständiger, nicht kontokorrentgebundener Anspruch des Kontoinhabers entsteht, der nach Insolvenzeröffnung einfache Insolvenzforderung ist.1095 b) Bewertung aa) Grundsätzliche Zulässigkeit einer Verbuchung eingehender Beträge Bei allen Unterschieden der zitierten Auffassungen1096 dürfte jedenfalls feststehen, daß es nicht um die Möglichkeit einer Gutschrift über eingehende Zahlungen nach Wirksamwerden der aufsichtsrechtlichen Maßnahmen nach § 46a I 1 KWG als solche geht, sondern ausschließlich um die Zulässigkeit einer weiteren kontokorrentmäßigen Verbuchung.1097 Die Gutschrift als Verpflichtungsgeschäft1098 kollidiert an sich weder mit einer etwaigen Beendigung des Geschäftsverhältnisses nach der aufsichtsrechtlichen Schließung noch mit den Wirkungen des Veräußerungs- und Zahlungsverbots nach § 46a I 1 Nr. 1 KWG. bb) Das Schicksal des Kontokorrents bei Wirksamwerden der Maßnahmen gem. § 46a I KWG Hinsichtlich des rechtlichen Schicksals des Kontokorrents sind zunächst die oben1099 geäußerten Bedenken gegenüber der systematischen Gleichstellung des aufsichtsrechtlichen Moratoriums mit den Rechtswirkungen des eröffneten Konkursverfahrens zu wiederholen, die der von Canaris entwickel1094

Vgl. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 511, 518a. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 518a a. E. In diese Richtung offenbar auch Neeff, S. 164 ff., allerdings mit angreifbarer dogmatischer Begründung. 1096 Vgl. auch Stürner, ZZP 94 (1981), 263, 301: „Nichts ist in der Lehre vom Kontokorrent unbestritten, was auf die konkursrechtliche Diskussion voll durchschlägt.“ Für das vorliegende Problem der Rechtswirkungen des aufsichtsrechtlichen Moratoriums gilt kaum anderes. 1097 Vgl. schon BGH, Urt. v. 23.10.1958 – II ZR 127/57, WM 1959, 81, 83 f.; ausdrücklich zwischen dem „rein technischen“ Buchungsvorgang und der kontokorrentrechtlichen Würdigung differenzierend auch BGH, Urt. v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, NJW 2002, 1722, 1723 m. w. N. 1098 Nach h. M. ist diese ein abstraktes Schuldanerkenntnis, vgl. nur BGH, Urt. v. 25.1.1988 – II ZR 320/87, BGHZ 103, 143, 146 m. w. N. BankrechtsHB-Schimansky § 47 Rn. 29; Palandt/Sprau, § 676f BGB Rn. 10. 1099 § 8 sub A. I. 2. 1095

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ten Lösung zugrunde liegen. Wie gesehen,1100 ist jedenfalls ein absoluter Verlust der Verfügungsmacht des betroffenen Instituts mit dem Veräußerungs- und Zahlungsverbot nach § 46a I 1 Nr. 1 KWG kaum konstruierbar. Die von Canaris unterstellte Unvereinbarkeit der antizipierten kontokorrentrechtlichen Verfügung mit dem Veräußerungs- und Zahlungsverbot ist deshalb nicht gegeben. Ertragreicher im vorliegenden Kontext erscheint demgegenüber der den beiden anderen oben zitierten Auffassungen zugrundeliegende Ansatz, der maßgeblich auf das Erfordernis einer Fortdauer der geschäftlichen Beziehung für den Bestand des Kontokorrentverhältnisses abstellt.1101 Entgegen Huber setzt insoweit allerdings bereits das aufsichtsrechtliche Moratorium nach § 46a I KWG durchaus eine einschneidende Zäsur. Die geschäftliche Beziehung zwischen der Bank und dem Kontoinhaber wird dadurch regelmäßig schon deshalb unterbrochen, weil eine Auszahlung der gesicherten Einlagen durch die Einlagensicherungseinrichtung erfolgt. In jedem Fall – selbst dann, wenn die Sicherungshöhe auf das gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebene Mindestmaß reduziert ist und also nicht der Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Deutscher Banken tätig wird1102 – kann die Geschäftsbeziehung zwischen Bank und Kontoinhabern nicht bruchfrei weitergeführt werden. Damit spricht viel dafür, mit der älteren Rechtsprechung zur Schließung einer Bank von hoher Hand grundsätzlich eine Beendigung des Kontokorrents infolge des aufsichtsrechtlichen Moratoriums anzunehmen. Ob dies freilich zur Folge hat, daß sämtliche nachträglich eingehenden Zahlungen nicht mehr kontokorrentgebunden wären und nurmehr als selbständige Forderungen des Kunden in der nachfolgenden Insolvenz geltend gemacht werden könnten, erscheint zweifelhaft. Eine Vermögensminderung zu Lasten der späteren Masse wird mit der Behandlung noch eingehender Zahlungen als kontokorrentgebunden – also der Einstellung entsprechender Zahlungen ins Kontokorrent vor der außerordentlichen Saldierung – ohnehin nur dann verbunden sein, wenn das betreffende Konto zum Zeitpunkt der Schließung einen Debetsaldo aufwies. Nur in dieser Konstellation könnte die insolvente Bank überhaupt von einer rechtlichen Trennung beider Forderungen profitieren, indem volle Erfüllung der Schuld des Bankkunden zur Masse verlangt werden könnte, während dieser auf die Anmel1100

Oben § 6 sub D. II. 3. a) bb) (c) (1). Vgl. allgemein zur laufenden Geschäftsbeziehung als Voraussetzung für das Kontokorrent nur Großkomm(HGB)-Canaris, § 355 HGB Rn. 18 f.; entspr. (zur Konkurseröffnung) wohl auch BGH, Urt. v. 7.12.1977 – BGHZ 70, 86, 93. 1102 Zur Einlagensicherung in Deutschland noch im einzelnen unten § 12 sub D., ebd. sub D. III. 6. c) zum Zusammenwirken von freiwilligen Leistungen durch den Einlagensicherungsfonds und der gesetzlichen Einlagensicherung sowie sub D. IV. 1. zu Leistungen der letzteren. 1101

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dung seiner Forderung zur Tabelle verwiesen bliebe. Eine solche Betrachtung wäre freilich angreifbar. Zum einen übersieht sie die Möglichkeit einer Aufrechnung durch den Bankkunden,1103 die in der vorliegend zu untersuchenden Konstellation zu einem wirtschaftlich der Saldierung entsprechenden Ergebnis führt. Zum anderen erscheint eine rechtliche Aufspaltung der betreffenden Forderungen durch die Beendigung der Verrechnung im Kontokorrent unmittelbar im Zusammenhang mit dem Wirksamwerden des Veräußerungs- und Zahlungsverbots nach § 46a KWG auch mit Blick auf das Eintreten der Einlagensicherung wenig praxisnah. Der Umfang der Einstandspflicht der Sicherungseinrichtung ließe sich dann wohl nur schwer bestimmen; unklar ist etwa, wie die rechtlich selbständige Gutschrift zu behandeln wäre. Gegen die Annahme einer sofortigen Beendigung des Kontokorrents unter Ausschluß noch eingehender Zahlungen sprechen mithin vor allem auch wirtschaftliche Erwägungen, die auch allgemein, d.h. außerhalb eines insolvenzrechtlichen Zusammenhangs, eine verzögerte Beendigung des Kontokorrents bei Abbruch der zugrundeliegenden Geschäftsbeziehung legitimieren können.1104 Die Verrechnung aller einander gegenüberstehenden Forderungen und damit die Beendigung des Kontokorrents erst zu einem Zeitpunkt, in dem Zahlungen zugunsten des Kunden nicht mehr eingehen, liegt nicht nur im Interesse des Kunden. Sie ermöglicht vor allem eine sachgerechte Durchführung der Einlagensicherung, die nicht gewährleistet wäre, wenn der Kontoinhaber zwar auf Ausgleich eines mit Wirksamwerden des Moratoriums erstellten Debetsaldos in Anspruch genommen werden könnte, aber von der Einlagensicherungseinrichtung eine Auszahlung auf eine nach der abschließenden kontokorrentmäßigen Verrechnung eingegangene Zahlung verlangen könnte.1105 cc) Zwischenergebnis Damit bleibt festzuhalten, daß die aufsichtsrechtliche Schließung des Kreditinstituts und das Veräußerungs- und Zahlungsverbot nach § 46a I 1 KWG schon wegen der dadurch ausgelösten Einstandspflicht der Einlagensicherung und unbeschadet des weiterhin wirksamen Girovertrags das Ende 1103

Dazu bereits oben § 8 sub A. I. 2. und noch unten sub III. Vgl. in diesem Sinne allgemein auch Herz, S. 116 ff., der konstatiert, auch nach Abbruch der Geschäftsbeziehung könne es durchaus noch im Interesse der Parteien liegen, durch Weiterführung des Kontokorrents die Grundlage für die weitere Abwicklung noch offener wechselseitiger Verbindlichkeiten zu legen. 1105 In der Praxis gleicht der Einlagensicherungsfonds denn auch nur die zugunsten des jeweiligen Kontoinhabers bestehende Nettoverpflichtung des betroffenen Kreditinstituts aus, siehe hierzu unten § 12 sub D. III. 4. a). 1104

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der laufenden Geschäftsbeziehung zwischen Kontoinhabern und der betroffenen Bank und damit auch das Ende der kontokorrentmäßigen Abrechnung auslösen. Doch betrifft dies nicht die Verpflichtung der Bank, eine nach Wirksamwerden der Anordnungen noch zugunsten des Kunden eingegangene Zahlung diesem noch anspruchsbegründend gutzuschreiben. Am Ende der kontokorrentmäßigen Abrechnung, das erst mit Eingang der letzten Zahlungen zugunsten des jeweiligen Kontoinhabers eintritt, ist ein außerordentlicher Schlußsaldo zu erstellen, der dann auch für die Bemessung der Einstandspflicht der Einlagensicherung von Bedeutung ist. Weitere Konsequenzen ergeben sich für die kontokorrentmäßige Abwicklung des Giroverkehrs nicht. Eine spätere Insolvenzanfechtung der Gutbuchung von Forderungen und Verrechnung im Kontokorrent1106 dürfte letztlich ausscheiden: Die Verrechnung bei auf Habenbasis geführten Konten verursacht keine Vermögensminderung, sondern ist wirtschaftlich neutral, weil damit nur die ohnehin bestehende Forderung des Kunden gegen seine Bank anerkannt wird. Die Verrechnung bei debitorischen Konten führt demgegenüber im Ergebnis zur – die Masse begünstigenden – Teilerfüllung der Forderungen gegen den Kunden, so daß auch insoweit die Insolvenzanfechtung wohl schon tatbestandlich ausscheiden wird. Der Sachverhalt liegt mithin völlig anders als in Fällen der Kontokorrentverrechnung in der Krise oder Insolvenz des Kontoinhabers.1107 3. Die Auswirkungen der Insolvenzeröffnung bzw. des Insolvenzeröffnungsverfahrens a) Der Fall der Insolvenz des Kontoinhabers als Ausgangspunkt Für die Insolvenz des Kontoinhabers besteht weitgehende Einigkeit dahingehend, daß sich insoweit aus §§ 115, 116 S. 1 InsO (früher: § 23 II KO) die Beendigung des Girovertrags als solchen ergibt.1108 Hinsichtlich des Kontokorrents wird gleichfalls zum Teil Beendigung nach §§ 115, 116 1106 Erwogen von Huber, Auswirkungen, S. 146 für den – wohl unrealistischen – Beispielsfall, daß die Bank nach Wirksamwerden des Veräußerungs- und Zahlungsverbots Zahlungen durchführt und im Kontokorrent verrechnet. 1107 Zu letzterem etwa BGH, Urt. v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, NJW 2002, 1722 ff. 1108 Vgl. etwa BankrechtsHB-Schimansky, § 47 Rn. 18; Kübler/Prütting-Tintelnot, §§ 115, 116 InsO Rn. 20; MünchKomm(InsO)-Ott, § 116 InsO Rn. 37; Nerlich/Römermann-Kießner, § 116 InsO Rn. 17, jeweils m. w. N. Einer Mindermeinung zufolge soll nicht der betreffende Vertrag als solcher, sondern nur die Geschäftsführungsbefugnis des jeweiligen Vertragspartners nach §§ 115, 116 S. 1 InsO erlöschen, während das Vertragsverhältnis selbst dem Wahlrecht nach § 103 I InsO unterliegt, vgl. HK-Marotzke, § 115 InsO Rn. 4 m. w. N., dagegen m. E. überzeu-

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S. 1 InsO angenommen;1109 nach anderer Auffassung soll die Beendigung aus (dem Rechtsgedanken des) § 91 I InsO (früher: § 15 KO) folgen.1110 Beide Ansichten haben zur Folge, daß die Bank eine nach Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Kunden eingehende Deckung nicht mehr mit einem Schuldsaldo des Kunden verrechnen darf, sondern zur Herausgabe der Deckung an den Insolvenzverwalter verpflichtet ist. Maßgeblich für die Ansprüche aus dem Kontokorrent ist der für den Eröffnungszeitpunkt errechnete Schlußsaldo.1111 b) Unterschiede bei der Insolvenz der Bank als Kontoführerin Keine der vorstehend genannten Bestimmungen erfassen jedoch den Fall der Insolvenz der Bank als Kontoführerin: §§ 115, 116 InsO beziehen sich auf die Insolvenz des Auftraggebers bzw. Geschäftsherrn, nicht die des Beauftragten bzw. Geschäftsführers; § 91 I InsO betrifft den Rechtserwerb zu Lasten der Masse, nicht einen etwaigen Rechtserwerb der Masse. Der Girovertrag fällt mithin als gegenseitiger Vertrag grundsätzlich unter § 103 InsO. Er erlischt also nicht ipso iure aufgrund der Verfahrenseröffnung als solcher; statt dessen steht dem Insolvenzverwalter das Wahlrecht aus § 103 InsO offen.1112 Der Kunde kann in diesem Fall den Girovertrag aufgrund Nr. 18 AGB-Banken kündigen.1113 Entsprechendes muß ersichtlich für gend MünchKomm(InsO)-Ott, § 116 InsO Rn. 48 f. unter Hinweis auf den Wortlaut und die systematische Funktion der §§ 115, 116 InsO. 1109 So zum früheren Recht noch BGH, Urt. v. 2.2.1972 – VIII ZR 152/70, BGHZ 58, 108, 111; wohl auch Nerlich/Römermann-Kießner, § 116 InsO Rn. 18. 1110 Vgl. BGH, Urt. v. 4.5.1979 – I ZR 127/77, BGHZ 74, 253, 255; so auch Gerhardt, ZIP 1982, 1, 8; ähnlich, wenngleich teilweise unklar, die Begründung bei BankrechtsHB-Schimansky, § 47 Rn. 57; vgl. auch Smid/Meyer, § 116 InsO Rn. 26 ff.; MünchKomm(InsO)-Ott, § 116 InsO Rn. 39; offen BGH, Urt. v. 13.11.1990 – XI ZR 217/89, NJW 1991, 1286, 1287; Kübler/Prütting-Tintelnot, §§ 115, 116 InsO Rn. 21. Allgemeiner argumentiert Jaeger/Lent, § 65 KO Rn. 8: Die Fortsetzung des Kontokorrents als „Laufrechnungsvertrag“ wäre „mit dem Konkurszweck unvereinbar“; für die Eröffnung des Vergleichsverfahrens BGH, Urt. v. 25.2.1977 – I ZR 167/75, NJW 1977, 1346. 1111 Siehe die Nachw. soeben Fn. 1109 f. 1112 Vgl. etwa BankrechtsHB-Schimansky, § 47 Rn. 18; Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 511; Schlegelberger/Hefermehl, Anh. § 365 HGB Rn. 120 m. w. N. zur entsprechenden Rechtslage unter der Konkursordnung. A.A. Meyer-Cording, S. 120 m. w. N. zum älteren Schrifttum, der sich indessen lediglich darauf beruft, die gegenteilige Auffassung sei „lebensfremd“. Angesichts der oben im Text erwähnten bestehenden Möglichkeiten für beide Vertragsparteien, sich vom Vertrag zu lösen, überzeugt dies Argument allerdings nicht. 1113 Aufgrund des Wahlrechts nach § 103 InsO bedarf es für die Vertragsbeendigung auf Initiative des Insolvenzverwalters entgegen den in soeben Fn. 1112 ge-

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einen noch nicht in das Zahlungssystem eingestellten ausgeführten Überweisungsvertrag gelten, auf den gleichfalls das Wahlrecht des Insolvenzverwalters Anwendung findet. c) Die Beendigung des Kontokorrents insbesondere Während die Verfahrenseröffnung also den Girovertrag als solchen unangetastet läßt, geht die herrschende Meinung gleichwohl von einer Beendigung des Kontokorrentverhältnisses aus,1114 weil damit die fortlaufende Geschäftsverbindung als Voraussetzung für den Fortbestand des Kontokorrents1115 entfällt. Ebenso wie hinsichtlich der Folgewirkungen eines aufsichtsrechtlichen Verfügungsverbots vertritt Canaris auch mit Blick auf die Insolvenzeröffnung die Auffassung, der verpflichtende Teil der Kontokorrentabrede bleibe unberührt, und lediglich der antizipierte Verfügungsvertrag sei von der Insolvenzeröffnung betroffen.1116 Nach den obigen Erwägungen zu den Rechtswirkungen des aufsichtsrechtlichen Veräußerungs- und Zahlungsverbots ist wiederum zu differenzieren: Wird vor dem Eröffnungsbeschluß während des Eröffnungsverfahrens ein Verfügungsverbot nach § 21 II Nr. 2 InsO mit Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den vorläufigen Insolvenzverwalter angeordnet, dann kollidiert die antizipierte Verrechnungsabrede bereits mit den Verbotswirkungen der Sicherungsmaßnahmen im Eröffnungsbeschluß (vgl. §§ 24 I, 81 InsO). Hieraus folgt zwingend die sofortige Beendigung des Kontokorrents und die Erstellung eines außerordentlichen Schlußsaldos, neben dem weitere noch eingehende Zahlungen nur mehr als selbständige Forderungen des Kunden gegen die Bank berücksichtigt werden können.1117 Angesichts der Tatsache, daß auch hier eine Kontokorrentbindung der noch eingehenden Zahlungen schon mit Blick auf die Einlagensicherung zu einem wirtschaftlich sinnvollen Ergebnis führen würde und überdies ohnehin durch eine Aufrechnung seitens der betroffenen Kunden die nannten Stimmen keines Rekurses auf das vertragliche Kündigungsrecht der Banken (nunmehr § 19 AGB-Banken). 1114 Siehe insoweit BankrechtsHB-Schimansky, § 47 Rn. 57; in dieselbe Richtung weisen die sub 2. a) Fn. 1088 zitierten Entscheidungen, die sich auch auf die insolvenzförmige Schließung des Bankbetriebs anwenden lassen. 1115 Siehe erneut oben sub 2. b) bb) bei und in Fn. 1101. 1116 Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 511. 1117 M.E. unzutreffend Meyer-Cording, S. 121, demzufolge eine Gutschrift über zwischenzeitlich eingegangene Beträge nur mehr in Höhe der Insolvenzquote erfolgen dürfte: Die Gutschrift repräsentiert vielmehr den Nennwert der Forderung des Kunden gegen die Bank, die in ungekürzter Höhe Insolvenzforderung ist und mit der der Gläubiger dann teilweise ausfällt.

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gleiche wirtschaftliche Situation hergestellt werden könnte,1118 dürfte sich allerdings empfehlen, daß der vorläufige Insolvenzverwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis die antizipierte Verrechnungsabrede bestätigt und damit auch die Einbeziehung einer nachträglich eingegangenen Zahlung aufrechterhält. Würde statt dessen die „schwache“ vorläufige Insolvenzverwaltung ohne Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gewählt, so besteht kein Grund, ein anderes als das oben zum Moratorium gefundene Ergebnis anzunehmen. Eine eigenständige gestaltende Wirkung des dem Eröffnungsverfahren nachfolgenden Eröffnungsbeschlusses kommt für die Kontokorrentabrede nach allem auch bei Abschaffung des aufsichtsrechtlichen Moratoriums de lege ferenda kaum in Betracht; eine laufende Geschäftsbeziehung als Voraussetzung für das Kontokorrent nach Anordnung der Sicherungsmaßnahmen und der Auszahlung der gesicherten Einlagen durch die Sicherungseinrichtung ist kaum mehr denkbar.1119 4. Zwischenzusammenfassung Als Ergebnis ist nach allem festzuhalten, daß de lege lata bereits das aufsichtsrechtliche Moratorium und, bei dessen Aufgabe de lege ferenda, die ihm funktional entsprechende Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung nach § 21 InsO regelmäßig zur Beendigung der kontokorrentmäßigen Verrechnung der Gutschriften und Belastungsbuchungen auf den durch das betroffene Kreditinstitut geführten Konten führt. Auf die in der Literatur vor allem untersuchten Rechtswirkungen des Eröffnungsbeschlusses und damit der Regelungen über das Schicksal nicht vollständig erfüllter Verträge sowie zur Aufrechnung in der Insolvenz kommt es damit nicht an, weil die Kontokorrentabrede in jedem Fall bereits zuvor endgültig abgewickelt wird. Wirtschaftlich sinnvoll erscheint in jedem Falle schon mit Rücksicht auf die nachfolgende Befriedigung der Ansprüche der Konteninhaber durch die Einlagensicherung, daß der bei Beendigung des Kontokorrents zu erstellende Schlußsaldo auch solche Kundenforderungen noch berücksichtigen und in die Verrechnung einstellen darf, die aus einem bei Eintritt der Verfahrenswirkungen noch nicht zugunsten des Kunden verbuchten Zahlungs1118

Siehe bereits oben § 8 sub A. II. 2. und noch unten sub III. Vgl. erneut etwa BGHZ 58, 108, 111; Schlegelberger/Hefermehl, § 355 HGB Rn. 98; insoweit auch BankrechtsHB-Schimansky, § 47 Rn. 57 – entgegen dem letztgenannten Nachweis ergibt sich dies allerdings nicht „gem. § 15 KO“ (bzw. § 91 I InsO), weil diese Bestimmungen nicht auf die Insolvenz der Bank als Geschäftsführerin anzuwenden sind. Siehe zur Rechtslage unter der Konkursordnung schon entsprechend Kuhn/Uhlenbruck, § 23 KO Rn. 15 m. w. N. 1119

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eingang resultieren. Während dies beim aufsichtsrechtlichen Moratorium mangels entgegenstehender gesetzlicher Regelungen ohne Schwierigkeiten konstruierbar ist, wäre im Falle der Abschaffung des § 46a KWG de lege ferenda und seiner Ersetzung durch die sofortige Anordnung der „starken“ vorläufigen Insolvenzverwaltung mit Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis eine Genehmigung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter nötig. III. Sekundäransprüche und die Möglichkeit einer Aufrechnung

In der Literatur sind neben den unmittelbar privatrechtsgestaltenden Wirkungen der aufsichtsrechtlichen Eingriffsinstrumente weitere Auswirkungen speziell auf die Rechtsverhältnisse zwischen den Parteien des Giroverhältnisses untersucht worden. Hierbei geht es zum einen um die Möglichkeit von Aufrechnungen durch die Bankkunden während der Dauer der aufsichtsrechtlichen Anordnungen, die, wie gesehen, nicht zuletzt mit Blick auf eine mögliche Beendigung der kontokorrentmäßigen Verrechnung aufgrund der aufsichts- oder insolvenzrechtlichen Vermögenssicherung eine Rolle spielt. Zum anderen werden Sekundäransprüche der Kunden gegen die Bank wegen der Nichtverfügbarkeit der Einlagen diskutiert. Beide Aspekte sind bereits oben § 8 bei der Erörterung der Rechtswirkungen der verfahrensrechtlichen Eingriffsinstrumentarien für die Bankeninsolvenz im allgemeinen mit behandelt worden; hinsichtlich der Einzelheiten ist nach oben zu verweisen. Nach hier vertretener Ansicht sind Aufrechnung und die Geltendmachung von Sekundäransprüchen weder im aufsichtsrechtlichen Moratorium noch während der Sicherungsmaßnahmen im Insolvenzverfahren und im Insolvenzverfahren ausgeschlossen.1120 Sekundäransprüche wegen der Nichtverfügbarkeit der Einlagen sind dabei zwar theoretisch denkbar. In Betracht kommen zum einen Ansprüche wegen verspäteter oder (regelmäßig) gänzlich ausgefallener Ausführung von Überweisungsverträgen aus § 676b i. V. m. § 676c BGB sowie ggf. Schadensersatzansprüche aus § 280 I 1 BGB („Schadensersatz statt der Leistung“).1121 Ferner ist an Schadensersatzansprüche der Kontoinhaber aufgrund der Nichtverfügbarkeit ihrer Guthaben ebenfalls aus § 280 I 1 BGB zu denken, bei nachfolgendem Eingreifen der Einlagensicherung insbesondere als Ansprüche auf Ersatz des Verzögerungsschadens (§§ 280 I, II, 286 1120 Siehe insoweit oben § 8 sub A. I. 2. zu den Anordnungen nach § 46a KWG und sub A. II. 2. zum Insolvenz- und Insolvenzeröffnungsverfahren. 1121 Gem. § 676c I 2 BGB bleibt der verschuldensabhängige allgemeine vertragliche Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung von der Regelung des § 676b BGB unberührt.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

BGB). Derartige Ansprüche werden allerdings in der Praxis kaum je wirklich relevant werden, weil sich der Aufwand der Durchsetzung derselben im Insolvenzverfahren jedenfalls für diejenigen Gläubiger kaum lohnen wird, deren auf dem Konto gutgeschriebene Forderung bereits durch die Einlagensicherung erfüllt worden ist. Auch ansonsten wird ein über das Erfüllungsinteresse – mithin die Forderung, die außerhalb des Anwendungsbereichs der Einlagensicherung ohnehin als Insolvenzforderung anzumelden ist – hinausgehender Schaden vielfach kaum nachweisbar sein. IV. Die schuldrechtliche Risikoverteilung zwischen Überweisendem und Überweisungsempfänger

1. Allgemeine Grundsätze Nach den obigen Ergebnissen ist davon auszugehen, daß die nach dem Wirksamwerden der aufsichts- oder (de lege ferenda) insolvenzrechtlichen Sicherungsmaßnahmen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingehenden Zahlungen noch den jeweiligen Kundenkonten gutzuschreiben sind. Es handelt sich mithin nicht i. e. S. um „steckengebliebene Überweisungen“,1122 bei denen überhaupt keine Gutschrift zugunsten des Zahlungsempfängers erteilt wird. Der insolvenzbedingte Verlust der Überweisungsvaluta vollzieht sich daher nach allgemeinen Grundsätzen beim Empfänger der Überweisung: Bei der Überweisung von Geld tritt nach herrschender Meinung Erfüllungswirkung1123 grundsätzlich mit Gutschrift auf dem Bankkonto des Empfängers ein.1124 Auch die nunmehr gesetzlich in § 676b BGB fixierte Risikoverteilung zwischen den Parteien des Überweisungsverkehrs ist damit 1122 Entsprechende Konstellationen kannte insbesondere das Wirtschaftsleben in den letzten Kriegstagen des Zweiten Weltkriegs und in der frühen Nachkriegszeit, als Überweisungen in die damals sowjetisch besetzten Gebiete wegen der Schließung der dortigen Kreditinstitute nicht mehr die Empfängerkonten erreichen konnten; siehe hierzu etwa Meyer-Cording, S. 55 ff. sowie auch die Nachw. oben sub III. 2. a) in Fn. 1088. 1123 Ob Erfüllung i. S. d. § 362 BGB (so bei der Vereinbarung einer Überweisung durch die Parteien MünchKomm(BGB)-Heinrichs, § 362 BGB Rn. 21; vgl. auch MünchKomm(BGB)-Grundmann, §§ 244, 245 BGB Rn. 115) oder lediglich Leistung an Erfüllungs Statt i. S. d. § 363 BGB vorliegt (so u. a. BGH, Urt. v. 13.3.1953 – V ZR 92/51, NJW 1953, 897; OLG Hamm, Urt. v. 13.11.1987 – 10 UF 266/87, NJW 1988, 2115; unklar BGH, Urt. v. 2.2.1972 – VIII ZR 152/70, BGHZ 58, 108, 109; offen BGH, Urt. v. 25.3.1983 – V ZR 168/81, BGHZ 87, 156, 163), ist umstritten, vorliegend – wie regelmäßig – aber ohne Belang. 1124 H.M. und st.Rspr., siehe u. a. BGH, Urt. v. 15.5.1952 – IV ZR 157/51, BGHZ 6, 121, 122 f.; Urt. v. 2.2.1972 – VIII ZR 152/70, BGHZ 58, 108, 109; Urt. v. 25.1.1988 – II ZR 320/87, BGHZ 103, 143, 146; Palandt/Heinrichs, § 362 BGB Rn. 9.

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vereinbar. Zwar begründet § 676b III BGB eine verschuldensunabhängige Einstandspflicht des erstbeauftragten Kreditinstituts bei Fehlschlagen der Überweisung. Die Vorschrift verlagert damit grundsätzlich das Verlustrisiko in Höhe des Garantiebetrags von 12.500,– Euro auf die erstbeauftragte Bank (bzw. die letzte „zwischengeschaltete“, die nach § 676e i. V. m. § 676d zum Ersatz verpflichtet ist). Weil der Überweisungsauftrag mit Gutschrift auf dem Empfängerkonto bei der insolventen Bank bereits erfüllt ist, scheidet ein Garantieanspruch nach dieser Bestimmung jedoch von vornherein aus; die auf das Fehlschlagen der Überweisung in der Kette der vor dem Empfängerinstitut beteiligten Kreditinstitute zugeschnittenen Regelungen des § 676b BGB finden auf diesen Fall keine Anwendung. Dazu paßt, daß nach § 676a I 2 BGB die erstbeauftragte Bank nicht die Gutschrift auf dem Empfängerkonto, sondern lediglich die Bereitstellung des Überweisungsbetrags gegenüber der Empfängerbank schuldet.1125 Das Ergebnis erscheint auch sachgerecht. Anders als in der Insolvenz eines zwischengeschalteten Kreditinstituts, dessen Auswahl durch das vom Überweisenden beauftragte Institut erfolgt, so daß ein Verlust der Zahlung letztlich diesem zurechenbar ist, wäre es fragwürdig, dem Überweisenden das Risiko für die Insolvenz der ihm von dem Überweisungsempfänger angegebenen Empfängerbank zuzuweisen, auf deren Wahl er keinen Einfluß hatte und die vielmehr – nach der in der Rechtsprechung verwendeten Formel – „Zahlstelle“1126 des Empfängers ist.1127 Erforderlich ist mithin eine Verlustverteilung nach „Risikosphären“;1128 bezüglich der zugrundeliegenden Forderung des Überweisungsempfängers gegen den Überweisenden ist Erfüllung anzunehmen.1129 Diese Einschränkung läßt sich naturgemäß nicht auf das Fehlschlagen der Überweisung wegen der Insolvenz der erstbeauftragten Bank übertragen. Ist diese vor Ausführung der Überweisung nach § 46a I 1 Nr. 1 KWG mit einem Veräußerungs- und Zahlungsverbot belegt worden bzw. sind Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO angeordnet oder ist über sie das Insolvenzverfahren eröffnet worden, bleibt es ebenso bei den allgemeinen Erfüllungsregeln wie bei einem Fehlschlagen wegen der Insolvenz eines zwi1125

Vgl. – kritisch zur Neuregelung – etwa Einsele, JZ 2000, 9, 10. Vgl. BGH, Urt. v. 9.11.1978 – VII ZR 17/76, BGHZ 72, 319; Urt. v. 18.4.1985 – VII ZR 309/84, NJW 1985, 2700 (jeweils in bereicherungsrechtlichem Kontext). 1127 Vgl. – allgemein zur Risikoverteilung – auch Langenbucher, S. 159 f. 1128 Vgl. – zum Verlustrisiko bei Konkurs der Empfängerbank – auch Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 478; Polke, S. 91 f.; ähnlich etwa Schlegelberger/Hefermehl, Anh. § 365 HGB Rn. 109. 1129 Entsprechend schon Meyer-Cording, S. 78 für die steckengebliebene OstWest-Überweisung. 1126

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schengeschalteten Kreditinstituts. Nachdem in der Praxis schon im aufsichtsrechtlichen Moratorium regelmäßig der Ausschluß der insolventen Bank aus dem Zahlungssystem erfolgt und nachdem dann eingehende Zahlungen auf ein Sonderkonto zur Rückgewähr an den Überweisenden geleitet werden,1130 bedarf es einer Korrektur ohnehin nur in Fällen, in denen es zur Ausführung von Buchungen durch das Zahlungssystem noch nach Auftragserteilung gekommen ist. 2. Der Sonderfall der „Hausüberweisung“ Ein Sonderproblem ergibt sich bei der sog. „Hausüberweisung“, also in Fällen, in denen sowohl das Konto des Überweisenden als auch das des Empfängers bei demselben Kreditinstitut geführt werden. Hier könnte zumindest für das aufsichtsrechtliche Moratorium, aber wohl auch für das Insolvenzverfahren bei vordergründiger Betrachtung erwogen werden, einer solchen Überweisung auch nach Wirksamwerden der entsprechenden Verfügungsbeschränkungen noch Bestandsschutz in der Insolvenz beizumessen, weil sich per saldo die Vermögenssituation für die betroffene Bank und damit die spätere Masse ja nicht ändere, ähnlich wie etwa im Falle der gleichfalls grundsätzlich möglichen Abtretung einer Insolvenzforderung durch den Insolvenzgläubiger an einen Dritten. Danach wäre zwar bei Anwendung der allgemeinen Regeln mit Gutschrift auf dem Empfängerkonto Erfüllungswirkung anzunehmen.1131 Daß insoweit eine gleiche Risikoverteilung sinnvoll wäre wie bei der Überweisung „von außen“, erscheint allerdings zweifelhaft, weil hier ja – ähnlich wie bei der Insolvenz des erstbeauftragten Instituts – ebenfalls schon der Überweisende ein (ex post bewertet) „untaugliches“ Mittel zur Erfüllung gewählt hat. Überdies könnte entgegen dem ersten Anschein durchaus unter bestimmten Umständen auch die Hausüberweisung zur Verschlechterung der Masse führen, so, wenn die Verbuchung auf dem Empfängerkonto dazu führte, daß der Empfänger dadurch etwa eine Aufrechnungsposition erhielte. Die Prämisse von der „wirtschaftlichen Neutralität“ der Hausüberweisung würde insoweit nicht mehr überzeugen; die Buchung könnte unter Umständen zur Deckungsanfechtung nach den §§ 130, 131 InsO berechtigen.

1130

Siehe hierzu – in Einzelheiten freilich veraltet, jedoch auf die gegenwärtige Praxis übertragbar (Auskunft des Bundesverbands Deutscher Banken) – Beck/Samm, § 46a KWG Rn. 48 ff. 1131 In diese Richtung wohl Polke, S. 93 f.

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3. Vereinbarkeit mit der Rechtsprechung zu Aufklärungs- und Warnpflichten beteiligter Kreditinstitute bei Fehlschlagen der Überweisung Auch mit einer Reihe von Urteilen zu den Rechtspflichten der an der Überweisung beteiligten Kreditinstitute bei Insolvenz der Empfängerbank1132 erscheinen die oben gefundenen Ergebnisse vereinbar: Keine Bedenken bestehen dabei zunächst mit Blick auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1963,1133 die eine zwischengeschaltete Bank für ersatzpflichtig gegenüber einem Kontoinhaber hielt, da die Bank ohne Rückfrage eine Überweisung auf dessen Konto trotz der ihr bekannten wirtschaftlichen Schwierigkeiten der kontoführenden Bank ausgeführt hatte. Dieses Urteil beruht gerade auf der Zuweisung des Verlustrisikos an den Überweisungsempfänger und will diesen vor dem drohenden Verlust schützen, indem es eine Verpflichtung der zwischengeschalteten Bank zugunsten des Zahlungsempfängers konstruiert, der Empfängerbank Deckung für den Überweisungsbetrag gar nicht erst zukommen zu lassen. Vereinbar ist das Ergebnis auch mit einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. Mai 1978,1134 das eine Zahlung im Interbankengeschäft betraf und eine Übertragung der oben dargelegten Schutzpflichten einer zwischengeschalteten Bank auf das Verhältnis zwischen der Bundesbank als Betreiberin des betroffenen Zahlungssystems und einer anderen Bank als Auftraggeberin eines Zahlungsvorgangs zugunsten der insolventen Bank ablehnte. Diese Entscheidung betrifft nicht die Verteilung des Verlustrisikos für fehlgeschlagene Überweisungen, sondern lediglich die Pflichten der Beteiligten, bevor das insolvente Empfängerinstitut überhaupt Deckung erlangt hat. Anders gelagert war ein mit Urteil vom 29. September 1986 entschiedener Fall.1135 Hier hatte die Bundesbank eine Zahlung im Wege des Scheckinkasso tatsächlich unter Berufung auf das zuvor durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen angeordnete Moratorium nach § 46a KWG gestoppt und Weisungen des Überweisenden eingeholt, welcher sodann den Überweisungsauftrag widerrufen hatte. In Abweichung von der vorstehend erwähnten Entscheidung nahm der BGH hier zwar eine entsprechende Warnpflicht auch der Bundesbank an und berief sich dabei ausdrücklich auf einen möglichen Schaden zu Lasten des Überweisenden, was auf den ersten Blick den oben gefundenen Ergebnissen zur Risikoverteilung zwischen den 1132

Zum Folgenden im Überblick auch Beck/Samm, § 46a KWG Rn. 43 ff. BGH, Urt. v. 20.6.1963 – II ZR 185/62, NJW 1963, 1872 f.; erwogen wurde hier ein Anspruch des geschädigten Überweisungsempfängers aus § 826 BGB. 1134 II ZR 89, 76, NJW 1978, 1852 f. 1135 II ZR 283/85, NJW 1987, 315 ff. 1133

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Beteiligten zu widersprechen scheint. Zu beachten ist allerdings, daß – wie in dem der Entscheidung vom 29. Mai 1978 zugrundeliegenden Sachverhalt – auch in diesem Fall die insolvente Bank selbst Zahlungsempfängerin war. Wiederum ging es also nicht um die Zuordnung des Insolvenzrisikos zwischen einem Überweisenden (bzw. anderweitig Zahlenden) und einem Kontoinhaber bei der insolventen Bank, sondern um ein Geschäft des Auftraggebers unmittelbar mit dieser Bank selbst, aufgrund dessen dem Auftraggeber möglicherweise ein Verlust in der Insolvenz drohte. Auch dieses Urteil steht damit den vorliegend gefundenen Ergebnissen nicht entgegen. Ohnehin kann die in den Entscheidungen postulierte Pflicht der Kreditinstitute, eine Überweisung an ein insolventes Kreditinstitut ggf. anzuhalten und Weisungen des Überweisenden einzuholen, angesichts der nunmehr geltenden Regeln über die sofortige Ausführung von Überweisungsverträgen und die damit beschränkte Möglichkeit des Widerrufs,1136 nur noch eingeschränkt umgesetzt werden. Inwieweit die Warnpflichten des erstbeauftragten oder eines zwischengeschalteten Instituts angesichts dessen heute überhaupt noch relevant werden können, mag mangels Auswirkung auf die vorliegend untersuchte Sachfrage dahinstehen. C. Die Rechtslage in England I. Einführung

Das Recht der sog. Banker-customer relationship, einschließlich der Rechtsverhältnisse hinsichtlich der Kontoführung und der Abwicklung des Zahlungsverkehrs, ist in England nicht gesetzlich geregelt, sondern ausschließlich durch eine – nicht sehr umfangreiche – Kasuistik geprägt. Anders als in Deutschland, hat die Literatur zu den spezifischen Problemen der Bankeninsolvenz in England insoweit bislang nicht im Detail Stellung bezogen; auch Rechtsprechung hierzu fehlt weitgehend. Die nachfolgende Darstellung muß sich daher darauf beschränken, die Rechtsgrundsätze im Überblick zu ermitteln. Nachfolgend sollen zunächst (sub II.) die allgemeinen Regeln über das Verhältnis zwischen Bank und Kontoinhaber kurz dargelegt werden, bevor im Anschluß (sub III.) die Auswirkungen der Verfahrenseröffnung untersucht werden.

1136 Siehe dazu oben § 9 sub C. III 2. im Kontext der Auswirkungen auf Zahlungssysteme.

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II. Kontenführung und Zahlungsverkehr im englischen Recht

1. Grundlagen Ausgangspunkt für die Rechtsverhältnisse zwischen Banken und ihren Kunden im allgemeinen ist im Common law englischer Prägung das vertragliche Schuldverhältnis der Banker-customer relationship. Heute auch in England weitgehend durch Allgemeine Geschäftsbedingungen geregelt, sind die für beide Parteien daraus resultierenden Pflichten durch die Rechtsprechung in einer Reihe von Urteilen zu einzelnen Rechtsfragen entwickelt worden. Im Laufe der Zeit wurden sie zu einem immer umfangreicheren System gefestigter Grundsätze ausgebaut, wobei freilich zahlreiche Fragen nach wie vor umstritten sind.1137 Auch im englischen Recht gilt – seit der Grundsatzentscheidung des House of Lords in Foley v. Hill aus dem 19. Jahrhundert1138 – als anerkannt, daß es sich bei der Bankeinlage grundsätzlich um ein Darlehen des Einlegers an die Bank handelt: „The money paid into the banker’s, is money known by the principal to be placed there for the purpose of being under the control of the banker; it is then the banker’s money; he is known to deal with it as his own; he makes what profit he can, which profit he retains to himself . . .“1139

Es sei die Pflicht des Bankiers, „to repay to the principal, when demanded, a sum equivalent to that paid into [his] hands“.1140 Bestätigt und weiter ausgebaut wurden diese Grundsätze mit der Entscheidung in Joachimson v. Swiss Bank Corporation im frühen 20. Jahrhundert.1141 Damit ist klargestellt, daß die Bankeinlage weder Trustvermögen noch Gegenstand eines „bailment“ ist, also nicht treuhänderisch durch die Bank zugunsten des Kunden verwaltet wird, der mithin grundsätzlich normaler, nicht bevorrechtigter Gläubiger der Bank in Höhe des jeweiligen Guthabens ist.1142 Aus 1137 Vgl. etwa Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 88 ff.; Cranston, Principles, S. 137 ff. 1138 (1848) 2 HLC 28. 1139 Foley v. Hill, (1848) 2 HLC 28, 36, per Lord Cottenham. 1140 Foley v. Hill, (1848) 2 HLC 28, 36 f. 1141 [1921] 3 K.B. 110, 127, per Atkin L.J.: „I think that there is only one contract made between the bank and its customer. The terms of that contract involve (. . .) the following provisions. The bank undertakes to receive money and to collect bills for its customer’s account. The proceeds so received are not to be held on trust for the customer, but the bank borrows the proceeds and undertakes to repay them. The promise to repay is to repay at the branch of the bank where the account is kept, and during banking hours. It includes a promise to repay any part of the amount due against the written order of the customer (. . .)“. Hierzu ausf. Ellinger/ Lomnicka/Hooley, S. 93 ff. 1142 Ellinger/Lomnicka/Hooley, ebd.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

dem Rechtsverhältnis ist auf verschiedene Rechtspflichten der Bank geschlossen worden, so die Pflicht, das Mandat des Kunden zu beachten und auszuführen, bestimmte Aufklärungs-, Beratungs- und Schutzpflichten und nicht zuletzt das Bankgeheimnis.1143 Indes sind die vorstehenden Ausführungen für die vorliegende Untersuchung eher als Hintergrund von Bedeutung; die Pflichten der Bank als „paymaster and as a recipient of its customers’ funds“1144 leiten sich zwar aus dem so umrissenen allgemeinen Pflichtenprogramm ab, sind aber weitgehend verselbständigt. Vor allem auf diese Funktion der Bank kommt es nachfolgend an. 2. Der Rechtsrahmen für den Zahlungsverkehr insbesondere Auch für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs durch Banken für ihre Kontoinhaber gilt, daß das englische Recht ein umfassendes System maßgeblicher Grundsätze insoweit bislang nicht vorgelegt hat.1145 Ein gesetzlicher Rahmen fehlt; wiederum bezieht sich die vorhandene Rechtsprechung vielfach auf Einzelfragen, die für die vorliegende Untersuchung ohne Belang sind. So fehlen detaillierte Grundsätze zur Rechtsnatur des Bankkontos ähnlich denen zur Kontokorrentabrede im deutschen Recht. Die Buchungen auf dem Konto werden ausschließlich als nicht rechtsgeschäftliche Vorgänge betrachtet, aus denen sich unmittelbare Konsequenzen für die Rechtsbeziehungen zwischen Bank und Kunden nicht ergeben. Maßgeblich bleiben vielmehr ausschließlich die allgemeinen Grundsätze aus der oben zitierten Entscheidung Foley v. Hill.1146 Aus dem Vertrag zwischen Bank und Kunde ergibt sich, daß insoweit auch im englischen Recht die Bank bei entsprechendem Guthaben bzw. vereinbartem Überziehungskredit zur Ausführung von Zahlungsaufträgen im weiteren Sinne verpflichtet ist, also insbesondere auch von Scheckzahlungen1147 und Überweisungen1148 – und folglich zur Verbuchung auf dem Bankkonto. Um1143

Vgl. ausf. zu diesen hier nicht näher interessierenden Aspekten und den entsprechenden Folgeproblemen statt aller Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 98–168 m. w. N. aus der Rechtsprechung. 1144 Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 173. 1145 Siehe hierzu und zum Folgenden auch die Ausführungen oben § 9 sub D. I. 1. zur Rechtsnatur des Überweisungsauftrags („transfer order“) i. S. d. Settlement Finality Regulations 2001; dort auch zu Ansätzen in der neueren Literatur, unter Rückgriff auf das UNCITRAL-Modellgesetz über grenzüberschreitende Überweisungen eine gewisse systematische Klärung zu schaffen. 1146 Vgl. etwa Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 182 ff., 185 ff. m. w. N. zur Rechtsnatur des Kontoauszugs und der rechtsgestaltenden Anerkennung desselben durch den Kontoinhaber. 1147 Siehe hierzu Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 362 ff. m. w. N. 1148 Hierzu Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 497 ff. m. w. N.

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gekehrt ist sie verpflichtet, Zahlungen für den Kunden entgegenzunehmen und diesem gutzuschreiben. In der Überweisung sieht das englische Recht im Unterschied zum wertpapierrechtlichen Vorgang der Scheckzahlung nicht eine Anweisung,1149 sondern eine nicht näher spezifizierte „Neuverteilung“ der jeweiligen Guthaben auf Veranlassung des Zahlenden: „the movement of a credit balance from one account to another brought about through adjustment of the balances of the payer’s and the payee’s accounts.“1150 Die heutige Sichtweise stützt sich auf die Entscheidung von Webster J in Royal Products Ltd. v. Midland Bank Ltd. aus dem Jahre 1981: „[Money transfers] are to be regarded simply as an authority and instruction, from a customer to its bank, to transfer an amount standing to the credit of that customer with the bank to the credit of its account with another bank, that other bank being impliedly authorised by the customer to accept that credit by virtue of the fact that the customer has a current account with it, no consent to the receipt of the credit being expected from or required of that other bank, by virtue of the same fact. It is, in other words, a banking operation, of a kind which is often carried out internally, that is to say, within the same bank or between two branches of the same bank and which, at least from the point of view of the customer, is no different in nature or quality when (. . .) it is carried out between different banks“.1151

Diese vagen Aussagen dienten freilich eher der Abgrenzung zu Rechtsinstituten wie dem Assignment (der Abtretung) als einer Definition der Rechtsnatur der Überweisung; sie sind damit vorliegend kaum unmittelbar von Belang, doch illustrieren sie immerhin den noch weitgehend ungeklärten Charakter der Überweisung als eines in England sehr jungen Instituts. Schon aufgrund des auf grenzüberschreitende Überweisungen beschränkten Anwendungsbereichs, aber auch wegen der wiederum (ähnlich wie im Rahmen der an anderer Stelle untersuchten Settlement Finality Regulations)1152 eher deskriptiven Begrifflichkeit, erbringen auch die in Umsetzung der EG-Überweisungsrichtlinie erlassenen Cross-Border Credit Transfers Regulations 19991153 keine gegenüber den genannten Quellen weitergehende Klärung.1154 1149 Zur Rechtsnatur des Schecks als „negotiable instrument“ i. S. d. Bills of Exchange Act 1882 eingehend Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 340 ff. 1150 Zusf. Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 461 f.; ausf. ebd. S. 491 ff.; siehe auch Libyan Arab Foreign Bank v. Bankers Trust Co. [1989] Q.B. 728, 750, per Staughton J.: „process by which some other person or institution comes to owe money to the Libyan Bank or their nominee, and the obligation of Bankers Trust is extinguished or reduced pro tanto“. 1151 Royal Products Ltd. v. Midland Bank Ltd. [1981] 2 Lloyd’s Report 194, 198; siehe nochmals auch Libyan Arab Foreign Bank v. Bankers Trust Co. [1989] Q.B. 728, 750. 1152 Siehe erneut oben § 9 sub D. I. 1. 1153 SI 1999/1876.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung III. Die Auswirkungen der Verfahrenseröffnung auf den Zahlungsverkehr

Zunächst ist festzuhalten, daß sich – angesichts der stärker einzelfallorientierten Rechtsprechung – auch und erst recht im englischen Recht die Grundsätze für die Rechtsverhältnisse bezüglich des Kundenkontos bei Zwangsvollstreckung in und Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Bankkunden1155 kaum zur spiegelbildlichen Anwendung auf die Bankeninsolvenz eignen. Wie schon im deutschen Recht, können die vorliegend maßgeblichen Rechtsfragen kaum auf die zu diesem Problemkreis entwikkelten, hier nicht weiter interessierenden Lösungen gestützt werden, sondern bedarf es der Ableitung unmittelbar aus den allgemeinen Insolvenzwirkungen. Ebenso wie im deutschen Recht, bewirken die oben § 6 sub C. III. näher diskutierten Moratorien bzw. sonstigen insolvenzrechtlichen Verfügungsverboten jedenfalls, daß das betroffene Kreditinstitut selbst Zahlungen nicht mehr wirksam tätigen kann. Auch im englischen Recht sind mithin vor allem die bei Verfahrenseröffnung noch nicht vollständig abgewickelten Zahlungsvorgänge auf Konten bei der insolventen Bank von Interesse. Wiederum geht es um das Problem eines Zahlungseingangs ohne sofortige Buchung, und zwar erneut vor allem bei einer Überweisung bzw. anderweitigen Zahlung „von außen“. Maßgeblich ist folglich in erster Linie der Zeitraum, innerhalb dessen das Empfängerinstitut – in der deutschen Terminologie – Deckung erlangt hat und die Buchungsvorgänge vornimmt. Wie lange dieser Zeitraum andauert, hängt im Ergebnis auch von den Regeln des jeweils verwendeten Zahlungssystems ab; im Regelfall dürfte ein Geschäftstag anzunehmen sein.1156 Allgemein wird davon ausgegangen, daß ein Zahlungsvorgang zugunsten des Kunden in dem Moment abgeschlossen ist, in dem er in den Ein1154 Vgl. die Definitionen in Regulation 2; danach ist ein „cross-border credit transfer“ zu verstehen als „a transaction or series of transactions carried out as a result of instructions given directly by an originator to an institution in one EEA State, the purpose of which is to make funds in an EEA currency available to a beneficiary at an institution in another EEA State; and for the purposes of this definition the originator and the beneficiary may be one and the same person“. Eine „cross-border credit transfer order“ wird sodann definiert als „an unconditional instruction, given directly by an originator to an institution, to initiate the carrying out of a cross-border credit transfer“. 1155 Hierzu Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 368 ff. für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, S. 379 ff. für die Insolvenzeröffnung, jeweils hinsichtlich des Bestands offener Scheckzahlungsvorgänge. 1156 Zu den in Großbritannien betriebenen Zahlungssystemen siehe bereits oben § 9 sub A. IV. 4.

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flußbereich der Empfängerbank gelangt, in dem also, mit anderen Worten, dieser die Deckung durch das jeweilige Zahlungssystem zur Verfügung gestellt wird. Die Empfängerbank wird insoweit im weiteren Sinne als Stellvertreter („agent“) des Empfängers aufgefaßt.1157 Maßgeblich wird insoweit auf den tatsächlichen, d.h. sowohl hinsichtlich des Vermögensabflusses auf Seiten des Überweisenden als auch des Vermögenszuflusses bei der Empfängerbank buchmäßig erfaßbaren Abschluß der verschiedenen Buchungen abgestellt.1158 Im Regelfall wird dies mit der unwiderruflichen Einstellung des Zahlungsvorgangs in das jeweilige Zahlungssystem zusammenfallen.1159 Ohne daß dies in Rechtsprechung und Literatur ausdrücklich festgestellt würde, wird man aufgrund dieser Grundsätze und nach dem vorstehend zur Rechtsnatur des Bankkontos Ausgeführten folgern müssen, daß auch im englischen Recht eine nach Insolvenzeröffnung bei dem betroffenen Kreditinstitut eingegangene und für ein Kundenkonto bestimmte Zahlung jedenfalls noch für dieses wird verbucht werden können und müssen, ohne daß dem die jeweils einschlägigen Verfügungsbeschränkungen entgegenstehen. Wie bereits zum deutschen Recht ausgeführt, erscheint dies auch sachgerecht, weil nur so vermieden werden kann, daß der Überweisende letztlich das Risiko für die Insolvenz der von ihm nicht ausgesuchten Empfängerbank trägt. Nichts anderes wird für andere Zahlungsformen wie Scheck oder Lastschriften („direct debit“) gelten. Daß auch im englischen Recht die nach Wirksamwerden der verfahrensrechtlichen Vermögensbeschränkungen vorgenommenen Buchungen nicht als gegenüber dem bisherigen Saldo rechtlich selbständig zu behandeln, sondern in einer Schlußrechnung mit diesem zu verrechnen sind, wird sich schon aus den allgemeinen Regeln der Insolvenzaufrechnung („insolvency set-off“) ergeben, wonach in der Insolvenz einander gegenüberstehende Forderungen zwingend ihre rechtliche Selbständigkeit verlieren und in dieser Höhe nurmehr eine Nettoforderung durch oder gegen den Schuldner geltend gemacht werden kann.1160 Ob im englischen Recht eine Haftung der erstbeauftragten oder einer zwischengeschalteten Bank für die Ausführung einer Zahlung in Betracht kommt, obwohl ihr bekannt war oder hätte bekannt sein müssen, daß die 1157 Vgl. Ellinger/Lomnicka/Hooley, S. 516: „It can thus be argued that payment becomes complete and irrevocable at the moment it reaches the hand of the agent (the beneficiary’s bank).“ 1158 So Momm v. Barclays Bank International Ltd. [1977] Q.B. 790 = Delbrueck v. Barclays Bank International Ltd. [1976] 2 Lloyd’s Report 341. 1159 Siehe hierzu bereits oben § 9 sub D. II. 1. 1160 Siehe nochmals Stein v. Blake [1996] AC 243, 255, per Lord Hoffmann; dazu oben § 8 sub B. II.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Empfängerbank insolvent ist, erscheint angesichts der allgemeinen Sorgfaltspflichten der Bank gegenüber ihrem Kunden im Zusammenhang mit der Rolle als Paying agent1161 immerhin denkbar, ist aber, soweit ersichtlich, bislang noch nicht entschieden worden. Die Verfahrenseröffnung verhindert nach allem im englischen Recht wohl nicht die Abwicklung offener Zahlungsaufträge nach Eintritt der damit verbundenen Vermögensbeschränkungen. Die Zulässigkeit der und Verpflichtung zur Gutschrift einer nach Inkrafttreten der jeweiligen Verfahrenswirkungen für ein Kundenkonto eingehenden Zahlung bleibt damit von der Verfahrenseröffnung unberührt. Allerdings ist das Problem auch in England kaum von großer praktischer Bedeutung, weil offenbar in der Praxis bislang in der Regel stets das Wirksamwerden der Verfahrenseröffnung zu einem Zeitpunkt erfolgte, in dem diese nicht in den laufenden Geschäftsbetrieb eingriff. D. Vergleichende Bewertung Der abschließende vergleichende Blick kann kurz ausfallen. Eine Zusammenschau beider Rechtsordnungen zeigt vor allem, daß die im deutschen Recht in weit stärkerem Maße formalisierten Rechtsgrundsätze über die Kontobeziehungen zwischen Bank und Kunde dann Probleme bereiten, wenn ein Abgleich mit allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Insolvenz- bzw. Bankenaufsichtsrechts erfolgen muß, wenn mithin die Auswirkungen der entsprechenden Sicherungsmaßnahmen auf die Rechtsbeziehungen der Parteien des Girovertrags relevant werden. Dies illustriert die im Verlauf der vorliegenden Untersuchung wiederholt festgestellten Schwierigkeiten, Lösungen für konkrete Sachprobleme aus dogmatischen Systemen abzuleiten, die an sich für andere Fallkonstellationen entwickelt wurden – ein Problem, dem sich das ohnehin stark am Einzelfall orientierte englische Recht nicht ausgesetzt sieht. Die zu beiden Rechtsordnungen ermittelten Ergebnisse weichen praktisch gleichwohl kaum voneinander ab. Die vor allem mit Blick auf die Durchführung der Einlagensicherung sinnvolle Verrechnung auch nach Verfahrensbeginn noch eingehender Zahlungen mit dem dann jeweils bestehenden Saldo auf einem Girokonto läßt sich ungeachtet der festgestellten dogmatischen Probleme auch im deutschen Recht begründen; im englischen Recht ist sie, soweit ersichtlich, ohne Schwierigkeiten möglich. Infolge des Eintritts der Verfahrenswirkungen, aber unter Einbeziehung noch offener Zahlungsvorgänge, wird in beiden Rechtsordnungen die Führung der Kunden1161 Hierzu im Kontext der „liability for wrongful payment“ allgemein Ellinger/ Lomnicka/Hooley, S. 386 ff.

2. Abschnitt: § 11 Bankeninsolvenz und vertragliche Beendigungsklauseln 433

konten unterbrochen und eine einzige „Schlußrechnung“ erstellt (die im Falle des Eingreifens der Einlagensicherung auch deren Haftungsumfang bestimmt).

§ 11 Die Auswirkungen für bestimmte Finanzmarktkontrakte: Bankeninsolvenz und vertragliche Beendigungsklauseln A. Einführung Die Auswirkungen der Verfahrenseröffnung auf das rechtliche Schicksal bestimmter typischer Vertragsverhältnisse der modernen Finanzmärkte weist enge Bezüge zur Untersuchung der Abwicklung des Zahlungsverkehrs im Insolvenzfall auf. Dies ist bereits oben § 9 deutlich geworden, wo die „technische“ Seite der Abwicklung bestimmter Finanzinstrumente und insbesondere des Wertpapierhandels jeweils am Rande mitbeobachtet und im wesentlichen gleichgelagerte Probleme festgestellt worden sind. Weitere Bezugspunkte zu den obigen Ausführungen bestehen, soweit im Rahmen der Durchführung der hier interessierenden Finanzmarktkontrakte Sicherheiten bestellt werden, wie dies etwa an Terminbörsen mit sog. „Margins“ geschieht;1162 insoweit ist auf die Untersuchung der Auswirkungen der Verfahrenseröffnung auf die bestellten Finanzsicherheiten1163 bzw. hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Sicherungspraxis auf die einschlägige Spezialliteratur1164 zu verweisen. Der folgende Unterabschnitt widmet sich demgegenüber dem Schicksal der schuldrechtlichen Rechtsverhältnisse zwischen den Parteien entsprechender Transaktionen. Auch hierbei gilt die Untersuchung, auf den Punkt gebracht, der Vereinbarkeit des Insolvenzrechts (bzw. des aufsichtsrechtlichen Vorverfahrens) mit denjenigen vertraglichen Arrangements, die in den Märkten zur Eindämmung und Kontrolle des insolvenzbedingten Ausfallrisikos – allerdings ausschließlich im Verhältnis der Vertragsparteien untereinander – entwickelt worden sind. Die Grenzen zur bereits untersuchten „technischen“ Seite der Abwicklung sind allerdings fließend, denn mit der Teilnahme an verschiedenen Handels- und Abrechnungssystemen, etwa für die Abwicklung von Devisentermingeschäften,1165 ist die Wahl einer bestimmten vertraglichen Vereinbarung zur Risikominimierung zwingend ver1162

Hierzu etwa Bosch, WM 1995, 365, 368. Siehe oben § 10 sub B. II. zur EG-Richtlinie über Finanzsicherheiten, sub C. III. 6. und D. II. 5. zur Behandlung von Finanzsicherheiten im deutschen bzw. englischen Insolvenzrecht. 1164 Siehe aus dem deutschsprachigen Schrifttum statt aller etwa BankrechtsHBJahn, § 114 Rn. 69 ff.; aus dem englischsprachigen ausf. Hudson, S. 265 ff. 1163

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

bunden. Gleichwohl unterscheidet sich die technische Ausgestaltung, wie bereits angedeutet, von der Regelung der schuldrechtlichen Beziehungen der Vertragsparteien untereinander, was sich bereits aus dem Umstand ergibt, daß ein wesentlicher Teil des Handelsgeschäfts im außerbörslichen Verkehr („over the counter“, OTC) erfolgt.1166 Mit diesen schuldrechtlichen Beziehungen und ihrer Bewährung in der Insolvenz eines der Vertragspartner befaßt sich die nachfolgende Untersuchung ausschließlich. Dabei soll sich die Darstellung auf Grundzüge konzentrieren: zum einen, weil die Vielfalt möglicher Vertragskonstruktionen (korrespondierend zur Vielzahl einschlägiger Geschäftstypen) immens ist, und zweitens, weil dieser Aspekt bereits im jüngeren deutschen Schrifttum eine eigenständige monographische Behandlung erfahren hat und auch zum englischen Recht bereits weitgehend als erforscht gelten kann.1167 Ohne das Thema in seinen schuldvertraglichen Grundlagen rechtsvergleichend im einzelnen auszuleuchten, wird nachfolgend vor allem das Zusammenspiel der vertraglichen Abreden für den Insolvenzfall mit dem Eingreifen der Rechtswirkungen des Insolvenzverfahrens zu ermitteln sein. Auch dieser Unterabschnitt wird (sub B.) durch eine knappe Einführung in die praktische Bedeutung des Problems und die jeweiligen schuldrechtlichen Grundlagen eingeleitet. Sodann wird die Rechtslage in der Insolvenz für das deutsche (sub C. I.) und das englische Recht (sub C. II.) dargestellt; eine vergleichende Würdigung folgt (sub D.).

1165 Vgl. z. B. Böhm, S. 65 f. (für das britische FXNET), S. 66 f. (für das Verrechnungssystem ECHO) und S. 67 ff. (für die US-amerikanische Verrechnungsstelle Multinet International). 1166 Hierzu etwa Böhm, S. 20 f.; BankrechtsHB-Jahn, § 114 Rn. 1, jeweils m. w. N.; Hudson, S. 7 ff. sowie S. 139 ff. zur Abgrenzung gegen börsengehandelte Instrumente. 1167 Vgl. insbesondere Böhm, S. 45 ff. (zu einzelnen Arten von Finanzderivaten), S. 105 ff. (zu den typischen Vertragskonstruktionen des sog. Novations- sowie des Liquidationsnettings), S. 149 ff. (zur Bewährung dieser Absprachen in der Insolvenz im deutschen Recht), S. 186 ff. (zur aufsichtsrechtlichen Behandlung der entsprechenden Risiken und der risikominimierenden vertraglichen Abreden zwischen den Vertragsparteien); siehe ferner die Arbeit von Neumeuer, passim; Ebenroth/Benzler, ZVglRWiss 95 (1996), 335 ff., sowie zum deutschen Recht Bosch, Kölner Schrift, S. 1009 ff. und die Kommentierungen zu § 104 InsO, jeweils m. w. N. Aus englischer Sicht siehe etwa die umfassende Untersuchung zum Recht der Finanzderivate von Hudson, dort S. 289 ff. zu den hier interessierenden Beendigungsklauseln in der Insolvenz.

2. Abschnitt: § 11 Bankeninsolvenz und vertragliche Beendigungsklauseln 435

B. Vertragliche Regelungen für den Insolvenzfall im Überblick I. Anwendungsbereich

Die hier unter dem Oberbegriff der Finanzmarktkontrakte zusammengefaßten Fallgestaltungen sind vielfältiger Natur. Fast immer handelt es sich um derivative Finanzinstrumente, d.h. Anlageinstrumente, die im Prinzip von verschiedenen Basisanlagen abgeleitet sind, aber auch unabhängig von zugrundeliegenden Finanzierungsgeschäften abgeschlossen werden können.1168 Ihre ursprüngliche Bedeutung, die vor allem in der Risikobegrenzung lag, haben diese Instrumente längst überschritten; heute werden Derivate außer zur Absicherung bestehender Positionen zur Arbitrage und zu Spekulationszwecken eingesetzt. Entsprechend der Vielfalt möglicher Einsatzzwecke hat sich eine kaum zu überblickende Vielzahl von Einzelgestaltungen herausgebildet; die wirtschaftliche Bedeutung ist immens.1169 Die unterschiedlichen Vertragsformen lassen sich allerdings drei Grundtypen zuordnen, auf die sich die vorliegende Untersuchung beschränkt: Termingeschäfte (häufig in der Form sog. Differenzgeschäfte), Finanzswaps und Optionen.1170 Im wesentlichen handelt es sich um Austauschgeschäfte, bei denen die Parteien über einen bestimmten Zeitraum hinweg einander bestimmte Leistungen zusagen,1171 z. B. die Verabredung von Zinszahlungen auf einen festgelegten Nominalbetrag,1172 die Veräußerung bestimmter Fremdwährungsbeträge,1173 den Austausch von Geldzahlungen etwa zur Absicherung von Zinsänderungs- und Wechselkursrisiken oder zu Spekulationszwecken1174 oder die Option zum Ankauf oder Verkauf bestimmter Vermögenswerte.1175 1168 Vgl. etwa Claussen, § 9 Rn. 195 ff.; Kümpel, Rn. 14.60 ff.; BankrechtsHBJahn, § 114 Rn. 1; MünchKomm(InsO)-Jahn, § 104 Rn. 39 ff., insbes. 49; aus dem englischen Schrifttum insbes. Hudson, S. 7 ff.; zur rechtlichen Klassifikation im englischen Recht ebd. S. 60 ff. 1169 Böhm, S. 46 (mit – freilich etwas veraltetem – Zahlenmaterial). Statistiken für das Jahr 2003 weisen ein Gesamttransaktionsvolumen von 874 Brd. US-Dollar aus, siehe BIZ, Quarterly Review March 2004, S. 41 ff. 1170 Vgl. ausf. Böhm, S. 47 ff.; Bosch, Kölner Schrift, S. 1011 ff. Rn. 7 ff.; ders., WM 1995, 365, 366 m. w. N.; Hudson, S. 16 ff. 1171 Zum Folgenden im Überblick auch Bosch, WM 1995, 365, 369 ff. 1172 Sog. Terminsatzgeschäfte (Forward Rate Agreements), vgl. hierzu Ebenroth/ Benzler, ZVglRWiss 95 (1996), 335, 341; Kümpel, Rn. 14.152; Böhm, S. 47, jeweils m. w. N.; Hudson, S. 32 ff. 1173 Devisentermingeschäfte, vgl. BankrechtsHB-Jahn, § 114 Rn. 136; Kümpel, Rn. 8.57; Böhm, S. 48. 1174 Sog. Finanzswaps, hierzu Ebenroth/Benzler, ZVglRWiss 95 (1996), 335, 338 f.; Schwintofski/Schäfer, § 14 Rn. 77 ff.; BankrechtsHB-Jahn, § 114 Rn. 8 ff.; Böhm, S. 48 ff.; Hudson, S. 34 ff.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung II. Ausfallrisiken und korrespondierende vertragliche Regelungen

1. Ausfallrisiken Das Interesse der Vertragsparteien an Regelungen für den Insolvenzfall – wie letztlich auch die besondere aufsichtsrechtliche Bedeutung derartiger Transaktionen (dazu unten sub III.) – resultiert in ähnlicher Weise wie bei der Ausgestaltung der technischen Abwicklung des Zahlungs- und Abrechnungsverkehrs aus den insolvenzbedingten Ausfallrisiken. Auch hier spielt das sog. Kredit- oder Adressenausfallrisiko eine entscheidende Rolle: das Risiko, daß eine Partei bei Fälligkeit die ihr obliegende Leistung nicht erbringen kann.1176 Eine Folge des Ausfallrisikos ist das sog. Eindeckungsoder Ersatzbeschaffungsrisiko („replacement risk“): das Risiko, das die „überlebende“ Vertragspartei, für die das Geschäft mit einem Gewinn verbunden wäre, zu höheren Kosten einen Ersatz für das gescheiterte Geschäft beschaffen muß.1177 Im Zusammenhang mit den Auswirkungen auf die Zahlungssysteme (oben § 9) ist die schuldrechtliche Dimension der besonderen Probleme von Fremdwährungsgeschäften und teilweise der Wertpapierlieferung angesprochen worden, die auf der Abwicklung solcher Geschäfte über mehrere Zeitzonen hinweg beruht und ebenfalls vertragliche Regelungen zwischen den Geschäftspartnern über die bloße Gestaltung der Abrechnungs- und Zahlungssysteme hinaus nahelegen kann. 2. Korrespondierende vertragliche Regelungen a) Überblick Die Märkte haben auf die skizzierten Risiken – außer mit dem bereits im Zusammenhang mit Zahlungssystemen diskutierten reinen Zahlungsverkehrsnetting – im wesentlichen durch zwei spezielle Arten von Ausstiegsklauseln reagiert, für die sich die Begriffe Novationsnetting („netting by novation“) sowie Liquidationsnetting („close-out netting“) in Anlehnung an die angloamerikanische Terminologie eingebürgert haben. Beide Abreden zielen im Kern darauf ab, die wechselseitig geschuldeten Leistungen für den Fall der Insolvenz1178 zu einer einzigen Nettoforderung zusammenzu1175 Zu Optionen Ebenroth/Benzler, ZVglRWiss 95 (1996), 335, 342; BankrechtsHB-Jahn, § 114 Rn. 18 ff.; Böhm, S. 56 ff.; Hudson, S. 24 ff. 1176 Vgl. etwa Bosch, WM 1995, 365, 366; Ebenroth/Benzler, ZVglRWiss 95 (1996), 335, 343 ff.; Erne, S. 37 ff.; Hudson, S. 256 ff.; zu Kreditrisiken im Zusammenhang mit Zahlungssystemen auch bereits oben § 9 sub A. III. 2. a) bb). 1177 Vgl. Bosch, WM 1995, 365, 366; BIZ, Lamfalussy-Report, Teil C, Tz. 2.4, 2.19 ff. mit Beispielen.

2. Abschnitt: § 11 Bankeninsolvenz und vertragliche Beendigungsklauseln 437

fassen und damit vor allem der Erfüllungswahl durch den Insolvenzverwalter zu entziehen, die unter Umständen zur Durchführung nur des für die Masse günstigeren Teils nach Insolvenzeröffnung führen könnte (sog. „cherry-picking“).1179 Reine Verrechnungsklauseln wie die im Zusammenhang mit dem Schutz der Zahlungssysteme dargestellten, also ein schlichtes „payment netting“ bzw. die deutsche Skontration, führen hier nicht weiter, weil es oft nicht um die Verrechnung gleichartiger Forderungen geht und es in der Natur derivativer Geschäfte liegt, daß der Wert der einzelnen Forderung über die Vertragsdauer hinweg Schwankungen unterliegt und somit bei außerordentlicher Vertragsbeendigung erst festgestellt werden muß. Die hier zu untersuchenden Beendigungsklauseln richten sich damit im Ergebnis auf die Zusammenfassung der wechselseitig geschuldeten Leistungen auf eine Nettoforderung in Geld, die dann, wenn die „überlebende“ Partei sich als Nettogläubiger erweist, zur Insolvenzquote abgegolten werden muß. Anders als beim Zahlungsverkehrsnetting, handelt es sich stets um einen bilateralen Ausgleich zwischen den betroffenen Parteien. Soweit sich in der Praxis gelegentlich die Formulierung vom „multilateralen Netting“ findet, betrifft dies regelmäßig die nacheinander erfolgende Zusammenfassung der Resultate mehrerer bilateraler Abrechnungsvorgänge.1180 b) Novationsnetting Voraussetzung des sog. Novationsnettings, das insbesondere bei Devisentermingeschäften zur Anwendung kommt und sich ansonsten zur Risikominimierung kaum eignet,1181 sind Gleichartigkeit der geschuldeten Leistungen sowie Identität der jeweiligen Fälligkeitstage. Die Vereinbarung bewirkt eine schuldersetzende Zusammenführung der geschuldeten Leistungen zu einer einzigen Nettoforderung. In der Praxis werden für die an einem bestimmten Termin fällig werdenden Leistungen Konten geführt, in denen zunächst die Einzelgeschäfte eingebucht werden. Nach einer gegenseitigen 1178 Tatsächlich ist der Anwendungsbereich weiter und umfaßt verschiedene – jeweils im einzelnen vertraglich definierte – sog. „events of default“ (Auslösetatbestände für die außerordentliche Beendigung in der nachfolgend zu untersuchenden Weise); siehe hierzu z. B. den ISDA-Rahmenvertrag, Schedule, Ziff. 5. Diese knüpfen im wesentlichen an die Nichterfüllung fälliger Leistungen an, umfassen aber auch andere Verstöße gegen Vertragspflichten. 1179 Vgl. Böhm, S. 149; Schücking, FS Hanisch, S. 231, 241, 245 (zum sogleich zu besprechenden Novationsnetting); Böhm, S. 152 ff. (mit Blick auf das Liquidationsnetting); Hudson, S. 301. 1180 Giovanoli, in: Norton/Reed/Walden (Hrsg.), S. 205, 222; für das Liquidationsnetting Böhm, S. 110 f. 1181 Vgl. Böhm, S. 105 f.; Bosch, WM 1995, 365, 367 f.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Bestätigung gelten die Verrechnung als vollzogen und die neuen Saldoforderungen als anerkannt.1182 Im deutschen1183 wie im englischen1184 Recht begründet diese Abrede nach herrschender Meinung eine Novation, nicht etwa eine atypische Aufrechnung. Das Novationsnetting findet sich typischerweise in Rahmenverträgen geregelt, die zum Zweck der Standardisierung und damit der Effizienzsteigerung entwickelt wurden.1185 Novationsnetting wird etwa vorgesehen in Nr. 2(c) des sog. ISDA-Master Agreement, dem weltweit zur Anwendung kommenden Rahmenvertrag für Derivativgeschäfte, das durch die International Swaps and Derivatives Association (ISDA) im Jahre 1992 vorgelegt wurde und sich international als Standard etabliert hat.1186 c) Liquidationsnetting Das Liquidationsnetting (auch bezeichnet als „Glattstellung nach Vertragsbeendigung“1187 oder als „Close-out netting“) geht weiter als das soeben untersuchte Novationsnetting und die oben zum Zahlungsverkehr untersuchten Nettingabreden. Es soll nicht lediglich die Verrechnung der wechselseitigen Forderungen bewirken, sondern in Fällen, in denen die unmittelbare Verrechnung nicht möglich ist (d.h. dann, wenn unterschiedliche Fälligkeiten bestehen, die Ansprüche auf nicht gleichartige Leistungen gerichtet sind oder beide Leistungen Wertschwankungen unterliegen),1188 erst die Voraussetzung für eine entsprechende Verrechnung schaffen, indem zunächst das Vertragsverhältnis bei Insolvenz automatisch oder durch Kündigung einer Partei beendet wird und sodann die gegenseitigen vertraglichen Ansprüche zum Marktwert im Zeitpunkt der Kündigung miteinander verrechnet werden.1189 Neben die Beendigung des Vertragsverhältnisses tritt also die „Umrechnung“ der wechselseitigen Ansprüche in fällige Geldlei1182

Böhm, S. 105. Vgl. ausf. Böhm, S. 108 ff. m. w. N. auch zu abweichenden Auffassungen. 1184 Vgl. Goode, Commercial Law, S. 514; ders., Principles, S. 179; wohl auch Hudson, S. 292 f. 1185 Hierzu im einzelnen Böhm, S. 106 f.; BankrechtsHB-Jahn, § 114 Rn. 34 ff., 61 ff.; aus der englischen Literatur siehe etwa Hudson, S. 106 ff. 1186 Vgl. etwa Böhm, S. 62 ff.; Hudson, S. 90 ff. und passim; der Text ist jeweils im Anh. abgedruckt. 1187 So Bosch, WM 1995, 365, 368. 1188 Und also nach dem soeben sub b) Gesagten ein Novationsnetting ausscheidet. 1189 Vgl. Böhm, S. 111; Berger, S. 33; Bosch, WM 1995, 365, 368; Braun, FS Hahn, S. 319, 336; Ebenroth/Benzler, ZVglRWiss 95 (1996), 335, 351, jeweils m. w. N. 1183

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stungen auf der Basis des gegenwärtigen Marktwerts und die Verrechnung derselben.1190 Auch diese Vereinbarungen werden regelmäßig in Rahmenvereinbarungen getroffen, so in Ziff. 7–9 des deutschen Rahmenvertrags für Finanztermingeschäfte von 1993, in welchen die nach Verrechnung geschuldete Ausgleichsforderung als Resultat der Aufrechnung eines Schadensersatzanspruchs wegen Pflichtverletzung mit Ansprüchen der Gegenpartei konstruiert ist,1191 oder in Ziff. 5 und 6 des ISDA-Master-Agreements. In beiden Vertragswerken ist zunächst die automatische Vertragsbeendigung („early termination“) bei Eintritt der Insolvenz und anderen besonderen Ereignissen („events of default“) und sodann die Verrechnung der wechselseitigen Schadenspositionen auf der Grundlage des dann festgestellten Marktwerts vorgesehen.1192 Die schuldrechtliche Einordnung im deutschen Recht ist umstritten, die wohl herrschende Meinung sieht darin eine – grundsätzlich zulässige1193 – Kombination aus der Unterwerfung der unter dem Rahmenvertrag abgeschlossenen Einzelgeschäfte unter die auflösende Bedingung des Eintritts der Insolvenz (bei automatischen Beendigungsklauseln) bzw. der Einräumung eines außerordentlichen Kündigungsrechts1194 mit einem Aufrechnungsvertrag über die jeweils geschuldeten Ausgleichsforderungen in Geld.1195 Die englische Lehre klassifiziert nur wenig konkret, aber im wesentlichen entsprechend dem deutschen Recht.1196 Gesetzlich definiert wurden entsprechende Abreden nunmehr in Regulation 3 der in Umsetzung der EG-Finanzsicherheitenrichtlinie erlassenen Financial Collateral Arrangements (No. 2) Regulations 2003.

1190 Anschaulich Goode, Principles, S. 183 f.; siehe ferner auch das Rechenbeispiel bei Bosch, WM 1995, 365, 368. 1191 Hierzu BankrechtsHB-Jahn, § 114 Rn. 41 ff.; Böhm, S. 60 f. 1192 Vgl. hierzu Böhm, S. 63 f. m. w. N.; Hudson, S. 132 ff.; zur Berechnung des Schadens aufschlußreich Lenon, [2001] Journal of International Banking Law 84 ff., in Auseinandersetzung mit neuerer englischer Rechtsprechung; dort S. 91 auch zu neueren Änderungen im ISDA-Master-Agreement. 1193 Vgl. Böhm, S. 115 m. w. N. zur Bewertung nach § 242 BGB und der AGBKontrolle. 1194 Zu beiden Gesichtspunkten Böhm, S. 114 f.; Ebenroth/Messer, ZVglRWiss 87 (1988), 1, 20 f. 1195 Hierzu etwa Böhm, S. 118 f.; MünchKomm(InsO)-Jahn, § 104 InsO Rn. 138 ff.; Kübler/Prütting-Kündgen, § 104 InsO Rn. 41 f.; Berger, S. 34. 1196 Vgl. Goode, Principles, S. 183 f.; Hudson, S. 294; ferner Oditah, in: ders. (Hrsg.), Rn. 7.2: „Although the details may vary, close-out provisions are essentially contractual termination or rescission clauses. Termination or rescission is usually accompanied by acceleration of the obligations of the parties and, ultimately, netting or set-off.“

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

d) Zwischenzusammenfassung Neben den bereits aus der obigen Untersuchung der Auswirkungen einer Verfahrenseröffnung auf die Teilnahme an Zahlungs- und Abrechnungssystemen bekannten „Nettingabreden“ und der Bestellung von „Finanzsicherheiten“ im Rahmen einzelner Transaktionen treten für den hier interessierenden Bereich typischer Finanzmarktgeschäfte spezielle Regelungen für die Zusammenführung der wechselseitigen Ansprüche im Insolvenzfall in Gestalt des sog. „Novationsnettings“ und des „Liquidationsnettings“. Die angloamerikanische Terminologie, die sich auch in Deutschland weitgehend eingebürgert hat, verschleiert zwar den eigentlichen schuldrechtlichen Charakter der typischerweise in marktüblichen Rahmenverträgen getroffenen Abreden. Tatsächlich handelt es sich indes beim Novationsnetting um eine schlichte kausale Novation, mit welcher die bislang bestehenden wechselseitigen Ansprüche durch eine selbständige Nettoforderung ersetzt werden, während das Liquidationsnetting eine außerordentliche Vertragsbeendigung und damit das Erlöschen der geschuldeten Leistungen im Insolvenzfall bewirkt bzw. durch Kündigung ermöglicht und zur Aufrechnung der jeweils bestehenden Ersatzansprüche in Geld berechtigt. III. Die aufsichtsrechtliche Dimension

Angesichts der erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung des Handels mit Finanzderivaten und nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen aus dem Zusammenbruch der Barings-Bank, bei dem sich unkontrollierte Risiken aus dem Handel in derartigen Instrumenten realisiert hatten,1197 ist der Risikominimierung im Zusammenhang mit derartigen Geschäften in den vergangenen Jahren auch aus aufsichtsrechtlicher Sicht erhöhtes Augenmerk gewidmet worden. Erste Vorarbeiten in dieser Hinsicht begannen im Basler Ausschuß für Bankenaufsicht bereits im Jahre 1993.1198 Für die vorliegende Untersuchung ist diese Entwicklung an sich nur am Rande von Interesse, da sie nur die präventive Regulierung betrifft. Die aufsichtsrechtliche Bewertung der soeben kurz skizzierten Klauseln für die außerordentliche Abrechnung der wechselseitigen Forderung im Insolvenzfall illustriert jedoch die hohe Bedeutung, die gerade der nachfolgend zu untersuchenden Insolvenzfestigkeit derartiger Abrechnungsformen beigemessen wird, weshalb darauf kurz eingegangen werden soll. 1197 Zu allgemeinen aufsichtsrechtlichen Konsequenzen aus diesem Fall Norton/ Olive, (1996) International Lawyer 301 ff.; HMSO (Hrsg.), Report of the Board of Banking Supervision Inquiry into the Circumstances of the Collapse of Barings, passim; Herring, Conglomerates, S. 27 ff. 1198 Ausf. zur Vorgeschichte etwa Böhm, S. 201 ff.

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1. Die risikominimierende Funktion der Klauseln als Ausgangspunkt Ausgangspunkt für die aufsichtsrechtliche Bewertung ist die risikominimierende Funktion der oben erörterten Nettingabreden: zum einen, wie dargelegt, die damit verbundene Beschränkung des Wahlrechts durch den Insolvenzverwalter bezüglich einzelner Teile der jeweiligen Geschäfte, so daß die Masse nur zur Höhe der geschuldeten Nettoforderung berechtigt bzw. verpflichtet werden soll. Zum anderen sollen die Abreden dafür Sorge tragen, daß der Vertragspartner des insolventen Unternehmens rasch seinen Gewinn oder Verlust aus dem Einzelgeschäft realisieren und ggf. durch Ersatzbeschaffung entsprechender Finanzinstrumente ungedeckte Risiken rasch wieder begrenzen („hedgen“) kann.1199 Es wird davon ausgegangen, daß vor allem das praktisch bedeutsamere Liquidationsnetting zu einer erheblichen Eindämmung der Ausfallrisiken im weltweiten außerbörslichen Derivatehandel führt.1200 Allerdings greift die risikominimierende Funktion der Abreden ins Leere, wo das insolvente Unternehmen so aktiv im jeweiligen Markt tätig ist, daß allein aufgrund der Vielzahl der so beendeten Verträge und ihres Anteils am Gesamtvolumen der im Markt abgewickelten Transaktionen der gesamte Markt zu kollabieren droht. In diesem Fall führt die Automatik der Vertragsbeendigung beim Liquidationsnetting zum „Ansteckungsrisiko“, das an sich dadurch gerade eingedämmt werden sollte.1201 Ein Beispiel hierfür bot der Fall des 1998 in die Krise geratenen US-amerikanischen HedgeFonds „Long Term Capital Management (LTCM)“, der, vermittelt durch die Federal Reserve Bank von New York, letztlich von 14 Großgläubigern mit insgesamt 1,3 Mrd. US-Dollar refinanziert und damit vor der drohenden Liquidation bewahrt wurde, um, wie es drastisch umschrieben worden ist, „a systemic meltdown in the global financial system“ zu vermeiden.1202 In diesem Fall war befürchtet worden, das Volumen der insgesamt seitens LTCM eingegangenen Derivategeschäfte sei ausreichend gewesen, um im Fall des insolvenzrechtlichen Verfügungsverbots, das die Einstellung der Zahlungen durch den insolventen Fonds nach sich gezogen hätte, den Kollaps der seinerzeit durch andere Ereignisse bereits geschwächten Finanz1199

Zu diesem Aspekt Herring, Conglomerates, S. 28 f. Der Vorstandsvorsitzende der ISDA, Pickel, wird bei Herring, a. a. O., mit Angaben zitiert, wonach das Kreditrisiko auf diesem Marktsegment bei umfassender Anerkennung des Liquidationsnetting in den maßgeblichen Rechtsordnungen von 3,045 Billionen US-Dollar auf nur mehr 1,019 Billionen reduziert werden könne. 1201 Herring, Conglomerates, S. 30 f. 1202 So die Darstellung der Motive der Federal Reserve Bank of New York für die Rettungsaktion bei Edwards, (1999) 13:2 Journal of Economic Perspectives 189, 201. 1200

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märkte zu verursachen.1203 Da beim Liquidationsnetting die Abrechnung auf der Basis des gerade aktuellen Marktpreises für das jeweilige Finanzinstrument erfolgt,1204 war zu erwarten, daß der Marktpreis eben aufgrund der massiven Liquidierung der Einzelgeschäfte kollabieren würde, was nicht nur die Verluste der jeweiligen Vertragspartner in die Höhe getrieben und damit die Gefahr weiterer Insolvenzen heraufbeschworen, sondern auch auf an sich nicht beteiligte Marktteilnehmer übergegriffen hätte, die ähnliche Positionen hielten.1205 Damit bleibt festzuhalten, daß die skizzierten Beendigungsklauseln dann, wenn die Marktposition des insolventen Instituts nicht ausreicht, um im Fall der Zahlungseinstellung einen signifikanten Verfall des Marktpreises auszulösen, in der Tat risikominimierend wirken können, indem sie das Verlustrisiko für die Gegenpartei auf den Nettosaldo der vertragsgegenständlichen Leistung und Gegenleistung reduzieren. Für Fälle, in denen das Institut einen hinreichend starken Marktanteil einnimmt, begründet dagegen gerade die außerordentliche Schlußabrechnung nach den speziellen Ausstiegsklauseln das befürchtete Ansteckungsrisiko. Bereits die oft gewählte, an den Eintritt der Verfahrenswirkungen gekoppelte, „automatische“ Vertragsbeendigung löst diese Effekte aus. 2. Die Position des geltenden Aufsichtsrechts Im deutschen wie im englischen Aufsichtsrecht werden Novations- und Liquidationsnettingabreden – unter dem Oberbegriff des „Schuldumwandlungsvertrags“ – als Instrumente zur Verringerung der Ausfallrisiken1206 heute umfassend im Rahmen der Eigenmittelanforderungen berücksichtigt, wenn die Insolvenzfestigkeit der Klauseln jeweils nachgewiesen wird. Ist dies der Fall, so können die unter dem Rahmenvertrag abgeschlossenen Einzelgeschäfte in geringerem Umfang mit Eigenmitteln unterlegt werden, als dies ohne die Klauseln der Fall wäre. Die heutige Rechtslage wird maßgeblich durch die sog. „Netting-Richtlinie“ der Europäischen Gemein1203

Ausf. zu diesem Fall Edwards, (1999) 13:2 Journal of Economic Perspectives 189, 197 ff., dort S. 201 ff. zu den befürchteten Auswirkungen eines Zusammenbruchs von LTCM; siehe auch Herring, Conglomerates, S. 31 ff. 1204 Siehe oben sub II. 2. b). 1205 Edwards, (1999) 13:2 Journal of Economic Perspectives 189, 202. 1206 Die Eindämmung der Preis- oder Marktrisiken im Derivatehandel läßt sich durch die Netting-abreden nicht bewirken. Sie kann lediglich durch eine wirksame Kontrolle des Geschäftsvolumens je Marktteilnehmer erfolgen, die ihrerseits durch entsprechende Eigenmittelanforderungen bewirkt wird. Diese Funktion der präventiven aufsichtsrechtlichen Anforderungen ist vorliegend daher ohne Belang. Hierzu statt aller (zum deutschen Recht) Böhm, S. 213 ff.

2. Abschnitt: § 11 Bankeninsolvenz und vertragliche Beendigungsklauseln 443

schaft1207 bestimmt, mit welcher die Solvabilitätsrichtlinie1208 angepaßt und die betreffenden Klauseln erstmals im Grundsatz umfassend anerkannt worden sind. Die Richtlinie geht ihrerseits auf Vorarbeiten im Basler Ausschuß für Bankenaufsicht zurück.1209 Im deutschen Recht ist die Richtlinie zunächst durch Anpassungen in der Kreditbestimmungsverordnung nach § 22 KWG1210 und später durch die diese ablösende Groß- und Millionenkreditverordnung1211 sowie durch Anpassungen im Grundsatz I zu § 10 KWG umgesetzt worden; die Regelungen des ISDA-Master-Agreements sind durch die Aufsicht weitgehend als risikomindernd anerkannt worden.1212 Im englischen Aufsichtsrecht finden sich die entsprechenden Anforderungen in Teil „IPRU“ des Handbook of Rules and Guidance niedergelegt. 3. Stärkung der Beendigungsklauseln durch die EG-Finanzsicherheitenrichtlinie Abschließend ist darauf hinzuweisen, daß die aufsichtsrechtliche Bedeutung der hier zu erörternden Beendigungsklauseln inzwischen den Gemeinschaftsgesetzgeber dazu veranlaßt hat, die rechtliche Anerkennung der Klauseln in den Mitgliedstaaten zu harmonisieren: Art. 7 I der bereits im Zusammenhang mit den Regelungen über die Zahlungssysteme erörterten EG-Finanzsicherheitenrichtlinie1213 sieht vor, daß die „Aufrechnung infolge Beendigung“ auch bei Einleitung von Liquidierungs- oder Sanierungsmaßnahmen und „ungeachtet behaupteter Zessionen, gerichtlicher oder sonstiger Pfändungen oder anderweitiger Verfügungen“ sichergestellt sein muß. Unter dem Begriff der „Aufrechnung infolge Beendigung“ ist nach Art. 2 I lit. n) der Richtlinie das „close-out netting“ zu verstehen, das weiter definiert wird als „eine vertragliche Bestimmung im Rahmen der Bestellung einer Finanzsicherheit bzw. einer Vereinbarung, die eine Finanzsicherheit umfaßt, oder – sofern nichts vereinbart wurde – eine Rechtsvorschrift, wonach der Eintritt eines Verwertungs1207

Richtlinie 96/10/EG v. 21.3.1996 zur Änderung der Richtlinie 89/647/EWG im Hinblick auf die bankaufsichtliche Anerkennung von Schuldumwandlungsverträgen und Aufrechnungsvereinbarungen („vertragliches Netting“), ABlEG Nr. L 85/17. 1208 Hierzu oben § 3 sub B. II. 3. b). 1209 Hierzu Böhm, S. 201 ff. m. w. N. 1210 Verordnung über die Bemessung der Kredit- und Anrechnungsbeträge nach den §§ 13 bis 14 KWG, BGBl. 1996-I, S. 146. 1211 BGBl. 1997-I, S. 3418 ff. 1212 Zum Ganzen ausf. Böhm, S. 206 ff. m. w. N. 1213 Oben § 9 sub B. II.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

bzw. eines Beendigungsfalls (im Wege der Verrechnung, Aufrechnung oder auf andere Weise) Folgendes nach sich zieht: (i) die entsprechenden Verpflichtungen werden entweder sofort fällig und in eine Zahlungsverpflichtung in Höhe ihres geschätzten aktuellen Werts umgewandelt oder beendigt und durch einen entsprechenden Zahlungsanspruch ersetzt und/oder (ii) der Wert der beiderseits fälligen finanziellen Verpflichtungen wird ermittelt, wobei die Partei mit den höheren Verbindlichkeiten den errechneten Nettosaldo an die andere Partei zu bezahlen hat.“

C. Die Bewährung der vertraglichen Absprachen in der Insolvenz I. Die Rechtslage in Deutschland

1. Aufsichtsrechtliches Moratorium und Insolvenzfestigkeit Mit Einführung des § 104 InsO, der in Abweichung vom in § 103 InsO geregelten Wahlrecht des Insolvenzverwalters für bei Verfahrenseinleitung schwebende Verträge die sofortige Beendigung von Fix- und Finanztermingeschäften und der Abrechnung der wechselseitigen Verpflichtungen auf der Basis des aktuellen Marktpreises anordnet,1214 war eine kuriose Situation geschaffen worden: Die Vorschrift ordnete in ihrer ursprünglichen Form eine Rechtsfolge an, die nach den einschlägigen Rahmenverträgen bereits im Vorfeld eintritt, nämlich bereits bei Zahlungsverzug oder bei Nichterfüllung im Vorfeld der Verfahrenseröffnung.1215 Ähnlich wie oben hinsichtlich der Auswirkungen der verfahrensförmigen Krisenbewältigung auf die Zahlungssysteme festgestellt, wird dagegen in der Bankeninsolvenz regelmäßig bereits das Wirksamwerden eines aufsichtsrechtlichen Veräußerungs- und Zahlungsverbots nach § 46a I 1 Nr. 1 KWG die außerordentliche Beendigung der Geschäftsbeziehungen zwischen den Parteien entsprechender Transaktionen auslösen, ohne daß es auf eine eigenständige gestaltende Wirkung des Eröffnungsbeschlusses – mithin auf § 104 InsO a. F. – noch ankäme. Die Neufassung des § 104 InsO durch das Umsetzungsgesetz zur Finanzsicherheitenrichtlinie1216 hat diese Interpretationsschwierigkeiten insofern abgemildert, als nunmehr durch § 104 I 2 Nr. 6, 3 InsO ausdrücklich auch die insolvenzrechtliche Anerkennung solcher Rahmenverträge anerkannt ist, die bereits auf „das Vorliegen eines Insolvenzgrundes abstellen“. Gerade deshalb bleibt freilich m. E. die systematische Verortung der Regelung beim 1214 1215 1216

Siehe zur Regelungsgeschichte statt aller ausf. Böhm, S. 153 ff. Zutr. Kübler/Prütting-Köndgen, § 104 InsO Rn. 37 f. Siehe dazu schon oben § 9 sub C. II. 6. b).

2. Abschnitt: § 11 Bankeninsolvenz und vertragliche Beendigungsklauseln 445

Wahlrecht des Insolvenzverwalters mißlich, da es eben wegen der Vorverlagerung der vertraglichen Beendigung nicht um ein Problem der Auswirkungen des eröffneten Insolvenzverfahrens auf die Rechtsbeziehungen der insolventen Partei geht.1217 2. Novationsnetting Für das Novationsnetting ist zu berücksichtigen, daß eine – vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens jederzeit mögliche – Aufrechnung der laufenden Positionen wirtschaftlich ein gleiches Ergebnis herbeiführen würde. Als Anfechtungstatbestand käme wohl regelmäßig nur § 130 InsO in Betracht,1218 vom Ausnahmefall der vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung (§ 133 InsO) einmal abgesehen. Weder die Herbeiführung der Aufrechnungslage noch die Aufrechnung als solche wäre regelmäßig anfechtbar, schon weil der Vertragspartner zum Zeitpunkt des Abschlusses der Verrechnungsabrede im Rahmenvertrag regelmäßig nicht um die Krise des betreffenden Kreditinstituts weiß oder wissen mußte.1219 Nur aufgrund der gewählten vertraglichen Konstruktion einer Novation statt einer Aufrechnung, die im wesentlichen aufsichtsrechtliche Gründe hat,1220 aber wirtschaftlich zu identischen Ergebnissen wie die Aufrechnung führt, kann sich nichts anderes ergeben. Eine Anfechtbarkeit der Verrechnung – erst recht: des Abschlusses des Rahmenvertrags – war daher schon bislang eher zweifelhaft und die Klauseln daher schon unter bisherigem Recht wohl als insolvenzfest zu bewerten.1221 Die Neufassung des § 130 InsO1222 schafft insoweit nunmehr Rechtsklarheit.

1217 Kritisch gegenüber der Neuregelung – freilich aus anderen Erwägungen – auch Kieper, S. 132 ff. sowie ders., ZInsO 2003, 1109, 1117 f.; vgl. insoweit allerdings auch Kollmann, WM 2004, 1012, 1022. 1218 A.A. Kübler/Prütting-Köndgen, § 104 InsO Rn. 40, der Anfechtbarkeit nach § 131 I InsO annimmt. Dies dürfte freilich nur bei nachträglicher Einbeziehung vorangegangener Geschäfte in den Rahmenvertrag überhaupt denkbar sein. Vgl. – im Zusammenhang mit der Anfechtbarkeit des Liquidationsnetting – auch Böhm, S. 178. 1219 Vgl. § 130 I Nr. 1 InsO; a. A. Kübler/Prütting-Köndgen, § 104 InsO Rn. 40, der – ohne Begründung – davon ausgeht, der subjektive Anfechtungstatbestand „dürfte regelmäßig unproblematisch sein“. 1220 Siehe hierzu nur Böhm, S. 110. 1221 Wie hier im Ergebnis Böhm, S. 151; Ebenroth/Benzler, ZVglRWiss 95 (1996), 335, 355; vgl. auch Kieper, S. 93 ff. 1222 Siehe dazu oben § 9 sub C. II. 6. b) bb).

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

3. Liquidationsnetting Für das Liquidationsnetting gilt Ähnliches. Hier sprach gegen die Anfechtung schon bisher, daß der Gesetzgeber selbst in § 104 II 3 InsO Rahmenverträge mit entsprechenden Beendigungsklauseln ausdrücklich anerkannt hat;1223 diese Anerkennung würde sinnlos, wenn die vorzeitige Vertragsbeendigung aufgrund der betreffenden Klauseln regelmäßig im Wege der Insolvenzanfechtung konterkariert werden könnte.1224 Auch insoweit wird nunmehr – vorbehaltlich einer Anfechtung in Ausnahmefällen1225– durch die Neufassung des § 103 InsO Klarheit geschaffen. II. Die Rechtslage im englischen Recht

1. Novationsnetting Bereits im früheren Recht wurde das Novationsnetting als insolvenzfest angesehen, weil und soweit die Novationswirkung bereits vor Eintritt der Verfahrenswirkungen herbeigeführt wird. Eine im Winding-up unwirksame vertragliche Umgehung des Gleichbehandlungsprinzips nach den Grundsätzen der British Eagle-Entscheidung des House of Lords1226 liegt dann nicht vor.1227 Wie im deutschen Recht, begegnet diese Art der (ggf. fortlaufenden) Ersetzung der wechselseitigen Ansprüche durch eine Saldoforderung damit keinen Bedenken, sofern nicht in Ausnahmefällen eine Anfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung („Preference“) in Betracht kommt.1228 2. Liquidationsnetting Die Insolvenzfestigkeit der entsprechenden Klauseln wird nunmehr durch Regulations 8.10 der Financial Collateral Arrangements (No. 2) Regulation ausdrücklich vorgesehen. Zu prüfen bleibt damit, inwieweit diese Neuregelung den bisherigen Rechtszustand verändert. 1223 MünchKomm(InsO)-Jahn, § 104 InsO Rn. 159; siehe auch Bosch, WM 1995, 413, 423. 1224 Vgl. auch Kieper, S. 137. 1225 Wiederum etwa bei vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung oder bei nachträglicher Einbeziehung zurückliegender Transaktionen in den Anwendungsbereich der Beendigungsklauseln; siehe nochmals – noch zum früheren Recht – Böhm, S. 178. 1226 Hierzu ausf. oben § 9 sub D. II. 2. c). 1227 Vgl. Goode, Principles, S. 179 f.; vgl. auch Tolley, Tz. F5.10. 1228 Siehe zu den eher restriktiven Anforderungen insoweit oben § 9 sub D. II. 4.

2. Abschnitt: § 11 Bankeninsolvenz und vertragliche Beendigungsklauseln 447

a) In der Administration Wie oben im Zusammenhang mit den Auswirkungen der Verfahrenseröffnung auf Zahlungssysteme diskutiert, erschien eine Übertragung der Grundsätze aus der British Eagle-Entscheidung des House of Lords zur Unzulässigkeit bestimmter Verrechnungsabreden für den Insolvenzfall auf das Verfahren der Administration schon deshalb problematisch, weil das Prinzip der gleichmäßigen Verteilung des Gläubigervermögens (pari passu principle) für diese Verfahrensart keine Anwendung findet.1229 Die Vereinbarkeit des Liquidationsnettings mit der Administration ist insoweit folgerichtig in erster Linie mit Blick auf das sog. „statutory moratorium“, also die Sicherungswirkungen der ss. 10(1), 11(3) Insolvency Act 1986 untersucht worden.1230 Nach diesen Rechtsvorschriften wäre die Durchführung der außerordentlichen Vertragsbeendigung mit anschließender Verrechnung dann unzulässig gewesen, wenn es sich hierbei um eine „execution or other legal process“ zur Durchsetzung individueller Ansprüche handelte. Letztlich wurde dies abgelehnt, weil diese Art einer „self-help remedy“ allein auf einer vertraglichen Absprache inter partes beruhe und nicht die Inanspruchnahme gerichtlicher oder sonstiger Hilfe beanspruche; die Ausübung des Rechts zur außerordentlichen Kündigung des Vertrags entspreche auch nicht der Durchsetzung einer Sicherheit.1231 Die Sicherungswirkung des Statutory moratorium wurde mithin schon unter früherem Recht hinsichtlich der Art der erfaßten Rechtsdurchsetzung eng ausgelegt und ausschließlich im Sinne eines Vollstreckungsverbots verstanden,1232 während die Umgestaltung der vertraglichen Rechtsposition durch die betroffenen Parteien nicht erfaßt sein sollte. b) Im Winding-up Für das Winding-up wurde die Rechtslage kontrovers beurteilt. Auch hier gilt zunächst allerdings unstreitig, daß Klauseln, die zur Beendigung der Vertragsbeziehungen und zur Verrechnung der wechselseitigen Ansprüche bereits vor Verfahrenseröffnung (d.h. beim Winding-up also dem nach s. 129 Insolvency Act 1986 maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung 1229

Oben § 9 sub D. II. 2. c). Siehe Oditah, in: ders. (Hrsg.), Kap. 7 Rn. 7.2.1; Hudson, S. 297 ff. 1231 Oditah, in: ders. (Hrsg.), Kap. 7, sub 7.2.1. 1232 Vgl. entspr. auch die ausf. Diskussion der Tatbestände im einzelnen bei Tolley, Tz. B4.1; siehe ferner Fletcher, Rn. 16-029: „The statutory moratorium will not apply to ‚proceedings‘ which are not similar to those which bring about the winding-up of a company, the appointment of an administrative receiver, or the enforcement of a security“. 1230

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

bzw., beim Creditors Voluntary Winding-up, zum Zeitpunkt des förmlichen Beschlusses zur Verfahrenseinleitung) führen oder berechtigen, schon unter früherem Recht unproblematisch als insolvenzfest anerkannt wurden. Dies gilt beispielsweise für solche Klauseln, die die entsprechenden Rechtsfolgen etwa an die einfache Nichterfüllung einer fälligen Forderung oder an Zwangsvollstreckungen gegen die jeweilige Vertragspartei anknüpfen.1233 Klauseln, die erst zum Zeitpunkt des Verfahrensbeginns eingreifen, wurden demgegenüber teilweise als unvereinbar mit den Grundsätzen der British Eagle-Entscheidung des House of Lords angesehen.1234 Eine andere Meinung berief sich dagegen darauf, es handle sich letztlich nicht um ein Problem der Gläubigerbenachteiligung, sondern vielmehr um die nach allgemeinen Grundsätzen zulässige Vereinbarung von Sonderregeln für den Fall eines Vertragsbruchs, die den Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger nicht beeinträchtige.1235 Welche dieser Ansichten die Rechtslage im Ergebnis korrekt wiedergibt, läßt sich hier kaum beurteilen. Sicher spricht viel für die insolvenzrechtliche Gleichstellung der außerordentlichen Kündigung und Verrechnung vor mit jener bei Verfahrensbeginn, worauf sich insbesondere auch Oditah1236 beruft, der zudem die hohe wirtschaftliche Bedeutung der Insolvenzfestigkeit hervorhebt. Ob dieser Einwand gegenüber den in der British Eagle-Entscheidung aufgestellten Grundsätzen durchschlägt, erscheint freilich zweifelhaft, da in diesem Fall gerade die Gleichbehandlung entsprechender Vorgänge allein aufgrund des gleichen wirtschaftlichen Ergebnisses abgelehnt worden war. Durch die Neuregelung infolge der Umsetzung der Finanzsicherheitenrichtlinie ist dieser Streit obsolet geworden. 3. Sonderregeln für den Anwendungsbereich des Part VII Companies Act 1989 Die geschilderten Unsicherheiten hinsichtlich der Beurteilung der Insolvenzfestigkeit im Falle des Liquidationsnettings wurden in der Praxis jedenfalls insoweit abgemildert, als die betreffenden Abreden in den Geltungsbereich der Sonderregelungen nach Part VII des Companies Act 1989 fallen, auf welche bereits im Zusammenhang mit der Untersuchung von Finanzsicherheiten in der Insolvenz der Bank als Sicherungsgeberin kurz eingegangen worden ist.1237 Nach der Vorschrift der s. 155(2), (3) Compa1233 1234 1235 1236 1237

Vgl. Goode, Principles, S. 183 f.; Tolley, Tz. F3.3. So von Tolley, Tz. F3.3. So Oditah, in: ders. (Hrsg.), Kap. 7, sub 7.2.2. Ebd. Oben § 9 sub D. II. 5. a).

2. Abschnitt: § 11 Bankeninsolvenz und vertragliche Beendigungsklauseln 449

nies Act 19891238 gilt dies für Verträge, die im Rahmen der Teilnahme an einer Recognised Investment Exchange abgeschlossen oder über ein Recognised Clearing House abgewickelt werden (sog. Market contracts); außerbörslich gehandelte und abgerechnete Finanzinstrumente werden hiervon mithin nicht erfaßt.1239 Soweit die für den Rechtsverkehr zwischen den Beteiligten maßgeblichen Teilnahmebedingungen Sonderregeln für die Abwicklung der laufenden Geschäfte im Insolvenzfall begründen, was auch Nettingabreden der oben im einzelnen diskutierten Arten umfaßt, wurden diese schon bislang durch ss. 159 ff. Companies Act 1989 umfassend privilegiert (auch bezüglich einer etwaigen späteren Anfechtung durch den Insolvenzverwalter).1240 D. Bewertung Die Bedeutung der vorstehend untersuchten Auswirkungen der Verfahrenseröffnung auf bestimmte Finanzmarktkontrakte für den Untersuchungsgegenstand liegt gerade in der umfassenden Beendigung dieser Kontrakte regelmäßig bereits zu einem frühen Zeitpunkt. Wie gesehen, wird diese häufig nicht unmittelbar durch die Verfahrenseröffnung (bzw. die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen im Vorfeld) ausgelöst, sondern durch die vertraglichen Abreden zwischen den Parteien, die ein Ende des Vertrags und die außerordentliche Abrechnung der wechselseitigen Ansprüche für den Fall des Eintritts der Verfahrenswirkungen vorsehen; das Verfahrensrecht sanktioniert insoweit lediglich das von den Parteien angestrebte wirtschaftliche Ergebnis. Wie ausgeführt, steht dieser Umstand in engem Zusammenhang mit der – auch aus aufsichtsrechtlicher Sicht bedeutenden – risikominimierenden Funktion der jeweiligen Nettingabreden. Wie bereits im Rahmen der Bewertung der insolvenzrechtlichen Privilegierung von Zahlungssystemen und Finanzsicherheiten stellt sich insofern die Frage nach der rechtspolitischen Rechtfertigung für diese Finanzkontrakte; dies um so mehr, als sie regelmäßig im Eigeninteresse der betroffenen Banken erfolgen und nicht etwa zur Erbringung einer für die Volkswirtschaft essentiell wichtigen Dienstleistung, wie etwa der Gewährleistung des Zahlungsverkehrs. Geht es mithin ausschließlich um die Effizienzsteigerung im Hinblick auf die Handels1238 Geändert und ausgefüllt durch die Financial Markets and Insolvency Regulations 1991 (SI 1991/880 i. d. F. der SI 1992/716, SI 1999/1209) sowie die Financial Markets and Insolvency Regulations 1998 (SI 1998/1748). 1239 Kritisch hierzu offenbar Oditah, in: ders. (Hrsg.), Kap. 7 sub 7.2.2: „Part VII does not apply to off-market transactions, the default in performance of which is equally capable of threatening the stability of the financial system“. 1240 Hierzu im einzelnen ausf. Tolley, Tz. F6.2 ff.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

praktiken auf den modernen Finanzmärkten, so erscheint zumindest bei vordergründiger Betrachtung die Frage nicht unberechtigt, ob dieser mit der insolvenzrechtlichen Sonderstellung entsprechender Kontrakte angestrebte Gewinn den Preis der insolvenzrechtlichen Sonderbehandlung tatsächlich rechtfertigt. Eine lediglich auf die immense Sprengkraft der aus dem Derivategeschäft resultierenden Ansteckungsgefahren gestützte Privilegierung der Vertragsparteien entsprechender Kontrakte gegenüber sonstigen Insolvenzgläubigern wirft die Frage auf, ob diese Sonderstellung nicht letztlich zur Sozialisierung von möglicherweise beträchtlichen Verlusten aus Geschäften führt, deren eventuell ebenso beträchtliche Gewinne ohne Mehrwert für die Allgemeinheit ausschließlich den Vertragsparteien zugute kämen. Allerdings ist zweifelhaft, ob eine spürbare Benachteiligung der Gläubiger aufgrund der oben untersuchten besonderen vertraglichen Gestaltungen wirklich angenommen werden kann. Maßgeblich dürfte sein, daß es sich im Kern nicht so sehr um eine angestrebte Privilegierung der Vertragsparteien handelt, sondern vielmehr um eine von allgemeinen Grundsätzen jedenfalls nicht grundlegend abweichende Sonderregelung für bestimmte Arten von Rechtsgeschäften, die jedenfalls faktisch ohnehin besonderen Regeln folgen. Dies zeigt sich insbesondere daran, daß eine Insolvenzanfechtung der außerordentlichen Beendigung und Verrechnung der einander gegenüberstehenden Forderungen außer in Ausnahmefällen wohl schon nach früherem Recht kaum in Betracht kam. Die Ansprüche der „überlebenden“ Partei bei Insolvenz des Vertragspartners werden regelmäßig nicht grundsätzlich gegenüber den Ansprüchen anderer Gläubiger aus nicht voll erfüllten gegenseitigen Verträgen privilegiert; für sie gelten lediglich besondere Abrechnungsmodalitäten. Daß die Einräumung einer insolvenzrechtlichen Sonderstellung für die hier untersuchten Finanzmarktkontrakte und die ihnen immanenten besonderen vertraglichen Gestaltungen für den Insolvenzfall damit im Ergebnis als vertretbar bewertet werden kann, ändert freilich nichts an dem Unbehagen, das trotz der aufsichtsrechtlichen Sanktionierung betreffender Kontrakte auf allen modernen Finanzmärkten und damit auch der inneren Begründung für diese Sonderbehandlung im Insolvenzrecht bleibt. Wie gesehen, sind die betreffenden Instrumente häufig – ungeachtet der Bemühungen der Parteien um vertragliche Vereinbarungen zur Risikominimierung – hochriskant, was durchaus eine Art „Kettenreaktion“ auslösen kann, auch wenn selbstverständlich insoweit zwischen verschiedenen Instrumenten zu differenzieren ist und hinsichtlich einzelner Geschäftstypen jeweils ein völlig legitimes Interesse bestehen wird. Nicht zuletzt der Fall Long Term Capital Management hat die außerordentlichen Risiken entsprechender Geschäfte bei Insolvenz einer Vertragspartei in einer Weise illustriert, die

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 451

durchaus über aufsichtsrechtliche Einschränkungen nachdenken läßt;1241 dieser Aspekt fällt freilich in den Bereich präventiver Regulierung und liegt damit außerhalb des Gegenstands der vorliegenden Untersuchung.

§ 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen und Abwicklung im Krisenfall A. Einführung Die Ausgestaltung von Einlagensicherungssystemen gehört insbesondere in Deutschland, aber auch weltweit (allerdings weniger in England) zu den besterforschten Aspekten von Bankeninsolvenzen. Allein in Deutschland finden sich zahlreiche, zum Teil durchaus aktuelle Monographien aus rechts- und wirtschaftswissenschaftlicher Sicht;1242 hinzu treten Stellungnahmen in der Zeitschriftenliteratur. Verwunderlich ist dies kaum, ist doch die Höhe der Absicherung im Insolvenzfall in der Regel der in erster Linie öffentlich „spürbare“ Gesichtspunkt. Angesichts des zumindest in Deutschland vergleichsweise guten Forschungsstandes wird die nachfolgende Untersuchung nicht sämtliche rechtlichen Aspekte im einzelnen behandeln, sondern vielmehr insbesondere die rechtsvergleichend besonders interessanten konzeptionellen Unterschiede zwischen den in Deutschland und England jeweils gewählten Konzepten beleuchten und in den Kontext der in den letzten Jahren mit zunehmender Intensität geführten internationalen Debatte um Ziele und Funktionen von Sicherungssystemen einordnen. Nachfolgend wird dazu zunächst ein knapper allgemeiner, allerdings zum Teil bereits einzelne Aspekte des nationalen Rechts einbeziehender Überblick über diese – durchaus unterschiedlichen und im einzelnen kontroversen – Zielsetzungen sowie über die für die technische Ausgestaltung maßgeblichen Grundsätze vermittelt (sub B.), der weitgehend die Ausführungen oben in § 4 zu den Zielsetzungen der Bankenaufsicht und den Risiken von Bankeninsolvenzen aufnehmen und konkretisieren wird. Sodann werden die sich aus der EG-Richtlinie über Einlagensicherungssysteme von 19941243 erge1241 Vgl. für eine Reform der aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen etwa Hudson, S. 352 ff.; skeptisch demgegenüber allerdings Edwards, (1992) 13:2 Journal of Economic Perspectives 189, 204 ff.; Board/Goodhart/Power/Schoenmaker, in: Goodhart (Hrsg.), S. 289, 291 ff.; differenzierend White/Smout/Dale/de Boissieu, ebd. S. 311 ff. 1242 Siehe insbesondere die Arbeiten von Breunig, Brüker, Dowe, Dziallas-Laur, Kronester, Neeff, Papenthin, Schöner und Vogelsang; ferner auch die sich ausf. mit dem Thema befassende Arbeit von Hoeren. Mit der Umsetzung der EG-Einlagensicherungsrichtlinie und hier insbesondere mit der Verzahnung der bisher für alle Teilsektoren existierenden Sicherungseinrichtungen mit der neuen Pflichtabsicherung befaßt sich neuerdings die Arbeit von M. Wagner.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

benden Mindestvorgaben (sub C.) kurz dargelegt, bevor die heutige Rechtslage in Deutschland (sub D.) und England (sub E.) untersucht wird. Eine vergleichende Bewertung folgt (sub F.). B. Ziele und Funktionen und technische Grundfragen der Einlagensicherung I. Zielvorgaben im Gesamtsystem der Bankenregulierung

„The principal objectives of deposit insurance systems is to contribute to the stability of the financial system and to protect less-financially-sophisticated depositors“, formuliert die Arbeitsgruppe zur Einlagensicherung des Financial Stability Forum1244 in ihrer im Jahre 2001 veröffentlichten „Guidance“ für nationale Gesetzgeber.1245 Entsprechende Aussagen finden sich in der EG-Einlagensicherungsrichtlinie, die die „Stabilität des Bankensystems und den Schutz der Sparer“ als Schutzziele benennt.1246 Die zitierten Stellungnahmen reflektieren mithin den bereits oben in § 4 angesprochenen Dualismus von gesamtwirtschaftlichen Zielvorgaben und individuellem Einlegerschutz: Einlagensicherung soll nach dieser Vorstellung nachhaltige Anreize gegen die Gefahr von „Runs“ im Krisenfall bieten und so, der traditionellen Auffassung von den dadurch begründeten „Ansteckungsrisiken“ entsprechend,1247 vor einem „Überschlag“ einzelner Insolvenzfälle in einen den gesamten Bankensektor oder weite Teile desselben erfassenden Vertrauensverlust schützen. Zugleich sollen die Folgen einer Insolvenz gemildert werden, deren Eintritt für die Einleger – insbesondere dann, wenn es sich um Privatleute handelt – aufgrund mangelnder Einsicht in die finanzielle Stabilität des jeweiligen Kreditinstituts oft nicht vorhersehbar ist, weshalb eine hinreichende Risikominimierung durch Auswahl besonders leistungsfähiger Institute nicht möglich erscheint: „The provision of deposit insurance relieves insured creditors of the difficult task of monitoring and assessing the condition of banks and their asset quality. At the same time, deposit insurance contributes to the maintenance of confidence, so 1243

RL 94/19/EG vom 30.5.1994, ABlEG Nr. L 135/5. Eines im Jahre 1999 auf Betreiben des damaligen Bundesbankpräsidenten Tietmeyer gegründeten Zusammenschlusses der G7-Notenbanken und der entsprechenden Finanzaufsichtsbehörden. Das Financial Stability Forum befaßt sich in mehreren Unterausschüssen mit aktuellen Fragen der Sicherheit der Finanzsysteme. Siehe z. B. die Internetseiten der Institution (www.fsforum.org) sowie Walker, International Banking Regulation, S. 303 ff. 1245 FSF, Guidance, S. 4. 1246 RL 94/19/EG, 1. Begründungserwägung. 1247 Siehe im einzelnen oben § 4 sub B. II. 2. b). 1244

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 453 that less-financially-sophisticated depositors, or those who find it hard to assess the financial condition of a bank, are less likely to participate in bank runs.“1248

Bereits oben1249 sind die Vorbehalte skizziert worden, die sowohl aus rechtspolitischen Gründen als auch angesichts der vorhandenen empirischen Befunde zur Eintrittswahrscheinlichkeit von sektorübergreifenden „Runs“ in gesamtwirtschaftlich stabilen Zeiten gegen eine über den beschränkten, sozialpolitisch motivierten Einlegerschutz hinausgehende, auf Systemstabilität abzielende umfassende Absicherung sprechen, die falsche Anreize („moral hazard“) für Kunden und Institute schafft und die eigentlich angestrebte Stabilität durch Korrumption der Art und Weise der Geschäftsführung nachhaltig zu unterminieren geeignet scheint. Insoweit hat eine fehlkonstruierte Einlagensicherung keine anderen Folgen als eine ebenfalls fehlgerichtete, auf den gänzlichen Ausschluß des Insolvenzrisikos abzielende Regulierungspolitik, welche die marktimmanenten potentiellen „Bestrafungsmechanismen“ für wirtschaftliche Fehlentscheidungen, zu denen auch das Risiko der drohenden insolvenzförmigen Abwicklung mit möglicherweise insolvenzstrafrechtlichen Folgen gehört, künstlich ausblendet. Auf diese oben in § 4 näher behandelten Aspekte soll hier nur nochmals kurz hingewiesen werden.1250 Im folgenden wird vor diesem Hintergrund insbesondere die Ausgestaltung des Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Deutscher Banken kritisch zu beleuchten sein, der über eine Minimalsicherung weit hinausgeht.1251 Diese Probleme begründen indes nicht die einzigen in der herrschenden Auffassung vom Zieldualismus der Einlagensicherung angelegten Widersprüche. Es ist ersichtlich, daß die vermuteten Anreize gegen „Runs“ nur dann tatsächlich bestehen, wenn zum einen die Leistungsfähigkeit der Sicherungssysteme nicht ernsthaft in Frage gezogen wird und zum anderen ein möglichst umfassender Schutz gewährleistet ist, so daß das Risiko, auch nur teilweise Insolvenzverluste zu erleiden, weitgehend und für die überwiegende Mehrzahl der Einleger eliminiert wird. An der glaubhaft vermittelbaren Einstandsfähigkeit wird es häufig dort fehlen, wo ein gesamtes nationales Bankensystem oder bedeutende Teile desselben in die Krise gera1248

FSF, Guidance, S. 10. § 4 sub B. II. 2. c) aa) und bb). 1250 Aufschlußreich in diesem Zusammenhang ist die 2000 vorgelegte Untersuchung von Demirgüç-Kunt/Detragiache, die nach einer empirischen Gegenüberstellung der jeweiligen Charakteristika von Einlagensicherungssystemen mit der Krisenwahrscheinlichkeit im Bereich des Kreditwesens skeptisch konstatieren, ausweislich dieser Befunde sei zu befürchten, daß eine explizite, d.h. mit Rechtsanspruch auf Auszahlung versehene Einlagensicherung Systemrisiken eher verstärke (zusf. ebd., S. 22). 1251 Siehe im einzelnen unten sub D. III. 1249

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

ten und eine größere Zahl von Insolvenzausfällen im Kreditwesen, einschließlich solche bedeutenderer Bankinstitute, durch das jeweilige Sicherungssystem abgefangen werden muß. In der Praxis ließ sich dies in jüngster Zeit insbesondere dort beobachten, wo Schwellenländer mit instabilen Banksystemen versuchten, neu gegründete und schon deshalb noch nicht sehr leistungsfähige Einlagensicherungssysteme in sektorweite Sanierungskonzepte einzubeziehen und der nahezu unvermeidliche Ausfall des Systems die bestehenden Vertrauensdefizite in der Bevölkerung gerade verschärfte, zumal dann, wenn die verfügbaren Finanzmittel des Systems ausschließlich aus dem Kreis der Marktteilnehmer aufzubringen waren und keine wenigstens temporäre Rückgriffsmöglichkeit auf öffentliche Gelder bestand.1252 Zusätzlich verschärft wird das Problem durch den zweiten der angesprochenen Aspekte, die Höhe der Absicherung im Einzelfall. Je höher das Schutzniveau angesiedelt wird, um die bestehenden Anreize zum Einlagenabzug im Krisenfall möglichst weitgehend zu reduzieren, desto schneller werden die der Einlagensicherung verfügbaren Mittel notwendigerweise erschöpft, was sich wiederum vor allem dann auswirkt, wenn jenseits der normalen, durch die Marktteilnehmer selbst aufzubringenden Kapitalausstattung keine Finanzquellen zur Verfügung stehen. Es mag bei alledem sein und ist empirisch kaum zu widerlegen (aber ebensowenig zu verifizieren), daß – insbesondere in Deutschland, wo wiederholt auf den vertrauensstärkenden Effekt der privaten Einlagensicherung hingewiesen worden ist1253 – dann, wenn im Krisenfall die Einlagensicherung tatsächlich die Verluste der Einleger in großem Umfang und ohne besondere Verzögerungen zurückerstattet werden, dieser Umstand in der Tat eine Beruhigungswirkung ausstrahlt. Ist freilich, wie oben in § 4 ausgeführt, in gesamtwirtschaftlich stabilen Zeiten die Notwendigkeit einer solchen Beruhigung durchaus zweifelhaft, so folgt aus den vorstehenden Ausführungen jedenfalls, daß das rechtlich bindende oder auch nur faktische Leistungsversprechen des jeweiligen Sicherungssystems eine in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannte „Sollbruchstelle“ in Gestalt der maximal zur Verfügung stehenden Mittel aufweist, welche den Wert der Einlagensicherung gerade in Krisenzeiten erheblich beschränkt. Im übrigen wird das Motiv der Systemstabilität ohnehin zur Makulatur, wo die Sicherungsgrenzen so niedrig angesetzt werden, daß schon relativ geringfügige persönliche Ersparnisse die betreffenden Höchstgrenzen über1252

Ein Beispiel hierfür bietet sich offenbar mit der Entwicklung in Kroatien, wo das neue Einlagensicherungssystem sich außerstande sah, die aus der Liquidation mehrerer Banken resultierenden Verluste zu decken, vgl. Sˇkreb/Kraft, passim. 1253 Siehe erneut Bieg, S. 30 ff.; Waschbusch, S. 25.

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 455

schreiten. Die Anreize zum „Run“ im Krisenfall werden durch ein derartiges System gerade nicht beseitigt; es kann lediglich das sozialpolitische Motiv einer Mindestabsicherung für kleine Vermögen für sich in Anspruch nehmen. Schon vorab kann daher festgehalten werden, daß die eingangs zitierte Passage der Präambel zur Einlagensicherungsrichtlinie der EG, die den Schutz der Systemstabilität sogar an erster Stelle als Motiv benennt,1254 während die Richtlinie nur eine außerordentlich niedrige Mindestsicherung vorschreibt, insoweit kaum als überzeugend bewertet werden kann. II. Grundfragen der Ausgestaltung von Einlagensicherungssystemen

Mit dem Problem der Definition von Zielvorgaben für Einlagensicherungssysteme eng verknüpft, aber weit darüber hinausweisend ist eine Reihe von Grundfragen für die Ausgestaltung oder technische „Umsetzung“ der Zielvorgaben in die Praxis. Die nachfolgende Auswahl reflektiert einen sich zunehmend verfestigenden, weltweit akzeptierten Kanon von Vorfragen für die Einführung von Sicherungssystemen, der nicht zuletzt auf eine zunehmende Zahl von Projekten internationaler Organisationen gerade in diesem Bereich zurückzuführen ist.1255 Die Aufzählung dient als eine Art Prüfungskatalog für die auf der gemeinschaftsrechtlichen Ebene und in den beiden hier untersuchten Rechtsordnungen entwickelten Lösungsansätze:1256 – Einlagensicherung als „Zahlstelle“ oder aktiver Beteiligter an der Krisenbewältigung? Eine wichtige Grundentscheidung betrifft zunächst das „Mandat“ des Einlagensicherungssystems. Es wird zu untersuchen sein, ob das jeweilige System auf die bloße Abwicklung der Auszahlung abgesicherter Ein1254

Siehe dazu noch unten sub C. I. Zu nennen sind insoweit an erster Stelle die bereits erwähnten, vom Financial Stability Forum im Jahre 2001 vorgelegten Grundsätze, aber auch eine Reihe von – zumeist wirtschaftswissenschaftlichen und nicht selten von den Forschungsabteilungen von Organisationen wie Weltbank und IWF vorgelegten – Forschungsarbeiten zur Ausgestaltung von Einlagensicherungssystemen (vgl. etwa die Arbeiten von Demirgüç-Kunt/Detragiache, Garcia sowie zur wirtschaftswissenschaftlichen Analyse auch Erlei/Springmann, in: v. Delhaes/Guenther (Hrsg.), S. 118 ff.). Eine auch nur im Ansatz erschöpfende Auswertung der vorhandenen wirtschafts- und rechtswissenschaftlichen Studien zum Thema kann hier nicht unternommen werden; eine umfassende, auch außeramerikanische Belange berücksichtigende Bibliographie findet sich im Internet auf den Seiten der US-amerikanischen Federal Deposit Insurance Corporation (www.fdic.gov). 1256 Der folgende Problemkatalog ist angelehnt an FSF, Guidance, S. 16 ff.; Garcia, Regulatory Perspective, S. 13; vgl. zusf. zum Stand der wirtschaftswissenschaftlichen Debatte auch Alsworth/Bhattarachya, in: Goodhart (Hrsg.), S. 43, 72 ff. m. w. N. 1255

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

lagen beschränkt oder ob – und wenn ja, in welchem Maße – es darüber hinaus auch aktiv an der Krisenbewältigung beteiligt ist. – Einlagensicherung als staatliche, halbstaatliche oder privatwirtschaftliche Einrichtung? Dies betrifft zum einen institutionelle Aspekte, zum anderen aber auch die Frage der Finanzierung des Systems. – Pflichtmitgliedschaft für sämtliche Banken oder freiwilliger Beitritt? – Höhe der Absicherung im Insolvenzfall – Finanzierung ex post oder ex ante? – Bemessung der Beiträge – Die „Verzahnung“ der Einlagensicherung mit den Krisenbewältigungsmaßnahmen C. Die EG-Richtlinie über Einlagensicherungssysteme von 1994 – Grundkonzept und Regelungsgehalt I. Hintergrund und Motive der Gemeinschaftsrechtssetzung

Auch die Gemeinschaftsrechtssetzung auf dem Gebiet der Einlagensicherung ist bereits vielfach untersucht worden.1257 Eine knappe Einführung mag daher hier genügen. Vorläufer der heutigen Einlagensicherungsrichtlinie war eine im Jahre 1986 durch die Kommission erlassene Empfehlung zu Einlagensicherungssystemen.1258 Nachdem die Empfehlung keine spürbare Harmonisierung gebracht hatte – Portugal und Griechenland verfügten über kein Einlagensicherungssystem; die rechtliche Gestaltung in den übrigen Mitgliedsstaaten wies beträchtliche Abweichungen auf1259 –, legte die Kommission am 14. April 1992 einen „Richlinienvorschlag über Einlagensicherungssysteme“ vor.1260 Schwerpunkte des Entwurfs und später der auf seiner Basis erlassenen Richtlinie 94/19 vom 30. Mai 1994 waren ein einheitlicher Mindestschutz mit Pflichtmitgliedschaft für alle Kreditinstitute sowie die Regelung 1257

Zum folgenden aus der deutschsprachigen Literatur insbesondere die Darstellungen bei Dowe, S. 121 ff.; Papenthin, S. 165 ff.; Everling, ZHR 162 (1998), S. 403, 404 ff.; Schöner, S. 144 ff.; Sethe, ZBB 1998, 305, 308 ff.; aus der englischsprachigen Literatur etwa Key, in: Van Empel/Smits, (Hrsg.), Kap. 15. 1258 Empfehlung der Kommission 87/63/EWG vom 22.12.1986 zur Einführung von Einlagensicherungssystemen in der Gemeinschaft, ABlEG Nr. L 33/16. 1259 Vgl. zum Rechtszustand vor der Umsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie im Überblick etwa Dreher, ZIP 1992, 1597, 1599. 1260 ABlEG. Nr. C 163/6.

