Augustins Trinitätsdenken: Bilanz, Kritik und Weiterführung der modernen Forschung zu "De trinitate" 316148326X, 9783161483264

English summary: Augustine's De Trinitate is one of the most significant Christian works of antiquity. Roland Kany

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German Pages 635 [658] Year 2007

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Table of contents :
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Vorwort
Inhalt
Abkürzungen und Siglen
Einführung
Erstes Kapitel: Der Text von De trinitate
1. Die handschriftliche Überlieferung
2. Gedruckte Textausgaben
a) Einzelausgaben
b) Im Rahmen von Gesamtausgaben
3. Spezielle Probleme der Textgestaltung
a) Breviculus, Kapitel, Paragraphen
b) Proömien
c) Textkritische Einzelfragen
d) Exkurs: Der Titel De trinitate bei und vor Augustinus
4. Register, Lexika und Konkordanzen
5. Übersetzungen
Zweites Kapitel: Chronologie der Entstehung von De trinitate
1. Die ältere Forschung
2. Die Forschung seit Anne-Marie La Bonnardière
3. Resultate und neue Aspekte
Drittes Kapitel: Quellen, Einflüsse, Gegner
1. Paganes Schrifttum
a) Philosophische Doxographie
b) Platonismus
c) Aristotelisches
d) Cicero
e) Weitere Lateiner
f) Manichäismus
2. Griechische Patristik
a) Irenäus
b) Sextussentenzen
c) Origenes
d) Eusebius von Caesarea
e) Athanasius
f) Markell
g) Pseudo-Basilius (Apolinarius von Laodicea?)
h) Basilius von Caesarea
i) Gregor von Nazianz
j) Gregor von Nyssa
k) Didymus
3. Lateinische Patristik
a) Tertullian und Novatian
b) Hilarius von Poitiers
c) Marius Victorinus
d) Gregor von Elvira
e) Ambrosiaster
f) Ambrosius
g) Pseudo-Athanasius und/oder Eusebius von Vercelli
h) Einige Fehlanzeigen
4. Griechische und lateinische Synodaltexte
5. Nichtnizänische Theologie
Viertes Kapitel: Gesamtdarstellungen von Augustins Trinitätslehre
1. Umfassende Monographien
a) Theodor Gangauf
b) Michael Schmaus
c) Alfred Schindler
d) Johannes Brachtendorf
2. Publikationsserien
a) François Bourassa und Émile Bailleux
b) Basil Studer
c) Michel René Barnes und Lewis Ayres
3. Kleinere Einführungen und Übersichten zu De trinitate
4. Überblicke zu Augustins Person und Werk
Fünftes Kapitel: Allgemeine und theologische Aspekte von De trinitate
1. Struktur, Methode und Stil des Werkes
2. Exegese und Heilsgeschichte
3. Substanz, Relation, Person und communio
4. Christologie
5. Pneumatologie samt filioque
6. Imago dei, »psychologische Trinitätslehre« und Liebe
7. Postmoderne Perspektiven
Sechstes Kapitel: Philosophische Aspekte von De trinitate
1. Philosophie- und geistesgeschichtliche Einordnung
2. Hermeneutik, Sprachphilosophie, Erkenntnistheorie
3. Trinitarische Ontologie und Logik
4. Subjektivität, Reflexivität und das augustinische Cogito
Siebtes Kapitel: Augustins Trinitätslehre außerhalb von De trinitate
1. Frühschriften Augustins
2. Predigten
3. Sonstige Schriften
4. Zweifelhafte und unechte Schriften
5. Exkurs: Die Legende von Augustinus und dem Knaben am Meer
Achtes Kapitel: Augustins Trinitätslehre in dogmengeschichtlicher Sicht
1. Ferdinand Christian Baur
2. Adolf von Harnack und seine Nachfolger
3. Katholische Darstellungen
4. »Griechische« versus »lateinische« Trinitätsauffassung?
Neuntes Kapitel: Zur Wirkungsgeschichte von De trinitate
1. In den Kirchen des Ostens
a) Byzanz
b) Rußland um 1900
c) Neuere ostkirchliche Stellungnahmen
2. In den Kirchen und Kulturen des Westens
a) Spätantike, frühes und hohes Mittelalter
b) Spätmittelalter, Reformation, Neuzeit
3. Neuere Trinitätstheologie in der Kritik der Augustinusforschung
a) Leonard Hodgson und seine Kritiker
b) Catherine LaCugna und ihre Kritiker
c) Colin Gunton und seine Kritiker
Zehntes Kapitel: Fünf maßgebliche Vertreter der modernen Trinitätstheologie und ihre Augustinuskritik
1. Karl Barth
2. Karl Rahner
3. Hans Urs von Balthasar
4. Jürgen Moltmann
5. Wolfhart Pannenberg
6. Metakritik
Elftes Kapitel: Zusammenfassung des heutigen Forschungsstandes
1. Text, Chronologie, Quellen
2. Deutungstypen und Rezeptionsforschung
3. Offene Probleme und Desiderate
Schlußkapitel: Augustins ursprüngliche Einsicht in De trinitate
1. Einführung: Theologie und Philosophie
2. Biographische Hintergründe: De trinitate im sozialen Kontext
a) Augustins Weg zur Trinitätslehre
b) Adressaten von De trinitate
c) Augustins Begegnung mit nichtnizänischer Theologie
3. Philosophiegeschichtliche Hintergründe: Platos Dialog Parmenides und einige Aporien antiker Philosophie
a) Platos Parmenides und Augustins De trinitate
b) Die vorplatonischen Prinzipienlehren
c) Ungelöste Probleme im Parmenides und ihre Nachwirkung
4. Theologiegeschichtliche Hintergründe: Das Fortwirken philosophischer Probleme in der Theologie des dritten und vierten Jahrhunderts
a) Origenes und Arius
b) Von Markell zu den Kappado
c) Lateinische Rezeption und Kritik des Nizänismus
5. Augustins De trinitate als Krisis und Neubeginn des Trinitätsdenkens
a) Rückblick und Vorschau
b) Kritik der voraugustinischen Theologie in den Büchern I bis VII
c) Augustins Entdeckung in den Büchern VIII bis XV
Literaturverzeichnis
1. Quellen
a) Ausgaben und Übersetzungen von De trinitate seit 1841
b) Zitierte Texte aus Antike und Mittelalter
2. Forschungsliteratur (Auswahl)
a) Textüberlieferung und Chronologie von De trinitate
b) Analysen zu De trinitate, Augustins Trinitätslehre und ihrer Wirkungsgeschichte
c) Weitere theologische, philosophische und historische Literatur
Stellenregister zu den antiken Texten
Register erwähnter Handschriften
Personenregister
Sachregister
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Augustins Trinitätsdenken: Bilanz, Kritik und Weiterführung der modernen Forschung zu "De trinitate"
 316148326X, 9783161483264

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Studien und Texte zu Antike und Christentum Studies and Texts in Antiquity and Christianity Herausgeber/Editor: Christoph Markschies (Berlin) Beirat/Advisory Board Hubert Cancik (Berlin) · Giovanni Casadio (Salerno) Susanna Elm (Berkeley) · Johannes Hahn (Münster) Jörg Rüpke (Erfurt)

22

Roland Kany

Augustins Trinitätsdenken Bilanz, Kritik und Weiterführung der modernen Forschung zu „De trinitate“

Mohr Siebeck

Roland Kany, geboren 1958; 1977-1984 Studium der kath. Theologie, Germanistik und Philosophie in Würzburg und Tübingen; 1984-1985 am Warburg Institute, London; 1985 -1990 Mitarbeiter von Walter Kasper, Tübingen, ab 1988 als Schriftleiter des „Lexikons für Theologie und Kirche“; 1986 Dr. phil., Tübingen; 1990-1993 Thyssen Stipendiat in Tübingen, Oxford und Rom; 1994 - 2000 Assistent in Mainz; 2000-2001 erneut Schriftleiter des LThK, Freiburg; 2001-2002 Redakteur im Feuilleton der „Frankfurter Allgemeinen“; 2003 Habilitation in Bochum; 2003 - 2004 Lehrstuhlvertreter in Augsburg; seit 2004 Ordinarius für Kirchengeschichte des Altertums und Patrologie an der Kath.-Theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München.

e-ISBN PDF 978-3-16-151338-1 ISBN 978-3-16-148326-4 ISSN 1436-3003 (Studien und Texte zu Antike und Christentum) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2007 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.

Vorwort Die Kunst ist lang, und kurz ist unser Leben. Den Plan, Augustins Trinitätsdenken in Auseinandersetzung mit der gesamten Forschungsliteratur der vergangenen anderthalb Jahrhunderte zu analysieren, entwickelte ich in einem Alter, das nach antiken Maßstäben noch in die adulescentia fiel. Damals war ich Mitarbeiter des Tübinger Dogmatikers Walter Kasper, der kurz darauf zum Bischof ernannt wurde. Nach einer Weile setzte ich meine Studien in Oxford unter der Obhut von Rowan Williams fort, doch auch den Lady Margaret Professor of Divinity ereilte wenige Monate später der Ruf ins Bischofsamt. Dennoch empfing ich von beiden Theologen, dem heutigen Kurienkardinal und dem jetzigen Erzbischof von Canterbury, wertvolle Anregungen. Ein von der Fritz Thyssen Stiftung gewährtes Stipendium ermöglichte mir drei Jahre ungestörten Forschens in Tübingen, Oxford (Wolfson College) und Rom (Kolleg am Campo Santo Teutonico). Während meiner anschließenden Tätigkeit in Mainz, Freiburg und Frankfurt trat mein Augustinusprojekt zeitweise zugunsten anderer Themen und Aufgaben zurück. Zu einem ersten Abschluß gelangte es erst, nachdem Wilhelm Geerlings mich mit Wohlwollen, Energie und Verläßlichkeit als Habilitanden angenommen hatte. Ohne seine Unterstützung wäre die vorliegende Habilitationsschrift nicht zustandegekommen. Das an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum eingereichte Typoskript trug den Titel Opus laboriosum − mit diesem Ausdruck charakterisiert Augustinus, auf zwei Jahrzehnte der Mühe zurückblickend und die Mühsal künftiger Leser ahnend, sein Werk über die Trinität. Die Gutachten zu meiner Arbeit verfaßten Wilhelm Geerlings und Markus Knapp. Aufgrund des Votums einer durch Burkhard Mojsisch und Dietmar Wyrwa erweiterten Kommission wurde ich im Sommer 2003 habilitiert. Kompetent erfüllten mir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Tübinger Universitätsbibliothek, der Warburg Institute Library (London), der Vaticana und anderer Bibliotheken fast alle Benutzerwünsche. Harald Fuchs, Matthias Kopp, Wilhelm Ott und Thomas Ziegler (Tübingen) beantworteten mir jede Frage zum Programm tustep, mit dem dieses Buch geschrieben und gesetzt wurde. Basil Studer (Rom und Engelberg) las im Sommer 2001 Teile meines Manuskripts, steuerte nützliche Hinweise zum dritten Kapitel sowie zum Abschnitt über seine eigenen Arbeiten bei und erhob später manchen Einwand, der in der Buchfassung berücksichtigt wurde.

VI

Vorwort

Die Augustinusforschung ist in den vergangenen fünf Jahren nicht stehengeblieben, und auch ich selbst habe im einen oder anderen Punkt meine Auffassung geändert. Die Überarbeitung eines so detailreichen Manuskripts erwies sich als sehr aufwendig. Vom Frühjahr 2003 an in Augsburg und seit Oktober 2004 in München konnte ich die Hilfe von Mitarbeitern in Anspruch nehmen: Barbara Pfaffenberger, Hubert Holzmann und Markus Paulke beschafften neu erschienene Literatur, Stefan Siemons und Andreas Schwab machten mich auf unklare Passagen des Manuskripts aufmerksam und lasen Korrektur. Während eines Forschungsfreisemesters im Sommer 2007 konnte ich das Manuskript endlich in eine Buchfassung bringen. Dem Bischof von Essen, Felix Genn, gebührt Dank für einen Druckkostenzuschuß. Christoph Markschies (Berlin) war über die Jahre hin mit Rat und Tat zur Stelle, wenn Not am Mann war. Gerne denke ich auch an die vielen Gespräche mit ihm in den alten Tübinger Tagen zurück, als mein Projekt allmählich Gestalt annahm. Jürgen Thomassen (Würzburg) und Peter Walter (Freiburg) lasen mit Gespür für Sprache, Stil und Logik die ersten Entwürfe der meisten Kapitel. Mein besonderer Dank gilt Leonhard Hell (Mainz), der in der Schlußphase der Habilitation und während der Fertigstellung der Buchversion über Monate hin Kapitel für Kapitel von mir forderte, mich beharrlich ermutigte und meine Texte mit unbestechlichem Urteil gegenlas. Von seiner souveränen Kenntnis des internationalen Marktes theologischer Neuerscheinungen habe ich ebenfalls reichlich profitieren dürfen. Zu danken habe ich auch Henning Ziebritzki vom Mohr Siebeck Verlag. Er drängte mich freundlich, aber immer unüberhörbarer zum Abschluß des seit langem angekündigten Buches. Ich habe seine Geduld und wahrscheinlich auch diejenige mancher Subskribenten über Gebühr strapaziert. Zu oft dachte ich an den Rat des Horaz, ein Werk bis zum neunten Jahre nicht aus der feilenden, korrigierenden Hand zu geben, zu oft auch an Augustins eigene Mahnung, beim intrikaten Thema der Trinität den eigenen Text lieber sorgfältig zu verbessern als rasch zu publizieren. Und zählt Augustins De trinitate nicht zu den großen Texten der Tradition, mit denen man nie fertig wird? Darum kann auch die Erforschung dieses Werkes an kein Ende gelangen. Doch jedes Buch muß einmal enden. So höre ich denn auf und zitiere Augustinus: Ero cautior, cum sapiens fuero − ich werde vorsichtiger sein, wenn ich einmal weise geworden bin. Meine Mutter hat, von schwerer Krankheit gezeichnet, die Vollendung des Habilitationsmanuskripts gerade noch wahrnehmen können. Wenig später ist sie gestorben. Ihrem Andenken widme ich dieses Buch, das ihr weit mehr verdankt, als ihr selbst bewußt sein konnte. München, 9. August 2007

Roland Kany

Inhalt Abkürzungen und Siglen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XI

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

Erstes Kapitel: Der Text von De trinitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7

1. Die handschriftliche Überlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7

2. Gedruckte Textausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10

a) Einzelausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Im Rahmen von Gesamtausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

10 11

. . . . . . . . . . . . . . 4. Register, Lexika und Konkordanzen . . . . . . . . . . . 5. Übersetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . .

17

Zweites Kapitel: Chronologie der Entstehung von De trinitate . . . . . .

31

1. Die ältere Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Forschung seit Anne-Marie La Bonnardie`re . . . . . . . . . . . . . . 3. Resultate und neue Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31 36 42

Drittes Kapitel: Quellen, Einflüsse, Gegner . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

3. Spezielle Probleme der Textgestaltung

a) Breviculus, Kapitel, Paragraphen . . . . . . . . . . . . b) Proömien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Textkritische Einzelfragen . . . . . . . . . . . . . . d) Exkurs: Der Titel De trinitate bei und vor Augustinus

1. Paganes Schrifttum

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

a) Philosophische Doxographie b) Platonismus . . . . . . . . . c) Aristotelisches . . . . . . . . d) Cicero . . . . . . . . . . . e) Weitere Lateiner . . . . . . f) Manichäismus . . . . . . . . 2. Griechische Patristik a) Irenäus . . . . . b) Sextussentenzen . c) Origenes . . . .

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17 20 22 23 28 29

49 49 50 66 71 75 79 81 83 83 84

VIII

Inhalt d) Eusebius von Caesarea . . . . . . . . . . . e) Athanasius . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Markell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Pseudo-Basilius (Apolinarius von Laodicea?) h) Basilius von Caesarea . . . . . . . . . . . . i) Gregor von Nazianz . . . . . . . . . . . . j) Gregor von Nyssa . . . . . . . . . . . . . k) Didymus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Lateinische Patristik . . . . . . . . . . . . . . a) Tertullian und Novatian . . . . . . . . . b) Hilarius von Poitiers . . . . . . . . . . . c) Marius Victorinus . . . . . . . . . . . . . d) Gregor von Elvira . . . . . . . . . . . . e) Ambrosiaster . . . . . . . . . . . . . . . f) Ambrosius . . . . . . . . . . . . . . . . g) Pseudo-Athanasius und/oder Eusebius von h) Einige Fehlanzeigen . . . . . . . . . . .

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Vercelli

. . . . . 4. Griechische und lateinische Synodaltexte . . . . . . . 5. Nichtnizänische Theologie . . . . . . . . . . . . . .

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86 87 88 90 91 92 94 96 98 99 100 103 109 110 111 116 118 119 122

Viertes Kapitel: Gesamtdarstellungen von Augustins Trinitätslehre . . . . 131 1. Umfassende Monographien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Theodor Gangauf . . . b) Michael Schmaus . . . c) Alfred Schindler . . . d) Johannes Brachtendorf

. . . . 2. Publikationsserien . . . . .

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. . . . . ´ a) Franc¸ois Bourassa und Emile Bailleux . b) Basil Studer . . . . . . . . . . . . . . . c) Michel Rene´ Barnes und Lewis Ayres .

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. . . . . . . . 3. Kleinere Einführungen und Übersichten zu De trinitate . 4. Überblicke zu Augustins Person und Werk . . . . . . .

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131 131 135 142 146 152 152 155 167 174 176

Fünftes Kapitel: Allgemeine und theologische Aspekte von De trinitate . 181 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Struktur, Methode und Stil des Werkes . . . . . . Exegese und Heilsgeschichte . . . . . . . . . . . Substanz, Relation, Person und communio . . . . . Christologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pneumatologie samt filioque . . . . . . . . . . . . Imago dei, »psychologische Trinitätslehre« und Liebe Postmoderne Perspektiven . . . . . . . . . . . . .

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181 190 198 210 216 227 240

Sechstes Kapitel: Philosophische Aspekte von De trinitate . . . . . . . . . . 247 1. 2. 3. 4.

Philosophie- und geistesgeschichtliche Einordnung . . Hermeneutik, Sprachphilosophie, Erkenntnistheorie . Trinitarische Ontologie und Logik . . . . . . . . . . Subjektivität, Reflexivität und das augustinische Cogito

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247 263 272 279

IX

Inhalt

Siebtes Kapitel: Augustins Trinitätslehre außerhalb von De trinitate . . . . 295 1. 2. 3. 4. 5.

Frühschriften Augustins . . . . . . . . . . . . Predigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonstige Schriften . . . . . . . . . . . . . . . Zweifelhafte und unechte Schriften . . . . . . Exkurs: Die Legende von Augustinus und dem

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. . . . Knaben am Meer .

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295 301 302 304 306

Achtes Kapitel: Augustins Trinitätslehre in dogmengeschichtlicher Sicht . 311 1. 2. 3. 4.

Ferdinand Christian Baur . . . . . . . . . . . . . . Adolf von Harnack und seine Nachfolger . . . . . Katholische Darstellungen . . . . . . . . . . . . . . »Griechische« versus »lateinische« Trinitätsauffassung?

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311 314 319 324

Neuntes Kapitel: Zur Wirkungsgeschichte von De trinitate . . . . . . . . . 331 . . . . . . . . . . a) Byzanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rußland um 1900 . . . . . . . . . . . . . c) Neuere ostkirchliche Stellungnahmen . . . 2. In den Kirchen und Kulturen des Westens . . a) Spätantike, frühes und hohes Mittelalter . . b) Spätmittelalter, Reformation, Neuzeit . . . 1. In den Kirchen des Ostens

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3. Neuere Trinitätstheologie in der Kritik der Augustinusforschung a) Leonard Hodgson und seine Kritiker . . . . . . . . . . . . . b) Catherine LaCugna und ihre Kritiker . . . . . . . . . . . . c) Colin Gunton und seine Kritiker . . . . . . . . . . . . . . .

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331 331 337 341 344 344 360 364 365 366 367

Zehntes Kapitel: Fünf maßgebliche Vertreter der modernen Trinitätstheologie und ihre Augustinuskritik . . . . . . . . . . . . . . 369 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Karl Barth . . . . . . . Karl Rahner . . . . . . Hans Urs von Balthasar Jürgen Moltmann . . . Wolfhart Pannenberg . Metakritik . . . . . . .

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372 373 376 378 379 382

Elftes Kapitel: Zusammenfassung des heutigen Forschungsstandes . . . . 393 1. Text, Chronologie, Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Deutungstypen und Rezeptionsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Offene Probleme und Desiderate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

393 396 402

Schlußkapitel: Augustins ursprüngliche Einsicht in De trinitate . . . . . . . 405 1. Einführung: Theologie und Philosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Biographische Hintergründe: De trinitate im sozialen Kontext . . . . . . .

405 409

a) Augustins Weg zur Trinitätslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Adressaten von De trinitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Augustins Begegnung mit nichtnizänischer Theologie . . . . . . . . . .

409 420 427

X

Inhalt 3. Philosophiegeschichtliche Hintergründe: Platos Dialog Parmenides und einige Aporien antiker Philosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

436

a) Platos Parmenides und Augustins De trinitate . . . . . . . . . . . . . . . b) Die vorplatonischen Prinzipienlehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ungelöste Probleme im Parmenides und ihre Nachwirkung . . . . . . .

437 441 446

4. Theologiegeschichtliche Hintergründe: Das Fortwirken philosophischer Probleme in der Theologie des dritten und vierten Jahrhunderts . . . . . .

456

a) Origenes und Arius . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Von Markell zu den Kappadokiern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Lateinische Rezeption und Kritik des Nizänismus . . . . . . . . . . . .

456 461 468

5. Augustins De trinitate als Krisis und Neubeginn des Trinitätsdenkens . . . .

475

a) Rückblick und Vorschau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kritik der voraugustinischen Theologie in den Büchern I bis VII . . . . c) Augustins Entdeckung in den Büchern VIII bis XV . . . . . . . . . . .

475 476 507

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 1. Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

535

a) Ausgaben und Übersetzungen von De trinitate seit 1841 . . . . . . . . . b) Zitierte Texte aus Antike und Mittelalter . . . . . . . . . . . . . . . .

535 537

2. Forschungsliteratur (Auswahl) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

549

a) Textüberlieferung und Chronologie von De trinitate . . . . . . . . . . . b) Analysen zu De trinitate, Augustins Trinitätslehre und ihrer Wirkungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Weitere theologische, philosophische und historische Literatur . . . . .

549

Stellenregister zu den antiken Texten Register erwähnter Handschriften . . Personenregister . . . . . . . . . . . . . Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . .

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551 574 585 605 606 625

Abkürzungen und Siglen Allgemeine Abkürzungen und die Mehrzahl der aufgelisteten Siglen für Zeitschriften, Reihen und Lexika entstammen S. M. Schwertner, Theologische Realenzyklopädie. Abkürzungsverzeichnis, Berlin/New York 21994. Autorennamen und Titel griechischer antiker Texte werden nach dem Abkürzungsverzeichnis im Lexikon der Alten Welt, hg. von C. Andresen u. a., Zürich/Stuttgart 1965, oder in ähnlicher Form zitiert, antike lateinische Texte nach dem Index zum Thesaurus Linguae Latinae, Leipzig 1990. Auch byzantinische und mittellateinische Titel werden in der üblichen Weise abgekürzt. Antike Bucheinteilungen werden mit römischen Ziffern bezeichnet, Kapiteleinteilungen mit kleinen römischen Ziffern, neuzeitliche Einteilungen in Paragraphen mit arabischen Ziffern. In Klammern wird anschließend die Reihe angegeben, in der die benutzte Edition erschienen ist, falls diese Reihe durchgezählte Bandnummern aufweist (z. B. CSEL, dagegen nicht BiTeu, CUFr, OCT). In jedem Falle folgen die Band-, Seiten- und, wenn möglich, Zeilenziffern. Bei der ersten Zitation wird der Herausgebername ausgeschrieben, danach nur noch abgekürzt (z. B. Aug. trin. X, ix, 12 [CChr.SL 50, 326, 16–18 M.]). Die Orthographie der benutzten lateinischen Textausgaben wird weitgehend vereinheitlicht, insbesondere werden u und v unterschieden (z. B. verbum, nicht uerbum). − Was in Zitaten gleich welcher Sprache von eckigen Klammern eingeschlossen wird, steht nicht im Original, sondern stammt vom Verfasser des vorliegenden Buches, R. K.

AABAM AAns AAWG.PH AAWLM.G ABla ABG ACI ACO ACPhQ ActaSS Ada. AEcR AE´PHE´.R AF AGLB AGPh

ÆAkadhmiÂa ÆAuhnv Ä n. BibliouhÂkh ÆA. ManoyÂsh

Analecta Anselmiana Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Philologisch-historische Klasse Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse ÆAnaleÂkta BlataÂdvn

Archiv für Begriffsgeschichte Armarium codicum insignium Acta Conciliorum Œcumenicorum (Schwartz u. a.) American Catholic Philosophical Quarterly Acta Sanctorum Adamantius. Rivista del Gruppo Italiano di Ricerca su »Origene e la tradizione alessandrina« American Ecclesiastical Review Annuaire de l’E´cole Pratique des Hautes E´tudes, Section des sciences religieuses Archivio di filosofia Aus der Geschichte der lateinischen Bibel Archiv für Geschichte der Philosophie

XII AHAW.PH

Abkürzungen und Siglen

ASEs ASth ASZ AThA AThD AThR AU AuA AugHer Aug(L) AugLex Aug(M) AugMag Aug(R) AugSt AugTA AUS AUU.SAU AZP

Abhandlungen der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-historische Klasse Archives d’histoire doctrinale et litte´raire du moyen aˆge American Historical Review Arbeiten zur Kirchengeschichte Archivum Latinitatis Medii Aevi Atti e memorie dell’Accademia Patavina di Scienze, Lettere ed Arti Anecdota Maredsolana Abhandlungen zur Moraltheologie American University Studies. Ser. VII: Theology and Religion Angelicum. Periodicum trimestre Analecta Gregoriana Aufstieg und Niedergang der Römischen Welt Abhandlungen der (Königlich) Preußischen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-historische Klasse Abhandlungen zur Philosophie und Psychologie der Religion Archives de philosophie Ars disputandi (www.ArsDisputandi.org) Ars disputandi. Supplement Series Abhandlungen der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften Abhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, Philologisch-historische Klasse Annali di storia dell’esegesi Amsterdam Studies in Theology Annuario storico Zenoniano L’anne´e the´ologique augustinienne Acta theologica Danica Anglican Theological Review Der Altsprachliche Unterricht Antike und Abendland Augustinian Heritage Augustiniana (Louvain) Augustinus-Lexikon (Mayer) Augustinus (Madrid) Augustinus Magister Augustinianum (Rom) Augustinian Studies Augustine Through the Ages. An Encylopedia (Fitzgerald) Acta Universitatis Stockholmiensis Acta Universitatis Upsaliensis. Studia Anglistica Upsaliensia Allgemeine Zeitschrift für Philosophie

BAC BAug BBKL BC(R) BE´FAR BE´HE´.R BeiAlt BEThL BEvTh BGBE BGBH

Biblioteca de autores cristianos Bibliothe`que augustinienne Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (Bautz) Biblioteca di cultura (Rom) Bibliothe`que des e´coles franc¸aises d’Athe`nes et de Rome Bibliothe`que de l’E´cole des Hautes E´tudes, Section des sciences religieuses Beiträge zur Altertumskunde Bibliotheca Ephemeridum theologicarum Lovaniensium Beiträge zur evangelischen Theologie Beiträge zur Geschichte der biblischen Exegese Beiträge zur Geschichte der biblischen Hermeneutik

AHDL AHR AKG ALMA AMAP AMar AMT AMUSt.TR Ang. AnGr ANRW APAW.PH APPR ArPh ArsD ArsD.S ARWAW ASAW.PH

Abkürzungen und Siglen BGPhMA BHPh BHTh BiblPle´ BiblThom BiBu BiCat Bijdr. Bil. BiTeu BKAW BKP BKV BLE BLR BoTr BPatr BPhC BPhJAM BRN BRPhS BSal.E BSGR

XIII

Beiträge zur Geschichte der Philosophie (und Theologie) des Mittelalters Bibliothe`que d’historie de la philosophie Beiträge zur historischen Theologie Bibliothe`que de la Ple´iade Bibliothe`que thomiste Bibliothek des Buchwesens Biblioteca catecumenal Bijdragen. Tijdschrift voor philosophie en theologie Bilychnis. Rivista di studi religiosi Bibliotheca Teubneriana Bibliothek der klassischen Altertumswissenschaften Beiträge zur klassischen Philologie Bibliothek der Kirchenväter Bulletin de litte´rature eccle´siastique The Bodleian Library Record Богословские труды

BSNAF BSPh BSRel BTH BuWi ByZ BZNW

Biblioteca patristica Bibliothe`que de Philosophie Contemporaine Bochumer Philosophisches Jahrbuch für Antike und Mittelalter Bibliotheca reformatoria Neerlandica Berner Reihe Philosophische Studien Bibliotheca Salmanticensis, Estudios Bibliothek der Symbole und Glaubensregeln der Alten Kirche (Hahn 3 1897) Bulletin de la Socie´te´ Nationale des Antiquaires de France Bochumer Studien zur Philosophie Biblioteca di scienze religiose Bibliothe`que de the´ologie historique Buch und Wissenschaft Byzantinische Zeitschrift Beihefte zur Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft

CAG Cass. Cath. CChr.SG CChr.SL CF CGT ChHe CivCatt ClF.S ClR CM CollAug CollLac CollLat Com(F) Conc(D) Cont. CorPat CoTe CP

Commentaria in Aristotelem Graeca Cassiciacum Catholicisme. Hier − Aujourd’hui − Demain (Jacquemet) Corpus Christianorum. Series Graeca Corpus Christianorum. Series Latina Collectanea Friburgensia Contemporary Greek Theologians Christ heute Civilta` cattolica Classical Folia. Supplement Classical Review Classica et mediaevalia Collectanea Augustiniana Acta et decreta sacrorum conciliorum recentiorum (Collectio Lacensis) Collection Latomus Communio (Paris) Concilium. Internationale Zeitschrift für Theologie Contubernium Corona patrum Collana di teologia Classical Philology

XIV

Abkürzungen und Siglen

CPE´gl CPG CPL CPMA CPT CQ CR CRAI CrSt CSCO.S CSEL CSLP CStS CTHPh CTJ CTPS CTQ CTSt CUFr CUSJJ CWS

Connaissance des Pe`res de l’E´glise Clavis patrum Graecorum (Geerard u. a.) Clavis patrum Latinorum (Dekkers u. a. 31995) Corpus Philosophorum Medii Aevi Cambridge Patristic Texts The Classical Quarterly Corpus reformatorum Comptes rendus des se´ances de l’Acade´mie des Inscriptions et Belles Lettres Cristianesimo nella storia Corpus scriptorum Christianorum orientalium. Scriptores Syri Corpus scriptorum ecclesiasticorum Latinorum Corpus scriptorum Latinorum Paravianum Collected Studies Series Cambridge Texts in the History of Philosophy Calvin Theological Journal Collection the´ologie, pastorale et spiritualite´ Concordia Theological Quarterly Collana di testi storici Collection des universite´s de France (Association G. Bude´) Cahiers de l’Universite´ Saint Jean de Je´rusalem The Classics of Western Spirituality

DCB DHGE Did(L) DiKi Dix. DK DoC Dokim. DomSt DOP DPAC DR DSp DST DT DThC E´AA ˆ E´AMA

A Dictionary of Christian Biography (Smith/Wace) Dictionnaire d’histoire et de ge´ographie eccle´siastique Didaskalia. Revista de Faculdade de Teologia Lisbo˜a Dialog der Kirchen XVIIe sie`cle. Revue Fragmente der Vorsokratiker (Diels/Kranz) Doctor communis Dokimion Dominican Studies Dumbarton Oaks Papers Dizionario patristico e di antichita` cristiane Downside Review Dictionnaire de spiritualite´ De stoere taenkere Divus Thomas Dictionnaire de the´ologie catholique (Collection des) E´tudes augustiniennes. Se´rie Antiquite´ ˆ ge et Temps Mo(Collection des) E´tudes augustiniennes. Se´rie Moyen A dernes Edinburgh Bibliographical Society Transactions The Eastern Churches Quarterly Enzyklopädie des Märchens Estudios eclesia´sticos Europäische Hochschulschriften European Journal of Theology Electronic Antiquity Entretiens sur l’antiquite´ classique (Fondation Hardt) Encyclopedia of Philosophy Ecclesiae Occidentalis Monumenta Iuris Antiquissima (Turner) E´chos d’Orient

EBST ECQ EdM EE EHS EJTh ElAnt EnAC EncPh EOMIA E´Or

Abkürzungen und Siglen E´PhM Epim. E´PRO E´RCDO EspCrist.T EstAg EstTrin EThL EThSt EuA EurCul EvTh

E´tudes de philosophie me´die´vale Epimeleia E´tudes pre´liminaires aux religions orientales dans l’Empire romaine E´tudes et recherches (Ottawa) Espan˜a cristiana. Textos Estudio agustiniano Estudios trinitarios Ephemerides theologicae Lovanienses Erfurter theologische Studien Erbe und Auftrag European Cultures. Studies in Literature and the Arts Evangelische Theologie

FaCh FC FCCO FChLDG FFC FIP.T FKDG FKGG FlorPatr FMSt FoiViv Francia FrFor FSÖTh FuF Fund. FZPhTh

The Fathers of the Church Fontes Christiani Codificazione canonica orientale. Fonti Forschungen zur christlichen Literatur- und Dogmengeschichte Folklore Fellows Communications Franciscan Institute Publications. Text Series Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte Forschungen zur Kirchen- und Geistesgeschichte Florilegium Patristicum Frühmittelalterliche Studien Foi vivante Francia. Forschungen zur westeuropäischen Geschichte Franziskanische Forschungen Forschungen zur systematischen und ökumenischen Theologie Forschungen und Fortschritte Collec¸a˜o Fundamenta (Lissabon) Freiburger Zeitschrift für Philosophie und Theologie

GCS ˚ GHA GK Gn. GNO GPE GPTh Gr. GRBS GRM GuL GutJb GW

Die griechischen christlichen Schriftsteller Göteborgs Högskolar a˚rsskrift Gestalten der Kirchengeschichte (Greschat) Gnomon Gregorii Nysseni Opera (Jaeger u. a.) Geschichte der Philosophie in Einzeldarstellungen Great Political Thinkers Gregorianum Greek, Roman and Byzantine Studies Germanisch-romanische Monatsschrift Geist und Leben Gutenberg-Jahrbuch Gesamtkatalog der Wiegendrucke

HCS HDAC HDG HegSt HeyJ HJ HSCP HTh.B HThR

Hellenistic Culture and Society Histoire des doctrines de l’antiquite´ classique Handbuch der Dogmengeschichte Hegel-Studien Heythrop Journal Historisches Jahrbuch der Görres-Gesellschaft Harvard Studies in Classical Philology History and Theory. Beiheft Harvard Theological Review

XV

XVI

Abkürzungen und Siglen

HUTh HWbPh HZ

Hermeneutische Untersuchungen zur Theologie Historisches Wörterbuch der Philosophie Historische Zeitschrift

ICMR IJPR IJSTh ILPP Int. IP Ire´n. ISPh Ist. ItAug IThQ IThS

Islam and Christian-Muslim Relations International Journal for Philosophy of Religion International Journal of Systematic Theology International Library of Psychology, Philosophy and Scientific Method Interpretation. A Journal of Bible and Theology Instrumenta patristica Ire´nikon. Revue des moines de Chevetogne International Studies in Philosophy Istina Itine´raires Augustiniens Irish Theological Quarterly Innsbrucker theologische Studien

JAC JAC.E JCPh.S JECS JEHC JHP JLT JÖB JÖBG JR JRS JThS

Jahrbuch für Antike und Christentum Jahrbuch für Antike und Christentum. Ergänzungsband Jahrbücher für Classische Philologie. Supplementband Journal of Early Christian Studies Journal of Ecclesiastical History Journal of the History of Philosophy (Journal of) Literature and Theology Jahrbuch der Österreichischen Byzantinistik Jahrbuch der Österreichischen Byzantinischen Gesellschaft The Journal of Religion The Journal of Roman Studies The Journal of Theological Studies

KantSt Kath KD KGQS KIG Kl. KlAu Koin(N) KonGe.U KPS Krit. KuD KVHAA.F

Kant-Studien Der Katholik Kirchliche Dogmatik (Barth) Kirchengeschichtliche Quellen und Studien Die Kirche in ihrer Geschichte KlhronomiÂa (Thessaloniki) Klassiker auslegen Koinonia (Neapel) Konziliengeschichte. Reihe B: Untersuchungen Klassisch-philologische Studien Kriterien Kerygma und Dogma Kungl. Vitterhets Historie och Antikvitets Akademiens, Filologisk-filosofiska serien

LACL Lat. Latom. LCL LCP LessY LetBib LitHw LMA

Lexikon der antiken christlichen Literatur (Döpp/Geerlings 32002) Lateranum Latomus Loeb Classical Library Latinitas Christianorum primaeva Lessing Yearbook Letture bibliche Literarischer Handweiser (zunächst für das katholische Deutschland) Lexikon des Mittelalters

Abkürzungen und Siglen

XVII

LStCPh LThK

Leipziger Studien zur Classischen Philologie Lexikon für Theologie und Kirche

MA May. MBTh MCass MCom Med. MeH MesOrth MGH.AA MGH.Conc MilMed MJTh ML.H ML.P ML.T MM MMHST MoTh MPF MRSt(L) MS MSM MSR MStPh MThS.S MThSt MThZ MySal NAWG.PH

NRTh NSchol NSGTK NSyHL NW NZSTh

Miscellanea Agostiniana Maye´utica. Revista semestral de los Agustinos recoletos Münsterische Beiträge zur Theologie Miscellanea Cassinese Miscela´nea Comillas Mediaevalia. A Journal of Mediaeval Studies Medievalia et Humanistica Le messager orthodoxe Monumenta Germaniae historica. Auctores antiquissimi Monumenta Germaniae historica. Concilia Millenio Medievale Marburger Jahrbuch Theologie Museum Lessianum, Section historique Museum Lessianum, Section philosophique Museum Lessianum, Section the´ologique Miscellanea mediaevalia Münchner Monographien zur historischen und systematischen Theologie Modern Theology Monographien zur philosophischen Forschung Mediaeval and Renaissance Studies (London) Mediaeval Studies Modern Schoolman Me´langes de science religieuse Modern Studies in Philosophy Münchener theologische Studien. Systematische Abteilung Marburger Theologische Studien Münchener theologische Zeitschrift Mysterium Salutis. Grundriß heilsgeschichtlicher Dogmatik Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Philologischhistorische Klasse New Blackfriars Nederlands theologisch tijdschrift Nag Hammadi [seit Bd. 36: and Manichaean] Studies Nicolaus. Rivista di teologia ecumenico-patristica Noctes Romanae A Select Library of the Nicene and Post-Nicene Fathers of the Christian Church Nouvelle revue the´ologique New Scholasticism Neue Studien zur Geschichte der Theologie und Kirche The New Synthese Historical Library The Northern World Neue Zeitschrift für Systematische Theologie

ÖBS OCP OCT OECS ´ ´I O OrthFor

Österreichische biblische Studien Orientalia Christiana Periodica Oxford Classical Texts Oxford Early Christian Studies ´ kereszte´ny ´Iro´k O Orthodoxes Forum

NBl NedThT NHS Nic. NocRom NPNF

XVIII PAC Pac. Par. Parad. PatSor PatSt PBA PeSto PG PGRGK Ph. PhA PhAnt PhAVAS PhB PhJ PhR PhRev Phron. PhTSt PhU PiLi PJSPS PL Plat. PlatLat PLRARP PLS PMS POK PP PPMRC PravMysl PravSob PRE PRIFV ProEcc ProOr PRP PrPh PSV PTS PUCSC QD QF QFGBW QSGP QSP

Abkürzungen und Siglen Prosopographie de l’Afrique chre´tienne (303–533) (Mandouze) Pacifica. Australian Theological Studies Paradosis Paradeigmata Patristica Sorbonensia Patristic Studies Piccola Biblioteca Agostiniana Il pensiero e la storia Patrologiae [. . .] Series Graeca (Migne) Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde Philologus Philosophische Abhandlungen Philosophia antiqua Philosophie der Antike. Veröffentlichungen der Karl-und-Gertrud-AbelStiftung Philosophische Bibliothek Philosophisches Jahrbuch Philosophische Rundschau Philosophical Review Phronesis. A Journal for Ancient Philosophy Philosophische Texte und Studien Philosophische Untersuchungen Pietas Liturgica. Studia Patristica. Proceedings of the Japanese Society for Patristic Studies Patrologiae [. . .] Series Latina (Migne) PlaÂtvn (Athen) Corpus Platonicum Medii Aevi. Plato Latinus Poetarum Latonorum reliquiae. Aetas rei publicae Patrologiae Latinae supplementum (Hamman) Publications in Mediaeval Studies Pisma Ojco´w Kos´cioła Philosophia patrum Proceedings of the Patristic, Mediaeval and Renaissance Conference Православная мысль Православный собеседник

Paulys Real-Encyclopädie der classischen Alterthumswissenschaft (hg. von Wissowa u. a.) Philosophica. Revista del Instituto de Filosofia de la Universidad Catolica de Valparaiso Pro Ecclesia. A Journal of Catholic and Evangelical Theology Pro Oriente Philosophie und Realistische Phänomenologie Prima philosophia Parola spirito e vita Patristische Texte und Studien Pubblicazioni della Universita` Cattolica del Sacro Cuore Quaestiones disputatae Les quatre fleuves Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg Quellen und Studien zur Geschichte der Philosophie Quellen und Studien zur Philosophie

Abkürzungen und Siglen RAC RAC.S RAE RaFe RAMi RBe´n RE RE´A RE´Aug RE´Byz ReC RechAug RE´L RelC RelCult RET RevAg RevSR RFNS RH RHE Rhet. RhM RHPhR RHR RITh ROS RPARA RRFC RSC RSF RSI RSR RThAM RThom RThPh RThPhM RTL RTR RUO RWA SacDoc SAPERE SAPh SAWW.PH SBNE SBW SC ScC ScEc

XIX

Reallexikon für Antike und Christentum Reallexikon für Antike und Christentum. Supplement-Bd. Rivista agustiniana de espiritualidad Ragione & fede Rivista di ascetica e mistica Revue be´ne´dictine Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche Revue des e´tudes anciennes Revue des e´tudes augustiniennes (seit 2004: Revue d’e´tudes augustiniennes et patristiques) Revue des e´tudes byzantines Russie et chre´tiente´ Recherches augustiniennes Revue des e´tudes latines Religione e cultura Religio´n y cultura Revista espan˜ola de teologia Revista agustiniana Revue des sciences religieuses Rivista di filosofia neo-scolastica Revue historique Revue d’histoire eccle´siastique Rhetorica. A Journal of the History of Rhetoric Rheinisches Museum für Philologie Revue d’histoire et de philosophie religieuses Revue de l’histoire des religions Revue internationale de the´ologie Radical Orthodoxy Series Rendiconti della Pontificia Accademia Romana di Archeologia Rivista Rosminiana di filosofia e di cultura Rivista di studi classici Rivista di storia della filosofia Rivista storica italiana Recherches de science religieuse Recherches de the´ologie ancienne et me´die´vale Revue thomiste Revue de the´ologie et de philosophie Recherches de the´ologie et philosophie me´die´vales Revue the´ologique de Louvain The Reformed Theological Review Revue de l’Universite´ d’Ottawa Reihe Wort und Amtwort Sacra Doctrina Scripta antiquitatis posterioris ad ethicam religionemque pertinentia Studien zur antiken Philosophie Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-historische Klasse Studi bizantini e neoellenici Studien der Bibliothek Warburg Sources Chre´tiennes Scuola Cattolica Sciences eccle´siastiques

XX ScEs Schol. SCL ScPoet Scr. ScrLat ScrTh ScuPlat SE SEAug SECT SEPR SEstTrin SGKA SGLG SGOE SHCT SHR SJTh SKG.G SKPh SlgHor SLS SMLT SMSR SMT SÖAW.PH Soph. SPAA SPAMP SPAW Spec. SPHP SpicBon SPOS SR SSAC SSL SSPh STA StAns StCr SThE SThSt StMed StMor STO StOR StPatr

Abkürzungen und Siglen Science et esprit Scholastik Sather Classical Lectures Scientia poetica Scriptorium Scriptores Latini. Bibliotheca Bononiensis Licinii Cappelli Scripta theologica La Scuola di Platone Sacris erudiri Studia ephemeridis ‘Augustinianum’ Sources of Early Christian Thought Studies in Ethics and the Philosophy of Religion Semanas de estudios trinitarios Studien zur Geschichte und Kultur des Altertums Studia Graeca et Latina Gothoburgensia Studien zur Geschichte Osteuropas Studies in the History of Christian Thought Studies in the History of Religions Scottish Journal of Theology Schriften der Königsberger Gelehrten Gesellschaft, Geisteswissenschaftliche Klasse Studien zur klassischen Philologie Sammlung Horizonte Studia Latina Stockholmiensia Sammlung mittellateinischer Texte Studi e materiali di storia delle religioni Studies in Medieval Thought − Chu¯sei shiso¯ kenkyu¯ (Kyoto) Sitzungsberichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-historische Klasse SofiÂa. Fonti e studi di storia della filosofia Spicilegium Pontificii Athenaei Antoniani Studien zur Problemgeschichte der antiken und mittelalterlichen Philosophie Sitzungsberichte der (königlich) Preußischen Akademie der Wissenschaften Speculum. A Journal of Mediaeval Studies Studies in Philosophy and the History of Philosophy Spicilegium Bonaventurianum Sanctorum patrum opuscula selecta Studies in Religion Sussidi allo studio delle antichita` cristiane Spicilegium sacrum Lovaniense Salzburger Studien zur Philosophie Studia et testimonia antiqua Studia Anselmiana Storia del Cristianesimo Studien zur theologischen Ethik Salzburger Theologische Studien Studi medievali Studia moralia Studien zur Triadik und Ontodynamik Studies in Oriental Religions Studia patristica

Abkürzungen und Siglen

XXI

StPh.S STPIMS StT StTeol StTom Stud. SU SuPa SusEr SVF SVigChr SVTQ SyHL Sym.

Studia philosophica. Supplementum Studies and Texts (Pontifical Institute of Mediaeval Studies) Studi e testi (Biblioteca Apostolica Vaticana) Studii teologice (Bukarest) Studi tomistici Studium. Rivista mensile di vita e di cultura Studia Urbaniana Sussidi patristici Sussidi eruditi Stoicorum veterum fragmenta (v. Arnim) Supplements to Vigiliae Christianae St. Vladimir’s Theological Quarterly Synthese Historical Library Symposion

TABG TaS TBAW TCH TDSA The´m. Theol(A) The´ol(P) Theoph. ThGl ThH ThJb(L) ThLBl(B) ThLZ Thom. ThPh ThQ ThR ThRv ThTo ThZ TKTG TPAPA TPB Tr. TRE TrinJ TRSR TS TSNSP TSR TSTP TThSt TThZ TTS TU TyV

Theologische Arbeiten zur Bibel-, Kirchen- und Geistesgeschichte Texts and Studies Tübinger Beiträge zur Altertumswissenschaft The Transformation of the Classical Heritage Testi e documenti per lo studio dell’antichita` The´mata. Revista de filosofı´a UeologiÂa (Athen) The´ologie (Paris) Theophaneia. Beiträge zur Religions- und Kirchengeschichte des Altertums Theologie und Glaube The´ologie historique Theologisches Jahrbuch (Leipzig) Theologisches Literaturblatt (Bonn) Theologische Literaturzeitung The Thomist Theologie und Philosophie Theologische Quartalschrift Theologische Rundschau Theologische Revue Theology Today (Princeton) Theologische Zeitschrift Texte zur Kirchen- und Theologiegeschichte Transactions and Proceedings of the American Philological Association Tübinger phänomenologische Bibliothek Traditio Theologische Realenzyklopädie Trinity Journal Testi e ricerche di scienze religiose Theological Studies Testi della Scuola Normale Superiore di Pisa Texts and Studies in Religion Tübinger Studien zur Theologie und Philosophie Trierer Theologische Studien Trierer Theologische Zeitschrift Tübinger Theologische Studien Texte und Untersuchungen Teologia y vida

XXII

Abkürzungen und Siglen

UALG UCPCP

Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte University of California Publications in Classical Philology

VD VerfLex VetChr VGI VIEG

Verbum Domini Die deutsche Literatur des Mittelalters: Verfasserlexikon (21978 ff.) Vetera Christianorum Veröffentlichungen des Grabmann-Instituts Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Abteilung abendländische Religionsgeschichte Vigiliae Christianae Veröffentlichungen der Kommission für die Herausgabe ungedruckter Texte aus der mittelalterlichen Geisteswelt Vetus Latina. Die Reste der altlateinischen Bibel Veröffentlichungen des Osteuropa-Institutes München. Reihe Geschichte Vox patrum (Lublin) Vox scripturae. Revista teolo´gica brasileira Vie spirituelle

VigChr VKHUT VL VOIM.G VoxPa VoxSc VS WdF WieWei WissWeltb WJTh WSAMA WSt WSt.B WuG WUNT WZ(H).GS

Wege der Forschung Wissenschaft und Weisheit Wissenschaft und Weltbild Wiener Jahrbuch für Theologie Walberger Studien der Albertus Magnus-Akademie Wiener Studien Wiener Studien, Beiheft Wissenschaft und Gegenwart Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament Wissenschaftliche Zeitschrift der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe

ZAC ZAM ZDA Zet. ZGF ZHTh ZKG ZKTh ZNW ZPhF ZPPK ZRGG ZThK ZVVK

Zeitschrift Zeitschrift Zeitschrift Zetemata Zeitschrift Zeitschrift Zeitschrift Zeitschrift Zeitschrift Zeitschrift Zeitschrift Zeitschrift Zeitschrift Zeitschrift

für antikes Christentum für Askese und Mystik für deutsches Altertum und deutsche Literatur für Ganzheitsforschung für die historische Theologie für Kirchengeschichte für katholische Theologie für die neutestamentliche Wissenschaft für philosophische Forschung für Philosophie und philosophische Kritik für Religions- und Geistesgeschichte für Theologie und Kirche des Vereins für Volkskunde

Einführung Seit fast sechzehnhundert Jahren gilt Augustins De trinitate als grundlegender Entwurf der Trinitätslehre. Wer in den mittelalterlichen und neuzeitlichen christlichen Kulturen, die aus der lateinischen Westhälfte des Römischen Reiches hervorgegangen sind, über die Dreifaltigkeit wissenschaftlich nachdenkt, bedient sich in aller Regel zentraler Argumente und Begriffe aus diesem Hauptwerk des antiken Christentums. Sogar Theologen, die das Erbe des augustinischen Trinitätsdenkens ausschlagen wollen, verzichten nur selten gänzlich auf Denkfiguren und Termini des ungeliebten Kirchenvaters. Noch weit über die Trinitätstheologie hinaus haben Überlegungen, die Augustinus in De trinitate erstmals entfaltet, seither in Reflexionen über fundamentale Kategorien wie Substanz und Relation oder über Gottebenbildlichkeit und Selbstbewußtsein des Menschen Spuren hinterlassen. Ein herausragender Kenner der Theologiegeschichte spricht vom »gedankentiefsten Werk der christlichen Theologie«.1 Die Tiefe dieser rätselumwobenen Schrift ist noch längst nicht ausgelotet. Trotz der Vielzahl von Forschungsarbeiten im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert sind bestimmte zentrale Themen und Passagen lange Zeit kaum behandelt worden. Doch in den letzten Jahrzehnten sind bemerkenswerte neue Interpretationen gelungen, vor allem aus drei Gründen: Erstens befreite sich die lange Zeit überwiegend katholisch dominierte Augustinusforschung im Laufe des zwanzigsten Jahrhunderts allmählich von einem neuscholastischen Blickwinkel, aus dem heraus manche Ideen Augustins sehr scharf erkennbar, andere aber unsichtbar gewesen waren. Zweitens interessieren sich zunehmend Philosophen für Augustins Werk über die Trinität, das zuvor fast ausschließlich den Theologen überlassen worden war − und sie machen auf früher kaum verstandene Entdeckungen Augustins aufmerksam. Drittens ist der Verlauf des Streites um die Trinitätslehre, der das vierte Jahrhundert beherrschte, in den vergangenen drei Jahrzehnten präziser als vorher erkundet worden, so daß der theologiegeschichtliche Hintergrund von 1

M. Grabmann, Augustins Lehre von Glauben und Wissen und ihr Einfluß auf das mittelalterliche Denken, in: Ders./J. Mausbach (Hgg.), Aurelius Augustinus. Die Festschrift der Görres-Gesellschaft zum 1500. Todestage des heiligen Augustinus, Köln 1930, 87–110; hier 92. Kurt Flasch zitiert dieses Diktum, warnt aber davor, De trinitate nur der Theologie (im neuzeitlichen Sinne des Wortes) zuzuweisen und die philosophische Leistung des Werkes zu vergessen (Augustin. Einführung in sein Denken, Stuttgart 21993 [zuerst 1980], 327).

2

Einführung

De trinitate langsam klarer hervortritt. Sinn und Gedankengang des Werkes können durch diese drei Tendenzen in ein neues Licht rücken und eine überraschende Plausibilität gewinnen. In der Systematischen Theologie allerdings hat sich im zwanzigsten und beginnenden einundzwanzigsten Jahrhundert der Eindruck verbreitet, die Trinitätslehre Augustins sei eine schwer belastende Hypothek westlichen Denkens, deren man sich endlich entledigen müsse. Wenn die wohl bedeutendsten Vertreter der Trinitätstheologie des zwanzigsten Jahrhunderts sich in etwas einig sind, dann in der Absicht, eine Trinitätstheologie augustinischen Typs überwinden zu wollen. So ist für Karl Barth die Offenbarung Gottes im Wort die einzig legitime Quelle der Theologie; Augustinus dagegen habe mit seiner Theorie kreatürlicher vestigia trinitatis eine zweite Quelle auftun wollen und damit eine fatale denkerische Tradition begründet, die am Ende in den modernen Atheismus gemündet sei. Karl Rahner macht Augustins »psychologische« Trinitätslehre für die Trinitätsvergessenheit weiter Strecken der abendländischen Theologie- und Kirchengeschichte verantwortlich, weil der Kirchenlehrer sich das Innere Gottes auszumalen versucht habe, statt von der biblischen Heilsgeschichte auszugehen. Hans Urs von Balthasar bemängelt die bloß innerpersonale Trinitätsspekulation Augustins und will sie durch eine interpersonale Deutung ergänzen. Für Jürgen Moltmann ist Augustinus ein verkappter Modalist, dessen monotheistische Reduktion der Trinität katastrophale theologische und politische Folgen in Westeuropa und Nordamerika gezeitigt habe. Wolfhart Pannenberg will mit seiner Trinitätstheologie gerade das Problem lösen, das Augustinus verfehlt und als unbewältigte Aufgabe hinterlassen habe, nämlich zu zeigen, wie die Einheit des göttlichen Wesens durch die trinitarischen Relationen konstituiert werde. Ob diese und ähnliche neuere Vorbehalte wirklich Augustinus treffen, ob die Vorschläge zu einer Umgestaltung dieses dogmatischen Traktats tragfähiger als Augustins Konzeption sind, darüber wird in der vorliegenden Arbeit einiges zu sagen sein. Schon hier sei angedeutet, daß solche Einwände zumeist Interpretationen von De trinitate entspringen, die heute als überholt gelten müssen. Freilich ist niemandem wegen mangelnder Kenntnis des Forschungsstandes ein Vorwurf zu machen. Über Augustins De trinitate hat sich in den vergangenen anderthalb Jahrhunderten eine zentnerschwere Decke aus bedrucktem Papier gelegt. In immer kürzeren Abständen verdoppelt sich die Masse der Fachliteratur. Rund 650 Bücher und Aufsätze in gut einem Dutzend Sprachen sind ganz oder in Hauptteilen Augustins Trinitätslehre gewidmet, Hunderte anderer Publikationen ergänzen sie um wichtige Aspekte − und des Büchermachens ist kein Ende. Michael Schmaus versuchte in seiner 1927 publizierten Dissertation als bisher letzter, die gesamte (damals freilich noch vergleichsweise leicht überschaubare) Literatur zur Kenntnis zu nehmen, doch widmete er ihr keine zusammenhängende Besprechung.2 Selbst innerhalb der Spezialforschung zu De trinitate wie2 M. Schmaus, Die psychologische Trinitätslehre des hl. Augustinus, MBTh 11, Münster 1927, Nachdruck mit einem Nachtrag und Literaturergänzungen, Münster 1967/69.

Fragestellung

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derholen sich vermeintlich neue Erkenntnisse und Interpretationen in wachsender Häufigkeit und vielfach unbemerkt. Oftmals wird längst Widerlegtes behauptet oder eine bereits beantwortete Frage umständlich erneut gestellt.3 Um so weniger kann man von Vertreterinnen und Vertretern anderer Fächer, etwa der Systematischen Theologie und Philosophie, eine Kenntnis des aktuellen status quaestionis zu Augustinus erwarten. Dafür ist bisher eine mehrjährige Einarbeitung erforderlich gewesen. Angesichts dieser Lage ist die Versuchung groß, sich an die Standardmeinungen der Lehrbücher zu halten oder Augustins Werk ohne viel Sekundärliteratur auf eigene Faust zu deuten. Doch Forschung sollte sich als dialogisches Voranschreiten einer scientific community vollziehen und kann sich ein Vergessen von schon Erreichtem nur um den Preis leisten, sich immerfort im Kreise zu drehen. Aus diesem Grund bieten die folgenden elf Kapitel eine kritische Bilanz und Revision der Forschung, die seit der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts zu Augustins Trinitätslehre geleistet wurde. Bleibende Ergebnisse und offene Fragen werden dokumentiert, die referierten Meinungen, wenn nötig und möglich, in selbständigem Urteil an den antiken Quellen gemessen und um eigene neue Beobachtungen ergänzt. Zugleich soll im Spiegel der Forschungsgeschichte der ungeheure Perspektivenreichtum von Augustins De trinitate erschlossen werden, der in spezielleren Studien zwangsläufig verdeckt bleibt. Doch darin erschöpft sich der Zweck des Berichtes nicht. In seinem Verlauf wird sich erweisen, daß die neueste Forschung in einen Zwiespalt geraten ist: Entweder wird De trinitate ganz und gar theologisch gedeutet − aus diesem Blickwinkel erscheinen die ausführlichen geistphilosophischen Partien des Werkes als bloße Illustrationen, die im Grunde entbehrlich sind. Oder man sieht in dem Werk eine bahnbrechende philosophische Analyse des menschlichen Geistes − dann erscheinen die biblischen und trinitätstheologischen Beweisgänge als lästiges Beiwerk, auf das man getrost verzichten kann. Die beiden jüngsten Monographien über De trinitate, die theologische von Studer und die philosophische von Brachtendorf, verkörpern diese Betrachtungsweisen und scheinen nicht mehr vom selben Werk zu handeln.4 Die neuzeitliche Trennung von Theologie und Philosophie scheint aus methodischen Gründen unausweichlich in dieses Dilemma der Interpretation zu führen, das jedoch nach Auflösung verlangt. Denn wer sich einmal auf das Abenteuer eingelassen hat, Augustinus auf seinen langen Gedankengängen bis in die unwegsamsten Regionen des Denkens und der Gotteserfahrung zu begleiten, dem wird die Meinung nicht mehr einleuchten, daß man Augustins Denkweg auch um die Hälfte abkürzen könne. Im zwölften, abschließenden Kapitel des vorliegenden Buches wird daher versucht, den Zusammenhang theologiegeschichtlicher und philosophiegeschichtlicher Hintergründe von De trinitate heller auszuleuchten. Von daher

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Beispiele unten Anm. 336, 457 und 1535 sowie S. 126 f. und 335. Siehe unten S. 146 ff. und 155 ff.

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Einführung

wird eine Deutung des Werkes vorgeschlagen, die der charakteristisch antiken Synthese von theologischen und philosophischen Aspekten Rechnung tragen und die Einheit dieses Werkes rehabilitieren soll. Alle modernen Arbeiten gehören zur Rezeptionsgeschichte von Augustins Werk über die Trinität. Diese Geschichte könnte man mit spätantiken Autoren wie Vinzenz von Le´rins, Prosper von Aquitanien und Boethius beginnen lassen und über Alkuin und Anselm von Canterbury bis zu Thomas von Aquin verfolgen. Man könnte über Dietrich von Freiberg, die spätmittelalterliche und reformatorische Theologie, die humanistische Philosophie, die protestantische Orthodoxie und die katholische Scholastik der Barockzeit bis in die Epochen der Aufklärung und des Idealismus gelangen. Die Darstellung dieser Rezeption eines fundamentalen Textes hätte den Rahmen des vorliegenden Buches bei weitem gesprengt. Lediglich ein paar Grundlinien werden im Kapitel über die Erforschung der Wirkungsgeschichte von De trinitate nachgezeichnet. Das Jahr 1841 liefert eine willkommene Zäsur, hinter welche die folgende Bilanz der Forschung nur in Ausnahmefällen zurückgeht. Zum einen kam in diesem Jahr der De trinitate enthaltende Band der Opera omnia Augustins, herausgegeben von Jacques-Paul Migne, auf den Markt. Dieser Nachdruck der Mauriner-Edition diente als Pilotprojekt, aus dem die Patrologia Latina et Graeca hervorging, die in vielen Teilen, allen Mängeln zum Trotz, bis heute die Textbasis patristischer und byzantinistischer Forschung ist.5 Zweitens publizierte Heinrich Ritter 1841 den großen Augustinus-Teil seiner zwölfbändigen, im Geiste Schleiermachers verfaßten Geschichte der Philosophie und führte darin De trinitate als Beispiel des seiner Meinung nach unfruchtbaren Widerspruchs im augustinischen Denken zwischen heidnisch-philosophischer Reflexion und christlicher Gnadenerfahrung vor.6 Fortan versuchte fast anderthalb Jahrhunderte lang kaum mehr jemand, Augustins Trinitätslehre im Rahmen der antiken Philosophiegeschichte darzustellen. Erst in der Gegenwart wird dies wieder unternommen. Drittens erschien 1841 der erste Band von Ferdinand Christian Baurs großer Geschichte des Trinitätsdogmas, dessen letzter Abschnitt ein sechzig Seiten langes Kapitel über Augustins De trinitate einschließt.7 Baurs Werk ist auf dem Gebiet der Theologie- und Dogmengeschichte eine der Gründungsurkunden jener auf die Rekonstruktion geschichtlich-geistiger Entwicklung zielenden Methoden des neunzehnten Jahrhunderts, die für den Umgang mit Geschichte seither prägend gewesen sind. Mit Baur, so darf man insofern sagen, beginnt die moderne Erforschung von Augustins De trinitate. Ein ausführlicher Überblick über diesen Wissenszweig ist bisher noch nie erstellt worden.8 Mehrere bibliographische Hilfsmittel stehen zur Verfügung. 5

Siehe unten S. 12. Siehe unten S. 249. 7 Siehe unten S. 311 ff. 8 Die Sammelrezensionen von H. Dörries (Fünfzehn Jahre Augustin-Forschung, ThR N. F. 1, 1929, 217–240) und H. v. Campenhausen (Neuere Augustin-Literatur, ThR N. F. 6

Bibliographien

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Seit 1949 bibliographiert das Bulletin augustinien jährlich die Augustinusliteratur und rezensiert sie vielfach kurz.9 Das von Cornelius P. Mayer herausgegebene Corpus Augustinianum Gissense verzeichnet derzeit mehr als 30.000 Titel der Augustinusforschung − ein niederschmetternder Fall von overkill. Jede hier erfaßte Publikation erhält lateinische Schlagwörter zugewiesen. Daraus können Schnittmengen gebildet werden. Allerdings führt diese großenteils aus zweiter Hand gearbeitete Liste öfters Titel an, die nur am Rande mit dem zugeordneten Schlagwort zu tun haben. Umgekehrt erhält man unter einem Schlagwort nicht immer alle wichtigen Arbeiten.10 Anders als das Corpus beruht der ebenfalls laufend aktualisierte, seit 1979 bestehende Zeitschrifteninhaltsdienst Theologie der Tübinger Universitätsbibliothek durchweg auf Autopsie. Über 600 theologische Fachzeitschriften aus aller Welt werden regelmäßig ausgewertet, zusätzlich sind mittlerweile fast 3.000 Kongreß- und Festschriften sowie viele Internetquellen verschlagwortet. Über diverse Recherchefunktionen lassen sich hier die neuesten Aufsätze auch zu Augustins Trinitätslehre finden.11 Andere Bibliographien sind darum weitgehend entbehrlich.12 Von begrenztem Nutzen sind 17, 1948/49, 51–72) enthalten wenig zu De trinitate. Etwas mehr bieten einige kurze Passagen in den eindrucksvollen Berichten von R. Lorenz: Augustinliteratur seit dem Jubiläum von 1954, ThR N. F. 25, 1958/59, 1–75; ders., Zwölf Jahre Augustinusforschung (1959–1970), ThR N. F. 38, 1973/74, 292–333; 39, 1974/75, 95–138; 253–286; 331–364; 40, 1975, 1–41; 97–149; 227–261. Eine kurze Typologie gibt R. Kany, Typen und Tendenzen der De Trinitate-Forschung seit Ferdinand Christian Baur, in: J. Brachtendorf (Hg.), Gott und sein Bild. Augustins De Trinitate im Spiegel der Forschung, Paderborn u. a. 2000, 13–28 (aktualisiert unten S. 393 ff.). 9 Das Bulletin augustinien erschien zuerst in L’anne´e the´ologique 10, 1949 – 11, 1950, dann in deren Fortsetzung L’anne´e the´ologique augustinienne 12/1 fasc. 4, 1951 – 13, 1954, seither in der Revue des e´tudes augustiniennes 1 ff., 1955 ff. bzw. Revue d’e´tudes augustiniennes et patristiques 50 ff., 2004 ff. − Das Bulletin ist erschlossen durch: H. Rochais, Revue des e´tudes augustiniennes. Tables des tomes I (1955) – XXX (1984) (zusammen mit: G. Madec, Table de la »Bibliothe`que augustinienne«), Paris 1986, s. v. Trinite´ bzw. De Trinitate. 10 CAG. Corpus Augustinianum Gissense a Cornelio Mayer editum, CD, Basel 1995; 22004. Die ständig aktualisierte Literaturdatenbank ist im Internet verfügbar (www.augustinus.de). Am 28. Juli 2007 enthielt sie 753 Titel Sekundärliteratur zu De trinitate und 856 zum Stichwort trinitas. 11 Zuletzt benutzte Ausgabe: Index theologicus (IxTheo). Zeitschrifteninhaltsdienst Theologie der Universitätsbibliothek Tübingen, Internetausgabe Juli 2007. 12 Etwa: Bibliographia patristica, in Verbindung mit vielen Fachgelehrten hg. von W. Schneemelcher (seit 1986 von K. Schäferdiek), Bd. 1–33/35, Berlin/New York 1959–1997; L’Anne´e Philologique, hg. von J. Marouzeau u.a., Bd. 1 ff., Paris 1928 ff. − Leider hat van Bavel seine durch Genauigkeit, kurze Kommentare und Angabe der wissenschaftlichen Rezensionen unübertroffene Bibliographie der Augustinusforschung von 1950 bis 1960 nicht fortgesetzt: T. van Bavel (avec la collaboration de F. van der Zande), Re´pertoire bibliographique de saint Augustin 1950–1960, IP 3, Steenbrugge 1963 (zu De trinitate ebd. 315–318, zur Trinitätslehre ebd. 821–827). Zeitlich anschließen läßt sich V. Venanzi, Dogma e linguaggio trinitario nei Padri della Chiesa. Un panorama bibliografico 1960– 1972, Aug(R) 13, 1973, 425–453; hier 433–439 (Nr. 84–184) zu Augustinus; vgl. A.-G. Hamman, Bibliografia trinitaria patristica, in: EstTrin 11, 1978, 308–332. − Der Sachkatalog zur Bibliothek des Institut des E´tudes Augustiniennes in Paris als Faksimile: Fichier Augustinien,

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Einführung

für dieses Thema die Literaturverzeichnisse in den meisten gebräuchlichen patristischen Handbüchern und Augustinus-Bibliographien.13 Ihnen ist der Forschungsstand nicht zu entnehmen, obwohl die Autoren fast alle ausgesprochene Augustinusspezialisten sind. Selbst die besten Augustinisten überschauen nämlich nurmehr Ausschnitte aus der Forschung. Darum dürften ausführliche kritische Forschungsberichte zu einzelnen Themen sinnvoll sein. Oder leben wir in einer Epoche der Wissenschaftsgeschichte, in der das Bemühen um ein argumentativ begründetes Bild eines Sachverhalts oder einer historischen Person obsolet ist? So meint ein führender Augustinusforscher, die Vielheit gleichberechtigter Perspektiven und eine totale technische Verfügbarkeit von Originaltexten und Sekundärliteratur brächten legitimerweise all das, was einst als Subjekt und als Objekt der Forschung unterschieden wurde, in unendlich vielen kaleidoskopartigen Brechungen zum Vorschein und letztlich zum Verlöschen, so daß der autonome Gelehrte und schließlich auch »Augustinus« selbst verschwinden müßten.14 Der Verfasser des vorliegenden Buches teilt diese Meinung nicht. Er nähert sich seinem Gegenstand zwar über dessen Vermittlungsinstanzen, nämlich die in apokalyptischem Ausmaß angeschwollene Forschungsliteratur. In diesem »medialen« Zugang zum Thema könnte man einen Ausdruck der condition postmoderne sehen. Aber im Unterschied zur postmodernen Theorie geht der Autor der folgenden Kapitel mit der klassisch-modernen Augustinusforschung davon aus, daß sich innerhalb der vielfältigen Meinungen von und über Augustinus vielfach mit guten Gründen unterscheiden läßt, was wahr ist und was nicht. Es geht nicht um ein opakes Spiel der Zeichen und Diskurse, sondern um das öffentliche Abwägen vernünftiger Argumente − mehr denn je. Fichier − Matie`res, Bd. 1, Boston, Mass. 1972, 372–379; Bd. 2, ebd. 367–373; Premier Supple´ment, Boston, Mass. 1981, 314–316; 446–448; unter den Stichworten De Trinitate und »Trinite´« findet man neben Wichtigem viele Titel, die das Thema nur marginal streifen. 13 A. Trape`, S.Agostino, in: A. Di Berardino (Hg.), Patrologia, Bd. 3, [Genua] 1978, 323– 434; hier 351 f.; 403–405; B. Altaner/A. Stuiber, Patrologie, Freiburg/Basel/Wien 81978, 426 f.; 437 f.; 639 f.; 643; C. Andresen, Bibliographia Augustiniana, Darmstadt 21973, 163– 165; T. L. Miethe, Augustinian Bibliography, 1970–1980, Westport, Conn./London 1982, 34 f.; 106–108; in diesen vier Büchern wurden keine glücklichen Auswahlen getroffen, überdies nennen sie allesamt einzelne Titel, die nie auf dem Buchmarkt erschienen sind und weder über das internationale Fernleihsystem noch im Institutum Patristicum Augustinianum in Rom zu erhalten sind. Auch H. R. Drobner, Lehrbuch der Patrologie, Frankfurt u. a. 22004, 402–404, spiegelt den Forschungsstand zu De trinitate nicht ganz treffend wider. W. Geerlings, Augustinus, LACL, 32002, 78–98; hier 92, nennt die wichtigsten Titel der Forschung. Eine andere Liste in: Ders., Augustinus − Leben und Werk. Eine bibliographische Einführung, Paderborn u. a. 2002, 176–181. − Der Berichterstatter wurde auf mehrere Arbeiten durch E. Schadel, Bibliotheca Trinitariorum. Internationale Bibliographie trinitarischer Literatur, 2 Bde., München u. a. 1984–88, aufmerksam. 14 J. J. O’Donnell, The Next Life of Augustine, in: W. E. Klingshirn/M. Vessey (Hgg.), The Limits of Ancient Christianity [FS R. A. Markus], Ann Arbor 1999, 215–231; hier 230 f. Ausgewogene Replik dazu: R. A. Markus, Evolving Disciplinary Contexts for the Study of Augustine, 1950–2000: Some Personal Reflections, AugSt 32:2, 2001, 189–206.

Erstes Kapitel

Der Text von De trinitate 1. Die handschriftliche Überlieferung Weit über 300 Codices (oder Fragmente davon) aus dem achten bis fünfzehnten Jahrhundert sind bisher bekannt geworden, die den Text von Augustins De trinitate tradieren. Gemessen an den Confessiones und an De civitate dei, deren handschriftliche Überlieferung bis in das fünfte oder sechste Jahrhundert zurückreicht, setzt der Bestand erhaltener, vollständiger Manuskripte von Augustins De trinitate bedauerlich spät ein. Grundlegend ist ein Artikel des Benediktiners Andre´ Wilmart gewesen, der eine Liste mit 237 Handschriften von De trinitate und eine Skizze der Überlieferung bietet. Wilmart gelangte zu dem Ergebnis, daß Augustins De trinitate ungefähr so reich wie die Confessiones (258 Handschriften) und seltener als De civitate dei (376 Handschriften) überliefert sei.15 Die Zahlen sind inzwischen überholt. Ob die Relationen noch haltbar sind, läßt sich derzeit nicht beurteilen. William J. Mountain erweiterte Wilmarts Zusammenstellung um 69 Manuskripte von De trinitate und korrigierte sie in vier Fällen.16 Doch auch die Zahl der bekannten Handschriften der beiden anderen Hauptwerke Augustins hat sich stark vermehrt.17 Erst das von Rudolf Hanslik inaugurierte Projekt der Österreichischen Akademie der Wissenschaften wird eine zuverlässige Bestandsaufnahme der gesamten handschriftlichen Überlieferung aller Werke Augustins bieten und die älteren Listen beträchtlich ergänzen.18 Eine künftige kritische Ausgabe von De trinitate wird davon in hohem Maße profitieren können.19 15 A. Wilmart, La tradition des grands ouvrages de saint Augustin, in: Studi Agostiniani, MA 2, Rom 1931, 257–315; hier 272–278: Liste mit 233 Handschriften, Ergänzungen in Anmerkungen zu Nr. 16 und 220 sowie in den Addenda, 278. 16 W. J. Mountain, Additional Manuscripts of St. Augustine’s De Trinitate, SE 16, 1965, 198–202. Zwei Ergänzungen dazu von G. Folliet, RE´Aug 13, 1967, 33, davon die zweite irrtümlich, da Cambridge, Trinity College B. 3. 31 (182) identisch mit Nr. 32 in Wilmarts Liste ist (nach M. R. James, The Western Manuscripts in the Library of Trinity College, Cambridge, 4 Bde., Cambridge 1900–1904, Nr. 110). 17 Vgl. G. J. P. O’Daly, Art. De civitate dei, AugLex I, 1986–94, 969–1010; hier 1005; E. Feldmann, Art. Confessiones, ebd. 1134–1194; hier 1139. 18 R. Hanslik u. a. (Hgg.), Die handschriftliche Überlieferung der Werke des heiligen Augustinus, bisher 9 Bde.: Bd. I/1–2: M. Oberleitner, Italien, SÖAW.PH 263/267, Wien 1969/70; Bd. II/1–2: F. Römer, Großbritannien und Irland, SÖAW.PH 281/276, Wien 1972; Bd. III: F. Römer, Polen. Anhang: Dänemark − Finnland − Schweden, SÖAW.PH 289, Wien 1973;

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Der Text von »De trinitate«

Die Textgeschichte von De trinitate liegt weithin im dunkeln. Am ausführlichsten ist die unveröffentlichte Dissertation von Mountain. Ihre Ergebnisse sind im Vorwort seiner kritischen Ausgabe zusammengefaßt.20 Darauf ist später einzugehen. Leider löste Mountain seine Ankündigung aus dem Jahre 1968 nicht ein, in einer eigenen Studie die Überlieferungsgeschichte genauer darzustellen und dadurch seine editorischen Entscheidungen näher zu begründen.21 Forschungen von Michael M. Gorman über Herkunft und Entstehungszusammenhang der De trinitate-Manuskripte bis etwa 900 n. Chr. haben bisher zu keiner detaillierten Studie geführt.22 Die publizierten Beschreibungen von De trinitate-Codices können in diesem Bericht nicht aufgelistet werden.23 Näher erforscht wurde die wohl älteste in etwa komplette Handschrift.24 Bisher unbemerkt geblieben ist, daß sich von Bd. IV: J. Divjak, Spanien und Portugal, SÖAW.PH 292, Wien 1974; Bd. V/1–2: R. Kurz, Bundesrepublik Deutschland und Westberlin, SÖAW.PH 306/350, Wien 1976/79; Bd. VI/1–2: D. Weber, Österreich, SÖAW.PH 601/1–2, Wien 1993; Bd. VII/1–2: C. Weidmann, Tschechische Republik und Slowakische Republik, SÖAW.PH 645/1–2, Wien 1997; Bd. VIII/1–2: M. Th. Wieser, Belgien, Luxemburg und Niederlande, SÖAW.PH 685/1–2, Wien 2000; Bd. IX/1–2: S. Janner/R. Jurot, Schweiz, SÖAW.PH 688/1–2, Wien 2001. 19 Vgl. unten Anm. 42. 20 W. J. Mountain, A Critical Edition of St. Augustine’s »De Trinitate«, Book VIII, Diss. Saint Louis 1960 (weder über das deutsche und englische Fernleihsystem noch im Institutum Patristicum Augustinianum in Rom erhältlich). Zur kritischen Ausgabe unten S. 13 ff. 21 CChr.SL 50, LXXI. 22 M. M. Gorman, The Manuscript Traditions of St. Augustine’s Major Works, in: Congresso internazionale su s. Agostino nel XVI centenario della conversione. Roma, 15–20 settembre 1986. Atti 1, SEAug 24, Rom 1987, 381–412 (Nachdruck in: Ders., The Manuscript Traditions of the Works of St Augustine, MilMed 27, Florenz 2001, 315–346); auf S. 396 (bzw. 330) eine Liste der Manuskripte bis 900 n. Chr., S. 397 (bzw. 331) eine Karte ihrer vermutlichen oder sicheren Provenienzen. 23 Manche betreffen in erster Linie Aspekte der Buchkunst, etwa G. Z. Zanichelli, Il manoscritto Polironiano 248 B. IV 22 della Biblioteca Comunale di Mantova e i suoi modelli, in: Tradizione dell’antico nelle letterature e nelle arti d’Occidente. Studi in memoria di Maria Bellincioni Scarpat, hg. von B. Zucchelli, Parma 1990, 149–161. 24 Dieses Manuskript ist Laud misc. 126 (saec. VIII med.) der Bodleian Library in Oxford, eine vermutlich aus dem Benediktinerinnenkloster Chelles stammende Handschrift (B. Bischoff, Die Kölner Nonnenhandschriften und das Skriptorium von Chelles, in: Ders., Mittelalterliche Studien, Bd. 1, Stuttgart 1966, 16–34; hier 20), die einst der Bibliothek von St. Kilian in Würzburg gehörte (B. Bischoff/J. Hofmann, Libri Sancti Kyliani. Die Würzburger Schreibschule und die Dombibliothek im VIII. und IX. Jahrhundert, QFGBW 6, Würzburg 1952, 97). Der schöne Codex ist erst aufgrund der Bibliotheksplünderungen des Dreißigjährigen Krieges von Bischof William Laud nach England verbracht worden. Eine ausführliche kodikologische Untersuchung steht noch aus; die interessante Studie von Nigel Palmer (unten Anm. 63) bezieht sich ausschließlich auf die Funktion der Kapitel- und Buchüberschriften, und die Untersuchung von R. McKitterick (Nuns’ Scriptoria in England and Francia in the Eighth Century, Francia 19/1, 1992, 1–35; hier 7–10; erneut in: Dies., Books, Scribes and Learning in the Frankish Kingdoms, 6th–9th Centuries, CStS 452, Aldershot 1994, Nr. VII; im Index of Manuscripts, 6, ein Verzeichnis der Stellen zu Laud misc. 126 in weiteren Aufsätzen der Autorin) ist zu knapp und in der Beschreibung der einzelnen Lagen nicht fehlerfrei, wie eine Autopsie ergeben hat.

Die handschriftliche Überlieferung

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diesem in Oxford aufbewahrten Manuskript bis heute (mindestens indirekte) Deszendenten aus dem dreizehnten Jahrhundert im fränkischen Raum erhalten haben.25 Ein anderer interessanter Textzeuge ist ein Palimpsest: hier wurde ein Cicero-Text im elften Jahrhundert über ein gelöschtes Manuskript von De trinitate aus dem achten oder neunten Jahrhundert geschrieben.26 Spektakulär war ein Fund, der von Pagnin publiziert und von Gryson in den richtigen kodikologischen Kontext gestellt wurde: ein in sich abgeschlossenes, mit incipit und excipit versehenes Exzerpt. Es handelt sich um vier kalligraphische Seiten mit dem ältesten erhaltenen handschriftlichen Stück aus De trinitate überhaupt: zwei Blätter aus der Sammlung Giustiniani Recanati in Venedig, die ausgerechnet in den berühmten »arianischen« Codex Veronensis LI (49) gehören, der in der zweiten Hälfte des fünften oder zu Anfang des sechsten Jahrhunderts vielleicht in norditalienischen homöischen Kreisen unter gotischer Herrschaft entstanden ist. Das Textstück enthält Augustins liturgiegeschichtlich beachtenswerte Angaben über die Verkündigung des Herrn am 25. März und seine Geburt am 25. Dezember nebst zahlensymbolischer Deutungen von Daten um Tod und Auferstehung Christi.27 25 Staatsbibliothek Bamberg, Patr. 35 (Provenienz: Bamberger Dombibliothek); Universitätsbibliothek Erlangen, Ms. 180 (Provenienz: Zisterzienserkloster Heilsbronn); Leitfehler ist die Auslassung von trin. XV, xxvi, 46 – xxvii, 48 (CChr.SL 50a, 527, 58 – 530, 24 Mountain) mitten in fol. 256v von Laud misc. 126. Im Bamberger Exemplar ist die Lücke durch einen zwischen fol. 93 und 94 nachträglich eingefügten zeitgenössischen Brief eines Ebracher Priors, wohl Berengerus, an den Bamberger Bischof Berthold von Leiningen teilweise ergänzt, im Exemplar der Ebracher Tochtergründung Heilsbronn ist diese teilweise Ergänzung schon im fortlaufenden Text enthalten (fol. 135r). Im nur fragmentarisch erhaltenen Würzburger Bestand von Ebracher Handschriften gibt es kein De trinitate-Manuskript: H. Thurn, Die Handschriften der Universitätsbibliothek Würzburg, Bd. 1: Die Handschriften der Zisterzienserabtei Ebrach, Wiesbaden 1970. − Die beiden anderen Lücken von Laud misc. 126 sind auf heute fehlende Blätter zurückzuführen, die vielleicht im dreizehnten Jahrhundert noch vorhanden waren (die genannten Deszendenten weisen diese Lücken nicht auf): zwischen fol. 37 und 38 fehlt ein Blatt (trin. II, x, 17 f. [CChr.SL 50, 103, 35 – 104, 77 M.]), und zwischen fol. 238 und 239 fehlen zwei Blätter (trin. XV, xi, 20 – xii, 21 [CChr.SL 50a, 487, 28 – 492, 40 M.]). 26 N. Ker, A Palimpsest in the National Library of Scotland. Early Fragments of Augustine’s ›De trinitate‹, the ›passio s. Laurentii‹ and Other Texts, EBST 3, 1948–55 (Edinburgh 1957), 169–178: National Library of Scotland, Adv. MS 18.7.8, saec. VIII, enthält ein Stück aus trin. I, xii, 26 f. (CChr.SL 50, 66, 112 exsistenti bis 67, 131 repug-). − Zu einem Fragment in Montecassino vgl. M. Inguanez, Un frammento visigotico del sec. VIII del »De Trinitate« di S. Agostino, MCass 9, Montecassino 1931, 1–4 u. Abb. 1: aus trin. I, vi, 9–12 (CChr.SL 50, 38, 17 M. eiusdem cum patre bis 41, 80 secula seculorum) und I, xii, 26 – xiii, 28 (CChr.SL 50, 66, 120 verbum esse dicit bis 71, 39 et hostendam me ipsum [Orthographie der Handschrift]). Laut E. A. Lowe, Codices Latini Antiquiores, Bd. 3, Oxford 1938, 31, Nr. 373, soll das Fragment zu Montecassino, bibl. dell’abb. 19 (= Mountains Manuskript M) gehören, wovon M. Oberleitner, Italien (wie Anm. 18), 51 f. aber nichts berichtet. 27 B. Pagnin, Il codice Giustiniani Recanati in onciale del sesto secolo ed il passo del De Trinitate di S. Agostino in esso contenuto, AMAP 90, 1977/78, Parte 3, 171–182 (vgl. dazu unten Anm. 45): Aug. trin. IV, v, 9 – vi, 10 (CChr.SL 50, 172, 5 – 175, 41 M.). Die genaue kodikologische Einordnung liefert R. Gryson, Le recueil arien de Ve´rone . . . E´tude codicolo-

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Der Text von »De trinitate«

2. Gedruckte Textausgaben a) Einzelausgaben Nach heutigem Forschungsstand erschien die editio princeps von De trinitate spätestens 1474 wahrscheinlich als Werk des Straßburger Druckers Georg Reyser.28 Sechs weitere Inkunabeln folgten.29 Die beste unter ihnen bietet einen so guten Text, daß der Herausgeber der einzigen modernen historisch-kritischen Ausgabe fast 500 Jahre später mit leicht resignativem Unterton schreibt, er habe diesen Text kaum zu übertreffen vermocht.30 Die anderen fünf Wiegendrucke scheinen voneinander abhängig zu sein und beruhen wohl alle auf der von Johann Amerbach in Basel 1489 publizierten Ausgabe. Von 1515 bis 1520 erschienen weitere Einzelausgaben, anscheinend Nachdrucke der später zu nennenden, neuen De trinitate-Ausgabe in Amerbachs Augustinus-Gesamtausgabe von 1506.31 Seither ist offenbar − von zweisprachigen Ausgaben abgesehen, gique et pale´ographique, IP 13, Den Haag/Steenbrugge 1982. Vgl. auch die Notiz von R. Gryson: CChr.SL 87, 46. − Zum homöischen Interesse am Weihnachtsfest vgl. vier »arianische« Weihnachtspredigten: eine findet sich im selben Veroneser Codex (ed. R. Gryson, CChr.SL 87, 47–51), drei andere wurden aus einem Münchner Codex erstmals publiziert (R. E´taix, Sermons ariens ine´dits, RechAug 26, 1992, 143–179; hier 150–157 [serm. 7–10]; dazu R. Gryson, Les sermons ariens du Codex latinus monacensis 6.329. E´tude critique, RE´Aug 39, 1993, 333–358; hier 341 f.). − Zum Genre der Augustinusexzerpte vgl. E. Dekkers, Quelques notes sur les florile`ges augustiniens anciens et me´die´vaux, Aug(L) 40, 1990 (= Collectanea Augustiniana [FS T. J. van Bavel], Bd. 1), 27–44; V. Grossi, La recezione »sentenziale« di Agostino in Prospero di Aquitania. Alle origini delle »frasi« sentenziali attribuite ad Agostino, in: Traditio Augustiniana. Studien über Augustinus und seine Rezeption [FS Willigis Eckermann], Cass. 46, Würzburg 1994, 123–140. 28 GW Nr. 2925 (der sogenannte »Drucker des Henricus Ariminensis«, d. h. des Tractatus de quattuor virtutibus cardinalibus). Die wegen eines in einem Wiener Exemplar eingetragenen Datums auf »nicht nach 1471« korrigierte Datierung des Catalogue of Books Printed in the XVth Century now in the British Museum, Bd. 1, London 1963, 78, wird wegen des von 1472 oder 1473/74 stammenden Papiers bezweifelt in: Bibliothe`que Nationale. Catalogue des Incunables (CIBN), Bd. I, fasc. 1, Paris 1992, 179 (Nr. A–720). Vgl. K. Ohly, Georg Reyser als Buchhändler, GutJb 32, 1957, 48–60; 52 (Nr. 9): »nicht nach 1474«. 29 GW Nr. 2926–2930. Dazu kommt die Ausgabe des Druckers Leonard Pachel, Mailand 1489 (GW Nr. 12472, 2). Sie ist erst im elften Band des GW zu finden, da sie zusammen mit der editio princeps von Hilarius’ De trinitate (samt weiteren kleineren Schriften des Hilarius) behandelt wird, der sie stets beigebunden ist. Pachels Ausgabe fehlt bei O. Mazal, Die Überlieferung der antiken Literatur im Buchdruck des 15. Jahrhunderts, Bd. 4 (»Die jüdische und christliche Literatur der Antike im Inkunabeldruck«), BiBu XIV/4, Stuttgart 2003, 980. 30 W. J. Mountain in seiner Einleitung: CChr.SL 50, XIV. Er meint die gerade genannte Ausgabe von Pachel. Herausgeber der vorangestellten Hilariusausgabe und damit vielleicht auch der Augustinus-Ausgabe ist Georgius Cribellus, d. h. Giorgio Crivelli, über den wenig bekannt zu sein scheint, vgl. M. E. Cosenza, Biographical and Bibliographical Dictionary of the Italian Humanists and of the World of Classical Scholarship in Italy, 1300–1800, Bd. 2, Boston, Mass. 1962, 1144. Nichts zu Crivellis Biographie sagt R. Hanslik, Die Erstausgabe von Hilarius De trinitate und ihre handschriftliche Grundlage, WSt N. F. 16, 1982, 288–295, der aber nachweist, daß Crivelli für den Hilariustext eine Handschrift der Ambrosiana verwendet hat − ob das auch für den Augustinustext gilt, steht dahin. 31 Divi Aurelii Augustini Hipponensis episcopi De summa Trinitate, Basel/Nürnberg

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deren lateinischer Text aus den gleich zu besprechenden Editionen der Mauriner oder des Corpus Christianorum übernommen ist − lediglich eine separate lateinische Ausgabe von De trinitate erschienen. Sie bietet den Maurinertext, und in den Fußnoten erläutert Hugo Hurter den Sinn mit Thomas-Zitaten oder -Referaten.32 b) Im Rahmen von Gesamtausgaben Anders als die Confessiones und De civitate dei, die in sehr zahlreichen Einzelausgaben auf den Markt kamen, ist De trinitate ansonsten nur innerhalb von Augustinus-Gesamtausgaben erschienen. Verglichen mit der Zahl der Handschriften dieser drei Werke könnte dies auf eine Verlagerung der Interessen zuungunsten von De trinitate im Spätmittelalter hinweisen. Der Ruhm der ersten, wenn auch noch nicht ganz vollständigen Gesamtausgabe gebührt Johann Amerbach.33 Im fünften Band bietet er einen gegenüber seinem Wiegendruck auf neuen Handschriftenkollationen beruhenden Text von De trinitate und druckt dazu glossenartig die flores des Franciscus de Maironis ab, eine erläuternde Paraphrase des Textes.34 Die drei wichtigsten unter den späteren alten Gesamtausgaben sind die des Erasmus von Rotterdam,35 zweitens die der Theologen von Louvain, die für De trinitate fünf Handschriften aus ihrer Heimat zugrundelegten,36 und drittens die Ausgabe der Benediktinerkongregation von 1515; Lyon 1520. Von einer Ausgabe des Druckers Wolfgang Stöckel, Leipzig 1519, scheint nur ein Exemplar des ersten Buches (De divina trinitate liber primus) erhalten zu sein (Bibliothek der Marktkirche zu Goslar, Signatur 321). 32 Augustinus, De trinitate libri quindecim, ed. H. Hurter, SPOS 42/43, Innsbruck u. a. 1881. Zwei unbedeutende lateinische Auswahlausgaben verzeichnen W. Eckermann/ A. Krümmel, Repertorium annotatum operum et translationum S. Augustini. Lateinische Editionen und deutsche Übersetzungen (1750–1920), Cass. 43/1, Würzburg 1992, 265–267. 33 J. de Ghellinck, La premie`re e´dition imprime´e des »Opera omnia s. Augustini«, in: Miscellanea J. Gessler, Bd. 1, [Löwen] 1948, 530–547; B. C. Halporn, Johann Amerbach’s Collected Editions of St. Ambrose, St. Augustine, and St. Jerome, University Microfilms Nr. 8914859, Ph. D. thesis Indiana University 1989; G. Pani, L’»Opera omnia« di S. Agostino in Lutero e nei riformatori, Aug(R) 40, 2000, 519–566. Einen Überblick über die frühen Gesamtausgaben und ihre Gliederungen bietet P. Petitmengin, E´ditions princeps et Opera omnia de saint Augustin, in: K. Flasch/D. de Courcelles (Hgg.), Augustinus in der Neuzeit. Colloque de la Herzog August Bibliothek de Wolfenbüttel, 14–17 octobre 1996, Turnhout 1998, 33–51. 34 Quinta pars librorum divi Aurelij Augustini, Basel [1506], Bl. a2r–[m8]v. Zu den flores vgl. H. Rossmann, Die Hierarchie der Welt. Gestalt und System des Franz von Meyronnes OFM mit besonderer Berücksichtigung seiner Schöpfungslehre, FrFor 23, Werl (Westfalen) 1972; ders., Art. Franciscus de Meyronnes: LMA 4, 1989, 684–685; A. Un˜a Jua´rez, San Agustı´n en el siglo XIV. El Milleloquium veritatis Sancti Augustini, Agustı´n Triunfo de Ancona y Francisco de Meyronnes, RET 41, 1981, 267–286. 35 Tertius tomus operum divi Aurelii Augustini Hipponensis episcopi complectens taÁ didaktikaÁ hoc est, quae proprie ad docendum pertinent, Basel 1528, 169–340. 36 Tomus III operum D. Aurelii Augustini Hipponensis episcopi, complectens taÁ didaktikaÁ . . . per theologos Lovanienses emendatus, Antwerpen 1576, 85–188; ebd. auf S. 444 findet sich die Liste der verwendeten Manuskripte.

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Saint-Maur, die immerhin schon 30 französische und 11 vatikanische Handschriften von trinitate auswerten.37 Diese Maurinerausgabe ist, teils mit geringfügigen Korrekturen, vielfach nachgedruckt worden, so auch im Jahre 1841 von Jacques-Paul Migne im achten Band seiner 1841/42 auf den Markt gebrachten Opera omnia Augustins.38 In der ab 1844 erschienenen Patrologia Latina Mignes bildet der Text, seitengleich gedruckt, den Band 42. Migne folgt dem Text eines Antwerpener Neudruckes der Maurinerausgabe, vergleicht gelegentlich mit anderen älteren und neueren Ausgaben (insbesondere der von den Brüdern Gaume 1836 bis 1838 verantworteten Augustinus-Edition39) und notiert öfters Varianten, meist den Maurinern folgend, mit Formulierungen wie plures mss., aliquot mss.; er scheint nur einen einzigen eigenständigen textkritischen 37 Sancti Aurelii Augustini operum tomus octavus, . . . opera et studio monachorum ordinis s. Benedicti, e congregatione s. Mauri, Paris 1688 (21694), 749–1004; Liste der Manuskripte 1008. Zu den Erscheinungsdaten der Ausgabe vgl. O. Rottmanner, Bibliographische Nachträge zu Dr. Richard C. Kukula’s Abhandlung: ›Die Mauriner Ausgabe des Augustinus‹, in: Ders., Geistesfrüchte aus der Klosterzelle, München 1908, 32–44 (zuerst SAWW.PH 124, Nr. 13, Wien 1891). Zu den konsultierten französischen Handschriften für De trinitate siehe R. C. Kukula, Die Mauriner Ausgabe des Augustinus. Ein Beitrag zur Geschichte der Literatur und der Kirche im Zeitalter Ludwigs XIV [Teil 4], SAWW.PH 138, Nr. 5, Wien 1898, 71–73, und abschließend M. M. Gorman, The Maurists’ Manuscripts of Four Major Works of Saint Augustine. With Some Remarks on their Editorial Techniques, RBe´n 91, 1981, 238–279 (Nachdruck in: Ders., The Manuscript Traditions [wie Anm. 22], 62–103) (zu De trinitate besonders 246–250; 272–277). Die vatikanischen Handschriften (Vat. lat. 414–422 und 463) haben die Mauriner nicht selbst eingesehen, sondern sich auf die 1596–1597 von Christophe Aury (Obrius) angefertigten Kollationen gestützt: C. F. Vrba, Beiträge zur Geschichte der Augustinischen Textkritik, SAWW.PH 119, Nr. 6, Wien 1889), 47 (nur für trin. VIII wurde wohl noch Vat. Urb. lat. 79 benutzt, vgl. Gorman 247); in Unkenntnis von Vrbas Studie rätselt Mountain, CChr.SL 50, XII, Anm. 43, welche vatikanischen Handschriften die Mauriner benutzt haben. Zur Maurinerausgabe vgl. auch J. de Ghellinck, L’e´dition de saint Augustin par les Mauristes, NRTh 57, 1930, 746–774; ders., Une e´dition patristique ce´le`bre, in: Ders., Patristique et Moyen Aˆge, Bd. 3, ML.H 9, Brüssel/Paris 1948, 339–484; Troisie`me centenaire de l’e´dition mauriste de saint Augustin. Communications pre´sente´es au colloque des 19 et 20 avril 1990, E´AA 127, Paris 1990; darin besonders P. Gasnault, Les artisans de l’e´dition mauriste de saint Augustin, 37–69, erneut in: Ders., L’e´ruˆ 34, Paris 1999, 125–157; ders., En marge de dition mauriste a` Saint-Germain-des-Pre´s, E´AMA l’e´dition mauriste des Œuvres de s. Augustin, RBe´n 102, 1992, 348–371; erneut in: Ders., L’e´rudition mauriste, 159–182. Über den theologiegeschichtlichen Hintergrund unterrichten: J.-L. Quantin, Le catholicisme classique et les pe`res de l’E´glise. Un retour aux sources (1669– ˆ 33, Paris 1999, 169–198; J.-R. Armogathe, De l’Augustinus a` saint Augu1713), E´AMA stin, in: J.-C. Fredouille (Hg.), Les Mauristes a` Saint-Germain-des-Pre´s. Actes du colloque de ˆ 36, Paris 2001, 47–58. Paris (2 de´cembre 1999), E´AMA 38 Sancti Aurelii Augustini Hipponensis episcopi De Trinitate Libri quindecim, in: Sancti Aurelii Augustini . . . Opera omnia, post Lovaniensium theologorum recensionem . . . opera et studio monachorum Ordinis Sancti Benedicti e congregatione S. Mauri, editio novissima, emendata et auctior, accurante M.**** [J.-P. Migne], Bd. 8, Paris 1841, 815–1098. Vgl. A.-G. Hamman, Jacques-Paul Migne. Le retour aux pe`res de l’E´glise, Paris 1975, 105 (Hammans bibliographische Angaben sind öfters korrekturbedürftig). 39 G. Folliet, Deux grandes e´ditions de saint Augustin au 19e s.: Gaume (1836–1839) − Migne (1841–1842), Aug(L) 45, 1995, 5–44.

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Vorschlag gewagt zu haben.40 Den modernen Anforderungen an eine kritische Ausgabe kann Mignes mehrfach nachgedruckter Text nicht genügen. Die 1968 im Corpus Christianorum erschienene Edition von W. J. Mountain, zu der F. Glorie den Quellenapparat beisteuerte, ist auf diesem Hintergrund als eine Respekt gebietende und Neuland erschließende Leistung zu würdigen. Die Editoren konnten kaum auf Vorarbeiten anderer Forscher zurückgreifen.41 Es ist daher nicht verwunderlich, daß die Ausgabe Wünsche offenläßt. Da sich Mountain außerstande sah, sämtliche Handschriften bis zum fünfzehnten Jahrhundert zu berücksichtigen, kollationierte er zunächst alle 37 ihm bekannten Manuskripte des achten bis elften Jahrhunderts42 und fünfzehn als hochwertig eingestufte spätere Handschriften. Daraus wählte er seine fünf codices principales aus: O (Paris Bibliothe`que Nationale, n. a. lat. 1445, saec. IX); B (Bigotianus, Paris Bibliothe`que Nationale, lat. 2088, saec. XI-XII); F (Paris, Arsenal 303, saec. XII); J (Vendoˆme 37, saec. XI); T (Paris Bibliothe`que Nationale, n. a. lat. 1446, saec. X-XI). Zwölf Handschriften zieht Mountain ergänzend heran: Vier unterstützen O, drei B, eine T. Zusätzlich wertet er vier weitere Manuskripte aus dem achten bis zehnten Jahrhundert aus. Angesichts der reichen, doch relativ späten Textüberlieferung überrascht es nicht, daß das Ergebnis in zweierlei Hinsicht unbefriedigend ist: Weder fand Mountain eine Spur der ersten, den Händen des Augustinus vor Abschluß des zwölften Buches entrissenen Ausgabe von De trinitate,43 noch schälte sich eine klare Priorität einer Handschrift oder Handschriftengruppe heraus. Auch eindeutige Handschriftenfamilien zeichneten sich nicht ab, da die Überlieferung stark kontaminiert oder »offen« zu sein scheint. Das auf S. LXXIV der Prolegomena zur Edition gebotene Stemma ist irreführend. Es scheint nur auf zwei Kriterien zu beruhen: Das eine ist, welche der zwei Hauptformen des breviculus die jeweilige Handschrift enthält; dieser Gesichtspunkt dürfte unglücklich ge40

Näheres in der Notiz: Notre texte latin du »De Trinitate«, in: BAug 15, 21991, 572 f. Augustinus, De trinitate libri XV, cura et studio W. J. Mountain, auxiliante F. Glorie, 2 Bde., Aurelii Augustini Opera, Pars XVI, 1/2, CChr.SL 50/50a, Turnhout 1968. 42 Aufgrund des Projekts der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (oben Anm. 18) sind jetzt zusätzlich bekanntgeworden: Biblioteca Capitolare Feliniana, Lucca, Codex 23 (saec. IX); Stadtbibliothek Mainz Ms. II 18 (epist. 174, breviculus und trin. I: um das Jahr 1000 entstanden, trin. II-XV: saec. XII) (z. Zt. im Gutenberg-Museum); Bibliothek der Erzabtei St. Peter, Salzburg, Ms. a IX 8 (saec. XI); Zürich, Zentralbibliothek, Ms. Rh. 37 (saec. XI). Warum Mountain nicht den in Wilmarts Liste als Nr. 37 verzeichneten Codex 152 der Bibliothek von Chartres (Provenienz: Abbaye de St. Pe`re) (saec. X) berücksichtigt, geht aus seiner Ausgabe nicht hervor. Gorman, A Survey (wie Anm. 70), 410, Anm. 5, erwähnt zudem noch Paris, Bibliothe`que Nationale lat. 18104 (saec. IX). 43 Aug. epist. 174 (CSEL 44, 650 f. Goldbacher) = trin. prol. (CChr.SL 50, 25 f. M.); retr. II, xv (xli), 1 (CChr.SL 57, 101, 1–15 Mutzenbecher). Da Augustinus die unautorisierte und unvollständige Ausgabe nicht nur vervollständigte, sondern das Vorhandene auch überarbeitete, hätte man von einer »zweiten Auflage« sprechen können, wenn die »erste Auflage« freiwillig erfolgt wäre − so das Urteil von H. Emonds, Zweite Auflage im Altertum. Kulturgeschichtliche Studien zur Überlieferung der antiken Literatur, KPS 14, Berlin 1941, 325 f. Vgl. aber unten S. 22. 41

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wählt sein, da die Überlieferungsgeschichte der breviculi von derjenigen des Textes getrennt verlaufen sein kann. Das zweite Kriterium ist die Auslassung einiger Zeilen aus De trinitate I, viii in einem Teil der Handschriften. Es ist aber leicht zu sehen, daß das Stemma sofort anders aussähe, wenn statt dieser omissio beispielsweise diejenige in De trinitate IV, v gewählt würde. Wiederum ein anderes Stemma ergäbe sich, wenn die in manchen Manuskripten klaffende Textlücke in De trinitate VI, x den Leitfehler abgäbe.44 Ob die Überlieferung bei separater Untersuchung der einzelnen Bücher ein klareres Bild ergäbe? Vielleicht lassen sich eines Tages die Abhängigkeitsverhältnisse präziser ermitteln. Doch ist bei einem derart häufig kopierten und korrigierten Text nicht unbedingt zu erwarten, daß sich am Ende eine geschlossene Überlieferung ergibt.45 Eine Besonderheit von Mountains Ausgabe ist die genaue Berücksichtigung der indirekten Überlieferung in Zitaten und Exzerpten des fünften bis neunten Jahrhunderts.46 Diese Zeugen sind einerseits von textkritischem Wert, da beispielsweise die Überlieferung der Exzerpte des Eugippius durch Codex Vaticanus latinus 3375 bis in die Spätantike zurückreicht.47 Darüberhinaus könnte die Forschung dadurch einen Einblick in die Rezeptionsgeschichte des Werkes gewinnen. Das ist bisher kaum geschehen.48 So scheint noch niemand beobachtet zu 44

Die Stellen: Aug. trin. I, viii, 15 (CChr.SL 50, 48, 36–41 M.); IV, v, 9 (173, 23–25 M.); VI, x, 12 (242 f., 50–54 M.). 45 Das erwähnte, erst nach der kritischen Ausgabe publizierte, gegenüber allem bis dahin Bekannten über zweihundert Jahre ältere Exzerpt des Codex Veronensis LI (49) bietet übrigens einen Text, der mit keiner von Mountains Leithandschriften genau übereinstimmt und am ehesten den Handschriften O und C (Cod. Cameracensis 300) entspricht, die in Mountains Stemma nicht demselben Zweig angehören. Pagnin, Il codice (wie Anm. 27) schenkt in seiner Publikation des Exzerpts dem Stemma der Corpus Christianorum-Edition zuviel Glauben und gelangt dadurch zu einer unzutreffenden textkritischen Einordnung dieses Textzeugen. 46 Ein Fehler sei richtiggestellt: Prosp. sent. lxi wird für eine von Prosper erweiterte Variante von trin. VIII, ii, 3 (CChr.SL 50, 270, 14–16 M. mit Testimonienapparat) gehalten; in Wahrheit ist die vermeintliche Erweiterung ein wörtliches Zitat aus trin. VII, iv, 7 (255, 13– 15 M.), was auch dem Prosper-Herausgeber M. Gastaldo entgangen ist (CChr.SL 68b, 272). Vgl. unten Anm. 67. 47 M. M. Gorman, The Manuscript Tradition of Eugippius’ »Excerpta ex operibus sancti Augustini«, RBe´n 92, 1982, 7–32. 229–265 (Nachdruck in Ders., The Manuscript Traditions [wie Anm. 22], 105–167). 48 Vgl. Grossi, La recezione »sentenziale« (wie Anm. 27). Weitere, in der Ausgabe des Corpus Christianorum noch nicht berücksichtigte Exzerpte wären etwa enthalten im Codex Vossianus lat. Q 122 (saec. X) der Leidener Universitätsbibliothek (vgl. Wieser, Belgien, Luxemburg und Niederlande [wie Anm. 18], Bd. VIII/1, 159) oder in dem Brief des PseudoHieronymus De natura angelorum, möglicherweise in der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts in Afrika entstanden (so vermutet F. Dolbeau, RE´Aug 47, 2001, 431 f.), publiziert von M. L. Colker, Previously Unpublished Letters Ascribed to Saint Jerome, RThPhM 67, 2000, 195–217, Nr. CLXXV: vier Zitate aus De trinitate. − Mehrere Florilegien, die Glorie heranzieht, liegen inzwischen in besseren kritischen Ausgaben vor, etwa der Libellus de processione spiritus sancti des Pseudo-Alkuin und Theodulfs Schrift über den Heiligen Geist (unten Anm. 1387 und 1388).

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haben, daß das Verzeichnis der indirekt überlieferten Stellen (S. XLVIII-LXX) eine ganz ungleichmäßige Rezeption von De trinitate offenbart: Die Liste der Exzerpte aus den Büchern I bis V benötigt rund zwölf Seiten, diejenige der Exzerpte aus den beiden spekulativsten Büchern IX und X hingegen füllt nicht einmal eine halbe Seite, und diese wenigen Auszüge stammen aus nur zweien der rund fünfzig Exzerptsammlungen. Auch die Bücher XI bis XIV sind bis zum neunten Jahrhundert auf wenig Interesse gestoßen. Mountain sah keine andere Möglichkeit, als seinen Text eklektisch in consensu concentuque codicum plurium (S. LXXI) gründen zu lassen. Die Liste der Abweichungen vom Maurinertext füllt 31 Seiten der Prolegomena. Doch erstens liegen oft problematische Kriterien zugrunde, etwa die Prinzipien lectio difficilior und »Mehrheit der Handschriften«. Zweitens geht aus der Einleitung der Edition nur wenig über die gewählten Richtlinien hervor. Drittens verrät Mountain wenig Gespür für die inhaltlichen Gedankengänge Augustins. Darum kann man über viele seiner Entscheidungen unterschiedlicher Meinung sein. Edmund Hill, der in seiner englischen Übersetzung von De trinitate das legitime Prinzip befolgt, daß der Text einen Sinn ergeben sollte, hat eine beträchtliche Zahl von plausiblen Verbesserungsvorschlägen gegenüber Mountains Lesetext vorgelegt, die meistens wieder zum Maurinertext zurückkehren und fast immer mindestens eine der Haupthandschriften auf ihrer Seite haben.49 Mountains Ausgabe bietet außerdem einen umfangreichen, in erster Linie von F. Glorie stammenden Quellenapparat, der ebenfalls eine Pionierarbeit darstellt, aber schwere Mängel aufweist. So werden pagane, biblische und patristische Zitate, Anspielungen, Quellen und Parallelstellen unterschiedslos im selben Apparat vermerkt. Aus dem dazugehörigen (121 Seiten umfassenden) Bibelstellenindex und dem (51 Seiten langen) Index anderer heidnischer und christlicher Texte kann man zwar erschließen, ob es sich um wörtliche Zitate handelt oder nicht. Sind Parallelstellen aber durch »cf.« gekennzeichnet, so bleibt meistens unklar, ob es sich um eindeutige Anspielungen, entfernte Ähnlichkeiten, allgemeine Topoi oder zufällige Übereinstimmungen handelt. Die Angabe von Schriftzitaten hebt sich nicht von derjenigen anderer Zitate ab, und die von Augustinus verwendeten verschiedenen lateinischen Bibelübersetzungen werden nicht kenntlich gemacht, wenngleich Unterschiede gegenüber der Vulgata in Apparat und Index durch Asterisk markiert werden. Wer an Quellenfragen interessiert ist, wird meistens die im Apparat angegebenen Textstellen nachschlagen müssen. Ein Manko der Ausgabe ist die ungenügende Berücksichtigung von Bezugspunkten zu Augustins anderen Werken, wie z. B. den vier von Possidius als antiarianisch bezeichneten Diversae quaestiones.50 Besonders bedauerlich ist, daß 49 E. Hill, The De Trinitate: Annotations on the Text of the Latest Edition, in Corpus Christianorum, Series Latina L (Turnhout, 1968), AugSt 3, 1972, 1–14 (Kritik daran übt L. Brix, RE´Aug 21, 1975, 365 f.); E. Hill (introduction, translation, and notes): Saint Augustine, The Trinity, The Works of Saint Augustine I/5, Brooklyn (NY) 1990. 50 Aug. divers. quaest. xviii; xxxvii; l; lxix (CChr.SL 44a Mutzenbecher). Possid. indic.

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die Briefe nur sporadisch, die Sermones (laut Index) in keinem einzigen Falle berücksichtigt worden sind.51 So unterbleibt auch die Aufdeckung versteckter Kritiken Augustins an Positionen, die er selbst einmal vertreten hat.52 Die von Anne-Marie La Bonnardie`re in ihren Recherches de chronologie augustinienne 1965 nachgewiesenen Parallelstellen sind nicht vollzählig angeführt worden. Umgekehrt werden vage Similien notiert: Achtzehnmal werden zum »arianischen« conversum atque mutatum zwei Cicerostellen angegeben, obwohl Augustinus nur auf die in Nizäa verurteilte Position anspielt, wonach der Gottessohn im Unterschied zum Vater veränderlich sei.53 Für das klassische quae cum ita sint wird fünfmal eine Stelle aus Cicero angeführt. Unglücklich ist auch, daß in 366 Fällen das pseudo-athanasianische Symbolum Quicumque im Quellenapparat mitten unter den zeitlich vor De trinitate liegenden Texten erscheint. Damit wird zwar eine ältere Liste54 von Parallelen zwischen De trinitate und dem Quicumque beträchtlich erweitert, doch wird heute kaum mehr bestritten, daß dieses Glaubensbekenntnis erst in der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts (wohl in Südgallien) komponiert worden ist und aus Augustins De trinitate schöpft.55 Die meisten Rezensionen zu Mountains und Glories Ausgabe sind rundum lobend.56 Vier Besprechungen enthalten jedoch wichtige Kritiken und Korrekturen.57 Weitere Verbesserungsvorschläge bieten Arbeiten von Hill und Alexanderson.58 Eine neue Ausgabe von De trinitate wäre insgesamt wünschenswert. viii, 1–4 (MA 2, 173 und 222 Wilmart). Trinitätstheologisch interessant sind zudem etwa divers. quaest. xvi; xxiii; xxxv und xxxviii. 51 Beispielsweise wären zusätzlich heranzuziehen: Aug. serm. 7; 52; 53; 71; 117; 138; 139; 140; 183; serm. 22 Dolbeau; serm. 26 Dolbeau; epist. 11; 120; 137, iii, 2; 147; 170; 173A; 185, i, 1; 220, 4; 238–242. 52 Drei Beispiele: pluraliter dictum est: Ego et pater unum sumus. Non enim dixit ›unum est‹, quod sabelliani dicunt, sed unum sumus (trin. V, x, 11 [CChr.SL 50, 217, 6–8 M.]); die Aussage könnte Aug. soliloq. I, i, 4 (CSEL 89, 7, 19 Hörmann) widersprechen: qui gignit et quem gignit unum est. − Direkt gegen die Formulierung pater pignoris in soliloq. I, i, 2 (5, 5 H.) scheint trin. V, xii, 13 (CChr.SL 50, 220, 15 f. M.) zu argumentieren (so Cipriani, unten Anm. 978). − Die Lehre, der Sohn sei die Weisheit und der Vater erst weise durch die Zeugung des Sohnes, lehnt Augustinus in trin. VI/VII ab, hatte sie aber in divers. quaest. xxiii selbst vertreten (CChr.SL 44a, 27 f. M.), was er in retr. I, xxvi (xxv) (CChr.SL 57, 76, 55–57 M.) unter Hinweis auf die richtige Darstellung in trin. bemängelt. 53 Symbolum Nicaenum, anath. in dem nach C. H. Turner (EOMIA) gebotenen Text CChr.SL 50a, 563, 122 f. M.: convertibilem vel mutabilem filium dei. Vgl. Ambr. fid. I, 19, 131 (CSEL 78, 55, 56 Faller): Arrius dicit mutabilem et convertibilem dei filium. 54 Vgl. J. N. D. Kelly, The Athanasian Creed, London 1964, 27–29. 55 Ebd. 109–124; vgl. Ch. Kannengiesser, Art. Quicumque, LThK VIII, 31999, 771. 56 P. Antin, Latom. 28, 1969, 712–714; A. H. Armstrong, JThS N. S. 21, 1970, 203 f.; L. Bieler, Scr. 30, 1976, 72 f.; P. Courcelle, RE´A 71, 1969, 577 f.; H.-J. Diesner, ThLZ 94, 1969, 839; J. Fontaine, ZKG 82, 1971, 261–265; J. Martin, NRTh 91, 1969, 728; M. Testard, RHE 65, 1970, 514–517; R. Verdie`re, RSC 17, 1969, 106 f. 57 L. Brix, RE´Aug 15, 1969, 265–268; L. Verheijen, ThRv 66, 1970, 471–473; A.-M. La Bonnardie`re, Notes critiques sur l’e´dition re´cente du »De Trinitate« de saint Augustin, RBe´n 81, 1971, 95–101 (die Rezensentin setzt sich vor allem mit der textkritischen Behandlung der Bibelzitate, bei denen die Herausgeber zu oft dem Vulgatatext den Vorzug vor dem augustinischen Bibeltext geben, und den Nachweisen von Varro- und Cicerozitaten auseinander); R. Lorenz, ThR 38, 1973/74, 308 f.

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Im Jahre 1995 ist in Athen gemeinsam mit der editio princeps der byzantinischen Übersetzung von De trinitate auch eine komplette Ausgabe des lateinischen Textes von De trinitate erschienen, die ausschließlich und erklärtermaßen aus Mountains Edition schöpft, aber an rund siebzig Stellen, meist zu Recht, in Übereinstimmung mit dem griechischen Text anderen und häufig besseren Lesarten den Vorzug gibt.59

3. Spezielle Probleme der Textgestaltung a) Breviculus, Kapitel, Paragraphen Eine komplizierte Frage, die einmal einer geduldigen Bearbeitung bedürfte, ist die der genauen Einteilung von De trinitate in Kapitel. Gleiches gilt für die Kapitelüberschriften. In der kritischen Ausgabe behindert die Kapiteleinteilung, die meistens den Handschriften O oder F folgt, manchmal einen Nachvollzug der Gedankenbewegung, z. B. wenn sie ein Argument oder einen Satz mitten entzwei schneidet. Ähnlich steht es um manche der (aus der Mauriner-Ausgabe übernommenen) Paragraphen-Grenzen.60 Die Manuskripte weichen untereinander in der Kapiteleinteilung stark ab, und zwar auch, wenn sie die gleichen Überschriften verwenden. Vielleicht hat Augustinus ein ausführliches Verzeichnis der Kapitelüberschriften angefertigt und damit eine Kapiteleinteilung vorgenommen. Es mangelte nicht an Vorbildern dafür, die Augustinus bekannt waren, etwa Ambrosius’ De spiritu sancto und die Kirchengeschichte des Eusebius in Rufins Übersetzung.61 Das berühmteste Vorbild gab Plinius d. Ä. (†79 n. Chr.), der seiner 58

Oben S. 15 und unten S. 22. Vgl. unten S. 332 ff. 60 Beispiele für sinnentstellende Kapitel- und Paragrapheneinteilung: Aug. trin. I, v, 7 (CChr.SL 50, 36, 1 M.): Haec et mea fides est quando haec est catholica fides würde richtiger den Abschluß von Kapitel iv (statt den Beginn von Kapitel v) bilden. − Aug. trin. II, vi, 12 (CChr.SL 50, 96, 66–73 M.): Diese von den Maurinern unglücklich zu Kapitel vii gerechneten Zeilen schließen die Erörterung über die Sendung des Hl. Geistes ab, während bei sinngemäßer Abgrenzung mit Kapitel vii (CChr.SL 50, 97, 1 ff. M.) eine neue Untersuchung beginnen würde. − Aug. trin. V, viii, 10 (CChr.SL 50, 217, 51 M.) und ix, 10 (217, 1 M.): Die vom Herausgeber aufgrund einer untergeordneten Handschrift eingetragene Kapitelgrenze zerschneidet den außerordentlich wichtigen Satz. Außerdem sollte nach tres autem personas ein Punkt oder Komma stehen, und das in den Apparat verbannte quemadmodum aus Mss. F, K und Maurinerausgabe wieder in den Text, damit das ganze Sinn ergibt: Denn nicht una essentia vel substantia ist eine vollständige Alternative zu una essentia, tres substantiae, sondern erst una essentia vel substantia, tres autem personae. Der nächste Satz wird durch Quemadmodum eingeleitet. − Aug. trin. VII, iv, 10 (CChr.SL 50, 260, 150 M.): Die Sektionsgrenze verläuft durch einen Satz hindurch. − Aug. trin. XII, xi, 17 (CChr.SL 50, 371, 27–31 M.): Die angegebenen Zeilen gehören der Sache nach zu Kapitel xii. 61 Ambr. spir. titul. (CSEL 79, 7–14 Faller); Rufin. hist. I etc., capitula (GCS Eusebius II/1, 3/5 Mommsen etc.; diese capitula übersetzen diejenigen Eusebs, wie der Einleitung von E. Schwartz, ebd. II/3, CXLVII-CLIII, zu entnehmen ist). 59

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umfangreichen Naturgeschichte ein Verzeichnis aller Bücher und Kapitel voranstellt. Er möchte, daß der Leser auf diese Weise Zeit sparen und rasch das ihn Interessierende auffinden kann.62 Bei der damals noch gebräuchlichen Buchrolle war diese Absicht allerdings schwerer zu verwirklichen als beim späteren Codex. Die Idee des Plinius scheint darum zunächst wenig Furore gemacht zu haben. Die meisten Kapiteleinteilungen antiker Bücher wurden erst von Schreibern der späten Antike oder im Mittelalter vorgenommen, wie einer Studie von Palmer zu entnehmen ist.63 Palmer behandelt auch das schon erwähnte Oxforder De trinitate-Manuskript aus dem achten Jahrhundert ausführlich, welches dem fortgeschrittensten Typus entspricht: Die Kapitelüberschriften sind hier zusätzlich in den Text eingearbeitet und stehen nicht nur den fünfzehn einzelnen Büchern oder dem ganzen Codex voran. Der Leser kann so einzelne ihn interessierende Kapitel auffinden, vor- und zurückblättern und im eigentlichen Sinne mit dem Werk arbeiten. Mountain druckt in seiner Ausgabe eine ausführliche, von ihm breviculus betitelte Liste der 220 Kapitelüberschriften von De trinitate ab, die erstmals von Kardinal Mai publiziert worden war.64 In den meisten alten Handschriften sind diese Überschriften dem ganzen Text von De trinitate oder den einzelnen Büchern oder jeweils den Kapiteln vorangestellt65 und heißen capitula. Nun weist Mountain darauf hin, daß schon Prosper von Aquitanien (in 83 Fällen) und Eugippius genau die Formulierungen dieser Liste benutzen, wenn sie in ihren Exzerptsammlungen aus De trinitate zitieren.66 Mountain bemerkt, daß Prosper 62 Plin. nat. praef. 33 (56 f. Beaujeu): Vor ihm habe (nur?) Q. Valerius Soranus, ein Schriftsteller des ersten Jahrhunderts v. Chr., Ähnliches unternommen. 63 N. F. Palmer, Kapitel und Buch. Zu den Gliederungsprinzipien mittelalterlicher Bücher, FMSt 23, 1989, 43–88; zum De trinitate-Manuskript 51–56 mit Tafel 1 (vgl. oben S. 8 mit Anm. 24). Zum Umkreis des Themas, allerdings ohne Bezugnahme auf Palmers Forschungen, vgl. P. Petitmengin, Art. Codex, AugLex I, 1986–94, 1022–37; ders., Capitula paı¨ens et chre´tiens, in: J.-C. Fredouille u. a. (Hgg.), Titres et articulations du texte dans les œuvres antiques. Actes du Colloque International de Chantilly 13–15 de´cembre 1994, E´AA 152, Paris 1997, 491–507. 64 CChr.SL 50, 3–23 M.; A. Mai, Nova patrum biblioteca, Bd. I/2, Rom 1852, 152–160 (nach Cod. Vat. lat. 5755 [Bobbio, saec. XI]); Bibliotheca Casinensis, Bd. 1, Monte Cassino 1871, 224–231 (nach Cod. Casinensis 18 [saec. XII]) (Nachdruck PLS 2, 1545–1555 Hamman). 65 Zu den verschiedenen Möglichkeiten und ihrer Bedeutung Palmer, Kapitel und Buch (wie Anm. 63), 53–56 mit Abb. 1. 66 Prosper, wie jeweils im Apparat CChr.SL 50, 3–23 M. vermerkt, in den ersten 83 der 84 durch zwei Lorscher Bibliothekskataloge des neunten Jahrhunderts erhaltenen Überschriften der ansonsten verlorenen Excerptio Prosperi ex libro de trinitate sancti Augustini. Die beiden Kataloge sind im Codex Vat. Pal. lat. 1877 zusammengebunden, wo sich diese Liste in Katalog I (um 830 in Lorsch geschrieben) f. 56v–58r und in Katalog II (nordfranzösische Abschrift von I, um 830–840) f. 72r–73v findet; vgl. B. Bischoff, Die Abtei Lorsch im Spiegel ihrer Handschriften, Lorsch 21989, 18–28, eine Arbeit, die man zur Korrektur der unzureichenden Ausgabe der Kataloge von G. Becker (Catalogi bibliothecarum antiqui, Bonn 1885, Nr. 37, hier § 313, 102–105) heranziehen muß. − Eugipp. exc. Aug. (CSEL 9/1), im Apparat CChr.SL 50, 3–23 vermerkt.

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in einem anderen Augustinus-Florilegium eine Kapitelüberschrift aus dem breviculus sogar inmitten einer Reihe von neun wörtlichen Zitaten aus De trinitate anführt,67 was bedeutet, daß Prosper diesen Satz wohl als originale Augustinussentenz betrachtet. Da Augustinus gegenüber Prosper einmal die Hoffnung äußert, daß der Text von De trinitate inzwischen zu diesem gelangt sei,68 ist es gut denkbar, daß Augustinus selbst ihm einen Codex hatte schicken lassen, der einen breviculus enthielt. Durch zwei neuere Brief-Funde ist gesichert, daß Augustinus für De civitate dei eine von ihm selbst breviculus genannte Inhaltsübersicht an einen gewissen Firmus geschickt hat; es spricht einiges für die Annahme, daß er selbst diesen breviculus verfaßt hat.69 Umstritten ist, ob es sich dabei um die erhaltenen Kapitelüberschriften von De civitate dei handelt.70 Letztere gleichen im Charakter den in Mountains De trinitate-Ausgabe abgedruckten. Andererseits bezieht sich Augustinus in den zahlreichen Vor- und Rückverweisen in De trinitate stets allenfalls auf die Nummer des betreffenden Buches, nie eines Kapitels. Wenn überhaupt, dann dürfte Augustinus also erst nach Abschluß der Arbeit an De trinitate einen breviculus angefertigt haben. Vielleicht sind manche Kapitelgrenzen ebendarum nicht ganz scharf, weil Augustinus bei der Abfassung des Werkes noch keine unter die Buchgrenze reichende Einteilung vorgenommen hatte. Auch die starken Varianten der Überlieferung in der Kapiteleinteilung lassen eher an diese Möglichkeit denken als an eine vom ersten Codex an gegebene Gliederung der Bücher in Kapitel. Um mehr Sicherheit zu gewinnen, bedürfte es stilistischer Untersuchungen von De trinitate: Fin67 Prosp. sent. lxii (2. Hälfte) zitiert Aug. trin. brev. XIII, 6 (CChr.SL 50, 18 M.), was dem Herausgeber M. Gastaldo (CChr.SL 68a, 272, 4–6) entgangen ist. Vgl. oben Anm. 46. 68 Aug. praed. sanct. viii, 13 (PL 44, 970 M.). 69 C. Lambot, Lettre ine´dite de s. Augustin relative au »De Civitate Dei«, RBe´n 51, 1939, 109–121, der Brief erneut in CChr.SL 47, III-IV Dombart/Kalb abgedruckt und ebenfalls erhalten in dem von Divjak entdeckten Briefcorpus, epist. 1 A* (BAug 46b, 54–59 Divjak; Hinweis auf den breviculus hier 58, Z. 55). Vgl. H.-I. Marrou, La technique de l’e´dition a` l’e´poque patristique, VigChr 3, 1949, 208–224, erneut in: Ders., Patristique et humanisme, Paris 1976, 239–252; ders., La division en chapitres des livres de la Cite´ de Dieu, ebd. 253– 265. Vgl. auch G. Bardy, Copies et e´ditions au Ve sie`cle, RevSR 23, 1949, 38–52; H. L. M. van der Valk, On the Edition of Books in Antiquity, VigChr 11, 1957, 1–10. Wichtige Korrekturen zu den Deutungen von Lambot und Marrou bei J. Divjak, Augustins erster Brief an Firmus und die revidierte Ausgabe der Civitas Dei, in: Latinität und Alte Kirche [FS Rudolf Hanslik], WSt.B 8, Wien/Köln/Graz 1977, 56–70. 70 Abgedruckt in CChr.SL 47, V-XLV D./K. − M. M. Gorman (A Survey of the Oldest Manuscripts of St. Augustine’s De Civitate Dei, JThS N. S. 38, 1982, 398–410 [Nachdruck in: Ders., The Manuscript Traditions (wie Anm. 22), 178–190]) erwägt, Eugippius, dem die capitula von De Genesi ad litteram zu verdanken sind, für den Verfasser auch der Kapitelüberschriften von De civitate dei zu halten. Gorman stellt zur Debatte (409), ob Eugippius für eine Rezension und die Kapitelüberschriften von De trinitate ebenfalls verantwortlich ist, was aber sicher nicht für den schon Prosper (also lange vor Eugippius) bekannten Breviculus in CChr.SL 50, 3–23 M. gelten kann. Eine in dem Aufsatz angekündigte Studie von Gorman über die frühe handschriftliche Überlieferung von De trinitate ist bisher nicht erschienen, als erster Überblick kann sein Aufsatz »The Manuscript Traditions of St. Augustine’s Major Works« (wie Anm. 22) dienen.

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den sich beispielsweise besonders sorgfältig gestaltete Kapitelanfänge und -schlüsse? Falls dies nicht der Fall sein sollte, empfiehlt es sich, jedes der fünfzehn Bücher als Einheit zu lesen und den Kapitelgrenzen keine Beachtung zu schenken. Mountain druckt im Anhang seiner Ausgabe einen zweiten, wesentlich kürzeren und wohl späteren breviculus ab, der sich in Handschrift B und mehreren anderen Manuskripten findet; über seine genaue Herkunft scheint vorerst nichts bekannt zu sein.71 Hunt weist auf eine dritte Version des breviculus hin, bei der die ersten neun Bücher detaillierte Kapitelüberschriften enthalten. Vermutlich sind sie mittelalterlicher Provenienz. Allerdings können sie aus chronologischen Gründen nicht von Adam Marsh, dem Freund des Robert Grosseteste, herrühren, dem sie in Codex F. V. 11 Siena zugeschrieben werden.72 Eine vierte Form von Kapitelüberschriften geht, wie Hunt aufdeckt, auf moderne Herausgeber zurück, von Erasmus bis zu den Maurinern, was in den Ausgaben selbst meist nicht deutlich wird. Alle neueren Ausgaben haben außer der Einteilung in Bücher und Kapitel auch arabisch durchnumerierte Sektionen, die auf die Maurinerausgabe zurückgehen. Ähnliche Einteilungen gab es schon zuvor. Viele Manuskripte aus der Hochscholastik, als das Werk besonders intensiv kopiert und studiert wurde, weisen (meist an den Rand geschrieben) eine kleinteilige Numerierung der Abschnitte auf, die Hunts Forschungen zufolge73 auf Robert Kilwardby zurückgeht. Dieser fertigte ausführliche Summarien für dieses und andere Werke Augustins an und erschloß De trinitate durch ausführliche alphabetische tabulae.74 b) Proömien In der ohne Autorisation Augustins veröffentlichten, unfertigen Fassung von De trinitate fehlten nach Augustins eigenem Bekunden den »ersten vier oder vielmehr fünf« Büchern noch die Proömien, die er später eingearbeitet habe.75 Wo enden diese Proömien? Die kritische Ausgabe Mountains erlaubt erstmals, das Zeugnis von Handschriften heranzuziehen. Leider bietet sich ein verwirrendes Bild: Der ausführliche, auch von Prosper benutzte breviculus kennt überraschenderweise gar keine Proömien, sondern läßt jedes Buch mit Kapitel I beginnen. Manuskript B, die Haupthandschrift der ohne diese Kapitelüberschriften tra71

CChr.SL 50a, 541–547 M. R. W. Hunt, Chapter Headings of Augustine De Trinitate Ascribed to Adam Marsh, BLR 5/2, 1954, 63–68. 73 Ebd. 68. 74 D.-A. Callus, The »Tabulae super Originalia Patrum« of Robert Kilwardby O. P., in: Studia mediaevalia [FS Raymond Joseph (Marie) Martin], Brügge 1948, 243–270; ders., New Manuscripts of Kilwardby’s Tabulae super Originalia Patrum, DomSt 2, 1949, 38–45. Vgl. unten S. 28 und zum Hintergrund M. Schmaus, Augustins psychologische Trinitätserklärung bei Robert Kilwardby OP, in: Sapientiae procerum amore [FS Jean-Pierre Müller], hg. von T. W. Köhler, StAns 63, Rom 1974, 149–209. 75 Aug. trin. prol. (epist. 174) (CChr.SL 50, 26, 26 f. M.). 72

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dierten Gruppe, gibt hingegen für die Bücher I, III, IV und V jeweils einen proœmium betitelten Anfang (über Buch II läßt sich nichts sagen, da das Ende von I und der Anfang von II hier fehlt). Dagegen läßt z. B. Handschrift A nur Buch IV mit der Überschrift proœmium beginnen, während sie sonst die Bücher I bis V mit Kapitel I beginnen läßt. Handschrift O kennt bei den Büchern II bis IV ein Proömium usw. Der Befund bleibt also unklar. Ausgehend von Augustins Klage in einem auf 415 datierten Brief, der pelagianische Streit lasse ihm keine Zeit zum Abschluß des Werkes über die Trinität,76 meint Jean Plagnieux in den Büchern XII-XV und in den Anfängen der ersten fünf Bücher Spuren der Auseinandersetzung mit dem Pelagianismus zu finden, so daß die Grenze der später hinzugefügten Proömien jeweils mindestens soweit reichen würde, wie diese Spuren nachweisbar sind.77 Besonders deutlich scheint ihm dies beim Proömium des vierten Buches, das sich mindestens bis zum sechsten Kapitel hinziehe. Es geht darin um Gnade, Erkenntnis und Christus. Studer bestreitet dagegen, daß sich in der Soteriologie des vierten Buches, die im Begriffspaar sacramentum und exemplum kulminiert, eine spezifisch antipelagianische und somit chronologisch auswertbare Stoßrichtung nachweisen lasse.78 Inzwischen sind allerdings neue Indizien aufgetaucht, die dafür sprechen könnten, daß Plagnieux etwas Richtiges sieht: Einerseits gibt es gute Argumente für die Datierung von Teilen der Bücher II bis IV auf die Zeit von 411 bis 414.79 Zudem würde eine bisher in der Forschung übersehene Anspielung in De trinitate IV, iii auf eine Augustinus wahrscheinlich erst durch Pelagius bekanntgewordene Sentenz80 perfekt zu der These von Plagnieux passen, daß sich das erst nach der Begegnung mit Pelagius hinzugefügte Proömium des vierten Buches bis IV, vi hinziehe. Andererseits zeigt eine der von Dolbeau entdeckten Predigten, die auf den 1. Januar 404 datierbar ist, teilweise sehr enge, auf zeitliche Nähe der Entstehung hindeutende Parallelen zu De trinitate IV, x-xv, so daß es gut möglich wäre, daß das Corpus dieses Kapitels etwa 403/404 verfaßt worden ist, das lange Proömium hingegen viel später und jedenfalls nach der Bekanntschaft mit den Schriften des Pelagius.81 Anne-Marie La Bonnardie`re versucht im Rahmen detaillierter Arbeiten zur Chronologie der Entstehung von De trinitate die Grenzen der Proömien zu bestimmen, die ihrer Auffassung zufolge nach 418 und vor 426 geschrieben wurden: Im ersten Buch verarbeite das (als letztes, nach 420 verfaßte) Proömium möglicherweise ältere Passagen und erstrecke sich bis I, vi, 13. Das Proömium 76

Aug. epist. 169, i, 1 (CSEL 44, 612, 3–10 G.). J. Plagnieux, Influence de la lutte antipe´lagienne sur le »De Trinitate« ou: Christocentrisme de saint Augustin, AugMag 2, 1954, 817–826. 78 B. Studer, »Sacramentum et exemplum« chez saint Augustin, RechAug 10, 1975, 87– 141; hier 125–139 (erneut in: Ders., Dominus Salvator [wie Anm. 733], 141–212; eine Kurzfassung unter gleichem Titel erschien in: StPatr 16, 1985 [= TU 129] 570–588). 79 Vgl. unten S. 41. 80 Vgl. unten S. 83. 81 Vgl. unten S. 43 ff. 77

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des zweiten Buches ende etwa mit dem siebten Kapitel, das des dritten Buches mit dem dritten Paragraphen des ersten Kapitels, und auch die Proömien des vierten und fünften Buches schlössen jeweils im ersten Kapitel.82 Ein sicheres Urteil über diese Thesen ist kaum möglich. Die Mutmaßung einer Umarbeitung älterer Texte widerspricht allerdings der Aussage Augustins, er habe das Manuskript von De trinitate am Ende so vervollständigt, daß Besitzer der unautorisierten, proömienlosen Erstfassung ihre Exemplare problemlos ergänzen könnten.83 Augustinus kann also eigentlich nur die Proömien den ansonsten unveränderten ersten fünf Büchern jeweils vorangestellt haben. Die Grenzen der späten Proömien müssen wohl vorerst nach bloß inhaltlichen Gesichtspunkten bestimmt werden.84 c) Textkritische Einzelfragen Nur wenige Autoren haben versucht, einzelne textkritisch problematische Stellen von De trinitate aufzuhellen. Am wichtigsten sind Hills schon erwähnte Arbeiten.85 Eine Konjektur von Jean Rivie`re und drei von Walter H. Shewring sind zum Verständnis der betreffenden Stellen kaum nötig und durch keine der Handschriften bestätigt worden, die in der später erschienenen kritischen Ausgabe ausgewertet werden.86 Bengt Alexanderson hat weitere Konjekturen vorgeschlagen; wichtiger sind seine teilweise erwägenswerten Belege dafür, daß die Interpunktion und besonders die in den Handschriften zumeist nicht enthaltenen Anführungs- und Schlußzeichen bei Augustins fiktiven Dialogen mit gedachten Gegnern in den De trinitate-Editionen manchmal an sinnwidrigen Stellen eingefügt worden sind.87 Ein in De trinitate an inhaltlich zentraler Stelle vermeintlich enthaltenes Hapaxlegomenon der gesamten lateinischen Antike (expropriare) konnte der Verfasser des vorliegenden Buches anhand der acht Handschriften der Bodleian Library in Oxford als Lesefehler erweisen und so den Sinn des Passus erhellen: Richtig dürfte es ex propria re heißen, was Mountain mindestens in Codex Laud misc. 126 [saec. VIII] übersehen hat.88 Die vermut82

Siehe unten S. 36 ff. Aug. epist. 174 (CChr.SL 50, 26, 26–29 M.). Vgl. oben Anm. 43. 84 Zu denken wäre etwa an trin. I, i, 1 – iii, 6 (CChr.SL 50, 27, 1 – 34, 68 M.) mit iv, 7 – v, 8 (34, 1 – 37, 41 M.) als ursprünglichem Vorwort; II, proœm., 1 – iii, 5 (80, 1 – 86, 34 M.) (oder nur II, proœm., 1 [80 f., 1–31]?); III, proœm., 1 (127, 1 – 128, 30 M.); IV, i, 1 (159, 1 – 160, 43 M.); V, i, 1–2 (206, 1 – 207, 46 M.). Vgl. allerdings unten Anm. 418 zu IV, iii, 5. 85 Siehe oben S. 15 mit Anm. 49. 86 J. Rivie`re, »Numquid« ou »Nonne«? Deux lec¸ons divergentes d’un texte de saint Augustin, BLE 30, 1929, 183–186; W. H. Shewring, Adversaria augustiniana, RBe´n 44, 1932, 263–264. 87 B. Alexanderson, Adnotationes criticae in libros De Trinitate Augustini, ElAnt 4/2, April 1998 (http://scholar.lib.vt.edu/ejournals/ElAnt/). 88 R. Kany, »Expropriare« bei Augustinus?, RE´Aug 38, 1992, 291–294. Die drei Jahre nach dieser Miszelle publizierte editio princeps der byzantinischen Übersetzung des Maximos Planudes, der nach Ansicht der Forschung einen lateinischen De trinitate-Codex mit gutem 83

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liche Erwähnung eines Carissimus als Mitadressat eines der von Divjak entdeckten Briefe hat Madec zu einer überzeugenden Konjektur geführt, die lediglich die Groß- statt Kleinschreibung eines »C« verlangt: Demnach sendet Augustinus in seinem De trinitate vorangestellten Widmungsschreiben an Aurelius das fertige Werk nicht durch einen ungenannt bleibenden »allerliebsten Mitdiakon«, sondern durch den »Mitdiakon Carissimus«.89 d) Exkurs: Der Titel »De trinitate« bei und vor Augustinus Der Titel eines Werkes ist stets auch Programm. Wer Fragen der Trinitätstheologie unter Überschriften wie De fide et symbolo oder De spiritu sancto abhandelt, schreibt aus anderen Perspektiven, als wenn er De trinitate als Titel wählt und damit anzeigt, daß die Dreiheit selbst das Thema ist. War Augustins Arbeitsprogramm, soweit es sich im Titel spiegelt, zuvor üblich oder eher ungewöhnlich? Auf der Grundlage moderner kritischer Texteditionen läßt sich diese Frage teilweise beantworten. Drei Kautelen müssen vorangestellt werden: Antike Autoren von der vorsokratischen bis mitunter noch in die patristische Zeit hinein publizieren häufig ihre Werke titellos oder betiteln sie situationsbezogen variabel.90 Ein Blick in den Apparat vieler moderner kritischer Editionen patristischer Texte zeigt außerdem, daß auch bei betitelten Werken die handschriftliche Überlieferung des Titels stark schwanken kann. Drittens lehrt die Erfahrung, daß Zitatoren seit der Antike und Herausgeber selbst noch des neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhunderts gerne selbst Titel formuliert und damit Traditionen geschaffen haben. Bei Augustins De trinitate jedoch ist die Frage des genauen Titels recht sicher zu beantworten. Augustinus nennt sein Werk, wenn er es kurz charakterisieren will, in den Retraktationen: libros de trinitate quae deus est quindecim91 bzw. in dem als Vorwort gedachten Brief 174: De trinitate quae deus summus et verus est libros92 Text benutzt hat, erbrachte einen weiteren Beleg für die von Kany bevorzugte Lesart non ex propria re ut ipsa esset in trin. IV, xx, 30 (CChr.SL 50, 202, 154 M.): oyÆ mhÁn deÁ vëw oiÍkouen ayÆthÁ eiËnai (PeriÁ TriaÂdow [wie Anm. 1392], Bd. 1, 335). 89 G. Madec, BAug 46b, 1987, 557. Diese Konjektur ist um so plausibler, als sie ohne Kenntnis eines Artikels von D. De Bruyne vorgeschlagen wurde, der sie schon 1927 (also ohne Kenntnis der Divjak-Briefe) mit dem Argument erwogen hatte, Augustinus erwähne sonst stets den Namen des Briefüberbringers (Notes sur les lettres de s. Augustin, RHE 23, 1927, 525, Anm. 1); inzwischen hat Madec auf diesen Vorgänger selbst hingewiesen: BAug 15, 21991, 8*, Anm. 2. − Abwegig ist Glories Versuch, statt der Formulierung filium nostrum condiaconum carissimum (epist. 174 [CChr.SL 50, 25, 21 M.]) mittels kabbalistisch anmutender Buchstabenmanipulationen zu konjizieren: filium Marcellinum carissimum (F. Glorie, Augustinus, De trinitate. Fontes − chronologia, SE 16, 1965, 203–255; hier 223 Anm. 72). 90 ˚ XLVII/19, GöE. Nachmanson, Der griechische Buchtitel. Einige Beobachtungen, GHA teborg 1941; Fredouille u. a. (Hgg.), Titres et articulations du texte (wie Anm. 63): Erwähnungen des Titels De trinitate dort auf den Seiten I; 445; 563. 91 Aug. retr. II, xv (xli), 1 (CChr.SL 57, 101, 2 M.). 92 Aug. epist. 174 (CChr.SL 50, 25, 4 = CSEL 44, 650, 15 G.).

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oder anderswo: De trinitate quae deus est laborem nostrum in quindecim libris93. Öfters heißen die Bücher bei Augustinus auch einfach: libri de trinitate.94 Entsprechend den ausdrücklich bibliographisch gemeinten Titelangaben in den Kapitelüberschriften der Retractationes95 und im Indiculum des Possidius96 lautet der Titel am korrektesten: De trinitate libri XV. Übrigens hatte Augustinus den Titel De trinitate schon einmal für eine wenige Zeilen lange Aufzeichnung benutzt, nämlich in der Sammlung verschiedener Fragen, die er von der Zeit seiner Konversion bis in die afrikanischen Jahre vor der Bischofsweihe für seine Mitbrüder behandelt hatte, und die er dann als Bischof zu einem Buch zusammenstellen und mit Nummern versehen ließ.97 Hier ist die wahrscheinlich auf 390 zu datierende98 quaestio xviii mit De trinitate überschrieben.99 Gab es Vorbilder für einen solchen Titel? Das mit Abstand älteste Werk mit einem solchen Titel wäre der laut Rufin von Macedonianern ins Corpus der Cyprian-Schriften eingeschmuggelte Tertulliani libellus De trinitate,100 der aber nach Hieronymus in Wahrheit von Novatian stammt.101 Schon 393 hatte Hieronymus in der von Augustinus nicht lange vor 397 gelesenen102 Schrift De viris illustribus ein »von sehr vielen Nichtwissenden« Cyprian zugeschriebenes De trinitate grande volumen Novatians verzeichnet, das ganz aus Tertullian schöpfe.103 Von dem Werk, das man von daher heute unter dem Titel De trinitate Novatian (um 250) zuweist, ist keine Handschrift mehr erhalten, so daß jede Textherstellung auf die Drucke des sechzehnten Jahrhunderts angewiesen ist, deren Titelangaben von den Herausgebern oder Verlegern stammen können.104 In dem Text selbst begegnet im Gegensatz zu Tertullians Adversus Praxean das Wort trinitas kein einziges Mal, und zwar vielleicht in bewußter Front gegen Tertullian, wie Simonetti zu zeigen versucht 93

Aug. praed. sanct. viii, 13 (PL 44, 970 M.). Aug. retr. I, iv, 4 (CChr.SL 57, 15, 52 M.); I, xxvi (xxv) (ebd. 76, 57); II, xvi (xlii) (ebd. 102, 2); xxv (li) (ebd. 110, 2); epist. 143, 4 (CSEL 44, 254, 7 G.); 162, 2 (ebd. 513, 2 f.); 169, i, 1 (ebd. 612, 6); 173A (hg. von F. Römer, WSt 84, 1971, 225–232; hier 231, 54). 95 Aug. retr. capitul. xli (CChr.SL 57, 2, 46 M.); retr. II, xv (xli), titul. (ebd. 101, 1). 96 Possid. indic. viii, 5 (MA 2, 173 Wilmart). 97 Aug. retr. I, xxvi (xxv) (CChr.SL 57, 74, 1–11 M.). 98 Du Roy, L’intelligence (wie Anm. 1249), 388–391. 99 Aug. divers. quaest. xviii (CChr.SL 44a, 23, 1–12 M.); dieser Titel der quaestio wird ebenso bezeugt in retr. I, xxvi (xxv) (CChr.SL 57, 76, 41 M.) und Possid. indic. viii, 1 (MA 2, 173 Wilmart). 100 Rufin. adult. lib. Orig. xii (61, 4 f. Dell’Era). 101 Hier. adv. Rufin. II, 19 (CChr.SL 79, 56, 52–58 Lardet). 102 Aug. epist. 40, ii, 2 (CSEL 34/2, 71, 1 f. G.). Datierung nach Goldbacher, CSEL 58, 1923, 15 f. 103 Hier. vir. ill. lxx (176 Ceresa-Gastaldo). Ob Hieronymus mit der Formulierung nescientes nicht Rufin und seine auf 397 datierte Schrift über Origenesfälschungen treffen will? Dann allerdings könnte die heute überlieferte Fassung von De viris illustribus nicht aus dem Jahre 393 stammen, wie allgemein angenommen wird. 104 G. F. Diercks, Introduction, in: CChr.SL 4, 1972, 1–7; V. Loi, Introduzione, in: Novaziano, La Trinita`, CorPat 2, Turin 1975, 5–50; hier 12–21. 94

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hat.105 Die Ursprünglichkeit des Titels ist jedenfalls so gut wie ausgeschlossen. Übrigens ist der Terminus trinitas in der lateinischen Sprache zum ersten Mal bei Tertullian belegt und gilt in der Schule von J. Schrijnen als Element der »altchristlichen Sondersprache«.106 Nun verwendet Tertullian den Terminus nicht nur im »orthodoxen« Sinne, sondern zuvor mehrfach zur Charakterisierung valentinianischer Spekulationen. Da zudem der entsprechende griechische Terminus triaÂw mit Bezug auf Gott Vater, Sohn und Geist noch vor dem ersten »rechtgläubigen« Beleg (um 180 bei Theophilus von Antiochien) bei dem Valentinianer Theodot vorkommt, besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, daß der Terminus in dieser Bedeutung ursprünglich gnostischer Provenienz ist.107 In der Forschungsliteratur wird öfters eine verlorene angebliche Schrift De spiritu sancto sive de trinitate jenes Donatus von Karthago erwähnt, nach dem der Donatismus benannt ist.108 Aber antik bezeugt ist nur der Titel De spiritu sancto,109 und Existenz wie Autorschaft dieses laut Hieronymus zum »Arianismus« neigenden Werkes sind sehr zweifelhaft.110 Das Corpus der »antiarianischen« Schriften des Marius Victorinus trägt zwar in mehreren mittelalterlichen Bibliothekskatalogen den Titel De trinitate,111 und 105

M. Simonetti, Alcune osservazioni sul De Trinitate di Novaziano, in: Studi in onore di Angelo Monteverdi, Bd. 2, Modena 1959, 771–783; hier 782 f. 106 J. Schrijnen, Le latin chre´tien devenu langue commune, RE´L 12, 1934, 96–116; hier 98; Ch. Mohrmann, Die altchristliche Sondersprache in den Sermones des hl. Augustin, LCP 3, Nimwegen 1932, 158 f. 107 R. Braun, Deus Christianorum. Recherches sur le vocabulaire doctrinal de Tertullien, E´AA 70, Paris 21977, 151–157. Erster Beleg von trinitas bei Tert. praescr. vii, 3 (CChr.SL 1, 192, 8 Refoule´) (valentinianisch), vgl. z. B. auch trinitas Valentiniana in anim. xxi, 1 (CChr.SL 2, 813, 3 Waszink); zehn Belege im christlich-trinitätstheologischen Sinne in adv. Prax. (z. B. ii, 4 [ebd. 1161, 32 Kroymann/Evans] etc.); vgl. triaÂw in Theoph. Autol. II, 15, 4 (62, 17 Marcovich); Clem. Alex. exc. Theod. D 80, 3 (SC 23, 204 Sagnard). M. Wellstein (Nova Verba in Tertullians Schriften gegen die Häretiker aus montanistischer Zeit, BeiAlt 127, Stuttgart/Leipzig 1999, S. 218–220) meint allerdings, eine Stelle wie Tert. anim. xvi, 4 (CChr.SL 2, 803, 26 W.), an der trinitas sich auf die dreigeteilte menschliche Seele beziehe, sei kaum denkbar, wenn der Ausdruck bereits vor Tertullian die fixierte trinitätstheologische Bedeutung gehabt habe; das Wort sei also eher ein schon vor Tertullian bekannter Ausdruck gewesen, den dieser Autor dann, vielleicht als erster, auf die göttliche Dreiheit angewandt habe. 108 Etwa P. Monceaux, Histoire litte´raire de l’Afrique chre´tienne, Bd. 5, Paris 1920, 131. 109 Hier. vir. ill. xciii (198 C.-G.): Extant eius multa ad suam haeresim pertinentia et De Spiritu Sancto liber Ariano dogmati congruens. − Der Doppeltitel De spiritu sancto sive de trinitate ergibt sich bei Monceaux anscheinend daraus, daß er die inhaltliche Angabe Augustins, es gebe Schriften des Donatus, ubi apparet eum etiam non catholicam de trinitate habuisse sententiam (haer. lxix, 2 [CChr.SL 46, 332, 23 f. Vander Plaetse/Beukers]), in den von Hieronymus bezeugten Titel De spiritu sancto einwebt. 110 Wenn Donatus, wie angenommen wird, um 355 gestorben ist (Monceaux Histoire [wie Anm. 108], 116), und das fragliche Werk um 345, bald nach der Synode von Serdika (Ost) zu datieren ist (ebd. 131), wäre eine eigene Abhandlung über den Heiligen Geist zu diesem frühen Zeitpunkt sehr überraschend − die Pneumatologie wurde erst mit den Briefen des Athanasius an Serapion um 358 und der Synode von Alexandrien 362 stärker in den dogmatischen Streit einbezogen. 111 P. Henry/P. Hadot, Prolegomena, in: CSEL 83/1, 1971, VII-XXVI; hier X.

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im Codex Berolinensis Phillipps 1684 hat eine spätere Hand über die Rasur des ursprünglichen Titels des vierten Corpus-Teiles, der etwa Marii Victorini viri clarissimi ad Candidum Arrianum gelautet haben dürfte, die Worte geschrieben: incipit liber I de trinitate.112 Aber dieser Titel geht nicht auf Marius Victorinus zurück. Nicht ausgeschlossen ist allerdings, daß die drei Hymnen des Marius Victorinus, die an das Ende des Corpus gerückt sind, den im genannten Codex bezeugten Sammeltitel Liber de trinitate113 ursprünglich getragen haben; die Herausgeber Henry und Hadot sind sich hier unsicher.114 Pseudo-Athanasius, De trinitate (Bücher I-VII), nach einer neueren Ansicht vielleicht doch wieder dem Eusebius von Vercelli zuzuschreiben,115 trägt in mehreren Manuskripten diesen Titel, in anderen etwa De unitate deitatis.116 Von den daran angehängten Pseudo-Athanasiana wird nur die letzte (XII), nicht sicher datierte (nachaugustinische?) Schrift, in manchen Handschriften De trinitate oder De trinitate et de spiritu sancto betitelt.117 Für das umfangreiche Hauptwerk des Hilarius, worin das Wort trinitas erstaunlicherweise nur zweimal vorkommt, ist der Titel De trinitate erst seit dem sechsten Jahrhundert belegt; ursprünglich waren die Bücher am ehesten titellos und wurden von anderen zuerst De fide oder Contra Arianos oder ähnlich betitelt.118 Die Schrift des Luciferianers Faustinus ist in den erhaltenen Handschriften und der editio princeps mit Titeln wie De professione catholica oder De fide contra Arianos überschrieben, der Titel De trinitate haftet ihr offenbar erst seit einer Edition von 1575 an.119 Ein als priszillianisch geltender Traktat wird in der einzig erhaltenen, karolingischen Handschrift De trinitate fidei catholicae genannt, was aber nicht ursprünglich zu sein braucht.120 Pelagius soll in seiner Frühzeit nach dem über ein halbes Jahrhundert späteren Zeugnis des unzuverlässigen Gennadius tres de fide trinitatis libros verfaßt haben.121 Prüft man die von Martini gesammelten Indizien für die Existenz eines solchen Werkes,122 so erscheint dies 112

CSEL 83/1, S. 54, Apparat. Ebd. 285, Apparat. 114 Ebd. IX. Näheres zu den Titeln: P. Hadot, Einleitung, in: Christlicher Platonismus. Die theologischen Schriften des Marius Victorinus, übersetzt von P. Hadot/U. Brenke, Zürich/ Stuttgart 1967, 25–71; hier 27–33. 115 D. H. Williams, Ambrose of Milan and the End of the Nicene-Arian Conflicts, OECS, Oxford 1995, 239–242. 116 V. Bulhart, Praefatio, in:CChr.SL 9, 1957, V-XXXVI; hier XXXI. 117 Pseudoathanasii De trinitate ll. X-XII, rec. M. Simonetti, Bologna 1956, 71 Apparat, vgl. CChr.SL 9, 165 Apparat von V. Bulhart. 118 P. Smulders, Praefatio, in: CChr.SL 62, 1979, 1*–78*; hier 6*–8*. Vgl. M. Figura/ J. Doignon, Introduction, in: Hilaire de Poitiers, La Trinite´, Bd. 1, SC 443, Paris 1999, 9–200; hier 53 f. 119 CChr.SL 69, 295 M. Simonetti (Apparat). 120 G. Morin, Traite´ priscillianiste ine´dit, in: Ders., E´tudes, textes, de´couvertes, Bd. 1, AMar II/1, Maredsous/Paris 1913, 151–205; hier 169, 178, 205 (PLS 2, 1487; 1507 Hamman) (CPL Nr. 788). 121 Gennad. vir. ill. xliii (TU XIV/1, 77, 18 Richardson). 122 C. Martini, Ambrosiaster. De auctore, operibus, theologia, SPAA 4, Rom 1944, 186 f. Mögliche Fragmente verzeichnet CPL Nr. 748. 113

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sehr zweifelhaft. Obendrein muß die Formulierung des Gennadius keinen Buchtitel meinen. Die ersten beiden Bücher von Ambrosius’ De fide werden im Codex Vaticanus latinus 266 (saec. IX) mit den Büchern De spiritu sancto zu einem Werk des Titels De trinitate zusammengefaßt,123 aber das ist zweifellos nicht ursprünglich, obgleich es schon im sechsten Jahrhundert Hinweise auf einen solchen Titel gibt.124 Und die griechischen Theologen? Der Kirchenhistoriker Sokrates erwähnt um 440 bis 450, also aus einem Abstand von rund fünfzig Jahren, taÁ periÁ triaÂdow bibliÂa von Didymus dem Blinden,125 aber ob er damit den Inhalt oder den authentischen Titel meint und ob er sich auf das in nur einer Handschrift überlieferte Werk bezieht, das heute meist damit identifiziert wird, ist keineswegs gewiß; dem besagten Codex jedenfalls fehlt der Anfang und damit auch ein Titel.126 − Gregor von Nyssa hat eine Schrift verfaßt, die unter variierenden Titeln überliefert ist; am besten bezeugt ist offenbar ProÁw EyÆstaÂuion periÁ thÄw aëgiÂaw triaÂdow.127 − Das am ehesten zwischen etwa 380 und 410 in der Eustathianergemeinde entstandene Corpus der pseudo-athanasianischen Dialogi V de sancta trinitate wurde von Theodor Beza 1570 ÆAuanasiÂoy diaÂlogow periÁ thÄw triaÂdow betitelt;128 ob der Titel handschriftlich bezeugt ist, geht aus einer sonst sehr guten Studie über die Überlieferungsgeschichte leider nicht hervor.129 − Die »Dialoge über die Trinität« Kyrills von Alexandrien sind titellos überliefert.130 Der wie diese grob gleichzeitig mit Augustins De trinitate verfaßte Thesaurus de sancta et consubstantiali trinitate131 Kyrills hieß ursprünglich wohl nur oë uhsayroÂw.132 Theodoret nennt ein zwei Bücher umfassendes Werk133 brieflich PeriÁ ueologiÂaw kaiÁ thÄw ueiÂaw eÆnanurvphÂsevw,134 aber der vollständige Titel scheint »Über die Theologie der heiligen Trinität und die Oikonomia«135 oder »Über die heilige Trinität und die göttliche Oikonomia«136 gelautet zu haben; wahrscheinlich ist 123

CSEL 78, 4 F. Apparat (mit 16* f. ebd. [O. Faller]). Cassiod. inst. I, xvi, 3 (53, 20 f. Mynors). 125 Socrat. h. e. IV, xxv, 6 (GCS N. F. 1, 259, 15 f. Hansen). 126 Didymus der Blinde, De trinitate, Buch I, hg. von J. Hönscheid, BKP 44, Meisenheim a. G. 1975, 1–7 zur Frage des Titels und der Zuschreibung (CPG 2570). Gegen die Zuschreibung an Didymus wendet sich etwa M. Simonetti, Ancora sulla paternita` didimiana del De trinitate, Aug(R) 36, 1996, 377–387. 127 GNO III/1, ed. F. Mueller, Leiden 1958, 3 (CPG 3137). 128 PG 28, 1116–1285 Montfaucon (CPG 2284). 129 Ch. Bizer, Studien zu pseudoathanasianischen Dialogen. Der Orthodoxos und Ae¨tios, Diss. Bonn 1970. 130 G. M. de Durand, Introduction, in: SC 231, 1976, 15–122; hier 32 f., Anm. 2. 131 PG 75, 9–656 Aubert (CPG 5215). 132 N. Charlier, Le »Thesaurus de Trinitate« de Saint Cyrille d’Alexandrie. Questions de critique litte´raire, RHE 45, 1950, 25–81; hier 51–55. 133 PG 75, 1148–89; 1420–77 (CPG 6216). 134 Theodoret. epist. 113 (SC 111, 64, 14 f. Aze´ma). 135 In syrischer Übersetzung zitiert von Sever. Antioch. c. impium gramm. III, 1, 5 [CSCO 93 (= CSCO.S 45 = Script. Syr. IV/5 T), 65, Z. 18 f. Lebon]). 136 De sancta trinitate et de divina dispensatione (Theodoret. epist. ad populum Constantinopolitanum [Collectio Casinensis, ACO I/4, 85, 7 Schwartz]). 124

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das Werk kurz vor 431, also knapp nach Augustins De trinitate veröffentlicht worden.137 Als Ergebnis bleibt festzuhalten, daß Augustinus zu den ersten gehört, die ein Werk mit dem Titel »Über die Trinität« verfaßt haben. Im lateinischen Spachraum hat er vielleicht sogar als erster diesen Titel verwendet. Denn bei älteren lateinischen Werken, die heute De trinitate heißen, ist nicht sicher, ob sie auch ursprünglich diesen Titel trugen. Möglicherweise waren ein bis drei voraugustinische griechische Schriften »Über die Trinität« betitelt. Doch ist für keines dieser Werke sicher nachgewiesen, daß Augustinus von ihm wußte.138 Wahrscheinlich hat Augustinus mit der Wahl des zu seiner Zeit ungewöhnlichen Titels De trinitate bewußt sein Thema andeuten wollen: quaestionem trinitatis, hoc est de unitate divinitatis et discretione personarum.139

4. Register, Lexika und Konkordanzen Robert Kilwardby versuchte schon im dreizehnten Jahrhundert, die komplizierten Gedankengänge von De trinitate durch ausführliche Inhaltsübersichten und alphabetische tabulae aufzuschlüsseln.140 Es heißt, er habe dadurch zwar zur Verbreitung von Augustins Werk beigetragen, aber auch mitverursacht, daß man lieber die tabulae als den langen Originaltext las.141 Ältere Indices wie die in Mignes Patrologia Latina werden durch die moderne Datentechnik ersetzt, mit der die Suche nach Wörtern und Wortkombinationen spielend leicht geworden ist. Zum Text von De trinitate im Corpus Christianorum liegt ein elektronisch erstellter, lemmatisierter, vollständiger Wortindex in Buchform vor, der auch abweichende Lesarten berücksichtigt und dreizehn Druckfehler korrigiert. Der breviculus wird leider nicht einbezogen. Die Orthographie entspricht nicht immer der kritischen Ausgabe.142 Angegeben werden nur Seiten- und Zeilenziffer, kein Kontext. Dies unterscheidet den Catalogus auch von dem die Opera omnia Augustins beinhaltenden Thesaurus Augustinianus auf Microfiches,143 der eine Zeile Kontext bringt und die flektier137

E. Schwartz, I. Die sogenannten Gegenanathematismen des Nestorius. II. Zur Schriftstellerei Theodorets, SBAW.PH 1922, 1, München 1922, 31; J.-N. Guinot, L’Expositio rectae fidei et le traite´ Sur la Trinite´ et l’Incarnation de The´doret de Cyr: deux types d’argumentation pour un meˆme propos?, RechAug 32, 2001, 39–74; hier 65–69. 138 Zu Augustins Quellen unten S. 47 ff. 139 Aug. epist. 120, i, 2 (CSEL 34/2, 705, 18 f. G.). Einseitiger trin. I, iii, 5 (CChr.SL 50, 32, 7 f. M.): . . . in omnibus scriptis meis maximeque in his ubi quaeritur unitas trinitatis. 140 Siehe oben S. 20 mit Anm. 74. 141 Vgl. M.-D. Chenu, Das Werk des Hl. Thomas von Aquin, übersetzt von O. M. [= O. H.] Pesch, Graz/Wien/Köln 21980, 43 und 49. 142 Catalogus verborum quae in operibus Sancti Augustini inveniuntur, Bd. 5: De Trinitate, Thesaurus Linguae Augustinianae, Eindhoven 1981. Darin vor S. 1 die Druckfehlerliste. − Man findet z. B. das in der kritischen Ausgabe dinosco buchstabierte Verb im Catalogus nur unter dignosco. 143 Thesaurus Augustinianus. Series A: Formae, Turnhout 1989. Vgl. G. Madec, Le »Thesaurus Augustinianus«, RE´Aug 35, 1989, 298–307.

Übersetzungen

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ten Formen alphabetisch auflistet. Für die Abfrage von Wortkombinationen benutzt man praktischerweise elektronische Medien. Der gesamte Augustinustext ist auf der CD des Corpus Christianorum des Cetedoc gespeichert,144 verbessert noch auf der CD des Würzburg/Gießener Augustinus-Lexikons.145 Für einzelne wichtige Namen, Begriffe und Werke Augustins, die für seine Trinitätslehre bedeutsam sind, kann man das seit 1986 in Faszikeln erscheinende Augustinus-Lexikon konsultieren.146 Hingewiesen sei auch auf die nicht in alphabetischer Reihenfolge, aber in Loseblattform nach und nach erscheinenden Artikel des Lexicon Augustinianum der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, in dem Augustins Wortschatz lexikographisch bearbeitet wird.147 Seit der sechsten Lieferung (1992) ist die Auswahl der berücksichtigten Texte erweitert worden. Sie war ursprünglich leider auf die im CSEL erschienenen Editionen beschränkt. Erst seither wird auch der Wortbestand von De trinitate einbezogen.

5. Übersetzungen Die seit dem neunzehnten Jahrhundert erschienenen Übersetzungen von De trinitate ins Amerikanische, Dänische, Deutsche, Englische, Französische, Griechische, Italienische, Polnische, Russische, Slowenische, Spanische und Ungarische sind in der Bibliographie der vorliegenden Arbeit enthalten, soweit sie zugänglich waren.148 Die Übersetzung von De trinitate ins byzantinische Griechisch durch Maximos Planudes und ihre Rezeption wird unten S. 332 ff. besprochen. Hier seien hervorgehoben: die erste und bisher einzige149 vollständige deutsche Version von Michael Schmaus (1935/36), die in der Regel genau ist,150 144

Cetedoc Library of Christian Latin Texts on CD-ROM, Löwen 1991, 42000. Vgl. oben S. 5. 146 Augustinus-Lexikon, hg. von C. Mayer u. a., Fasz. 1 ff., Basel/Stuttgart 1986 ff. 147 Österreichische Akademie der Wissenschaften, Specimina eines Lexicon Augustinianum SLA, erstellt von W. Hensellek und P. Schilling, Lieferung 1 ff., Wien 1987 ff. 148 Unten S. 535 ff. 149 Eckermann/Krümmel, Repertorium (wie Anm. 32), 460, verzeichnen eine fast vollständige, aber unveröffentlichte trin.-Übersetzung von Alfons Abert OESA, die im Augustinerkloster Münnerstadt aufbewahrt wird; vgl. W. Eckermann/A. Krümmel, Johann Alfons Abert (1840–1905). Ein unbekannter Augustinusübersetzer aus dem 19. Jahrhundert, Cass. 43/3, Würzburg 1993. Eine von J. Brachtendorf und Th. Fliethmann besorgte zweisprachige Ausgabe ist für die lateinisch-deutsche Augustinusausgabe in Vorbereitung. Nur eine Auswahl aus Buch V sowie die Bücher VIII bis XI, XIV und XV bietet die zweisprachige Ausgabe von Johann Kreuzer, deren deutsche Übersetzung lediglich eine Überarbeitung derjenigen von Schmaus ist (vgl. unten S. 292 f.). 150 Völlig falsch hat Schmaus die allerletzten vier Zeilen des Werkes übersetzt, das Ende des bewegenden Gebetes. − Ein weiterer wichtiger Fehler: Augustinus schreibt: ad summam trinitatem quae deus est conspiciendam nos erigere volumus nec valemus (trin. XV, vi, 10 [CChr.SL 50a, 473, 55–58 M.]), aber Schmaus fügt auch dem Wollen die Negation hinzu und übersetzt: ». . . haben wir weder den Willen noch das Vermögen, uns zur Schau der höchsten 145

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Der Text von »De trinitate«

und von der auch eine überarbeitete Auswahlausgabe erschienen ist; die englische Übersetzung von McKenna (1963), die als recht exakt gilt; die durch ausführliche Anmerkungen und Einleitungen bemerkenswerte, in der Bibliothe`que Augustinienne 1955 erschienene und 1991 mit Ergänzungen von Madec nachgedruckte lateinisch-französische Ausgabe von Agae¨sse, Camelot, Hendrikx, Mellet und Moingt, deren Anmerkungen zwar gelegentlich etwas zufällig verteilt erscheinen und manchmal veraltet sind, die aber doch als empfehlenswerteste Leseausgabe gelten kann; sodann die reich annotierte, recht frei paraphrasierende, aber den Sinn meist treffende englische Übersetzung von Hill (1991), die sich primär an theologisch interessierte Nichtfachleute wendet und diese Aufgabe gut löst;151 und schließlich die lateinisch-italienische Ausgabe der Augustiner von Rom (1973), die gute Register hat und wichtigere Abweichungen zwischen dem Text der Mauriner und des Corpus Christianorum vermerkt, aber leider ausführlicherer kommentierender Anmerkungen entbehrt. Alle Übersetzungen enthalten Einleitungen der Herausgeber oder Übersetzer. Einige davon werden später besprochen. Andere sind so knapp oder allgemein gehalten, daß sie übergangen werden können. Übrigens zeugt es von wenig Sinn für die Einheit, Struktur und Überlieferung eines antiken Werkes, wenn mehrere Übersetzungen (darunter diejenige von Schmaus und die erste Auflage152 der Bibliothe`que Augustinienne) Augustins Widmungsbrief an Aurelius von Karthago auslassen, der in fast allen Handschriften am Beginn steht, wie Augustinus es in ebendiesem Brief fordert.153

Dreieinigkeit, die Gott ist, emporzurecken« (Bd. 2, 264). Wahrscheinlich liest er versehentlich non statt nos, was dann bestens zu seiner Deutung paßt, die Vernunft vermöge nach Augustinus hinsichtlich der Trinität »aus eigener Kraft das Geheimnis weder in seiner Tatsächlichkeit zu erkennen noch in seinem Inhalte zu begreifen« (Die psychologische Trinitätslehre [wie Anm. 2], 177). Kreuzer bietet in seiner zweisprachigen De trinitate-Ausgabe vom Jahre 2001 (wie Anm. 1239) den korrekten lateinischen Text, behält aber diesen Übersetzungsfehler von Schmaus bei. 151 Eine treffende Rezension dazu von J. J. O’Donnell, AugSt 26, 1995, 159–162. 152 In der 2. Auflage von BAug 15, 1991, 7*–9*, hat Madec eine Übersetzung des Briefes nachgetragen; der lateinische Text fehlt noch immer. 153 Die meisten mittelalterlichen Handschriften von De trinitate stellen den (in den reinen Briefcorpora nicht enthaltenen) Brief an Aurelius (epist. 174 [CSEL 44, 650 f. G = CChr.SL 50, 25 f. M.]) als Prolog voran, und meistens setzen sie (wie auch bei den anderen Werken Augustins) zusätzlich den Abschnitt über De trinitate aus den Retractationes dazu, in der Augustinus die Publikationsgeschichte ähnlich wie in dem Widmungsbrief an Aurelius wiedergibt. Vgl. die einzelnen Beschreibungen von De trinitate-Manuskripten in: Hanslik u. a., Die handschriftliche Überlieferung (wie Anm. 18).

Zweites Kapitel

Chronologie der Entstehung von De trinitate Die Chronologie der Werke Augustins ist ein komplizierter Forschungszweig. Jedes Argument bedeutet Filigranarbeit, weil es in ein fein gesponnenes Netz von einander bedingenden Fakten, Hypothesen und Schlußfolgerungen eingewoben werden muß. Die Ermittlung der Entstehungszeit von De trinitate kann das Verständnis des Werkes fördern: Welche Abschnitte setzen beispielsweise Einsichten voraus, die Augustinus im pelagianischen Streit gewonnen hat? Fußen die zuletzt fertiggestellten Passagen des Werkes schon auf Augustins Lektüre des Sermo Arrianorum im Herbst 419? Welche Arbeiten Augustins können wegen zeitgleicher Entstehung besonders gut zum Vergleich herangezogen werden? Da in der Forschungsliteratur auch der jüngsten Zeit überholte Angaben über die Entstehungsdaten von De trinitate kursieren, wird das Problem so ausführlich dargestellt, daß die genaueren Gründe für und wider diverse Chronologien durchsichtig werden.

1. Die ältere Forschung Ausgangspunkt der Chronologie von Augustins Werken sind die Retractationes. Augustinus sagt dort, er liste seine Arbeiten in der Reihenfolge ihrer Entstehung auf154 − offenkundig meint er den Beginn, nicht den Abschluß seiner Schriften. De trinitate wird als fünfzehntes Werk in jenem zweiten Buch der Retractationes besprochen, das die nach seiner Bischofsweihe155 verfaßten Bücher enthält. Augustinus wurde vor dem 28. August 397 zum Bischof geweiht,156 aber das genaue Datum bleibt umstritten; die von Perler vertretene Frühdatierung setzt den Mai oder Juni 395 an.157 Die ersten sieben in Buch II retraktier154

Aug. retr. prol. 3 (CChr.SL 57, 6 f., 51–54 M.). Ebd. II, i (xxvii), 1 (89, 3 M.). 156 An diesem Tage unterzeichnet er als episcopus die Akten einer Synode in Karthago (CChr.SL 149, 49 Munier). Vgl. A. Solignac, BAug 13, 1962, 48–50. 157 O. Perler, Das Datum der Bischofsweihe des heiligen Augustinus, RE´Aug 11, 1965, 25–37; die Quellen werden ausführlich dargeboten in: Ders. in Zusammenarbeit mit J.-L. Maier, Les voyages de saint Augustin, E´AA 36, Paris 1969, 164–178. Die Argumente für eine Frühdatierung sind aber nicht zwingend, vgl. A. Mutzenbecher, Einleitung, in: CChr.SL 44, 1970, IX-LXXIV, hier XXX-XXXIII; manches spricht für Sommer 396: D. E. Trout, The Dates of the Ordination of Paulinus of Bordeaux and of his Departure for Nola, RE´Aug 37, 1991, 237–260. 155

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Chronologie der Entstehung von »De trinitate«

ten Werke sind nicht sicher datiert,158 erst das achte Werk enthält ein eindeutiges Datum: In dem Protokoll Contra Felicem Manichaeum findet sich nämlich als Termin der beiden Disputationen der 7. und 12. Dezember 404 verzeichnet.159 Dies ist überraschend spät und würde bedeuten, daß Augustinus in den ersten acht bis zehn Jahren als Bischof nur diese acht Werke begonnen hätte. Mit De trinitate hätte er nach 404 angefangen. Nachdenklich stimmt aber, daß die in der Reihenfolge der Retractationes nächste relativ sicher datierbare Schrift den römischen Bischof Anastasius I. (399 bis 402) als amtierend erwähnt160 − es handelt sich um das Werk gegen den Donatisten Petilian, das sogar erst an 25. Stelle aufgelistet ist, lange nach De trinitate. Sollte sich Augustinus bei der Gliederung der Retractationes in der Reihenfolge seiner Schriften geirrt haben? Lange Zeit war die Forschung von zwei Versuchen beherrscht, die Chronologie der Retractationes trotz aller Schwierigkeiten als unbedingt intakt anzusehen. Die eine Variante dachte sich Max Wundt161 aus: Die Schrift gegen Petilians Epistula erwähne den römischen Bischof nur deshalb als amtierend, weil er zur Zeit der Abfassung von Petilians Brief noch gelebt hatte. Dieses Argument kann ebensowenig überzeugen wie Wundts hieran geknüpfte Mutmaßung: Augustinus habe sich lange Zeit an das Bischofsamt gewöhnen müssen. Zwischen Ende 404 und Mitte 406 (Abschluß von Contra Cresconium) habe er seine literarische Produktion drastisch gesteigert. Um 405 oder Anfang 406 habe er De trinitate begonnen, aber nur die ersten beiden Bücher, die Wundt für allzu lässig gegliedert hält. Bis zur Fortsetzung sei eine längere Pause eingetreten. Wundts Chronologie würde bedeuten, daß Augustinus zwischen dem 12. Dezember 404 und dem 405 oder Anfang/Mitte 406 verfaßten Werk gegen Cresconius, also binnen höchstens achtzehn Monaten, nicht weniger als siebzehn verschiedene Werke begonnen und teilweise auch vollendet hätte, darunter De catechizandis rudibus, De trinitate, De consensu evangelistarum, Contra Parmenianum, De Genesi ad litteram und Contra Petilianum. Eine solche manisch anmutende Produktivität, noch dazu mitten im Donatistenstreit, ist überaus unwahrscheinlich. Die andere Variante zur Aufrechterhaltung einer intakten chronologischen Anordnung der Retractationes hat viel mehr Anhänger gefunden. Paul Monceaux162 konjizierte, daß in der Datumsangabe des Protokolls gegen Felix statt se158

Eine übersichtliche Zusammenstellung der sicheren und erschlossenen Datierungen von Augustins Werken gibt A. Mutzenbecher in ihrer Ausgabe der Retractationes (CChr.SL 57, XVII-XXI). 159 Aug. c. Fel. I, 1 (CSEL 25/2, 801, 3 Zycha): Honorio Augusto sexies consule septimo idus Decembris und I, 20 (826, 5): pridie idus Decembris. 160 Aug. c. Petil. II, li, 118 (CSEL 52, 88, 16 f. Petschenig). Vgl. B. Quinot, BAug 30, 1967, 17–40 und Perler/Maier, Les voyages (oben Anm. 157), 231. Für die angegebene Amtszeit des Anastasius vgl. die exakte Argumentation von K. Holl, Gesammelte Aufsätze zur Kirchengeschichte, Bd. 2, Tübingen 1928, 332–334. 342. 161 M. Wundt, Zur Chronologie augustinischer Schriften, ZNW 21, 1922, 128–135. 162 P. Monceaux, [La chronologie des œuvres d’Augustin,] CRAI 1908, 51–53.

Die ältere Forschung

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xies bzw. sextum vielmehr quartum zu lesen sei oder die mutmaßliche Ziffer VI ein ursprüngliches IV ersetzt habe.163 Gemeint sei also das vierte statt sechste Konsulatsjahr des Honorius, womit die Disputation auf den 7. und 12. Dezember 398 fallen würde und sich eine viel harmonischere Chronologie ergäbe. Doch bewies Jourjon 1961 schlagend,164 daß dieser elegante Vorschlag − er ist noch 1993 von Marie-Anne Vannier aufrechterhalten worden165 − falsch ist. Denn dem Disputationsprotokoll ist unmißverständlich zu entnehmen, daß der besagte 12. Dezember ein Montag war,166 was von allen dreizehn Konsulatsjahren des Honorius nur beim sechsten zutrifft, also im Jahre 404.167 Es sieht also ganz so aus, als habe Augustinus entweder die Disputation gegen Felix chronologisch falsch in die Retractationes eingeordnet, oder als sei das Datum im Protokoll verderbt und nur zufällig kalendarisch in sich stimmig − ersteres ist wahrscheinlicher als letzteres. Leider hat Zarb in seiner einflußreichen Chronologia operum Sancti Augustini Monceaux Glauben geschenkt.168 Augustinus habe De trinitate 399 begonnen, 415 seien die ersten zwölf Bücher in unrechtmäßiger Ausgabe erschienen, und Ende 418 oder eher 419 sei De trinitate fertiggestellt worden. Zarbs Begründung für den Beginn der Arbeit an De trinitate beruht auf Monceaux’ Irrtum, und seine Argumente für den Abschluß der Arbeit hängen teilweise von Datierungen bestimmter Briefe Augustins ab, die ihrerseits von einer mutmaßlichen Datierung des De trinitate-Textes abgeleitet worden waren. Auch Bardy folgt Monceaux und vermutet eine Entstehung von De trinitate zwischen 400 und 416.169 Da er aus nicht nachvollziehbarem Grunde meint, die Widmung von De trinitate an Aurelius stamme sicher aus dem Jahre 416, will Bardy nicht ausschließen, es habe noch eine zweite, etwas spätere Ausgabe von De trinitate gegeben, falls nämlich der in Buch XV zitierte Traktat XCIX zum Johannesevangelium erst aus der Zeit um 418 stamme. Hendrikx meint, in der Datierung von De trinitate zu mehr Detailgenauigkeit gelangen zu können.170 Auch er glaubt Monceaux und setzt den Beginn von 163

Alle Textzeugen laut CSEL 25/2, 801, 3 Z. verwenden jedoch Zahlworte und keine Ziffern, so daß die Verwechslung von IV und VI pure Spekulation ist. 164 M. Jourjon, BAug 17, 1961, 787 f. 165 M.-A. Vannier, Saint Augustin et le myste`re trinitaire, FoiViv 324, Paris 1993, 16. 166 Aug. c. Fel. I, 20 (CSEL 25/2, 826, 4 f. Z.): usque ad diem, qui est post dominicum, id est pridie idus Decembris. 167 A. Degrassi, I festi consolari dell’Impero Romano, SusEr 3, Rom 1952, 85–88; Berechnung nach dem Kalender in E. J. Bickerman, Chronology of the Ancient World, London 21980, 60. 168 S. M. Zarb, Chronologia operum Sancti Augustini, Ang. 10, 1933, 359–396 und 478–512; 11, 1934, 78–91; Separatdruck Rom 1934. Zu De trinitate speziell Ang. 10, 1933, 487 f. 169 G. Bardy, Saint Augustin. L’homme et l’œuvre, Paris 61946, 338–341; ders., BAug 12, 1950, 579 f. 170 E. Hendrikx, La date de composition du »De Trinitate« de saint Augustin, AThA 12, 1952, 305–316 (erneut unter dem Titel La date de composition du De Trinitate, BAug 15, 1955 [21991], 557–566).

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Chronologie der Entstehung von »De trinitate«

Augustins trinitätstheologischer Arbeit auf Mitte 399 an, da nur sechs kleine Werke zwischen De trinitate und dem vermeintlich auf Dezember 398 datierten Protokoll gegen Felix lägen. Die Grundidee von De trinitate zeichne sich erstmals im 398 entstandenen Buch XIII der Confessiones ab. 420 bis 425 sei Augustinus ganz durch andere literarische Pläne in Anspruch genommen worden und 417/8 habe er sich auf mehreren Reisen befunden. De trinitate sei daher wohl 419 fertiggeworden. Wegen des Hinweises auf De civitate dei XII in De trinitate XIII und wegen des Zitates aus dem Traktat XCIX zum Johannesevangelium in De trinitate XV,171 die Augustins Gewohnheit gemäß in zeitlicher Nähe zur Entstehung der zitierten Texte stünden, seien Teile der Bücher XII bzw. XIII bis XV Ende 418 und Anfang 419 geschrieben worden. Aus Erwägungen über Zahl und Umfang der damals geschriebenen Werke schließt Hendrikx folgendes: Augustinus habe die ersten fünf Bücher von De trinitate 399/400 verfaßt, Ende 400 bis Ende 401 die Bücher VI und VII geschrieben und sich dann verstärkt De Genesi ad litteram gewidmet, also jenem Werk, dem zusammen mit De trinitate seine Konzentration von 402 bis 405 hauptsächlich gegolten habe. In dieser Zeit sei eine Rohfassung von De trinitate I bis XV entstanden; schon in seinen ersten Büchern lasse das Werk den Gesamtentwurf erkennen, der also nicht erst Jahrzehnte später verwirklicht worden sein könne. Unbefriedigt vom Ergebnis habe Augustinus weitergefeilt, sei aber 406 bis 412 stark von den donatistischen Streitigkeiten in Beschlag genommen gewesen. 416 habe sich der von Augustinus berichtete Diebstahl der unvollendeten Bücher samt ihrer unautorisierten Publikation ereignet.172 Nach Augustins Rückkehr aus Karthago, wo man ihn zum Abschluß des Werkes gedrängt habe, sei er dann Ende 418 oder Anfang 419 wieder an die Arbeit gegangen, habe den ersten fünf Büchern Prologe vorangestellt (die nach Augustins Zeugnis173 in den unrechtmäßig zirkulierenden Exemplaren fehlten) und die letzten drei oder dreieinhalb Bücher abschließend überarbeitet. Mitte 419 sei De trinitate mit dem Brief an Aurelius versehen veröffentlicht worden. Hendrikx’ Analyse vermischt nachweisbare Fakten mit arbeitspsychologischen Mutmaßungen über das Auf und Ab von Augustins Leistungskraft. So entsteht eine in Teilen plausible, in anderen Teilen ganz fiktive Darstellung der Entstehung von De trinitate. Das Publikationsdatum »Mitte 419« kann nach heutigem Forschungsstand kaum richtig sein.174 Eine interessante Besonderheit die171

Aug. civ. XII, xx wird in trin. XIII, ix, 12 (CChr.SL 50a, 398, 11 f. M.) erwähnt, in evang. Ioh. xcix, 8 f. (BAugSL 74b, 1989, 364–368 Berrouard) in trin. XV, xxvii, 48 (CChr.SL 50a, 529 f., 8–36 M.) zitiert. 172 Aug. epist. 174 (CChr.SL 50, 25 f. M.). 173 Ebd. (CChr.SL 50, 26, 26 f. M.). 174 Im April 419 reiste Augustinus zur Synode nach Karthago ab, den Sommer dürfte er in Karthago verbracht haben (vgl. Perler/Maier, Les voyages [wie Anm. 157], 356), so daß er in dieser Zeit keinen Boten (epist. 174) zur Übersendung von De trinitate an Bischof Aurelius benötigt hätte. Am 11. September 419 trifft er wieder in Hippo Regius ein, und in der Liste der von da bis zum 1. Dezember 419 fertiggestellten Werke findet sich De trinitate nicht (epist. 23 A*, 3 Divjak [BAug 46b, 372–378 D.]).

