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German Pages 172 [173] Year 2022
DEUTSCHE
AKADEMIE
SCHRIFTEN
DER
DER
SEKTION
WISSENSCHAFTEN FÜR
ZU
BERLIN
ALTERTUMSWISSENSCHAFT
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AUS DER ALTERTUMSWISSENSCHAFTLICHEN ARBEIT VOLKSPOLENS H E R A U S G E G E B E N VON J O H A N N E S I R M S C H E R UND K A Z I M I E R Z K U M A N I E C K I
AKADEMIE-VERLAG•BERLIN 19 5 9
Johannes Irmscher ist Mitglied der Sektion für Altertumswissenschaft
Redaktor der Reihe: Johannes Irmscher Redaktoren dieses Bandes: Gisela Amberg, Gudrun Gomolka, Helga Reusch Alle R e c h t e v o r b e h a l t e n Erschienen im Akademie -Verlag G m b H , Berlin W 8, Mohrenstraße 39 Copyright 1959 by Akademie-Verlag G m b H , Berlin W 8 Lizenz-Nr. 202 . 100/360/58 Satz, Druck und E i n b a n d : I V / 2 / 1 4 - V E B W e r k d r u c k G r ä f e n h a i n i c h e n - 8 4 0 Bestell- u n d V e r l a g s n u m m e r : 2067/13 P r i n t e d in G e r m a n y ES 7 M
Vorwort Im Juni 1956 trafen sich in Dresden Altertumswissenschaftler aus der Volksrepublik Polen und aus der Deutschen Demokratischen Republik zu einer Aussprache. Dabei standen im Mittelpunkt Berichte über den damaligen Stand und die Aufgaben
der Altertumswissenschaft in der Volksrepublik
Polen. Ergänzt wurden diese Berichte durch spezielle Referate aus der persönlichen Arbeit der auf der Tagung anwesenden polnischen Fachgelehrten. Der vorliegende Band vereinigt alle in Dresden gehaltenen Vorträge. Die Herausgeber hoffen, mit dieser Sammlung einen Einblick in die Arbeit der Altertumsforschung in der Volksrepublik Polen zu vermitteln.
Kazimierz Kumaniecki
Johannes Irmscher
Inhalt KAZIMIERZ KUMANIECKI,
in Volkspolen
Stand und Aufgaben der klassischen Philologie
Textkritisches zu Aristophanes
STEFAN SBEBBNY,
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Aristophanes als Quelle für die Geschichte der materiellen Kultur seiner Zeit.
ANNA K O M O R N I C K A ,
Zum Satyrdrama Agen
WIKTOB STEFFEN,
Über die Voraussetzungen der Hermogenischen Stil-
OKTAWIUSZ J U R E W I C Z ,
Plautus, Cato der Ältere und die römische Gesell-
schaft
HANNA S Z E L E S T ,
Martial und Silius Italicus
W t A D I S L A W STRZELECKI, MARIAN PLEZIA,
KAZIMIERZ MICHAEOWSKI,
in Volkspolen
MARIE LOUISE BERNHARD,
Varsovie
ANNA S A D U R S K A ,
.
Stand und Aufgaben der klassischen Archäologie L'amphore de Sophilos au Musée National de
Les problèmes de soi-disant tables iliaques
Iz AB ELLA B I E 2 U N S K A - M A £ 0 W I S T , Stand und Aufgaben der Alten Geschichte in Volkspolen R A F A £ TAUBENSCHLAG,
in Volkspolen
44 52 73
Ein Beitrag zur Quellenbenutzung des Nonius . .
Eine neue polnische Übersetzung der 'Legenda aurea' .
28 36
W f c A D i s t A W MADYDA,
lehre
7
Stand und Aufgaben der antiken Rechtsgeschichte
81 91
99 109 119
125 139
Die Formulare im Exekutionsverfahren des römischen Ägypten auf Grund der Papyrusurkunden
141
W I N N I C Z U K , Die Popularisierung der klassischen Altertumswissenschaft in Volkspolen
143
HENRYK KUPISZEWSKI,
LIDIA
Abkürzungen A JA
American journal of archaeology
AM
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts. Athenische Abteilung
BCH
Bulletin de correspondance hellénique
BSA
Annual of the British school a t Athens
CVA
Corpus vasorum antiquorum
Hs
Handschrift
Hss
Handschriften
Jdl
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts
MonPiot
Fondation Eugène Piot. Monuments et mémoires
ÖJh
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Instituts in Wien
P
Papyrus
PAN
Polska Akademia Nauk
Philol.
Philologus
RE
Pauly-Wissowa-Kroll-Ziegler, Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
Rhein.Mus. Rheinisches Museum f ü r Philologie RIDA
Revue internationale des droits de l'antiquité
RPTA
Rocznik polskiego towarzystwa archeologicznego Polnischen Gesellschaft für Archäologie)
Spr.PAU
Sprawozdania z czynnosci i posiedzen Polskiej Akademii umiejetnosci (Berichte der Polnischen Akademie der Wissenschaften)
Spr.PTPN
Sprawozdania poznanskiego towarzystwa przyjaciol nauk (Berichte der Gesellschaft der Freunde der Wissenschaft in Poznan)
(Jahrbuch
der
Stand und Aufgaben der klassischen Philologie in Volkspolen KAZIMIEBZ
KTTMANIECKI
Da ich schon in einem Aufsatz, der im ersten Bande der Zeitschrift „Das Altertum" unter dem Titel: „Zehn Jahre klassische Philologie in Volkspolen" 1 ) erschienen ist, den Stand und die Aufgaben der klassischen Philologie in Polen dargestellt habe, werde ich, um mich nicht zu wiederholen, versuchen, das Problem von einem anderen Standpunkt aus anzugreifen und auch manches nachzuholen, das ich damals versäumt habe. Es ist selbstverständlich, daß etwaige Wiederholungen nicht zu vermeiden sind, und deswegen bitte ich diejenigen um Entschuldigung, denen mein Aufsatz bekannt ist. Zuerst möchte ich die organisatorischen Formen erwähnen, in denen das Leben der klassischen Philologie verläuft. Die gesamte Planung der wissenschaftlichen Arbeit auf dem Gebiet der klassischen Philologie in Polen liegt in der Kompetenz des Komitees der antiken Kultur an der Polnischen Akademie der Wissenschaften. Es wurde im Jahre 1952 gegründet und steht unter meiner Leitung; die Mitgliederzahl beträgt seit zwei Monaten zwanzig Personen. Jeden Monat finden Sitzungen statt, auf denen je ein wissenschaftliches Referat zum Vortrag gelangt und die Richtlinien für die Planung der wissenschaftlichen Arbeiten und Publikationen sowie für ihre finanzielle Unterstützung festgelegt werden. Von den Publikationen, die unmittelbar vom Komitee geleitet werden, muß an erster Stelle „Slownik laciny sredniowiecznej w Polsce" — Das Wörterbuch des Mittellateins in Polen — erwähnt werden, das von einer Arbeitsgruppe in Krakow unter der Leitung von Professor P L E Z I A bearbeitet wird. Sechs Hefte davon sind bereits erschienen, und nachdem die Zahl der Mitarbeiter dieser Arbeitsgruppe auf sechs Personen gestiegen ist, hoffen wir, jedes Jahr die Herausgabe mindestens zweier Hefte zu ermöglichen. Ich möchte hinzufügen, daß die Arbeitsstelle in Krakow sich in dauerndem Kontakt mit Professor Blatt in Dänemark befindet. Engere Beziehungen zwischen dieser !) Das Altertum 1, 1955, 244—255.