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 457

der Einlagensicherung für Fälle innerhalb Europas grenzüberschreitend tätiger Kreditinstitute. Die Richtlinie war von Anfang an umstritten, vor allem in Deutschland, wo fraglich war, wie sich die Umsetzungsverpflichtung auf die bestehenden Sicherungseinrichtungen, insbesondere die Einlagensicherung des Bundesverbands Deutscher Banken auswirken würde.1261 Nachdem die Richtlinie sodann gegen die Stimme Deutschlands im Verfahren nach Art. 189b EGV (a. F. = 251 n. F.) verabschiedet worden war, legte Deutschland Nichtigkeitsklage beim EuGH ein mit der Begründung, die Richtlinie sei aufgrund der falschen Rechtsgrundlage erlassen worden,1262 ferner verletze sie das Gebot einer hinreichenden Begründung und greife unverhältnismäßig in die Rechte der Mitgliedsstaaten ein. Die gesamte Richtlinie sei für rechtswidrig zu erklären, hilfsweise unter anderem die durch die Richtlinie vorgeschriebene Pflichtmitgliedschaft aller Banken in einem Einlagensicherungssystem.1263 Mit Urteil vom 13. Mai 1997 hat der Europäische Gerichtshof die Klage abgewiesen.1264 Für die nachfolgende Untersuchung sind die Entscheidungsgründe nur sehr bedingt von Belang, weshalb auf eine Wiedergabe verzichtet werden soll.1265 Nach der Entscheidung des EuGH vom 13. Mai 1997 sowie der Umsetzung der Richtlinie in Deutschland und England sind die durch die Richtlinie aufgestellten Kriterien weitgehend unproblematisch1266 in die hier untersuchten Rechtsordnungen inkorporiert worden, so daß die Untersuchung der Rechtmäßigkeit der Richtlinie selbst aber inzwischen obsolet scheint. Ausgeklammert bleibt im folgenden ferner die mit der Einlagensicherungsrichtlinie im engen Zusammenhang stehende Anlegerentschädigungsrichtlinie.1267 1261

Vgl. die Stellungnahme des Finanzausschusses, BT-Drs. 12/3475, S. 2, 19. Die Bundesregierung trug vor, die Richtlinie diene primär dem Verbraucherschutz und habe infolgedessen nicht aufgrund des Art. 57 II EGV (a. F. entspr. Art. 47 II n. F.) erlassen werden dürfen, welcher die Kompetenz des Rates zum Erlaß von Maßnahmen „zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Ausnahme und Ausübung selbständiger Tätigkeiten“ regelt; es hätte vielmehr Art. 235 EGV (a. F. = 308 n. F.) herangezogen werden müssen. 1263 Siehe zur Klagebegründung etwa Roth, ZBB 1997, 373 ff.; Deller, (1997) Yearbook of International Financial and Economic Law 319, 324 ff. sowie die ausf. Stellungnahme zu den einzelnen Kritikpunkten bei Dowe, S. 122 ff. 1264 EuGH, Urt. v. 13.5.1997 – C-233/94, Slg. 1997-I, 2405 ff.; vgl. dazu etwa die Anmerkungen von Roth, ZBB 1997, 373 ff.; Everling, ZHR 162 (1998), 403 ff., sowie Papenthin, S. 172 ff. 1265 Siehe insoweit die soeben Fn. 1264 zitierten Nachw. 1266 Siehe aber noch unten sub D. IV. 2. zur Frage der Vereinbarkeit der deutschen Lösung mit den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen. 1267 Richtlinie 97/9/EG v. 3.3.1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger, ABlEG Nr. L 84/22. Diese Richtlinie stieß aus ähnlichen Gründen wie die Einlagensicherungsrichtlinie auf Widerspruch in Deutschland, das aber angesichts 1262

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung II. Mindestanforderungen nach der Richtlinie 94/19

1. Schwerpunkte der Harmonisierung Wie angedeutet, war die Einführung der für alle Banken verpflichtenden Teilnahme an einem Einlagensicherungssystem ein Schwerpunkt der Richtlinie 94/19. So begründet Art. 3 I 1 der Richtlinie die allgemeine Verpflichtung für die Mitgliedsstaaten zur Einrichtung von Einlagensicherungssystemen; Art. 3 I 2 bestimmt, daß ein durch die nationalen Behörden zugelassenes Kreditinstitut nur dann Einnahmen annehmen darf, wenn es einer solchen Einrichtung angehört. Abs. II–III betreffen die Sanktionen bei Nichteinhaltung der mit der Teilnahme am betreffenden System verbundenen Pflichten. Vorgesehen ist zunächst eine Intervention durch die zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden im Zusammenwirken mit der jeweiligen Sicherungseinrichtung1268 und sodann, wenn entsprechende Maßnahmen keine hinreichende Besserung bewirkt haben, ein Ausschluß von der Einlagensicherungseinrichtung,1269 grundsätzlich mit der Folge eines Entzugs der aufsichtsrechtlichen Konzession zum Geschäftsbetrieb.1270 Den zweiten Schwerpunkt bilden Sonderregeln für die Einlagensicherung bei Banken, die innerhalb Europas grenzüberschreitend tätig sind.1271 Dritter Kernpunkt der Regelungen sind die in Art. 7 RL 94/19 niedergelegten Grundsätze für den Mindestschutz (hierzu sogleich sub 2.). 2. Mindestabsicherung nach der Richtlinie 94/19 Nach Art. 7 I 1 RL 94/19 gilt zunächst eine für alle Mitgliedsstaaten verbindliche1272 Mindestdeckung von 20.000 Euro1273 für die „Gesamtheit der Einlagen desselben Einlegers“. Der Begriff der „Einlage“ wird definiert durch Art. 1 Nr. 1 S. 1 der Richtlinie als „ein Guthaben, das sich aus auf einem Konto verbliebenen Beträgen oder aus Zwischenpositionen im Rahmen von normalen Bankgeschäften ergibt und vom Kreditinstitut nach den der EuGH-Entscheidung zu dieser (oben sub I. bei und in Fn. 1264) von einer Klage absah (vgl. hierzu statt aller Sethe, ZBB 1998, 305, 309 m. w. N.). 1268 Art. 3 II RL 94/19. 1269 Art. 3 III RL 94/19. 1270 Art. 3 V RL 94/19; zu Ausnahmen bei anderweitiger gleichwertiger Absicherung Art. 3 IV. 1271 Siehe Art. 4 RL 94/19 und dazu noch im Überblick unten § 16 sub C. II. 6. 1272 Nach einer Übergangsfrist bis zum 31.12.1999, bis zu welcher nach Art. 7 I 2 RL 94/19 Unterschreitungen zulässig waren. 1273 Der Betrag wird nach Art. 7 V RL 94/19 regelmäßig durch die Kommission überprüft und ggf. angepaßt.

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 459

geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bedingungen zurückzuzahlen ist, sowie Forderungen, die das Kreditinstitut durch Ausstellung einer Urkunde verbrieft hat.“ Schuldverschreibungen eines Kreditinstituts, das unter besonderer staatlicher Aufsicht steht und dessen Schuldverschreibungen aufgrund gesetzlicher Vorschriften besonders gedeckt sind,1274 sind davon ausgenommen.1275 Ausgenommen sind ferner Interbankeinlagen, Einlagen mit Eigenmittelcharakter und Gelder aus Geldwäschestraftaten.1276 Gem. Art. 7 II i. V. m. Anhang I der Richtlinie steht es den Mitgliedsstaaten frei, bestimmte Forderungen durch Gesetz aus der Absicherung auszunehmen bzw. ihnen einen geringeren Schutz zuzuweisen; hierzu zählen etwa Einlagen anderer Finanzinstituten und Versicherungsunternehmen, des Staates, von Geschäftsleitern des betroffenen Kreditinstituts oder vergleichbaren Personen, Schuldverschreibungen des betroffenen Kreditinstituts sowie Einlagen von Großunternehmen.1277 Weiter können die Mitgliedsstaaten den vorgesehenen Mindestschutz durch gesetzliche Anordnung eines Selbstbehalts zu Lasten der Einleger einschränken, der allerdings nur höchstens 10% der Einlagen bis zur Mindesthöhe von 20.000 Euro betragen darf.1278 Umgekehrt bleibt es den Mitgliedsstaaten unbenommen, einen die Mindestabsicherung nach der Richtlinie überschreitenden Schutz anzuordnen; existierende Sicherungssysteme, die ein höheres Schutzniveau vorsehen, bleiben grundsätzlich unberührt.1279 Sowohl in diesen Ausnahmen als auch in der geringen Höhe des Mindestschutzes allgemein spiegelt sich ein Dissens unter den Mitgliedsstaaten wider, der sich nicht zuletzt auf die Zielvorgaben der Einlagensicherung bezog: Vielfach wurde der sozialpolitisch motivierte Schutz insbesondere der Kleineinleger zumindest als Haupt-, wenn nicht gar als das allein ausschlaggebende Motiv angesehen; andere Mitgliedstaaten legten mehr Gewicht auch auf den Schutz der Systemstabilität.1280 Die Mindestabsicherung nach der Richtlinie ist mithin ein Kompromiß auf dem „kleinsten gemeinsamen Nenner“,1281 wobei, wie angedeutet, das Motiv des Schutzes der Systemstabilität angesichts einer derartig niedrigen Mindestabsicherung kaum 1274

Z. B. deutsche Hypothekenpfandbriefe; siehe etwa Boos/Fischer, § 23a KWG

Rn. 4. 1275

Art. 1 Nr. 1 S. 3 RL 94/19. Art. 2 RL 94/19. 1277 Siehe im einzelnen Anhang I RL 94/19. 1278 Art. 7 IV RL 94/19. 1279 Art. 7 IV RL 94/19. 1280 Siehe Key, in: Van Empel/Smits (Hrsg.), S. 9. 1281 Die Mindestabsicherung orientierte sich am statistischen Mittel der in den Mitgliedstaaten verfügbaren Sicherungsniveaus (unter Ausschluß der höheren Absicherung in Deutschland und Irland), vgl. Dowe, S. 92 ff. 1276

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

als realistisch bezeichnet werden kann. In den Begründungserwägungen hat diese Widersprüchlichkeit Niederschlag gefunden: „Zum einen sollte das (. . .) Mindestdeckungsniveau so festgelegt werden, daß sowohl im Interesse des Verbraucherschutzes als auch der Stabilität des Finanzsystems möglichst viele Einlagen erfaßt werden. Zum anderen wäre es unangebracht, gemeinschaftsweit ein Schutzniveau vorzuschreiben, das in manchen Fällen eine unsolide Geschäftsführung der Kreditinstitute fördern könnte.“1282

In jedem Fall ist dafür Sorge zu tragen, daß eine Entschädigung der Einleger spätestens drei Monate ab Feststellung des Entschädigungsfalles durch die zuständigen nationalen Behörden erfolgen kann; in Ausnahmefällen kann diese Frist um weitere drei Monate verlängert werden.1283 3. Finanzierung der Einlagensicherungssysteme und deren Rolle im Gesamtkonzept der Krisenbewältigung Die Ausgestaltung der Finanzierung des Einlagensicherungssystems und dessen Einbindung in das Konzept zur Bereinigung von Krisen im Kreditwesen bleiben weitgehend in das Ermessen der Mitgliedsstaaten gestellt.1284 Staatlich organisierte oder berufsständisch geprägte Einlagensicherungssysteme, bloße „Zahlstellen“ einerseits und mit umfassendem Mandat ausgestattete Organisationen andererseits, ex ante, also auf einem echten „Fonds“ basierende, und ex post, also im Bedarfsfall finanzierte Einrichtungen sind gleichermaßen zulässig. Auch hinsichtlich der Finanzierung der Systeme schweigt sich die Richtlinie aus. Allerdings geht sie davon aus, daß das jeweilige System grundsätzlich durch die Marktteilnehmer selbst zu finanzieren ist.1285 Die Formulierung der diesbezüglichen Begründungserwägungen ist freilich vage; das Grundprinzip wird zugleich ins Verhältnis zum möglicherweise kollidierenden Prinzip einer angemessenen Finanzausstattung der Systeme gestellt. Daraus dürfte folgen, daß zumindest in außerordentlichen Krisen eine Unterstützung durch den Staat zulässig sein soll. Auch die Einbindung der Einlagensicherungssysteme in die gesetzlichen Krisenbewältigungsmechanismen wird durch die Richtlinie nicht geregelt; jedenfalls teilweise ergibt sich dies bereits als notwendige Konsequenz aus dem Verzicht auf die nähere Ausgestaltung institutioneller Aspekte sowie 1282

RL 94/19, 16. Begründungserwägung. Siehe im einzelnen Art. 10 RL 94/19. 1284 Vgl. auch RL 94/19, Begründungserwägungen 11–13. 1285 Vgl. die 23. Begründungserwägung: „(. . .) da einerseits die Kosten [der] Finanzierung grundsätzlich von den Kreditinstituten selbst getragen werden müssen (. . .).“ 1283

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 461

die Zuweisung der Entscheidung über die Sicherungshöhe an die Mitgliedstaaten. Art. 11 der Richtlinie bestimmt lediglich, daß – „unbeschadet anderer Rechte aufgrund einzelstaatlicher Rechtsvorschriften“ – die Einlagensicherung in Höhe der geleisteten Zahlungen „in die Rechte der Einleger [eintreten]“ solle. Von einem Rechtsübergang im Falle der Auszahlung wird somit ausgegangen. Daraus läßt sich freilich noch keine Präferenz für eine „starke“, umfassend in die Krisenbereinigung eingebundene Einlagensicherung ablesen, denn der durch den Rechtsübergang erworbene Einfluß auf die Insolvenzbewältigung wird jeweils vor allem von der Höhe der Absicherung im Einzelfall bestimmt: Werden durch die Einlagensicherung die Einleger umfassend als Gläubiger „abgelöst“, dann kann – entsprechende verfahrensrechtliche Einflußmöglichkeiten vorausgesetzt – der Einlagensicherungseinrichtung eine durchaus dominierende Stellung in der verfahrensförmigen Liquidation oder Sanierung zukommen; ist dies nicht der Fall, wird sie im wesentlichen eher auf die Stellung eines Gläubigers unter vielen reduziert bleiben. III. Zwischenzusammenfassung

Nach allem läßt sich festhalten, daß die EG-Richtlinie über Einlagensicherungssysteme eine Harmonisierung insbesondere hinsichtlich der Pflichtmitgliedschaft aller Kreditinstitute in Einlagensicherungssystemen sowie der Einführung eines Mindestdeckungsniveaus erbracht hat, das mit 20.000 Euro allerdings sehr niedrig liegt. Hinzu treten – später zu untersuchende – Regelungen für die Einlagensicherung bei grenzüberschreitend tätigen Kreditinstituten. Die übrigen für die Ausgestaltung relevanten Fragestellungen sind weitgehend in das Ermessen der nationalen Gesetzgeber gestellt, das sich auch auf die Festsetzung einer die Vorgaben der Richtlinie übersteigenden Mindestsicherung erstreckt. Insbesondere die Finanzierung der Einlagensicherungssysteme, ihre Leistungsfähigkeit und – damit zusammenhängend – auch das Mandat innerhalb des aufsichts- oder insolvenzrechtlichen Gesamtkonzepts für Bankeninsolvenzen sind nach wie vor Domäne des nationalen Rechts. D. Einlagensicherung in Deutschland I. Überblick

Die heutige Struktur der Einlagensicherung in Deutschland ist Ergebnis einer langen Entwicklung. Stärker als in anderen europäischen Rechtsordnungen und insbesondere auch in England beruhen sowohl die institutionel-

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

len und juristischen Aspekte der Einlagensicherung hierzulande weniger auf der Übernahme von Rezepten aus dem Ausland als vielmehr auf einem organischen Ausbau der bereits frühzeitig vorhandenen Ansätze, der ungeachtet einer allerdings signifikanten politischen Einflußnahme nicht zuletzt durch den Bundesverband Deutscher Banken als Vertreter der Marktteilnehmer selbst gefördert wurde. Die Einführung eines parallelen Regimes aufgrund der EG-Einlagensicherungsrichtlinie durch das im Jahre 1998 in Kraft getretene Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz1286 ist schon deshalb ein Fremdkörper in dem für Bankeninsolvenzen geltenden Rechtsrahmen. Da ohne diese Vorgeschichte das heutige System in seiner Gesamtheit kaum nachvollzogen werden kann, soll zunächst (sub II.) die historische Entwicklung kurz nachgezeichnet werden. Sodann (sub III.) wird die freiwillige Einlagensicherung durch den Bundesverband Deutscher Banken näher untersucht. Schließlich (sub IV.) ist der Blick zu richten auf die durch die Umsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie bewirkten Neuerungen. Eine Zwischenzusammenfassung folgt (sub V.). II. Die Entwicklung der Einlagensicherung zu ihrer heutigen Gestalt

Deutschland ist diejenige Rechtsordnung Europas, in der sich die frühesten Ansätze zu einer Absicherung der Einleger im Falle der Insolvenz ihrer Bank finden.1287 Allerdings war die Ausgangssituation insoweit eine besondere, als das traditionelle Einlagengeschäft über lange Zeit hinweg zum weit überwiegenden Teil durch die besonders gesicherten öffentlichen Sparkassen sowie bei als sicher empfundenen Kreditgenossenschaften betrieben wurde, was die Verlustrisiken bei Bankeninsolvenzen erheblich minderte. Ein öffentliches Interesse an einer Absicherung der Bankeinlagen wurde deshalb bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts vorerst noch nicht gesehen.1288 Dies änderte sich freilich mit der Bankenquête 1908/1909, in der erstmals eine Depositenversicherung erwogen, allerdings letztlich wiederum verworfen worden war.1289 Für den Bereich der Kreditgenossenschaften wurden sodann in den 1930er Jahren die Fundamente für die heutigen, vollständigen Institutsschutz gewährenden Sicherungsmechanismen und damit für die ersten Ansätze zum Einlegerschutz innerhalb Europas gelegt.1290 1286

BGBl. 1998-I, 1842. Laut Key, in: Van Empel/Smits (Hrsg.), S. 9, gab es außerhalb Deutschlands bis zum Jahre 1970 keine Einlagensicherung in Europa. 1288 Hierzu und zum folgenden Papenthin, S. 6 ff.; Kronester, S. 49 ff.; Schöner, S. 48 ff. 1289 Siehe zu Einzelheiten Papenthin, S. 7 ff. m. w. N. 1290 Papenthin, S. 13 f. 1287

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 463

Nach dem Zweiten Weltkrieg folgte zunächst – auf freiwilliger Basis – die Gründung regionaler Sicherungsfonds, die bei verschiedenen kleineren Insolvenzfällen die Entschädigung der Einleger übernahmen.1291 Nachdem Erfordernis und Möglichkeiten einer einheitlichen gesetzlichen Regelung der Einlagensicherung bereits in den Beratungen zum KWG von 1961 diskutiert worden waren,1292 wurde indes wiederum zunächst auf eine gesetzliche Fixierung verzichtet. Die sog. „Wettbewerbsenquête“ von 1968,1293 vorgelegt aufgrund einer Entschließung des Bundestags im Zusammenhang mit dem Erlaß des Kreditwesengesetzes,1294 arbeitete unter anderem die rechts- und wirtschaftspolitischen Grundlagen der Einlagensicherung umfassend auf. Auftrag der federführend durch das Bundeswirtschaftsministerium durchgeführten Untersuchung war es „zu prüfen, 1. ob und inwieweit der Wettbewerb zwischen den verschiedenen Sparten des Kreditgewerbes durch gesetzliche oder verwaltungsmäßige Begünstigungen verschoben wird und welche Maßnahmen gegebenenfalls zur Herstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen angezeigt sind; 2. ob und gegebenenfalls in welcher Weise die Sicherheit der Einlagen bei Kreditinstituten durch Schaffung allgemeiner Sicherungseinrichtungen, z. B. eines Garantiefonds für Einlagen oder einer Einlagenversicherung, verbessert werden sollte, wobei insbesondere darauf Bedacht zu nehmen ist [sic!], Unterschiede im Wettbewerb zwischen den Kreditinstituten zu beseitigen.“1295

Hintergrund der Untersuchung waren Klagen der privaten Kreditinstitute und der Genossenschaftsbanken über eine Wettbewerbsverzerrung zugunsten der öffentlichen Sparkassen, welche in Ausdehnung ihres ursprünglichen Auftrags, als „Sparinstitute für die wirtschaftlich schwächeren Bevölkerungsschichten“ zu fungieren, „zunehmend in anderweitige Geschäftsbereiche vordrangen“ und damit „Wettbewerbsdiskussionen zwischen den privaten und den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten“ hervorriefen.1296 Die Grundlegung für die heutige Einlagensicherung stand mithin nicht zuletzt in engem Zusammenhang mit dem Schutz des Wettbewerbs zwischen den besonders abgesicherten öffentlichen und den privaten Banken, was dem Arbeitsergebnis der „Wettbewerbsenquête“ heute, nachdem die 1291 Siehe Papenthin, S. 14 ff.; Kronester, S. 57 f.; zu den Insolvenzfällen der Nachkriegszeit und damaligen Absicherungsmechanismen erneut auch von Stein, passim (dazu auch schon oben § 2 sub B. II.). 1292 Eingehend Papenthin, S. 16 f. m. w. N. zum seinerzeitigen Streitstand. 1293 Bericht der Bundesregierung über die Untersuchung der Wettbewerbsverschiebungen im Kreditgewerbe und über eine Einlagensicherung, BT-Drs. V/3500. 1294 Entschließung des Deutschen Bundestages vom 16.3.1961, BT-Drs. III/2563. 1295 Zitiert nach BT-Drs. V/3500, S. II. 1296 BT-Drs. V/3500, S. II.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Europäische Kommission die Reduktion des Sonderstatus der öffentlichen Kreditinstitute erzwungen hat,1297 hohe Aktualität verleiht. Von höherer Bedeutung als die wettbewerbspolitischen Erwägungen des Berichts sind im vorliegenden Kontext indes zunächst die unmittelbar auf die Einlagensicherung bezogenen Feststellungen, die in Antwort auf den zweiten der oben zitierten Untersuchungsaufträge erfolgten. In diesem Zusammenhang setzt sich der Bericht zunächst ausführlich mit den rechtsund wirtschaftspolitischen Zielvorgaben für die Einlagensicherung auseinander und adaptiert dabei ausdrücklich die herrschende Auffassung vom Dualismus von individuellem Einlegerschutz und der Sicherung der Stabilität des gesamten Kreditsektors;1298 es hätten „die Erfahrungen sowohl in Deutschland als auch in anderen Industrieländern [gezeigt], daß (. . .) der Vertrauensverlust und seine Folgen, wie sie durch einen Bankzusammenbruch ausgelöst werden können, auch große und gefestigte Kreditinstitute schädigen oder gar in finanzielle Schwierigkeiten bringen können. Solange solche Wirkungen zu befürchten sind, liegt die Einführung einer allgemeinen Einlagensicherung im wohlverstandenen Interesse des gesamten Kreditwesens.“1299

Die bereits in den 1960er Jahren eingeleitete Deregulierung des Kreditwesens (z. B. durch Wegfall der ursprünglich im KWG verankerten Bedürfnisprüfung, aber auch den Wegfall der staatlichen Zinsbindung) habe den Wettbewerb zwischen Kreditinstituten und damit auch das Insolvenzrisiko verschärft; zugleich ließen sich durch eine allgemeine Einlagensicherung für die privaten Banken bestehende Wettbewerbsnachteile gegenüber den durch Anstaltslast und Gewährträgerhaftung gesicherten Sparkassen abbauen.1300 Nach einer Untersuchung der seinerzeit für die einzelnen Institutsgruppen bestehenden Sicherungseinrichtungen sprach sich der Bericht für eine allgemein verbindliche Einlagensicherung aus, die nicht mehr lediglich „Instrument der Verbandspolitik“ sein dürfe; als Deckungshöhe wurden zunächst 10.000,– DM je Einleger, als anzustrebendes Fondsvermögen 200 Mio. DM in Erwägung gezogen.1301 Die Gründung des Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Deutscher Banken im Jahre 1969 war eine Reaktion auf diese Ergebnisse und verfolgte – im Einvernehmen mit der Bundesregierung – das Ziel, eine ge1297 Siehe erneut die Nachw. oben § 1 sub E. in Fn. 42. Speziell zur Wettbewerbsenquête sei verwiesen auf die Darstellungen bei Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 372 ff. (aus rechtswissenschaftlicher Sicht), und Stützel, Rn. 122 ff. (aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht; siehe zur Rezeption dieser letztgenannten Stellungnahme wiederum Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 377 m. w. N.). 1298 BT-Drs. V/3500, S. 138 ff. 1299 Ebd., S. 139. 1300 Ebd., S. 139 f. 1301 Ebd., S. 142 ff.

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 465

setzliche Verpflichtung zu vermeiden.1302 Im Zusammenhang damit stand die Gründung des Prüfungsverbands Deutscher Banken am 4. Dezember 1969, dem die wirtschaftliche Prüfung über die dem Einlagensicherungsfonds angeschlossenen Banken übertragen wurde.1303 Eine erste Erhöhung des Sicherungsniveaus (von 10.000,– auf 20.000,– DM) erfolgte im Jahre 1974, nachdem einige kleinere Insolvenzfälle den Ruf nach einer Verbesserung des Schutzes hatten laut werden lassen.1304 Grundlegend reformiert wurde die Einlagensicherung in der Nachfolge der Herstatt-Insolvenz 1974, und zwar wiederum, um einer auch zu diesem Zeitpunkt erwogenen, umfassenden gesetzlichen Solidarhaftung für alle Banken zu entgehen.1305 III. Der Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Deutscher Banken

1. Rechtsgrundlagen Rechtsgrundlage für die Tätigkeit des Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Deutscher Banken e. V.1306 ist dessen Statut,1307 derzeit in der Fassung von Mai 2004.1308 Dieses bestimmt unter anderem die Aufgaben (das „Mandat“) des Einlagensicherungsfonds,1309 die Voraussetzung für die Teilnahme am Fonds,1310 die Pflichten und Rechte der beteiligten Kreditinstitute,1311 Sanktionen bei Nichteinhaltung der entsprechenden Mindestvorgaben,1312 den Umfang der Einlagensicherung1313 sowie die Entscheidungsprozesse für die Selbstverwaltung des Fonds und das Tätigwerden im Insolvenzfall.1314 Geregelt sind auch Aspekte der Verzahnung zwischen dem Fonds und dem bereits erwähnten Prüfungsverband Deutscher Banken e. V.1315 Als bürgerlich-rechtlicher Verein1316 und zugleich unselbständiges 1302

Vgl. Papenthin, S. 21; Kronester, S. 54 ff., insbes. S. 58 ff.; Schöner, S. 52. Vgl. Papenthin, S. 21 f. 1304 Siehe im einzelnen Papenthin, S. 22 f.; Kronester, S. 60. 1305 Zu Einzelheiten der zeitgenössischen Debatte siehe die Darstellungen bei Papenthin, S. 24 ff., sowie Kronester, S. 86 ff. m. w. N. insbesondere zu den verschiedenen politischen Positionen. 1306 Im folgenden: Einlagensicherungsfonds. 1307 Im folgenden: Statut. 1308 Abgedruckt u. a. bei Pannen, Krise und Insolvenz, Anhang Nr. 3, S. 132 ff. 1309 Statut, § 2. 1310 Statut, § 3. 1311 Statut, § 5. 1312 Statut, § 4 Nr. 2. 1313 Statut, § 6. 1314 Statut §§ 7 ff. 1315 Siehe insbes. Statut, § 3 Nr. 1.3): Teilnahme am Prüfungsverband als Voraussetzung für die Mitgliedschaft im Einlagensicherungsfonds; § 4a: Klassifizierung 1303

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Sondervermögen, also Bestandteil des Bundesverbands Deutscher Banken,1317 ist der Fonds Ergebnis verbandsautonomer Rechtssetzung,1318 allerdings als solcher einer gerichtlichen Inhaltskontrolle der Satzung unterworfen.1319 Die gesetzliche Grundlage für die Mitwirkung der Einlagensicherung in der Krisenbewältigung findet sich in § 46a KWG, der Ausnahmen vom Veräußerungs- und Zahlungsverbot für solche Zahlungen vorsieht, für welche die jeweilige Einlagensicherung eine entsprechende Einstandspflicht übernimmt (§ 46a I 3 KWG), und die Entgegennahme von Zahlungen auch nach Anordnung des aufsichtsrechtlichen Moratoriums dann gestattet, wenn die zuständige Einlagensicherungseinrichtung die Befriedigung der Berechtigten in vollem Umfang sicherstellt (§ 46a I 1 Nr. 3 KWG). Eine weitergehende Einbindung in die Aufsichtstätigkeit ergibt sich aus § 32 III KWG, wonach die Aufsicht vor der Erteilung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb die „für das Institut in Betracht kommende Sicherungseinrichtung zu hören“ hat. Der Rechtsrahmen für die Einlagensicherung wird damit bestimmt durch ein Zusammenspiel von verbandsautonomer Rechtssetzung und gesetzlicher Regelung; erstere betrifft die Frage der Organisation der Einlagensicherung und die Rechtsverhältnisse gegenüber Mitgliedern und gesicherten Gläubigern, letztere den Komplex der Einbindung in die Krisenbewältigung.

zur Bestimmung der Beitragspflicht und der Sicherheit des Instituts; § 5 Nr. 7 ff.: Prüfungen durch den Prüfungsverband; § 8: Feststellung der „Voraussetzungen für die Mitwirkung an dem Einlagensicherungsfonds und die sich aus ihr ergebenden Verpflichtungen“. 1316 Kritisch zur Qualifikation als Verein i. S. d. §§ 80 ff. BGB aufgrund der besonderen Organisationsstruktur Papenthin, S. 37; Neeff, S. 62 ff.; vorliegend ist dies ohne Belang. 1317 Zur Verknüpfung zwischen Verband und Fonds Dziallas-Laur, S. 62 f.; Papenthin, S. 35 ff.; abw. Neeff, S. 62 ff. 1318 Zu den sich daraus ergebenden Problemen für die Zulassung zum und den Ausschluß aus dem Sicherungsfonds sowie Folgefragen siehe Möschel, Monopolverband und Satzungskontrolle, S. 9 ff.; Papenthin, S. 60–163. 1319 Vgl. BGH, Urt. v. 24.10.1988 – II ZR 311/87, BGHZ 105, 306 ff.; OLG Köln, Teilurt. v. 29.10.1992 – 29.10.1992 – 18 U 35/92, ZIP 1992, 1617, 1618. Die gegen die letztgenannte Entscheidung eingelegte Revision hat der BGH mit Beschl. v. 11.10.1993 – II ZR 232/92 (unveröffentlicht) wegen fehlender grundsätzlicher Bedeutung und mangelnder Erfolgsaussichten nicht angenommen; siehe auch Schöner, S. 62.

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 467

2. Das „Mandat“ des Einlagensicherungsfonds § 2 des Statuts definiert das Mandat wie folgt: „1. Der Einlagensicherungsfonds hat die Aufgabe, bei drohenden oder bestehenden finanziellen Schwierigkeiten von Banken, insbesondere bei drohender Zahlungseinstellung, im Interesse der Einleger Hilfe zu leisten und Beeinträchtigungen des Vertrauens in die privaten Kreditinstitute zu verhüten. 2. Zur Durchführung der in Absatz 1 umschriebenen Aufgabe sind alle zur Hilfeleistung geeigneten Maßnahmen zulässig, und zwar insbesondere Zahlungen an einzelne Gläubiger (. . .), Leistungen an Banken, die Übernahme von Garantien oder die Übernahme von Verpflichtungen im Rahmen von Maßnahmen nach § 46a KWG.“

Im Vorfeld abgesichert werden diese Aufgaben durch die satzungsmäßige Verpflichtung der Mitwirkung am Prüfungsverband,1320 die eine umfassende Kontrolle des Geschäftsbetriebs gestattet. Tatsächlich erkennt der Prüfungsverband offenbar regelmäßig als erster die wirtschaftlichen Schwierigkeiten von Mitgliedsinstituten und löst dann im Zusammenwirken mit der Bundesanstalt für Finanzaufsicht aufsichtsrechtliche Maßnahmen zur Krisenbewältigung aus.1321 Hierbei liegt es im Ermessen des Sicherungsfonds, durch Übernahme von Einstandspflichten nach § 46a I 1 Nr. 3, I 3 KWG den Geschäftsbetrieb des insolventen Instituts zumindest für eine gewisse Übergangszeit aufrechtzuerhalten. Er kann im Gegenzug nach § 46a I 2 KWG verlangen, daß eingehende Zahlungen, soweit sie nicht zur Tilgung von Verbindlichkeiten gegenüber dem Institut bestimmt sind, zu seinen Gunsten getrennt gehalten und verwaltet werden. Im Regelfall nehmen Mitarbeiter des Einlagensicherungsfonds in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Anordnung von Maßnahmen nach § 46a I KWG eine Datensichtung und -sicherung im betroffenen Institut vor, die insbesondere der Feststellung der wirtschaftlichen Position desselben sowie der Forderungen der Einleger dient.1322 Der Fonds ist nach allem keineswegs bloße „Zahlstelle“ für die Auszahlung der gesicherten Einlagen, sondern aktiv in die Krisenbewältigung eingebunden. 3. Die Frage der Mitgliedschaft „Freiwilligkeit“ im Sinne der Abwesenheit einer gesetzlichen Zwangsmitgliedschaft ist, wie oben angeklungen, gerade ein Kennzeichen der Einla1320

Siehe oben sub 1. bei und in Fn. 1315. Auskunft des Bundesverbands Deutscher Banken; in jüngerer Zeit seien nur wenige Insolvenzfälle vorgekommen, in welchen der Verband die bestehenden Schwierigkeiten nicht als erster erkannt habe. 1322 Auskunft des Bundesverbands Deutscher Banken. 1321

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

gensicherung durch den Bundesverband Deutscher Banken. Die Mitwirkung wird nicht gesetzlich oktroyiert, sondern beruht zumindest im Grundsatz auf einer freien Entscheidung der die Mitgliedschaft anstrebenden Bank einerseits und andererseits einem Beschluß des Fonds, der, wie gesehen, die über die Aufnahme entscheidenden Kriterien verbandsautonom festsetzt und über deren Vorliegen im Einzelfall befindet.1323 Allerdings wird in der Praxis zumindest faktisch durchaus erheblicher Zwang zur Mitwirkung ausgeübt. Bereits vor der KWG-Novelle von 1976 entsprach es gängiger Aufsichtspraxis, eine Neuzulassung an den Beitritt zum Fonds zu binden; diese Praxis wurde bis in die 1980er Jahre beibehalten.1324 Eine Rechtsgrundlage hierfür bestand freilich nicht.1325 Mit Beschluß vom 12. Dezember 1986 erklärte das VG Berlin zwar die Verweigerung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb allein wegen fehlender Mitgliedschaft in einer Sicherungseinrichtung für unzulässig.1326 Doch spielte auch weiterhin die Frage der Mitgliedschaft eine gewichtige Rolle bei der Entscheidung über die Neuzulassung; im übrigen besteht ein starker Wettbewerbsdruck zum Beitritt.1327 Seit der 4. KWG-Novelle vom 21. Dezember 19921328 war zudem in § 23a KWG die Pflicht aller nicht an einer Einlagensicherungseinrichtung mitwirkenden Kreditinstitute enthalten, ihre Kunden ausdrücklich über diesen Umstand zu informieren; zur Zeit des Gesetzgebungsverfahrens betraf dies offenbar fünf Kreditinstitute im Inland sowie fünf Zweigstellen und zwei Tochterinstitute ausländischer Banken.1329 Durch Einführung der Mindestsicherung ist nunmehr die Monopolstellung des Fonds entfallen; es dürfte jedoch anzunehmen sein, daß nach wie vor eine Teilnahme schon aus Prestigegründen von den meisten im Inland tätigen Instituten angestrebt werden wird. 4. Höhe der Absicherung a) Satzungsmäßige Grenzen des Leistungsversprechens Eine Besonderheit der privaten Einlagensicherung in Deutschland ist die Entscheidung gegen eine absolute höhenmäßige Begrenzung der geschützten Einlagen. Geschützt sind statt dessen Einlagen bis zur Höhe von 30% 1323

Vgl. bereits die Nachw. oben sub 1. Fn. 1318 zur Kontrolle der verbandsinternen Rechtssetzung. 1324 Vgl. Dziallas-Laur, S. 98. 1325 Zu – auch verfassungsrechtlichen – Bedenken insoweit R. Schmidt, ZHR 146 (1982), 48, 51 ff. 1326 VG Berlin, Beschl. v. 12.12.1986 – 14 A 379.85, WM 1987, 370, 372 f. 1327 Vgl. Papenthin, S. 38 f. m. w. N.; Dziallas-Laur, S. 131. 1328 BGBl. I, S. 2211. 1329 Begr. RegE § 23a KWG, BT-Drs. 12/3377, S. 36.

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 469

des haftenden Eigenkapitals des betroffenen Instituts je Einleger.1330 Gesichert sind alle Verbindlichkeiten gegenüber Nicht-Kreditinstituten, ausgenommen Verbindlichkeiten gegenüber mit der betroffenen Bank verbundenen Personen.1331 Zu beachten ist allerdings insbesondere der Ausschluß solcher Verbindlichkeiten, über welche die Bank Inhaberpapiere ausgestellt hat.1332 Die Zahlungen umfassen im Rahmen der Sicherungsgrenze auch Zinsansprüche in marktüblicher Höhe.1333 Alle Forderungen sind mit Gegenforderungen der Bank zu verrechnen, auch wenn diese noch nicht fällig sind.1334 Insbesondere der Ausschluß von Inhaberpapieren ist auf Kritik gestoßen.1335 Insoweit mag zutreffen, daß den Käufern derartiger Papiere oft das damit im Unterschied zur „klassischen“ Spareinlage verbundene Risiko oft nicht bewußt sein wird. Andererseits ist zu berücksichtigen, daß zumindest der im Vergleich zur Einlage (oder auch zum – durch die Einlagensicherung erfaßten – Sparbrief) andere rechtliche und wirtschaftliche Charakter dieser Art der Vermögensanlage sich auch dem wirtschaftlichen Laien aufdrängen muß. Ob die Gläubiger – anders als etwa die Inhaber von Aktien – vor der Realisierung des so begründeten Verlustrisikos geschützt zu werden verdienen, erscheint daher zweifelhaft, zumal weil mit der „klassischen“ Einlage oder mit Sparbriefen eben eine von der Einlagensicherung erfaßte und daher weitgehend risikofreie Anlageform zur Verfügung steht. b) Das Problem des ausgeschlossenen Rechtsanspruchs auf Absicherung aa) Der Ausschluß von Ansprüchen im Statut und die bisherige Praxis der Einlagensicherung Der Fonds selbst schließt einen Rechtsanspruch der Einleger auf Entschädigung im Krisenfall ausdrücklich aus.1336 Auch die beteiligten Banken haben keinen Rechtsanspruch auf Hilfeleistung.1337 Die Absicherung der Ein1330

Statut, § 6 Nr. 1. Statut, § 6 Nrn. 1, 3, dort auch zu weiteren Einschränkungen. 1332 Statut, § 6 Nr. 1a. 1333 Statut, § 6 Nr. 5. 1334 Statut, § 6 Nr. 4. 1335 Vgl. etwa Bähre, ÖBA 1981, 182, 199. Siehe auch Schöner, S. 59, unter Hinweis auf den Fall des 1995 zusammengebrochenen Hamburger Bankhauses Fischer, bei dem offenbar Käufer von Inhaberschuldverschreibungen in Höhe von 54 Mio. DM betroffen waren. 1336 Statut, § 6 Nr. 10. 1337 Statut, § 10. 1331

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

leger wird damit allerdings wohl eher theoretisch als tatsächlich eingeschränkt; seit Gründung des Fonds ist kein Fall bekanntgeworden, in dem nicht sämtliche Einleger in den durch das Statut gesetzten Grenzen vollständig befriedigt worden wären.1338 Die Einschränkungen haben ersichtlich vor allem den Fall der Großinsolvenz oder einer sektorweiten Krise im Blick, in deren Rahmen eine Absicherung im Rahmen der Sicherungsgrenze von 30% des haftenden Eigenkapitals unmöglich wäre.1339 Ferner sollte verhindert werden, daß durch einen Rechtsanspruch die Einlagensicherung den Status einer – ggf. der Versicherungsaufsicht unterliegenden – Versicherung erhalten könnte.1340 bb) Einstandspflicht aus allgemeinen Grundsätzen? (a) Unterstützende Stellungnahmen im Schrifttum Gelegentlich ist allerdings vertreten worden, der Ausschluß der Einstandspflicht durch das Statut des Einlagensicherungsfonds sei wenigstens insoweit zu relativieren, als es eine völlig im Ermessen des Fonds stehende Entscheidung über die Hilfeleistung aufgrund des Gebots der Gleichbehandlung aller Vereinsmitglieder nicht geben dürfe.1341 Überdies begründe die Teilnahme am Sicherungssystem einen Vertrauenstatbestand,1342 der trotz des ausdrücklich erklärten Ausschlusses zu einer Einstandspflicht unter dem Gesichtspunkt der Vertrauenshaftung kraft widersprüchlichen Verhaltens führen könne. Die Vertreter dieser Auffassung gehen allerdings unterschiedlich weit. Einen Rechtsanspruch der Einleger selbst bejahen insoweit vor allem Canaris,1343 Horn1344 sowie, ihnen folgend, Breunig,1345 Kronester,1346 Vogelsang1347 und M. Wagner.1348 Daraus folge auch ein Gebot 1338

Zimmer, ZBB 1992, 286, 294. Vgl. anschaulich D. Schmidt, Sparkasse 1976, 47, 50: „Selbst das gesamte Kreditwesen“ könne „keine ausreichende Basis abgeben (. . .), um mehrere 100 Milliarden DM Einlagen mit einem Rechtsanspruch ganz oder teilweise abzusichern.“ 1340 Vgl. etwa Dziallas-Laur, S. 71 ff.; Kronester, S. 114 ff.; Nicklisch, S. 38 f.; D. Schmidt, Sparkasse 1976, 132, 134; M. Wagner, S. 161 ff. m. w. N.; laut Scholl, JuS 1981, 88, 95 liegt darin und in korrespondierenden steuerrechtlichen Problemen der eigentliche Hintergrund für die Einführung des Haftungsausschlusses. 1341 So Nicklisch, S. 39 ff.; siehe insoweit auch Hahn, GS Geck, S. 301, 314. 1342 So Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2725; Breunig, S. 76 f.; Kronester, S. 121 f. 1343 Bankvertragsrecht, Rn. 2725. 1344 Wolf/Horn/Lindacher/Horn, § 23 AGBG Rn. 779. 1345 S. 76 f. 1346 S. 121 f. 1347 S. 139 ff. 1339

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 471

der Gleichbehandlung aller Einleger beim Ausgleich von Insolvenzverlusten durch den Einlagensicherungsfonds.1349 Allerdings könne der Fonds bei Vorliegen eines wichtigen Grundes die Absicherung verweigern.1350 Nicklisch hingegen postuliert eine Einstandspflicht aufgrund Vertrauenshaftung lediglich gegenüber den mitwirkenden Banken.1351 (b) Die ablehnende Ansicht der wohl herrschenden Meinung Gegen die Konstruktion einer Vertrauenshaftung als Rechtsinstitut werden durch die wohl herrschende Meinung zum einen rechtsdogmatische Bedenken angemeldet, die sich allgemein mit der Berechtigung des Instituts einer außervertraglichen Vertrauenshaftung befassen.1352 Im vorliegenden Kontext wird zudem argumentiert, ein Vertrauenstatbestand liege nicht vor; die oben zitierten Vertreter einer Vertrauenshaftung beriefen sich auf „einige wenige Presseerklärungen“ des Bankenverbands aus den Jahren 1976– 1978, und es sei „nicht einzusehen, warum sich der Einleger auch heute noch auf diese Jahre zurückliegenden Erklärungen stützen kann“.1353 Ohnehin sei ein Vertrauenstatbestand schon aufgrund des klaren Ausschlusses von Rechtsansprüchen im Statut undenkbar.1354 Überdies drohten durchsetzbare Rechtsansprüche in besonders schweren Krisen den Fonds zu erschöpfen, so daß auch wirtschaftliche Bedenken gegen die Annahme einer durchsetzbaren Einstandspflicht sprächen.1355

1348

S. 165 ff., insbes. S. 171 nach ausf. Auseinandersetzung mit der Literatur. Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2724; Kronester, S. 121. 1350 Canaris, a. a. O., allgemein ders., Vertrauenshaftung, S. 399 f., 544; Kronester, S. 123; Breunig, S. 77. 1351 Nicklisch, S. 39 f.; insoweit wohl auch Schwark, NJW 1974, 1849, 1852. 1352 Vgl. grundlegend etwa Soergel-Hefermehl, Vor § 116 BGB Rn. 66; einschränkend MünchKomm(BGB)-Kramer, Vor § 116 BGB Rn. 38 ff.; unter Berufung darauf Neeff, S. 122 ff. 1353 So etwa Hoeren, S. 117; ähnlich E. Habscheid, BB 1988, 2328, 2330; Hahn, GS Geck, S. 301, 313; so auch Dreher, ZIP 1992, 1597, 1599 Fn. 26. 1354 So vor allem E. Habscheid, BB 1988, 2328, 2330. Vgl. die nach dem Statut, § 6 Nr. 4 in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken aufzunehmende Klausel über die Teilnahme am Einlagensicherungsfonds, welche § 6 des Statuts und damit auch den Ausschluß des Rechtsanspruchs ausdrücklich in Bezug nimmt. 1355 Hoeren, S. 117 f. – diese Überlegungen seien „noch entscheidender“ (sic!) als die Zweifel am tatsächlichen Vorliegen eines hinreichenden Vertrauenstatbestandes; unklar insoweit E. Habscheid, BB 1988, 2328, 2329 mit der Feststellung, im Fall einer sektorweiten Krise „wären mit oder ohne Rechtsanspruch die Kassen bald leer“. 1349

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

(c) Stellungnahme (1) Rechtsansprüche der Bank auf Leistungen aus dem Fonds? Ansprüche der Bank selbst auf Leistungen aus dem Sicherungsfonds können sinnvoll nicht auf einen Ausgleich zu Lasten der Gläubiger im Insolvenzfall, sondern allenfalls als auf präventive Leistungen zugunsten der Bank, mithin eine Art Institutssicherung gerichtet gedacht werden.1356 Denn durch eine bloße Abgeltung der Einleger würde die Position der Bank nicht verbessert, weil keine Freistellung gegenüber den Ansprüchen der Kunden erfolgen, sondern der Sicherungsfonds an deren Statt vollumfänglich in die Forderungen eintreten würde.1357 Ob das Gebot der Gleichbehandlung aller Vereinsmitglieder dazu zwingt, eine solche Hilfeleistung tatsächlich zu erbringen, ist allerdings mehr als fraglich. In der Tat läßt sich diese Frage nicht beantworten, ohne den Zweck der Einlagensicherung in den Blick zu nehmen.1358 Dieser ist jedoch nicht auf die Institutssicherung als solche gerichtet, sondern eben auf die Hilfeleistung „im Interesse der Einleger“.1359 Es ist nicht ersichtlich, warum es nicht den dazu berufenen Gremien des Fonds überlassen sein sollte zu entscheiden, welche Art der Hilfeleistung im konkreten Einzelfall als die probate erscheint. Überdies existiert keine Praxis der Institutssicherung,1360 aus der sich ableiten ließe, daß alle mitwirkenden Banken gleich zu behandeln wäre. Regelfall ist vielmehr die Hilfeleistung gegenüber den Einlegern nach vollzogener Schließung des Instituts. Auch die Annahme eines Rechtsanspruchs der am Sicherungsfonds mitwirkenden Banken auf Leistungen durch den Fonds aus dem Gesichtspunkt der Vertrauenshaftung scheitert letztlich schon deshalb, weil insoweit in der Tat ein entsprechendes Vertrauen auf mögliche Leistungen nicht begründet wird.

1356 1357 1358

Verkannt von Nicklisch und Hahn (oben sub (a) Fn. 1341). Siehe dazu noch unten sub 6. c). Insoweit zutreffend die Überlegungen bei E. Habscheid, BB 1988, 2328,

2231. 1359

Siehe erneut Statut, § 2 Nr. 1 und dazu schon oben sub 2. Insbesondere der Einwand Hahns (GS Geck, S. 301, 314), es sei den beteiligten Kreditinstituten ohne einen korrespondierenden Anspruch auf Unterstützung nicht zuzumuten, „in Erwartung eines möglichst umfassenden Schutzes durch die Sicherungseinrichtung enorme Geldleistungen zu deren Finanzierung“ erbringen zu müssen, geht deshalb fehl: Die Beitragsleistung beruht insoweit gerade nicht auf der Erwartung, im Krisenfall direkte Unterstützung zu erhalten, sondern dient ausschließlich dem – für die Bank selbst finanziell neutralen – Zweck der Absicherung der Einleger. 1360 Regelfall ist vielmehr die Auszahlung der gesicherten Einlagen im Insolvenzfall, vgl. etwa Dziallas-Laur, S. 64; Hoeren, S. 63.

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 473

(2) Rechtsansprüche der Einleger? Schwieriger stellt sich das Problem möglicher Ansprüche der Einleger aus dem Gesichtspunkt einer Vertrauenshaftung dar. Die dogmatischen Bedenken der herrschenden Meinung gegen eine derartige Konstruktion sind beachtlich. Für die grundsätzliche Zulässigkeit einer derartigen Haftung spricht m. E. aber entscheidend, daß die Rechtsordnung ansonsten in Fällen, in denen ein derartiges Vertrauen aufgrund entsprechender Verhaltensweisen klar begründet wird, diese aber nicht als Willenserklärung etwa im Sinne einer Garantieerklärung interpretiert werden können,1361 die dazu im Widerspruch stehende Verweigerung der Leistung aufgrund des Gebots von Treu und Glauben kaum sanktionslos lassen darf.1362 Ist die Möglichkeit einer derartigen Haftung daher zu bejahen, dann kommt es entscheidend darauf an, ob die Voraussetzungen hierfür, also insbesondere das Vorliegen eines entsprechenden Vertrauenstatbestands, durch den Einlagensicherungsfonds tatsächlich erfüllt werden. Dabei überzeugt das Argument kaum, insoweit könnten lediglich einige wenige öffentliche Stellungnahmen aus der Vergangenheit der Sicherungseinrichtung zum Beleg zitiert werden. So ist zwar in der Tat fraglich, ob bloße Darstellungen über die Absicherung von Bankeinlagen in den Medien1363 ein entsprechendes Vertrauen der Einleger begründen könnten.1364 Für das Vorliegen eines Vertrauenstatbestands spricht aber die im Statut vorgesehene und auch in der Praxis wahrgenommene Möglichkeit für die beteiligten Institute, ihre Kunden auch mittels eines eigens geschaffenen Signums deutlich auf die Teilnahme am Fonds aufmerksam zu machen.1365 Charakteristisch insoweit ist auch die auf den Internetseiten des Bankenverbands eröffnete Möglichkeit, Informationen über die Höhe der Absicherung bei den mitwirkenden Instituten zu erlangen.1366 Schließlich ist die Praxis der Aufsicht anzuführen, die neuerdings im Zusammenhang mit Presseverlautbarungen über Bankeninsolvenzen auf ihrer Internetseite „Hinweise für Kunden“ veröffentlicht, in welchen auf die Absicherung der Einlagen hingewiesen wird, ohne 1361 Was, wie E. Habscheid (BB 1988, 2328, 2230) überzeugend darlegt, vorliegend wegen des ausdrücklichen Ausschlusses eines Rechtsanspruchs wohl in der Tat ausscheidet. 1362 Insoweit durchaus zutreffend E. Habscheid, BB 1988, 2328, 2230. 1363 Anschaulich hierfür etwa o.V., Bankguthaben sind auch bei Zahlungsunfähigkeit geschützt, FAZ v. 18.5.2002, S. 16 (zum Fall der Gontard & Metallbank). 1364 Zweifelnd insoweit etwa Neeff, S. 125. 1365 § 5 Nrn. 13, 14; siehe hierzu auch Dziallas-Laur, S. 85 f. Eine echte Werbung mit der Sicherheit der Einlagen ist nach der Bestimmung aber unzulässig. Dies deckt sich mit den Vorgaben aus Art. 9 III Einlagensicherungsrichtlinie, vgl. auch M. Wagner, S. 181 f. 1366 Siehe www.bankenverband.de.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

daß der Ausschluß von Rechtsansprüchen erwähnt würde.1367 Nachdem gerade in jüngster Zeit die Einlagensicherung auf diese Weise wiederholt bekannt geworden ist,1368 spricht viel für die Annahme eines entsprechenden Vertrauenstatbestandes, aus dem sich ein Rechtsanspruch der betroffenen Einleger ableiten ließe. Das Argument, das Vertrauen der Einleger auf die Übernahme der Verpflichtungen in der im Statut festgelegten Höhe würde jedenfalls aufgrund des ausdrücklichen Ausschlusses im Statut beseitigt, verkennt demgegenüber, daß Rechtsgrund für die Vertrauenshaftung gerade die Widersprüchlichkeit ist, die in der Verweigerung derartiger Leistungen im Einzelfall trotz des zuvor geschaffenen Vertrauens auf diese liegt.1369 Im übrigen ist darauf hinzuweisen, da in der aufgrund § 6 des Statutes in die AGB-Banken einzufügenden Nr. 20 ausdrücklich lediglich darauf hingewiesen wird, daß der Einlagensicherungsfonds die Einlagen „sichert“; der Ausschluß von Rechtsansprüchen wird demgegenüber nur indirekt über eine Verweisung auf § 6 des Statuts durch Nr. 20 Abs. 6 AGB-Banken in Bezug genommen, so daß es der Einlagensicherungsfonds selbst an der nötigen Klarheit fehlen läßt Ebensowenig überzeugt der Hinweis auf ein drohendes „Ausbluten“ der Einlagensicherung in besonders schwerwiegenden Krisen, wenn hier jeder Einleger einen Rechtsanspruch auf Leistungen bis zur satzungsmäßigen Höhe geltend machen könnte. Dieser Ansatz übersieht, daß auch die Vertreter eines Rechtsanspruchs unter dem Gesichtspunkt einer Vertrauenshaftung diesen Anspruch nicht unbegrenzt gewähren, sondern bei Vorliegen eines wichtigen Grunds für die Leistungsverweigerung ausschließen.1370 Entgegen Hoeren1371 bleibt die Möglichkeit, Leistungen des Einlagensicherungsfonds im Extremfall zu „quoteln“, um eine Erschöpfung der finanziellen Ressourcen zu vermeiden, auch bei Bejahung der Vertrauenshaftung durchaus unberührt. Auch vor diesem Hintergrund, vor allem aber wegen des bereits erwähnten – in der Tat auch politisch motivierten1372 – Umstandes, daß der Fonds 1367 So beispielsweise am 27.4.2001 im Fall des Hofer Bankhauses Partin (www.bakred.de/texte/presse/p270401k.htm) und am 20.4.2001 im Fall der Berliner Systracom Bank AG (www.bakred.de/texte/presse/p240401k.htm). 1368 Entgegen Hahn, GS Geck, S. 301, 313 kann insofern nicht nur von einer bloß „gewissen Publizität“ der Selbstverpflichtung durch den Sicherungsfonds gesprochen werden; die – zurechenbar durch den Verband geschaffene – Publizität geht in der Praxis darüber weit hinaus. 1369 Siehe insbesondere Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2725. 1370 Oben sub (a) bei und in Fn. 1350. 1371 S. 117. 1372 Zutreffend etwa Canaris, Bankvertragsrecht, Rn. 2725; Kronester, S. 123.

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 475

bislang noch nie Leistungen verweigert hat und mit einer Änderung seiner Entschädigungspraxis wohl auch künftig kaum zu rechnen sein dürfte, ist das vorstehend erörterte Problem im übrigen ohne jede praktische Relevanz. Die Annahme eines Rechtsanspruchs aus Vertrauenshaftung für den Normalfall einer wirtschaftlich für den Sicherungsfonds „tragbaren“ Insolvenz tangiert die Möglichkeit einer Anpassung im Falle einer schweren Krise kaum und wahrt daher die erforderliche Flexibilität.1373 Ein anderes ließe sich nur vertreten, wenn man mit Hoeren1374 annähme, es ließe sich bei Bejahung eines solchen Anspruchs die bisherige sinnvolle Praxis des Einlagensicherungsfonds nicht mehr halten, zunächst die in besonderer Weise schützenswerten, weil die für den täglichen Bedarf erforderlichen liquiden Mittel der Bankkunden enthaltenden Giro- und Sparkonten und erst danach längerfristige Einlagen abzugelten. Gründe hierfür sind jedoch nicht ersichtlich. Die den ohnehin bestehenden vertraglichen Fälligkeiten entsprechende Reihenfolge der Abgeltung wird sich vielmehr unproblematisch im Rahmen des Schadensinhalts bei der Haftungsabwicklung berücksichtigen lassen. Das Vertrauen eines Einlegers, eine längerfristige Spareinlage ebenso rasch ersetzt zu bekommen wie die auf einem Girokonto gebuchten, ist kaum schutzwürdig. Allerdings wäre es bei Bejahung eines so definierten Rechtsanspruchs ausgeschlossen, zwischen kurz- und längerfristigen Einlagen auch hinsichtlich der Sicherungshöhe zu differenzieren und die erstgenannte Gruppe auch insoweit vorrangig zu befriedigen.1375 Es erscheint indessen zweifelhaft, ob eine derartige Differenzierung wirklich sachgerecht wäre.1376 Zwar sind die Inhaber kurzfristiger Einlagen insoweit in der Tat schützenswert, als für sie vor allem die möglichst zeitnahe Abgeltung von Bedeutung ist, was sich aus der Bedeutung insbesondere von Girokonten für den täglichen Bedarf der Kontoinhaber ergibt. Daraus folgt aber noch nicht, daß nicht längerfristige Einlagen, die etwa der Ersparnis zum Zweck der Altersvorsorge dienen können, insgesamt weniger schutzbedürftig wären. Das Ergebnis der hier vertretenen Auffassung, die höhenmäßige Gleichbehandlung beider Einlagengruppen, ist daher durchaus interessengerecht. Könnte der Fonds die kurzfristigen Einlagen in voller Höhe nur zu Lasten der längerfristigen abgelten, so ist er dazu nicht berechtigt, sondern muß statt dessen unter Geltendmachung eines „wichtigen Grundes“ insgesamt eine anteilige Beschränkung vornehmen. Die Annahme eines Rechtsanspruchs der Einleger unter dem Gesichtspunkt der Vertrauenshaftung führt mithin durchweg zu praktikablen und in1373 1374 1375 1376

Zutreffend Kronester, S. 123; nicht überzeugend insoweit Schöner, S. 61. S. 118. So wohl die weitere Überlegung bei Hoeren, S. 118. Praktisch bedeutsam geworden ist dieser Fall, soweit bekannt, noch nie.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

teressengerechten Lösungen. Die Lösung verhindert auch keineswegs flexible Entscheidungen in besonders gelagerten Fällen. Für diese Lesart läßt sich im übrigen auch die Entstehungsgeschichte der Sicherungseinrichtung anführen. Wie gesehen, waren Gründung und Ausbau des Fonds zu seiner heutigen Gestalt das Ergebnis eines nicht lediglich unverbindlichen Angebots der Marktteilnehmer, sondern Resultat einer Selbstverpflichtung zur Abwehr einer belastenden zwangsweisen gesetzlichen Regelung. Die Annahme einer Vertrauenshaftung steht damit im Einklang, ohne das Unmögliche – eine massive Hilfeleistung auch in besonders schweren Krisenfällen – zu erzwingen. Unabhängig von der Möglichkeit einer Vertrauenshaftung besteht ein Rechtsanspruch der Einleger auf Leistungen durch den Fonds unstreitig dann, wenn die Sicherungseinrichtung im Rahmen des § 46a I 1 Nr. 3, I 3 KWG1377 eine Verpflichtung zur Befriedigung der betroffenen Kunden übernimmt; hierbei handelt es sich um einen drittberechtigenden Schuldbeitritt seitens der Sicherungseinrichtung.1378 5. Finanzierung des Einlagensicherungsfonds a) Die Fonds-Lösung: Ex ante-Finanzierung durch die Marktteilnehmer Die Einlagensicherung durch den Bundesverband Deutscher Banken ist als echter Fonds, als Sondervermögen, konzipiert, das durch laufende Umlagen auf der Basis einer Risikobewertung der Mitglieder finanziert wird – mithin ex ante, d.h. unter Beteiligung auch des jeweils betroffenen Instituts und nicht erst nach Eintritt der Insolvenz. Maßgeblich für das Umlageverfahren sind die Bestimmungen des § 5 des Statuts des Einlagensicherungsfonds, wonach die Regelumlage in Höhe von 0,3 der Bilanzposition „Verbindlichkeiten gegenüber Kunden“1379 jährlich zum 30. Juni fällig wird. Sowohl bei einer besonderen Risikoklasse zugeordneten als auch bei neu aufgenommenen Instituten (bei letzteren im Rahmen einer einmaligen Sonderzahlung) gelten höhere Sätze.1380 Der Vorstand kann bei als hinreichend bewertetem Fondsvermögen die Anforderung der Umlage aussetzen1381 und Banken, die mehr als 20 Jahresumlagen geleistet haben, von der Umlageverpflichtung befreien.1382 Im Bedarfsfall kann er eine Verdoppelung der 1377 1378 1379 1380 1381 1382

Siehe dazu oben sub 2. und zur Abwicklung sogleich unten sub 6. Vgl. statt aller Bähre/Schneider, §§ 46a-c KWG Anm. 5. Ausgenommen einer Reihe von in § 6 Nr. 1 S. 2 ff. aufgezählten Positionen. Statut, § 6 Nrn. 1a. und 2. Statut, § 6 Nr. 3 S. 1. Statut, § 6 Nr. 3 S. 2.

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 477

Umlage oder die Erhebung einer Sonderumlage beschließen;1383 dazu ist es etwa im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der Pfalz-Kredit-Bank im Jahre 1976 gekommen.1384 b) Beschränkte Risikogewichtung durch Klassifizierung Die Bemessung der jährlich zu leistenden Umlage hängt nach § 5 Nr. 1a des Statuts auch von dem Ergebnis einer nach § 4a i. V. m. den „Grundsätzen für das Klassifizierungsverfahren“1385 durchzuführenden jährlichen „Klassifizierung“ ab. Ergebnis der Klassifizierung ist dabei die Zuordnung zu einer der in § 5 der „Grundsätze“ genannten Risikoklassen (A, B oder eine der drei Klassen C). Banken, die aufgrund der Klassifizierung der Klasse B oder einer Klasse C zugewiesen worden sind, werden nach § 5 Nr. 1a des Statuts zu einer durch die Mitgliederversammlung festzulegenden erhöhten Umlage herangezogen. Eine über einen Zeitraum von zwei Jahren hinweg andauernde Zuweisung in die Klasse C 3 kann darüber hinaus nach § 4 Nr. 2 des Statuts zum Ausschluß aus der Sicherungseinrichtung führen, wenn keine positive Veränderung der finanziellen Situation zu erwarten ist. Die Definition der Risikoklassen in § 5 der „Grundsätze“ knüpft an die bei den einzelnen Instituten jeweils gebotene Prüfungsintensität an,1386 ist also unbestimmt und wird durch die Praxis des Prüfungsverbandes bestimmt. Gem. § 2 S. 2 der „Grundsätze“ erfolgt die Klassifizierung „anhand von Kennziffern zur Vermögens- und Ertragslage sowie durch Beurteilung der Managementqualität, wobei der Vermögens- und Ertragslage das entscheidende Gewicht zukommt“. Näher spezifiziert werden diese Kriterien in der nach § 2 S. 2 der „Grundsätze“ durch die Mitgliederversammlung zu beschließenden „Systembeschreibung zum Klassifizierungsverfahren“. In „besonders gelagerten Fällen“ kann der Vorstand des Bundesverbands nach § 5 Nr. 1 S. 4 des Statuts eine „abweichende Bemessungsgrundlage festsetzen“. Auch diese Regelung soll dazu genutzt werden können, „Kreditinstitute mit besonders hohem oder geringem Risikopotential abweichend von der Pauschalberechnung zur Umlage heranzuziehen“.1387 1383

Statut, § 6 Nr. 3 S. 4. Vgl. Dziallas-Laur, S. 82. 1385 Im folgenden: „Grundsätze“. 1386 Banken der Gruppe A sind danach „solche, bei denen lediglich die allgemeinen Einlagensicherungsprüfungen durchzuführen sind“, Banken der Gruppe B „solche, die einer verstärkten Überprüfung bedürfen, sowie solche, die zwar an sich die Voraussetzungen für die Klasse A erfüllen, bei denen jedoch Einlagensicherungsprüfungen nur unter objektiv erschwerten Bedingungen möglich sind.“ Banken der Gruppe C bedürfen „einer ständigen und intensiven Überprüfung“. 1387 Hoeren, S. 152. 1384

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Das durch die „Grundsätze“ näher konkretisierte Klassifizierungsverfahren stellt mithin keine Basis für eine echte, nämlich individuell auf die jeweilige Risikostruktur der Bankaktiva und auf sonstige Parameter abgestellte Risikogewichtung zur Bemessung der Umlageverpflichtung dar. Die Anknüpfung an die jeweilige Prüfungsintensität zeigt zudem, daß das Klassifizierungsverfahren keineswegs darauf beschränkt ist, die Grundlage für die eventuelle Pflicht zur erhöhten Beitragsleistung zu ermitteln, sondern auch und gerade dazu dient, die Intensität der zulässigen Eingriffe der Sicherungseinrichtung in den Geschäftsbetrieb seiner Mitglieder zu konkretisieren und damit auch zur Vermeidung von Mißbrauchsvorwürfen transparent zu halten.1388 Gleichwohl dürfte gerade aufgrund des ganzheitlichen, beispielsweise nicht ausschließlich auf Eigenmittelstandards abstellenden Klassifizierungsansatzes dem Verfahren in der Tat ein durchaus erheblicher Disziplinierungseffekt und damit risikomindernde Wirkung zukommen. 6. Zur „Verzahnung“ von Einlagensicherung und Krisenbewältigungsmechanismen a) Handlungsalternativen Die wesentlichen Handlungsmöglichkeiten des Einlagensicherungsfonds im Insolvenzfall sind bereits mehrfach angeklungen; in Betracht kommt neben der direkten Befriedigung der Einleger eine Reihe von verschiedenen Handlungsalternativen, die von der Finanzierung einer Übertragung der Kundenkonten auf ein anderes Kreditinstitut bis hin zu direkten Sanierungsbeihilfen und damit der Unterstützung der Bank im Wege einer „mittelbaren Einlagensicherung“ reichen kann. Wie bereits angeklungen, steht die Entscheidung über die Art und Weise der Leistungen im konkreten Einzelfall dabei dem Ausschuß für die Einlagensicherung nach § 7 des Statuts zu. b) Direkte finanzielle Unterstützung Ein Beispiel für die Unterstützung von Sanierungsmaßnahmen zugunsten eines Kreditinstituts in jüngster Zeit bietet etwa der Fall der Hofer SchmidtBank, wo die Stützungsaktion einer Reihe von Banken insbesondere unter erheblicher finanzieller Mitwirkung des Einlagensicherungsfonds ermöglicht wurde.1389 Ein derartiges „Umschlagen“ der Einlagen- in eine Institutssiche1388

Vgl. auch Dziallas-Laur, S. 92 f. zum ähnlichen Hintergrund für die Festsetzung detaillierter Prüfungsrichtlinien durch den Prüfungsverband deutscher Banken. 1389 Vgl. etwa o.V., Beinahe-Pleite der Schmidt-Bank kostet fast 1,3 Milliarden Euro, FAZ v. 21.3.2002, S. 15: Danach handelte es sich um die „mit Abstand (. . .)

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 479

rung ist im Einzelfall mit der Zielsetzung des Fonds auch durchaus vereinbar.1390 Allerdings zeigt gerade dieser jüngste Fall, daß eine derartige Initiative in der Praxis regelmäßig nicht in Abstimmung mit bankaufsichtsrechtlichen Eingriffen und folglich auch nicht nach Maßgabe der bereits oben erwähnten Bestimmungen des § 46a I 1 Nr. 3, I 3 KWG erfolgt, sondern im Vorfeld und zur Abwendung einer aufsichtsrechtlichen Schließung. Ob als Alternative zur insolvenzabwendenden Unterstützung eine Vorgehensweise sinnvoll wäre, bei der die Aufsicht eine höhenmäßige Beschränkung des Einlagengeschäfts bei gleichzeitiger Übernahme von Garantien durch den Einlagensicherungsfonds anordnet und auf diese Weise, also ohne eine Auffanglösung wie im Fall der Schmidt-Bank, den Geschäftsbetrieb zum Zweck der Sanierung aufrechterhält,1391 darf bezweifelt werden: Zum einen wäre eine derartige Lösung regelmäßig mit dem Risiko des öffentlichen Bekanntwerdens verbunden, was trotz einer etwa erklärten Garantie für die gesicherten Einlagen unkalkulierbare Gefahren für das Fortbestehen des Vertrauens der Einleger birgt. Zum anderen dürfte die Zahl der Fälle gering sein, in denen bereits eine Absicherung des Einlagengeschäfts durch den Sicherungsfonds ausreicht, um die finanzielle Störung zu beheben; regelmäßig wird vielmehr eine durchgreifende Rekapitalisierung erforderlich sein, die mit einer auf das Einlagengeschäft beschränkten und lediglich als Ausfallhaftung konzipierten Garantieerklärung nicht bewirkt werden kann.1392 Eine „Verzahnung“ mit dem aufsichtsrechtlichen Eingriffsinstrumentarium liegt nach allem bei der insolvenzabwendenden Unterstützung (die in teuerste Rettungsaktion der privaten Banken in Deutschland“. Die Unterstützung durch den Einlagensicherungsfonds sowie die Bayerische Landesbank finanzierte die Übernahme der insolventen Bank durch die vier deutschen Großbanken, vgl. zu Einzelheiten etwa o.V., Abfindung für Schmidt-Bank-Aktionäre, FAZ v. 22.1.2002, S. 25; o.V., Vier Großbanken und Landesbank übernehmen Schmidt-Bank, FAZ v. 19.11.2001, S. 17. Ein weiteres Beispiel für eine insolvenzabwendende Rettungsaktion ist der Fall der SMH-Bank (siehe dazu schon oben § 2 sub B. II.). 1390 Vgl. etwa Dziallas-Laur, S. 63, mit dem Hinweis, daß auch die „Erhaltung der Vielfalt des Angebots an Bankleistungen und die Verminderung der Zahl kleinerer und mittlerer Banken“ zu den erklärten Zielen des Einlagensicherungsfonds gehöre; die offene Definition der Handlungsformen im oben zitierten § 2 Nr. 2 des Statuts, die auch „Leistungen an Banken“ einschließt, spiegelt dies insofern wider. Siehe auch Zimmer, Bankenregulierung, S. 251. Zur Vereinbarkeit der insolvenzvermeidenden Sanierung mit den oben § 4 erarbeiteten allgemeinen ordnungspolitischen Grundsätzen siehe noch unten § 13 sub B. II. 1. a). 1391 So ein Vorschlag bei Boos/Lindemann (1. Aufl. 2000), § 46a KWG Rn. 14. 1392 Siehe hierzu auch noch unten § 13 sub B. II. 2. b). Auch für diese These bietet der Fall der Schmidt-Bank Anschauungsmaterial; ersichtlich hätte angesichts der hohen Verluste in diesem Fall (siehe die Nachw. oben Fn. 1389) eine bloße Ausfallhaftung nicht ausgereicht, um den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

der Praxis die Ausnahme bildet)1393 regelmäßig nicht vor; vielmehr greift die Einlagensicherung in diesen Fällen im Vorfeld und gerade zur Vermeidung aufsichtsrechtlicher Maßnahmen insbesondere nach § 46a KWG ein. c) Leistungen im Zusammenhang mit Maßnahmen nach § 46a KWG Sind Maßnahmen nach § 46a KWG angeordnet, ist also der Geschäftsbetrieb der insolventen Bank bereits umfassend stillgelegt, so vollzieht sich das Zusammenwirken zwischen Einlagensicherung und Sicherungsfonds regelmäßig in der Weise, daß Mitarbeiter des Fonds in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Wirksamwerden der Anordnungen im betroffenen Kreditinstitut eine umfassende Datensicherung vornehmen, auf deren Basis sodann die Höhe der einzelnen Ansprüche der Einleger bestimmt wird. Entscheidet sich der Fonds sodann zur Abgeltung der Ansprüche der Einleger gegen die betroffene Bank bis zur im Statut festgelegten Höhe, so sind nunmehr auch für die private Einlagensicherung die durch die Neuordnung der Einlagensicherung mit dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz1394 (EAG) bewirkten Änderungen zu beachten. Nach § 6 Nr. 11 des Statuts gilt insoweit zunächst, daß der Fonds Entschädigungsleistungen nurmehr erbringen wird, „wenn und soweit die Einlagen nicht durch eine andere Sicherungseinrichtung oder durch eine andere Entschädigungseinrichtung gemäß dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz entschädigt werden“. Die Leistungen aus der neuen gesetzlichen Pflichtabsicherung werden mithin durch den Fonds bis zur Höhe von 30% des haftenden Eigenkapitals der Bank je Einleger quasi „aufgefüllt“. Bereits aus dem erheblichen höhenmäßigen Unterschied zwischen dem lediglich den durch die EG-Richtlinie 94/19 festgeschriebenen Mindestschutz sichernden EAG und der freiwilligen Einlagensicherung durch den Fonds folgt, daß praktisch regelmäßig der Fonds die Entscheidung über das „Wie“ der Leistungen an die Einleger und also über die Wahl zwischen den Alternativen der unmittelbaren Auszahlung und einer durch ihn finanzierten Übertragung der Kundenkonten auf ein anderes Institut treffen wird.1395 1393

Siehe bereits oben sub 4. b) bb) (c) (1) bei und in Fn. 1360. Dazu noch unten sub IV. 1395 Auch der Bundesverband Deutscher Banken sieht offenbar in der neuen gesetzlichen Entschädigungseinrichtung für Fälle paralleler Mitgliedschaft vor allem eine finanzielle Entlastung, die mit der Durchführung der Entschädigung durch eine Tochtergesellschaft des Verbandes (dazu unten sub IV. 1.) den Sicherungsfonds gewissermaßen im „Innenverhältnis“ entlastet, während letzterer im „Außenverhältnis“ zu den Bankkunden nach wie vor als maßgeblich Handelnder auftritt, vgl. hierzu Dreher, ZIP 1998, 1777, 1780 unter Hinweis auf entsprechende Verlautbarungen des Verbandes sowie die – auf umfassenden Informationen durch den Einlagensiche1394

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 481

Eine zweite Änderung betrifft den Zeitpunkt der Leistungen durch den Sicherungsfonds. Bestand insoweit bis zum Inkrafttreten des EAG keine gesetzliche Vorgabe, so könnte nunmehr auch für die Absicherung durch den Fonds die Regelung des § 5 I 1 EAG Bedeutung erlangen, wonach die BAFin den „Entschädigungsfall“ (der nach § 3 I EAG einen Rechtsanspruch des Kontoinhabers gegen die jeweilige Entschädigungseinrichtung begründet), „unverzüglich festzustellen [hat], spätestens jedoch innerhalb von 21 Tagen nachdem sie davon Kenntnis erlangt hat, daß ein Institut nicht in der Lage ist, Einlagen zurückzuzahlen oder Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften zu erfüllen“. Damit wird also regelmäßig spätestens drei Wochen nach Anordnung des aufsichtsrechtlichen Moratoriums, für das ja, wie gesehen, die Insolvenzreife Voraussetzung ist, die Feststellung des Entschädigungsfalls zwingend erfolgen müssen. Diese Beschleunigung betrifft zwar an sich unmittelbar nur die Durchführung der gesetzlichen Einlagensicherung und ist rechtlich für den Einlagensicherungsfonds ohne Belang.1396 Allerdings dürfte jedenfalls im Grundsatz1397 anzunehmen sein, daß in der Praxis der Ausgleich durch den privaten Fonds regelmäßig in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Feststellung des Entschädigungsfalls nach § 5 I 1 EAG und also mit dem Eingreifen der gesetzlichen Einlagensicherung erfolgen wird; für eine abweichende Gestaltung sind kaum Gründe ersichtlich.1398 An die Entscheidung zum Tätigwerden wird sich freilich regelmäßig eine längere Bearbeitungszeit anschließen, in welcher die Ansprüche der Kunden aufgrund des gesicherten Datenmaterials ermittelt werden.1399 In der Praxis wird folglich spätestens mit der Feststellung des Entschädigungsfalls entschieden werden müssen, ob der Ausgleich durch unmittelrungsfonds beruhende – Darstellung bei M. Wagner, S. 95. Kaum in Betracht kommen wird angesichts der Anknüpfung der Einstandspflicht der gesetzlichen Einrichtungen an den Eintritt des „Entschädigungsfalls“ (§§ 3, 5 EAG) dagegen eine finanzielle Beteiligung dieser Systeme an insolvenzabwendenden Stützungsaktionen durch den privaten Einlagensicherungsfonds, der ja gerade der Abwendung des Entschädigungsfalles dient. 1396 Vgl. auch Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 60, mit der Feststellung, soweit eine freiwillige Sicherungseinrichtung nach § 46a KWG tätig werde, brauche sie „ihre rechtliche Position gegenüber [der Aufsicht] im Hinblick auf die gesetzliche Entschädigung nicht neu zu bestimmen“; siehe dort auch zu den Konditionen, unter denen der Einlagensicherungsfonds in der Praxis in Vorleistung treten wird. 1397 Unberührt bleibt allerdings die oben erwähnte, bislang offenbar praktizierte zeitliche Staffelung der Entschädigung für kurz- und längerfristig fällige Einlagen. 1398 Auch im Fall der im Mai 2002 aufsichtsrechtlich geschlossenen Gontard & Metallbank ist die Übernahme der Verpflichtungen durch den Einlagensicherungsfonds offensichtlich erfolgt, nachdem die BAFin den Entschädigungsfall festgestellt hatte, vgl. o.V., Gontard-Konten sind vorerst gesperrt, FAZ v. 8.5.2002, S. 20. 1399 Im Fall der Gontard & Metallbank etwa acht Wochen, vgl. o.V., Gontard im Insolvenzverfahren, FAZ v. 18.5.2002, S. 16.

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bare Zahlungen gegenüber dem Kunden erfolgt oder ob eine Übertragung der Kundenkonten auf ein anderes Institut in Betracht kommt. Maßgeblich für die Entscheidung zwischen den beiden Alternativen wird wohl im Ergebnis eine wirtschaftliche Bewertung der jeweils anfallenden Kosten sein. Wird die Alternative der Übertragung der Kundenkonten auf ein anderes Institut gewählt, so ist ferner denkbar, daß das „Zielinstitut“ sich dann, wenn sich das Einlagengeschäft als solches als werthaltig erweist, dieses ganz oder teilweise gegen die Entrichtung eines „Kaufpreises“ übernimmt.1400 Für die Abwicklung der Einlagensicherung ist bei Anordnung eines Moratoriums insoweit weniger die Vorschrift des § 46a I 1 Nr. 3 KWG, die eine Aufrechterhaltung des Einlagengeschäfts vorsieht,1401 sondern vorrangig § 46a I 3 KWG von Belang, wonach die Abwicklung von Geschäften durch das Institut nur dann statthaft ist, wenn die Sicherungseinrichtung hierfür die Befriedigung sicherstellt. Darunter dürften etwa die zur Übertragung der Kundenkonten erforderlichen Geschäfte fallen. 7. Zusammenfassung und Bewertung a) Zusammenfassung und Einordnung in den internationalen Kontext Der Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Deutscher Banken ist von einer ursprünglich rein freiwilligen Absicherung in einer geringen Höhe unter starkem politischem Druck zu einer umfassenden Sicherungseinrichtung entwickelt worden, die im Regelfall der kleineren bis mittleren Bankeninsolvenz faktische Vollabsicherung für die große Mehrheit der Bankeinleger gewährt. Lediglich in Fällen sehr hoher Einlagenwerte sind noch Einzelverluste denkbar.1402 Der Fonds hat grundsätzlich die Wahl zwischen der direkten finanziellen Unterstützung von Stützungsmaßnahmen, die regelmäßig bereits vor Anordnung eines aufsichtsrechtlichen Moratoriums er1400 Vgl. o.V., Frankfurter Sparkasse soll Konten der Metallbank kaufen, FAZ v. 10.5.2002, S. 19 – hier hatte offenbar das „Zielinstitut“ zunächst die Übernahme gegen einen finanziellen Ausgleich in Betracht gezogen, für den Fall der nachfolgenden Insolvenzeröffnung allerdings ausgeschlossen. Das Moratorium war am 1. Mai angeordnet worden (o.V., Für die Gontard & Metallbank ist kein Retter in Sicht, FAZ v. 8.5.2002, S. 20); nachdem das Institut der BAFin am 14. Mai die Überschuldung mitgeteilt hatte, wurde am 17. Mai das Insolvenzverfahren eröffnet (o.V., Gontard im Insolvenzverfahren, FAZ v. 18.5.2002, S. 16). 1401 Dazu schon oben sub a). 1402 So wurde im Fall des Freiburger Bankhauses Krebs publik, daß ein privater Konteninhaber von Einlagen in Höhe von 22 Mio. DM bis zur Höhe von 17 Mio. DM entschädigt wurde, vgl. Fesenmeier, Der Geheimnis-Krämer vom Münsterplatz, BZ v. 9.9.1995, S. 3.

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 483

folgen und gerade dazu dienen wird, dieses abzuwenden, und andererseits dem unmittelbaren finanziellen Ausgleich der betroffenen Einleger oder der Übertragung der Konten auf ein anderes Institut bei finanzieller Unterstützung durch den Fonds. Wird unmittelbare Entschädigung geleistet, erfolgt die in Nr. 20 AGB-Banken vorgesehene Abtretung der Ansprüche der Kunden an den Fonds; dieser wird mithin umfassend als Gläubiger im Insolvenzverfahren berechtigt. Die im Statut des Sicherungsfonds festgelegten umfassenden Prüfungsbefugnisse, ergänzt um erhöhte Beitragspflichten für die danach als weniger stabil eingestuften Institute, ermöglichen sehr weitgehende Einflußmöglichkeiten des Fonds auf das Geschäftsgebahren der mitwirkenden Institute. Deshalb und auch, weil die Fondsverwaltung ausschließlich in den Händen miteinander konkurrierender Marktteilnehmer liegt und folglich auf deren umfassende Marktkenntnis zurückgreifen kann, hat diese Form der Einlagensicherung neben der Schutzfunktion zugunsten der Einleger auch eine erhebliche disziplinierende Bedeutung. Im internationalen Vergleich trägt das deutsche System insoweit recht eigenständige Züge und ordnet sich in die internationale Konvergenz entsprechender Standards nicht eben bruchfrei ein. Ins Auge sticht insbesondere die in der Ausgestaltung der Absicherung liegende Abweichung von allgemeinen Standards, und zwar sowohl hinsichtlich der Ausrichtung nicht an absoluten Sicherungsgrenzen, sondern prozentual am haftenden Eigenkapital der Institute als auch hinsichtlich der faktisch nahezu unbegrenzten Absicherung für den Großteil aller privaten Guthaben.1403 Das Modell verzichtet damit auf die international, wie dargelegt, mittlerweile weitgehend akzeptierte höhenmäßige Begrenzung. Die hier anzustellende Bewertung muß sich angesichts dessen vor allem mit der Frage beschäftigen, inwieweit die Einlagensicherung die mit der umfassenden Absicherung verbundene Aussetzung disziplinierender Marktmechanismen1404 möglicherweise kompensiert (dazu unten sub c)). Als Vorfrage hierzu sollen zunächst (sub b)) allerdings die in der Literatur gelegentlich geäußerten grundsätzlichen Zweifel an der Berechtigung eines durch die Marktteilnehmer finanzierten Sicherungsmodells gewürdigt werden.

1403 Dies entspricht auch den Reformzielen als Reaktion auf den Herstatt-Zusammenbruch, vgl. Kronester, S. 93. 1404 Vgl. auch Th. Beck, S. 17.

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b) Zur Kritik am Finanzierungsmodell des Einlagensicherungsfonds aa) Stellungnahmen im Schrifttum Die Art und Weise der Finanzierung von Sicherungsfonds ist im deutschen Schrifttum wiederholt in die Kritik geraten. So ist im Vergleich mit dem Kreditsektor und mit Blick auf die Schaffung entsprechender Einrichtungen für den Bereich des Versicherungswesens prononciert geurteilt worden, es sei „nicht nachzuvollziehen, warum die solide arbeitenden [Unternehmen] im Falle des Konkurses eines Mitbewerbers zahlungspflichtig werden sollten.“ Es könne nicht Aufgabe der Mitbewerber sein, „die unsolide kalkulierenden Unternehmen durch Zahlung erheblicher Beträge zu unterstützen“; dies „widerspricht dem Prinzip des Wettbewerbs und der Auslesefunktion des Konkursrechts“ (sog. „free rider“-Problem).1405 Für den Bereich der Einlagensicherung im Kreditwesen sind entsprechende Bedenken allerdings nur selten ausgesprochen worden.1406 bb) Finanzierung durch die Marktteilnehmer als wettbewerbswidrige „Quersubvention“ solider zugunsten unsolider Kreditinstitute? Die oben zitierte Kritik bezieht sich zwar nur am Rande auf die Einlagensicherung durch den Bundesverband Deutscher Banken, erscheint aber zumindest hinsichtlich der grundlegenden Ablehnung einer durch die Wettbewerber finanzierten Ausfallhaftung auch auf diese übertragbar1407 und ist folglich im vorliegenden Kontext beachtlich. Allerdings begegnet die Anwendung der zum Versicherungsaufsichtsrecht zitierten Argumente auf die Ausgestaltung der Einlagensicherung durch den Bundesverband Deutscher Banken erheblichen Bedenken. Zu relativieren ist zunächst bereits das Argument der Abwälzung des Insolvenzrisikos unsolide wirtschaftender Unternehmen auf ihre vorsichtiger operierenden Geschäftspartner. Es ist vielmehr gerade die vom Einlagensicherungsfonds praktizierte ex ante-Finanzierung durch Umlagen aller Mitglieder, die auch das jeweils insolvente Institut selbst Vorsorge treffen und einen Beitrag zur Bewältigung der Insolvenzfolgen leisten läßt.1408 Weiter1405 So Henning, S. 30, ferner ebd., S. 130 ff. m. w. N. aus dem versicherungsrechtlichen Schrifttum. 1406 Vgl Bieg, S. 116 bei und in Fn. 729. 1407 Auch Dreher, FS Rittner, S. 93, 101 ff. stützt seine Überlegungen zur Einführung eines Sicherungsfonds im Versicherungswesen nicht zuletzt auf Erfahrungen mit dem Sicherungssystem des Kreditsektors. 1408 Zutreffend daher die von Dreher, FS Rittner, S. 93, 109; ZIP 1992, 1597, 1606/1610, wiederholt geäußerte Ablehnung gegenüber ex post-Lösungen.

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hin ist zu berücksichtigen, daß der Fonds mit der Bemessung der jährlichen Umlage aufgrund des Klassifizierungsverfahrens und mithin aufgrund der wirtschaftlichen Situation der teilnehmenden Banken bereits ein durchaus risikominderndes Element enthält. Zwar mag zutreffen, daß dieser Zweck und mithin auch der angestrebte Stabilisierungseffekt nur bedingt erreichbar sind,1409 doch wird die Wirkung jedenfalls nicht vollständig verpuffen, zumal die verbandsinterne Prüfung naturgemäß regelmäßig auf umfassender Marktkenntnis beruhen wird. Überdies werden die am Fonds mitwirkenden Marktteilnehmer trotz der oft durchaus massiven politischen Einflußnahme zugunsten einer Sanierungsaktion letztlich nicht zur finanziellen Unterstützung gezwungen.1410 Die Kritik an einer wettbewerbswidrigen Außerkraftsetzung von Marktmechanismen verkennt, daß die Hilfeleistung durchaus im Interesse der wirtschaftlich stabilen Marktteilnehmer liegen kann. Vielfach wird die Bereitschaft zur Stützungsaktion in weit geringerem Maße in einem staatlich erzwungenen Druck zugunsten eines eigentlich wettbewerbswidrigen Verhaltens zu suchen sein als vielmehr in einem von allen Seiten wohlverstandenen „quid pro quo“: Die finanzielle Belastung wird aufgewogen durch den Einfluß, den die am Sicherungsfonds teilnehmenden Marktteilnehmer aufgrund des umfassenden Mandats und insbesondere der sehr weitgehenden Prüfungskompetenzen des Fonds auf die Marktstruktur insgesamt erhalten. Die politisch gewollte umfassende Absicherung der Einlagen für den Krisenfall, die bis zur Sanierung in Fällen offenkundiger Mißwirtschaft (wie der Schmidt-Bank) reichen kann, wird so gewissermaßen indirekt entgolten durch ein erhebliches Maß an Gestaltungsmacht, deren Ausübung zugleich das Risiko der Inanspruchnahme umfassend zu minimieren geeignet ist. Gegenüber den Kritikern an einer durch die Marktteilnehmer finanzierten Lösung ist zudem zu erinnern, daß dieses Modell zumindest im Regelfall eine Sozialisierung von Insolvenzfällen vermeiden hilft und durch eine wirksame Marktkontrolle durch die Wettbewerber ersetzt wird, 1409

Zweifelnd hinsichtlich der Möglichkeit einer Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeit etwa für den Bereich des Versicherungswesens Henning, S. 134; ähnlich Hoeren, S. 151, und auch OLG Köln, Teilurt. v. 29.10.1992 – 18 U 35/92, ZIP 1992, 1617, 1622; grundlegend mit der versicherungsmathematischen Berechenbarkeit von Insolvenzrisiken im Kreditsektor befaßt sich die Arbeit von Schnetzer, passim. 1410 Im Fall der Schmidt-Bank dürfte die Entscheidung zugunsten einer Stützungsaktion beeinflußt haben, daß angesichts des Umfangs des Einlagengeschäfts dieser Bank die Entschädigung einen erheblichen finanziellen und organisatorischen Aufwand erfordert hätte, siehe dazu – im Vergleich zur oben sub f) cc) erörterten Entschädigungsaktion im Fall der Gontard & Metallbank – o.V., Frankfurter Sparkasse soll Konten der Metallbank kaufen, FAZ v. 10.5.2002, S. 19.

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welche die staatliche Aufsicht über den Sektor in zweifelsohne wünschenswerter Weise ergänzt. Auch wenn der Fonds gelegentlich Sanierungsbeihilfen gewährt hat und gewährt,1411 geht daher – trotz der (gerade im Fall der Schmidt-Bank unübersehbaren)1412 oft eher politischen und keineswegs rein marktwirtschaftlichen Motive für eine Rettungsaktion1413 – der Vorwurf einer Insolvenzverhinderung zu Lasten wirtschaftlich gesunder Marktteilnehmer letztlich fehl. Der wohl überwiegende Teil der Literatur identifiziert damit zu recht nicht die vermeintlich falsche Anreize setzende „Quersubventionierung“ zugunsten unsolider Institute als Hauptproblem der umfassenden Einlagensicherung durch den Fonds, sondern vielmehr die teilweise bereits angedeuteten, mit dem Fonds – kaum bestreitbar – verbundenen Gefahren einer wettbewerbs- und kartellrechtlich bedenklichen Machtkonzentration, die sich negativ auf neu eintretende und anderweitig „mißliebige“ Marktteilnehmer auswirken kann.1414 Anschaulich für die so umschriebenen Gefahren ist nicht zuletzt der Umstand, daß den Großbanken in § 7 Nr. 1 des Statuts eine besondere Stellung innerhalb des „Ausschusses für die Einlagensicherung“ als des Entscheidungsgremiums eingeräumt wird.1415 Es ist bezeichnend, 1411

Siehe dazu oben sub 6. b). In diesem Fall beruhte die Stützungsaktion nicht zuletzt auf einer Einflußnahme der bayerischen Landesregierung, welche die Liquidation der in einer wirtschaftlich schwachen Region beheimateten Bank aus politischen Gründen vermeiden wollte, vgl. erneut o.V., Vier Großbanken und Landesbank übernehmen Schmidt Bank, FAZ v. 19.11.2001, S. 17. 1413 Zweifelhaft und jedenfalls zu pauschal insofern m. E. die Überlegung bei Schöner, S. 63, der – unter Verweis auf die hinsichtlich des maßgeblichen Liquidationsregimes freilich anders gelagerte Praxis der US-amerikanischen FDIC – als Grund für die gelegentlich durch die Einlagensicherung vorgenommene Institutssicherung anführt, es sei diese häufig „wirtschaftlich sinnvoll, denn der Erhalt eines Kreditinstituts ist oft kostengünstiger als eine Liquidation und Entschädigung der Einleger“: Der Fall der Schmidt-Bank ist gerade Beispiel dafür, daß bloße Wirtschaftlichkeitserwägungen und hohe potentielle Liquidationskosten häufig nicht ausreichen werden, um den Sicherungsfonds zum Einschreiten zu motivieren, sondern daß politische Einflußnahme und öffentliche finanzielle Unterstützung hinzu treten müssen; je höher der Grad der Überschuldung im Einzelfall ist, desto weniger wird eine Institutssicherung mit Unterstützung des Fonds ohne entsprechenden Einfluß der öffentlichen Hand zu erzielen sein. 1414 Siehe – mit unterschiedlichen Schwerpunkten – erneut etwa Möschel, Monopolverband und Satzungskontrolle, S. 9 ff.; Bieg, S. 118 f.; Papenthin, S. 60–163; Schöner, S. 66 ff.; Dziallas-Laur, S. 107 ff.; Dreher, ZIP 1992, 1697, 1605 ff. (insbesondere zur Frage der Freistellungsfähigkeit des Sicherungsfonds nach § 102 II GWB); Hoeren, S. 123 ff. (insbesondere zur Vereinbarkeit mit Artt. 85 ff. EGV a. F. = Artt. 81 ff. EGV n. F. und der Möglichkeit einer Freistellung nach Art. 85 III a. F. = Art. 81 III EGV n. F.). Das BKartA hat gegen eine Freistellung nach § 102 II GWB keine Bedenken erhoben, vgl. z. B. Schöner, S. 68; Hoeren, S. 123 f., jeweils m. w. N. 1412

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daß sich die zur Einlagensicherung ergangene Rechtsprechung durchweg nicht mit der Frage der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit der Unterstützung „schwacher“ durch „starke“ Kreditinstitute befaßt, sondern vielmehr stets mit den Auswirkungen der Kartellwirkung der Sicherungssysteme.1416 Der Bundesverband selbst hat diesen Bedenken allerdings durch Einführung transparenter Prüfungsrichtlinien Rechnung zu tragen versucht, die insbesondere die Belastung kleiner und mittlerer Kreditinstitute durch die satzungsmäßigen Verpflichtungen reduzieren sollte.1417 Insgesamt werden die bestehenden Bedenken wohl heute in der Tat durch den Grundsatz der Gleichbehandlung im inneren Vereinsrecht hinreichend und gerichtlich überprüfbar kompensiert,1418 so daß die Rechtmäßigkeit der Organisation des Einlagensicherungsfonds zu bejahen ist. c) Zur Höhe der Absicherung Die vorstehenden Überlegungen sind zugleich Ausgangspunkt für eine abschließende Bewertung des durch den Einlagensicherungsfonds gewährten Schutzniveaus. Die Stellungnahmen in der Literatur zu dieser Frage sind bislang typischerweise durchaus positiv ausgefallen; der Sicherungsfonds habe sich „bewährt“.1419 Daran ist sicher zutreffend, daß die bisherige Praxis bei Bankeninsolvenzen für die Einleger außerordentlich befriedigende Ergebnisse gezeitigt hat. Eine derart hohe Absicherung ist freilich, wie gesehen, aus rechtspolitischer Sicht fragwürdig.1420 Überdies besteht – ungeachtet der Möglichkeit 1415

Danach setzt sich der zehnköpfige Ausschuß aus vier Vertretern der Großbanken, drei Vertretern der Regionalbanken, Auslandsbanken und der sonstigen Institute sowie drei Vertretern der Privatbankiers zusammen. 1416 Vgl. erneut BGH, Urt. v. 24.10.1988 – II ZR 311/87, BGHZ 105, 306 ff.; OLG Köln, Teilurt. v. 29.10.1992 – 18 U 35/92, ZIP 1992, 1617, 1622. 1417 Vgl. Dziallas-Laur, S. 92 ff. 1418 Überzeugend die Zusf. bei Schöner, S. 63 f. 1419 Vgl. z. B. Kronester, S. 132: es sei empirisch feststellbar, daß mit der Einführung der heutigen Einlagensicherung die Zahl der „offenen Insolvenzen“ im Kreditwesen zurückgegangen sei; ähnlich Scholl, JuS 1981, 88, 95. 1420 Dabei sollte, wie bereits oben § 4 sub c) aa) angedeutet, hinsichtlich der Schutzwürdigkeit der Kunden keineswegs lediglich auf deren – in der Tat bezweifelbare – Fähigkeit abgestellt werden, das Ausfallrisiko konkret zu erfassen (so aber charakteristisch etwa Dreher, ZIP 1992, 1597, 1601), sondern ist vielmehr zu fragen, ab welcher Einlagenhöhe dem einzelnen Bankkunden wie bei jeder anderen Anlageform das Ausfallrisiko ohne gesamtwirtschaftliche Konsequenzen zugemutet werden kann. Nochmals ist kritisch darauf hinzuweisen, daß die Reduktion der Betrachtung auf die bloße Erkennbarkeit die tiefere rechtspolitische Rechtfertigung für eine weitgehende Privilegierung der Bankeinlage gegenüber anderen risikobehafteten Anlageformen (wie etwa Aktien) völlig im Dunkeln läßt, zumal risikoärmere

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eines partiellen Ausgleichs hoher Einzelverluste durch Sonderumlagen1421 – die Gefahr einer Erschöpfung des Sicherungsfonds und damit einer Enttäuschung des weithin in das System gesetzten Vertrauens aufgrund des hohen Leistungsniveaus viel eher bei einer niedrigen Sicherungsgrenze. Einer gesamtwirtschaftlichen Krise bedarf es insoweit nicht, vielmehr reicht auch ein einzelner Insolvenzfall eines Instituts mit besonders umfangreichem Einlagengeschäft aus. Zu recht ist deshalb bemerkt worden, die Einlagensicherung durch den Sicherungsfonds eigne sich aufgrund des hohen Sicherungsniveaus nur für die Bewältigung kleinerer Ausfallvolumina.1422 Es ist bereits angeklungen, daß insoweit entgegen den oben zitierten Stimmen von einer „Bewährung“ des Fonds aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit nur sehr begrenzt ausgegangen werden kann. Zweifellos ist das System leistungsfähig, wie gerade die insgesamt durchaus kostspieligen Insolvenzfälle in den Jahren 2001 und 2002 gezeigt haben (Bankhaus Partin, Schmidt-Bank, Gontard & Metallbank), in denen, soweit aus Medienveröffentlichungen ersichtlich, die Einlagen jeweils uneingeschränkt in voller Höhe in der durch das Statut festgelegten Höhe abgegolten worden sind. Doch bleibt die Gefahr eines Versagens gerade in solchen Krisensituationen, in denen vertrauensbildende Maßnahmen in der Tat hilfreich sein können. Ob diese Gefahr angesichts der geringen Eintrittswahrscheinlichkeit hinreichend hoher Verluste und der Möglichkeit eines auch bei Annahme eines auf den Gesichtspunkt der Vertrauenshaftung gegebenen Weigerungsrechts im Extremfall außer Betracht bleiben kann,1423 erscheint zweifelhaft. Ein geringeres Sicherungsniveau könnte in derartigen Fällen jedenfalls den sozialpolitisch erwünschten Mindestschutz in einem weit stärker belastbarem Maße gewährleisten.1424 Auch der Hinweis auf die bestehenden MögAlternativen (etwa die Anlage in Hypothekenpfandbriefen oder Staatsanleihen) unbestreitbar zur Verfügung stünden. Bezeichnend für die argumentatorischen Schwächen der wohl herrschenden Meinung ist insoweit die Argumentation Drehers, a. a. O., gerade in ihrer auf ein konkretes Beispiel gestützten Kritik an der begrenzten Einlagensicherung; in dem zitierten Fall war der Schutz auf 6 Mio. DM je Einleger beschränkt (vgl. im übrigen auch das oben sub a) in Fn. 1402 zitierte Beispiel). Weshalb ein Einleger schützenswert sein sollte, der gewissermaßen auf „ein einziges Pferd“ setzt und derart hohe Vermögenswerte lediglich einem einzigen Vertragspartner anvertraut, ohne sich um eine hinreichende Risikostreuung zu bemühen, ist kaum begründbar. Bei derart hohen Werten versagt jedenfalls die sozialpolitische Begründung völlig, ohne daß dies offengelegt würde, denn Verluste in entsprechenden Größenordnungen werden kaum existenzbedrohende Gefährdungslagen hervorrufen, in denen mangels anderweitiger Absicherung das soziale Sicherungsnetz eingreifen müßte. 1421 Dazu oben sub 5. a). 1422 Vgl. etwa Seifert, S. 248 f.; Zimmer, S. 249; mit allerdings teilweise etwas widersprüchlicher Argumentation auch Dowe, S. 60. 1423 In diese Richtung argumentiert Seifert, S. 248 f.

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 489

lichkeiten, Leistungen zu verweigern, wenn dies die Kapazitäten des Fonds zu erschöpfen droht, vermag demgegenüber nicht völlig zu überzeugen. Zwar ist richtig, daß eine – ggf. partielle – Verweigerung der Auszahlung prima facie ein derartiges „Ausbluten“ in der Tat verhindern könnte, doch würde sie gerade im Extremfall wohl stets das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Stabilität des Sicherungssystems und damit letztlich des Kreditwesens insgesamt beeinträchtigen, dessen Schutz der Sicherungsfonds ja gerade dient. Auch deshalb wird kaum ein Weg an der Einsicht vorbeiführen, der Fonds verspreche mehr, als er im Ernstfall halten kann. Indessen ist freilich zu berücksichtigen, daß diesen Bedenken durchaus stabilisierende Vorteile gegenüberstehen, die ihrerseits ohne den umfassenden Charakter der Sicherung kaum denkbar sind. Diese Vorteile liegen vor allem in der weitreichenden Einflußnahme durch Sicherungsfonds und Prüfungsverband und mithin durch die konkurrierenden Marktteilnehmer auf das Geschäftsgebaren der mitwirkenden Institute begründet, die sich risikomindernd auf den gesamten Kreditsektor auswirkt und damit auch die Systemstabilität schützt. Nicht zuletzt der bereits erwähnte Umstand, daß in der Regel nicht die staatliche Aufsicht, sondern der Prüfungsverband finanzielle Schwierigkeiten der mitwirkenden Institute aufdeckt,1425 belegt dies recht eindeutig. In der Tat wird in diesem Modell die durch Einlegerverhalten vermittelte Marktdisziplin, die durch die umfassende Absicherung weitgehend ausgeschlossen wird, durch eine disziplinierende Kontrolle durch die Marktteilnehmer ersetzt und in durchaus effektiver Weise ausgeglichen.1426 Meßbar sind diese Konsequenzen freilich kaum; sie sind überdies nur im spezifischen Marktumfeld denkbar, in dem der Bundesverband Deutscher Banken eine dominierende Rolle spielt.1427 Eine abschließende Bewertung kann deshalb nur ambivalent ausfallen; mehr als die Erkenntnis, das Modell habe bislang in der Tat recht überzeugend funktioniert, sei an1424

Darüber hinaus ist zweifelhaft, ob – wie von Seifert, ebd. (soeben Fn. 1423), angenommen – entsprechende Gefahren für die Sicherungssysteme „in der Regel“ tatsächlich auf allgemeine Wirtschaftskrisen hindeuten, in denen jeder Versuch einer Institutionalisierung der Einlagensicherung ohnehin zum Scheitern verurteilt sein muß: Fälle wie jener der englischen Barings-Bank (dazu bereits oben § 2 sub C. II.) belegen vielmehr, daß auch bei einem ansonsten durchaus stabilen gesamtwirtschaftlichen Umfeld im täglichen Bankgeschäft die Kombination aus riskanten Geschäften und Lücken in internen Kontrollmechanismen sehr rasch Gefährdungssituationen verursachen können, denen selbst große Institute im Extremfall unter Umständen nicht mehr gewachsen sein könnten. Auch in einem derartigen Fall können umfassende Sicherungssysteme versagen, während von vornherein begrenzte Modelle ohne weiteres ihre Leistungsfähigkeit behalten würden. 1425 Siehe erneut oben sub 2. bei und in Fn. 1321. 1426 So schon Th. Beck, S. 17. 1427 Th. Beck, S. 18 f., 23 f.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

dererseits aber auch noch nicht ernsthaft gefordert worden, wird sich kaum gewinnen lassen.1428 IV. Die Entschädigungseinrichtung Deutscher Banken GmbH als Resultat der Umsetzung der EG-Einlagensicherungsrichtlinie

1. Überblick Nachdem der Versuch gescheitert war, durch Klage vor dem Europäischen Gerichtshof das Inkrafttreten der EG-Einlagensicherungsrichtlinie zu verhindern,1429 entschloß sich der deutsche Gesetzgeber zu einer Lösung, die den durch die Richtlinie gebotenen Mindestanforderungen insbesondere hinsichtlich der Pflichtmitgliedschaft sowie der Sonderregelungen für die Teilnahme ausländischer Kreditinstitute aus anderen Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft Rechnung tragen und gleichzeitig den Fortbestand der bisherigen Systeme – neben dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Deutscher Banken insbesondere die institutssichernden Regelungen für öffentliche Banken und Kreditgenossenschaften1430 – ermöglichen sollte. Ausdrücklich wurde darauf verzichtet, die bisherigen Systeme an die Vorgaben der Richtlinie anzupassen, was eine grundlegende Neuausrichtung erfordert hätte.1431 Ein Kernstück der Umsetzung war die Gründung neuer Sicherungseinrichtungen als Träger für die Pflichtabsicherung nach Maßgabe der Richtlinie.1432 § 6 I 1 EAG sieht insoweit die Errichtung der Einrichtungen als Sondervermögen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau vor, und zwar jeweils für eine der in S. 2 der Bestimmung genannten Institutsgruppen (privatrechtliche Institute, öffentlich-rechtliche Institute, sonstige Institute). Zusätzlich sieht § 7 EAG die Möglichkeit vor, die Aufgaben und Befugnisse einer Entschädigungseinrichtung i. S. d. EAG einer juristischen Person des Privatrechts im Wege der öffentlich-rechtlichen Beleihung1433 zu übertra1428

Vgl. auch die Bewertung bei Seifert, S. 249 ff.; Th. Beck, S. 23 f. Siehe dazu m. w. N. oben sub C. I. 1430 Siehe dazu erneut oben § 1 sub E. in Fn. 42. 1431 Vgl. den Entwurf der Regierungsfraktionen für das EAG, BT-Drs. 13/10188, S. 13 f. und insbesondere auch die Begründung zur Beschränkung auf die Mindestabsicherung in § 4 (ebd., S. 17): Es bleibe „den Instituten unbenommen, für eine weitergehende Absicherung außerhalb des Regelungsbereichs dieses Gesetzes zu sorgen“. Zum Gang der Gesetzgebung etwa Dreher, ZIP 1998, 1777, 1780 f.; Sethe, ZBB 1998, 305, 317. 1432 Zum Verhältnis zwischen Sicherungseinrichtung und BAFin nach dem EAG siehe nunmehr M. Wagner, S. 124 ff.; Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 50 ff. 1433 Siehe zu dieser Möglichkeit nur Hoeren, S. 94 ff. m. w. N. 1429

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 491

gen, wenn diese in der in Abs. 1 S. 2 näher definierten Weise „hinreichende Gewähr“ für ihre Leistungsfähigkeit bietet. Dazu gehört nach § 7 I 2 Nr. 2 ein Minimum von 1 Mio. Euro an eigenen Mitteln. Beliehene Entschädigungseinrichtungen unterliegen der Fachaufsicht durch die BAFin (§ 7 III EAG).1434 Für alle Modelle finden sich in § 8 EAG Regelungen über die Beitragspflicht der mitwirkenden Institute.1435 § 9 betrifft Prüfbefugnisse der Entschädigungseinrichtungen und korrespondierende Informations- sowie sonstige Mitwirkungspflichten der Institute, § 11 schließlich regelt den Ausschluß von der Entschädigungseinrichtung. Der Rechtsanspruch der Einleger auf Entschädigungsleistungen bestimmt sich nach §§ 3 (berechtigte Gläubiger),1436 4 (Umfang und Höhe des Anspruchs)1437 EAG. Die entsprechenden Vorschriften nutzen alle in der EG-Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen,1438 was die Intention des Gesetzgebers widerspiegelt, neben den existierenden Sicherungseinrichtungen nur den durch die Richtlinie geforderten Mindestschutz als verpflichtend für alle Institute bindend festzuschreiben. So sieht das EAG auch einen Selbstbehalt zu Lasten der Einleger i. H. v. 10% der Einlagen bis zur Sicherungsgrenze von 20.000 Euro vor (§ 4 II Nr. 1 EAG). Sobald die Entschädigungseinrichtung – nach Feststellung des „Entschädigungsfalls“ durch die BAFin gem. § 5 I EAG1439 – die Einleger in diesen Grenzen befriedigt, erfolgt ein Forderungsübergang im Wege der cessio legis nach § 5 V EAG. Aufgrund des Selbstbehalts bleiben die Gläubiger allerdings berechtigt, in der entsprechenden Höhe ihre Forderung im Insolvenzverfahren geltend zu machen. Anders als bei der Entschädigung durch den Einlagensicherungsfonds findet mithin keine vollständige „Ersetzung“ 1434 Ausf. zur Umsetzung der EG-Einlagensicherungsrichtlinie nunmehr M. Wagner, S. 19 ff. und passim. 1435 Diese wird aus verfassungsrechtlicher Sicht kontrovers beurteilt, vgl. einerseits H. Berger, WM 2003, 949 ff. m. w. N. (für Verfassungskonformität), andererseits Meißner, WM 2003, 1977 ff. mit Hinweisen auf entsprechende Gerichtsentscheidungen. 1436 Dazu näher M. Wagner, S. 80 ff. 1437 Ebd., S. 82 ff. 1438 Siehe erneut oben sub C. II. 2. 1439 Siehe hierzu schon oben sub III. 6. c). Vgl. ausf. zur Rechtsnatur der Feststellung nunmehr M. Wagner, S. 65 ff. (Allgemeinverfügung nach § 35 S. 1 VwVfG) sowie ebd., S. 75 ff. zu den Bewertungskriterien. Kritisch gegenüber der Pflicht zur unverzüglichen Feststellung des Entschädigungsfalls im Hinblick auf den damit ausgeübten Druck auf Sanierungsverhandlungen Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 33. Dagegen neuerdings M. Wagner, S. 79 mit dem Hinweis, daß realistischerweise Sanierungsbemühungen, wenn überhaupt, nur sehr kurze Zeit nach dem Wirksamwerden der Maßnahmen nach § 46a KWG noch Erfolg haben könnten. Dies deckt sich mit den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit, siehe noch unten § 13 sub B. II. 2.

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der Gläubiger durch die Einrichtung statt, die Auswirkungen auf die Struktur der Gesamtheit der Gläubiger im Insolvenzverfahren hätte. Die privaten Banken haben von der in § 7 EAG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht und mit der „Entschädigungseinrichtung Deutscher Banken GmbH“ eine eigenständige Sicherungseinrichtung gegründet, die für die privatrechtlichen Kreditinstitute und die Bausparkassen die Mindestabsicherung nach dem EAG wahrnimmt.1440 Diese Gesellschaft ist durch Rechtsverordnung vom 24. August 1998 beliehen worden.1441 Ihre Grundausstattung wurde durch Übertragung entsprechender Mittel aus dem Einlagensicherungsfonds vollzogen.1442 Die Prüfungsbefugnisse der neuen Einrichtung wurden dem auch für Prüfungen im Rahmen des Einlagensicherungsfonds zuständigen Prüfungsverband übertragen.1443 Bereits oben1444 im Zusammenhang mit der Darstellung des Einlagensicherungsfonds ist darauf hingewiesen worden, daß die Bedeutung der neuen Einrichtung regelmäßig (also bei Doppelmitgliedschaft) schon aufgrund der nach wie vor wesentlich umfassenderen Leistungen durch den Fonds im Grunde auf einen Ausgleich im „Innenverhältnis“ beschränkt ist. Aus diesem Grunde, aber auch aufgrund der Beschränkung auf ein Sicherungsniveau, das die durch die EG-Richtlinie vorgebenen Mindestanforderungen gesetzlich fixiert, aber nicht darüber hinausgeht, um den Fortbestand der bis dahin existierenden freiwilligen Sicherungseinrichtungen zu ermöglichen, erscheint eine über die bereits einleitend erfolgte Auseinandersetzung mit dem Regelungsgehalt hinausgehende Beschäftigung mit den Bestimmungen des EAG vorliegend entbehrlich.1445

1440 Hierzu und zum folgenden Dreher, ZIP 1998, 1777, 1780 f.; Sethe, ZBB 198, 305, 318 f. 1441 Verordnung über die Zuweisung von Aufgaben und Befugnissen einer Entschädigungseinrichtung an die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH“, BGBl. 1998-I, 2391. 1442 Hierzu und zur Finanzierung allgemein mit weiteren Angaben Dreher, ZIP 1998, 1777, 1781. 1443 Vgl. Dreher, ZIP 1998, 1777, 1781 f. 1444 Sub III. 7. c). 1445 Zu Einzelproblemen sei insoweit nochmals auf die erschöpfende, auch die Einlagensicherung bei anderen Institutsgruppen einbeziehende Darstellung von M. Wagner verwiesen.

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 493

2. Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Umsetzungslösung? a) Die Kritik Drehers Zurückgehend auf eine rechtsgutachtliche Stellungnahme im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des EAG hat Dreher erhebliche Zweifel an der Vereinbarkeit der gewählten Lösung mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Einlagensicherungsrichtlinie geäußert.1446 In der Beschränkung auf die Mindestanforderungen, ohne die bestehenden Sicherungseinrichtungen in ein Gesamtkonzept einzubeziehen, sieht Dreher eine Umgehung der Richtlinie. Die Kritik bezieht sich zunächst auf den Verzicht des Gesetzgebers auf eine einheitliche institutionelle Lösung und mithin auf das Bestreben, einen Fortbestand der bestehenden Sicherungsmöglichkeiten zu ermöglichen. Aus dem Sprachgebrauch der Richtlinie lasse sich ableiten, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber durchgängig von lediglich einer Sicherungseinrichtung pro Institutsgruppe ausgegangen sei; die „Aufspaltung der bestehenden Sicherung für einen einzigen Institutstyp auf zwei Systeme durch Schaffung eines neuen Systems und Beibehaltung des bisherigen Systems ohne Bezug zu den Richtlinienvorgaben kennt die Richtlinie nicht.“1447 Weiter unterlaufe der „lediglich formale Charakter der Aufspaltung in zwei Sicherungseinrichtungen“ den Zweck der Richtlinie, die bestehenden Sicherungssysteme innerhalb der Gemeinschaft auch im Interesse der Wettbewerbssicherung zu harmonisieren.1448 Ferner werde das sog. „Toppingup-Gebot“ nach Art. 4 II der Richtlinie umgangen, wonach Zweigstellen ausländischer Kreditinstitute sich dem Sicherungssystem im Aufnahmestaat anschließen können, wenn dieses eine höhere Sicherheit als das System des Herkunftslandes gewährt. Da die Mitwirkung am Einlagensicherungsfonds eigenen Bedingungen unterliege, die mit der Richtlinie nicht in Einklang zu bringen seien, würde ausländischen Instituten das „Topping-up“ faktisch verwehrt.1449 Insbesondere auch deshalb stelle sich das deutsche Umsetzungsmodell als verdecktes Niederlassungshindernis i. S. d. Art. 52 EGV (a. F. = Art. 43 EGV n. F.) dar.1450 Schließlich und wiederum mit 1446

ZIP 1998, 1777, 1780 ff. Dreher, ZIP 1998, 1777, 1780 (unter unzutreffender Berufung auf Everling, ZHR 162 (1998), 403, 407; Roth, ZBB 1997, 373 – den in dieser Hinsicht durchaus offenen Stellungnahmen derselben läßt sich die von Dreher, a. a. O. und ebd., S. 1783, dargelegte Auffassung der Unzulässigkeit einer „zweigleisigen“ Lösung nicht entnehmen, vielmehr wird lediglich allgemein von notwendigen Veränderungen des bestehenden Systems gesprochen). 1448 Dreher, ZIP 1998, 1777, 1780 f. 1449 Dreher, ZIP 1998, 1777, 1783. 1450 Dreher, ZIP 1998, 1777, 1784. 1447

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wettbewerbsbeschränkenden Konsequenzen unterlaufe das Modell das Erfordernis der Pflichtmitgliedschaft nach Art. 3 I der Einlagensicherungsrichtlinie.1451 b) Gegenstimmen In der Literatur ist der Standpunkt Drehers überwiegend auf Ablehnung gestoßen. Ein Zentralargument stützt sich insbesondere auf die Fragwürdigkeit der – in der Konsequenz der Ansicht Drehers liegenden – Alternative einer umfassenden Einbeziehung der bestehenden Sicherungssysteme vor dem Hintergrund des nationalen Verfassungsrechts. Vor dem Hintergrund des Grundrechtsschutzes aus Artt. 9 I, 12 I, 3 I GG i. V. m. dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei es nicht zu rechtfertigen, die bestehende freiwillige Einlagensicherung als Entschädigungseinrichtung i. S. d. EG-Richtlinie zu behandeln und ihr damit vor allem das Recht zu nehmen, im Gegenzug zu umfassenden, den durch die Richtlinie vorgeschriebenen Mindestschutz weit überschreitenden Einstandsleistungen ihre Mitglieder selbst nach eigenen Kriterien auszusuchen.1452 Weiter wird argumentiert, aus der Richtlinie folge gerade nicht zwingend die Beschränkung auf lediglich ein Sicherungssystem pro Institutsgruppe; sie verlange vielmehr nur mindestens ein gesetzlich anerkanntes System, das den Anforderungen der Richtlinie genüge.1453 Auch die Kritik an der „Aufspaltung“ des durch die Richtlinie geforderten Sicherungsumfangs in eine gesetzliche Mindestsicherung und einen freiwilligen Zusatzschutz laufe ins Leere, weil das EAG insoweit gerade keine Anerkennung der freiwilligen Sicherung i. S. d. Richtlinie bezweckt habe, sondern vielmehr die bestehenden Systeme durch die Einführung der gemeinschaftsweiten Mindestabsicherung lediglich habe unberührt lassen wollen. Daran ändere sich auch durch die Beleihung einer Tochtergesellschaft des Bundesverbands Deutscher Banken als Entschädigungseinrichtung i. S. d. EAG und die Ausstattung derselben mit Mitteln des Einlagensicherungsfonds nichts, schon weil der Charakter des Fonds als eigenständiges, „staatsfernes“ System ohne gesetzliche Grundlage auch in dieser Konstruktion gewahrt bleibe.1454 Eine Benachteiligung ausländischer Kreditinstitute lasse sich wegen der nicht diskriminierenden Aufnahmepraxis des Einlagensicherungsfonds nicht belegen; im übrigen greife auch inso1451

Dreher, ZIP 1998, 1777, 1785. Vgl. Sethe, ZBB 1998, 305, 317; Steuer, WM 1998, 2449, 2452; ausf. vor allem auch Herdegen, WM 1999, 1541 f., 1545 f., und, im Anschluß daran, auch Pannen, Krise und Insolvenz, S. 80 f. Kritisch gegenüber der von Dreher entwickelten Auffassung nunmehr auch M. Wagner, S. 189 f. 1453 Herdegen, WM 1998, 1541, 1542. 1454 Herdegen, WM 1998, 1541, 1543. 1452

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 495

weit der kartellrechtliche Aufnahmeanspruch aus § 26 GWB bei Vorliegen der Aufnahmekriterien.1455 c) Stellungnahme Eine realistische Bewertung der gegen die deutsche Umsetzungslösung vorgebrachten Kritik sollte von der Erkenntnis ausgehen, daß sich das durch den Einlagensicherungsfonds gewährte hohe Schutzniveau ohne die korrespondierenden Einflußrechte im Hinblick auf das Geschäftsgebahren der mitwirkenden Institute in der Tat kaum denken läßt – das oben so bezeichnete „quid pro quo“ ist in der Tat integraler Bestandteil des bisherigen Sicherungsmodells. Wäre die Pflichtmitgliedschaft durch eine Zwangszuweisung aller privaten Institute zum bestehenden Fonds auf die verbandseigene Einlagensicherung erstreckt worden, so ist angesichts des dann nicht mehr wirksam kontrollier- und einschränkbaren Ausfallrisikos kaum denkbar, daß die Bereitschaft der mitwirkenden Institute zur Gewährung eines derartigen Schutzumfangs weiter bestanden hätte. Eine solche Regelung wäre wohl tatsächlich auch mit den Freiheitsrechten des Grundgesetzes in Konflikt geraten, ohne daß das Gemeinschaftsrecht eine entsprechende, die Mindeststandards der Richtlinie weit überschreitende Lösung gefordert hätte. Eine Alternative hierzu hätte nur eine deutliche Reduktion des bestehenden Schutzniveaus geboten. Daß der deutsche Gesetzgeber diese Konsequenzen vermeiden wollte, kann auch deshalb nur als legitime Entscheidung bewertet werden, weil die durch den Fonds in gesamtwirtschaftlich „normalen“ Zeiten kaum bestreitbare disziplinierende Wirkung der Mitwirkungsbedingungen nur auf diese Weise erhalten werden konnte. Daß insbesondere ausländische Institute so in gemeinschaftsrechtswidriger Weise benachteiligt würden, läßt sich angesichts der bisherigen Aufnahmepraxis des Fonds in der Tat nicht belegen. Die Kritik Drehers an einer vermeintlich gemeinschaftsrechtswidrigen, aus einem „Zusammenwirken von deutschem Gesetzgeber und Einlagensicherungsfonds deutscher Banken“ resultierenden Privilegierung der bestehenden Sicherungssysteme geht daher fehl. Zwar handelt es sich in der Tat um eine gesetzgeberische „Umgehung“ der Gefahr, durch Anerkennung des Fonds als Pflichtentschädigungseinrichtung i. S. d. EAG die finanziellen Belastungen für die mitwirkenden Institute erheblich zu erhöhen,1456 doch 1455 Herdegen, WM 1998, 1541, 1544; siehe auch ebd., S. 1544 f. zur Gemeinschaftsrechtskonformität im Hinblick auf das inzwischen entfallene Exportverbot. 1456 So auch Herdegen, WM 1999, 1541, 1542 mit dem zutreffenden Hinweis, die Vorwürfe Drehers ließen sich deshalb nicht „mit leichter Hand beiseite schieben“.

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ist dieser Versuch im Ergebnis keineswegs gemeinschaftsrechtswidrig, sondern stellt vielmehr eine praxisnahe,1457 weder die Vorgaben der Richtlinie noch die Rechte ausländischer Kreditinstitute verletzende Lösung dar.1458 V. Zwischenzusammenfassung

Die Einlagensicherung für den hier allein interessierenden Bereich der privatrechtlich organisierten Kreditinstitute in Deutschland hat nach den durch die Umsetzung der EG-Einlagensicherungsrichtlinie bewirkten Änderungen eine zweiteilige Struktur erhalten. Auf der einen Seite existiert nach wie vor der Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken, der zumindest im Regelfall der kleineren und mittleren Bankeninsolvenz ein außerordentlich hohes Schutzniveau verspricht und statt einer bloßen „Auszahlung“ der Einleger im Insolvenzfall gelegentlich auch bestandserhaltende Sanierungsmaßnahmen finanziert, wobei das darin liegende Risiko einer wenig marktkonformen „Quersubventionierung“ durch die disziplinierenden Pflichten der teilnehmenden Institute und eine effektiv arbeitende verbandsinterne Prüfung weitgehend aufgehoben wird. Hinzu tritt nunmehr die Entschädigungseinrichtung Deutscher Banken GmbH, welche – ebenfalls (als beliehene Tochtergesellschaft) durch den Verband und damit die Marktteilnehmer selbst organisiert – die Mindestvorgaben der Einlagensicherungsrichtlinie, insbesondere im Hinblick auf die Pflichtmitgliedschaft für alle Kreditinstitute in einem anerkannten Einlagensicherungssystem, umsetzt. Faktisch fungiert diese Einrichtung für die gleichzeitig am Einlagensicherungsfonds mitwirkenden Institute als eine Ergänzung desselben; die gesetzliche Sicherung übernimmt den Mindestschutz, während der Fonds nach wie vor die Entscheidung über die Vorgehensweise im Einzelfall und damit die Wahl zwischen den verschiedenen Handlungsmöglichkeiten trifft. Kommt es zum Insolvenzfall, dann hat das hohe Schutzniveau insofern Vorteile, als wegen der Abtretung der Einlegeransprüche an den Fonds dieser als Gläubiger im Verfahren umfassend berechtigt wird, was die Verfahrensökonomie fördert.

1457 1458

Sethe, ZBB 1998, 305, 319. So im Ergebnis nun auch M. Wagner, S. 190.

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E. Einlagensicherung in England I. Die Entwicklung der gesetzlichen Einlagensicherung

Einlagensicherung in England ist als Institut ebenso „jung“ wie die gesetzliche Regulierung des Kreditwesens als solche.1459 Eine sehr beschränkte1460 Einlagensicherung in Gestalt des durch die Marktteilnehmer finanzierten „Deposit Protection Fund“ (im folgenden: „der Fund“) erfolgte erst mit Inkrafttreten des Banking Act 1979, der zugleich die Mitgliedschaft für alle Institute bindend vorschrieb.1461 Die Einführung stieß auf Widerstand insbesondere mittlerer bis großer Banken, der sich auch auf wettbewerbliche Argumente stützte.1462 Die Errichtung des Funds benötigte vor allem aus organisatorischen Gründen einige Zeit, so daß sich die Gründung bis zum Februar 1982 hinauszögerte.1463 Verwaltet wurde der Fund durch das sog. „Deposit Protection Board“ unter Vorsitz des Gouverneurs und des stellvertretenden Gouverneurs der Bank of England; beteiligt waren weiterhin Mitarbeiter der Bank of England sowie Vertreter der Marktteilnehmer.1464 Die Einlagensicherung beschränkte sich auf die Auszahlung der Einleger bis zur gesetzlichen Sicherungshöhe. Stützungsmaßnahmen zugunsten insolventer Banken kamen weiterhin nur außerhalb der institutionalisierten Einlagensicherung in Betracht.1465 Die organisatorischen Regelungen wurden unter dem Banking Act 1987 im wesentlichen weitergeführt;1466 auch weiterhin blieb der Fund eine staatlich verwaltete, durch die Marktteilnehmer finanzierte Einrichtung.1467 Die Bereitstellung der Mittel erfolgte im Wege eines „kombinier1459

Siehe zur Gesetzgebungsgeschichte allgemein erneut oben § 2 sub C. Insbesondere hinsichtlich der Art der gesicherten Einlagen und der Höhe des Selbstbehalts, vgl. Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 379: nur Einlagen in Pfund Sterling bis zur Höhe von 75%. Nach s. 29(1) Banking Act 1979 war die Sicherungshöhe ursprünglich beschränkt auf Einlagen bis 10.000 Pfund Sterling. 1461 Vgl. auch Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 36, 45; zu ähnlichen Sicherungseinrichtungen für andere Finanzdienstleister ebd. S. 376; Cartwright/Campbell (2003) 5:1 Journal of International Banking Regulation 9 ff. 1462 Vgl. Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 377 bei und in Fn. 185. 1463 Hierzu Dowe, S. 46 m. w. N. 1464 Vgl. im einzelnen Sch. 5 des Banking Act 1979. 1465 Vgl. Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 377 bei und in Fn. 184 unter Hinweis auf die Entscheidung in Halifax Building Society v. Registrar of Friendly Societies [1978] 3 All E.R. 403 (Ch.D.), die sich mit einer solchen Stützungsaktion für eine insolvenzbedrohte „Building Society“ zu befassen hatte. 1466 Vgl. s. 50 i. V. m. Sch. 4 Banking Act 1987; siehe auch Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 376 f. 1467 Vgl. zunächst ss. 50 ff. Banking Act 1987. 1460

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ten ex ante/ex post“-Modells,1468 das neben einmaligen Aufnahmebeiträgen1469 und weiteren, durch bestimmte Schwellenwerte an den jeweiligen Finanzbedarf des Fonds gebundenen Beiträgen1470 Sonderbeiträge im Falle der Erschöpfung oder eines Absinkens der Fondsmittel unter ein bestimmtes Mindestmaß1471 vorsah.1472 Die EG-Einlagensicherungsrichtlinie ist in England mit den Credit Institutions (Protection of Depositors) Regulations 1995 (SI 1995/1442) im Verordnungswege umgesetzt worden. Nachdem die Richtlinie jedenfalls grundsätzlich kaum von der bisherigen Form der Einlagensicherung in England abwich, konnte sich die Umsetzung auf bloße Anpassungen am bestehenden System beschränken. Im wesentlichen betraf dies die Anhebung der Mindestsicherungshöhe auf bis zu 90% bis zur Höhe von 20.000 Pfund Sterling bzw. dem jeweiligen Umrechnungswert von 22.333 Euro, den Kreis der gesicherten Anlageformen und schließlich die Absicherung von Zweigstellen von Instituten aus anderen EG-Mitgliedsstaaten.1473 Die Einlagensicherung in England war mithin stets auf einen Mindestschutz aus sozialpolitischen Erwägungen beschränkt.1474 Nach s. 62 Banking Act 1987 (i. d. F. der Umsetzungsverordnung SI 1995/1442, Regulation 34) galt bei der Auszahlung der entsprechenden Summe die Verbindlichkeit der Bank gegenüber dem Einleger als befriedigt; in dieser Höhe erwarb das Deposit Protection Board eine gegenüber dem restlichen Anspruch des Einlegers vorrangig aus dem Liquidationserlös zu befriedigende Forderung gegen das betroffene Institut.1475 Aufgrund dieser Regelung blieben zwar die bisherigen Gläubiger im Insolvenzverfahren berechtigt, doch erwarb das Deposit Protection Board immerhin erheblichen Einfluß im Verfahren, der auch dazu genutzt werden konnte, eine rasche Liquidierung herbeizuführen, selbst wenn dies nicht im Interesse der Gläubiger insgesamt war.1476 In der beschriebenen Weise operierte die Siche1468

So Dowe, S. 64. Initial contributions, s. 53 Banking Act 1987. 1470 Further contributions, s. 54 Banking Act 1987. 1471 Special contributions, s. 55 Banking Act 1987. 1472 Vgl. zu Einzelheiten ausf. Dowe, S. 65 ff.; Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 380. 1473 Vgl. Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 379 f.; siehe auch Norton, Deposit Protection, S. 31, 32 (dort den von Walker verfaßten Landesbericht zur Rechtslage in England). 1474 Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 376. 1475 Vgl. Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 382; s. 58(8), (9) i. d. F. des SI 1995/1442, reg. 30(6). 1476 Ebd. unter Hinweis auf eine unveröffentlichte Entscheidung zum BCCI-Fall, in dem ein derartiger Konflikt offenbar aufgetreten war. 1469

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 499

rungseinrichtung bis zum Inkrafttreten der unten zu untersuchenden Neuregelungen unter dem Financial Services and Markets Act 2000, das für die Sicherung von Kundenforderungen am 1. Februar 2002 erfolgte.1477 II. Die heutige Rechtslage – das Financial Services Compensation Scheme

1. Rechtsgrundlagen Trägerin der Entschädigungseinrichtungen für alle Arten von Finanzdienstleistungen ist nunmehr das nach Maßgabe des Part VI Financial Services and Markets Act 2000 gegründete „Financial Services Compensation Scheme Limited“ (FSCS), eine Tochtergesellschaft der Financial Services Authority, die die Funktion eines „Scheme manager“ erfüllt und deren leitendes Personal durch die FSA ernannt wird.1478 Das frühere Deposit Protection Board – wie die anderen bestehenden Sicherungseinrichtungen etwa für Versicherungsnehmer1479 – wurde in diese Einrichtung inkorporiert. Die bis dahin bestehenden Sicherungseinrichtungen führen allerdings nach Inkrafttreten der Neuregelung auch weiterhin insofern ein „Eigenleben“, als sich das FSCS dazu entschlossen hat, die durch s. 214(1)(b) FSMA 2000 eröffnete Möglichkeit zur Errichtung separater Fonds für unterschiedliche Arten von Ansprüchen zu nutzen, um den Eigenheiten des jeweiligen Sektors hinreichend Rechnung tragen zu können.1480 Auch hinsichtlich des Financial Services Compensation Scheme sind der FSA umfassende Befugnisse zur Konkretisierung der gesetzlichen Regelungen eingeräumt, während sich das Gesetz selbst auf allgemein gehaltene, grundsätzliche Bestimmungen beschränkt. Die FSA hat am 1. Dezember 2001 „Rules“ zur Organisation des Financial Services Compensation Scheme, zur Erhebung und Verwaltung der Fondsmittel und zur Erbringung der Entschädigungsleistungen im Krisenfall erlassen, die im Teil „COMP“ des „Handbook of Rules and Guidance“1481 zusammengefaßt wurden. Ferner sind Übergangsregelungen für Entschädigungsfälle geschaffen worden, die aus der Geschäftstätigkeit von Finanzdienstleistern vor Inkrafttreten der Neuregelung resultieren.1482 Beidem ist ein Konsultationsprozeß zu grundle1477 Hierzu und zum folgenden vor allem den Landesbericht von Walker in: Norton, Deposit Protection, S. 31, 33 ff.; siehe ferner auch die Übersicht von M. Blair, in: ders. (u. a.), S. 179 ff. 1478 Vgl. ss. 212(4), (5), 213 FSMA 2000. 1479 Vgl. hierzu etwa M. Blair, in: ders. u. a. (Hrsg.), S. 179 f. 1480 Vgl. hierzu M. Blair, in: ders. u. a. (Hrsg.), S. 179, 180 und zur Trennung der Gelder insbesondere im Hinblick auf die Verwendbarkeit für einzelne Entschädigungsleistungen Handbook, Teil „COMP“, Rn. 13.4.9 ff. 1481 Siehe dazu bereits oben § 3 sub B. II. 2.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

genden Aspekten der Einlagensicherung und den Details der Fondsstruktur und -verwaltung vorangegangen, der hier nicht erörtert werden soll;1483 vorliegend von Interesse ist in erster Linie die endgültige Fassung der Regelungen, wie sie in den „Rules“ Ausdruck gefunden hat. Diese werden ergänzt durch die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen für die Tätigkeit des FSCS, die sich aus dem Gründungsvertrag ergeben, sowie durch eine Absprache zwischen FSCS und FSA über die wechselseitige Zusammenarbeit.1484 Die Entschädigungseinrichtung ist verpflichtet, Anspruchsinhaber über ihre Rechte aufzuklären1485 und gibt zu diesem Zweck über ihre Internetseiten umfassend Auskunft über ihre Tätigkeit und die Art und Höhe der Hilfeleistung in Insolvenzfällen.1486 Sie ist auch verpflichtet, ihre nach s. 214 FSMA 2000 zu erlassenenden Verfahrensgrundsätze für die eigene Verwaltungstätigkeit und die Art und Weise der Hilfeleistung mit den Grundsätzen eines fairen Verfahrens in Einklang zu bringen.1487 2. Das Mandat des Financial Services Compensation Scheme Nach s. 213(1) FSMA 2000 dient das FSCS dazu, Gläubiger zu entschädigen „in cases where relevant persons are unable, or are likely to be unable, to satisfy claims against them.“1488 Bereits diese Bestimmung läßt erkennen, daß das englische System in erster Linie eine echte Entschädigungsfunktion erfüllt. Dies ergibt sich auch aus dem Umstand, daß die 1482 Vgl. hierzu vor allem FSA, Policy Statement: Financial Services Compensation Scheme, Transitional rules – response to CP 108, Management Expenses Levy Limit (1 December 2001 to 31 March 2002) – response to CP 109. 1483 Siehe hierzu die Verlautbarungen der FSA: Consultation Paper 5 (Dezember 1997): Consumer Compensation; Consultation Paper 24 (Juni 1999): Consumer Compensation: a further consultation; Consultation Paper 58: Financial Services Compensation Scheme Draft Rules; Consultation Paper 86 (März 2001): Financial Services Compensation Scheme Draft Funding Rules; Consultation Paper 108 (September 2001): Financial Services Compensation Scheme Draft Transitional Rules; Consultation Paper 109 (September 2001): Financial Services Compensation Scheme Management Expenses Levy Limit (Period: N2 to 31 March 2002) sowie den Nachw. soeben Fn. 1482. 1484 Vgl. hierzu Handbook, Teil „COMP“ 1, Abschnitt 1.2: „The FSCS“ sowie zum letztgenannten Dokument den Text im Wortlaut: „Memorandum of Understanding Between the Financial Services Authority and the Financial Services Compensation Scheme“ . 1485 Handbook, Teil „COMP“, Rn. 2.2.3. 1486 Vgl. www.fscs.org.uk. 1487 Vgl. Handbook, Teil „COMP“, Rn. 2.2.8; vorzusehen ist danach auch ein förmliches Beschwerdeverfahren. Die inzwischen auf dieser Basis erlassenen Verfahrensgrundsätze sind veröffentlicht unter www.fscs.org.uk/about_us/rules_&_ policies.

