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German Pages 450 [468] Year 2011
Klassiker der Technik Die „Klassiker der Technik“ sind unveränderte Neuauflagen traditionsreicher ingenieurwissenschaftlicher Werke. Wegen ihrer didaktischen Einzigartigkeit und der Zeitlosigkeit ihrer Inhalte gehören sie zur Standardliteratur des Ingenieurs, wenn sie auch die Darstellung modernster Methoden neueren Büchern überlassen. So erschließen sich die Hintergründe vieler computergestützter Verfahren dem Verständnis nur durch das Studium des klassischen fundamentaleren Wissens. Oft bietet ein „Klassiker“ einen Fundus an wichtigen Berechnungs- oder Konstruktionsbeispielen, die auch für viele moderne Problemstellungen als Musterlösungen dienen können.
Klaus Federn
Auswuchttechnik Band 1: Allgemeine Grundlagen, Meßverfahren und Richtlinien 2. Auflage
1C
Professor Dr. Klaus Federn TU Berlin Deutschland
ISBN 978-3-642-17236-6 e-ISBN 978-3-642-17237-3 DOI 10.1007/978-3-642-17237-3 Springer Heidelberg Dordrecht London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1977, 2011 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandentwurf: WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)
Vorwort
Das Buch gibt den Inhalt der Vorlesungen" Grundlagen und Verfahren der Auswuchttechnik" wieder, wie sie der Verfasser seit 1948 regelmäßig an der Technischen Hochschule Darmstadt und seit 1963 an der Technischen Universität Berlin uber dieses wohl wichtigste Spezialgebiet der Schwingungsabwehr hielt. Es vermittelt des Verfassers Erfahrung, die er in 25 jähriger, meist leitender Tätigkeit in der C. Schenck Maschinenfabrik GmbH in Darmstadt bei der Entwicklung, dem Bau und dem praktischen Einsatz von Auswuchtmaschinen gewinnen konnte. Auch des Verfassers langjährige Mitarbeit in den Richtlinien-AusschUssen der VDI-Fachgruppe Schwingungstechnik, im DIN-Normenausschuß Akustik und Schwingungstechnik (FANAK) und den Arbeitsgruppen von ISO/TC 108, Mechanical Vibration and Shock, sowie Forschungsarbeiten an der Technischen Universität Berlin halfen, den Inhalt des Buches prägen. FUr manche wertvollen Anregungen dankt der Verfasser seinen fruheren Lehrern der Schwingungstechnik, Herrn Dr.-Ing. E. Lehr und Herrn Dr.-Ing. V. Blaeß,
ウ・セョ
frUheren Mitarbeitern in der Industrie, insbesondere Herrn Dipl.-Ing. A. Giers, seinen frUheren wissenschaftlichen Mitarbeitern an der T.U. Berlin, insbesondere Herrn Dipl.Ing. H. Plaza, letzterem ganz besonders fUr die gewissenhafte, mUhevoile Unterstutzung bei der Ausarbeitung der Vorlesung, und nicht zuletzt den Mitgliedern der genannten Normenausschusse, insbesondere dem Vorsitzenden von ISOlTC 108, Prof. Dr. Douglas Muster, Universität Houston, dessen Initiative seit 1960 eine außerordentlich ergiebige internationale Diskussion Uber Auswuchtprobleme zu danken ist. Der besonders herzliche Dank des Verfassers gilt den fruheren GeschäftsfUhrern der C. Schenck GmbH, Herrn Dr.-Ing. E.h. E. Schenck, Herrn Dipl.-Ing. L. BUchner und Herrn Dipl. -Ing. W. Karcher, die mit viel persönlichem Verständnis und Begeisterungsfähigkeit fUr den technischen Fortschritt dem Verfasser eine jahrzehntelange intensive Behandlung von Auswuchtaufgaben ermäglichten und seine Entwicklungsarbeiten großzUgig förderten.