Die ältere Forschung

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ses Rekonstruktionsversuchs ist übrigens, daß Hendrikx Augustins Formulierungen in den Retractationes und im Prolog von De trinitate175 nicht wie üblich so versteht, als habe Augustinus die Bücher XIII bis XV zum Zeitpunkt des Diebstahls noch gar nicht verfaßt gehabt. Hendrikx meint vielmehr, daß Augustins Arbeit nach dem Diebstahl des unfertigen Werkes nur im Hinzufügen des Schlusses von Buch zwölf, der Proömien der ersten fünf Bücher und in Glättungen der weitgehend fertigen fünfzehn Büchern bestanden habe. Kaum ein Leser des Prologs wird dessen Wortlaut aber anders als in dem Sinne verstehen, daß Augustinus nacheinander Buch für Buch diktierte und mitten in der Arbeit am zwölften Buch von dem Diebstahl überrascht wurde. Bemerkenswert ist eine in der Forschung nicht rezipierte Beobachtung Hagendahls als Argument gegen Hendrikx. Demnach besteht ein auffälliger Unterschied zwischen den Büchern I-XII einerseits und XIII-XV andererseits: Erstere nennen keinen einzigen heidnischen lateinischen Autor namentlich und zitieren fast nichts Heidnisches, während die Bücher XIII-XV Cicero, Ennius, Terenz und Vergil nennen und zitieren. Das ist nach Hagendahls Deutung am besten zu erklären, wenn XIII-XV in einem deutlich verschiedenen Lebensabschnitt Augustins verfaßt wurden, nämlich nicht in den Jahren, als er sich kaum um profane Autoren gekümmert habe, sondern seit 416, als er mitten in der Arbeit an De civitate dei VI ff. saß.176 Im Jahre 1965 erschienen unabhängig voneinander drei Studien zum Thema: von Schindler, Glorie und La Bonnardie`re. Schindler177 setzt 399 für den Beginn der Arbeit an De trinitate an. Der Raub der unvollendeten ersten zwölf Bücher sei um 416 zu datieren, der Abschluß der Arbeit zwischen 419 und 425, am ehesten 419/421. Schindler zeichnet sich gegenüber Hendrikx durch eine genauere Unterscheidung dessen aus, was als sicher und was als möglich zu gelten hat. Bei Datierungen anderer Werke als De trinitate schenkt er allerdings den Hypothesen anderer Gelehrter zuviel Glauben: So übernimmt er Monceaux’ falsche Konjektur178 und Zarbs zweifelhafte Datierung des Traktats XCIX zum Johannesevangelium. Schindlers Bild der Entstehung von De trinitate sieht wie folgt aus: 399 bis 405 habe Augustinus die Bücher I bis IV verfaßt, 405 bis 415

175 Aug. epist. 174 (CChr.SL 50, 26, 26 f. M.): sunt autem qui . . . habent . . . duodecimum [nur Handschrift J hat duodecim] sine extrema parte non parva; ebenso retr. II, xv (xli), 1 (CChr.SL 57, 101, 3 M.): sed cum eorum duodecimum nondum perfecissem . . . 176 H. Hagendahl, Augustine and the Latin Classics, SGLG XX/1 u. 2, Göteborg 1967, 450–452; 713–722. − Für griechische Profanschriftsteller würde das gleiche gelten, wenn man auch ihre Verwendung bei Augustinus untersuchen würde: Plato und Pythagoras werden erstmals im allerletzten, also sicher erst nach dem Bücherdiebstahl verfaßten Kapitel des XII. Buches genannt (trin. XII, xv, 24 [CChr.SL 50, 377, 1 und 378, 26 M.]), Epikur und Zeno der Stoiker erst in trin. XIII, v, 8 (CChr.SL 50a, 391, 3 f. M.). Weitere Namen griechischer Philosophen werden in De trinitate nicht erwähnt. 177 Schindler, Wort und Analogie (wie Anm. 699), 1–11. 178 Schindler hat seinen Irrtum korrigiert in seinem Art. Augustin, TRE IV, 1979, 645– 698; hier 653.

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Chronologie der Entstehung von »De trinitate«

die Bücher V bis VII, 410 bis 415 die Bücher VIII bis XI und Teile von XII. Dann habe sich der Bücherdiebstahl ereignet. Um 418 bis 421 sei der Rest fertiggeworden, der vom zweiten Teil des Buches XII bis zu Buch XV reicht. Schindler vergleicht De trinitate knapp mit antiarianischen Äußerungen in Augustins anderen Werken und kommt zu dem Schluß, daß De trinitate so gut wie fertig gewesen sei, als um 418/419 der »Arianismus« als lebendige Kraft erstmals schärfer profiliert in den Gesichtskreis des Nordafrikaners getreten sei. Augustinus habe daraufhin lediglich das ihm bereits Geläufige zum Thema »Arianismus« neu und einfacher formuliert. Seitherige genauere Analysen von Augustins Antiarianismus haben hier zu etwas differenzierteren Ergebnissen geführt.179 Mit einer Frühdatierung von De trinitate hat sich Glorie allen anderen Chronologie-Forschern entgegenzustellen versucht.180 Er glaubt, die Konjektur von Monceaux noch durch die Annahme zu verbessern, daß die Disputation gegen Felix weder in das vierte, noch sechste, sondern dritte Konsulatsjahr des Honorius falle, also 396, und schließt daraus auf 397 als Beginn der Arbeit an De trinitate. Glorie irrt sich: Der 12. Dezember 396 war kein Montag, wie erforderlich, sondern ein Freitag.181 Glorie schlägt vor, in der Formulierung libros de trinitate, quae deus est, quindecim scripsi per aliquot annos der Retractationes182 die Zahlenangabe »fünfzehn« nicht nur auf die Bücher, sondern gleichzeitig (!) auf die Jahre zu beziehen, also mit aliquot zusammenzunehmen: quindecim . . . per aliquot annos würde demnach »ungefähr fünfzehn Jahre lang« heißen, so daß De trinitate schon um 412/413 abgeschlossen worden sein müßte. Es ist äußerst unwahrscheinlich, daß Augustins Latein hier richtig verstanden wird. Überdies ist Glorie entgangen, daß an anderer Stelle der Retractationes genau dieselbe Formulierung per aliquot annos (und zwar hier ganz zweifelsfrei ohne Angabe einer Zahl von Jahren) für die lange Entstehungsgeschichte von De civitate dei verwendet wird,183 die Formulierung also etwa »eine stattliche Reihe von Jahren« bedeutet. Glorie versucht, einen ganzen Berg von Hindernissen abzuräumen, die sich seiner Frühdatierung in den Weg stellen, doch ist die Mühe vergebens.

2. Die Forschung seit Anne-Marie La Bonnardie`re Zum entgegengesetzten Ergebnis − einer ausgesprochenen Spätdatierung − und einem neuen Niveau chronologischer Forschung gelangte Anne-Marie La Bonnardie`re mit ihren Recherches de chronologie augustinienne und einer Reihe späterer Forschungsseminare an der E´cole pratique des Hautes E´tudes in Paris, die leider 179

Vgl. unten S. 122 ff. F. Glorie, Augustinus (wie Anm. 89). 181 Vgl. oben S. 33; Berechnung wieder nach Bickerman (wie Anm. 167). 182 Aug. retr. II, xv (xli), 1 (CChr.SL 57, 101, 2 f. M.). 183 Ebd. II, xliii (lxix), 1 (CChr.SL 57, 124, 9 M.). 180

Die Forschung seit Anne-Marie La Bonnardie`re

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zu keiner abschließenden Publikation geführt haben.184 Neben überaus detaillierten und durch souveräne Augustinus-Kenntnis ermöglichten Argumenten der herkömmlichen Art ist es vor allem eine neue Methode, durch welche die Autorin zu ihren Einsichten gelangt. Sie macht sich dabei eine bei ihrer Rekonstruktion des augustinischen Bibeltextes gewonnene Beobachtung zunutze: Augustinus gebrauche, insbesondere als Polemiker, in den verschiedenen Phasen seines Lebens auf jeweils recht stereotype Weise Bibelstellen für bestimmte Argumente, so daß das Vorkommen solcher Zitate und ganz besonders fixer Zitat-Kombinationen zur chronologischen Bestimmung der Schichten seiner Werke dienen könne. Die Methode ist natürlich nur solange zuverlässig, als Augustinus seine Zitierweise im Einzelfall nicht doch stärker variiert oder umgekehrt Zitatkombinationen wieder aufgreift, die er Jahre oder gar Jahrzehnte früher zuletzt gebraucht hat. La Bonnardie`re kann mit ihren Zitat-Analysen wichtige Indizien, aber keine sicheren Beweise liefern. Thema ihres Buches sollte ursprünglich die Abfassungszeit der Enarrationes in psalmos sein, doch geriet die Autorin von dort aus in Datierungsfragen der Traktate zum Johannesevangelium und von da zur Rekonstruktion der Endredaktion von De trinitate, der das Schlußkapitel ihres Buches gilt. So weist sie z. B. Bezüge zwischen der Auslegung des 135. Psalms und De trinitate XII, xiv f.; XIII, xix und XIV, i nach, die an zeitgleiche Entstehung denken lassen. La Bonnardie`re zeigt, daß sich das Diktat der Johannes-Traktate länger hingezogen haben muß, als in der Forschung zuvor angenommen worden war. Da erstens Tractatus LXVII bereits die Kenntnis der Schrift des Vincentius Victor für den spanischen Priester Petrus voraussetzt,185 und Augustinus diese Schrift im Herbst 419 kennengelernt hat,186 und da zweitens die Traktate zu Johannes wohl von Ausnahmen abgesehen dem Evangelientext entlang in fortlaufender Folge verfaßt worden sind, muß der in De trinitate XV zitierte Tractatus XCIX noch später als Tractatus LXVII sein. Mithin muß auch das letzte Buch von De trinitate nach 419 verfaßt worden sein. Als terminus ante quem des Abschlusses von De trinitate vermag die Autorin nur die Erwähnung in den (von ihr auf 426 datierten187) Retractationes auszumachen. Die einzelnen Argumentationsgeflechte könA.-M. La Bonnardie`re, Recherches de chronologie augustinienne, E´AA 23, Paris 1965; dies., Recherches sur la structure du De Trinitate de saint Augustin, AE´PHE´.R 80–81, fasc. 3, 1972–73, 293–297; Recherches sur la structure et la re´daction des livres II a` IV du De Trinitate de saint Augustin, ebd. 82, 1973–74, 171–176; Recherches sur les ante´ce´dents, les sources et la re´daction du livre VI du De Trinitate de Saint Augustin, ebd. 83, 1974–75, 202–211; Le De Trinitate de Saint Augustin e´claire´ par sa correspondance, ebd. 84, 1975–76, 317–322; Le De Trinitate des saint Augustin, confronte´ au Livre XIe de la Cite´ de Dieu, ebd. 85, 1976–77, 343–346; La pre´dication d’Augustin sur les Psaumes a` Hippone, ebd. 86, 1977–78, 337–341. Vgl. auch E. Paoli, In memoriam Anne-Marie La Bonnardie`re, RE´Aug 44, 1998, 153–154. 185 Aug. in evang. Ioh. lxvii, 3 (BAug 74a, 224 B.) parallel Vinc. Vict. bei Aug. anim. II, x, 14 (CSEL 60, 348, 20 – 349, 7 Vrba/Zycha). 186 Diese Datierung ist inzwischen durch epist. 23 A*, 3 Divjak bestätigt worden (BAug 46b, 374 D.). 187 Noch wahrscheinlicher ist das Jahr 427, vgl. unten S. 44 mit Anm. 222. 184

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nen im Rahmen des vorliegenden Buches nicht ausgebreitet werden. Nur die Resultate seien zusammengefaßt. Da De trinitate in den Retraktationen nach dem Protokoll des Disputs mit Felix 404 angeführt wird, meint La Bonnardie`re, Augustinus habe erst zwischen 405 und 411 De trinitate in Angriff genommen und Buch I verfaßt, zwischen 411 und 414 dann die Bücher II bis IV. Danach sei er mit den Lehren des Eunomius bekannt geworden und habe ab 416/417 die Bücher V bis VII gleichzeitig mit De civitate dei XI geschrieben und 417/418 die Bücher VIII bis XII. Während Augustinus am zwölften Buch arbeitete, seien ihm 418 die Bücher gestohlen worden. Nach 419 und spätestens 426 seien die Bücher XII bis XV vollendet und die ersten fünf Bücher um ihre Proömien erweitert worden.188 Ein besonderes Verdienst der Autorin liegt in mehreren Nachweisen für Augustins Auseinandersetzung mit Antinizänern. So macht sie auf wichtige Spuren einer persönlichen Begegnung Augustins mit Eunomianern aufmerksam.189 Augustins Umgang mit dem Eunomianismus ist inzwischen von Barnes und Ayres wesentlich genauer untersucht worden.190 Vor allem meint La Bonnardie`re zeigen zu können, daß eine Reihe von Passagen in den Traktaten zum Johannesevangelium und in den späten Teilen von De trinitate Augustins Kenntnis des Sermo Arrianorum voraussetzen. La Bonnardie`re datiert Augustins Erhalt dieses Textes und seine − rasch danach verfaßte191 − Gegenschrift auf 418. Dieses Datum wird noch in der jüngst veröffentlichten Edition der beiden Texte angegeben,192 doch hat die Entdeckung von epistula 23 A* Divjak erbracht, daß Contra sermonem Arrianorum ein Jahr später zu datieren ist, auf Ende 419.193 Zu korrigieren ist die Datierung der Traktate XVII bis LIV zum Johannesevangelium auf die Zeit nach 418: Vor allem Marie-Franc¸ois Berrouard hat begründet, warum die meisten Bezugnahmen auf den »Arianismus« in diesen Traktaten oberflächlich sind, ohne Kenntnis des Sermo Arrianorum verfaßt sein können und aus diesen und anderen Gründen eher in den Sommer und Herbst 414 gehören.194 Lediglich die Traktate XX bis XXII setzen Berrouard zufolge Augustins Lektüre des Sermo Arrianorum voraus und gehören in die Zeit 188 Zur Abgrenzung der Proömien siehe oben S. 21. − Warum La Bonnardie`re in ihrem Art. Aurelius episcopus (AugLex I, 1986–94, 550–566; hier 565) Aug. epist. 174 und damit den Abschluß von trin. auf 421 fixieren zu können glaubt, erklärt sie leider nicht. 189 Aug. serm. Guelf. 17, 4 (= 229 O) (MA 1, 498 Morin); epist. 170 (CSEL 44, 622–631 G.). Der erste Text wird jedoch heute »nach 420« datiert (H. J. Frede, Kirchenschriftsteller. Verzeichnis und Sigel, VL I/1, Freiburg 41995, 234), der zweite »nicht nach 418« (ebd. 205). 190 Siehe unten S. 167 f. 191 Aug. retr. II, lii (lxxviii) (CChr.SL 57, 130, 4 M.): quanta potui etiam brevitate et celeritate respondi. 192 M. J. Suda, Vorwort, in: CSEL 92, 2000, 9–25; hier 9. 193 Aug. epist. 23 A*, 3 Divjak (BAug 46b, 372 D.; Datierung nach M.-F. Berrouard, ebd. 533). 194 M.-F. Berrouard, La date des Tractatus I-LIV in Iohannis Evangelium de saint Augustin, RechAug 7, 1971, 105–168; ders., Introduction aux home´lies de Saint Augustin sur l’e´vangile de Saint Jean, E´AA 170, Paris 2004.

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419/420; Wright hatte zuvor an der handschriftlichen Überlieferung nachgewiesen, daß gerade diese drei Traktate erst später zwischen XIX und XXIII eingefügt worden sind.195 Die sechs im November 419 diktierten Traktate, von denen Augustinus Anfang Dezember 419 in der gerade erwähnten epistula 23 A* Divjak spricht, sind nach Berrouard die Traktate LV-LX, mit denen Augustinus sich offenbar nach längerer Pause an die Fortführung der Johannes-Auslegung begeben hat. Der in De trinitate XV zitierte Traktat XCIX sei einige Zeit nach Dezember 419 entstanden; über das genaue Datum stellt Berrouard 1993 eine Untersuchung in Aussicht, doch auch 1998 ist er noch nicht zu einem Resultat gelangt.196 Eine merkwürdige These seiner chronologischen Studien ist, daß im Proömium von De trinitate II eine Exegese von Joh 5, 19 enthalten sei, die im Gegensatz zu den früheren tractatus stehe, aber mit Contra sermonem Arrianorum und Tractatus XX f. übereinstimme. Sie müsse somit nach der Beschäftigung mit dem Sermo Arrianorum geschrieben sein, also nach Herbst 419. Nun biete De trinitate IV, xx, 27 f. eine selbst im späten Tractatus XXI noch unbekannte Auflösung eines Einwandes im Sermo Arrianorum.197 Wenn Berrouard recht hätte, so müßte De trinitate IV, xx (das vorletzte Kapitel des vierten Buches) sogar erst einige Zeit nach dem Proömium zum zweiten Buch von De trinitate niedergeschrieben sein. Es würde sich also um einen nachträgliche Zusatz handeln. Das aber widerspricht Augustins eigener Behauptung in epistula 174. Denn Augustinus sagt dort erstens, daß er nach Beendigung des fünfzehnten Buches die Proömien der ersten vier oder fünf Bücher ungefähr zeitgleich mit sonstigen Revisionen eingearbeitet habe, die er am Text der ersten elfeinhalb (unautorisiert publizierten) Bücher vornahm. Augustinus sagt zweitens, daß er von den Proömien abgesehen bewußt keine größeren Eingriffe vorgenommen habe, damit die schon zirkulierenden Exemplare der unrechtmäßigen Ausgabe leicht ergänzt werden konnten. Das schließt längere inhaltliche Zusätze aus. Zweifel an Berrouards Ansicht sind daher angebracht. Was Augustinus in De trinitate IV, xx sagt, setzt nicht zwingend seine Kenntnis des Sermo Arrianorum voraus. Augustinus bietet hier keine andere und bessere Argumentation als in den Schriften um 419/20, sondern lediglich eine präzisere, ausführlichere Analyse, weil er in De trinitate ein intellektuelleres Publikum anspricht. Robert J. O’Connell übernahm die Datierungen von La Bonnardie`re. In Untersuchungen über Augustins späte Seelenlehre vertritt er die Ansicht, Schwierigkeiten mit dieser Lehre hätten den Abschluß von De trinitate nach dem Bücherdiebstahl lange verzögert und zu Abweichungen bezüglich dieses 195

D. F. Wright, Tractatus 20–22 of St. Augustine’s In Iohannem, JThS N. S. 15, 1964, 317–330; ders., The Manuscripts of St. Augustine’s Tractatus in Evangelium Iohannis. A Preliminary Survey and Check-List, RechAug 8, 1972, 55–143; ders., The Manuscripts of the »Tractatus in Iohannem«: A Supplementary List, ebd. 16, 1981, 59–100. 196 M.-F. Berrouard, BAug 74a, 1993, 49; BAug 74b, 1998, 477. 197 Ders., BAug 72, 21988, 45 und 757 f. zu Aug. trin. II, i, 3 (CChr.SL 50, 82 f. M.).

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Themas zwischen den Büchern I-XII einerseits und XIII-XIV andererseits geführt.198 Eugene TeSelle gehört zu den wenigen, die Augustins trinitätstheologisches Denken differenziert in die Phasen seiner intellektuellen Biographie einzuordnen versucht haben. In den Frühschriften bis 391 arbeite Augustinus besonders die trinitarischen Strukturen im Endlichen heraus.199 Für De trinitate schlägt TeSelle eine komplizierte Chronologie vor. Entgegen La Bonnardie`re sei das Werk bereits um 400/401 begonnen worden, und zwar gemäß La Bonnardie`re mit einer stark von der heutigen Fassung abweichenden Urform von De trinitate I, sodann seien die Bücher II (nach La Bonnardie`re noch ohne die entwickelteren Theorien über Sendung und Theophanien in II, i, 1 – vii, 12), III und IV (jeweils ohne Proömien) und um 407 Buch VIII ohne dessen später hinzugekommenen Anfang geschrieben worden. Ein einheitlicher Plan für das Gesamtwerk, gar eine Perspektivierung auf die Analysen immanenter Trinität sei in dieser frühen Phase noch gar nicht erkennbar.200 Der entscheidende Durchbruch sei Augustinus erst um 413/14 gelungen. TeSelle folgt hier Chevalier:201 Damals habe Augustinus die Oratio 29 (die dritte »theologische Rede«) des Gregor von Nazianz gelesen. Die dort knapp skizzierte, anti-eunomianische Überwindung der Opposition zwischen Substanz und Akzidens mittels des Begriffs der Relation (sxeÂsiw) habe Augustinus zu seiner neuartigen Trinitätslehre inspiriert, die er zu genau dieser Zeit in De trinitate V-VII erstmals darlege. De trinitate IX-XI sei zwischen 415 und 417 anzusetzen, der Abschluß des ganzen Werkes bis etwa 420 erfolgt. Die späten Teile von De trinitate zielten einerseits auf die Selbstbezüglichkeit des Geistes nach dem Vorbild der griechischen Väter, andererseits ruhten sie auf Plotins Lehre von der Hinwendung des Geistes zu sich selbst und dem geistigen Wort.202 Verläßt man sich freilich weniger auf Chevalier als auf die Lektüre des winzigen, kaum aussagekräftigen Passus in der genannten Rede Gregors, so vermag man kaum zu glauben, daß Augustinus erst beim Lesen dieser wenigen Sätze rund dreizehn Jahre nach Beginn der Arbeit an De trinitate den Gedanken zu einem zentralen Argument seines Werkes gefaßt haben soll. Chevalier war auf das Datum 413/14 als Beginn der Beschäftigung Augustins mit den Reden Gregors von Nazianz durch Augustins Berufung auf »Gregor, den heiligen östlichen Bischof« in epistula 148 aus ebendieser Zeit gekommen und hatte gemeint, Augustinus habe dabei Oratio 28 (die zweite »theologische Rede«) im Blick und wahrscheinlich alle fünf »theologischen Reden« gekannt.203 Jedoch 198 R. J. O’Connell, The Origin of the Soul in St. Augustine’s Later Works, New York 1987, 1–16 und 246–281. Dazu unten S. 231. 199 E. TeSelle, Augustine the Theologian, London 1970, 116–123. 200 Ebd. 223–237. 201 Chevalier, S. Augustin (wie Anm. 239), 141 mit Anm. 3. 202 TeSelle, Augustine (wie Anm. 199), 294–309. 203 Aug. epist. 148, ii, 10 (CSEL 44, 340, 16–21 G.): Gregorius etiam, sanctus episcopus orientalis, apertissime dicit . . .

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war Chevalier entgangen, daß Augustinus in epistula 148 in Wahrheit Gregor von Elvira zitiert und dessen De fide fälschlich für die Übersetzung eines Werkes seines griechischen Namensvetters hält.204 Nun gibt es gute Gründe für die Annahme, daß Augustinus immerhin die 29. Rede des Gregor von Nazianz tatsächlich gekannt hat, aber nach Altaner ist dies erst zum Zeitpunkt der Arbeit an De trinitate XV, xx, 38 und Contra sermonem Arrianorum (also seit 419) nachweisbar.205 Damit löst sich aber die für De trinitate angeblich entscheidende Zäsur der Zeit 413/14 in nichts auf, zumal wenn die neuere Datierung von epistula 148 auf 411/412 richtig sein sollte.206 Ins Wanken gerät daher auch die chronologisch gestützte Behauptung von TeSelle, große Teile der Bücher De trinitate I-IV und VIII seien noch ganz ohne die spätere Grundkonzeption des Werkes verfaßt worden. In jüngster Zeit hat Pierre-Marie Hombert die Forschungen von AnneMarie La Bonnardie`re fortgeführt und dabei erneut Parallelstellen als vorrangiges Hilfsmittel chronologischer Forschung benutzt. Was De trinitate angeht, so beschränkt er sich auf die ersten vier Bücher.207 Wie seine Vorgängerin datiert er die Bücher II bis IV auf die Zeit vom Winter 411/412 bis 414. Anders als sie nimmt er für Buch I eine Entstehung etwa um 400 bis 403 an. Die meisten Argumente und Beobachtungen hierzu sind nicht neu, aber gut begründet. Vor allem sind es Briefe Augustins, die Hombert ihrer engen thematischen Verflechtung mit De trinitate wegen chronologisch auswertet. So zeigt er etwa, wie eng epistula 169, ii, 5 f. mit De trinitate IV, xxi, 30 verwandt ist. Hombert weiß um den wichtigsten Einwand gegen die Spätdatierung des vierten Buches: Einige Teile daraus sind antipaganen Passagen aus Sermo Dolbeau 26 (1. Januar 404) und De consensu evangelistarum I (nach 399, vielleicht um 404) verwandt.208 Hombert versucht, die Beweiskraft dieser Parallelen mit dem Hinweis zu entkräften, ähnliche Formulierungen fänden sich auch in erheblich früheren und späteren Werken Augustins. Er gibt solche Stellen an, doch ihre Ähnlichkeit ist geringer. Nach Homberts eigener Methode müßten engere Parallelen auf größere zeitliche Nähe der Entstehung schließen lassen. Andererseits bleiben viele gute Gründe für eine Abfassung mindestens von Teilen der Bücher II bis IV erst um 411 bis 414. Vielleicht hat Augustinus diese Bücher infolge der großen Schwierigkeit des Themas nicht in der heutigen Reihenfolge der Kapitel und Bücher diktiert, sondern bald hier, bald dort einen Abschnitt fertiggestellt. In Homberts umfangreicher Arbeit deuten sich Möglichkeiten einer grundlegen204 Greg. Ilib. fid. 8 (CorPat 3, 110, 46 – 114, 90 Simonetti). Vgl. A. Jülicher, Art. Gregorius, Illiberitanus, PRE VII/2, 1912, 1864–67; hier 1865, und Altaner, Schriften (wie Anm. 236), 278. 205 Altaner, ebd. 280–284; vgl. unten S. 93 mit Anm. 463. 206 Vgl. unten Anm. 594. 207 P.-M. Hombert, Nouvelles recherches de chronologie augustinienne, E´AA 163, Paris 2000, 45–80. 208 Zur Datierung F. Dolbeau in: Augustin d’Hippone, Vingt-six sermons au peuple d’Afrique, retrouve´s a` Mayence, e´dite´s et commente´s par F. Dolbeau, E´AA 147, Paris 1996, 231.

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den Revision der Augustinus-Chronologie an. Auf diese emendatio temporum darf man gespannt sein.

3. Resultate und neue Aspekte Im folgenden wird versucht, unter Einbeziehung neuer eigener Überlegungen zusammenzustellen, was über die Entstehung von Augustins De trinitate zu eruieren ist. Augustinus schreibt, als junger Mann habe er De trinitate begonnen, als alter Mann vollendet und veröffentlicht.209 Wenn er sich hier streng an seine eigene Fassung der antiken Lehre von den menschlichen Lebensaltern hält,210 so müßte er De trinitate vor der Vollendung des 45. Lebensjahres, also vor dem 13. November 399 begonnen und nach dem 60. Geburtstag, d. h. nach dem 13. November 414 beendet haben.211 In den Retraktationen, in denen Augustinus seine Bücher in der Reihenfolge des Arbeitsbeginns bespricht, ist De trinitate als fünfzehntes der Werke eingeordnet, die er als Bischof verfaßt hat.212 Zwar ist ungewiß, wann genau zwischen Mai 395 und August 397 Augustinus die Bischofsweihe empfangen und sein Amt in Hippo Regius angetreten hat,213 doch kann er kaum vor 399 die Arbeit an De trinitate in Angriff genommen haben,214 sondern am ehesten in diesem Jahr. 209

Aug. trin. prol. (epist. 174) (CChr.SL 50, 25, 4 f. M.): iuvenis inchoavi, senex edidi. In der Lebensalter-Lehre folgt Augustinus den »gelehrtesten Männern dieser Welt« (civ. XXII, xv [CChr.SL 48, 834, 19–22]), d. h. vor allem Varro (civ. VI, vi [CChr.SL 47, 172, 1 f. D./K.]), der je 15 Jahre für pueri, adulescentes, iuvenes, seniores, senes veranschlagt (antiqu. rer. hum. Frg. 14, 4 Mirsch = Cens. 14, 2 [25, 5–14 Sallmann]). Wegen der Analogie zu den ersten sechs Schöpfungstagen und den sechs Weltaltern spaltet Augustinus das erste Lebensalter Varros in infantia und pueritia auf (z. B. divers. quaest. lviii, 2 [CChr.SL 44a, 106, 43 f. M.]; epist. 213, 1 [CSEL 57, 373, 11–14 G.]) und setzt nur bei adulescentia, iuventus und gravitas gleiche Dauer an, damit sie nämlich den gemäß Mt 1, 17 je 14 Generationen umfassenden drei Zeitaltern von Abraham bis zur Ankunft des Herrn entsprechen (gen. c. Manich. I, xxiv, 42 [CSEL 91, 111 f., 1–22 Weber]). Da iuventus gut varronisch mit 30 Jahren beginnt (vgl. civ. XXII, xv [CChr.SL 48, 834, 19–21 D./K.]) und senectus mit 60 Jahren (divers. quaest. lviii, 2 [CChr.SL 44a, 107, 74 f. M.]), muß folglich die Zäsur zwischen iuventus und gravitas für Augustinus (wie für Varro) exakt bei der Vollendung des 45. Lebensjahres liegen. 211 Zu Augustins Geburtstag und -jahr ist, trotz gewisser bis heute ungelöster Probleme (vgl. G. Rauschen, Jahrbücher der christlichen Kirche unter dem Kaiser Theodosius dem Großen, Freiburg 1897, 490 f.), unüberholt: S. Le Nain de Tillemont, Me´moires pour servir a` l’histoire eccle´siastique des six premiers sie`cles, Bd. 13, Paris 1702, 2 und 954–959. 212 Aug. retr. II, xv (xli) (CChr.SL 57, 101 f. M.). 213 Vgl. oben Anm. 157. 214 Denn vor trin. begann er − trotz seiner vielen neuen bischöflichen Pflichten, in mediis acervis occupationum (epist. 55, i, 1 [CSEL 34/2, 169, 8 G.]) − den Retraktationen zufolge folgende, teils sehr umfangreiche Werke: quaest. Simpl., epist. fund., agon., doctr. christ. I-III, xxv, 35, conf., c. Faust., quaest. evang., in Job, catech. rud. und eine Reihe weiterer Werke, Predigten und Briefe. Die meisten davon dürften fertig gewesen sein, als trin. begonnen wurde. 210

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La Bonnardie`re hatte den Beginn der Arbeit an De trinitate nach 404 datiert und geglaubt, erst zwischen 411 und 414 habe sich Augustinus an die Bücher II-IV begeben. Dann freilich hätte Augustinus De trinitate als Fünfzigjähriger begonnen, was aber seiner eigenen Aussage widerspräche, noch als iuvenis damit angefangen zu haben.215 Außerdem enthält die von Dolbeau entdeckte und ziemlich sicher auf den 1. Januar 404 datierte Predigt Augustins Contra paganos so viele enge Bezüge zum vierten Buch von De trinitate, daß eine um sieben bis zehn Jahre spätere Entstehung dieses Buches weniger wahrscheinlich ist.216 Hauptgrund für La Bonnardie`res Spätdatierung des Arbeitsbeginns ist wie bei Wundt die Anordnung von De trinitate hinter der Disputation gegen den Manichäer Felix vom Dezember 404 in den Retractationes. Seltsamerweise scheint in der Forschung eine schon von Tillemont vorgeschlagene217 Möglichkeit zur Beseitigung dieser crux aller Augustinus-Chronologie immer wieder vergessen worden zu sein. Für Augustinus ist nämlich die chronologische Reihenfolge seiner Schriften in den Retractationes keine starre archivalische Regel, sondern sie soll dem Leser helfen, Augustins Werke in genetischer Folge zu lesen und so Augustins fortschreitendem Verstehen zu folgen.218 Mehrere Abweichungen von der chronologischen Reihenfolge sind eindeutig nachweisbar.219 Augustinus könnte im Anschluß an die Retraktation des dreißig Bücher umfassenden Werkes gegen den Manichäer Faustus, das etwa 397 begonnen worden sein könnte, die strenge Chronologie für einen Augenblick verlassen haben, um unmittelbar daran anschließend alle drei weiteren antimanichäischen Werke seines Lebens zu retraktieren: Contra Felicem Manichaeum, De natura boni und Contra Secundinum Manichaeum. Bezeichnend ist, daß Augustinus seine Retraktation der letzten dieser vier Schriften mit der Bemerkung schließt, er ziehe sie allen seinen übrigen Werken gegen die Manichäer vor.220 Daß diese vier direkt hintereinander in den Retractationes behandelten Schriften, die ja alle ganz bestimmten, von Augustinus nicht veranlaßten Ereignissen zu verdanken sind,221 tatsäch215 Vgl. oben Anm. 209. La Bonnardie`re, Recherches sur la structure du De Trinitate (wie Anm. 184), 295, meint, die iuventus reiche für Augustinus bis zum fünfzigsten Lebensjahr. Das entspräche zwar einer hin und wieder in der Antike begegnenden Ansicht (z. B. Isid. orig. XI, ii, 5 [Z. 25 Lindsay]), nicht aber Augustins Auffassung (siehe oben Anm. 210). 216 Siehe unten Anm. 228. 217 Le Nain de Tillemont, Me´moires (wie Anm. 211), 292 f. und 450. Ihm folgen Dolbeau, Vingt-six sermons (wie Anm. 208), 357 Anm. 69, und G. Madec, Introduction aux »Re´visions« et a` la lecture des œuvres de saint Augustin, E´AA 150, Paris 1996, 85. 218 Aug. retr. prol. 3: Quapropter quicumque ista lecturi sunt, non me imitentur errantem, sed in melius proficientem. Inveniet enim fortasse quomodo scribendo profecerim, quisquis opuscula mea ordine quo scripta sunt legerit. Quod ut possit, hoc opere quantum potero curabo, ut eundem ordinem noverit (CChr.SL 57, 6 f., 50–54 M.). 219 Vgl. A. Mutzenbecher, Einleitung, in: CChr.SL 57, 1984, XIII-LXXI; hier XV-XXI; Madec, Introduction (wie Anm. 217), 149–157. 220 Aug. retr. II, x (xxxvi) (CChr.SL 57, 98, 10–13 M.). 221 Vgl. C. P. Mayer, Die antimanichäischen Schriften Augustins. Entstehung, Absicht und kurze Charakteristik der einzelnen Werke unter dem Aspekt der darin verwendeten Zeichentermini, Aug(R) 14, 1974, 277–313.

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lich unmittelbar hintereinander entstanden sein sollen, ist von vornherein unwahrscheinlich. Man darf also durchaus damit rechnen, daß De trinitate gegen Ende der iuventus Augustins im Jahre 399 begonnen worden ist, auch wenn das Werk in den Retraktationen erst nach Contra Felicem Manichaeum vom Dezember 404 aufgelistet wird. Wann Augustinus De trinitate aus der Hand gegeben hat, ist nicht exakt auszumachen. Sicherer terminus ante quem ist lediglich die Erwähnung des fertigen Werkes in den eher 427 als 426 beendeten222 Retractationes. Da Augustinus im letzten Buch von De trinitate aus seinem Traktat XCIX zum Johannesevangelium zitiert223 und aus einem Brief vom 1. Dezember 419 zu erschließen ist, daß er damals gerade erst die Traktate LV bis LX diktiert hatte und weitere Diktate plante,224 muß er irgendwann zwischen 420 und 427 das Werk über die Trinität abgeschlossen haben, mithin in der gleichen Schaffensphase, in der er auch die drei anderen umfangreichsten literarischen Projekte seines Lebens zum Abschluß brachte, nämlich die vor der Bischofsweihe begonnene Psalmenauslegung, die um 406 angefangene Predigtreihe zum Johannesevangelium und das seit 412 niedergeschriebene Werk über den Gottesstaat.225 Gemeinsam mit dem fertigen Text von De trinitate sandte Augustinus das Widmungsschreiben an Bischof Aurelius (epistula 174). Die gelegentlich zu lesende Meinung, dieser Brief sei zusammen mit einer vorläufigen Fassung von De trinitate nach Karthago geschickt worden, die nicht mit der endgültigen übereinstimmt, entbehrt jeder Grundlage.226 Der Bücherdiebstahl dürfte sich frühestens Ende 415 ereignet haben,227 auch mehrere Jahre danach kommen in Frage. Eine sichere Datierung der Wieder222 A. Mutzenbecher, Einleitung (wie Anm. 219), XIII, und dies., Der Nachtrag zu den Retraktationen mit Augustins letzten Werken, RE´Aug 30, 1984, 60–83. 223 Aug. trin. XV, xxvii, 48 (CChr.SL 50a, 529 f., 8–36 M.) = in evang. Ioh. xcix, 8 f. (BAug 74n, 364–368 B.). Vgl. dazu M.-F. Berrouard, BAug 74a, 1993, 45–49. 224 Aug. epist. 23 A*, 3 Divjak (BAug 46b, 376–378, 46–55 D.), vgl. M.-F. Berrouard, BAug 46b, 1987, 532–547 und BAug 74a, 1993, 17–26. 225 Datierungen dieser Werke: in psalm. nach H. Rondet, Essais sur la chronologie des »Enarrationes in Psalmos« de saint Augustin, BLE 61, 1960, 111–127; 258–286; Ch. Kannengiesser, Enarratio in psalmum CXVIII, RechAug 2, 1962, 359–381; in evang. Ioh. nach den Einleitungen von M.-F. Berrouard, BAug 71, 1969 – 75, 2003; civ. nach G. Bardy, BAug 33, 1959, 22–35. 226 V. H. Drecoll (Etiam posteris aliquid profuturum. Zur Selbststilisierung bei Augustin und der Beeinflussung der eigenen Wirkungsgeschichte durch Bücher und Bibliothek, RE´Aug 47, 2001, 313–335) meint, zusammen mit epist. 174 habe Augustinus dem Bischof Aurelius von Karthago eine »Vorabedition« von De trinitate übersandt (326). Er erläutert: »Vorabedition soll hier der vom Verfasser autorisierte Zugang zu einer ersten Fassung bzw. dem ersten Teil eines Werkes genannt werden, von dem der Verfasser selbst sagt, daß das Werk noch nicht abgeschlossen ist« (320 Anm. 26). Mit epist. 174 erklärt Augustinus jedoch im Gegenteil die Arbeit an De trinitate für beendet. 227 Denn in epist. 169, i, 1 (CSEL 44, 612, 4–10 G.) von Mitte oder eher Ende 415 berichtet Augustinus von den Schwierigkeiten der Arbeit an trin., erwähnt aber noch nicht den Diebstahl. Zudem muß zwischen Buch VI (frühestens 415) und Buch XII einige Zeit vergangen sein. Vgl. unten S. 420 f.

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aufnahme der Arbeit an De trinitate ist wohl nicht möglich. Doch lassen sich einige Bücher zeitlich ungefähr einordnen. Der Mittelteil des vierten Buches von De trinitate könnte im Winter 403/404 entstanden sein,228 andere Teile der Bücher II bis IV scheinen eher in der Zeit von etwa 411 bis 414 enstanden zu sein.229 Die Bücher VI und VII sind wohl erst nach 414 verfaßt worden,230 Buch VI mutmaßlich später als Anfang 415,231 Buch XI sicher vor 419/20232 und 228

Dafür sprechen einige wörtliche Bezüge zwischen der von Dolbeau in Mainz entdeckten und recht sicher auf den 1. Januar 404 datierten Predigt Augustins Contra paganos einerseits (sermo 26 Dolbeau) und der entfalteteren Form der gleichen Gedanken in trin. IV, x-xv, andererseits, zumal angesichts von Parallelen zu mehreren weiteren zeitgleichen Schriften Augustins: Vingt-six sermons au peuple d’Afrique (wie Anm. 208), 356–359; Text des sermo 26 Dolbeau: 366–417 (zuerst RechAug 26, 1992, 90–141); Register der Parallelstellen zu trin. IV: 691 f. Vgl. auch unten Anm. 354 (zum Timaeus-Zitat). 229 Vgl. oben S. 21 f., 41 und unten Anm. 418. 230 In trin. VI und VII löst sich Augustinus recht mühsam von der einst in divers. quaest. xvi und xxiii (CChr.SL 44a, 21 und 27 f. M.) vertretenen Auffassung, Gott der Vater sei wahr durch die von ihm gezeugte Wahrheit. Letztere Interpretation scheint er noch in einem Traktat zum Johannesevangelium zu vertreten (in evang. Ioh. xxxix, 7 [BAug 73a, 292 B.]), den man mit einiger Wahrscheinlichkeit auf 414 datieren kann (M.-F. Berrouard, BAug 72, 21988, 40 f.; über den [nicht ganz sicheren] Kontrast zu trin. VI/VII ders., BAug 73a, 1988, 483 f.), ebenso in epist. 238, iv, 22 (CSEL 57, 551, 8–11 G.) (aus dem Jahre 414?). Die korrekte Deutung war Augustinus so wichtig, daß er in der Retraktation der quaestio xxiii auf trin. hinweist (retr. I, xxvi (xxv) [CChr.SL 57, 76, 55–57 M.]). War diese Problemlösung eine der Schwierigkeiten, von denen Augustinus in epist. 169 (wie oben Anm. 227) spricht? 231 Denn die in trin. VI, iv, 6 (CChr.SL 50, 233, 1 – 234, 11 M.) dargestellte Antakoluthie der Tugenden (vgl. unten S. 64) wird von Augustinus mit sehr ähnlichen Worten in epist. 167, ii, 4 f. (CSEL 44, 591, 15 – 593, 6 G.) beschrieben, einem auf Anfang 415 datierbaren Text (A. Fürst, Augustins Briefwechsel mit Hieronymus, JAC.E 29, Münster 1999, 180). Sie könnte als Thema durch die Auseinandersetzung mit Hieronymus in Augustins Gesichtskreis getreten sein. Hieronymus hatte mehrfach dieses Theorem erwähnt (Fürst, 202 f.). 232 In trin. XI, x, 17 (CChr.SL 50, 354, 17–19 M.) vermag sich Augustinus keines vierfüßigen Vogels zu entsinnen, doch als er 419/420 das Buch Leviticus durcharbeitet, stößt er in Lev. 11, 20 f. auf volatilia quadrupedia (loc. hept. III (= Lev.), xx [CChr.SL 33, 426, 114– 116 Fraipont]) und hält seinen Irrtum später in den Retraktationen zu De trinitate für erwähnenswert (retr. II, xv [xli], 2 [CChr.SL 57, 101 f., 22–30 M.]). Datierung der Locutiones in heptateuchum nach Madec, Introduction (wie Anm. 217), 164. − Warum hat Augustinus den Fehler nicht schon vor der Veröffentlichung von De trinitate beseitigt? Erste Möglichkeit: Die Publikation von De trinitate hätte noch vor der Leviticus-Lektüre stattgefunden − es käme dann nur Anfang 420 für die Veröffentlichung von De trinitate in Frage, was aber angesichts der vielen anderen Projekte dieses Jahres unwahrscheinlich ist. Zweite Möglichkeit: Augustinus erinnerte sich bei der Bibel-Lektüre nicht sofort des Jahre zuvor in De trinitate XI begangenen Versehens, sondern bemerkte erst während der Arbeit an den Retraktationen seinen Fauxpas. Dritte Möglichkeit: Augustinus wollte nach der unautorisierten Publikation von De trinitate I-XII keine Änderungen mitten im Text dieser Bücher vornehmen, weil Besitzer der unrechtmäßigen Ausgabe solche kleinen Korrekturen (anders als die hinzugefügten Proömien von De trinitate I-V und den Schluß von De trinitate XII) kaum bemerkt hätten. Letzteres ist am wahrscheinlichsten, vor allem mit Blick auf trin. prol. (epist. 174) (CChr.SL 50, 25, 19 – 26, 29 M.), wo Augustinus Art und Ausmaß seiner Überarbeitung von De trinitate erläutert.

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Chronologie der Entstehung von »De trinitate«

Buch XIII auf jeden Fall nach dem Jahre 417.233 Gewisse Indizien könnten schließlich auf eine Fertigstellung von Buch XV erst um 426/27 hindeuten.234 Zusammenfassend kann man mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit sagen, daß De trinitate um 399 begonnen und zwischen 420 und 427 beendet worden ist.235

233 In trin. XIII, ix, 12 (CChr.SL 50a, 398, 11 f. M.) weist Augustinus seine Leser für nähere Ausführungen zur Frage der Ewigkeit der Welt auf das zwölfte Buch von civ. hin, das mit hoher Wahrscheinlichkeit 417/418 fertiggestellt worden ist: Im Prolog zu seiner Weltgeschichte (um 417/418) berichtet Orosius, daß Augustinus gerade an civ. XI arbeite (hist. I prol. 11 [CSEL 5, 4, 3 Zangemeister]). In der plausibel um 418 datierten (Goldbacher, CSEL 58, 1923, 47) epist. 184 A, iii, 5 (CSEL 44, 735, 20 f. G.) erwähnt Augustinus bereits die fertigen Bücher civ. XI-XIII und sagt, er sei gerade mit der Abfassung von Buch XIV beschäftigt; die gemeinsame Veröffentlichung von civ. XI-XIV ist dann um 418/419 zu vermuten: G. Bardy, BAug 33, 1959, 32. 234 In trin. XV, xii, 21 (CChr.SL 50a, 492, 62–64 M.) rät Augustinus dem Leser, der mehr über die Widerlegung der philosophischen Skepsis wissen will, Contra academicos zu studieren. In einem Brief um 426/427 fragt Augustinus dagegen den Katechumenen Firmus erstaunt, wie es ihm gelungen sei, sich ein Exemplar eben dieser Frühschrift zu besorgen (epist. 1 A*, 3 Divjak [BAug 46b, 58, 50–54 D.; Datierung nach G. Madec, ebd. 426]). Vielleicht hat der bezeugte, aber nicht überlieferte rasche Antwortbrief des Firmus (vgl. Aug. epist. 2*, 1 Divjak [60, 13 f. D., Datierung nach R. Braun, ebd. 428]) Augustinus erst ermutigt, auch anderen Lesern Zugang zu dem Werk zuzutrauen. Zwingend ist dieses Argument natürlich nicht. − Auch die oben (Anm. 209) zitierte Formulierung aus dem Prolog zu trin.: iuvenis inchoavi, senex edidi würde besonders gut in die sehr späte Phase Augustins passen, in der ihn der Kontrast von Jugend und Alter besonders bewegt. Als er am 26. September 426 seinen erwünschten Nachfolger im Bischofsamt der Öffentlichkeit präsentiert, rekapituliert er die sechs Lebensalter und blickt auf die Zeit seiner eigenen Bischofsweihe zurück: sed tamen iuvenis fui et senui (epist. 213, 1 [CSEL 57, 373, 19 f. G.]). 235 J. Lam Cong Quy, Die Menschheit Jesu Christi und die Gottesschau in Augustins Werk De Trinitate, Aug(L) 54, 2004 [FS T. J. van Bavel], 417–430; hier 419, Anm. 11, weist auf seine unveröffentlichte Dissertation Der Mensch als das Ereignis der Selbstmitteilung Gottes. Karl Rahners anthropologisch gewendete Christologie in der Begegnung mit Augustins gratialer Christozentrik in »De Trinitate«. Ein Versuch, Löwen 2000, hin, worin er folgende Chronologie näher begründet habe: De trinitate I-III: 400 bis 405, IV um 415 beendet, Proömium Anfang 418 hinzugefügt, V-XII um 415 bis 418, XIII-XV von 418 bis 420 verfaßt. Die Argumente dafür werden in dem Aufsatz nicht mitgeteilt, dürften sich aber, Andeutungen zufolge, vor allem auf den Wandel von Augustins Lehre von Urstand und Gnade beziehen. − J. Anoz stellt die seiner Ansicht nach am besten begründeten modernen Datierungen zusammen, womit er den Aufsatz von Zarb (Chronologia operum Sancti Augustinis [wie Anm. 168]) aktualisiert: Cronologı´a de la produccio´n agustiniana, Aug.(M.) 47, 2002, 229–312; hier 239 zu De trinitate, weitgehend in Anlehnung an Hombert: Buch I: 400–403, II-IV: 411–414, VIII: 416–418, XII-XV: nach 420.

Drittes Kapitel

Quellen, Einflüsse, Gegner Um De trinitate zu verstehen, ist es unerläßlich, nach den Texten und Autoren zu fragen, auf die sich Augustinus zustimmend oder ablehnend, benutzend oder umdeutend, weiterführend oder kritisierend bezieht. Einer der besten Spezialisten in der Erforschung von Augustins theologischen Quellen, Berthold Altaner, zog nach langjährigen Recherchen die Bilanz, »daß Augustinus stets bestrebt war, alles ihm erreichbare kirchliche Schrifttum für sein eigenes schriftstellerisches Schaffen heranzuziehen und auszuwerten.«236 Was war Augustinus während der Konzeption und Abfassung von De trinitate erreichbar? Was las er? Worauf stützte er sich? Waren ihm Bücher auf griechisch verständlich? Die wichtigste Quelle von Augustins De trinitate ist die Bibel, am meisten das Johannesevangelium. Über einige Arbeiten zu Augustins Exegese wird später berichtet.237 Von der Heiligen Schrift abgesehen läßt sich jedoch nur für wenige Passagen aus De trinitate eine Quelle angeben, die in exaktem Zitat übernommen wird. In der Regel verhält sich Augustinus nicht wie ein Kompilator, der seine Quellen bloß ausschreibt, sondern er denkt selbständig. Fast nie nennt er in De trinitate Autorennamen. Unter den rechtgläubigen Theologen erwähnt er einzig Hilarius von Poitiers namentlich, doch eher beiläufig. Es darf dennoch als gewiß gelten, daß Augustinus ungewöhnlich belesen war. Altaner, der in strenger Akribie nur diejenigen Texte als Quellen gelten ließ, welche in Augustins Gesamtwerk wenigstens einmal nachweislich zitiert oder paraphrasiert werden, betrachtete es nach Beendigung seiner quellenkritischen Studien als gewiß, daß die Bibliothek des Augustinus »eine der bedeutendsten Büchersammlungen des christlichen Altertums gewesen ist« und Augustinus auch gelesen hat, was dort in den Schränken aufbewahrt war.238 236

B. Altaner, Kleine patristische Schriften, hg. von G. Glockmann, TU 83, Berlin 1967, 173. Die quellenkritischen Aufsätze Altaners werden hier und im folgenden grundsätzlich nach dieser Ausgabe zitiert: Sie gehören sachlich zusammen, und öfters enthält die Sammelausgabe Ergänzungen gegenüber den Erstveröffentlichungen. − Zum bibliotheksgeschichtlichen Umfeld Augustins vgl. K. Vössing, Die öffentlichen Bibliotheken in Africa, in: L’Africa romana, Bd. X/1, Atti del X convegno di studio. Oristano, 11–13 dicembre 1992, hg. von A. Mastino/P. Ruggeri, Sassari 1994, 169–183; vgl. außerdem J. Scheele, Buch und Bibliothek bei Augustinus, in: BuWi 12, 1978, 14–114; V. H. Drecoll, Etiam posteris aliquid profuturum (wie Anm. 226); N. Cipriani, La biblioteca della chiesa d’Ippona, Aug(R) 45, 2005, 539–547. 237 Unten S. 190 ff.

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Quellen, Einflüsse, Gegner

Befanden sich darunter heidnische und christliche Texte in griechischer Sprache? Verfügte Augustinus über genügende Griechischkenntnisse, um unübersetzte Texte in dieser Sprache zu verstehen? Das Spektrum der Antworten ist breit. Chevalier nimmt an, Augustinus habe fast die gesamte griechische Trinitätstheologie bis zu den Kappadokiern rezipiert.239 Courcelle differenziert: Ab etwa 400 n. Chr. hätten sich Augustins ursprünglich minimale Kenntnisse allmählich so verbessert, daß er ab 415/416 in der Lage gewesen sei, sogar Plotin im Originaltext zu lesen.240 Altaner ist noch skeptischer und meint, »daß Augustinus das griechisch-kirchliche Schrifttum grundsätzlich nur dann zu Rate zog und für seine Zwecke verwendete, wenn ihm lateinische Übersetzungen zur Verfügung standen.«241 Eine etwas näher bei Altaner als bei Courcelle angesiedelte Position in dieser Frage nimmt Marrou in der 1948 erschienenen Retraktation eines vielumstrittenen Kapitels seines großen Buches von 1938 ein: Augustinus habe in aller Regel lateinische Übersetzungen benutzt und gelegentlich kurze griechische Textpassagen berücksichtigt.242 Wie immer es um Augustins Griechischkenntnisse bestellt gewesen ist − könnte der nordafrikanische Bischof nicht auch durch mündliche Übersetzung seitens kundiger Helfer griechische Texte und Theorien kennengelernt haben? Almut Mutzenbechers Hinweis auf diese Möglichkeit scheint weithin ungehört verhallt zu sein, vielleicht weil sie keine Belege dafür nannte.243 Ihre Vermutung läßt sich aber stützen, denn Griechischkenntnisse waren im Nordafrika Augustins keineswegs exotisch: Die Existenz von Übersetzern dürfte Augustinus im Auge haben, wenn er dem Quodvultdeus das Werk des Epiphanius über die Häresien, genauer wohl die Anakephalaiosis betitelte Kurzfassung, in einer griechischen Originalausgabe mit der Bemerkung empfiehlt, es könne in Karthago gewiß bequem ins Lateinische übersetzt werden.244 Durch die DivjakBriefe ist die Aufmerksamkeit auf einen Kandidaten für eine sprachliche Vermittlungstätigkeit bekanntgeworden: Der Priester Innocentius reiste als Brief238

Altaner, Schriften (wie Anm. 236), 177. I. Chevalier, S. Augustin et la pense´e grecque. Les relations trinitaires, CF fasc. 33, N. S. 24, Fribourg 1940. Vgl. die kritische Rez. von B. Altaner, HJ 69, 1949, 854 f. 240 P. Courcelle, Les lettres grecques en Occident, BE´FAR 159, Paris 21948, 137–209. Vgl. die anerkennende Rez. von Altaner, ThRv 48, 1952, 41–50. 241 Altaner, Schriften (wie Anm. 236) 321. 242 H.-I. Marrou, Saint Augustin et la fin de la culture antique, Paris 41958 (zuerst 1938), 27– 46 und 631–637 (= Augustinus und das Ende der antiken Bildung, dt. Übersetzung von L. Wirth-Poelchau in Zusammenarbeit mit W. Geerlings, hg. von J. Götte, Paderborn u. a. 21995, 28–41 und 489–495). 243 A. Mutzenbecher, Einleitung, CChr.SL 44a, 1975, XLVII f. Anm. 4. Sie erwähnt lediglich das Beispiel des Hilarius von Poitiers, der einen gewissen Heliodor zum gräzistischen Ratgeber gehabt haben soll (Hier. epist. 34, 3 [CSEL 54, 262, 14–17 Hilberg]). Sie hätte auch darauf hinweisen können, daß Augustinus selbst erwägt, Plato habe vom Inhalt der Texte des Propheten Jeremia nicht durch eine schriftliche Übersetzung, sondern gesprächsweise (conloquendo) erfahren (civ. VIII, xi [CChr.SL 47, 227 f., 1–23 D./K.]). 244 Aug. epist. 222, 2 (CSEL 57, 448, 4–8 G.). 239

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bote zwischen Augustinus in Hippo Regius, Aurelius in Karthago, Kyrill in Alexandrien, Hieronymus in Bethlehem und Attikus in Konstantinopel.245 Griechisch und Latein sprach wohl auch der Kleriker Charus, ein civis Hipponensis, der als orientalis diaconus tätig war.246 Aber auch Augustins Freund und späterer Bruder im bischöflichen Amt, Alypius von Thagaste, erwähnt auf der Synode von Karthago 419, griechische Exemplare der nizänischen Konzilsbeschlüsse durchgesehen zu haben;247 Alypius war offenkundig in Augustins Umfeld der Experte für griechische Theologie und Häresiologie.248 Im damaligen nordafrikanischen Alltag war es zudem nichts Ungewöhnliches, gesprochenes Griechisch zu hören: Augustins Vorgänger auf dem Bischofsstuhl von Hippo Regius, Valerius, sprach besser Griechisch als Latein.249 Augustinus wendet sich in einer Predigt 415 an seine Hörer mit den Worten: Cottidie auditis Graecos, et qui graece nostis, nhÁ toÁn ueoÁn: quando dicit, nhÁ toÁn ueoÂn, iuratio est, per deum.250 Und ein andermal, wohl in Karthago um 403/4: Synagoga quid sit? Quoniam graecum verbum est, plerosque vestrum scire arbitror, plerosque nescire.251

1. Paganes Schrifttum a) Philosophische Doxographie In De trinitate gibt es eine Reihe knapper doxographischer Angaben, die verschiedene, außer Pythagoras nicht namentlich genannte vorsokratische Philosophen sowie Sokrates und, unter namentlicher Nennung, Plato, Epikur und den Stoiker Zeno betreffen. Zwar liegt bei vielen philosophischen Passagen von Werken Augustins im dunkeln, auf welchen Quellen sie beruhen.252 Für die philosophiehistorischen Bemerkungen in De trinitate sind jedoch fast durchweg die Quellen zu ermitteln. Die Nachrichten über Vorsokratiker, Epikur und Stoiker übernimmt Augustinus von Cicero.253 In einer Skizze materialistischer Theorien von Geist und Seele referiert Augustinus z. B. die Lehren von Em245

Belege bei Y.-M. Duval, BAug 46b, 1987, 444–446. Aug. gest. Pelag. xxxii, 57 (CSEL 42, 111, 7 f. Vrba/Zycha). 247 Conc. Carth. a. 419, comm. (EOMIA I, 573, 108–111 Turner = CChr.SL 149, 91, 75–77 Munier). 248 Aug. epist. 238, i, 4 (CSEL 57, 535, 3–15 G.). Vgl. unten Anm. 1786. 249 Possid. vita Aug. v, 3 (143, 13 f. Bastiaensen). Vgl. dazu Altaner, Schriften (wie Anm. 236), 331. 250 Aug. serm. 180, 5, 5 (PL 38, 974). 251 Aug. serm. 6, 2 Dolbeau (RE´Aug 39, 1993, 98; erneut in: Vingt-six sermons [wie Anm. 208], 460, 29). 252 Am plausibelsten bleibt wohl die Position von C. Andresen, der sich von der vergeblichen Suche nach einem Handbuch als Quelle abwandte zugunsten einer allgemeineren Einordnung der augustinischen Kenntnisse in die gängige doxographische Praxis der Kaiserzeit (Gedanken zum philosophischen Bildungshorizont Augustins vor und in Cassiciacum, Aug(M) 13, 1968, 77–98). 253 Siehe unten S. 71 f. 246

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Quellen, Einflüsse, Gegner

pedokles, Demokrit, Aristoteles und anderen nach der Darstellung in Ciceros Tuskulanen.254 Von den meisten im Quellenapparat von Mountain/Glorie angegebenen Philosophen und Doxographen hat Augustinus mit höchster Wahrscheinlichkeit niemals einen griechischen Originaltext oder eine lateinische Übersetzung in Händen gehalten,255 so daß der in aller Regel im Apparat ebenfalls verzeichnete doxographische Text Ciceros genügt hätte. Auch alle verzeichneten Parallelstellen aus Philo, Seneca und Aulus Gellius sind als Quellen der betreffenden Passagen von De trinitate unwahrscheinlich. Augustinus kannte zwar nachweislich Werke dieser Autoren, aber die angegebenen Stellen betreffen generelle Topoi, die auch aus hundert anderen Quellen entnommen sein können. Keine Belegstelle nennt der Apparat für die antike Lehre, der Weise sei ohne Sünde; Augustinus könnte sie aus der Diskussion um die Echtheit der Sextussentenzen kennen.256 b) Platonismus Ganz andere Bedingungen als bei der Doxographie findet die Quellenforschung zu De trinitate bei Augustins Umgang mit der platonischen Tradition vor. Hier verfügt Augustinus teilweise über Textkenntnisse, so schwer diese im einzelnen sicher identifizierbar sein mögen. Die Quellenforschung kann sich hier nicht wie bei der philosophischen Doxographie damit begnügen, die Herkunft eines bestimmten, begrenzten Bildungswissens ausfindig zu machen. Augustinus ist mit einer bestimmten Form des Platonismus zutiefst vertraut; der Platonismus ist es, der neben der Bibel Augustins Denkweise am meisten prägt. Die Forschung über den Platonismus Augustins ist immens257 und ihrerseits ein Teil der 254

Vgl. Aug. trin. X, vii, 9 (CChr.SL 50, 322 f., 1–19 M.) mit Cic. Tusc. I, 9, 18 – 11, 22 (14, 14 – 17, 19 Giusta). Eine Synopse der Texte findet sich bei Hagendahl, Augustine (wie Anm. 176), Nr. 285, 139 f. 255 Das gilt für Ae¨tius den Doxographen, Anaximenes, Chrysipp, Demokrit, Diogenes Lae¨rtius, Epikur, Pseudo-Galen, Heraclides Ponticus, Heraklit, Leukipp, Plutarch, Protagoras, Sextus Empiricus und Zeno den Stoiker. 256 Vgl. Aug. trin. XIV, i, 2 (CChr.SL 50a, 422, 38–40 M.): quia sine ullo peccato putabant esse sapientem mit Rufin. sent. Sext. 36: ut pure et sine peccato viventes similes fiant deo (17 Chadwick). Zur antiken Diskussion um die Sentenz R. Kany, Die gottgeschenkte Freiheit. Ein antike Sentenz bei Porphyrius, Sextus und Pelagius, in: Lebendige Überlieferung. Prozesse der Annäherung und Auslegung [FS Hermann-Josef Vogt], hg. von N. el-Khoury, H. Crouzel und R. Reinhardt, Beirut/Ostfildern 1992, 153–170; hier 168 f. 257 Einen Forschungsbericht in bezug auf die Konversion gibt G. Madec, Le ne´oplatonisme dans la conversion d’Augustin, in: C. Mayer/K. H. Chelius (Hgg.), Internationales Symposion über den Stand der Augustinus-Forschung, Cass. 39/1, Würzburg 1989, 9–25; erneut in: G. Madec, Petites e´tudes augustiniennes, E´AA 142, Paris 1994, 51–69. Vgl. auch W. Geerlings, Libri Platonicorum. Die philosophische Bildung Augustins, in: Th. Kobusch/ B. Mojsisch (Hgg.), Platon in der abendländischen Geistesgeschichte. Neue Forschungen zum Platonismus, Darmstadt 1997, 60–70; R. Crouse, Paucis mutatis verbis. St. Augustine’s Platonism, in: R. Dodaro/G. Lawless (Hgg.), Augustine and His Critics [FS Gerald Bonner], London/New York 2000, 37–50.

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wissenschaftlichen Erkundung des »Platonismus der Väter«. Im folgenden geht es lediglich um Forschungen, die Augustins Trinitätslehre betreffen. Zuerst werden in chronologischer Folge generellere Arbeiten besprochen, dann einige speziellere. Zuvor sei knapp die Frage nach Augustins Plato-Kenntnissen beantwortet. Im Gegensatz zu früheren Ansichten darf heute als weitgehend sicher gelten, daß Augustinus von Plato nur den Timaeus, und zwar in Ciceros unvollständiger Übersetzung, gelesen hat. Ein Zitat daraus findet sich in De trinitate: Platos Gedanke, wie das Sein (oyÆsiÂa) zum Werden (geÂnesiw) so verhalte sich die Wahrheit (aÆlhÂueia) zum Glauben (piÂstiw), war von Cicero in die Aussage übertragen worden, wie Ewigkeit (aeternitas) zu Gewordenem (id quod ortum est), so verhalte sich Wahrheit (veritas) zum Glauben (fides). In dieser Form eignet sich Augustinus das Zitat an.258 Für Augustinus stellt sich die Frage nach der Zeitlichkeit und Vorläufigkeit des Glaubens im Unterschied zur endgültigen, ewigen Schau der Wahrheit. Zwei Aufsätze aus dem zwanzigsten Jahrhundert sind diesem Thema gewidmet.259 Ansonsten beschränkt sich Augustins Lektüre auf spätere Platoniker. Bahnbrechend für die Forschung war hier die Plotinübersetzung von Bouillet, in der wohl erstmals versucht wurde, die christliche Rezeption der Enneaden detailliert nachzuweisen. Auch De trinitate wurde berücksichtigt.260 Nachdem Nachdem August Dorner junior in seiner Gesamtdarstellung Augustins 1873 den Einfluß plotinischer Positionen allenthalben − selbst in Augustins Christologie − betont hatte,261 untersuchte Loesche die Frage umfassender und lieferte mit Recht statt Allgemeinheiten über Plato und Platonismus etwas präzisere Vergleiche von Plotins Gedanken mit denen Augustins − freilich auf einem heute antiquiert anmutenden Niveau der Neuplatonismus-Forschung.262 Loesche findet viele Parallelen, etwa in der Neigung zu einer apo258 Siehe unten Anm. 354. Die übrigen in Glories Quellenapparat verzeichneten Platostellen (CChr.SL 50a, 751 f.) sind nicht als direkte Vorlagen Augustins zu betrachten. − Die Annahme, daß Augustinus nicht den vollständigen Timaeus kennt, sondern nur die von Cicero übersetzten Passagen, wird auch dadurch erhärtet, daß er sich nirgends in seinem Gesamtwerk mit der in Ciceros Übersetzung fehlenden »trinitarischen« Stelle 50 c 7 – d 4 auseinandersetzt: dort wird die Dreieinheit von (a) Werdendem, (b) dem, worin es wird, und (c) dem Urbild, von dem das Werdende stammt, mit der Familie aus Kind, Mutter und Vater verglichen. Die Behauptung von Franz K. Mayr (Trinität und Familie in De Trinitate XII, RE´Aug 18, 1972, 51–86; hier 68 und 79), diese Triade Platos sei Augustinus »ungeeignet erschienen«, und darum habe er sie nicht aufgenommen, trifft höchstwahrscheinlich nicht zu. − Vgl. zum Timaeus auch unten S. 522. 259 ` l’e´ternel par le temporel (De Trinitate, IV, xviii, 24), RE´Aug 2, 1956, Th. Camelot, A 163–172; R. J. Teske, The Link Between Faith and Time in St. Augustine, in: J. T. Lienhard/E. C. Muller/R. J. Teske (Hgg.), Augustine, Presbyter Factus Sum, CollAug 2, New York u. a. 1993, 195–206. 260 M.-N. Bouillet, Les Enne´ades de Plotin, 3 Bde., Paris 1857–61; die Momente des Vergleichs zwischen Augustinus und Plotin sind im Register zusammengestellt: Bd. 3, 661–663 (663 speziell zu trin.). 261 A. Dorner, Augustinus. Sein theologisches System und seine religionsphilosophische Anschauung, Berlin 1873, besonders 326–329. 262 G. Loesche, De Augustino plotinizante in doctrina de Deo disserenda, Diss. Jena 1880, besonders 65–68.

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phatischen Theologie bei gleichzeitigem, oft in Spannung hierzu stehendem Bemühen, eben doch auch positive Aussagen über Gott zu treffen − letzteres Bemühen sei bei Augustinus stärker ausgeprägt als bei Plotin. Auch die Unveränderlichkeit Gottes, die Fassung des Höchsten als reines Sein, bei dem sich eine Unterscheidung von Substanz und Akzidens nicht treffen lasse, überhaupt die Ablehnung aristotelischer Kategorien in der Theologie, das alles sei so ähnlich bei Plotin und Augustinus, daß sicher Einflüsse anzunehmen seien. In der eigentlichen Trinitätslehre allerdings habe Augustinus allenfalls einzelne neuplatonische Gedanken verwendet. Denn im Kern seien Plotins drei höchste Hypostasen völlig anders konzipiert als die drei göttlichen Personen der Trinitätslehre Augustins, zumal Augustinus einen persönlichen Gott anbete, Plotin aber nur das unpersönliche Gute. Grandgeorge kommt in seiner zum Klassiker gewordenen Studie263 nicht so weit über Loesche hinaus, wie es der ungleich größere Bekanntheitsgrad der französischen Arbeit vermuten lassen könnte. Auch Grandgeorge beschränkt sich nahezu ausschließlich auf Vergleiche mit Plotin. Er beurteilt aber insgesamt den Einfluß auf den Kirchenvater etwas vorsichtiger, da Augustinus seit seiner Konversion den Platonismus immer heftiger abgelehnt habe. In der Sicht der absoluten Einfachheit, Unsagbarkeit und Unerkennbarkeit Gottes findet Grandgeorge weitgehende Kongruenz Augustins und Plotins, die er aber weniger als Abhängigkeit denn als christliche Verarbeitung und Nutzung gleichstrebender Denkweisen deutet. In einem eigenen Kapitel verneint Grandgeorge die Frage, ob sich wesentliche Übereinstimmungen zwischen plotinischer Hypostasen-Theorie und augustinischer Trinitätslehre finden (85–99). Denn Plotins drei oberste Hypostasen bilden eine absteigende Hierarchie, die oberste Hypostase ist nichts als das Eine, erst die zweite nimmt Zweiheit in sich auf, und die dritte ist Mittler für die materielle Schöpfung. Für das rechtgläubige Christentum seit Nizäa dagegen seien die drei göttlichen Personen gleichen Ranges, schon die erste Person sei hier in vollem Maße Persönlichkeit, die zweite und nicht die dritte sei Mittler, und sie nehme Fleisch an. Nurmehr ein letzter Rest von Subordination liegt nach Grandgeorge in Augustins Herleitung von Sohn und Geist aus dem Vater als ihrem Ursprung. Auch betone Augustinus das gegenseitige Kennen der Personen, während die Hypostasen Plotins die ihnen jeweils untergeordneten Hypostasen nicht kennen.264

L. Grandgeorge, Saint Augustin et le Ne´o-Platonisme, BE´HE´.R 8, Paris 1896. An die Ergebnisse von Loesche und Grandgeorge knüpft ein ausführlicher russischer Aufsatz von 1911 an, der im Bericht über die ostkirchliche Rezeption von De trinitate unten S. 338 ff. besprochen wird. − An der Oberfläche bleibt der Aufsatz von F. H. Brabant, Augustine and Plotinus, in: A. E. J. Rawlinson (Hg.), Essays on the Trinity and the Incarnation, London u. a. 1928, 301–322. Nicht erreichbar war die von Schadel (wie Anm. 13) unter Nr. 3291 verzeichnete Dissertation: Jong Sung Rhee, The Influence of Plotinus on Augustine as Illustrated in His Doctrine of the Trinity, Ph. D. thesis San Francisco Theological Seminary 1964. 263 264

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Um Spannungen zwischen neuplatonischen und christlich-dogmatischen Prämissen geht es auch in der Dissertation von Othmar Perler. Der frühe Augustinus hat sich demnach Plotins Verortung der Ideen im Geiste Gottes angeeignet. Durch Identifizierung des plotinischen noyÄw mit dem loÂgow des Johannesprologs setze Augustinus den Sohn mit der schöpferischen Weisheit (als Inbegriff der Ideen) gleich. Später erkenne er deutlicher die Voraussetzungen christlicher Schöpfungs- und Gotteslehre und gebe darum in De trinitate VI und VII die Konsequenzen der Theorie Plotins auf. Augustinus verstehe jetzt, daß Gott nicht erst durch die Weisheit, die sein Sohn ist, weise ist: Die Ideen und die Weisheit seien vielmehr auf die allen Personen gemeinsame Wesenheit zurückzuführen.265 − Perler geht allerdings nur zum Teil historisch vor. Manchmal stülpt er den Augustinustexten scholastische Doktrinen über, die in ihnen nicht enthalten sind.266 Übrigens scheint er nicht an die Möglichkeit zu denken, daß Augustinus mit der Theorie von den »Ideen im Geiste Gottes« auch aus einer anderen Quelle als Plotin bekannt geworden sein könnte. Tatsächlich gilt diese Interpretation der platonischen Ideenlehre als typisch für den Mittelplatonismus, der aber seinerseits aus noch älteren Quellen zu schöpfen scheint.267 Vor allem Willy Theiler lenkte in der augustinischen Quellenforschung den Blick über Plotin hinaus.268 Der so bekannte wie problematische »Arbeitssatz« seiner Abhandlung Porphyrios und Augustin aus dem Jahre 1933 lautet: »Erscheint bei einem nachplotinischen Neuplatoniker ein Lehrstück, das nach Inhalt, Form und Zusammenhang sich mit einem solchen bei Augustin vergleichen läßt, aber nicht oder nicht im selben Maß mit einem bei Plotin, so darf es als porphyrisch gelten« (164).

Von dieser Hypothese aus gelangt Theiler u. a. zu dem Ergebnis, »daß fast alles Philosophische bei Augustin als porphyrisch betrachtet werden kann« (ebd.). 265 O. Perler, Der Nus bei Plotin und das Verbum bei Augustinus als vorbildliche Ursache der Welt, SF, Fribourg/Paderborn 1931, 106–127. 266 Vgl. unten S. 205. 267 Vgl. etwa H. J. Krämer, Der Ursprung der Geistmetaphysik. Untersuchungen zur Geschichte des Platonismus zwischen Platon und Plotin, Amsterdam 21967; S. Lilla, Die Lehre von den Ideen als Gedanken Gottes im griechischen patristischen Denken, in: ëErmhneyÂmata [FS Hadwig Hörner], BKAW N. F. 2, 79, Heidelberg 1990, 27–50. Speziell zu Augustins Auffassung der Ideen im Geiste Gottes: A. Solignac, Analyse et sources de la Question »De Ideis«, AugMag 1, 1954, 307–315; Th. Kondoleon, Divine Exemplarism in Augustine, AugSt 1, 1970, 181–195; J. Pe´pin, Augustin et Atticus. La quaestio »De ideis«, in: Herme´neutique et ontologie [FS Pierre Aubenque], Paris 1990, 163–180. − Andere denkbare lateinische Quellen wären etwa Calc. comm. 304 (306, 5 f. Waszink) oder die von Apuleius angefertigte, verlorene lateinische Übersetzung der Introductio arithmetica I, vi des Nikomachus von Gerasa (vgl. Anm. 397). 268 W. Theiler, Porphyrios und Augustin, SKG.G 1933, 10, Halle 1933, im folgenden nach dem Neudruck in: Ders., Forschungen zum Neuplatonismus, QSGP 10, Berlin 1966, 160–251, zitiert. Der heutige Stand der Forschung wird zusammengefaßt von G. Madec, Augustin et Porphyre. E´bauche d’un bilan des recherches et des conjectures, SofiÂhw maihÂtorew. »Chercheurs de sagesse«. Hommage a` Jean Pe´pin, E´AA 131, Paris 1992, 367–382; vgl. auch A. Smith, Porphyrian Studies Since 1913, ANRW II. 36. 2, 1987, 719–773; hier 768–771.

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Quellen, Einflüsse, Gegner

Viele Forscher wollten aus methodischen Gründen Theiler nicht folgen, und auch seine oft gewaltsam wirkenden Textinterpretationen erregten Widerspruch.269 Skepsis ist jedenfalls gegenüber dem Anhang I seiner Publikation angebracht (213–225). Darin will er große Teile des zehnten und kleine Teile des vierzehnten Buches von De trinitate über die Selbsterkenntnis als unmittelbare Frucht von Augustins angeblicher Lektüre der weitgehend verlorenen Schrift des Porphyrius PeriÁ toyÄ GnvÄui saytoÂn erweisen.270 Theiler zeigt zwar plausibel, daß Sentenz Nr. 40 von Porphyrius’ Sententiae ad intelligibilia ducentes (über den Konnex von Selbsterkenntnis und Erkenntnis des Seienden) eine echte Parallele zu De trinitate X bietet. Aber in seinem Versuch, oft aus dem Zusammenhang gerissene Stücke von De trinitate X und Partikel aus Porphyrius-Fragmenten zu einer Rekonstruktion der verlorenen Porphyrius-Schrift zusammenzufügen, verfährt Theiler zu konstruktiv mit dem Material. Beispielsweise vergleicht Theiler die Stufen des Seelenaufstiegs bei Porphyrius und Augustinus. In Augustins höchster Stufe würden mens und notitia durch amor zusammengeknüpft. Eine ähnliche Konzeption schreibt Theiler nun Porphyrius zu, aber ohne eine Belegstelle dafür angeben zu können. Vielmehr sagt er: Porphyrius »mußte wohl schon« (224) zu einer solchen Auffassung anläßlich eines Chaldäerorakels gekommen sein, in dem Eros als ein »dritter« bezeichnet wird, ein »zusammenbindender Lenker des Alls«, der vom »Vater« noch über Geist und Erkenntnis gesetzt worden sei271 − damit sich diese Trias noyÄw, nv Ä ma (= noÂhma), eÍrvw ergibt, muß Theiler das in den Handschriften stehende neyÄma für das zweite Ternarglied per Konjektur ändern;272 es bleibt zudem zweifelhaft, ob Porphyrius dieses Orakel überhaupt interpretiert hat. Theilers unmittelbar anschließendes Fazit ist daher nicht hinreichend begründet: »Die psychologische Trinitätslehre des hl. Augustin zeigt sich so auch als Ableger porphyrischen Denkens« (224). Theiler hat mit der Einseitigkeit seiner Beweisführung oft verdeckt, daß er auch viele tatsächliche oder wahrscheinliche Bezüge zwischen Augustinus und Porphyrius erkannt hat. Es ist offensichtlich, daß Augustins Trinitätskonzeption eine größere Nähe zu der »horizontalen« Triadik des Porphyrius von pater, paterna mens und einem zwischen beiden vermittelnden medium aufweist als zu der »vertikalen« Abstufung von Einem, Geist und Weltseele bei Plotin.273

269

Vgl. etwa die Rez. von E. R. Dodds, ClR 49, 1935, 71 f. Deren Fragmente liegen jetzt gesammelt vor als Frg. 272–275 Smith (p. 308–313). 271 Orac. Chald. 44 des Places (p. 78). Vgl. unten S. 129. 272 Gute Argumente dagegen bei H. Lewy, Chaldaean Oracles and Theurgy. Mysticism, Magic and Platonism in the Later Roman Empire, Kairo 1956 (= E´AA 77, Paris 21979), 179 Anm. 9, sowie E´. des Places im Kommentar seiner Ausgabe: Oracles Chaldaı¨ques, CUFr, Paris 2 1989, 131. Vgl. übrigens auch Orac. Chald. 31 des Places (p. 73), wo vom »Band der ersten Trinität« die Rede ist. Hierzu und zur Bedeutung der Thematik Abramowski, Zur Trinitätslehre des Thomas von Aquin (wie Anm. 537), vgl. unten S. 129. 273 Aug. civ. X, xxiii (CChr.SL 47, 296 f. D./K.) vergleicht explizit beide Konzeptionen. Einen Kommentar dazu bietet Lewy, Chaldaean Oracles, 148–150 und 455 f. 270

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Schon ein Jahr nach Theilers alles Gewohnte umstürzenden Behauptung, »daß Augustin Plotins Enneaden selber (in Übersetzung) überhaupt nicht gelesen hat, daß die Plotinzitate bei ihm . . . aus Schriften des Porphyrios entnommen sind« (161), suchte Paul Henry mit seinem großen Buch über die lateinische Plotinrezeption des vierten und fünften Jahrhunderts neue Argumente für Augustins Plotinlektüre zu etablieren und auf eine tragfestere Grundlage zu stellen.274 Daß der späte Augustinus in De civitate dei öfters Porphyrius zitiert, sei unbestreitbar, aber der frühe Augustinus, so möchte Henry zeigen, habe in Mailand bereits mindestens Plotin Enneade I, vi und V, i und nur Plotin, nicht aber Porphyrius gelesen und dadurch eine lebenslange Prägung erfahren. Der späte Augustinus habe noch mehr Plotin, vielleicht gar auf griechisch, studiert. Wenn sich Augustinus in De civitate dei X, xxiii mit Plotins Konzeption einer »Trinität« von Hypostasen auseinandersetze, dann seien dabei derart wörtliche Übersetzungen von Formulierungen Plotins aus Traktat Enneade V, i nachzuweisen, daß die Zitate kaum aus zweiter Hand übernommen sein könnten (127). Den Text von De trinitate hat Henry erst später systematisch auf PlotinZitate hin durchsucht und dabei nur drei Stellen gefunden: Sie alle lassen auf Augustins Lektüre von Enneade V, iii schließen, dem wichtigsten Traktat Plotins zum Thema des Selbstbewußtseins.275 Die meisten Arbeiten der dreißiger und vierziger Jahre handelten kaum von Porphyrius, sondern von Plotin und seiner Rezeption durch Augustinus. Das Buch von Jakob Barion über das Verhältnis von Plotin und Augustinus in der Gotteslehre ist, verglichen mit den Publikationen von Theiler und Henry, wenig innovativ und eher allgemein darstellend. Das gilt auch für das vergleichende Kapitel über die drei obersten Hypostasen bei Plotin und Augustins Trinitätslehre.276 Plotins Theorie hätte zu einem Subordinatianismus führen müssen, aber Augustinus habe darüber hinweggesehen oder -gelesen und gerade umgekehrt die Wesenseinheit der drei Personen betont. Auch sei der Sohn nicht genau wie der noyÄw konzipiert, z. B. zeuge er nicht seinerseits, und der Heilige Geist habe mit der Weltseele (der dritten Hypostase) nichts zu tun. Joachim Ritters bekannte Habilitationsschrift über die Rezeption und Verwandlung der Ontologie Plotins bei Augustinus konzentriert sich auf die christliche Transformation des mundus intelligibilis und ihre ethischen Implikationen und befaßt sich daher nur am Rande mit De trinitate, nämlich mit der im zehnten Buch erörterten Frage der Identität des Erkennenden und des Erkannten bei der Selbsterkenntnis − Ritter sieht hier engste Bezüge zu Plotin. Theilers Porphyrius-These beschäftigt ihn nicht weiter.277 274

P. Henry, Plotin et l’Occident. Firmicus Maternus, Marius Victorinus, Saint Augustin et Macrobe, SSL 15, Löwen 1934. Vgl. ders., Augustine and Plotinus, JThS 38, 1937, 1–23. 275 Zu den einzelnen Parallelstellen vgl. unten Anm. 287. 276 J. Barion, Plotin und Augustinus. Untersuchungen zum Gottesproblem, NDF Philosophie 5, Berlin 1935, 89–109. 277 J. Ritter, Mundus intelligibilis. Eine Untersuchung zur Aufnahme und Umwandlung der neu-

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Quellen, Einflüsse, Gegner

Für die Trinitätslehre bemerkenswerter ist das aus dem Schwedischen übersetzte, ganz zu Unrecht vergessene Buch von Axel Dahl, der anders als Barion starke Konvergenzen gerade im Zentrum des Denkens von Plotin und Augustinus sieht.278 Augustins Bestimmungen der göttlichen substantia vel essentia gehen demnach auf die intelligiblen Kategorien zurück, mit denen Plotin letztlich dasselbe Problem wie Augustinus habe lösen wollen: Die absolute Substanz soll Einheit und Vielheit zugleich, Ruhe und Bewegung in einem sein. Plotins Lösung liege in der Bestimmung des noyÄw als des absoluten Selbstbewußtseins, das sich selbst denke. Eben hieraus erwüchsen für Augustinus die »psychologischen« Spekulationen, die sich bei ihm allerdings auf das menschliche Seelenleben bezögen, während Plotin vom noyÄw als metaphysischer Hypostase rede. Der Plotinforscher Arthur Hilary Armstrong suchte zu den gemeinsamen Quellen dessen hinabzusteigen, was oft als charakteristisch für den lateinischen Westen oder aber für den griechischen Osten gilt.279 Das angeblich »Westliche« der lateinischen Kirche sei weithin das Augustinische, das aber in einer christlichen Verwandlung der Denkwelt des griechischsprachigen Ägypters Plotin gründe. Anders als Origenes und Marius Victorinus habe Augustinus die subordinatianische Tendenz des Neuplatonismus vermieden, die zur Annahme von Mittelwesen zwischen Gott und Schöpfung führe. Augustinus habe nämlich die scharfe Trennung aufgegeben, die bei Plotin zwischen dem Einen und der zweiten Hypostase bestehe. Plotin spricht in der Tat dem Einen jegliche Vielfalt, ja Seiendheit ab und gesteht erst der zweiten Hypostase solche Prädikate zu. Nachdrücklich betonte in den fünfziger Jahren John J. O’Meara wieder die Bedeutung des Porphyrius für den frühen wie späten Augustinus.280 Seine von der Forschung überwiegend abgelehnte These, die von Augustinus in De civitate dei zitierten Ausführungen des Porphyrius de regressu animae entstammten keinem Werk dieses Titels, sondern der Schrift »Über die Philosophie aus Orakeln«, braucht hier weniger zu interessieren.281 Festzuhalten ist aber, daß platonischen Ontologie bei Augustinus, PhA 6, Frankfurt 1937, 112–121; vgl. etwa 114: »Die Beobachtung dieses intelligere im Selbsterkennen wird zum Zugang zu dem wesenhaften und wahren Sein des Geistes.« 278 A. Dahl, Augustin und Plotin. Philosophische Untersuchungen zum Trinitätsproblem und zur Nuslehre, Lund 1945. 279 A. H. Armstrong, St. Augustine and the Eastern Tradition, ECQ 5, 1942/44, 157– 167; 387–402; ders., Platonism as a Vital Force in Catholic Theology, ECQ 6, 1945/46, 56–66. Vgl. unten Anm. 437. 280 J. J. O’Meara, Porphyry’s Philosophy from Oracles in Augustine, E´AA 9, Paris 1959; vorausgegangen war vom selben Autor The Young Augustine. The Growth of St. Augustine’s Mind up to his Conversion, London/New York/Toronto 1954. 281 Zur Kritik vgl. vor allem P. Hadot, Citations de Porphyre chez Augustin, RE´Aug 6, 1960, 205–244 mit Antwort von O’Meara 245–247. Aufgegriffen und nochmals verschärft − jetzt soll auch noch Porphyrs Werk gegen die Christen identisch mit den von O’Meara gleichgesetzten Schriften sein − hat P. F. Beatrice die These von O’Meara in dem Aufsatz: Quosdam Platonicorum libros. The Platonic Readings of Augustine in Milan, VigChr 43, 1989, 248–281. Andrew Smith hat wohl mit Recht alle diese Schriften wieder unterschieden (Porphyrii philosophi Fragmenta, BiTeu, Stuttgart/Leipzig 1993).

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O’Meara auch in De trinitate Spuren von Augustins Auseinandersetzung mit diesem Werk des Porphyrius sieht (151–166), und zwar nicht nur im zwölften und dreizehnten Buch, das etwa gleichzeitig mit den Teilen von De civitate dei zu datieren ist, in denen sich Augustinus mit dem großen Plotinschüler auseinandersetzt, sondern schon im vierten Buch von De trinitate, nach O’Mearas Ansicht zeitlich unweit der Confessiones, in denen Augustinus seine erste Beschäftigung mit dem Platonismus schildert. An den Stellen von De trinitate, in denen O’Meara Anspielungen auf Porphyrius vermutet, wird der Neuplatonismus überwiegend negativ bewertet; es geht um den Hochmut derer, die auf den Mittler Christus verzichten zu können glauben und meinen, aus eigener Kraft die Transzendenz fassen zu können: De trinitate IV, x, 13 – xviii, 24; XIII, ix, 12 und xix, 24. Doch auch die Beschreibung des Aufstieges der Geistseele in De trinitate XII, xv, 24 ist laut O’Meara mehr von Porphyrius als von Plotin geprägt. In sorgfältigen Analysen hat Jean Pe´pin gezeigt, daß die von Theiler wohl zu pauschal auf Porphyrius zurückgeführten Analysen Augustins zur Selbsterkenntnis (in De trinitate IX) eine Reihe von Formulierungen mit wörtlichen Anklängen an Plotin, vor allem Enneade V, iii, enthalten.282 Anderswo hat Pe´pin aber auch bedeutende Nachwirkungen von Porphyrius auf De trinitate nachgewiesen:283 Es war bereits bekannt gewesen, daß Augustinus die Argumente, die Porphyrius in seinen SyÂmmikta zhthÂmata für die unvermischte Einheit von Leib und Seele darlegt, zur Erklärung der Einheit der Naturen in Christus herangezogen hatte.284 Die gleichen Argumente werden nach Pe´pin von Augustinus auch für die Trinitätslehre benützt, nämlich um in De trinitate IX die unvermischte Einheit von mens, notitia und amor zu zeigen. Schon Theiler hatte dies, aber nicht durchweg mit den gleichen Argumenten, auf Porphyrius zurückgeführt. Pe´pin weist in verschiedenen Büchern von De trinitate weitere Parallelen zu den Sententiae ad intelligibilia ducentes des Porphyrius nach. So betont Porphyrius in Anlehnung an Plotin den prinzipiellen Unterschied zwischen dem nach außen, nicht auf sich selbst gerichteten Sehen des Auges und der Selbsterkenntnis des Geistes.285 In De trinitate X, iii sagt Augustinus, die mens 282 J. Pe´pin, Une curieuse de´claration ide´aliste du »De Genesi ad litteram« (XII, 10, 21) de saint Augustin, et ses origines plotiniennes (»Enne´ade« 5, 3, 1–9 et 5, 5, 1–2), RHPhR 34, 1954, 373–400; Nachdruck in: Ders., »Ex Platonicorum persona«. E´tudes sur les lectures philosophiques de saint Augustin, Amsterdam 1977, 183–210. Vgl. auch J. McEvoy, Does Augustinian memoria depend on Plotinus?, in: J. J. Cleary (Hg.), The Perennial Tradition of Neoplatonism, Löwen 1997, 383–396. 283 J. Pe´pin, Les Symmikta Zetemata de Porphyre et le De Trinitate de saint Augustin, in: P. Wilpert (Hg.), Die Metaphysik im Mittelalter, MM 2, Berlin 1963, 249–254; Une nouvelle source de saint Augustin: Le zhÂthma de Porphyre Sur l’union de l’aˆme et du corps, RE´A 66, 1964, 53–107 (Nachdruck in »Ex Platonicorum persona«, 213–267). 284 Die Fragmente und Testimonien der Schrift (jetzt Nr. 256–263 Smith [p. 278–292]) kommentiert H. Dörrie, Porphyrius’ »Symmikta Zetemata«. Ihre Stellung in System und Geschichte des Neuplatonismus nebst einem Kommentar zu den Fragmenten, Zet. 20, München 1959. Vgl. unten S. 423. 285 Pe´pin, Une nouvelle source, 105 f. (265 f.): Vgl. Aug. trin. IX, iii, 3 (CChr.SL 50, 296, 5–19) mit Porphyr. sent. 43 (54, 22 – 56, 7).

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Quellen, Einflüsse, Gegner

erkenne sich ganz als ganze, nicht etwa erkenne ein Teil von ihr einen anderen Teil. Nun argumentiert auch Plotin, daß der Geist sich als etwas Ganzes ganz denkt, nicht ein Teil den anderen denkt. Diese Formulierung verdeutlicht Porphyrius, wie Pe´pin zeigt, mit Überlegungen, die in lateinischer Übersetzung zu Augustins Quellen gezählt haben könnten.286 Glories Quellenapparat in der De trinitate-Ausgabe des Corpus Christianorum verzeichnet sowohl die (sicherlich zu wenigen) Plotin-Stellen, die Schwyzer und Henry in ihrer editio maior der Werke Plotins auf Augustins De trinitate bezogen hatten,287 als auch mehrere von O’Meara und Pe´pin analysierte Parallelstellen aus Porphyrius,288 allerdings nicht alle von Pe´pin entdeckten Plotin-Parallelen.289 Keine Spur im Quellenapparat hinterließ auch Verbekes Hinweis auf Plotins Traktat über die Unsterblichkeit der Seele als mögliche Quelle der Ausführungen in De trinitate X über die Geistigkeit der Seele und die Notwendigkeit, alles nicht zur Seele Gehörige bei der Reflexion auf sie fortzulassen.290 Manches Weitere wäre inzwischen hinzuzufügen. So hat Franco De Capitani darauf aufmerksam gemacht, daß Augustinus bei seinem Referat der Theorie, die Substanz der Seele sei ein unkörperliches Leben und daher unsterblich, am ehesten Porphyrius im Blick hat.291 Albrecht Dihle sieht wohl mit Recht am J. Pe´pin, Le tout et les parties dans la connaissance de la mens par elle-meˆme (De Trin. X 3, 5 – 4, 6), in: Brachtendorf (Hg.), Gott und sein Bild (wie Anm. 8), 105–126. Vgl. etwa: Aug. trin. X, iii, 5 f. (CChr.SL 50, 317, 1 – 319, 51 M.): Quid ergo dicemus? An quod ex parte se novit, ex parte non novit? Sed absurdum est dicere non eam totam scire quod scit. Non dico: ›Totum scit,‹ sed: ›Quod scit tota scit.‹ Cum itaque aliquid de se scit quod nisi tota non potest, totam se scit. Scit autem se aliquid scientem, nec potest quidquam scire nisi tota. Scit se igitur totam. Plot. enn. V, ì oyÆ meÂrei aÍllo iii, 6 (II, 213, 7 f. Henry/Schwyzer): noyÄw gaÁr kaiÁ noÂhsiw eÏn´ kaiÁ oÏlow oÏlv, meÂrow. Porphyr. sent. 44 (57, 10–13 Lamberz): oë ayÆtoÁw aÍra nov Ä n kaiÁ nooyÂmenon oÏlon oÏlv, ì kaiÁ oyÆx vëw oë triÂbvn kaiÁ triboÂmenow. oyÆk aÍllvì oyËn meÂrei noeiÄtai kaiÁ aÍllvì noeiÄ. 287 Plotini opera, ed. P. Henry/H. R. Schwyzer, 3 Bde., ML.P 33–35, Brüssel u. a. 1951– 73; der Index testium (Bd. 3, 421) weist auf insgesamt drei Kapitel aus trin. hin, wobei sich alle drei auf enn. V, iii beziehen: vgl. Aug. trin. IX, iii, 3 (CChr.SL 50, 296, 7 f. M.) mit Plot. enn. V, iii, 1 (II, 206, 17–19 H./Sch. [hier und im folgenden nach der editio minor in den OCT); trin. X, iii, 5 (318, 35–38 M.) mit enn. V, iii, 1 (207, 24–27 H./Sch.); X, iii (iv), 6 (318 f., 46–51 M.) mit enn. V, iii, 5 (211, 12–15 H./Sch.). 288 Eine Kautele ist inzwischen einzufügen: Im Vorwort zu seiner Aufsatzsammlung »Ex Platonicorum persona« (wie Anm. 282), XXXVII f., begründet Pe´pin, warum er nicht mehr sicher ist, daß die mit der Opposition phantasia/phantasma arbeitenden Stellen Augustins einen Bezug zu Porphyrius haben. 289 Übersehen wurde anscheinend Pe´pins Aufsatz »Une curieuse de´claration« (wie Anm. 282). 290 G. Verbeke, Spiritualite´ et immortalite´ de l’aˆme chez Saint Augustin, AugMag 1, 1954, 329–334, vergleicht Passagen aus trin. X (besonders vii-x) mit Plot. enn. IV, vii, 8–10 (II, 148, 1 – 161, 52 H./Sch.), daneben mit enn. V, i und V, iii, deren Bedeutung für Augustinus ohnehin weitgehend feststeht. 291 F. De Capitani, Platone, Plotino, Porfirio e sant’Agostino sull’immortalita` dell’anima intesa come vita, RFNS 76, 1984, 230–244, vergleicht Aug. trin. X, vii, 9 (CChr.SL 50, 323, 20–24 M.) mit Porphyr. symm. zet. (?) bei Nemes. nat. hom. iii, 130 f. (40, 2–7 Morani) sowie Porphyr. sent. 21 (13, 2–10 L.), schließt allerdings auch eine auf Plat. Phaid. (94 b 4 – 107 a 2 Burnet) oder Formulierungen in Plotins enn. IV, vii, 11 (II, 161, 1–18 H./Sch.) zurückgehende Überlieferung nicht aus. 286

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Ende von De trinitate VI eine Anspielung auf die neuplatonische Auslegung der Chaldäerorakel: Augustinus lehnt die Theorie ab, die drei göttlichen Personen oder Prinzipien seien einerseits unendlich, würden sich andererseits wechselseitig begrenzen.292 Pierre Courcelle hatte bereits Ende der vierziger Jahre mit neuen Entdekkungen eine heute weithin akzeptierte vermittelnde Position zwischen Theiler und Henry begründet: Augustinus habe Plotin und Porphyrius gelesen und sei mehr von Plotin als von Porphyrius beeinflußt.293 1974 veröffentlichte Courcelle in seinem großen Werk über die Wirkungsgeschichte der delphischen Devise »Erkenne Dich selbst!« eine detaillierte, die frühere Forschung teilweise übertreffende Analyse zu den Quellen von De trinitate IX und X.294 Neu sind z. B. seine Schindlers Quellenforschungen ergänzenden Nachweise, daß De trinitate X, vii eine Reminiszenz an Ciceros Tuskulanen und wenige Zeilen später an Porphyrius’ Sentenzen enthält.295 Überhaupt zeigt Courcelle sehr anschaulich, wie Augustinus bei der Reflexion über Selbsterkenntnis Platonisches aus Cicero mit neuplatonischen Argumenten von Plotin und Porphyrius amalgamiert. Offenbar ohne Kenntnis dieser grundlegenden Arbeit von Courcelle untersucht auch Lewis Ayres den komplexen und selbständigen Umgang Augustins mit Plotins und Ciceros Theorien der Selbsterkenntnis.296 Ein anderes Beispiel einer Art Perichorese biblischer und philosophischer Quellen im Denken Augustins deckt Roland J. Teske auf: Seit der Frühschrift De immortalitate animae befaßte sich Augustinus wiederholt mit dem Problem, wie Gottes Handeln in der Geschichte mit seiner Unveränderlichkeit zusammengedacht werden kann. Der Spruch in Weish 7, 27 über die Weisheit: in seipsa manens innovat omnia, auch in De trinitate mehrfach zitiert, wurde für Augustinus zum Schlüssel der Lösung des Problems. Diesen zunächst lediglich gläubig angenommenen Bibelvers interpretierte Augustinus nämlich im Lichte der libri Platonicorum: Wohl bei Plotin fand er eine philosophische Erklärung des Phänomens, die ebenfalls den Begriff des Bleibens benutzt.297 So sagt Plotin, das Eine sei Quelle der besten Dinge und erzeuge alles, bleibe aber in sich ( . . . meÂnoysan eÆn eëayth Äì).298 292

A. Dihle, Die Vorstellung vom Willen in der Antike, Göttingen 1985, 139. P. Courcelle, Les lettres grecques en Occident (wie Anm. 240), 159–178. 294 Ders., Connais-toi toi-meˆme de Socrate a` Saint Bernard, Bd. 1, E´AA 58, Paris 1974, 149– 163. 295 Ebd. 158. Vgl. Aug. trin. X, vii, 9 (CChr.SL 50, 323, 17–19 M.) mit Cic. Tusc. I, 11, 24 (18, 18 – 19, 9 G.) und trin. X, vii, 10 (323, 41–44) mit Porph. sent. 40 (49, 10–14 L.). Siehe unten S. 74. 296 L. Ayres, The Discipline of Self-Knowledge in Augustine’s De trinitate Book X, in: Ders. (Hg.), The Passionate Intellect. Essays on the Transformation of Classical Traditions Presented to Professor I. G. Kidd, New Brunswick NJ 1995, 261–296. 297 R. J. Teske, St. Augustine’s Use of »Manens in Se«, RE´Aug 39, 1993, 291–307. 298 Plot. enn. VI, ix, 5 (III, 279, 36 f. H./Sch.) und weitere von Teske notierte Stellen. Dazu wäre noch zu ergänzen, wohl aus Augustins nachgelassenen Arbeitspapieren: Aug. sent. vii (149 f., 163–185 Dolbeau). 293

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Quellen, Einflüsse, Gegner

Neuplatonische Termini und Denkfiguren in De trinitate VIII-XV sollten nicht dazu verführen, die kritische Haltung zu übersehen, die Augustinus trotz aller gedanklichen Übernahmen dem Neuplatonismus gegenüber einnimmt. Das hat vor allem Edward Booth eingeschärft.299 Er meint, daß Augustinus seine nicht-subordinatianische Geistanalyse als Gegenmodell zur neuplatonischen Subordination der Hypostasen als dem Denkmodell der »Arianer« entworfen habe. Booth stellt De trinitate in die umfassende Geschichte des Konzepts von Selbstbewußtsein als konstitutivem Prinzip von Subjektivität − von Aristoteles über die Neuplatoniker, Augustinus und das lateinische Mittelalter bis hin zu Hegel und Marx.300 Aristoteles trennt nach Booth den Geist vom Leib und macht ihn zu etwas Göttlichem. Damit gelinge es ihm nicht mehr zu zeigen, daß der Geist die Sinne ordne und letztlich die menschliche Subjektivität begründe. So sei die aristotelische Konzeption der noÂhsiw nohÂsevw erst im Neuplatonismus eigentlich fruchtbar geworden,301 indem sie eine generierende, kosmologische Funktion bekommen habe. Augustinus sei als erstem eine positive, die Offenheit für Transzendenz aufzeigende Grundlegung von Subjektivität gelungen: nämlich mit dem Begriff der memoria, die alle geistigen Fähigkeiten des Menschen zusammenbinde, und durch die Ablehnung von Selbstbewußtsein als (neuplatonisch-)transzendenter Struktur zugunsten einer Theorie des Selbstbewußtseins als eines menschlichen und gleichwohl in sich vollständigen, unverlierbaren Bewußtseins seiner selbst als einer Totalität. − Die Untersuchungen von Booth sind nicht immer klar durchdacht. Doch zählen sie zu den frühesten Arbeiten des zwanzigsten Jahrhunderts, in denen die dem neunzehnten Jahrhundert noch viel vertrautere Relevanz der Selbstbewußtseinstheorie innerhalb von Augustins Trinitätsdenken wiederentdeckt wurde.

299 Booth ließ seine Dissertation (Cambridge) in einer Serie von Artikeln erscheinen: St. Augustine’s »notitia sui« Related to Aristotle and the Early Neo-Platonists, Aug(L) 27, 1977, 70–132 u. 364–401; 28, 1978, 183–221; 29, 1979, 97–124. Eine Zusammenfassung bot er in: St. Augustine’s de Trinitate and Aristotelian and Neo-Platonist Noetic, StPatr 16, 1985 (= TU 129), 487–490, einen Exkurs der Dissertation in: Hegel’s Conception of SelfKnowledge Seen in Conjunction with Augustine’s, Aug(L) 30, 1980, 221–250, eine Ergänzung in: A Note on Some Themes of St. Augustine’s de Trinitate, Present in de Libero Arbitrio, Aug(L) 38, 1988, 25–36. 300 E. Booth, Saint Augustine and the Western Tradition of Self-Knowing, The Saint Augustine Lecture 1986, Villanova 1989. 301 Was bei Booth nicht zum Ausdruck kommt, ist der wahrscheinliche unmittelbare Zusammenhang der aristotelischen noÂhsiw nohÂsevw-Konzeption (Aristot. metaph. L 9 [1074 b 34 f. Ross]) mit Plato und der Akademie selbst, wodurch ein anderes Licht auf die neuplatonische Wiederaufnahme des Themas fiele (vgl. H. J. Krämer, Grundfragen der aristotelischen Theologie, ThPh 44, 1969, 363–382; 481–505; ders., Noesis Noeseos, HWbPh VI, 1984, 871–873; ders., La noesis noeseos e la sua posizione nella Metafisica di Aristotele, RFNS 85, 1993, 309–323; erneut in: A. Bausola [Hg.], Aristotele, perche´ la metafisica. Studi su alcuni concetti-chiave della ›filosofia prima‹ aristotelica e sulla storia dei loro influssi, Mailand 1994, 171–185).

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Mehrere weitere Studien über Augustins Geistbegriff und Theorie des Selbstbewußtseins streifen Quellenfragen, werden aber in dem späteren Teil des Berichts über philosophische Arbeiten zu De trinitate besprochen. Schon hier sei jedoch auf einen Aufsatz von Christoph Horn hingewiesen, der u. a. zu dem Schluß kommt, daß keine tiefgreifende Entwicklung in der Auffassung des Selbstbewußtseins zwischen Plotin und Augustinus zu entdecken sei, daß vielmehr diese beiden Denker im Unterschied zur vorherigen Tradition das Sichselbst-Denken des Geistes als ein unmittelbares, reflexives Selbstwissen und nicht als intentionales Gegenstandswissen charakterisieren und sich damit einem modernen Begriff von Selbstbewußtsein annähern.302 Dieser Befund steht in gewisser Hinsicht im Widerspruch zu Johannes Brachtendorfs These: »Augustinus gibt erstmals in der Antike eine ausgearbeitete Theorie des Selbstbezuges endlicher Subjektivität.«303 Wenn dieser Satz implizieren soll, daß Plotin nur vom Selbstbezug des noyÄw als zweitoberster Hypostase rede, nicht aber von menschlicher Selbstreflexion, so hätte Brachtendorf geradewegs Unrecht. Man muß nur Plotins Traktat Enneade V, iii lesen, um zu erkennen, daß im Gegenteil ständig auch vom menschlichen Vermögen die Rede ist und insofern eine überaus anspruchsvolle, ausgearbeitete Theorie des Selbstbezuges endlicher Subjektivität geboten wird.304 Brachtendorf führt für seine These ein anderes Argument ins Feld, daß nämlich Augustinus eine wirkliche Selbsterfassung des menschlichen Geistes behauptet, wohingegen Plotin nur eine Erhebung des endlichen Geistes in eine sich selbst reflektierende Ideensphäre kenne.305 Hier dürfte in der Tat eine Differenz zu Augustinus liegen, doch erscheint es übertrieben, deshalb zu leugnen, daß Plotin über eine Theorie endlicher Subjektivität verfüge. Durch die von Smith 1993 vorgelegte Sammlung der Porphyrius-Fragmente306 wird es der künftigen Forschung sehr erleichtert, endlich einmal sämtliche verfügbaren Schriften und Textfragmente des Plotin-Schülers auf Parallelstellen zu De trinitate hin zu durchsuchen und die Ergebnisse am besten synoptisch zusammenzustellen. Auch Plotins Enneaden müßten nochmals auf solche Parallelstellen durchsucht werden. Natürlich wären dies nur Vorarbeiten für inhaltliche Untersuchungen. Quellenforschung soll sich nicht im bloßen Entdecken von Quellen erschöpfen, die dann als »Einflüsse« archiviert werden. Im Falle von Augustins philosophischen Quellen geht es darum, verläßliche Grundlagen zu 302 Ch. Horn, Selbstbezüglichkeit des Geistes bei Plotin und Augustinus, in: Brachtendorf (Hg.), Gott und sein Bild (wie Anm. 8), 81–103. Vgl. auch A. Charles-Saget, Les transformations de la conscience de soi entre Plotin et Augustin, in: Transformations of the Inner Self in Ancient Religions, hg. von J. Assmann/G. A. Stroumsa, SHR 83, Leiden 1999, 195–207. 303 Brachtendorf, Die Struktur des menschlichen Geistes (wie Anm. 707), 323. 304 W. Beierwaltes, Selbsterkenntnis und Erfahrung der Einheit. Plotins Enneade V 3. Text, Übersetzung, Interpretation, Erläuterungen, Frankfurt 1991. 305 Brachtendorf, Die Struktur des menschlichen Geistes (wie Anm. 707), 49. 306 Siehe Anm. 281.

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gewinnen, von denen aus sich die Transformation besser verstehen läßt, der die überlieferte Philosophie durch Augustinus unterzogen worden ist. Manche Arbeit in dieser Richtung wurde bereits geleistet. So vergleicht Pe´pin in einer eigenen Studie Strukturen der Reflexion bei Plotin und Augustinus.307 Auch Wassmer will das Verhältnis der beiden Denker hinsichtlich der Trinitätslehre skizzieren.308 Arnou erläutert Augustins Aussage in De trinitate XV, xv, beim menschlichen Wort sei Formbarkeit und tatsächliches Geformtwerden zweierlei, während es bei Gott keine unverwirklichte Potentialität gebe; Hintergrund seien die Schwierigkeiten der Neuplatoniker, die Entstehung des Geistes aus dem Einen zu begreifen.309 Watson versucht nachzuweisen, daß hinter Augustins zentraler Lehre vom inneren Wort in De trinitate nicht allein die stoische Lehre vom eÆndiaÂuetow loÂgow steht, sondern auch die neuplatonische Reflexion darüber, wie intelligible Größen jenseits des sinnlich Erfahrbaren, also etwa Gerechtigkeit, Wahrheit, Einheit, gedacht werden können.310 Lettieri versucht festzustellen, wie Augustinus der neuplatonischen Leugnung jeder Relation im Absoluten begegnet, da für den Christen der Eine Gott auf drei Ebenen relational bestimmt ist: innertrinitarisch, gegenüber der Schöpfung und hinsichtlich der Menschwerdung.311 A. C. Lloyd hat in einem kurzen, scharfsinnigen Beitrag die Inkonsistenz herausgearbeitet, die in Augustins Konzeption der conscientia in De trinitate X liege.312 Ihre Ursache sei, daß Augustinus einem mehr formalen, aus der Stoa herrührenden Begriff von (Selbst-)Bewußtsein (der auf die Annahme eines substantiellen Substrats des Bewußtseins nicht angewiesen ist) mit einem aus dem Neuplatonismus stammenden Verständnis des Geistes als Person und Substanz vermische und mehr rhetorisch als logisch argumentierend beide Begriffe ineinander verschwimmen lasse. Sowohl die philosophiegeschichtliche Herleitung als auch die systematische Kritik sind jedoch von John M. Rist mit Recht angezweifelt worden.313 Im Neuplatonismus spielen bekanntlich gewisse Triaden oder Ternare (die Worte werden im folgenden unterschiedslos gebraucht) eine zentrale Rolle − J. Pe´pin, La connaissance d’autrui chez Plotin et chez Saint Augustin, Aug(M) 3, 1958, 227–245. 308 Th. A. Wassmer, Platonic Thought in Christian Revelation as Seen in the Trinitarian Theology of Augustine, AEcR 139, 1958, 291–298 (der gleiche Aufsatz erschien nochmals unter dem Titel: The Trinitarian Theology of Augustine and his Debt to Plotinus, SJTh 14, 1961, 248–255). 309 R. Arnou, Le the`me ne´oplatonicien de la contemplation cre´atrice chez Orige`ne et chez S. Augustin, Gr. 13, 1932, 124–136. Arnou bezieht sich auf Aug. trin. XV, xv, 25 (CChr.SL 50a, 499 f., 74–78 M.). 310 G. Watson, St Augustine and the Inner Word: the Philosophical Background, IThQ 54, 1988, 81–92. 311 G. Lettieri, La dialettica della liberta` − assoluto e relazione in Plotino e in Agostino, in: R. Piccolomini (Hg.), Interiorita` e intenzionalita` nel »De civitate Dei« di Sant’Agostino, SEAug 35, Rom 1991, 143–174. 312 A. C. Lloyd, Nosce teipsum and conscientia, AGPh 46, 1964, 188–200. 313 Rist, Augustine (wie Anm. 805), 56, Anm. 25; 64, Anm. 35; 87, Anm. 87. 307

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etwa eÏn, noyÄw, cyxh bei Plotin, monhÂ, proÂodow, eÆpistrofh bei Porphyrius, und für Proklus werden Triaden geradezu charakteristisch. Da die Bedeutung des Neuplatonismus für die Denkweise Augustinus unbestreitbar ist, könnte es naheliegen, neuplatonische Vorbilder für Augustins trinitarische Ternare anzunehmen. Interessanterweise läßt sich aber für kaum eine augustinische Dreiheit ein neuplatonisches Vorbild nachweisen. Olivier du Roy sieht zwar in neuplatonischen Motiven den Hauptantrieb zu Augustins frühen trinitätstheologischen Versuchen, zeigt aber in sorgfältigen Analysen, daß Augustins Trinitätsternare in aller Regel seine selbständigen Schöpfungen sind und philosophische, rhetorische und theologische Elemente integrieren.314 Neuplatonische Vorbilder lassen sich nur in Ausnahmefällen finden. Die wichtigsten darunter sind die Trias esse − vivere − intellegere und vor allem Ternare wie esse − nosse − velle oder memoria − intellegentia − voluntas, die in mehreren Schriften Augustins vorkommen. K. D. Georgoules läßt die Entwicklung dieser Ternare in einem von der Forschung nicht rezipierten griechischen Aufsatz315 mit Platos Timaeus 30 b 6 – c 1 beginnen. Dabei übersieht er Dodds’ Hinweis, daß wirkungsgeschichtlich Sophistes 248 e 6 – 249 b 10 der Ausgangspunkt späterer Verbindungen von toÁ oÍn, zvh und noyÄw gewesen ist.316 Sachgemäß führt Georgoules dann die Linie über Aristoteles’ Metaphysik L 7 (1072 b 20–30)317 zu Plotin, besonders Enneade III, vi, und von dort über Porphyrius bis Proklus. Die PlatonikerÜbersetzungen des Marius Victorinus und lateinische doxographische Handbücher werden nur kurz als mögliche Vermittler für Augustinus erwähnt. Die entscheidenden Fragen nach den zum Teil unterschiedlichen Konzeptionen, die etwa den auf den ersten Blick gleich aussehenden Triaden von Plotin, Porphyrius, Marius Victorinus und Augustinus zugrundeliegen, sind erst von Hadot gründlich gestellt und teilweise beantwortet worden.318 Hadot kann zwar die Triade »Sein − Leben − Denken« erst seit Plotin direkt nachweisen, meint aber u. a. mit Hilfe einer Analyse von De civitate dei VIII, iv zeigen zu können, daß die Triade sich auch schon im älteren Platonismus finde und dort mit der Dreiteilung der Philosophie zusammenhänge. Die Entdeckung der Nag Hammadi-Bibliothek hat dann die gleiche Triade auch im gnostischen Schrifttum zutagegefördert, was J. M. Robinson dazu bewog, im Gnostizismus eine 314

Näheres dazu unten S. 296 ff. K. D. Georgoules, ëH parÆ AyÆgoystiÂnvì triaÁw esse − intelligere − vivere kaiÁ aië eëllhnikaiÁ th Ä w phgaiÂ, Plat. 6, 1954, 341–349. 316 Proclus, The Elements of Theology, Commentary by E. R. Dodds, Oxford 1933 (= 21963), 252 f. 317 Daneben sind auch seine Hinweise auf Aristot. EN I 9, 9 (1170 a 19 – 1170 b 1 [195 Bywater]) und EE H 12 (1244 b 23 – 1245 a 10 [105 f. Walzer/Mingay]) als Parallele zu Augustins esse, nosse, velle interessant. 318 P. Hadot, Eˆtre, vie, pense´e chez Plotin et avant Plotin, in: Les sources de Plotin, EnAC 5, Vandœuvres-Gene`ve 1957, 107–141; Diskussion 142–157; erneut in: Ders., Plotin, Porphyre. E´tudes ne´oplatoniciennes, Paris 1999, 127–181; ders., Porphyre et Victorinus (wie Anm. 523), Bd. 1, 213–246. 315

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mögliche Quelle Plotins in Betracht zu ziehen.319 Doch können auch umgekehrt Gnostiker von Neuplatonikern gelernt haben, wie etwa Luise Abramowski im Falle des Traktats Allogenes aus Nag Hammadi einerseits und Ansichten des Porphyrius andererseits zeigt.320 David N. Bell hat die Forschungen Hadots fortgesetzt und ergänzt.321 Die »noetische Triade« von Sein, Leben und Denken der Seele sei für Marius Victorinus zentrales Bild der göttlichen Trinität, für Augustinus dagegen nur sehr eingeschränkt tauglich, weil für ihn nicht schon die Seele als solche, sondern erst die Geistseele, also etwa die Triade memoria − intellegentia − voluntas Gottes Ebenbild sei. Dennoch begegnet die Triade des Marius Victorinus in der lateinischen Theologie bis ins zwölfte Jahrhundert als Bild Gottes, wie Bell ausführlich zeigt. Denn sie wurde von Alkuin in den Dicta Albini rezipiert, die man im Mittelalter meist Augustinus zuschrieb. So manche Lehre, die sich quer durch die antike Philosophie verfolgen läßt, entspringt platonischer Dialektik und taucht bei Augustinus auf, ohne daß sich noch eindeutig ermitteln ließe, durch welche Quelle er sie kennengelernt hat. So sind etwa nach Augustinus in Gott alle Wesenseigenschaften wie Weisheit, Güte, Größe gleich und mit Gottes Sein identisch. Selbst wenn man versuchen wollte, solche Eigenschaften auf einzelne Personen der Trinität zu verteilen − etwa die Weisheit im Sinne einer bestimmten Interpretation von 1 Kor 1, 24 auf den Sohn, so daß der Vater weise gleichsam erst sekundär wäre, nämlich durch den von ihm gezeugten Sohn − würde daher immer noch das Wort »Ich und der Vater sind eins« (Joh 10, 30) notwendig eine Gleichheit in allem bedeuten, was über die Substanz Gottes aussagbar ist. Dieses Grundgesetz wechselseitiger Implikation im geistigen Bereich gilt nicht nur für die einfache Substanz Gottes, sondern auch schon im Bereich des humanum, wie Augustinus an der sogenannten Antakoluthie der Tugenden zeigt, einem klassischen Topos antiker Philosophie: Zwei Menschen, die an Tapferkeit vollkommen gleich sind, müssen es auch an Klugkeit, Maß und Gerechtigkeit sein, denn wäre z. B. einer weniger klug oder weniger gerecht, wäre auch seine Tapferkeit weniger klug oder gerecht und also nicht mehr gleich der des anderen. Analoges gilt von den anderen Tugenden. Um so mehr bestehe diese Identität beim schlechthin einfachen Sein Gottes.322 Hans-Jürgen Horn hat die faszinierende Geschichte 319 J. M. Robinson, The Three Steles of Seth and the Gnostics of Plotinus, in: Proceedings of the International Colloquium on Gnosticism, Stockholm August 20–25, 1973, KVHAA.F 17, Stockholm/Leiden 1977, 132–142. 320 L. Abramowski, Marius Victorinus, Porphyrius und die römischen Gnostiker, ZNW 74, 1983, 108–128 (Nachdruck in: Dies., Formula and Context: Studies in Early Christian Thought, Brookfield, CStS 365, Vermont 1992, Nr. XIII). Vgl. Anm. 1262 und 1265. 321 D. N. Bell, Esse, vivere, intelligere. The Noetic Triad and the Image of God, RThAM 52, 1985, 5–43. 322 Aug. trin. VI, iv, 6 (CChr.SL 50, 233, 1 – 235, 36 M.; der Quellenapparat führt keinen Text an, in dem sich dieses Theorem ebenfalls findet − mindestens Aug. epist. 167 (wie Anm. 231) hätte erwähnt werden müssen, eine Stelle, die wie auch Porph. sent. 32 [28, 4 f. L.] in dem gleich zu nennenden Aufsatz von Hans-Jürgen Horn ebenfalls fehlt, oder auch Ambr. in Luc. V, 62 f. [CChr.SL 14, 156 f., 669–686 Adriaen]). Vgl. oben Anm. 231.

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der Erforschung dieser Struktur der Kardinaltugenden vom platonischen Sokrates über die ausführlichere Formulierung bei Aristoteles bis in die Stoa und zu Cicero verfolgt, vor allem um einer Seitenlinie von Philo zu Origenes willen323 − letzterer wollte damit die Identität des Gottes des Alten mit dem des Neuen Bundes beweisen. Horn schließt mit der gerade referierten Stelle aus Augustins De trinitate VI, iv. Denn hier sei es gelungen, mit Hilfe der Antakoluthie-Lehre »eine höchst originelle . . . Auslegung der Einheit des dreifaltigen Gottes zu begründen«. Den augustinischen Kontext der Stelle mißdeutet Horn allerdings, indem er meint, es gehe Augustinus um den Nachweis, daß »die Werke des Geistes Gottes nicht ohne Christus und den Vater Jesu Christi gedacht werden« könnten324 − in Wahrheit geht es hier, wie eben berichtet, gar nicht um »Werke«. Dem Wert des Aufsatzes zur Erhellung eines Hintergrundes von Buch VI tut dies aber kaum Abbruch. Zum Schluß sei noch Glories Hinweis im Quellenapparat der kritischen De trinitate-Ausgabe auf eine Stelle der Isagoge des Porphyrius vermerkt. Augustinus vertritt in der Einleitung zu seiner Relationslehre die These, Akzidentien seien etwas, das prinzipiell einer Substanz verloren gehen könne. Er diskutiert in diesem Zusammenhang den Einwand, daß es doch auch untrennbare Akzidentien zu geben scheint: quaedam dicuntur accidentia inseparabilia, quae appellantur graece aÆxvÂrista, sicuti est plumae corvi color niger. Augustinus argumentiert, die Rabenfeder bleibe zwar schwarz, solange sie Rabenfeder sei, aber sie verliere irgendwann die Farbe, weil sie nicht ewig eine Rabenfeder bleibe (denn sie ist vergänglich). Glorie gibt dazu als Quelle eine Stelle aus der Isagoge an, die auch das von Augustinus angeführte griechische Wort und das Beispiel des Raben enthält, allerdings um eines anderen Argumentes willen. Hat Augustinus hier den griechischen Porphyrius-Text in der Hand gehabt? Das wäre überraschend, zumal nun gerade von dieser Schrift nachweislich eine lateinische Übersetzung des Marius Victorinus existiert hat. Von ihr sind allerdings nurmehr Reste bei Boethius erhalten. Dort kommt das griechische Wort nicht vor. Möglich ist aber, daß im lateinischen Text die griechische Entsprechung zu inseparabilis enthalten war − zumindest in die trinitätstheologischen Schriften des Marius Victorinus sind einzelne griechische Vokabeln eingewoben.325

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Plat. Prot. 329 b – 333 b (Burnet); Aristot. EN Z 13, 13 (1144 b 34 – 45 a 2 [129 B.]); SVF 3, 295–304 von Arnim; Cic. de orat. I, 18, 83 (32, 5–11 Kumaniecki); fin. V, 67 (207, 12–26 Reynolds); Philo all. I, 63–73 (I, 77–80 Cohn); Orig. princ. II, v, 4 (GCS Origenes V, 137, 9 – 139, 2 Koetschau). 324 H.-J. Horn, Antakoluthie der Tugenden und Einheit Gottes, JAC 13, 1970, 5–28; hier 28. Vgl. auch oben Anm. 231. 325 Vgl. Aug. trin. IV, iv, 5 (CChr.SL 50, 209, 2–4 M.]) mit Porphyr. isag. 4 a 25–30 (CAG 4, 12, 24 – 13, 3 Busse) = Mar. Victorin. Porph. introd. 6 (374 Hadot = Boeth. in Porph. comm. II, 9 [CSEL 48, 100, 20 f.; 101, 12–14 Brandt]): Sunt quaedam . . . accidentia inseparabilia . . . Potest autem subintellegi et corvus albus et Aethiops colorem suum perditurus sine interitu suo in quo color fuit.

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c) Aristotelisches Daß Edward Booth Augustins Reflexionen über das Selbstbewußtsein (De trinitate IX und X) mit den teilweise sehr komplizierten Theorien des Aristoteles, vor allem in De anima und Metaphysik L, verglichen hat, wurde schon berichtet.326 Freilich ist nicht anzunehmen, daß Augustinus hier direkte Lektürekenntnisse hatte. Was er dagegen kannte, sind diejenigen Versatzstücke wohl aus dem Protreptikos des Aristoteles, die in Ciceros Hortensius Eingang gefunden hatten. Dazu zählt der Gedanke, auf der Insel der Seligen erübrigten sich alle unsere Bedürfnisse mit Ausnahme des Denkens und Philosophierens. Sowohl der Protreptikos als auch der Hortensius scheinen zudem mit der Alternative zwischen dem Philosophieren hier auf Erden und dem Scheiden in ein jenseitiges, besseres Leben geendet zu haben.327 Den Kern der Trinitätslehre betreffen solche Stellen freilich nicht. Anders ist es um die Bücher V-VII von De trinitate bestellt: Sie stehen ganz im Zeichen direkter Auseinandersetzung mit der aristotelisch-porphyrischen Logik und Semantik, insbesondere der Lehren von den zehn Kategorien, von der Unterscheidung Substanz-Akzidens und von Gattung, Art und Individuum. Augustinus untersucht, grob gesagt, ihre Anwendbarkeit auf die Trinitätstheologie. Überraschenderweise ist dieses Terrain aus philosophiehistorischer Warte bisher weitgehend unerforscht geblieben. Auch die Bedeutung des theologischen Streites um die aristotelische Dialektik ist bisher nur bis zu genau dem Punkt, an dem Augustinus seine Stimme erhebt, durch eine Arbeit von de Ghellinck herausgearbeitet worden.328 Selbst eine Arbeit über »semantische Probleme in der Trinitätslehre des hl. Augustinus«329 und eine als Kommentar zu De trinitate V-VII angelegte kanadische Dissertation330 gehen nur sehr knapp auf die historischen Hintergründe ein. Die wenigen Untersuchungen, die sich dem Thema bei Augustinus nähern, sind nur in geringem Maße historisch oder gar quellenkritisch orientiert. Zwei Aufsätze von Mann und Rudebusch erbringen zum Teil hilfreiche und scharf326

Siehe oben S. 60. Aristot. protr. Frg. 58 Rose = test. C 53:5 Düring = Cic. Hortens. Frg. 110 Grilli = Aug. trin. XIV, ix, 12 (CChr.SL 50a, 438 f., 9–25 M.); Aristot. protr. Frg. 61 Rose = test. C 110:1 Düring = Cic. Hortens. Frg. 115 Grilli = Aug. trin. XIV, xix, 26 (CChr.SL 50a, 457 f., 27–48 M.). Richard Walzer schreibt in seiner Sammlung Aristotelis dialogorum fragmenta, Florenz 1934, 26, auch das für Augustinus so zentrale beati certe omnes esse volumus des Hortensius (siehe unten S. 73) dem aristotelischen Protreptikos zu (als Frg. 4), was Düring unter App. 11 als unbegründete Vermutung zurückweist. Vgl. dazu auch G. Lazzati, L’Aristotele perduto e gli scrittori cristiani, PUCSC, 4. Ser. 26, Mailand 1938, 43–54. Die Überlieferungen zum Protreptikos sind ohnehin problematisch. 328 J. de Ghellinck, Un aspect de l’opposition entre Helle´nisme et Christianisme. L’attitude vis-a`-vis de la dialectique dans les de´bats trinitaires, in: Ders., Patristique et Moyen Aˆge, ML.H 9, Brüssel/Paris 1948, 245–310. 329 So der Untertitel des Buches von D. Pintaricˇ, Sprache und Trinität (wie Anm. 1144). 330 M. L. Carreker, A Commentary on Books Five, Six, and Seven of the De Trinitate of Saint Augustine of Hippo, Diss. Dalhousie University, Halifax, Nova Scotia, 1992. 327

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sinnige Klärungen zu Augustins Argumenten über die Möglichkeit von Aussagen über Gott und ihren logisch-systematischen Implikationen.331 George Rudebusch analysiert, wie Augustinus die beiden Weisen aristotelischer Prädikation, die »vertikale« (etwas wird einer Art oder Gattung zugeordnet) und die »horizontale« (etwas von einer bestimmten Kategorie wird mit etwas von einer anderen Kategorie verbunden, z. B. von einer Substanz wird eine Eigenschaft ausgesagt), probeweise auf die beiden Grundaussagen der Trinitätslehre anwendet: daß Gott einer sei und daß er in drei Personen subsistiere. William E. Mann konzentriert sich auf das Paradoxon, daß Augustinus die aristotelische Prädikationstheorie benutzt, obwohl diese Theorie metaphysische Voraussetzungen macht, die gerade nicht zu der These von der Unveränderlichkeit Gottes passen. Die Arbeiten beider Autoren hätten aber noch tiefer in die Problematik eindringen können, wenn sie darauf eingegangen wären, welchen Stand die an Aristoteles anknüpfende Logik und Semantik zur Zeit Augustins erreicht hatte. Verglichen wird Augustinus stattdessen unmittelbar mit einem aus angelsächsisch-analytischer Philosophie her gelesenen Aristoteles. Zu fragen bleibt, in welcher Form Augustinus die aristotelische Logik und Semantik kannte und wie sich seine Position zum Umgang der voraugustinischen, besonders griechischen Trinitätstheologen mit diesen Disziplinen verhält. Der Quellenapparat der kritischen Ausgabe von De trinitate ist im Falle der Kategorienschrift ausnahmsweise zu knapp.332 Für die zehn Kategorien im allgemeinen und die spezielle Diskussion der Relation vornehmlich in Buch V gibt der Apparat lediglich pauschal zwei Abschnitte der Kategorienschrift an, wobei für die Relationslehre an genau den gleichen Stellen jeweils noch pauschal das entsprechende Kapitel der pseudo-augustinischen Schrift Categoriae decem vermerkt wird, einer freien Paraphrase des aristotelischen Textes. Gerade in dieser Frage wäre es aber notwendig gewesen, für die Reihenfolge, die Namen und die Beispiele der Kategorien bei Augustinus Quellenangaben zusammenzustellen.333 Denn man nimmt heute an, daß es schon in der zweiten Hälfte 331

W. E. Mann, Immutability and Predication: What Aristotle Taught Philo and Augustine, IJPR 22, 1987, 21–39; G. Rudebusch, Aristotelian Predication, Augustine, and the Trinity, Thom. 53, 1989, 587–597. 332 Andererseits gibt es auch wieder ein Zuviel hinsichtlich des Aristoteles: Die von Glorie zu den Büchern IX und XI von De trinitate angegebenen aristotelischen Parallelstellen zu einer antiken Theorie des Sehvorganges (De sensu 431 b, gemeint ist wohl 437 a 26 – b 23 Ross) wird Augustinus schwerlich von dort haben, und die von Augustinus abgelehnte Ansicht des Aristoteles über die Substanz der Seele aus De caelo (A 2 [269 a 2–32 Allan]) und De anima (B 1 [412 a 3 – 413 a 10 Ross]) kennt er zweifellos nicht aus erster Hand, sondern aus dem ersten Buch von Ciceros Tuskulanen (auch diese Stellen vermerkt der Apparat). 333 Auch für die Beispiele von Relationen in trin. IX, iv, 5–7 (CChr.SL 50, 297, 27 – 300, 96 M.) fehlt im Apparat jeglicher Hinweis auf die eindeutigen Parallelstellen aus dem siebten Kapitel der Kategorienschrift. − E. Schadel macht darauf aufmerksam, daß Augustinus in der Kategorientafel trin. V, i, 2 (CChr.SL 50, 207, 41 M.) Gott sine indigentia creatorem nennt: »Augustinus löst hier die ›relatio‹ (das proÂw ti von Aristoteles, cat. iv [1 b 26 (5, 26

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des vierten Jahrhunderts mehrere lateinische Übersetzungen bzw. Bearbeitungen der Kategorienschrift gab. Der beste Kenner dieser Materie zieht in Erwägung, daß Augustinus als Student die spätestens seit dem frühen neunten Jahrhundert unter Augustins Namen tradierte, gerade genannte Schrift Categoriae decem benutzt haben könnte.334 Augustinus sagt in den Confessiones, als ungefähr Zwanzigjähriger habe er eine aristotelische Schrift namens Decem categoriae ohne fremde Hilfe gelesen und verstanden. Ihm habe die Lehre von den Substanzen und dem, was in ihnen sei (er meint die Akzidentien), eingeleuchtet. Dies habe ihm geschadet, denn lange habe er geglaubt, alles Seiende und also auch Gott sei unter Substanz und Akzidens zu fassen. In Wahrheit seien Gottes Eigenschaften gar nicht in ihm quasi in subiecto sicut in corpore, sondern Gott sei seine Größe, sei seine Schönheit usw.335 Die verbreitete Vorstellung, Augustinus habe eine von Marius Victorinus hergestellte Übersetzung benutzt,336 steht auf schwachen Füßen. Die Existenz einer solchen Übersetzung ist ganz ungewiß.337

Minio-Paluello)]) aus den ›Akzidenzien‹ heraus und ersetzt sie, damit die überlieferte Neunzahl erhalten bleibt, durch ›indigentia‹. Damit wird . . . die ›Akzidenzlosigkeit Gottes‹ . . . näher erläuterbar« (Rez. zu: Brachtendorf [Hg.], Gott und sein Bild [wie Anm. 8], und ders., Die Struktur des menschlichen Geistes [wie Anm. 707], PhJ 108, 2001, 336–342; hier 339). In der Tat scheint der Terminus indigentia (Bedürfnis) im Latein des vierten/fünften Jahrhunderts sonst nicht für griechisch proÂw ti zu stehen, sondern z. B. für steÂrhsiw im aristotelischen Sinne in Calc. comm. 286 (290, 13 Waszink). Aber die Vorstellung, Augustinus habe die Relationskategorie aus der Akzidenzliste herausgenommen und durch einen ganz anderen Terminus ersetzt, um sie anderswo unterzubringen, ist kaum richtig: Erstens kommt die Relation in den Kategorientafeln wenige Seiten später in den üblichen Termini ad aliquid und secundum relativum wieder vor (trin. V, iv, 6 [210, 30 M.] und V, vii, 8 [213, 29 M.]). Zweitens scheint die Negation von indigentia, also die Nicht-Bedürftigkeit, die schon in Aug. divers. quaest. xxii (CChr.SL 44a, 26, 1–4 M.) von Gott ausgesagt wird, ein auf die Schöpfungslehre angewandter Spezialfall der Negation von Relation zu sein. Denn für die Relation Gottes zur Schöpfung darf gerade nicht die übliche Definition des Relativen gelten, daß es nämlich etwas sei, das nicht ohne das existieren kann, auf das es sich bezieht: ›ad aliquid‹ dictum non posse esse sine altero cuius esse dicitur (Ps.-Aug. categ. 100 [156, 19 f. Minio-Paluello]). Ungefähr in diesem Sinne, doch ohne philologische Argumente, deutet auch R. Schneider die indigentia bei Augustinus (Das wandelbare Sein. Die Hauptthemen der Ontologie Augustins, PhA 8, Frankfurt 1938, 100 f.). 334 L. Minio-Paluello, The Text of the Categoriae: The Latin Tradition, CQ 39, 1945, 63–74; hier 66 (Nachdruck in: Ders., Opuscula. The Latin Aristotle, Amsterdam 1972, 28–39; hier 31). Textausgabe der Categoriae decem: Anonymi paraphrasis Themistiana, in: Aristoteles Latinus I 1–5: Categoriae vel Praedicamenta, edidit L. Minio-Paluello, CPMA, Brüssel/Paris 1961, 129–175. Übrigens fällt auf, daß Augustinus in De trinitate nirgends das Wort categoria verwendet, sondern in V, vii, 8 (CChr.SL 50, 212–215, 1–66 M.) und V, x, 11 (217 f., 1–27 M.) insgesamt achtmal den Ausdruck praedicamentum benutzt. 335 Aug. conf. IV, xvi, 28 f. (CChr.SL 27, 54 f. Verheijen). 336 So z. B. A. Solignac, BAug 13, 1962, 87 f., Anm. 1, und jüngst wieder Studer, Augustins De Trinitate (wie Anm. 732), 137. 337 P. Hadot, Marius Victorinus. Recherches sur sa vie et ses œuvres, E´AA 44, Paris 1971, 105–113 (Analyse der Entstehungsgeschichte von Cassiodors Satz: Categorias idem transtulit Victorinus [inst. II, iii, 18 (128, 16 M.)]) und 187 f.

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Noch immer fehlt eine genauere Untersuchung über die Frage, wie sich Augustins Aussagen über Substanz und Akzidens und über die Kategorien, insbesondere die Relation, zur aristotelischen Lehre und ihrer lateinischen Rezeption verhalten. Die ausführlichsten Untersuchungen zu Aspekten des Verhältnisses Augustins zu Aristoteles, die von Rudolf Schneider,338 stehen ganz im Bann der Existentialontologie Heideggers und zielen auf eine Ontologie des Menschen. Obwohl sie einzelne gute Beobachtungen zu Textabschnitten von De trinitate bieten, ist daher Augustins Trinitätslehre kaum im Blick. Neue Arbeiten zum Thema müßten enger an den Quellen arbeiten, präziser vergleichen und philosophiehistorisch fundierter von der lateinischen Aristotelesrezeption von Cicero bis Martianus Capella ausgehen.339 Interessante Hinweise von Franz Bömer warten seit 1936 darauf, einmal weiterverfolgt zu werden: Auffällige Übereinstimmungen zwischen einer Kategorienliste in De trinitate und derjenigen des Claudianus Mamertus könnten auf eine gemeinsame Quelle schließen lassen, die Bömer in einem Kommentar des Marius Victorinus zur Kategorienschrift vermutet.340 Die Artikel von Stead über Aristoteles und über das Stichwort accidens im Augustinus-Lexikon geben gute, etwas knapp geratene Überblicke und ergänzen die in der kritischen De trinitate-Ausgabe angegebenen Parallelen um eine weitere: Augustins Diskussion des Problems, daß sich zwar als Gegenteil von genitus das Wort ingenitus bilden läßt, aber zu filius kein infilius existiert, findet sich schon in der aristotelischen Kategorienschrift angelegt.341 In einem Artikel zur Geschichte der antiken Kategorienlehre skizziert Stead, daß gewisse Ungereimtheiten in Augustins Umgang mit dem Substanz- und Akzidensbegriff schon in der aristotelischen Tradition angelegt sind. Aristoteles äußert sich z. B. uneinheitlich in der Frage, ob Substanzen sich ändern können; für Augustinus ist Gott die einzige unveränderliche Substanz, die ebendarum keine Akzidentien an sich haben dürfe (ohne daß Augustinus beweist, daß Akzidentien immer veränderlich sein müssen).342

338 Schneider, Das wandelbare Sein (wie Anm. 333); ders., Seele und Sein. Ontologie bei Augustin und Aristoteles, FKGG N. F. 6, Stuttgart 1957. 339 An dieser historischen Fundierung mangelt es, neben anderem, auch dem Buch von R. Trundle, Medieval Modal Logic & Science. Augustine on Necessary Truth & Thomas on Its Impossibility without a First Cause, Lanham/New York/Oxford 1999. 340 Vgl. Aug. trin. V, i, 2 – ii, 3 (CChr.SL 50, 207, 37–2 M.) mit Claud. Mam. anim. I, xix (CSEL 11, 69, 4–15 Engelbrecht). Dazu F. Bömer, Der lateinische Neuplatonismus und Neupythagoreismus und Claudianus Mamertus in Sprache und Philosophie, KPS 7, Leipzig 1936, 87–96. Die Differenzen der beiden Listen übergeht er etwas voreilig, die Existenz des Kategorienkommentars von Marius Victorinus ist sehr zweifelhaft (Hadot, Marius Victorinus [wie Anm. 337], 111 f.). 341 Ch. Stead, Art. Accidens, AugLex I, 1986–94, 51–53; Art. Aristoteles, ebd. 445–448. Vgl. Aug. trin. V, vii, 8 (CChr.SL 50, 213, 6 f. M.) mit Aristot. cat. vii (7 a 5 – b 14 [20, 5 – 22, 14 M.-P.]). 342 Ch. Stead, Art. Kategorienlehre, RAC XX, 2004, 574–600.

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Ein Kernsatz der in De trinitate so wichtigen Zeichenlehre lautet: litterae . . . signa sunt vocum, cum ipsae voces in sermone nostro earum quas cogitamus signa sint rerum.343 Als Quelle gibt Glorie Aristoteles, De interpretatione, an: ÍEsti meÁn oyËn taÁ eÆn th Äì fvnh Äì tv Ä n eÆn th Äì cyxh Äì pauhmaÂtvn syÂmbola, kaiÁ taÁ grafoÂmena tv Ä n eÆn th Äì fvnh Äì.344 Demnach sind also die Äußerungen unserer Stimme ein Symbol für

das, was unserer Seele widerfährt, und das Geschriebene ist ein Symbol dessen, was wir mit unserer Stimme äußern. Letztere Stelle und der kurze Passus, in dem sie steht, gilt als die einflußreichste Lehrmeinung in der Geschichte der Semantik345 und prägte auch stoische Zeichentheorien.346 Aber Augustinus hatte wahrscheinlich De interpretatione niemals in der Hand, zumal die Existenz einer Übersetzung durch Marius Victorinus ganz zweifelhaft ist.347 Als Augustins direkte Quelle liegt die stoische Standard-Theorie des Zeichens näher,348 denn daß Augustinus mit dieser vertraut war, darf als sicher gelten.349 In japanischer Sprache hat Sumio Nakagawa Augustins Verständnis von Verbum in De trinitate mit der Verhältnisbestimmung von Sache, Vorstellung und sprachlichem Zeichen in dem gerade genannten ersten Kapitel von Aristoteles’ De interpretatione verglichen.350 Nach De trinitate führten, so Nakagawa, die res zur scientia, diese zur cogitatio (welche zugleich imago des göttlichen Logos sei), 343

Aug. trin. XV, x, 19 (CChr.SL 50a, 486, 93–95 M.). Aristot. int. i (16 a 3 f. [49 Minio-Paluello]). 345 N. Kretzmann, Aristotle on Spoken Sound Significant by Convention, in: J. Corcoran (Hg.), Ancient Logic and its Modern Interpretations, Dordrecht 1974, 3–21; hier 3. Zustimmend zitiert von H. Weidemann: Aristoteles, Peri Hermeneias, übersetzt und erläutert, Aristoteles, Werke in deutscher Übersetzung, Bd. 1/II, Berlin 1994, 134. 346 Vgl. E. Coseriu, Geschichte der Sprachphilosophie. Von den Anfängen bis Rousseau, neu bearbeitet und erweitert von J. Albrecht, Tübingen/Basel 2003, 119. Vgl. D. Dubarle, Logique et e´piste´mologie du signe chez Aristote et chez les Stoı¨ciens, in: La scolastique: Certitude et recherche. En hommage a` Louis-Marie Re´gis, Montreal 1980, 27–83. 347 P. Hadot, Marius Victorinus (wie Anm. 337), 188–190. Diese wohlbegründeten Zweifel scheinen J. Magee (Boethius on Signification and Mind, PhAnt 52, Leiden u. a. 1989, 53 f. und 66), Weidemann ([wie Anm. 345] 84, Anm. 40) und anderen unbekannt geblieben zu sein. 348 Vgl. Aug. dial. v, 7, 12 f. (86/88 Pinborg): Omne verbum sonat. Cum enim est in scripto, non verbum sed verbi signum est. B. D. Jackson weist in seinem Kommentar (Augustine, De Dialectica, . . . from the text newly edited by J. Pinborg, SyHL 16, Dordrecht/Boston 1975, 125) auf ähnliche Aussagen der Stoiker bei Diog. Laert. VII, 56 (I, 478 Marcovich) und Diomedes (I, 420, 11–13 Keil, ein Varro-Fragment) hin. 349 K. Barwick, Probleme der stoischen Sprachlehre und Rhetorik, ASAW.PH 49, 3, Berlin 1957, 8–28; J. Pinborg, Das Sprachdenken der Stoa und Augustins Dialektik, CM 23, 1962, 148–177; M. L. Colish, The Stoic Tradition from Antiquity to the Early Middle Ages, 2 Bde., Leiden u. a. 21990, I, 329 f. und II, 181–198. Vgl. die Bemerkungen von K. Hülser, Die Fragmente zur Dialektik der Stoiker, Bd. 1, Stuttgart/Bad Cannstatt 1987, LXXXVIII-XC und 74 f. Treffend auch die Bemerkung von K. Kahnert, Entmachtung der Zeichen? Augustin über Sprache, BSPh 29, Amsterdam/Philadelphia 1999, 67: »Augustins Kenntnisse Aristotelischer Lehren gehen vermutlich (via Cicero) auf stoische Adaptionen zurück«. 350 S. Nakagawa, »San-i ittai-ron« ni okeru kotoba-ron [Die Diskussion über Sprache in Über die Dreieinigkeit], Chu¯sei shiso¯ kenkyu¯ − Studies in Medieval Thought 31, 1989, 152–163. Izumi Momose (London) hat für den Berichterstatter freundlicherweise eine englische Zusammenfassung angefertigt, auf der die folgende Darstellung beruht. 344

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und diese bringe das ausgesprochene Wort hervor, dessen Zeichen das geschriebene Wort sei. Diese Reihe von Bezügen sei Bild der Trinität. Historisch gehe sie auf Aristoteles zurück, der aus den praÂgmata Wahrnehmung und gedankliche Vorstellung (noÂhma) herleite, und die Lautgebilde als syÂmbola dessen, was der Seele widerfährt, auffasse und das Geschriebene wiederum als Zeichen dieser Lautgebilde. Insbesondere entsprächen Wahrnehmung und Vorstellung bei Aristoteles scientia und cogitatio bei Augustinus, zumal die zwei Größen von beiden Denkern als unabhängig von den Einzelsprachen gedacht seien. Allerdings seien sie nach Aristoteles jenseits von wahr und falsch und allen Menschen gemeinsam, während sie nach Augustinus auf die Seite des ineffabile gehörten, individuell seien und ein Urteil über Wahrheit und Falschheit implizierten. Bei Augustinus führe dies zu einer aequalitas von res, scientia und cogitatio, wohingegen bei Aristoteles noÂhma stärker zur sprachlichen Seite neige und dazu diene, aus einer Vielheit von Dingen gemeinsame Elemente herauszuarbeiten. Bei Augustinus schlössen scientia und cogitatio bereits eine Einsicht in die Zeitlichkeit, d. h. das Sich-Verändern der Dinge ein. Diese Dynamik beruhe auf der voluntas, die in der allem zugrundeliegenden trinitarischen Struktur enthalten sei. − Falls diese Zusammenfassung des Aufsatzes korrekt ist, wird man schwerlich behaupten können, daß hier Augustins Konzeption richtig wiedergegeben wird. Auch scheint die komplexe Auffassung des Aristoteles auf ein eindimensionales Schema verkürzt.351 Historisch würde es näherliegen, statt der aristotelischen die stoische Semantik zum Vergleich heranzuziehen, etwa indem man zunächst einmal das wahrscheinlich von Augustinus selbst stammende, für die Rekonstruktion der stoischen Semantik wichtige Werk De dialectica (das fünfte, den Zeichen gewidmete Kapitel) zur Basis nähme. d) Cicero Insgesamt fünfmal in De trinitate nennt Augustinus M. Tullius Cicero beim Namen, und zwar in den Büchern XIII und XIV. Bei einer dieser Erwähnungen führt er die Dreiteilung der prudentia in memoria, intellegentia, providentia an, die vor allem aus Ciceros De inventione bekannt ist.352 An den vier anderen Stellen zitiert Augustinus ausdrücklich aus dem Hortensius. Diese Stellen drehen sich um den Zusammenhang von Erkenntnis und Glückseligkeit.353 Dazu kommt 351

Überblicke zur aristotelischen Konzeption geben Coseriu, Die Geschichte der Sprachphilosophie (Anm. 346), 65–108; D. Di Cesare, La semantica nella filosofia greca, BC(R) 186, Rom 1980, 157–204; J. Hennigfeld, Geschichte der Sprachphilosophie. Antike und Mittelalter, Berlin/New York 1994, 71–103. 352 Vgl. Aug. trin. XIV, xi, 14 (CChr.SL 50a, 441, 5 f. M.) und XV, vii, 13 (478, 87–113 M.) mit Cic. inv. II, 53, 160 (147b, 26 f. Strobel = Nr. 338 Hagendahl [wie Anm. 176]). Der ganze Abschnitt inv. II, 53 159 – 55, 167 (147b–151b S.) ist wörtlich aufgenommen in Aug. divers. quaest. xxxi (CChr.SL 44a, 41–45 M.). Vgl. Aug. retr. I, xxvi (xxv) (CChr.SL 57, 77, 67–70 M.). Zu ingenium, doctrina, usus unten S. 77. 353 Aug. trin. XIII, iv, 7 (CChr.SL 50a, 390 f., 32–44 M.) und mehrere weitere Stellen in De trinitate mit Varianten der Formulierung beati certe omnes esse volumus = Cic. Hortens. Frg.

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noch ein als wörtliches Zitat (freilich ohne Autorenangabe) bezeichneter Satz aus Platos Timaeus, den Augustinus nach Ciceros Teilübersetzung des Dialogs wiedergibt.354 Auch der Hinweis auf eine Szene in Platos Meno ist fast wörtlich Cicero entlehnt.355 − Damit sind die zweifelsfreien Cicero-Zitate in De trinitate benannt. Sie und nur sie sind es auch, die Testard in das Textrepertorium seiner großen Untersuchung über Augustinus und Cicero aufgenommen hat.356 Für De trinitate zieht Testard kaum Schlüsse aus dem Befund.357 Der Schwerpunkt seines Interesses liegt deutlich beim jungen Augustinus. Eigenartigerweise hält er es für möglich, daß Augustinus in De trinitate Cicero lediglich nach dem Gedächtnis zitiere. Als Bischof habe Augustinus nur noch anläßlich einzelner Teile von De civitate dei und Contra Iulianum Bücher Ciceros zur Hand genommen.358 Hagendahl betrachtet über die von Testard gefundenen Zitate hinaus erstens Ciceros De officiis als Quelle der in De trinitate mehrfach angeführten Definition der sapientia;359 allerdings gibt es dafür noch viele ähnliche Stellen anderswo, wie Glories Apparat zeigt. Zweitens macht Hagendahl einen Abschnitt der Tusculanae disputationes als Quelle von Augustins doxographischen Ausführungen in De trinitate X, vii wahrscheinlich.360 Drittens entdeckt er in der Formulierung

36 Müller = 59 Ruch = 58 Grilli = 69 I Straume-Zimmermann = Nr. 182 Hagendahl; Aug. trin. XIII, v, 8 (CChr.SL 50a, 391 f., 9–16 M.) = Frg. 39 M = 60 R = 59 a G = 70 I S-Z = 183 b Hagendahl; Aug. trin. XIV, ix, 12 (CChr.SL 50a, 438 f., 9–20 M.) = Frg. 50 M = 92 R = 110 G = 101 S-Z = 184 Hagendahl; Aug. trin. XIV, xix, 26 (CChr.SL 50a, 457 f., 31–48 M.) = Frg. 97 M = 93 R = 115 G = 102 S-Z = 192 Hagendahl. Im letzten Frg. liest S. Monti (Una probabile interpolazione in un passo dell’Hortensius ciceroniano nel De Trinitate di S. Agostino, RAAN 39, 1964, 231–234) sic existimandum est als Glosse aus Augustins CiceroText. 354 Aug. trin. IV, xviii, 24 (CChr.SL 50, 191, 13 f. M.) zitiert Cic. Tim. iii, 8 (158b Ax) (= Plat. Tim. 29 c 3 [Burnet]) = Hagendahl Nr. 271 b. In dem mit trin. IV sachlich und zeitlich eng verwandten ersten Buch von cons. evang. (I, xxxv, 53 [CSEL 43, 59, 16–18 Weihrich]) führt Augustinus dasselbe Timaeus-Zitat unter ausdrücklicher Nennung der Herkunft an (Hagendahl Nr. 271 a) (vgl. oben Anm. 228). 355 Vgl. Aug. trin. XII, xv, 24 (CChr.SL 50, 377 f., 1–8 M.) mit Cic. Tusc. I, 24, 57 (44, 1–17 Giusta), wo auf Plat. Men. 82 b-e (Burnet) angespielt wird. Ch. Stead fragt, ob nicht weitergehende, vielleicht gar direkte Einflüsse des Meno bei Augustinus in Betracht zu ziehen seien, legt aber keine zwingenden Argumente dafür vor (Augustine, the Meno and the Subconscious Mind, in: Die Weltlichkeit des Glaubens in der Alten Kirche [FS Ulrich Wikkert], hg. von D. Wyrwa u. a., BZNW 85, Berlin/New York 1997, 339–345; erneut in: Ch. Stead, Doctrine and Philosophy in Early Christianity. Arius, Athanasius, Augustine, CStS 224, Aldershot u. a. 2000, Nr. XIX). 356 M. Testard, Saint Augustin et Cice´ron, 2 Bde., Paris 1958, hier Bd. 2, 29–32. 357 Das gilt auch für den kurzen Abschnitt über De trinitate in seinem Artikel »Cicero«, AugLex I, 1986–94, 913–930; hier 926 f., worin z. B. auch Schindlers Entdeckung (unten S. 74) nicht berücksichtigt wird. 358 Testard, Saint Augustin et Cice´ron (wie Anm. 356), Bd. 1, 315 f. 359 Vgl. Aug. trin. XIV, i, 3 (CChr.SL 50a, 423, 49 M.) mit Cic. off. II, 2, 5 (57, 13–15 Atzert) = Hagendahl Nr. 233 e. 360 Wie oben S. 50 Anm. 254.

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abundantes otio doctrinisque, die den Platonikern gilt, eine Anspielung auf De oratore.361 Hagendahl nimmt an, daß der reife Augustinus Cicero und besonders den Hortensius erneut gelesen hat.362 Der Dialog Hortensius ist nurmehr aus späteren Zitaten fragmentarisch rekonstruierbar. Oft ist gezeigt worden, daß dieser Dialog die Denkweise des jungen Augustinus geprägt und einen bleibenden Eindruck in ihm hinterlassen hat.363 Augustinus stand im neunzehnten Lebensjahr, als er in Karthago diesen Protreptikos zur Philosophie zum ersten Mal las. Um die gleiche Zeit wurde er Manichäer. Als er ein Jahrzehnt später begriff, wie unbegründet die manichäischen Doktrinen waren, verfiel Augustinus zunächst in einen generellen Skeptizismus. Die Überwindung dieser Krise gelang Augustinus nicht zuletzt durch die Erinnerung an ein Argument aus dem Hortensius. Der betreffende Satz und sein Kontext wird in De trinitate XIII, iv, 7 referiert: Cicero wähle als sicheren, unbezweifelbaren Ausgangspunkt seiner Disputation in diesem Dialog die Feststellung: »Glücklich sein wollen wir mit Sicherheit alle.« Erst durch dieses ausdrückliche Cicero-Zitat in De trinitate ist überhaupt nachweisbar geworden, daß das beati certe (omnes) esse volumus aus dem Hortensius stammt. Der kaum zweiunddreißigjährige Augustinus verwendet es in Contra academicos, es taucht häufig in seinen Werken auf bis hin zum vorletzten, wenige Monate vor dem Tod verfaßten Buch des Opus imperfectum contra Iulianum.364 Für Augustinus ist dieser Satz unbezweifelbar, ein Axiom, das sich zum Ausgangspunkt der philosophischen und theologischen Erörterung eignet, gleich welche Ansichten der Gesprächspartner sonst haben mag. Augustinus reiht sich damit in die Tradition antiker Eudämonie-Lehre ein, von Sokrates und Plato365 über Aristoteles366 bis Cicero. Die umfassende Erfüllung aller guten menschlichen Wünsche ist Ziel allen Handelns, und von diesem evidenten, nach verbreiteter antiker Auffassung keiner weiteren Begründung bedürftigen Fixpunkt aus kann dann versucht werden, den Gehalt solcher Glückseligkeit zu bestimmen und die Wege zu ihrer Erlangung zu begründen. Mit sicherem Gespür für philosophische Systematik hat Gilson diesen Satz aus dem Hortensius und seine Deutung durch Augustinus an den Anfang seines großen Buches über den Kirchenvater gestellt.367 361

Vgl. Aug. trin. XIII, ix, 12 (CChr.SL 50a, 398, 2 M.) mit Cic. de orat. I, 6, 22 (10, 5 Kumaniecki) = Hagendahl Nr. 340 b. 362 Hagendahl, Augustine (wie Anm. 176), 494; 706 f. 363 Vgl. E. Feldmann, Der Einfluß des Hortensius und des Manichäismus auf das Denken des jungen Augustinus von 373, 2 Bde., Diss. Münster 1975. Darin 68–75 kritische Auseinandersetzung mit Testard, 72 kurz zu De trinitate. Ders., Konvergenz von Strukturen? Ciceros Hortensius und Plotins Enneaden im Denken Augustins, in: Congresso internazionale su s. Agostino nel XVI centenario della conversione. Roma, 15–20 settembre 1986. Atti 1, SEAug 24, Rom 1987, 315–330; die Übersichtstafel am Schluß enthält auch zwei der HortensiusFragmente aus De trinitate. 364 Aug. c. acad. I, ii, 5 (CChr.SL 29, 6, 13 f. Green); c. Iulian. op. imperf. V, 55 (CSEL 85/2, 262, 9 Zelzer). 365 Plat. Euthyd. 278 e (Burnet). 366 Aristot. EN A 2, 4 (1095 a 18 [4 B.]). 367 ´ E. Gilson, Introduction a` l’e´tude de Saint Augustin, Paris 21943, 1–10.

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Die klassische Untersuchung zur beatitudo bei Augustinus hat Ragnar Holte verfaßt, der allerdings unbegreiflicherweise den Hortensius nur ein einziges Mal erwähnt.368 Übrigens zitiert Augustinus in De trinitate die Frage aus dem Hortensius, ob es auch auf der Insel der Seligen noch der menschlichen Tugenden bedürfe. Maria Becker versucht zu zeigen, daß Augustinus in seiner Fortführung und Beantwortung dieser Frage eine christliche Tugendlehre entwickle, die sich deutlich von der heidnischen Ethik unterscheide.369 In Auseinandersetzung mit Versuchen klassischer Philologen, Ciceros Hortensius zu rekonstruieren, hat Madec eine ebenso knappe wie gehaltvolle Quellenanalyse zu De trinitate XIII/XIV geliefert. Durch kombinierende Vergleiche u. a. mit weiteren Texten von Augustinus und Boethius trägt er starke Argumente dafür vor, daß die beiden vorletzten Bücher von De trinitate wesentlich mehr Gedanken und vielleicht auch Formulierungen aus dem Hortensius enthalten, als zuvor bekannt gewesen ist.370 Sowohl die eben erwähnte Dreiteilung der prudentia als auch die Definition der sapientia könnte demzufolge auch gut aus diesem Dialog stammen. Ja, die gesamte Analyse von scientia und sapientia in De trinitate XIII/XIV könnte als Ergebnis der erneuten Beschäftigung Augustins mit dem Hortensius gelesen werden. Wollte sich doch eines Tages ein Exemplar dieses Dialoges von Cicero in den Ruinen einer antiken Bibliothek finden! Einige Jahre nach Madecs Aufsatz ist eine neue Sammlung der Fragmente des Hortensius erschienen. Die Herausgeberin neigt wohl mit Recht zu großer Skepsis gegenüber der Möglichkeit einer genaueren Rekonstruktion.371 Dennoch wäre es fruchtbar gewesen, wenn sie sich mit Madecs Anregungen auseinandergesetzt hätte − doch sein Aufsatz scheint ihr entgangen zu sein. Der Quellenindex der Corpus Christianorum-Ausgabe registriert nicht weniger als 300 Einträge von angeblichen Cicero-Anspielungen und -Zitaten in De trinitate. Wer jedoch z. B. die 91 Stellen nachzuschlägt, an denen der Apparat auf De finibus bonorum et malorum verweist, findet ausnahmslos generelle Topoi, teils ciceronianischer, teils gemeinantiker Art. Nichts davon läßt sich eindeutig als Quelle des Augustinus-Textes nachweisen. Dennoch bleiben nach Prüfung sämtlicher Stellen zwei Erkenntnisse festzuhalten. Erstens ergibt sich, daß De trinitate XV, xii die frische Lektüre des Lucullus (Academica priora II) voraussetzen dürfte. Zweitens belegt Glories Apparat einen von Testard übersehenen, von Schindler entdeckten, aber nicht im einzelnen ausgewerteten Sachverhalt:372 368

R. Holte, Beatitudo och Sapientia. Augustinus och de antika filosofskolornas diskussion om människans livsma˚l, Uppsala 1958; überarbeitete französische Ausgabe: Ders., Be´atitude et sagesse. Saint Augustin et le proble`me de la fin de l’homme dans la philosophie ancienne, E´AA 14, Paris 1962, 195. Vgl. H. de Noronha Galvao, Beatitudo, AugLex I, 1986–94, 624–638. 369 M. Becker, Augustinus über die Tugenden in Zeit und Ewigkeit, in: Alvarium [FS Christian Gnilka], JAC.E 33, Münster 2002, 53–63. Zu der Stelle (Aug. trin. XIV, ix, 12 [CChr.SL 50a, 438 f., 9–25 M.]) vgl. auch oben Anm. 327. 370 G. Madec, L’Hortensius de Cice´ron dans les livres XIII-XIV du De Trinitate, RE´Aug 15, 1969, 167–173 (zu Ruch, Hagendahl und Grilli. 371 L. Straume-Zimmermann, Ciceros Hortensius, EHS XV/9, Bern/Frankfurt 1974. 372 Schindler, Wort und Analogie (wie Anm. 699), 246–249. Ergänzungen dazu bei Courcelle, Connais-toi (wie Anm. 294), 158 Anm. 204.

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Augustins Analyse der Möglichkeit von Selbsterkenntnis des Geistes in De trinitate X (teilweise auch schon IX) weist gewisse Parallelen zum ersten Buch der Tusculanen auf. Beim Vergleich zeigen sich allerdings charakteristische Unterschiede. So schließt Cicero eine eigentliche Selbsterkenntnis des Geistes aus: Non valet tantum animus ut se ipse videat, at ut oculus, sic animus se non videns alia cernit. 373 Augustinus dagegen unterscheidet. Auf der Ebene der präreflexiven Selbstgegenwart weiß der Geist sich durchaus selbst: Neque enim ut oculus corporis videt alios oculos et se non videt, ita mens novit alias mentes et ignorat semetipsam.374 Auf der bewußten Ebene der Selbsterkenntnis hingegen denkt der geist nicht ständig sich selbst, sondern kann Äußeres erkennen, ohne sich dabei ausdrücklich selbst zu erkennen.375 Ciceros skeptisches Argument mit dem Augenvergleich begegnet auch bei Philo und entstammt offenkundig einer gemeinsamen älteren Quelle.376 Augustins Auffassung hingegen findet eine Parallele bei Porphyrius.377 Für Augustinus sind die von Plotin und Porphyrius gebotenen Analysen der Selbsterkenntnis weitaus prägender als diejenigen Ciceros. Im allen diesen Fällen geht Augustinus selbständig und nicht bloß rezeptiv mit seinen »Quellen« um. Dies läßt sich auch aus der Studie von Pierre Courcelle und zwei ohne deren Kenntnis verfaßten Aufsätzen von Lewis Ayres entnehmen.378 e) Weitere Lateiner Wesentlich vollständiger als sein Vorgänger Combe`s379 hat Hagendahl die auf heidnisch-lateinische Literatur bezogenen augustinischen Zitate und Anspielungen erforscht.380 Er verzeichnet und bespricht die in De trinitate als illustrierende Beispiele enthaltenen Zitate aus den Dichtungen von Ennius, Terenz und Vergil sowie je eine von Lukan und Lukrez stammende Formulierung.381 Alle seine Nachweise finden sich auch in der kritischen Ausgabe von Mountain/Glorie, die eine große Zahl weiterer, aber viel zu vager Parallelstellen angibt.382 Zwei 373

Cic. Tusc. I, 27, 67 (51, 6–8 G.). Aug. trin. IX, iii, 3 (CChr.SL 50, 296, 6–8 M.). 375 Ebd. XIV, vi, 8 (CChr.SL 50a, 430 f., 1–14 M.). 376 Philo all. I, 91 (I, 85, 4–12 Cohn). Die antike Diskussion geht letztlich wohl von Plat. Alk. I, 132 e–133 c (Burnet) aus; für Ciceros Analysen der Selbsterkenntnis ist dieser Dialog Platos zentral gewesen: P. Boyance´, Cice´ron et le Premier Alcibiade, RE´L 22, 1964, 210– 229; erneut in: Ders., E´tudes sur l’humanisme cice´ronien, CollLat 121, Brüssel 1970, 256–275. 377 Vgl. oben S. 57. 378 Courcelle, Connais-toi (wie Anm. 294); L. Ayres, Between Athens and Jerusalem: Prolegomena to Anthropology in De trinitate, MoTh 8, 1992, 53–73; ders., The Discipline of Self-Knowledge (wie Anm. 296). 379 G. Combe`s, Saint Augustin et la culture classique, Paris 1927. 380 Hagendahl, Augustine (wie Anm. 176). Die Aufsatzsammlung von J. Oroz Reta, San Agustin. Cultura cla´sica y cristianismo, BSal.E 110, Salamanca 1988, bringt in bezug auf De trinitate nichts Neues. 381 Hagendahl, Augustine (wie Anm. 176), Nr. 376 a (Enn. ann. 560 Vahlen = 574 Skutsch [p. 124, Diskussion p. 714] = Aug. trin. XIII, iii, 6 [CChr.SL 50a, 388, 44 M.]; zu drei anderen Stellen in trin. gibt Glorie dieses Ennius-Zitat zu Unrecht an, vgl. G. A. Mül374

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Quellen, Einflüsse, Gegner

Ausnahmen sind zu nennen: Denkbar ist, daß einige anthropologische Äußerungen auf Sallusts De coniuratione Catilinae zurückgehen könnten,383 und das Beispiel des dreileibigen Gyron könnte Vergils Aeneis entstammen.384 Von den Zitaten aus Ennius und Terenz und den beiden in De trinitate XIII, iii, 6 erzählten Anekdoten vom billigen und vom angemessen teuren Kaufen ist mit guten Gründen erwogen worden, ob sie aus Ciceros Hortensius stammen.385 −

ler, Formen und Funktionen der Vergilzitate und -anspielungen bei Augustin von Hippo, SGKA N. F. I/18, Paderborn u. a. 2003, 211 Anm. 403); Nr. 478 c (Lucan. VII, 62 f. [165, 62 f. Shackleton Bailey] = Aug. trin. XIV, ix, 12 [CChr.SL 50a, 438, 8 f. M.]); Nr. 481 (Lucr. I, 73 [4, 73 Martin] = Aug. trin. IV, proœm. [CChr.SL 50, 159, 18 M., Lucr. I, 73 im Apparat versehentlich als II, 73 notiert]); Nr. 628 b (Ter. Andr. II, i [Z. 305 f. Kauer/Lindsay] = Aug. trin. XIII, vii, 10 [CChr.SL 50a, 395, 50/53 f. M.]); Nr. 853 (Verg. Aen. III, 628 f. [172, 628 f. Mynors] = Aug. trin. XIV, xi, 14 [CChr.SL 50a, 442, 18 f. M.]); Nr. 919 (Verg. Aen. X, 159 f. [338, 159 f. M.] = Aug. trin. XV, xvi, 25 [CChr.SL 50a, 500, 7 f. M.]); Nr. 964 c (Verg. georg. III, 513 f. [80, 513 f. Mynors] = Aug. trin. XIV, xiv, 18 [CChr.SL 50a, 446, 20 f. M.); Nr. 965 (Verg. georg. IV, 198–201 [89, 198–201 M.] = Aug. trin. III, viii, 13 [CChr.SL 50, 140, 52–54 M.]; Augustins Hinweis auf die angeblich ungeschlechtliche Zeugung der Bienen spielt nicht notwendig auf die Georgica an, da es sich um eine übliche antike Lehrmeinung handelt [L. Koep, Art. Biene, RAC II, 1954, 274–282]). 382 Allzu unspezifische Parallelen bieten sämtliche angegebenen Stellen von Caesar, Catull, Columella, Frontin, Horaz, Juvenal, Nonius, Ovid, Palladius (Opus agriculturae), Plautus und Statius. − Korrekt wird im Apparat angegeben, daß das Wort des Mimus in trin. XIII, iii, 6 (CChr.SL 50a, 387, 11 M.), daß nämlich alle billig zu kaufen und teuer zu verkaufen wünschen, von O. Ribbeck, Comicorum Romanorum . . . fragmenta, Bd. 2, Leipzig 1873, 398, als nirgends sonst überliefertes, zwölftes der anonymen Mimus-Fragmente registriert wird. Allerdings zeigte schon H. Reich, Der Mimus. Ein litterar-entwicklungsgeschichtlicher Versuch, Bd. I/1, Berlin 1903, 286 f., Anm. 1, daß Augustinus hier kein Mimus-Fragment zitiert, sondern eine Anekdote über einen Schauspieler erzählt, der sich außerhalb des Stückes an sein Publikum wendet. Darum behandelt auch M. Bonaria, Romani Mimi, Rom 1965, das Diktum unter den Spuria (Nr. 241, 98). Hagendahl geht auf den Passus nicht ein. H. Jürgens, Pompa diaboli. Die Bekanntschaft der lateinischen Kirchenväter mit dem antiken Theaterwesen, TBAW 46, Stuttgart 1972, 85, sieht in dem Diktum einen per Zwischenquelle vermittelten Ausspruch eines Mimologen. Vgl. auch Anm. 385. − Zu der Formulierung micando digitis tribus (Aug. trin. VIII, v, 8) fehlt im Apparat zu CChr.SL 50, 278, 69 f. M. eine Quellenangabe. Es handelt sich um das schon in der Antike verbreitete Moraspiel, vgl. K. Schneider, Art. Micare, PRE XV/2, 1932, 1516 f. mit Belegen. 383 Vgl. Sall. Catil. i, 1 (2, 1–4 Kurfess) mit Aug. trin. XII, i, 1 (CChr.SL 50, 356, 9–13 M.); Catil. i, 2 (2, 6 f. K.) mit trin. IV, i, 3 (163, 63 M.); Catil. xx, 4 (17, 21 f. K.) mit trin. XIII, ii, 5 (CChr.SL 50a, 387, 44 M.). Nach Hagendahl, Augustine (wie Anm. 176), 225–244 und 631–649, kommt Sallust unter den von Augustinus lebenslang zitierten lateinischen Prosaisten gleich nach Cicero und Varro. 384 Vgl. Verg. Aen. VI, 289 und VIII, 202 mit Aug. trin. VIII, ii, 3 (CChr.SL 50, 270, 9 M.). So schon K.-H. Schelkle, Virgil in der Deutung Augustins, TBAW 32, Stuttgart/Berlin 1939, 117. 385 A. Grilli, M. Tulli Ciceronis Hortensius, TDSA 5, Mailand/Varese 1962, 144 f.; 160– 163. Ihm stimmt G. Madec im Postskriptum seiner eigenen Hortensius-Studie (wie Anm. 370) zu: RE´Aug 15, 1969, 171–173. Die erste der Anekdoten ist die soeben behandelte »Mimus«-Stelle (wie Anm. 382), die zweite, wenige Zeilen später, trin. XIII, iii, 6 (CChr.SL 50a, 388, 31–34 M.).

Paganes Schrifttum

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Eine wichtige Position nimmt die heidnische Dichtung in De trinitate nicht ein. Spezialuntersuchungen zur Vergil-Rezeption Augustins gelangen in bezug auf De trinitate zu keinen sonderlich erhellenden Resultaten.386 Nochmals sei aber darauf hingewiesen, daß versucht worden ist, aus dem deutlichen Überwiegen der Klassiker-Anspielungen in den Büchern XIII-XV gegenüber I-XII Schlüsse auf die Chronologie des Werkes zu ziehen.387 Keine der neun für Quintilian angegebenen Stellen der kritischen Ausgabe kann als sichere Quelle Augustins gelten.388 Für die drei Aspekte, nach denen man das Können eines Menschen beurteilt, ingenium, doctrina, usus, scheint sich Augustinus eines Grundschemas der Rhetorik zu bedienen, ohne daß sich sagen ließe, welchem Gewährsmann er folgt,389 zumal auch Philosophen platonischer Richtung diese Trias kennen.390 386 Schelkle, Virgil (wie Anm. 384), 47 f.; 103; 117; 163 f. u. ö.; vgl. P. Courcelle, Lecteurs paı¨ens et lecteurs chre´tiens de l’E´ne´ide, Bd. 1, Paris 1984, 272; 434; 447 (vermerkt die mögliche Anspielung coenoso gurgite [trin. XII, ix, 14 (CChr.SL 50, 369, 17 M.)] auf Verg. Aen. VI, 296 [236, 296 Mynors]); 640; S. MacCormack, The Shadows of Poetry. Vergil in the Mind of Augustine, Berkeley/Los Angeles/London 1998, 71; Müller, Formen und Funktionen der Vergilzitate (wie Anm. 381), 209–213 (hier der interessante Hinweis, daß Augustinus in trin. XIV, xi, 14 [CChr.SL 50a, 442, 12–27 M.] einen möglichen paganen Einwand durch ein paganes Zitat entkräftet: Gegen die Ausweitung des memoria-Begriffs auf Gegenwärtiges könnte man Cic. inv. II, 53, 160 [147b, 27 f S.] anführen, wo memoria als Zurückholen des Gewesenen gilt; dagegen setzt Augustinus ein Aeneis-Zitat [Nr. 853 Hagendahl, wie Anm. 381]). 387 Vgl. oben S. 35. 388 Damit bestätigt sich erneut das Urteil von P. Keseling (Augustin und Quintilian, AugMag 1, 1954, 201–204), es sei nicht klar, ob Augustinus jemals Quintilian gelesen habe. Das gilt sogar für eine auf den ersten Blick so sicher scheinende Parallelstelle wie die folgende: vgl. Aug. trin. XV, ix, 15 (CChr.SL 50a, 481, 25 f. M.): aenigma est autem ut breviter explicem obscura allegoria, mit Quint. inst. VIII, vi, 52 (II, 473, 25 Winterbottom): allegoria quae est obscurior, ›aenigma‹ dicitur; vgl. C. P. Mayer, Aenigma, in: AugLex I, 1986–94, 140 f. Denn es handelt sich um eine Standarddefinition der Grammatiker und Rhetoriker, vgl. schon Cic. de orat. III, 42, 167 (329, 12 – 330, 2 K.) und aus dem dritten und vierten Jahrhundert z. B. Sacerd. gramm. I, de allegoria (VI, 462, 19 f. Keil: Aenigma . . . est dictio obscura . . . , allegoria difficilis); Char. gramm. IV, de allegoria (I, 276, 16 f. Keil = 364, 10 f. Barwick); Diom. gramm. II, de allegoria (I, 462, 18–20 Keil). Zur griechischen Herkunft vgl. Cocondr., trop. (III, 236, 21 f. Spengel): aiÍnigma eÆsti leÂjiw hà loÂgow aÆpokryÂptvn toÁ nooyÂmenon diaÁ taÁ aÆnakexvrhkoÂta tv Ä n symbebhkoÂtvn. Zu Augustins aenigma-Auffassung vgl. außer dem genannten Lexikonartikel von C. P. Mayer auch dessen Buch Die Zeichen in der geistigen Entwicklung und in der Theologie Augustins, 2. Teil: Die antimanichäische Epoche, Cass. 24/2, Würzburg 1974, 463 f. (mit Stellensammlung von Augustinustexten, allerdings ohne den antiken Hintergrund); sowie E. Cook, The Figure of Enigma: Rhetoric, History, Poetry, Rhet. 19, 2001, 349–378; hier 352–364. 389 Unter den von Glorie zu trin. X, xi, 17 (CChr.SL 50, 330, 16 M.) angegebenen Parallelstellen kommt die aus dem Cicero-Kommentar des Grillius (fünftes Jahrhundert) am nächsten: Ars rhetorica tribus rebus constat: Ingenio doctrina usu (rhet. 1, 1 [11, 55 f. Jakobi]), doch schon aus chronologischen Gründen ist zweifelhaft, ob Augustinus hierauf zurückgegriffen haben könnte. So bleiben etwa Cic. de orat. III, 20, 77 (291, 12–14 K.) und Quint. inst. VI, ii, 3 (329, 16–19 W.) ebenfalls möglich, aber die drei Termini kommen in der Standardeinteilung der antiken Rhetorik ohnehin alle vor (Belege: H. Lausberg, Handbuch der literarischen Rhetorik. Eine Grundlegung der Literaturwissenschaft, Stuttgart 31990, § 4–6).

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Quellen, Einflüsse, Gegner

Der vielen Varro-Zitate in De civitate dei wegen kann man öfters auch bei der Wiedergabe polyhistorischen Wissens in De trinitate varronische Herkunft in Betracht ziehen. Die drei in der Corpus Christianorum-Ausgabe mit einer möglichen Varro-Quelle annotierten De trinitate-Stellen beziehen sich ebenso wie zwei weitere, von La Bonnardie`re im Quellenapparat vermißte Stellen auf die Lehre von den Seelenteilen, mit der eine Hierarchie der verschiedenen Formen der belebten Natur gegeben werden soll.391 Vieles davon ist antikes Allgemeingut, aber da Augustinus in De civitate dei VII ebendiese Lehre explizit aus Varros Antiquitates rerum divinarum XVI entnimmt, kann man mit Recht überall, wo sie in De trinitate auftaucht, auf Varro hinweisen. Das gilt insbesondere für Augustins Bemerkung über den höchsten Seelenteil, den »einige Autoren der lateinischen Sprache« mit Hilfe des Wortes animus vom allgemeinen Lebensprinzip anima unterschieden hätten: Genau dieser Unterscheidung bedient sich Varro in dem genannten Buch.392 Niemand scheint sich um die Quellen der zahlensymbolischen Erörterungen in De trinitate IV, iv-vi gekümmert zu haben.393 Die kritische Ausgabe nennt als einzige Parallelstelle Augustins De diversis quaestionibus lxv, meint aber wohl quaestio lvi, die ganz ähnlich zu De trinitate IV, v ist. Anläßlich der Auslegung der Sechszahl als numerus perfectus in De trinitate IV, iv hätten unbedingt auch die parallelen Ausführungen in De civitate dei XI, xxx und De Genesi ad litteram IV, ii vermerkt werden müssen. Für De civitate dei XI, xxx hat Praechter in detailliertem Vergleich Varro als Quelle ermitteln zu können geglaubt, der seinerseits aus Posidonius schöpfe.394 Letztere Annahme lag im Trend der damaligen Zeit; Vgl. das Schema von H. Hommel, Rhetorik, in: Lexikon der Alten Welt, Zürich/Stuttgart 1965, 2611–26; hier 2623, Nr. 1 (natura = ingenium) und die übrigen ciceronischen Stellenangaben bei du Roy, L’intelligence (wie A. 1249), 300 f., Anm. 6. Weiteres zu dieser Trias bei Schindler, Wort (wie A. 699), 58–60, der in ihr einen der wenigen wirklich nachweislichen heidnischen Einflüsse auf Augustins Triadologie erblickt, und bei G. Lettieri, L’altro Agostino. Ermeneutica e retorica della grazia dalla crisi alla metamorfosi del De doctrina christiana, Brescia 2001, 459–488, der sich auf Cicero konzentriert. 390 Belege: Du Roy, L’intelligence (wie Anm. 1249), 301. 391 La Bonnardie`re, Notes critiques (wie Anm. 57), hier 100. Sie bezieht sich auf R. Agahd, M. Terenti Varronis Antiquitatum Rerum Divinarum libri I. XIV. XV. XVI, JCPh.S 24, 1898, 1–220. 367–381; hier 201, wo trin. VIII, vii, 11; XV, i, 1; v, 7 als Parallelen zu dem Varrofragment XVI, 4 Agahd (= Frg. 227 Cardauns = civ. VII, xxiii [CChr.SL 47, 204, 11–23 D./K.]) genannt sind; freilich finden sich noch zahlreiche weitere Parallelen dazu in De trinitate. 392 Vgl. civ. VII, xxiii (CChr.SL 47, 204, 20 D./K.) (= Frg. 227 Cardauns) mit trin. XV, i, 1 (CChr.SL 50a, 460, 6–8 M.). 393 Das gilt auch für A. Knappitsch, St. Augustins Zahlensymbolik, Gymnasialprogramm Graz 1905; Ch. Horn, Augustins Philosophie der Zahlen, RE´Aug 40, 1994, 389–415; hier 411–413. 394 K. Praechter, Eine Stelle Varros zur Zahlentheorie, Hermes 46, 1911, 407–413 (erneut in: Ders., Kleine Schriften, hg. von H. Dörrie, Hildesheim/New York 1973, 38–44) in Weiterführung von K. Fries, De M. Varrone a Favonio Eulogio expresso, RhM N. F. 58, 1903, 115–125 (unter den angeblich von Varro abhängigen Stellen etwa Macr. somn. I, vi, 12 [20, 22–32 Willis]: senarius . . . variae ac multiplicis religionis et potentiae est).

Paganes Schrifttum

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heute wird kaum mehr jemand Posidonius für den großen Unbekannten halten, mit dem fast alle großen ungelösten Quellenfragen der antiken Philosophie beantwortet werden können. Aber auch Varro ist angesichts der reichen antiken Parallelen zu diesen zahlentheoretischen Überlegungen keine sichere Quelle, wie Waszink gezeigt hat.395 Hätte Praechter die ausführlichere senarius-Exegese aus Augustins großem Genesis-Kommentar gekannt, so hätte er vielleicht bemerkt, was später Solignac vorgeschlagen hat:396 Die engen Parallelen zur Introductio arithmetica des Nikomachus von Gerasa könnten die verlorene, noch in Boethius’ De institutione arithmetica nachwirkende Übersetzung dieses Werkes durch Apuleius als Augustins Quelle vermuten lassen397 − und dies würde dann auch für De trinitate IV, iv-vi gelten. f) Manichäismus Erst als fast Dreißigjähriger hat sich Augustinus vom Manichäismus abgewandt. Die Annahme liegt nahe, daß manichäische Problemstellungen und Denkweisen auch in späteren Werken Augustins mindestens Spuren hinterlassen haben. Für die Hauptgedanken von De trinitate liegen entsprechende Nachweise aber nicht vor. Feldmann konzentriert sich auf den jungen Augustinus und streift De trinitate daher nur nebenbei; unabhängig davon weist er detailliert nach, daß es nicht nur im lateinischsprachigen Nordafrika, sondern auch den koptischen Texten zufolge geradezu eine manichäische Trinitätsfrömmigkeit gegeben hat, und daß den Manichäern in anderem Zusammenhang die Kritik an der christlichen Deutung der Gottebenbildlichkeit nach Gen 1, 26 wichtig war − ein Thema, das Augustinus in De trinitate beschäftigt.398 Alfred Adam sieht einen weiteren Bezugspunkt:399 Wenn Augustinus die Dreiheit in vielfach wechselnder Gestalt sich überall in der sichtbaren Welt ab395 J. H. Waszink, Praefatio, in: Timaeus a Calcidio translatus commentarioque instructus, PlatLat 4, London/Leiden 21975, XV, Anm. 2, und XXXVI f. 396 A. Solignac, La perfection du nombre six, BAug 48, 1972, 633–635; ders., Doxographies et manuels dans la formation philosophique de saint Augustin, RechAug 1, 1958, 113–148; hier 129–137. 397 Vgl. Aug. divers. quaest. lvi (CChr.SL 44a, 95 f. M.); trin. IV, iv, 7 – vi, 10 (CChr.SL 50, 169, 1 – 175, 52 M.); Gen. ad litt. IV, ii (CSEL 28/1, 94, 11 – 98, 22 Zycha); civ. XI, xxx (CChr.SL 48, 350, 1–35 D./K.); Nicomach. Geras. introd. arithm. I, xvi (39–44 Hoche); Boeth. arithm. I, xix f. (39–45 Friedlein). Bezeugung der Übersetzung des Apuleius durch Cassiod. inst. II, iv, 7 (140, 18 M.); Isid. orig. III, ii (Z. 21–24 L.). 398 Feldmann, Der Einfluß (wie Anm. 363), Bd. 1, 530, 534, 616–631, 684–697. Zur manichäischen Trinitätslehre vgl. auch F. Decret, Aspects du maniche´isme dans l’Afrique romaine. Les controverses de Fortunatus, Faustus et Felix avec saint Augustin, E´AA 41, Paris 1970, 225– 237; E. Rose, Die manichäische Christologie, StOR 5, Wiesbaden 1979, 158–176. Ungenauer ist der Aufsatz von J. McWilliam, unten Anm. 1256. 399 A. Adam, Das Fortwirken des Manichäismus bei Augustin, ZKG 69, 1958, 1–25; hier 20 f.; erneut in: Ders., Sprache und Dogma, Gütersloh 1969, 141–166; hier 161–163. Kritik daran übt W. Geerlings, Zur Frage des Nachwirkens des Manichäismus in der Theologie Augustins, ZKTh 93, 1971, 45–60.

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Quellen, Einflüsse, Gegner

zeichnen sehe, so enspreche dies »genau der Eigenart der manichäischen Emanationsvorstellung mit ihrer Wiederholung auf den verschiedenen Stufen der Wirklichkeit.« Adams Ansicht trifft aber nicht zu. Augustinus geht von der Gottebenbildlichkeit des menschlichen Geistes aus, also gerade nicht von einer Emanationsvorstellung.400 Zudem liegt eine »modalistische Austauschbarkeit«, wie sie Adam bei Augustinus und den Manichäern beobachten will, in De trinitate keineswegs vor, aber auch nicht in der Trinitätslehre des lateinischen Manichäismus, die eher zum Subordinatianismus tendiert.401 Adam hat sich hier von geläufigen Mißverständnissen leiten lassen. Die Frage nach der Bedeutung des Manichäismus für den späteren Augustinus eröffnet nach wie vor ein Forschungsfeld.402 Ob für De trinitate daraus nennenswerte Erkenntnisse zu gewinnen sind, steht dahin. Grondijs hat zum Beispiel eine Analyse der Trinitätsauffassung des numidischen Manichäerbischofs Faustus vorgelegt, wonach der Vater das unzugängliche Licht, der Sohn die in der Sonne wohnende Kraft und die im Mond wohnende Weisheit (nach 1 Kor 1, 24), der Heilige Geist der leidensfähige Jesus sei; auf mögliche Bezüge zu De trinitate geht der Verfasser aber nicht ein.403 Lohnend könnte es etwa sein, auf den Spuren von Grondijs und Caroline Bammel die platonisierende PaulusExegese der Manichäer mit derjenigen Augustins im Blick auf die Trinitätslehre zu vergleichen.404 Von der manichäischen Christusfrömmigkeit mit ihrer enthistorisierenden Tendenz meint etwa Geerlings, sie habe sich auf Augustins Christologie ausgewirkt; ob dies auch für De trinitate Folgen hat, wäre einmal genauer zu erkunden.405 Vermieden werden muß jedenfalls, daß zwar auf vermeintliche Parallelstellen in manichäischen Originaltexten geachtet wird, deren Zusammenhang im komplexen »System« dieser Religion aber nicht hinreichend beachtet wird.

400 Zur genauen Bedeutung des Begriffs: J. Ratzinger, Art. Emanation, RAC IV, 1959, 1219–1228. 401 Vgl. etwa das Trinitätsbekenntnis des Faustus von Mileve bei Aug. c. Faust. XX, 2 (CSEL 25/1, 536, 9–24 Zycha) und die Analysen unten S. 409. 402 F. Decret, Essais sur l’E´glise maniche´enne en Afrique du Nord et a` Rome au temps de saint Augustin. Recueil d’e´tudes, SEAug 47, Rom 1995; J. van Oort/O. Wermelinger/ G. Wurst (Hgg.), Augustine and Manichaeism in the Latin West. Proceedings of the FribourgUtrecht Symposium of the International Association of Manichaean Studies, NHS 49, Leiden 2001. 403 L. H. Grondijs, Analyse du maniche´isme numidien au IVe sie`cle, AugMag 3, 1954, 391–410 (Fundstelle des Faustus-Textes wie Anm. 401). 404 C. P. Bammel, Pauline Exegesis, Manichaeism and Philosophy in the Early Augustine, in: Christian Faith and Greek Philosophy in Late Antiquity [FS Christopher Stead], hg. von L. R. Wickham/C. P. Bammel, SVigChr 19, Leiden/New York/Köln 1993, 1–25. Vgl. auch M. G. Mara, Agostino e la polemica antimanichea: il ruolo di Paolo e del suo epistolario, Aug(R) 32, 1992, 119–143; J. Ries/F. Decret/W. H. C. Frend/M. G. Mara, Le epistole paoline nei manichei, i Donatisti e il primo Agostino, SuPa 5, Rom 22000. 405 Zu Geerlings unten S. 211. Vgl. Feldmann, Der Einfluß (wie Anm. 363), 658–684.