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KAZIMIERZ KUMANIECKI
Arbeitsstelle und einer analogen der Deutschen Akademie der Wissenschaften sind im November 1955 angeknüpft worden und werden auch weiter gepflegt, ähnlich wie zwischen Ungarn und Polen. Im November 1955 machte sich Professor Plezia während seines Besuches in Berlin mit den in der deutschen Arbeitsstelle angewandten Methoden vertraut, und 1957 wird Dr. Schneider, dem Leiter der deutschen Arbeitsstelle in Berlin, in Krakow das Studium der von uns angewandten Methoden möglich sein. In weiterer Reihenfolge der Veröffentlichungen des Komitees müssen wir das Archiwum filologiczne erwähnen, das hauptsächlich für Monographien in lateinischer Sprache bestimmt ist. Bisher ist leider nur ein Heft erschienen, Nr. 3, Wroclaw 1953, in dem die Arbeit W. MADYDAS, De Donato histrionum praeceptore veröffentlicht wurde; für die nächste Zeit sind aber drei weitere angesagt. Unmittelbar vom Komitee geleitet wird auch die Publikation des „Corpus antiquissimorum poetarum Poloniae Latinorum", worin die neue Ausgabe der Gedichte des Paulus Crosnensis, bearbeitet von M A M A CYTOWSKA, erscheinen soll. Endlich muß ich auch die „Bibliothek der griechischen und römischen Literatur in Übersetzungen" [Biblioteka przekladöw z literatury greckiej i rzymskiej] erwähnen. Als erste ist die Übersetzung des Appianos von PIOTBOWICZ erschienen. Druckreif tsind der erste Band der Werke Lukians, übersetzt von BOGTJCKI, in neuer Bearbeitung von MADYDA, und der erste Band des Polybios, übersetzt von S. HAMMEK. Außer den normalen Monatssitzungen werden durch das Komitee auch besondere Sitzungen unter Beteiligung ausländischer Gelehrter abgehalten. So fand im Jahre 1954 eine dem Aristophanes gewidmete Sitzung statt. Ihre Ergebnisse werden in einer speziellen Publikation, die 1957 erscheinen soll, veröffentlicht werden. Im Dezember 1955 fand unter der Leitung des Komitees eine dem antiken Recht gewidmete Sitzung statt, wobei auch sowjetische, tschechische, jugoslawische und deutsche Gelehrte, unter letzteren Professor Zucker und Professor Dornseiff, ihre Referate gehalten haben. Das zweite Zentrum der wissenschaftlichen Arbeit auf dem Gebiet der klassischen Philologie bildet der seit dem Jahre 1894 existierende Polnische Philologen-Verband mit seiner Verbandszeitschrift Eos, die in Wroclaw unter der Leitung der Professoren Strzelecki, Steffen und Krökowski erscheint. Ich möchte auf einen Band dieser Zeitschrift besonders aufmerksam machen, der, als Symbolae Raphaeli Taubenschlag dedicatae, ausschließlich ausländische Arbeiten aus dem Gebiet der antiken Rechtsgeschichte enthält und als eine Huldigung der gelehrten Welt für den weltberühmten Meister der Papyrologie gedacht ist. Außer der Eos erscheinen auch Eos-Supplementa, die wissenschaftliche Monographien aus dem Gebiete der klassischen Philologie enthalten; im Jahre 1951 anläßlich des Jubiläums von Professor
Stand und Aufgaben der klassischen Philologie
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Sinko erschien ein stattlicher Band „Charisteria Thaddaeo Sinko ab amicis, collegis, discipulis oblata". Aber nicht nur in Veröffentlichungen äußert sich die nach dem Kriege immer weiter zunehmende Wirksamkeit des erwähnten Verbandes, sondern auch in der immer planmäßigeren Organisation der jährlichen Hauptversammlungen. Während sie sich vor dem Kriege auf eintägige Zusammenkünfte von zehn bis zwanzig Delegierten beschränkten und die Tagesordnung in der Wahl der Funktionäre des Verbandes und dem Verlesen eines wissenschaftlichen Vortrages bestand, fand 1948 zum erstenmal eine zweitägige Versammlung statt mit einundzwanzig wissenschaftlichen Berichten. Einen Umschwung im Leben des Verbandes bedeutete die Hauptversammlung in Poznan im Jahre 1950, die im Zusammenhang mit den Vorbereitungen zum Kongreß der polnischen Wissenschaft stattfand. Auf einer ihrer Sitzungen wurde die Planung kollektiver Forschungen auf dem Gebiet der klassischen Philologie beschlossen. Der Grundsatz, die Hauptversammlungen planmäßig vorzubereiten und einem einzigen wichtigen Problem unterzuordnen, wurde in gewissem Sinne zum erstenmal im Jahre 1951 verwirklicht, wobei zwei Referate den Fragen des Realismus in der antiken Literatur und Kunst gewidmet waren. In vollem Umfange wurde dieses Postulat auf der Hauptversammlung zu Torun 1952 realisiert, als die polnisch-lateinische Literatur das Grundproblem bildete, und auf der Hauptversammlung zu Krakow 1953, als sich die Versammlung zum erstenmal über drei Tage erstreckte und das Problem des Übergangs von der römischen Republik zum Prinzipat erörtert wurde. Auch die Hauptversammlung des Verbandes in Gdynia 1954 dauerte drei Tage und befaßte sich mit dem Problem des antiken Theaters und seiner sozialen und ideologischen Funktion. Gleiche Dauer hatte schließlich die Versammlung zu Warszawa 1955, die den Fragen der Augusteischen Kultur gewidmet war. Die lebhafte Diskussion während dieser Zusammenkünfte, an denen über hundert Personen teilnahmen, deutet klar darauf hin, daß der Grundsatz einer planmäßigen Vorbereitung der Versammlung und die Erörterung nur eines Problems sich als richtig erwiesen haben. Ein anderes Merkmal, das die Wirksamkeit des Verbandes in Volkspolen von der der Zwischenkriegszeit günstig unterscheidet, ist eine ständig wachsende und besonders seit dem Entstehen der Polnischen Akademie der Wissenschaften an Stärke zunehmende, auf breiter Basis beruhende Popularisierung. Während vor dem Kriege die Wirksamkeit des Verbandes während der Sitzungen sich auf wissenschaftliche Referate beschränkte, leiten zur Zeit einige Zentren, besonders die in Warszawa und Torun, eine großangelegte Popularisierungstätigkeit in die Wege. Die Abteilung zu Torun erstreckt ihre Tätigkeit auf die ganze Woiwodschaft Pomerellen, wo sie eine Reihe von Vorträgen und Diskussionen, ungefähr zwanzig im Jahr, durchführt. Eine ähnliche Tätigkeit entfaltet die Warschauer Abteilung, indem
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KAZIMIEKZ KUMANIECKI
sie Unterhaltungsabende mit Rezitationen und Lichtbildern und vor allem mit Vorträgen aus der klassischen und polnisch-lateinischen Poesie und Prosa veranstaltet, die sich einer großen Besucherzahl (durchschnittlich etwa dreihundert Personen) und lebhaften Interesses erfreuen. Näheres darüber wie auch über die von uns angewandten Methoden der Popularisierung werden Sie im Referat von Frau Dozentin W I N N I C Z U K erfahren. Das dritte, sehr rege Zentrum der Publikationstätigkeit bilden die Monatsschrift Meander, die Reihen Auctarium Maeandreum und Biblioteka Meandra, wie auch Swiat starozytny [Antike Welt], die wir mit Professor Michalowski im Jahre 1946 in Warszawa gegründet haben. Die Monatsschrift Meander zählt schon zehn Jahrgänge, die Biblioteka Meandra, welche populärwissenschaftlichen Monographien und Übersetzungen offensteht, zählt 25 Bände, die Reihe Auctarium Maeandreum, für rein wissenschaftliche Arbeiten in fremden Sprachen bestimmt, zählt sechs Bände, die rein populäre Reihe Swiat starozytny neun Hefte. Ich gehe nun zu den Universitäten über. Das Studium der klassischen Philologie besteht an drei Universitäten: in Krakow, Warszawa und Wroclaw. An jeder Universität studieren zirka 40 Studenten. Es ist hervorzuheben, daß bei uns im Gegensatz zu den Verhältnissen in der DDR jeder Student der klassischen Philologie neben Latein auch Griechisch obligatorisch studieren muß. Es gibt dagegen bei uns nicht die in Deutschland auch üblichen Verbindungen wie Latein und Germanistik, Latein und Romanistik. Das neuerlich fünfjährige Studium ist ziemlich schwer, wenn man bedenkt, daß Griechisch an den Mittelschulen überhaupt nicht gelehrt wird. Das Kollegium der Universitätslehrer setzt sich folgendermaßen zusammen: es sind an der Universität Krakow zwei Ordinarii, zwei Extraordinarii, zwei Dozenten, drei Adjunkten, drei Assistenten, in Warszawa zwei Ordinarii, ein Extraordinarius, zwei Dozenten, vier Adjunkten, drei Assistenten, an der Universität in Wroclaw zwei Ordinarii, zwei Extraordinarii, ein Dozent, zwei Adjunkten und zwei Assistenten angestellt. Außer diesen staatlichen Universitäten existiert das Studium der klassischen Philologie noch an der Katholischen Universität in Lublin, wo ungefähr zwanzig Personen unter der Anleitung zweier Dozenten und zweier Assistenten studieren. Außerdem gibt es auch zwei Arbeitsstätten der klassischen Philologie an den Universitäten in Poznan und Torun, ohne Lehrtätigkeit 1 ), fast ausschließlich zur wissenschaftlichen Forschung eingerichtet. Nachdem ich in einem allgemeinen Überblick die organisatorischen Formen der klassischen Philologie in Volkspolen geschildert habe, gehe ich jetzt Seit dem Studienjahr 1956/57 wurde auch an diesen Universitäten das Studium der klassischen Philologie aufgenommen.