VI
Vorwort
Das Buch soll nicht nur den Konstrukteuren, Betriebsingenieuren und PrUffeldingenieuren im Kraftmaschinenbau, Elektromaschinenbau und Werkzeugmaschinenbau die schwingungstheoretischen und praktischen Grundlagen des Massenausgleichs am rotierenden Körper vermitteln, sondern auch das VerstClndnis fUr die jewei Is zutreffenden Maßnahmen schulen. Deshalb wurde bei der Schilderung der Auswuchtverfahren nicht nur der letzte Stand der Erkenntnisse berUcksichtigt, es wurden auch die Wege beschrieben, die zum heutigen Stand der Technik gefUhrt haben. Dies hat zudem den Vorteil, den schwingungstechnisch tCltigen Leser mit den bereits erarbeiteten Verfahren in der nötigen VollstClndigkeit bekanntzumachen und ihn der MUhe (oder der Versuchung) zu entheben, solche nochmals neu zu erfinden oder zu entwickeln. Bei der Beschreibung bisher entwickelter Verfahren stand das Prinzipielle im Vordergrund; Hinweise auf einzelne der oft vielfClltigen Ausführungsformen sind nur als Beispiele zu betrachten - der Verfasser bittet um Vergebung, wenn er eigene Entwicklungen dabei bevorzugte. Bei der auszugsweisen Wiedergabe von Normen und Richtlinien der Auswuchttechnik beschrClnkte sich der Verfasser auf solche, bei denen er maßgeblich mitgearbeitet hatte. Frau Brigitte Müller hat in wochenlanger äußerst gewissenhafter Arbeit zusammen mit Frau Carola Kesten den druckreifen Schreibsatz erstellt und sich damit große Verdienste um den Druck dieses ersten Bandes erworben. Der herzl iche Dank hierfür schi ießt auch die Mühe und Sorgfalt ein, mit der Herr Dipl.-Ing. H. Fr. Müller, Mitarbeiter am Institut für Konstruktionslehre und Thermische Maschinen der TU Berlin, den Verfasser beim KorrekturIesen unterstützte. Dem Springer-Verlag gebührt für das - trotz der wiederholt verzögerten Manuskripterstellung - nicht erlahmende Interesse on der Drucklegung und die stets angenehme Zusammenarbeit der verbindliche Dank des Verfassers.
Berlin, im Januar 1977
Klaus Federn
Inhaltsverzeichnis
Einleitung 1.
XVI
Dynamik des unwuchtigen starren Körpers 1 .1
Begriffsbestimmung der Unwucht . . 1.1.1
Kennzeichen eines ausgewuchteten Rotors
1 .1.2
Bedeutung des Begriffes" Auswuchten" . .
4
1 .1.3 Elementare ZusammenhClnge zwischen Schwerpunktsverlagerung, Fliehkraft und Unwucht 1.1.4 Einheiten der Unwucht. . . . . . . . • . . . . . . . . 1.2
12
Mechanik der unwuchtigen Scheibe mit raumfester Drehachse.
13
1.2.1
Statik der F liehkrClfte im rotorfesten Koordinatensystem
13
1.2.2
Bedingungen fUr das Gleichgewicht der Fliehkräfte an der achsensenkrechten dUnnen Scheibe mit raumfester Drehachse
15
1.2.3 Kennzeichen der unwuchtigen achsensenkrechten Scheibe.
17
1.2.4 Wege zum Massenausgleich bei einer Scheibe. .•
24
...
1.2.5 Vergleich der Scheibe im Schwerefeld und der Scheibe im Zentrifugalkraftfeld . • . • . • . . . ••. • • • • . .. ..
25
1.2.6 Anschauliche Deutung und angenClherte Berechnung der Unwuchtwirkung der schrClgen, also taumelnd umlaufenden Scheibe
28
1 .2.7
1.3
6
Berechnung des Unwuchtmomentes ei ner schrClgstehenden Scheibe bel iebiger StClrke • • • • • . • • . . • . . • . . . ...
33
1 .2.8 Ersatzmassen-Systeme zur Berechnung der Massenwi rkung von Scheiben, Ringen, Walzen und Zylindern. . . . .
36
Statik der FliehkrClfte und Unwuchten am allgemein gestalteten starren Rotor • . • • • . . • . . • • • . • . • • • • • . . • ....•.
39
1.3.1
Zwei komplementäre Unwuchten als wuchttechnisch wichtigste Zusammenfassung aller Unwuchten im Rotor . . . . . . . . . .
39
VIII
Inhal tsverze ichn is
1 .3.2
Übertragung von komplement3 v : ma = "41 m,
mb = "43 m,
"!
Aus den oben angegebenen Gin. läßt sich das allgemeingültige Gesetz für zwei Ersatz massen auf einer Achse in den Abstl:lnden
a
und
b
vom Schwerpunkt ablei-
ten :
a. b =
.2 I
Solche Ersatzmassen lassen sich bei überschll:lglichen Fundamentberechnungen mit Vortei I verwenden [008]. Der Motorenbau kennt sie als Hi Ifsmittel für die Auflösung der Pleuelmasse in umlaufenden und hin- und hergehenden Massenanteil [004, 007].