Griechische Patristik

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2. Griechische Patristik Welche Texte griechischer christlicher Schriftsteller haben Augustinus bei der Arbeit an De trinitate beeinflußt oder Spuren in diesem Werk hinterlassen? Der folgende Abschnitt geht so vor wie der anschließende über die lateinische Patristik. Bei jedem in Frage kommenden patristischen Autor wird zunächst untersucht, ob sich in De trinitate Zitate aus seinen Werken oder Anspielungen auf sie haben nachweisen lassen, sei es in Glories Apparat zur Corpus ChristianorumAusgabe von De trinitate, sei es in der sonstigen Forschung. Zum zweiten werden generellere Studien über das Verhältnis der augustinischen Trinitätslehre zur Theologie des betreffenden Autors besprochen. Hermann Reuter kommt das Verdienst zu, die Frage nach Augustins Verhältnis zum christlichen Osten erstmals differenziert gestellt und einer detaillierten Beantwortung nähergeführt zu haben.406 Was die Trinitätslehre angeht, so kommt er zu dem etwas voreiligen und nicht genau genug belegten Schluß, Augustinus habe die griechischen Väter auf diesem Gebiet weitgehend ignoriert. Ihre betreffenden Schriften seien in Afrika kaum erhältlich gewesen. Zudem habe Augustinus in der Trinitätstheologie in hohem Maße eigene Wege beschritten. Dafür habe er weder die Schriften griechischer noch lateinischer Väter brauchen können. Augustinus, so meint Reuter, sei darum bemüht gewesen, die verbindliche kirchliche Trinitätslehre zu vertreten, die für ihn aber nicht identisch mit einer bestimmten östlichen oder westlichen Formel gewesen sei, nicht einmal mit dem Bekenntnis von Nizäa. Während Reuter damit die moderne seriöse Quellenforschung auf diesem Gebiet eröffnet, zeugt das im deutschen Sprachraum leider häufig für bare Münze genommene Kapitel über die griechischen »literarischen Vertrauten Augustins« in einem Buch des Dogmatikers Karl Adam von Oberflächlichkeit. Kennzeichnend für die Unbedarftheit dieser Ausführungen ist etwa der Satz über Basilius: »Soviel es scheint, kennt Augustin alle Schriften des großen Kappadoziers«; und über Gregor von Nazianz: »Seine Reden lagen ihm in einer lateinischen Übersetzung vor.«407 In Wahrheit hat Augustinus von den 73 Schriften, die man dem Basilius zuschreibt (CPG 2835–2907), zwei sicher und zwei bis drei weitere vielleicht gekannt. Von den 45 Reden des Gregor sind zwar mindestens neun von Rufin übersetzt worden, und Augustinus könnte 406 H. Reuter, Augustin und der katholische Orient, in: Ders., Augustinische Studien, Gotha 1887, 153–230; besonders 182–192. 407 K. Adam, Die Eucharistielehre des hl. Augustin, FChLDG 8/1, Paderborn 1908, hier 39 und 41. Typisch für die Wirkungsgeschichte von Adams Abschnitten über »Die griechischen Väter« (38–45) und »Die lateinischen Väter« (46–61) ist der pauschale Satz von Schmaus (Die psychologische Trinitätslehre [wie Anm. 2], 7): »Unter den literarischen Vertrauten Augustins sind, wie der Tübinger Augustinusforscher Karl Adam feststellte, zu erwähnen auf lateinischer Seite Tertullian, Cyprian, Laktantius, Marius Victorinus, Optatus, Hieronymus, Hilarius, Ambrosius, auf griechischer Seite Origenes, Basilius, Gregor von Nazianz, Chrysostomus.«

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Quellen, Einflüsse, Gegner

noch einzelne weitere Gregor-Reden in verlorener lateinischer Version gekannt haben, aber es gibt bisher kein Indiz dafür, daß sämtliche Orationes in Übersetzung vorlagen und von Augustinus gelesen wurden. Die schon erwähnten Forschungen von Berthold Altaner und Pierre Courcelle über die griechischen patristischen Quellen im Gesamtwerk Augustins haben dagegen weit über den Kenntnisstand von Reuter hinausgeführt und sind bis heute nur in Einzelheiten überholt.408 Ein Aufsatz von Gerard Bartelink faßt ihre Ergebnisse knapp zusammen und berichtet über die wichtigsten seitherigen Hypothesen und Ergebnisse.409 Auf De trinitate geht Bartelink nur am Rande ein und berücksichtigt auch nicht Glories (überladenen) Quellenapparat in der Corpus Christianorum-Edition. Forschungen über Augustins Griechischkenntnisse wurden schon besprochen.410 Augustinus selbst gibt einen wichtigen Fingerzeig in De trinitate. Was man gerne über die Trinität lesen würde, gebe es entweder auf Latein nicht oder sei jedenfalls kaum oder gar nicht aufzufinden, graecae autem linguae non sit nobis tantus habitus ut talium rerum libris legendis et intellegendis ullo modo reperiamur idonei, quo genere litterarum ex his quae nobis pauca interpretata sunt non dubito cuncta quae utiliter quaerere possumus contineri. 411 »Im Griechischen besitzen wir jedoch keine solchen Kenntnisse, daß wir Bücher, die über diese Frage handeln, zu lesen und zu verstehen uns irgendwie in der Lage sähen. Auf Grund der wenigen Proben, die uns aus dem griechisch-theologischen Schriftttum übersetzt sind, habe ich allerdings die Überzeugung gewonnen, daß dort alles Wissenswerte bereits enthalten ist.«412

Die paraphrasierende deutsche Version stammt von Altaner, der die Aussage genau analysiert. Er wendet sich gegen die Interpretationen von Vega und Henry. Beide behaupten, in den Plural schließe Augustinus sich selbst nicht ein, sondern er meine nur seine afrikanischen Landsleute, die zuwenig Griechisch verstünden, als daß sie die Theologen des Ostens lesen könnten.413 Altaner zeigt, daß Augustinus sehr wohl auch seine eigenen Griechischkenntnisse im Blick hat, daß allerdings ein rhetorischer Bescheidenheitstopos in Erwägung zu ziehen ist. Denn immerhin beweise Augustinus etwa in seiner Schriftexegese gute, selbständige Griechischkenntnisse, weit über das im Schulunterricht Erlernte hinaus. Gleichwohl benutze er philosophische und theologische griechische Texte in der Regel nur in lateinischen Übersetzungen. Über Altaner hinaus wird man auch mit einem gehörigen Maß an rhetorischer Ironie in dem zitierten Passus zu rechnen haben. Denn Augustinus zieht aus seinem Satz ge408

Vgl. oben S. 47 f. G. J. M. Bartelink, Die Beeinflussung Augustins durch die griechischen Patres, in: Augustiniana Traiectina. Communications pre´sente´es au Colloque International d’Utrecht 13–14 novembre 1986, hg. von J. den Boeft/J. van Oort, E´AA 119, Paris 1987, 9–24. 410 Vgl. oben S. 47 ff. 411 Aug. trin. III, proœm. 1 (CChr.SL 50, 127, 12–16 M.). 412 Nach B. Altaner, Schriften (wie Anm. 236), 137; Analyse ebd. 137–153. 413 A. C. Vega, El helenismo de san Agustı´n. Llego´ san Agustı´n a dominar el griego?, RelCult 2, 1928, 34–45; hier 38; Henry, Plotin et l’Occident (wie Anm. 274), 135. 409

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rade nicht den Schluß, man müsse nur die griechischen Schriften ins Lateinische übersetzen. Im Gegenteil bekräftigt er, dem Drängen der Brüder in Christo nachgegeben zu haben und am Ende beim Schreiben vieles gelernt zu haben, was er selbst zuvor nicht gewußt habe. a) Irenäus Altaner weist nach, daß Augustinus schon um 396 Irenäus’ Adversus haereses in lateinischer Übersetzung kennt und auch später öfters daraus zitiert.414 Deshalb wohl meint Glorie, für die von Augustinus in De trinitate abgelehnte bildliche Auffassung der Trinität als Familie und des Heiligen Geistes als Ehefrau komme eine Angabe des Irenäus über die Ophiten als Quelle in Frage.415 Doch abgesehen davon, daß es neben Irenäus zahlreiche andere Zeugnisse über solche Deutungen gibt,416 fehlt in der Irenäus-Stelle der entscheidende Punkt, auf den es Augustinus ankommt; er findet sich hingegen bei Gregor von Nazianz, wie bisher übersehen worden ist.417 b) Sextussentenzen Im Jahre 399 übersetzte Rufin die Sextussentenzen aus dem Griechischen ins Lateinische. Sehr wahrscheinlich spielt Augustinus einmal auf eine prägnante Formulierung daraus an, eine weitere Bezugnahme ist möglich.418 Die Forschung hat diese Parallelen übersehen.

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B. Altaner, Schriften (wie Anm. 236), 194–203. Vgl. Aug. trin. XII, v, 5 (CChr.SL 50, 359, 2–9. 17 f. M.) mit Iren. adv. haer. I, 30, 1 (SC 264, 364, 1–15 Rousseau/Doutreleau). 416 Glorie nennt selbst Mar. Victorin. adv. Arium I B, 57 f. (CSEL 83/1, 155, 7 – 157, 14 Henry/Hadot). Zum neuplatonischen Kontext vgl. Du Roy, L’intelligence (wie Anm. 1249), 263 f. Reichhaltiges und sorgfältig verarbeitetes Belegmaterial zur Vorstellung von einem weiblichen Hl. Geist bietet A. Orbe, La teologı´a del Espı´ritu Santo. Estudios Valentinianos IV, AnGr 158, Rom 1966, 69–116: »El Espı´ritu y la maternidad divina«; 687–706: »Sophia y el Espı´ritu Santo«. Zu möglichen religionsgeschichtlichen Hintergründen A. Böhlig, Triade und Trinität in den Schriften von Nag Hammadi, in: Ders., Gnosis und Synkretismus. Gesammelte Aufsätze zur spätantiken Religionsgeschichte, 1. Teil, WUNT 47, Tübingen 1989, 289–311. Vgl. unten Anm. 466. 417 Siehe unten S. 93. 418 Vgl. Aug. trin. IV, iii, 5 (CChr.SL 50, 165, 10 M.): Mors autem animae impietas est mit Rufin. sent. Sext. 208: animae autem mors iniustitia et impietas (37 Chadwick; vgl. auch Aug. serm. 65, iv, 5 [PL 38, 428 M.]). Die andere mögliche Anspielung oben Anm. 256. Wenn Augustinus in trin. IV, iii, 5 tatsächlich auf die Sextussentenzen anspielt und der Passus aus der Zeit vor der Bekanntschaft mit Schriften des Pelagius stammen sollte, so wäre Altaners wohlbegründete Ansicht zu korrigieren, Augustinus habe die Sentenzen nur aus Zitaten bei Pelagius gekannt (Schriften [wie Anm. 236], 215). Gut möglich ist aber auch, daß trin. IV großenteils erst nach 411 verfaßt wurde (oben S. 41) oder trin. IV, iii, 5 noch zum spät hinzugefügten Proömium gehört (oben S. 21 f.). 415

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c) Origenes Unter den Parallelstellen zu De trinitate aus Origenes, die Glorie angibt, sind drei erwägenswert. Die Reflexionen über den Zusammenhang von imago Dei-Lehre und homo interior419 in den von Rufin übersetzten Genesishomilien I, 13 und XIII, 4 kommen beide in Frage, zumal Altaner anhand anderer Schriften Augustins nachweisen konnte, daß dieser mindestens die Homilien I und II des Alexandriners gelesen hat.420 Wenn − drittens − Augustinus die von Tierkadavern stammenden Fellkleider, die Gott für Adam und Eva nach dem Sündenfall macht (Gen 3, 21), als Zeichen der Sterblichkeit auslegt, so könnte er Origenes folgen, denn diese Allegorese begegnet in einer der von Rufin übersetzten und Augustinus bekannten421 Homilien zum Buch Leviticus.422 Ob Augustinus hier direkt aus Origenes schöpft, ist freilich nicht ganz sicher. Denn sehr ähnliche, offenbar von Origenes übernommene Allegoresen gibt es etwa auch bei Gregor von Nyssa.423 − Eine weitere, vierte Parallele in Origenes’ Genesishomilie I, 15 ist bisher übersehen worden.424 419

Vgl. Aug. trin. XII, vii, 12 (CChr.SL 50, 366, 71–84 M.) und XIV, iii und iv (CChr.SL 50a, 426–428) mit Rufin. Orig. in Gen. I, 13 (SC 7bis, 56–64 Doutreleau) und XIII, 4 (326–332 D.). 420 Altaner, Schriften (wie Anm. 236), 232–235. 421 Altaner (ebd. 236–239) sucht anhand der ähnlichen »Fellkleid«-Stelle in Aug. in psalm. ciii, i, 8 (CChr.SL 40, 1479 f., 7–16 Dekkers/Fraipont) Augustins Kenntnis dieser Origenes-Homilie nachzuweisen und bietet mehrere patristische Parallelstellen, allerdings ohne De trinitate zu erwähnen. Mit umfassenderem Material (doch wieder ohne trin.) stützt J. Pe´pin (Saint Augustin et le symbolisme ne´oplatonicien de la veˆture, AugMag 1, 1954, 293– 306; hier 301–306) Altaners Quellenhypothese. 422 Vgl. Rufin. hom. Orig. in Lev. VI, 2 (GCS Orig. VI, 362, 15–19 Baehrens) mit Aug. trin. XII, xi, 16 (CChr.SL 50, 370, 5–26 M.). Daß Rufin hier eine wirklich von Origenes geäußerte Deutung wiedergibt, also vermutlich korrekt übersetzt, folgt aus den Parallelstellen Orig. selecta in Gen. 3, 21 (PG 12, 101 B Delarue) und Theodoret. quaest. XXXIX in Gen. (PG 80, 140 D–141 A Schulze); es war allerdings eine anderslautende Interpretation, die Origenes zum zentralen Vorwurf gemacht wurde, nämlich die Deutung des Fellrockes als Leib der Seele: Method. res. I, 29, 4 (GCS Method. 259, 56–260, 5 Bonwetsch) und Epiphan. haer. 64, 4, 9 (GCS Epiphan. II, 412, 12–15 Holl/Dummer). Vgl. Ch. Markschies, Valentinus Gnosticus? Untersuchungen zur valentinianischen Gnosis mit einem Kommentar zu den Fragmenten Valentins, WUNT 65, Tübingen 1992, 284–289, und Pe´pin, Saint Augustin et le symbolisme (wie Anm. 296). Daß Origenes erstens beide Deutungen kannte und zweitens die ihm später vorgeworfene für unsicher erklärte, ist Theodoret. quaest. XXXIX in Gen. (PG 80, 140 C–141 A Migne) zu entnehmen. 423 Vgl. Greg. Nyss. or. catech. mag. viii (GNO III/4, 30, 3–16 Mühlenberg); beat. VIII (GNO VII/2, 161, 9 – 162, 3 Callahan); hom. in cant. II (GNO VI, 60, 18 Langerbeck) und XI (327, 14) sowie weitere (von E. Moutsoulas, ëH saÂrkvsiw toyÄ loÂgoy kaiÁ hë ueÂvsiw toyÄ aÆnurvÂpoy kataÁ thÁn didaskaliÂan GrhgoriÂoy toyÄ NyÂsshw, Athen 1965, 84–96, detailliert im Zusammenhang mit der Lehre Gregors von den Folgen des Sündenfalls dargestellte) Stellen. Insgesamt 16 Zitate aus Gen 3, 21 bei Gregor verzeichnet die Biblia patristica, Bd. 5, Paris 1991, 144. − Daß Gregor von Nyssa hier aus Origenes’ Hohelied-Kommentar schöpfe, belegt Langerbeck mit Übereinstimmungen zwischen Greg. Nyss. hom. in cant. und dem aus Origenes referierenden Passus Ambr. Isaac (CSEL 32/1, 670–681 Schenkl), hier Greg. Nyss. hom. in cant. XI (GNO VI, 327, 14 L.) = Ambr. Isaac 6, 52 [676, 16 Sch.]), jeweils anläßlich Hld 5, 3. Wohlgemerkt meint Altaner (Schriften [wie Anm. 236], 238 und 285), daß Augustinus Gregors Werke nicht kannte.

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Sehr kurz und nicht ganz sachgemäß streift Willy Theiler die Kritik am dominus-Argument von Origenes in De trinitate V.425 Origenes hatte gemeint, weil Gott ewiger Allherrscher sei, müsse auch ewig ein von ihm Beherrschtes existieren, so daß die Welt keinen Anfang haben könne.426 Augustinus wendet allem Anschein nach gegen dieses Argument ein, die Bezeichnung dominus komme Gott erst in der Zeit zu, weil die Schöpfung eben nicht ewig sei.427 Keine der Stellen, an denen Origenes seine Theorie äußert, ist in Glories Quellenapparat zu De trinitate angegeben. Hingewiesen sei auf Altaners Begründung dafür, daß Augustinus spätestens zum Zeitpunkt der Abfassung des elften und zwölften Buches des »Gottesstaates« (also um 417/418) De principiis in der Übersetzung Rufins gekannt habe.428 Für die Lehre von der »unsichtbaren Sendung« des Logos und dem damit zusammenhängenden Verständnis des Gesandtwerdens als Erkanntwerden in De trinitate IV versucht Joseph S. O’Leary den Johanneskommentar des Origenes als Bezugspunkt herauszustellen, wobei er betont, daß es sich um ein isoliertes Theologumenon handle, das Augustinus in den späteren Teilen von De trinitate nicht mehr vertreten habe.429 Seit langem besteht das dringende Desiderat, den Wandel von Augustins Verhältnis zu den Werken und Gedanken des Origenes einmal gründlich zu erforschen.430 Für De trinitate wären wahrscheinlich wichtige Resultate zu er424

Vgl. unten, Ende von Anm. 560. W. Theiler, Augustinus und Origenes, in: Aug(M) 13, 1968, 423–432; erneut in: Ders., Untersuchungen zur antiken Literatur, Berlin 1970, 543–553. Unrichtig ist die Behauptung (429 bzw. 549), daß es laut trin. »nur in der Zeitlichkeit Relationsverhältnisse gibt«. Die innertrinitarischen Relationen sind im Gegenteil gerade nicht zeitlich. 426 Orig. princ. I, ii, 10 (GCS Orig. V, 42, 11–14 K. griechisch, 15–20 in Rufins Übersetzung, vgl. 41, 12 – 42, 10). 427 Aug. trin. V, xvi, 17 (CChr.SL 50, 224, 1 – 227, 78 M.). Vgl. dazu unten S. 204 ff. Bereits Hermogenes hatte behauptet, es müsse von Ewigkeit her etwas gegeben haben, worüber Gott Herr gewesen sei (Tert. adv. Hermog. iii, 1 [CChr.SL 1, 398, 12–16 Kroymann]); Tertullian antwortet darauf, Deus sei Name seiner Substanz, dominus hingegen Name seiner Macht über die Schöpfung, also Bezeichnung von etwas Akzidentellem, das ihm erst seit Existieren der Schöpfung zukomme (ebd. iii, 2–4 [398, 19 – 399, 10 K.]). Daß Augustinus dennoch auf Origenes und nicht Hermogenes zielt, zeigt seine Redeweise von der ewigen Schöpfung für die von ihm abgelehnte Konzeption (trin. V, xvi, 17 [CChr.SL 50, 225, 6 f. M.]). 428 Altaner, Schriften (wie Anm. 236), 230–232. 429 J. S. O’Leary, The Invisible Mission of the Son in Origen and Augustine, in: Origeniana septima. Origenes in den Auseinandersetzungen des 4. Jahrhunderts, hg. von W. A. Bienert/ U. Kühneweg, BEThL 137, Löwen 1999, 605–622. Vgl. unten Anm. 859. 430 Überblick zum Forschungsstand bis 1986: Bartelink, Die Beeinflussung Augustins (wie Anm. 409), 14–18. Vergleich der beiden Theologen: H. Chadwick, Christian Platonism in Origen and Augustine, in: Origeniana tertia. The Third International Colloquium for Origen Studies, hg. von R. P. C. Hanson/H. Crouzel, Rom 1985, 217–230, Nachdruck in: Ders., Heresy and Orthodoxy in the Early Church, Aldershot 1991, CStS 342, Nr. XII. Vgl. G. Sfameni Gasparro, Agostino di fronte alla ›eterodossia‹ di Origene: Un aspetto della questione origeniana in Occidente, in: Aug.(L) 40, 1990 (= Collectanea Augustiniana [FS T. J. van Bavel], Bd. 1), 219–243; erneut in: Ders., Origene e la tradizione origeniana in Occidente. 425

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warten, zumal Augustinus in späten Jahren wußte, daß sich der Streit um Origenes auch auf Fragen der Trinitätslehre bezog, besonders auf die Subordination des Sohnes unter den Vater bis zur Kreatürlichkeit.431 d) Eusebius von Caesarea Bekanntlich schließt Augustinus in De trinitate gelegentlich von der oiÆkonomiÂa auf die ueologiÂa, also etwa von der biblisch bezeugten Sendung des Sohnes durch den Vater auf den Hervorgang des Sohnes aus dem Vater. Basil Studer meint, daß dieses theologische Verfahren von Origenes entwickelt und durch Eusebius von Caesarea ausgebaut worden sei. Augustinus setze diese Linie fort.432 Allerdings äußert sich Studer nicht zu der entscheidenden Frage, ob Augustinus die entsprechenden Schriften Eusebs gekannt hat. Das bislang einzige (schwache) Indiz in dieser Richtung ist von Studer übersehen und von Shinro Kato beobachtet worden: Augustins Beispiel eines Rätsels als dunkler Allegorie im letzten Buch von De trinitate ist Spr 30, 15: Sanguisugae tres erant filiae.433 Diese von Augustinus nur hier (und auch von anderen Vätern selten) zitierte Stelle, scheint zuvor lediglich in Eusebs Werk gegen Markell als Beispiel eines Rätsels bezeichnet worden zu sein. Diese Parallele genügt natürlich noch nicht, um Augustins Kenntnis dieses Werks oder einer lateinischen Übermittlungsstufe zu beweisen. Aber es könnte sich lohnen, nach weiteren Argumenten zu suchen, die eine solche Kenntnis entweder als wahrscheinlich oder als unwahrscheinlich erweisen.

Letture storico-religiose, BSRel 142, Rom 1998; V. Grossi, La presenza in filigrano di Origene nell’ultimo Agostino (426–430), Aug(R) 30, 1990, 423–440; ders., L’origenismo latino negli scritti agostiniani: dagli origenisti agli origeniani, Aug(R) 46, 2006, 51–88. Wichtig ist die gründliche Arbeit von G. Heidl, Origen’s Influence on the Young Augustine. A Chapter of the History of Origenism, Louaize/Piscataway, NJ 2003, worin Einflüsse nachgewiesen werden und ihr Verschweigen seitens Augustins auf den Streit um die Orthodoxie des Origenes zurückgeführt wird. 431 Aug. haer. xliii (CChr.SL 46, 310, 1–8 Vander Plaetse/Beukers): »Origeniani,« inquit, »alii, qui et Adamantii tractatoris, qui et mortuorum resurrectionem repellunt, Christum autem creaturam et spiritum sanctum introducentes, paradisum autem et caelos et alia omnia allegorizantes.« Haec quidem de Origene Epiphanius. Sed qui eum defendunt unius eiusdemque substantiae esse dicunt docuisse patrem et filium et spiritum sanctum, neque resurrectionem reppulisse mortuorum. 432 B. Studer, Die historische Theologie des Eusebius von Cäsarea, Ada. 10, 2004, 138– 166 (erneut in: Ders., Durch Geschichte zum Glauben [wie Anm. 733], 205–251); Geschichte und Glaube bei Origenes und Augustinus, CrSt 25, 2004, 1–24 (Durch Geschichte zum Glauben, 177–203); Discorso all’inaugurazione dell’Anno Accademico di S. Anselmo (12 ottobre 1998), in: Ders., Mysterium Caritatis (wie Anm. 733), 23–33. 433 Vgl. Aug. trin. XV, ix, 15 (CChr.SL 50a, 481 f., 25–27 M.) mit Euseb. c. Marcell. I, 3, 14–16 (GCS Euseb. IV, 16, 33 – 17, 13 Klostermann). Vgl. S. Kato, ›Per speculum‹ and ›in aenigmate‹ − Remarks on Augustine’s Method of his Trinitarian Thinking in the XVth Book of De Trinitate, PJSPS 1, 2001, 201–212.

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e) Athanasius Altaner hält eine Benutzung der zweiten Arianerrede des Athanasius aufgrund einer Parallelstelle in De trinitate VI für sehr wahrscheinlich und vermutet die Existenz einer lateinischen Übersetzung, die Augustinus vorgelegen habe434 − es wäre seinen Quellenstudien zufolge der einzige Beweis für Augustins Kenntnis eines echten Textes von Athanasius außer der (lateinisch übersetzten) Vita Antonii. Dieses Ergebnis wäre von großer Tragweite, doch die Begründung überzeugt nicht. Die von Glorie im Quellenapparat zu der betreffenden AugustinusStelle vermerkten Abschnitte aus zwei lateinischen Pseudo-Athanasiana sind nämlich viel ähnlicher. Doch keine auch dieser beiden Parallelstellen muß zwingend als Augustins Vorlage gelten, die vorerst unsicher bleibt.435 Echte Athanasius-Texte vermerkt Glories gesamter Apparat nicht. Maiers Versuch, von Altaners vermeintlicher Entdeckung ausgehend weitere Einflüsse von Athanasius’ Reflexionen über Theophanie und Sendungen in den drei antiarianischen Reden auf Augustinus zu erwägen, steht darum ebenfalls auf schwachen Füßen.436 In einem Aufsatz aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges, als Unterschiede zwischen Ost und West zu unüberwindlichen Gegensätzen hochstilisiert wurden, verglich Arthur Hilary Armstrong knapp die trinitätstheologischen Positionen von Athanasius und Augustinus.437 Beide verträten im Grundsatz die gleiche nizänische Position, indem sie die Einheit Gottes und gleichzeitig die volle Gottheit des Sohnes betonen. Athanasius habe deutlicher als Augustinus gesehen, daß die arianische Einbindung des Sohnes in eine absteigende göttliche Hierarchie eine Grundposition heidnisch-antiken religiösen Denkens wiederhole, die sich noch im Platonismus Plotins spiegle. Andererseits habe sich Athanasius häufig der »emanationistischen« Sprache von Hebr 1, 3 bedient (der Sohn als aÆpayÂgasma thÄw doÂjhw), aber im Unterschied zu heidnischen Denkern das Erzeugnis der Emanation im Falle des Sohnes nicht als geringer gegenüber der Quelle angesehen. Analog sei Augustinus mit den drei Hypostasen Plotins und dessen Analyse des inneren Lebens der zweiten Hypostase verfahren: Er habe das subordinierende Grundmuster ausgeblendet und aus diesem fruchtbaren Mißverstehen Plotins seine psychologische Trinitätslehre gewonnen. Der Kern der letzteren, so Armstrongs Schlußüberlegung, seien nicht die Analogien zwischen der Trinität und der menschlichen Seele, sondern die Betonung des einen göttlichen Lebens der drei Personen. Einheit, Leben und Liebe seien die Zentralbegriffe der augustinischen Trinitätslehre.

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Altaner, Schriften (wie Anm. 236), 266–268, vergleicht Aug. trin. VI, i, 1 (CChr.SL 50, 228 f., 17–25 M.) mit Athanas. Ar. II, 32 (Werke I/1, 208–210 Metzler/Savvidis). 435 Siehe unten S. 117. 436 J.-L. Maier, Les missions divines selon saint Augustin, Par. 16, Fribourg 1960, 35–37. 437 A. H. Armstrong, Some Aspects of the Teaching of St. Athanasius and St. Augustine About the Blessed Trinity, ECQ 5, 1942/44, 233–241. Vgl. oben S. 56 u. Anm. 279.

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f) Markell Paulus spricht in 1 Kor 15, 24–28 von der endzeitlichen Übergabe des Reiches durch Christus an den Vater und von der schließlichen Unterwerfung des Sohnes unter den, der ihm alles unterworfen hat. Augustinus gibt in De trinitate I eine ausführliche Exegese dieses eschatologischen Abschnitts. Nun haben diese Bibelverse eine reiche exegetische Vorgeschichte, die bereits ausgiebig erforscht worden ist, allerdings nie mit Ausziehung der Linien bis Augustinus.438 So scheint etwa Origenes in der Stelle eine Begründung seiner Apokatastasis-Lehre gefunden zu haben. In der Theologiegeschichte des vierten Jahrhunderts diente der Passus einerseits subordinatianischen, nichtnizänischen Theologen als Beweis dafür, daß der Sohn dem Vater untergeordnet sei, anderseits berief sich Markell von Ankyra in seiner Schrift gegen den »Arianer« Asterius an Konstantin auf diese Stelle. Denn Markell vertrat eine Theorie von der Einzigkeit Gottes in einer Person; diese Person dehnt sich durch das Tätigsein Gottes zu einer Dreiheit aus und wird am Ende wieder zur Einheit. Dann nämlich wird sich die inkarnatorische Teilherrschaft des menschgewordenen Gottes durchgesetzt haben, die inkarnatorische Vermittlung wird nicht mehr nötig sein und Christi Reich insofern ein Ende haben. Kennt Augustinus diesen Streit zwischen Nizänern und Nichtnizänern um die rechte Auslegung der Stelle? Hat er ihn in De trinitate im Blick? Michel Rene´ Barnes meint, daß Augustinus in De trinitate I, viii, 15 bei der Analyse gewisser Deutungen von 1 Kor 15, 28 keine Kenntnis der Tatsache verrate, daß es sich um eine der wichtigsten Bibelstellen in der Theologie Markells handelt.439 Barnes analysiert die quaestio lxix der Schrift De diversis quaestionibus LXXXIII Augustins, die ebenfalls 1 Kor 15, 28 gewidmet ist. In dieser quaestio wendet sich Augustinus offensichtlich gegen den Subordinatianismus und nicht gegen Markell (was aber noch nicht notwendig auch für De trinitate 438 E. Molland, »Des Reich kein Ende haben wird«. Hintergrund und Bedeutung einer dogmatischen Aussage im nicäno-constantinopolitanischen Glaubensbekenntnis, in: Ders., Opuscula patristica, Oslo/Bergen/Tromsö 1970, 235–253; E. Schendel, Herrschaft und Unterwerfung Christi. 1. Korinther 15, 24–28 in Exegese und Theologie der Väter bis zum Ausgang des 4. Jahrhunderts, BGBE 12, Tübingen 1971; J. T. Lienhard, The Exegesis of 1 Cor 15, 24–28 from Marcellus of Ancyra to Theodoret of Cyrus, VigChr 37, 1983, 340–359. Forschungsbericht mit weiteren Titeln: K. Seibt, Die Theologie des Markell von Ankyra, AKG 59, Berlin/New York 1994, 116–123. 439 Barnes, Rereading Augustine on the Trinity (wie Anm. 774), 166, Anm. 36. In dem Aufsatz »Exegesis and Polemic« (wie Anm. 778), 49, Anm. 22, nimmt Barnes dagegen in Aug. trin. I, viii, 15 (CChr.SL 50, 47, 6–9 M.) eine Wiedergabe (»rehearsal«) von Markells und Photins Theologie an. − Vgl. zu den Fragmenten von Markells Auslegung: Seibt, Die Theologie des Markell (wie Anm. 438), 409–441; Markell von Ankyra, Die Fragmente. Der Brief an Julius von Rom, hg., eingeleitet und übersetzt von M. Vinzent, SVigChr 39, Leiden/ New York/Köln 1997, Reg. der Bibelstellen, 162. − Der Hinweis von Kato auf eine Parallelstelle in De trinitate zu Eusebs Werk gegen Markell (oben Anm. 433) sollte weiterverfolgt werden. − Augustins Exegese von 1 Kor 15, 24–28 erstreckt sich über trin. I, viii, 15 – xiii, 28 (CChr.SL 50, 46, 1 – 71, 43 M.).

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gelten muß). In der anti-subordinatianischen Stoßrichting sieht Barnes ein weiteres Indiz für die Richtigkeit seiner Annahme, daß Augustinus hier wie in De trinitate gegen lateinische Homöer polemisiere. Allerdings vermag Barnes nur eine einzige Belegstelle aus einem homöischen Text zu geben, in dem auf 1 Kor 15, 28 angespielt wird − weitere Stellen aus nizäakritischen Dokumenten hat er offenbar übersehen.440 Die Herausgeberin der Quaestiones, Almut Mutzenbecher, gibt als Quellen der quaestio lxix Hilarius, De trinitate XI, 8. 21–49; Ambrosius, De fide V, 12, 148 – 16, 192, und Hieronymus, epistula 55, 3 an.441 Vor allem der Hinweis auf Hilarius deckt sich mit van Bavels Analysen.442 Augustinus scheint in De trinitate aber auch Theologen zu kritisieren, die aus der Paulusstelle eine Verwandlung Gottes herauslesen. Meint Augustinus vielleicht Markell von Ankyra, den er allerdings in keinem seiner Werke namentlich erwähnt? Bei Ambrosius könnte Augustinus eine undeutliche Skizze von dessen Deutung der Paulusstelle gelesen haben.443 Auch kannte Augustinus spätestens um 405 einen Codex mit dem Synodalbrief von Serdika Ost, in dem Markell verurteilt wird.444 Ob Augustinus die von Markell beeinflußte theo440 Barnes, Rereading Augustine on the Trinity (wie Anm. 774), nennt nur eine Anspielung auf 1 Kor 15, 28 seitens des Palladius, der auf der Synode von Aquileia 381 sagt: Filius subiectus patri, filius praecepta patris custodit. Ambrosius präzisiert daraufhin: Subiectus secundum carnis rationem, und Sabinus fordert noch exakter: Dicat si secundum divinitatem subiectus est patri an secundum incarnationem (acta 39: CSEL 82/3, 350, 511–517 Zelzer). − Studer diskutiert nur die von Barnes gelieferte Belegstelle und zieht unter Hinzunahme des Sendungsthemas den möglichen, aber unbewiesenen Schluß, vor allem Palladius habe »die lateinischen Nizäner, Augustinus eingeschlossen, gezwungen«, ihre Bibelhermeneutik neu zu formulieren (Augustins De Trinitate [wie Anm. 732], 170; vgl. unten S. 128). Zu beachten wären jedoch zusätzlich: Frg. 2 Bob. (CChr.SL 87, 233, 25–35 Gryson), Serm. Arian. 34 (CSEL 92, 44, 202 Suda) und die »Blasphemie von Sirmium« 357 (bei Hil. syn. xi [PL 9, 489 Maffei] = BSGR § 161 [201 Hahn]). In der PL, in Hahns BSGR und bei J. Ulrich (Einleitung: Phoebadius, Contra Arianos − Streitschrift gegen die Arianer, FC 38, Freiburg u. a. 1999, 7–85; hier 45) fehlt der Hinweis, daß die sirmische Formulierung filium subiectum cum omnibus his quae ipsi pater subiecit auf 1 Kor 15, 28 anspielt. Zu Augustins möglicher Kenntnis von Hil. syn. unten S. 102. Berichte über die subordinatianische Auslegung der Stelle etwa bei Greg. Naz. or. 30, 4–6 (SC 250, 230–239 Gallay) im Blick auf Eunomius (vgl. dessen Liber apologeticus 27 [72, 14 f. Vaggione]) und bei Phoebad. c. Arian. xvi (CChr.SL 64, 40 f. Demeulenaere) für die Homöer. 441 Aug. divers. quaest. lxix (CChr.SL 44a, 184–196 Mutzenbecher). Zu denken wäre vielleicht noch an Zeno II, v (II, 6), 1–10 (CChr.SL 22, 165–167 Löfstedt). 442 T. J. van Bavel, Recherches sur la christologie de saint Augustin. L’humain et le divin dans le Christ d’apre`s saint Augustin, Par. 10, Fribourg 1954, S.54 f. 443 Ambr. fid. V, 13, 162 f. (CSEL 78, 274, 42–57 Faller) mit der trotz Markschies (FC 47/3, 707) nicht unplausiblen Konjektur von R. Cantalamessa, Sant’Ambrogio di fronte ai grandi dibattiti teologici del suo seculo, in: G. Lazzati (Hg.), Ambrosius episcopus, Bd. 1, Mailand 1976, 483–539; hier 505: Marcelliani statt Marcionitae. 444 Hil. coll. antiar. A IV 1, 2 (CSEL 65, 49, 22 – 50, 3 Feder); Augustinus hielt das Synodalschreiben um 405 dem Donatisten Cresconius vor, vgl. unten Anm. 1786. Vgl. Hil. coll. antiar. B II 9, 2 (CSEL 65, 147, 1–3 F.). − Markells Exegese der Stelle wird ohne Nennung seines Namens kritisiert z. B. bei Mar. Victorin. adv. Arium I A, 37–39 (CSEL 83, 123, 42 – 126, 34 H./H.) und Eus. Emes. serm. III de fide, 24 (I, 93 Buytaert [lateinische Übersetzung des vierten oder fünften Jahrhunderts]).

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logische Erklärung der westlichen Synode von Serdika 342 oder 343 gelesen hat, in der die Ewigkeit des Reiches gleichwohl bekräftigt wird, ist wohl noch nicht erforscht.445 Vielleicht trifft die Auffassung von Nello Cipriani zu, daß Augustinus sich in De trinitate gegen die Paulusdeutung des Marius Victorinus richte, der am Ende der Weltgeschichte eine Verwandlung von allem in spiritalia annahm.446 In einem anderen Werk scheint Augustinus die Paulusstelle gegen Origenes zu interpretieren.447 Die Frage, welche Deutungen von 1 Kor 15, 24–28 Augustinus in De trinitate ablehnt, bedürfte einer Untersuchung. g) Pseudo-Basilius (Apolinarius von Laodicea?) Für das Grundargument der Eunomianer, aus der Verschiedenheit von aÆgeÂnnhtow und gennhtoÂw auf die Wesensverschiedenheit von Vater und Sohn zu schließen, gibt Glorie das pseudo-basilianische vierte Buch von Adversus Eunomium (CPG 2571) als Quelle an.448 Allerdings ist dieser Hauptsatz der Eunomianer natürlich ein Polythryleton. Eine antike lateinische Übersetzung des Pseudo-Basilius ist nicht bekannt. Doch fällt auf, daß Augustins Gegenargument − wenige Zeilen später − ebenfalls eine (von Glorie bemerkte) Parallele im selben pseudo-basilianischen Buch hat, die dort nur wenige Abschnitte entfernt von der ersten Stelle steht: nämlich der Einwand, wenn der Vater ingenitus genannt werde, so werde nicht gesagt, was der Vater sei, sondern was er nicht sei.449 Ob Augustinus den Pseudo-Basilius oder eine gemeinsame Quelle kannte, sollte erforscht werden.450 445 Der griechische Text des westlichen Serdicense bei Theodoret. h. e. II, viii, 37–52; hier besonders 47 f. (GCS N. F. 5, 116, 17 – 117, 2 Parmentier/Hansen, nach der Rekonstruktion von F. Loofs), bessere Ausgabe unter Heranziehung der Parallelüberlieferung bei M. Tetz, Ante omnia de sancta fide et de integritate veritatis. Glaubensfragen auf der Synode von Serdika (342), ZNW 76, 1985, 243–269; hier 252–254. Möglicherweise wurde der Text schon auf der Synode zweisprachig griechisch-lateinisch verfaßt (so L. W. Barnard, The Council of Serdica 343 A. D., Sofia 1983, 98–101), die lateinische Fassung ist wohl nicht identisch mit derjenigen in EOMIA I, 651–653 Turner, in der es heißt: semper sine principium [Tetz: sine principio et] sine fine hunc cum Patre regnare, ac nullum tempus habere nec minui regnum eius: quoniam quod semper est numquam accipit initium nec minui poterit. E. Schwartz meint zeigen zu können, daß u. a. dieses Aktenstück ab 419 in Karthago vorhanden war (Über die Sammlung des Cod. Veronensis LX, ZNW 35, 1936, 1–23). Zum markellischen Charakter des Textes vgl. J. Ulrich, Die Anfänge der abendländischen Rezeption des Nizänums, PTS 39, Berlin/New York 1994, 87–91. 446 Cipriani, La presenza di Mario Vittorino nella riflessione trinitaria di S. Agostino (wie Anm. 542), hier 272: Mar. Victorin. adv. Arium I A, 36 (CSEL 83/1, 121, 22 H./H.); in Phil. 3, 21 (CSEL 83/2, 215–217 Gori). 447 Aug. c. Priscill. 7, 8 (CChr.SL 49, 171, 172–199 Daur). 448 Vgl. Aug. trin. V, vi, 7 (CChr.SL 50, 212, 25–30 M.) mit Ps.-Basil. adv. Eunom. IV (PG 29, 685 A Garnier). Weitere Parallele unten Anm. 461; zur Verfasserfrage s. S. 464 f. 449 Ebd. (PG 29, 684 B G.): EiÆ aÆgeÂnnhton leÂgoysi toÁn UeoÁn, oÏti mhÁ eÆgennhÂuh, oyÆ ti eÆstin hë oyÆsiÂa ayÆtoyÄ leÂgoysin aÆllaÁ ti oyÆk eÍstin. Vgl. Aug. trin. V, vi, 7 (CChr.SL 50, 212, 46 f. M.): Cum vero ingenitus dicitur pater, non quid sit sed quid non sit dicitur. Die von F. X. Risch, Pseudo-Basilius Adversus Eunomium IV-V. Einleitung, Übersetzung und Kommentar, SVigChr 16, Leiden/New York/Köln 1992, 133, angegebenen Parallelstellen zu Ps.-Basilius aus Gregor von Nyssa und Basilius sind von Augustins Formulierung weiter entfernt.

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h) Basilius von Caesarea Für Augustins trinitarische Exegese des Plurals in Gen 1, 26: faciamus hominem ad imaginem et similitudinem nostram451 verweist Glorie auf Gedanken in Basilius’ vierter Homilie zum Sechstagewerk. Gemeint ist aber die neunte Homilie, zudem sollte statt des griechischen Originals sachgemäßer die lateinische Übersetzung des Eustathius angegeben werden, welche Augustinus gelesen hat.452 In den Formulierungen freilich findet sich kaum Übereinstimmung, so daß vielleicht eher die Basilius oder Gregor von Nyssa zugeschriebene Homilie über die Erschaffung des Menschen als Quelle zu erwägen wäre.453 Die übrigen von Glorie auf Basilius bezogenen Quellenangaben zu De trinitate, darunter Contra Eunomium, betreffen übliche Topoi und besagen wenig. Altaner sah noch keinerlei Indiz für Augustins Kenntnis von Basilius’ echtem Werk gegen Eunomius,454 allerdings liegt inzwischen ein Versuch vor, eine solche Lektüre durch eine Stelle in den Confessiones nachzuweisen.455 Benoıˆt Pruche meint, das eigentliche Novum von Basilius’ De spiritu sancto, nämlich die Unterscheidung der Hervorgänge durch Zeugung und Hauchung, sei über Didymus und Ambrosius zu Augustinus gelangt; dagegen sei die Deutung des Heiligen Geistes als personale Liebe, die in Gott hervorgeht, das Eigentum Augustins.456 Eine exakte Untersuchung darüber steht noch aus. 450

Andeutungen bei P. Gemeinhardt, Apollinaris of Laodicea: A Neglected Link of Trinitarian Theology between East and West?, ZAC 10, 2006, 286–301. 451 Aug. trin. VII, vi, 12 (CChr.SL 50, 266, 140–146 M.). Vgl. I, vii, 14 (CChr.SL 50, 46, 41–43 M.) etc. 452 Eustath. Basil. hex. IX, 6, 9–25 (TU 66, 123–125 de Mendieta/Rudberg), übersetzt Basil. hex. IX, 6 (GCS N. F. 2, 158, 11 – 159, 26 de Mendieta/Rudberg). Vgl. Altaner, Schriften (wie Anm. 236), 270–273 (Zitate dieser Übersetzung bei Augustinus). 453 Basil. (?) hom. 1 de creat. hom. (CPG 3215) 4 (SC 160, 174, 10 – 176, 28 Smets/van Esbroeck = 7, 8 – 8, 10 Hörner). Die Stelle wurde bisher wohl übersehen. Daß Augustinus die Homilie, in wessen Übersetzung auch immer, gekannt haben könnte, ist aufgrund der von H. Somers (Image de Dieu. Les sources de l’exe´ge`se augustinienne, RE´Aug 7, 1961, 105–125) entdeckten Parallelstellen zu Aug. gen. ad litt. nicht ganz unwahrscheinlich. Vgl. unten Anm. 600. 454 Altaner, Schriften (wie Anm. 236), 276. 455 J. F. Callahan, Basil of Caesarea. A New Source for St. Augustine’s Theory of Time, HSCP 63, 1958, 437–454, vergleicht Aug. conf. XI, xxiii, 29 (CChr.SL 27, 208 f., 1–14 Verheijen) mit Basil. adv. Eunom. I, 21 (SC 299, 246–250 Sesboüe´), bestätigt von R. Sorabji, Time, Creation and the Continuum. Theories in Antiquity and the Early Middle Ages, London 1983, 31. Kenntnis von Basilius’ Homilia XV (de fide) in Rufins Übersetzung (Rufin. Basil. hom. VI, PG 31, 1781–85 Garnier) und Homilia XVI (in illud: in principio erat verbum) in Griechisch (PG 31, 472–481 Garnier) meint S. Poque aufgrund der Terminologie für den Aufstieg der Seele zu Gott in mehreren Werken Augustins (De trinitate berücksichtigt sie nicht) festzustellen: L’expression de l’anabase plotinienne dans la pre´dication de saint Augustin et ses sources, RechAug 10, 1975, 187–215. Vgl. P. J. Fedwick, The Translations of the Works of Basil Before 1400, in: Ders. (Hg.), Basil of Caesarea: Christian, Humanist, Ascetic, Bd. 2, Toronto 1981, 439–512; hier 455–473. Zu einer weiteren Basilius-Stelle in trin. unten Anm. 600. − Vgl. zum Hintergrund G. J. M. Bartelink, Basilius, AugLex I, 1986–94, 614–617; E. Cavalcanti, Il significato dell’esegesi letterale in Basilio e in Agostino. Omelie sull’Esamerone e De Genesi ad litteram I-III, ASEs 4, 1987, 119–142.

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i) Gregor von Nazianz In Contra Iulianum zitiert Augustinus Passagen aus den von Rufin übersetzten Orationes des Gregor von Nazianz.457 Für De trinitate vermögen Altaner und ihm folgend Glorie jedoch nur in Gregors dritter theologischer Rede (also Oratio 29 aus dem Jahre 380) eine unmittelbare Quelle Augustins zu sehen, obwohl dieser Text nicht zu den von Rufin übersetzten gehört. Augustinus zitiert in De trinitate XV die bekannte antinizänische Fangfrage, utrum deus filium volens an nolens genuerit. 458 Die erste der beiden Möglichkeiten, daß nämlich Gottvater den Sohn unwillentlich (also gleichsam versehentlich) gezeugt hat, erscheint von vornherein ausgeschlossen. Aber auch die zweite Möglichkeit bereitet Probleme: Hat der Vater den Sohn willentlich gezeugt, scheint der Sohn nicht dem Wesen, sondern wie ein Geschöpf dem Willen des Vaters zu entstammen, und genau auf diese Annahme liefen die Ansichten des Arius wie des Eunomius hinaus.459 Die überwiegend von subordinatianisch denkenden orientalischen Bischöfen abgehaltene Synode von Sirmium 351 verurteilte beide Möglichkeiten.460 Verschiedene Formulierungen und Varianten des Dilemmas werden in zahlreichen, bisher nie vollständig zusammengestellten patristischen Texten diskutiert, allerdings selten ausdrücklich Eunomius in den Mund gelegt wie bei Augustinus.461 Aber die von Augustinus als scharfsinnig bezeichnete Gegenfra456 B. Pruche, Introduction, in: Basile de Ce´sare´e, Sur le Saint-Esprit, SC 17bis, Paris 1968, 1–248; 219–225 unter Bezug auf Basil. spir. xviii, 46 (SC 17bis, 408, 4 Pruche). 457 Nachweise bei Altaner, Schriften (wie Anm. 236), 279 f., Ergänzung dazu: W. Eborowicz, Identification de deux citations augustiniennes, RE´Aug 12, 1966, 261 f. (weist ein Zitat aus Rufin. Greg. Naz. or. 6 [17], 5 nach). Es ist bezeichnend für die im angelsächsischen Raum dramatisch nachlassende Kenntnis der nicht-englischsprachigen Forschung, daß etwa L. Ayres in einem Lexikonartikel über Augustins Rezeption der Kappadokier im Blick auf Rufins Gregor-Übersetzung allen Ernstes behauptet: »there is no direct evidence of this translation in Augustine’s corpus« (Art. The Cappadocians, AugTA, 1999, 121–124; hier 123). Die deutschen, französischen und italienischen Publikationen werden ignoriert, die angelsächsischen Forscher fangen wieder von vorne an mit der Forschung und werden früher oder später all das »entdecken«, was längst bekannt ist. August Boeckhs berühmte Bestimmung der Aufgabe von Philologie und Geschichtswissenschaft, Erkennen des Erkannten zu sein, erhält so eine neue, tragikomische Bedeutung. 458 Aug. trin. XV, xx, 38 (CChr.SL 50a, 516, 26 M.). 459 Arius, Urkunde 1, 4 (3, 1 Opitz) (Epiphan. haer. 69, 6, 6 [GCS Epiphan. III, 157, 12 H./D.]); Eunom. Lib. apolog. 24 (64, 2 V.). 460 Die Synode verdammt zuerst die Ansicht, der Sohn sei durch den Willen Gottes wie ein Geschöpf gemacht (anath. 24), sodann die These, der Vater habe den Sohn unwillentlich gezeugt (anath. 25): Athanas. syn. 27, 3 (Werke II, 256, 9–14 Opitz = BSGR § 160 [199 Hahn]); Hil. syn. xxxviii, Nr. XXIV f. (PL 9, 512 M.). Kannte Augustinus das Werk des Hilarius über die Synoden? Vgl. unten S. 102. 461 Vgl. beispielsweise Athanas. Ar. III, 59–67 (Werke I/1, 371–381 Metzler/Savvidis); Ps.-Basil. (Apolinarius?) adv. Eunom. IV (PG 29, 676 C G.); Epiphan. ancor. 52 (GCS Epiphan. I, 60 f. H.); id. haer. 69, 26, 5 f. (GCS Epiphan. III, 176, 21–29 H./D.); Greg. Naz. or. 29, 6 (SC 250, 186, 2 f. G.); Ambr. fid. IV, 9, 102 f. (CSEL 78, 193 f., 55–70 F.); Ps.-Athan. dial. de trin. II (PG 28, 1169 CD Montfaucon); Ps.-Athan. trin. X, iii (21, 8–20 Simonetti); Ps.-(?) Didym. trin. I, ix, 13–17. 27 f. (30, 6–17; 35, 1–11 Hönscheid); 2

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ge, utrum deus pater volens an nolens sit deus,462 vermag Altaner nur in der genannten Rede Gregors nachzuweisen.463 Darum könnte man erwägen, mit Chevalier und Glorie464 auch in Augustins Erörterung des Relationsbegriffs im fünften Buch gewisse Anklänge an diese Rede zu sehen. Allerdings lösen mehrere andere Texte das antinizänische Dilemma mit Gegenfragen auf, die nur in geringem Maße weniger Ähnlichkeit mit der von Augustinus referierten Gegenfrage zeigen als die Formulierung bei Gregor.465 Bisher übersehen worden ist, daß Augustinus sich mit exakt derjenigen trinitarischen »Familienanalogie« auseinandersetzt, die Gregor von Nazianz in seiner fünften theologischen Rede vorträgt: Adam, die aus seiner Rippe entnommene Eva und der von ihnen gezeugte Seth veranschaulichen für Gregor, daß innerhalb von drei Größen, denen Homousie zukommt, zwei aus einer dritten stammen können, und doch nur eine dieser beiden gezeugt ist.466 Augustinus läßt Ps.-Rufin. fid. 53 (132–134 Miller); Aug. epist. 238, iv, 25 (CSEL 58, 553, 10–12 G.); id. c. Arian. I, 2 (CSEL 92, 48, 31 – 49, 39 Suda) (etwas andere Variante: id. divers. quaest. l [CChr.SL 44a, 77 M.]); Cyrill. Alex. thes. vii (PG 75, 96 C Aubert); dial. trin. II, 453 e – 457 e (SC 231, 330–342 de Durand); Cereal. ix (272, 229–233 Baise); Ps.-Aug. solut. viii (CChr.SL 90, 155 f. Schwank); Fulg. Rusp. c. Arian. (CChr.SL 91, 81, 405–424 Fraipont); Agnell. epist. (112, 14 – 114, 29 Huhn). Bei Ps.-Basil. (Apolinarius?), Greg. Naz., Ps.Athan. und Cyrill. thes. ist der Bezug zu Eunomius am deutlichsten. − Den theologiegeschichtlichen Hintergrund der Frage nach der Bedeutung des Willens Gottvaters bei der Zeugung des Sohnes skizziert G. M. de Durand in: SC 231, 1976, 397–399. Die Thematik bereitet sich schon bei Origenes vor, princ. I, ii, 2 (GCS Orig. V, 29, 3 – 30, 8 K.). 462 Aug. trin. XV, xx, 38 (CChr.SL 50a, 516, 30 f. M.). 463 UeÂlvn UeoÁw oë PathÂr, hà mhÁ ueÂlvn; (Greg. Naz. or. 29, 7 [SC 250, 190, 2 f. G.]). 464 Pauschal ohne genauere Stellenangaben vermerkt in CChr.SL 50, 210 M. 465 Unter den in Anm. 461 genannten Stellen enthalten Athanas. Ar. III, 63, Ps.-(?) Didym. trin. I, ix, 27 und Cyrill. Alex. dial. trin. II, 454 e 43 – 455 a 1 die Gegenfrage, ob Gott seine Existenz erst willentlichem Entschluß verdanke; Rufin der Syrer (Pseudo-Rufin) und der lateinische Pseudo-Athanasius stellen die Gegenfrage, ob Gott willentlich oder unwillentlich gut sei; nur Augustinus selbst in c. Arian. und die hieraus schöpfenden pseudoaugustinischen Solutiones (Ende fünftes Jahrhundert) bieten genau wie trin. XV, xx, 38 die Gegenfrage Gregors von Nazianz (or. 29, 7), ob der Vater willentlich oder nicht willentlich Gott sei. Übrigens dürfte Augustinus in trin. XV, xx, 38 mit dem Ungenannten (ille [CChr.SL 50a, 516, 30 M.]), der die scharfsinnige Gegenfrage gestellt habe, sich selbst meinen und daher fast wörtlich aus seiner Schrift c. Arian. I, 2 zitieren. 466 Vgl. Aug. trin. XII, v, 5 (CChr.SL 50, 359, 10–15 M.) mit Greg. Naz. or. 31, 11 (SC 250, 294–296 G.). A. Orbe (La procesio´n del Espı´ritu Santo y el origen de Eva, in: Greg. 45, 1964, 103–118) hat die Traditionsgeschichte dieser und verwandter Vorstellungen von Methodius von Olympus über Gregor von Nazianz bis Richard von St. Victor ausgeleuchtet, aber die Augustinus-Stelle übersehen. T. J. van Bavel hat in einer Fußnote das Versäumte nur zur Hälfte nachgeholt, weil er den exakten Bezugspunkt nicht erfaßt (Woman as the Image of God in Augustine’s »De Trinitate XII«, in: Signum pietatis [FS Cornelius Petrus Mayer], Cass. 40, Würzburg 1989, 267–288; hier 274, Anm. 15; erneut in: J. Dunn/I. Harris [Hgg.], Augustine, Bd. 2, GPTh 3, Cheltenham u. a. 1997, 348–369). Übrigens wird gegen Anfang des Traktats De eo quid sit »ad imaginem dei et ad similitudinem« (vgl. Anm. 476) dem Methodius genau die Vater/Mutter/Kind-Analogie zur Trinität zugeschrieben, die Augustinus in trin. XII, v, 5 (CChr.SL 50, 359, 1–10 M.) ablehnt.

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diesen Vergleich gelten, warnt aber vor weitergehenden Schlüssen, wonach erst die Familie Bild des trinitarischen Gottes wäre. Solche Konsequenzen, sagt er, widersprächen der biblischen Aussage, daß schon Adam für sich nach dem Bilde Gottes geschaffen sei. Übrigens ist es genau diese fünfte theologische Rede, in der Gregor von Nazianz seinen Begriff der eÆkpoÂreysiw skizziert. Wenn Augustinus die Rede also gegen Beginn der Arbeit am zwölften Buch schon gelesen hat, so bleibt erklärungsbedürftig, warum er in seinem Gesamtwerk erst ganz spät, nämlich am Ende des fünfzehnten Buches von De trinitate und in der Debatte mit Maximinus das lateinische Äquivalent processio einführt.467 j) Gregor von Nyssa Glories Quellenapparat weist kein Zitat aus dem Nyssener und keine Anspielung auf ihn in De trinitate nach. Dies stimmt mit Altaners Urteil überein, Augustinus habe niemals Gregor von Nyssa gelesen, dessen Schriften nicht in lateinischen Übersetzungen vorgelegen hätten.468 Allerdings gibt es auch andere Meinungen. Im Schlußkapitel des vorliegenden Buches wird sich herausstellen, daß Augustinus sehr wahrscheinlich eine − wodurch auch immer vermittelte − Kenntnis von Gregors Schrift Ad Adlabium quod non sint tres dei gehabt hat.469 Almut Mutzenbecher weist wiederholt auf inhaltliche Übereinstimmungen zwischen einigen Werken Augustins und Gregors Homilien zum Hohenlied und zu den Seligpreisungen hin.470 Maria-Barbara von Stritzky parallelisiert den Gedanken der fortschreitenden Gotteserkenntnis an zwei Stellen von De trinitate mit entsprechenden Vorstellungen Gregors, wiederum vor allem aus der genannten Hohelied-Auslegung, freilich ohne zwingende Argumente für eine Abhängigkeit Augustins vorzutragen.471 Lucas F. Mateo-Seco weist mit Recht auf die Unterschiede in der Konzeption der visio beatifica bei den beiden Theologen hin: Bei Gregor steht der Gedanke der Unendlichkeit Gottes und der Kampf gegen den eunomianischen Rationalismus im Vordergrund, bei Augustinus die Idee einer wirklichen, gnadenhaft geschenkten Gottesschau.472 467

Vgl. unten Anm. 988 und Greg. Naz. or. 31, 8 (SC 250, 290, 16 G.). Altaner, Schriften (wie Anm. 236), 285. 469 Unten S. 504 f. 470 A. Mutzenbecher in ihren Einleitungen zu folgenden CChr.SL-Bänden: 35 (1967) XIV-XVI; 44A (1975) XLVII f., Anm. 4; 44B (1980) XXVIII. 471 M.-B. von Stritzky, Beobachtungen zur Verbindung zwischen Gregor von Nyssa und Augustinus, VigChr 28, 1974, 176–185; hier 184 f. Sie vergleicht Aug. trin. IX, i, 1 (CChr.SL 50, 292, 15 – 293, 30 M.) und XV, ii, 2 f. (CChr.SL 50a, 460, 1 – 462, 50 M.) vor allem mit Stellen aus Greg. Nyss. hom. in cant. VI (GNO VI, 171–199 Langerbeck). Zu beachten wären allerdings auch die von Duchrow (Der Aufbau [wie Anm. 828], 345 f.) hervorgehobenen Parallelen zur Deutung der Seligpreisungen als geistlichem Aufstiegsschema bei Ambr. in Luc. V, 49–82 (CChr.SL 14, 152–162 Adriaen) und Hil. in Matth. iv (SC 254, 120–148 Doignon zu Mt 5). 472 L. F. Mateo-Seco, ¿Progreso o inmutabilidad en la viso´n beatı´fica? Apuntes de la historia de la teologı´a, ScrTh 29, 1997, 13–39. 468

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Auch Leo Sweeney arbeitet Unterschiede heraus, ohne die intrikate Quellenfrage zu stellen. Ihm fällt auf, daß Augustinus in De trinitate nirgends die Unendlichkeit zu den Prädikaten Gottes zählt, während Gregor von Nyssa im Kampf gegen den Eunomianismus genau dies tut. Gregor will, wie die Eunomianer, Gott das Sein zusprechen, er will aber, anders als die Eunomianer, durch die Theorie der Unendlichkeit Gottes die drei Personen als gleichen Wesens denken können. Nun sagt Augustinus allerdings einmal, die Inbegriffe von Vater, Sohn und Heiliger Geist begrenzten sich wechselseitig, seien aber in sich selbst unbegrenzt (itaque illa tria et a se invicem determinari videntur et in se infinita sunt). Hat also doch E´tienne Gilson recht, der behauptet, hier komme das Unendliche in der Gotteslehre ins Spiel? Sweeney mustert zur Beantwortung dieser Frage mittelalterliche Sentenzenkommentare zu diesem Passus und schließt sich deren Interpretation an, wonach infinita sich nicht auf die Unendlichkeit Gottes beziehe, sondern lediglich die »Nichtunterschiedenheit« der Personen in bezug auf ihr Wesen meine. Mit Recht fordert er weitere Studien zum Vergleich der Unendlichkeitsthematik bei Gregor und Augustinus.473 In älteren Forschungsbeiträgen und gelegentlich noch in neuen Handbüchern ist zu lesen, Gregor von Nyssa habe bereits Analogien der nach dem Ebenbilde Gottes gestalteten menschlichen Seele zum trinitarischen Gott beschrieben und habe damit eine Vorlage von Augustins »psychologischer Trinitätslehre« geliefert.474 Die Hauptargumente für eine solche Sicht sind von Leys gewogen und für zu leicht befunden worden.475 Es gibt, so zeigt er, nur eine Schrift im Corpus der Gregortexte, die wirklich von einer imago trinitatis im augustinischen Sinne handelt. Aber diese in älteren dogmengeschichtlichen Handbüchern gerne zitierte Homilie, De eo quid sit »ad imaginem dei et ad similitudinem«, stamme gar nicht vom Nyssener. Nach heutigem Stand der Forschung hat Anastasius Sinaı¨ta − rund zweieinhalb Jahrhunderte nach Augustinus − die Predigt verfaßt.476 Auch ältere Versuche, einen dem vierten Jahrhundert 473 L. Sweeney, Augustine and Gregory of Nyssa: Is the Triune God Infinite in Being?, in: Lienhard/Muller/Teske (Hgg.), Augustine, Presbyter Factus Sum (wie Anm. 259), 497–516. Die Haupttexte: Greg. Nyss. c. Eun. I, 231–237 (GNO I, 94, 15 – 96, 12 Jaeger); Aug. trin. VI, x, 12 (CChr.SL 50, 242, 49 f. M.); Petr. Lomb. sent. I, dist. xxxi, cap. ii (SpicBon IV, 226, 25 f.); E´. Gilson, L’infinite´ divine chez Saint Augustin, AugMag 1, 1954, 569–574. 474 J. Bergades, ëH periÁ toyÄ syÂmpantow kaiÁ thÄw cyxhÄw toyÄ aÆnurvÂpoy didaskaliÂa GrhgoriÂoy toyÄ NyÂsshw, Thessaloniki 1876, 26 f.; H. Cherniss, The Platonism of Gregory of Nyssa, UCPCP 11, Berkeley 1930, 37; H.[U.] von Balthasar, Pre´sence et pense´e. Essai sur la philosophie religieuse de Gre´goire de Nysse, Paris 1942, 139, Anm. 1. 475 R. Leys, L’image de Dieu chez Gre´goire de Nysse. Esquisse d’une doctrine, ML.T 49, Brüssel/Paris 1951, 93–97. 476 Der in PG 44, 1328–45, unter den Werken Gregors abgedruckte sermo in constitutionem hominis (hom. i, CPG 3218 = 7747) liegt in kritischer Edition von K.-H. Uthemann in der Werkausgabe des Anastasius Sinaı¨ta vor, CChr.SG 12, 1–31. Schon F. Diekamp hatte die Autorschaft des Anastasius Sinaı¨ta als »ziemlich sicher« bezeichnet (Die Gotteslehre des heiligen Gregor von Nyssa, 1. Teil, Münster 1896, 41, Anm. 3). Zweifel daran begründet allerdings Orbe, La procesio´n (wie Anm. 466), 106 f., der sich fragt, ob die Homilie nicht eher in den

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zugehörigen Anonymus als Verfasser der Homilie und mithin als Vorgänger Augustins zu betrachten,477 dürfen als erledigt gelten. Das bemerkenswerte Buch des Benediktiners Ghislain Lafont über die Frage, ob man in Jesus Christus Gott erkennen kann, enthält einen ausführlichen Vergleich der Trinitätslehren Gregors und Augustins. Es geht aber nicht um Quellenforschung, sondern Lafont will zeigen, daß entgegen dem landläufigen Schema der Differenz »griechischer« und »lateinischer« Trinitätsauffassung der Grieche Gregor nicht weniger Probleme als Augustinus damit hat, die nizänische Lehre mit einem biblisch-heilsgeschichtlichen Denken zu verbinden.478 Denn die Griechen seien nicht weniger »essentialistisch« als die Lateiner: Beide dächten in Seinsweisen, nicht personal. Hat Lafont recht? Die Opposition »griechischer« und »lateinischer« Trinitätslehre ist sicherlich ein Klischee, das verabschiedet werden sollte. Aber in Lafonts typologischer Entgegensetzung »essentialistischer« und »biblischer« Sichtweisen wird Unvergleichbares verglichen. Die Bibel erzählt, während nizänische Theologen aus der Erfahrung der Meinungsverschiedenheit heraus argumentieren müssen und daher argumentationsfähige, oft der Philosophie entstammende Begriffe in Gebrauch nehmen. Lafont benennt ein Problem der Trinitätstheologie, aber er tut dies in zu groben Begriffen. k) Didymus Glorie verweist für Augustins Ansicht, daß die Sendung des Sohnes durch Vater und Sohn in ein und derselben operatio geschehe und der Heilige Geist nicht getrennt davon sei, auf Hieronymus’ Übersetzung von Didymus, De spiritu sancto. Dort wird der Ausdruck eadem operatio für die drei Personen benutzt. Doch die zweite von Glorie angegebene Stelle, aus Ambrosius, De fide, ist ähnlicher, und überhaupt liegt hier ein ubiquitärer Topos der neunizänischen Lehre vor.479 TeSelle vermutet als Quelle für Augustins Formulierung deum abusive substanKreis um Anastasius I. von Antiochien gehört. Dieser zählte übrigens zum Freundeskreis Gregors des Großen in Konstantinopel und könnte daher, worauf Orbe nicht eingeht, von Augustins Theologie Kenntnisse besessen haben. − Zum Problem der verschiedenen »Anastasii« vgl. K.-H. Uthemann, CChr.SG 8, 1981, CCVI-CCXVIII. Zu der »Familienanalogie« in dieser Homilie vgl. oben Anm. 466. 477 Im Anschluß an die von O. Bardenhewer (Geschichte der altkirchlichen Literatur, Bd. 3, Freiburg 21923, 195 f.) vorgeschlagene Datierung: M. Schmaus, Die psychologische Trinitätslehre (wie Anm. 2), 27, Anm. 1; 63 f.; 200, Anm. 3; M. T.-L. Penido, Pre´lude grec a` la the´orie »Psychologique« de la Trinite´, RThom 47, tome 45, 1939, 665–674 (Penido geht nur auf diese Homilie ein, in der er den einzigen Vorgänger Augustins in der griechischen Patristik gefunden zu haben glaubt). 478 G. Lafont, Peut-on connaıˆtre Dieu en Je´sus-Christ? Proble´matique, Paris 1969. Vgl. dazu unten S. 326 und A. de Halleux, Personnalisme ou essentialisme trinitaire chez les pe`res cappadociens?, RTL 17, 1986, 129–155 und 265–292; erneut in: Ders., Patrologie et œcume´nisme. Recueil d’e´tudes, BEThL 93, Löwen 1990, 215–268; hier 246–268. Vgl. unten S. 216 ff. und S. 324 ff. 479 Vgl. Aug. trin. II, v, 9 (CChr.SL 50, 90 f., 67–73 M.) mit Hier. Didym. spir. 81 (SC 386, 218, 1 Doutreleau) und Ambr. fid. IV, 6, 68 (CSEL 78, 180, 32–35 F.).

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tiam vocari Didymus’ Formulierung in De spiritu sancto, kein Wort könne Gottes substantia richtig bezeichnen, sed omne quod loquimur kataxrhstikvÄw, id est abusive, et de incorporalibus cunctis et maxime de Trinitate loquimur.480 Doutreleau hält es jedoch für gut möglich, daß Augustinus keine Schrift von Didymus studiert habe.481 Zwar beruft sich Augustinus einmal ausdrücklich auf Didymus, nämlich in den späten Quaestiones in Heptateuchum. Doch selbst hier gehe er nicht auf dessen Interpretation der zu besprechenden Exodus-Stelle ein, sondern erinnere sich nur ungefähr des Anfangs von De spiritu sancto.482 Im Jahre 405 habe er Hieronymus gegenüber bekannt, nichts von Didymus gelesen zu haben.483 Die von Doutreleau gemeinte Briefstelle läßt aber eine ganz andere Deutung zu. Hieronymus hatte sieben Autoren genannt, deren Galaterkommentare er gelesen habe, darunter Didymus. Augustinus antwortet darauf: neminem legi. Da unter den sieben auch Origenes ist, von dem Augustinus zu diesem Zeitpunkt nachweislich Schriften gelesen hatte, bezieht sich seine Aussage offenkundig lediglich auf die Galaterkommentare der sieben Verfasser. Altaner meint, Augustinus habe die Schrift des Didymus über den Heiligen Geist schon 393/394 gekannt und vielleicht später für De trinitate verwendet. Argumente dafür liefert er nicht.484 Daß Augustinus die wohl nicht ins Lateinische übersetzte, oft Didymus zugeschriebene Schrift De trinitate (CPG 2570) nie in die Hand bekommen habe, darf Altaner zufolge »als sicher gelten«.485 Im Rahmen von Altaners Forschungsmethode heißt dies allerdings nur, daß er keine wörtlichen Bezugnahmen oder Zitate bei Augustinus gefunden hat. Das letzte Wort in dieser Frage dürfte noch nicht gesprochen sein.486

480 Vgl. Aug. trin. VII, v, 10 (CChr.SL 50, 261, 17 M.) mit Hier. Didym. spir. 167 (SC 386, 296, 1–7 D.). Vgl. TeSelle, Augustine (wie Anm. 199), 296. Die angebliche griechische Parallelstelle Ps.-(?)Didym. trin. III, xl (PG 39, 984 A Mingarelli), auf die Doutreleau in einer Anmerkung zur SC-Edition verweist, beschränkt sich auf das grieÄ w, das jedoch in der Kontroverse um Arius schon früh eine chische Wort kataxrhstikv Rolle spielt (Athanas. decr. 6, 1 (Werke II, 5, 29 Opitz). 481 L. Doutreleau, Introduction, in: SC 386, 1992, 13–132; hier 124–126 (im Anschluß an unveröffentlichte Notizen von G. Bardy). 482 Vgl. einerseits Aug. quaest. hept. II, xxv (CChr.SL 33, 79 f., 342–365 Fraipont) mit Hier. Didym. spir. 20 f.; 87–90 (SC 386, 224–228 D.) über den »Finger Gottes«, andererseits die direkter wirkende Anspielung in Aug. quaest. hept. II, xxv (CChr.SL 33, 80, 365–369 F.) auf Hier. Didym. spir. 3 (SC 386, 144, 1–3 D.). 483 Vgl. Aug. epist. 82, iii, 23 (CSEL 34/2, 375, 19 G.) mit epist. 75, iii, 4 (= Hieron. epist. 112, 4) (CSEL 34/2, 286, 7 G.). 484 Altaner, Schriften (wie Anm. 236), 300 f. Auch B. Pruche (Introduction [wie Anm. 456], 221 f.) ist sich sicher, daß Augustinus Hier. Didym. spir. für trin. verwendet habe. 485 Ebd. 301. 486 Vgl. vorläufig unten Anm. 568.

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3. Lateinische Patristik Während die Forschung zu Augustins griechischen Quellen durch Courcelle und Altaner auf solide Grundlagen gestellt wurde, fehlen präzise Untersuchungen zu Augustins Kenntnis der lateinischen Patristik, gerade auch in bezug auf De trinitate. Die Klage über dieses beträchtliche Manko zieht sich durch den vorzüglichen Überblick, den Bastiaensen der allgemeinen, nicht speziell auf die Trinitätslehre konzentrierten Frage nach Augustins Verhältnis zu den lateinischen christlichen Autoren gewidmet hat.487 Am stärksten sind »Einflüsse« der lateinischen christlichen Literatur in den ersten vier Büchern von De trinitate zu spüren. Das Hauptthema dabei, die Frage der Schriftauslegung in bezug auf die göttlichen Sendungen und die Theophanien, hat Jean-Louis Maier ausführlich dargestellt und detailliert mit den Positionen von Athanasius, den Kappadokiern und anderen Griechen und Lateinern des vierten Jahrhunderts verglichen.488 Dabei steht mehr der Vergleich von Exegesen und theologischen Auffassungen im Vordergrund als die strenge Quellenkritik. Maier scheint anzunehmen, daß Augustinus vor allem die trinitätstheologischen Schriften von Hilarius und Ambrosius gekannt habe. Einen viel exakteren Quellenvergleich, verbunden mit einer theologiehistorischen Analyse, hat Studer für die Theophanie-Exegese in Augustins Schrift De videndo deo vorgelegt − die darin auf Tertullian, Hilarius, Gregor von Elvira und Ambrosius führenden Linien sind bisher noch nie konsequent zu De trinitate ausgezogen worden.489 Augustinus zitiert nur in Ausnahmefällen wörtlich aus patristischen Schriften. Er eignet sich nur an, was ihn argumentativ überzeugt, und er kritisiert oft ohne Namensnennung Ansichten, die er für falsch hält. Dies erschwert die zuverlässige Ermittlung der Quellen Augustins. So werden sich beispielsweise die Fragen kaum je sicher beantworten lassen, ob sich Augustinus bei seiner Lehre vom Ausgang des Heiligen Geistes von Vater und Sohn gewisser Ansätze bei Hilarius und Ambrosius bedient hat, und ob er die Auffassung des Heiligen Geistes als Verbindung, Gemeinschaft und Einheit des Vaters und des Sohnes von Marius Victorinus übernommen hat.490

487 A. A. R. Bastiaensen, Augustin et ses pre´de´cesseurs latins chre´tiens, in: Augustiniana Traiectina (wie Anm. 409), 25–57. 488 Maier, Les missions (wie Anm. 436). 489 B. Studer, Zur Theophanie-Exegese Augustins. Untersuchung zu einem Ambrosius-Zitat in der Schrift De videndo Deo (ep. 147), StAns 59, Rom 1971. Das Buch ist ein Nachdruck der Aufsatzserie: Ea specie videri quam voluntas elegerit, non natura formaverit, VetChr 6, 1969, 91–143; 7, 1970, 124–145; 8, 1971, 99–123. 490 Ders., Zur Pneumatologie des Augustinus (wie Anm. 744), 322 (mit Literatur).

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a) Tertullian und Novatian Keine der in Glories Apparat zur Corpus Christianorum-Ausgabe von De trinitate angegebenen Stellen aus Tertullian läßt sich als Quelle Augustins nachweisen. Die Übersetzung von oyÆsiÂa durch substantia und die Unterscheidung von substantia und tres personae weist im fünften Jahrhundert nicht notwendig auf Tertullian-Lektüre hin.491 Die Übersetzung des Wortes poihthÂw aus dem Symbol von Nizäa (oder aus einer anderen Überlieferung) durch conditor in De trinitate VII und IX statt üblicherem creator oder factor muß nichts mit Tertullian zu tun haben, begegnet sie doch ebenso in altlateinischen Versionen des Symbols.492 Auch Pelagius gebraucht z. B. conditor,493 aber dies hätte ebenfalls nicht in den Quellenapparat aufgenommen werden müssen. Augustinus zufolge vertreten »herausragende Verteidiger des katholischen Glaubens« eine Allegorese des Paradieses auf die menschliche Seele hin, in der sich mens (= Mann) und sensus corporis (= Frau) vereinen.494 Diese Deutung findet sich in der angegebenen Stelle aus Tertullians De anima keineswegs.495 Alfred Schindler vermutet, daß Augustinus in De trinitate II mit jenen Gegnern, die den Sohn für sichtbar halten (auch schon vor der Inkarnation), den Vater aber für unsichtbar, in erster Linie Tertullian im Auge habe.496 Wahrscheinlicher aber sind es die Homöer, die Augustinus hier kritisiert.497 Eric Osborn schließlich sieht in der stoischen Kategorienlehre die Quelle von Tertullians Analyse der logischen Relation zwischen Vater und Sohn und behauptet, Augustinus habe sich für seine Lehre von den unwandelbaren Relationen in Gott an Tertullian und die Stoiker angelehnt.498 Eine hinreichende Begründung dafür bleibt Osborn allerdings schul491 Um nur einige Beispiele aus Texten, die Augustinus vielleicht oder sicher gekannt hat, zu zitieren (Datierungen nach Frede, Kirchenschriftsteller [wie Anm. 189]): Phoebad. c. Arian. xiv, 3 (CChr.SL 64, 39, 13 D.; Datum 357 oder 358); Mar. Victorin. adv. Arium I A, 41 (CSEL 83/1, 129, 27 H./H.; Datum 359/61); Greg. Ilib. fid. 8 (recensio secunda, CorPat 3, 122, 164 f. S.; Datum »363/4 oder später«); Filastr. cx, 3 (CChr.SL 9, 275, 16 f. Heylen; Datum 383/91); Ambr. in Luc. VII, 120 (CChr.SL 14, 254, 1228 Adriaen; Datum um 390); Ps.-Athan. trin. XI, iv (53, 4 f. Simonetti; Datum wohl vor Aug. epist. 148 [vgl. S. 117], also vor 411/412). Vgl. auch unten Anm. 1932. 492 G. L. Dossetti, Il simbolo di Nicea e di Costantinopoli. Edizione critica, Rom u. a. 1967, 227. Zur Semantik von condere, creare, facere bei Augustinus vgl. du Roy, L’intelligence (wie Anm. 1249), 235 mit Anm. 2. 493 Pelag. fid. (= Ps.-Hier. epist. 16 [PL 45, 1716]), ein Augustinus bekannter Text: grat. Christ. xxxii, 35 (CSEL 42, 152, 24–26 Vrba/Zycha); xxxiii, 36 (153, 16 f. V./Z.). 494 Aug. trin. XII, xiii, 20 (CChr.SL 50, 373, 1–5 M.). 495 Tert. anim. xviii, 1–13 (CChr.SL 2, 806–809 Waszink). 496 Schindler, Wort und Analogie (wie Anm. 699), 110 mit Anm. 237 und 140 mit Anm. 141. Der Autor weist darauf hin, daß sowohl Tert. Prax. xv, 8 (CChr.SL 2, 1180, 48–51 Kroymann/Evans) als auch Aug. trin. II, viii, 14 (CChr.SL 50, 99, 18–23 M.) direkt hintereinander 1 Tim 1, 17; 6, 16 zitieren. Bisher ist noch nicht bemerkt worden, daß dieselbe Kombination z. B. auch bei Palladius von Rathiaria (c. Ambr. fol. 340v, 2 f.; 20; 24 [CChr.SL 87, 182 Gryson]) anklingt, also bei einem jener lateinischen Homöer, gegen die sich Augustinus den Forschungen von Barnes zufolge richtet (siehe folgende Anmerkung). 497 M. R. Barnes, Exegesis and Polemic (wie Anm. 778). 498 E. Osborn, Tertullian, First Theologian of the West, Cambridge 1997, 125–130, unter Hinweis u. a. auf Tert. Prax. x f. (CChr.SL 2, 1169–72 K./E.).

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dig. Wahrscheinlicher ist Augustinus zu seinem Relationsargument entweder durch die Lektüre der Theologischen Reden Gregors von Nazianz oder eher noch durch seine eigene frühe Beschäftigung mit der aristotelischen Kategorienlehre angeregt worden. Ob der Novatian zugeschriebene trinitätstheologische Traktat Augustinus beeinflußt hat, ist laut Bastiaensen eine Frage, der die bisherige Forschung zuwenig Aufmerksamkeit geschenkt hat.499 Auch Glories Apparat nennt keine Stelle daraus. b) Hilarius von Poitiers Hilarius wird von Augustinus namentlich erwähnt als Urheber der Trias aeternitas in patre, species in imagine, usus in munere.500 Sie findet sich so jedoch nicht in den erhaltenen Werken des Hilarius; in dessen heute De trinitate genanntem Werk lautet das erste Glied nämlich infinitas in aeterno.501 Möglich ist, daß Augustinus Hilarius nur aus zweiter Hand zitiert, etwa aus einem ungenauen Florilegium oder aus dem Gedächtnis; denn er interpretiert die Trias, wie Doignon im Detail gezeigt hat, keineswegs im Sinne des Hilarius, so daß Doignon bezweifelt, daß Augustinus die betreffende Seite aus Hilarius’ großem Werk vor sich liegen hatte.502 Die übrigen in Glories Quellenapparat zu Augustins De trinitate verzeichneten Stellen aus mehreren Werken des Hilarius betreffen »arianische« und »antiarianische« Topoi, die Augustinus ebensogut aus zahlreichen anderen Quellen vertraut gewesen sein könnten. Augustins lateinische Arius-Zitate stimmen gerade nicht mit dem Wortlaut überein, den sie bei Hilarius haben.503 Im Quel499

Bastiaensen, Augustin (wie Anm. 487), 56. Aug. trin. VI, x, 11 (CChr.SL 50, 241, 5 M.); vgl. ebd. XV, iii, 5 (50a, 464, 44 M.) und brevic. (50, 11, 24 M.). 501 Hil. trin. II, 1 (CChr.SL 62, 38, 22 Smulders). Studer behauptet, es handle sich um eine »sehr präzise Wiedergabe des Hilarius-Textes« (Augustins De Trinitate [wie Anm. 732], 191), vergleicht dann aber doch Parallelen und Unterschiede (ebd. 189–199). Selbstverständlich hat P. Smulders recht, wenn er Augustins Deutung von species im Sinne von pulchritudo als völlig fremd gegenüber dem Denken des Hilarius bezeichnet (La doctrine trinitaire de S. Hilaire de Poitiers, AnGr 32, Rom 1944, 191). G. Pelland pflichtet dem im seinem Stellenkommentar bei (SC 443 [wie Anm. 118], 276 f.), und verdeutlicht nochmals, daß sich Augustinus vom Kontext des Hilarius weit entfernt [276 f.]). − Pseudo-Ambrosius zitiert in De trinitate seu tractatus in symbolum apostolicum 1 (PL 17, 509 B) Hilarius in dem von Augustinus angeführten Wortlaut, hat dies aber wohl aus Augustinus übernommen; der Traktat ist nach Frede, Kirchenschriftsteller (wie Anm. 189), 116, »vielleicht in Spanien, 6. Jh.« entstanden. 502 J. Doignon, »Spiritus sanctus . . . usus in munere« (Hilaire de Poitiers, De Trinitate 2, 1), RTL 12, 1981, 235–240. 503 So mit Recht H. Ch. Brennecke, Art. Hilarius von Poitiers, AugLex III, fasc. 3/4, 2006, 341–346; hier 346. Unklar ist, warum Brennecke meint, Hilarius’ Auslegung von Psalm 118 erhalte in Augustins De trinitate »besonderes Gewicht« (344), obwohl er andererseits korrekt urteilt, »die Hinweise auf Verwendung des Psalmenkommentars des H[ilarius] erweisen sich weithin als ungesichert« (346). Leider sind Brennecke die Arbeiten von Barnes, van Bavel, Padovese und Schindler zum Thema entgangen. 500

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lenapparat übersehen wurden versteckte Kritiken Augustins an Hilarius.504 Ebenfalls nicht berücksichtigt wurden Stellen aus Hilarius’ De trinitate XI, 40 und 49, die nach Tarsicius van Bavel jene von Augustinus abgelehnte Interpretation von 1 Kor 15, 28 enthalten, wonach Christus am Ende gleichsam in die göttliche Substanz umgewandelt oder ganz von ihr aufgesogen wird.505 Auf einige Parallelen zwischen Hilarius’ und Augustins Werken wiesen Schindler und Barnes hin; demnach spricht viel für die Annahme, daß Augustinus jedenfalls zeitweise Anregungen aus Hilarius für eine nizänisch ausgerichtete Trinitätslehre aufgenommen hat, in der das Wirken des trinitarischen Gottes nach außen als untrennbar gilt.506 Studer weist auf Gedanken des Hilarius über die zeitliche Sendung des Sohnes in ihrem Verhältnis zum ewigen Hervorgang hin. Er will damit zeigen, daß Augustinus nicht erst ab 419 durch Schriften wie den Sermo Arrianorum auf die Bedeutung dieses Themas aufmerksam geworden sein dürfte.507 Zudem ist auf Studers Analysen zu Hilarius’ Bedeutung für Augustins Theophanie-Exegese (außerhalb von dessen De trinitate) hinzuweisen.508 Ein ausführlicherer, zufriedenstellender Vergleich zwischen dem Trinitätswerk des Hilarius und demjenigen Augustins steht noch aus. Auf den ersten Blick fallen schon rein äußerliche Parallelen auf: Hilarius’ Werk ist ähnlich umfangreich wie dasjenige Augustins, beide Werke beginnen mit einem Blick auf nichtchristliches Denken und beide enden mit einem Gebet. Eine unter Rudolf Hanslik entstandene Wiener Dissertation über das Verhältnis der trinitätstheologischen Werke des Hilarius und des Augustinus ist unveröffentlicht geblieben. Da sie schwer zugänglich ist, sei sie hier kurz resümiert. Die Verfasserin gibt eine grobe theologiegeschichtliche Einbettung und inhaltliche Charakterisierung der beiden Werke, worauf als Hauptteil509 der Vergleich in exegetischer, 504

Nach Hil. trin. XI, 49 (CChr.SL 62a, 577 f., 20–29 S.) folgt aus Kol 3, 10, daß sich der Mensch erst in der Gotteserkenntnis zum Bild Gottes entwickelt, während für Augustinus der Mensch stets imago Gottes ist, auch wenn seine similitudo gegenüber Gott sich in der Gottesschau vollendet. − Die Deutung der Mamre-Szene in Aug. trin. II, xi, 21 (CChr.SL 50, 107, 21–26 M.) kann eine Kritik an Hil. trin. IV, 27 f. (CChr.SL 62, 130–133 S.), wie Bartelink zeigt (Anm. 571). 505 Van Bavel, Recherches sur la christologie de saint Augustin (wie Anm. 442), S.54 f. zu Aug. trin. I, viii, 15 (CChr.SL 50, 46–49 M.). La Bonnardie`re, Recherches sur la structure du De trinitate (wie Anm. 184), 296, betrachtet ebenfalls Hil. trin. XI als Augustins Informationsquelle für Markells in Aug. trin. I allerdings anonym behandelte Interpretation der Paulusstelle. Vgl. oben S. 88 ff. 506 Schindler, Wort und Analogie (wie Anm. 699), Register s. v. Hilarius; Barnes, The Visible Christ (wie Anm. 775); ders., Exegesis and Polemic (wie Anm. 778). − L. Padovese (Ilario di Poitiers: precursore di Agostino nella riflessione sulla volonta`, Anton. 66, 1991, 3–34) weist auf Hilarius als meist unbeachteten Vorgänger Augustins in bezug auf den Willensbegriff hin, doch mehr in ethischer und anthropologischer als in trinitätstheologischer Hinsicht. 507 Studer, Augustins De Trinitate (wie Anm. 732), 165 f. 508 Vgl. oben S. 98 und unten S. 194. 509 Wiltraud Kainz (geb. Siedl), Augustinus’ und Hilarius’ Werke »De Trinitate«, Diss. masch. Wien 1970 (Datum der Promotion: 1975), 29–138.

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dogmatischer und terminologischer Hinsicht sowie eine kurze Zusammenfassung am Schluß folgt. Der polemische Charakter sei bei Hilarius’ Werk stärker als bei Augustinus, weil zu dessen Zeit die trinitarischen Auseinandersetzungen keine so große Rolle mehr gespielt hätten. Die Frage, ob Augustinus das Werk über die Trinität von Hilarius gelesen habe, bejaht sie mit dem recht vordergründigen Argument, Augustinus habe in De trinitate (und epistula 180, 3) auf das Werk des Hilarius Bezug genommen. Ihr Vergleich ergibt jedoch kaum Parallelen zwischen beiden Werken. So findet sie recht wenige Bibelstellen, die von beiden Autoren bei der Erörterung desselben Themas angeführt werden. Die Schwerpunkte seien unterschiedlich, indem etwa Hilarius viel Wert auf die nativitas des Sohnes lege, durch die er die Wesensgleichheit des Sohnes und des Vaters, aber auch sein eigenständiges Personsein begründe. Hilarius betone die Tatsache der göttlichen Geburt, Augustinus das Wie der göttlichen Zeugung. Hilarius unterscheide den Geist des Vaters und des Sohnes vom Heiligen Geist, Augustinus identifiziere sie. In der Auffassung des Heiligen Geistes als Geschenk könne Augustinus allerdings von Hilarius abhängen. Ansonsten sei die theologische Spekulation bei Augustinus viel ausgeprägter, der Relationsbegriff und die trinitarischen »Analogien« kämen bei ihm hinzu. Ein Kapitel der Dissertation gilt der Untersuchung von 22 trinitätstheologischen Termini. Die meisten kommen bei beiden Autoren vor; nur bei Hilarius begegneten consubsistere, innascibilitas, subsistentia510 und unio, nur bei Augustinus dagegen consubstantialitas, essentia und relativus. Auch in der Häufigkeit gebe es Unterschiede: Hilarius gebrauche viel öfter als Augustinus divinitas, exire, generare, generatio, nasci, nativitas, natura, subsistere, Augustinus dagegen verwende öfter deitas, persona, procedere, substantia, trinitas. Bei aller Oberflächlichkeit dieser Dissertation läßt ihr Ergebnis also immerhin gewisse Rückschlüsse auf einen eher begrenzten Einfluß von Hilarius’ Werk auf Augustinus zu. Offenbleiben muß die Frage, ob Augustinus die Schrift des Hilarius De synodis gelesen hat. Ihr hätte er wichtige Nachrichten und Dokumente zur Theologiegeschichte des vierten Jahrhunderts entnehmen können. Es gibt viele Berührungspunkte der Schrift mit Augustins De trinitate, etwa in den Erörterungen zum Substanzbegriff und zum Sinn des oëmooyÂsiow, aber keine nachgewiesenen Zitate. Die einzige von Glorie angegebene Parallelstelle betrifft die subordinatianische Standardauslegung von Joh 14, 28 (»Der Vater ist größer als ich«), die auch in vielen anderen Quellen steht. Aus einem Brief Augustins an Vincentius von Cartenna etwa um 407/408 geht hervor, daß dieser afrikanische Bischof der »Rogatisten« eine Stelle aus De synodis angeführt hatte, um seine These zu belegen, die Kirche sei schon einmal aus dem Erdkreis verschwunden. Genau genommen meint Hilarius in dem gemeinten Passus allerdings lediglich, daß die meisten Bischöfe Asiens wegen ihres Subordinatianismus Gott nicht kennen 510 Die kritische Edition im CChr.SL 62/62a von Smulders war damals noch nicht erschienen; in ihr kommt subsistentia nicht mehr im Lesetext, sondern nur noch als varia lectio im textkritischen Apparat vor.

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würden.511 Augustins Antwort an Vincentius zeigt, wie klar ihm ist, daß Hilarius auf dem Hintergrund des Streits um die Trinität verstanden werden muß; sie beweist leider nicht, daß Augustinus De synodis gelesen hat.512 − Ob Augustinus das Opus historicum des Hilarius benutzt hat, ist ebenfalls unbekannt.513 c) Marius Victorinus Das Verhältnis Augustins zu diesem Autor ist in der Quellenforschung oft behandelt worden. Hermann Usener hatte Marius Victorinus als bedeutenden »Vermittler der neuplatonischen Litteratur« des griechischen Heidentums an den christlichen Westen entdeckt, ihn als »Ausgangspunkt jener abendländischen Entwicklungsreihe, die in einer fast stetigen Folge zur Scholastik hinführte«, bezeichnet und die Ansicht vertreten, seine Arbeiten hätten auf Augustinus »eingewirkt«.514 Ob letztere These zutrifft, ist seither gerade in bezug auf die Trinitätslehre Augustins gefragt worden. Charles Gore hielt es für nicht unwahrscheinlich, daß der Hervorgang des Heiligen Geistes ab utroque und seine Auffassung als Band der Trinität von Marius Victorinus her zu Augustinus gelangt sei.515 Reinhold Schmid schrieb dagegegen: »Der Einfluß seiner Theologie auf Augustin ist eine gänzlich unbewiesene Erfindung von Gore«.516 In seiner Dissertation verglich Schmid ausführlicher und präziser die Theologie in Victorinus’ Adversus Arium einerseits und Augustins De trinitate andererseits. Er meint, daß Augustinus von Marius Victorinus nicht wesentlich beeinflußt sei. Dessen Kommentare habe er noch 395 nicht gekannt. Später habe er sich mit den christlichen Schriften des Mannes befaßt, sie aber kritisch bewertet.517 Diese mögliche kritische Rezeption, die sogar interessanter als ein bloßer »Einfluß« wäre, ist seit Schmids Abhandlung zu selten in Betracht gezogen worden. Harnack nahm die Arbeit von Schmid zwar ernst, hielt aber an seiner berühmten Kennzeichnung des Marius Victorinus als Augustinus ante Augustinum fest; an ihm habe sich Augustinus »in der entscheidenden Epoche seines Lebens gebildet«. Damit meinte er nicht nur die von Marius Victorinus lateinisch übersetzten »Bücher der Platoniker«, deren Lektüre Augustinus ja ausdrücklich für sich bezeugt.518 Vielmehr habe gerade die trinitätstheologische Spekulation des Marius Victorinus in die Thematik von Augustins De trinitate geführt. Wahrscheinlich sei »die Combination von genuinem Neuplatonismus und hochor511 Aug. epist. 93, vi, 21 (CSEL 34/2, 467, 6–8 G.); ix, 31 f. (476–478 G.); es geht um Hil. syn. lxiii (PL 9, 522 f. M.). 512 Vgl. oben Anm. 460. 513 Vgl. unten S. 122 und Anm. 1786. 514 H. Usener, Anecdoton Holderi. Ein Beitrag zur Geschichte Roms in ostgothischer Zeit, Bonn 1877, 61 f. 515 Ch. Gore, Victorinus Afer, DCB IV, 1887, 1129 a – 1138 b; hier 1138 a. 516 R. Schmid, Art. Victorinus, Cajus Marius, Afer, RE 3 XX, 1908, 613 f.; hier 614. 517 Ders., Marius Victorinus Rhetor und seine Beziehungen zu Augustin, Diss. Kiel 1895, 68–80. 518 Aug. conf. VIII, ii, 3 (CChr.SL 27, 114, 3–6 V.).

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thodoxem Christenthum unter dem Zeichen des Paulinismus« von Marius Victorinus her zu Augustinus gelangt.519 Auch Arnou billigte in seinem einflußreichen Artikel über den »Platonismus der Kirchenväter« Marius Victorinus einen entscheidenden Einfluß auf Augustinus zu,520 während sich etwa Loofs und Seeberg in ihren sorgfältig analysierenden Dogmengeschichten skeptischer äußerten.521 Ernst Benz läßt in seinem großen Werk über die Ursprünge der abendländischen »Willensmetaphysik« die Linie von Marius Victorinus zu Augustinus bei Plotin beginnen, um den Weg vom angeblichen griechischen »Intellektualismus« zu einem neuen Menschenbild und Personbegriff darzustellen.522 Plotin integriere den Willen in die metaphysische Bestimmung der absoluten Freiheit des Einen, Marius Victorinus gewinne daraus die trinitätstheologische Konzeption eines sich in drei Hypostasen selbst konstituierenden Gottes, und für Augustinus spiegle sich der Begriff der willensbestimmten göttlichen Person im Begriff der menschlichen Person. Abgesehen davon, daß Benz Plotin vielleicht zu stark im Lichte des Marius Victorinus liest,523 ist freilich auch nicht zu übersehen, daß Marius Victorinus den Sohn als den Willen (des Vaters) deutet, während Augustinus den Willen mit der dritten Person verbindet, wie Theiler in seiner Rezension hervorgehoben hat.524 Paul Henry hat die Differenzen von Marius Victorinus zu Plotin schärfer erfaßt und durch die Erfordernisse des christlichen oëmooyÂsiow zu erklären versucht.525 Marius Victorinus habe bereits eine psychologische Trinitätslehre entwickelt, in der die Seelenanalyse das metaphysische Modell der göttlichen Trinität liefere. Auch durch seine Verbindung von Philosophie und orthodoxem Nizänismus habe er die Wege für Augustinus geebnet. Für Gerhard Huber hat sich in der Linie Plotin − Marius Victorinus − Augustinus ein radikaler Wandel des Seinsbegriffs vollzogen. Plotin unterscheide Sein und Absolutes noch klar, Marius Victorinus rücke beides um der Konsubstantialität willen aneinander. Augustinus vollziehe den nächsten Schritt und lasse bewußt die Unterschiede der neuplatonischen Seinsmomente zusammenfallen. Während Marius Victorinus etwa in der Triade esse, vivere, intellegere zwischen Betonung und Aufhebung der Unterschiede schwanke, gehe Augustinus in De trinitate VI, x, 11 von der Indifferenz der drei Momente aus und setze daher an »die Stelle der ontologischen Trinitätsdialektik Viktorins . . . eine A. v. Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte, Bd. 3, Tübingen 41909, 32–36. R. Arnou, Platonisme des Pe`res, DThC XII/2, 1935) 2258–2392; hier 2312. 521 F. Loofs, Leitfaden zum Studium der Dogmengeschichte, Halle 41906, 349–351; R. Seeberg, Lehrbuch der Dogmengeschichte, Bd. 2, Leipzig 31923, 153. 522 E. Benz, Marius Victorinus und die Entwicklung der abendländischen Willensmetaphysik, FKGG 1, Stuttgart 1932. 523 Kritik von P. Hadot, Porphyre et Victorinus, 2 Bde., E´AA 32/33, Paris 1968; hier 1, 21 f. 524 W. Theiler, Rez. zu Benz, Marius Victorinus, Gn. 10, 1934, 493–499. 525 P. Henry, The Adversus Arium of Marius Victorinus, the First Systematic Exposition of the Doctrine of the Trinity, JThS N. S. 1, 1950, 42–55. 519 520

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grundsätzlich anders geartete Trinitätsspekulation, die ›psychologische‹«.526 Huber war sich aber bewußt, daß das Ausmaß des Einflusses Viktorins auf Augustinus historisch ungeklärt ist.527 Willy Theiler dagegen bestritt − wohl in übertriebenem Maße − die Bedeutung Plotins für Augustinus und suchte stattdessen in Porphyrius den philosophischen Gewährsmann Augustins und anderer Denker, darunter des Marius Victorinus. Er zeigte, daß einzelne Formulierungen des Marius Victorinus mit Porphyrius, nicht aber mit Plotin übereinstimmen.528 Pierre Hadot legte dann eine umfangreiche Studie vor, in der er besonders durch die Zuschreibung eines griechischen (in einem 1904 verbrannten Turiner Palimpsest fragmentarisch enthaltenen) Parmenides-Kommentars an Porphyrius nachzuweisen versuchte, daß Porphyrius und nicht Plotin der spiritus rector des Marius Victorinus gewesen sei. Heute wird zunehmend bezweifelt, daß der anonyme Kommentar von Porphyrius stammt, aber seine Nähe zu den Gedanken des Viktoriners ist kaum bestreitbar. Hadot erlangte dadurch den Schlüssel zum Verständnis der schwierigen trinitätstheologischen Schriften des Marius Victorinus.529 Damit und mit Hilfe der von Hadot und Paul Henry erstellten kritischen Ausgabe dieser Schriften ließ sich die Frage nach ihrer möglichen Wirkung auf Augustinus präziser untersuchen. In einem sehr dichten Aufsatz zeigte Hadot, daß Augustinus zwar ebenso wie Marius Victorinus ein Bild der Trinität in der Seele gesucht habe, daß bei beiden Autoren die Triade »Sein − Leben − Denken« eine Rolle spiele und auch sonst mit einer Reihe gleicher Begriffe operiert werde, daß aber dennoch völlig unterschiedliche Konzeptionen vorlägen.530 Die Binnenstrukturen der Trinität seien bei beiden verschieden. Vor allem aber sei bei Marius Victorinus die Lehre von der Seele noch ganz »antik« Teil der allgemeinen Ontologie und Kosmologie, während sich bei Augustinus das moderne »Ich« abzeichne, das einen Willen, ein Begehren hat, eben eine menschliche Seele ist und nicht über seine eigenen Erfahrungsmöglichkeiten hinaus denken kann. Ob hier der existenzphilosophisch geprägte Zeitgeist den Blick Hadots eher getrübt denn geschärft hat, kann man sich fragen. 526

G. Huber, Das Sein und das Absolute. Studien zur Geschichte der ontologischen Problematik in der spätantiken Philosophie, StPh.S 6, Basel 1955, 151. 527 Ebd. 90 f. 528 Theiler, Rez. (wie Anm. 524) und ders., Porphyrios und Augustin (wie Anm. 268). Näheres dazu oben S. 53. 529 Hadot, Porphyre et Victorinus (wie Anm. 523); dazu ders., »Porphyre et Victorinus«. Questions et hypothe`ses, in: M. Tardieu, Recherches sur la formation de l’Apocalypse de Zostrien et les sources de Marius Victorinus, Bures-sur-Yvette 1996, 117–125. Vgl. Hadot, Marius Victorinus. Recherches (wie Anm. 337). Zum Turiner Kommentar unten Anm. 1896. 530 Ders., L’image de la Trinite´ dans l’aˆme chez Victorinus et chez saint Augustin, in: StPatr 6 = TU 81, 1962, 409–442 (deutsche Übersetzung: Das Bild der Dreifaltigkeit in der Seele bei Victorinus und dem heiligen Augustinus, in: G. Maurach [Hg.], Römische Philosophie, WdF 193, Darmstadt 1976, 298–340). Vgl. W. Beierwaltes, Identität und Differenz, PhA 49, Frankfurt 1980, 74: »Die philosophischen Elemente in Augustins Trinitätsdenken sind zwar auch wesentlich neuplatonischer Provenienz, sie erweisen sich jedoch als stärker in einem originären Denkansatz vermittelt als bei Marius Victorinus.«

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Italo Sciuto und Mary T. Clark vergleichen in erheblich geringerer spekulativer Höhe ebenfalls Ansichten von Marius Victorinus und Augustinus und finden dabei sowohl Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten.531 Sciuto geht es um die Lehren vom Willen und von Schöpfung und Kausalität, Clark u. a. um die Idee der göttlichen Selbstzeugung (die Marius Victorinus befürwortet, Augustinus aber ablehnt), um die Rolle des Weiblichen in Gott und die Gottebenbildlichkeit. Die große Frage aber lautet noch immer, ob Augustinus die trinitätstheologischen Schriften des Marius Victorinus überhaupt kannte. Die kritische Ausgabe von Augustins De trinitate gibt aus Marius Victorinus’ Adversus Arium fünf Stellen im Quellenapparat an, von denen jedoch keine zweifelsfrei als Vorlage anzunehmen ist. Sogar die Ausführungen über Sein und Leben in De trinitate VI, x, 11 können ebensogut aus gemeinsamen neuplatonischen Quellen stammen.532 Nun sind literarische Verbindungen der beiden Theologen über Augustins Lektüre der von Marius Victorinus übersetzten libri Platonicorum unbestreitbar. Zudem hat mit Simplicianus ein Kenner des römischen Denkers zu Augustins engsten Förderern gehört.533 Geistesgeschichtliche Linien von Marius Victorinus zu Augustinus sind daher durchaus in der Sache begründet, wenn sie mit genügender Vorsicht ausgezogen werden. Augustinus könnte z. B. grob aus zweiter Hand über die Trinitätslehre des Marius Victorinus informiert gewesen sein. Hadot, der unübertroffene Kenner, gelangte jedenfalls zu dem Resultat, es sei schlechterdings unmöglich, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob aus Augustins De trinitate eine Kenntnis der trinitätstheologischen Schriften des Marius Victorinus spreche. Die Parallelen könnten auch auf den neuplatonischen Quellen beruhen, an die sich Marius Victorinus anlehnt und die er vielleicht selbst ins Lateinische übersetzt hat. Deutlicher erscheint Hadot Augustins Kenntnis der Paulus-Exegesen des Marius Victorinus.534 Eine vergleichende Untersuchung logischer Argumente und trinitätstheologischer Termini bei Marius Victorinus und Augustinus gelangt in diesen Fragen 531

I. Sciuto, S. Agostino e Mario Vittorino: alcuni motivi di confronto, Aug(M) 39, 1994, 493–508; M. T. Clark, Victorinus and Augustine: Some Differences, AugSt 17, 1986, 147– 159. Clark verschweigt den Namen Hadot und übernimmt auf S. 159 beinahe eine halbe Seite fast wörtlich von McCool (wie Anm. 583; hier 71 mit Anm. 37), ohne den Urheber zu erwähnen! − Nicht erhältlich war: F. G. Baza´n, Sobre la trinidad y las trı´adas en san Agustı´n y Mario Victorino, in: Ministerium Verbi [FS Hector Aguer], hg. von M. E. Sacchi, Buenos Aires 1997, 316–329. 532 Zur Quelle der Trias Sein − Leben − Denken oben S. 63. 533 Hadot, Marius Victorinus. Recherches (wie Anm. 337), 201–210; 235–237. 534 Ders., L’image de la Trinite´ (wie Anm. 530), 433 (deutsch 329). Der Ansicht von Hadot über Augustins Kenntnis der Paulus-Kommentare schließen sich an: E. Plumer, The Influence of Marius Victorinus on Augustine’s Commentary on Galatians, in: StPatr 33, 1997, 221–228; N. Cipriani, Agostino lettore dei commentari paolini di Mario Vittorino, Aug(R) 38, 1998, 413–428 (kennt Plumers Aufsatz noch nicht, den er aber übertrifft, was den Nachweis enger Parallelen zwischen Augustins ord., c. acad., soliloq., in Gal. und den Kommentaren des Marius Victorinus zu Gal, Eph, Phil angeht).

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kaum über Hadot hinaus.535 Matthias Smalbrugge macht sich für die Ansicht stark, Augustinus habe den Begriff der substantia des Marius Victorinus zwar gekannt, aber kritisiert, weil er ihm als unangemessen gegenüber der Einfachheit Gottes erschienen sei. Darum habe Augustinus den Begriff essentia vorgezogen.536 Es könnte so sein, doch bewiesen ist es nicht. Die von Smalbrugge angeführten sprachlichen Übereinstimmungen sind teils unspezifisch, teils könnten sie zufällig sein. Interessanter ist ein Argument von Luise Abramowski: Augustins Diskussion der griechischen »neunizänischen« Unterscheidung von oyÆsiÂa und yëpoÂstasiw in De trinitate V offenbare, »daß ihm die Neubildung subsistentia für yëpoÂstasiw nicht bekannt ist. Er kann also die Schriften des Marius Victorinus gegen Arius, in denen subsistentia zum ersten Mal für yëpoÂstasiw benutzt wird, unmöglich kennen.«537 Auch in De trinitate VII, iv, 9 stelle sich für Augustinus als zu subsistere gehöriges Nomen eben nicht subsistentia, sondern substantia ein. Das Argument der Tübinger Patristikerin läuft also darauf hinaus, daß Augustinus weniger Schwierigkeiten mit der neunizänischen Terminologie gehabt hätte, wenn er den Unterschied von essentia oder substantia (oyÆsiÂa) einerseits und subsistentia (yëpoÂstasiw) andererseits terminologisch zu fassen gewußt hätte. − Diese Argumentation ist aber bestreitbar. Denn erstens gibt es in Wahrheit eine (allerdings nur eine) sichere Belegstelle des Wortes subsistentia bei Augustinus, sogar in trinitätstheologischem Zusammenhang, wenn auch nicht unbedingt als Übersetzung des Wortes yëpoÂstasiw.538 Zweitens gibt es ein anderes Werk, das Augustinus spätestens seit etwa 413 nachweislich kannte, in dem innerhalb eines Berichtes vom theologischen Streit des vierten Jahrhunderts die Differenz von substantia und subsistentiae unter expliziter Bezugnahme auf die griechischen Entsprechungen oyÆsiÂa und yëpostaÂseiw erklärt wird: nämlich Rufins lateinische 535 G. Balido, Strutture logico-formali e analisi linguistiche di testi agostiniani, SEAug 63, Rom 1998, 87–112. 536 M. Smalbrugge, Sur l’emploi et l’origine du terme »essentia« chez Augustin, Aug(L) 39, 1989, 436–446. 537 L. Abramowski, Zur Trinitätslehre des Thomas von Aquin, ZThK 92, 1995, 466–480; hier 473. Weitere Arbeiten der Autorin zu Marius Victorinus s. Anm. 320, 1262 und 1265. 538 Aug. civ. XI, x (CChr.SL 48, 330, 12–17 D./K.): Et haec trinitas unus est Deus; nec ideo non simplex, quia trinitas. Neque enim propter hoc naturam istam boni simplicem dicimus, quia Pater in ea solus aut solus Filius aut solus Spiritus sanctus, aut vero sola est ista nominis trinitas sine subsistentia personarum, sicut Sabelliani haeretici putaverunt. Auszuschließen ist nicht einmal, daß Augustinus auch in De trinitate gelegentlich das Wort subsistentia gebraucht hat, dies aber in der handschriftlichen Überlieferung gegen substantia ausgetauscht wurde − ein anderswo überaus häufig bezeugter Fehler (zwei Beispiele bei Texten, die Augustinus kannte: Rufin. Greg. Naz. or. 3 [39], 11 [CSEL 46, 121, 11 App. Engelbrecht]; id., hist. X, xxx [GCS Eus. II/2, 992, 20 u. 25 App. Mommsen]). In der wohl im frühen sechsten Jahrhundert entstandenen Exzerpt-Sammlung Exempla sanctorum patrum (CPL Nr. 654) wird (jedenfalls in der einzig erhaltenen Handschrift des 10./11. Jahrhunderts) trin. VIII, proœm., 1 (CChr.SL 50, 268, 15 f. M.) in der Variante wiedergegeben: Ideoque dicit tres personas vel tres subsistentias . . . (12 [CChr.SL 85, 88, 73 Glorie]), während ansonsten tres personas vel tres substantias überliefert ist.

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Bearbeitung von Eusebs Kirchengeschichte.539 Abramowskis Hinweis aufgreifend sollte einmal jemand die Frage klären, warum Augustinus sich diesen Terminus nicht zueigen gemacht hat. Nello Cipriani hat gute, wenn auch nicht zwingende Argumente dafür vorgetragen, daß schon aus den Überlegungen des jungen Augustinus zur Trinitätslehre auf eine Kenntnis der entsprechenden Schriften des Marius Victorinus geschlossen werden müsse.540 Barnes schließt sich dieser Ansicht an.541 Mittlerweile hat Cipriani auch in De trinitate zahlreiche Bezüge zu Marius Victorinus nachzuweisen versucht.542 Dabei scheint sich die frühere Sicht von Reinhold Schmid zu bestätigen, daß Augustinus mitunter gegen den aus biographischen Gründen geschätzten Victorinus argumentiere, dies aber versteckt tue. Cipriani meint solche Bezüge am meisten in den Büchern V bis VII von De trinitate zu finden. Aber auch in den übrigen Büchern gebe es Anspielungen. So richteten sich gegen Marius Victorinus die Deutung von 1 Kor 15, 28 in De trinitate I, die Betonung der Verschiedenartigkeit des Hervorgangs des Heiligen Geistes gegenüber der Zeugung des Sohnes in De trinitate II, iii und V, xiv, oder auch die Einschärfung der Einfachheit Gottes in De trinitate VI gegenüber einer Aufteilung von Eigenschaften Gottes auf jeweils eine der drei göttlichen Personen. Eigenartigerweise schenkt Cipriani der vielleicht wichtigsten (möglichen) Kritik Augustins an Marius Victorinus kaum Beachtung, nämlich der in De trinitate VI und VII enthaltenen tiefgründigen Destruktion jener Theorie von der Selbstverursachung Gottes, die unter den heute noch überlieferten Lateinern wohl nur Marius Victorinus und der von diesem selbst fingierte »Candidus« vertreten hatten.543 Ein Problem der Arbeiten Ciprianis liegt im Methodischen: Er beschränkt sich darauf, seine These durch teils engere, teils entferntere Parallelstellen bei Marius Victorinus zu verifizieren. Es mangelt aber an Gegenproben. Einer streng quellenkritischen Untersuchung können Parallelstellen nie genügen. Man muß immer auch prüfen, ob nicht andere Theologen des vierten Jahrhunderts bessere Parallelen bieten. Insgesamt spricht dennoch einiges für die Auffassung, daß sich Augustinus vor allem in den Büchern V bis VII von De trinitate kritisch mit Marius Victorinus auseinandersetzt.544

539 Rufin. hist. X, xxx (992, 17 – 993, 2 M.). Zu Augustins Kenntnis dieser Kirchengeschichte vgl. R. Kany, Der vermeintliche Makel von Augustins Bischofsweihe. Zur Rezeption griechischer Konzilskanones in Rom und Nordafrika, in: ZAC 1, 1997, 116–125; hier 121 f. 540 N. Cipriani, Le fonti cristiane della dottrina trinitaria nei primi dialoghi di S. Agostino, Aug(R) 34, 1994, 253–312. Vgl. unten S. 299. 541 Barnes, Exegesis and Polemic (wie Anm. 778) und die dort zuvor genannten Arbeiten desselben Autors. 542 N. Cipriani, La presenza di Mario Vittorino nella riflessione trinitaria di S. Agostino, Aug. 42, 2002, 261–313. 543 Vgl. unten S. 126 und S. 471 ff. 544 Vgl. auch oben S. 65 und unten S. 300.

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d) Gregor von Elvira Das heute in der Regel Gregor von Elvira zugeschriebene Buch De fide ist bisher seltsamerweise so gut wie gar nicht als Quelle von De trinitate in Betracht gezogen worden, obwohl Augustinus das Werk nachweislich kannte. In epistula 148 etwa aus dem Jahre 411/412 zitiert er wörtlich daraus, und zwar in der Meinung, es handle sich um eine ins Lateinische übersetzte Schrift Gregors von Nazianz.545 Studer hat für eine solche Quellenuntersuchung bereits 1971 eine gründliche Vorarbeit geliefert: Für die zusammengehörigen Briefe 147 und 148 erforscht Studer Augustins Quellen am Beispiel der Formel, Gott sei im Alten Testament in einer Gestalt erschienen, welche sein Wille erwählte, nicht welche seine Natur bildete. Studer weist darauf hin, daß Augustinus in De trinitate II und III diese Fragen um die alttestamentlichen Theophanien und ihren Unterschied zur Inkarnation ausführlicher behandelt. Den quellenkritischen Vergleich nach dorthin zu erweitern, war jedoch nicht mehr Studers Thema.546 Glorie gibt im Quellenapparat von De trinitate lediglich den in beiden Schriften zitierten »trinitarischen« Taufbefehl Mt 28, 19 an, was natürlich kein Indiz dafür sein muß, daß Augustinus dabei die Schrift Gregors im Blick hatte.547 Schon eher möglich ist ein von Schmaus behaupteter Bezug: Augustinus argumentiert, man könne zwar deus de deo, lumen de lumine, nicht aber verbum de verbo sagen, quia non simul ambo verbum, sed solus filius. Dies könnte sich gegen Gregor von Elvira richten, der schreibt: ut sive lumen de lumine dicas, sive verbum de verbo, sive spiritum de spiritu, sive deum de deo, quidcumque de eo dixeris, unius tamen essentiae patrem et filium credas.548 Allerdings bleibt ein Vorbehalt, um den Schmaus in damaliger Ermangelung einer kritischen Textausgabe von De fide noch nicht wissen konnte: Von Gregors De fide gibt es eine erste, um 359/360 veröffentlichte Auflage und eine mehrere Jahre später publizierte zweite Auflage. In der handschriftlichen Überlieferung wird die erste Auflage unter dem Namen des Ambrosius geführt, die zweite Auflage dagegen im lateinischen Schriftencorpus des Gregor von Nazianz.549 Dies legt nahe, daß Augustinus die zweite Auflage gekannt hat − in ihr ist jedoch das verbum de verbo der ersten Auflage ersetzt worden durch virtutem de virtute.550 Es bleibt also unsicher, ob Augustinus bei der Abfassung von De trinitate die Formulierung der ersten Auflage im Auge haben konnte.

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Vgl. oben Anm. 203 und unten Anm. 594. Studer, Zur Theophanie-Exegese (wie Anm. 489). 547 Vgl. Aug. trin. XV, xxvi, 46 (CChr.SL 50a, 525 f., 28–30 M.) mit Greg. Ilib. fid. praef. (CorPat 3, 60, 70 f. S.). 548 Vgl. Aug. trin. VI, ii, 3 (CChr.SL 50, 231, 53 M.) mit Greg. Ilib. fid. 5 (90, 8–10 S., dazu Apparat 2 für Z. 8; Schmaus, Die psychologische Trinitätslehre (wie Anm. 2), 344. 549 Vgl. M. Simonetti, Introduzione, in: Gregorio di Elvira, La fede, CorPat 3, Turin 1975, 5–50; hier 28–40. 550 Greg. Ilib. fid. 5 (90, 8 S.). 546

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Quellen, Einflüsse, Gegner

Van Bavel hat auf die Parallele in der Bezeichnung Christi als »geschaffener Weisheit« hingewiesen.551 Es dürfte aber noch erheblich wichtigere Bezüge zwischen De trinitate und De fide geben. So sei nur darauf hingewiesen, was selbst Drobner in seinem Buch über Augustins christologische Formel una persona, die auch in De trinitate mehrfach vorkommt, übersehen hat: Die Formel una persona steht ungefähr in Augustins Sinne schon bei Gregor von Elvira in der zweiten (nicht in der ersten) Auflage der Schrift über den Glauben: Est enim in Christo sicut gemina et duplex, divina scilicet humanaque, substantia, ita una eademque persona.552 Augustinus gebraucht die una persona-Formel erstmals in epistula 137 aus dem Jahre 411 oder 412 − Gregors Schrift zitiert er, wie schon gesagt, in epistula 148, also um die gleiche Zeit. Es ist darum sehr gut möglich, daß ihm diese wichtige Formel aus Gregors De fide zugeflossen ist. Andere mögliche versteckte Bezugspunkte von De trinitate sind zum Beispiel die Bemerkungen des Gregor von Elvira zur Problematik des Substanzbegriffs in der Gotteslehre und sein Gebrauch des essentia-Begriffs.553 Ein quellenkritischer Vergleich von De fide mit De trinitate wäre eine lohnende Aufgabe. e) Ambrosiaster Augustinus spielt auf die allegorische Auslegung der beiden Abrahamsöhne im Galaterbrief an und schreibt, »gewisse Interpreten« (mit dieser Formulierung meint Augustinus antikem Brauch folgend häufig nur eine Person554) würden zur Vermeidung des griechischen Wortes die Formulierung in Gal 4, 24 quae sunt in allegoria durch quae sunt aliud ex alio significantia umschreiben.555 Glories Apparat verweist auf Ambrosiaster: Ideo haec per allegoriam adserit dicta, ut aliud ex alio significent personae Ismahel et Isaac.556 Die Parallele könnte zugunsten der Forschungstendenz sprechen, in mehreren Werken Augustins Spuren einer Lektüre des Ambrosiaster nachzuweisen.557 Vorsicht ist freilich geboten: Marius Victo551 Aug. trin. VII, iii, 4 (CChr.SL 50, 251, 8 f. M.): hoc modo enim Christus facta sapientia est quia factus est homo. Greg. Ilib. fid. 2 (72, 63 f. S.): Ideo creata est sapientia, immo genita. Dazu Van Bavel, Recherches sur la christologie de saint Augustin (wie Anm. 442), 46 Anm. 107. 552 Greg. Ilib. fid. 8 (118, 143 – 120, 145 S.). Vgl. etwa Aug. trin. XIII, xvii, 22 (CChr.SL 50a, 412, 4–7 M.): sic deo coniungi potuit humana natura ut ex duabus substantiis fieret una persona; Aug. c. Maximin. II, x, 2 (PL 42, 765 M.): Christus una persona est geminae substantiae, quia et Deus et homo est. Vgl. H. R. Drobner, Person-Exegese und Christologie bei Augustinus. Zur Herkunft der Formel una persona, PP 8, Leiden 1986, 173–240: »Einheitsformeln vor Augustinus«. Vgl. H. J. Sieben, Einleitung, in: Tertullian, Adversus Praxean. Gegen Praxeas, FC 34, Freiburg u. a. 2001, 7–94; hier 88 f. über Augustinus als Autor der christologischen Formel una persona in duabus substantiis/naturis. 553 Vgl. Greg. Ilib. fid. 4 (82, 1 – 88, 60 S.) mit Aug. trin. VII, v-vi (CChr.SL 50, 260–267 M.). Siehe auch unten Anm. 2117. 554 Nachweise gibt Altaner, Schriften (wie Anm. 236), 166. 555 Aug. trin. XV, ix, 15 (CChr.SL 50a, 481, 10–13 M.). 556 Ambrosiast. in Gal. 4, 24 (CSEL 81/3, 51, 2–4 Vogels). 557 Zusammenfassend Bastiaensen, Augustin (wie Anm. 487), 27–30; ders., Augustine’s Pauline Exegesis and Ambrosiaster, in: F. Van Fleteren/J. C. Schnaubelt (Hgg.), Augu-

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rinus, Pelagius und Hieronymus drücken sich in ihren Galaterkommentaren ähnlich aus.558 Ein anderer möglicher Bezug ist Glorie entgangen: Da Ambrosiaster der Frau die Gottebenbildlichkeit in gewisser Hinsicht abspricht, könnte Augustins Argumentation gegen diese Exegese gerichtet sein.559 f) Ambrosius Aus den Schriften des Ambrosius gibt Glorie in seinem Quellenapparat mehr Stellen an als aus irgendeinem anderen patristischen Autor. Wiederum bleibt jedoch wenig davon als Quelle von Augustins De trinitate nachweisbar. Drei Genesis-Deutungen aus De Noe, den Auslegungen von Psalm 118 und denjenigen zum Lukasevangelium bieten zwar Parallelstellen zu De trinitate, aber in der bisherigen Forschung ist unbemerkt geblieben, daß auch Origenes’ erste Genesis-Homilie diese Deutungen alle enthält.560 Für die Definition des Gestine, Biblical Exegete, CollAug 5, New York u. a. 2001, 33–54; M. Dulaey, Recherches sur les LXXXIII Diverses Questions d’Augustin (1), RE´Aug 52, 2006, 113–142. Skeptischer war einst A. C. de Veer, BAug 23, 1974, 817–824. 558 Mar. Victorin. in Gal. 4, 24 f. (CSEL 83/2, 153, 2 f. G.): Cum aliud dicitur, aliud significatur, haec allegoria est. Dies ist übrigens die Standarddefinition im Rhetorik-Lehrbuch des vierten Jahrhunderts: Allegoria est oratio aliud dicens aliud significans (Char. gramm. IV [363, 23 f. Barwick] und Diom. gramm. II [I, 461, 31 Keil]). Vgl. Pelag. in Gal. iv, 24 (328, 12 f. Souter): Hoc est alia ex aliis figurata; Hier. in Gal. II, 4 (PL 26, 389 C): Aliud praetendit in verbis, aliud significat in sensu. 559 Vgl. Ambrosiast. in I Cor. 11, 8–10 (CSEL 81/2, 122, 19 f. V.) mit Aug. trin. XII, vii, 9–13 (CChr.SL 50, 363, 1 – 367, 109 M.). Auch in Ps.-Aug. (= Ambrosiast.?) quaest. test. 21 (CSEL 50, 48, 14 S.) und 106, 17 (243, 20 S.) wird die schöpfungsmäßige Gottebenbildlichkeit der Frau bestritten. Vgl. K. E. Børresen, Imago Dei, privile`ge masculin? Interpre´tation augustinienne et pseudo-augustinienne de Gen 1, 27 et 1 Cor 11, 7, Aug(R) 25, 1985, 213–234. Zum philosophisch-kulturgeschichtlichen Hintergrund vgl. K. Thraede, Augustin-Texte aus dem Themenkreis ›Frau‹, ›Gesellschaft‹ und ›Gleichheit‹ I, JAC 22, 1979, 70–97; hier 91–97. Vgl. unten S. 235 f. 560 Aug. trin. VII, vi, 12 (CChr.SL 50, 266, 152–156 M.) wendet sich unter Berufung auf 1 Kor 11, 7 gegen Theologen, qui ita distinguunt ut imaginem velint esse filium, hominem vero non imaginem sed ad imaginem: vielmehr sei auch der Mensch imago, nur eben nicht imago aequalis. Welche Theologen vertreten die abgelehnte Unterscheidung? Einmal der frühe Augustinus selbst in divers. quaest. li, 4 (CChr.SL 44a, 81 f. Mutzenbecher), was er in retr. I, xxvi (xxv) (CChr.SL 57, 81, 138–144 M.) kritisiert. Aber auch Ambr. in Luc. X, 49 (CChr.SL 14, 360, 482–485 Adriaen): solus enim Christus est plena imago dei . . . ; iustus autem homo ad imaginem dei est. Ähnlich Ambr. in psalm. 118, X, 16 (CSEL 62, 212 f. Petschenig). Doch handelt es sich um eine gängige These seit Irenäus, Klemens von Alexandrien und Origenes (Belege: BAug 15, 21991, 589–591). Die Stelle Iren. haer. V, 16, 2 (SC 153, 216, 24–34 R./D.) könnte Augustinus bereits vor Abschluß der divers. quaest. gekannt haben (oben S. 83). Rufins Übersetzung von Origenes’ Genesis-Homilie (I, 13 [SC 7bis, 60 Doutreleau]) wird auf 403/4 datiert, kann also Augustinus in divers. quaest. noch nicht bekannt gewesen sein. Trotzdem kann Augustinus schon damals aus Origenes geschöpft haben, etwa aus einem älteren lateinischen Origenes-Florilegium (vgl. E. Schulz-Flügel, Gregorius Elliberritanus, Epithalamium sive Explanatio in Canticis Canticorum, Vetus Latina. AGLB 26, Freiburg 1994, 256–267; G. Heidl Some Traces of an Ancient Latin Compilation of Origen’s Commentary on Genesis, RE´Aug 46, 2000, 3–30; ders., Origen’s Influence on the Young Augustine [wie

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rechten in De trinitate: sua cuique distribuit weist Glorie auf Ambrosius’ De officiis (. . . iustitiam quae suum cuique tribuit) und Ciceros De inventione hin; natürlich hätte die direkte Vorlage des Ambrosius nähergelegen, nämlich Ciceros De officiis ( . . . tribuendoque suum cuique).561 Doch handelt es sich um eine klassische Sentenz des römischen Rechts,562 die Augustinus kaum erst aus Ambrosius kennengelernt haben dürfte. Auch zu der Aussage, ingenitus komme in der Heiligen Schrift nicht vor, muß Augustinus nicht durch Ambrosius’ De incarnationis dominicae sacramento gelangt sein. Allerdings ist der Argumentationsduktus dieses Textes von Ambrosius den ersten fünf Büchern von De trinitate verwandter als es die genannte, einzige von Glorie angegebene Parallelstelle563 vermuten ließe. Mit einer anderen Schrift, der Explanatio symboli, stimmt Augustinus in der Formel der una operatio von Vater, Sohn und Geist und beim Hinweis auf häretisches Interesse an der Bezeichnung des Sohnes als visibilis überein. Die Annahme tatsächlicher Kenntnis ist gleichwohl nicht zwingend, weil auch andere Texte von Ambrosius und anderen Lateinern ähnlich formulieren.564 Besonders wichtig ist die Frage, ob Augustinus die Ambrosius-Schriften De fide und De spiritu sancto benutzt. Erneut betrifft ein großer Teil der von Glorie angegebenen Stellen Topoi, die Augustinus nicht notwendig bei Ambrosius kennengelernt hat. Erwägenswert bleiben aber vor allem drei im Quellenapparat aufgelistete Passagen bei Ambrosius. Erstens: über die Äquivalenz der Prädikate »Sohn« und »gezeugt«.565 Zweitens: warum nicht nur von »Gott«, sondern vom »wahren Gott« gesprochen wird.566 Drittens: wenn Augustinus sagt: Anm. 430]). − Ambr. Noe 92 (CSEL 32/1, 478 f. Schenkl) ist genannt im Apparat zu Aug. trin. XII, xiii, 20 (CChr.SL 50, 373, 1–5 M.) neben zwei nicht passenden Stellen aus Tertullian und Marius Victorinus als Beleg für die von Augustinus bezweifelte allegorische Auslegung von Mann und Frau im Paradies auf mens und sensus corporis im Menschen. Diese (wohl von Philo, opif. 165 [I, 57, 14 f. Cohn] stammende) Allegorese schreibt Augustinus »einigen herausragenden Verteidigern des katholischen Glaubens und Auslegern der heiligen Schrift« zu. Übersehen wurde, daß Rufin. Orig. in Gen. I, 15 (SC 7bis, 66–68 D.) statt Ambrosius gemeint sein könnte. 561 Aug. trin. VIII, vi, 9 (CChr.SL 50, 282, 95); Ambr. off. I, xxiv, 115 (I, 150 Testard); Cic. inv. II, 53, 160 (148b, 3 f. S.); off. I, 5, 15 (6, 22 Atzert). 562 Ulpianus, dig. I, 1, 10 (Krüger/Mommsen 1, 29): iustitia est constans et perpetua voluntas ius suum cuique tribuendi. Zur Wirkungsgeschichte dieser Formulierung, auch in Aug. trin. VIII, vi, 9 (CChr.SL 50, 282, 94 f. M.), mehr noch aber zu der Rezeption der Formulierung: Nunc autem quod agit iustitia in subveniendo miseris (trin. XIV, ix, 12 [CChr.SL 50a, 439, 38 f. M.]) und einer verwandten Vorstellung des Martin von Braga vgl. St. Kuttner, A Forgotten Definition of Justice, in: Ders., The History of Ideas and Doctrines of Canon Law in the Middle Ages, CStS 113, London 1980, Aufsatz V mit Retraktationen 7. 563 Vgl. Aug. trin. XV, xxvi, 47 (CChr.SL 50a, 528, 110 f. M.) mit Ambr. incarn. 8, 80 (CSEL 79, 264 f., 13–19 Faller). 564 Vgl. Aug. trin. II, v, 9 (CChr.SL 50, 91, 70 f. M.) mit Ambr. expl. symb. 3 (SC 25bis, 48, 5 Botte) und trin. II, xviii, 34 (124, 28 f. M.) mit expl. symb. 4 (50, 16 B.). 565 Vgl. Aug. trin. V, vi, 7 (CChr.SL 50, 211, 18 f. M.) und V, vii, 8 (213, 2 f. M.) mit Ambr. fid. prol. 5 (CSEL 78, 59, 32 f. F.). 566 Vgl. Aug. trin. I, vi, 9 (CChr.SL 50, 38, 23 M.) mit Ambr. fid. I, 17, 108 (CSEL 78, 46, 1 f. F.).

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de spiritu sancto collecta sunt testimonia quibus ante nos qui haec disputaverunt abundantius usi sunt,567 so meint er mit recht hoher Wahrscheinlichkeit Ambrosius, De spiritu sancto. Denn sofort anschließend erweist er genau wie Ambrosius aus einer Kombination von Röm 1, 25, Phil 3, 3 und Dtn 6, 13, unter Rückgriff auf den Terminus latreyÂein und unter Abwägung zweier lateinischer Lesarten von Phil 3, 3 die Gottheit des Heiligen Geistes. Glorie hat in einer separaten Publikation eine Synopse der entsprechenden Formulierungen von Augustinus und Ambrosius erstellt, die einen Einfluß sehr wahrscheinlich macht.568 − Zu Augustins Ansicht, der Geist sei im Gegensatz zum Sohn non quomodo natus sed quomodo datus, steht im Apparat ein Hinweis auf Ambrosius, De fide, wo jedoch nur vom Sohn die Rede ist, der in Jes 9, 6 sowohl als natus wie auch als datus bezeichnet werde.569 Augustinus will mit seinen Analysen der alttestamentlichen Theophanien in De trinitate II u. a. die Behauptung nichtnizänischer Theologen widerlegen, in der Patriarchenzeit sei nie der schlechthin unsichtbare Vater erschienen, sondern der ihm untergeordnete Sohn. Aber auch rechtgläubige Exegeten sahen in den drei Männern bei den Eichen von Mamre, die von Abraham im Singular angeredet werden (Gen 18), Christus in Begleitung zweier Engel. Augustinus lehnt dies ab. In der Kombination von Drei- und Einzahl liege vielmehr eine Andeutung der Trinität, die durch drei Engel verkörpert worden sei.570 Bartelink weist nach, daß etwa Novatian und Hilarius die von Augustinus verworfene Auslegung vertreten, während Ambrosius als erster eine Präfiguration der

567 Vgl. Aug. trin. I, vi, 13 (CChr.SL 50, 42 f., 107–131 M.) mit Ambr. spir. II, 5 (v f.), 44– 47 (CSEL 79, 103 f., 93–111 F.) u. ö. Vgl. auch La Bonnardie`re, Recherches de chronologie (wie Anm. 184), 86; die Autorin glaubt, trin. I, vi, 13 bilde den Schluß des nach 418 zu trin. hinzugefügten Proömiums. Sie will dies mit parallelen Schriftstellen-Kombinationen in Werken Augustins aus eben der Zeit um 418–420 dartun, doch ist keine einzige dabei, die exakt derjenigen entspricht, die trin. und Ambr. spir. gemeinsam haben. 568 F. Glorie, Augustinus, De Trinitate. Fontes − chronologia (wie Anm. 89), 203–208; zu ergänzen wäre die einige Seiten vor dem von Glorie untersuchten Abschnitt stehende Parallelstelle: Aug. trin. I, vi, 9 (CChr.SL 50, 38, 17–19 M.): Omnis enim substantia quae deus non est creatura est, et quae creatura non est deus est. Ambr. spir. III, 18 (xviii), 133 (CSEL 79, 207, 15 f. F.): Qui creatura autem non est, sine dubio deus est. Eine wichtige parallele Schriftauslegung zu dem ganzen Abschnitt, die aber eher eine (von Faller übersehene) Quelle des Ambrosius als des Augustinus ist, findet sich in Ps.-(?) Didym. trin. II, xi (PG 39, 664 f. M.): Hier wird auch der anti-macedonianische Charakter der ganzen Argumentation deutlich, denn die Macedonianer bestritten gerade, daß die Bibel gebiete, den Heiligen Geist anzubeten (vgl. F. Loofs, Zwei macedonianische Dialoge, SPAW 1914/I, 526–551; erneut in: Ders., Patristica. Ausgewählte Aufsätze zur Alten Kirche, hg. H. Ch. Brennecke/J. Ulrich, AKG 71, Berlin/New York 1999, 321–349). − La Bonnardie`re, Recherches de chronologie (wie Anm. 184), 174 mit Anm. 3, meint, auch die antiarianische Benutzung von Jes 48, 16 in trin. II, v, 8 (CChr.SL 50, 90, 52 f. M.) sei Augustinus durch Ambrosius übermittelt worden: spir. III, 1 (prol.), 7 (CSEL 79, 152, 58 F.). 569 Vgl. Aug. trin. V, xiv, 15 (CChr.SL 50, 222, 9 f. M.) mit Ambr. fid. III, 8, 55 (CSEL 78, 128, 11 f. F.). 570 Aug. trin. II, x, 19 – xi, 21; III, x, 22–25 (CChr.SL 50, 105–108; 150–156 M.).

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Trinität in der Szene sehe.571 Augustinus zitiere zwar erst in einer seiner letzten Schriften, der Collatio cum Maximino Arrianorum episcopo, die klassische ambrosianische Formulierung: tres vidit et unum adoravit.572 Aber auch in De trinitate II, x, 10 benutze Augustinus die Antithese tres − unus.573 Bartelink scheint daher zu vermuten, daß Augustinus schon während der Arbeit daran wenigstens eine der Stellen kannte, an denen Ambrosius die Mamre-Szene deutet. Jean-Louis Maier hat ausführlicher die Lehre des Athanasius, Hilarius, Ambrosius und anderer Lateiner über Theophanien und göttliche Sendungen mit derjenigen Augustins verglichen und Einflüsse wie Änderungen beschrieben. Zwar ist Maiers Arbeit nicht quellenkritisch im streng Altanerschen Sinne, sondern eher auf den inhaltlichen Vergleich von Exegesen und Theologumena konzentriert. Aber es scheint eben kaum ein wörtliches Ambrosiuszitat in De trinitate zu geben, so daß man auf unschärfere Methoden wie die Sammlung von Parallelstellen angewiesen ist, um das wohl doch beträchtliche Ausmaß zu erahnen, in dem Augustinus in De trinitate I bis IV Gedanken des Ambrosius (vor allem aus De fide und De spiritu sancto) rezipiert. Als Nebenertrag ergeben sich aber auch einige neue Zitatnachweise; so scheint die neuartige Deutung des Ambrosius, die Sendung des Sohnes geschehe, damit der sonst unerkennbare Gott pro captu nostro (gemäß menschlicher Fassungskraft) erkannt werden könne, auch terminologisch ein Echo in De trinitate gefunden zu haben.574 Die Parallelstelle verdient in einer künftigen kritischen Ausgabe vielleicht Erwähnung, wenngleich die Formulierung als solche nicht ungewöhnlich ist. − Hinzuweisen ist hier auch auf das Buch von Studer zur Theophanie-Exegese, das sich zwar auf ein Ambrosius-Zitat in Augustins De videndo deo konzentriert, aus dem sich aber auch für De trinitate wichtige Schlüsse ziehen lassen − nicht zuletzt auf die Bedeutung des Ambrosius für Augustins Trinitätslehre.575 Einer Untersuchung von Barbara Beyenka zufolge ist Ambrosius einer der von Augustinus zeit seines Lebens am häufigsten namentlich erwähnten patristischen Autoren.576 Eine ältere, durchaus überholungsbedürftige Arbeit von G. J. M. Bartelink, Tres vidit, unum adoravit, formule trinitaire, RE´Aug 30, 1984, 24– 29; da es Bartelink mehr auf die Geschichte der Formel als der Interpretation ankommt, geht er hier nicht auf alle Zeugen der Deutungsgeschichte ein. Vgl. oben Anm. 504. 572 Aug. c. Maximin. II, xxvi, 7 (PL 42, 809 M.); vgl. Ambr. spir. II prol. 4 (CSEL 79, 88, 29 F.); fid. I, 13, 79 (CSEL 78, 35, 10 f. F.). Weitere ähnliche Ambrosius-Stellen bei Bartelink (wie Anm. 571). 573 Aug. trin. II, x, 19 (CChr.SL 50, 106, 115–122 M.). 574 Maier, Les missions (wie Anm. 436), 210: vgl. Ambr. fid. V, 7, 99 (CSEL 78, 251, 66 F.) mit Aug. trin. IV, xx, 28 (CChr.SL 50, 198, 70 M.). 575 Studer, Zur Theophanie-Exegese (wie Anm. 489), vgl. oben S. 98 und unten S. 194. Die zentrale von Studer untersuchte ambrosianische Formulierung (ea specie videri quam voluntas elegerit, non natura formaverit, Ambr. in Luc. I, 25 [CChr.SL 14, 19, 394 f. A., dort mit anderer Interpunktion]) klingt z. B. in Aug. trin. III, ix, 19 (CChr.SL 50, 146, 8 M.: ea specie) an. 576 B. Beyenka, The Names of St. Ambrose in the Works of St. Augustin, AugSt 5, 1974, 19–28. 571

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Giuseppe Ferretti ist bisher die einzige geblieben, in der systematisch die Ambrosius-Zitate im gesamten Corpus der Augustinus-Schriften verzeichnet werden.577 Ferretti, der sich vornehmlich (aber nicht ausschließlich) für die Erbsündenlehre interessiert, findet kein Ambrosius-Zitat in De trinitate (auch der Name des Ambrosius begegnet darin nirgends) und zweifelt im übrigen, ob Augustinus je De fide gekannt hat. Das erste und einzige Zitat aus De spiritu sancto spürt Ferretti erst in De doctrina Christiana IV aus dem Jahre 426 auf.578 Er meint daher, daß Augustinus um 402/3 einige Schriften des Mailänder Bischofs gelesen hat, aber erst zwischen 411 und 418 ausgedehntere Ambrosius-Lektüre verrät. Diese Thesen dürften aber unzutreffend sein. So hat bereits du Roy gute Argumente dafür gefunden, daß Augustinus die Schrift des Ambrosius über den Heiligen Geist schon vor 391 benutzt hat.579 Dassmann und Bastiaensen, denen die Studien von Glorie, La Bonnardie`re und du Roy zu Augustins Rezeption von Ambrosius’ De spiritu sancto entgangen sind, beklagen in ihren Überblicken, daß viele Fragen zum Verhältnis Augustins zu Ambrosius bisher kaum beantwortet worden seien.580 Zu Übernahmen und Unterschieden in exegetischen Methoden und Einzelinterpretationen liegen ältere Arbeiten vor, die teils auch De trinitate streifen (etwa zur Deutung der Theophanien).581 Zwei wichtige neuere Arbeiten zu Ambrosius’ Rolle im »Antiarianismus« und »Neunizänismus« gehen in bewußter Beschränkung ihrer jeweiligen Themenstellung nicht näher auf die schwierige Thematik der Ambrosius-Rezeption Augustins ein.582 Doch kommt die Forschung in Fluß. Unter dem Eindruck von Courcelles These, Augustinus habe im Jahre 386 jene sermones des Mailänder Bischofs selbst gehört, die unter den Titeln De Isaac und Exameron erhalten sind, hat McCool schon 1959 zu zeigen versucht, daß Augustinus in seinen Frühschriften, besonders in De vita beata, die Kombination plotinischer Metaphysik mit alexandrinischer Bildtheologie ganz von Ambrosius übernehme. In De trinitate, so behauptet der Autor am Schluß, bleibe diese ambrosianische Grundlage der Lehre von der trinitarischen Gottebenbildlichkeit erhalten. Hinreichende Beweise für diese Thesen bleibt der Autor aber schuldig.583 Durch wichtige Untersuchungen 577 G. Ferretti, L’influsso di S. Ambrogio in S. Agostino, Estratto dalla Tesi di Laurea nella Facolta` Teologica della Pontificia Universita` Gregoriana, Faenza 1951. 578 Aug. doctr. christ. IV, xxi, 46 (CChr.SL 32, 153, 44–64 Martin). 579 Du Roy, L’intelligence (wie Anm. 1249), 227, Anm. 1; 262, Anm. 1; 378, Anm. 1; 486 f. 580 E. Dassmann, Art. Ambrosius, AugLex I, 1986–94, 270–285; Bastiaensen, Augustin (wie Anm. 487), 30–34. 581 Vgl. etwa P. Rollero, La »Expositio evangelii secundum Lucam« di Ambrogio come fonte della esegesi agostiniana, Turin 1958. 582 Ch. Markschies, Ambrosius von Mailand und die Trinitätstheologie. Kirchen- und theologiegeschichtliche Studien zu Antiarianismus und Neunizänismus bei Ambrosius und im lateinischen Westen (364–381 n.Chr.), BHTh 90, Tübingen 1995; Williams, Ambrose of Milan (wie A 115). 583 G. A. McCool, The Ambrosian Origin of St. Augustine’s Theology of the Image of God in Man, TS 20, 1959, 62–81. Weitere Literatur zu Augustins Auffassung der trinitarischen Gottebenbildlichkeit unten S. 227 ff.

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von Nello Cipriani ist in jüngster Zeit zwar nicht sicher bewiesen, aber doch sehr wahrscheinlich geworden, daß Augustinus bereits in seinen frühen trinitätstheologischen Versuchen vor der Bischofsweihe De fide, De spiritu sancto, Exameron und die Expositio evangelii secundum Lucam des Ambrosius benutzt hat.584 Für Augustins Contra sermonem Arrianorum aus dem Jahre 419 hat Daley aus ähnlichen Schriftargumenten auf Augustins Kenntnis von De fide geschlossen.585 Was noch immer aussteht, ist eine gründliche Untersuchung von De trinitate auf Bezüge zu Ambrosius. Lewis Ayres und Michel Rene´ Barnes haben in einer Reihe von Publikationen auf die zu wenig beachtete antihomöische Trinitätstheologie des Hilarius wie auch des Ambrosius als zwei Hauptquellen der Trinitätslehre des jungen und des reifen Augustinus hingewiesen.586 g) Pseudo-Athanasius und/oder Eusebius von Vercelli Mehrere wohl von verschiedenen Verfassern herrührende lateinische Traktate zur Trinitätslehre sind in manchen Handschriften zu einem Corpus von Athanasius-Texten vereint. Aus dem ersten, sieben Bücher umfassenden Werk, das Dattrino um 380 bis 400 datiert,587 sind in Glories Apparat unter dem Namen (Ps.-) Eusebius Vercellensis Stellen angegeben, die gewisse theologische Ähnlichkeiten zu Augustins Trinitätslehre aufweisen. So wird dort von der unitas deitatis trinitatis gesprochen, und die Formulierung ex ipso et per ipsum et in ipso aus Röm 11, 36 wird auf Vater, Sohn und Geist bezogen.588 Daß Augustinus aus den Büchern des Pseudo-Athanasius zitiert oder sie gekannt hat, ist damit zwar nicht bewiesen, doch weist Dattrino eine Reihe von Parallelen zwischen Pseudo-Athanasius und Augustins De fide et symbolo aus dem Jahre 393 nach. Am Schluß läßt er die Frage bewußt offen, ob Bezüge zu Augustins De trinitate feststellbar seien.589 Sollte die Frage zu bejahen sein, so könnte z. B. ein in Augustins De trinitate VI und VII abgelehntes antiarianisches Argument seine Quelle bei Pseudo-Athanasius (Eusebius von Vercelli?) De trinitate V haben: Dort heißt es, wenn der Apostel Christum dei virtutem et dei sapientiam nenne (1 Kor 584 Cipriani, Le fonti cristiane (wie Anm. 540); ders., Le opere di sant’Ambrogio negli scritti di sant’Agostino anteriori all’episcopato, ScS 125, 1997, 763–800; vgl. V. Grossi, Sant’Ambrogio e sant’Agostino. Per una rilettura dei loro rapporti, in: Nec timeo mori. Atti del congresso internazionale di studi ambrosiani nel XVI centenario della morte di sant’Ambrogio, hg. von L. F. Pizzolato/M. Rizzi, Mailand 1998, 405–462. 585 B. E. Daley, The Giant’s Twin Substances. Ambrose and the Christology of Augustine’s Contra Sermonem Arianorum, in: Augustine, Presbyter Factus Sum (wie Anm. 259), 477–495. Vgl. unten Anm. 944. 586 Vgl. unten S. 167 ff. 587 L. Dattrino, Il De Trinitate pseudoatanasiano, SEAug 12, Rom 1976, 120. Für die Verfasserschaft des Eusebius von Vercelli plädiert erneut Williams, Ambrose of Milan (wie Anm. 115), 239–242. 588 Vgl. Ps.-Athan. trin. I, tit. (CChr.SL 9, 3, 5 Bulhart) und IV, 22–24 (62, 174–197 B.) mit Aug. trin. XV, v, 7 (CChr.SL 50a, 468, 2–4 M.) und I, vi, 12 (41, 78–83 M.). 589 L. Dattrino, Sanctus Spiritus de unita natura est, Lat. N. S. 47, 1981, 356–379.

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1, 24), so folge daraus, daß es keine Zeit gab, da der Sohn nicht existierte, weil Gott nie ohne Kraft und Weisheit sei; Augustinus selbst hatte diese Ansicht in jüngeren Jahren vertreten.590 Zum gleichen Corpus zählt als Liber IX der Libellus fidei, aus dem Glorie mehrere Stellen im Quellenapparat zahlreicher Passagen aus Augustins De trinitate notiert. Dazu zählt ein Passus, worin der Heilige Geist als Geist des Vaters und des Sohnes bezeichnet wird. Liber X (Expositio fidei), der aus epistula 219 des augustinischen Briefcorpus und dem hierzu gehörigen Libellus emendationis des Leporius aus dem Jahre 418 zitiert,591 wird u. a. wegen der darin enthaltenen Nachricht angeführt, die Häretiker würden fragen, ob der Vater den Sohn willentlich oder aus Notwendigkeit gezeugt habe. Hierfür lassen sich aber viele weitere Zeugnisse angeben, und die exakteste Parallele bleibt die oben schon besprochene bei Gregor von Nazianz.592 Auch für Liber XI (Professio ariana et confessio catholica) läßt sich in einem Abschnitt, der aus dem Status des Sohnes als sapientia patris auf seine Gleichewigkeit schließt, eine Parallele zu Augustinus finden.593 Doch auch das ist ein häufiger antiarianischer Topos, und es ist nicht sicher nachgewiesen, daß Augustinus diese Schrift für De trinitate benutzt hat; zwar glauben Courcelle und Altaner, Augustinus gebe in der epistula 148, ii, 10 (etwa vom Jahre 411/412) einige Formulierungen aus diesem Traktat als originalen Athanasiustext aus. Aber da bei Ps.-Athanasius nicht alles steht, was Augustinus dem Athanasius hier zuschreibt, bleibt dies ungewiß.594

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Vgl. Aug. trin. VI, i, 1 (CChr.SL 50, 228 f., 20–25 M.) mit Ps.-Athan. trin. V, 17 (CChr.SL 9, 70, 142–149 B.). Fast die gleiche Formulierung bei Ps.-Athan. trin. XI, vgl. unten Anm. 593, aber auch, von Glorie übersehen, Ambr. fid. I, 13, 79 (CSEL 78, 35, 4–6 F.) und, etwas entfernter ähnlich, Greg. Ilib. fid 2 (CorPat 3, 70, 45 – 74, 68 S.). Zur möglichen Quelle bei Athanasius oben S. 87. 591 Zitatnachweise: A. Chavasse, Le dossier de Leporius (vers 418–421) et le livre X du »De Trinitate« pseudo-athanasien, RBe´n 74, 1964, 316–318; Datierung: J.-L. Maier, La date de la re´tractation de Leporius et celle du »sermon 396« de saint Augustin, RE´Aug 11, 1965, 39–42. Die These von F. Gori, La pericope cristologica del De Trinitate X pseudoatanasiano nel Libellus emendationis di Leporio, Aug(R) 31, 1991, 361–386, Leporius zitiere aus PseudoAthanasius, ist abzulehnen: Ps.-Athan. trin. X ist weitestgehend eine Montage aus Zitaten. 592 Vgl. oben S. 93. 593 Vgl. Ps.-Athan. trin. XI, iv (51, 4–21 Simonetti) mit Aug. trin. VI, i, 1 (CChr.SL 50, 228 f., 20–25 M.). 594 Courcelle, Les lettres grecques (wie Anm. 240), 188 Anm. 1, vergleicht Aug. epist. 148, ii, 10 (CSEL 44, 340, 8–16 G.) mit Ps.-Athan. trin. XI, iii (47, 19 – 48, 1 S.). Zustimmend Altaner, Schriften (wie Anm. 236), 263 f. − Brief 148 ist von O. Perler/J.-L. Maier, Les voyages (wie Anm. 157), 275 f., auf 410 und nicht 413/414 datiert worden, wie Altaner und Courcelle im Anschluß an Goldbacher, CSEL 58, 39 f., noch angenommen hatten. Hombert (Nouvelles recherches [wie Anm. 207], 57, Anm. 132) stellt erwägenswerte Gründe für ein Datum Ende 411/Anfang 412 zur Diskussion.

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h) Einige Fehlanzeigen Die von Glorie vermerkten Parallelstellen aus dem Tomus Damasi, Hieronymus, Laktanz, Rufin, Valerian von Calahorra und Zeno von Verona sind viel zu vage und können nicht als nachweisliche Vorlagen betrachtet werden.595 Der Hinweis von Albrecht Dihle, daß die »Analogie zwischen Trinität und Menschenseele« zum ersten Mal in einem priszillianistischen Traktat begegne, dürfte ebenfalls kaum eine Quelle Augustins benennen, zumal das Datum des Traktats unsicher ist und Augustins charakteristische Ternare nicht darin vorkommen.596 Cyprian ist ebenso wie Commodian nur wegen der Formulierung sursum corda in den Quellenapparat geraten, die Augustinus aber eher aus dem Meßformular als aus diesen Autoren zitieren dürfte.597 In De trinitate XII gibt Augustinus eine Allegorese zu Gen 2, 20–23: Der Mann fand eine Gehilfin nicht unter den Tieren, sondern nur aus der ihm selbst entnommenen Substanz. Ähnlich verwende die Seele für den Gebrauch der körperlichen Dinge nicht einen fremden Seelenteil, sondern etwas aus ihrer eigenen Substanz, das gleichsam delegiert werde für diesen Zweck.598 Edmund Hill hat auf die genauere Ausführung dieser Exegese in Augustins De Genesi ad litteram hingewiesen, wo insbesondere die Auslegung abgelehnt wird, daß am sechsten Schöpfungstag zuerst die menschliche Seele und erst später der Leib geformt worden sei. Augustinus sagt dort ausdrücklich, nonnulli hätten diese falsche Bibelauslegung vertreten; unmittelbar vorher wendet Augustinus die exegetische Regel des Donatisten Tyconius von der recapitulatio an, wonach die 595 Zu Zeno von Verona vgl. allerdings oben Anm. 441 und gewisse Parallelen zwischen Augustins Vorstellung von der »unaussprechlichen Umarmung von Vater und Sohn« (trin. VI, x, 11 [CChr.SL 50, 242, 29–36]) und Formulierungen bei Zeno I, vii (II, 2), 4 (CChr.SL 22, 44 f., 32–42); I, xvii (II, 3), 1 (64, 2–7); I, lvi (II, 5), 1 (131, 2–12); vgl. dazu C. Simonelli, L’eterno abbraccio. La dottrina di san Zeno, ASZ 14, 1997, 11–16; B. Studer, Durch Geschichte zum Glauben (wie Anm. 733), 405. 596 Dihle, Die Vorstellung vom Willen in der Antike (wie Anm. 292), 174, Anm. 4. Textausgabe von Morin, Traite´ priscillianiste ine´dit (wie Anm. 120). Analyse: A. Orbe, Doctrina trinitaria del ano´nimo priscilianista ›De trinitate fidei catholicae‹, Gr. 49, 1968, 510–562; H. Chadwick, Priscillian of Avila. The Occult and the Charismatic in the Early Church, Oxford 1976, 87 und 100–102. 597 Allerdings gehört trin. I, xii, 27 (CChr.SL 50, 68, 163 f. M.) zu den wenigen Stellen im Gesamtwerk Augustins, bei denen er den Plural corda verwendet; sonst ist bei ihm die singularische Form üblich, die vielleicht einem Sonderbrauch von Hippo Regius entspricht, vgl. M. Klöckener, Das eucharistische Hochgebet bei Augustinus. Zu Stand und Aufgaben der Forschung, in: Signum pietatis (wie Anm. 466), 461–498; hier 482–84; ders., Die Bedeutung der neu entdeckten Augustinus-Predigten (Sermones Dolbeau) für die liturgiewissenschaftliche Forschung, in: G. Madec (Hg.), Augustin pre´dicateur (395–411). Actes du Colloque International de Chantilly (5–7 septembre 1996), E´AA 159, Paris 1998, 129–170; hier 150–152; ders., La prie`re eucharistique selon saint Augustin, CPE´gl 77, 2000, 36–42 (mit neuer Literatur). Nach M. Pellegrino (»Sursum cor« nelle opere di sant’Agostino, RechAug 3, 1965, 179–206; Nachdruck RE´Aug 50, 2004, 147–174) stehen Augustins sursum cor-Zitate nur sehr selten in direkt liturgischem Kontext. 598 Aug. trin. XII, iii, 3 (CChr.SL 50, 357 f. M.).

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Bibel manches in einer zeitlichen Ordnung zu erzählen scheint, das in Wahrheit sachlich nicht als Nacheinander verstanden werden dürfe. Da nun in Augustins De doctrina christiana das Beispiel für die Anwendung der Regel des Tyconius ebenfalls Gen 2 entnommen ist (allerdings einem anderen Passus daraus!), meint Hill Grund genug zu haben, die von Augustinus in De trinitate abgelehnte Exegese ebenfalls Tyconius zuschreiben zu können.599 Das ist aber weit hergeholt − für die nonnulli und die darauf folgenden Worte hat man längst eine Homilie des Basilius oder Gregors von Nyssa als mögliche Quelle Augustins eruiert, und letztlich geht die ganze Deutung auf Origenes zurück, etwa in dessen (Augustinus nachweislich bekannten) Genesishomilien.600

4. Griechische und lateinische Synodaltexte Die De trinitate-Ausgabe von Mountain/Glorie verzeichnet eine große Zahl von meist nur wenige Wörter umfassenden Formulierungen, in denen De trinitate mit verschiedenen Fassungen des Bekenntnisses von Nizäa in lateinischer Version und der Taufsymbole von Mailand/Rom und Afrika übereinstimmt, und druckt die Texte in einem Appendix ab. Eine quellenkritische Auswertung dieser Aufstellungen scheint bisher nicht erfolgt zu sein. Man hat sich daher nach wie vor an die nur wenig auf De trinitate eingehende Dissertation von Eichenseer zu halten, deren Schwerpunkt weniger in der Quellenkritik als in der Darstellung von Augustins theologischen Lehren über die einzelnen Artikel des Glaubensbekenntnisses liegt. Immerhin versucht Eichenseer zu zeigen, daß Augustinus in seinen Predigten und Schriften hauptsächlich sein Taufbekenntnis, also das mailändisch-römische Symbol wiedergebe. Zudem ziehe er auch das afrikanische Symbol von Hippo heran, mache es aber selten wörtlich zur Grundlage seiner Ausführungen, weil die Arkandisziplin dies verboten habe.601 In einzelnen Formulierungen (wie etwa beim omnium visibilium et invisibilium conditorem602 in De trinitate) zitiere er auch das Nicaenum, aber generell lasse sich beobachten, daß die Formeln bei Augustinus ineinander übergingen. Wenn599 E. Hill, A Possible Debt of Augustine’s to Tychonius: The ›Male‹ Contemplative and ›Female‹ Active Functions of the Human Mind, De Trinitate XII, StPatr 38, 2001, 181–183. Seine Vergleichstexte: Aug. gen. ad litt. III, xxii (CSEL 28/I, 88, 19 – 89, 2 Zycha); VI, vii (178, 14–25 Z.); doctr. christ. III, xxxvi, 52 (CChr.SL 32, 111, 1– 112, 9 M.). 600 P. Agae¨sse/A. Solignac, Note 15, La doctrine augustinienne de l’image et la tradition patristique, BAug 48, 1972, 622–628; dort 625 f. eine Synopse von Basil. (?) hom. 2 de creat. hom. (CPG 3216) 3 f. (SC 160, 230, 5 – 232, 2 Smets/van Esbroeck = 43, 15 – 44, 11 Hörner) und der eben angeführten Stelle Aug. gen. ad litt. III, xxii. Vgl. Anm. 453. Zu Origenes oben S. 84 f. 601 C. Eichenseer, Das Symbolum Apostolicum beim Heiligen Augustinus, KGQS 4, St. Ottilien 1960, besonders 105–107; 191 f.; 472–475. Daß das Symbolum nicht wörtlich angeführt wird, betont Augustinus selbst: retr. I, xvii (xvi) (CChr.SL 57, 52, 6–8 M.). 602 Aug. trin. VII, vi, 12 (CChr.SL 50, 265, 120 f. M. mit Nachweisen im Apparat für conditor statt creator).

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gleich Augustinus in De trinitate nie ausdrücklich ein Symbolum erwähnt und nirgends länger im Zusammenhang daraus zitiert, so ist doch der Text getränkt mit Reminiszenzen. Studer hat gezeigt, daß Augustinus von den früheren Schriften wie De fide et symbolo bis in die ganz späte Zeit hinein den Glauben von Nizäa lehren möchte, daß er aber erst sehr spät, etwa in der Auseinandersetzung mit dem Homöer Maximinus um 428, auf historische Details wie die Zugehörigkeit des Terminus consubstantialis zum Nicaenum oder die Geschichte der Synoden nach Nizäa zu sprechen kommt.603 Peter Gemeinhardt stellt Augustins Trinitätslehre in einen »neunizänischen« Zusammenhang.604 Seiner These zufolge unterscheiden sich griechischer und lateinischer Neunizänismus in einer verschiedenen Rezeption des Nicaenum: Das zentrale Christusprädikat im Symbol von 325, »geboren aus dem Wesen des Vaters«, das durch das oëmooyÂsiow erläutert wird, nicht umgekehrt, sei in der östlichen Rezeption (insbesondere im Nicaeno-Constantinopolitanum) entfallen, im Westen dagegen erhalten geblieben und habe letztlich dazu beigetragen, daß Augustinus zu seiner Theologie des Hervorganges des Heiligen Geistes von Vater und Sohn gelangt sei. Da in Nizäa die Begriffe oyÆsiÂa und yëpoÂstasiw noch synonym verwendet werden, sei man dem Argument des Eunomianismus wehrlos ausgeliefert gewesen, wonach der Ungezeugte nicht gleichen Wesens wie der Gezeugte ist. Als in der Mitte des vierten Jahrhunderts die Theologie des Heiligen Geistes stärker in die Debatte einbezogen wurde, sei deutlich geworden, daß in Nizäa die Ursprungsbeziehung von Vater und Sohn durch die Formel »aus dem Wesen des Vaters« so konstruiert worden war, daß eine dritte Person keinen wesensgleichen Platz einnehmen konnte, weil diese ein zweiter Sohn gewesen wäre. Darum hätten die Kappadokier die Formel fallen gelassen und stattdessen von den drei Hypostasen gleichen Wesens gesprochen. Im lateinischen Westen dagegen habe die Herausforderung des Eunomianismus gefehlt, so daß man mit der Formel weiter gearbeitet habe. Augustinus, dem ein leistungsfähiges Äquivalent für »Hypostase« fehle, habe gegen Homöer wie Maximinus die Formeln von Nizäa in Anschlag bringen zu können gemeint. Augustinus finde die Symmetrie in der Trinität nicht im gleichberechtigten Hervorgang zweier Hypostasen aus der ersten, sondern sehe die Wesensgleichheit der ersten zwei Personen in der dritten konstituiert, die aus ihnen beiden hervorgehe und sie zusammenschließe.

603 B. Studer, Augustin et la foi de Nice´e, RechAug 19, 1984, 133–154; erneut in: Ders., Dominus salvator (wie Anm. 733), 369–400; ders., Das nizänische Consubstantialis bei Augustinus von Hippo, in: Logos [FS Luise Abramowski], hg. von H. Ch. Brennecke/E. L. Grasmück/ Ch. Markschies, BZNW 67, Berlin/New York 1993, 402–410. 604 P. Gemeinhardt, Lateinischer Neunizänismus bei Augustin, ZKG 110, 1999, 149–169; ders., »Geboren aus dem Wesen des Vaters . . .«. Das Glaubensbekenntnis von Nizäa und Augustins neunizänische Theologie, StPatr 38, 2001, 153–168. Er stützt sich u. a. auf S.Ch. Kong, Gottes Wesen und Willen in den trinitätstheologischen Auseinandersetzungen des 4. Jahrhunderts. Von Nizäa 325 bis Konstantinopel 381, Diss. theol. Marburg 1995.

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Verschiedentlich wurde schon bestritten, daß das entfallene »aus dem Wesen des Vaters« wirklich von zentraler Bedeutung sei.605 Eher gegen Gemeinhardts Annahme eines grundlegenden Ost-West-Unterschiedes in dieser Frage spricht auch, daß Basilius von Caesarea, das Konzil von Ephesos und ebenso Kyrill von Alexandrien das Nicaenum noch in der Urfassung mit dem gennhueÂnta eÆk toyÄ patroÁw monogenhÄ, toyteÂstin eÆk th Ä w oyÆsiÂaw toyÄ patroÂw zitieren.606 Sicher ist die filioque-Pneumatologie Augustins auch nicht allein aus dieser Fragestellung abzuleiten, sondern entspringt Augustins Bibelverständnis. Gemeinhardt bezieht sich in erster Linie auf Augustins späte antiarianische Werke. In De trinitate spielt das de substantia patris keine prominente Rolle. In De trinitate V und XV dürften eunomianische Argumente im Blick sein, die der These zufolge im Westen keine Rolle spielen. Überhaupt kann die Konzentration auf die Formel »aus dem Wesen« kaum dem ganzen theologiegeschichtlichen Sachverhalt gerecht werden. Dennoch könnten Gemeinhardts scharfsinnige Beobachtungen auf eine Spur führen, die zu verfolgen sich lohnt. Einmal sagt Augustinus: deus filius patri per omnia substantialiter similis praedicatur.607 Der Quellenapparat der kritischen Ausgabe verweist dafür auf das Bekenntnis des Bischofs Germinius von Sirmium aus dem Jahre 366. Dieses Symbolum aber stimmt nicht genau mit Augustins Aussage überein. Hintergrund des Bekenntnisses ist ein Streit in den Jahren 359 bis 366. Eine Ähnlichkeit von Gott dem Vater und dem Sohn in allem hatte das berühmte oÏmoion . . . kataÁ paÂnta am Ende der sogenannten vierten sirmischen Formel besagt − ein Zugeständnis an den sogenannten »Homöusianer« Basilius von Ankyra, das durch den Zusatz »wie es auch die heiligen Schriften sagen und lehren« verwässert wurde. Die Formulierung kataÁ paÂnta entfiel in der homöischen Formel von Nike 359, zu deren Annahme sich eine Abordnung der Synode von Rimini im Oktober 359 bewegen ließ, so daß es nurmehr hieß, der Sohn sei dem Vater ähnlich, »wie es auch die heiligen Schriften sagen und lehren«.608 Auf der Basis dieser biblisch-homöischen Theologie, die gegen die philosophische Theologie 605

Vgl. A. M. Ritter, Das Konzil von Konstantinopel und sein Symbol. Studien zur Geschichte und Theologie des II. Ökumenischen Konzils, FKDG 15, Göttingen 1965, 291–293; A. de Halleux, »Hypostase« et »personne« dans la formation du dogme trinitaire (ca 375–381), RHE 79, 1984, 311–369; 623–670; hier 658 f.; erneut in: Ders., Patrologie et œcume´nisme (wie Anm. 478), 113–214; hier 202 f. 606 Basil epist. 125, 2 (II, 32, 3–5 Courtonne); Conc. Eph. actio prima (ACO I/1/2, 12, 31 f. Schwartz); actio sexta (ACO I/1/7, 89, 5 Sch.); Cyrill. Alex. epist. III ad Nestor. = epist. 17 (ACO I/1/1, 35, 2 f. Sch.); vgl. Cyrill. Alex. dial. de trin. I, 389 e – 390 a (SC 231, 142, 35 f. de Durand); epist. ad monach. = epist. 1 (ACO I/1/1, 12, 33 f. Sch.); c. Nestor. I, 8 (ACO I/1/6, 29, 4 f. Sch.); epist. de symb. = epist. 55 (ACO I/1/4, 51, 20 f. Sch.). Synopse von Textzeugen: Dossetti, Il simbolo di Nicea (wie Anm. 492), 228 f. 607 Aug. trin. XV, xi, 20 (CChr.SL 50a, 488, 55 f. M.). 608 Consessus Sirm. (a. 359) bei Athanas. syn. 8, 7 (Werke II, 236, 14 Opitz) (BSGR § 163 [205 Hahn]); Conc. Nicen. (a. 359) bei Athanas. syn. 30, 2–10 (Werke II, 258, 26 – 259, 20 O.) (BSGR § 164 [205 f. H.]). Vgl. J. N. D. Kelly, Early Christian Creeds, London 31972, 290 f. (deutsche Übersetzung 1972).

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einerseits der Nizäner und andererseits der Anhomöer gerichtet war, wollte auch Kaiser Constantius II. die Einheit der Reichskirche wiederherstellen.609 Germinius allerdings nahm 366 Abstand von dieser Formel und näherte sich der Position des Basilius von Ankyra, indem er erneut Christum . . . patri per omnia similem nannte.610 Dafür wurde er von seinen ehemaligen Verbündeten, den illyrischen Homöern, kritisiert. Obgleich Germinius die Substanzgleichheit nicht nannte, schrieben sie ihm offenbar deren Befürwortung zu und hielten fest: similem dicimus filium patri ›secundum scripturas‹, non ›secundum substantiam‹ aut ›per omnia‹.611 Das von den Homöern verworfene secundum substantiam benennt den zweiten und von Germinius nicht erwähnten Aspekt der »homöusianischen« Ansicht, auf den Augustinus ebenfalls anzuspielen scheint, nämlich die Überzeugung, daß der Sohn dem Vater nicht nur in allem ähnlich, sondern auch speziell oÏmoiow kat Æ oyÆsiÂan sei.612 Augustinus betont in seinem Werk gegen Maximinus, der nur das homöische Ergebnis von Rimini gelten ließ, daß die Gleichheit der Substanz und die Ähnlichkeit per omnia akzeptiert werden müsse.613 In De trinitate präzisiert er wenige Seiten nach der oben zitierten Stelle, daß der Sohn per omnia patri similis et aequalis sei, womit er von der »Ähnlichkeit« zur definitiv nizänischen »Gleichheit« übergeht.614 Augustinus dürfte zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Passage gewußt haben, daß solche Formulierungen einst diskutiert worden waren. Welche Quelle Augustinus dabei vor Augen stand (etwa das Opus historicum des Hilarius?), ist unerforscht.

5. Nichtnizänische Theologie Im Verzeichnis der Werke Augustins, das Possidius seiner Vita Augustini beigegeben hat, steht De trinitate unter den Schriften adversus Arrianos.615 Die Forschung hat diesen »antiarianischen« Aspekt lange Zeit wenig beachtet. Auch andere Werke Augustins, die ausschließlich der Auseinandersetzung mit nichtnizänischen Formen der Theologie gelten, also insbesondere Contra sermonem 609 R. Lorenz, Das vierte bis sechste Jahrhundert (Westen), KIG 1 C 1, Göttingen 1970, 26; ders., Das vierte Jahrhundert (Osten), KIG 1 C 2, Göttingen 1992, 164–169. 610 Germin. symb. in Hil. coll. antiar. A. III (CSEL 65, 47, 20–23 Feder). Vgl. Markschies, Ambrosius von Mailand (wie Anm. 582), 46–57. 611 Valent./Ursac. epist. ad Germin. in Hil. coll. antiar. B V (CSEL 65, 159, 22 f. F.). Vgl. R. P. C. Hanson, The Search for the Christian Doctrine of God. The Arian Controversy 318– 381, Edinburgh 1988, 593. 612 Basil. Ancyr. epist. syn. bei Epiphan. haer. 73, 5, 7 (GCS Epiphanius III, 275, 12 f. H./D.). Zum Konstrukt einer »homöusianischen Kirchenpartei« vgl. unten Anm. 1785. 613 Aug. c. Maximin. II, xv, 2 f. (PL 42, 778 f. M.). 614 Aug. trin. XV, xiv, 23 (CChr.SL 50a, 496, 1 f. M.). Die Gegenposition dazu etwa in einem leider schwer datierbaren homöischen Text: Causa nobis maxime est adversus eos qui se dicunt orthodoxos, qui ecclesias nostras invaserunt et more tyrannico obtinent, dicentes aequalem esse filium per omnia et in omnibus deo patri . . . (Frg. 7 Bob. [CChr.SL 87, 239, 14–24 Gryson]). 615 Possid. indic. viii, 5 (MA 2, 173 Wilmart).

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Arrianorum, Collatio cum Maximino Arrianorum episcopo und Contra Maximinum haereticum Arrianorum episcopum, sind relativ wenig erforscht. Es ist bezeichnend, daß man bis in die allerjüngste Zeit für die wichtigsten Texte zu diesem Thema über keine moderne kritische Ausgabe verfügte, sondern auf die MaurinerAusgabe angewiesen war. Eine moderne Edition der Collatio und von Contra Maximinum ist jetzt in Vorbereitung.616 Im Jahre 2000 ist endlich eine kritische, auf 24 von 63 bisher ermittelten Handschriften beruhende Edition des Sermo Arrianorum und der augustinischen Gegenschrift erschienen. Die Einleitung des Herausgebers läßt allerdings auf wenig dogmengeschichtliche Kenntnisse schließen. Auch die moderne Datierung von Contra sermonem Arrianorum auf das Jahr 419 ist ihm unbekannt. Der Apparat nennt viel weniger Parallelstellen aus der von Augustinus attackierten homöischen Theologie des vierten Jahrhunderts, als wünschenswert und möglich gewesen wäre.617 Den wahrscheinlich von Augustinus selbst stammenden kurzen Prolog mit einer Erläuterung der Paragrapheneinteilung hat der Editor zu edieren vergessen und damit die Chance vertan, den Text erstmals in der von Augustinus selbst gewollten Einteilung abzudrucken.618 Auch eine englische Übersetzung der »antiarianischen« Schriften Augustins bietet in ihrem Kommentar bei weitem nicht das Material, das hier aufzuarbeiten wäre.619 Als erste Hinführung zum Thema kann ein kurzer Lexikonartikel von Barnes dienen.620 Ausführlicher ist ein neuer Aufsatz von Hermann Josef Sieben über Augustinus und den Arianismus. Die explizit antiarianischen Schriften werden dabei bewußt ausspart. Sieben stellt die antiarianischen Aussagen Augustins in ungefähr chronologischer Ordnung zuerst aus der Zeit vor 419, dann seit 419 (als Augustinus den Sermo Arrianorum kennenlernt), zumeist in deutscher Übersetzung zusammen. Er verfährt dabei werkimmanent, zieht also keine homöischen, eunomianischen oder sonstigen Vergleichtexte heran und versucht auch nicht, die angezielten Gegner genauer einzuordnen. Mit Recht betont Sieben, daß in De trinitate vielfach bestimmte, für »arianisch« gehaltene Vorstellungen 616

J. T. Lienhard, Re´plica de Agustı´n a Maximino: hacia una nueva edicio´n crı´tica, Aug(M) 48, 2003, 95–102. 617 Sancti Augustini Opera. Contra sermonem Arrianorum. Praecedit sermo Arrianorum . . . , edidit M. J. Suda, CSEL 92, Wien 2000, 7–126; Rezension dazu von R. Kany, ZAC 6, 2002, 165–167. Vgl. M. J. Suda, Über die Herausgabe des Sermo Arrianorum und der Gegenschrift Augustins Contra sermonem Arrianorum, WJTh 1, 1996, 413–429. Zur Datierung unten S. 127. 618 Vgl. C. Weidmann, Prolog und Verweissystem in Contra sermonem Arrianorum. Edition eines nicht erkannten Augustinustexts, WSt 119, 2006, 173–197. 619 The Works of Saint Augustine. A Translation for the 21st Century, Bd. I/18: Arianism and Other Heresies, eingeleitet, übersetzt und kommentiert von R. J. Teske, Hyde Park (NY) 1995 (enthält u. a. serm. Arrian., c. Arrian., coll. c. Maximin., c. Maximin). Auch eine zweisprachige italienische Ausgabe derselben Texte ist erschienen: Sant’Agostino, Opere antiariane 2, Einleitung, Übersetzung und Anmerkungen von E. Peroli, Opere di Sant’Agostino XII/2, Rom 2000. 620 M. R. Barnes, Anti-Arian Works, AugTA, 1999, 31–34.

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im kritischen Blick Augustins sind, ohne daß dieses Werk im eigentlich Sinn zu den antiarianischen Schriften gerechnet werden kann.621 Ein in Teilen überholter Aufsatz von Manlio Simonetti beschränkt sich auf die Darstellung der Theologie des Sermo Arrianorum und der Diskussionsbeiträge des mit dem Gotenheer wohl Anfang 428 nach Nordafrika gelangten Bischofs Maximinus einerseits, der jeweiligen Erwiderungen Augustins andererseits. Dagegen bleiben die Briefe, Predigten, Traktate zum Johannesevangelium und, von allzu pauschalen Bemerkungen am Schluß abgesehen, das Werk De trinitate unberücksichtigt. Der Sermo Arrianorum entstammt Simonetti zufolge ebenso wie die Theologie des Maximinus der »scuola di Ulfila«, befinde sich jedoch durchaus in Übereinstimmung mit der Theologie des Eunomius, wenn dem ungezeugten Gott eine Andersheit gegenüber dem gezeugten Gott bescheinigt werde. Simonetti scheut sich, diese Theologie als »homöisch« zu bezeichnen und dem Eunomianismus entgegenzusetzen, weil »homöisch« für ihn eine weniger theologisch als kirchenpolitisch motivierte Kompromißbewegung in der Mitte des vierten Jahrhunderts ist, die im fünften Jahrhundert nicht mehr aktuell gewesen sei.622 Ähnlich hat Simonetti sich in einer ausführlicheren Abhandlung über den lateinischen »Arianismus« vernehmen lassen.623 Brennecke hat Kritik daran geübt und den Sermo Arrianorum wie die Position des Maximinus mit Recht dezidiert als homöisch interpretiert. Tatsächlich beruft sich Maximinus auf das homöische Resultat der Synode von Rimini 359, so daß eine explizite Kontinuität zur homöischen Theologie und Kirche gegeben ist − eine Kontinuität auch in zahlreichen Formeln und in der biblizistischen Grundhaltung. Allerdings schüttet Brennecke das Kind mit dem Bade aus, indem er die Homöer geradezu als als Antiarianer darstellt.624 Daran sind inzwischen begründete Zweifel laut geworden, weil hier die Grenze der homöischen Theologie zum »Arianismus« und »Eunomianismus« eindeutiger gezogen wird, als angemessen erscheint.625 Teske hat übrigens den Vorwurf Au621 H. J. Sieben, Augustins Auseinandersetzung mit dem Arianismus außerhalb seiner explizit antiarianischen Schriften, ThPh 81, 2006, 181–212. Über die ausdrücklich antiarianischen Schriften Augustins wird in Kürze Siebens Einleitung dazu in der von Geerlings begründeten, von Brachtendorf und Drecoll fortgeführten zweisprachigen deutschen Augustinus-Ausgabe informieren. Drei kleine Versehen in Siebens Aufsatz seien korrigiert: Auf die Datierung von De trinitate durch Schindler sollte man sich nicht verlassen (vgl. oben S. 35 f.), epist. 148 ist wohl um 411/412 zu datieren, und Augustinus zitiert in epist. 148, ii, 10 (CSEL 44, 340, 16–21 G.) nur vermeintlich Gregor von Nazianz (dazu oben S. 40). Vgl. auch unten Anm. 1768. 622 M. Simonetti, S. Agostino e gli Ariani, RE´Aug 13, 1967, 55–84; hier 56; 58; Anm. 20. 623 Ders., Arianesimo latino, StMed ser. III/8, 1967, 663–744. 624 H. Ch. Brennecke, Maximinus, BBKL V, 1993, 1082–84; Home´ens, DHGE XXIV, 1993, 932–960; 933: »antiarianisme antinice´en«. 625 A. M. Ritter, Arius redivivus? Ein Jahrzwölft Arianismusforschung, ThR 55, 1990, 153–187; hier 173, gegen eine ältere Arbeit von Brennecke. Eine ähnliche Kritik bei Markschies, Ambrosius (wie Anm. 582), 193 mit Anm. 599. R. Gryson, der Herausgeber einiger der wichtigsten lateinischen homöischen Texte, ist sogar der Auffassung, daß der

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gustins erforscht, Maximinus denke von Gott »in fleischlicher Weise«. Nach Teske ist das Verdikt Augustins berechtigt, denn die Homöer seien infolge ihres strikten Biblizismus in der Tat zum Beispiel unfähig gewesen, eine Vielheit in Gott anders denn als Vielheit von Teilen in einem Ganzen zu denken, also letztlich in einem körperlichen Sinne.626 Maria Grazia Mara faßt im Arianismus-Artikel des Augustinus-Lexikons die wichtigsten Äußerungen Augustins aus 26 seiner Werke zusammen (etwas unterbelichtet bleiben die Predigten).627 Leider bietet sie keinerlei Differenzierung der verschiedenen Gruppen, die sich unter dem seit Anfang der achtziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts problematisch gewordenen häresiologischen Sammelbegriff »Arianismus« verbergen. Im Abschnitt »Der Arianismus und seine Widerlegung in trin.« verliert sie kein Wort über die Frage, ob Augustinus in De trinitate Eunomianer im Blick hat oder andere Theologen. Auch zum genauen theologiegeschichtlichen Ort des Sermo Arrianorum und des Maximinus erfährt man nichts, die Begegnung Augustins mit beiden Positionen wird zudem jeweils nach veralteter Chronologie datiert, Contra sermonem Arrianorum »um 418« statt 419 (siehe unten), Collatio cum Maximino »um 427«, was Diesner als ein Jahr zu früh erwiesen hatte.628 Auch vier Dissertationen aus den 1980er Jahren haben mangels philologisch-historischer und theologischer Präzision die Forschung nicht wesentlich bereichert. Richard C. Gamble, der erste der vier Autoren, holt in seiner Baseler Dissertation weit aus. Er beginnt bei der westlichen Trinitätslehre von Tertullian bis Marius Victorinus. Anschließend skizziert er den gotischen Hintergrund der Debatte zwischen Augustinus und Maximinus, resümiert ausführlich Contra Maximinum und kürzer die beiden übrigen antiarianischen Schriften Augustins. Dann beleuchtet er einige trinitätstheologische Motive Augustins in der Debatte mit Maximinus und vergleicht die theologischen und philosophischen Wurzeln der beiden.629 Gamble arbeitet mit groben Schablonen. Oberflächlich bleiben etwa seine Erwägungen, ob der Arianismus in Plato, Aristoteles oder der Stoa seine Wurzeln habe (254 f.). Bei Arius und Maximinus will er Spuren valentinianischer Gnosis ausmachen (254–257) und den Platonismus

Einfluß des Eunomius die Theologie dieser Texte geradezu dominiere (Introduction, in: Scolies Ariennes sur le Concile d’Aquile´e, SC 267, Paris 1980, 23–200; hier 175). Das dürfte allerdings übertrieben sein, denn die lateinischen Texte zeigen weder einen methodischen Einfluß noch das Reflexionsniveau des Eunomius. 626 R. J. Teske, Augustine, Maximinus and Imagination, Aug(L) 43, 1993, 27–41. 627 M. G. Mara, Arriani, Arrius, AugLex I, 1986–94, 450–459. 628 H.-J. Diesner, Zur Datierung des Briefes 220 und anderer Spätschriften Augustins, FuF 35, 1961, 281–283; erneut in: Ders., Kirche und Staat im spätrömischen Reich. Aufsätze zur Spätantike und zur Geschichte der Alten Kirche, Berlin 21964, 94–99; hier 98. Vgl. A. Mutzenbecher, Der Nachtrag zu den Retraktationen mit Augustins letzten Werken, RE´Aug 30, 1984, 60–83; hier 79. 629 R. C. Gamble, Augustine contra Maximinum: An Analysis of Augustine’s Anti-Arian Writings, Diss. Basel 1983 = Ann Arbor, Mich. 1985.

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als gemeinsame Quelle von Augustinus und seinem Kontrahenten feststellen (258). Maximinus’ Position gehe auf »the important neo-Arian theologian Candidus« (251) zurück − Gamble übersieht, daß der von ihm selbst genannte (264), in der Forschung allgemein akzeptierte Aufsatz von Nautin gerade dem Nachweis gegolten hatte, daß Marius Victorinus diesen Briefpartner fingiert hat.630 Candidus trennt laut Gamble die zur Zeugung des Sohnes gehörende voluntas des Vaters von der Substanz, während Augustinus im Anschluß an die Plotin-Rezeption des Marius Victorinus auf der Einheit von Wille und Substanz bestehe (251–253). Obwohl Gamble einige Differenzen zwischen Arius und Maximinus richtig beobachtet, berücksichigt er nur vage die Textzeugnisse nichtnizänischer Provenienz. In dieser Hinsicht bietet das Buch von William A. Sumruld mehr.631 Hier wird versucht, »homöische« Textcorpora des fünften oder sechsten Jahrhunderts (Codex Veronensis LI (49), Codex Paris. Bibl. Nat. lat. 8907 und andere Texte) heranzuziehen, um die Theologie eines homöischen »Ulfilan Arianism« darzustellen. Den Einfluß Wulfilas übertreibt Sumruld wohl.632 Ärgerlich ist, daß Sumrulds Buch trotz des Erscheinungsdatums von 1994 kaum oder gar nicht verändert den Wortlaut seiner 1985 angenommenen Dissertation wiedergibt und daher die danach erreichten Differenzierungen der Arianismus-Forschung ignoriert. Es gibt keine Hinweise auf die Darstellung des Arius von Rowan Williams, Hansons Buch über die trinitätstheologische Diskussion des vierten Jahrhunderts, Brenneckes Forschungen über die Homöer. Selbst Grysons und Gilissens für die Geschichte nichtnizänischer Theologie des Westens unentbehrlichen kodikologischen Untersuchungen der genannten Codices bleiben ungenannt, obwohl es in Sumrulds Buch sogar einen eigenen Appendix zu diesen Codices gibt (152–157).633 Sumruld vertritt die Ansicht, Augustinus habe De trinitate im Jahre 416 fertiggestellt. Die chronologischen Forschungen von La Bonnardie`re fertigt er als unzutreffend ab, ohne ihr plausibles Hauptargument − das Datum des XCIX. Tractatus in Iohannis evangelium − auch nur angedeutet zu haben, durch das sie auf 420 bis 427 kommt.634 Zum Zeitpunkt des Abschlusses von De trinitate, so meint er, habe Augustinus lediglich eine akademische 630 P. Nautin, Candidus l’Arien, in: L’Homme devant Dieu [FS Henri de Lubac], Bd. 1, Paris 1966, 309–320; vgl. Hadot, Marius Victorinus (wie Anm. 337), 272 f. 631 W. A. Sumruld, Augustine and the Arians. The Bishop of Hippo’s Encounters with Ulfilan Arianism, Selinsgrove/London/Toronto 1994; ursprüngliche Fassung: Augustine’s Theological Opposition to the Gothic Arians A. D. 418 to 430, University Microfilms Nr. 8612700, Ph. D. Fort Worth (Texas): Southwestern Baptist Theological Seminary 1985. 632 Die hauptsächliche Literatur bei R. Kany, Wulfila, LACL, 32002, 728 f. 633 Vgl. Williams, Arius (wie Anm.340); Hanson, The Search (wie Anm. 611); Brennekke, Home´ens (wie Anm. 624); Gryson, Le recueil arien (wie Anm. 27); ders./L. Gilissen, Les scolies ariennes du Parisinus latinus 8907. Un e´chantillonage d’e´critures latines du V e sie`cle, ACI 1, Turnhout 1980; Literatur zu Maximinus bei R. Kany, Maximinus, Gotenbischof, LACL, 3 2002, 495, besonders R. Vander Plaetse/A. Schindler, Conlatio cum Maximino Arrianorum episcopo, AugLex I, 1986–94, 1209–18. 634 S. oben S. 37.