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zur Besprechung der wissenschaftlichen Themen über, die z. Z. in Polen bearbeitet werden. Ich werde dabei natürlich nicht nur die starken Seiten unserer wissenschaftlichen Tätigkeit hervorzuheben versuchen, sondern auch auf diejenigen Gebiete hinweisen, die bei uns schwach vertreten sind und einer Verstärkung harren. Ich werde auch versuchen, auf diejenigen Untersuchungen hinzuweisen, in welchen meiner Ansicht nach eine fruchtbare deutsch-polnische Zusammenarbeit einsetzen könnte. Mit der griechischen Literaturgeschichte beginnend, stoßen wir gleich am Anfang auf einen schwachen Punkt der polnischen Hellenistik. Es ist Homer. Während wir vor dem Kriege in T. Z I E L I N S K I einen hervorragenden Homeristen besaßen, dessen Werk O jednoczesnych wydarzeniach u Hornera [Über die Behandlung gleichzeitiger Ereignisse bei Homer] keinem Homerforscher unbekannt ist, haben wir jetzt fast keinen selbständigen Forscher auf diesem Gebiete und auch, von kleineren Arbeiten abgesehen, kein Buch, das in polnischer Sprache über Homerforschungen informierte. Das Beste und Umfangreichste, das wir besitzen, ist schließlich das Kapitel über Homer in der großen Literatura grecka [Griechische Literatur] vonT. S I N K O , Krakow und Wroclaw 1931—1954, worin der Homerfrage 150 Seiten gewidmet wurden. Die Tatsache, daß aus der DDR nur Arbeiten von J O H A N N E S I R M S C H E R und M A R G A R E T E R I E M S C H N E I D E R ZU erwähnen sind, kann für uns kein Trost sein, besonders wenn wir an die nach dem Kriege erschienenen Arbeiten der Engländer, Franzosen, Italiener und Belgier denken, an die Forschungen von Severyns, Germaine, Lorimer, endlich auch an Mireaux. Entschieden besser — man kann sogar sagen — ganz gut, steht es bei uns mit der altgriechischen Lyrik. Schon vor dem Krieg besaßen wir auf diesem Gebiet einen tüchtigen Forscher, Professor Klinger, dessen Name auch im Apparat von Diehl erwähnt ist. Seit längerer Zeit befaßt sich mit altgriechischer Lyrik Professor Steffen, und fast in jedem Heft der Eos kann man seine Aufsätze über Archilochos, Simonides, Mimnermos und andere Lyriker lesen. Als ich aus einem der letzten Aufsätze von Professor Peek von einer bevorstehenden Neuausgabe des Archilochos erfuhr und den Aufruf an die Fachgenossen zur Mitarbeit las, dachte ich sofort an eine fruchtbare Zusammenarbeit der deutschen und polnischen Philologen auf diesem Gebiete. Viel besser steht es auch mit den Forschungen auf dem Gebiete des griechischen Dramas, die in würdiger Weise an die Forschungen der Vorkriegszeit von Zielinski und Witkowski anknüpfen. Aus der ziemlich langen Liste der polnischen Forscher, die sich auf diesem Gebiete wissenschaftlich betätigen, wie Sinko, Madyda, Wikariak, Czerniatowicz, Pianko — ich übergehe meine schon vor dem Krieg erschienenen Arbeiten über den Stil des Aischylos und über die dramatische Kunst des Eurípides —, möchte ich nur zwei Namen herausgreifen, die der Professoren Srebrny und Steffen. Allen
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KAZIMIERZ KXJMANIECKI
Forschern des Satyrdramas ist die von STEFFEN noch vor dem Krieg besorgte und als musterhaft geltende Ausgabe der Fragmente der griechischen Satyrographen bekannt, aber, wie ich schon mehrmals beobachten konnte, besteht nicht überall Kenntnis von der nach dem Kriege erschienenen zweiten Ausgabe dieses Werkes 1 ). Seit einigen Jahren arbeitet Professor Steffen an der neuen Ausgabe der Fragmente des Aischylos, die die veraltete A u s g a b e v o n T . NAUCK u n d das v o n H . J. METTE besorgte S u p p l e m e n t u m
Aeschyleum ersetzen soll. Die Vorarbeiten zu dieser Ausgabe bilden zahlreiche Aufsätze, die STEFFEN in den letzten Jahren in der Eos und in den in Wroclaw erschienenen Bänden unter dem Titel „Tragica" veröffentlicht hat. 2 ) Sind die Forschungen Steffens hauptsächlich auf die griechische Tragödie und das Satyrdrama gerichtet, so befaßte sich Professor SREBBNY, unser zweiter ausgezeichneter Kenner des griechischen Theaters, in den letzten Jahren hauptsächlich mit der alten Komödie, obgleich er auch ein ebenso guter Kenner des Aischylos ist. Es sei nebenbei bemerkt, daß Srebrny nicht nur ein Gelehrter ist, dessen zahlreiche Einzeluntersuchungen zur griechischen Tragödie und Komödie allen Forschern bekannt sind, sondern auch ein meisterhafter Übersetzer. Für seine Aischylos-Übersetzungen erhielt er 1953 den Staatspreis. Die gleiche Meisterschaft finden wir in seinen Übersetzungen der Aristophanischen Komödien. Daß sich außer ihm noch andere polnische Gelehrte mit Aristophanes befassen, bezeugen Aristophanes gewidmete Abhandlungen, die, in einem Band zusammengefaßt, demnächst erscheinen werden. 3 ) Ein nicht so günstiges Bild gewinnen wir von den Arbeiten zur hellenistischen Periode. Nach dem Tode Georg Manteuffels, der ein guter. Papyrologe und Kenner der hellenistischen Kleinliteratuf war, haben wir fast keine Vertreter auf diesem Gebiet. Man kann freilich die Arbeiten von STEFFEN, SINKO, LANOWSKI, SWIDERKOWNA erwähnen, j e d o c h m u ß m a n o f f e n gestehen,
daß dieses Gebiet von der polnischen Philologie in letzter Zeit ziemlich vernachlässigt wurde. Entschieden besser steht es mit der griechischen Literatur der Kaiserzeit. Man muß hervorheben, daß diese Epoche in keinem ausländischen Handbuch der griechischen Literaturgeschichte so glücklich und feinsinnig behandelt wird, wie in der „Literatura grecka" [Griechische Literatur] von T. SINKO, der ein ausgezeichneter Kenner dieses Abschnittes der 1 ) Satyrographorum Graecorum fragmenta collegit, disposuit, adnotationibus criticis instruxit V . STEFFEN, Poznan 1952. 2)
T r a g i c a 1, s c r i p s e r u n t V . STEFFEN, L . STRZELECKI, B . B I L I Ñ S K I , G . L A N O W S K I ,
G. KRÓKOWSKI, W r o c l a w 3)
1952.