1.3 Statik der Fliehkräfte und Unwuchten am allgemein gestalteten starren Rotor 1.3.1
Zwei komplementäre Unwuchten als wuchttechnisch wichtigste Zusammen-
fassung aller Unwuchten im Rotor Den Übergang vom zweidimensionalen Problem der achsensenkrechten Scheibe zum d r eid i me n si
0
n ale n
Problem des zweifach in raumfesten Lagern gelagerten star-
40
1.
Dynamik des unwuchtigen starren Körpers
ren Rotors kann man zwanglos gewinnen, wenn man den Rotor durch ach sen sen k rechte Schnitte
Fv
in
v Scheiben mit den einzelnen resultierenden Fliehkräften
zerlegt. (Die Scheiben seien so dünn, daß Unwuchtpaare in den Scheiben nicht
auftreten bzw. vernachlässigt werden können.) Jede der einzelnen Fliehkräfte der Scheiben läßt sich nach den Regeln der Statik in je zwei Anteile in den Endebenen des Rotors aufteilen. Diese Anteile lassen sich wiederum nach den Regeln der Statik zusammenfassen, und man erhält als Resultierende in den beiderseitigen Kraftecken die bei den auf die Endebenen bezogenen resultierenden Fliehkräfte 1 .23 gi bt di eses Vorgehen für
v=5
F\
und
Fr . Bild
wi eder.
Bild 1.23. Zusammenfassung aller Einzelfliehkräfte eines starren Rotors zu einem Paar komplementärer FI iehkräfte in den Endebenen .
Die beiden resultierenden Kräfte
Fl
und
Fr
bilden zusammen ein Kraftkreuz.
Dem Kraftkreuz, dem sonst in der Mechanik nur wenig Bedeutung zukommt, fällt hier die Rolle einer einfachsten Aussage über die Fliehkräfte am starren Rotor zu. Für einen restlosen Massenausgleich genügt es, in den Wirkungsebenen der bei den resultierenden Kräfte
Fl
und
Fr
des Kraftkreuzes je eine Einzelmasse anzubringen. Hierauf be-
ruht der Fundamentalsatz der Auswuchttechnik für starre Rotoren: Zum vollständigen Ausgleich aller Unwuchten am starren Rotor ist ein Massen-
I
ausgleich in 2 Ebenen hinreichend und im allgemeinen auch erforderlich.
1.3
Statik der FI iehkräfte und Unwuchten am starren Rotor
41
Dividiert man die in Bild 1.23 eingezeichneten Kraftvektoren durch
w 2 , dann er-
hält man ein analoges Bild für die Unwuchten. Man kann deshalb definieren: Sämtl iche Unwuchten eines Rotors lassen sich stets zu zwei komplementären Unwuchten
in zwei an sich beliebigen Radial-Ebenen zusammenfassen,
in Ausnahmefällen auch zu einer einzigen Unwuchtresultierenden . Dieser Satz läßt sich auch wie folgt aus der Anschauung gewinnen: Die Unwuchten des Rotors führen zu je einer umlaufenden Fliehkraft in jedem Lager. w
Jede ist in jedem Augenblick durch eine vektorielle Größe bestimmt, die mit
um-
läuft. Um beide vektoriellen Größen gleichzeitig beseitigen zu können, muß man im allgemeinen zwei vektorielle Größen am Rotor korrigieren, d.h. eben die beiden komplementären Unwuchten
1 03.2
Ul
und
Ur'
Übertragung von komplementären Unwuchten auf andere Radial-Ebenen
Die Fliehkräfte
Fv
in den Einzelscheiben eines Rotors bzw. die ihnen proportionalen
U
lassen sich nicht getrennt voneinander bestimmen, solange der Rotor Unwuchten v starr ist, sondern nur in ihrer Zusammenfassung in zwei komplementären Unwuchten 0
Diese beiden komplementären Einzelunwuchten, hinfort mit
01
und
Ü2
bezeichnet,
erhält man nur auf dem Wege über die Lagerreaktionen (Schwingungen oder Schwingkräfte), die sie verursachen. Bei der Behandlung des Rotors steht man also oft vor der Aufgabe, das Unwuchtkreuz mit seinen beiden komplementären Unwuchten von einem
EI und E2 bezeichneten End-Ebenen des Rotors, oder den sogenannten Ausgleichsebenen - d.ho den beiden Ebenen, die man für den Aus-
Ebenenpaar, etwa den mit
gleich vorgesehen hat - auf ein anderes Ebenenpaar, etwa die Lagerebenen ER
EL
und
zu transferieren (siehe Bi Id 1.24).