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Kenntnis »arianischer« Positionen gehabt und in De trinitate in erster Linie den Eunomianismus bekämpft, den er seit 413 (Sumruld folgt hier der mindestens in ihrer Begründung überholten These von Chevalier635) aus der dritten theologischen Rede des Gregor von Nazianz gekannt habe, wohingegen er erst mit dem Sermo Arrianorum im Jahre 418 und nochmals zehn Jahre später im Streit mit Maximinus den homöischen Arianismus nach Art Wulfilas kennengelernt habe (69–71). Sumruld hält es für einen der wichtigsten Erträge seines Buches (140), mit einiger Wahrscheinlichkeit geklärt zu haben, wer der Ungenannte ist, der den Retraktionen636 zufolge den Sermo Arrianorum mit der Bitte um Stellungnahme an Augustinus gesandt habe: Es handle sich um jenen Elpidius, dem Augustinus als Antwort zunächst im Jahre 418 die epistula 242 geschrieben habe (71 f.). Unglücklicherweise ist Sumruld entgangen, daß des Rätsels anderslautende Lösung in einem der von Divjak entdeckten, 1981 publizierten Briefe verraten wird: Augustinus berichtet dort, daß er den Sermo Arrianorum von einem gewissen Dionysius aus Vicus Iuliani (unweit von Hippo Regius) erhalten hat.637 Aus demselben Brief vom 1. Dezember 419 geht zudem hervor, daß die Widerlegung (und wahrscheinlich auch die Zusendung) des Sermo ins Jahr 419 und nicht 418 fällt.638 Die umfangreiche, in Rom entstandene Arbeit von Sergio Gonza´lez bietet einen Katalog (nebst Inhaltsangaben und knappen Analysen) aller nach Ansicht des Autors »direkt« oder »indirekt« auf den Arianismus bezogenen Passagen in den Tractatus in Iohannis evangelium, Enarrationes in psalmos und Sermones.639 Als Materialsammlung zu diesen sonst oft vernachlässigten Texten nicht ohne Nutzen, wirkt das Buch durch sein ermüdend schematisches Vorgehen und den Mangel an philologischer und theologischer Präzision wenig erhellend. Die moderne Arianismusforschung hat hier kaum Spuren hinterlassen. Selbst Texte wie die von Marius Victorinus werden nach der nicht mehr brauchbaren, oft in die Irre führenden Ausgabe der Patrologia Latina zitiert. Mit teils vagen Parallelen werden Einflüsse von Hilarius und Marius Victorinus auf Augustinus behauptet. Überall fehlt es an Präzision. Die vierte, ebenfalls römische Doktorarbeit von Mapwar hat ihren Schwerpunkt beim späteren Bischof Fulgentius von Ruspe, enthält aber im einleitenden Teil eine ausführliche Darstellung von Augustins Auseinandersetzung mit dem Sermo Arrianorum und Maximinus.640 Interessant ist die Fokussierung auf die Bedeutung des »Arianismus« in Afrika.641 Vielleicht ist das Verdikt von Mandouze voreilig gewesen, es sei »völlig vergeblich, sich die Frage nach einem möglicherweise african[ischen] Aspekt von De Trinitate . . . zu stellen«.642 635

S. oben S. 40. Aug. retr. II, lii (lxxviii) (CChr.SL 57, 130, 1–5 M.). 637 Aug. epist. 23 A*, 3 Divjak (BAug 46b, 544 D.). 638 M.-F. Berrouard, BAug 46b, 1987, 532 f. 639 S. Gonza´lez, La preocupacio´n arriana en la predicacio´n de san Agustı´n, Valladolid 1989. 640 B. Mapwar, La pole´mique anti-arienne de St. Fulgence de Ruspe en Afrique du Nord (Ve`-VIe` sie`cles), Pontif. Universitas Gregoriana. Facultas Historiae Ecclesiasticae, Rom 1988, 61–95. 641 Vgl. A. Schindler, Afrika I, TRE I, 1977, 640–700; hier 677 f. mit Literatur. 636

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Es sei daran erinnert, daß Anne-Marie La Bonnardie`re Augustins Begegnungen mit »Arianern« und »Eunomianern« registriert hat.643 Marie-Franc¸ois Berrouard erkundet in den Einleitungen und Erläuterungen seiner Ausgabe der Traktate zum Johannesevangelium diese Auseinandersetzungen noch differenzierter.644 Hier hat die künftige Forschung eine gute Ausgangsbasis erhalten. Augustinus ist bereits in Mailand mit Homöern in Berührung gekommen. Solche Subordinatianer schlossen von den Sendungen des Sohnes und des Geistes auf ihre Unterordnung unter den Vater. Studer vermutet beim frühen Augustinus eine etwas bessere Kenntnis solcher Positionen, als Berrouard meint. Schriften des Hilarius, Ambrosius und vielleicht auch die Kenntnis der Akten von antiarianischen Synoden hätten Augustinus eine ausgereifte Methode dogmatischer Exegese verschafft. Sie hätten ihn auch angeregt, seine Auffassungen von der Sendung als apparitio zu entfalten und die Unterscheidung zwischen sichtbaren und unsichtbaren Sendungen herauszuarbeiten. Die Informationen über nichtnizänische Positionen seien zwar »akademischer Art« und »aus zweiter Hand geschöpft«, aber »inhaltlich umfassender« als die Ansichten der westlichen Homöer, mit denen sich Augustinus seit 419 auseinandersetzte.645 Auf schmaler Materialbasis meint Studer, daß vor allem der Homöer Palladius, u. a. durch seine Deutung von 1 Kor 15, 28 als Beleg für die Unterordnung des Sohnes unter den Vater, die lateinischen Nizäner bis hin zu Augustinus dazu gezwungen habe, die beiden Auslegungsregeln secundum formam dei und secundum formam servi um eine dritte Regel secundum proprietatem personae zu erweitern, die den Ursprung des Sohnes aus dem Vater im Blick habe.646 Die Fragen können hier offen bleiben, ob Palladius in dieser Angelegenheit maßgeblich war, und ob Augustinus eine dritte Regel benutzt und nicht vielmehr einen speziellen Fall der ersten Regel: daß nämlich auf der Ebene der forma dei Gleichheit zwischen Vater und Sohn herrscht, auch wenn die Sendung zunächst dagegen zu sprechen scheint.647 Ohne Zweifel dient die regula canonica dazu, die Durchschlagskraft nichtnizänischer Bibelexegese zu schwächen. In einem zu holzschnittartigen und teils stärker von veralteten Werken der Sekundärliteratur als von Primärtexten geleiteten Aufsatz hat De Simone die Position der ersten Apologie des Eunomius mit den Gegenargumenten im fünften und fünfzehnten Buch von Augustins De trinitate verglichen.648 Die besonderen Bedingungen und Texte des westlichen, lateinischen Raumes in theologie- wie philosophiehistorischer Hinsicht kommen nicht in den Blick, offen 642 A. Mandouze in: J. Fontaine u. a., Art. Africa II (literaturgeschichtlich), RAC.S I, 2001, 134–228; hier 191 (Art. 1985 erschienen). 643 La Bonnardie`re, Recherches de chronologie (wie Anm. 184), 91–101. 644 M.-F. Berrouard, BAug 71, 1969 – 75, 2003, passim. 645 Studer, Augustins De Trinitate (wie Anm. 732), 171. 646 Ebd. 43, 92, 163 f., 170. Vgl. oben Anm. 440, aber auch Anm. 496. 647 So sieht es Augustinus selbst (trin. II, ii, 4 [CChr.SL 50, 84, 5–10 M.]). 648 R. J. De Simone, The Dialectical Development of Trinitarian Theology: Augustine Versus Eunomius’ »Technological« Theology, Ang. 64, 1987, 453–475.

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bleibt auch die Frage, woher oder in welcher Form Augustinus den Eunomianismus gekannt haben könnte.649 Eunomius habe einen Neuplatonismus mit aristotelischer Dialektik vertreten, Augustinus dagegen mit Mitteln der aristotelischen Relationenlehre eine neue Theorie der Person und Relation entwikkelt. Weder die Subtilität noch die Problematik von Augustins Argumentation in Buch V werden hier deutlich. Ein Neuansatz des ganzen Forschungszweiges geht in jüngster Zeit von den Arbeiten der Theologen Michel Rene´ Barnes und Lewis Ayres aus. Da ihre Aufsatzserien über die Ermittlung nichtnizänischer Gegner Augustins hinausreichen, werden sie später besprochen.650 Rückfälle hinter den von ihnen erreichten Forschungsstand sollten eigentlich vermieden werden, sind aber schon heute zu beklagen.651 Die Frage, ob und wie Augustinus in De trinitate Homöer, Eunomianer oder andere Gruppierungen im Blick hatte, und wie er davon jeweils Kenntnis gewonnen hat, ist allerdings auch von Ayres und Barnes nicht abschließend beantwortet worden und behält weiterhin große Bedeutung. Als zentrales Element von Augustins Trinitätstheologie gilt die Theorie vom Heiligen Geist als Band von Vater und Sohn. Diese Lehre könnte kurioserweise aus nichtnizänischer Theologie stammen. Luise Abramowski entwickelt diese These aufgrund vermutlich antieusebianischer Stellungnahmen, die sich in der dritten Arianerrede des Athanasius und im westlichen Serdicense (wohl unter Markells Einfluß) finden.652 Die Partei des Eusebius von Nikomedien hat demnach dem Heiligen Geist eine besondere Funktion für die Konstitution der Einheit zwischen Gott Vater und Sohn, sowie zwischen den Gläubigen zugeschrieben. Abramowski weist auf einen denkbaren Hintergrund hin, nämlich ein Chaldäerorakel, in dem es heißt: ÆEj aÆmfoiÄn dhÁ tv Ä nde rëeÂei triaÂdow deÂma prvÂthw (»aus diesen beiden dort fließt das Band der ersten Triade«), und auf ein ähnliches Orakel, das Augustinus als porphyrianisch kannte.653 Sie vermutet, daß 649 Lediglich der Gote Wulfila wird beiläufig erwähnt, doch seine Theologie wird fälschlich auf Eunomius zurückgeführt (454); in Wahrheit war Eunomius wohl noch ein Kind, als Wulfila die Theologie jenes Eusebius von Nikomedien übernahm, der ihn um 336 oder 341 zum Bischof weihte (vgl. Kany, Wulfila [wie Anm. 632]). 650 Siehe unten S. 167 ff. 651 S. Heaner Lancaster (Divine Relations of the Trinity: Augustine’s Answer to Arianism, CTJ 34, 1999, 327–346) versucht, die »antiarianische« Argumentation von De trinitate V bis VII in den Gedankengang des ganzen Werkes über die Trinität einzuordnen und auf Augustins Ansicht zu beziehen, daß nur der gereinigte Geist Gott schauen könne. Doch kommt dabei weder viel Neues heraus, noch scheint ihr die Notwendigkeit bewußt zu sein, innerhalb des »Arianismus« sorgfältig die einzelnen Gruppen zu differenzieren. 652 L. Abramowski, Der Geist als »Band« zwischen Vater und Sohn − ein Theologoumenon der Eusebianer?, ZNW 87, 1996, 126–132. Zum Hintergrund dies., Die dritte Arianerrede des Athanasius. Eusebianer und Arianer und das westliche Sardicense, ZKG 102, 1991, 389–413. Vgl. oben S. 54. 653 Orac. Chald. Frg. 31 des Places (p. 73) (deutsche Übersetzung nach dem Anhang zu Lewy, Chaldaean Oracles [wie Anm. 272], 540) und das Referat einer Orakelmeinung in der Einleitung des Proklus zu Orac. Chald. Frg. 4 des Places (p. 67): PantaxoyÄ gaÁr hë dyÂnamiw

toÁ meÂson keklhÂrvtai´ kaiÁ eÆn meÁn toiÄw nohtoiÄw synaÂptei toÁn pateÂra kaiÁ toÁn noyÄn, hë meÁn gaÁr

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Quellen, Einflüsse, Gegner

Augustinus die Lehre vom Geist als Band der Trinität von einer ursprünglich eusebianischen, doch neunizänisch ergänzten, lateinischen Quelle übernommen haben dürfte. Solange diese Quelle nicht genau identifiziert werden kann, bleibt die Herleitung natürlich hypothetisch. Man könnte vielleicht auch unmittelbarer an Schriften von Hilarius oder Marius Victorinus denken.654 Übrigens ist zudem darauf hinzuweisen, daß Augustinus selbst nie ausdrücklich den Heiligen Geist als vinculum amoris, vinculum caritatis oder vinculum dilectionis bezeichnet, obgleich dies Generationen von Theologiestudierenden in vielen Lehrbüchern der Dogmatik so gelernt haben. Der Sache nach kommt Augustinus dieser Lehre nahe, terminologisch sucht man sie jedoch vergebens bei ihm. Am nächsten kommt der Vorstellung wohl eine Stelle aus De trinitate VI. Dort wird der Heilige Geist als unitas amborum bezeichnet, als derjenige, durch den die beiden anderen (Vater und Sohn) verbunden werden (coniungitur), wobei die beiden »die Einheit des Geistes im Band des Friedens wahren« (servantes unitatem spiritus in vinculo pacis) − das ist ein Zitat von Eph 4, 3.655 Hingegen beziehen sich die an Kol 3, 14 anklingenden Ausdrücke vinculum amoris und vinculum caritatis im Corpus der Augustinusschriften656 durchweg nicht auf den Heiligen Geist, sondern auf die einheitstiftende Liebe zwischen den Menschen. So schreiben Augustinus und Alypius dem Castorius einmal: Nos enim te spiritalis amoris vinculo tenemus.657

dyÂnamiw syÁn eÆkeiÂnv, ì noyÄw d Æ aÆpÆ eÆkeiÂnoy (Procl. in Alc. 103 A 4–6 [I, 69, 14–17 Segonds]).

Dies scheint in der Tat zu dem zu passen, was Aug. civ. X, xxiii (CChr.SL 47, 296 f., 1–26 D./K.) zu einer Orakelauslegung des Porphyrius sagt (vgl. oben Anm. 273 und unten S. 440). 654 Hil. (?) hymn. dub. de Christo 59 f. (CSEL 65, 222 Feder): dat divinum spiritum, spiritum dei perfectum, trinitatis vinculum. Hil. coll. antiar. Ser. B II 11, 4 (CSEL 65, 153, 6 f. F.): quod spiritus exprimitur sanctae huius (trinitatis) inviolabilis unitas. Mar. Victorin. hymn. 1, 4 (CSEL 83/1, 285 H./H.): Adesto, sancte spiritus, patris et filii copula . . . In unum qui cuncta nectis, tu es sanctus spiritus; hymn. 3, 242–244 (303 H./H.): Tu, spiritus sancte, conexio es; conexio autem est quicquid conectit duo; Ita ut conectas omnia, primo conectis duo; Esque ipsa tertia conplexio duorum atque ipsa conplexio nihil distans uno, unum cum facis duo. − Auch Epiphanius von Salamis bezeichnet den Heiligen Geist als syÂndesmow thÄw triaÂdow (haer. 74, 11, 7 [GCS Epiphan. III, 329, 23 H./D.]; ancor. 7, 1 [GCS Epiphan. I, 13, 20 Holl]); doch diese Bücher des Epiphanius hat Augustinus nicht gelesen, jedenfalls laut Altaner (Schriften [wie Anm. 236], 286– 296), vgl. jedoch unten Anm. 770. 655 Aug. trin. VI, v, 7 (CChr.SL 50, 235, 1–9 M.). 656 Belege für vinculum amoris: Aug. mor. eccl. xxvi, 48 (CSEL 90, 53, 7 Bauer); serm. 179 A = 2 Wilmart 4 (MA 1, 676, 28) und für vinculum caritatis: Aug. quaest. Simpl. II, i, 10 (CChr.SL 44, 73, 396 Mutzenbecher); serm. 209, 3 (PL 38, 1047 M.). 657 Aug. epist. 69, 2 (CSEL 34/2, 246, 3 f. G.). Vgl. zum Thema auch Osborne, The Nexus Amoris (wie Anm. 963). Von der »zusammenleimenden« Kraft des Geistes − der Formulierung nach eine Anspielung auf Ps 62, 9 − handelt der Aufsatz von J. T. Lienhard, »The Glue Itself is Charity«: Ps 62:9 in Augustine’s Thought, in: Augustine, Presbyter Factus Sum (wie Anm. 259), 375–384 (zu trin. VI, v, 7 [CChr.SL 50, 235, 14: agglutinatur anima nostra post eum] fehlt demnach in der Corpus Christianorum-Ausgabe der Hinweis auf Ps 62, 9, agglutinata est anima mea post te in der von Augustinus benutzten Übersetzung, vgl. Aug. un. eccl. v, 9 [CSEL 52, 241, 13 Petschenig]).

Viertes Kapitel

Gesamtdarstellungen von Augustins Trinitätslehre 1. Umfassende Monographien a) Theodor Gangauf Die erste Monographie über Augustins Trinitätslehre, die als selbständiges Buch erschien,658 dürfte die rund 450 Seiten umfassende Arbeit des Augsburger Benediktinerabtes Theodor Gangauf (1809 bis 1875) sein.659 Sie ist zu Unrecht ganz in den Schatten der gut sechzig Jahre später publizierten Dissertation von Michael Schmaus getreten, seit deren Erscheinen sie von kaum jemandem mehr zitiert wird. Dabei bietet sie zu einigen der spekulativsten Teile von De trinitate einen philosophisch tiefschürfenderen Kommentar als Schmaus. Freilich ist sie auch hypothesen- und voraussetzungsreicher. Für den Zweck dieses Forschungsberichtes ist ein Blick auf den dramatischen theologiegeschichtlichen Hintergrund von Gangaufs Buch sinnvoller als eine ausführliche Inhaltsangabe. In der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts war Augustins De trinitate in eine heftige Debatte über Glauben und Wissen hineingezogen worden. Ausgelöst wurde sie durch das Denken Hegels. In dessen objektivem Idealismus war der Anspruch enthalten, den rationalen Wahrheitsgehalt der Trinitätslehre in triadisch strukturierten philosophischen Systementwürfen auf den Begriff zu bringen. Indem Hegel die absolute Idee durch Natur und Geist hindurch zum absoluten Geist sich vermitteln ließ, schien vielen christlichen Theologen die unaufgebbare Dichotomie von Schöpfer und Geschöpf zugunsten eines »Pantheismus« unterlaufen zu werden − ein Vorwurf, der mindestens gegenüber manchen Hegelianern erhoben wurde. Während die meisten katholischen Theologen den Ausweg aus dieser häresieverdächtigen Lage in der Rückkehr zur mittelalterlichen Scholastik sahen, wollte der Wiener Privatgelehrte und 658 Außer acht bleiben kann hier der Teildruck der knappen und weitgehend paraphrasierenden Arbeit von G. Weissenborn, Dissertationis de cogitationibus Augustini philosophicis de trinitate Dei prolatis particula, Halle 1841. 659 Th. Gangauf, Des heiligen Augustinus speculative Lehre von Gott dem Dreieinigen. Ein wissenschaftlicher Nachweis der objectiven Begründetheit dieses christlichen Glaubensgegenstandes, aus den Schriften des genannten großen Kirchenlehrers gegen den unter dem Scheine der Wissenschaft dieses christliche Grunddogma bekämpfenden Unglauben zusammengestellt, Augsburg 1865 (»Zweite unveränderte Ausgabe« Augsburg 1883).

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Gesamtdarstellungen

Weltpriester Anton Günther eine Theologie und in deren Rahmen auch eine Trinitätslehre entwerfen, die sich einer idealistischen Geist-Philosophie nach Niveau und dialektischer Methode als ebenbürtig erweisen und gleichwohl jeglichen Pantheismus vermeiden sollte.660 Für beide Ziele schien ihm Augustins De trinitate mangelhafte Konzepte zu bieten. Denn erstens könne Augustins epochentypische Ansicht, Gott sei vollkommen unveränderlich, die für jede dialektische Auffassung des endlichen wie des absoluten Geistes unentbehrliche Idee der Veränderung nicht begründen.661 Zweitens schlummere in Augustins vom Neuplatonismus übernommener Sicht Gottes als des »Inbegriffs aller Wahrheiten« eine Tendenz zum Pantheismus.662 Günther hält einerseits am Dualismus von Gott und Welt fest. Andererseits versucht er, Gottes Trinität aus einem dem endlichen Geist zugänglichen Begriff des Selbstbewußtseins abzuleiten. Dabei bleibe die Differenz, daß der endliche Geist eine bloß mittelbare Selbstanschauung über den Umweg seiner Tätigkeit habe, wohingegen das absolute Subjekt sich unmittelbar »objektiviere«, d. h. sich zum Objekt seiner Anschaung mache, und darin bestehe zugleich seine Selbstsetzung. Aus dieser doppelten Setzung als »theogonischem Prozeß« ergebe sich die Trinität Gottes.663 Die Neuscholastiker witterten in Günthers Theologie einen unzulässigen Rationalismus und rügten verschiedene Abweichungen von dem, was sie für korrekte Dogmatik hielten. 1857 wurden Günthers Lehren kirchlich verurteilt.664 Aber auch Johann Evangelist von Kuhn, ein Hauptvertreter der mit der Neuscholastik konkurrierenden Katholischen Tübinger Schule, ließ sein bedeutendes Buch über die Trinitätslehre im gleichen Jahre mit einer ausführlichen Kritik an Günther enden.665 Kuhn reihte seine eigene Trinitätstheologie »den zuerst von dem hl. Augustin in größerm Umfange und nach einer gewissen Methode angestellten und von der scholastischen Theologie weitergeführten Versuchen an, die göttliche Dreieinigkeit analogisch zu erkennen«. Der favorisierten Vorgehensweise anhand der Analogie sah Kuhn diametral »die modernen speculativen Theorien« entgegengesetzt, welche die Trinität »vom Selbstbewußtsein des endlichen Geistes aus« konstruierten.666 Ihm galt Günther als katholischer Hauptvertreter der spekulativen Richtung, welche die Grenzen der Vernunft überschreite und auch nicht leiste, was sie zu leisten verspreche.667 660 Ch. Kronabel, Die Aufhebung der Begriffsphilosophie. Anton Günther und der Pantheismus, Sym. 90, Freiburg/München 1989. 661 A. Günther, Euristheus und Heracles. Meta-logische Kritiken und Meditationen, Wien 1843, 282. 662 Ebd. 288 f. 663 A. Günther, Vorschule zur speculativen Theologie des positiven Christenthums, 1. Abt., Wien 2 1846, 100–122. 664 Vgl. H. H. Schwedt, Die Verurteilung der Werke Anton Günthers (1857), ZKG 101, 1990, 301–343. 665 J. E. Kuhn, Die christliche Lehre von der göttlichen Dreieinigkeit, Katholische Dogmatik 2, Tübingen 1857, 628–653. 666 Ebd. 588 f.

Umfassende Monographien

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Theodor Gangauf hatte sich 1852 in zwei von Günther-Zitaten durchsetzten Abhandlungen über die Metaphysische Psychologie des heiligen Augustinus auf die Seite des Wiener Denkers gestellt668 und war zu dessen Verteidiger im römischen Prozeß vor dem Heiligen Offizium berufen worden.669 Den schon fertigen dritten Teil seiner Augustinus-Abhandlung ließ er nach Günthers Verurteilung nicht erscheinen (V f.).670 Eine persönliche Anregung des Erlanger protestantischen Theologen und Dogmenhistorikers Gottfried Thomasius nahm er jedoch zum Anlaß (VI), statt Augustins Psychologie nunmehr dessen Trinitätslehre ohne wörtliche Günther-Zitate ausführlich darzustellen. 1865 konnte er seine große Monographie hierüber publizieren. Schon der Untertitel mit seinem Stichwort von der »objectiven Begründetheit dieses christlichen Glaubensgegenstandes« und mehr noch die Technik, Augustins Gedanken geradezu in die Terminologie Günthers zu übersetzen, verraten deutlich die Absicht, in der Trinitätslehre einen rechtgläubigen Weg zwischen Augustinus und einer rationalen Philosophie des Selbstbewußtseins nach Art Günthers zu öffnen, um dem Pantheismus wie dem Atheismus der Zeit argumentativ Paroli zu bieten (VIII f.). Verglichen etwa mit der rabiaten Kritik eines David Friedrich Strauß an der Trinitätslehre überzeuge »die naturgemäße Erklärung, welche Augustinus von der göttlichen Trinität gegeben, jeden aufrichtigen ehrlichen Denker« davon, daß dieses Grunddogma »eine positive Wahrheit ist, welche ihre Nothwendigkeit so sehr in sich selber trägt, daß Gott als das absolute Seyn und Leben . . . geradezu in Sich trinitarisch seyn muß« (XI f.). Gangaufs Buch besteht zu großen Teilen aus subtilen, in die Begriffswelt des Idealismus übertragenen Paraphrasen von Abschnitten aus De trinitate und zahlreichen anderen Werken Augustins. Der genaue Wortlaut bei Augustinus wird jeweils in mitunter fast seitenfüllenden Fußnoten samt Parallelstellen dargeboten. Dennoch folgt der Autor weithin nicht dem Gedankengang Augustins in De trinitate, sondern einer selbst entworfenen Gliederung, innerhalb deren er bestimmte Hauptgedanken Augustins behandelt. Nach einer kurzen Hinführung zu De trinitate ist Gangaufs Buch nach traditioneller Dogmatik in die beiden Hauptteile, »Lehre von Gott im Allgemeinen« und »Lehre von der göttli-

667 Auf die damaligen evangelischen Vertreter solcher Selbstbewußtseinstheorien in der Trinitätslehre gehen Kuhn und Gangauf nicht ein. Zu diesen Theologen vgl. Ch. AxtPiscalar, Der Grund des Glaubens. Eine theologiegeschichtliche Untersuchung zum Verhältnis von Glaube und Trinität in der Theologie Isaak August Dorners, BHTh 79, Tübingen 1990. 668 Th. Gangauf, Metaphysische Psychologie des heiligen Augustinus, 1. und 2. Abt., Augsburg 1852 (Nachdruck Frankfurt 1968). 669 Vgl. O. Lechner, Abt Theodor Gangauf, ein augustinischer Denker des 19. Jahrhunderts, Aug(M) 13, 1968, 249–256; erneut in: Ad sanctum Stephanum 969–1969. Festgabe zur Tausendjahr-Feier von St. Stephan in Augsburg, Augsburg 1969, 309–316; W. Klaghofer, Kritische Differenz. Biographisch-theologische Studien zur Wiener Theologischen Schule des 19. Jahrhunderts, SThSt 14, Innsbruck 2000, 175–190. 670 Seitenangaben in Klammern hier und im folgenden nach Des heiligen Augustinus speculative Lehre (wie Anm. 659).

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Gesamtdarstellungen

chen Dreieinigkeit«, gegliedert. Letzterer Teil scheidet sich wiederum in einen ersten Abschnitt, »Die Ternare am und im creatürlichen Seyn als Hinweisungen auf eine göttliche Trinität«, und einen zweiten, das Buch krönenden Abschnitt, »Die göttliche Selbstobjectivierung«. Augustins Formulierung: Sic itaque condita est mens humana ut numquam sui non meminerit, numquam se non intellegat, numquam se non diligat 671 gibt Gangauf Gelegenheit, die von Kuhn bei Günther vermißte »analogische« statt spekulative Inbezugsetzung von menschlicher und göttlicher Selbstbeziehung zu verstärken. Die lebendige, realisierte Selbstbeziehung des menschlichen Geistes gründe nämlich darin, »daß er schon vom Anfange an in seinem tiefsten Lebensgrunde Subject, als Subject thatsächlich sich selber Object und als Object mit sich dem Subjecte thatsächlich Eins ist« (264 Anm. 41). Und »wenn sonach schon im endlichen Selbstbewußtseyn zum Subject-Objecte aus dem Wesen des Geistes heraus noch die Liebe als das Beide einigende Dritte naturgemäß hinzutritt: So kann im göttlichen Selbstbewußtseyn als der reinsten und vollkommensten Subjectobjectivirung die Liebe als das das göttliche Subject-Object einigende Dritte . . . nicht nur nicht fehlen, sondern muß vielmehr . . . in der absoluten Weise vorhanden seyn« (365).

Zeitgenössische Rezensenten warfen Gangauf eine rationalistische Umdeutung Augustins in idealistischen Kategorien vor. Denn selbst wenn der Glaube vorausgesetzt werde, reichten alle geschöpflichen Ternare nicht dazu aus, die Dreipersönlichkeit Gottes als denknotwendig zu beweisen − und das sei Augustinus bewußt gewesen. Bezeichnenderweise wurde diese Kritik in der einflußreichen, neuscholastisch geprägten Zeitschrift Der Katholik nicht anhand von Augustinustexten begründet, sondern einzig durch den Hinweis auf ein Dekret der Kölner Provinzialsynode des Jahres 1860, worin Augustins Trinitätslehre als Vorbild einer Theologie empfohlen wird, die mit Ähnlichkeiten illustrieren wolle, nicht jedoch mit Notwendigkeit zu beweisen suche.672 Ein eingehender Vergleich von Gangaufs Augustinusbild mit dem Text von De trinitate scheint hingegen unterblieben zu sein. Im neuscholastischen Argumentationsstil wurde die Frage stattdessen durch die Berufung auf die kirchliche Autorität für erledigt erklärt. Die Frage, wie Augustinus denkt, wurde mit der Frage, wie theologisch korrekt gedacht werden muß, gleichgesetzt. Daß Gangauf nicht »historischer« als seine neuscholastischen Gegner denkt und argumentiert, ist freilich zuzugeben. 671

Aug. trin. XIV, xiv, 18 (CChr.SL 50a, 445, 5–7 M.). [Anonymus,] Kath. 46 (N. F. 15), 1866, 409–423; die Formulierung des Dekrets von 1860 (Pars prima: De doctrina Christiana. Cap. VI. De rationalismo a fide excludendo, im folgenden zitiert nach CollLac V, 280 c) lautet: Etsi, ut beatissimi Papae Gregorii XVI. verbis utamur, superbi seu potius insipientis hominis est, fidei mysteria, quae exsuperant omnem sensum, humanis examinare ponderibus, tamen ubi ista abest temeritas nec fides submittitur scientiae, argumentis etiam quibusdam, non quidem necessariis et evidentibus demonstrare, sed congruis tantum et quasi similitudinibus illustrare et aliquatenus manifestare mysteria ratio potest, quemadmodum sanctos Patres et S. Augustinum prae ceteris circa sanctissimae Trinitatis mysterium versatos esse videmus. − Knapper als der Anonymus im Katholik, aber in der gleichen Richtung kritisch äußert sich G. Hagemann (LitHw Nr. 80, 22. Juni 1866, 247 f.), milder, vielleicht schon im Vorfeld des Alt-Katholizismus, M. Katzenberger (ThLBl(B) 1, 1866, 202–205). 672

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Wer sich heute etwa aus der Perspektive bestimmter gegenwärtiger − von Fichte und Hegel ausgehender − Theorien des Selbstbewußtseins mit Augustins De trinitate befaßt, für den können Gangaufs Kommentare zu diesen zentralen Passagen des Werkes noch immer eine anregende Hilfe sein. Allerdings läßt Gangauf wichtige Teile von De trinitate (besonders aus den ersten sieben Büchern) fast unberücksichtigt. Auch den Duktus von Augustins Werk samt seinem theologie- und philosophiegeschichtlichen Hintergrund blendet er weitgehend aus. Darin liegt eine gravierende Schwäche dieses gleichwohl beeindruckenden Buches. b) Michael Schmaus Hatte Gangauf im Sinne idealistischer Metaphysik Augustins Trinitätstheologie als »speculative Lehre von Gott dem Dreieinigen« interpretiert,673 so betitelt Michael Schmaus (1897 bis 1993) seine 1924 abgeschlossene und 1927 publizierte Dissertation programmatisch Die psychologische Trinitätslehre des heiligen Augustinus.674 Der Verstehenshorizont dieser einflußreichsten aller Monographien zu dem Thema ist ebenso zeittypisch wie der von Gangaufs Buch. Der erst siebenundzwanzigjährige Autor675 schließt sich ganz dem Denken seines Doktorvaters Martin Grabmann an. Dieser bedeutende katholische Erforscher der mittelalterlichen lateinischen Philosophie und Theologie wollte die Scholastik durch Anküpfung an philosophische Zeitströmungen aktualisieren. In Schmaus’ Buch wird dieser Hintergrund nicht explizit erwähnt, und nirgendwo erfährt man, was der Autor unter »psychologisch« versteht. Daher sei hier kurz angedeutet, welche Absicht der Betreuer von Schmaus’ Arbeit verfolgte.676 Grabmann wollte das patristische und scholastische Denken aus einem allzu engen neuscholastischen Ghetto führen. Darum suchte er Brücken u. a. zu einer der damals herrschenden philosophischen Moden zu schlagen, dem »kritischen Realismus« Oswald Külpes, den man grob zum epochentypischen Psychologismus um 1900 rechnen kann.677 Bei Külpe fand Grabmann eine von der empirischen Psychologie herkommende Erkenntnislehre und Logik. Hier wurde etwa die Abstraktion nicht als logische Operation begriffen, sondern als seelischer Vorgang interpretiert, den man teilweise sogar experimentell zu analy673

So heißt es im Titel seines Buches (oben Anm. 659). Oben Anm. 2. Darauf beziehen sich im folgenden die Seitenangaben in Klammern. − Mehr eine Inhaltsangabe als eine Rezension dazu bietet J. Stiglmayr, Zur Trinitätsspekulation und Trinitätsmystik des hl. Augustinus, ZAM 4, 1929, 168–172. 675 Vgl. M. Eder, Art. Schmaus, Michael, BBKL 9, 1995, 322–327. 676 Zu Grabmann vgl. die Bemerkungen von W. Kluxen, Die geschichtliche Erforschung der mittelalterlichen Philosophie und die Neuscholastik, in: E. Coreth/W. M. Neidl/ G. Pfligersdorffer (Hgg.), Christliche Philosophie im katholischen Denken des 19. und 20. Jahrhunderts, Bd. 2, Graz/Wien/Köln 1988, 362–389; hier 370 f. 677 Zu Külpe vgl. K. Leidlmair, Induktive Metaphysik, ebd. Bd. 3, 1990, 147–158; hier 148–153. Zum Begriff des Psychologismus: M. Rath, Der Psychologismusstreit in der deutschen Philosophie, Freiburg/München 1994. 674

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sieren versuchte. Gegen den Idealismus Kantscher Prägung behauptete Külpe, das Denken lasse sich von den Gegenständen bestimmen, die nicht etwa abhängig vom Denken seien oder durch die Formen des Denkens konstituiert würden. Dieser »Realismus« schien Grabmann demjenigen der Scholastik ähnlich. Külpes Denkpsychologie habe zudem »die Methode der Selbstbeobachtung wieder zu Ehren« gebracht und damit die augustinische Tradition wiederbelebt. Denn Augustinus habe »den höheren Seelenzuständen mit Vorliebe sein nach innen und in die Tiefe gerichtetes Nachdenken gewidmet«.678 In einem einführenden Büchlein erläuterte Grabmann sein modernisierendes Augustinusverständnis.679 Diese psychologistische Grundierung Grabmanns schimmert noch hindurch, wenn Michael Schmaus formuliert: »Die Hauptbedeutung Augustins für das trinitarische Denken beruht auf seiner psychologischen Spekulation.« (416) Oder auch: »Die Psychologie ist die eigentliche Domäne seines philosophischen Denkens.« (1) Und schließlich: »Diese psychologische Grundeinstellung hebt den Denker von Hippo weit empor über das Niveau der gesamten übrigen, insbesondere der griechischen Patristik.« (1) Aus dieser Deutung resultieren Unterschiede zu Gangauf. Letzterer begreift die Logik bestimmter geistiger Strukturen im Sinne Augustins als notwendig und begründet auf diese Weise ihre Geltung im Bereich alles Geistigen überhaupt, also auch im Gebiet des nicht-endlichen Geistes. Dagegen gibt sich Schmaus damit zufrieden, in Augustins Argumenten bloße Entdeckungen faktisch-kontingenter psychologischer Sachverhalte zu sehen. Wenn Augustinus z. B. logisch stringent nachzuweisen sucht, daß Selbstliebe auch die Liebe der Liebe impliziere,680 so biegt Schmaus dies in »ein Ergebnis psychologischer Analyse« um (228). Daß man nichts lieben kann, was man nicht in irgendeiner Weise kennt, ist für Augustinus wie für Gangauf eine logische Notwendigkeit,681 für Schmaus dagegen »eine psychologische Erfahrungstatsache« (230). Der Weg von Gangauf zu Schmaus verläuft also mit einiger zeitlicher Verzögerung parallel zum Weg der deutschen Philosophie vom Idealismus zum Psychologismus. Schmaus beginnt sein Buch mit einigen heute weitgehend überholten Bemerkungen zur Entstehung von Augustins De trinitate. Im anschließenden ersten Überblick zu diesem Werk propagiert er die traditionelle, Augustins Gedankengang stark verzeichnende Gliederung, mit der auch die neuscholastischen Lehrbücher ihre eigene Gliederung in Augustins De trinitate wiederzufinden meinen.682 Demnach enthalten die Bücher I-IV »das positive Schriftmaterial 678 M. Grabmann, Der kritische Realismus Oswald Külpes und der Standpunkt der aristotelisch-scholastischen Philosophie, PhJ 29, 1916, 333–369; hier 357 f. 679 Ders., Die Grundgedanken des hl. Augustinus über Seele und Gott. In ihrer Gegenwartsbedeutung dargestellt, Rüstzeug der Gegenwart N. F. 5, Köln 1916. 680 Aug. trin. IX, ii, 2 (CChr.SL 50, 294, 10–16 M.). 681 Aug. trin. IX, iii, 3 (CChr.SL 50, 295 f., 1–6 M.). 682 Genau die gleiche Gliederung von Augustins De trinitate bietet z. B. der von Schmaus

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über das Trinitätsdogma«, Bücher V-VII »die Formulierung des Dogmas«, und die übrigen Bücher die »spekulative« »Durchdringung des Mysteriums« (5). Schmaus läßt einen ausführlichen Teil über die Trinitätslehre vor Augustinus folgen (5–76), der in etwa die damalige katholische Auffassung der Dogmengeschichte repräsentieren dürfte. Vergleicht man Schmaus’ Darstellung mit den Arbeiten führender protestantischer Dogmenhistoriker seiner Zeit, so wird man ohne ahistorische Anmaßung sagen müssen, daß er die Ansichten einzelner Väter über die Eigentümlichkeiten der Personen, den Logosbegriff und andere dogmatische Themen ohne Gespür für geschichtliche Entwicklung aneinanderreiht, keinerlei Blick für Logik und Denkbewegung der trinitätstheologischen Streitigkeiten des vierten Jahrhunderts verrät, nirgends berichtet, was lateinische Nichtnizäner wie Auxentius oder Maximinus dachten oder wann, wo und wie Augustinus ihnen begegnet ist. »Arianer« kommen lediglich in der unkritisch übernommenen und nochmals vereinfachten Perspektive Augustins vor, als sinistre Gestalten, die in böswilligem Raffinement Mißverstehensmöglichkeiten »für ihre Zwecke auszuschlachten« versucht hätten (143). Augustins Verhältnis zu den patristischen Vorgängern bleibt weitgehend ungeklärt, da sich Schmaus in der Quellenforschung auf die abwegigen Behauptungen Karl Adams verläßt.683 Wichtigste These der Einleitung von Schmaus’ Buch dürfte sein, daß die Trinitätslehre Augustins dem »westlichen« Typ zugewiesen wird, der von der Einheit Gottes statt von den Personen ausgehe. Der östliche Typ von Trinitätstheologie verfahre umgekehrt. Immerhin gibt Schmaus zu, daß der östliche Theologe Athanasius eine Trinitätslehre des »westlichen« Typs vertrete (12). Der Einleitung läßt Schmaus zwei Hauptteile folgen. Dabei wählt er ähnlich wie Gangauf nicht die Form des fortlaufenden Kommentars zu De trinitate. Vielmehr entnimmt auch Schmaus sein Material zahlreichen Werken Augustins und errichtet mit einzelnen, aus ihren Zusammenhängen herausgelösten Ansichten und Gedankengängen Augustins ein selbstentworfenes Gebäude. Vor allem der erste Hauptteil (»Die theologischen Grundlagen für die psychologische Trinitätserklärung des Kirchenvaters«, 77–194) gleicht auffällig dem Schema eines neuscholastischen Lehrbuches. Der erste Paragraph stellt aus Augustins Schriften einen Traktat De Deo uno zusammen (§ 5). Schmaus behauptet, Augustinus selbst habe die Zweiteilung der Traktate über den Einen und den Dreifaltigen Gott veranlaßt (102 Anm. 1).684 Der nächste Paragraph eröffnet den Traktat De Deo trino und gibt den »Inhalt« des Trinitätsdogmas bei Augustinus in allgemeiner Form wieder (§ 6). Daraufhin werden wiederum neuscholastischlehrbuchgemäß augustinische Bestimmungen »im Kampfe gegen die Häretiker« zusammengestellt (§ 7). Es folgen die trinitätstheologischen Grundbegriffe daals Hauptgewährsmann in Sachen korrekter Dogmatik oft zitierte L. Janssens, Tractatus de Deo trino, Summa theologica III, Freiburg 1900, 5 Anm. 4. 683 Vgl. oben S. 81. 684 Vgl. unten S. 356 ff.

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maliger Dogmatiklehrbücher: Prozessionen, Relationen, Personen (samt Perichorese, Wirken ad extra und Problem der Theophanien) und Sendungen (§ 8–14). Bevor Schmaus zur spekulativen Durchdringung (im Sinne der Neuscholastik, nicht des Idealismus) übergeht, schiebt er wiederum lehrbuchgemäß einen Paragraph über »das Verhältnis des Dogmas zur Vernunft« bei Augustinus ein (§ 15). Der kurze letzte Abschnitt des ersten Hauptteils beschreibt Augustins »Analogien aus dem kosmisch-physischen Bereich« (§ 16) und gehört der Sache nach zum spekulativen zweiten Hauptteil, wenn man Augustins Gliederung in De trinitate zugrundelegt. Doch Schmaus folgt nicht Augustins Logik, sondern verbannt die Darstellung der physischen »Analogien« in den ersten Hauptteil, um den zweiten Hauptteil ganz jener »psychologischen Trinitätslehre« vorzubehalten, in der er die eigentliche Leistung und Bedeutung von Augustins Werk sieht. Den zweiten, längeren Hauptteil seines Buches überschreibt er »Analogische Erklärung des Dogmas mit Hilfe der Psychologie« (195–420). In diesem wichtigsten Abschnitt seiner Doktorarbeit bietet Schmaus kommentierende, nuancierte, erläuternde Paraphrasen vieler wichtiger Argumente Augustins in den Büchern VI-XV von De trinitate. Auch hier folgt Schmaus nicht durchgehend dem Gedankengang von Augustins Werk, sondern einer zum Teil selbstentworfenen Gliederung. Vom Menschen als Bild Gottes ausgehend (§ 17) skizziert er zuerst die Analogie im äußeren Menschen (§ 18) und geht dann wie Augustinus zum inneren Menschen über. Eingehend stellt er einzelne Ternare wie mens − notitia − amor oder memoria − intellegentia − voluntas dar (§ 19–25). Anschließend bespricht er, nicht ohne Wiederholungen, einzelne Ternarglieder wie mens oder donum (§ 26–28). Nach einer Darstellung von Augustins Ansichten über den Erkenntniswert dieser Analogien (§ 29) endet das Buch mit einer zusammenfassenden Wertung. Demnach schwinge sich Augustins Geist »aus dem innersten Grunde des eigenen Seelenlebens« bis »zu dem einen göttlichen Wesen« empor und dringe »hinein bis in das innerste trinitarische geheimnisvolle Leben der drei göttlichen Personen« (417). Einige auffallend kenntnisreiche Seiten über die Wirkungsgeschichte der so verstandenen augustinischen Trinitätslehre im Mittelalter beschließen das Buch. Letzteres Thema hat Schmaus noch fünf Jahrzehnte lang beschäftigt.685 Schmaus entschärft ganz im Sinne des antiidealistischen Affektes der Neuscholastik, dabei aber keineswegs sicher den Intentionen des Thomas von Aquin folgend,686 jegliche Tendenz Augustins zu einer rationalen Trinitätserkenntnis. 685

Vgl. unten S. 345 f. Die Intentionen des Thomas verdeutlicht L. Oeing-Hanhoff, Metaphysik und Freiheit. Ausgewählte Abhandlungen, hg. von Th. Kobusch/W. Jaeschke, München 1988, 155–158. Daraus ergibt sich seine eigene Position, ebd. 98 f.: »Mir ist es stets unverständlich geblieben, wie man an die Trinität soll glauben können − und glauben heißt nach Augustinus neben dem Vertrauen auf Gott ja auch ›cum assensione cogitare‹ [Aug. praed. sanct. ii, 5 (PL 44, 963 M.)], d. h. ›mit Zustimmung denken‹, wenn andererseits, wie behauptet wird, diese Grundwahrheit des christlichen Glaubens doch nicht in ihrer Wahrheit gedacht werden 686

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Augustinus nehme die Trinität »einfach als gegebene Größe hin« (112). Nun fragt Augustinus aber einmal polemisch, wer denn wohl so töricht und gottlos sei, daß er nach der (rationalen) Analyse der sich wissenden und liebenden Weisheit noch immer Gott selbst die Zuschreibung solchen Sichwissens und Sichliebens verweigere, obwohl Gott die Weisheit schlechthin sei.687 Schmaus versucht, den von daher möglichen Einwand gegen seine Deutung mit Hinweisen auf die »Gesamtanschauung des Kirchenvaters« zu übertönen, der »die Erkenntnisweise, welche er mit dem Begriff Weisheit einleitet, ausdrücklich als eine analogische« »bezeichnet« habe (189) − das belegt Schmaus mit einem Zitat aus De trinitate, in dem von »analogisch« überhaupt nichts steht; zusätzlich wird Sekundärliteratur angeführt. Dies gehört ohnehin zu den Schwächen des Buches: Augustins Auffassungen werden, von wenigen Ausnahmen abgesehen (z. B. 291 f.), ohne Rücksicht auf Chronologie und Veränderungen promiscue aus den frühen, mittleren und späten Schriften erhoben. Mitten in einen Gedankengang aus De trinitate wird z. B. ein Argument aus dem ganz frühen Brief 11 an Nebridius geflochten (166). Häufig wird ein »scholastischer« Augustinus dadurch konstruiert, daß statt einer Belegstelle für eine angebliche Lehre Augustins kurzerhand Sekundärliteratur zitiert wird. Ein Beispiel: Während für Augustinus der Personbegriff problematisch ist und die innergöttlichen Relationen weder Substanzen noch Akzidentien sind, behauptet Schmaus, wie für die Scholastiker gelte schon für Augustinus: »Die Personen in Gott sind substantiale Relationen.« (145) Die Fußnote dazu bietet nur folgende Begründung: Ruiz de Montoya meine, »dieser modus loquendi sei familiarissimus Augustino« (145 Anm. 2). Doch der große spanische Thomas-Kommentator des siebzehnten Jahrhunderts irrt in diesem Punkt: Augustinus will Antinizänern gerade das Hauptargument aus der Hand schlagen, wonach die Relation des Gezeugtseins zeige, daß der Sohn von anderer Substanz als der Vater sei. Für Augustinus darf die Relation in Gott also gerade nicht substantial sein (und die Rede von subsistierenden Relationen kennt er nicht). Das Augustinusbild von Schmaus ist letztlich das von Grabmann erwünschte: das Bild eines den Grund für die Scholastik legenden, mit deren kanonisierter Form bereits weitgehend übereinstimmenden, von der Einheit Gottes statt von den göttlichen Personen ausgehenden Denkers, der sich mit einer Methode, die schon das psychologistische Verfahren der Introspektion antizipiere, das innerste Leben Gottes ausgemalt habe und unter Aufnahme einer aristotelischen Kategorie die trinitarischen Personen als mit dem Wesen identische Relationen in-

könne oder dürfe. Unverstandene Sätze nachzuplappern sollte man doch den Papageien überlassen. Noch ärger ist die Zumutung, das Trinitätsdogma als Glaubenswahrheit anzunehmen, obwohl es für die Vernunft ›absurd und unmöglich‹ sei. Wenn Wahrheit stets Sache nicht nur des Wissens ist, sondern auch des Gewissens, besagt das doch die Zumutung, mit dem Bekenntnis zum christlichen Glauben gegen das Gewissen zu handeln. Das aber ist unmenschlich, also widergöttlich.« 687 Aug. trin. XV, vi, 10 (CChr.SL 50a, 474, 85–88 M.).

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terpretiert habe. Dies alles habe Augustinus nicht als Rationalist geleistet, sondern als Realist, der das Gegebene in seiner Wirklichkeit hinnehme. Gerade in diesen Aspekten muß Schmaus’ Interpretation als unzutreffend gelten.688 Von bleibendem Wert sind dagegen manche seiner Einzelanalysen der wichtigsten Triaden aus De trinitate. Von ausgezeichneter Klarheit ist z. B. die Darstellung des Übergangs von dem Ternar esse − nosse − velle zu mens − notitia − amor (234 f.) oder die Herausarbeitung des Unterschieds des letzteren Ternars zu demjenigen von memoria − notitia − voluntas (277). Augustins Trinitätslehre »psychologisch« zu nennen, war an sich nichts Neues. Schon Ferdinand Christian Baur und Theodor Gangauf hatten hier und da diesen Ausdruck (in verschiedener Bedeutung) verwendet. Aber erst Schmaus erhob, nicht zuletzt durch den suggestiven Titel seines Buches, das Wort schlechterdings zum Inbegriff von Augustins Trinitätslehre. Damit förderte er das Mißverständnis, Augustinus spekuliere über Gottes Seelenleben. Wahrscheinlich hat seither oftmals die Lektüre von Schmaus’ Buch diejenige von Augustins ungleich schwierigerem und dichterem Text ersetzt. Karl Rahner z. B. kritisiert an Augustins Trinitätslehre, sie male sich das Innerste in Gott aus statt sich am heilsgeschichtlichen Wirken Gottes zu orientieren; außerdem habe Augustinus nicht verstanden, daß die Trinitätslehre von den drei göttlichen Personen her konzipiert werden müsse, nicht von Gottes Einheit her.689 Beide Vorwürfe treffen den Augustinus der Darstellung von Schmaus, aber kaum Augustins eigene Ansicht. Schmaus ging gerne mit der Zeit. Verband er in seinem Buch von 1927 zeitgemäß Neuscholastik und Psychologismus, so favorisierte er in der Nachkriegszeit u. a. existentialistische und später auch noch heilsgeschichtliche Strömungen. Entsprechend veränderte sich sein Verständnis von De trinitate. 1927 erblickte er die Überlegenheit von Augustins Trinitätslehre gegenüber östlicher Theologie gerade in ihrer »psychologischen« Vorgehensweise. 1959 kehrte Schmaus seine Wertung beinahe um: Der philosophische Gewinn, den Augustins Trinitätslehre erzielt habe, sei »mit einem hohen existenziellen Preis bezahlt« worden.690 Denn nun habe eine Metaphysik des Einen Gottes die biblische Heilsgeschichte der drei Personen überwuchert. Das Bild eines in sich abgeschlossenen trinitarischen »Gottes an sich« sei entstanden, zu dem man nicht beten könne. Das Schlußgebet von De trinitate richte sich an den deus trinus oder die trinitas. In Wahrheit könne sich ein Gebet nur, wie bei den Kappadokiern, an die personal zu verstehenden Hypostasen richten.691 Diese Ansicht von Schmaus ist eine historische Scheindiagnose. Tatsächlich richtet auch Gregor 688

Vgl. dazu besonders Studers Arbeiten, unten S. 155 ff. Vgl. unten S. 324 ff. und 373 ff. 690 M. Schmaus, Die Spannung von Metaphysik und Heilsgeschichte in der Trinitätslehre Augustins [1959], StPatr 6, 1962 (= TU 81), 503–518; hier 510. 691 Ebd. 512 f. und ders., Die Denkform Augustins in seinem Werk de trinitate, SBAW.PH 1962, Nr. 6, München 1962, 14 f. (erneut erschienen in: ThJb(L) 1964, 501–521). 689

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von Nazianz öfters Gebete an die TriaÂw als solche.692 Sogar die berühmteste aller ostkirchlichen Liturgien, die Chrysostomos-Liturgie, beginnt mit einer Anrufung der Trinität.693 Schmaus mildert seine Kritik an Augustinus nur in einer anderen Hinsicht: In Augustins nicht bloß innertrinitarischer Auffassung des Heiligen Geistes als Geschenk zeige sich, wie immer wieder das dynamische, heilshafte Interesse Augustins sich gegen die statisch-metaphysische Neigung durchsetze. 1962 griff Schmaus das Thema erneut auf. Jetzt benutzte er Berlingers »existentialistische« Augustinus-Deutung694 und die duale Typologie »hebräischen« und »griechischen« Denkens, die Thorleif Boman konstruiert hatte.695 Mittlerweile sah Schmaus in De trinitate das Ergebnis eines unaufgelösten Widerstreits zwischen der bei Augustinus vorherrschenden »existenziell-geschichtlichen« »Denkform« und einer philosophisch-metaphysischen Denkweise. Augustinus stehe zwischen der von den griechischen Vätern fortgesetzten biblischen Sicht einer »heilsgeschichtlich« in den Personen wirkenden Trinität und einer neuplatonischen, von Plotin und Marius Victorinus angeregten Konzentration auf das Eine Absolute. Diese Spannung erkläre auch Widersprüche in De trinitate, wenn sich »mitten im Fluß metaphysischer Überlegungen unerwartet heilsgeschichtliche Interpolationen vorfinden«.696 Auch die griechische Trinitätslehre berge eine Gefahr in sich, nämlich die göttlichen Personen als bloße Funktionen der Weltzuwendung Gottes zu fassen. Schmaus empfiehlt daher »eine Einheit von Metaphysischem und Heilsgeschichtlichem unter der Führung des Heilsgeschichtlichen« in der Trinitätslehre anzustreben. Nochmals einige Jahre später, in einem Nachwort zur sonst unveränderten zweiten Auflage seiner Dissertation über vierzig Jahre nach ihrer Entstehung, versucht Schmaus von diesen neuen Standpunkten aus eine Retraktation seines Erstlings. Er nimmt zu einigen kontroversen Fragen Stellung, zum Teil ohne die Namen der beteiligten Theologen zu nennen. So hatte etwa Ernst Benz kritisiert, Schmaus sei »nirgends auf die Ansätze der augustinischen Willensspekulation in der neuplatonischen Metaphysik« eingegangen und habe sich »damit den Weg einer geschichtlichen Deutung« verschlossen. Die Grundlage der »Psychologie« Augustins sei »die Entwicklung eines aus der Analyse des 692 Belegstellen und Erläuterung: K. Holl, Amphilochios von Ikonium in seinem Verhältnis zu den großen Kappadoziern, Tübingen/Leipzig 1904, 177 f. 693 F. E. Brightman, Liturgies Eastern and Western, Bd. 1, Oxford 1896, 353: PanagiÂa TriÁaw eÆleÂhson hëma Ä w. 694 Unten Anm. 1205. 695 Th. Boman, Das hebräische Denken im Vergleich mit dem griechischen, Göttingen 21954. Eine treffende Widerlegung liefert die Rez. von A. Momigliano, RSI 74, 1962, 603–607; erneut in: Ders., Terzo Contributo alla storia degli studi classici e del mondo antico, Bd. 2, Rom 1966, 759–764. 696 M. Schmaus, Die Denkform Augustins (wie Anm. 691), 22. Überlegungen im Anschluß an diese Publikation publizierte J.-A. Cuttat, Zum Trinitätsdenken Augustins, MThZ 15, 1964, 143–146.

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Denkprozesses gewonnenen metaphysischen Gesetzes«, das Plotin entdeckt habe: »Die Trinitätslehre Augustins ist eine metaphysische, nicht eine psychologische.«697 Schmaus geht auf das Argument nicht näher ein. Er beteuert erneut, Augustinus habe »seine psychologischen Erkenntnisse aus der Erfahrung und nicht aus der reinen Spekulation« gewonnen. Allerdings führe Augustinus die Psychologie »in die metaphysische Dimension hinein« (IV*), also in jene hier ganz unbestimmt gelassene Dimension, die Schmaus inzwischen für das Problematischste bei Augustinus hielt. − Ansonsten faßt das Nachwort die eben resümierten kritischen Ansichten des späten Schmaus zusammen. Hinter der von Schmaus behaupteten Spannung innerhalb der augustinischen Trinitätslehre zwischen Metaphysik und Heilsgeschichte steht die duale Scheidung eines »ungeschichtlichen«, zyklischen, griechischen Denkens einerseits und eines »heilsgeschichtlichen«, linearen, biblisch-hebräischen Denkens andererseits. Diese Dichotomie hält sich in diversen Maskeraden noch heute. Zu Schmaus’ Zeiten war sie communis opinio. Inzwischen ist sie als unzutreffendes Klischee entlarvt.698 Für Augustins Trinitätslehre haben solche äußerlich und obendrein schief konstruierten Alternativen kaum einen Erkenntniswert. c) Alfred Schindler 1965 erschien die Zürcher Dissertation von Alfred Schindler (geb. 1934).699 Unter Hinweis auf die beiden Monographien der Katholiken Gangauf und Schmaus schreibt Schindler: »Eine Darstellung von evangelischer Seite scheint bis heute nicht zu existieren, wenn man von den großen Dogmengeschichten absieht« (119 Anm. 1). Auch Schindler urteilt von einem zeittypischen, inzwischen etwas antiquiert wirkenden Standpunkt aus, dem einer »Wort-Theologie« (V). Er verrät nirgends in seinem Buch, was er damit genau meint. Aber die Nennung Gerhard Ebelings, der die Arbeit angeregt und begleitet habe (VI), läßt an dessen hermeneutische Theologie des Wortes denken. Ebeling setzt sich mit den Entwürfen von Barth und Bultmann auseinander, die ihrerseits an das reformatorische Verständnis des Wortes Gottes anknüpfen. Das Wort Gottes, ein wenig ins Nebulöse entrückt, gilt Ebeling als letzter Grund und Horizont aller Theologie. Es ist für Ebeling »dasjenige, was Verstehen eröffnet und vermittelt«, es hat selbst »hermeneutische Funktion«. Es gehe um ein heilbringendes »Wortgeschehen, das schon immer von Gott her geschieht«.700 »Sprachlich697 Benz, Marius Victorinus (wie Anm. 522), 367 f. mit Anm. 6. Gegen Ende einer ausführlichen Besprechung dieses Buches kommt Schmaus auf diese Kritik von Benz zu sprechen: ThRv 32, 1933, 345–358. 698 Vgl. etwa J. Barr, Biblical Words for Time, London 1966; A. Momigliano, Time in Ancient Historiography, HTh.B 6, 1966, 1–23; erneut in: Ders., Quarto Contributo alla storia degli studi classici e del mondo antico, Rom 1969, 13–41. 699 A. Schindler, Wort und Analogie in Augustins Trinitätslehre, HUTh 4, Tübingen 1965. Ziffern in Klammern meinen im folgenden die Seitenzahlen dieses Buches. 700 G. Ebeling, Wort Gottes und Hermeneutik, in: Ders., Wort und Glaube [Bd. 1], Tübingen 1960, 319–348; hier 333 f. und 343.

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keit« und »Geschichtlichkeit« des Wortes und die Hinwendung Karl Barths von einer strikt verworfenen analogia entis zu einer akzeptierten analogia fidei dürften weitere Hintergründe von Schindlers Buch benennen. Schindler will »die Probleme des verbum-Begriffs und der Analogie am Leitfaden von Augustins Schrift über die Trinität behandeln« (1). Doch zum Vorteil seiner Untersuchung erforscht er über weite Strecken eher die Probleme von De trinitate am Leitfaden des Wortbegriffs und der Analogie. Wie die beiden katholischen Vorgänger beginnt Schindler mit den biographischen Voraussetzungen und der Entstehungszeit von De trinitate (1–11).701 In den drei folgenden Kapiteln (12–118) skizziert Schindler viel präziser als die beiden Vorgänger drei theologische Themen bei Augustinus vor und außerhalb von De trinitate, die erst in diesem Werk systematisch verbunden würden, wenn auch, wie Schindler bemängelt, mit mäßigem Erfolg: die trinitarischen Analogien, die Gottebenbildlichkeit und das Verhältnis von menschlichem und göttlichem Wort. Schon in der neuplatonisch geprägten Frühzeit Augustins sieht Schindler Anzeichen dafür, daß Augustinus zwischen der Trinität und der Kreatur »Analogien« annehme (17). Es handle sich um »Bilder, Entsprechungen, Einteilungen, die Augustin verwendet, um die Erkenntnis der Trinität durch ihre verschiedenen Abspiegelungen in der Kreatur zu ermöglichen oder zu fördern« (12). Seit De fide et symbolo rezipiere Augustinus stärker die theologische Tradition. Von den Confessiones an wende er die frühen Analogien stärker in die Innenwelt, in die mens (36). In der Frage nach den Quellen der früheren augustinischen Analogien, die in De trinitate wiederbegegnen, ist Schindler skeptisch. Gewisse Ähnlichkeiten ließen sich zwar bei Marius Victorinus und dessen Vorbildern Plotin und Porphyrius entdecken, weniger in der griechischen Patristik. Wirklich nachweisbare Abhängigkeiten fänden sich aber am ehesten hinsichtlich der rhetorischen Schultradition und ihrer Statuslehre mit den drei quaestiones principales, also den Fragen: an sit, quid sit, quale sit? Auch die wichtige Triade memoria − intellegentia − voluntas sei letztlich auf ein rhetorisches Schema zurückzuführen (41–60).702 Leider entgehen Schindler die überaus bedeutsamen Parallelen zwischen Augustins und Plotins Analysen des Selbstbewußtseins. Mit ihnen verglichen sind die von Schindler entdeckten Parallelen zu Cicero marginal (246–249). Anschließend untersucht Schindler die Entwicklung von Augustins Auffassung der imago dei. Erst im Kampf gegen den Pelagianismus werde sich Augustinus klar darüber, daß die Gottebenbildlichkeit von der Sünde nicht restlos zerstört werden kann, sondern zur menschlichen Natur gehört (61–74).703 Was Augustins Äußerungen zum Thema verbum angeht, so vertrete er in der Sprachphilosophie eine starke Abwertung des verbum. Augustinus neige dazu, in 701

Vgl. oben S. 35. Vgl. oben Anm. 389. Zu du Roys Analysen trinitarischer Analogien des frühen Augustinus vgl. unten S. 296 ff. 703 Zu neueren Arbeiten über die Gottebenbildlichkeit bei Augustinus vgl. unten S. 227 ff. 702

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den Wörtern bloße Laute zu sehen, deren Aufgabe sich darin erschöpfe, »zum Aufsuchen der Dinge selbst anzuregen« (78). Schindler dagegen glaubt, die »lautliche, einem Volk eigentümliche Sprache und der Vorgang des Sprechens selbst« seien »mit der Wahrheits- und Wesenserkenntnis ungleich stärker verknüpft« (79). Das göttliche Wort des Johannesprologs hingegen sei für Augustinus zunächst einmal ein von der Sprachphilosophie vollkommen getrenntes Thema (86). Erst die Lehre vom inneren und äußeren Wort, die Augustinus eher aus der theologischen als aus der ihr vorausliegenden sprachphilosophischen Tradition kennengelernt habe, sei dann für ihn zu einer Möglichkeit geworden, das verbum caro factum est per Analogie zu erklären (89–114).704 In den folgenden drei Kapiteln (119–228) bietet Schindler einen fortlaufenden und interpretierenden Kommentar zu den fünfzehn Büchern De trinitate. Während Gangauf und Schmaus ihren Darstellungen eine nicht von Augustinus entworfene Systematik zugrundelegen, will Schindler die »Gedankenentwicklung« (119) des Werkes verfolgen. Seine gleichzeitige Absicht, dabei die Themen »Wort« und »Analogie« hervorzuheben, die gar nicht in allen Büchern vorkommen, steht in einer gewissen Spannung dazu. Sein Blick wird dadurch eingeengt. Allerdings hält sich Schindler nicht streng an die beabsichtigte thematische Einschränkung. Zudem bekommt dem etwas unübersichtlichen Werk De trinitate eine gewisse, vom Interpreten zu verantwortende Fokussierung gut. Freilich präjudiziert die an den Text gestellte Frage auch die Antwort. Schindler glaubt an »die geschichtlich zu verstehende Untrennbarkeit von Gott und Wort« (232).705 Darum fragt er, ob Augustins »Analogien«, am meisten diejenige vom »inneren Wort«, eine solche Wort-Theologie wohl zu bestärken vermöchten. Die Antwort fällt negativ aus. Für das ganze Werk De trinitate gelte letztlich: »Es bleibt trotz allem dabei, daß die Trinität die ›res‹ ist und das Bild eine Analogie ›in re alia‹« (227). So sehe Augustinus etwa das innere Wort »fast nur unter dem Aspekt der menschlichen Aktivität« (233) und belasse es bei einer bloßen Analogie zum göttlichen Wort, dessen geschichtliches Hervortreten dagegen unerklärt bleibe. Schindlers Konzentration auf die verbum-Theologie Augustins verstellt ihm den Blick darauf, daß im Zentrum von Augustins De trinitate etwas ganz anderes steht, nämlich die Analyse des Selbstbewußtseins. Aus diesem Grund versucht Schindler auch das Scheitern von Augustins Entwurf mit Argumenten zu zeigen, die zum Teil durchaus zutreffen mögen, aber nicht aus dem Zentrum des Werkes heraus entwickelt sind. Seiner Meinung nach gelingt es Augustinus nicht, die Paradoxien aufzulösen, in denen sich die Trinitätslehre darstelle (126, 147). Innertrinitarisch ergebe sich das Paradox der Einheit des Wesens trotz Dreiheit der Personen. In der Wirksamkeit nach au704 Kaum berücksichtigt hat Schindler das Buch von A. D. R. Polman, Het woord Gods bij Augustinus, De theologie van Augustinus [II], Kampen 1955; englische Übersetzung: The Word of God According to St. Augustine, London 1961. 705 Vgl. G. Ebeling, Gott und Wort, in: Ders., Wort und Glaube, Bd. 2, Tübingen 1969, 396–432.

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ßen sei paradox, daß die drei Personen zwar einheitlich wirken, dennoch Appropriationen aussagbar sind: Nur der Sohn wird Mensch, nur der Heilige Geist wird an Pfingsten ausgegossen usw. So arbeite Augustinus zwar eine Analogie heraus zwischen der immanenten Relation Vater−Sohn und der ökonomischen Relation Sendender−Gesandter. Aber es bleibe eben bei einer bloßen Analogie. Die Sendung erscheine »als eine äußere Anzeigung« der inneren Relation (145). Hingegen bleibe unklar, warum das Wort Fleisch geworden ist. Was spräche für Augustinus dagegen, wenn die Trinität sich darauf beschränkt hätte, sich als solche zu erkennen zu geben, ohne Inkarnation (145)? Die Bücher V bis VII von De trinitate vernichten nach Schindlers sehr scharfer, treffender Beobachtung »die Vorstellung von der Adäquatheit der Trinitätsterminologie gründlich« (167), so daß sich bis zu diesem Punkt das Dogma als von keiner Analogie her zugänglich erweist (168). Die Bücher VIII und IX steuern nun auf die Theorie vom inneren Wort und damit auf eine Analogie zu (169–195). Was den »Denkprozeß« dieser und der folgenden Bücher in Bewegung halte, sei die Spannung zwischen zwei Erkenntnissen. Auf der einen Seite stehe die Einsicht, daß nur die Liebe zur Schau führen könne. Auf der anderen Seite bleibe die Erkenntnis, daß nur geliebt werden könne, was schon irgendwie geschaut worden sei (177). Mit Triaden wie mens − notitia − amor finde Augustinus zwar »die Trinität in der Seele« (184), erstrebe er doch »eine trinitarische Psychologie und nicht eine psychologische Trinitätslehre« (211). Doch so gelange er nicht über das Schema »dort drei − hier drei« (180) hinaus. Dabei wäre gerade die Frage nach der Beziehung zwischen dem menschlichen Hier und dem göttlichen Dort zu beantworten gewesen. Diese Beziehung freilich soll, was die Sendung des Sohnes angeht, durch Augustins Theorie des inneren ewigen Wortes, das nach außen treten kann, geklärt werden. Aber Augustinus bleibe bei bloßen Analogien stehen. Indem Schindler auch hier, seiner Fragestellung folgend, die verbum-Theologie in den Mittelpunkt stellt, sieht er nur deren Versagen als Analogie, nicht aber ihre Funktion innerhalb der Theorie einer notwendigen Struktur eines jeden Selbstbewußtseins. Augustinus kommt im fünfzehnten Buch von De trinitate erneut auf das innere Wort zu sprechen. Schindler zeichnet in einem letzten kommentierenden Kapitel den Gedankengang der Bücher X bis XV nach (196–228). Die grundsätzlichen Kritiken wiederholen sich. Zudem bemängelt Schindler, daß unklar bleibe, wie Augustinus gerade zu der Triade memoria − intellegentia − voluntas gelange (201), deren Glieder er in erster Linie in ihrem Aktcharakter, weniger als (habituelle) Seelenvermögen behandle (209). Im vierzehnten Buch trete die Gottebenbildlichkeit des Menschen derart in den Vordergrund, daß kaum noch davon gesprochen werde, was denn die drei Komponenten im menschlichen Geist mit den drei göttlichen Personen zu tun hätten (214). Das letzte Buch konzentriere sich auf die »grundlegende Ungenauigkeit der Urbild-AbbildBeziehung« (216), verknüpfe aber gleichzeitig die Erkenntnis der Analogie mit der Gottesbeziehung selbst. Der Mensch sei am meisten Gott ähnlich, wenn er Gott erkenne. Damit zeige sich auch, was das ganze Werk De trinitate »eigent-

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lich beabsichtigt«, nämlich die »Erbauung der Gläubigen − soweit sie den entsprechenden Bildungsgrad besitzen − durch die ›exercitatio mentis‹« (226), wie Schindler in Anlehnung an Marrou formuliert. Erst hierin zeige sich gegen Ende des Werkes »ein existentieller Bezug« (227). In abschließenden »Fragen zur Interpretation« (229–245) sucht Schindler drei positivere Augustinus-Deutungen zu widerlegen. Zuerst widmet er sich Victor Warnachs Auffassung des inneren Wortes als einer Antwort auf die als »Einsprechung« interpretierte Illumination. Dann zeigt er die Haltlosigkeit von Gadamers Behauptung auf, das verbum interius Augustins biete Ansätze zur Überwindung der abendländischen »Sprachvergessenheit«.706 Schließlich unterwirft Schindler Berlingers dialogisch-personalistische Umdeutung augustinischer Gedanken einer kritischen Analyse. Schindler ist ein kritischer Begleiter von Augustins Gedankengängen. Beinahe en passant streut er zudem vor allem in knappen, von ungewöhnlich breiter Materialkenntnis zeugenden Fußnoten eine Reihe teils neuer, teils aus der gewissenhaft ausgewerteten Forschungsliteratur entnommener historischer Beobachtungen ein. Darunter finden sich Parallelstellen aus der antiken heidnischen und christlichen Literatur, durch die manche Anspielung Augustins erklärt und manche Quelle erahnbar wird. Freilich scheint Schindlers Buch im Gegensatz zu den beiden anderen großen Monographien nicht von großer Sympathie für seinen Gegenstand geleitet, sondern allenfalls von Respekt. Schindler widmet der Kritik viel Raum. Er sieht zwar Ansätze Augustins zu »besseren« Lösungen − etwa in der engen Beziehung von Sendung und innergöttlicher Zeugung des Sohnes oder in Andeutungen, das innere Wort zur Verklammerung dieser Beziehung und der Mensch-Gott-Beziehung zu verwenden. Aber Schindler betont solche Potentiale nicht und schöpft sie auch nicht aus. Die Stärke seines Buches liegt in der Verbindung von Sorgfalt und kritischer Distanz. Den philosophischen Gehalt des Werkes allerdings erfaßt Schindler nicht, bedingt durch seine worttheologische Fragestellung. d) Johannes Brachtendorf Mit seiner Tübinger philosophischen Habilitationsschrift will Brachtendorf (geb. 1958) bewußt die Reihe der Monographien von Schmaus und Schindler fortsetzen.707 Allerdings seien diese Bücher theologisch ausgerichtet. Dagegen sei von philosophischer Seite »noch gar keine Gesamtinterpretation« von De trinitate versucht worden (1). Diesem Mangel möchte Brachtendorf abhelfen. Er wendet sich gegen den Totalitätsanspruch mancher theologischer Interpretationen des Werkes. Die Ansicht von Schmaus, die Vernunft habe sich in der 706

Vgl. unten S. 264 ff. J. Brachtendorf, Die Struktur des menschlichen Geistes nach Augustinus. Selbstreflexion und Erkenntnis Gottes in »De Trinitate«, Parad. 19, Hamburg 2000. Ziffern in Klammern meinen im folgenden die Seitenzahlen dieses Buches. Eine Zusammenfassung der Grundintention dieser Arbeit auf englisch bietet ders., ». . . prius esse cogitare quam credere«. A Natural 707

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Trinitätslehre Augustinus zufolge auf »die inhaltliche Klarstellung des Dogmas, die Zurückweisung falscher Auffassungen und die Entkräftung von Einwänden sowie die analogische Bewährung desselben« zu beschränken,708 weist Brachtendorf mit Recht zurück. Eines seiner Argumente lautet, »daß die Idee einer analogischen Bewährung, soll sie wirklich eine Bewährung sein, von sich her eine neutrale, nicht schon durch den Dreifaltigkeitsglauben bestimmte Untersuchung des menschlichen Geistes fordert« (9). Der Schwerpunkt von Brachtendorfs wohltuend unprätentiös formuliertem Buch liegt in den kommentierenden Inhaltswiedergaben und Analysen der Bücher V bis XV. Das Gewicht liegt deutlich auf den Theorien zum Selbstbewußtsein im neunten und zehnten Buch, die in den theologischen Interpretationen von jeher zumeist vernachlässigt werden. Die drei hauptsächlichen Thesen Brachtendorfs lauten: Augustinus zeige in De trinitate erstens ein philosophisches, natürliches Verständnis der Trinität. Zweitens bestehe dieses Verständnis im Nachweis, daß der menschliche Geist in seinem Selbstbezug nicht erst der göttlichen Trinität ähnlich werden soll, sondern immer schon trinitarisch strukturiert ist. Drittens entwickle Augustinus zu diesem Zweck eine Innovation in der gesamten Antike, nämlich eine ausgearbeitete Theorie des Selbstbezuges endlicher Subjektivität. In den Büchern V bis VII entfalte Augustinus »durch die Logik der platonischen und der aristotelischen Ontologie« (56), wie etwa die Unterscheidung von Substanz und Relation, die Grundbestimmungen der göttlichen Trinität: Dreiheit, Gleichheit, Einheit und Verschiedenheit der göttlichen Personen. Das achte Buch führe das Scheitern eines Aufstiegs der Seele zur direkten Einsicht in die göttliche Trinität vor. Die zuerst dafür gewählten Gottesprädikate veritas, bonum und iustitia führten nämlich zwangsläufig nur auf die eine essentia Gottes, nicht auf seine drei Personen. Auch der vierte Anlauf, der über den Begriff der Liebe führt, scheitere notwendig, denn Augustinus rechne nicht mit einer intelligiblen Idee spezifischer Relationen (wie derjenigen der Sohnschaft). Das Relationspotential, das in der Charakterisierung Gottes als Liebe enthalten sei, schöpfe Augustinus nicht für ein Verständnis der innertrinitarischen Beziehungen aus (103). Er begnüge sich am Ende des achten Buches damit, die Intentionalität als Moment der Liebe aufzuzeigen und von der Liebe des Menschen zu sich, seinem Nächsten und Gott zu sprechen. Understanding of »Trinity« in St. Augustine?, AugSt 29, 1998, 35–45. Weitere Entfaltungen bieten vier Aufsätze Brachtendorfs: Der menschliche Geist als Bild des trinitarischen Gottes − Ähnlichkeiten und Unähnlichkeiten, in: Ders. (Hg.), Gott und sein Bild (wie Anm. 8), 155–170; Endlichkeit und Subjektivität. Zur Bedeutung des Subjekts im Denken Augustins, in: G. Krieger/H.-L. Ollig (Hgg.), Fluchtpunkt Subjekt − Facetten und Chancen des Subjektgedankens, Paderborn u. a. 2001, 37–54; Selbsterkenntnis: Thomas von Aquin als Kritiker Augustins?, PhJ 109, 2002, 255–270; Augustins Begriff des menschlichen Geistes, in: U. Meixner/A. Newen (Hgg.), Seele, Denken, Bewußtsein. Zur Geschichte der Philosophie des Geistes, Berlin/New York 2003, 99–123. 708 Schmaus, Die psychologische Trinitätslehre (wie Anm. 2), 183.

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Entsprechend der These, prius esse cogitare quam credere,709 bricht Augustinus nach Brachtendorf in den Büchern IX bis XIV diesen Weg des Aufstiegs ab, um einen indirekten Weg zu beschreiten: Augustinus zeige in diesen Büchern, daß die unmittelbare Selbstkenntnis des menschlichen Geistes ein Vorverständnis von »Trinität« ermögliche, aufgrund dessen dann die Liebe zum dreifaltigen Gott möglich sei. In der immer schon vorhandenen, nie verlierbaren Struktur des Selbstbezuges in der menschlichen Trias mens − notitia sui − amor sui zeigen sich nämlich die gleichen Merkmale, wie der Glaube sie der göttlichen Trinität zuschreibe: Eigenständigkeit (Dreiheit), Gleichheit, Einheit und Verschiedenheit. Denn Liebe und Erkenntnis werden gegenüber dem Geist als nichtakzidentell, also als Substanzen erwiesen (Eigenständigkeit), ihr ontologisch gleiches Niveau wird deutlich (Gleichheit), die wechselseitige totale Durchdringung läßt auf ihre Einheit schließen, und die drei Glieder sind durch die Relationen unterschieden, die sich aus dem jeweiligen Ursprung ergeben: Der Geist zeugt die Erkenntnis, die Liebe vermittelt. Diese Trinität ist unveränderlich. Die Vertrautheit des Geistes mit sich selbst ist ein stetiger, kognitiv-voluntativer Selbstbezug, terminologisch als se nosse gefaßt. Das bewußt reflektierende, erst herzustellende se cogitare der »Selbsterkenntnis« ist nur möglich, weil die Selbstkenntnis immer schon besteht. Diese Dreiheit am Grunde des menschlichen Geistes nennt Augustinus im zehnten Buch das Sich-Erinnern, Sich-Einsehen und Sich-Wollen des Geistes. Die Bücher XI bis XIII sollen nach Brachtendorf die langsameren Gemüter anhand zeitlicher Entfaltungen der Dreiheit im menschlichen Geist an dieses Ebenbild Gottes heranführen. Das vierzehnte Buch stelle die innere, unveränderliche Selbstkenntnis in einen Kontrast zur äußeren, diskursiven Reflexion. Dieses vorletzte Buch handle von der ethischen Komponente der Verähnlichung mit Gott auf der Ebene der bewußten Erneuerung des Bildes, wenn sich menschliches Sehnen auf Gott richtet (118 bis 250). Im fünfzehnten, letzten Buch überträgt Augustinus nach Brachtendorf die Reflexivität, in der die Dreieinheit des menschlichen Geistes wurzelt, auf Gott. Dieser Deutung zufolge ist es also gerade nicht so, wie in anderen Zusammenfassungen des Werkes manchmal gesagt wird, daß Augustinus schon in den früheren Büchern von einem Gottesbegriff ausgeht, dessen Trinität nach Art von Plotins göttlichem noyÄw aus der Reflexivität entspringt, aus der Dreiheit von Denkendem, Gedachtem und Denken. Vielmehr beginne der Argumentationsgang mit den im Glauben implizierten Bestimmungen der göttlichen Personen (Buch I bis VIII) und gehe dann über zum Aufzeigen gleicher Bestimmungen im sich selbst kennenden Geist des Menschen (IX bis XIV). Mit dem Beginn des fünfzehnten Buches schlage Augustinus den umgekehrten Weg ein und schließe von der Reflexivität in der cogitatio-Ebene des Menschengeistes auf die Reflexivität Gottes. Augustinus arbeitet in vielzitierten Passagen des fünfzehnten Buches Unterschiede zwischen dem trinitarischen Gott und seinem 709

Aug. praed. sanct. ii, 5 (PL 44, 962 M.).

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Ebenbild im menschlichen Geist heraus. Nach Brachtendorfs sehr bedeutsamer Argumentation beziehen sich diese Unterschiede allerdings nur auf die cogitatio-Dreiheit, nicht jedoch auf die vollkommene strukturelle Entsprechung zum Bild Gottes in der Dreiheit des unmittelbaren Selbstbezugs. Auf der Ebene des inneren Selbstbezuges dagegen gelte, daß das Selbst nicht etwas sei, das außerhalb des Sich-Erinnerns, Sich-Erkennens und Sich-Wollens liege: »Ebenso wie Gott besitzt dieses Selbst nicht eine Dreifaltigkeit, sondern es ist diese Dreifaltigkeit« (261). Auch das Moment der Diskursivität, das auf der Ebene bewußter geistiger Akte eines endlichen Geistes im Unterschied zu Gottes Akten herrsche, gebe es beim unmittelbaren Selbstverhältnis nicht. Gibt es dann überhaupt Unterschiede zwischen göttlichem und menschlichem Selbstbewußtsein? »Freilich bezieht sich das unmittelbare Selbstwissen eben nur auf das Selbst und nichts anderes, während Gottes Wissen alles überhaupt Wißbare umfaßt« (261). In zwei abschließenden Kapiteln untersucht Brachtendorf noch Augustins Fassung der cogitatio als verbum näher und weist überzeugend die Ansichten Gadamers und anderer Philosophen zurück, die darin eine Theorie der ursprünglichen Sprachlichkeit transzendentaler Vollzüge wittern (266 bis 314).710 Löst die Interpretation von Brachtendorf ein, was sie verspricht? Der Autor lehnt eine »Fragmentierung« von De trinitate in eine theologische und eine philosophische Hälfte ebenso ab wie die »Mißachtung größerer Argumentationszusammenhänge« (2). Allerdings begeht er mindestens in einer Hinsicht offenkundig diese beiden Fehler selbst, indem er die Bücher I bis IV nahezu vollständig aus seiner Analyse ausklammert und ihren Inhalt lediglich durch die Bemerkung charakterisiert, sie enthielten »die biblische Begründung« des Trinitätsdogmas (3). Damit blendet er zum einen die differenzierteren Erkenntnisse der Forschung über die Heilsgeschichte in De trinitate, über die göttlichen Sendungen und ihren Zusammenhang mit der menschlichen Erkenntnis aus.711 Zum anderen entfällt damit das Verständnis für die theologiegeschichtlichen Hintergründe und theologischen Absichten des Werkes. Auch die christologische Fundierung von Weisheit und Erkenntnis im vierten und dreizehnten Buch bleibt beinahe ganz ausgespart. Die zentrale, in mancher Hinsicht von Booth und Dahl vorweggenommene These des Buches,712 Augustinus biete die erste ausgearbeitete antike Theorie endlichen Selbstbewußtseins, wird trotz eines kurzen Blicks auf Aristoteles und Plotin (15–34) historisch nicht ganz ausreichend abgesichert: Es fehlt zum Beispiel jegliche Auseinandersetzung mit den Arbeiten von Klaus Oehler zu antiken Theorien von Subjektivität und Selbstbewußtsein.713 Der Autor nähert sich legitimer-, aber auch erkennbarerweise seinem Gegenstand nicht vom Fach der Geschichte antiker Philosophie her; 710

Vgl. unten S. 264 ff. Vgl. unten S. 155 ff., S. 174 ff. und S. 195 ff. 712 Booth, St. Augustine’s »notitia sui« (wie Anm. 299); Dahl, Augustin und Plotin (wie Anm. 278). 713 Unten S. 257. 711

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seine Dissertation hatte bezeichnenderweise Johann Gottlieb Fichte gegolten, von dem moderne Theorien des Selbstbewußtseins wesentlich ihren Ausgang genommen haben.714 Darum entgeht Brachtendorf beispielsweise, daß die von ihm analysierte Struktur von Dreiheiten in Dreiheiten, derzufolge also jedes Ternarglied seinerseits die Akte der beiden anderen Glieder in sich selbst trägt (die voluntas sieht sich auch selbst ein und erinnert sich ihrer selbst usw.), gerade als Kennzeichen der Ontologie von Porphyrius gilt.715 Auch der Vergleich von Augustins Untersuchungen zu den Begriffen der Substanz und der Relation direkt mit der griechischen aristotelischen Kategorienschrift statt mit ihren lateinischen Paraphrasen und Versionen ist historisch nicht ganz korrekt.716 Nach Brachtendorf ist es Plotins Konzeption zufolge unmöglich, daß der endliche Geist eine vollkommene Selbstbezüglichkeit erwirbt, denn dazu müßte ihm die Gesamtheit aller Ideen präsent sein (33). Nach Augustinus dagegen sei eine Selbsterfassung des endlichen Geistes möglich, die nicht, wie bei Plotin, als Erhebung des Geistes in eine sich selbst reflektierende Ideensphäre zu deuten sei (49). Nun fällt aber auf, daß der von Brachtendorf zunächst in den Mittelpunkt gerückte Unterschied zwischen Augustinus und Plotin sich am Ende merklich relativiert, wenn die Hauptdifferenz zwischen menschlichem und göttlichem Wissen für Augustinus darin bestehen soll, daß das göttliche Wissen »alles überhaupt Wißbare umfaßt« (261). Die Tatsache, daß Augustinus im fünfzehnten Buch auch Gott die Reflexivität zuschreibt, die vorher am menschlichen Geist dargestellt wurde, läßt zudem fragen, ob statt über eine angeblich revolutionäre Abkehr Augustins von der Konzeption des sich selbst denkenden göttlichen noyÄw Plotins nicht eher über eine gewisse Verlagerung der Schwerpunkte gesprochen werden sollte.717 Ein Plotin- und Augustinus-Kenner wie Christoph Horn hat Brachtendorfs »Abkopplungsthese« widersprochen, wonach Augustinus Grundelemente der plotinischen noyÄw-Metaphysik von der hypostasierten Geist- und Ideenwelt abgelöst und auf den menschlichen Geist übertragen habe, um damit eine strikte Andersheit von endlichem und göttlichem Geist zu begründen: »Wenn es zutrifft, daß wir immer schon über ein se nosse verfügen − was unterscheidet dann den menschlichen Geist noch vom göttlichen, vorausgesetzt, ersterer besäße ein vollständiges Ideenwissen?«718 Verhält sich also die mens humana zur mens divina in Wahrheit lediglich wie eine quantitative Schwundstufe zur Vollform, bei prinzipieller Identität? Bezieht sich analog der geistige Aufstieg eines Menschen auf Gott oder immer nur auf das Abbild, das der endliche Geist selbst ist? Brach714 J. Brachtendorf, Fichtes Lehre vom Sein. Eine kritische Darstellung der Wissenschaftslehren von 1794, 1798/99 und 1812, Paderborn 1995. 715 Unten Anm. 1892. 716 Oben S. 66 ff. 717 Vgl. auch oben S. 61. 718 Ch. Horn, Philosophie des Geistes bei Augustinus, PhR 48, 2001, 97–115; hier 112. Der Aufsatz ist eine Sammelrezension der Bücher von Matthews (wie Anm. 1228), Rist (wie Anm. 805), Hölscher (wie Anm. 1218) und Brachtendorf.

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tendorf behauptet letzteres, Horn fragt, »was eine Aufstiegskonzeption zu bedeuten hätte, deren letzter Schritt unmöglich wäre«.719 Nach Horn transzendiert sich der Mensch Augustinus zufolge im Augenblick seiner adäquaten Selbsterfassung auf den göttlichen Geist hin. Der Unterschied zu Plotins metaphysischem Modell einer Vergöttlichung durch Aufstieg sei also nur gradueller Art. Daraus folge bei Augustinus eine stärkere Betonung der Notwendigkeit der göttlichen Gnade. Die Kritik von Horn stellt keineswegs, wie es im ersten Moment scheinen könnte, eine Umkehrung von Brachtendorfs Deutungsansatz dar. In gewisser Hinsicht ist sie im Gegenteil eine Radikalisierung von dessen Tendenz, De trinitate in Richtung einer Geistmetaphysik zu deuten.720 Die wesentliche Strukturidentität von göttlicher Trinität und sich wissendem Menschengeist könnte ja doch wesentlich mehr bedeuten als die bloße Ermöglichung eines vernünftigen Vorverständnisses der im Glauben angebeteten Trinität. Beide Interpreten, Brachtendorf wie Horn, sind allerdings zu fragen, wie ihre Deutungen mit den ausführlichen Erörterungen Augustins über die Notwendigkeit der göttlichen Sendungen und des Erlösers als sacramentum und exemplum zu vermitteln sind. Warum wirft Augustinus dem Platonismus vor, er sehe zwar die Heimat in der Ferne, gelange aber nicht zu ihr, wohingegen der Gläubige gleichsam im Meer des Lebens das Holz des Kreuzes ergreife, um zu dieser Ferne zu rudern?721 Ohne Zweifel erbringt die scharfsinnige Arbeit Brachtendorfs einen beträchtlichen Fortschritt im Verständnis der argumentativen Linien und Ebenen in De trinitate. Unbefriedigend bleibt jedoch die offenkundige Diskrepanz seiner »philosophischen« Lesart zu den keineswegs marginal wirkenden biblischen und spirituellen Teilen des Werkes. Es ist legitim, sich auf bestimmte Aspekte von De trinitate zu beschränken. Aber die genaueren theologiegeschichtlichen Hintergründe und damit auch die eigentliche Absicht, mit der Augustinus sein Werk über die Trinität verfaßt hat, bleiben in Brachtendorfs Buch weithin ausgeblendet. Die spezifisch augustinische, gleichsam unvermischte und ungetrennte Verknüpfung neuplatonischer und theologischer Motive wird durch ein modernes Philosophieverständnis aufgelöst, ohne daß dies hinreichend bedacht würde. Um die versprochene »Gesamtinterpretation« von Augustins De trinitate handelt es sich insofern nicht. Die richtige Mitte zwischen einer einseitig theologischen und dieser einseitig philosophischen Auslegung des Werkes bleibt noch zu entdecken.

719 Ebd. 113. Unter den weiteren Rezensionen vgl. z. B. K. Kahnert, BPhJAM 7, 2002, 251–256; R. A. Markus, AugSt 32, 2001, 151–153; Schadel (wie Anm. 333); R. J. Teske, JECS 10, 2002, 414–416. 720 Darin ist sie entfernt der Interpretation Dietrichs von Freiberg vergleichbar, unten S. 356. 721 Aug. trin. IV, xv, 20 (CChr.SL 50, 187, 15–19 M.): Sed quid prodest superbienti et ob hoc erubescenti lignum conscendere de longinquo prospicere patriam transmarinam? Aut quid obest humili de tanto intervallo non eam videre in illo ligno ad eam venienti quo dedignatur ille portari?

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2. Publikationsserien a) Franc¸ois Bourassa und E´mile Bailleux Franc¸ois Bourassa hat sich seit den fünfziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts um die Ausarbeitung einer Trinitätslehre bemüht. Er stützt sich dabei auf Thomas von Aquin, liest diesen aber weniger im Lichte der neuscholastischen Rezeption als vielmehr von seiner wichtigsten Quelle her, nämlich von Augustins De trinitate. Diese Absicht spricht schon aus einem frühen Aufsatz, der den falsch konstruierten Dualismus von »westlicher« Appropriationstheorie und »östlicher« Proprietätenlehre auflösen soll. Die gleiche Intention liegt noch einem späten, besonders der Methodologie gewidmeten Aufriß der Trinitätslehre zugrunde.722 Bourassa entdeckt bei Augustinus ein ausgewogenes Verhältnis von biblischer, kirchlicher und philosophischer Erkenntnis. Glauben und Verstehen verhalten sich zueinander nach dem Motto: intellege ut credas, crede ut intellegas.723 Schon 1966 stellt Bourassa die damals noch gängige, von Schmaus geprägte Augustinus-Interpretation in Frage, wie sie etwa in Karl Rahners Aufsatz über die Trinitätstheologie in der Dogmatik vorausgesetzt wird.724 Mehr als ein Jahrzehnt später gibt Bourassa vor ähnlichem Problemhorizont einen Gesamtüberblick zu De trinitate.725 Rahner zufolge hatte Augustinus die Heilsökonomie aus dem Blick verloren, ein biblisches Denken durch eine ganz ungeschichtliche Spekulation über das Innenleben Gottes ersetzt und so die Vorordnung eines Traktates De deo uno vor den Traktat De deo trino verschuldet. Bourassa dagegen bemüht sich um den Nachweis, daß in Augustins De trinitate bereits genau die heilsgeschichtliche Betrachtungsweise der Trinität zu finden sei, die das Zweite Vatikanische Konzil soeben in seiner Offenbarungskonstitution Dei Verbum erprobt hatte. Demnach hat Gott gewollt, »daß die Menschen durch Christus, das fleischgewordene Wort, im Heiligen Geist Zugang zum Vater haben und teilhaftig werden der göttlichen Natur«.726 Augustinus sucht nach Bourassa in ebendiesem Sinne in De trinitate I bis VII die Schriftgemäßheit des kirchlichen Trinitätsglaubens darzutun, innertrinitarische und heilsökonomische Aussagen zu unterscheiden und gleichzeitig aufeinander zu beziehen. Augustinus bewege sich hier im Rahmen der gleichen Theologie, die auch die griechischen Kirchenväter vertreten hatten. Das Verhältnis von Einheit und Dreiheit denke er F. Bourassa, Appropriation ou »proprie´te´«, ScEc 7, 1955, 57–85; ders., Dreifaltigkeit, in: K. H. Neufeld (Hg.), Probleme und Perspektiven dogmatischer Theologie, deutsche Ausgabe von L. Ulrich, Leipzig 1986, 338–379 (italienisch zuerst in K. H. Neufeld [Hg.], Problemi e prospettive di teologia dogmatica, Brescia 1983). Mehrere Aufsätze sind gesammelt in: F. Bourassa, Questions de the´ologie trinitaire, Rom 1970. 723 Aug. serm. 43, 9 (CChr.SL 41, 512, 182 f. Lambot). 724 F. Bourassa, Sur le Traite´ de la Trinite´, Gr. 47, 1966, 254–285 (besonders zu K. Rahner, Bemerkungen zum dogmatischen Traktat »De Trinitate« [wie Anm. 1550]). 725 Ders., The´ologie trinitaire chez saint Augustin, Gr. 58, 1977, 675–718; 59, 1978, 375–412. 726 Dei Verbum I, 2 (LThK 2, Erg. 2, 1967, 506 f.). 722

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wie sie. Methodisch anders gehen nach Bourassa die spekulativen, dem tieferen Verstehen dienenden Bücher VIII bis XV vor, aber auch sie schöpfen, wie Bourassa betont, reichlich aus der Heiligen Schrift. In diesem zweiten Teil von De trinitate wolle Augustinus dieselben geoffenbarten Wahrheiten, die im Glauben bereits enthalten sind, auf innerlichere, tiefere Weise verstehen. Dazu diene die »psychologische« Trinitätslehre. Sie beruhe auf der biblischen Lehre, Gott habe den Menschen als sein Ebenbild geschaffen, damit der Mensch ihn erkenne und liebe. Letztlich gehe es Augustinus um eine Einübung und Reinigung des Geistes zu genau diesem Zweck. In weiteren Studien schildert Bourassa von diesem Deutungsansatz aus die Pneumatologie Augustins.727 So zeigt er die Hintergründe und genaue Bedeutung von Augustins Interpretation des Heiligen Geistes als communio von Vater und Sohn. In einer späteren Aufsatzserie erläutert er die Einwohnung Gottes in der menschlichen Seele anhand der von Augustinus entwickelten und im Mittelalter viel rezipierten These von der Gegenwart der Trinität in uns Menschen durch die Hineinnahme in die göttliche Liebe, die selbst eine Proprietät des Heiligen Geistes ist. Augustinus begründe die innertrinitarische Rolle des Heiligen Geistes heilsökonomisch durch die Funktion, die er als Geist der Einheit in der Kirche einnehme. Ähnlich wie Bourassa, doch offenbar unabhängig von ihm, verwirft E´mile Bailleux in einer Artikelserie die herkömmliche Lesart von De trinitate. Bailleux rückt stattdessen die soteriologischen und heilsgeschichtlichen Aspekte des Werkes ins Zentrum der Deutung. Die erste dieser Untersuchungen, 1966 erschienen, galt vor allem den Büchern IV und XIII und zeichnete die Argumente nach, warum nach Augustins Ansicht der Mensch zur Erlösung eines Mittlers bedarf, und wie diese Erlösung durch den Mittler zwischen Mensch und Gott letztlich verwirklicht wird.728 Bailleux stellt die Opfertheologie des dreizehnten Buches so differenziert dar, daß sie sich nicht mehr ohne weiteres als »primitiv« qualifizieren läßt, wie es gelegentlich geschieht. Vor allem aber zeigt er, daß die Soteriologie von zentraler Bedeutung ist, auch wenn es bei oberflächlicher Betrachtung so scheint, als komme sie nur exkursartig in De trinitate vor und als unterbreche sie den Gedankengang der eigentlichen Trinitätslehre. In einem Aufsatz aus dem Jahre 1971 widerlegt Bailleux eine andere Kritik an De trinitate. Er analysiert zu diesem Zweck Augustins Lehre vom Wirken der Trinität nach außen (als Schöpfungsmacht gegenüber der Welt und als Heiligungsmacht gegenüber dem inneren Menschen).729 Es zeigt sich, daß Augusti727

F. Bourassa, Le Saint-Esprit unite´ d’amour du Pe`re et du Fils, ScEc 14, 1962, 375–415; Communion du Pe`re et du Fils, Gr. 48, 1967, 657–705; »Dans la communion de l’Esprit Saint«. E´tude the´ologique, ScEs 34, 1982, 31–56; 135–149; 239–268. 728 ´ E. Bailleux, La sote´riologie de saint Augustin dans le »De Trinitate«, MSR 23, 1966, 149–173. 729 Ders., Dieu Trinite´ et son œuvre, RechAug 7, 1971, 189–218.

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nus zwar die These von der Einheit dieses Wirkens übernimmt, dabei jedoch keineswegs in den ihm oft vorgeworfenen »Essentialismus« verfällt. Im Gegenteil schreibt Augustinus jeder der drei Personen eine unterscheidbare Wirkungsweise zu − entsprechend ihren Appropriationen, die ihrerseits in ihren Proprietäten gründen. Auch der »Personalismus« finde also genügend Raum in der augustinischen Trinitätslehre. Drei weitere Studien von Bailleux behandeln die Lehre von Gott dem Vater, die Christologie und die Pneumatologie in De trinitate.730 Auch sie sind sachgemäß, aber von einem deutlich apologetischen Ton geprägt: Augustinus wird stets in meliorem partem interpretiert. Es gibt demnach in De trinitate eine doppelte Erklärung der göttlichen Sendung des Wortes, wobei die erste die zweite vorbereitet. Jesus Christus wird von der Trinität als Mensch in die Welt gesandt (die erste Erklärung), aber kein anderer als der Vater, der Ursprung von Ewigkeit her, ist das Prinzip seiner zeitlichen Sendung (zweite Erklärung). Für Augustinus habe dies exemplarische Bedeutung. Christus sei einerseits Sohn von Natur aus und andererseits Sohn durch Annahme (Adoption). Ähnlich seien auch wir, wenn die Gnade vom Vater durch den Sohn im Heiligen Geist auf uns komme und unsere Gottebenbildlichkeit wiederherstelle, in der Dreiheit von memoria − intellegentia − voluntas unserer Seele gewissermaßen Söhne des trinitarischen Gottes, aber gleichzeitig wolle der Sohn Gottes, daß auch wir aus Gnade Söhne desselben Vaters werden, der von Natur aus sein Vater ist. Bailleux entfaltet diese Gedanken aus De trinitate im Aufsatz über Augustins Christologie subtil und rückt Augustins Lehre von den zwei Naturen in einer Person dem Dogma von Chalcedon sehr nahe. In der Darstellung der Pneumatologie von De trinitate achtet Bailleux besonders auf die Theorie der Proprietäten. Durch sie gelinge es Augustinus, die konkreten Differenzierungen zwischen den Personen zu wahren, die sich durch die Sendungen in der Heilsgeschichte offenbaren. In einer abschließenden Arbeit beleuchtet Bailleux den Zusammenhang von Heilsgeschichte und Trinitätsglaube bei Augustinus.731 Bourassa wie Bailleux interpretieren De trinitate sicherlich einseitig, aber ihnen kommt das Verdienst zu, ein Gegengewicht zu der damals herrschenden, ebenso einseitigen Deutung von Augustins Werk als Ausdruck einer »psychologischen Trinitätslehre« geliefert zu haben.

730 Ders., Dieu notre Pe`re, selon le »De Trinitate« de saint Augustin, RThom 72, 1972, 181–197; La Christologie de saint Augustin dans le De Trinitate, RechAug 7, 1971, 219–243; L’Esprit du Pe`re et du Fils selon saint Augustin, RThom 77, 1977, 5–29. 731 Ders., Histoire du salut et foi trinitaire chez saint Augustin, RThom 75, 1975, 533–561.

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b) Basil Studer Basil Studer hat nach zahlreichen kleineren Studien seine Auffassung von Augustins De trinitate jüngst in einem Buch zusammengefaßt.732 Seine früheren Publikationen müssen daher hier nicht vollständig aufgezählt und besprochen werden.733 Studers Arbeiten zum Thema bewegen sich um einen Grundgedanken: daß nämlich die Offenbarung der ewigen Trinität im Ostergeheimnis geschehen sei und daher die Trinitätslehre an diesem Punkt anzusetzen habe. Am Karfreitag und an Ostern hätten die Jünger verstanden, wie berechtigt Jesu Anspruch gewesen war, Gott anders anzugehören als ein Mensch dies könnte; sie hätten erfaßt, daß ihnen diese Gewißheit vom Heiligen Geist geschenkt worden sei, und daß im Ostergeschehen das menschliche Heil begründet sei.734 Für Studer liegt hierin der Schlüssel zu einem existenziellen und spirituellen Verständnis des Taufglaubens, der seiner Meinung nach nicht aus den nizänischen Formeln, sondern nur aus der Bibel und der liturgischen Praxis entfaltet werden sollte. Studer möchte auf diesem Hintergrund patristische und besonders augustinische Anstöße zu einer Erneuerung der Trinitätstheologie zur Geltung bringen. Er meint, »daß zwischen der Schultheologie und dem biblisch und liturgisch gelebten Taufglauben ein tiefer Abgrund klafft. Wer kann schon mit der gewiß gültigen dogmatischen Lehre von der einen Natur und den drei Personen spirituell etwas anfangen? . . . In immer neuen Ansätzen suchte ich darum aufzuzeigen, daß der Taufglaube nur etwas bedeutet, wenn wir ihn vom Neuen Testament und von der von ihm geprägten Liturgie her verstehen. Das gilt auch von Augustins Trinitätslehre.«735

Studer will De trinitate aus einer Perspektive befreien, in der das Werk als Lieferant von Termini wie Wesen, Relation, Personen und als Prototyp der angeblich westlich-lateinischen, von der Einheit Gottes statt von den drei Personen ausgehenden Trinitätstheologie erscheint.736 Aus diesem Blickwinkel hat 732 B. Studer, Augustins De Trinitate. Eine Einführung, Paderborn u. a. 2005. Eine Zusammenfassung des Buches bietet ders., Augustins De Trinitate, eine christliche Botschaft, Aug(R) 45, 2005, 501–517; den Abschnitt 5.4.2 des Buches präzisiert ders., Veritas Dei in der Theologie des heiligen Augustinus, Aug(R) 46, 2006, 411–455. 733 Fortlaufendes Schriftenverzeichnis in den drei Aufsatzbänden von Studer: Dominus Salvator. Studien zur Christologie und Exegese der Kirchenväter, StAns 107, Rom 1992, 19–26; Mysterium Caritatis. Studien zur Exegese und zur Trinitätslehre in der Alten Kirche, StAns 127, Rom 1999, 15–20; Durch Geschichte zum Glauben. Zur Exegese und Trinitätslehre der Kirchenväter, StAns 141, Rom 2006, 11–13. 734 Ders., Patristische Anstöße zu einer Erneuerung der Trinitätslehre, FZPhTh 47, 2000, 463–483; hier 480 (erneut in: Durch Geschichte zum Glauben [wie Anm. 733], 343–367; hier 364; französische Übersetzung: Impulsions patristiques pour un renouvellement de la the´ologie trinitaire, CPE´gl 76, 1999, 2–10; 77, 2000, 55–61). 735 Ders., Augustins De Trinitate in seinen theologischen Grundzügen, FZPhTh 49, 2002, 49–72; 50 (erneut in: Durch Geschichte zum Glauben [wie Anm. 733], 387–414; 388). 736 Ders., La teologia trinitaria in Agostino d’Ippona. Continuita` della tradizione occidentale?, in: Cristianesimo e specificita` regionali nel Mediterraneo latino (sec. IV-VI). XXII Incontro di studiosi dell’antichita` cristiana. Roma, 6–8 maggio 1993, SEAug 46, Rom 1994, 161–177 (erneut in: Mysterium caritatis [wie Anm. 733], 291–310). Vgl. dazu unten S. 327 ff.

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etwa Karl Rahner einst Augustinus gedeutet und kritisiert. Studer zieht die Deutung mit Recht in Zweifel und möchte zeigen, daß es zu manchen von Rahner vermißten Aspekten der Trinitätslehre bei Augustinus gute Ansätze gibt.737 1962 bis 1964 hatte Studer in Paris die Aufbruchstimmung einer Theologie kennengelernt, in der die Wiederentdeckung der biblischen, liturgischen und heilsökonomischen Denkweise der Kirchenväter die Schultheologie zu überwinden half. Studers erste größere Arbeit zu Augustinus, die gründliche Studie über die Exegese der alttestamentlichen Theophanien in Augustins Schrift De videndo deo, ist in diesem Zusammenhang zu sehen.738 In einer anderen Augustinus-Studie konzentriert Studer sich auf eine Antithese Augustins in dem für die Soteriologie zentralen vierten Buch von De trinitate.739 Demnach ist Christus das sacramentum interioris hominis, insofern wir in Christi Tod mitsterben und in seiner Auferstehung auch unser neues Leben beginnt. Christus ist zudem das exemplum exterioris hominis, weil auch wir nach seinem Vorbild die Auferstehung unseres Leibes erhoffen dürfen. Studer geht den rhetorischen und exegetischen Hintergründen der Begriffe exemplum und sacramentum nach und untersucht, warum beide zur Bezeichnung des Heilsbedeutsamen verwendet werden konnten. Durch Arbeiten solcher Thematik war Studer vorbereitet, die patristische Soteriologie im Handbuch der Dogmengeschichte darzustellen.740 Gegenüber dem vorgegebenen, traditionellen Typus, den dieses Handbuch repräsentiert, gelangte er in seinem nächsten Buch 1985 zu einer fruchtbaren Neukonzeption antiker Dogmengeschichte.741 In den folgenden zwei Jahrzehnten entfaltete Studer seine Beschäftigung mit Augustins Trinitätslehre in drei Richtungen. Zum einen ging er dem Zusammenhang von Glaube und Geschichte nach. Denn der Glaube lebe für Augustinus aus der Bibel und der in ihr erzählten Geschichte von Gottes Heilshandeln.742 Der zweite Bereich betrifft einerseits den Zusammenhang von Trinität 737 Ders., Anstöße zu einer neuen Trinitätslehre bei Augustinus von Hippo, TThZ 108, 1999, 123–138; hier 123 f. (erneut in: Durch Geschichte zum Glauben [wie Anm. 733], 325– 342; 325 f.). 738 Ders., Zur Theophanie-Exegese Augustins (wie Anm. 489). Vgl. dazu oben S. 98 und unten S. 194. 739 Ders., »Sacramentum et exemplum« chez saint Augustin (wie Anm. 78). Vgl. oben S. 21. 740 Ders. (unter Mitarbeit von B. Daley für den biblischen Teil), Soteriologie. In der Schrift und Patristik, HDG III/2 a, Freiburg 1978. 741 Ders., Gott und unsere Erlösung (wie Anm. 1354). Vgl. unten S. 323. 742 Ders., La cognitio historialis di Porfirio nel De civitate Dei di Agostino (civ. 10, 32) , in: La narrativa cristiana antica. XXIII Incontro di studiosi dell’antichita` cristiana, SEAug 50, Rom 1995, 520–553 (erneut in: Mysterium Caritatis [wie Anm. 733], 67–95); ders., The 1996 Saint Augustine Lecture. History and Faith in Augustine’s De Trinitate, AugSt 28, 1997, 7–50 (erneut in: Mysterium Caritatis, 329–373); ders., Le lettere paoline nella teologia trinitaria di Agostino, in: Atti del IV simposio di Tarso su S. Paolo apostolo, hg. von L. Padovese, Turchia: la Chiesa e la sua storia 10, Rom 1996, 159–168 (erneut in: Mysterium Caritatis, 187–198). Vgl. Studers Aufsätze über Augustins Exegese in De trinitate (unten S. 191 f.) und über Eusebius sowie Origenes (wie Anm. 432).

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und Inkarnation, insbesondere das Verhältnis von Gott, dem Vater und Herrn, zu Christus, dem Sohn,743 andererseits die Art und Weise, wie die oiÆkonomiÂa die ueologiÂa offenbart.744 Ein dritter Bereich ist Studers Kritik an den vor allem aus der Schule von Luise Abramowski hervorgegangenen Arbeiten über den »Neunizänismus«. Studer hält den Begriff und das Gewicht, das wenigen theologischen Formeln hier zukommt, für unangemessen. Er will dagegen die in der Bibel, in Predigt und Gebet der Väter hervorgehobenen Themen der Gottessohnschaft Christi, der personalen Beziehungen von Vater, Sohn und Geist, das mysterium caritatis stärker in den Mittelpunkt gerückt wissen.745 Im Jahr 2005 erschien Studers Buch: Augustins De Trinitate. Eine Einführung.746 Der Titel könnte Erwartungen wecken, die unerfüllt bleiben. Von einer Einführung in ein großes Werk kann man sich eine ausgewogene Darstellung der Hauptgedanken, wichtigsten historischen Hintergründe und Entstehungsphasen erhoffen. Dies will Studer aber nicht bieten. Er führt in wenige Themenfelder ein, die ihm wichtig erscheinen. In der Einleitung des Buches schildert Studer zunächst kurz einige Etappen der Rezeptionsgeschichte von De trinitate. Anschließend umreißt er auf gut zwanzig Seiten den Forschungsstand. Dabei stützt und beruft er sich fast ausschließlich auf das 2002 abgeschlossene 743

Ders., Credo in Deum Patrem omnipotentem. Zum Gottesbegriff des Heiligen Augustinus, in: Congresso internazionale su s. Agostino nel XVI centenario della conversione. Roma, 15–20 settembre 1986. Atti 1, SEAug 24, Rom 1987, 163–188 (erneut in: Dominus Salvator [wie Anm. 733], 401–430); ders., Zur Gottesfrage bei Augustinus, MThZ 38, 1987, 143–152; ders., Gratia Christi − Gratia Dei bei Augustinus von Hippo. Christozentrismus oder Theozentrismus?, SEAug 40, Rom 1993; zu trin. besonders 187–196 (englische Übersetzung: The Grace of Christ and the Grace of God in Augustine of Hippo. Christocentrism or Theocentrism?, Collegeville, Minn. 1997). 744 Ders., Theologia − Oikonomia. Zu einem traditionellen Thema in Augustins De trinitate, in: Patrimonium Fidei. Traditionsgeschichtliches Verstehen am Ende? [FS Magnus Löhrer und Pius-Ramon Tragan], hg. von M. Perroni/E. Salmann, StAns 124, Rom 1997, 575–600; B. Studer, Oikonomia und Theologia in Augustins De Trinitate, in: Brachtendorf (Hg.), Gott und sein Bild (wie Anm. 8), 39–52 (erneut in: Durch Geschichte zum Glauben [wie Anm. 733], 369–385); ders., Zur Pneumatologie des Augustinus von Hippo (De Trinitate 15,17,27 – 27,50), Aug(R) 35, 1995, 567–583 (erneut in: Ders., Mysterium Caritatis [wie Anm. 733], 311–327). 745 Ders., Una valutazione critica del neonicenismo, Aug(R) 38, 1998, 29–48 (erneut in: Ders., Mysterium Caritatis [wie Anm. 733], 425–444). Mit Recht ist dagegen eingewandt worden, daß hier komplementäre Bereiche vorliegen: Ch. Markschies, Ambrosius als Trinitätstheologe, in: Ders., Alta Trinita` Beata (wie Anm. 864), 264–285; hier 278–284. Die kritische Rezension dazu von Studer (Ada. 8, 2002, 152–159; erneut in: Durch Geschichte zum Glauben [wie Anm. 733], 415–427) verkennt diesen Punkt. Selbstverständlich schöpfen die theologischen Begriffsklärungen seit Nizäa nicht den ganzen Reichtum des christlichen Glaubens und seiner biblischen Botschaft aus. Doch verdichten sich in den Formeln Konzepte, wissenschaftlich reflektierte Modellbildungen und Kompromisse im Streit von Bischöfen und Theologen. Ist es im übrigen nicht gerade ein Verdienst der neueren Forschung zum »Neunizänismus«, daß sie über die Konzentration auf das oëmooyÂsiow und die Formel »ein Wesen, drei Hypostasen« hinausgelangt ist? 746 Wie Anm. 732. Darauf beziehen sich im folgenden die Seitenangaben in Klammern.

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Typoskript der Habilitationsschrift, aus der das vorliegende Buch hervorgegangen ist, fügt jedoch ergänzende, zustimmende oder kritische Bemerkungen hinzu. Im skizzenhaften Schlußabschnitt der Habilitationsschrift sieht er die philosophischen Aspekte zu stark, die biblisch-heilsgeschichtlichen und christologischen Glaubensaspekte zu wenig berücksichtigt.747 Studer hält die neueren philosophischen Forschungen zu Augustins Analysen des menschlichen Geistes und des Selbstbewußtseins für einen Holzweg. Über die mit Rowan Williams und John Milbank einsetzende Bemühung um eine christliche Neuinterpretation des Textes unter der condition postmoderne verliert er kein Wort. Er möchte die heutige Trinitätstheologie anregen, geht aber wie in allen seinen Arbeiten nur auf diejenige Rahners (kurz) ein. Dennoch wird Studers Buch im folgenden recht ausführlich besprochen, weil sich in der Kritik daran einige Elemente des Augustinusverständnisses verdeutlichen lassen, das der vorliegenden Untersuchung zugrunde liegt. Der erste, etwas längere der zwei Hauptteile von Studers Buch ist »Methodologische Überlegungen« betitelt. Grundsätzlich sei zu beachten: »Die Beurteilung von De trinitate muss von der Frage nach der Intention des Werkes ausgehen. Augustinus stellt sich die Frage, ob die fides catholica (die gegenüber den sogenannten 747

Im Eifer des Gefechts stellt Studer mehrfach Desiderate der Forschung als Mängel des Forschungsberichts dar. So meint er, im dritten Kapitel der Habilitationsschrift über die Forschung zu Augustins Quellen »Lücken« (26) in bezug auf Aspekte des Manichäismus, des Origenes, Eusebius und der Homöer zu finden. Im sechsten Kapitel vermißt er die Rhetorik, Historiographie und Dialektik (27). Aber er kann keine in den entsprechenden damaligen Abschnitten fehlende Literatur nennen. Ein Forschungsbericht muß jedoch primär von existierender Forschung berichten. − Auf zwei der Versehen Studers sei hingewiesen: So meint er, in der Arbeit werde »fortwährend« der Ausdruck Deus trinus verwendet (45), was aber nie der Fall ist, außer natürlich in Zitaten oder Paraphrasen anderer Autoren und in Anspielung auf den Schultraktat De deo trino, der nun einmal so heißt (vgl. unten S. 356 ff.). Auch behauptet er, die Auffassung P. Gemeinhardts zur Nizäa-Rezeption werde »ohne Kritik« wiedergegeben (41), während in Wahrheit sein Argument gegen Gemeinhardt samt Stellenangaben bereits in der Habilitationsschrift steht (jetzt oben Anm. 606). − Studer vermißt in dem knappen Abschnitt über Augustins Weg zur Trinitätslehre (unten S. 409 ff.) mehrere Gesichtspunkte, wie z. B. den »tauftheologischen Hintergrund im letzten Buch der Confessiones« (42), und mehrfach kritisiert er, daß Eusebius von Caesarea in der Arbeit stiefmütterlich behandelt werde (26, 41 f., 49). Solche im vorliegenden Zusammenhang vielleicht doch entbehrliche Details, zu denen er jedoch selbst etwas publiziert hat (oben Anm. 432 und unten Anm. 1281), »fehlen« (41) seiner Meinung nach. Für sein eigenes Buch nimmt er das Recht auf Weglassung um so generöser in Anspruch und übergeht z. B. fast vollständig das Charakteristikum von De trinitate, nämlich die Analysen des Geistes in den Büchern IX bis XV. − Kritik übt Studer am Schlußteil, dessen Pointe er allerdings nicht genau wiedergibt. Berechtigt war der Tadel, daß zwar nicht im Forschungsbericht, wohl aber im (damals 16 Seiten umfassenden) Schlußabschnitt der Habilitationsschrift (vgl. jetzt unten S. 475 ff.) die Bücher I bis IV von De trinitate und speziell die Christologie zu kurz kamen. − Der ungewöhnliche Umstand, daß ein noch gar nicht fertiges Buch öffentlich bekannt gemacht wird, hat antike Vorbilder (vgl. unten S. 421) und verleiht dem Autor das seltene Privileg, noch vor der Fertigstellung seines Werkes von der ersten Rezension desselben lernen zu können.

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Arianern vertretene Orthodoxie) der Bibel entspricht. Er beantwortet diese grundlegende Frage zuerst auf der Ebene der historia rerum gestarum, dann auf der Ebene der similitudines. Es drängt sich nun sogleich die zweite Frage nach den Mitteln auf, mit denen Augustinus seine Absicht verwirklichen will. Er benützt offensichtlich exegetische, dialektische und anthropologische Mittel. Man muss sich weiter fragen, ob er diese Mittel sachgemäss erfasst und vor allem ob er sie richtig angewandt hat. So wird es möglich, Augustins Trinitätslehre einigermassen zu beurteilen. Im besonderen Fall der Philosophie steht für diese Beurteilung nicht in Frage, was Augustinus zur Weiterentwicklung der antiken Philosophie beigetragen hat« (31).

Sind die Weichen für eine sachgerechte Darstellung von De trinitate hier richtig gestellt? Wer Augustins Intention auf die Beantwortung der Frage beschränkt, ob die fides catholica der Bibel entspricht, läßt nicht nur weite Teile der Bücher V bis XV unter den Tisch fallen, sondern widerspricht auch Augustins expliziter Absichtserklärung. Augustinus kündigt nämlich zu Anfang seines Werkes an, er wolle zuerst gemäß der Autorität der Heiligen Schrift zeigen, ob es sich mit dem Glauben so verhält, wie er ihn anfangs kurz zusammengefaßt hat. Dann aber wolle er den »Vernünftlern« dadurch einen Dienst erweisen, »daß sie etwas finden mögen, woran sie nicht zweifeln können«.748 Diesen entscheidenden, weder durch Bibelstellen noch durch Darbietung von »Ähnlichkeiten« erreichbaren Punkt eines nicht mehr möglichen Zweifels erreicht Augustinus insbesondere im zehnten Buch im Rahmen einer philosophischen Analyse der Selbstbezüglichkeit des Geistes.749 Fast alle späteren Teile des Werkes gehen über die bibeltheologische Absicht der ersten Bücher hinaus. Studer verlangt, es müsse um eine Untersuchung der Angemessenheit der »Mittel« gehen, mit denen Augustinus seine Absicht verwirkliche. Neuzeitliche Leser seien hingegen »versucht«, bei Augustins »Ausdrucksmitteln stehen zu bleiben, anstatt auf seine Absicht oder Absichten acht zu geben«. Solche Interpreten »halten sich bei den Darlegungen über das Selbstbewußtsein auf und vergessen dabei, dass es das eigentliche Anliegen dieser Schrift ist, zu einem tieferen Verständnis des Taufglaubens zu führen« (57). Studers Redeweise von den »Ausdrucksmitteln« wie auch vom »tieferen« Glaubensverständnis ist allerdings mehr suggestiv als zutreffend. Gerade bei der Analyse des Geistes und des Selbstbewußtseins benutzt Augustinus nicht einige übernommene, philosophische Begriffe als fertige Ausdrucksmittel, um eine davon unabhängige theologische Lehre darzustellen. Vielmehr läßt sich Augustinus von den Herausforderungen, die der christliche Trinitätsglaube für das Denken bedeutet, zur selbständigen Forschung anregen. Auf diese Weise bedingen sich bei ihm philo748 Aug. trin. I, ii, 4 (CChr.SL 50, 31, 1–18, bes. 15 f. M.): . . . sic fortasse serviemus ut inveniant aliquid unde dubitare non possint. 749 Ebd. X, x, 13 f. (326–328, 1–45 M.). Augustins Argumentation kulminiert in der Aussage, daß ein noch so radikaler Zweifel an allem Möglichen impliziere, daß der Zweifelnde lebt, denkt, weiß; an der Wahrheit dieser Implikation sei kein sinnvoller Zweifel mehr möglich: Quisquis igitur alicunde dubitat de his omnibus dubitare non debet (328, 43 f. M.). An dieser Stelle sind also Wahrheit und Gewißheit erreicht und nicht bloße Wahrscheinlichkeit oder Ähnlichkeit mit dem Wahren.

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sophische Innovation und vertieftes Verständnis der fides catholica wechselseitig. Augustinus nimmt dafür sogar in Kauf, daß seine fünfzehn Bücher über die Trinität nur »von wenigen verstanden« werden können.750 Das erste Kapitel von Studers Buch gilt einigen Termini wie quaerere, disserere, disputare, purgare, exercere in De trinitate. In ihrer Verwendung zeige sich, daß Augustinus eine »existentielle Forschung« betreibe, welche »den Fragenden selbst in seinem christlichen Leben weiterbringt« (57). Studer meint, »weil es unmöglich ist, Gott als Trinität unmittelbar zu erkennen«, wolle Augustinus »mit Hilfe von vertrauten Analogien den katholischen Glauben« vertiefen (63 f.). Das klingt ein wenig nach vorkonziliarer römischer Lehrbuchdogmatik. Nicht die reichlich komplexen Ternare des Geistes in den späteren Büchern von De trinitate sind »vertraut«, sondern der menschliche Geist ist sich nach Augustinus in dem Sinne vertraut, daß er sich selbst gegenwärtig ist. Studer stellt im selben Kapitel den Aufbau von De trinitate äußerst knapp dar (79). Sein Schema ist, entgegen der Deutungsabsicht, das gleiche, das schon die Neuscholastiker vertraten: Schriftbeweis (I-IV), katholische Überlieferung und Formulierung des Dogmas (V-VII), spekulative Vertiefung durch Vergleich mit dem menschlichen Geist (VIII-XV).751 Studer legt sich die Struktur des Werkes anhand von Augustins sermo 52 zurecht (79 f.). Augustinus beginnt darin mit einem biblischen Teil und benennt anschließend einige Ternare der Seele. Doch muß man sorgfältiger als Studer den Schluß dieser Predigt beachten. Dort betont Augustinus, die Ternare sollten gerade nicht als Analogien in der Art von Vergleichen verstanden werden.752 Vielmehr habe er den Hörern gezeigt, was sie in sich selbst finden könnten. Von daher gelte es zu erwägen, wie der Schöpfer zu denken sei. Hier deutet Augustinus nur an, was er in dem großen Hauptwerk über die Trinität entfaltet, das keineswegs nach dem Modell der kleinen Predigt gegliedert ist. Im zweiten Kapitel seines Buches will Studer zeigen, daß De trinitate »eine engagierte Untersuchung über den christlichen Taufglauben« sei und »offensichtlich weitgehend auf der Bibel begründet« sei (85). Nun beruhen weder Augustins logische Untersuchungen in den Büchern V bis VII noch seine Analysen des Zusammenhangs von Liebe und Kenntnis in Buch VIII, ebensowenig seine Erkundungen des Selbstbewußtseins in den Büchern IX und X und die berühmten Triaden des Geistes in den Büchern XI, XIV und XV »weitgehend auf der Bibel«. Es ist also nicht ganz auszuschließen, daß Studer das Werk etwas einseitig betrachtet. Er konzentriert sich auf die Theophanien, die »Sendungen«, 750

Aug. epist. 169, i, 1 (CSEL 44, 612, 8 f. G.): a paucis eos intellegi posse arbitror. Vgl. oben Anm. 682. 752 Aug. serm. 52, 23 (RBe´n 74, 1964, 35, Z. 394–398 V.): Non ista dico illi trinitati velut aequanda, quasi ad analogiam, id est ad rationem quamdam comparationis, dirigenda: non hoc dico. Sed quid dico? Ecce, in te inveni tria inseparabiliter demonstrata, inseparabiliter operata; et eorum trium unumquodque nomen a tribus factum; quod tamen non ad tria, sed ad trium horum unum aliquid pertinere. Vgl. unten S. 302. 751

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die Pneumatologie und die Lehre von der Gottebenbildlichkeit des Menschen. Studer arbeitet klar heraus, wie Augustinus hier und da die trinitarische Bibelexegese eines Hilarius oder eines Ambrosius modifiziert, präzisiert oder um kleinere neue Einsichten bereichert. Aufgrund bloßer Lektüre von Studers Buch käme man aber nicht auf die Idee, daß Augustinus diese beiden lateinischen Vorgänger an Bedeutung übertrifft. Dennoch sind Studers Erkundungen der in der Forschung sonst oft marginalisierten Bibelauslegung in De trinitate nützlich. Sie beleuchten diejenigen Teile des Werkes, die am stärksten im traditionellen Fahrwasser verbleiben. So wird verständlicher, wie dieses Werk in der Exegesegeschichte des vierten Jahrhunderts verwurzelt ist. Im weiteren Verlauf des zweiten Kapitels versucht Studer darzulegen, daß für Augustinus der Glaube auf die Erzählung der res gestae angewiesen sei. Doch schildert nicht Augustinus sogar den Moment seines eigenen Durchbruchs zum Glauben als Folge des Aufschlagens einer Stelle aus dem Römerbrief, in der gar keine res gestae erzählt werden?753 Mehrere Wege führen zum Glauben. Studer meint, Augustinus setze bei der Verwendung der Bibel einen doppelten Glauben voraus: Es gebe die Stufe der fides historica und die höhere Stufe der vollen fides spiritualis. Dazwischen liege in gewisser Hinsicht die fides intellectualis. Dies möchte Studer an Augustins Beispiel des gerechten Paulus zeigen (45 f., 102, 120). Augustinus stellt in der Tat eine bemerkenswerte Überlegung an: Wir lieben Paulus, weil wir hören, daß er ein gerechter Mann war. Daß er gerecht war, dürfen wir »historisch« glauben. Aber warum lieben wir ihn? Wir lieben in ihm die gerechte Seele. Was eine Seele ist, wissen wir, weil wir selbst eine Seele haben. Aber wie können wir die Gerechtigkeit des Paulus lieben, wenn wir doch selbst nicht gerecht sind? Wie wir die Trinität lieben, obwohl wir sie nicht zu kennen scheinen, so lieben wir die gerechte Seele, obwohl wir gar nicht zu wissen scheinen, was Gerechtigkeit ist. Jedes Lieben aber setzt eine gewisse Kenntnis voraus. Also finden wir offenbar in uns selbst die Idee von Gerechtigkeit vor.754 Augustinus leitet so den zweiten, modo interiore voranschreitenden Teil von De trinitate ein und erörtert die Frage nach den Bedingungen der Möglichkeit von Liebe. Sinn und Skopus dieses zentralen Arguments werden von Studer mißverstanden: »Aufgrund der Schrift glaubt einer, dass Paulus ein gerechter Mensch war. Er kann indes zusätzlich überlegen, was ein Mensch ist und was Gerechtigkeit bedeutet, und ausserdem selbst die Gerechtigkeit lieben« (102).

Im dritten Kapitel möchte Studer zeigen, daß De trinitate nicht im Sinne der philosophischen Interpreten von Augustins Geistanalysen zu deuten sei, sondern von der antiken Rhetorik her gelesen werden müsse. Die fünfzehn Bücher seien »ein langer Traktat«, ein Traktat wiederum sei »im Grunde genommen eine Rede« und unterliege darum den Regeln antiker Rhetoriklehrer (118): 753

Aug. conf. VIII, xii, 29 (CChr.SL 27, 131, 30–38 V.). Aug. trin. VIII, vi, 9 (CChr.SL 281, 63–65 M.): In nobis igitur novimus quid sit iustus. Non enim alibi hoc invenio cum quaero ut hoc eloquar nisi apud me ipsum. 754

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»In einem gewissen Sinn entspricht die zweiteilige Struktur von De trinitate auch der Einteilung eines Traktates, wie Priscian sie versteht. Der erste Teil eines solchen Traktates umfasst die Argumente, welche sich aus der Sache und ihrem Gegenstand erg[eben]. Der zweite Teil hingegen besteht aus Vergleichen mit ähnlichen Dingen oder aus Zeugnissen« (121).

Studer will damit plausibel machen, daß die erste Hälfte von De trinitate die wesentlichen, biblischen Argumente enthalte, wohingegen der zweite Teil lediglich Ähnlichkeiten (zwischen dem menschlichen Geist und der Trinität) darbiete,755 die Studer so sekundär erscheinen, daß er sie in seinem Buch fast ganz übergeht (236). Doch findet sich in Augustins Werk kein Indiz für eine derart schlichte Einteilung, und der spätantike Grammatiker Priscianus lehrt auch nicht das Gliederungsmuster für Traktate, das Studer ihm zuschreibt.756 Die 755 Studers Behauptung, Ciceros Unterscheidung des Wahren und des Wahrscheinlichen (inv. I, 7, 9 [8b, 19 f. S.]) werfe »ein helles Licht auf die Zweiteilung von De Trinitate« (120), indem der erste, exegetische Teil des Werkes auf die wahre historia rerum gestarum, der zweite, stärker philosophische hingegen auf die bloß wahrscheinlichen similitudines ausgerichtet sei, »die nie die Gewissheit des Glaubens einschliessen« (47, vgl. 31), entbehrt der Grundlage. Erstens redet Cicero an der besagten Stelle vom Auffinden des Stoffes (inventio est excogitatio rerum verarum aut veri similium), nicht von der Gliederung einer Rede oder von der Frage, inwiefern Wahres und Wahrscheinliches einen Gegensatz bilden. Zweitens findet die Differenz von Wahrem und Wahrscheinlichem in der antiken Rhetorik innerhalb beider Hauptteile einer Rede Anwendung, nämlich sowohl innerhalb der narratio (vgl. inv. I, 19, 27 [24b–25b S.]) wie bei der auf die narratio folgenden argumentatio (vgl. M. Fuhrmann, Die antike Rhetorik. Eine Einführung, München/Zürich 52003, 81–98). Man kann also nicht das Wahre nur auf die narratio und das Wahrscheinliche nur auf die argumentatio einer Rede beziehen. Drittens enthalten auch die am stärksten bibelnahen Bücher von De trinitate kaum narrative Momente, denn es wird nicht erzählt, sondern analysiert. Viertens mischen sich eben deshalb nach Augustins eigener Auskunft z. B. schon im dritten Buch (und damit überhaupt in jeder Exegese) die probabilitas rationis, soweit sie einem Menschen möglich ist, und die firmitas auctoritatis, soweit aus der Heiligen Schrift göttliche Aussprüche zur Verfügung stehen (trin. III, x, 27 [CChr.SL 50, 158, 188–193 M.]), denn die Schrift ist nur als interpretierte zu haben, wie die Wahrheit nur als erkannte zu haben ist. Fünftens dienen die Bücher I bis VII in beträchtlichem Maße der Widerlegung von Gegnern, sind also, wenn man partout rhetorische Benennungen geben will, eine Art refutatio; und diese gehört nach den Regeln der antiken Rhetorik zur argumentatio und nicht zur narratio. − Kurzum: Die Gliederung einer lehrbuchgemäßen antiken Rede und der Aufbau von De trinitate haben nichts miteinander zu tun. 756 Studer verweist (118 und 121) auf sein Buch Schola christiana. Die Theologie zwischen Nizäa (325) und Chalzedon (451) (Paderborn u. a. 1998, 121), wo ebenfalls auf die Schrift des Priscianus De praeexercitamentis Bezug genommen und behauptet wird: »In diesem um 500 verfassten . . . Werk beschreibt der Verfasser den Aufbau einer Dissertation. Diese beginnt mit dem Lob eines Autors und der Darlegung seiner Auffassung (sententia). Es folgen die Argumente, die sich aus der Sache und ihrem Gegenteil nahe legen (probationes technicae). Es schliessen sich die Vergleiche mit ähnlichen Angelegenheiten oder Fällen und die Zeugnisse an (probationes atechnicae). Eine Schlussermahnung (exhortatio) beschliesst das Ganze.« Priscianus jedoch handelt in der erwähnten Schrift keineswegs von einem Traktat oder einer Dissertation in Studers Sinne (Priscian. rhet. iii, 11–14 [III, 432 f. Keil; 553 f. Halm]; die griechische Vorlage: Ps.-Hermog. progymn. iv [8–10 Rabe]). Vielmehr geht es Priscianus um Sentenzen, also knapp formulierte Weisheiten oder geflügelte Worte. Er empfiehlt, solche Sentenzen zu erläutern, indem man ihren Urheber lobend erwähnt, die Sentenz an-

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Kenntnis antiker Rhetorik kann zweifellos das Verständnis von Argumentationsfiguren, Satzrhythmen oder rhetorischen Termini bei Augustinus fördern. Doch der äußerst verwickelte Gedankengang der fünfzehn Bücher De trinitate beruht nicht auf rhetorischen Schulbuchregeln. Wer die Grobstruktur und inhaltliche Gewichtung des Werkes verstehen will, muß vielmehr Augustins eigene Hinweise beachten. In allen fünfzehn Büchern geht es um die Gottsuche: Quaerite faciem eius semper (Ps 104, 4). Dieses quaerere zielt für Augustinus aber, soweit es möglich ist, auf Verstehen, ad intellegentiam trinitatis. Im letzten Buch von De trinitate wird er retrospektiv feststellen: Wenn man sich frage, wo zuerst dem intellectus die Trinität aufzuleuchten begonnen habe, so dränge sich das achte Buch auf.757 Auf rhetorische Hintergründe bezieht sich auch Studers These, daß im Blick auf De trinitate »die Problematik des Glaubens im Zusammenhang mit der antiken Geschichtsschreibung untersucht werden muß« (123). Historiographie im Sinne ihrer von Studer selbst angeführten antiken Definition als ausgeschmückter Erzählung, in der auch Orte und Gefechte beschrieben werden,758 spielt jedoch in De trinitate keine Rolle. An frühere Aufsätze anknüpfend meint Studer, Augustinus wende sich in De civitate dei »gegen die These des Porphyrius, nach welcher die cognitio historialis nicht dazu verhilft, Gott zu erkennen« (123 f.).759 Im Gegensatz zu Porphyrius sei für Augustinus die Geschichte wichtig, um von den zeitlichen Dingen zu den ewigen aufzusteigen. Auch in De trinitate sei dies so, wenn durch die scientia zur sapientia, von der fides historica zur fides spiritualis aufgestiegen werde. Daß hierfür die eher beiläufige Auseinandersetzung Augustins mit der Geschichtsforschung des Porphyrius aus dem Werk über den Gottesstaat bedeutsam sei, leuchtet nicht recht ein.760 Richtig ist allerdings, daß Augustinus die scientia mit der cognitio historica zusammenbringt.761 schließend paraphrasiert, dann in den (von der Rhetorik modi genannten) Aspekten a causa, a contrario, ab exemplo, ab iudicio, a conclusione beleuchtet. Priscianus spielt das an der homerischen Sentenz durch: »Nicht darf die ganze Nacht schlafen ein ratpflegender Mann« (Il. II, 24). Das ist alles. − Die Struktur einer fünfzehn Bücher umfassenden theologischen Abhandlung läßt sich damit zweifellos nicht erhellen. Studer hat offenbar den u. a. auf die Stelle bei Priscianus hinweisenden § 1120 aus Lausbergs Handbuch der literarischen Rhetorik (wie Anm. 389) mißverstanden und mit den § 350–356 des Handbuchs zu einer vermeintlich antiken Traktatstruktur kombiniert. 757 Belege unten S. 506. 758 Cic. orat. xx, 66 (20, 5 f. Westman). 759 Vgl. die beiden ersten Aufsätze oben Anm. 742. 760 Porphyrius hatte laut Augustinus behauptet, er habe bei seiner Forschung keine secta in der Geschichte gefunden, die einen universalen Weg zur Befreiung der Seele in sich aufgenommen habe. Augustinus kommentiert: Porphyrius schließe erstens einen solchen Weg nicht aus, finde ihn aber zweitens anscheinend nicht einmal in seiner eigenen (neuplatonischen) Schulrichtung, habe drittens offenbar Ausschau in der Geschichte nach einer Autorität für das erwünschte Seelenheil gehalten, und viertens das Christentum dabei außer acht gelassen, weil dieses in der Verfolgungszeit nicht als dauernder, universaler Heilsweg erschienen sei (Aug. civ. X, xxxii [CChr.SL 47, 309–314 Dombart/Kalb]). Es geht nicht um die erkenntnistheoretische Frage, ob die cognitio historialis bei der Gotteserkenntnis hilft. 761 Aug. trin. XIII, i, 2 (CChr.SL 50a, 382, 46 f. M.).

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In weiteren Abschnitten des dritten Kapitels widmet sich Studer der »Dialektik« in De trinitate, worunter er rhetorische Techniken des Definierens, Unterscheidens und Beweisens versteht (130–132). Anschließend nimmt er »die Philosophie in De trinitate« ins Visier (132–147). Er schneidet Quellenfragen an und bietet einige Verhältnisbestimmungen. Doch tut man Studer wohl nicht Unrecht, wenn man den Eindruck hat, daß er die Philosophie nur als Handbuchstoff auffaßt. Daß jemand durch philosophische Erkennntis in seiner innersten Existenz bewegt werden könnte, zieht Studer nicht in Betracht. Im Blick auf Augustinus genügt es seiner Meinung nach, Fragen nach Einflüssen und Anwendungen philosophischer Theorien grob zu beantworten. Eine intensivere Beschäftigung mit dem Neuplatonismus erscheint Studer so fruchtlos wie die nizänisch-formelgläubige Schultheologie und die von ihr ausgehende Spekulation: »Es ist natürlich gegeben, die logischen Ausdrucksformen und die Analogien des Taufglaubens näher ins Auge zu fassen. Doch, abgesehen von einer gewissen rationalen Begründung des Glaubens, tragen die diesbezüglichen Anstrengungen wenig zur christlichen Frömmigkeit bei. Vor allem erfassen die Anstrengungen, den nizänischen Glauben rational zu begründen, bei weitem nicht den ganzen Reichtum des biblischen und patristischen Erbes« (146).

Sollte, wer dies so sieht, sich nicht lieber an Augustins Traktate zum Johannesevangelium halten als ausgerechnet an sein Werk über die Trinität? Mehr noch: Müßte er sich nicht in letzter Konsequenz von Augustinus abwenden, der sich lebenslang um den intellectus fidei bemüht hat? Der zweite Teil von Studers Buch ist einigen ausgewählten Elementen der »christlichen Botschaft von De trinitate« gewidmet. Zunächst geht es um die Sendungen des Sohnes und des Heiligen Geistes nach Augustinus. Die Gläubigen erkennen aus der Sendung des Sohnes, daß er vom Vater gezeugt worden ist, und aus der Sendung des Geistes, daß er als Gabe aus dem Vater und ebenso aus dem Sohn hervorgeht (162). Studer meint, daß Augustinus hier die von Origenes und Eusebius entwickelte Ansicht fortsetze und abschwäche, wonach ein enger Zusammenhang besteht »zwischen dem, was in der Geschichte geschehen ist, und dem, was in der Trinität fortwährend ›geschieht‹« (107). Die Verminderung des biblisch-heilsökonomischen Aspekts gegenüber den beiden Griechen sei zu beklagen. Augustins Auslegung der biblischen Texte sei »weitgehend am nizänischen Glauben orientiert, man könnte auch sagen von ihm blockiert« (108).762 Studer zeichnet nach, wie Augustinus die Sendungen nach der regula canonica so interpretiert, daß sie nicht der von der fides catholica vorgegebenen Gleichheit der Personen widersprechen. Dabei wirft Studer interessante Schlaglichter auf den Stand der exegetischen Debatte bei den Homöern, bei Hilarius von Poitiers und bei Ambrosius. Er kann so die auch von Ayres, 762 Es wäre interessant gewesen, wenn sich Studer mit dem Aufsatz von Wiles auseinandergesetzt hätte, der die These aus den Angeln zu heben versucht, wonach aus der biblischen oiÆkonomiÂa auf die trinitarische ueologiÂa geschlossen werden könne (wie Anm. 1526).

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Barnes und dem Verfasser der vorliegenden Arbeit vertretene Ansicht untermauern, daß De trinitate mehr in Diskussionen der Epoche verwickelt ist, als dies früher gesehen wurde. Im nächsten Kapitel des Buches möchte Studer deutlicher als Augustinus die Eigenheiten, die proprietates von Vater, Sohn und Geist herausarbeiten. So bleibe man näher bei der Bibel (181 f.). Augustinus gehe in der Unterscheidung zwischen dem Wesen und den Eigenheiten noch über die Kappadokier hinaus und stelle »die Attribute, die allen drei Personen gemeinsam sind, denen gegenüber, die proprie von den einzelnen Personen ausgesagt werden« (184). Bedauerlich sei allerdings, daß Augustinus nicht konsequent dem Vater die Eigenheit, Gott zu sein, zuschreibe. Denn gut biblisch bezeichne ueoÂw im allgemeinen den Vater.763 Studer mißfällt eine »›unitaristische‹ Tendenz« Augustins, der »aufs Ganze gesehen mehr an der Gleichheit und Einheit von Vater, Sohn und Geist interessiert ist als an ihren persönlichen Eigenheiten« (186–188).764 Diese Tendenz sei 763

Vgl. Rahner, Theos im Neuen Testament (wie Anm. 1356). Studer schärft anderswo häufig mit Nachdruck ein, für Augustinus sei der Vater im eigentlichen Sinne Gott, während von den anderen beiden Personen das Gottsein nur communiter ausgesagt werden könne (45, 52 u. ö.). Studer gibt dafür keine Stelle bei Augustinus an. Dieser sagt einmal, der Hl. Geist werde proprie als spiritus bezeichnet, obgleich auch der Vater und der Sohn communiter so genannt werden könnten (trin. V, xi, 12 [CChr.SL 50, 219, 20–33 M.]). In Analogie dazu glaubt Studer, für Augustinus sei »der Vater proprie deus« (52). Es fällt jedoch auf, daß Augustinus zwar allein den Vater als Gott sine principio bezeichnet, jedoch nicht den Vater »Gott im eigentlichen Sinne« nennt. Im Gegenteil widerspricht er seinem Gesprächspartner Trygetius, der über den Gottessohn sagt: Et hic quidem deus est, sed tamen proprie patrem deum dicimus. − Cui ego: Cohibe te potius, inquam; non enim filius improprie deus dicitur (ord. I, x, 29 [CChr.SL 29, 103, 27–29 Green]). So denkt Augustinus ein Leben lang. Studers Analogie von deus und Spiritus ist schief, weil nur Pater oder Filius, nicht aber deus auf gleicher Ebene dem Spiritus entsprechen. Studer beobachtet richtig, daß Augustinus das Wort proprie in mindestens zwei Bedeutungen verwendet: erstens in der Bedeutung ›im eigentlichen Sinne‹ als Gegensatz zu ›im übertragenen Sinne‹, zweitens in der Bedeutung ›gemäß der Eigenheit (einer Person)‹ als Gegensatz zu dem, was gemeinsam (communiter) über die drei Personen gesagt werden kann (184 f.). Doch in beiderlei Sinn kann der Vater für Augustinus schwerlich proprie deus sein: Wäre der Vater ›im eigentlichen Sinne‹ Gott, hingegen Sohn und Geist nur in übertragenem Sinne Gott, dann wäre der Vater allein verus deus; das ist die homöische Meinung, gegen die Augustinus kämpft, vgl. unten Anm. 2025 sowie Aug. trin. I, vi, 10 (40, 50–53 M.) und II, ix, 15 (101, 41–43 M.). Aber auch als Eigenheit läßt sich das Gottsein nicht vom Vater aussagen, denn was den Personen eigentümlich ist, hat wegen der Einfachheit Gottes mit ihren Relationen zu tun wie Pater und Filius, wohingegen deus das Paradebeispiel einer Wesensaussage ist (trin. VIII, proœm., 1 [268, 1–7 M.]). 764 Von daher kann man sich fragen, warum Studer es für falsch hält, wenn Augustinusinterpreten ab und zu vom »dreieinigen Gott« sprechen (32). Studer gebraucht stattdessen viele Male die Formel trinitas quae est unus deus unübersetzt. Sie steht zwar so nicht im Lesetext der kritischen Ausgabe (trin. XV, v, 7 [CChr.SL 50a, 468, 3 M.]: qui statt des seltener bezeugten quae]), ist aber zumindest in Varianten mit nachgestelltem est ohne Zweifel augustinisch (vgl. oben S. 23 f.; Stellensammlung: Berrouard, BAug 75, 2003, 475–478). Hier ist trinitas das Bezugswort und quae deus est wohl ein Relativsatz, in dem deus Prädikatsnomen ist: »die Trinität, welche der eine Gott ist«. Möglich wäre auch die Übersetzung: »die Trinität, als welche der eine Gott existiert«. Wie dem auch sei: Für Augustinus ist nicht

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in der späteren Tradition noch verstärkt worden. Als Beispiel einer guten Weise, die Eigenheiten der drei Personen in metaphorischer, bibelnaher Sprache zu wahren, präsentiert Studer demgegenüber die Meditation Augustins über die an Hilarius anklingende Trias aeternitas in patre, species in imagine, usus in munere (189–195).765 Ausgehend von diesem Passus in De trinitate könne man beispielsweise die Großzügigkeit des Vaters, den Gehorsam des Sohnes und die Liebe des Heiligen Geistes betonen. Das helfe dem Leser, »selbst vollkommener eine imago Dei zu werden« (204).766 Das sechste Kapitel von Studers Buch gilt der Liebe zur Auferstehung und handelt vor allem von der Christologie. Erst der menschgewordene Sohn Gottes, an den der Christ glaubt, führe ihn zur Wahrheit und verhelfe ihm zugleich zur Hoffnung auf die Auferstehung (220). In Augustins Sicht lasse Christus die Gläubigen durch den Glauben an seine Auferstehung zur Schau gelangen. In der Schau würden sie dann wirklich Bild der Trinität. Zugleich müßten sie zuerst Bild des auferstandenen Christus sein, um Bild der Dreifaltigkeit zu werden. Christus führe durch die scientia zur sapientia und werde so zum mediator vitae. Darum gehe es letztlich in dem ganzen Werk Augustins: Daß der Gläubige alles hinter sich lasse und sich ganz nach vorn ausstrecke (47), um im Glauben vorauszunehmen, was er einst von Angesicht zu Angesicht schauen wird (235). Dieses letzte Kapitel von Studers Buch faßt Passagen insbesondere aus De trinitate IV und XIII zusammen. Schon die früheren Arbeiten Studers beleuchteten Momente von De trinitate, die von manchen Forschern bis heute nicht wahrgenommen werden oder einige Zeit nach verschiedenen anderen heilsökonomisch ausgerichteten Arbeiten von Autoren der sechziger Jahre mancherorts wieder in Vergessenheit geraten sind. Studer arbeitet diese Aspekte in dem Buch von 2005 zusammenfassend nochmals heraus und fügt zusätzliche, teils weiterführende Analysen hinzu. Seine neuen methodologischen Überlegungen können jedoch nicht überzeugen. Studer versucht mit ihnen, die legitime Beschränkung auf einige ausgewählte nur die Trinität der eine Gott, sondern auch der eine Gott die Trinität, vgl. gen. ad litt. imperf. xvi (CSEL 28/1, 502, 10 f. Zycha): quae trinitas ita est trinitas, ut unus deus sit, ita est unus deus, ut trinitas sit; vgl. conf. XII, vii, 7 (CChr.SL 27, 29, 10 V.): deus, una trinitas et trina unitas. Ganz am Schluß von De trinitate betet Augustinus: Domine deus une, deus trinitas (trin. XV, xxviii, 51 [CChr.SL 50a, 535, 50 M.]). Wenngleich Augustinus niemals deus trinus sagt, so kommt doch die Redeweise vom »dreifaltigen« oder »dreieinigen« Gott solchen Stellen durchaus nahe. Studers Einwand würde wohl eher Interpreten treffen, die in bezug auf Athanasius oder die Kappadokier vom »dreieinigen Gott« sprechen. 765 Aug. trin. VI, x, 11 (CChr.SL 50, 241, 4 f. M.). Vgl. oben S. 100 f. 766 Augustins reife Ansicht dürfte dies nicht sein: Nach etwa 412 unterscheidet er verstärkt zwischen der imago Dei, die wir immer sind, und der similitudo, die wachsen oder abnehmen kann. Diese Verschiebung bemerkte Augustinus selbst (retr. II, xxiv (l), 2 [CChr.SL 57, 110, 19–22 M.]). Sie wurde von Markus (oben Anm. 1007) und Brachtendorf (oben S. 149 ff.) herausgearbeitet. Erstaunlich ist Studers Meinung, »aus dem Kontext, in dem De Trinitate entstanden ist«, ergebe sich, »dass vor allem die Leiter der Gemeinden suchen sollen, Bild Gottes zu sein« (208).

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Themen, die seinen Arbeiten zu De trinitate eignet, als Konzentration auf das allein Entscheidende auszugeben. Nur im Verständnis von der Bibel und der Liturgie her, meint Studer, bedeuten der Taufglaube und Augustins Werk etwas. Mit diesem »nur« verstellt Studer sich und seinen Lesern den Blick auf das, worin Augustinus seine Vorgänger in Ost und West am meisten überragt.767 Die theologisch-spirituelle Tiefe Augustins ist ohne seine philosophisch-intellektuelle Tiefe nicht angemessen zu erfassen. c) Michel Rene´ Barnes und Lewis Ayres Im anglophonen Raum wird die Debatte über Augustins De trinitate in jüngster Zeit vor allem von den Publikationen beherrscht, die Michel Rene´ Barnes und in engem Austausch mit ihm Lewis Ayres seit 1992 teils vorgelegt, teils angekündigt haben. Beide Patristiker verabschieden manche alten Lehrbuchschablonen und versuchen, durch detaillierte und originelle Analysen den spezifischen theologiegeschichtlichen Ort von De trinitate herauszuarbeiten. Die beiden Forscher verdanken Rowan Williams wichtige Anregungen. Ayres wie Barnes beanspruchen, mit ihren Aufsätzen Bausteine zu einer umfassenden Deutung zu liefern, die sie aber bisher nur ansatzweise entfaltet haben.768 Die erste Publikation von Barnes zu diesem Thema ist dem fünften Buch von De trinitate gewidmet.769 Während in De trinitate XV, xx, 38 ausdrücklich der Name des Eunomius fällt, ist in De trinitate V pauschal von »den Arianern« die Rede. Ihnen schreibt Augustinus einen Syllogismus zu, der jedoch in der Dogmengeschichte vor allem von Eunomianern vertreten wurde und sich etwa folgendermaßen formulieren läßt: Was immer über Gott gesagt wird, ist nicht akzidentell, sondern substantiell zu verstehen. Nun wird vom Vater gesagt, er sei ungezeugt, und vom Sohn heißt es, er sei gezeugt. Also ist die Substanz des Vaters verschieden von derjenigen des Sohnes. Augustinus versucht, diese antinizänische, anhomöische Argumentation durch die These zu entkräften, »Gezeugtsein« und »Ungezeugtsein« bezeichneten unterschiedliche Relationen, doch keine unterschiedlichen Substanzen. Barnes mißtraut der zunächst so einleuchtenden Ansicht, Augustinus widerlege hier ein eunomianisches Argument. Die Auffassungen, die Augustinus in De trinitate V widerlegen will, finden sich nach Barnes in keiner lateinischen oder griechischen Quelle. Augustinus habe 767 Das »nur« im Zitat oben S. 155. − Studer traut Augustins Werk philosophisch zu wenig zu, theologisch hingegen zu viel, wenn er die exercitatio animi, die er für die fünfzehn Bücher reklamiert (dazu unten Anm. 822), wie folgt charakterisiert: »Damit ist gemeint, dass ein Christ, der sich bemüht, die Trinitas quae est Deus immer besser zu erkennen und inniger zu lieben, nach und nach seine eigene Vollendung, sein Heil erlangt« (49). Kann nach Augustinus irgendwer sein Heil durch eigene Bemühung erlangen? 768 Unveröffentlicht blieb bisher L. Ayres, The Beautiful and the Absent. Anthropology and Ontology in Augustine’s ›De Trinitate‹, Ph. D. thesis Oxford 1994. Vgl. aber unten Anm. 789. 769 M. R. Barnes, The Arians of Book V, and the Genre of De Trinitate, JThS N. S. 44, 1993, 185–195.

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gar nicht die »Eunomianer« gemeint, von denen er so gut wie nichts gewußt habe, sondern lateinische Homöer wie Auxentius von Durostorum, Palladius, Maximinus oder den Verfasser des Sermo Arrianorum, also Theologen einer Richtung, die in seiner frühen Mailänder Zeit und dann erneut in den späten Jahren als Bischof direkt in seinen Blickkreis trat. Auch diese nichtnizänischen Theologen hätten nämlich, unabhängig von Eunomius, im Ungezeugtsein das unterscheidende Merkmal des einen wahren Gottes gesehen. Die größte Schwäche der Position von Barnes liegt darin, daß sich zwar einige lateinische homöische Texte angeben lassen, in denen Gott-Vater das Prädikat ingenitus und dem Sohn das Prädikat genitus beigelegt wird; aber kein einziger homöischer Text weist die auffällige syllogistische Struktur auf, die Augustinus in De trinitate V »den Arianern« zuschreibt. Genau diese Syllogistik aber gilt als charakteristisch für die Eunomianer, und auch Augustinus spricht an späterer Stelle von der eunomianischen »Dialektik«.770 Im Unterschied dazu sind die lateinischen Homöer darauf aus, nicht philosophisch, sondern biblisch zu argumentieren. Es fällt zudem auf, daß Augustinus seine Relationstheorie aus De trinitate V gerade nicht in den späteren Auseinandersetzungen mit dem Homöer Maximinus und dem homöischen Sermo Arrianorum einsetzt, wie es doch zu erwarten wäre, wenn Barnes recht hätte. Vielleicht liegt ein Fehler von Barnes darin, daß er die »arianischen« Argumente, die Augustinus in De trinitate V anführt, für wörtliche Fragmente hält. Da von lateinischen Eunomianern kaum Texte erhalten sind,771 schließt Barnes auf eine andere Herkunft. Augustinus war aber intelligent und kreativ genug, um möglicherweise sogar aus groben theologiegeschichtlichen Informationen, die auch mündlich verbreitet werden konnten, Argumente rekonstruieren zu können. Daß es »Arianer« gab, die von dem Gegensatz von »gezeugt« und »ungezeugt« auf eine Substanzverschiedenheit von Gott-Vater und Gott-Sohn schlossen, war bekannt. Augustinus konnte das ausführlich zum Beispiel in der Schrift des Ambrosius De incarnationis dominicae sacramento nachlesen − und die dortigen Argumente entstammen zum Teil dem Werk des Basilius gegen Eunomius.772 Daß es Dialektiker wie Ae¨tius 770 Aug. trin. XV, xx, 38 (CChr.SL 50, 515, 1 M.); haer. liv (CChr.SL 46, 324, 3 Vander Plaetse/Beukers). Am ausgeprägtesten wird die Syllogistik im Syntagmation des Ae¨tius deutlich, das in Epiphan. haer. 76, 11, 1 – 12, 37 (GCS Epiphan. III, 351–360 Holl/Dummer) und Ps.-Athan. dial. de trin. II (PG 28, 1173–1201 M.) aufbewahrt ist; Text, Übersetzung und Kommentar von L. R. Wickham, JThS N. S. 19, 1968, 532–569. Unsicher bleibt, woher Augustinus solche Argumente gekannt hat: Die von Altaner (Schriften [wie Anm. 236], 281 Anm. 2) angegebenen Werke, aus denen Augustinus zum Zeitpunkt des Abschlusses von De trinitate sein Wissen über Eunomius geschöpft habe, enthalten diese Informationen jedenfalls nicht (Rufin. hist., Filastr., Hier. vir. ill., Epiphan. anaceph.). Epiphan. haer. hat Augustinus Altaner zufolge nicht gekannt. »Ob freilich die bzw. eine der uns überlieferten Textformen der Anakephalaiosis mit derjenigen, die A[ugustinus] vorlag, übereinstimmt, ist bislang nicht gründlich untersucht worden« (A. Schindler, Art. Epiphanius, AugLex II, 1996–2003, 865–868; hier 866). Altaner übersieht Ambrosius’ Schrift über die Menschwerdung (wie Anm. 772). 771 Vgl. aber unten Anm. 1780. 772 Ambr. incarn. 8, 79 – 9, 97 (CSEL 79, 264–271 Faller) mit Quellenapparat. Vgl. unten S. 496 ff.

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und Eunomius gab, wußte Augustinus ebenfalls. Auch daß Arius und Eunomius mit der Formulierung pater ingenitus argumentierten, war Augustinus bekannt.773 Sollte man ihm nicht zutrauen, daraus im fünften Buch den zu widerlegenden Syllogismus selbst formuliert zu haben? Dennoch bleibt der Hinweis von Barnes berechtigt, daß Augustinus im Mailand des Ambrosius dem lateinischen Homöertum als dem großen Konkurrenten der katholischen Lehre begegnet ist, und daß diese Gegnerschaft auch in De trinitate häufig spürbar ist. Ob dies allerdings für das fünfte Buch in hohem Maße gilt, darf bezweifelt werden. Beachtung verdient Barnes’ Hinweis, daß Augustinus einer primär lateinischen und mit Ausnahme des Athanasius gerade nicht griechischen Strategie folge, alle nichtnizänische Theologie als »Arianismus« zu kompromittieren und die je eigene Position gegen diesen Gegner zu profilieren. Barnes und Ayres möchten in ihren Aufsätzen den nizänisch-antihomöischen Aspekt von Augustins gesamter Trinitätslehre erhellen. Sie verfolgen diese polemische Ausrichtung von den Frühschriften bis ins Spätwerk. Beide Forscher kämpfen gegen verbreitete Vorstellungen an, wonach die augustinische Trinitätslehre infolge einer bestimmten neuplatonischen Prägung von der Einheit Gottes statt von den Personen und der Heilsgeschichte ausgehe und letztlich eine modalistische Metaphysik sei. In Wahrheit denke Augustinus die ihm in der Tat sehr wichtige Einheit Gottes vom untrennbaren Wirken der drei Personen her. Nicht neuplatonische Konzepte, sondern der epistemische, Wissen ermöglichende und umgestaltende Charakter der Menschwerdung Gottes offenbare die Trinität. Der Glaube richte nach Augustinus das Nachdenken auf die Trinität hin aus. Ayres und Barnes wollen aus dieser Perspektive den genauen theologiegeschichtlichen Ort von Augustins Trinitätslehre bestimmen. Sie betonen mit Recht deren stark polemischen Charakter. Barnes unterzieht zu diesem Zweck zwei Texte Augustins aus der Zeit vor der Bischofsweihe einer Analyse: die epistula 11 an Nebridius und die quaestio lxix der Sammlung De diversis quaestionibus LXXXIII. Anhand der dort interpretierten Bibelstellen und der verwendeten theologischen Argumente zeigt Barnes, daß sich Augustinus schon in diesen Frühschriften gegen die homöische Theologie wendet, die auch im Visier von Marius Victorinus, Hilarius und Ambrosius gestanden hatte. Allerdings setze sich Augustinus in späterer Zeit mit einer neuen, der zweiten Generation lateinischer Homöer auseinander.774

773 Aug. epist. 238, i, 4 (CSEL 57, 535, 6–12 G.), vielleicht aus der Zeit um 414, als trin. V verfaßt worden sein könnte (unten S. 429). 774 M. R. Barnes, Rereading Augustine on the Trinity, in: S. T. Davis/D. Kendall/ G. O’Collins (Hgg.), The Trinity. An Interdisciplinary Symposium on the Trinity, Oxford 1999, 145–176. Vgl. unten S. 298 f. Zu Barnes’ Kritik am Ost-West-Schema der Dogmengeschichte vgl. unten s. 327 f. samt Anm. 1369 f. und seinen Aufsatz: The Fourth Century as Trinitarian Canon, in: L. Ayres/G. Jones (Hgg.), Christian Origins. Theology, Rhetoric and Community, London/New York 1998, 47–67.

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In zwei weiteren Aufsätzen untermauert Barnes seine Auffassung anhand der Exegesen in De trinitate I. Zielscheibe von Augustins Kritik sei hier ebenfalls die homöische Exegese und Theologie. Die lateinische Exegese von Mt 5, 8 (»Selig, die ein reines Herz haben, denn sie werden Gott schauen«) stand nach Barnes’ Darstellung zu Augustins Zeit vor einer heiklen Aufgabe.775 Novatian hatte den Vers einst in antimodalistischer Absicht als Argument für eine Unterscheidung des Gottessohnes von Gott dem Vater herangezogen: Der leiblich sichtbare Christus verheißt hier die Schau Gottes erst für die Zukunft, meint also einen anderen als sich selbst. Der Sohn ist bereits sichtbar, der Vater hingegen noch unsichtbar.776 Nun hatten aber ein Jahrhundert nach Novatian Homöer wie Palladius genau diesen Unterschied benutzt, um den sichtbaren Sohn dem unsichtbaren Vater unterzuordnen.777 Antimodalisten des dritten Jahrhunderts konnten mit Homöern des vierten Jahrhunderts darin übereinstimmen, die alttestamentlichen Theophanien darum dem Sohn zuzuschreiben. Barnes zeigt, wie Augustinus in De trinitate I, möglicherweise von Hilarius angeregt, dem Herrenwort die Deutung gibt, daß in dieser Welt Gläubige wie Ungläubige in aller Regel nur die sichtbare Seite des Sohnes sehen können, wohingegen im Eschaton die im Herzen Reinen auch die unsichtbare Gottheit schauen, d. h. erkennen können. Der Glaube verhilft zu dieser Reinigung, weil wir durch ihn zwar noch nicht die Gottheit schauen können, aber verstehen, daß der sichtbaren Seite Christi eine unsichtbare gegenübersteht, die wir dereinst zu schauen hoffen. Das zentrale Stichwort in der pronizänischen, antihomöischen Argumentation ist für Barnes in dem anderen der beiden Aufsätze über die Exegese im ersten Buch von De trinitate die »Untrennbarkeit« (inseparabilitas) im Wirken der drei göttlichen Personen.778 Die gleiche Auffassung vertritt Ayres, der ebenfalls epistula 11, anschließend jedoch die sermones 52 und 117 sowie epistula 120 untersucht.779 So zeige sermo 52, daß memoria, intellegentia, voluntas unterscheidbar und dennoch untrennbar im Wirken seien. In jedem Menschen solle das Verständnis dieser Einheit wachsen. Dies werde nach Augustinus durch die Inkarnation möglich. Fraglich ist jedoch, ob Barnes und Ayres mit Recht das Schlag-

775 M. R. Barnes, The Visible Christ and the Invisible Trinity: Mt. 5:8 in Augustine’s Trinitarian Theology of 400, MoTh 19, 2003, 329–355. 776 Novatian. trin. 28, 161 (CorPat 2, 172, 81–97 Loi). 777 Pallad. c. Ambr. fol. 340v, 1–16 [CChr.SL 87, 182 G.]). 778 M. R. Barnes, Exegesis and Polemic in Augustine’s De Trinitate I, AugSt 30, 1999, 43– 59; vgl. ders., Rereading Augustine on the Trinity (wie Anm. 774), 164 und 175. 779 L. Ayres, »Remember That You Are Catholic« (serm. 52.2): Augustine on the Unity of the Triune God, JECS 8, 2000, 39–82. Übrigens scheint sich Ayres nicht darüber im klaren zu sein, daß die Datierung von serm. 52 auf etwa 410 n. Chr., aus der er entscheidende Schlüsse zieht (55 und 63), keineswegs sicher ist, und die Datierung von epist. 120 auf das gleiche Jahr (68) wahrscheinlich mehrere Jahre zu früh ist (siehe J. Amengual i Batle, Una trilogı´a agustiniana antipriscilianista y unas sugerencias para una nueva cronologia, RE´Aug 44, 1998, 205–221). Vgl. unten S. 298 f.

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wort inseparabilis zum Schibboleth pronizänischer lateinischer Theologie in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts machen. Die theologische Lehre vom untrennbaren Wirken der drei göttlichen Personen ist eine wichtige Konsequenz der nizänischen Theologie, aber weder eine notwendige noch eine hinreichende Bedingung, um einen Text dem komplexen Phänomen des lateinischen »Neunizänismus« zuzuordnen.780 Barnes beschränkt sich in seinen bisherigen Publikationen auf Augustins Frühschriften und die ersten sieben Bücher von De trinitate. Das erleichtert ihm die Ablehnung einer zentralen Bedeutung des Neuplatonismus für Augustins Trinitätslehre. Seine Argumente hierbei sind zum Teil eher polemisch als sachlich.781 Wer Plotins Theorie der Selbsterkenntnis je studiert hat, kann unmöglich ignorieren, wie tief durchtränkt mit diesen Gedanken die zentralen Bücher IX und X von De trinitate sind. Daß Augustinus seine Quellen kaum einmal bloß übernimmt, daß also auch sein Neuplatonismus immer kritisch durchdacht und christlich umgestaltet ist, ist bekannt. Die Deutungen von Ayres sind in seinen ersten Arbeiten vielfach komplizierter und unklarer als die von Barnes.782 Die neueren Publikationen sind dagegen zumeist klar in der Argumentation. So führt Ayres in einem Aufsatz über die »Grammatik« von Augustins Trinitätstheologie vor, welche Konsequenzen aus der geleisteten historischen Kontextualisierung gezogen werden können.783 Wenn man nämlich das komplexe Zusammenspiel von Offenbarung, pronizänischer Schriftauslegung und philosophischer Logik bei Augustinus in genauer Lektüre betrachte, fielen Schemata wie die Mär vom »Ausgehen« Augustins von der Einheit Gottes schnell dahin. Augustins »platonische« Auffassung von der Einfachheit Gottes führe nicht zu einer quasi-sabellianischen Konzeption eines unitarischen Wesens, sondern stärke im Gegenteil die Erklärungskraft nizänischer Trinitätslehre, die gleichermaßen wirkliche Unterschiede in Gott wie die Einheit und Einfachheit Gottes auszusagen erlaube. In dieser Sicht kulminiert auch Ayres’ Buch über den trinitätstheologischen Streit des vierten Jahrhunderts. Das 2004 publizierte Werk erzählt nochmals die 780 Vgl. dazu grundlegend Markschies, Was ist lateinischer »Neunizänismus«? (wie Anm. 864); als Beispiel einer ganz andere Aspekte als Ayres und Barnes betonenden Ansicht vgl. Gemeinhardt, Lateinischer Neunizänismus bei Augustin (wie Anm. 604). 781 So behauptet Barnes, die Vertreter der These vom neuplatonischen Einfluß hätten sich auf einen heute überholten philosophiehistorischen Forschungsstand gestützt. Als Beispiel nennt er eine Ansicht über den loÂgow bei Plotin aus einem Buch von Armstrong, die dieser selbst später zurückgenommen habe (Rereading Augustine [wie Anm. 774], 153). Das aber hat gar nichts Wesentliches mit De trinitate zu tun und suggeriert lediglich dem unkundigen Leser, die neuere Forschung habe die These vom neuplatonischen Einfluß erledigt. 782 Diese an anderer Stelle besprochenen Aufsätze von Ayres sind etwa: Between Athens and Jerusalem (wie Anm. 378); Augustine, the Trinity and Modernity (wie Anm. 1535); The Discipline of Self-Knowledge (wie Anm. 296); Augustine on God as Love (wie Anm. 1055); The Christological Context of Augustine’s De trinitate XIII (wie Anm. 939). 783 L. Ayres, The Fundamental Grammar of Augustine’s Trinitarian Theology, in: Dodaro/Lawless (Hgg.), Augustine and his Critics (wie Anm. 257), 51–76.

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von Simonetti, Hanson und anderen dargestellte Theologiegeschichte von Nizäa 325 bis Konstantinopel 381, läßt sie jedoch in der Trinitätslehre Augustins gipfeln.784 Ayres erzählt die Geschichte nicht ganz so neuartig, wie sein selbstbewußter Tonfall glauben machen könnte.785 Vielmehr hübscht er die altbekannte Geschichte durch Termini des postmodernen Feuilletons ein wenig auf. Statt von eine Kontroverse, die mit einem Konflikt in Alexandrien begann, spricht Ayres von Spannungen zwischen theologischen »strategies«. Während die unterschiedlichen Richtungen im Streit des vierten Jahrhunderts sonst oft als Parteien oder Gruppen bezeichnet wurde, spricht Ayres von »trajectories«, die unterschiedliche »theological practices« verfolgten. Statt von Neunizänismus spricht er von einer »pro-Nicene theological culture«, die er bei aller Differenzierung doch als recht homogen betrachtet,786 und die weit über die Trinitätstheologie hinausreiche. Statt von theologischen Argumenten redet Ayres lieber von »grammar«. Ganz offene Türen rennt er mit seiner Ansicht ein, daß innerhalb des Nizänismus kein strikter Ost-West-Gegensatz existiere. Im Schlußkapitel offenbart Ayres die methodischen Prämissen und theologischen Hintergründe seiner Arbeit: Die heutige systematische Theologie bedient sich nach Ayres’ sicher zutreffendem Eindruck zumeist einer grob vereinfachenden Sicht der Trinitätstheologie des vierten Jahrhunderts. Dies liege aber nicht nur an mangelnder Sachkenntnis, sondern viel tiefer daran, daß die moderne Theologie − selbst Barth, Rahner und Kasper − von Hegel her dächten (eine eher abwegige Diagnose). Die Plausibilität eines theologischen Arguments werde in der Moderne daher an Kriterien gemessen, die außerhalb der Theologie lägen. Die theologische Kultur des vierten Jahrhunderts hingegen orientiere sich am klaren Vollsinn der Heiligen Schrift und der unbedingten Autorität, die durch das Wirken des Heiligen Geistes der Kirche und ihrer Tradition zukomme. Zurück zur Geschichte des vierten Jahrhunderts sei daher die Forderung des Tages. Man wird der Mahnung von Ayres gerne beipflichten, daß die systematische Theologie zu ihrem eigenen Schaden Historisches häufig lieber in grob zurechtpräparierter Form wahrnimmt als mit analytischer Präzision. Doch die vollständige Schleifung der Bastionen zwischen historischer und systematischer 784 L. Ayres, Nicaea and its Legacy. An Approach to Fourth-Century Trinitarian Theology, Oxford 2004, 364–383: »The Grammar of Augustine’s Trinitarian Theology«. Seitenzahlen in Klammern beziehen sich im folgenden auf dieses Buch. 785 Dies bemerkt, bei aller Anerkennung der anregenden Provokation des Buches, etwa auch S. Coakley in ihrer Einleitung zu einem der Trinitätslehre des vierten Jahrhunderts und speziell der Diskussion des Buches gewidmeten Heft (Introduction: Disputed Questions in Patristic Trinitarianism, HThR 100, 2007, 125–138; vgl. auch U. Heil, Rez., ZAC 10, 2006, 171–173). 786 John Behr (Response to Ayres: The Legacies of Nicaea, East and West, HThR 100, 2007, 145–152) kritisiert, Ayres gelange zu seinem Bild einer recht einheitlichen pro-nizänischen Kultur, indem er die Trinitätstheologie griechischer Väter in augustinische Theologie umdeute.

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Theologie gibt der Ideologie Raum. Davon ist auch Ayres’ eigener, gelegentlich mehr emphatischer denn argumentierender Denk- und Schreibstil nicht frei. Sicherlich steht dem gläubigen Theologen das Vertrauen in »the Church’s possession of an inspired teaching office« (429) gut zu Gesicht. Aber liegt nicht ein Hauptzweck historischer Forschung in der Theologie darin, ein Problembewußtsein darüber herzustellen, wie schwer die Inspiriertheit mit konkreten Zeitläuften, Personen und Institutionen identifizierbar ist? Sollte nicht die historische Forschung die systematische Theologie mit diesem Problembewußtsein belasten und gleichzeitig vom Geschäft der historischen Spezialforschung entlasten, umgekehrt sich selbst mit dem Problembewußtsein der systematischen Theologie belasten und von deren systematisierenden und aktualisierenden Aufgaben entlasten?787 Die milde Ironie, mit der Maurice Wiles in seiner Rezension Ayres’ »achievement almost as remarkable as his initial ambition« nennt,788 wäre wohl auch im Blick auf das Augustinus-Kapitel angebracht. Mit Recht kritisiert Ayres darin zunächst die Auffassung der augustinischen Trinitätslehre als Prototyp einer westlichen, durch neuplatonische Einflüsse ganz auf die Einheit Gottes beschränkten Betrachtungsweise. In Wahrheit entwickle Augustinus eine ausgewogene »grammar of persons and essence« (365), die zugleich eine »grammar of divine simplicity« sei (375). Es handle sich um eines der klarsten Beispiele des »pro-Nicene Trinitarianism« (365). Schon in den frühen Schriften denke Augustinus von der bei den Neuplatonikern erlernten Einsicht in die Immaterialität Gottes dessen Einheit von der Untrennbarkeit des Handelns der drei Personen her. In gleichem Kontext gelinge Augustinus auch die Deutung des Heiligen Geistes als substantiale Gemeinschaft von Vater und Sohn. Die Personen seien so für Augustinus irreduzibel, und dennoch könne er mit dieser Grammatik Gott als einen denken und etwa den Sohn als Weisheit von Weisheit bestimmen. Die Grundlage der pro-nizänischen Grammatik aber, die Augustinus und die Kappadokier teilten, sei der sensus plenus der Heiligen Schrift (325– 343). Erst in dem von der Bibel her zu erschließenden christlichen Sterben und Auferstehen mit Christus bekämen die triadischen Analogien in De trinitate ihren Sinn. Nach Augustinus, meint Ayres, können wir das göttliche Wesen nie verstehen. Unsere Rede über Gott könne nur eine gewisse kohärente Struktur verliehen bekommen, um nicht vom Fels der Rechtgläubgkeit zu gleiten (380). Wozu eine Kohärenz dienen soll, wenn die Wahrheitsfrage ausgeklammert wird, läßt Ayres offen. − Damit ist ein Programm der Deutung von Augustins Werk über die Trinität sehr knapp umrissen. Seine Ausführung steht noch aus. Man darf gespannt sein.789 787 Vgl. E. Jüngel, Das Verhältnis der theologischen Disziplinen untereinander, in: Ders., Unterwegs zur Sache. Theologische Bemerkungen, BEvTh 61, München 1988, 34–59. 788 M. Wiles†, Rez., JThS N. S. 56, 2005, 670–675; hier 671. 789 Ein Buch von Ayres mit dem Titel Augustine’s Trinitarian Theology ist seit einiger Zeit angekündigt.

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3. Kleinere Einführungen und Übersichten zu De trinitate Die meisten Übersetzungen von De trinitate enthalten Einleitungen. In der Regel steht dabei die Inhaltsübersicht im Vordergrund, so daß hier selten Originelles oder Neues geboten wird. Durch ihre Ausführlichkeit ragen etwa die spanische Einführung von Luis Arias, die französische von Ephraem Hendrikx, die deutsche von Michael Schmaus und eine italienische Einleitung von Agostino Trape` und Michele Federico Sciacca hervor.790 Solche panoramenhaften Übersichten atmen oft besonders stark den Zeitgeist. So steht etwa das neuscholastische Trinitätsverständnis hinter Arias’ Deutung. In der Einleitung von Primo Montanari zu seiner italienischen De trinitate-Übersetzung aus dem Jahre 1932 spiegeln sich noch die Konflikte der italienischen Philosophie des neunzehnten Jahrhunderts mit dem kirchlichen Lehramt wider: Augustinus habe in De trinitate gezeigt, daß von der Liebe auszugehen sei, um die Trinität zu erkennen, und damit habe er den »Ontologismus« widerlegt, eine bestimmte Theorie der unmittelbaren Wesensschau Gottes. Nicht minder zeittypisch ist Montanaris Mißverständnis des zweiten Teils von De trinitate (Bücher VIII bis XV): »che e` un vero trattato di psicologia«.791 Eine kurze Einleitung von MarieAnne Vannier zu einer Auswahl trinitätstheologischer Passagen aus Augustins epistula 11, De fide et symbolo, sermo 52 und De trinitate ist in einigen Details nicht ganz sachgemäß, z. B. in der Chronologie und Quellenforschung.792 Mehrere in Zeitschriften oder Sammelbänden veröffentlichte kürzere Übersichten sollen weitere Leserkreise in De trinitate einführen. Solche Einleitungen gibt es etwa auf deutsch von Gerhard Ring, auf englisch von Michael O’Carroll, auf französisch von Marie-Franc¸ois Berrouard und Isabelle Bochet, auf italienisch von Michele Pellegrino, auf japanisch von Shinro Kato, in brasilianischem Portugiesisch von Franklin Ferreira, auf rumänisch von Ica˘ I. Ioan, auf 790 L. Arias, Introduccion, in: San Agusti´n, Tratado sobre la Santı´sima Trinidad, Obras de San Agustı´n 5, Madrid 41985 (zuerst 1948), 1–121; E. Hendrikx, Introduction, in: Bibliothe`que Augustinienne. Œuvres de saint Augustin, Bde. 15/16: La Trinite´, Paris 1955 (Nachdruck Paris 1991), Bd. 15, 7–83; Bd. 16, 7–22; M. Schmaus, Einleitung, in: Des heiligen Kirchenlehrers Aurelius Augustinus Fünfzehn Bücher über die Dreieinigkeit, Bd. 1, BKV2 II/11, München 1935, XV-LXVI; A. Trape`/M. F. Sciacca, Introduzione, in: Sant’Agostino, La Trinita`, Nuova Biblioteca Agostiniana – Opere di Sant’Agostino I/4, Rom 1973, VII-CXXVII (theologischer Teil Trape`, philosophischer Sciacca). 791 P. Montanari, Introduzione, in: S. Agostino, Il »De Trinitate«, Bd. 1, Florenz 1932, 7–23; hier 15 (Fortsetzung Bd. 2, III-XVI; Bd. 3, V-IX); ähnlich ders., Il pensiero filosofico nel »De Trinitate« di S. Agostino, Soph. 1, 1933, 194–199; 418–424. 792 Vannier, Saint Augustin (wie Anm. 165); zur falschen Chronologie vgl. oben Anm. 165; unrichtig sind auch die Berufung auf Hadot für die These, Marius Victorinus habe Augustins Trinitätslehre beeinflußt (19, Anm. 27; vgl. zu Hadot oben S. 106), und die Behauptung, Augustinus habe Ambrosius, De trinitate, gelesen (19, Anm. 28) − ein solches Werk gibt es nicht. Andere Bände der Autorin mit Texten aus Augustins De trinitate: L’Expe´rience du Saint-Esprit, FoiViv 393, Paris 1998; La communion trinitaire, FoiViv 415, Paris 1999. Weitere Einführungen von ihr zu De trinitate: Le De trinitate de S. Augustin, ItAug 14, 1995, 5–20; S. Augustin et la Trinite´, CPE´gl 76, 1999, 22–32.

Kleinere Einführungen und Übersichten zu »De trinitate«

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russisch von N. Ostroumov, auf spanisch von Francisco Moriones und in chilenischem Spanisch von Maximino Arias Reyero.793 Wie unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden können, zeigen weitere englischsprachige Beispiele: Richardson gibt eine recht genaue Inhaltsangabe, schenkt jedoch den philosophisch interessantesten Aspekten wie der Diskussion der Relation in Buch V und des Selbstbewußtseins in den Büchern IX-X wenig Aufmerksamkeit; Mary T. Clark geht es besonders um den Gedanken der Hineinnahme des Menschen in die göttliche Liebe; Van Fleteren betont die Kontinuitäten zu Augustins früheren Schriften bei angeblich zunehmendem Erkenntnispessimismus; Rowan Williams bietet eine vorzügliche Zusammenfassung der Gedankenbewegung von De trinitate von Buch zu Buch.794 Eine eigene Erwähnung verdient das Buch The Mystery of the Trinity des Dominikaners Edmund Hill, das Studierende der Theologie in die Trinitätslehre einführt. Der Autor, von dem auch eine kommentierte und mit ausführlicher Einleitung versehene englische Übersetzung von De trinitate stammt, legt seiner systematisch-theologischen Einführung in erster Linie Augustins De trinitate zugrunde.795 Hill versteht dieses Werk als eine Synthese zwischen der heilsöko793 G. Ring, Der hl. Augustinus über das Geheimnis des einen und dreifaltigen Gottes: ich glaube, um einzusehen, Cor unum 47, 1989, 1–9; der Vollständigkeit halber erwähnt seien hier auch die sehr knappe, spirituelle Anregung von J. M. Nielen, weil sie in einigen Bibliographien verzeichnet ist: Augustinus und unser Bekenntnis zum Dreieinigen Gott, Anzeiger für die katholische Geistlichkeit 74, 1965, 322 f.; sowie W. M. Neumann, Der Gottesbegriff bei Augustinus: Die Trinität ist Gott. (1. Version), in: Dies., Philosophie und Trinität. Erörterungen, PhTSt 64, Hildesheim/Zürich/New York, 133–163 (dürftig); M. O’Carroll, Augustine, St., in: Ders., Trinitas. A Theological Encyclopedia of the Holy Trinity, Collegeville, Minnesota 1987, 42–45; M.-F. Berrouard, La Trinite´ qui est Dieu, in: G. Madec (Hg.), Augustin, le message de la foi, Paris 1987, 99–117; ders., Myste`re et recherche. Une prie`re de saint Augustin, VS 128, 1974, 669–686 (Analyse des Gebetes in trin. XV, xxviii, 51 [CChr.SL 50a, 533–535 M.] als Zusammenfassung von De trinitate); I. Bochet, Saint Augustin. Les Confession − Le Maıˆtre − La Trinite´ − La Cite´ de Dieu, in: L. Jaffro/M. Labrune (Hgg.), Gradus philosophique. Un re´pertoire d’introductions me´thodiques a` la lecture des œuvres, Paris 1994, 65–81; hier 74–77; M. Pellegrino, Il De Trinitate di Sant’Agostino, Stud. 52, 1956, 103–110 (zugleich Rez. zu BAug 15/16); S. Kato, Saint Augustine on the Trinity, SMT 33, 1991, 1–25 (japanisch) und 212 f. (englische Zusammenfassung); F. Ferreira,, De trinitate. Agostinho de Hipona e a doutrina da Trindade, VoxSc 11, 2002, 29–46; Ioan, Doctrina Fericitului Augustin (wie Anm. 1421); Ostroumov, Аналогии и их значение (wie Anm. 1408); F. Moriones, La Santı´sima Trinidad, segu´n san Agustı´n, Aug(M) 38, 1993, 359–377; M. Arias Reyero, La doctrina trinitaria de San Agustı´n (en el »De Trinitate«), TyV 30, 1989, 249–270. 794 C. C. Richardson, The Enigma of the Trinity, in: R. W. Battenhouse (Hg.), A Companion to the Study of St. Augustine, New York 1955, 235–256; M. T. Clark, Augustine’s Theology of the Trinity: Its Relevance, Dionysius 13, 1989, 71–84; dies., De Trinitate, in: E. Stump/N. Kretzmann (Hgg.), The Cambridge Companion to Augustine, Cambridge u. a. 2001, 91–102; F. Van Fleteren, Thematic Reflections on the De Trinitate, PPMRC 12/13, 1987/88,) 221–227; R. Williams, De Trinitate, AugTA, 1999, 845–851. 795 E. Hill, The Mystery of the Trinity, Introducing Catholic Theology 4, London 1985; vgl. auch ders., Augustine’s Method in the De Trinitate: A Model for Text Books and Catechisms, in: Brachtendorf (Hg.), Gott und sein Bild (wie Anm. 8), 29–37; Saint Au-

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nomischen Theologie vornizänischer Autoren wie Justin und Tertullian und dem stärker transzendenzbezogenen Ansatz der Theologen im Umfeld und Gefolge des Konzils von Nizäa. Hill meint, daß De trinitate vor allem eine Suche, einen Weg beschreibt; und deshalb widmet er fast die Hälfte seines Buches der Nachzeichnung dieses Denkweges. Die Untersuchung von Polman über Augustins Gotteslehre bezieht sich nicht nur auf De trinitate, sondern auf das Gesamtwerk.796 Der Autor arbeitet heraus, daß es für Augustinus eine scholastische Trennung der Traktate De deo uno und De deo trino nicht geben könne. Denn wer über Gott spreche, spreche über den dreieinigen Gott. Polman stellt vor allem die Ausgewogenheit der augustinische Position dar, das Gleichgewicht zwischen Einheit und Dreiheit, zwischen der Ursprunghaftigkeit des Vaters und dem filioque des Geistes, zwischen der Einfachheit Gottes und der Unterschiedenheit der Personen. Polman deutet die Ternare der zweiten Hälfte des Werkes ähnlich wie Schmaus als »Analogien«, beurteilt ihren Wert aber noch skeptischer. Die Gotteslehre Augustins versucht Polman innerhalb eines etwas groben Rasters einzuordnen, das einen »neuplatonischen« und einen »biblisch-heilsgeschichtlichen« Gottesbegriff kennt. Augustinus habe sich bemüht, beides zusammenzuhalten, etwa durch das biblische Konzept der göttlichen »Sendung«. Polmans Bild des Neuplatonismus beruht auf Klischees. Richtig bemerkt er jedoch, daß Augustinus weder von der Einheit Gottes »ausgeht« noch modalistisch denkt, sondern im Gegenteil die Dreiheit aus den ewigen Hervorgängen begründet. Darum ist Augustins Version des filioque, bei der auch der Heilige Geist principaliter vom Vater ausgeht, mit der griechischen Trinitätslehre kompatibel.

4. Überblicke zu Augustins Person und Werk Die Gesamtdarstellungen Augustins lassen sich in drei Grundtypen sondern: Es gibt reine Biographien, es gibt systematische (theologische oder philosophische) Darstellungen, und es gibt Mischformen dieser beiden Typen. In reinen Biographien ist es nicht einfach, einen Abschnitt über De trinitate harmonisch einzubauen. Peter Brown beispielsweise bekennt in seiner nach wie vor maßgeblichen Augustinus-Biographie gleich im Vorwort, sich nicht in die Höhen von Augustins Spekulationen über die Trinität vorgewagt zu haben.797 Auch James J. gustine, The Trinity. Introduction, translation, and notes E. Hill, The Works of Saint Augustine I/5, Brooklyn (NY) 1991. Eine an Augustinus und Thomas von Aquin ausgerichtete Trinitätslehre bietet beispielsweise auch Henri Barre´ (»Trinite´ que j’adore . . .«. Perspectives the´ologiques, CTPS 15, Paris 1965). 796 A. D. R. Polman, De leer van God bij Augustinus, De theologie van Augustinus [I], Kampen 1965. 797 P. Brown, Augustine of Hippo. A Biography, London 22000, S. IX f. (= London/Boston 1967, 9; deutsche Übersetzung 1972; 22000). Es findet sich immerhin die interessante Bemerkung (1. Aufl., 277; 2. Aufl., 274): »In the De Trinitate we have a book more radically metaphysical than that of any Greek author«.

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O’Donnell erwähnt in seiner »postmodernen« Augustinusbiographie zwar gelegentlich De trinitate, aber auf den Inhalt geht er nicht ein.798 Selbst ein so versierter Dogmenhistoriker wie Friedrich Loofs vermag in seinem stark der Biographie und Chronologie folgenden Artikel über Augustinus in der Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche kaum einen Satz über De trinitate unterzubringen.799 Andere Werke finden leichter ihren Ort in einer Biographie: Die Confessiones sind ohnehin die Hauptquelle für das Leben des jungen Augustinus, aber auch bei De civitate dei, den antimanichäischen, antidonatistischen und antipelagianischen Schriften ist der Bezug zu Biographie und Geschiche offensichtlich. Erst in jüngerer Zeit werden die Fäden erkannt, die Augustins Lebensgeschichte mit der Entstehung auch von De trinitate verknüpfen.800 Als vielleicht bedeutendste systematische Darstellung von Augustins Denken kann noch immer das Buch von E´tienne Gilson gelten.801 Was diesem Werk seine Überzeugungskraft und Geschlossenheit verleiht, ist die Art und Weise, wie aus einer einzigen Perspektive heraus der ganze Denker Augustinus in den Blick kommt, nämlich von seinem Eudämonismus her: Letztlich geht es vom Früh- bis zum Spätwerk Augustins um die Frage, wie der Mensch glückselig werden kann. Gilson beschreibt daher den Weg der Seele zu Gott als dem Quell aller Glückseligkeit aus Augustins Blickwinkel. Zuerst analysiert Gilson die Vernunft, dann den Willen auf der Suche nach Gott und schließlich die Betrachtung Gottes in seinem Werk: zuerst in Zeit und Raum, dann in den vestigia trinitatis und endlich in der imago trinitatis.802 Zwar gilt Gilsons Bemühen um Systematisierung heute zumeist als problematisch, so daß eine Darstellung wie diejenige von Juan Pegueroles inzwischen eher die Ausnahme darstellt.803 Aber noch eines der neuesten Bücher über De trinitate läßt auf die Fruchtbarkeit von Gilsons Perspektive schließen, wird doch hier Augustins Trinitätsdenken einmal ganz aus dem Blickwinkel der augustinischen Version von Eudämonie betrachtet.804 Die meisten Autoren neuerer philosophischer Gesamtdarstellungen Augustins verzichten jedoch bewußt auf die Herstellung systemhafter Ko798

J. J. O’Donnell, Augustine. A New Biography, New York 2005; ähnlich wenig in: Ders., Augustine, Boston 1985. 799 F. Loofs, Augustinus, RE 3 II, 1897, 257–285. 800 Vgl. oben S. 36 ff., unten S. 179 f. und S. 420 ff. 801 Gilson, Introduction a` l’e´tude de Saint Augustin (wie Anm. 367). 802 Einen skizzenhaften Versuch, Augustins Denken aus zwei aufeinander bezogenen Motiven, dem Streben nach wahrer Glückseligkeit und der Aufhebung vermeintlich unversöhnbarer Dualismen durch den Glauben an Christus, abzuleiten und dabei die Trinitätslehre als Gipfel und Zusammenfassung zu betrachten, bietet: R. Kany, Augustin (354–430), in: F. W. Graf (Hg.), Klassiker der Theologie, Bd. 1: Von Tertullian bis Calvin, München 2005, 79–98. 803 J. Pegueroles, San Agustı´n. Un platonismo cristiano, Barcelona 1985. Das Buch ist vom Teilhabegedanken her aufgebaut und gelangt von da zur philosophischen und theologischen Anthropologie, so daß De trinitate vor allem hinsichtlich der memoria dei dargestellt wird. 804 E. J. Broto´ns Tena, Felicidad y Trinidad a la luz del De Trinitate de San Agustı´n, Koinonia 38, Salamanca 2003.