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 501

Auszahlung an geschützte Gläubiger („eligible claimants“) grundsätzlich an die förmliche Feststellung des Entschädigungsfalls durch die FSA bzw. den Erlaß eines gerichtlichen Beschlusses gebunden ist, dessen unmittelbare Folge die Zahlungsunfähigkeit des betroffenen Instituts ist.1489 Allerdings kann das FSCS über die bloße Auszahlung hinaus finanzielle Beihilfen für die Einleitung von Insolvenzverfahren gegen betroffene Finanzinstitute durch mögliche Anspruchsinhaber gewähren, wenn dies im Interesse seiner Aufgaben sinnvoll ist.1490 Dies dürfte grundsätzlich vor allem dann der Fall sein, wenn sich auf diese Weise eine erleichterte Anspruchsermittlung bewirken oder nur so der Geschäftsbetrieb wirksam kontrollieren läßt. Nachdem allerdings – wie oben dargelegt – bei Banken der Insolvenzantrag regelmäßig durch die Aufsicht selbst gestellt wird, ist sehr zweifelhaft, ob sich eine derartige Unterstützung auch im Falle einer Bankeninsolvenz sinnvoll denken läßt und ob diese Möglichkeit nicht eher für andere Finanzdienstleister als für Banken in Betracht kommen wird. Die finanzielle Unterstützung für insolvenzabwendende Sanierungsmaßnahmen aus Fondsmitteln ist mithin auch im neuen Recht nicht vorgesehen. Für den Kreditsektor gelten insoweit andere Regeln als für den Bereich des Versicherungswesens, für den ss. 216, 217 FSMA 2000 ausdrücklich die Möglichkeit eröffnen, die Übertragung des jeweiligen Geschäftsbetriebs auf andere Institute zu finanzieren, um bereits im Vorfeld der eigentlichen Zahlungsunfähigkeit eine kontinuierliche Bedienung der Ansprüche aus Versicherungsverträgen zu gewährleisten. Für Kreditinstitute kommen vergleichbare Lösungen, etwa die begrenzte Finanzierung des insolventen Geschäftsbetriebs zur Sicherstellung laufender Geschäfte oder die durch den Fonds finanzierte Übertragung des gesamten Einlagengeschäfts auf ein anderes Kreditinstitut, schon aufgrund dieser Beschränkung auf Versicherungsunternehmen nicht in Betracht; dies ergibt sich im übrigen auch als Konsequenz aus dem begrenzten Sicherungsniveau.1491 Von Bedeutung auch für Kreditinstitute sind indes die noch zu erörternden Regelungen, wonach Leistungen an die geschützten Gläubiger an die vollständige Abtretung aller, d.h. auch der ungeschützten Ansprüche an das betroffene Institut geknüpft werden kann. Nimmt das FSCS diese Möglich1488 „Relevant persons“ sind dabei nach s. 213(9), (10) FSMA 2000 vor allem „authorised persons“ bzw. waren solche in dem Zeitpunkt, in dem die fragliche Forderung begründet wurde. 1489 Vgl. Handbook, Teil „COMP“, Rn. 6.3.1 ff.; die Feststellung durch die FSA ist danach (vgl. ebd., Rn. 6.3.3) ihrerseits an den Eintritt in eines der förmlichen Insolvenzverfahren der oben § 5 sub B. I. 2. skizzierten Art gebunden. 1490 Handbook, Teil „COMP“, Rn. 2.2.4. 1491 Siehe sogleich unten sub 3.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

keit wahr, so erwirbt es mithin seinerseits umfassende Beteiligtenrechte im Insolvenzverfahren und kann etwa Einfluß auf eine etwaige Vergleichslösung nehmen. 3. Höhe der Absicherung Die Höhe der Absicherung wird wiederum nicht durch das Gesetz festgelegt, sondern ihrerseits durch die FSA in den „Rules“ bestimmt. Die bisherige Beschränkung auf eine Mindestabsicherung aus rein sozialpolitischen Motiven ist dabei ausdrücklich auch aus Rücksicht auf die Kostenbelastung für die beitragspflichtigen Institute beibehalten worden.1492 Geschützt sind 100% aller Ansprüche eines Einlegers gegen ein insolventes Kreditinstitut bis zur Höhe von 2.000 Pfund Sterling sowie 90% des darüber hinausgehenden Betrags bis zur Einlagenhöhe von 33.000 Pfund Sterling, so daß sich eine absolute Höchstgrenze des auszuzahlenden Betrags pro Einleger in Höhe von 31.700 Pfund Sterling ergibt.1493 Geschützt sind grundsätzlich nur solche Ansprüche der Kunden gegen die betroffene Bank, gegen die keine Aufrechnung vollzogen werden kann.1494

4. Finanzierung Auch das oben sub I. dargestellte Finanzierungskonzept ist jedenfalls in Grundzügen beibehalten worden. Die beitragspflichtigen Institute leisten so zunächst eine Jahresumlage zur Finanzierung der laufenden Kosten des Fonds (sog. „Base Cost Levy“). Reichen die so erhobenen Mittel zur Finanzierung des laufenden Haushalts oder der Kosten für eine Entschädigungsaktion nicht aus, kann das FSCS jederzeit eine „Management Expenses Levy“ bzw. eine „Compensation Cost Levy“ erheben.1495 Als Berechnungsbasis für die jeweilige Beitragsverpflichtung dient der jeweilige Geschäftsbetrieb ausweislich der aktuellen Jahresabschlüsse. Eine Risikogewichtung bezüglich der Beitragspflicht findet mithin nicht statt.

1492 Vgl. ausf. zu den einzelnen Gesichtspunkten FSA, Consultation Paper 58, Rn. 5.8 ff. (Cost/Benefit Analysis). 1493 Handbook, Teil „COMP“, Rn. 10.2.3 i. V. m. Rn. 10.2.1. 1494 Vgl. hierzu Handbook, Teil „COMP“, Rn. 12.2.4 (Definition der geschützten „net claims“). 1495 Siehe hierzu allgemein Handbook, Teil „COMP“, Abschnitt 13.4 sowie ebd. Rn. 13.4.5 zur Begrenzung derartiger Beiträge für Kreditinstitute.

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 503

5. Verzahnung von Sicherung und Krisenbewältigung durch Aufsichts- und Insolvenzrecht Das Zusammenwirken von Krisenbewältigungsmaßnahmen und dem Eingreifen der Einlagensicherung ergibt sich im englischen Recht im Grundsatz aus der oben sub 2. bereits erwähnten Abhängigkeit der Auszahlungsleistungen von der Feststellung des Entschädigungsfalls, die jeweils mit Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erfolgen wird. Weitere Vorgaben ergeben sich aus Abschnitt 11 des Handbook, Teil „COMP“. Dabei hat die Auszahlung der gesicherten Forderungen grundsätzlich unmittelbar auf die Feststellung der Anspruchshöhe zu erfolgen. Wenn sicher ist, daß eine Entschädigung zu leisten sein wird, aber beispielsweise die genaue Höhe streitig ist, kann das FSCS auch einstweilige Leistungen in begrenzter Höhe erbringen.1496 Insbesondere auch im Hinblick auf die Durchführung der Entschädigungsleistungen haben FSCS und FSA einen umfassenden Informationsaustausch vereinbart.1497 Wie angedeutet, erfolgt auf Verlangen der FSCS die Auszahlung nur gegen Abtretung der jeweils abgegoltenen Ansprüche.1498 Von besonderem Interesse ist dabei, daß die Abtretung auch von Ansprüchen oberhalb der Sicherungshöhe verlangt werden kann; das FSCS nimmt dann insoweit gewissermaßen die Funktion einer Inkassostelle wahr und muß die für die jeweilige Forderung erlangte (Teil-)Befriedigung an den ursprünglich berechtigten Gläubiger auskehren.1499 Dabei ist sicherzustellen, daß die Gläubiger durch den Verzicht auf ihre Einflußmöglichkeiten im Verfahren nicht wirtschaftlich schlechter gestellt werden, als sie bei einer Regelabwicklung stünden.1500 III. Zwischenzusammenfassung und Bewertung

Wie bereits unter den Vorgängerregelungen durch den Banking Act 1987, beschränkt sich die Einlagensicherung in England auch unter dem Financial Services and Markets Act 2000 auf eine sozialpolitische Mindestsicherung zugunsten der Inhaber kleiner Spar- und Giroeinlagen. Die Einlagensicherung wird nach wie vor einheitlich für alle Kreditinstitute geregelt; es handelt sich um eine durch die Marktteilnehmer finanzierte Pflichtabsicherung, 1496

Handbook, Teil „COMP“, Rn. 11.2.4 ff. Vgl. das vereinbarte „Memorandum of Understanding“ (oben sub 1. Fn. 1484), Tz. 7, 8, 10. 1498 Vgl. Handbook, Teil „COMP“, Rn. 7.2.1. 1499 Handbook, Teil „COMP“, Rn. 7.2.4. 1500 Handbook, Teil „COMP“, Rn. 7.2.5. 1497

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

deren Schutz im wesentlichen auf die durch die Einlagensicherungsrichtlinie geforderte Mindestabsicherung beschränkt ist. Dies gilt insbesondere auch für den durch Art. 7 IV der Richtlinie ermöglichten Selbstbehalt in Höhe von 10% der geschützten Einlagen, den das englische Modell wie bereits unter der Vorgängerregelung vorschreibt. Jedenfalls im Grundsatz bleiben damit die Einleger oberhalb der Mindestsicherung vollumfänglich als Gläubiger im Insolvenzverfahren beteiligt. Die Neuregelung der Einlagensicherung durch den FSMA 2000 hat freilich insofern eine gewichtige Änderung erbracht, als Leistungen durch die Entschädigungseinrichtung nunmehr an die Bedingung der Abtretung auch der nicht geschützten Einlagen gebunden werden können und das FSCS mithin auch insoweit im Insolvenzverfahren als Gläubiger auftreten kann. Der hinsichtlich des deutschen Einlagensicherungsfonds konstatierte Effekt einer Stärkung der Verfahrensökonomie durch Minimierung der Zahl der beteiligten Gläubiger wird sich damit nunmehr auch nach englischem Recht bewirken lassen. Das englische Modell erscheint freilich problematisch. Zwar kann es den Vorteil der Praktikabilität für sich in Anspruch nehmen, die sich – insoweit ähnlich dem Einfluß des deutschen Einlagensicherungsfonds als eines umfassend berechtigten Gläubigers1501 – vor allem aus der so bewirkten Minimierung der Zahl der Verfahrensbeteiligten und deren Ersetzung durch einen professionellen Berechtigten ergibt. Doch ist der damit bewirkte Rechtsverlust ohne entsprechende, unmittelbare finanzielle Kompensation nicht zu übersehen. Auf die oben erwähnte Privilegierung von Ansprüchen der Sicherungseinrichtung gegenüber den ungesicherten Forderungen entschädigter Einleger, die unter dem Banking Act 1987 vorgesehen war,1502 hat die Neuregelung insoweit um den Preis einer erheblich stärkeren Beschränkung der Gläubigerrechte verzichtet. Präzedenzfälle hierzu liegen zwar naturgemäß noch nicht vor, doch ist wohl nicht auszuschließen, daß die nunmehr eingeräumte umfassende Befugnis des FSCS, Vergleichslösungen auszuhandeln und zu erzwingen, angesichts des darin begründeten Konflikts zwischen dem Interesse des Fonds (und seiner Teilnehmer) an einer Minimierung seiner Verluste und denen der Einleger Anlaß zu Streitigkeiten geben könnte. Die in den „Rules“ begründete Verpflichtung, Gläubigerverluste und insbesondere eine Ungleichbehandlung von Gläubigern zu vermeiden, die ihre Ansprüche gegenüber dem FSCS zu unterschiedlichen Zeitpunkten während des Insolvenzverfahrens anmelden, erscheint insoweit jedenfalls schon deshalb als nur beschränkt wirksames Korrektiv, weil sie nach dem Wortlaut der „Rules“ kaum justitiabel sein dürfte.1503 Die Regelung ist zwar gemeinschaftsrechtskonform, weil 1501 1502

Siehe bereits oben sub II. 2. Siehe erneut oben sub 1. bei und in Fn. 1475.

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 505

alle Vorgaben der EG-Einlagensicherungsrichtlinie erfüllt werden, doch ist fraglich, ob der gewünschte Effekt nicht um den zu hohen Preis einer kaum akzeptablen Beschneidung der Gläubigerrechte erzielt worden ist. F. Vergleichende Würdigung I. Einführung

Die in beiden Rechtsordnungen für den Schutz der Einleger im Insolvenzfall entwickelten Lösungen weisen erhebliche Unterschiede auf. Vor allem das stark abweichende Sicherungsniveau, aber auch die – damit eng verknüpften – unterschiedlichen Funktionen, welche die Sicherungseinrichtungen innerhalb der Abwicklung von Bankenkrisen ausüben, spiegeln grundlegende konzeptionelle Unterschiede wider. Ungeachtet der durch das Inkrafttreten des EAG in Deutschland bewirkten Annäherung der nationalen Einlagensicherung an international verbreitete Standards, ist die deutsche Lösung insgesamt geradezu ein Gegenmodell zur auch in England geltenden Konzeption der Einlagensicherung als beschränktes Schutzinstrument insbesondere für sozial schwache Einleger. Beide Konzepte sind daher nur sehr beschränkt miteinander vergleichbar. Dies gilt umso mehr, als, wie angedeutet, das deutsche Modell des Einlagensicherungsfonds wohl tatsächlich ohne die spezifische Marktstruktur und insbesondere die dominierende Stellung des Bundesverbands Deutscher Banken als Monopolverband undenkbar ist. Die nachfolgende Bewertung kann daher nur die wesentlichen Vor- und Nachteile der beiden Ansätze gegenüberstellen, ohne daß sich letztlich ein allgemein für die internationale Standardsetzung zu empfehlendes Modell wird definieren lassen. Sie wird sich indes neben einer vergleichenden Zusammenschau der vorstehend erörterten Einlagensicherungsmodelle (dazu sogleich unten sub II.) noch mit zwei Aspekten zu befassen haben, die unabhängig von der politischen Grundentscheidung bezüglich des Schutzniveaus sind und wiederum eher in den Bereich „technischer“ Umsetzungskonzepte fallen. Es handelt sich zum einen um das wiederholt als Alternative zur „Fondslösung“ diskutierte Modell einer echten, individuell durch jeden Marktteilnehmer abzuschließenden „Versicherung“ von Einlagen (dazu unten sub III.) sowie die insbesondere in Deutschland gelegentlich erwogene Ersetzung einer Einlagensicherung durch Insolvenzprivilegien zugunsten der Einleger in der Bankeninsolvenz (dazu unten sub IV.). 1503 Vgl. erneut Handbook, Teil „COMP“, Rn. 7.2.5: „The FSCS must endeavour to ensure that a claimant will not suffer disadvantage arising solely from his prompt acceptance of the FSCS’s offer of compensation compared with what might have been the position had he delayed his acceptance.“ (eig. Hervorhebungen).

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung II. Einlagensicherung in Deutschland und England im Vergleich

Die Unterschiede zwischen den Einlagensicherungssystemen beider Rechtsordnungen sind, wie eingangs dieser Stellungnahme angedeutet, erheblich. Das deutsche Modell ermöglicht gerade aufgrund des damit gewährten hohen Sicherungsniveaus einen umfassenden Einfluß der mitwirkenden Banken zunächst auf das Geschäftsgebahren konkurrierender Institute, dessen disziplinierende Wirkung (allerdings um den Preis wettbewerbswirksamer Einschränkungen) potentiell stabilisierend auf den Gesamtsektor wirkt, und sodann auf die konkrete Ausgestaltung der Krisenbewältigung, nicht zuletzt im Rahmen der gelegentlichen Unterstützungsaktionen zugunsten an sich insolvenzreifer Institute. Der Einlagensicherung englischer Prägung sind diese Einflußmöglichkeiten gänzlich fremd. Sie ist auf eine reine Entschädigungsfunktion beschränkt, und die informelle Sanierung von Kreditinstituten ist ausschließlich ad hoc-Abreden zwischen Marktteilnehmern und Aufsichtsorganen überlassen. Während das deutsche Modell aus der Sicht der Einleger klar vorteilhaft ist, weist es mit dem – in gesamtwirtschaftlich stabilen Zeiten allerdings eher abstrakten – Risiko eines rascheren „Ausblutens“ der Fondsmittel bei überdurchschnittlicher Inanspruchnahme in besonders schweren Fällen einen erheblichen Nachteil auf, der dem englischen Modell fehlt. Die tatsächlichen Auswirkungen insoweit sind allerdings schwer meßbar, doch erscheint das deutsche Modell insoweit angreifbar, weil es die mit ihm verknüpften Erwartungen an den Schutz des Vertrauens in die Sicherheit der Bankeinlagen gerade in Zeiten zu unterminieren droht, in denen dieses Vertrauen tatsächlich spürbar beeinträchtigt sein könnte. Im Ergebnis täuscht die umfassende Absicherung mithin eine Sicherheit vor, die an sich nur vorsichtige, vorbeugende Geschäftspraktiken der großen Mehrzahl der Marktteilnehmer wirklich gewähren können. Das Schlußurteil über Vorund Nachteile der deutschen Lösung kann nach allem nur ambivalent ausfallen. Festzuhalten ist allerdings, daß das sehr geringe Schutzniveau im englischen Recht als Gegenmodell zur umfassenden Sicherung deutscher Prägung seinerseits kaum als befriedigend bewertet werden kann. Vorteilhaft ist die deutsche Lösung allerdings im Regelfall insofern, als sie durch die umfassende Ersetzung der Einzelgläubiger im Insolvenzverfahren durch den Sicherungsfonds erheblich zur Verfahrensökonomie beizutragen geeignet ist, zumal der Fonds als Großgläubiger auf diese Weise seinerseits die Marktkenntnisse seiner Teilnehmer unmittelbar – und wohl oft gewinnbringend – in das Verfahren einführen kann. Das englische Recht ermöglicht durch die geschilderten Neuregelungen zur Leistungserbringung gegen Abtretung auch der ungesicherten Ansprüche zwar neuerdings einen ähnlichen Effekt, allerdings wegen des damit verbundenen erheblichen Ein-

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 507

griffs in die Rechte der Einleger und wegen des daraus möglicherweise resultierenden Risikos von aufwendigen Folgeprozessen zwischen einzelnen Einlegern und dem Fonds in rechtspolitisch wie rechtstechnisch zweifelhafter Weise. Der Rechtsvergleich indiziert, daß Einlagensicherungssysteme im Ergebnis weit stärker mit der jeweiligen Marktsstruktur verwoben sind als die oben in §§ 5–7 untersuchten Normen über die verfahrensförmige Bewältigung der unmittelbaren Auswirkungen von Bankeninsolvenzen. Gerade der Vergleich zwischen dem deutschen und dem englischen Modell belegt außerdem den erheblichen Einfluß unterschiedlicher rechtspolitischer Sichtweisen auf die Ausgestaltung von Sicherungsmodellen: Während sich das rechtliche Instrumentarium für die Krisenbewältigung als solche letztlich vor allem als „technische“ Antwort auf im wesentlichen vergleichbare Problemsituationen bewähren muß, fallen die Vorgaben an den Schutz der Einleger in beiden Rechtsordnungen in der Rechtswirklichkeit deutlich verschieden aus: In England ist ein ähnlich umfassendes Schutzniveau wie das durch den deutschen Einlagensicherungsfonds gewährte nie erwogen worden;1504 hier stieß vielmehr schon die Einführung der außerordentlich stark begrenzten Einlagensicherung durch den Banking Act 1979 auf Widerstand der Marktteilnehmer. Anders als für die Krisenbewältigungsmechanismen im engeren Sinne, d.h. vor allem für die Handlungsmöglichkeiten der Aufsicht und Insolvenzgerichte im konkreten Krisenfall, werden die Aussichten für eine internationale Harmonisierung von Einlagensicherungssystemen nach allem eher skeptisch bewertet und wird sogar bezweifelt werden können, ob eine derartige Harmonisierung überhaupt sinnvoll ist. Dies kontrastiert in auffälliger Weise mit dem Umstand, daß – insbesondere durch die eingangs erörterten Vorarbeiten durch das „Financial Stability Forum“ – die internationale Standardsetzung auf dem Gebiet der Einlagensicherung prima facie weiter fortgeschritten zu sein scheint als Versuche, auch die rechtlichen Steuerungsmechanismen für die Bewältigung der eher technischen Probleme zu vereinheitlichen. Es kontrastiert weiter mit den auch in der vorliegenden Arbeit wiederholt geltend gemachten Präferenzen für eine eingeschränkte Einlagensicherung und den verschiedentlich geäußerten rechts- und wirtschaftspolitischen Bedenken gegenüber dem deutschen Modell eines umfassenden Ausfallschutzes in der Bankeninsolvenz. Allerdings setzten diese Argumente auf einer anderen Ebene an: Sowohl die durch das „Financial Stability Forum“ erarbeiteten Grundsätze als auch 1504 Kritisch neuerdings jedoch Campbell/Cartwright, Banks in Crisis, S. 189 ff., sowie dies., (2003) 5:1 Journal of International Financial Regulation 9, 18, die sich für höhere Schutzniveaus aussprechen und Selbstbehalte insbesondere bei privaten Einlegern ablehnen.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

die oben angestellten eigenen Erwägungen über die Funktion und, darauf aufbauend, eine „ideale“ Begrenzung der Einlagensicherung auf einen (das Schutzniveau des englischen Rechts allerdings überschreitenden) Mindestschutz nähern sich dem Problem letztlich von einer eher abstrakten, ähnlich „technischen“ Warte wie bei den in oben in §§ 5–7 näher erörterten Verfahrensfragen. Eben weil indes Einlagensicherung stets weniger Reaktion auf konkret „faßbare“ Sachprobleme im engeren Sinn als vielmehr Resultat öffentlicher Erwartungshaltungen sind, gehen die vor allem auf meßbare Faktoren abstellenden Erwägungen bezüglich einer „idealen“ Ausgestaltung von Sicherungsmechanismen jedenfalls partiell an der Realität vorbei. Die oben in § 41505 bereits erwähnten – insbesondere im US-amerikanischen Schrifttum – sog. „Interest Group“-Theorien, die staatliche Regulierung letztlich als Ergebnis eher einer „öffentlichen Nachfrage“ denn als Antwort auf tatsächliche technische Notwendigkeiten sehen, können insoweit wesentlich schlüssigere Erklärungen liefern. Die Einlagensicherung erfüllt in der Tat – entgegen der bislang wohl herrschenden Meinung, die darin ein Instrument zur Reduktion der Wahrscheinlichkeit von „Runs“ der Bankeinleger sieht – weniger eine „technische“ Funktion, sondern stellt vielmehr eine Antwort auf eine entsprechende sozialpolitische „Nachfrage“ dar. III. Einlagenversicherung als Gegenmodell zu Sicherungsfonds?

Insbesondere im deutschsprachigen Schrifttum finden sich verbreitet Stimmen, die statt der Einlagensicherung durch letztlich auf dem Solidargedanken beruhende, durch die Mitbewerber finanzierte Fonds eine Umstellung auf eine echte Einlagenversicherung fordern.1506 Erforderlich für die Versicherung von Einlagen wäre neben einem Rechtsanspruch der Einleger als Begünstigte des Versicherungsvertrags zwischen Bank und Versicherungseinrichtung vor allem die technische Versicherbarkeit von Einlagen.1507 Nach der Definition des BVerwG liegt ein Versicherungsgeschäft i. S. d. § 1 VAG vor, wenn ein Unternehmen sich rechtsgeschäftlich gegen Entgelt für den Fall eines ungewissen Ereignisses zur Übernahme bestimmter Leistungen verpflichtet; ferner muß das übernommene Risiko auf eine Vielzahl durch die gleiche Gefahr bedrohter Personen verteilt und der Risikoübernahme eine auf dem Gesetz der großen Zahl beruhende Kalkulation zugrunde gelegt werden.1508 1505

Sub B. I. in Fn. 278. Vgl. etwa Dreher, ZIP 1992, 1597, 1605; Schnetzer, S. 122 ff.; Seifert, S. 238 ff., insbes. 253 ff. 1507 Dreher, ZIP 1992, 1597, 1605; danach soll es jedoch nicht auf eine Einschätzbarkeit der Ausfallrisiken ankommen. A.A. insoweit Schöner, S. 29 f. m. w. N. 1508 BVerwG, Urt. v. 22.3.1956 – I C 147.54, BVerwGE 3, 220, 221. 1506

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 509

Wie bereits die oben erwähnte,1509 in Deutschland wiederholt geführte Debatte um die Qualifikation der bestehenden Einlagensicherungseinrichtungen als „Versicherung“ i. S. d. Versicherungsaufsichtsrechts deutlich belegt, ist der Unterschied zwischen Sicherungssystemen der vorstehend für Deutschland und England untersuchten Art und einer „echten“ Versicherung von Einlegern indessen fließend. Der offenbar vielfach angenommene grundlegende Unterschied zwischen beiden Konzepten an Überzeugungskraft verliert damit an Überzeugungskraft, so daß sich die Bedeutung der Diskussion auf die Frage der Aufsichtspflichtigkeit der Systeme im versicherungsaufsichtsrechtlichen Sinne reduziert. Nachdem die hier untersuchten Modelle – teilweise entgegen der herrschenden Meinung1510 – weitgehend Rechtsansprüche der Einleger für den „versicherten“ Schadensfall vorsehen, also in der Tat eine weitgehende Einstandspflicht übernommen wird, bestehen Unterschiede zu einer Versicherung i. e. S. insbesondere im Hinblick auf die Berechnung der Finanzierungsbeiträge: Fraglich ist vor allem, ob sich die durch die Banken als Versicherungsnehmer zu leistenden Beiträge stärker risikogewichtet, d.h. bezogen auf das konkrete Ausfallrisiko, bestimmen ließen. Ob dies der Fall ist1511 oder nicht,1512 wird sich kaum exakt beantworten lassen und kann jedenfalls vorliegend nicht abschließend beurteilt werden. Festzuhalten ist allerdings, daß eine „Versicherung“ von Einlagen kaum als echte, konzeptionell abweichende Alternative zur Einlagensicherung in der Form bezeichnet werden kann, wie sie in Deutschland und England entwikkelt worden ist. Aufschlußreich ist insoweit, daß die Begriffe der „deposit insurance“ und „deposit protection“ im angelsächsischen Schrifttum, auf das sich die Debatte in Deutschland vielfach beruft,1513 weitgehend synonym verwendet werden.1514 Somit lassen sich zwar die bestehenden Systeme durch stärkere Anbindung der Beitragsverpflichtungen an die Risikostruktur der Kreditinstitute mit zusätzlichen Charakteristika einer Versicherung fortentwickeln;1515 dies wäre auch wünschenswert, doch eine grundlegende konzeptionelle Neuausrichtung wäre damit nicht verbunden. 1509

Sub D. III. 4. b) aa) bei und in Fn. 1340. Siehe erneut oben sub D. III. 4. b) bb) zur Frage von Rechtsansprüchen der Einleger auf Leistungen durch den deutschen Einlagensicherungsfonds. 1511 So offenbar Dreher, ZIP 1992, 1597, 1605. 1512 Wofür die allgemeinen Schwierigkeiten sprechen, die Risiken des Bankbetriebs adäquat zu quantifizieren; im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Reform der Eigenmittelanforderungen („Basel II“) wird dies besonders augenfällig. Vgl. hierzu bereits oben § 3 sub B. II. 3. 1513 Vgl. erneut etwa Schnetzer, S. 122 ff.; Schöner, S. 28 m. w. N. 1514 Vgl. etwa FSF, Guidance, S. 7 f. sowie die Arbeiten von Garcia, passim. 1515 So im Ergebnis wohl auch Schöner, S. 31. 1510

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung IV. Insolvenzprivilegien zugunsten der Einleger als Alternative zur Einlagensicherung?

1. Erwägungen im Schrifttum Als Alternative zum Schutz durch Sicherungseinrichtungen für den Insolvenzfall ist im deutschsprachigen Schrifttum für den Versicherungssektor wiederholt die Einführung gemeinschaftsweit einheitlicher Standards für Insolvenzvorrechte zugunsten der Versicherungsnehmer gefordert worden, ggf. ergänzt um einen lediglich als „Zahlstelle“ operierenden, in der Absicherung höhenmäßig auf die Insolvenzquote beschränkten Sicherungsfonds.1516 Für das Kreditwesen sind derartige Ansätze seltener vertreten worden; nicht zu verwechseln ist damit das Konzept des Insolvenzschutzes von Gläubigern von Hypothekenbanken durch einen privilegierten Zugriff auf eine bestimmte Deckungsmasse,1517 das speziell gelagert ist und sich kaum auf alle Kreditinstitute übertragen läßt.1518 Eine Absicherung der Bankeinleger durch bloße vorrangige Befriedigung aus dem Massevermögen im Insolvenzfall als Gegenmodell zur Einlagensicherung ist, soweit ersichtlich, in der deutschsprachigen Literatur nur von Möschel erwogen worden;1519 im englischsprachigen Schrifttum finden sich entsprechende Ansätze ebenfalls kaum.1520 Die Entwürfe des „Financial Stability Forum“ erörtern ein solches Modell nur am Rande und befassen sich – in allgemeiner Form – ausschließlich mit den Auswirkungen von Insolvenzprivilegien auf Sicherungssysteme.1521 1516

Henning, S. 134 ff. m. w. N. Vgl. hierzu (allerdings z. T. zum früheren Recht) Stürner, Hypothekenbank, passim. 1518 Die Ausweitung eines privilegierten Zugriffs der Einleger auf eine rechtlich geschützte Klasse von Aktiva wäre letztlich mit der Struktur von Bankaktiva kaum vereinbar und würde mithin ein grundlegend geändertes Unternehmenskonzept voraussetzen. Ähnliches gilt für die im angelsächsischen wirtschaftswissenschaftlichen Schrifttum vor allem von Goodhart erwogene Übertragung des Zahlungsverkehrs von Banken klassischen Typs auf Finanzintermediäre, die Kundenvermögen lediglich in liquiden Anlagen investieren dürften und ihrerseits das Ausfallrisiko für Vermögen, die heute in Form von Bankeinlagen gebunden sind, reduzieren sollen, vgl. etwa Goodhart, (1987) Oxford Economic Papers 39, 75 ff. Für die vorliegende Untersuchung, die am vorgefundenen Bild des gegenwärtigen, privatrechtlich organisierten Kreditwesens in Deutschland und England orientiert ist, sind derartige Konzepte kaum von Belang. 1519 Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 256. 1520 Vgl. – allerdings sehr undifferenziert – nur Schiffman, in: Lastra/Schiffman (Hrsg.), S. 81, 102. Auch zugunsten der Versicherungsnehmer in der Insolvenz von Versicherungsunternehmen kennt das englische Recht keine Insolvenzprivilegien, sondern lediglich den Schutz durch Sicherungsfonds, vgl. Henning, S. 51. 1521 FSF, Guidance, S. 37. 1517

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 511

2. Exkurs: Das schweizerische Privilegienmodell als Anwendungsbeispiel Interessanterweise kennt jedoch das schweizerische Recht derartige Konkursprivilegien bereits seit dem Jahre 1934; im Zuge der – hier nur in wenigen Grundzügen darzustellenden – gegenwärtigen Reform des dortigen Bankeninsolvenzrechts wird dieses Privileg (ausdrücklich auch zur Herstellung eines der EG-Einlagensicherungsrichtlinie entsprechenden Schutzumfangs) auf alle Einlageformen ausgedehnt, die nunmehr – wie bereits bisher traditionelle Spareinlagen – bis zur Höhe von 30.000 Schweizer Franken geschützt sein sollen.1522 Eine parallel dazu bestehende „Einlegerschutzvereinbarung“ der Schweizerischen Bankiersvereinigung sicherte bislang lediglich die beschleunigte Auszahlung der privilegierten Guthaben im Wege einer „rückzahlbaren Bevorschussung (. . .) gegen Verpfändung“ der jeweiligen Guthaben.1523 Nunmehr sieht Art. 37h Schweiz. BankenG n. F. eine Verpflichtung aller das Einlagengeschäft betreibenden Banken vor, sich zum Zweck der Sicherung der privilegierten Einlagen „im Wege der Selbstregulierung“ einer durch die Eidgenössische Bankenkommission zu genehmigenden Sicherungseinrichtung anzuschließen.1524 Der Einlegerschutz in diesem Modell differenziert zwischen sog. „Kleinsteinlagen“ bis zur Höhe von 5.000 Schweizer Franken, die im neuartigen, allein in der Verantwortung der Eidgenössischen Bankenkommission als Aufsichtsbehörde durchzuführenden Liquidationsverfahren1525 noch vor der Verteilung des Liquidationserlöses („Kollokation“) aufgrund eines entsprechenden Plans befriedigt werden,1526 und allgemein „privilegierten Einlagen“ bis zur Höhe von 30.000 Schweizer Franken, die als Verbindlichkeiten zweiten Ranges i. S. d. Art 219 IV Schweiz. SchKG1527 vorrangig aus der Masse zu befriedigen sind. Das Modell dient ausweislich der Materialien1528 zum einen dazu, die 1522 Vgl. hierzu Eidgenössisches Finanzdepartement, Bericht der Expertenkommission, S. 21 zur Situation de lege lata sowie S. 50 ff., 70 ff. zur Neuregelung de lege ferenda. Der Verf. dankt Frau Dr. Eva Hüpkes LL.M., Eidgenössische Bankenkommission, für den Hinweis auf die Reformpläne und die freundliche Zusendung entsprechenden Informationsmaterials. Siehe zu Einzelheiten der Reform auch dies., IWiR 2003, 1 ff. und 125 ff. sowie dies., in: Mayes/Liuksila (Hrsg.), S. 242 ff. 1523 Ebd., S. 21 f. 1524 Vgl. dazu die Begr., Eidgen. Bankenkommission, Bericht der Expertenkommission, S. 51. 1525 Vgl. 12. Abschnitt Schweiz. BankenG n. F.: „Liquidation insolventer Banken (Bankenkonkurs)“, dazu Eidgenössisches Finanzdepartement, Bericht der Expertenkommission, S. 43 ff. 1526 Vgl. Art. 37a I Schweiz. BankenG n. F. 1527 Schuldbeitreibungs- und Konkursgesetz, S.R. 281 (www.admin.ch/ch/d/sr/2/ 281.1.de.pdf). 1528 Eidgenössisches Finanzdepartement, Bericht der Expertenkommission, S. 70 f. (Begründung zu den Artt. 37, 37a und 37b Schweiz. BankenG-E.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Fortsetzung des Geschäftsbetriebs bei „finanziell angeschlagenen Banken“ durch Gewährung eines glaubhaften Schutzes zugunsten der Einleger für den Fall einer Liquidation zu ermöglichen; zum anderen soll es die Zahl der Gläubiger im Liquidationsverfahren verringern und damit die Verfahrensökonomie steigern. 3. Bewertung Anders als die zuvor erörterte „echte“ Einlagenversicherung, stellen Insolvenzprivilegien auf den ersten Blick in der Tat eine wirkliche Alternative zum Schutz der Einleger durch Sicherungsfonds dar. Gegenüber den bestehenden Sicherungsmodellen in Deutschland und England weisen Insolvenzprivilegien den Vorteil auf, die Leistungen an die als schützenswert eingestuften Bankgläubiger stärker aus dem Vermögen der insolventen Bank selbst zu generieren. Der Einlegerschutz wird so stärker im Rechtsrahmen für die Liquidation der Bank verankert und zum Teil desselben; Kritik an einer wettbewerbswidrigen „Quersubvention“ insolventer durch solvente Institute kann hier nicht aufkommen. Gerade das schweizerische Reformmodell, das immerhin ein plausibles Konzept für die rechtliche Umsetzung einer auf Insolvenzprivilegien fußenden Sicherung der Einleger im Insolvenzfall darstellt, zeigt indes, daß Insolvenzprivilegien als solche oft nicht ausreichen werden, um einen hinreichenden Schutz gerade der Liquidität1529 der geschützten Einlagen zu gewährleisten.1530 Das Bestehen einer parallelen „Sicherungsvereinbarung“ mit der Bankiersvereinigung, die gerade dem Ausgleich des erheblichen Liquiditätsbedarfs bei umgehender Auszahlung der privilegierten Einlagen dient, läßt recht deutlich werden, daß – je nach Verfügbarkeit liquider Mittel bei Verfahrenseröffnung – zur Umsetzung der Schutzvorgaben neben der bloßen Gewährung vorrangiger Befriedigung Vorkehrungen erforderlich sind, die von den Sicherungseinrichtungen deutscher oder englischer Prägung (je nach Höhe der so eingeräumten Sicherung) jedenfalls im Grundsatz nicht signifikant abweichen. 1529 Die besondere (siehe schon oben § 4 sub B. II. c) aa)) Schutzbedürftigkeit gerade der sofortigen Verfügbarkeit insbesondere kleiner Einlagen unterscheidet übrigens die Bankeinlagen wesentlich von längerfristigen Vermögensanlagen, weshalb Insolvenzprivilegien in der Insolvenz von Versicherungsunternehmen günstiger zu bewerten sein mögen. 1530 Interessant ist in diesem Zusammenhang Art. 37a II Schweiz. BankenG-E, der eine Reduktion der umgehend auszuzahlenden Beträge an „Kleinsteinleger“ auf Beschluß der Aufsichtsbehörde gestattet und mithin bereits signalisiert, daß im Einzelfall die bei dem insolvenzbefangenen Institut vorhandenen liquiden Mittel ohne Unterstützung durch Dritte (oder den Staat) unter Umständen nicht ausreichen können, um die an sich vorgesehene Auszahlung zu ermöglichen.

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 513

Zwar ist nicht zu übersehen, daß die Funktion von Sicherungseinrichtungen als Ergänzung zum Schutz durch Insolvenzprivilegien vom Konzept selbständiger, unmittelbar für die Auszahlung der geschützten Einleger verantwortlicher Systeme insofern abweicht, als im Privilegienmodell die betreffende Einrichtung ersichtlich eher im Sinne einer Gewährung von „Überbrückungskrediten“ tätig wird, ohne selbst eine originäre Verpflichtung einzugehen. Allerdings wird dieser Unterschied dadurch nivelliert, daß – wie gesehen – die Sicherungssysteme sowohl im deutschen als auch im englischen Modell aufgrund des Ausgleichs gegen Abtretung der geschützten Forderungen, die dann durch die Systeme selbst als „Großgläubiger“ geltend gemacht werden, faktisch eine ähnliche Funktion ausüben wie ein Sicherungssystem, das lediglich in Ergänzung der vorrangigen Befriedigung im Insolvenzverfahren und zum temporären Ausgleich nicht liquider Vermögenswerte Leistungen vornimmt. Der Unterschied zwischen den beiden vorstehend untersuchten Modellen einerseits und dem Konzept eines durch eine Sicherungseinrichtung ergänzten Insolvenzprivilegs zugunsten bestimmter Bankeinleger andererseits besteht mithin vor allem eben in der Privilegierung der Einlagen in der Verwertung der Insolvenzmasse und damit per saldo vor allem für die „Schlußposition“ der Sicherungseinrichtung nach Durchführung des Liquidationsverfahrens. Für die Einleger selbst ändert sich hinsichtlich der Verfügbarkeit der geschützten Konten wenig. Eine Erleichterung für die Sicherungssysteme kann sich allerdings auch dann ergeben, wenn zum Zeitpunkt des Eintritts in das Verfahren liquide Mittel in hinreichendem Maße vorhanden sind, um die privilegierten Einleger auszuzahlen, weil und soweit dann Leistungen der lediglich hilfsweise in Anspruch zu nehmenden Sicherungseinrichtung nicht erforderlich sind. Jedoch wird diese Erleichterung insbesondere bei einem hohen Schutzniveau abnehmen. Damit bleibt vor allem fraglich, ob sich die in der Privilegierung bestimmter Einlagen liegende Ausnahme von der par conditio creditorum rechtfertigen läßt. Die Berufung des schweizerischen Gesetzgebers auf die so ermöglichte stärkere Verfahrensökonomie reicht insoweit kaum aus, weil dieser Vorzug – wie gesehen – auch bei Verzicht auf ein Insolvenzprivileg und ausschließlicher Realisierung des Einlegerschutzes durch bankenfinanzierte Sicherungssysteme erzielt werden kann, wenn diese nur gegen Abtretung der Forderung gegen die Bank zu Leistungen an die geschützten Einleger verpflichtet sind. Allerdings reduzieren Insolvenzprivilegien die Inanspruchnahme unbeteiligter Konkurrenten für das wirtschaftliche Scheitern eines Mitbewerbers, was durchaus als legitimes Regelungsziel anerkannt werden kann. Insbesondere im Vergleich zum deutschen Einlagensicherungsfonds entfällt damit

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

wohl aber auch die Möglichkeit, das Sicherungssystem zur disziplinierenden Kontrolle der Marktteilnehmer einzusetzen und die staatliche Aufsicht damit zu ergänzen, weil eben die Funktion der Sicherungssysteme im Privilegienmodell lediglich auf eine vorübergehende Kompensation von Liquiditätsdefiziten im Bedarfsfall beschränkt ist. Die Vorzüge des Privilegienmodells fallen nach allem geringer aus, als dies auf den ersten Blick zu erwarten wäre. Wird das Insolvenzprivileg nicht um eine hilfs- und übergangsweise eintretende Sicherungseinrichtung ergänzt, besteht die Gefahr, daß insbesondere die Inhaber von Konten, die vor allem der Abwicklung des Zahlungsverkehrs für den täglichen Bedarf dienen, gegenüber einem „echten“ Sicherungsmodell erheblich schlechter gestellt werden, wenn die Kassenlage bei dem insolventen Institut die umgehende Auszahlung der privilegierten Einlagen nicht gestattet. Wird, um diesen Nachteil auszugleichen, ein Insolvenzprivileg durch eine entsprechende Sicherungseinrichtung ergänzt, so entfällt demgegenüber der Charakter einer echten konzeptionellen Alternative zu den in Deutschland und England entwickelten Lösungsansätzen. V. Zusammenfassung

Die Absicherung der Ansprüche von Einlegern gegen ein Kreditinstitut nimmt nach allem innerhalb der rechtlichen Steuerungsmechanismen für Bankeninsolvenzen eine gewisse Sonderstellung insofern ein, als sie nur begrenzt eine „technische Funktion“ erfüllt: Sie ist weniger rechtliche Antwort auf ein konkretes Sachproblem mit empirisch feststellbaren Auswirkungen, als vielmehr in erster Linie die Umsetzung rein rechtspolitischer Erwägungen über die Schutzbedürftigkeit der Einleger im Krisenfall. Bereits die in § 4 angestellte Untersuchung der allgemeinen wirtschaftspolitischen Zielvorgaben an die Ausgestaltung des Rechtsrahmens für Bankeninsolvenzen hat zu zeigen versucht, daß die oft zur Begründung gerade der Einlagensicherung angeführten Erwägungen hinsichtlich einer Gefährdung der Systemstabilität durch panikartiges Gläubigerverhalten kaum tragen. Die vorstehende Untersuchung der internationalen Standards für Einlagensicherungssysteme und die entsprechenden Einrichtungen in Deutschland und England bestätigt diesen Befund zumindest indirekt. Dies gilt zunächst für den Widerspruch zwischen dem Prinzip einer höhenmäßig beschränkten Einlagensicherung, das sich in den vergangenen Jahren international zunehmend durchgesetzt hat, auf der einen Seite und dem nach wie vor weitgehend akzeptierten Motiv der Bewahrung der Systemstabilität auf der anderen: Eine Antwort auf die Frage, wie sich die Systemstabilität, die ja einen umfassenden Vertrauensschutz erfordert, mit einem stark beschränkten Leistungsversprechen sinnvoll erreichen ließe, ist nicht ersichtlich. Eine Auf-

2. Abschnitt: § 12 Einlagensicherung – Ziele, Rechtsgrundlagen, Abwicklung 515

gabe des Prinzips der höhenmäßigen Beschränkung dagegen führt jedenfalls dazu, daß das System gerade dann zu versagen droht, wenn die Schwere eines besonderen Einzelfalls tatsächlich einen Vertrauensverlust in weitere Teile des Bankensystems zu verursachen geeignet ist. Gerade der Vergleich zwischen dem Sicherungsfonds deutscher Prägung und dem jüngeren englischen Modell hat besonders augenfällig werden lassen, daß Einlagensicherung vor allem hinsichtlich des jeweils gewährten Schutzniveaus letztlich nicht „technisches“ Instrument zum Ausgleich meßbarer Gefährdungen darstellt, sondern vielmehr Produkt einer auf vermeintlich oder tatsächlich vorhandene öffentliche Nachfrage reagierenden politischen Willensentscheidung ist. Die Ausgestaltung der Einlagensicherung innerhalb des allgemeinen aufsichts- und insolvenzrechtlichen Regelungsrahmens für die Bewältigung von Bankeninsolvenzen ist im wesentlichen stets zwangsläufige Konsequenz der politischen Grundentscheidung zugunsten eines umfassenden oder eines – wie auch immer definierten – beschränkten Sicherungsniveaus: Je höher das Schutzniveau und folglich die Beitragslast der mitwirkenden Institute, desto höher wird letztlich auch der Einfluß ausfallen, welcher der Sicherungseinrichtung und damit im Ergebnis den mitwirkenden Instituten auf die Aufnahmekriterien und die Art und Weise der Verwendung der Mittel im Krisenfall eingeräumt wird. Das umfassende Mandat des deutschen Sicherungsfonds und seine weit reichenden Eingriffsbefugnisse gegenüber den Mitgliedern sind insoweit notwendiges Korrelat zur umfassenden Beitragspflicht der mitwirkenden Institute, ebenso wie die auf die bloße Auszahlung reduzierte Stellung des englischen Einlagensicherungsfonds Korrelat der sehr beschränkten Leistungspflichten im Insolvenzfall ist. Die vorstehend knapp erörterten weiteren Modelle zum Schutz der Einleger, die Einlagenversicherung sowie die Einführung von Insolvenzprivilegien zugunsten bestimmter Einlagen, haben sich nicht als echte Alternative, sondern faktisch nur als Varianten von Sicherungsfonds erwiesen, wie sie in Deutschland und England entwickelt worden sind. Sie bieten Möglichkeiten einer Weiterentwicklung der bestehenden Systeme, von denen eine stärkere Risikogewichtung der zu leistenden Beitragspflicht (und damit die Einführung zusätzlicher Wesenselemente einer „echten“ Versicherung) sicherlich sinnvoll ist, wenngleich fraglich bleibt, inwieweit die Möglichkeiten einer hierfür wohl erforderlichen qualitativen Bewertung von Bankbetrieben zur Umsetzung ausreichen. Zweifelhaft ist demgegenüber, ob Insolvenzprivilegien eine echte Verbesserung gegenüber der Rechtslage in Deutschland und England bringen würden. Nachdem die deutsche Insolvenzrechtsreform die Konkursprivilegien des früheren Rechts weitgehend abgeschafft hat und auch der englische Gesetzgeber mit Inkrafttreten des Financial Services and Markets Act 2000 vom früheren Modell einer vorrangigen Befriedigung des

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Sicherungsfonds wieder abgerückt ist, ist darüber hinaus schon zweifelhaft, ob ein solches Modell überhaupt rechtspolitisch durchsetzungsfähig wäre. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, daß sich Einlagensicherungsfonds zu Recht jedenfalls insoweit zu einem integralen Bestandteil des Rechtsrahmens für Bankeninsolvenzen entwickelt haben, als sie dafür Sorge tragen, daß insbesondere diejenigen Einleger, die in besonderer Weise auf die ständige Verfügbarkeit ihrer als Einlagen vorhandenen Vermögenswerte angewiesen sind und denen kaum eine ernsthafte Risikostreuung abverlangt werden kann, von den Auswirkungen einer Bankeninsolvenz bewahrt werden. So kann auch eine anderenfalls drohende Sozialisierung der Verlustrisiken vermieden werden. Das Schutzniveau ist dabei sinnvollerweise so zu bemessen, daß durch eine Erfassung zumindest der durchschnittlichen Privateinlagen jedenfalls die verfahrensökonomischen Vorteile einer erheblichen Reduktion der Zahl der mitwirkungsberechtigten Gläubiger im nachfolgenden Insolvenzverfahren erzielt werden; aus diesem Grunde sollte auch auf die in der EG-Einlagensicherungsrichtlinie eröffnete Möglichkeit der Anordnung eines Selbstbehalts zu Lasten der geschützten Einleger verzichtet werden. Soweit ein nationales Sicherungssystem – wie der Sicherungsfonds des Bundesverbands Deutscher Banken – über den so definierten Mindestschutz hinausreicht, fällt eine Bewertung der Vor- und Nachteile jedenfalls schwer und kann jedenfalls nur im Kontext der jeweiligen Marktstruktur überhaupt sinnvoll erfolgen. Ob das deutsche Modell des Einlagensicherungsfonds, der jedenfalls in gesamtwirtschaftlich stabilen Zeiten neben dem bloßen Schutz der Bankeinleger auch eine durchaus stabilisierende Wirkung auf das Geschäftsgebaren des Sektors ermöglicht, insofern eine gegenüber dem auf eine bloße Mindestsicherung beschränkten englischen Sicherungskonzept vorzugswürdige Lösung darstellt, läßt sich deshalb kaum abschließend bewerten.

§ 13 Die Umsetzung der Verfahrensziele „Sanierung“ und „Liquidation“ A. Einführung In den vorangegangenen Abschnitten sind die aufsichts- und insolvenzrechtlichen Handlungsalternativen näher untersucht (oben §§ 5–7) und ist sodann ermittelt worden, wie sich ihre Anwendung im Einzelfall auf die Rechtsverhältnisse des betroffenen Instituts mit Dritten auswirkt (oben §§ 8–11). Nachdem ferner auf die verschiedenen Alternativen der Einlagensicherung und ihre Bedeutung in der Krise eingegangen worden ist (oben

2. Abschnitt: § 13 Umsetzung der Verfahrensziele „Sanierung“, „Liquidation“ 517

§ 12), kann nunmehr der Bogen zurück zur einleitenden Feststellung der rechts- und wirtschaftspolitischen Zielvorgaben an den Rechtsrahmen für die Bewältigung von Bankeninsolvenzen (oben § 4) geschlagen werden. Ausgangspunkt ist wiederum die oben entwickelte These, wonach jedenfalls im „Normalfall“ der Bankeninsolvenz für eine einseitige, letztlich marktferne und wettbewerbswidrige künstliche Aufrechterhaltung einer insolventen Bank kein Bedürfnis besteht und es vielmehr auch in der Bankeninsolvenz – wie in der Insolvenz eines sonstigen Unternehmens – in der förmlichen Krisenbewältigung nur mehr darauf ankommt, die Sanierungsfähigkeit der betroffenen Bank zu ermitteln und dann, wenn davon ausgegangen werden kann, auch die Sanierung zu ermöglichen, ansonsten aber die Liquidation herbeizuführen. Nachfolgend soll – getrennt für die Sanierung (sub B.) und die Liquidation (sub C.) – untersucht werden, ob und wie dies mit den vorstehend untersuchten aufsichts- und insolvenzverfahrensrechtlichen Handlungsalternativen ermöglicht werden kann bzw. welche besonderen Probleme sich insoweit bei der Bankeninsolvenz stellen. B. Sanierung I. Problemstellung

1. Der Begriff der Sanierung; Eingrenzung der Untersuchung Der Begriff der „Sanierung“ ist so vielschichtig wie unpräzise; ein verbindlicher Rechtsbegriff mit klar definiertem Inhalt ist er nicht.1531 An anderer Stelle1532 ist auf eine Kategorisierung aus betriebswirtschaftlicher Sicht hingewiesen worden, die verschiedene Ebenen unterscheidet: die Sanierung aus eigener Initiative durch innerbetriebliche Maßnahmen, den außergerichtlichen, insolvenzabwendenden Akkord mit den Gläubigern, schließlich die verfahrensförmige Sanierung im und die Sanierung aus dem Insolvenzverfahren.1533 Weiter lassen sich – vor allem für das Unternehmen in der Krise – bestimmte rechtliche und betriebswirtschaftliche Handlungsmöglichkeiten unterscheiden; die Begriffe Kapitalerhöhungen, Gründung 1531 Grundlegend K. Schmidt, Gutachten, S. D 18 ff. m. w. N. aus dem deutschen Schrifttum. Für den englischen Sprachgebrauch, in dem die Begriffe der Reorganisation, des Restructuring oder des Survival of the company and the whole or any part of it as a going concern (vgl. zu letzterem erneut den Wortlaut der S. 8(3) Insolvency Act 1986) nebeneinander verwendet werden, gilt nichts anderes; vgl. zur Begrifflichkeit auch Hüpkes, Legal Aspects, S. 83 ff. 1532 Oben § 4 sub A. I. 1533 Zu weiteren Möglichkeiten einer Systematisierung statt aller K. Schmidt, a. a. O.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

von Sanierungs-, Fortführungs-, Betriebs- oder Auffanggesellschaften, an welche das insolvente Unternehmen im Wege der sog. „übertragenden Sanierung“ veräußert und damit vom Unternehmensträger getrennt wird, umreißen schlagwortartig die in der Unternehmenspraxis erwogenen und verwendeten Lösungen.1534 Je nach Gestaltung kann eine Sanierung damit zum Überleben auch des Unternehmensträgers führen – oder lediglich zur Rettung des Unternehmens als solchen.1535 Der vorliegenden Untersuchung geht es indes nicht darum, die Übertragbarkeit der Sanierungsmöglichkeiten der Unternehmensinsolvenz im allgemeinen auf die besonderen Probleme der Bankeninsolvenz zu überprüfen; angesichts der vielfältigen Berührungspunkte mit außerhalb des Untersuchungsgegenstandes liegenden Aspekten (wie z. B. dem allgemeinen Gesellschaftsrecht, dem Steuerrecht usw.), wäre ein solcher Ansatz kaum zu bewältigen. Vor dem Hintergrund der allgemeinen Sanierungskonzepte einerseits und der zuvor gefundenen Ergebnisse über die besonderen Rechtsprobleme in der Bankeninsolvenz andererseits soll sich die Untersuchung vielmehr auf die grundsätzliche Frage nach den Sanierungsmöglichkeiten im geltenden Rechtsrahmen für diesen Sektor konzentrieren. 2. Der Einfluß der Eingriffsinstrumentarien auf die Sanierungsfähigkeit a) Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungsfähigkeit Wie allgemein bei Unternehmensinsolvenzen, entscheidet an erster Stelle naturgemäß die wirtschaftliche Situation des betroffenen Unternehmens über die im konkreten Fall gegebenen Sanierungsmöglichkeiten; es muß – abstrakt formuliert – sanierungsbedürftig1536 und sanierungsfähig1537 sein. Diese Aussage ist durchaus trivial, akzeptiert man das vorstehend nochmals in Erinnerung gerufene Postulat nach einer grundsätzlich marktkonformen Lösung für die Bankeninsolvenz, die „künstlicher“ Lösungen wie etwa der 1534 Insoweit nach wie vor aufschlußreich, wenngleich im juristischen Detail insoweit veraltet, die Untersuchung der einzelnen Handlungsformen in ihren gesellschafts-, haftungs- und insolvenzrechtlichen Bezügen (aus deutscher Sicht) bei Groß, S. 131–471; siehe ferner – bereits zur Rechtslage unter der InsO – Picot/ Aleth, S. 99. 1535 Hierzu im Zusammenhang mit der Debatte um die deutsche Insolvenzrechtsreform ausf. K. Schmidt, Wege, S. 195 ff.; ders., in: Leipold (Hrsg.), S. 67, 71 f. 1536 Hierzu – wiederum aus der Sicht des deutschen Rechts, aber verallgemeinerungsfähig – K. Schmidt, Gutachten, S. D 20; Picot/Aleth, Rn. 244 ff.; vgl. ausf. auch Groß, S. 22 ff. (letztere auch zum betriebswirtschaftlichen Kontext). 1537 Hierzu vor allem Picot/Aleth, Rn. 260 ff.; Groß, S. 22 ff., 204 ff. (zum „Fortführungspotential“).

2. Abschnitt: § 13 Umsetzung der Verfahrensziele „Sanierung“, „Liquidation“ 519

Refinanzierung ansonsten nicht überlebensfähiger Unternehmen – etwa durch Zufuhr staatlicher Mittel – prinzipiell entsagt. Gleichwohl setzen die Besonderheiten der Bankeninsolvenz auf dieser Ebene an. Bei der Bankeninsolvenz bedeutet „Sanierungsfähigkeit“ vor allem auch die begründete Aussicht auf eine alsbaldige Rückkehr zur Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Sicherheitsstandards, insbesondere zu den für die Bank geltenden Eigenmittelanforderungen. Gerade wegen deren Funktion als „Sicherungspuffer“ zum „Auffangen“ von Verlusten, die eine gewisse Sicherheitsmarge einkalkulieren,1538 sollte die Überprüfung der Sanierungsbedürftigkeit bei Banken idealtypisch bereits relativ frühzeitig erfolgen können.1539 b) Wechselwirkungen mit der Wahl der Eingriffsinstrumentarien Zwar gilt auch für die Insolvenz von Nichtbankenunternehmen, daß die Sanierungsfähigkeit mit beeinflußt wird durch die Wahl der gewählten Sanierungsinstrumente. Ist das betreffende Unternehmen erst ins Insolvenzverfahren eingetreten, wird die Sanierung auch hier eben dadurch erschwert: weil Sonderregeln über die Verwertung von Sicherheiten eingreifen, weil der Austausch von Wirtschaftsgütern mit dem Gemeinschuldner möglicherweise blockiert wird und nicht zuletzt auch deshalb, weil das Vertrauen der Gläubiger und ihre oft lebensnotwenige Bereitschaft zur weiteren Unterstützung des Gemeinschuldners bereits durch das Faktum der Verfahrenseröffnung nachhaltig erschüttert wird. Daran ändert auch die stärkere Betonung des Sanierungsgedankens in der jüngeren Insolvenzrechtsentwicklung in Deutschland und England nichts,1540 wie nicht zuletzt die in der Praxis eher geringe Bedeutung der neugeschaffenen Möglichkeiten einer verfahrensförmigen Sanierung im deutschen Recht unterstreicht.1541 Für die Bankeninsolvenz stellen sich diese Schwierigkeiten allerdings in besonderer Weise. Bereits die Anordnung umfassender Sicherungsmaßnah1538

Siehe zu dieser Funktion bereits oben § 3 sub B. II. 3. a). Vgl. auch Asser, S. 6. 1540 Vgl. bereits oben § 4 sub A. II. zur deutschen Reformdiskussion der 1970er und 1980er Jahre. Entsprechendes gilt auch für die englische Insolvenzrechtsreform und ihr Ergebnis, den Insolvency Act 1986. Auch die neuerlichen Reformbestrebungen, durch Veränderung des Verfahrens der Administration mit dem Enterprise Act 2002 der Sanierung gegenüber der Liquidation insolventer Unternehmen ein stärkeres Gewicht zu verleihen, beruhten auf derartigen Erwägungen; vgl. oben § 5 sub C. I. 2. b), c). 1541 Pessimistisch etwa Wellensiek, BB 2000, 1, 6. Ein anschauliches Beispiel für die sich gerade auch im Insolvenzplanverfahren aufgrund des Vertrauensverlusts der Gläubiger ergebenden Probleme bietet der Erfahrungsbericht von Kußmaul/Steffan, DB 2000, 1849, 1850 f., die ausdrücklich das Erfordernis eines „Insolvenzmarketings“ als notwendiges Element der verfahrensförmigen Sanierung hervorheben. 1539

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

men am Beginn der verfahrensförmigen Krisenbewältigung (nach § 46a I 1 KWG im deutschen Recht bzw. allgemeinen Insolvenzrecht in England) löst – wie ermittelt – die (je nach Schutzumfang) mehr oder weniger umfassende Beendigung des Einlagengeschäfts aus. Die bisherigen Einleger werden zum Teil oder insgesamt durch die jeweilige Sicherungseinrichtung entschädigt, worauf ihre Forderungen gegen die insolvente Bank auf diese übergehen. Die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen, an welche – wie gesehen – aufgrund gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben der Eintritt der Einlagensicherung zwingend gebunden ist,1542 bewirkt mithin eine umfassende Veränderung der Rechtsbeziehungen zwischen der Bank als Schuldnerin und den Gläubigern, deren Tragweite für die Überlebensfähigkeit der Bank über das normalerweise durch Sicherungsmaßnahmen in der Frühphase des Verfahrens bewirkte bloße „Einfrieren“ der Geschäftsbeziehungen weit hinausgeht. Auch der bereits an diese Sicherungsmaßnahmen geknüpfte Ausschluß aus den Zahlungssystemen beraubt die Bank eines wichtigen Geschäftsfeldes und geht über eine bloße Unterbrechung des Geschäftsbetriebs hinaus; gleiches gilt für die außerordentliche Beendigung schwebender Finanzmarktkontrakte aufgrund des Eintritts in das förmliche Verfahren. Bereits die Zäsur, die durch den Eintritt in die verfahrensförmige Krisenbewältigung bewirkt wird, führt damit insgesamt zu einer umfassenden Neugestaltung der Rechtsbeziehungen der Bank zu Dritten, die – auch aufgrund der damit verbundenen negativen Öffentlichkeitswirkung – kaum ohne Einfluß auf die Möglichkeiten einer Sanierung bleiben kann. Danach scheint die These begründet, daß die Sanierungsfähigkeit von Banken in der Krise in stärkerem Maße als in der allgemeinen Unternehmensinsolvenz gerade auch durch die Wahl der Krisenbewältigungsinstrumente beeinflußt wird. Hieraus könnte sich ein möglicher Konflikt zwischen dem Ziel der Massesicherung, das ja die umfassenden Eingriffe letztlich motiviert, und dem Ziel der Sanierung der insolventen Bank ergeben. Jedenfalls dürfte die Sanierung nach Eintritt der Wirkungen der Sicherungsmaßnahmen auf besondere Schwierigkeiten stoßen. 3. Das Verhältnis zwischen Eingriffsinstrumentarien und der Art der Sanierung Aus den vorstehenden Erwägungen zur Wechselbeziehung zwischen der Verfahrenswahl und den Sanierungsaussichten folgt weiter, daß aus dem Kreis der einleitend sub 1. kurz erwähnten Ansätze zur systematischen Kategorisierung verschiedener Sanierungsformen für die vorliegende Untersuchung vor allem die Trennung von „(insolvenz)freier“ und „Sanierung 1542

Oben § 12 sub C. II. 2.

2. Abschnitt: § 13 Umsetzung der Verfahrensziele „Sanierung“, „Liquidation“ 521

durch oder im Verfahren“ Bedeutung gewinnt. Akzeptiert man den Unterschied zwischen reinen Vorfeldmaßnahmen, bei denen die Aufsicht lediglich interne Geschäftsentscheidungen substituiert, und insolvenzrechtlichen Maßnahmen i. e. S.,1543 bei denen sie (oder ein Insolvenzgericht) „von außen“ auf die betroffene Bank einwirkt und dabei auch die Rechtsverhältnisse zu Dritten gestaltet, dann entspricht eine im Rahmen der Vorfeldmaßnahmen durchgeführte Sanierung funktional der „freien“, außergerichtlichen Sanierung (oder „Restrukturierung“) bei einem Nichtbankenunternehmen, während eine innerhalb der zweiten Kategorie erfolgende Sanierung, in deren Rahmen es zur Umgestaltung der Rechtsbeziehungen mit den Gläubigern kommt, als „verfahrensförmige Sanierung“ bezeichnet werden kann. Alternativ könnte von „Vorfeldsanierung“ und „Verfahrenssanierung“ gesprochen werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, daß letztere nicht nur die Sanierung „durch“ Verfahren, sondern auch die im deutschen Recht sog. „übertragende Sanierung“ umfassen muß, also die Sanierung „aus“ dem Verfahren heraus. In jedem Fall sind beide Grundmodelle schon wegen der Unterschiede hinsichtlich der Einwirkungen auf die Rechte Dritter zu unterscheiden. II. Die Sanierung im deutschen Recht

1. Die „Vorfeldsanierung“ im Frühstadium der Krise a) Bedeutung der „Vorfeldsanierung“ im allgemeinen Für die hier als „Vorfeldsanierung“1544 bezeichnete freie Sanierung außerhalb des förmlichen Verfahrens, zu dem in diesem Zusammenhang auch das aufsichtsrechtliche Moratorium nach § 46a I KWG gezählt werden soll, gelten wenige Grundsätze, die nicht auch auf die „freie“ Sanierung außerhalb des Insolvenzverfahrens bei Nichtbankenunternehmen anwendbar wären. Hier wie dort handelt es sich um völlig legitime1545 Gestaltungsmodelle zur Verfahrensvermeidung, die im Vorfeld der Bankeninsolvenz ge1543 D.h. allen Maßnahmen, die aufgrund eines eigentlich insolvenzrechtlichen Tatbestandes und damit im fortgerückten Stadium der Krise ergriffen werden können, neben dem Eintritt ins Insolvenzverfahren also insbesondere die Kompetenzen nach §§ 46, 46a KWG im deutschen Recht; siehe zu dieser Einteilung oben § 7 sub B. I. 1. 1544 U. Schneider, in: FS Steindorff, S. 1393, 1395, spricht auch vom „kleinen Verfahren“; dies erscheint gerade wegen der Verfahrensfreiheit einer Sanierung in dieser Phase wenig treffend. 1545 So zu Recht K. Schmidt, Gutachten, S. D 103 u. a. gegen die Bedenken Uhlenbrucks (KTS 1981, 513, 516) gegenüber einer „Flucht in die ‚freie Sanierung‘“; dem Gutachten Schmidts zustimmend auch Stürner, ZIP 1982, 761, 771.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

rade wegen der mit der Einleitung des förmlichen Verfahrens verbundenen einschneidenden Zäsur für die Geschäftstätigkeit sinnvoll sein kann. Insoweit1546 ist die Verfahrensvermeidung in der Tat dasjenige Mittel, das sowohl die Sanierungsaussichten des betroffenen Instituts selbst am wenigsten beeinträchtigt1547 als auch – wegen der fehlenden Drittwirkung – die geringsten Auswirkungen für die Marktstabilität hat. Soweit möglich,1548 ist eine derartige Lösung deshalb in der Tat einer verfahrensförmigen Abwicklung gegenüber vorzuziehen. Die „Vorfeldsanierung“ läßt sich von der Sanierung in der fortgeschrittenen Krise, der Sanierung im oder aus dem (aufsichtsrechtlichen) Verfahren, schon deshalb nicht scharf trennen, weil die Eingriffstatbestände der §§ 45 ff. KWG im geltenden Recht, wie ermittelt, Überschneidungen aufweisen.1549 Für die nachfolgende Untersuchung soll jedoch idealtypisch davon ausgegangen werden, daß eine echte Vorfeldsanierung charakteristischerweise in Situationen erfolgt, in denen noch keine Überschuldung, keine Zahlungsunfähigkeit oder drohende Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist, damit noch keine „Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen“ i. S. d. §§ 46, 46a KWG vorliegt1550 und demgemäß noch keine umfassenden Sicherungsmaßnahmen erforderlich sind. Eine Sonderstellung nimmt insoweit die insolvenzabwendende Sanierung durch den Einlagensicherungsfonds ein, die bislang in der Praxis oft erst dann erfolgte, wenn ohne diese Unterstützung die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach den §§ 46, 46a KWG unvermeidlich gewesen wären. Die Zuführung neuer Mittel durch die Einlagensicherung entspricht auch deshalb kaum dem Grundtypus einer „freien Sanierung“, weil sie im Regelfall mit einer eher zwangsweisen Übertragung entweder des Kontengeschäfts oder der gesamten Aktiven und Passiven auf einen neuen Unternehmensträger bzw. der Verdrängung der bisherigen Eigentümer aus dem Unternehmensträger verbunden ist.1551 Es handelt sich hierbei, wie gesehen, letztlich um eine Kombination aus Elementen der marktseitigen Sanierung 1546 Unbeschadet der oben § 4 im einzelnen entwickelten Bedenken gegenüber einer Insolvenzvermeidung als Regelfall. 1547 Siehe nochmals die Erwägungen soeben sub I. 2. 1548 Die grundsätzlichen Erwägungen oben § 4 wenden sich keineswegs gegen diese Überlegung; sie stellen lediglich klar, daß diese Begründung keine „künstliche“ Sanierung trägt, wenn es an einer konkreten Sanierungsaussicht fehlt. 1549 Siehe zusf. oben § 7 sub B. I. 1. 1550 Zur Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals siehe im einzelnen oben § 5 sub B. II. 2. a). 1551 Ein Beispiel hierfür bietet der Eintritt eines Bankenkonsortiums im Rahmen der Stützungsaktion für die Hofer Schmidt-Bank; siehe hierzu bereits oben § 12 sub D. III. 6. f).

2. Abschnitt: § 13 Umsetzung der Verfahrensziele „Sanierung“, „Liquidation“ 523

und der insolvenzförmigen Liquidation. Im Ergebnis wird regelmäßig der Einfluß der bisherigen Kapitaleigner außer Kraft gesetzt und erfolgt ein Übergang des Geschäftsbetriebs auf Dritte. Die disziplinierende Wirkung einer Insolvenzeröffnung wird auch in dieser Konstellation keineswegs ausgeschaltet, weshalb das Konzept durchaus den oben § 4 sub B. entwickelten ordnungspolitischen Grundprinzipien gerecht wird. b) Die Rolle der Aufsicht aa) Das geltende Recht: § 45 KWG als Grundtatbestand Wie oben im einzelnen ermittelt, ist die Rolle der Aufsichtsbehörde in der Vorfeldsanierung nach der einschlägigen Bestimmung des § 45 KWG an sich auf einzelne Kompetenzen zur Durchsetzung der Vorgaben nach §§ 10, 11 KWG beschränkt; das Gesetz eröffnet hier vor allem Möglichkeiten zur Beschränkung des „Mittelabflusses“, sei es in Gestalt der Ausschüttung von Gewinnen oder der Gewährung von Krediten.1552 Im Unterschied zur Bestimmung des § 46 KWG werden keine generalklauselartigen Weisungsbefugnisse gewährt. Eine Kompetenz zur gesetzlichen Anordnung eines – oft mit dem betroffenen Institut abgestimmten – detaillierten Restrukturierungsplans („corrective action plan“), die im Rahmen der Arbeiten an internationalen Standards häufig als wünschenswert erachtet wird,1553 gewährt § 45 KWG nicht; eine derartige Anordnung ließe sich allerdings wohl auf die Generalklausel des § 46 I 1, I 2 Nr. 1 KWG stützen. bb) Weiterentwicklung des Grundtatbestandes de lege ferenda (a) Ausgangspunkt: Erfordernis erweiterter Eingriffskompetenzen im Frühstadium Bereits oben1554 ist darauf hingewiesen worden, daß idealiter die durch § 46 KWG vorgesehenen Eingriffsbefugnisse möglichst früh und nicht erst bei Vorliegen des Gefahrentatbestands zur Anwendung sollten kommen dürfen. § 45 KWG (der neben der Entnahme von Gewinnen bzw. Ausschüttungen ausschließlich Regelungen für das Kreditgeschäft vorsieht) reflektiert insoweit letztlich wohl ein veraltetes Bild des Bankengeschäfts. Der Realität, in der die klassische Verbindung von Einlagen- und Kreditgeschäft 1552 1553 1554

Siehe oben § 6 sub B. II. Vgl. z. B. Asser, S. 76 f.; BIZ, Weak Banks, Tz. 88 ff. § 7 sub C. II. 1.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

längst durch andere Aktivitäten ergänzt und teilweise überlagert worden ist, entspricht dies nicht mehr. So ist nicht einsichtig, weshalb im Fall der Nichteinhaltung aufsichtsrechtlicher Eigenmittelanforderungen nicht auch Anordnungen etwa bezüglich der Engagements in derivaten Finanzinstrumenten getroffen werden dürfen, die für die Bank mindestens ebenso gefährlich sein können wie Verluste im klassischen Kreditgeschäft. (b) Verlagerung der Eingriffskompetenzen nach § 46 II KWG auf § 45 KWG Den genannten Bedenken würde die oben vorgeschlagene Zuordnung einiger der „punktuellen“ Eingriffskompetenzen nach § 46 KWG zum Tatbestand des § 45 KWG gerecht. Damit würde auch im Gesetz klargestellt, daß die Aufsicht eine an sich unternehmensinterne „freie“ Sanierung möglichst frühzeitig auslösen sollte und, sofern die Bank selbst aus Sicht der Aufsicht keine hinreichenden Maßnahmen einleitet, selbst derartige Maßnahmen vorgeben und ggf. zwangsweise durchsetzen kann. Die Beteiligung der Aufsicht an den Sanierungsbemühungen würde sich nach dieser Konzeption darstellen als Kombination aus einem durchsetzbaren Initiativrecht, kooperativen Elementen bei der Vereinbarung einer Sanierungsstrategie und, bei Mängeln in der Kooperationswilligkeit oder -fähigkeit auf Seiten der betroffenen Bank, Anordnungsrechten und Möglichkeiten der zwangsweisen Umsetzung. Allerdings ist zuzugestehen, daß bereits die geltende Fassung des § 45 KWG1555 diesem Grundmodell im Ansatz insofern entspricht, als damit klargestellt wird, daß die Befugnis zu konkreten Weisungen nur ausgeübt werden soll, wenn und soweit das betroffene Institut selbst aus eigener Initiative die Mißstände nicht beseitigt hat. Konkrete Verlautbarungen über den Inhalt einer derartigen, mit einer Fristsetzung verbundenen Aufforderung zur Beseitigung von Mißständen finden sich in der Literatur zwar nicht, doch ist anzunehmen, daß die Aufsicht regelmäßig nicht nur pauschal zur Einhaltung der entsprechenden Standards auffordern, sondern ganz konkret darlegen wird, welche Maßnahmen sie zur Beseitigung der Mängel erwartet.1556 Von einer Maßnahme nach § 46 I KWG unterscheiden sich solche Aufforderungen nur insoweit, als es sich nicht um durchsetzbare Ver1555 Aufgrund des Erfordernisses einer Fristsetzung zur Behebung der Mißstände nach § 45 II 1 KWG. 1556 Vgl. auch Boos/Lindemann, § 45 KWG Rn. 14; Bähre/Schneider, § 45 KWG Anm. 2. Nach Beck/Samm, § 45 KWG Rn. 32 „geht dabei zunächst ein abmahnender Schriftwechsel voraus; erst nach erfolglosem Versuch einer einvernehmlichen Regelung wird die ‚offizielle‘ Fristsetzung vorgenommen; vgl. entspr. auch Reischauer/Kleinhans, § 45 KWG Rn. 4.

2. Abschnitt: § 13 Umsetzung der Verfahrensziele „Sanierung“, „Liquidation“ 525

waltungsakte handelt.1557 Eine innere Rechtfertigung hierfür ist nicht erkennbar. Insbesondere wird sich keine Begründung hierfür aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ableiten lassen, weil dieses auch bei Zuordnung erweiterter Eingriffskompetenzen zum Tatbestand des § 45 I KWG dazu führen würde, daß die Aufsicht nicht bereits dort umfassend in den Geschäftsbetrieb des betroffenen Instituts eingreifen dürfte, wo dieses aus eigener Initiative sanierungswillig und auch zur Sanierung imstande ist. Die hier vorgeschlagene Verlagerung der Eingriffskompetenzen nach § 46 I KWG auf den Tatbestand des § 45 KWG würde deshalb zum Teil eine längst geübte Praxis auch im Wortlaut des Gesetzes anerkennen und vor allem dort stärken, wo eine „freie Sanierung“ zwar möglich erscheint, aber auf Widerstände in der Unternehmensführung stößt. Der so neu zu regelnde § 45 KWG als „Grundtatbestand“ für die Krisenbewältigung sollte jedoch nicht zum Verbot der Annahme von Geldern oder Wertpapieren (vgl. § 46 II Nr. 2, 1. Alt. KWG) berechtigen. Dies folgt aus der Erwägung, daß der Versuch einer „freien“ Sanierung mit ungewissem Ausgang im Interesse der Gläubiger dann unterbleiben sollte, wenn bereits mit der konkreten Gefährdung der Einlagen gerechnet werden kann. Diese Situation, auf welche die Kompetenz nach § 46 II Nr. 2, 1. Alt. KWG tatbestandlich zugeschnitten ist, fällt nicht mehr in den Bereich der von lediglich abstrakten Gefährdungslagen gekennzeichneten Frühphase der Krisenentwicklung. Es liegt vielmehr bereits eine fortgeschrittene Krise vor, für die der dafür geltende Sondertatbestand mit anderen, erweiterten Kompetenzen eingreifen sollte (dazu sogleich sub 2.). Dies gilt schon im Hinblick auf die der Aufsicht anderenfalls auferlegte, schwer zu kalkulierende Verantwortung, die schnell in Haftungsansprüche umschlagen könnte.1558 Dem entspricht im allgemeinen Insolvenzrecht der Grundsatz, daß der Eintritt der Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags im Interesse der Gläubiger den Möglichkeiten der zuständigen Organe eines Krisenunternehmens zur „freien“ Sanierung nach der Rechtsprechung eine absolute Grenze setzt.1559 Wohl aber kann es sinnvoll sein, bereits in der Frühphase Kompetenzen zur Bestellung einer Aufsichtsperson (vgl. § 46 I 2 Nr. 4 KWG) und ggf. auch für Maßnahmen gegenüber Inhabern und Geschäftsleitern (vgl. § 46 I 2 Nr. 3 KWG) vorzusehen. Eine offene Frage ist, ob letztere nicht de lege ferenda überzeugender außerhalb der speziellen Eingriffsbefugnisse für den 1557

Vgl. auch Boos/Lindemann, § 45 KWG Rn. 14. Dies, sofern die Staatshaftung für fehlsame Bankenaufsicht grundsätzlich akzeptiert wird; siehe hierzu noch im einzelnen unten § 15. 1559 BGH, Urt. v. 9.7.1979 – II ZR 118/77, BGHZ 75, 96, 111 f.; K. Schmidt, Gutachten, S. D 104. 1558

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Krisenfall geregelt werden könnten. Unberührt von der vorgeschlagenen Neufassung sollten die im geltenden Recht nach § 44 KWG bestehenden Prüfungsbefugnisse bleiben. c) Zwischenzusammenfassung und Folgerungen Nach allem hat die „freie“ oder „Vorfeldsanierung“ gerade für Kreditinstitute besondere Bedeutung. Die Aufsicht kann bereits nach geltendem Recht nicht nur einen Sanierungsprozeß durch aufsichtsrechtliche Vorgaben in Gang setzen, sondern auch Fristen zur Durchführung setzen und bei fruchtlosem Verstreichen derselben durch punktuell eingreifende Verbote dem Abfluß von Finanzmitteln zur Wiederherstellung der finanziellen Stabilität entgegenwirken. Wie groß die tatsächliche Bedeutung derartiger Maßnahmen ist, läßt sich allerdings kaum abschätzen. De lege ferenda empfiehlt sich demgegenüber eine teilweise Zuordnung der im geltenden Recht in § 46 II KWG vorgesehenen Maßnahmen bereits zum Tatbestand des § 45 KWG als „Grundtatbestand“; die Aufsicht könnte hiernach den Sanierungsprozeß umfassender begleiten und ggf. steuern. Die aufsichtsrechtliche Intervention im Vorfeld erfüllt nach diesem Verständnis eine Doppelfunktion, indem sie einerseits der Durchsetzung aufsichtsrechtlicher Sicherheitsstandards, andererseits der Unterstützung unternehmensinterner Sanierungsmaßnahmen dient. Die so umschriebenen Eingriffskompetenzen sollen, dem Charakter der „freien Sanierung“ entsprechend, auf interne Entscheidungs- und Organisationsprozesse hinwirken und, schon um das Vertrauen in das Institut nicht zu erschüttern, keine Außenwirkung entfalten. Ein Bekanntwerden der Maßnahmen ist zu vermeiden. Innerhalb dieser frühen Sanierungsphase sind, im Ansatz nicht anders als in der „freien Sanierung“ bei Nichtbankenunternehmen, verschiedene Möglichkeiten auszuloten. Neben internen Umstrukturierungen1560 wird in der Praxis vor allem eine Rekapitalisierung durch die Kapitalgeber zur Erreichung der aufsichtsrechtlichen Eigenmittelstandards1561 und ggf. die Veräußerung des Unternehmens an Dritte in Betracht kommen, wobei deren Erwerbsinteresse im allgemeinen zugleich ein gewichtiger Indikator für einen positiven Fortführungswert und damit die Sanierungsaussichten sein könnte. Auf die Besonderheiten einer Stützungsaktion durch den Einlagensicherungsfonds oder unter seiner Mitwirkung ist 1560

Hierzu allgemein, aber im einzelnen durchaus übertragbar etwa Groß, S. 152 ff.; Picot/Aleth, Rn. 287 ff.; vgl. auch BIZ, Weak Banks, Tz. 103 ff. zu bankspezifischen Handlungsmöglichkeiten (z. B. Verbriefung von Kreditportefeuilles). 1561 Wobei auf die sich hierbei nach allgemeinen Grundsätzen ergebenden gesellschaftsrechtlichen Probleme nicht eingegangen werden soll; hierzu schon K. Schmidt, Gutachten, S. D 108 sowie die neuere Darstellung bei Picot/Aleth, Rn. 293 ff.

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bereits einleitend hingewiesen worden; hierauf wird sogleich im Zusammenhang mit der Diskussion der verfahrensförmigen Sanierungsmöglichkeiten in der fortgeschrittenen Krise zurückzukommen sein. 2. Die Sanierung in der „fortgeschrittenen Krise“ – verfahrensförmige Sanierung und Sanierung aus dem Verfahren a) Einführung Die Frage nach den Sanierungsmöglichkeiten in der fortgeschrittenen Krise ist für die vorliegende Untersuchung interessanter als jene nach der Behandlung einer „freien Sanierung“ im Vorfeld der Insolvenzreife. Hier stellt sich in besonderer Schärfe das oben bereits angesprochene Problem des potentiellen Konflikts zwischen dem Interesse an einer Sanierung und dem erforderlichen Schutz der Gläubiger, der das Bedürfnis nach einer effektiven Vermögenssicherung motiviert, sich aber wegen der einschneidenden Konsequenzen der Sicherungsmaßnahmen für die Rechtsverhältnisse der Bank mit Dritten wiederum negativ auf die Sanierungsaussichten auswirkt. Bei Zugrundelegung der Systematik der §§ 46, 46a KWG im geltenden Recht werden drei Grundtypen möglicher Sanierungsszenarien zu unterscheiden sein: (1) Sanierung durch „punktuelle“, gegenständlich beschränkte aufsichtsrechtliche Maßnahmen, ähnlich den oben im Zusammenhang mit den Handlungsalternativen in der Frühphase untersuchten (dazu unten sub b)); (2) Sanierung durch das oder im umfassend eingreifende(n) aufsichtsrechtliche(n) Moratorium nach § 46a KWG (dazu unten sub c)); (3) Sanierung im Insolvenzeröffnungs- oder Insolvenzverfahren (dazu unten sub d)); dieses Problem stellt sich insbesondere bei hypothetischer Abschaffung des § 46a KWG de lege ferenda. In allen diesen Szenarien ist jeweils die Bedeutung der Einlagensicherung mitzuüberlegen, die – wie gesehen – sowohl als Träger der Sanierungsbemühungen als auch als unterstützende Instanz in Betracht kommt.

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b) Sanierung durch gegenständlich beschränkte aufsichtsrechtliche Maßnahmen in der Krise? aa) Grundprobleme Auf das Grundproblem eines Einsatzes gegenständlich beschränkter aufsichtsrechtlicher Maßnahmen ist bereits oben hingewiesen worden: In besonderer Weise droht in dieser Konstellation das Risiko eines Konflikts mit den Interessen der (gegenwärtigen und künftigen) Gläubiger des Kreditinstituts. In jedem Fall sind deshalb besondere Anforderungen an die Tauglichkeit der einzelnen Maßnahmen oder Maßnahmenkombinationen zur raschen Wiederherstellung finanzieller Stabilität zu stellen und birgt der Versuch einer Sanierung durch punktuelle Maßnahmen durchaus erhebliche Gefahren für den Fall einer nicht „planmäßigen“ Entwicklung. Die Wirksamkeit einzelner Maßnahmen oder Maßnahmenkombinationen dürfte dann, wenn bereits eine „drohende Zahlungsunfähigkeit“ i. S. d. § 18 InsO zu bejahen ist und also eine „Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen“ i. S. d. §§ 46, 46a KWG vorliegt, skeptisch zu bewerten sein. Das oben im Rahmen eines Exkurses untersuchte US-amerikanischen Modell einer „structured early intervention and resolution“, das gerade aufgrund der Erfahrung mit unzureichenden aufsichtsrechtlichen Reaktionen eine Pflicht zum umfassenden, vermögenssichernden Eingreifen in fortgeschrittenen Krisensituationen ausdrücklich festlegt, illustriert dies.1562 bb) Teilweise Beschränkung der Abflußseite als taugliches Sanierungsinstrument? Entsprechend der Rechtslage nach § 89 II 1 VAG, wonach die Aufsicht die zeitweilige Beschränkung der Zahlungen eines Versicherungsunternehmens in der Krise anordnen kann, ließe sich indes überlegen, ob durch eine teilweise, quantitative Beschränkung der „Abflußseite“ im Wege einer aufsichtsrechtlichen Anordnung eine Sanierung auch im fortgeschrittenen Krisenstadium herbeigeführt oder wenigstens unterstützt werden könnte. Denkbar wäre in Anlehnung an die Rechtslage im Versicherungsaufsichtsrecht insofern ein beschränktes Veräußerungs- und Zahlungsverbot mit der Maßgabe, daß für einen bestimmten Zeitraum Forderungen Dritter gegen das betroffene Institut nur in Höhe eines aufsichtsseitig bestimmten Prozentsat1562 Siehe erneut § 7 sub C. III. 2. Vgl. auch BIZ, Weak Banks, Tz. 136: „While a weak bank may be required to reorganise its operations as a corrective action, if insolvency is imminent, the bank may be required to carry out a radical restructuring. Such a strategy is only worth adopting if there is a real chance of getting the business back on a sound footing in the short term.“ (eig. Hervorhebung).

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zes erfüllt werden dürfen; zugleich müßte auch die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Instituts (gem. § 46a I 5 KWG) für Forderungen oberhalb dieser Grenze untersagt werden. Bereits oben1563 ist untersucht worden, ob sich eine solche Maßnahme auf die Vorschrift des § 46a I KWG stützen ließe oder eher aufgrund der Generalklausel des § 46 I 1 KWG erfolgen müßte. Die Entstehungsgeschichte des § 46a KWG, der gerade die Handhabe für umfassende Eingriffe in den Geschäftsbetrieb einer insolventen Bank in Ergänzung der gegenständlich beschränkten Eingriffskompetenzen nach § 46 KWG schaffen sollte, legt letzteres nahe; systematisch stimmiger wäre wohl die Subsumtion unter die Ausnahmeregelung nach § 46a I 4 KWG, d.h. eine Ausgestaltung als Ausnahme bezogen auf ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot nach § 46a I 1 Nr. 1 KWG. Im Schrifttum zum KWG ist eine solche Konstellation bislang, soweit ersichtlich, nicht erwogen worden. Ob sich eine derartige Anordnung tatsächlich als Instrument einer Sanierung eignete, erscheint allerdings ausgesprochen zweifelhaft. Der der Regelung des § 89 II 2 VAG ersichtlich zugrundeliegende Grundgedanke, durch eine Art temporär wirkenden Zwangsvergleich1564 eine finanzielle Gesundung herbeizuführen,1565 ist zwar an sich durchaus überzeugend. Gleichwohl darf nicht übersehen werden, daß seine Anwendung auf die Bankeninsolvenz auf gewichtige Schwierigkeiten stößt, die bereits aus dem grundsätzlich anderen Geschäftstypus und der unterschiedlichen Rechtsnatur der Forderungen der Gläubiger gegen das insolvente Institut resultieren. Betrachtet man zunächst das „klassische“ Einlagengeschäft, so handelt es sich – anders als beim Versicherungsvertrag (oder beispielsweise beim Passivgeschäft einer Hypothekenbank) – nicht oder jedenfalls nicht zwingend um eine Vermögensanlage mit langfristiger Anlageperspektive, sondern um ein grundsätzlich kurzfristig fälliges Darlehen des Einlegers an die Bank liquiden Charakters.1566 Ein anteiliges Auszahlungsverbot würde auch deshalb wesentlich tiefer in die Natur der Rechtsbeziehung zwischen Kunde und Bank einschneiden, als dies hinsichtlich jener zwischen Versicherungsnehmer und Versicherung der Fall wäre. Ein Auszehren der liquiden Mittel des Instituts durch einen „run“ der Gläubiger ließe sich zwar unter Umständen eben wegen des beschränkten Zahlungsverbots vermeiden, doch der zwei1563

§ 6 sub B. II. 3. a) aa). Vgl. auch Henning, S. 12: „Die Regelung [des § 89 II VAG] macht das (. . .) gerichtliche Vergleichsverfahren nach der Vergleichsordnung überflüssig.“ 1565 Vgl. auch Stürner, Hypothekenbank, S. 18 zu möglichen Sanierungskonzepten bei notleidenden Hypothekenbanken („Zinserlaß, Zinsermäßigung, Zinsstundung und Kapitalstundung“). 1566 Siehe schon oben § 4 sub B. II. 2. c) bb). 1564

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fellos zu erwartende Vertrauensverlust würde vor diesem Hintergrund jedenfalls zum völligen Versiegen neuer Mittelzuflüsse zumindest im Einlagengeschäft führen, und zwar nicht nur hinsichtlich des Bareinlagengeschäfts, sondern auch hinsichtlich eingehender Zahlungen im Überweisungsverkehr. Bereits dieser Aspekt, der in der Insolvenz eines Versicherungsunternehmens keine Rolle spielt, läßt erhebliche Zweifel an der Tauglichkeit einer entsprechenden Anordnung für normale Geschäftsbanken aufkommen. Dafür ist im übrigen ersichtlich ohne Belang, ob einer entsprechenden Anordnung die Wirkung eines relativen Verfügungsverbots beigemessen würde oder nicht.1567 Der faktisch mit ihr verbundene Ausschluß jeglichen Neugeschäfts beruhte vielmehr auf dem rein tatsächlichen Handeln gegenwärtiger Gläubiger oder – erst recht – potentieller Neugläubiger.1568 Ein weiterer Unterschied zur Situation in der Insolvenz eines Versicherungsunternehmens liegt in den bei der Bankeninsolvenz zu erwartenden wesentlich größeren organisatorischen Schwierigkeiten. So müßte neben der Einschränkung des Zahlungsverkehrs wohl in jedem Falle eine Schalterschließung nach § 46a I 1 Nr. 2 KWG angeordnet werden, um den wegen der Publizität der Maßnahmen in jedem Fall zu erwartenden Massenansturm der Gläubiger wirksam eindämmen zu können. Wird diese Anordnung getroffen, ist andererseits kaum denkbar, wie eine geregelte Erfüllung der zur Auszahlung freigestellten Beträge außerhalb des Automatenverkehrs erfolgen könnte. Vor allem unterscheidet sich die Bankeninsolvenz von der Insolvenz eines Versicherungsunternehmens im Hinblick auf die Art der Einbindung des betroffenen Unternehmens in die Finanzmärkte. Tritt ein Versicherungsunternehmen vornehmlich als Investor auf, der marktgängige Finanzinstrumente hält, so sind die Rechtsbeziehungen eines modernen, diversifizierten Bankenunternehmens ungleich komplexer; es ist außerhalb des „klassischen“ Einlagen- und Kreditvergabegeschäfts Vertragspartei in einer Vielzahl verschiedener Finanzmarktkontrakte, nimmt am Devisenhandel teil, usw. In wesentlich stärkerem Umfang als Versicherungsunternehmen ist das kurzfristig angelegte Passivgeschäft der Bank auf das fortdauernde Vertrauen nicht nur der Kunden, sondern auch und gerade der professionellen Marktteilnehmer auf den Finanzmärkten angewiesen. Entfällt dieses, wie wohl zwangsläufig bei Anordnung eines auch nur beschränkten Zahlungsverbots, dann entfällt damit zugleich eine wichtige Grundlage für die Fort1567

Siehe oben § 6 sub B. II. 3. a) zur Rechtsnatur von Verboten nach § 46a I 1 Nr. 1 KWG. 1568 Aus ähnlichen Erwägungen ist bereits oben § 12 sub D. III. 6. b) ein Lösungsmodell als nicht praktikabel abgelehnt worden, nach dem der insolvente Geschäftsbetrieb während der Dauer von Anordnungen nach § 46a KWG gestützt durch Garantien des Einlagensicherungsfonds weiterbetrieben werden könnte.

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setzung des Geschäftsbetriebs. Eben weil die Forderungen der Marktteilnehmer – anders als jene der privaten Einleger – nicht durch einen Entschädigungsfonds abgesichert sind, werden sie sich umgehend um eine Verlustminderung und Absicherung ihrer Positionen bemühen.1569 Die obige Untersuchung über die Auswirkungen der Verfahrenseinleitung auf Finanzmarktkontrakte hat die Mechanismen hierfür aufgezeigt und auch darauf hingewiesen, daß die dort untersuchten Beendigungsklauseln typischerweise schon an Ereignisse im Vorfeld der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens anknüpfen.1570 In dieser Hinsicht und auch mit Blick auf das Verhalten der Einleger und potentieller Neugläubiger unterscheidet sich die Anordnung eines beschränkten Zahlungsverbots nach allem nicht von der negativen Signalwirkung eines umfassenden Veräußerungs- und Zahlungsverbots, ohne daß mit ihr die ihm entsprechende wirksame Vermögenssicherung möglich wäre. Neben den dargestellten organisatorischen Schwierigkeiten dürfte dieser Umstand letztlich entscheidend sein: Nachdem schon wegen des dadurch ausgelösten Wegbruchs des Neugeschäfts und der mit Beendigungsklauseln versehenen Finanzmarktkontrakte die Einschränkung der Zahlungen regelmäßig kaum als solche ausreichen wird, um die zuvor entstandenen Verluste aufzufangen und die finanzielle Schieflage aus eigener Kraft zu beseitigen, wird es (auch) in dieser Situation regelmäßig darauf ankommen, einen kapitalstarken Investor für das betroffene Institut zu finden. Dies dürfte angesichts des fortgeschrittenen Stadiums der Krise und des bereits eingetretenen Vertrauensverlustes mindestens so schwerfallen wie bei sofortiger vollständiger Einstellung des Geschäftsbetriebs. Das Erfordernis einer Rekapitalisierung ergibt sich im übrigen schon aus der Notwendigkeit, die aufsichtsrechtlichen Eigenmittelstandards einzuhalten, um die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb aufrechterhalten zu können. Damit läßt sich festhalten, daß in Anlehnung an Maßnahmen nach § 89 II 2 VAG denkbare, beschränkte Zahlungsverbote als Instrument der insolvenzvermeidenden Sanierung für das Bankgeschäft letztlich kaum Erfolg versprechen. Ein anderes mag allerdings für die – hier nicht zu untersuchende – Insolvenz von Hypothekenbanken gelten, deren Geschäftsstruktur einfacher und dem Versicherungsgeschäft ähnlicher gestaltet ist.1571 Es verwundert daher nicht, wenn derartige beschränkte Anordnungen bislang weder im deutschen noch im ausländischen Schrifttum als Element der auf1569

Vgl. in diesem Sinne auch Asser, S. 15. Siehe erneut oben § 11 sub C. I. 1. (für das deutsche Moratorium). 1571 Vgl. Stürner, Hypothekenbank, S. 20 ff., der beschränkte Zahlungsverbote unter Ausnahme gedeckter Obligationen für zulässig hält. Auch diese Auffassung geht indes nicht von der Weiterführung des „normalen“ Bankgeschäfts aus. 1570

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sichtsrechtlichen Krisenbewältigung eine Rolle gespielt haben. Wo spezielle aufsichtsrechtliche Sanierungsverfahren gefordert worden sind, ist vor dem Hintergrund der Auswirkungen einer (teilweisen) Zahlungseinstellung stets die Notwendigkeit einer unterbrechungsfreien Weiterführung des Geschäftsbetriebs betont worden.1572 cc) Zwischenzusammenfassung und -bewertung Eine Sanierung durch gegenständlich beschränkte aufsichtsrechtliche Maßnahmen, die im geltenden Recht vor allem auf die Vorschrift des § 46 I, II KWG gestützt werden können, aber auch – im Rahmen gegenständlich beschränkter Veräußerungs- und Zahlungsverbote – auf der Grundlage des § 46a I KWG in Betracht kommen, ist nach allem im fortgeschrittenen Krisenstadium kaum wahrscheinlich. Derartige „punktuelle“ Maßnahmen vermögen als solche regelmäßig die entstandenen Verluste nicht auszugleichen; zur Herbeiführung einer Auffanglösung tragen sie wenig bei. Soweit eine Sanierung wirtschaftlich in Betracht kommt, wird diese durch punktuelle Eingriffe kaum erleichtert. Sowohl der Eintritt neuer Kapitalgeber als auch die übertragende Sanierung werden regelmäßig die Kooperationswilligkeit der bisherigen Kapitalgeber der Bank voraussetzen, so daß es einer Erzwingung bestimmter Verhaltensweisen vielfach nicht bedarf. c) Die Sanierung im oder aus dem umfassenden Moratorium aa) Fehlschlagen der Sanierung im Moratorium als Regelfall in der Praxis Bereits oben1573 ist darauf hingewiesen worden, daß die Einführung der aufsichtsrechtlichen Kompetenzen nach § 46a KWG – entgegen der Absicht des Gesetzgebers und auch dem Wortlaut der Bestimmung – bislang nicht feststellbar dazu beigetragen hat, daß die Zahl insolvenzabwendender Vergleiche oder anderweitiger Sanierungen gestiegen wäre. Wurde ein Moratorium angeordnet, war vielmehr die nachfolgende Insolvenzeröffnung die regelmäßige Folge, so daß der Anordnung vor allem die Bedeutung einer Vorverlagerung von Sicherungsmaßnahmen im Insolvenzeröffnungsverfahren zufiel.

1572 1573

Vgl. etwa Herring, Conglomerates, S. 34. § 5 sub B. II. 3. b).

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bb) Begründung Nach den obigen Feststellungen zu den Wechselwirkungen zwischen den Rechtswirkungen des Verfahrens und den Sanierungsaussichten verwundert dieser eklatante Widerspruch zu den Intentionen des Gesetzgebers nicht: Wenn das Moratorium bereits sowohl das Ende der Rechtsbeziehungen zu den Einlegern als auch die außerordentliche Beendigung der schwebenden Finanzmarktkontrakte auslöst und darüber hinaus eindeutig die finanziellen Schwierigkeiten nach außen signalisiert, ist es evident, daß seine Anordnung die Attraktivität einer Sanierung durch interessierte Dritte eher senkt als befördert und daß geglückte Sanierungen in der Praxis regelmäßig vor Anordnung des Moratoriums und in Abwendung desselben erfolgen (müssen). Je länger das Moratorium dauert, desto größer wird dieser Effekt; allgemein wird eine Sanierung durch freiwillige Zufuhr von Mitteln durch Dritte schon nach kurzer Zeit ausscheiden, weil die durch den Stillstand bedingten Verluste und der Vertrauensverlust im Markt kaum mehr auszugleichen sein werden.1574 Ohne das rasche Eintreten eines glaubwürdigen Kapitalgebers, sei es in Gestalt einer Konzernmutter1575 oder eines Dritten, werden sich dann, wenn ein Moratorium erst angeordnet ist, potentielle Neugläubiger kaum finden und die früheren unmittelbar nach Aufhebung der Anordnung ihre bei dem Institut verbliebenen Mittel abziehen.1576 1574 Vgl. in diesem Sinne ausf. Asser, S. 94 ff.; Herring, Conglomerates, S. 34 f.: „(. . .) confidence is a crucial input into the production of financial services. If clients and counterparties cannot be reassured that the firm will be able to perform on contracts as promised, the firm’s business will simply disappear. Quick action is needed if there is to be any opportunity to harvest going-concern value from the firm.“ Vgl. ferner den Diskussionsbeitrag von Mills (Insolvenzverwalterin im Barings-Fall), in: G-30 (Hrsg.), International Insolvencies, S. 78: „The very fact that an insolvency proceeding is underway will destroy any risk-neutral trading strategy that an entity might pursue. Your positions are thrown out of control, and you enter something of a free fall the minute that the court appoints an administrator. There are determination clauses in financial contracts that could be automatic or at the option of the non-defaulting party. The exchanges will close out your positions to protect their own markets, as required under their regulations and laws. If you indulge in stock borrowing and lending, you could find that the other party will keep the cash and leave you with a stock position. After that, it is likely that most of your nostras will be frozen, so that you will not have the liquidity to do things that you could or would like to do.“ Zum Barings-Fall auch Grierson, (1996) International Business Lawyer 212, 213 ff. sowie unten sub III. 3. a) bb) (b). 1575 Etwa in der ersten aufsichtsrechtlichen Schließung des Hofer Bankhauses Partin; die Bedeutung einer glaubhaften Finanzierungszusage bei öffentlich bekannten Schwierigkeiten illustrierte in jüngerer Zeit auch die Bereitschaft der Bankgesellschaft Berlin, mit welcher aufsichtsrechtliche Maßnahmen gegen den Konzern verhindert werden konnten. 1576 Überzeugend Asser, S. 95: „(. . .) where the objective of the moratorium granted to a bank is to rehabilitate the bank while it continues its operations, or where

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Die unmittelbaren und mittelbaren Konsequenzen des Moratoriums machen mithin einen Sanierungserfolg unwahrscheinlich. Ein qualitativer Unterschied zwischen dem aufsichtsrechtlichen Moratorium und Sicherungsmaßnahmen im Insolvenz- oder Insolvenzeröffnungsverfahren besteht insoweit nicht – entgegen einer im Schrifttum gelegentlich geäußerten Auffassung1577 und auch den dem § 46a KWG zugrundeliegenden Erwägungen. Statt eine temporäre „Verschnaufpause“1578 zu verschaffen, ist mit der Anordnung einer umfassenden Stillegung des Geschäftsbetriebs nach dieser Bestimmung regelmäßig nahezu zwangsläufig die Vorentscheidung für die nachfolgende Liquidation im förmlichen Insolvenzverfahren getroffen, also die „Todesstarre“ eingetreten – und das Moratorium mithin verzichtbar. Für diesen Befund ist ohne Belang, daß das Moratorium kein Sanierungsverfahren i. e. S. bereitstellt, sondern lediglich Freiräume für Sanierungsverhandlungen interessierter Parteien schaffen soll.1579 Denn auch durch (etwa an das Insolvenz(plan)verfahren angelehnte) weiter reichende verfahrensrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten, z. B. einen Zwangsvergleich herbeizuführen oder die Bank nach einem speziellen Sanierungsplan außerhalb der Insolvenz zu sanieren,1580 würden weder die negativen, einer Sanierung in jedem Fall abträglichen Marktreaktionen verhindert noch die ihretwegen für ein Gelingen der Sanierung erforderliche schnelle Abwicklung der Sanierung gewährleistet. such rehabilitation requires support from the financial markets in the form of equity capital or credit, a special debt moratorium may present a paradox. (. . .) it is difficult to see how a bank under a moratorium could continue its operations which is a condition for its rehabilitation: ordinary banking services would normally include incurring new liabilities whose payments would be suspended by the moratorium“. Daher dürfte in der Tat für die Sanierungsaussichten unerheblich sein, daß das EAG nunmehr eine enge zeitliche Verknüpfung zwischen dem Wirksamwerden der aufsichtsrechtlichen Maßnahmen nach § 46a KWG und der Feststellung des Entschädigungsfalles durch die BAFin anordnet, vgl. nochmals M. Wagner, S. 79, gegen Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 33. 1577 Ausdrücklich Hüpkes, Special Regime, S. 17 ff., insbes. S. 20. 1578 Vgl. erneut Stürner, Hypothekenbank, S. 14. 1579 Die Begr. des Finanzausschusses zur Einführung des § 46a KWG (BT-Drs. 7/4631, S. 8) erwägt insoweit insbesondere Vereinbarungen der nicht durch die Einlagensicherung gesicherten Gläubiger, insbesondere anderer Kreditinstitute; diese „werden während des Moratoriums zu prüfen haben, ob sie – z. B. durch teilweisen Forderungsverzicht, durch Übernahme von Geschäftsteilen oder durch andere zur Sanierung geeignete Maßnahmen – die offene Insolvenz des Kreditinstituts verhindern wollen und können.“ 1580 Vgl. nunmehr auch die Neueinführung eines durch die Bankenaufsicht durchzuführendes „Sanierungsverfahren“ nach Artt. 28 ff. n. F. des schweizerischen Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen (zu dieser Reform bereits oben § 12 sub F. IV. 2.).

2. Abschnitt: § 13 Umsetzung der Verfahrensziele „Sanierung“, „Liquidation“ 535

Damit bleibt zunächst festzuhalten, daß dann, wenn die Sanierungsfähigkeit der betroffenen Bank grundsätzlich zu bejahen ist, eine Sanierung vor Eintritt in das Moratorium der Sanierung aus dem Verfahren heraus vorzuziehen ist; die Nachteile der mit dem Verfahrenseintritt verbundenen Konsequenzen und die daraus resultierenden Verluste werden so vermieden. Daß die Vorfeldsanierung aus diesem Grund bei Bankeninsolvenzen eine wesentlich bedeutendere Rolle spielt als die Sanierung aus dem Verfahren, erscheint vor diesem Hintergrund eindeutig begründbar. cc) Die verbleibende Bedeutung für die Sanierung aus dem Moratorium (a) Die maßgebliche Fallkonstellation Ungeachtet der bisherigen Erwägungen kann die Sanierung aus dem aufsichtsrechtlichen Moratorium heraus allerdings in Fällen von Bedeutung sein, in denen zwar die Sanierungsfähigkeit der Bank – etwa wegen ihrer besonderen Marktposition – grundsätzlich zu bejahen ist und deshalb auch Kapitalgeber zur Verfügung stünden, in denen aber die Verluste in einer Geschwindigkeit und Höhe eintreten bzw. festgestellt werden, die Übernahmeverhandlungen und die erforderlichen gesellschaftsrechtlichen Vorbereitungen nicht mehr zulassen, bevor mit der Zahlungsunfähigkeit und damit dem unkontrollierten Zusammenbruch der Geschäftsbeziehungen zu Dritten gerechnet werden muß. Ein Beispiel für eine derartige Situation bietet der Fall der Barings-Bank, auf den noch zurückzukommen sein wird. Der Unterschied zur – in der Praxis wohl häufigeren – Situation einer schrittweisen Akkumulation von Verlusten, einem „schleichenden Tod“, liegt hier vor allem in dem Konflikt zwischen dem Mindestzeitbedarf einer marktseitigen Auffanglösung mit der Schnelligkeit der Entwicklung und der Veränderungen der finanziellen Position des betroffenen Kreditinstituts, welche die erforderliche umfassende Zufuhr frischen Kapitals für Außenstehende zum unkalkulierbaren Risiko zu machen droht.1581 Auch in derartigen Szenarien ist der Effekt des Zahlungsverbots an sich keineswegs wünschenswert; es bewirkt vielmehr wie auch sonst den Zusammenbruch der Geschäftsbeziehungen der betroffenen Bank. Allerdings ist die Schließung hier das „geringere Übel“. Sie legt die „Abflußseite“ vorübergehend still und kann damit in der Tat „Ruhe“ in das Verfahren bringen, innerhalb derer freilich umgehend eine Sanierung her1581 In diesem Sinne – wiederum zum Barings-Fall – Herring, Conglomerates, S. 26 sowie der Erfahrungsbericht zum selben Fall von Rushworth, in: G-30 (Hrsg.), International Insolvencies, S. 74.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

beigeführt werden muß.1582 Der Kreis der Sachverhalte, in denen das Moratorium tatsächlich seine vom Gesetzgeber vorgesehene Funktion erfüllen kann, ist damit eng. Im Regelfall wird eine Sanierung zur Vermeidung der mit der Stillegung des Geschäftsbetriebs verbundenen Verluste vielmehr sinnvollerweise im Vorfeld vorgenommen werden.1583 Die äußerst geringe Zahl der Fälle, in denen eine Sanierung aus dem Moratorium bislang gelungen ist, zeigt dies.1584 (b) Die Instrumente der Sanierung Bereits oben ist darauf hingewiesen worden, daß eine zwangsweise Sanierung im aufsichtsrechtlichen Moratorium kaum in Betracht kommt; die bloße Stillegung der Abflußseite als solche spielt insoweit eine allenfalls unterstützende, wenngleich aufgrund der vorstehend diskutierten Konsequenzen allerdings ambivalente Rolle. Wenn überhaupt eine Sanierungslösung nach einer Anordnung gem. § 46a KWG möglich erscheint, setzt dies mithin regelmäßig die Zufuhr frischen Kapitals voraus, denkbar ist aber auch die Übertragung (eines Teils) des insolventen Instituts auf Dritte. Eine schnelle Lösung wird vor allem der Eintritt eines außenstehenden, finanzstarken Investors ermöglichen, dessen Bereitschaft zum Engagement der Öffentlichkeit zugleich die Fortführungschancen signalisiert und damit die Voraussetzung für eine Weiterführung des Geschäftsbetriebs erst schafft. So wird – wie bereits bei Vorfeldsanierungen – vor allem an eine „übertragende Sanierung“ gedacht werden können, also die Veräußerung des Unternehmens oder wichtiger Teile desselben aus dem Moratorium.

1582 Insoweit gelten wiederum die Ausführungen oben sub bb) bei und in Fn. 1574 zur besonderen Eilbedürftigkeit als Charakteristikum einer Bankensanierung bei fortgeschrittener Krise. 1583 Ein Beispiel für einen Fall, in dem die Risikoabwägung und damit die Weiterführung nach erfolgter Rekapitalisierung kurzfristig vor dem so vermiedenen Eintritt in das Moratorium noch möglich war, bietet der Zusammenbruch der SMHBank, siehe hierzu oben § 2 sub B. II. 1584 Die Gestaltungspraxis in den USA, wo die Insolvenz von Kreditinstituten regelmäßig in sehr kurzer Zeit durch Übertragung auf Konkurrenten bewältigt wird (siehe hierzu noch in anderem Zusammenhang unten § 17 B. III. 2. c)), läßt sich nicht als Gegenargument heranziehen – Voraussetzung für derartige Lösungen ist stets, daß hinreichendes Kapital zur Finanzierung der Transaktion zur Verfügung steht, wovon bei einer marktorientierten Vorgehensweise gerade nicht regelmäßig ausgegangen werden kann.

2. Abschnitt: § 13 Umsetzung der Verfahrensziele „Sanierung“, „Liquidation“ 537

(c) Die Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen, insbesondere zur Frage des Initiativrechts (1) Maßgebliche Rechtsgrundsätze Der Verzicht auf eine gesetzliche Aufgabenverteilung zwischen den Kapitalgebern, den abberufenen und den an ihrer Stelle neu bestellten Organen in § 46a KWG läßt darüber hinaus fraglich erscheinen, wie – die Möglichkeit einer Sanierung vorausgesetzt – diese im einzelnen rechtlich zu organisieren wäre. Eine analoge Anwendung etwa der Vorschriften der Insolvenzordnung zur Sanierung im Insolvenzplanverfahren scheitert schon an der unvergleichbar anderen Verfahrensart; ebensowenig kommt eine Analogie etwa zu den Vorschriften der InsO über die Gläubigerbeteiligung (vgl. § 160 InsO) in Betracht, weil eine organisierte Gläubigerbeteiligung im Moratorium nicht stattfindet, sondern gerade dem gesetzlichen Zweck der flexiblen Krisenbewältigung zuwiderliefe. Eine Sanierung im Moratorium ist demnach einer insolvenzförmigen Sanierung nicht vergleichbar; sie stellt vielmehr den Sonderfall einer zwar bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes durchgeführten, aber lediglich den gesellschaftsrechtlichen Anforderungen an vorinsolvenzliche Sanierungslösungen unterworfenen Maßnahme dar. (2) Folgeprobleme Aus dem vorstehend Gesagten ergeben sich vielfältige Folgeprobleme, nicht zuletzt im Hinblick auf die mögliche Haftung des Erwerbers für Altverbindlichkeiten.1585 Diese sind an sich nicht auf die Bankeninsolvenz beschränkt, weshalb auf eine nähere Untersuchung weitgehend verzichtet werden soll. Hinzuweisen ist allerdings auf besondere Schwierigkeiten einer nachfolgenden insolvenzrechtlichen Bewertung von Lösungen, die bei teilweiser Übertragung des Unternehmens einen weitgehend vermögenslosen Unternehmensträger „zurücklassen“.1586 Hier liegen erhebliche potentielle Spannungen mit den Gläubigerinteressen begründet, die insbesondere die Frage nach einer späteren Anfechtbarkeit aufwerfen. Das gesetzlich durchaus gewünschte Ergebnis einer Sanierung im aufsichtsrechtlichen Moratorium kann sich insoweit durchaus in erheblichem Umfang mit dem ausschließlich im Insolvenzverfahren hinreichend gewährten Gläubigerschutz stoßen, was durch ein mögliches Einstehen des Einlagensicherungsfonds nur für einen Teil der Betroffenen aufgefangen wird (und deshalb als Kon1585 Allgemein zu diesem Problemkreis statt aller Picot/Aleth, Rn. 517 ff. m. w. N. 1586 Vgl. auch Stürner, Hypothekenbank, S. 26 ff., zur „Totenhaussanierung“.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

sequenz möglicherweise die Frage nach einer Staatshaftung für etwa erlittene Gläubigerverluste – gewissermaßen als Pendant zur Haftung des Insolvenzverwalters für vermeidbare Masseschmälerungen nach §§ 60 f. InsO – aufwirft).1587 Auch diese Mißlichkeit läßt sich auf die in § 46a KWG vollzogene Abkehr vom Grundsatz zurückführen, wonach der Eintritt der gesellschaftsrechtlichen Insolvenzantragspflicht im allgemeinen das Ende zulässiger Sanierungsversuche außerhalb des kollektiven Verfahrens markiert.1588 (3) Das Verhältnis der Gesellschaftsorgane zu den gerichtlich bestellten Geschäftsführern Ungeklärt ist insbesondere auch die Frage des Initiativrechts für eine Sanierung im Moratorium, dem ja typischerweise die Abberufung der bisherigen Geschäftsführer nachfolgen wird.1589 Legt man auch insoweit die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsätze für außerinsolvenzliche Sanierungen zugrunde, wozu das Fehlen anderweitiger Regelungen in § 46a KWG wohl zwingt, so läge dies sowohl im Falle einer unternehmensseitigen Kapitalerhöhung (vgl. z. B. §§ 182 ff. AktG) als auch im Falle einer übertragenden Sanierung1590 bei der Hauptversammlung bzw. dem Vorstand mit deren Zustimmung und, bei Nichtaktiengesellschaften, bei den sonstigen Kapitalgebern im Rahmen der jeweiligen Organe. Soweit nach diesen Grundsätzen der Vorstand involviert ist, ist allerdings fraglich, ob nach den für diesen geltenden Regeln auch die gerichtlich nach §§ 46a IV, 46 II KWG auf Antrag der Aufsicht bestellten geschäftsführungsberechtigten Personen dessen Rechte wahrnehmen können, oder ob es insoweit eines besonderen ermächtigenden Beschlusses der Gesellschaftsorgane bedarf.1591 Bereits oben1592 ist darauf hingewiesen worden, daß die gerichtlich bestellten geschäftsführungsberechtigten Personen nur die gesellschaftsrechtlichen Kompetenzen ausüben, die denen der Personen entsprechen, die sie im Amt ablösen, jedoch weiter eingeschränkt durch die sonstigen aufsichtsrechtlichen Anordnungen (z. B. das Veräußerungs- und Zahlungsverbot). Schon dies spricht für das Erfordernis eines Beschlusses der Gesellschafter; 1587

Zur Staatshaftung allgemein unten § 15. Siehe erneut oben sub II. 1. b) bb) (b) bei und in Fn. 1559. 1589 Siehe erneut oben § 6 sub B. II. 3. e). 1590 Vgl. § 179a AktG; ausf. Picot/Aleth, Rn. 522. Zu Maßnahmen nach dem UmwG siehe § 4 UmwG. 1591 Offen Stürner, Hypothekenbank, S. 15 unter Hinweis auf die insoweit unergiebige Kommentarliteratur. 1592 § 6 sub B. II. 3. e). 1588

2. Abschnitt: § 13 Umsetzung der Verfahrensziele „Sanierung“, „Liquidation“ 539

die mißliche Konsequenz, daß die bestellten Personen überhaupt nur bei kooperationswilligen und überdies rasch handelnden Gesellschafterorganen mit Aussicht auf Erfolg entsprechende Sanierungsmaßnahmen einleiten können, liegt in der Natur dieser Konstruktion begründet, welcher die dem Insolvenzverwalter eigene Befugnis zur teilweise organersetzenden, teilweise geschäftsführenden1593 Einflußnahme auf das Vermögen des kontrollierten Unternehmens fehlt. (4) Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben, insbesondere die „Pafitis“-Entscheidung des EuGH Den gerichtlich bestellten Geschäftsführern erweiterte, denen des Insolvenzverwalters angelehnte Kompetenzen zuzubilligen, etwa eine gegenüber den Rechten der Gesellschaftsorgane „verdrängende“ oder „konkurrierende“ Kompetenz1594 zur Einleitung von Sanierungsmaßnahmen, widerspräche allerdings nicht nur der gesetzlichen Konzeption de lege lata, sondern wäre auch aus gemeinschaftsrechtlicher Perspektive nicht unproblematisch. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des EuGH in Sachen Panagis Pafitis u. a. ./. Trapeza Ellados A.E. u.a.,1595 die sich mit der Vereinbarkeit einer bankaufsichtsrechtlichen Krisenbewältigungsmaßnahme griechischen Rechts mit den gemeinschaftsrechtlichen Mindestvorgaben an den Schutz der Gesellschafter von Aktiengesellschaften im Zusammenhang mit der Erhaltung und Änderung des Kapitals der Gesellschaft1596 zu befassen hatte. Insoweit unterschied der EuGH zwischen „Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, die zum Erlöschen der Gesellschaft führen, und (. . .) Abwicklungsregelungen (. . .), die die Gesellschaft zum Schutz der Rechte ihrer Gläubiger einer Zwangsverwaltungsregelung unterstellen“ einerseits und andererseits einer „einseitigen Sanierungsregelung, die den Fortbestand der Gesellschaft sicherstellen soll, (. . .), auch wenn diese Regelung bewirkt, daß 1593

Auf die in der insolvenzrechtlichen Literatur nach wie vor geführte Debatte um die Rechtsnatur des Verwalteramts zwischen sog. Amtstheorie, Theorie vom „neutralen Handeln“, Vertretungstheorie und Organtheorie sei hier nur am Rande hingewiesen, vgl. neben der Kommentarliteratur ausf. etwa K. Schmidt, Gutachten, S. D 48 ff. 1594 So die Formulierung von K. Schmidt, Gutachten, S. D 50. 1595 EuGH, Urt. v. 12.3.1996 – C-441/93, Slg. 1996, I-1347. 1596 Insbesondere den Artt. 25, 29 der Zweiten Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13.12.1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Art. 58 Abs. 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABlEG Nr. L 26/1.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

die Aktionäre und die satzungsmäßigen Organe der Gesellschaft vorübergehend ihrer Rechte enthoben werden“. Während die erstgenannte Gruppe Vorrang vor den im konkreten Fall einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen über die Beteiligung der Gesellschafter beanspruche und mithin ungeachtet dieser Bestimmungen gültig sei, seien diese bei Maßnahmen der zweitgenannten Art uneingeschränkt anwendbar.1597 Die Einsetzung eines „kommissarischen Verwalters“ sei nicht der erstgenannten Kategorie zuzuordnen, „auch wenn alle Befugnisse und Zuständigkeiten der satzungsmäßigen Organe auf diesen Verwalter übergehen.“1598 Daran ändere auch der Umstand nichts, daß es sich um eine speziell auf Kreditinstitute zugeschnittene und im Interesse der Stabilität des Finanzsystems sowie des Einlegerschutzes erfolgende Maßnahme handele. Derartige Ziele seien zwar an sich legitim, müßten aber durch andere, die Rechte der Aktionäre weniger stark einschränkende Maßnahmen, z. B. im Rahmen der Einlagensicherung, umgesetzt werden.1599 Im Ergebnis erklärte der EuGH eine durch den „kommissarischen Verwalter“ ohne Beschluß der Aktionärsversammlung veranlaßte und durchgeführte Kapitalerhöhung für unvereinbar mit den Artt. 25, 29 der Zweiten Richtlinie 77/91/EWG; er verwies zugleich ausdrücklich auf die Vorläuferentscheidung vom 30. Mai 1991 in Sachen Karella ./. Karellas,1600 die auch bei staatlich angeordneten, besonderen Sanierungsmaßnahmen für insolvente Großunternehmen die Außerkraftsetzung der Kompetenzen der Gesellschaftsorgane für gemeinschaftswidrig erklärt hatte. Mißt man das deutsche Moratorium und die Rechtsposition der nach §§ 46a IV, 46 II KWG gerichtlich bestellten geschäftsführungsberechtigten Personen an diesen Grundsätzen, so wird auch hierfür zu folgern sein, daß deren Kompetenzen jedenfalls nicht die Befugnis der Gesellschaftsorgane zu grundlegenden Entscheidungen über Kapitalerhöhungen oder -änderungen sowie auch der Verkauf der Gesellschaft umfassen. Letztlich ist dies zwingende Konsequenz des gesetzlichen Verzichts auf ein förmliches Sanierungsverfahren im Vorfeld der Insolvenzeröffnung; wäre ein solches durch § 46a KWG vorgesehen, könnte dieses wohl unter den Begriff der „Abwicklungsregelung“ subsumiert werden, so daß der bestellte Verwalter erweiterte Kompetenzen beanspruchen könnte.

1597 1598 1599 1600

Pafitis ./. Trapeza Ellados, Pafitis ./. Trapeza Ellados, Pafitis ./. Trapeza Ellados, C-19/90 und C-20/90, Slg.

Tz. 57. Tz. 58. Tz. 47 ff. 1991, I-2691.

2. Abschnitt: § 13 Umsetzung der Verfahrensziele „Sanierung“, „Liquidation“ 541

(d) Zwischenzusammenfassung Eine Sanierung im aufsichtsrechtlichen Moratorium erscheint nach allem in der geschilderten, sehr speziellen Fallkonstellation (außerordentliche, sich dynamisch entwickelnde Verluste, die eine Vorfeldsanierung nicht gestatten) zwar denkbar, wirft aber zahlreiche Einzelprobleme auf, die letztlich eine zwangsläufige Konsequenz der in § 46a KWG vollzogenen Vermischung von Elementen der „freien“, außergerichtlichen Sanierung mit solchen des förmlichen Verfahrens (Zahlungsverbot, Vollstreckungseinstellung) darstellen. Problematisch ist in dieser Konzeption insbesondere das völlige Fehlen einer Gläubigerbeteiligung, die gerade der gesetzgeberischen Absicht entspringt, Freiräume für eine flexible Auffanglösung ohne den störenden Einfluß Dritter zu schaffen. Der Gläubigerschutz wird damit vollständig in die Hände der Aufsicht gelegt. In der Praxis erscheint dies zwar im Grundsatz hinnehmbar, weil einerseits deren Zustimmung zu einem Sanierungskonzept oder einer Übertragung des Unternehmens kaum je erfolgen dürfte, ohne daß die vollständige Befriedigung der Nichtbanken-Gläubiger sichergestellt ist, und zum zweiten auch die Einlagensicherung unterstützend eingreifen wird. Doch bleibt es bei einiger Skepsis angesichts dieser Lösung, die der Aufsicht eine erhebliche Verantwortung aufbürdet, ohne daß gesichert wäre, daß sich etwa betroffene Dritte im Wege des Rechtsschutzes gegen deren Entscheidungen zur Wehr setzen könnten.1601 Bedenken gelten insoweit insbesondere hinsichtlich der unbestimmten Dauer des Moratoriums, die der Gesetzgeber, wie gesehen,1602 mit bis zu sechs Monaten, in Ausnahmefällen auch länger, bemißt. Angesichts der oben dargelegten Erwägung, daß eine Sanierung aus dem Verfahren in der Praxis regelmäßig schon bald nach der Verfahrenseinleitung nicht mehr in Betracht kommen wird, erscheint eine derartige Zeitspanne nicht erforderlich.1603 Die ursprünglich geplante Regelung, wonach das Veräußerungsund Zahlungsverbot „längstens auf zwei Wochen befristet“ sein sollte,1604 wäre insoweit der Realität deutlich eher gerecht geworden. Problematisch mit Blick auf den angestrebten Sanierungserfolg ist weiterhin das Fehlen verfahrensrechtlicher Regelungen, die es der Aufsicht gestatteten, unmittelbar und ohne Rücksicht auf etwaige Widerstände seitens der 1601 Siehe zum Rechtsschutz gegen aufsichtsrechtliche Maßnahmen unten § 14 sub B. I. 1. 1602 Oben § 7 sub B. III. 2. b). 1603 Skeptisch auch Heinsius/Kreutzer, WM 1987, 193, 197: Das „ohnehin schon meist zu lange Verfahren bis zur Einleitung einer Insolvenz über das Vermögen des Kreditinstituts“ werde durch die unklare Befristung weiter verlängert. 1604 Vgl. den RegE zur ursprünglich geplanten Änderung des § 46 I 2 KWG, BTDrs. 7/3657, S. 7.

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Gesellschaftsorgane der betroffenen Bank eine Sanierungslösung herbeizuführen. Voraussetzung dafür wäre, daß für den Zeitraum des Moratoriums nicht lediglich neue geschäftsführungsberechtigte Personen bestellt, sondern Personen eingesetzt werden könnten, deren Aufgaben und Kompetenzen an die eines Insolvenzverwalters angeglichen wären. Allerdings ist dieses Dilemma, wie gesehen, zum Teil auch gemeinschaftsrechtlich vorgegeben und letztlich wiederum Folge der Entscheidung für ein Modell, das insgesamt weder als „freie“ noch als „verfahrensförmige“ Sanierung bezeichnet werden kann. Die weitere Konsequenz dieses Umstandes ist jedoch, daß die Bedeutung der Fallgruppe einer Sanierung aus dem Moratorium weiter reduziert wird auf solche Fälle, in denen Aufsicht und Gesellschaftsorgane (sowie ein potentieller außenstehender Investor oder Übernahmeinteressent) ohne Einschränkungen kooperativ, flexibel und vor allem rasch zusammenwirken. Auch insofern verlangt eine Sanierung aus dem Moratorium der Aufsicht eine erhebliche Verantwortung ab. dd) Das Moratorium als Sanierungsinstrument – vorläufige Bewertung Entgegen der wohl herrschenden Meinung bietet das aufsichtsrechtliche Moratorium nach § 46a KWG nach allem keineswegs einen optimalen Rahmen für eine Sanierung insolventer Kreditinstitute. Die entgegengesetzte Auffassung verkennt, daß in der Praxis entsprechende Anordnungen aufgrund ihrer Rechtswirkungen und der damit zusammenhängenden Konsequenzen für die Weiterführung des Geschäftsbetriebs im Grunde die gleichen wirtschaftlichen Auswirkungen zur Folge haben wie der Eröffnung des förmlichen Insolvenzverfahrens, die damit verhindert werden soll. Ein Sanierungserfolg ist schon deshalb nach Anordnung des aufsichtsrechtlichen Moratoriums nur in besonders gelagerten Fällen zu erwarten. Weiter bestehen Probleme hinsichtlich der Ausgestaltung einer Sanierungslösung im einzelnen. Der Vorteil des Moratoriums, die Flexibilität der aufsichtsrechtlichen Anordnung, die rasch erfolgen und auch ggf. rasch wieder aufgehoben werden kann, wird damit erheblich reduziert. d) Die Sanierung im oder aus dem Insolvenzverfahren und Insolvenzeröffnungsverfahren aa) Sanierungsmöglichkeiten de lege lata Das Problem einer Sanierung im eröffneten Insolvenzverfahren oder im Insolvenzeröffnungsverfahren mit Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO stellt sich im geltenden Recht nach den obigen Ausführungen zur Sanierung

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während der Dauer eines aufsichtsrechtlichen Moratoriums schon aus praktischen Gründen nicht. In der Tat ist es – insoweit im Einklang mit den Intentionen des Gesetzgebers bei Einführung der §§ 46a, 46b KWG1605 – nach fruchtlosem Ablauf des Moratoriums nicht mehr denkbar, daß sich noch Möglichkeiten einer Sanierung ergeben könnten, so daß die Bedeutung des Insolvenzverfahrens im geltenden Recht auf die Durchführung der Liquidation reduziert ist. Damit stellt sich weder die Frage nach der Möglichkeit der Weiterführung des Geschäftsbetriebs im Insolvenzeröffnungsverfahren1606 noch jene nach der Möglichkeit einer Sanierung im Rahmen eines Sanierungsplans im Insolvenzplanverfahren.1607 bb) Die Rechtslage bei Aufgabe des aufsichtsrechtlichen Moratoriums de lege ferenda (a) Die „Sanierungsfeindlichkeit“ einer Verfahrenslösung als Ausgangspunkt Die Untersuchung der Möglichkeiten einer verfahrensförmigen Sanierung unter Rückgriff auf die Instrumente des Insolvenzverfahrens nach der InsO de lege ferenda hat im wesentlichen von den gleichen Erwägungen auszugehen, die oben zur Frage nach den Sanierungsaussichten im aufsichtsrechtlichen Moratorium entwickelt worden sind. Auch und erst recht für den Eintritt ins Insolvenz- und Insolvenzeröffnungsverfahren würde der Verfahrensbeginn schon wegen der damit verbundenen negativen Signalwirkung, aber auch wegen des Eingreifens der massesichernden Verfügungsverbote jeweils eine tiefe Zäsur bedeuten, welche die Sanierungsaussichten minderte und an eine Weiterführung der betroffenen Bank nur denken ließe, wenn umgehend durchgreifende Schritte zur Rekapitalisierung der betroffenen Bank unternommen würden. Entsprechend den obigen Erwägungen zur Möglichkeit einer Sanierung durch eine nur teilweise Beschränkung von Mittelabflüssen im aufsichtsrechtlichen Moratorium erscheinen vor allem eine partielle Weiterführung des Geschäftsbetriebs durch den Insolvenzver1605 Vgl. die Begr. des Finanzausschusses zu § 46b KWG, BT-Drs. 7/4631, S. 11: Konkursantrag durch die Aufsicht nur, wenn zuvor die Möglichkeit einer Vermeidung des Verfahrens im Rahmen des § 46a KWG ausgelotet worden ist. Aufschlußreich insoweit ist auch die Neuregelung in § 46b S. 5 KWG. 1606 Auf die diesbezüglichen Erwägungen von Pannen, Krise und Insolvenz, S. 98, kommt es daher nicht an. 1607 Insoweit im Ergebnis zutreffend Pannen, Krise und Insolvenz, S. 102 f. Im auch insoweit grundsätzlich anders gelagerten Fall der Insolvenz einer Hypothekenbank könnte demgegenüber auch nach dem Moratorium noch ein Insolvenzplanverfahren mit dem Ziel der Sanierung in Betracht kommen; vgl. Stürner, Hypothekenbank, S. 37.