Arystofanes, Polska Akademia Nauk, Wroclaw 1957, enthält die Arbeiten von
BIEZUÑSKA-MAÍOWIST,
K U M A N I E C K I , B I L I Ñ S K I , KOMORNICKA,
STEFFEN,
PJANKO,
SINKO, STARNAWSKI. V g l . a u c h V . S T E F F E N , D e A r i s t o p h a n e a C l e o n e i n ius v o c a t o , Eos 47,1,7 ff.
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griechischen Literatur ist. Für die Spezialisten dieser Epoche sind zwei nach dem Kriege erschienene Einzeluntersuchungen SINKOS besonders wichtig: Symbolae chronologicae ad scripta Plutarchi et Luciani, Krakow 1947 und De ordine quo erotici scriptores Graeci sibi successisse videantur, Eos 41, 1940—46, 1, 23—45, Abhandlungen, die für jeden Erforscher dieser Probleme unentbehrlich sind. Wenn ich über die Literatur der Kaiserzeit spreche, kann ich das Problem der kritischen Ausgabe der Schriften Gregors von Nazianz nicht übergehen. Schon vor 50 Jahren wurde diese Ausgabe von der Polnischen Akademie der Wissenschaften beschlossen. Doch leider kam sie nicht zustande. Die ersten vier Bogen der Edition der Carmina, die von meinem verehrten Lehrer Professor S T E R N B A C H besorgt wurde, befanden sich in Fahnen in der Druckerei, als der Krieg ausbrach. Leider konnte diese mit großer Mühe und Sorgfalt vorbereitete Ausgabe nicht mehr erscheinen, denn alles ist verlorengegangen und Professor Sternbach selbst hat den Tod in einem Konzentrationslager gefunden. Besser steht es mit der Ausgabe der Homilien, die im Jahre 1947 T. Sinko und mir von der Polnischen Akademie der Wissenschaften übertragen wurde. Ungefähr 80°/0 der Handschriftenkollationen befinden sich in unseren Händen; die Familien und Klassen der Handschriften sind in Arbeiten Sinkos festgestellt worden, und ich kann versichern, daß die Arbeiten bis zu ihrem erfolgreichen Abschluß weitergeführt werden. Hier bieten sich Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit der Kommission für spätantike Religionsgeschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften. Wir sind sicher, auch Vorarbeiten von Przychocki weiterführen zu können, die er für die Ausgabe der Briefe Gregors von Nazian geleistet hat. Bevor ich zur Besprechung der polnischen Latinistik übergehe, möchte ich noch einige Worte über die Studien auf dem Gebiet der griechischen Philosophie und Rhetorik beifügen. Mit der griechischen Philosophie ist es nicht besonders gut bestellt. Wir besitzen zwar einen ausgezeichneten Kenner der griechischen Philosophie, Professor Krokiewicz in Warszawa. Er hat ein umfangreiches Buch über Epikur veröffentlicht, und wir verdanken ihm unter anderem auch die erste, eben in Druck befindliche Übersetzung des Plotin. Wir haben aber fast keinen Nachwuchs von jüngeren Forschern auf diesem Gebiet. Eben das Gegenteil gilt für die griechische Rhetorik. Wir können allerdings nicht ohne Schmerz an den großen Hermogenesindex denken, der jahrelang von Professor Kowalski und seinen Schülern vorbereitet wurde und von dem nur jämmerliche Reste aus den Kriegswirren gerettet werden konnten, wie auch von den Aufzeichnungen des hochverdienten deutschen Rhetorikforschers Hugo Rabe in der Berliner Akademie. Wir können uns nur trösten, daß es J . K O W A L S K I noch vor seinem Tode gelungen ist, eine kritische, alle bisherigen übertreffende Ausgabe der Her-
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KAZIMIERZ KUMANIECKI
mogenesschrift „De statibus" fertigzustellen 1 ). Diesen arbeitsamen und begabten Forscher kann natürlich niemand ersetzen, aber wir freuen uns, daß die Hermogenianischen Studien von einem jüngeren Forscher, Professor Madyda von der Universität Krakow, fortgesetzt werden. Wir freuen uns auch, daß neben der älteren Generation, wie Dozentin Maykowska, die sich mit der Rhetorik des Philodemos befaßt, ganz junge wissenschaftliche Arbeiter auf diesem Gebiete auch an der Universität Warszawa auftauchten. Ich meine dabei meine Schülerin K. A T J G U S T Y N I A K 2), deren Arbeit, ,,De tribus generibus dicendi quid iudicaverint antiqui" sich im Druck befindet, und meinen ganz jungen Schüler Bienkowski, der eine Dissertation über das Proömium vorbereitet. Auch auf dem Gebiet der Rhetorik sehe ich Möglichkeiten einer fruchtbaren Zusammenarbeit mit der entsprechenden Arbeitsstelle der Deutschen Akademie der Wissenschaften. Anschließend möchte ich bemerken, daß auch die Tradition der Forschungen über den antiken Prosarhythmus, die einst Z I E L I N S K I mit seinen Arbeiten über Ciceros Rhythmus angebahnt hatte, fortgesetzt werden. Neben den Arbeiten von S K I M I N A , über den Rhythmus des Johannes Chrysostomos und ,,L'état actuel des études sur ,1e rythme de la prose greque", tauchen in Warszawa neue Namen der jüngeren Generation auf. H A N N A S Z E L E S T hat zwei Studien über das Klauselgesetz bei Pausanias und bei Herodianos veröffentlicht 3 ) und M A K I A C Y T O W S K A eine dem Rhythmus des Dion von Prusa gewidmete Monographie 4 ). Ehe ich meinen Bericht über das Griechische abschließe, muß ich noch einen wunden Punkt erwähnen. Es ist die byzantinische Philologie, die im eigentlichen Sinne des Wortes bei uns nicht existiert. Zwar hat in Vorkriegszeiten Professor Sternbach, dessen Name jedem Byzantinisten vertraut ist, auch Byzantinistik getrieben, aber sie immer nur als ein Parergon betrachtet. Auch ich habe in meinen jungen Jahren einige Aufsätze in der Byzantinischen Zeitschrift und im Byzantion veröffentlicht. Turyn und Przychocki haben die Byzantinistik ebenfalls gestreift. Vielleicht ist von den lebenden Philologen Professor S A J D A K auf diesem Gebiete am weitesten vorgedrungen, als er sich mit den Scholiasten zu Gregor von Nazianz befaßte und an eine kritische Ausgabe des Johannes Geometres herantrat. Jedoch keiner von den genannten Gelehrten hat sich der Byzantinistik ausschließlich gewidmet. Vielleicht wird es uns gelingen, in nächster Zeit eine junge Kraft für das byzantinistische Studium zu gewinnen, die weitere Ausbildung allerdings *) Hermogenes, De statibus, ed. G. KOWALSKI, Wroclaw 1947. 2 ) Die Arbeit ist inzwischen erschienen: Warszawa 1957. 3 ) H . SZELEST, De Pausaniae clausulis metricis, Warszawa 1 9 5 3 und H . SZELEST, De Herodiani clausulis metricis, Eos 45, 1951, 87—92. 4 ) M. CYTOWSKA, De Dionis Chrysostomi rhythmo oratorio, Warszawa 1952.