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härenz, so Christopher Kirwan, John M. Rist und Johann Kreuzer. Sie zahlen dafür den Preis, nurmehr separate Elemente der Trinitätslehre Augustins zu erfassen, etwa die Theorie des Selbstbewußtseins.805 Versuche, die systematische mit der biographischen Darstellungsweise zu verbinden, leiden bei der Einfügung eines Abschnittes über die Trinitätslehre des Kirchenvaters häufig an der gleichen Schwierigkeit wie die reinen Biographien. Das Problem tritt in geringerem Maße auf, wenn Biographie und Systematik ohne Zusammenhang nebeneinandergestellt werden. So ist etwa der klassische und in seiner Weise unersetzte Handbuch-Artikel von Portalie´ recht schematisch gegliedert: Nacheinander werden das Leben, sämtliche Werke und schließlich nach der Ordnung eines Lehrbuchs der katholischen Dogmatik die Lehren Augustins und ihre spätere Bedeutung behandelt.806 Auf diese Weise, die auch den meisten patrologischen Handbüchern zugrunde liegt, kommen die Entstehungsdaten und der Aufbau von De trinitate nicht im Kontext der Biographie zur Sprache, und das Werk De trinitate wird an anderer Stelle behandelt als die augustinische Gottes-, Trinitäts-, Seelen- und Erkenntnislehren, die stattdessen weitgehend ohne Blick auf die Chronologie unter Heranziehung von Schriften aus verschiedenen Lebensphasen des Bischofs dargestellt werden. Löst man sich von dieser patrologischen Tradition, wie es etwa Lettieri in einem neueren Handbuch der Theologiegeschichte tut, so kann man De trinitate und die Trinitätstheologie Augustins im Zusammenhang besprechen.807 Wie schwierig es ist, die Trinitätslehre Augustins im Zusammenhang seiner Biographie zu skizzieren, läßt sich auch an Alfred Schindlers ausgewogenem Lexikonartikel ablesen.808 Dieser Text ist in einen Abschnitt zur äußeren Biographie und einen Abschnitt über Augustins »Innere Entwicklung und Theologie« unterteilt. Gegen Ende des ganzen Artikels kommt Schindler auf die Gotteslehre zu sprechen, weist aber eigens darauf hin, daß er an dieser Stelle die zuvor eingehaltene Abfolge der Schriften und Kontroversen verlasse, weil Augustins Gotteslehre, Trinitätslehre und Christologie den Hintergrund seines gesamten Schaffens bildeten. In diesem Argument kommt eine gewisse Verlegenheit zum Ausdruck, die von vielen Autoren eher kaschiert wird. Vergleicht man

805 Ch. Kirwan, Augustine, London/New York 1989; J. M. Rist, Augustine. Ancient Thought Baptized, Cambridge 1994; J. Kreuzer, Augustinus, Frankfurt/New York 1995. 806 E. Portalie´, Augustin (Saint). Vie, œuvres et doctrine, DThC I/2, 1903, 2268–2472 (englische Übersetzung: A Guide to the Thought of Saint Augustine, London 1960). 807 G. Lettieri, Agostino, in: Storia della teologia, Bd. 1, hg. von E. dal Covolo, Rom/ Bologna 1995, 353–424; hier 381–394. 808 Schindler, Art. Augustin (wie Anm. 178). In einem Aufsatz (Querverbindungen zwischen Augustins theologischer und kirchenpolitischer Entwicklung 390–400, ThZ 29, 1973, 95–116) verneint Schindler die Frage, ob Augustins Gedanke, daß der Heilige Geist in besonderem Maße die Einheit und Liebe von Vater und Sohn sei und zugleich der Ursprung der kirchlichen Einheit und der Liebe der Gläubigen untereinander sei (trin. VI, v, 7 [CChr.SL 50, 235 f., 1–33 M.]), nachweislich aus Augustins Auseinandersetzung mit dem Donatismus entsprungen ist.

Überblicke zu Augustins Person und Werk

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beispielsweise die als Einführung konzipierten Augustinus-Bücher von Bouman, Bourke, Chadwick, Clark, Flasch, Fuhrer, Geerlings, Harrison, Horn, Marrou und Wills, so findet man in jeder dieser Publikationen die Trinitätslehre an anderer Stelle präsentiert, beispielsweise manchmal zusammen mit der Seelenlehre (Bourke) oder mit der Schöpfungslehre (Chadwick) oder der Christologie (Clark) oder, wie es am sinnvollsten ist, in einem eigenen Kapitel (Geerlings).809 Am einfachsten haben es die Autoren, die sich auf wenige Schwerpunkte konzentrieren; Bouman beispielsweise behandelt nur die Confessiones, De trinitate, die pelagianische Kontroverse und die Prädestinationslehre. Bei ähnlichem Willen zur Beschränkung kann freilich die Trinitätslehre auch einmal fast ganz aus dem Blick bleiben, wie etwa in Gerald Bonners bekanntem Augustinusporträt.810 Vier Augustinusbücher seien herausgegriffen, weil sie auf originelle Weise versuchen, De trinitate in Augustins äußere und intellektuelle Biographie einzubauen. Zu den wenigen Versuchen, eine allmähliche Entwicklung von Augustins Trinitätstheologie zu behaupten und diese differenziert in eine Gesamtdarstellung seiner Person einzuordnen, gehört das Buch von Eugene TeSelle. Wie jedoch im Bericht über die Forschungen zur Chronologie von De trinitate schon gezeigt worden ist, liegen nicht akzeptable Datierungen zugrunde, wodurch die ganze Konstruktion einstürzt.811 Einen anderen Zugang wählt Carol Harrison. Ihr Augustinusbuch ist in einer Reihe erschienen, die vom Titel her − Christian Theology in Context − dem Programm einer Kontextualisierung gewidmet ist. Theologische Texte sollen also in den kulturellen Zusammenhang von Macht und Klasseninteressen einerseits und Wegen der Interpretation der Welt andererseits gerückt werden. Allerdings erfüllt die Autorin diese Vorgaben nur sehr bedingt. Sie stellt Augustins Trinitätslehre im ersten, »Christianity and classical culture« überschriebenen Teil dar, und zwar im ersten Kapitel »Wisdom and classical culture«.812 Sie zeigt darin, leider ohne die Trinitätstheologie schon in den Blick zu nehmen, den Weg Augustins von der Hortensius-Lektüre über die manichäische Phase bis zur Rezeption des Neuplatonismus und spricht dann zutreffend Augustins Idee von Christus als dem unentbehrlichen Mittler an. In

809 J. Bouman, Augustinus. Lebensweg und Theologie, Gießen/Basel 1987, 105–196; V. J. Bourke, Augustine’s Quest of Wisdom. Life and Philosophy of the Bishop of Hippo, Milwaukee (Wis.) 1945 (21947), 201–223; H. Chadwick, Augustine, Oxford/New York 1986, 90–95 (deutsche Übersetzung 1987); M. T. Clark, Augustine, London 1994, 65–72; Flasch, Augustin. Einführung in sein Denken (wie Anm. 1; zuerst 1980 erschienen), 326–368; Th. Fuhrer, Augustinus, KPhK, Darmstadt 2004, 101–195; W. Geerlings, Augustinus, Freiburg/Basel/Wien 1999, 49–53; C. Harrison, Augustine. Christian Truth and Fractured Humanity, Oxford 2000, 38–45; Ch. Horn, Augustinus, München 1995, 128–132; H.-I. Marrou, Saint Augustin et l’augustinisme, Paris 81973, 72 f., 78 f. (deutsche Übersetzung 1958 u. ö.); G. Wills, Saint Augustine, New York 1999, 88–99 (deutsche Übersetzung 2004). 810 G. Bonner, St Augustine of Hippo. Life and Controversies, Norwich 1986 (zuerst 1963). 811 Vgl. oben S. 40. 812 Harrison, Augustine (wie Anm. 809), 38–45.

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Gesamtdarstellungen

dieser Christologie liege die entscheidende Trennung gegenüber dem Neuplatonismus. Nach diesem vielversprechenden Anlauf läßt die Autorin leider eine ziemlich konventionelle Inhaltsangabe von De trinitate folgen. Der amerikanische Publizist Garry Wills versucht in einem Abschnitt seiner Einführung zu Augustinus die Entstehungszeit von drei umfangreichen Hauptwerken, die Augustinus in dem kurzen Zeitraum zwischen etwa 397 und 401 n.Chr. begonnen hat, zu einem »magischen Jahrzehnt« zu stilisieren.813 Das erste dieser Werke, die Confessiones, handle vom Rätsel des menschlichen Geistes, das zweite, De Genesi ad litteram, von der göttlichen Erschaffung der Zeit aus der Ewigkeit heraus und das dritte, De trinitate, vom Wesen der Trinität Gottes. Aber die drei Themen seien aufs engste verwoben, und daher gehe es in allen drei Werken mit unterschiedlichen Schwerpunkten um diese drei Themen. Die charakteristischen Themen Augustins seien hier alle versammelt: Zeit, Gedächtnis, die innere Dynamik des Selbst wie Gottes und schließlich die andauernde Tätigkeit Gottes in Schöpfung und Gnade. Was Wills zu De trinitate und den anderen Werken zu sagen hat, ist brillant formuliert und anregend zu lesen. Doch hat der Versuch einen schweren Konstruktionsfehler. Er läßt nämlich zum einen das vierte Hauptwerk Augustins, De civitate dei, unberücksichtigt, weil es erst 412 begonnen worden ist. Aber zum anderem ist auch De trinitate nicht, wie Wills infolge der falschen Datierung auf das Jahr 416 glaubt, großenteils noch innerhalb des »magischen Jahrzehnts« fertiggestellt worden, sondern die wichtigsten Teile sind allesamt erst danach entstanden. Um den kühnsten Gedanken der christlichen Theologie zu fassen, mußte selbst ein Augustinus den argen Weg der Erkenntnis bis an die Grenzen des Scheiterns gehen. Die »magische Dekade« im Schaffen Augustins gibt es also gar nicht, und Wills hätte seinen Versuch, Kern und Konnex von Augustins Hauptwerken zu skizzieren, auch auf den »Gottesstaat« ausdehnen müssen. Ob das aus dem gewählten Blickwinkel heraus gelungen wäre, kann man vorsichtig bezweifeln. Serge Lancel, von dem die umfangreichste neue Augustinus-Biographie stammt, bringt die Darstellung von Augustins Trinitätslehre recht geschickt im dritten und letzten Teil des Buches unter, der Augustinus als Lehrer der Gnade gilt und in erster Linie die Konflikte um den Pelagianismus, daneben aber auch die Werke über den Gottesstaat und die Dreifaltigkeit behandelt. Hier gelingt gut, was Harrison in ihrem allerdings weitaus dünneren Buch nur intendiert hat, nämlich eine gewisse Kontextualisierung. Augustins Programm zwischen intellege ut credas und crede ut intellegas und sein Sitz im Leben werden knapp skizziert. Der antiarianische Hintergrund klingt an. Schließlich werden die Grundgedanken von De trinitate umrissen.814

813 814

Wills, Saint Augustine (wie Anm. 809), 88–99. S. Lancel, Saint Augustin, Paris 1999, 516–546 (englische Übersetzung 2002).

Fünftes Kapitel

Allgemeine und theologische Aspekte von De trinitate 1. Struktur, Methode und Stil des Werkes Verglichen etwa mit De civitate dei erschließt sich der Aufbau von De trinitate weniger leicht. Dies hat zu einer Vielzahl ganz unterschiedlicher Gliederungsversuche geführt. Manche davon sind offenkundig falsch. Hans von Campenhausen zum Beispiel behauptet, »nachdem die ersten acht Bücher die biblische Lehre von der Dreieinigkeit als solche dargestellt haben, folgt in einem noch umfangreicheren zweiten Teil ihre wissenschaftliche, d. h. logisch-metaphysische Rechtfertigung und Begründung.«815 In Wahrheit sind zwar die ersten drei Bücher größtenteils exegetisch ausgerichtet, auch das vierte enthält viel Biblisches, doch die Bücher V bis VII untersuchen in kritischer Absicht Begriffe wie Substanz, Relation und Person, erkunden jedoch nicht vorrangig die Bibel. Zudem ist das achte Buch numerisch wie inhaltlich die Mitte oder der Wendepunkt des Werkes und entweder als eigener Teil zu werten oder als Einleitung zu den Büchern IX bis XV zu betrachten. (Daß auch in den Büchern IX bis XV die Bibel keine geringe Rolle spielt, sei ebenfalls erwähnt.) Der noch immer verbreitetste Typus einer Charakterisierung dieses Werkes findet sich zum Beispiel in der Patrologie von Altaner/Stuiber: »Im 1. Teil bietet er [d. h. Augustinus] den Schriftbeweis (1/4) und die sich daraus ergebende Formulierung des Dogmas (5/7). Im 2. Teil (8/15) bemüht er sich um die gedankliche Durchdringung des Geheimnisses, besonders durch den Nachweis von mannigfachen in den Geschöpfen, zumal im Menschengeist, vorhandenen Analogien.«816

In diesem traditionellen Verständnis, das auch Schmaus und Studer teilen,817 spiegeln sich Bestandteile des neuscholastischen Traktates De deo trino wider. Augustins Werk wird in dieser Perspektive jedoch stark verzeichnet. Von vornherein fällt auf, daß es bei Augustinus keine genaue Entsprechung zum »Traditionsbeweis« der Neuscholastik gibt. Denn Augustinus spricht in De trinitate nirgends ausdrücklich von irgendeinem Konzil, und er nennt nur einen einzigen »Kirchenvater« namentlich, nämlich Hilarius von Poitiers, aber selbst dies 815 H. v. Campenhausen, Augustin, in: Ders., Lateinische Kirchenväter, Stuttgart u. a. 51983 (zuerst 1960), 151–222; hier 182. 816 Altaner/Stuiber, Patrologie (wie Anm. 13), 426. 817 Oben S. 136 mit Anm. 682 und S. 160.

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geschieht nur beiläufig. Außerdem treten die Bücher I bis IV keinen »Schriftbeweis« für das Trinitätsdogma an, sondern widerlegen eine subordinatianische Schriftauslegung, zeigen die Notwendigkeit der Heilsökonomie für das Heil des Menschen und den Zusammenhang der »Sendungen« des Sohnes und des Heiligen Geistes mit den inneren Hervorgängen. Die Bücher V bis VII bieten keine »Formulierung des Dogmas«, sondern unterziehen im Gegenteil einige Standardbegriffe der Trinitätslehre einer überaus kritischen Überprüfung. Die Bücher VIII bis XV weisen nicht »mannigfache« geschöpfliche »Analogien« nach, sondern üben planvoll in ein neues reflexives Trinitätsdenken ein, in dessen Mittelpunkt eine Analyse des Selbstbewußtseins steht. Aus diesem Grunde ist auch die von Hendrikx vorgeschlagene Gliederung unzureichend. Er teilt das Werk in zwei Hälften. Die »partie positive« reiche von Buch I bis IV und umreiße den Inhalt des Dogmas. Die »partie spe´culative« erstrecke sich von Buch V bis XV. Sie biete zunächst die Formulierung des Dogmas in V bis VII und stelle dann von Buch VIII bis XV das Leben der menschlichen Seele als Analogie zum göttlichen Leben dar.818 Daß sich auf diese Weise ein sinnvolles Verständnis des Werkes einstellen kann, hat Edmund Hill 1973 bezweifelt. Hill behauptet stattdessen einen kunstvollen Aufbau, wonach die Bücher IX bis XV in umgekehrter Ordnung den Büchern I bis VII symmetrisch entsprechen. Buch I und XV wären demnach schriftbezogen, II bis IV und XII bis XIV beträfen Exegese und Geschichte, V bis VII und IX bis XI rationale Reflexionen (V bis VII linguistischer und logischer Art, IX bis XI psychologischer Art), Buch VIII wäre der Wendepunkt zwischen dem Blick auf Gott und dem Blick auf die mens.819 Auch dieser Vorschlag überzeugt nicht, denn er opfert die innere Logik des Werkes einer äußerlichen Symmetrie. Da Buch XV offensichtlich eine gewisse Selbständigkeit der Gedankenbewegung aufweist, muß Hill nun auch Buch I aus seinem engen Konnex mit II bis IV lösen; ebenso wird wegen der offenkundigen gedanklichen Kontinuität von Buch V bis VII auch ein Zusammenhang von IX bis XI behauptet, obwohl der Gedanke des Selbstbewußtseins in IX und X entfaltet wird, mit Buch XI dagegen ein Neuansatz beginnt, der von der Analyse der Sinne zu immer höheren Ebenen in den folgenden Büchern aufsteigt. Richtig beobachtet ist aber wohl die Sonder- und Mittelstellung des achten Buches.820 818

Hendrikx, Introduction (wie Anm. 790), 17–21. E. Hill, St Augustine’s De Trinitate. The Doctrinal Significance of its Structure, RE´Aug 19, 1973, 277–286; ders., Introduction, in: Saint Augustine, The Trinity (wie Anm. 49), 18–59; hier 21–27. 820 Die Argumente von E. C. Muller für eine Zusammengehörigkeit der Bücher VIII bis X (etwa daß im achten Buch das Gebot erwähnt wird, den Nächsten zu lieben wie sich selbst, und daß dann die Bücher IX und X von dieser Selbstliebe ausgehen) sind nicht falsch, reichen aber nicht aus (Rhetorical and Theological Issues in the Structuring of Augustine’s De Trinitate, StPatr 27, 1993, 356–363; spanische Übersetzung: Estructura del De Trinitate de Agustı´n. Aspectos reto´ricos y teolo´gicos, Aug(M) 40, 1995, 215–224; ders., La unidad de los libros octavo al de´cimo en el De Trinitate, de Agustı´n, Aug(M) 44, 1999, 183–191). − Auch 819

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Gegen die Simplizität und vermeintliche Klarheit vor allem der neuscholastischen Gliederung richtet sich die ausführliche Analyse der Bücher IX bis XV durch Henri-Ire´ne´e Marrou.821 Sicher zu Unrecht rechnet er Buch VIII noch zum ersten Teil des Werkes, obwohl die entscheidende Zäsur zwischen dem siebten und dem achten Buch liegt. Einerseits fällt Marrou ein vernichtendes Urteil: Die Bücher seien »weitschweifig« (269), Augustinus springe hin und her zwischen begonnenen und abgebrochenen Untersuchungen, trete manchmal auf der Stelle, schweife unaufhörlich ab, und zwar »ohne sich im geringsten darum zu kümmern, ob er auf diese Weise einen positiven Beitrag zur Bearbeitung des Hauptthemas liefert« (270). Dann aber gibt Marrou diesem Vorgehen eine positive Wendung. Augustinus gehe mit voller Absicht so vor, dies sei seine Art von »Dialektik« (einer Definition des Wortes weicht Marrou aus). Hinter dem allen stehe nämlich Augustins Lehre von der exercitatio animi, einer platonischen Übung und Reinigung der Seele für die Schau der geistigen Wirklichkeit. Damit weist Marrou wohl als erster auf einen möglichen bildungsgeschichtlichen Hintergrund des Aufbaus hin. Außerdem spricht Augustinus in De trinitate tatsächlich mehrfach von der Absicht eines exercere des Geistes. Wie kann Marrou zu einer derart widersprüchlichen Beurteilung des Werkes gelangen? Der Grund liegt darin, daß seine bahnbrechende Einsicht in die Bedeutung der artes liberales bei Augustinus nicht immer mit dem inhaltlichen Nachvollzug der Gedankenbewegung von De trinitate Schritt hält. Denn in der inhaltlichen Deutung folgt Marrou im wesentlichen Schmaus und meint daher, Thema der Bücher IX-XV sei es, »in der Natur und insbesondere in der Struktur der menschlichen Seele Bilder zu entdecken, in denen sich etwas von der göttlichen Trinität widerspiegelt« (269). Überall, wo Augustinus nicht solche Bilder aneinanderreiht, sieht Marrou Abschweifungen am Werk und erkennt daher nicht, daß die Übungen vielmehr in eine neuartige Weise der Reflexion einführen, in ein nicht-gegenständliches Gottesverständnis. Speziell anhand von Augustins Darlegung der Differenz und der Einheit der Begriffe scientia und sapientia gibt Marrou übrigens selbst ein Beispiel für die Weise, wie einzelne Gedankenstränge in den genannten Büchern entwickelt werden (312–318 mit Appendix B). − Zehn Jahre nach der 1938 publizierten Erstausgabe fügte Marrou seinem Buch Retraktationen hinzu. Darin nimmt er sein negatives Urteil teilweise zurück (517 f.), nicht weil er Augustins Methode nun besser verstand, sondern weil er den Voraus- und Rückverweisen Augustins folgend inzwischen das Vorhandensein einer größeren Planmäßigkeit des Werkes vermutete. der Aufsatz von D. Foster (Augustine’s De Trinitate. Some Methodological Enquiries, DR 124/437, 2006, 259–276) enthält einzelne treffende Beobachtungen, die aber einer konsistenteren Ausarbeitung und einer Berücksichtigung des Forschungsstandes in Sachen Chronologie von De trinitate bedürften. 821 Die Ziffern in Klammern beziehen sich auf die Seitenzahlen der deutschen Ausgabe: Marrou, Augustinus und das Ende der antiken Bildung (wie Anm. 242), 268–278. Die 2. Auflage der deutschen Ausgabe (Paderborn u. a. 1995, XIII-XXVIII) enthält eine Einleitung von W. Geerlings, »Marrou und die neuere Augustinusforschung«.

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Basil Studer gliedert die Bücher wieder wie die Neuscholastiker und weitet darüber hinaus Marrous auf die zweite Hälfte von De trinitate bezogene Charakterisierung der exercitatio des Geistes auf das gesamte Werk aus. Er versucht damit, jede einseitig und ausschließlich philosophisch angelegte Lesart abzuwehren.822 Weder Marrous Ausdruck exercitatio animae noch Studers geradezu als Inbegriff der Methode von De trinitate verwendeter Terminus exercitatio mentis kommen übrigens in diesem Werk Augustins vor.823 Dennoch schwebt Augustinus zweifellos so etwas wie eine Übung vor, aber es gilt genau zu bedenken, was dies bedeutet. Mit Recht wendet Brachtendorf nämlich gegen Marrou und damit implizit auch gegen Studer ein, daß eine exercitatio ihr Ziel nur erreicht, wenn sie thematisch und argumentationslogisch stringent ist.824 Die Vorstellung von der Übung enthebt also den Interpreten nicht im mindesten von der Aufgabe des philosophischen Nachvollzugs und Überprüfens. Was Brachtendorf allerdings seinerseits in seiner Theorie eines »natürlichen« philosophischen Verständnisses der Trinität in De trinitate ausblendet, ist die mit dem Prinzip spiritueller Übung verbundene Idee geistiger Reinigung durch den Glauben. Goulven Madec übt daher an Brachtendorfs Konzeption Kritik und entwirft eine alternative Gesamtschau von De trinitate. Er geht dabei von Augustins eigener Ankündigung im Prolog (epistula 174) des Werkes aus, er habe beabsichtigt, das Werk nur vollständig zu veröffentlichen, weil die vorangehenden Bücher mit den folgenden »durch die fortschreitende Untersuchung« verbunden seien.825 Madec lehnt daher jegliche schematische Gliederung ab und will auch von Bezeichnungen wie »dogmatischer« und »spekulativer« Teil nichts wissen. Eine visio beatifica in diesem Leben habe Augustinus nie für möglich gehalten, daher folge auch nicht (wie Brachtendorf meint) auf deren Scheitern eine philosophisch-rationale Analyse. Es handle sich um ein Werk der »intelligence de la foi«, die dem Psalmistenwort folge: quaerite faciem eius semper (Ps 104, 4). Gegenstand sei die immanente Trinität. Madec gibt eine dichte Zusammenfassung des Gedankenganges von De trinitate. Der Neunizänismus sei Augustins Sache nicht gewesen, das Werk sei gar nicht dogmatischer Natur. Der Fortschritt, den Augustinus im Prolog ankündige, sei spiritueller Art. Die exercitatio erstrecke sich über die gesamte zweite Hälfte des Werkes. Madec wendet sich gegen Brachtendorfs Behauptung, die Kriterien für die Richtigkeit von Augustins Ontologie des menschlichen Geistes seien nicht theologischer, sondern philosophisch-rationaler Art. Madec hingegen meint, die darin vorausgesetzte Tren822

Vgl. oben S. 155 ff. Vgl. Studer, Schola christiana (wie Anm. 756), 169 und 311. Beide Termini begegnen nur je einmal in Augustins Gesamtwerk, und zwar in ganz anderen Zusammenhängen: vera relig. xvii, 33 (88) (CChr.SL 32, 207, 4 Daur); retr. I, xxvii (xxvi) (CChr.SL 57, 88, 3 f. M.). Augustinus spricht in De trinitate vom exercere lectorem (trin. XV, i, 1 [CChr.SL 50a, 460, 3 M.]), vom Ziel, lectoris exerceretur intentio (XV, iii, 5 [466, 84 M.]) bzw. davon, se . . . acies humanae mentis exerceat (XV, xxvii, 49 [531, 63 f. M.]). 824 Brachtendorf, Die Struktur des menschlichen Geistes (wie Anm. 707), 6–8. 825 Vgl. unten S. 420. 823

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nung von »Philosophie« und »Theologie« im modernen Sinne sei ahistorisch. Auch der Neuplatonismus sei für Augustinus nicht »Philosophie« im neuzeitlichen Sinne, sondern Suche nach Weisheit, »une philosophie radicalement chre´tienne, christique«.826 Madec ist ohne Zweifel im Recht mit seiner Ansicht, daß De trinitate nicht in einem neuzeitlichen Sinne der Alternative »Dogmatik oder aber Philosophie« unterworfen werden darf. Er weist auch zu Recht auf den fortlaufenden Gedankengang des Werkes hin, der nicht in eine dogmatische und eine philosophische Hälfte zertrennt werden darf. Nur berücksichtigt Madec dabei zu wenig die inhaltlichen Ebenen des Werkes. Dort, wo Augustinus streng rational argumentiert, wie in weiten Teilen des neunten und zehnten Buches, ist eine ebenso streng rationale Nachzeichnung der Argumente, wie Brachtendorf sie betreibt, angemessen. Madecs eigene Sicht führt letztlich nicht aus der falschen Alternative heraus, sondern ist eine Variante zwar nicht der »theologisch-dogmatischen«, aber doch der einseitig »theologisch-spirituellen« Auslegung.827 Ein Versuch, konkreter zu bestimmen, worin die spirituelle Übung in De trinitate bestehe, stammt von Ulrich Duchrow. Er meint, dem Gedanken der exercitatio liege eine Deutung der sieben Seligpreisungen der Bergpredigt zugrunde, die Augustinus als aszetisches Aufstiegsschema der Stufen auf dem Wege zur ewigen Weisheit und Ruhe verstehe. Die Confessiones bewegten sich auf den unteren Stufen und wiesen am Schluß auf die höheren Stufen der sapientia und contemplatio voraus, die dann in De trinitate unter erneutem Durchlaufen der unteren Stufen durchexerziert würden. Im Augustins Sermo 53 über die Seligpreisungen sei im Zusammenhang der intellectus-Stufe ein fast vollständiger Aufriß von De trinitate enthalten: Zuerst reinige der Glaube das Herz (Bücher I bis VII), dann folge die intellektuelle Einsicht durch die Wendung nach innen (Bücher VIII bis XV). Einen schlagenden Beweis seiner These bleibt Duchrow aber schuldig.828 Im Gegenteil stellt sich die Gedankenbewe826 G. Madec, »Inquisitione proficiente«. Pour une lecture »saine« du De Trinitate d’Augustin, in: Brachtendorf (Hg.), Gott und sein Bild (wie Anm. 8), 53–78; hier 71. Madec entwickelt darin seinen älteren Aufsatz weiter: La me´ditation trinitaire d’Augustin, Com(F) 24/5–6, 1999, 79–102 (erneut in: Ders., Lectures augustiniennes, E´AA 168, Paris 2001, 197–220). − Eugenio Gonza´lez hat einmal versucht, Augustins Theologiebegriff zu bestimmen: El concepto y me´todo de la teologı´a en »De Trinitate« de San Agustı´n, Aug(M) 1, 1956, 379–398. 827 Eine von Madec unabhängige weitere Variante dieses Auslegungstyps schlägt C. C. Pecknold vor. Er meint unter Aufnahme des voraugustinisch-augustinischen Wortpaares uti − frui, Augustinus initiiere in De trinitate einen grundlegenden Wandel in der Dogmengeschichte, indem er sich von der Formulierung von Dogmen als Selbstzweck (frui) abkehre und stattdessen die Trinität »gebrauche« (uti), um durch ihre Darlegung den Leser zur geistlichen Konversion zu führen (How Augustine Used the Trinity: Functionalism and the Development of Doctrine, AThR 85, 2003, 127–141). Richtig daran ist sicher, daß Augustinus seine Leser in eine tiefere Einsicht einüben will, aber die Anwendung des Gegensatzes von Gebrauch und Genuß auf dieses Problem sowie die Behauptung einer historischen Veränderung werden in dem Aufsatz nicht hinreichend begründet. 828 U. Duchrow, Der Aufbau von Augustins Schriften Confessiones und De trinitate,

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gung in De trinitate keineswegs als geradliniger Aufstieg zur Kontemplation Gottes dar, sondern erreicht in den Büchern IX und X bereits eine spekulative Höhe, die ab Buch XI bewußt aus vornehmlich didaktischen Gründen wieder unterschritten wird. Eine charakteristische Synthese neuplatonischer, biblischer und mystischer Aufstiegsprinzipien ist sicherlich in De trinitate wie in manchen anderen Werken Augustins wichtig, aber sie allein reicht nicht aus, um die Grobgliederung des gesamten Werkes zu erklären. Wenn man den Unterschied von Glaubenswissenschaft und Glauben nicht beachtet, können sich aus dem exercitatio-Gedanken unerwünschte Nebenwirkungen ergeben. Dieser Fehler scheint dem Versuch von Matthew Levering anzuhaften, der einen Einwand von Karen Kilby ausräumen will.829 Die Theologin hatte darauf aufmerksam gemacht, daß eine allzu energische Betonung der spirituellen Tiefe komplexer Trinitätstheologie zu der peinlichen Annahme führe, daß nur eine intellektuelle, sozusagen gnostische Elite in der Lage wäre, ein wirklich gläubiges Leben zu führen. Darauf könnte man antworten, daß die Kritik zutrifft, daß jedoch eine vernünftige Theologie gar nicht dem Glauben Konkurrenz machen will, sondern Inhalte des Glaubens durchdenkt, Konsequenzen zieht, Implikationen aufdeckt, Plausibilität innerhalb rationaler Diskussion herstellt und Widersprüche aufzeigt. Levering beschreitet jedoch einen anderern Weg. Er beruft sich auf den Gedenken der spirituellen Übung bei Augustinus. Levering meint, nach De trinitate werde die Seele durch die Übung und Gottes Gnade Bild Gottes. Die Bewegung der gläubigen, liebenden Seele auf Gott hin folge dem Modell der Freundschaft und sei darum nicht elitär. Dagegen muß man erstens sagen, daß der Mensch in seiner Seele für Augustinus immer Bild Gottes ist, und sei das Bild noch so entstellt. Zweitens würde aus Leverings Ansatz folgen, daß man Gottes Gnadengabe an einen Menschen daran messen könnte, inwieweit dieser in der Lage ist, der spirituellen Übung von De trinitate zu folgen. Nichts liegt Augustinus ferner. Eine tiefgründigere Variante der exercitatio-Lesart bietet John Cavadini. Wie Madec lehnt er schematische Gliederungen ab, weil auch er meint, daß das Werk als ganzes einen Gedankengang verfolge. Diesen interpretiert er allerdings ganz anders als Madec: Es handle sich einerseits um einen neuplatonischen Aufstieg, andererseits um dessen größtmögliche Kritik, insofern alle Aufstiegswege am Ende in ihrem Scheitern vorgeführt würden, »the whole is predicated upon a deliberate failure, especially when the work has already persuaded us that the ascent is necessary«.830 Die Bedeutung des gewollten Scheiterns pointiert CaZThK 62, 1965, 338–367. Präzisierungen dazu (Vertauschung der Reihenfolge der zweiten und der dritten Seligpreisung etc.) bei Arnold, Begriff und heilsökonomische Bedeutung (wie Anm. 858), 38. 829 M. Levering, Friendship and Trinitarian Theology: Response to Karen Kilby, IJSTh 9, 2007, 39–54 (reagiert auf K. Kilby, Aquinas, the Trinity and the Limits of Understanding, IJSTh 7, 2005, 414–427; die Autorin antwortet ihrerseits: Response to Matthew Levering, IJSTh 9, 2007, 55–57). Verwandte Ausführungen bietet M. Levering, Scripture and Metaphysics. Aquinas and the Renewal of Trinitarian Theology, Oxford 2004. 830 J. Cavadini, The Structure and Intention of Augustine’s De trinitate, AugSt 23, 1992, 103–123; hier 106. Vgl. auch ders., The Quest for Truth (wie Anm. 1157).

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vadini sehr stark. Er wendet sich damit gegen den Hauptstrom der Forschung, in dem dieser Aspekt völlig übersehen zu werden pflegt. Cavadinis Ansicht, letztlich überwinde das Werk neuplatonische Heilsvorstellungen, bedürfte einer genaueren Begründung. Doch bleibt der Hinweis wertvoll, daß Augustins De trinitate mehr polemisches Potential enthält, als gemeinhin angenommen wird.831 Robert D. Crouse vertritt eine Interpretation von De trinitate, die über die ahistorische, weil erst seit dem vierzehnten Jahrhundert mögliche Alternative hinausgelangen soll, ob das Werk theologisch oder philosophisch zu verstehen sei.832 Der intellectus fidei sei für Augustinus ein Dialog nicht zwischen christlichem Glauben und heidnischer Philosophie, sondern zwischen dem äußeren Wort Gottes (d. h. der Person, den Taten und Worten Jesu, der Bibel und kirchlichen Lehre) und dem inneren Wort Gottes, das als principium menschlicher Reflexion zugrunde liege. Die Bücher I bis IV von De trinitate böten daher zunächst einmal äußerlich den Trinitätsglauben dar, wie er sich aufgrund der Autorität der Heiligen Schrift ergebe. Die Bücher V bis VII gingen vom foris zum intus über, indem sie die Aktivität des Geistes, der über Gott in Kategorien und Begriffen denkt, analysierten. So werde am Ende des Buches VII der Geist als Bild der Trinität entdeckt. In den Büchern VIII bis XV werde versucht, den Geist mit der Quelle, die ihn illuminiert, zu vereinen, ihn also gleichsam in sein Innerstes aufsteigen zu lassen. Dies bedeute einen Prozeß der Umgestaltung des Geistes, an dessen Ende er ganz und gar memoria dei, intellectus dei, voluntas dei werde. Der Geist finde in sich die Grundlage seines selbstbewußten Lebens, jenes trinitarische Prinzip, das im äußeren Wort des biblischen Glaubens dargelegt sei. Das letzte Buch von De trinitate, so Crouse, zeige dann, daß dieser Prozeß des Geistes nie vollendet sein könne, weil der Geist mit der ewigen Wahrheit nie identisch sei. Dieser Vorschlag einer Rekonstruktion der Gedankenbewegung des Werkes De trinitate ist in manchen Aspekten etwas gewaltsam, stützt sich aber auf viele treffende Beobachtungen. Von außerordentlicher Bedeutung dürfte auch der am Schluß des kurzen Aufsatzes erwähnte, leider nicht näher ausgeführte Gedanke sein, daß sich ein erstes Prinzip − und auch darum geht es in der Gotteslehre nicht zuletzt − niemals durch etwas ihm Vorgängiges begründen lasse. 831 Auch ein inzwischen weitgehend überholter Aufsatz des Berichterstatters betont diesen polemischen Charakter von De trinitate. Die zu Beginn von De trinitate typologisch vorgestellten drei Gruppen von Denkern, gegen die sich das ganze Werk richte, die Epikureer, Stoiker und Platoniker, dienen demnach als ein Grundmodell der Weisen, über Gott zu denken, die sich auch bei Theologen finden. Das gesamte Werk über die Trinität diene der Widerlegung nichtnizänischer, subordinatianischer Redeweisen von Vater, Sohn und Heiligem Geist (R. Kany, ›Fidei contemnentes initium‹: On Certain Positions Opposed by Augustine in De Trinitate, StPatr 27, 1993, 322–328; spanische Übersetzung: ›Fidei contemnentes initium‹. Sobre ciertas posturas opuestas de Agustı´n en De Trinitate, Aug(M) 40, 1995, 145–152). 832 R. D. Crouse, St. Augustine’s De Trinitate: Philosophical Method, StPatr 16, 1985 (= TU 129), 501–510.

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Der einzige Weg, ein solches Prinzip aufzuweisen, liege darin, zu zeigen, daß alles ihm Nachgeordnete dieses Prinzip voraussetze. Augustinus führe in De trinitate vor Augen, daß das selbstbewußte Leben des erleuchteten Geistes als sein Prinzip ein absolutes Selbstbewußtsein voraussetze, in welchem memoria, intellectus und voluntas ohne Vermischung vollkommen geeint seien. Diese Gesamtschau von De trinitate wäre näherer Ausfaltung wert. Bisher scheint lediglich ein Schüler von Crouse, Michael L. Carreker, einen Versuch unternommen zu haben, den Gedanken näher am Text zu belegen.833 Carreker faßt in einer fast hundert Seiten langen Einleitung den Gedankengang von De trinitate zusammen und bietet dann einen etwa dreihundert Seiten umfassenden Kommentar der Bücher V bis VII. Durch die von der Inkarnation ausgehende Gnade werde nach Augustinus der Geist von seiner natürlichen Logik befreit, die eben in Kategorien, Arten und Gattungen denke, und erhalte so eine neue Logik, in der er zum wahren Spiegel und Bild Gottes werde. Crouse wie Carreker gehen allerdings kaum auf die theologie- und philosophiegeschichtlichen Hintergründe von De trinitate ein. So erfährt man z. B. aus dem dickleibigen Kommentar von Carreker nicht, wo die von Augustinus in De trinitate V als »arianisch« bezeichnete und bekämpfte Theorie von der Substanzverschiedenheit von Gezeugtem und Ungezeugtem außerhalb von De trinitate belegt ist, woher exakt die Kategorienlisten Augustins stammen usw. Hier bliebe also noch viel zu tun. Auch eine umfassende Analyse von Augustins Methode in De trinitate steht letzten Endes noch immer aus.834 833

Carreker, A Commentary (wie Anm. 330). Einige weitere Arbeiten seien hier kurz genannt. Von Augustins theologischem Erkennen handeln auch das Buch und mehrere Aufsätze von Matthias Smalbrugge, deren Sinn und Absicht allerdings nicht leicht nachzuvollziehen sind: La nature trinitaire de l’intelligence augustinienne de la foi, ASTh 6, Amsterdam 1988; ders., Sur l’emploi et l’origine du terme »essentia« chez Augustin, Aug(L) 39, 1989, 436–446; ders., La notion de la participation chez Augustin. Quelques observations sur le rapport christianisme-platonisme, Aug(L) 40, 1990 (= Collectanea Augustiniana [FS T. J. van Bavel], Bd. 1), 333–347. Das zuerst genannte Buch bietet einen ausführlichen Kommentar zu verschiedenen Stellen aus dem fünften Buch von De trinitate im Blick auf das Verhältnis von credere und intelligere. Leider kann man nur Goulven Madec beipflichten, der darüber urteilte: »l’ensemble de la the`se me paraıˆt mal conceptualise´ et mal the´matise´.« (Rez. in: RE´Aug 35, 1989, 412; ähnlich urteilt C. Osborne: JThS N. S. 41, 1990, 696 f.). − Thematisch verwandt: Y. Tommimatsu, The Ambiguity of »Intelligentia« in Augustine’s De Trinitate, SMT 32, 1990, 82–89. − Von der Stellung des neunten Buches innerhalb des Gedankenganges von De trinitate handelt J. Racette, Le livre neuvie`me du »De Trinitate« de Saint Augustin, ScEc 8, 1956, 39–57: Augustinus arbeite hier noch keine definitive Theorie der imago aus, sondern bereite eine solche erst vor. − Die nach »New Age« klingende Idee, daß die Bücher VIII bis XV auch einen persönlichen Weg der Integration etwa des Weiblichen und des Männlichen, der Aktion und der Kontemplation bedeuten, vertritt A. K. Squire, Personal Integration in the Latter Books of Augustine’s De Trinitate, StPatr 16, 1985 (= TU 129), 564–569. − Neil Ormerod versucht, die Struktur von De trinitate von den vier Bedeutungsbereichen her zu interpretieren, die Bernard Lonergan einst in Method in Theology (New York 1971, 81–85) dargelegt hat (Augustine’s De Trinitate and Lonergan’s Realms of Meaning, TS 64, 2003, 773–794). Demnach gehören die Bücher I bis IV zum Bereich des common sense, V bis VII zum Be834

Struktur, Methode und Stil des Werkes

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Ein paar Seiten zu De trinitate in der ansonsten dem Werk über den Gottesstaat gewidmeten Habilitationsschrift von Christian Tornau eröffnen einen Zugang vom Konzept der literarischen Kommunikation her.835 Die Sprechsituation in De civitate dei sei als dreipoliger Dialog gestaltet. Ein Sprecher, ein gegnerischer, intransigenter Heide und ein mit der Autorität eines Richters ausgestatteter christlicher Adressat bildeten die Partner dieses fortschreitenden dialogischen Argumentierens. Der Gedankengang von De trinitate hingegen sei ein Denkweg, den nur Autor und Leser gemeinsam, wenngleich unter Führung des Autors als Lehrer beschreiten. Im häufigen Zusammenfließen beider Personen werde aus dem Dialog vielfach ein Selbstgespräch mit unterschiedlichen Stufen der Erkenntnis. Wenngleich Tornau in seinem knappen Exkurs die von Augustinus zum Teil gut versteckten Gegner in den ersten sieben Büchern des Werkes über die Trinität836 verständlicherweise weithin übersieht, wie dies auch in einem Großteil der Spezialliteratur geschieht, wären seine Anregungen sicher wert, weiterverfolgt und zu einer gründlichen Kommunikationsanalyse ausgebaut zu werden. Kaum erforscht sind auch Sprache und Stil von De trinitate. Nach Erich Auerbachs bekannter These erhielt die von Cicero und anderen antiken Autoren überlieferte antike Auffassung von den drei Höhenlagen des Stils (des erhabenen, mittleren und niederen Stils) im Christentum eine ganz neue Wendung. Die humilitas hatte durch die Christologie Erhabenheit gewonnen, hieß es doch über Christus in der Schrift: »Er entäußerte sich und nahm Sklavengestalt an« (Phil 2, 7). In jeder christlichen Verkündigung, auch wenn sie von scheinbaren Kleinigkeiten handelt, geht es um nichts Geringeres als das Heil und die Offenbarung. Darum war eine besondere Stilmischung von Erhabenheit und Niedrigkeit erforderlich. Daß dies nicht nur für Predigten, sondern auch für das spekulativste Werk der lateinischen Antike gilt, zeigt Auerbach an einem Passus in De trinitate, in dem Augustinus seine Leser in die Gottesschau einzuführen sucht. Hier verschmelze neuplatonische Erhabenheit mit der unmittelbar an die Seele des Lesers sich richtende Anrede, »das menschlich Nahe und Unmittelbare zwischen mir und dir, was mindestens die römische Antike im hohen Stil nicht

reich der Theorie, VIII bis XI zum Bereich der Innerlichkeit und XII bis XV zum Bereich der Transzendenz. Damit ist aber für das Verständnis des Gedankenganges von De trinitate wenig gewonnen. Buch XI paßt zudem nicht in das Schema, denn hier wird offensichtlich am »äußeren Menschen« eine Analyse begonnen, die dann kontinuierlich im XII. Buch fortgesetzt wird. Als theologisch und spirituell fruchtbar empfiehlt P. Drilling eine Wiederentdeckung der von Schmaus her gedeuteten psychologischen Trinitätslehre (The Psychological Analogy of the Trinity: Augustine, Aquinas, and Lonergan, IThQ 71, 2006, 320–337). − An einem Aufsatz von Shinro Kato zu Augustins trinitätstheologischer Methode ist vor allem der Hinweis auf eine Parallele zu Eusebius interessant, vgl. oben S. 86. 835 Ch. Tornau, Zwischen Rhetorik und Philosophie. Augustins Argumentationstechnik in De civitate Dei und ihr bildungsgeschichtlicher Hintergrund, UALG 82, Berlin/New York 2006, 344–353 (»Ein Gegenbeispiel bei Augustinus: De trinitate«). 836 Vgl. dazu unten S. 476 ff.

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besaß. Es gehört dazu das unmittelbare Bewußtsein und der ständige Ausdruck der Gemeinschaft«.837

2. Exegese und Heilsgeschichte Die Bibel ist die Quelle, aus der Augustinus in De trinitate ständig schöpft und zitiert − allerdings in sehr unterschiedlichem Ausmaß: in den stärker logisch, terminologisch und metaphysisch argumentierenden Büchern V bis VII und IX bis XI deutlich weniger als im übrigen Werk. Die nicht ganz wenigen Arbeiten über Augustins Deutung einzelner Bücher oder Verse der Bibel können auch für De trinitate Ertrag bringen, doch steht dieses Werk hier in der Regel nicht im Mittelpunkt.838 Die Schriftauslegung in De trinitate ist relativ wenig erforscht. Keine der oben besprochenen vier großen Monographien über Augustins Trinitätslehre geht zum Beispiel ausführlich auf Augustins Umgang mit der Bibel ein, und die immer noch lesenswerte Dissertation von Gerhard Strauß über den Schriftgebrauch Augustins streift De trinitate nur gelegentlich.839 Jaroslav Pelikan erschließt die zentrale Bedeutung der canonica regula für die gesamte Schriftauslegung in De trinitate: Augustinus unterscheidet nach der dem Philipperhymnus abgelauschten Regel zwischen Aussagen, welche den Sohn in seiner Knechtsgestalt meinen, und solchen, die von seiner Gottesgestalt handeln. Dazu gibt Augustinus noch die Bestimmung, daß manche Aussagen die nicht mit Subordination zu verwechselnde Herkunft von Gott dem Vater bezeichnen. Augustinus entwickelt nach Pelikans Ansicht von dieser trinitarischen Hermeneutik her auch seine Pneumatologie und seine Unterscheidung zwischen Wesen und Beziehung in der Trinität.840 837

E. Auerbach, Sermo humilis, in: Ders., Literatursprache und Publikum in der lateinischen Spätantike und im Mittelalter, Bern 1958, 25–63; hier 47 (zu Aug. trin. VIII, ii, 3 – iii, 4 [CChr.SL 50, 271, 28 – 272, 17 M.]). Ohne Auerbach zu erwähnen, streift auch Wolfgang Ullmann das Thema: Anselm von Canterbury setze Augustins Intentionen fort, der in doctr. christ. IV, xix, 38 (CChr.SL 32, 144, 11–13 M.) gerade für die Trinitätslehre einen einfachen Darstellungsstil empfehle (Aut qui docet unitatem trinitatis, debet nisi submissa disputatione agere, ut res ad dignoscendum difficilis, quantum datur, possit intellegi?) und in De trinitate genau dieses genus submissum verwende (W. Ullmann, Zur Auseinandersetzung Anselms von Canterbury mit der trinitätstheologischen Terminologie Augustins, Ph. 123, 1979, 75–79). 838 Stellvertretend sei nur, wegen der großen Bedeutung von 1 Joh für trin., das Buch von D. Dideberg, Saint Augustin et la premie`re e´pıˆtre de Saint Jean. Une the´ologie de l’agape`, ThH 34, Paris 1975, genannt. 839 G. Strauss, Schriftgebrauch, Schriftauslegung und Schriftbeweis bei Augustin, BGBH 1, Tübingen 1959. Vgl. zum Thema insgesamt A.-M. La Bonnardie`re (Hg.), Saint Augustin et la Bible, Paris 1986; F. Van Fleteren, Principles of Augustine’s Hermeneutic: An Overview, in: Ders./Schnaubelt (Hgg.), Augustine. Biblical Exegete (wie Anm. 557), 1–32; M. Dulaey, L’apprentissage de l’exe´ge`se biblique par Augustin, RE´Aug 48, 2002, 267–295; 49, 2003, 43–84; 51, 2005, 21–65 (die Serie ist noch unabgeschlossen); I. Bochet, »Le firmament de l’E´criture«. L’herme´neutique de augustinienne, E´AA 172, Paris 2004. 840 J. Pelikan, Canonica Regula. The Trinitarian Hermeneutics of Augustine, PPMRC

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Robert Louis Wilken beobachtet im fünfzehnten Buch von De trinitate, daß Augustinus in dem Moment, in dem er auf die Pneumatologie zu sprechen kommt (XV, xvii, 27) von der vorherigen Analyse der mens zu einer rein bibelexegetischen Methode übergeht.841 Wilken bringt dies mit Augustins Bemerkung zusammen, bei dem Platoniker Porphyrius sei zwar von Gott dem Vater und Gott dem Sohn, kaum aber vom Heiligen Geist die Rede. Anders als es Wilkens Aufsatz vermuten läßt, stützt Augustinus seine Pneumatologie jedoch keineswegs ausschließlich auf die Bibel, nicht einmal in De trinitate XV. Denn schon der fundamentale Grundgedanke eines Dritten, das ein Erstes und ein Zweites verbindet, ist nicht primär der Schriftauslegung entnommen. Einen ausgewogenen Überblick zum Thema der Schriftauslegung in De trinitate bietet ein Aufsatz von Basil Studer.842 Eine »dogmatische« Exegese, wie Augustinus sie hier betreibe, ist nach Studer eine Neuerung des vierten Jahrhunderts gewesen. Die fides catholica, der Taufglaube, sei für Augustinus in der Bibel verwurzelt, von der Bibel her wolle Augustinus ihn vertiefen. Der antiarianischen Tradition entnehme Augustinus die Regel zur Unterscheidung der Aussagen über das Göttliche und über das Menschliche in Christus. Augustinus zeige, daß die biblischen Texte, wenn sie von den Sendungen des Sohnes und des Geistes handelten, nirgends gegen die Gleichheit der Personen sprächen. Der göttliche Vater werde nie »gesandt« genannt, daher sei er ursprungslos. Die Inkarnation wird von Augustinus, so Studer, über alle anderen Sendungen gestellt und ihre soteriologische Bedeutung gegen die heidnische Philosophie betont. Aufgrund biblischer Formulierungen, aber auch durch außerbiblische Anregungen etwa der antiken Freundschaftslehre gelange Augustinus zu der Auffassung des Heiligen Geistes als Liebe. Aus theologischen und exegetischen Erwägungen beziehe Augustinus, anders als viele seiner Vorgänger, die Gottebenbildlichkeit von Gen 1, 26 f. nicht auf den Logos, sondern auf die ganze Trinität. In Anlehnung an paulinische Texte lege er dar, wie das mit der Zeit deformierte Gottesbild im Menschen wiederhergestellt und in der Gottesschau vollendet werden könne.

12/13, 1987/88, 17–29; erneut in: J. C. Schnaubelt/F. Van Fleteren (Hgg.), Augustine: »Second Founder of the Faith«, CollAug [1], New York u. a. 1990, 329–343. Komplementär dazu sind die Ausführungen über die »Trinitätsanalogien« in Pelikans Buch The Mystery of Continuity. Time and History, Memory and Eternity in the Thought of Saint Augustine, Charlottesville 1986, 52–68. 841 R. L. Wilken, Is Pentecost a Peer of Easter? Scripture, Liturgy, and the Proprium of the Holy Spirit, in: Trinity, Time and Church. A Response to the Theology of Robert W. Jenson, hg. von Colin E. Gunton, Grand Rapids, Mich./Cambridge 2000, 158–177. 842 B. Studer, Zur Bedeutung der Heiligen Schrift in Augustin’s De Trinitate, Aug(R) 42, 2002, 127–147 (erneut in: Ders., Durch Geschichte zum Glauben [wie Anm. 733], 93–115). Zu Studers Ansicht, Augustinus erweitere die Dichotomie der canonica regula (Aussagen über das Göttliche und über das Menschliche) um ein drittes Kriterium (Augustins De Trinitate [wie Anm. 732], 92), vgl. oben S. 128. Zum letztgenannten Buch Studers, das die Exegese ausführlich behandelt, vgl. oben S. 157 ff.

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Ist das Geheimnis der Trinität dem Menschen nur durch Offenbarung in der Heiligen Schrift zugänglich? Augustinus hat die Frage so nicht gestellt, denn Offenbarung umfaßt für ihn, wie Studer zeigt, neben der Bibel auch das Buch der Schöpfung und vor allem auch die innere Erleuchtung. Für Augustinus wirken fides und intellectus zusammen, ohne daß ihr Verhältnis ganz klar würde. Letztlich soll der Glaube zum Einsehen, zur erkennenden Schau gelangen. Augustinus unterscheidet in De trinitate die scientia und die sapientia. Auf der ersten dieser Ebenen bewegt sich etwa das Wissen des Gläubigen von dem, was das menschgewordene Wort in Raum und Zeit gewirkt und erlitten hat. Mit Hilfe der Gnade übersteigt er aber die fides historica und gelangt zur fides spiritualis, der Ebene der Weisheit und dringt dort tiefer in das Geheimnis Gottes ein. Die Kritik Schindlers und anderer, bei Augustinus trete die Trinität geschichtlich überhaupt nicht hervor, kann Studer daher zurückweisen, mindestens im Falle des Heiligen Geistes: Für Augustinus spiegelt die geschichtliche Mitteilung des Geistes durch den auferstandenen Herrn den ewigen Hervorgang durch den Vater und den Sohn wider. Studer ist allerdings der Meinung, daß Augustinus diese biblisch-heilsökonomische Sicht stärker hätte ausbauen sollen. Eine Schülerin Studers hat eine exemplarisch gemeinte Untersuchung von Augustins Exegese in De trinitate vorgelegt: Sie behandelt alle Stellen, in denen von der Auferstehung Christi die Rede ist.843 Das Thema erscheint einerseits, wie die Autorin selbst zugibt, innerhalb von De trinitate etwas marginal. Andererseits gelingt es Cristina Simonelli, auch am begrenzten Thema Studers Interpretation des Werkes zu untermauern. Allein schon Augustins Erwähnung der Auferstehung in den Büchern I, II, IV und XIII bis XV zeigt für die Autorin die Verklammerung der gesamten Argumentation von De trinitate, also auch der metaphysischen und anthropologischen »zweiten Hälfte« des Werkes, mit biblisch-heilsgeschichtlichen Themen und einem kerygmatischen Duktus des ganzen Werkes. Die Auferstehung Christi erweist sich sogar insofern als ein zentrales Thema, als hier Ökonomie und Theologie, Geschichte und Ewigkeit sich unmittelbar berühren und auch die Anthropologie direkt angesprochen ist. Simonelli untersucht alle diese Stellen in De trinitate, befragt dann in einem zweiten Teil die Formulierungen des kirchlichen Glaubens bei Augustinus aufgrund der Symbola, der Bibel und der Liturgie und erforscht die zugrundeliegenden theologischen Kategorien wie fides, scientia und sapientia, sacerdos und sacrificium, exemplum und sacramentum. Schließlich geht sie auf die Aussendung des Geistes und die Eschatologie ein. In einem abschließenden dritten Teil spürt Cristina Simonelli der Funktion der Auferstehung Christi für die Glaubenseinsicht nach, nicht zuletzt weil Augustinus sie dem neuplatonischen Philosophieren ohne Mittler entgegensetzt: Augustinus geht die via humilitatis, sein Werk über die Trinität erweist sich als tief verwurzelt im kirchlichen Amt Augustins.

843 C. Simonelli, La resurrezione nel De Trinitate di Agostino. Presenza, formulazione, funzione, SEAug 73, Rom 2001.

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Die frühere Forschung zum Schriftgebrauch in De trinitate hatte sich fast ausschließlich auf die Behandlung der alttestamentlichen Theophanien in den Büchern II bis IV verlegt. Blache`re hatte dies noch weitgehend textimmanent getan,844 und die amerikanische Arbeit von Smid legt das systematische Raster der neuscholastischen Trinitätslehre zugrunde, um Punkt für Punkt aus diversen Schriften Augustins die vom Alten Testament handelnden dicta probantia zu erheben − als Stellensammlung mag die Arbeit noch dienen können, aber über Augustins Beweggründe erfährt man wenig, über die Bedingungen des vierten und fünften Jahrhunderts nichts.845 Eine historische Betrachtungsweise, die den exegesegeschichtlichen Hintergrund deutlicher werden ließ, eröffnen dagegen Legeay und Lebreton, denen van der Lof nicht viel Wichtiges hinzufügt.846 Umfassend untersucht Jean-Louis Maier in seinem Buch über die göttlichen Sendungen bei Augustinus die patristische Exegese der Theophanien und der neutestamentlichen Aussagen über die Sendung von Sohn und Geist.847 Mit Recht betont er, daß Augustinus die Auslegungen seiner Vorgänger nicht als Autoritäten unkritisch übernimmt, sondern sie sich nur dann zueigen macht, wenn sie ihm wahr erscheinen. Die meisten Kirchenväter beziehen die alttestamentlichen Theophanien auf den Logos, das verbum. Die »Arianer« (man würde heute vorsichtiger sagen: gewisse nichtnizänische Theologen des vierten Jahrhunderts) gewannen aus den so gedeuteten Theophanien jedoch ein Argument: Ist nicht Gottvater der eigentliche Gott, weil er nie selbst erscheint, während der Sohn in Zeit und Veränderlichkeit im Alten und Neuen Testament erscheint? Leider belegt Maier diese Theorien nur aus Arius und Eusebius von Caesarea, wohingegen er die Meinungen der späteren nichtnizänischen Theologen, gerade auch des lateinischen Raumes, fast nur aus den Urteilen ihrer orthodoxen Gegner zitiert. Er betrachtet die »Arianer« wohl auch etwas zu einseitig stark als die Hauptgegner der orthodoxen Theophanieauslegung. Bei Ambrosius, so zeigen Maier und seine Vorgänger, zeichne sich eine Wende ab, die bei Augustinus erfolgt sei: Jede der drei Personen und die ganze Trinität können erscheinen, das Wesen selbst aber bleibe unsichtbar.848 Augustinus un844 F. d. P. Blache`re, Saint Augustin et les the´ophanies dans l’Ancien Testament, RAug 1, 1902, 595–613. 845 F. L. Smid, De adumbratione SS. Trinitatis in Vetere Testamento secundum Sanctum Augustinum, Pontificia Facultas Theologica Seminarii Sanctae Mariae ad Lacum. Dissertationes ad Lauream 14, Mundelein (Illinois) 1942. 846 G. Legeay, L’Ange et les the´ophanies d’apre`s la doctrine des Pe`res, RThom 10, 1902, 138–158; 405–424; 11, 1903, 49–69; 125–134; J. Lebreton, Saint Augustin the´ologien de la Trinite´. Son exe´ge`se des the´ophanies, in: Studi Agostiniani, MA 2, Rom 1931, 821–836; L. J. van der Lof, L’exe´ge`se exacte et objective des the´ophanies de l’Ancien Testament dans le »De Trinitate«, Aug(L) 14, 1964, 485–499. 847 Maier, Les missions (wie Anm. 436). 848 Dassmann macht darauf aufmerksam, daß in De trinitate keine Exegese der Thronvision Ezechiels geboten wird, die bei Hieronymus, Ambrosius und anderen Theologen des vierten Jahrhunderts eine große Rolle spielt. Gründe für Augustins Zurückhaltung vermag er aber nicht zu nennen (Trinitarische und christologische Auslegung der Thronvision

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terscheide sichtbare und unsichtbare Sendung, beide gehen auf den Hervorgang von Geist und Sohn zurück. Die unsichtbare Sendung bestehe in der Präsenz von Sohn und Geist in der Seele. Das Bild der Trinität in der Seele sei zurückzuführen auf die unsichtbare Sendung: Die memoria dei sei demnach für Augustinus auf den Akt der Offenbarung zurückzuführen. Basil Studer unterzieht knapp zehn Jahre nach Maier einen zentralen Aspekt von Augustins Theophanie-Exegese einer sehr viel exakteren theologiehistorischen Untersuchung.849 Allerdings ist nur am Rande von De trinitate die Rede. Studer geht von der Zitation einer Stelle aus dem Lukaskommentar des Ambrosius in Augustins Schrift De videndo deo (epist. 147) aus. Demnach können alle drei Personen der Trinität im Alten Testament in der Gestalt erscheinen, die der Wille sich erwählt und nicht etwa die Natur sich gebildet hat. Dies gehöre in die theologische Diskussion um die Theophanien seit der Synode von Sirmium 351. Ambrosius führe den Nachweis: Entweder wurde im Alten Testament nur der Sohn gesehen, dann darf man jedenfalls nicht (wie Photin) die Präexistenz des Sohnes bestreiten − oder die Trinität ist erschienen, aber eben in der willentlich gewählten Gestalt, da die Substanz unsichtbar bleibt (gegen die »Arianer«). Die Unterscheidung zwischen willentlicher und natürlicher Erscheinungsform geht nach Studer nicht auf Origenes zurück, sondern ist Ergebnis der nachnizänischen Diskussion.850 Studer verfolgt die komplizierte Debatte des vierten Jahrhunderts um dieses Thema. Augustins erkennt die antiphotinianische und antiarianische Funktion des Arguments sehr genau, was unterstreicht, daß Augustinus in diesem Punkt über Kenntnisse der Theologiegeschichte verfügt haben dürfte. Für De trinitate ergibt sich aus Studers Arbeit Wichtiges über Tertullian, Hilarius, Gregor von Elvira und Ambrosius als den Gewährsleuten Augustins. Aufgehellt wird auch der historische Hintergrund von Augustins Frage in den ersten vier Büchern von De trinitate, worin sich die alttestamentlichen Theophanien genau von der Menschwerdung unterscheiden. Josef Wohlmuth interessiert sich als Systematiker für das Verhältnis von immanenter und ökonomischer Trinität und liest aus dieser Perspektive Augustins Theophanie-Exegesen in De trinitate.851 Er vertritt die These, daß bei AugustiEzechiels in der patristischen Theologie, in: Im Gespräch mit dem Dreieinen Gott [FS Wilhelm Breuning], hg. von M. Böhnke/H. Heinz, Düsseldorf 1985, 159–174; hier 174). 849 Studer, Zur Theophanie-Exegese (wie Anm. 489). 850 Dagegen legt R. Lorenz Widerspruch ein (Rez. zu Studer, Theophanie-Exegese, ZKG 86, 1975, 100 f.). Er verweist auf Orig. c. Cels. II, 64 (GCS Origenes I, 185 f. Koetschau) u. VI, 77 (II, 146–149 K.). Dieses Werk scheint Augustinus aber nicht unmittelbar gekannt zu haben. 851 J. Wohlmuth, Theophanietexte in der Exegese des Augustinus. Ein systematisch orientiertes Gespräch zwischen Augustinus und der Phänomenologie, in: Stimuli. Exegese und ihre Hermeneutik in Antike und Christentum [FS Ernst Dassmann], hg. von G. Schöllgen/ C. Scholten, JAC.E 26, Münster 1996, 512–525. Vgl. zur Theologie der Theophanien auch G. Re´my, La dialectique en the´ologie trinitaire, RevSR 79, 2005, 219–247; E. F. Borges Teixeira, Miste´rio e epifania de Deus Pai. Estudio teolo´gico sobre o De Trinitate de Santo Agostinho, Diss. Gregoriana, Rom 2002.

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nus die Inkarnation des Sohnes für die Erkenntnis der forma dei letztlich überflüssig sei. Das sei der Preis für die Überbetonung der einen göttlichen oyÆsiÂa. Damit folgt Wohlmuth der überholten Verzeichnung des Werkes als einer typisch »westlichen« Unterschätzung der Dreiheit zugunsten der Einheit. Er verkennt auch, daß für Augustinus einzig der inkarnierte Christus Mittler geworden ist, durch den wir überhaupt erst Gott erkennen können. Dennoch sieht der Autor vielleicht einen Schwachpunkt richtig: Zumindest am Ende des vierten Buches von De trinitate legt Augustinus noch nicht überzeugend dar, weshalb die Einheit der Person Christi, die gegenüber den früheren Theophanien ein Novum darstellt, von prinzipieller Wichtigkeit für das Heil und für das Erkennen ist. Die Angelegenheit gehört zu dem größeren Themenkreis der »Heilsgeschichte« in De trinitate. Mehrere der wichtigsten Arbeiten dazu, die Publikationen von Bailleux, Bourassa und Studer, wurden bereits oben besprochen. An späterer Stelle des Forschungsberichtes werden die Studien von Verhees rezensiert, die vor allem den Frühschriften und der Pneumatologie Augustins gewidmet sind und das einstige Bild von der angeblich essentialistischen augustinischen Trinitätslehre nachhaltig erschüttert haben.852 Dennis W. Jowers rennt noch 1999 die gleiche, mittlerweile weit offenstehende Türe ein, wenn er die Kritik widerlegen zu müssen meint, Augustins Lehre von der Untrennbarkeit des Handelns der Trinität ad extra reiße einen unüberwindlichen Graben zwischen ewiger und ökonomischer Trinität auf.853 Ein Aufsatz von Magnus Löhrer über »Glaube und Heilsgeschichte« in De trinitate berührt nur zum Teil dieses Thema, denn vorrangig geht es um den Begriff des Glaubens.854 Erst der Glaube macht, wie Augustinus erklärt, die Ereignisse der Heilsgeschichte dem Menschen innerlich zugänglich. Am Anfang des Glaubens stehe für Augustinus die zustimmende Annahme des Berichteten, dazu trete aber das cogitare. Die Innerlichkeit der zunächst äußerlich erscheinenden fides historica werde in De trinitate stärker betont als in den früheren Schriften Augustins, nicht zuletzt durch die »Glaubenstrinität« im vierzehnten Buch: ac per hoc etiam trinitas ista quae nunc in eiusdem fidei praesentis ac manentis memoria, contuitu, dilectione consistit.855 Die Glaubensgegenstände seien für Augustinus nicht verstreute Wahrheiten, sondern bildeten eine einzige, gestufte Wirklichkeit, die sich in den Dimensionen der Ewigkeit und der Heilsgeschichte erstrecke und in Christus zusammengefaßt sei. Die Bewegung des Glaubens sei ein Nachvollzug der aufsteigenden Rückkehr Christi zum Vater. 852

Unten S. 219 und 299. D. W. Jowers, Divine Unity and the Economy of Salvation in the De Trinitate of Augustine, RTR 60/2, 2001, 68–84. Der Autor ignoriert die gesamte nicht-englischsprachige Forschung zu seinem Thema. 854 M. Löhrer, Glaube und Heilsgeschichte in De Trinitate Augustins, FZPhTh 4, 1957, 385–419. 855 Aug. trin. XIV, ii, 4 (CChr.SL 50a, 425, 22–24 M.). 853

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Wiederum ein Schüler von Studer versucht, dessen heilsgeschichtliche Lesart von De trinitate anhand eines einzigen Terminus zu stützen, der in diesem ganzen Werk nur siebenmal (und nur in den ersten vier Büchern) vorkommt. Bruno Uvini benötigt einen beträchtlichen exegetischen Aufwand, denn an fast allen dieser Stellen fällt das Wort dispensatio eher beiläufig. Wüßte man nicht, daß diese Vokabel im Lateinischen das griechische Wort oiÆkonomiÂa übersetzt, welches seinerseits bis heute im vielgebrauchten Ausdruck »Heilsökonomie« theologisch fortwirkt, so würde man den Belegstellen des Wortes in De trinitate wohl kaum soviel Beachtung schenken und aus ihrer Analyse mit Uvini zu dem weitreichenden Schluß gelangen, daß für Augustinus die oiÆkonomiÂa die ueologiÂa offenbare.856 Die Termini werden von Augustinus jeweils spezifiziert (dispensatio similitudinis, dispensatio congrua, dispensatio significationis). Entsprechend gliedert sich Uvinis in mancher Hinsicht durchaus anregende Studie. Übrigens wäre vielleicht, über Uvini hinaus, nach der Möglichkeit eines rhetorischen Hintergrundes bei diesem Begriff zu fragen. Von Tertullian jedenfalls kann dispensatio synonym mit dispositio als Äquivalent für oiÆkonomiÂa verwendet werden, und hier könnte noch die rhetorische Bedeutung der rechten Ordnung, der Disposition durchschimmern, die vielleicht auch für den Redner Augustinus in Betracht zu ziehen wäre.857 Der prominentere heilsökonomische Begriff in De trinitate ist derjenige der »Sendung« von Sohn und Heiligem Geist. Zwar wird der Terminus missio nur neunmal in diesem Werk gebraucht, doch der mit ihm bezeichnete Sachverhalt ist ein zentrales Thema der Bücher II bis IV. Die eingehendste Analyse dazu stammt von Johannes Arnold.858 Fragestellung und Leitlinien der ersten vier Bücher, so Arnold, ließen zunächst keine heilsökonomische Perspektive erkennen, doch werde im vierten Buch, ausgehend von den Sendungen, eine Soteriologie entwickelt, die den Rahmen der immanenten Trinitätslehre sprenge. Zunächst scheine es im zweiten Buch so, als beziehe sich die Sendung des Sohnes nur auf die Knechtsgestalt. Dies sei wohl ein frühes Stadium des missioBegriffs. Hingegen werde im vierten Buch deutlich, daß die Sendungen den inneren Hervorgängen entsprächen. Schindlers Deutung, die processio sei aus dem Begriff der missio ausgeschlossen, lehnt Arnold mit Recht ab: Sendung sei für Augustinus ein ewiger Hervorgang mit äußerer Manifestation. Nun definiert Augustinus das »Gesandtwerden« durch »Erkanntwerden« seitens des Menschen. Das ist, wie Arnold wohl richtig paraphrasiert, keine Reduktion auf das 856 B. Uvini, Dispensatio nel De Trinitate di Agostino di Ippona, Aug(R) 39, 1999, 407–465. Gleichzeitig erschien die Analyse der verschiedenen Bedeutungen von dispensatio bei Augustinus durch H. Müller/K.-H. Schwarte, Art. Dispensatio, AugLex II, 1996–2003, 487–498 857 Vgl. z. B. Tert. adv. Prax. ii, 1 (CChr.SL 2, 1160, 5 f. K./E.) und iv, 1 (1163, 7 f. K./E.). Zur dispositio vgl. Lausberg, Handbuch der literarischen Rhetorik (wie Anm. 389), § 443– 452. Vgl. auch K.-H. Schwarte, Art. Dispositio, AugLex II, 1996–2003, 498–504. 858 J. Arnold, Begriff und heilsökonomische Bedeutung der göttlichen Sendungen in Augustinus’ De Trinitate, RechAug 25, 1991, 3–69.

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äußere Erkennen, sondern drückt aus, daß der Gottessohn und der Heilige Geist in ihrer Herkunft vom Vater erkennbar sind und wirklich erkannt werden. Der Glaube sei für Augustinus Voraussetzung der späteren glückseligen Gottesschau, die das eigentliche Ziel der Sendungen sei: Darin bestehe ihre Heilsbedeutung. Erst die Erkenntnis der innertrinitarischen Hervorgänge läßt, so Augustinus in Arnolds Deutung, den Menschen in seiner Seele Analogien zur göttlichen Trinität entdecken und sich als Spiegel auf Gott ausrichten. Arnold versucht dies durch eine semantische Analyse der umgebenden Termini zu zeigen: contemplatio dei, purgatio cordis, Christus mediator, peregrinatio, patria usw.859 Es gelingt Arnold sicherlich, den soteriologischen Gehalt des vierten Buches zu verdeutlichen. Um einen heilsgeschichtlichen Gehalt handelt es sich aber nicht wirklich. Vielleicht ist dieser moderne Begriff, der ein Geschichtsverständnis des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts voraussetzt, ohnehin nicht für Augustinus tauglich. Im dritten Buch von De trinitate bettet Augustinus seine Überlegungen über die Theophanien und göttlichen Sendungen in eine Untersuchung über Gottes Wunderwirken ein.860 Forscher um 1900 behaupteten meistens entweder, für Augustinus seien Wunder rein natürlich zu erklären − entsprechend der bekannten Formulierung im »Gottesstaat«, wonach Wunder nicht gegen die Natur schlechthin geschehen, sondern nur gegen die Natur, insoweit sie uns bekannt ist.861 Oder die Gelehrten behaupteten, für Augustinus seien Wunder übernatürliche Ereignisse. Paul de Vooght überwand diese falsche Alternative, indem er den Abschnitt aus De trinitate zusammen mit einem Passus aus dem Genesiskommentar sachgemäß analysierte.862 Augustinus meint demnach durchaus, daß Wunder anders als normale, natürliche Abläufe zustandekommen, glaubt aber zugleich, daß die natürliche Schöpfung Gottes durch die rationes seminales die Keime der Wunder bereits enthält. Augustins Theorie des Wunders kommt also über die plumpe Vorstellung einer Durchbrechung der Naturgesetze hinaus. Ein typisches Beispiel der Interpretation eines Wunders in De trinitate, die Auferstehung der Toten in Ezechiels Vision, hat übrigens Pascal in den Pense´es als apologetisches Argument gegen die atheistische Leugnung von Auferstehung treffend paraphrasiert:

859

O’Leary, The Invisible Mission (wie Anm. 429), kritisiert auf recht unklare Weise, damit blicke Arnold auf die »platonischen« Aspekte des vierten Buches, während das mitti est cognosci in den Kontext von Augustins Ansätzen zu einer Überwindung der Metaphysik gehöre (vgl. unten S. 277). 860 Aug. trin. III, v-x (CChr.SL 50, 137–158 M.). 861 Aug. civ. XXI, viii (CChr.SL 48, 771, 34–36 D./K.): Portentum ergo fit non contra naturam, sed contra quam est nota natura. 862 P. de Vooght, La notion philosophique du miracle chez saint Augustin. Dans le »De Trinitate« et le »De Genesi ad litteram«, RThAM 10, 1938, 317–343; vgl. Gen. ad litt. VI, xiv (CSEL 28/1, 189, 1–19 Z.) und IX, xvi-xviii (289, 1 – 293, 27 Z.). Literatur zu den rationes seminales unten Anm. 1081.

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»Quelle raison ont-ils de dire qu’on ne peut pas ressusciter? quel est plus difficile, de naıˆtre ou de ressusciter, que ce qui n’a jamais e´te´ soit, ou que ce qui a e´te´ soit encore? Est-il plus difficile de venir en eˆtre que d’y revenir? La coutume nous rend l’un facile, le manque de coutume rend l’autre impossible: populaire fac¸on de juger!«863

3. Substanz, Relation, Person und communio Augustinus bezieht sich in De trinitate ausdrücklich auf das, was man heute »neunizänische« Trinitätslehre nennt, sogar auf die griechische Formel, in der sich der Neunizänismus freilich nicht erschöpft.864 Griechische Theologen, so sagt er nämlich, verwendeten zwar den Ausdruck yëpoÂstasiw, sed nescio quid volunt interesse inter oyÆsiÂan et yëpoÂstasin ita ut plerique nostri qui haec graeco tractant eloquio dicere consuerint miÂan oyÆsiÂan treiÄw yëpostaÂseiw, quod est latine, unam essentiam tres substantias. Sed quia nostra loquendi consuetudo iam obtinuit ut hoc intellegatur cum dicimus essentiam quod intellegitur cum dicimus substantiam, non audemus dicere unam essentiam, tres substantias, sed unam essentiam vel substantiam, tres autem personas.865

Augustinus sieht also Schwierigkeiten, den Unterschied von oyÆsiÂa und yëpoÂstasiw plausibel zu bestimmen, und zwar offensichtlich nicht (wie manchmal behauptet wird), weil ihm die griechische Unterscheidung unbekannt oder gar unverständlich gewesen wäre. Er durchschaut vielmehr deren konzeptionelle Schwäche. Jüngst hat Richard Cross sehr klar dargelegt, daß Augustins eben zitiertes nescio mißverstanden würde, wenn man daraus auf Augustins Unkenntnis der griechischen Debatten schließen würde.866 Im Gegenteil begründe Augustinus im siebten Buch von De trinitate präzise, welche logischen Probleme der Gebrauch der Termini für Substanz und Hypostase oder Person in der Trinitätslehre aufwirft. Cross betont, daß auch die drei Kappadokier unter863 Pascal, Pense´es, hg. von M. Le Guern, Paris 2004, 440 (Frg. 702 = 222 Brunschvicg = 882 Lafuma). Vgl. Aug. trin. III, vi, 11 (CChr.SL 50, 138, 1–8 M.): Et quis reddidit cadaveribus animas suas cum resurgerent mortui nisi qui animat carnes in uteris matrum ut oriantur morituri? Sed cum fiunt illa continuato quasi quodam fluvio labentium manantiumque rerum et ex occulto in promptum atque ex prompto in occultum usitato itinere transeuntium, naturalia dicuntur; cum vero admonendis hominibus inusitata mutabilitate ingeruntur, magnalia nominantur. Es handelt sich um die einzige Stelle aus De trinitate bei Pascal, die Ph. Sellier, Pascal et saint Augustin, Paris 1970, 614 mit Anm. 57, nachweist; doch gibt es wohl mehr, vgl. auch unten S. 364 mit Anm. 1518. 864 Markschies, Ambrosius (wie Anm. 582), 12–31 (»Die Problematik der lateinischen Übersetzung des Begriffs ›Hypostase‹«); ders., Was ist lateinischer »Neunizänismus«? Ein Vorschlag für eine Antwort, ZAC 1, 1997, 73–95, erneut in: Ders., Alta Trinita` Beata. Gesammelte Studien zur altkirchlichen Trinitätstheologie, Tübingen 2000, 238–264. 865 Aug. trin. V, viii f., 10 (CChr.SL 50, 216, 43 – 217, 1 M.), textkritisch entsprechend oben Anm. 60 korrigiert. Der Satz von Markschies (Ambrosius [wie Anm. 582], 17), »nach Tertullian hätte kein westlicher Theologe gewagt, drei Substanzen der Gottheit anzunehmen«, ist der Sache nach richtig, terminologisch aber nicht, wie der zitierte Passus aus De trinitate zeigt. 866 R. Cross, Quid tres? On What Precisely Augustine Professes Not to Understand in De Trinitate 5 and 7, HThR 100, 2007, 215–232.

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schiedliche Ansichten und Denkmodelle in dieser Frage erprobt haben und sich der Schwierigkeiten zum Teil ebenfalls bewußt gewesen seien. Cross meint allerdings, Augustins bevorzugte Analogie zum Substanz-Personen-Verhältnis in der Trinität sei das Erz-Statuen-Verhältnis. Dabei übersieht er zweierlei: Erstens, daß auch Gregor von Nyssa diese Analogie erwägt. Zweitens, daß Augustinus im Gegenteil das logische Scheitern auch dieser und überhaupt aller hier erwogenen kappadokischen Analogien aufzeigt. Gerade diese radikale Kritik Augustins bereitet den Boden für den Neuansatz ab dem achten Buch.867 Probleme sieht Augustinus auch im Substanzbegriff für sich genommen. Die Möglichkeit, yëpoÂstasiw auf Latein durch subsistentia übersetzen, ist für Augustinus unbefriedigend, weil er auch das Wort substantia von subsistere ableitet.868 Der Begriff substantia erscheint Augustinus nicht wirklich geeignet, Gottes Wesen zu bezeichnen, weil er als Gegenbegriff zu den Akzidentien Veränderbarkeit impliziere, die es in Gott nicht gibt. Darum werde das Wort substantia mißbräuchlicherweise auf Gott angewandt, passender sei essentia,869 denn dieses Wort stamme von esse, und das Sein komme Gott im eigentlichen Sinne zu.870 Anderswo vermerkt Augustinus allerdings mit Unbehagen, daß essentia ein verhältnismäßig neuer Terminus der lateinischen Sprache sei.871 Die komplizierte Begriffsgeschichte von substantia und essentia, in der Augustinus einen wichtigen Platz einnimmt, erkunden vor allem Arpe, de Ghellinck und Courtine.872 Niceto Bla´zquez leuchtet Augustins Substanzbegriff in De trinitate den verschiedenen Aspekten entsprechend aus.873 Baldo Ramo´n Pe´rez Paoli entfaltet in einer von Boeders Topologie der Metaphysik geprägten Universalschau die Umbildung des neuplatonischen Hypostasebegriffs zu einer Bestimmung Gottes als Subjekt, allerdings nicht mit hauptsächlicher Ausrichtung auf De trinitate.874 Roland J. Teske unterscheidet in klarer Weise drei Themenfelder, in denen Gottes Wesen in De trinitate begegnet: Erstens meine der 867

Vgl. dazu unten S. 504 ff. Aug. trin. VII, iv, 9 (CChr.SL 50, 259, 136 f. M.). Vgl. oben S. 93. 869 Ebd. VII, v, 10 (261, 16–19 M.). 870 Ebd. V, ii, 3 (207 f., 1–7 M.). 871 Aug. civ. XII, ii (CChr.SL 48, 356 f., 1–21 D./K.). 872 C. Arpe, Substantia, in: Ph. 94, 1941, 65–78; J. de Ghellinck, L’entre´e d’essentia, substantia et autres mots apparente´s dans le latin me´die´val, ALMA 16, 1942, 77–112; J.-F. Courtine, Note comple´mentaire pour l’histoire du vocabulaire de l’eˆtre (les traductions latines d’oyÆsiÂa et la compre´hension romano-stoı¨cienne de l’eˆtre), P. Aubenque (Hg.), Concepts et cate´gories dans la pense´e antique, BHPh, Paris 1980, 33–87. Vgl. auch H. Dörrie, ëYpoÂstasiw. Wort und Bedeutungsgeschichte, NAWG.PH 1955, 35–92, erneut in: Ders., Platonica minora, STA 8, München 1976, 137–153; J. Hammerstaedt, Art. Hypostasis, RAC XVI, 1994, 986–1035, und J. Halfwassen/B. Wald u. a., Art. Substanz, HWbPh X, 1998, 495–553. 873 N. Bla´zquez, El concepto de substancia segu´n san Agustı´n. Los libros De Trinitate, Aug(M) 14, 1969, 305–350. 874 B. R. Pe´rez Paoli, Der plotinische Begriff von yëpoÂstasiw und die augustinische Bestimmung Gottes als Subiectum, Cass. 41, Würzburg 1990. Vgl. H. Boeder, Topologie der Metaphysik, Freiburg/München 1980. 868

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Begriff das, was in bezug auf Gott selbst (ad se) und nicht relativ ausgesagt wird. Zweitens gehe es um das, was am besten essentia genannt wird und womit Augustinus sich von der aristotelischen oyÆsiÂa zur neuplatonischen Fassung Gottes als ipsum esse hinbewegt. Drittens gebrauche Augustinus den Begriff bei der Übersetzung eiusdem substantiae für das nizänische oëmooyÂsiow.875 In einem anderen Aufsatz widerlegt Teske die These eines anderen Forschers: Richard La Croix hatte behauptet, Augustins Darstellung göttlicher Einfachheit und Unveränderlichkeit sei inkohärent, weil ihr jegliches Kriterium für die Unterscheidung relativer und nicht relativer Eigenschaften Gottes ermangele.876 Augustins Begriff der innertrinitarischen Relationen gilt als einer seiner theologisch und wirkungsgeschichtlich wichtigsten Beiträge zur Trinitätslehre. Das Kapitel über die Relationen in der großen Monographie von Schmaus läßt den philosophie- und weitgehend auch den theologiegeschichtlichen Hintergrund außer acht. Schmaus beschreibt zum Teil gar nicht Augustins Konzeption, sondern die der Scholastik, etwa wenn er die Idee »substantialer Relationen« bereits Augustinus zuschreibt, der doch in Wahrheit die Relationen in Gott weder als akzidentell noch als substantiell versteht.877 Augustinus entwickelt seine Theorie im fünften Buch von De trinitate, um einen antinizänischen Einwand zu entkräften, demzufolge alles über Gott Gesagte seine Substanz betreffe, und darum aus der Verschiedenheit der Prädikate »gezeugt« und »ungezeugt« die Substanzverschiedenheit des Sohnes gegenüber dem Vater folge. Augustinus gibt den Antinizänern recht darin, daß es keine Akzidentien in Gott gebe. Die Relationen wie »gezeugt« und »nicht gezeugt« seien eben keine Akzidentien, allerdings auch keine Substanzen. Würde Augustinus die Relationen für substantial halten, bliebe der antinizänische Einwand unwiderlegt. Die Frage ist, ob Augustins Theorie wirklich eine Lösung bietet. Der antinizänische Einwand wird durch Augustinus nur dann widerlegt, wenn »Relationen« wirklich etwas anderes als »Substanzen« sind; diese Andersheit wird innerhalb des Koordinatensystems der aristotelischen Kategorienschrift klar sichtbar, wo die Relationen eben zu der Gruppe der Kategorien zählen, die nicht Substanz sind. Nun will Augustinus aber in Gott die Relationen keinesfalls als akzidentell verstehen, weil seiner Definition zufolge Akzidentien nur dort gegeben sind, wo Wandel stattfindet. Wenn somit für Augustinus die Relationen in Gott weder Substanzen noch Akzidentien sind − was sind sie dann? Augustinus beantwortet die Frage nicht. Er setzt den Satz voraus, es gebe nur ent875 R. J. Teske, Augustine’s Use of »Substantia« in Speaking About God, MSM 62, 1984/85, 147–163. 876 Ders., Properties of God and the Predicaments in De Trinitate V, MSM 59, 1981/82, 1–19. Vgl. R. La Croix, Augustine on the Simplicity of God, NSchol 51, 1977, 468 f. Teske geht in beiden Aufsätzen auch auf die Kritik von Durrant an Augustins Substanzbegriff ein (unten S. 278). Verwandt mit Teskes Fragestellung ist der Aufsatz von C. E´. Viola, Hoc est enim Deo esse, quod est magnum esse, in: SofiÂhw maihÂtorew (wie Anm. 268), 403– 420. Vgl. L. Ayres, Being (esse/essentia), AugTA, 1999, 96–98. 877 Vgl. oben S. 139.

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weder Substanzen oder Akzidentien, gelangt dann aber zu der Feststellung, in Gott seien die Relationen weder das eine noch das andere. Ein Argument dafür, warum (etwa im Sinne einer cusanischen Koinzidenzlehre) in Gott der Satz des Widerspruchs nicht gelten muß, liefert Augustinus aber nicht. In einer vielzitierten Passage aus Seebergs Lehrbuch der Dogmengeschichte heißt es: »Das Epochemachende in diesem neuen Aufbau der Trinitätslehre ist die Einführung des Begriffes der ›Relation‹. Dieser Begriff bleibt fortan in der abendländischen Dogmatik maßgebend. Es ist die zarteste und weichste Linie, die ausfindig gemacht werden konnte, um irgendwie die Differenzen im göttlichen Sein zu markieren, ohne doch dabei die Einheit durch schwere Kategorien zu zerstören.«878

Das ist schön gesagt − doch Worte wie »zart«, »weich« und »irgendwie« haben in einem strengen Denken und Argumentieren nichts zu suchen. Ob der Relationsbegriff in der nachaugustinischen Theologie konsistenter und plausibler bestimmt worden ist, muß hier nicht gefragt werden. Bei Augustinus selbst jedenfalls wird er nicht aus einer genaueren kategorientheoretischen oder ontologischen Reflexion heraus entwickelt, sondern er wird eingeführt, um ein sonst schwer widerlegbares Argument für die Substanzverschiedenheit von Gott dem Vater und dem Sohn unschädlich zu machen. Fast könnte man meinen, die Einführung des Relationsbegriffs sei einem Griff in die argumentative Trickkiste des gelernten Rhetorikprofessors geschuldet.879 Bei genauerem Hinsehen scheint es allerdings eher so, daß Augustinus hier statt auf die Kategorienlehre auf eine noch ältere ontologische Grundunterscheidung zurückgreift.880 Die wichtigsten Arbeiten zu Augustins Relationslehre sind noch immer die mittlerweile dringend überholungsbedürftigen Studien von Ire´ne´e Chevalier. Einem Aufsatz über den Relationsbegriff bei Sextus Empiricus, Alexander von Aphrodisias, Ammonius Sakkas, Plotin und Porphyrius ließ er eine interpretierende Paraphrase der betreffenden Passagen in De trinitate V bis VII und der weiteren einschlägigen Schriften Augustins (Tractatus in Iohannis evangelium XXXIX, Enarratio in Psalmum LXVIII, Epistula 170 und 238, De civitate dei XI, x) folgen.881 Schließlich kam sein Buch über das Thema heraus.882 Die philosophiegeschichtlichen Hintergründe spielen hierin kaum mehr eine Rolle, zunächst werden die genannten Texte Augustins präsentiert und datiert (diese Chronologien sind heute überwiegend widerlegt883). Anschließend wird die Relationslehre Augustins analysiert. Im längsten Teil wird dann dargestellt, wie 878

Seeberg, Lehrbuch, Bd. 2 (wie Anm. 521), 159. Die Behandlung der zehn Kategorien galt im Rhetorik-Unterricht als grundlegend: Quint. inst. III, vi, 22–24 (I, 146, 12–27 W.). Vgl. Prisc. gramm. III, i, 2 f. (II, 82, 17 – 83, 5 Keil). 880 Vgl. unten S. 208 und S. 498 f. 881 I. Chevalier, Le relatif »selon l’eˆtre« chez quelques te´moins de la Renaissance helle´nistique, DT 16, 1938, 67–84; ders., La the´orie augustinienne des relations trinitaires. Analyse explicative des textes, DT 18, 1940, 317–384. 882 Chevalier, S. Augustin et la pense´e grecque (wie Anm. 239). 883 Oben S. 40. 879

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sich die Relationslehre in der Trinitätstheologie bei Athanasius, bei dem Homoiusianer Basilius von Ankyra, Epiphanius von Salamis, Basilius von Caesarea, Gregor von Nazianz und Didymus dem Blinden vorbereitet. Demnach gab es zwei verschiedene Strömungen: Entweder galten, ausgehend von neuplatonischen und stoischen Theorien, die Relationen als das durch Zeugung oder Hervorgang bedingte Band zwischen zwei Personen. Oder die Relationen galten, ausgehend von der aristotelischen Kategorienlehre, als Gegensatz zur Substanz. Die wenigen lateinischen Zeugnisse der Relationslehre vor Augustinus gehören nach Chevalier zur ersten Strömung, während bei den griechischen Theologen beide Strömungen ineinanderfließen, bei Dominanz des neuplatonischen Zweiges. Bei Augustinus dagegen überwiege in diesem Punkt der Aristotelismus. Chevalier relativiert einerseits das sattsam bekannte Schema vom Unterschied »westlicher« und »östlicher« Trinitätslehre, indem er zeigt, daß auch die Griechen die Relationslehre vertreten, die manchmal als Indiz für den versteckten Modalismus der westlich-augustinischen Trinitätslehre gilt. Andererseits behält für Chevalier das Schema darin seinen Wert, daß die Griechen die Relation als Ursprungsbeziehung verstehen, Augustinus dagegen von der Einheit Gottes ausgehe und in diese Einheit, um der geoffenbarten Hervorgänge willen, die Relationen eintrage. Chevalier gibt zu, daß Augustins Relationstheorie dem Sabellianismus oder Modalismus nicht in gleicher Weise zu antworten vermag wie dem Arianismus, doch meint er, daß Augustinus durch seinen von der Bibel herrührenden Realismus der Unterscheidungen der Personen vor dem Modalismus gefeit ist. Augustinus habe mit der Relationslehre dem Eunomianismus antworten wollen, nicht aber in das innerste Geheimnis der Trinität eindringen wollen. Die für die römisch-katholische Tradition maßgebliche Lehre der Bulle Cantate Domino aus dem Jahre 1442, derzufolge in den göttlichen Personen alles eins sei, außer wo ein Gegensatz der Relation dem entgegenstehe (omnia sunt unum, ubi non obviat relationis oppositio), ist zwar zunächst nur ein Zitat aus De processione spiritus sancti des Anselm von Canterbury, der damit seinerseits Augustinus weiterführt.884 Aber Chevalier verweist auf mehrere entfernt ähnliche Formulierungen des Gregor von Nazianz.885 Jedenfalls, so meint er, sei es von Augustins Relationstheorie nur noch ein Schritt zur scholastischen Lehre von den subsistenten Relationen gewesen. Chevaliers Arbeiten behalten als »Dogmengeschichte der Relation« einen gewissen Wert. Problematisch ist aber, daß der Autor vorschnell meint, mit seiner Untersuchung Augustins griechische Quellen nachgewiesen zu haben. Für Quellenfragen haben die methodisch viel exakteren Arbeiten von Courcelle und Altaner die von Chevalier ersetzt. Altaner hat in seiner Rezension mit Recht darauf bestanden, daß bloße inhaltliche Parallelen nicht als Quellennachweis genügen können.886 884 Vgl. dazu L. Hödl, Das trinitätstheologische Fundamentalprinzip des Anselm von Canterbury. Ursprung und Geschichte, RThPhM 69, 2002, 172–214. Der Textabschnitt der Bulle ist am leichtesten in DS/DH 1330 zugänglich. 885 Chevalier, S. Augustin et la pense´e grecque (wie Anm. 239), 169.

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Zum fünften Buch von De trinitate sind zwei ausführliche Kommentare erschienen, die aber beide wenig Erhellendes zur Relationslehre bringen: Michael L. Carreker geht es in seiner nicht als Buch erschienenen Dissertation vorrangig um den Gedankengang der Bücher V bis VII im Gesamtwerk De trinitate, und Matthias Smalbrugge handelt von den Möglichkeiten des Erkennens nach Augustinus.887 Jose´ Mora`n zeichnet in eher großzügigen denn exakten Linien biblische, dogmenhistorische und theologiegeschichtliche Voraussetzungen von Augustins Konzept der trinitarischen Relationen nach.888 Luis F. Ladaria Ferrer macht auf einen gewissen Widerspruch bei Augustinus aufmerksam:889 Die Unterscheidung von Wesen und Relation in Gott solle die Antinomie von Einheit und Verschiedenheit auflösen; wer nun meine, wegen Gottes absoluter Einfachheit sei der Personbegriff nicht auf der Wesensebene (ad se), sondern auf der Relationsebene (ad aliquid) anzusetzen, sehe sich aber getäuscht. Denn Augustinus sage in De trinitate VII: ad se quippe dicitur persona.890 Erst Thomas von Aquin habe mit seiner Definition der Person als subsistierender Relation eine Synthese geschaffen. Am Schluß setzt sich Ladaria Ferrer aufgrund der Bücher V bis VII von De trinitate kritisch mit Ansichten auseinander, wonach es Augustinus an heilsgeschichtlicher Perspektive mangle: Die Sendungen der Personen des Sohnes und des Heiligen Geistes sprächen gegen eine solche Sicht. Ein Aufsatz von William Hill trägt den Titel »Agostino e il concetto di relazione« nicht ganz zu Recht, denn eigentlich handelt es sich um eine knappe Skizze von Augustins Trinitätslehre insgesamt.891 Eine Arbeit von Hermann Deuser verbindet im Anschluß an Augustinus die Relationslehre mit der Theorie des inneren Wortes, um von dort aus zur Semiotik von Charles S. Peirce 886

Altaner, Rez. (wie Anm. 239). − Chevaliers Ansichten wurden in vereinfachter Form dem italienischen Publikum durch eine Arbeit vermittelt, die ansonsten kaum selbständigen Wert hat, ihre Abhängigkeit von Chevaliers Buch allerdings auch nicht verheimlicht: G. Mascia, La teoria della relazione nel »De Trinitate« di S. Agostino (studio introduttorio), Neapel 1955, hier 14. Auch eine weitere italienische Arbeit über die trinitarischen Relationen bei Augustinus und Thomas von Aquin − erschienen ist nur der erste Teil, in dem Augustins Relationslehre sehr ausführlich und mehrfach im Vergleich zu Thomas dargestellt wird − muß nur der Vollständigkeit und Kuriosität halber erwähnt werden: G. Mustillo, Le relazioni trinitarie in Sant’Agostino e San Tommaso d’Aquino [Teil 1: Augustinus], Pars dissertationis ad lauream in facultate S. Theologiae apud Pontificiam universitatem S. Thomae de Urbe, Campobasso 1977. Der Autor beginnt sein Buch mit zwei kurzen biographischen Notizen über Augustinus und Thomas (XVII f.). Er erklärt, Jesus habe noch keine Theologie im wissenschaftlichen Sinne betrieben (6). Das Nichtvorhandensein des scholastischen Begriffs der subsistenten Relation bei Augustinus sei ein Mangel, der aber damit zu entschuldigen sei, daß allein der Sohn Gottes vollkommen sei, nicht aber Augustinus. 887 Zu Carreker oben S. 188, zu Smalbrugge oben Anm. 834. 888 J. Mora´n, Las relaciones divinas, segu´n San Agustı´n, Aug(M) 4, 1959, 353–372. 889 L. F. Ladaria Ferrer, Persona y Relacio´n en el De Trinitate de San Agustı´n, MCom 30, Nr. 57, 1972, 245–291. 890 Aug. trin. VII, vi, 11 (CChr.SL 50, 262, 22 M.). 891 W. Hill, Agostino e il concetto di relazione, SacDoc 34, 1989, 517–526.

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überzugehen.892 Das ist keineswegs willkürlich, da Peirce eine triadische kategoriale Semiotik entwickelt hat, wonach alle menschlichen Wahrnehmungs-, Erkenntnis- und Denkakte dreistellig verfahren: Ein Erstes verhält sich zu einem Zweiten, und die Bezugnahme selbst gehört als Drittes zum selben Akt. Hier liegt vielleicht noch ungenutztes Potential, über Deusers Entwurf hinaus. Nachdem Augustinus in De trinitate V gezeigt hat, inwiefern der Heilige Geist von Ewigkeit her »Geschenk« ist, obwohl er erst in der Zeit Menschen »geschenkt« wird, antwortet er am Schluß des Buches einem möglichen Einwand. Man bezeichnet Gott als dominus, und nach ältester logischer Tradition893 gehört »Herr« zu den relativen Begriffen, die ein gleichzeitiges Korrelat fordern: kein Herr ohne Knecht, kein Knecht ohne Herr, und daher auch kein dominus deus ohne beherrschte Kreatur. Zeigt sich darin aber nicht doch, so der Einwand, daß relative Begriffe sogar bei Gott accidentia sind, also etwas bezeichnen, das der Substanz erst in der Zeit »widerfährt« (accidit) und sie verändert?894 Gerade dies hatte Augustinus durch die These ausschließen wollen, in Gott seien Relationen weder Substanz noch Akzidens. Augustinus begegnet dem Einwand durch Unterscheidung zweier Relationstypen: Relationen der Art »Freund − Freund« setzen an beiden Relaten Veränderung voraus, damit es zur Relation kommt. Dagegen verändert sich bei der Relation »Münze − Kaufgegenstand« für die Substanz der Münze nichts, wenn sie aus ihrer Ruhestätte im Geldbeutel zum Bezahlen herausgenommen wird. Um so mehr, sagt Augustinus, verändert sich der unveränderliche Gott nicht dadurch, daß sich erst in der Zeit, wenn es eben Geschöpfe gibt, sein Herrsein eigentlich aussagen läßt. Die Veränderung und damit das Akzidentelle liegen einzig auf Seiten der Geschöpfe.895 In De civitate dei XII kommt Augustinus aus einem ganz anderen Blickwinkel auf die Thematik zu sprechen.896 Er wendet sich gegen philosophische Lehren von der Ewigkeit der Schöpfung. Origenes hatte diese mit dem Argument begründet, da Gott in Ewigkeit Herr sei, müsse es auch in und seit Ewigkeit von ihm beherrschte Geschöpfe geben (welchen ontologischen Status auch immer diesen Kreaturen in Gottes Ewigkeit einräumen mag).897 Augustinus lehnt diese Theorie aufgrund des biblischen Schöpfungsglaubens ab und erklärt, daß Gott zwar gewiß zu keiner Zeit ohne Geschöpfe gewesen sei (denn Zeit und Schöpfung sind gleichen Ursprungs), aber die Geschöpfe nicht gleichewig mit Gott seien. Wie das gleichsam potentielle Herrsein genauer zu denken ist, kann Augustinus aber nicht dartun und gesteht darum, die Frage gehe letztlich über sei892

H. Deuser, Trinität und Relation, MJTh 10, 1998, 95–128. Plat. Parm. 133 d 7 – 134 a 1 (Burnet); Aristot. cat. vii (6 b 29 f. [20 M.-P.]); 7 a 28 – b 7 [21 f. M.-P.]). Für Augustinus eher zugänglich (vgl. oben S. 68 mit Anm. 334), wie oft übersehen wird: Ps.-Aug. categ. 98 (155, 15–17 M.-P.): cum ›dominum‹ dixeris, necessario exsistet et servus, cum vero dominum tuleris, nec servus apparet. 894 Aug. trin. V, xvi, 17 (CChr.SL 50, 224 f., 4–10 M.). 895 Ebd. (224–226 M.). 896 Aug. civ. XII, xvi (CChr.SL 48, 370–372 D./K.). 897 Vgl. oben S. 85. 893

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ne Kräfte. Die Konzeption der nichtakzidentellen Relationen erwähnt Augustinus in De civitate dei XII nicht, weil sie das Argument des Origenes natürlich nicht entkräften würde. Perler bedenkt in seiner Dissertation diese Unterschiedlichkeit der Kontexte von De trinitate V, xvi und De civitate dei XII, xvi zuwenig. Er interpretiert ohne Anhaltspunkt in einer expliziten Formulierung Augustins die Relationen so, als seien sie für Augustinus Beziehungen des göttlichen Wissens zu den Ideen nicht bloß realer, sondern auch gedachter, möglicher Geschöpfe: Die Ideen im Geiste Gottes seien für Augustinus (wie später für Thomas von Aquin) gedankliche Beziehungen, und diese Lösung eines alten Problems zeige, daß De trinitate V nach De civitate dei XII verfaßt worden sei.898 Mit Recht hat Kusch widersprochen und gezeigt, daß Perler späteres scholastisches Denken auf Augustinus projiziert und überdies die chronologische Reihenfolge von De trinitate V und De civitate dei XII höchstwahrscheinlich gerade umkehrt.899 Aber auch Kusch erfaßt die unterschiedlichen Kontexte der zwei Kapitel nicht. Er meint, Augustinus habe die in De trinitate V entwickelte Lehre von den zeitlichen Beziehungen Gottes zur Schöpfung kurze Zeit später in De civitate dei XII aufgegeben, weil er ihre Schwäche bemerkt habe: Wenn die Relationen weder Substanzen noch Akzidentien seien, so handle es sich um bloße Namen, etwas nur Gedachtes. Augustinus sagt in De civitate dei XII, xvi, Gott sei semper Herr der Schöpfung. Kusch mißdeutet semper als »von Ewigkeit her«. Doch Augustinus meint im Gegenteil: »seit es Zeit gibt«. Daher haben die Kommentatoren der lateinisch-französischen De civitate deiAusgabe recht, wenn sie gegen Kusch (freilich zu pauschal und ohne seine Irrtümer zu benennen und zu widerlegen) festhalten, daß Augustins Auffassungen in De trinitate und De civitate dei einander nicht widersprechen.900 Dennoch hat Frohnhofen die Problemstellung Kuschs Jahrzehnte später erneut aufgegriffen. Er will zunächst den Gedankengang von De trinitate V in einer formalisierten Thesenreihe zusammenfassen, doch unterläuft ihm der fatale, den ganzen Aufsatz in eine falsche Richtung lenkende Fehler, die »einzige Unterschiedenheit« der drei göttlichen Personen nach Augustinus »in dem verschiedenen Inbeziehungsein Gottes zu der Schöpfung« zu sehen. Das ist aber keinesfalls Augustins Auffassung. Augustinus kennt sowohl die göttlichen Relationen ad creaturam als auch ad invicem.901 Die entscheidenden Relationen wie Vatersein und Sohnsein sind für Augustinus selbstverständlich innergöttliche Relationen, die nicht und schon gar nicht »einzig« auf die Schöpfung bezogen sind.902 Den Herrentitel 898

O. Perler, Der Nus (wie Anm. 265), 101–105. H. Kusch, Studien über Augustinus. II. Der Titel Gottes »dominus« bei Augustinus und Thomas von Aquino, in: Festschrift Franz Dornseiff zum 65. Geburtstag, hg. von H. Kusch, Leipzig 1953, 184–200. 900 G. Bardy/F.-J. Thonnard, Les proble`mes de la cre´ation, BAug 35, 1959, 504–507. 901 Aug. trin. V, xi, 12 (CChr.SL 50, 218, 2 M.). 902 Ebd. (218–220, 1–37 M.). 899

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Allgemeine und theologische Aspekte von »De trinitate«

gesteht Augustinus Frohnhofen zufolge in De trinitate V Gott erst nach realisierter, nicht bereits bei potentieller Beziehung zu seinen Geschöpfen zu (auch hier mißversteht Frohnhofen seinen Autor), und nur dies habe er in De civitate dei XII korrigiert, wo er von der ewigen Dauer der Herrschaft Gottes spreche − letzteres Mißverständnis übernimmt der Autor von Kusch.903 Das Buch Trinität und Amt nach Augustinus von Felix Genn trägt einen etwas mißverständlichen Titel.904 Der Autor will eine Theologie des kirchlichen Amtes entwickeln, in der das Dilemma zwischen einer nur christologischen und einer nur funktional-ekklesiologischen Auffassung des Amtes überwunden ist. Genn versucht zu diesem Zweck, eine Vermutung von Joseph Ratzinger als richtig zu erweisen. Sie bezieht sich auf die nicht sicher von Augustinus stammende, doch vielzitierte Predigtsentenz im Predigten-Corpus des Caesarius von Arles: »Für euch bin ich Bischof, mit euch bin ich Christ.«905 Ratzinger interpretiert das Diktum so: »›Ad se‹ ist jeder nur Christ . . . ›Pro vobis‹, d. h. in der Relation auf die anderen hin, . . . wird man Träger des Amtes«. Von daher stellt Ratzinger die Hypothese auf, daß ein Zusammenhang zwischen Augustins Amtsverständnis und seiner trinitätstheologischen Relationslehre bestehe.906 Genn will die von Ratzinger mit Recht als im strengen Sinne unbeweisbar bezeichnete Hypothese untermauern. Er sammelt viele interessante Beobachtungen zu Augustins Verständnis des Priesteramtes. Augustins Relationslehre wird hingegen knapp dargestellt und weitgehend aus dem Zusammenhang der Trinitätslehre und der Theologiegeschichte gerissen. Die verbindenden Fäden zwischen Amtstheologie und Relationstheorie sind bei Augustinus dünn. Genn meint, das Relationale präge Augustins Denkstruktur und damit auch sein Amtsverständnis. Die These, das Amt sei für Augustinus Beziehung im Leib Christi, und damit Beziehung zur Trinität wie auch zu den Miterlösten, stellt jedoch Verbindungen her, die in Augustins Texten allenfalls in vereinzelten Formulierungen anklingen mögen. Doch zeigt Genns Buch, wie mit augustinischen Elementen eine neue Theologie des Amtes entworfen werden kann.

903 H. Frohnhofen, Gottes relationales Sein und der Beginn der Gottesherrschaft. Augustins De trin. V und De civ. dei XII 16, VigChr 40, 1986, 145–152; span. Übersetzung: Ser relacional de Dios. Para una inteligencia del De Trinitate 5 y del De civitate Dei 12, 16, Aug(M) 31, 1986, 123–130. 904 F. Genn, Trinität und Amt nach Augustinus, SlgHor N. F. 23, Einsiedeln 1986; ders., Amt und Trinität bei Augustinus, in: Congresso internazionale su s. Agostino nel XVI centenario della conversione. Roma, 15–20 settembre 1986. Atti 2, SEAug 25, Rom 1987, 157–168. 905 Aug. (?) serm. 340, 1 = Caes. Arel. serm. 232 (CChr.SL 104, 919–921 Morin). Vgl. H. R. Drobner, »Für euch bin ich Bischof«. Die Predigten Augustins über das Bischofsamt (Sermones 335/K, 339, 340, 340/A, 383 und 396). Einleitung und Übersetzung, Augustinus heute 7, Würzburg 1993, 53–62 mit neuerer Literatur, wonach Augustins Verfasserschaft nicht einmal für den betreffenden Abschnitt der Predigt zweifelsfrei feststeht. 906 J. Ratzinger, Zur Frage nach dem Sinn des priesterlichen Dienstes, GuL 41, 1968, 347–376; hier 370 f.

Substanz, Relation, Person und »communio«

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Ratzinger hat in einem anderen Aufsatz im Anschluß an die neuere Forschung referiert, wie das moderne Personverständnis letztlich aus der antiken Exegese und Trinitätslehre heraus entstanden ist.907 »Das Wesen von Geist ganz allgemein ist das In-Beziehung-sein« (219). Augustinus habe die drei göttlichen Personen im fünften Buch von De trinitate als Relationen gedeutet. »Hier wird die Beziehung, die Relation als eine dritte eigentümliche Grundkategorie zwischen Substanz und Akzidens, den beiden großen kategorialen Formen des antiken Denkens, erkannt, und es tritt uns wieder die christliche Neuheit der personalistischen Idee ganz scharf und deutlich entgegen« (212).

Augustinus habe dabei aber leider »eine entscheidende Verkürzung« vorgenommen, insofern er »die göttlichen Personen in das Innere des Menschen hineindeutet, als ihre Entsprechungen innerpsychische Vorgänge annimmt« (215). Ratzinger meint also einerseits, Augustins Trinitätslehre habe geradezu den Weg eröffnet, der auf ein relationales Personverständnis führt. Andererseits wirft er Augustinus vor, er habe durch die Konzeption der bloß internen, innergöttlichen Beziehungen diesen Weg sogleich auch wieder verstellt.908 Athos Turchi versucht dagegen das, was Augustinus in De trinitate V, 5 über das Verständnis der göttlichen Person als Relation sagt, für das Verständnis der menschlichen Person zu retten. Auch er meint, Augustinus begründe die Relation als neue, philosophisch zuvor »unmögliche« dritte Kategorienart zwischen Substanz und Akzidens, und zwar tue er das über die Ewigkeit der göttlichen Person. Auch des Menschen Bezug zu Gott trage aber Ewigkeitscharakter. Daher lasse sich der trinitarische Personbegriff mutatis mutandis auf den Menschen übertragen, allerdings nur im Rahmen eines ontologischen Umdenkens (wie Turchi vor allem in Anlehnung an Thomas von Aquin zu zeigen versucht).909 Sowohl gegen Ratzinger wie gegen Turchi und viele andere Theologen muß freilich festgehalten werden, daß Augustinus erstens noch keineswegs die scho907 Ders., Zum Personverständnis der Theologie, in: Ders., Dogma und Verkündigung, München/Freiburg 1973, 205–223 (die folgenden Ziffern in Klammern beziehen sich auf diesen Aufsatz). In der letzten Fußnote (223 Anm. 12) mildert Ratzinger seine Kritik und meint, einschneidender sei die Wende gewesen, die Thomas von Aquin durch seine Trennung zwischen der philosophischen Ein-Gottes-Lehre und der theologischen Trinitätslehre vollzog: »Sie führte Thomas dahin, die in der alten Kirche für häretisch geltende Formel, Gott sei una persona, für legitim anzusehen« (Summa theologiae III, qu. 3, a. 3, ad 1). 908 In einem etwas amateurhaft geschriebenen Büchlein möchte Willy Bongard die heilsökonomische Bedeutung der angeblichen psychologischen Trinitätslehre (die er neuscholastischen Dogmatiken entnimmt) gegen Kritiken Rahners und Ratzingers verteidigen, indem er das Sein der Person als etwas Gegebenes betrachtet, das nicht durch Beziehung konstituiert, sondern entfaltet wird. Der Vorschlag ist weder neu noch notwendig falsch und hätte mehr Aufmerksamkeit verdient gehabt, wäre er zwanzig Jahre früher publiziert worden (W. Bongard, Schwierigkeiten heutiger katholischer Theologie mit der psychologischen Trinitätslehre des hl. Augustinus, Dülmen 1994; das Buch knüpft an desselben Verfassers Analogia Trinitatis, Dülmen 1992, an). 909 A. Turchi, Persona divina − persona humana: nota di cristologia e di filosofia. Commento di un testo di S. Agostino: De Trinitate, V, 5, Ang. 76, 1999, 341–365.

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lastische Lehre von den Personen als subsistierenden Relationen vertritt.910 Im Gegenteil zeigt er die Aporie auf, die entstehe, wenn Gottes Sein ad se, die göttlichen Personen dagegen relative ausgesagt würden: Dann müßte der Begriff »Personen« wie der Begriff »Freunde« gebraucht werden können und also analog z. B. Gott-Vater die Person des Sohnes genannt werden können, was nicht der Fall ist.911 Zweitens ist die Theorie, Augustinus habe gleichsam als erster das Schema von Substanz und Akzidens zugunsten der Relation durchbrochen (und dadurch dem Personalismus oder einer neuartigen »relationalen Ontologie« vorgearbeitet), historisch völlig falsch, auch wenn sie in der Theologie gerne vertreten wird: Augustinus ersetzt das Schema von Substanz und Akzidens in De trinitate V durch das Schema ad se − ad aliquid, das (wie anscheinend noch niemandem aufgefallen ist) nichts anderes ist als die grundlegende Einteilung von Selbständigem und Relativem in der platonischen Akademie mit ihrer reichen hellenistischen und lateinischen Wirkungsgeschichte.912 Drittens ist immer wieder zu betonen, daß Augustinus da, wo er seine Relationstheorie einführt, kaum vom Personbegriff spricht, und umgekehrt da, wo er den Personbegriff diskutiert, kaum den Relationsbegriff zur Geltung bringt. Vor allem der scharfsinnige A. C. Lloyd hat eindringlich davor gewarnt, bei Augustinus einen relationalen, personalistischen Personbegriff finden zu wollen. Denn es gehe Augustinus um die Gotteslehre, und daher habe er die Möglichkeit gerade nicht genutzt, Gottes interne Relationen auf menschliche externe Beziehungen zu übertragen.913 Manche älteren und neueren Arbeiten müssen 910 Zu Thomas von Aquin, Summa theologiae I, qu. 29, a. 4, resp. (Relatio autem in divinis non est sicut accidens inhaerens subiecto, sed est ipsa divina essentia. Unde est subsistens, sicut essentia divina subsistit) bemerkt Pannenberg sehr pointiert: »Der künstliche Schein dieser Argumentation liegt in der Annahme, daß die mit der relatio verbundene Entgegensetzung der Relata bei der Anwendung auf Gott bestehen bleibe, obgleich die Relation ebenso wie andere akzidentelle Bestimmungen in den Aussagen über die Gottheit ununterscheidbar mit dem göttlichen Wesen zusammenfällt . . . Nur im Verhältnis zum entgegengesetzten Relationsglied besteht jeweils ein realer Unterschied . . . Aber wenn die Relationsausdrücke im Verhältnis zum göttlichen Wesen wie alle anderen gedanklichen Zuschreibungen nur gedanklich unterschieden werden können, dann gilt dies auch für die zwischen ihnen bestehenden Entgegensetzungen. Daher ist es Thomas nicht gelungen, die Selbständigkeit der Personen als subsistierende Relationen als denkbar erscheinen zu lassen.« (Systematische Theologie, Bd. 1, Göttingen 1988, 321 Anm. 124). 911 Aug. trin. VII, vi, 11 (CChr.SL 50, 261 f., 1–27 M.). 912 Vgl. unten S. 449 und 498 f. 913 A. C. Lloyd, On Augustine’s Concept of a Person, in: Markus (Hg.), Augustine (wie Anm. 1152), 191–205. Vermutlich wäre von diesem Aufsatz ausgehend auch der Versuch von Emmanuel Falque kritisch zu würdigen, der auf wenig klare Weise den Einbruch der Relationalität in die Substanzontologie ins Visier zu nehmen scheint (Saint Augustin ou comment Dieu entre en the´ologie. Lecture critique des livres V-VII du »De Trinitate«, NRTh 117, 1995, 84–111). Madec ließ das Fallbeil über diesen Aufsatz niedersausen: »Ayant du mal a` imaginer comment ›les pores des vieilles outres‹ pourraient se briser ›sous le poids du vin nouveau‹ (cf. p. 85), je suis encore plus de´muni pour supporter le charabia, inspire´ de M. Heidegger et de J.-L. Marion, qui, tout au long de cet article, affuble une analyse dont je soupc¸onne l’indigence« (RE´Aug 41, 1995, 385).

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an diesen Beobachtungen gemessen werden, vor allem wenn sie (wie ein berühmt gewordener Vortrag von Paul Henry) Augustinus zum Entdecker der modernen Personalität stilisieren.914 Mit Recht hat allerdings William Riordan O’Connor den Aufsatz Lloyds in einem Punkt einer Metakritik unterzogen, weil nämlich besonders im achten Buch von De trinitate sehr wohl in der Dreiheit von Liebendem, Geliebtem und Liebe auch externe Relationalität analysiert werde.915 Mehrere Autoren wollen von diesen Aspekten aus den Gedanken der communio und der Intersubjektivität in De trinitate stärker gewichten.916 Earl C. Muller will sogar von diesen bei Augustinus vorhandenen, aber nicht recht zur Geltung gekommenen, »dynamischen« Ansätzen aus das statisch-innerseelische Trinitätsmodell durch ein kommunitäres ersetzen. Er meint, Anhaltspunkte bei Paulus für einen Zusammenhang von Trinität und ehelicher Gemeinschaft zu entdecken, und bemüht sich, Augustins eigene Einwände gegen intersubjektive Analogien (wie die »Familienanalogie«) auszuräumen.917 Marciano Vidal möchte aus den Begriffen der Person, Substanz, communio und Relation in Augustins De trinitate (anschließend auch bei Bonaventura) ein ethisches Paradigma gewinnen, das Grundlage und Ziel christlicher Moral sei.918 Natürlich liegen solche Versuche im (mittlerweile sich abschwächenden919) 914

P. Henry, Saint Augustine on Personality, The Saint Augustine Lecture 1959, New York 1960. Vgl. R. Boigelot, Le mot »personne« dans les e´crits trinitaires de saint Augustin, NRTh 57, 1930, 5–16; A. Trape`, I termini »natura« e »persona« nella teologia trinitaria di S. Agostino, Aug(R) 13, 1973, 577–587 (Augustinus formuliere mit Hilfe der beiden Begriffe theologische Sprachregeln); G. Santi, Interiorita` e persona, in: Interiorita` e intenzionalita` nel »De civitate Dei« (wie Anm. 311), 175–184; M. T. Clark, Augustine on Person: Divine and Human, in: Augustine, Presbyter Factus Sum (wie Anm. 259), 99–120 (vgl. auch unten Anm. 1124). − Alvaro M. Valenzuela Fuenzalida stellt siebzehn schon der heidnischen Antike bekannte Termini aus De trinitate zusammen, die den Menschen bezeichnen, von natura humana bis persona und spiritus, und zeigt ihre Bedeutungsveränderung durch die christliche Welt, welcher fünfzehn spezifische Termini wie credentes oder imago trinitatis entnommen sind (Los nombres del hombre en »De Trinitate« de San Agustı´n, PRIFV 12, 1989, 49–61). 915 W. R. O’Connor, The Concept of the Person in St. Augustine’s De Trinitate, AugSt 13, 1982, 133–143. 916 A. Napolitano, Comunicacio´n e intersubjetividad en san Agustı´n, Aug(M) 33, 1988, ´ lvarez, El misterio de la Trinidad y la comunidad en San Agustı´n, in: 373–386; J. Garci´a A RevAg 33, 1992 [= FS Argimiro Turrado], 613–637; P. Langa Aguilar, Dios Trinidad, vida compartida. Reflexiones desde San Agustı´n, RelCult 46, 2000, 273–299; S. Siera Rubio, Respuesta agustiniana a los retos del presente, RelCult 46, 2000, 357–375. Weitere Literatur zum Themenkreis Intersubjektivität und Liebe unten S. 237 ff. und 243. 917 E. C. Muller, Trinity and Marriage in Paul. The Establishment of a Communitarian Analogy of the Trinity Grounded in the Theological Shape of Pauline Thought, AMUSt.TR 60, New York u. a. 1990. Keine Auseinandersetzung mit diesem Buch liefert die Deutung der »trinitarischen« Liebe in Augustins Eheverständnis bei P. J. Cahall, The Trinitarian Structure of St. Augustine’s Good of Marriage, AugSt 34, 2003, 223–232. 918 M. Vidal, La Trinidad: Origen y meta de la moral cristiano. En las huellas de San Agustı´n y de San Buenaventura, StMor 38, 2000, 67–101. 919 Vgl. zur Kritik etwa S. Coakley, ›Persons‹ in the ›Social‹ Doctrine of the Trinity: A Critique of Current Analytic Discussion, in: Davis u. a. (Hg.), The Trinity (wie Anm. 774), 123–144.

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Trend der achtziger und neunziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts zu einer »sozialen Trinitätslehre«. Doch hat Lloyd unbestechlich die wichtigsten der Argumente rekapituliert, die Augustinus selbst gegen solche Überlegungen einwarf: darunter erstens, daß nicht einfach die trinitarische Gotteslehre auf die Anthropologie angewandt werden kann, zweitens daß jede Trinitätslehre auf der Hut sein muß, nicht um sozialer Analogien willen in den Tritheismus zu verfallen. Wie skeptisch Augustinus den Personbegriff handhabt, geht unmißverständlich aus seiner Formulierung hervor: Dictum est tamen tres personae non ut illud diceretur sed ne taceretur.920 Auch den Unterschied zwischen einem anthropologischen und einem trinitätstheologischen Personbegriff betont Augustinus, cum sit una persona haec imago trinitatis, ipsa vero summa trinitas tres personae sint.921

4. Christologie Augustins Christologie ist eng mit seiner Trinitätslehre verwoben. Eine umfassende Untersuchung der Christologie in De trinitate gibt es jedoch bisher nicht. Was insgesamt Augustins Nachdenken über die Person Christi betrifft, auch außerhalb seines Werkes über die Trinität, so liegt dazu ein weitgehend noch aktueller Forschungsbericht von Wilhelm Geerlings vor.922 Darum kann das Thema im vorliegenden Buch knapp abgehandelt werden. Augustins Beitrag zur Christologie wird traditionell unterschätzt − selbst das Kapitel hierüber in Grillmeiers großer Geschichte des Christusdogmas fällt unverhältnismäßig kurz aus.923 Mitverantwortlich dafür ist wohl die Monographie von Otto Scheel, die ein halbes Jahrhundert lang die communis opinio prägte: Augustinus habe auf diesem Gebiet keine neuen Momente in die christliche Theologie eingeführt, seine Christologie sei durch und durch neuplatonisch gefärbt, setze den Gottessohn an die Stelle von Plotins noyÄw, mache ihn zum Mittler der Weltschöpfung, sei aber am geschichtlichen Leben Jesu desinteressiert.924 Diese radikal einseitige Interpretation wurde 1954 durch die Dissertation von Tarsicius J. van Bavel großenteils widerlegt. Es zeigte sich, daß der Neuplatonismus die Christologie nicht derart überformt, wie Scheel behauptet 920

Aug. trin. V, ix, 10 (CChr.SL 50, 217, 10 f. M.). Ebd. XV, xxiii, 43 (CChr.SL 50a, 521, 25 f. M.). 922 W. Geerlings, Die Christologie Augustins. Zum Stand der Forschung, in: Mayer/ Chelius (Hgg.), Internationales Symposion (wie Anm. 257), 219–230. 923 A. Grillmeier, Jesus der Christus im Glauben der Kirche, Bd. 1, Freiburg/Basel/Wien 3 1990, 594–604. Grillmeier betont sehr das Modell der Einheit von Leib und Seele in Augustins Christologie; dieses Modell begegnet u. a. in trin. I, x, 20, wird allerdings in der Textfassung der Corpus Christianorum-Ausgabe recht opak, während die Maurinerausgabe in Einklang mit mehreren wichtigen Handschriften (A, C, K und P) mehr Sinn ergibt (CChr.SL 50, 57, 36 M. mit Apparat: Auslassung von deus, alia homo). 924 O. Scheel, Die Anschauung Augustins über Christi Person und Werk. Unter besonderer Berücksichtigung ihrer verschiedenen Entwicklungsstufen und ihrer dogmengeschichtlichen Stellung, Tübingen 1901. 921

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hatte, daß zudem Augustinus sehr wohl das Leben Jesu beachtet (besonders die Frage, wie sich göttliches und menschliches Wissen in Jesus zueinander verhalten), daß er an der Existenz einer menschlichen Seele in Christus nicht zweifelt und daß er in manchem dem Konzil von Chalcedon vorarbeitet.925 Bailleux hat dies im Blick auf De trinitate noch weiter entfaltet.926 Wilhelm Geerlings stellt in seiner Dissertation Augustins Christologie ausgehend von dem − gerade auch im vierten Buch von De trinitate wichtigen − Terminus exemplum dar. Der Ausdruck hat eine reichhaltige Vorgeschichte in der Rhetorik und wird von Augustinus nicht in seiner pädagogischen Bedeutung auf Christus bezogen, sondern in einem viel grundlegenderen Sinn: Christus ist exemplum schlechthin, sein Leben wie seine Auferstehung sind beispielhaft für jeden Christen, er ist Heilsmittler, weil er zugleich sacramentum ist. Nach Geerlings eignet Augustins Christologie jedoch eine gewisse Tendenz zur Abwertung der menschlichen Natur Christi, die mit dem platonischen und manichäischen Hintergrund zusammenhängen könne. In einem eigenen Kapitel arbeitet Geerlings die manichäische Christusfrömmigkeit heraus.927 Auch Basil Studer analysiert das Thema exemplum et sacramentum in einem Aufsatz. An anderer Stelle skizziert er die vor allem rhetorisch-grammatische Tradition der Person-Exegese, welche in die schon von Tertullian verwendete, für Augustinus zentrale Formel von Christus als una persona mündet.928 Studer bereitete damit seinen umfassenden, ganzheitlichen Ansatz zur Darstellung der augustinischen Christologie vor, den er 1993 zu einem Buch ausarbeitete. Dort zeichnet er, vor allem von Augustins christologischen Formeln ausgehend, dessen Christusbild nach. Er gelangt zu dem Ergebnis, daß es keinen grundsätzlichen Gegensatz zwischen der gratia dei und der gratia Christi, zwischen Schöpfungs- und Erlösungsordnung gebe.929 Studers Schüler Hubertus R. Drobner führt diese Forschungen näher aus und bietet eine umfassende Bestandsaufnahme des Wortes persona im Gesamtwerk Augustins, vornehmlich des christologischen Gebrauchs. Am Beispiel von De trinitate XII, vi zeigt er, wie Augustinus mittels der exegetisch-sprachlogischen Betrachtung des Plurals in dem zentralen Bibelvers Gen 1, 26 f. (»Laßt uns den Menschen machen nach unserem Bild und Gleichnis«) auf die Mehrzahl der göttlichen Personen schließt, die für ihn nicht bloß grammatische Subjekte sind, sondern real existieren. Hier lasse sich, so Drobner, der Übergang vom exegetischen zum dogmatischen Personbegriff verfolgen.930 Bei der Suche nach Vorgängern Augustins in dieser Terminologie und Konzeption übersieht Drobner Gregor von Elvira.931 925

Van Bavel, Recherches sur la christologie de saint Augustin (wie Anm. 442). Bailleux, La Christologie de saint Augustin dans le De Trinitate (wie Anm. 730). 927 W. Geerlings, Christus Exemplum. Studien zur Christologie und Christusverkündigung Augustins, TTS 13, Mainz 1978. 928 Studer, »Sacramentum et exemplum« (wie Anm. 78); ders., Der Person-Begriff in der frühen kirchenamtlichen Trinitätslehre, ThPh 57, 1982, 161–171; erneut in: Ders., Dominus Salvator (wie Anm. 733), 347–368. 929 Ders., Gratia Christi − Gratia Dei bei Augustinus (wie Anm. 742). 930 Drobner, Person-Exegese und Christologie bei Augustinus (wie Anm. 552), 147–149 (zu 926

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Von den vielen anderen Arbeiten zum Thema seien hier nur wenige genannt.932 Ge´rard Re´my rückt den Begriff der Mittlerschaft Christi ins Zentrum und bietet unter anderem ausführliche Kommentare zu den wichtigen entsprechenden Stellen in De trinitate I-IV und XIII.933 Jan N. Bakhuizen van den Brink geht von dem Hoheitstitel salvator für Christus in De trinitate aus, einem noch von Augustinus als christlicher Neologismus empfundener Terminus, und porträtiert von da aus die soteriologische Christologie des dreizehnten Buches.934 Albert Verwilghen analysiert die Bedeutung des Philipperhymnus bei Augustinus − er spielt für die Christologie, und in De trinitate gerade auch für die Gewinnung der regula zur Unterscheidung der forma servi von der forma dei, eine wichtige Rolle.935 Joseph Wolinski behauptet irrtümlich, Augustinus wolle in De trinitate die Weisheit nicht mit dem Sohn identifizieren. In Wahrheit ist im dreizehnten Buch ohne Wenn und Aber gesagt, daß Christus die Weisheit und Wissenschaft ist. Zuzugeben ist, daß auf unterschiedlichen Ebenen von »Weisheit« gesprochen werden kann.936 Das Thema der Sendung des Sohnes im vierten Buch von De trinitate und des Mittlerbegriffs wird von Goulven Madec analysiert und in den Kontext des ganzen Werkes über die Trinität gestellt.937 Madecs Buch zieht eine Summe der langjährigen Auseinandersetzung mit Olivier du Roy. Augustinus habe schon bei der Konversion 386 im Christentum die Wahrheit des Platonismus porphyrischer Prägung gefunden. Niemals dagegen habe Augustinus im Platonismus die Wahrheit des Christentums suchen wollen.938 Diese Interpretation fügt sich gut zu derjenigen, die Lewis Ayres ausgehend vom dreizehnten Buch von De trinitate (zusammen mit dem vierten Buch das zentrale für die Christologie) vorgelegt hat. In Buch XIII werde deutlich, daß die Einheit der fünfzehn Bücher über die Trinität, die Verklammerung der biblischen und philosophischen Teile, durch die Christologie zustandekomme.939 Aug. trin. XII, vi, 6–7 [CChr.SL 50, 360–362 M.]); 291–293 stellt der Autor die wichtigsten Texte zu seinem Thema aus De trinitate zusammen. Anders als Drobner meint, ist auch der Anfang von Buch XII wahrscheinlich nach 411 zu datieren (oben S. 45). 931 Siehe oben S. 110. 932 Nicht erreichbar war der Aufsatz von J. Oldfield, Elementos de una trascendenzia cristolo´gica en el »De trinitate« de san Agustı´n, in: »Transcende et te ipsum«. Aspectos de la interioridad en san Agustı´n, Jornadas 1981 Marcilla, Logrono 1981, 55–59 (vgl. RE´Aug 32, 1986, 400). 933 G. Re´my, Le Christ me´diateur dans l’œuvre de saint Augustin, 2 Bde., Lille 1979 (Diss. Straßburg 1977), besonders Bd. 1, 277–628. 934 J. N. Bakhuizen van den Brink, Versöhnung. Augustin, De Trinitate XIII, x, 13 – xx, 26, in: Neotestamentica et Patristica [FS Oscar Cullmann], Leiden 1962, 319–330. 935 A. Verwilghen, Christologie et spiritualite´ selon saint Augustin. L’hymne aux Philippiens, ThH 72, Paris 1985. 936 J. Wolinski, La Sagesse chez les Pe`res de l’E´glise (de Cle´ment de Rome a` Augustin), in: La Sagesse biblique. De l’Ancien au Nouveau Testament, hg. von J. Trublet, Paris 1995, 423–465; hier 456–459. Dagegen Aug. trin. XIII, xix, 24 [CChr.SL 50a, 416, 50 f. M.]). 937 G. Madec, La patrie et la voie (wie Anm. 1252), 207–244; 301–312; ders., Christus, in: AugLex I, 1986–94, 845–908. 938 Siehe unten S. 296 f. mit Anm. 1252.

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Ebenfalls vom Verhältnis zwischen Christologie und Philosophie handelt auch eine Studie von Georges Bavaud. Der Autor skizziert, wie Augustinus die von Ambrosius im Namen nizänischer Theologie verworfene Lehre der frühen Kirchenväter vom loÂgow eÆndiaÂuetow und loÂgow proforikoÂw so umgestaltet und für eine Theorie der Inkarnation nutzbar macht, daß der Subordinatianismus vermieden wird, der ihr traditionell anhaftete.940 Wie Madec stellt auch Earl C. Muller die Idee des Mittlers ins Zentrum seiner Darstellung des vierten Buches von De trinitate: Augustinus wende sich gegen die Versuchung des Christentums, den Mittler zwischen Gott und Mensch nach Art des Platonismus zu denken, mithin als Mittelwesen, das dem eigentlichen Gott subordiniert wäre. Stattdessen fasse Augustinus Christus als Priester, der sich selbst opfert und dadurch nicht nur zwischen Gott und Mensch vermittelt, sondern auch zwischen Sündhaftigkeit und Sündlosigkeit: Christus wird sacramentum zu unserer Reinigung von jener Sündhaftigkeit, die uns von Gott trennt.941 Die Opfervorstellung, die Augustinus hier entwickelt, ist allerdings nicht unproblematisch und läßt sich auch kritisch betrachten. Die Kulturwissenschaftlerin Hildegard Cancik-Lindemaier teilt zu diesem Zweck einen in der theologischen Forschung zumeist überlesenen Passus aus De trinitate in Sinnzeilen ein und macht so seine durchkomponierte Argumentationsstruktur transparent.942 Augustinus legt dar, was alle Menschen einschließlich der Heiden erhoffen, wenn sie opfern, und warum kein Priester und kein Opfer passender als der Sohn Gottes ist. Die Autorin deutet diesen Passus als Meilenstein auf dem Weg zur Gewalt. In der paganen Antike seien nämlich Menschenopfer nur vereinzelt vorgekommen und meistens mißbilligt worden. Der religiöse Opferbegriff sei nie auf das freiwillige Sterben für andere angewandt worden. Nachdem gerade erst im Jahre 391 offiziell der heidnische Kult mit seinen blutigen Opfern verboten worden war, habe Augustinus mit seiner Theologie des sich selbst opfernden Christus eine Vorstellung vom Menschenopfer radikalisiert, zu der sich die pagane Welt niemals verstiegen habe. Diese Theologie, die sich bis in die noch immer gültige katholische Lehre vom Meßopfer durchhalte, sei dann in der Neuzeit auf die pagane Welt projiziert worden. Das habe etwa vor dem Ersten Weltkrieg zur einer fatalen Ästhetisierung der blutigen Selbstauf939 L. Ayres, The Christological Context of Augustine’s De trinitate XIII: Toward Relocating Books VIII-XV, AugSt 29, 1998, 111–139. 940 G. Bavaud, Un the`me augustinien: Le myste`re de l’Incarnation, a` la lumie`re de la distinction entre le verbe inte´rieur et le verbe profe´re´, RE´Aug 9, 1963, 95–101. Die Kritik an diesem Konzept bei Ambr. fid IV, 7, 72 (CSEL 78, 182, 6–8 F.): Solum est verbum dei, quod nec prolativum est nec quod eÆndiaÂueton dicunt, sed quod operatur et vivit et sanat. 941 E. C. Muller, The Priesthood of Christ in Book IV of the De trinitate, in: Lienhard/ Muller/Teske (Hgg.), Augustine, Presbyter Factus Sum (wie Anm. 259), 134–149. 942 H. Cancik-Lindemaier, Opferphantasien. Zur imaginären Antike der Jahrhundertwende in Deutschland und Österreich, AU 30, 1987, 90–104; erneut in: Dies., Von Atheismus bis Zensur. Römische Lektüren in kulturwissenschaftlicher Absicht, Würzburg 2006, 193– 210; hier 201–206 zu Aug. trin. IV, xiii, 19 – xiv, 19 (CChr.SL 50, 186, 118 – 187, 21 M.).

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opferung beigetragen. Die Autorin bleibt allerdings bei ihrem Versuch, mit Siebenmeilenstiefeln von Euripides über Augustinus zu Rudolf Borchardt zu eilen, hinreichende Beweise für ihre These schuldig. So spiegelt der Aufsatz unfreiwillig ein wenig den bramarbasierenden Jahrtausendgestus Borchardts wider. Dennoch liegt ein Moment an Wahrheit in ihren Beobachtungen. Augustinus radikalisiert vielleicht nicht pagane Opfertheorien, aber er denkt sie konsequent zuende. Was die Autorin nicht exakt erfaßt, ist die Absicht Augustins. Er will im vierten Buch von De trinitate Lesern, die von der paganen Bildung und Opfertheorie geprägten sind, durch Zuspitzung zeigen, daß das christliche Konzept von Erlösung sogar konsequenter als die Opfertheorie paganer Philosophen den Grundgedanken des sacrificium in sich aufhebt. Denn nun opfert der einzige wahrhaft würdige Priester, Gottes Sohn, die einzig wirklich angemessene Opfergabe, sich selbst.943 Vielleicht hätte Augustinus noch fragen sollen, ob sich damit nicht die Opfervorstellung als solche erledigt. Doch spätere Fanatismen der blutigen Selbstaufopferung, die es bekanntlich nicht nur im Christentum gibt, hätte er damit ebensowenig verhindern können wie mit dem besprochenen Passus aus De trinitate, der genau genommen jedes andere Opfer als dasjenige Christi für überflüssig oder illegitim erklärt. Viele Spezialfragen der Christologie im Rahmen der Trinitätslehre müssen in diesem Bericht unerörtert bleiben, darunter auch die Christologie der »antiarianischen« Schriften.944 Ein Beispiel für ein besonderes Problem mag genügen. Daß der Zeugung des Sohnes Ewigkeit zuzusprechen ist, entspricht patristischer Lehre. Doch ist der Akt der Zeugung abgeschlossen oder dauert er ewig fort? Ist er abgeschlossen, könnte er auch einen Anfang gehabt haben, was der Ewigkeit widerspräche. Dauert er ewig fort, so scheint es, als sei er noch nicht abgeschlossen. Schmaus vertritt die Ansicht, Augustinus habe das Problem nicht lösen können. Augusto Segovia dagegen resümiert die Antworten der griechischen und lateinischen Väter auf die Frage und sieht in Augustins Formulierung, der Sohn sei semper natus, die seither vielzitierte Lösung der Frage.945 Volker Henning Drecoll versucht, einen Zusammenhang herzustellen zwischen der Trinitätslehre und einer Schwerpunktverlagerung, die Augustins Gnadenlehre von der Christologie zur Pneumatologie führe.946 Die Gnaden943

Vgl. unten S. 492 f. B. E. Daley, The Giant’s Twin Substances (wie Anm. 585); J. Torchia, The Significance of the Communicatio Idiomatum in St. Augustine’s Christology, With Special Reference to His Rebuttal of Later Arianism, StPatr 38, 2001, 306–323 (spanische Übersetzung: Importancia de la ›communicatio idiomatum‹ en la cristologı´a de san Agustı´n, con referencia especial a su refutacio´n del u´ltimo arianesimo, Aug(M) 48, 2003, 243–262). 945 A. Segovia, Natus est − nascitur. La eterna generacio´n del Hijo de Dios y su enunciacio´n verbal en la Literatura patrı´stica, RET 8, 1948, 385–407; 405 der Hinweis auf Aug. divers. quaest. xxxvii (CChr.SL 44a, 59, 1–7 M.) gegen Schmaus, Die psychologische Trinitätslehre (wie Anm. 2), 130 f. 946 V. H. Drecoll, Mens − notitia − amor. Gnadenlehre und Trinitätslehre in De Trinitate IX und in De peccatorum meritis/De spiritu et littera, in: Brachtendorf (Hg.), Gott und sein 944

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lehre in der Schrift De peccatorum meritis sei vor allem von der Christologie her gedacht. Doch dann habe Augustinus im Sommer 413 in Karthago auf Proteste gegen seine Erbsündenlehre reagieren müssen. Dabei habe er bemerkt, daß eine allein auf der Inkarnation beruhende Argumentation nicht in der Lage sei, die innere Entwicklung des Gnadengeschehens adäquat auszudrücken. Als Folge dieser Einsicht sei die Schrift De spiritu et littera stärker pneumatologisch akzentuiert. Ob diese Beobachtung von Drecoll zutrifft, kann hier nicht untersucht werden. Vorausgesetzt, sie stimmte, so leuchtet dennoch nicht ein, warum daraus Rückschlüsse auf die Trinitätstheologie im neunten Buch von De trinitate zu ziehen sein sollen. Drecolls erstes Argument lautet, die Bücher De spiritu et littera (um 413) und De trinitate IX seien etwa zeitgleich entstanden. Diese auf Schindlers veraltete Chronologie gestützte Ansicht ist sehr fraglich: De trinitate VI ist frühestens im Laufe des Jahre 415 entstanden, Buch IX also noch später, womit die unmittelbare Synchronie zu der Schrift von 413 entfällt.947 Zweitens beobachtet Drecoll in De trinitate IX eine Affinität zwischen Christologie und Erkenntnislehre sowie eine Affinität zwischen Pneumatologie und einer Betonung des vom Glauben ausgehenden Suchens. Wegen der prinzipiellen Unabgeschlossenheit des menschlichen Erkenntnisbegehrens werde die Erkenntnis hier »in das Eschaton ausgelagert«. Nicht ausreichend begründet erscheint die These Drecolls, daß genau dies einem »Zurücktreten der Christologie und der Erkenntnis« in De spiritu et littera zugunsten der Pneumatologie entsprechen soll. Vielleicht hat hier der Interpret einen Zusammenhang hergestellt, der bei Augustinus nicht deutlich vorliegt. Gleichwohl hat Augustinus seine Trinitätslehre nicht ganz unabhängig von seiner Gnadenlehre entwickelt. Gaetano Lettieri versucht am Beispiel der über Jahrzehnte hin sich erstreckenden Entstehung von De doctrina christiana, das so wirkmächtige Denken des reifen Augustinus als einen im Grunde unmöglichen Kompromißversuch zu dechiffrieren. Das platonisch-metaphysische ordo-Denken des jungen, »ersten« Augustinus und die 396 durchbrechende Überzeugung des »zweiten« Augustinus von der absoluten Anarchie der göttlichen Gnade seien nämlich unvereinbar. Diese für deutsche Leser seit den Arbeiten von Flasch nicht ganz neu wirkende These spielt Lettieri in einem Kapitel seiner durch Umfang und Perspektivenreichtum gleichwohl magisterialen intellektuellen Biographie Augustins auch an De trinitate durch.948 Dieses Werk sei das am stärksten platonische des »zweiten« Augustinus, doch dem widerstreite gleichzeitig die antihumanistische Prädestinationslehre Augustins. Daraus ergebe sich Bild (wie Anm. 8), 137–153. Von trinitätstheologischen Implikationen der Gnadenlehre handelt auch M. Smalbrugge, Aspectos trinitarios en la doctrina agustiniana de la gracia, Aug(M) 44, 1999, 247–252. 947 Oben S. 45. 948 Lettieri, L’altro Agostino (wie Anm. 389), 333–347: Deus est Caritas: interiorita` e grazia nel De Trinitate (Anmerkungen dazu ebd. 367–380). Man erfährt hier wesentlich mehr über De trinitate als in dem (in mancher Hinsicht vergleichbaren) Buch von Andre´ Mandouze, Saint Augustin. L’aventure de la raison et de la graˆce, E´AA 31, Paris 1968.

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eine komplexe Dialektik von Vernunft und Gnade. Lettieri durchschreitet, seine Fragestellung stets im Blick, knapp die fünfzehn Bücher De trinitate. Gott werde darin als Herrscher gezeichnet, dessen Willen alles unterworfen ist, so daß auch die scientia, über die allein die sapientia und mit ihr die Wahrheit zu erlangen ist, durch und durch auf Gottes Gnade beruhe. Darum sei auch der menschliche Weg von den signa dieser Welt zur wahren res, der göttlichen Heimat, gnadenhaft und prädestiniert. Der Weg der Verinnerlichung, den die mens-Analysen der Bücher IX bis XV zeichnen, erweise letztlich die Abhängigkeit des menschlichen Geistes von Gott auf ontologischer und gnoseologischer Ebene wie auch und am tiefsten auf der Ebene der Gnade. Alle Gotteserkenntnis sei ungeschuldetes Geschenk, metaphysisch uneinhobarer personaler Akt der caritas Gottes, welche als spiritus und wechselseitige Gabe Gottes des Vaters an den Sohn und des Sohnes an den Vater ganz antiplatonisch als purer Wille dem gefallenen, schwachen menschlichen Geist gegenüberstehe. Lettieri gelingt es, De trinitate aus dem ungewohnten Blickwinkel der Gnadentheologie zu betrachten. Allerdings scheint er die Stringenz, mit der in den Büchern IX und X die imago der Trinität zunächst ohne die Einschränkungen der Gnadenlehre betrachtet wird, nicht in ihrer Besonderheit gegenüber den anderen Büchern durchschaut zu haben. Zudem gewinnt man den Eindruck, daß die denkerische Kohärenz und Komplexität dieses Werkes von Augustinus Lettieri so in den Bann zieht, daß er hier weniger Widersprüche aufzuzeigen vermag, als seine These erfordert. Dies mag ein weiteres Indiz dafür sein, daß Nello Cipriani im Recht ist, der den Unterschied zwischen dem »ersten« und dem »zweiten« Augustinus zwar anerkennt, ihn aber für deutlich schwächer ausgeprägt hält, als Lettieri dies (mit dem Recht des Essayisten auf Zuspitzung) glauben machen will.949 Drecoll geht noch weiter und sieht die Entwicklung von Augustins Theologie der Gnade statt als Abfolge von Stadien eher »als kontinuierliches Weiterdenken in Auseinandersetzung mit verschiedenen Denkansätzen«.950

5. Pneumatologie samt filioque Der Gedankengang von Augustins De trinitate kulminiert in der Pneumatologie. Denn bevor das fünfzehnte und letzte Buch des Werkes mit einem Gebet ausklingt, faßt Augustinus seine Lehre vom Heiligen Geist zusammen, freilich nicht ohne das Eingeständnis, die entscheidende Frage nicht wirklich vernünftig beantwortet zu haben, nämlich worin genau sich der Hervorgang des Geistes von der Zeugung des Sohnes unterscheide, warum also der Geist nicht Sohn sei. N. Cipriani, L’altro Agostino, RE´Aug 48, 2002, 249–265. V. H. Drecoll, Art. Gratia, AugLex III, fasc. 1/2, 2004, 182–242; hier 193. Vgl. ders., Die Entstehung der Gnadenlehre Augustins, BHTh 109, Tübingen 1999; ders., Rez. zu Lettieri, L’altro Agostino, Ada. 10, 2004, 508–513. 949 950

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Genau diese Frage hatte er schon im Jahre 393 in dem Vortrag De fide et symbolo vor der afrikanischen Bischofskonferenz als ein Hauptproblem erörtert.951 In verschiedenen früheren Partien von De trinitate ist die Pneumatologie ebenfalls bedeutsam. Soweit Forschungsarbeiten zu Augustins Pneumatologie über De trinitate oder über den trinitätstheologischen Aspekt hinausgehen, müssen sie hier nicht alle besprochen werden. Eine Zusammenfassung von Augustins Pneumatologie gibt Piet Smulders im Rahmen eines Lexikonartikels über den Heiligen Geist bei den lateinischen Kirchenvätern.952 Von Ambrosius übernehme Augustinus die Betonung der Einheit Gottes, die sich in der Untrennbarkeit des göttlichen Handelns manifestiere. Von Hilarius eigne er sich vom frühen bis zum späten Werk die Bezeichnungen des Heiligen Geistes als donum und als Band oder Gemeinschaft von Vater und Sohn an. Von Marius Victorinus habe er sich zu metaphysischen Analogien anregen lassen. Inwieweit diese Quellenangaben im einzelnen zutreffen, ist dem dritten Kapitel der vorliegenden Arbeit zu entnehmen. Smulders meint, daß Augustins Pneumatologie zwei Wurzeln habe: die Metaphysik und die lateinische Vätertradition, in der er auch die biblische Basis fand, die seine Lehre vom Heiligen Geist trägt. Zu fragen ist allerdings, ob nicht auch eine tiefe Einsicht in ungelöste Probleme der griechischen Theologie zu den Grundlagen von Augustins Pneumatologie gehört − so schwer Augustins Quellenkenntnisse hier nachzuweisen sein mögen. Smulders nimmt die wichtigsten Termini Augustins für den Heiligen Geist zum Leitfaden seiner Darstellung: donum, communio, pax, caritas. Der Heilige Geist ist Geschenk Gottes. Geschenkt wird uns die Liebe, mit der wir Gott und unseren Nächsten lieben.953 Der Geist ist die Gemeinschaft des Vaters und des Sohnes. Zwar geht der Geist principaliter vom Vater aus, doch zeugt der Vater den Sohn so, daß auch von diesem das gemeinsame Geschenk hervorgeht. Der Geist ist die göttliche Gemeinschaft, aber auch unsere Gemeinschaft mit Gott und unsere Gemeinschaft, unser Friede untereinander, Prinzip der Harmonie und insofern des wahren Genusses. Der Geist als Liebe läßt uns in Gott wohnen und Gott in uns. Die höchste Gabe Gottes und insofern des Geistes ist die Inkarnation. Der Heilige Geist ist gleichsam die »Verschenkbarkeit« Gottes und insofern das Mitteilungsprinzip der göttlichen Personen. Ferdinand Cavallera hat 1930 die Pneumatologie von De trinitate als Rahmen verwendet, um die pneumatologischen Hauptbegriffe und -ideen Augustins jeweils mit reichen Zitaten durch dessen Gesamtwerk hindurch zu verfolgen.954 Eine italienische Dissertation zeichnet das Problem nach, wie der Heilige Geist 951

Aug. fid. et symb. ix, 19 (CSEL 41, 22 f. Zycha). Vgl. trin. XV, xxv, 45 (CChr.SL 50a, 524, 19 f. M.). 952 P. Smulders, Esprit. II B: Pe`res latins, in: DSp 4, 1960, 1272–83; hier 1279–82. 953 Vgl. dazu auch C. Mayer, Art. Donum, AugLex II, 1996–2003, 660–667; hier 662 f. 954 F. Cavallera, La doctrine de Saint Augustin sur l’Esprit-Saint a` propos du »De Trinitate«, RThAM 2, 1930, 365–387; 3, 1931, 5–19.

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bei Augustinus als Person (und nicht bloß als Teil einer psychologischen Struktur) gedacht werden kann.955 Jose´ Manuel dos Santos Ferreira untersucht in zwei Studien die Pneumatologie in den beiden hierin am genauesten ausgearbeiteten Werken Augustins, De trinitate und Tractatus in Iohannis evangelium. Er betont das enge Wechselverhältnis von Heilsökonomie und Ontologie bei Augustinus.956 Zum Heiligen Geist in Augustins Auslegung des Johannesevangeliums gibt es übrigens einen vorzüglichen Überblick von Berrouard, der gelegentlich Seitenblicke auf De trinitate wirft.957 Zu einem ähnlichen Resultat wie dos Santos Ferreira, was die Nähe von Ökonomie und Ontologie angeht, kommt Juan Luis Caldero´n Varona in einem Aufsatz über die Vorstellung vom Heiligen Geist als Liebe in De trinitate.958 Joseph Ratzinger betont Augustins Konzept des Heiligen Geistes als communio.959 Eine römische Dissertation erforscht die Vorgeschichte dieser Lehre in Augustins früheren Schriften.960 Dem Zusammenhang zwischen dem sozialen (damit auch ekklesiologischen) und dem personalen Aspekt des Liebesbegriffs in bezug auf den Heiligen Geist widmet sich Salvador Verge´s und wirft dabei auch einen Blick auf das Zweite Vatikanische Konzil.961 Die Nähe von Augustins Pneumatologie zur Bibel hat Giuseppe Ferraro zum Anlaß genommen, das Neue Testament gleichsam mit Augustinus als Lehrer auf die Lehre vom Heiligen Geist hin zu durchforschen und zu interpretieren.962 955 F. Leotta, La Persona dello Spirito Santo nella dottrina di S. Agostino, Excerpta ex dissertatione ad lauream in facultate theologica Pontificiae universitatis Gregorianae, Rom o. J. [1948]. 956 J. M. dos Santos Ferreira, O Espı´rito Santo no »De Trinitate« e nos »Tractatus in Iohannis Evangelium« de Santo Agostinho, Did(L) 13, 1983, 27–103; ders., Teologia do Espı´rito Santo em Agostinho de Hipona, Fund. 3, Lissabon 1987. 957 M.-F. Berrouard, La the´ologie du Saint-Esprit dans les tractatus, BAug 74b, 1998, 9–65; ders., Introduction aux home´lies de Saint Augustin sur l’e´vangile de Saint Jean, E´AA 170, Paris 2004. 958 J. L. Caldero´n Varona, El Espı´ritu Santo, amor de Dios, en el »De Trinitate« de san Agustı´n, May. 22, 1996, 437–472. 959 J. Ratzinger, Der Heilige Geist als communio. Zum Verhältnis von Pneumatologie und Spiritualität bei Augustinus, in: C. Heitmann/H. Mühlen (Hgg.), Erfahrung und Theologie des Heiligen Geistes, Hamburg/München 1974, 223–238; erneut in: J. Ratzinger, Weggemeinschaft des Glaubens. Kirche als Communio, Augsburg 2002, 34–52. 960 V. Reale, Lo Spirito Santo amore del padre e del figlio: Alla genesi di una dottrina. La pneumatologia agostiniana fra il 387/8 e il 393, Thesis ad Doctoratum in Theologia partialiter edita, Pontificium Athenaeum Romanum Sancta Crucis, Facultas Theologiae, Rom 1995. 961 S. Verge´s, Pneumatologı´a en Agustı´n, EE 49, 1974, 305–324. 962 G. Ferraro, L’esegesi dei testi del IV vangelo sul »Paraclito« nel »De Trinitate« di Agostino, Aug(R) 26, 1986, 437–457; ders., Lo Spirito Santo nel »De Trinitate« di Sant’Agostino. Meditazioni, Casale Monferrato 1987; ders., Lo Spirito Santo e Cristo nel commento al Quarto Vangelo e nel trattato trinitario di Sant’Agostino, LetBib 9, Vatikanstadt 1997 (in diesem Buch fragt Ferraro vor allem nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden in Augustins Exegesen einerseits im zusammenhängenden Johannes-Kommentar, andererseits innerhalb der systematisch-dogmatischen Analysen von De trinitate; in einem Abschnitt [125–159] untersucht der Verfasser die in De trinitate enthaltenen Exegesen pneumatologischer Texte des Alten und Neuen Testaments außerhalb des Johannesevangeliums).

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In Handbüchern der Dogmatik ist oft zu lesen, Augustinus habe den Heiligen Geist als vinculum amoris oder nexus amoris bezeichnet. Catherine Osborne hat darauf aufmerksam gemacht, daß dies im strengen Sinne nicht stimmt.963 Denn Augustinus nennt genau genommen die Liebe ein gewisses Leben, das zwei Individuen verbinde, den Liebenden und den Geliebten. Es gilt also, zwischen der Liebe und dem Band zu unterscheiden. Wer dies versäumt, meint Osborne, stürzt sich in kuriose Schwierigkeiten. Denn die Liebe des Vaters zum Sohn und die Liebe des Sohnes zum Vater sind verschieden. Wären Liebe und Band identisch und beide der Heilige Geist, müßte man konsequenterweise zwei Heilige Geister annehmen. Anders legt Bertrand de Margerie seine kurze Untersuchung zum gleichen Thema an.964 Er weist zunächst auf die oft übersehene Tatsache hin, daß sich auch bei griechischen Kichenvätern die Vorstellung vom Band der Einheit findet. Während etwa Gregor von Nazianz den Vater als Einheit (eÏnvsiw) der Trinität faßt und Kyrill von Alexandrien den Sohn genau in der Mitte zwischen Vater und Geist sieht, nennen Epiphanius von Salamis und Gregor von Nyssa den Heiligen Geist Band der Einheit, ohne diese Metaphorik allerdings näher zu entfalten.965 Augustinus sagt in De fide et symbolo selbst, andere Denker hätten das Gemeinsame von Vater und Sohn, die Gottheit, die Liebe, den Heiligen Geist genannt.966 Über Marius Victorinus, meint de Margerie, wurzle Augustins Vorstellung im Neuplatonismus, etwa der Vorstellung des Porphyrius vom Mittleren in der obersten Prinzipienreihe.967 Augustins Genie habe darin gelegen, die neuplatonische Idee der Hinwendung zum höheren Prinzip auf die biblischen Vorstellungen von der Liebe zwischen Vater und Sohn angewandt zu haben. Augustinus habe damit eine unübertroffene Synthese zwischen der Lehre von der immanenten Trinität und der Lehre von der ökonomischen Trinität erzielt: Der Vater und der Sohn lassen uns in die Gemeinschaft untereinander und mit ihnen eintreten durch den Heiligen Geist, der ihnen gemeinsam ist und uns als Geschenk gegeben wird. Eine »heilsgeschichtliche« Lesart von Augustins Pneumatologie hat schon 1968 Verhees in seiner umfangreichen Dissertation vorgeschlagen.968 Die Pneu963 C. Osborne, The Nexus Amoris in Augustine’s Trinity, StPatr 22, 1989, 309–314 (spanische Übersetzung in Aug(M) 36, 1991, 205–212). Vgl. oben Anm. 655. 964 B. de Margerie, La doctrine de saint Augustin sur l’Esprit-Saint comme communion et source de communion, Aug(R) 12, 1972, 107–119. Vgl. zum gleichen Thema die Aufsätze von Bourassa, wie oben Anm. 727. 965 Greg. Naz. or. 42, 15 (SCh 384, 82, 17 Bernardi); Cyrill. Alex.((Kyrill v. Alexandrien)) thes. xxxiv (PG 75, 576 f. Aubert); Epiphan. haer. 74, 11, 7 (GCS Epiphan. III, 329, 23 Ho./D.]; ancor. 7, 1 [GCS Epiphan. I, 13, 20 Holl]); Greg. Nyss. hom. in cant. XV (GNO VI, 466, 12 – 467, 8 Langerbeck). 966 Aug. fid. et symb. ix, 19 (CSEL 41, 23, 8–10 Z.). 967 Vgl. dazu oben S. 54 und die Arbeiten von O’Meara, oben Anm. 280 und unten Anm. 1254. 968 J. J. Verhees, God in beweging. Een onderzoek naar de pneumatologie van Augustinus, Wageningen 1968 (Diss. Nimwegen 1968); ders., Heiliger Geist und Inkarnation in der Theologie des Augustinus von Hippo. Unlöslicher Zusammenhang zwischen Theo-logie [sic]

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matologie in De trinitate ist demnach Augustins späte Ankunft nach einem langen Weg zur Auffassung des Heiligen Geistes als Prinzip der Bewegung in Gott. Diese Pneumatologie sei das Gegenteil dessen, was ihr traditionell vorgeworfen werde, sie sei gerade nicht essentialistisch, sondern heilsökonomisch. Augustinus gehe auf der Suche nach dem proprium des Heiligen Geistes fast immer von dem aus, was dieser der Bibel zufolge nach außen tue. Aus dem Heilshandeln des Heiligen Geistes, der die Menschen mit Gott verbinde, gewinne Augustinus Hinweise auch auf den innertrinitarischen Geschenkcharakter des Geistes. Nur so gelange Augustinus auch zur Identifizierung des dritten Gliedes in der menschlichen Triade memoria − intellegentia − voluntas mit dem Heiligen Geist der Bibel. Der Anteil des Geistes am Zustandekommen des Glaubens werde für Augustinus von den Frühschriften bis zu den späten Äußerungen in De trinitate und im Enchiridion immer größer. Daß Christus Mittler zwischen Gott und Mensch werde, verdanke er nach Augustinus dem Geist, der ihn in besonderer Weise mit Gott verbunden habe. Der Geist sei schon bei seiner processio der Geist des Vaters und des Sohnes und verbinde beide im Hervorgehen aus beiden. Verhees sieht darin einen dynamischen Prozeß, durch welchen der Vater in seinem Wort zu sich selbst und zur Schöpfung komme: »Gott in Bewegung«. Ein Hintergrund des Themas ist ein Dissens unter Theologen des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts: Wenn Gott nach außen als einer handelt, benennen dann neutestamentliche (Röm 8, 9) und patristische Lehren, wonach der Heilige Geist in den Gläubigen wohnt, eine bloße Appropriation oder eine Proprietät des Heiligen Geistes?969 Geht es um die Einwohnung der ganzen Trinität in den Seelen der Gläubigen durch die Liebe, die dem Heiligen Geist eigentümlich ist? In bezug auf Augustinus widmen sich dem Thema etwa Vincenzo Carbone970 und in erschöpfender Ausführlichkeit Argimiro Turrado in einer Aufsatzserie.971 Ausgangspunkt Turrados ist die Frage, weshalb Augustinus und Ökonomie, RE´Aug 22, 1976, 234–253; ders., Die Bedeutung des Geistes Gottes (wie Anm. 1259); ders., Heiliger Geist und Gemeinschaft (wie Anm. 1270). 969 H. Schauf, Die Einwohnung des Heiligen Geistes. Die Lehre von der nichtappropriierten Einwohnung des Heiligen Geistes als Beitrag zur Theologiegeschichte des neunzehnten Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung der beiden Theologen Carl Passaglia und Clemens Schrader, FThSt 59, Freiburg 1941. 970 V. Carbone, La inabitazione dello Spirito Santo nelle animi dei giusti secondo la dottrina di S. Agostino, Rom 1961 (= Diss. Neapel 1944) (zu diesem Buch: G. Boglioni, Il mistero della inabitazione secondo S. Agostino e S. Tommaso, RAMi 9, 1964, 22–32). Carbone betont, das Thema der göttlichen Einwohnung in der Seele des Gerechten sei im spirituellen Leben verankert. »S. Agostino non conosce una presenza ed unione propria della terza Persona divina. Tutta la SS. Trinita` dimora ugualmente nell’anima e solo per appropriazione la inabitazione puo` essere riferita allo Spirito Santo, perche` presenta una speciale somiglianza con le sue proprieta` personali. Egli infatti procede come amore.« (190) Der Kernsatz in trin. XV, xviii, 32 (CChr.SL 50a, 508, 26–29 M.) lautet: Dilectio igitur quae ex deo est et deus est proprie spiritus sanctus est per quem diffunditur in cordibus nostris dei caritas per quam nos tota inhabitet trinitas. 971 A. Turrado, La inhabitacio´n de la Sma Trinidad en las justos segu´n la doctrina de San Agustı´n, AugMag 1, 1954, 583–593; ders., La Sma. Trinidad en la vida espiritual del justo,

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von Gott sagen kann, er sei einerseits ubique totus, überall als ganzer gegenwärtig, wohne andererseits nicht einfach in allen Menschen, sondern in den Seelen der Gerechten. Die Einwohnung sei eine neue, dynamische Weise der Allgegenwart und beruhe auf einem besonderen Wirken Gottes. Der Gottessohn und der Heilige Geist seien die jeweils unterscheidbare causa exemplaris dieses übernatürlichen Lebens der Gerechten, wohingegen sie als causa efficiens untrennbar wirkten. Während Verhees noch der Meinung anhängt, daß Augustinus das Trinitätsgeheimnis nicht von der Inkarnation her denkt, nimmt Studer für De trinitate genau dies und noch mehr in Anspruch: Augustinus denke die Trinität vom Christusgeschehen her, genauer vom Ostergeheimnis aus. Studer zeigt in einer Analyse der Pneumatologie im fünfzehnten Buch von De trinitate, wie reichlich Augustinus aus der Bibel schöpft und wie sehr es ihm um Soteriologie geht.972 Thema sei letztlich die Sendung des Heiligen Geistes, seine Gegenwart in den Herzen der Gläubigen und in der christlichen Gemeinde. Das trinitarische Wirken in der Geschichte offenbare für Augustinus das ewige Leben des Vaters, des Sohnes und des Geistes. Aus der Schrift ersehe Augustinus, daß der Geist der Geist des Vaters und des Sohnes ist. Wie der Sohn vor aller Zeit vom Vater gezeugt worden ist, so ist auch der Heilige Geist vor aller Zeit hervorgegangen. »Denn wie der Vater dem Sohn schon immer gegeben hat, das Leben in sich zu haben, so hat er ihm schon immer gegeben, daß aus ihm der Heilige Geist hervorgehe. Damit ist aber die gewiß sehr schwierige Frage des Unterschiedes von Zeugung und Hervorgang im Grunde gelöst« (316).

Das ist alles zutreffend beobachtet.973 Was Studer allerdings beinahe ganz ausblendet, sind die nichtbiblischen, die philosophischen Gründe, die Augustinus ja ebenfalls zur Analyse des Heiligen Geistes, seines Hervorganges aus Vater und Sohn und des Unterschiedes zwischen seinem Hervorgang und dem des Sohnes aufgrund der Untersuchung des Willens anführt: Quam quidem voluntatem de cognitione procedere (nemo enim vult quod omnino quid vel quale sit nescit), non tamen esse cognitionis imaginem . . .974 Eborowicz sieht mit Recht in genau diesem Gedanken su templo vivo, segu´n san Agustı´n, RE´Aug 5, 1959, 129–151; 223–260; ders., Eres templo de Dios. La inhabitacio´n de la Sma. Trinidad en los justos segu´n S. Agustı´n, RAE 7, 1966, 21–55; 203–227; 330–381; 8, 1967, 41–63; 153–190; 363–406; 9, 1968, 173–199; 10, 1969, 367–392 (bei dieser Aufsatzserie handelt es sich um die überarbeitete Fassung seiner Dissertation an der Gregoriana, Rom 1952). Vgl. ders., Dios en el hombre. Plenitud o tragedia, Madrid 1971. 972 Studer, Zur Pneumatologie des Augustinus (wie Anm. 744). 973 Schindler, Wort und Analogie (wie Anm. 699), 159 f., macht darauf aufmerksam, daß die aus der Schöpfungslehre entnommene Begründung des innergöttlichen filioque: sicut pater et filius unus deus et ad creaturam relative unus creator et unus dominus, sic relative ad spiritum sanctum unum principium (trin. V, xiv, 15 [CChr.SL 50, 223, 33–35]) eigentlich den Unterschied von generatio und processio erkläre und im weiteren Verlauf von De trinitate vergessen oder nicht als Begründung empfunden werde. 974 Aug. trin. XV, xxvii, 50 (CChr.SL 50a, 532 f., 100–103 M.).

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die Antwort Augustins auf die Frage, worin sich das Geborensein des Sohnes vom Hervorgang des Heiligen Geistes unterscheide: Der Wille geht aus dem Denken hervor, ist aber nicht Bild des Denkens.975 Tremblay untersucht die verwandten Strukturen des Hervorgangs von verbum und amor bei Augustinus.976 Mit Argumenten dieser Art plädiert Augustinus für seine Ansicht, daß der Heilige Geist nicht allein bei der zeitlichen Sendung, sondern innergöttlich vom Vater und vom Sohn ausgeht, ohne selbst Sohn zu sein: filius autem de patre natus est, et spiritus sanctus de patre principaliter, et ipso sine ullo intervallo temporis dante, communiter de utroque procedit.977 Nello Cipriani versucht zu zeigen, daß Augustinus zu dieser reifen Pneumatologie nach einer langjährigen, bis in die Frühschriften reichenden Auseinandersetzung mit Hilarius von Poitiers, Didymus dem Blinden, Ambrosius und insbesondere Marius Victorinus gelangt sei. So entdeckt Cipriani, daß Augustinus im fünften Buch von De trinitate seine eigene frühere Formulierung verwirft, welche die biblische Rede vom Geist als Pfand des Vaters zur Rede vom Vater des Pfandes umgewendet hatte.978 Unzweifelhaft sind es Formulierungen aus De trinitate und Augustins noch späterer Diskussion mit dem Homöer Maximinus, die zur Hauptstütze der späteren lateinischen filioque-Theologie geworden sind, über die sich Ost- und Westkirchen bis heute streiten. Die immense Literatur zu dieser Frage kann hier nicht aufgearbeitet werden, obwohl fast immer Augustinus − bei dem der Ausdruck filioque übrigens nirgends belegt ist − darin eine wichtige Rolle spielt.979 Mit Blick auf die filioque-Frage haben etwa Bonner und Deseille ihre Re´sume´s von Augustins Geistlehre angelegt.980 Öfters wurden kurze Abrisse vorgelegt, die Augustins Lehre über den Hervorgang des Heiligen Geistes auch vom Sohne, nicht vom Vater allein, in eine angebliche lateinische Tradition einreihen, die mit Tertullian beginnt. Manche dieser Aufsätze dienen dem Nachweis, daß sich die lateinische Kirche keine Sonderlehre des Augustinus zueigen gemacht habe, sondern einer alten Tradition folge, in der auch die griechische Theologie des vierten Jahrhunderts bereits berücksichtig worden war − so Camelot.981 975

W. Eborowicz, Rzut oka na pneumatologie˛ ´sw. Augustyna, VoxPa 14, 1988, 197–206 (in polnischer Sprache). 976 R. Tremblay, Les processions du verbe et de l’amour humains chez saint Augustin, RUO 24, 1954, 93*–117*. 977 Aug. trin. XV, xxvi, 47 (CChr.SL 50a, 529, 113–115 M.). 978 N. Cipriani, retractatio agostiniana sulla processione-generazione dello Spirito Santo (Trin. 5, 12, 13), Aug(R) 37, 1997, 431–439. Der Aufsatz gehört in eine Reihe mit weiteren desselben Autors, vgl. oben Anm. 540 und 584. Zum pater pignoris oben Anm. 52. 979 Vgl. die umfassende Darstellung durch B. Oberdorfer, Filioque. Geschichte und Theologie eines ökumenischen Problems, FSÖTh 96, Göttingen 2001. 980 G. Bonner, St. Augustine’s Doctrine of the Holy Spirit, Sobornost’ 4/2, London 1960, 51–66, erneut (mit Ergänzung) in: Ders., God’s Decree and Man’s Destiny. Studies on the Thought of Augustine of Hippo, London 1987, Nr. V.; P. Deseille, Saint Augustin et le »Filioque«, MesOrth 85/I-II, 1980, 33–49. 981 Th. Camelot, La tradition latine sur la procession du Saint-Esprit »a filio« ou »ab utroque«, ReC 4/2, 1950, 179–196.

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Andere Autoren wollen gerade umgekehrt den Nachweis führen, daß Augustinus eben nur einer lateinischen Tradition folge und von der griechischen Theologie etwa der Kappadokier nichts verstanden habe − so Martzelos.982 Ebenso wurde versucht, das filioque auch in der griechischen Patristik des vierten und fünften Jahrhunderts zu belegen, wo etwa Epiphanius von Salamis in der Tat nicht nur wie Augustinus den Heiligen Geist als Band bezeichnet hat, sondern ihn auch aus dem Vater und dem Sohn hervorgehen läßt.983 So meint Albert Patfoort sogar »une parfaite identite´ de vues entre Orient et Occident avant le concile d’E´phe`se sur la procession du Saint-Esprit« feststellen zu können, eine Identität, die der Osten im fünften Jahrhundert verlassen habe.984 Mit verschiedenen Strategien wurde versucht, das Gespräch zwischen Ost und West über die Frage in Gang zu bringen. Vasilij Bolotov etwa erklärte in seinen klassisch gewordenen »Thesen«, daß das filioque letztlich eine Privatmeinung des heiligen Augustinus sei, aber keine notwendig kirchentrennende Irrlehre.985 Ein anderer Weg, den auch Congar in seiner kurzen Darstellung von Augustins Pneumatologie schon angedeutet hatte,986 wird in der Klarstellung des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen 1998 eingeschlagen. Eine den Ostkirchen sicher angenehme Betonung liegt hier auf Augustins wiederholter Bekräftigung, der Geist gehe principaliter vom Vater aus. Das Dokument vertritt die Theorie, der Kern des Konflikts sei ein Mißverständnis. Die griechische eÆkpoÂreysiw sei fälschlich mit der lateinischen processio gleichgesetzt worden, obwohl der griechische Begriff die Ursprungsbeziehung zum Vater allein bedeute, der lateinische dagegen allgemeiner sei und auch die Mitteilung der wesensgleichen Gottheit des Vaters durch den Sohn und mit dem Sohn an den Heiligen Geist bezeichne.987 Die Frage ist allerdings, ob es wirklich nur um terminologische Fragen geht. Augustins processio-Begriff, der übrigens erst ganz spät in seinem Gesamtwerk 982 G. Martzelos, Die Anfänge und die Voraussetzungen des Filioque in der theologischen Überlieferung des Abendlandes, OrthFor 13, 1999, 31–45. 983 Zum Beispiel B. Schultze, Die Pneumatologie des Symbols von Konstantinopel als abschließende Formulierung der griechischen Theologie, OCP 47, 1981, 5–54. Epiphan. ancor. 7 f. (GCS Epiphan. I, 13–16 H.). 984 A. Patfoort, Le Filioque dans la conscience de l’E´glise avant le concile d’E´phe`se, RThom 97, 1997, 318–334. 985 [V. Bolotov,] Thesen über das »Filioque«. Von einem russischen Theologen, RITh 6, 1898, 681–712; hier 709–711. 986 Y. M.-J. Congar, Je crois en l’Esprit Saint, Bd. 3, Paris 1980, 116–134 (gekürzte deutsche Übersetzung 1982). 987 Les traditions grecque et latine concernant la procession du Saint-Esprit, Ire´n. 68, 1995, 356–368; deutsche Übersetzung: Die griechische und lateinische Überlieferung über den Ausgang des Heiligen Geistes. Eine Klarstellung in Verantwortung des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, in: Vom Heiligen Geist. Der gemeinsame trinitarische Glaube und das Problem des Filioque, hg. von A. Stirnemann/G. Wilfinger, ProOr 21, Innsbruck/Wien 1998, 23–33. Vgl. E. Lanne, La Processio dello Spirito Santo nella tradizione occidentale, Nic. 26, 1999, 245–260.

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vorkommt, nämlich im allerletzten Buch von De trinitate und in der Debatte mit Maximinus, soll das gleiche Problem lösen helfen wie bei Gregor von Nazianz der Terminus eÆkpoÂreysiw.988 Ostkirchliche Theologen wie Lossky und Meyendorff werfen Augustinus vor, er habe nicht von den Personen her gedacht, sondern von der philosophisch-neuplatonisch konzipierten Einheit Gottes her.989 Er sei darin rationalistisch vorgegangen und habe sowohl die biblischheilsgeschichtliche wie auch die apophatische Tradition der griechischen Väter verlassen.990 Augustinus habe darum den Geist zu einer bloßen Relation zwischen Vater und Sohn herabsinken lassen und nach dem Modell der psychologischen Innenwelt eines einzelnen Menschen vorgestellt, statt seine Personalität voll anzuerkennen. Tatsächlich trifft diese Interpretation allenfalls eine Karikatur von De trinitate, nicht aber diesen Text selbst. Die wenigen Passagen, in denen Augustinus Eigenschaften des Einen Gottes bedenkt (wie seine Güte), beziehen sich gerade nicht auf die Trinität, wohingegen Augustinus die Trinitätslehre nicht aus der einen Substanz (den Begriff substantia unterwirft er einer scharfen Kritik) ableitet, sondern von den Personen aus konstruiert.991 Daß Augustinus den innergöttlichen Hervorgang des Heiligen Geistes auch aus dem Sohn vertritt, beruht für ihn vor allem auf der »biblisch-heilsgeschichtlichen« Tatsache, daß der Sohn den Geist aussendet. Obgleich die östlichen Theologen also beanspruchen, gegen Augustins »essentialistische« Sicht die Heilsgeschichte hochzuhalten, sehen sie ausgerechnet in diesem Schluß von der Oikonomia auf die Theologia den entscheidenden Sündenfall Augustins. Theodor Stylianopoulos etwa meint: 988 Aug. trin. XV, xxvi, 47 (CChr.SL 50a, 528, 98 und 106 M.); xxvii, 48 (529, 3 M.); 50 (532, 85 und 533, 104 M.); c. Maximin. II, xiv, 1 (PL 42, 770 M. [drei Belege]); die beiden einzigen weiteren Belegstellen des Wortes bei Augustinus (in evang. Ioh. xix, 17 [BAug 72, 214 B.]; xlii, 8 [BAug 73a, 394 B.]) beziehen sich nicht auf den Hl. Geist. Auch bei Marius Victorinus (adv. Arium I A, 27 [CSEL 83/1, 102, 17 f. H./H.]; IV, 12 [243, 20 H./H.]) wird das Wort processio nicht pneumatologisch verwendet, wohl dagegen in etwas unklarer Weise bei Hilarius (trin. VIII, 19 [CChr.SL 62a, 331, 21 und 23 S.]) und in dem Nicetas von Remesiana zugeschriebenen Traktat De spiritu sancto (23, 22 Burn), aus welchem Ps.-Athanas. trin. X (27, 13 f. Simonetti) zitiert. Zu Gregor von Nazianz vgl. oben S. 94. 989 Meyendorff, Byzantine Theology (wie Anm. 1396), 180–190; V. Lossky, Essai sur la the´ologie mystique de l’E´glise d’Orient, Paris 1944 (deutsche Übersetzung 1961). 990 V. Lossky hat zwar anerkannt, daß es bei Augustinus Elemente einer »negativen« Theologie gebe, meinte aber, diese hätten eine andere Funktion als in der griechischen Theologie (Les e´le´ments de »The´ologie ne´gative« dans la pense´e de saint Augustin, AugMag 1, 1954, 575–581). Wiederaufgenommen hat das Thema J. Heiser, Saint Augustine and Negative Theology, NSchol 53, 1989, 66–80. Die Frage, ob bei Augustinus nun die affirmative oder die negative Theologie vorherrsche, beantwortet T. J. van Bavel sehr ausgewogen (God in Between Affirmation and Negation According to Augustine, in: Augustine, Presbyter Factus Sum [wie Anm. 259], 73–97). Ins Zentrum des augustinischen Denkens stellt D. Carabine die negative Theologie und behauptet mit eher dürftigen Argumenten eine Abhängigkeit vom Neuplatonismus in diesem Punkt (Negative Theology in the Thought of Saint Augustine, RThAM 59, 1992, 5–22). 991 Siehe dazu oben S. 324 ff.

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»Der Kern des Problems liegt darin, daß der Blick Augustins, der nicht durch die volle Kenntnis der Kämpfe gegen die alten Häresien geschärft war, eines theologischen Grundprinzips nicht ansichtig wurde, das als die erste Verteidigungslinie gegen den Arianismus hervorgetreten war. Es ist das Prinzip, daß die Art und Weise, wie der Vater das Dasein des unerschaffenen Sohnes und des unerschaffenen Geistes ›verursacht‹, sich von Grund auf von der Art und Weise unterscheidet, wie die gesamte Trinität die erschaffene Welt ›verursacht‹ und sich in ihr offenbart. Die erste Weise involviert das Wesen Gottes und die ewige Existenz der Heiligen Dreifaltigkeit (Gott in sich selbst), während die zweite den Willen Gottes und die Trinitätsoffenbarung in Zeit und Geschichte (Gott mit uns) betrifft. Wird es auf die erste angewendet, ist das Filioque . . . unannehmbar. Wird es auf die zweite angewendet, so ist das Filioque . . . annehmbar, weil die gesamte Dreifaltigkeit ihrem Willen, ihrem Handeln, ihrer Herrlichkeit, Herrschaft und Gnade nach eins ist, so wie die Trinität das eine und gleiche Wesen hat.«992

Tatsächlich hat gerade die Debatte des vierten Jahrhunderts dazu geführt, daß auch im Westen Ambrosius und andere die von Stylianopoulos bei Augustinus vermißte Lehre vertraten, Gottes opera ad extra seien unteilbar. Augustinus hat sie sich im ersten Buch von De trinitate ausdrücklich zueigen gemacht. Genau dafür ist er dann gerade von westlichen neueren Theologen wie Rahner kritisiert worden. Ihr Vorwurf lautet, Augustinus verlasse die heilsgeschichtlichgriechische Sicht, die von den Personen und nicht von der Einheit des trinitarischen Gottes ausgehe.993 Wie ist eine derart widersprüchliche AugustinusKritik möglich? Wie ist es möglich, daß man Augustinus einmal vorwirft, er vermische Oikonomia und Theologia, dann aber bemängelt, er lasse beide auseinanderfallen? Wie kann es sein, daß beide Kritiken im Namen ostkirchlicher Theologie ergehen? Könnte dies nicht ein Indiz dafür sein, daß die Theologie der Kritiker Augustins tiefgehende Widersprüche aufweist? Genau diese These entwickelt James P. Mackey in einem scharfsinnigen Aufsatz.994 Mackey versucht, die Ost-West-Debatte um das filioque als verfehlt, ja als grundlos zu entlarven. Denn sowohl hinter dem augustinischen und lateinischen »aus dem Vater und dem Sohn« wie auch hinter dem griechischen »allein aus dem Vater« seien ungelöste Probleme der Trinitätslehre verborgen. Die Unterscheidung von immanenter und ökonomischer Trinität zeige ein Dilemma an: Wenn die Unterschiede der drei Personen nicht irgendwie in unserer Welt (also ad extra) erschienen, hätten wir keine Berechtigung, überhaupt etwas über sie zu sagen; die Väter meinen, die Personen erschienen uns in Gestalt ihrer Wirkungen, ihrer »Energien«.995 Würde man nun allerdings irgendeine Aktivität nach außen einer bestimmten Person zuordnen, so würde dies die Annahme eines Aktzentrums, eines eigenen Subjektes erfordern und mithin die 992 Th. Stylianopoulos, Sohn und Geist: Orthodoxe Stellungnahme, in: Conc(D) 15, 1979, 510–514; hier 513. 993 So etwa Rahner, wie unten S. 324. 994 J. P. Mackey, The Holy Spirit: Relativising the Divergent Approaches of East and West, IThQ 48, 1981, 256–267. 995 Daß die trinitarischen Personen in der Theologie der göttlichen Energien heilsgeschichtlich funktionslos werden, ist die These von D. Wendebourg (vgl. unten S. 343).

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Gefahr des Tritheismus heraufbeschwören. Löst die Rede von den Eigentümlichkeiten oder Idiomata der Hypostasen das Problem? Die griechische Orthodoxie zu Zeiten des Photios sah die spezifische Differenz des Heiligen Geistes in seinem Hervorgang (eÆkpoÂreysiw) allein vom Vater im Anschluß an Joh 15, 26 − aber diese Stelle bezieht sich Mackey zufolge gerade nicht auf den innergöttlichen Hervorgang, sondern auf die Sendung nach außen. Gregor von Nyssa nenne den Sohn mit einem sonst dem Vater vorbehaltenen Ausdruck »ursprungslos«, weil er den Sohn anders nicht von den Geschöpfen zu unterscheiden gewußt habe. Um aber den Sohn vom Vater zu unterscheiden, heiße Gregor den Vater »ungezeugt«. Gregors Gegner Eunomius leite daraus eine Substanzverschiedenheit von Vater und Sohn ab. Deshalb beeile sich Gregor nun plötzlich mit der Erklärung, »ungezeugt« heiße eigentlich nur »nicht geworden« und treffe insofern auf Vater, Sohn und Geist gleichermaßen zu. Derartige Grundbegriffe oszillieren also nach Mackey zwischen Bedeutung und Bedeutungslosigkeit. Gregor gelinge es letztlich nicht, den Heiligen Geist als dritte Hypostase konsistent von den beiden anderen Hypostasen zu unterscheiden. Auch Augustinus löse das Problem nicht, das wohl dadurch entstanden sei, daß die Konzepte, die einst Vater und Sohn zu unterscheiden gedient hatten, unkritisch auf den Heiligen Geist ausgedehnt worden seien. Mackey deutet die Notwendigkeit eines Neuansatzes der Trinitätslehre an. Dies kann hier nicht weiterverfolgt werden. Festzuhalten ist zweierlei: Erstens der Verdacht, daß östliche und westliche Trinitätslehre in dem entscheidenden Schlußstück, der Pneumatologie, an den gleichen ungelösten Schwierigkeiten kranken. Zweitens die offene Frage, ob Augustins Eingeständnis am Ende von De trinitate, er habe nicht vernünftig einsichtig gemacht, worin sich Sohn und Geist genau unterscheiden, ernster zu nehmen ist, als es in der Augustinusrezeption meistens geschieht. Diese Frage sollte allerdings nicht mit derjenigen verbunden werden, wie das von ostkirchlichen Theologen bei Augustinus vermißte apophatische Element angemessen zur Geltung gebracht werden kann. Und ein Drittes ist zu lernen: Die grobschlächtigen Entgegensetzungen von »östlicher« und »westlicher« Trinitätslehre sollten endlich zugunsten exakter Textanalysen aufgegeben werden. Zwei umfangreiche, grundlegende Bücher aus jüngster Zeit deuten in diese Richtung: Bernd Oberdorfer versucht, das filioque-Problem vom Neuen Testament bis in jüngste östliche und westliche Theologie hinein aufzuarbeiten − dabei stützt er sich in der Darstellung der Theologen des vierten und fünften Jahrhunderts angesichts des riesigen Themas verständlicherweise auf wenige Titel der Sekundärliteratur und noch weniger Originaltexte. Das Kapitel über Augustins De trinitate hätte durch detailliertere Vergleiche mit dem Stand der Trinitätsdebatte des vierten und fünften Jahrhunderts, vor dem die Pneumatologie des Werkes erst verständlich wird, gewonnen. Es ist angesichts der Arbeiten etwa von Studer auch zu fragen, ob für Augustinus wirklich die Gottheit in erster Linie das gemeinsame Wesen der drei Personen meint. Interessant sind Oberdorfers Hinweise darauf, daß Augustins Analysen des menschlichen Gei-

»Imago dei«, »psychologische Trinitätslehre« und Liebe

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stes keineswegs einen strikten Filioquismus rechtfertigen, da beispielsweise das Wort, das der Geist zeugt, bereits in Liebe empfangen ist − was auf den Heiligen Geist angewendet bedeuten würde, daß er auch seinerseits an der Zeugung des Wortes beteiligt ist.996 Während Oberdorfer vor allem ein systematisches, ökumenisches Anliegen verfolgt, das auf eine Ost und West im Kern gemeinsame Pneumatologie zielt, verfolgt Peter Gemeinhardt stärker historisch mit hoher Präzision die frühmittelalterliche Kontroverse um das filioque im Spannungsfeld der drei Machtzentren von Papsttum, westlichem und östlichem Kaisertum.997 Für die Phasen vor und nach der von Gemeinhardt erforschten Epoche wird noch viel Arbeit zu tun sein. Die gegenüber früheren Jahrzehnten viel detailgenauere Erforschung der Trinitätslehre des vierten und frühen fünften Jahrhunderts wird hoffentlich eines Tages eine gründliche Darstellung der Pneumatologie jener Epoche hervorbringen. Von den heute noch immer allgegenwärtigen Klischees wird wahrscheinlich so gut wie nichts übrigbleiben.