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walter im Insolvenzeröffnungsverfahren bei Anordnung eines eingeschränkten Verfügungsverbots nach § 21 I 1 InsO wie auch die Sanierung lediglich durch anteilige Herabsetzung der Ansprüche der Gläubiger nicht geeignet, eine Sanierung zu ermöglichen; im einzelnen kann insoweit nach oben verwiesen werden. Im Falle der Aufgabe des aufsichtsrechtlichen Moratoriums de lege ferenda und damit der vollständigen Zuweisung der Krisenbewältigung an das Insolvenzverfahren i. e. S. dürften damit Sanierungen im förmlichen Verfahren eine ähnlich geringe Rolle spielen wie gegenwärtig Sanierungen im Moratorium. Nach wie vor würden sanierungsfähige Institute regelmäßig bereits im Vorfeld der Verfahrenseröffnung saniert werden, weil sich nur so die mit dem Eintritt der Verfahrenswirkungen verbundenen Verluste vermeiden ließen. Damit ist nachfolgend nurmehr zu untersuchen, wie für die oben für das aufsichtsrechtliche Moratorium erörterte Fallgruppe unvorhergesehener, zu raschem Handeln zwingender Verluste bei gleichzeitig gegebenen Fortführungschancen (mithin die Konstellation des Barings-Falles) Sanierungsmöglichkeiten im Insolvenz- oder Insolvenzeröffnungsverfahren gefunden werden könnten. (b) Sanierung im Insolvenzplanverfahren? Da das Insolvenzplanverfahren nach den §§ 217 ff. InsO als „Kernstück“ des neuen Insolvenzrechts1608 hauptsächlich als Rechtsrahmen für die verfahrensförmige Sanierung insolventer Unternehmen konzipiert ist,1609 drängt sich zunächst die Frage auf, ob sich die Sanierung eines insolventen Kreditinstituts nach einem etwaigen Verzicht auf das aufsichtsrechtliche Moratorium gegebenenfalls im Rückgriff auf diese Verfahrensart bewirken ließe. Interessant scheint diese Erwägung nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der aktuellen Reformbestrebungen im Bankenaufsichtsrecht der Schweiz,1610 wo anstelle der Konkursverfahren und neben aufsichtsrechtlichen „Schutzmaßnahmen“ nach neuem Recht nunmehr ein „Sanierungsverfahren“ Platz greifen soll. Grundlage für die Sanierung soll ein von einem durch die Bankenkommission als Aufsichtsbehörde eingesetzten „Sanierungsbeauftragten“ ausgearbeiteter Sanierungsplan sein, der – nach einer 1608 Vgl. Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses zum RegE InsO, BT-Drs. 12/7302, S. 181. 1609 Vgl. etwa Smid, WM 1998, 2489, 2490; MünchKomm(InsO)-Eidenmüller, Vor §§ 217 bis 269 InsO Rn. 9: „Rechtstatsächlich wird allerdings bei der weit überwiegenden Zahl von Planverfahren der Sanierungszweck im Vordergrund stehen.“ 1610 Allgemein zu den dort geplanten Neuregelungen schon oben § 12 sub F. IV. 2. m. w. N.

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Anhörungsfrist – durch die Bankenkommission genehmigt wird.1611 Damit soll ausdrücklich die bisherige Aufsichtspraxis abgelöst werden, die nach geltendem Recht lediglich auf die Bestellung eines „Beobachters“ durch die Bankenaufsicht zurückgreifen konnte, und sollte die Stellung der Aufsichtsbehörde in den förmlichen Sanierungsbemühungen gestärkt werden.1612 Für das deutsche Insolvenzplanverfahren wäre indes zu unterscheiden zwischen den Möglichkeiten einer übertragenden Sanierung aufgrund des Insolvenzplans und einer Betriebsweiterführung durch den Unternehmensträger selbst, die durch eine Stundung oder einen teilweisen Verzicht der Gläubiger ermöglicht wird.1613 Wenn es nach dem oben Gesagten auch bei Aufgabe des aufsichtsrechtlichen Moratoriums regelmäßig auf eine Rekapitalisierung der betroffenen Bank ankommt und eine bloße Stundung der Forderungen der Gläubiger zur Herstellung des Sanierungserfolgs nicht ausreichen wird, dann wird auch im Insolvenzplanverfahren vor allem an die Möglichkeit einer übertragenden Sanierung gedacht werden können. Der Insolvenzplan kommt hier nicht zuletzt als Mittel in Betracht, um mögliche widerstreitende Gläubigerinteressen zu kanalisieren.1614 Insbesondere erscheint es grundsätzlich vorstellbar, in diesem Rahmen durch die Einteilung der Gläubigergruppen die bankspezifischen Besonderheiten zu berücksichtigen und auf diese Weise auch Einfluß auf die Ausgestaltung möglicher Sanierungslösungen zu nehmen. So könnte etwa daran gedacht werden, durch Zuweisung des Einlagensicherungsfonds zu einer gesonderten Gläubigergruppe nach § 222 InsO dem Sachverstand der Fondsmitglieder besondere 1611 Vgl. zu sog. „Schutzmaßnahmen“ Art. 26 Schweiz. BankenG n. F.; hierbei handelt es sich im wesentlichen um die in Deutschland in den §§ 46, 46a KWG begründeten Eingriffsbefugnisse, die als „vorsorgliche Maßnahmen“ (Begr., S. 56) vor allem einen „Run“ auf die betroffene Bank verhindern sollen. Zum Sanierungsverfahren neuen Rechts siehe Artt. 28 ff. n. F. Hervorzuheben sind insbesondere die Monopolisierung des Initiativrechts bei der Bankenkommission und deren Kontrollund Weisungsbefugnisse hinsichtlich der Tätigkeit des Sanierungsbeauftragten (Art. 28 n. F.) sowie der Umstand, daß der durch diesen auszuarbeitende Sanierungsplan zwar gem. Art. 29 I n. F. die „Interessen der Gläubiger und der Eigner bestmöglich wahrt“, der Plan aber nur bei Ablehnung einer qualifizierten Gläubigermehrheit zurückgewiesen werden darf und eine Zustimmung der Gesellschaftsorgane nicht erforderlich ist (Art. 30 n. F.). In diesem Konzept wächst der Bankenkommission eine erhebliche Verantwortung zu. Sie muß bei der Entscheidung über die Genehmigung des Plans nach Art. 31 n. F. u. a. beurteilen, ob der Plan die Gläubiger „voraussichtlich besser stellt als eine Liquidation der Bank“, und hat zudem eine Abwägung zwischen den Gläubiger- und Eignerinteressen vorzunehmen, wobei sie gem. Art. 31 lit. d) n. F. „den Vorrang der Interessen der Gläubiger vor denjenigen der Eigner und die Rangfolge der Gläubiger berücksichtigt“. 1612 Vgl. die Eidgenössisches Finanzdepartement (Hrsg.), S. 44 ff. 1613 Vgl. z. B. Smid, WM 1998, 2489, 2490 f.; Warrikoff, KTS 1997, 527, 541 ff.; MünchKomm(InsO)-Eilenberger, § 220 InsO Rn. 16 ff. 1614 Vgl. zu entsprechenden Konstellationen etwa Warrikoff, KTS 1997, 527, 541.

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Geltung zu verschaffen.1615 Ein echtes Sanierungsverfahren erscheint demgegenüber kaum realisierbar, weil eine Weiterführung der Bank in der Krise – wie dargelegt – zwingend die dauernde Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Eigenmittelanforderungen erfordert, die ohne eine rasche Rekapitalisierung eben nicht zu gewährleisten ist.1616 Bestehen damit jedenfalls keine grundsätzlichen Hindernisse, so bleibt im Ergebnis dennoch zweifelhaft, ob sich das Insolvenzplanverfahren als Rechtsrahmen für die Sanierung einer insolventen Bank eignet. Die Gründe hierfür ergeben sich aus der verfahrensmäßigen Ausgestaltung, die das Planverfahren in der InsO erfahren hat und die wohl in der Regel mit dem Erfordernis einer besonders raschen Lösung kollidieren dürfte. Nochmals ist daran zu erinnern, daß angesichts der besonderen Situation einer Bank eine Sanierung nur innerhalb weniger Tage nach dem öffentlichen Bekanntwerden der Krise und dem Eingreifen förmlicher Sicherungsmaßnahmen überhaupt praktisch denkbar erscheint. Dem stehen im Insolvenzplanverfahren zwingende Fristen entgegen. Selbst in der „schnellstmöglichen“ Variante, die voraussetzt, daß bereits im vorangegangenen Insolvenzeröffnungsverfahren entsprechende Absprachen mit den wesentlichen Gläubigern (vgl. § 232 InsO) getroffen worden sind, erfordert die Einhaltung der Fristen der §§ 28, 29 InsO einen Zeitraum von wenigstens drei Wochen zwischen Eröffnungsbeschluß und dem kombinierten Prüfungs-, Erörterungs- und Abstimmungstermin sowie der Bestätigung durch das Gericht;1617 hinzuzurechnen ist der Zeitraum des Eröffnungsverfahrens, der zur Planaufstellung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter benötigt wird. Für einen durch das betroffene Institut selbst vorbereiteten und mit den Gläubigern abgestimmten Insolvenzplan (in Anlehnung an US-amerikanische Praxis als „prepackaged Plan“ bezeichnet) gilt nichts anderes.1618 1615

Vgl. grundsätzlich zur Möglichkeit der Bildung einer aus nur einem Schuldner bestehenden Gruppe etwa HK-Flessner § 222 InsO Rn. 11; MünchKomm(InsO)-Eidenmüller § 129 Rn. 29. 1616 Aufschlußreich insoweit die skeptische Bewertung der Sanierungsaussichten in der Begründung zum schweizerischen Reformvorhaben (oben bei und in Fn. 1610 f.): „Ob zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch eine Sanierung möglich ist, mag fraglich erscheinen, ist jedoch nicht von vornherein auszuschließen“ – letzteres dürfte m. E. aus den genannten Gründen eine Untertreibung darstellen. 1617 Vgl. §§ 218 (Vorlage), 234 (Niederlegung durch das Gericht), 236 ff. (Erörterungs-, Abstimmungs- und Prüfungstermin), 248 (gerichtliche Bestätigung) InsO; zum zeitlichen Rahmen in dieser Konstellation etwa Smid, WM 1998, 2489, 2499. 1618 Vgl. grundsätzlich zur Zulässigkeit und den Möglichkeiten solcher Pläne etwa Braun/Uhlenbruck, Unternehmensinsolvenz, S. 566 ff.; skeptisch MünchKomm(InsO)-Eidenmüller, Vor §§ 217 bis 269 InsO Rn. 57, und ders., Unternehmenssanierung, S. 443. Sehr positiver Erfahrungsbericht, allerdings die obigen Ausführungen zum erforderlichen Zeitrahmen als Mindestmaß bestätigend, bei Kußmaul/Steffan, DB 2000, 1849 ff. (zur Insolvenz eines Nichtbankenunternehmens).

2. Abschnitt: § 13 Umsetzung der Verfahrensziele „Sanierung“, „Liquidation“ 547

Damit dürfte einer Sanierung im Insolvenzplanverfahren auch bei weitgehender Übereinstimmung der Gläubiger regelmäßig die Verfahrensdauer entgegenstehen; das Verfahren ist nicht flexibel genug, um die erforderlichen raschen Lösungen zu ermöglichen, so daß eine Sanierung im Wege des Insolvenzplanverfahrens auch de lege ferenda regelmäßig aus praktischen Gründen ausscheidet. Für das schweizerische Reformmodell dürften kaum bessere Erfolgschancen bestehen. (c) Sanierung im Rahmen einer Eigenverwaltung? Die Anwendbarkeit der Vorschriften über die Sanierung im Wege der Eigenverwaltung unter Aufsicht eines Sachwalters (§§ 270 ff. InsO) mag zwar de lege ferenda auf den ersten Blick wiederum für die Sanierung einer Bank im Verfahren in Betracht kommen, doch bestehen auch insoweit erhebliche Zweifel. Zwar ist nicht auszuschließen, daß ein betroffenes Kreditinstitut mit entsprechend kooperativer Geschäftsleitung, die das Vertrauen der Aufsicht genießt (etwa, weil sie auf ihre Veranlassung neu bestellt wurde) grundsätzlich die Gewähr dafür bietet, daß eine Gläubigerbenachteiligung ausgeschlossen ist (vgl. § 270 II Nr. 3 InsO). Dennoch erscheint die gerichtliche Anordnung der Eigenverwaltung wenig praxisnah. Schon die Vorstellung einer Betriebsweiterführung durch eine Bank, deren finanzielle Schieflage durch die Verfahrenseinleitung eindeutig öffentlich signalisiert worden ist, zeigt dies deutlich; es ist kaum anzunehmen, daß sich der Geschäftsbetrieb weiterführen ließe, ohne daß mit entsprechenden Reaktionen der Gläubiger gerechnet werden müßte. Diese Gläubigerreaktionen, denen wiederum nur eine rasche und umfassende Rekapitalisierung (die zudem aufsichtsrechtliche Voraussetzung für den dauerhaften Weiterbetrieb wäre) entgegenwirken könnte, lassen das der Eigenverwaltung zugrundeliegende Konzept einer Sanierung durch den „debtor in possession“ als für die Bankeninsolvenz ungeeignet erscheinen. (d) Übertragende Sanierung im Eröffnungsverfahren bzw. im eröffneten Insolvenzverfahren? Unter den Möglichkeiten einer Sanierung im Insolvenzverfahren kommt nach dem oben Gesagten nur mehr die Rekapitalisierung im Regelinsolvenzverfahren in Betracht, und zwar am ehesten wiederum durch eine übertragende Sanierung, nachdem eine Rekapitalisierung durch die Kapitalgeber selbst vermutlich regelmäßig bereits im Vorfeld erfolgen dürfte. Diese würfe letztlich auch kaum praktische Probleme auf. Würde sie erst im Eröffnungsverfahren vollzogen, könnten der Eröffnungsbeschluß versagt und

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

die Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO aufgehoben werden; wäre das Verfahren eröffnet, könnte eine Einstellung nach § 212 InsO erfolgen. Problematischer ist die praktisch bedeutsamere Variante der übertragenden Sanierung, über die nach der gesetzlichen Konzeption grundsätzlich durch die Gläubiger im eröffneten Verfahren entschieden werden müßte (vgl. § 160 InsO). Da aber nach dieser Vorschrift jeweils, sofern nicht ein Gläubigerausschuß vorhanden ist, eine Gläubigerversammlung einberufen werden müßte, dürfte eine Sanierung aus dem eröffneten Verfahren regelmäßig und jedenfalls bei nicht sehr kleinen Instituten1619 schon deshalb als unpraktikabel erscheinen, weil sie sich kaum flexibel vornehmen ließe. Hinzu kommt, ähnlich wie oben zum Insolvenzplanverfahren festgestellt, daß ein Abwarten bis zur Entscheidung über die Verfahrenseröffnung und dem Abschluß der Organisation der Gläubiger untereinander regelmäßig den Zeitraum weit überschreiten dürfte, in dem eine Sanierung überhaupt noch praktisch vorstellbar ist. Geht man davon aus, daß der Insolvenzeröffnung über das Vermögen einer Bank de lege ferenda ohne ein vorgeschaltetes aufsichtsrechtliches Moratorium ein jedenfalls nicht auf wenige Tage beschränktes Insolvenzeröffnungsverfahren vorangehen würde, innerhalb dessen das Insolvenzgericht den Sachverhalt aufklären und über den Eröffnungsbeschluß entscheiden könnte, so stellt sich vor allem die Frage nach der Zulässigkeit einer übertragenden Sanierung schon im Eröffnungsverfahren. Nachdem anzunehmen ist, daß bei der Bankeninsolvenz regelmäßig – im Unterschied zur Praxis bei sonstigen Unternehmensinsolvenzen – ein „starker“ vorläufiger Insolvenzverwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis (§ 21 II Nrn. 1, 2; 22 I InsO) bestellt werden dürfte, um eine umfassende Kontrolle über den Bankbetrieb in der Krise herzustellen,1620 ist insbesondere fraglich, ob der so bestellte Verwalter die Veräußerung der Bank insgesamt oder einzelner Geschäftsteile schon im Eröffnungsverfahren vornehmen könnte. Wegen der gesetzlichen Konzeption der Sicherungsmaßnahmen im Eröffnungsverfahren ist dies de lege lata zweifelhaft. Den §§ 21, 22 InsO liegt vor allem die Absicht einer Konservierung des status quo zugrunde; über das weitere Vorgehen, insbesondere die Art und Weise der Verwertung, soll erst im eröffneten Verfahren und dann unter maßgeblichem Einfluß der Gläubiger entschieden werden, wie dies bereits hinsichtlich der Sequestration unter der Konkursordnung der Fall war.1621 1619 In solchen Ausnahmefällen ist auch eine Lösung aufgrund eines Sanierungsplans nicht ausgeschlossen, die auch im Zusammenwirken mit dem Einlagensicherungsfonds umgesetzt werden könnte; vgl. auch die Lösung im englischen Chancery-Fall (dazu unten sub III. 3. a) bb) (a)). 1620 Siehe hierzu oben § 6 sub B. III. 6. b) cc).

2. Abschnitt: § 13 Umsetzung der Verfahrensziele „Sanierung“, „Liquidation“ 549

Von diesem Zweck der vorläufigen Verwaltung ist nach herrschender Meinung, wie bereits im Rahmen der früheren Sequestration, zwar der Verkauf von Umlauf- und ggf. auch Anlagevermögen gedeckt, wenn dies zur Weiterführung erforderlich und geboten scheint.1622 Allerdings darf insoweit nicht der autonom durch die Gläubiger zu treffenden Entscheidung über die Verwertung durch Verlagerung der entsprechenden Weichenstellungen „in das nicht ‚gläubigermitbestimmte‘ Eröffnungsverfahren“ vorgegriffen werden.1623 Die wohl herrschende Meinung zur Sequestration nach früherem Recht ging entsprechend davon aus, daß eine Veräußerung des schuldnerischen Unternehmens durch den Sequester nicht zulässig gewesen sei,1624 dies jedenfalls dann, wenn keine vorherige Zustimmung der Gläubiger eingeholt worden war.1625 Zumindest der Grundkonzeption der §§ 21 ff. InsO entspricht die bereits durch den vorläufigen Insolvenzverwalter vorgenommene übertragende Sanierung kaum, wie sich insbesondere aus dem Zweck der Unternehmensweiterführung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter nach § 22 I 2 Nr. 2 InsO ergibt, durch die Weiterführung des Geschäftsbetriebs das Unternehmen als Voraussetzung für eine übertragende Sanierung aus dem eröffneten Verfahren und auf Beschluß der Gläubiger (vgl. § 160 InsO) in seiner Gesamtheit zu erhalten.1626 So wird denn auch für die vorläufige Insolvenzverwaltung die Befugnis zur Veräußerung des insolventen Unternehmens überwiegend verneint.1627 Allerdings ist beabsichtigt, diese Rechtslage zugunsten einer derartigen Befugnis des vorläufigen Insolvenzverwalters unter der Voraussetzung eines ermächtigenden Beschlusses des Insolvenzgerichts zu ändern.1628 Bedenken gegenüber einer solchen Lösung sind jedenfalls auf die Bankeninsolvenz indes nicht ohne weiteres übertragbar. Richtig ist allerdings, daß 1621 Vgl. hierzu allgemein statt aller MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 22 InsO Rn. 73 ff. m. w. N. zur historischen Entwicklung. 1622 Vgl. etwa Kirchhof, ZInsO 1999, 436, 437; MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 22 InsO Rn. 76 f.; zum Ganzen auch (allerdings teilweise weiter als die h. M.) Pohlmann, Rn. 388 ff.; enger etwa Kübler/Prütting-Pape, § 22 InsO Rn. 16 ff. 1623 MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 22 InsO Rn. 77 a. E. 1624 Statt vieler Pape, ZIP 1994, 89, 92; Kuhn/Uhlenbruck, § 106 KO Rn. 9. 1625 Vgl. etwa OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.1991 – 22 U 202/91, ZIP 1992, 344, 346; Kuhn/Uhlenbruck, § 106 KO Rn. 13c. 1626 Anschaulich MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 22 InsO Rn. 100; ferner Pape, ZIP 1994, 89, 92; einen Konflikt der Veräußerung mit der Fortführungspflicht postuliert Pohlmann, Rn. 413. 1627 Siehe aus der Rechtsprechung BGH, Urt. v. 20.2.2003 – IX ZR 81/02, NZI 2003, 259, 260 sowie schon BGH, Beschl. v. 14.12.2000 – IX ZB 105/00, BGHZ 146, 165, 172 ff.; aus der Literatur HK-Kirchhof, § 22 InsO Rn. 6; Kübler/PrüttingOnusseit, § 159 InsO Rn. 5; Vallender, GmbHR 2004, 543, 544 f. m. w. N.; differenzierend etwa Kammel, NZI 2000, 102, 104; Menke, NZI 2003, 522, 525; vgl. auch schon Pohlmann, Rn. 388 ff.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

eine organisierte Gläubigerbeteiligung hinsichtlich der Entscheidung über die Veräußerung, wie sie im eröffneten Verfahren aufgrund des § 160 InsO gewährleistet ist, im Eröffnungsverfahren Schwierigkeiten bereitet und eine Veräußerung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter zwangsläufig mit dem Prinzip der Gläubigerautonomie kollidieren würde, das erst durch die organisierte Mitbestimmung im eröffneten Verfahren hinreichend geschützt ist. Zwar kann in der „normalen“ Unternehmensinsolvenz diesem Prinzip durch eine Weiterführung des schuldnerischen Unternehmens während des Eröffnungsverfahrens Rechnung getragen werden und besteht in der Tat Grund zur Annahme, daß ein lebensfähiger und sanierungswürdiger Betrieb auf diese Weise zunächst bis zum Berichtstermin im eröffneten Verfahren fortgeführt werden kann.1629 In der Bankeninsolvenz liegt der Fall jedoch gerade umgekehrt: Hier würde der zu erwartende „run“ eine temporäre Schließung in Abweichung von § 22 I 2 Nr. 2 InsO zwingend im Interesse einer möglichen Sanierung erforderlich machen, wenn nicht im Vorfeld eine verfahrensvermeidende ad hoc-Lösung gefunden werden kann, und andererseits werden aufgrund der oben erörterten besonderen Eilbedürftigkeit in der Regel kaum Verfahrenseröffnung, Berichtstermin und Gläubigerentscheidung abgewartet werden können, wenn nicht der Sanierungserfolg gefährdet werden soll. Kern dieses Problems ist der bereits im Zusammenhang mit der Erörterung der Sanierung im aufsichtsrechtlichen Moratorium festgestellte Konflikt zwischen dem Interesse der Gläubiger an der Kontrolle über den Verfahrensgang einerseits und dem Sanierungsziel andererseits (dessen Erreichung durchaus regelmäßig im Interesse der Gläubiger sein kann und sein wird). Entschieden wird dieses Dilemma durch die Systematik der Insolvenzordnung allerdings mit umgekehrtem Vorzeichen, indem hier der Gläubigerautonomie der Vorrang eingeräumt wird. Vollständig aufgelöst werden kann es ebenso wenig hier wie dort, weil die Vorverlagerung einer organisierten Gläubigermitbestimmung ohne Gefährdung des Zieles einer flexiblen, raschen übertragenden Sanierung kaum erreichbar ist. Erscheint eine Sanierung objektiv jedenfalls dann wünschenswert, wenn sie die Weiterführung der betroffenen Bank ermöglicht, ohne die Schuldner schlechter zu stellen, als sie im Falle einer Liquidation stünden, dann besteht durchaus Anlaß zur Überlegung, ob insoweit eine Ausnahme von der gesetzlichen Konzeption denkbar ist, und wie diese ggf. umgesetzt werden könnte. Ausgangspunkt sollte grundsätzlich die Erwägung sein, daß die Ausgestaltung der Sicherungsmaßnahmen im Eröffnungsverfahren keineswegs 1628

Vgl. hierzu § 22 I Nr. 2 InsO-E i. d. F. des Diskussionsentwurfs des Bundesjustizministeriums vom 1.12.2001 (www.bmj.bund.de/images/11591.pdf) und dazu Sabel, ZIP 2003, 781, 782. 1629 So Pape, ZIP 1994, 89, 92; ihm zustimmend auch Pohlmann, Rn. 416.

2. Abschnitt: § 13 Umsetzung der Verfahrensziele „Sanierung“, „Liquidation“ 551

Selbstzweck ist, sondern eben dem Ziel dient, die Verfahrenseröffnung lediglich in einer wirtschaftlich sinnvollen Weise vorzubereiten.1630 Soweit dabei auch die Interessen des Schuldners geschützt werden sollen, indem einer Vorwegnahme von Verwertungshandlungen auch für den Fall einer späteren Aufhebung der Maßnahmen entgegengewirkt wird,1631 tragen die daraus resultierenden Einschränkungen für die Zulässigkeit von Verwalterhandlungen jedenfalls für die Bankeninsolvenz kaum, weil aufgrund der Beteiligung der Aufsicht an der Antragstellung (bzw. de lege lata erst recht der Monopolisierung des Antragsrechts) die Gefahr eines Eröffnungsverfahrens mit ungewissem Ausgang kaum bestehen dürfte. Damit bleibt als entscheidendes Kriterium in der Tat die Frage der Beteiligung der Gläubiger. Allein unter Berufung auf dieses Grundprinzip läßt sich aber die Ablehnung einer übertragenden Sanierung durch einen vorläufigen Insolvenzverwalter de lege ferenda kaum überzeugend stützen, da ja im geltenden Recht auch und gerade das aufsichtsrechtliche Moratorium nach § 46a KWG auf die Möglichkeit einer förmlichen Gläubigerbeteiligung verzichtet. Die Unzulässigkeit der Reduktion der Gläubigerbeteiligung im Insolvenzeröffnungsverfahren de lege ferenda im einen und die Zulässigkeit eines derartigen Ausschlusses der Gläubiger im aufsichtsrechtlichen Verfahren nach geltendem Recht im anderen Fall mit der Erwägung zu rechtfertigen, es handele sich eben beim aufsichtsrechtlichen Verfahren gerade nicht um ein kollektives Verfahren mit Gläubigerbeteiligung, wäre sicherlich als Förmelei zurückzuweisen. Am eigentlichen Sachproblem, nämlich der Frage, ob sich mit den Mitteln des allgemeinen Insolvenzrechts eine befriedigende Bewältigung auch der Bankeninsolvenz bewältigen läßt, führte eine derartige Betrachtungsweise gänzlich vorbei, die das Erfordernis eines separaten Verfahrens voraussetzt, es aber nicht begründet. Sind ohnehin Einschränkungen der Gläubigerautonomie im Interesse des Sanierungsziels unumgänglich, so kann nach allem allein entscheidend sein, ob diese rechtstechnisch überzeugender im aufsichtsrechtlichen Moratorium oder eben im Insolvenzeröffnungsverfahren unterzubringen wären. Für die letztgenannte Lösung spricht, daß sich damit verschiedene der oben festgestellten, mit dem Moratorium verbundenen Unwägbarkeiten vermeiden ließen, so insbesondere das Problem des Fehlens einer der Rechtsstellung des „starken vorläufigen Insolvenzverwalters“ vergleichbaren Institution, die grundsätzlich eigenverantwortlich und mit Verfügungsbefugnis eine Übertragung des Unternehmens auch dort vorantreiben könnte, wo die Gesellschaftsorgane dieser trotz an sich gegebener Sanierungsfähigkeit Widerstände entgegensetzen. Andererseits ließe sich mit einer „insolvenzrecht1630 1631

Vgl. Pohlmann, Rn. 388. Pohlmann, Rn. 390 ff.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

lichen Lösung“ vermeiden, daß die alleinige Verantwortung für die Durchführung der Sanierung bei der Aufsicht angesiedelt würde. Insoweit kommt eine Aufgabenteilung zwischen dem vorläufigen Verwalter und der Aufsicht in Betracht, die beide durch das Insolvenzgericht ergänzt würden. Überzeugend verlangt insoweit der Gesetzesentwurf für eine Neufassung des § 21 I Nr. 2 InsO jedenfalls einen ermächtigenden Gerichtsbeschluß als Voraussetzung für eine übertragende Sanierung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter,1632 wie dies in der Literatur insbesondere von Pohlmann für die Ausnahmefälle vorgeschlagen worden ist, in denen nach seiner Auffassung und in Abweichung von der wohl herrschenden Meinung eine Unternehmensveräußerung schon im Eröffnungsverfahren in Betracht kommen sollte.1633 Ob ein solcher Beschluß bereits de lege lata in Analogie zu § 22 I Nr. 2 InsO erfolgen könnte,1634 erscheint bei Auslegung des Wortlauts, der Systematik und auch der Entstehungsgeschichte zwar zweifelhaft; dies ließe sich aber durch eine Klarstellung im Rahmen des § 22 InsO unproblematisch gesetzlich regeln. Diese Neuregelung wäre jedenfalls im Falle der Abschaffung des aufsichtsrechtlichen Moratoriums zugunsten der Verlagerung der Krisenbewältigung auf das Insolvenz- und Insolvenzeröffnungsverfahren sinnvoll und sachgerecht. Ob ihre Ausdehnung auch auf die Nichtbankeninsolvenz wünschenswert ist, braucht hier nicht erörtert zu werden. Jedenfalls sollte eine zwingende Beteiligung der Aufsicht vor allem an der gerichtlichen Entscheidung vorgeschrieben werden, die auch für die Sanierungsverhandlungen durch den vorläufigen Insolvenzverwalter sinnvoll scheint (wo sie sich aber in der Praxis regelmäßig von selbst ergeben dürfte, weil ja eine etwaige Übertragung der bankaufsichtsrechtlichen Genehmigung bedarf). Zusammenfassend läßt sich damit festhalten, daß die in der Bankeninsolvenz dann, wenn eine Vorfeldsanierung etwa wegen besonders rascher Entwicklung der Krise ausscheidet, aber trotzdem eine Sanierungsfähigkeit zu bejahen ist, vor allem erfolgversprechende frühzeitige übertragende Sanierung aus einem Sicherungsverfahren sich de lege lata mit geringfügigen Anpassungen auch im Insolvenzeröffnungsverfahren bewirken ließe, so daß ein aufsichtsrechtliches Vorverfahren (auch) insoweit nicht zwingend erforderlich erscheint. Dem läßt sich kaum entgegenhalten, daß eine derartige Lösung weder wegen der insoweit an den vorläufigen Verwalter zu stellen1632

Siehe soeben bei und in Fn. 1628. Vgl. Pohlmann, Rn. 413 f.; ihm folgend auch MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 22 InsO Rn. 72. 1634 So Pohlmann, a. a. O.; ebd. Rn. 407 erwägt er demgegenüber eine Kontrolle des Insolvenzgerichts im Gläubigerinteresse „analog § 160 Abs. 1 InsO“ hinsichtlich solcher Verwertungshandlungen, die nicht lediglich im Rahmen der Sicherungsfunktion vorgenommen werden, aber gleichwohl wirtschaftlich sinnvoll erscheinen. 1633

2. Abschnitt: § 13 Umsetzung der Verfahrensziele „Sanierung“, „Liquidation“ 553

den besonderen bankspezifischen Anforderungen noch wegen des Problems einer Haftung des vorläufigen Verwalters1635 praktikabel wäre. Auf ersteres läßt sich erwidern, daß bei einer derartigen Gestaltung neben einem Insolvenzrechtsexperten wohl unproblematisch die Personen zur Ausübung des Amts eines vorläufigen Insolvenzverwalters bestellt werden können, die in der gegenwärtigen Aufsichtspraxis auf Antrag der Aufsicht als geschäftsführungsberechtigte Personen bestellt zu werden pflegen. Das zweitgenannte Argument wiegt zwar in der Tat schwerer, doch könnte insoweit an eine Ausnahmeregelung gedacht werden. Zudem kommt ein Haftungsausschluß auch wegen des Erfordernisses eines gerichtlichen Ermächtigungsbeschlusses in Betracht, der regelmäßig seinerseits nur erteilt werden wird, wenn eine Gläubigerbenachteiligung relativ sicher ausgeschlossen werden kann.1636 Es ist zudem daran zu erinnern, daß das gleiche Problem sich möglicherweise auch im aufsichtsrechtlichen Moratorium stellen könnte, und zwar in Gestalt einer Staatshaftung für etwaige Sanierungsentscheidungen zu Lasten der Gläubiger. Insoweit ist in Rechnung zu stellen, daß schon die Anknüpfung an die Entscheidung mehrerer Beteiligter im Rahmen der hier vorgeschlagenen Lösung das Risiko einer Fehlkalkulation gegenüber einem ausschließlich von Seiten der Aufsicht durchgeführten Ansatz erheblich reduzieren dürfte. Der Verlagerung der Sanierungsbemühungen auf das Insolvenzeröffnungsverfahren in den wenigen Fällen, in denen eine Sanierung zwar in Betracht kommt, aber zuvor die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen unumgänglich geworden ist, steht damit im Ergebnis wenig entgegen. III. Die Sanierung im englischen Recht

1. Überblick Auch im englischen Recht kann unterschieden werden zwischen der „Vorfeldsanierung“, die von der Aufsicht gegebenenfalls im Rahmen ihrer Eingriffskompetenzen veranlaßt und überwacht werden kann (dazu unten sub 2.), und der Sanierung aus dem Verfahren (unten sub 3.), wobei das englische Aufsichtsrecht freilich – wie gesehen – eine dem deutschen aufsichtsrechtlichen Moratorium entsprechende umfassende Eingriffskompetenz nicht vorsieht. An Möglichkeiten einer Sanierung „im oder aus dem Verfahren“ kommt daher vor allem die (auch) als Sanierungsverfahren an1635

Grundsätzlich zur Haftung des vorläufigen Insolvenzverwalters etwa MünchKomm(InsO)-Haarmeyer, § 22 InsO Rn. 208 ff. 1636 Vgl. zu letzterem auch Pohlmann, Rn. 414 („wenn der Verkaufserlös den hypothetischen Wert des stillgelegten Betriebs deutlich übersteigt“).

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

gelegte Administration in Betracht; mit zu überlegen sein werden aber auch die Möglichkeiten einer Sanierung in der Provisional liquidation sowie die sich aus der aktuellen Insolvenzrechtsreform möglicherweise ergebenden Änderungen. Die oben sub I. angestellten grundsätzlichen Erwägungen – insbesondere hinsichtlich der besonderen Eilbedürftigkeit von Sanierungslösungen in der Bankeninsolvenz – gelten naturgemäß auch für die Sanierung nach englischem Recht; hierauf wie auch auf einzelne grundsätzliche Feststellungen zum deutschen Recht wird jeweils verwiesen werden können. 2. Die „Vorfeldsanierung“ im Frühstadium der Krise Die Rolle der Aufsicht bei der Krisenbewältigung im Vorfeld der Insolvenzreife ist durch die, wie gesehen, sehr weit gefaßten Kompetenzen nach den ss. 43 ff. FSMA 2000 nur grob vorgezeichnet worden. Wegen des Erfordernisses, Beschränkungen der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb außer in dringenden Fällen eine Fristsetzung zur Beseitigung der festgestellten Mißstände vorangehen zu lassen,1637 ist auch für das englische Recht zu konstatieren, daß die Beteiligung der Aufsicht an der „freien“ Sanierung eines Kreditinstituts typischerweise durch ein Stufenverhältnis gekennzeichnet ist: Am Beginn des Prozesses steht die aufsichtsseitige Aufforderung, interne Maßnahmen zur Wiederherstellung der finanziellen Stabilität durchzuführen, ohne daß dazu das Instrumentarium im einzelnen durch die FSA vorgeschrieben würde. In einem zweiten Schritt, bei Mißlingen der bankseitig ergriffenen Maßnahmen oder allgemein bei Nichteinhaltung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben, kann die Aufsicht durch Beschränkung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb bzw. durch die Verknüpfung mit Auflagen nach s. 45 i. V. m. ss. 42, 43 FSMA 2000 einzelne Schritte konkret vorgeben, z. B. die Einstellung gefährlicher Geschäftsfelder, die Schließung einzelner Filialen, Obergrenzen für bestimmte Engagements, etc.1638 In der fortgeschrittenen Krise, aber unterhalb der Schwelle der Insolvenzreife, die eine unmittelbare Vermögenssicherung erforderlich machen würde und damit mit den Mitteln des Aufsichtsrechts nicht mehr bewältigt werden kann, dürfen entsprechende Anordnungen auch ohne vorherige Fristsetzung erfolgen (s. 53(6)– (7) i. V. m. s. 53(2)(a), (4), (5) FSMA 2000);1639 damit ist sichergestellt, daß in einem solchen Fall Sanierungsmaßnahmen auch zwangsweise angeordnet werden können, ohne daß die Unternehmensleitung darauf Einfluß hätte. 1637 S. 53(2)(b), (4), (5) FSMA 2000, siehe erneut oben § 5 sub C. II. 2. b), § 6 sub C. II. 1. c). 1638 Zu den möglichen Inhalten derartiger Anordnungen im einzelnen oben § 6 sub C. II 1. b). 1639 Siehe oben § 6 sub C. II. 1. c).

2. Abschnitt: § 13 Umsetzung der Verfahrensziele „Sanierung“, „Liquidation“ 555

Zu beachten ist allerdings, daß auch in diesem Fall eine unmittelbare Einflußnahme der Aufsicht auf Entscheidungen, welche den Bestand der Gesellschaft und sonstige genuin unternehmensbezogene Belage betreffen (etwa im Hinblick auf Kapitalerhöhungen), nicht in Betracht kommt. Die zwangsweise Anordnung bestimmter Maßnahmen oder ihre Durchsetzung im Rahmen einer darauf bezogenen Bedingung ist auf die Ausschaltung bestimmter Gefahrenquellen, zum Großteil auf der „Abflußseite“, gerichtet. Auch nach englischem Recht wirkt die aufsichtsrechtliche Einflußnahme insoweit eher negativ, während darüber hinausgehende unternehmensbezogene Entscheidungen nur mittelbar durchgesetzt werden. Dazu paßt, daß die Rolle der Aufsichtsbehörde im Hinblick auf das leitende Personal der Bank grundsätzlich auf Tätigkeitsverbote beschränkt ist;1640 die Bestellung von Vertrauenspersonen als Geschäftsführer oder Kontrolleure in den Gesellschaftsorganen kommt, wie gesehen, nicht in Betracht. Ein Konflikt mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben an den Schutz der Kapitalgeber in vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahren, wie im Pafitis-Fall durch den EuGH entschieden und oben im Zusammenhang mit den Eingriffsbefugnissen des deutschen KWG diskutiert, scheidet damit für das englische Aufsichtsrecht ersichtlich aus. Insgesamt entsprechen die Vorfeldkompetenzen nach englischem Recht mithin unproblematisch dem oben entwickelten Konzept einer schrittweisen Steigerung des aufsichtsrechtlichen Einflusses, nach dem bei sanierungsbedürftigen, aber auch sanierungsfähigen Instituten die Aufsicht zunächst die Rolle eines kritischen Beobachters einnimmt, unternehmensinterne Sanierungsmaßnahmen auch veranlassen kann, aber nur dann konkret in die Entscheidungen der Geschäftsführung eingreift, wenn diese zögerlich oder mit Maßnahmen reagiert, die aus Sicht der Aufsicht raschen Erfolg vermissen lassen. In vielen Fällen, in denen das Unternehmen selbst interne Restrukturierungsmaßnahmen frühzeitig veranlaßt, wird die Rolle der Aufsicht damit durchaus passiv sein. Die FSA wird den Restrukturierungsprozeß kritisch und aufmerksam begleiten, ohne selbst förmliche aufsichtsrechtliche Maßnahmen zu treffen. Nur dann, wenn sofortiges Handeln geboten scheint, wird sie selbst eingreifen. Oft wird dann aber bereits die Schwelle zur Insolvenzreife erreicht und wird zu überlegen sein, ob ggf. eine umfassende Vermögenssicherung durch Rückgriff auf das förmliche Insolvenzrecht herbeigeführt werden müßte. Diese Sicht wird auch bestätigt durch die frühere Praxis der Bank of England bei „freien Sanierungen“ unter der Geltung des Banking Act 1987.1641

1640 1641

Oben § 6 sub C. II. 3. Siehe hierzu erneut Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 266, 268.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

3. Die Sanierung in der fortgeschrittenen Krise – verfahrensförmige Sanierung und Sanierung aus dem Verfahren a) Sanierung in der Administration aa) Überblick Wie gesehen, ist die Sanierung einer der gesetzlichen Zwecke des Verfahrens der Administration (s. 8(3)(a) Insolvency Act 1986); die Reform durch den Enterprise Act 2002 hat dies noch deutlicher werden lassen.1642 Nach bisherigem Recht mußte der Administrator spätestens drei Monate nach Erlaß der Administration order einen Vorschlag zur Umsetzung des Sanierungsziels oder eines der anderen gesetzlichen Verfahrenszwecke vorlegen; nach einer Frist von 14 Tagen nach Vorlage hatte dann die Entscheidung hierüber durch die Gläubigerversammlung zu erfolgen (vgl. ss. 23, 24 Insolvency Act 1986). Die Vorschläge beruhten jeweils auf einer Sachverhaltsermittlung durch den Administrator auf der Basis eines umfassenden Sachstandsberichts durch das betroffene Unternehmen (vgl. s. 22 Insolvency Act 1986: „statement of proposals to be submitted to administrator“). Nach dem reformierten Modell ändert sich an diesem Grundmodell wenig. Auch hier erfolgt auf Vorlage der Vorschläge durch den Administrator, die nunmehr binnen 28 Tagen nach seiner Ernennung erfolgen muß,1643 grundsätzlich1644 die Einberufung der Gläubigerversammlung (spätestens 6 Wochen nach Beginn der Administration).1645 Auch nach neuem Recht kommt dieser die Entscheidung über Annahme, Zurückweisung oder Veränderung der durch den Administrator vorgelegten Vorschläge zu.1646 Auch im englischen Recht entspricht die ad hoc-Übertragung des Unternehmens in seiner Gesamtheit oder in wichtigen Teilen noch während der Frühphase des insolvenzrechtlichen Sanierungsverfahrens somit nicht der gesetzlichen Grundkonzeption. Vielmehr herrscht auch hier das Prinzip der Gläubigerautonomie, wie sich aus dem zwingenden Erfordernis der Einschaltung der Gläubigerversammlung ergibt, welcher die Entscheidungskompetenz über das weitere Vorgehen zugewiesen ist. Damit ergibt sich auch hier – unter altem wie unter neuem Recht – das Problem eines Kon1642 1643

Siehe nochmals oben § 5 sub C. I. 2. b), c). Vgl. Enterprise Act 2002, Sch. 1: Sch. B1 zum Insolvency Act 1986, para.

48(4). 1644 Zu Ausnahmen siehe ebd., para. 51; eine Einladung zur Gläubigerversammlung muß etwa dann nicht erfolgen, wenn der Administrator feststellt, daß das vorhandene Vermögen zur Befriedigung aller Ansprüche ausreicht. 1645 Ebd., para. 50(2). 1646 Ebd., paras. 52 ff.

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fliktes des Sanierungsziels, das besondere Anforderungen an die Schnelligkeit einer Sanierungslösung stellt, mit den Vorschriften zum Gläubigerschutz, das bereits zum deutschen Insolvenzplanverfahren konstatiert worden ist. Für die vorliegende Untersuchung ist damit von besonderem Interesse, wie die Praxis diese Schwierigkeiten in den oben bereits genannten Fällen erfolgreicher Sanierungen gelöst hat, was nachfolgend an zwei Studien der bislang bestdokumentierten Fälle von Administration orders über Kreditinstitute – Chancery und Barings – nachvollzogen werden soll. bb) Fallstudien Zu beiden nachfolgend kurz zu skizzierenden Fällen ist bereits an anderer Stelle die besondere Flexibilität der Verfahrenseinleitung nach den ss. 8 ff. Insolvency Act 1986 i. V. m. den seinerzeitigen bankaufsichtsrechtlichen Sonderregeln hervorgehoben worden; dabei ist auch darauf hingewiesen worden, daß diese besondere Flexibilität naturgemäß für den effektiven Eintritt in die verfahrensförmige Krisenbewältigung von hoher Bedeutung ist.1647 Für den vorliegenden Kontext bedeutet dies vor allem auch den Verzicht auf Interimslösungen mit bloßem Stillstand der Dinge; statt dessen erfolgt mit der Ernennung des/der (endgültigen) Administrator(s) sogleich der Übergang vom „normalen“ Geschäftbetrieb zu einer Regelung, in deren Rahmen eine umfassende Lageermittlung mit dem Ausloten aller denkbaren Lösungsmöglichkeiten verbunden wird. Für beide der nachfolgend untersuchten Fälle ist dieser Ansatz von erheblicher Bedeutung. (a) Chancery plc Wie gesehen,1648 ergab sich im Falle des kleinen Bankhauses Chancery eine besondere Eilbedürftigkeit aus dem Umstand, daß eine kurzfristig entstandene Liquiditätskrise bei ungehindertem Fortgang der Geschäftstätigkeit zwangsläufig zur Einstellung der Zahlungen durch das betroffene Institut geführt hätte. Als erster Schritt zu einer Einigung wurde durch die Administrators offensichtlich die sofortige Auszahlung aller kleinen Einlagen aus den noch verfügbaren liquiden Mitteln vorgenommen, während im Rahmen der darauffolgenden Einigungsverhandlungen mit den wenigen Großgläubigern und -einlegern die Umwandlung der Forderungen in Unternehmensbeteiligungen (sog. „debt-equity swap“) und eine vorübergehende Stundung der Forderungen vereinbart werden konnte.1649 Den Rechtsrahmen für diese Vereinbarung bildete ein Company voluntary arrangement nach s. 1 Insol1647 1648

Siehe nochmals oben § 5 sub C. III. 4. Oben § 5 sub C. III. 4. c).

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

vency Act 1986, also ein Vergleich aus dem Verfahren der Administration, die damit beendet werden konnte.1650 In diesem Fall konnte mithin in der Tat eine verfahrensförmige Vergleichslösung gefunden und die Sanierung innerhalb des „normalen“ Verfahrens realisiert werden; auch nach künftigem Recht wird dies unproblematisch möglich sein.1651 Allerdings sind die Besonderheiten des Falles nicht zu verkennen: Bedeutsam erscheinen vor allem die offensichtlich sehr geringe Größe des betroffenen Instituts1652 und der kleine Kreis betroffener Großgläubiger, der die Einigung auf ein Lösungsmodell sicher begünstigt hat, das zugleich eine Wiederherstellung der finanziellen Basis und damit die Wiedereröffnung auch nach längerer Schließung ermöglichte.1653 Zudem handelte es sich bei den Großgläubigern offenbar weitgehend um andere Kreditinstitute, Hypothekenbanken sowie Kommunen, was die Vergleichsverhandlungen offenbar erleichtert hat; der Vergleichsvorschlag wurde mit einer Mehrheit von 98 Prozent der stimmberechtigten Gläubiger angenommen.1654 Auf die Handlungsmöglichkeiten in der Insolvenz eines größeren Instituts mit einer größeren Einlegerbasis dürfte der Fall damit kaum Rückschlüsse zulassen. Hier gelten vielmehr die eingangs angestellten grundsätzlichen Erwägungen hinsichtlich des Konflikts zwischen einer langen Verfahrensdauer und den sehr heterogenen Interessen der Beteiligten einerseits und den Sanierungsaussichten andererseits. (b) Barings Auch die Hintergründe des Barings-Falles sind bereits an anderer Stelle dieser Untersuchung ausführlich dargestellt worden; wiederum kann inso1649 Vgl. Hogan, (1996) 12:3 Insolvency Law & Practice 90, 91; Campbell/Cartwright, S. 139 f. 1650 Ebd. Zur Bedeutung von Company voluntary arrangements ansonsten oben § 5 sub C. I. 2. d). 1651 Vgl. Enterprise Act 2002, Sch. 1: Sch. B1 zum Insolvency Act 1986, para. 48(3), wonach der Administrator im Rahmen seines Vorschlagsrechts auch Vorschläge für ein Company voluntary arrangement vorlegen kann. 1652 Siehe auch die Sachverhaltsschilderung in Re Chancery plc [1991] BCLC 712, 713 f.; danach führte das Institut lediglich 120 Girokonten. Nach Hogan, (1996) 12:3 Insolvency Law & Practice 90, 91, betraf der Debt-equity swap eine Summe von insgesamt £ 40 Mio.; für £ 90 Mio. an längerfristig angelegten Einlagen wurde eine Stundungslösung vereinbart. Siehe zu weiteren Einzelheiten des geschlossenen Sanierungsvergleichs ferner Bird/Perry, (1992) 5 Insolvency Intelligence 83 ff. 1653 Die insolvenzbedingte Schließung erfolgte im Februar 1991; im Juli 1991 wurde der Plan genehmigt, vgl. Hogan, a. a. O. 1654 Hogan, a. a. O.; siehe auch Campbell/Cartwright, S. 140.

2. Abschnitt: § 13 Umsetzung der Verfahrensziele „Sanierung“, „Liquidation“ 559

weit zunächst nach oben1655 verwiesen werden. Die sofort bestellten Administrators einer international operierenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die ihrerseits mit einer Londoner Anwaltskanzlei zusammenarbeiteten,1656 stießen hier auf eine sehr komplexe Unternehmensstruktur, die sowohl die Ermittlung der genauen Situation als auch die effektive Kontrolle über die einzelnen Geschäftsbereiche erheblich erschwerte.1657 Zugleich war es offenbar weder am 1. März 1995, dem auf den Erlaß der Administration order folgenden Montag, noch im Verlauf der folgenden Tage möglich, die Höhe der eingetretenen Verluste so einzuschätzen, daß es möglich gewesen wäre, ein Übernahmeangebot mit der grundsätzlich interessierten niederländischen Bankengruppe ING auszuhandeln.1658 Um dieses Problem zu bewältigen, einigten sich die Beteiligten in den unmittelbar auf die Schließung folgenden Verhandlungen mit ING auf eine Lösung, in der die niederländische Gruppe mit zwei neu zu gründenden Tochtergesellschaften wesentliche Teile der Barings Group übernehmen und insoweit auch für die Altverbindlichkeiten aufkommen würde. Zugleich übernahm ING die Kosten für die Administration sowie die nachfolgende Liquidation einzelner nicht übernommener Unternehmensteile. Insgesamt wurden auf diese Weise die Altverbindlichkeiten zwar in großem Umfang gesichert, gleichzeitig aber auch eine Haftungshöchstgrenze festgelegt, um ING von etwa auftretenden weiteren Verlusten zu schützen.1659 Die Lösung war freilich keineswegs unumstritten; insbesondere Anleihegläubiger der Barings Group sahen ihre Interessen nicht hinlänglich berücksichtigt.1660 Andererseits bewies, wie bereits angedeutet, gerade dieser Fall die Notwendigkeit einer möglichst raschen Lösung, um die mit einer längeren Schließung verbundenen Verluste und Auswirkungen auf die Marktstruktur insgesamt zu vermeiden, von denen wiederum auch der Sanierungserfolg abhängen abhing.1661 Selbst nachdem Einigung über die oben skizzierte Lösung erzielt worden war, war keineswegs gesichert, daß sie auch umgesetzt 1655 Siehe insbes. § 9 sub A. II. 2. a) cc) (b) (4) zu den Auswirkungen auf den Zahlungsverkehr. 1656 Campbell/Cartwright, S. 142; zur Unternehmensstruktur auch Herring, Conglomerates, S. 23 ff. 1657 Campbell/Cartwright, S. 142; Grierson, (1996) International Business Lawyer 212, 213; siehe auch die Diskussionsbeiträge von Rushworth und Mills, in: G-30, International Insolvencies, S. 74 ff. 1658 Grierson, (1996) International Business Lawyer 212, 213. 1659 Siehe zu den Einzelheiten Grierson, (1996) International Business Lawyer 212, 213 ff. 1660 Siehe Hogan, (1996) 12:3 Insolvency Law & Practice 90, 91; Re Barings, The Times v. 7.3.1995. 1661 Vgl. bereits die Zitate oben sub II. 2. c) bb) in Fn. 1574; im konkreten Fall erschien es erforderlich, schon eine Woche (!) nach der Schließung die Wiederauf-

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

werden konnte, da die oben sub aa) dargelegten verfahrensrechtlichen Anforderungen den Abschluß der Verhandlungen über die Veräußerung des Unternehmens insoweit in Frage stellten, als das Wirksamwerden der Abreden bei deren Einhaltung erheblich verzögert worden wäre.1662 Um den Sanierungserfolg zu sichern, verfiel man auf eine bislang im englischen Recht nicht praktizierte Strategie: Die Administrators beantragten beim Insolvenzgericht die Erlaubnis, schon vor der Einberufung der Gläubigerversammlung und damit im Vorgriff auf eine Entscheidung der Gläubiger die Veräußerung vornehmen zu dürfen. Dabei berief man sich auf die – inhaltsgleich auch neuen Recht vorgesehene1663 – Bestimmung der s. 14(3) Insolvency Act 1986, wonach der Administrator jederzeit während des laufenden Verfahrens um Anweisungen für das weitere Vorgehen nachsuchen kann.1664 Es handelt sich um eine sehr unbestimmt formulierte Generalklausel, die den Verwaltern nicht zuletzt bei Unsicherheit über drohende Konflikte mit dem Gläubigerinteresse Sicherheit über die Zulässigkeit bestimmter Handlungen verschaffen soll.1665 Obwohl die in dieser Bestimmung vorgesehene Weisungsbefugnis des Gerichts an sich kaum die Erlaubnis für einen weitreichenden Schritt wie die Übertragung des gesamten Unternehmens decken dürfte,1666 wurde die beantragte Ausnahmeerlaubnis auf der Basis der genannten Bestimmung erteilt, wobei der raschen Sicherstellung des Sanierungserfolgs ausdrücklich der Vorrang gegenüber den Interessen der Anleihegläubiger eingeräumt wurde.1667 Die übertragende Sanierung wurde mithin im Grunde nur durch eine an sich wohl durchaus systemwidrige Umgehung der Gläubigerbeteiligung ermöglicht. Der Fall illustriert deutlich die Möglichkeiten, zugleich aber auch die Gefahren und die hohen Anforderungen an die Flexibilität aller Beteinahme des Handelsgeschäfts auf den ostasiatischen Finanzmärkten zu ermöglichen (Grierson, (1996) International Business Lawyer 212, 213). 1662 Vgl. Grierson, (1996) International Business Lawyer 212, 214: „In the case of Barings, the urgency was such that following the procedure under sections 23 and 24 [Insolvency Act 1986] was out of question. It was necessary for ING and the administrators to act very quickly. Each day’s delay was potentially damaging.“ 1663 Vgl. Enterprise Act 2002, Sch. 1: Sch. B1 zum Insolvency Act 1986, para. 62. 1664 Vgl. den Wortlaut von S. 14(3) Insolvency Act 1986: „The administrator may apply to the court for directions in relation to any particular matter arising in connection with the carrying out of his functions.“ 1665 Vgl. etwa Rajani, Tz. B7.3. 1666 In diese Richtung wohl auch Grierson, (1996) International Business Lawyer 212, 214 unter Hinweis auf die idealiter auf die bloße Verwaltungsfunktion beschränkten Rolle der Administrators bis zur Entscheidung durch die Gläubigerversammlung. 1667 Re Barings, The Times v. 7.3.1995; siehe auch Hogan, (1996) 12:3 Insolvency Law & Practice 90, 91; Campbell/Cartwright, S. 143.

2. Abschnitt: § 13 Umsetzung der Verfahrensziele „Sanierung“, „Liquidation“ 561

ligten, die mit einer ad hoc-Veräußerung nach Eintritt der Verfahrenswirkungen verbunden sind. Sicherlich handelte es sich um eine Ideallösung, die vor allem auch auf die Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsbehörden, den Insolvenzverwaltern und sonstigen Beratern, den Kapitalgebern der Bank sowie dem übernehmenden Institut zurückzuführen war. Andererseits ist deutlich erkennbar, daß sich eine entsprechende Lösung in der Regel nur unter Ausschaltung der Gläubigermitwirkung am Entscheidungsprozeß wird bewerkstelligen lassen; eine organisierte Gläubigerbeteiligung wird innerhalb der geforderten kurzen Abwicklungsfristen kaum erreichbar sein. Daß die Aufsichtsbehörde jeweils am gesamten Entscheidungsprozeß umfassend beteiligt sein wird, versteht sich von selbst.1668 b) Sanierung in der Provisional liquidation? Nachdem, wie oben dargelegt,1669 eine Administration order bislang nur für Unternehmen mit Sitz im Inland in Betracht kommt, stellt sich die Frage, ob die als Alternative zur Verfügung stehende Anordnung einer Provisional liquidation1670 ähnliche Lösungen ermöglichen könnte wie die soeben zur Administration skizzierten. Dagegen spricht zwar die gesetzliche Konzeption, welche Provisional liquidation nach s. 135 Insolvency Act 1986 i. V. m. Insolvency Rules 1986, rules 4.25 ff. in erster Linie als reine Sicherungsmaßnahme ausgeprägt hat. Gerade die praktische Anwendung im BCCI-Fall hat indes gezeigt, daß den Provisional liquidators eine durchaus weite Rolle zugemessen werden kann; im konkreten Fall waren sie aktiv in laufende Sanierungsbemühungen mit den Eigentümern der Bank eingeschaltet.1671 Auch hier besteht zudem eine generalklauselartige Ermächtigung des Insolvenzgerichts, die Funktionen der Provisional liquidators in weitem Umfang frei zu definieren und damit auch eine übertragende Sanierung im Frühstadium zu sanktionieren bzw. die Winding-up order erst zu erlassen, wenn der Provisional liquidator zuvor Sanierungsmöglichkeiten ausgelotet hat. Praktische Beispiele für eine solche Regelung finden sich bislang nicht, doch wird auch im englischen Schrifttum betont, daß nach den Erfahrungen aus dem BCCI-Fall (in dem eine Sanierung letztlich wegen der Überschuldung des Instituts kaum in Betracht kam) in besonderen Konstellationen die 1668

Siehe erneut oben § 5 sub C. III. 4. c) zu ihrer Stellung als Verfahrensbetei-

ligter. 1669

§ 5 sub C. I. 2. c). Siehe schon oben § 6 sub C. III. 2. b). 1671 Vgl. erneut Re Bank of Credit and Commerce International SA [1992] BCLC 570 ff.; Re Bank of Credit and Commerce International SA (No 2) [1992] 579 ff. 1670

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Provisional liquidation in weitem Umfang als Alternative zur Administration dort genutzt werden könnte, wo diese ausscheidet – also auch insbesondere in Insolvenzen ausländischer Kreditinstitute.1672 Dies wird auch bestätigt durch die Stellung der Provisional liquidators im Falle der Rafidain Bank, in der die Bestellung zunächst erfolgte, um die Londoner Filiale des irakischen Bankhauses zu schützen, bis die finanzielle Situation der Bank insgesamt gesichert festgestellt werden konnte.1673 Damit bleibt festzuhalten, daß in besonderen Fällen auch die Anordnung der Provisional liquidation eine übertragende Sanierung oder andere Restrukturierungsmaßnahmen kaum hindern würde, wenn sich während der Dauer einer solchen Anordnung entsprechende Möglichkeiten ergäben. Die Vorgehensweise entspricht insoweit im Kern der oben geschilderten Ausnahmeregelung im Barings-Fall. Auch insoweit würde die Zustimmung der betroffenen Gläubiger letztlich durch eine Entscheidung des Insolvenzrichters ersetzt, der – auf Antrag des Provisional liquidators, des betroffenen Unternehmens selbst oder auch der Aufsichtsbehörde – eine Interessenabwägung vornehmen müßte und damit die Verantwortung nicht zuletzt für den Schutz der Gläubiger trägt. Sollte freilich aufgrund s. 254 Enterprise Act 2002 nunmehr das Verfahren Administration auch für ausländische Kreditinstitute geöffnet werden, dürfte die Relevanz dieser Überlegungen stark abnehmen. IV. Vergleichende Würdigung

Ein Vergleich der oben für beide Rechtsordnungen untersuchten maßgeblichen Rechtsbestimmungen für Sanierungslösungen und der diesbezüglichen Aufsichtspraxis ergibt bei aller Verschiedenheit im Detail zahlreiche Gemeinsamkeiten. In beiden Systemen lassen sich die Grundformen der „freien“, außergerichtlichen Vorfeldsanierung und die der Sanierung im oder aus dem förmlichen Verfahren als deutlich voneinander abzugrenzende Ansätze ausmachen. Für beide Rechtsordnungen gilt, daß die Vorfeldsanierung unter Vermeidung des förmlichen Verfahrens dann, wenn überhaupt eine Sanierungsfähigkeit der jeweils betroffenen Bank zu bejahen ist (wofür 1672 So ausdrücklich Campbell/Cartwright, S. 171; vgl. entsprechend auch bereits Moss/Segal, in: Oditah (Hrsg.), S. 71, 73: „Notwithstanding the exclusion of foreign registered banks from the scope of administration orders, practitioners and the courts have devised means of using provisional liquidation not simply as a protection for assets and the holding of the status quo but as a de facto insolvency administration analogous to administration.“ 1673 Moss/Segal, a. a. O. Die zu diesem Fall ergangene Entscheidung von BrowneWilkinson V-C in Re Rafidain Bank [1992] BCC 376 ff. (Ch.D.) betrifft ein anderes Sachproblem und ist vorliegend ohne Belang.

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regelmäßig die Bereitschaft Dritter, sich an dem Unternehmen zu beteiligen, ein Indiz sein wird), die Regel sein dürfte. Wann immer sich dieser vermeiden läßt, werden die Beteiligten nicht abwarten, bis der Eintritt ins förmliche Verfahren das Vertrauen der Marktteilnehmer und der Kunden erschüttert und damit sowie durch die Auswirkungen der Verfahrenseröffnung auf den Zahlungsverkehr sowie auf schwebende Finanzmarktkontrakte zu erheblichen Verlusten führt und die Sanierungsaussichten selbst erheblich erschwert. Die Sanierung im Verfahren ist vor diesem Hintergrund allenfalls in Konstellationen denkbar, in denen nach unerwartet und rasch eingetretenen, nicht sofort genau zu beziffernden Verlusten der Eintritt ins förmliche Verfahren unvermeidlich ist, um einen „run“ der Gläubiger auf das Institut zu vermeiden. Auch die Beteiligung der Aufsicht an Sanierungsmaßnahmen in den beiden Fallkonstellationen stellt sich im einzelnen durchaus vergleichbar dar; in beiden Rechtsordnungen ist ihre Rolle zunächst eher die eines kritischen Begleiters. Zudem wird die Aufsicht vielfach die unternehmensinternen Restrukturierungsbemühungen erst veranlassen, wozu oft nicht einmal der Rückgriff auf die förmlichen Eingriffsbefugnisse nötig sein wird. Reagiert die Bank nicht oder nicht in hinreichendem Maße auf die sich verschlechternde finanzielle Position, kann die Aufsicht stärker auf die Bank einwirken und dabei auch einzelne Maßnahmen im Wege konkreter Anordnungen durchsetzen. In beiden Rechtsordnungen sind die Kompetenzen insoweit vor allem negativ gegen bestimmte Verhaltensweisen gerichtet, während umfassende positive Anordnungen (etwa hinsichtlich einer strategischen Neuausrichtung) jedenfalls nicht gesetzlich vorgesehen sind. Die Unterschiede zwischen beiden Rechtsordnungen sind in dieser Hinsicht vor allem gesetzessystematischer Natur; wie im einzelnen dargelegt, befriedigt die Trennung zwischen den Kompetenzen nach §§ 45, 46 KWG und die ihr zugrundeliegende Unterscheidung zwischen der „einfachen“ Nichteinhaltung aufsichtsrechtlicher Sicherheitsstandards und der gesteigerten Krisensituation vor Insolvenzreife insoweit weniger als das englische Modell, das eine Generalklausel für den Eintritt in die Krisenbewältigung vorsieht und lediglich zwischen Fällen unterhalb und oberhalb der Insolvenzreife differenziert. Schon wegen der dann verstärkt berührten Gläubigerinteressen ist das Problem der Sanierung im bzw. aus dem Verfahren demgegenüber vielschichtiger und daher für die vorliegende Untersuchung interessanter. Ausgehend vom praktischen Befund, daß Sanierungen aus dem aufsichtsrechtlichen Moratorium gem. § 46a KWG in Deutschland bislang nur höchst selten realisiert werden konnten, sind oben verschiedene mögliche Ausgestaltungen aufsichtsrechtlicher Anordnungen nach dieser Vorschrift insbesondere unter der Fragestellung untersucht worden, ob mit diesem speziell auf Banken zugeschnittenen Verfahren, auf dessen Entsprechung das engli-

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

sche Recht verzichtet hat, Sanierungslösungen gegenüber dem allgemeinen Insolvenzrecht erleichtert werden, wie dies der Gesetzgeber bei der Einführung der Bestimmung eindeutig erhofft hat. Diese These muß nach allem schon deshalb skeptisch bewertet werden, weil sich gerade im Vergleich mit dem englischen Recht zeigt, daß auch dort trotz der unterschiedlichen rechtlichen Steuerungsmechanismen eine Sanierung aus einem bereits eröffneten Verfahren im wesentlichen auf die gleichen Schwierigkeiten stößt. Abgesehen von dem oben untersuchten, besonders gelagerten ChanceryFall scheiden echte Vergleichslösungen unter Einbeziehung der Gläubiger eines Instituts in der Praxis offenbar vor allem aufgrund des mit den Sanierungsaussichten unmittelbar verknüpften Eilbedürfnisses weitgehend aus. Vielmehr zeigt gerade die englische Erfahrung deutlich, daß eine Sanierung, die nicht im Rahmen einer Art Oktroi durch wenige Verfahrensbeteiligte (Großgläubiger, die etwa beteiligten Insolvenzverwalter, die Aufsichtsbehörde) rasch und ohne Beteiligung der Mehrzahl der Gläubiger ausgearbeitet wird, kaum eine Erfolgsaussicht hat. Die verfahrensrechtliche Verschiedenheit von aufsichtsrechtlichem Moratorium und Sanierung aus dem Insolvenz- bzw. Insolvenzeröffnungsverfahren sollte insofern nicht darüber hinwegtäuschen, daß in beiden Fällen die Gläubigerinteressen nicht im Wege der gläubigerautonomen Entscheidungsfindung gewahrt werden können, sondern nur durch hoheitliche Entscheidung. In Deutschland obliegt die Verantwortung für ein interessengerechtes Ergebnis allein der Aufsichtsbehörde, während sie in England zwischen den beteiligten Verwaltern, die als unmittelbar geschäftsführungsberechtigte Praktiker „vor Ort“ erheblichen Einfluß auf die Entwicklung haben, der Aufsichtsbehörde und dem Insolvenzrichter aufgeteilt ist, der im Wege einer – an sich nicht unbedingt systemkonformen – Ausnahmeermächtigung über die „Freigabe“ der Sanierungslösung und damit auch die Eingriffe in die Rechtsposition der Gläubiger abschließend entscheidet. Wägt man zwischen beiden Systemen ab, so wird sich eine abschließende Entscheidung kaum treffen lassen. Jedoch ist mit aller Deutlichkeit der in Deutschland (und auch in anderen Staaten mit ähnlichen Regelungsmodellen) durchaus herrschenden Auffassung entgegenzutreten, das aufsichtsrechtliche Moratorium sei per se und gewissermaßen a priori „sanierungsfreundlicher“ als eine streng „insolvenzrechtliche Lösung“. Wie schon die Untersuchung der aufsichtsrechtlichen und der insolvenzrechtlichen Eingriffstatbestände im deutschen Recht sowie ein Vergleich der jeweiligen Rechtswirkungen sowohl hinsichtlich der Auswirkungen auf Zahlungsverkehr und Finanzmarktkontrakte gezeigt hat, ist die Einordnung des Moratoriums als Instrument der „Insolvenzvermeidung“ oder auch der „Insolvenzverfahrensvermeidung“, wie sie auch der gesetzliche Tatbestand ausdrücklich formuliert, keineswegs stimmig. Das Moratorium ist vielmehr selbst

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ein (wenn auch spezielles) Insolvenz(vor)verfahren mit der Insolvenzeröffnung annähernd äquivalenten Auswirkungen. Dabei wird stets von der Ausgestaltung der Maßnahmen nach § 46a KWG als wirklich umfassende Sicherungsmaßnahme ausgegangen; wie oben dargelegt, wäre ein an § 89 II VAG angelehntes, Züge eines Zwangsvergleichs tragendes Modell zwar auch im Rahmen des § 46a KWG denkbar, aber mit Ausnahme spezieller Konstellationen (etwa bei Hypothekenbanken) im allgemeinen Bankgeschäft nicht praktikabel. Der Unterschied zwischen beiden Modellen ist damit in Wahrheit kein grundsätzlich-systematischer, sondern eher ein rechtstechnischer; die „verwaltungsrechtliche“ ist der „insolvenzrechtlichen“ Lösung weniger fremd, als vor allem aus deutscher Sicht auf den ersten Blick angenommen werden könnte. Die sehr geringe „Erfolgsquote“ des deutschen Modells läßt insoweit Zweifel an der Überlegenheit dieser verwaltungsrechtlich geprägten begründet erscheinen, auch wenn ein kruder quantitativer Vergleich („zwei gelungene Sanierungen im deutschen Moratorium – mindestens zwei in der englischen Administration“) schon wegen der Verschiedenheit der jeweiligen Sachverhalte offensichtlich unsinnig wäre. Andererseits kann die deutsche Lösung immerhin für sich in Anspruch nehmen, daß die Anordnung der Sicherungsmaßnahmen im Wege eines sofort vollziehbaren Verwaltungsakts jedenfalls im Grundsatz den Vorzug außerordentlich flexibler Gestaltungen unter Ausschaltung „störender“ Einsprüche Dritter oder entgegenstehender Gerichtsentscheidungen hat. Doch hat zumindest die flexible Handhabung der Verfahrenseröffnung in der englischen Praxis gezeigt, daß bei allseits kooperativer Einstellung der Beteiligten auch ein „insolvenzrechtliches“ Modell durchaus gleichwertige Lösungen ermöglicht. Zudem kann das englische Recht insofern Vorzüge aufweisen, als die Stellung der für die weitere Entwicklung nach Eintritt ins Verfahren besonders bedeutsamen Insolvenzverwalter erheblich stärker ausgeprägt ist und damit auch eine größere Handlungsfähigkeit bestehen dürfte, als dies mit Blick auf die sehr stark von der Aufsicht abhängigen und im übrigen schon durch die gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung massiv eingeschränkten gerichtlich bestellten Notgeschäftsführer des deutschen Rechts der Fall ist. Die „Zwitterstellung“ des Moratoriums zwischen einem Verwaltungs- und einem kollektiven Insolvenzverfahren wird hierin besonders deutlich. Insgesamt soll an dieser Stelle die These gewagt werden, daß das deutsche Moratorium, wie schon hinsichtlich der damit im einzelnen zu erzielenden Sicherungswirkungen, auch mit Blick auf mögliche Sanierungslösungen durchaus entbehrlich sein könnte. Zwar ließe sich einwenden, daß die „hoheitliche“ Sanierungsentscheidung über die Köpfe der Gläubiger hinweg mit dem das Insolvenzrecht ansonsten beherrschenden Prinzip der Gläubigerautonomie nicht vereinbar und damit nur im Rahmen eines gesonderten

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verwaltungsrechtlichen Verfahrens überhaupt denkbar sei. Vorderhand sprechen für eine derartige Betrachtung nicht zuletzt gewichtige gesetzessystematische Gründe. Allerdings liegt die Gegenfrage nicht fern, warum, wenn in einzelnen, speziell gelagerten Fällen ohnehin vom Grundprinzip der Gläubigerautonomie abgewichen werden muß, dies nicht auch innerhalb des allgemeinen Insolvenzverfahrens geschehen kann. Das insoweit sehr pragmatische englische Recht zeigt, daß sich diese Überlegung durchaus auch in der Praxis umsetzen läßt; es erspart sich damit nicht zuletzt eine „Wartezeit“ vor dem Eintritt in die Liquidation, wenn die Sanierungsbemühungen schlußendlich scheitern, ohne daß es – wie mit der Antragstellung nach der Antragstellung nach § 46b im deutschen Recht – zuvor noch einer weiteren aufsichtsrechtlichen Handlung bedürfte. Im übrigen gewinnt das englische Recht auch deshalb an Sympathie, weil es durch die Verteilung der Entscheidungslast auf mehrere Schultern eine Reihe von „checks and balances“ einführt und damit auch bei hochdynamischen Verhandlungsprozessen immer auch zur kritischen Abwägung unter mehreren Beteiligten zwingt. Nochmals ist freilich zu betonen, daß die Anforderungen an die Flexibilität wie auch das bankwirtschaftliche Verständnis der zuständigen Insolvenzrichter gerade bei insolvenzrechtlich ausgestalteten Sanierungslösungen, wie gesehen, besonders hoch sind. Dies könnte die Verfahrenskonzentration bei spezialisierten Gerichten nahelegen, wobei freilich eine derartige, bundesländerübergreifende Lösung in Deutschland mit Blick auf die durch Art. 92 GG vorgeprägte Kompetenzverteilung auf verfassungsrechtliche Schwierigkeiten stoßen dürfte. Unabhängig von diesen systematischen Überlegungen bleibt abschließend die bereits im Zusammenhang mit der Untersuchung der wirtschafts- und rechtspolitischen Vorgaben an den Rechtsrahmen für Bankeninsolvenzen aufgeworfene Frage, inwieweit sich die „normale“ Unternehmensinsolvenz von der Insolvenz eines Kreditinstituts hinsichtlich der im Einzelfall denkbaren Sanierungsszenarien unterscheidet. Bereits einleitend ist insoweit darauf hingewiesen, daß zumindest mit Blick auf die „übertragende Sanierung“ als aussichtsreichstes Instrument deutliche Parallelen bestehen und in beiden Fällen im Rahmen der jeweils verfügbaren Sanierungsverfahren zustandegekommene vergleichsweise Lösungen eher die Ausnahme bilden. Allerdings dürfte nach allem festzuhalten sein, daß die Sanierungsaussichten eines Kreditinstituts, ist das Insolvenzverfahren erst eröffnet, nochmals geringer sind als die eines Nichtbankenunternehmens. Gleichwohl wird sich sagen lassen, daß die betriebswirtschaftliche Krisenentwicklung jedenfalls grundsätzlich für beide Unternehmenstypen kaum abweicht. Ihr eigenes Gepräge erhält die Bankeninsolvenz mithin vor allem durch die Beteiligung der Aufsichtsbehörde an der Krisenbewältigung, für die außer im Kreditnurmehr im Versicherungswesen Parallelen bestehen.

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C. Liquidation I. Einführung

Die Liquidation einer Bank im Insolvenzverfahren ist erheblich unproblematischer als die vorstehend erörterte Umsetzung eines Sanierungskonzepts; wie in der „normalen“ Unternehmensinsolvenz geht es hier um die Verwertung der vorhandenen Vermögensmasse im Interesse der Gläubiger des betroffenen Instituts. Unter „Liquidation“ wird dabei hier und im folgenden jede Verwertungsart verstanden, die nicht zum Überleben wesentlicher Teile des betroffenen Bankgeschäfts führt. Obwohl die oben erörterte „übertragende Sanierung“ eines Teils des Geschäftsbetriebs unter Umständen auch Teil einer Liquidationsstrategie sein kann, soll sie nachfolgend unberücksichtigt bleiben und soll sich die Untersuchung auf die für die insolvenzförmige Vermögensauseinandersetzung grundlegenden Regelungen konzentrieren – in beiden Rechtsordnungen also ausschließlich Bestimmungen des allgemeinen Insolvenzrechts, nachdem weder Deutschland noch England spezielle Liquidationsverfahren für Banken kennen. Ein Unterschied der Banken- zur Unternehmensinsolvenz im allgemeinen besteht dabei allenfalls insofern, als die Bankeninsolvenz auch in dieser Hinsicht besondere Anforderungen an die Flexibilität der Verfahrensgestaltung stellen könnte. Ein Bedürfnis nach flexiblen Gestaltungen unter Vermeidung des sofortigen und umfassenden „Stillstands“ aller Rechtsbeziehungen des Instituts zu Dritten kann insbesondere dann bestehen, wenn die längerfristige Weiterführung bestimmter Vertragsverhältnisse trotz der damit verbundenen Verlängerung des Liquidationszeitraums im Interesse der Gläubiger ist, also bei langfristig angelegten Risikoaktiva (vor allem im Kreditgeschäft). Wird hier ein sofortiger Abbruch der Rechtsbeziehungen erzwungen, dann können sich Verluste erhöhen, weil eine ursprünglich einträgliche Kalkulation der frühzeitigen außerordentlichen Auflösung des jeweiligen Vertragsverhältnisses weicht, ohne daß hierfür etwa eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangt werden könnte.1674 Insoweit besteht nicht nur ein denkbarer Konflikt mit möglichen Gläubigerinteressen, die eine rasche Befriedigung auch zu einer geringeren Quote höher bewerten als eine längerfristig angelegte und deshalb mit einer höheren Quote erfolgende.1675 Vielmehr ist weiterhin auch denkbar, daß eine verzögerte Verwertung, die einträgliche 1674

Vgl. allgemein zu den negativen Auswirkungen einer als „fire sale“ bezeichneten beschleunigten Verwertung Murton, (Spring/Summer 1989) FDIC Banking Review 397, 399. 1675 Zur Bedeutung gerade der kurzfristigen Forderungsausfälle infolge der Bankeninsolvenz für die wirtschaftliche Situation der Gläubiger siehe bereits oben § 4 sub B. II. 2. c) aa).

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Rechtsverhältnisse weitgehend in ihrem Bestand bewahrt und ihre vertragsgemäße Abwicklung ermöglicht, mit der bankaufsichtsrechtlichen Genehmigungspflicht konfligiert. Neben der Frage, ob die jeweiligen verfahrensrechtlichen Rahmenbedingungen nach deutschem (unten sub II.) und englischen Recht (sub III.) hinreichende Flexibilität grundsätzlich zulassen, ist nachfolgend vor allem auch dieser Aspekt zu untersuchen. Welche Bedeutung diesem Aspekt in der Praxis zukommt, läßt sich vorliegend indes nur schwer beurteilen. II. Die Liquidation im deutschen Insolvenzrecht

1. Das Regelinsolvenzverfahren Für das Regelinsolvenzverfahren gelten – abgesehen von den in der Geschäftsnatur begründeten Besonderheiten – keine wesentlich anderen Grundsätze als für das Verfahren bei der „normalen“ Unternehmensinsolvenz.1676 Die eingangs als wünschenswert bewertete Flexibilität hinsichtlich der Aufrechterhaltung einträglicher Verträge mit Dritten, insbesondere den Kreditnehmern des betroffenen Instituts, dürfte mit dem Regelinsolvenzverfahren nach der InsO unproblematisch vereinbar sein: Eine automatische Auflösung von Vertragsverhältnissen fehlt; statt dessen könnte der Insolvenzverwalter sein Wahlrecht nach § 103 I InsO nutzen, um etwa eine begrenzte Weiterführung laufender Kreditverhältnisse zu ermöglichen. Allerdings hat gemäß § 159 InsO die Verwertung der Insolvenzmasse nach dem Berichtstermin „unverzüglich“ zu erfolgen, zugleich sind jedoch abweichende Entscheidungen der Gläubigerversammlung vorgesehen, so daß eine zeitlich gestreckte Vorgehensweise jedenfalls möglich erscheint und diese gleichzeitig in das Ermessen der Gläubiger in ihrer Gesamtheit gestellt wird. Nachdem nicht zuletzt der Einlagensicherungsfonds als Großgläubiger eine gewichtige Rolle in der Gesamtheit der Gläubiger mit entsprechendem Einfluß auf den Entschdeidungsprozeß in der Gläubigerversammlung (vgl. § 72 II InsO) spielen wird,1677 dürften die Chancen für eine kommerziell sinnvolle Lösung hoch zu veranschlagen sein – insbesondere in Fällen, in denen werthaltige Sicherheiten in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen. Damit verbleibt vor allem die Frage nach der Vereinbarkeit einer derartigen Lösung mit den aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Genehmigungspflicht bankgeschäftlicher Tätigkeiten (§ 32 InsO); wie bereits an anderer Stelle dargelegt, erfolgt in der Praxis regelmäßig mit der Eröffnung 1676 1677

Zutr. Pannen, Krise und Insolvenz, S. 99. Siehe bereits oben § 12 sub D. III. 7. a).

2. Abschnitt: § 13 Umsetzung der Verfahrensziele „Sanierung“, „Liquidation“ 569

des Insolvenzverfahrens über das insolvente Institut auch die Entziehung der Genehmigung zum Geschäftsbetrieb nach § 35 II Nr. 4 KWG.1678 In der Literatur ist zu diesem Problem, soweit ersichtlich, bislang nicht Stellung genommen worden. Allerdings spricht viel gegen die Annahme, daß die zur Maximierung der Verwertungserlöse vorgenommene, „gestreckte“ Liquidation mit dem Entzug der aufsichtsrechtlichen Erlaubnis unvereinbar wäre. Sicherlich würden etwa durch den Insolvenzverwalter getätigte Neugeschäfte, also etwa die – ohnehin unrealistische – Gewährung neuer Kredite während des Liquidationsverfahrens, unter den Begriff des „Bankgeschäfts“ i. S. d. § 32 KWG i. V. m. § 1 I 2 Nr. 2 KWG („Gewährung von Gelddarlehen“) fallen. Ebenso wäre die (gleichfalls unrealistische) Valutierung bereits zugesagter Kredite wohl vor diesem Hintergrund als problematisch zu bewerten. Die Aufrechterhaltung bestehender und voll valutierter Darlehensverträge ist jedoch kaum als „Gewährung“ zu bezeichnen; hier geht es lediglich um die Weiterführung der bestehenden Darlehensverhältnisse, in deren Rahmen der Masse Gelder zufließen, aber keine mehr abfließen. 2. Liquidationsplan im Insolvenzplanverfahren als Alternative zum Regelverfahren? Anstelle der Anwendung des Regelinsolvenzverfahrens auf insolvente Kreditinstitute ließe sich erwägen, im Insolvenzplanverfahren nach den §§ 217 ff. InsO im Rahmen eines – grundsätzlich zulässigen (vgl. den offenen Wortlaut des § 217 InsO)1679 – Liquidationsplans eine von den für die Liquidation ansonsten maßgeblichen allgemeinen Verfahrensbestimmungen abweichende, „maßgeschneiderte“ Lösung für die insolvenzförmige Liquidation zu erarbeiten. Da insoweit die oben1680 zur Möglichkeit von Sanierungslösungen im Insolvenzplanverfahren dargelegten Erwägungen hinsichtlich der besonderen Eilbedürftigkeit für Liquidationslösungen ersichtlich nicht gelten, erscheint ein derartiges Modell durchaus denkbar. Ob und ggf. unter welchen Umständen es sich in der Praxis anbieten könnte, diesen Weg zu beschreiten, läßt sich kaum abschätzen. Nachdem, wie soeben sub 1. dargelegt, das Regelverfahren an sich durchaus hinreichende Flexibilität für die Anwendung auch auf die insolvenzförmige Liquidation von Kreditinstituten bieten dürfte, erscheint das Erfordernis einer abweichenden Regelung im Insolvenzplanverfahren jedenfalls zweifelhaft.1681 1678

Siehe zusf. oben § 7 sub B. II. 2. f). Siehe etwa Kübler/Prütting-Pape, § 217 InsO Rn. 38; MünchKomm(InsO)Eidenmüller, § 217 InsO Rn. 161; Nerlich/Römermann-Braun, Vor § 217 InsO Rn. 196 ff. 1680 Sub B. II. 2. d) bb) (b). 1681 Skeptisch auch Pannen, Krise und Insolvenz, S. 103. 1679

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung III. Die Liquidation im englischen Insolvenzrecht

1. Winding-up Nachdem das Winding-up im englischen Recht den „klassischen“ Rechtsrahmen für die insolvenzförmige Liquidation darstellt,1682 stellt sich zunächst vor allem die Frage nach seiner Vereinbarkeit mit dem oben formulierten Erfordernis einer hinreichenden Flexibilität. Zudem besteht zwischen der Liquidation durch ein (sofort eröffnetes) Winding-up-Verfahren und der Vorbereitung der Liquidation im Verfahren der Administration ein Stufenverhältnis, wie sich aus der gesetzlichen Formulierung des Verfahrensziels einer günstigeren Verwertung als im Winding-up durch s. 8 Insolvency Act 1986 für die Administration ergibt.1683 Auf die Tauglichkeit des Windingup (ohne vorherige Administration) für die Bankeninsolvenz kommt es damit vorliegend primär an. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Vorgaben für die Tätigkeit der Liquidatoren in dieser Verfahrensart recht strikt gefaßt sind und nur in geringem Umfang flexible Gestaltungen zulassen. Das Verfahren ist klar auf die unverzügliche Einleitung und Durchführung der Liquidation ausgerichtet, der Verwalter auf dafür erforderliche Maßnahmen beschränkt.1684 Nur mit vorheriger Ausnahmegenehmigung durch das Gericht können einzelne Geschäfte des insolventen Unternehmens durch den Verwalter fortgeführt werden;1685 die Voraussetzungen, unter denen eine solche Genehmigung in Betracht kommt, werden in der Praxis durchaus eng gefaßt.1686 Zwar gilt auch im englischen Recht, daß Verträge (mit Ausnahme von Arbeitsverträgen) nicht automatisch mit Eröffnung des Winding-up erlöschen,1687 vielmehr greift auch hier im Ergebnis eine Art Wahlrecht des Verwalters.1688 Jedoch ist fraglich, ob nicht die traditionell sehr stark auf eine beschleunigte Verwertung ausgerichtete1689 Verfahrensart das Risiko einer verlustreichen sofortigen Auflösung bestehender Verträge immerhin steigen läßt. Aufgrund der größeren Flexibilität dieser Verfahrensart könnte sich damit auch in Fällen, in denen eine Sanierung von Anfang an kaum wahrscheinlich ist, eine „Vorschaltung“ der Administration für einen gewissen Zeitraum vor der Li1682

Siehe bereits oben § 5 sub C. I. 2. a). Hierzu und auch zu den – insoweit unbeachtlichen – Änderungen durch den Enterprise Act 2002 oben § 5 sub C. I. 2. c). 1684 Vgl. s. 167 i. V. m. Sch. 4 Insolvency Act 1986. 1685 Sch. 4, para. 5 Insolvency Act 1986. 1686 Vgl. Re Mawcon Ltd. [1969] 1 All E.R. 188. 1687 Fletcher, Rn. 26-009. 1688 Siehe bereits oben § 8 sub B. II. 1689 Siehe insoweit Goode, Principles, S. 133. 1683

2. Abschnitt: § 13 Umsetzung der Verfahrensziele „Sanierung“, „Liquidation“ 571

quidation im Winding-up empfehlen (dazu sogleich unten sub 2.). Bei alledem werden indes auch Winding-up-Verfahren über das Bankenvermögen regelmäßig schon wegen der besonderen Komplexität des Bankgeschäfts nicht nur erheblichen Zeitaufwand, sondern auch flexible Lösungen im Einzelfall unter Mitwirkung des Gerichts1690 erfordern, was die Unterschiede zwischen beiden Modellen wiederum nivellieren könnte,1691 so daß sich die Frage nach der praktischen Relevanz der hier angestellten Erwägungen angesichts des zu knappen Anschauungsmaterials vorliegend kaum abschließend beantworten läßt. 2. Vorbereitung der Liquidation im Wege der Administration Gegenüber dem Winding-up-Verfahren hat die Administration den Vorteil, daß sie gerade nicht auf die sofortige Liquidation ausgerichtet ist, sondern unter der Verwaltung durch den Administrator nach s. 14(1)(a) i. V. m. Sch. 1 Insolvency Act 1986 nach geltendem Recht1692 vor allem auf die Bewahrung des status quo während des Zeitraums ihrer Anordnung. Wie das deutsche Insolvenzplanverfahren, eröffnet auch diese Verfahrensart den Weg zur Einigung der Gläubiger im Wege des Liquidationsvergleichs, was sich aus den Verfahrenszielen einer für die Gläubiger günstigeren Verwertung als im Winding-up und des Abschlusses eines Voluntary arrangement nach ss. 1 ff. Insolvency Act 1986 ergibt.1693 Das mit dem Enterprise Act 2002 eingeführte Prinzip der beschleunigten Beendigung der Administration1694 könnte insoweit allerdings Schwierigkeiten bereiten und trotz bestehender Ausnahmeregelungen jedenfalls einer bislang möglichen und in der Praxis unter Umständen wünschenswerten zeitlichen Ausdehnung schon der Administration entgegenstehen. Damit ist durchaus denkbar, daß von den das Winding-up beherrschenden, relativ starren Grundsätzen eine für die Gläubiger günstigere, abweichende Regelung im Administration gefunden werden kann, die allerdings eine entsprechende Zustimmung der Gläubigerversammlung erfordert und wohl vor allem unter neuem Recht wegen der frühzeitigen Beendigung der 1690 Vgl. insoweit das Recht der Liquidators, nach S. 168(3) Insolvency Act 1986 Weisungen des Gerichts einzuholen; hierzu Campbell/Cartwright, S. 164. 1691 Vgl. hierzu die Darstellung des BCCI-Falles bei Campbell/Cartwright, S. 163 f. 1692 Zum insoweit kaum abweichenden neuen Recht siehe Enterprise Act 2002, Sch. 16: Sch. 1 zum Insolvency Act 1986, paras. 58 ff. 1693 Zu den gesetzlichen Verfahrenszwecken nach altem und neuem Recht oben § 5 sub C. III. 3. 1694 Vgl. Enterprise Act 2002, Sch. 16: Sch. 1 zum Insolvency Act 1986, paras. 76 ff.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Administration nur im Wege eines förmlichen Voluntary arrangement in Betracht kommt. Wie im deutschen Recht dürfte eine solche Lösung, die zur verzögerten Einziehung der Außenstände im Rahmen der Steigerung der Erlöse führte, kaum am aufsichtsrechtlichen Genehmigungserfordernis scheitern; insoweit gelten die oben sub II. 1. angestellten Überlegungen entsprechend. IV. Vergleichende Würdigung

Eine Bewertung der für die insolvenzförmige Liquidation geltenden verfahrensrechtlichen Regelungen kann nach allem knapp ausfallen. In beiden hier untersuchten Rechtsordnungen vollzieht sich die Liquidation in den Bahnen und nach den Maßstäben des allgemeinen Insolvenzrechts, was jeweils kaum Probleme aufzuwerfen scheint. Ein Unterschied zwischen beiden Systemen besteht lediglich insoweit, als im deutschen Recht das Regelinsolvenzverfahren in jedem Fall hinreichend flexibel erscheint, um etwa ein Bedürfnis nach einer zeitlich gestreckten Verwertung zu ermöglichen, während das Winding-up in England insoweit Schwierigkeiten aufwerfen und sich statt dessen eher eine Lösung im Rahmen der Administration – ggf. als Vorstufe zum späteren Winding-up – als Alternative anbieten könnte. Ob beide Modelle tatsächlich zu unterschiedlichen Ergebnissen führen würden, muß allerdings mangels hinreichender Erkenntnisse zur bisherigen Rechtspraxis dahinstehen. Die Frage ist im übrigen rein rechtstechnischer Natur und für die rechtsvergleichende Bewertung von geringerem Interesse.

§ 14 Die Rechtsstellung der Beteiligten: Rechtsschutzfragen A. Überblick Sowohl in Deutschland als auch in England bewegt sich, wie gesehen, die Krisenbewältigung zweigleisig; es mischen sich – allerdings mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung – verwaltungs- und insolvenzrechtliche Handlungsalternativen. Ist in den vorangegangenen Abschnitten der Frage nachgegangen worden, wie effektiv die Instrumentarien jeweils sind und welche Auswirkungen mit ihnen verbunden sind, so soll nunmehr untersucht werden, welche Probleme die Zweiteilung der Krisenbewältigung hinsichtlich des Rechtsschutzes der Verfahrensbeteiligten hat und welche Besonderheiten insoweit gegenüber dem Insolvenzverfahren im allgemeinen gelten. Dabei soll die Frage möglicher (Sekundär-)Ansprüche der Einleger (und ggf. auch der betroffenen Bank) einstweilen wegen der Sonderstellung

2. Abschnitt: § 14 Die Rechtsstellung der Beteiligten: Rechtsschutzfragen 573

dieses Problems ausgeklammert bleiben; auf sie wird im nächsten Abschnitt zurückzukommen sein. B. Rechtsschutz im deutschen Recht I. Die Rechtsposition der betroffenen Bank

1. Aufsichtsrechtliche Maßnahmen vor dem Insolvenzantrag Daß es sich bei den aufsichtsrechtlichen Maßnahmen nach §§ 45–46a KWG um Verwaltungsakte gegenüber dem Kreditinstitut handelt, ist bereits oben ausgeführt worden. Damit gelten für den Rechtsschutz hiergegen grundsätzlich die §§ 68 ff. VwGO, so daß die Anordnungen durch Widerspruch und Anfechtungsklage angegriffen werden können. Nach § 49 KWG haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die hier interessierenden Maßnahmen keine aufschiebende Wirkung, so daß vorläufiger Rechtsschutz nach § 80 V VwGO in Betracht kommt, das betroffene Institut also einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage stellen kann. Zuständig ist jeweils das Verwaltungsgericht in Frankfurt am Main (vgl. § 1 III 1 FinDAG1695 i. V. m. §§ 45, 52 Nr. 2 VwGO). Hinsichtlich der gerichtlichen Bestellung geschäftsführungsberechtigter Personen nach §§ 46 II, 46a II KWG kann nach wohl herrschender Meinung – mangels unmittelbarer Auswirkungen – nicht die Antragstellung als solche im Verwaltungsrechtsweg angefochten werden, sondern nur die auf den Antrag der Aufsicht ergehende gerichtliche Entscheidung. Dies gilt jedoch naturgemäß nicht für die vorangegangene Untersagung der Geschäftstätigkeit.1696 Insbesondere bei Anordnung eines aufsichtsrechtlichen Moratoriums nach § 46a KWG dürfte das betroffene Institut ausschließlich im vorläufigen Rechtsschutz überhaupt Aussicht auf Erfolg haben, die eigene Existenz zu sichern; ein längerer Rechtsstreit, während dessen der Geschäftsbetrieb stillgelegt bleibt, wird regelmäßig das Vertrauen der Einleger und übrigen Marktteilnehmer in einem Maße beeinträchtigen, daß an eine Wiederaufnahme kaum gedacht werden kann. Insoweit gelten die obigen Ausführungen zu den Wechselwirkungen zwischen den Sanierungsaussichten und dem Eintritt ins förmliche Verfahren entsprechend.1697 Auch die Rechtsprechung 1695 Siehe auch die Überleitungsvorschrift für anhängige Gerichtsverfahren in § 18 I 2 FinDAG. 1696 Vgl. etwa Beck, § 46 KWG Rn. 48; Reischauer/Kleinhans, § 46 KWG Rn. 11. 1697 Siehe erneut oben § 13 sub B. I. 2. b).

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

erkennt dies grundsätzlich an.1698 Im Rahmen der im Verfahren nach § 80 V VwGO gebotenen Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse am sofortigen Vollzug und dem Suspensivinteresse sind zwar hohe Anforderungen an die Begründungslast der Aufsicht gestellt worden,1699 die Erfolglosigkeit derartiger Anträge scheint jedoch die Regel zu sein.1700 2. Rechtsschutz bezüglich der Insolvenzantragstellung Mit der Einführung der Insolvenzordnung ist die frühere, aus verfassungsrechtlicher Perspektive als problematisch bewertete1701 Regelung aufgegeben worden, wonach das Konkursgericht an den Eröffnungsantrag der Aufsicht gem. § 46b KWG gebunden sein sollte (§ 46b S. 4 KWG a. F.), so daß lediglich der Konkursantrag als Verwaltungsakt nach den §§ 68 ff. VwGO anfechtbar war.1702 Nach neuem Recht hat das Insolvenzgericht den Eröffnungsgrund zu prüfen. Rechtsschutz gegen den Eröffnungsbeschluß findet nach § 34 InsO im Wege der sofortigen Beschwerde statt, die sowohl das betroffene Kreditinstitut als auch die Aufsichtsbehörde einlegen können; der Antrag der Aufsicht ist auf diese Weise quasi auf die Rechtsposition eines Gläubigerantrags beschränkt worden.1703 Durch die Neufassung des § 46b KWG im Zusammenhang mit der Umsetzung der EG-Bankeninsolvenzrichtlinie,1704 in deren Rahmen die Vorschrift des § 46b KWG aus dem Kreis der in § 49 KWG genannten Bestimmungen gestrichen worden ist, ist nunmehr klargestellt, daß es sich bei der Antragstellung nicht mehr um einen Verwaltungsakt handelt. Diese Streichung war schon in der Insolvenzrechtsreform erworgen,1705 im Einführungsgesetz zur InsO allerdings nicht weiterverfolgt worden.1706 Die in der Literatur geäußerte Vermutung, dabei könnte es sich um eine bewußte Ent1698

Vgl. z. B. VG Köln, Beschl. v. 30.5.2001 – 14 L 928/01, WM 2001, 1612, 1616; bestätigt durch OVG Münster, Beschl. v. 31.7.2001 – 4 B 743/01, WM 2002, 847, 848. 1699 Vgl. OVG Berlin, Beschl. v. 22.5.1995 – 1 S 27.95 (unveröffentlicht) unter Aufhebung von VG Berlin, Beschl. v. 13.1.1995 – 25 A 234.94 (unveröffentlicht). 1700 Siehe z. B. aus der jüngeren Rspr. die Nachw. oben Fn. 1698. 1701 Lappe, KTS 1985, 17, 19 f.; Reischauer/Kleinhans, § 46b KWG Anm. 4 („Prinzipien der Gewaltenteilung und der Unabhängigkeit der Rechtsprechung“); Heinsius/Kreutzer, WM 1987, 193, 197. 1702 Zur Beteiligungsfähigkeit im Falle eines bereits eröffneten Konkursverfahrens VG Berlin, Beschl. v. 31.10.1995 – 25 A 313.95, WM 1996, 295, 297 f. 1703 Vgl. Boos/Lindemann, § 46b KWG Rn. 11, 16 ff. 1704 Siehe dazu noch unten § 16. 1705 Begr. zu Art. 38 RegE EGInsO (dem späteren Art. 79 EGInsO), BT-Drs. 12/ 3803, S. 105 f. 1706 Vgl. nunmehr Art. 79 EGInsO und wiederum den Wortlaut des § 49 KWG.

2. Abschnitt: § 14 Die Rechtsstellung der Beteiligten: Rechtsschutzfragen 575

scheidung und nicht lediglich um ein Redaktionsversehen gehandelt haben,1707 ist damit gegenstandslos geworden.1708 Damit führt nach neuem Recht ein Insolvenzantrag der Aufsicht dazu, daß die Bank Rechtsschutz nicht mehr vor den Verwaltungsgerichten, sondern nur mehr vor dem örtlich zuständigen Insolvenzgericht erlangen kann. Ob diese Regelung zu unerwünschten und überflüssigen Verzögerungen führt, wie gelegentlich aus der Warte der Praxis befürchtet,1709 kann mangels hinreichender Erkenntnisse zu Verfahren nach neuem Recht kaum bewertet werden. Daß sich aus möglichen Auseinandersetzung über die Begründetheit des Eröffnungsantrags indessen Gefährdungen für die wirksame Vermögenssicherung ergeben könnten, ist jedoch weder de lege lata – wegen der in der Praxis bis zur Verfahrenseröffnung aufrechterhaltenen aufsichtsrechtlichen Sicherungsmaßnahme1710 – noch bei einer Abschaffung des aufsichtsrechtlichen Moratoriums de lege ferenda zu befürchten. Im letzteren Fall wäre, wie gesehen, ein gleichwertiges Ergebnis durch die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO zu erzielen. Ob die durch das neue Recht bewirkte „Umstellung“ vom verwaltungsauf den insolvenzrechtlichen Rechtsschutz für das betroffene Institut günstig ist oder nicht, kann hier kaum bewertet werden. Bejahte man früher ein Ermessen der Aufsicht bei der Entscheidung über die Antragstellung,1711 dann war die verwaltungsgerichtliche Kontrolle zwar auf die Nachprüfung von Ermessensfehlern reduziert (vgl. § 114 VwGO), während im Rahmen der Entscheidung über eine sofortige Beschwerde der betroffenen Bank nach § 34 InsO eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem Sachvortrag der Aufsicht im Eröffnungsantrag erfolgen wird. Schon wegen der bislang durchaus hohen Anforderungen an die Darlegungslast im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gegen aufsichtsrechtliche Verwaltungsakte1712 erscheint allerdings zweifelhaft, ob sich in der gerichtlichen Pra1707

Pannen, Krise und Insolvenz, S. 62. Wenig überzeugend angesichts der insolvenzrechtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten und der klaren Zuordnung der Entscheidungskompetenz zum Insolvenzgericht auch Boos/Lindemann, § 46a KWG Rn. 15 ff., der „in bestimmten Konstellationen“ einen Antrag auf Unterlassung der Antragstellung nach § 123 I 2 VwGO für denkbar hält – ein solcher Antrag könnte, wenn insolvenzrechtliche Sicherungsmaßnahmen zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht bereits getroffen wären, dem Rechtsschutzbegehren des Antragstellers kaum hinreichend Rechnung tragen. Die Vermischung verwaltungs- und insolvenzgerichtlicher Entscheidungskompetenzen schaffte nur neue Unklarheiten und sollte daher unterbleiben. 1709 So von Heinsius/Kreutzer, WM 1987, 193, 197. 1710 Siehe oben § 6 sub III. 6. b) bb). 1711 Siehe sogleich unten sub II. 1712 Siehe oben sub 1. bei und in Fn. 1699. 1708

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

xis insoweit wirklich erhebliche Unterschiede ergeben. Zudem dürfte regelmäßig schon aufgrund der Vorbereitung der Antragstellung (bzw. de lege lata bereits des aufsichtsrechtlichen Moratoriums) durch Sonderprüfungen nach § 44 KWG die Vorbereitung des Verfahrens so umfassend sein, daß kaum ein Fall denkbar ist, in dem der Insolvenzrichter vom Antrag der Aufsicht abweichen würde. Daß ein Konkursantrag je aufgehoben worden wäre1713 oder daß nach neuem Recht einem Insolvenzantrag durch die jemals Aufsicht nicht entsprochen bzw. ein eröffnetes Verfahren aufgrund der sofortigen Beschwerde der Bank wieder aufgehoben worden wäre, ist nicht ersichtlich.1714

II. Die Rechtsposition der Gläubiger

Hinsichtlich der Gläubiger, die nicht durch den Einlagensicherungsfonds abgesichert sind, stellt sich im geltenden Recht, das ja den Insolvenzantrag durch Gläubiger ausschließt und überdies während des aufsichtsrechtlichen Moratoriums gem. § 46a I 5 KWG Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in das Vermögen des betroffenen Instituts untersagt, vor allem die Frage nach einer Erzwingung der Antragstellung durch das Aufsichtsamt.1715 Die wohl herrschende Meinung lehnt eine Verpflichtung zur Antragstellung ab;1716 die Stellung des Antrags sei vielmehr in das pflichtgemäße Ermessen der Aufsicht gestellt, die „je nach Lage des Falles womöglich auch übergeordnete, gesamtwirtschaftliche Interessen“ zu berücksichtigen habe und der es „zuzubilligen ist, von einem Antrag abzusehen, selbst wenn nach allgemeinen Vorschriften die Nichtstellung des Antrags strafbar wäre“.1717 Damit stellt sich die – allerdings angesichts der gegenwärtigen Aufsichts1713 Rechtsprechung hierzu liegt nicht vor; vgl. hierzu Pannen, Krise und Insolvenz, S. 47 m. w. N. Vgl. auch VG Berlin, Beschl. v. 31.10.1995 – 25 A 313.95, WM 1996, 295, 298, das sich im Verfahren über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Konkursantrag – auch – auf die Begründung des Konkurseröffnungsbeschlusses stützt. 1714 Ob indes auch eine Anhörung des Instituts entbehrlich ist, was Pannen (Krise und Insolvenz, S. 92) für den Fall der vorherigen Anzeige der Insolvenz durch das Institut gegenüber der Aufsicht auf eine Analogie zu § 13 I 2 InsO stützt, erscheint zweifelhaft. In der Praxis dürfte eine solche Anordnung zur Gewährleistung rechtlichen Gehörs regelmäßig vorkommen. 1715 Vgl. Stürner, Hypothekenbank, S. 39 f. 1716 Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46b KWG Rn. 4; Beck, § 46b KWG Rn. 14. 1717 Vgl. aus der Rechtsprechung nur VG Berlin, Beschl. v. 31.10.1995 – 25 A 313.95, WM 1996, 295, 298 f.; aus der Literatur siehe die Nachw. soeben Fn. 1716. In dem der zitierten Entscheidung zugrundeliegenden Fall hatte sich das Bundesaufsichtsamt darauf berufen, ein Ermessen werde durch § 46b KWG nicht eröffnet, weshalb es zur Antragstellung verpflichtet sei.

2. Abschnitt: § 14 Die Rechtsstellung der Beteiligten: Rechtsschutzfragen 577

praxis1718 in der Tat eher theoretische1719 – Frage nach den Gläubigerrechten bei Verweigerung der Antragstellung. Nachdem der Eröffnungsantrag gem. § 46b KWG nach neuem Recht keinen Verwaltungsakt mehr darstellt,1720 kommt eine darauf gerichtete Verpflichtungsklage nach § 42 I, 2. Alt. VwGO insoweit nicht mehr in Betracht; es könnte jedoch an eine Durchsetzung im Rahmen der allgemeinen Leistungsklage gedacht werden. Voraussetzung wäre allerdings ein subjektiv-öffentliches Recht auf Antragstellung, das jedoch wegen der Vorschrift des § 6 IV KWG a. F. = § 4 IV FinDAG, wonach die Aufsicht ihre Aufgaben nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt, aus dem KWG selbst nur schwierig zu begründen ist. Zu Recht hat allerdings Stürner darauf hingewiesen, daß die verfassungsrechtliche Garantie effektiven Rechtsschutzes in Einzelzwangsvollstreckung und Insolvenz1721 eine völlige Versagung des Rechtsschutzes zugunsten der Gläubiger unter Berufung auf den Wortlaut des – vor allem auf den Ausschluß einer Staatshaftung ausgerichteten1722 – § 6 IV KWG nicht zuläßt.1723 Das für eine allgemeine Leistungsklage erforderliche subjektiv-öffentliche Recht ist danach unmittelbar aus der verfassungsrechtlichen Rechtsschutzgarantie abzuleiten, ohne daß es insoweit auf § 6 IV KWG ankäme. In der Tat dürfte damit eine Pflicht der Aufsicht anzunehmen sein, „nach einem angemessen Moratorium bei Vorliegen von Insolvenzgründen auch den Insolvenzantrag zu stellen“.1724 Welcher Zeitraum im Einzelfall als angemessen zu gelten hätte, ist allerdings nach den Ergebnissen der vorangegangenen Abschnitte durchaus fraglich; wie dargelegt, ist die in der Gesetzesbegründung seinerzeit erwogene Sechsmonatsfrist wohl in jedem Fall als deutlich zu lang anzusehen.1725 Würde dementsprechend schon nach kurzer Zeit (beispielsweise zwei Wochen nach Wirksamwerden der Maßnahmen nach § 46a KWG) Leistungsklage mit der – nach den obigen Ausführungen regelmäßig durchaus zutreffenden – Begründung erhoben, eine Sanierung komme nach einem derartigen Stillstand ohnehin nicht mehr in Betracht, stünde dies andererseits in deutlichem Gegensatz zum Wesen des die §§ 46a, 46b KWG prägenden „hoheitlichen“ Ansatzes, der die Krisenbewäl1718 Insoweit ist charakteristisch, daß die Aufsicht offenbar selbst eher dazu tendiert, § 46b KWG mit Blick auf eine mögliche Ermessensentscheidung restriktiv auszulegen, siehe soeben Fn. 1717. 1719 Stürner, Hypothekenbank, S. 40. 1720 Siehe oben sub I. 2. 1721 Hierzu allgemein Baur/Stürner, Insolvenzrecht, Rn. 6.2 ff. m. w. N. 1722 Hierzu noch unten § 15 sub C. I. 4. 1723 Stürner, Hypothekenbank, S. 40. 1724 Stürner, a. a. O. 1725 Siehe erneut oben § 13 sub B. II. 2. c) cc) (d).

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

tigung bei der Aufsicht monopolisiert und von „Störungen“ Dritter gerade befreien will. Auch wenn diese Überlegungen indes sicher an der Praxis durchaus vorbeigehen und eine derartige Klage kaum je – zumindest binnen kurzer Frist – substantiiert begründet werden könnte, illustrieren sie doch erneut die Schwierigkeiten, das aufsichtsrechtliche Verfahren an den im allgemeinen Insolvenzrecht selbstverständlich geltenden Grundsätzen zu messen. Auch wenn die Praxis diese Schwierigkeiten vermeidet, bleibt das Konzept systematisch auch hier unbefriedigend; ein Verzicht darauf und die Zuweisung an das Insolvenzverfahren wäre auch insoweit stimmiger, weil ohne Verzögerung und unter Wahrung der Mitwirkungsrechte der Gläubiger sofort das Verwertungsverfahren eingeleitet würde. Insgesamt wird sich grundsätzlich aus den verfassungsrechtlichen Verfahrensgarantien ableiten lassen, daß eine rein administrative Liquidation unter Ausschluß der Gläubigerbeteiligung im deutschen Recht verfassungsrechtlich kaum zulässig wäre.1726 Während diesen Vorgaben durch Anwendung des allgemeinen Insolvenzverfahrensrechts auf die insolvenzförmige Liquidation unproblematisch entsprochen werden kann, kommt es hinsichtlich der Sanierung zu dem oben erörterten Problem, daß eine erfolgreiche Sanierung bei gleichzeitiger organisierter Gläubigerbeteiligung kaum praktisch zu erreichen sein wird und sich mithin der Konflikt zwischen Gläubigerautonomie und Sanierungserfolg kaum auflösen läßt. Auf die obigen Ausführungen hierzu kann verwiesen werden.1727 C. Rechtsschutz im englischen Recht I. Die Rechtsposition der betroffenen Bank

1. Aufsichtsrechtliche Maßnahmen vor dem Insolvenzantrag Das englische Recht kennt keine dem deutschen Konzept vergleichbare Verwaltungsgerichtsbarkeit, so daß auch gegen administrative Maßnahmen grundsätzlich der Rechtsweg zu den „ordentlichen“ Gerichten gegeben ist (sog. „Judicial Review“), wenngleich innerhalb derselben durchaus die Zuständigkeit eines Administrative Court mit verfahrensrechtlichen Besonderheiten begründet ist.1728 Alternativ hierzu steht unter dem FSMA 2000 die Möglichkeit zur Verfügung, aufsichtsrechtliche Entscheidungen durch das gem. Part IX FSMA 2000 neu eingerichtete „Financial Services and 1726

Stürner, Hypothekenbank, S. 40. § 13 sub B. II. 2. d) bb) (d). 1728 Vgl. Civil Procedure Rules, Part. 54 und allgemein zu den verwaltungsrechtlichen Rechtsbehelfen Wade/Forsyth, S. 551 ff. 1727

2. Abschnitt: § 14 Die Rechtsstellung der Beteiligten: Rechtsschutzfragen 579

Markets Tribunal“ (im folgenden: „Tribunal“) überprüfen zu lassen, gegen dessen Entscheidung nach s. 137 FSMA 2000 der Appeal zum Court of Appeal (bzw. zum schottischen Court of Session) stattfindet. Das Verhältnis zwischen beiden denkbaren Verfahrensarten ist komplex und für die rechtsvergleichende Betrachtung nur von sehr geringem Interesse, weshalb sich die vorliegende Darstellung auf wesentliche Grundzüge beschränken soll. In Ausnahmefällen kommt darüber hinaus Primärrechtsschutz im Wege einer Privatklage („civil proceedings“) in Betracht; für die vorliegend interessierenden Fallkonstellationen dürfte dies allerdings kaum je relevant werden,1729 weshalb auf die weitere Untersuchung verzichtet wird. Grundsätzlich scheidet dann, wenn das betroffene Institut im Wege eines Vorgehens vor dem Tribunal und ggf. eines Appeal gegen dessen Entscheidung hinreichenden Rechtsschutz erlangen kann, gerichtlicher Rechtsschutz im Rahmen des Judicial Review regelmäßig aus, weil dieser voraussetzt, daß alle anderen Rechtsschutzformen i. w. S. ausgeschöpft sind; die Gewährung des Judicial Review liegt im Ermessen der angerufenen Gerichte, die es traditionell eher restriktiv ausgeübt haben.1730 Das wichtigste Kriterium hierbei ist der Grad der Effektivität und Zumutbarkeit des anderweitigen Rechtsschutzes,1731 was stets auch aufgrund der Umstände des Einzelfalls zu bewerten sein wird.1732 Die Bedeutung des Judicial Review wird weiter eingeschränkt durch das eingangs erwähnte Rechtsmittel des Appeal gegen die Entscheidung des Tribunal, durch das Fehlentscheidungen des letzteren korrigiert werden können. Gleichwohl wird angenommen, daß ein gerichtlicher Rechtsschutz im Wege des Judicial Review außerhalb des Verfahrens vor dem Tribunal durchaus von Belang sein dürfte.1733 1729 Mit diesem Verfahren können vor allem Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden; Primärrechtsschutz im Rahmen einer Injunction tritt regelmäßig hinter das Verfahren des Judicial Review zurück, vgl. O’Reilly v. Mackman [1983] 2 AC 237 (HL), per Lord Diplock; zum Ganzen im vorliegenden Kontext auch Freshfields on Financial Services, Tz. 16.28. 1730 Vgl. Freshfields On Financial Services, Tz. 16.18; umfassend (zum früheren Recht, aber übertragbar) Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 134 m. w. N. 1731 Vgl. R. v. Hillingdon L.B.C., ex p. Royco Homes Ltd. [1974] 2 All E.R. 643, 648 (Q.B.); hierzu Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 134 Fn. 306. 1732 Vgl. Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 135 unter Hinweis auf einen (unveröffentlichten) Beispielsfall, in welchem die Versagung des Judicial Review auf die Tatsache gestützt worden war, daß die betroffene Partei bereits vor dem Tribunal nach ss. 27 ff. Banking Act 1987 sämtliche erheblichen Beweismittel hatte vorbringen können, weshalb eine weitere Befassung hiermit als überflüssig bewertet wurde. Siehe auch Freshfields On Financial Services, Tz. 16.17 (dort auch zu möglichen Konflikten mit der EMRK), 16.18. 1733 So Freshfields On Financial Services, Tz. 16.7, 16.11; so schon – bei gleichen Rahmenbedingungen – zum früheren Aufsichtsrecht Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 134 m. w. N.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Liegen die Voraussetzungen hierfür vor, so kann das Gericht die Aufhebung der angegriffenen Maßnahme verfügen (sog. „Quashing order“),1734 bestimmte rechtmäßige Verhaltensweisen vorschreiben („Mandatory order“) und vorläufigen Rechtsschutz im Rahmen von „Declarations“ oder „Injunctions“ gewähren.1735 Einen Anhaltspunkt für mögliche Anwendungsbeispiele unter neuem Recht bieten diejenigen Fälle, in denen unter früherem Aufsichtsrecht entsprechender Rechtsschutz gewährt worden ist bzw. gewährt werden konnte,1736 z. B. bei groben Rechtsfehlern,1737 Verfahrensverstößen, Abweichen von den selbstgesetzten Standards und Verfahren oder grobem Amtsmißbrauch. Das Tribunal1738 kann und wird demgegenüber in allen anderen Fällen angerufen werden, in denen die FSA disziplinierend gegen ein Institut vorgeht, die Erlaubnis entzieht oder beschränkt oder einzelnen Personen die Tätigkeit untersagt – und mithin regelmäßig in den hier interessierenden Fällen aufsichtsrechtlicher Eingriffe in der Krise.1739 Nach einer eingehenden Sachverhaltsprüfung1740 entscheidet das Tribunal über die im Einzelfall angemessene Maßnahme.1741 Das Tribunal ist dabei im Grundsatz an die durch die FSA gewählte Art des Eingriffs gebunden (z. B. Einschränkung der Erlaubnis) und kann nur darauf bezogene Modifikationen vorschreiben, nicht aber eine gänzlich andere Maßnahme (z. B. Geldstrafe statt Einschränkungen der Erlaubnis).1742 Die Entscheidung kann mit Vorgaben für die Umsetzung verbunden werden; die FSA ist daran gebunden.1743 1734

Vgl. Civil Procedure Rules, Part 54, R. 54.19. Vgl. S. 31(2) Supreme Court Act 1981; siehe im einzelnen im vorliegenden Kontext Freshfields On Financial Services, Tz. 16.22 m. w. N. 1736 Siehe zum Folgenden ausf. Freshfields On Financial Services, Tz. 20; ferner auch Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 136 ff. 1737 Vgl. R. v. Securities and Investments Board, ex p. Sun Life Assurance Society plc [1996] 2 BCLC 150 (Klage abgewiesen); R. v. Securities and Investments Board, ex p. Independent Financial Advisers Association [1995] 2 BCLC 76. 1738 Vgl. zur Zusammensetzung Freshfields On Financial Services, Tz. 6.4 ff.; Minghella, in: M. Blair (Hrsg.), Blackstone’s Guide, S. 129 ff. sowie S. 132 und Sch. 13 FSMA 2000: Das Entscheidungsgremium rekrutiert sich aus zwei sog. Panels, deren erstes durch den Lord Chancellor ernannt wird und die Vorsitzenden (jeweils Juristen mit mehrjähriger Erfahrung) stellt, während das zweite aus Fachleuten mit Erfahrung in den jeweils berührten Materien besteht; die Zusammensetzung kann im Sinne einer Art Geschäftsverteilungsplan im Voraus durch den Präsidenten festgelegt werden. 1739 Zu den denkbaren Fallkonstellationen im Zusammenhang mit dem Verfahren vor dem Tribunal Freshfields On Financial Services, Tz. 6.10 f. 1740 Zum Verfahren im einzelnen Freshfields On Financial Services, Tz. 6.17–6.135. 1741 Vgl. den Wortlaut der S. 133(4) FSMA 2000: „On a reference, the Tribunal must determine what (if any) is the appropriate action for the Authority to take in relation to the matter referred to it.“ 1735

2. Abschnitt: § 14 Die Rechtsstellung der Beteiligten: Rechtsschutzfragen 581

Insgesamt dürfte sich, ohne daß dies in der Literatur ausdrücklich festgestellt worden wäre, schon aus der unterschiedlichen Ausgestaltung des gerichtlichen Judicial Review und des Verfahrens vor dem Tribunal ergeben, daß letzteres vor allem bei Anordnungen weit im Vorfeld der eigentlichen Krise in Betracht kommt, wenn Einzelmaßnahmen isoliert angegriffen werden sollen und dafür hinreichend Zeit zur Verfügung steht, nicht aber dann, wenn schärfer einschneidende Maßnahmen drohen, diese an schweren Mängeln leiden und ein rasches Handeln geboten scheint. In diesen Fällen wird effektiver Rechtsschutz nur im gerichtlichen Verfahren zu erlangen sein. 2. Eröffnung des Insolvenzverfahrens Im Zusammenhang mit der Rechtsposition des betroffenen Instituts hinsichtlich der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf Antrag der Aufsicht ergeben sich keinerlei Besonderheiten zum allgemeinen Insolvenzrecht. Sowohl im Verfahren der Administration (das ohnehin, wie gesehen, häufig auf Betreiben des betroffenen Unternehmens selbst eingeleitet wird) als auch im Winding-up gelten damit die normalen Beteiligtenrechte. Der Eröffnungsantrag der Aufsicht1744 steht insofern dem Antrag eines privaten Gläubigers völlig gleich; allerdings erscheint auch in der englischen Praxis eine – grundlegende1745 – Divergenz zwischen der aufsichtsrechtlichen und der richterlichen Entscheidung kaum denkbar. II. Die Rechtsposition der Gläubiger

Primärrechtsschutz zugunsten der Gläubiger gegen aufsichtsrechtliche Entscheidungen kommt im englischen Recht nicht in Frage. Dies wird zwar in der Literatur nicht ausdrücklich erwähnt, ergibt sich jedoch sowohl aus dem historischen Kontext und dem stets ausschließlich inter partes angesiedelten Aufsichtsprozeß als auch aus dem Umstand, daß der Financial Services and Markets Act 2000 an anderer Stelle Rechte von Gläubigern beaufsichtigter Institute (insbesondere von Verbrauchern) ausdrücklich regelt.1746 1742

S. 133(7) FSMA 2000; vgl. Freshfields On Financial Services, Tz. 6.138. S. 133(5) FSMA 2000; vgl. im einzelnen Freshfields On Financial Services, Tz. 6.148 ff. 1744 Vgl. dazu im einzelnen oben § 5 sub C. III. 4. c). 1745 Wie gesehen, kommt dagegen eine im einzelnen vom Antrag der Aufsicht abweichende verfahrensrechtliche Ausgestaltung – etwa zur Ermittlung von Sanierungsmöglichkeiten – durchaus in Betracht; vgl. nochmals oben § 5 sub C. III. 4. c) zum BCCI-Fall. 1746 Vgl. z. B. ss. 10 (Consumer Panel), Part XVI (Ombudsman Scheme); auch die Vorschriften über sog. die Restitution order (aufsichtsrechtliche Weisungen zur 1743

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

Rechtsschutz kommt damit zunächst in Gestalt privater Verfahren und Maßnahmen der Einzelzwangsvollstreckung bei Insolvenzeröffnung sowie im eröffneten Verfahren dann im Rahmen der allgemeinen Vorschriften über die Beteiligung der Gläubiger am Entscheidungsprozeß in Betracht, auf die im Zusammenhang mit der Erörterung der Verfahrensziele bereits eingegangen worden ist. D. Vergleichende Würdigung Ein fruchtbarer Vergleich der in beiden Rechtsordnungen zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten scheitert schon an der Verschiedenheit der jeweiligen Verfahrensformen und der aus ihnen jeweils erwachsenden Anwendungsprobleme. Für die vorliegende Untersuchung bleibt vor allem festzuhalten, daß die Einführung eines ausschließlich aufsichtsrechtlich angeordneten und geleiteten Vorverfahrens durch § 46a KWG auch mit Blick auf den Rechtsschutz der Betroffenen durchaus Probleme bereitet. Während der Rechtsschutz zugunsten des betroffenen Instituts selbst zwar im Verwaltungsrechtsweg und hier insbesondere nach § 80 V VwGO möglich ist, ist die Position der von dem Moratorium betroffenen Gläubiger zweifelhaft. Nur aus der verfassungsrechtlich verankerten Rechtsschutzgarantie ist hier ggf. ein Anspruch auf Überleitung ins Insolvenzverfahren durch Antragstellung nach § 46b KWG begründbar. In der Praxis ist dieses Problem zwar kaum von erheblicher Bedeutung, weil die Aufsicht regelmäßig nach Ablauf einer gewissen Zeit den Insolvenzantrag stellen wird, doch könnte mangels Sanierungsaussichten oft auch im Regelfall die durch das Moratorium bewirkte Verzögerung mißlich und aus Sicht der Gläubiger angreifbar erscheinen. Das englische Recht kennt auch diese Probleme nicht; hinsichtlich des Rechtsschutzes in der vorgerückten Krise gelten vielmehr die allgemeinen verfahrensrechtlichen Regelungen des Insolvenzrechts. Vor allem der Rechtsschutz zugunsten des betroffenen Instituts gegenüber aufsichtsrechtlichen Maßnahmen im Vorfeld eignet sich wegen der unterschiedlichen Verfahrensformen kaum zum Vergleich. Hier läßt sich allenfalls in beiden Rechtsordnungen eine gewisse Tendenz zur Rechtsschutzgewährung durch spezialisierte Spruchkörper feststellen, die sich in Deutschland aus der Zuweisung der Rechtsstreitigkeiten an das Verwaltungsgericht am Sitz der Aufsicht (in Frankfurt), in England dagegen durch Einrichtung des spezialisierten Financial Services and Markets Tribunal ergibt. Schon Rückerstattung bestimmter Beträge oder sonstiger Leistungen an Dritte) in ss. 382, 383 FSMA 2000 unterscheiden ausdrücklich zwischen der durch das Gesetz geregelten Weisung durch die Aufsicht und den privaten Klagemöglichkeiten der Betroffenen, die unberührt bleiben sollen.

2. Abschnitt: § 15 Die Amtshaftung für fehlsame Bankenaufsicht

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der unterschiedliche Charakter beider Körper, erst recht aber die Überlagerung des speziellen Tribunals durch den allgemeinen gerichtlichen Rechtsschutz zeigt aber, daß die Ähnlichkeiten insoweit eher zufällig sind. Bei alledem gilt freilich, daß der Überprüfungsmaßstab im Verfahren über rein aufsichtsrechtliche Maßnahmen insgesamt eher eingeschränkt ist; weder die gerichtliche Kontrolle im Wege des Judicial Review noch die Kontrolle durch das Tribunal dürften im Ergebnis weit von der Ermessensüberprüfung nach § 114 VwGO abweichen. In der fortgeschrittenen Krise und insbesondere hinsichtlich der Einleitung des Insolvenzverfahrens dürfte der Aufsicht ebenfalls in beiden Rechtsordnungen schon aufgrund ihrer umfassenden Prüfungsbefugnisse und der damit zusammenhängenden dominierenden Stellung bei der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Entscheidung des Richters eine ähnlich gewichtige Rolle zukommen.

§ 15 Die Amtshaftung für fehlsame Bankenaufsicht im Gesamtgefüge der Haftungsverwirklichung A. Einführung I. Überblick

Die Staats- bzw. Amtshaftung1747 für fehlsame Bankenaufsicht ist zumal in den letzten Jahren in beiden hier untersuchten Rechtsordnungen verstärkt zum Gegenstand heftiger Kontroversen geworden.1748 Die Diskussion über Ansprüche geschädigter Einleger1749 wegen fehlerhafter Aufsichtstätigkeit 1747 Zur Terminologie statt vieler MünchKomm(BGB)-Papier, § 839 BGB Rn. 8 ff. sowie im vorliegenden Zusammenhang Gratias, Staatshaftung, S. 35 m. w. N. Im folgenden soll – wo nicht der Kontext ein anderes erzwingt, wie z. B. im Zusammenhang mit dem gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruch – schon zur Sicherstellung der Vergleichbarkeit zwischen dem deutschen und dem englischen Recht durchgängig von „Amtshaftung“ gesprochen werden; die damit verbundene dogmatische Unschärfe ist in Kauf zu nehmen. 1748 Vgl. für Deutschland aus dem monographischen Schrifttum etwa Bleibaum; Brendle; E. Habscheid, Staatshaftung; G. Meister sowie, nicht beschränkt auf die Situation im Kreditwesen, ferner auch Tönnies und Vespermann (Versicherungsaufsicht), D. Triantafyllou und Wondra (Wirtschaftsaufsicht im allgemeinen) sowie Gratias, Staatshaftung; für England siehe Andenas/Fairgrieve, FS Slynn, S. 332 ff.; Andenas, Euredia 2000, 388 ff.; Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 338 ff.; ders., [1997] Public Law 32 ff. Mit einem Rechtsvergleich zwischen England und Italien (wo die Staatshaftung bejaht worden ist) siehe jüngst auch Rossi, [2003] European Business Law Review 643 ff. – mit allerdings teilweise gegenüber der hier vertretenen Auffassung abweichenden Ergebnissen. 1749 Die Frage nach möglichen Ersatzansprüchen eines betroffenen Instituts selbst wegen rechtswidriger bankaufsichtsrechtlicher Maßnahmen bleibt nachfolgend aus-

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

ist indes nicht mehr auf das nationale Recht beschränkt. Wegen der wachsenden Ausrichtung der nationalen Aufsichtsrechte an gemeinschaftsrechtlich harmonisierten Vorgaben1750 stellt sich zudem die Frage, ob geschädigte Einleger unmittelbar gemeinschaftsrechtlich fundierte Ansprüche wegen fehlerhafter Bankenaufsicht oder fehlerhafter Richtlinienumsetzung geltend machen können. Aufgrund einer Vorlage des Bundesgerichtshofs an den Europäischen Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 234 III EGV ist diese Frage zum Gegenstand eines laufenden Verfahrens geworden, dessen Ausgang einstweilen abzuwarten bleibt.1751 Welches Ausmaß entsprechende Verfahren annehmen können, zeigt insbesondere das infolge der BCCI-Insolvenz in England rechtshängig gewordene Verfahren in Sachen Three Rivers District Council v. Governor and Board of the Bank of England,1752 ein Rechtsstreit, in dem insgesamt über 6.000 geschädigte Gläubiger Ansprüche auf Ersatz der ihnen entstandenen Verluste geltend machten. Angesichts der Komplexität des Themas und der zahlreichen Stellungnahmen aus Literatur und Rechtsprechung, die eine eigenständige monographische Untersuchung erforderlich scheinen lassen,1753 kann vorliegend nur eine Einführung in die Problematik geleistet werden. Dabei soll sich die Untersuchung auf einen Aspekt konzentrieren, den vor allem das (vielfach vor allem rechtspolitisch motivierte)1754 deutsche Schrifttum trotz aller geklammert; derartige Ansprüche sind im deutschen Recht (heute wohl unstreitig) nach Art. 34 GG, § 839 BGB gegeben (BGH, Urt. v. 28.4.1960 – III ZR 176/59, VersR 1960, 979 ff.; ausf. Beck/Samm, § 6 KWG Rn. 59 m. w. N.), während im englischen Recht, ohne daß dies in der Rechtsprechung bislang eine Rolle gespielt hätte, zugunsten der betroffenen Kreditinstitute vermutlich die allgemeinen (Haftungs-) Regeln des Judicial Review zur Anwendung kommen, siehe hierzu bereits oben § 14 sub C. I. 1. 1750 Vgl. nochmals die überblicksweise Darstellung oben § 3. 1751 Siehe BGH, Beschl. v. 16.5.2002 – III ZR 48/01, WM 2002, 1266 ff. Das Verfahren (Paul u. a. ./. Deutschland) wird unter dem Az. C-222/02 beim EuGH geführt (siehe ABlEG. Nr. C 202/9). Am 25.11.2003 sind – zunächst nur über die Datenbank Eurlex (www.europa.eu.int/documents/eur-lex/index_de.htm#juris) die Schlußanträge der Generalanwältin Stix-Hackl in dieser Sache veröffentlicht worden; siehe hierzu die Kurzbesprechung von Dreher/Görner, EWiR 2004, 63 f. sowie ausf. Binder, [2004] European Business Law Review 463 ff. 1752 Siehe zunächst die Entscheidung des Court of Appeal vom 4.12.1998, [2000] 2 W.L.R 15–181, sowie die Urteile des House of Lords vom 18.5.2000, [2000] 2 W.L.R. 1220–1275 = Euredia 2000, 379 (m. Anm. Andenas, S. 388), und vom 22.3.2001, [2001] 2 All E.R. 513. 1753 Eine erschöpfende rechtsvergleichende Bearbeitung, die neben dem autonomen Staatshaftungsrecht der jeweils untersuchten Rechtsordnungen auch die gemeinschaftsrechtlichen Rechtsfragen hinreichend berücksichtigt, ist, soweit ersichtlich, ungeachtet der Fülle der oben in Fn. 1748 zitierten Arbeiten nach wie vor ein Desiderat.