Die notwendigen und hinreichenden
T r ans f erb e d i n gun gen
folgen aus den ei n-
fachen Gleichgewichtsbedingungen der Statik, d. h. dem Satz, daß zwei Kräftegruppen einander gleichwertig sind, wenn für sie die Summen
L:
Fv
und
L:
Mv
für ei-
nen willkürlich gewählten Punkt gleich sind. Meist benutzt man die 1. Bedingung nur zur Kontrolle und setzt die 20 Bedingung zweimal an, je einmal für den Schnittpunkt der Drehachse mit den Ebenen, auf die transferiert werden soll. Man kann dann mit den Bezeichnungen des Bildes 1.24 die die Lösung explizit enthaltenen Momenten-Gleichungen unmittelbar anschreiben; vorteil-
I.
42
Dynamik des unwuchtigen starren Körpers
haft in der Form äußerer Vektorprodukte:
a .
k x UI +
(b + c) .
(a + b) .
kx
k x U1 + c . k x
U = 2
1· k x
U = 2
1· k
UR (1-35)
x U
L
Bi Id 1.24. Übertragung von komplementären Unwuchten in andere Radialebenen (Komponentendarstellung) .
In Komponentendarstellung folgt daraus für die Unwuchtkomponenten den Richtungen nenpaar
x
und
y
beim Transfer von dem Ebenenpaar
H
EI' E 2
und
V
in
auf das Ebe-
EL , ER:
(1-36 a) V =5!.V + a+b. V
R
1
1
L
2
oder in der Form einer Matrizengleichung für die Unwuchtvektoren :
U L
b+c
c
----r
1
a
a+b
U
1 (1-36 b)
UR
1
-1-
U
2
1.3
43
Statik der FI iehkräfte und Unwuchten am starren Rotor
Bei Transfer von den Lagerebenen EL' ER auf die Ausgleichsebenen EI' E2 heißen die inversen Transfergleichungen [1 F 2) fUr die Unwucht-Komponenten:
(1-37 a)
oder in Form einer Matrizengleichung für die Unwuchtvektoren :
U
1
a+b -b-
c -I)
2
a -I)
b+c -b-
U
L
(1-37 b) セ
U
セ
UR
Stets ist
(1-38) Beim Übertragen auf ein engeres Ebenenpaar werden im allgemeinen die Unwuchtbeträge und die Zwischenwinkel zwischen den bei den Einzelunwuchten des Unwuchtkreuzes größer. Dies spiegelt sich in der praktischen Regel wider, den Abstand der bei den Ausgleichsebenen, die für einen starren Rotor nötig sind, so groß wie möglich zu wählen.
1.3.3
Allgemeine und spezielle Bedingungen für das Gleichgewicht der Fliehkräfte
am Rotor mit raumfester Drehachse Bedingungen für vollständiges Gleichgewicht:
Damit alle Fliehkräfte in einem Rotor
miteinander im Gleichgewicht stehen, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein. Es muß einmal die vektorielle セオュ ・ benen
F I i eh k rä f t e
aller nach einem beliebigen Rotorpunkt parallel verscho-
n
セ
verschwinden, was die Bedingung liefert:
6 0
, sie ei It nach, wenn
Zwei harmonische Schwingungen, die frequenz-
€
< 0
und
ist.
phasengleich sind, heißen
synchron.
.'
セ = J'w, セ
,
Rer
[セ⦅N
'1,5,5
IP' Ah ) ro).- c se
s=-s·w·sinlw!·a)
.......
..
、Gセ N
../
w ,
/
,,--··""),-s.w2.coslwl.al "
Oy|セB
.
Bild 1.42. Drehzeiger-Diagramm für t = 0 und zeitabhClngige Kurven-Darstellung des sinusförmigen Schwingweges s und seiner ersten beiden Ableitungen.