6. Imago dei, »psychologische Trinitätslehre« und Liebe In längeren Partien von De trinitate argumentiert Augustinus auf der Ebene der biblischen Vorstellung vom Menschen als Ebenbild Gottes. Es gibt nach Augustinus eine Entsprechung zwischen trinitarischen Strukturen des menschlichen Geistes als imago dei und der Trinität, die Gott ist. Fast alle Gesamtdarstellungen von Augustins De trinitate gehen ausführlich darauf ein. Die beiden klassischen und umfangreichsten Untersuchungen sind die Bücher von Schmaus und Gardeil.998 Ihnen gesellen sich mehrere kleinere Übersichten zum Thema bei.999 Die Problematik des Begriffs »psychologische Trinitätslehre«, mit der 996 Oberdorfer, Filioque (wie Anm. 979), 107–128: »Lateinische Trinitätstheologie: Augustinus«. Zur Diskussion um den Inhalt des Buches vgl. die Debatte zwischen Oberdorfer und Elisabeth Gräb-Schmidt in: MJTh 12, 2000, 117–186. 997 P. Gemeinhardt, Die Filioque-Kontroverse zwischen Ost- und Westkirche im Frühmittelalter, AKG 82, Berlin/New York 2002. Vgl. oben Anm. 604. 998 Schmaus, Die psychologische Trinitätslehre (wie Anm. 2; zu dem Buch vgl. oben S. 135 ff.); A. Gardeil, La structure de l’aˆme et l’expe´rience mystique, 2 Bde., Paris 21927 (vgl. dazu unten S. 352). 999 Vgl. etwa: Ch. Boyer, L’image de la Trinite´ synthe`se de la pense´e augustinienne, Gr. 27, 1946, 173–199 und 333–352; erneut in: Ders., Essais anciens et nouveaux sur la doctrine de saint Augustin, Mailand 1970, 87–135; R. Tremblay, La the´orie psychologique de la Trinite´ chez saint Augustin, E´RCDO 8, 1952, 83–109 (vor allem anhand der Triade mens − notitia − amor); Th. Huijbers, Het Beeld van God in de ziel volgens Sint Augustinus’ »De Trinitate«, Aug(L) 2, 1952, 88–107 und 205–229; ders. Zelfkennis en Godskennis in de geest volgens S. Augustinus’ »De Trinitate«, in: Augustiniana. Sexto decimo exacto saeculo a die natali s. Aurelii Augustini 354–1954, Löwen 1954, 53–88 (in anderer Paginierung auch in: Aug(L) 4, 1954); J. I. Alcorta, La imagen de Dios en el hombre, segu´n san Agustı´n, Aug(M) 12, 1967, 29–38; S. Alvares Turienzo, San Agustı´n: imagen de la Trinidad en su concepcio´n antropolo´gica, EstTrin 23/1, 1989, 31–56; M. d. C. Dolby Mu´gica, El hombre como imagen de Dios en la especulacio´n agustiniana, Aug(M) 34, 1989, S.119–154; dies., El hombre es

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manche Autoren noch heute Augustins Konzeption in der zweiten Hälfte seines Werkes über die Trinität kennzeichnen wollen, wurde bereits erwähnt.1000 In den Büchern IX und X geht es um eine stringente Analyse der reinen Selbstbezüglichkeit des Geistes und in den Büchern XII bis XV um die notwendige Struktur geistiger Akte. Hingegen geht es nirgends in De trinitate um den von Schmaus behaupteten Versuch, »in die inneren Lebensvorgänge des dreipersönlichen Gottes durch die Beobachtungen und Erfahrungen, die der Mensch in seinem eigenen geistigen Leben machen kann, Einblick zu gewinnen«.1001 De trinitate ist eher von der Tradition der antiken »Geistmetaphysik« Platos und Plotins her zu lesen als von den psychologischen Aspekten etwa der Confessiones her. Weder eine »psychologische Trinitätslehre« noch eine »trinitarische Psychologie« entsprächen Augustins Anliegen. Mit Recht wendet sich Matthew Drever jüngst nochmals gegen solche Mißverständnisse: »The movement of self to God is premised on the opposite and prior movement of God to self: it is only because God has created humans in the image of the Trinity and redeemed that image through Christ that the human self has a triadic structure capable of granting some understanding of the Trinity.«1002

Für Augustinus ist der Mensch in seiner Geistigkeit imago Gottes. Aber gewisse vestigia des trinitarischen Gottes finden sich für ihn auch unterhalb des Geistigen, von den körperlichen Sinnen angefangen bis hinunter zur gesamten übrigen Schöpfung. Auch dazu gibt es Literatur.1003 Die vor allem in der Systematischen Theologie gelegentlich begegnende Anwendung des Begriffs vestigium trinitatis auf den menschlichen Geist insgesamt entspricht jedenfalls nicht Augustins terminologischer Differenzierung. Eine Anthologie von Texten Augustins zur Gottebenbildlichkeit mit bewußt weitgehendem Ausschluß von De trinitate hat Heijke vorgelegt. Seine These, schon der frühe Augustinus habe eine trinitarische imago-Lehre vertreten, ist allerdings übertrieben: In entfalteter Form zumindest gibt es diese Lehre erst in De trinitate.1004 John E. Sullivan entwirft in wenig origineller, aber übersichtliimagen de Dios. Visio´n antropolo´gica de san Agustı´n, Pamplona 1993; M. M.a Campelo, El hombre imagen trinitaria de Dios, RelCult 46, 2000, 377–390. − Die Frage nach dem theologischerkenntnistheoretischen Wert der augustinischen Konzeption stellte Maurillo Teixeira-Leite Penido (La valeur de la the´orie »psychologique« de la trinite´, EThL 8, 1931, 5–16) und beantwortete sie positiv. − Nicht erreichbar war der Aufsatz von T. Alesanco Reinares, La interioridad de san Agustı´n, en »De Trinitate«, in: »In te ipsum redi«. Aspectos de la interioridad en san Agustı´n, Jornadas 1980 Marcilla, Logrono 1980, 207–218 (vgl. RE´Aug 32, 1986, 399). 1000 Oben S. 135 ff. 1001 Schmaus, Trinitätstheologie in Patristik und Mittelalter (wie Anm. 1443), 465. 1002 M. Drever, The Self Before God? Rethinking Augustine’s Trinitarian Thought, HThR 100, 2007, 233–242; hier 241. 1003 Darüber unterrichten F. d. P. Blache`re, La Trinite´ dans les cre´atures, RAug 3, 1903, 219–233; A. Espada, El mundo como vestigio de Dios Uno y Trino, segu´n san Agustı´n, EstAg 9, 1974, 395–427 (Espadas scholastisch-säuberliche Trennung von vestigia der Einheit und denen der Dreiheit entspricht allerdings nicht Augustins Vorgehensweise). 1004 J. Heijke (Hg.), St. Augustine’s Comments on »Imago Dei«. (An Anthology From All his

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cher Weise ein großes Panorama der imago-Lehre Augustins und resümiert auch die patristische Entwicklung dieses Konzepts vor Augustinus und Augustins Wirkungsgeschichte besonders im Blick auf Thomas von Aquin.1005 Adalbert Hamman durchmustert die Texte zur Gottebenbildlichkeit von der Bibel über die apostolischen Väter und die Theologen der ersten Jahrhunderte bis hin zu Augustinus und Kyrill von Alexandrien. Augustinus, so sein Fazit, habe wie die Mehrzahl der griechischen Väter die Gottebenbildlichkeit auf den Geist des Menschen bezogen, aber im Gegensatz zu vielen anderen Vätern nicht die Unterscheidung zwischen imago und similitudo übernommen.1006 Letzteres ist mißverständlich. Wie eine subtile Begriffsanalyse von Robert Markus zeigt, hat die biblische Formulierung faciamus hominem ad imaginem et similitudinem nostram (Gen 1, 26) eine komplizierte Auslegungsgeschichte vor und auch bei Augustinus.1007 Im Unterschied zu Tendenzen in seinem Frühwerk lehnt Augustinus in De trinitate Deutungen ab, die etwa allein Christus für die imago dei halten, den Menschen dagegen nur ad imaginem geschaffen sein lassen (so auch Marius Victorinus). Ebensowenig folgt Augustinus dem Ambrosius, der meistens imago und similitudo synonym verwendet und beidemal überwiegend ein spirituelles Ziel damit meint, auf das sich der Mensch erst hinbewegen muß.1008 Auch der griechischen Auffassung von der oëmoiÂvsiw (Gen 1, 26 LXX), der Verähnlichung mit Gott, konnte sich Augustinus zunächst nicht anschließen, weil die lateinische Übersetzung mit dem Wort similitudo weniger Dynamik konnotiert. Bis zum Jahre 412 hat Augustius offenbar mit der Möglichkeit des Verlusts der imago durch die Sünde gerechnet. Danach legte er sich auf die schon früher bei ihm begegnende Idee fest, daß die im Geiste des Menschen unzerstörbare Gottebenbildlichkeit nach dem Sündenfall der Erneuerung (reformatio) bedürftig, aber auch fähig ist.1009 Von Ambrosius vor allem hat Augustinus gelernt, daß die Gottebenbildlichkeit des Menschen sich auf dessen Geist bezieht und nicht etwa in umgekehrter Richtung ein anthropomorphes Gottesbild nahelegt. Von da aus gelangte Augustinus besonders durch Pauluslektüre (1 Kor 11, 7) um 395 laut Markus zu der in De trinitate VII, vi, 12 deutWorks Exclusive of the De Trinitate), ClF.S 3, Worcester, Mass. 1960; ders., God in het diepst van de gedachte. De imago-Dei-leer van Sint Augustinus, Bijdr. 16, 1955, 357–377. Kritisch dazu mit Recht Schindler, Wort und Analogie (wie Anm. 699), 74. Ähnliches wäre gegen McCool (wie Anm. 583) und Somers (wie Anm. 1016) einzuwenden. 1005 J. E. Sullivan, The Image of God. The Doctrine of St. Augustine and Its Influence, Dubuque, Iowa 1963; weitere Studien zur Wirkungsgeschichte im Mittelalter und im Humanismus mit seiner Idee der Menschenwürde unten S. 350 ff. 1006 A.-G. Hamman, L’homme, image de Dieu. Essai d’une anthropologie chre´tienne dans l’E´glise des cinq premiers sie`cles, Paris 1987, 238–277: »Augustin d’Hippone«. 1007 R. Markus, »Imago« and »similitudo« in Augustine, RE´Aug 10, 1964, 125–143; erneut in: Ders., Sacred and Secular (wie Anm. 1152), Nr. XVI. 1008 Den Aufsatz von G. A. McCool, The Ambrosian Origin (wie Anm. 583), beurteilt Markus aus diesem und anderen Gründen mit Recht kritisch. 1009 Zu Augustins Theorie der Erneuerung des Bildes vgl. die Arbeiten von Ladner (wie Anm. 1134).

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lich ausgesprochenen Erkenntnis, daß der Mensch immer Bild Gottes ist.1010 Anders als der Gottessohn ist der Mensch kein gezeugtes, sondern ein geschaffenes Bild. Daher ist der Menschengeist Gott nicht gleich, sondern immer zum Bilde Gottes hin ausgerichtet. Nie erreicht er das Vorbild, vielmehr geht er in einem Maß an Ähnlichkeit darauf zu. Die vollkommene Ähnlichkeit (nicht Gleichheit) wird erst in der vollendeten Schau Gottes erreicht. Augustinus gewann seine Idee der Ähnlichkeitsgrade nach der überzeugenden Darlegung von Markus aus der platonischen Lehre von der similitudo und dissimilitudo.1011 Brachtendorf fügt verdeutlichend hinzu: »Wenn ein Bild als Bild schon Ähnlichkeit mit dem Original aufweist, dann muß unterschieden werden zwischen einer immer schon bestehenden, ontologischen Ähnlichkeit und einer durch entsprechende Lebensführung erst noch herzustellenden und im Eschaton zu vollendenden ›similitudo‹.«1012

Peter Gerlitz will zeigen, daß Augustinus mit seiner trinitarischen Psychologie ganz in der neuplatonischen Tradition stehe und die transzendente Trinität nur als Spitze in der Hierarchie der vestigia trinitatis fasse (kann man dann noch von »transzendent« sprechen? Doch wohl nicht!). Augustins Berufung auf die biblische Lehre von der Gottebenbildlichkeit des Menschen bleibe demgegenüber sekundär. Wenn man aber in solcher Weise vom Geschöpf auf den Schöpfer schließe, müsse Gott schließlich ein Bestandteil der menschlichen Existenz werden. Diese gefährliche Konsequenz (sozusagen das Feuerbachsche Argument) habe Augustinus nicht durchschaut.1013 So interessant einige der von Gerlitz zitierten neuplatonischen Reflexionen sein mögen, so bleibt doch der Text von De trinitate zu oberflächlich interpretiert. Die Thematik von Spiegel und Gleichnis im fünfzehnten Buch, die ausführliche Besinnung auf bleibende Differenzen zwischen göttlichen und menschlichen Dreiheiten ebenda, und überhaupt die Durchdringung von biblischem und philosophischem Denken 1010 Schindler, Wort und Analogie (wie Anm. 699), 64 Anm. 13, weist mit Recht auf Aug. quant. anim. xxviii, 55 (CSEL 89, 201, 18 – 202, 5 Hörmann) hin, wo bereits 387/388 die Lehre vom reformare des Bildes nachzulesen ist, so daß vielleicht doch nicht eine der späteren Pauluslektüren Augustins dafür verantwortlich ist. 1011 Die beiden klassischen Studien zum Thema sind E´. Gilson, Regio dissimilitudinis de Platon a` St Bernard de Clairvaux, MS 9, 1947, 108–130, und P. Courcelle, Tradition ne´oplatonicienne et traditions chre´tiennes de la ›region de dissemblance‹ (Platon, Politique 273 d), in: AHDL 24, 1957/58, 5–33. 1012 Brachtendorf, Die Struktur des menschlichen Geistes (wie Anm. 707), 205 f., Anm. 26. Auf dem Hintergrund dieser zutreffenden Unterscheidung gelingt Brachtendorf (ebd. 245–250) auch eine Widerlegung der Interpretation von Isabelle Bochet (Saint Augustin et le de´sir de Dieu, E´AA 95, Paris 1982). Sie hatte gemeint, der Bildcharakter des sündigen Menschen sei nur potentiell und werde erst aktualisiert, wenn der Geist sich Gott zuwende. 1013 P. Gerlitz, Die eikonologische Begründung der Trinitätslehre bei Augustinus, SMSR 54, 1988, 81–93; vorangegangen war das Buch desselben Autors: Außerchristliche Einflüsse auf die Entwicklung des christlichen Trinitätsdogmas. Zugleich ein religions- und dogmengeschichtlicher Versuch zur Erklärung der Herkunft der Homousie, Leiden 1963, 247–265 (dazu die Rez. von H. Dörrie, ThLZ 90, 1965, 851–854).

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bei Augustinus sind in Wahrheit komplexer und führen daher auch nicht zu den angeblichen Konsequenzen. Nicht hinreichend begründet erscheint auch die Ansicht von Robert J. O’Connell, ausgerechnet die Frage des Ursprungs der Seele sei es gewesen, die Augustinus so lange an De trinitate habe arbeiten lassen.1014 Nichts im Text von Augustins Werk deutet darauf hin. Doch der Forscher beharrt damit auf seiner umstrittenen These, Augustinus habe von 386 bis noch in die Zeit nach den Confessiones hinein die mythologische Meinung vertreten, die Seelen hätten eine Präexistenz und seien durch die Sünde in sterbliche Leiber gefallen, hätte aber um 415 in der pelagianischen Kontroverse erkannt, daß sich dies nicht mit der paulinischen Theologie vertrage (Röm 9, 11). O’Daly und Madec haben diese Ansicht mit guten Gründen abgelehnt.1015 In De trinitate meint O’Connell Augustins (angebliche) alte Theorie wiederzufinden: Die Bücher I bis Mitte von XII beruhten noch auf ihr. Die später entstandenen Bücher ließen die Theorie ebenfalls noch erkennen. Das liege aber nicht daran, daß Augustinus dadurch Konsistenz mit den früheren Büchern hätte herstellen wollen. Vielmehr habe er inzwischen doch wieder eine Lehre von den gefallenen Seelen für denkbar gehalten, allerdings unter Vermeidung origenistischer Konsequenzen. O’Connells Buch enthält manche interessante Beobachtung zu De trinitate, aber die Lieblingslehre des Autors wirkt in die Texte Augustins hineingelesen. Auf traditionellere Weise ist Herman Somers in mehreren Aufsätzen der Entwicklung von Augustins imago-Theorie und ihren historischen Voraussetzungen nachgegangen.1016 Er sieht unter anderem einen Bezug zum antiken Rationalismus und zur Gnosis. Für Augustinus habe die imago die Funktion, durch die Ähnlichkeitsbeziehung Gott zu offenbaren. Der Bischof habe im Laufe seines Lebens die menschliche Einsicht in die eigene Gottebenbildlichkeit zunehmend als den eigentlichen Inhalt menschlicher Weisheit erkannt. Mehrere weitere Autorinnen und Autoren haben diesen dynamischen Aspekt der imago-Theorie herausgearbeitet. Walter H. Principe macht dabei auf einen meist übersehenen Sachverhalt aufmerksam: Die Ternare, die in der Forschungsliteratur gerne verwendet werden, wie etwa memoria dei − intellegentia dei − amor dei werden zum

1014 R. J. O’Connell, The Human Being as »Fallen Soul« in St. Augustine’s De Trinitate, Med. 4, 1978, 33–58; der Aufsatz ist überholt durch O’Connells Buch: The Origin of the Soul in St. Augustine’s Later Works (wie Anm. 198), 1–16 (»Introduction«) und 246–281 (»The De Trinitate«). 1015 G. J. P. O’Daly, Did St. Augustine Ever Believe in the Souls’s Pre-existence?, AugSt 5, 1974, 227–235 (erneut in: Ders., Platonism Pagan and Christian. Studies in Plotinus and Augustine, CStS 719, Aldershot 2001, Nr. IV); G. Madec, La condition malheureuse, BAug 6, 3 1976, 578–583. Zum Kontext vgl. R. J. Rombs, Saint Augustine and the Fall of the Soul. Beyond O’Connell and His Critics, Washington 2006. 1016 H. Somers, Image de Dieu et illumination divine, in: AugMag 1, 1954, 451–462; La gnose augustinienne: sens et valeur de la doctrine de l’image, RE´Aug 7, 1961, 1–15; Image de Dieu. Les sources de l’exe´ge`se augustinienne (wie Anm. 453); L’image comme sagesse. La gene`se de la notion trinitaire de la sagesse, RechAug 2, 1962, 403–414.

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Teil von Augustinus gar nicht verwendet. Augustinus drücke sich lieber in Verben aus, denn es geht ihm um Akte des menschlichen Geistes, der sich Gottes erinnere, Gott einsehe, Gott liebe; »it is a program for life, not a mere speculative exercise.«1017 Allerdings ist dagegen zu betonen, daß auch der selbstreflexive Geist für Augustinus bereits Bild Gottes ist. Richtig ist nur, daß der Geist sich erst dann, wenn sein Selbstbezug zum Gottesbezug wird, mit Weisheit erfüllt.1018 Fulbert Cayre´ untersucht diese »Mystik der Weisheit« in De trinitate näher. Elio Bromuri geht ihr auf dem Hintergrund moderner Theologie nach. JeanLouis Vieillard-Baron betrachtet das trinitarische Bild, das die Seele für Augustinus ist, als Form der Theophanie. Jesu´s Domı´nguez Sanabria beleuchtet das Verhältnis von Gottsuche und Konversion (im Sinne von Hin- und Umwendung) in der Gedankenbewegung von De trinitate. David J. Hassel bemerkt, wie der Begriff der conversio im spirituellen Fortschritt eine Art Spezialfall der fortschreitenden participatio ist, auf die hin alle Schöpfung angelegt ist.1019 In Fortführung von Arbeiten beispielsweise von Gerald Bonner1020 stellt Mary Marrocco die Teilhabe am göttlichen Leben in den Mittelpunkt von De trinitate. Sie will zeigen, daß Augustinus trotz Differenzen in mancher Hinsicht der ostkirchlichen Lehre von der Vergöttlichung des Menschen nahekommt. Das ganze Werk über die Trinität sei Ausdruck eines Prozesses der deificatio, einer keineswegs nur intellektuellen, sondern kontemplativen Hinwendung zur göttlichen Trinität.1021 Das Gebet am Schluß von De trinitate und überhaupt das Verhältnis von Gebet und Erkenntnis sind Gegenstand zweier Aufsätze anderer Autoren.1022 Auch Tarsicius van Bavel und John Niyiring betonen die Synthese 1017 W. H. Principe, The Dynamism of Augustine’s Terms for Describing the Highest Trinitarian Image in the Human Person, StPatr 17/3, 1982, 1291–1299; 1295. 1018 Aug. trin. XIV, xii, 15 (CChr.SL 50a, 442 f., 1–4 M.): Haec igitur trinitas mentis non propterea dei est imago quia sui meminit mens et intellegit ac diligit se, sed quia potest etiam meminisse et intellegere et amare a quo facta est. Quod cum facit sapiens ipsa fit. 1019 F. Cayre´, Le Mysticisme de la Sagesse dans les Confessions et le De Trinitate de saint Augustin, AThA 13, 1953, 347–369; E. Bromuri, Le analogie trinitarie di S. Agostino tra psicologia e mistica, in: Congresso internazionale di S. Agostino, Bd. 2 (wie Anm. 904), 169– 185; J.-L. Vieillard-Baron, Les images de Dieu comme the´ophanies chez saint Augustin, in: Ders./S. Corbin (Hg.), Face de Dieu et the´ophanies. Colloque tenu a` Paris les 10, 11, 12 mai 1985, CUSJJ 12, Paris 1986, 35–51; J. Domi´nguez Sanabria, Llamados a vivir con las tres divinas personas, RelCult 46, 2000, 337–355; D. J. Hassel, Conversion-Theory and scientia in the De Trinitate, RechAug 2, 1962, 383–401. 1020 G. Bonner, Augustine’s Concept of Deification, JThS N. S. 37, 1986, 369–386; ders., Deification, Divinization, AugTA, 1999, 265 f. 1021 M. Marrocco, Participation in Divine Life in the De Trinitate of St. Augustine, Aug(R) 42, 2002, 149–185. 1022 O. Rossi, Pensiero e preghiera nel De trinitate di S. Agostino, in: La preghiera nel tardo antico. Dalle origini ad Agostino. XXVII Incontro di studiosi dell’antichita` cristiana, Roma, 7–9 maggio 1998, SEAug 66, Rom 1999, 331–341. Vgl. auch die Analyse des Schlußgebetes von De trinitate durch Berrouard, Myste`re et recherche (wie Anm. 793), die Rossi entgangen ist.

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von Theologie und Spiritualität in De trinitate.1023 Daß aus einer solchen Sicht auch ein Problem erwachsen kann, wurde oben schon vermerkt.1024 Sergio Gonza´lez stellt den Gedankengang des achten Buches von De trinitate als Einführung in die Betrachtung und mystische Gotteserkenntnis Augustins dar; wohl mit Recht betrachtet Gonza´lez das achte Buch als Mitte oder Scharnier des ganzen Werkes über die Trinität. Doch obwohl der Aufsatz über hundert Seiten umfaßt, ist nicht ersichtlich, was daran mitteilenswert oder neu ist.1025 Augustinus beschreibt im elften Buch von De trinitate den Weg, der vom äußeren Menschen mit seinen Sinnen zum Bild der Trinität führen soll; Malcolm Spicer verbindet einige Betrachtungen hierzu mit dem Begriff des »Tao«, der ja den »Weg«, ein Verhalten, eine kosmische Ordnung und auch den Herrn und seine Manifestationen bedeuten kann. In einer anderen Studie mit ähnlichem Hintergrund beleuchtet Spicer den Zusammenhang von Taufe und Erkenntnis im fünfzehnten Buch von De trinitate, ausgehend von dem Gebet am Schluß.1026 Margaret Miles spürt der Metaphorik nach, in der Augustinus die Gottesschau beschreibt, vom Gesichtssinn bis zum Auge des Herzens und des Geistes.1027 Denys Turner untersucht die Metaphorik des Aufstiegs und der Innerlichkeit in De trinitate. Die Sprache der Innerlichkeit verlange eine Askese gegenüber dem Gefangensein in äußerlicher Imagination, um zum reinen, bildlosen Licht der ewigen Wahrheit zu gelangen. Gleichwohl sei Augustins Sprache der Innerlichkeit durch und durch bildlich, und die Bilder seien der Außenwelt entnommen. Den gewissen Widerspruch, der darin unvermeidlich liege, erforscht Turner auch in anderen großen Werken christlicher Mystik der Antike und des Mittelalters.1028 Die Arbeiten über Augustins Theorie der Selbstbezüglichkeit des Geistes sind überwiegend in dem Teil über die philosophischen Aspekte von De trinitate zu besprechen. Mehrere Autoren allerdings schärfen gerade den theologischen Gehalt dieser Theorie ein:1029 Jose´ Oroz Reta betont, daß der Mensch in der 1023 T. v. Bavel, ›Wij moeten leren het onuitspreekbaare op onuitsprekelijke wijze te zien‹. Theologie en spiritualiteit in Augustinus’ De Trinitate, in: P. van Geest/J. van Oort (Hgg.), Augustiniana Neerlandica. Aspecten van Augustinus’ spiritualiteit en haar doorwerking, Löwen u. a. 2005, 163–185; J. Niyiring, Seeking God as Trinity. Augustine of Hippo’s »De Trinitate« for Christian Spiritual Life, Diss. Gregoriana, Rom 1999. 1024 Vgl. oben S. 186. 1025 S. Gonza´lez, Introduccio´n a la contemplacio´n y conocimiento mı´stico de Dios en »De Trinitate« de San Agustı´n (Libro VIII), EstAg 24, 1989, 3–53; 299–352. 1026 M. Spicer, El Tao en el libro XI del De Trinitate, Aug(M) 31, 1986, 263–274; ders., El De Trinitate, bautismo de la inteligencia, Aug(M) 36, 1991, 259–293. Vgl. ders., The Trinity: a Psychological God, SR 5, 1975/76, 117–133. 1027 M. Miles, Vision: The Eye of the Body and the Eye of the Mind in Saint Augustine’s De trinitate and Confessions, JR 63, 1983, 125–142. 1028 D. Turner, The Darkness of God. Negativity in Christian Mysticism, Cambridge 1995, 74– 101 (»Interiority and ascent: Augustine’s De Trinitate«). 1029 Die folgenden drei Aufsätze finden sich in dem Sammelband: Interiorita` e intenzionalita` in s. Agostino, hg. von L. Alici, SEAug 32, Rom 1990: J. Oroz Reta, Dall’interiorita` dell’ani-

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Ausrichtung seiner Innerlichkeit auf sich selbst deshalb auf Gott zugeht, weil Gott sich ihm geoffenbart hat. Der Aufstieg von der scientia zur sapientia sei der Gnade Gottes zu verdanken. Für Gaetano Lettieri ist das Selbstbewußtsein bei Augustinus eine im existenziellen (und nicht im spekulativen) Sinne »dialektische« Vermittlung einer Intentionalität, die prinzipiell offen bleibt und in der Theologie des Kreuzes gipfle. Auch Luca Obertello gesteht zwar die neuplatonische Inspiration von Augustins Theorie des Selbstbewußtseins zu, meint aber, in spezifischer Differenz zu Gottes Selbstbewußtsein werde die menschliche Seele sich in ihrer eigenen Substanz nie ganz durchsichtig, so daß ihre Selbsterkenntnis von ganz eigener Art sei. Dem ist wohl entgegenzuhalten, daß das se nosse für Augustinus sehr wohl den ganzen Geist erfaßt, nicht allerdings das reflektierende se cogitare. Augustins angeblich am Leitfaden der menschlichen Psychologie entwickelte Trinitätslehre ist, als »vermögenspsychologische Trinitätslehre« gedeutet, umgekehrt zur Entwicklung einer menschlichen Psychologie am Leitfaden der Lehre vom dreifaltigen Gott herangezogen worden. Die am Denken Othmar Spanns orientierte Wiener »Gesellschaft für Ganzheitsforschung« veröffentlichte nämlich einen Aufsatz von Reinhold Oswald Meßner, demzufolge es im Menschen drei aufeinander bezogene »Innenpersonen« gebe: die handelnde und wollende Person, die sie »nach innen« wiederholende, urteilende Person, und eine die letztere vervollkommnende, dritte Person. Darum sei Augustins Trinitätslehre unentbehrlich für eine ganzheitliche Denkweise.1030 Im zwölften Buch von De trinitate leitet Augustinus seine Analyse vom äußeren zum inneren Menschen über, um hier nach der Gottebenbildlichkeit zu forschen. Das vernünftige Urteilen, auch im Umgang mit alltäglichen Fragen, hat der Mensch nicht mit den Tieren gemeinsam. Es betrifft also nicht den äußeren Menschen. Augustinus veranschaulicht dies mit allegorischen Bibelauslegungen. Wie Adam keine Hilfe unter den Tieren fand, sondern die Gehilfin aus ihm selbst genommen werden mußte, so finde der Geist unter den Seelenteilen, die mit den Tieren gemeinsam sind, keine Unterstützung beim angemessenen Gebrauch körperlicher Dinge. Ratio und appetitus rationalis entstam-

ma alla contemplazione di Dio nel »De Trinitate« di sant’Agostino, ebd. 85–106; L. Obertello, »Per speculum et in aenigmate«: conoscenza di se´ e conoscenza di Dio nel De Trinitate, ebd. 107–131; G. Lettieri, La dialettica della coscienza nel »De Trinitate«, ebd. 145–176. Der Vollständigkeit halber sei hier auch ein Aufsatz von Max Josef Suda erwähnt (Selbsterkenntnis und transzendentale Theologie nach Augustins »De trinitate«, WJTh 2, 1998, 429–441). 1030 R. O. Messner, Über das Verhältnis meiner Innenpersonen-Lehre zur Teil-IchheitenLehre Othmar Spanns und zur vermögenspsychologischen Trinitätstheorie Augustins, ZGF N. F. 9, 1965, 1–12. − Erwähnt sei an dieser Stelle der Versuch von Ludwig Scheglmann, trin. IX als Analyse des »Gemüts« und trin. X als Analyse des »Intellekts« zu deuten (Der Subjektzirkel in der Psychologie Augustins, ZPhF 22, 1968, 327–355); Booth (St. Augustine’s »notitia sui«, 1979 [wie Anm. 299] 115 f.) und Brachtendorf (Die Struktur des menschlichen Geistes [wie Anm. 707], 318 Anm. 2) haben sich mit Recht dagegen gewandt.

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men vielmehr ein und derselben Natur des Geistes. Augustinus lotet auf der Basis dieser Deutung mehrere Möglichkeiten aus, wie das Weibliche in der Ebenbildlichkeit verstanden werden könnte. Er stößt auf einen Widerspruch zwischen dem ersten Korintherbrief und dem Buch Genesis: Paulus verfügt, der Mann solle sein Haupt nicht verhüllen, weil er Bild und Abglanz Gottes sei, wohingegen die Frau der Abglanz des Mannes sei (1 Kor 11, 7). Demnach scheint es so, als sei die Frau nicht selbst Bild Gottes. In Gen 1, 27 dagegen heißt es nach Augustins Bibeltext: Fecit deus hominem ad imaginem dei; fecit eum masculum et feminam. Hier ist die Frau, unmißverständlich, ebenso Bild Gottes wie der Mann. Augustinus sucht den Widerspruch zu beseitigen, indem er die Korintherbriefstelle allegorisch auslegt: Hier verkörpere der Mann den höheren Seelenteil, in welchem er Bild Gottes ist. Die Frau verkörpere den zur Hilfe in der Befassung mit Niedrigerem abkommandierten Seelenteil, der zusammen mit dem höheren Teil Bild Gottes ist. Der Schleier, den die Frau nach Paulus tragen muß, sei als allegorische Warnung an die dem Körperlichen zugewandte Verstandestätigkeit zu verstehen, sich nicht mehr als nötig in die Niederungen zu begeben. Augustinus stellt nochmals klar, daß in der Realität der Mann wie die Frau über die höhere ratio verfügen, in der sie beide Bild Gottes sind.1031 Er wendet sich damit, ohne dies auszusprechen, gegen Interpretationen, wie sie etwa der »Ambrosiaster« vertreten hatte, der den Frauen die Gottebenbildlichkeit in gewisser Hinsicht abspricht.1032 Vor allem Kari Elisabeth Børresen hat schon 1968 in einer frühen Phase der »Gender«-Forschung bei aller Kritik an Augustinus dennoch anerkannt, daß er als erster den Widerspruch von 1 Kor 11, 7 und Gen 1, 27 zugunsten der Frau aufzulösen suche.1033 Gleichwohl haben Mary Daly, Rosemary Radford Ruether und andere Feministinnen unter anderem aus De trinitate zitiert, weil sie dort einen der Ursprünge patriarchalischer Minderbewertung von Frauen zu finden meinten. Die Frau verkörpere für Augustinus den Leib im Unterschied zum männlichen Geist, der allein Bild Gottes sei. Augustinus sei gerade durch seine Lehre von der Gottebenbildlichkeit in De trinitate XII die eigentliche 1031 Aug. trin. XII, i, 1 – vii, 13 (CChr.SL 50, 356, 1 – 367, 109 M.). Vgl. besonders XII, vii, 10 (364, 18–20 M.): Ad imaginem quippe dei naturam ipsam humanam factam dicit quae sexu utroque completur, nec ab intellegenda imagine dei separat feminam. Sowie XII, vii, 12 (367, 101–106 M.): Sed quia sexu corporis distat a viro, rite potuit in eius corporali velamento figurari pars illa rationis quae ad temporalia gubernanda deflectitur ut non maneat imago dei nisi ex qua parte mens hominis aeternis rationibus conspiciendis vel consulendis adhaerescit, quam non solum masculos sed etiam feminas habere manifestum est. 1032 Vgl. oben S. 111. 1033 K. E. Børresen, Subordination et e´quivalence. Nature et roˆle de la femme d’apre`s Augustin et Thomas d’Aquin, Oslo/Paris 1968; englische Übersetzung nach der revidierten italienischen Ausgabe (Natura e ruolo della donna in Agostino e Tommaso d’Aquino, Assisi 1979): Subordination and Equivalence. The Nature and Role of Woman in Augustine and Thomas Aquinas, Washington 1981; Kampen 21995; dies., Imago Dei, privile`ge masculin? (wie Anm. 559). Vgl. auch C. W. Wolfskeel, Some Remarks with Regard to Augustine’s Conception of Man as the Image of God, VC 30, 1976, 63–71.

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Quelle westlicher christlicher patriarchalischer Anthropologie.1034 Noch 1995 steht für Kim Power bei aller Differenziertheit, mit der sie die Texte Augustins zu lesen versteht, dennoch fest, daß Augustinus als einer der Männer, die das westliche Denken kreiert haben, auch einer der Hauptverantwortlichen für die Unterdrückung von Frauen sein muß.1035 E. Ann Matter hat einen vorsichtig kritischen Überblick solcher und anderer Auslegungen vorgelegt; sie betont, daß eine Interpretation ahistorisch wäre, die Augustinus eine Reflexion über die »Rolle der Frau« in der Gesellschaft zuschriebe. Theologisch habe für Augustinus die Gottebenbildlichkeit der Frau festgestanden, die reale Unterordnung der Frau in der Gesellschaft seiner Zeit dagegen habe Augustinus nie infragegestellt.1036 Zumeist männliche Verteidiger des Augustinus haben mit Recht herausgearbeitet, daß die allegorische Ebene beachtet werden muß, auf der sich Augustins Argumente in De trinitate XII bewegen: allen voran Tarsicius Jan van Bavel in der wohl besten und exaktesten Studie zum Thema, ebenso Edmund Hill, Richard J. McGowan, David Vincent Meconi und inzwischen auch eine Autorin, Larissa Carina Seelbach.1037 Gleichsam nur nebenher stellt Augustinus in diesem Buch die Frage, ob Frauen Ebenbilder Gottes seien, und diese Frage wird bejaht. Das eigentliche Thema seines Buches sind aber der menschliche Geist und die Seelenteile, und um dieses typisch pagane Thema biblisch zu untermauern, benutzt Augustinus eine Allegorese des in der Bibel reflektierten Verhältnisses von Mann und Frau. Wichtig ist, daß Augustinus der paulinischen Infragestellung der Ebenbildlichkeit der Frau durch Allegorese den Boden entzieht. Es ist zudem falsch, Augustinus die Ansicht zu unterstellen, der Mann werde mit dem Geist, die Frau mit dem Körper gleichgesetzt. Dennoch behalten die feministischen Kritikerinnen Augustins in einem wichtigen Punkt recht: Auch die Tatsache, daß die Frau allegorisch für das Mindere gegenüber dem 1034 M. Daly, The Church and the Second Sex, Boston 1985 (zuerst 1968), 86; R. Radford Ruether, Misogynism and Virginal Feminism in the Fathers of the Church, in: Dies. (Hg.), Religion and Sexism. Images of Woman in the Jewish and Christian Traditions, New York 1974, 150–183; hier 156; dies., Sexism and God-Talk. Toward a Feminist Theology, Boston 1993 (zuerst 1983), 95. 1035 K. Power, Veiled Desire. Augustine’s Writing on Women, London 1995. 1036 E. A. Matter, Christ, God and Woman in the Thought of St Augustine, in: Dodaro/ Lawless (Hgg.), Augustine and his Critics (wie Anm. 257), 164–173. 1037 T. J. v. Bavel, Woman as the Image of God in Augustine’s »De Trinitate XII« (wie Anm. 466); E. Hill, [Kommentar, in:] Saint augustine, The Trinity (wie Anm. 49), 337–340, sowie ders. St Augustine and R. R. R. on Women, NBl 66, 1985, 503 f., eine Widerlegung zu Passagen in: R. Radford Ruether, The Liberation of Christology from Patriarchy, ebd. 324–335, besonders 325 f. R. J. McGowan, Augustine’s Spiritual Equality: the Allegory of Man and Woman with Regard to Imago Dei, RE´Aug 33, 1987, 255–264; D. V. Meconi, Grata Sacris Angelis: Gender and the Imago Dei in Augustine’s De Trinitate XII, ACPhQ 74, 2000, 47–62; L. C. Seelbach, »Das weibliche Geschlecht ist ja kein Gebrechen . . . «. Die Frau und ihre Gottebenbildlichkeit bei Augustin, Cass. 50, Würzburg 2002, zu De trinitate besonders 213–237; vgl. C. Müller, Art. Femina, AugLex II, 1996–2003, 1266–1281.

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durch den Mann symbolisierten Besseren steht, ist immer noch Ausdruck einer Geringerschätzung. Die Frage bleibt legitim, warum Augustinus diesen Widerspruch zu seiner eigenen Lehre von der Gottebenbildlichkeit der Frau nicht erkannt oder nicht ausgesprochen hat. Im gleichen zwölften Buch von De trinitate, in dem von der Frau als Ebenbild Gottes die Rede ist, lehnt Augustinus auch die »Familienanalogie« mancher Theologen als wenig wahrscheinlich ab, in der etwa Gott-Vater dem Familienvater, Gott-Sohn dem Kind und der Heilige Geist der Familienmutter entspräche.1038 Denn aus Gen 1, 26 f. folgert Augustinus, daß nicht erst ein Kollektiv von mindestens drei Menschen, sondern bereits jeder einzelne Mensch Bild der göttlichen Trinität sei.1039 Franz K. Mayr versucht in einer weit ausholenden Studie den letzten Grund dafür in Augustins Ablehnung matriarchalischer Vorstellungen des Polytheismus zu finden, wie sie auch im Neuplatonismus noch mittransportiert worden seien.1040 Luis Nos Muro erwägt allen Ernstes, ob die Trinität, als Familie gefaßt, nicht das Gespräch mit polytheistischen Religionen erleichtern könnte.1041 Aber van Bavel erfaßt wohl angemessener und nüchterner den schlichten exegetisch-theologischen Hintergrund der betreffenden Passagen in De trinitate.1042 Dazu paßt Berrouards Beobachtung, daß Augustinus das Ein-Herz-und-eine-Seele-Sein der Urgemeinde (Apg 4, 32) im ganzen Werk De trinitate nicht in trinitarischem Sinne verwendet; die Urgemeinde werde nicht als Bild der Trinität gedeutet, weil die Heilige Schrift sie nicht als Bild bezeichnet.1043 Heute wird gerne das »intrapersonale« Trinitätsmodell Augustins »interpersonalen« Modellen seit Richard von St. Victor gegenübergestellt und gefordert, jenes durch dieses zu ergänzen oder gar zu ersetzen. Solche Forderungen können ebenso aus einer am Gedanken des Dramas orientierten Theologie erwachsen1044 wie aus einem neuen philosophischen Idealismus, der das klassische hegelianische Paradigma der Subjektivität durch dasjenige der Intersubjektivität umgestalten will.1045 Nun fällt auf, daß Augustinus selbst einerseits in De trinitate 1038

Zu möglichen Quellen dieser Analogie vgl. oben S. 83 und S. 93. Auch Thomas von Aquin wird im Anschluß an Augustinus die Familienanalogie in der Trinitätslehre ablehnen, vgl. B. de Margerie, Vestiges corporels et analogie conjugale et familiale de la Trinite´, in: A. Lobato (Hg.), Actas del IV Congreso Internacional de la S. I. T. A. [Societa` Internazionale Tommaso d’Aquino], Bd. 3, Cordoba 1999, 1543 f. 1039 Aug. trin. XII, v, 5 f. (CChr.SL 50, 359, 1 – 360, 15 M.). 1040 Mayr, Trinität und Familie in De Trinitate XII (wie Anm. 258). 1041 L. Nos Muro, Tambie´n Dios tiene su propia familia (y por cierto bien curiosa), RelCult 46, 2000, 319–335. 1042 Van Bavel, Woman as the Image of God (wie Anm. 466). 1043 M.-F. Berrouard, La premie`re communaute´ de Je´rusalem comme image de l’unite´ de la Trinite´. Une des exe´ge`ses augustiniennes d’Actes 4, 32 a, in: Homo spiritalis [FS Luc Verheijen], Cass. 38, Würzburg 1987, 207–224. 1044 Unten S. 351 und S. 376 f. 1045 V. Hösle, Wahrheit und Geschichte. Studien zur Struktur der Philosophiegeschichte unter paradigmatischer Analyse der Entwicklung von Parmenides bis Platon, Elea 1, Stuttgart-Bad Cann-

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der Analyse der Liebe breiten Raum gewährt, andererseits die am Ende des achten Buches aufgerissene, auf Interpersonalität zielende Perspektive: Ecce tria sunt, amans et quod amatur et amor,1046 schon wenige Seiten später im neunten Buch einschränkt zugunsten der Analyse der Selbstliebe. Augustinus hat biographisch wie theologisch ein außerordentlich feines Gespür für menschliche Beziehungen und Gemeinschaft.1047 Im Falle der Trinitätstheologie aber fürchtet er offensichtlich, daß der Gedanke der Liebe zweier Subjekte auf eine häretische Trinitätslehre mit substanzverschiedenen Subjekten führen würde. Darum verfolgt er nur den Fall weiter, daß der Liebende und der Geliebte identisch sind. Maurice Ne´doncelle hat die genannte Stelle vom Ende des achten Buches mit zwei ähnlichen Passagen der Auslegungen zum Johannesevangelium verglichen und die einleuchtende These vertreten, daß diese Texte eine im Gesamtwerk Augustins zwar minoritäre, aber ernstzunehmende Sichtweise vertreten, in der die Intersubjektivität als Trinitätsanalogie dient. Erst die Spannung zwischen beiden Sichtweisen trage dem Dilemma Rechnung: »l’amour intersubjectif de´faille parce qu’il nous laisse plusieurs; et l’amour intra-subjectif de´faille parce qu’il nous laisse seul.«1048 Yves Meessen entwirft ein halbes Jahrhundert später in unmittelbarer Fortführung von Ne´doncelles Aufsatz die Grundzüge einer von Augustinus angeregten Phänomenologie der Beziehung, wonach das menschliche Subjekt in dem Maße, in dem es sich dem Anderen öffnet, seine Identität finde.1049 Olivier du Roy zeichnet den Zusammenhang zwischen der Erfahrung von Liebe und der Trinitätstheologie subtil nach.1050 Giuseppe Beschin stellt im Rahmen einer Gesamtdarstellung der augustinischen Liebeskonzeption die Triaden wie mens − notitia − amor als ontologische Struktur des Menschen dar.1051 Remo Bodei untersucht die Funktion der Liebe gestatt 1984, 669 Anm. 61: »In der höchst spekulativen Trinitätstheologie von ›De Trinitate‹ erreicht dann Augustins Philosophie einen synthetischen Gipfel (freilich nicht auf rein begrifflicher Ebene; ferner wird die Trinität nach dem Bilde eines einzelnen Geistes, nicht einer intersubjektiven Struktur gefaßt).« 1046 Aug. trin. VIII, x, 14 (CChr.SL 50, 290, 3 f. M.). 1047 Hierfür wären sorgfältige semantische Analysen erforderlich, wie sie beispielsweise W. Gessel (Eucharistische Gemeinschaft bei Augustinus, Cass. 21, Würzburg 1966, 93–115) für die wichtigsten Begriffe bietet, die Augustinus in mittel- oder unmittelbarem Zusammenhang mit der Gemeinschaft gebraucht, die aus der Eucharistie entsteht. Vgl. auch J. A. Mohler, Late Have I Loved You. An Interpretation of Saint Augustine on Human and Divine Relationships, Brooklyn, NY 1991. 1048 M. Ne´doncelle, L’intersubjectivite´ humaine est-elle pour saint Augustin une image de la Trinite´?, AugMag 1, 1954, 595–602; hier 600 (vgl. Aug. in evang. Ioh. xiv, 9 [BAug 71, 744 B.]; xxxix, 5 [BAug 73a, 286–288 B.]). 1049 Y. Meessen, Jamais l’un sans l’autre. Une recherche sur l’intersubjectivite´ chez s. Augustin, RevSR 76, 2002, 426–446. 1050 J.-B. [= O.] du Roy, L’expe´rience de l’amour et l’intelligence de la foi trinitaire selon saint Augustin, RechAug 2, 1962, 415–445. 1051 G. Beschin, S. Agostino. Il significato dell’amore. Una introduzione al pensiero agostiniano – dai Dialoghi alla Citta` di Dio – in un confronto con la filosofia contemporanea, Rom 1983 (auf S. 149–154 des Buches findet sich eine bemerkenswerte, chronologisch geordnete Biblio-

»Imago dei«, »psychologische Trinitätslehre« und Liebe

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genüber intellegentia und voluntas.1052 Jose´ Granados zeichnet ausgehend von Augustins Verständnis des Heiligen Geistes als communio von Vater und Sohn nach, wie Augustinus den trinitarischen Gott im allgemeinen und den Geist im besonderen als Liebe denkt.1053 Dany Dideberg, dem auch die maßgebliche Untersuchung zu Augustins Auslegung des ersten Johannesbriefes zu verdanken ist, geht dem Verhältnis von Gottes- und Nächstenliebe in De trinitate nach.1054 Markus Mühling-Schlapkohl analysiert Augustins Liebestheorie als erstes ausgearbeites antikes Modell einer theologischen Fassung Gottes als Liebe.1055 Bekanntlich hat Anders Nygren in einem protestantischen »Entweder − Oder« zwischen antikem Eros und christlicher Agape scharf unterschieden und Augustinus vorgeworfen, mit seiner Liebeskonzeption zwar eine Synthese versucht zu haben, aber letztlich in Widersprüche geraten zu sein. Augustinus habe die eudämonistischen Grenzen heidnischen Denkens nicht wirklich überwunden. Für Augustinus sei der amor sui einerseits die Grundsünde schlechthin, der schärfste Verstoß gegen das secundum deum vivere. Andererseits könne und müsse die Selbstliebe für ihn geradezu mit der Gottesliebe ineinsfallen und sei Grundlage aller Ethik.1056 Über den Übergang vom Liebesgedanken im achten Buch zur Idee der Selbstliebe im neunten Buch von De trinitate sagt Nygren: »Wie die Selbstliebe das tragende Moment im menschlichen Leben überhaupt ist, so wird sie hier in das göttliche Leben hineinverlegt. Das innertrinitarische Leben wird von der Liebe geprägt, mit der Gott unablässig sich selbst liebt − aber dann natürlich nicht mit einer Liebe, die begehrt und ihr bonum in etwas anderem sucht, sondern mit einer Liebe, die ihre eigene Vollkommenheit schaut und genießt.«1057 graphie der Literatur zu Augustins Liebesbegriff seit I. Malgoires, Ethica christiana in amore Dei fundata ex S. Augustini operibus excerpta, Rom 1672). 1052 R. Bodei, Ordo amoris. Conflitti terreni e felicita` celeste, Bologna 1991 (deutsche Übersetzung: Ordo amoris. Augustinus, irdische Konflikte und himmlische Glückseligkeit, Wien 1993, 189–218; 292–301). 1053 J. Granados, Vides Trinitatem si caritatem vides. Vı´a del amor y Espı´ritu Santo en el De Trinitate de San Agustı´n, RevAg 43, 2002, 23–61. 1054 D. Dideberg, Carita` fraterna e amore di Dio in s. Agostino, PSV 11, 1985, 253–264; vgl. ders., Saint Augustin et la premie`re e´pıˆtre des Saint Jean (wie Anm. 838); ders., Dilectio, in: AugLex II, 1996–2003, 435–453. 1055 M. Mühling-Schlapkohl, Gott ist Liebe. Studien zum Verständnis der Liebe als Modell des trinitarischen Redens von Gott, MTHSt 58, Marburg 2000, 66–99. − M. Smalbrugge will zeigen, daß Augustins Liebeskonzeption keineswegs den Beginn eines Abschieds von der Metaphysik markiere, sondern zeigen wolle, daß im Inneren der Andere, der über uns steht, Gott selbst, gefunden werde (Conceptions augustinienne et ne´oplatonicienne du mouvement re´flexif dans l’eˆtre. A propos du proble`me de l’»amor sui« divin, RThAM 58, 1991, 21–42). − L. Ayres Augustine on God as Love and Love as God, ProEcc 5, 1996, 470–487, bezieht sich überwiegend auf Augustins Auslegung des ersten Johannesbriefs, ebenso sein Aufsatz: Augustine, Christology, and God as Love. An Introduction to the Homilies on 1 John, in: K. J. Vanhoozer (Hg.), Nothing Greater, Nothing Better. Theological Essays on the Love of God, Grand Rapids 2001, 67–93. 1056 In mehrerlei Hinsicht ähnlich lautete schon die Kritik von Karl Holl (Augustins innere Entwicklung, in: Ders., Gesammelte Aufsätze zur Kirchengeschichte, Bd. 3, Tübingen 1928, 54–116). 1057 A. Nygren, Eros und Agape. Gestaltwandlungen der christlichen Liebe, Berlin 21955, 427 (zuerst 2 Bde., Gütersloh 1930–37).

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Nygren meint, Augustinus habe den Widerspruch nicht auflösen können, weil er nicht durchschaut habe, daß amor sui Verschiedenes meint. Einmal ist damit die Art der Liebe bezeichnet, daß sie nämlich ihr bonum begehrt und also letztlich das summum bonum, das nur Gott selbst sein kann. Das andere Mal dagegen ist der Gegenstand der Liebe gemeint, wobei hier der Mensch sich so lieben soll, daß er letztlich Gott liebt. Man kann gegen Nygrens (bei aller Kritik anregende) Deutung jedoch vieles einwenden. So wies John Burnaby nach, daß die Interpretation der Liebe als Begehren eines Gutes, das man besitzen wolle, Augustins Liebesbegriff keineswegs erschöpft.1058 Olivier du Roy führte das achte Buch von De trinitate mit seinem Konzept von Liebendem, geliebtem Anderen und Liebe als Gegengewicht zur solipsistischen Liebe an.1059 Man muß auch betonen, daß Augustinus die göttlich-trinitarische Selbstliebe keineswegs so faßt, daß sie das Begehren des Anderen ausschlösse: Im Gegenteil entwickelt Augustinus die Vorstellung von der »unaussprechlichen Umarmung von Vater und Sohn«.1060 Oliver O’Donovan stößt bis zum Kern des Problems vor, wenn er herausarbeitet, daß der Vorwurf der am eigenen Glück orientierten Suche nach dem Guten, also der Vorwurf des Eudämonismus, letztlich an Augustinus abpralle. Denn dieser lehre eine immanente Teleologie, ein inneres Bezogensein aller Geschöpfe auf ihren Grund hin. Ihre glückselige Erfüllung ist nichts anderes als die Erfüllung ihres Schöpfungszweckes. Menschliches Sein und Sollen bleiben so aufeinander bezogen, denn beide sind Werk des trinitarischen Gottes, der Schöpfer und Erlöser zugleich ist.1061

7. Postmoderne Perspektiven Die klassische moderne Theologie hatte versucht, im Denken der Neuzeit Anknüpfungspunkte zu finden. Demgegenüber verleihen die Denker der »Postmoderne« einem Lebensgefühl gegen Ende des zweiten Jahrtausends Ausdruck, wonach die cartesische, rationalistische, subjekt- und logoszentrierte Neuzeit am Ende sei.1062 Ob in Wahrheit das Projekt der Moderne damit erst seiner Vollendung entgegengeht, oder ob es abgebrochen oder abgeschlossen ist, sei dahingestellt. Hier ist nur über das Verständnis von De trinitate im Rahmen dieser Entwicklungen zu berichten. 1058 J. Burnaby, Amor Dei. A Study of the Religion of St. Augustine. The Hulsean Lectures for 1938, London 1938, Nachdruck mit Vorwort von O. O’Donovan, Norwich 1991. 1059 Du Roy, L’expe´rience de l’amour (wie Anm. 1050), 417. 1060 Aug. trin. VI, x, 11 (CChr.SL 50, 242, 29–36 M.). 1061 O. O’Donovan, The Problem of Self-Love in St. Augustine, New Haven/London 1980. Vgl. auch R. Canning, The Unity of Love for God and Neighbour in St. Augustine, HeverleeLeuven 1993, und J. Splett, Denker des Herzens. Zu Augustinus’ Liebes-theo-logie [sic], EuA 74, 1998, 107–120. 1062 Näheres dazu unten S. 279 ff.

Postmoderne Perspektiven

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Seit den neunziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts schwelt ein bemerkenswerter Konflikt um die Deutungshoheit gegenüber der reflexiven Gedankenbewegung dieses Werkes. Diskutiert wird eine verblüffende Alternative: Ist Augustinus der Vordenker der Moderne gewesen, die es jetzt zu überwinden gilt, oder ist er im Gegenteil der Vordenker des geforderten Überwindens? John Milbank will mit dem Konzept einer »radikalen Orthodoxie« den seiner Ansicht nach nihilistischen Säkularismus der Neuzeit durch Wiedergewinnung besonders der augustinischen Vision des Wissens als göttlicher Erleuchtung durchbrechen. Milbank strebt eine Theologie oder eher noch eine Universalwissenschaft an, die keine säkularen Restbestände übrigläßt, sondern jeglichen Wirklichkeitsbereich radikal christlich deutet und durchdringt.1063 Es sei falsch, Augustinus jenen späteren Individualismus zuzuschreiben, der sich nach Art von Descartes der göttlichen Unendlichkeit gleichmachen wolle und damit den Raum des Säkularen eröffnet habe.1064 Milbank will einen »postmodernen kritischen Augustinismus« begründen: Postmodern, indem er die moderne Vorstellung eines einzigen Systems von Wahrheit aufgibt, das auf universeller Vernunft beruht; postmodern auch, indem die Theologie sich nicht mehr dem säkularen Standard normativer Rationalität und eines wissenden Subjekts fügen müsse. Stattdessen gebe es unendlich viele mögliche Versionen von Wahrheit. Was zähle, seien strukturelle Relationen, die sich dauernd verändern können. Anders als die nihilistische Postmoderne glaube die christliche Postmoderne, so Milbank, daß zeitliche Prozesse Ewigkeit widerspiegeln können. Gott als Trinität sei selbst relational, sei Gemeinschaft im Prozeß, in Unendlichkeit sich verwirklichend.1065 In einer für seinen Denkstil typischen tour de force skizziert Milbank, wie die berühmte Dreiteilung der indoeuropäischen Gesellschaft, die Dume´zil behauptet hat, zu einer Charakterisierung der Seele als »self governing in space« geführt habe. Plato im »Staat«, mehr aber noch Augustinus in De trinitate hätten diese Idee zugunsten derjenigen eines »government by the other through time« aufgelöst. Die Idee der Selbstkontrolle habe unter anderem die Priorität der Relation ausgeschlossen, die den Vorrang der Gemeinschaft begründe und zu1063 J. Milbank, Theology and Social Theory. Beyond Secular Reason, Oxford 1990. − In Anknüpfung daran versucht etwa G. McCullough, die von Heidegger in dem Vortrag »Die Frage nach der Technik« diagnostizierte Problematik der Moderne aus der nominalistischen Sicht Gottes als des allmächtigen, unbegreiflichen Willens und der daraus folgenden Entwicklung einer nichttheologischen Ontologie abzuleiten. Augustins De trinitate wird anschließend als Rettung empfohlen, weil darin die Illusion eines reinen Glaubens wie auch einer reinen Vernunft überwunden werde, das menschliche Selbst nicht als pure Autonomie gedacht werde und die Schöpfung als Gottes Gabe erfahren werde (Heidegger, Augustine, and Poie¯sis. Renewing the Technological Mind, ThTo 59, 2002, 21–38). 1064 Ders./G. Ward/C. Pickstock, Introduction. Suspending the Material: The Turn of Radical Orthodoxy, in: Milbank/Pickstock/Ward (Hgg.), Radical Orthodoxy. A New Theology, ROS, London/New York 1999, 1–20; hier 1 und 9. 1065 J. Milbank, ›Postmodern Critical Augustinianism‹: A Short Summa in Forty Two Unasked Questions, MoTh 7, 1991, 225–237.

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gleich anzeige, daß wirkliche Gemeinschaft auf einen tatsächlich »Anderen« ziele, der nie umschreibbar sei, an den es immer nur Annäherung gebe. Die Trinitätslehre in Augustins Fassung sei eine Subversion der indoeuropäischen Ideologie, unter anderem durch die Verabschiedung der hierarchischen Vorstellung, die der theologischen Subordination des Sohnes unter den Vater noch zugrundegelegen hatte. Augustinus sei oft mißverstanden worden, indem ihm statt eines Ausgehens von der Heilsgeschichte eine pseudo-ontologische Spekulation über die Seele und eine Sicht Gottes als in sich geschlossener Reflexion zugeschrieben wurde. In Wahrheit habe Augustinus gerade die Geschichtlichkeit des menschlichen Zugangs zur Trinität radikalisiert und nicht die einzelne Seele, sondern die Liebe zur Schlüsselanalogie in der Trinitätslehre erhoben. Die Seele könne sich nie selbst vollständig umfassen, denn die wahre Selbsterkenntnis bestehe für Augustinus gerade darin, sich als Liebenden zu erfahren, der Gott und seinen Nächsten liebt. »What must be argued here, in contrast to Charles Taylor and others, is that Augustine’s use of the vocabulary of ›inwardness‹ is not at all a deepening of Platonic interiority, but something much more like its subversion.«1066

Augustinus habe den versiegelten Innenraum der Seele aufgebrochen auf Gott und den Mitmenschen hin. Damit habe er auch die geschlossene Sphäre des rein philosophischen Logos gesprengt zugunsten des theologischen Logos von Hoffnung und Liebe. Michael Hanby entwickelt die De trinitate-Deutung, die hier umrissen wird, in Buchlänge.1067 Der Autor haut kräftig auf die Pauke. »This book«, so beginnt er, »is about a fall from grace«. Der Sündenfall, von dem Hanby erzählt, besteht im Verlust der augustinischen Konzeption eines in Christus wurzelnden menschlichen Selbst zum neuzeitlichen, cartesischen, gnadenlosen Ideal eines autonomen Selbst. Der Autor legt zuerst einen systematischen Augustinismus anhand von De trinitate dar, um von dort aus die Genealogie des Niedergangs zu liefern. Auf diese Weise will er die Tore zum Paradies der radikalen Orthodoxie wieder aufstoßen, aus dem sich das westliche Christentum mehr als ein Jahrtausend lang habe vertreiben lassen. Wer so Großes vorhat wie Hanby, kann sich nicht bei Einzelheiten aufhalten. In mächtigen Sätzen springt der Autor gleichsam als Känguruh der Ideengeschichte durch die Jahrhunderte und rupft 1066

Ders., Sacred Triads: Augustine and the Indo-European Soul, MoTh 13, 1997, 451– 474; hier 465; Wiederabdruck in: Dodaro/Lawless (Hgg.), Augustine and his Critics (wie Anm. 257), 77–102. 1067 M. Hanby, Augustine and Modernity, ROS, London/New York 2003 (vgl. auch ders., Augustine and Descartes: An Overlooked Chapter in the Story of Modern Origins, MoTh 19, 2003, 455–482). Dazu die Debatte: M. Hanby, Reconsiderations. The Central Arguments of Augustine and Modernity, ArsD 7, 2007; J. Brachtendorf, Orthodoxy without Augustine. A Response to Michael Hanby’s Augustine and Modernity, ArsD 6, 2006; M. Wisse, Was Augustine a Barthian? Radical Orthodoxy’s Reading of De Trinitate, ArsD 6, 2006; M. Hanby, A Response to Brachtendorf and Wisse, ArsD 7, 2007; sowie J. Cavadini, Rez. zu Hanby, Augustine and Modernity, MoTh 21, 2005, 325–328.

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bald hier ein De trinitate-Zitat aus dem Zusammenhang, bald dort eine Frucht vom Baum der Descartes-Forschung. Pelagius und Descartes werden als Adepten stoischer Autarkie-Phantasien entlarvt, bei denen Gott zum Störfaktor des sich aus sich selbst begründenden freien Willens werde. Durch diese und andere Missetäter sei Augustins Vision der Gnade als einem liebenden Einbezogensein in das erotische Leben und Wirken der Trinität verlassen worden. Starke Zweifel sind angesichts der kaustischen Neuzeitkritik der »Radical Orthodoxy« angebracht. Dies bedürfte einer ausführlicheren Begründung, als sie im vorliegenden Rahmen möglich ist. Wenn die Wirklichkeit als Gottes Schöpfung verstanden wird, dann bleibt auch autonomes menschliches Handeln konstitutiv an den Schöpfer zurückgebunden. Die Autonomie steht, richtig aufgefaßt, in keinem schlechthinnigen Widerspruch zur Herrschaft Gottes. Man kann diese oder jene Entwicklung theologisch kritisieren, aber wer die über anderthalb Jahrtausende sich erstreckende Geschichte der allmählichen Entfaltung von Autonomie, Vernunft und Freiheit für rundweg illegitim erklärt, müßte sehr viel bessere Gründe dafür aufbieten, als die radikale Orthodoxie dies tut. Daß auch das Licht der Vernunft letzten Endes ein von Gottes Geist entzündetes Licht ist, zeigt Augustinus in De trinitate. Hat nicht gerade deshalb die Autonomie ihr theologisches Recht? Man kann, wie Brachtendorf dies detailliert getan hat, Hanby beträchtliche Mängel in der Interpretation von De trinitate nachweisen.1068 Aber im Gegensatz zu Brachtendorfs vollständiger Ablehnung wird man Milbanks und Hanbys Deutungen des Textes ungefähr in dem Maße für richtig halten können, in dem auch eine von Rowan Williams 1990 vertretene Interpretation von De trinitate zutrifft.1069 Milbank und Hanby berufen sich öfters auf diesen brillanten Aufsatz, der zum Anregendsten zählt, was im zwanzigsten Jahrhundert zum Thema geschrieben wurde. Williams wendet sich darin zuerst gegen die Kritik ostkirchlicher Theologen am angeblichen Ausgehen Augustins von der Einheit Gottes statt von den göttlichen Personen. Sodann stellt er die damals verbreitete Ansicht in Frage, Augustinus verkörpere in seiner Trinitätslehre den Prototyp westlicher Selbstbezogenheit. In Wahrheit eröffne Augustinus theologische Möglichkeiten, die ganz verschieden von den protocartesischen und protokantianischen Tendenzen seien, die ihm angelastet werden. Das wahre Bild Gottes im Menschen werde nach Augustinus erst dann realisiert, wenn die triadischen geistigen Tätigkeiten des Menschen Gott zum Gegenstand hätten. Das achte Buch zeige, daß die wahre Analogie, nach der zu suchen sei, die Struktur der liebenden Beziehung zwischen einem Subjekt und einem ihm äußerlichen Objekt sei. Die Bücher IX bis XV seien als riesige Abschweifung (»enormous digression«, 323) zu lesen. Sie ergebe, daß alles, was über das selbstbezügliche Subjekt zu sagen sei, nur über die Vermittlung der Offenbarung Gottes als des lie1068

Brachtendorf, Orthodoxy without Augustine (wie Anm. 1067). R. Williams, Sapientia and the Trinity. Reflections on the De trinitate, Aug(L) 40, 1990 (= Collectanea Augustiniana [FS T. J. van Bavel], Bd. 1), 317–332. 1069

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benden Schöpfers denkbar sei. Das Leben Gottes bringe Beziehungen der Liebe hervor und zeuge auf diese Weise Andersheit. Augustinus gelinge es, die weisheitliche Liebe Gottes in Gestalt trinitarischer Relationen so zu denken, daß er zugleich eine Gefahr moderner Theologie vermeide, nämlich Gottes Leben als latent polytheistisches, interaktives Drama zu betrachten. In einem weiteren Aufsatz stützt Williams seine anticartesische Deutung von De trinitate, indem er das augustinische cogito als Erkenntnis der eigenen Endlichkeit des Geistes interpretiert.1070 Der menschliche Geist sei notwendig unvollständig, auch wenn er sich in gewisser Hinsicht im Selbstbewußtsein als ganzen erfasse. Das Bild Gottes sei jedoch erst im Geist des heiligen Menschen verwirklicht, der liebend und erkennend in Beziehung zu seinem Schöpfer stehe. Nicht alle entscheidenden Aussagen von Williams lassen sich am Text von De trinitate verifizieren. Das augustinische cogito mag die Einsicht in die Endlichkeit des Subjekts mitumfassen, der Kern des Arguments ist damit jedoch nicht getroffen.1071 Williams widerlegt mit Recht die Kritik, Augustinus gehe von der Einheit Gottes aus. Doch hat Augustinus wirklich, wie Williams meint, die Möglichkeit einer Abgeschlossenheit der Selbstbeziehung des Geistes durch eine nicht nur »relationale«, sondern speziell auf Gott ausgerichtete Sicht des Menschen widerlegt? Williams sieht wohl richtig, daß die Bücher IX bis XIV in gewisser Hinsicht ein negatives Ergebnis erbringen, daß sie also auch die Unmöglichkeit von etwas zeigen wollen − aber der Text dieser Bücher stützt nur unter Vorbehalt die Ansicht, Augustinus zeige die Unmöglichkeit eines Selbstbezuges des Denkens, der ohne die Vermittlung durch Offenbarung auskommt. Das se nosse der Bücher IX und X ist vielmehr beim menschlichen Geist stetig und gehört zu dem von Glauben, Moral und Handeln unabhängigen Grundbestand seiner Gottebenbildlichkeit. Diese Besonderheit geht bei Williams unter. Daß der menschliche Geist erst in seiner liebenden Hinwendung zu seinem Schöpfer die Ähnlichkeit des Bildes erhöht, weil auch Gott sich seiner bewußt ist und sich bejaht, das steht auf einem anderen Blatt. Diese in den Bücher XI bis XV dargestellten Argumente stützen unabhängig vom präreflexiven Selbstbezug, dem die Bücher IX und X gelten, in der Tat die Hauptthese von Williams: Für Augustinus liegt die menschliche Weisheit nicht im Sich-auf-sichselbst-Beziehen oder im Sich-in-sich-selbst-Verankern eines Ego, sondern in der Gottesbeziehung. Auch Lewis Ayres versucht, Augustins Reflexionen so weit wie möglich gegen jede zur modernen, in sich abgeschlossenen Subjektivität führende Interpretation abzugrenzen. So versteht er die Christologie des dreizehnten Buches von De trinitate als Schlüssel des gesamten Werkes: Die Christologie verklammere die fälschlich als »theologisch« und als »philosophisch« bezeichneten beiden Hälften des Werkes und gebe den Rahmen vor, in dem die geistige Übung 1070 Ders., The Paradoxes of Self-Knowledge in the De trinitate, in: Lienhard/Muller/ Teske (Hgg.), Augustine, Presbyter Factus Sum (wie Anm. 259), 121–134. 1071 Vgl. unten S. 287 f. und 516 ff.

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der Bücher VIII bis XV den Leser in das Leben des dreieinen Gottes hineinzunehmen versucht.1072 Ayres gesteht übrigens Ähnlichkeiten seiner Position mit der »Radical Orthodoxy« zu. Dieser inzwischen im Schwinden begriffenen Richtung wirft er aber vor, noch zu sehr eine Spielart moderner systematischer Theologie zu sein, indem sie die Theologie der Heiligen Schrift und der Transformation des Menschen in Christus zu wenig beachte1073 − ein Vorwurf, dessen erste Hälfte allerdings auch gegen Ayres erhoben worden ist.1074 Wayne J. Hankey versucht, die »postmodernen« Implikationen aller dieser Interpretationen aufzudecken.1075 Er sieht einen Konflikt zwischen einer antimetaphysischen, »historizistischen« Rückgewinnung Augustins und einer metaphysischen, modernen Interpretation, der er selbst sich anschließt. Die postmodernen Theologen teilen mit Derrida die Wendung gegen den »Logozentrismus« des Abendlandes und müssen daher einen Augustinus ablehnen, der das Selbst als sichere intellektuelle Substanz betrachtete. Denn genau darin liege für diese Theologen die Wurzel allen Übels der Moderne. Postmoderne Theologen wie Williams oder Jean-Luc Marion unterscheiden Hankey zufolge das augustinische cogito unangemessen radikal vom cartesischen cogito, weil sie jegliche horizontale (ohne Bezug zum Anderen, insbesondere zu Gott, auskommende) »self-completeness« der wechselseitigen Durchdringung von Sein, Denken und Lieben in der mens ablehnen. Denn wäre diese immanente Vollständigkeit jenseits des Gemeinschaftlichen, Praktischen und Geschichtlichen möglich, so eröffne sich der Raum einer Philosophie, die unabhängig von der geoffenbarten Theologie ihr Recht besitzt.1076 Genau diese Säkularität wollen vor allem Vertreter der »radikalen Orthodoxie« vermeiden. Sie sehen gerade in dem »relational« interpretierten Augustinus den idealen Vorkämpfer einer Überwindung von Ontotheologie und Metaphysik.1077 Hankey dagegen möchte die »moderne«, »cartesische« Augustinus1072 Ayres, The Christological Context (wie Anm. 939); ders., The Fundamental Grammar (wie Anm. 783); ders., The Discipline of Self-knowledge (wie Anm. 296). 1073 Ayres, Nicaea and its Legacy (wie Anm. 784), 402, Anm. 38. Vgl. oben S. 167 ff. 1074 Kh. Anatolios, Yes and No: Reflections on Lewis Ayres, Nicaea and Its Legacy, HThR 100, 2007, 153–158; hier 157. 1075 W. J. Hankey, Re-Christianizing Augustine Postmodern Style: Readings by Jacques Derrida, Robert Dodaro, Jean-Luc Marion, Rowan Williams, Lewis Ayres and John Milbank, in: Animus 2, 1997 (www.mun.ca/animus/1997vol2/hankey1.htm); ders., SelfKnowledge and God as Other in Augustine: Problems for a Postmodern Retrieval, BPhJAM 4, 1999, 83–123; ders. Between and Beyond Augustine and Descartes: More than a Source of the Self, AugSt 32, 2001, 65–88; ders., ›Knowing as We Are Known‹ in Confessions 10 and Other Philosophical, Augustinian and Christian Obedience to the Delphic Gnothi Seauton from Socrates to Modernity, AugSt 34, 2003, 23–48. 1076 Vgl. u. a. J.-L. Marion, Questions carte´siennes II. Sur l’ego et sur Dieu Paris 1996, 37–43. 1077 J. Milbank, Only Theology Overcomes Metaphysics, NBl 76, 1995, 325–342 (erneut in: Ders., The Word Made Strange. Theology, Language, Culture, Oxford 1997, 36–52); dazu W. J. Hankey, Theoria versus Poesis: Neoplatonism and Trinitarian Difference in Aquinas, John Milbank, Jean-Luc Marion and John Zizioulas, MoTh 15, 1999, 391–397.

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Interpretation etwa von Stephen Menn retten und ausbauen.1078 Er wendet sich gegen die Idee einer unendlich voranschreitenden, immer nur vorläufigen Gottesannäherung, die Williams und Ayres bei Augustinus zu finden glauben. Hankey meint, die unangemessen strikte Entgegensetzung von selbstreflexivem Wissen und auf den Anderen bezogener Liebe spiegle entgegen der erklärten Absicht der beiden Interpreten Plotins Separierung von »Einem« und »Geist« wider. Während sich bei Plotin dadurch Selbsterkenntnis und Erkenntnis des Einen nicht mehr zusammenbinden ließen und das Selbst sich so in multiple Ebenen zerspalte,1079 habe Augustinus die Trinität als selbstreflexiv gedacht und dadurch in Gott wie im Menschengeist Einheit zu denken vermocht. So sichere De trinitate den Gedanken der Rationalität des Menschen. Die Frage, ob der vernünftige Geist sich Gott oder anderem zuwende, sei eine ethische Frage; sie entscheide nicht darüber, ob ein Mensch Bild Gottes sei oder nicht, denn jeder Menschengeist ist Bild Gottes. Der Gedankenweg von De trinitate lasse der Vernunft ihr Recht, leite aber dazu an, in der Selbsterkenntnis den eigenen Gottesbezug zu erkennen und so das Menschliche zu vergöttlichen. Auf diese Weise öffnet sich eine metaphysisch-philosophische Lektüre des Werkes zugleich einer spirituell-theologischen Perspektive.1080 Hankey hat seine De trinitate-Interpretation bisher nicht so ausführlich begründet, daß eine genaue Nachprüfung möglich wäre. Was ihm aber gelungen sein dürfte, ist die Widerlegung einer rein offenbarungstheologischen Lesart des Werkes. Insofern schafft er Raum für weitere philosophische Analysen. Augustinus, so darf man jedenfalls sagen, hat die Trinität nicht zur bloßen Sache der Offenbarung gemacht, sondern in die philosophische Reflexion hineingeholt. Es ist eine autonome Leistung der Vernunft, in der Selbstreflexion die Gottebenbildlichkeit denkend zu verstehen, auch wenn darin für Augustinus, ganz wörtlich genommen, noch nicht der Weisheit letzter Schluß besteht. So wird eine Philosophie möglich, die ihrerseits auf die Offenheit des Menschengeistes für den Gottesbezug hinführt.

1078 W. J. Hankey, Stephen Menn’s Cartesian Augustine: Metaphysical and Ahistorically Modern, Animus 3, 1997 (www.mun.ca/animus/1998vol3/hankey3.htm) (zu St. Menn, Descartes and Augustine, Cambridge 1998 [dort besonders 251–255 zu De trinitate]). 1079 Die Plotindeutung Hankeys kann hier nicht einer Prüfung unterzogen werden. Es sei nur darauf hingewiesen, daß eine Interpretation durchaus möglich erscheint, die keineswegs zu einer Aufspaltung der Ebenen des Selbst führt, etwa Beierwaltes, Selbsterkenntnis und Erfahrung der Einheit (wie Anm. 304). 1080 Vgl. dazu auch B. Stock, Augustine the Reader. Meditation, Self-Knowledge, and the Ethics of Interpretation, Cambridge, Mass. 1996; ders., After Augustine. The Meditative Reader and the Text, Philadelphia 2001, 1–23.

Sechstes Kapitel

Philosophische Aspekte von De trinitate Augustins De trinitate ist Gegenstand zahlreicher philosophischer und philosophiehistorischer Arbeiten, und zwar in zunehmendem Maße. Einige solcher Publikationen, die von der Trinität Gottes, den trinitarischen Strukturen des Geistes, dem »inneren Wort« und der geistesgeschichtlichen Ortsbestimmung des ganzen Werkes handeln, sollen im folgenden vorgestellt werden. Weitgehend ausgespart bleiben dagegen die zahlreichen Veröffentlichungen, die sich mit Augustins Gedächtnislehre, seiner »Illuminationstheorie« der Erkenntnis oder mit den rationes seminales (den in allen Dingen vorhandenen Samen alles Seienden) beschäftigen. Denn diese Theorien betreffen nicht allein und nicht primär die Trinitätslehre, werden auch in mehreren anderen Werken Augustins erörtert und daher in der Forschung meistens nicht vornehmlich im Blick auf De trinitate behandelt.1081

1. Philosophie- und geistesgeschichtliche Einordnung Für manche Autoren zählt das patristische Schrifttum wegen seiner biblischen und kirchlich-dogmatischen Voraussetzungen gar nicht zur Philosophie. Hierin sind sich so gegensätzliche Denker wie Hegel und Rudolf Haym einig.1082 Andere rechnen manche Bereiche der Patristik zwar zur Philosophie, aber nicht mehr zu deren antiken Ausprägungen. Die Vertreter beider Auffassungen be1081 Die Forschungsliteratur ist (ständig aktualisiert) über die Stichworte »memoria«, »ratio causalis, seminalis«, »cognitio« und »illuminatio« in der Datenbank des AugLex (wie Anm. 10) leicht aufzufinden. Vgl. als Überblicke etwa G. Madec, Memoria. Introspection et inte´riorite´, in: Ders., Saint Augustin et la philosophie. Notes critiques, E´AA 149, Paris 1996, 85–91; R. Teske, Augustine’s Philosophy of Memory, in: The Cambridge Companion to Augustine (wie Anm. 794), 148–158; zur Erkenntnistheorie: Rist, Augustine (wie Anm. 805), 23–91; G. Watson, Cognitio, in: AugLex I, 1986–94, 1051–64; G. B. Matthews, Knowledge and Illumination, in: The Cambridge Companion to Augustine (wie Anm. 794), 171–185; J. Arnould, Les rationes seminales chez saint Augustin par des the´ologiens du XIXe`me et du XXe`me sie`cles, Aug(R) 38, 1998, 429–453; auch das in der Fragestellung weitgehend veraltete Buch von Henry Woods, Augustine and Evolution. A Study in the Saint’s De Genesi ad Litteram and De Trinitate, o. O. 1924, handelt in bezug auf De trinitate in erster Linie von den rationes seminales (101–125). 1082 G. W. F. Hegel, Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie II, hg. von E. Molden-

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trachten nur pagane Autoren als antike Philosophen und lassen deren Epoche darum mit den nichtchristlichen Neuplatonikern des fünften und sechsten Jahrhunderts ausklingen.1083 Die Frage ist, ob durch die spezifisch christlichen Prämissen der Kirchenväter ein derart prinzipieller Bruch mit der antiken Philosophie erfolgt ist, daß ihr Denken aus der antiken Philosophiegeschichte gänzlich ausgeklammert oder einer anderen Epoche zugerechnet werden muß. Im letzteren Falle muß in Kauf genommen werden, daß die nichtchristliche und die christlich-»vormittelalterliche« Epoche über einen Zeitraum von fünfhundert Jahren nebeneinander verlaufen. Wird hingegen das Denken der Kirchenväter vor allem als Etappe auf dem Weg zum mittelalterlichen Denken aufgefaßt, so geht zwar nicht notwendig, aber doch häufig sein enger Zusammenhang mit der kaiserzeitlichen griechisch-römischen Philosophie verloren. Dieser Nachteil wird partiell durch den Vorzug aufgewogen, daß bei einer solchen Betrachtungsweise die Rezeptionsgeschichte leichter ins Blickfeld gerückt werden kann. Die Trinitätslehre gilt gemeinhin als Glaubenslehre, nicht als philosophische Theorie. Darum wird der Gesamtentwurf von Augustins De trinitate in kaum einem philosophiegeschichtlichen Handbuch nachgezeichnet. Vielmehr werden zumeist philosophische Elemente aus dem Kontext gelöst und im Zusammenhang der augustinischen Erkenntnistheorie, Psychologie oder Selbstbewußtseinstheorie referiert. Die Handbücher setzen eben in aller Regel einen modernen Begriff von Philosophie voraus, der gerade aus der Absetzung gegen eine offenbarungsgläubige Theologie entstanden ist. Faßte man dagegen mit Pierre Hadot die antike Philosophie zugleich als Diskurs und als Lebensform auf,1084 ergäbe sich vielleicht ein Blickwinkel, aus dem heraus sich auch die Gedankenbewegung und Leserführung in De trinitate eher im Rahmen antiker Philosophie sehen ließen. Eine andere fruchtbare Möglichkeit hat Jan Rohls vorexerziert, indem er die Spannung zwischen Theologie und Philosophie selbst zum Leitfaden ihrer gemeinsamen historischen Darstellung erhebt. In dieser Geschichte, die er von Homer, Heraklit und Parmenides bis ins zwanzigste Jahrhundert erzählt, findet auch Augustins Trinitätslehre einen passenden Ort.1085 hauer und K. M. Michel, Werke 19, Frankfurt 1971, 529 f.; R. Haym, Art. Philosophie, in: J. S. Ersch/J. G. Gruber (Hgg.), Allgemeine Encyklopädie der Wissenschaften und Künste III/24, 1848, 1–231; hier 69. 1083 Prominente Beispiele: E. Zeller, Die Philosophie der Griechen in ihrer geschichtlichen Entwicklung, 3 Teile in 6 Bdn., Leipzig 61919–51923; K. Praechter, Die Philosophie des Altertums, Friedrich Ueberwegs Grundriss der Geschichte der Philosophie 1, Berlin 121926; G. Reale, Storia della filosofia antica, 5 Bde., Mailand 1975–80 u. ö. (ein Band über die Philosophie bei den Kirchenvätern wurde zeitweise angekündigt, in der zehnbändigen Neuausgabe des Werkes unter dem Titel Storia della filosofia greca e romana, Mailand 2004 ff., scheint dieser jedoch nicht vorgesehen zu sein). 1084 P. Hadot, Exercices spirituels et philosophie antique, E´AA 136, Paris 31993 (deutsche Übersetzung 1991); ders., Qu’est-ce que la philosophie antique?, Paris 1995 (deutsche Übersetzung 1999).

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Art und Weise der Behandlung Augustins in den Philosophiegeschichten sind epochentypischem Wandel unterworfen. Ein kurzer Rückblick ins achtzehnte Jahrhundert mag das verdeutlichen. Augustinus bekommt beispielsweise in Bruckers klassischer Philosophiegeschichte aus der Warte der protestantischen Orthodoxie viel Platz eingeräumt. Die Darstellung steht allerdings ganz im Zeichen der Debatte um den Platonismus der Kirchenväter. Brucker versucht, den Neuplatonismus als böswillige Unterwanderung der reinen christlichen Lehre zu entlarven.1086 Erst dem Marburger Philosophieprofessor Tiedemann ist die erste Philosophiegeschichte im modernen Sinne zu verdanken. Denn er fragt nach der inneren Stimmigkeit der Systeme und stellt nicht bloß äußerlich urteilend dar.1087 Tiedemann ordnet Augustinus zwischen Porphyrius und Jamblich einerseits und Proklus andererseits ein. Er bescheinigt ihm »ächt philosophischen Geist« und begrüßt die neuplatonische Grundlage seiner Philosophie. Einige Gedanken aus De trinitate über Kategorien, über Eigenschaften Gottes und die Trinität als solche referiert er, läßt aber die Bücher VIII bis XV fast unbeachtet.1088 Gerade die darin enthaltenen Überlegungen zur Struktur des Selbstbewußtseins wären Tiedemann vielleicht schon kurze Zeit nach Erscheinen seines Werkes interessanter erschienen, als nämlich Johann Gottlieb Fichte in der Wissenschaftslehre von 1794 die Selbstsetzung des Ichs zum Grundgedanken der Philosophie erhob. Heinrich Ritter dagegen kennt bereits diese jüngere Entwicklung des deutschen Idealismus, steht ihr aber kritisch gegenüber. Seine insgesamt zwölfbändige Geschichte der Philosophie aus dem Geiste und der Schule Schleiermachers beginnt mit vier der paganen Antike gewidmeten Bänden, denen eine Geschichte der christlichen Philosophie folgt. Deren erste zwei Bände von 1841 sind der »patristischen Philosophie« gewidmet, die Ritter für wichtiger als die scholastische hält.1089 Das Höchste, was die Philosophie leisten könne, sei: »den gegenwärtigen Standpunkt der menschlichen Bildung im wissenschaftlichen Bewußtsein auszudrücken«. Zum Vorzüglichsten dieser Bildung aber gehöre die christliche 1085

J. Rohls, Philosophie und Theologie in Geschichte und Gegenwart, Tübingen 2002, 164– 167; in seiner Konzentration auf das Thema Substanz, Akzidens und Relation läßt sich Rohls allerdings Augustins Reflexionen über das Selbstbewußtsein entgehen, die ja eine bedeutende Vorgeschichte bei Plotin und auch bei Aristoteles haben. − Die Darstellung von Christopher Stead (Philosophie und Theologie. I. Die Zeit der Alten Kirche, Stuttgart/Berlin/ Köln 1990, 152 f.; überarbeiteter englischer Originaltext: Philosophy in Christian Antiquity, Cambridge 1994, 221 f.) mit ihren weithin berechtigten, scharfen Attacken auf die philosophische Unprofessionalität der meisten Kirchenväter bleibt in bezug auf De trinitate eigentümlich blaß. 1086 J. J. Brucker, Historia critica philosophiae, Bd. 3, Leipzig 21766, 485–507. 1087 Zu diesem Modernitätskriterium J. Passmore, Historiography of Philosophy, in: The Encyclopedia of Philosophy 5, 1967, 226–230; hier 227. 1088 D. Tiedemann, Geist der speculativen Philosophie, Bd. 3, Marburg 1793, 455–519. Er erwähnt eigenartigerweise nur eine Triade aus divers. quaest. xviii. 1089 H. Ritter, Geschichte der christlichen Philosophie, Erster Theil, Geschichte der Philosophie 5, Hamburg 1841, S. VI.

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Botschaft vom Reich Gottes, eine völlig neue »Gesinnung«, von welcher die Philosophie »ergriffen und umgestaltet werden« müsse.1090 Von der Warte Schleiermachers kann dabei die Trinitätslehre Augustins nur in ungünstigem Licht erscheinen.1091 Denn für Ritter besteht der Kern der Trinitätslehre darin, »daß die übersinnliche Welt nichts anderes sei als die Welt, sofern der göttliche Grund in ihr ist, sofern das göttliche Wort die Dinge in ihr schafft und der heilige Geist sie vollendet«. Stattdessen hätten die spekulativen Väter behauptet, daß Gott »ein Sein für sich, ein Bewußtsein seiner selbst zukäme und daß wir von diesem zu unterscheiden hätten sein Sein für andere Dinge«. Bei ihrem Bemühen, »aus dem Begriffe Gottes die drei Momente der Trinität sich abzuleiten«, seien sie auf Konzepte verfallen, »welche doch nur aus der alten Philosophie und ihrer weltlichen Forschung sich ergeben hatten«.1092 Genau darin erscheint ihm Augustinus besonders verdächtig.1093 Denn weder »der reine Neu-Platonismus« noch »reines Christenthum« sei es, wozu sich Augustinus bekehrt habe, vielmehr »eine Mischung beider«, so daß Augustinus »keineswegs treu ergeben dem Wege, auf welchem das Christenthum durch alle Mühen und Kämpfe des thätigen Lebens zu Gott uns führen will«, gefolgt sei (164). In dem fast dreihundert Seiten umfassenden Augustinus-Teil seiner Philosophiegeschichte vermag Ritter daher De trinitate kaum etwas Lobenswertes abzugewinnen (295–310). Augustinus habe die Trinitätslehre »nicht eben weiter gebracht«, weil er »seinen Fleiß« auf »Nebendinge« geworfen habe (296). Denn mit seinen »Analogien« sei er »eher zur Kenntniß der Geschöpfe als des Schöpfers« vorgedrungen (299), weil er einerseits der heidnischen Philosophie eine Erkenntnis der Trinität zugebilligt habe (295), andererseits wahre Erkenntnis von der göttlichen Gnade abhängig gemacht habe (307). Darin spiegeln sich für Ritter die innersten »Widersprüche der Augustinischen Lehre«. Bei Augustinus seien »zwei entgegengesetzte Grundansichten« wirksam, zum einen »vorchristliche Vorurtheile« (442) und zum anderen die christliche Erfahrung der »Gnadenerweisungen Gottes« (443). Im Kern erscheint dem Protestanten Ritter eine Synthese von Philosophie und Theologie unmöglich. Erreichbar sei nur eine ungute »Mischung«, die dann letztlich nicht in die eigentliche Philosophiegeschichte gehöre. Katholiken konnte es allerdings ähnlich schwer fallen, Augustins De trinitate philosophiegeschichtlich zu verstehen. Ein Beispiel ist Bernhard Geyers Überarbeitung des Mittelalter-Bandes von Ueberwegs Grundriss der Geschichte der Philosophie. Geyer stellt die augustinische Trinitätslehre zwar ganz kurz wie in einem theologiegeschichtlichen Abriß dar, übergeht aber gerade das, was in einem Handbuch der Philosophiegeschichte zu erwarten wäre, nämlich den neu1090

Ebd. 12–17. Vgl. unten S. 371. 1092 H. Ritter, Geschichte der christlichen Philosophie, Zweiter Theil, Geschichte der Philosophie 6, Hamburg 1841, 629 f. 1093 Ebd. 151–443 (»Sechstes Buch: Augustinus«), daraus die folgenden Zitate. 1091

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platonischen Hintergrund der Selbstbewußtseins-Theorie in De trinitate.1094 Umgekehrt spart der von Karl Praechter bearbeitete Antike-Band desselben Handbuchs die Christen sorgfältig aus. Wie bei Geyer schimmert auch bei dem Jesuiten Frederick Copleston der neuscholastische Hintergrund durch sein Augustinuskapitel, das ebenfalls nicht in dem Band über die antike Philosophie untergebracht ist, sondern in dem Teil über das Mittelalter.1095 Da die Augustinusdarstellung den Traktaten Erkenntnistheorie, Gottes- und Schöpfungslehre, Ethik, Politik folgt, kommen zwar einzelne Aspekte aus De trinitate hier und da vor, nicht aber der Gedankengang des Werkes selbst. Da der Zusammenhang zur antiken Philosophie unterbrochen ist, fällt anläßlich der Darstellung von Augustins Gotteslehre nicht einmal der Name Plotins. Das Augustinuskapitel der umfassenden neuen Darstellung der »patristischen Philosophie« von Claudio Moreschini schmiegt sich den Themen Augustins mit weniger vorgefertigten Gesichtspunkten an.1096 Allerdings findet auch hier De trinitate keine zusammenhängende Darstellung. Der Gegenstand von Moreschinis Buch wirkt zunächst ein wenig künstlich aus dem historischen Kontext herauspräpariert − ähnlich als wollte jemand heute noch eine Geschichte des katholischen Romans in Deutschland schreiben. Allerdings liegt der Schwerpunkt auf der Darstellung der Rezeption und Kritik paganer Philosophie bei den Autoren der christlichen Antike von den Anfängen bis Maximus Confessor. Auf diesem Gebiet ist das Buch ein bisher fast konkurrenzloses Nachschlagewerk.1097 Daß Heiden, Juden und Christen in der antiken Philosophiegeschichte zueinander in engem Bezug stehen, wird deutlicher in dem eigenwilligen Buch von Harry Austryn Wolfson über die »Philosophie der Kirchenväter«. Ihm liegt die Ansicht zugrunde, die griechischen Philosophen hätten durch Vernunft gewisse Wahrheiten erkannt, die in der Heiligen Schrift als Offenbarungen dargestellt werden. Der Abschnitt über Augustins Trinitätslehre konzentriert sich allerdings auf die in De trinitate V bis VII aufgeworfene Frage, wie sich die griechische Formel vom einen Wesen und drei Personen denken lasse, wenn man essentia als Gattung, Art, gemeinsame Natur oder gemeinsamen Stoff fasse.1098 Als philosophischer Vergleichspunkt dafür dient Wolfson die Diskussion ver-

1094 B. Geyer, Die patristische und scholastische Philosophie, Friedrich Ueberwegs Grundriss der Geschichte der Philosophie 2, Berlin 111927, 108. 1095 F. Copleston, A History of Philosophy, Bd. 3: Mediaeval Philosophy. Augustine to Scotus, London 1950, 40–90. 1096 C. Moreschini, Storia della filosofia patristica, Brescia 2004, 419–462. 1097 Ein Band zur Patristik im Rahmen der Neubearbeitung des Ueberwegschen »Grundrisses der Geschichte der Philosophie« steht vor der Vollendung. Der Augustinusteil wird von Th. Fuhrer stammen. 1098 H. A. Wolfson, The Philosophy of the Church Fathers. Faith, Trinity, Incarnation, Cambridge, Mass./London 31970, 350–359; die »Analogien« in trin. VIII-XV werden nur knapp gestreift und als »faculties« der menschlichen Seele mißdeutet (361): In Wahrheit geht es Augustinus um Akte und Aktualität, nicht um Vermögen oder Fähigkeiten, die dann von irgendeiner Instanz aktualisiert werden müssen.

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schiedener Arten relativer Einheit im Kapitel D 6 der Metaphysik des Aristoteles, obwohl Augustinus von diesem Text sicher keine Kenntnis gehabt hat. Die Isagoge des Porphyrius dagegen, die Marius Victorinus ins Lateinische übersetzt hatte, findet auf den über sechshundert Seiten von Wolfsons Buch nur ein einziges Mal Erwähnung und dort nicht im Zusammenhang mit Augustinus. Wolfson erfaßt nur einen kleinen Ausschnitt aus Augustins Trinitätslehre und ihrer philosophischen Vorgeschichte. Die viel spannenderen Fragen nach dem Verhältnis der augustinischen Analysen des Selbstbewußtseins zu Reflexionen des Aristoteles oder Plotins oder nach dem Verhältnis augustinischer zu neuplatonischen Triaden nimmt er nicht ins Visier. Ihrer Anlage nach umfassender informiert die Cambridge History of Later Greek and Early Medieval Philosophy, die der Plotin- und Augustinuskenner A. H. Armstrong herausgegeben hat. Nachteilig wirkt sich jedoch aus, daß die einzelnen Teile des Buches von verschiedenen Verfassern stammen, so daß manche Querbezüge zu kurz kommen. Der von Robert Markus geschriebene, ausgezeichnete Teil über Augustinus ist nach Themen, nicht nach Werken geordnet, so daß einzelne Gedanken aus De trinitate, etwa über das Verhältnis von Glaube und Wissen, über Seele, Illumination und das Ziel allen menschlichen Strebens, hier und dort mit großer Klarheit referiert werden, wohingegen der Inhalt des ganzen Werkes De trinitate nur in wenigen Zeilen angedeutet wird.1099 Ähnliches gilt auch für den von Gerard O’Daly verfaßten Abschnitt über Augustinus in der Philosophiegeschichte des Verlagshauses Routledge; der betreffende Band fällt konzeptionell insofern hinter die Cambridge History zurück, als der isolierte Augustinus-Teil der einzige in dem Band ist, der nicht von paganer Philosophie handelt.1100 Die 1991 auf dänisch erschienene umfangreiche Darstellung der antiken Philosophie von Karsten Friis Johansen ist hingegen ein Werk aus einem Guß. Die kaiserzeitliche Antike nimmt etwa ein Fünftel ein und endet durchaus sinnvoll mit einem Augustinus-Kapitel, in dem mehrfach verhältnismäßig ausführlich auf De trinitate eingegangen wird.1101 Das Buch endet sogar mit einem Abschnitt über die vestigia Gottes, wobei leider die abschließenden Bemerkungen zur Eschatologie Augustins nicht aus De trinitate, sondern anderen Werken, besonders De civitate dei gewonnen werden. So wurde die Chance vertan, in De trini1099

R. A. Markus, Marius Victorinus and Augustine, in: A. H. Armstrong (Hg.), The Cambridge History of Later Greek and Early Medieval Philosophy, Cambridge u. a. 21970 (zuerst 1967), 327–419; hier 352 f. Auch die interessante kurze Synthese von Armstrong/Markus, Christian Faith and Greek Philosophy, London 1960, ist infolge der Gliederung nach Sachthemen wie »The Word and the Ideas« oder »Love and the Will« nicht geeignet, ein Werk wie De trinitate seinem Gedankengang nach darzustellen. 1100 G. O’Daly, Augustine, in: D. Furley (Hg.), Routledge History of Philosophy, Bd. 2: From Aristotle to Augustine, London/New York 1999, 388–428. 1101 K. F. Johansen, Den Europæiske Filosofis Historie: Antikken, Kopenhagen 1991, englische Übersetzung: A History of Ancient Philosophy from the Beginnings to Augustine, London/New York 1998, 588–624.

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tate einen letzten Höhepunkt antiker Metaphysik in christlicher, auf das Mittelalter vorausweisender Umformung zu skizzieren. Dennoch ist Johansens Werk, deutlicher als etwa die ebenfalls in einem Band pagane und christliche Philosophen zusammen behandelnde Darstellung von Wolfgang L. Gombocz,1102 ein Indiz dafür, daß die Geschichtsschreibung der antiken Philosophie in jüngster Zeit ein stärkeres Gespür für den philosophisch bedeutenden Gehalt von De trinitate entwickelt. Auch Historiker der mittelalterlichen Philosophie können mit Augustins De trinitate mehr anfangen, seit nicht mehr ausschließlich Thomas von Aquin den Vergleichsmaßstab abgibt, sondern ebenso die antike und moderne Philosophie. Kurt Flasch, dessen Augustinusbuch von 1980 wie kaum ein anderes zur Wekkung des derzeitigen philosophischen Interesses an Augustins Denken beigetragen hat, kommt auch in seiner etwas später veröffentlichten Geschichte der mittelalterlichen Philosophie zu dem Schluß, besonders folgenreich für diese Epoche sei Augustins Theorie der Trinität gewesen.1103 Mit ihr habe Augustinus die mittelalterliche Lehre von der Gottebenbildlichkeit der menschlichen Geistseele geprägt. Die Gnadenlehre Augustins seit 397 habe die Intention des frühen Augustinus zu zerstören gedroht, Gott und die Seele philosophisch zu erkennen. Denn von diesem Zeitpunkt an habe Augustinus Gott eine Gerechtigkeit zugeschrieben, die wir mit unseren menschlichen Begriffen nicht erfassen können.1104 In der Trinitätslehre dagegen habe Augustinus den menschlichen Geist dem göttlichen Geist wieder angenähert, Gott und Geist zwar nicht als identisch, aber einander entsprechend aufgewiesen und damit ein Moment an Identität anerkannt. Dem Intellekt, um den es der griechischen Philosophie vornehmlich zu tun war, habe Augustinus die willentliche Bewegung oder die Liebe als gleichwesentliches Moment zugesellt. In seiner Einführung in Augustins Denken mustert Flasch ausführlich und perspektivenreich diese und andere Theorien von De trinitate.1105 Man werde jenem Werk Augustins weder gerecht, wenn man es als bloß theologische Schrift über das Spezialproblem der Trinität lese, noch wenn man »im Namen eines ungeschichtlichen Philosophiebegriffs« das Philosophische aus dem Theologischen herauslöse (327). Flasch zeichnet mit sicherem Strich, wie sich konventionell-kirchliche, traditionell platonistische und innovative Elemente in De trinitate verbinden. Drei philosophische Hauptmotive und Leistungen hebt Flasch hervor. Erstens lenke Augustinus die philosophische Aufmerksamkeit auf das Bewußtsein als Grund aller Bewußtseinsphänomene;1106 dabei deute Au1102 W. L. Gombocz, Die Philosophie der ausgehenden Antike und des frühen Mittelalters, Geschichte der Philosophie, hg. von W. Röd, Bd. 4, München 1997, 275–317. 1103 K. Flasch, Das philosophische Denken im Mittelalter. Von Augustin zu Machiavelli, Stuttgart 2 2000 (zuerst 1986), 52 f. Vgl. ders., Augustin (wie Anm. 1). 1104 Vgl. dazu unten S. 418. 1105 K. Flasch, Augustin (wie Anm. 1), 326–368 (11980, 21994). 1106 Zu der von Flasch behandelten Frage, ob Augustinus eine Selbstkonstitution des Geistes kennt, vgl. unten Anm. 1161 f.

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gustinus die Selbstgewißheit des Denkens als Ausdruck der Gottebenbildlichkeit und gebrauche sie als ruhendes Gegengewicht zu der erbsündigen Unruhe und Heilsungewißheit des Menschen, die sich aus der Gnadenlehre seit 397 ergeben. Zweitens thematisiere Augustinus die Erfahrung wesenhafter Interdependenz am Falle der Triade von memoria, intellegentia, voluntas, die wechselseitig durch das jeweils andere sind, was sie sind. Drittens verwerfe Augustinus zwar nicht die aristotelische Kategorienlehre, statuiere aber doch für die Trinität einen Fall ihrer Nicht-Anwendbarkeit und rehabilitiere dabei in gewisser Hinsicht die Kategorie der Relation, die seit Aristoteles abschätzig behandelt worden sei. Nicht gelungen ist Augustinus nach Flaschs Ansicht die Lösung der Probleme, die in den nizänischen Formeln stecken. Augustinus habe − in diesem einen Punkt bleibt Flasch einer 1980 noch üblichen theologischen Kritik verhaftet − das Ineinander der drei Personen so stark betont, daß keine der drei als selbständig handelnd habe gedacht werden können. So sei, um dem Tritheismus zu wehren, die Trinität zu einer »›innergöttlichen‹ Struktur« geworden (363). Dennoch habe Augustinus mit De trinitate gezeigt, »daß das Geheimnisvollste am Christentum einsehbar sei,« und damit für ein Jahrtausend verhindert, »daß die pure Paradoxie zur Signatur des Christlichen wurde − ein kulturbegünstigender Akt von großer Tragweite« (366). Die Wiederentdeckung der Analysen des menschlichen Geistes in De trinitate durch Flasch und die neuere philosophische Forschung1107 dürfte Auswirkungen auf die Stellung entfalten, die Augustinus in der Philosophiegeschichte zugeschrieben wird. Dies allerdings braucht Zeit. Die beiden führenden »philosophischen« Gesamtdarstellungen Augustins in englischer Sprache, diejenigen von Christopher Kirwan (1989) und John M. Rist (1994), legen den Schwerpunkt noch fast ausschließlich auf Sprachphilosophie und Ethik, Rist zudem auf das Leib-Seele-Verhältnis und die politische Theorie. Beide Autoren erwähnen dagegen die Analysen der mens und überhaupt das Werk über die Trinität eher beiläufig.1108 Im Jahre 2002 ist in den Cambridge Texts in the History of Philosophy eine auf die Bücher VIII bis XV beschränkte Übersetzung von De trinitate erschienen, die durch ihre bloße Existenz wie auch durch das Vorwort Ausdruck eines neuen philosophischen Interesses an diesem Werkes ist: Augustinus handle darin von der Trinität. »But, quite surprisingly, the last half is also a treatise on the philosophy of mind; it is, in fact, the first such treatise on mind in the modern sense of ›mind.‹«1109 Dabei zeichnet sich schon terminologisch ein Unterschied zwischen deutscher und angelsächsischer Interpretation ab: Die deutschen Forscher sprechen in Anlehnung an Fichte und Hegel von Augustins 1107

Vgl. oben S. 146 ff. und unten S. 287 ff. Kirwan, Augustine; Rist, Augustine (beide wie Anm. 805). In dem relativ ausführlichen Augustinuskapitel von Bertrand Russell (A History of Western Philosophy, London 1945 [deutsch 1950]) kommt die Trinitätslehre noch mit keinem Wort vor. 1109 G. B. Matthews, Introduction, in: Augustine, On the Trinity. Books 8–15, CTHPh, Cambridge 2002, IX-XXIX; hier IX. Vgl. dazu unten S. 294. 1108

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Bedeutung für die philosophische Erhellung der »Selbstreflexion« (Brachtendorf), des »Selbstbewußtseins« (Beierwaltes) oder der »Selbstbezüglichkeit des Geistes« (Horn), während die angelsächsische Deutung an die analytische »Philosophy of Mind« anknüpft. Im einen wie im anderen Falle dürfte Augustinus infolge der Wiederentdeckung des Werkes De trinitate einen wichtigen Platz in der Philosophiegeschichte, zumal in der Vorgeschichte der Moderne gewonnen haben.1110 Als nächstes soll von solchen Autoren die Rede sein, die keine streng philosophiegeschichtliche Einordnung von Augustins De trinitate bieten, sondern eine »geistesgeschichtliche« Deutung oder verwandte Charakterisierungen versuchen. Gerade auf diesem Gebiet wurde eher als in der eigentlichen Historiographie der Philosophie das Selbstbewußtsein als Thema von De trinitate beachtet. Die geistesgeschichtliche Betrachtungsweise stellte zunächst die Psychologie in den Mittelpunkt. In Europa und Nordamerika hatte im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts allenthalben das Interesse an dieser Disziplin zugenommen − im realistischen Roman Frankreichs oder Rußlands ebenso wie in der »psychologistischen« Interpretation von Logik und Erkenntnistheorie in der angelsächsischen und deutschen Philosophie. In diesem Kontext entwickelte sich ein zuvor unbekanntes Gespür für Augustins Analysen der menschlichen Seele in den Confessiones. Gelegentlich wurden Philosophen darauf aufmerksam, daß in De trinitate tiefschürfende Erkundungen der Struktur des Geistes, der Subjektivität, Personalität und Reflexivität enthalten sind. So stellt der Philosoph Hermann Siebeck in seiner Geschichte der Psychologie die angeblich mehr auf das Empirische, Objektive ausgerichtete Seelenlehre des Aristoteles derjenigen Augustins gegenüber, der in De trinitate und anderen Werken die Innenwelt der Seele entdecke und »das psychologische Genie der patristischen Periode« sei.1111 Mit dem theologischen Kontext konnten die Philosophen aus einer solchen Betrachtungsweise heraus wenig anfangen. Typisch ist die Reaktion des Grafen Yorck. Nach den ersten acht Büchern erwog er enttäuscht den Abbruch der Lektüre. Das, was er als »das Neue« betrachtete, nämlich den »Rekurs auf die lebendige psychische Struktur«, fand er in diesen ersten Büchern »selten genug« und beklagte brieflich gegenüber Dilthey »ein Wirthschaften mit forma dei, forma servi und viel rhetorische Dialektik«. In den späten Abendstunden entschädigte sich der Graf dafür mit PolybiusLektüre: »Welch sittliche und sachliche Tauglichkeit!«1112 Es ist unbekannt, ob Graf Yorck De trinitate zuendegelesen hat. Wenn nicht, wäre sein Versäumnis 1110

Auf solche Perspektiven wird unten S. 256 ff. und S. 287 ff. ausführlicher eingegangen. H. Siebeck, Geschichte der Psychologie, Bd. I/2, Gotha 1884, 381–397; ders., Die Anfänge der neueren Psychologie in der Scholastik, ZPPK 93, 1888, 161–216; 170–192, hier 170 das Geniezitat. 1112 Brief an Dilthey vom 23. April 1893, in: Briefwechsel zwischen Wilhelm Dilthey und dem Grafen Paul Yorck v. Wartenburg 1877–1897, hg. von S. von der Schulenburg, Halle 1923, 160 f. 1111

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beinahe tragisch zu nennen, denn bekanntlich beginnen Augustins Analysen des Selbstbewußtseins just mit dem folgenden, dem neunten Buch von De trinitate. Doch bezeichnend ist nicht nur die damals zeitgemäße, heute unangemessen wirkende Formulierung von der »lebendigen psychischen Struktur«, sondern überhaupt die Tatsache, daß die Philosophen den langen theologischen Weg, der zu den Büchern IX bis XV führt, bereits vor über hundert Jahren als lästigen Umweg empfanden. Das ist bei Dilthey nicht viel anders, obwohl er mehr mit De trinitate anzufangen wußte als sein Briefpartner. Das Augustinuskapitel seiner dem Grafen Yorck gewidmeten Einleitung in die Geisteswissenschaften steht in dem Teil des Buches, der von der Herrschaft und dem Verfall der Metaphysik als Grundlage der Geisteswissenschaften handelt. Augustinus markiere den Übergang von der antiken zur mittelalterlichen Metaphysik. Dilthey geht von Augustins Selbstbesinnung in De civitate dei und De trinitate aus. Demnach ist das Ich sich seines Existierens ganz gewiß. In diesem Selbstbewußtsein, so Dilthey, gehe eine mächtige Realität auf, die alles antike Interesse am Kosmos verschlinge. Augustinus gelange wie später Descartes von der Selbstgewißheit zur Lehre von den an sich selbst gewissen Wahrheiten, einem platonischen Erbe, gewinne andererseits ein neues, über die Antike und den Platonismus hinausreichendes Element, das im zehnten Buch von De trinitate aufscheine. Der Geist solle dort die Intention des Willens auf sich selbst richten. Indem er aber Denken, Erinnern, Wollen als seine eigenen Akte erkenne, habe der Geist ein wahres Wissen von sich, das keiner äußeren Natur bedürfe und keine Leistung der Materie sei. Eine Metaphysik des Willens, die sowohl menschliches wie göttliches Wollen betreffe, sei die Folge. Augustins Denken, meint Dilthey, erweise sich als wichtiges Glied im Fortgang von der objektiven Metaphysik zur Erkenntnistheorie.1113 Wilhelm Windelband machte um 1900 Diltheys Ideen für ein neuartig konzipiertes Lehrbuch fruchtbar. Die Grobgliederung des Werkes entspricht zwar wie üblich den chronologisch geordneten Epochen, doch innerhalb dieser wird »problemgeschichtlich« vorgegangen. Der Autor konzentriert sich weniger auf die einzelnen Denker als vielmehr auf philosophische Schwerpunktthemen jeder Phase der Philosophiegeschichte. Vor allem im Blick auf die Confessiones und De trinitate wird Augustinus zu Beginn des Teiles über die mittelalterliche Philosophie behandelt und zwar unter der Überschrift »Die Metaphysik der inneren Erfahrung«. Augustinus, meint Windelband, habe »die eigentümlichen Beziehungsformen der Innerlichkeit zu metaphysischen Prinzipien« erhoben. Diese Richtung auf die innere Erfahrung sei das Neue gegenüber der Antike. Im Mittelalter sei sie kaum über Augustinus hinaus vorangetrieben worden. Erst in der Neuzeit habe sie sich voll entfaltet. Daß auch Plotin schon eine Wen-

1113 W. Dilthey, Einleitung in die Geisteswissenschaften [1883], hg. von B. Groethuysen, Gesammelte Schriften 1, Göttingen 51962, 260–267.

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dung zum inneren Seelenleben vollzogen hat, paßt nicht in dieses Bild und wird daher mehrfach lediglich in Nebensätzen erwähnt, die zusätzlich mit der Formulierung abgeschwächt werden, erst Augustinus habe diese Tatsachen »zu voller und bewußter Geltung« gebracht. Für Windelband gehört Augustins De trinitate zur Vorgeschichte der modernen Innerlichkeit, die sich erst aus dem Christentum, nicht schon aus dem Heidentum entwickelt habe.1114 Man müßte Begriffe wie Subjektivität, Ich, Selbst, Personalität, Selbstbewußtsein, Selbsterkenntnis, Reflexivität, Innerlichkeit sorgfältig durch Definitionen auseinanderhalten und dann jeweils versuchen, Augustins Bedeutung in der Geschichte dieser Konzepte und der mit ihnen erfaßten Sachverhalte nachzuzeichnen. Da dies in der Forschungsliteratur bisher noch nie in einer vergleichenden Synthese geschehen ist, muß es in dieser kritischen Forschungsbilanz dabei bleiben, eine solche Trennschärfe zu fordern, ohne daß die Forderung bereits eingelöst würde. Natürlich überschneiden sich die genannten Begriffe zum Teil. Darum liegt es ungefähr, wenn auch nicht exakt, in der Linie von Dilthey und Windelband, wenn etwa Gerhard Krüger »im Christentum den Grund der Wendung zum Selbstbewußtsein« sehen will und behauptet: »Eine vollständige Geschichte des philosophischen Selbstbewußtseins müßte mit Augustin beginnen.«1115 Über einen Zeitraum von gut vierzig Jahren hat jedoch gerade Krügers Schüler Klaus Oehler in einer Reihe von Arbeiten den Nachweis geführt, daß diese Sicht falsch ist: Schon die pagane Antike, mit Aristoteles’ Konzeption der noÂhsiw nohÂsevw als Höhepunkt, kannte und durchdachte einen philosophischen Begriff des Selbstbewußtseins. Auch Oehler leugnet aber nicht, daß die Reflexion des Ich auf sich selbst durch den Eintritt des Christentums in die Geschichte neue Impulse empfangen habe.1116 Wie bei Dilthey und Windelband sind auch die neuerdings vertretene These von der Erfindung des privaten inneren Selbst durch Augustinus1117 und die Einschätzung, mit der Charles Taylor das Augustinus-Kapitel seines großen Buches über die Entstehung der modernen Identität beginnt, historisch wahrscheinlich durch mangelnde Berücksichtigung oder falsche Interpretation Plotins mitbedingt: »On the way from Plato to Descartes stands Augustine.«1118 1114

W. Windelband, Lehrbuch der Geschichte der Philosophie, Tübingen 161976, 237–246. G. Krüger, Die Herkunft des philosophischen Selbstbewußtseins, Logos 22, 1933, 225–272; erneut in: Ders., Freiheit und Weltverwaltung. Aufsätze zur Philosophie der Geschichte, Freiburg 1958, 11–69; hier 17 f. 1116 Zusammenfassend: K. Oehler, Subjektivität und Selbstbewußtsein in der Antike, Würzburg 1997. Vgl. zur ganzen Thematik R. Hagenbüchle, Subjektivität: Eine historisch-systematische Hinführung, in: R. L. Fetz/R. Hagenbüchle/P. Schulz (Hg.), Geschichte und Vorgeschichte der modernen Subjektivität, Bd. 1, EurCul 11.1, Berlin/New York 1998, 1–90. 1117 Ph. Cary, Augustine’s Invention of the Inner Self. The Legacy of a Christian Platonist, New York/Oxford 2000. Auch hiergegen wurde mit triftigen Gründen eingewandt, daß ein differenziert gelesener Plotin (enn. V, iii) sehr wohl bereits ein privates Ich kennt: J. P. Kenney, Augustine’s Inner Self, AugSt 33, 2002, 79–90. Auf De trinitate geht Cary auffallend selten ein: Paßt das Werk nicht zu seiner Augustinusdeutung? 1118 Ch. Taylor, Sources of the Self. The Making of the Modern Identity, Cambridge 1989, 127 1115

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Gegenüber Diltheys Zeiten hat sich allerdings die Bewertung verändert: Eine einseitige Wende zur Innerlichkeit hält Taylor für verhängnisvoll, weil sie ein weltloses Ich heraufbeschworen habe.1119 Andererseits sieht Taylor auch den Zusammenhang von Innerlichkeit und Freiheit. Sein Urteil ist bewußt ambivalent, weil er auch die Neuzeit in ihrer Mischung von Größe und Elend betrachtet. Die philosophischen Darstellungen von Augustins De trinitate seit dem neunzehnten Jahrhundert hängen, je origineller und bedeutender sie sind, desto stärker vom jeweiligen Verhältnis der Autoren zur Neuzeit ab. Seit Hegel ist der Sinn des Weges der neuzeitlichen Metaphysik in der Herausarbeitung des autonomen Selbstbewußtseins gesehen worden.1120 Aus diesem Blickwinkel konnte etwa Ferdinand Christian Baur Augustins Konzeption der Trinität nach dem Modell von Selbstbewußtsein zwar rühmen, aber zugleich daran kritisieren, daß Augustinus nicht weit genug gegangen sei. Denn Augustinus habe die Differenz von göttlichem und menschlichem Selbstbewußtsein überpointiert.1121 In der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts hingegen wurde Hegels Konzeption weithin negiert und umgestaltet zur Theorie des realen Menschen und seiner Fortschrittsgeschichte. Daraus ergibt sich Diltheys »psychologische« Einordnung von Augustins Leistung. Im zwanzigsten Jahrhundert wurde aber auch diese Neuzeitdeutung wieder aufgehoben: Heidegger bewertet gerade das nachcartesische autonome Selbstbewußtsein als verhängnisvollen Ausbruch des Menschen aus der Ordnung des Seins. Taylor verkörpert die nächste Etappe, indem nun Gewinn und Verlust der neuzeitlichen Identität gegeneinander abgewogen werden. Augustins Theorie als Meilenstein auf dem Weg zu dieser Identität wird von Taylor entsprechend ambivalent beurteilt. Aber ist Augustins Trinitätsdenken überhaupt ein Schritt in Richtung Neuzeit? Anscheinend läßt sich diese Verortung mit erwägenswerten Gründen auch bestreiten. So leitet Erwin Schadel die »Subjektozentrik« der Neuzeit in einer interessanten ideengeschichtlichen Perspektive gerade nicht von Augustinus, (deutsche Übersetzung 1994). Unter den Kritiken zu dem Buch vgl. D. Peddle, Re-Sourcing Charles Taylor’s Augustine, AugSt 32, 2001, 207–217. 1119 Nicht unter kritischem Bezug auf Taylor, sondern auf Krüger formuliert Werner Beierwaltes treffend: »Gegen die meist aus mangelnder Kenntnis der Grundintention plotinischen Denkens vielfach vertretene Meinung, daß Augustins ›Entdeckung‹ des ›Ichs‹ oder des ›Selbstbewußtseins‹ eine säkulare Wende gegen die ›antike Naivität‹ und damit gegen deren angebliche ›Befangenheit im Kosmos‹ darstelle, ist evident zu machen, daß bei der Ausbildung eben dieses Gedankens durch Augustin gerade neuplatonische Denkanstöße bestimmend mitwirkten. . . . Wendung oder Rückgang ins Innere, in den ›inneren Menschen‹, ist freilich kein sich verschließender Rückzug in eine welt-lose ›Subjektivität‹, sondern kommt vielmehr einem sich potenzierenden Bewußtwerden der eigenen Herkunft gleich, das sich als innerer Aufstieg des Denkens zu seinem göttlichen Grunde verwirklicht« (Platonismus im Christentum, PhA 73, Frankfurt 22001, 180 f.). 1120 W. Schulz, Der Gott der neuzeitlichen Metaphysik, Pfullingen 61978, 7–9. Vgl. zur Debatte um Subjektivität und Reflexivität auch unten S. 287 ff. 1121 Unten S. 314.

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sondern im Gegenteil von den antitrinitarischen Bewegungen seit dem Sozinianismus her. In einer Wiederanknüpfung an Augustins Fassung der Geistinnerlichkeit sieht Schadel einen gangbaren Weg zur Korrektur neuzeitlicher Fehlentwicklungen. Durch die starke Wirkung der Antitrinitarier sei nämlich die für Augustins Trinitätsanalogien grundlegende metaphysische Konzeption des Seins als eines internen Selbstvollzugs aus dem Denken der Neuzeit verschwunden. Während bei Augustinus die Selbstentfaltung des Geistes so gedacht sei, daß in ihr das Licht des göttlichen Ursprungs aufscheine, der alles Seiende von innen heraus erneuere, habe die an Descartes anschließende Philosophie eine in sich abgeschlossene Autonomie favorisiert, die sich aus dem Nichts zu entwerfen versuche und darum letztlich im Nihilismus ende.1122 Ob diese Darstellung zutrifft, kann hier nicht untersucht werden. Es fällt auf, daß beispielsweise in Taylors Buch die Antitrinitarier keine Rolle spielen. Schadel dürfte aber mit Recht darauf insistieren, daß der intellektuelle Diskurs der frühen Neuzeit ohne Beachtung der teils offenen, teils versteckten Debatten um die Lehren der Sozinianer und Arminianer unzureichend rekonstruiert wird. Für Paul Henry ist Augustinus in der Geschichte der Menschheit der Entdecker dessen gewesen, was aus philosophischer und psychologischer Sicht Person und Personalität ausmacht.1123 Augustinus habe nämlich, besonders in De trinitate V, die aristotelische Lehre von der Relation umgestaltet, aus der Doktrin bloßer Akzidentien gelöst und so für eine tiefe Einsicht in das trinitarische Leben Gottes genutzt. Damit habe er die Quelle und Urform personaler Existenz philosophisch zu bestimmen vermocht: mit dem anderen eins zu werden, ohne die eigene Identität zu verlieren. Mary T. Clark führt diese Gedanken weiter aus: Die Einheit der göttlichen Personen, so wie Augustinus sie denke, sei auch das Modell menschlicher Gemeinschaft, das Modell der Liebe menschlicher Personen.1124 1122 E. Schadel, Geistinnerlichkeit als Trinitätsanalogie. Eine konstruktive Kritik neuzeitlicher Subjektozentrik im Lichte der Augustinischen Selbstvergewisserung, PrPh 9, 1996, 65–75; spanische Fassung: La metafı´sica trinitaria cristiana de la persona humana. Crı´tica constructiva de la racionalidad sujeto-ce´ntrica moderna a la luz de la interioridad espiritual agustiniana, EstTrin 22/3, 1988, 429–437; unter ähnlichem Titel auch in: Sociedad Cato´lica Mexicana de Filosofia (Hg.), Actas del II. Congreso Mundial de Filosofı´a Cristiana, Monterrey, Me´xico, 20–24 de octobre 1986, Bd. 2, Mexiko 1988, 555–566; ders., Kants »Tantalischer Schmerz«. Versuch einer konstruktiven Kritizismus-Kritik in ontotriadischer Perspektive, STO 13, Frankfurt u. a. 1998, 31–108 (»Antitrinitarischer Sozinianismus als Motiv der Aufklärungsphilosophie«). Weitere Publikationen von Schadel vgl. Anm. 13, 333 und 1172. Vgl. auch M. J. Santucho, Sein − Wissen − Lieben. Ontologische Erläuterung zur Augustinischen Konzeption menschlicher Geistinnerlichkeit, Sein − Erkennen − Handeln. Interkulturelle, ontologische und ethische Perspektiven [FS Heinrich Beck], hg. von E. Schadel/U. Voigt, STO 7, Frankfurt u. a. 1994, 439–446. − Zu einem trinitätstheologisch einschlägigen Fall vgl. etwa M. Mulsow, Jacques Souverain, Samuel Crell et les cryptosociniens de Londres, in: J. Souverain, Lettre a` M r*** touchant l’apostasie, hg. von S. Matton, Anecdota 1, Paris/ Mailand 2000, 49–63. 1123 Henry, Saint Augustine on Personality (wie Anm. 914). 1124 M. T. Clark, Augustinian Personalism, The Saint Augustine Lecture 1969, Villanova 1970.

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Nun hat Augustinus (neben Boethius) sicherlich den mittelalterlichen und neuzeitlichen Personbegriff wesentlich mitbestimmt. Aber die fast dualistischscharfe Entgegensetzung des angeblichen Fehlens eines Personbegriffs in der heidnischen Antike und der vermeintlichen augustinisch-christlichen Entdekkung der Personalität dürfte übertrieben sein. Schon Cornelia J. de Vogel hat die These gerügt, wonach die Griechen kein Wort für »Person« gehabt hätten und ihnen darum dasjenige gänzlich unbekannt gewesen sei, was die Moderne unter »Person« versteht. Sogar ein wirklich philosophischer Begriff von Person finde sich bereits im platonischen (großen) Alkibiades, und von Plato sei er zu Aristoteles und Plotin gelangt.1125 Diese Ableitung ist auch deshalb bemerkenswert, weil sie auf eine ähnliche Traditionslinie zurückführt, wie Oehler, Horn und andere sie für die Geschichte der philosophischen Durchdringung des Selbstbewußtseins beanspruchen.1126 Auch hier sollte also eine sachgemäße Einordnung der Innovationsleistung von De trinitate künftig differenzierter ausfallen. Eine andere, damit zusammenhängende geistesgeschichtliche Einordnung seit Dilthey hält den Willensbegriff Augustins, wie er sich von den Frühschriften bis zu den späten Partien von De trinitate allmählich entfaltet, für eine seiner weltgeschichtlich bedeutendsten Neuerungen. Daß es sich um eine im strengen Sinne philosophische Innovation handle, kann man mit Charles H. Kahn bestreiten. Kahn schreibt Augustins Darlegungen zum Willensbegriff eher der Geschichte von Weltanschauungen oder religiösen Ideen zu, weil es ihnen an einer sachgerechten theoretischen Ausarbeitung mangle.1127 Die voluntas ist für Augustinus, wenn er sich genau ausdrückt, von dem liberum arbitrium voluntatis zu unterscheiden,1128 jener Entscheidungsfreiheit, über die auch in der heidnischen Antike seit langem nachgedacht wurde. Oft heißt es, die antike Philosophie habe den Willen vom Intellekt abhängig gemacht und darum weder die Möglichkeit des bewußt bösen Handelns verstanden noch das Problem der Willensschwäche erfaßt. Ernst Benz sucht den Ursprung der Auffassung, daß der Geist nicht nur Intellekt, sondern Wille ist, wenig überzeugend in der ägyptischen Hermetik und in der Gnosis. Anschließend geht er der Ausgestaltung des Wil1125 C. J. de Vogel, The Concept of Personality in Greek and Christian Thought, SPHP 2, 1963, 20–60. Die als Überblick zu zweitausend Jahren der Geschichte des Personbegriffs nützliche Arbeit von Andrea Milano (La Trinita` dei teologi e dei filosofi. L’intelligenza della persona in Dio, in: A. Pavan/A. Milano [Hgg.], Persona e personalismo, Neapel 1987, 1–286) fällt dahinter insofern zurück, als hier die heidnische Antike fast gänzlich ausgeklammert wird. 1126 Oehler, Subjektivität und Selbstbewußtsein (wie Anm. 1116); Horn, Selbstbezüglichkeit des Geistes (wie Anm. 302). 1127 Ch. H. Kahn, Discovering the will. From Aristotle to Augustine, in: J. M. Dillon/ A. A. Long (Hgg.), The Question of »Eclecticism«. Studies in Later Greek Philosophy, HCS 3, Berkeley/Los Angeles/London 1988, 234–259; hier 238. 1128 Aug. lib. arb. II, i, 1, 1 (CChr.SL 29, 236, 2 Green). Wenige Zeilen später redet Augustinus mehrfach unpräziser von der libera voluntas.

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lenskonzepts im Streit des vierten Jahrhunderts um die Trinitätslehre nach. Von Plotin aus zieht Benz die Linie über Marius Victorinus zu Augustinus.1129 Die Debatte um die Frage, ob Christus aus dem Wesen oder aus dem Willen des Vaters gezeugt ist, gehört in der Tat in die Geschichte der Aufwertung oder Entdeckung des Willensbegriffs. Dies zeigt Meijering in einem Aufsatz deutlich, der leider schon bei Athanasius endet und nicht bis Augustinus reicht.1130 Die ausführlichste Untersuchung zum Thema sind die »Sather Classical Lectures« von Albrecht Dihle.1131 Dihle meint, Augustinus habe den aus der römischen Jurisprudenz stammenden hermeneutischen Willensbegriff als anthropologisches Konzept verwendet und sei dadurch zu einer philosophisch adäquaten Wiedergabe dessen gelangt, was die Bibel (besonders Paulus) über den Menschen sagt. Gerade das Werk De trinitate zeigt für Dihle, wie sowohl die biblische Anthropologie als auch die biblische Gottesvorstellung, in der die Idee des göttlichen Willens so dominiert, zusammengefügt den heidnisch-antiken »Intellektualismus« durchbrechen. Das dritte Glied der Triaden in den späteren Büchern von De trinitate ist ja durch das voluntative Element gekennzeichnet und verbindet im intentionalen, wollenden oder liebenden Akt die ersten beiden Glieder. Augustinus trenne, so Dihle, den Willen von der Erkenntnis und entdecke mittels seiner Psychologie einen im Willen beschlossenen autonomen Bereich, der weder bloße Vorbereitung noch bloßes Resultat von Erkenntnis sei. Trinitätslehre und Psychologie träten damit in eine direkte Beziehung, die der Einordnung in eine umfassende Ontologie entbehren könne. Die von Dihle vorausgesetzten Dichotomien wie Intellektualismus versus Voluntarismus oder Ontologie versus Psychologie sind allerdings problematisch. Vielleicht schweben Augustinus in De trinitate vielmehr die Grundzüge einer Ontologie vor, die dem Willen einen hohen Stellenwert verleiht. Wie dabei der zentrale Begriff der intentio allmählich in Augustins Denken tritt, durch den der willentliche Selbstbezug erst denkbar wird (zumal in De trinitate), arbeitet Carla Di Martino heraus.1132 Kahn, Rist, Horn und Knuuttila argumentieren, daß platonische, aristotelische und insbesondere stoische Überlegungen als Hintergrund für Augustins Willensverständnis wichtiger sind, als Dihle mit dem Schlagwort vom antiken Intellektualismus zu erkennen gibt. Augustins Originalität ist in diesem Punkt demnach etwas geringer zu veranschlagen.1133 Rist 1129 Benz, Marius Victorinus (wie Anm. 522), 364–413: »Augustinus und die abschließende dogmatische Deutung des metaphysischen Willensbegriffs«. 1130 E. P. Meijering, Die Diskussion über den Willen und das Wesen Gottes, theologiegeschichtlich beleuchtet, in: L’E´glise et l’Empire au IV e sie`cle, hg. von A. Dihle, EnAC 34, Vandœuvres-Gene`ve 1989, 35–66, Diskussionsbeiträge 67–71. 1131 A. Dihle, The Theory of Will in Classical Antiquity, SCL 48, Berkeley/Los Angeles/London 1982, 123–144 (Text) und 231–244 (Anmerkungen): »St. Augustine and His Concept of Will«; vor allem im Anmerkungsteil gekürzte deutsche Ausgabe: Die Vorstellung vom Willen in der Antike (wie Anm. 292), 138–163 und 174–178. 1132 C. Di Martino, Il ruolo della intentio nell’evoluzione della psicologia di Agostino: dal De libero arbitrio al De Trinitate, RE´Aug 46, 2000, 173–198. 1133 J. M. Rist, Love and Will. Around De Trinitate XV 20, 38, in: Brachtendorf (Hg.),

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meint, daß Augustinus gewissermaßen die platonische Theorie der Liebe und die stoische Theorie des Willens vereine. Augustins Mensch sei Bild der ganzen Trinität, der Mensch der Stoa dagegen nur Bild oder Fragment der göttlichen Vernunft. Genau betrachtet bleiben, ähnlich wie bei der These von der Entdeckung des philosophischen Selbstbewußtseins, nach Abzug von Vorgängern noch immer gewisse Weichenstellungen der Ideengeschichte, die Augustinus zugeschrieben werden können. Auch Augustins Theologie der Ebenbildlichkeit in De trinitate und anderen Werken hatte möglicherweise Wirkungen über das rein Theologische hinaus. Nach Gerhart B. Ladner führen griechische Kirchenväter wie Gregor von Nyssa die antike Theorie von der Verähnlichung des Menschen mit Gott eher fort als Augustinus, für den die Ähnlichkeit zwar eines der Merkmale des Menschen, aber nicht das wesentlichste sei. Der Mensch sei für Augustinus wirklich Bild Gottes, und zwar so, daß die Deifikation durch Gnade in diesem Leben von ganz anderer Art als im jenseitigen Leben sei. Allein das Opfer Christi könne das Bild des Menschen in uns erneuern. Damit habe Augustinus ältere Begriffe der Erneuerung zu einer neuen Synthese vereint und einen Begriff von reformatio geprägt, der fortan eine zentrale Rolle in der religiösen und politischen Geschichte Europas spielen sollte. Das Potential zu einer derart weitreichenden Rezeption hat Augustins Theologie nach Ladner vor allem deshalb, weil die trinitarische Gottebenbildlichkeit die memoria und damit auch die Sphäre der Zeit und ihrer Überwindung in der Ewigkeit umfasse.1134 Ob Ladner hier nicht die Voraussetzungen und die Wirkungen von Augustins Trinitätslehre überinterpretiert, indem er sie ihrer unmittelbaren Kontexte entkleidet? Der kanadische Ideenhistoriker Charles Norris Cochrane hat 1940 den vielleicht am weitesten ausgreifenden Versuch einer geistesgeschichtlichen Einordnung der Trinitätslehre Augustins vorgelegt. Er betrachtet diese Theologie als Höhepunkt der von Nizäa ausgehenden Entwicklung. Indem das Christentum von der Erfahrung der Offenbarung Christi ausgegangen sei und so allmählich zu seiner Trinitätslehre gefunden habe, sei es zu einer neuen Weltsicht gelangt, die dann maßgeblich von Augustinus formuliert worden sei. Die antike Philosophie habe vergeblich mit einem Problem gerungen: Wie ist die für alles Begreifen notwendige letzte Einheit von allem mit der im Kosmos vorgefundenen Bewegung philosophisch zusammenzudenken? Augustins Konzeption der Trinitätslehre habe ein ganz neues Wirklichkeitsmodell impliziert, in dem diese Probleme gelöst werden konnten. Neu sei etwa das Konzept des Willens, Gott und sein Bild (wie Anm. 8), 205–216; Ch. Horn, Augustinus und die Entstehung des philosophischen Willensbegriffs, ZPhF 50, 1996, 113–132; S. Knuuttila, The Emergence of the Logic of Will in Medieval Thought, in: G. B. Matthews (Hg.), The Augustinian Tradition, Berkeley/Los Angeles/London 1999, 206–221. 1134 G. B. Ladner, St. Augustine’s Conception of the Reformation of Man to the Image of God, AugMag 2, 1954, 867–878; ders., The Idea of Reform. Its Impact on Christian Thought and Action in the Age of the Fathers, Cambridge, Mass. 1959, 185–203. Rezensionen dazu: H. G. J. Beck, AHR 66, 1961, 427 f.; K. Thraede, JAC 4, 1961, 168–170.

Hermeneutik, Sprachphilosophie, Erkenntnistheorie

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des inneren Menschen und der Person, der Verbindung von Relation und Substanz. So sei es endlich möglich geworden, Sein und Bewegung zusammenzudenken und dadurch »a metaphysic of ordered process« zu entwickeln.1135 Das Buch von Cochrane ist in großzügigen Linien entworfen und glänzend zu lesen. Allerdings wird vieles mehr behauptet als bewiesen. Wenn beispielsweise die wechselseitige Durchdringung der jeweiligen Ternarglieder bei Augustinus als revolutionäres Wirklichkeitsmodell gefeiert wird, so ist daran zu erinnern, daß auch Porphyrius Dreiheiten von ihrerseits triadisch strukturierten Gliedern angenommen zu haben scheint, die ebenfalls den Gedanken wechselseitiger Durchdringung implizieren.1136 Nicht überzeugend ist auch die Betonung der kosmologischen Verwendbarkeit der Trinitätslehre: Gerade Augustinus schenkt diesem Aspekt kaum Beachtung. Alles in allem ist Augustins De trinitate zweifellos ein bedeutender Platz in der Geschichte der Metaphysik, des Personverständnisses, des Willensbegriffs, des philosophischen Selbstbewußtseins und der Lehre von der Gottebenbildlichkeit zuzuerkennen. Doch Versuche, das Werk Augustins zu einer absoluten Wasserscheide zwischen Antike und Mittelalter zu erheben, dürften die historischen Sachverhalte bis zur Unkenntlichkeit vergröbern. Besonders das neuplatonische Denken eines Plotin und Porphyrius wird bei solchen Versuchen meistens unzureichend in Betracht gezogen. Augustins Innovationen liegen vor allem in der Art und Weise begründet, wie er dieses Denken von einem christlichen Standpunkt aus integriert, transformiert und konvertiert.

2. Hermeneutik, Sprachphilosophie, Erkenntnistheorie Daß Martin Heidegger sich für den Begriff der Zeit in Augustins Confessiones interessiert hat, ist seit langem bekannt. Hat er auch De trinitate studiert? Seit der Publikation von Heideggers Freiburger Vorlesung Augustinus und der Neuplatonismus vom Sommersemester 1921 ist seine Augustinus-Rezeption leichter zu erforschen.1137 Johannes Schaber nimmt vereinzelte frühere Hinweise der Forschung auf und versucht, Zusammenhänge auch zwischen Augustins trinitarischer Geisttheorie und Heideggers hermeneutischen Grundannahmen aufzuzeigen.1138 Aus Schabers Aufsatz geht jedoch nicht zweifelsfrei hervor, ob Hei1135

Ch. N. Cochrane, Christianity and Classical Culture. A Study of Thought and Action from Augustus to Augustine, New York 1957 (Nachdruck der revidierten Ausgabe von 1944), Kapitel XI: »Nostra Philosophia: the Discovery of Personality«, 399–455; hier 437. 1136 Unten Anm. 1892. 1137 M. Heidegger, Augustinus und der Neuplatonismus, hg. von C. Strube, in: M. Heidegger, Phänomenologie des religiösen Lebens, Gesamtausgabe 60, Frankfurt 1995, 157–299. 1138 J. Schaber, Zur philosophischen Aktualität der augustinischen Trinitätslehre. Martin Heidegger und Augustinus, MThZ 47, 1996, 385–407. Vgl. Flasch, Augustin (wie Anm. 1), 347: »Die als cartesianisch geltende Gegenüberstellung des Bewußtseins und seiner Inhalte erweist Augustinus als abgeleitet − als ›Moment‹ in einem reicheren Bewegungszusammenhang. Deswegen konnte Augustins trinitarische Geisttheorie bei der Entstehung

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Philosophische Aspekte von »De trinitate«

degger jemals De trinitate gründlich gelesen hat. Allerdings muß daraus nicht vorschnell der Schluß gezogen werden, zum Thema Heidegger und Augustins De trinitate sei nichts weiter zu sagen. Hans-Georg Gadamer will in Wahrheit und Methode über die Grundlegung des geisteswissenschaftlichen Verstehens hinaus einen universalen philosophischen Geltungsanspruch der Hermeneutik begründen. Zu diesem Zweck vollzieht er im dritten und letzten Teil seines Buches eine »ontologische Wendung der Hermeneutik am Leitfaden der Sprache« (361).1139 Dabei greift Gadamer u. a. auf einen Gedanken zurück, dessentwegen allein das abendländische Denken dem Verdikt einer vollständigen »Sprachvergessenheit« (395) entgehe, nämlich die christliche Lehre von der Inkarnation des Logos, und zwar in der Fassung, die ihr Augustinus mit seiner verbum-Theorie in De trinitate und von da aus Thomas von Aquin verliehen hätten (395–404). Denn hier habe das Mysterium der Einheit von Gottvater und Gottsohn »am Phänomen der Sprache seine Spiegelung« (396), insofern es nach Art des Verhältnisses von Denken und Sprache gedeutet werde. Das »Wunder der Sprache« sei nicht so sehr das SichÄußern des Wortes, »sondern daß das, was so heraustritt und sich in der Äußerung äußert, immer schon Wort ist« (397). Das innere Wort, wie Augustinus es fasse, sei wahr, »weil es sagt, wie die Sache ist, nichts für sich ist und nichts für sich sein will . . . Es hat sein Sein in seinem Offenbarmachen« (398). Zu lernen sei von der verbum-Theologie, »daß das innere Wort des Geistes nicht durch einen reflexiven Akt gebildet wird. Wer etwas denkt, d. h. sich sagt, meint damit das, was er denkt, die Sache. . . Der gedachte Sachverhalt . . . und das Wort sind es, die auf das engste zusammengehören« (403).

Zudem weise die Inkarnation des Wortes auf den prozeßhaften »Geschehenscharakter der Sprache« (404). Jean Grondin berichtet, Gadamer habe ihm 1988 auf die Frage, worin der universale Aspekt der Hermeneutik genauer bestehe, geantwortet: »im verbum interius«, wie es Augustins De trinitate beschreibe; Gadamer habe Augustins Sicht in dem Satz zusammengefaßt: »Man kann nicht alles ausdrücken, was in der Seele ist«.1140 Diese neue Deutung scheint sich nicht ganz mit dem zu decken, wovon Wahrheit und Methode handelt, und hat auch mit De trinitate wenig zu tun. Doch versucht Grondin, den Gedanken ausführlicher zu entfalten. Aussagen seien etwas Sekundäres, blieben hinter dem Auszusagenden, nämlich dem von Heideggers ›Sein und Zeit‹ eine wichtige Rolle spielen.« Zur Bedeutung des frühen Christentums und Augustins auf dem Weg Heideggers zu den entscheidenden Fragen von Sein und Zeit vgl. O. Pöggeler, Der Denkweg Martin Heideggers, Pfullingen 21983, 35–45. 1139 H.-G. Gadamer, Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik, Tübingen 21965 (zuerst 1960); die folgenden Seitenangaben in Klammern beziehen sich auf diese Ausgabe und sind auch in Gadamer, Gesammelte Werke, Bd. 1, Tübingen 1986, in der Kopfleiste zu finden. 1140 J. Grondin, Einführung in die philosophische Hermeneutik, Darmstadt 1991, S. IX. Vgl. ebd. S. X; 42–52; 154.

Hermeneutik, Sprachphilosophie, Erkenntnistheorie

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inneren Wort, zurück. Der Hermeneutik komme es darauf an, dieses augustinische innere Wort nachzuvollziehen, »das wir ›im Geiste‹ haben, d. h. das Gespräch, das wir sind . . . in unserer fragenden und für sich selbst fraglichen Existenz«.1141 Der Eindruck drängt sich auf, daß Gadamer und sein Interpret einige Textpartikel aus De trinitate eher benutzen als im Zusammenhang verstehen, wie es Verfechtern einer philosophischen Hermeneutik eigentlich anstehen sollte. Augustins verbum interius ist gerade nicht prozeßhaft-geschichtlich, ist nichts Sprachliches im Sinne Augustins, der die Sprache eher auf den von Gadamer so kritisierten Hinweis- und Zeichencharakter begrenzt. Gadamer wie Grondin halten zudem die ewige Zeugung des Sohnes und die Inkarnation in der Zeit nicht scharf auseinander,1142 so daß sie den Zweck von Augustins Theorie nicht präzise erfassen. Grondin sind offenbar die treffenden Kritiken von Schindler und Duchrow an Gadamers Augustinus-Kapitel entgangen, die ihn zu mehr Vorsicht bei dem Thema hätten mahnen können.1143 Immerhin meint Schindler, man könne den engen Zusammenhang von Erkenntnisinhalt und Wort als eine von Gadamer herausgearbeitete Übereinstimmung von augustinischer verbum-Theorie und hermeneutischer Sprachphilosophie gelten lassen, nur daß eben Augustinus gerade das innere Wort nicht im engeren Sinne als etwas »Sprachliches« fasse. Modernen Lesern ist vielleicht nicht immer klar genug, daß hinter Augustins verbum-Begriff vor allem der griechische und insbesondere der johanneische loÂgow-Begriff steht, der den deutschen Begriff »Wort« bei weitem übersteigt. Eine ganz auf die sprachphilosophische Komponente konzentrierte Gesamtdeutung von De trinitate schlägt Drago Pintaricˇ vor. Zuerst skizziert er Augustins sprachphilosophische Entwicklung vor De trinitate. Dann folgt ein Kurzdurchgang durch alle fünfzehn Bücher über die Trinität. Im dritten Teil arbeitet er Augustins Theorie des inneren Wortes aus. Der Fragestellung liegt allerdings von vornherein eine eigentümliche, von Augustinus seltsam ferne Verengung der Perspektive zugrunde. Pintaricˇ interpretiert nämlich das gesamte Werk De trinitate als einen Versuch, den »Ausdruck ›Trinität‹« oder »die Bedeutung von ›Trinität‹ möglichst verstehbar zu machen«:

1141

Ders., Gadamer und Augustin. Zum Ursprung des hermeneutischen Universalitätsanspruchs, in: Ders., Der Sinn der Hermeneutik, Darmstadt 1994, 24–39; hier 37. 1142 Gadamer, Wahrheit und Methode (wie Anm. 1139), 398 und 403; Grondin, Sinn (wie Anm. 1141), 31. 1143 A. Schindler, Wort und Analogie (wie Anm. 699), 236–241; U. Duchrow, Sprachverständnis und biblisches Hören bei Augustin, HUTh 5, Tübingen 1965, 144–148. Auch Brachtendorf führt gute Argumente gegen Gadamers Deutung ins Feld (Die Struktur des menschlichen Geistes [wie Anm. 707]), 309–314. Vgl. auch G. Santi, Interiorita` ermeneutica: l’Agostino di Gadamer, in: L. Alici [Hg.], Ripensare Agostino: interiorita` e intenzionalita`. Atti del IV seminario internazionale del Centro di Studi Agostiniani di Perugia, SEAug 41, Rom 1993, 183–190.

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Philosophische Aspekte von »De trinitate«

»Augustinus will in De trinitate also die Beziehung zwischen dem, was verweist (›Trinität‹) und dem, worauf verwiesen wird (Trinität) untersuchen, eine Beziehung, die den Inhalt der Referenztheorie bildet.«

Die »zentrale Analogie des inneren Wortes«, so Pintaricˇ, ermögliche dann eine Referenztheorie, die der Unsagbarkeit Gottes entspreche und so die anfangs unüberbrückbar erschienenen Verweisungskorrelate, nämlich den bezeichnenden Ausdruck »Trinität« und die trinitarische Wirklichkeit, auf die verwiesen wird, in den gesuchten Zusammenhang bringe.1144 Die Arbeit von Pintaricˇ enthält manche gute Beobachtung, aber sie zwingt dem Text von De trinitate eine semantische Methodik auf, die nicht diejenige Augustins ist. Wenig spricht für die These, es gehe Augustinus um ein semantisches Problem, also um das Problem, eine Brücke zwischen dem Ausdruck trinitas und der Trinität zu schlagen. Jochem Hennigfeld zeichnet in seiner Geschichte der antiken Sprachphilosophie die Theorie des inneren Wortes in De trinitate recht ausführlich nach. Er bemerkt, daß Augustinus seine aus De magistro und anderen Schriften bekannte These, daß das Wort Zeichen sei, auch durch die verbum-Spekulation in De trinitate keiner Revision unterziehe: »Augustinus versucht, seine ›konventionelle‹ Sprachauffassung zu retten, indem er äußeres und inneres Wort strikt trennt: Das innere Wort ist nicht an eine konkrete Sprache gebunden. Anders formuliert: Der Gedanke ist sprachunabhängig. Nun ist aber dieser Gedanke nach Augustinus Wort, ja sogar Wort im eigentlichen Sinne, dem das artikulierte oder gedachte Zeichen überhaupt den Namen ›Wort‹ verdankt. Soll also hier nicht eine Äquivokation vorliegen, dann müssen wir uns auch beim inneren Wort noch etwas vorstellen können, das mit unserer konkreten Spracherfahrung in Zusammenhang zu bringen ist« (166).

Wenn nun das innere Wort mitgeteilt werden soll, dann nimmt es nach Augustinus den sinnlich wahrnehmbaren Laut an, wird aber nicht selbst in diesen Laut verwandelt. Wenn die Analogie zum verbum dei gilt, das ja nicht bloß Zeichen Gottes ist, sondern Gott und Mensch, dann muß auch das gesprochene Wort das innere Wort bewahren. Denkt man Augustins Analogie konsequent durch, meint Hennigfeld, »dann kündigt sich eine wesenhafte Zusammengehörigkeit von Sprache und Denken« an.1145

1144 Alle Zitate: D. Pintaricˇ, Sprache und Trinität. Semantische Probleme in der Trinitätslehre des hl. Augustinus, SSPh 15, Salzburg/München 1983, 15. Einen anderen Versuch, De trinitate ganz von der Zeichentheorie aus zu lesen, legte D. E. Daniels vor: The Argument of the De Trinitate and Augustine’s Theory of Signs, AugSt 8, 1977, 33–54; vorangegangen war seine Arbeit: The Argument of the De Trinitate, University Microfilms Nr. 48106, Ph. D. thesis Athens, Georgia 1976. Augustins Argument bestehe aus zwei Diskursen, der erste (I bis XIV) richte sich an Gläubige, der zweite (XV) an die, welche nicht nur glauben, sondern verstehen. Beim Übergang von der fides zum intellectus führe Augustinus eine Theorie natürlicher Zeichen ein. Die Darstellung muß aber viel zuviel vom Gedankengang des Werkes ausblenden, um als adäquat angesehen werden zu können. 1145 Hennigfeld, Geschichte (wie Anm. 351), 153–167 (»Das Wort Gottes: De trinitate«), hier 165 f.

Hermeneutik, Sprachphilosophie, Erkenntnistheorie

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Dies freilich ist gerade nicht Augustins eigene Position. Nach De trinitate liegt der Sprache sprachfreie Erkenntnis voraus. Man mag dies mit Burkhard Mojsisch für einen »Fehlgriff« halten1146 oder aber Augustinus zustimmen.1147 Festzuhalten bleibt jedenfalls das Resultat einer bei Mojsisch entstandenen Dissertation: Aus De trinitate ergebe sich, daß für Augustinus die Mitteilung über den Inhalt eines inneren Wortes zwar durch Wörter oder andere Zeichen geschehen kann, der Weg zu wahrer Erkenntnis jedoch nicht über die menschliche Sprache führt. Für Augistinus gelte also: »Denken bleibt sprachunabhängig.«1148 Dieses Resultat ist auch dem Versuch von Johann Kreuzer entgegenzuhalten, über den etwas nebulösen Terminus der »Sprachlichkeit«, die dem Erinnerungsvermögen nach Augustinus angeblich zukommt, Denken und Sprache in der augustinischen Konzeption doch wieder zusammenzurücken.1149 Augustinus sagt unmißverständlich: illa est abstrusior profunditas nostrae memoriae ubi hoc etiam primum cum cogitaremus invenimus et gignitur intimum verbum quod nullius linguae sit.1150 Brachtendorf gelangt in seiner Analyse zu dem korrekten Ergebnis, »daß die ›cogitatio‹ wohl ›Wort‹ heißt, aber keinerlei Worteigenschaften aufweist − weder im Sinne eines Zeichens, noch im Sinne einer natürlichen Metaphorik«.1151 1146 B. Mojsisch, Nachwort, in: Aurelius Augustinus, De magistro. Über den Lehrer, Lateinisch/Deutsch, Stuttgart 1998, 143–154; hier 154. 1147 Einen bedenkenswerten, scharfsinnigen Versuch zur Widerlegung der verbreiteten Behauptung einer »Sprachbedingtheit« aller Erkenntnis hat Hans Wagner in Form einer Kritik von W. Wielands Buch Die aristotelische Physik (Göttingen 1962) vorgelegt (Einleitung, in: Aristoteles, Physikvorlesung, Werke in deutscher Übersetzung, Bd. 11, Darmstadt 4 1983, 273–389; hier 337–360). 1148 Kahnert, Entmachtung der Zeichen? (wie Anm. 349), 162–171 (»De trinitate«); hier 171. Der Autor geht damit in gewisser Hinsicht noch über B. Mojsisch (Augustin, in: T. Borsche [Hg.], Klassiker der Sprachphilosophie. Von Platon bis Noam Chomsky, München 1996, 63–76; 457–459; hier 72–74) hinaus, der die göttliche Trinität und den Geist nach Augustins Konzeption für sprachfrei erklärt, das Denken aber für »sprachlich konzipiert« hält, insofern sich das Denken mit den Wörtern auseinandersetzt. − Zwei weitere Arbeiten können unter Verweis auf die beiden genannten als widerlegt gelten: Zu dem Versuch von Werner Beierwaltes (Zu Augustins Metaphysik der Sprache, AugSt 2, 1971, 179–195), unter häufigem Bezug auf De trinitate Augustinus einen »Typus metaphysischen Sprachdenkens« zuzuschreiben, »in dem sich das Problem von Sprache und Person klar und verbindlich konturiert hat« (181), bemerkt Lorenz: »Die Abhandlung von Beierwaltes umwölkt lediglich die Gedanken Augustins mit einem existentialphilosophischen Sprachchaos« (Zwölf Jahre Augustinusforschung [wie Anm. 8], hier 39, 1974/75, 276). − Giorgio Santi (Interiorita` e verbum mentis, in: Alici [Hg.], Interiorita` e intenzionalita` in S. Agostino [wie Anm. 1029], 133–143) plädiert für eine trinitarische Hermeneutik der Zeichen, ohne exakte Argumente vorzutragen. 1149 J. Kreuzer, Pulchritudo. Vom Erkennen Gottes bei Augustin. Bemerkungen zu den Büchern IX, X und XI der Confessiones, München 1995 (241–255: »Exkurs: Das ›verbum intimum‹ in De trinitate − Von der Sprachlichkeit der Erinnerung«); ders., Die Sprachlichkeit der Erinnerung. Überlegungen zum verbum intimum in Buch XV von De Trinitate, in: Brachtendorf (Hg.), Gott und sein Bild (wie Anm. 8), 183–203. 1150 Aug. trin. XV, xxi, 40 (CChr.SL 50a, 518, 14–16 M.). 1151 Brachtendorf, Die Struktur des menschlichen Geistes (wie Anm. 707), 314.

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Man könnte versucht sein, den Spieß umzudrehen: Tut sich nicht gerade in Augustins Ablehnung eines bloßen Zeichencharakters des inneren Wortes bei gleichzeitiger Beibehaltung der »Wort«-Terminologie der Weg zu einem tieferen Verständnis der Sprache auf? Robert Markus argumentiert in diese Richtung. Er betont einen zentralen Unterschied zwischen der Zeichentheorie Augustins in De magistro und De doctrina christiana einerseits und der Theorie des verbum mentis in De trinitate andererseits: Erstere sei vom Leser oder Empfänger des Zeichens her gedacht, letztere vom Sprecher oder Erzeuger des Wortes her. Markus bedauert offenbar, daß auf diese Weise verbum mentis und verbum vocis bei Augustinus auseinanderfallen: »Had he thought of the verbum mentis as a sensuous reality endowed with meaning, or to put it in an equivalent way, of the verbum vocis as not a ›mere‹ symbol correlated with its meaning by conventional rules, then he would have been in a position to close the gap.«1152

Genau dies, eine »sinnliche Realität«, kann das verbum mentis aber für Augustinus unmöglich sein, soll es doch die Erkenntnis von Wahrheit ohne die Relativierung durch die Begrenztheit des Sprachlich-Sinnlichen gerade ermöglichen. Nur so ist möglich, was Markus in einer neuen Studie gut gezeigt hat, daß nämlich in De trinitate das Verstehen menschlicher Sprache das Paradigma für Transzendenz liefert: Unser suchendes Bemühen, in den Dingen Zeichen und in den Zeichen Bedeutungen zu sehen, entspricht der Offenheit des menschlichen Sehnens, das letztlich nur in Gott seine Erfüllung finden kann.1153 Damit dieses Sehnen nicht zirkulär wird, so könnte man mit Augustinus gegen Markus sagen, bedarf es eines nicht selbst sprachlichen »inneren Wortes«. Claude Panaccio stellt Augustins Theorie des nicht-einzelsprachlichen Wortes, das wir im Herzen bilden, als Höhepunkt einer antiken Gedankenentwicklung dar. Sie beginne mit Platon und Aristoteles. Doch für Augustinus seien die stoische Bedeutungstheorie, ihre christologische Verwendung seit den frühen Apologeten und der Neuplatonismus die entscheidenden Traditionen, die er produktiv aufnehme. Panaccio zeigt knapp und präzise, wie Augustinus in drei Phasen seines Schaffens nach und nach zu der ausgereiften Theorie findet, die er in De trinitate präsentiert.1154 Augustinus gelange über seine Vorgänger gerade in der Einsicht hinaus, daß das innere Wort »weder griechisch, noch lateinisch, noch irgendeiner anderen Sprache zugehörig«1155 sei. Panaccio geht es darum, Augustins Theorie des verbum interius als Voraussetzung der mittelalterlichen 1152 R. Markus, St. Augustine on Signs, in: Ders. (Hg.), Augustine. A Collection of Critical Essays, MStPh, Garden City, NY 1972, 61–91; hier 82; zuerst Phron. 2, 1957, 60–83; erneut in: Ders., Sacred and Secular. Studies on Augustine and Latin Christianity, CStS 465, Aldershot u. a. 1994, Nr. XIV. 1153 Ders., Communication and Transcendence in Augustine’s De Trinitate, in: Brachtendorf (Hg.), Gott und sein Bild (wie Anm. 8), 173–181. 1154 C. Panaccio, Le discours inte´rieur. De Platon a` Guillaume d’Ockham, Paris 1999, 108–119. 1155 Aug. trin. XV, x, 19 (CChr.SL 50a, 486, 77 f.). Fast wörtlich gleich: Aug. serm. 228, 3 (PL 38, 1305).

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Debatten über das verbum mentale, verbum mentis und die oratio mentalis zu begreifen. In Anknüpfung u. a. an Panaccios Deutung der betreffenden Passagen von De trinitate verfolgt Dominik Perler eine benachbarte, nicht minder faszinierende Denktradition im Mittelalter, nämlich diejenige der Theorien der Intentionalität, also der Frage, wie es möglich ist, sich im Sehen, Denken oder Sprechen auf etwas zu beziehen.1156 Geradezu in den Mittelpunkt von De trinitate stellt John Cavadini die Lehre vom »inneren Wort«. Gegen die neuplatonische Theorie vom eigenmächtigen Aufstieg der vereinzelten Seele zur Transzendenz setze Augustinus in diesem experimentellen Werk ein Umdenken in Bewegung. Der menschliche Geist sei gerade darin Bild, daß er ein ihm selbst gleiches Bild seiner selbst in Form des »Wortes« als Ursprung aller Kultur und Gesellschaft zeuge. In diesem Sinne seien die Bücher IX bis XV »as a kind of phenomenology of culture production« zu lesen. Erst diese Phänomenologie kultureller Transformation vermöge der Transzendenz richtig zu entsprechen.1157 Diese Lesart des Werkes ist offensichtlich einseitig und konzentriert sich zu sehr auf den verbum-Aspekt. Aber sie erfaßt an dessen Beispiel sehr richtig den Charakter des ganzen Textes als Versuch, zu einem anderen Denken anzuleiten.1158 Daß auch der Dekonstruktivismus mit seinem Dogma vom unendlichen Spiel der Signifikanten, aus dem nie herauszukommen sei, früher oder später auf die Worttheologie von De trinitate stoßen mußte, war abzusehen. Luke Ferretter hofft − rund zwanzig Jahre, nachdem die Literaturwissenschaften den Poststrukturalismus breit rezipiert haben − die augustinische Trinitätslehre und Christologie für etwa noch lebende Poststrukturalisten salonfähig zu machen. Er meint, einen Widerspruch zwischen Augustins Sprachtheorie und seiner Metaphysik ausmachen zu können. Die Metaphysik gehe von einem sprachfreien inneren Licht aus. Augustins Sprachtheorie dagegen besage ganz im Sinne des Poststrukturalismus, daß die Zeichen eine geschlossene Reihe seien, die lediglich weitere Zeichen bezeichneten − dies ist in Wahrheit natürlich nicht die ganze augustinische Sprachtheorie, und insofern ist der Rest des Aufsatzes von vornherein falsch konstruiert. Jedenfalls will Ferretter den vermeintlichen Widerspruch auflösen, indem er Augustins Lehre von der commemoratio des Zeichens mit dem liturgisch-christologischen hoc est corpus meum, quod pro vobis datur; hoc facite in meam commemorationem zusammenbringt: Letztlich sei für das augustinische Christentum der Mittler Christus selbst als Wort ein Signifikant.1159 1156 D. Perler, Theorien der Intentionalität im Mittelalter, Frankfurt 22004 (zu De trinitate besonders 18; 139; 405). 1157 J. Cavadini, The Quest for Truth in Augustine’s De trinitate, TS 58, 1997, 429–440; hier 436. − Eine andere, entfernt verwandte Deutung legte William J. Collinge vor: De Trinitate and the Understanding of Religious Language, AugSt 18, 1987, 125–150. 1158 Vgl. dazu unten S. 475 ff. 1159 L. Ferretter, The Trace of the Trinity: Christ and Difference in Saint Augustine’s Theory of Language, JLT 12, 1998, 256–267. Das angebliche »liturgische« Zitat ist natürlich in Wahrheit der Vulgata-Text von Lk 22, 19, der Ferretter am besten ins Konzept paßt.

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Auch Kevin M. Staley meint in der Wortlehre von De trinitate einen Widerspruch zu entdecken, der aber wahrscheinlich auf eine unzutreffende Interpretation des Textes zurückzuführen ist.1160 Staley geht von Augustins Paradoxon in De magistro aus, wonach durch Zeichen eigentlich nichts zu lernen sei. Von dort aus kommt er auf die Theorie des Glaubens zu sprechen: Der Glaube stützt sich auf Berichte über Geschehenes. Dies bringt Staley mit der in De trinitate VIII gestellten Frage zusammen, wie wir einen Gerechten um seiner Gerechtigkeit lieben können, ohne über etwas zu verfügen, was einem Bericht über Geschehenes gleichzusetzen wäre. Ausgerechnet die Trinitätslehre, meint Staley, scheine am Ende für Augustinus gar nicht zum Glauben, sondern zur Weisheit zu gehören, weil sie sich nicht auf raum-zeitliche Erfahrung stütze. Die Lösung in Gestalt einer Analogielehre sei bei Augustinus nur angedeutet und bei Thomas von Aquin entfaltet. Der wichtigste Konstruktionsfehler von Staleys Aufsatz liegt darin, daß die Bücher VIII bis XV von De trinitate am Glaubensbegriff gemessen werden statt am Konzept des intellectus fidei. Um ein Verstehen dessen, was geglaubt wird, geht es aber nach Augustins erklärter Absicht. In einer großen, perspektivenreichen Studie stellt Theo Kobusch die Frage nach dem Sein der Sprache. Diese Ontologie der Sprache führt ihn auf den mittelalterlichen Begriff des ens rationis, des »Gedankendings«, samt seiner antiken Vor- und modernen Nachgeschichte. Ausgehend von der stoischen Lehre vom lektoÂn (der »Bedeutung«) und dem loÂgow sei die patristische Lehre vom Wort dadurch ausgezeichnet, daß das menschliche Wort in Analogie zum göttlichen Logos aufgefaßt werde. Augustinus knüpfe an eine Tradition an, wonach die Bildung des Logos, das Sprechen überhaupt, nicht eine akzidentelle Bestimmung des Geistes sei, sondern dessen Vollzug. Dem Hervorbringen des »inneren Wortes«, d. h. dem Akt des Denkens, entspreche die Zeugung des göttlichen Sohnes. Das Wesen des inneren Wortes scheine, so Kobusch, für Augustinus darin zu bestehen, den Geist vor sich selbst zu bringen, sich selbst anzuschauen. »Durch diesen Anblick seiner selbst konstituiert sich der Geist selbst.«1161 Die Belegstelle zu dieser, für sich genommen faszinierenden Deutung lautet: . . . quando se mens in suo conspectu sui cogitatione constituit. Der Zusammenhang zeigt jedoch, daß se . . . constituit wahrscheinlich nicht »konstituiert sich« heißt, sondern lediglich besagt, daß der Geist sich durch das Sich-Denken vor seinen eigenen Blick »stellt«.1162 Wenngleich man Kobusch in dieser einen In1160 K. M. Staley, Augustine on Language and the Nature of Belief, in: Augustine, Presbyter Factus Sum (wie Anm. 259), 305–316. 1161 Th. Kobusch, Sein und Sprache. Historische Grundlegung einer Ontologie der Sprache, SPAMP 11, Leiden u. a. 1987, 367. Vgl. auch schon Flasch, Augustin (wie Anm. 1), 341: »Der Geist setzt, ›konstituiert‹ sich selbst im Erfassen. Das Sichselbstanblicken gehört zu seiner Natur.« 1162 Aug. trin. XIV, vi, 8 (CChr.SL 50a, 431, 14 M.). Eine synonyme Formulierung dazu lautet kurz vorher: Tanta est tamen cogitationis vis ut nec ipsa mens quodam modo se in conspectu suo ponat nisi quando se cogitat (XIV, vi, 8 [430, 1 f. M.]). Vgl. zum Sprachgebrauch auch conf. VII, v, 7 (CChr.SL 27, 96, 2 f. V.): Et constituebam ›in conspectu spiritus mei‹ [Ps 15 (16), 8]

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terpretation nicht folgen kann, lassen sich seinem Buch doch zahlreiche bemerkenswerte Beispiele dafür entnehmen, daß theologische Theorien auch die Sprachphilosophie intensiv beeinflußt haben. Gerade auch die Erkenntnistheorie ist in De trinitate mit der Trinitätslehre verbunden. In den sechziger Jahren entspann sich eine Kontroverse um die richtige Interpretation von Augustins Begriff der memoria dei, wie sie vor allem in den Confessiones X und in De trinitate X und XIV entfaltet wird. Lope Cilleruelo und im Anschluß an ihn Jose´ Mora´n deuten sie als apriorischen, unbewußten Habitus des menschlichen Geistes und bauen daher Augustins Erkenntnistheorie auf diesen Begriff auf. In der memoria dei lägen die nicht aus der Erfahrung stammenden Grundbegriffe wie Sein und Wahrheit verborgen. Ihre Einprägung sei nicht mit der illuminatio beim Vorgang der Erkenntnis zu verwechseln, die das Licht der Vernunft unterstütze. Goulven Madec dagegen hält mit Recht die memoria dei für eine Tätigkeit des menschlichen Geistes, Akt und nicht Habitus. Vielleicht ist Augustins Sprachgebrauch nicht ganz konsequent. Doch in der Regel bedeutet memoria dei das aktive Verhältnis des Geistes zu Gott, das Sich-Gottes-Entsinnen, also das bewußte Erkennen dessen, der immer gegenwärtig ist.1163 Mora´n erprobte seine Thesen auch an weiteren Themen von De trinitate: an der Frage im achten Buch, wie man einen gerechten Menschen erkennen und lieben könne, ohne selbst ein Gerechter zu sein, und an dem Verhältnis von vita activa und vita contemplativa im zwölften Buch.1164 Moise´s M.a Campelo hat 1981 nochmals, diesmal in Buchlänge, für Cilleruelos Les-

universam creaturam. Augustinus konstitutiert hier natürlich nicht die gesamte Schöpfung in der Betrachtung des eigenen Geistes, sondern rückt sie vor sein geistiges Auge. Übrigens ist in conspectu in der Vulgata öfters eine bloße Umschreibung der Präpositionen »bei« oder »vor« (F. Kaulen, Sprachliches Handbuch zur biblischen Vulgata, Freiburg 21904, 246). Daß Theorien der Selbstkonstitution des Geistes im Sichanblicken jedoch tatsächlich in der Antike existieren, sogar unmittelbar innerhalb von Augustins Horizont, zeigt Plot. enn. VI, viii, 16 (III, 262, 18–23 H./Sch.). Verwandt ist der Gedanke des Marius Victorinus, daß die göttliche Potenz im Sich-selbst-Anschauen gewissermaßen ihren Zwilling erzeuge und dieser Gezeugte der Sohn sei (Ad. Ar. III, 2 (CSEL 83/1, 193, 12 – 194, 54 H./H.). − Zum idealistischen Konzept der Selbstsetzung des Absoluten am Beispiel von Anton Günthers Theorie vgl. oben S. 132. 1163 L. Cilleruelo, La »memoria Dei« segu´n Agustı´n, AugMag 1, 1954, 499–509; J. Mora´n, Hacia una comprensio´n de la »Memoria Dei« segu´n San Agustı´n, Aug(L) 10, 1960, 185–234; G. Madec, Rez. dazu, RE´Aug 9, 1963, 365 f.; L. Cilleruelo, ¿Por que´ »memoria Dei«?, RE´Aug 10, 1964, 289–294; J. Mora´n, Sobre la »memoria Dei« agustiniana, Aug(M) 9, 1964, 205–209; G. Madec, Pour et contre la »memoria Dei«, RE´Aug 11, 1965, 89–92; L. Cilleruelo, Pro memoria Dei, RE´Aug 12, 1966, 65–84; die Debatte wurde gewissermaßen mit einer vermittelnden Stellungnahme in einer Sammelrezension der Beiträge vorläufig abgeschlossen: F.-J. Thonnard, RE´Aug 12, 1966, 343 f. − Analysen der memoria in De trinitate bieten auch: J. Pegueroles, »Memoria Sui« y »Memoria Dei« en San Agustı´n (El libro XIV del »De Trinitate«), Espı´ritu 25, 1976, 69–74; T. Liuzzi, Tempo e memoria in Agostino. Dalle »Confessioni« al »De Trinitate«, RSF 39, 1984, 35–60. 1164 J. Mora´n, Accio´n y contemplacio´n en el libro XII De Trinitate de San Agustı´n, StPatr 9/3, 1966 (= TU 94), 451–468; ders., ¿Co´mo se hace uno justo? (De Trinitate VIII), EstAg 6, 1971, 101–114.

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art der augustinischen Erkenntnistheorie plädiert.1165 Die einzelnen Argumente dieser und anderer Studien führen weit über De trinitate hinaus. Sie können in diesem Bericht nicht besprochen werden. Es ging hier nur darum, anzudeuten, wie die Forschung über Augustins Erkenntnistheorie etwa über den Begriff der memoria dei sich mit der Forschung zur Trinitätslehre berührt.1166

3. Trinitarische Ontologie und Logik Einige philosophische Entwürfe verstehen sich als kritische, eigenständige Weiterentwicklungen von Augustins Trinitätsdenken. Sie übersteigen insofern den Rahmen dieses Berichts. Zu erwähnen sind jedoch mehrere, zumeist katholische Vertreter einer »christlichen Philosophie«, die mehr oder minder explizit von Augustins vestigium- und imago trinitatis-Lehre ausgehend eine »trinitarische Ontologie« zu umreißen suchen. In der Regel haben ihre Arbeiten programmatischen Charakter. Eine systematische und detaillierte Durchführung scheint noch auszustehen. So fordert bereits Theodor Haecker, die analogia entis zur analogia trinitatis zu steigern, den Menschen als Ebenbild des trinitarischen Gottes zu erkennen und durch den so betrachteten Menschen die ganze Schöpfung als similitudo Gottes zu begreifen: »Von einem der kühnsten Metaphysiker innerhalb der christlichen Theologie ist ein Versuch der Analogia trinitatis gemacht worden, vom hl. Augustinus. Warum ist dieser Versuch nicht fortgesetzt worden?! Denn er ist es nicht!«1167 M. M.a Campelo, Conocer y pensar: Introduccio´n a la noe´tica agustiniana, Valladolid 1981. Vgl. zur memoria dei auch Pegueroles, San Agustı´n (wie Anm. 803). 1166 Augustins Beobachtungen zur Optik haben übrigens Goethes Bewunderung hervorgerufen, der in deutscher Übersetzung den Passus De trinitate XI, ii, 4 (CChr.SL 50, 337, 93–98) zitiert, wonach der Eindruck einer längere Zeit betrachteten Lichtquelle nach Schließung des Auges erst nach und nach verlöscht (Materialien zur Geschichte der Farbenlehre. Des zweiten Bandes erster, historischer Teil. Dritte Abtheilung. Zwischenzeit, Nachlese, in: Ders., Die Schriften zur Naturwissenschaft, Bd. I/6, hg. von D. Kuhn, Weimar 1957, 106). Goethes unzutreffende oder von Riemer falsch abgeschriebene Quellenangabe »libro II de Trinitate cap. 2. Schöne Stelle vom zurückbleibenden Lichtbild und den abklingenden Farben« (ebd., Bd. I/3, Weimar 1951, 369) wird in den Kommentaren zu den Materialien in den heute gebräuchlichen wissenschaftlichen Goethe-Ausgaben unkorrigiert beibehalten (z. B. ebd., II/3, Weimar 1961, 349; Bd. II/6, Weimar 1959, 434; sowie die Hamburger, Zürcher, Münchner und Frankfurter Ausgaben). Goethe dürfte nicht selbständig auf die Stelle gestoßen sein. Sein einziges Augustinus-Exzerpt gehört in die Phase seiner Beschäftigung mit den Priapea 1790 und paraphrasiert einige in De civitate dei VI, ix und VII, ii f. enthaltene Nachrichten Varros über Gottheiten der menschlichen Fruchtbarkeit (Werke, hg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen, Bd. I/53, Weimar 1914, 203–207). 1167 Th. Haecker, Schöpfer und Schöpfung, Leipzig 1934, 147 (das betreffende Kapitel »Zwischenspiel: Analogia trinitatis«, 133–168, erschien gleichzeitig unter dem Titel »Analogia trinitatis«, Hochland 31/2, 1934, 499–510; hier 503). 1165

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Hengstenberg, der u. a. an Haecker anknüpft, hat sich im Spannungsfeld thomistischer Analogielehre und zeitgenössischer Existenzphilosophie der zwanziger und dreißiger Jahre an einen solchen Versuch gewagt.1168 Kaliba, dem die Versuche von Haecker und Hengstenberg vertraut sind, entwirft unter Verwendung von Elementen der Philosophie von Heidegger, Jaspers, Siewerth und Conrad-Martius ein etwas selbstgebastelt wirkendes, vom reinen Sein bis zur toten Materie reichendes Bild der Welt »unter der Urbildlichkeit des dreieinigen Gottes«.1169 Auch Oeing-Hanhoff greift das Programm einer trinitarischen Ontologie auf.1170 Klaus Hemmerle verzichtet in seinen vielleicht weiterführenden, aber ebenfalls programmatisch gebliebenen Thesen zu einer an Kategorien des Personalen wie Sprache, Liebe, Sich-Schenken orientierten trinitarischen Ontologie auf eine ausführliche Auseinandersetzung mit Augustins Werk.1171 Auf dem Hintergrund einer präzisierten Augustinus-Lektüre wären Themen der genannten Art möglicherweise fruchtbar weiterzuentwickeln. So arbeiten etwa die Bamberger Philosophen Heinrich Beck und Erwin Schadel an dem Projekt, eine in mancher Hinsicht augustinisch gedachte trinitarische Dynamik, die allem Seienden innewohne, in verschiedenen Seinsbereichen nachzuweisen und philosophisch fruchtbar zu machen.1172 Dahinter steht eine tiefgreifende, konstruktiv gemeinte Kritik an der einseitig subjektzentrierten Rationalität der Neuzeit.1173 Offenbar ohne Kenntnis der deutschen Arbeiten und seinerseits von diesen meistens ignoriert,1174 geht der Genueser Philosoph Michele Federico Sciacca vom Gedanken der Grunddifferenz zwischen der antik-griechischen, von Plato 1168 H.-E. Hengstenberg, Das Band zwischen Gott und Schöpfung, Paderborn 1940; Regensburg 21948; STO 5, Frankfurt u. a. 31991. 1169 C. Kaliba, Die Welt als Gleichnis des dreieinigen Gottes. Entwurf zu einer trinitarischen Ontologie, RWA 4, Salzburg 1952, 10; Neudruck mit einem Vorwort von H. Beck, STO 4, Frankfurt u. a. 1991. 1170 L. Oeing-Hanhoff, Trinitarische Ontologie und Metaphysik der Person, in: W. Breuning (Hg.), Trinität. Aktuelle Perspektiven der Theologie, QD 101, Freiburg/Basel/Wien 1984, 143–182. 1171 K. Hemmerle, Thesen zu einer trinitarischen Ontologie, Krit. 40, Einsiedeln 1976. Immerhin wird 36 daran erinnert, daß »in gewichtigen Ansätzen auch Augustinus . . . in die Seinsspekulation eine Phänomenologie der Liebe eingebracht« habe. 1172 Genannt seien etwa: H. Beck, Der Akt-Charakter des Seins. Eine spekulative Weiterführung der Seinslehre Thomas v. Aquins aus einer Anregung durch das dialektische Prinzip Hegels, München 1965 (zu Augustinus 130 f.); ders., Natürliche Theologie. Grundriß philosophischer Gotteserkenntnis, München/Salzburg 1986; ders., Ek-In-sistenz: Positionen und Transformationen der Existenzphilosophie. Einführung in die Dynamik existentiellen Denkens, STO 2, Frankfurt u. a. 1989; E. Schadel, Einführung, in: Ders. (Hg.), Actualitas omnium actuum [FS Heinrich Beck], STO 3, Frankfurt u. a. 1989, 15–44; ders., Musik als Trinitätssymbol. Einführung in die harmonikale Metaphysik, STO 8, Frankfurt u. a. 1995; ders., Renaissance des Trinitarischen?, ABG 33, 1990, 278–300. 1173 Vgl. oben S. 258 mit Anm. 1122. 1174 Sciacca bleibt ungenannt auch in: L. Oeing-Hanhoff, Art. Ontologie, trinitarische, HWbPh VI, 1984, 1201 f.

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bis Hegel reichenden Ontologie und der vom Prinzip der creatio ex nihilo beherrschten christlichen Ontologie seit Augustinus aus; in großzügig angelegter Auseinandersetzung mit Augustinus, Thomas, Rosmini und anderen skizziert er eine trinitarische Ontologie, die am traditionellen Analogiedenken orientiert ist.1175 Capa´naga hat dem Vergleich der trinitarischen Seinskonzeptionen Augustins und Sciaccas einen eigenen Aufsatz gewidmet.1176 Auch Piero Coda hat verschiedene Arbeiten zu einer trinitarischen Erneuerung der Ontologie vorgelegt. In einer von ihnen zeigt er, daß Augustinus in De trinitate V zwar die Relation eingeführt, aber mit einem ungeklärten ontologischen Status versehen habe (sie ist weder Substanz noch Akzidens, aber wie ein Drittes beschaffen sein soll, bleibt unklar). Hingegen komme Thomas von Aquin mit dem Konzept subsistierender Relationen einen Schritt weiter. Hegel entwickle mit der Dialektik von Sein und Nichtsein einen auch theologisch noch fruchtbar zu machenden Gedanken, wie die Andersheit in Gott und Gott gegenüber gedacht werden könne.1177 Im spanischen Sprachraum hat Francisco Rodrı´guez Valls versucht, die Dialektik von Dreiheit und Einheit im Begriff der Liebe gipfeln zu lassen, so wie es Buch IX von De trinitate vorexerziere.1178 Ein solcher Ansatz zur Grundlegung einer transzendentalen Ontologie würde allerdings gewinnen, wenn er sich auch mit der Frage auseinandersetzte, aus welchen Gründen Augustinus die selbstgestellte Aufgabe der Trinitätslehre mit der Analyse der Liebe gerade noch nicht für erledigt hält. Auch in der anglophonen Welt gibt es innerhalb des Konzepts einer »radikalen Orthodoxie« in jüngerer Zeit die Rede von einer trinitarischen Ontologie im Anschluß an Augustinus. Der Vordenker dieser Richtung, John Milbank, wendet sich gegen eine autonome Philosophie und sieht in Augustins Trinitätslehre einen gangbaren Weg zur vollständigen Durchdringung aller Wirklichkeitsbereiche durch die Theologie. Davon war in der vorliegenden Arbeit bereits die Rede.1179 Hier mag ein Zitat genügen: 1175 M. F. Sciacca, Ontologia triadica e trinitaria. Discorso metafisico teologico, Opere complete 36, Mailand 1972. Vgl. ders., Trinite´ et unite´ de l’esprit, AugMag 1, 1954, 521–533, sowie seine Einleitung zur lateinisch-italienischen Ausgabe von De trinitate (wie Anm. 790). Zum Hintergrund vgl. P. Prini, Michele Federico Sciacca (1908–1975), in: E. Coreth/W. M. Neidl/G. Pfligersdorffer (Hgg.), Christliche Philosophie im katholischen Denken des 19. und 20. Jahrhunderts, Bd. 3, Graz 1990, 577–589. 1176 V. Capa´naga, La ontologı´a tria´dica y trinitaria en S. Agustı´n y M. F. Sciacca, RRFC 70, N. S. 10, 1976, 361–367. 1177 P. Coda, La Trinita` delle persone come attuazione agapica dell’Essere Uno. Il contributo di A. Rosmini per un rinnovamento della teo-onto-logia trinitaria, in: K.-H. Menke/ A. Stagliano` (Hgg.), Credere pensando. Domande della teologia contemporanea nell’orizzonte del percorso di A. Rosmini, Brescia 1997, 251–272; P. Coda/L. Zak (Hgg.), Abitando la Trinita`. Per un rinnovamento dell’ontologia, Rom 1998; P. Coda, Quaestio de alteritate in divinis: Agostino Tommaso Hegel, Lat. 66, 2000, 509–528. 1178 F. Rodri´guez Valls, Trinidad y ontologı´a trascendental. Ideas en torno al libro IX del »De Trinitate« de S. Agustı´n, The´m. 6, 1989, 137–153. 1179 Vgl. oben S. 241 ff.

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»God as Trinity is therefore himself community, and even ›a community in process‹, infinitely realised, beyond any conceivable opposition between ›perfect act‹ and ›perfect potential‹. A trinitarian ontology can therefore be a differential ontology surpassing the Aristotelian actus purus.«1180

Verwandt mit der Idee einer trinitarischen Ontologie sind Versuche einer »trinitarischen« oder mindestens »triadischen« Wirklichkeitsauffassung. Rudolf Allers unterscheidet in einem weit ausholenden Aufsatz zwei grundlegende »Denkformen«: die platonisch-triadische und die aristotelisch-dyadische. So bedinge Platos Konzeption der Ideen und des streng von ihnen getrennten und dennoch an ihnen teilhabenden Seienden notwendig ein Drittes, das zwischen beiden vermittelt, wie etwa der Demiurg. Die aristotelische Konzeption von Materie und Form bedürfe hingegen keines Dritten. Augustinus habe vor allem von Plotin den Gedanken des vermittelnden Dritten übernommen. Während die neuplatonische Triadik jedoch überwiegend statisch gewesen sei, habe Augustinus besonders mit seinem Begriff der Liebe, die den Willen und sein Ziel vereinigt, die Triadik zusätzlich auf Prozesse, Hervorgänge und Tätigkeiten übertragen. Allers ist überzeugt, daß die Triadik der Dyadik überlegen ist, weil die Dyadik die Wirklichkeit zu stark simplifiziere. Aus diesem Grunde plädiert er für eine Wiederentdeckung des triadischen Denkens.1181 Im Buch der Weisheit steht geschrieben, daß Gott alles nach Maß, Zahl und Gewicht geordnet habe (11, 21). Augustinus zitiert diesen Vers oft und benutzt ihn für eine trinitarische Betrachtungsweise der Schöpfung, so auch in De trinitate XI, xi. Olivier du Roy zeigt, wie diese Triade im Frühwerk Augustins neuplatonisch gedeutet und verwendet wird.1182 Die philosophische Bedeutung des Ternars beleuchtet Werner Beierwaltes.1183 Maria Bettetini entfaltet sogar das ganze Panorama der trinitarischen Schöpfungsauffassung Augustins vom Maßbegriff her.1184 Der theologischen Bedeutung geht Carol Harrison auf den Spuren der theologischen Ästhetik Hans Urs von Balthasars nach, offenbart doch nach Augustins Sicht die triadische Ordnung der Schöpfung die Schönheit Gottes.1185 Der »trinitarischen Ästhetik« Augustins widmet sich auch Maarten Wisse.1186 Josef Tscholl beschließt eine Artikelserie zur Ästhetik Augustins mit einer 1180 J. Milbank, ›Postmodern Critical Augustinianism‹: A Short Summa in Forty Two Unasked Questions, MoTh 7, 1991, 225–237; hier 234. 1181 R. Allers, The Notions of Triad and of Mediation in the Thought of St. Augustine, NSchol 31, 1957, 499–525; eine kürzere Fassung mit anderen Schwerpunkten ist auf französisch erschienen: Les ide´es de triade et de me´diation dans la pense´e de saint Augustin. La structure triadique de la connaissance, Aug(M) 3, 1958, 247–254. Den Begriff der Denkform übernimmt Allers von H. Leisegang. 1182 Eine Liste der Triaden findet sich bei Du Roy, L’intelligence (wie Anm. 1249), 537–540. 1183 W. Beierwaltes, Augustins Interpretation von Sapientia 11, 21, RE´Aug 15, 1969, 51– 61; vgl. ders., Denken des Einen (wie Anm. 1457), 401 f. 1184 M. Bettetini, La misura delle cose. Struttura e modelli dell’universo secondo Agostino d’Ippona, Mailand 1994. 1185 C. Harrison, Measure, Number and Weight in Saint Augustine’s Aesthetics, Aug(R) 28, 1988, 591–602. 1186 M. Wisse, Augustine’s Trinitarian Aesthetics in De Trinitate, in: W. P. van den Berck-

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Untersuchung des Zusammenhanges von Trinität und Schönheit. Augustinus betrachtet das Schöne als den Ausgangspunkt, von dem aus sich die menschliche Seele zur Betrachtung Gottes aufschwingt.1187 Michel Piclin umreißt knapp die Geschichte der Triaden in der Philosophie von den Vorsokratikern bis Sartre. Den Teilen zu Plato und Plotin folgt ein Kapitel über Augustins Trinitätslehre.1188 Leider sind ihm sowohl die für Augustinus so zentralen Unterschiede der Triadik Plotins gegenüber Porphyrius entgangen (Porphyrius und Marius Victorinus kommen in dem ganzen Büchlein nicht vor!) als auch die Feinheiten der trinitätstheologischen Diskussion des vierten Jahrhunderts. So fällt der Versuch in bezug auf den Neuplatonismus und De trinitate oberflächlich aus. Einen Überblick zu Augustins trinitarischer Seinslehre nennt Antonio Espada seine »Einführung in die Dialektik Augustins«. Die Schöpfung der ungeformten Materie werde dem Vater zugeschrieben, die Formgebung oder ontologische Illumination dem Sohn bzw. Wort, die Existenz und Erhaltung im Sein dem Heiligen Geist.1189 In einem eigenwilligen, selbst in der französischen Forschung kaum rezipierten Buch hat Louis Legrand 1931, von der heute vergessenen Philosophie des E´mile Lasbax angeregt, Augustins Trinitätslehre als Verstehen eines trinitarischen »Rhythmus« zu begreifen versucht. Zuerst skizziert Legrand die »Phylogenese« dieses Rhythmus anhand der Begriffe der Person, der Partizipation und der Sympathie, um dann deren »ontogenetische« Entsprechung in Vater, Sohn und Heiligem Geist in Augustins verschiedenen Werken aufzusuchen. Letztlich zeige sich in der augustinischen Seele »un mysticisme ternaire transcendantal«.1190 Immerhin ist dieses Buch spekulativ ergiebiger als die Erlanger Dissertation von Eberhard Müller, der einen permanenten Widerspruch zwischen Augustins Einheitsstreben und seiner Trinitätsauffassung auszumachen glaubt, weil »Augustin das Zusammenstreben der Trias zur Unitas immer im letzten Augenblick verhindert«.1191 Die Vorstellung des »letzten Augenblicks« en/J. Sutton (Hgg.), Aesthetics as a Religious Factor in Eastern and Western Christianity, Löwen 2005, 405–415. 1187 J. Tscholl, Dreifaltigkeit und dreifache Vollendung des Schönen nach Augustinus, in: Aug(L) 16, 1966, 330–370. Dieser und weitere Artikel aus Aug(L) 14–16, 1964–66, erschienen mit teilweise veränderten Überschriften als Sonderdruck beim »Augustijns Historisch Instituut« unter dem Titel Gott und das Schöne beim Hl. Augustinus, Heverlee/Löwen 1967 (der genannte Aufsatz dort 125–166); italienische Übersetzung: Dio & il bello in sant’Agostino, Vorwort von J. Ratzinger, RaFe 18, Mailand 1996. 1188 M. Piclin, Les philosophies de la triade ou l’histoire de la structure ternaire, Paris 1980, 69–91. 1189 A. Espada, Introduccio´n a la diale´ctica de San Agustı´n (Dimensio´n trinitaria del ser), EstAg 3, 1968, 55–79. Als weitgehend überholt kann ein Aufsatz von J. Itturioz gelten, der die Grunddaten von Augustins »Philosophie« darlegen soll und in einer Zusammenstellung von Triaden aus dessen Werken kulminiert (El Trinitarismo en la filosofı´a de San Agustı´n, RET 3, 1943, 89–128). 1190 L. Legrand, La notion philosophique de la Trinite´ chez saint Augustin, Paris o. J. [1931]. Vgl. E´. Lasbax, La Dialectique et le Rhythme de l’Univers, Paris 1925. 1191 E. Müller, Augustins Lehre von der Einheit und Dreieinheit in ihrer Bedeutung für Sein und Erkennen, Diss. Erlangen 1929.