Stand und Aufgaben der klassischen Philologie
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müßte im Ausland erfolgen. Und da denken wir wieder an Professor Irmscher und seine byzantinistische Arbeitsgruppe. Ich gehe jetzt zur Besprechung der lateinischen Philologie über. Was die archaische Epoche der lateinischen Literaturgeschichte anbelangt, so glaube ich, daß die Studien auf diesem Gebiete zu den starken Seiten der polnischen Philologie gehören. An erster Stelle sind hier zu erwähnen die planmäßig in Angriff genommenen Vorarbeiten zur Neuausgabe der Fragmente der römischen Tragiker. Diese Neuausgabe wird von Professor S T R Z E L E C K I in Wrociaw vorbereitet. Die bisherigen Ergebnisse wurden in zwei Bänden der Tragica zusammengefaßt und enthalten die Abhandlungen von S T R Z E L E C K I , K R Ö K O W S K I , BXLINSKI und L A N O W S K I . Gleichzeitig arbeitet Professor S T B Z E L E C K I , der schon vor dem Kriege durch seine vortreffliche Arbeit über Naevius bekannt war, an der Neuausgabe der Fragmente des Naevianischen Epos „De bello Punico". Die Arbeit ist schon so weit fortgeschritten, daß wir diese Ausgabe bereits im nächsten Jahre erwarten können. Auch auf dem Gebiete der römischen Komödie hat G. P R Z Y C H O C K I , der uns eine umfangreiche Monographie über Plautus hinterlassen hat 1 ), Nachfolger gefunden. Die dem Plautus gewidmeten Abhandlungen 2 ) der Dozentin KRYS I N I E L - J Ö Z E F O W I C Z aus Torun sind allen Plautinisten gut bekannt, und den deutschen Plautinisten besonders, da Frau Krysiniel-Jözefowicz vor dem Kriege bei Professor Stroux in München studierte und auch in München den Doktortitel erhielt. Unter den Plautinisten der jüngsten Generation ist mein Schüler cand. phil. O K T A W I U S Z J U R E W I C Z ZU erwähnen, dessen umfangreiche Abhandlung über die Sklaven in den Plautinischen Komödien [Niewolnicy w komediach Piauta] sich bereits im Druck befindet. Ich verweise auch auf seinen Vortrag über Plautus und Cato. Es sei ferner bemerkt, daß L. R Y C H L E W S K A in Wrociaw eine Monographie über Turpilius vorbereitet. Das Ciceronianische Zeitalter steht jetzt gleichfalls im Mittelpunkt des Interesses der polnischen Philologen. Ich selbst habe eine umfangreiche, in polnischer Sprache verfaßte Monographie über Cicero fast zu Ende gebracht. Am Rande dieses Studiums entstand der Vortrag über Ciceros Paradoxa und die römische Wirklichkeit, den ich in Darmstadt während der letzten Tagung der Mommsen-Gesellschaft gehalten habe und der imPhilologus publiziert wird. 3 ) Gleichzeitig arbeitet Dozent M. B B O Z E K von der Krakauer Universität über die Publizistik in der Ciceronianischen Epoche. Es sei ferner bemerkt, daß sich um die Althistorikerin Professor J . Biezuiiska-Malowist in Warszawa eine ziemlich große Zahl junger Mitarbeiter gruppiert, die sich Plautus, Kraköw 1925. ) Der Plautinische Poenulus und sein attisches Vorbild, Wilno 1932; De Plauti Aulularia exemplari Graeco, Warszawa 1938; De quibusdam Plauti exemplaribus Graecis, Toruri 1949. 3 ) Der Vortrag ist im Philologus 101, 1957, 113—134 veröffentlicht. 2
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KAZIMIERZ K U M A N I E C K I
vom geschichtlichen Standpunkt aus für die bedeutsamsten Persönlichkeiten dieser Epoche wie Brutus, Crassus, Cato Uticensis und andere interessieren. Das besondere Interesse der polnischen Philologen gilt der Frage des Übergangs von der römischen Republik zum Prinzipat. Dieses Problem wurde auf der Hauptversammlung des polnischen Philologenverbandes 1953 zur Diskussion gestellt. Die Ergebnisse dieser Sitzung wurden im Meander 1953 veröffentlicht 1 ). Diese Arbeit wird jetzt planmäßig fortgesetzt. Gehen wir nun zum Augusteischen Zeitalter über, so sind in erster Linie die guten Arbeiten von J . K B Ö K O W S K I über die römische Elegie und die Technik des römischen Epos zu erwähnen 2 ). Hinzu kommen die Arbeiten von Dozentin L. W I N N I C Z U K über die römische Elegie und meine Aufsätze über Horaz 3 ). Für den nächsten Fünfjahrplan sind neue Untersuchungen über Horaz vorgesehen. Im Gegensatz zu den Studien, die demCiceronianischen und Augusteischen Zeitalter gelten, entwickeln sich die Studien der römischen Literaturgeschichte der Kaiserzeit nicht so gut, obgleich auch da die Arbeiten von W. S T R Z E L E C K I über Seneka 4 ), von T. S I N K O über Apuleius, von W. M A D Y D A über Donatus zu erwähnen sind. Es sei auch bemerkt, daß in polnischer Sprache eine umfangreiche Monographie J . S A J D A K S über Tertullian 5 ) und eine in lateinischer Sprache verfaßte Spezialuntersuchung S T . O S W I E C I M S K I S 6 ) über denselben Schriftsteller erschienen sind. Besondere Erwähnung verdienen die zahlreichen Arbeiten über die lateinischen Grammatiker, über Ateius Capito, Pseudo-Caper, Terentius Scaurus und Verrius Flaccus, die von S T R Z E L E C K I und seinen Schülern stammen. Um Professor Strzelecki gruppiert sich auch eine nicht kleine Gruppe von jungen Forschern auf dem Gebiete der lateinischen Metrik, wie H. MY&) I . B I E Z D N S K A - M A £ O W I S T , Kryzys klas rz^dz^cych W Rzymie u schyiku republiki i jego wyraz w ideologii öwczesnych pisarzy [Die Krisis der herrschenden Klassen in Rom am Ende der Republik und ihr Einfluß auf die Ideologie der damaligen Schriftsteller], Meander 8, 1953, 341 ff.; K . K U M A N I E C K I , Poczja rzymska na przelomie republiki i pryncypatu [Die römische Dichtung während des Übergangs von der Republik zur Kaiserzeit], Meander 8, 1953, 361 fi. 2 ) G. K R Ö K O W S K I , Quaestiones epicae, Wroclaw 1951; Elegia magistra amoris, Wroclaw 1949. 3 ) L . W I N N I C Z U K , Elegia rzymska; Meander 1 0 , 1 9 5 5 , 3 6 5 1 1 . C. F . K U M A N I E C K I , De Horatii carmine ad Plancum, Eos 42, 1947, 1—23. 4 ) W. STRZELECKI, De Senecae Agamemnone Euripidisque Alexandro, Wroclaw 1949. 5 ) J. S A J D A K , Kwintus Septimus Florens Tertullian, czasy-zycie — dziela [Quintus Septimius Florens Tertullianus. Seine Zeit — sein Leben — sein Werk], Poznan 1949. 6 ) St. OSWIECIMSKI, De scriptorum Romanorum vestigiis apud Tertullianum, obviis quaestiones selectae, Krakow 1951. 1
Stand und Aufgaben der klassischen Philologie
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und andere, die Abhandlungen in lateinischer Sprache veröffentlicht haben. Zu den größten Errungenschaften der Nachkriegszeit gehören vielleicht die planmäßigen Forschungen über die polnisch-lateinische Literatur, vor allem über die Renaissance in Polen, die mit einer unerhörten Energie vor allem in Warszawa, aber auch an anderen Universitäten betrieben werden. Ein Ergebnis dieser Forschungen war sowohl das Referat von Professor N A D O L S K I über den Anteil der polnisch-lateinischen Poesie an der Gestaltung der Ideologie der Renaissance in Polen, vorgetragen im Oktober 1953 auf der Tagung anläßlich der polnischen Renaissance in der Abteilung Literatur, das sich auf die Untersuchungen einer aus sechs Mitarbeitern bestehenden Gruppe klassischer Philologen stützt (Cytowska, Gansiniec, Jelicz, Kumaniecki, Skimina, Winniczuk), als auch eine von der Akademie der Wissenschaften geplante Reihe kritischer Ausgaben der polnisch-lateinischen Schriftsteller. Von den nach dem Krieg erschienenen'Ausgaben seien erwähnt: Die Rhetorik des Philippus Callimachus 1 ), drei Bände von Frycz-Modrzewski, Opera Omnia 2 ) beides herausgegeben von K. KU3 M A N I E C K I , die Lieder des Dantyszek ) und die Poetik des Sarbiewski, heraus4 gegeben von SKIMINA ), eine photomechanische Ausgabe des Gallus 5 ) von 6 K K Z Y Z A N O W S K I sowie der erste Teil der Werke von Kopernikus ) in der Ausgabe von G A N S I N I E C . Der Plan des Komitees für antike Kultur sieht für die nächsten zwei Jahre eine neue Ausgabe der Schriften des Andrzej Krzycki, in der Bearbeitung von G A N S I N I E C vor. Erstmalig befinden sich darunter seine Briefe. Weiterhin ist an eine Edition bisher unbekannter Werke des Pawel aus Rrosno, bearbeitet von C Y T O W S K A , gedacht. Gleichzeitig plant der Meander eine Ausgabe des gesamten poetischen Nachlasses des Philippus Callimachus in Bearbeitung von K U M A N I E C K I und das Institut für literarische Forschungen [IBL = Institut Badan Literackich] eine Ausgabe des Briefstellers des Ursinus in der Bearbeitung von LIWIEC