Eine harmonische Schwingung, wie z. B. die geradlinige Schwingung eines Achsenpunktes,
s=
s· cos (wt + a),
kann dadurch zustandekommend gedacht werden, daß
eine mit konstanter Winkelgeschwindigkeit vor sich gehende Kreisbewegung auf eine Gerade projiziert wird. Die Winkelgeschwindigkeit der Kreisbewegung ist dann identisch mit der Kreisfrequenz der harmonischen Schwingung. Die Kreisbewegung heißt die
erzeugende Kreisbewegung. Sobald die Projektionsrichtung verabredet
wird (z. B. als vertikale Richtung), kann die harmonische Schwingung durch die erzeugende Kreisbewegung eines" Drehzeiger"-Endpunktes dargestellt werden. Zur mathematischen Wiedergabe eines solchen Drehzeigers können die der Gau ßs c h e n Z a h I e n e ben e Schwi ngungsaussch lag
kom pie x e n Z a h I e n
dienen. Eine harmonische Schwingung mit dem
kann deshalb dargestellt werden durch die G lei chung ihrer
erzeugenden Kreisbewegung
A
セ]ウᄋ・
j(wt+O')
A
=i'e
jwt
und es gelten folgende Beziehungen für die zeitlichen Ableitungen von als Abkürzung für "Realteil von"); vgl. Bild 1.42:
(1-66)
(mit Re
76
I.
s = Re
h}
= Re [5' cos (wt + ct) +
= Re [5 . e i (w t + ct) } = Re Nセ{
s = Re
Ü) = Re
Dynamik des unwuchtigen starren Körpers
i . s· sin
(wt + ct) } =
e i w t} ,
es· j w . e j (w t + ct) ) = Re [ i . w . セ
)i
(1-67)
s=
Re
ü) =
.. [ セ]セG・
セ
Re [- 5' w 2 . e j (wt + ct) ) = Re [-w 2 . セI[ jwt
=-w
2
h
セG・
jwt]
Hierbei ist セ
der Augenblickswert des Weg-Zeigers, dargestellt als komplexe Zahl w
seine Winkelgeschwindigkeit
ct
sein Nullphasenwinkel (Phasenwinkel z.Zt. t = 0);
i
=5.e i
Ct'
heißt
komplexe Amplitude
oder Fest-Zeiger
des Schwingweges Jede periodische Schwingung läßt sich durch
ha r mon i sc he An al y sein rein
sinusförmige (harmonische) Schwingungen mit der Kreisfrequenz
w und deren Viel-
fachen zerlegen gemäß der folgenden Formel
s
+ al cos wt + a2 cos 2 wt + ... + an cos n wt
(1-68)
+ b l sin wt + b2 sin 2 wt + ... + bn sin n wt oder auch gemäß der Formel
ヲHエIセ ョ
="5+ 51' cos (wt + cq) + 52' cos (2wt + C/2) + ...
(1-69) + Sn . cos (nwt +
C/ n)
1.5
Achsenschwingungen eines unwuchtigen Rotors
Die Fourier-Koeffizienten
a
... an und 1 den Euler-Formeln bestimmt [014, 004] ,
b
1
77
... bn
werden,dabei nach
T
av
2 r J f (t) . cos vwt . dt
(1-70)
0
2
T
J f (t) . sin vwt . dt
bv
T
S-
r J f (t) . dt 1
der Gleichwert
s
nach der Formel
0
T
0
und es gi It
-b v = av ;
(1-71 a)
-bI 1 = 0]'
(1-71 b)
tan
Cl! v
tan
Cl!
insbesondere gi It
In der Auswuchttechnik interessiert man sich in erster Linie für die harmonische Schwingungmit Frequenz
v=l, die sogenannte
Grundschwingung, weil sie von den mit der
umlaufenden Unwuchten beeinflußt wird. Es ist, wie in Kap. 2.1 aus-
geführt wird, die vornehmste Aufgabe der in Auswuchtmaschinen eingesetzten Meßorgane, diese Grundschwingung aus den übrigen Schwingungen, den Störschwingungen, sauber herauszusieben, so daß die Meßanzeige allein von der Grundschwingung beeinflußt wird. Für diese Aufgabe spielen die Fourier-Koeffizienten und die Eulerschen Gin. (1-70) eine wesentliche Rolle.
Die harmonische Bewegung läßt sich in der Form auch in der Form
s=
s = sO' coswt + s90' sinwt, mit
s· cos
(wt + er) darstellen und
a1 =' sO' b1
='
s90 .