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gehört eher in die Psychologie des Alltagslebens, notfalls auch in die Eschatologie, aber nicht in die Trinitätslehre, schon gar nicht diejenige Augustins. Im Blick auf die besprochenen Arbeiten zu philosophischen Aspekten von Augustins Trinitätslehre mag das hohe Ausmaß an metaphysischem Gehalt in De trinitate bewußt geworden sein. Die Frage, ob nicht gerade in diesem Gehalt ein überholtes Erbe vorliegt, ist gestellt worden: Joseph Stephen O’Leary etwa hat auf dem Hintergrund von Heideggers Kritik der Ontotheologie und Derridas Kritik der Präsenzmetaphysik eine dekonstruktivistische Augustinus-Lektüre versucht. Die metaphorische, narrative Sprache der Confessiones führe den Leser in eine nahe dem Johannesevangelium liegende Sprache ein, die der Erfahrung Gottes zu entsprechen vermöge. In De trinitate dagegen zeige sich eine dem Autor Augustinus nicht immer bewußte Vielschichtigkeit unterschiedlicher Substanzbegriffe, in denen sich die Spannung zwischen Metaphysik und der Erfahrung Gottes als Geist spiegle. Wenn die Theologie noch eine Zukunft haben wolle, müsse sie sozusagen mit Hilfe von Augustinus die Metaphysik, gerade auch den dominierenden metaphysischen Aspekt von Augustins De trinitate, überwinden.1192 Zu fragen ist allerdings, ob nicht Augustinus mit seiner Kritik am Substanzbegriff in der Gotteslehre und mit der Grundkonzeption seiner Trinitätslehre selbst schon den Boden für die Überwindung einer Ontotheologie bereitet hat, die Gott als Objekt von Erkenntnis nach Art eines Dinges vorstellt. Zudem könnte man auch fragen, welche möglicherweise ihrerseits metaphysischen Voraussetzungen auch Derrida noch macht, etwa in seinem Begriff der »diffe´rance« (im Unterschied zur diffe´rence). Ist das Programm einer »Überwindung« der Metaphysik eine Illusion mit Zukunft? Aus der angelsächsischen analytischen Philosophie verdienen zwei sehr scharfsinnige Kritiken an Augustins Trinitätslehre Beachtung. A. C. Lloyd meint, ausgehend vom Personbegriff nachweisen zu können, daß es Augustinus nicht gelungen sei, seine Trinitätslehre konsistent durchzuführen.1193 So verwickle sich seine Unterscheidung zwischen Relationen und substantialen, auf Gott angewandten Attributen in Widersprüche, die sich nur auflösen ließen, wenn Augustinus entweder eine modalistische oder eine tritheistische Position einnähme. In beiden Fällen würde Augustinus aber den Zweck der Trinitätslehre verfehlen, der gerade darin liege, diese beiden Häresien zu vermeiden. Michael Durrant kommt, offenbar ohne Kenntnis des Aufsatzes von Lloyd, zu einer noch fundamentaleren Kritik: Die Trinitätslehre im Sinne der auf Augustinus gründenden Tradition sei logisch unmöglich.1194 Durrant untersucht 1192 J. S. O’Leary, Dieu-Esprit et Dieu-substance chez Saint Augustin, RSR 69, 1981, 357– 391; ders., Questioning Back. The Overcoming of Metaphysics in Christian Tradition, Minneapolis/Chicago/New York 1985. 1193 Lloyd, On Augustine’s Concept of a Person (wie Anm. 913). 1194 M. Durrant, Theology and Intelligibility. An Examination of the Proposition that God is the Last End of Rational Creatures and the Doctrine that God is Three Persons in One Substance (The Doctrine of the Holy Trinity), SEPR, London/Boston 1973.

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dazu insbesondere den von Augustinus vorausgesetzten Substanzbegriff und kommt zu dem Schluß, die Annahme einer unveränderlichen Substanz sei von vornherein ein Widerspruch in sich selbst, da der Begriff der Substanz notwendig die Annahme impliziere, daß alles, was unter ihn fällt, Akzidentien und damit Veränderung zulasse. Auch die Logik von Gattung und Art lasse eine logisch befriedigende Trinitätslehre nicht zu. Nun hat gerade Augustinus, vielleicht viel deutlicher als die scholastische Tradition, genau diese Probleme in den Büchern V bis VII von De trinitate zum Teil selbst erkannt und ist eben darum zu einem Neuansatz der Trinitätslehre gelangt.1195 Doch Durrant orientiert sich mehr an der neuscholastischen Lehrbuchgestalt der Trinitätslehre als an Augustins De trinitate, schon gar nicht an den Büchern IX bis XV des Werkes. Durrant meint, die genannten logischen Probleme der nizänisch-augustinisch-scholastischen Trinitätslehre seien unlösbar. Eine exakte Nachzeichnung und Prüfung der teilweise sehr technischen, formalen Argumente von Lloyd und Durrant würde den Rahmen dieses Berichts bei weitem sprengen. Es sei daher nur auf den Versuch von Thomas Ryba verwiesen, mit Hilfe der mathematischen Gruppentheorie die von Lloyd behaupteten Widersprüche aufzulösen,1196 sowie auf kritische Bemerkungen von Christopher Stead und Roland J. Teske zu Durrants Analyse des Substanzbegriffs.1197 Es mag sein, daß Augustinus im siebten Buch von De trinitate noch vergebens um ein Denkmodell ringt, nach dem die Aussage, daß jede der drei verschiedenen Personen Gott ist, logisch vereinbar mit der Aussage ist, daß sie gemeinsam auch »nur« ein Gott (und nicht drei Götter) sind. Während Durrant meint, diese Suche sei aussichtslos, weil etwas Unmögliches gesucht werde, hat Albert Menne ein solches Modell auf der Grundlage der Mengenlehre und modernen Logik vorgeschlagen. Menne bezieht sich nicht ausdrücklich auf Lloyd und Durrant. Aber wenn er recht haben sollte, hätte er Kernargumente dieser Autoren auf deren eigener, formallogischer Reflexionsebene widerlegt. Das gilt zumindest, soweit diese beiden Kritiker mit der augustinischen Trinitätslehre zugleich das christliche Dogma von der Trinität, jedenfalls in seiner üblichen Lehrbuchform, widerlegen zu können meinen.1198 1195

Vgl. unten S. 495 ff. Th. Ryba, Augustine’s Trinitology and the Theory of Groups, in: Augustine, Presbyter Factus Sum (wie Anm. 259), 151–168. Ein Versuch, Augustins Trinitätslehre als konform mit einer neuen Logik im Rahmen eines veränderten, universalen Denkens zu erweisen, sei hier nur erwähnt: D. G. Leahy, Foundation. Matter the Body Itself, Albany, NY 1996, 629–634: »Appendix. The De Trinitate of Augustine and the Logic«. 1197 Ch. Stead, Divine Substance, Oxford 1977, 272–275; Teske, Augustine’s Use (wie Anm. 875); ders., Properties of God (wie Anm. 876). 1198 Nach dem logischen Grundsatz, daß eine Aussagenmenge semantisch widerspruchsfrei ist, wenn sie sich auf ein widerspruchsfreies Modell abbilden läßt, entwickelt Menne ein solches Modell mit Hilfe der Mengenlehre (Mengenlehre und Trinität, MThZ 8, 1957, 180–188; ders., Zur Widerspruchsfreiheit der Trinität, in: Actualitas omnium actuum [wie Anm. 1172], 177–185): Die Menge der natürlichen Zahlen (1) 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, . . . 1196

Subjektivität, Reflexivität und das augustinische »Cogito«

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4. Subjektivität, Reflexivität und das augustinische Cogito In der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts suchten vor allem protestantische Theologen wie August Detlef Christian Twesten und Isaak August Dorner, aber auch Katholiken wie Anton Günther und Theodor Gangauf, Augustins De trinitate idealistisch zu lesen und so für die systematische Trinitätslehre fruchtbar zu machen.1199 Ihr Ausgangspunkt war die augustinische Lehre vom endlichen Selbstbewußtsein, die eine gewisse Verwandtschaft mit Fichtes und Hegels philosophischen Konzeptionen des Geistes und des Selbstbewußtseins zeigt. Augustins Theorie gleicht von daher sogar der spekulativen Grundfigur des Hegelschen Denkens, nämlich der Identität der Identität und Nichtidentität bzw. einer sich selbst entzweienden, in der Entzweiung sich realisierenden und sich letztlich mit sich selbst zusammenschließenden Totalität. Die Ähnlichkeit ist verschiedentlich dem Einfluß von Augustins De trinitate zugeschrieben worden, zumal Hegel selbst einen Bezug zur christlichen Trinitätslehre wiederholt herstellt. Herbert Schnädelbach jedenfalls vermerkt die augustinische Trinitätslehre ausdrücklich in einem Kapitel über die Herkunft der ist eine »abzählbar unendliche Menge«, ihre Mächtigkeit sei 1a genannt. Zwei Mengen, deren sämtliche Elemente einander ein-eindeutig zugeordnet sind, heißen gleichmächtig. Wenn man der Menge (1) das Element 0 hinzufügt: (2) 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, . . . so ist die Mächtigkeit von Menge (2), 1g genannt, also gleichmächtig mit 1a. Ordnet man jedem Element der Menge (2) sein dreifaches Produkt zu, so erhält man Menge (3): (3) 0, 3, 6, 9, 12, 15, 18, 21, 24, . . . Die Mächtigkeit von Menge (3), 1v genannt, hat ebenfalls die Mächtigkeit 1a. Ordnet man jedem Element von (3) seinen Nachfolger in (2) zu, so erhält man Menge (4): (4) 1, 4, 7, 10, 13, 16, 19, 22, 25, . . . Die Mächtigkeit von Menge (4), 1s genannt, ist wiederum gleichmächtig. Wird die Nachfolgeoperation nochmals angewandt, so erhält man Menge (5): (5) 2, 5, 8, 11, 14, 17, 20, 23, 26, . . . Auch die Mächtigkeit von Menge (5), 1h genannt, hat die Mächtigkeit 1a. Menne ordnet nun zur Prüfung der Widerspruchsfreiheit den trinitarischen Begriff Gott der Menge 1g bzw. dem mengentheoretischen Begriff »abzählbar unendlich« zu (es geht also selbstverständlich nur um Zuordnung, im folgenden durch Gleichheitszeichen ausgedrückt, nicht etwa um eine Gleichsetzung). Es gilt: (6) 1g = 1a. Und damit: (7) 1v = 1g, (8) 1s = 1g, (9) 1h = 1g Wie leicht zu sehen ist, sind (3), (4) und (5) Teilmengen von (2), so daß auch gilt: (10) 1v + 1s + 1h = 1g Damit ist ein widerspruchsfreies Modell für die gleichzeitige Geltung der Aussage, Vater, Sohn und Hl. Geist seien jeweils Gott (7, 8, 9), und der Aussage, sie seien zusammen ein Gott (10), gefunden. Menne hat seine Beispiele sogar derart gewitzt eingerichtet, daß die dem Vater entsprechende Menge (3) »ursprungslos« mit der Null beginnt, die beiden anderen Mengen dagegen aus Nachfolgebeziehungen zur Menge (3) hervorgehen. Zudem wäre eine dritte Nachfolgerelation überflüssig, weil sie bis auf das fehlende erste Element exakt mit (3) identisch wäre, so daß es bei den zwei »Hervorgängen« bleibt. Wohlgemerkt will Menne damit nur die formale Widerspruchsfreiheit der Trinitätslehre zeigen und nicht etwa die Trinität beweisen. 1199 Vgl. oben S. 131 ff. und unten S. 370 f.

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Philosophische Aspekte von »De trinitate«

spekulativen Grundfigur Hegels.1200 Doch sind Zweifel angebracht, denn es gibt offenbar keinen Beweis dafür, daß Hegel De trinitate gelesen hat. Aus zweiter Hand könnte er natürlich Kenntnisse des Textes erworben haben, und mit der Trinitätslehre in ihrer lehrbuchgemäßen Form war er vom Tübinger Theologiestudium her vertraut. Aber die gründliche Arbeit von Jens Halfwassen über Hegels Auseinandersetzung mit dem antiken Neuplatonismus legt näher, daß nicht Augustins Trinitätslehre, sondern der in der Vätertheologie nach Hegels Meinung rezipierte Neuplatonismus mit seinen Triaden systembildend auf Hegel gewirkt hat.1201 In den dreißiger bis sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts wurden Augustins Reflexionen über Person, Geist und Selbstbewußtsein in De trinitate mehrfach von Anregungen des Personalismus und Existentialismus her gelesen.1202 Die meisten dieser Arbeiten wirken heute antiquiert. So geht Karl Delahaye in seiner Münsteraner Dissertation von der Ansicht aus, Augustinus verkörpere eine intuitive, Kant dagegen eine diskursiv-systematische Metaphysik. Trotz dieses teilweise nur scheinbaren Gegensatzes gebe es wichtige Gemeinsamkeiten. Augustins memoria interior und Kants transzendentale Apperzeption besagten die innerste Struktur des menschlichen Seins und seien daher Ausdruck eines personalen Wesenskerns, von dem aus sich das philosophische Weltbild der beiden Denker darstellen lasse.1203 Offensichtlich ist Delahaye von seinem 1200 H. Schnädelbach, Hegel zur Einführung, Hamburg 1999, 42–46. Eine Strukturverwandtschaft betont auch J. P. Mackey, The Critique of Theological Reason, Cambridge 2000, 36. − Wenig zum Vergleich zwischen Augustinus und Hegel erbringt die im Banne von Lakebrinks Hegel-Deutung und Przywaras Analogielehre stehende Dissertation von Klaus Hedwig: Etwas unvermittelt wird vom Hegelschen Standpunkt aus Augustins Trinitätslehre zu den Themen Erkenntnis, Metaphysik und Methode befragt. Die Arbeit kulminiert in der Begriffsanalyse der similitudo dei. Doch wird nicht klar, was mit den ständigen Vergleichen eigentlich erstrebt wird (K. Hedwig, Trinität und Triplizität. Eine Untersuchung zur Methode der Augustinischen und Hegelschen Metaphysik, Diss. Freiburg 1968). 1201 J. Halfwassen, Hegel und der spätantike Neuplatonismus. Untersuchungen zur Metaphysik des Einen und des Nous in Hegels spekulativer und geschichtlicher Deutung, HegSt. Beih. 40, Bonn 1999, 148 f. und passim. 1202 Von einem Augustinus etwas näheren Standpunkt, dem einer neuthomistischen Transzendentalphilosophie, befaßt sich Karl Anton Wohlfarth in seinem Buch über Augustins »introspektive Metaphysik«. Das fünfzigseitige letzte Kapitel handelt von De trinitate und soll zeigen, wie bei Augustinus die Reflexion des menschlichen Geistes über sich selbst analog das Wesen des göttlichen Seins verdeutliche, von dort aus aber umgekehrt auch Impulse für die Selbsterkenntnis gewinne. In der Weisheit vertraue sich der Mensch nach Augustinus in den Grenzen seiner Endlichkeit dem Gewicht der Liebe an. Die reine Aktualität von Sein und Geist im vollkommen wissenden Beisichsein Gottes sprenge jeden messenden Vergleich, so daß Augustinus zuletzt bei einer negativen Theologie anlange. Metaphysik sei für Augustinus jene Phase in der Selbstentfaltung des menschlichen Geistes, in der dieser seine religiöse Grundstimmung zu einer konkreten Bestimmtheit führt, wie sie das Schlußgebet in De trinitate ausspreche (K. A. Wohlfarth, Der metaphysische Ansatz bei Augustinus, MPF 60, Meisenheim am Glan 1969). 1203 K. Delahaye, Die »memoria-interior«-Lehre des heiligen Augustinus und der Begriff der »transzendentalen Apperzeption« Kants. Versuch eines historisch-systematischen Vergleichs, Würzburg 1936 (= APPR 38/39).

Subjektivität, Reflexivität und das augustinische »Cogito«

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Doktorvater Peter Wust geprägt, dem christlichen Vertreter eines existentialistischen Personalismus. Aus dessen Perspektive unterschätzt Delahaye die keineswegs nur psychologische, sondern mehr noch logisch-erkenntnistheoretische Funktion der beiden Begriffe memoria interior und »transzendentale Apperzeption«. Über deren Verhältnis zueinander ließe sich wohl mehr sagen. Denn wenn Augustinus vom Geist behauptet, daß er sich auch weiß, wenn er nicht an sich denkt, weil er nämlich das Gedächtnis seiner selbst ist, dann liegt in der Tat der Gedanke an Kants Begriff des »Ich denke« nahe, das alle meine Vorstellungen begleiten können muß.1204 Allerdings tendiert Augustinus dazu, in dieser memoria ein Wissen der Ideen anzusetzen. Darin und in vielem anderen unterscheidet er sich von Kant. Rudolph Berlinger versucht in einem einst vielbeachteten Buch die »dialogische Metaphysik« Augustins zu fassen.1205 Nicht Subjektivität und Innerlichkeit des Ich, sondern die Personalität der Einheit von Sein, Leben und Erkennen sei deren gestaltendes Prinzip. Durch die Erkenntnis seiner triadischen Durchdrungenheit entdecke die Subjektivität sich als Personalität. Augustinus denke etwas schlechthin Neues, nämlich die Geschichtlichkeit als Moment der Gewordenheit der Person. Hinter Berlingers Auslegung steht eine Lesart Augustins, die im Blick auf De trinitate offenbar nicht näher ausgearbeitet worden ist. Zur Zeit wird Augustins Werk eher von den Strukturen der Selbstreflexion und der Subjektivität her gelesen als von der Intersubjektivität oder vom Dialogischen her. Was die Lektüre von Berlingers Buch heute schwer erträglich macht, ist der existentialistische Jargon, der mehr verdunkelt als erhellt und die Nachprüfung am Augustinustext fast unmöglich macht. Ähnlich steht es um die Arbeit von Johann Mader über die logische Struktur des personalen und dialogischen Denkens bei Augustinus.1206 Vor allem geht es Mader um die verschiedenen Weisen, wie Augustinus die Einheit des Seins und der Person denkt. Die Einheit des absoluten Seins werde als Einheit des Gleichen im Gegenüber gedacht. Analog sei auch der Mensch Person nur im Wir. (Hier wird wohl zuviel Ebner und Buber in Augustinus hineingelesen.) Die Trinitätslehre Augustins habe die aristotelische Logik durch die Vereinigung von Dreiheit und Einheit gesprengt. (Dafür hat jedoch schon der Neuplatonismus Modelle entwickelt.) Bedeutsam ist Maders Hinweis, daß die Selbstreflexion des Geistes in sich selbst den transzendenten Grund finde, der über den endlichen Geist hinausweise. Hier liege der Ursprung der Analogie als Methode der Gotteserkenntnis. Der Seins- und Personbegriff Augustins impliziere eine 1204 Vgl. Aug. trin. XIV, vi, 8 (CChr.SL 50a, 431, 29 – 432, 34 M.) und I. Kant, Kritik der reinen Vernunft, B 131–140 (Riga 21787) (Werke in 10 Bdn., hg. von W. Weischedel, Bd. 3, Darmstadt 1975, 136–141). 1205 R. Berlinger, Augustins dialogische Metaphysik, Frankfurt 1962. 1206 J. Mader, Die logische Struktur des personalen Denkens. Aus der Methode der Gotteserkenntnis bei Aurelius Augustinus, Wien 1965; ders., Das logische Implikat des Seinsbegriffs bei Aurelius Augustinus, in: WissWeltb 15, 1962, 305–325.

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logische Prinzipienstruktur, die eine analoge Prädikation als sinnvoll denken lasse. Manches, was Mader über Augustins Analysen der Person, des Bildes und des Geistes sagt, ist noch lesenswert. Doch die von Augustinus weit entfernte Terminologie des Autors läßt sein Buch schon heute, ein halbes Menschenalter später, stark verstaubt aussehen, wohingegen der Originaltext von De trinitate mit seinem anderthalbtausend Jahre alten Latein herrlich wie am ersten Tag wirkt. Von längerer Haltbarkeitsdauer sind historisch orientierte Untersuchungen. Augustinus entfaltet in De trinitate genauer und theoretisch durchdachter als in allen anderen seiner Schriften eine Theorie des Geistes, des Selbstbewußtseins und der Selbsterkenntnis. Mehrere Autoren versuchen, Augustins Theorie des Selbstbewußtseins philosophiehistorisch einzuordnen.1207 Am erhellendsten ist die Studie von Christoph Horn.1208 Er vergleicht die Konzeption der Selbstbezüglichkeit des Geistes bei Plotin und bei Augustinus in De trinitate und stellt weitgehende Übereinstimmung fest. Die entscheidende Pointe bestehe darin, daß beide Denker das Sich-selbst-Denken des Geistes erstmals gegenüber früheren Ansätzen in der griechischen Philosophie als ein unmittelbares, reflexives Selbstwissen im Unterschied zu einem intentionalen Gegenstandswissen charakterisieren. Plotin antwortet auf einen Einwand, der seitens der antiken Skepsis gegen die Möglichkeit einer intelligiblen Selbstbezüglichkeit erhoben worden war. Der Einwand besagt: Weder könne sich etwas Einfaches selbst erfassen (dann wäre es als Erkennendes zu bestimmen und nicht zugleich als Erkanntes) noch etwas Komplexes (dann könnte der erkennende Teil nur die anderen 1207 E. G. Wilkins streift die neuplatonischen Quellen (›Know Thyself‹ in Greek and Latin Literature, Chicago 1917). H. Eibl weist kurz auf die Konzeption der noÂhsiw nohÂsevw des Aristoteles hin (Augustinus und die Patristik, GPE 10/11, München 1923, 298 und Anm. 1260 a), was Booth viel detaillierter ausführt (St. Augustine’s »notitia sui« [und andere Aufsätze, wie Anm. 299 f.]). M. Zepf widmet sich darüber hinaus auch den verwandten antiken, besonders stoischen Äußerungen zur Selbstliebe und Selbsterhaltung und leuchtet manchen sonst kaum behandelten antiken Hintergrund aus, mindert allerdings den Wert seiner Ergebnisse durch das Kauderwelsch der »Seinserhellung« (Augustinus und das philosophische Selbstbewußtsein der Antike, ZRGG 11, 1959, 105–132). Am umfassendsten resümiert P. Courcelle die Geschichte des »Erkenne Dich selbst« von Sokrates über Cicero, Plotin und Augustinus bis Bernhard von Clairvaux (Connais-toi toi-meˆme de Socrate a` Saint Bernard, 3 Bde., E´AA 58–60, Paris 1974 f.; vgl. oben Anm. 294). A. M. Haas vertieft das gleiche Thema im Blick auf Augustinus und die mittelalterliche Mystik (Christliche Aspekte des ›Gnothi seauton‹. Selbsterkenntnis und Mystik, ZDA 110, 1981, 71–96). H. Oosthout untersucht den gleichen Sachverhalt und die Bedeutung der »Selbstgegenwart« des Geistes präziser und vor dem antiken philosophischen Hintergrund; so wird deutlich, was Augustinus mit der Formulierung meint, der Geist erblicke sich im Denken als erkannt (»Cogitando intellectam se conspicit«. A propos de l’ide´e de l’esprit se pensant luimeˆme chez saint Augustin, in: Eulogia [FS Antoon A. R. Bastiaensen], hg. von G. J. M. Bartelink/A. Hilhorst/C. H. Kneepkens, Steenbrugge/Den Haag 1991, 237–248 [vgl. Aug. trin. XIV, vi, 8 [CChr.SL 50a, 432, 46 M.]). Vgl. auch die Arbeiten von Szaif und Brachtendorf, unten Anm. 1483. 1208 Horn, Selbstbezüglichkeit des Geistes bei Plotin und Augustinus (wie Anm. 302).

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Teile, nicht aber sich selbst erfassen). Plotin entkommt dem Einwand, indem er den sich selbst erkennenden Intellekt als Einheit aus Identität und Differenz zu erweisen sucht; jeder Teil des Intellekts schließt alle anderen schon in sich. Diese oëmoyÄ paÂnta- oder simul totum-Struktur expliziert Augustinus ähnlich.1209 Daß Augustinus noch ein anderes Argument entwickelt, das die präreflexive Kenntnis, die der Geist von sich selbst hat oder gar ist, aus dem üblichen Reflexionsmodell herausnimmt,1210 scheint Horn nicht zu beachten. Er denkt über mehrere Gegenargumente zu der oben erwähnten Konzeption nach. Wenn sich im Intellekt Teilaspekte isolieren lassen, scheint der skeptische Einwand doch zuzutreffen. Denn in diesem Falle scheinen es Teile zu sein, die andere Teile des Intellekts erkennen. Horn sucht dieses Argument mit einer neuartigen Interpretation zu entkräften. Plotin wie Augustinus entwickeln ein Modell von Selbstbewußtsein, das kein Etwas-als-etwas-Denken sei, kein intentionales Erkennen meine, sondern ein unmittelbares Sich-selbst-gegenwärtig-Sein. Allerdings bleiben nach Horn andere Schwierigkeiten: Beide antiken Denker hypostasieren Bewußtseinsprozesse wie Denken, Wollen, Wissen zu Teilaspekten des Geistes und verwechseln dabei Akte und Vermögen. Die Glieder von Augustins Ternaren (wie mens − notitia − amor) können nach Horns Ansicht völlig verschiedenen ontologischen Ebenen zugehören: mens z. B. bezeichne keinen Denkakt, sondern die Denkfähigkeit, amor bezeichne die Liebesbeziehung, aber nicht die Liebesfähigkeit usw. Es sei auch nicht einzusehen, mit welchem Argument Augustinus zwar Dreierketten bilde, ihre Kombination zu Ketten von fünf oder mehr Gliedern dagegen nicht diskutiere und die Vollständigkeit der dreigliedrigen Relationen nicht beweise. Fehlerhaft sei auch das (bei Plotin ähnlich gehandhabte) Verfahren von Augustinus, beispielsweise neben amans und quod amatur den amor in die Relation hineinzunehmen. Dies sei so absurd, als bezöge jemand die Vater-Sohn-Beziehung als drittes Relatum in die Korrelation von Vater und Sohn ein. Die Argumente von Horn sind wegen ihrer Unabhängigkeit von theologisch-dogmatischen Vorgaben erfrischend zu lesen. Möglicherweise decken sie zum Teil tatsächliche, zum Teil aber auch nur vermeintliche Schwächen in der Argumentation von De trinitate auf. Ob die mens etwa des neunten und zehnten Buches wirklich nur den denkfähigen Geist und nicht vielmehr den notwendig stets sich wissenden Geist als Aktivität meint, wäre zu fragen. Zudem können im Bereich des Geistes, zumal des göttlichen Geistes, Aussagen erforderlich sein, die in der Sphäre der »Dinge« nicht gelten. So wäre zu prüfen, ob sich nicht mit einigen Gedanken aus dem sechsten Buch von De trinitate manche von Horns 1209

Horn verweist für die oëmoyÄ paÂnta-Struktur terminologisch auf Plot. enn. VI, vi, 7 (III, 161, 4 H./Sch.), sachlich auf mehrere weitere Plotin-Stellen und auf Aug. trin. XV, v, 7 (CChr.SL 50a, 468–470 M.); der Einwand bei Sext. Empir. adv. math. VII, 284–286; 310– 312 (II, 66, 5–23; 71, 17 – 72, 4 Mutschmann) (dazu auch Brachtendorf, Die Struktur des menschlichen Geistes [wie Anm. 707], 26–34). 1210 Vgl. dazu unten S. 516 ff.

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Einwänden ausräumen ließen. Nachdem Augustinus die Wesensgleichheit von Gottvater und Sohn gezeigt hat, sagt er dort: Die caritas, mit der sich die beiden lieben, kann nicht geringer sein als sie selbst, weil es eine vollkommene Liebe ist. Und wenn etwas gleich ist in Gott, dann ist es in allem gleich propter summam simplicitatem quae in illa substantia est. Und darum sind es genau diese drei und nicht mehr als sie: unus diligens eum qui de illo est, et unus diligens eum de quo est, et ipsa dilectio.1211 Ob diese Argumente für die Dreizahl und für die Hineinnahme der Relation in die Dreierstruktur genügen, wäre zu diskutieren. Der springende Punkt, auf den es Augustinus ankommt, liegt im Bezug von Selbst- und Gotteserkenntnis zueinander.1212 Der Philosophiehistoriker Endre von Iva´nka stellt in einem Aufsatz dar, wie sich »natürliche« und »übernatürliche« Gotteserkenntnis bei Augustinus (eigentlich eine unaugustinische Terminologie) zueinander verhalten. Letztlich gehe es um eine Theorie des religiösen Erkennens. »Wir könnten«, so faßt er zusammen, »nicht nach der vollen Erkenntnis Gottes streben, wenn wir nicht schon einen Funken dieser Erkenntnis im Innern der Seele selbst besäßen«.1213 Ist Augustins Theorie von Geist und 1211 Aug. trin. VI, v, 7 (CChr.SL 50, 236, 29–32). Vgl. auch oben S. 204 (Peirce). Schon in De fide et symbolo formuliert Augustinus übrigens Argumente gegen den Einwand, wenn der Heilige Geist als communio von Gottvater und Sohn gedeutet werde, so sei er keine eigentliche Substanz. Das sei eine an materiellen Verhältnissen entwickelte Vorstellung, weil die Verbindung zwischen zwei Körpern nicht selbst körperhafte Substanz ist. Alles in Gott sei Substanz (fid. et symb. ix, 20 [CSEL 41, 25, 23 – 26, 15 Z.). 1212 G. Verbeke zeigt in einem knappen Durchgang durch Augustins Gesamtwerk, daß sich die zugrundeliegende Aufstiegskonzeption durch Innenschau dem Neuplatonismus verdanke, wenngleich dieser christianisiert werde (Connaissance de soi et connaissance de Dieu chez saint Augustin, Aug(L) 4, 1954, 495–515). Den philosophisch-antiken Hintergrund beleuchtet besonders K. Kremer (Selbsterkenntnis als Gotteserkenntnis bei Plotin, ISPh 13/2, 1981, 41–68). H. Seidl weist mit Hilfe der klassischen thomistischen Analogielehre die geläufige Kritik an der angeblich mangelnden Erklärungskraft der augustinischen Trinitätslehre zurück. Wenn man beim Verstehen hinreichend berücksichtige, daß die personalen Relationen zwischen Menschen von ihrem substantiellen Sein verschieden sind, während sie bei Gott mit seinem substantiellen Sein ineinsfallen, so entspreche der Innerlichkeit Gottes in seiner Selbsterkenntnis analog durchaus diejenige des Menschen (Die Trinität Gottes in seiner Selbsterkenntnis und -liebe nach Augustinus’ ›De Trinitate‹, in: Sein − Erkennen − Handeln [wie Anm. 1122], 427–438; italienische Übersetzung: La dottrina di sant’Agostino sulla SS. Trinita` dinnanzi ad alcuni problemi attuali (Considerazioni metafisiche), in: Miscellanea Brunero Gherardini, StTom 61, Vatikanstadt 1996, 153–165). 1213 E. v. Iva´nka, Die unmittelbare Gotteserkenntnis als Grundlage des natürlichen Erkennens und als Ziel des übernatürlichen Strebens bei Augustin, Schol. 13, 1938, 521–543; hier 543. − J. Geyser leitet, teils etwas schematisch, Augustins Theorie der Selbsterkenntnis aus dessen Erkenntnistheorie ab, in der das bloße nosse vom urteilenden cogitare unterschieden werde. Es existierten zwei Quellen der Erkenntnis, die zum sinnlichen und zum geistigen Schauen führten (Die Theorie Augustins von der Selbsterkenntnis der menschlichen Seele, in: Aus der Geisteswelt des Mittelalters [FS Martin Grabmann], hg. von A. Lang/J. Lechner/ M. Schmaus, BGPhMA Suppl. III/1, Münster 1935, 169–187). K. Bort vertritt in seiner Dissertation die These, daß eine Theorie des Selbstbewußtseins »nur im Rahmen einer Theorie der Personalität als Phänomenologie der Bezogenheit von Denken und Sein möglich« sei. Er untersucht Augustins Idee der trinitarischen notitia sui als Modellfall einer sol-

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Selbstbewußtsein also durch und durch theologischer Natur, wie mehrere Autoren betont haben,1214 oder ist sie auch in einem modernen Sinne philosophisch zu lesen? Salvino Biolo erhebt in seiner auf De trinitate konzentrierten Untersuchung von Augustins Theorie des Bewußtseins ebendiese Differenz des impliziten, immer vorhandenen, gestaltlosen se nosse des menschlichen Geistes gegenüber dem expliziten, diskursiven, die trinitarische Struktur explizierenden se cogitare zum Ansatzpunkt der Beschreibung.1215 In der Erkenntnis und in der Liebe offenbaren sich Dreiheit und Einheit des Bewußtseins und treten aus dem »Zugleich« in ein diskursiv nachvollziehbares »Nacheinander«. Das Selbstbewußtsein für sich genommen sei also nicht als Reflexion, Introspektion oder Aufmerksamkeit auf sich selbst zu betrachten. Zu diesen Funktionen bedürfe es im Gegenteil sogar der sinnlich-leiblichen Vermittlung. Der Geist sei offen für die Transzendenz. Die größte spirituelle Entdeckung Augustins liegt für Biolo in der Konzeption des selbstreflexiven Gedächtnisses. Die memoria sui werde durch Gottes Erleuchtung zur memoria dei. Das Buch Biolos erschöpft sich allerdings weitgehend im sorgfältigen Nachzeichnen dieser Überlegungen Augustins. Eine kritische Prüfung der Argumente bietet es ebensowenig wie eine philosophieoder theologiegeschichtliche Einordnung. chen Theorie: Während Aristoteles in der noÂhsiw nohÂsevw das Erkennen mit dem Erkannten zusammenfallen lasse, bleibe bei Augustinus diese Identität Gott vorbehalten. Hier wäre eine genauere Unterscheidung der Struktur des Sichwissens von der Struktur des Sichdenkens hilfreich gewesen (Personalität und Selbstbewußtsein. Grundlagen einer Phänomenologie der Bezogenheit, TPB, Tübingen 1993, 269; hier besonders § 8 [82–96]: »Notitia sui − Augustins trinitarische Deutung der Selbstbezüglichkeit«). Eine andere, ebenfalls phänomenologisch inspirierte Arbeit sei hier erwähnt: Jean Pierre Schobinger möchte aus trin. X, wo u. a. von der inneren Selbstgegenwart des Geistes gesprochen wird, eine Theorie der »inneren Zeit« entwickeln (Augustins Begründung der »inneren Zeit«, SMH 46, 1966/67, 179–192). Madec hat mit Recht auf Schwierigkeiten einer Verifikation dieser Interpretation hingewiesen (RE´Aug 16, 1970, 346). 1214 Oben S. 233 f. 1215 S. Biolo, La coscienza nel »De Trinitate« di S. Agostino, AnGr 172, Rom 1969; die seitenidentische, durchgesehene Neuausgabe trägt den weniger mißverständlichen Titel: L’autocoscienza in S. Agostino, AnGr 172, Rom 2000. Vgl. ders., A Lonerganian Approach to St Augustine’s Interpretation of Consciousness, ScEs 31, 1979, 323–341; Coscienza e conoscenza di se´ in s. Agostino, in: Interiorita` e intenzionalita` nel »De civitate Dei« (wie Anm. 311), 75–86. Biolos Buch handelt von Augustins Theorie des Bewußtseins und Selbstbewußtseins, nicht von der conscientia, die in De trinitate als Terminus selten vorkommt und ungefähr das meint, was auf deutsch »Gewissen« heißt. Zum Gewissensbegriff vgl. J. Stelzenberger, Conscientia bei Augustinus. Studie zur Geschichte der Moraltheologie, Paderborn 1959; Mary T. Clark meint allerdings, den Schlüssel zu Augustins Gewissensbegriff in trin. XIV, xv, 21 (CChr.SL 50a, 450 f., 35–55 M.) zu finden: Die unveränderlichen Regeln allen wahren Urteilens sind »im Buch jenes Lichtes, das Wahrheit heißt« (in libro lucis illius quae veritas dicitur), geschrieben und durch göttliche Erleuchtung erkennbar (Augustine on Conscience, StPatr 33, 1997, 63–67). Übrigens wird über den Zusammenhang von Gewissen und Selbstbezug seit Demokrit (DK 68 B 264 [Stob. IV, v, 46 (IV, 210, 14–18 Wachsmuth/Hense)]) und Plato (apol. 31 d [Burnet]) nachgedacht.

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Die umfassendste und informativste neuere Gesamtdarstellung von Augustins Theorie des menschlichen Geistes ist das Buch von Gerard O’Daly, das aus seiner Heidelberger klassisch-philologischen Habilitationsschrift hervorgegangen ist.1216 Nach einer kurzen Einführung in Augustins Philosophieren bietet O’Daly im ersten Kapitel einen Abriß von Augustins Theorie der Seele. Das Spektrum reicht von Fragen der Terminologie (anima, animus etc.) und der Quellen (Porphyrius ist besonders wichtig) bis zum Leib-Seele-Verhältnis. In den anschließenden Kapiteln geht der Autor ausführlich auf die Theorien der Sinneswahrnehmung, der Vorstellungskraft, des Gedächtnisses und des Zeitmaßes ein. Er endet mit einem Kapitel über die Psychologie menschlicher Erkenntnis, das mit einem Abschnitt über die Gotteserkenntnis schließt. Daß O’Daly zwar laufend Stellen aus De trinitate zitiert, die Trinitätslehre selbst aber nicht entfaltet, hängt mit seiner Interpretation dieses Werkes zusammen, in der er Hadot folgt. Demnach hätte nur Marius Victorinus die Seele als Realität im Rahmen der Ontologie behandelt, während Augustinus die menschliche Psyche eher existenziell als Analogie zur göttlichen Trinität verstanden habe.1217 Aus dieser (zu kurz greifenden) Sicht ergibt sich für O’Daly die Lizenz, sich auf Augustins Lehre von der menschlichen anima oder mens zu beschränken. Auch Ludger Hölscher widmet sich Augustins Lehre von der menschlichen Seele. Angeregt von der Phänomenologie Karol Wojtyłas und Josef Seiferts will er diese Lehre in philosophisch-systematischer Absicht wieder ins Gespräch bringen.1218 Es geht ihm um die nach wie vor aktuellen Fragen, ob der Mensch eine Seele besitzt, wie sie zu erkennen ist, ob sie ein vom Leib verschiedenes substanzielles Subjekt oder nur eine sprachliche Struktur, womöglich gar eine Illusion ist. Da Augustinus keine geoffenbarten, theologischen Kategorien in den Menschen hineininterpretiere, sondern umgekehrt durch eine rationale Erkenntnis des Menschen das Wesen Gottes erhellen wolle, könnten seine Argumente einer phänomenologischen Analyse der Selbsterfahrung des Menschen dienen. Demnach gebe es in der Innenerfahrung Wirklichkeiten, die nicht die in Körpern gefundenen Eigenschaften besitzen. Es gebe Akte des Menschen, wie Vorstellungskraft, Erinnerung und Erkenntnis, die seine rationale Geistigkeit erweisen. Hölscher arbeitet im Herzstück seines Buches die unmittelbare Selbsterkenntnis der Seele nach Augustinus heraus. Die Selbsterfassung sei möglich, weil es ein und derselbe Geist ist, der sich selbst gegenwärtig ist. In der 1216 G. O’Daly, Augustine’s Philosophy of Mind, London 1987. Das speziell der Geisttheorie von De trinitate gewidmete Buch von Brachtendorf wurde oben S. 146 ff. besprochen. 1217 Oben S. 105. 1218 L. Hölscher, The Reality of the Mind. Augustine’s Philosophical Arguments for the Human Soul as a Spiritual Substance, London/New York 1986; deutsche Ausgabe: Die Realität des Geistes. Eine Darstellung und phänomenologische Neubegründung der Argumente Augustins für die geistige Substantialität der Seele, PRP 9, Heidelberg 1999; die auf De trinitate bezogenen Argumente von Hölschers Buch finden sich auch in seinem Aufsatz zusammengefaßt: Die Geistigkeit der Seele. Augustins Argumente in De Trinitate, in: Brachtendorf (Hg.), Gott und sein Bild (wie Anm. 8), 127–136.

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Selbsterfassung erweise sich die Seele als selbstbewußtes geistiges Sein, dessen Substantialität darin liege, Subjekt von Akten, individuell und real zu sein. Die substantielle Verschiedenheit von Leib und Seele stelle die Einheit des Menschen nicht in Frage, sondern begründe sie im Gegenteil. Augustins Theorie sei darum auch dem cartesischen Dualismus von res cogitans und res extensa überlegen. Vom se nosse her interpretiert Hölscher Augustins Argument. Dieses besagt: Auch wenn jemand zweifelt, so ist doch sicher, daß er existiert. Bei dieser inneren Selbstgegenwart, so Hölscher, fehle jede kognitive Distanz zwischen erkennendem Subjekt und erkanntem Objekt, also jene Distanz, die im bewußten se cogitare den Raum für mögliche Selbsttäuschungen schaffe. Möglicherweise läßt sich das Argument so aufbauen, wie Hölscher es vorschlägt. In De trinitate scheint es aber in anderer Weise entfaltet zu werden. Auf einer der ersten Seiten von De trinitate hatte Augustinus erklärt, er wolle mit den folgenden Büchern den »Berechnern« (ratiocinatores), die alles ganz genau und vernünftig bewiesen haben wollen, dazu verhelfen, »daß sie etwas finden, woran sie nicht zweifeln können«.1219 Im zehnten und fünfzehnten Buch erreicht Augustinus diesen Punkt. Er beweist, daß selbst wer zweifelt, dennoch notwendig lebt und sich dessen auch bewußt werden kann.1220 Sogar wenn der Skeptiker einwende: »Vielleicht träumst Du«, so sei doch unbestreitbar, daß der Träumende lebe: Er weiß also, daß er lebt, und er weiß, daß er dies weiß und so fort. Folglich tut sich infolge der iterierbaren Selbstbezüglichkeit dieses Wissens eine unendliche Menge an sicherem Wissen auf, womit der skeptische Zweifel an der prinzipiellen Möglichkeit von Wissen widerlegt ist.1221 Augustinus hat verschiedene Varianten dieses Arguments seit den Frühschriften angewandt. Die Nähe der Gedankenfigur − in De civitate dei etwa lautet ihr Kern: si enim fallor, sum1222 − zu dem »je pense, donc je suis« von Descartes1223 ist schon früh bemerkt worden. 1637 wies Mersenne auf die Parallele hin, und später machte Arnauld in einem Brief an Descartes auf Übereinstimmungen zwischen der Neufassung des Leib-Seele-Verhältnisses und des cogito in den Meditationes und De trinitate X, x aufmerksam. Descartes akzeptierte manche Ähnlichkeiten, betonte jedoch, am klarsten in einem Brief an Andreas Colvius, die Differenz in der Funktion des Argumentes: Augustinus gehe es um die Trinitätstheologie, ihm selbst hingegen um den Nachweis der immateriellen 1219

Aug. trin. I, ii, 4 (CChr.SL 50, 31, 13–16): istis garrulis ratiocinatoribus . . . sic fortasse serviemus ut inveniant aliquid unde dubitare non possint. In civ. XII, xi (CChr.SL 48, 829, 1–4 D./K.) sagt Augustinus explizit, wer die ratiocinatores sind: die Platoniker. 1220 Aug. trin. X, x, 13–16 (CChr.SL 50, 326, 1 – 329, 87 M.). 1221 Ebd. XV, xii, 21 (CChr.SL 50a, 490, 1 – 492, 44 M.). 1222 Aug. civ. XI, xxvi (CChr.SL 48, 345, 18 D./K.). 1223 R. Descartes, Discours de la Me´thode, in: Œuvres, hg. von Ch. Adam/P. Tannery, E´dition du jubile´, Bd. 6, Paris 1996, 1–78; hier 32 (Discours IV, 1; Leiden 1637, 33; Orthographie modernisiert). Wie Augustinus in De trinitate XV, xii, 21, so antwortet auch Descartes auf den Verdacht, vermeintliche Erkenntnisse könnten so fiktiv und trügerisch wie Träume sein.

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Substanz der res cogitans. Näher äußerte er sich nicht und verriet auch nie, ob er eine entscheidende Anregung von Augustinus empfangen hatte.1224 Inzwischen ist ein ganzer Forschungszweig zu den beiden Fragen entstanden, ob eine Abhängigkeit vorliegt und ob die Parallele überhaupt so eng ist, wie es zunächst scheint. Diese Arbeiten gehen in der Regel über De trinitate hinaus und können daher nicht alle im Rahmen des vorliegenden Buches besprochen werden. Zbigniew Janowski stellt sämtliche Parallelstellen aus De trinitate und anderen augustinischen Texten einerseits und aus Schriften von Descartes andererseits, jeweils sowohl auf französisch als auch in lateinischer Sprache, synoptisch zusammen. In seinen Kommentaren vertritt Janowski mit guten, wenn auch nicht zwingenden Gründen die Ansicht, daß Descartes Augustins De trinitate vor 1641 (dem Erscheinungsdatum der lateinischen Meditationes) gelesen habe.1225 Viel gewonnen ist mit der Behauptung solcher »Einflüsse« aber nicht. Schon E´tienne Gilson etwa war der Meinung, daß zwar möglicherweise Formulierungen von Augustinus her ihren wie auch immer verschlungenen Weg bis in die Schreibstube von Descartes gefunden haben, die beiden Denker jedoch ganz Verschiedenes damit meinten. Bei Augustinus sei der ganze Mensch im Blick, bei Descartes nurmehr eine zerfallene Wirklichkeit, in der einzig das, was dem Begriff faßbar ist, Existenzberechtigung habe.1226 Gegenüber solchen schwer prüfbaren, in großzügigen Linien entworfenen Vergleichen können Versuche einer sprachanalytischen Formalisierung der Argumente von Augustinus und Descartes größere Trennschärfe herbeiführen. So vertritt Jaakko Hintikka in einem klassisch gewordenen Aufsatz die These, Augustins Argument bestehe in 1224 Descartes an M. Mersenne, 25. Mai 1637, in: Œuvres, Bd. 1, 374–379; 376; A. Arnauld an Descartes, 3. Juni 1648, ebd. Bd. 5, 184–191; hier 186; Descartes an A. Colvius, 14. November 1640, ebd. Bd. 3, 247 f. (Ergänzung ebd. Bd. 10, 578). − Vgl. G. Lewis, Augustinisme et carte´sianisme, AugMag 2, 1954, 1087–1104; H. Gouhier, Carte´sianisme et augustinisme au XVII e sie`cle, BHPh, Paris 1978, 15–43 zu Arnauld und Mersenne, 173– 178 skeptische Beantwortung der Frage, ob der Seconde Me´ditation eine De trinitate-Lektüre vorausgegangen sei. Für die historischen Zusammenhänge grundlegend bleibt neben Gouhiers Studie das Buch von L. Blanchet (Les ante´ce´dents historiques du »Je pense, donc je suis«, Paris 1920 [Nachdruck Paris 1985], 23–167). Die Behauptung von N. Abercrombie (Saint Augustine and the French Classical Thought, Oxford 1938), das cartesische und das augustinische cogito hätten nichts miteinander zu tun, widerlegt J. A. Mourant, nicht zuletzt mit Blick auf De trinitate, überzeugend (The Cogitos: Augustinian and Cartesian, AugSt 10, 1979, 27–42). Als Radikalisierung der augustinischen Ansätze, die allerdings den augustinischen Charakter der Relation zum Schöpfer aus dem Blick verliere, interpretiert M.-A. Vannier das Cogito von Descartes (Les anticipations du »Cogito« chez S. Augustin, RevAg 38, 1997, ` propos du cogito chez Augustin, in: Retour, repentir, et constitution de soi, hg. von 665–679; A A. Charles-Saget, Paris 1998, 85–94). 1225 Z. Janowski, Index Augustino-Carte´sien. Textes et commentaire, BHPh N. S., Paris 2000 (auch in amerikanischer Übersetzung: Augustinian-Cartesian Index. Texts and Commentary, South Bend, Ind. 2004). 1226 ´ E. Gilson, E´tudes sur le roˆle de la pense´e me´die´vale dans la formation du syste`me carte´sien, E´PhM 13, Paris 21951, 191–201 und 259–268.

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der bloßen Schlußfolgerung, daß das Denken eines Denkenden nicht möglich wäre, existierte er nicht. Descartes dagegen habe ein teils schlußfolgerndes, teils performatives Argument im Auge gehabt, um aus der Äußerung des »ich denke« notwendig die Existenz des Denkenden zu beweisen.1227 Gareth B. Matthews hat dieser Sicht im Prinzip zugestimmt, jedoch gezeigt, wie schwierig es ist, auch die elaboriertesten Fassungen von Augustins Argument (nämlich in De trinitate X, ix und XV, xii) als Syllogismus zu formalisieren. Wie auch immer die genaue Struktur des Gedankens beschaffen sei, Augustinus wende nicht den modus ponens an. Vielmehr widerlege er den Skeptizismus durch das Argument, selbst wenn man sich irre, könne man das nur als Existierender tun.1228 Es scheint allerdings, als blende auch diese Interpretation den größeren Zusammenhang des Argumentes in De trinitate aus. Genau diesen Fehler will Emmanuel Bermon in seiner Pariser »the`se de philosophie« vermeiden. Er wendet sich gegen die Ansicht, Augustins cogito sei eine bloße Schlußfolgerung zur Widerlegung des Skeptizismus gewesen, und bemüht sich um eine tiefere, philosophische wie historische Auslegung von Augustins Position. Zu diesem Zweck behält er die verschiedenen Varianten des Arguments im Gesamtwerk Augustins im Blick, stellt aber das zehnte Buch von De trinitate in den Mittelpunkt. Zunächst einmal liefere das cogito eine unumstößliche Gewißheit. Das Denken findet mitten im Meer der bezweifelbaren Repräsentationen eine feste Verankerung in sich selbst, indem es sich nämlich selbst denkt und dabei gewiß wird, zu sein, zu leben, zu denken. Aber der Geist gibt sich damit nicht zufrieden, sondern begehrt zu wissen, wer er ist, und liebt sich insofern selbst. Dabei kann er sich in dem verlieren, was gar nicht wesentlich zu ihm selbst gehört, etwa im Materiellen, und sich so mißverstehen. Wahre Selbsterkenntnis liegt darin, von all dem Zweifelhaften abzusehen. Das cogito in diesem neuen Sinne beruht auf der erneuten Rückkehr zu sich, in der sich der Geist als Ebenbild des trinitarischen Gottes begreift. Eine dritte Bedeutung des cogito liegt in der transzendentalen Ausrichtung des Geistes, durch die er die Außenwelt von sich unterscheidet und in sich die Ideen und Gott selbst findet. Der andere Mensch in seiner Innenwelt ist dem Geist zwar nicht unmittelbar zugänglich, doch läßt die Wahrnehmung der eigenen Innenwelt per Analogie darauf schließen, daß auch der Andere ein geistiges Wesen ist (wie der Wahrnehmende selbst). Während Descartes das denkende Subjekt als zu erkennende Sache, als Substanz versteht, besteht nach Bermons Deutung für Augustinus die Substanz des Geistes genau und in nichts anderem als darin, sich selbst zu denken. Er ist keine Sache wie andere Sachen dieser Welt. Der Geist ist nicht so1227

J. Hintikka, Cogito, Ergo Sum: Inference or Performance?, PhRev 71, 1962, 3–32; erneut in: W. Doney (Hg.), Descartes. A Collection of Critical Essays, New York 1967, 108– 139. 1228 G. B. Matthews, Si Fallor, Sum, in: Markus (Hg.), Augustine (wie Anm. 1152), 151– 167; ders., Thought’s Ego in Augustine and Descartes, Ithaca/London 1992 (zu De trinitate besonders 192–197).

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lipsistisch, sondern offen für die Aufnahme von Andersheit auf verschiedenen Ebenen: vom sinnlichen Gegenstand über das andere Geistwesen bis hin zu Gott selbst. Aber gerade diese letzte, höchste Alterität ist ihm innerlicher als er sich selbst. − So weit, so gut. Die Arbeit von Bermon enthält wichtige, gute Beobachtungen. Dennoch bleibt das Resultat dieses über 432 Seiten langen Buches etwas unbefriedigend. Es wird nicht deutlich genug, worin das Neue der These besteht. Es ist bezeichnend, daß Bermon jegliche Auseinandersetzung mit den wichtigsten Monographien zu exakt seinem Thema unterläßt.1229 Dadurch vertut er die Chance, seine eigene Deutung gegenüber anderen schärfer zu profilieren. Die meisten Autoren betonen, daß das Argument bei Augustinus keinen so zentralen Ort wie bei Descartes habe, der es ja zum ersten Prinzip der Philosophie erklärt.1230 Flasch meint sogar, Augustinus wolle eigentlich nur sagen: »Wenn ich mich täusche, habe ich auch einen Leib.«1231 Hier dürfte jedoch das Gewicht des Arguments unterschätzt sein. Andere Interpreten wollen im Gegenteil die größere Tiefe und das höhere Raffinement in Augustins Version des cogito erblicken. Krämling etwa versucht zu zeigen, daß Augustinus in gewisser Hinsicht über Descartes hinauskomme, weil er in De trinitate durch die Einsicht in die Transzendenz des Wahrheitsgrundes dazu geführt werde, das Begründungsparadigma des reflektierenden Denkens fallenzulassen, während Descartes daran festhalte.1232 Franz Maria Sladeczek geht vom cartesischen cogito als Inbegriff der modernen Philosophie aus und meint, Augustinus sei über die (in der Moderne wiederkehrende, philosophische) Skepsis hinausgelangt, weil für ihn in der Selbsterkenntnis die allgemeingültigen Wahrheiten miterkannt würden.1233 1229

E. Bermon, Le Cogito dans la pense´e de saint Augustin, HDAC 26, Paris 2001. Die Arbeiten von Matthews und Menn werden lediglich in einer bibliographischen Fußnote unkommentiert angeführt, Hölschers Buch über die Substanzialität der Seele nur im Literaturverzeichnis. Die Veröffentlichungen von Ayres, Booth, Brachtendorf, Hankey und Rowan Williams werden überhaupt nicht erwähnt. 1230 Descartes, Discours IV, 1 (wie Anm. 1223), 32 A./T. 1231 Flasch, Augustin (wie A. 1), 61. 1232 G. Krämling, Die praktische Dimension des Selbstbewußtseins. Zur Topik reflexiver Selbstvergewisserung bei Augustinus und Descartes, AZP 12/2, 1987, 17–33. Er stützt sich dabei auf die Analysen von A. Schöpf, Wahrheit und Wissen. Die Begründung der Erkenntnis bei Augustin, Epim. 2, München 1965. 1233 F. M. Sladeczek, Die Selbsterkenntnis als Grundlage der Philosophie – nach dem hl. Augustinus, Schol. 5, 1930, 329–356. Bemerkenswert an dem Aufsatz ist der Versuch, den in De trinitate V eingeführten Relationsbegriff in den Analysen des Selbstbewußtseins im neunten Buch wiederzufinden: Ein und dasselbe »Ich« könne im Akt des Selbstbewußtseins Subjekt wie Objekt sein, sich entgegengesetzt und doch identisch sein, weil das bewußte Erfaßtsein und das bewußte Subjektsein nur Beziehungen besagten. Durch diesen Gebrauch nichtaugustinischer Terminologie geht allerdings etwas Wesentliches von Augustins Denken verloren, nämlich der Versuch, die Reflexivität des Geistes gerade nicht so zu beschreiben, als mache sich ein Subjekt dabei selbst zum Objekt. − Edmond Ortigues sieht in der Entfaltung des Relationsbegriff den Ursprung des augustinischen Geistbegriffes, in

Subjektivität, Reflexivität und das augustinische »Cogito«

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Wahrscheinlich bedeutet Augustins Gedanke gerade durch den Zusammenhang, den er in De trinitate erhält, einen wichtigen Markstein in der Philosophiegeschichte. Während er in anderen Schriften als isoliert dastehendes ad hocArgument gegen den Skeptizismus erscheinen könnte, ist er in De trinitate in eine umfassende und neue Konzeption von Subjektivität und Selbstbewußtsein eingebunden. Als »unhintergehbare Voraussetzungen sinnvoller Argumentation« werden Wolfgang Kuhlmann zufolge in diesem Werk Augustins auch »Kompetenzen und Handlungen des erkennenden Subjekts« aufgedeckt. Der Einsicht Augustins in die Reflexivität der Seele entspreche die Reflexivität des Begründungsarguments. In diesem Sinne ordnet Kuhlmann Augustins Gedanken in die Vorgeschichte der Theorie reflexiver Letztbegründung ein.1234 Auch Pierre Cahne´ meint (im Gegensatz zu Hintikka), in De trinitate X, ix, 12 liege ein modern wirkendes »performatives Argument« vor, insofern die Seele im Hören der Aufforderung, sich selbst zu erkennen, bereits realisiere, daß sie selbst dieses Selbst ist.1235 Die Modifikation des cartesischen cogito vom Discours de la me´thode (1637) zu den Meditationes (1641 erschienen) sei von Augustins De trinitate inspiriert. Die Interpretation der Denkbewegung von De trinitate X als ein Argument mindestens mit performativen Aspekten dürfte etwas Richtiges sehen und ist wegen der zentralen Bedeutung des Performativen in prominenten gegenwärtigen philosophischen Begründungstheorien (Apel, Habermas, Hösle)1236 auch für die Einschätzung der philosophischen Relevanz von De trinitate von einiger Tragweite. Der größte Teil der Jahrzehnte währenden Debatte um das Verhältnis von augustinischem und cartesischem cogito handelt allerdings von etwas anderem. Denn Descartes steht dabei für die neuzeitliche Wendung zum Subjekt. Die Frage lautet, ob Augustinus diese Wendung vorbereitet oder im Gegenteil vermieden hat (so daß in der Anknüpfung an den Kirchenvater mögliche Mängel und Einseitigkeiten der Neuzeit überwunden werden könnten). Dabei geht es etwa um Entwicklungen, die eine Zerstörung der unterworfenen Natur und den extremen Individualismus nach sich gezogen haben, der nach Ansicht mancher Beobachter zu heutigen Auflösungserscheinungen von Institutionen wie Familie, Gesellschaft und Kirchen beigetragen hat. Während vor einem Jahrhundert Augustinus gerade als angeblicher Entdecker der Innerlichkeit hochgeschätzt wurde, ist für Charles Taylor Augustins Denken als ein ambivalenter, in gewissem Sinne fataler Schritt auf dem Weg zur Neuzeit zu betrachten. Einerseits sei Augustinus noch im kosmischen Ordnungsdenken der Antike zu dem der moderne Geistbegriff noch Hegels letztlich wurzle (Les origines augustiniennes de la philosophie de l’esprit, KantSt 63, 1972, 163–181). 1234 W. Kuhlmann, Reflexive Letztbegründung. Untersuchungen zur Transzendentalpragmatik, Freiburg/München 1985, 287. 1235 P. Cahne´, Saint Augustin et les philosophes au XVIIe sie`cle: Ontologie et autobiographie, Dix. 34, 1982, 121–132. 1236 Vgl. etwa die Beiträge von Apel, Hösle und Kuhlmann in dem Sammelband Philosophie und Begründung, hg. vom Forum für Philosophie Bad Homburg, Frankfurt 1987.

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Hause. Andererseits mache sein Konzept der radikalen Reflexivität mit der Erfindung des cogito-Argumentes den Standpunkt der ersten Person zur Grundlage aller Wahrheitssuche. Augustinus erblicke deshalb gerade in der inneren Selbstgegenwart des Menschen dessen Gottebenbildlichkeit. Was bei Augustinus noch zusammengehalten werde, sei in der Moderne zerbrochen. Für das moderne Denken sei die Schwierigkeit kennzeichnend, eine tragfähige Verbindung zwischen Innen- und Außenwelt herzustellen − die Romantik etwa habe das Ich von der Welt des Sozialen vollständig getrennt.1237 Aber kann man Augustinus ernstlich vorwerfen, daß spätere Zeiten die Pointe seiner These von der Selbstgegenwart vergessen haben? Diese Pointe liegt in dem Bezug des menschlichen Selbstbewußtseins zum trinitarischen Gott und gerade nicht in der Annahme einer in sich abgeschlossenen, auf kein Gegenüber angewiesenen Subjektivität. Diese Kritik an Taylors Einschätzung von Augustinus kann sich mit manchen postmodernen Perspektiven berühren, die im vorangegangenen, »theologischen« Kapitel behandelt wurden.1238 Vier »philosophische Aspekte« in der Forschungsliteratur über De trinitate standen im vorliegenden sechsten Kapitel auf dem Prüfstand: die philosophiegeschichtliche Einordnung des Werkes, die Hervorhebung seiner sprachphilosophischen Implikationen, seine Deutung als Ontologie der Trinität und seine Interpretation als Theorie des selbstbezüglichen menschlichen Geistes. Alle vier Betrachtungsweisen finden sich in den Arbeiten von Johann Kreuzer.1239 Für ihn stellt, im Anschluß an Formulierungen Hegels, Augustins De trinitate »im Übergang zur Epoche postantiken Denkens den avanciertesten Versuch einer Selbstreflexion des Geistes in seiner konkreten Endlichkeit dar« (XIII f.). Augustinus habe den Dualismus von göttlicher und menschlicher Natur überwunden. »Denken der Trinität« heiße im Blick auf Augustinus, daß die Trinität nicht nur als Objekt, sondern auch als Subjekt erscheine (XXIII). Innovativ sei Augustins Analyse der memoria, die als abditum mentis zum Grund im Bewußtsein werde (XLII). Zudem habe Augustinus entdeckt, daß die Einheit der Trinität ihrer »inneren Form« nach Relation sei (XLV) und daß von der »Sprachlichkeit des Geistes« auszugehen sei (XLVII). Kreuzers Arbeiten haben vorerst einen Abschluß in seiner Ausgabe von De trinitate in der Philosophischen Bibliothek des Meiner-Verlages gefunden. Augustins Werk dürfte durch diese Publikation dem historischen Bewußtsein des Faches Philosophie in Deutschland näher gebracht worden sein. Das ist sehr zu begrüßen. Fragwürdig ist jedoch die Idee, von De trinitate statt des ganzen Tex1237

Vgl. oben S. 255 ff. und Anm. 1118. Oben S. 240 ff. 1239 Kreuzer, Augustinus (wie Anm. 805), 91–119; ders., Pulchritudo (wie Anm. 1149); ders., Die Sprachlichkeit (wie Anm. 1149); Aurelius Augustinus, De trinitate (Bücher VIII-XI, XIV-XV, Anhang: Buch V). Neu übersetzt und mit Einleitung herausgegeben von J. Kreuzer, Lateinisch-deutsch, PhB 523, Hamburg 2001 [auch in einer Lizenzausgabe Darmstadt o. J.]; auf die Seitenzahlen der Einleitung (S. VII-LXXVII) beziehen sich im folgenden die Ziffern in Klammern. 1238

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tes nur Teile des fünften Buches sowie das achte bis elfte und vierzehnte bis fünfzehnte Buch abzudrucken.1240 Augustins Werk lebt von der komplexen Gedankenbewegung − sie auseinanderzureißen, um das philosophisch Relevante für den Gebrauch von Seminaren im Fach Philosophie herauszupräparieren, opfert den lebendigen Zusammenhang des Werkes dem neuzeitlichen Begriff einer Philosophie, die sich von der Theologie getrennt hat. Auch die philologische Qualität des Bandes läßt einige Wünsche offen.1241 Ein tendenziell ahistorischer, oft assoziativer, gleichwohl mitunter sehr anregender Umgang mit dem Text bestimmt die Einleitung und die knappen erläuternden Anmerkungen. Der Verfasser ist erkennbar kein Fachmann für antike Philosophie- und Theologiegeschichte.1242 Beispielsweise analysiert und vergleicht er nirgends präzise die Selbstbewußtseinskonzepte von Plotin und Porphyrius, auf deren Hintergrund die geisttheoretischen Passagen aus De trinitate für ein philosophisch interessiertes Publikum zu konturieren wären. Die Interpretationen zu De trinitate sind zum Teil ebenso vage wie die Nachzeichnung philosophiegeschichtlicher Voraussetzungen und der Wirkungsgeschichte. Dennoch können 1240 Mitten aus Buch XV werden acht Druckseiten der Corpus Christianorum-Ausgabe mit der Begründung ausgelassen, der Passus ufere übermäßig aus (333). Zu dem ausgelassenen Stück trin. XV, xix, 33 – xx, 38 (CChr.SL 50a, 508, 2 – 516, 39) zählt ein Abschnitt, in dem eine wichtige antieunomianische Argumentation in die Identifizierung von Liebe und Wille mündet − John Rist hat die philosophische Bedeutung des Passus herausgestellt (Love and Will [wie Anm. 1133]). 1241 Die Ausgabe ist zweisprachig. Kreuzer schreibt: »Ausgangspunkt für den deutschen Text war die Übersetzung von M. Schmaus . . . Sie war einer gründlichen Überarbeitung und Revision zu unterziehen« (LXIX). Während Schmaus den Text der Maurinerausgabe übersetzt, wird in Kreuzers Ausgabe der auf der Corpus Christianorum-Ausgabe beruhende, elektronisch verfügbare Text des Corpus Augustinianum Gissense abgedruckt (der überladene Quellenapparat der Corpus Christianorum-Ausgabe wird mit Recht drastisch reduziert, allerdings manchmal auf eine zufällig anmutende Weise, zudem wird er nicht nach neuerem Forschungsstand ergänzt). Nun gibt es zahlreiche Abweichungen zwischen dem Text der Mauriner und demjenigen des Corpus Christianorum. Nach Stichproben zu schließen, übernimmt Kreuzer in vier von fünf Fällen die Übersetzung von Schmaus, ohne zu bemerken, daß der abgedruckte lateinische Text jetzt anders lautet (z. B. 48, Zeile 45 f.: non doceat, Kreuzer läßt »sich nicht gehört« stehen, non deceat der Mauriner; 302, Zeile 15: turris moveri, »als ob die Türme sich bewegen«, turres moveri der Mauriner; 332, Zeile 27: per quam nos tota inhabitet trinitas, »durch welche die ganze Dreieinheit in uns wohnt«, inhabitat der Mauriner). Auch reine Übersetzungsfehler von Schmaus bleiben gelegentlich stehen, vgl. oben Anm. 150. − Eine vollständige zweisprachige Ausgabe von De trinitate ist von anderer Seite in Vorbereitung (oben Anm. 149). 1242 Beispielsweise schreibt er ohne Kautelen Marius Victorinus Übersetzungen der aristotelischen Kategorienschrift und von Peri hermeneias zu (XVII) (vgl. oben Anm. 337 und 347). − In jeder Hinsicht falsch ist seine Meinung, persona sei »die lateinische Übersetzung des ›treiÄw yëpostaÂseiw‹ aus dem nizäischen [sic] Symbolon« (405, ähnlich XXXIV, XXXVI). Weder das nizänische noch das sog. nizäno-konstantinopolitanische Bekenntnis sprechen von drei Hypostasen, und in der griechischen Zusammenfassung des Glaubens von Konstantinopel werden »drei Hypostasen« und »drei Personen« synonym verwendet (unten Anm. 2148). Daß Kreuzer oft Trinitätslehre und Christologie verwechselt und den sinnlosen Ausdruck »Mythologem der Trinität« (VIII, 413) gebraucht, fügt sich in dieses Bild.

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Philosophische Aspekte von »De trinitate«

einzelne Beobachtungen durchaus den Weg in ein noch wenig erkundetes Terrain bahnen, etwa die Hinweise zu Meister Eckhart und Schelling. Letztlich dokumentiert Kreuzers Publikation jedoch, daß eine im modernen Sinne philosophische Lektüre von De trinitate, die das Werk seiner theologischen Gehalte entkleidet und seine historischen Hintergründe im Ungefähren beläßt, ein modernes Kunstprodukt erzeugt. Zum Teil sind die gleichen Mängel auch der im Jahre 2002 erschienenen englischen Ausgabe von De trinitate in den »Cambridge Texts in the History of Philosophy« anzulasten. Auch hier wird unter karger Kommentierung lediglich eine Auswahl angeboten, die im Abdruck von Stephen McKennas fast vierzig Jahre alter Übersetzung der Bücher VIII bis XV besteht. Die Einleitung von Gareth B. Matthews übertrifft einerseits an Prägnanz und Klarheit bei weitem diejenige Kreuzers, andererseits bleibt sie ähnlich blaß im Versuch einer Charakterisierung des Zweckes, den Augustinus mit dem Werk verfolgt. Stattdessen geht Matthews vornehmlich die typischen Themen durch, welche die vom englischsprachigen philosophischen Seminarbetrieb geprägten Leserinnen und Leser interessieren könnten: »the Argument from Analogy for Other Minds«, Denken als inneres Sprechen im Sinne des Behaviorismus, Leib-Seele-Dualismus, das Problem des Spracherwerbs im Sinne von Wittgenstein oder das cartesische cogito. Auf diese Weise erzeugt Matthews’ Einleitung eigentümlich rhapsodische Impressionen von De trinitate, so als handle es sich um ein Werk, das zwar erstaunliche Prolepsen verschiedener, miteinander gar nicht zusammenhängender moderner Theorien enthält, diese Entdeckungen allerdings bedauerlicherweise in eine Darstellung der verwirrenden christlichen Lehre einwebt, wonach Gott sowohl drei wie auch einer sei.1243 Diese beiden neuesten De trinitate-Ausgaben führen also die Konsequenz einer im neuzeitlichen Sinne rein philosophischen Interpretation des Werkes deutlich vor Augen: Aus dieser Perspektive sind es nurmehr einzelne Kapitel oder Textabschnitte, die noch der Lektüre wert erscheinen. Der Rest des Werkes darf, ja sollte dieser Lesart zufolge übersprungen werden. Denn der Zusammenhang des ganzen Werkes lohnt aus diesem Blickwinkel keiner philosophischen Auseinandersetzung. Mit einem solchen Zugang kann man freilich zu keiner Gesamtdeutung des Werkes gelangen. Jede Interpretation, die das Theologische aus De trinitate auszuklammern versucht, bleibt daher defizient.

1243 Matthews, Introduction (wie Anm. 1109), hier S. IX: »As a whole, the work is an account of the perplexing Christian doctrine that God is both three and one.«

Siebtes Kapitel

Augustins Trinitätslehre außerhalb von De trinitate Augustinus hat sich zur Trinitätslehre nicht nur in De trinitate, sondern auch in anderen Werken geäußert, allerdings meistens recht knapp. Eine umfassende Auswertung dieser Stellen gibt es nicht. Mehrere Studien enthalten jedoch Übersichten. Besonders präzise ist das Kapitel über »Augustins Trinitätslehre vor und außerhalb De trinitate« in Schindlers Dissertation.1244 Im folgenden werden lediglich einige Arbeiten besprochen, die ausschließlich oder in erster Linie von der Trinitätslehre der betreffenden Texte Augustins handeln. Da im Zentrum des vorliegenden Buches De trinitate steht, wird dies zumeist eher kurz geschehen. Am Schluß des Kapitels kommen auch Forschungsergebnisse zu pseudepigraphen und legendarischen Überlieferungen zur Sprache.

1. Frühschriften Die wichtigsten Stellen zur Trinitätstheologie aus Augustins Werken von 386 bis 401 resümiert Ferdinand Cavallera ohne große interpretatorische Ansprüche, doch mit besonderer Berücksichtigung der Terminologie (etwa dem seltenen Vorkommen von consubstantialis).1245 Josef Rief zeigt in seiner Arbeit über den Ordo-Begriff des jungen Augustinus, daß seit De Genesi contra Manichaeos der Begriff der Ordnung in triadische Reihen eingefügt wird (etwa mensura − numerus − ordo oder unum aliquid − species propria − ordo). Rief analysiert Struktur und Herkunft dieser Triaden ausführlich.1246 Ebenfalls von Triaden handelt Michele Cutino.1247 Er betont die Bedeutung der Dreiteilung der Philosophie in Physik, Ethik und Logik in der Platonismus- und Cicero-Rezeption des jungen Augustinus. Den später in De civitate dei VIII, iv hergestellten Bezug der philosophia tripartita zur Trinitätslehre gibt es in Augustins Frühschriften noch nicht ausdrücklich, doch geht Cutino gewissen Parallelen nach. In ähnliche Zusammenhänge könnte auch der lange Zeit für unecht gehaltene, von Franc¸ois Dol1244

Schindler, Wort und Analogie (wie Anm. 699), 12–60. F. Cavallera, Les premie`res formules trinitaires de saint Augustin, BLE 31, 1930, 97–123. 1246 J. Rief, Der Ordobegriff des jungen Augustinus, AMT 2, Paderborn 1962, 194–249. 1247 M. Cutino, Filosofia tripartita e trinita` cristiana nei Dialogi di Agostino, RE´Aug 44, 1998, 77–100. 1245

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Augustins Trinitätslehre außerhalb von »De trinitate«

beau jedoch mit guten Gründen für einen Rest von Augustins Arbeitspapieren aus den Jahren 386 bis 395 gehaltene Liber XXI sententiarum gehören; darin gibt es beispielsweise einen trinitätstheologischen Abschnitt (xviii) über Zahl, Maß und Gewicht, aber auch eine bemerkenswerte, alternative Dreiteilung der Philosophie (ix) und manches andere, das einer eingehenderen Analyse harrt.1248 Die in Straßburg und an der Sorbonne entstandene Dissertation von Olivier du Roy über die Trinitätsreflexion Augustins in den Jahren vor seiner wohl Anfang 391 erfolgten Priesterweihe gehört zu den großen Leistungen der Augustinusforschung des zwanzigsten Jahrhunderts.1249 In ihrem Hintergrund steht die These von Paul Henry, daß die Erfahrungen und Gedanken vor und kurz nach der Konversion prägend für Augustins gesamtes Denken geblieben seien.1250 Zunächst werden für die Jahre vor 386 die Confessiones ausgewertet, da die frühesten Schriften Augustins verlorengegangen sind. Methodisch ist diese Auswertung natürlich problematisch, da Augustinus aus dem Abstand von mehr als einem Jahrzehnt spricht. Andererseits ist es immerhin Augustinus selbst, der hier seine Sicht der eigenen frühen Jahre schildert. Seit der Hortensius-Lektüre, meint du Roy jedenfalls, vereinige Augustinus seine religiösen Bedürfnisse mit einem philosophischen Wahrheitsstreben und dem Verlangen nach Begreifen. In seiner Mailänder Lektüre der libri Platonicorum vor der eigentlichen Konversion entdecke Augustinus eine geistige Innenwelt und die Transzendenz Gottes. Die drei Hypostasen der Philosophie Plotins identifiziere er mit der christlichen Trinität und halte sie für die erkennbare Heimat, zu der die Seele zu gelangen suche. Erst anschließend erfahre Augustinus durch seine Pauluslektüre, daß der Mensch des Mittlers Christus bedürfe, also des inkarnierten Gottes, um diese transzendente Heimat nicht nur zu schauen, sondern zu ihr zu gelangen, um in ihr zu wohnen.1251 Zu der plotinisch-trinitarischen Heimat führe nur dieser christlich-inkarnatorische Weg. Das spannungsreiche Grundschema augustinischer Theologie bleibt laut du Roy dasjenige von patria und via. Während Augustins erste Dialoge von Cassiciacum ganz im Zeichen des Aufstiegs der Seele (Anagogie) und einer linearen Trinität in Anlehnung an Plotin stünden, begegne mitten in De immortalitate animae plötzlich eine Metaphysik des Geschöpflichen zwischen Sein und Nicht-Sein. Dies lasse erstmals auf Einflüsse der Ontologie des Porphyrius und seiner eher zyklischen Triadik von Emanation und Rückwendung 1248 F. Dolbeau, Un poe`me philosophique de l’Antiquite´ tardive, RE´Aug 42, 1996, 21–43; ders., Le Liber XXI sententiarum (CPL 373): E´dition d’un texte de travail, RechAug 30, 1997, 113–165. Vgl. oben Anm. 298 und unten Anm. 1799. 1249 O. du Roy, L’intelligence de la foi en la Trinite´ selon saint Augustin. Gene`se de sa the´ologie trinitaire jusqu’en 391, E´AA 27, Paris 1966. Eine auf das Methodische konzentrierte Zusammenfassung des Buches bietet du Roy, L’intelligence de la foi en la Trinite´ selon saint Augustin, RE´Aug 13, 1967, 119–124. Vgl. ders., L’expe´rience de l’amour et l’intelligence de la foi trinitaire selon saint Augustin, RechAug 2, 1962, 415–445. 1250 P. Henry, La vision d’Ostie, Paris 1938, 109; zitiert im Buch von du Roy, 20. 1251 Vgl. Aug. conf. VII, xx, 26 (CChr.SL 27, 110, 20–22 V.).

Frühschriften

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schließen. Während Augustins unfreiwilligem Romaufenthalt 387/388 liefen die »anagogische« und die »ontologisch-metaphysische« Reflexion zunächst nebeneinander her. In De quantitate animae bahne sich eine Verbindung an, weil erstmals die Idee einer schöpferischen Trinität anklinge. In De vera religione, einigen Abschnitten aus De diversis quaestionibus LXXXIII und in der epistula 11 an Nebridius werde diese Idee entfaltet: Die göttlichen Personen bewirkten nicht nur in unterschiedlicher Weise die Schöpfung, sondern führten die Seele auch in je eigener Weise »heilsökonomisch« zum Aufstieg in die göttliche Sphäre zurück. Alles Geschöpfliche lasse die Aspekte der unterscheidbaren Tätigkeit jeder der drei göttlichen Personen erkennen. Der Sohn, der neuplatonisch als Form unseres Seins gefaßt werde, erneuere uns und geleite uns zum Vater, wo wir in der Freude des Geistes verweilen dürften. Als Erblast der neuplatonischen Triadik bleiben nach du Roy vor allem Ungereimtheiten in der Pneumatologie, die Augustinus sein Leben lang nicht gelöst habe. Der loÂgow-Begriff Plotins passe zwar zur dritten, aber nicht zur zweiten Hypostase, so daß Augustinus in den Frühschriften den Sohn intellectus, veritas oder sapientia, nicht aber verbum nennen könne; umgekehrt drohe ein Verständnis des Heiligen Geistes als »Wort« den Unterschied zum Sohn einzuebnen. Die Fassung des Heiligen Geistes als (göttliche wie menschliche) Personen verbindende caritas seit De quantitate animae sei aus dem gleichen Grunde zum Problem geworden. In einem abschließenden Kapitel zieht du Roy diese Linien bis ins Spätwerk Augustins aus. Noch in den letzten Büchern von De trinitate konkurriere, so meint er, ein »anagogisches« mit einem »ontologischen« Trinitätsverständnis. Die »psychologische Trinitätslehre« sei der gescheiterte Versuch einer Synthese zwischen beiden. Das geschaffene Ich werde als Spiegel der Trinität aufgefaßt. Augustinus bleibe am Ende bei bloßen Analogien stehen. Die heilsökonomische Fassung der Trinitätslehre aus manchen der frühen Schriften trete ganz in den Hintergrund. Dies sei letztlich Folge der neuplatonisch gefärbten optimistischen Meinung, die Trinität sei eine unabhängig von der Inkarnation erkennbare statische Struktur. Augustinus sei eben wegen des neuplatonischen Erbes der Begründer einer westlichen Trinitätslehre geworden, in welcher die Trinität letztlich auf die inneren Beziehungen der Selbstliebe und Selbsterkenntnis eines im Wesen einzigen Gottes beschränkt werde. Das große Verdienst von du Roy liegt wohl neben der Intensität seiner Analysen der Frühwerke in dem überzeugenden und detaillierten Nachweis der großen Bedeutung der neuplatonischen Denkweise von Plotin und Porphyrius für Augustins frühe Trinitätsreflexion. Der thesen- und hypothesenreichere Ausblick auf den letzten fünfzig Seiten von du Roys Arbeit, der den späteren Werken Augustins gilt, ist minder gründlich und weniger überzeugend. Die Auffassung des Zentrums von De trinitate als »psychologische Trinitätslehre« mit Analogien von Seelenkräften fällt hinter das Niveau zurück, auf dem der Autor die Frühschriften untersucht. Auch die grundlegende Kritik am philosophisch-»gnostischen« Erbe Augustins ist fragwürdig. Madec hat nämlich tref-

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fend gezeigt, daß schon die vermeintlich außerhalb der »Heilsgeschichte« liegende philosophische Erkenntnis nach Augustinus der Illumination durch das göttliche Wort zu verdanken ist.1252 Man kann sich überdies fragen, ob die zeitlich so nah beieinanderliegenden, zum Teil simultan entstandenen Frühschriften Augustins wirklich so eindeutig die Genese seines trinitarischen Denkens spiegeln, wie du Roy behauptet. Daß Augustinus die ersten Schriften des Porphyrius tatsächlich erst 387 gelesen haben soll, nur weil sie erst in De immortalitate animae Spuren hinterlassen haben, ist schon aus methodischen Gründen zu bezweifeln.1253 Manche weitere Methoden und Text-Interpretationen von du Roy sind mit guten Gründen getadelt worden.1254 Fragwürdig ist auch, ob eine solche genetische Ableitung tatsächlich viel spätere − angebliche oder tatsächliche − Widersprüche in Augustins Reflexion zu erklären vermag.1255 Vielleicht verdient neben dem Neuplatonismus der Manichäismus als Hintergrund des frühen Augustinus mehr Beachtung. Joanne McWilliam hat jüngst versucht, entsprechende Ansätze von du Roy auszubauen und zu korrigieren.1256 Sie analysiert jedoch die manichäischen Quellen viel zu ungenau. Augustins Betonung der Gleichheit der drei göttlichen Personen gilt ihr als Reaktion auf die manichäische Ansetzung der drei Personen auf verschiedenen Ebenen. Dabei wird übersehen, daß die Gleichheit der Personen der entscheidende Differenzpunkt zu allen subordinatianischen Positionen ist, ganz unabhängig vom Manichäismus. Beiträge vor allem von Michel Rene´ Barnes und Lewis Ayres hatten jedoch am Beispiel von Augustins epistula 11 an Nebridius und anderen Texten deutlich gemacht, daß du Roy zwar sehr sorgfältig den rhetorischen und philosophischen Hintergrund von Augustins früher Trinitätslehre ausleuchtet, aber eben diesen theologiegeschichtlichen, besonders den antihomöischen Kontext vernachlässigt.1257 Vor allem Barnes neigt allerdings dazu, die philosophiegeschichtlichen Hintergründe übertrieben zu marginalisieren. Es trifft zwar zu, daß du Roy kaum eine neuplatonische Triade nachweisen kann, die Augustinus trinitätstheologisch verwendet. Aber das spricht nicht gegen Augustins G. Madec, Notes sur l’intelligence augustinienne de la foi, RE´Aug 17, 1971, 119–142; hier 130 f.; ders., La patrie et la voie. Le Christ dans la vie et la pense´e de saint Augustin, Paris 1989, 78 f.; 243 f.; ders., La me´ditation trinitaire d’Augustin (wie Anm. 826). 1253 J. J. O’Meara, Research Techniques in Augustinian Studies, AugSt 1, 1970, 277–284; erneut in: Ders. Studies in Augustine and Eriugena, hg. von Th. Halton, Washington 1992, 287–293. 1254 A. Solignac, Rez. zu du Roy: ArPh 31, 1968, 489–494; J. J. O’Meara, Studies Preparatory to an Understanding of the Mysticism of St. Augustine and His Doctrine on the Trinity, in: AugSt 1, 1970, 263–276; erneut in: Ders., Studies in Augustine and Eriugena (wie ` propos d’une traduction de De ordine II, v, 16, RE´Aug Anm. 1253), 294–304; G. Madec, A 16, 1970, 179–186. 1255 Vgl. Lorenz, Zwölf Jahre (wie Anm. 8), ThR 39, 1975, 362 f. 1256 J. McWilliam, Augustine’s Early Trinitarian Thought, in: J. R. Ginther/C. N. Still (Hgg.), Essays in Medieval Philosophy and Theology in Memory of Walter H. Principe. Fortresses and Launching Pads, Aldershot 2005, 9–18. 1257 S. oben Anm. 774 und Anm. 779. 1252

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zutiefst neuplatonische Prägung, sondern ist im Gegenteil ein Indiz dafür, daß Augustinus sich diese Denkweise so gründlich angeeignet hatte, daß er kreativ damit umgehen konnte und nicht bloß vorgestanzte Formeln reproduzierte. Wer die grundlegenden, besonders die prinzipientheoretischen Gedankengänge der Neuplatoniker einmal nachvollzogen und verstanden hat, für den ist unzweifelhaft, daß Augustinus bis in den Kern seiner Denkform hinein vom Neuplatonismus geprägt ist − im Frühwerk, aber auch, mit höherem Raffinement und kritischerer Distanz, in De trinitate. In diesem Werk gelingt ihm eine christliche Transformation dessen, was er am Neuplatonismus für wahr hielt. Verhees wendet sich gleichwohl gegen die Betonung der philosophischen Ausrichtung Augustins bei du Roy. Er will zeigen, daß Augustinus in den Schriften aus Cassiciacum wenig Interesse an innertrinitarischen Beziehungen habe, mehr dagegen an der Bedeutung der drei Personen für den Menschen: Der Geist versuche die Menschen zum Vater zurückzuführen, der Sohn geleite sie als offenbarende Wahrheit zum Vater, der Vater sei Heimat und Ziel der Menschen.1258 Die Beobachtung von Verhees ist nicht ganz falsch, doch ähnlich einseitig wie eine ausschließlich philosophische Augustinusinterpretation, gegen die sie sich richtet. Das gilt auch für einen weiteren Aufsatz, in dem Verhees speziell die frühe Pneumatologie Augustins darstellt: Die Analyse ist zutreffend, daß die Heilsökonomie für Augustinus nicht auf die Inkarnation beschränkt ist, sondern auch das Wirken des Heiligen Geistes umfaßt. Im Geist strömt Gott dem Menschen entgegen, erfüllt ihn mit Sehnsucht und bindet ihn in Liebe an sich. Allerdings muß Verhees selbst konzedieren, daß er öfters Elemente aus Augustins Schriften verbindet, die bei Augustinus selbst unverbunden bleiben, jedenfalls in den Frühschriften.1259 In mehreren Studien nimmt Nello Cipriani die Frage nach den theologischen Quellen des jungen Augustinus erneut auf.1260 Er bemängelt, daß du Roy und die meisten anderen Forscher sich einseitig auf die philosophischen Quellen beschränkt hätten. In Wahrheit habe Augustinus den Neuplatonismus bereits in christlicher Rezeption kennengelernt. Ein wenig verwundert es, daß Cipriani diese Ansicht als neu darstellt. Sie ist seit Courcelle die am besten begründete Standardmeinung.1261 Jedenfalls stellt Cipriani die Frage nach Augustins theologischer Lektüre um 386. Er gelangt zu dem Ergebnis, daß Augustinus entgegen vielen Forschungsmeinungen zu dieser Zeit die trinitätstheologischen Schriften des Marius Victorinus und des Ambrosius (De fide und De spiritu sanc1258 J. Verhees, Augustins Trinitätsverständnis in den Schriften aus Cassiciacum, RechAug 10, 1975, 45–75. 1259 Ders., Die Bedeutung des Geistes Gottes im Leben des Menschen nach Augustinus’ frühester Pneumatologie (bis 391), ZKG 88, 1977, 161–189. 1260 Cipriani, Le fonti cristiane (wie Anm. 540); ders., Le opere di sant’Ambrogio (wie Anm. 584); ders., Il rifiuto del pessimismo porfiriano nei primi scritti di S. Agostino, in: Aug(R) 37, 1997, 113–146; ders., La presenza di Mario Vittorino nella riflessione trinitaria di S. Agostino (wie Anm. 542), hier 265–271. 1261 Vgl. dazu allerdings unten Anm. 1663.

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to) gelesen habe. Als Beweise gelten dabei lexikalische und theologische Parallelen. Cipriani kommt zweifellos das Verdienst zu, lange vernachlässigte Quellenforschungen wieder aufgenommen zu haben. Durch die erhebliche Anzahl vorgebrachter Parallelstellen gewinnen Ciprianis Thesen auch einiges Gewicht. Allerdings hatten Gelehrte wie Altaner und Henry nicht ohne Grund gefordert, daß als Quellen Augustins nur Texte gelten sollten, aus denen nachweislich und möglichst wörtlich zitiert wird. Das Sammeln von Parallelstellen verfällt leicht in eine petitio principii. Beispielsweise führt Cipriani ein Hapaxlegomenon im Werk Augustins, nämlich das auf Gott als Trinität bezogene Wort tripotens in De ordine, als Beleg dafür an, daß Augustinus Adversus Arium des Marius Victorinus gelesen haben müsse, wo sich der einzige erhaltene Beleg des Wortes in trinitätstheologischem Kontext vor Augustinus finde.1262 Aber ein Beweis im strengen Sinne ist das nicht. Marius Victorinus selbst gibt an anderer Stelle die griechische Vorlage tridyÂnamow an, und er gebraucht das Wort in anderer Bedeutungsnuance als Augustinus.1263 Der ansonsten selten gebrauchte Ausdruck ist eine geradezu formelhafte Vokabel in gnostischen Quellen.1264 Luise Abramowski meint, daß am ehesten Simplicianus als Vermittler des Wortes an Augustinus in Frage kommt. Dieser Freund des Marius Victorinus sei sich ebenso wie dieser selbst (und Augustinus) der gnostischen Herkunft des Begriffs nicht mehr bewußt gewesen, weil er das Wort bereits in orthodox-nizänischer Überlieferung kennengelernt habe.1265 Die künftige Quellenforschung wird ein Dilemma zu überwinden haben: Hält man sich an die strenge quellenkritische Methode Altaners, so sind zwar gesicherte Erkenntnisse zu gewinnen. Doch wird man so nie das ganze Ausmaß von Augustins Quellenverarbeitung erfassen. Kehrt man mit Cipriani zum Anhäufen von »Parallelstellen« zurück, so kann man manchmal zu richtigen Ergebnissen gelangen, aber methodisch handelt es sich um einen Rückfall in die »wilde« Quellenjagd der Phase vor Courcelle und Altaner.

1262 Cipriani, Le fonti cristiane (wie Anm. 540), 264; auf die Parallele weist bereits Schindler (Wort und Analogie [wie Anm. 699], 18, Anm. 38) hin: Vgl. Aug. ord. II, v, 16 (CChr.SL 29, 116, 51 G., mit Komma nach tripotentem statt nach omnipotentem entsprechend dem Vorschlag von L. Abramowski [Nicänismus und Gnosis im Rom des Bischofs Liberius: Der Fall des Marius Victorinus, ZAC 8, 2004, 513–566; 552]) mit Mar. Victorin. adv. Arium I B, 50 (CSEL 83/1, 145, 4 H./H.). 1263 Mar. Victorin. adv. Arium IV, 21 (CSEL 83/1, 257, 26 H./H.). 1264 Hadot, Porphyre et Victorinus (wie Anm. 523), I, 293 f.; II, 29; 48 f.; Abramowski, Marius Victorinus (wie Anm. 320), 108–115; Ch. O. Tommasi, Tripotens in unalitate spiritus. Mario Vittorino e la gnosi, Koin(N) 20, 1996, 53–75. 1265 Abramowski, Nicänismus und Gnosis (wie Anm. 1262); dies., »Audi, ut dico«. Literarische Beobachtungen und christologische Erwägungen zu Marius Victorinus und den »platonisierenden« Nag Hammadi-Traktaten, ZKG 117, 2006, 145–168 (153 Anm. 37 zu tripotens).

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2. Predigten In manchen Predigten sucht Augustinus seine Hörer an das Geheimnis der Trinität heranzuführen, zumeist nach der Losung: Prius credite, postea intellegete.1266 Eine vollständige Auswertung solcher Sermones scheint es bisher nicht zu geben, obwohl schon 1855 Bindemann auf das Thema hinwies und Mellet 1941 einen guten Überblick gab.1267 Argimiro Turrado hat den bisher wichtigsten Vorstoß unternommen, diese Lücke der Augustinusforschung zu schließen.1268 Er geht einerseits von Augustins eigener Konzeption der Katechese in De catechizandis rudibus aus und schaltet sich andererseits in das Gespräch moderner Religionspädagogen und Dogmatiker über Möglichkeiten der Glaubensvermittlung ein. Turrado würdigt die auf das jeweilige Publikum zugeschnittenen trinitätstheologischen und christologischen Aussagen Augustins in ihrer Vielfalt, ihren theologischen Prämissen und anthropologischen Implikationen. Vor allem will er zeigen, daß gerade in den Predigten eine narrative und »heilsökonomische« Lehrweise vorherrsche. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Pusˇkaric´, der die bleibende Spannung von immanenter und ökonomischer Trinität in den Predigten auf ihre ekklesiologischen Aspekte hin untersucht, nämlich erstens auf die Beziehung von Gott-Vater und Mutter Kirche, zweitens auf die Kirche als Christus totus und drittens auf den Heiligen Geist als Seele der Kirche und Prinzip der Gemeinschaft.1269 Auch Verhees zeigt, wie Augustinus besonders in Predigten (Sermo 71) das Gemeinschaft stiftende und damit auch kirchliche Einheit begründende Wirken des Heiligen Geistes ausmalt.1270 Einigen zentralen Gedankengängen von De trinitate steht vor allem Sermo 52 nahe, von den meisten Autoren um 410 bis 412 datiert, von La Bonnardie`re allerdings erst um 419/420. Augustinus legt hier (wie in De trinitate II) die Perikope von der Taufe Jesu aus (Mt 3, 13–17). Da von der Stimme des Vaters, dem Sohn und dem Heiligen Geist in Gestalt der Taube die Rede ist, nimmt Augustinus das Evangelium zum Anlaß einer Einführung in einige Aspekte der 1266

Aug. (?) symb. ii, 4 [CChr.SL 46, 187, 85]). Zu Augustins Intentionen beim Predigen interessante Thesen bei K.-H. Uthemann, Bemerkungen zu Augustins Auffassung der Predigt. Signal einer kulturellen Wende, Aug(R) 36, 1996, 147–181. Eine kurze Charakterisierung von Augustins Homiletik anhand seines trinitarisch deutbaren Prinzips: non autem praecipit scriptura nisi caritatem (doctr. christ. III, x, 15 [CChr.SL 32, 87, 22 f. M.]) versucht C. C. Black, Four Stations en Route to a Parabolic Homiletic, Int. 54, 2000, 386–397. 1267 C. Bindemann, Der heilige Augustinus, Bd. 2, Berlin 1855, 203–210; M. Mellet, Le myste`re de la Sainte Trinite´. Comment saint Augustin preˆchait la Trinite´ aux fide`les d’Hippone, VS 64, 1941, 401–421. 1268 A. Turrado, ¿Gran leccio´n de la catequesis cristolo´gica-trinitaria de san Agustı´n a algunas cristologı´as actuales?, in: [Var. auct.], La Trinidad en la catequesis, SEstTrin 12, Salamanca 1978, 103–157. 1269 D. Pusˇkaric´, La Chiesa e il mistero trinitario nella predicazione di S. Agostino, Aug(R) 19, 1979, 487–506. 1270 J. Verhees, Heiliger Geist und Gemeinschaft bei Augustinus von Hippo. Biographische und kirchengeschichtliche Hintergründe des Themas, RE´Aug 23, 1977, 245–264.

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spekulativen Trinitätslehre. Er spricht besonders die Frage an, inwieweit memoria, intellectus, voluntas des Menschen ein Abbild der göttlichen Trinität sind. Pierre-Patrick Verbraken hat diese Predigt sorgfältig ediert.1271 Erwin Schadel hat sie mit Erläuterungen teilweise ins Deutsche übersetzt.1272 Auch die knappen Analysen von Lafont, Ayres und Barnes verdienen Erwähnung, wobei alle drei auch epistula 11 an Nebridius, Ayres zudem sermo 117 und epistula 120 untersuchen.1273 Es wäre allerdings ein fataler Trugschluß, würde man Sermo 52 für ein Miniaturmodell von De trinitate halten und die Interpretation des großen Werkes nach dem vermeintlichen kleinen Modell ausrichten.1274 Die Predigt wendet sich an ein anderes Publikum und bleibt nicht nur umfangmäßig, sondern auch in prinzipieller Hinsicht um Dimensionen hinter dem zurück, was das große Werk über die Trinität intellektuell bewältigt.

3. Sonstige Schriften Die Trinitätstheologie in De fide et symbolo aus dem Jahre 393 wird in einem Aufsatz von Ramo´n Sala ausführlich dargestellt, allerdings mit wenig dogmenund zeithistorischem Hintergrund. Es gehe Augustinus um die Explikation des kirchlichen Glaubens. Die Philosophie sei mehr als Hilfsmittel und Propädeutik verwendet. Augustinus wolle Oikonomia und Theologia zusammendenken. Insofern stehe Augustins Denken hier auf einem Boden, der den Ostkirchen und der Kirche des Westens gemeinsam ist.1275 György Heidl dagegen nimmt den philosophischen Hintergrund dieses Werkes ernster. Er geht der Bezeichnung des Heiligen Geistes als »vollkommen geordneter Gabe« Gottes nach. Gegen den Manichäismus wolle Augustinus zeigen, daß Gott wirklich der Schöpfer von allem ist. Zu diesem Zweck gestalte Augustinus die platonische Ideenlehre und Kosmogonie trinitarisch um: Gottvater gebe der ungeformten 1271 P. Verbraken, Le sermon LII de saint Augustin sur la trinite´ et l’analogie des faculte´s de l’aˆme, RBe´n 74, 1964, 9–35; zu den Datierungen ders., E´tudes critiques sur les sermons authentiques de saint Augustin, IP 12, Steenbrugge 1976, 65. Vgl. jetzt L. DeConinck/B. Coppieters ’t Wallant/R. Demeulenaere, La tradition manuscrite du recueil »De verbis Domini« jusqu’au XII e sie`cle. Prole´gome`nes a` une e´dition critique des Sermones ad populum d’Augustin d’Hippone sur les E´vangiles (serm. 51 sqq.). With an English summary and a new critical edition of Serm. 52, 71 and 112, IP 45, Turnhout 2006. 1272 E. Schadel, Gemeinsam die gemeinsame Natur erkennen. Eine Hinführung zur augustinischen Trinitätsspekulation (Sermo 52), ThGl 69, 1979, 314–319. Ein Teilabdruck einer älteren französischen Übersetzung von Sermo 52 findet sich bei Vannier, Saint Augustin (wie Anm. 165), 43–48. Sergio Gonza´lez stellt die Inhalte der Texte panoramenhaft nebeneinander: La vivencia trinitaria en San Agustı´n (»De la Trinidad« y »Sermo´n 52«), RelCult 46, 2000, 301–317. 1273 Lafont, Peut-on (wie Anm. 478), 91–97; Ayres, »Remember that you are Catholic« (wie Anm. 779); Barnes, Rereading Augustine on the Trinity (wie Anm. 774). 1274 Vgl. oben S. 160. 1275 R. Sala, El discurso trinitario de San Agustı´n en ›De fide et symbolo‹, EstAg 31, 1996, 187–244.

Sonstige Schriften

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Materie das bloße Sein. Der Heilige Geist verleihe ihr die Fähigkeit, Form anzunehmen, also in eine gestaltete Ordnung eingefügt zu werden. Der Gottessohn schenke dann Form und Gestalt.1276 Im dreizehnten, letzten Buch der Confessiones ruft Augustinus: Ecce apparet mihi in aenigmate trinitas, quod es, deus meus.1277 Daran schließen sich wenig später Reflexionen − fast könnte man sagen: Visionen − über die Trinität von Sein, Erkennen und Wollen an. Horst Kusch und Robert D. Crouse versuchen, die oft bestrittene, von vielen Autoren unverstandene Einheit der Confessiones von der Trinitätstheologie des dreizehnten Buches her aufzuzeigen. Denn die Lehre von der trinitarischen Gottebenbildlichkeit des Menschen und ihrer Wiederherstellung durch die conversio verleihe dem ganzen Werk seine grundlegende Struktur und Denkbewegung. Kusch untersucht für diese durchaus überzeugende These erschöpfend vor allem die aus De trinitate bekannten Ternare in den Confessiones.1278 Crouse kommt es vorrangig auf die Weise an, wie Augustinus eine Konversion der Philosophie praktiziere: Es gehe nicht um einen Analogieschluß von den Ternaren der menschlichen Seele auf Gottes Trinität, sondern gerade umgekehrt illuminiere für Augustinus die göttliche Trinität das Verständnis der Seele, weil diese ihr Ebenbild ist.1279 Michel Willy Libambu geht den feinen sprachlichen Veränderungen nach, die Augustinus am GenesisText vornimmt, um nach und nach, nicht zuletzt unter dem Einfluß des Ambrosius, im dreizehnten Buch der Confessiones den Schöpfergott mit der Trinität zu identifizieren.1280 Basil Studer zeichnet biblische, tauftheologische und manichäische Hintergründe der trinitätstheologischen Partien in den Confessiones nach.1281 1276 G. Heidl, ›Ordinatissimum Dei Munus‹. The Trinity in Augustine’s De Fide et Symbolo 2. 2, StPatr 38, 2001, 174–180 (spanische Übersetzung: ›Ordinatissimum Dei munus‹. La Trinidad, en ›De fide et symbolo‹ 2, Aug(M) 48, 2003, 95–102), die lateinische Formulierung Aug. fid. et symb. ii, 2 (CSEL 41, 6, 7 Z.). Vgl. zur Pneumatologie von De fide et symbolo außerdem die Arbeiten von Verhees (wie Anm. 968 und Anm. 1259). 1277 Aug. conf. XIII, v, 6 (CChr.SL 27, 244, 1 f. V.). 1278 H. Kusch, Studien über Augustinus. I. Trinitarisches in den Büchern 2–4 und 10–13 der Confessiones, in: Festschrift Franz Dornseiff (wie A. 899), 124–183. 1279 R. D. Crouse, ›In Aenigmate Trinitatis‹ (Confessions, XIII,5,6): The Conversion of Philosophy in St. Augustine’s Confessions, Dionysius 11 1987, 53–62. 1280 M. W. Libambu, Trinita` creatrice nelle Confessioni XIII, 5, 6. Teologia, fonti e linguaggio, in: Le Confessioni di Agostino (402–2002): Bilancio e prospettive. XXXI Incontro di studiosi dell’antichita` cristiana. Roma, 2–4 maggio 2002, SEAug 85, Rom 2003, 457–485. Der Autor nennt zwei weitere, bisher unveröffentlichte Arbeiten: Ders., Trinite´ et Marie chez Augustin. Eclairage pour la re´flexion mariologique en Afrique, Congresso Mariologicomariale, Rom 2000; ders., Cre´ation et Trinite´ chez saint Augustin. Recherches sur les sources du De Civitate Dei XI, Diss. Rom 2001 (Univ. Salesiana). Erschienen ist davon als Teildruck: Trinitas creatrix apud Patres Latinos (saec. IV-V). Studia historica et philologica Latinitatis christianae, Rom 2004. 1281 B. Studer, La fede battesimale nelle Confessioni di sant’Agostino, in: Le Confessioni di Agostino (402–2002): Bilancio e prospettive. XXXI Incontro di studiosi dell’antichita` cristiana. Roma, 2–4 maggio 2002, SEAug 85, Rom 2003, 435–455 (erneut in: Ders., Durch Geschichte zum Glauben [wie Anm. 733], 429–453).

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Die wichtigsten trinitätstheologischen Passagen in De civitate dei sind von Gerald Bray knapp analysiert worden.1282 Die Idee, diese Stellen als Zeugnisse einer voranschreitenden Entwicklung Augustins während der Entstehungszeit von De trinitate zu lesen, ist interessant, aber wegen der teils unklaren Chronologie letztlich fragwürdig, zumal diese beiden augustinischen Werke ganz verschiedenen Absichten dienen. Bray behauptet, die theologischen und philosophischen Grundlagen von De trinitate würden in De civitate dei tiefgründiger dargelegt als in De trinitate. Aber dabei legt er ein zu oberflächliches Verständnis von De trinitate zugrunde. Bray setzt sich im übrigen leider nicht mit den Arbeiten über Trinität und Schöpfung in De civitate dei auseinander, die an anderer Stelle des vorliegenden Berichtes bereits besprochen wurden.1283 − Hinzuweisen ist noch auf die dichten Kurzkommentare von Gustave Bardy in der Ausgabe des »Gottesstaates« in der Bibliothe`que Augustinienne, auf die ausführlichen, gehaltvollen Einleitungen und Kommentare von Marie-Franc¸ois Berrouard zu den trinitätstheologischen Passagen in Augustins Tractatus in Iohannis evangelium, sowie auf mehrere weitere Arbeiten.1284 − Die Forschung zu den sogenannten antiarianischen Schriften Augustins ist oben S. 122 ff. besprochen worden.

4. Zweifelhafte und unechte Schriften Ein in mehreren Handschriften von De trinitate seit dem zehnten Jahrhundert enthaltenes, aber auch separat durch noch ältere Textzeugen überliefertes Gebet, das Titel wie Oratio Augustini in librum de trinitate trägt, wurde zuerst von Germain Morin publiziert, der seine Echtheit für möglich hielt.1285 Mountain druckt den Text im Anhang in neuer Edition ab, begründet aber überzeugend seine starken Zweifel an der Echtheit. Denn anscheinend sind darin bereits Formulierungen des Prosper von Aquitanien, des Konzils von Toledo 638 und anderer nachaugustinischer Texte verwertet.1286 1282 G. Bray, The Doctrine of the Trinity in Augustine’s De Civitate Dei, EJTh 1, 1992, 141–149 (besonders zu De civitate dei X, xxiii f.; XI, x; XI, xxiv-xxix). 1283 Oben S. 204 f. 1284 G. Bardy, BAug 33, 1959, 828; 34, 1959, 630; M.-F. Berrouard, BAug 71–75 passim; zu den Tractatus vgl. auch N. Cipriani, La rivelazione della trinita` immanente nei Tractatus in Iohannem di S. Agostino, in: Atti del VII simposio di Efeso su S. Giovanni Apostolo, Rom 1999, 235–258 (Augustinus unterscheide zwischen Gottvater im Sinne der Philosophen und des Alten Testaments einerseits und dem Vater Jesu Christi andererseits). − Zu den Anthologien von M.-A. Vannier siehe oben Anm. 165 und Anm. 792. Roberto E. D’Amico hat laut italienischem Verbundkatalog die Briefe Augustins zur Trinitätslehre zusammengestellt, der Band war jedoch über das Fernleihsystem nicht verfügbar (De Trinitate: Ex epistolis sancti Augustini, Cordoba [Arg.] 1954). 1285 G. Morin, Une prie`re ine´dite attribue´e a` saint Augustin, RBe´n 21, 1904, 124–132 (= PLS 2, 1543–1545 Hamman). 1286 Edition: CChr.SL 50a, 549–555 M.; dazu Montains Einleitung, CChr.SL 50, LXXVIII-LXXXII. Für unecht hält auch Frede, Kirchenschriftsteller (wie Anm. 189), 304, die oratio. Dekkers (CPL Nr. 328) erwähnt die Bedenken, listet die Oratio gleichwohl unter den echten Werken Augustins auf.

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Das pseudo-augustinische Schrifttum ist, auch soweit es noch in die Zeit der christlichen Antike gehört, naturgemäß weitaus schlechter erforscht als die authentischen Werke.1287 Meistens gibt es keine speziellen modernen Untersuchungen dazu, so daß im einen oder anderen Falle eine erneute Prüfung der Athetese sinnvoll sein könnte. Das Thema Trinitätstheologie betreffen außer einigen pseudepigraphen Predigten1288 drei nach Frede afrikanische und ins fünfte oder sechste Jahrhundert gehörige Pseudo-Augustiniana: die Fälschung der Diskussion Augustins mit dem »Arianer« Pascentius,1289 die aus Augustinus selbst schöpfenden Solutiones diversarum quaestionum ab haereticis obiectarum1290 und das Fragment eines antiarianischen Sermo in der Schrift Hinkmars von Reims De una et non trina deitate.1291 Nichts scheint über Datum und Ort der kurzen pseudo-augustinischen Schrift De unitate sanctae trinitatis bekannt zu sein.1292 Das teils aus echten Augustinus-Texten, teils aus dem pseudepigraphen Dialog Augustins mit Orosius kompilierte Buch De trinitate et unitate dei gehört wohl karolingischer Zeit zu.1293 Die von manchen frühen Autoren Augustinus zugeschriebene Schrift Contra Felicianum Arianum de unitate trinitatis gilt heute als nicht authentisch und könnte dem Vigilius von Thapsus zugehören.1294 Von den zweifellos unechten unter den Varianten des breviculus war oben schon die Rede.1295 1287 Verzeichnisse der Pseudo-Augustiniana bieten: Frede, Kirchenschriftsteller (wie Anm. 189), 260–304; CPL Nr. 361–386; für die mittelalterlichen Pseudo-Augustiniana: J. Machielsen, Clavis patristica pseudepigraphorum Medii Aevi, 2 Bde. in 4, Turnhout 1990– 94: Bd. Ia, 86–562 (Nr. 450–3387) für homiletische Literatur, Bd. IIa, 60–127 (Nr. 115– 303) für theologische und exegetische Werke, Bd. IIb, 691–720 (Nr. 3060–3150) für asketische Schriften; Bd. IIa, 60 f. (Nr. 120–120 f), verzeichnet mittelalterliche Auszüge aus De trinitate, vornehmlich in pseudoaugustinischen Schriften. 1288 Z. B. Ps.-Aug. serm. 182 Mai = Caes. arel. trin. (PLS 4, 532–545 Hamman) und Ps.Aug. serm. 242 (PL 39, 2191–93). 1289 Ps.-Aug. coll. c. Pasc. (PL 33, 1156–62). Vgl. Frede, Kirchenschriftsteller (wie Anm. 189), 263, und CPL Nr. 366 (mit Literatur). Daß eine solche Debatte stattgefunden hat, bezeugt Possid. vita Aug. xvii, 1–6 (170–172 B.), vgl. unten S. 430. 1290 Ps.-Aug. solut. (CChr.SL 90, 149–223 Schwank). Vgl. Frede, Kirchenschriftsteller (wie Anm. 189), 303, und CPL Nr. 363. 1291 Ps.-Aug. frg. (PL 125, 607–611). Vgl. Frede, Kirchenschriftsteller (wie Anm. 189), 304, und CPL Nr. 378 (mit Literatur). 1292 Ps.-Aug. un. trin. (PL 42, 1207–12). Vgl. Frede, Kirchenschriftsteller (wie Anm. 189), 304, und CPL Nr. 379. 1293 Ps.-Aug. trin. un. dei (PL 42, 1193–1200). Zur Datierung CPL Nr. 379o unter Berufung auf J. Madoz, Le symbole du XI e Concile de Toledo, Louvain 1938, 184, Anm. 2. Der Dialogus quaestionum LXV Orosii percontantis et Augustini respondentis (CPL 373a) stammt wohl aus Spanien, zweite Hälfte des siebten Jahrhunderts (R. Gryson in Frede, Kirchenschriftsteller [wie Anm. 189], Aktualisierungsheft 1999, 50). 1294 Ps.-Aug. c. Felician. (PL 42, 1157–72 und 62, 333–352). Vgl. Frede, Kirchenschriftsteller (wie Anm. 189), 791, und CPL Nr. 808. Auf ein griechisches Exzerpt daraus, das der Rest einer griechischen Übersetzung sein könnte, weist M. Rackl hin (Die griechischen Augustinusübersetzungen, in: Miscellanea Francesco Ehrle, Bd. 1, StT 37, Rom 1924, 1–38; hier 34). Vgl. zu c. Felician. und anderen Pseudepigraphen B. Blumenkranz, La survie me´die´vale de saint Augustin a` travers ses apocryphes, AugMag 2, 1954, 1003–18. 1295 Oben S. 20.

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5. Exkurs: Die Legende von Augustinus und dem Knaben am Meer Die berühmteste aller Augustinuslegenden handelt von der Entstehung des Werkes De trinitate. Augustinus denkt beim Spaziergang über die Trinität nach. Da sieht er am Meeresufer einen Knaben, der mit einem Muschelgehäuse Wasser in eine Sandmulde schaufelt. Amüsiert fragt der Heilige das Kind nach dem Zweck seines Tuns. Der Knabe antwortet, er wolle das ganze Meer in die kleine Vertiefung schöpfen. Augustinus schmunzelt und sagt, das sei unmöglich. Das Kind erwidert, dies sei eher möglich, als daß Augustinus auch nur den kleinsten Teil der Geheimnisse der Trinität in seinem Buche auszuschöpfen vermöchte. Der Knabe entschwindet. Bischof Augustinus aber wird ganz bescheiden und verfaßt, so gut er es eben kann, demütig sein Werk über die Trinität mit einem vorangestellten Gebet.1296 In dieser Form erzählt Petrus de Natalibus die Geschichte in seinem Catalogus sanctorum, den er zwischen 1369 und 1372 veröffentlicht. Hier scheint sie zum ersten Mal in einem hagiographischen Werk zu stehen.1297 Auch die Bollandisten druckten die Legende nach Petrus de Natalibus ab.1298 Sie erkannten bereits, daß es sich um keine sehr alte Legende über Augustinus handelt. Denn sie ist weder bei Augustinus selbst zu lesen, noch ist sie in der Vita Augustini des Possidius oder in den Augustinusviten der ersten Hälfte des Mittelalters enthalten. Mit der Herkunft und Überlieferungsgeschichte der Legende haben sich zahlreiche Forscher befaßt, die den unterschiedlichsten Fachgebieten angehören, unter anderem der Märchen-, Narrativitäts- und Exempelforschung, der Patrologie, Mediävistik, Keltologie, Germanistik, Slavistik und Kunstgeschichte. Alle diese Autoren haben bisher nur einen Teil der übrigen Arbeiten zum Thema zur Kenntnis genommen.1299 Im folgenden wird versucht, die wichtigsten Ergebnisse der Forschung zusammenzufassen. Es ist allerdings nicht ganz auszuschließen, daß Ergebnisse aus irgendeinem der beteiligten Wissenschaftszweige übersehen wurden, die zu einer anderen Einschätzung der Entwicklung dieser Augustinuslegende führen könnten. Die Szene von Augustinus mit dem Knaben am Meer ist nach dem Urteil der Kunsthistorikerin Anna Jameson in der gesamten Augustinus-Ikonographie am häufigsten belegt.1300 Ende des vierzehnten Jahrhunderts tauchen die ersten Bilder auf.1301 Seit Benozzo Gozzolis Fresken in der Hauptchorkapelle von S. AgoPetrus de Natalibus, Catalogus sanctorum, Vicenza 1493, Bl. A4v–[A5]r (liber VII, Nr. cxxviii). Ob mit dem Gebet die in mehreren Handschriften unmittelbar vor De trinitate stehende pseudo-augustinische oratio (vgl. oben S. 304) gemeint ist? 1297 H.-I. Marrou, Saint Augustin et l’ange. Une le´gende me´die´vale, in: L’Homme devant Dieu [FS Henri de Lubac], Bd. 2, The´ol(P) 57, Paris 1964, 137–149; hier 140. 1298 ActaSS Aug. VI, 1868, 357 f. (zuerst 1743). 1299 Hervorzuheben ist die Studie zur literarischen Überlieferung von Marrou (wie Anm. 1297), die aber ebenfalls nur einen Teil der genannten Forschungszweige erfaßt. Eine erste Skizze hatte Marrou im BSNAF 1954/55, 131–135, publiziert. 1300 A. Jameson, Sacred and Legendary Art, Bd. 1, Boston 1879, 329. 1301 J. Courcelle/P. Courcelle, Iconographie de saint Augustin, [Bd. 2], Les cycles du XV e sie`cle, Paris 1969, 100. 1296

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stino in San Gimignano (1463 bis 1465) wird die Szene zum Bestandteil der meisten Augustinuszyklen. E´mile Maˆle, Louis Re´au, Jeanne und Pierre Courcelle haben das reiche Material gesammelt: Fresken, Gemälde, Zeichnungen und Stiche vom vierzehnten bis zum zwanzigsten Jahrhundert.1302 Die Legende umfaßt mehrere Varianten: So kann der Knabe in Texten wie auch in bildlichen Darstellungen statt mit einer Muschel bzw. einem Schnekkenhaus (coclea) auch mit einem Löffel (coclear) schöpfen, und in manchen Varianten ist er als Engel, in anderen als Jesuskind stilisiert. Augustins abschließende Reaktion wird in den Texten ebenfalls etwas unterschiedlich erzählt. Als ziemlich sicheres Ergebnis der Forschung kann gelten, daß die Legende ursprünglich gar nichts mit Augustinus zu tun hatte, sondern von einem Anonymus oder anderen Personen literarischer oder historischer Art handelte. Dabei wurzelt die Erzählung offenbar tief in europäischen und letztlich orientalischen Märchenmotiven.1303 Eine Variante der Legende wird in »Brandans Meerfahrt« erzählt, einem verbreiteten Erzählstoff des Mittelalters,1304 und zwar 1302 Dies./ders., Les cycles du XIV e sie`cle, Paris 1965; Les cycles du XV e sie`cle, Paris 1969; Les cycles du XVI e et du XVII e sie`cle, Paris 1972; Les cycles du XVII e sie`cle (2 e partie) et du XVIII e sie`cle, Paris 1991; Les cycles du XVIII e sie`cle. I. L’Allemagne, Paris 1980 (mehr nicht erschienen); E´. Maˆle, L’art religieux apre`s le Concile de Trente. E´tude sur l’iconographie de la fin du XVI e sie`cle, du XVII e, du XVIII e sie`cle, Paris 1932, 458–460; L. Re´au, Iconographie de l’art chre´tien, Bd. III/1, Paris 1958, 149–156 (hier 154 zur Szene mit dem Knaben, 154 f. auch zu den selteneren Darstellungen der Trinitätsvision des hl. Augustinus); J. C. Schnaubelt/F. Van Fleteren (Hgg.) Augustine in Iconography. History and Legend, CollAug 4, New York u. a. 1999, besonders 53 und 482 f. Zu Gozzolis Fresken vgl. D. C. Ahl, Benozzo Gozzoli: The Life of Saint Augustine in San Gimignano, ebd. 359–382; R. Cardini/A. P. Rizzo/M. Regoliosi (Hgg.), Benozzo Gozzoli: Le storie di Sant’Agostino a San Gimignano, Rom 2001; M. Strauss, Die Augustinusvita von Benozzo Gozzoli aus der Kirche S. Agostino in San Gimignano, Aug(L) 52, 2002, 5–114; hier 38 mit Abb. 12; zur kunstgeschichtlichen Einordnung des Zyklus von San Gimignano vgl. auch St. Roettgen, Wandmalerei der Frührenaissance in Italien, Bd. 1, München 1996, 380 f. und Tafel 231. − Zum Zyklus in der Kathedrale von Carlisle und seinen Quellen E. Colledge, Caxton’s Addition to the »Legenda sancti Augustini«, Aug(L) 34, 1984, 198–212. 1303 H.-W. Nörtersheuser, Art. Augustinus und das Knäblein, EdM I, 1977, 1017–19. 1304 Das folgende nach W. Haug, Vom Imram zur Aventüre-Fahrt, in: Ders., Strukturen als Schlüssel zur Welt. Kleine Schriften zur Erzählliteratur des Mittelalters, Tübingen 1990, 379–408; ders., Brandans Meerfahrt und das Buch der Wunder Gottes, in: L. Rimpau/P. Ihring (Hgg.), Raumerfahrung − Raumerfindung. Erzählte Welten des Mittelalters zwischen Orient und Okzident, Berlin 2005, 37–55; ders., The little man on a leaf and the two concepts of the Dutch/German Reise, in: G. S. Burgess/C. Strijbosch (Hgg.), The Brendan Legend. Texts and Versions, NW 24, Leiden u. a. 2006, 81–98. In den beiden letztgenannten Aufsätzen nimmt sich Haug des Themas in einer faszinierenden erzähltheoretischen und geistesgeschichtlichen Perspektive erneut an. Er zeigt, daß die Zwergenepisode in zwei Versionen der »Reisefassung« ganz fehlt, in den übrigen an unterschiedlicher Stelle erzählt wird, so daß sie wohl erst nachträglich in die Reisefassung aufgenommen worden ist, was nicht ohne Spannungen zu den verschiedenen Erzählrahmen der Versionen abgeht und zudem unterschiedliche Funktionen der Geschichte bedingt, die von der Erfahrung der unfaßbaren göttlichen Macht handelt. Haugs Thesen wären auch für das Augustinus-Exempel mutatis mutandis fruchtbar zu machen. − In Teilen überholt ist der Überblick zu Versionen und Über-

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nicht in der lateinischen Navigatio, die wohl zwischen dem achten und dem zehnten Jahrhundert vielleicht von einem irischen Mönch in Lothringen verfaßt wurde, sondern in der verlorenen, doch aus späteren Redaktionen rekonstruierbaren mittelfränkischen Neufassung (»Reisefassung«) vermutlich des ausgehenden zwölften Jahrhunderts, oder eher noch, den jüngsten Forschungen von Walter Haug zufolge, in einer weiteren, ebenfalls verlorenen Bearbeitung dieser Neufassung aus dem dreizehnten oder vierzehnten Jahrhundert. Sankt Brandan, so die Erzählung, liest in einem Buch oder mehreren Büchern von Wundern, die er bezweifelt. Was dann geschieht, ist in zwei Varianten überliefert. Nach der einen Variante wirft er das letzte dieser Bücher ins Feuer und muß nun zur Strafe eine Reise antreten, um die Wunder mit eigenen Augen zu sehen. Die andere Variante besagt dagegen, daß er ein einziges Buch der Wunder liest und verbrennt, und daß er nun ausfahren muß, um das Buch neu zu schreiben. In beiden Varianten trifft er auf der Reise einen Zwerg, der auf einem Blatt im Meer schwimmt, einen Griffel ins Wasser taucht und dann in einen kleinen Napf abtropfen läßt. Auf Brandans Frage, was er da treibe, behauptet der Kleine, daß er das Meer ausmesse. Brandan erklärt, das sei unmöglich. Doch der Zwerg entgegnet, dieses Tun sei ebenso unmöglich wie Brandans Versuch, alle Wunder Gottes in Erfahrung zu bringen. Die Strukturverwandtschaft mit der Augustinuslegende ist deutlich, aber das Thema ist hier nicht die Trinität. Dagegen bezieht sich die Legende in den anonymen Sermones de tempore einer Handschrift der ehemaligen Dombibliothek zu Ottmuchau-Neisse bereits auf die Trinitätslehre. Nicht Augustinus, sondern Lanfranc, der spätere Erzbischof von Canterbury, ist hier Held der Legende, die sich am Ufer der Se´e in Avranches zwischen 1040 und 1042 abspielt. Joseph Klapper, der dieses Predigtexempel 1911 ediert hat, wies die Handschrift dem ausgehenden zwölften Jahrhundert zu − es würde sich damit um die älteste bisher bekannte Version der auf die Trinität angewandten Legende handeln.1305 Aber die Datierung ist zweifelhaft, auch die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts oder ein noch späteres Datum kommen in Frage.1306 Caesarius von Heisterbach, setzungen von L. Intorp, Art. Brandans Seefahrt, EdM II, 1979, 654–658. Zur Quellenfrage der Zwergengeschichte wenig Neues bei C. Strijbosch, De bronnen van De reis van Sint Brandaan, Middeleeuwse studies en bronnen 44, Hilversum 1995, 247–251 (englische Übersetzung: The Seafaring Saint. Sources and Analogues of the Twelfth-Century Voyage of Saint Brendan, Dublin/Portland, OR 2000, 227–231). Vgl. G. S. Burgess/C. Strijbosch, The Legend of St. Brandan. A Critical Bibliography, Dublin 2000. − P. Strohschneider glaubt höchstwahrscheinlich zu Unrecht, die Fabel vom Napf sei schon im zwölften Jahrhundert als Anspielung auf die Augustinuslegende verstanden worden (Der Abt, die Schrift und die Welt. Buchwissen, Erfahrungswissen und Erzählstrukturen in der Brandan-Legende, in: ScPoet 1, 1997, 1–34; hier 30 f.). 1305 J. Klapper, Exempla aus Handschriften des Mittelalters, SMLT 2, Heidelberg 1911, 17 f., Nr. 9: De Lantfranco et Berengario (heute Hs. I. Q. 267 Biblioteka Uniwersytecka, Wrocław). Vgl. A. Wesselski, Klaret und sein Glossator. Böhmische Volks- und Mönchsmärlein im Mittelalter, Brünn u. a. 1936, 67. 1306 Briefliche Mitteilung von Lesław Spychala, Biblioteka Uniwersytecka Wrocław, 17. September 1999.

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Zisterzienser seit 1199, schildert in einer Predigt genau das gleiche Exempel von einem Pariser Magister am Ufer der Seine: Nach dem Gespräch mit dem Knaben gibt der Lehrer die Absicht auf, seinen Studenten eine offenkundige similitudo zur Trinität vorzuführen, und lehrt stattdessen, das Geheimnis von Trinität und Einheit nicht durch Vernunft, sondern im Glauben zu erörtern.1307 Auch in die vielgelesenen Libri miraculorum des Caesarius fand das Predigtmärlein Eingang.1308 Im fünfzehnten Jahrhundert wird auch einmal Alanus ab Insulis zum Protagonisten der Legende.1309 Nach bisherigem Forschungsstand ist der Dominikaner Thomas von Cantimpre´ mit seinem verbreiteten Bonum universale de apibus (zwischen 1256 und 1263) der erste gewesen, der das Exempel auf Augustinus bezogen und dadurch populär gemacht hat.1310 Von da an fand die Augustinuslegende bald Eingang in zahlreiche spätmittelalterliche und barocke Predigten Europas.1311 Klapper hat eine dem dreizehnten Jahrhundert entstammende Fassung dieses Predigtexempels aus einer Handschrift des Breslauer Dominikanerklosters publiziert, in dem zu Anfang noch von einem »gewissen Magister der Theologie« die Rede ist, von gleicher Hand jedoch »Augustinus« darübergeschrieben wurde.1312 Die Vermutung, daß die Übertragung der Legende auf Augustinus innerhalb des Dominikanerordens erfolgt ist und sich dort ausgebreitet hat, läßt sich durch eine weitere Beobachtung stützen. Denn das Exempel ist zwar im Augustinusteil der 1307 Caesarius Heisterbacensis, sermones dominicales, hom. xxvii, 174 (Die Wundergeschichten des Caesarius von Heisterbach, hg. von A. Hilka, Bd. 1, PGRGK 43/1, Bonn 1933, 134 f.). 1308 Ders., libri VIII miraculorum II, 1 (Hilka, Bd. 3, PGRGK 43/3, Bonn 1937, 75 f.). 1309 Vgl. die notitia historico-litteraria in Alanum: PL 210, 15; C. M. Hutchings, L’Anticlaudianus d’Alain de Lille, Romania 50, 1924, 1–13. Die von Alberic de Meijer (Saint Augustine and the Conversation with the Child on the Shore. The History Behind the Legend, AugHer 39, 1993, 21–34; hier 30, Anm. 3) berichtete vermeintliche Entdeckung dieser Legende durch Marijke Carasso-Kok fällt mit der Datierung ins dreizehnte Jahrhundert sogar hinter den von Marrou (Saint Augustin et l’ange [wie Anm. 1297], 143, Anm. 31) erreichten Kenntnisstand zurück. 1310 Thomae Cantipratensis . . . Bonum universale de apibus [II, 48], Douai 1627, 437–439. Vgl. Thomas de Cantimpre´, Les exemples du ›Livre des abeilles‹, pre´sentation, traduction et commentaire par H. Platelle, Turnhout 1997, sowie Wesselski, Klaret (wie Anm. 1305), 69. Einer Klärung bedürfte die Frage, ob der pseudo-augustinische Brief an Kyrill von Alexandrien, meist dem zwölften Jahrhundert zugeschrieben (Frede, Kirchenschriftsteller [wie Anm. 189], 261; CPL Nr. 367), Ursache oder Folge der Übertragung der Legende auf Augustinus ist; Augustinus schildert dort eine Vision, in der es heißt: Augustine, Augustine, quid quaeris? Putasne brevi immittere vasculo mare totum? (PL 33, 1123). 1311 F. C. Tubach, Index Exemplorum. A Handbook of Medieval Religious Tales, FFC 204, Helsinki 1969, 377, Nr. 4986; E. Moser-Rath, Predigtmärlein der Barockzeit. Exempel, Sage, Schwank und Fabel in geistlichen Quellen des oberdeutschen Raumes, Fabula A 5, Berlin 1964, 412 f., Nr. 257 (Abdruck in einer noch ganz barocken Fassung vom Anfang des achtzehnten Jahrhunderts); 504 f. Verzeichnis weiterer Predigten und Literatur; H. Brunner/ B. Wachinger (Hgg.), Repertorium der Sangsprüche und Meisterlieder des 12. bis 18. Jahrhunderts, Teil 15, Tübingen 2002, 34. 1312 J. Klapper, Erzählungen des Mittelalters, WuB 12, Breslau 1914, 250 f. (Hs. I. F. 115, s. XIV, Biblioteka Uniwersytecka, Wrocław). Vgl. Wesselski, Klaret (wie Anm. 1305), 70.

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wohl vor 1267 abgefaßten Legenda aurea des Jacobus de Voragine noch nicht enthalten, wohl aber in den nach 1267 und vor 1297 (also in jedem Falle später als das Bienenbuch des Thomas) niedergeschriebenen Sermones dieses überaus vielgelesenen Dominikaners. Schon bei ihm dient die Legende von Augustinus und dem Knaben als willkommene Legitimation dazu, am Sonntag Trinitatis nichts Tiefschürfendes über die Dreifaltigkeit sagen zu müssen.1313 In dieser Funktion begegnet sie noch heute in Predigten. Die Legende ging auch in die Dichtung ein, etwa von Hans Sachs (»Geheimnis der Gottheit«) und Lope de Vega (»El divino Africano«) über Angelus Silesius: Halt an, mein Augustin: Eh du wirst Gott ergründen, Wird man das gantze Meer in einem Grüblein finden.

bis in Achim von Arnims und Clemens Brentanos Sammlung Des Knaben Wunderhorn (»Augustinus und der Engel«).1314 Man könnte die Rezeptionsgeschichte des Predigtexempels in eine Geschichte des Augustinus-Mißverstehens und einer christlichen Skepsis gegenüber rationaler Theologie münden lassen. So läßt etwa das Velikoje Zercalo, eine im siebzehnten Jahrhundert im Auftrag des Zaren verfaßte russische Bearbeitung des spätmittelalterlichen lateinischen Magnum Speculum Exemplorum, eine radikale und von manchen ostkirchlichen Theologen nur zu gerne erträumte Konsequenz aus der Begebenheit erwachsen: Augustinus schreibt De trinitate nicht mehr zu Ende.1315 Es liegt auf der Hand, daß die so überaus unaugustinisch gedachte Legende von Anfang an eine Kritik an denkender Reflexion in Sachen Trinitätslehre impliziert. Marrou vermutet ein für die Zisterzienser belegbares monastisches Mißtrauen gegenüber scholastischer Gotteserkenntnis hinter dem Märlein des Caesarius von Heisterbach.1316 Daß man nach wechselnden Namensgebungen schließlich im dreizehnten Jahrhundert Augustinus selbst, den Lehrer aller Scholastiker, zum Protagonisten der Legende vom Knäblein am Meer erhoben hätte, würde durchaus einleuchten. Von einer zuverlässigen Gesamtdarstellung der Geschichte und Herkunft dieser Legende ist die Forschung jedoch noch weit entfernt. Das Thema dürfte einer ausführlichen komparatistischen Bearbeitung wert sein. 1313 Jacobus de Voragine, Sermones dominicales [Sermones de tempore], o. O. [Ulm] 1484, Bl. XCVr (in festo trinitatis . . . sermo tercius). Datierungen nach K. Kunze, Art. Jacobus de Voragine, VerfLex IV, 21983, 447–466. 1314 Diese und weitere Belege bei J. Bolte, Die Legende von Augustinus und dem Knäblein am Meere, ZVVK 16, 1906, 90–95; Ergänzungen ebd. 426 f., (J. Hertel) und 21, 1911, 336–338 (F. Weinitz/J. Bolte) sowie vor allem bei Wesselski, Klaret (wie Anm. 1305), 66–70. Das Zitat: Angelus Silesius (Johannes Scheffler), Cherubinischer Wandersmann, kritische Ausgabe, hg. von L. Gnädinger, Stuttgart 1984, 154 (IV, 22). 1315 R. Alsheimer, Das Magnum Speculum Exemplorum als Ausgangspunkt populärer Erzähltraditionen. Studien zu seiner Wirkungsgeschichte in Polen und Rußland, Frankfurt 1971 (= Diss. Frankfurt 1971), 117. 1316 Dazu paßt z. B. das Wort des Bernhard von Clairvaux über das Geheimnis der Trinität (consid. V, viii, 18 [Opera, Bd. 3, ed. J. Leclercq/H. M. Rochais, 482, 15 f.]): Scrutari hoc temeritas est, credere pietas est, nosse vita et vita aeterna est.

Achtes Kapitel

Augustins Trinitätslehre in dogmengeschichtlicher Sicht Aus der großen Zahl von Darstellungen der Theologie- und Dogmengeschichte1317 werden im folgenden einige repräsentative Beispiele ausgewählt. Die Leitfrage lautet: Wie wird Augustins Trinitätslehre hier in größere historische Zusammenhänge eingeordnet und in ihren Eigenarten charakterisiert?

1. Ferdinand Christian Baur Baur ist einer der Wegbereiter des historischen Denkens im Deutschland des neunzehnten Jahrhunderts.1318 Ohne diese Strömung wäre die heutige Kirchen-, Theologie- und Dogmengeschichtsschreibung, ob deutsch- oder anderssprachig, nicht denkbar. In einem seiner bedeutendsten Werke behandelt Baur im Streben nach der »Einheit des Dogma« (III)1319 die Lehren von der Dreieinigkeit und von der Menschwerdung Gottes gemeinsam. Ihr Kern sei »eigentlich die Lehre von Gott und dem Verhältniß Gottes zur Welt und zum Menschen« (III). Ihre spekulative Spitze sei die Erkenntnis, »daß das substanzielle Wesen des Geistes im Menschen wie in Gott eines und dasselbe ist, daß es an sich derselbe Geist ist, welcher hier als der endliche zum Unendlichen sich erhebt, dort als der unendliche in das endliche Bewußtseyn des Menschen sich herabläßt« (877). Baur steht in dieser mittleren Phase seines Schaffens auf dem Boden einer bestimmten Deutung der Philosophie Hegels mit ihrem Ziel, die Einheit von Sein und Denken, Objektivität und Subjektivität zu begreifen.1320 1317

Vgl. W.-D. Hauschild, Art. Dogmengeschichtsschreibung, TRE IX, 1982, 116–125. Eine Einordnung Baurs innerhalb einer noch immer lesenswerten Darstellung des Erwachens einer historischen Betrachtungsweise bietet E. Rothacker, Einleitung in die Geisteswissenschaften, Tübingen 21930, 22–31. Zur Wirkung von Baurs hegelianischer Phase auf Zellers epochemachende Philosophiegeschichte H. Krämer, Die Bewährung der historischen Kritik an der Geschichte der antiken Philosophie: Eduard Zeller und Albert Schwegler, in: U. Köpf (Hg.), Historisch-kritische Geschichtsbetrachtung. Ferdinand Christian Baur und seine Schüler, Cont. 40, Sigmaringen 1994, 141–152. 1319 Ziffern in Klammern hier und im folgenden sind Seitenzahlen von: F. Ch. Baur, Die christliche Lehre von der Dreieinigkeit und Menschwerdung Gottes in ihrer geschichtlichen Entwicklung, Erster Teil: Das Dogma der alten Kirche bis zur Synode von Chalcedon, Tübingen 1841. 1320 Vgl. E. Barnikol, Das ideengeschichtliche Erbe Hegels bei und seit Strauß und Baur im 19. Jahrhundert, WZ(H).GS 10/1, 1960/61, 284–328. 1318

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Augustins Trinitätslehre in dogmengeschichtlicher Sicht

Mit Hegel teilt er die Annahme, »daß die Geschichte nicht blos ein zufälliges Aggregat, sondern ein zusammenhängendes Ganzes ist. Wo Zusammenhang ist, ist auch Vernunft« (XIX). Die Dogmengeschichte hat die »Selbstbewegung des Geistes« (102) darzustellen und zu vollenden, die als »Einkehr des Geistes aus der Entäusserung seiner selbst in sein eigenes Selbstbewußtseyn« (105) gedeutet wird. Viele Zeitgenossen und Theologen späterer Epochen wurden durch Baurs deutliche Explizierung seiner Voraussetzungen zu heftiger Kritik am Hegelianismus des Tübingers provoziert. Die Argumente fielen allerdings oftmals platt aus.1321 Die meisten späteren Dogmenhistoriker lehnten Baurs spezifisch idealistische Grundlagen ab und rügten, in manchen Fällen mit Recht, seine durch Systemzwang geförderte Neigung zu gewaltsamen Interpretationen. Ob die »Historisten« unter Baurs Kritikern allerdings nicht in Wahrheit ebenso ihre theologisch-philosophischen Voraussetzungen hatten, diese aber weniger deutlich als Baur explizierten oder sich ihrer nicht recht bewußt waren, ist eine offene Frage. Immerhin wird in der Regel bis heute anerkannt, daß Baur die Dogmengeschichtsschreibung bahnbrechend verändert hat. Die frühere protestantische Dogmengeschichtsschreibung hatte dazu geneigt, Lehraussagen der Kirchengeschichte aneinanderzureihen, um sie zu relativieren. Die Katholiken reihten die Lehren aneinander, um sie der für unveränderlich seit Christi Zeiten gehaltenen Dogmatik als dicta probantia zur Verfügung zu stellen. Baur dagegen wollte geschichtliche Zusammenhänge verstehen und auf diese Weise geistige Prozesse rekonstruieren.1322 Der 1841 erschienene erste Band von Baurs großem Werk über Trinität und Inkarnation hat zum Gegenstand die »erste Periode«, d. h. »das Dogma der alten Kirche bis zur Synode in Chalcedon« (129). Er ist in vier Abschnitte untergliedert, deren erster »Die Homousie des Sohnes mit dem Vater« (132) von den Anfängen bis Nizäa beschreibt, der zweite »Die Homousie des Sohnes und des Geistes mit dem Vater« (342) bis zum Konzil von Konstantinopel 381 und der dritte »Die Homousie des Sohnes mit der Menschheit« (559) bis zur Lehraussage von Chalcedon. Schon diesen Überschriften und ebenso einer kurzen Übersicht, die Baur zu diesen drei Epochen der ersten Periode gibt (131), ist zu entnehmen, daß hiermit eine vollständige Gedankenentwicklung beabsichtigt ist. Der vierte Abschnitt »Augustinus« (826–948) wirkt daher wie ein Fremdkörper und ist als Abschluß des Bandes über die Periode bis Chalcedon wenig geeignet, zumal der 430 verstorbene Augustinus an der christologischen Diskussion der letzten beiden Jahrzehnte vor 451 nicht mehr teilnehmen konnte. 1321

Baur setzt sich mit einem Vertreter solcher Kritik exemplarisch auseinander (V-XXIV). Diese Leistung ist F. Loofs (Art. Dogmengeschichte, RE 3 IV, 1898, 752–764; hier 756 f.) noch bewußt, ebenso Hauschild (wie Anm. 1317) und ungefähr, von katholischer Seite, K. H. Neufeld, Gebundenheit und Freiheit. Liberale Dogmengeschichtserforschung in der evangelischen Theologie, in: W. Löser/K. Lehmann/M. Lutz-Bachmann (Hgg.), Dogmengeschichte und katholische Theologie, Würzburg 21988, 78–96; 83. 1322

Ferdinand Christian Baur

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Baur bietet in seinem Augustinus-Teil die wohl ausführlichste Analyse von De trinitate, die bis heute in einer Dogmengeschichte enthalten gewesen ist (828–883). Ihr schließen sich einige Seiten über Trinitätstheologisches und Christologisches in anderen Schriften Augustins an (883–888). Der Teil endet mit einem langen Kapitel über das »dogmatisch-theologische System des Augustinus« (888–948). Baur zeichnet den Inhalt von De trinitate in der Reihenfolge der fünfzehn Bücher nach und übersetzt ihren Gehalt teils behutsam, teils energisch in die philosophische Sprache des Idealismus. Dabei geht manches Wichtige verloren.1323 Doch sind dafür Darstellung und Kritik Augustins von großer begrifflicher Klarheit, sofern denn der Leser mit der idealistischen Terminologie einigermaßen vertraut ist. Deutlicher als die griechischen Väter mit Ausnahme des Athanasius, so Baur (868), habe Augustinus die Gefahr eines Subordinatianismus in der Trinitätslehre durchschaut und daher die Gleichheit der Personen adäquater aufgezeigt. Allerdings habe er umgekehrt nicht vermocht, die Unterschiede der Personen zu begründen. Stattdessen habe er sie einfach als gegeben hingenommen. Immerhin habe er in den Büchern V bis VIII vorgeführt, in welche Widersprüche sich eine kirchliche Trinitätslehre verwickle, wenn sie vom »gewöhnlichen logischen Standpunct aus aufgefaßt wird« (844). Um einen Dualismus von Endlichem und Unendlichem zu vermeiden, der letztlich dem Arianismus und der griechischen Tendenz zur Subordination zugrunde liege, habe Augustinus in den übrigen Büchern von De trinitate im Wesen des Menschen »Reflexe der göttlichen Trinität nachweisen« wollen (844). Mit der Erkenntnis, daß der menschliche Geist dann am meisten Bild des trinitarischen Gottes sei, wenn er sich seines Schöpfers erinnert, habe Augustinus den »tief speculativen Gedanken« erfaßt, »daß das Denken nur dann den seiner Form adäquaten Inhalt habe, wenn es Gott zu seinem Inhalt hat« (855). Augustinus habe sogar ausgesprochen, daß »zwischen dem Geist des Menschen als dem Bilde Gottes und Gott selbst keine andere Natur dazwischen liege«. Doch sei Augustinus auf halbem Wege stehengeblieben und nicht zu der Konsequenz hieraus vorgedrungen, daß nämlich der Geist im Menschen und der Geist in Gott als identisch begriffen werden müßten (877).1324 Denn der Unterschied des Unendlichen und des 1323 Beispielsweise folgt Baur 837 f. nicht exakt Augustins Gedankengang bei der Einführung des Begriffs der Relation in De trinitate V, sondern baut diese Einführung neu aus einer ganz abstrakten Überlegung im Rahmen der Kategorienlehre auf. 1324 Als ein typischer Fall vorschneller Kritik an Baur sei hier die Behauptung von E. P. Meijering erwähnt, in Aug. trin. XI, v, 8 werde »keinerlei Identität des menschlichen Geistes mit dem göttlichen angedeutet« und mit der »Selbstverwirklichung Gottes in der Geschichte der Menschheit« habe dies alles »nichts zu tun« (F. C. Baur als Patristiker. Die Bedeutung seiner Geschichtsphilosophie und Quellenforschung, Amsterdam 1986, 48); Meijering sieht hierin ein bezeichnendes Beispiel dafür, daß Baur sich zu stark von Hegel habe leiten lassen und dabei den Texten oft nicht gerecht geworden sei. Doch beansprucht der Tübinger gar nicht, nachzuerzählen, was Augustinus gesagt und gemeint hat. Vielmehr will Baur von seinen (nicht Augustins) Voraussetzungen her und in seinen (nicht Augustins)

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Endlichen begründe gerade nicht den Dualismus, dem auch Augustinus wider eigenes Wollen letztlich verfalle (880), sondern sei in der Idee des dreieinigen Gottes selbst aufgehoben, nämlich durch »das Gezeugtseyn des Sohns, das in dem Momente der Endlichkeit, das es in sich begreift, allein den wahren Grund des Unterschieds enthält« (880). Augustinus habe wohl erkannt, daß das Verhältnis von Vater und Sohn das Verhältnis des denkenden Geistes zu sich selbst sei (868), das »absolute Selbstbewußtseyn« (870). Doch sei Augustinus bei der Betonung der letzten Unvergleichbarkeit der Trinität des menschlichen Geistes und Gottes selbst stehengeblieben, weil er die triadischen Momente der Reflexion »nicht auf speculative Weise zu bestimmen wußte, . . . sondern sie nur aus der empirischen psychologischen Betrachtung nahm« (878). Baur wäre in diesem entscheidenden Punkt wahrscheinlich zu einer anderen Einschätzung gelangt, wenn er Augustins Analyse des Selbstbewußtseins eingehend betrachtet hätte. Doch ausgerechnet die Bücher IX und X von De trinitate, in denen sich diese Analyse findet, scheint Baur beim Lesen überschlagen zu haben − er schweigt dazu. Stattdessen läßt er sich einseitig vom fünfzehnten Buch leiten, das er für das »wichtigste von allen« hält (858, Anm. 30), und das die Inkommensurabilität Gottes beschwört. Schemenhaft bleibt bei Baur der Bezug Augustins zur voraugustinischen Trinitätslehre. Für deren Kennzeichnung bleiben Schlagworte wie »Subordination« und »Dualismus« allzu blaß. Mit keinem Wort geht Baur darauf ein, wie sich Augustinus zu den Argumenten von Homöern, Eunomianern oder lateinischen Neunizänern verhält, oder ob sich Stellungnahmen etwa zur kappadokischen Trinitätslehre finden lassen. Der Abstraktionsgrad von Baurs Darstellung ist derart hoch, daß er aus dem Auge verliert, daß die christliche Theologie- und Dogmengeschichte keine pure Selbstbewegung des Geistes ist, sondern ein Gemisch aus argumentierender Denkbewegung, Kirchenpolitik, Frömmigkeitsgeschichte, Bibelhermeneutik und individuellen Motiven.

2. Adolf von Harnack und seine Nachfolger Die These, die Harnacks Geschichtsschreibung zugrunde liegt, lautet bekanntlich: »Das Dogma ist in seiner Conception und in seinem Ausbau ein Werk des griechischen Geistes auf dem Boden des Evangeliums.«1325 Die Dogmengeschichte ist für Harnack die Geschichte der Überfremdung des ursprünglichen, undogmatischen Christentums durch seine Hellenisierung. Im ersten Band seines großen Lehrbuchs beschreibt Harnack die Entstehung des kirchlichen DogKategorien darstellen, welche Fortschritte der in der Geschichte sich entwickelnde Geist gemacht habe, und wo er naheliegende Konsequenzen nicht gezogen habe. Eine Kritik daran mag vollkommen berechtigt sein, doch wenn sie nicht ganz äußerlich und insofern wertlos bleiben soll, muß sie bei Baurs Prämissen ansetzen. 1325 A. v. Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte, Bd. 1, Tübingen 41909 (zuerst 1886), Nachdruck Darmstadt 1983, 20.

Adolf von Harnack und seine Nachfolger

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mas in den ersten drei Jahrhunderten. Im zweiten und dritten Band geht es um die spätere Entwicklung des kirchlichen Dogmas: In der Theologie des vierten Jahrhunderts seien philosophisch-metaphysische Einflüsse sehr prägend gewesen (Band 2). Seit Augustinus seien dann wieder Möglichkeiten erschlossen worden, stärker zum Menschen zurückzufinden, indem das Dogma zu einer Lehre von Sünde, Gnade und Heil erweitert und umgeprägt worden sei (Band 3). Ähnlich wie Baur spitzt Harnack die Dogmenentwicklung des vierten Jahrhunderts auf die Lehre vom Gottmenschen zu, aber er bewertet sie völlig anders. Den gesamten »Arianischen Streit« von seinen Anfängen bis kurz nach dem Konzil von Konstantinopel 381 bezieht Harnack auf die Lehre von der Homousie des Sohnes mit Gott und fügt die Pneumatologie und Trinitätslehre von Irenäus bis zum Symbolum Athanasianum der ausgehenden Antike ausdrücklich als bloßen »Anhang« von dreißig Seiten hinzu. In diesem Anhang im zweiten Band wird auch kurz Augustins Trinitätslehre besprochen, während die sonstige ausführliche Darstellung der Theologie Augustins als einem weltgeschichtlichen Wendepunkt dem dritten Band vorbehalten bleibt. Dort, im dritten Band, stellt Harnack unter anderem Augustins Gotteslehre mit starker Ausrichtung auf ihre ethischen und anthropologischen Implikationen dar, spart aber sorgsam, doch wenig angemessen, die Trinitätslehre Augustins aus. Wer nun hofft, Augustins Gedanken zur Trinität würden in dem Kapitel über die Dogmengeschichte der Trinitätslehre in ihren Bezügen zur voraugustinischen lateinischen Trinitätstheologie dargestellt, mithin im engeren Sinne historisch behandelt, wird enttäuscht: De trinitate wird recht isoliert von der sonstigen Entwicklung skizziert, vielleicht um das harsche, einseitige und theologiehistorisch nicht fundierte Urteil über dieses Werk schärfer hervortreten zu lassen: »Im Abendlande tilgte Augustin, einer alten abendländischen Tendenz folgend, den letzten Rest des Subordinatianismus, näherte sich aber ebendeshalb dem Modalismus . . . Das Ganze ist der Versuch eines ebenso skeptischen als denkkräftigen, aber in dem Unbegreiflichen schwelgenden Geistes, der . . . zur eigenen Strafe zwischen den Polen einer docta ignorantia und einer widerspruchsvollen Wissenschaft umhergetrieben wird. Diese Speculation, welche die immanenteste unter den immanenten Trinitäten zu construiren und die Dreiheit zur Einheit zu sublimiren versucht, entfernt sich eben damit von jeder geschichtlich-religiösen Grundlage und verliert sich in paradoxen Distinctionen und Speculationen, während sie ihren neuen und werthvollen Gedanken doch nicht rein auszudrücken vermag. Das grosse Werk Augustin’s de trinitate − wie anders die Confessionen mit ihrem deus unicus und dem Mittler Jesus Christus! − hat schwerlich irgendwo und zu irgend einer Zeit die Frömmigkeit befördert, aber es ist die hohe Schule nicht nur für die technisch-logische Ausbildung des Verstandes, sondern auch für die Metaphysik des Mittelalters geworden.«1326

Der Leitfaden zum Studium der Dogmengeschichte von Friedrich Loofs ist zwar Harnack gewidmet, in der Bewertung der Dogmengeschichte aber etwas positiver. Der Übergang von der »Entstehung eines kirchlichen Lehrbegriffs« (so der Titel des ersten Hauptteils) zur »Entwicklung der katholischen Kirchenleh1326

Ebd. Bd. 2, Tübingen 41909 (zuerst 1887), Nachdruck Darmstadt 1983, 304–306.

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Augustins Trinitätslehre in dogmengeschichtlicher Sicht

re« (zweiter Hauptteil) wird hier früher als bei Harnack, nämlich bereits gegen 200 n. Chr. angesetzt. Der zweite Hauptteil ist in geringerem Maße als bei Harnack auf die Christologie zugespitzt. Auch Loofs läßt mit Augustinus eine neue Epoche beginnen, diejenige der »Umprägung und Erweiterung der altkirchlichen Glaubenslehre im römischen Katholizismus« (dritter Hauptteil). Anders als Harnack stellt Loofs die Trinitätslehre Augustins jedoch nicht im Rahmen der von Nizäa ausgehenden Dogmengeschichte dar, sondern innerhalb des Augustinus-Kapitels. Die Beurteilung ist fast so negativ wie bei Harnack. Augustinus habe in der Gotteslehre den Neuplatonismus nicht überwunden. Die Idee der Einfachheit Gottes überwiege darum stark. Die drei Personen würden lediglich durch die Beziehungen zueinander unterschieden und der Personbegriff für unzureichend erklärt. Der Zusammenschluß der Personen werde noch verstärkt, indem der Ausgang des Heiligen Geistes vom Vater und vom Sohn als ein ewiger innertrinitarischer Prozeß aufgefaßt werde.1327 Reinhold Seeberg steht gegenüber Harnack und Loofs dem historischen Positivismus näher und versteht die Dogmengeschichte als »die sich entwickelnde Erkenntnis der Christenheit von der Heilswahrheit«.1328 In seinem Lehrbuch der Dogmengeschichte wird die Darbietung des Stoffes weniger als bei den beiden Konkurrenten von steilen Thesen beherrscht, dafür läßt die Gliederung wieder stärker die traditionellen loci theologici erkennen. Der zweite Band, »Die Dogmenbildung in der Alten Kirche« betitelt, fängt mit einem 167 Seiten langen Kapitel über das Trinitätsdogma an. Das Kapitel endet mit einem Paragraphen über den »Abschluß der Trinitätslehre« in Ost und West. Die morgenländische Auffassung der Trinität neigte demnach stets zu einem versteckten Subordinatianismus und ging von der personalen Differenz der drei Hypostasen aus, die so bestimmt werden mußten, daß die Einheit gewahrt blieb. Da aber ein besonderes Wirken der drei Hypostasen nicht zu unterscheiden sei, kämen die Hypostasen oder Personen in der östlichen Theologie letztlich nur als Produkte des Vaters in Betracht statt als göttliche Subjekte. Die abendländische Auffassung dagegen sei ursprünglich heilsökonomisch ausgerichtet gewesen und so stark von der Einheit Gottes ausgegangen, daß die drei Personen zum Problem geworden seien. Augustins Trinitätslehre habe einerseits die ökonomische Betrachtungsweise der Abendländer in der Theorie außer Wirkung gesetzt, sie andererseits durch seine starke Betonung der Einheit in der Praxis beibehalten. Das Epochemachende von Augustins Entwurf sieht Seeberg in der Einführung des Begriffs der Relation, der die Differenzen im göttlichen Sein markiere, ohne sie wie die »Hypostasen« der griechischen Theologie zu gefährden. Das göttliche Leben sei für Augustinus sowohl ein sich selbst erzeugendes Subjekt als auch ein durch sich selbst erzeugtes Objekt und in der steten Wechselbe1327

Loofs, Leitfaden (wie Anm. 521) (zuerst 1889), 364–368. R. Seeberg, Lehrbuch der Dogmengeschichte, Bd. 1, Leipzig 31922 (zuerst 1895), 7. Ausführliche Vergleiche mit Harnack bietet M. Basse, Die dogmengeschichtlichen Konzeptionen Adolf von Harnacks und Reinhold Seebergs, FKDG 82, Göttingen 2001. 1328

Adolf von Harnack und seine Nachfolger

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ziehung dieser beiden der eine Gott.1329 Seebergs Darstellung bietet ein seltsames Schauspiel: Einer fast bewundernd anmutenden Nachzeichnung der augustinischen Trinitätslehre folgt abrupt eine schroffe Ablehnung, so als entsinne sich der Autor plötzlich des protestantischen Schriftprinzips und der Harnackschen Augustinuskritik: »Aber das ganze Verfahren ist freischwebende Spekulation, die sich in den Höhen des immanenten Lebens der Gottheit bewegt, jede Beziehung zur Wirklichkeit der göttlichen Offenbarung fehlt.«1330 Harnacks Auffassung der Dogmengeschichte ist nicht nur für Loofs und Seeberg, sondern für die meisten nichtkatholischen Dogmenhistoriker in Anknüpfung oder Widerspruch der wichtigste methodische Bezugspunkt geblieben. So läßt Bethune-Baker in seiner vor allem in begriffsgeschichtlichen Fragen sehr exakten Einführung in die Dogmengeschichte der Alten Kirche schon im Vorwort Vorbehalte gegen Harnack erkennen, demgegenüber er die Definitionen der frühen Kirche als mehr oder minder gelungene Versuche des Verstehens ansieht. Für Bethune-Baker ist die Geschichte des Trinitätsdogmas mit dem Konzil von Konstantinopel an ein Ende gekommen (mit Ausnahme des Konflikts um das filioque). An den Schluß des entsprechenden Kapitels über die Trinitätslehre des vierten Jahrhunderts stellt er eine Zusammenfassung von Augustins De trinitate, da er in dem Werk eine spekulativ durchdachte Summe des Trinitätsglaubens von Konstantinopel sieht − leider wird diese Ansicht nicht historisch untermauert.1331 Die Darstellung von Kelly hat das Buch von Bethune-Baker im englischen Sprachraum weitgehend verdrängt und ist ähnlich pragmatisch in Kapitel von teils systematischer, teils historischer Bestimmung gegliedert. Augustins De trinitate wird passend an das Ende eines Kapitels gestellt, das der Trinitätslehre seit etwa dem Jahre 360 gilt, als der Heilige Geist in den Gedanken der Homousie einbezogen wurde.1332 Als charakteristisch für Augustinus gelten wiederum der Ausgang vom einen göttlichen Wesen, die Unterscheidung der Personen durch ihre Beziehungen zueinander, das filioque und vor allem die Analogien zwischen der göttlichen Trinität und der menschlichen Seele. Während die beiden englischen Arbeiten sich recht biegsam dem nicht immer logischen Gang der Geschichte anschmiegen, partizipieren Darstellungen, die stärker methodischen (auch didaktischen) Vorentscheidungen verpflichtet sind, häufig an Harnacks Schwierigkeit, Augustins Trinitätslehre an einer sinnvollen Stelle unterzubringen. So skizziert Wolf-Dieter Hauschild ähnlich wie Harnack die Trinitätslehre Augustins im Rahmen der Geschichte der Trinitätstheologie und nimmt sie aus dem eigentlichen Augustinusteil heraus, der in einem bis in die karolingische Epoche reichenden Kapitel zur theologischen 1329

In Wahrheit lehnt Augustinus causa sui-Theorien gerade ab, unten S. 501 f. Seeberg, Lehrbuch, Bd. 2 (wie Anm. 521) (erstmals 1895 erschienen), 162. 1331 J. F. Bethune-Baker, An Introduction to the Early History of Christian Doctrine to the Time of the Council of Chalcedon, London 61938 (zuerst 1903), 225–231. 1332 J. N. D. Kelly, Early Christian Doctrines, London 31965 (zuerst 1958), 271–279. 1330

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Augustins Trinitätslehre in dogmengeschichtlicher Sicht

Lehrentwicklung steht. Augustins De trinitate wird von Hauschild am Ende eines Abschnitts über die lateinische Trinitätslehre behandelt. Infolge der Kürze geht er allerdings den Bezügen zu Hilarius, Ambrosius oder zu den Griechen kaum nach.1333 Alfred Adam, Karlmann Beyschlag und das von Carl Andresen begründete Handbuch der Dogmen- und Theologiegeschichte bringen dagegen Augustins Trinitätslehre im Rahmen der Augustinuskapitel unter, allerdings in unterschiedlicher Weise: Adam setzt sein großes Augustinuskapitel mitsamt den Teilen über Gnadenlehre, Eschatologie usw. an den Schluß des Hauptteils »Die Entfaltung des trinitarischen Dogmas«.1334 Man könnte vermuten, hier werde die Trinitätslehre Augustins einmal als Zentrum seines Werkes gedeutet und alle andere Themen würden darauf bezogen. Aber Adam nutzt diese Chance nicht, die seiner ungewöhnlichen Gliederung entspringt: Sein Augustinus-Kapitel behandelt in der üblichen Aneinanderreihung die verschiedenen theologischen Themen, darunter die Trinitätstheologie, und bleibt in dem Teil über die Geschichte des Trinitätsdogmas ein Fremdkörper. Zudem wird der Zusammenhang von Augustins Theologie mit den Lehrentwicklungen in der Christologie, der Gnadenlehre und vor allem mit dem Mittelalter insgesamt durch die Gliederung zerrissen. Karlmann Beyschlag bemängelt dies ausdrücklich1335 und stellt die Theologie Augustins samt seiner Trinitätslehre in einem eigenen Kapitel am Anfang der »abendländischen Epoche« der Dogmengeschichte dar.1336 Auf diese Weise wird nun freilich Augustins Trinitätslehre aus ihrem Zusammenhang mit der Dogmengeschichte des vierten Jahrhunderts, also etwa mit dem Neunizänismus, gelöst. Die Kritik Beyschlags an Augustinus bleibt konventionell (Tendenz zum Modalismus, zuwenig heilsgeschichtliche Dynamik). Das ganze Kapitel, obwohl im Jahre 2000 publiziert, spiegelt weitgehend den Forschungsstand der sechziger Jahre wider. Das Handbuch der Dogmen- und Theologiegeschichte hätte schon infolge der in seinem Titel angezeigten Erweiterung des Blickfeldes eine gute Möglichkeit geboten, Augustins Trinitätslehre in die Theologiegeschichte des vierten Jahrhunderts einzuordnen. Doch hier wirkt sich nun die Aufteilung des Stoffes auf mehrere Autoren hinderlich aus: Adolf Martin Ritter kann in seinem Kapitel »Die Ausbildung des trinitätstheologischen Dogmas im vierten Jahrhundert und seine Aufnahme in der östlichen und westlichen Theologie« die Darstellung zwar bis zu Hilarius, Damasus und Ambrosius führen, muß aber Augustinus aussparen. Auf diese Weise vermeidet er Überschneidungen mit dem von Ekkehard Mühlenberg verfaßten ersten Abschnitt des Teils über »Dogma und Lehre im Abendland«, der mit einem Augustinuskapitel beginnt. Dort gibt es dann ein Porträt von Augustins Trinitätslehre, die sehr geschickt von Augustins 1333 W.-D. Hauschild, Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte, Bd. 1, Gütersloh 22000, 52 f. (§ 1, Nr. 18.4: »Augustins epochale Neuformulierung«). 1334 A. Adam, Lehrbuch der Dogmengeschichte, Bd. 1, Gütersloh 61992 (zuerst 1965), 255–302. 1335 K. Beyschlag, Grundriß der Dogmengeschichte, Bd. II/1, Darmstadt 1991, S. VII, Anm. 1. 1336 Ebd. Bd. II/2, Darmstadt 2000, 53–62.

Katholische Darstellungen

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Bemühen um eine spekulative Theologie her gedeutet wird − aber der Zusammenhang mit der griechischen und lateinischen Trinitätslehre des vierten Jahrhundert geht verloren.1337 Jaroslav Pelikan hingegen, ein Enkelschüler Harnacks, konzentriert sich in seiner Dogmengeschichte für die Trinitätstheologie auf die griechische Tradition, besonders die Kappadokier. Augustins Entwurf geht fast unter und wird lediglich erwähnt, weil am Trinitätsdogma eine individualistische Komponente in der Theologiegeschichte begonnen habe: An diesem Dogma habe die theologische Spekulation je nach Begabung des einzelnen Theologen zu ihren Höhenflügen ansetzen können.1338

3. Katholische Darstellungen Katholische Theologen haben sich schwer getan mit dem Gedanken einer Geschichte von Dogmen.1339 In der Neuscholastik, die in der zweiten Hälfte des neunzehnten und ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts die katholische Theologie dominierte, wurden Ideen aus der katholischen Tübinger Schule und von John Henry Newman zwar in Richtung der Möglichkeit einer Weiterentwicklung dogmatischer Lehre rezipiert, nicht aber im Sinne einer eigentlichen Dogmengeschichte. Denn der Inhalt der Lehre galt als von Anfang an fertig und feststehend. Die umfangreichste katholische Gesamtdarstellung der Dogmengeschichte, die im neunzehnten Jahrhundert verfaßt worden ist, stammt von Joseph Schwane und ist der Neuscholastik verpflichtet. Sie zeugt vom Bemühen um Wissenschaftlichkeit, dient aber anders als ihre protestantischen Pendants dem Traditionsbeweis innerhalb der Dogmatik. Die »der Substanz nach von Gott geoffenbarten Dogmen«, so Schwane, »behalten ihren ewigen, unabänderlichen Charakter auch in der Form, wenn sie von der unfehlbaren Kirche einmal definirt worden sind, wenigstens insofern, als auch diese Form niemals zurückgenommen, stets nur näher bestimmt werden kann.«1340 Der zweite Band von Schwanes Dogmengeschichte ist der patristischen Zeit von 325 bis 787 gewidmet und folgt im Aufbau den dogmatischen Lehrbüchern, indem zuerst von Gottes Dasein und Eigenschaften, dann von der Dreifaltigkeit Gottes bei den Kirchenvätern die Rede ist. Im Kapitel über die Trinität wird nach der Theologie der Kappadokier und des Konzils von Konstantinopel 381 die Trinitätslehre Augustins und des ihm folgenden Symbolum Athanasianum resümiert, dann die Trinitätslehre des Johannes von Damaskus und die filioque-Thematik. Die 1337 E. Mühlenberg, Von Augustin bis Anselm von Canterbury, in: C. Andresen/A. M. Ritter (Hgg.), Handbuch der Dogmen- und Theologiegeschichte, Bd. 1, Göttingen 21999 (zuerst 1982), 406–463; hier 425–432. 1338 J. Pelikan, The Christian Tradition. A History of the Development of Doctrine, Bd. 1: The Emergence of the Catholic Tradition (100–600), Chicago 1971, 224. 1339 Vgl. Löser/Lehmann/Lutz-Bachmann (Hgg.), Dogmengeschichte (wie Anm. 1322). 1340 J. Schwane, Dogmengeschichte, Bd. 1, Freiburg 21892 (zuerst 1862), 7.

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Augustins Trinitätslehre in dogmengeschichtlicher Sicht

Trinitätslehre Augustins wird als Fortschritt hin zur Scholastik dargestellt, genauer als ein Vorantreiben der Reflexion auf das immer schon feststehende Dogma von der Trinität: Das Verhältnis der Dreiheit zur Einheit in Gott und der Status der Theophanien des Alten Testamentes seien deutlicher erkannt worden. Zudem hätten sich gute Gleichnisse der Trinität im menschlichen Geist gefunden.1341 Die sechsbändige Dogmengeschichte von Joseph Turmel verkörpert eine extreme Gegenposition zu derjenigen Schwanes. Der einstige Professor am Priesterseminar von Rennes war schon früh als »Modernist« verdächtigt und 1930 exkommuniziert worden. Turmel will zeigen, daß die Dogmen keineswegs Entfaltungen ein und derselben Offenbarungswahrheit seien, sondern Veränderungen unterworfen, ja sogar von Theologen erfunden worden seien. Was die Trinitätslehre angeht, so vertritt Turmel drei Thesen: Erstens sei diese Lehre erst um 165 n. Chr. durch den Montanismus eingeführt worden. Zweitens habe es von dieser Zeit an bis zum Ende des vierten Jahrhunderts verschiedene Auffassungen der Trinität gegeben, von denen sich keine durchgesetzt habe. Drittens sei die Trinitätslehre in der Form, in der heutige Christen sie bei Strafe des Ausschlusses aus ihrer Kirche glauben müßten, dem Geiste des heiligen Augustinus entsprungen. Vorher habe niemand diese Lehre vertreten. Turmels Darstellung der Trinitätslehre ist in drei Abschnitte geteilt: »Avant Saint Augustin«, »La Trinite´ de Saint Augustin«, »La Trinite´ apre`s Saint Augustin dans l’E´glise latine«.1342 In seinem Augustinuskapitel konzentriert sich Turmel darauf, zuerst die Differenzen zu Athanasius und dann die immanenten Widersprüche herauszuarbeiten. Augustinus zufolge sei in den Theophanien des Alten Testaments nicht der Sohn alleine erschienen, sondern für Augustinus wirke der trinitarische Gott in der Schöpfung als ein einziger, weil sich die drei Personen, anders als es Athanasius sah, im Wirken nicht trennen ließen. Die Einheit der drei Personen sei für Augustinus keine generische Einheit aus dem Ursprung, sondern eine numerische Einheit dreier Personen eines Wesens, nicht nur gleichen Wesens. Damit wahre Augustinus einerseits den Monotheismus und vermeide den Widerspruch eines Glaubens, der Gott den Vater als Schöpfer preist, aber dogmatisch den Sohn für den eigentlichen Schöpfer ausgibt. Andererseits zahle Augustinus einen hohen Preis dafür. Ein Widerspruch tue sich nämlich auf, weil Augustinus die Menschwerdung nunmehr der ganzen Trinität zuschreiben müsse (weil Gott nach außen nur als einer handle), während er gleichzeitig die Lehre vertrete, der Sohn allein sei Mensch geworden. Vor allem sei Augustins Versuch inkohärent, die Personen allein durch die Relationen konstituiert sein zu lassen, in denen ihre einzige Differenz bestehen soll. Schon an den Analogien aus der menschlichen Seele, die eben doch nur 1341

Ebd. Bd. 2, Freiburg 21895 (zuerst 1862), 173–194. J. Turmel, Histoire des dogmes. Bd. II: La Trinite´. L’incarnation. La vierge Marie, Paris 1932, 7–243 über die Trinitätslehre von den Anfängen bis zur mittelalterlichen Scholastik; 187–208 das Kapitel über Augustinus. 1342

Katholische Darstellungen

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auf eine Person statt auf drei Personen führen, sehe man die Widersprüchlichkeit dieser Theorie. Denn sind die Relationen real? Jede Person der Trinität soll das göttliche Wesen selbst sein und dann noch die Differenz aufweisen, die sie von den anderen Personen unterscheidet. Nun ist aber alles außer dem göttlichen Wesen Geschöpf. Wie steht es dann um die göttlichen Personen? Würde angenommen, die Relation gehöre selbst zum göttlichen Wesen, dann taugte sie nicht zur Differenzierung in drei Personen. Augustinus, so Turmels vernichtendes Schlußurteil, habe zwar richtig erkannt, daß die früheren Trinitätslehren die Einheit Gottes zu einer Dreiheit aufbrechen. Aber seine neue Trinitätslehre habe zu keiner Trinität geführt, die diesen Namen noch verdiene. Augustins Trinitätslehre sei ein Konstrukt aus Worten, hinter dem sich inkohärente Ideen verbergen, und das seither das Christentum mit einer schweren Hypothek belaste. Turmel bedient sich eines lapidaren, journalistisch zuspitzenden Darstellungsstiles. Bei Einzelheiten hält er sich kaum auf. Justin und Athanasius stehen für zwei Grundformen voraugustinischer Trinitätslehre, die Kappadokier werden recht kurz abgefertigt, und auch Augustins De trinitate wird in eiligem Tempo durchschritten, ohne daß die subtilen Argumente dieses Werkes genauer nachgezeichnet werden. Dennoch ist anzuerkennen, daß Turmel, gerade weil er sich konfessioneller Bindungen entledigt hatte, deutlicher als andere Dogmenhistoriker Probleme der Trinitätslehre benannt hat, von denen keineswegs feststeht, daß Augustinus und seine Nachfolger sie wirklich gelöst hätten. Es dürfte selten von Schaden sein, die Herausforderung anzunehmen, die von Außenseitern wie Turmel manchmal ausgeht: Sie animieren zu schärferem, frischem Nachdenken. Die in mehreren Auflagen verbreitete Dogmengeschichte von Joseph Tixeront ist gegenüber Schwanes Werk etwas stärker historisch denn systematisch ausgerichtet. Öfters werden Forschungsergebnisse Harnacks und anderer Protestanten genutzt. Doch analytische Präzision, wirklicher Sinn für Differenz und Werden in der Dogmengeschichte fehlen weitgehend. Tixeront trennt in seiner Darstellung der Lehrentwicklung von Athanasius bis Augustinus nach Sprachen des römischen Reiches, so daß der Zusammenhang der lateinischen Trinitätstheologie mit der griechischen Entwicklung durchschnitten wird. Der recht kurze Abschnitt zu Augustins Trinitätslehre, dem in scholastischer Manier ein Abschnitt über Gottes Dasein und Eigenschaften nach Augustinus vorgeschaltet ist, enthält die übliche Einschätzung: Augustinus gehe nicht vom Vater aus, sondern von der einen Natur, er betone die Einheit so stark, daß er zum Modalismus neige und sich zu dessen Vermeidung die Theorie der Relationen ausgedacht habe. Als erster habe Augustinus klar das filioque gelehrt, und in seinen trinitarischen Analogien sei er weiter als alle vor ihm gegangen. Im fünfzehnten Buch von De trinitate meine man für einen Moment, Augustinus wolle die Trinität rational beweisen, aber dann zeige sich, daß es doch bloß um Analogien gehe.1343 1343 J. Tixeront, Histoire des dogmes dans l’Antiquite´ chre´tienne, Bd. 2, Paris 71924 (zuerst 1909), 364–368 zu Augustins Trinitätslehre.

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Augustins Trinitätslehre in dogmengeschichtlicher Sicht

Die umfassendste Geschichte der Trinitätslehre von den Anfängen bis ins zwanzigste Jahrhunderts stammt von Franz Courth und erschien im Handbuch der Dogmengeschichte. Sie ist Michael Schmaus gewidmet. Schon der erste Satz des Vorwortes läßt keinen Zweifel daran, daß hier ein Standpunkt eingenommen wird, der dem neuscholastischen Typus der Dogmengeschichte nahesteht: »Die Geschichte des Trinitätsdogmas und seiner theologischen Erschließung ist als das Bemühen zu werten, das trinitarische Gottesverständnis des Neuen Testaments, wie es etwa im Taufbefehl Jesu (Mt 28, 19) seinen reifen Ausdruck gefunden hat, in die unterschiedlichen Zeit- und Kulturräume hinein zu vermitteln.«1344

Auch Schwane hatte bekräftigt, »die biblische Lehre über die drei göttlichen Personen« und ihre Einheit sei in Mt 28, 19 »in der prägnantesten Form« bereits enthalten.1345 Die Geschichte des Trinitätsdogmas besteht lediglich in der Vermittlung dieser Lehre in Zeit und Raum. Sachgemäßer hatte Leo Scheffczyk 1967 geurteilt: »Wenn man unter dem Trinitätsdogma die lehrhafte Formulierung der Wahrheit von der Existenz einer Dreiheit und einer wesentlichen Einheit göttlicher, von der Welt verschiedener Peronen versteht, dann muß man sagen, daß die Hl. Schrift ein Dogma oder eine Lehre von der Trinität in diesem Sinne nicht kennt. Gegen diese Erkenntnis verstößt sowohl eine ungeschichtliche theologische Haltung, die in der biblischen Offenbarungsurkunde eine (mehr oder weniger explizite) Trinitätslehre enthalten sehen will, wie auch die ins andere Extrem gehende Ansicht, die die Schrift nicht als Wurzelgrund des Trinitätsdogmas anerkennt.«1346

Courths Aufriß zu Schrift und Patristik fällt an Differenziertheit auch hinter die Arbeit von Bertrand de Margerie zurück, die allerdings wegen ihrer stärker systematisch als historisch konzipierten Gliederung mindestens in bezug auf Augustinus unübersichtlicher ist.1347 Courth benötigt für die Zeit von den biblischen Anfängen bis in die Zeit unmittelbar vor Nizäa ebensoviel Platz wie für die Entwicklung von Nizäa bis Johannes Scotus Eriugena. Dabei gilt das vierte Kapitel den Bekenntnissen der Konzilien von Nizäa 325 und Konstantinopel 381, das fünfte den theologischen Beiträgen »zwischen den Konzilien«, also von Athanasius, Marius Victorinus, den Kappadokiern und schließlich Augustinus (mit einem Appendix zu Boethius, Pseudo-Dionysius Areopagita und Scotus Eriugena), obgleich dieser Schlußabschnitt keine Autoren behandelt, die zwischen den beiden Konzilien geschrieben haben.1348 Die Schwächen von Courths Darstellung hat Studer benannt:1349 Courth bleibe einem durch die 1344 F. Courth, Trinität. In der Schrift und Patristik, HDG II/1 a, Freiburg/Basel/Wien 1988, 7. Wenn diese Bibelstelle bereits »reifer Ausdruck« ist, was heißt dann »reif«? 1345 Schwane, Dogmengeschichte, Bd. 12, 31. 1346 L. Scheffczyk, Lehramtliche Formulierungen und Dogmengeschichte der Trinität, MySal 2, 1967, 146–220; hier 147. 1347 B. de Margerie, La Trinite´ chre´tienne dans l’histoire, ThH 31, Paris 1975. Augustins Trinitätslehre kommt hier an zahlreichen Stellen vor, aber nirgends in zusammenhängender Darstellung. 1348 Courth, Trinität (wie Anm. 1344), 189–209. 1349 B. Studer, Rez., ThRv 86, 1990, 458–464.

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neuere Forschung in wichtigen Aspekten überholten Augustinusbild verhaftet und habe nicht erkannt, daß Augustinus keineswegs von der Einheit Gottes ausgeht, sondern von der Dreiheit von Vater, Sohn und Geist aus zur Einheit schreite. Es gehe Augustinus nicht um eine Sammlung verschiedener Analogien für eine »psychologische Trinitätslehre«, sondern um eine Übung des Geistes, die schließlich in die Erkenntnis der höchsten imago münde, nämlich diejenige von memoria dei, intellegentia dei, amor in deum. Verglichen mit den Kappadokiern habe Augustinus entgegen landläufigem Vorurteil mit mehr Kohärenz die immanente und die ökonomische Trinität miteinander in Verbindung gebracht. Ein Blick in die dogmengeschichtlichen Partien neuerer katholischer Dogmatiken erbringt, wie nicht anders zu erwarten, daß zumeist ein zeittypisches Bild von Augustins Trinitätslehre gezeichnet wird. Leo Scheffczyk etwa gelangt im Mysterium Salutis, dem Grundriß heilsgeschichtlicher Dogmatik, zu einer Kritik an Augustinus, die zwar vom späten Schmaus angeregt ist, sich aber fast mit Harnacks Verdikt deckt: Augustinus sei so stark von der Einheit Gottes ausgegangen, daß die Dreiheit zum Problem geworden sei. Die immanente Trinität habe hier die ökonomische Trinität verdrängt. Die Trinitätslehre sei fortan zu ihrem Schaden immer weniger von der Christologie her gedacht worden. Bei Augustinus sei der »Prozeß der Anwendung griechisch-ontologischer Kategorien auf das christliche Heilsgeheimnis der Trinität in der Patristik zum Abschluß gelangt«, so daß von dort aus die Scholastik »die Trinitätslehre einseitig in Richtung auf eine metaphysische Erklärung weiterentwickelt« habe.1350 Argimiro Turrado hat Augustinus gegen diese Kritiken verteidigt und die Vorwürfe an die Scholastiker des Mittelalters weitergereicht.1351 Eine 25 Jahre nach Mysterium Salutis erschienene Dogmatik bleibt noch, obwohl sie ebenfalls gerade nicht neuscholastisch ist, der Interpretation des augustinischen Trinitätskonzepts durch Thomas von Aquin verhaftet.1352 Zwar werden durchaus Unterschiede benannt, und anders als bei Scheffczyk wird auch zu Recht der Begriff »psychologische Trinitätslehre« vorsichtig relativiert. Die Denkbewegung von De trinitate wird jedoch auch hier nicht dargestellt. Vielmehr werden diejenigen einzelnen Gedanken und Begriffe kurz präsentiert, die in der Scholastik rezipiert worden sind. Ihr historischer Hintergrund und ihre Funktion im Werk werden daher nicht deutlich. Basil Studer hat in seinem Buch Gott und unsere Erlösung im Glauben der Alten Kirche den bahnbrechenden Versuch vorgelegt, die Dogmengeschichte der christlichen Antike aus einem der Patristik selbst entnommenen Blickwinkel wahrzunehmen. Studer stellt Gotteslehre, Trinitätslehre, Christologie, Pneu1350

Scheffczyk, Lehramtliche Formulierungen (wie Anm. 1346), 205. A. Turrado, La teologı´a trinitaria de san Agustı´n en el »Mysterium Salutis«, RAE 12, 1972, 445–459; derselbe Autor hatte ähnlich bereits gegen Schmaus argumentiert: Dios en el hombre (wie Anm. 971), 108–112. 1352 J. Werbick, Trinitätslehre, in: Th. Schneider (Hg.), Handbuch der Dogmatik, Bd. 2, Düsseldorf 1992, 481–575. 1351

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matologie und Soteriologie im Zusammenhang dar. Denn ihre Separierung in Traktate ist der Alten Kirche fremd.1353 Das Augustinuskapitel steht in Studers Buch am Ende des zweiten Teiles, der von der Entstehung und Entfaltung des nizänischen Glaubens handelt.1354 Der dritte Teil gilt Chalcedon und den Folgen. Studer vermag aus seinem Ansatz heraus wichtige Facetten der Trinitätslehre Augustins darzustellen, die bei vielen früheren Dogmenhistorikern fehlen. So schärft er auch den Blick für die Tatsache, daß Augustinus die immanente Trinität und das trinitarische Wirken in der »Heilsgeschichte« enger verbunden sieht, als vielfach vermutet. Der unmittelbare literarische und kirchengeschichtliche Hintergrund kommt allerdings etwas zu kurz. Dies liegt aber anders als bei den Vorgängern nicht an konzeptionellen Mängeln, sondern an der Knappheit des Buches. So werden die lateinischen Homöer und ihre weniger bekannten Gegner kaum erwähnt. Was Studer hier wie in allen seinen Arbeiten mit Schweigen übergeht, ist der spekulative Kern von De trinitate, vor allem Augustins Analyse von Geist und Selbstbewußtsein.1355 Von diesem Kern erwartet er sich, darin Harnack gleichend, keine Förderung der Frömmigkeit.

4. »Griechische« versus »lateinische« Trinitätsauffassung? In zahlreichen trinitätstheologischen Lehrbüchern und Abhandlungen des zwanzigsten Jahrhunderts wird Augustinus als der Repräsentant westlicher Trinitätslehre schlechthin verstanden und den östlichen Theologen (mit den Kappadokiern als Protagonisten) gegenübergestellt. Angeblich gibt es einen grundlegenden Gegensatz zwischen griechischer und lateinischer oder auch zwischen morgen- und abendländischer Trinitätsauffassung. Sehr grob gesagt waren die westeuropäischen und amerikanischen Systematiker in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts überwiegend der Meinung, die westliche-augustinische sei der ostkirchlichen Theologie überlegen, während sich in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts die Wertung umkehrte. Diese Umkehrung, die dann selbst zur Standardauffassung wurde, spricht etwa aus den Worten von Karl Rahner in jener Studie, in der er zu zeigen versucht, daß oë ueoÂw im Neuen Testament den Vater bezeichne: »Es ist leicht zu erkennen, daß dieses Ergebnis nichts anderes ist als der genauere Nachweis davon, daß jene Trinitätsauffassung, die man seit de Re´gnon (wenn auch ungenau) die griechische zu nennen pflegt, sich näher an den biblischen Sprachgebrauch hält als die, die de Re´gnon die lateinische oder scholastische nennt. Diese geht von der Einheit des Wesens Gottes aus (ein Gott in drei Personen), so daß die Einheit des göttlichen Wesens die VorKonzeptionell fällt z. B. das Werk von B. Sesbou¨e´/J. Wolinski, Histoire des dogmes. Bd. I: Le Dieu du salut, Tournai 1994, Kapitel VI (Le myste`re de la trinite´) dahinter zurück. 1354 B. Studer, Gott und unsere Erlösung im Glauben der Alten Kirche, Düsseldorf 1985, 201– 223 (englisch: Trinity and Incarnation. The Faith of the Early Church, Edinburgh 1994; auch italienische, französische und spanische Übersetzungen). 1355 Vgl. unten S. 507 ff. 1353

»Griechische« versus »lateinische« Trinitätsauffassung?

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aussetzung für die ganze Trinitätslehre ist; jene setzt bei den drei Personen an (drei Personen, die eines göttlichen Wesens sind) oder, besser gesagt, beim Vater, der den Sohn und durch den Sohn den Geist aus sich hervorgehen läßt, so daß die Einheit und Selbigkeit des göttlichen Wesens eine Folge davon ist, daß der Vater sein Wesen mitteilt.«1356

Mit diesem Schema wird in der Regel auch die Ansicht verbunden, daß die »östliche« Auffassung stärker »ökonomische«, die »westliche« stärker »immanente« Trinitätslehre betreibe. Mit dem Wort »ungenau« deutet Rahner an, was de Re´gnon selbst betont, daß sich nämlich die »griechische« Auffassung auch bei den älteren Lateinern wie Tertullian finde.1357 Ein noch deutlicheres Bewußtsein davon, daß dieser historiographische Topos den Sachverhalt vergröbert, läßt etwa Walter Kasper erkennen, der gleichwohl − wenn auch mit entsprechenden Kautelen − die berühmt gewordene graphische Veranschaulichung von de Re´gnon übernimmt, wonach nämlich die lateinische Trinitätslehre als Dreieck, die griechische als Linie (der Geist geht vom Vater durch den Sohn hervor) zu charakterisieren sei.1358 Von den 1892 bis 1898 erschienenen vier Bänden der E´tudes de the´ologie positive sur la Sainte Trinite´ von The´odore de Re´gnon (1831 bis 1893) ist wohl mit Recht gesagt worden, sie seien mehr gelobt als gelesen worden.1359 Das Bild der Dogmengeschichte, das sich aus ihnen ergibt, ist facettenreicher, als es bei späteren Theologen erscheint, die sich auf de Re´gnon berufen. Dennoch geht das grobe Schema letztlich − oft natürlich aus zweiter oder dritter Hand − auf einige wenige zusammenfassende und daher vielbenutzte Seiten aus dem ansonsten unübersichtlichen Werk von de Re´gnon zurück.1360 Der französische Jesuit wollte insbesondere die einseitig thomistische, von ihm »scholastisch« oder »lateinisch« genannte Ausrichtung der Trinitätslehre seiner Zeit stärker durch ostkirchliche, von ihm »patristisch« oder »griechisch« genannte Aspekte befruchten und Verständnis vor allem für die kappadokische Trinitätstheologie wecken. Dieser historische Brückenschlag von de Re´gnon ist ein Umbau einer älteren dogmengeschichtlichen Konstruktion: Jacques Ginoulhiac nämlich hatte in seiner Dogmengeschichte die Ansicht vertreten, vor Nizäa habe sich die Trinitätstheologie vor allem mit der Unterscheidung der Personen befaßt, seit Nizäa mit ihrer Einheit.1361 Und diese Konstruktion wiederum verrät dem Eingeweihten sogleich ihre barocken Fundamente. Denn die These vom nichtnizänischen, subordinatianischen und aus späterer Sicht heterodoxen Charakter eines Großteils der vornizänischen Väter war es, mit welcher der »Vater der Dogmenge1356 K. Rahner, Theos im Neuen Testament [1950/51], in: ders., Schriften zur Theologie, Bd. 1, Einsiedeln/Zürich/Köln 1954, 91–167; hier 165. 1357 Th. de Re´gnon, E´tudes de the´ologie positive sur la Sainte Trinite´, 3 Teile in 4 Bdn., Paris 1892–98; hier Bd. 1, 428. 1358 Ebd. 339 f. und W. Kasper, Der Gott Jesu Christi, Mainz 1982, 361 f. 1359 De Halleux, »Hypostase« et »personne« (wie Anm. 605), 311 (bzw. 113), Anm. 1. 1360 Besonders de Re´gnon, E´tudes (wie Anm. 1357), Bd. 1, 339 f. und 428–430. 1361 Zitiert bei de Re´gnon, E´tudes, Bd. 1, 335 f.: J.-M. A. Ginoulhiac, Histoire du dogme catholique dans les trois premiers sie`cles de l’E´glise et jusqu’au Concile de Nice´e, 3 Bde., Paris 31865.

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schichte«, Dionysius Petavius, im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert einen enormen Schriftenkrieg entfacht hatte.1362 Seither hatten zahlreiche Dogmenhistoriker die Differenzen der altkirchlichen Trinitätskonzeptionen in knappe Schemata zu fassen versucht. Von Petavius ausgehend sind viele von ihnen schon vor de Re´gnon oder unabhängig von ihm zu ähnlichen Typologien griechischer Betonung der Personen und lateinischer Betonung der Einheit Gottes gelangt.1363 Stets galt dabei Augustins De trinitate als Prototyp der lateinischen Denkweise, so etwa auch in einem Aufsatz von Martland, in dem recht summarisch der kappadokischen Trinitätslehre ein Ausgehen vom Gebet und von der mystischen Erfahrung einer Begegnung mit den drei göttlichen Personen zugeschrieben wird, Augustinus dagegen ein Ausgehen von einem philosophischen Begriff des einen Gottes.1364 Ghislain Lafont stellt hingegen 1969 das Schema von de Re´gnon in Frage und kehrt eher zu Petavius zurück. Thema seines Buches ist das Verhältnis zwischen der Heilsgeschichte und der Trinitätserkenntnis: Kann man in Christus den dreifaltigen Gott erkennen? Am Beispiel Gregors von Nyssa, besonders seines Werkes gegen Eunomius, will Lafont zeigen, daß schon das Konzil von Nizäa und die griechische Tradition des vierten Jahrhunderts jenes Auseinanderdriften der Lehren von der Heilsökonomie und Schöpfung einerseits und von der Trinität andererseits eingeleitet hätten, das es nunmehr zu überwinden gelte. Die auch vom Nyssener vertretene Theologie des einen Wesens in drei Hypostasen könne die Heilsgeschichte nicht integrieren. Der von de Re´gnon behauptete Unterschied von Ost und West sei in Wahrheit eher die Differenz zwischen vor- und nachnizänischer Theologie. Augustinus folge nur dem Trend des vierten Jahrhunderts. Ihm sei es nicht gelungen, das Verhältnis von Person und Wesen über das von Akzidens und Substanz hinaus zu denken. Was letztere These von Lafont angeht, so bemerkt Madec in seiner Besprechung des Buches mit Recht, daß Augustinus sehr wohl das Wesen Gottes transzendent, jenseits der Kategorien, gedacht habe. Augustinus gelinge ein reibungsloser Übergang von der »wesentlichen« Weisheit zur »geborenen« Weisheit und der Weisheit, durch die alles gezeugt ist.1365 1362 D. Petavius, Opus de theologicis dogmatibus, ed. F. A. Zaccaria, tomus secundus: De sanctissima Trinitate, Venedig 1757 (zuerst Paris 1644). 1363 Prominente Beispiele: 1857 Kuhn, Die christliche Lehre (wie Anm. 665), 485 f.: »In der abendländischen Kirche wurde, wie wir wissen, mit besonderem Nachdruck auf die Homousie der ganzen Trinität (miÂa oyÆsiÂa) gedrungen. Diese Kirche hatte, wenn wir so sagen dürfen, weniger Scheu vor dem Monarchianismus als vor dem Arianismus. Umgekehrt drang die orientalische Kirche besonders auf die treiÄw yëpostaÂseiw, weil ihr ein Anstreifen an den Sabellianismus gefährlicher und verwerflicher schien, als die Berührung des Arianismus. Dort wurde das Moment der Einheit in den Vordergrund gestellt, hier das des Unterschieds.« Ähnlich A. Harnack, Grundriss der Dogmengeschichte, Freiburg 1889, 151–153 (in späteren Auflagen unter dem Titel Dogmengeschichte, § 39). 1364 T. R. Martland, A Study of Cappadocian and Augustinian Trinitarian Methodology, AThR 47, 1965, 252–263. 1365 Lafont, Peut-on (wie Anm. 478); dazu Madec, Notes (wie Anm. 1252).