!) Philippi Callimachi rhetorica, ed. C. F. K U M A N I E C K I , Varsaviae 1950. K . K U O odnalezionej retoryce Filipa Kallimacha [Die wiedergefundene Rhetorik des Philippus Kallimachus], Warszawa 1948. 2 ) Andreae Fricii Modrevii opera omnia, vol. 1. Commentariorum de re publica emendanda libri quinque, ed. C. F. K U M A N I E C K I , Warszawa 1953; vol. 2. Orationes, ed. C. F. K U M A N I E C K I , Warszawa 1954; vol. 3. De ecclesia liber secundus, ed. C. F. K U M A N I E C K I , Warszawa 1955. 3 ) Joannis Dantisci poetae laureati carmina, ed. S T . SKIMINA, Krakow 1950. 4 ) MI K . S A R B I E W S K I , 0 poezji doskonalej czuly Wergiliusz i Homer (De perfecta poesi sive Vergilius et Homerus, przeìozyì M . PLEZIA, opracowai S T . SKIMINA), Wroctaw 1954. 5 ) Galli Anonymi chronicon, wydat J . KRZYZANOWSKI, Warszawa 1 9 4 8 . 6 ) Nicolaus Copernicus, De revolutionibus orbium caelestium, ed. R. GANSINIEC, M. BROZEK, A. B I R K E N M A J E R , Warszawa 1953. MANIECKI,
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Irmscher/Kumaniecki
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KAZIMIERZ KUMANIECKI
die Staatliche Yerlagsanstalt [PIW = Panstwowy Institut Wydanniczy] eine Ausgabe des gesamten Nachlasses des Frycz-Modrzewski, in der Bearbeitung von K U M A N I E C K I . Das Ossolineum plant eine Ausgabe des Nachlasses von Trzycieski in der Bearbeitung von K . K R Ö K O W S K I . Des weiteren ist eine Ausgabe der Schriften von K A D Z J J B E K in der Bearbeitung von P L E Z I A vorgesehen wie auch der Dramen von S Z Y M O N O W I C Z und der lateinischen Dichtungen von K O C H A N O W S K I . Gleichzeitig mit den kritischen Ausgaben erscheinen Monographien aus dem Gebiet der polnisch-lateinischen Literatur. Als erste soll die Monographie über Gallus von M. P L E Z I A erwähnt sein, ferner Arbeiten über Danty szek von S K I M I N A , über das poetische Schaffen des Philippus Callimachus von K . K U M A N I E C K I , über die humanistische Epistolographie von L. W I N N I C Z U K , über die Grabschrift auf dem Grabmal des Königs Boleslaw Chrobry von G A N S I N I E C , über Trzycieski von K B Ö K O W S K I . In Vorbereitung befinden sich Arbeiten über Dlugosz, die von der Krakauer Arbeitsgruppe für klassische Philologie durch die Professoren M A D Y D A und S C H N A Y D E K unter der Leitung von Professor S I N K O ausgeführt werden. Schließlich will ich über die in letzter Zeit in Polen erschienenen neuen Lehrbücher für das Universitätsstudium berichten und über die sehr rege Tätigkeit auf dem Gebiete der Übersetzungen aus der klassischen Literatur. Unter den Lehrbüchern für Universitäten ist es am besten um das Lehrbuch für Geschichte der griechischen Literatur bestellt, denn Professor SINKOarbeitet seit fast 30 Jahren daran. Vor dem Kriege erschien der erste Band in zwei Teilen, im letzten Jahrzehnt bereits zwei Teile des zweiten und zwei Teile des dritten Bandes. Demnächst gelangt ein neues gekürztes einbändiges Lehrbuch von ungefähr 1400 Seiten zum Druck, das für die Studenten der klassischen Philologie bestimmt ist. 1955 ist mein Lehrbuch der Kulturgeschichte des alten Griechenlands und Roms, Historia kultury starozytnej grecji i rzymu, in Warszawa herausgekommen. Es soll auch in deutscher Übersetzung erscheinen. Auf dem Gebiet der Sprachwissenschaft erschien ein Lehrbuch von J . S A F A B E W I C Z , Gramatyka historyczna j §zyka lacinskiego, cz. 2 [Historische Grammatik der lateinischen Sprache, Teil 2] Warszawa 1950, und von demselben Autor Zarys gramatiki historycznej jezyka lacinskiego. Fonetyka historyczna i fleksja [Grundriß der historischen Grammatik der lateinischen Sprache. Historische Phonetik und Flexion], Warszawa 1953, außerdem ein Lehrbuch von M. G O L I A S , Wst^pna nauka jezyka greckiego [Einführung in die griechische Sprache], Warszawa 1955. Am dringendsten jedoch werden Lehrbücher der Geschichte der römischen Literatur, der antiken Metrik, der historischen Grammatik der griechischen WINNTCZUK1),
Inzwischen ist das Buch erschienen: Jan Ursynz Krakowa, Modus epistolandi cum epistolis exemplaribus et orationibus annexis, przeiozyla, wstepem i objasnieniami opatrzyia L. WINNICZUK, Wroeiaw 1957.
Stand und Aufgaben der klassischen Philologie
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Sprache und ein Lehrbuch der lateinischen Sprache für den Hochschulunterricht benötigt. Einige dieser Bücher werden bereits bearbeitet, das Buch von Jttrewicz und Winniczttk wurde vor längerer Zeit zum Druck gegeben, und das Handbuch der lateinischen Literatur, von W. S t r z e l e c k i und von mir bearbeitet, ist für das Jahr 1962 geplant. In unserer Übersetzungstätigkeit handelt es sich einerseits um neubear beitete Ausgaben früherer Übersetzungen, wie die der „Antigone" und der „Elektra" und einiger Komödien des Plautus, um die Neuauflage der Übersetzung Ovids, des Apuleius, der drei klassischen Poetiken und um Hesiods „Schild des Herakles", andererseits handelt es sich um Weiterführung früher begonnener Übersetzungen von Plato. Vor allem aber wurden neue Übersetzungen in Angriff genommen. Im letzten Jahrzehnt erschienen folgende Übertragungen aus der griechischen Literatur, wobei ich nur die Werke erwähne, die vollständig übersetzt wurden: Hesiod, Solon, Aischylos, „Antigone" und „Elektra" des Sophokles, Hippokrates' „Von der heiligen Krankheit", Herodot, Thukydides, die „Anabasis" des Xenophon, die „Charaktere" des Theophrast, die „Epitrepontes" des Menander, die „Politik" des Aristoteles, Theokrit, Moschos, die Homilien des Basilios und Johannes Chrysostomos, die Briefe des Theophylaktos Simmokattes. Außerdem seien die Auswahlübersetzungen • genannt: alexandrinische Lyrik, griechische Idyllen, griechische Novellen, Auswahl der „Lebensbeschreibungen" und der „Moralia" des Plutarch, Auswahl aus Libanios. Aus der römischen Literatur wurde übersetzt: Cäsar „Der Bürgerkrieg", Sallust „Über die Catilinarische Verschwörung" und der „Jugurthinische Krieg", Sallusts Denkschriften an Cäsar, die Oden des Horaz, Vergils „Georgika", Vitruvs Bücher über die Baukunst, eine umfangreiche Auswahl aus dem Geschichtswerk des Livius, Sueton, das Pervigilium Veneris, die „Bekenntnisse" des. Augustinus, die Briefe des Hieronymus, Tertullians „Apologeticum". Außerdem wurden zum Druck vorbereitet: die Ilias, Plotins „Enneaden", Arrians „Feldzüge Alexanders des Großen", Augustins „De musica", der erste Band vom Werk des Polybios, Appians „Bürgerkriege", die Schriften Theophrasts, Pindars, Piatos Gesetze wie auch sämtliche Schriften des Lukian. Aber nicht nur zahlenmäßig wird die Vorkriegsproduktion von den Veröffentlichungen des letzten Jahrzehnts überboten. Ein äußerst wichtiges Moment in dieser Hinsicht ist die Planung der Übersetzungstätigkeit, die besonders seit der Gründung des Komitees für antike Kultur der Polnischen Akademie der Wissenschaften zielbewußt gelenkt wird. Erst 1952 wurden Richtlinien für die Reihenfolge der Übersetzungen eindeutig festgelegt; es wurde beschlossen, daß in erster Linie die Schriften der antiken Materialisten zu übersetzen seien, dann die bedeutendsten griechischen und römischen Geschichtsschreiber, ferner die wichtigsten Schriftquellen für 2»
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Kazimierz Kumaniecki
die Erforschung der Geschichte der antiken Kunst und materiellen Kultur. Ich bin am Ende. Wie Sie bemerken konnten, habe ich nicht nur die starken Seiten unserer wissenschaftlichen Forschungen hervorzuheben versucht, sondern habe auch auf die schwächeren hingewiesen, die einer Besserung und Stärkung bedürfen. Im Vertrauen auf die Umwälzung, die sich in ideologischer Hinsicht vollzieht, blicken wir zuversichtlich in die Zukunft. Diese Zuversicht fußt in erster Linie auf dem Bewußtsein, in unseren wissenschaftlichen Forschungen auf dem richtigen Weg zu sein und auch keinen geringen Nachwuchs an jüngeren Forschern zu besitzen, „qui quasi cursores vitai lampada tradunt".