Benutzt man komplexe Zahlen zur Darstellung, dann gilt für die harmonische Schwingung die GI. (1-66), die sich unter Benutzung der Amplituden
So
der
Co si n u s-
78
1.
schwingung
und
s90
der
Dynamik des unwuchtigen starren Körpers
Sinusschwingung
nach Bild 1.43 auch schrei-
ben läßt:
.i = sO
-
i s90
(1-72)
s = 5 • cos (w t + er) = セ
s. cas
er
coswt セ
s· sin
sO
er. sinwt
-s90
tan a = - S90/ sO
Proj.-Achse
Re
s·
s = cos(wt·n)
Bi Id 1.43. Harmonische Bewegung eines Achsenpunktes im Drehzeigerdiagramm und Weg- Ze i t- Kurve.
1.5.4
Harmonische Schwingbewegung der Rotarachse in einer Ebene
Es seien im folgenden ideale Lager vorausgesetzt, die beide in einer axialen Ebene durch die (Mittelsteilung der) Rotarschaftachse, z. B. einer vertikalen Ebene, starr sind und in einer dazu senkrechten axialen Ebene weich, mit gegebenen, jeweils konstanten Federsteifigkeiten und Dämpfungswiderständen . Der Rotor sei starr. Beim Auswuchten wird der Rotor so geführt, z. B. durch eine Gelenkwelle oder einen Körnerstift, gegen den er anläuft, daß er sich nicht in Richtung seiner Achse bewegen kann (zumindest ist die Auswuchtmaschine so konstruiert, daß die Meßorgane auf axiale Bewegungen des Rotors nicht ansprechen, wo diese nicht zu unterdrücken sind). Es genügt, die Rotorschwingungen auf Bewegungen zu beschränken, die sehr klein gegenüber den Abmessungen des Rotors sind, in der Größenordnung von Bruchtei len eines bis zur Größenordnung
mm
flm.
Die Bewegung der Achse eines starren Rotors ist hinreichend bekannt, wenn die Bewegung zweier Punkte der Achse bekannt ist.
Die Schwingungsmeßgeräte, mit deren
79
Achsenschwingungen eines unwuchtigen Rotors
1.5
Hi Ife die Unwucht des Rotors bestimmt wird, müssen also die Bewegung von zwei Punkten der Achse erfassen; meist sind diese beiden Punkte die Lagerstellenmittelpunkte. Unter den eingangs gemachten Voraussetzungen bewegt sich jeder Punkt der Achse auf einer Geraden, senkrecht zur Wuchtkörperachse. Die Bewegung eines Achsenpunktes ist damit durch eine Koordinate
s = s (t)
in Abhängigkeit der Zeit hinreichend be-
schrieben. Unter dem Einfluß von Rotorunwuchten werden im eingeschwungenen stationären Zustand alle Achsenpunkte, insbesondere auch die beiderseitigen Lagersteilenmittelpunkte, harmonisch schwingen, und es ergibt sich eine Schwingbewegung der Schaftachse des Rotors, wie sie Bild 1.44 für 12 Zeitpunkte während eines Rotorumlaufes veranschaul icht . Re Wuchtkörperachse z.
zt.
1 L'"1'---1, ャ M M 1-01 M M M iM M M セG
・rセウ
tセ 0
I
(s) セ Re -
IR
(lE.. ' J.l.. ) I -Sl 1-SR
Bild 1.44. Harmonische ebene Schwingbewegung der Rotorachse.
Sind
セl
und
セr
die Schwingwege der beiderseitigen Lagerstellenmittelpunkte, wie-
dergegeben durch die entsprechenden komplexen Zahlen, dann gilt für den Schwingweg eines Achsenpunktes :
(1-73)
Ist nur eine einzige Unwucht
0'1
ten restlos auf eine Resultierende
セ
am Rotor vorhanden, oder lassen sich alle Unwuchzurückführen, und sind beide Lager frei von
Dämpfung, dann bleibt ein Punkt der Achse in Ruhe. Dieser Punkt ist der sogenannte Schwingmittelpunkt geordnet ist.
oder Stoßmittelpunkt, der der Radialebene von
セ
zu-
80
1.