2. Abschnitt: § 15 Die Amtshaftung für fehlsame Bankenaufsicht

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Ausführlichkeit bislang eher vernachlässigt hat: die Funktion der Amtshaftung im Gesamtsystem der insolvenzrechtlichen Haftungsverwirklichung. Unter Rückgriff auf die bisherigen Ergebnisse der vorliegenden Arbeit kann in diesem Zusammenhang insbesondere ein Versuch unternommen werden, die Zielvorgaben für die Tätigkeit der Bankenaufsicht, die in der Literatur als Voraussetzung für eine Haftung formuliert werden, auf ihre Realisierbarkeit zu überprüfen. II. Der Untersuchungsbedarf im einzelnen

Die Amtshaftung im Insolvenzfall ist nur begründbar vor dem Hintergrund einer präventiven Regulierung des Kreditwesens und der staatlichen Einflußnahme in der Krise. Ob sie notwendiges Korrelat zu beiden Phänomenen ist, ist fraglich – und nachfolgend vor allem zu untersuchen. Im Mittelpunkt der Betrachtungen steht die Frage nach möglichen Verhaltenspflichten der Aufsicht, die bei Pflichtverletzungen eine Haftung für die Vermögensverluste der Einleger in der Insolvenz der Bank auslösen könnten. Diese Pflichten könnten im nationalen Recht verwurzelt sein, sie könnten sich aber auch aus den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben an das materielle Aufsichtsrecht ergeben. Für die Bewertung spielt insbesondere die bereits oben § 4 angesprochene Frage nach den Zielen der Bankenaufsicht im Hinblick auf die Bankeninsolvenz eine entscheidende Rolle.1755 Die potentielle Konkurrenz zwischen autonomem nationalen Recht und Gemeinschaftsrecht betrifft jedoch nicht allein die Frage nach den möglicherweise verletzten Pflichten als Grundlage für eine etwaige Staats- oder Amtshaftung, sondern schon deren tatbestandliche Ausgestaltung im allgemeinen. Dieser Aspekt weist weit hinaus über den vorliegend gesetzten Rahmen in das allgemeine Amtshaftungsrecht und kann vorliegend kaum erschöpfend behandelt werden. Die nachfolgende Untersuchung hat es insoweit mit einer Reihe von Problemen zu tun, die auf unterschiedlichen dogmatischen Ebenen angesiedelt sind. Gerade vor diesem Hintergrund indes empfiehlt es sich, die konkret zu lösenden Sachfragen und damit die verschiedenen Szenarien, die Haftungs1754 Vgl. statt vieler Brendle, S. 13, 2. Spiegelstrich, der auf die finanzielle Bedeutung des Einlagengeschäfts hinweist; Gratias, Staatshaftung, S. 17 (die „gebotene Sicherung von Kundengeldern im Bankenwesen“ voraussetzend); E. Habscheid, Staatshaftung, S. 1 („Bankgläubiger sind oft ‚kleine Leute‘, die der Bank ihr Erspartes als Alterssicherung anvertrauen. Aber auch sonst verdienen sie mit ihren Einlagen den Schutz des Gesetzgebers.“); ähnlich ders., BB 1988, 2328 ff. 1755 Im Grundsatz zutr., aber unter angreifbarer Gleichsetzung von Banken- und Versicherungsaufsicht, Gratias, Staatshaftung, S. 21; vgl. auch die – allerdings im Ergebnis zweifelhaften – Überlegungen bei Höhns, S. 49 ff.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

ansprüche auslösen könnten, nicht aus den Augen zu verlieren. Bevor nachfolgend zunächst die gemeinschaftsrechtliche Dimension der Staatshaftung (sub B.) und sodann die Haftung nach Grundsätzen des autonomen nationalen Rechts in Deutschland (sub C. I.) und England (sub C. II.) untersucht wird, sollen daher zunächst die unterschiedlichen Fallgruppen, wie sie sich in der Rechtspraxis stellen könnten und gestellt haben, einleitend kurz umrissen werden: (a) Denkbar sind zunächst Fälle, in denen Verluste bei einem Institut eintreten, das keine aufsichtsrechtliche Genehmigung erworben hat, obwohl es diese hätte beantragen müssen.1756 (b) In Betracht kommt zweitens eine Haftung in Fällen, in denen die Aufsicht zwar behaupteter- oder erwiesenermaßen die Krise kennt, aber nicht rechtzeitig aufsichtsrechtliche Gegenmaßnahmen oder das Insolvenzverfahren einleitet.1757 In diese Kategorie fällt auch der Sonderfall, in dem sich Einleger auf die Bestimmung des Art. 3 der Einlagensicherungsrichtlinie berufen, demzufolge die aufsichtsrechtliche Genehmigung zwingend an die Mitgliedschaft in einem Sicherungssystem zu koppeln ist.1758 (c) Darüber hinaus könnte an eine Haftung für alle Fälle gedacht werden, in denen die Einlagensicherung nicht ausreicht, um den Schutz vor Insolvenzverlusten zu gewährleisten; ausschlaggebend hierfür wären wiederum im wesentlichen rechtspolitische Erwägungen. (d) Ein Sonderproblem stellt sich mit der Haftung aus verspäteter Umsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie.1759

1756 Vgl. z. B. den Sachverhalt in BGH, Urt. v. 15.2.1979 – III ZR 108/76, BGHZ 74, 144 ff. („Wetterstein“), hierzu noch unten sub C. I. 3. b) aa); in diese Richtung auch Gratias, Staatshaftung, S. 17. 1757 Vgl. z. B. den Herstatt-Fall (BGH, Urt. v. 12.7.1979 – III ZR 154/77, BGHZ 75, 120 ff.); ferner den dem oben sub I. Fn. 1751 zitierten Verfahren zugrundeliegenden Sachverhalt; auch der englische BCCI- oder Three Rivers-Fall gehört in diese Kategorie. 1758 Zur zitierten Vorschrift bereits § 12 sub C. II. 1.; diese Frage ist auch im Vorlagebeschluß des BGH vom 16.5.2002 – III ZR 48/01, WM 2002, 1266, aufgeworfen worden (Vorlagefrage 1). 1759 Siehe unten sub B. III. 2. b). Die Frage ist zu unterscheiden von der oben im Text sub (a) beschriebenen Fallgruppe, auch wenn der Ausgangssachverhalt, der auch dem Urteil des LG Bonn zugrundelag, mit dem des Vorlagebeschlusses identisch war (vgl. soeben Fn. 1758).

2. Abschnitt: § 15 Die Amtshaftung für fehlsame Bankenaufsicht

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B. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben I. Einführung

Die möglichen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für die Ausgestaltung der Rechtsposition geschädigter Einleger sind so komplex wie ungeklärt; Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs liegt insoweit bislang nicht vor. Zugrundezulegen sind daher zunächst vor allem die allgemeinen Grundsätze über die Amtshaftung für Verstöße der Mitgliedstaaten gegen das Gemeinschaftsrecht, wie sie der EuGH in der grundlegenden „Francovich“-Entscheidung1760 erstmals aufgestellt und nachfolgend in ständiger Rechtsprechung1761 aufgenommen und weiterentwickelt hat; zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang weiter die Judikatur zur Umsetzung von Richtlinien im nationalen Recht allgemein. Die hierzu erschienene Literatur ist nahezu uferlos,1762 weshalb eine auch nur ansatzweise auf Vollständigkeit abzielende Auswertung den Rahmen der vorliegenden Arbeit bei weitem sprengen würde. Nachfolgend soll daher versucht werden, unter Beschränkung auf die wesentlichen Aussagen der bisherigen Rechtsprechung des EuGH (im folgenden unter Bezugnahme auf den Ausgangsfall kurz als „Francovich-Haftung“ bezeichnet) eine tragfähige Basis für die Bewertung der hier interessierenden gemeinschaftsrechtlichen Fragestellungen zu gewinnen, ohne daß der Anspruch erhoben würde, damit der bisherigen literarischen Aufarbeitung der einschlägigen Probleme sowohl im deutsch- als auch im englischsprachigen Schrifttum auch nur annähernd gerecht zu werden. Vor einer Anwendung dieser Grundsätze auf die für das Bankenaufsichtsrecht maßgeblichen Richtlinien ist freilich zu fragen, inwieweit möglicherweise bereits das primäre Gemeinschaftsrecht und hier vor allem die Grundfreiheiten auf die Auslegung der Richtlinien insoweit ausstrahlen und diese möglicherweise vorbestimmen (dazu unten sub II.). Erst danach soll (sub III.) im einzelnen untersucht werden, ob und inwieweit eine Haftung nach der Fassung der einschlägigen Richtlinien in Betracht kommt. 1760

EuGH, Urt. v. 19.11.1991 – C-6/90 und C-9/90, Slg. 1991, I-5357. Vgl. etwa EuGH, Urt. v. 16.12.1993 – C-334/92, Slg. 1993, I-6911 („Wagner Miret“); Urt. v. 14.7.1994 – C-91/92, Slg. 1994, I-3325 („Faccini Dori“); Urt. v. 5.3.1996 – C-46/93 und C-48/93, Slg. 1996, I-1029 („Brasserie du pêcheur/Factortame“); Urt. v. 26.3.1996 – C-392/93, Slg. 1996, I-1631 („British Telecommunications“); Urt. v. 23.5.1996 – C-5/94, Slg. 1996, I-2553 („Hedley Lomas“); Urt. v. 8.10.1996 – C-178/94, C-179/94, C-188/94 bis C-190/94, Slg. 1996, I-4845 („Dillenkofer“). Eine ausführliche Analyse der Rechtsprechungsentwicklung bietet die Arbeit von Schwarzenegger, passim. 1762 Zur Staatshaftung für Gemeinschaftsrechtsverstöße allgemein vgl. statt aller Schwarzenegger, S. 17 f. mit umfassendem Literaturüberblick. 1761

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung II. Haftung wegen Verletzung primären Gemeinschaftsrechts?

Nach Art. 3 I lit. t EGV erstreckt sich die Tätigkeit der Europäischen Gemeinschaft auch auf den Verbraucherschutz. Nach Art. 153 II EGV ist diesem Ziel „bei der Durchführung der anderen Gemeinschaftspolitiken und -maßnahmen Rechnung zu tragen“. Dazu gehören nach Art. 153 III lit. a EGV gerade auch Rechtsakte, die „im Rahmen der Verwirklichung des Binnenmarkts“ nach Art. 95 erlassen werden, grundsätzlich also auch die verschiedenen Rechtsakte zur Herstellung eines harmonisierten Rechtsrahmens für die Tätigkeit der und Aufsicht über die Kreditinstitute in der Europäischen Gemeinschaft.1763 Bereits das primäre Gemeinschaftsrecht identifiziert mithin den Verbraucherschutz als wichtige Zielvorgabe der Rechtssetzung. Ob sich aus diesen Grundlagen eine Zuordnung individualschützender Funktionen zur Gesamtheit der einschlägigen Rechtsakte zwingend ergibt und ob sich damit bereits aus dem Primärrecht Aussagen über die Rechtsposition der Einleger gegenüber dem Staat ableiten lassen, ist jedoch zweifelhaft. Bereits der Wortlaut des Art. 153 EGV, der nach wohl herrschender Meinung eine Ermächtigung zur selbständigen Verbraucherschutzpolitik begründet,1764 läßt Begrenzungen in mehrfacher Hinsicht erkennen. So leistet die Gemeinschaft nach Art. 153 I EGV (lediglich) einen „Beitrag“ zu den dort im einzelnen angesprochenen verbraucherschützenden Aspekten. Die Bezugnahme auf die Richtliniensetzung nach Art. 95 EGV bedeutet keine eigenständige Kompetenz zum Erlaß von Rechtsnormen mit ausschließlich verbraucherschützendem Inhalt, sondern stellt lediglich klar, daß Maßnahmen zur Förderung des gemeinsamen Binnenmarktes (auch) zum Erreichen eines hohen Verbraucherschutzniveaus und zur Förderung der Interessen der Verbraucher dienen müssen.1765 Steht allerdings die Durchsetzung des gemeinsamen Binnenmarkts im Vordergrund, dann wird insoweit hinsichtlich der Durchsetzung des Verbraucherschutzes ein durchaus weitgehendes Gestaltungsermessen der Gemeinschaft angenommen werden müssen. Der Gemeinschaftsgesetzgeber ist zwar dem Verbraucherschutzziel verpflichtet, doch eine Verpflichtung zur Einräumung justitiabler Rechtspositionen einzelner bei Maßnahmen, die als Primärzweck die Herstellung vergleichbarer Marktbedingungen verfolgen, kann daraus nicht abgeleitet werden. 1763 Zu den Rechtsgrundlagen der Richtliniensetzung in diesem Bereich oben § 3 sub A. II. 1764 Vgl. statt aller Schwarze-Berg, EU-Recht, Art. 153 EGV Rn. 3 f.; Calliess/ Ruffert-Wichard, Art. 153 EGV Rn. 2 f. 1765 Schwarze-Berg, EU-Recht, Art. 153 EGV Rn. 14 f.; Calliess/Ruffert-Wichard, Art. 153 EGV Rn. 13 („Sekundärziel“).

2. Abschnitt: § 15 Die Amtshaftung für fehlsame Bankenaufsicht

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Bezogen auf den vorliegenden Kontext wird zwar im Rahmen der Ausgestaltung des Binnenmarktes mit den Teilaspekten des freien Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs das Ziel des Verbraucherschutzes – und hier des Schutzes der (privaten)1766 Einleger von Banken – zu beachten sein. Gleichwohl ist die Gemeinschaft frei in der konkreten Umsetzung dieser Zielvorgaben. Insbesondere wird dem Primärrecht keine Aussage darüber entnommen werden können, ob es zulässig ist, beispielsweise durch Schaffung und Ausgestaltung aufsichtsrechtlicher Anforderungen gewissermaßen die „technische“ Seite der Tätigkeit von Kreditinstituten im gemeinsamen Binnenmarkt zu regeln und den Verbraucherschutz sodann im Rahmen gesonderter Rechtsakte zur Einlagensicherung zu vereinheitlichen und umzusetzen. Wie gesehen,1767 entspricht gerade diese „Aufspaltung“ in mehrere Rechtsakte der schrittweisen Fortentwicklung der Gemeinschaftsrechtssetzung im vorliegend interessierenden Bereich. Das Primärrecht in Gestalt der Artt. 3 I lit. t, 153 EGV fordert mithin zwar durchaus eine verbraucherschützende Ausrichtung gemeinschaftsrechtlicher Rechtsakte gerade für den Bereich der Aufsicht über das Kreditwesen; zwingende Weichenstellungen mit Blick auf die hier zu untersuchende Frage nach der Ausgestaltung der Rechtsposition der Einleger im gemeinschaftsrechtlich harmonisierten Aufsichtsrecht sind damit allerdings nicht verbunden.1768 III. Haftung wegen Verletzung sekundären Gemeinschaftsrechts?

1. Allgemeine Grundlagen im Überblick Nachdem sich dem primären Gemeinschaftsrecht keine für die Beantwortung der hier zu untersuchenden Sachfragen zwingenden Aussagen entnehmen lassen, stellt sich die Frage, ob entsprechende Rechtspositionen aus dem Sekundärrecht, hier: dem durch die Richtlinien zur Bankenaufsicht begründeten Rechtsrahmen für die Bankenaufsicht in der Europäischen Gemeinschaft abgeleitet werden könnten. 1766 Nach st. Rspr. des EuGH gilt für die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben ein enger Verbraucherbegriff, der sich auf solche natürlichen Personen beschränkt, die zu privaten Zwecken am Markt teilnehmen, vgl. etwa EuGH, Urt. v. 3.7.1997 – C-269/95, Slg. 1997, I-3767 Rn. 5; Urt. v. 19.1.1993 – C-89/91, Slg. 1993, I-139 Rn. 20, 22; hierzu m. w. N. Schwarze-Berg, EU-Recht, Art. 153 EGV Rn. 6; Calliess/Ruffert-Wichard, Art. 253 EGV Rn. 4 ff. 1767 Siehe erneut oben § 3 zur Entwicklung der Gemeinschaftsrechtssetzung. 1768 A.A. offenbar E. Habscheid, Staatshaftung, S. 25, der – allerdings ohne nähere Begründung und ohne Aussage zu den Konsequenzen – postuliert, der deutsche Gesetzgeber habe mit der Einführung des Haftungsausschlusses durch § 6 III KWG a. F. (entspr. § 4 IV FinDAG) „gegen den Geist der Römischen Verträge“ verstoßen.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

a) Unmittelbare Rechtswirkung von und Gewährung subjektiver Rechte durch Richtlinien nach der Rechtsprechung des EuGH Ausgangspunkt für die Frage nach der Begründung subjektiver Rechte durch EG-Richtlinien ist zunächst wiederum das primäre Gemeinschaftsrecht und hier die Vorschrift des Art. 249 III EGV als die für die Wirkung von Richtlinien maßgebliche Rechtsgrundlage. Danach ist eine Richtlinie jeweils „für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist, hinsichtlich des Ziels verbindlich, überläßt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel“ (eig. Hervorhebung); charakteristisch für die Richtlinie ist also zunächst gerade keine direkte Wirkung. Gleichwohl hat der EuGH bereits recht frühzeitig geurteilt, daß sich private Dritte unter Umständen unmittelbar vor nationalen Gerichten auch auf Bestimmungen von Richtlinien berufen können; dies wird – wie auch in der Judikatur nationaler Gerichte und im Schrifttum inzwischen durchweg anerkannt1769 – nicht zuletzt auf das Erfordernis effektiven Rechtsschutzes und der wirksamen Durchsetzung von Gemeinschaftsrecht (sog. „effet utile“) gestützt. Die Rechtsprechung hatte insoweit unterschiedliche Fallkonstellationen zu bewerten und hat eine Differenzierung vorgenommen, die auch für den vorliegenden Untersuchungsgegenstand von Bedeutung ist: Zunächst ist geprüft worden, ob und unter welchen Umständen die sog. unmittelbare Wirkung von Richtlinien dergestalt in Betracht kommt, daß die betreffenden Vorschriften des sekundären Gemeinschaftsrechts trotz nicht erfolgter oder fehlerhafter Umsetzung des Gemeinschaftsrechts im nationalen Recht zugunsten einzelner gerichtlich durchsetzbare Rechte begründet. In ständiger Rechtsprechung bejaht der EuGH diese Frage dann, wenn die Umsetzungsfrist abgelaufen ist, die Richtlinie nicht oder nicht richtig umgesetzt worden ist und wenn sie unbedingte und hinreichend genaue Vorschriften enthält, auf die sich der einzelne berufen kann.1770 Die Entscheidung des Gerichtshofs in Sachen Becker ./. Finanzamt Münster-Innenstadt1771 hat die Voraussetzungen für die unmittelbare Geltung von Richtlinien nochmals zusammengefaßt: „[Rn. 22:] Mit der den Richtlinien durch Artikel 189 [EGV a. F. = 249 n. F.] zuerkannten verbindlichen Wirkung wäre es (. . .) unvereinbar, grundsätzlich auszuschließen, daß sich betroffene Personen auf die durch die Richtlinie auferlegte Verpflichtung berufen können. 1769 Vgl. statt aller die Nachw. aus Rspr. und Literatur bei Calliess/Ruffert-Ruffert, Art. 249 EGV Rn. 69 ff. (zur Frage der unmittelbaren Wirkung von Richtlinien) sowie ebd., Art. 288 EGV Rn. 28 ff. (zur – allerdings umstrittenen – Frage der Staatshaftung). 1770 Vgl. schon EuGH, Urt. v. 4.12.1974 – 41/74, Slg. 1974, 1337 Rn. 12 („Van Duyn“). 1771 EuGH, Urt. v. 19.1.1982 – 8/81, Slg. 1982, 53.

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[Rn. 23:] Insbesondere in den Fällen, in denen etwa die Gemeinschaftsbehörden die Mitgliedstaaten durch Richtlinien zu einem bestimmten Verhalten verpflichten, würde die praktische Wirksamkeit einer solchen Maßnahme abgeschwächt, wenn die einzelnen sich vor Gericht hierauf nicht berufen und die staatlichen Gerichte sie nicht als Bestandteil des Gemeinschaftsrechts berücksichtigen könnten. [Rn. 24:] Daher kann ein Mitgliedstaat, der die in der Richtlinie vorgeschriebenen Durchführungsmaßnahmen nicht fristgemäß erlassen hat, den einzelnen nicht entgegenhalten, daß er die aus dieser Richtlinie erwachsenen Verpflichtungen nicht erfüllt hat. [Rn. 25:] Demnach können sich die einzelnen in Ermangelung von fristgemäß erlassenen Durchführungsmaßnahmen auf Bestimmungen einer Richtlinie, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen innerstaatlichen, nicht richtlinienkonformen Vorschriften berufen; einzelne können sich auf diese Bestimmungen auch berufen, soweit diese Rechte festlegen, die dem Staat gegenüber geltend gemacht werden können.“

Vor allem wegen der Ausführungen in Rn. 25 war umstritten, ob nach der „Becker-Entscheidung“ die unmittelbare Geltung von Richtlinienrecht nach diesen Kriterien eine Gewährung subjektiver Rechte durch den fraglichen Rechtsakt stets oder nur alternativ zur – dann anderweitig festzustellenden – hinreichenden Bestimmtheit erfordert.1772 Die wohl herrschende Meinung geht heute davon aus, daß schon eine hinreichend klar nachweisbare Begünstigungsabsicht zur Annahme der subjektiven Wirkung führen kann, ohne daß hierfür zwingend die Einräumung subjektiver Rechte erforderlich wäre.1773 In diese Richtung weist auch die – allerdings unklare – Entscheidung des EuGH im „Großkrotzenburg“-Verfahren.1774 Eine ältere, abweichende Auffassung im deutschen Schrifttum sieht hingegen die Gewährung subjektiver Rechte als Voraussetzung für die unmittelbare Wirkung von Richtlinien an.1775 Die Bedeutung der Debatte erschließt sich vor allem im Vergleich zur durch die „Francovich“-Entscheidung ausgelösten Folge von Urteilen zur Staatshaftung für die Nichtumsetzung oder fehlerhafte Umsetzung von Richtlinienrecht.1776 Hierfür hat der EuGH ausdrücklich die Verleihung von 1772 Vgl. statt aller die ausf. Darstellung des Streitstandes im deutschsprachigen Schrifttum bei Ruffert, Subjektive Rechte, S. 81 f., 164 ff. m. w. N. 1773 Vgl. z. B. Schwarze-Biervert, EU-Recht, Art. 249 EGV Rn. 31; Calliess/Ruffert-Ruffert, Art. 249 EGV Rn. 90; ausf. ders., Subjektive Rechte, S. 166 ff., jeweils m. w. N. 1774 EuGH, Urt. v. 11.8.1995 – C 431/92, Slg. 1995, I-2189, Rn. 24–26 der Entscheidungsgründe. 1775 In diese Richtung z. B. – jeweils im Kontext der EG-Umweltrichtlinien – Papier, DVBl. 1993, 809, 811; Pernice, NVwZ 1990, 414, 424; ähnlich Gellermann, DÖV 1996, 433, 436 f., jeweils m. w. N. 1776 Siehe bereits oben sub I. bei und in Fn. 1760 f.

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(subjektiven) Rechten durch die Richtlinie selbst zur Haftungsvoraussetzung erhoben; erforderlich sei die Verletzung einer Norm, „die bezweckt, dem einzelnen Rechte zu verleihen“.1777 Zweite Voraussetzung ist hiernach, daß der betreffende Mitgliedstaat durch das haftungsauslösende Verhalten in einer hinreichend qualifizierten Weise das dem einzelnen gewährte subjektive Recht verletzt hat. Ein hinreichend qualifizierter Verstoß erfordert nach der bisherigen Rechtsprechung des EuGH, daß „ein Organ oder ein Mitgliedstaat (. . .) die Grenzen, die der Ausübung seiner Befugnisse gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat.“ Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die nicht umgesetzte Richtlinie klar und eindeutig formuliert ist und keine wesentlichen Aspekte der Umsetzung ins Ermessen der Mitgliedstaaten stellt.1778 Zu ersetzen ist dann der durch den Verstoß verursachte Schaden.1779 Eine Haftung nach diesen Grundsätzen kommt auch dann in Betracht, wenn zwar die betreffende Richtlinie ein subjektives Recht gewährt, die einschlägige Vorschrift der Richtlinie aber gleichwohl nicht „unmittelbar anwendbar“ i. S. d. vorstehend diskutierten Rechtsprechung ist.1780 Die terminologischen Unterschiede erklären sich zunächst daraus, daß die Frage einer unmittelbaren Wirkung die Herleitung von Rechten aus Richtlinien der Gemeinschaft betrifft, während die Haftung nach den „Francovich“-Grundsätzen prinzipiell für jeden Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht in Betracht kommt, gleichgültig, ob es sich um primär- oder sekundärrechtliche Vorgaben handelt.1781 Zum zweiten – und vorliegend vor allem von Bedeutung – ist zu berücksichtigen, daß die unmittelbare Wirkung von Richtlinienrecht mit der Zielsetzung entwickelt worden ist, einzelnen Bürgern die Möglichkeit zu eröffnen, nach Ablauf der Umsetzungsfrist Begünstigungen, die in der betreffenden Richtlinie vorgesehen sind, bereits im 1777 Vgl. statt aller EuGH, Urt. v. 19.11.1991 – C-6/90 und C-9/90, Slg. 1991, I-5357 („Francovich“), Rn. 40; Urt. v. 5.3.1996 – C-46/93 und C-48/93, Slg. 1996, I-1029 („Brasserie du pêcheur/Factortame“), Rn. 50 f.; Urt. v. 26.3.1996 – C-392/ 93, Slg. 1996, I-1631 („British Telecommunications“), Rn. 39 f. 1778 Siehe insbes. EuGH, Urt. v. 8.10.1996 – C-178/94, C-179/94, C-188/94 bis C-190/94, Slg. 1996, I-4845 („Dillenkofer“), Rn. 25; Urt. v. 5.3.1996 – C-46/93 und C-48/93, Slg. 1996, I-1029 („Brasserie du pêcheur/Factortame“), Rn. 43 ff. 1779 Erstmalig Urt. v. 5.3.1996 – C-46/93 und C-48/93, Slg. 1996, I-1029 („Brasserie du pêcheur/Factortame“), Rn. 47, 50 f.; ausdrücklich auf die Umsetzung von Richtlinien angewendet durch EuGH, Urt. v. 26.3.1996 – C-392/93, Slg. 1996, I-1631 („British Telecommunications“), Rn. 40; hierzu allgemein etwa Schwarzenegger, S. 100 ff. 1780 So lag es im „Francovich“-Fall, vgl. Rn. 27, 46 f. der Entscheidung (oben Fn. 1777). 1781 Vgl. statt aller Wolf, S. 118; Schwarze-Berg, EU-Recht, Art. 288 EGV Rn. 77 ff.

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Wege des Primärrechtsschutzes durchzusetzen.1782 Dies illustriert nicht zuletzt die Entscheidung im „Becker“-Fall,1783 in dem es um die Möglichkeit ging, in einer Richtlinie vorgesehene steuerrechtliche Begünstigungen unmittelbar gegenüber den deutschen Finanzbehörden geltend zu machen. Insoweit ähnlich gelagert sind mehrere Entscheidungen zur unmittelbaren Anwendung umweltrechtlicher Richtlinien.1784 Die Unterscheidung gewinnt auch dort Bedeutung, wo die unmittelbare Wirkung einer Richtlinie beispielsweise deshalb ausgeschlossen ist, weil Richtlinien nach bisheriger Rechtsprechung keine Verpflichtungen privater Gemeinschaftsbürger begründen können.1785 b) Die Bedeutung für die vorliegende Fallkonstellation Angesichts der unterschiedlichen Ausgangsposition für die vorstehend geschilderte Rechtsprechung des EuGH ist fraglich, ob die Figur der „unmittelbaren Wirkung“ in der vorliegenden Konstellation überhaupt relevant ist, in der es nicht um eine Ausstrahlung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben auf den Primärrechtsschutz von Einlegern geht, sondern zwangsläufig stets1786 um Sekundärrechtsschutz in der Konstellation der Staatshaftung für Verstöße gegen Richtlinienrecht.

1782

Vgl. besonders anschaulich insoweit die Differenzierung zwischen (primärem) „Individualrechtsschutz“ und der „Haftungsproblematik“ bei Ruffert, Subjektive Rechte, S. 78 f. 1783 Oben bei und in Fn. 1771. 1784 Vgl. z. B. die Entscheidungen des EuGH in verschiedenen Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland, Urt. v. 28.2.1991 – C-131/88, Slg. 1991, I-825 (unmittelbare Wirkung der EG-Grundwasserrichtlinie); Urt. v. 30.5.1991 – C 361/ 88, Slg. 1991, I-2567 (Schwefeldioxid und Schwebestaub); Urt. v. 30.5.1991 – C 59/ 89, Slg. 1991, I-2608 (Bleibelastung); Urt. v. 13.12.1996 – C-298/95, Slg. 1996, I-6747 (Gewässerschutz); hierzu Ruffert, Subjektive Rechte, S. 72 f., 146 ff. 1785 Siehe z. B. EuGH, Urt. v. 7.3.1996 – C-192/94, Slg. 1996, I-1281 („El Corte Inglès“). Vgl. statt aller Calliess/Ruffert-Ruffert, Art. 249 EGV Rn. 78 ff. 1786 Eine Erzwingung aufsichtsrechtlicher Maßnahmen im Wege des Primärrechtsschutzes ist zwar dogmatisch nicht grundsätzlich ausgeschlossen, kommt aber in der Rechtspraxis unter keinen Umständen in Betracht: Anders als in der oben § 14 sub B. II. erörterten Fallkonstellation könnte sich ein Einleger auf gemeinschaftsrechtliche Vorgaben aus den nachfolgend im einzelnen zu untersuchenden Bankrechtsharmonisierungsrichtlinien nicht zur Erzwingung der Überleitung eines aufsichtsrechtlichen Moratoriums in ein förmliches Insolvenzverfahren berufen, da die Richtlinien lediglich Anforderungen an die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb formulieren und bei deren Nichteinhaltung letztlich die Entziehung der Erlaubnis vorsehen, die aber – wie gesehen (oben § 7 sub B. II. 2. f)) – für den Einleger als solche ohne Belang ist.

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aa) Die Position des Bundesgerichtshofs Allerdings beruht der bereits erwähnte Vorlagebeschluß des BGH in Sachen Paul ./. Deutschland1787 erkennbar auf einer hiervon abweichenden Sichtweise. Die dem EuGH zur Entscheidung vorgelegten Fragen zielen im Kern darauf ab, ob sich aus dem EG-Rechtsrahmen für die Bankenaufsicht in den Mitgliedstaaten individuell durchsetzbare Pflichten der Aufsicht zu einem Einschreiten im Krisenfall zugunsten der Einleger ergeben. Hintergrund ist die Bestimmung des § 6 IV KWG (a. F. = § 4 IV FinDAG n. F.), wonach die Aufsicht ihre Aufgaben „nur im öffentlichen Interesse“ wahrnimmt – und damit der gesetzliche Haftungsausschluß für fehlerhafte Bankenaufsicht des nationalen Rechts.1788 Für den Fall, daß der EuGH die Gewährung subjektiver Rechte durch die im Vorlagebeschluß im einzelnen benannten bankaufsichtsrechtlichen Richtlinien bejahen sollte, fragt der BGH weiter, ob das „Recht des Sparers oder Anlegers auf Wahrnehmung von Aufsichtsmaßnahmen in seinem Interesse“ im nationalen Amtshaftungsprozeß „unmittelbare Wirkung in dem Sinn [scil. entfaltet], daß die nationalen Normen, die dem entgegenstehen, unbeachtet bleiben müssen, oder [ob] der Mitgliedstaat, der dieses Recht der Sparer oder Anleger bei der Umsetzung von Richtlinien nicht beachtet hat, nur nach den Grundsätzen eines gemeinschaftsrechtlichen Amtshaftungsanspruchs [haftet]“. Für letzteren Fall wird gefragt, ob der betreffende Mitgliedstaat insoweit „hinreichend qualifiziert gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen [hat], wenn er die Verleihung eines Rechts auf Wahrnehmung von Aufsichtsmaßnahmen nicht erkannt hat“.1789

bb) Die Position der englischen Judikatur im „Three Rivers“-Fall Wie bereits angedeutet, hat die Unterscheidung zwischen einer möglichen unmittelbaren Wirkung und der Gewährung subjektiver Rechte auch in der englischen Rechtsprechung eine Rolle gespielt, die sich im Three Rivers-Fall vor die Frage gestellt sah, ob dem Haftungsausschluß des englischen Rechts1790 möglicherweise gemeinschaftsrechtlich fundierte Rechtspositionen der betroffenen Einleger aufgrund der Ersten Bankrechtskoordinierungsrichtlinie von 1977 entgegenstünden.1791 1787

Siehe oben sub A. I. bei und in Fn. 1751. Siehe zu Einzelheiten hierzu noch unten sub C. I. 4. 1789 BGH, Beschl. v. 16.5.2002 – III ZR 47/01, WM 2002, 1266, Vorlagefrage 3. 1790 Seinerzeit s. 1(4) Banking Act 1987, zum entspr. heutigen Recht siehe unten sub C. II. 2. a). 1791 Siehe hierzu sogleich unten sub 2. c). 1788

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Auld L.J., der in einem Minderheitsvotum im Court of Appeal die Auffassung vertrat, das Gemeinschaftsrecht gewähre dem Einleger ein Recht auf aufsichtsrechtliche Maßnahmen zu seinem Schutz,1792 machte insoweit durchaus deutlich, daß er die Unterscheidung zwischen der unmittelbaren Wirkung und der Haftung für Gemeinschaftsrechtsverstöße im Grunde als für die zu entscheidende Fallkonstellation nachrangig betrachte und es aus seiner Sicht für den in Rede stehenden Ersatzanspruch in erster Linie auf die in der Francovich-Entscheidung durch den EuGH formulierten Grundsätze ankomme.1793 Für die Frage einer unmittelbaren Wirkung seien im übrigen keine anderen Maßstäbe anzulegen: „Francovich liability: The essential question is whether the directive imposes obligations on the Bank [of England] from which, as a matter of Community law, rights are conferred on individuals in the position of the plaintiffs. Whether the matter is considered under this head or as one of direct effect, I am content to [scil. accept] that, to establish obligations in a directive giving rights under Community law, it must be possible on a fair reading on it, construed purposively, to conclude that it was intended to give rise to such rights.“1794

Hirst L.J. im Court of Appeal und Lord Hope im House of Lords unterschieden demgegenüber zwischen einer Staatshaftung aufgrund unmittelbarer Wirkung und der „Francovich“-Haftung.1795 Anders als der BGH interpretierten sie die Rechtsprechung des EuGH in den genannten Konstellatio1792 Three Rivers District Council v. Governor and Board of the Bank of England [2000] 2 W.L.R. 15, 110 ff. 1793 A. a. O., S. 107: „The European Court from its earliest days has also developed (. . .) a broader principle of liability in damages to individuals of which, it seems to me the Becker direct effect rule may now be regarded a part.“ (eig. Hervorhebung). 1794 A. a. O., S. 123 (eig. Hervorhebung). 1795 Vgl. Three Rivers Disctrict Council v. Governor and Board of the Bank of England [2000] 2 W.L.R. 15, 73: „As to the type of recognition or enforcement sought in the national court, there is a distinction between relying on a Treaty provision with direct effect, or a regulation, to nullify some incompatible provision of national law (on the one hand) and relying on E.U. law as giving a right to reparation (in terms of English law, damages) for breach of an obligation under E.U. law“, ferner ebd. S. 75: „(. . .) there still appears to be an important distinction (. . .) between cases in which an emanation of the state may be directly liable (or may be deprived of a defence) because of a breach of a directly effective provision of Community law (. . .) and cases in which the state itself is liable for failure to transpose a directive (and so, in effect, to give the wronged individual a right of action and a remedy against some other defendant)“, jeweils per Hirst L.J. In der Entscheidung des House of Lords v. 18.5.2000 führte Lord Hope aus ([2000] 2 W.L.R. 1220, 1238): „The first route by which the right to claim damages against the state or an emanation of the state for the non-implementation or misimplementation of a Directive may be asserted is based upon the principle of direct effect. (. . .) The second route is based upon the principle of state liability.“

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nen allerdings nicht im Sinne eines Stufenverhältnisses, sondern weitgehend als gleichwertig nebeneinander stehend und ähnlichen Anforderungen unterliegend.1796 cc) Stellungnahme Eine erste Analyse der verschiedenen Ansätze erweist zunächst, daß auch hinsichtlich ihrer Bedeutung im vorliegenden Kontext zwischen den einzelnen der oben sub A. II. skizzierten Haftungsszenarien differenziert werden muß. Konzeptionell kaum Probleme bereitet insoweit die Frage der Staatshaftung für die Nichtumsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie, die sich durchaus bruchfrei in die klassischen Kategorien der Staatshaftung für verspätete Richtlinienumsetzung nach der Francovich-Entscheidung einfügt. Schwieriger gestaltet sich jedoch die Verknüpfung der Staatshaftungsproblematik bei behaupteten Verstößen gegen gemeinschaftsrechtlich determiniertes materielles Aufsichtsrecht mit Haftungsausschlüssen im nationalen Recht, insbesondere den umfassenden Ausschlußbestimmungen im deutschen Recht (§ 4 IV FinDAG, § 6 IV bzw. 6 III KWG a. F.). Eine derartige Konstellation ist durch den EuGH bislang noch nicht entschieden worden. Der Vorlagebeschluß des BGH vom 16. Mai 2002 hat das Problem primär der Frage der unmittelbaren Wirkung von Richtlinien zugeordnet. Er geht davon aus, daß eine unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinien zur Folge hätte, daß die Vorschrift des § 6 IV KWG bzw. § 4 IV FinDAG durch höherrangiges Gemeinschaftsrecht überlagert und mithin unbeachtlich wäre (eine drittschützende Amtspflicht zum Einschreiten in Krisenfällen würde sich danach unmittelbar aus dem Gemeinschaftsrecht ergeben, ohne daß es auf die Auslegung des KWG ankäme), während anderenfalls eine Haftung nur nach Maßgabe der weiteren Anforderungen eines gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs, insbesondere bei Vorliegen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen Gemeinschaftsrecht, in Betracht zu ziehen wäre. Die englischen Entscheidungen im Three Rivers-Fall gehen demgegenüber zwar ebenfalls vom Konzept der unmittelbaren Wirkung von Richtlinien aus. Viel deutlicher als der BGH klassifizieren sie das Sachproblem jedoch als Frage des effektiven Rechtsschutzes für Gemeinschaftsrechtsverstöße im allgemeinen, der je nach Sachverhalt entweder in Gestalt des Primär- oder des Sekundärrechtsschutzes gewährt werden kann. Gerade der Vergleich mit den Stellungnahmen in der englischen Judikatur deutet darauf 1796 Besonders anschaulich Lord Hope, ebd. S. 1242: „In the result, (. . .) the conditions which the appellants must satisfy in order to establish a right to damages against the bank under each route are so closely analogous that they can be taken to be, at this stage of the case, the same.“

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hin, daß die systematischen Schwierigkeiten ihre Wurzel letztlich allein in der Verzahnung der gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftung mit dem jeweiligen nationalen Amtshaftungssystem haben könnten. Der Vorlagebeschluß des BGH ist insoweit zwar durchaus konsequent aus dem System des nationalen Staatshaftungsrechts entwickelt. Zu berücksichtigen ist freilich, daß die gemeinschaftsrechtliche und die autonome Staatshaftung dogmatisch keineswegs zwingend übereinstimmen müssen. Ein Beispiel hierfür bietet etwa der Unterschied zwischen den Kategorien der aus Gemeinschaftsrecht abzuleitenden subjektiven Rechte und des „subjektiv-öffentlichen Rechts“ des nationalen deutschen Verwaltungsrechts.1797 Auch der EuGH hat grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten hinsichtlich der prozessualen Durchsetzung des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs anerkannt.1798 Im Ergebnis dürfte sich die Position des Gemeinschaftsrechts wie folgt charakterisieren lassen: Das Gemeinschaftsrecht selbst fordert nicht die Existenz eines innerstaatlichen Staatshaftungsanspruchs, sondern erhebt zunächst einmal in erster Linie Geltungsanspruch für die primärrechtlichen Rechtspositionen sowie die im Rahmen der Verträge erlassenen Rechtsakte. Verletzt der nationale Gesetzgeber (legislatives Unrecht) oder eine nationale Behörde (exekutives Unrecht) die hierdurch gesetzten Handlungsgrenzen oder Aufgaben, so gibt das Gemeinschaftsrecht selbst einen Haftungsanspruch wegen dieser Rechtsverletzung, der von dem des nationalen Staatshaftungsrechts unabhängig ist. Vor diesem Hintergrund erscheint in der Tat zweifelhaft, ob die für die Berufung auf Gemeinschaftsrecht im Rahmen des Primärrechtsschutzes entwickelte Figur der unmittelbaren Wirkung von Richtlinienrecht überhaupt für den Sekundärrechtsschutz eine Rolle spielt, wenn es – wie vorliegend – um die behauptete Verletzung von gemeinschaftsrechtlichen Rechtspositionen geht. Zwar kann auch nach der Rechtsprechung des EuGH ein Gemeinschaftsrechtsverstoß neben dem gemeinschaftsrechtlichen Haftungsanspruch auch einen Ersatzanspruch nach Regeln des nationalen Amtshaftungsrechts zur Folge haben.1799 Doch beanspruchen die – ggf. geringeren – Anforderungen des gemeinschaftsrechtlichen Haftungsanspruchs Vorrang, wie gerade die Entscheidung des EuGH in Sachen Brasserie du pêcheur/Factortame unterstrichen hat.1800 Zwar tritt der gemeinschaftsrechtliche Staatshaf1797

Hierzu Ruffert, Subjektive Rechte, S. 162 f. m. w. N. Vgl. insbesondere EuGH, Urt. v. 19.11.1991 – C-6/90 und C-9/90, Slg. 1991, I-5357 („Francovich“), Rn. 43 ff.; Urt. v. 5.3.1996 – C-46/93 und C-48/93, Slg. 1996, I-1029 („Brasserie du pêcheur/Factortame“), Rn. 67 und 83. 1799 EuGH, Urt. v. 5.3.1996 – C-46/93 und C-48/93, Slg. 1996, I-1029 („Brasserie du pêcheur/Factortame“), Rn. 66. 1800 Siehe die Nachw. soeben Fn. 1798 f.; ausf. m. w. N. etwa Calliess/Ruffert, Art. 288 EGV Rn. 54. 1798

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tungsanspruch nach der Rechtsprechung dann als subsidiär zurück, wenn das nationale Recht richtlinienkonform ausgelegt werden kann und damit zu äquivalenten Ergebnissen kommt.1801 Im vorliegenden Fall ist dies jedoch schon deshalb ohne Belang, weil ein ggf. mit gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben kollidierender eindeutiger Haftungsausschluß kaum Raum für eine richtlinienkonforme Auslegung bietet.1802 Insgesamt impliziert die vom BGH vorgelegte Frage nach den Auswirkungen der unmittelbaren Wirkung der betreffenden Richtlinien mit Blick auf die Amtshaftung nach Art. 34 GG, § 839 BGB mithin einen Zusammenhang zwischen der Figur der unmittelbaren Wirkung und dem Haftungsanspruch als Folge der Verletzung, der durch die Rechtsprechung des EuGH nicht vorgeprägt ist. Insbesondere erscheint die Auffassung problematisch, daß (nur) im Falle der Verneinung der unmittelbaren Wirkung der Richtlinien das Kriterium des „hinreichend qualifizierten Verstoßes“ gegen Gemeinschaftsrecht eine Rolle spiele.1803 Es ist zweifelhaft, ob der EuGH vor diesem Hintergrund die Frage nach der unmittelbaren Wirkung der betreffenden Bestimmungen überhaupt für streiterheblich halten, oder ob er nicht vielmehr das Problem als eines der Haftung für eine möglicherweise fehlerhafte Umsetzung von Gemeinschaftsrecht von vornherein nach „Francovich“-Kriterien bewerten und die Einzelheiten der Umsetzung der nationalen Rechtsprechung zuweisen wird. Allerdings legen auch die Schlußanträge der Generalanwältin Stix-Hackl vom 25.11.2003 in der Sache Paul ./. Deutschland1804 im wesentlichen die Sichtweise des Bundesgerichtshofs zugrunde;1805 dies erscheint freilich aus den geschilderten Gründen angreifbar. Problematisch erscheint jedoch auch die englische Sichtweise, die von einer Alternativität zwischen der „Haftung“ aufgrund unmittelbarer Wirkung der Richtlinien und jener nach „Francovich“-Grundsätzen ausgeht.1806 Zwar ist in der Three Rivers-Entscheidung zu Recht festgestellt worden,1807 1801

Vgl. EuGH, Urt. v. 16.12.1993 – C-334/92, Slg. 1993, I-6911 („Wagner Miret“), Rn. 20 ff.; Urt. v. 14.7.1994 – C91/92, Slg. 1994, I-3325 („Faccini Dori“), Rn. 26; Urt. v. 24.9.1998 – C-111/97, Slg. 1998, I-5411 („EvoBus Austria“), Rn. 21 f. 1802 So auch der BGH im Vorlagebeschluß v. 16.5.2002 – III ZR 48/01, WM 2002, 1266, 1272. 1803 Durchaus eindeutig in diesem Sinne BGH, Beschl. v. 16.5.2002 – III ZR 48/01, WM 2002, 1266 (Vorlagefrage 3) und 1272 f. (Ziff. 4. der Gründe). 1804 Siehe dazu bereits oben sub A. I. Fn. 1751. 1805 Vgl. ebd. Tz. 57 ff., 61 ff., 86 ff. (jeweils zur Einlagensicherungsrichtlinie), 121 ff. (zu den übrigen Rechtsakten); siehe hierzu auch Binder, [2004] European Business Law Review 463, 467 f. 1806 Etwas unklar, aber grundsätzlich in dieselbe Richtung wohl auch Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 372 ff.; ähnlich ders., [1997] Public Law 32, 41 f.

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daß der EuGH gerade im „Francovich“-Fall sowohl die unmittelbare Wirkung der in diesem Fall streitgegenständlichen Richtlinie als auch die Folgefrage der Amtshaftung für deren fehlerhafte Umsetzung geprüft hat.1808 Verallgemeinerungsfähige Aussagen für das vorliegend interessierende Problem lassen sich daraus indes kaum ableiten: Im konkreten Fall ging es um eine Richtlinie, die für den Fall der Insolvenz des Arbeitgebers die Schaffung eines Garantiesystems zugunsten der Arbeitnehmer forderte.1809 Die Frage der unmittelbaren Wirkung der Richtlinie hat der EuGH hier unter dem Gesichtspunkt geprüft, ob im Falle der Nichtumsetzung ggf. der zur Umsetzung verpflichtete Mitgliedstaat selbst als Schuldner des durch die Richtlinie selbst vorgesehenen Garantieanspruchs in Betracht kam – und dies im Ergebnis verneint, weil die Richtlinie mit Blick auf den in Betracht kommenden Schuldner letztlich das Kriterium der hinreichenden Bestimmtheit nicht erfüllte.1810 Daß hier überhaupt an eine unmittelbare Wirkung gedacht wurde, erklärt sich mithin gerade daraus, daß die Richtlinie selbst Haftungsansprüche im Prinzip vorsah, wenngleich nicht in einer die unmittelbare Wirkung tragenden ausreichend konkretisierten Form. Eine Übertragbarkeit dieses Ansatzes für den Bereich der Bankrechtsharmonisierungsrichtlinien kommt daher nur dort in Betracht, wo die maßgebliche Richtlinie selbst unmittelbare Haftungsansprüche (auf Entschädigung in Geld) vorsieht. Dies ist bei der Einlagensicherungsrichtlinie der Fall,1811 nicht dagegen bei den übrigen bankaufsichtsrechtlichen Rechtsakten. Wenn sich in der Entscheidung des House of Lords unter Hinweis auf die Entscheidungen des EuGH in den Rechtssachen „Becker“ und „Francovich“ die Formel von „Becker-type liability“ sowie „Francovich-type liability“ findet, ist dies mithin zumindest mißverständlich.1812 Auch diese Sichtweise dürfte sich indes daraus erklären, daß sich die englischen Gerichte bei der Entscheidung implizit zunächst von den haftungsrechtlichen Kategorien des eigenen nationalen Rechts haben leiten lassen. Dies illustriert insbesondere die Verwendung des Rechtsbegriffs der „remedies“ nach Common law,1813 die an sich neben dem Schadensersatz in Gestalt von Damages auch Elemente des Primärrechtsschutzes umfassen. 1807

Three Rivers District Council v. Governor and Board of the Bank of England [2000] 2 W.L.R. 1220, 1239. 1808 EuGH, Urt. v. 19.11.1991 – C-6/90 und C-9/90, Slg. 1991, I-5357 („Francovich“), Rn. 12. 1809 RL 80/987/EWG v. 20.10.1980, ABlEG. Nr. L 283/23. 1810 EuGH, a. a. O. (soeben Fn. 1808). 1811 Siehe noch unten sub 2. b). 1812 A. a. O. (soeben Fn. 1807). 1813 Vgl. nochmals insbesondere die oben sub bb) Fn. 1795 zitierten Ausführungen von Hirst L.J. Allgemein zu den verschiedenen Rechtsbehelfen gegenüber Staatshandeln im englischen Administrative Law siehe Wade/Forsyth, S. 551 ff.

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Freilich ist den zitierten englischen Stimmen insoweit beizupflichten, als die tatbestandliche Abgrenzung zwischen beiden Figuren für die vorliegende Konstellation, in der es um Ansprüche der Einleger gegen den Staat und mithin um eine „vertikale“ Schutzrichtung geht,1814 trotz der unterschiedlichen Formulierungen der EuGH-Rechtsprechung kaum bedeutsam ist – entscheidend bleibt auch vorliegend, ob die Richtlinien den Einlegern Rechte auf ein Einschreiten der Aufsicht im Krisenfall tatsächlich gewähren oder eben nicht. c) Zwischenzusammenfassung Der Prüfungsmaßstab für die nachfolgende Untersuchung der Einlegerrechte nach den einzelnen Bankrechtsharmonisierungsrichtlinien ist damit abgesteckt. Entscheidend kommt es – insoweit mit dem Vorlagebeschluß des BGH und auch den englischen Entscheidungen im Three Rivers-Fall – darauf an, ob sich subjektive Rechte einzelner, die zu einer Haftung führen könnten, aus diesen Rechtsakten tatsächlich ableiten lassen. Schon wenn dies zu bejahen ist, sind entgegenstehende Vorschriften insoweit unbeachtlich, als sie einen gemeinschaftsrechtlich nach „Francovich“-Grundsätzen begründeten Haftungsanspruch ausschließen oder über die Anforderungen der Rechtsprechung des EuGH hinaus begrenzen. Ob es zur Haftung kommt, hängt sonach davon ab, ob und unter welchen Umständen im Einzelfall ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben festgestellt werden kann. Auf die Frage einer unmittelbaren Wirkung der betreffenden Bestimmungen kommt es insoweit nach der bisherigen Rechtsprechung des EuGH nicht an; diese betrifft vielmehr im wesentlichen den – in der vorliegenden Konstellation irrelevanten – Primärrechtsschutz vor den Gerichten der Mitgliedstaaten. Zwar legt die bisherige Interpretation der gemeinschaftsrechtlichen Implikationen durch den BGH wie auch die englischen Gerichte eine andere Sichtweise nahe; dies wird jedoch der Entstehungsgeschichte der gemeinschaftlichen Institute kaum gerecht und läßt sich eher damit erklären, daß die betreffenden Entscheidungen jeweils – ohne dies ausdrücklich kenntlich zu machen – von dogmatischen Kategorien des autonomen nationalen Haftungsrechts ausgehen. 1814 Eine Übertragung der in der Literatur diskutierten Grundsätze über die „unmittelbare Richtlinienwirkung in Dreiecksverhältnissen“ unter Hinweis auf die Tatsache, daß durch etwa bestehende Ansprüche der Einleger auf ein aufsichtsseitiges Einschreiten ja in die Rechte der beaufsichtigten Banken eingegriffen werde, liegt dagegen eher fern; die insoweit erörterten Sachverhalte sind mit der vorliegend zu untersuchenden Fallkonstellation kaum vergleichbar; siehe hierzu etwa Calliess/Ruffert-Ruffert, Art. 249 EGV Rn. 83 ff.

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2. Die einzelnen Richtlinien a) Überblick Der unterschiedliche Charakter der für die Herleitung von Ansprüchen der Einleger in Betracht kommenden Richtlinien legt eine Aufteilung zugrunde, die teilweise nach einzelnen Rechtsakten differenziert, aber auch verschiedene zusammenfaßt. Dabei soll sich die Untersuchung auf diejenigen Richtlinien konzentrieren, um deren Bewertung der Bundesgerichtshof den Europäischen Gerichtshof im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens ersucht hat, auch wenn sich ähnliche Fragen mit Blick auf andere Regelungen des Gemeinschaftsrechts zur Herstellung einheitlicher Mindeststandards für die Finanzaufsicht ergeben können.1815 An erster Stelle ist die Einlagensicherungsrichtlinie zu nennen, wobei nach den oben sub A. II. entwickelten Fallgruppen zum einen die Frage nach einer möglichen Staatshaftung für die verspätete Umsetzung der Richtlinie interessiert, zum anderen aber auch fraglich ist, ob – und, bejahendenfalls, in welcher Höhe – der Staat für die Nichteinhaltung der Verpflichtung haftet, einem Institut bei fehlender Mitgliedschaft in einer Sicherungseinrichtung die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb zu entziehen (zu beiden Aspekten unten sub b)). Zum zweiten ist (sub c)) die Erste Bankrechtskoordinierungsrichtlinie in den Blick zu nehmen, drittens dann (sub d)) die Zweite Bankrechtskoordinierungsrichtlinie i. V. m. der Eigenmittelrichtlinie, der BCCI-Richtlinie der Konsolidierungsrichtlinie, der Kapitaladäquanzrichtlinie sowie der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie. b) Die Einlagensicherungsrichtlinie aa) Überblick Wie angedeutet, nimmt die Einlagensicherungsrichtlinie1816 innerhalb der einschlägigen Rechtsakte mit Blick auf die vorliegend zu untersuchende 1815 Zu denken ist zuvörderst an die EG-Richtlinie 97/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3.3.1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger, ABlEG Nr. L 84/22, auf die sich die nachfolgenden Überlegungen zur Drittschutzwirkung der Einlagensicherungsrichtlinie vollinhaltlich übertragen lassen. Weiterhin könnte überlegt werden, ob sich aus den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die Aufsicht über Finanzdienstleister allgemein entsprechende Rechtspositionen ableiten lassen; vgl. hierzu die Erwägungen bei Höhns, S. 54 ff., die freilich auf ähnliche Vorbehalte stoßen wie die unten sub c) und d) zur Drittschutzwirkung der Bankrechtsharmonisierungsrichtlinien dargelegten. 1816 RL 94/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30.5.1994, ABlEG Nr. L 135/5, siehe hierzu ausf. oben § 12 sub B. III.

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Frage eine Sonderstellung ein: Es handelt es sich um den einzigen Rechtsakt innerhalb des Gesamtkomplexes der Gemeinschaftsrechtsetzung zur Bankrechtsharmonisierung, der ausdrücklich unmittelbar auf die Verbesserung der Rechtsstellung der Einleger abzielt.1817 Weil durch die Richtlinie selbst Zahlungsansprüche der Einleger gegen die nach der Richtlinie zu schaffenden Sicherungseinrichtungen begründet werden, bestehen deutliche Parallelen zu dem Sachverhalt, den der EuGH im „Francovich“-Fall zu bewerten hatte; in jenem Fall handelte es sich um eine Richtlinie, die einen Garantieanspruch der Arbeitnehmer für den Fall der Insolvenz des Arbeitgebers festlegte.1818 Nach den oben sub 1. entwickelten Grundsätzen kommt es darauf an, ob dem einzelnen Sparer durch die Richtlinie subjektive Rechte zuerkannt werden; dies ist nach den im „Francovich“-Urteil aufgestellten Kriterien dann der Fall, wenn die jeweils fragliche Bestimmung dem einzelnen solche Rechte verleihen will und der Inhalt des Rechts hinreichend konkret in der Richtlinie bestimmt ist.1819 Aus dem Kreis der oben sub A. II entwickelten Fallgruppen kommen insoweit zwei verschiedene Anspruchsinhalte in Betracht: zunächst die „einfache“ Haftung für die nicht fristgerechte Umsetzung der Richtlinie – ein Problem, das sich nach der Umsetzung in allen Mitgliedstaaten nurmehr für Altfälle stellt (hierzu unten sub bb)), zum zweiten die – weitergehende und auch nach Umsetzung der Richtlinie aktuelle – Haftung für das Ausbleiben aufsichtsrechtlicher Maßnahmen gegen Kreditinstitute, die trotz der durch die Richtlinie begründeten Verpflichtung keinem Einlagensicherungssystem angehören (hierzu unten sub cc)). bb) Die Haftung für die Nichtumsetzung der Richtlinie – Haftung in Höhe des garantierten Mindestschutzes Wie bereits die Vergleichbarkeit des Sachverhalts mit jenem des „Francovich“-Falles indiziert, erscheint kaum zweifelhaft, daß die Einlagensicherungsrichtlinie jedenfalls mit Blick auf den durch sie angestrebten Mindestschutz die Voraussetzungen für die Ableitung subjektiver Einlegerrechte 1817 Darauf verweist auch BGH, Beschl. v. 16.5.2002 – III ZR 48/01, WM 2002, 1266, 1270. 1818 Ebenfalls um die Garantieansprüche von Arbeitnehmern ging es in der Entscheidung v. 16.12.1993 – C-334/92, Slg. 1993, I-6911 („Wagner Miret“). Durchaus überzeugend ferner der Vergleich mit der Rechtsprechung des EuGH zur verspäteten Umsetzung der EG-Pauschalreiserichtlinie (RL 90/314/EWG, ABlEG Nr. L 158/59) im Fall „Rechberger“ (EuGH, Urt. v. 15.6.1999 – C-140/97, Slg. 1999, I-3499) bei Gratias, NJW 2000, 786, 787; siehe auch schon dens., Staatshaftung, S. 145 f. 1819 EuGH, Urt. v. 19.11.1991 – C-6/90 und C-9/90, Slg. 1991, I-5357, Rn. 40 f.

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nach der Rechtsprechung des EuGH erfüllt: Wie im „Francovich“-Fall besteht zwar Gestaltungsfreiheit zugunsten der Mitgliedstaaten mit Blick auf die Ausgestaltung der Sicherungseinrichtungen, so daß nicht etwa die durch die Richtlinie vorgesehenen Zahlungsansprüche im Falle der Nichtumsetzung oder nicht fristgerechten Umsetzung schon kraft unmittelbarer Wirkung gegen den Staat als Schuldner geltend gemacht werden könnten,1820 doch ist eindeutig, daß die Richtlinie jedenfalls durch den in den Artt. 3 I 1, 7 I 1 vorgesehenen Mindestschutz durch Sicherungseinrichtungen dem betroffenen Einleger eine Rechtsposition im Falle der Nichtverfügbarkeit seiner Vermögenswerte verschaffen will. Ob diese Rechtsposition bereits aus der Richtlinie selbst mit hinreichender Deutlichkeit bestimmbar i. S. d. „Francovich“-Grundsätze ist, könnte allenfalls vor dem Hintergrund der den Mitgliedstaaten durch Art. 7 I II i. V. m. Anhang I sowie Art. 7 IV der Richtlinie eingeräumten Gestaltungsbefugnis hinsichtlich des Umfangs der Sicherung und des Kreises der Anspruchsberechtigten zu bezweifeln sein.1821 Hinsichtlich des (absoluten) Mindestschutzes, also der nicht unter die Dispositionsbefugnis der Mitgliedstaaten fallenden Vorgaben der Richtlinie, kann jedoch kaum bestritten werden, daß die Richtlinie entsprechende Rechte hinreichend bestimmbar einräumt. Das LG Bonn, das sich im Fall der Insolvenz der BVH-Bank und damit dem Ausgangsfall auch des Vorlagebeschlusses des BGH vom 16. Mai 2002 mit Staatshaftungsansprüchen für fehlerhafte Bankenaufsicht zu befassen hatte, hat deshalb zu Recht in einer Reihe von Parallelverfahren (jedenfalls) ein subjektives Recht der Einleger auf Gewährleistung des durch die Richtlinie eingeräumten Mindestschutzes angenommen.1822 Diese Sicht1820

Hierzu bereits oben sub 1. b) dd). Siehe im einzelnen oben § 12 sub B. III. 2. b). 1822 LG Bonn, Urt. v. 10.11.1999 – 1 O 55/99, WM 2000, 618, 619; die Entscheidung im Parallelverfahren (in dem der BGH als Revisionsinstanz den mehrfach zitierten Vorlagebeschluß erlassen hat), LG Bonn, Urt. v. 31.3.2000 – 1 O 159/99, ist schon in der Berufungsinstanz insoweit nicht mehr angegriffen worden, vgl. OLG Köln, Urt. v. 11.1.2001 – 7 U 104/00, WM 2001, 1372 ff. sowie auch BGH, Beschl. v. 16.5.2002 – III ZR 48/01, WM 2002, 1266, 1270. Zust. Cremer, JuS 2001, 643, 649; siehe aus dem englischen Schrifttum auch Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 374; abw. Gratias, NJW 2000, 786, 787, der die Reduktion des Haftungsumfangs auf die Mindestgrenze unter Ausnutzung der durch die Mitgliedstaaten zu regelnden Kürzung um einen Selbsteinbehalt von 10% der Einlagen (vgl. Art. 7 IV der Richtlinie und dazu oben § 12 sub C. II. 2.) für unzulässig hält und sich darauf beruft, eine solche Regelung könne nur im Rahmen der gesetzlichen Umsetzung der Richtlinie getroffen werden. Nach dieser Auffassung würden die Einleger jedoch – haftungsrechtlich fragwürdig – besser gestellt, als sie im Falle der korrekten Umsetzung der Richtlinie stünden. 1821

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weise ist im anhängigen EuGH-Verfahren nicht mehr angegriffen und durch die Generalanwältin implizit bestätigt worden.1823 Die Gegenauffassung, die eine Drittschutzwirkung der Einlagensicherungsrichtlinie mit der Begründung ablehnt, es handle sich bei dem durch die Richtlinie gewährten Verbraucherschutz nur um ein „Mittel (. . .), um die Harmonisierung des Wettbewerbs innerhalb der EU voranzutreiben“,1824 überzeugt schon deshalb nicht, weil die Haftung für die verspätete Richtlinienumsetzung nach gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen nicht voraussetzt, daß die Einräumung subjektiver Rechte im Mittelpunkt des Regelungszwecks steht, sondern ausschließlich auf die hinreichende Bestimmbarkeit der fraglichen Rechtsposition abstellt.1825 Für die Ableitung subjektiver Rechte aus der Richtlinie spricht auch deren 24. Begründungserwägung,1826 die eine Haftung der Mitgliedstaaten „aufgrund dieser Richtlinie“ nach deren Umsetzung ausschließt und mithin einen Umkehrschluß auf die Einräumung entsprechender Rechtspositionen vor Umsetzung der Richtlinie zuläßt.1827 Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß die Einlagensicherungsrichtlinie den betroffenen Einlegern ein subjektives Recht (jedenfalls) auf die Gewährung des mit der Richtlinie begründeten Mindestschutzes einräumt. Setzt ein Mitgliedstaat diese Richtlinie nicht oder – wie im Fall der Bundesrepublik Deutschland – nicht rechtzeitig um, verletzt er dieses Recht. Nachdem die Richtlinie im Hinblick auf die Mindestsicherung, d.h. außerhalb der den Mitgliedstaaten eingeräumten Gestaltungsbefugnis, keinerlei Ermessen hinsichtlich der Umsetzung eröffnet, stellt die Nichtumsetzung auch einen „hinreichend qualifizierten Verstoß“ gegen Gemeinschaftsrecht dar.1828 Der den Einlegern in dieser Höhe entstandene Schaden ist mithin aufgrund des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs zu ersetzen, wobei dies nurmehr für Altfälle relevant ist, die ihren Ursprung im Zeitraum bis zur Umsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie im deutschen Recht haben. 1823

Siehe die Schlußanträge (oben sub A. I. Fn. 1751), Tz. 63. So Wondra, S. 153. 1825 Vgl. nur Cremer, JuS 2001, 643, 645 m. w. N. Insoweit zu Recht ablehnend gegenüber den von Wondra erhobenen Einwänden Gratias, Staatshaftung, S. 146 Fn. 187. 1826 Zur Beachtlichkeit der Begründungserwägungen im Rahmen der Auslegung vgl. etwa EuGH, Urt. v. 8.10.1996 – C-178/94, C-179/94, C-188/94 bis C-190/94, Slg. 1996, I-4845 („Dillenkofer“), Rn. 37 ff. 1827 Siehe hierzu noch unten sub cc) (b) im Zusammenhang mit den Auswirkungen auf die Ableitung möglicherweise weitergehender Entschädigungsansprüche der Einleger. 1828 Vgl. die oben sub 1. a) bei und in Fn. 1777 f.; einen Umsetzungsspielraum setzt die Einlagensicherungsrichtlinie insoweit nicht. 1824

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cc) Weitergehende Haftung mit Blick auf die Pflichtmitgliedschaft in einer Sicherungseinrichtung? (a) Überblick Unabhängig von dem vorstehend abgehandelten Problem einer möglichen Staatshaftung zugunsten der Einleger für die Nichtumsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie stellt sich darüber hinaus die Frage, ob auch die Untätigkeit der Bankenaufsicht gegenüber Instituten, die nicht Mitglied in einer Einlagensicherungseinrichtung geworden sind oder die ihre Mitgliedschaft verloren haben,1829 eine Staatshaftung nach gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen begründen kann. Als Anknüpfungspunkt hierfür kommt Art. 3 I der Einlagensicherungsrichtlinie in Betracht, der die Genehmigung an die Mitgliedschaft in einer Sicherungseinrichtung bindet. Damit ist die oben A. II. sub (a) skizzierte Fallgruppe angesprochen, die der EuGH aufgrund des Vorlagebeschlusses des BGH vom 16. Mai 2002 im Vorabentscheidungsverfahren in Sachen Paul u. a. ./. Deutschland zu bewerten haben wird.1830 Im Vergleich zur vorstehend erörterten Haftung für die Nichtumsetzung der Richtlinie ist die Frage vor allem aus zwei Gesichtspunkten von Interesse: Zum einen kommt als Haftungsgrund hier nicht die Untätigkeit des nationalen Gesetzgebers, sondern nur die aufsichtsseitige Untätigkeit im konkreten Fall in Betracht.1831 Zum zweiten ist fraglich, ob aus einem der1829 In Deutschland erfolgt, wie gesehen (oben § 12 sub D. IV.), die Zuordnung der Institute zu der für sie zuständigen gesetzlichen Einlagensicherungseinrichtung automatisch mit Erteilung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb (vgl. §§ 6 I, 7 I EAG). Praktische Bedeutung im vorliegenden Kontext kann daher nurmehr die Untätigkeit der Aufsicht bei Verlust der Mitgliedschaft in einer Sicherungseinrichtung entfalten. 1830 Vgl. die 1. Vorlagefrage des Beschlusses, WM 2002, 1266. 1831 Allerdings stellt sich dieser Aspekt im Ausgangsverfahren in der Tat schwieriger dar; hier läßt sich sowohl an die Nichtumsetzung der Richtlinie (und damit auch der Verpflichtung nach Art. 3 I) allgemein als auch an das konkrete Verwaltungshandeln anknüpfen. Ob sich insoweit Unterschiede ergeben, je nachdem, ob die betreffenden Vorschriften als unmittelbar wirksam einzustufen sind oder nicht (was der BGH a. a. O. annimmt), erscheint nach den Ausführungen oben sub 1. b) dd) zweifelhaft. Richtig ist freilich, daß mit Blick auf das Erfordernis eines „hinreichend qualifizierten Verstoßes“ Differenzierungen zwischen der Zeit vor und der Zeit nach Umsetzung geboten sein könnten, soweit auf das Handeln der Aufsicht abgestellt wird: Wenn die Richtlinie zum fraglichen Zeitpunkt noch nicht nationales Recht umgesetzt worden war, dann könnte das Erfordernis der Mitgliedschaft als Voraussetzung für die Gewährung oder Aufrechterhaltung der aufsichtsrechtlichen Genehmigung unter Umständen für die handelnde Behörde nicht hinreichend deutlich erkennbar gewesen sein. Gleichwohl würde ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht dann wohl aus der Nichtumsetzung der Richtlinie resultieren – vorausgesetzt, daß sich (wie nachfolgend zu untersuchen) eine entspre-

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artigen Verstoß ggf. ein die Höhe der Mindestsicherung überschreitender Ersatzanspruch resultieren könnte. Zum einen geht es somit (dazu sogleich sub (b)) um die Gewährung eines subjektiven Rechts der Einleger auf ein Einschreiten der Aufsicht gegen Institute, welche die Pflicht zur Mitwirkung in einer Sicherungseinrichtung nicht einhalten. Diese Frage stellt sich für alle Einleger, gerade auch für diejenigen, deren Einlagenwert den durch die Richtlinie vorgesehene Sicherungsmaß nicht überschreitet. Ist ein solches Recht zu bejahen, so stellt sich weiter die Frage nach dem Umfang eines hieraus möglicherweise resultierenden Haftungsanspruchs (dazu unten sub (c)). Diese Fragen spiegeln sich auch in der Vorlage des BGH vom 16. Mai 2002 wider.1832 Der BGH fragt zunächst, ob die Richtlinie dem Einleger „neben dem Recht für den Fall der Nichtverfügbarkeit seiner Einlage durch ein Einlagensicherungssystem bis zur Höhe des in Art. 7. Abs. 1 genannten Betrages entschädigt zu werden, das weitere Recht [scil. verleiht], daß die zuständigen Behörden von den in Art. 3. Abs. 2 bis 5 erwähnten Maßnahmen Gebrauch machen, nötigenfalls auch die Zulassung des Kreditinstituts widerrufen“. Primärrechtsschutz scheidet freilich auch insoweit typischerweise aus; maßgeblich kommt es auf den Haftungsanspruch an, den der BGH im Anschluß anspricht: „Soweit dem Einleger ein solches Recht verliehen ist, schließt dies auch die Befugnis ein, Ersatz für einen auf dem Fehlverhalten der zuständigen Behörden beruhenden Schaden verlangen zu können, der über den in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie genannten Betrag hinausgeht?“ (b) Einlegerschützende Pflichten zum Einschreiten gegen ungesicherte Institute? (1) Das Verfahren nach Art. 3 II-V der Richtlinie als Anknüpfungspunkt Für die Annahme eines subjektiven Rechts auf ein aufsichtsbehördliches Einschreiten gegen betreffende Institute könnte sprechen, daß sich entsprechende aufsichtsrechtliche Maßnahmen letztlich als denklogisch zwingend erforderliche Sanktion gegen die Nichteinhaltung der durch die Richtlinie selbst begründeten Sicherungspflicht darstellen. Art. 3 II-V der Richtlinie regelt die Rechtsfolgen der Nichteinhaltung der Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Mitwirkung an einem Sicherungssystem weitgehend selbst: Nach Abs. 2 muß in diesem Fall die Sichechende, zu einer Haftung führende Rechtspflicht gegenüber den Einlagen der Richtlinie tatsächlich entnehmen läßt. 1832 BGH, Beschl. v. 16.5.2002 – III ZR 48/01, WM 2002, 1266.

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rungseinrichtung die Aufsichtsbehörde benachrichtigen; diese ergreift dann „im Zusammenwirken mit dem Sicherungssystem alle erforderlichen Maßnahmen, einschließlich der Verhängung von Sanktionen, um sicherzustellen, daß das Kreditinstitut seinen Verpflichtungen nachkommt“. Abs. 3 begründet ein Kündigungsrecht der Sicherungseinrichtung für den Fall, daß die Sanktionen nicht zu einer Verbesserung führen; Voraussetzung ist der Ablauf einer zwölfmonatigen Kündigungsfrist und die Zustimmung der Aufsichtsbehörde, die bei Androhung und Vollziehung des Ausschlusses einzuholen ist. Abs. 4 räumt den Mitgliedstaaten die Befugnis ein, auch einem ausgeschlossenen Institut das Einlagengeschäft zu gestatten, wenn es „anderweitige Vorkehrungen zur Einlagensicherung getroffen hat, die den Einlegern einen Schutz garantieren, der dem des amtlich anerkannten Systems nach Höhe und Umfang mindestens gleichwertig ist“. Ansonsten ist nach Abs. 5 „umgehend“ die Zulassung zu widerrufen. Der BGH hält es vor diesem Hintergrund für „möglich, daß die Verleihung von Rechten an die Einlagegläubiger sich auch auf behördliche Maßnahmen erstreckt, die erforderlich sind, um das System der Einlagensicherung einzurichten und intakt zu halten. Insofern könnte sich der Senat vorstellen, daß die Richtlinie dem Einleger – ohne dies ausdrücklich zu regeln – auch das Recht verleihen will, daß Aufsichtsmaßnahmen durchgeführt werden, die der Funktionsfähigkeit des Einlagensicherungssystems dienen.“1833

(2) Bewertung Die insbesondere in Art. 3 V der Richtlinie zum Ausdruck gekommene Verknüpfung der aufsichtsrechtlichen Zulassung von Banken zum Geschäftsbetrieb mit der Mitgliedschaft in einer Einlagensicherungseinrichtung streitet in der Tat für die Annahme eines entsprechenden subjektiven Rechts der Einleger auf ein Einschreiten gegen Banken, die ihre Mitgliedschaft in einer Sicherungseinrichtung verloren haben. Allerdings reicht es – entgegen den Ausführungen des BGH – für die Begründung eines hierauf gestützten Ersatzanspruchs kaum aus, lediglich einen allgemeinen Anspruch auf „behördliche Maßnahmen“ zu konstruieren, „die erforderlich sind, um das System der Einlagensicherung einzurichten und intakt zu halten“. Erforderlich ist vielmehr ein eindeutig auf die rechtzeitige Entziehung der Zulassung zum Geschäftsbetrieb i. V. m. einer rechtzeitigen, d.h. weitere Verluste abwendenden aufsichtsrechtlichen Schließung gerichteter Anspruch, denn Auflagen, Sanktionen o. ä. würden die Sicherheit der Einlagen nicht unmittelbar erhöhen; ihr Ausbleiben wäre nicht als solche kausal für die den Einlegern entstehenden Schäden. Das insbesondere in den Begründungserwä1833

BGH, Beschl. v. 16.5.2002 – III ZR 48/01, WM 2002, 1266, 1270.

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gungen 2 und 15 der Richtlinie zum Ausdruck gebrachte Ziel sicherzustellen, daß grundsätzlich alle Kreditinstitute einer Sicherungseinrichtung angehören, liefe leer, wenn keine korrespondierende Verpflichtung der zuständigen Behörden bestünde, die Sicherungspflicht durchzusetzen. Eine derartige Verpflichtung bezweckt nach ihrem Sinn und Zweck wiederum, den Einlegern entsprechende Rechte zu gewähren, so daß sich ein subjektives Recht derselben auf ein Einschreiten damit als notwendige Konsequenz der Pflicht zu ermittelten auf Einrichtung von Sicherungssystemen durch die Mitgliedstaaten darstellt.1834 Das Votum der Generalanwältin Stix-Hackl in der Rechtssache Paul ./. Deutschland ist demgegenüber allerdings restriktiver und verneint eine unmittelbare Wirkung der entsprechenden Bestimmungen der Einlagensicherungsrichtlinie wie auch eine Haftung des betreffenden Mitgliedstaats für deren Nichteinhaltung. Zur Begründung wird darauf verwiesen, daß die Richtlinie insoweit nur die Rechtsbeziehungen zwischen den zuständigen Behörden, den Kreditinstituten und den Sicherungssystemen regle, nicht aber die Rechtsposition der Einleger betreffe und die geforderten aufsichtsrechtlichen Maßnahmen nicht allein den Schutzinteressen der Einleger zu dienen bestimmt seien.1835 Die Annahme einer Haftung des Mitgliedstaats drohe insoweit „die Aufsichtstätigkeit der zuständigen Behörden zu lähmen.“1836 Ob diese Bedenken tatsächlich überzeugen, erscheint m. E. angesichts der durchaus klaren Schutzrichtung der Richtlinie durchaus zweifelhaft.1837 (c) Zum Haftungsumfang Wenn es die Aufsicht unterläßt, das Einlagengeschäft von Kreditinstituten ohne Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Sicherungseinrichtung zu unterbinden, dürfte hierin angesichts des klaren Wortlauts der Richtlinie unproblematisch ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen deren Anforderungen liegen, dessen zwangsläufige Konsequenz das Fehlen eines Entschädigungsanspruchs im Insolvenzfall ist, so daß eine Haftung hierfür nach „Francovich“-Grundsätzen begründbar ist. 1834

Im deutschen Recht kommen nach Umsetzung der Richtlinie durch das EAG sowie die entsprechenden Anpassungen im KWG freilich insoweit nur allgemeine aufsichtsrechtliche Maßnahmen gegen ein ungenehmigtes Betreiben von Bankgeschäften in Betracht, denn der Ausschluß aus der Sicherungseinrichtung führt gem. § 35 I 2 KWG ipso iure zum Erlöschen der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb, siehe bereits oben sub (a) in Fn. 1829. 1835 Schlußanträge (oben sub A. I. Fn. 1751), Tz. 75 ff., 94 ff. 1836 Ebd., Tz. 96. 1837 Siehe auch Binder, [2004] European Business Law Review 463, 471.

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Fraglich ist jedoch, ob sich daraus auch eine Verpflichtung zum Ersatz derjenigen Einlagen ergibt, deren Wert die durch die Richtlinie geforderte Mindestsicherung überschreitet. Der BGH hat im Vorlagebeschluß vom 16. Mai 2002 insbesondere unter Hinweis auf die 2. Begründungserwägung der Richtlinie, welche ein „Mindestmaß an Harmonisierung der Einlagensicherung“ als Zielvorgabe formuliert, bezweifelt, ob daraus ein Recht auf „vollständige Schadloshaltung“ auch hinsichtlich der oberhalb des Mindestschutzes angesiedelten Einlegen abgeleitet werden kann.1838 Der III. Zivilsenat verweist insoweit auch auf die 24. Begründungserwägung der Richtlinie, wonach die „Mitgliedstaaten oder ihre zuständigen Behörden (. . .) aufgrund dieser Richtlinie den Einlegern gegenüber nicht haftbar gemacht werden [können], wenn sie für die Einrichtung bzw. die amtliche Anerkennung eines oder mehrerer Systeme Sorge getragen haben, die die Einlagen oder die Kreditinstitute selbst absichern und die Zahlung von Entschädigungen oder den Schutz der Einleger nach Maßgabe dieser Richtlinie gewährleisten“.1839

Ein anderes ließe sich begründen, wenn sich der Zweck der Pflichtmitgliedschaft im Sinne einer Art indirekter Qualitätssicherung interpretieren ließe, also die Pflichtteilnahme an Sicherungssystemen, die ihrerseits bestimmte Teilnahmekriterien für die mitwirkenden Institute aufstellen und deren Einhaltung überwachen, auch dem Schutz der nicht unmittelbar gesicherten Einleger diente. Ob der Zweck der Richtlinie dies tatsächlich erfordert, erscheint indes zweifelhaft. Weder der Richtlinientext noch die Begründungserwägungen stützen eine dahingehende Auslegung. Sie indizieren vielmehr eine Beschränkung der Einlegerrechte eben auf den durch die Richtlinie gewährten Mindestschutz, worauf auch der BGH im Vorlagebeschluß vom 16.5.2002 hingewiesen hat.1840 Ähnlich wie in den Passagen, auf die der BGH Bezug genommen hat, heißt es zudem in der 8. Begründungserwägung, die Harmonisierung durch die Einlagensicherungsrichtlinie müsse sich „auf die wesentlichen Aspekte der Einlagensicherungssysteme beschränken und die Zahlung der entsprechend der harmonisierten Mindestdeckung berechneten Entschädigung aus der Einlagensicherung (. . .) gewährleisten“. Auch die 17. Begründungserwägung spricht vom durch die „Richtlinie vorgesehene[n] harmonisierte[n] Mindestniveau“, während die Begründungserwägungen 11 ff. ausdrücklich den Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten oberhalb dieses Niveaus festlegen. Die Selbstbeschränkung des Gemeinschaftsgesetzgebers auf eine Mindestregelung würde konterkariert, wenn als gemeinschaftsrechtlich de1838 1839 1840

BGH, Beschl. v. 16.5.2002 – III ZR 48/01, WM 2002, 1266, 1270. BGH, a. a. O. BGH, a. a. O.

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terminierte Sanktion für aufsichtsrechtliches Fehlverhalten im Zusammenhang mit der Pflichtmitgliedschaft in Sicherungseinrichtungen wiederum eine nicht auf den durch die Richtlinie gewährten Schutzumfang beschränkte Haftung für Einlegerverluste konstruiert werden könnte. Dagegen spricht im übrigen auch die Entstehungsgeschichte: Wie gesehen,1841 ist die Richtlinie letztlich Resultat einer Einigung auf dem „kleinsten gemeinsamen Nenner“; es ist kaum anzunehmen, daß eine derartig weitreichende Haftung, die ja nicht ausdrücklich geregelt ist, für die Mitgliedstaaten akzeptabel gewesen wäre. c) Die Erste Bankrechtskoordinierungsrichtlinie als Grundlage für Haftungsansprüche? aa) Überblick Auch die Erste Bankrechtskoordinierungsrichtlinie (RL 77/780/EWG), auf die sich der Bundesgerichtshof in seinem Vorlagebeschluß vom 16. Mai 2002 gleichfalls berufen hat,1842 nimmt im vorliegenden Kontext eine gewisse Sonderstellung ein. Dies ergibt sich zunächst aus dem Charakter der Richtlinie als „erster Schritt“ hin zur Ausprägung eines gemeinschaftsweit harmonisierten Aufsichtsrechts; die Richtlinie ist vor allem als Vorbereitung der weiteren Harmonisierung des Bankaufsichtsrechts zu sehen, die erst mit der Zweiten Bankrechtskoordinierungsrichtlinie und den damit zusammenhängenden Rechtsakten erfolgte.1843 Auch wenn die Erste Bankrechtskoordinierungsrichtlinie inzwischen nurmehr einen Teil des gemeinschaftsrechtlichen Rechtsrahmens für die Bankaufsicht darstellt und mit weiteren Rechtsakten in der Richtlinie 2000/12 konsolidiert worden ist,1844 rechtfertigt dieser Hintergrund nach wie vor eine gesonderte Behandlung. Die Richtlinie von 1977 ist auch deshalb von besonderem Interesse, weil die Frage, ob sich daraus Rechte der Einleger auf ein Einschreiten der Aufsicht in bestimmten Fällen ableiten lassen, gerade in der bereits mehrfach erörterten englischen Three Rivers-Entscheidung virulent geworden ist. Das House of Lords verneinte hier diese Frage letztlich einstimmig und lehnte eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof unter Rückgriff auf die „acte clair“-Doktrin ab.1845 Ob die Nichtvorlage zu Recht erfolgte, ob also „die 1841

Siehe oben § 12 sub C. II. 2. BGH, Beschl. v. 16.5.2002 – III ZR 48/01, WM 2002, 1266, 2. Vorlagefrage. 1843 Vgl. schon oben § 3 zur Entwicklung des gemeinschaftsrechtlich determinierten materiellen Aufsichtsrechts; der Vorlagebeschluß des BGH vom 16.5.2002 geht darauf nicht ein. 1844 Siehe oben § 3 sub A. II. in Fn. 148. 1842

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richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig [war], daß keinerlei Raum für vernünftige Zweifel“ blieb,1846 soll vorliegend jedoch nicht im Mittelpunkt der Überlegungen stehen; um so mehr kommt es darauf an, die durch das House of Lords zugrundegelegten Erwägungen in der Sache zu überprüfen. Nachfolgend sollen zunächst (sub bb)) die möglichen Anknüpfungspunkte in der Richtlinie kurz skizziert werden, aus denen möglicherweise drittschützende Rechtspositionen abgeleitet werden könnten; hier wird vor allem auf die Ausführungen im Vorlagebeschluß des BGH, aber auch auf die englischen Entscheidungen zu rekurrieren sein. Eine abschließende Bewertung folgt (sub cc)). bb) Die einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie Im Mittelpunkt sowohl der – hinsichtlich der Frage der Drittwirkung sehr skeptischen – Vorlagefrage des BGH als auch der Entscheidungen der englischen Gerichte im Three Rivers-Fall steht die Vorschrift des Art. 6 der RL 77/780, nach deren Abs. 1 die für die Bankaufsicht in den einzelnen Mitgliedstaaten zuständigen Behörden „bis zu einer späteren Koordinierung (. . .) zu Beobachtungszwecken, gegebenenfalls zusätzlich zu den etwaigen von ihnen verwendeten Koeffizienten, Relationen zwischen verschiedenen Aktiva und/oder Passiva der Kreditinstitute festlegen [können], um die Zahlungsfähigkeit und die Liquidität der Kreditinstitute und die sonstigen Voraussetzungen für den Sparerschutz laufend feststellen zu können.“

Die Vorschrift ist später in den Art. 4 der RL 2000/12 eingegangen. Die englischen Gerichte, nicht aber der BGH, haben sich darüber hinaus mit der Frage befaßt, ob auch der Vorschrift des Art. 3 der RL 77/780 drittschützende Funktion zugemessen werden könnte. Nach Art. 3 I sehen die Mitgliedstaaten „vor, daß die Kreditinstitute, die dieser Richtlinie unterliegen, vor Aufnahme ihrer Tätigkeit eine Zulassung erhalten müssen“. Die Festlegung der Zulassungsbedingungen wird in das Ermessen der Mitgliedstaaten gestellt; Mindestanforderungen sind nach der Aufzählung in Abs. 2 1845

Three Rivers District Council v. Governor and Board of the Bank of England [2000] 2 W.L.R. 1220, 1257 f. per Lord Hope. Anders insoweit noch der Court of Appeal, der eine Vorlage an den EuGH freilich nicht zuletzt deshalb ablehnte, weil die Parteien dies nicht beantragt hatten, siehe [2000] 2 W.L.R. 15, 85, per Hirst L.J. Dezidiert kritisch gegenüber der Entscheidung des House of Lords etwa Andenas, Euredia 2000, 388, 408 f.; Lunney/Oliphant, S. 526. Im Court of Appeal haben die Parteien eine Vorlage nicht angeregt. 1846 So die Anforderungen an Entscheidungen nationaler Gerichte als „acte clair“ in EuGH, Urt. v. 6.10.1982 – 283/81, Slg. 1982. 3415 Rn. 13 f., 16 („CILFIT“), vgl. etwa Bleckmann, Rn. 926 ff.; Calliess/Ruffert-Wegener, Art. 234 EGV Rn. 24.

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„rechtlich verselbständigte Eigenmittel“, ein „ausreichendes Mindestkapital“ und mindestens zwei zuverlässige Geschäftsführer mit hinreichender Erfahrung. Darüber hinaus haben die englischen Entscheidungen auch auf Art. 7 der RL 77/780 abgestellt, der den Grund für die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beaufsichtigung grenzüberschreitend tätiger Institute legt. Ebenfalls im englischen Urteil wurde Art. 8 der Richtlinie erörtert, wonach die Entziehung der aufsichtsrechtlichen Zulassung „nur“ unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein sollte, darunter dann, wenn (Art. 8 I lit. d)) das Institut „nicht mehr über ausreichende Eigenmittel verfügt oder nicht mehr die Gewähr für die Erfüllung seiner Verpflichtungen gegenüber seinen Gläubigern, insbesondere für die Sicherheit der ihm anvertrauten Einlagen, bietet“.1847

Sowohl der BGH als auch die englischen Gerichte haben sich ferner auf eine Reihe von Begründungserwägungen der Richtlinie bezogen. So ist zunächst auf die 2. Erwägung1848 verwiesen worden, die als Zielsetzung der Richtlinie die Beseitigung der „störendsten Unterschiede unter den Rechtsund Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaten“ benennt, welche der Durchsetzung der Dienstleistungsfreiheit im Kreditwesen entgegenstanden. Sodann wurde auf die 4. Begründungserwägung1849 abgestellt, in der es heißt: „Die Koordinierungsarbeiten in bezug auf die Kreditinstitute müssen zum Schutz der Sparer und zur Schaffung gleicher Bedingungen für den Wettbewerb unter diesen Kreditinstituten für den gesamten Kreditsektor gelten; jedoch sind gegebenenfalls objektive Unterschiede in ihrem Status und ihrer Aufgabenstellung nach den einzelstaatlichen Vorschriften zu berücksichtigen.“

Die 5. Begründungserwägung1850 führt sodann aus: „Daher ist es notwendig, den Anwendungsbereich der Koordinierungsarbeit möglichst weit auszudehnen und alle Institute zu erfassen, die rückzahlbare Gelder des Publikums sowohl in Form von Einlagen als auch in anderen Formen, zum Beispiel die laufende Ausgabe von Schuldverschreibungen und ähnlichen Wertpapieren, entgegennehmen und Kredite auf eigene Rechnung gewähren.“

Die 9. Begründungserwägung,1851 auf die sich nur der Vorlagebeschluß des BGH, nicht aber die englische Entscheidung bezieht, benennt als Ziel, zur Umsetzung der vorstehend erörterten Vorgaben den „besonders 1847

Die Vorschrift ist in Art. 14 I der RL 2000/12 übernommen worden. Entspr. die 3. Begründungserwägung der RL 2000/12. 1849 Entspr. die 5. Begründungserwägung der RL 2000/12. 1850 Zusammen mit der 6. Begründungserwägung der RL 77/780 nunmehr 6. Begründungserwägung der RL 2000/12. 1851 Enthalten in der 7. Begründungserwägung der RL 2000/12. 1848

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breite[n] Ermessungsspielraum, über den bestimmte Aufsichtsbehörden bei der Zulassung von Kreditinstituten verfügen, schrittweise [abzubauen]“. In der 12. Begründungserwägung,1852 auf welche wiederum in beiden Verfahren abgestellt worden ist, heißt es: „Um dem Sparer ähnliche Sicherheiten zu bieten und gerechte Bedingungen für den Wettbewerb zwischen vergleichbaren Gruppen von Kreditinstituten zu gewährleisten, müssen an die Kreditinstitute gleichwertige finanzielle Anforderungen gestellt werden. Bis zu einer weiteren Koordinierung sollten strukturelle Relationen festgelegt werden, die es im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen einzelstaatlichen Behörden ermöglichen, die Lage vergleichbarer Gruppen von Kreditinstituten nach einheitlichen Methoden zu beobachten. Dieses Vorgehen soll die schrittweise Angleichung der von den Mitgliedstaaten festgelegten und angewandten Koeffizienten-Systeme erleichtern.“

cc) Bewertung Die vorstehend zitierten Passagen der RL 77/780 können, wie die Entscheidung des House of Lords zu Recht ausgeführt hat,1853 nur im Kontext der Entstehungsgeschichte des gemeinschaftsrechtlichen Rechtsrahmens für die Bankenaufsicht hinreichend gewürdigt werden. Insoweit sind gerade die Begründungserwägungen, aber auch die genannten Bestimmungen der Artt. 3, 7 der Richtlinie besonders aussagekräftig; sie illustrieren deutlich die Funktion der Richtlinie als erster Schritt zur weiteren Harmonisierung. Obwohl die Richtlinie später mit anderen Rechtsakten in der Richtlinie 2000/12 konsolidiert wurde, sind die Begründungserwägungen vor diesem Hintergrund von nur begrenzter Aussagekraft für die hier zu untersuchende Frage nach der Drittwirkung der zitierten Vorschriften der RL 1977/780. Die Funktion der zitierten Passagen beschränkt sich vielmehr darauf, gewissermaßen den Handlungsrahmen für das weitere Vorgehen des Gemeinschaftsgesetzgebers abzustecken. Wesentliche Regelungen über die Zulassungsvoraussetzungen und damit zugleich die Voraussetzungen einer Entziehung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb blieben vorbehaltlich einer weiteren Harmonisierung zunächst der Gestaltung durch die Mitgliedschaften überlassen. Auch die Begründungserwägungen sprechen wiederholt von der nur „stufen-“ bzw. „schrittweisen“ Beseitigung unterschiedlicher Regelungen in den Mitgliedstaaten.1854 Bei isolierter Betrachtung trägt die Richtlinie daher die Annahme eines subjektiven Rechts der Einleger auf aufsichtsrechtliches Einschreiten im Krisenfall nicht. Das Votum der General1852 Entspr. die 8. Begründungserwägung der RL 2000/12, jedoch angepaßt an die nachfolgenden Rechtsänderungen. 1853 [2000] 2 W.L.R. 1220, 1244 f., per Lord Hope. 1854 Vgl. die Begründungserwägungen 2 und 9 der RL 77/780.

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anwältin Stix-Hackl in der Rechtssache Paul ./. Deutschland hat diese Sichtweise ausdrücklich bestätigt.1855 Daß die zitierte Bestimmung des Art. 8 I lit. d) der RL 77/780 gerade auch auf die Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern und insbesondere die Sicherheit der Einlagen abstellt, scheint zwar auf den ersten Blick gegen diese Lesart zu sprechen; daß der BGH in seinem Vorlagebeschluß nicht auch auf diese Bestimmung eingegangen ist, erscheint insoweit zumindest merkwürdig. Bei näherer Betrachtung lassen sich die hier vertretenen Zweifel hinsichtlich der Ableitung subjektiver Rechte der Einleger auf die rechtzeitige Schließung einer insolventen Bank allerdings gerade auf diese Bestimmung stützen: Nach dem Wortlaut „können“ die einzelstaatlichen Behörden einem Unternehmen die Erlaubnis unter den genannten Voraussetzungen entziehen, und zwar „nur“ unter diesen Voraussetzungen. Dies zeigt nur, daß die aufsichtsrechtliche Schließung in derartigen Fällen zulässig ist, wenn und soweit dies nach dem Recht der Mitgliedstaaten vorgesehen ist;1856 zusammen mit den anderen in der Bestimmung aufgezählten Fallgruppen ist diese Regelung zu sehen vor dem Hintergrund der Zielrichtung der Richtlinie, die grenzüberschreitende Tätigkeit von Kreditinstituten zu ermöglichen, was insbesondere die Versagung der Erlaubnis etwa unter Hinweis auf ein fehlendes wirtschaftliches Bedürfnis ausschließt.1857 Insgesamt spricht damit nicht nur der historische Kontext der Richtlinie, sondern auch der Wortlaut für die Annahme, daß der drittschützende Effekt der Regelungen von 1977 sich auf den mittelbaren Schutz der Einleger be1855

Schlußanträge (oben sub A. I. Fn. 1751), Tz. 121. Die Anknüpfung an das Recht der Mitgliedstaaten ergibt sich insbesondere aus Art. 8 lit. e): Entziehung der Erlaubnis möglich, „wenn ein anderer in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehener Fall für den Entzug vorliegt“ (eig. Hervorhebung). 1857 Siehe Art. 3 III RL 77/780 i. V. m. mit der oben sub bb) zitierten 2. Begründungserwägung. Vgl. auch Three Rivers District Council v. Governor and Board of the Bank of England [2000] 2 W.L.R. 1220, 1256, per Lord Hope: „In my opinion the key word in paragraph 1 [of Art. 8] is the word ‚only‘ which precedes the list of the various situations in which authorisation may be withdrawn. It seems to me that this is a limiting provision, as indicated by the second recital, with a view to eliminating differences between the laws of member states. The reference in subparagraph (3) to cases where ‚national laws provides for withdrawal of authorisation‘ ensures that the matter is not left to the administrative discretion of the competent authority in that member state.“ Siehe auch ebd., S. 1273, per Lord Millett: „The word ‚only‘ is critical to the meaning. ‚May‘ sometimes means ‚must‘; but ‚may only . . . if‘ means ‚must not . . . unless‘. The article is not permissive, let alone obligatory. It is prohibitory. It forbids the member state to withdraw authorisation from a credit institution, with the attendant risk of loss to existing depositors, except in the circumstances prescribed.“ 1856

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schränkt, während der Hauptzweck zweifellos in der Durchsetzung der Dienstleistungsfreiheit auf dem Kreditsektor lag. Ein subjektives Recht auf ein Einschreiten der Aufsicht in konkreten Fällen sollte damit nicht verbunden werden. In dieser Isoliertheit sind, wie angedeutet, die hier angestellten Erwägungen wegen der nachfolgenden zunehmenden Verdichtung des harmonisierten gemeinschaftsrechtlichen Regelungsrahmens für die Bankenaufsicht freilich nurmehr von Belang für Altfälle, in denen – wie im BCCI-Fall – Vorgaben für die Tätigkeit der Bankenaufsicht allein aus der Ersten Bankrechtskoordinierungsrichtlinie abzuleiten waren. Nachfolgend ist deshalb vor allem zu untersuchen, wie sich die Rechtslage heute darstellt, da die durch die Richtlinie von 1977 vorgesehenen Harmonisierungsschritte vollzogen sind. d) Die Rechtslage nach der Zweiten Bankrechtskoordinierungsrichtlinie und den damit zusammenhängenden Rechtsakten Die bankrechtsharmonisierenden Rechtsakte nach der Ersten Bankrechtskoordinierungsrichtlinie von 1977 sind somit vor allem auch insoweit von Interesse, als damit der in der Richtlinie von 1977 abgesteckte Handlungsrahmen nunmehr weitgehend komplettiert worden ist Wenn nachfolgend die Anknüpfungspunkte zur Ableitung subjektiver Rechte in den einzelnen Richtlinien identifiziert werden sollen, wobei sich die Darstellung im wesentlichen auf die im Vorlagebeschluß des BGH vom 16. Mai 2002 problematisierten Aspekte konzentriert, so sind diese deshalb stets im Zusammenhang mit den Regelungen der Ersten Bankrechtskoordinierungsrichtlinie zu sehen und ist zu fragen, ob das nunmehr vollendete Gesamtsystem vor diesem Hintergrund ein anderes als das vorstehend gefundene Ergebnis nahelegt. aa) Die einschlägigen Bestimmungen in den Richtlinien (a) Die Zweite Bankrechtskoordinierungsrichtlinie Hinsichtlich der Zweiten Bankrechtskoordinierungsrichtlinie hat der BGH nicht ausdrücklich auf einzelne Regelungen abgestellt, sondern nur auf die 4. und die 11. Begründungserwägung verwiesen. Dies erstaunt jedenfalls insoweit, als Art. 4 der Richtlinie1858 erstmals konkrete Mindestanforderungen an die Erteilung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb formuliert und 1858

Vgl. Art. 5 I RL 2000/12.

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Art. 10 I1859 sodann verbindlich festschreibt, daß die Eigenmittel eines Instituts das bei seiner Zulassung geforderte Anfangskapital nicht unterschreiten dürfen. Die vom BGH erwähnten Begründungserwägungen sind insoweit zwar sicherlich als Auslegungshilfe heranzuziehen, eine konkrete Pflicht zum Einschreiten müßte jedoch wohl vor allem auf diese Bestimmungen gestützt werden. Nachdem die 1. Begründungserwägung1860 einleitend die Bedeutung der Richtlinie als „wesentliches Instrument“ zur Durchsetzung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs im Bankensektor betont hat, wird sodann in der 4. Erwägung1861 der „gewählte Lösungsweg“ näher konkretisiert; dieser bestehe „in der Verwirklichung der wesentlichen Harmonisierung, die notwendig und ausreichend ist, um zur gegenseitigen Anerkennung der Zulassung und der Bankenaufsichtssysteme zu gelangen, die die Gewährung einer einzigen Zulassung für die gesamte Gemeinschaft und die Anwendung des Grundsatzes der Kontrolle durch den Herkunftsmitgliedstaat erlauben“.

Die 11. Begründungserwägung1862 führt sodann aus: „Die Harmonisierung bestimmter finanzieller Dienstleistungen und solcher auf dem Gebiet der Kapitaleinlagen wird, soweit erforderlich, durch besondere Gemeinschaftsrechtsakte weiterverfolgt, insbesondere um den Schutz der Verbraucher und Kapitalanleger zu gewährleisten.“

(b) Die Eigenmittelrichtlinie Die sog. Eigenmittelrichtlinie (RL 89/299/EWG) ist, wie bereits an anderer Stelle erörtert,1863 komplementär zur Zweiten Bankrechtskoordinierungsrichtlinie und zur – im Vorlagebeschluß des BGH nicht erwähnten – Solvabilitätsrichtlinie, mit denen zusammen sie die Anforderungen an die Eigenmittel der Kreditinstitute auf der Basis des Basler Akkords von 1988 gemeinschaftsweit harmonisiert. Die Regelungen der Artt. 1–61864 der Richtlinie bezwecken die Harmonisierung des zugrunde zu legenden Eigenmittelbegriffs; Art. 71865 betrifft die Verpflichtung der Kreditinstitute, den zuständigen Behörden die Einhaltung der Eigenmittelanforderungen anzuzeigen. 1859

Vgl. Art. 5 III RL 2000/12. Vgl. nunmehr RL 2000/12, 4. Begründungserwägung. 1861 Übernommen durch RL 2000/12, 7. Begründungserwägung, S. 1. 1862 Dieser Passus hat in die Konsolidierungsrichtlinie 2000/12 keinen Eingang gefunden. 1863 Siehe erneut oben § 3 sub B. II. 3. 1864 Entspr. nunmehr Artt. 34 ff. RL 2000/12. 1865 Entspr. nunmehr Artt. 34 ff. RL 2000/12. 1860

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Konkret hat der Vorlagebeschluß des BGH insbesondere auf die 1. Begründungserwägung der Richtlinie abgestellt. Diese lautet im einzelnen: „Gemeinsame Grundregeln für die Eigenmittel der Kreditinstitute sind für die Errichtung des Binnenmarktes im Bankensektor von großer Bedeutung, da die Eigenmittel die Sicherung der kontinuierlichen Tätigkeit der Kreditinstitute und den Sparerschutz ermöglichen. Mit dieser Harmonisierung wird die Bankaufsicht verstärkt und die derzeitige Koordinierung in anderen Bereichen des Bankensektors, insbesondere hinsichtlich der Kontrolle der Großkredite und des Solvabilitätskoeffizienten, gefördert.“

(c) Die BCCI-Folgerichtlinie und weitere Rechtsakte Hinsichtlich der sog. BCCI-Folgerichtlinie (RL 95/26/EG) von 1995,1866 die in der Nachfolge des BCCI-Zusammenbruchs einzelne Zulassungskriterien verschärft und die Möglichkeiten der Überwachung gestärkt hat, hat sich der BGH auf die 15. Begründungserwägung berufen, welche die Auferlegung einer Informationspflicht für die Wirtschaftsprüfer von Kreditinstituten als Instrument „zur verstärkten Beaufsichtigung von Finanzunternehmen und zum besseren Schutz der Kunden“ benennt. Weiterhin stellt der BGH auf die 11. Begründungserwägung zur Richtlinie 92/30/EWG über die Beaufsichtigung von Kreditinstituten auf konsolidierter Basis,1867 die 8. Begründungserwägung der Kapitaladäquanzrichtlinie von 1993 (RL 93/6/ EWG)1868 sowie die Begründungserwägungen 2, 5, 29, 32, 41 und 42 der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie von 19931869 ab, die jeweils den Einleger-, Kunden- bzw. Anlegerschutz als Schutzziel benennen.1870 bb) Bewertung Mit den genannten Richtlinien sind die Regelungen der Ersten Bankrechtskoordinierungsrichtlinie auf weite Teilbereiche der präventiven Regulierung des Kreditwesens ausgedehnt worden. Das Gemeinschaftsrecht stellt 1866

Hierzu oben § 3 sub B. II. 3. a). Hierzu oben § 3 sub B. II. 3. c). Siehe nunmehr die Artt. 52 RL 2000/12; die 11. Begründungserwägung der Richtlinie von 1992 ist übernommen worden in der 65. Begründungserwägung der RL 2000/12. 1868 Siehe oben § 3 sub B. II. 3. a). 1869 RL 93/22/EWG des Rates über Wertpapierdienstleistungen vom 10.5.1993, ABlEG Nr. L 141/27; vgl. hierzu etwa Hirte/Heinrich, ZBB 2001, 388, 393 m. w. N. 1870 Vgl. insbesondere die 11. Begründungserwägung der RL 92/30: „Die Beaufsichtigung der Kreditinstitute auf konsolidierter Basis muß insbesondere dem Schutz der Kunden dieser Institute und der Sicherung der Stabilität des Finanzsystems dienen.“ 1867

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damit sehr detaillierte qualitative Vorgaben an den Geschäftsbetrieb der Kreditinstitute auf und begründet eine korrespondierende Verpflichtung der Mitgliedstaaten, im Wege der Bankenaufsicht über deren Einhaltung zu wachen. Dabei ist auch nicht zu übersehen, daß der der Gemeinschaftsgesetzgeber die mit der Ersten Bankrechtskoordinierungsrichtlinie eingeleitete Entwicklung des Aufsichtsrechts inzwischen auch und gerade unter dem Aspekt des Einlegerschutzes betrieben hat. Insbesondere die Begründungserwägungen zur Eigenmittel- und zur Richtlinie über die Aufsicht auf konsolidierter Basis illustrieren diesen Zusammenhang recht deutlich. Dennoch bleiben Zweifel, ob die Gesamtheit dieser Richtlinien wirklich ein über die bloß reflexhafte Begünstigung der Einleger hinausgehendes, ggf. zu Schadensersatzansprüchen berechtigendes subjektives Recht auf aufsichtsrechtliches Einschreiten im Interesse der Einleger begründen wollte. Dabei ist nochmals hervorzuheben, daß sich die Rechtsposition, auf die sich die Einleger berufen müßten, nach allgemeinen Grundsätzen jeweils mit hinreichender Deutlichkeit aus der Richtlinie selbst ableiten lassen müßten;1871 dies gilt auch mit Blick auf den Kreis der Berechtigten.1872 (a) Der geschützte Personenkreis In den oben zitierten Passagen der einzelnen Rechtsakte wird der Schutz der Sparer als gleichwertiges Regelungsziel neben dem Funktionsschutz und also dem Schutz der Stabilität der Finanzmärkte vor den Folgen einer Bankeninsolvenz eingestuft. Dabei ist zwar lediglich pauschal von „Einlegern“, „Anlegern“ oder „Sparern“ die Rede. Auffällig ist dies insbesondere im Vergleich mit den Vorschriften der Einlagensicherungsrichtlinie, die den Kreis der durch sie geschützten Personen genau definiert.1873 Doch hat der EuGH nicht zuletzt in den Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland bezüglich verschiedener Umweltrichtlinien1874 schon die unmittelbare Wirkung der entsprechenden Richtlinien bejaht, obwohl diese ebenfalls den Kreis der hierdurch geschützten Personen nur sehr allgemein („menschliche Gesundheit“) bezeichneten. Für den hier interessierenden Problemkreis deutet einiges darauf hin, daß ähnlich niedrige Maßstäbe anzulegen sein könnten und damit der durch die Richtlinie geschützte Personenkreis als hinreichend bestimmt anzusehen sein wird: Erfaßt sein werden jedenfalls die pri1871

Siehe bereits oben sub 1. a). Vgl. erneut EuGH, Urt. v. 8.10.1996 – C-178/94, C-179/94, C-188/94 bis C-190/94, Slg. 1996, I-4845 („Dillenkofer“), Rn. 44. 1873 Siehe auch Three Rivers District Council v. Governor and Board of the Bank of England [2000] 2 W.L.R. 1220, 1244 in Auseinandersetzung mit der Ersten Bankrechtskoordinierungsrichtlinie. 1874 Siehe dazu die Nachw. oben sub 1. a) Fn. 1784. 1872

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vaten Einleger (um die es in Haftungsprozessen regelmäßig geht); eher auszuschließen sind die Einlagen anderer Kreditinstitute, die mit Blick auf ihre besondere Marktkenntnis kaum als schutzwürdig einzustufen sind. (b) Fehlende Konkretisierung der Vorgaben an das aufsichtsrechtliche Vorgehen im Einzelfall Ob sich auch der Inhalt der fraglichen Verhaltenspflicht hinreichend klar aus den Richtlinien ergibt, oder ob der Schutz der Einleger nicht vielmehr einen Reflex darstellt,1875 ist dagegen zweifelhaft. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, daß nicht die Bankeninsolvenz als solche, mithin die akute Krise, den in den hier zu untersuchenden Richtlinien geregelten Lebenssachverhalt darstellt, sondern vielmehr der laufende Geschäftsbetrieb der Kreditinstitute, der bestimmten, ausschließlich präventiv wirkenden qualitativen Anforderungen unterworfen wird. Wie an anderer Stelle erörtert,1876 sind die mit den Richtlinien eingeführten Sicherheitsstandards, insbesondere die damit gemeinschaftsrechtlich harmonisierten Eigenmittelanforderungen, abstrakt-willkürlicher Natur; ihre – auch länger andauernde – Unterschreitung begründet noch nicht als solche eine Gefährdung für die Vermögenswerte der Einleger, die vielmehr einen (durch die Richtlinien nicht definierten) qualifizierten Verstoß voraussetzt. Hierin liegt auch ein durchaus bedeutsamer Unterschied zu den Sachverhalten der oben sub (a) nochmals erwähnten Vertragsverletzungsverfahren wegen der nicht hinreichend umgesetzten Umweltrichtlinien: Dort handelte es sich um Schwellenwerte, bei denen unmittelbar eine (gesundheitsschädigende) Beeinträchtigung des betreffenden Personenkreises bejaht werden konnte. Ziel der Eigenmittelanforderungen ist dagegen die Verhinderung einer Situation, in der eine konkrete Beeinträchtigung eintreten könnte, nämlich die Verhinderung der Überschuldung der beaufsichtigten Institute im Vorfeld. Die Trias aus Zweiter Bankrechtskoordinierungsrichtlinie, Eigenmittel- und Solvabilitätsrichtlinie (bzw. nunmehr die entsprechenden Vorschriften der RL 2000/12) trifft insoweit die wesentlichen Grundentscheidungen mit Blick auf die im laufenden Geschäftsbetrieb dauernd einzuhaltenden Eigenmittelanforderungen zwar durchaus selbst. Die einzige gemeinschaftsrechtliche Bestimmung, die sich tatsächlich auf den Krisenfall bezieht, ist und bleibt jedoch die bereits zitierte Regelung des Art. 8 I lit. d der Ersten Bankrechtskoordinierungsrichtlinie (= Art. 14 I lit. d RL 2000/12), der nach wie vor als enumerative Aufzählung zulässiger Entziehungsgründe 1875 In diesem Sinne wohl BGH, Beschl. v. 16.5.2002 – III ZR 48/01, WM 2002, 1266, 1272. 1876 Oben § 3 sub B. II. 3. a).

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formuliert ist, nicht aber eine Verpflichtung zum Einschreiten in diesen Fällen normiert. Die Richtlinien statuieren damit zumindest in erster Linie entsprechende Regulierungs- und damit zusammenhängende Aufsichtspflichten der Mitgliedstaaten für einen Lebenssachverhalt, der keineswegs bereits die Gefährdung der Einleger voraussetzt, bleiben jedoch unbestimmt hinsichtlich der Mittel zur Umsetzung der Sicherheitsstandards im Einzelfall. Die Mittel der Durchsetzung der Vorgaben im Einzelfall werden dem Auswahlermessen der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinien überlassen; sie können vielfältiger Natur sein, wie schon ein Vergleich zwischen den Aufsichtsrechten Deutschlands und Englands in dieser Beziehung erweist.1877 Allerdings ließe sich argumentieren, die Verpflichtung der einzelstaatlichen Aufsichtsbehörden zur Überwachung des Geschäftsbetriebs der Kreditintitute und zur Durchsetzung der Eigenmittelanforderungen nach den genannten Richtlinien müsse denklogisch jedenfalls in Extremfällen eine Ermessensreduzierung „auf Null“ nach der deutschen verwaltungsrechtlichen Terminologie einschließen, die nurmehr die sofortige Schließung des Instituts als zulässig und vereinbar mit den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen erscheinen lasse. Dafür ließe sich sicher anführen, daß sich die Schließung in vielen haftungsrechtlich relevanten Fällen als einzige Möglichkeit zur Vermeidung weiterer Gläubigerverluste geradezu aufdrängen wird, während die Wiederherstellung der finanziellen Stabilität des betroffenen Instituts praktisch kaum in Betracht kommt. Praktisch relevant erscheinen derartige Konstellationen einer absoluten Untätigkeit der Aufsicht indes kaum. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, daß insbesondere die jeweiligen Begründungserwägungen nicht nur den Einlegerschutz als Regelungsziel erwähnen, sondern immer auch den „Funktionsschutz“ bzw. den Schutz der Stabilität der Finanzmärkte als Voraussetzung für die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit im Kreditwesen. Dies bedeutet zugleich, daß die Aufsichtsbehörden immer eine Ermessensentscheidung über das Vorgehen im konkreten Einzelfall treffen und dabei regelmäßig zwischen dem öffentlichen Interesse an der Marktstabilität und dem Interesse der Einleger werden abwägen müssen. Ein etwaiger aus den genannten Richtlinien abzuleitender Anspruch der Einleger wäre mithin von vornherein nicht auf aufsichtsrechtliches Einschreiten der Aufsicht gerichtet, sondern allenfalls auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung im Rahmen des Entschließungs- wie auch des Auswahlermessens hin1877 Dabei kommt es für den Bereich der bloßen Abweichung von abstrakten Eigenmittelanforderungen vor allem auf die unterschiedlichen Eingriffsbestimmungen zur Wiederherstellung aufsichtsrechtlicher Sicherheitsanforderungen in der Frühphase an; siehe hierzu zusf. oben § 7 sub C. I. 1.

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sichtlich der Art und Weise des Einschreitens. Schon insoweit wird eine Ermessensreduktion in der deutschen Terminologie vielfach wo nicht gänzlich ausscheiden, so doch kaum nachweisbar sein.1878 Nicht anders als im Kontext des autonomen Staatshaftungsrechts wird darüber hinaus vielfach zweifelhaft sein, ob der behauptete Verstoß gegen eine gemeinschaftsrechtlich fundierte Pflicht zur Wiederherstellung der durch die genannten Richtlinien aufgestellten Sicherheitskriterien überhaupt ursächlich für die Entstehung der Vermögensverluste der Einleger war.1879 (c) Die Einlagensicherungsrichtlinie als abschließende Regelung? Selbst wenn man mit den soeben angestellten Erwägungen ein subjektives Recht der Einleger auf aufsichtsrechtliches Einschreiten im Krisenfall im Prinzip bejahte, dürfte eine hierauf gestützte Amtshaftung wegen Verstoßes gegen die so definierten gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen freilich deshalb ausscheiden, weil die Einlagensicherungsrichtlinie insoweit als abschließende Regelung zu interpretieren ist, neben deren Schutzgarantie eine Haftung nicht in Betracht kommt. Ein ausdrücklicher Beleg hierfür läßt sich zwar weder der Einlagensicherungsrichtlinie noch den vorstehend erörterten Rechtsakten entnehmen; die gemeinschaftsrechtliche Gesetzgebungsgeschichte auf dem Gebiet des Bankrechts legt diese Annahme jedoch nahe. Wie gesehen, liegt schon dem Erlaß der Ersten Bankrechtskoordinierungsrichtlinie die Konzeption eines „Mehrkomponentensystems“ zugrunde, in dem einzelne Rechtsakte lediglich Teilfunktionen ausüben. Auch die oben sub bb) (a) im Wortlaut zitierte 11. Begründungserwägung zur Zweiten Bankrechtskoordinierungsrichtlinie, die weitere Rechtsakte zur Stärkung des Verbraucherschutzes ankündigt, spiegelt diese Sichtweise wider. Unter den verschiedenen gemeinschaftsrechtlichen Rechtsakten zur Harmonisierung der Bankenaufsicht ist damit zu differenzieren: Auf der einen Seite wurden Regelungen präventiver Natur geschaffen, deren Einhaltung sicher auch im Interesse der Einleger ist, aber mit denen hinreichend konkret bestimmte Verhaltenspflichten für die mitgliedstaatliche Bankenaufsicht nicht verbunden sind. Hierunter fallen die Erste und die Zweite Bankrechtskoordinierungsrichtlinie sowie die damit zusammenhängenden Rechtsakte. Auf der anderen Seite finden sich Rechtsakte, die sich explizit mit der Bankeninsolvenz und mithin mit Konstellationen befassen, in denen eine Gefährdung der Vermögenswerte der Einleger 1878

Ein Parallelproblem stellt sich bei der Begründung von Amtshaftungsansprüchen nach autonomem deutschen Recht, siehe hierzu noch im einzelnen unten sub C. I. 1. 6. b). 1879 Siehe insoweit auch noch unten sub D. II. 2.

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tatsächlich eintritt. Hierunter fallen zunächst die mit technischen Fragen befaßte Finalitäts- und teilweise auch die Finanzsicherheitenrichtlinie; die Vermögensauseinandersetzung in grenzüberschreitenden Fällen wird geregelt durch die noch unten § 16 im einzelnen zu untersuchende Bankeninsolvenzrichtlinie. Der Schutz der Gläubiger vor den wirtschaftlichen Folgen wird (ausschließlich) geregelt durch die Einlagensicherungsrichtlinie (sowie die Anlegerentschädigungsrichtlinie), die den Kreis der unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes schützenswerten Einleger präzise definiert und damit solche Bankgläubiger ausschließt, bei denen davon auszugehen ist, daß diese sich aufgrund ihrer vertieften Marktkenntnis wirksam selbst schützen können.1880 Allerdings ließe sich einwenden, die Einlagensicherungsrichtlinie bezwecke in erster Linie einen Mindestschutz der Einleger für den Fall, daß eine Bankeninsolvenz eintritt, ohne daß sich insoweit die zuständige Aufsichtsbehörde schuldhaft verhalten hätte; die Einlagensicherung schlösse danach einen weitergehenden Haftungsanspruch wegen der fehlerhaften Aufsichtstätigkeit gerade nicht aus. Der Wortlaut nicht zuletzt der Einlagensicherungsrichtlinie bietet für diesen Einwand jedoch keinerlei Grundlage. Zwar betrifft die oben untersuchte 24. Begründungserwägung dieser Richtlinie, welche die Staatshaftung „aufgrund dieser Richtlinie“ unter der Voraussetzung begrenzt, daß entsprechende Sicherungseinrichtungen eingerichtet worden sind, nicht ausdrücklich die Haftung aufgrund anderer Richtlinien. Der Passus läßt sich jedoch dahingehend interpretieren, daß dem Gemeinschaftsgesetzgeber die Staatshaftung für fehlerhafte Bankenaufsicht jedenfalls nicht zwingend als Folge der Gemeinschaftsrechtssetzung auf dem Gebiet des Bankrecht erschienen ist.1881 cc) Zwischenzusammenfassung Nach allem sprechen die wohl besseren Argumente gegen die Ableitung subjektiver Rechte der Einleger aus dem seit dem Erlaß der Zweiten Bankrechtskoordinierungsrichtlinie erweiterten gemeinschaftsrechtlichen Rechts1880

Hierzu gehört vor allem der Ausschluß der Einlagen anderer Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen, bestimmter institutioneller Anleger sowie mit dem Institut verbundener Personen nach Art. 7 II i. V. m. Anh. I der Richtlinie; vgl. auch die 10. Begründungserwägung. 1881 Vgl. auch den Vorlagebeschluß des BGH v. 16.5.2002 – III ZR 48/01, WM 2002, 1266, 1272, der auf den Umstand verweist, daß „in einigen Mitgliedstaaten die Bankenaufsicht allein im öffentlichen Interesse vorgenommen wird, während in anderen eine Haftung des Staates für Fehler anerkannt sein soll“. Noch deutlicher als der deutsche stützt diese Lesart der englische Wortlaut der 24. Begründungserwägung, der generell vom Ausschluß der Haftung gegenüber „depositors“ spricht.

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rahmen für die Bankenaufsicht.1882 Auch wenn das gemeinschaftsweit harmonisierte Aufsichtsrecht unbezweifelbar auch den Einlegern nützt, in dem es die Ausfallrisiken jedenfalls reduziert, fehlen Anhaltspunkte für gemeinschaftsrechtlich geforderte Verhaltenspflichten der Aufsicht im Krisenfall, auf die sich die Einleger berufen könnten. Die einlegerschützenden Vorschriften der Einlagensicherungsrichtlinie sind als abschließende Regelung zu sehen, welche die Rechtsposition der Einleger bei Bankeninsolvenzen hinsichtlich der ihnen entstandenen Verluste auf den damit statuierten Mindestschutz begrenzt. Weitergehende Vorgaben für eine Staatshaftung der Mitgliedstaaten lassen sich aus dem Gemeinschaftsrecht nicht ableiten, wobei es den Mitgliedstaaten frei steht, einen über die Einlagensicherungsrichtlinie hinausreichenden Schutz zu gewähren, der dann auch in Gestalt von Staatshaftungsansprüchen umgesetzt werden könnte. Das Votum der Generalanwältin Stix-Hackl in der Rechtssache Paul ./. Deutschland hat diese Auffassung vollinhaltlich bestätigt.1883 C. Die Amtshaftung nach nationalem Recht I. Deutschland

1. Überblick Nachfolgend soll einleitend (sub 2.) kurz auf die materiellrechtlichen Grundlagen für Amtshaftungsansprüche im deutschen Recht eingegangen werden. Sodann sollen die wesentlichen Grundlinien der Auseinandersetzung über die Frage der Amtshaftung für fehlsame Bankenaufsicht kurz nachgezeichnet werden. Dabei geht es zunächst (sub 3.) um die Entwicklung der Rechtsprechung von früheren restriktiven Urteilen bis hin zu den Entscheidungen des BGH in Sachen „Wetterstein“ und „Herstatt“, die erst1882 A.A. Gratias, Staatshaftung, S. 150 ff., dessen Feststellungen zur unmittelbaren Wirkung der Richtlinien (S. 150) sich freilich in der lakonischen Bemerkung erschöpfen, es seien „die aufsichtsrelevanten Bestimmungen der banken- und versicherungsrechtlichen Richtlinien in der Regel so genau formuliert, daß gegen ihre Justitiabilität in den meisten Fällen keine Bedenken bestehen werden“ (eig. Hervorhebung). Auf dieses Ergebnis stützt sich sodann auch das Postulat eines Staatshaftungsanspruchs, ebd. S. 154: „Eine bestimmende Rolle spielt insoweit der Umstand, daß sich aus den genannten Richtlinien subjektive Rechte von Einlegern, Anlegern und Versicherungskunden ableiten lassen, deren Verletzung zur Bejahung eines Haftungsanspruches nach der Francovich-Doktrin des EuGH führen kann.“ Ähnlich undifferenziert ders., NJW 2000, 786, 788, wo (in Fn. 23) lediglich auf die vorstehend zitierten Ausführungen verwiesen wird. 1883 Schlußanträge (oben sub A. I. Fn. 1751), Tz. 125 ff. (Zweite Bankrechtskoordinierungsrichtlinie), 128 ff. (Eigenmittelrichtlinie), 130 ff. (BCCI-Folgerichtlinie).

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mals einen Schadensersatzanspruch für Einlegerverluste bei Bankeninsolvenzen für möglich hielten. Danach wird (sub 4.) auf die Reaktion des Gesetzgebers einzugehen sein, der mit der Einführung eines Haftungsausschlusses durch den ursprünglichen § 6 III KWG (heute: § 4 IV FinDAG) die Ergebnisse der BGH-Rechtsprechung in den genannten und nachfolgenden Fällen zu korrigieren suchte. Schließlich wird (sub 5.) der Streitstand in der Literatur zu berichten sein. Im Rahmen der anschließenden Bewertung (sub 6.) soll einstweilen nur die dogmatische Begründung der Ansprüche de lege lata erörtert werden; eine abschließende, auch rechtspolitische Aspekte einbeziehende Würdigung folgt nach der Untersuchung der Rechtslage in England (unten sub D.). 2. Die Rechtsgrundlagen für Amtshaftungsansprüche (Art. 34 GG, § 839 BGB) Rechtsgrundlage für Amtshaftungsansprüche sind im deutschen Recht die Art. 34 GG, § 839 BGB. Die Tatbestände sind im einzelnen höchst streitig; hinsichtlich einer Darstellung der jeweiligen Aspekte muß auf die einschlägige (Kommentar-) Literatur verwiesen werden.1884 Vorliegend kommt es in erster Linie darauf an, ob die für die Bankenaufsicht handelnden Amtsperson in Ausübung ihres öffentlichen Amtes1885 eine zumindest auch die Einleger1886 schützende Amtspflicht verletzt hat; dies kann auch durch Unterlassen geschehen.1887 Entscheidend ist mithin, ob die Bankenaufsicht nach nationalem Recht in Krisensituationen zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet ist und ob eine Verpflichtung auch zum Schutze der Einleger besteht. Hat die Pflichtverletzung einen Vermögensschaden verursacht, so kommt eine Haftung nach Art. 34 GG, § 839 BGB in Betracht.

1884

Ausf. z. B. MünchKomm(BGB)-Papier, § 839 BGB Rn. 127 ff.; siehe ferner auch Maurer, § 25. 1885 Hierzu ausf. etwa Brendle, S. 84 ff.; wirkliche Probleme stellen sich insoweit nicht. 1886 Zur Amtshaftung gegenüber den beaufsichtigten Instituten selbst siehe schon oben sub A. I. Fn. 1749. 1887 Vgl. statt aller Maurer, § 25 Rn. 19 ff.; im vorliegenden Kontext auch Gratias, S. 34 ff.; E. Habscheid, Staatshaftung, S. 27 ff., jeweils m. w. N. aus Rspr. und Literatur.

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3. Die Entwicklung in der Rechtsprechung a) Urteile bis 1979 Sowohl der BGH als überwiegend auch die Instanzgerichte haben in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg die Frage nach einer Drittschutzwirkung der Rechtsgrundlagen für die Tätigkeit der Banken- (und Versicherungs-) Aufsicht zunächst weitgehend verneint.1888 Die erste Entscheidung in dieser Hinsicht stammt vom OLG Bremen, das im Jahre 1952 die Haftung wegen fehlerhafter Bankenaufsicht unter dem KWG 19341889 unter Hinweis auf dessen rein „polizeilichen Zweck“ ausdrücklich ablehnte.1890 Der BGH folgte dieser Tendenz mit einer Entscheidung aus dem Jahre 1960 im Grundsatz.1891 Für das Versicherungsaufsichtsrecht urteilte er sodann im Jahre 1972, daß die den Trägern der Versicherungspflicht obliegende Amtspflicht, die „Belange der Versicherten“ zu wahren (vgl. heute § 81 I 2 VAG), nicht zur Annahme einer generellen Drittschutzwirkung aufsichtsrechtlicher Maßnahmen nach dem VAG zwinge; die „Belange der Versicherten“ beträfen insoweit das „Interesse der Gesamtheit der Versicherten“, nicht aber Einzelinteressen.1892 Allgemein war freilich stets anerkannt, daß in – praktisch freilich kaum relevanten – Fällen des Amtsmißbrauchs und des offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungshandelns eine Amtshaftung durchaus in Betracht käme.1893 b) Die Fälle „Wetterstein“ und „Herstatt“ und Nachfolgeentscheidungen Im Zusammenhang mit den Zusammenbrüchen der Fa. HTG, die durch Vertrieb eines sog. „Wetterstein-Wertbriefs“ zumindest bankähnliche Geschäfte getätigt hatte, sowie der Herstatt-Bank kam es sodann jeweils zu Amtshaftungsverfahren wegen behaupteter bankaufsichtlicher Fehler. Beide Fälle, auf die nachfolgend kurz eingegangen werden soll, waren für die weitere Rechtsentwicklung von erheblicher Bedeutung. In ihnen vollzog der 1888 Vgl. zum Folgenden insbesondere den ausf. Überblick über die Entwicklung der Rspr. bei Brendle, S. 154 ff. Nach § 44 RKWG 1934, § 42 RKWG 1939 waren Haftungsansprüche wegen fehlerhafter Bankenaufsicht ausdrücklich ausgeschlossen. 1889 Zur Regelungsgeschichte siehe nochmals oben § 2 sub B. 1890 OLG Bremen, Beschl. v. 13.11.1952 – 1 W 244/52, NJW 1953, 585 f. (m. zust. Anm. Flume). 1891 BGH, Urt. v. 28.4.1960 – III ZR 176/59, VersR 1960, 979, 980. 1892 BGH, Urt. v. 24.1.1972 – III ZR 166/69, BGHZ 58, 96, 98 ff. 1893 Vgl. BGH, Urt. v. 15.2.1979 – III ZR 108/76, BGHZ 74, 144, 156 ff. („Wetterstein“) m. w. N.; siehe auch Körner, ZHR 131 (1968), 127, 148 f.

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Bundesgerichtshof eine signifikante Kurskorrektur gegenüber der früheren Rechtsprechung; zugleich waren sie auch Auslöser des Haftungsausschlusses durch § 6 IV KWG (= § 4 IV FinDAG), an dem sich seither die Auseinandersetzung in Rechtsprechung und Literatur entzündet. aa) BGHZ 74, 144 („Wetterstein“) Ausgangspunkt des mit dem grundlegenden Urteil des BGH vom 15. Februar 19791894 entschiedenen Sachverhalts war die Insolvenz einer Fa. HTG, die trotz der Ausgabe sog. „Wetterstein-Wertbriefe“ schon in den 1960er Jahren zu keinem Zeitpunkt eine aufsichtsrechtliche Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb erwirkt hatte. Der Kläger des Verfahrens hatte sich vor dem Erwerb eines derartigen Wertbriefs im Jahre 1971 an das damalige Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen mit der Bitte um Informationen über die Bonität des Unternehmens gewandt, die das BAKred jedoch unter Hinweis auf eine fehlende Einwilligung der HTG in die Weitergabe der Daten verweigerte. Bereits 1966 und sodann wieder im Jahre 1971 forderte das BAKred die HTG auf, über die Art und den Umfang der getätigten Geschäfte ihm gegenüber Auskunft zu erteilen; im Juni 1972 untersagte es das Emissionsgeschäft als ohne Erlaubnis betriebenes Bankgeschäft. Nachdem sich das BAKred vergeblich um die Bestellung von Sicherheiten zugunsten der Wertbriefgläubiger bemüht hatte, wurde im Oktober 1973 der Antrag auf Eröffnung eines Vergleichsverfahrens gestellt. Im April 1974 wurden die Eröffnung des Vergleichsverfahrens und zugleich die Eröffnung des Anschlußkonkurses mangels Masse abgelehnt. Der Kläger begehrte Ersatz des ihm entstandenen Schadens nach Art. 34 GG, § 839 BGB. Der BGH befaßte sich in der Entscheidung ausführlich mit den widerstreitenden Stimmen in Rechtsprechung und Literatur und kam sodann auf der Grundlage einer ausführlichen Analyse des Wortlauts und der Gesetzgebungsgeschichte des KWG von 1961 zum Ergebnis, daß die Aufsichtstätigkeit nach diesem Gesetz jedenfalls auch den Zweck verfolge, die Interessen des Klägers als des Geschädigten wahrzunehmen.1895 Er berief sich insoweit zunächst auf eine entsprechende Passage in der Begründung zum Entwurf des KWG, wonach das Gesetz sowohl dem Schutz der „Funktionsfähigkeit des Kreditapparats“ als auch – „nach Möglichkeit“ – dem Schutz der Gläubiger der beaufsichtigten Kreditinstitute zu dienen bestimmt sei.1896 Aus dem Bereich der vorliegend interessierenden Bestimmungen knüpfte die Entscheidung insbesondere an die §§ 35 II Nr. 4, 46 KWG an, 1894 1895 1896

III ZR 108/76, BGHZ 74, 144 ff. BGH, a. a. O., S. 146 ff. BGH, a. a. O., S. 147 unter Hinweis auf BT-Drs. 3/1114, sub A. III.