Textkritisches zu Aristophanes STEFAN
SREBRNY
Wespen
342—344
An dem Fenster des gerichtstollen Philokieon, den sein Sohn Bdelykleon zu Hause gefangen hält, um seine Teilnahme an den Heliastensitzungen zu verhindern, ist der Chor angetreten und beginnt ein Gespräch mit ihm. Auf die Frage, weshalb der Sohn ihn so behandele, antwortet Philokieon: „Er läßt mich nicht Richter sein, läßt mich keinen bösen Streich spielen; dafür ist er bereit, mich vortrefflich zu bewirten — ich aber will es nicht!" Darauf erwidert der Chor mit den Versen, die uns beschäftigen sollen (342—344). Wir lesen sie in COULONS1) Ausgabe in folgender Gestalt: rovT vsïv2),
èroXfirja ô
o r t Àéyeiç
cov
o fiiagog
%a-
ArjfioÄoyoxÄewv, XI NSQI
TCÖV VS-
aAi]âéç;
„So hat der Schurke, der Demologokieon, sich zu reden erdreistet, weil du von den jungen Leuten die Wahrheit" (ungeschickt: ri àXrjd-èçV) „sagst?!" Und so sind, ohne Fragezeichen am Ende, die Verse in R und V überliefert (in r — Laurent. 31, 15 — fehlen sie: der Wespentext beginnt hier erst vom V. 421 an), nur mit einem Unterschied, daß nämlich R statt véœv VEÜJV, V 3 4 VEOJV ohne Akzent hat ); vécov ist eine Verbesserung von B E N T L E Y ) . Der ganze Absatz 333-^402 ist epirrhematisch komponiert. Epirrhema und Antepirrhema, in anapästischen Tetrametern, entsprechen einander nicht 1 ) Aristophane, texte établi par V. COTTLON et traduit par H. VAN DAELE, t. 2, 3. Aufl. Paris 1948. 2 ) Schol. V (die Scholien werden zitiert nach: Scholia Graeca in Aristophanem, ed. F. DÜBNER, Paris 1842): -¿avelv ôè àvxi rov eîxeîv. Vgl. Soph. Ai. 1226f., Agamemnon zu Teukros: txe ôrj xà ôeivà Qijßar' àyyèXXovai ßoi \ zkrjvai xa&' fj/imv &6' âvoifiœxTi -¿aveïv. Richtig VAN LEEUWEN: „Tragicae indignationis plénum verbum" (Aristophanis Vespae cum prolegomenis et commentariis iterum ed., Leiden 1909, annot. v. 342. 3 ) In V steht vi und ôr/fjolôy xXé. L ) S. COULON, a. a. O., app. erit. v, 343.
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STEFAN SREBRNY
genau, was übrigens eine gewöhnliche Sache ist; aber die Verse 333—345 und 365—379 bilden ohne Zweifel Strophe und Antistrophe. Dafür spricht auch die Tatsache, daß in beiden Fällen die Epirrhemata, ähnlich wie es im Agon üblich ist, mit Verspaaren des Chorführers beginnen, von denen jedes mit àXXd anfängt (346 und 380). Die Verse, die uns hier interessieren, stimmen metrisch mit den entsprechenden Versen der Antistrophe nicht gänzlich überein : dort haben wir ununterbrochen laufende Trochäen, die erst 379 mit einer Katalexe enden; hier aber ist der zweite Dimeter katalektisch, der dritte in der Mitte synkopiert. Zwar ist ein Herstellen genauer Responsion bei Aristophanes nicht immer für richtig zu halten, das hatte öfters schon Wilamowitz betont, aber diesmal fällt ein Mangel in der Responsion mit der Tatsache zusammen, daß auch in Hinsicht auf den Sinn gerade dieselben Verse, wie wir sehen werden, sich nicht verteidigen lassen. Man hat die Responsion zu restituieren versucht: o Arj/uoXoyoxXéojv (oò')1) ergänzen D I N D O K F und H E R M A N N 2 ) , ô Arj/noXoyoxXéœv (er') neuerdings C A N T A R E L L A 3 ) , Xéyeiç
MEINEKE4).
{ai)
Wie sind aber die Verse zu verstehen ? Was heißt vor allem ArjfioXoyoxXéoìv ? Alle Versuche, dieses Wort zu erklären, sowohl antike als auch moderne, sind offenbar verfehlt. In den Scholien lesen wir: o Arj/ioXoyoxXéœv ó rvQavvoç xaì
xal
rov
òè eÏQrjxe òfjfiov.
àq%ovricöv.
KXécovoç, ôià èm
rò òè
òrjXàiv ròv rò
ovvéiïrjxe rò
KXécava avrò
rjdoç
xfjv
àq%ixóv,
XéÇiv
èx
xaûàneQ
noXvXóyov xarevrjvsxrai,
elvai
rov êv
xal ènei
ôrfjuov
reo rolç ó
ôrjf.tœ
xal
rov
äoxEiv.
Xôyoïç
è^cmaràv
%OQÒQ
rov
Xóyov -covro ròv KXécovoç
èrvyxavev5).
Es leuchtet ein, daß mit dieser Erklärung gar nichts erklärt wird. Warum sollte Kleons Feind Bdelykleon ,,ein machtgieriger, viel redender und mit seinen Reden das Volk betrügender Kleon" genannt werden? I n der Zusammensetzung BòeXvxXécov fungiert der Bestandteil KXéœv als Objekt, der komische Name bezeichnet einen, der KXewva ßöeXvrrerai; hier wäre es eine Benennung des Bdelykleon selbst ! Moderne Erklärungen sind keineswegs besser. Z . B. die J . R I C H T E R S , Aristophanis Vespae, Berol. 1858: „Constat chorum iuvenis nomen scire, itaque pro BôeXvxXéœv chorus Arj/uoXoyoxXécov inverso notionum ordine. Bdelycleo enim is est, qui Cleonem, populi amicum, odit; Demologocleo, qui ròv rov òrj/iov Xóyov odit aut impedit". Anders, aber nicht glücklicher, fast siebzig Jahre später, V A N D A E L E bei COULON 6 ): „Déformation du nom x ) Bdelykleon ist auf der Bühne anwesend, er schläft sitzend vor der Tür; Philokieon hat 336 f. den Chor darauf aufmerksam gemacht. 2 ) A. DINDORF, Aristophanis comoediae, t. 3: Annotationes, Oxford 1837. 3 ) Aristophanis Comoediae quae exstant, ed. R. CANTARELLA, vol. 3, Mailand 1954. 4 ) A. MEINEKE, Aristophanis comoediae, vol. I, Leipzig 1860, L X V I I . 6 ) Der letzte Satz ist unverständlich: der Sinn fordert vielmehr in' äXXo «) A. a, O. 32 Anm. 1.