1.5.5
Dynamik des unwuchtigen starren Körpers
Harmonische Bewegung der Rotorachse im Raum
Bei Lagern, die in allen Richtungen nachgiebig sind, beschreibt ein beliebiger Punkt der Schaftachse eines starren Rotors unter dem Einfluß von beliebig gegebenen Unwuchten im allgemeinen eine elliptische Bahn mit sehr kleinen Halbmessern. Dadurch entsteht eine harmonische Bewegung der Schaftachse, wie sie in Bild 1.45 [1 B5] für dämpfungsfreie Lager, radial stark vergrößert, dargestellt ist. Man erkennt, wie die von der Schaftachse beschriebene röhrenförmige Fläche, eine Regelfläche vierter Ordnung, an zwei Stellen zusammengedrückt ist, so daß bei Dämpfungsfreiheit die Achspunkte Z'
und
Z"
keine Ellipsen, sondern gerade Strecken sinusförmig beschreiben.
r< I
/1
I
//1 / I I
: I
/
-t-,I*\:::t:titl wMZ_セ^\Gt|ヲエ
i I
II
v/
I ...-
I I I I
/'
[.../
Bild 1.45. Regelfläche der allgemein im Raum schwingenden Rotorachse (nach BLAESS).
Bild 1.46. Regelfläche der im Raum schwingenden Schaftachse eines Rotors mit einer Unwucht (nach BLAE SS). Ist dagegen nur eine Einzelunwucht oder ein Unwuchtpaar vorhanden, so entsteht in dämpfungsfreien Lagern eine Achsenfläche nach Bild 1.46 [1 B5] mit dem Kennzeichen, daß die Hauptachsen der elliptischen Bahnen untereinander parallel sind. Für die Achspunkte Z'
und
Z"
arten die Ellipsen aus; diese Achspunkte schwin-
gen geradlinig in Richtung der 11- bzw. s-Achse, doch so, daß sie zueinander um den
1.6
Winkel
Kinetik des unwuchtigen Rotors
TI
/2
81
phasenverschoben sind. Es läßt sich ohne Schwierigkeit erkennen, daß
die Drehachse aber nur dann eine solche Fläche beschreibt, wenn bei einer Einzelkraft oder einem Einzelmoment die Hauptrichtungen der beiderseitigen Lagersteifigkeit in den raumfesten Koordinatemichtungen
11 und
S liegen. BLAESS weist bereits dar-
auf hin, "daß unter gewissen Bedingungen diese Normalenfläche in einen Kreiskegel übergeht, so daß bei konstanter Drehzahl der Körper um dessen ruhende Spitze rotiert wie ein um seinen festen Unterstützungspunkt sich drehender Kreisel" [1 B5].
1.6 Kinetik des unwuchtigen Rotors als Grundlage der Unwuchtmessung 1.6.1
Schwingungen als Informationsquelle für Unwuchten
Durch Abrollen auf Schneidenlinealen oder ähn Iiche statische Methoden lassen sich die Unwuchten eines Rotors nicht vollständig finden, es bleibt für die Bestimmung der gesamten Unwuchten eines Rotors allein die Messung während des Umlaufs des Körpers. Da es eine weglose Kraftmessung praktisch nicht gibt, ist somit das Problem der Unwuchtmessung stets auf das Problem der Messung von Unwuchtschwingungen zurückzuführen. Es ist deshalb nötig, die gesetzmäßigen Zusammenhänge zu kennen, die zwischen den im vorigen Kapitel behandelten Schwingungen eines unwuchtigen Körpers und ihren Ursachen, den Unwuchten des Körpers, bestehen.
1.6.2
Ableitung der Bewegungsgleichungen für den unwuchtigen Rotor für einen
Freiheitsgrad Die Gesetze, die die Schwingbewegungen mit den Unwuchten des Rotors verknüpfen, werden in der Kinetik, einem Tei Igebiet der Dynamik, behandelt. Zur Darstellung des Grundsätzlichen genügt es, die Behandlung zunächst auf ein System mit einem Freiheitsgrad zu beschränken. Ein solches System ist beispielsweise praktisch durch eine Ein - Eben e n - Aus w u c h t ma sc hin e
für schei benförmige Körper gegeben, inder
die Schaftachse gezwungen wird, sich auf rein translatorische Schwingbewegungen in einer Ebene zu beschränken. Bild 1.47 gibt ein Beispiel der konstruktiven Ausführung der Lagerung und deren Führungsfedern für eine solche einfache Auswuchtmaschine. Die Schaftachse der Aufnahmespindel ist in dieser Maschine vertikal gerichtet, um das Einlagern des scheibenförmigen Rotors zu erleichtern.
82
1.