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die, wie gesehen,1897 auf das Vorliegen einer „Gefahr für die Sicherheit der einem Kreditinstitut anvertrauten Vermögenswerte“ abstellen. „[M]angels einer einschränkenden Zielsetzung des Gesetzes (§ 6 Abs. 1)“ sei „anzunehmen, daß die zur Einhaltung dieser Vorschriften ausgeübte Aufsicht zugleich auch dem Gläubigerschutz dient, jedenfalls soweit der einzelne Gläubiger sich nicht auf andere Weise angemessen vor Verlusten schützen kann“.1898 Insoweit sei der Einlegerschutz nicht lediglich „bloßer ‚Reflex‘ einer auf das Funktionieren des Kreditapparats als Ganzen und der Gewährleistung der dazu nötigen Vertrauensgrundlage gerichteten gesetzlichen Zielsetzung“;1899 dies wird auch unter Hinweis auf die gewerberechtliche Funktion der Bankaufsicht begründet.1900 Der Drittschutz beschränke sich1901 nicht auf die „Eingangsstufe“, also die Aufnahme des Geschäftsbetriebs durch das jeweilige Institut im Rechtsverkehr mit seinen Einlegern, sondern umfasse auch die „Abwicklungsstufe“, d.h. den weiteren Verlauf der vertraglichen Beziehungen.1902 Auf dieser Grundlage konkretisiert die Entscheidung sodann die Voraussetzungen für eine Einstandspflicht des Staates im zugrundeliegenden Fall. Wenn bereits vor dem Erwerb der Wertbriefe durch den Kläger ein Eingreifen der Aufsicht zwingend auch in seinem Interesse hätte erfolgen müssen, könne die Kausalität der behaupteten Pflichtverletzung für den Schadenseintritt zu bejahen sein, dies vor dem Hintergrund der Tatsache, daß die Briefe schon bei Erwerb wirtschaftlich wertlos waren.1903 Ein Eingreifen gegen die Ausgabe der Wertbriefe sei auf der Grundlage des § 37 KWG („Einschreiten gegen ungesetzliche Geschäfte“) jedenfalls möglich gewesen. Der BGH hielt insoweit eine Ermessensreduktion für denkbar, aufgrund derer die Aufsicht unter Umständen zum Einschreiten hätte verpflichtet sein können. Nicht erforderlich sei dagegen, daß die Amtsführung im Einzelfall „den an eine ordnungsmäßige Verwaltung zu stellenden Anforderungen schlechterdings nicht genügt, weil der Beamte entweder überhaupt keine oder aber sachfremde Erwägungen anstellt, deren Fehlerhaftigkeit sich jedem objektiven Beobachter ohne weiteres aufdrängt“ – und also das Vorliegen eines Falls von Amtsmißbrauch.1904 Der BGH weist hier auch darauf 1897

Siehe oben § 5 sub B. II. 2. BGH, Urt. v. 15.1.1979 – III ZR 108, 76, BGHZ 74, 144, 149 unter Berufung auf Stein, S. 188; Bullinger, VVDStRL 22 (1965), 264, 265. 1899 BGH, a. a. O., S. 151. 1900 A. a. O., S. 152 f. 1901 Entgegen der Auffassung von Lünterbusch, S. 39 f. 1902 BGH, a. a. O., S. 148. 1903 A. a. O., S. 153 f. 1898

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hin, daß im Rahmen einer Ermessensentscheidung durchaus auch die Abwägung zwischen den Interessen der bestehenden Gläubiger an einer Weiterführung der Geschäfte und etwaigen Neugläubigern eine Rolle gespielt haben könnte.1905 Er erwägt andererseits, ob die Aufsicht unter den gegebenen Umständen ggf. zur weiteren Erforschung des Sachverhalts im Wege ihres Auskunftsrechts nach § 44 KWG zugunsten der Einleger verpflichtet gewesen sein könnte1906 und bejaht eine entsprechende Auskunftspflicht der Aufsicht gegenüber dem Kläger, wenn die Gefährdung seiner Vermögenswerte für die Aufsicht erkennbar war oder hätte sein müssen.1907 Zur weiteren Sachaufklärung wurde der Fall an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses verneinte indes eine schadensursächliche Amtspflichtverletzung seitens der Aufsicht;1908 die hiergegen wiederum eingelegte Revision nahm der BGH nunmehr – allerdings nach ausführlicher Prüfung mit den Erfolgsaussichten in der Sache1909 – mangels grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht an.1910 bb) BGHZ 75, 120 („Herstatt“) Im Rahmen des Herstatt-Zusammenbruchs von 19741911 formierte sich eine Reihe von Sparern zu einer (rechtsfähigen) Interessengemeinschaft, die geltend machte, die Aufsicht sei trotz der ihr bereits frühzeitig vorliegenden Hinweise auf finanzielle Unregelmäßigkeiten innerhalb der Bank pflichtwidrig nicht eingeschritten und deshalb nach Art. 34 GG, § 839 BGB den 1904

A. a. O., S. 155 ff., siehe bereits oben sub a) bei und in Fn. 1893. Zur Abkehr vom Erfordernis eines Amtsmißbrauchs siehe auch Gratias, Staatshaftung, S. 46 f. m. w. N. 1905 A. a. O., S. 158. 1906 A. a. O., S. 158 ff. 1907 A. a. O., S. 161. 1908 OLG München, Urt. v. 14.7.1980 – 1 U 2266/79, ZIP 1980, 647, 648 ff. 1909 Das Urteil erfolgte nach der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Revisionsrecht (BVerfG, Plenumsbeschluß v. 11.6.1980 – 1 PBvU 1/ 79, BVerfGE 54, 277, 293 ff.). 1910 BGH, Beschl. v. 17.12.1981 – III ZR 146/80, ZIP 1982, 151 ff. Wenigstens mißverständlich insoweit die Darstellung bei E. Habscheid, Staatshaftung, S. 38, der lediglich konstatiert, die Entscheidung sei „nach den Zurückweisungen [sic!] in Sachen Wetterstein und Herstatt ergangen. Sie bringen nichts Neues und werden daher [im weiteren Verlauf der Arbeit] nicht zitiert.“ Daß mit den nochmaligen Revisionsentscheidungen in beiden Fällen letztlich der Ausschluß der Staatshaftungsansprüche letztinstanzlich bestätigt wurde, wird damit ebenso verschleiert wie der Umstand, daß es sich keineswegs um Entscheidungen in anderen Rechtssachen handelt, in denen es erneut auf die Frage einer möglichen Drittschutzwirkung angekommen wäre. 1911 Zu diesem Fall bereits oben § 2 sub B. II.

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Einlegern zum Ersatz der ihnen entstandenen Schäden verpflichtet. Im Urteil vom 12. Juli 19791912 bezog sich der III. Zivilsenat zunächst ausführlich auf die unmittelbar vorangegangene Entscheidung im „Wetterstein“-Fall und damit auf deren Kernaussage, wonach die Aufsicht sowohl dem Funktionsschutz als auch dem Gläubigerschutz zu dienen bestimmt sei; dies gelte „namentlich dort, wo die Aufsicht den Zweck verfolgt, den Kreditinstituten ‚zur Sicherheit der ihnen anvertrauten Vermögenswerte ein angemessenes haftendes Eigenkapital‘ zu erhalten (§ 10 Abs. 1 KWG), und das Gesetz das BAK[red] ermächtigt, eine ‚für die Erfüllung der Verpflichtungen eines Kreditinstituts gegenüber seinen Gläubigern, insbesondere für die Sicherheit der ihm anvertrauten Vermögenswerte‘ drohende Gefahr durch einstweilige Maßnahmen abzuwenden (§ 46 KWG)“.1913

Wie bereits im „Wetterstein“-Urteil,1914 berief sich der BGH auch in dieser Sache auf das „heutige Verständnis des individuellen Rechtsgüterschutzes durch die Polizei-(Ordnungs-) Behörden, zu denen auch die staatliche Bankenaufsicht als Teil der Gewerbeaufsicht zu rechnen ist“.1915 Auch hier zieht das Urteil eine Haftung unter dem Gesichtspunkt eines Ermessensfehlgebrauchs seitens der Aufsicht in Betracht. Vorliegend sei insbesondere zu prüfen, ob eine andere Entscheidung der Behörde als die Schließung angesichts der vorliegenden Informationen über den Umfang der Devisentermingeschäfte der Bank ermessensfehlerfrei hätte erfolgen können.1916 Allerdings könne sich – entgegen dem Vortrag der Klägerin – ein Ersatzanspruch nicht darauf stützen, daß die Aufsicht zum fraglichen Zeitpunkt noch keine Regelungen über die aufsichtsrechtliche Zulässigkeit von Devisentermingeschäften getroffen habe; mit dem Erlaß allgemeiner „Grundsätze“ (nach § 10 KWG) erfülle die Behörde keine Verpflichtung gegenüber den Einlegern als „Dritten“ i. S. d. § 839 BGB.1917 Ein auf Art. 34 GG, § 839 BGB gestützter Ersatzanspruch komme aber insoweit in Betracht, als die Aufsicht unter Umständen ihrer Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts im Wege einer Prüfung nach § 44 KWG nicht nachgekommen sei, der „(auch) der rechtzeitigen Aufdeckung von Gefahren für die Erfüllung der Sicherheit der dem Kreditinstitut anvertrauten Vermögenswerte“ diene. Für eine derartige Verpflichtung zur Ermittlung des Sachverhalts sei keineswegs erforderlich, daß die Aufsicht bereits positive Kenntnis von den jeweiligen Problemen gehabt habe; vielmehr reichten auch „hinreichend verläßli1912 1913 1914 1915 1916 1917

III ZR 154/77, BGHZ 75, 120 ff. A. a. O., S. 122 f. Siehe BGH, Urt. v. v. 15.1.1979 – III ZR 108, 76, BGHZ 74, 144, 152 f. BGH, Urt. v. 12.7.1979 – III ZR 154/77, BGHZ 75, 120, 123. A. a. O., S. 124 ff. A. a. O., S. 127.

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che Mitteilungen“ hierüber aus.1918 Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß eine frühzeitige Aufklärung des Sachverhalts „die riskante Devisenhandelspraxis der Bank noch zu einer Zeit offengelegt hätte, in der entweder durch Selbstbeschränkung des Kreditinstituts im Devisengeschäft oder durch Eingriffsmaßnahmen des BAK[red] auf der Grundlage des § 46 KWG der den Einlagegläubigern drohende Schaden, wenn nicht abgewendet, so doch zumindest teilweise hätte vermieden werden können“.1919 Nach Zurückverweisung nahm der Rechtsstreit einen ähnlichen Verlauf wie der „Wetterstein“-Fall. Mit Urteil vom 17. Februar 19811920 wies das OLG Köln die Klage mit der Begründung ab, die Voraussetzungen für eine Ermessensreduktion, nach der nur noch die umgehende weitere Erforschung des Sachverhalts und entsprechende Sicherungsmaßnahmen hätten veranlaßt werden dürfen, seien nicht nachgewiesen worden. Auch hier wurde die Revision nicht angenommen, wobei der BGH wiederum die Sichtweise des Berufungsgericht im wesentlichen bestätigte.1921 cc) Weitere höchstrichterliche Konkretisierung: BGHZ 90, 310 In einer Entscheidung vom 15. März 19841922 hatte sich der III. Zivilsenat in der Nachfolge der beiden vorstehend erörterten Entscheidungen nochmals mit der Frage der Drittschutzwirkung bankaufsichtsrechtlicher Regelungen zu befassen. Kläger in diesem Fall war ein stiller Gesellschafter eines insolventen Kreditinstituts, der wiederum die Verletzung der Aufsichtspflichten durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen rügte und den ihm entstandenen Forderungsausfall unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung einklagte. Der BGH bestätigte zunächst wiederum die in den Fällen „Wetterstein“ und „Herstatt“ aufgestellten Grundsätze über den Schutz der Einlagegläubiger durch die Wahrnehmung der aufsichtsrechtlichen Kompetenzen.1923 Er verneinte aber (wie schon das Berufungsgericht), daß die Forderung eines stillen Gesellschafters, der selbst die Bank mit haftendem Eigenkapital ausstatte, unter diesen Schutzzweck falle; insoweit handle es sich nicht um die Annahme einer Einlage: 1918

BGH, Urt. v. 12.7.1979 – III ZR 154/77, BGHZ 75, 120, 129 f. A. a. O., S. 133. 1920 7 U 167/79 (unveröffentlicht). 1921 Vgl. BGH, Beschl. v. 21.10.1982 – III ZR 20/82, NJW 1983, 563. Auch auf diesen Beschluß bezieht sich die oben sub aa) in Fn. 1910 angegriffene Darstellung von E. Habscheid, Staatshaftung, S. 38 in Fn. 11. 1922 III ZR 15/83, BGHZ 90, 310 ff. 1923 A. a. O., S. 312 f. 1919

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„Schließen die Beteiligten – wie hier – einen stillen Gesellschaftsvertrag, so zielen sie auf die Bildung einer Zweckgemeinschaft ab. Der Einlagegläubiger tritt dem Geschäftsinhaber nicht wie ein außenstehender Kreditgeber gegenüber, der lediglich seine eigenen, von denen des Geschäftsinhabers verschiedenen Interessen verfolgt. Er verknüpft vielmehr durch die Einlage seine eigenen Interessen mit denen seines Partners, an dessen Gewerbe er sich beteiligt und von dessen Erfolg oder Mißerfolg er das wirtschaftliche Ergebnis seines Engagements abhängig macht.“1924

Die Entscheidung weist insoweit auf den auch im KWG selbst angelegten grundsätzlichen Unterschied zwischen „haftendem Eigenkapital“ i. S. d. § 10 KWG und den „von den Gläubigern dem Institut anvertrauten Vermögenswerte“ hin; das Eigenkapital diene gerade dem Schutz der letzteren.1925 Der Beschluß betont ausdrücklich, daß ein anderes Ergebnis auch nicht deshalb geboten sei, weil es sich bei der betreffenden Bank um eine Publikumsgesellschaft handelte, die eine Vielzahl stiller Gesellschafter mit entsprechenden vertraglichen Rechten geworben hatte; zur Begründung werden die dem Kläger hieraus erwachsenden Gesellschafterrechte betont: „Wer sich (. . .) aufgrund vertraglicher Vereinbarung in der Hoffnung auf eine höhere Rendite seiner Anlage am Bankgewerbe eines anderen beteiligt, indem er zu dessen Eigenkapitalausstattung beiträgt, kann das von ihm gesellschaftsvertraglich übernommene Risiko auch eines Verlustes seiner Einlage [sic!] nicht über eine Inanspruchnahme staatlicher Verantwortung auf die Allgemeinheit abwälzen.“1926

4. Die Reaktion des Gesetzgebers Obgleich sowohl im „Wetterstein“- als auch im „Herstatt“-Fall im Ergebnis Ersatzansprüche nicht zuerkannt wurde, hat der Gesetzgeber die oben erörterten Entscheidungen zum Anlaß genommen, durch die Aufnahme des ursprünglichen § 6 III KWG (später § 6 IV KWG, heute entspr. § 64 IV FinDAG) den Ausschluß der Staatshaftung gesetzlich festzulegen. Nach der Gesetzesbegründung sollte damit weniger eine Neuorientierung als vielmehr eine „Klarstellung“ bezüglich der Aufsichtsziele vorgenommen werden.1927 1924 BGH, Urt. v. 15.3.1984 – III ZR 15/83, BGHZ 90, 310, 313 f. (das wörtliche Zitat aus S. 314). 1925 A. a. O., S. 314. 1926 A. a. O., S. 316. 1927 Vgl. die Begr. zur KWG-Novelle von 1984, BT-Drs. 10/1441, S. 20. A.A. Brendle, S. 427 ff., insbes. 438 f., der – auf der Basis der Annahme einer umfassenden Drittschutzwirkung bankaufsichtsrechtlicher Bestimmungen – die Auffassung vertritt, der Gesetzgeber habe die Vorschrift nur auf das Regelungsziel des Funktionsschutzes begrenzt gesehen. Dagegen zu Recht schon E. Habscheid, Staatshaftung, S. 6 sowie S. 19 bei und in Fn. 12 unter Hinweis auf die insoweit eindeutigen Motive; der allerdings – auf S. 85 ff. – seinerseits kaum überzeugend den Haftungsausschluß nicht als auf ein aufsichtsseitiges Unterlassen gerichtet einstuft.

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5. Der Streit um die Wirksamkeit des Haftungsausschlusses Im Schrifttum hat die Einführung des vorstehend erörterten (verdeckten) Haftungsausschlusses – oft entsprechend bereits zuvor vertretener Positionen – zwiespältige Aufnahme gefunden. Bereits vor den Entscheidungen in Sachen „Wetterstein“ und „Herstatt“ hatte die einer Drittschutzwirkung skeptisch gegenüberstehende Auffassung zahlreiche Anhänger;1928 entsprechend fanden sich diverse ablehnende Stellungnahmen zu beiden Entscheidungen1929 ebenso wie später Verfechter der Verfassungskonformität des Haftungsausschlusses durch § 6 III KWG.1930 Vor allem in der Nachfolge der beiden grundlegenden Entscheidungen des BGH und der Einführung des § 6 III KWG hat sich demgegenüber die Zahl der Stimmen gemehrt, die – weitgehend entsprechend den bereits in den Urteilen angestellten Erwägungen – die Drittschutzwirkung bankaufsichtsrechtlicher Normen bejahen1931 und vor diesem Hintergrund die Neuregelung für verfassungswidrig halten. Die hierfür angeführten wesentlichen1932 Argumente sollen nachfolgend nur überblicksweise referiert werden: Argumentiert wird zunächst mit dem aus Art. 20 I GG abzuleitenden Sozialstaatsprinzip, das nach einer insbesondere von E. Habscheid vertretenen Auffassung den Staat zum Schutz der Sparer verpflichtet; durch den Haftungsausschluß beseitige der Gesetzgeber in unzulässiger Weise selbst für den wirtschaftlich schwachen Sparer jeden Rechtsschutz gegen die Aufsicht.1933 In eine ähnliche Richtung verweisen Ansätze, die eine Kollision mit den aus den Freiheitsgrundrechten (insbesondere Art. 14 GG) abgelei1928

Vgl. z. B. Flume, NJW 1953, 585 f.; Körner, ZHR 1968 (131), 127, 143 ff.; siehe ferner auch die Nachw. bei Bleibaum, S. 9 ff., 99 ff. 1929 Z. B. Püttner, JZ 1982, 764 ff.; Starke, WM 1979, 1402 ff.; krit. auch Kaulbach, VersR 1981, 702, 703 ff. 1930 Z. B. Wondra, S. 135 ff.; H. Engelhardt, NVwZ 1985, 621, 625; jedenfalls im Grundsatz auch Ehlers, in: Achterberg/Püttner, Besonderes Verwaltungsrecht I, 1. Aufl., S. 184 Rn. 514. 1931 Ausschließlich auf der Basis einer Auslegung der KWG-Bestimmungen Brendle, S. 153 ff.; Meister, S. 36 ff. Zust. zu den zitierten Entscheidungen auch Koester, ZfgKW 1980, 764 ff.; differenzierend Schwark, JZ 1979, 670, 673 ff. 1932 Umfassender Überblick über die dogmatischen Ansätze bei Gratias, Staatshaftung, S. 79 ff. 1933 E. Habscheid, Staatshaftung, S. 125 ff.; kritisch demgegenüber Vespermann, S. 127; Bleibaum, S. 124 ff.; siehe auch Nicolaysen, GS Martens, S. 663, 677 ff.; Schenke, FS Egon Lorenz, S. 473, 488 f., die insbesondere auf den erheblichen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Verwirklichung des Sozialstaatsprinzips verweisen. Einen Sonderweg in dieser Hinsicht beschreitet die von Scholz, NJW 1972, 1217 ff., für die Staatshaftung wegen fehlerhafter Versicherungsaufsicht vertretene Auffassung, wonach eine Drittbezogenheit von Amtspflichten i. S. d. § 839 I 1 BGB zu bejahen sei, „wo das begünstigte Individuum (. . .) verfassungsrechtlich

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tete staatlichen Schutzpflichten annehmen.1934 Weiterhin ist vertreten worden, der Haftungsausschluß sei mit dem Gleichheitssatz nach Art. 3 I GG unvereinbar, weil hiermit eine nicht gerechtfertigte Differenzierung gegenüber dem allgemeinen Polizei- und Ordnungsrecht vollzogen werden, das bekanntlich auch dem Individualschutz diene.1935 Auf einer anderen Ebene setzt etwa die Auffassung von Papier an, der in der Einführung des Haftungsausschlusses als Interpretationsnorm einen Verstoß gegen das Gewaltenteilungsprinzip sieht; der Versuch des Gesetzgebers, eine von der höchstrichterlichen Bewertung der Amtspflichten abweichende Sicht durchzusetzen, greife in verfassungswidriger Weise in die Kompetenzen der Rechtsprechung ein.1936 Auch wird ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip angenommen,1937 ferner ein Verstoß gegen den grundgesetzlich in Art. 34 GG verankerten Grundsatz der Amtshaftung.1938 6. Stellungnahme a) Der Inhalt möglicher Verhaltenspflichten Im Vordergrund der literarischen Stimmen steht vielfach allein die verfassungsrechtliche Würdigung des Haftungsausschlusses, während der Inhalt legitimierter Repräsentant der Allgemeinheit“ ist (ebd., S. 1218); siehe auch Gratias, Staatshaftung, S. 87 f. 1934 Vgl. E. Habscheid, Staatshaftung, S. 78 ff.; Nicolaysen, GS Martens, S. 663, 677 f.; Schenke, FS Egon Lorenz, S. 473, 489 ff.; Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324, 2326 f.; siehe auch E. Stein, S. 185 ff. sowie Gratias, Staatshaftung, S. 89. 1935 E. Habscheid, Staatshaftung, S. 139 ff.; in diese Richtung auch Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324, 2328. Auf die Parallele zum Gewerbepolizeirecht verweist auch Nicolaysen, GS Martens, S. 663, 678. Für das Versicherungsaufsichtsrecht entsprechend Tönnies, S. 57 ff. 1936 Maunz/Dürig-Papier, Art. 34 GG Rn. 190; MünchKomm(BGB)-Papier, § 839 BGB Rn. 251; kritisch demgegenüber Schenke, FS Egon Lorenz, S. 473, 487; Hahn, FS Geck, S. 301, 306. 1937 E. Habscheid, Staatshaftung, S. 121 ff.; in diese Richtung wohl auch Maunz/ Dürig-Papier, Art. 34 GG Rn. 190, soweit dieser sich auf den formmißbräuchlichen Charakter des Haftungsausschlusses beruft; ähnlich für den Bereich des Versicherungsaufsichtsrechts Vespermann, S. 128 f. 1938 E. Habscheid, Staatshaftung, S. 127 ff.; MünchKomm(BGB)-Papier, § 839 BGB Rn. 251; Nicolaysen, GS Martens, S. 663, 668 ff.; Nüßgens, FS Konrad Gelzer, S 293, 300; Vespermann, S. 121 ff.; wohl auch Hahn, FS Geck, S. 301, 306; hiergegen Schenke, FS Egon Lorenz, S. 473, 486; Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324, 2326; Wondra, S. 141, jeweils mit dem Hinweis, daß Art. 34 GG – wie der deshalb ebenfalls nicht in Betracht kommende Art. 19 IV GG – den Drittbezug einer Amtspflicht voraussetze, aber nicht ausschließe, daß der Gesetzgeber den Kreis drittschützender Normen selbst definieren könne. Im Ergebnis ähnlich auch Tönnies, S. 60.

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der behaupteten oder tatsächlichen Verhaltenspflichten der Aufsicht häufig nur kursorisch definiert wird.1939 Damit bleibt jedoch nicht nur der Haftungsgrund, sondern auch der Umfang einer möglichen Einstandspflicht des Staates für aufsichtsseitiges Fehlverhalten durchaus unscharf. Eine Konkretisierung der eventuellen verfassungsrechtlichen Vorgaben erscheint gerade mit Blick auf eine hieraus resultierende mögliche Ermessensreduzierung im Einzelfall erforderlich, die allein – wie die Entscheidungen in Sachen „Wetterstein“ und „Herstatt“ im Ansatz überzeugend betonen – (jedenfalls außerhalb des Tatbestands eines Amtsmißbrauchs i. e. S.) zur Haftung führen kann. Die Frage nach dem im Einzelfall geforderten Verhalten ist damit zugleich ein „Praxistest“ für die vielfach allein auf verfassungsdogmatische Aspekte konzentrierte Debatte. Soweit sich Rechtsprechung und Literatur zu dieser Frage geäußert haben, finden sich häufig ähnliche unklare Positionen wie hinsichtlich der möglicherweise aus gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben abzuleitenden subjektiven Rechte einzelner auf ein aufsichtsrechtliches Einschreiten. Einen umfassenden Versuch einer Konkretisierung hat im Schrifttum vor allem Brendle unternommen, allerdings mit wenig überzeugenden Ergebnissen. Auf der Basis der Grundthese individualschützender Aufsichtspflichten ist zwar seine Annahme konsequent, daß die Aufsicht bei Maßnahmen nach den §§ 45 ff. KWG stets zur Beachtung der Sicherungsinteressen der Einleger verpflichtet sei.1940 Bereits die Folgerung hieraus, schon im Rahmen von Maßnahmen nach § 45 KWG (bzw. gar im Anwendungsbereich der §§ 35, 36 KWG) könne unter Umständen das Entschließungsermessen der Aufsicht (nicht: das Auswahlermessen hinsichtlich der im einzelnen zu treffenden Maßnahmen) auf Null reduziert sein,1941 ist jedoch problematisch. Sie verkennt vor allem den Charakter der durch § 45 KWG in bezug genommenen aufsichtsrechtlichen Standards für Eigenmittel und Liquidität als abstrakte Sicherheitskriterien, deren Unterschreitung als solche auch bei zeitweiliger Unterschreitung keineswegs1942 zwingend die Gefährdung von Gläubigerinteressen signalisiert.1943 1939

Keinerlei Stellungnahme insoweit etwa bei Gratias, Staatshaftung, passim; Nicolaysen, GS Martens, S. 663 ff.; Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324 ff.; Tönnies, S. 57 f. Interessant insoweit auch der Vorlagebeschluß des BGH vom 16.5.2002 – III ZR 48/01, WM 2002, 1266, 1268, wonach die Haftungsansprüche im Ausgangsfall ohne weitere Konkretisierung offenbar allgemein auf §§ 6 III (n. F.), 33, 45, 46 und 46a KWG gestützt worden sind. Zu Recht differenzierend demgegenüber Schwark, JZ 1979, 670, 674. 1940 Brendle, S. 485 ff. 1941 Brendle, S. 487 ff. (dort allgemein zu Aufsichtspflichten in der „stillen Sanierung“), S. 491 ff. (insbesondere zu § 45 KWG). 1942 Entgegen Brendle, S. 493 f. („konkret drohende Gefahr“).

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Begründbar erscheinen konkrete Handlungspflichten der Aufsicht daher allenfalls bei Insolvenzreife, d.h. dann, wenn das Eigenkapital aufgezehrt ist, so daß in der Tat bei ungehinderter Fortentwicklung der Krise Verluste der Einleger drohen.1944 Denkbar ist zunächst eine Pflicht zur rechtzeitigen Schließung des Geschäftsbetriebs der Bank. Wenn demgegenüber lediglich eine allgemeine Verpflichtung zu angemessenen aufsichtsrechtlichen Maßnahmen nach §§ 46, 46a KWG postuliert wird,1945 so erscheint dies vor allem deshalb kaum überzeugend, weil – wie oben im einzelnen ausgeführt – in der fortgeschrittenen Krise die in § 46 KWG vorgesehenen Einzelanordnungen regelmäßig einen Sanierungserfolg kaum mehr herbeiführen und auch nicht wirksam zur Sicherung der Gläubiger beitragen können.1946 Eine drittschützende Amtspflicht könnte daher allenfalls als auf die Anordnung von umfassenden Sicherungsmaßnahmen nach § 46a KWG bezogen begründet werden;1947 daneben ließe sich – entsprechend dem Urteil des BGH im „Herstatt“-Fall1948 – noch eine damit zusammenhängende Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung bei Vorliegen hinreichender Verdachtsmomente für das Vorliegen finanzieller Probleme denken. 1943 Siehe bereits oben § 3 sub B. II. 3. a) zur Funktion insbesondere der Eigenmittelanforderungen. Aus dem gleichen Grund ist oben § 6 sub B. II. 1. a) bereits die Qualifikation von Anordnungen nach § 45 I KWG als drittschützend i. S. d. § 136 BGB abgelehnt worden. 1944 Wie hier wohl auch Schwark, JZ 1979, 670, 674. 1945 Keine Differenzierung zwischen beiden Tatbeständen etwa bei E. Habscheid, Staatshaftung, passim (insbes. S. 80, 84); zumeist bleibt – wie dargelegt (oben bei Fn. 1939) – die Frage nach den konkreten Handlungspflichten in den literarischen Stellungnahmen unbeantwortet. Verfehlt insoweit auch die Ausführungen bei Brendle, S. 494 ff., der jeweils Maßnahmen nach §§ 46, 46a KWG zusammen mit solchen aus dem Bereich der §§ 35, 36 KWG untersucht und damit das systematische Verhältnis der Bestimmungen untereinander (hierzu zusf. oben § 7 sub B.) weitgehend außer Acht läßt. Angreifbar auch BGH, Urt. v. 12.7.1979 – III ZR 154/ 77 („Herstatt“), BGHZ 75, 120, 132 f., wo (allerdings für den Zeitraum vor Einführung des § 46a KWG) pauschal auf „Eingriffsmaßnahmen des BAK[red] auf der Grundlage des § 46 KWG“ verwiesen wird. 1946 Geradezu grotesk Brendle, S. 499, der eine Verpflichtung der Aufsicht für denkbar zu halten scheint, nach § 46 KWG zur Beschaffung einer „Liquiditätsspritze“ (sic!) die Erweiterung des Einlagengeschäfts anzuordnen: „langfristiges Sanierungsbemühen“ müsse „das Einlagengeschäft als Grundlage des Aktivgeschäfts und einer ausgeglichenen Geschäftspolitik im Auge haben“! 1947 Zur Frage, ob ggf. auch ein verfassungsrechtlich begründeter Anspruch auf Überleitung des Moratoriums in Betracht kommt, siehe bereits oben § 14 sub B. I. 2. Theoretisch ließe sich auch hierauf eine Staatshaftung stützen; ähnlich offenbar Brendle, S. 512 ff. zum Einlegerschutz bei Maßnahmen nach §§ 46a, 46b KWG, der allerdings wiederum von einer unzutreffenden systematischen Einordnung der Eingriffstatbestände ausgeht (vgl. schon oben bei und in Fn. 1945). Praktisch ist dies, wie oben ausgeführt, bedeutungslos. 1948 Siehe BGH, Urt. v. 12.7.1979 – III ZR 154/77, BGHZ 75, 120, 128 ff.

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Entscheidend wird es damit auf die Unterlassung einer rechtzeitigen Schließung des Instituts ankommen. Nur diese kann überhaupt als ursächlich für den Schadenseintritt bei den Einlegern eingestuft werden,1949 während Einzelanordnungen etwa nach § 46 KWG bestenfalls Sanierungsbemühungen des betroffenen Instituts verstärken und damit auf die Kausalkette einen gewissen Einfluß nehmen können, ohne daß dieser Einfluß zu meßbaren Veränderungen in der Risikostruktur führen würde. Der insoweit regelmäßig maßgebliche Zeitpunkt wird zwar nicht erst dann anzusetzen sein, wenn die Eigenmittel des Instituts bereits vollständig aufgezehrt sind, aber eben weit unterhalb der für den allgemeinen Geschäftsbetrieb geltenden Sicherheitsstandards.1950 Die Frage, ob der Sachverhalt bei Vorliegen hinreichender Indizien für die Krise, die sowohl aus der laufenden Überwachung als auch von Dritten (z. B. dem Einlagensicherungssystem) an die Aufsicht herangetragen werden könnten, rechtzeitig aufgeklärt worden ist, würde insoweit wohl vor allem bei der Bewertung eines Verschuldens auf Seiten der Aufsicht zu berücksichtigen sein. Anderer Art und vorliegend wegen des speziellen Sachverhalts von geringerem Interesse ist demgegenüber die im „Wetterstein“-Fall postulierte Verpflichtung zum Einschreiten gegen ungesetzliche Geschäfte nach § 37 KWG: Zwar resultierten auch in diesem Fall die Einlegerverluste aus der Insolvenz des betroffenen Instituts; hinzu tritt allerdings der eher singuläre Umstand, daß dieses zu keinem Zeitpunkt eine aufsichtsrechtliche Genehmigung erlangt hatte.1951 b) Entgegenstehende Rechtspositionen als Abwägungskriterium Ist damit der Kreis der relevanten Amtspflichten eingegrenzt, so stellt sich weiter die Frage nach Gesichtspunkten, die möglicherweise im Einzelfall gläubigerschützende Maßnahmen ausschließen könnten. Auch diese ist 1949 Entsprechend wohl Schwark, JZ 1979, 670, 674. Wenig überzeugend insoweit Meister, S. 13, die Kausalitätsfragen generell ausblendet. 1950 Interessantes Anschauungsmaterial zur näheren Konkretisierung bietet insoweit das US-amerikanische Modell der „Structured Early Intervention and Resolution“, das bestimmte aufsichtsrechtliche Maßnahmen grundsätzlich zwingend an das Unterschreiten bestimmter Kennziffern knüpft; siehe hierzu oben § 7 sub C. III. 2. 1951 Zweifelhaft insoweit Nicolaysen, GS Martens, S. 663, 675 f., der in der unterlassenen Untersagung nach § 37 KWG offenbar einen praktisch durchaus erheblichen und für die Staatshaftung sogar den vor allem bedeutsamen Fall sieht. Daß eine Beaufsichtigung von Kreditinstituten vollständig unterbleibt, ist keineswegs der Regelfall der Krisen der vergangenen Jahre; sieht man hierin – wie offenbar Nicolaysen – die hauptsächliche Bedeutung möglicher Staatshaftungsansprüche, dann ergibt sich schon hieraus deren praktische Bedeutungslosigkeit im Normalfall.

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für die nähere Bestimmung möglicherweise bestehender verfassungsrechtlicher Rechtspositionen von Belang. aa) Das öffentliche Interesse am Schutz der Stabilität des Finanzsystems Das öffentliche Interesse an der Stabilität des Finanzsystems als Abwägungskriterium ist in der bisherigen Debatte nicht hinreichend gewürdigt worden. Ein Beispiel hierfür bietet nicht zuletzt die Abhandlung von Brendle, der die Auffassung vertreten hat, die Bankenaufsicht habe zwar dieses Interesse während der laufenden Überwachung der Institute zu berücksichtigen, während der Krise seien dagegen allein die „individuellen Sicherungsinteressen der Einlegerschaft eines Kreditinstituts“ maßgeblich.1952 Zumeist1953 bleibt dieser Aspekt sogar völlig unerwähnt. Die Sichtweise Brendles scheint allerdings den jeweiligen Stellungnahmen jedenfalls unausgesprochen zugrundezuliegen. Daß Funktionsschutz und Einlegerschutz jedoch keineswegs stets bruchlos miteinander verknüpft werden können, wird damit übersehen. Konflikte zwischen beiden Regelungszielen, die eine Ermessensreduktion hinsichtlich der Entscheidung über die rechtzeitige Schließung des Geschäftsbetriebs von vornherein ausschließen würden, sind in verschiedener Weise denkbar. So ist oben1954 im Zusammenhang mit der Erörterung der Auswirkungen der Bankeninsolvenz auf Zahlungssysteme darauf hingewiesen worden, daß es häufig selbst bei Vorliegen einer akuten Krise geboten sein kann, die Schließung nicht während des laufenden Geschäftsbetriebs an einem Wochentag, sondern erst am folgenden Wochenende durchzuführen, um eine durch die Teilnahme an Zahlungssystemen vermittelte „Ansteckung“ anderer Finanzintermediäre zu verhindern. In der Praxis der Amtshaftungsverfahren waren zwar bislang stets Fälle zu entscheiden, in denen eine längere Untätigkeit der Aufsicht behauptet wurde. Gleichwohl birgt auch die Verzögerung der Schließung um wenige Tage ein Risiko der Schadenserhöhung, beispielsweise durch unkontrollierte Mittelabflüsse aufgrund rechtswidriger Dispositionen durch Mitarbeiter der Bank oder infolge eines „Runs“ der Gläubiger. Auch hierdurch können die Gläubiger erheblich geschädigt werden; trotzdem wird man eine Ermessensreduktion hier kaum begründen können. Konflikte mit dem Gläubigerinteresse sind weiter1952 Brendle, S. 363 ff., insbes. 394 ff., siehe auch S. 496. Vgl. auch Habscheid, Staatshaftung, S. 136 f., der – mit zweifelhaften historischen Parallelen – Interessenidentität annimmt; ähnlich Nicolaysen, GS Martens, S. 663, 671. 1953 So etwa bei Gratias, Staatshaftung; Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324 ff.; jeweils passim. 1954 § 9 sub A. III. 2. b) bb).

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hin denkbar in Fällen von Großinsolvenzen und sektorweiter Krisen; auch hierbei könnte es im Interesse der Stabilität des Kreditwesens geboten erscheinen, insolvenzreife Institute im Rahmen eines Gesamtplans selbst dann nicht zu schließen, wenn hieraus Gläubigerverluste zu entstehen drohen. bb) Die Interessen der betroffenen Institute Zu berücksichtigen sind ferner die Interessen der betroffenen Kreditinstitute selbst, die gleichfalls in die Ausübung des aufsichtsrechtlichen Ermessens einzustellen sind und jedenfalls regelmäßig zur sorgfältigen Ermittlung des Sachverhalts zwingen werden, was unter Umständen einen längeren Zeitraum beanspruchen kann. In diesem Zusammenhang verdient Beachtung, daß im „Herstatt“-Fall das Zuwarten der Aufsicht während des Zeitraums, in dem die Verluste der Bank anstiegen, mit der Notwendigkeit der Aufklärung des Sachverhalts begründet wurde. Vom BGH in einer zweiten Revisionsentscheidung nicht beanstandet, hat das OLG Köln in diesem Fall angenommen, daß auch eine längerfristige Beobachtung der finanziellen Situation im konkreten Fall nicht als pflichtwidrig bezeichnet werden konnte.1955 cc) Die Bedeutung für die Drittschutzdiskussion Daß mit dem Gläubigerschutz auch und gerade im Krisenfall entgegenstehende öffentliche Interessen konfligieren können, deren Schutz grundsätzlich jedenfalls auch zu den Aufsichtszielen zählt,1956 schließt die Annahme eines im Rahmen der Amtshaftung zu berücksichtigenden subjektiven Rechts der Einleger auf Einschreiten im Krisenfall selbstverständlich nicht aus. Wie bereits die oben erörterte Notwendigkeit einer Konkretisierung der fraglichen Verhaltenspflichten, zeigen jedoch auch die in den aufsichtsinternen Entscheidungsprozeß einzustellenden Abwägungskriterien, daß die insoweit eher generalisierenden Auffassungen insbesondere der Befürworter einer Amtshaftung für fehlsame Bankenaufsicht der Korrektur bedürfen. Die vielfach angenommene Reduzierung der in der Krise auf dem Spiel stehenden Interessen auf den individuellen Gläubigerschutz läßt sich nicht halten. Von vornherein sind vielmehr jeweils die Gläubigerinteressen mit dem öffentlichen Interesse an der Stabilität der Finanzsysteme zum Ausgleich zu bringen. Hieraus entstehende Verluste lassen sich nicht immer vermeiden, was den Anwendungsbereich möglicher Ersatzansprüche schon 1955 Vgl. erneut die zweite Entscheidung des BGH in diesem Fall, (Nichtannahme-) Beschl. v. 21.10.1982 – III ZR 20/82, NJW 1983, 563. 1956 Vgl. erneut § 6 II KWG.

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aufgrund der Systematik der Aufsichtsziele einschränkt. Dies entspricht auch der Vorstellung des Gesetzgebers, wie sich auch an der Monopolisierung des Insolvenzantragsrechts im öffentlichen Interesse durch § 46b KWG ablesen läßt c) Die Begründung für die Annahme drittschützender Amtspflichten aa) Der Haftungsausschluß vor dem Hintergrund der Gesetzgebungsgeschichte Zunächst ist festzuhalten, daß im Schrifttum1957 und in den Urteilen des BGH in Sachen „Wetterstein“1958 und „Herstatt“1959 an sich durchaus zu Recht darauf aufmerksam gemacht worden ist, daß der Einlegerschutz als Aufsichtsziel neben dem Schutz der Stabilität des Kreditwesens sowohl in der Entstehungsgeschichte des KWG und einzelner späterer Reformen als auch in Einzelbestimmungen (v. a. §§ 46, 46a KWG – Maßnahmen zur „Abwendung“ der „Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen eines Instituts gegenüber seinen Gläubigern“) deutlich betont wird und die Sicherung der Vermögenswerte der Einleger von Anfang an zumindest auch als Aufsichtsziel behandelt worden ist.1960 Vor diesem Hintergrund ist die Formulierung des Haftungsausschlusses problematisch. Der Versuch, den Schutzzweck der Bankenaufsicht ohne Veränderung des „objektivrechtlichen Inhalts“ verbindlich entgegen den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen festzulegen,1961 hat – vor allem mit Blick auf den Wortlaut der §§ 46, 46a KWG1962 – einen Gesetzestext hinterlassen, der widersprüchlich ist und schon deshalb erhebliche Auslegungsprobleme aufwirft.

1957

Vgl. etwa Papier, JuS 1980, 265, 266 f.; E. Habscheid, Staatshaftung, S. 46; ders., BB 1988, 2328, 2334; im Ansatz gilt dies auch für die Ausführungen von Brendle, S. 242 ff. 1958 Siehe BGH, Urt. v. 15.2.1979 – III ZR 108/76, BGHZ 74, 144, 147 ff. 1959 BGH, Urt. v. 12.7.1979 – III ZR 154/77, BGHZ 75, 120, 122 ff. 1960 Siehe erneut die Gesetzesbegr., BT-Drs. 3/1114, S. 19 ff. und dazu oben § 4 sub B. II. 2. c). 1961 Vgl. Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324, 2325. 1962 Als konkret in Betracht kommende individualschützende Normen sind sie von stärkerer Bedeutung als die allgemeinen Zielsetzungen des KWG, wie sie sich etwa aus den Materialien und der Aufgabendefinition in § 6 II KWG ergibt; vgl. allgemein zur einzelnormorientierten Auslegung nach der modernen Schutznormtheorie im Rahmen von Staatshaftungsansprüchen im hier vorliegenden Kontext nur Gratias, S. 68 ff. m. w. N. aus dem verfassungsrechtlichen Schrifttum.

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bb) Die verfassungsrechtliche Dimension Gegenstand der verfassungsrechtlichen Debatte ist die Frage einer möglichen Kollision des Haftungsausschlusses mit entgegenstehenden Rechtsgrundsätzen von Verfassungsrang: Der Haftungsausschluß ist unwirksam, wenn es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen verwehrt war, die Gewährung eines subjektiven Rechts auf bankaufsichtsrechtliche Maßnahmen in der Krise auszuschließen und den Schutz der Einleger allein auf eine objektive Begünstigung zu beschränken.1963 (a) Das Sozialstaatsprinzip Gegenüber der gelegentlich vertretenen Ableitung derartiger Rechtspositionen aus dem Sozialstaatsprinzip bestehen in der Tat die bereits von anderen Stimmen erhobenen Bedenken:1964 Vor allem die Unschärfe dieses Grundsatzes und der daraus resultierende erhebliche Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers legen eine Verdichtung zu konkreten Verhaltenspflichten mit Blick auf den Einlegerschutz in der Bankeninsolvenz kaum zwingend nahe. Ein Grund, warum nicht beispielsweise auch ein bloß mittelbarer Schutz durch die Tätigkeit der Aufsicht ohne Gewährung subjektiver Rechte der Einleger auf konkrete Amtshandlungen zur Verwirklichung des Sozialstaatsprinzips ausreichend sein sollte, ist nicht erkennbar. (b) Grundrechtliche Schutzpflichten Problematisch erscheint jedoch auch die Ableitung individualschützender Handlungspflichten der Aufsicht aus einer vor allem aus Art. 14 GG abzuleitenden grundrechtlichen Schutzpflicht. Die sich darauf berufende Auffassung ist im Zusammenhang mit der Debatte um grundrechtlich fundierte Schutzpflichten allgemein zu sehen, auf die hier nicht eingegangen werden kann.1965 Auch wenn man allerdings – mit der herrschenden Meinung1966 – einen auf Art. 14 GG gestützten Schutzanspruch im Grundsatz bejaht, stellt 1963 Vgl. zu diesem Gesichtspunkt insbesondere Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324, 2326 (sub specie der Vereinbarkeit mit grundrechtlichen Schutzpflichten, aber verallgemeinerungsfähig). 1964 Siehe bereits die Nachw. oben sub 5. in Fn. 1933. 1965 Siehe z. B. die weiteren Nachw. bei Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324, 2327; ausf. Gratias, Staatshaftung, S. 89 ff. Sehr kritisch im vorliegenden Kontext Starke, WM 1979, 1403, 1411. 1966 Siehe zu grundrechtlich fundierten Schutzpflichten statt aller Pieroth/Schlink, Rn. 88 ff.; Isensee, in: HB Staatsrecht V, Rn. 86 ff., jeweils mit zahlreichen w. N. zu Rechtsprechung und Literatur.

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sich eine Reihe von Folgeproblemen, die zweifelhaft erscheinen lassen, ob hieraus ein subjektives Recht auf ein aufsichtsrechtliches Einschreiten in bestimmter Weise bzw. auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung über die Schließung des betreffenden Kreditinstituts abgeleitet werden kann. Zunächst ist zu berücksichtigen, daß nach der staatshaftungsrechtlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich der Schutz bloßer Vermögensinteressen in geringerem Maße als etwa Bedrohungen für Leib und Leben zur Annahme einer Drittschutzwirkung von Amtspflichten zwingt.1967 Wohl auch mit Blick hierauf ist freilich in der Lehre auf die besondere Bedeutung der Einlagen „als Mittel einer langfristigen Daseinsvorsorge“ hingewiesen worden.1968 Damit sind die gleichen Aspekte angesprochen, die bereits oben im Zusammenhang mit Legitimation und Aufgabe der Einlagensicherung erörtert worden sind.1969 Auch im vorliegenden Kontext erscheint die Frage indes nicht ganz unberechtigt, warum eine verfassungsrechtlich fundierte Schutzpflicht zur Privilegierung einer Anlageform unter vielen zwingen sollte, die eben aufgrund des in der Marktwirtschaft nie ganz auszuschließenden Insolvenzausfallrisikos niemals die sicherste von allen verfügbaren sein kann.1970 Der Umstand, daß Bankeinlagen bei privaten Kreditinstituten nur dann als mündelsicher i. S. d. § 1807 BGB anerkannt sind, wenn eine Mitgliedschaft des betreffenden Instituts in einer Sicherungseinrichtung mit ausreichender Schutzhöhe besteht (vgl. § 1807 I Nr. 5 BGB), illustriert dies recht deutlich. Im historischen Kontext erscheint die Gegenauffassung um so fragwürdiger, als mit den öffentlichen Kreditinstituten bislang eine praktisch risikofreie Alternative zum privaten Kreditgewerbe zur Verfügung stand, die einen Großteil des Geschäfts mit privaten Einlagen abdeckten.1971 Daß die Kunden, worauf häufig hingewiesen wird,1972 typischerweise das Bankgeschäft und seine wirtschaftlichen Hintergründe nicht überschauen und die 1967 Vgl. z. B. BGH, Urt. v. 26.1.1989 – III ZR 194/87, BGHZ 106, 323, 332 ff. (Überplanung von Altlasten); Urt. v. 17.12.1992 – III ZR 114/91, BGHZ 121, 65, 68 f.; Urt. v. 14.10.1993 – III ZR 156/92, BGHZ 123, 363, 365 (betreffend jeweils die Schutzrichtung der öffentlich-rechtlichen Überwachung der Bautensicherheit); siehe auch Isensee, a. a. O. Rn. 141. 1968 So Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324, 2326; ähnlich E. Habscheid, Staatshaftung, S. 1. 1969 Siehe bereits oben § 4 sub B. II. 2. c) aa); § 12 sub B. I. 1970 So dezidiert auch Starke, WM 1979, 1403, 1411. 1971 Siehe erneut oben § 1 sub E. in Fn. 42. 1972 Vgl. im vorliegenden Kontext etwa Gratias, Staatshaftung, S. 92; Brendle, S. 21 ff.; E. Habscheid, Staatshaftung, S. 61, der allerdings – wohl zu eng – das Informationsdefizit der Einleger lediglich auf das Bankgeheimnis und die Verschwiegenheitspflicht der Aufsicht zurückführt; siehe auch Nicolaysen, GS Martens, S. 663, 675.

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Sicherheit einer Bank nicht beurteilen können, entkräftet diese Argumente jedenfalls nicht zwingend, sondern bewegt sich letztlich im Zirkelschluß: Die besondere Schutzbedürftigkeit der Bankeinlage, die damit begründet werden soll, wird eigentlich vorausgesetzt. Vor allem jedoch stellt sich die Frage, warum der behaupteten Schutzpflicht nicht in anderer Weise Rechnung getragen werden kann als durch die staatliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute im Individualinteresse, insbesondere im Rahmen der Einlagensicherung. Dieser Aspekt ist auch in der Debatte um die Verfassungsmäßigkeit des Haftungsausschlusses wiederholt thematisiert worden. Unter Hinweis insbesondere auf den fehlenden Rechtsanspruch der Einleger gegen den Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Deutscher Banken, aber auch auf das Fehlen einer Pflichtmitgliedschaft in diesem Sicherungssystem wird allerdings vielfach bestritten, daß die Existenz einer Einlagensicherung Auswirkungen auf die Annahme von Amtshaftungsansprüchen habe.1973 Die Gesetzesbegründung für den Haftungsausschluß hat demgegenüber ausdrücklich auf den durch den Fonds gebotenen Schutz verwiesen.1974 Auch unter dem Gesichtspunkt grundrechtlicher Schutzpflichten des nationalen Verfassungsrechts sind indessen jedenfalls prima vista keine Gründe ersichtlich, die zwingend eine gesetzliche „Aufgabenteilung“ dergestalt ausschließen würden, daß die staatliche Aufsichtstätigkeit ausschließlich dem Zweck des Funktionsschutzes dient, während der Einlegerschutz durch die Einlagensicherungssysteme wahrgenommen wird. Die isolierte Bewertung lediglich der Vorschriften des KWG, ohne die Sonderbehandlung der Bankeninsolvenz in ihrer Gesamtheit in die Betrachtung einzubeziehen, dürfte als solche kaum verfassungsrechtlich zu begründen sein.1975 Ob die Ausgestaltung der Einlagensicherung einem etwaigen grundrechtlich verbürgten Anspruch auf Schutz der Bankeinlagen hinreichend gerecht wird und ob auf subjektive Rechte der Einleger auf aufsichtsrechtliches Einschreiten aus verfassungsrechtlicher Sicht verzichtet werden kann, wird sich 1973 Siehe z. B. E. Habscheid, Staatshaftung, S. 53 ff., insbes. S. 58 f.; ders., BB 1988, 2328, 2332; Nicolaysen, GS Martens, S. 663, 675 f. (der allerdings auf den Sonderfall abstellt, in dem Institute überhaupt keine aufsichtsrechtliche Genehmigung zum Geschäftsbetrieb erlangt haben, hierzu schon oben sub a) in Fn. 1951); siehe auch Brendle, S. 20 ff. 1974 Vgl. BT-Drs. 10/1441, S. 20: „Der Einlegerschutz, dem unter sozialen Gesichtspunkten eine besondere Bedeutung zuzuerkennen ist, wird durch die Gesetzesänderung nicht beeinträchtigt, denn er beruht vor allem auf den Einlagensicherungseinrichtungen des Kreditgewerbes.“ 1975 Sehr zweifelhaft daher E. Habscheid, BB 1988, 2328, 2334 bei und in Fn. 68, der selbst für den Fall der Einräumung eines ausdrücklichen Rechtsanspruchs der Einleger (offenbar aller) auf Leistungen der Sicherungsfonds annimmt, die Verfassungsmäßigkeit des Haftungsausschlusses im KWG bleibe davon unberührt.

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deshalb vor allem am tatsächlich durch die Einlagensicherungssysteme gewährten Schutzniveau messen lassen müssen. Nur scheinbar überzeugend wirkt dagegen der in der Literatur häufig zu findende Rekurs auf die „Subjektstellung der einzelnen Grundrechtsträger“,1976 auf den „rechtsstaatlichen Geist des Grundgesetzes“,1977 gar auf eine angebliche Parallele zwischen der Versagung des Individualschutzes und dem „kollektivistische[n] Element in nationalsozialistischer Sicht“1978 als Gesichtspunkte, die die Gewährung subjektiver Rechte unter dem Grundgesetz zwingend erforderlich machten. Viel spricht dafür, daß durch diese Rückführung auf verfassungsrechtliche Grundsatzfragen letztlich vor allem eine in erster Linie rechtspolitisch motivierte Auffassung untermauert werden soll, die den qualitativen Vergleich zwischen dem von ihr geforderten „Einlegerschutz durch Aufsichtstätigkeit“ und dem „Einlegerschutz durch Einlagensicherung“ kaum ernsthaft angestellt hat. Auch hinsichtlich des – die Betroffenen kaum weniger hart als der Verlust von Spareinlagen treffenden – Arbeitsplatzverlustes durch Insolvenzen ist, soweit ersichtlich, nie aus verfassungsrechtlichen Grundsätzen auf das Erfordernis einer insolvenzverhindernden Staatsaufsicht über Wirtschaftsunternemen geschlossen, sondern stets auf das erhebliche gesetzgeberische Ermessen insoweit hingewiesen worden,1979 so daß in diesem Bereich den privaten Schutzinteressen offenbar unbestritten durch Pensionssicherungsmaßnahmen, Insolvenzausfallgelder etc. Rechnung getragen werden kann. Stellt man sich indes dem Vergleich, dann wird die Entscheidung zunächst nicht allein deshalb gegen den „(Grundrechts-) Schutz durch Einlagensicherung“ ausfallen können, weil die Einlagensicherung in Deutschland nach wie vor im wesentlichen als private Einrichtung ohne gesetzliche Grundlage ausgestaltet ist. Zum einen ist, wie gesehen, das heutige System durchaus auf massiven politischen Druck hin entstanden; der Gesetzgeber 1976

Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324, 2327; ähnlich auch Nicolaysen, GS Martens, S. 663, 678; ferner E. Habscheid, Staatshaftung, S. 45: „Aus dem Menschenbild des Grundgesetzes (Art. 1 I GG) folgt, daß [die Einleger] dem Staat nicht als Objekte (. . .) entgegentreten, sondern als Rechtssubjekte.“ (Hervorhebung im Original), siehe auch ebd. S. 95 ff. im Anschluß an Thesen von Bachof. 1977 E. Habscheid, Staatshaftung, S. 48. 1978 E. Habscheid, Staatshaftung, S. 136 unter Hinweis auf das RKWG 1934 als Vorläufer des heutigen Rechtsrahmens. 1979 Vgl. allgemein zur Frage der Insolvenzprophylaxe durch Wirtschaftsaufsicht K. Schmidt, DB 1982, 1044, 1047; auch die Arbeit von E. Stein, die eine verfassungsrechtliche Pflicht zur Überwachung von Unternehmen postuliert, um „zu gewährleisten, daß die Unternehmer ihre öffentliche Leitungsmacht zur Bewältigung ihrer besonderen öffentlichen Aufgabe verwenden und die grundrechtlich geschützten Werte nicht gefährden“, nimmt ein solches Ermessen hinsichtlich der Abwägung mit „vernünftige[n] Erwägungen des Gemeinwohls“ an (ebd., S. 70).

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ist – wenn auch informell – zugunsten der Einleger tätig geworden und hat die Einlagensicherung überdies im Rahmen des § 46a KWG in die hoheitliche Krisenbewältigung integriert.1980 Zum zweiten ist allein wegen der privatrechtlichen Organisation des Einlagensicherungsfonds der damit gewährte Schutz noch nicht geringer als der durch ein staatlich betriebenes oder kraft Gesetzes eingerichtetes System – und erst recht jener durch präventive Staatsaufsicht. Auch der Hinweis auf fehlende Rechtsansprüche der Einleger überzeugt wenig. Dies gilt zumal dann, wenn man – wie hier vertreten1981 – annimmt, daß sich ungeachtet des ausdrücklichen Ausschlusses derartiger Ansprüche in der Satzung des Einlagensicherungsfonds Ansprüche der Einleger auf Entschädigung jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Vertrauenshaftung begründen lassen. Auch wenn man dieser Auffassung – mit der herrschenden Meinung – nicht folgt, ist gleichwohl zu berücksichtigen, daß bislang in keinem Fall Zahlungen des Sicherungsfonds unter Hinweis auf den fehlenden Rechtsanspruch verweigert worden sind und daß Fälle, in denen der Einlagensicherungsfonds über seine Belastungsgrenzen hinaus in Anspruch genommen zu werden droht, ohnehin regelmäßig zu besonderen Eingriffsmaßnahmen Anlaß geben dürften,1982 so daß ein Abstellen hierauf als Argumentationsgrundlage kaum der Rechtspraxis gerecht wird. Wenn in der Literatur dennoch immer wieder vor allem auf den mit dem Haftungsausschluß angeblich verknüpften völligen Schutzverlust zu Lasten der Einleger verwiesen wird, geht dies an der Wirklichkeit vorbei,1983 erst recht, wenn gegenüber dem deutschen Modell beispielsweise die Rechtslage in England oder den USA als Vorbild erwähnt wird:1984 Angesichts der in diesen Ländern erzielten, drastisch unterhalb der Sicherung in Deutschland bleibenden Schutzniveaus verzerrt diese Darstellung die Realität in unzulässiger Weise. Umgekehrt hat sich das Institut der Amtshaftung in der Vergangenheit kei1980

Zu letzterem oben § 12 sub D. III. 6. Siehe oben § 12 sub 4. b) bb). 1982 Siehe bereits oben § 4 sub B. III. 3. und noch im einzelnen unten § 17. 1983 Aufschlußreich vage und im einzelnen wiederum zweifelhaft E. Habscheid, BB 1988, 2328, 2334, der in Fn. 69 lediglich knapp konstatiert, es müsse „allerdings eingeräumt werden, daß aus dem [Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Deutscher Banken] bis jetzt gezahlt worden ist, wenn auch im Falle Herstatt mit Verspätung: Schließlich hätte sich ohne Zahlung ein nicht wieder gut zu machender Vertrauensverlust eingestellt. Es bleibt aber die Frage, was geschieht, wenn nicht gezahlt wird.“ Ähnlich schon ders., Staatshaftung, S. 59 Fn. 30. Der dortige Verweis auf die Zahlungen im „Herstatt“-Fall geht schon deshalb völlig fehl, weil erst danach überhaupt die private Einlagensicherung zur heutigen Gestalt ausgebaut worden ist, vgl. oben § 12 sub D. II. 1984 So offenbar E. Habscheid, Staatshaftung, S. 55 Fn. 8; ders., BB 1988, 2328, 2329 Fn. 11. 1981

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neswegs als geeignet erwiesen, Verluste der Einleger effektiv aufzufangen.1985 Der Kreis der Institute, die nicht Mitglied des Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Deutscher Banken sind, ist darüber hinaus verschwindend gering;1986 der damit bewirkte Schutz mithin nahezu „flächendeckend“. Auch mit Blick hierauf läßt sich kaum argumentieren, daß die Nichtgewährung subjektiver Rechte den Einlegerschutz in der Praxis wesentlich beeinträchtige. Zudem wird nach der Umsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie jedenfalls für einen Mindestschutz gesorgt. Als restliche Argumentationstopoi verbleiben damit erstens Einlagen bei Instituten, die nur der gesetzlichen Mindestsicherung unterliegen und damit in erheblich geringerem Maße als im Rahmen der freiwilligen Einlagensicherung geschützt sind, zweitens Einlagen, die über den Umfang der Sicherungsgrenzen des Einlagensicherungsfonds hinausgehen, und drittens Kundenforderungen, die überhaupt nicht als geschützte Einlagen zu bewerten sind, z. B. Forderungen aus vom Institut ausgegebenen Genußscheinen oder anderen Anlagegeschäften.1987 Auch insoweit bleiben allerdings erhebliche Zweifel, ob grundrechtliche Schutzpflichten ein subjektives Recht auf aufsichtsrechtliches Einschreiten zur Abwendung entsprechender Verluste tatsächlich tragen. Zwar ist sicher richtig, daß in der Realität Art und Umfang der Einlagensicherung im Regelfall für die Kunden kaum nachvollziehbar sein und jedenfalls nicht zwangsläufig die Entscheidung des einzelnen über die Wahl des Kreditinstituts beeinflussen werden. Gleichwohl darf nicht übersehen werden, daß schon der gesetzliche Mindestschutz ein über die Ausfallrisiken bei andersartigen privatautonomen Rechtsgeschäften weit hinausgehendes Schutzniveau bietet. Daß der Gesetzgeber im Rahmen der Umsetzung einer Schutzpflicht aus Art. 14 GG nicht nach Art und Umfang der Schutzbedürftigkeit sollte differenzieren können, ist bislang kaum überzeugend begründet worden.1988 Vor allem hinsichtlich der zweiten und dritten der oben genannten Arten von Forderungen ist darüber hinaus festzuhalten, daß ein Schutzanspruch auch für diese Kategorien letztlich eine völlige Risikofreistellung für Investitionsformen bedeuten würde, bei denen – in der zweitgenannten Ka1985 Vgl. nochmals oben sub 3. b) aa), bb) zur weiteren Entwicklung des „Wetterstein“- und des „Herstatt“-Falles. 1986 Siehe bereits oben § 12 sub D. III. 3. 1987 Siehe oben § 12 sub C. II. 2. zum Schutzumfang der gesetzlichen Einlagensicherung aufgrund der EG-Einlagensicherungsrichtlinie. 1988 Vgl. z. B. Habscheid, BB 1988, 2328, 2329, der – allerdings im Zusammenhang mit dem Schutz durch Einlagensicherungssysteme – die Frage nach dem Schutzumfang ausdrücklich offenläßt; einen „Mindestschutz“ als Inhalt der grundrechtlichen Schutzpflicht postulieren Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324, 2327, ohne dessen Grenze in irgendeiner Weise zu konkretisieren.

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tegorie1989 – entweder der sozialpolitische Zweck des Schutzes insbesondere kleinerer privater Ersparnisse längst überschritten ist oder aber – in der drittgenannten Kategorie – der Schutz auf Bereiche ausgedehnt wird, deren erhöhtes Risiko in der Natur der Sache liegt. Wollte man auch insoweit grundrechtlichen Schutz bejahen, so ließe sich dieser mit gleichen Gründen auch auf sonstige wirtschaftliche Verluste ausdehnen. Ein dahingehender grundrechtlicher Schutzanspruch wird sich indes kaum ernsthaft begründen lassen. Insgesamt ist daher festzuhalten, daß grundrechtliche Schutzpflichten eine Verpflichtung zur Gewährung subjektiver Rechte auf aufsichtsrechtliches Einschreiten kaum zu tragen vermögen.1990 Soweit sich die neuere Literatur zur Begründung entsprechender Haftungsansprüche darauf stützt, hat sie zum einen nicht überzeugend geltend gemacht, warum der Gesetzgeber nicht den von ihr postulierten Pflichten auch durch die Einführung der Einlagensicherung in ihrer heutigen Form hinreichend Rechnung tragen konnte; zum zweiten bleibt der Umfang des damit begründeten Schutzanspruches außerordentlich unscharf. (c) Verstoß gegen den Gleichheitssatz? Auch die Berufung auf den Gleichheitssatz, die mit der durch den Haftungsausschluß begründeten Ungleichbehandlung des Bankenaufsichts- und des allgemeinen Ordnungs- und Polizeirechts begründet wird, überzeugt wenig. Zwar ist das Bankenaufsichtsrecht wie andere Formen der staatlichen Wirtschaftsaufsicht unstreitig im Wirtschaftsverwaltungsrecht angesiedelt und damit durchaus gewerbepolizeilicher Natur.1991 Mehr als gemeinsame Grundlinien für die qualitative Bewertung aufsichtsrechtlicher Tätigkeit im Hinblick auf ihre Ziele und Handlungsformen als Grundlage der juristischen Würdigung können aus diesem systematischen Zusammenhang aber kaum abgeleitet werden. Vielmehr handelt es sich um Regelungskomplexe mit einer überaus großen Bandbreite unterschiedlicher Regelungszwecke und korrespondierender Handlungsmöglichkeiten, die eine zusam1989 Vgl. nochmals oben § 12 sub D. III. 7. a) in Fn. 1402 zum Schutzniveau selbst bei einem kleinen Institut wie dem Freiburger Bankhaus Krebs, bei dem von einer Einlage von 22 Mio. DM immerhin 17 Mio. DM ersetzt wurden; die darüber hinaus zu erwartende Konkursquote in diesem Fall ist nicht bekanntgeworden. 1990 So im Ergebnis auch Wondra, S. 57 ff., inbes. S. 68 f., vor allem unter Hinweis auf die Unbestimmtheit der Schutzpflicht und den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum. 1991 Siehe bereits oben § 4 sub A. III.; vgl. außerdem statt aller Bullinger, VVDStRL 22 (1965), 264 ff.; Mösbauer, S. 243 ff.; ferner Möschel, Wirtschaftsrecht, S. 199 ff.

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menfassende Typisierung nur in engen Grenzen zuläßt und konkrete Folgerungen für oder gegen die Übertragbarkeit einzelner Grundsätze, so auch bezüglich konkreter Verhaltenspflichten in bestimmten Fällen, nicht hergibt.1992 Im wesentlichen gelten insoweit die gleichen Argumente, die bereits oben gegen die Ableitung der Amtshaftung für fehlerhafte Bankenaufsicht aus grundrechtlichen Schutzpflichten angeführt worden sind, und zwar insbesondere auch deshalb, weil der Verweis auf den allgemeinen Gleichheitssatz gerade die Übertragbarkeit der für das allgemeine Ordnungsrecht geltenden, entscheidend auch auf grundrechtliche Schutzpflichten abstellenden Grundsätze über den Drittschutzcharakter entsprechender Handlungspflichten voraussetzt.1993 Das Bankeninsolvenzrecht nimmt auch insoweit gerade deshalb eine Sonderstellung gegenüber dem allgemeinen Gewerbepolizeirecht ein, weil – anders als dort – mit der Einlagensicherung ein Schutzinstrument zur Verfü1992

Wie hier dezidiert auch Starke, WM 1979, 1403, 1411. Gestützt wird diese Auffassung gerade durch die vorstehend in Fn. 1991 zitierten Studien zur staatlichen Wirtschaftsaufsicht allgemein, die das Phänomen der Staatsaufsicht als Oberbegriff – auch aus historischer Perspektive – zu definieren suchen und darüber hinaus mit dem rechtlichen Maßstab, an dem jede Aufsichtstätigkeit auszurichten und zu messen ist (vgl. insbesondere Bullinger, VVDStRL 22 (1965), 264, 285 ff.), und einer gewissen Typisierung der Aufsichtsformen (z. B. Rahmenaufsicht, Aufsicht über die laufende Geschäftsführung, Rechtsaufsicht) und -mittel (z. B. Erlaubnisvorbehalte, Überwachungsbefugnisse) eine weitere Klärung hinsichtlich der Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen Formen anstreben. Eben weil der gesetzliche Regelungszweck ebenso wie die Anforderungen an das Verhalten der Beaufsichtigten, deren Durchsetzung die Aufsicht dient, stark variieren, führt die abstrakt-typisierende Betrachtung vorliegend kaum weiter. Ob sie angesichts der Vielfalt der Regelungen und Regelungszwecke überhaupt fruchtbare Ergebnisse für den konkreten Einzelfall zulassen, oder ob vermeintlich festgestellte Ähnlichkeiten nicht eher trügerisch sein könnten und es vielmehr stets auf eine Betrachtung der jeweils zu regelnden Sachprobleme und der darauf abzielenden Regelungen im Kontext der jeweiligen wirtschaftlichen Zusammenhänge ankäme, soll hier nicht entschieden werden. Als Beispiel außerhalb des vorliegend untersuchten Kontextes der Staatshaftung ließen sich etwa die verwaltungsrechtlichen Bemühungen um die Klärung des ordnungsrechtlichen Gefahrenbegriffs zitieren; oben § 5 sub B. II. 2. a) bb) ist gezeigt worden, daß die hierzu entwickelte Dogmatik im Kontext bankaufsichtsrechtlicher Eingriffstatbestände keinerlei Klärung verschafft und jedenfalls in der Anwendung auf bankaufsichtsrechtliche Eingriffstatbestände darüber hinwegtäuscht, daß es vielmehr einer ganz auf den einzelnen Anwendungsfall abgestellten Konkretisierung bedarf. Vgl. zum Ganzen neuerdings Ehlers, Ziele, passim, der sich wiederum darauf beschränkt, „zumindest einige Leitlinien“ (S. 1) zu identifizieren (und dabei – S. 43 ff. – ausführlich auch auf den Gefahrenbegriff eingeht); m. E. angreifbar auch bereits die abstrahierenden Erwägungen bei E. Stein, passim. 1993 Besonders anschaulich insoweit Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324, 2328, die – mit E. Habscheid, Staatshaftung, S. 139 ff. – Unvereinbarkeit mit Art. 3 GG annehmen.

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gung steht, das etwaige staatliche Eingriffe mit drittschützendem Charakter an Effektivität zumindest deutlich übertrifft. Bereits damit entfällt die Vergleichbarkeit bankenaufsichtsrechtlicher Eingriffe mit Maßnahmen des allgemeinen Gewerbepolizeirechts; vielmehr kommt es allein auf die Frage an, ob andere Verfassungsgrundsätze zur Einräumung subjektiver Rechte auf ein Einschreiten im Einzelfall zwingen. Mit der Verankerung der Bankenaufsicht im allgemeinen Gewerbepolizeirecht und der teilweisen Vergleichbarkeit einzelner Aufsichtsmittel und -instrumente läßt sich somit im Ergebnis keine Gleichstellung des Bankenaufsichtsrechts mit anderen (gewerbe-)polizeirechtlichen Materien begründen, aus der sich im Hinblick auf Art. 3 I GG ein Gleichlauf hinsichtlich der Drittschutzwirkung ergäbe. (d) Weitere möglicherweise entgegenstehende Verfassungsprinzipien Zu untersuchen bleiben damit diejenigen Ansätze, die auf die Art und Weise mit der Einführung des Haftungsausschlusses vollzogenen gesetzlichen Neuorientierung abstellen. Gegenüber der Auffassung, die hierin eine mit dem Gewaltenteilungsprinzip unvereinbare Beschneidung der Auslegungskompetenz sieht, gelten insoweit allerdings die bereits in der Literatur vereinzelt erhobenen Einwände.1994 In der Tat ist nicht einsichtig, warum – in Ermangelung anderweit entgegenstehender Verfassungsprinzipien – der Gesetzgeber nicht zur Neuregelung der Materie gegenüber früherer Rechtsprechung berechtigt sein sollte. Wenn und soweit die diesbezüglich in der Literatur vorgebrachten Bedenken gerade darauf abstellen, daß die Einführung des § 6 III KWG a. F. nicht als solche den Pflichtenkreis der Bankenaufsicht verändert, sondern lediglich eine Neuinterpretation des alten Pflichtenkreises unternommen haben, so dürften Bedenken hiergegen eher mit Blick auf die formale Zulässigkeit eines verdeckten Haftungsausschlusses und auf den Grundsatz der Normenklarheit anzusiedeln sein, worauf noch zurückzukommen sein wird. Eine echte Neuorientierung hinsichtlich der Regelungszwecke wäre demgegenüber an sich kaum problematisch und dürfte wiederum mangels anderweit entgegenstehender Verfassungsprinzipien ohne weiteres in die Kompetenz des Gesetzgebers fallen. Existierten die nach dem Wortlaut durchaus eindeutig auf Individualschutz ausgerichteten §§ 46, 46a KWG nicht, dann könnte deshalb, folgt man der hier vertretenen Kritik an der Herleitung der Drittgerichtetheit aus anderen Verfassungsprinzipien, eine Reduktion der Aufsichtszwecke auf den Funktionsschutz für verfassungsrechtlich unbedenklich erklärt werden. Probleme wirft jedoch die Frage auf, wie der 1994

Siehe zu beidem oben sub 5. in Fn. 1936.

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kaum auflösbare Widerspruch zwischen diesen Vorschriften einerseits und § 6 III bzw. IV KWG a. F. = § 6 IV FinDAG n. F. andererseits verfassungsrechtlich zu würdigen ist. Eher zweifelhaft erscheint insoweit zunächst das Argument, mit der Einführung des Haftungsausschlusses werde das durch Art. 34 GG selbst verfassungsrechtlich garantierte Institut der Staatshaftung in unzulässiger Weise unterlaufen. Art. 34 GG konstituiert nach herrschender Ansicht nicht selbst den Drittbezug einer Amtspflicht, sondern setzt diesen – ähnlich wie Art. 19 V GG – vielmehr voraus.1995 Gleichwohl bleiben Bedenken. Wie eingangs dieser Stellungnahme betont,1996 bedeutet die Einführung des früheren § 6 III KWG nicht nur eine Abkehr von der auch in den Gesetzesmotiven zum Ausdruck gebrachten Konzeption des dualen, den Funktions- und den Einlegerschutz gleichermaßen umfassenden Gesetzeszwecks, sondern stößt sich gerade mit der Formulierung der §§ 46, 46a KWG, die den Schutz der Einleger durchaus deutlich als Zweck von Eingriffsmaßnahmen der Aufsicht im Krisenfall formulieren. Dies gilt, wie gesehen, gerade hinsichtlich des § 46a KWG, der anders denn als Instrument zur Vermögenssicherung ähnlich den Anordnungen nach § 21 InsO kaum erklärt werden kann. Gerade wegen der Monopolisierung des Verfahrens bei der Aufsichtsbehörde erscheint die These angreifbar, der Schutz der Einleger und anderer Gläubiger sei auch insoweit bloßer „Reflex“ der auf das Aufsichtsziel des Funktionsschutzes ausgerichteten aufsichtsrechtlichen Tätigkeit.1997 Damit ist insbesondere die Verpflichtung des Gesetzgebers zur Normenklarheit angesprochen – und so in der Tat zugleich eine Ausprägung1998 des verfassungsrechtlich garantierten, häufig in Artt. 20, 28 I GG verorteten1999 Rechtsstaatsprinzips.2000 Akzeptiert man den verfassungsrechtlichen Rang 1995 So Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324, 2326, die Unvereinbarkeit mit Art. 34 GG ablehnen. 1996 Siehe erneut oben sub aa). 1997 So aber die oben sub 3. a) zitierte ältere Rechtsprechung sowie die oben sub 5. in Fn. 1928 ff. zitierten, einen Drittschutz jeweils ablehnenden Stimmen aus der Literatur. 1998 Das Gebot der Normenklarheit hat das Bundesverfassungsgericht zunächst regelmäßig aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitet, vgl. erstmals BVerfG, Beschl. v. 23.10.1951 – 2 BvG 1/51, BVerfGE 1, 14, 45 (allerdings in gänzlich anderem Sachzusammenhang). Später hat es auf eine dogmatische Verankerung gelegentlich verzichtet, vgl. zur weiteren Entwicklung der Rechtsprechung ausf. Kunig, S. 200 ff. m. w. N. 1999 Vgl. nur Maunz/Dürig-Herzog, Art. 20 GG Rn. 32 m. w. N.; zu weiteren Begründungsansätzen in Rechtsprechung und Literatur statt aller kritisch Kunig, S. 64 ff. m. w. N. 2000 Eine Auseinandersetzung mit dem Rechtsstaatsprinzip allgemein oder auch nur hinsichtlich der Bedeutung für die vorliegend erörterte Frage wäre ein hoff-

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des Prinzips der Normenklarheit auch außerhalb des Bestimmtheitsgrundsatzes bei gesetzlichen Eingriffsermächtigungen,2001 so ließe sich etwa folgende Argumentation denken: Die gesetzliche Zweckdefinition in § 6 IV FinDAG sei unwirksam, weil sie mit dem – davon unberührt bleibenden2002 – Sinn und Zweck der §§ 46, 46a KWG unvereinbar sei. Der Gesetzgeber verletze damit, um die an sich erforderliche „offene Ausnahme“2003 vom Grundsatz der Amtshaftung zu vermeiden, das Gebot der widerspruchsfreien Normensetzung.2004 Wenn das Kreditwesengesetz einerseits durch die Fassung der §§ 46, 46a und auch des § 46b ein staatliches Monopol für die Krisenbewältigung bei insolventen Kreditinstituten beanspruche und die Aufsichtsbehörde in diesen Vorschriften ausdrücklich zu Maßnahmen mit Drittschutzwirkung ermächtige, dann könne dieser Zweck nicht mittels einer späteren Norm „hinweginterpretiert“2005 werden. Auch wenn es nicht um die Rückwirkung von Gesetzen gilt, sondern vielmehr um einen durch ein und dasselbe Gesetz geschaffenen und dann enttäuschten Vertrauenstatbestand, wäre unter Umständen auch eine Berufung auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes denkbar, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wiederum ein Element des Rechtsstaatsprinzips.2006 nungsloses, den Rahmen der Untersuchung sprengendes Unterfangen; vgl. insoweit statt aller die grundlegende Untersuchung von Kunig, passim. 2001 Zur methodischen Verankerung im Rechtsstaatsprinzip kritisch Kunig, S. 396 ff., der eine stärkere Orientierung an den Grundrechten vorschlägt. 2002 Insoweit überzeugend Nicolaysen, GS Martens, S. 663, 669: „Sollen durch die Orientierung der Amtspflichten des Bundesaufsichtsamts ausschließlich am öffentlichen Interesse auch die Aufgaben des Amtes geändert werden oder die Art, wie das Amt sie wahrzunehmen hat? Wenn das nicht der Fall ist, so könnte dies als ein Indiz für die Absicht des Gesetzgebers gewertet werden, die Verfassungsgarantie der Amtshaftung auszuhebeln, denn das Bestimmungsrecht des Gesetzgebers erscheint nur insoweit sinnvoll und akzeptabel, wie es um die realen Inhalte der Amtshaftung geht. Aus der Art und dem Zweck der Amtspflichten ergibt sich sodann der Kreis der geschützten Dritten. (. . .) In dieser Perspektive erscheint es allerdings als zweifelhaft, ob § 6 Abs. 3 KWG [a. F.] inhaltliche Änderungen der Amtspflichten bezweckt.“ 2003 Nicolaysen, a. a. O. 2004 So denn auch E. Habscheid, Staatshaftung, S. 143, der diesen Grundsatz allerdings an Art. 3 GG festmachen will. 2005 So die plastische Formulierung bei E. Habscheid, a. a. O., S. 126. Ähnlich argumentiert für den Bereich des Versicherungsaufsichtsrechts (insbes. § 81 I 2 VAG) auch Tönnies, S. 61. 2006 Vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 11.12.1962 – 2 BvL 2, 3, 21, 24/60, 4, 17/61, BVerfGE 15, 167, 207; Beschl. v. 6.6.1989 – 1 BvR 921/85, 80, 137, 153; siehe auch BVerfG, Beschl. v. 23.11.1999 – 1 BvF 1/94, BVerfGE 101, 239, 262, wo beide Kategorien nebeneinander als Untersuchungsmaßstäbe herangezogen werden. Zum Ganzen neuerdings Schwarz, S. 34 ff. zu allgemeinen Grundlagen, Kap. 3 (S. 103–257) zur verfassungsdogmatischen Verortung des Vertrauensschutzprinzips, und passim.

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7. Zwischenzusammenfassung und -bewertung Die Art und Weise der Ausgestaltung des Haftungsausschlusses durch die 6. KWG-Novelle macht gesicherte Aussagen über die verfassungsrechtlichen Vorgaben an die Amtshaftung für fehlsame Bankenaufsicht nahezu unmöglich. Allerdings lassen sich gegen die Ableitung drittschützender Amtspflichten aus dem Sozialstaatsprinzip (aufgrund der Unbestimmtheit desselben), aber auch aus grundrechtlichen Schutzpflichten (insbesondere unter Hinweis auf die eigenständige Natur des Bankenaufsichtsrechts und die Existenz der umfassenden Einlagensicherung) gewichtige Bedenken vorbringen. Die Verfassung zwingt nach allem kaum zur Gewährung subjektiver Rechte auf ein Einschreiten als solcher. Schwierigkeiten ergeben sich freilich insofern, als der Haftungsausschluß in § 6 IV FinDAG (= § 6 III bzw. IV KWG a. F.) im Widerspruch zu den älteren Bestimmungen der §§ 46, 46a KWG steht, die, für sich genommen, eine Auslegung als Normen mit drittschützendem Charakter durchaus nahelegen. Der Haftungsausschluß könnte damit – ggf. in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip – als verfassungswidrige Umgehung des Art. 34 GG bewertet werden, ohne daß an sich sonstige Verfassungsprinzipien zur Begründung drittschützender Aufsichtspflichten zwängen – ein (auch mit Blick auf die geringe praktische Bedeutung von Amtshaftungsansprüchen) eher seltsames Ergebnis. II. England

1. Überblick Amtshaftungsansprüche der Einleger2007 sind in England selbst erstmals mit dem bereits mehrfach erwähnten, als Reaktion des Zusammenbruchs der Bank of Credit and Commerce International entbrannten Rechtsstreit in Sachen Three River District Council virulent geworden.2008 Gleichwohl beruht die gegenwärtig geführte Debatte ebenso wie die Entscheidungen des House of Lords in dieser Sache, die die Voraussetzungen für eine Haftung der Bank of England autoritativ festgelegt haben, auf gefestigten Rechtsgrundsätzen über die Amtshaftung, auf die zunächst kurz überblicksweise eingegangen werden soll (unten sub 2.). Die Darstellung konzentriert sich sodann (sub 3.) auf die Rechtslage nach der Three Rivers-Rechtsprechung des House of Lords, die sich insbesondere mit den Grundlagen für eine 2007 Zum Sonderfall Johnson Matthey plc v. Arthur Young siehe noch sogleich unten sub 2. b). 2008 Siehe bereits die Nachw. oben sub A. I. in Fn. 1752. Die nachfolgende Darstellung basiert im wesentlichen auf der detaillierten Untersuchung von Hadjiemmanuil, Banking Regulation, Kap. 5.

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deliktische Haftung („tort“) wegen Misfeasance in public office auseinandersetzte, der wegen des gesetzlichen Haftungsausschlusses heute einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage für eine Haftung gegenüber geschädigten Einlegern. 2. Materiellrechtliche Grundlagen der Amtshaftung im Überblick a) Allgemeine Grundlagen Wie für das englische Haftungsrecht insgesamt, sind auch für die Amtshaftung Fallgruppen der Fahrlässigkeitshaftung („negligence“) und solche der vorsätzlichen Schädigung („intentional torts“) zu unterscheiden.2009 Obwohl die Ersatzhaftung für deliktische Schädigungen Dritter durch staatliche Stellen jedenfalls im Grundsatz gleichen Regelungen folgt wie Ersatzansprüche gegen Private,2010 gelten auch im Common Law traditionell bestimmte Sonderregeln, die teilweise die tatbestandlichen Voraussetzungen für allgemeine Deliktsansprüche einschränken, teilweise den Kreis derselben um spezielle Tatbestände erweitern. Auch im englischen Recht haftet an sich grundsätzlich der Staat („the Crown“) selbst für die durch staatliche Funktionsträger verursachten Schädigungen. Die Krone selbst genießt dabei freilich seit alters her Immunität („the King can do no wrong“), und zwar nicht nur in Schadensersatzfällen.2011 Traditionell mußten daher die handelnden Beamten und sonstigen Funktionsträger selbst verklagt werden. Eine Änderung dieser historischen Rechtspraxis erfolgte erst durch den Crown Proceedings Act 1947, der die Haftung der Krone für deliktische Ersatzpflichten ihrer Beamten oder Vertreter2012 sowie für die Verletzung gesetzlicher Pflichten („breach of statutory duty“)2013 begründete, so daß nunmehr sogleich auf den Staat zurückgegriffen werden konnte. Wegen der Regelungen über den Rechtsstatus der Financial Services and Markets Authority in Sch. 1, para. 13 FSMA 2000 sind diese Staatshaftungsregeln freilich im vorliegenden Kontext unanwendbar; die Aufsichtstätigkeit erfolgt danach nicht für die Krone, und die Bediensteten der Aufsichtsbehörde gelten nicht als Kronbedienstete i. S. d. Crown Prosecution Act 1947. Entsprechendes galt bereits für die Bank of England.2014 2009 Allgemein zum englischen Amtshaftungsrecht z. B. Harlow, Compensation and Government Torts, passim; Arrowsmith, Civil Liability and Public Authorities, passim; Wade/Forsyth, Kap. 20; Sprince, in: Clerk & Lindsell on Torts, Rn. 12-01 ff. 2010 Siehe Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 336; allgemein auch Wade/ Forsyth, S. 736 ff.; Sprince, in: Clerk & Lindsell on Torts, Rn. 12-01, 12.04. 2011 Wade/Forsyth, S. 799, 803 m. w. N. 2012 S. 2(1) Crown Proceedings Act 1947. 2013 S. 131 Crown Proceedings Act 1947.

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Der Haftungsausschluß in Sch. 1, para. 19(1) FSMA 20002015 trifft damit auf eine komplizierte Gemengelage aus allgemeinen Prinzipien und amtshaftungsrechtlichen Sonderregeln, die hier aus zwei Gründen kurz skizziert werden soll. Zum einen wird nur so deutlich, wie sich der – erstmals mit dem Banking Act 19872016 ins Bankaufsichtsrecht aufgenommene – Ausschluß im einzelnen auswirkt. Zum zweiten ist die zu diesem Fragenkreis ergangene Rechtsprechung auch insoweit von Belang, als die darin vorgebrachten Argumente gegen eine umfassende Amtshaftung den gesetzlichen Haftungsausschluß die Position des Common law zum vorliegend untersuchten Problemkreis umfassend verdeutlichen. Für die Rechtsvergleichung sind diese Erwägungen vor allem von Interesse, weil sie letztlich die dem Haftungsausschluß zugrundeliegenden Wertungen formulieren. b) Fahrlässigkeitshaftung und der Umfang des Haftungsausschlusses aa) Allgemeine Regeln Der aufsichtsrechtliche Haftungsausschluß, dessen Wirksamkeit in Rechtsprechung und Literatur, soweit ersichtlich, nie angezweifelt worden ist,2017 richtet sich nur auf den Ausschluß der deliktischen Fahrlässigkeitshaftung; vorsätzliche Schädigungen, in denen das schadensursächliche Verhalten „in bad faith“ erfolgte, bleiben unberührt.2018 Damit ist der Anwendungsbereich allerdings auf Fallkonstellationen reduziert, in denen die Rechtsprechung bislang die Grenzen der Amtshaftung ohnehin sehr restriktiv gezogen hat, so daß die tatsächliche Bedeutung gering scheint.2019 2014 Im bereits mehrfach zitierten Three Rivers-Fall sind deshalb beklagt nicht die Krone, sondern die handelnden Amtsträger – und damit mittelbar die Bank of England – selbst: „Governor and Board of the Bank of England“. 2015 „Neither the Authority nor any person who is, or is acting as, a member, officer or member of staff of the Authority is to be liable in damages for anything done or omitted in the discharge, or purported discharge, of the Authority’s functions.“ 2016 S. 1(4) Banking Act 1987. 2017 Die Annahme eines Verstoßes gegen höherrangige Rechtspositionen durch ein Parlamentsgesetz ist dem englischen Recht traditionell fremd. In Betracht kommt heute allenfalls ein Verstoß gegen die EMRK bzw. den diese implementierenden Human Rights Act 1998. Die Formulierung des Haftungsausschlusses trägt dem Rechnung, indem sie Verstöße gegen den Human Rights Act 1998 vom Anwendungsbereich desselben ausnimmt (vgl. Sch. 1, para. 19(3)(b) FSMA 2000); praktisch bedeutsam erscheint dieser Fall indes kaum. 2018 Siehe Sch. 1, para. 19(3)(a) FSMA 2000 und zu diesem Kriterium noch im einzelnen unten sub 3. im Zusammenhang mit der Entscheidung des House of Lords im Three Rivers-Fall.

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Eine erste, wichtige Einschränkung folgt bereits aus den strengen Anforderungen, die im englischen Deliktsrecht für den Ersatz reiner Vermögensschäden („pure economic loss“) bei bloßer Fahrlässigkeit gelten, um die es im Fall von Ansprüchen geschädigter Einleger oder sonstiger Gläubiger bei Bankeninsolvenzen ja stets geht. In jüngerer Zeit hat eine Entscheidung des House of Lords eine Aufweichung dieses Prinzips gerade für Fälle der Amtshaftung ausdrücklich zurückgewiesen.2020 Für die Amtshaftung gilt damit nach wie vor die allgemeine Regel, daß ein Ersatz von Vermögensschäden nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt. Dies ist nach dem sog. Hedley Byrne-Prinzip2021 vor allem dort der Fall, wo eine „special relationship“ zwischen dem Schädiger und dem Geschädigten besteht, wie sie etwa in Fällen der Auskunftshaftung angenommen worden ist.2022 Einschränkungen gelten insbesondere bezüglich der Ersatzpflicht in Fällen, in denen die eigentliche Schädigung auf ein aktives Tun eines Dritten zurückzuführen ist und sich der Anspruch auf eine Unterlassung gründet. Die Frage ist in der englischen Literatur unter dem Schlagwort „a duty to rescue“ erörtert worden,2023 wobei dieser Begriff insoweit in die Irre führt, als nicht etwa eine „Pflicht zur Rettung“ der betroffenen Bank im Interesse 2019

In diesem Sinne auch Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 337: „[I]t would be a mistake to assume that the statutory immunity is the only barrier to recovery in the event of regulatory failure. In fact, even without an express immunity, considerations of legal principle unrelated to the specific statutory framework and affecting a broad spectrum of regulatory activities would probably lead to similar results. (. . .) in its present state, the common law is very reluctant to impose liability for the non-intentional negative effects of regulatory actions“. Siehe auch ebd., S. 338: Es handele sich um „barriers which have become almost insurmountable in recent years“. 2020 Murphy v. Brentwood District Council [1991] 1 A.C. 398, 468 ff. (per Lord Keith), 480 ff. (per Lord Bridge), 490 ff. (per Lord Oliver): Pflicht einer Gemeindeverwaltung zur Prüfung der Bautensicherheit. Die entgegengesetzte Entscheidung Anns v. Merton L.B.C. [1978] A.C. 728 (HL) wurde damit ebenso aufgehoben wie das Urteil des Court of Appeal in Sachen Dutton v. Bognor Regis District Council [1972] 1 Q.B. 373, in der (auf S. 397 f.) Lord Denning – wiederum im Zusammenhang mit der fehlerhaften Überprüfung der Bautensicherheit durch Gemeindebaubehörden – die Amtshaftung mit der Begründung bejaht hatte, der betreffenden Körperschaft sei es aufgrund der größeren Sachkenntnis und Ressourcen eher als dem geschädigten Einzelnen zuzumuten, für die entstandenen Schäden zu haften: „Their shoulders are broad enough to bear the loss.“ 2021 Siehe Hedley Byrne & Co. v. Heller & Partners Ltd. [1964] A.C. 465, 496 (HL), per Lord Morris. 2022 Vgl. statt aller Caparo Industries plc v. Dickman [1990] 2 A.C. 605 (HL). Siehe zum Ganzen und zur Bedeutung im vorliegenden Kontext Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 345 ff. 2023 Siehe z. B. Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 348 ff. sowie allgemein zu vergleichbaren Konstellationen Bowman/Bailey, [1984] Public Law 277 ff.

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ihrer Gläubiger gemeint ist, sondern allgemein eine Pflicht zum Schutz einzelner vor einer deliktischen Schädigung durch Dritte. Die Rechtsprechung hat eine solche Konstruktion in Fällen, in denen eine entsprechende Verpflichtung staatlicher Stellen streitig war, unter Verweis auf eine fehlende „special relationship“ zwischen dem Geschädigten und der verantwortlichen staatlichen Stelle zurückgewiesen. Beispiele2024 für die strengen Anforderungen bieten etwa die Entscheidungen in Kent v. East Suffolk Rivers Catchment Board, ein Urteil aus dem Jahre 1941,2025 sowie in der Sache Dorset Yacht, in welcher eine Haftung der Vollzugsbediensteten für das Verhalten jugendlicher Strafgefangener im offenen Vollzug angenommen wurde.2026 Der letztgenannte Fall ist dabei auch insoweit von Interesse, als er das Erfordernis unterschiedlicher Haftungsmaßstäbe betonte, je nachdem, ob im konkreten Fall an rechtspolitische Fragestellungen, administrative Ermessensentscheidungen oder Entscheidungen ohne Ermessen anzuknüpfen ist.2027 2024 Vgl. die weiteren Nachw. zu besonders gelagerten Einzelfällen bei Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 349 ff. 2025 [1941] A.C. 74 (HL); hier ging es um die Haftung einer mit Arbeiten zur Flutsicherung befaßten Behörde, die von einem Grundeigentümer auf Ersatz von Flutschäden in Anspruch genommen wurde. Schadensersatz für die mangelhafte Ausführung von Flutsicherungsmaßnahmen wurde abgelehnt. Siehe hierzu ausf. auch Bowman/Bailey, [1984] Public Law 277, 289 ff. 2026 Home Office v. Dorset Yacht Co. Ltd. [1970] A.C. 1004 (HL). In diesem Fall klagten Eigentümer einer Bootswerft auf Ersatz von Schäden, die von jungen Strafhäftlingen hervorgerufen worden waren. Die Häftlinge waren in einer Strafanstalt mit gelockerten Vollzugsregelungen untergebracht. Siehe ausf. auch Bowman/Bailey, [1984] Public Law 277, 282–285. 2027 Das House of Lords bejahte grundsätzlich die Befugnis des zuständigen Innenministeriums zur Politik eines offenen Vollzugs (a. a. O., S. 1031 per Lord Reid, S. 1069, per Lord Diplock), nahm aber im Ergebnis eine Staatshaftung aufgrund des Fehlverhaltens der Vollzugsbeamten im konkreten Fall an, die ihre Dienstpflichten, die kein Ermessen vorsahen, verletzt hatten. Anschaulich insbesondere das Votum Lord Diplocks (a. a. O., S. 1067 f.): „It is, I apprehend, for practical reasons of this kind that over the past century the public law concept of ultra vires has replaced the civil law concept of negligence as the test of the legality, and consequently of the actionability, of acts or omissions of government departments or public authorities done in the exercise of a discretion conferred upon them by Parliament. According to this concept Parliament has entrusted to the department or authority charged with the administration of the statute the exclusive right to determine the particular means within the limits laid down by the statute by which its purpose can best be fulfilled. It is not the function of the court, for which it would be ill-suited, to substitute its own view of the appropriate means for that of the department or authority by granting a remedy by way of a civil action at law to a private citizen adversely affected by the way in which the discretion has been exercised. Its function is confined in the first instance to deciding whether the act or omission complained of fell within the statutory limits imposed upon the department’s or authority’s decision. Only if it did not would the court have jurisdiction to determine whether or not the

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Nach den in dieser Entscheidung formulierten Grundsätzen ist die Überprüfung von Zweckmäßigkeitsentscheidungen ausgeschlossen. Die so gezogene Grenze dürfte im Ergebnis den Entscheidungskompetenzen der Gerichte engeren Spielraum setzen, als dies etwa § 114 VwGO im deutschen Recht tut.2028 In der Tat dürfte vor diesem Hintergrund die Annahme konkreter Verhaltenspflichten im englischen Recht dort ausscheiden, wo das Gesetz selbst – wie gerade der Financial Services and Markets Act 2000 und auch bereits seine Vorläufer – Ermessen einräumt, so daß eine Fahrlässigkeitshaftung auch ohne den gesetzlichen Haftungsausschluß bereits nach allgemeinen Grundsätzen kaum zu konstruieren wäre. Auch ohne die gesetzliche Regelung würden damit Haftungsansprüche außerhalb von Fällen einer (wie immer näher tatbestandlich auszugestaltenden) vorsätzlichen Schädigung bzw. einer Schädigung durch widerrechtliche Aufsichtsmaßnahmen (wegen eines „breach of a statutory duty“)2029 weitgehend ausscheiden.2030 bb) Beispielsfälle Die bisherige Rechtsprechung zur Amtshaftung für fehlsame Bankenaufsicht bestätigt das soeben gefundene Ergebnis. Allerdings handelt es sich – mit Ausnahme einer im Zusammenhang mit dem Johnson Matthey-Zusammenbruch ergangenen Entscheidung2031 – wohl auch aufgrund des act or omission, not being justified by the statute, constituted an actionable infringement of the plaintiff’s rights in civil law.“ 2028 Vgl. anschaulich für die Position des englischen Rechts insoweit die ausgesprochen zurückhaltende Stellungnahme Lord Binghams (des mit der Untersuchung des BCCI-Falles betrauten Richters) bei Quinn/Morgenthau/Lord Bingham, in: Goodhart (Hrsg.), S. 445, 479 f.: „Now, I was at some pains to avoid being prescriptive about whether the Bank [of England] should or should not at any particular moment have closed down BCCI because my view was that this was a matter for the judgement of the regulator, and it is simply inconsistent with that, except in a very extreme case, to say there is only one answer (. . .). [I]n my opinion, one can express a legal view on whether a power has become exercisable, but if the power is exercisable then it is a matter for the judgement of the regulator as to what he should do“ (eig. Hervorhebung). 2029 Hierzu sogleich sub bb) im Zusammenhang mit einzelnen Beispielsfällen. 2030 Vgl. nochmals die oben sub aa) Fn. 2019 zitierte Einschätzung von Hadjiemmanuil. In Three Rivers District Council v. Governor and Board of the Bank of England [2000] 2 W.L.R. 1220, haben die Lordrichter die Fahrlässigkeitshaftung ausschließlich unter Hinweis auf die nachfolgend erörterten älteren Entscheidungen abgelehnt, nachdem ein gesetzlicher Haftungsausschluß für die Aufsichtstätigkeit durch die Bank of England erst mit s. 1(4) Banking Act 1987 eingeführt worden war und die mit der Klage erhobenen Vorwürfe sich jedenfalls teilweise auf Vorgänge bezogen, die zeitlich vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes lagen. 2031 Minories Finance (Johnson Matthey plc) v. Arthur Young [1989] 2 All E.R. 105 (QB), siehe zum zugrundeliegenden Sachverhalt (Johnson Matthey Bankers) be-

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gesetzlichen Haftungsausschlusses durchweg nicht um Anwendungsfälle des englischen Aufsichtsrechts, sondern um Commonwealth-Sachverhalte, bei denen der Privy Council letztinstanzlich entscheidungsbefugt war. Auch wenn die jeweils einschlägigen Aufsichtsrechte vom englischen abwichen, galten für die haftungsrechtlichen Fragen die allgemeinen Regeln des Common law, weshalb die Entscheidungen auch vorliegend von Bedeutung sind. Wichtigste Leitentscheidung für die Frage der Ersatzpflicht wegen fehlsamer Bankenaufsicht war vor der Rechtsprechung im Three Rivers-Fall die Entscheidung des Privy Council in Sachen Yuen Kun Yeu v. Attorney-General of Hong Kong.2032 Gegenstand des Verfahrens waren Ersatzansprüche von Einwohnern der Kronkolonie gegen die dortige Aufsichtsbehörde, den mit umfassenden Eingriffsbefugnissen ausgestatteten Commissioner of Deposit-taking Companies, wegen der ihnen aufgrund der Insolvenz ihrer Bank entstandenen Vermögensverluste. In der Entscheidung befaßte sich der Privy Council mit der Frage, ob die Aufsichtsbehörde gegenüber potentiellen Gläubigern verpflichtet war, „to exercise reasonable care to see that such members of the public did not suffer loss through the affairs of [deposit-taking] companies being carried on by their managers in fraudulent or improvident fashion“.2033

In einem einheitlichen Votum lehnten die Lordrichter eine so formulierte Verpflichtung ab. Zwar sei vorhersehbar gewesen, daß eine unzureichende aufsichtsrechtliche Genehmigungspraxis Schäden einzelner Einleger hätte nach sich ziehen können; eine solche Vorhersehbarkeit begründe allerdings noch keine haftungsrechtlich relevante Pflicht zum Einschreiten.2034 Eine reits oben § 2 sub C. II. In diesem Fall hatte sich die Rechtsprechung zunächst mit Ansprüchen der Muttergesellschaft der Bank zu befassen, die als Einlegerin Verluste erlitten hatte und hierfür Ersatz von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft verlangte. Auf deren Antrag wurde die Bank of England im Rahmen einer sog. Third-party notice (vergleichbar der Nebenintervention aufgrund Streitverkündung nach deutschem Zivilprozeßrecht) am Rechtsstreit beteiligt, da die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft für den Fall einer Verurteilung sich für berechtigt hielt, Ausgleichsansprüche wegen mangelhafter Beaufsichtigung der Bank geltend zu machen. Auf Antrag der Bank of England wurde diese aus dem Verfahren wieder entlassen (sog. „strikeout“), da der geltend gemachte Anspruch offensichtlich unbegründet war: Unter keinen Umständen könne die Bank of England für die Geschäftsführung eines beaufsichtigten Instituts gegenüber dessen Muttergesellschaft haftbar gemacht werden (a. a. O., S. 109 f., per Saville J.). Nach diesem Grundsatz scheidet eine Verpflichtung der Aufsicht gegenüber den beaufsichtigten Instituten zur Korrektur geschäftlicher Fehlentscheidungen regelmäßig aus, vgl. auch Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 358 f. Das Ergebnis ähnelt damit den in BGHZ 90, 310 ff. aufgestellten Grundsätzen, siehe hierzu oben sub I. 3. b) cc). 2032 [1988] A.C. 175 (PC). 2033 Ebd., S. 190, per Lord Keith.

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solche Pflicht komme nicht etwa aufgrund eines besonders engen Verhältnisses der Aufsichtsbehörde zur betroffenen Bank in Betracht, da die Aufsicht keine tägliche, unmittelbare Kontrolle über deren Geschäftsbetrieb ausübe, sondern lediglich zum Einschreiten in besonderen Fällen aufgrund einer Ermessensentscheidung befugt gewesen sei.2035 Auch fehle es am geforderten besonderen Rechtsverhältnis („special relationship“) gegenüber den Einlegern, da die Aufsichtsbehörde jedenfalls auch öffentliche Interessen zu berücksichtigen habe und nicht lediglich die Interessen der Einleger wahrzunehmen verpflichtet gewesen sei. Ferner hätten die Interessen der Altgläubiger gegenüber jenen potentieller Neueinleger abgewogen werden müssen, was sich im konkreten Fall gegen eine frühzeitige Schließung habe einwenden lassen können.2036 Eine Haftung komme auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Analogie zu Auskunftshaftung in Betracht, weil mit der Erteilung der aufsichtsrechtlichen Genehmigung zum Geschäftsbetrieb keinerlei haftungsrechtlich relevante Aussage über die finanzielle Situation einer Bank getroffen werde.2037 Die Klagabweisung wurde außerdem mit der Erwägung begründet, eine gegenteilige Entscheidung führe zu einer kaum abgrenzbaren Haftung gegenüber potentiellen Einlegern, die im fraglichen Zeitraum zu Vertragspartnern des Instituts würden (sog. „floodgate argument“)2038. Die Kläger seien insoweit „simply a few among the many inhabitants of Hong Kong who might choose to deposit their money with that or any other deposit-taking company. The class to whom the commissioner’s duty is alleged to have been owed must include all such inhabitants“.2039

In einer späteren Entscheidung des Privy Council zu einem nach dem Recht der Insel Man zu beurteilenden Fall2040 bestätigte der Spruchkörper seine Rechtsprechung in Sachen Yuen Kun Yeu und grenzte die Anforderungen an eine Ersatzhaftung für fehlerhafte Bankenaufsicht weiter ein. Auch in diesem Fall machten Einleger die ihnen im Rahmen der Insolvenz eines 2034

A. a. O., S. 194, per Lord Keith – keine „duty of care“. A. a. O., S. 196. 2036 A. a. O., S. 194 f. 2037 A. a. O., S. 197 unter Hinweis auf den Grundsatz, daß eine Auskunftshaftung letztlich auf einer freiwilligen Übernahme der Gewährleistung für die Richtigkeit einer Aussage beruhe. Vgl. hierzu auch den interessanten Hinweis bei Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 356, auf eine „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ für einige Banken, welche die Bank of England zur Abwendung von Vertrauensverlusten in der Nachfolge des BCCI-Zusammenbruchs veröffentlichte – versehen mit einem Hinweis, daß keine Gewähr für die Situation im Einzelfall übernommen werde. Siehe auch ebd., S. 357, m. w. N. zu vergleichbaren kanadischen Urteilen. 2038 Vgl. auch Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 362. 2039 [1988] A.C. 175, 195. 2040 Davis v. Radcliffe [1990] 1 W.L.R. 821 (PC). 2035

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beaufsichtigten Kreditinstituts entstandenen Vermögensschäden geltend. Das Gericht wies die Klage ab.2041 Auch hier wurde ausdrücklich auf den kaum eingrenzbaren Kreis möglicherweise geschützter Dritter als Argument gegen die Annahme einer Amtshaftung nach allgemeinen Grundsätzen abgestellt.2042 Mit dem Sonderfall einer Haftung aus „breach of statutory duty“ befaßte sich demgegenüber die (unveröffentlichte)2043 Entscheidung des Guernsey Court of Appeal in Sachen Guernsey (States) v. Firth aus dem Jahre 1981,2044 mit der sich auch das Urteil des Privy Council in Sachen Yuen Kun Yeu auseinandersetzte.2045 Der Entscheidung lag eine gesetzliche Pflicht der Aufsichtsbehörde von Guernsey zugrunde, regelmäßig eine Liste aller zugelassenen Kreditinstitute zu veröffentlichen. Diese Pflicht wurde über mehrere Jahre hinweg vernachlässigt. Die Schadensersatzklage betraf den Verlust von Einlagen bei einem Institut, das keine aufsichtsrechtliche Genehmigung erhalten hatte. Der Court of Appeal von Guernsey gab der Klage unter Verweis auf die Ratio der Bekanntmachungspflicht statt, die investierende Öffentlichkeit vor ungenehmigten Bankgeschäften zu warnen. Daß hier offensichtlich potentielle Gläubiger insgesamt für ersatzberechtigt gehalten wurden, steht in Widerspruch zu den oben diskutierten Entscheidungen; nachdem diese später und außerdem vom Privy Council als der höchsten Rechtsmittelinstanz im Commonwealth erlassen wurden, dürfte anzunehmen sein, daß heute auch in diesem Fall trotz der nachweisbaren Verletzung einer konkreten Rechtspflicht zu einem bestimmten Verhalten eine andere Entscheidung für richtig gehalten würde.2046 Angesichts des im FSMA 2000 eingeräumten Ermessens ist ein Fall der Verletzung einer zwingenden Verhaltenspflicht mit entsprechenden Haftungsfolgen heute ohnehin praktisch ausgeschlossen.

2041 A. a. O., S. 828 ff. unter Berufung auf das Urteil in Sachen Yuen Kun Yeu (siehe oben im Text). 2042 A. a. O., S. 827, per Lord Goff. 2043 Siehe Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 364. 2044 Guernsey Court of Appeal No. 10, 1981. 2045 [1988] A.C. 175, 197. 2046 In diese Richtung wohl Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 364.

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3. Die Bedeutung der Rechtsprechung im „Three Rivers“-Fall insbesondere a) Der allgemeine Kontext der Entscheidung Nach allem steht einer einfachen Fahrlässigkeitshaftung für fehlerhafte Bankenaufsicht regelmäßig nicht nur der diesbezügliche gesetzliche Haftungsausschluß in Sch. 1, para. 19 FSMA 2000 entgegen. Sie kollidiert vielmehr auch mit allgemeinen haftungsrechtlichen Grundsätzen, welche die Haftung für fahrlässig fehlerhafte Ermessensentscheidungen praktisch ausschließen. Eine Amtshaftung kommt damit im geltenden Recht nur für Fälle von Rechtsverletzungen „in bad faith“ in Betracht, die der Haftungsausschluß nach Sch. 1, para. 19(3)(a) FSMA 2000 nicht erfaßt. Damit sind die Voraussetzungen für den seit langem2047 im Common law anerkannten, aber bis in die jüngste Zeit im einzelnen umstrittenen speziellen deliktischen Haftungstatbestand der „Misfeasance in public office“ angesprochen, der Schädigungen aus vorsätzlichem Amtsmißbrauch betrifft. Die Entscheidung des House of Lords in Sachen Three Rivers District Council v. Governor and Board of the Bank of England vom 18. Mai 20002048 hat die Voraussetzungen für eine Haftung nach diesem Tatbestand höchstrichterlich konkretisiert und damit die für das weitere Verfahren in dieser Sache erforderlichen rechtlichen Vorfragen geklärt. Darin – und in den bereits oben im einzelnen erörterten Ausführungen zu einer möglichen gemeinschaftsrechtlich fundierten Haftung aufgrund etwaiger Verstöße gegen die Erste Bankrechtskoordinierungsrichtlinie – erschöpfen sich die Aussagen der Entscheidung; zur Frage, ob der konkrete Sachverhalt eine Haftung nach diesen Grundsätzen trägt, wurde noch nicht Stellung genommen. Bei Abschluß des Manuskripts der vorliegenden Untersuchung ist das Verfahren, nachdem die Bank of England im Jahre 2001 mit einem Antrag auf Klagabweisung als offensichtlich unbegründet gescheitert war,2049 zehn Jahre nach seinem Beginn am 24. Mai 19932050 erst an den Beginn der eigentlichen streitigen Verhandlung gelangt.2051 In der langwierigen Pre2047

Erste Entscheidungen ergingen bereits im 18. Jahrhundert, siehe z. B. Wade/ Forsyth, S. 765 ff. sowie die Nachw. in den Voten von Hirst L.J. in Three Rivers District Council v. Governor and Board of the Bank of England [2000] 2 W.L.R. 15, 39 ff. und in der Entscheidung des House of Lords in derselben Sache, [2000] 2 W.L.R. 1220, 1229 f. Die frühesten Leitentscheidungen sind offenbar Turner v. Sterling (1671) 2 Vent. 25; Ashby v. White (1703) 2 Ld. Raym. 938, 3 Ld. Raym. 320. 2048 [2000] 2 W.L.R. 1220. 2049 Sog. „striking-out application“, siehe den Nachw. soeben Fn. 2050. 2050 Zum Verfahrensgang Three Rivers District Council v. Governor and Board of the Bank of England [2001] 2 All E.R. 513 ff.

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trial-Phase sind bereits mehrfach Gerichtsentscheidungen ergangen,2052 die hauptsächlich über einzelne, durch die Kläger geltend gemachte Ansprüche auf Einsicht in bestimmte Unterlagen der für die Aufsicht seinerzeit zuständigen Gremien der Bank of England zu entscheiden hatten.2053 b) Der Tatbestand der „Misfeasance in public office“ im einzelnen In der Entscheidung vom 18. Mai 2000 hat insbesondere Lord Steyn in seinem ausführlichem Votum zur Misfeasance zunächst auf die historischen Ursprünge dieses Tatbestands hingewiesen und die Parallele zwischen diesem und dem Straftatbestand des Misconduct in public office betont. Amtshaftung wegen Misfeasance wird mithin auch als Ausfluß des Grundsatzes verstanden, daß öffentliche Gewalt nur zum Schutz des Allgemeinwohls („public good“) ausgeübt werden darf.2054 Historisch hatte sich die Misfeasance-Haftung aus Fällen vorsätzlicher Schädigungen Privater durch Amtsträger aus unredlichen Motiven entwickelt; „bad faith“ bedeutete ursprünglich „malice in the subjective, moral sense“, auch bezeichnet als „malice in law“2055 oder „targeted malice“.2056 Aus den Anfängen entwickelte sich neben dieser Form der Misfeasance eine zweite Fallgruppe heraus, die dadurch gekennzeichnet war, daß der handelnde Amtsträger zwar nicht die Schädigung des Betroffenen als solche anstrebte, aber Vorsatz bezüglich der Rechtswidrigkeit seiner Amtshandlung hatte und sich bewußt war, daß hier2051 Instruktiv zum aktuellen Verfahrensstand und zu den bisherigen Kosten des Verfahrens (allein 21 Mio. Pfund im Geschäftsjahr 2003 = 10% des Haushalts der Bank) o.V., The BCCI case. Half-time in the High Court, The Economist v. 10.7.2004, S. 66 ff. 2052 Siehe zuletzt Three Rivers District Council v. Governor and Board of the Bank of England [2003] 1 W.L.R. 210; (2002) 152 NLJ 1924. 2053 Das Hauptproblem besteht für die Kläger in diesem Fall im Beweismaß, das für den auf Misfeasance in public office gestützten Haftungsanspruch gilt; hierzu im einzelnen unten sub b). Ohne die Kenntnis der Beweggründe für das Handeln der einzelnen Verantwortlichen kann der erforderliche Nachweis nicht gelingen, so daß es gerade auf einzelne vorbereitende Schriftstücke, Aktennotizen, Gesprächsprotokolle ankommt. Eine Hilfe bieten insbesondere die – bislang nicht veröffentlichten – Anhänge zum Bingham-Report vom 22.10.1992 (dazu oben § 2 sub C. II. bei und in Fn. 138), die aber nicht als solche zum Beweismittel gemacht werden können, weil die Untersuchung durch Bingham LJ nicht die Qualität einer gerichtlichen Beweiserhebung hatte, vgl. zuletzt Three Rivers District Council v. Governor and Board of the Bank of England [2001] 2 All E.R. 513, per Lord Hope. 2054 Three Rivers District Council v. Governor and Board of the Bank of England [2000] 2 W.L.R. 1220, 120 unter Hinweis auf Jones v. Swansea City Council [1990] 1 W.L.R 54, 85; R. v. Bowden [1996] 1 W.L.R. 98. 2055 Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 366 m. w. N. 2056 Three Rivers District Council v. Governor and Board of the Bank of England [2000] 2 W.L.R. 1220, 1231 m. w. N.

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aus ein Schaden entstehen könnte oder würde.2057 Gegenüber der ersten, ursprünglichen Fallgruppe ließe sich der geforderte subjektive Tatbestand („state of mind“) mithin als dolus directus 2. Grades beschreiben, ohne daß die Grenzen gegenüber bloßem Eventualvorsatz insoweit bis zur Entscheidung des House of Lords im Three Rivers-Fall klar gezogen worden wären. Hier war vor allem streitig, ob die billigende Inkaufnahme („recklessness“) bezüglich Fehlverhalten und Schadenseintritt für die Annahme der Haftung aus Misfeasance ausreichte. Unter Berufung auf australische und neuseeländische Entscheidungen2058 bejahte das House of Lords dies zunächst hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der Amtshandlung und berief sich dabei auf die erstinstanzliche Entscheidung, die besonders auf die Bedeutung der Ersatzhaftung als Sanktion für amtsmißbräuchliches Verhalten abgestellt hatte:2059 „The reason why recklessness [scil. has to be regarded as sufficient] is that misfeasance consists in the purported exercise of a power otherwise than in an honest attempt to perform the relevant duty. It is that lack of honesty which makes the act an abuse of power.“

Hinsichtlich der ersatzfähigen Schadenshöhe war streitig, ob es bei Vorliegen einer zumindest billigenden Inkaufnahme der Rechtswidrigkeit genügen sollte, daß der Schadenseintritt aufgrund der Handlung in seinem Ausmaß vernünftigerweise hätte vorhergesehen werden können („reasonably foreseeable“ gewesen wäre), oder ob erforderlich ist, daß die betreffende Amtsperson Schadenseintritt und -umfang tatsächlich vorhergesehen hat. Wie bereits Clark J. in der erstinstanzlichen Entscheidung, entschied sich das House of Lords zu einer vermittelnden Lösung: Erforderlich sei das Wissen, daß die Handlung wahrscheinlich zu einer Schädigung führen würde: „This (. . .) represents a satisfactory balance between the two competing policy considerations, namely enlisting tort law to combat executive and administrative abuse of power and not allowing public officers, who must always act for the public good, to be assailed by unmeritous actions.“2060

2057 Vgl. Three Rivers District Council v. Governor and Board of the Bank of England, [2000] 2 W.L.R. 1220, 12311, per Lord Steyn, S. 1262 ff., per Lord Hutton; siehe auch Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 366 f. m. w. N. 2058 Northern Territory v. Mengel (1995) 69 A.J.L.R. 527; Garrett v. AttorneyGeneral [1997] 2 N.Z.L.R. 332; Rawlinson v. Rice [1997] 2 N.Z.L.R. 651. 2059 [1996] 3 All E.R. 558, 581, per Clarke J. In seinem Votum im House of Lords kommentierte Lord Steyn: „The policy underlying [scil. this principle] is sound: reckless indifference to consequences is as blameworthy as deliberately seeking such consequences“, siehe [2000] 2. W.L.R. 1220, 1232. Siehe auch die entsprechenden Voten von Lord Hutton, S. 1262 ff.; Lord Hobhouse, S. 1270; Lord Millett, S. 1274 ff.

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4. Zusammenfassung Die Position des englischen Amtshaftungsrechts läßt sich nach allem wie folgt zusammenfassen: Gesetzlich ausgeschlossen ist die einfache Fahrlässigkeitshaftung für aufsichtsrechtliche Fehlentscheidungen. Auch ohne den gesetzlichen Haftungsausschluß würde ein auf einfache Fahrlässigkeit gestützter Deliktsanspruch jedoch im Regelfall scheitern, soweit die fragliche Unterlassung im Rahmen der Ausübung von Ermessensentscheidungen angesiedelt war. Eine Amtshaftung für fehlsame Bankenaufsicht kommt deshalb nur bei Amtsmißbrauchsfällen in Betracht, in denen die Verantwortlichen zumindest wissentlich in Kauf nahmen, daß ihre Entscheidung im Einzelfall rechtswidrig war und in denen sie zumindest Eventualvorsatz bezüglich eines Schadenseintritts infolge ihrer Entscheidung hatten. Die Voraussetzungen für eine derartige Haftung nach den Grundsätzen über die Misfeasance in public office hat das House of Lords erst im Haftungsprozeß über die aufsichtsrechtliche Tätigkeit der Bank of England über die Bank of Credit and Commerce International geklärt. Der Tatbestand der Misfeasance hat danach durchaus den Charakter als Sanktion für bewußte Rechtsverstöße verantwortlicher Amtsträger; die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast liegen entsprechend hoch. D. Vergleichende Würdigung I. Bestandsaufnahme

Sowohl in Deutschland als auch in England und ebenso im Europäischen Gemeinschaftsrecht läßt sich die Staats- oder Amtshaftung im Kern als Rechtsbehelf für Fälle definieren, in denen der Staat selbst oder der Träger eines öffentlichen Amts gegen eine Verhaltenspflicht gegenüber Dritten durch positives Tun oder Unterlassen verstoßen hat und diesem daraus ein Schaden entstanden ist. Die Untersuchung hat gezeigt, daß die Subsumtion einer Untätigkeit der Bankenaufsicht in Fällen drohender Insolvenzen von Kreditinstituten unter die einschlägigen Haftungstatbestände durchweg auf Schwierigkeiten stößt. Das Gemeinschaftsrecht schreibt, wie dargelegt, konkrete Verhaltenspflichten der Aufsicht für den Krisenfall als solche nicht vor; es konzentriert sich vielmehr weitgehend auf konkrete Maßstäbe und Anforderungen für die laufende präventive Aufsichtstätigkeit. Folgt man der hier vertrete2060 Siehe vor allem die ausführliche Begründung Lord Steyns a. a. O., S. 1235; jedenfalls mit ähnlichem Ergebnis auch S. 1265, per Lord Hutton, S. 1274 f. per Lord Millett.

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nen Auffassung, die auch durch die Schlußanträge der Generalanwältin Stix-Hackl in der Rechtssache Paul ./. Deutschland bestätigt wird, so lassen sich subjektive Rechte Dritter, insbesondere der Einleger der beaufsichtigten Institute, aus dem Gemeinschaftsrechtsrahmen für die Bankenaufsicht nicht ableiten, weil sämtliche der so begründeten Sicherheitsstandards für den Bankbetrieb weit im Vorfeld einer finanziellen Krise ansetzen und ein deutliches Unterschreiten dieser Anforderungen keineswegs zwingend mit Einlegerverlusten verbunden ist. Eine etwaige Amtspflicht zum Einschreiten in bestimmter Weise läßt sich daher erst dann begründen, wenn die aufsichtsrechtlichen Standards so erheblich unterschritten werden, daß solche Verluste in der Tat drohen. Das Gemeinschaftsrecht selbst setzt dafür keine Grenze, sondern überläßt die Ausgestaltung den Mitgliedstaaten. Deshalb und auch wegen der Verschiedenheit möglicher Eingriffe zur Krisenabwendung geben die allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für konkrete Verhaltensregeln im Krisenfall nichts her. Gerade die sehr offen gehaltenen Regelungen der EG-Liquidationsrichtlinie von 20012061 belegen recht deutlich, daß vielmehr in Ermangelung eines Konsenses unter den Mitgliedstaaten insoweit durchaus unterschiedliche Konzepte gemeinschaftsrechtlich anerkannt sind. Haftungsrechtlich relevante Verhaltenspflichten ergeben sich jedoch nach der hier vertretenen Auffassung aus der EG-Einlagensicherungsrichtlinie; die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, daß sämtliche von ihnen beaufsichtigte Kreditinstitute einem hinreichenden Sicherungssystem angehören, und haften ggf. geschädigten Einlegern bis zur Höhe des durch die Richtlinie garantierten Mindestschutzes. In Deutschland ist die Rechtslage gegenwärtig unklar. Kam nach früherer Rechtsprechung eine Staatshaftung gem. Art. 34 GG, § 839 BGB nur für Fälle des Amtsmißbrauchs oder offensichtlich rechtswidriger Amtshandlungen in Betracht, so haben die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in den Fällen „Wetterstein“ und „Herstatt“ den Kreis möglicher Haftungsfälle weiter gezogen und eine Haftung auch im Falle der Ermessensreduktion bei der Ausübung aufsichtsrechtlicher Eingriffskompetenzen für begründet erklärt. Nachdem der Gesetzgeber mit der Festlegung der Aufsicht ausschließlich auf den Schutz des öffentlichen Interesses in § 6 III KWG a. F. (entspr. der heutige § 6 IV FinDAG) die Amtshaftung ausschließen wollte, läßt sich eine Haftung nurmehr begründen, wenn dieser Haftungsausschluß gegen höherrangiges Recht, insbesondere gegen Rechtspositionen mit Verfassungsrang kollidieren sollte. In England ist dagegen die Amtshaftung schon nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen regelmäßig auf Fälle vorsätzlichen Amtsmißbrauchs beschränkt; der Haftungsausschluß in Sch. 1, para. 19 FSMA 2000 hat inso2061

Hierzu im einzelnen unten § 16 sub C. II. 1.

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weit nur klarstellende Bedeutung. Hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen hat das House of Lords im Three Rivers-Fall nunmehr in letzter Instanz klargestellt, daß sowohl hinsichtlich der Rechtswidrigkeit der fraglichen Amtshandlung als auch hinsichtlich des Schadenseintritts jeweils Eventualvorsatz des verantwortlichen Amtsträgers erforderlich ist. In beiden Rechtsordnungen ist die praktische Bedeutung der Amtshaftung, gemessen an Zahl und Erfolg von Haftungsprozessen, bislang gering. In Deutschland haben die Verfahren, in denen der Bundesgerichtshof die Grundsätze über die Haftung wegen fehlerhafter Ermessensentscheidungen letztlich nach Zurückverweisung an die Berufungsgerichte – vom BGH in der erneuten Revision nicht beanstandet – mit der Abweisung der Klagen geendet, weil die klagenden Einleger die Kausalität der Unterlassung für die Schadensentstehung („Wetterstein“)2062 bzw. Voraussetzungen für eine Ermessensreduktion „auf Null“ („Herstatt“)2063 nicht nachweisen konnten. In England ist zehn Jahre nach Verfahrensbeginn der Haftungsprozeß im Zusammenhang mit der Insolvenz der BCCI nach der höchstrichterlichen Klärung der streitentscheidenden Rechtsfragen erst in die Frühphase der streitigen Verhandlung gelangt; auch hier ist offen, ob die Kläger die strengen Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast erfüllen können.2064 II. Bewertung

1. Das Problem der Vergleichbarkeit und Konsequenzen Ein Vergleich der in beiden Rechtsordnungen entwickelten Argumentationsmuster deutet zunächst auf Unterschiede im Verständnis von Legitimation und Funktion des Instituts der Amtshaftung für fehlsame Bankenaufsicht, die sich allerdings erst mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in den Fällen „Wetterstein“ und „Herstatt“ ergeben haben: Wie in England, war die Haftung nach früherem Verständnis auch in Deutschland auf Fälle beschränkt, in denen ein strafbares oder jedenfalls grob und evident rechtswidriges Verhalten eines Amtswalters als Schadensursache nachgewiesen werden konnte. Während das House of Lords im Three Rivers-Fall noch in jüngster Zeit die Vergleichbarkeit der Misfeasance-Haftung mit dem entsprechenden Straftatbestand und entsprechend die Funktion der Haftung als Sanktion für Fehlverhalten und damit auch als disziplinierendes Element betont,2065 so wird in den vor Einführung des 2062

Oben sub C. I. 3. b) aa). Oben sub C. I. 3. b) bb). 2064 Siehe erneut oben sub C. II. 3. b) und insbesondere die Entscheidung des House of Lords vom 22.3.2001, [2001] 2 All E.R. 513 ff. 2063

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

gesetzlichen Haftungsausschlusses ergangenen Entscheidungen des BGH ein gewandeltes Rechts-, insbesondere Verfassungsverständnis nachvollzogen, das vor allem auf grundrechtlich fundierte Schutzpflichten des Staates und Gesichtspunkte der Rechtsstaatlichkeit abstellt.2066 Der damit begründete Pflichtenkreis ist allerdings ebenso weit wie unbestimmt; über die im Haftungsprozeß inzident erfolgende gerichtliche Ermessenskontrolle werden die Kriterien, die die aufsichtliche Entscheidung im Einzelfall beeinflußt haben, einer eingehenden Überprüfung zugänglich gemacht. Aufgrund der Einführung des Haftungsausschlusses ist die Frage der Amtshaftung heute vor allem eine Frage nach der legislatorischen Gestaltungsmacht und ihren Grenzen. Das englische Recht geht von anderen Voraussetzungen aus; hier wird von vornherein die Haftung auf Extremfälle begrenzt, wenngleich die „billigende Inkaufnahme“ der Rechtswidrigkeit und des möglichen Schadenseintritts ausreicht. Die Gestaltungsmacht des Gesetzgebers bezüglich des Haftungsausschlusses für einfache Fahrlässigkeit ist dagegen unstreitig. Aufgrund der unterschiedlichen Argumentationsebenen erscheint auf den ersten Blick zweifelhaft, ob sich beide Rechtsordnungen insoweit überhaupt zum Vergleich eignen: Die verfassungsrechtliche Argumentation ist dem englischen Recht fremd, während andererseits der ausdrückliche Rekurs nicht zuletzt auf rechtspolitische Erwägungen, der die zitierten englischen Urteile kennzeichnet, im deutschen Recht eher auf Unverständnis stößt.2067 Sicherlich reibt sich der Verweis auf bloße Zweckmäßigkeitserwägungen mit verfassungsdogmatischen Prinzipien: Die Berufung etwa auf die geringen Erfolgsaussichten von Haftungsprozessen, ihre lange Dauer, erhebliche Beweisschwierigkeiten oder auch die tatsächlich eher geringen Möglichkeiten der Aufsicht, Einlegerverluste zu vermeiden, wiegen im deutschen Verständnis eher leicht gegenüber Grundrechtspositionen oder anderen Verfassungsprinzipien. Gerade der durch den Vergleich mit der stark rechtspolitischen Argumentation des englischen Rechts geschärfte Blick auf das zu bewältigende Sachproblem legt indes Zweifel nahe, ob die „isolierte“ Ver2065 2066

Siehe erneut oben sub C. II. 3. b) bei und in Fn. 2054, 2059. Vgl. erneut BGH, Urt. v. 15.2.1979 – III ZR 108/76, BGHZ 74, 144, 149 f.,

152 ff. 2067 Dies belegen gerade die oben sub C. I. 5. zitierten literarischen Stellungnahmen, soweit sie etwa auf die systematische Stellung des Bankaufsichtsrechts als Teil des Gewerbepolizeirechts und hierfür geltende, anerkannte Rechtsprinzipien abstellen, ohne die Sonderstellung von Regelungszwecken und Steuerungsinstrumenten der Bankenaufsicht hinreichend herauszuarbeiten, siehe im einzelnen bereits die Kritik oben sub C. I. 6. Besonders anschaulich insoweit die Stellungnahme von Nicolaysen, GS Martens, S. 663, 674, der gegenüber Bedenken hinsichtlich einer „Staatsgarantie“ moniert, dieser Gesichtspunkt begründe „noch kein rechtliches Argument, und so werden zum Teil auch nur rechtspolitische Zweifel vorgetragen“.

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fassungsauslegung überhaupt ein taugliches Instrument darstellt, die Frage nach dem Erfordernis der Amtshaftung zu entscheiden. Damit soll nicht die Funktion der Verfassung bestritten werden, durch einen strikt bindenden Verfassungstext die konstituierenden Elemente der Rechts- und Sozialordnung zu fixieren und so „stabilisierend und rationalisierend“ auf das Rechtsleben einzuwirken.2068 Denn es geht nicht um den geschriebenen Verfassungstext als solchen, auch nicht um unmittelbar hierin verankerte, anerkannte Verfassungsprinzipien (etwa das Rechtsstaatsprinzip), sondern um einen Akt der Verfassungsinterpretation in Bezug auf ein Einzelproblem und damit von vornherein um einen Bereich, in dem die Verfassung selbst eindeutige Lösungen gerade nicht anbietet.2069 Akzeptiert man – mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – die traditionelle „objektive“ Auslegungstheorie, so muß der „objektivierte Willen des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt“, ermittelt werden.2070 Nachdem weder Wortlaut noch Sinnzusammenhang des Verfassungstextes eine eindeutige Lösung in Bezug auf das vorliegend zu untersuchende Problem bieten, führt dieser Ansatz allerdings vorliegend nicht weiter und kommt es vielmehr auf eine Konkretisierung des Verfassungstextes an2071 – die aber ihrerseits gerade nicht ohne Wertungen des Interpreten denkbar ist. Dieser legt dem Interpretationsprozeß zwangsläufig ein Vorverständnis der auszulegenden Norm und des konkret zu lösenden Sachproblems zugrunde. Er ist zwar durch methodische Vorgaben, die den Auslegungsprozeß rationalisierbar machen, in seinem Vorgehen gebunden und bewegt sich darüber hinaus in den durch den Wortlaut der Verfassung gesetzten Auslegungsgrenzen, doch bleiben die so entwickelten Ergebnisse letztlich nur subjektiv „richtig“, ohne deshalb „beweisbar“ zu sein.2072 2068

Vgl. hierzu Hesse, Rn. 31 ff. Zum Problem der Verfassungsinterpretation statt vieler Hesse, Rn. 49 ff.; ferner die ausführlichen „Vorannahmen zur Verfassungsmethodik“ bei Reimer, S. 120 ff. 2070 Vgl. etwa BVerfG, Beschl. v. 21.5.1952 – 2 BvH 2/52, BVerfGE 1, 299, 312; Urt. v. 16.2.1983 – 2 BvE 1–4/83, BVerfGE 62, 1, 45, st. Rspr. und dazu die kritische Diskussion bei Hesse, Rn. 53 f. m. w. N. 2071 Vgl. hierzu und zum folgenden im einzelnen Hesse, Rn. 60 ff. m. w. N. 2072 Vgl. Hesse, Rn. 76: „Richtigkeit“ im naturwissenschaftlichen Sinne „kann im Bereich juristischer Interpretation niemals mehr als eine Fiktion und Lebenslüge der Juristen bleiben, hinter der sich unausgesprochen und unkontrollierbar die wahren Gründe der Entscheidung oder auch nur schweigender Dezision verbergen. Gegenüber dem Anspruch absoluter Richtigkeit, die sich nicht erweisen läßt und oft die ratio decidendi nicht einmal offenlegt, erscheint mit einer relativen Richtigkeit, die die Begrenztheit ihres Anspruchs eingesteht, die aber in dieser Begrenztheit einsichtig, überzeugend und wenigstens bis zu einem gewissen Grade voraussehbar ge2069

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Auf das vorliegend zu untersuchende Problem gemünzt, lassen sich damit zunächst die eingangs aufgeworfenen Zweifel an der Vergleichbarkeit der verfassungsrechtlichen Debatte mit dem eher auf Anwendungs- und Abgrenzungsprobleme konzentrierten Diskurs im englischen Recht ausräumen: Der unterschiedliche dogmatische Ansatz darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß auch die verfassungsrechtliche Debatte in Deutschland in entscheidender Weise von Wertungen geprägt ist, die als solche durchaus dem Vergleich zugänglich sind. Dies erklärt, warum – wie festgestellt – die Debatte über Amtshaftung und Haftungsausschluß im deutschen Schrifttum stets auch von rechtspolitischen Argumenten geprägt war und ist, und es illustriert den Stellenwert dieser Argumente. Schließlich läßt sich vor diesem Hintergrund ein kritischer Blick auf die „Praxistauglichkeit“ einzelner Argumente gerade auch zur Bewertung der von den Befürwortern der Amtshaftung entwickelten Konzepte rechtfertigen. Nach richtiger Lesart handelt es sich um nichts anderes als die Überprüfung eines Interpretationsergebnisses auf die Stimmigkeit mit Blick auf die Lösung eines konkreten Sachproblems. 2. Die Funktion der Amtshaftung im einzelnen Unter den Ergebnissen der dieser Stellungnahme vorangestellten vergleichenden Bestandsaufnahme erstaunt besonders die erhebliche Diskrepanz zwischen dem insbesondere in Deutschland betriebenen argumentatorischen Aufwand zur Begründung der Amtshaftungsansprüche sowie den in entsprechende Verfahren – in beiden Rechtsordnungen – investierten Ressourcen einerseits und andererseits der praktischen Bedeutung der Amtshaftung für die Kompensation der den Gläubigern einer insolventen Bank entstandenen Schäden. Wie gesehen, stößt die deutsche Argumentation gerade dort auf Schwierigkeiten, wo sie das Erfordernis der Amtshaftung als Ausfluß höherrangiger Verfassungsprinzipien darzulegen sucht, aber den Nachweis schuldig bleibt, daß den Schutzobjekten – insbesondere den Einlegern – durch Einräumung der geforderten subjektiven Rechte tatsächlich gedient wäre.2073 Über die in den beiden grundlegenden Entscheidungen des BGH zur Amtshaftung für fehlsame Bankenaufsicht aufgestellten Grundsätze ist im Schrifttum lobend hervorgehoben worden, sie seien nicht geeignet, Befürchtungen nach einer allgemeinen „Staatsgarantie“ für Einlagen zu tragen, trügen andererseits aber auch dem Schutzinteresse der Einleger hinreichend Rechnung.2074 Tatsächlich ist jedoch mit den entsprechenden Grundsätzen macht werden kann, manches gewonnen, und zwar nicht nur ein Stück juristischer Redlichkeit, sondern auch – begrenzte – Rechtssicherheit.“ 2073 Siehe erneut oben sub C. I. 6. c) in Auseinandersetzung mit den einzelnen Theorien.