Textkritisches zu Aristophanes
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de Bdelycleon pour faire entendre que c'est un 'demologue', un orateur de carrefour". Gut, aber warum „Kleon"? Es unterliegt keinem Zweifel, daß das Wort ArjfioXoyoxXecov auf Grund einer alten Korruptel entstanden ist. Das korrupte Wort versuchte man auf verschiedene Weise zu verbessern, indem man allerhand phantastische Konjekturen vorschlug: AeivoXoyoxXscov, ArjfioXoxoxXecav, Arj/toxXovoxXecov, ArjfioyeXoxXecov, keine aber von ihnen vermag zu erklären, weshalb Bdelykleon hier Kleon genannt wird. VAN LEEUWEN faßt die ganze Stelle in zwei Cruces ein; mit Recht hält er sie für verdorben, aber verbessert nichts. Weiter, wie schon erwähnt, lesen wir im R vecöv, im V vscov ohne Akzent. Der Scholiast liest vecöv, und dieselbe Lesung nehmen die meisten Ausgaben auf. Es ist aber nicht möglich, einen irgendwie befriedigenden Sinn aus dieser Lesung ohne Gewalt zu gewinnen. I n den Scholien zum V. 343 lesen wir: ort äXrj&eg Xeyeig TISQI TCÖV TQirjQcov, olov Tiaggr/aiav äyeig neql rov dr/fiov. JHEXETÜ be O %OQOQ xaxovgyiav, cpdaxcov, eneiör] VJCBQ %Qiqaifiov rrjg noXeojg Xeyeig, eyxXetei ae. riveg de ovroig' ei ri e'inoig xaxov JIEQI TOJV vecöv, rovro äXrj&eg eari. diaßäXÄei de rovrov. ov yä@ negl vecöv eaxiv ö Xöyog, äXXa Tiegi rov ¡xi] dixa^eiv OVTOV. Nicht nur die zweite, völlig absurde Erklärung, sondern auch die erste ist nichts mehr als ein verzweifelter Ausweg. Die Verbesserung BENTLEYS VSOJV ist ohne Zweifel notwendig. Wir haben uns überzeugt, daß das Wort drj/j,oXoyoxXea>v sicher auf Grund einer Verderbnis entstanden ist; aber eine Heilung ist auf einem ganz anderen Wege zu suchen, als auf dem, welchen diejenigen gegangen sind, die SeivoXoyoxXecov, drjfioXoxoxXecov und ähnliches zu lesen versuchten. VAN LEEUWEN1) meinte, Kleons Name sei hier überhaupt durch einen Irrt u m eingedrungen (,,Cleonis nomen hinc alienum videtur"); dies aber ist keineswegs zu billigen; im Gegenteil, KXecov muß echt sein. Der Wespenchor ist, wie bekannt, Verehrer Kleons, den er f ü r seinen Pfleger (xrjde/Mbv, V. 242) hält; denn Kleon ist Beschützer des Volksgerichts, also — nach seiner Meinung — der demokratischen Verfassung überh a u p t 2 ) : der Chor ist cpiXoxXecov, ganz wie Bdelykleons Vater. I n seinen Augen bilden eine Stütze der Demokratie die Alten; Verfassungsfeinde, Parteigänger der Tyrannei, Spartas Freunde sind hauptsächlich unter den Jungen zu suchen. Und sicherlich ist es zu einem gewissen Grade wahr: wir haben genug Beweise dafür, vor allem bei Aristophanes selbst, daß bei den altfränkisch gesinnten Bürgern Athens Anhänglichkeit an Demokratie mit Anhänglichkeit an das Traditionelle, mit Konservatismus organisch verbunden war; Opposition sowohl politische als auch auf dem Gebiet der Sitten, der Religion, der Kultur, der Kunst bildeten vor allem die Jungen. 2
A. a. O., app. crit. v. 342. ) Vgl. v. 4 0 8 - 4 1 4 .
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STEFAN
SREBRNY
Der Chor, der .nachher' von Bdelykleon im Agon der Komödie umgestimmt, ihn nunmehr f ü r einen guten Demokraten hält, stellt ihn den übrigen „ J ü n geren" gegenüber (V. 887-890): evvoi yaq EO/J,EV E£ OV TOV dfjfiov r/cr&dfiEG'&d aov (piXovvxog (hg ovdslg ävr/o TOJV ye vewzBQiov. Aber in unserer Stelle ist der Chor noch der Meinung, daß die ganze Jugend antidemokratisch gesinnt ist. Daß gerade davon in diesen Versen die Rede gewesen sein mußte, bezeugt die Fortsetzung V. 344—345: ov yäg äv noß' ovxog ävrjo xovr exöXfirjOEV ksysiv, ei fit] ^vvoj/uoxrjt; xig ijv. So mußte einmal, vielleicht auch öfters, Kleon, der f ü r den Chor eine Autorität ist, sich öffentlich über die Jugend ausgedrückt haben. In den korrupten Versen also wandte sich der Chor an den abwesenden Kleon. Das unverständliche o drjfioXoyoxXscov ist aus öd'; if ¡xdXa y , c5 Kkscov entstanden; im ursprünglichen Text war zu lesen: xovx' EXoXfiiqa o [iiaQog %avelv od'; f j ¡lala y , d> KXewv . . . Hier vermissen wir eine Silbe um einen akatalektischen Dimeter zu gewinnen; ich ergänze ¿ W vor der folgenden Aspirata. Mit saxi verbindet sich ab]-&eg: „ J a , gewiß, es ist wahr, Kleon . . . " Was ist wahr? "0 xi, statt des überlieferten ö'rt, was eigentlich keine Änderung ist 1 ), Mysig (ov)2). Und was nämlich? To, statt des überlieferten xi, neol xwv vecov — in die Mitte des Satzes als genauere Bezeichnung eingeschoben. Die ganze Stelle wäre also zu lesen : xovx' exöAjutjcr' o /.aagog %aod'; IJ fiaXa y', CB KXemv, (eofi') o xi Myeig {ov) — xo neol xäiv vecov — älrj'&Eg.3) VEIV
*) Es scheint übrigens, daß ö rt diejenigen lasen, von denen das Scholion zum V. 343 redet (rtveg de ovrcog usw.). 2 ) Von M E I N E K E , wie oben bemerkt wurde, ergänzt. 3 ) Als der Beitrag vollständig bearbeitet und niedergeschrieben war, entdeckte ich zufällig, daß schon im Jahre 1 9 2 1 den rechten Weg U . v. W I L A M O W I T Z - M O E L L E N D O R F F gezeigt hatte. Er erklärte den Text für heillos verdorben und schrieb dann: „Ich halte für evident, daß der Sinn war: Das erfrecht sich der Schurke zu äußern? Da sieht man, daß Kleon über die Junker etwas Triftiges sagt, denn so würde der Mensch nicht reden, wenn er nicht ein Verschwörer wäre", Griechische Verskunst, Berlin 1921, 471 Anm. 1.
Textkritisches zu Aristophanes Friede
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431-457
Die Verse 431—457 umfassen eine Gebets- und Trankopferszene vor der Befreiung der Friedensgöttin aus ihrem unterirdischen Gefängnis. Bei den Versen 431 f. äye örj, av xayimg VTZE%E rrjv (ptaXtjv, öncog egyqj 'cpiaXovßEV ev^d/ievoi xolaiv {¡•eoig gießt Trygaios dem Hermes etwas Wein in die goldene Trankopferschale ein, die er ihm vorher geschenkt h a t t e (V. 423 f.: JZQÖJXOV ÖE aoi \ Swgov öida>/II xijvö', Iva onsvösiv 8%?]g). Mit V. 433 beginnt Hermes den Ritus: anovdrj, cmovörjEv