Dynamik des unwuchtigen starren Körpers
Bild 1.48 gibt das Prinzip einer solchen Maschine wieder, allerdings für horizontale Rotorachse und geradlinige Schwingbewegung in der horizontalen Querrichtung . Da das schwingende System nur nur
ein e n
Freiheitsgrad hat und die Rotorschaftachse
tronslotorische Schwingungen in einer Ebene ausfuhren soll,
aber keine deviatorischen Schwingungen, kann sich nur die Unwuchtresultierende auswirken, kein Unwuchtpaar. Deshalb wird als Unwucht eine Einzelunwucht
TI
ange-
nommen.
Bild 1.47. Wuchtkörper- Lagerung bei einer vertikalen Ei n-Ebenen-Auswuchtmasch ine. 1 Scheibenförmiger Wuchtkörper , in seiner Bohrung aufgenommen, durch Bohren auszugleichen 2 Spindel mit Spannzange und Winkelskala 3 Spindelantrieb 4 Zwei parallele Blattfedern zur Parallelführung des Spindelgehäuses mit einem Freiheitsgrod 5 Leitungen vom Schwingungsoufnehmer zum Unwuchtonzeigegerät (Meßgerät) 6 Leitungen vom Winkellagengeber zum Meßgerät Mit den in Bild 1.48 aufgeführten Bezeichnungen läßt sich folgende Differentialgleichung der Achsenbewegung m· 5 + b·
s+ c
Mit dem Lösungsansatz
.
S
anschreiben
2
= Ut · w = (H· coswt - V· sinwt) . w 2
s =5' cos (wt+E:)
aus in bekannter Weise für
und
und mit
(1-74) erhält man dar-
€:
(1-75 a) - bw €=arctan
c - mW
2
(Phasenverschi ebungswi nke I € wird negativ: s ei It gegenüber U t nach)
(1-75 b)
1.6
83
Kinetik des unwuchtigen Rotors
In der komplexen Schreibweise wird mit dem die Lösung im eingeschwungenen Zustand vorwegnehmenden Ansatz セ
A
= セN
e
jwt
aus der Differentialgleichung der Bewegung die komplexe algebraische Gleichung für die Bewegung m.
セ
.. + b . セ . + c . セ
=U -t
. W
2
mit セ]Mw
..
2 Nセ
und (1-76)
i woraus für den komplexen Augenblickswert
= jws セ
bzw. die komplexe Amplitude
セ
die
Formeln folgen (1-77)
- mw
2
+ .IW b + c
Bild 1.48. Prinzip einer Auswuchtmaschine mit einem Freiheitsgrad (horizontale Bewegung) . [y, x }: Rotorfestes Koordinatensystem z. Zt. t ml : Masse der Scheibe (einschließlich ihrer Lagerung) u . Übermasse a.!J1 R 0
nur solange
I D < "2,j2)
1.
88
€
Dynamik des unwuchtigen starren Körpers
ist nach GI. (1-75 b) ein negativer Winkel, weil der Drehzeiger für den gedämpf-
ten Schwingweg
セ
stets gegenüber dem Drehzeiger
\,!t
für die sinusförmige Un-
wuchtkomponente in der raumfesten Schwingungsrichtung zurückbleibt. Demgegenüber ist Ym in Bild 1.52 ein positiver Winkel. Ein Widerspruch besteht aber nur scheinbar; es eilt nämlich der Drehzeiger für den Schwingweg für w< 0:> gegenüber dem
w = 0:>
in Bild 1.52 als Bezug genommenen Drehzeiger des Schwingweges für Letzter eilt dem Drehzeiger für die wirksame Unwuchtkomponente nach:
Ut
1800
um
Negative Massenbeschleunigungskräfte und Unwuchtkräfte stehen ja mitein-
ander im Gleichgewicht. Es gilt also für den Phasenverschiebungswinkel gegenüber
Ut
die Beziehung
€
0
= - 180
+ Ym' Sobald bei
wセ
0:>
kräfte vernachlässigt werden können, wird die geradlinige Schwingung rückste Ilkraftfrei en Schw ingung u
vor.
von
€
die Federzu einer
so:>' und der gemeinsame Schwerpunkt von
bleibt in der Schwingungsrichtung in Ruhe,
セ
So:> = -
und
U
m= - es
セ セ ャ]i ]{
180'
1120' f----+---+---+----1f-hfiCz:'BOOS-f--:;;7""'-:b-"7.L---i
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Bild 1.52. Frequenzgang der Phasenversch iebungswinkel.
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