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gerade das grundlegende Dilemma offenbar geworden, dem diejenige Auffassung notwendig ausgesetzt ist, welche die Amtshaftung – anders als das englische Recht – als Ausfluß grundrechtlicher Schutzpflichten gegenüber dem einzelnen Einleger und nicht lediglich als Sanktion für vorsätzliches Fehlverhalten einzelner Amtsträger in Extremfällen begreift: Entweder wird, wie es bei Annahme entsprechender Schutzpflichten von Verfassungsrang eigentlich konsequent wäre, das so begründete Schutzniveau entsprechend hoch gezogen – mit dem Ergebnis, daß die allgemeinen Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Kausalität zwischen aufsichtsseitiger Unterlassung und Schadenseintritt sowie der erforderlichen Ermessensreduktion „auf Null“ aufgehoben und entsprechende tatsächliche Vermutungen oder gar eine Beweislastumkehr von Verfassungs wegen angenommen werden müßten. Oder aber die allgemein geltenden Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des Anspruchstellers werden auch für die Amtshaftung angelegt – mit dem Ergebnis, daß sie im Regelfall nicht erfüllt werden können und aus diesem Grund der Schutzzweck regelmäßig leerläuft. Im erstgenannten Fall wäre der so begründete Schutzanspruch angesichts der derzeitigen Aufsichtsinstrumentarien und -ressourcen kaum erfüllbar und würde wohl eine kaum mehr marktwirtschaftlichen Kriterien entsprechende Aufsichtsdichte nahelegen.2075 Dieses Problem ist im Schrifttum bislang nicht hinreichend berücksichtigt worden, wie die sehr optimistische Einschätzung der Gewährung subjektiver Rechte auf ein aufsichtsrechtliches Einschreiten im Krisenfall als Instrument des Gläubigerschutzes zeigt. Gerade die – hierzulande im Schrifttum bezeichnenderweise kaum je befriedigend analysierte – in Deutschland und England ergangene Rechtsprechung illustriert die Schwierigkeiten jedoch durchaus eindeutig. Nicht zuletzt das Verfahren im Three Rivers-Fall belegt eindrucksvoll, daß geschädigte Einleger ihren Klagvortrag regelmäßig nur dann substantiieren können, wenn sie über detaillierte Erkenntnisse über die aufsichtsinternen Entscheidungsprozesse verfügen, so daß vor dem Verfahren in der Sache zunächst Auskunftsklagen erhoben werden müßten. Auch bei Vorliegen entsprechender Erkenntnisse werden die Voraussetzungen für die Annahme einer Ermessensreduktion häufig fehlen: Bereits oben2076 ist auf die in die Abwägung einzustellenden Gesichtspunkte hingewiesen worden, die gegen eine aufsichtsrechtliche Schließung sprechen können. Auch wird sich die Aufsicht zumindest in Deutschland2077 darauf berufen kön2074 In diesem Sinne schon K. Schmidt, DB 1982, 1044, 1048; entsprechend etwa Nicolaysen, GS Martens, S. 663, 673 f.; Schenke/Ruthig, NJW 1994, 2324, 2328; siehe für den Bereich des Versicherungsaufsichtsrechts auch Tönnies, S. 64 ff., 70. 2075 Insoweit zutreffend die etwa von Boos/Schwirten, § 4 FinDAG Rn. 11, erhobenen Bedenken; siehe auch schon Starke, WM 1979, 1402, 1412 f. 2076 Sub C. I. 6. a) zum deutschen Recht.

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

nen, daß die Ausgestaltung der gesetzlichen Eingriffskompetenzen ein Zuwarten in der Hoffnung auf einen Sanierungserfolg durchaus als sinnvoll und wünschenswert nahelegt und schon der durch den Gesetzgeber selbst festgelegte Auftrag eine Schließung nur als ultima ratio begreift.2078 Schließlich dürfte die Kausalität der Unterlassung eines aufsichtsrechtlichen Eingreifens überall dort ausscheiden, wo in dem Zeitpunkt, in dem die Aufsicht hinreichend sichere Kenntnis von der Krise erlangt, das Entstehen von Verlusten der Gläubiger schon nicht mehr abgewendet werden kann. Von vornherein kommen damit nur „Neugläubiger“ als Ersatzberechtigte in Betracht; gegen deren Ansprüche wiederum kann unter Umständen das Interesse der „Altgläubiger“ an weiteren Sanierungsversuchen und damit einer Abwendung der Schließung abzuwägen sein.2079 Nach allem spricht vieles für die Annahme, daß das Konzept der Bankenaufsicht im Interesse der Einleger von fehlerhaften Prämissen hinsichtlich der „Leistungsfähigkeit“ der Aufsicht zur Erreichung dieses Schutzzwecks im Krisenfall ausgeht, deshalb insgesamt nicht überzeugt und auch als Basis für die Begründung von Ersatzansprüchen der Einleger letztlich nicht in Betracht kommt. Mit diesem Befund lassen sich auch die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit hinsichtlich der Ausgestaltung der aufsichtsrechtlichen Eingriffsbefugnisse vereinbaren: Wie oben nachgewiesen,2080 kommt der Aufsicht im Rahmen der präventiven Überwachung des Geschäftsbetriebs eine Funktion ähnlich der eines unternehmensinternen Kontrollgremiums zu. Sie kann auf die Einhaltung abstrakter Sicherheitsstandards durch die Geschäftsführung hinwirken und damit die beaufsichtigten Institute auch zum Schutz vor externen „Schocks“ anhalten, sie kann ggf. Restrukturierungsmaßnahmen anregen oder notfalls anordnen, aber die Verantwortung für die Unternehmensleitung und damit auch für den Mißerfolg tragen gleichwohl die hierzu gesellschaftsrechtlich berufenen Organe. In der Krise bleibt die – immer ex post agierende – Aufsicht insbesondere in England, aber letztlich auch in Deutschland auf die Funktion eines Auslösers für In2077

Die Schwierigkeiten der Aufsicht, einen als Krisenverhinderung definierten Auftrag in jedem Einzelfall zu erfüllen, reflektieren jedoch ein durchaus universelles Problem, siehe eindrucksvoll zur Anreizstruktur der Bankenaufsicht in diesem Zusammenhang etwa Goodhart, in: ders. (Hrsg.), S. 95 ff.; in diese Richtung auch Hadjiemmanuil, in: Mayes/Liuksila (Hrsg.), S. 272, 280 ff., 300 ff. sowie allgemein schon oben § 7 sub C. III. 1. im Zusammenhang mit der Diskussion um eine stärkere Einschränkung aufsichtsseitigen Ermessens de lege ferenda. 2078 Damit ist erneut die Frage nach dem Erfordernis einer stärkeren Ermessensbindung angesprochen; siehe hierzu bereits oben § 7 sub C. III. mit einem Vergleich zum US-amerikanischen Konzept der Structured Early Intervention and Resolution. 2079 Siehe nochmals oben sub C. II. 2. b) bb) bei und in Fn. 2036 zum Fall Yuen Kun Yeu. 2080 Siehe zusf. oben §§ 7, 13.

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solvenzverfahren in einem Zeitpunkt reduziert, in dem Verluste zu Lasten der Einleger bereits entstanden und regelmäßig nicht mehr reversibel sind. Außerhalb des Systemschutzes insbesondere durch die Wahl eines für die beteiligten Zahlungssysteme günstigen Schließungszeitpunkts2081 kann sie in diesem Stadium kaum Gewähr für die Abwendung von Verlusten Dritter bieten. Die Bankenaufsicht unterscheidet sich deshalb nicht nur durch die Existenz der Einlagensicherung als besonderer Form der Insolvenzsicherung von der allgemeinen Gewerbeaufsicht:2082 Diesem gewissermaßen äußerlichen Umstand korrespondiert vielmehr der „innere“ Umstand, daß eben aufgrund der begrenzten Eingriffsbefugnisse die Aufsicht einen effektiven Schutz der Einleger im konkreten Einzelfall kaum leisten kann. Soweit Einlegerschutz zum gesetzlichen Auftrag erhoben wird, kann dieser daher regelmäßig nur als Reflex erreicht werden, trägt aber keine individuell durchsetzbaren Rechte Einzelner auf ein Einschreiten in bestimmter Weise. 3. Folgerungen Nach allem lassen sich auch die beiden eingangs aufgeworfenen Kernfragen beantworten: Welche Funktion erfüllt die Staatsaufsicht für fehlsame Bankenaufsicht im Gesamtgefüge der Haftungsverwirklichung in der Bankeninsolvenz? Ist sie notwendiges Korrelat zur Existenz der staatlichen Aufsicht über das Kreditwesen? Hinsichtlich der ersten Frage bleibt es beim Befund, daß die Amtshaftung letztlich einen Fremdkörper innerhalb der vertraglichen Beziehung zwischen dem Einleger und seiner Bank darstellt, dessen Legitimation fraglich ist und der nur schwer konstruiert und ggf. durchgesetzt werden kann. Die Rechtsposition der Einleger wird zunächst durch ihre Ansprüche gegen das insolvente Institut bestimmt, was sich zwingend aus der Natur der fraglichen Verluste als Forderungen aus Vertragsverhältnissen ergibt – schon die vielfach verwendete Formel von der Haftung für „durch die fehlerhafte Aufsicht verursachte Schäden“2083 vereinfacht diesen Grundzusammenhang in unzulässiger Weise. Es handelt sich mithin stets und primär um Verluste, bei denen zwar streitig ist, ob sie die staatliche Aufsicht hätte verhindern können und müssen, aber gleichwohl in allererster Linie um Insolvenzverluste, wie sie grundsätzlich jeden Vertragspartner im Rahmen eines Darlehensverhältnisses treffen könnten – ein an sich trivialer Befund, der aber 2081

Dazu oben § 9 sub A. II. 2. b) bb). Siehe bereits oben sub C. I. 6 c) bb) zum deutschen Recht. 2083 So etwa Brendle, S. 15 f. Zu Recht differenzierend dagegen Gratias, Staatshaftung, S. 155 ff. 2082

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2. Teil: Die verfahrensförmige Krisenbewältigung

vielfach nicht zutreffend gewürdigt wird.2084 Funktional betrachtet, begründet die Amtshaftung für fehlerhafte Bankenaufsicht daher einen Ausnahmetatbestand in der insolvenzförmigen Haftungsverwirklichung – im Grundsatz ähnlich wie die Absicherung von Einlagen durch entsprechende Sicherungssysteme. Die zweite Frage wird sich nicht zuletzt mit Blick auf die nur sehr beschränkten tatsächlichen Möglichkeiten der Aufsicht im Hinblick auf die Eingrenzung der Einlagenverluste verneinen lassen. Anders als mit Einlagensicherungssystemen, kann mit der Bankenaufsicht ein wirksamer Schutz der Einleger vor Vermögensverlusten im konkreten Einzelfall kaum bewirkt werden. Auch verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Vermögensschutz kann dagegen ein Einlagensicherungssystem hinreichend Rechnung tragen. Innerhalb des „Mischsystems“ von Aufsichtstätigkeit und Einlagensicherungssystemen leistet die Aufsicht gegenüber den einzelnen Einlegern nur mittelbaren Schutz und eignet sich nicht als subsidiäre Sicherungseinrichtung; die direkte Insolvenzsicherung erschöpft sich grundsätzlich in den Leistungen der Einlagensicherung. Mit diesem Ergebnis vereinbar erscheint allerdings eine Haftung in Fällen, in denen der Gesetzgeber der Aufsicht konkrete Leistungspflichten tatsächlich zugewiesen bzw. anderweit einen entsprechenden Vertrauenstatbestand begründet hat. Dies ist zunächst hinsichtlich der gemeinschaftsrechtlich fundierten Pflichtmitgliedschaft der Fall. Duldet die staatliche Aufsicht die Tätigkeit eines Kreditinstituts, das pflichtwidrig nicht Mitglied einer Sicherungseinrichtung ist oder aus einer solchen ausgeschlossen worden ist, und erleiden Einleger Verluste in der Insolvenz des Instituts, so ist deshalb der Staat zum Ersatz der hieraus entstandenen Schäden verpflichtet. Ebenso könnte, wie dargelegt,2085 im deutschen Recht erwogen werden, eine Amtshaftung mit Hinweis auf die Monopolisierung der Krisenbewältigung bei der Aufsichtsbehörde nach deutschem Recht zu begründen, die zu diesem Zweck mit an sich durchaus eindeutig drittschützenden Kompetenzen (§§ 46, 46a KWG) sowie dem alleinigen Insolvenzantragsrecht (§ 46b KWG) ausgestattet worden ist. Die verfassungsrechtlichen Bedenken beruhen insoweit freilich gerade auf der – unnötigen – Monopolisierung der Entscheidungs- und Gestaltungsmacht durch den Staat, nicht auf einer grundrechtlich fundierten Verpflichtung des Staates, diese Befugnisse zum Schutz einzelner an sich zu ziehen. Weiterhin ist auch die Amtshaftung für Amtsmißbrauchsfälle nach dieser Konzeption nicht ausgeschlossen, da sie nicht an die Verletzung einer kaum erfüllbaren Schutzpflicht anknüpft, son2084 Vgl. aber z. B. Pietzcker, JZ 1985, 209, 210 („nur eine Kumulation der Verantwortlichkeit“); Starke, WM 1979, 1402, 1411. 2085 Oben sub C. I. 6. c) bb) (d).

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dern an die bewußte Herbeiführung eines Schadens durch einen Amtsträger (mithin die Konstellation, auf die sich die Verfassungsgarantie des Art. 34 GG ursprünglich bezog). Für Fälle außerhalb des Schutzbereichs der Einlagensicherungssysteme bleibt es bei den bereits oben entwickelten, rechtspolitisch wie auch verfassungsrechtlich beachtlichen Zweifeln an der Legitimation entsprechender subjektiver Ansprüche auf Sicherungsvorkehrungen für die Bankeinlage als Anlageform.2086

2086 Vgl. für das englische Recht entsprechend auch Hadjiemmanuil, Banking Regulation, S. 384 ff., der – wie hier – die Tauglichkeit der Amtshaftung als Element des Einlegerschutzes und die Legitimation des Drittschutzes grundsätzlich bezweifelt: „From the depositors’ standpoint, the (. . .) functions regarding the supervision of deposit-taking institutions amount to the provision of a free monitoring service. For this reason, when the disappointed depositors of an insolvent institution try to recover from the Bank [of England], they essentially claim damages for the loss of a benefit which, if the Bank had performed its functions properly, they would have obtained free of charge. Recovery in this situation would transform the unearned benefit into a fully-fledged right.“

3. Teil

Sonderprobleme Der vorliegende Teil nimmt die wesentlichen Erkenntnisse der vorangegangenen Abschnitte auf und befaßt sich mit Folgefragen, die sich für bestimmte Fallkonstellationen ergeben. Zunächst (§ 16) werden die besonderen Probleme erörtert, die Insolvenzfälle mit Auslandsberührung verursachen; im Anschluß (§ 17) geht es um die Frage, inwieweit sich die oben im einzelnen dargestellten aufsichts- und insolvenzrechtlichen Handlungsmöglichkeiten zur Bewältigung von Großinsolvenzen im Kreditsektor und sektorweiter Krisen eignen. Ziel der Arbeit ist insoweit keine erschöpfende Untersuchung sämtlicher in beiden Zusammenhängen möglicherweise auftretenden Problemkonstellationen. Nach einem knappen Problemabriß soll vielmehr in beiden Fällen vor allem illustriert werden, wie Anwendungsbereich und praktische Bedeutung der verschiedenen Steuerungsmechanismen durch konkrete Sachprobleme eingeschränkt werden – und wie auch insoweit Besonderheiten der Bankeninsolvenz zu Anpassungen an allgemeinen Lösungskonzepte zwingen können. Nicht zuletzt soll so die Basis für eine kritische Überprüfung der existierenden Ansätze zur Erarbeitung international einheitlicher Lösungskonzepte gelegt werden, ohne daß hierzu bereits eine abschließende Meinung entwickelt werden kann.

§ 16 Die grenzüberschreitende Bankeninsolvenz A. Überblick Die bereits mehrfach in verschiedenen Zusammenhängen diskutierten Fälle des Herstatt-Zusammenbruchs 1974, des BCCI-Zusammenbruchs 1991 sowie der Barings-Insolvenz 1995 haben neben anderen Problemen auch die besonderen Schwierigkeiten grenzüberschreitender Bankeninsolvenzen deutlich werden lassen. Einige dieser Aspekte sind bereits im Verlauf der Untersuchung angeklungen, insbesondere – wegen der besonderen Sachnähe – der Schutz der Zahlungs- und Wertpapierabrechnungssysteme vor den Auswirkungen grenzüberschreitender Bankeninsolvenzen in verschiedenen Zeitzonen.1 Dabei handelt es sich nur um einen Teil derjenigen 1

Siehe die Diskussion einzelner Fallbeispiele oben § 9 sub A. III. 2. a) cc) (b).

§ 16 Die grenzüberschreitende Bankeninsolvenz

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Sachfragen, die in der grenzüberschreitenden Bankeninsolvenz besonderer Beachtung bedürfen, allerdings wiederum nur teilweise von den Problemen grenzüberschreitender Insolvenzbewältigung im allgemeinen abweichen. Der vorliegende Abschnitt will diese Aspekte näher herausarbeiten. Es geht ihm allerdings nicht um eine abschließende rechtsvergleichende Darstellung der Rechtsprobleme internationaler Bankeninsolvenzen. Eine solche würde eine weit umfassendere Behandlung der Rechtsgrundsätze des Internationalen Insolvenzrechts in beiden Rechtsordnungen erfordern, die den Rahmen der Untersuchung wiederum sprengen würde. Die Arbeit beschränkt sich vielmehr darauf, aus den bisherigen Ergebnisse ausgewählte Rechtsprobleme und Zielvorgaben zu identifizieren und diese in den allgemeinen Kontext des Internationalen Insolvenzrechts einzuordnen (sub B.). Vor diesem Hintergrund soll sich die Untersuchung sodann (sub C.) im wesentlichen auf die Darstellung und Bewertung der EG-Richtlinie 2001/24 über die Sanierung und Liquidation der Kreditinstitute (nachfolgend: „Bankeninsolvenzrichtlinie“) konzentrieren, die nach langjähriger Vorbereitung am 4. April 2001 angenommen und inzwischen in beiden hier untersuchten Rechtsordnungen umgesetzt wurde.2 Insgesamt stellt der vorliegende Abschnitt für den Teilbereich der grenzüberschreitenden Bankeninsolvenz wiederum die dieser Abhandlung insgesamt zugrundeliegende Frage, ob die Besonderheiten des Bankbetriebs insgesamt zu einem separaten Rechtsregime zwingen, oder ob Anpassungen in Einzelheiten ausreichen, um den jeden Rechtsrahmen für Bankeninsolvenzen insgesamt prägenden Zielvorgaben – Gläubigerschutz und Systemschutz – hinreichend Rechnung zu tragen. Die Entwicklungen auf dem Gebiet der Harmonisierung des Internationalen Insolvenzrechts in jüngster Zeit3 scheinen auf den ersten Blick ersteres nahezulegen: Sowohl das UNCITRAL-Modellgesetz über grenzüberschreitende Insolvenzverfahren4 (vgl. Art. 1 II) als auch die EG-Verordnung über Insolvenzverfahren (im folgenden: EG-InsVO)5 (vgl. Art. 1 II) nehmen Kreditinstitute (wie auch Versicherungsunternehmen, für die der Gemeinschaftsgesetzgeber wiederum in einer Richtlinie aus dem Jahre 2001 Sonderregeln geschaffen hat)6 aus2

Siehe zur Umsetzung im Überblick unten sub D. Zur Entwicklung der einzelnen Regelungsansätze siehe z. B. den historischen Abriß bei Trunk, S. 34 ff. sowie ebd., S. 357 ff. zum Vorläufer der EG-InsVO, dem Entwurf für ein Europäisches Insolvenzübereinkommen. 4 Vom 15.12.1997, abgedruckt z. B. in ZIP 1997, 2224; hierzu etwa Wimmer, ZIP 1997, 2220 ff.; Benning/Wehling, EuZW 1997, 618 ff.; FK-Wimmer, Anh. I, Rn. 238 ff. 5 VO (EG) Nr. 1346/2000 v. 29.5.2000 des Rates, ABlEG Nr. L 160/1; vgl. hierzu z. B. Becker, ZEuP 2002, 287 ff.; Eidenmüller, IPRax 2001, 2 ff.; Kemper, ZIP 2001, 1609 ff.; Lehr, KTS 2000, 577 ff.; Leible/Staudinger, KTS 2000, 533 ff.; Wimmer, ZInsO 2001, 97 ff. 3

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3. Teil: Sonderprobleme

drücklich von ihrem Anwendungsbereich aus. Allerdings ist die damit begründete Sonderstellung gerade im deutschsprachigen Schrifttum wiederholt in Frage gestellt worden7 – erstaunlicherweise also innerhalb einer Rechtsordnung, die mit den ansonsten weithin akzeptierten besonderen verwaltungsrechtlichen Krisenbewältigungsmechanismen gerade Anlaß zur Ausklammerung gegeben hat.8 Die nachfolgende Überprüfung beider Positionen bewegt sich auf bislang kaum gesichertem Grund. Abgesehen von den im wesentlichen bereits oben in §§ 9, 11 behandelten Teilaspekten des Schutzes grenzüberschreitender Zahlungssysteme sowie einzelner Finanzmarkttransaktionen, sind die Rechtsprobleme, insbesondere die verfahrensrechtlichen Aspekte, grenzüberschreitender Bankeninsolvenzen bislang nur in Ansätzen erforscht worden; internationale Initiativen zur Entwicklung gemeinsamer Grundsätze außerhalb der Europäischen Gemeinschaft befinden sich erst im Anfangsstadium.9 Erfahrungen mit den neueren harmonisierten Regelungen innerhalb der EG liegen bislang nicht vor. Die Untersuchung beschränkt sich deshalb im wesentlichen darauf, bestimmte oben als besonders wichtig erkannte Grundprinzipien der Krisenbewältigungsmechanismen im nationalen Kontext herauszugreifen und anhand der Anwendung auf die neuen Regelungen für grenzüberschreitende Sachverhalte beispielhaft Vermutungen über deren Tauglichkeit für die Praxis anzustellen. Der vorliegende Unterabschnitt weist enge Bezüge zum Gegenstand des nachfolgenden auf, in dem sich die Untersuchung den besonderen Problemen von Großinsolvenzen sowie sektorweiten Krisen und der Frage zuwendet, inwieweit die allgemeinen Regelungskonzepte zur Anwendung auf derartige Fallkonstellationen taugen bzw. ihr Anwendungsbereich dadurch faktisch eingeschränkt wird. Großinsolvenzen weisen meist grenzüberschreitende Bezüge auf; grenzüberschreitende Bankeninsolvenzen lassen vielfach (aber nicht immer) Sorgen über die Systemstabilität aufkommen. Gleich6 RL 2001/17/EG über die Sanierung und Liquidation von Versicherungsunternehmen v. 19.3.2001, ABlEG Nr. L 125/15, hierzu im Überblick Wimmer, ZInsO 2002, 897 ff. 7 Vgl. z. B. Becker, ZEuP 2002, 287, 296 f. (zur Kritik daran bereits oben § 9 sub E. III.); Paulus, ZBB 2002, 492, 497 (freilich ohne Auseinandersetzung mit dem technischen Hintergrund der Sonderregelungen); Wimmer, ZInsO 2002, 897, 905; FK-Wimmer, Anh. I, Rn. 238; offen Trunk, S. 4. 8 Vgl. bereits den 9. Erwägungsgrund zur InsVO: „Insolvenzverfahren über das Vermögen von Versicherungsunternehmen, Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, die Gelder oder Wertpapiere Dritter halten, sowie von Organismen für gemeinsame Anlagen sollten vom Geltungsbereich dieser Verordnung ausgenommen sein. Diese Unternehmen sollten von dieser Verordnung nicht erfaßt werden, da für sie besondere Vorschriften gelten und die nationalen Aufsichtsbehörden teilweise sehr weitgehende Eingriffsbefugnisse haben.“ 9 Zu Einzelaspekten Devos, in: Giovanoli/Heinrich (Hrsg.), S. 311 ff.; Hüpkes, Legal aspects, S. 139 ff.; G-30, International Insolvencies, passim.

§ 16 Die grenzüberschreitende Bankeninsolvenz

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wohl sind beide Bereiche, wie zu sehen sein wird, nicht völlig deckungsgleich. Ihnen ist allerdings gemein, daß sich für beide in besonderer Weise die Frage stellt, ob die gegenwärtige institutionelle Infrastruktur zur Bewältigung derartiger Krisenfälle hinreichende Voraussetzungen bereithält, oder ob es vielmehr de lege ferenda einer Neuorientierung hin zu stärker supranational angelegten Institutionen bedarf; diese Frage soll einstweilen ausgeklammert bleiben und sodann im nachfolgenden Unterabschnitt untersucht werden. B. Problembeschreibung I. Die grenzüberschreitende Unternehmensinsolvenz im allgemeinen

Wie die allgemeinen Funktionen des Insolvenzrechts, also insbesondere die Verwirklichung des Haftungsprinzips im kollektiven Verfahren,10 so lassen sich auch die Grundprinzipien des Internationalen Insolvenzrechts im wesentlichen bruchfrei auf die Bankeninsolvenz übertragen. Die sich im Zusammenhang damit stellenden Sonderprobleme sind zu bewerten vor den Schwierigkeiten der grenzüberschreitenden Insolvenz im allgemeinen und stellen kein davon unabhängiges Problemfeld dar. Wenn eine Bank in die Insolvenz fällt, die Vermögen und/oder Gläubiger in mehreren Staaten hat,11 stellt sich – im Prinzip nicht anders als bei der grenzüberschreitenden Insolvenz einer Nichtbank – die Schwierigkeit, die allgemeinen Verfahrensziele und -grundsätze trotz der Probleme umzusetzen, die sich aus der Kollision verschiedener maßgeblicher Rechtsordnungen und damit in rechtlicher Hinsicht ergeben. Hinzu treten tatsächliche, letztlich infrastrukturelle Schwierigkeiten, die besondere Anforderungen an die Verfahrensökonomie, aber auch die Verfahrensgerechtigkeit stellen können. Nicht anders als die grenzüberschreitende Unternehmensinsolvenz im allgemeinen, steht damit die Bankeninsolvenz mit Auslandsberührung im Spannungsfeld zwischen allgemeinen Gerechtigkeitsprinzipien, insbesondere dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung und dem Prinzip der Rechtssicherheit, und Praktikabilitätserwägungen; wie in der allgemeinen Unternehmensinsolvenz ist fraglich, ob dieses Spannungsfeld eher mit flexiblen, einzelfallorientierten Gestaltungen oder vielmehr durch stärkere Formalisierung umgesetzt werden kann.12 Wie die rechtliche Bewältigung grenzüberschreitender Insolvenzfälle allgemein, steht darüber hinaus auch das Bankeninsolvenzrecht vor der Wahl 10

Siehe im einzelnen oben § 4 sub A. Vgl. die übliche Definition der „grenzüberschreitenden Insolvenz“, z. B. Spahlinger, S. 41 m. w. N.; siehe auch den Anwendungsbereich nach Art. 1 I a i. V. m. Art. 2 a UNCITRAL-Modellgesetz. 11

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zwischen den wesentlichen Grundmustern, die sich weltweit für entsprechende Sachverhalte entwickelt haben und die mit den Begriffspaaren „Universalität/Territorialität“ und „Einheit/Mehrheit des Konkurses“ umschrieben werden.13 Mit dem erstgenannten Begriffspaar ist zunächst der territoriale Geltungsanspruch des Insolvenzverfahrens mit Auslandsbezug angesprochen: Beschränkt es sich nach dem Willen des Eröffnungsstaates von vornherein auf Schuldnervermögen in seinem Hoheitsgebiet, oder erhebt es den Anspruch auf weltweite („universale“) Geltung? Dem Geltungsanspruch des Rechts des Eröffnungsanspruchs korrespondiert das Recht des „Zweitstaates“, in dem sich weiteres Vermögen befindet: Akzeptiert es den Geltungsanspruch des ausländischen Rechts nicht, so stellt sich die Frage, wie der Konflikt zwischen beiden aufgelöst werden kann – und jedenfalls das Problem, daß die typischen Rechtswirkungen der Insolvenz, z. B. der Insolvenzbeschlag, den im Ausland belegenen Teil des schuldnerischen Vermögens nicht erfaßt. Das zweite der genannten Begriffspaare bezieht sich auf Instrumente, diese Konfliktsituation aufzulösen bzw. allgemein die verfahrensförmige Insolvenzbewältigung umzusetzen: In einem einheitlichen Insolvenzverfahren vollzieht sich die Vermögensauseinandersetzung (bzw. die insolvenzförmige Sanierung) in einem einzigen Verfahren. „Mehrheit“ des Insolvenzverfahrens liegt dagegen vor, wenn das in verschiedenen Staaten belegene Vermögen in verschiedenen Verfahren erfaßt und abgewickelt wird. Während ein Einheitsverfahren zwingend die Anerkennung des Universalitätsprinzips durch die beteiligten Rechtsordnungen voraussetzt, läßt sich nicht im Umkehrschluß folgern, daß im Falle mehrerer Insolvenzverfahren über dasselbe Vermögen stets das Territorialitätsprinzip verwirklicht sei: Denkbar – und international zunehmend als praktikabel empfunden14 – sind vielmehr auch 12 Vgl. allgemein für das Internationale Insolvenzrecht MünchKomm(InsO)-Reinhart, Vor Art. 102 EGInsO Rn. 19 ff.; Spahlinger, S. 44, 51 ff.; Trunk, S. 14 ff.; Fletcher, Rn. 28-001 f. 13 Vgl. hierzu und zum folgenden statt aller Spahlinger, S. 48 ff. (Universalitätsbzw. Territorialitätsprinzip), 67 ff. (Einheitsprinzip und sekundäre Insolvenzverfahren); Trunk, S. 2, 10 f.; Hanisch, ZIP 1994, 1 ff., jeweils m. w. N. aus dem deutschen Schrifttum; entspr. für die angelsächsische Sicht Fletcher, Rn. 28-003: „(. . .) it can be stated that two primary issues of principle have tended to predominate in doctrinal arguments concerned with international insolvency law. These are: whether there should be only one set of proceedings in relation to a given debtor, or whether it is admissible that there may be several sets of proceedings; and whether it should be accepted that one set of proceedings is effective in every other jurisdiction of the world, or should be limited in effects merely to its country of origin. The first of these issues is generally called the ‚unity of bankruptcy versus plurality‘, while the second, and closely related, issue is known as the ‚universality of bankruptcy versus territoriality‘.“ Für die Bankeninsolvenz auch Hüpkes, Legal Aspects, S. 140 ff.

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Mischmodelle, wonach ein („Haupt-“)Verfahren mit grundsätzlich universalem Anspruch mit mehreren „Sekundär-“15 oder „Partikular-“16 Verfahren mit jeweils nur territorialer Geltung zusammenwirkt;17 es wird insoweit auch von „kontrollierter“,18 „gemäßigter“19 oder „abgemilderter Universalität“20 gesprochen. Die so grob umrissenen, verschiedenen denkbaren Konstellationen sind nicht allein unter verfahrensrechtlichen Gesichtspunkten – insbesondere: Internationale Zuständigkeit, Art und Weise der Auslösung von Insolvenzverfahren und Anerkennung der Verfahrenswirkungen und der Kompetenzen und Rechtshandlungen ausländischer Insolvenzverwalter – von Bedeutung, sondern werfen auch und gerade kollisionsrechtliche Fragen mit Blick auf das für einzelne Vermögensverhältnisse geltende Recht auf, etwa hinsicht14 Die Zulässigkeit von Sekundär- oder Partikularverfahren ist beispielsweise durch die EG-InsVO (vgl. Art. 3 II–IV) und das UNCITRAL-Modellgesetz (vgl. Artt. 28 ff.) anerkannt. Das deutsche autonome Recht geht seit der sog. „Wendeentscheidung“ des BGH (Urt. v. 11.7.1985 – IX ZR 178/84, BGHZ 95, 256 ff.) vom Prinzip einer „kontrollierten Anerkennung“ von Auslandskonkursen aus und nimmt andererseits für sich universale Geltung in Anspruch, läßt aber auch Territorialverfahren für Niederlassungen zu, siehe zum Rechtszustand unter der KO/VerglO statt aller Trunk, S. 86 ff.; zur bisherigen Rechtslage unter Art. 102 EGInsO einführend ebd., S. 349 ff.; zum neuen Recht nunmehr die §§ 335 ff. InsO i. d. F. des Gesetzes zur Neuregelung des Internationalen Insolvenzrechts v. 14.3.2003, BGBl. I, S. 345 (hierzu, insbesondere zur Bedeutung als Umsetzungsgesetz zur EG-Bankeninsolvenzrichtlinie noch im einzelnen unten sub D.). Das englische Recht geht grundsätzlich sowohl hinsichtlich des eigenen Geltungsanspruchs als auch im Rahmen der Anerkennung ausländischer Insolvenzverfahren vom Universalitätsprinzip aus, läßt aber ggf. auch Sekundärverfahren zu, siehe im einzelnen nur Fletcher, Rn. 30-030 ff. (Auslandswirkung englischer Winding-up-Verfahren), 30-046 ff. (Anerkennung ausländischer Verfahren), 30-055 f. (konkurrierende Verfahren) m. w. N. aus der Rechtsprechung. Zu den Vorzügen abgestimmter Haupt- und Sekundärverfahren vgl. nur Spahlinger, S. 270 ff. und passim; Hanisch, ZIP 1994, 1 ff., jeweils m. w. N. 15 Zum Begriff Spahlinger, S. 68 ff., zusf. S. 70: Verfahren mit einer Verteilung von Teilen des Schuldnervermögens nach eigenen Regeln; dabei grundsätzliche Anerkennung des im Ausland mit universellem Anspruch eröffneten Hauptverfahrens sowie Koordinierung zwischen beiden Verfahren im Hinblick auf Insolvenzwirkungen, begrenzt hinsichtlich der Verteilung des Schuldnervermögens. Vgl. auch die Bestimmungen über Sekundärverfahren in Kap. III der EG-InsVO. 16 Die Begrifflichkeit ist wenig gefestigt; Spahlinger, S. 69, lehnt die Qualifikation als eigenständige Kategorie ab, während die EG-InsVO unter Partikularverfahren Verfahren versteht, die unabhängig von einem Hauptverfahren eröffnet werden, aber nur unter engen Voraussetzungen zulässig sind, Art. 3 II, IV InsVO; siehe FKWimmer, Anh. I, Rn. 20, 70; Becker, ZEuP 2002, 287, 302 ff. 17 Siehe insbesondere Spahlinger, S. 67 ff. und passim; Hanisch, ZIP 1994, 1 ff. 18 Vgl. z. B. Spahlinger, S. 69 m. w. N. 19 So beispielsweise – für die EG-InsVO – FK-Wimmer, Anh. I., Rn. 70. 20 Becker, ZEuP 2002, 287, 299.

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lich der Ausstrahlung der lex fori concursus auf Forderungen (oder beispielsweise Sicherheiten), die einer ausländischen lex causae unterliegen, aber auch beispielsweise der kollisionsrechtlichen Behandlung von Insolvenzprivilegien. Für die Bankeninsolvenz stellen sich zum Teil gleichgelagerte, teilweise aber auch Sonderprobleme, die nachfolgend an konkreten Beispielen erörtert werden sollen. II. Spezifische Probleme der Bankeninsolvenz

1. Anwendungsbereich Klärungsbedürftig erscheint zunächst die Frage nach dem sachlichen Anwendungsbereich dessen, was sich als „Internationales Bankeninsolvenzrecht“ bezeichnen ließe. Wie auch für das allgemeine Insolvenzverfahren, muß bestimmt werden, welche Verfahren und Maßnahmen in ihren Rechtswirkungen unter Umständen auf ausländische Niederlassungen (oder einfaches Vermögen) der Kreditinstitute erstreckt werden sollen. Zugleich ist zu klären, für welchen persönlichen Anwendungsbereich diese Regeln gelten sollen. Während sich für das Internationale Insolvenzrecht im allgemeinen durchaus anerkannte Kriterien für die Anerkennung ausländischer Insolvenzverfahren herausgebildet haben, die im wesentlichen an die Eigenschaft als Kollektivverfahren, an den damit verbundenen Vermögensbeschlag und teilweise auch an die Verfahrensziele Sanierung bzw. Liquidation anknüpfen,21 gestaltet sich die Herausbildung einheitlicher, verallgemeinerungsfähiger Kategorien für die Bankeninsolvenz schwieriger. Wie gesehen, weisen bereits die in den beiden hier untersuchten Rechtsordnungen entwickelten Lösungsmodelle wesentliche konzeptionelle Unterschiede auf: Während in England im wesentlichen allgemeines Insolvenzrecht Anwendung findet, kennt Deutschland mit dem „Moratorium“ nach § 46a KWG ein verwaltungsrechtlich geprägtes Steuerungsinstrument, das in der Frühphase der Krisenbewältigung erhebliche Funktionen des allgemeinen Insolvenzrechts übernimmt und dieses ersetzt, aber an sich kein „Verfahren“ i. e. S., jedenfalls kein „Gesamtverfahren“ darstellt. Wie mehrfach angedeutet, ist die Bandbreite der verschiedenen Konzepte, die weltweit praktiziert werden, damit keineswegs erschöpft; sie reicht vielmehr von staatlich organisierten Sanierungsfusionen oder -übernahmen unter Ausschluß der Gläubiger und rein hoheitlich geführten, dem allgemeinen Insolvenzrecht nachgebildeten Sanierungs- oder Liquidationsverfahren über Mischmodelle wie das deutsche bis hin zur Anwendung allgemeinen Insolvenzrechts; innerhalb der verschiede21 Vgl. z. B. Art. 1 I i. V. m. Art 2 lit. c EG-InsVO; Art. 2 lit. a UNCITRAL-Modellgesetz.

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nen Modelle sind weitere Nuancierungen etwa mit Blick auf die unterschiedliche Funktion der Einlagensicherungssysteme denkbar.22 Probleme hinsichtlich der Wirkungserstreckung sind dabei vor allem bei Modellen denkbar, die entweder die Gläubigerbeteiligung stark einschränken bzw. gar ausschließen oder aber allgemeines Insolvenzrecht ohne jede Einschränkung anwenden: Modellen also, die im Rahmen der jeweils vorgenommenen Abwägung zwischen den Gläubigerinteressen, die für die Zulassung privatautonomer Verfahrenskontrolle sprechen, und dem Schutz (tatsächlicher oder vermeintlicher)23 öffentlicher Belange Extrempositionen einnehmen. Insbesondere die erstgenannte Variante erscheint praktisch bedeutsam. Die Frage nach der Definition des Anwendungsbereichs richtet sich damit nicht nur auf die rechtstechnischen Probleme der Umsetzbarkeit ausländischer Hoheitsakte mit im Inland unbekannten Rechtswirkungen. Sie beschränkt sich auch nicht auf Aspekte der Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit, sondern berührt grundlegende Erwägungen der Verfahrensgerechtigkeit, die ihrerseits Auswirkungen auf die Akzeptanz ausländischer Verfahren haben kann.24

22 Vgl. zu den unterschiedlichen Konzepten nochmals die Arbeiten von Asser und Hüpkes, Legal Aspects, jeweils passim. In Europa scheinen Verwaltungsverfahren oder Mischmodelle vorzuherrschen, siehe z. B. die Landesberichte in Giovanoli/ Heinrich (Hrsg.): Wagner/Sauerzopf, Österreich, S. 15 ff. (Mischmodell: allgemeiner Konkurs und spezielle „Geschäftsaufsicht“ zu Sanierungszwecken); Grenouilloux/Fernandez-Bollo, Frankreich, S. 55 ff. (Mischmodell mit Neigung zur informellen Krisenbewältigung auf Initiative der Commission Bancaire und besonderen bankaufsichtsrechtlichen Liquidationsvorschriften); Cerenza/Galanti, Italien, S. 105 ff. (schwerpunktmäßig Verwaltungsverfahren, das auf die Übernahme des Geschäfts durch eine andere Bank gerichtet ist; weitere verwaltungsrechtliche Eingriffsbefugnisse, z. B. Moratorium); Sand, Norwegen, S. 163 ff. (spezielles Sanierungsverfahren, allgemeines Liquidationsverfahren); Priego, Spanien, S. 199 ff. (Mischmodell, Anwendung allgemeinen Insolvenzrechts, aber mit speziellen, auf eine Sanierung abzielenden Handlungsmöglichkeiten zugunsten der Einlagensicherung); Sparve, Schweden, S. 207 ff. (Mischmodell: allgemeines Insolvenzrecht, aber starke Stellung der Aufsicht in der Verfahrensgestaltung). Siehe zu besonderen hoheitlichen Sanierungskonzepten unter Einbeziehung von finanziellen Zuwendungen in der Krise auch noch unten § 17 sub B. III. Zu möglichen Ausgestaltungen der Beteiligung von Einlagensicherungssystemen am Verfahren oder verfahrensabwendenden Eingriffen siehe bereits oben § 12. 23 Siehe nochmals die – nicht auf die Situation in den beiden hier untersuchten Rechtsordnungen beschränkte – Diskussion der Regelungsziele oben § 4. 24 Dies spielt insbesondere für die Zulassung von Sekundärverfahren bei Bankeninsolvenzen eine Rolle, siehe noch unten im Zusammenhang mit der Erörterung der Bankeninsolvenzrichtlinie.

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2. Auslösung des Verfahrens Die herausragende Bedeutung gerade der flexiblen, raschen Verfahrenseinleitung für die Bewältigung der Risiken einer Bankeninsolvenz ist bereits mehrfach betont worden. Für die Entscheidung zwischen Dezentralisierung und Zentralisierung der Krisenbewältigung und damit zwischen Universal- und Partikularverfahren für Bankeninsolvenzen kommt es maßgeblich darauf an, welches dieser Modelle die oben im einzelnen ermittelten Regelungszwecke am ehesten ermöglichen kann: neben dem effektiven Vermögenszugriff zur Verhinderung eines drohenden „Runs“ und sonstiger Vermögensabflüsse insbesondere auch den Systemschutz, d.h. die Wahl eines für die Teilnahme des Instituts am Zahlungsverkehr und dem Devisenund Wertpapierhandel am wenigsten schädlichen Schließungszeitpunkts. Kollisionen unterschiedlicher Lösungsansätze sind insoweit zunächst denkbar hinsichtlich der für Banken anwendbaren Auslösetatbestände: Eine Bank könnte in einer Rechtsordnung aufgrund weiter gefaßter Tatbestände bereits förmlichen Insolvenzverfahren unterworfen werden, während in einer anderen die „Interventionsschwelle“ noch nicht überschritten ist. Weiterhin kommen Kollisionen zwischen flexiblen, ein weites Entscheidungsermessen eröffnenden Auslösetatbeständen und eng gefaßten in Betracht, die eine bestimmte Art des Einschreitens zwingend vorschreiben.25 Ebenso wie unterschiedliche Verfahrensarten, können auch diese Unterschiede zu konträren Einschätzungen über die Art und Weise des Vorgehens im Einzelfall führen, was die Akzeptanz ausländischer Modelle in anderen Staaten und damit die Möglichkeiten einer Wirkungserstreckung beeinträchtigen könnte. Weitere Beispiele für mögliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Verfahrenseröffnung lassen sich aus den Ergebnissen des Rechtsvergleichs zwischen Deutschland und England ableiten: Hierzu gehört vor allem eine unterschiedlich ausgeprägte Stellung der Aufsicht, die in einzelnen Rechtsordnungen bloße Verfahrensbeteiligte, in anderen aber Herrin des Verfahrens sein kann. Weiterhin sind die Unterschiede zwischen Modellen mit monopolisiertem Antrags- bzw. sonstigem Auslöserecht und solchen zu berücksichtigen, die die Verfahrenseinleitung auch auf Initiative der Unternehmensleitung und/oder der Gläubiger gestatten. Akzeptiert man das Prinzip des Einheitsverfahrens mit Universalwirkung für die Bankeninsolvenz, so entscheidet die Internationale Zuständigkeit damit nicht nur über diese als solche, sondern – weit darüber hinausgehend – letztlich auch und gerade über die international höchst unterschiedlichen 25 Vgl. insoweit nochmals oben § 7 sub C. III. zu den (ermessensgeprägten) Konzepten der beiden hier untersuchten Rechtsordnungen und dem US-amerikanischen Gegenmodell.

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Lösungsmodelle selbst, und zwar mit möglicherweise erheblichen Auswirkungen auf die Rechtsstellung der Verfahrensbeteiligten, insbesondere der Gläubiger. Soll hingegen auch für die Bankeninsolvenz ein nur beschränktes Universalitätsprinzip gelten, so begründen die Besonderheiten hinsichtlich der Verfahrenseinleitung potentielle Konfliktpunkte, die den Abgleich des Haupt- mit dem oder den Sekundärverfahren erheblich erschweren könnten. C. Der gemeinschaftsrechtliche Lösungsansatz I. Einführung

Nachdem die Grundprobleme der grenzüberschreitenden Bankeninsolvenz vorstehend im Überblick und damit notwendigerweise abstrakt dargestellt worden sind, lassen sich einzelne Aspekte nunmehr am Beispiel des gemeinschaftsrechtlichen Regelungsmodells weiter konkretisieren. Wie eingangs angedeutet, ist der gemeinschaftsrechtliche Rahmen für die Behandlung grenzüberschreitender Bankeninsolvenzen im wesentlichen mit der Bankeninsolvenzrichtlinie vom 4. April 2001 gebildet worden. Ergänzende Regelungen sind in der Finanzsicherheitenrichtlinie vom 6. Juni 200226 enthalten; einzelne Aspekte waren bereits mit der Einlagensicherungsrichtlinie27 sowie der Finalitätsrichtlinie28 harmonisierten Regelungen unterworfen worden. Nachfolgend sollen zunächst (sub II.) die wesentlichen Regelungen der genannten Richtlinien im Überblick dargestellt werden. Eine Überprüfung und Bewertung folgt (sub III.).

II. Das gemeinschaftsrechtliche Internationale Bankeninsolvenzrecht

1. Sachlicher Anwendungsbereich der Bankeninsolvenzrichtlinie Die Bankeninsolvenzrichtlinie gilt für „Sanierungsmaßnahmen“ und „Liquidationsverfahren“ für Kreditinstitute, die in einem Mitgliedstaat gegründet und zugelassen sind und in mindestens einem anderen eine Zweigstelle i. S. d. Art. 1 Nrn. 1, 3 RL 2000/12/EG unterhalten (Art. 1 I). Die Richtlinie enthält ferner Bestimmungen für Zweigstellen eines Kreditinstituts außerhalb der Gemeinschaft, die eingreifen, wenn das Kreditinstitut in mindestens zwei Mitgliedstaaten Zweigstellen betreibt (Art. 1 II). 26 27 28

RL 2002/47/EG, hierzu allgemein bereits oben § 9 sub B. II. RL 1994/19/EG, hierzu allgemein oben § 12 sub C. RL 1998/26/EG, hierzu allgemein oben § 9 sub B. I.

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Sanierungsmaßnahmen sind nach Art. 2, 7. Spiegelstrich „Maßnahmen, mit denen die finanzielle Lage eines Kreditinstituts gesichert oder wiederhergestellt werden soll und die die bestehenden Rechte Dritter beeinträchtigen könnten, einschließlich der Maßnahmen, die eine Aussetzung der Zahlungen, eine Aussetzung der Vollstreckungsmaßnahmen oder eine Kürzung der Forderungen erlauben.“

Der Begriff der Liquidationsverfahren wird definiert in Art. 2, 9. Spiegelstrich: „‚Liquidationsverfahren‘ ist ein von einer Behörde oder einem Gericht eines Mitgliedstaates eröffnetes und unter deren bzw. dessen Aufsicht durchgeführtes Gesamtverfahren mit dem Ziel, die Vermögenswerte unter Aufsicht der genannten Behörden oder Gerichte zu verwerten; dazu zählen auch Verfahren, die durch einen Vergleich oder eine ähnliche Maßnahme abgeschlossen werden.“

Anders als die EG-InsVO,29 verzichtet die Bankeninsolvenzrichtlinie auf eine konkretisierende Aufzählung einzelner Verfahrensarten in Anhängen; frühere Richtlinienentwürfe hatten dies noch vorgesehen.30 Danach wurden aus dem deutschen Recht ursprünglich Maßnahmen nach §§ 46, 46a KWG als „Sanierungsmaßnahmen“ anerkannt.31 Aus dem englischen Recht sollten die seinerzeit der Bank of England zur Verfügung stehenden Befugnisse zur Bestellung von Untersuchungsbeauftragten, zum Widerruf der Zulassung ei29 Siehe Anh. A für den Begriff des „Insolvenzverfahrens“ i. S. d. Art. 2 lit. a) i. V. m. Art. 1 I der VO, nach welchem die Verordnung für „Gesamtverfahren“ gilt, „welche die Insolvenz des Schuldners voraussetzen und den vollständigen oder teilweisen Vermögensbeschlag gegen den Schuldner sowie die Bestellung eines Verwalters zur Folge haben“. Aus den hier untersuchten Rechtsordnungen benennt Anh. A für Deutschland das Konkursverfahren, das gerichtliche Vergleichsverfahren, das Gesamtvollstreckungsverfahren sowie das Insolvenzverfahren; für England, soweit vorliegend von Belang, die verschiedenen Formen des Winding-up, die Administration und Voluntary arrangements under insolvency legislation, insgesamt also sämtliche der auch für die Bankeninsolvenz maßgeblichen Verfahrensarten. Das „Liquidationsverfahren“ versteht die EG-InsVO als Teilgruppe der Insolvenzverfahren; hierunter wird nach Art. 2 lit. c) ein „Insolvenzverfahren“ verstanden, „das zur Liquidation des Schuldnervermögens führt, und zwar auch dann, wenn dieses Verfahren durch einen Vergleich oder eine andere die Insolvenz des Schuldners beendende Maßnahme oder wegen unzureichender Masse beendet wird.“ Liquidationsverfahren sind in Anh. B der VO aufgeführt, für Deutschland die bereits oben erwähnten Insolvenzverfahren, für England die Formen des Winding-up. 30 Vgl. noch den Geänderten Vorschlag für die Richtlinie vom 11.1.1988, KOM(88) 4 endg., ABlEG. Nr. C 36/1. Die Änderung erfolgte auf Initiative des Rates, um zu vermeiden, daß bei Änderungen der nationalen Sanierungs- oder Liquidationskonzepte jeweils eine Anpassung des Richtlinientexts vorgenommen werden müßte, vgl. die Begründung des Rates zum Vorschlag eines Gemeinsamen Standpunkts vom 17.7.2000, ABlEG. Nr. C 300/13, S. 24 sub B. 31 Vgl. erneut den Geänderten Vorschlag (soeben Fn. 30), Anh. I, ABlEG. Nr. C 36/15.

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nes Kreditinstituts und zu Weisungen für die Geschäftsführung nach ss. 17, 7, 8 und 9 Banking Act 1979 erfaßt sein.32 Als Liquidationsverfahren zählte Anh. II des Entwurfs für Deutschland Maßnahmen nach § 46a KWG sowie für die freiwillige Liquidation Maßnahmen nach §§ 131 ff., 145 ff. HGB für die OHG, § 262 ff. AktG für die AG und §§ 60, 78 GenG für Genossenschaftsbanken auf.33 Für England wurden das Compulsory und das Creditors voluntary winding-up und Company voluntary arrangements nach dem Insolvency Act 1986 sowie Corporate arrangements and reconstructions nach dem Companies Act 1986 benannt.34 2. Modifizierte Universalität als Grundprinzip Die Regelungen der Bankeninsolvenzrichtlinie beruhen im Grundsatz auf dem Universalitätsprinzip. Für den Anwendungsbereich der Richtlinie sind die Behörden oder Gerichte des („Herkunfts-“) Mitgliedstaates ausschließlich zuständig, in dem das Kreditinstitut die aufsichtsrechtliche Genehmigung zum Geschäftsbetrieb erlangt hat und von dessen Behörden es beaufsichtigt wird.35 Das Recht dieses Mitgliedstaates ist grundsätzlich für alle Rechtswirkungen der Insolvenzverfahren einschließlich der „Sanierungsmaßnahmen“ maßgeblich, es sei denn, die Richtlinie sieht ausdrücklich Sonderanknüpfungen vor,36 auf die sogleich (sub 3.) zurückzukommen sein wird. Sämtliche nach dem autonomen Recht des Mitgliedstaates getroffenen Sanierungs- oder Liquidationsmaßnahmen sind aufgrund der Richtlinie in allen Mitgliedstaaten „ohne weitere Formalität uneingeschränkt wirksam“.37 Die Behörden des jeweiligen Aufnahmemitgliedstaates werden lediglich „unverzüglich“ durch die zuständige Stelle im Herkunftsstaat benachrichtigt,38 während sie selbst nicht aus eigener Initiative entsprechende Maßnahmen einleiten, sondern lediglich die zuständige Stelle des Herkunftsmitgliedstaates darüber unterrichten können, daß nach ihren Erkenntnissen die Einleitung von Sanierungsmaßnahmen sinnvoll sei.39 Sekundär- oder Parti32

A. a. O., S. 19. A. a. O., S. 20. 34 A. a. O., S. 22. 35 Art. 3 I RL 2001/24 für Sanierungsmaßnahmen, Art. 9 I für Liquidationsverfahren. 36 Art. 3 II RL 2001/24 für Sanierungsmaßnahmen, Art. 10 I für Liquidationsverfahren; konkretisierend zählt Art. 10 II einzelne Regelungsgegenstände auf, die „insbesondere“ vom Recht des Herkunftsstaates geregelt werden. 37 Art. 3 II RL 2001/24 für Sanierungsmaßnahmen, Art. 10 I für Liquidationsverfahren. 38 Art. 4 RL 2001/24 für Sanierungsmaßnahmen, Art. 10 II für Liquidationsverfahren. 39 Art. 5 RL 2001/24. 33

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kularverfahren i. S. d. der EG-InsVO40 sind nach der Bankeninsolvenzrichtlinie nicht zulässig; anders als der ursprüngliche Richtlinientwurf,41 sieht die Richtlinie begrenzte Kompetenzen der Behörden des Aufnahmelandes zur Durchführung von Sanierungsmaßnahmen für die auf ihrem Territorium bestehenden Zweigstellen nicht mehr vor. Die Richtlinie hält mithin das Universalitäts- und Einheitsprinzip strenger durch als die EG-InsVO; Ausnahmen bestehen lediglich mit den sogleich zu besprechenden Sonderanknüpfungen hinsichtlich einzelner Rechtsverhältnisse. Die Richtlinie selbst begründet dies zunächst mit dem bereits erreichten Harmonisierungsgrad im materiellen Bankaufsichtsrecht, nach dem „das Kreditinstitut und seine Zweigstellen während der Dauer ihrer Tätigkeit eine Einheit bilden, die der Aufsicht der zuständigen Behörde des Staates unterliegt, in dem die gemeinschaftsweit gültige Zulassung erteilt wurde“: „Es wäre besonders unangebracht, auf diese Einheit, die das Kreditinstitut und seine Zweigstelle bilden, zu verzichten, wenn Sanierungsmaßnahmen zu ergreifen sind oder ein Liquidationsverfahren zu eröffnen ist.“42 Im Prinzip wird das Einheitsverfahren mithin als „logische Konsequenz“43 des Prinzips der Herkunftslandkontrolle44 aufgefaßt. Doch auch der Gläubigerschutz erfordere die Geltung des Einheitsprinzips.45 3. Zwingende Aufhebung der aufsichtsrechtlichen Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb Nach Art. 12 I der Bankeninsolvenzrichtlinie ist die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Falle der Eröffnung des Liquidationsverfahrens zwingend zu widerrufen. Art. 12 II der Richtlinie eröffnet allerdings die Möglichkeit für die Mitgliedstaaten, ungeachtet des Widerrufs bestimmte für die Liquidation erforderliche Geschäfte weiterhin zuzulassen, wobei im nationalen Recht vorgesehen werden kann, daß hierfür die Zustimmung und laufende Kontrolle durch die zuständige Behörde erforderlich ist.

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Siehe oben sub B. I. bei und in Fn. 15. Vgl. z. B. den geänderten Richtlinienvorschlag v. 11.1.1988, KOM(88) 4 endg., ABlEG. Nr. C 36/1, Art. 6 II. 42 RL 2001/24, 3. und 4. Begründungserwägung. 43 So auch – zustimmend – Hüpkes, Legal Aspects, S. 164; ähnlich nunmehr auch Deguée, [2004] European Business Law Review 99, 104. 44 Hierzu bereits oben § 3 sub B. III. 3. a). 45 RL 2001/24, 16. Begründungserwägung. 41

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4. Sonderanknüpfungen für einzelne Rechtsverhältnisse In Anlehnung an die, aber nicht vollständig deckungsgleich mit den kollisierungsrechtlichen Regelungen der EG-InsVO wird das Universalitätsprinzip indes hinsichtlich einiger Rechtsverhältnisse durchbrochen. Zur Begründung der Sonderanknüpfungen sind im wesentlichen Aspekte der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes angeführt worden. Soweit das autonome Recht bestimmte Rechtspositionen für insolvenzfest erklärt oder diesbezüglich bestimmte Insolvenzprivilegien begründet, sollen den Begünstigten entsprechende Rechte auch in der Bankeninsolvenz erhalten und nicht durch die Geltung ausländischer Vorschriften über Sanierungsmaßnahmen oder Liquidationsverfahren entwertet werden.46 Die Einführung von Sonderregelungen scheint nicht zuletzt im Vergleich mit den Regelungen der EG-InsVO von erheblicher Bedeutung für die politische Akzeptanz des Richtlinienvorhabens im Gesetzgebungsverfahren gewesen zu sein.47 Im einzelnen handelt es sich um folgende Abweichungen, die in den Artt. 20 ff. der Richtlinie niedergelegt sind: a) Art. 20: Wirkungen auf bestimmte Verträge und Rechte Art. 20 begründet zunächst Sonderregeln für die Wirkungen einer Sanierungsmaßnahme oder der Eröffnung eines Liquidationsvertrags auf Arbeitsverträge (lit. a: lex contractus), Verträge, die zur Nutzung oder zum Erwerb einer unbeweglichen Sache berechtigen (lit. b: lex rei sitae) sowie eingetragene Rechte an einem unbeweglichen Gegenstand, einem Schiff oder Luftfahrzeug (lit. c: Recht des Registerstaates). 46 Vgl. z. B. die Begründung für die Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf in der Begründung des Rates zum Gemeinsamen Standpunkt vom 17.7. 2000, ABlEG. Nr. C 300/13, S. 23 sub II. sowie insbes. S. 28 sub E. Siehe insbesondere auch die 23. Begründungserwägung: „Zwar ist es wichtig, grundsätzlich festzulegen, daß für die verfahrens- und materiellrechtlichen Wirkungen von Sanierungsmaßnahmen oder Liquidationsverfahren das Recht des Herkunftsmitgliedstaates maßgeblich ist; es ist jedoch auch in Betracht zu ziehen, daß diese Wirkungen im Widerspruch zu den üblicherweise für die wirtschaftlichen und finanziellen Tätigkeiten des Kreditinstituts und seiner Zweigstellen in den übrigen Mitgliedstaaten geltenden Vorschriften stehen können. Die Bezugnahme auf das Recht eines anderen Mitgliedstaats ist in bestimmten Fällen eine unerläßliche Abschwächung des Prinzips, daß das Recht des Herkunftsmitgliedstaats maßgeblich ist.“ In diesem Zusammenhang formuliert die 24. Begründungserwägung weiter: „Diese Abschwächung ist insbesondere notwendig, um die durch einen Arbeitsvertrag mit dem Kreditinstitut verbundenen Arbeitnehmer zu schützen und die Sicherheit der Geschäfte mit bestimmten Vermögensgegenständen zu gewährleisten sowie die Integrität der geregelten Märkte, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats funktionieren und auf denen Finanzinstrumente gehandelt werden, aufrechtzuerhalten.“ 47 Vgl. FK-Wimmer, Anh. I, Rn. 224.

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3. Teil: Sonderprobleme

Die Reichweite der Sonderanknüpfung in den Fällen der Buchst. b) und c) bleibt dabei etwas unklar. Nachdem die Materialien als Motiv hierfür in erster Linie auf den Schutz der jeweiligen Vertragspartei abstellen,48 könnte angenommen werden, daß die Sonderanknüpfung nur zugunsten derjenigen Beteiligten greifen soll, die aus den darin erwähnten Rechtsbeziehungen unmittelbar berechtigt werden. Auch ein Vergleich mit Art. 14 EG-InsVO, an den sich die Formulierung offensichtlich anlehnt, stützt diese These; dieser bezieht sich auf Verfügungen des Schuldners über einen „unbeweglichen Gegenstand“ sowie über „ein Schiff oder ein Luftfahrzeug, das der Eintragung in ein öffentliches Register unterliegt“, deren Wirksamkeit der lex rei sitae unterstellt wird. Insbesondere hinsichtlich der in Buchst. c) erwähnten Fälle von Rechten an Schiffen und Flugzeugen ist das Kreditinstitut allerdings typischerweise Sicherungsnehmer, nicht Sicherungsgeber. Legt man nur den Wortlaut zugrunde, so könnte dagegen Art. 20 der Bankeninsolvenzrichtlinie auch beispielsweise die Vollstreckung in die der Bank als Sicherheiten gewährten Rechte (sofern nicht von Art. 21 erfaßt)49 berühren, was angesichts des Zusammenhangs mit Art. 14 EG-InsVO und ausweislich der Materialien allerdings kaum gemeint sein dürfte. b) Art. 21: Dingliche Rechte Dritter Dingliche Rechte Dritter an Gegenständen des schuldnerischen Vermögens bleiben gem. Art. 21 I von der Einleitung von Sanierungsmaßnahmen sowie der Eröffnung eines Liquidationsverfahrens „unberührt“, soweit sich die Sicherungswerte im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates befinden. Abs. 2 konkretisiert die in Abs. 1 genannten Rechte durch eine Aufzählung einzelner Beispiele, etwa Verwertungsrechte aufgrund von Pfandrechten oder Hypotheken (lit. a) oder Pfandrechte an Forderungen und Sicherungszessionen (lit. b). Die Vorschrift wurde erst nach Veröffentlichung des Ratsvorschlags für einen Gemeinsamen Standpunkt im Juli 2000 auf Betreiben des Europäischen Parlaments in den Richtlinientext aufgenommen.50 Die genaue Tragweite dieser Ausnahme, die sich entsprechend auch in Art. 5 EG-InsVO findet, ist unklar. Für den Anwendungsbereich des Art. 5 EG-InsVO ist umstritten, ob die jeweilige Sicherheit vom ausländischen 48

Siehe erneut soeben bei und in Fn. 46. Das systematische Verhältnis zwischen Art. 20 lit. b) und c) sowie Art. 21 der Richtlinie erscheint gleichfalls unklar, vgl. insbesondere Art. 21 III: Gleichstellung dinglicher Rechte mit eingetragenen Rechten auf Einräumung eines dinglichen Rechts. 50 Vgl. Europäisches Parlament, Ausschuß für Wirtschaft und Währung, „Empfehlung für die Zweite Lesung“ vom 29.11.2000, Dok.-Nr. A5-0369/2000, Änderungsantrag 5 (S. 8). 49

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Verfahren völlig unberührt bleibt51 oder ob nur der in einem vergleichbaren innerstaatlichen Verfahren gewährte Schutz als Mindestgrenze nicht unterschritten werden darf.52 Für die Bankeninsolvenz ist dies von besonderer Bedeutung, weil die völlige Ausnahme der ausländischen Sicherheiten aus den Rechtswirkungen der Sanierungsmaßnahmen und Liquidationsverfahren des Herkunftsmitgliedstaats sich – anders als bei allgemeinen, in den Anwendungsbereich der EG-InsO fallenden Unternehmensinsolvenzen – nicht durch die Einleitung eines Sekundärverfahrens in dem betreffenden Aufnahmeland kompensieren läßt.53 Dies könnte für eine gegenüber Art. 5 EG-InsVO restriktivere Auslegung des identischen Wortlauts sprechen; anderenfalls wäre der Sicherungsnehmer unter Umständen aufgrund der Richtlinie besser geschützt als nach dem auf den Sicherungsvertrag anwendbaren Recht.54 Problematisch erscheint die Regelung auch im Vergleich mit den Vorschriften über die Behandlung von Finanzsicherheiten in der Insolvenz insbesondere nach der Finanzsicherheitenrichtlinie: Die damit angestrebte Harmonisierung hinsichtlich der Insolvenzfestigkeit einzelner Sicherheiten in den Rechten der Mitgliedstaaten, die typischerweise gerade auch von Kreditinstituten bestellt werden, erscheint kaum sinnvoll, wenn der Richtliniengesetzgeber tatsächlich davon ausgegangen ist, daß im Fall der grenzüberschreitenden Insolvenz jede Auslandssicherheiten ohnehin vollständig und ohne Rücksicht auf das Insolvenzverfahren im Ausland durchsetzbar sein sollte. Art. 4 V der Finanzsicherheitenrichtlinie stellt nunmehr klar, daß lediglich die vertraglich vereinbarte Form der Verwertung der Sicherheiten von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens „unberührt“ bleiben soll, also die im anwendbaren Recht erwartbaren Rechte in der Insolvenz des Sicherungsgebers. Die Begründung für die Änderung gegenüber dem ursprünglichen Wortlaut läßt sich nicht zur Klärung heranziehen; darin heißt es lediglich, durch die Änderung werde „gewährleistet, daß die Eigentumsrechte eines Gläubigers an in einem anderen Mitgliedstaat befindlichen Gegenständen, die von dem Institut als Garantie angeboten werden, unter keinen Umständen durch die Insolvenz des Instituts beeinträchtigt werden. Durch diesen Änderungsantrag wird der Text an jenen der Insolvenzverordnung und des Vorschlags für eine Richtlinie über die Sanierung und Liquidation von Versicherungsunternehmen angepaßt.“55 51

Z. B. Leible/Staudinger, KTS 2000, 533, 550 ff.; Taupitz, ZZP 111 (1998) 313 ff., 329 ff.; Kübler/Prütting-Kemper, Art. 102 EGInsO Rn. 142. Für die Bankeninsolvenzrichtlinie ausdrücklich in diesem Sinne Keller, BKR 2002, 347, 350. 52 Vgl. FK-Wimmer, Anh. I, Rn. 312 ff. zum bisherigen autonomen deutschen Recht; die Übertragung dieses Grundsatzes auf Art. 5 EG-InsVO und Art. 21 Bankeninsolvenrichtlinie erwägt ders., ZInsO 2002, 897, 904 f.; in diese Richtung wohl auch P. Huber, ZZP 114 (2001) 133, 153. 53 Insoweit zutr. Wimmer, ZInsO 2002, 897, 904 f. 54 So auch Wimmer, a. a. O.

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Auch eine teleologische Reduktion der Bestimmung mit Blick auf den damit ausweislich der Materialien verfolgten Schutzzweck56 mit dem Ziel, die Wirkungen des ausländischen Verfahrens im Ergebnis auf die Auswirkungen eines vergleichbaren inländischen Verfahrens zu reduzieren, stößt freilich auf praktische Schwierigkeiten; Rechtssicherheit läßt sich angesichts der Vielzahl möglicherweise erforderlich werdender Anpassungen wohl schwerlich erzielen. Unklar ist weiterhin auch die Auslegung des Begriffs des „dinglichen Rechts“ i. S. d. Art. 21 I der Richtlinie und hier insbesondere, ob davon neben vertraglichen Pfandrechten auch solche Rechte erfaßt sein sollen, die – etwa im Rahmen von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung – vor der Einleitung von Sanierungsmaßnahmen oder eines Liquidationsverfahrens durch richterlichen Gestaltungsakt begründet worden sind.57 Alternativ kommt eine autonome Auslegung des Begriffs für EG-InsVO und Bankeninsolvenzrichtlinie in Betracht, die Pfändungsakte generell ausschließt und sich auf vertragliche dingliche Rechte beschränkt.58 M.E. läßt sich nur mit letzterer Alternative die – durch die vorstehend erörterte Unbestimmtheit der Rechtsfolgen ohnehin bereits stark beeinträchtigte – hinreichende Rechtssicherheit in der Umsetzungspraxis erzielen. Hierfür spricht auch, daß nach Art. 10 lit. e der Bankeninsolvenzrichtlinie (entspr. Art. 4 II lit. f EGInsVO) die Auswirkungen der Eröffnung eines Liquidationsverfahrens auf „Rechtsverfolgungsmaßnahmen einzelner Gläubiger“ nach dem Recht des Eröffnungsstaates zu beurteilen sind; diese Regelung würde letztlich zu Lasten des durch die Richtlinie angestrebten Prinzips der Gläubigergleichbehandlung unabhängig vom Wohnsitz der Gläubiger59 konterkariert, wenn einzelne Vollstreckungsmaßnahmen nur deshalb entgegen dieser Bestimmung zulässig wären, weil sie nach dem jeweils geltenden autonomen Recht aus der Bestellung eines Pfandrechts resultieren.

55 Vgl. erneut den Wortlaut des Änderungsantrags vom 29.11.2000 (oben Fn. 50). Ähnliches führt die zusf. Begr. ebd. S. 15 aus. 56 Das Interesse der Gläubiger an der Durchsetzbarkeit ihrer Sicherheiten erscheint nur in dem Maße schützenswert, in dem die Durchsetzbarkeit nach der lex rei sitae überhaupt erwartet werden konnte, vgl. insoweit auch Wimmer, ZInsO 2002, 897, 903 f., der allerdings im Ergebnis aus systematischen Gründen der entgegengesetzten Auffassung zuzuneigen scheint. 57 Dafür möglicherweise Taupitz, ZZP 111 (1998), 315 335. 58 So für die Art. 5 EG-InsVO wohl P. Huber, ZZP 114 (2001), 133, 154 ff. unter Hinweis auf die Auslegungspraxis zu Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ. 59 Siehe erneut oben sub 2. bei und in Fn. 45.

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c) Weitere Sonderanknüpfungen Klarer als die beiden vorstehend erörterten Bestimmungen regelt Art. 22 der Richtlinie das auf den Eigentumsvorbehalt anwendbare Recht, unter dem das Kreditinstitut eine Sache erworben hat: Soweit sich die erworbene Sache zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung in einem anderen Mitgliedstaat als dem Herkunftsstaat befindet, findet dessen Recht Anwendung. Auf die Befugnis eines Gläubigers zur Aufrechnung ist nach Art. 23 I das für die Forderung maßgebliche Recht anwendbar. Beachtlich ist ferner die Außerkraftsetzung der lex fori für bestimmte Anfechtungsfälle durch Art. 30 der Bankeninsolvenzrichtlinie. Die Anfechtbarkeit (rückwirkende Unwirksamkeit, relative Unwirksamkeit) einer Rechtshandlung zum Nachteil der Gläubiger scheidet danach sowohl bei Sanierungsmaßnahmen als auch in Liquidationsverfahren aus, wenn diese Rechtsfolge in der für die Transaktion nach allgemeinen kollisionsrechtlichen Bestimmungen anwendbaren Rechtsordnung unter keinen Umständen unwirksam ist. Für den gutgläubigen Erwerb von unbeweglichen Gegenständen, Schiffen, Luftfahrzeugen oder registrierten bzw. auf Konten geführten Finanzinstrumenten gilt gem. Art. 31 die lex rei sitae. Die Auswirkungen einer Sanierungsmaßnahme oder eines Liquidationsverfahrens auf anhängige Rechtsstreitigkeiten richten sich gem. Art. 32 nach dem Recht des Mitgliedstaates, in dem der Rechtsstreit anhängig ist. d) Regelungen hinsichtlich einzelner banktypischer Geschäfte Die Sonderregeln hinsichtlich bestimmter banktypischer Geschäfte nach Artt. 24–27 der Richtlinie schließlich sind im Zusammenhang mit korrespondierenden Vorschriften der Finalitätsrichtlinie sowie der Finanzsicherheitenrichtlinie zu lesen. Gem. Art. 24 richtet sich die Ausübung von Rechten an registrierten Instrumenten nach dem Gesetz des Mitgliedstaates, in dem das betreffende Register geführt oder die zentrale Verwahrstelle belegen ist, bei deren Konto die betreffenden Rechte geführt werden. Entsprechendes ergibt sich aus Art. 8 der Finalitätsrichtlinie und Art. 9 der Finanzsicherheitenrichtlinie, der – ausdrücklich als Sachnormverweisung60 – als Ergänzung und Konkretisierung zu Art. 24 der Bankeninsolvenzrichtlinie konzipiert ist.61 Im gleichen Verhältnis steht die Bestimmung zu Art. 26 der Bankeninsolvenzrichtlinie, wonach auf Pensionsgeschäfte ausschließlich das dafür geltende Recht anwendbar ist. 60 Zur Auslegung des Art. 24 der Bankeninsolvenzrichtlinie insoweit Keller, BKR 2002, 347, 350. 61 Vgl. RL 2002/47/EG, 7. und 8. Begründungserwägung.

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Für „Aufrechnungs- und Schuldumwandlungsvereinbarungen (‚netting agreements‘)“ ist nach Art. 25 der Bankeninsolvenzrichtlinie das Recht maßgeblich, das auf derartige Vereinbarungen anwendbar ist. Entsprechendes regelt bereits Art. 8 der Finalitätsrichtlinie. Sonderanknüpfungen gelten auch für Transaktionen auf durch die RL 93/22/EWG62 erfaßten „geregelten Märkten“, für die gem. Art. 27 der Bankeninsolvenzrichtlinie ebenfalls dasjenige Sachrecht zur Anwendung kommt, das für die jeweilige Transaktion anwendbar ist. 5. Grenzüberschreitende Verfahrenskoordination Neben den erwähnten Vorschriften über die Beteiligung der Behörden des Aufnahmestaats durch unverzügliche Anhörung bei Einleitung von Sanierungsmaßnahmen oder Liquidationsverfahren63 enthält die Bankeninsolvenzrichtlinie Vorschriften insbesondere zur Absicherung der Beteiligung der Gläubiger am Verfahren sowie über die grenzüberschreitende Tätigkeit der Verwalter oder Liquidatoren. Sowohl Sanierungsmaßnahmen als auch Liquidationsverfahren sind gemeinschaftsweit im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft bekanntzumachen (Artt. 6, 13).64 Bekannte Gläubiger sind besonders zu unterrichten, wenn dies die Rechtsvorschriften des Herkunftsmitgliedstaates so vorsehen; nach Maßgabe der lex fori können die Gläubiger sodann ihre Forderungen anmelden (Artt. 7, 14, 17). Eine Schutzvorschrift für die Leistung durch gutgläubige Schuldner an das Institut nach Verfahrenseröffnung enthält insoweit Art. 15 für das Liquidationsverfahren.

6. Verfahren über Kreditinstitute mit Sitz außerhalb der EG Für Sanierungsmaßnahmen und Liquidationsverfahren über Zweigstellen von Kreditinstitute mit Sitz außerhalb der Europäischen Gemeinschaft gelten nach der Richtlinie stark abgeschwächte Vorgaben für eine Kooperation unter den zuständigen Stellen der beteiligten Mitgliedstaaten. Insoweit gilt zunächst eine Verpflichtung zur Benachrichtigung der zuständigen Stellen 62 RL 93/22/EWG des Rates vom 10.5.1993 über Wertpapierdienstleistungen, ABlEG. Nr. L 141/27. 63 Vgl. erneut Artt. 4, 5, 11. Zur Verfahrens- und Veröffentlichungssprache siehe Art. 6 IV, 17. 64 Kritisch Wimmer, ZInsO 2002, 897, 898, der moniert, daß diese Art der Bekanntmachung in Mitgliedstaaten, in denen nur noch eine Veröffentlichung im Internet üblich ist, hinter so erreichten Standards zurückbleibe; ernsthafte Bedenken diesbezüglich bestehen indes m. E. nicht.

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untereinander über die Absicht, entsprechende Maßnahmen einzuleiten (Artt. 8 I, 19 I, II). Sonach „bemühen“ sich die beteiligten Stellen um eine „Abstimmung ihres Vorgehens“ (Artt. 8 II, 19 III). Weitergehende Anforderungen begründet die Richtlinie nicht. 7. Gemeinschaftsrechtliche Regeln für die Einlagensicherung bei grenzüberschreitenden Bankeninsolvenzen Anforderungen hinsichtlich der Ausgestaltung der Einlagensicherung lassen sich den genannten Rechtsakten und insbesondere der Bankeninsolvenzrichtlinie nicht entnehmen; insoweit bleiben nach wie vor die Vorschriften der Einlagensicherungsrichtlinie maßgeblich.65 Damit gelten für die Zweigstellen der Kreditinstitute in anderen als dem Herkunftsmitgliedstaat grundsätzlich die allgemeinen Regeln für die Teilnahme an einem Sicherungssystem, das den durch die Richtlinie gewährten Mindestschutz gewährt. Das Sicherungssystem des Herkunftsmitgliedstaates sichert zugleich die Einlagen bei Zweigstellen in anderen Mitgliedstaaten (Art. 4 I).66 Übersteigt das im Aufnahmestaat durch die Pflichtsysteme gewährte Sicherungsniveau den durch das System des Herkunftsmitgliedstaates gewährten Schutz, so müssen die Mitgliedstaaten vorsehen, daß die ausländischen Zweigstellen diesem System auf freiwilliger Basis beitreten können, das sodann die Differenz zwischen beiden Sicherungsniveaus auszugleichen hat.67 Eine darüber hinausgehende Harmonisierung etwa mit Blick auf die Beteiligung der Sicherungssysteme an der Krisenbewältigung ist nicht vorgesehen. III. Bewertung

1. Einführung Eine Bewertung des nunmehr vollständigen gemeinschaftsrechtlichen Rechtsrahmens für die Behandlung Internationaler Bankeninsolvenzen fällt nicht zuletzt aufgrund fehlender praktischer Erfahrungen mit den damit eingeführten Grundsätzen, aber auch mit Umsetzungsmaßnahmen in den einzelnen Mitgliedstaaten überaus schwer. International ist der damit erreichte Harmonisierungsgrad singulär; vergleichbare Konzepte, an denen sich die neuen Regelungen messen lassen könnten, existieren nicht. Wie die Ent65

Siehe zu diesem Rechtsakt allgemein bereits ausf. oben § 12 sub C. Das in Art. 4 I RL 94/19/EG geregelte sog. „Exportverbot“, wonach die so gewährte Sicherheit die Sicherungsstandards der Pflichtsysteme des Aufnahmemitgliedstaates nicht übersteigen durfte, ist inzwischen ausgelaufen. 67 Siehe zu Einzelheiten Art. 4 II–IV RL 94/19/EG. 66

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wicklung spezieller Rechtsnormen für Bankeninsolvenzen überhaupt, beruht indes auch die Harmonisierung des Internationalen Bankeninsolvenzrechts innerhalb der Europäischen Gemeinschaft jedenfalls zum Teil auf Erfahrungen mit konkreten Insolvenzfällen in der Vergangenheit. Diese Erfahrungen lassen sich, soweit sie bekannt geworden sind, durchaus als Bewertungsmaßstab heranziehen; gleichwohl stehen die nachfolgenden Ausführungen, wie eingangs angedeutet, unter dem Vorbehalt fehlender praktischer Überprüfbarkeit. Insgesamt sind mehrere Aspekte zu unterscheiden: Zum einen ist die oben aufgeworfene Frage nach der Legitimation eines speziellen Rechtsrahmens für Internationale Bankeninsolvenzen zu beantworten (dazu unten sub 2.). Zum zweiten kann versucht werden, das gemeinschaftsrechtliche Konzept auf seine systematisch-„technische“ Stimmigkeit zu überprüfen (unten sub 3.). Damit hängt die weitere Frage zusammen, ob die dem neuen Rechtsrahmen zugrundeliegende Prämisse, nur in Einheitsverfahren ließen sich die Probleme der Bankeninsolvenz sinnvoll lösen, tatsächlich überzeugt (sub 4.). Schließlich ist (sub 5.), teilweise zusammenfassend, zu untersuchen, ob sich – und ggf. welche – Alternativen zum gewählten Konzept angeboten hätten. 2. Notwendigkeit eines speziellen Rechtsrahmens für Bankeninsolvenzen Bereits eingangs ist darauf hingewiesen worden, daß insbesondere im deutschen Schrifttum die Notwendigkeit eines speziellen Rechtsrahmens für das Internationale Bankeninsolvenzrecht wiederholt in Zweifel gezogen worden ist.68 Ohne daß damit bereits eine Bewertung der konkreten Ausgestaltung verbunden ist, die dieser Rechtsrahmen aufgrund der vorstehend dargestellten gemeinschaftsrechtlichen Rechtsakte gefunden hat, wird nach allem jedenfalls diese grundsätzliche Kritik zurückgewiesen werden müssen. Wie im einzelnen dargestellt (oben sub B.), stellt die Bankeninsolvenz jedenfalls in Teilbereichen besondere Anforderungen an die Krisenbewältigung in grenzüberschreitenden Insolvenzfällen, die sich von denen der allgemeinen Unternehmensinsolvenz durchaus unterscheiden. Unabhängig davon ergibt sich die Notwendigkeit spezieller Regelungen insbesondere aber auch und gerade aus der empirischen Vielfalt unterschiedlicher Krisenbewältigungsmechanismen innerhalb und außerhalb der Europäischen Gemeinschaft,69 die eine Subsumtion unter die Kategorien des allgemeinen Internationalen Insolvenzrechts – etwa bereits hinsichtlich des sachlichen An68 69

Siehe erneut die Nachw. oben sub A. in Fn. 7. Siehe erneut oben sub B. II. 1. bei und in Fn. 22.

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wendungsbereichs der EG-InsVO – nur zum Teil ermöglichen. Die in der vorliegenden Arbeit vertretene These, daß das Bankeninsolvenzrecht nur in Teilaspekten von den allgemeinen Regeln des Insolvenzrechts abweicht bzw. abzuweichen braucht, keineswegs aber eine eigenständige Materie darstellt, läßt sich daher nur eingeschränkt auf das Internationale Bankeninsolvenzrecht übertragen, das vielmehr einer Rechtswirklichkeit Rechnung zu tragen hat, die von höchst verschiedenen nationalen Gestaltungsmodellen gekennzeichnet ist.70 3. Die „technische“ Ausgestaltung der Rechtsakte Konsequent sind die Regelungen der Bankeninsolvenzrichtlinie vor allem hinsichtlich der Vorschriften über die Benachrichtigung und Beteiligung der Gläubiger und über die grenzüberschreitende Tätigkeit der Verwalter. Soll, entsprechend dem Grundkonzept der Richtlinie, die Insolvenzbewältigung auf ein Verfahren konzentriert werden, das durch die zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates durchgeführt wird, so sind die diesbezüglichen Bestimmungen in der Tat erforderlich, um einerseits die Verfahrensgerechtigkeit zugunsten der im Ausland ansässigen Gläubiger durchzusetzen und andererseits die Durchführung der Verwaltungs- und Liquidationsmaßnahmen ohne Rücksicht auf die Belegenheit der jeweiligen Zweigstelle zu ermöglichen. Als hochproblematisch erscheint jedoch die vor allem in der Bankeninsolvenzrichtlinie, aber auch in der Finalitäts- und der Finanzsicherheitenrichtlinie erfolgte Durchbrechung des Universalitätsprinzips durch zahlreiche Sonderanknüpfungen, die sich in der Formulierung deutlich an entsprechende Bestimmungen der EG-InsVO anlehnen. Im Fall einer grenzüberschreitenden Insolvenz mit Zweigstellen in mehreren Mitgliedstaaten führt diese dazu, daß die zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates, aber auch die mit der Abwicklung beauftragten Verwalter oder Liquidatoren für eine Vielzahl gleichgelagerter Rechtsverhältnisse unter Umständen höchst unterschiedliche materiellrechtliche Vorgaben zu beachten haben, oft ohne daß klar würde, wie die Grenzen zwischen Sach- und Verfahrensrecht im einzelnen zu ziehen sind.71 Das Prinzip der Gläubigergleichbehandlung wird damit konterkariert. 70 Anders – allerdings unter völliger Außerachtlassung des sachlichen Hintergrunds der Richtlinie – in jüngerer Zeit Paulus, ZBB 2002, 492, 497, dessen Behauptung kaum vertretbar ist, es bestünden insgesamt „in Detailfragen keine Unterschiede danach (. . .), ob der Kunde der Bank oder diese selbst insolvent wird“ (ebd., S. 499). 71 Rechtsprobleme sind insoweit insbesondere im Fall der Insolvenz einer Hypothekenbank mit ausländischen Deckungswerten denkbar; diese liegen allerdings au-

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Schwerer noch wiegt jedoch, daß die an sich mit dem Universalitätsprinzip verbundenen Vorteile der Verfahrensvereinfachung72 durch umfassende Unterstellung der Sachprobleme unter die lex fori so unterlaufen werden. Die Verpflichtung zur Beachtung ausländischer Rechte im Verfahren wird regelmäßig nur durch die faktische Aufteilung der Abwicklungskompetenzen auf Institutionen und Personen mit Spezialkenntnissen in der jeweils anwendbaren Rechtsordnung zu erreichen sein – im Grundsatz kaum anders, als dies auch in einem System erforderlich wäre, das Sekundärverfahren zuläßt, allerdings ohne die damit verbundenen Vorteile der Nähe der im Ausland ansässigen Gläubiger zu den für sie vor allem erheblichen Teilen des Verfahrens. Hinzu tritt der bereits oben angedeutete Umstand, daß einzelne Bestimmungen eng an entsprechende Formulierungen der EG-InsVO angepaßt wurden, welche für die Bankeninsolvenz letztlich nicht recht passen; wie gesehen,73 gilt dies insbesondere für die Bestimmung des Art. 20 lit. c) der Bankeninsolvenzrichtlinie. Überdies ist festzustellen, daß der mit den Sonderanknüpfungen verfolgte Zweck, das Vertrauen auf eine nach einem ausländischen Recht wirksame erworbene Rechtsposition zu schützen, durch die Richtlinie letztlich nur unvollständig umgesetzt wird und der damit angestrebte Kompromiß zwischen den Vorzügen des Universalitätsprinzips und der Ratio von Sekundärverfahren letztlich inkonsequent ist. Dies wird besonders deutlich, wenn die Richtlinie zwar einerseits nach Art. 20 lit. a) etwa bestehende Arbeitnehmerschutzbestimmungen des Aufnahmemitgliedstaats für insolvenzfest erklärt, andererseits aber möglicherweise bestehende Insolvenzprivilegien zugunsten der Arbeitnehmer mangels entsprechender Sonderregelung nicht geschützt sind, sondern wohl unstreitig nach Art. 10 I, II lit. h) der lex fori unterfallen. Auch die Diskrepanz zwischen der Bereitschaft, dingliche Rechte insolvenzfrei zu stellen, die das Institut selbst zugunsten Dritter eingeräumt hat, sowie andererseits dem Umstand, daß beispielsweise Insolvenzprivilegien74 zugunsten der Einleger nicht geschützt sind und mithin nur zum Tragen kommen, wenn sie die lex fori vorsieht, sticht insoweit ins Auge. Insbesondere die Aufspaltung des auf die Insolvenzaufrechnung anwendbaren Rechts durch Art. 23 der Richtlinie,75 ßerhalb des Untersuchungsgegenstandes der vorliegenden Arbeit, weshalb hierauf nur am Rande hingewiesen werden soll; siehe hierzu allgemein Stürner, Hypothekenbank, passim. 72 Zu diesem Ziel etwa Hanisch, ZIP 1994, 1, 2; Spahlinger, S. 273. 73 Oben sub II. 3. a). 74 Zur Bedeutung von Insolvenzprivilegien als möglichem Instrument der Einlegersicherung siehe oben § 12 sub F. IV. 75 Zu den negativen Auswirkungen unterschiedlicher Anforderungen an die Zulässigkeit von Insolvenzaufrechnungen siehe auch BIZ, Insolvency Liquidation,

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aber auch die Beschränkung von Anfechtungsrechten der lex fori in Art. 30 stellen weitere signifikante Zugeständnisse an Partikularinteressen dar, die das Prinzip der par condicio creditorum erheblich unterhöhlen können und jedenfalls die einheitliche Verfahrensabwicklung erschweren. Wie stark sich die Unstimmigkeiten in der Rechtspraxis zu Lasten der Gläubigergleichbehandlung auswirken können, wird allerdings insbesondere auch davon abhängen, inwieweit die berührten autonomen Sachrechte tatsächlich miteinander kollidieren. Anhand der Ergebnisse der vorliegenden Arbeit läßt sich diese Frage nicht beantworten. Wie gesehen, weichen die beiden hier untersuchten Rechtsordnungen zwar hinsichtlich der Handlungsmöglichkeiten für die Frühphase der Krisenbewältigung erheblich voneinander ab, wenden aber beide auf die Liquidation allgemeines Insolvenzrecht an, das kaum zu abweichenden Ergebnissen führt. Zur Ermittlung der tatsächlichen Auswirkungen unterschiedlicher Rechte wäre eine umfassende vergleichende Untersuchung der in den einzelnen Mitgliedstaaten für Sanierungsmaßnahmen und Liquidationsverfahren geltenden materiellrechtlichen Vorschriften erforderlich, die vorliegend nicht geleistet werden kann. Unabhängig hiervon begründet indes schon die mit den Sonderanknüpfungen verbundene Pflicht der zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaats zur Ermittlung des jeweils anwendbaren Rechts Zweifel an der Praktikabilität des Kompromisses, der erst in der Schlußphase des Gesetzgebungsverfahrens in die Richtlinie Eingang gefunden hat. 4. Die Berechtigung des Universalitätsprinzips insgesamt Der in der Richtlinie zum Ausdruck gekommene, rechtstechnisch problematische Kompromiß zwischen dem strengen Universalitätsprinzip und der Berücksichtigung von Rechtspositionen, die das Recht des Aufnahmelandes gewährt, wirft die grundsätzliche Frage auf, ob Universalität und Einheitsverfahren den Sachproblemen der Bankeninsolvenz überhaupt gerecht werS. 10 f., am Beispiel des BCCI-Zusammenbruchs. Die Notwendigkeit einheitlicher Kriterien für die Insolvenzaufrechnung betont auch Herring, Conglomerates, S. 21 f. Auch wenn mit der Finalitätsrichtlinie die nationalen Regelungen für die Aufrechnung im systemrelevanten Bereich der Zahlungs- und Abrechnungssysteme umfassend harmonisiert worden sind (siehe erneut oben § 9 sub C. I.), verfehlt die Bankeninsolvenzrichtlinie damit internationale Standards. Die praktischen Auswirkungen illustriert besonders die englische Entscheidung In re Bank of Credit and Commerce International (No. 10) [1997] Ch. 213 ff., die den Vorrang der englischen Vorschriften über den Insolvency set-off (Insolvency Rules, r. 4.90) betonte, das nach der lex fori des Hauptverfahrens an sich luxemburgischem Recht unterworfen gewesen wäre. Im konkreten Fall führte dies zu einer Begünstigung der in England ansässigen Gläubiger, denen weitergehende Aufrechnungsbefugnisse zur Verfügung standen, als sie das luxemburgische Recht gewährt hätte.

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den können oder ob nicht vielmehr – wie in der EG-InsVO – grundsätzlich eine gemäßigte Universalität unter Zulassung von mit dem Hauptverfahren koordinierten Sekundär- oder Partikularverfahren in der Terminologie der Verordnung auch für die Bankeninsolvenz sinnvollere Lösungen zur Verfügung gestellt hätte. Das Problem ist außerordentlich komplex. a) Universalität als Korrelat zum Grundsatz der Herkunftslandkontrolle? Soweit der Richtliniengesetzgeber selbst zur Begründung des gewählten Lösungsansatzes in erster Linie auf die Einbettung von Kreditinstituten in den gemeinschaftsrechtlichen Rahmen für das materielle Bankenaufsichtsrecht, insbesondere das Prinzip der Herkunftslandkontrolle,76 abgestellt hat, lassen sich zunächst Zweifel anmelden. Zwischen dem materiellen Bankenaufsichtsrecht und den verfahrensrechtlichen Handlungsmöglichkeiten für die Krisenbewältigung bestehen gewichtige konzeptionelle Unterschiede. Wie im einzelnen in § 7 herausgearbeitet, vollzieht sich die (präventive) materiellrechtliche Bankenaufsicht strikt im hoheitlich geprägten Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen der zuständigen Behörde und der betroffenen Bank. Maßnahmen, die unmittelbar in die Rechte Dritter eingreifen können, sind damit regelmäßig – bei richtiger Auslegung auch im deutschen Recht – nicht verbunden. Für die Präventivmaßnahmen zur Durchsetzung der harmonisierten Aufsichtsstandards gilt deshalb berechtigterweise schon nach den bisherigen Harmonisierungsrechtsakten das Prinzip der uneingeschränkten Wirkungserstreckung, das wegen der fehlenden Ausstrahlung auf Rechte Dritter auch keinerlei Probleme bereitet.77 Von genuin anderer Natur sind jedoch Maßnahmen zur Krisenbewältigung, also Sanierungsmaßnahmen oder Liquidationsverfahren i. S. d. Bankeninsolvenzrichtlinie, die – auch nach dem Verständnis des Richtliniengesetzgebers – typischerweise gerade durch den Eingriff in bestehende Rechtsverhältnisse gekennzeichnet sind.78 Es trifft zwar zu, daß aufgrund des Prinzips der konsolidierten Aufsicht, das eine Verpflichtung der Bank zur Unterhaltung eines isolierten „Dotationskapitals“ für ausländische 76

Siehe erneut oben sub II. 2. bei und in Fn. 42 f. Insoweit zutr. Keller, BKR 2002, 347, 350; vgl. im einzelnen – auch zu Einschränkungen – RL 2000/12/EG, Art. 22, 26 ff., insbes. Art. 32. Zur Umsetzung in Deutschland siehe §§ 44a, 53 ff. KWG, in England ss. 34 f., 37, 193 ff., 368 FSMA 2000. Die insoweit gebotene Unterscheidung übersieht Degfflee, [2004] European Business Law Review 99, 104, der pauschal von „präventiven Maßnahmen“ spricht. 78 Vgl. erneut die Definition dieser Maßnahmen und Verfahren in Art. 2, 7. und 9. Spiegelstrich. 77

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Zweigstellen nicht mehr kennt, sich der Geschäftsbetrieb einer Bank in deutlich stärkerem Maße als Nichtbankenunternehmen als eine wirtschaftliche Einheit darstellt.79 Dies hebt den fundamentalen konzeptionellen Unterschied der präventiven Aufsicht zu Krisenbewältigungsmaßnahmen mit Drittwirkung aber nicht auf; es handelt sich um zwei verschiedene Aspekte. Auch die Erwägung, daß die in der Regel immateriellen Aktiva eines Bankbetriebs territorial regelmäßig nicht gebunden sind,80 führt kaum weiter. Wie gerade das in der Richtlinie zum Ausdruck gekommene starke rechtspolitische Bedürfnis nach Sonderanknüpfungen zum Schutz der Gläubiger ausländischer Zweigstellen anschaulich illustriert, bestehen durchaus hinreichende Verbindungen zum Recht der Aufnahmestaaten, die eine Sonderanknüpfung grundsätzlich begründbar machen können. Besonders gilt dies für die Sicherheiten in Gestalt von Rechten an im Ausland belegenen materiellen oder immateriellen Vermögenswerten, die Kreditinstitute ausländischen Gläubigern – nicht zuletzt im Rahmen der Teilnahme an Zahlungs- und Abrechnungssystemen sowie von Finanzmarkttransaktionen – gewähren und die das Gemeinschaftsrecht besonders privilegiert. Besonders beachtlich ist schließlich der Unterschied zwischen der Legitimation des Prinzips der Herkunftslandkontrolle und des daraus abgeleiteten Grundsatzes der Wirkungserstreckung präventiver aufsichtsrechtlicher Maßnahmen einerseits und der gemeinschaftsweiten Wirkungserstreckung für Krisenbewältigungsmaßnahmen im Einheitsverfahren andererseits. Das Prinzip der Herkunftslandkontrolle über Kreditinstitute, die, mit einem „einheitlichen europäischen Paß“ versehen, gemeinschaftsweit Zweigstellen betreiben können, beruhte – wie gesehen81 – gerade auf dem Umstand, daß das zugrundeliegende materielle Aufsichtsrecht insbesondere hinsichtlich der Anforderungen an die Kapitalausstattung der Institute als Eckpfeiler des modernen Aufsichtsrechts im Zusammenhang mit der 2. Bankrechtskoordinierungsrichtlinie hinreichend harmonisiert werden konnte: Nur weil die aufsichtsrechtlichen Anforderungen im autonomen Recht umfassend angeglichen waren, war die Hinnahme der territorialen Ausdehnung der Überwachungsmaßnahmen des Herkunftslandes unter Rücknahme des Geltungsanspruchs des Rechts des Aufnahmestaats überhaupt denkbar und politisch akzeptabel. Entsprechende Voraussetzungen sind für den Bereich der Krisenbewältigungsmaßnahmen gerade nicht gegeben, wie die Vielfalt der nationalen Lösungskonzepte unterstreicht. Die unbedingte Wirkungserstrekkung auch von Krisenbewältigungsmaßnahmen zwingt vielmehr – anders 79 So Keller, BKR 2002, 347, 350 unter Hinweis auf Art. 20 RL 2000/12/EG; insoweit zu Recht auch die 3. Begründungserwägung der Bankeninsolvenzrichtlinie. 80 Keller, BKR 2002, 347, 350. 81 Siehe erneut oben § 3 sub B. II. 3. a).

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als die Wirkungserstreckung von Maßnahmen zur Durchsetzung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Eigenmittelausstattung82 – zur Hinnahme auch solcher ausländischer Konzepte, die den materiellrechtlichen und prozessualen Vorstellungen des Aufnahmestaates durchaus erheblich widersprechen könnten. Damit ist noch nicht festgestellt, daß das strenge Universalitätsprinzip nicht aus anderen Gründen für die Bankeninsolvenz sinnvoller sein könnte als die gemäßigte Universalität der EG-InsVO. Ist dies der Fall, was sogleich im Anschluß zu untersuchen sein wird, so müßten ggf. die Schutzinteressen ausländischer Gläubiger hinter der durch ein Einheitsverfahren bewirkten Verfahrensvereinfachung zurückweichen. Die Begründung des Richtliniengesetzgebers unter Hinweis auf den Bezug zum Prinzip der Herkunftslandkontrolle vermag ein solches Ergebnis nach allem jedoch nicht zu tragen; Universalität des Insolvenzverfahrens ist83 keineswegs eine „logische Konsequenz“ dieses das materielle Aufsichtsrecht kennzeichnenden Grundsatzes. b) Der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung Fraglich ist jedoch, ob die Durchsetzung der strengen Universalität – d.h. auch: unter (weitgehendem)84 Ausschluß der in der Richtlinie eingegangen Zugeständnisse an die Partikularinteressen ausländischer Gläubiger – zur Durchsetzung der Gläubigergleichbehandlung ohne Rücksicht auf deren Wohn- oder Geschäftssitz geboten sein könnte. Die Frage ist grundsätzlich unabhängig vom spezifischen Hintergrund der Bankeninsolvenz; sie stellt sich insoweit nicht anders als im Internationalen Insolvenzrecht allgemein.85 Für die Durchsetzung strikter Universalität sprechen auf den ersten Blick der dann gewährleistete Gleichrang aller gleichartigen Forderungen und damit eine gleiche Aussicht auf Teilnahme am Verwertungserlös. Die Einheitslösung entspricht mithin dem Ideal kollektiver Haftungsverwirklichung.86 Allerdings ist auch für das allgemeine Internationale Insolvenzrecht vermutet worden, daß die bestehenden nationalen Rechtsunterschiede hinsicht82 Diesen Unterschied übersieht m. E. Wimmer, ZInsO 2002, 897, 900, der seine Zweifel am Universalitätsprinzip mit den nach wie vor bestehenden Regelungsfreiräumen der Mitgliedstaaten begründet. 83 Entgegen Hüpkes, Legal Aspects, S. 164; Degfflee, [2004] European Business Law Review 99, 104. 84 Ggf. aber mit Sonderanknüpfungen zur Sicherung der Systemstabilität, siehe unten sub d). 85 Siehe nochmals oben sub B. I. 86 Spahlinger, S. 273.

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lich der vom Verfahren erfaßten materiellrechtlichen Voraussetzungen dazu zwingen könnten, dieses Ideal durch Sonderanknüpfungen zu verwässern, was sich regelmäßig in einer Beschränkung des Geltungsbereichs der lex fori durch kollisionsrechtliche Anknüpfung für Einzelfragen niederschlägt.87 Das oben für die Bankeninsolvenzrichtlinie festgestellte Dilemma zwischen der fehlenden rechtspolitischen Durchsetzbarkeit strenger Universalität und der Impraktikabilität eines Einheitsverfahrens ohne die Möglichkeit von Sekundärverfahren reflektiert insoweit allgemeine rechtspraktische Probleme, die für das allgemeine Internationale Insolvenzrecht (auch nach der EGInsVO) gerade zur Abschwächung des Einheitsprinzips geführt haben.88 Ein „idealtypisches“ Einheitsverfahren ist damit nur um den Preis der Unvereinbarkeit mit nationalem Sachrecht zu haben; die par condicio creditorum würde mithin notwendig um den Preis der Beschneidung nach nationalem Recht wirksam erworbener und möglicherweise dort insolvenzrechtlich privilegierter Rechtspositionen erkauft. Dies stellt zwar kein logisches Argument gegen die Durchsetzung des Prinzips der Gläubigergleichbehandlung dar. Doch läßt sich vor diesem Hintergrund bezweifeln, ob Lösungen, die vollständig auf den Schutz derartiger Rechtspositionen verzichten, auf der internationalen Ebene überhaupt einstweilen – vorbehaltlich einer etwaigen späteren hinreichenden Harmonisierung der zugrundeliegenden Sachrechte89 – rechtspolitisch akzeptabel sind und damit für eine internationale Harmonisierung in Betracht kommen; das Gesetzgebungsverfahren der Bankeninsolvenzrichtlinie illustriert dies. Sind aber derartige Zugeständnisse faktisch unumgänglich oder jedenfalls schwer vermeidbar, so erscheint zweifelhaft, ob die mit einem Einheitsverfahren mit Sonderanknüpfungen verbundenen praktischen Schwierigkeiten90 die so bewirkten Vorzüge für die Gläubigergleichbehandlung tatsächlich aufwiegen. Zusätzlich ist in Rechnung zu stellen, daß gerade die Ausgestaltung als Einheitsverfahren unter Ausschluß von Sekundärverfahren die Gleichbehandlung aller Gläubiger möglicherweise nur scheinbar begünstigt, da die Teilnahme am ausländischen Verfahren – etwa aufgrund von Sprachbarrie87

Siehe z. B. Spahlinger, S. 275 m. w. N.; Hanisch, ZIP 1994, 1, 2. Vgl. Spahlinger, S. 278 ff. mit einer eindringlichen Schilderung der praktischen Probleme eines Einheitsverfahrens, in dem der Vielfalt der berührten Rechtsordnungen lediglich durch kollisionsrechtliche Sonderanknüpfungen oder Anpassungen hinsichtlich der Privilegien- und Verteilungsordnungen Rechnung getragen werden kann; das von ihm gezogene Fazit entspricht dem oben sub 3. für die Bankeninsolvenzrichtlinie vertretenen. In diese Richtung auch Hanisch, ZIP 1994, 1, 2 f. 89 Wie sie mit der Finanzsicherheitenrichtlinie für ihren Anwendungsbereich möglicherweise vollzogen ist. 90 Siehe bereits oben sub 3. und noch sogleich unten sub c). 88

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3. Teil: Sonderprobleme

ren und einer erschwerten Rechtsverfolgung vor den Gerichten oder Verwaltungsbehörden des Herkunftsstaates – für die ausländischen Gläubiger erheblich schwieriger sein dürfte als für Inländer.91 Insgesamt fällt die Antwort auf die Frage, ob der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung die Durchsetzung strikter Universalität durch ein Einheitsverfahren mit weitem Geltungsbereich der lex fori gebietet, damit eher skeptisch aus; entscheidende Beweggründe gegen die Ablehnung des abgeschwächten Universalitätsprinzips unter Zulassung von Sekundärverfahren lassen sich hieraus nicht herhalten. Bedenklich erscheint allerdings in der Tat die Kombination aus Territorialverfahren mit speziellen, z. T. ad hoc aufgestellten aufsichtsrechtlichen Anforderungen an ein Dotationskapital für Zweigstellen ausländischer Kreditinstitute, die beispielsweise in den USA zum Schutz der inländischen Gläubiger eingeführt wurde und die grenzüberschreitende Gläubigergleichbehandlung faktisch außer Kraft setzt.92 Eine gesamteuropäische Lösung sollte zumindest solchen Ungleichheiten entgegenwirken; ein Verbot von Sekundärverfahren erscheint hierfür jedoch nicht zwingend notwendig.

91 Spahlinger, S. 285, 289; speziell für die Bankeninsolvenz insoweit auch FKWimmer, Anh. I., Rn. 230; Wimmer, ZInsO 2002, 897, 902. 92 Normale Sekundärverfahren (sog. „ancillary proceedings“) nach § 304 US Bankruptcy Code (hierzu statt aller Spahlinger, S. 186 ff.) werden für Banken substituiert durch besondere Partikularverfahren für jede Zweigstelle einer ausländischen Bank, vgl. etwa Hüpkes, Legal Aspects, S. 143 f. Auf die Schwierigkeiten im Zusammenhang hiermit weist auch BIZ, Insolvency Liquidation, S. 7 ff. hin. Vgl. anschaulich zu den Auswirkungen auf Gläubiger außerhalb des Geltungsbereichs derartiger Maßnahmen die Stellungnahme zum BCCI-Fall von Ernest T. Patrikis, First Vice President der Federal Reserve Bank of New York, in: G-30 (Hrsg.), International Insolvencies, S. 87: „BCCI presented a complex cross-border insolvency. What would you do if you were a host-country supervisor facing such an event? I would wager that you would do your best to ensure that the branch had sufficient assets to cover its liabilities to unaffiliated persons. You would do this by requiring the office subject to your jurisdiction to maintain assets exceeding liabilities in your jurisdiction (. . .). When the bank closed, you would hope to have sufficient assets to pay creditors of local offices. Is that fair? In a bank bankruptcy, not all liquidators will be in a position to pay creditors of local offices. Is it not fairer to combine all assets and have a single, home-country liquidation? Perhaps, but the problem was that BCCI had branches in some countries where bank supervisory practices were lax and there would be a substantial shortfall of assets. For the United States, BCCI was a typical case. In recent years, no failure of a foreign bank has resulted in losses to creditors of the United States offices of the bank. (. . .) Owing to the role of the United States dollar as a leading medium of exchange in financial markets, a foreign bank is likely to retain assets in New York. (. . .) If these assets are in New York, and the closed bank has a New York branch, these assets are available to the liquidator of the New York office.“

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c) Praktikabilitätserwägungen Die Zulassung von mit dem Hauptverfahren koordinierten Sekundärverfahren könnte nach allem gerade aus Gründen der Verfahrensökonomie sinnvoll erscheinen. Dies ergibt sich schon aus der oben angestellten Erwägung, daß – soweit der vollständige Ausschluß kollisionsrechtlicher Sonderanknüpfungen nicht umsetzbar ist – ein Einheitsverfahren wegen der Vielfalt der Rechtsprobleme letztlich kaum geeignet ist, die Hoffnungen auf eine besonders kostengünstige und effektive Verfahrensabwicklung zu erfüllen, die sich mit dem Einheitsprinzip verbinden.93 Wenn und soweit – wie jedenfalls grundsätzlich nach der EG-InsVO94 – hinreichende Vorkehrungen zur Koordinierung der verschiedenen Verfahren sowie zur Vermeidung ungerechter Ergebnisse bei der Verteilung der Erlöse getroffen sind, sprechen keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Zulassung von Sekundärverfahren auch für die Bankeninsolvenz. Aus der Praxis vergangener Insolvenzfälle läßt sich vielfältiges Anschauungsmaterial für die konkrete Ausgestaltung der Zusammenarbeit zwischen den für die einzelnen Verfahren verantwortlichen Stellen gewinnen.95 Auch die Komplexität eines grenzüberschreitend tätigen Bankbetriebs könnte es als sinnvoll erscheinen lassen, die Last der Bewältigung auf verschiedene Schultern zu verteilen. Insoweit könnte auch eine Rolle spielen, daß Vertrautheit der verantwortlichen Stellen mit lokalen Gegebenheiten auch bessere Verwertungsergebnisse ermöglichen könnte als in einer zentral geführten Verwertung, die im übrigen im Regelfall ohnehin nicht ohne Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe durch ausländische Stellen wird auskommen können. Wann ein Sekundärverfahren im Einzelfall sinnvoll ist, wird sich vor allem an der Frage entscheiden, in welchem Maße die betroffene Bank im Ausnahmestaat tatsächlich über hinreichende Vermögens93

Siehe hierzu etwa Spahlinger, S. 273, 288; Hanisch, ZIP 1994, 1, 2 ff. Eine Bewertung diesbezüglich kann an dieser Stelle nicht unternommen werden, insoweit ist auf die Literatur zur Verordnung zu verweisen, siehe die Nachw. oben sub A. in Fn. 5 sowie insbes. Artt. 31 ff. EG-InsVO und nochmals Spahlinger, S. 68 ff. 95 Vgl. ausf. vor allem In re Bank of Credit and Commerce International S.A. (No. 10) [1997] Ch. 213, 224 ff., insbes. 228 ff. mit Einzelheiten zu den in diesem Fall gewählten „Pooling arrangements“ zwischen den beteiligten Insolvenzverwaltern der Sekundärverfahren und den für das in Luxemburg geführte Hauptverfahren verantwortlichen Stellen. Anschaulich zur etablierten Praxis solcher Absprachen im englischen Internationalen Insolvenzrecht bereits Re P. MacFadye & Co. [1908] 1 K.B. 675 (Fall einer Bankeninsolvenz), vgl. auch Fletcher, Rn. 31-068 m. w. N. Zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Herstatt-Fall siehe ferner Hanisch, FS Bosch, S. 381, 388 ff.; vgl. auch Paulus, ZIP 1998, 977 ff. zur Bewältigung grenzüberschreitender Insolvenzfälle im Rahmen sog. „Protokolle“ der beteiligten Verwalter und Gerichte. 94

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3. Teil: Sonderprobleme

werte verfügt. Daß für die Zweigstellen im EG-Ausland ein bestimmtes Dotationskapital nicht mehr unterhalten werden muß,96 könnte den Sinn eines Sekundärverfahrens bisweilen in Frage stellen, ist allerdings nur ein Faktor unter mehreren. Denkbar ist beispielsweise auch der Rückgriff auf im Ausland gehaltene Finanzinstrumente ohne treuhänderische Bindung, Devisen o. ä. im Rahmen des Sekundärverfahrens.97 d) Systemschutz und die Rolle der Aufsicht Die oben sub B. II. im einzelnen erörterten spezifischen Probleme der Bankeninsolvenz im Vergleich lassen freilich zunächst gewisse Einschränkungen hinsichtlich der Zulässigkeit von Sekundärverfahren sinnvoll erscheinen. Wiederum handelt es sich nur teilweise um echte Spezialprobleme gegenüber der grenzüberschreitenden Unternehmensinsolvenz im allgemeinen. aa) Verhältnis von Sanierungsmaßnahmen und Liquidationsverfahren Insbesondere aufsichtsrechtlich geprägte, aber auch insolvenzrechtliche Sanierungsmaßnahmen für Kreditinstitute können regelmäßig – wenn überhaupt98 – nur dann sinnvoll wirken, wenn sie nicht durch Sekundärverfahren gestört werden; nur dann wird sich ein die Bank und ihre Zweigstellen insgesamt erfassendes Sanierungskonzept überhaupt planen und durchführen lassen.99 Diese Probleme stellen sich zwar bei der Behandlung von Sanierungsverfahren im allgemeinen Internationalen Insolvenzrecht in kaum anderer Weise.100 Die verfahrensrechtliche Absicherung dieses Grundsatzes dürfte für die Bankeninsolvenz jedoch größere Schwierigkeiten bereiten. 96

Vgl. erneut Keller, BKR 2002, 247, 350. Insoweit anschaulich wiederum die oben sub b) zitierte Stellungnahme von Patrikis. Zu möglichen Anforderungen an die Art des im Ausland belegenen Schuldnervermögens als Voraussetzung für die Eröffnung von Sekundärverfahren allgemein Spahlinger, S. 323 ff. 98 Nochmals ist darauf hinzuweisen, daß die Erfolgsaussichten förmlicher Sanierungsmaßnahmen im Regelfall schon wegen der damit verbundenen Öffentlichkeitswirkung eher gering sind, siehe näher oben § 13 sub B. I. 2. b). Die These von Hüpkes, Legal Aspects, S. 143, die Durchsetzung des Einheitsprinzips in der Bankeninsolvenz fördere die Sanierungsaussichten, dürfte daher skeptisch zu bewerten sein; irrig insoweit auch Deguée, [2004] European Business Law Review 99, 104. 99 In diese Richtung auch U. Schneider, FS Steindorff, S. 1393, 1409; insoweit zutr. auch Deguée, [2004] European Business Law Review 99, 104. 100 Vgl. Spahlinger, S. 331 ff., insbes. S. 334; ausf. auch Reinhart, S. 255 ff., 299 ff.; anschaulich Wenner, KTS 1990, 429, 434: „Handelt es sich beim Hauptverfahren um ein Sanierungsverfahren, so ist der beschränkte Inlandskonkurs ‚Elefant 97

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Anders als im allgemeinen Internationalen Insolvenzrecht,101 dürfte ein bloßes Verwertungsmoratorium auf Antrag des Verwalters des Hauptverfahrens, wie es Art. 33 EG-InsVO vorsieht,102 insoweit nicht ausreichen, um die Störung durch ein ausländisches Parallel- bzw. Sekundärverfahren abzuwehren. Ebensowenig ist hierfür das in Art. 34 EG-InsVO geregelte Recht des Verwalters des Hauptverfahrens geeignet, für das Sekundärverfahren eine vergleichsweise Lösung ohne Liquidation vorzuschlagen. Denn angesichts der besonderen Eilbedürftigkeit entsprechender Verfahren103 werden diese Möglichkeiten, die auf den Fall abgestellt sind, daß bereits ein ausländisches Sekundärverfahren eröffnet ist, vielfach zu schwerfällig und langwierig sein, um das gewünschte Ergebnis tatsächlich zu ermöglichen. Zusätzliche Schwierigkeiten könnten sich durch Eigenheiten der jeweiligen nationalen Sanierungsmaßnahmen ergeben. Vielmehr müßte vermutlich die Befugnis zur Einleitung eines Sekundärverfahrens auf Fälle eingeschränkt werden, in denen das bereits eingeleitete (Haupt-) Verfahren ein „Liquidationsverfahren“ i. S. d. Bankeninsolvenzrichtlinie ist. Für Sanierungsmaßnahmen müßte mithin das Einheitsverfahren ohne Ausnahme gelten. Wie in Art. 27 I EG-InsVO vorgesehen, müßte darüber hinaus der Kreis der denkbaren Sekundärverfahren auf reine Liquidationsverfahren eingeschränkt werden. Zumindest in Fällen, in denen die angestrebte Sanierungslösung dauerhaft in die Rechte der Gläubiger eingreift (etwa bei Zwangsvergleichen), wirft eine solche Lösung freilich wiederum die gleichen Probleme auf, die mit der Durchsetzung des strikten Einheitsprinzips im Liquidationsverfahren verbunden sind. Nicht zuletzt, weil Sanierungsmaßnahmen für Banken häufig – wie im deutschen Recht nach § 46a KWG – Vorrang gegenüber der Einleitung eines Liquidationsverfahrens beanspruchen werden, drohte ein (insbesondere in zeitlicher Hinsicht) uneingeschränkter Ausschluß von Sekundärverfahren bei schwebenden Sanierungsbemühungen die mit der gemäßigten Universalität verknüpften Ziele – insbesondere eine erhöhte Verfahrensgerechtigkeit für die im Ausland ansässigen Gläubiger – zu unterlaufen. Als Lösung kommt insoweit eine zeitlich Befristung der Ausschlußwirkung in Betracht, nach deren Ablauf ein Sekundärverfahren im Ausland eingeleitet werden könnte. Alternativ wäre an eine Monopolisierung des Antragsrechts für Sekundärverfahren beim Verwalter des Hauptverfahrens im Porzellanladen.‘ “ Auch außerhalb der Bankeninsolvenz ist ein Königsweg in dieser Hinsicht offenbar kaum zu finden. 101 Vgl. hierzu Spahlinger, S. 332 ff. 102 Zum Hintergrund Spahlinger, a. a. O. 103 Siehe erneut oben § 13 sub B. I. 2. b).

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zu denken, womit freilich die Möglichkeit, über die Einleitung eines Sekundärverfahrens auch etwaige Ungerechtigkeiten des Hauptverfahrens zu korrigieren, ausschließlich in das Ermessen der für das Hauptverfahren zuständigen Stellen gestellt wäre. Eine flexible Lösung mit zeitlich befristeter Ausschlußwirkung einerseits, andererseits breiter gefächertem Antragsrecht für Sekundärverfahren und hinreichenden Beteiligungsrechten des ausländischen Verwalters bzw. der dort anderweitig zuständigen Stelle wäre wahrscheinlich zu bevorzugen. bb) Wirkungserstreckung für Sicherungsmaßnahmen Mit dem vorstehend erörterten Problem eng verbunden ist die Frage der Wirkungserstreckung für die Sicherungsmaßnahmen im Frühstadium der verfahrensförmigen Krisenbewältigung. Davon zu unterscheiden sind, wie bereits angedeutet, aufsichtsrechtliche Maßnahmen präventiver Natur, die als verwaltungsrechtliche Rechtsakte mit inter partes-Wirkung im Verhältnis zwischen Aufsichtsbehörde und Kreditinstitut bereits aufgrund des bislang geltenden materiellen Aufsichtsrechts im Rahmen der Herkunftslandkontrolle grenzüberschreitende Wirksamkeit entfalten.104 Für den Bereich der „echten“, mit Eingriffen in die Rechte Dritter verbundenen Sicherungsmaßnahmen hingegen,105 die – wie in der Unternehmensinsolvenz im allgemeinen – häufig Bestandteil der jeweils „endgültigen“ Sanierungsmaßnahmen oder Liquidationsverfahren sein werden, stellt sich das Problem der Wirkungserstreckung zunächst kaum anders als für die allgemeine Unternehmensinsolvenz im Internationalen Insolvenzrecht.106 Mit Blick auf die Abwehr eines „Runs“ der Gläubiger, aber auch hinsichtlich der Bedeutung des Schließungszeitpunkts für die Auswirkungen auf Zahlungssysteme107 ließe sich der in Art. 38 EG-InsVO gewählte Lösungsansatz, wonach der von den Gerichten des Mitgliedstaats des späteren Hauptverfahrens bestellte vorläufige Verwalter im Aufnahmeland die nach dem Recht dieses Staates statthaften Sicherungsmaßnahmen beantragen kann, allerdings kaum auf die Bankeninsolvenz übertragen. Dieser Ansatz der Substitution der Sicherungsmaßnahmen der Frühphase des Hauptverfahrens mit entsprechenden ausländischen, wirkungsgleichen Maßnahmen entspricht zwar durchaus allgemeinen Grundsätzen des Internationalen Insolvenzrechts, die nicht zuletzt darauf beruhen, daß ausländische Sicherungsmaßnahmen vielfach nicht als anerkennungsfähige gerichtliche „Entschei104 105 106 107

Siehe nochmals oben sub a) bei und in Fn. 77. Siehe erneut oben § 7 sub C. I. Vgl. nur Spahlinger, S. 102 f.; 259 f. Siehe erneut oben sub B. II. 2.

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dungen“ ausgestaltet sind.108 In der Bankeninsolvenz ist jedoch auch für die Sicherungsmaßnahmen und deren Auswirkungen auf schwebende Rechtsverhältnisse das Prinzip der Wirkungserstreckung ohne Einschränkungen und ohne entsprechende Substitutionslösungen zwingend geboten, um die Effektivität der Sicherungsmaßnahmen zu wahren. Die Bankeninsolvenzrichtlinie geht insoweit mithin vom richtigen Grundsatz aus, wenn sie – anders als die EG-InsVO – über Art. 3 I i. V. m. Art. 2, 7. Spiegelstrich die unmittelbare Wirkungserstreckung unter anderem für alle Maßnahmen anordnet, „die eine Aussetzung der Zahlungen [oder] eine Aussetzung der Vollstreckungsmaßnahmen (. . .) erlauben“. Angreifbar ist freilich die systematische Zuordnung dieser Maßnahmen zum Begriff der „Sanierungsmaßnahmen“, also nach Art. 2, 7. Spiegelstrich den „Maßnahmen, mit denen die finanzielle Lage eines Kreditinstituts gesichert oder wiederhergestellt werden soll“, unter Verzicht auf eine eigenständige Definition der Sicherungsmaßnahme in Anlehnung an die Regelung in Art. 38 EG-InsVO. Die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen in der Frühphase ist keineswegs zwingend Bestandteil von Sanierungsmaßnahmen oder dient der Vorbereitung einer solchen; sie ist vielmehr auch und gerade zur Vorbereitung von Liquidationsverfahren sinnvoll und angebracht. Der Konzeption der Richtlinie liegt insoweit implizit das Bild einer gestuften Vorgehensweise im Krisenfall zugrunde, wonach erst nach Fehlschlagen förmlicher Sanierungsmaßnahmen i. S. d. Art. 2, 7. Spiegelstrich Liquidationsverfahren eingeleitet werden können.109 Dies mag der gesetzlichen Konzeption der Rechte einiger Mitgliedstaaten (u. a. auch des deutschen Aufsichtsrechts) entsprechen, aber nicht der Praxis, in der bei Feststellung der Krise häufig nur mehr Liquidationsverfahren eingeleitet werden können und der förmlichen Sanierung kaum Bedeutung zukommt. Problematisch ist die Lösung nicht zuletzt im Vergleich mit dem englischen Recht, zwingt sie doch, um auch insoweit die erforderliche Wirkungserstreckung erzielen zu können, zur Zuordnung der Provisional liquidation – an sich eindeutig Vorstufe zur Liquidation im Winding-up110 – zum Begriff der „Sanierungsmaßnahme“ i. S. d. Art. 2, 7. Spiegelstrich der Richtlinie. Ähnlich problematisch ist die Qualifikation der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters nach § 21 InsO in diesem Zusammenhang.111

108

Spahlinger, a. a. O. (soeben Fn. 106). Vgl. auch nochmals die 14. Begründungserwägung zur Richtlinie: „Falls keine Sanierungsmaßnahmen getroffen werden oder diese gescheitert sind, müssen die in einer Krise befindlichen Kreditinstitute liquidiert werden.“ 110 Siehe erneut oben § 6 sub C. III. 2. b). 111 Vgl. zunächst Boos/Lindemann, § 46b KWG Rn. 27 und noch unten sub D. I. 2. c). 109

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cc) Die Rolle der Aufsicht insbesondere hinsichtlich der Auslösung des Verfahrens Auch bei grundsätzlicher Befürwortung des Prinzips eingeschränkter Universalität mit begrenzter Zulassung von Sekundärverfahren für die Bankeninsolvenz bedarf es bei alledem besonderer Regelungen hinsichtlich der Zuständigkeit für die Verfahrensauslösung als solche und damit auch die Auslösung der Sicherungsmaßnahmen für die Frühphase der Krisenbewältigung. Insoweit läßt sich in der Tat sinnvoll eine ausschließliche Zuständigkeit der zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates mit dem Prinzip der Herkunftslandkontrolle begründen. Tatsächlich dürften die Behörden des Heimatstaates aufgrund des Grundsatzes der konsolidierten Aufsicht über die Kreditinstitute jedenfalls grundsätzlich am besten in der Lage sein, die Entscheidung über die Verfahrensauslösung zu treffen. Gleichlauf mit den aufsichtsrechtlichen Kompetenzen empfiehlt sich insofern insbesondere in Fällen, in denen diese Entscheidung aus einem dynamischen Prozeß kontinuierlich gesteigerter Aufsichtsintensität und entsprechenden aufsichtsrechtlichen Eingriffen heraus getroffen wird, also etwa im idealtypischen Fall, der dem deutschen System der Kompetenzen nach den §§ 45 ff. KWG zugrundeliegt. Auch hinsichtlich der grenzüberschreitenden Koordinierung des Schließungszeitpunkts etwa mit Rücksicht auf die Auswirkungen der Schließung auf Zahlungssysteme bieten sich die Behörden des Herkunftsmitgliedstaats als kompetentester Beteiligter an. Für die Zuständigkeit für die Verfahrensauslösung steht mithin in der Bankeninsolvenz ein präziserer Anknüpfungspunkt zur Verfügung, als dies in der allgemeinen Unternehmensinsolvenz der Fall ist. Im Unterschied zur EG-InsVO, die für die Internationale Zuständigkeit grundsätzlich auf den „Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen“ des Schuldners abstellt (Art. 3 I EG-InsVO), begründet die Bankeninsolvenzrichtlinie daher grundsätzlich zu Recht ausschließliche Auslösungszuständigkeiten zugunsten der „Behörden oder Gerichte des Herkunftsmitgliedstaates“ i. S. d. Art. 1 Nr. 6 RL 2000/12/EG.112 Die Rolle der Aufsichtsbehörden für die Verfahrensauslösung ist damit allerdings keineswegs für alle EG-Mitgliedstaaten gleich ausgestaltet. Vielmehr gelten alle Sonderregeln des Herkunftsmitgliedstaates etwa hinsichtlich der Antragsberechtigung für das förmliche Verfahren. Zwar dürften alle Mitgliedstaaten der jeweiligen Aufsichtsbehörde jedenfalls ein Initiativrecht für die förmliche Krisenbewältigung einräumen.113 Doch bleiben Unter112 Art. 3 I (Sanierungsmaßnahmen), 9 I (Liquidationsverfahren) der Bankeninsolvenzrichtlinie. 113 Vgl. erneut auch die Nachw. oben sub b) in Fn. 92.

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schiede. So ist schon nach Maßgabe der Bankeninsolvenzrichtlinie beispielsweise ein deutscher Gläubiger einer englischen Bank berechtigt, eine Winding-up petition über das Vermögen des Instituts zu stellen; die FSA wäre dann lediglich zu hören und hätte die oben untersuchten Beteiligungsrechte. Ein englischer Gläubiger einer deutschen Bank hingegen wäre wegen § 46b KWG nicht antragsberechtigt. Entsprechendes gilt für das Initiativrecht der Institute selbst. Diese Unterschiede, die zur Durchsetzung des Herkunftslandprinzips nicht zuletzt im Interesse der Systemstabilität wohl hingenommen werden müssen, sind freilich in der Praxis wegen der dominierenden Stellung der Aufsicht hinsichtlich der Verfahrenseinleitung kaum von Belang. Im Falle der Zulassung von Sekundärverfahren dürfte, wie oben sub aa) angedeutet, letztlich eine Kooperationslösung unter Beteiligung der Aufsichtsbehörden des jeweiligen Aufnahmemitgliedstaates hinsichtlich des Initiativrechts für die Eröffnung des Sekundärverfahrens bei ausschließlicher Zuständigkeit der zuständigen Stellen des Herkunftsmitgliedstaates hinreichend sichere Lösungen bieten. Dies gilt zumal deshalb, weil es für die systemrelevanten Auswirkungen auf schwebende Rechtsverhältnisse, wie gesehen,114 vor allem auf die Sicherungsmaßnahmen in der Frühphase, weniger hingegen auf die Ausgestaltung des Verfahrens im Verlauf ankommt. dd) Begrenzte Sonderanknüpfungen im Interesse der Systemstabilität Abschließend zu bewerten bleibt damit die Berechtigung begrenzter kollisionsrechtlicher Sonderanknüpfungen zum Schutz der Systemstabilität, wie sie in die Bankeninsolvenzrichtlinie und insbesondere in die Finalitäts- und die Finanzsicherheitenrichtlinie Eingang gefunden haben. Das zugrundeliegende Ziel, die verschiedenen Arrangements insolvenzfest zu gestalten, ist bereits oben im Zusammenhang der Auswirkungen einer Bankeninsolvenz auf Zahlungssysteme (§ 9) und Finanzmarkttransaktionen (§ 11) und die Bedeutung der Verrechnungsvereinbarungen auf die Systemstabilität im einzelnen erörtert worden. Eine Sonderanknüpfung für derartige Rechtsverhältnisse, die dem Grundsatz der lex contractus (bzw. im Falle dinglicher Sicherheiten der lex rei sitae) folgt, erscheint prinzipiell als sinnvoller Weg, die Anerkennung derselben durch das „Heimatrecht“ auch in der grenzüberschreitenden Insolvenz sicherzustellen. Einzelheiten der „technischen“ Umsetzung dieses Prinzips durch die Bestimmungen der einzelnen Rechtsakte können vorliegend allerdings kaum untersucht werden; die hierfür wiederum erforderliche umfassende Analyse von Einzelproblemen der Umsetzung hinsichtlich konkreter Anwendungsfälle würde den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen. 114

Oben §§ 8–11.

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5. Harmonisierung der Krisenbewältigungsmechanismen als Alternative? Nach allem stellt sich die Frage, ob angesichts der festgestellten vielfältigen Probleme, die mit der Neuregelung des Internationalen Bankeninsolvenzrechts innerhalb der Europäischen Gemeinschaft verbunden sind, ein anderer Ansatz letztlich praktikablere Lösungen geboten hätte. Es dürfte deutlich geworden sein, daß vor allem die Verschiedenheit der nationalen Lösungsansätze die oben im einzelnen erörterten Probleme in einem Maße erst schafft oder jedenfalls verstärkt, was die Frage nahelegt, ob nicht eine Harmonisierung der autonomen Lösungsansätze letztlich unumgänglich ist, um die Effektivität der Krisenbewältigung einerseits, andererseits aber auch die Gläubigergleichbehandlung zu sichern. Auch dieses Problem ist im Kern nicht auf die Bankeninsolvenz beschränkt; die Vielfalt der autonomen Rechte ist vielmehr das Hauptproblem für alle Ansätze zur Vereinheitlichung des Internationalen Insolvenzrechts im allgemeinen.115 Hier wie dort stellt sich das Problem unterschiedlicher Wertungen, aber auch unterschiedlicher Infrastrukturen, doch bei der Bankeninsolvenz verschärft es sich nochmals deutlich – vor allem wegen der zusätzlichen Beteiligung der Aufsichtsbehörden und der damit teilweise verbundenen verfahrensrechtlichen Sondergestaltungen, die anderen Zielen als allein der Haftungsverwirklichung dienen. Eben weil die jeweiligen institutionellen Arrangements Unterschiede in den rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnissen des jeweiligen Marktumfelds reflektieren (können), erscheinen – ungeachtet des ansonsten bereits erreichten Harmonisierungsgrads im materiellen Aufsichtsrecht – Versuche einer substantiellen Harmonisierung auch der Krisenbewältigungsmechanismen als solcher einstweilen allerdings wenig praktikabel, möglicherweise auch nicht wünschenswert.116 Hinzu treten unterschiedliche Vorstellungen über die Zielvorgaben an die Krisenbewältigung, die ihrerseits im Regelfall unterschiedlichen konkreten Erfahrungen mit einzelnen Krisenfällen entsprechen.117 Über eine institutionelle Neuorientierung insbesondere für bedeutende Insolvenzfälle wird noch nachzudenken sein,118 doch echte Alternativen zum mit der Bankeninsolvenzrichtlinie gewählten Grundkonzept, lediglich die verfahrensrechtliche Anerkennung der einzelnen Maßnahmen einer Harmonisierung zu unterwerfen, 115 116

Siehe statt aller Spahlinger, S. 122, 273; Hanisch, ZIP 1994, 1, 2. Zu wenig differenzierend insoweit U. Schneider, FS Steindorff, S. 1393,

1410. 117

Vgl. nochmals oben § 2 zur unterschiedlichen historischen Entwicklung in den beiden hier untersuchten Rechtsordnungen und den jeweiligen Reaktionen des Gesetzgebers. 118 Unten § 17 sub C.

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bieten sich bei realistischer Bewertung derzeit wohl kaum. Auch die Erarbeitung internationaler „best practice“-Standards für die Bewältigung von Bankeninsolvenzen als Alternative zu bindenden Rechtsakten ist – angesichts der Vielfalt der ökonomischen und rechtlichen Rahmenbedingungen in den einzelnen Rechtsordnungen wenig verwunderlich – bislang über einzelne Grundzüge nicht hinausgekommen.119 IV. Zusammenfassung

Nach allem muß der mit der Bankeninsolvenzrichtlinie sowie bereits der Einlagensicherungs- und der Finalitätsrichtlinie und neuerdings der Finanzsicherheitenrichtlinie geschaffene Rechtsrahmen für die Bewältigung grenzüberschreitender Bankeninsolvenzen in der Europäischen Gemeinschaft eher zurückhaltend bewertet werden. Dem damit vor allem bewirkten Vorteil einer gewissen Rechtssicherheit hinsichtlich der Internationalen Zuständigkeit für die einzelnen Krisenbewältigungsmechanismen stehen erhebliche Anwendungsprobleme gegenüber, die sich vor allem aus der unglücklichen Verbindung des Einheitsverfahrensgrundsatzes mit zahlreichen kollisionsrechtlichen Sonderanknüpfungen für einzelne Rechtsverhältnisse ergeben. Das mit dem Universalitäts- und Einheitsprinzip verbundene Ziel gesteigerter Effektivität der Verfahrensbewältigung wird damit unterlaufen, ohne daß deutlich würde, weshalb modifizierte und mit dem Hauptverfahren koordinierte Sekundärverfahren nicht auch für die Liquidationsverfahren in der Bankeninsolvenz sinnvoll sein könnten. Zustimmung verdient allerdings insbesondere das in Art. 3 der Bankeninsolvenzrichtlinie verankerte Prinzip der automatischen Wirkungserstreckung für Sicherungsmaßnahmen im besonders systemrelevanten Bereich der Verfahrenseinleitung. Während sich für die Verfahrensauslösung ein Vorrang der maßgeblichen Bestimmungen des Rechts des Herkunftsmitgliedstaates begründen läßt, bleibt zweifelhaft, weshalb dieses Prinzip auch auf die Verfahrensdurchführung – insbesondere in reinen Liquidationsverfahren als dem Regelfall – erstreckt werden sollte. Nach wie vor sind jedoch zahlreiche Schwierigkeiten ungelöst. Ungeachtet der Harmonisierung des Internationalen Bankeninsolvenzrechts innerhalb der Europäischen Gemeinschaft bleiben flexible ad hoc-Gestaltungen die einzige Alternative in Fällen mit Berührung zu Staaten außerhalb der Gemeinschaft, zu denen die Mehrzahl der grenzüberschreitenden Insolvenzfälle insgesamt zählen dürfte.120 Hier wird allenfalls eine internationale 119

Siehe nochmals die Nachw. oben § 1 sub D. Vgl. nochmals oben sub III. 4. b) bei und in Fn. 92 zu den möglicherweise drastischen Auswirkungen für die Gleichbehandlung der Gläubiger. 120

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3. Teil: Sonderprobleme

Konvention belastbare und akzeptable verallgemeinerungsfähige Lösungen bringen können.121 Auch innerhalb der Gemeinschaft bergen die vielfältigen Lösungsansätze der einzelnen Mitgliedstaaten zahlreiches Konfliktpotential nicht zuletzt mit Blick auf die Beteiligung der Gläubiger am Verfahren – und wohl auch ihren Rechtsschutzmöglichkeiten insbesondere gegenüber Rechtsakten ausländischer Aufsichtsbehörden.

D. Die Umsetzung der Bankeninsolvenzrichtlinie in England und Deutschland Auch hinsichtlich der Umsetzung der Vorgaben der Bankeninsolvenzrichtlinie in England und Deutschland gilt, daß eine Einschätzung der praktischen Konsequenzen insoweit gegenwärtig kaum möglich ist. Die nachfolgende Betrachtung soll sich daher auf eine überblicksweise Darstellung der jeweiligen Umsetzungsgesetzgebung beschränken und nur dort auf Probleme der gewählten Regelungstechnik hinweisen, wo diese sich bereits jetzt abzeichnen könnten. Hinsichtlich der Einschätzung des neuen Rechtsrahmens allgemein kann auf die vorstehende Analyse der Richtlinie verwiesen werden. I. Deutschland

1. Überblick In Deutschland sind die Vorgaben der Richtlinie mit dem Gesetz zur Umsetzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen zur Sanierung und Liquidation von Versicherungsunternehmen und Kreitinstituten122 umgesetzt worden. Einzelne relevante Regelungen wurden zudem bereits mit dem Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Insolvenzrechts123 in das nationale Recht übernommen.

121 Insoweit zutr. Hüpkes, Legal Aspects, S. 168 f., die allerdings das Erfordernis strikter Universalität postuliert, was nach allem erst recht im Rechtsverkehr mit Staaten außerhalb der EG kaum hinreichend praktikable Ergebnisse ermöglichen dürfte. 122 BGBl. 2003-I, S. 2146. 123 BGBl. 2003-I, S. 345.

§ 16 Die grenzüberschreitende Bankeninsolvenz

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2. Wirkungserstreckung für aufsichtsrechtliche Maßnahmen in der Krise a) Überblick Die wesentlichen Neuregelungen für die Wirkungserstreckung für das aufsichtsrechtliche Verfahren sind in den §§ 46b II, 46d-f KWG n. F. enthalten. Hinsichtlich der aufsichtsrechtlichen Kompetenzen gegenüber Kreditinstituten aus anderen Mitgliedstaaten im Vorfeld von Sanierungs- bzw. Liquidationsverfahren i. S. d. Bankeninsolvenzrichtlinie bewendet es bei den bisherigen Regelungen nach § 53b KWG. b) Sanierungsmaßnahmen § 46d KWG n. F. betrifft die Wirkungserstreckung für „Sanierungsmaßnahmen“ der BAFin über die in Deutschland beheimateten Kreditinstitute. Als „Sanierungsmaßnahmen“ qualifiziert § 46d III 1 KWG n. F. neben Maßnahmen nach §§ 46, 46a KWG erstaunlicherweise auch Anordnungen der Aufsicht aufgrund der Generalklausel des § 6 III KWG. Damit wird zwar klargestellt, daß auch allgemeine aufsichtsrechtliche Anordnungen in der Krise gemeinschaftsweit sollen Geltung beanspruchen dürfen, wenn und soweit mit ihnen „die finanzielle Lage eines Einlagenkreditinstituts oder E-Geld-Instituts gesichert oder wiederhergestellt werden soll und dies die bestehenden Rechte von Dritten in einem Aufnahmestaat des Europäischen Wirtschaftsraums beeinträchtigt (. . .)“. Ob dies allerdings im Hinblick auf den wohl unstreitigen Charakter der §§ 46, 46a KWG als leges speciales in der Krise und vor dem Hintergrund der bisherigen Aufsichtspraxis notwendig oder sinnvoll war, erscheint zweifelhaft. Die Zweifel werden verstärkt durch den Umstand, daß eine privatrechtsgestaltende Drittwirkung von Verwaltungsakten nach § 6 III KWG bislang, soweit ersichtlich, noch nicht diskutiert worden ist, so daß schon grundsätzlich fraglich erscheint, ob derartige Maßnahmen überhaupt die tatbestandlichen Voraussetzungen des neuen § 46d III 1 KWG erfüllen. § 46d I, II KWG regeln insoweit die Pflicht der BAFin zur Benachrichtigung der zuständigen Stellen in den Aufnahmemitgliedstaaten sowie zur öffentlichen Bekanntmachung der Maßnahmen. Hinsichtlich der durch die Richtlinie veranlaßten Sonderanknüpfungen verweist § 46d III 3 KWG in systematisch durchaus angreifbarer Weise auf die Regelungen der §§ 336, 337, 338, 340 und 351 II InsO i. d. F. des Gesetzes zur Neuregelung des Internationalen Insolvenzrechts.

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3. Teil: Sonderprobleme

Erstaunlicherweise fehlt es in der deutschen Umsetzungsgesetzgebung an einer Norm, die spiegelbildlich die Wirkungserstreckung für Sanierungsmaßnahmen der Aufsichtsbehörden oder Gerichte eines anderen Mitgliedstaates anordnet. Die Bestimmung des § 46e KWG n. F. über ausländische „Insolvenzverfahren“ wird insoweit kaum entsprechend angewendet werden können; sie ist eindeutig auf Liquidationsverfahren zugeschnitten und wird überdies dem Umstand nicht gerecht, daß Sanierungsverfahren regelmäßig aufsichts- und nicht insolvenrechtlicher Natur sein werden. Hierin dürfte ein – angesichts der möglicherweise einschneidenden Drittwirkungen ausländischer Sanierungsverfahren sogar erhebliches – Umsetzungsdefizit vorliegen. c) Liquidationsverfahren Regelungen über Liquidationsverfahren – im Umsetzungsgesetz naturgemäß allgemein als „Insolvenzverfahren“ bezeichnet124 – enthalten die §§ 46b II, 46e, 46f KWG n. F. § 46b II KWG regelt zunächst die Pflicht der BAFin, im Falle der Stellung eines Insolvenzantrags die zuständigen Stellen in den jeweiligen Aufnahmemitgliedstaaten sowie die Betreiber von Zahlungssystemen zu benachrichtigen. § 46e I KWG n. F. ordnet ausdrücklich die Geltung des Herkunftslandprinzips für Insolvenzverfahren an; § 46e II KWG erklärt Sekundärverfahren für unzulässig. § 46e III, IV KWG n. F. regeln Einzelheiten der Verfahrenskoordination mit den beteiligten Gerichten und Insolvenzverwaltern. § 46e V KWG n. F. schließlich betrifft die Abwicklung von Insolvenzverfahren über Zweigstellen von Kreditinstituten außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums. Hinsichtlich der Wirkungserstreckung inländischer Verfahren ist insoweit zunächst vor allem der Umfang der Wirkungserstreckung in der Frühphase des Insolvenzverfahrens unklar. Während für die aufsichtsrechtlichen Maßnahmen insoweit Klarheit besteht, wird in der Literatur vertreten, daß die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters nur territoriale Geltung soll beanspruchen können, da diese nicht als Liquidationsverfahren i. S. d. Bankeninsolvenzrichtlinie zu qualifizieren sei.125 Es wurde bereits ausgeführt, daß dieses Problem seinen Ursprung letztlich in der mißlichen Verzahnung von Sanierungs- und Liquidationsverfahren im Hinblick auf die Wirkungserstreckung in Artt. 3 I, 2 der Richtlinie hat.126 Der Ausschluß 124

Vgl. zur streitigen Frage, ob auch die Abwicklungsanordnung nach § 38 KWG als Liquidationsverfahren i. S. d. Richtlinie zu qualifizieren ist, einerseits (verneinend) Boos/Lindemann, § 46b KWG Rn. 22 ff., andererseits Wimmer, ZInsO, 2002, 897 f. Die Frage kann mangels Bedeutung für den klassischen Fall „offener“ Insolvenzen hier dahingestellt bleiben. 125 Boos/Lindemann, § 46b KWG Rn. 27.

§ 16 Die grenzüberschreitende Bankeninsolvenz

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des vorläufigen Insolvenzverwalters aus dem Anwendungsbereich der Wirkungserstreckung mag insoweit zwar auf den ersten Blick gesetzessystematisch nachvollziehbar sein. Aus teleologischer Sicht – insbesondere im Hinblick auf den Stellenwert des Herkunftslandprinzips für das Konzept der Richtlinie – überzeugt er freilich, wie oben deutlich geworden sein sollte, keineswegs. Die praktische Relevanz dieser Frage wird freilich de lege lata durch die Möglichkeit abgemildert, dieses Defizit durch die Aufrechterhaltung der aufsichtsrechtlichen Anordnungen nach § 46a KWG während des Insolvenzeröffnungsverfahrens zu kompensieren und so eine wirksame Vermögenssicherung durchzusetzen.127 Im Falle einer Abschaffung der aufsichtsrechtlichen Kompetenzen nach § 46a KWG de lege ferenda müßte jedenfalls auch dem vorläufigen Insolvenzverwalter die Möglichkeit der gemeinschaftsweiten Tätigkeit ohne weitere Formalitäten eröffnet werden. Weiterhin besteht auch hier Unklarheit über die Wirkungserstreckung für ausländischen Verfahren. Die Regelung des § 46e wird insoweit den Vorgaben der Richtlinie kaum gerecht, indem sie zwar (in Abs. 1) die Zuständigkeit für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens den Behörden des jeweiligen Herkunftsmitgliedstaates zuweist, sich sodann aber in Abs. 3 mit den Pflichten des deutschen Insolvenzgerichts für den Fall der Insolvenzeröffnung befaßt. Mit dieser Regelung wird übersehen, daß es gerade bei Kreditinstituten mit Sitz im europäischen Ausland gerade nicht um die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens im Inland geht, sondern eben um die unmittelbare Wirkungserstreckung für die Rechtswirkungen des ausländischen Verfahrens. Gänzlich werden hier die Schwierigkeiten übersehen, die sich daraus ergeben, daß das ausländische Verfahren in vielen Fällen kein insolvenzrechtliches i. e. S., sondern eben ein aufsichtsrechtliches sein wird. Auch insoweit ist die deutsche Umsetzung fehlerhaft ausgefallen. II. England

Wie bereits ausgeführt, sind die Vorgaben der Richtlinie in England mit den Credit Institutions (Reorganisation and Winding Up) Regulations 2004 (SI 2004/1045) umgesetzt worden. Die Regulations treten die bisherigen im FSMA 2000 enthaltenen Vorschriften mit Insolvenzbezug und ergänzen diese für den Anwendungsbereich der Bankeninsolvenzrichtlinie. Der Gesetzgeber hat sich insoweit der gleichen Regelungstechnik bedient, die bereits die Umsetzung der Finalitäts- und der Finanzsicherheitenrichtlinie geprägt hat; die schon in diesen Rechtsakten vorgesehenen kollisionsrecht126

Oben sub C. III. 4. d) bb). Vgl. allgemein zum Verhältnis zwischen den aufsichts- und den insolvenzrechtlichen Sicherungsmaßnahmen nochmals oben § 6 sub B. III. 6. b). 127

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3. Teil: Sonderprobleme

lichen Bestimmungen sind bereits in den entsprechenden Umsetzungsverordnungen enthalten und werden durch die Credit Institutions (Reorganisation and Winding Up) Regulations 2004 nun teilweise überlagert. Regulation 3 der Credit Institutions (Reorganisation and Winding Up) Regulations 2004 enthält das grundsätzliche Verbot der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über ausländische Kreditinstitute in England. Regulation 5 ordnet sodann im einzelnen die Wirkungserstreckung für Sanierungsmaßnahmen und Liquidationsverfahren über ausländische Kreditinstitute an. Regulations 7 ff. betreffen die Benachrichtigungspflicht der Aufsicht und der Insolvenzgerichte bei inländischen Verfahren mit Auslandsberührung. Hinsichtlich der in der Richtlinie geforderten Verknüpfung zwischen der Einleitung des Liquidationsverfahrens und der Entziehung der aufsichtsrechtlichen Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb fällt auf, daß Regulation 11 (2), (3) diese Rechtsfolge bereits bei der Ernennung eines Provisional liquidators und bei Erlaß einer Administration order und mithin in Fällen anordnet, die eigentlich zum Kreis der Sanierungsmaßnahmen zu zählen sind. Diese Rechtsfolge gilt allerdings nur dann, wenn der jeweilige Provisional liquidator bzw. Administrator nach einer Prüfung der Erfolgsaussichten einer Sanierung zu einer negativen Prognose gelangen – mithin wohl durchaus im Regelfall. Regulation 12 begründet die Pflicht zur öffentlichen Benachrichtigung hinsichtlich der Verfahrenseröffnung sowie zur Benachrichtigung der Gläubiger des betroffenen Instituts. Die Einzelheiten der Gläubigerbeteiligung im Verfahren sind geregelt in Regulations 15 ff. Regulations 19 ff. schließlich regeln die Sonderanknüpfung hinsichtlich einzelner Rechtsverhältnisse nach Maßgabe der Richtlinie.

§ 17 Großinsolvenzen und sektorweite Krisen

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§ 17 Großinsolvenzen und sektorweite Krisen „Die Großbanken sind so groß, daß der Staat – wie die deutsche Erfahrung von 1931 zeigte – sie doch nicht in Konkurs gehen lassen kann. Er übt also praktisch eine Staatsgarantie für sie aus.“ (Walter Eucken, 1946)128 „Given our history, it is unthinkable that any government or central bank would now stand idly by and watch the closure of any of its major banks, the realization of large-scale losses on the bank deposits of its citizens and the collapse of its financial markets, if the authorities could avoid such events. (. . .) It is all very well for academic liberals to claim that the best long-term course for the economy would be for the authorities to allow any bank to close its doors, while restricting their assistance to generalized [open market operations]. Even if the externalities generated by the resultant panic were not so severe as to make this line of action socially wasteful, it would not be politically acceptable, in the sense that a government doing so would suffer extreme unpopularity.“ (Charles Goodhart, 1999)129 „A great popular belief in banking, and a current favourite of many bank regulators, is that the world – or at least banking – as we know it today will end if we permit large banks to fail. One may call this belief the ‚too large to fail‘ (. . .) myth.“ (George G. Kaufman, 1990)130 „Nach Ansicht des Bundesrates gibt es keine Bank, sei ihre Wettbewerbsstellung noch so bedeutend, die nicht in Konkurs gehen darf und damit ‚too big to fail‘ wäre. Dies sollte auch in Zukunft so bleiben.“ (Eidgen. Finanzdepartement, 2002)131

128 Eucken, in: Oswalt (Hrsg.), S. 38, 39, der hieran unmittelbar die – im Ergebnis verneinte – Frage anschließt: „Sollte er [scil. der Staat] sie [scil. die Großbanken] dann nicht gleich verstaatlichen?“ Bei dem Text handelt es sich um ein im Jahre 1946 im Auftrag der Alliierten Besatzungsmächte erstelltes Gutachten des Freiburger Wirtschaftswissenschaftlers. 129 Goodhart, in: ders./Illing (Hrsg.), S. 227, 241 – Hervorhebung im Original. Zur Veranschaulichung siehe auch das Zitat eines Aufsichtspraktikers unten sub B. I. in Fn. 155. 130 Kaufman, (October 1990) Contemporary Policy Issues 1. 131 Eidgenössisches Finanzdepartement (Hrsg.), Expertenbericht, S. 41. Vgl. aber auch die Einschränkung ebd.: „Ein Sonderfall wäre allenfalls eine Systemkrise (Flächenbrand, Kettenreaktion), bei welcher sich ein staatlicher Eingriff als unvermeidlich erweisen könnte. Dies müßte voraussichtlich auf dem Wege der Sondergesetzgebung geschehen.“

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3. Teil: Sonderprobleme

A. Problembeschreibung I. Überblick

Die vorstehend zitierten Stimmen aus verschiedenen Rechtsordnungen, Wirtschaftssystemen und historischen Kontexten illustrieren stellvertretend für viele weitere so deutlich wie kontrovers einen Aspekt, der bereits im Überblick über die wirtschafts- und rechtspolitischen Grundlagen der Krisenbewältigungsmechanismen für die Bankeninsolvenz im ersten Teil der vorliegenden Arbeit angeklungen ist: den Umstand, daß die im bisherigen Verlauf der Untersuchung im einzelnen erörterten Handlungsmöglichkeiten für den Krisenfall dann versagen oder zumindest faktisch ausscheiden könnten, wenn es sich im Einzelfall nicht um den (singulären) Ausfall einer kleineren oder mittleren Bank handelt, sondern um die Insolvenz eines großen, bedeutenden und weit vernetzten132 Bankinstituts – oder gar um die Krise mehrerer Institute, möglicherweise des gesamten Kreditsektors.133 Im vorliegenden, abschließenden Teil der Untersuchung soll der Frage nachgegangen werden, ob – und, bejahendenfalls, inwieweit – es möglich ist, genauere Kriterien für die möglicherweise bestehenden Grenzen des Anwendungsbereichs der verfahrensrechtlichen Steuerungsmechanismen zu finden. Weiterhin soll gefragt werden, welche alternativen Handlungsmöglichkeiten für derartige Fälle ggf. zur Verfügung stehen. Die damit angesprochenen Szenarien sind zweifellos selten – in Deutschland ist ein derartiger Fall, wie gesehen, seit 1931, in England seit der Bankenkrise der 1970er Jahre nicht mehr vorgekommen.134 Gleichwohl handelt es sich keineswegs um eine bloß akademische Materie, wie ein Ausblick auf andere Länder zeigt. So sind in den USA noch in den 1980er Jahren in verschiedenen Fällen besondere staatliche Rettungsmaßnahmen unter Ausschaltung der allgemeinen Krisenbewältigungsmechanismen auf die vor allem dort sog. „Too big to fail Doctrine“ gestützt worden.135 Ein weiteres Beispiel aus jüngster Zeit bieten die außerordentlichen Rettungsbeihilfen für den französischen Crédit Lyonnais.136 Auch wenn – aus unterschied132 Zu diesem Kriterium bereits allgemein oben § 4 sub B. II. 2. c) cc); siehe auch § 9 sub A. III. 2. a) cc) (b) (3) zum BCCI-Fall. 133 Siehe bereits oben § 4 sub B. II. 3. 134 Siehe erneut den historischen Abriß oben § 2. 135 Vgl. z. B. die Darstellungen bei Gup, S. 69 ff.; Molyneux, in: Lastra/Schiffman (Hrsg.), S. 3, 5 ff.; Olson, ebd., S. 107, 151 ff.; prononciert kritisch Kaufman, (October 1990) Contemporary Policy Issues 1 ff.; ders., in: Goodhart/Illing (Hrsg.), S. 169, 176 f. 136 Siehe hierzu nochmals nur die beiden Entscheidungen der EG-Kommission über die Zulässigkeit der Beihilfen vom 26.7.1995 (Entscheidung 95/547/EG,

§ 17 Großinsolvenzen und sektorweite Krisen

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lichen Gründen – weder im bereits mehrfach erörterten BCCI-Fall noch in der Barings-Insolvenz eine außerordentliche Rettungsaktion ins Werk gesetzt wurde, zeigen auch diese Fälle, daß ein Kreditinstitut keineswegs bereits aufgrund seiner Größe gegen Insolvenzrisiken gefeit ist. Die zunehmende Intensität von Bemühungen innerhalb Europas, für entsprechende Krisensituationen grenzüberschreitend harmonisierte Vorgehensweisen zu ermitteln,137 unterstreicht gleichfalls die Aktualität des Themas. Die hiermit aufgeworfenen Fragen verdienen darüber hinaus auch in zweierlei Hinsicht Interesse: Zum einen werden damit die tatsächlichen Grenzen der Leistungsfähigkeit der im Mittelpunkt der Arbeit stehenden förmlichen Krisenbewältigungsmechanismen einer kritischen Betrachtung unterworfen und mithin deren Anwendungsmöglichkeiten näher konkretisiert. Zum zweiten – und mit dem vorigen zusammenhängend – könnte eine Konkretisierung derjenigen Fälle, in denen die Anwendung dieser Grundsätze und Lösungsansätze praktisch ausscheidet, im Rückschluß weitere Gewißheit über die oben in § 4 aufgestellte Grundthese verschaffen: daß nämlich in Fällen, in denen entsprechende Kriterien nicht vorliegen, Bedarf an einer über die geschilderten Ausnahmen hinausgehenden Anpassung der das allgemeine Insolvenzrecht regierenden Prinzipien nicht besteht. Selbst für den Fall, daß eine einzelne Insolvenz oder eine sektorweite Krise besondere Maßnahmen nahelegen, bleibt – auch aus den oben § 4 entwickelten ordnungspolitischen Gründen – Vorsicht geboten: Vielfach werden auch hier punktuelle Anpassungen am allgemeinen Handlungsrahmen der Globalausnahme für systemwichtige Institute vorzuziehen sein.138 II. Eingrenzung und Konkretisierung des Untersuchungsgegenstandes

Der nachfolgende Versuch einer Antwort auf die Fragen nach Legitimation, Anwendungsbereich und Ausgestaltung besonderer Lösungsmodelle für außerordentliche Krisenfälle bedarf allerdings in mehrfacher Hinsicht der Konkretisierung und teilweise auch der Einschränkung. Zunächst handelt es sich im Grundsatz keineswegs um ein auf das Kreditwesen beschränktes Problem: „Systemic risk in a very general sense is by no way a phenomenon limited to economics or the financial system.“139 Bereits die oben in § 4 referierte Debatte um besondere Sanierungsverfahren für Großunternehmen im deutschen insolvenzrechtlichen Schrifttum der 1970er und ABlEG. Nr. L 308/92) sowie vom 20.5.1998 (Entscheidung 98/490/EG, ABlEG. Nr. L 221/28), jeweils mit näherer Darstellung des Sachverhalts. 137 Siehe noch unten sub C. 138 Vgl. etwa Andrews/Josefsson, S. 14. 139 De Bandt/Hartmann, in: Goodhart/Illing (Hrsg.), S. 249, 251.

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3. Teil: Sonderprobleme

frühen 1980er Jahre hat deutlich werden lassen, daß die Erwartung, in Extremfällen könne nur noch die rettende staatliche Intervention adäquate Lösungen für die damit verbundenen gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen liefern,140 auch für Nichtbankenunternehmen gilt. Eine erneute allgemeine Diskussion über diese Grundannahme soll nachfolgend nicht geführt werden.141 Die Untersuchung beschränkt sich vielmehr auf einen Versuch, diejenigen Kriterien näher zu untersuchen, die die Bankeninsolvenz insoweit von der Insolvenz großer Wirtschaftsunternehmen im allgemeinen unterscheiden, und zwar sowohl hinsichtlich der Legitimation wie auch im Hinblick auf die Ausgestaltung besonderer Lösungsansätze. Der Gegenstand des Abschnitts ist eng verwoben mit dem Problem allgemeiner Finanzkrisen, also Fällen schwerer gesamtwirtschaftlicher Störungen, wie z. B. der Asienkrise der 1990er Jahre oder der gegenwärtigen Situation in Argentinien. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, daß sektorweite Bankenkrisen regelmäßig und außerordentlich hohe Einzelausfälle nicht selten mit derartigen Störungen einhergehen.142 Die in einer Finanzkrise zu bewältigenden Sachprobleme sind mithin jedenfalls teilweise dekkungsgleich mit den hier interessierenden Aspekten. Gleichwohl können und sollen die Ergebnisse wirtschafts- und rechtswissenschaftlicher Analysen derartiger Krisen143 und entsprechende Lösungsansätze zur Wiederherstellung funktionsfähiger Bankensysteme144 vorliegend nicht erörtert wer140

Siehe nochmals oben § 4 sub A. II. und zur Kritik hieran § 4 sub A. III. Zwar ist nunmehr – explizit auch in Reaktion auf die verheerende und kostspielige Bankenkrise der 1990er Jahre in Skandinavien – neuerlich ein Vorschlag unterbreitet worden, durch Formalisierung der Krisenbewältigung und ausdrücklichen Verzicht auf informelle Stützungsmaßnahmen die Ausfallwahrscheinlichkeit im Kreditwesen zu verringern, vgl. hierzu Mayes, in: ders./Liuksila (Hrsg.), S. 27 ff.; Liuksila, ebd., S. 70 ff. sowie dies. und Halme, ebd., S. 331 ff. Ob ein derartiges Modell – das im wesentlichen auf dem Konzept einer rein administrativen Krisenbewältigung aufbaut – indes per se geeignet ist, Großinsolvenzen und sektorweiten Krisen den Schrecken zu nehmen und damit die Anreize für die informelle Krisenbereinigung zu verringern, muß angesichts der Ergebnisse der vorliegenden Arbeit m. E. bezweifelt werden. 142 Siehe zu diesem Zusammenhang auch bereits oben § 4 sub B. II. 2. c) bb). 143 Vgl. allgemein etwa den Band Claessens/Djankov/Mody (Hrsg.), Resolution of Financial Distress. An International Perspective on the Design of Bankruptcy Laws, World Bank Institute Development Studies, Washington 2001, sowie die Darstellung bei Asser, S. 167 ff. 144 Häufig findet sich das Instrument sog. „Asset management companies“: die Gründung einer Art Treuhandgesellschaft, die – vom Staat finanziert – Aktiva notleidender Kreditinstitute übernimmt und abwickelt. Siehe zu Einzelheiten und Anwendungsfällen aus verschiedenen Rechts- und Wirtschaftsordnungen z. B. Klingebiel, in: Claessens/Djankov/Mody (Hrsg.), S. 341 ff.; Mason, ebd., S. 167 ff.; Olson, in: Lastra/Schiffman (Hrsg.), S. 107, 154 ff.; Asser, S. 175 ff., jeweils m. w. N. aus dem rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Schrifttum; siehe auch die Dar141

§ 17 Großinsolvenzen und sektorweite Krisen

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den; eine auch nur annähernd erschöpfende Untersuchung würde den Rahmen der Arbeit weit überschreiten. Die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren sich vielmehr auf diejenigen Probleme, die unmittelbar mit dem Ausfall einer einzelnen Bank verbunden sind, mithin die „Ansteckungsgefahren“145 und damit die Bedrohung für den gesamten Sektor. Abschließend gelten für die nachfolgenden Ausführungen die gleichen Beschränkungen, die bereits oben in § 4 zur Erörterung der allgemeinen wirtschafts- und rechtspolitischen Bezüge des Themas gezogen wurden: Die Darstellung konzentriert sich insbesondere hinsichtlich der wirtschaftswissenschaftlich erörterten Problemkonstellationen (vor allem hinsichtlich der Art und Weise der Beteiligung der Zentralbank an der Krisenbewältigung) auf wesentliche Grundzüge; die – überaus streitige – Debatte soll hier im Überblick referiert, aber kann keineswegs entschieden werden. Schließlich bleibt vorab anzumerken, daß mit den nachfolgenden Ausführungen der bisher gewählte rechtsvergleichende Ansatz verlassen wird. Die Untersuchung orientiert sich vielmehr an Einzelproblemen, die allerdings anhand von Erfahrungen insbesondere aus den beiden hier untersuchten Rechtsordnungen erörtert werden sollen, wobei freilich auch Erkenntnisse im Zusammenhang mit Krisen außerhalb derselben einbezogen werden. Ohnehin existieren nur im deutschen (§§ 47, 48 KWG), nicht aber im englischen Recht gesetzliche Regelungen für die hier zu untersuchenden Sachfragen. B. Fallgruppen und Lösungsansätze Die zu Beginn des vorliegenden Abschnitts zitierten Stimmen aus der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur und der Gesetzgebungspraxis beziehen sich insbesondere auf eine bestimmte Fallgruppe aus dem Kreis der nachfolgend zu erörternden Sachfragen: die staatliche Reaktion auf die einzelne Insolvenz einer Großbank auch und vor allem mit Blick auf deren Auswirkungen auf die Stabilität des Kreditwesens insgesamt. Nachfolgend sollen zunächst (sub I.) nochmals die wesentlichen Bedrohungsszenarien in Erinnerung gerufen werden, die sich mit dem Eintritt einer Großinsolvenz im Kreditwesen verknüpfen; dabei kann weitgehend auf die diesbezügstellung speziell zu Erfahrungen mit derartigen Modellen in verschiedenen asiatischen Ländern bei o.V., Less is more, The weakest link. A survey of Asian finance, in: The Economist v. 8.2.2003, S. 8 ff. Hingewiesen sei außerdem auf die Debatte um einen „International Lender of Last Resort“, siehe z. B. Jeanne/Wyplosz, IMF Working Paper WP/01/76; Fischer, in: Goodhart/Illing (Hrsg.), S. 491 ff.; Fratianni/Pattison, in: Fratianni/Savona/Kirton (Hrsg.), S. 143 ff., jeweils m. w. N. 145 Zu diesem Begriff bereits oben § 4 sub B. II. 2. b).

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3. Teil: Sonderprobleme

lichen Ausführungen oben § 4 a. E. zurückgegriffen werden. Sodann soll (sub II.) untersucht werden, inwieweit diesen Auswirkungen durch Maßnahmen realistisch entgegengesteuert werden kann, die sich nicht auf das insolvente Institut als solches richten, sondern ausschließlich auf die Folgen des Einzelausfalls. Anschaulich könnte insoweit von „sektorbezogenen Maßnahmen“ gesprochen werden. Auf dieser Basis läßt sich schließlich (sub III.) ermitteln, welche besonderen („institutsbezogenen“) Maßnahmen für die Bewältigung der einzelnen Großinsolvenz zur Verfügung stehen. I. Die Auswirkungen der Großinsolvenz – Übertragungsmechanismen und weitere Erwägungen

Die Grundmuster einer sektorweiten „Ansteckung“ im Einzelfall sind bereits oben § 4 angesprochen worden: Im wesentlichen handelt es sich um die „Ansteckung“ durch einen den gesamten Sektor oder wichtige Teile derselben erfassenden Vertrauensverlust der Gläubiger mit der Folge eines „Runs“ auch auf Einlagen außerhalb des unmittelbar betroffenen Kreditinstituts146 sowie die Übertragung finanzieller Schocks aufgrund des Ausfalls von Interbankenverbindlichkeiten147 und insbesondere durch Ausfälle in Zahlungs- und Wertpapierabrechnungssystemen.148 Auch auf das unterschiedliche Gewicht dieser Bedrohungsszenarien ist bereits hingewiesen worden.149 Dabei konnte festgestellt werden, daß das Risiko einzelfallübergreifender „Bankruns“ im Regelfall eher zu vernachlässigen ist,150 während die beiden letztgenannten Aspekte schon in „mittelschweren“ Fällen Anlaß zu Anpassungen an allgemeinen Regeln des Insolvenzrechts geben können.151 Zugleich ist freilich angedeutet worden, daß für die Großinsolvenz unter Umständen weiterreichende Gefahren zu erwarten sein könnten: Insbesondere die Gefahr eines allgemeinen Vertrauensverlustes mit der Folge eines entsprechenden „Runs“ könnte für diesen Fall unter Umständen trotz bestehender, dann überforderter152 Einlagensicherungssysteme weitere Korrekturen nicht nur hinsichtlich der Ausgestaltung der Eingriffsmechanismen, sondern möglicherweise auch mit Blick auf die zugrunde liegenden Regelungsziele erfordern und eine stärker auf den Be146

Siehe zunächst nochmals oben § 4 sub B. II. 2. b) aa) m. w. N. aus dem wirtschaftswissenschaftlichen Schrifttum. 147 Oben § 4 sub B. II. 2. b) bb). 148 Siehe oben § 4 sub B. II. 2. b) cc) sowie zu Einzelheiten § 9 sub A. III. 2. 149 Siehe nochmals die Diskussion oben § 4 sub B. II. 2. c). 150 Oben § 4 sub B. II. 2. c) bb). 151 Oben § 4 sub B. II. 2. c) cc). 152 Siehe zur Leistungsfähigkeit der Einlagensicherung in den vorliegend interessierenden Fällen zusf. oben § 12 sub F. II.

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standsschutz als auf den insolvenzförmigen Marktaustritt ausgerichtete Vorgehensweise nahelegen.153 Die insbesondere hinsichtlich der Gefahren aus der Teilnahme an Zahlungssystemen durchaus konkreten, ökonometrisch begründbaren154 Sorgen werden insoweit ergänzt durch die eher vagen und kaum kalkulierbaren155 Befürchtungen mit Blick auf das Einlegerverhalten, das nicht nur von der Größe der erstbetroffenen Bank, sondern auch von deren Status im gesamten Marktumfeld und dem gesamtwirtschaftlichen Umfeld abhängen dürfte: Der Ausfall einer der vier großen Geschäftsbanken in Deutschland wird eher geeignet sein, Vertrauensverluste in die Sicherheit des gesamten Kreditwesens zu begründen, als beispielsweise die Insolvenz eines wenngleich großen, aber weniger etablierten Instituts wie der BCCI; in gesamtwirtschaftlich „stabilen“ Zeiten wird ein Verlust weniger Befürchtungen der Gesamtheit der Einleger auslösen als etwa in einer Rezession, in der sich Insolvenzen ohnehin häufen (wobei Großinsolvenzen im Kreditwesen in diesen Zeiten eher wahrscheinlich sein dürften als in solchen gesamtwirtschaftlicher Prosperität). Festzuhalten ist gleichwohl, daß die in den oben zitierten Stimmen von Eucken und Goodhart zum Ausdruck gebrachte Überzeugung, aus politischen Gründen sei in einer Großinsolvenz im Kreditwesen stets mit staatlicher Hilfe für das betroffene Institut zu rechnen, sich jedenfalls teilweise auf durchaus konkrete Risikopotentiale berufen kann, die vor allem aus der Vernetzung der Marktteilnehmer untereinander resultieren. Die Erschütterung des Gesamtsystems durch den Ausfall einer entsprechenden Großbank ist mithin wohl konkreter feststellbar als die Auswirkungen einer Großinsolvenz auf dem Nichtbankensektor – und deshalb sind besondere Lösungsansätze für die Insolvenz einer Großbank möglicherweise weniger auf vage rechtspolitische Motive zurückführbar als das Postulat eines Sonderverfahrens für die Insolvenz bedeutender Industrieunternehmen allgemein.156 Wie solche Maßnahmen ausgestaltet sein sollten, ist damit jedoch noch nicht festgestellt. 153

Siehe nochmals oben § 4 sub B. II. 3. Siehe nochmals die Nachw. oben § 4 sub B. II. 2. c) cc). 155 Anschaulich eine Stellungnahme des Chairman der US Federal Deposit Insurance Corporation, Seidman (hier zitiert nach Kaufman, (October 1990) Contemporary Policy Issues 1, 2): „The bottom line is that nobody really knows what might happen if a major bank were allowed to default, and the opportunity to find out is not one likely to be appealing to those in authority or to the public.“ Eben deshalb zweifelhaft auch die neuerdings in der akademischen Literatur propagierten Ansätze zugunsten einer stärkeren Formalisierung der Krisenbewältigung, siehe schon oben sub A. II. Fn. 141. 156 Siehe nochmals oben § 4 sub A. II. 154

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3. Teil: Sonderprobleme II. Handlungsmöglichkeiten zur Eingrenzung der Insolvenzfolgen

1. Liquiditätsunterstützung durch die Zentralbank als Lender of Last Resort Vor allem die Auswirkungen der Insolvenz auf die Teilnahme am modernen Großbetragszahlungsverkehr, aber letztlich auch die Folge eines „Runs“ auf weitere Kreise des Kreditwesens als Reaktion auf einen Einzelausfall werden im wesentlichen in „Liquiditätsschocks“ für das Gesamtsystem bestehen, d.h. einem kurzfristigen, unerwarteten und durch entsprechende Reserven nicht gedeckten Bedarf an zusätzlichen liquiden Mitteln, der auch in den heutigen hochentwickelten Geldmärkten unter Umständen nicht voll befriedigt werden kann.157 Die Überschuldung anderer Institute als des ursprünglich betroffenen ist hingegen ebensowenig notwendig eine Folge des Einzelausfalls, wie die mittel- und langfristigen Aussichten auf eine Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit der durch den Liquiditätsschock erfaßten Banken davon abhängen. Das Hauptproblem besteht darin, in der erforderlichen kurzen Zeit hinreichend liquide Mittel zu beschaffen, was angesichts des jedenfalls im traditionellen Kerngeschäft bestehenden längerfristigen Charakters der Aktiven Schwierigkeiten aufwerfen kann.158 Temporäre Liquiditätsunterstützung durch die jeweilige Zentralbank ist nachgerade die klassische Antwort auf derartige Probleme; ihre Berechtigung ist in der wirtschaftswissenschaftlichen Debatte ungeachtet aller Auseinandersetzungen um Einzelfragen auch weithin respektiert.159 Schon die frühen Theoretiker der Lender of Last Resort-Funktion, Henry Thornton160 und Walter Bagehot161 haben die Legitimation der Liquiditätsunterstützung durch die Bank of England als Lender of Last Resort anhand der Erfahrungen mit historischen „Runs“ entwickelt, die zu massivem Liquiditätsbedarf im englischen Bankenmarkt außerhalb Londons führten;162 in derartigen 157

Zu Gründen für die Erschöpfung des Geldmarkts in außerordentlichen Krisensituationen zusf. Freixas u. a., in: Goodhart/Illing (Hrsg.), S. 27, 30 f. m. w. N.; siehe auch Kaufman, in: Goodhart/Illing (Hrsg.), S. 169, 173 f. 158 Siehe etwa Kaufman, a. a. O. Anschaulich für die Praxis entsprechender Zentralbankoperationen etwa auch Baxter/Sommer, (2000) International Lawyer 87, 95 ff. 159 Vgl. z. B. Humphrey/Keleher, in: Goodhart/Illing (Hrsg.), S. 73, 74 f.; Goodfriend/King, ebd., S. 145, 153 ff.; Kaufman, ebd., S. 169, 178; Solow, ebd., S. 201, 202 ff.; Flannery, ebd., S. 213 ff.; Goodhart (oben vor A. Fn. 129); zusf. Freixas u. a., ebd., S. 27, 28 ff. 160 Vgl. nur die auszugsweise Wiedergabe der Ausführungen von Thornton, in: Goodhart/Illing (Hrsg.), S. 57 ff. 161 Bagehot, in: Goodhart/Illing (Hrsg.), S. 67 ff. 162 Siehe nochmals auch den historischen Abriß oben § 2 sub C. I.

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Krisenzeiten sei es Aufgabe der Zentralbank, illiquiden, aber nicht überschuldeten Instituten zeitweilige Liquiditätsunterstützung zu leisten. Umstritten ist heute lediglich, ob derartige Unterstützungsmaßnahmen eher im Rahmen von Offenmarktgeschäften – und damit gegenüber der Gesamtheit aller Marktteilnehmer163 – oder bezogen auf individuelle gefährdete Institute erfolgen sollten.164 Die Unterscheidung leitet über zum nachfolgend sub II. zu erörternden Problem von Unterstützungsmaßnahmen auch zugunsten überschuldeter Banken auf der Grundlage der „too big to fail“-Doktrin und beruht nicht zuletzt wohl auf unterschiedlichen Auffassungen hinsichtlich der Frage, ob der Verlust rascher Refinanzierungsmöglichkeiten auf dem Geldmarkt für eine nicht überschuldete Bank tatsächlich wahrscheinlich ist oder nicht.165 Diese Einzelaspekte können und sollen hier letztlich nicht entschieden werden. Es bleibt festzuhalten, daß außerordentliche Liquiditätsunterstützungen als integraler Bestandteil der Zentralbankaufgaben weithin anerkannt sind. Für Fälle außerordentlicher, zumindest einen wesentlichen Teil des Kreditwesens betreffender Liquiditätsprobleme kann damit in der Tat von einer faktischen Außerkraftsetzung der allgemeinen Krisenbewältigungsinstrumente durch informelle Interventionen der Zentralbanken gesprochen werden, die als spezielles Instrument zur Abwehr oder zur Behebung von Zahlungsstockungen bezeichnet werden könnten und letztlich einem Risiko entgegenwirken, das in dieser Form kaum bei Unternehmen außerhalb des Finanzsektors auftreten kann. Entsprechende Unterstützungsmaßnahmen etwa seitens der Bank of England im Zusammenhang mit der BCCI-Insolvenz,166 aber auch Aussagen von Vertretern der Europäischen Zentralbank167 und nicht zuletzt die internationale Zusammenarbeit mehrerer Zentralbanken (u. a. der EZB und der US-amerikanischen Federal Reserve) zur Bereitstellung außerordentlicher Liquiditätsunterstützung nach der Schließung des Finanzplatzes New York am 11. September 2001168 haben gezeigt, daß derartige Maßnahmen – anders noch als etwa zum Zeit163 So Goodfriend/King, a. a. O. (soeben Fn. 159). Siehe zu den Offenmarktgeschäften des Eurosystems im Überblick auch BankrechtsHB-Papathanassiou, § 134 Rn. 73 ff. 164 So Goodhart, in: ders./Illing (Hrsg.), S. 227, 241 ff. 165 Siehe zum letzteren auch Freixas, in: Goodhart/Illing (Hrsg.), S. 27, 30 f. 166 Siehe erneut oben § 2 sub B. II. Vgl. ferner auch – zur Liquiditätsunterstützung im Fall der Drexel-Burnham-Lambert Group – oben § 9 sub A. III. 2. a) cc) (b) (3). 167 Vgl. Padoa-Schioppa, EMU and Banking Supervision, Tz. 21 ff., insbes. 28 ff. 168 Siehe z. B. EZB, Pressemitteilung vom 12.9.2001: „Fine tuning operations on 12 September 2001“ (www.ecb.int/press/01/pr010912.htm) sowie allgemein zu den Problemen hiermit o.V., Disaster recovery: Preparing for the next one, in: The Eco-

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punkt der deutschen Bankenkrise von 1931169 – heute auch auf seiten der Zentralbanken weltweit als notwendig begriffen und praktiziert werden. Eine Besonderheit in Deutschland in diesem Zusammenhang sind Unterstützungsmaßnahmen durch die Liquiditäts-Konsortialbank als eine Art institutionalisierter Lender of Last Resort, die funktional einer Liquiditätszufuhr durch die Zentralbanken entsprechen.170 2. Förmliche Eingriffe in Liquiditätskrisen, insbesondere §§ 47, 48 KWG Angesichts der obigen Feststellungen drängt sich die Frage auf, welche Rolle insoweit den im deutschen Recht in §§ 47, 48 KWG vorgesehenen außerordentlichen Eingriffskompetenzen zugunsten der Bundesregierung zukommen kann. „Sind wirtschaftliche Schwierigkeiten bei Kreditinstituten zu befürchten, die schwerwiegende Gefahren für die Gesamtwirtschaft, inbesondere den geordneten Ablauf des allgemeinen Zahlungsverkehrs erwarten lassen“, so kann die Bundesregierung nach diesen Vorschriften u. a. die Einstellung des Bank- und Börsenverkehrs und einen Aufschub für die Erfüllung der Verpflichtungen der Institute anordnen, aber auch die Schließung lediglich des betroffenen Instituts mit Wirkungen ähnlich denen nach § 46a KWG (§ 47 I KWG). Die Konditionen für die Wiederaufnahme des Bankund Börsenverkehrs können sonach ebenfalls durch Rechtsverordnung geregelt werden (§ 48 I KWG). Insgesamt handelt es sich um eine Ausdehnung der Eingriffsbefugnisse auf Maßnahmen mit sektorweiter und sektorübergreifender Wirkung, die historisch eindeutig171 auf die Anordnung sog. „Bankfeiertage“ durch Notverordnung des Reichspräsidenten während der Bankenkrise von 1931 zurückgeht.172 Der offene Wortlaut der Bestimmungen könnte vermuten lassen, daß diese Notkompetenzen als eine Art Alternative zur informellen Liquiditätszufuhr durch die Zentralbank (oder auch die Liquiditäts-Konsortialbank) im Falle schwerer, durch die Insolvenz eines bedeutenden Instituts ausgelöster Liquiditätsschocks konzipiert worden ist – ähnlich der Ratio des § 46a KWG, durch die zeitweise Stillegung die Sanierungsaussichten für das betreffende Institut zu erhöhen. In der Tat scheint diese Überlegung für die nomist v. 7.9.2002, S. 76; Ferguson, Policy Framework, passim. Siehe allgemein auch Economic and Financial Committee, Economic Paper No. 156, S. 22 f. 169 Siehe erneut oben § 2 sub B. I. zur anfänglichen Weigerung der Reichsbank, nach dem Zusammenbruch der Danatbank finanzielle Unterstützung zu leisten. 170 Siehe hierzu bereits oben § 2 sub B. II. 171 Dies läßt sich auch den Gesetzesmaterialien entnehmen, vgl. die Begründung zu §§ 46, 47 KWG-E, BT-Drs. 3/1114, S. 42 f. 172 Siehe bereits oben § 2.

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Einführung des außerordentlichen Moratoriums nach § 47 I Nr. 1 KWG eine Rolle gespielt zu haben.173 Insoweit gelten freilich die bereits oben im Zusammenhang mit der Erörterung des § 46a KWG erhobenen Bedenken: Auch und gerade in der Großinsolvenz ist kaum einsichtig, daß eine Schließung angesichts der negativen Öffentlichkeitswirkung und der Folgen für wichtige Geschäftsbeziehungen ohne weiteres (insbesondere ohne die Zufuhr neuen Kapitals) die Sanierung und Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs befördern könnte.174 Rückschlüsse auf das Verhältnis der Einstellung des Bank- und Börsenverkehrs nach § 47 I Nrn. 2 und 3 KWG zur informellen Liquiditätszufuhr durch die Zentralbank lassen die auf Einzelanordnungen nach Nr. 1 bezogenen Erwägungen allerdings noch nicht zu. Die Kommentierungen zu diesen Bestimmungen sind – angesichts fehlender Anwendungsbeispiele aus der Praxis kaum verwunderlich – insoweit wenig ergiebig.175 Bereits der Gesetzgeber hat freilich erkennen lassen, daß Maßnahmen nach §§ 47, 48 KWG weniger Alternativen zu informellen Liquiditätshilfen darstellen als vielmehr komplementär hierzu zur Anwendung kommen sollten.176 Der Anwendungsbereich dieser Vorschriften neben den allgemeinen Krisenbewältigungsmechanismen der §§ 45–46a KWG wird damit durch die Möglichkeit informeller Eingriffe zur Bewältigung der Auswirkungen einer Einzelinsolvenz auf die liquiden Mittel weiterer Teile des Kreditwesens faktisch weiter eingeschränkt. Nur im Ausnahmefall einer sektorweiten Krise oder verheerender Katastrophen177 dürfte es angemessen sein, auf Maßnahmen nach diesen Bestimmungen zu rekurrieren. Längst nicht jede Großinsolvenz – auch nicht jede Insolvenz eines stark vernetzten Instituts – rechtfertigt den mit Anordnungen nach §§ 47, 48 KWG verbundenen drastischen Eingriff, der seinerseits erhebliche Konsequenzen für die Systemstabilität 173 Vgl. nochmals die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 3/1114, S. 42: „Durch das Moratorium soll der zu befürchtende weitere Abzug der dem Kreditinstititut anvertrauten Mittel aufgehalten und dem Institut Gelegenheit gegeben werden, zusammen mit den zuständigen staatlichen Stellen die erforderlichen Maßnahmen zur Behebung seiner Schwierigkeiten zu treffen.“ 174 Vgl. entsprechend zu § 46a KWG oben § 13 sub B. I. 2. b). 175 Auch Pannen, Krise und Insolvenz, S. 45, äußert sich kaum weniger unpräzise. 176 BT-Drs. 3/1114, S. 42: „Von einer solchen Bankenschließung soll nur der Kundenverkehr erfaßt werden, nicht dagegen der Verkehr zwischen den Kreditinstituten und der Bundesbank und sonstigen Zentralkreditinstituten. Ansonsten würde die Zuführung liquider Mittel, die in einer solchen Lage besonders dringlich ist, verhindert werden.“ (eig. Hervorhebung). 177 Wie im Fall der Terroranschläge vom 11.9.2001, die bekanntlich ebenfalls zur Schließung des US-amerikanischen Bank- und Börsenverkehrs führten. Siehe auch Gup, S. 79, zu weiteren Anwendungsfällen in den USA.

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haben könnte. In derartigen Ausnahmefällen freilich könnten sich die Maßnahmen durchaus als hilfreich erweisen, wenngleich – wie angedeutet – eher die Anordnungen nach § 47 I Nrn. 2 und 3 KWG als einzelfallbezogene Maßnahmen (die ohnehin heute auch nach § 46a KWG ergriffen werden könnten) praktisch relevant sein dürften.178 III. Institutsbezogene Interventionen

1. Die Legitimation institutsbezogener Stützungsmaßnahmen Informelle Unterstützungsmaßnahmen, insbesondere die staats- oder zentralbankseitige Rekapitalisierung von Instituten, werden erheblich kontroverser beurteilt als die bloße Liquiditätszufuhr in Krisenzeiten. Die wesentlichen Konfliktlinien sind im wesentlichen wiederum bereits oben in § 4 angedeutet worden. Problematisch sind insbesondere die negativen Auswirkungen einer derartigen Unterstützung auf das Geschäftsgebaren des betroffenen Instituts selbst und der übrigen Marktteilnehmer („moral hazard“),179 aber auch die grundsätzliche Notwendigkeit entsprechender Maßnahmen, wenn die Auswirkungen der Einzelinsolvenz an ihrer Statt bereits durch eine – „sekundäre“ – Neutralisierung des damit verbundenen Liquiditätsschocks wirksam bekämpft werden könnten.180 Die Unterstützung nicht lediglich 178

Wenig realistisch erscheint weiterhin die Gestaltung der Vorschriften über die schrittweise Wiederaufnahme des Bank- und Börsenverkehrs nach § 48 KWG: Nach Abs. 1 dieser Bestimmung kann angeordnet werden, daß Alteinlagen nur beschränkt ausbezahlt werden dürfen (S. 2), während zur Wiederherstellung des Einlagengeschäfts derartige Beschränkungen für das Neugeschäft nicht getroffen werden dürfen (S. 3). Die damit verbundene Hoffnung, damit lasse sich die zügige „Normalisierung des Bankverkehrs“ erreichen, (BT-Drs. 3/1114, S. 43) erscheint wenig realistisch; ein noch notleidendes, praktisch unter staatlicher Zwangsverwaltung stehendes Kreditwesen dürfte kaum das hierfür erforderliche Vertrauen unter potentiellen Einlegern erwecken. Auch für die Aufhebung von Maßnahmen nach § 47 KWG dürfte vielmehr die bereits oben § 13 sub B. II. 2. für die Sanierung aus dem förmlichen Verfahren über eine einzelne Bank angestellte Erwägung gelten, daß nur eine vollständige Sanierung unter Zufuhr frischen Kapitals überhaupt geeignet ist, die mit der vorherigen Schließung verbundenen negativen Signale an die Öffentlichkeit zu neutralisieren. Vgl. auch die eher skeptische Stellungnahme zum deutschen Konzept der §§ 47, 48 KWG bei Asser, S. 171. 179 Siehe erneut oben § 4 sub B. II. 2. c) aa); ferner auch Kaufman, in: Goodhart/Illing (Hrsg.), S. 169, 178 ff.; Asser, S. 18. 180 In diese Richtung wohl Goodfriend/King, in: Goodhart/Illing (Hrsg.), S. 145, 156 ff., die – um die Unterstützung überschuldeter Institute zu vermeiden – generell nur Offenmarkttransaktionen der Zentralbank als zulässige (und ausreichende) Interventionsart anerkennen wollen; dezidiert gegen finanzielle Unterstützung durch institutsbezogene Maßnahmen auch Kaufman, ebd., S. 169, 180 f.; ders., in: (October 1990) Contemporary Policy Issues 1 ff.; siehe ferner allgemein die Nachw. oben

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temporär zahlungsunfähiger, sondern überschuldeter Institute wird auch von der klassischen Lender of Last Resort-Theorie nicht anerkannt.181 Die theoretische Legitimation ist mithin zumindest unklar. Es steht jedenfalls nicht zweifelsfrei fest, daß etwa die Auswirkungen einer Großinsolvenz auf Zahlungssysteme und selbst ein möglicherweise hierdurch hervorgerufener, nicht lediglich institutsbezogener Vertrauensverlust in die Sicherheit des Kreditwesens zwingend die Sanierung der betroffenen Bank selbst verlangt, auch wenn diese zuvor aufgrund eigenen Verschuldens in die Krise geraten ist. Gleichwohl zeigt die historische Erfahrung,182 daß in entsprechenden Situationen eine institutsbezogene Unterstützung über die bloße Neutralisierung der sekundären Effekte des Einzelausfalls hinaus jedenfalls nicht unwahrscheinlich ist. In der Tat wird kaum ein Verantwortlicher die theoretische Möglichkeit erproben wollen, ob sich durch eine Kombination aus nicht institutsbezogener Liquiditätsunterstützung und Einlagensicherung gesamtwirtschaftliche Beeinträchtigungen wirksam vermeiden ließen.183 Selbst die Europäische Kommission, die staatliche Beihilfen an insolvente Banken allerdings unter Zugrundelegung der allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Regeln über Sanierungsbeihilfen184 prüft, hat die Zulässigkeit von institutsbezogenen Unterstützungsmaßnahmen zum Schutz § 4 sub B. II. 2. c) bb) zur Kritik an den üblicherweise zur Begründung herangezogenen Krisenszenarien. Daß die zentralbankseitige Liquiditätsunterstützung jedenfalls regelmäßig hinreichende Möglichkeiten bietet, auch die Folgen eines extremen Schocks wirksam einzugrenzen, dürfte nicht zuletzt die internationale Kooperation im Zusammenhang mit den Terroranschlägen vom 11.9.2001 indizieren, vgl. erneut oben sub II. 1. bei und in Fn. 168. 181 Siehe nochmals die Nachw. oben sub II. 1. Fn. 160 f. Wird indes die Unterstützung der Märkte durch die Zentralbank im Krisenfall nicht ausschließlich auf Offenmarkttransaktionen reduziert und werden vielmehr etwa Diskontkredite oder sonstige (gesicherte) Darlehen gewährt, so kann diese Abgrenzung im Einzelfall schon aus „technischen“ Gründen – etwa mangels hinreichend präziser Feststellbarkeit der finanziellen Situation ad hoc – leerlaufen, vgl. vor allem Goodhart, in: ders./Illing (Hrsg.), S. 227, 229 ff. 182 Siehe erneut oben sub A. I. 183 Siehe nochmals insbesondere die einleitenden Zitate oben bei und in Fn. 128 f. sowie den Nachw. oben sub B. I. in Fn. 155: „(. . .) the opportunity to find out is not one likely to be appealing to those in authority or to the public“. Selbst die schweizerische Position erkennt ungeachtet der grundsätzlichen Kritik an der „too big to fail“-Doktrin entsprechenden Handlungsbedarf in Extremsituationen durchaus an, vgl. das Zitat oben vor A. Fn. 131. 184 Siehe die Leitlinien für die Beurteilung von staatlichen Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten vom 27.7.1994, ABlEG. Nr. C 368/12, sowie allgemein zu Sanierungsbeihilfen im Gemeinschaftsrecht den ausf. Abriß von Ehricke, Grundprobleme, passim, sowie im vorliegenden Kontext auch Economic and Financial Committee (Hrsg.), Economic Paper No. 156, S. 25 f.

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der Systemstabilität im Fall des französischen Crédit Lyonnais grundsätzlich (und unter sehr unscharfen Bedingungen) bejaht: „Für den Fall, daß von den Banken nicht kontrollierte Faktoren eine Vertrauenskrise im System auslösen, kann sich der Staat veranlaßt sehen, alle Kreditinstitute zu unterstützen, um die negativen Auswirkungen einer solchen Systemkrise zu vermeiden. Im Fall einer echten Systemkrise kann daher ‚zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats‘ die Ausnahmebestimmung des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe b) [EGV a. F. = Art. 87 III lit. b) n. F.] in Anspruch genommen werden. Voraussetzung ist, daß die Beihilfen in dem betreffenden Mitgliedstaat wettbewerbsneutral für das gesamte Bankensystem gewährt werden und das unbedingt erforderliche Maß nicht überschreiten. Im Prinzip führen die Schwierigkeiten einer oder einiger Banken nicht notwendigerweise zu einer Vertrauenskrise für das ganze System. Der Zusammenbruch einer einzigen Bank einer gewissen Größe kann jedoch, selbst wenn er auf interne Managementfehler zurückzuführen ist, andere, mit dieser Bank finanziell verbundene Kreditinstitute in Schwierigkeiten bringen und somit eine umfassendere Krise auslösen. Eine staatliche Unterstützung kann notwendig sein, doch darf dies nicht eine bedingungslose Unterstützung der gefährdeten Bank bedeuten und darf die Unterstützung nicht gewährt werden, ohne daß eine endgültige Umstrukturierung erfolgt und die durch die Beihilfe verursachte Wettbewerbsverfälschung individuell begrenzt wird.“185

Institutsbezogene Unterstützungsmaßnahmen als Reaktion auf Großinsolvenzen im Kreditwesen, insbesondere Sanierungsbeihilfen für überschuldete Institute, reflektieren nach allem weniger „technische“ Notwendigkeiten, sondern beruhen vielmehr in erster Linie auf kaum quantifizierbaren Befürchtungen und im wesentlichen politischen Entscheidungsprozessen – kaum anders als staatliche Beihilfen für insolvente Nichtbankenunternehmen. Sie begegnen damit letztlich auch den gleichen grundlegenden ordnungspolitischen Bedenken wie diese,186 ohne daß diese Bedenken daran etwas änderten, daß in Extremsituationen auch künftig eine institutsbezogene Unterstützung stattfinden dürfte – ein „fact of life“.187 Genauere Erkenntnisse über die tatsächlichen Auswirkungen von Großinsolvenzen und die Möglichkeiten, diese Auswirkungen ausschließlich durch Neutralisierung der Auswirkungen in Gestalt außerordentlicher Liquiditätszufuhr zu steuern, sind bestenfalls geeignet, den „Anwendungsbereich“ derartiger Interventionen möglichst gering zu halten.

185 Entscheidung 95/547/EG der Kommission vom 26.7.1995 zur bedingten Genehmigung der von Frankreich zugunsten der Bank Crédit Lyonnais gewährten Beihilfe, ABlEG. Nr. L 308/92, sub 3.2. der Begründung. 186 Vgl. im einzelnen bereits oben § 4 sub A. 187 Wie auch Kaufman, (Spring/Summer 1996) 16:1 Cato Journal 17, 28 zugesteht.

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2. Arten institutsbezogener Unterstützungsmaßnahmen a) Staatliche Sanierungsbeihilfen und Alternativen Die vorstehenden Erwägungen beziehen sich im wesentlichen auf die gewissermaßen traditionelle Form der institutsbezogenen Intervention: die staatliche, seltener: durch die jeweilige Zentralbank organisierte und finanzierte188 Sanierungsbeihilfe, die unmittelbar dem betreffenden Institut zugeführt wird und (ggf. in Verbindung mit einem förmlichen Restrukturierungsprogramm)189 dessen Überleben sichern soll. Derartige „direkte“ Unterstützungsaktionen, im angelsächsischen Sprachgebrauch auch als „open bank assistance“ bezeichnet,190 machen allerdings nur einen Teil der weltweit entwickelten Lösungsmechanismen für die Bewältigung von Großinsolvenzen aus, die hier kurz skizziert werden sollen. Ausdrücklich als Alternative zur Liquidation von Kreditinstituten sind derartige Konzepte insbesondere in den USA entwickelt und teilweise auch formalisiert worden, weshalb sich die nachfolgenden Ausführungen im wesentlichen auf diese Rechtsordnung konzentrieren. Die nachfolgenden Ausführungen leiten damit zum Versuch einer abschließenden Antwort auf die Tauglichkeit förmlicher Interventionsmechanismen für die Großkrise hin.

188 Die Gewährung längerfristiger Sanierungsbeihilfen wird typischerweise nicht vom Mandat der Zentralbanken umfaßt sein; die weiter gefaßten Befugnisse der Bank of England, die auf deren frühere wirtschaftliche Eigenständigkeit zurückgingen (siehe erneut oben § 2 sub C. II.), stellen mithin eine Ausnahme dar. Vgl. zu diesem Aspekt etwa Padoa-Schioppa, EMU and Banking Supervision, Tz. 24 (bezogen auf die Eurozone). Auch die deutsche Liquiditäts-Konsortialbank darf nach ihrem Statut entsprechende Leistungen nicht erbringen, siehe nochmals oben § 2 sub B. II. Für das schweizerische Recht gilt nichts anderes, siehe Eidgenössisches Finanzdepartement (Hrsg.), Expertenbericht, S. 40 f. Auch der Umstand, daß Zentralbanken typischerweise Gelder nur gegen gute Sicherheiten zur Verfügung stellen, spielt insoweit eine Rolle, vgl. neben der allgemeinen Literatur zur Lender of Last Resort-Theorie auch Asser, S. 20 ff. – Zum Zusammenhang mit dem Übergang der Zentralbankaufgaben innerhalb des ESZB auf die EZB siehe auch noch sogleich unten sub C. 189 Vgl. nochmals die beiden Entscheidungen der Kommission zum Fall Crédit Lyonnais (oben sub A. I. bei und in Fn. 136) mit anschaulicher Schilderung des in diesem Fall gewählten Sanierungsprogramms und den entsprechenden beihilferechtlichen Implikationen. 190 Siehe z. B. Olson, in: Lastra/Schiffman (Hrsg.), S. 107, 148; Asser, S. 22 sowie – auch zu Einzelheiten der Umsetzung möglicher Sanierungsbeihilfen – S. 89 ff.

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b) Privat finanzierte informelle Stützungsaktionen Eine mögliche Alternative zu staatlichen Interventionen bilden zunächst Stützungsaktionen, die nicht oder wenigstens nicht zum überwiegenden Teil durch den Staat, sondern durch andere Marktteilnehmer finanziert werden. Beispiele hierfür sind im Verlauf der Untersuchung bereits begegnet; zu nennen ist insbesondere die durch die Bank of England initiierte Rettungsaktion zugunsten der Secondary Banks in der Bankenkrise der 1970er Jahre in England,191 aber auch etwa die Stützungsaktion zugunsten der Hofer Schmidtbank 2001/02.192 Ein Beispiel für grenzüberschreitende Sanierungsbeihilfen durch Marktteilnehmer bietet die auf Initiative der Federal Reserve Bank of New York zustandegekommene Rettung des Hedge Fund Long Term Capital Management im Jahre 1998.193 Insbesondere im angelsächsischen Schrifttum ist die Rolle der Zentralbank, als Mittlerin zwischen Marktteilnehmern entsprechende Rettungsaktionen zu initiieren und zu koordinieren, dementsprechend durchaus anerkannt.194 Derartige Maßnahmen erscheinen grundsätzlich vorzugswürdig gegenüber (ausschließlich) staatlich finanzierten Sanierungsbeihilfen, und zwar nicht nur aus grundlegenden ordnungspolitischen Erwägungen (die Auswirkungen der Insolvenz werden nicht sozialisiert, sondern jedenfalls teilweise durch die übrigen Marktteilnehmer aufgefangen), sondern auch, weil anzunehmen ist, daß die Marktteilnehmer selbst (gerade im grenzüberschreitenden Geschäft) häufig die mit dem Einzelfall verbundenen Risiken am besten werden einschätzen und die zur Abwendung dieser Risiken erforderlichen Maßnahmen genauer kalibrieren können.195 Allerdings wird eine solche informelle Krisenbereinigung voraussetzen, daß der Markt insgesamt im Einzelfall in der Lage ist, die erforderlichen Mittel ad hoc aufzubringen – eine Voraussetzung, die in einer grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Anspannung (und damit gerade in Zeiten einer höheren Wahrscheinlichkeit großer Einzelausfälle) fehlen könnte.196 191

Siehe erneut oben § 2 sub C. I. Siehe oben § 12 sub D. III. 6. b). 193 Siehe zu Einzelheiten nochmals Herring, Conglomerates, S. 31 ff., insbes. S. 33 m. w. N. 194 Vgl. nur Freixas u. a., in: Goodhart/Illing (Hrsg.), S. 27, 42 ff. m. w. N. – allerdings mit Schwerpunkt auf Liquiditätszufuhr und weniger bezogen auf Sanierungsbeihilfen. Siehe ferner auch Economic and Financial Committee (Hrsg.), Economic Paper No. 156, S. 21. 195 Die Vorzüge einer derartigen Vorgehensweise entsprechen damit denen einer „starken“ Einlagensicherung unter Beteiligung der Marktteilnehmer, wie sie mit dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Deutscher Banken verknüpft sind, siehe bereits zusf. oben § 12 sub F. II. 196 Vgl. erneut auch Freixas u. a., in: Goodhart/Illing (Hrsg.), S. 27, 42. 192

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c) Koordinierte und subventionierte Übernahme durch eine andere Bank Schlägt eine informelle Bereinigung fehl, so könnte sich das im US-amerikanischen Aufsichtsrecht formalisierte Modell einer koordinierten und ggf. subventionierten Übernahme jedenfalls des Kern-(Einlagen-)geschäfts insolventer Institute durch Wettbewerber anbieten, das dort unter der Bezeichnung „purchase and assumption transactions“ gesetzlich geregelt ist.197 In den USA hat sich dieses Modell als Standardverfahren auch für nicht systemrelevante Bankeninsolvenzen etabliert. Im Kern strebt dieses Konzept die Veräußerung der „gesunden“ Teile des Bankgeschäfts auf einen Übernehmer an, der ganz oder teilweise die Haftung für Altverbindlichkeiten übernimmt; die Übernahme kann ganz oder teilweise durch die Federal Deposit Insurance Corporation finanziert werden, indem diese als Hauptgläubiger für die verbleibenden Verluste aufkommt.198 Kennzeichnend für diesen Ansatz ist insbesondere das Ergebnis einer Insolvenzbereinigung ohne Schließung des Geschäftsbetriebs. Bei näherer Betrachtung handelt es sich um eine der Praxis in Deutschland – anders als derjenigen in England – nicht unbedingt fremde Konstellation. Wie gesehen,199 ist es auch hierzulande gelegentlich zur insolvenzvermeidenden, durch den Einlagensicherungsfonds finanzierten Übernahme des Kerngeschäfts insolventer Banken durch andere Institute gekommen, wenn diese Art der Abwicklung für den Fonds wirtschaftlich günstiger schien als die Liquidation mit nachfolgender Auszahlung der geschädigten Einleger durch den Fonds. Wie bereits oben festgestellt, stellt diese Art der Abwicklung letztlich eine besondere Form der „übertragenden Sanierung“ dar. Das US-amerikanische Modell unterscheidet sich hiervon nur dadurch, daß diese Lösung eine eigenständige gesetzliche Lösung außerhalb des förmlichen Insolvenz- und allgemeinen Haftungsrechts erfahren hat, die eine förmliche Basis für die Finanzierung einer nicht insolvenzrechtlichen Lösung bildet, aber an sich kein genuin eigenständiges Steuerungsinstrument zur Verfügung stellt.

197

Siehe U.S.C. § 1823(c)(2). Vgl. zum ganzen etwa Olson, in: Lastra/Schiffman (Hrsg.), S. 107, 145 ff.; Asser, S. 144 – dort auch zu ähnlichen Konstruktionen in Kanada, Italien und den Niederlanden. 199 Siehe nochmals oben § 12 sub D. III. 6. b). 198

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d) „Überbrückungsbanken“ Eine besondere Form von Purchase and assumption transactions, die insbesondere im Falle einer Großinsolvenz mit grenzüberschreitenden Auswirkungen zur Anwendung kommen soll,200 ist im US-amerikanischen Aufsichtsrecht201 mit der ad hoc-Gründung sogenannter „Bridge banks“ vorgesehen: Wenn die Federal Deposit Insurance Corporation zum Ergebnis kommt, daß, erstens, die Weiterführung der Geschäfte des insolventen Instituts wirtschaftlich günstiger ist als dessen Liquidation und, zweitens, die Weiterführung auch im öffentlichen Interesse zur Erhaltung eines ungestörten Bankverkehrs erforderlich scheint, so wird die „Überbrückungsbank“ als Rechtsträgerin des Vermögens des insolventen Instituts gegründet, die unmittelbar sämtliche oder einen wesentlichen Teil der Aktiva und Passiva des insolventen Instituts übernimmt und ihrerseits sofort eine Vollbankenlizenz für einen Übergangszeitraum erhält. Das Management und die Weiterführung des Geschäftsbetriebs werden gegen Bezahlung einem anderen Kreditinstitut übertragen und durch dieses unter enger Kooperation mit den Aufsichtsbehörden ausgeübt. Idealiter handelt es sich bei dem diese Assistenz leistenden Institut bereits um einen potentiellen späteren Übernehmer der insolventen Bank. Während der Dauer dieses Arrangements werden Einzelheiten der Sanierungsmaßnahmen zwischen der Einlagensicherung und dem Übernehmer ausgehandelt und umgesetzt.202 Bei diesem Konzept handelt es sich letztlich wohl wiederum um eine besondere Form eines auch in Deutschland allgemein zur Insolvenzbewältigung gewählten Ansatzes: einer Art insolvenzvermeidenden Auffanggesellschaft, die bis zu einer endgültigen Veräußerung der insolventen Bank die Rechtsträgerschaft übernimmt. Wie die subventionierte Purchase and assumption transaction, so ist auch die Gründung einer „Überbrückungsbank“ in diesem Sinne nicht eigentlich Alternative zur Kapitalzufuhr durch staatliche Stellen (oder den Einlagensicherungsfonds), sondern wirkt nur komplementär hierzu, indem sie einen förmlichen Rechtsrahmen für die Gründung der Auffanggesellschaft zur Verfügung stellt. Die Bedeutung dieses Instituts dürfte nicht zuletzt im materiellen Aufsichtsrecht zu vermuten sein: Eben weil die näheren Umstände der Neugründung und der aufsichtsrechtliche Sonderstatus der Überbrückungsbank gesetzlich konkretisiert und damit auch auf den Sanierungszweck beschränkt sind, wird die Erteilung 200

Vgl. Herring, Conglomerates, S. 35 f. Siehe U.S.C., §§ 1821(d)(2)(F)(ii), 1821(n) und dazu Asser, S. 146 f.; Olson, in: Lastra/Schiffman (Hrsg.), S. 107, 147 ff. (dort auch zu Anwendungsfällen und der Sonderform sog. „New Banks“ nach U.S.C., § 1821(m)). 202 Siehe nochmals die Darstellung bei Olson, a. a. O., insbesondere die Schilderung von Beispielsfällen aus der jüngsten Vergangenheit ebd. Fn. 124. 201

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der für die ununterbrochene Weiterführung des Geschäftsbetriebs erforderlichen bankaufsichtsrechtlichen Genehmigung zum Geschäftsbetrieb an das Institut möglich, das die hierfür geltenden materiellen Anforderungen (insbesondere hinsichtlich Eigenmittel und Liquidität) vermutlich nicht erbringen kann. Der Vorteil liegt damit wohl nicht zuletzt im erleichterten Zugang zur aufsichtsrechtlichen Genehmigung. Anders als bei Purchase and assumption transactions, finden sich weder in der bisherigen deutschen noch der englischen Aufsichtspraxis Parallelen zu einem diesem Lösungsansatz entsprechenden Vorgehen. Auch theoretisch scheint die Übertragbarkeit auf die beiden hier untersuchten Rechtsordnungen eher problematisch zu sein. Der Betrieb der Bridge bank während der kritischen Phase, in der die Krise bereits öffentlich bekannt geworden ist, ist wohl nur vor dem Hintergrund des US-amerikanischen Einlagensicherungssystems denkbar. Nur wenn die finanzstarke und staatlich organisierte FDIC gewissermaßen als Garant die Überleitung zur Übernahme des Geschäfts durch eine Bank begleitet, wird sich das erforderliche öffentliche Vertrauen in die Sicherheit der Einlagen aufrechterhalten und damit ein „Run“ derselben verhindern lassen. Zwar bereitet die Gründung einer Auffanggesellschaft etwa während des aufsichtsrechtlichen Moratoriums nach § 46a KWG in Deutschland oder während der Frühphase des förmlichen Insolvenzverfahrens, wie gesehen, in beiden hier untersuchten Rechtsordnungen kaum als solche Schwierigkeiten,203 doch wird es in beiden Rechtsordnungen regelmäßig an einem der staatlichen Einlagensicherung in den USA funktional entsprechenden Garanten fehlen, der in der Lage wäre, das Verfahren in ähnlicher Weise durchzuführen wie das USamerikanische Pendant.204 3. Zusammenfassung und Bewertung Die Untersuchung der institutsbezogenen Eingriffsalternativen in der Großinsolvenz endet nach allem mit einem eher ernüchternden Fazit: Genaue Kriterien für die Notwendigkeit derartiger Interventionen, die typischerweise in der unmittelbaren oder mittelbaren (durch Subventionierung 203 Siehe erneut oben § 13 sub B. II. 2. c) cc) für das deutsche Moratorium sowie sub B. III. 3. a) zur englischen Administration. 204 Ob dies auch für den Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands Deutscher Banken gilt, der immerhin über erhebliche Mittel verfügt und sich zudem, wie soeben sub c) dargestellt, jedenfalls in einer den Purchase and assumption transactions funktional entsprechenden Weise an der Übernahme der Geschäfte einer insolventen durch eine andere Bank beteiligt hat, muß hier dahingestellt bleiben, wird aber angesichts des mit der Insolvenz einer Großbank typischerweise verbundenen Haftungsrisikos wohl eher skeptisch zu beurteilen sein.

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einer Übernahme durch einen Konkurrenten) finanziellen Unterstützung bestehen werden, lassen sich kaum definieren. Derartige Interventionen beruhten in der Vergangenheit vielmehr zumeist auf eher vagen politischen Sorgen vor den Auswirkungen der Großinsolvenz, denen jedenfalls nicht immer konkrete Notwendigkeiten korrespondieren. Vielfach würde es zur Bewahrung der Systemstabilität an sich wohl ausreichen, die Insolvenzfolgen durch eine Liquiditätszufuhr zur Unterstützung der am Markt verbleibenden übrigen Institute zu neutralisieren. Gläubigerschutz und Systemschutz als Verfahrenszwecke verschmelzen hier, anders als im Normalfall, zum Postulat eines Bestandsschutzes. Akzeptiert man, daß jedenfalls aus den genannten rechtspolitischen Motiven institutsbezogene Interventionen auch in Zukunft wohl nicht ausgeschlossen werden können, so bieten sich für diesen Fall „technische“ Alternativen zur unmittelbar dem betroffenen Institut zugute kommenden außerordentlichen Kapitalzufuhr nur begrenzt an. Sicherlich sind solche Maßnahmen, die ausschließlich oder jedenfalls zum überwiegenden Teil wiederum von Marktteilnehmern finanziert werden, unbedingt der staatlichen Sanierungsbeihilfe vorzuziehen. Auch wenn derartige Unterstützungsaktionen gerade bei international tätigen Instituten durchaus im Interesse einer Vielzahl von Marktteilnehmern liegen werden, um die mit dem Zahlungsausfall verbundenen Verluste zu vermeiden, sind jedoch gleichwohl Situationen denkbar, in denen die Gesamtheit der Marktteilnehmer nicht in der Lage oder aus anderen Gründen unwillig sein wird, die erforderlichen Mittel bereitzustellen. In diesen Fällen könnte es sich anbieten, die Bereitstellung staatlicher Mittel nicht unmittelbar dem insolventen Institut selbst zukommen zu lassen, sondern vielmehr explizit für die Übernahme durch eine andere Bank zur Verfügung zu stellen. Die hiermit zusammenhängenden Folgeprobleme – nicht zuletzt auch wettbewerbs- und kartellrechtlicher Art – können hier nicht vollständig ausgelotet werden. Gleichwohl ist der Blick auf die Rechtslage in den USA von Interesse, wo das Aufsichtsrecht entsprechende Handlungsalternativen zur Verfügung stellt. Eine subventionierte Übernahme des Geschäftsbetriebs der insolventen Bank durch einen Wettbewerber wäre wohl zumindest auch unter deutschem Recht ohne weiteres möglich und ist in ähnlicher Weise auch in Deutschland bereits unter Mitwirkung des Einlagensicherungsfonds umgesetzt worden, ohne daß hierfür eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erforderlich gewesen wäre. Bedenken bestehen jedoch hinsichtlich der Übertragbarkeit des Alternativmodells der Gründung besonderer Auffanggesellschaften mit Bankenlizenz; insoweit wird jedenfalls weiterer Forschungsbedarf hinsichtlich der praktischen Einzelheiten des US-amerikanischen Modells zu bejahen sein, der den Rahmen der vorliegenden Arbeit überschreiten dürfte.

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Die Frage nach formalisierten Alternativen zur informellen institutsbezogenen Intervention muß daher letztlich offengelassen werden. Gleichwohl gestatten die bisherigen Ausführungen jedenfalls einen Rückschluß auf die Bedeutung der allgemeinen aufsichtsrechtlichen Eingriffsinstrumentarien für die Gewährung institutsbezogener Unterstützung im Krisenfall. Viel spricht dafür, daß deren Funktionen im Krisenfall modifiziert werden. Es handelt sich dann weniger um Maßnahmen präventiven Charakters, die der Einhaltung der allgemeinen aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Eigenmittel, Liquidität sowie die Art und Weise der Geschäftsführung dienen, als vielmehr um Komplementärmaßnahmen, die einen Prozeß begleiten, dessen Ziele, aber auch die Einzelheiten der Abwicklung häufig außerhalb der Verantwortung der Aufsichtsbehörden selbst liegen werden. Entscheiden sich insbesondere die politisch Verantwortlichen zur institutsbezogenen Intervention, um das finanzielle Überleben der betroffenen Bank zu sichern, so wird damit in die allgemeinen marktwirtschaftlichen Ausleseprozesse mit dem Ziel eingegriffen, den insolvenzförmigen Marktaustritt als letzte Konsequenz zu vermeiden. Aufsichtsrechtliche Eingriffe, nicht zuletzt ein Vorgehen gegenüber der für die Krise verantwortlichen Geschäftsführung, können und sollten dann jedenfalls teilweise die mit der Insolvenzeröffnung verbundenen disziplinierend-pönalen Wirkungen ersetzen.205 Von diesem Aspekt abgesehen, sind formalisierte Verfahrenslösungen kaum als politisch durchsetzbare Alternative zur informellen Krisenbereinigung zu bewerten. C. Der institutionelle Rahmen für die Bewältigung von Großinsolvenzen Abschließend kann nunmehr auf die bereits im vorangegangenen Abschnitt zu den Sonderproblemen grenzüberschreitender Insolvenzfälle aufgeworfene Frage eingegangen werden, ob die traditionelle, weitgehend nationalstaatlich orientierte Zuweisung der Handlungskompetenzen einen hinreichenden Rahmen für die Bewältigung von Großinsolvenzen sowie anderen komplexen Fällen mit grenzüberschreitendem Bezug bietet, oder ob vielmehr eine stärkere Konsolidierung der Verantwortlichkeiten (etwa auf europäischer Ebene) sinnvoll erscheint. Die Frage steht in engem Zusammenhang mit der gegenwärtigen Diskussion um eine gesamteuropäische Bankenaufsicht; insoweit werden – nicht zuletzt in Reaktion auf eine entsprechende Initiative des deutschen Finanz205 Anschaulich in diesem Sinne auch Goodhart, in: ders./Illing (Hrsg.), S. 227, 238 f., der eine dem ehemaligen US-Notenbankchef Volcker zugeschriebene Antwort auf die Bitte eines Bankvorstands um finanzielle Unterstützung zitiert: Man werde diese Frage gerne mit dem Nachfolger des Vorstands erörtern.

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ministers und des englischen Schatzkanzlers – verschiedene Alternativen erwogen, zu denen (neben einer gemeinsamen europäischen Wertpapieraufsicht) auch die Zusammenfassung der Bankenaufsicht entweder unter Zuweisung der aufsichtsrechtlichen Zuständigkeiten an die EZB oder aber unter Neugründung einer gesamteuropäischen Aufsichtsbehörde zählt.206 Beides würde eine fundamentale Neuausrichtung der Regulierungspolitik der Gemeinschaft bedeuten, die – wie gesehen – bislang dem Konzept der Regionalisierung der Aufsicht bei gleichzeitiger Angleichung der Aufsichtsstandards verhaftet ist.207 Weiterhin besteht ein Zusammenhang zur Debatte um die Möglichkeiten eines „Internationalen Lender of Last Resort“, die ihrerseits Bestandteil einer weiteren Auseinandersetzung um eine „New International Financial Architecture“ zur besseren Bewältigung künftiger Finanzkrisen darstellt.208 Drittens schließlich ist damit die Frage nach den grundsätzlichen institutionellen Alternativen moderner Finanzaufsichtskonzepte und der Rolle der Zentralbank im allgemeinen angesprochen, die nicht zuletzt im Zusammenhang mit der Hinwendung zum Konzept der Allfinanzaufsicht etwa in Großbritannien und Deutschland ausführlich und kontrovers diskutiert worden ist.209 Weder der eine noch der andere Aspekt können vorliegend auch nur annähernd vollständig erörtert werden. Bereits aus dem vorliegenden und dem vorangegangenen Abschnitt lassen sich gleichwohl einige Erkenntnisse ableiten, die in der Debatte um eine Weiterentwicklung der Aufsichtssysteme Beachtung verdienen und auf die hier deshalb kurz eingegangen werden soll. So ist oben zwar festgestellt worden, daß die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Bewältigung entsprechender Insolvenzfälle auch nach Inkrafttreten der Bankeninsolvenzrichtlinie nach wie vor Probleme bereitet. Dies könnte für eine stärkere Konzentration des Verfahrens bei einer supra206 Siehe aus der Tagespresse etwa o.V., Die Bankenaufsicht soll europaweit koordiniert werden, in: FAZ v. 13.4.2002, S. 14; o.V., Gezerre um die künftige Bankenaufsicht, in: FAZ v. 4.5.2002, S. 14; o.V., Ökonomen in Aufsichtsfragen uneins, in: FAZ v. 10.5.2002, S. 15; o.V., „Wir brauchen eine gemeinsame europäische Finanzaufsicht“, in: FAZ v. 5.8.2002, S. 9; o.V., Die Bundesbank kämpft um ihre Rolle in der EU-Finanzaufsicht, in: FAZ 21.8.2002, S. 15; o.V., European securities regulation: Trojan horses, in: The Economist v. 15.2.2003, S. 69 f. 207 Siehe schon oben § 3 sub A. II.; speziell zur Zuweisung von Regulierungsund Aufsichtsfunktionen an die Europäische Zentralbank schon Hadjiemmanuil, (1997) Tulane Journal of International and Comparative Law 105, insbes. 120 ff., 147 ff.; siehe auch Davis, Problems, in: Goodhart (Hrsg.), S. 533, 554 ff.; Schoenmaker, ebd., S. 581 ff. 208 Siehe hierzu bereits die Nachw. oben sub A. II. in Fn. 143 f. 209 Hierzu Binder, WM 2001, 2230, 2235 f.

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nationalen Behörde sprechen, die auf der Grundlage einheitlich formulierter Verfahrenszwecke mit einem einheitlichen Eingriffsinstrumentarium tätig wird. Andererseits deuten gerade die im Zusammenhang mit der Untersuchung der Bankeninsolvenzrichtlinie festgestellten Probleme einer einheitlichen Verfahrensgestaltung bei unterschiedlichen anwendbaren Sachrechten darauf hin, daß unter Umständen eine bessere Zusammenarbeit nationaler Behörden Vorrang gegenüber zentralisierten Lösungen haben könnte. Wie eine EG-Bankaufsichtsbehörde oder die EZB als alleinverantwortliche Stelle diese Probleme lösen könnte, ist nicht ersichtlich. Gleichfalls läßt sich nicht zwingend aus der Rolle der EZB bei der außerordentlichen Liquiditätszufuhr zugunsten der Marktteilnehmer in Krisenfällen ableiten, daß diese notwendig auch die Verfahrenshoheit bei der förmlichen Insolvenzbewältigung ausüben sollte: Abgesehen von allgemeinen Zweifeln an der Leistungsfähigkeit grenzüberschreitender Aufsichtssysteme angesichts eines insgesamt immer noch eher geringen Konvergenzgrads zwischen den nationalen Finanzmärkten sowohl in rechtlicher als auch in wirtschaftlicher Hinsicht, ist durchaus fraglich, ob die effektive Ausübung der Zentralbankfunktion als Lender of Last Resort im Sinne der Sicherstellung der Liquiditätszufuhr grundsätzlich mehr voraussetzt als nur einen privilegierten, möglichst zeitnahen Zugang zu den aus der Aufsichtstätigkeit der nationalen Behörden resultierenden statistischen Informationen.210 Die Zuweisung der Kompetenz zur Vergabe von Sanierungsbeihilfen, also institutsbezogener Interventionen i. S. d. oben verwendeten Terminologie, für insolvente Institute an eine europäische Instanz erscheint ohnehin weder sinnvoll noch praktikabel.211 Hinzu tritt die offene Frage des effektiven Rechtsschutzes gegenüber etwaigen Aufsichtsmaßnahmen der EZB.212 Gerade mit Blick auf die Tauglichkeit zur Bewältigung von Großkrisen ist deshalb im Ergebnis eher zweifelhaft, ob eine Aufgabe der gegenwärtigen dezentralisierten institutionellen Arrangements zugunsten einer einheitlichen europäischen Aufsichtsstelle mit entsprechend weitreichenden Kompetenzen wirkliche Verbesserungen zu erbringen vermag. Für Fälle ohne grenzüberschreitende Auswirkungen erscheint die dezentrale Abwicklung ohnehin besser geeignet. Der Nähe der nationalen Aufsichtsbehörden zum betroffenen Marktumfeld und den entsprechenden rechtlichen Implikationen als Hauptvorteil der dezentralen Lösung stehen hier nicht die Schwierigkeiten der grenzüberschreitenden Kommunikation und Kooperation gegenüber, 210 Siehe zum ganzen ausf. Hadjiemmanuil/Andenas, (1999) 1:2 Journal of International Banking Regulation 84, 87 ff., insbes. 91 ff. 211 Vgl. nochmals auch Padoa-Schioppa, EMU and Banking Supervision, Tz. 21 ff. 212 Siehe zu diesem Aspekt auch Hahn/Häde, ZHR 165 (2001), 30 ff.

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die unter Umständen eine Konsolidierung der Eingriffsmöglichkeiten bei einer supranationalen Einrichtung rechtfertigen könnten. Die Rolle der EZB wird nach allem am ehesten die eines Moderators für eine bessere grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei Großinsolvenzen sein können. Nachdem der Gemeinschaftsgesetzgeber in jüngster Zeit dem Erfordernis einer besseren Koordination gerade in solchen Fällen verstärktes Augenmerk widmet,213 haben die Mitglieder des Europäischen Systems der Zentralbanken, die EZB und die Aufsichtsbehörden der Mitgliedstaaten nunmehr durch Abschluß einer förmlichen Vereinbarung über die Zusammenarbeit die Weichen hierfür gestellt.214 Auch diese Entwicklung unterstreicht, daß ein künftiger Rechtsrahmen in derartigen Krisen wohl weniger die verfahrensförmige Bewältigung betreffen als vielmehr die organisatorisch-institutionellen Voraussetzungen für ad hoc-Reaktionen schaffen muß. Die Gründung eines Komitees der Aufsichtsbehörden („Committee of European Banking Supervisors“) mit Sitz in London im Jahre 2004 aufgrund einer entsprechenden Entscheidung der Europäischen Kommission215 sowie ein neuer Richtlinienentwurf für die Neugestaltung des Gesetzgebungsprozesses im Finanzdienstleistungsbereich216 illustrieren im übrigen ebenso wie die bevorstehende Umsetzung der „Basel II“-Vorgaben innerhalb der Gemeinschaft, wie sehr auch der Gegenstand der vorliegenden Untersuchung im Fluß ist. Mehr als eine Momentaufnahme kann daher hier nicht geboten werden; dies gilt auch und gerade für den künftigen institutionellen Rahmen für die Bewältigung von Bankeninsolvenzen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft.

§ 18 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse A. Vorbemerkung Die vorliegende Untersuchung ist ausgegangen vom grundsätzlichen Aspekt der Ordnungsfunktion des Insolvenzrechts für das Wirtschaften im Markt. Sie hat sich sodann auf der Basis der wirtschaftswissenschaftlichen Erkenntnisse über die Besonderheiten des Kreditwesens und insbesondere 213

Siehe nochmals Economic and Financial Committee (Hrsg.), Economic Paper No. 156, insbes. 26 ff. 214 Siehe die Pressemitteilung der EZB über das – nicht öffentliche – Dokument: „ECB Press Release: Memorandum of Understanding on high-level principles of cooperation between the banking supervisors and central banks of the European Union in crisis management situations“ vom 10.3.2003 (www.ecb.int/press/03/pr030310. htm). 215 Vgl. insoweit die Internetseiten des Gremiums, www.c-ebs.org. 216 KOM(2003) 659.

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die Auswirkungen von Bankenkrisen um eine Klärung der Frage bemüht, ob und inwieweit für die Insolvenz von Kreditinstituten (idealtypisch verstanden als Unternehmen, die das Einlagengeschäft betreiben, Kredite ausreichen und den Zahlungsverkehr vermitteln) unter Umständen Anpassungen am allgemeinen Instrumentarium für Unternehmensinsolvenzen vorgenommen werden müssen. Sie hat den Nachweis zu führen versucht, daß sich pauschale Aussagen insoweit verbieten: Weder läßt sich die – durchaus zahlreichen wissenschaftlichen und aufsichtsseitigen Stellungnahmen ausdrücklich oder implizit zugrundeliegende – These halten, daß die allgemeinen insolvenzrechtlichen Steuerungsmechanismen im Kreditwesen notwendig zu unerwünschten Ergebnissen führten. Noch läßt sich andererseits behaupten, daß eine Anwendung der allgemeinen Regeln auf insolvente Banken ohne bestimmte Anpassungen im einzelnen möglich oder wünschenswert sei. Eine Gesamtschau der Ergebnisse der vorliegenden Arbeit legt vielmehr eine nuancierte Stellungnahme nahe: Erforderlich ist nicht eine grundsätzliche insolvenzrechtliche Privilegierung insolventer Banken – akzeptiert man die in der Marktwirtschaft freilich grundlegende Ordnungsfunktion insolvenzbedingter Marktaustritte, müssen Banken prinzipiell fallieren können, ohne daß der Staat durch finanzielle Engagements oder auf andere Weise in jedem Falle eine Sanierung und damit den Fortbestand des Unternehmens erzwingt. Gleichwohl sind Anpassungen in Einzelbereichen geboten oder rechtspolitisch wünschenswert, die teils eher technische Fragen (etwa hinsichtlich der Privilegierung von Zahlungssystemen), teils aber eindeutig sozialpolitische (insbesondere hinsichtlich des Einlegerschutzes) betreffen. Das Gesamtsystem der Haftungsverwirklichung in der Unternehmensinsolvenz allgemein wird durch diese Anpassungen zwangsläufig verändert; dies beruht gerade auf dem Erfordernis, auch öffentliche Belange bei der Ausgestaltung zu berücksichtigen. Die Bankeninsolvenz greift somit hinsichtlich des Ausmaßes entsprechender Anpassungen signifikant in das allgemeine Insolvenzrecht ein (dem Sonderregelungen hinsichtlich der Haftungsverwirklichung – etwa mit Blick auf Entschädigungsregelungen für Arbeitnehmer – im übrigen nicht fremd sind). Gleichwohl ist die Notwendigkeit von Sonderregelungen eben auf Anpassungen und mithin auf Ausnahmen zur Regel beschränkt; die Notwendigkeit einer „Globalausnahme“, eines Spezialregimes, das gänzlich anderen Zielvorgaben folgte als das allgemeine Insolvenzrecht, hat sich nicht nachweisen lassen. Ein gegenteiliges Ergebnis wäre ungeachtet der vielfach zu findenden Stellungnahmen, die ein anderes Bild vermuten ließen („Banks are special“), angesichts der fundamentalen Bedeutung der Ordnungsfunktion insolvenzrechtlicher Regelungen für die Marktwirtschaft auch überraschend. Eine Grundaussage der Arbeit läßt sich daher so zusam-

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menfassen: Für die Bankeninsolvenz sind Anpassungen am allgemeinen Insolvenzrecht notwendig oder wünschenswert, sie stellen jedoch die – ordnungspolitisch begründungspflichtige – Ausnahme von der Regel dar. Vor diesem Hintergrund hat die vorliegende Arbeit die in Deutschland und England entwickelten Regelungsmodelle gegenübergestellt, miteinander verglichen und kritisch auf ihre Eignung geprüft, die Regelungsziele zu erreichen; zusätzlich konnten vereinzelt Erkenntnisse aus der internationalen Debatte außerhalb beider Rechtsordnungen einbezogen werden, etwa wo diese entsprechende Regelungsmuster nicht kennen (so im Hinblick auf das Konzept der „Structured Early Intervention and Resolution“ des US-amerikanischen Aufsichtsrechts, siehe oben § 7 sub C. III. 2. oder das Schweizerische Modell eines Konkursprivilegs zum Schutz der Einleger, vgl. § 12 sub F. IV. 2.). Der Rechtsvergleich hat sich dabei nicht nur aus rechtspolitischer Sicht als fruchtbar erwiesen. Gerade mit Blick auf die in beiden hier untersuchten Rechtsordnungen zu findende Aufspaltung der Krisenbewältigungsmechanismen in aufsichts- und allgemein insolvenzrechtliche Regelungen konnte die Zuweisung der Steuerungsfunktionen zum Aufsichtsbzw. allgemeinen Insolvenzrecht jeweils kritisch geprüft werden. Dabei ist festgestellt worden, daß das stärker auf wirtschaftsverwaltungsrechtliche Regelungen denn auf das allgemeine Insolvenzrecht setzende deutsche Recht vielfältige Anwendungsprobleme aufweist, die dem englischen Recht fremd sind. Ob sich insoweit eine grundsätzliche Präferenz zugunsten der Insolvenzbewältigung durch allgemeines Insolvenzrecht ableiten läßt, mag dahinstehen. Jedenfalls unterstreicht der Befund die Schwierigkeiten, für die rechtshistorisch „junge“ hoheitliche Krisenbewältigung Regelungen zu definieren, welche sich in der vielhundertjährigen Evolution des allgemeinen Insolvenzrechts offenbar durchaus universell zu einem weithin bruchfreien und mit dem allgemeinen Zivilrecht wohlverzahnten System entwikkelt haben. B. Die wesentlichen Ergebnisse in Thesen Auf dem vorstehend umrissenen rechtspolitischen Fundament der Arbeit lassen sich nunmehr die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit in Thesenform zusammenstellen, wobei jeweils in Klammern auf die Hauptfundstellen innerhalb der Arbeit verwiesen werden soll: 1. Der geltende Rechtsrahmen für das materielle Bankaufsichtsrecht ist undenkbar ohne die Erfahrungen mit einschneidenden Bankeninsolvenzen und -krisen in der Vergangenheit. a) In Deutschland hat insbesondere die Bankenkrise des Jahres 1931 die Ablösung der traditionellen Bankenfreiheit durch ein komplexes Re-

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gulierungssystem bewirkt, das in wesentlichen Grundzügen noch heute die Staatsaufsicht über das Kreditwesen prägt (§ 2 sub B.). b) In England ist der Übergang vom Grundprinzip informeller Überwachung und Krisenbewältigung zu einem modernen, gesetzlich verankerten Aufsichtsrecht im Zusammenhang mit der Bankenkrise der 1970er Jahre vollzogen worden (§ 2 sub C.) c) Während die so entwickelten Instrumente präventiver Aufsicht durchaus vergleichbar sind und auch die Herausbildung internationaler Standards auf diesem Gebiet stark beeinflußt haben, bestehen auf dem Gebiet der Krisenbewältigung freilich nach wie vor erhebliche Unterschiede. In Deutschland ist die Krisenbewältigung zumal nach dem Herstatt-Zusammenbruch bei der staatlichen Bankenaufsicht monopolisiert worden, während in England die Aufsicht nur ein – allerdings gewichtiger – Teilnehmer im Gesamtsystem der Krisenbewältigung ist, in dem auch dem betroffenen Unternehmen selbst, dem Insolvenzgericht, aber – in geringerem Umfang – auch den Gläubigern eine wichtige Rolle zukommt (§ 2 sub D.; §§ 5–7). 2. Ungeachtet der damit in beiden Rechtsordnungen (wie auch international) feststellbaren wirtschaftspolitischen Tendenz zur Sonderbehandlung des Kreditwesens gerade mit Blick auf die Krisenvermeidung und -bewältigung läßt sich eine generelle Privilegierung des Sektors gegenüber den Funktionen und Ausscheidungsmechanismen des allgemeinen Insolvenzrechts ordnungspolitisch nicht rechtfertigen. Erforderlich ist vielmehr eine differenzierte Formulierung der Zielvorgaben für das Bankeninsolvenzrecht: a) Zu trennen ist zunächst zwischen den Fallgruppen kleinerer Banken einerseits und großer, stark vernetzter Institute andererseits; nur bei letzteren sind Auswirkungen auf die Systemstabilität denkbar und läßt sich eine insolvenzrechtliche Sonderbehandlung unter Umständen rechtfertigen (§ 4 sub B. II. 3.; § 17). b) Zu unterscheiden ist ferner zwischen der Insolvenz im allgemeinen und Fällen unverschuldeter Liquiditätsprobleme etwa infolge einer systemrelevanten Krise; auch bei letzterer können besondere Unterstützungsmaßnahmen (hier insbesondere durch die Zentralbank als Lender of Last Resort) in Betracht kommen (§ 4 sub B. II. 3; § 17). c) Anpassungsbedarf besteht darüber hinaus hinsichtlich des Schutzes der Zahlungssysteme vor der Rückwirkung zwingenden Isolvenz(anfechtungs-)rechts auf die vertraglichen Verrechnungsabreden (§ 4 sub B. II. 3. c) cc); § 9).

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d) Ferner läßt sich die Insolvenzprivilegierung bestimmter Ausstiegsklauseln bei der Abwicklung derivativer Finanzmarktkontrakte rechtfertigen (§ 11). e) Schließlich besteht ein legitimes rechtspolitisches Bedürfnis nach einem Schutz insbesondere kleinerer Bankeinlagen, dem mit einer durch die Marktteilnehmer finanzierten Einlagensicherung am besten Rechnung getragen werden kann (§ 4 sub B. II. 2 c) aa), bb); § 12). 3. Hinsichtlich der zur Krisenbewältigung zur Verfügung stehenden Eingriffsmechanismen ist zwischen „Vorfeldmaßnahmen“ und genuin insolvenzrechtlichen Maßnahmen i. e. S. zu unterscheiden. Letztere können entweder im Aufsichtsrecht oder im allgemeinen Insolvenzrecht verankert sein (§§ 5–7). a) „Vorfeldmaßnahmen“ sind solche Maßnahmen, die primär der Wiederherstellung der aufsichtsseitig geforderten Sicherheitsstandards für den Geschäftsbetrieb und damit letztlich der Anregung und Begleitung unternehmensinterner Sanierungsbemühungen dienen. Diese Maßnahmen sind genuin unternehmensinterner Natur; sie sollten daher keinerlei Außenwirkung für die Rechtsverhältnisse der Bank zu Dritten entfalten. b) Die insolvenzrechtlichen Maßnahmen i. e. S. greifen demgegenüber dann ein, wenn bei einem Kreditinstitut typischerweise die Zahlungsunfähigkeit droht. Mit diesen Maßnahmen wird „von außen“ in die Bank eingegriffen und dabei auch auf ihre Rechtsverhältnisse zu Dritten eingewirkt, wie dies typischerweise Kennzeichen des kollektiven Insolvenzverfahrens ist. c) Im deutschen Recht täuscht die literarische Debatte über den Eingriffstatbestand der §§ 46, 46a KWG darüber hinweg, daß diese Bestimmungen letztlich keinen Sachverhalt erfassen, der nicht auch über die Insolvenzgründe nach §§ 17 ff. InsO abgedeckt würde; auch diese Tatbestände sind damit insolvenzrechtlicher Natur im hier entwickelten Sinne (zusf. § 7 sub B. I. 2.). 4. Daß aufsichtsrechtlich geprägte Eingriffsmaßnahmen für den Krisenfall gegenüber dem Instrumentarium des allgemeinen Insolvenzrechts für die Bankeninsolvenz vorzuziehen wären, hat sich nicht erweisen lassen. Damit ist die Berechtigung für ein besonderes Insolvenzregime für Banken zweifelhaft. a) Der Vergleich des deutschen, verwaltungsrechtlich geprägten Lösungsmodells mit dem des englischen Rechts, in dem Fälle oberhalb der insolvenzrechtlich relevanten Eingriffsschwelle unter Ausnutzung der allgemeinen insolvenzrechtlichen Eingriffsinstrumentarien abgewickelt werden, hat gezeigt, daß es dem deutschen Modell vielfach

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an klar definierten Konsequenzen der Eingriffsmaßnahmen ähnlich denen des allgemeinen Insolvenzrechts mangelt. Dies zeigt sich insbesondere hinsichtlich der zivilrechtlichen Konsequenzen von Maßnahmen nach § 46a KWG und der unklaren Auswirkungen einer Ersetzung der bisherigen Geschäftsführung gegenüber den Sicherungsmaßnahmen des allgemeinen Insolvenzrechts. Die mit den aufsichtsrechtlichen Maßnahmen bewirkte Vermögenssicherung ließe sich ebenso mit Mitteln des allgemeinen Insolvenzrechts herbeiführen (zusf. § 7 sub C. II. 2.). b) Das deutsche, verwaltungsrechtlich geprägte System ist auch nicht besser als das allgemeine Insolvenzrecht geeignet, eine Sanierung des betroffenen Kreditinstituts zu ermöglichen. Vielmehr besteht – nicht anders als bei Anwendung allgemeinen Insolvenzrechts – im Regelfall nach dem Wirksamwerden von Verfügungsbeschränkungen und der Schließung der Bank kaum mehr eine Gelegenheit, eine Sanierungslösung herbeizuführen, was sich im wesentlichen auf den mit diesen Wirkungen verbundenen endgültigen Abbruch der Geschäftsbeziehungen der Bank, die in beiden Fällen gleichermaßen negative Öffentlichkeitswirkung und das Fehlen hinreichender Rekapitalisierungsmöglichkeiten zurückführen läßt. Insoweit besteht in der Tat eine Besonderheit gegenüber dem allgemeinen Insolvenzrecht, weil im wesentlich dynamischeren Bankbetrieb bereits die bloß faktischen Konsequenzen der Sicherungsmaßnahmen in der Frühphase einen Sanierungserfolg regelmäßig ausschließen werden, ohne daß es auf die rechtsgestaltenden Wirkungen etwa der Insolvenzeröffnung nach deutschem Recht noch ankommt (§ 13 sub B.). c) Insgesamt vertraut die deutsche Lösung in einem Maße auf die Effektivität des hoheitlichen Eingriffs gegenüber der marktnäheren Abwicklung nach allgemeinem Insolvenzrecht, das durch die bislang außerordentlich geringe „Erfolgsquote“ und auch den Vergleich mit der wesentlich flexibleren, stärker auf eine Konkurrenz der Verfahrensbeteiligten englischen Lösungen nicht gerechtfertigt wird (§§ 7, 13). d) De lege ferenda bietet sich daher eine Abschaffung der Eingriffsmaßnahmen nach § 46a KWG zugunsten einer funktionalen Rückverlagerung der Krisenbewältigung auf das allgemeine Insolvenzrecht an, wobei die Aufsicht eine ähnlich starke Stellung als Verfahrensbeteiligte erhalten sollte wie die englische Financial Services Authority. Die Eröffnung des Insolvenzgrundes der drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) für die Bankeninsolvenz i. d. F. des Umsetzungsgesetzes zur Bankeninsolvenzrichtlinie könnte als ein sinnvoller Schritt in diese Richtung bewertet werden (§§ 7, 13).

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5. Das in beiden hier untersuchten Rechtsordnungen der Aufsicht eingeräumte umfassende Ermessen begünstigt unter Umständen fehlerhafte oder verzögerte Reaktionen auf sich abzeichnende Krisen. Hier könnte sich in Ergänzung der bestehenden Kompetenzen eine stärkere Ermessensbindung in Gestalt einer Anbindung bestimmter Aufsichtsmaßnahmen an konkrete Eigenkapitalparameter ähnlich dem US-amerikanischen Aufsichtsrecht als Alternative anbieten (§ 7 sub C. III.). 6. Einheitliche Grundsätze für die Einlagensicherung lassen sich aus dem Rechtsvergleich kaum ableiten. Organisation, Mandat und Sicherungsumfang der Einlagensicherung sind vielmehr in besonderem Maße abhängig von der (rechts-)politischen „Nachfrage“ und stark durch entsprechende äußere Zwänge motiviert, die sich teils auf bestimmte Erfahrungen mit bestimmten Insolvenzfällen, teils aber auch auf die jeweilige Marktstruktur zurückführen lassen. Verallgemeinerungsfähige Aussagen etwa hinsichtlich eines „idealen“ Schutzniveaus lassen sich nicht treffen; jedes Modell ist konkret darauf zu überprüfen, ob es eine sinnvolle, ordnungspolitisch vertretbare Balance zwischen dem Sicherungsinteresse der Einleger zum einen und zum anderen dem öffentlichen Interesse an der Bewahrung der Marktdisziplin hält. Grundsätzliche Alternativen zu einer marktseitig finanzierten, als Fonds ausgestalteten Sicherung bestehen indessen nicht (zusf. § 12 sub F.). 7. Die Staats- bzw. Amtshaftung für fehlsame Bankenaufsicht wird als Instrument zum Gläubigerschutz gemeinhin stark überschätzt; ihr rechtlicher und tatsächlicher Anwendungskreis ist beschränkt. a) Aus dem Europäischen Gemeinschaftsrecht lassen sich nur insofern Haftungsansprüche herleiten, als es um die Gewährung des durch die EG-Einlagensicherungsrichtlinie gewährten Mindestschutzes geht: Unterläßt es ein Mitgliedstaat, diesen Mindestschutz durch geeignete gesetzgeberische und aufsichtsrechtliche Maßnahmen sicherzustellen, ist nach gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen bis zum durch die Richtlinie vorgesehenen Mindestschutz zu haften. Darüber hinausgehende Haftungsansprüche lassen sich nicht begründen (§ 15 sub B. III.). b) Die Herleitung von Amtshaftungsansprüchen nach nationalem Haftungsrecht ist zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Im deutschen Recht ist jedoch sehr zweifelhaft, ob – entgegen der wohl überwiegenden Auffassung in der Literatur – der gesetzliche Haftungsausschluß in § 4 IV FinDAG (früher: § 6 IV KWG) tatsächlich durch höherrangiges Verfassungsrecht außer Kraft gesetzt wird. Frühere Erfahrungen mit den Haftungsprozessen im „Wetterstein“- und im „Herstatt“-Fall lassen darüber hinaus jedenfalls grundsätzliche Zwei-

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fel aufkommen, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Staatshaftung nach Art. 34 GG, § 839 BGB überhaupt je werden nachgewiesen werden können (§ 15 sub C. I.). Ein Vergleich mit dem englischen Recht bestätigt diese Vermutung; hier ist ebenfalls die Effektivität eines „Einlegerschutzes durch Amtshaftung“ außerordentlich zweifelhaft, wie der gegenwärtig anhängige Haftungsprozeß im Zusammenhang mit dem BCCI-Zusammenbruch drastisch belegt (§ 15 sub D.) 8. Die besonderen Rechtsprobleme der grenzüberschreitenden Bankeninsolvenz sind auch nach Inkrafttreten der – insgesamt wenig überzeugenden – EG-Bankeninsolvenzrichtlinie kaum als gelöst zu betrachten (§ 16). a) Weder die insbesondere im Frühstadium der Krise erforderliche Flexibilität des sichernden Eingriffs noch die damit verbundenen besonderen Anforderungen an die grenzüberschreitende Kooperation zwischen nationalen Aufsichtsbehörden und Insolvenzgerichten werden durch die mit der Richtlinie vollzogene Entscheidung für ein Verfahren nach dem strengen Universalitätsprinzip hinreichend gewährleistet. b) Die Anwendung des Universalitätsprinzips führt darüber hinaus zur Ausdehnung von Einzelmaßnahmen, die jeweils nur im Kontext des nationalen Aufsichts- und sonstigen Verfahrensrechts sinnvoll eingreifen und unter Umständen gerade zur – an sich unerwünschten – Benachteiligung ausländischer Gläubiger führen können. c) Diese Nachteile werden durch die zahlreichen Sonderanknüpfungen für einzelne Rechtsverhältnisse innerhalb der Bankeninsolvenzrichtlinie und sonstigen einschlägigen Rechtsakten nicht aufgehoben, sondern eher noch zu Lasten der Verfahrensökonomie verstärkt. Die damit vollzogene (Teil-) Anpassung an Vorschriften der EG-Insolvenzverordnung ist ohne eine Aufbrechung des Universalitätsprinzips kaum als sinnvoll und praktikabel zu bezeichnen. d) Der praktische Mehrwert der mit der Richtlinie vollzogenen Harmonisierung ist damit fragwürdig; ohne eine weitere (ihrerseits freilich wiederum nicht unproblematische) Harmonisierung der nationalen Eingriffsinstrumentarien für die Bankeninsolvenz und ihrer zivilrechtlichen Konsequenzen fragt sich, ob nicht ein System nur abgeschwächter Universalität unter Zulassung von Sekundärverfahren gegenüber der jetzt gewählten Lösung vorzuziehen gewesen wäre. 9. Für Großinsolvenzen und sektorweite Krisen werden die allgemeinen – verwaltungsrechtlichen oder insolvenzrechtlichen – Eingriffsinstrumentarien vielfach kaum zur Anwendung kommen. Hier tritt die Funktion des

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3. Teil: Sonderprobleme

Rechtsrahmens für Bankeninsolvenzen als verfahrensrechtliche Lösung zurück und sind allenfalls (ggf. grenzüberschreitende) Arrangements für informelle ad hoc-Eingriffe denkbar, die von einer staatlich finanzierten Sanierung bis hin zu besonderen Formen der Sanierungsfusion oder Liquidation reichen können. Geht es um die Kompensation der Folgen eines einzelnen Ausfalls für das Gesamtsystem, ist damit die klassische Funktion der Zentralbank als Lender of Last Resort angesprochen; ansonsten wird vielfach schon aufgrund rechtspolitischer Zwänge kaum eine Alternative zur staatlichen Subvention gesehen werden, wobei derartige Lösungen insbesondere aus ordnungspolitischer Sicht häufig sehr fragwürdig sind. Förmliche Verfahrensvorschriften (wie etwa §§ 47, 48 KWG im deutschen Recht) haben demgegenüber nur eine eingeschränkte Bedeutung (siehe im einzelnen § 17). 10. Die Ergebnisse der Untersuchung erlauben auch einige Rückschlüsse auf methodische Vorgaben für etwaige künftige Forschungsarbeiten im vorliegend untersuchten Themenkreis: a) Die rechtlichen Steuerungsmechanismen für Bankeninsolvenzen können nicht sinnvoll erforscht werden, ohne auch wirtschaftswissenschaftliche Erkenntnisse über die Auswirkungen der Insolvenzfälle in den Blick zu nehmen. b) Gerade die Schwächen verschiedener bisheriger Ansätze illustrieren insoweit die Notwendigkeit interdisziplinärer Arbeit: (1) Die rechtswissenschaftlichen Arbeiten lassen vielfach die wirtschaftlichen Wirkungen der Anwendung einzelner Steuerungsmechanismen außer Betracht, was negative Rückwirkungen auf die Feststellung der diesen Mechanismen zugrundeliegenden Zielvorgaben zur Folge hat. Dies gilt nicht nur für die im juristischen Schrifttum allgemein wenig konkrete Definition der Regelungsziele. Es läßt sich auch anhand einzelner Sachprobleme illustrieren, so insbesondere am Beispiel der Auswirkungen des „Moratoriums“ im deutschen Recht, dessen Charakter als bloßes Sicherungsinstrument entsprechend den Sicherungsmaßnahmen im Insolvenzeröffnungsverfahren weithin verkannt und das statt dessen – an der Realität vorbei – aus juristischer Sicht als ein Instrument zur Förderung von Sanierungen interpretiert wird. Ein weiteres Beispiel bietet die Überschätzung des Instituts der Staatshaftung für fehlsame Bankenaufsicht als Element des Verbraucherschutzes, die ebenfalls die wirtschaftliche Bedeutung dieses Instituts in der Realität vollkommen ignoriert. (2) Die wirtschaftswissenschaftlichen Erkenntnisse weisen demgegenüber nicht selten Probleme im Rahmen ihrer „Übersetzung“

§ 18 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

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in juristische Normen auf. Auch hierfür hat die vorliegende Arbeit Beispiele ermittelt, nicht zuletzt mit Blick auf die Verknüpfung betriebswirtschaftlich-bilanzieller Parameter mit entsprechenden Eingriffstatbeständen. (3) Weiterer Forschungsbedarf in dieser Hinsicht könnte sich insbesondere hinsichtlich der wirtschaftlichen Auswirkungen von Bankeninsolvenzen auftun: Wie insbesondere im Zusammenhang mit der Untersuchung der Auswirkungen auf Zahlungssysteme festgestellt, besteht nach wie vor das Bedürfnis, die rechtlichen Steuerungs- und Eingriffsmechanismen verstärkt mit den tatsächlichen – bislang nur unzureichend bekannten – Risiken abzustimmen: in präventiver Hinsicht wie auch mit Blick auf die eigentlichen Krisenbewältigungsmechanismen, die im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit stehen.

Literaturverzeichnis Monographien werden, soweit nachfolgend nicht abweichend angegeben, jeweils mit dem Autorennamen in der Arbeit zitiert. Kapitel in Sammelwerken werden jeweils einzeln aufgeführt, das Sammelwerk als solches nicht. Aufsätze werden mit Fundstelle zitiert (bei deutschen Zeitschriften mit den gängigen Abkürzungen, bei ausländischen jeweils mit vollem Titel; ansonsten ist die Zitierweise englischsprachiger Zeitschriften auf die in der englischen rechtswissenschaftlichen Literatur übliche vereinheitlicht worden).

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Sachwortverzeichnis § 45 KWG – Kompetenzen im Rechtsvergleich 297 – Sanierung 523 – Tatbestand 131 ff. – Verbot von Gewinnentnahmen 197 § 46 KWG – Annahmeverbot 215 ff. – Anweisungen für bestehende Rechtsverhältnisse 211 – Anweisungen für den Geschäftsbetrieb 209 – Bestellung geschäftsführungs- und vertretungsberechtigter Personen 228 – Bestellung von Aufsichtspersonen 229 – Gefahrenbegriff 133 ff. – Kompetenzen 209 ff. – Kompetenzen im Rechtsvergleich 298 – maßgebliche Verpflichtungen 131 – Maßnahmen gegenüber Inhabern und Geschäftsleitern 226 – Tatbestand 131 ff. – Tatbestand und Insolvenzgründe 146 – unzureichende Liquidität 137 – Verbot der Gewinnausschüttung 210 – Verbot der Kreditgewährung 214 – Verbot von Gewinnentnahmen 211 – zivilrechtliche Konsequenzen 210 f., 217 ff. § 46a KWG – Auswirkungen auf Zahlungssysteme 371 ff.

– Bestellung geschäftsführungs- und vertretungsberechtigter Personen 243, 538 – Kompetenzen 231 ff. – Kompetenzen im Rechtsvergleich 299 – räumliche Schließung 238 – Sanierung bei Abschaffung de lege ferenda 543 – Stundungswirkung 313 – Veräußerungs- und Zahlungsverbote 232 ff. – Verbot der Entgegennahme von Zahlungen 240 – Vollstreckungsverbot 243 – Zivilrechtliche Wirkung 233 ff. Adequate resources Siehe Einschränkung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb (England) Administration – Administrator 278 – als Sanierungsverfahren 556 – als Vorstufe zum Winding-up 571 – Anordnung in camera 189 – Auswirkungen 319 – Enterprise Act 2002 165 – Statutory moratorium 278 – Voraussetzungen 183 Administrative receivership 163 Amtshaftung 583 ff. – Amtsmißbrauchsfälle 625, 634 – aufgrund BCCI-Folgerichtlinie 617 – aufgrund Eigenmittelrichtlinie 616 – aufgrund Erster Bankrechtskoordinierungsrichtlinie 610 ff.

Sachwortverzeichnis – aufgrund Zweiter Bankrechtskoordinierungsrichtlinie 615 ff. – Einlagensicherungsrichtlinie 601 ff., 621 – Fallgruppen 586 – Francovich 591, 596 – für negligence (England) 652 – Funktion 668 – Gebot der Normenklarheit 649 – gesetzlicher Haftungsausschluß (Deutschland) 631 – gesetzlicher Haftungsausschluß (England) 653 – Gleichheitssatz 646 – grundrechtliche Schutzpflichten 640 – Herstatt-Entscheidung 628 – Misfeasance in public office 661 – öffentliche Interessen 637 – primäres Gemeinschaftsrecht 588 – Rechtsgrundlage (Deutschland) 624 – Sozialstaatsprinzip 640 – Three Rivers-Fall (England) 660 – und präventive Regulierung 585 – und unmittelbare Wirkung von Richtlinien 590 – Wetterstein-Entscheidung 626 Anstaltslast 49 Ansteckung – Interbankengeschäft 106, 120 – Zahlungssysteme 107, 326 ff. Anweisungen für den Geschäftsbetrieb Siehe § 46 KWG Assets requirement Siehe Einschränkung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb (England) Aufhebung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb 269, 289 Aufhebung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb (England) 173 Aufsichtsperson Siehe § 46 KWG

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BACS Siehe Zahlungssysteme Bank für Internationalen Zahlungsausgleich Siehe Basler Ausschuß für Bankenaufsicht Bank of Credit and Commerce International Siehe BCCI Bankenaufsicht – Kompetenzen bei fortgeschrittener Krise 291 – Rolle in der Frühphase 290 Bankenenquête 1933 Siehe Bankenkrise 1931 Bankeninsolvenzrichtlinie 283 Siehe auch grenzüberschreitende Insolvenzverfahren – Anwendungsbereich 683 – grenzüberschreitende Verfahrenskoordination 692 – Kritik an Verfahrenskonzentration 695 – modifizierte Universalität 685 – Sanierungsmaßnahmen 704 – Sonderanknüpfungen 687 ff. – Umsetzung in Deutschland 712 – Umsetzung in England 715 – Verfahrensauslösung 708 Bankenkrise 1931 56 – Bankenenquête 1933 55 – Darmstädter und Nationalbank 53 – Notverordnungen 54 Bankfreiheit 52 Banking Act 1979 66 Banking Act 1987 68 Bankruns Siehe auch Einlagensicherung 118 – bei Großinsolvenzen 722 – klassische Theorie 104 – Kritik 114 Barings Bank 69 – Auswirkungen auf Zahlungsverkehr 335 – Sanierungsverfahren 558 Basler Ausschuß für Bankenaufsicht 73

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Sachwortverzeichnis

BCCI 69 – Auswirkungen auf Zahlungsverkehr 334 Chancery plc 557 Contagion Siehe Ansteckung 107 Darmstädter und Nationalbank Siehe Bankenkrise 1931 Deposit Protection Fund Siehe auch Einlagensicherung 497 derivative Finanzinstrumente Siehe Finanzkontrakte Devisengeschäfte Siehe Zahlungssysteme drohende Zahlungsunfähigkeit Siehe Insolvenzgrund Echtzeit-Brutto-Abrechnungssysteme Siehe auch Zahlungssysteme 322 Eigenmittelgrundsätze – Basler Vereinbarungen Siehe Basler Ausschuß für Bankenaufsicht – Deutschland 80 – England 81 – Gemeinschaftsrecht 83 Einlagengeschäft, Beschränkung im Rechtsvergleich 286 Einlagensicherung Siehe auch Entschädigungseinrichtung Deutscher Banken 490 – Deposit Protection Fund 497 – durch Insolvenzprivilegien 510 – Einlagensicherungsfonds (Deutschland) 465 ff. – Einlagensicherungsrichtlinie 456 ff. – Entwicklung in Deutschland 462 ff. – Financial Services Compensation Scheme 499 – grenzüberschreitende Insolvenzverfahren 693 – Grundfragen für die Ausgestaltung 455 – im Rechtsvergleich 506

– Schutz vor Bankruns 118, 452 – und Einlagenversicherung 508 – Wettbewerbsenquête 1968 463 – Zielvorgaben 452 Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz 480, 490 ff. – Gemeinschaftsrechtskonformität 493 Einlagensicherungsfonds (Deutschland) – Finanzierung 476, 484 – Höhe der Absicherung 468, 487 – Mandat 467 – Rechtsanspruch auf Entschädigung 469 – Rechtsgrundlagen 465 – Stützungsaktionen 478 – und aufsichtsrechtliche Maßnahmen 480 Einlagensicherungsrichtlinie Siehe auch Einlagensicherung 456 – Amtshaftung für fehlerhafte Umsetzung 601 Einlegerschutz, als Regelungszweck 108 Einschränkung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb (England) 262 ff. – Adequate resources 169 – anordnungswidriges Verhalten 266 – Assets requirement 263 – Threshold conditions 169 – Verfahrensrechtliche Anforderungen 267 – zulässige Maßnahmen 263 Elektronischer Massenzahlungsverkehr Siehe Zahlungssysteme Enterprise Act 2002 Siehe Administration Entschädigungseinrichtung Deutscher Banken 490 Entziehung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb, Rechtsvergleich 289 Ermessen und Beurteilungsspielräume – Federal Deposit Insurance Corporation Improvement Act (USA) 306

Sachwortverzeichnis – Problem 303 – Structured Early Intervention and Resolution als Alternative 305 Euro I Siehe Zahlungssysteme Federal Deposit Insurance Corporation Improvement Act (USA) Siehe Ermessen und Beurteilungsspielräume Finalitätsrichtlinie Siehe auch Zahlungssysteme – Insolvenzfestigkeit gewährter Sicherheiten 355 – Insolvenzschutz 354 – Settlement Finality Regulations 401 – Umsetzung (Deutschland) 378, 384 ff. Financial Services Act 60 Financial Services Compensation Scheme Siehe auch Einlagensicherung – Höhe der Absicherung 502 – Mandat 500 – und aufsichtsrechtliche Kompetenzen 499 Finanzinstrumente Siehe Finanzkontrakte Finanzkontrakte – aufsichtsrechtliche Dimension 440 ff. – aufsichtsrechtliches Vorverfahren (Deutschland) 444 – Ausfallrisiken 436 – Insolvenzfestigkeit (Deutschland) 444 – Insolvenzfestigkeit (England) 446 – Liquidationsnetting 438 – Novationsnetting 437 – Typen 435 ff. Finanzsicherheitenrichtlinie Siehe auch Zahlungssysteme – Anwendungsbereich 359 – Bestellung von Sicherheiten 360 – Harmonisierung von Sicherungstypen 361

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– Umsetzung (Deutschland) 384 – und Beendigungsklauseln 443 Free banking 43 Gefährdung einer wirksamen Aufsicht 147 Gewährträgerhaftung 49 Gewinnausschüttung, Beschränkung der 201 Gewinnentnahmen – Verbot bzw. Beschränkung von G. im Rechtsvergleich 285 – Verbot von Siehe § 45 KWG – Verbot von Siehe § 46 KWG Giroverkehr – Aufklärungs- und Warnpflichten 425 – Auswirkungen der Insolvenzeröffnung (Deutschland) 417 – Auswirkungen der Verfahrenseröffnung (England) 430 – Auswirkungen des aufsichtsrechtlichen Vorverfahrens (Deutschland) 412 – englisches Recht 427 – Hausüberweisung 424 – Kontokorrent 409 – schuldrechtliche Risikoverteilung 422 – Sekundäransprüche und 421 grenzüberschreitende Insolvenzverfahren Siehe auch Bankeninsolvenzrichtlinie – Einlagensicherung 693 – spezifische Probleme der Bankeninsolvenz 680 – Verfahrenseinleitung 682 Großinsolvenzen 718 ff. – Auswirkungen 722 – förmliche Eingriffe 726 – institutioneller Rahmen für Krisenbewältigung 737 – institutsbezogene Interventionen 728 ff. – private Stützungsaktionen 732 – Sanierungsbeihilfen 731

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Sachwortverzeichnis

– Überbrückungsbanken 734 – Übernahme durch andere Bank 733 – und Finanzkrisen 720 Herstatt-Insolvenz – Amtshaftung 628 – Auswirkungen auf Einlagensicherung 465 – Auswirkungen auf Gesetzgebung 58, 87 – Auswirkungen auf Zahlungssysteme 332 Herstatt-Risiko 107, 333 Hypothekenbanken 49 Inability to pay debts 178 – bei Administration 183 Informationspflichten – Deutschland 75 – England 78 Insolvenzanträge Dritter (England) 187 Insolvenzanträge durch die Geschäftsleitung der Bank (England) 189 Insolvenzantragsrecht der BAFin 146 Insolvenzaufrechnung 317 Insolvenzeröffnungsverfahren 247 ff. – Bedeutung des Eröffnungsbeschlusses 316 – besondere Verfügungsverbote 250 – Postsperre 255 – starker vorläufiger Insolvenzverwalter 252 – und aufsichtsrechtliche Maßnahmen 257 – Verfügungsverbote 248 – Vollstreckungsmaßnahmen 254 – vorläufige Insolvenzverwaltung ohne Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis 254 – Zustimmungsvorbehalt 249 Insolvenzgrund 155 – drohende Zahlungsunfähigkeit 158 – Überschuldung 157

Insolvenzplanverfahren Siehe Sanierung Insolvenzprivilegien Siehe Einlagensicherung Kontokorrent Siehe Giroverkehr Kreditgewährung – anordungswidrige 205 – Beschränkung der 207 – Beschränkung der K. im Rechtsvergleich 285 Kreditwesengesetz 1961 58 Krisenbewältigung, qualifizierte Eingriffstatbestände 282 KWG-Novelle 1976 58 Lender of Last Resort – Bank of England als 61, 68 – bei Großinsolvenzen 724 – klassische Theorie 724 Liquidation – Insolvenzplanverfahren 569 – Regelinsolvenzverfahren (Deutschland) 568 – Winding-up 570 Liquidationsnetting Siehe Finanzkontrakte Liquiditäts-Konsortialbank 59 – und Großinsolvenzen 726 Marktversagen 102 ff., 121 Marktzutrittsbedingungen – Deutschland 74 – England 76 – Gemeinschaftsrecht 79 Maßnahmen in dringenden Fällen (England) 171 Misfeasance in public office Siehe Amtshaftung Moratorium Siehe § 46a KWG Narrow Banks 42 Net Settlement Systems Siehe Zahlungssysteme

Sachwortverzeichnis Nettoabrechnungssysteme Siehe Zahlungssysteme NewCHAPS Siehe Zahlungssysteme Novationsnetting Siehe Finanzkontrakte Prohibition order 174 Provisional liquidation, Sanierungsmöglichkeiten 561 Provisional liquidator 273 – Anordnung in camera 274 – Aufgaben und Kompetenzen 274 – Rechtsgrundlage 273 Real Time Gross Settlement Systems Siehe Zahlungssysteme Rechtsschutz – bezüglich Insolvenzantragstellung 574 – bezüglich Verfahrenseröffnung (England) 581 – Financial Services and Markets Tribunal 579 – für das Kreditinstitut (Deutschland) 573 – für das Kreditinstitut (England) 578 – Rechtsposition der Gläubiger (Deutschland) 576 – Rechtsposition der Gläubiger (England) 581 Reichskreditwesengesetz 1934 55 RTGS-plus Siehe Zahlungssysteme Sanierung – Altverbindlichkeiten 537 – außerhalb des Verfahrens 521 – Bankeninsolvenzrichtlinie 704 – Barings Bank 558 – Chancery plc 557 – durch beschränkte Zahlungsverbote 528 – durch Rekapitalisierung im Insolvenzeröffnungsverfahren 547 – Eigenverwaltung 547

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– Gestaltungsformen 517 – im Insolvenzeröffnungs- und Insolvenzverfahren 542 – im Vorfeld der Insolvenzreife (England) 554 – in der Administration 556 ff. – in der fortgeschrittenen Krise 522, 527 ff. – Insolvenzplanverfahren 544 ff. – nach § 46a KWG 532 ff. – Provisional liquidation 561 – und § 45 KWG 523 – Versicherungsaufsichtsrecht 528 – Voraussetzungen 518 Schmidt-Bank 478 Secondary Banking Crisis 66 Skontration Siehe Zahlungssysteme Special management 276 Staatshaftung Siehe Amtshaftung Stay of proceedings 277 Structured Early Intervention and Resolution Siehe Ermessen und Beurteilungsspielräume Systemrisiko Siehe Bankruns, Zahlungssysteme TARGET Siehe Zahlungssysteme Three Rivers-Fall Siehe Amtshaftung Threshold conditions Siehe Einschränkung der Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb (England) Überschuldung Siehe Insolvenzgrund Übertragungsvertrag Siehe Zahlungssysteme Überweisungsgesetz Siehe Zahlungssysteme Umfassende Vermögenssicherung, im Rechtsvergleich 287 Veräußerungs- und Zahlungsverbote Siehe § 46a KWG Verbot der Gewinnausschüttung Siehe § 46 KWG

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Sachwortverzeichnis

Verfahrenseröffnung, und Bankenaufsicht (England) 186, 192 voluntary arrangements, Bedeutung 166 Vorfeldkompetenzen, im Rechtsvergleich 281 vorläufiger Insolvenzverwalter – Bedeutung 251 – Bedeutung Siehe auch Insolvenzeröffnungsverfahren Wettbewerbsenquête Siehe Einlagensicherung Winding-up 162 – Auswirkungen 318 – Durchführung 570 – Tatbestand 182 Wirtschaftspolitische Zielvorgaben 126 Withdrawal of approval 175 Zahlungssysteme 107, 321 ff. – Auftragserteilung nach Verfahrenseröffnung 377 – BACS 351 – Bedeutung 321 ff. – CLS-Bank 336, 342 – Devisengeschäfte 330 ff. – Echtzeit-Brutto-Abrechnungssysteme 322 – Elektronischer Massenzahlungsverkehr 348 – Euro I 344

– – – –

Gefahren bei Großinsolvenzen 723 Herstatt-Risiko 333 Insolvenzanfechtung 379, 398 Insolvenzfestigkeit in Bruttosystemen (England) 394 – Insolvenzfestigkeit in Nettosystemen (England) 395 – Kreditrisiko 327 – Liquiditätsrisiko 329 – Maßnahmen nach § 46a KWG 371 – Nettingabrede (England) 391 – Nettoabrechnungssysteme 322 – NewCHAPS 350 – Null-Uhr-Regelung 340, 363 – rechtspolitische Kritik 406 – RTGS-plus 347 – schuldrechtliche Grundlagen (Deutschland) 365 – schuldrechtliche Grundlagen (England) 389 – Schutz erteilter Aufträge (England) 393 – Skontration 368, 374 – Übertragungsvertrag 367 – Überweisungsgesetz 366 Zahlungssysteme Siehe auch Finanzsicherheitenrichtlinie Zahlungssysteme Siehe auch Finalitätsrichtlinie Zahlungsunfähigkeit Siehe Insolvenzgrund