»Griechische« versus »lateinische« Trinitätsauffassung?

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Basil Studer weist in einem Aufsatz die weite Verbreitung der Karikatur nach, wonach die lateinische Theologie eine Theorie der Einheit, die griechische eine Theorie der Trinität sei, die lateinische Konzeption von der einen göttlichen Substanz ausgehe und über die Hervorgänge zu den drei Personen gelange, die griechische hingegen von den drei Hypostasen ausgehe und zur Einheit gelange.1366 Studer führt diese Sicht auf de Re´gnon zurück. Demgegenüber sei die heilsökonomische Perspektive Augustins zu betonen. In Wahrheit sei Augustins Trinitätslehre weniger »westlich« als vielmehr traditionell auf dem Hintergrund der lateinischen wie der griechischen Patristik. Studer konzentriert sich auf drei Themenbereiche. Erstens frage Augustinus keineswegs von der Einheit Gottes ausgehend nach den Personen, sondern gehe umgekehrt von den Personen aus, von denen das Gottsein prädiziert wird. Bei Augustinus führe die Einsicht in die Gleichheit der Personen zur Erkenntnis der Einheit der Substanz. Zweitens komme für Augustinus (trotz gewisser Inkonsequenzen), nicht anders als bei den Griechen, durchaus biblisch das Wort deus im eigentlichen Sinne dem Vater zu. Dem widerspreche nicht, daß alle drei Personen und die Trinität als ganze communiter ebenfalls Gott heißen dürfen. Es gebe bei Augustinus keine dem Vater vorausgehende göttliche essentia. Drittens unterstreicht Studer die große soteriologische Bedeutung der Sendungen von Sohn und Geist für Augustinus. Abschließend geht Studer den Gründen für die einseitige Rezeption Augustins durch de Re´gnon und seine Gefolgsleute nach. Augustinus habe aus antiarianischen Motiven zu manchen mißverständlichen Formulierungen gegriffen, die sich aber bei griechischen Vätern ebenfalls finden ließen. Das eigentümlich Augustinische und von daher »Westliche« liege vielmehr in der Relationenlehre, der psychologischen Spekulation, dem Voluntarismus und der Pneumatologie (filioque). Jüngst hat Studer seine Sicht leicht modifiziert und eine »›unitaristische‹ Tendenz« Augustins eingeräumt.1367 Zeitgleich mit Studers Aufsatz erschien ein Essay von Michel Rene´ Barnes, der die Ost-West Typologie, die in der englischsprachigen Trinitätstheologie bis dahin weithin akzeptiert war, ebenfalls auf de Re´gnon zurückführt und einer Kritik unterzieht.1368 Barnes beleuchtet die erkenntnistheoretischen Voraussetzungen de Re´gnons und analysiert die französischsprachige de Re´gnonKritik von Paissac über Malet bis de Halleux. Nach Barnes’ Meinung irrt de Re´gnon, wenn er meint, bei den Kappadokiern beweise die Einheit der Tätigkeiten unter den drei Personen die Einheit ihrer Natur: Die Begriffe fyÂsiw und eÆneÂrgeia würden durch eine willkürliche Bevorzugung einiger Textpassagen aus zwei Schriften Gregors von Nyssa zu Fundamentalkategorien erhoben. Ob Barnes die Kappadokier richtig deutet, sei dahingestellt.1369 Nicht einleuchtend ist 1366

B. Studer, La teologia trinitaria in Agostino d’Ippona (wie Anm. 743). Vgl. oben S. 165 f., dort auch Kritik der proprie deus-Deutung. 1368 M. R. Barnes, De Re´gnon Reconsidered, AugSt 26, 1995, 51–79. 1369 Vgl. ders., The Power of God. DyÂnamiw in Gregory of Nyssa’s Trinitarian Theology, Washington, DC 2001. 1367

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Augustins Trinitätslehre in dogmengeschichtlicher Sicht

Barnes’ Kritik, erst eine oberflächliche Rezeption habe aus de Re´gnons Opposition zwischen patristischer und scholastischer Theologie eine solche zwischen griechischer und lateinischer gemacht. Denn überall im Werk von de Re´gnon begegnet explizit die Entgegensetzung von »concept grec« und »concept latin de la Trinite´«. Ausführlich vergleicht Barnes die griechische und die augustinische Antwort auf die Frage, ob Christus als Weisheit von Weisheit und Kraft von Kraft zu deuten sei. Er sieht hier einen Anknüpfungspunkt für Augustins »psychology of interior relations because those relations are divided, abstracted, from the action of psychological powers (faculties)« (70). Letzteres ist zu bezweifeln, denn von bloßen »faculties« handelt Augustinus nicht, vielmehr von geistigen Vollzügen. In einem zweiten Aufsatz deckt Barnes auf, wie sich moderne Trinitätstheologie, nicht zuletzt feministischer Provenienz, häufig entleerter Schematisierungen der patristischen Theologiegeschichte ohne Quellenbezug bedient.1370 Mit Recht geißelt er solche Versuche, die Komplexität der Geschichte in simple duale Typologien aufzulösen. Barnes macht für die dahinter stehenden Omnipotenzphantasien den deutschen Idealismus verantwortlich und plädiert für eine nicht-idealistische Geschichtsschreibung. Mit dieser simplen dualen Typologie begeht Barnes aber genau den von ihm selbst kritisierten Fehler. Seine typologische Herleitung ist schon deshalb unzutreffend, weil idealistische Geschichtsschreibung eher dialektische Dreischritte als Dualismen bevorzugt. Schlichte Gegensatzpaare zu bilden entspringt dagegen wohl eher einem menschlichen Urtrieb zur Vereinfachung. Dieser Tendenz entgehen auch Studer und Barnes nicht, indem sie die groben Ost-West-Typisierungen der Trinitätslehre zwar mit Recht kritisieren, diese Typisierung aber einseitig auf de Re´gnon oder dessen Leser zurückführen. In Wahrheit haben schon viele prominente Theologen zuvor dieses Schema gelehrt. Inzwischen haben Barnes’ Aufsätze in der englischsprachigen Welt, wo de Re´gnon kaum bekannt war, fast kanonische Geltung erlangt.1371 So arbeitet jüngst Kristin Hennessy zwar korrekt den antithomistischen Hintergrund von de Re´gnons Bemühungen heraus. Doch wie Barnes meint sie, die rigide Opposition zwischen einer östlichen und einer westlichen Trinitätslehre müsse, weil sie von de Re´gnon selbst differenzierter vertreten werde, von seinen zu unpräzisen Lesern herrühren.1372 Karl Rahners Vorbehalte gegen das, was er für die Trinitätslehre Augustins hielt, wurden oben schon angesprochen.1373 Gegen das Augustinusbild in Rahners Trinitätslehre hat Edmund Hill 1971 knappe, klar formulierte Einwände erhoben.1374 Er meint, es sei an der Zeit, das dualistische Klischee von der la1370

Ders., Augustine in Contemporary Trinitarian Theology, TS 56, 1995, 237–250. Vgl. etwa das von Sarah Coakley herausgegebene Heft 2 des HThR 100, 2007: Mehrere Beiträger berufen sich auf Barnes. 1372 K. Hennessy, An Answer to de Re´gnon’s Accusers: Why We Should Not Speak of »His« Paradigm, HThR 100, 2007, 179–197. 1373 Oben S. 324, Näheres unten S. 373 ff. 1374 E. Hill, Karl Rahner’s »Remarks on the Dogmatic Treatise De Trinitate« and St. Au1371

»Griechische« versus »lateinische« Trinitätsauffassung?

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teinischen Substanz- und der griechischen Hypostasentheologie als krude Verallgemeinerung zu durchschauen und preiszugeben. Schon innerhalb der griechischen Theologie des vierten Jahrhunderts gebe es beide Tendenzen, etwa im Insistieren des Athanasius auf der einen oyÆsiÂa einerseits und der Betonung der Dreiheit der Hypostasen bei moderaten Anti-Nizänern und den Kappadokiern andererseits. Augustinus gehe in De trinitate gerade nicht von der einen Substanz, sondern von den drei Personen aus, deren Einheit er zeigen wolle (und nicht etwa voraussetze). Augustins Ansicht vom untrennbaren Wirken der drei Personen ad extra sei keineswegs mit der späteren, mittelalterlichen Ansicht gleichzusetzen, jede der drei Personen hätte Fleisch werden können. Denn Augustinus zeige im Gegenteil, daß so, wie das menschliche Wort einen Laut annimmt, auch das göttliche verbum materielle Gestalt annehme. Rahners Anliegen, die Trinität als Heilsmysterium zu verdeutlichen, sei bei Augustinus erfüllt, der im Gegensatz zu Thomas von Aquin mit den Sendungen beginne, dann die Relationen bespreche und bei den innergöttlichen Hervorgängen ende. Die heilsnotwendigen zeitlichen Sendungen machten nach Augustinus die ewigen Hervorgänge dem Menschen erkennbar. Insofern sei auch für Augustinus die ökonomische Trinität die transzendente Trinität als geoffenbarte. Bei letzterer Deutung rückt Hill die Auffassungen Rahners und Augustins wohl zu nahe zusammen, denn Rahners Axiom will mehr sagen, als daß die Sendungen die Hervorgänge offenbaren. Dennoch verdient Hills abschließende These Beachtung, daß die formale Struktur von Augustins Trinitätsdenken in der mittelalterlichen lateinischen Theologie und gewiß bei Rahner ignoriert worden sei und der Wiederentdeckung bedürfe. Aus einem anderen Blickwinkel gelangt Drayton C. Benner zu einer ähnlichen Einschätzung: Hätte Rahner Augustins Trinitätslehre besser gekannt, so hätte er sein Axiom sachgemäßer ausarbeiten könne, wonach die ökonomische Trinität die immanente Trinität ist und umgekehrt.1375 Die Debatte um die Frage, ob Augustinus von der Einheit Gottes oder von den drei göttlichen Personen »ausgeht«, dreht sich mittlerweile im Kreise. Zumeist wird nicht präzisiert, was mit dem »Ausgehen« gemeint ist. Gisbert Greshake kritisiert zu Recht, daß der durch Studer geltend gemachte Ausgangspunkt von Augustins Trinitätslehre nur genetischer Art sei. Es werde lediglich nachgewiesen, daß Augustinus im Verlauf des Werkes über die Trinität von der heilsgeschichtlichen Vielfalt ausgehe. Weniger überzeugend ist Greshakes Begründung seiner eigenen Lesart von Augustins Text: Der systematische »Kristallisationspunkt« Augustins sei die Einheit. Daher sei nach wie vor Augustinus die hermeneutische Reduktion der Personen auf eine abstrakte Einheit vorzuwerfen.1376 Greshake zieht nicht in Betracht, daß eine abstrakte Trennung gustine, AugSt 2, 1971, 67–80; Hill bezieht sich auf: K. Rahner, Bemerkungen zum dogmatischen Traktat »De Trinitate« [1960] (wie Anm. 1550). 1375 D. C. Benner, Augustine and Karl Rahner on the Relationship between the Immanent Trinity and the Economic Trinity, IJSTh 9, 2007, 24–38. 1376 G. Greshake, Der dreieine Gott. Eine trinitarische Theologie, Freiburg/Basel/Wien 1997 (42001), 95, Anm. 163.

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Augustins Trinitätslehre in dogmengeschichtlicher Sicht

von Einheit und Vielheit gerade nicht dem Umstand gerecht wird, daß Gott der Ursprung schlechthin ist, der einer solchen Trennung noch vorausliegt. In dieser Überlegung aber ist Augustinus, nach der im Schlußteil der vorliegenden Arbeit vorgeschlagenen Deutung, seinen Interpreten Studer und Greshake voraus. Überdies sollte man beim Begriff der »Einheit« beachten, daß Augustinus eine strukturierte Einheit und kein neuplatonisches eÏn meint. Übrigens hat Sarah Coakley scharfsinnig gezeigt, daß moderne Bevorzugungen der Personenvielfalt und einer »relationalen« und »sozialen Trinitätslehre« zum Teil hinter die viel differenzierteren Einsichten zurückfallen, die bereits die Kappadokier, auf die man sich so gerne beruft, gewonnen haben.1377 Die vermeintliche Opposition griechischer und lateinischer Trinitätslehre ist jedenfalls ein Klischee, das ein angemessenes Verständnis von Augustins De trinitate verhindert. Seit längerem versuchen Forscher, aus verschiedenen Blickwinkeln heraus dieses stereotype Bild zu verabschieden.1378 So zeigt Richard Cross, daß Gregor von Nyssa und Johannes von Damaskus einerseits und Augustinus sowie Thomas von Aquin andererseits sich einig seien in der Bestimmung des Verhältnisses zwischen dem numerisch einen göttlichen Wesen und den drei Personen.1379 Demgegenüber bedeutet die »St. Augustine Lecture 2001« von Andrew Louth einen Rückschritt: Zwar bricht der Kenner ostkirchlicher Theologie zu Recht mit der Gewohnheit, Augustinus einzig mit den Kappadokiern zu vergleichen. Stattdessen hält er die Theologie der Liebe bei Klemens von Alexandrien und Maximus Confessor neben diejenige Augustins. Aber letztlich sieht Louth die entscheidende Differenz darin, daß nur Augustinus die Liebe in das innergöttliche Leben selbst hineinverlege, dadurch oiÆkonomiÂa und ueologiÂa vermische und so die Trinität zum Gegenstand menschlicher Spekulation mache.1380 So läuft auch diese Kritik auf den althergebrachten Vorwurf hinaus, die augustinisch-westliche Tradition sei rationalistisch, während die östliche Tradition apophatisch sei und Gottes Geheimnis bewahre. Bedeutet diese Kritik nicht einen Rückfall hinter den inkarnatorischen Charakter des Christentums, der auch eine Bejahung der menschlichen Geistnatur in sich birgt und eine abstrakte Negation der Faßbarkeit Gottes überwindet? Verkehrt die Ansicht von Louth, Augustinus sei eine Vergegenständlichung der Trinität anzulasten, nicht sogar den Skopus von De trinitate ins Gegenteil? Davon wird am Schluß des vorliegenden Buches die Rede sein.

1377

Coakley, ›Persons‹ in the ›Social‹ Doctrine of the Trinity (wie Anm. 919). Vgl. die Literatur zum filioque (oben S. 216 ff.) und zur ostkirchlichen AugustinusRezeption (unten S. 343 f.). 1379 R. Cross, Two Models of the Trinity?, HeyJ 43, 2002, 275–294. 1380 A. Louth, Love and the Trinity: Saint Augustine and the Greek Fathers, AugSt 33, 2002, 1–16. 1378

Neuntes Kapitel

Zur Wirkungsgeschichte von De trinitate 1. In den Kirchen des Ostens Über die Wirkung von Augustins Denken in den Ostkirchen ist verhältnismäßig wenig bekannt. Für die Kirchen des christlichen Orients, also armenischer, koptischer, syrischer Sprache usw., scheint kein Überblick zu dem Thema vorzuliegen. Was den byzantinischen und slawischen Raum angeht, so gibt es einige kurze Übersichten, die den Forschungsstand zusammenfassen, allerdings ohne wesentliche neue Resultate zu enthalten.1381 Im folgenden geht es selbstverständlich ausschließlich um die Trinitätstheologie. a) Byzanz Possidius rühmt in seiner Vita sancti Augustini, die Gedanken des Bischofs von Hippo Regius hätten sich durch libros editos atque in Graecum sermonem translatos weit über Afrika hinaus auch in den Osten hinein verbreitet.1382 Tatsächlich jedoch scheinen Hinweise aus der Alten Kirche allenfalls auf eine Übersetzung der Schrift De gestis Pelagii ins Griechische hinzuweisen.1383 Von De trinitate ist nur hier und da eine einzelne, ins Griechische übersetzte Formulierung in die dogmatischen Florilegien seit dem fünften Jahrhundert eingegangen, die immerhin im griechischen Synodalwesen wichtig waren. Außerdem sammelten skythische Mönche in den theopaschitischen Kontroversen eine Reihe von passenden De trinitate-Zitaten in ihrem lateinischen Florileg Exempla sanctorum patrum quod unum quemlibet licet ex beata trinitate dicere und hielten sie dadurch in Konstantinopel präsent.1384 Altaner hat all diese Spuren verfolgt und gelangt in 1381 S. Salaville, Saint Augustin et l’Orient, Ang. 8, 1931, 3–25; D. Z. Nikitas, ëH paroysiÂa toyÄ AyÆgoystiÂnoy sthÁn ÆAnatolikhÁ ÆEkklhsiÂa, Kl. 14, 1982, 7–25 (mit deutscher Zu-

sammenfassung); A. Nichols, The Reception of St Augustine and his Work in the Byzantine-Slav Tradition, Ang. 64, 1987, 437–452; G. C. Papademetriou, Saint Augustine in the Greek Orthodox Tradition, in: Agape and Diakonia. Essays in memory of Bishop Gerasimos of Abydos, hg. von P. A. Chamberas, Brookline, Mass. 1998, 143–154; A. Fürst, Augustinus im Orient, ZKG 110, 1999, 293–314. 1382 Possid. vita Aug. xi, 5 (156, 21 Bastiaensen). 1383 Altaner, Schriften (wie Anm. 236), 73–75. Den besten bibliographischen Gesamtüberblick bietet nach wie vor E. Dekkers, Les traductions grecques des e´crits patristiques latins, SE 5, 1953, 193–233. 1384 Text des Florilegs (CPL Nr. 654), ed. E. Schwartz, ACO IV, 2, 74–96; ed. F. Glorie:

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Zur Wirkungsgeschichte von »De trinitate«

einer Studie über »Augustinus in der griechischen Kirche bis auf Photius« zu dem ernüchternden Resultat: »Kein griechischer Theologe oder Hierarch hatte in der Zeit vom fünften bis zum neunten Jahrhundert eine auch nur den bescheidensten Ansprüchen genügende Kenntnis von den Schriften und der Theologie des großen Augustinus.«1385

Augustins Trinitätslehre wurde in den Streit zwischen Ost und West um das filioque gezogen.1386 Karl der Große hatte fränkische Theologen in dieser Frage um Gutachten gebeten, nachdem Papst Leo III. ihn von Streitigkeiten mit griechischen Mönchen in Jerusalem bezüglich dieser Thematik unterrichtet hatte. Prompt lieferten die Gutachter Väterflorilegien, die hauptsächlich aus Augustins De trinitate schöpften − so etwa Theodulf von Orle´ans1387 oder Alkuin, der im Vorwort seiner Schrift De fide sanctae trinitatis erklärt, er wolle lehren, was Augustinus in De trinitate für besonders notwendig erachtet habe.1388 Als Patriarch Photios von Konstantinopel später den Kampf gegen das filioque zur Speerspitze gegen die lateinische Kirche schärfte, fiel seine Mißbilligung auf Augustins Trinitätslehre. Ambrosius und Augustinus, die einen Hervorgang des Geistes auch vom Sohn gelehrt hätten, seien eben nur Menschen gewesen, und über diese ihre Lehre breite man besser den Mantel des Schweigens, so wie die Söhne Noahs die Blöße ihres Vaters bedeckt hatten.1389 Von Photios bis heute gilt in den Ostkirchen Augustinus als eigentlicher Urheber der filioque-Theologie. Dabei wird aber oft mit Recht die Frage nach der dogmatischen Korrektheit von Augustins Pneumatologie unterschieden von der Frage nach Sinn und Rechtmäßigkeit der viel späteren Einfügung des filioque in den Text des nizänokonstantinopolitanischen Bekenntnisses. Als sich gegen Ende des dreizehnten Jahrhunderts Aussichten auf eine Überwindung des großen Schismas zwischen Ost und West mehrten, entstand die vollständige, nicht nach 1281 in Angriff genommene Übersetzung von De trinitate ins byzantinische Griechisch durch Maximos Planudes. Lediglich der AbCChr.SL 85, 83–129; Verzeichnis der Zitate aus Aug. trin.: CChr.SL 50a, 594. Vgl. zum Hintergrund B. Altaner, Zum Schrifttum der »skythischen« (gotischen) Mönche. Quellenkritische und literarhistorische Untersuchungen, in: Schriften (wie Anm. 236), 489–506. 1385 Altaner ebd. 57–98; hier 98. 1386 Vgl. oben S. 216 ff., insbesondere Gemeinhardt, Die Filioque-Kontroverse (wie Anm. 997). 1387 Theodulf. spir. (MGH.Conc 2, Suppl. II, 315–382 Willjung); die darin enthaltenen Zitate aus Aug. trin. sind (nach der älteren Ausgabe in PL 105, 239–276) verzeichnet in CChr.SL 50a, 598. Zur Auswertung vgl. Schmaus, Die Trinitätslehre des Theodulf (wie Anm. 1441). 1388 Alcuin. fid. trin. proœm. (PL 101, 12 CD); Verzeichnis der trin.-Zitate in dieser Schrift:: CChr.SL 50a, 589. Vgl. J. C. Cavadini, Alcuin and Augustine: De Trinitate, AugSt 12, 1981, 11–18; Verzeichnis der trin.-Zitate im Libellus de processione spiritus sancti des Pseudo-Alkuin (Arn von Salzburg?) nach PL 101, 64–84 (jetzt in MGH.Conc 2, Suppl. II, 253–283 Willjung: Testimonia ex sacris voluminibus collecta) in: CChr.SL 50a, 597 M. 1389 Phot. mystag. 69 f. (PG 102, 349 C–352 A). Vgl. dazu Gemeinhardt, Die FilioqueKontroverse (wie Anm. 997).

In den Kirchen des Ostens

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schnitt De trinitate XV, xvii-xix wurde im siebzehnten Jahrhundert von Petros Arkudios in einem griechisch-lateinischen Sammelband zur filioque-Frage für die Sancta Congregatio de propaganda fide publiziert.1390 Später beschäftigten sich Michael Rackl und Giovanni Mercati für lange Zeit nahezu als einzige intensiver mit den Handschriften.1391 Erst 1995 erschien endlich die komplette editio princeps von Planudes’ Übersetzung. Im Paralleldruck bietet sie auch die rekonstruierte lateinische Vorlage in Gestalt des Lesetextes der Corpus ChristianorumAusgabe, der an rund siebzig Stellen verändert wurde, meist zugunsten einer ohnehin besseren Lesart, die aber auch in der lateinischen Vorlage des byzantinischen Übersetzers gestanden haben dürfte. Der griechische Lesetext ist leider insofern unbefriedigend, als er in Hunderten von Fällen ohne jeden Anhaltspunkt in irgendeiner der Handschriften von der Herausgeberin und ihren Kollegen dem Wortlaut des lateinischen Originals angepaßt worden ist, so daß die bewußten Freiheiten wie auch mögliche Versehen des Übersetzers korrigiert worden sind.1392 Welche Absicht Planudes mit seiner Arbeit genau verfolgte, ist nicht abschließend geklärt; Begeisterung für die lateinische Sprache − Planudes übersetzte z. B. auch Cicero, Ovid und Boethius − und die Unionsbestrebungen des Kaisers Michael VIII. Palaiologos gehören zu den wichtigsten Hintergründen.1393 Entgegen einer öfters zu hörenden Vermutung1394 läßt sich nicht nachweisen, daß Johannes Bekkos die Übersetzung des Planudes benutzt hat − so zumindest das Resultat einer Studie von Georg Hofmann.1395 Gianpaolo Ri1390 Opuscula aurea theologica quorundam clariss. virorum posteriorum Graecorum . . . circa processionem Spiritus Sancti, Petro Arcudio Corcyræo Collectore, & Interprete, Rom 1630, 587–613 (Nachdruck in PG 147, 1111–30). 1391 M. Rackl, Die griechischen Augustinusübersetzungen (wie Anm. 1294), 10–17; G. Mercati, Notizie di Procoro e Demetrio Cidone, Manuele Caleca e Teodoro Meliteniota ed altri appunti per la storia della teologia e della letteratura bizantina del secolo XIV, StT 56, Vatikanstadt 1931, 30 und 159. Vgl. S. Valoriani, Massimo Planude traduttore di S. Agostino, in: Atti dello VIII Congresso Internazionale di Studi Bizantini, Bd. 1, SBNE 7, Rom 1953, 234; Dekkers, Les traductions grecques (wie Anm. 1383), 206. 1392

AyÆgoystiÂnoy PeriÁ TriaÂdow bibliÂa pentekaiÂdeka aÏper eÆk th Ä w LatiÂnvn dialeÂktoy eiÆw thÁn ëEllaÂda methÂnegke MaÂjimow oë PlanoyÂdhw, lateinisch-griechische Ausgabe hg. und eingelei-

tet von M. Papathomopoulos/I. Tsabare/G. Rigotti, 2 Bde., AABAM 3, Athen 1995. Ausführliche Rezension dazu von R. Kany, ByZ 92, 1999, 150–152. 1393 G. Rigotti, Massimo Planude traduttore del De Trinitate di S. Agostino, in: C. Moreschini/G. Menestrina (Hgg.), La traduzione dei testi religiosi, Brescia 1994, 185–196; A. Garzya, Traduzioni e testi religiosi latini a Bisanzio, ebd. 171–184; E. V. Maltese, Massimo Planude interprete del »De Trinitate« di Agostino, in: M. Cortesi (Hg.), Padri greci e latini a confronto (secoli XIII-XV). Atti del Convegno di studi della Societa` Internazionale del Medioevo Latino (SISMEL), Certosa del Galluzzo, Firenze, 19–20 ottobre 2001, Florenz 2004, 207–219. Immer noch nützlich ist auch der ältere Bericht von W. O. Schmitt, Lateinische Literatur in Byzanz. Die Übersetzungen des Maximos Planudes und die moderne Forschung, JÖBG 17, 1968, 127–147. 1394 Zum Beispiel G. Podskalsky, Theologie und Philosophie in Byzanz, München 1977, 123. 1395 G. Hofmann, Patriarch Johannes Bekkos und die lateinische Kultur, OCP 11, 1945, 141–164; hier 158.

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Zur Wirkungsgeschichte von »De trinitate«

gotti skizziert in der Einleitung der Edition die Wirkungsgeschichte von Planudes’ Übersetzung in Byzanz. Ihre Rezeption scheint zunächst auf die immer gleichen Zitate aus dem Umkreis der filioque-Thematik beschränkt. Aber warum sind dann dreißig Manuskripte erhalten? Es mehren sich Anzeichen einer gleichsam subkutanen Rezeption des Textes in Byzanz. So waren gewisse Übereinstimmungen zwischen Augustinus und Gregorios Palamas in der Anwendung der trinitarischen Gottebenbildlichkeit des Menschen auf die Lehre von den göttlichen Hervorgängen von Jugie und anderen beobachtet worden.1396 Doch ostkirchliche Forscher lehnten die Annahme von Jugie und Congar kategorisch ab, Palamas habe Planudes’ Augustinus-Übersetzung gelesen.1397 Hatten sie gute philologische Gründe dafür, oder erschien ihnen der Gedanke unerträglich, daß ausgerechnet der Theologe, der für das heutige Selbstverständnis orthodoxer Dogmatik eine überragende Rolle spielt, von dem Begründer der letztlich verhaßten lateinisch-westlichen Theologie beeinflußt sein sollte? Die neue Edition bietet eine Grundlage für künftige Nachforschungen in dieser Frage. Zwei sehr bemerkenswerte Ergebnisse sind bereits festzuhalten: Reinhard Flogaus beweist zwingend, daß Gregorios Palamas an zahlreichen Stellen seiner »150 Kapitel« und in anderen Schriften für das psychologische Bild der Trinität im Menschen, für die doppelte Verwendbarkeit des Ursprungsbegriffs (innertrinitarisch und ökonomisch) und für manches Andere die Planudes-Übersetzung anonym, doch wörtlich mit charakteristischen Auslassungen zitiert, ja daß Palamas sich sogar für die ihm eigene und in der modernen ostkirchlichen Theologie viel rezipierte Energienlehre die von Augustinus vertretene Deutung der Relation (als etwas Drittem neben Substanz und Akzidens) zunutzemacht und ganze Abschnitte aus De trinitate übernimmt!1398 Das 1396 M. Jugie, Art. Palamas, Gre´goire, DThC XI/2, 1932, 1735–76; hier 1766. Ebenso Podskalsky, Theologie und Philosophie (wie Anm. 1394), 177; Congar, Je crois en l’Esprit Saint, Bd. 3 (wie Anm. 986), 132; Nikitas (wie Anm. 1381) 11. Die Ähnlichkeit konstatiert, ohne direkte Abhängigkeit zu behaupten: J. Meyendorff, Introduction a` l’e´tude de Gre´goire Palamas, PatSor 3, Paris 1959, 316; in einem späteren Buch erklärt Meyendorff es für möglich, daß Palamas Planudes’ De trinitate-Version gelesen hat: Byzantine Theology. Historical Trends and Doctrinal Themes, New York 1987 (= 21979, zuerst 1974), 190, Anm. 27. Vgl. A. Randovic´, ToÁ mysthÂrion thÄw ëAgiÂaw TriaÂdow kataÁ toÁn aÏgion GrhgoÂrion PalamaÄn, ABla 16, Thessaloniki 1973, 54–57 und 169–174. 1397 M. E. Hussey, The Palamite Trinitarian Models, SVTQ 16, 1972, 83–89; R. E. Sinkewicz, St. Gregory Palamas and the Doctrine of God’s Image in Man According to the Capita 150, Theol(A) 57, 1986, 857–881; ders., [Introduction], in: Saint Gregory Palamas, The One Hundred and Fifty Chapters, STPIMS 83, Toronto 1988, 1–79; hier 18. Auch in der Ausgabe GrhgoriÂoy toyÄ PalamaÄ SyggraÂmmata, Bd. 5, hg. von P. Chrestou u. a., Thessaloniki 1992, vermißt man jeglichen Nachweis von Zitaten aus De trinitate. 1398 R. Flogaus, Der heimliche Blick nach Westen. Zur Rezeption von Augustins De trinitate durch Gregorios Palamas, JÖB 46, 1996, S.275–297; ders., Theosis bei Palamas und Luther. Ein Beitrag zum ökumenischen Gespräch, FSÖTh 78, Göttingen 1995, 98–104; 238–261; ders., Palamas and Barlaam Revisited. A Reassessment of East and West in the Hesychast Controversy of 14th Century Byzantium, SVTQ 42, 1998, 1–32. Zweifel an Sinkewicz’

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wird manchen in Ost und West irritieren, der gewohnt ist, Augustinus als Protagonisten »westlicher« Trinitätsaufassung in einem kontradiktorischen Gegensatz zu Palamas als Höhepunkt »östlicher« Trinitätslehre zu sehen, selbst wenn zugestanden werden kann, daß Palamas vielfach Augustins Text gegen den Strich bürstet, ja ihn eher zitiert und kopiert, als daß er ihn sich einfach zueigen machen würde. Palamas ist vielleicht gerade darin nahezu singulär in den Ostkirchen, daß mehrere seiner Texte auf einer kritischen und produktiven Auseinandersetzung mit den offenbar genau gelesenen fünfzehn Büchern Augustins über die Trinität beruhen. Vielleicht wird die jetzt vorliegende Edition künftig noch manche byzantinische Augustinusrezeption aufzufinden helfen − und damit die auch von der Augustinus-Forschung zunehmend ausgebaute Erkenntnis stützen, daß Augustins Trinitätslehre Ost und West nicht nur zu trennen, sondern auch zu verbinden vermag. Es ist erfreulich, daß inzwischen auch ein ostkirchlicher Autor, Giannis Dimitrakopoulos, ein ganzes Buch dem Thema gewidmet hat und die Augustinus-Zitate des Palamas in der Frage der trinitätstheologischen Verwendbarkeit erstens der aristotelischen Kategorien und zweitens der menschlichen Seele als Bild des dreifaltigen Gottes anerkennt.1399 Einem kuriosen Beispiel einer byzantinischen Benutzung dieser De trinitateÜbersetzung ist ein 1989 erschienener Artikel von Lawrence P. Schrenk gewidmet: Die Widerlegung des Skeptizismus in Augustins De trinitate X, xiii f. und XV, xii ist demnach die Quelle eines Abschnittes der sogenannten Metaphysik des Pseudo-Herennios, einer griechischsprachigen Kompilation, die wohl nicht vor dem vierzehnten Jahrhundert zu datieren ist, vielleicht sogar in Rom Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts zusammengestellt wurde.1400 Schrenk betrachtet es als sicher, daß der Verfasser die Übersetzung des Planudes benutzt habe. Leider ist Schrenk entgangen, daß seine vermeintliche Entdeckung schon seit 1900 bekannt ist und durch die noch ausführlichere Synopse der Textstücke in der Dissertation von Hermann Leder aus dem Jahre 1901 teilweise überholt ist.1401 Leder war etwas vorsichtiger in der Auswertung der Parallelen und hielt Position äußert ebenfalls J. Lison (L’Esprit comme amour selon Gre´goire Palamas. Une influence augustinienne?, StPatr 32, 1997, 325–331; in populärer Form: L’Esprit comme amour selon Gre´goire Palamas. Une influence augustinienne?, CPE´gl 69, 1998, 40–45). − Die Entdeckung von Flogaus wurde auch durch J. Lössl (Augustine’s On the Trinity in Gregory Palamas’s One Hundred and Fifty Chapters, AugSt 30, 1999, 61–82; Augustine in Byzantium, JEH 51, 2000, 267–295), um Eigenes bereichert, dem englischsprachigen Publikum bekannt gemacht. − Von einer anderen Perspektive aus, nämlich von der virtus oder potestas/potentia dei her, beleuchtet Erich Fascher Augustins eigene »Energienlehre« in De trinitate (Art. Energeia, RAC V, 1962, 4–51; hier 48–51). 1399 G. Dimitrakopoulos, AyÆgoystiÄnow kaiÁ GrhgoÂriow PalamaÄw. TaÁ problhÂmata tvÄn aÆristotelikv Ä n kathgoriv Ä n kaiÁ thÄw triadikhÄw cyxoueologiÂaw, Athen 1997. 1400 L. P. Schrenk, Augustine’s De Trinitate in Byzantine Scepticism, GRBS 30, 1989, 451– 456; ders., Byzantine Evidence for Galen’s On Medical Experience, ByZ 82, 1989, 251–257. 1401 H. Leder, Untersuchungen über Augustins Erkenntnistheorie in ihren Beziehungen zur antiken Skepsis, zu Plotin und zu Descartes, Diss. Marburg 1901, Anhang 89–93. Leder war auf diese Übereinstimmung gestoßen durch den Hinweis von W. Windelband (Geschichte der Phi-

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auch eine beiden Texten gemeinsame, unbekannte dritte Quelle für denkbar, da Pseudo-Herennios Augustinus nicht wörtlich über ganze Sätze hinweg wiedergibt. Die erwähnte Planudes-Edition von 1995 ermöglicht nun endlich den genauen Vergleich, und dabei bestätigt sich, daß der Kompilator recht frei mit seiner Vorlage umgeht, daß er aber doch auf Schritt und Tritt Formulierungen des Planudes übernimmt. Die Brüder Demetrios und Prochoros Kydones zählen zu denjenigen Byzantinern, die Augustinus (und Thomas von Aquin) im vierzehnten Jahrhundert gelesen, geschätzt und übersetzt haben. Kardinal Mercati analysiert einen Codex mit Planudes’ De trinitate-Übersetzung aus Demetrios’ Besitz und leuchtet die bedeutsamen Hintergründe seiner Entstehung aus.1402 Teilweise erforscht, aber leider − so scheint es − noch immer nicht vollständig ediert ist die Schrift des Demetrios zur Verteidigung der thomasischen Theologie gegen Neilos Kabasilas, in der sich nach Podskalsky ein eindringlicher Exkurs über die Trinitätsspekulation findet, »der vielleicht zum Wertvollsten gehört, was in Byzanz über Augustinus geschrieben wurde.«1403 Auch Maximos Margunios aus Kreta, Bischof von Kythera und Lehrer im Dienste der Republik Venedig, bemühte sich um Verständigung und Annäherung zwischen der griechischen und der lateinischen Pneumatologie. 1588 verfaßte er einen ausführlichen, zunächst ungedruckten Kommentar in lateinischer Sprache zu Augustins De trinitate bezüglich dieser Thematik. Giorgio Fedalto hat ihn 1967 im Rahmen einer ausführlichen Monographie ediert.1404

losophie, Tübingen 21900, 227 A. = Lehrbuch der Geschichte der Philosophie [wie Anm. 1114], 238 Anm. 7), der damit die von E. Heitz (Die angebliche Metaphysik des Herennios, SPAW 1889 [Stück Nr. LIII], 1167–1190; hier 1184 f.) gestellte Quellenfrage beantwortet hatte. − Interessante neue Beobachtungen zu Pseudo-Herennios teilt L. G. Westerink in der Einleitung zu Damascius, Traite´ des premiers principes, Bd. 1, CUFr, Paris 1986, CXI-CXIV, mit. 1402 G. Mercati, Notizie di Procoro e Demetrio Cidone (wie Anm. 1391), 30 f. u. 159. 1403 Podskalsky, Theologie und Philosophie (wie Anm. 1394), 203. Ebd. 196–206 zu diesem Traktat, 196 Anm. 819 Verzeichnis der Sekundärliteratur und der wenigen publizierten Textstücke. − Michael Rackl beabsichtigte wohl eine Edition, schloß das Projekt aber nicht ab; im Nachlaß Rackls in der Universitätsbibliothek Eichstätt befindet sich eine Schachtel mit vorwiegend handschriftlichen Aufzeichnungen zu Demetrios Kydones (freundliche Mitteilung von Andreas Kleinert, UB Eichstätt, vom 26. März 1992). − Ob das Sultan Mehmed II. gewidmete Glaubensbekenntnis des Patriarchen Gennadios II. (Georgios) Scholarios von 1456 tatsächlich den »Trinitätsglauben ganz im Sinne der augustinischen Analogie« darlegt, wie H.-J. Marx behauptet (Filioque und Verbot eines anderen Glaubens auf dem Florentinum. Zum Pluralismus in dogmatischen Formeln, St. Augustins 1977, 115 f.), oder ob es sich nicht vielmehr um eine vom Thomismus geprägte Erklärung handelt (Literatur bei G. Podskalsky, Griechische Theologie in der Zeit der Türkenherrschaft (1453–1821). Die Orthodoxie im Spannungsfeld der nachreformatorischen Konfessionen des Westens, München 1988, 81–83), wäre zu untersuchen. 1404 Maximi Margunii . . . Elucidatio librorum divi Augustini de trinitate, in: G. Fedalto, Massimo Margunio e il suo commento al »De Trinitate« di S. Agostino (1588), StCr 1, Brescia 1967, 120–256. Fedaltos Band ist zugleich eine vorzügliche Monographie und Quellensammlung zu Margunios insgesamt. Eine geraffte Darstellung und Würdigung der theologischen

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Augustinus, so meint Margunios, habe seine Trinitätslehre gegen Häretiker entwickelt, die aus ihren neuplatonischen Vorurteilen heraus eine Inferiorität des Geistes gegenüber Vater und Sohn behauptet hätten. Augustinus wolle mit Aussagen, die nach filioque klingen, die Konsubstanzialität des Geistes sichern. Augustinus vertrete einen doppelten Hervorgang des Geistes, nämlich innergöttlich vom Vater allein, dagegen bei der Sendung nach außen einen Ausgang von Vater und Sohn als Geschenk zur Heiligung der Geschöpfe. Ost- und Westkirchen könnten sich daher Margunios zufolge auf der Grundlage eines recht verstandenen Augustinus theologisch einigen, wenn der Westen die Unrechtmäßigkeit der Einfügung des filioque ins Credo anerkenne. − Man wird allerdings sagen müssen, daß Augustinus entgegen Margunios’ Deutung auch für die Sendung des Geistes durch Vater und Sohn eine innergöttliche Verankerung sucht. Als Vorschlag zur Einigung der Kirchen bleibt die auch von Früheren schon erwogene These vom zweifachen Ausgang des Geistes aber bemerkenswert. b) Rußland um 1900 In der russisch-orthodoxen Kirche und Theologie hat es im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert ein erhebliches Interesse an Augustinus gegeben.1405 Durch die engen Kontakte zur westlichen Kultur um 1900 eröffneten sich neue Möglichkeiten einer Kenntnisnahme westlicher Theologie. Das Erlernen der lateinischen Sprache spielte zu dieser Zeit eine wichtige Rolle an den orthodoxen Akademien Rußlands, wo auch die westliche Forschung rezipiert wurde.1406 Doch die Oktoberrevolution 1917 vertiefte die religiöse Differenz zwischen Ost und West zu einem fast unüberwindlichen politischen Graben. Die mühsam gebauten Brücken stürzten ein, erst seit dem ausgehenden zwanzigsten Jahrhundert werden sie wieder gebaut. Vor 1917 war eine Reihe von Augustins Werken ins Russische übersetzt worden − De trinitate allerdings war bezeichPositionen des Kreters im historischen Zusammenhang bietet Podskalsky, Griechische Theologie (wie Anm. 1403), 135–151. Eine knappe Anzeige von Fedaltos Publikation gab J.-M. Garrigues, Maxime Margounios et son commentaire du »De Trinitate« de Saint Augustin, Ist. 17, 1972, 465–467. 1405 Eine kommentierende Bibliographie gab M. Jugie, Saint Augustin dans la litte´rature the´ologique de l’E´glise russe, E´Or 29, 1930, 385–395. M. I. Tataryn (Augustine and Russian Orthodoxy. Russian Orthodox Theologians and Augustine of Hippo. A Twentieth Century Dialogue, Lanham/New York/Oxford 2000) skizziert das oft recht positive Verhältnis der russischen Orthodoxie zu Augustinus im neunzehnten Jahrhundert (7–36), informiert ausführlicher über die in Paris lebenden russischen Orthodoxen wie Berdjaev und Florenskij, umgeht allerdings − vielleicht aus falsch verstandener Irenik − das filioque weitgehend. Die Bibliographie des grundlegenden und perspektivenreichen Artikels von A. R. Fokin u. a., Августин, in: Православная Энциклопедия, hg. vom Patriarchen von Moskau und ganz Rußland, Aleksij II. (Ridiger), Bd. 1, Moskau 2000, 93–109; hier 107–109, enthält eine Reihe hierzulande kaum bekannter russischer Titel. 1406 M. Köhler-Baur, Die Geistlichen Akademien in Rußland im 19. Jahrhundert, VOIM.G 64, Wiesbaden 1997.

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nenderweise nicht dabei und scheint vom 1989 erschienenen ersten Buch abgesehen bis heute nicht vollständig auf russisch erhältlich zu sein.1407 In einem russischen Aufsatz mit wenig Tiefgang führt Ostroumov seine Leser im Jahre 1904 in Augustins trinitarische Analogien ein.1408 Er sieht darin einen dritten Weg, um die Alternative von rationalistischer Ablehnung (er nennt etwa David Friedrich Strauß und Leo Tolstoj) und mystischer Unerkennbar-Erklärung (er nennt Johannes Tauler) der Trinität zu überwinden. Denn Augustinus erhelle das Geheimnis der Dreifaltigkeit durch Analogien − von der nach Maß, Zahl und Gewicht geordneten Natur angefangen bis zum menschlichen Selbstbewußtsein − ohne das Geheimnis im Verstand aufzuheben: Letztlich bleibe die Kluft zwischen dem trinitarischen Gott und den trinitarischen Analogien der unüberbrückbare Unterschied von Schöpfer und Geschöpf. Die auf die Christologie beschränkte altchristliche Logosspekulation werde von Augustinus erstmals in die Trinitätslehre eingeführt. Direkt an die damalige westliche Forschung zum Verhältnis Augustins zum Neuplatonismus knüpft ein ausführlicher russischer Aufsatz von Veresˇcˇackij an: »Plotin und der selige Augustinus in ihrer Beziehung zur trinitarischen Problematik.«1409 Diese Antrittsvorlesung anläßlich der Übernahme eines Lehrstuhls für Patrologie1410 ist anscheinend in der gesamten westlichen Forschung nicht zur Kenntnis genommen worden, obwohl sie zum Detailliertesten und Verständnisvollsten gehören dürfte, was jemals von ostkirchlicher Seite über Augustins Trinitätslehre gesagt worden ist.1411 Nach einem kenntnisreichen Über1407 Vgl. C. Kern, Les traductions russes des textes patristiques. Guide bibliographique, Chevetogne/Paris 1957, 57; H. Tretter/C. Patock, Russische Augustinus-Übersetzungen und Literatur russischer Autoren über Augustinus, in: Signum pietatis (wie Anm. 597), 659–663; eine Bibliographie der russischen Augustinus-Übersetzungen enthält Fokin, Августин (wie Anm. 1405), 107 f. − Die Übersetzung von De trinitate I (Блаженный Августин, О Троице [Книга первая], BoTr 29, 1989, 260–279) ist bisher wohl nicht fortgesetzt worden. 1408 N. Ostroumov, Аналогии и их значение при выяснении учения о Св. Троице, по суду Блаж. Августина, PravSob, Dezember 1904, 1119–1131. Eine weitere, thematisch offenbar ähnliche Arbeit desselben Autors über »Augustinus als Entlarver der rationalistischen Auffassung der christlichen Lehre von der Hl. Trinität« (Rjazan’ 1907, über das deutsche Fernleihsystem nicht erhältlich) verzeichnet M. Jugie, Saint Augustin (wie Anm. 1405), 393. 1409 P. Veresˇcˇackij, Плотин и Блаженный Августин в их отношении к тринитарной проблеме, PravSob, Juli/August 1911, 171–197; September 1911, 305–328. − Der Berichterstatter ist auf diesen Aufsatz aufmerksam geworden durch die Erwähnung in: A. Randovic´, ToÁ mysthÂrion thÄw ëAgiÂaw TriaÂdow (wie Anm. 1396), 245. Für slavistische Unterstützung sei Dieter Metzenroth und Nino Sakvarelidze gedankt. 1410 Vermutlich handelt es sich um die Akademie von Kazan’, die damals einen neuen Lehrstuhl für Patrologie eingerichtet bekam (I. Smolitsch, Geschichte der russischen Kirche 1700–1917, Bd. 1, SGOE 9, Leiden 1964, S.683 f.). 1411 Ein möglicherweise sehr bedeutsames Buch blieb leider über das deutsche und britische Fernleihsystem unauffindbar: I. V. Popov, Личность и учение блаженного Августина, 2 Teile, Sergiev Posad 1916–17. Dem Fichier Augustinien, Suppl. 1, Boston, Mass. 1981, 187, zufolge handelt das Werk erstens von der Persönlichkeit Augustins, zweitens von seiner Epistemologie und Ontologie; nach Meyendorff, Byzantine Theology (wie Anm. 1396), 237, ist es »important for the understanding of Eastern approach to the Augustinian models of thought«. Wenn dies stimmen sollte, wäre eine westliche Übersetzung wünschenswert.

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blick über die westliche und russische Forschung (171–173) stellt sich Veresˇcˇackij sein Thema: Plotin wie Augustinus sprechen von Gott, seiner Einheit und Dreiheit; folgt aus den vielen ähnlichen Formulierungen eine Abhängigkeit Augustins? (173 f.) Zunächst gibt Veresˇcˇackij einen Abriß des plotinischen Systems (174–178). Plotins Zentralfrage laute: Wie entsteht aus dem Einen das unbegrenzte Viele? In ähnlicher Weise wie Grandgeorge1412 zeigt Veresˇcˇackij anschließend Parallelen zu Plotins System in Augustins Gottesbild und seiner »apophatischen« Theologie (178–183). Letztere werde bei Augustinus aufgrund der christlichen Lehre von der Gottebenbildlichkeit des Menschen durch die Möglichkeit ergänzt, anhand des Menschen eben doch positive Aussagen über Gott zu treffen (182). Es sei eine alte Schwierigkeit der Philosophen, einen Gott denken zu müssen, der in genauem Gegensatz zur Welt steht, aber dennoch diese erklären soll. In Plotins System habe sich diese Dissonanz in Form eines Dualismus von extrem transzendenter erster und Vielheit eröffnender zweiter Hypostase eingeschlichen (183). Die christliche Philosophie eines Augustinus dagegen gehe gerade umgekehrt von der engen Verbindung von Gott und Welt, am stärksten in der Inkarnation, aus (184). Darum stehe aus christlicher Sicht ein den Menschen naher, persönlicher, mit Selbstbewußtsein begabter Gott mit den Menschen im Dialog und trete an die Stelle des neuplatonischen abstrakten Prinzips (185–188). Augustinus nutze die Möglichkeiten eines solchen Gottes- und Menschenbildes, indem er das apophatische Moment stark einschränke: Zwar seien, so Augustinus, alle unsere Begriffe letztlich unangemessen, wenn sie auf Gott bezogen werden. Aber wenn die Grundeigenschaften des menschlichen Geistes den Koeffizienten des Unendlichen erhielten, könne Gott nach Analogie des menschlichen Geistes gedacht werden (188 f.). Ausführlich analysiert Veresˇcˇackij dann die Reflexionsstrukturen der plotinischen Hypostasen (191–197), wodurch das − den trinitarischen Relationen gegenüber ganz anders geartete − Beziehungsgeflecht deutlich wird. Die Hypostasen entstehen als Momente von Übergängen weg vom Einen hin zu immer komplexeren und vielfältigeren Wirklichkeiten. Im zweiten Teil des Aufsatzes bestimmt Veresˇcˇackij zunächst erneut die Gottebenbildlichkeit als den Ausgangspunkt von Augustins Vorgehensweise. Augustinus wolle gleichsam die tabula rasa (Veresˇcˇackij zitiert John Locke) der menschlichen Seele aufdecken, weil sie das gottähnlichste im Menschen sei. So stoße Augustinus (nicht nur in De trinitate) auf diverse Ternare, die auf Gott übertragen objektiv-metaphysische Bedeutung annehmen (305–309). Gottvater zeige sich so als absolutes Subjekt göttlicher Selbsterkenntnis, der Sohn als absolutes Objekt göttlicher Selbsterkenntnis und Liebe, der Geist als Wille und Liebe, in dem sich Subjekt und Objekt vereinen. Principaliter gehe nach Augustinus der Geist (wie der Sohn) vom Vater aus, vom rational-psychologischen Standpunkt Augustins aus müsse er aber gleichzeitig auch vom Sohn ausgehen: 1412

Zu dem Buch von Grandgeorge oben S. 52.

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Das erfordere die substantielle Einheit von Vater und Sohn und der außerzeitliche Charakter des trinitarischen Prozesses, der jegliche zeitliche Reihenfolge ausschließe. Der Geist sei ein Bindeglied im Prozeß der Liebe von Vater und Sohn (310 f.). Wenngleich bei der Formulierung dieser Reflexionsstrukturen in Einzelheiten große Ähnlichkeiten zu Plotin bestünden, seien die Bedeutungen ganz verschieden. Denn der Neuplatonismus kenne keinen persönlichen, lebendigen Gott. Bei Plotin nehme das Hervorquellen der Hypostasen aus der jeweils übergeordneten Hypostase letztlich eine ungeklärte Zwischenstellung zwischen absoluter Notwendigkeit und einer durch die Existenz der vielfältigen Welt bedingten Zufälligkeit ein. Dagegen könne Augustinus zeigen, wie das ontologische Prinzip der Trinität in der persönlichen Gottheit selbst begründet sei und daher auch den einen Gott als Trinität bezeichne (311–315).1413 Der Subordination der Hypostasen bei Plotin setze Augustinus die Koordination der trinitarischen Personen entgegen. Beide Denker versuchten die Einheit der drei zu denken, wobei es Plotin stärker um die Betonung der Selbständigkeit der Hypostasen zu tun sei (316–322). Der letzte Dualismus zwischen den ersten beiden Hypostasen Plotins weist Veresˇcˇackij zufolge auf die Abwesenheit eines ausgleichenden Prinzips hin. Genau dieses Prinzip finde Augustinus in der Liebe und lebendigen Beziehung (322 f.). Die Lehre von der göttlichen Liebe als innerstem Prinzip der dreifaltigen Gottheit finde in Augustinus ihren hervorragendsten Vertreter in der patristischen Literatur (323). Gott als amans et quod amatur et amor zu denken,1414 das sei das eigentliche Anliegen der augustinischen Trinitätsauffassung (323 f.). Aus diesem Grunde seien die vielen Parallelen zwischen Augustinus und Plotin im letzten äußerlich: Eine unendlich tiefe Kluft trenne beide (324–328). Das Verdienst Veresˇcˇackijs liegt zum einen darin, gründlicher als seine Vorgänger die Andersartigkeit des plotinischen Hypostasensystems gegenüber dem Beziehungsgeflecht der Triaden Augustins gezeigt zu haben. Zweitens beeindruckt die hohe Bereitschaft des Autors, Augustins Lehre nicht von vornherein wegen ihrer Konsequenz − dem filioque − zu verwerfen, sondern zunächst einmal ihrer eigenen Logik nachzuspüren, die sich aus der biblischen Auffassung der Gottebenbildlichkeit des Menschen ergibt. Bedeutsam ist drittens die Erkenntnis Veresˇcˇackijs, daß für Augustins Trinitätslehre die Analyse der Liebe bedeutsam ist. Auch Sergij Bulgakov (1871 bis 1944), der Schüler Vladimir Solov’evs, hat sich ausführlich mit der augustinischen Trinitätslehre befaßt. Er meint, daß sich das Geheimnis der göttlichen Trinität dem menschlichen Bewußtsein einzig durch die Selbsterkenntnis des eigenen, gottähnlichen Geistes nahebringen lasse. Dieses Ziel verfehle Augustinus letztlich, weil er die Fähigkeit zur Liebe, die dem gemeinschaftlichen Selbstbewußtsein des Menschen innewohne, zu wenig

1413 1414

Aug. trin. V, viii, 9 (CChr.SL 50, 215, 22 M.). Ebd. VIII, x, 14 (CChr.SL 50, 290, 4 M.).

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beachte. Augustinus verstehe stattdessen bloße Fähigkeiten des Geistes als Analogie, so daß er zu einer rationalistischen Fehldeutung der Trinität gelange. Bernhard Schultze hat Augustinus ausführlich gegen diese Interpretation zu verteidigen versucht.1415 c) Neuere ostkirchliche Stellungnahmen Das Verhältnis ostkirchlicher Theologen der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts zu Augustinus bleibt zwiespältig, wie Biedermann am Beispiel der neueren griechischen Theologie gezeigt hat.1416 Augustinus wird zwar vielfach durchaus als ein großer christlicher Heiliger der Tradition gesehen. Aber zugleich ist die Neigung verbreitet, ihn für alles verantwortlich zu machen, was Ost- und Westkirche trennt. Dabei steht die Trinitätslehre im Vordergrund. Denn Augustinus gilt als Urheber der im Osten in aller Regel strikt abgelehnten Auffassung vom Hervorgang des Heiligen Geistes nicht allein vom Vater, sondern auch vom Sohn (filioque). So reiht etwa Michael Azkoul die traditionellen Vorurteile gegen Augustinus aneinander.1417 John S. Romanides vertritt die radikale Theorie, letztlich seien die Franken schuld am verheerenden morgenländischen Schisma, weil sie die große Differenz Augustins gegenüber den griechischen Vätern benutzt hätten, um West- und Oströmer zu spalten.1418 Doch selbst eine der positivsten Würdigungen Augustins, diejenige von Seraphim Rose, enthält zwar rührende Worte sogar über Augustins Bemühen in der Trinitätstheologie, doch wird dessen Ergebnis als ein Irrtum bezeichnet, der mit Augustins mangelnder Kenntnis der griechischen Patristik zu erklären sei.1419 Auch die dreibändige Dogmatik von Panagiotis N. Trembelas bezieht zwar die lateinische Tradition ein, aber wiederum ist gerade De trinitate als problematisches Werk behandelt. Die Vorbehalte gelten nicht allein dem filioque. Typisch für den ostkirchlichen Umgang mit der westlichen Tradition der Trinitätstheologie ist der hier erhobene Vorwurf, Augustinus wolle das Mysterium der Trinität mit menschlicher Vernunft und nach Analogie des menschlichen Geistes erklären. Dies sei von vornherein zum Scheitern verurteilt und sogar gefährlich, weil es in den Rationalismus führe.1420 1415 S. Bulgakov, Die Tragödie des Menschen, Darmstadt 1927; ders., Главы о Троичности, PravMysl 1, 1928, 31–88; 2, 1930, 57–85. Dazu und zu anderen Texten Bulgakovs vgl. B. Schultze, Sergius Bulgakow zur Lehre des hl. Augustinus über das Bild der Heiligsten Dreifaltigkeit im Menschen, OCP 15, 1949, 5–40; zum Hintergrund vgl. P. Hadot, La philosophie comme he´re´sie trinitaire. A propos du livre de Serge Boulgakov »La trage´die de la philosophie«, RHPhR 73, 1957, 236–251. 1416 H. M. Biedermann, Augustinus in der neueren griechischen Theologie, in: Signum pietatis [FS Cornelius Petrus Mayer], hg. von A. Zumkeller, Cass. 40, Würzburg 1989, 611–643. 1417 M. Azkoul, The Influence of Augustine of Hippo on the Orthodox Church, Lewiston, NY 1990. 1418 J. S. Romanides, Franks, Romans, Feudalism, and Doctrine. An Interplay Between Theology and Society, Brookline, Mass. 1982. 1419 S. Rose, The Place of Blessed Augustine in the Orthodox Church, Platina, Cal. 1983, 27–29.

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In der Zeitschrift des Orthodoxen Patriarchats Rumänien sind mehrfach Aufsätze über De trinitate erschienen, darunter 1961 ein recht ausführlicher Überblick über Inhalt und Gedankengang des Werkes unter Einbeziehung des damaligen westlichen Forschungsstandes und zwei Studien, die wiederum das filioque betreffen.1421 Eine interessante, der Ausführlichkeit und thematischen Ausgewogenheit wegen bemerkenswerte Gesamtdarstellung von Leben und Werk Augustins unter ausführlicher Einbeziehung der Trinitätslehre bietet jetzt ein umfangreicher Artikel in der großen neuen russisch-orthodoxen Enzyklopädie.1422 Es fällt sofort auf, daß hier nicht mehr das filioque zum alles beherrschenden Gesichtspunkt der Darstellung gemacht wird. Die in der heutigen westlichen Theologie am stärksten wahrgenommenen orthodoxen Theologen der Gegenwart dürften John Meyendorff, Christos Yannaras und John D. Zizioulas sein, mithin drei ausgesprochene Vertreter des Neopalamismus. Sie alle betrachten die Ablehnung von Palamas’ Unterscheidung zwischen dem unerkennbaren Wesen Gottes und Gottes Energien als fatale Konsequenz einer durch Augustinus begonnenen lateinischen Abweichung vom orthodoxen, rechtgläubigen Weg.1423 Als Beispiel sei nur die relativ maßvolle Stellungnahme Meyendorffs skizziert. Für Gregor von Nazianz, den Meyendorff als Hauptgewährsmann der patristischen Trinitätslehre betrachtet, sei die Trinität Sache religiöser Erfahrung und nicht abstrakter Spekulation gewesen. Wie The´odore de Re´gnon richtig gezeigt habe, seien die griechischen Väter von der konkreten Erfahrung der drei Hypostasen ausgegangen, während für sie das Wesen Gottes als unerkennbar gegolten habe. Im Westen dagegen seien die Theologen vor allem seit Augustinus von dem einen Wesen Gottes ausgegangen und hätten damit einen ontologischen Vorrang der Einheit des Wesens vor der personalen Verschiedenheit zementiert. Während der Palamismus die Vergöttlichung des Menschen durch die reale Distinktion zwischen Wesen und Energien Gottes überhaupt erst zu denken erlaube, habe der Westen seit Augustinus Gottes Wesen letztlich zu einem Objekt natürlicher ErP. N. Trembelas, Dogmatique de l’E´glise Orthodoxe Catholique, 3 Bde., Chevetogne 1966–68 (griechische Originalausgabe Athen 1959–61); vgl. Biedermann, Augustinus (wie Anm. 1416), 632–639. 1421 I. I. Ioan, Doctrina Fericitului Augustin despre Sfıˆnta Treime dupa˘ tratatul »De Trinitate«, StTeol ser. II/13, 1961, 166–188; C. Constantin, Fericitulu Augustin despre Sfıˆntul Duh, StTeol ser. II/17, 1965, 334–344; I. Bria, Dogma Sfintei Treimi, StTeol ser. A II-A, 43, Nr. 3, 1991, 3–48; hier 36–41. 1422 Fokin u. a., Августин (wie Anm. 1405). 1423 Meyendorff, Byzantine Theology (wie Anm. 1396), 180–190; Ch. Yannaras, The Distinction Between Essence and Energies and its Importance for Theology, SVTQ 19, 1975, 232–245; ders., Person und Eros. Eine Gegenüberstellung der Ontologie der griechischen Kirchenväter und der Existenzphilosophie des Westens, FSÖTh 44, Göttingen 1982 (zuerst: ToÁ proÂsvpo kaiÁ oë eÍrvw. UeologikoÁ dokiÂmio oÆntologiÂaw, Athen 1976), 68–75; 102 f.; 242–246; ders., Elements of Faith. An Introduction to Orthodox Theology, Edinburgh 1991 (zuerst: AlfabhtaÂri thÄw piÂsthw, Athen 1983), 154–164; J. D. Zizioulas, Being as Communion. Studies in Personhood and the Church, CGT 4, Crestwood, NY 1993 (zuerst 1985), Index s. v. Augustine. 1420

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kenntnis herabgewürdigt. Am Ende dieser Entwicklung stehe der Gott der neuzeitlichen Philosophie, die Gottesleugnung des Atheismus und die Gottesferne der modernen Naturwissenschaften. Meyendorff schließt sein Kapitel mit einer kaum verhüllten Empfehlung an die westliche Theologie, zu der voraugustinischen, kappadokischen Trinitätslehre zurückzukehren. Es sei betont, daß hinter dieser Sicht einerseits die traditionelle Theorie vom Gegensatz östlicher und westlicher Trinitätslehre steht, deren Fragwürdigkeit in der Forschung bereits erkannt wurde; auch die Augustinus-Interpretation ist unhaltbar.1424 Zudem ist es durchaus zweifelhaft, ob die Theorie der Energien die Probleme löst, die nach neopalamitischer Ansicht die augustinische Trinitätslehre aufwirft: Dorothea Wendebourg hat gute Gründe dafür angeführt, daß die göttlichen »Energien«, wie sie ostkirchlich angenommen werden (um überhaupt ein Hineinwirken Gottes in die Welt und den Menschen denken zu können), die Trinität soteriologisch funktionslos machen würden. Die ökonomische Trinität werde hier radikal von der immanenten Trinität getrennt. Wenn diese Diagnose stimmt, dann unterläuft der östlichen Trinitätslehre in ihrer neopalamitischen Interpretation gerade der Fehler, der von ebendieser Seite Augustinus vorgeworfen wird.1425 Gelegentlich finden sich noch heute in der theologischen Literatur Spuren einer universalen geistesgeschichtlichen Gesamtschau und Pauschalkritik westlichen Denkens. Aus der angeblich unterschiedlichen Trinitätslehre von Ost und West und letztlich aus der Differenz um das filioque werden gewissermaßen alle Übel der modernen Welt abgeleitet. Geistferne Christozentrik, mangelnde Spiritualität, Totalitarismus, Atheismus und weitere Kapitalfehler sollen alle letztlich daraus entspringen, daß der Westen sich die Pneumatologie Augustins und nicht diejenige der Kappadokier und des Gregor Palamas zueigen gemacht habe.1426 Vladimir Lossky etwa hat einen solchen »geilen Drang aufs große Ganze«1427 vermeintlicher theologisch-kosmopolitischer Seinszusammenhänge in sich verspürt.1428 Es hat verschiedene Versuche von westlichen Theologen gegeben, mit gleicher Münze heimzuzahlen und zu zeigen, daß analoge wuchtige Vorwürfe sich auch gegen die östliche Theologie schleudern lassen.1429 1424

Oben S. 324 ff. D. Wendebourg, Geist oder Energie. Zur Frage der innergöttlichen Verankerung des christlichen Lebens in der byzantinischen Theologie, MMHST 4, München 1980. 1426 Lossky, Essai sur la the´ologie mystique (wie Anm. 989). 1427 W. Benjamins Kritik an der geistesgeschichtlichen Methode (Literaturgeschichte und Literaturwissenschaft [1931], in: Ders., Gesammelte Schriften, Bd. III, hg. von H. Tiedemann-Bartels, Frankfurt 1972, 283–290; hier 286). 1428 In den Teilen des Forschungsberichtes über die Pneumatologie (oben S. 216 ff.) und über die neuere ostkirchliche Rezeption (S. 341 ff.) war davon bereits die Rede. 1429 Versammelt etwa in den Aufsätzen von M.-J. Le Guillou und J.-M. Garrigues, Ist. 17, 1972, 257–467. Während diese Autoren immerhin seriöse Argumente vortragen, feiert der amerikanische Politikberater Webster G. Tarpley Augustins Trinitätslehre und ihr filioque in dröhnenden Worten als Grundlage der westlichen Lehre vom schöpferischen, freiheitlichen und rationalen Individuum, wohingegen sich »durch den Schleier der theologi1425

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Solch visionäre Geschichtsschauungen sind mitunter von Wahnsystemen kaum noch zu unterscheiden. Dagegen hat Andre´ de Halleux schon vor Jahren eingeschärft, daß die nüchtern analysierte historische Wahrheit viel komplexer ist: Die patristische Tradition in Ost und West ist viel reicher, als dürre Stellensammlungen oder spektakuläre, auf einen einzigen Punkt bezogene Thesen es wahrhaben wollen.1430 Man muß sehr genau auf die jeweiligen theologischen Gegner und Vorgänger der griechischen wie der lateinischen Theologen des Altertums blicken, um den Sinn ihrer Konzepte exakt zu erfassen. Vor allem sollten endlich die von de Halleux treffend als »historiosophisch« bezeichneten universalen Geschichtskonstrukte aufgegeben werden, die aus der filioque-Frage den Kern der Differenz von ostchristlicher und abendländisch-westlicher Mentalität und Spiritualität machen wollen. Die jüngere Entdeckung, daß Gregor Palamas intensiv und produktiv, teils aufnehmend und teils transformierend, Augustins De trinitate rezipiert hat,1431 könnte ein Beispiel dafür abgeben, wie man ins Gespräch kommen könnte: nämlich durch eingehende, kritische Auseinandersetzung mit der Position des Gegenübers, nicht dagegen durch das Fuchteln mit verrosteten Schablonen.

2. In den Kirchen und Kulturen des Westens a) Spätantike, frühes und hohes Mittelalter Die Verfasser zahlreicher dogmengeschichtlicher Handbücher und theologiegeschichtlicher Monographien vermerken bei lateinischen Autoren der späten Patristik und vor allem des Mittelalters starke Einflüsse von Augustins Trinitätslehre. Das Urteil von Kennern, denen die lateinische Theologie und Philosophie des Mittelalters in ihrer Gesamtheit vor Augen stand, wiegt hier besonders schwer: Martin Grabmann bekräftigt, Augustins De trinitate habe »besonders in seinen spekulativen Partien . . . einen tief einschneidenden Einfluß auf die Scholastik ausgeübt«.1432 E´tienne Gilson betont die zentrale Wirkung dieses Werkes auf das mittelalterliche Nachdenken über Selbst-, Seelen- und Gotteserkenntnis.1433 Viele Argumente und Formulierungen von De trinitate haben im schen Scheinargumente« des Photios bereits »die Welt von Iwan dem Schrecklichen, Stalin und dem Fünf-Jahres-Plan erahnen« lasse (»Über die Dreieinigkeit« − Grundlage der westlichen Zivilisation, in: Der Hl. Augustinus. Vater der europäisch-afrikanischen Zivilisation, 5. internationale Konferenz des Schiller-Instituts 1.–3. November 1985 in Rom, Wiesbaden 1985, 199–213). In seiner Absurdität wirkt dieser Aufsatz wie ein zur Karikatur verzerrtes Gegenstück zu ostkirchlich-historiosophischen Interpretationen und politischen Instrumentalisierungen des filioque. 1430 A. de Halleux, Du personnalisme en pneumatologie, RTL 6, 1975, 3–30, mit detaillierter Darstellung von und Kritik an Lossky und den Aufsätzen in Istina; erneut abgedruckt in: Ders., Patrologie et Œcume´nisme. Recueil d’e´tudes, BEThL 93, Löwen 1990, 396–423; auch andere Aufsätze im selben Band betreffen das Thema. 1431 Oben S. 334 f. 1432 M. Grabmann, Geschichte der scholastischen Methode, Bd. 1, Freiburg 1909, 135. 1433 ´ E. Gilson, L’esprit de la philosophie me´die´vale, E´PhM 33, Paris 21944, 214–233.

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Laufe des Mittelalters theologische, logische und semantische Analysen erfahren, die an Scharfsinn seither wohl nicht mehr übertroffen worden sind. Allerdings scheint infolge der scholastischen Lehr- und Disputationsmethode der Schwerpunkt dieser Analysen deutlich auf Einzelaspekten und nicht auf dem Verstehen der Makrostruktur von De trinitate zu liegen. Das Genus der Sentenzenliteratur hat dazu geführt, daß sich eine ganze Diskussionskultur um einzelne in eine Sentenzensammlung (besonders diejenige des Petrus Lombardus) geratene Sätze aus De trinitate bilden konnte, ohne daß der ursprüngliche Kontext dieser Sätze immer in Betracht gezogen worden wäre − von historischen Hintergründen ganz zu schweigen. Goulven Madec vermutet, daß auf diese Weise seit dem zwölften Jahrhundert die lange Reflexionsübung über die trinitarische Struktur des Geistes in den augustinischen Büchern VIII bis XV auf eine Theorie psychologischer Analogien der Trinität reduziert worden sei.1434 Vielleicht wäre Madecs Mutmaßung mutatis mutandis auf die Frühzeit auszudehnen, denn schon die frühmittelalterlichen Exzerptoren bevorzugen die exegetischen und terminologischen Partien von De trinitate gegenüber den spekulativ-geisttheoretischen Teilen bei weitem.1435 Darüber hinaus sollte die künftige Forschung vielleicht einmal die Frage stellen, warum Augustinus im Mittelalter zwar als Autorität äußerst hohen Ranges kanonisiert worden ist, seine Schriften wie De trinitate jedoch nie mit Kommentarwerken bedacht worden sind, während dies bei Texten von Boethius, Pseudo-Dionysius und Aristoteles der Fall war.1436 Die gesamte patristische und mediävistische Forschung zur De trinitate-Rezeption kann hier unmöglich bilanziert werden. Nicht einmal der Anspruch auf Auswahl des Wichtigsten kann hier erhoben werden, zumal auch in Arbeiten über die mittelalterliche Erkenntnistheorie, Logik, Ontologie oder Ethik von De trinitate die Rede sein kann.1437 Einige speziellere Arbeiten zur Wirkungsgeschichte von De trinitate seien im folgenden notiert. An erster Stelle unter den rezeptionsgeschichtlichen Arbeiten ist auf die Publikationen von Michael Schmaus hinzuweisen.1438 Schon seine Dissertation über Augustins »psychologische« Trinitätslehre enthält eine Reihe von kurzen 1434 G. Madec, Saint Augustin est-il le malin ge´nie de l’Europe?, in: Ders., Petites e´tudes augustiniennes (wie Anm. 257), 319–330; hier 324. Ein ähnlicher Befund hinsichtlich der Tabulae des Robert Kilwardby oben S. 28. Zur Geschichte des Denkens in Zitaten vgl. R. Kany, Art. Zitat, HWbPh XII, 2004, 1344–55; hier 1346 f. 1435 Vgl. oben S. 15. 1436 Zum theoretischen Hintergrund des Problems vgl. J. Assmann, Text und Kommentar. Einführung, in: Ders./B. Gladigow (Hgg.), Text und Kommentar. Archäologie der literarischen Kommunikation IV, München 1995, 9–33. 1437 Nicht zugänglich war dem Berichterstatter die von Schadel (wie Anm. 13) unter Nr. 4198 verzeichnete maschinenschriftliche Dissertation von Wolfgang Ullmann, Die psychologische Trinitätslehre Augustins als theologische Voraussetzung der mittelalterlichen Ethik, Göttingen 1954. 1438 Die Schriften von Schmaus sind verzeichnet in: Wahrheit und Verkündigung [FS Michael Schmaus], hg. von L. Scheffczyk/W. Dettloff/R. Heinzmann, München/Paderborn/ Wien 1967, XXI-XXXIII; Fortsetzung: MThZ 38, 1987, 131–133.

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Ausblicken auf die Rezeption augustinischer Gedanken vor allem in der Scholastik.1439 Auch in seiner Habilitationsschrift über die Unterschiede in der Trinitätslehre zwischen den beiden Hauptvertretern der Dominikaner- und der Franziskanerschule des Mittelalters, Thomas von Aquin und Johannes Duns Scotus, nimmt Schmaus immer wieder Bezug auf Augustinus.1440 Die zugrundeliegende Interpretation von De trinitate (Vorrang der Wesenseinheit vor der Dreiheit der Personen, psychologische Erklärung der innergöttlichen Hervorbringungen, Interpretation der Personen als mit dem Wesen identischer Relationen) darf freilich nicht unkritisch übernommen werden. Schmaus verfolgte in einer Reihe von Aufsätzen die Wirkung von Augustins Trinitätslehre von der späten lateinischen Patristik, etwa bei Claudianus Mamertus und Fulgentius von Ruspe, über die karolingische Epoche1441 und die Frühscholastik1442 bis zur Hochscholastik.1443 Am Ende seines literarischen Schaffens ging er nochmals auf die Frage nach der westlichen Augustinusrezeption im Verhältnis zur östlichen Trinitätslehre ein.1444 Seine Absicht, diese Forschungen im Handbuch der Dogmengeschichte zusammenzufassen, konnte Schmaus nicht mehr verwirklichen. 1439

Siehe oben Anm. 2 und S. 135 ff. M. Schmaus, Der Liber propugnatorius des Thomas Anglicus und die Lehrunterschiede zwischen Thomas von Aquin und Duns Scotus. II. Teil: Die trinitarischen Lehrdifferenzen, 2 Bde., BGPhMA 29/1–2, Münster 1930 (alles Erschienene). 1441 Ders., Die Trinitätslehre des Fulgentius von Ruspe, in: Charisteria [FS Alois Rzach], Reichenberg 1930, 166–175; Das Fortwirken der augustinischen Trinitätspsychologie bis zur karolingischen Zeit, in: Vitae et veritati [FS Karl Adam], Düsseldorf 1956, 44–56; Die Trinitätslehre des Theodulf von Orle´ans auf dem Wege zwischen Augustinus und Anselm von Canterbury, in: H. Kohlenberger (Hg.), Saint Anselme. Ses pre´curseurs et ses contemporains, AAns 5, Frankfurt 1976, 221–243. 1442 M. Schmaus, Die theologiegeschichtliche Tragweite der Trinitätslehre des Anselm von Canterbury, in: H. Kohlenberger (Hg.), Die Wirkungsgeschichte Anselms von Canterbury, I. Teil, AAns 4/1, Frankfurt 1975, 29–45; Die Trinitätslehre des Simon von Tournai, RThAM 3, 1931, 373–396 (Texte dazu ebd. 4, 1932, 59–72; 187–198; 294–307); Die metaphysisch-psychologische Lehre über den Heiligen Geist im Monologion Anselms von Canterbury, in: Sola ratione [FS Franciscus Salesius Schmitt], hg. von H. Kohlenberger u. a., Stuttgart-Bad Cannstatt 1970, 189–219. 1443 M. Schmaus, Augustinus und die Trinitätslehre Wilhelms von Ware, in: Grabmann/ Mausbach (Hgg.), Aurelius Augustinus (wie Anm. 1), 315–352; Die Trinitätskonzeption in Bonaventuras Itinerarium mentis ad Deum, WissWeltb 15, 1962 (= Vom Sinn des Ganzen [FS Leo Gabriel]), 229–237; Trinitätstheologie in Patristik und Mittelalter. Die psychologischen Ternare Augustins und ihre Abwandlung bei Bonaventura, in: Begegnung. Beiträge zu einer Hermeneutik des theologischen Gesprächs [FS Heinrich Fries], hg. von M. Seckler u. a., Graz/Wien/Köln 1972, 465–476; Die trinitarische Gottesebenbildlichkeit nach dem Sentenzenkommentar Alberts des Großen, in: Virtus politica [FS Alfons Hufnagel], hg. von J. Möller/H. Kohlenberger, Stuttgart-Bad Cannstatt 1974, 277–306; Augustins psychologische Trinitätserklärung bei Robert Kilwardby (wie Anm. 74); Die trinitarische Ebenbildlichkeit des Menschen nach Richard von Mediavilla, in: Mysterium der Gnade [FS Johann Auer], hg. von H. Rossmann/J. Ratzinger, Regensburg 1975, 251–258; Zur Geistlehre des Aegidius Romanus, in: Scientia Augustiniana [FS Adolar Zumkeller], Cass. 30, hg. von C. P. Mayer/W. Eckermann, Würzburg 1975, 200–213. 1444 M. Schmaus, Die Einheit des trinitarischen Wirkens in der Ost- und Westkirche, in: Renovatio et reformatio [FS Ludwig Hödl], hg. von M. Gerwing/G. Ruppert, Münster 1985, 72–79. 1440

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Schmaus entwarf etwa folgendes Bild der Rezeptionsgeschichte von Augustins »psychologischer Trinitätslehre«: Nach Fulgentius von Ruspe im sechsten Jahrhundert habe erst Anselm von Canterbury Augustins »Trinitätspsychologie« wieder in ihrer Tiefe aufgenommen, dazwischen habe man in den Ternaren aus De trinitate zumeist bloße Gleichnisse gesehen. Anders als Augustinus habe Anselm den Selbstvollzug des göttlichen Geistes mit zwingenden Gründen als trinitarischen Vorgang beweisen wollen. Darin seien ihm nur wenige, wie etwa Abaelard, gefolgt. Die meisten, wie Bonaventura und Thomas, hätten diesen Rationalismus in ihrer Augustinusrezeption nicht mitvollzogen. Im zwölften Jahrhundert seien nicht Anselms, wohl aber Augustins psychologische Ternare gerne verwendet worden, jedoch nur als Metaphern − z. B. bei Petrus Lombardus. Gilbert von Poitiers habe Augustins psychologischer Trinitätserklärung in aller Schärfe eine Tendenz zum Sabellianismus vorgeworfen. Im dreizehnten Jahrhundert werde die augustinische Trinitätspsychologie − und zwar nicht mehr bloß als Metaphorik − von vielen Theologen (darunter Thomas von Aquin) wiederaufgenommen, teils mit, teils ohne Anselms Vermittlung. Aber es gebe auch Konzeptionen, die eher dem »griechischen« Typus der Trinitätslehre mit dem Ausgang beim Vater als erster göttlicher Person nacheifern, ohne deshalb von Augustinus unbeeinflußt zu sein, so etwa bei Robert Kilwardby.1445 Im Auftrag von Schmaus übernahm Franz Courth die Darstellung der Trinitätstheologie im Handbuch der Dogmengeschichte. Im Mittelalter-Faszikel sind u. a. die meisten von Schmaus betreuten Dissertationen und Habilitationsschriften zum Thema verzeichnet.1446 Courth zufolge sind im Mittelalter vor allem Augustins (angeblicher) Ansatz bei der Einheit des göttlichen Wesens, die (angebliche) psychologische Erklärungsweise, die Relationenlehre und der von Augustinus nur behutsam verwendete Personbegriff rezipiert worden. Daneben habe auch sein Verständnis des Vaters als principium trinitatis, des Sohnes als Bild des Vaters und des Heiligen Geistes als donum und als vinculum caritatis Wirkung entfaltet. Anders als de Re´gnon dies getan habe, müsse auch Augustins geschichtstheologisches Erbe berücksichtigt werden. Dann zeige sich, daß die Hauptlinien der Trinitätstheologie des Mittelalters beide auf Augustinus zurückgehen: Anselm und die Dominikanerschule führen die Relationslehre und psychologische Trinitätslehre Augustins fort, Richard von St. Victor, Wilhelm von Auxerre und die frühe Franziskanerschule machen sich die augustinische Denkweise zueigen, mit der sie zu einer dynamischen, die Heilsgeschichte stärker bedenkenden Trinitätsauffassung gelangen. Als Sonderfall bezeichnet Courth die Trinitätslehre des Rupert von Deutz, da hier weniger De trinitate als vielmehr die Geschichtstheologie von De civitate dei als Ausgangspunkt diene. 1445 Aus dem Sentenzenkommentar des Robert Kilwardby hat Friedrich Stegmüller den interessanten Traktat über Bild und Spur der Trinität in den Geschöpfen ediert (Der Traktat des Robert Kilwardby O. P. De imagine et vestigio trinitatis, AHDL 10/11, 1935/36, 324– 407). 1446 F. Courth, Trinität. In der Scholastik, HDG II 1 b, Freiburg/Basel/Wien 1985.

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Insgesamt sei die psychologische Trinitätslehre Augustins in der Frühscholastik weit stärker als in der Spätscholastik herangezogen worden. Im Laufe des Mittelalters habe die aristotelische Denkweise den neuplatonisch gefärbten Bildbegriff Augustins in den Hintergrund gedrängt. Zum Schaden der Trinitätslehre hätten am Ende formalistisch-abstrakte Distinktionen vorgeherrscht. − So hilfreich dieser Überblick von Courth ist und so überzeugend die Einschätzung der mittelalterlichen Trinitätslehre als Rezeptionsgeschichte Augustins ist, so sehr ist das Buch dennoch mit Vorsicht zu benutzen. Denn die zugrundeliegende Interpretation von Augustins De trinitate, wie sie sich insbesondere im Begriff »psychologisch« spiegelt, ist stark korrekturbedürftig, wie oben schon festgestellt wurde.1447 An der überragenden Wirkungsgeschichte von Augustins De trinitate war das Symbolum Quicumque (Athanasianum) stark beteiligt. Dieses Glaubensbekenntnis ist wohl in der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts entstanden und besteht großenteils aus Augustinus-Zitaten. Auf die Arbeit von Kelly und den erschöpfenden Nachweis aller Entlehnungen in der kritischen De trinitate-Ausgabe wurde schon hingewiesen.1448 Zur Trinitätslehre des Caesarius von Arles, der das Athanasianum bereits benutzt, liegt eine Arbeit vor, die ausführlich auf das Verhältnis zu Augustinus eingeht.1449 Auch Boethius stützt sich in seiner Schrift De trinitate in erster Linie auf Augustins gleichnamiges Werk, allerdings interessanterweise fast ausschließlich auf die Bücher V und VII, aus deren Gedankengut heraus er die aristotelische Kategorienlehre liest − Robert Andrews hat diese Querbezüge erforscht.1450 Viel zu wenig Beachtung haben bisher die spätpatristischen und frühmittelalterlichen Exzerpte aus De trinitate gefunden, obwohl das Material bereits weitgehend zusammengestellt worden ist.1451 Auf zwei pseudo-ambrosianische Schriften (wohl der ausgehenden Antike) mit starken Anklängen an De trinitate hat schon Schmaus hingewiesen.1452 Hans Urs von Balthasar meint irrtümlich, die Synode von Toledo 693 habe die augustinische imago trinitatis »ausdrücklich relativiert«, weil hier betont wird, nicht allein der Heilige Geist sei »Wille«, sondern auch der Vater und der Sohn: Genau das erklärt aber schon Augustinus selbst im letzten Buch von De trinitate. Auf der Synode ging es um die Verteidigung der Auffassung Julians von Toledo: voluntas genuit voluntatem.1453 1447

Oben S. 323. Oben S. 16. 1449 M. Dorenkemper, The Trinitarian Doctrine and Sources of St. Caesarius of Arles, Par. 9, Fribourg 1953. 1450 R. Andrews, Boethius on Relation in De Trinitate, in: M. Asztalos (Hg.), The Editing of Theological and Philosophical Texts from the Middle Ages, SLS 30, Stockholm 1986, 281–292. 1451 Oben S. 14 f. 1452 Schmaus, Die psychologische Trinitätslehre (wie Anm. 2), 30 Anm. 4: De trinitate (CPL Nr. 171) und De dignitate conditionis humanae (CPL Nr. 171b). 1453 Concil. Tolet. XVI: Igitur huius voluntatis sanctae vocabulum, quamvis per comparativam similitudinem trinitatis, qua dicitur memoria, intellegentia et voluntas ad personam sancti referatur spi1448

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Ältere Arbeiten begnügen sich häufig damit, Augustins Schriften als Quelle einzelner Sätze, Formulierungen oder Ideen mittelalterlicher Denker zu benennen und dann als »Einflüsse« abzubuchen. Solche Ergebnisse, beispielsweise von Walther Schulz 1913 für den »Einfluß Augustins« unter anderem auf die Trinitätslehre des achten und neunten Jahrhunderts vorgelegt, sind durchaus nützlich.1454 Aber fruchtbar werden sie erst, wenn die Art und Weise der Rezeption, die Umprägung und auch das Mißverstehen analysiert werden. So zeigt etwa John Cavadini in zwei Aufsätzen über Alkuins Trinitätstraktat, daß es nicht damit getan ist, diesen Text für unoriginell zu halten, weil er sich großenteils aus Augustins De trinitate und Fulgentius von Ruspe speist. Den Bildungszielen Karls des Großen entsprechend wolle Alkuin die innere Logik des Glaubens unter Verzicht auf höhere Spekulation explizieren.1455 Den Platonismus des Mittelalters hat man grob in zwei Grundtypen zu sondern versucht, den augustinischen und den dionysischen.1456 In der Gotteslehre könnte man sagen, daß Augustinus − indem er Gott nicht vom plotinischen eÏn, sondern vom plotinischen noyÄw her denkt − diejenige antike Tradition fortführt, die Sein und Leben Gottes als reflexives Denken faßt. Pseudo-Dionysius Areopagita hingegen konzipiert Gott vom eÏn Plotins und Proklus’ her. Bei mittelalterlichen Denkern läßt sich untersuchen, welcher der beiden Richtungen sie eher folgen oder wie sie beide Ansätze zu verbinden versuchen. Werner Beierwaltes etwa hat gezeigt, wie Johannes Scotus Eriugena trotz seiner engen Anlehnung an Pseudo-Dionysius dennoch infolge seiner Augustinus-Rezeption eine ontologische Dialektik entwickelt, die zugleich eine Form absoluter Reflexivität ist.1457 Mischa von Perger führt durch eine kurze vergleichende Analyse zum Gedanken der geschaffenen Weisheit vor, wie Johannes Scotus Eriugena Reflexionen des Maximus Confessor und Augustins (De trinitate VII, iii, 4) zu einer Synthese formt; in beiden Quellen fand Eriugena die Zweiseitigkeit

ritus, secundum hoc autem, quod ad se dicitur, substantialiter praedicatur . . . et veluti deus pater genuit filium deum, ita voluntas pater genuit filium voluntatem (Concilios Visigo´ticos e Hispano-Romanos, hg. von J. Vives, EspCrist.T 1, Barcelona/Madrid 1963, 494 f.). Dazu H. U. v. Balthasar, Theologik, Bd. 2, Einsiedeln 1985, 164 mit Anm. 12. Vgl. Aug., trin. XV, vii, 12 (CChr.SL 50a, 475, 23 – 477, 80). 1454 W. Schulz, Der Einfluss Augustins in der Theologie und Christologie des VIII. und IX. Jahrhunderts, Halle 1913. 1455 J. Cavadini, Alcuin and Augustine: De Trinitate, AugSt 12, 1981, 11–18; ders., The Sources and Theology of Alcuin’s »De Fide Sanctae et Individuae Trinitatis«, Tr. 46, 1991, 123–146. 1456 J. Koch, Augustinischer und dionysischer Neuplatonismus und das Mittelalter, KantSt 48/2, 1956/57, 117–135; erneut in: W. Beierwaltes (Hg.), Platonismus in der Philosophie des Mittelalters, WdF 197, Darmstadt 1969, 317–342. 1457 W. Beierwaltes, Das Problem des absoluten Selbstbewußtseins bei Johannes Scotus Eriugena, PhJ 73, 1965/66, 264–284; erneut in: Platonismus in der Philosophie des Mittelalters, 484–516; ders., Eriugena. Aspekte seiner Philosophie, in: Ders., Denken des Einen. Studien zur neuplatonischen Philosophie und ihrer Wirkungsgeschichte, Frankfurt 1985, 337–367; ders., Eriugena. Grundzüge seines Denkens, Frankfurt 1994, 180–203.

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eines Prozesses vor: Christus wird durch die Menschwerdung geschaffene Weisheit, im Menschen entsteht Weisheit durch Hinwendung zu Gott.1458 Ein von Irena Backus herausgegebenes umfangreiches Handbuch zur Rezeption der Kirchenväter von der karolingischen Epoche bis ins siebzehnte Jahrhundert enthält Aufsätze, in denen Funktion und Art der Rezeption von Augustins De trinitate in den Sentenzen des Petrus Lombardus, bei Anselm von Canterbury und Thomas von Aquin kurz analysiert werden.1459 Pius Künzle untersucht, wie Augustins »Seelenternare« aus De trinitate über die karolingische Renaissance, die Früh- und Hochscholastik schließlich in die Lehre des Thomas vom Verhältnis der Seele zu ihren Potenzen in der Summa theologiae I, qu. 77, a. 1 einfließen.1460 Wayne Hankey vergleicht den Sinn solcher Ternare bei Augustinus, Anselm und Thomas.1461 Alessandro Ghisalberti geht dem Verhältnis von augustinischer und aristotelischer Tradition in der Trinitätslehre Wilhelms von Auvergne nach.1462 Das Monologion Anselms von Canterbury ist in enger Anlehung an Gedanken und Termini von Augustins De trinitate geschrieben, dessen sorgfältige Lektüre Anselm im Prolog denjenigen empfiehlt, die ihm neue und falsche Lehren vorwerfen. In unterschiedlicher Hinsicht sind die beiden Texte öfters miteinander verglichen worden, so etwa im Blick auf das Methodische von Stephen Gersh und für den Begriff der essentia von Luigi Salbego.1463 Renato Perino behauptet wenig sachgemäß, Augustinus habe die Ternare der menschlichen Psyche nur als Metaphern in der Trinitätstheologie verwendet, während erst Anselm von Canterbury ihre metaphysische Tragweite erkannt habe. Augustins Trinitätslehre stehe unter der Herrschaft der Psychologie, diejenige Anselms unter der Herrschaft der Dialektik und Metaphysik.1464 Eine andere Ebene und einen an1458 M. v. Perger, Wie Maximus Confessor und Augustinus die Theophanie verstanden. Zu Eriugena, Peri physeon I 449 A–450 B, FZPhTh 46, 1999, 35–51. 1459 J.-G. Bougerol, The Church Fathers and the Sentences of Peter Lombard, in: I. Backus (Hg.), The Reception of the Church Fathers in the West, Bd. 1, Leiden/New York/Köln 1997, 113–164; B. Pranger, Sic et non: Patristic Authority Between Refusal and Acceptance: Anselm of Canterbury, Peter Abelard and Bernard of Clairvaux, ebd. 165–193; L. J. Elders, Thomas Aquinas and the Fathers of the Church, ebd. 337–366. Enttäuschend wenig zu De trinitate enthält der Sammelband von G. B. Matthews (Hg.), The Augustinian Tradition, Berkeley/Los Angeles/London 1999. 1460 P. Künzle, Das Verhältnis der Seele zu ihren Potenzen. Problemgeschichtliche Untersuchungen von Augustin bis und mit Thomas von Aquin, SF N. F. 12, Fribourg 1956. 1461 W. J. Hankey, The Place of the Psychological Image of the Trinity in the Arguments of Augustine’s De Trinitate, Anselm’s Monologion, and Aquinas’ Summa Theologiae, Dionysius 3, 1979, 99–110; spanische Übersetzung: San Agustı´n, san Anselmo y santo Toma´s, Aug(M) 26, 1981, 83*–94*. 1462 A. Ghisalberti, Agostinismo e aristotelismo nel »De Trinitate« di Guiglemo d’Auvergne, ScC 115, 1987, 205–219. 1463 St. Gersh, Anselm of Canterbury, in: P. Dronke (Hg.), A History of Twelfth-Century Western Philosophy, Cambridge 1988, 255–278; hier 262–270 (mit weiterer Literatur zum Thema); L. Salbego, »Essentia« nel De Trinitate di S. Agostino e nel Monologion di S. Anselmo, in: Kohlenberger (Hg.), Saint Anselme (wie Anm. 1441), 205–220. 1464 R. Perino, La dottrina trinitaria di San Anselmo nel quadro del suo metodo teologico e del suo concetto di Dio, StAns 29, Rom 1952.

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deren Text untersucht Worthen, der die Denkbewegung und Leserführung in Augustins De trinitate VIII bis XV und in Anselms Proslogion nebeneinander hält: Augustinus reflektiere über den menschlichen Geist, und der Leser habe diese Gedanken mit seinem eigenen Geist nachzuvollziehen. Das Proslogion sei dagegen explizit als Meditation über Gott (nicht über den menschlichen Geist) angelegt und vollziehe, wozu De trinitate nur anregen wolle. De trinitate ende dort, wo der Leser seine Sünde und Entfernung von Gott erkennen müsse, das Proslogion beginne genau an diesem Punkt.1465 Neuerdings hat Van Fleteren dargetan, daß Anselm sich auch in Cur Deus homo eng an De trinitate anlehne, genauer an die christologischen und soteriologischen Argumente des dreizehnten Buches. Allerdings neige Anselm auch in dieser Schrift dazu, vom augustinischen decet zum »rationalistischen« debet überzugehen.1466 Im Monologion weist Van Fleteren zum Teil bisher unentdeckte Parallelstellen zu De trinitate nach, meint aber, der Rationalismus Anselms falle hinter Augustins »apophatische« Theologie zurück.1467 Van Fleteren reiht sich der Tendenz der Forschung in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts ein, Augustinus eher vorsichtige Analogien und eine trinitarische Psychologie des Menschen zuzuschreiben, Anselm dagegen Beweisversuche und eine psychologische Trinitätslehre. Könnte es aber nicht sein, daß Anselm bei seinen Versuchen eines systematischen Verständnisses der Trinität seinen Lehrmeister Augustinus kongenial und subtiler verstanden hat, als es das vom hoch- und neuscholastischen Firnis verdunkelte, traditionell-moderne Standardbild von De trinitate ahnen läßt? Ähnliches ließe sich zu dem Aufsatz von Brooke über die Trinitätstheologie und -mystik des Zisterziensers Wilhelm von Saint Thierry sagen. Augustins Trinitätswerk wird als ständiger Referenztext gewählt. Aber die Bilanz, Augustins Denken kreise um die Trinität in der Schöpfung, während Wilhelms Denken auf Teilhabe an der göttlichen Trinität ziele, wird jedenfalls dem Raffinement von Augustins Gedankenbewegung in De trinitate nicht gerecht.1468 Mindestens seit den Dogmatiken des neunzehnten Jahrhunderts wird gerne das »interpersonale« Trinitätsmodell des Richard von St. Victor dem »intrapersonalen« Augustins gegenübergestellt. Richard stellt nämlich den Begriff der

1465 J. F. Worthen, Augustine’s De trinitate and Anselm’s Proslogion: »Exercere lectorem«, in: Augustine, Presbyter Factus Sum (wie Anm. 259), 517–529. 1466 F. Van Fleteren, Traces of Augustine’s De trinitate XIII in Anselm’s Cur Deus Homo, in: P. Gilbert/H. Kohlenberger/E. Salmann (Hgg.), Cur Deus Homo. Atti del Congresso Anselmiano Internazionale, Roma, 21–23 maggio 1998, StAns 128, Rom 1999, 165–178. 1467 F. Van Fleteren, The Influence of Augustine’s De Trinitate on Anselm’s Monologion, in: C. Viola/Frederick Van Fleteren (Hgg.), Saint Anselm − a Thinker for Yesterday and Today. Anselm’s Thought Viewed by Our Contemporaries. Proceedings of the International Anselm Conference, TSR 90, Lewiston/Queenston/Lampeter 2002, 411–443. 1468 O. Brooke, The Trinitarian Aspect of the Soul to God in the Theology of William of St Thierry, RThAM 26, 1959, 85–127. Vgl. auch die Passagen über Augustinus in D. N. Bell, The Image and Likeness. The Augustinian Spirituality of William of St Thierry, Kalamazoo, Mich. 1984.

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Liebe in den Mittelpunkt seiner Trinitätsspekulation und versucht rationale Argumente dafür zu formulieren, daß die vollkommene Liebe nicht in der (intrapersonalen) Selbstliebe, sondern in der (interpersonalen) Liebe zweier Personen, die sich in der Liebe einer dritten Person vereinigen, bestehen muß. Augustinus selbst stellt in De trinitate VIII Reflexionen zur trinitarischen Liebe an, geht dann aber zur Analyse der Selbstliebe über. In De trinitate XII schließt er explizit aus, daß etwa die menschliche Familie als Trinitätsanalogie geeignet sei. Denn für die Bibel sei schon der einzelne Mensch Bild Gottes. John Bligh versucht in einem scharfsinnigen Aufsatz die Frage zu beantworten, inwieweit Richard von Augustinus abhängt und inwieweit er sich von ihm absetzt. Bligh stößt dabei auf die Augustinus-Rezeption Achards von St. Victor und auf Abaelards Theologie als unmittelbare Quellen Richards. Er meint, daß Richard sein argumentatives Ziel nicht erreicht, da er die Höherrangigkeit der intersubjektiven Liebe gegenüber der Eigenliebe gerade nicht rational, sondern nur durch Rekurs auf die Offenbarung zeige. In genau dem Punkt, in dem Richard sich von Augustinus trenne, verfalle er in einen Fehlschluß.1469 Gegen Bligh läßt sich manches einwenden.1470 Aber festzuhalten bleibt, daß Augustinus interpersonale Trinitätsmodelle keineswegs außer acht läßt, sondern sie mit Gründen fallenläßt. Die Sichtweise von Yves Congar behält vieles für sich, daß nämlich nicht nur die thomasische, sondern beide großen Richtungen der Trinitätsreflexion im Mittelalter auf Augustins Trinitätslehre zurückgehen: Anselm und Thomas von Aquin denken demnach die Trinität von den Tätigkeiten des Geistes her, Achard und Richard von St. Victor, Bonaventura und die Franziskanerschule dagegen denken die Trinität vom Begriff Gottes als Liebe und vom Verständnis des Geistes als Band der Liebe her.1471 Arbeiten über das Verhältnis der Trinitätstheologie des Thomas von Aquin zu derjenigen Augustins sind lange Zeit von der Funktion dieser beiden Heiligen innerhalb der katholischen Theologie bestimmt gewesen: Die Lehre des größten Kirchenlehrers mußte als im wesentlichen übereinstimmende Fortentwicklung der Auffassungen des größten Kirchenvaters betrachtet werden, zumal sich Thomas ja häufig auf Augustins De trinitate beruft. So sieht es etwa Ambroise Gardeil in seinem großen Versuch, die Möglichkeit der mystischen Gotteserkenntnis aus der von Augustinus und Thomas beschriebenen Struktur der begnadeten Seele zu erweisen: Thomas sei ein Denker, der Augustins mens-Theorie getreu interpretiert und weitergedacht habe.1472 Besonders wichtig sind die Bücher von Henri Paissac und Andre´ Malet gewesen.1473 Beide 1469 J. Bligh, Richard of St Victor’s De Trinitate: Augustinian or Abelardian?, HeyJ 1, 1960, 118–139. 1470 Vgl. M. Schniertshauer, Consummatio Caritatis. Eine Untersuchung zu Richard von St. Victors De Trinitate, Mainz 1996 (= TSTP 10), 233 f. 1471 Congar, Je crois en l’Esprit Saint, Bd. 3 (wie Anm. 986), 135. 1472 Gardeil, La structure de l’aˆme (wie Anm. 998). 1473 H. Paissac, The´ologie du Verbe. Saint Augustin et saint Thomas, Paris 1951; A. Malet, Personne et amour dans la the´ologie trinitaire de Saint Thomas d’Aquin, BiblThom 32, Paris 1956.

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Autoren wenden sich gegen das von de Re´gnon behauptete Schema, die westliche, d. h. augustinische und thomasische Trinitätslehre sei »essentialistisch«. Die beiden Gelehrten lenken daher den Blick von der angeblichen Trinität dreier Vermögen der einen Seele auf die Theologie des Wortes bzw. der Person und Liebe. Sie meinen, Augustinus sei es dabei um ein Bild, Thomas dagegen um eine Analogie gegangen. Beide machen darauf aufmerksam, daß schon die Kappadokier die »heilsökonomische« Sicht der vornizänischen Theologie zugunsten einer stärkeren Betonung des göttlichen Wesens verdrängt hatten, und daß die augustinische Relationslehre und ihre Rezeption bei Thomas demgegenüber die Konstitution der Personen viel deutlicher zur Geltung bringt. Die Anregungen von Malet hat Hans Christian Schmidbaur produktiv aufgenommen. Schon der Ansatz von Augustins Trinitätslehre liege bei der Offenbarung, Augustinus führe einen akthaften Wesensbegriff ein. Er habe zwar noch keinen relationalen Personbegriff, entwickle aber doch bereits ein Verständnis, das in diese Richtung weise, und jedenfalls die Personen nicht vom Wesen konstituiert sein lasse. Auch Thomas kenne keine Ableitung der Personen aus dem göttlichen Wesen, der programmatische Prolog zum trinitätstheologischen Traktat innerhalb der Summa theologiae (I, qu. 27) sei »rein augustinisch in seinem Dreischritt Prozessionen − Relationen − Personen«.1474 Hier ist deutlich zu sehen, wie sich ein verändertes Thomas-Verständnis und eine renovierte Augustinus-Deutung wechselseitig erhellen. Wort und Liebe sind Augustins Schlüsselbegriffe, um das theologisch schwierigste Problem der Trinitätstheologie zu lösen, nämlich die begriffliche Fassung des Unterschiedes zwischen der Zeugung des Sohnes und dem Hervorgang des Geistes. Penido meinte 1930 noch allzu schematisch, erst die Analogielehre habe Thomas dazu geführt, das von Augustinus als unbefriedigend empfundene Lösungsmodell auf plausiblere Weise neu zu formulieren. Doch Trape` hat 1974 den häufig zu hörenden Ansichten dieser Art widersprochen, da Augustinus in Wahrheit die Lösung des Thomas (Summa theologiae I, qu. 27, a. 4) mehr oder minder vorweggenommen habe.1475 Serge de Laugier de Beaurecueil sucht nachzuweisen, daß Thomas sich in der Deutung der trinitarischen Gottebenbildlichkeit des Menschen nach und nach immer weiter von Augustinus entfernt und auf Aristoteles und Pseudo-Dionysius zubewegt habe. Auch Booth betont vor allem die Kritik des Thomas im Scriptum supra I Librum Sententiarum an Augustinus in dieser Frage. Dagegen schreiben Bortolaso und Sullivan dem Thomas eher eine Fortsetzung und Sy1474 H. Ch. Schmidbaur, Personarum Trinitas. Die trinitarische Gotteslehre des heiligen Thomas von Aquin, MThS.S 52, St. Ottilien 1996, 82; ebd. 157–193: »Augustins Ringen um eine neue Hermeneutik in der Trinitätslehre«. Manches davon ist in die populärwissenschaftliche Einführung desselben Autors eingegangen: Augustinus begegnen, Augsburg 2003, 138–145. 1475 M. T.-L. Penido, Cur non Spiritus Sanctus a Patre Deo genitus. S. Augustin et s. Thomas, RThom 35, 1930, 508–527; A. Trape`, Nota sulla processione dello Spirito Santo nella teologia trinitaria di S. Agostino e di S. Tommaso, StTom 1, 1974, 119–125.

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stematisierung von Augustins Theologie zu.1476 Merriell hat in einem bedeutenden Buch das Thema von der Quelle her in den Blick genommen und zu diesem Zweck Augustins Lehre von der imago trinitatis selbständig untersucht. Er legt Wert auf die Einsicht, daß De trinitate einen Denkweg beschreibt, der nicht lediglich auf die Erkenntnis von Fähigkeiten der Seele zielt, sondern auf die Zeugung des Wortes und den Hervorgang der Liebe. Erst der Gott erkennende und liebende Geist sei Bild der Trinität und könne am inneren Leben des dreifaltigen Gottes Teilhabe erlangen. Merriell zeichnet nach, wie Thomas von Aquin im Laufe seines Lebens, vor allem nach den Vorlesungen in Rom 1265/66, den Text des Augustinus immer besser versteht und tiefer in ihn dringt als seine Vorgänger. Die Summa theologiae biete eine tiefschürfende, die Intentionen Augustins genau erfassende Interpretation von De trinitate.1477 Eine von Klaus Krämer verfaßte neue Untersuchung der imago trinitatis-Lehre des Thomas, diesmal vor allem im Vergleich zu Petrus Lombardus, Albertus Magnus und Bonaventura, deckt sich mit Merriells Resultat insofern, als auch hier die Tendenz des Thomas herausgearbeitet wird, die trinitarische Gottebenbildlichkeit des Menschen gerade aus der Beziehung des geistigen Selbstvollzuges auf Gott hin zu definieren.1478 Michael A. Dauphinais versucht den Nachweis, daß neben Augustins Verständnis der dynamischen Orientierung auf Gott hin auch Johannes von Damaskus die Bildlehre des Thomas beinflußt hat, insofern bei ihm die Vervollkommnung der Ebenbildlichkeit in besonderem Maße Sache der Tugend ist.1479 Mit all diesen Hinweisen ist die Fülle der Thomas-Forschung aber bei weitem nicht ausgeschöpft.1480 Nur weniges sei noch notiert. Luise Abramowski hat in ihrer Tübinger Abschiedsvorlesung einerseits Beobachtungen zu Vorgängern des Augustinus in der Lehre vom Heiligen Geist als Band zwischen Vater und Sohn mitgeteilt, andererseits die These vertreten, daß Thomas jeden trinitari1476 M.-J. S. de Laugier de Beaurecueil, L’homme image de Dieu selon saint Thomas d’Aquin, E´RCDO 8, 1952, 45–82; 9, 1955, 37–96; E. Booth, Saint Thomas Aquinas’s Critique of Saint Augustine’s Conceptions of the Image of God in the Human Soul, in: Brachtendorf (Hg.), Gott und sein Bild (wie Anm. 8), 219–239 (dazu die Textedition des Scriptum, ebd. 249–273); G. Bortolaso, Teologia dell’immagine in sant’Agostino e san Tommaso, CivCatt 118/3, 1967, 371–380. − Umfassend informieren über die Rezeptionsgeschichte von Augustins imago-Theologie Sullivan, The Image of God (wie Anm. 1005), sowie für das Jahrhundert vor Thomas von Aquin: R. Javelet, Image et ressemblance au douzie`me sie`cle de saint Anselme a` Alain de Lille, 2 Bde., Paris 1967. 1477 D. J. Merriell, To the Image of the Trinity. A Study of the Development of Aquinas’ Teaching, STIMPS 96, Toronto 1990. 1478 K. Krämer, Imago Trinitatis. Die Gottebenbildlichkeit des Menschen in der Theologie des Thomas von Aquin, Freiburg/Basel/Wien 2000. 1479 M. A. Dauphinais, Loving the Lord Your God: The Imago Dei in Saint Thomas Aquinas, Thom. 63, 1999, 241–267. 1480 Vgl. Z. B. T. L. Smith, Thomas Aquinas’ Trinitarian Theology. A Study in Theological Method, Washington, DC 2003; G. Emery, La the´ologie trinitaire de saint Thomas d’Aquin, Paris 2004.

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schen Begriff dazu benutze, in ihm sowohl die Einheit des Wesens wie die Verschiedenheit der Personen auszudrücken. Der polemische Hintergrund Augustins im Kampf gegen nichtnizänische Gotteslehren spiele für Thomas keine Rolle mehr. Darum könne Thomas mit seinem Verständnis der »subsistenten Relation« die Substanzhaftigkeit wieder in den Begriff der trinitarischen Relation einführen. Augustinus bleibe dies verwehrt, weil er sonst dem eunomianischen Argument erliegen würde: Dieses besagt, die Verschiedenheit des Gezeugtseins vom Ungezeugtsein (also in Augustins Sprache: die Verschiedenheit der innertrinitarischen Relationen) bedeute zwangsläufig eine Substanzverschiedenheit der Person Gottvaters gegenüber der Person des Gottessohnes.1481 Die Erkenntnistheorie des Thomas von Aquin gilt als hervorragendes Beispiel des Paradigmenwechsels im dreizehnten Jahrhundert weg von der augustinischen Illuminationstheorie hin zu der aristotelischen Theorie der Erkenntnis als Abstraktion. E´tienne Gilson leuchtet die Hintergründe in seinem Aufsatz »Pourquoi saint Thomas a critique´ saint Augustin« aus.1482 Die seitherige Debatte kann hier nicht resümiert werden, da sie nicht primär von der Trinitätslehre handelt. Erwähnt sei nur ein Aufsatz von Johannes Brachtendorf, der in Auseinandersetzung mit neueren Forschungsmeinungen dem Spezialproblem der Selbsterkenntnis nachgeht. Oft war behauptet worden, Thomas vertrete ein anderes Konzept von Selbsterkenntnis als Augustinus. Denn für Augustinus sei die Selbsterfassung des Geistes von jeder sinnlichen Erfahrung unabhängig, für Thomas dagegen stehe die Seele als Form des Leibes unter den Bedingungen der Sinnlichkeit und könne sich nur durch Welterkenntnis hindurch selbst erfassen. In Wahrheit, so Brachtendorf, liege eine Kontinuität von Augustinus zu Thomas vor, wenn man beachte, daß Augustinus die stets vorhandene Selbstgegenwart des Geistes von der reflexiven Selbstvergewisserung durch Vermittlung unterscheide. Denn hierhin stimme Thomas von Aquin zu. Die Differenzen begännen erst in der Weise, wie diese Selbstgegenwart strukturell zu fassen sei. Augustinus begreife sie als trinitarisch strukturiertes Geflecht innerer Vollzüge, Thomas als einfach und nicht akthaft, und erst in den Akten diskursiven Denkens sei für Thomas das Bild Gottes zu suchen.1483 In mehreren Arbeiten zeigt Burkhard Mojsisch, daß die Rezeption von Augustins Theorie der mens bei Thomas von Aquin durch gleichzeitige Einführung von Theoremen anderer Provenienz zu Widersprüchen führt. Mit Augustinus nehme Thomas die Subsistenz des Geistes an. In Konsequenz der Potenzenlehre des Albertus Magnus aber erkläre er gleichzeitig den Geist zum 1481 Abramowski, Zur Trinitätslehre des Thomas von Aquin (wie Anm. 537). Zur Vorstellung vom Geist als Band oben S. 129 f. 1482 ´ E. Gilson, Pourquoi saint Thomas a critique´ saint Augustin, AHDL 1, 1926/27, 5–127 (Buchausgabe unter dem gleichen Titel, Paris 1986). 1483 J. Brachtendorf, Selbsterkenntnis: Thomas von Aquin als Kritiker Augustins? (wie Anm. 707). Der Aufsatz richtet sich beispielsweise gegen die Interpretation von J. Szaif, Selbsterkenntnis: Thomas contra Augustinum, ThPh 74, 1999, 321–337.

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bloßen Akzidens der Seele. Systematisch befriedigender in der Frage der Substantialität des Geistes wie auch der Denkbarkeit von Selbstbewußtsein sei der Versuch Dietrichs von Freiberg, die noyÄw-Theorie des Aristoteles mit Augustins mens-Theorie zu verbinden. Dietrich identifiziere den aristotelischen intellectus agens mit dem augustinischen abditum mentis und den aristotelischen intellectus possibilis mit der augustinischen cogitatio.1484 Da es für Dietrich allerdings nicht mehr der Mensch, sondern der Intellekt selbst sei, der sich aus sich selbst tätig entfalte und sich den Modus seines Seins selbst auferlege, gehe Dietrich über Augustinus hinaus und denke den derart bestimmten Geist letztlich als absoluten Geist.1485 Kaum ein anderer hochmittelalterlicher Denker dürfte Augustins Trinitätslehre auf eine derart hochspekulative Weise rezipiert und weitergedacht haben wie Dietrich. Allenfalls Meister Eckhart entwickelt ähnliche Gedanken, etwa in seiner Theorie des göttlichen Bildes.1486 Kurt Flasch weist darauf hin, daß Augustins philosophische Wirkung seit dem zwölften Jahrhundert vermindert war, doch um 1300 im Denken Dietrichs zurückkehrt.1487 Die These wäre einer gründlichen Ausarbeitung wert. Auch Raimundus Lullus kann hier noch genannt werden: Die Lehre von den vestigia trinitatis in der Schöpfung, die Dreiheiten von memoria − intellegentia − voluntas oder auch von amans et quod amatur et amor, prägen sein Denken im innersten Kern.1488 Die übliche neuscholastische Aufteilung der Gotteslehre in die Traktate De deo uno und De deo trino geht Hans Jorissen zufolge auf das sechzehnte Jahrhundert zurück: Damals wurden die Sentenzen des Petrus Lombardus, in denen Augustins De trinitate der meistzitierte patristische Text überhaupt ist,1489 als 1484 B. Mojsisch, Augustins Theorie der mens bei Thomas von Aquin und Dietrich von Freiberg − zu einer ordensinternen Kontroverse im Mittelalter, in: Traditio Augustiniana [FS Willigis Eckermann] (wie Anm. 27), 193–202. 1485 B. Mojsisch, Die Theorie des Intellekts bei Dietrich von Freiberg, Beihefte zu Dietrich von Freiberg, Opera omnia, 1, Hamburg 1977; ders., Dietrich von Freiberg − Ein origineller Rezipient der Mens- und Cogitatio-Theorie Augustins, in: Brachtendorf (Hg.), Gott und sein Bild (wie Anm. 8), 241–248; vgl. K. Flasch, Kennt die mittelalterliche Philosophie die konstitutive Funktion des menschlichen Denkens?, KantSt 63, 1972, 186–206; ders., Einleitung, in: Dietrich von Freiberg, Schriften zur Intellekttheorie, Opera omnia 1, Hamburg 1977, IX-XXVI. 1486 Einige Bemerkungen dazu bei Kreuzer, Einleitung (wie Anm. 1239), S. LII-LVI, und A. M. Haas, Nim din selbes war. Studien zur Lehre von der Selbsterkenntnis bei Meister Eckhart, Johannes Tauler und Heinrich Seuse, Dokim. 3, Fribourg 1971, 6 f. u. ö.; A. Saccon, Nascita e logos. Conoscenza e teoria trinitaria in Meister Eckhart, PeSto 41, Neapel 1998; K. Flasch, Meister Eckhart. Die Geburt der »Deutschen Mystik« aus dem Geist der arabischen Philosophie, München 2006. 1487 Ders., Augustin (wie Anm. 1), 488–492. 1488 J. Bernhart, Die philosophische Mystik des Mittelalters von ihren antiken Ursprüngen bis zur Renaissance, GPE 3/14, München 1922, 160 f.; V. Hösle, Einführung, in: Raimundus Lullus, Die neue Logik. Logica nova, hg. von Ch. Lohr, PhB 379, Hamburg 1985, IX-XCIV; hier XLVII; R. Pring-Mill, Der Mikrokosmos Ramon Llulls. Eine Einführung in das mittelalterliche Weltbild, aus dem Katalanischen von U. Roth, Stuttgart-Bad Cannstatt 2001, 93–105 (»Der augustinische Ausgangspunkt«) und 105–118 (»Die Korrelativenlehre«). 1489 Petrus Lombardus, Sententiae in IV libros distinctae, 2 Bde., SpicBon 4–5, Grottaferrata 3 1971–81, Indices: 308 Zitate aus De trinitate.

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Lehrbuch durch die Summa theologiae des Thomas von Aquin ersetzt. In der Gotteslehre der Summa des Thomas scheint erstmals in der Theologiegeschichte die Erörterung der Einheit des göttlichen Wesens klar vor die Darstellung der drei göttlichen Personen gerückt zu werden.1490 Heute ist Karl Rahners Kritik an dieser Aufteilung zum Lehrbuchtopos der Dogmatik geworden: Die Trinitätslehre sei durch diese Nachordnung in eine splendid isolation geraten, es sehe so aus, als sei alles Wichtige über Gott schon in dem ersten Traktat über den einen Gott gesagt. Rahner meint: »Vermutlich entspringt diese Teilung und Reihung der beiden Traktate im letzten Grund aus der augustinisch-abendländischen Trinitätskonzeption im Gegensatz zur griechischen (auch wenn diese augustinische Konzeption nicht schon im Hochmittelalter die allein herrschende war wie später): Man ist zunächst einmal bei dem einen, einwesentlichen Gott im Ganzen und konstituiert ihn erst danach als dreipersönlich . . . Biblisch und griechisch wäre auszugehen von dem einen, schlechthin ursprungslosen Gott, der auch dann der Vater ist, wo noch nicht gewußt wird, daß er der Zeugende und Hauchende ist«.1491

Tatsächlich führen mehrere unterschiedliche theologiehistorische Herleitungsversuche der zweigeteilten Gotteslehre letztlich auf Augustinus.1492 So hat Alois Grillmeier als wichtiges Bindeglied zwischen Augustinus und der Scholastik De fide ad Petrum des Fulgentius von Ruspe ausgemacht.1493 Denn dieses Werk habe 1490 H. Jorissen, Zur Struktur des Traktates ›De Deo‹ in der Summa theologiae des Thomas von Aquin, in: Im Gespräch mit dem Dreieinen Gott [FS Wilhelm Breuning] (wie Anm. 848), 231–257; hier 231. Zu den Konsequenzen und Voraussetzungen bei Thomas bemerkt O. H. Pesch: »Die Vorordnung der Gnaden- und Tugendlehre vor der Christologie ist eine unmittelbare Folge des augustinischen Axioms, daß alle Werke nach außen allen drei göttlichen Personen gemeinsam zugesprochen werden müssen. Hier liegt doch die Frage nahe, welche philosophischen Implikationen und gar Voraussetzungen denn in diesem Axiom stecken. Die Frage ergibt sich im Zuge der seit einiger Zeit neu gestellten Fragen nach der ungeschaffenen Gnade, d. h. nach dem gültigen bzw. unmöglichen Sinn der damit eng zusammenhängenden Lehre von den ›Appropriationen‹, also von der besonderen Zuweisung bestimmter Heilswirkungen an eine der drei göttlichen Personen, obwohl doch laut Axiom alle drei zusammen als deren Urheber angesehen werden müssen. Historisch lautet die Frage: Haben die mittelalterlichen Theologen die augustinische Theorie richtig verstanden? Sachlich lautet die Frage: Ist das Axiom und die darauf basierende Appropriationstheorie schriftgemäß und − sei es in der augustinischen, sei es in der mittelalterlichen Fassung − das letzte Wort zur Sache?« (Um den Plan der Summa Theologiae des hl. Thomas von Aquin, in: K. Bernath [Hg.], Thomas von Aquin, Bd. 1, WdF 188, Darmstadt 1978, 411–437; hier 431 f.). 1491 K. Rahner, Bemerkungen zum dogmatischen Traktat »De Trinitate« [1960] (wie Anm. 1550), 111 (Hervorhebung von Rahner). 1492 St. Otto, Augustinus und Boethius im 12. Jahrhundert. Anmerkungen zur Entstehung des Traktates »De Deo uno«, WiWei 26, 1963, 15–26; U. Horst, Die Trinitäts- und Gotteslehre des Robert von Melun, WSAMA 1, Mainz 1964, 199–203; R. Heinzmann, Die Summe »Colligite Fragmenta« des Magister Hubertus (Clm 28799). Ein Beitrag zur theologischen Systembildung in der Scholastik, VGI 24, München/Paderborn/Wien 1974, 254; M. A. Schmidt, Zur Trinitätslehre der Frühscholastik, ThZ 40, 1984, 181–192. 1493 A. Grillmeier, Vom Symbolum zur Summa. Zum theologiegeschichtlichen Verhältnis von Patristik und Scholastik, in: Ders., Mit ihm und in ihm. Christologische Forschungen und Perspektiven, Freiburg/Basel/Wien 1975, 585–636; ders., Fulgentius’ von Ruspe »De Fide ad Petrum« und die »Summa Sententiarum«, ebd. 637–679.

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stark auf die anonyme frühscholastische Summa sententiarum und von dort aus auf die spätere Lehrentwicklung gewirkt. Liest man Grillmeiers Artikel genau, so bemerkt man freilich, daß sich erst in der Summa sententiarum der Traktat De deo uno abzuzeichnen beginnt. Bei Fulgentius dagegen umfaßt die Gotteslehre Aussagen über die drei Personen eines Wesens, ohne daß eine Aufteilung de deo uno − de deo trino erkennbar wäre. Fulgentius folgt offenkundig Augustins eigenen Abrissen der Glaubenslehre, etwa im Enchiridion oder in De doctrina christiana II, v-xxi, wo ebenfalls nichts auf eine Separierung der Gotteslehre in zwei Teile hinweist − sowenig wie in De trinitate, wo allenfalls die Unterscheidung von Aussagen über Gottes Wesen und Aussagen über die innergöttlichen Beziehungen in den Büchern V bis VII eine Trennung zweier Typen von Gotteslehre vorbereitet haben mag. Daher wird man sich nach anderen Urhebern der Zweiteilung umsehen müssen. Wayne Hankey zum Beispiel vertritt die Ansicht, daß sie nicht auf Augustinus, sondern auf Pseudo-Dionysius zurückgehe.1494 Vielleicht könnte man mit noch mehr Recht − und in konträrem Gegensatz zu Rahners Vermutung − auf die wichtigste ostkirchliche Dogmatik hinweisen, auf diejenige des Johannes von Damaskus. Sie lag in der Übersetzung des Burgundio von Pisa seit Mitte des zwölften Jahrhunderts auf Latein vor. Thomas von Aquin kannte diese Version. Der Text beginnt mit Fragen der Erkennbarkeit, Unbegreiflichkeit und Existenz Gottes, geht dann zur Einheit Gottes über und nennt bei dieser Gelegenheit die Eigenschaften wie Vollkommenheit, Güte und Weisheit. Danach kommen Kapitel über das göttliche Wort, über den Heiligen Geist und die Trinität.1495 Man könnte zwar postulieren, daß die ersten Teile nur vom Vater handeln, nicht de deo uno. Doch dies wäre eine Interpretation, die dann mit ähnlich geringem Recht auch für den neuscholastischen Traktat zu erwägen wäre. Der Summa theologiae des Thomas von Aquin kann man nicht einfach die Traktatstruktur der Neuscholastik zuschreiben. Jorissen jedenfalls zeigt recht differenziert, daß Thomas in Wahrheit einen einzigen und einheitlichen Traktat De deo vorgelegt hat.1496 Von einer absoluten Subsistenz des göttlichen Wesens könne bei Thomas keine Rede sein. Thomas verbinde die Einheit Gottes mit der Person des Vaters, in dem sie ursprungslos subsistiert. Die quaestiones über die Einheit Gottes seien kein metaphysischer Traktat, sondern ein theologischer Traktat über das eine Wesen des dreipersönlichen Gottes mit Hilfe der vom Glauben erleuchteten Vernunft. Wenn Jorissen Recht hat, dann fragt sich, 1494 W. J. Hankey, The De Trinitate of St. Boethius and the Structure of St. Thomas’ Summa Theologiae, in: Atti del congresso internazionale di studi Boeziani, hg. von L. Obertello, Rom 1981, 367–375; W. J. Hankey, God in Himself. Aquinas’ Doctrine of God as Expounded in the Summa Theologiae, Oxford 1987, 129–135. 1495 Saint John Damascene, De fide orthodoxa. Versions of Burgundio and Cerbanus, hg. von E. M. Buytaert, FIP.T 8, Löwen/Paderborn 1955. 1496 Jorissen, Zur Struktur des Traktates ›De Deo‹ (wie Anm. 1490).

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wer überhaupt von Rahners Vorwurf getroffen wird. Augustinus selbst jedenfalls nicht, auch Thomas von Aquin nicht. Ob die Neuscholastik damit getroffen oder aber ebenfalls bloß karikiert wird, bleibt zu erforschen. Zu Jorissens Thesen fügen sich gut die Analysen von Wendelin Knoch.1497 Dieser plädiert für die Auffassung, daß die von Thomas vorgenommene Einteilung der Gotteslehre methodologisch-systematische Gründe hat, aber keine inhaltlich-formale Entscheidung für eine Trennung von Gottes- und Trinitätslehre bedeutet. Um dies zu zeigen, untersucht Knoch vier Werke der Frühscholastik: Hugo von St. Victor, De sacramentis christianae fidei; Richard von St. Victor, De trinitate; die Summa sententiarum; und Petrus Lombardus, Sententiae. Für die Gotteslehre, so Knoch, sind Augustinus und Pseudo-Dionysius Areopagita wichtig. Hugo entnehme die Ordnung seiner Gotteslehre der Heilsökonomie. Für ihn sei es der eine, dreifaltige Gott, der sich in Schöpfung und Erlösung offenbare. Die von Hugo und der Viktorinerschule abhängige Summa sententiarum zeige aber im Blick auf die Gotteslehre den Gang der Heilsgeschichte nicht in seinem faktischen Verlauf, sondern bündele ihn auf das mysterium divinitatis einerseits, die Inkarnation andererseits. Dabei werde, der Autorität Augustins folgend, die Systematik von De fide ad Petrum übernommen, da das mysterium divinitatis genau das umgreife, was Hugo von St. Victor in der Abfolge der Heilsgeschichte in bezug auf die Gotteslehre verdeutlicht hat. Hier liegt nach Knoch eine der Wurzeln der Systematik des Thomas. Zwar habe die Summa sententiarum in der Gotteslehre die Gewichte gegenüber dem Credo verschoben, im Gefolge Hugos aber keineswegs den heilsgeschichtlichen Horizont der Gotteslehre verleugnet: Es ist der eine und dreifaltige Gott, der uns sein Wesen in der Inkarnation erschließt. Ein so zentraler Text wie Augustins De trinitate hat eine Wirkung nicht nur in Theologie und Philosophie, sondern auch in der Dichtung des Mittelalters hinterlassen. So gibt es einige Arbeiten zu seiner Rezeption am Grenzrain zwischen Mystik und Literatur und in der Liebeslyrik.1498 Dieser Hinweis mag erneut unterstreichen, wie wünschenswert eine genauere Darstellung der Rezeptionsgeschichte von De trinitate wäre. 1497 W. Knoch, »Deus unus et trinus«. Beobachtungen zur frühscholastischen Gotteslehre, in: Im Gespräch mit dem Dreieinen Gott [FS Wilhelm Breuning] (wie Anm. 848), 209–230. Über den gattungsgeschichtlichen Hintergrund informiert ders., Die theologische Summa: Zur Bedeutung einer hochmittelalterlichen Literaturgattung, in: U. Schaefer (Hg.), Artes im Mittelalter, Berlin 1999, 151–160. 1498 Unveröffentlicht blieb E. M. Martin Seek God’s Face Evermore. A Study of Structure and Common Themes in Augustine’s »De Trinitate« and Langland’s »Piers Plowman«, Diss. Yale 1986 (Mikrofilm: Ann Arbor, Mich. 1987). Kaum auf Augustinus, sondern primär auf Petrus Abaelardus als Quelle zielt P. R. Szittya, The Trinity in Langland and Abelard, in: Magister Regis [FS Robert Earl Kaske], hg. von A. Groos, New York 1986, 207–216. Für die höfische Lyrik wurde ein Nachweis versucht, daß das Narzißmotiv in ihr das Selbstbewußtsein in einer augustinisch anmutenden Weise beschreibe: F. Goldin, The Mirror of Narcissus in the Courtly Love Lyric, Ithaca, NY 1967, 207–258 (»The De Trinitate of St. Augustine and the Lyric Mirror«).

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b) Spätmittelalter, Reformation, Neuzeit Auch die zahlreichen Arbeiten zur Trinitätstheologie des Spätmittelalters können hier unmöglich vollständig aufgelistet werden, obwohl viele von ihnen auf die Augustinus-Rezeption eingehen. Einige Beispiele seien genannt. Gordon Leff führt an Wyclifs wohl zwischen 1365 und 1372 verfaßter Schrift De trinitate vor, wie aus einer zunächst engen Anlehnung an Augustins Text heraus am Ende die Vernunft als positive Hilfe für den Glauben begriffen wird und mehr Gewicht bekommt als bei den meisten anderen mittelalterlichen Denkern.1499 Rudolf Haubst begegnet zwar in den Gedanken des Nikolaus von Kues zur Trinitätstheologie auf Schritt und Tritt augustinischen Triaden, aber er zeigt, daß zugleich antike pagane Philosophen rezipiert werden und noch häufiger mittelalterliche Autoren, die ihrerseits in der direkten oder indirekten Wirkungsgeschichte Augustins stehen.1500 Edward Cranz hebt zahlreiche entscheidende Parallelen im Denken von Augustinus und Nikolaus von Kues hervor.1501 Es geht ihm weniger um den Nachweis von »Einflüssen« als vielmehr um die Verdeutlichung einer Strukturverwandtschaft des christlichen Platonismus der beiden Denker. De trinitate münde am Ende in die Idee einer gelehrten Unwissenheit. Denn nur im Glauben sei zu wissen, daß der Mensch Bild Gottes ist. Dabei bleibe der menschliche Geist als Bild ein matter Spiegel. Darum könne alles Verstehen nur zu weiterem Gottsuchen animieren. Genau an diesem Punkt setze der Cusaner ein, wenn er als erstes Feld der Jagd nach Weisheit die Einsicht benenne, »wie der Unbegreifliche unbegreiflich begriffen wird«.1502 Die Wirkungsgeschichte von De trinitate im Zeitalter des Humanismus wäre vermutlich einer genaueren Erforschung wert. Spezialstudien wie die von Francesco Tateo über Spuren von De trinitate in dem astrologiekritischen Dialog Aegidius des humanistischen Dichters Giovanni Gioviano Pontano liegen in zu geringer Zahl vor, als daß sich daraus bereits ein Gesamtbild entwerfen ließe.1503 ˚ ke Bergvall geht in einem Buch über die Augustinus-Rezeption in HumaA nismus und Renaissance nur sporadisch auf De trinitate ein. Immerhin nennt er 1499 G. Leff, Wyclif and the Augustinian Tradition. With Special Reference to His De Trinitate, MeH N. S. 1, 1970, 29–39. Vom selben Autor stammt auch der Art. Augustinismus im Mittelalter, TRE IV, 1979, 699–717. 1500 R. Haubst, Das Bild des Einen und Dreieinen Gottes in der Welt nach Nikolaus von Kues, TThSt 4, Trier 1952. 1501 F. E. Cranz, Saint Augustine and Nicholas of Cusa in the Tradition of Western Christian Thought, Spec. 28, 1953, 297–315; erneut in: Ders., Nicholas of Cusa and the Renaissance, CStS 654, Aldershot u. a. 2000, 73–94. 1502 In primum intrans adverto, quomodo incomprehensibilis incomprehensibiliter capitur (Nicol. Cusan. ven. sap. xii [Opera omnia XII, 31, 3 f. Klibansky/Senger]). Vgl. Augustins Formulierung, unten Anm. 2271. Bekanntlich findet sich das große Wort des Cusanus von der docta ignorantia zuerst bei Aug. epist. 130, xv, 28 (CSEL 44, 72, 13 G.), wie auch Cusanus wußte (apol. [Opera omnia II, 13, 11–19 Klibansky]). 1503 F. Tateo, L’Aegidius di Giovanni Pontano e il De Trinitate di S. Agostino, VetChr 6, 1969, 145–159.

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in diesem Zusammenhang Werke von Francesco Petrarca, Girolamo Benivieni, Giovanni Pico della Mirandola und Edmund Spenser.1504 Eine mehr geistes- als philosophie- oder theologiegeschichtlich interessante These zu einem Detail hat Jens Pfeiffer aufgestellt. Es geht um den berühmten Brief Petrarcas über seine Besteigung des Mont Ventoux im Jahre 1336, als er vom Gipfel aus zu seinen Füßen die Wolken und »nach der Seite, wo Italien liegt«, die Alpen betrachtet und Augustins Confessiones zur Hand nimmt − kühne Inspektoren des Weltgeistes wollen in der Szene den Beginn eines neuzeitlichen Verhältnisses zur Natur erblicken. Nach Pfeiffer ist nun ausgerechnet diese Szene »in enger Anlehung an eine Stelle aus Augustins Schrift De trinitate konstruiert«, wo die verschiedenen Erkenntnisweisen damit verglichen werden, wie man von höchsten Bergen aus aufwärts auf das heitere Licht und abwärts in den dichtesten Nebel blickt. Hält man allerdings die Texte Augustins und Petrarcas nebeneinander, so entdeckt man beim besten Willen keine spezifische Ähnlichkeit. Es spricht nichts dagegen, daß Petrarca tatsächlich Wolken unter sich gesehen oder in der dichterischen Erinnerung dargestellt hat − wirkliche Wolken, keinen Nebel von Intertextualität! Davon abgesehen hat Pfeiffer aber sicher darin recht, daß Petrarcas Brief stark stilisiert ist und besonders viele Bezüge zu Augustinus enthält − jedoch vor allem zu den Confessiones.1505 Den Herbst der mittelalterlichen, von Ockham geprägten Theologie verkörpert vor allem Gabriel Biel. Martijn Schrama weist über hundert Zitate aus De trinitate bei Biel nach, kommt aber zu dem Schluß, daß sie wohl allesamt aus zweiter Hand übernommen worden seien und keine eigene Lektüre des Werkes bewiesen.1506 Teils mehr Quellenkenntnisse sind bei manchen der Reformatoren festzustellen. Christine Helmer zeigt, daß Luther mit seiner Unterscheidung von innerer und nach außen wirkender Trinität stark in der mittelalterlichen Theologie und dadurch auch in Augustins Trinitätslehre verwurzelt ist.1507 Hans-Ulrich Delius stellt zusammen, wo Luther direkt De trinitate be1504 ˚ A. Bergvall, Augustinian Perspectives in the Renaissance, AUU.SAU 117, Uppsala 2001. Petrarca beispielsweise nannte Augustins De trinitate ein divinum opus (epistularum de rebus senilibus liber XV, 1, in: Francisci Petrarchae Opera, tomus secundus, Basel 1581, 948). 1505 J. Pfeiffer, Petrarca und der Mont Ventoux (Zu Familiares IV, 1), GRM N. F. 47 1997, 1–24; hier 13. Gemeint ist Aug. trin. IX, vi, 11 (CChr.SL 50, 302, 32–36 M.). Die Bedeutung der Confessiones (und nicht von De trinitate) für die Briefstelle ist oft betont worden, beispielsweise von D. Gall, Augustinus auf dem Mt. Ventoux: Zu Petrarcas AugustinusRezeption, MLJb 35, 2000, 301–322; grundlegend E´. Luciani, Les Confessions de saint Augustin dans les lettres de Pe´trarque, E´AA 91, Paris 1982. 1506 M. Schrama, Gabriel Biel en zijn leer over de allerheiligste Drievuldigheid volgens het eerste boek van zijn Collectorium, VKHUT 9, München 1981. Vgl. H. A. Oberman, The Harvest of Medieval Theology. Gabriel Biel and Late Medieval Nominalism, Cambridge, Mass. 1963, 84–88 (deutsche Übersetzung 1965). Zur historischen Einordnung von Biels Trinitätslehre vgl. R. L. Friedman, Gabriel Biel and Later-Medieval Trinitarian Theology, in: Ders./L. O. Nielsen (Hg.), The Medieval Heritage in Early Modern Metaphysics and Modal Theory, 1400– 1700, NSyHL 53, Dordrecht 2003, 99–120. Vgl. auch unten S. 405 f. 1507 Ch. Helmer, The Trinity and Martin Luther. A Study on the Relationship Between Genre, Language and the Trinity in Luther’s Works (1523–1546), VIEG 174, Mainz 1999.

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nutzt und zitiert; seine Bilanz lautet, gerade mit diesem Werk habe sich der Reformator intensiv beschäftigt.1508 Zu detaillierteren Ergebnissen gelangt Christoph Markschies, demzufolge Luther zeitlebens seine Trinitätslehre im Horizont der durch Augustinus rezipierten neunizänischen Theologie entfaltet, ohne jedoch die spekulativen Züge kappadokischer und augustinischer Theologie zu revitalisieren.1509 Alte Platitüden, wonach in der reformatorischen Theologie eine Wende zu einer stärker existenziellen und christozentrischen Trinitätsauffassung erfolgt sei, werden heute durch viel differenziertere Analysen ersetzt. E. P. Meijering zeichnet nach, wie Melanchthon anfangs Augustins De trinitate sehr mißtrauisch behandelte, weil ihm zuviel Philosophie darin enthalten schien, ihr dann aber im Kampf gegen die Antitrinitarier etwas positivere Seiten abzugewinnen vermochte.1510 Nach Luchesius Smits genießt zwar Augustinus insgesamt eine große Autorität für Jean Calvin, nicht aber De trinitate: In diesem Werk erblicke der Genfer Reformator eine nicht hinreichend schriftgemäße Spekulation.1511 Die Übersicht von Franz Courth zur neuzeitlichen Trinitätslehre bleibt sehr ausschnitthaft. Sie vermittelt auch keinen Eindruck von der Wirkung, die De trinitate auf die Philosophie der Neuzeit ausgeübt hat.1512 Zwei andere knappe Überblicke zu Versuchen der Neuzeit, die Trinität spekulativ zu fassen, nehmen zwar nicht Augustins De trinitate als ständigen Vergleichstext und Hintergrund, lassen aber gut erahnen, wie die Entwicklung der Lehre verlaufen sein könnte.1513 Samuel M. Powell stößt in seinem Buch über die Tradition deut-

1508 H.-U. Delius, Augustin als Quelle Luthers. Eine Materialsammlung, Berlin 1984, 158–165 zu De trinitate. 1509 Ch. Markschies, Luther und die altkirchliche Trinitätstheologie, in: Ders./M. Trowitzsch (Hgg.), Luther − zwischen den Zeiten, Tübingen 1999, 37–85. 1510 E. P. Meijering, Melanchthon and Patristic Thought. The Doctrines of Christ and Grace, the Trinity and the Creation, SHCT 32, Leiden 1983. 1511 L. Smits, L’autorite´ de Saint Augustin dans »L’Institution chre´tienne« de Jean Calvin, Löwen 1950, 685; ders., Saint Augustin dans l’Œuvre de Jean Calvin, Bd. 1, Assen 1957, 150; in Bd. 2, Assen 1958, 254–256, findet sich eine Liste von Calvins Zitaten aus Augustins De trinitate. Vgl. auch B. B. Warfield, Calvin and Augustine, hg. von S. G. Craig, Philadelphia 1956, 187–284 zur Trinitätslehre. 1512 F. Courth, Trinität. Von der Reformation bis zur Gegenwart, HDG II 1 c, Freiburg/Basel/ Wien 1996. − Übrigens geht eine Studie über die erste, von memoria, intellectus und voluntas handelnde Übung der ersten Woche im Exerzitienbüchlein des Ignatius von Loyola kurioserweise nicht auf Augustins De trinitate ein, sondern behauptet, Ignatius schöpfe hier nicht aus Büchern, seine Quellen seien einzig innere Schauungen und Erlebnisse: L. Classen, Die »Übung mit den drei Seelenkräften« im Ganzen der Exerzitien, in: F. Wulf (Hg.), Ignatius von Loyola. Seine geistliche Gestalt und sein Vermächtnis, Würzburg 1956, 263–300; hier 269. 1513 J. Rohls, Subjekt, Trinität und Persönlichkeit Gottes, NZSTh 30, 1988, 40–71; H. B. Nisbet, The Rationalism of the Holy Trinity from Lessing to Hegel, LessY 31, 1999, 65– 89. Vgl. auch M. Murrmann-Kahl, Art. Trinität II. [Reformation bis 20. Jahrhundert], HWbPh X, 1998, 1504–1516; Ch. Schwöbel, Art. Trinität. III. Reformationszeit. IV. Systematisch-theologisch (mit Berücksichtigung der Kirchengeschichte seit 1577), TRE XXXIV, 2002, 105–121.

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scher Trinitätslehre von Luther bis zum zwanzigsten Jahrhundert wiederholt auf die Themen Wort, reflexives Selbst und Geschichte. Er benennt öfters die Wirkung Augustins, subsumiert sie aber meistens unter den zu groben Begriff der »Augustinian-Thomistic tradition«.1514 In einem Aufsatz von mehr systematischer als theologiegeschichtlicher Ausrichtung meint John O’Donnell, daß moderne Konzepte der Trinität als göttlicher Gemeinschaft, etwa bei Moltmann, Boff und in der Prozeßtheologie, ihre Wurzel in der »Liebestriade« aus Augustins achtem Buch haben; weitere Anregungen entstammten der Trinitätslehre Richards von St. Victor und dem philosophischen Personalismus.1515 Man könnte zeigen, wie die Rezeption von Augustins De trinitate in den Sog der »neuzeitlichen« und »modernen« Wendung des Denkens zu Subjektivität und Selbsterhaltung gerät;1516 wie Augustinus im neunzehnten Jahrhundert mit Zustimmung und im zwanzigsten mit Kritik in dem Sinne verstanden wird, daß er den trinitarischen Gott nicht als Einheit dreier Personen verstanden habe, sondern als Einen persönlichen Gott mit triadischem Selbstvollzug; und wie die spätmittelalterliche Ausdifferenzierung von Philosophie und Theologie in den folgenden Jahrhunderten dazu führt, daß De trinitate aus dem Blickfeld der Philosophen gerät, selbst wenn sie die triadologischen Überlegungen der Renaissance-Humanisten fortführen; wie die Theologen hingegen in ihren De trinitate-Interpretationen philosophische Implikationen meistens ausklammern, vielleicht auch als Spätfolge des im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert erhobenen Vorwurfes, die Trinitätslehre sei mehr neuplatonisch als christlich. Doch dies würde den Rahmen des vorliegenden Buches sprengen. Unzählige Publikationen streifen en passant die Wirkungsgeschichte von De trinitate. Gelegentlich können solche Arbeiten mit ein paar Bemerkungen in ungewohntem Zusammenhang ein helles Schlaglicht auf Augustins Werk oder ein Kapitel daraus werfen. Stellvertretend sei das kurz nach dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur erschienene Werk des Literaturwissenschaftlers Walther Rehm über den Nihilismus in der Literatur erwähnt.1517 Die Abhandlung trägt den aus De trinitate entlehnten Titel Experimentum medietatis und faßt auf der ersten Seite zusammen, was Augustinus im zwölften Buch großartig skizziert hatte: Als Bild Gottes ist der Mensch dazu bestimmt, nach Gott zu streben. Aber in der Gier, seine Eigenmacht zu kosten, wirft sich das Ich auf sich selbst, will sich selbst Mitte der Welt und Mittler sein. Die von der Sucht nach Erfahrung des Wandelbaren belastete Seele sinkt tief. Ihr Versuch, sich selbst als Mitte zu erfahren, also ihr experimentum medietatis, schlägt ihr zur Strafe aus: Sie 1514

S. M. Powell, The Trinity in German Thought, Cambridge 2001. J. O’Donnell, The Trinity as Divine Community. A Critical Reflection upon Recent Theological Developments, Gr. 69, 1988, 5–34. 1516 Zum Hintergrund: H. Ebeling (Hg.), Subjektivität und Selbsterhaltung. Beiträge zur Diagnose der Moderne, Frankfurt 1976. Zum cogito von Descartes oben S. 287 f. 1517 W. Rehm, Experimentum medietatis. Studien zur Geistes- und Literaturgeschichte des 19. Jahrhunderts, München 1947. 1515

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steht schaudernd vor dem unendlichen Abgrund, der zwischen dem verlassenen Guten und dem begangenen Bösen besteht.1518 Rehm zeigt, wie sich dieses Verdikt Augustins gegen eine pagan-autonome Selbsterfahrung am Beginn der Neuzeit bei Pascal − diesmal angesichts des Neustoizismus − wiederholt, und wie auch Pascal beschreibt, daß das Experiment der puren Selbstbezogenheit zur bitteren Erfahrung eines Abgrundes wird und in der Konsequenz der Selbsthaß zur einzigen Tugend gerät. In feinen Linien zeichnet Rehm nach, wie die literarische Moderne seit der deutschen Romantik und seit Baudelaire von diesem Punkt aus die Erfahrung von Unglaube, Verzweiflung, Langeweile und Schwermut zu einer zentralen Thematik erhebt. Augustins in wenigen Zeilen hingeworfene Analyse ist scharfsichtig genug, um noch der Moderne und ihrem Verlust der Mitte1519 den Spiegel vor Augen zu halten. Daß Augustinus dabei kein reaktionärer laudator temporis acti gewesen ist, macht seine besondere Größe aus.

3. Drei Konzepte neuerer Trinitätstheologie in der Kritik der Augustinusforschung Werke der Systematischen Theologie enthalten natürlich häufig Bemerkungen zu Augustins De trinitate. Sie können im vorliegenden Bericht nur in geringer Zahl besprochen werden. Recht selten sind ausdrückliche Versuche, Augustins Trinitätstheologie kompetent mit der jeweiligen Gegenwartstheologie ins Gespräch zu bringen.1520 Jüngst hat etwa Maarten Wisse Vorschläge unterbreitet, wie sich Augustins Konzeption der einen göttlichen Substanz gewissen Trends der heutigen Trinitätslehre entgegenhalten läßt.1521 Im folgenden werden drei ausführlichere Bezugnahmen präsentiert, die detailliertere Kritiken von Augustinusforschern provoziert haben. 1518 Aug. trin. XII, xi, 16 (CChr.SL 50, 370 f. M.). Vgl. Pascal, Pense´es (wie Anm. 863), 135 (Frg. 139 = 430 Brunschvicg = 149 Lafuma). Vgl. zu einem anderen Gebrauch des augustinischen Passus unten Anm. 1634. 1519 H. Sedlmayr geht im Nachwort zur vierten Auflage (1951) seines 1948 erschienenen, umstrittenen Klassikers Verlust der Mitte. Die bildende Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts als Symptom und Symbol der Zeit (Salzburg 91976, 254 mit Anm. 3) auf die in manchem geistesverwandte Arbeit Rehms und Augustins experimentum medietatis-Begriff kurz ein. − Daß Moderne-Kritik dieser Art in ein totalitäres Fahrwasser geraten und Beifall von fragwürdiger Seite erfahren kann, ist bekannt. Doch deckt solche Kritik mitunter Widersprüche der Moderne auf, die nicht theoretisch zu bleiben pflegen. 1520 Beispiele sind: Ch. Pietri, Personne, analogie de l’aˆme humaine et the´ologie de l’Esprit. Bre`ves remarques sur Augustin, Mühlen et Rahner, QF 9, 1979, 111–124; J. A. Doull Augustinian Trinitarianism and Existential Theology, Dionysius 3, 1979, 111–159. 1521 M. Wisse, »Ego sum, qui sum.« Die trinitarische Essenz Gottes nach Augustins De Trinitate, in: M. Mühling/M. Wendte (Hgg.), Entzogenheit in Gott. Beiträge zur Rede von der Verborgenheit der Trinität [FS Christoph Schwöbel], ArsD.S 2, Utrecht 2005, 63–76; ders., De uniciteit van God en de relationaliteit van de mens. De releventie van Augustinus voor de hedendaagse theologie, NedThT 60, 2006, 310–328.

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a) Leonard Hodgson und seine Kritiker Hodgson ist der wohl bedeutendste späte Vertreter der um 1900 stärkeren und heute fast vergessenen Richtung innerhalb der britischen und amerikanischen protestantischen Theologie, die eine »soziale Trinitätslehre« anstrebte.1522 Hodgson will sich eng an die biblische Offenbarung halten und meint dabei auf eine Trinität Gottes zu stoßen, in der alle drei Personen in vollem Maße personal im modernen Sinne des Wortes seien. Zentrum der Offenbarung sei die Erfahrung der »Annahme an Sohnes Statt« (yiëouesiÂa, Gal 4, 5), durch welche die Gläubigen an der Beziehung des Sohnes zum Vater im Geist teilhaben und durch die ihr Zusammenleben, etwa in der Familie, eine Entsprechung zur göttlichen Trinität wird. Die Trinitätslehre sei die Projektion der biblisch geoffenbarten liebenden Beziehungen der drei göttlichen Personen in die Ewigkeit. Hodgson möchte sich der Übereinstimmung mit den großen Zeugen der westlichen Tradition versichern und widmet daher auch Augustinus ein Kapitel.1523 Gegen die damals herrschende Deutung will Hodgson dartun, daß De trinitate mit seiner eigenen Trinitätsauffassung weitgehend übereinstimme. Auch Augustinus halte sich an die Offenbarung in der Schrift, auch er verstehe die trinitarischen Personen in einem modernen Sinne personal und betrachte die Einheit Gottes als Mysterium. Hodgson konzentriert sich auf den Nachweis, daß Augustinus keineswegs die Personalität des Heiligen Geistes gegenüber Vater und Sohn zu einer bloßen Relation herabmindere. Aus diesem Grunde wertet Hodgson die augustinische Trinität von Liebendem, Geliebtem und Liebe gegenüber den Triaden in den Büchern IX bis XV von De trinitate ab. (Hodgson begreift nicht, daß das dritte Glied der dortigen Triaden seine strukturellen Merkmale mit der Liebe teilt.) Claude Welch hat mit Recht bemängelt, daß Hodgson unsachgemäß die Personbegriffe von Patristik und Moderne ineinssetze. Ohne eigene Augustinus-Kenntnisse zu benötigen, nur mit Hilfe der von Hodgson selbst zitierten Passagen aus De trinitate, unterzieht er dessen Interpretation einer scharfen Kritik. Welch kehrt dabei zum traditionellen Augustinusbild zurück: Augustins verwerfe jegliche Analogie zwischen Trinität und Familie. Er wende sich ab von der einzigen die Personen wirklich unterscheidenden »sozialen Analogie« (nämlich der »Liebesanalogie«) zugunsten der innerseelischen »psychologischen Analogie«. Augustinus zweifle gerade am Personbegriff und lehre zudem das untrennbare Wirken der Trinität nach außen. Augustinus sei daher nicht für eine soziale Trinitätslehre zu vereinnahmen.1524 1522 Zu dieser bemerkenswerten Richtung vgl. C. Welch, The Trinity in Contemporary Theology, London 1953, 29–34. Interessant ist z. B. die Entwicklung von J. R. Illingworth von einer vornehmlich an Augustinus geschulten Auffassung der endlichen, in sich trinitarischen Persönlichkeit (Personality: Human and Divine, London 1898) zur Betrachtung Gottes als »society« (The Doctrine of the Trinity, London 1907). 1523 L. Hodgson, The Doctrine of the Trinity. Croall Lectures, 1942–1943, New York 1944, 144–157. 1524 Welch, The Trinity (wie Anm. 1522), 138–147. 295–302.

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Eine These von Hodgson, der zahlreiche Theologen bis heute zustimmen dürften, hatte gelautet: Die Trinitätslehre sei das Produkt einer rationalen Reflexion auf die Heilsereignisse von der Geburt bis zur Auferstehung Christi und der Aussendung des Geistes nach Ostern.1525 Gleichzeitig folgt Hodgson dem gerade genannten Theologumenon, das von Athanasius über die Kappadokier bis Augustinus Gemeingut der Väter des vierten Jahrhunderts ist, nämlich daß die Werke der Trinität ad extra untrennbar seien. Maurice Wiles hat in einem aufsehenerregenden Aufsatz 1957 einen Widerspruch zwischen diesen beiden Thesen ausgemacht.1526 Er verneint die Frage: »Do we, in fact, find such an unmistakable Trinity of revelation in God’s dealings with mankind?« Edmund Hill hat durch Anknüpfung an Augustinus Hodgson zu stärken und Wiles zu widerlegen versucht.1527 Denn Augustins Lehre von den göttlichen Sendungen als den Offenbarungen der innergöttlichen Hervorgänge biete ausbaufähige Ansätze, um im Gegensatz zu einer pauschalen Ununterscheidbarkeit des göttlichen Wirkens nach außen das Wirken der unterschiedlichen innergöttlichen Relationen nach außen zu fassen und somit das Offenbarwerden des trinitarischen Gottes zu begründen. Wiles’ Thesen bleiben aber brisant. b) Catherine Mowry LaCugna und ihre Kritiker LaCugna hat 1991 ein umfangreiches Buch über die Trinität vorgelegt, das in mancherlei Hinsicht so etwas wie die Standardversion der einerseits von Rahner und andererseits von Moltmann maßgeblich angeregten westlichen Trinitätslehre in den neunziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts bietet und sich an Stichworten wie Selbstmitteilung, communio der Personen, Relationalität, Theologie als Doxologie usw. orientiert. Die erste Hälfte des Buches verteilt Licht und Schatten auf die Geschichte der Trinitätslehre von der Bibel bis Gregor Palamas. Das Kapitel über Augustinus1528 steht ganz im Zeichen der These vom Verlust einer heilsökonomischen Perspektive in De trinitate. Die Trinitätslehre werde hier mit Hilfe aristotelischer Logik zu einer Theorie innergöttlicher Relationen, so daß die Scholastik schließlich die ewigen Beziehungen zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist unabhängig von der Inkarnation und Sendung des Geistes betrachtet habe. Der Unterschied zur griechischen Theologie liege weniger im Ausgehen von der Einheit Gottes anstelle ostkirchlichen Ausgehens von den Personen. Er liege vielmehr in dem Bruch zwischen Theologia und Oikonomia, der sich bei Augustinus mit der Unterscheidung von Sendungen und Hervorgängen und der Lehre von dem untrennbaren Wirken ad extra auftue. Augustinus verstehe unter Gott nicht den Vater, sondern das von den drei 1525

Hodgson, The Doctrine of the Trinity (wie Anm. 1523), 25. Wiles, Some Reflections on the Origins of the Doctrine of the Trinity, JThS N. S. 8, 1957, 92–106 (und in: Ders., Working Papers in Doctrine, London 1976, 1–17 und 194–197). 1527 E. Hill, Our Knowledge of the Trinity, SJTh 27, 1974, 1–11. 1528 C. M. LaCugna, God For Us. The Trinity and Christian Life, San Francisco 1991, 81–109 (»Augustine and the Trinitarian Economy of the Soul«). 1526

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Personen geteilte göttliche Wesen. So würden Gott und letztlich die Wirklichkeit überhaupt entpersonalisiert und damit die Leistung der Kappadokier, die Person zum höchsten Prinzip zu erheben, zunichte gemacht mit entsprechenden Folgen für Politik, Anthropologie und Gesellschaft. Augustins »theo-psychology of the soul« (82) kranke daran, die einzelne Seele und ihre Selbstbezüglichkeit unabhängig von aller göttlichen Heilsökonomie auf den Schild zu heben, während doch der dreieine Gott gerade nicht »self-contained« sei, sondern sich in Schöpfung und Geschichte verströme. Anscheinend unabhängig voneinander sind zwei Aufsätze erschienen, in denen LaCugnas Augustinusbild widerlegt wird. Sarah Heaner Lancaster schießt wohl über das Ziel hinaus, wenn sie über Augustins Ansicht sagt: »The substance itself is the relations of the persons.« Oder gar: »one might say that for Augustine as for Rahner, La Cugna, and many others, ›The economic Trinity is the immanent Trinity.‹«1529 Treffender diagnostiziert Earl Muller Unzulänglichkeiten in LaCugnas Augustinus-Darstellung.1530 Wichtig ist ihm vor allem, daß bei Augustinus keineswegs die Heilsökonomie und der Aufstieg der Seele völlig auseinanderfallen, sondern über Christi Tod, seine Auferstehung und die Eucharistie zu einer Einheit geführt werden. c) Colin Gunton und seine Kritiker Ähnlich wie LaCugna hat auch Gunton von Rahner ausgehend Augustins Trinitätslehre für die »theologische Krise des Westens« verantwortlich gemacht.1531 Sie sei ein Rückschritt hinter die kappadokische Lösung. Als Platoniker und Intellektualist habe Augustinus keinen Sinn für die materielle Welt, für das Inkarnatorische und Heilsökonomische gehabt und sich daher einen Gott nach Analogie des einsamen menschlichen Geistes ausgedacht, der allenfalls eine vertikale Beziehung (zu Gott) hat. Die Kappadokier dagegen seien von der erfolgten Offenbarung ausgegangen und so zu einer neuen Ontologie vorgestoßen, in der die Relationen der drei Personen ihr Sein bestimme, während Augustinus nach wie vor die Relation für sekundär gegenüber der Substanz gehalten habe. Das Wesen Gottes gehe für Augustinus den Personen voran. Auch habe ihm das Gespür für Liebe als Liebe des Anderen gefehlt, und daher verfehle seine Konzeption des Heiligen Geistes als Liebe von Vater und Sohn den Sinn personaler Gemeinschaft. So wird auch für Guntons stark von John Zizioulas beeinflußtes Projekt einer auf die Grundlegung von Gemeinschaft, Sozialität und Relationalität zielenden Trinitätstheologie Augustinus zum 1529 S. Heaner Lancaster, Three-Personed Substance: The Relational Essence of the Triune God in Augustine’s De Trinitate, Thom. 60, 1996, 123–139; hier 123 und 138. 1530 E. C. Muller, The Dynamic of Augustine’s De Trinitate. A Response to a Recent Characterization, AugSt 26, 1995, 65–91. 1531 C. E. Gunton, Augustine, the Trinity and the Theological Crisis of the West, SJTh 43, 1990, 33–58; erneut als Kapitel 3 in: Ders., The Promise of Trinitarian Theology, Edinburgh 1991, 58–85.

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Zur Wirkungsgeschichte von »De trinitate«

Hauptgegner.1532 In seinen 1992 in Oxford gehaltenen Bampton Lectures hat Gunton noch umfassender die gesamte abendländische Tradition seit Parmenides des Monismus und Individualismus und der Marginalisierung von Relation und Sozialem bezichtigt, und wiederum gilt ihm Augustinus mit seinem Werk De trinitate als Hauptangeklagter.1533 Maurice Wiles hat treffend bemerkt, daß Gunton der von ihm verworfenen »westlichen« Tendenz zum Homogenisieren selbst verfällt, wenn er einseitig die ganze westliche Kultur des Monismus bezichtigt und die östliche und westliche Trinitätslehre derart pauschal einander entgegensetzt.1534 Ausführlicher haben Lewis Ayres, Neil Ormerod und Brad Green das Augustinusbild von Gunton infragegestellt.1535 Ayres und Ormerod verweisen darauf, daß Augustinus und die Moderne nicht das gleiche mit dem Begriff des Selbst meinen. Die Substanzterminologie Augustins müsse immer von ihrer Funktion her verstanden werden. Ayres antwortet am Schluß seines Beitrages auf einen denkbaren Einwand gegen das Bemühen, einen genau gelesenen Augustinus oberflächlicheren Kritiken entgegenzuhalten: Ist es für die Systematische Theologie nicht letztlich nebensächlich, ob ihre historischen Konstruktionen überhaupt stimmten, da es doch vielmehr darauf ankommt, die eigene Position gegen ein möglichst klar konturiertes »Feindbild« zu profilieren? Ayres entgegnet treffend, daß ein solcher Umgang mit Geschichte sich gerade um den Lohn bringt, den detaillierte Analysen großer Texte wie Augustins De trinitate erzielen: nämlich die Probleme und die Leistungen der zu überwindenden Gegenposition sorgfältig in allen Differenzierungen kennenzulernen, statt sie im dunkeln zu lassen und in die gleichen Fallen wie jene zu tappen.

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Vgl. Zizioulas, Being as Communion (wie Anm. 1423). C. E. Gunton, The One, the Three and the Many. God, Creation and the Culture of Modernity. The Bampton Lectures 1992, Cambridge 1993. 1534 M. Wiles, Rez. zum gerade zitierten Buch, JThS N. S. 45, 1994, 786 f. 1535 L. Ayres, Augustine, the Trinity and Modernity [= Rez. des gleichen Buches], AugSt 26, 1995, 127–133; vgl. ders. Rez. zu Gunton, The Promise of Trinitarian Theology (wie Anm. 1531), JThS N. S. 43, 1992, 780–782; N. Ormerod, Augustine and the Trinity: Whose Crisis, Pac. 16, February 2003, 17–32; B. Green, The Protomodern Augustine? Colin Gunton and the Failure of Augustine, IJSTh 9, 2007, 328–341. Green kennt die Kritik von Wiles, Ayres und Ormerod am Augustinusbild Guntons offenbar nicht. Er versucht zu erweisen, daß die angebliche Überbetonung des Einen gegenüber dem Vielen und des Wesens gegenüber den Personen bei Augustinus gar nicht vorliege, ist sich aber offenbar nicht bewußt, daß er damit Türen einrennt, die schon längst sperrangelweit offen stehen. Green hält De trinitate mit Recht für ein polemisches Werk, führt aber als Beleg für gegenteilige Forschungsmeinungen auf S. 338 kurioserweise einen englischsprachigen Aufsatz an (Kany, ›Fidei contemnentes initium‹ [wie Anm. 831]), der nun gerade dem Nachweis des polemischen Charakters von De trinitate gilt. − Leider nicht mehr vor Abschluß des vorliegenden Buches erreichbar war das umfangreiche Werk von P. Sguazzardo, Sant’Agostino e la teologia trinitaria del XX secolo. Ricerca storico-ermeneutica e prospettive speculative, CoTe 57, Rom 2006. 1533

Zehntes Kapitel

Fünf maßgebliche Vertreter der modernen Trinitätstheologie und ihre Augustinuskritik Ohne systematisierenden Zwang kann man den Beginn der modernen Trinitätslehre auf das Jahr 1927 datieren. Damals rief Karl Barth mit dem ersten und einzigen Band seiner Christlichen Dogmatik im Entwurf die Trinitätslehre aus den Totenreichen der Historiker ins Zentrum lebendiger dogmatischer Theologie zurück.1536 Stark überarbeitet und um viel patristisches und scholastisches Traditionsgut angereichert, wurde daraus der einleitende Teilband der ab 1932 veröffentlichten Kirchlichen Dogmatik, deren Anregungskraft auf die protestantische wie katholische Theologie sich bis heute nicht erschöpft hat. In dem halben Jahrhundert zuvor war die Trinitätslehre im deutschsprachigen Raum, aber auch international, aus dem kreativen Diskurs der Systematischen Theologie, von Ausnahmen abgesehen, verschwunden1537 und spiegelbildlich dazu ein bevorzugter Gegenstand historischer Forschung geworden.1538 1536 K. Barth, Die Lehre vom Worte Gottes. Prolegomena zur christlichen Dogmatik, Die christliche Dogmatik im Entwurf I, München 1927. Manches davon findet sich schon in Barths Dogmatikvorlesung vom Sommersemester 1924, die aber erst ein halbes Jahrhundert später publiziert worden ist: »Unterricht in der christlichen Religion«. Erster Band. Prolegomena 1924, hg. von H. Reiffen, Gesamtausgabe 17, Abt. II, Zürich 1985. 1537 Vgl. E. Vilanova, Historia de la teologı´a cristiana, Bd. 3: Siglos XVIII, XIX y XX, spanische Übersetzung aus dem Katalanischen von J. Llopis, Barcelona 1992; C. Welch, Protestant Thought in the Nineteenth Century, Vol. 2: 1870–1914, New Haven/London 1985. − Ausnahmen sind etwa der Katholik Herman Schell (Das Wirken des dreieinigen Gottes, Mainz 1885) und mehrere anglikanische Theologen (vgl. oben S. 365 f. und A. M. Ramsey, From Gore to Temple. The Development of Anglican Theology Between Lex Mundi and the Second World War, 1889–1939, London 1960, 179–187); doch Schell wurde kirchlich verurteilt und blieb zunächst ohne große Wirkung, und auch aus angelsächsischer Sicht markiert Barth den entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte der Trinitätstheologie seit Schleiermacher, wie der informative Überblick von Claude Welch zeigt: The Trinity in Contemporary Theology (wie Anm. 1522), ebenso S. J. Grenz, Rediscovering the Triune God. The Trinity in Contemporary Theology, Minneapolis 2004 (dort lauten die weiteren großen Namen neben Barth: K. Rahner, J. Moltmann, W. Pannenberg, R. W. Jenson, L. Boff, J. Zizioulas, C. M. LaCugna, E. Johnson, H. U. v. Balthasar und Th. F. Torrance). 1538 Unter den großen Historiographen der Trinitätslehre gehören etwa Harnack, Krüger, Loofs und Seeberg in diese Epoche (vgl. oben S. 314 ff.), ebenso der »modernistische« Katholik Turmel (vgl. oben S. 320 f.). Auch romtreue Katholiken befaßten sich stark mit dem Thema, taten sich aber unter den Bedingungen von Neuscholastik und Antimoder-

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Fünf Vertreter moderner Trinitätstheologie

Vorausgegangen waren im katholischen Raum während der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts nur wenige Versuche einer Trinitätslehre aus dem Geiste des »Selbstdenkertums«1539 der Hegel-Zeit mit seinem Bestreben, die christliche Botschaft neu und nach frei gewählten, einheitsstiftenden Prinzipien zu durchdenken und zu assimilieren. Doch diese Vorstöße waren kirchlich trotz ihres noch durchscheinenden Augustinismus1540 teils verurteilt, teils verdächtigt worden. Stattdessen dominierte bis in die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts weltweit die als Bollwerk gegen die Neuzeit errichtete Neuscholastik. Sie unterschied sich im Trinitätstraktat sachlich kaum von der Jesuitentheologie seit dem siebzehnten Jahrhundert.1541 Wie diese schöpfte sie weitgehend aus den Quaestiones 27 bis 43 des ersten Teiles der Summa theologiae des Thomas von Aquin mit ihrem reichen Augustinus-Material. Dieses Material spiegelt jedoch nicht den Gedankengang von De trinitate wider, sondern entstammt der Sentenzenliteratur mit ihren isolierten Zitaten, deren Sinn scholastisch transformiert wird. In dieser Lehrbuch-Theologie hatte der Traktat De deo trino zwar einen prominenten, unverrückbaren Platz und eine klar durchdachte Terminologie, aber er drohte zu einem abstrakt zergliederten Examensstoff zu vertrocknen, der mit Glauben und Beten der Kirche wenig zu tun hatte − »fehlt leider! nur das geistige Band«.

nismus-Krise schwerer mit der Darstellung geschichtlicher Entwicklung und historischen Wandels (oben S. 319 ff.); die Dogmengeschichte von J. Schwane (wie Anm. 1340) wurde daher durch die genannten Theologen weit übertroffen, Th. de Re´gnon verzichtete in seinen E´tudes de the´ologie positive sur la Sainte Trinite´ (wie Anm. 1357) auf einen entwicklungsgeschichtlichen Zusammenhang, und das breit angelegte Werk von J. Lebreton, Histoire du dogme de la Trinite´, zuerst mit dem Untertitel Des origines a` Saint Augustin (Bd. 1, Paris 1910), dann Des origines au Concile de Nice´e (Bd. 1, Paris 21919; Bd. 2, Paris 1928), brach bei Irenäus ab. Bedeutenderes leisteten Katholiken besonders in mehr systematischen denn historischen Monographien über die Trinitätslehre einzelner Kirchenväter, z. B. F. Diekamp, Die Gotteslehre des heiligen Gregor von Nyssa. Ein Beitrag zur Dogmengeschichte der patristischen Zeit, 1. Teil, Münster 1896; J. Bilz, Die Trinitätslehre des hl. Johannes von Damaskus, FChLDG 9/3, Paderborn 1909; Schmaus, Die psychologische Trinitätslehre des hl. Augustinus (wie Anm. 2). 1539 Über die Bedeutung und den theologiegeschichtlichen Kontext dieses Begriffs unterrichtet B. Welte, Zum Strukturwandel der katholischen Theologie im 19. Jahrhundert, in: Ders., Auf der Spur des Ewigen, Freiburg/Basel/Wien 1965, 380–409; besonders 386. 1540 Diesen Zusammenhang suchte Theodor Gangauf in seinem großen Buch über Augustins Trinitätslehre 1865 nachzuweisen (oben S. 131 ff.). 1541 Die Thematik bedürfte allerdings eingehenderer Untersuchung. Die formulierte Ansicht stützt sich auf eine erste Durchsicht klassischer, vielbenützter Lehrbücher: A. Tanner SJ, Universa Theologia scholastica, speculativa, practica, Bd. 1, Ingolstadt 1626, Disputatio IV; H. Kilber SJ, Institutiones theologicae . . . Tractatus de Deo trino, Würzburg 1764; G. Perrone SJ, Praelectiones theologicae, Bd. 2, Löwen 1838, 264–464; J. B. Franzelin SJ, Tractatus de Deo trino secundum personas, Rom/Turin 1869; F. Diekamp, Katholische Dogmatik nach den Grundsätzen des heiligen Thomas, Bd. 1, Münster 21917, 210–300; dass., hg. von K. Jüssen, Münster 13 1958, 264–361; J. G. Dalmau, De Deo trino secundum personas, in: Sacrae Theologiae Summa, Bd. 2, BAC 90, Madrid 41964, 222–438.

Einleitung

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Der Protestantismus hingegen hatte seit den Schaffenszeiten Schellings und Hegels eine Reihe von idealistisch beeinflußten Darstellungen der Trinitätslehre hervorgebracht. In Fortführung einer bestimmten Interpretation von Augustins trinitarischen mens- und amor-Modellen gingen sie etwa von der Struktur des Selbstbewußtseins Gottes, von der Idee der absoluten Persönlichkeit Gottes oder von der Bestimmung Gottes als Liebe aus, um das Dogma neu zu denken.1542 In der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts hatte diese Richtung ihren Höhepunkt. Doch als im Ausgang des Jahrhunderts der Hegelianismus in Deutschland von neukantianischen und materialistischen Philosophien verdrängt wurde, trat zunehmend auch eine Theologie antimetaphysischer, liberaler Spielart in den Vordergrund, in der die Trinitätstheologie immer unverhohlener verabschiedet wurde − etwa bei Ritschl und Harnack. Immanuel Kants Wort, »aus der Dreieinigkeitslehre« lasse sich »schlechterdings nichts fürs Praktische machen«,1543 zeigte jetzt Wirkung. Vielleicht vollstreckten die Liberalen nur, was Schleiermacher begonnen hatte, als er statt Dogmatik »Glaubenslehre« trieb und diese als Ausdruck der »christlich frommen Gemütszustände«1544 allein vom Selbstbewußtsein des Glaubenden her konstruierte. Da die Trinitätslehre aber nicht nur von Gottes Beziehung zur Welt und zur Kirche, sondern primär von Gott in sich selbst handelt, kann sie im »frommen Selbstbewußtsein« des Glaubenden nicht vorkommen und wird daher von Schleiermacher an das Ende der Glaubenslehre gerückt. In einem kaum verhüllten Neo-Sabellianismus verknüpft Schleiermacher dort lediglich die schon in anderen Abschnitten erbrachten Nachweise, daß dem Gläubigen in Christus und der Kirche tatsächlich Gott begegnen könne.1545 Man kann mit Karl Barth fragen, ob wir es dann in der Offenbarung zuletzt »nicht mit Gott, wie er ist, sondern nur mit einem Gott, wie er uns erscheint, zu tun haben«.1546 Im folgenden werden die Augustinus-Schelten von Barth, Rahner, Balthasar, Moltmann und Pannenberg zuerst in ihren Kontexten skizziert und anschließend gemeinsam einer Metakritik unterzogen.

1542 Zur Wiederaufnahme immanenter Trinitätstheologie im Zeitalter nach Schleiermacher bei Dorner, Liebner, Nitzsch, Rothe und Twesten vgl. Axt-Piscalar, Der Grund des Glaubens (wie Anm. 667). 1543 I. Kant, Der Streit der Facultäten, A 50 (Königsberg 1798) (Werke in 10 Bdn., hg. von W. Weischedel, Bd. 9, Darmstadt 1975, 303). 1544 F. D. E. Schleiermacher, Der christliche Glaube, 2 Bde., Berlin 21830 f., hier Bd. 1, § 15 Leitsatz (hg. von M. Redeker, Berlin 71960, 105). 1545 Ebd. § 170–172 (Bd. 2, 458–473); vgl. Schleiermachers Aufsatz: Über den Gegensatz zwischen der Sabellianischen und der Athanasianischen Vorstellung von der Trinität [1822], in: M. Tetz (Hg.), Friedrich Schleiermacher und die Trinitätslehre, TKTG 11, Gütersloh 1969, 37–94; sowie in: F. D. E. Schleiermacher, Kritische Gesamtausgabe. Erste Abteilung: Schriften und Entwürfe, Bd. 10: Theologisch-dogmatische Abhandlungen, hg. von H.-F. Traulsen, unter Mitwirkung von M. Ohst, Berlin/New York 1990, 223–306. 1546 K. Barth, Die Lehre vom Wort Gottes. Prolegomena zur Kirchlichen Dogmatik, erster Halbband, KD I/1, Zürich 1932, 372.

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Fünf Vertreter moderner Trinitätstheologie

1. Karl Barth Barth entwirft die Dogmatik in bewußter Umkehrung der Reihenfolge, die Schleiermacher ihr gegeben hatte. Um das Abgleiten in atheistische Projektionstheorien von vornherein auszuschließen, gehört für Barth die Trinitätslehre nicht an das Ende, sondern an den Anfang, in die »Prolegomena« der Dogmatik, damit sie von dort alle weiteren Traktate durchwirke. »Gott offenbart sich als der Herr«, dies sei Form und Inhalt der biblischen Offenbarung. Hierin und in nichts sonst liegt für Barth »die Wurzel der Trinitätslehre« (323 f.).1547 Im Christusgeschehen erweise sich die Identität von Offenbarer, Offenbarung und Offenbarsein. Im biblischen Offenbarungszeugnis seien also Vater, Sohn und Geist in der Einheit ihres Wesens der eine Gott. Der eine Gott sei in der Verschiedenheit seiner Personen der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Barth zieht um der Betonung der Einheit willen den Ausdruck »Seinsweisen« dem Personbegriff vor (374). An vielen Stellen bekräftigt Barth, sich mit Augustins Trinitätslehre eins zu wissen: so in der Skepsis gegenüber dem »Person«-Terminus (375) und im »augustinisch-abendländischen« Verständnis des Begriffs oëmooyÂsiow, der »identischen Wesens« und nicht bloß im »morgenländischen« Sinn der »Jungnicäner« »gleichen Wesens« bedeute, denn nur so könne er die Polytheismus-Gefahr bannen (461 f.). Einverstanden mit Augustinus ist Barth auch in der Lehre vom untrennbaren Wirken von Vater, Sohn und Geist ad extra (395), in der Auffassung des Heiligen Geistes als Gemeinschaft von Vater und Sohn (493) und im filioque (506). Barth läßt den ersten Band der Kirchlichen Dogmatik sogar feierlich mit Augustins Schlußgebet aus De trinitate enden (514). Aber gleichzeitig erklärt Barth ein im Zentrum von De trinitate stehendes Theologumenon zum großen, aufs Heftigste zu verwerfenden Erbfeind seines eigenen Ansatzes der Trinitätslehre: Augustins Lehre von den vestigia trinitatis.1548 Darunter verstehe man Analogien der Trinität in der geschöpflichen Wirklichkeit als solcher, ohne Rücksicht auf die biblische Offenbarung, von denen aus Augustinus und seine Nachfolger Gottes Trinität hätten erschließen wollen (352–367). Damit aber nehmen diese Theologen nach Barth nicht nur eine zweite Wurzel der Trinitätslehre in Konkurrenz zur ersten in Kauf. Vielmehr müssen sie sich fragen lassen, ob die Offenbarung für sie nur eine nachträgliche Bestätigung der vestigia-Erkenntnis liefert. Sind die vestigia nur immanente Bestimmungen des Kosmos und in letzter Konsequenz gar nur der menschlichen Existenz? Dann, so Barth, würden sie das gesamte Offenbarungshandeln Gottes als nichtig erscheinen lassen (354). Die wirkmächtigste und fatalste Entfaltung der vestigium-Theorie sieht Barth in Augustins Lehre von der imago trinitatis in der dreifaltigen Struktur des menschlichen Bewußtseins, memoria − intellectus − voluntas. Noch die großen idealistischen Systeme Schellings und Hegels seien 1547 1548

Seitenangaben in Klammern im folgenden beziehen sich auf die KD I/1 (1932). Wobei Barth den Terminus weiter als Augustinus faßt (siehe oben S. 228).

Karl Rahner

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»wirklich nichts Anderes als neue Varianten eben des augustinischen Trinitätsbeweises« (357), und dieser Fortgang der »anthropologischen Spekulation« habe »endlich und folgerichtig« zu Feuerbach geführt (362), zur atheistischen Verstrickung des Menschengeistes in sich selbst: »Die Sonne bringt es an den Tag, und wenn vierzehnhundert Jahre darüber verstreichen müßten, wie es bei dem Augustinischen Argument für die Trinität der Fall gewesen ist.«1549 Barth meint, daß die im Laufe der Theologiegeschichte bemühten vestigia überdies nie geleistet hätten, was man sich von ihnen versprach. Aber der entscheidende Punkt bleibt sein Verdacht, daß die vestigium-Theologie »ein uraltes trojanisches Pferd« sei (355); lasse man es einmal in das theologische Ilion einziehen, so erwachse der Offenbarung bald eine Rivalin, die dazu nötige, »von dieser Halbheit eiligst zur echten römisch-katholischen Theologie der analogia entis überzugehen« (354) und diese hält Barth bekanntlich »für d i e Erfindung des Antichrist« (VIII). Das einzige zulässige vestigium trinitatis sei Gottes Offenbarung selbst (366 f.), genauer »die Gestalt, die Gott in seiner Enthüllung als der Sohn oder das Wort annimmt« (353).

2. Karl Rahner Hatte Barth die Theologie aus den für sie prekären Dominanz-Ansprüchen neuzeitlicher Subjektivität zurückrufen wollen zum Ausgangspunkt beim sich offenbarenden Gott, so geht Rahner von beinahe umgekehrten Voraussetzungen aus: Er möchte gegen die Vorherrschaft einer das Denken der Neuzeit programmatisch zugunsten der »Vorzeit« (Joseph Kleutgen) ablehnenden Neuscholastik die katholische Theologie mit neuzeitlichem, im Gedanken der Subjektivität gipfelndem Denken überhaupt erst wieder ins Gespräch bringen.1550 Rahner definiert den Menschen mit einem zentralen Stichwort der klassischen Neuzeit als Wesen der Freiheit, das sich selbst im Erkennen und Handeln aus der eigenen Existenz heraus bestimmt und in der Reflexion auf sein Tun die eigene Endlichkeit erfährt angesichts einer bleibend uneinholbaren Wirklichkeit, die der Gläubige Gott nennt. Wie muß ein sich offenbarender Gott 1549 Diese Formulierung findet sich nur in Barth, Die christliche Dogmatik im Entwurf (wie Anm. 1536), 147. Mit den »vierzehnhundert Jahren« seit Augustinus gelangt Barth in die Schaffenszeit Hegels, Feuerbachs und D. F. Strauss’, auf dessen Werk Die christliche Glaubenslehre in ihrer geschichtlichen Entwicklung und im Kampfe mit der modernen Wissenschaft dargestellt, Bd. 1, Tübingen/Stuttgart 1840, § 32: »Auflösung und Umdeutung der Dreieinigkeitslehre« (462–501), er sich hierbei beruft. 1550 Die folgende Skizze stützt sich auf K. Rahner, Zur scholastischen Begrifflichkeit der ungeschaffenen Gnade [1939], in: Schriften zur Theologie, Bd. 1, Einsiedeln/Zürich/Köln 1954, 347–375; Über das Verhältnis von Natur und Gnade [1950], ebd. 323–345; Natur und Gnade [1960], ebd. Bd. 4, Einsiedeln/Zürich/Köln 1960, 209–236; Bemerkungen zum dogmatischen Traktat »De Trinitate« [1960], ebd. 103–133; Der dreifaltige Gott als transzendenter Urgrund der Heilsgeschichte, in: MySal 2, 1967, 317–401; Grundkurs des Glaubens. Einführung in den Begriff des Christentums, Freiburg/Basel/Wien 1976, 122–142.

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gedacht werden, wenn vorstellbar werden soll, daß der Mensch in seiner ganzen personalen Existenz von ihm erreicht werden kann? Anders gefragt: Wie ist Gnade möglich? Rahner wendet sich gegen ein landläufiges neuscholastisches Verständnis, das Natur und Gnade so scharf scheidet, daß eine in sich abgerundete, abgeschlossene menschliche Natur für die Gnade eigentlich nichts mehr übrig hat und daher auch nicht durch sie vergöttlicht werden kann. Von einem neuzeitlichen Personbegriff aus läßt es sich nicht anders denken, als daß die Gnade den Menschen zum übernatürlichen Ziel als zu seinem inneren Telos beruft. Was Gott über den Menschen verfügt, muß als inneres Konstitutiv des menschlichen Wesens gedacht werden. Der Mensch muß dadurch in seiner Struktur anders sein, als er ohne dieses Ziel wäre, und zwar auch schon, bevor er das Ziel in der rechtfertigenden Gnade und in der Gottesschau erlangt. Das Wesen der übernatürlichen Gnade ist die Selbstmitteilung Gottes, und sie muß als ungeschuldetes Geschenk im Sinne personaler Liebe verstanden werden, so daß die Anlage für den Empfang der Gnade zwar nicht einfach identisch mit der Natur sein kann, aber als erfahrbares, bleibendes, »übernatürliches Existential« des Menschen zu begreifen ist. Gnade in diesem Sinne kann nicht mehr allein durch traditionelle statische Begriffe wie Akzidens, Qualität, Habitus, sondern muß auch durch personale Kategorien wie Liebe, personale Nähe, Selbstmitteilung beschrieben werden. Teilt Gott sich freilich als er selbst mit, so wird diese »ungeschaffene Gnade« nicht mehr als Folge der Erschaffung der eingegossenen Gnade, sondern umgekehrt als das eigentlich Zentrale in der Gnade erscheinen. Dies hat unmittelbare trinitätstheologische Konsequenzen. Denn jetzt ist es nicht mehr eine Qualität im menschlichen Geist, die dem Menschen die Gottesschau ermöglicht, sondern der dreipersönliche Gott selbst teilt sich mit, so daß die durch die Gnade begründete Beziehung zwischen dem Menschen und jeder der drei Personen keine bloße Appropriation, sondern ein Proprium jeder göttlichen Person ist. Gott ist also nicht nur in sich trinitarisch, während er sich ansonsten nach außen nur wirkursächlich und d. h. als einer betätigt, sondern er teilt sich als er selbst trinitarisch mit. Die Inkarnation ist der hervorragendste Fall einer göttlichen Anwesenheit in der Welt, die einer der Personen eigentümlich ist: Der Logos ist die Person, in der sich Gott der Welt hypostatisch mitteilt, er ist die Person, in der Gott in der konkreten Geschichte wirklich als er selbst für uns in Jesus Christus da ist. Insofern derselbe Gott als das uns vergöttlichende Heil in der innersten Mitte unserer Existenz angekommen ist, nennen wir ihn den Heiligen Geist. Insofern derselbe Gott der unumfaßbare Grund seines Ankommens in Sohn und Geist ist, nennen wir ihn Vater. Diese drei »Gegebenheitsweisen« Gottes dürfen wir nicht verdoppeln, indem wir ein von ihnen verschiedenes ewiges Modell in Gott annehmen: Die »ökonomische« Trinität ist die »immanente« Trinität und umgekehrt. Rahner möchte nicht von drei Personen reden, was ihm zu sehr nach drei separaten Akt- und Willenszentren klingt. Er schlägt stattdessen die Sprachregelung vor, der eine Gott subsistiere in drei distinkten Subsistenzweisen.

Karl Rahner

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Aus dieser Konzeption heraus gelangt Rahner zu seiner Kritik an Augustinus. Sie ist ihm so wichtig, daß er ihr zusammenfassend noch einmal ganz am Ende seiner ausführlichsten Darstellung der Trinitätslehre einen Abschnitt widmet. Dort verdeutlicht er, daß eine künftige Trinitätslehre wesentlich in Form einer Überwindung ihres traditionell-augustinischen Typs zu gestalten sei.1551 Ähnlich im Grundkurs: Die angedeutete Verdoppelung Gottes in einen immanenten und einen ökonomischen sieht Rahner da gegeben, wo Theologen eine von der Analyse der genannten drei »Gegebenheitsweisen« verschiedene »psychologische Trinitätslehre« entwickeln.1552 Augustinus habe als erster jene Trinitätstheologie erdacht, die »ganz unbezüglich zu uns und unserer christlichen Existenz sich gleichsam ein inneres Leben Gottes ausmalt.« Sie kranke daran, vorauszusetzen, was sie zu zeigen vorgebe, nämlich warum der Vater sich im Wort aussagt und zusammen mit dem Logos einen von ihm verschiedenen Geist haucht. Anstatt in diesen Akten die Konstituierung des Vaters als des sich erkennenden und liebenden zu denken, werde gleichsam der immanente Gott bereits als erkennender und liebender vorausgesetzt, wobei ein innerweltlicher, philosophischer Begriff von Erkenntnis und Liebe verwendet werde, der den hier gemeinten personalen Akt gar nicht fasse. »Die psychologische Trinitätslehre überspringt die heilsökonomische Erfahrung der Trinität zugunsten einer fast gnostisch anmutenden Spekulation darüber, wie es im Inneren Gottes zugehe«; sie verdunkle, daß das in der Heilsgeschichte uns Menschen zugewandte trinitarische Antlitz Gottes nichts anderes als das An-sich Gottes selbst sei. Das Auseinanderfallen von Natur und Gnade habe zu einer sich ganz auf die Natur zurückziehenden, gleichsam gnadenlosen Existenz führen können. Rahner zufolge hat der in Augustins Trinitätslehre beginnende Bruch der lateinischen Theologie mit der heilsgeschichtlichen Fassung der Trinitätslehre, wie sie in der griechischen Patristik seit den Zeiten der Logostheologie und von daher noch in der gegenwärtigen ostkirchlichen Theologie vorherrsche, den trinitarischen Gott letztlich aus dem Bereich religiöser Erfahrung herausgedrängt und somit die Trinitätsvergessenheit des westlichen Christentums verursacht. Entgegen der vorausgehenden Tradition hätten die Theologen seit Augustinus gemeint, jede der göttlichen Personen habe Mensch werden können. Die lehrbuchgemäße Vorordnung eines dogmatischen Traktates De Deo uno vor denjenigen De Deo trino sei unseliger Ausdruck dieses von Augustinus eingeleiteten Rückfalls hinter einen eigentlich christlich-heilsgeschichtlichen, trinitarischen Gottesglauben.

1551 1552

Rahner, Der dreifaltige Gott (wie Anm. 1550), 393–396. Ders., Grundkurs (wie Anm. 1550), 140–142.

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3. Hans Urs von Balthasar Balthasar will mit Barth und gegen Rahners anthropologische Wende die Theologie christozentrisch vom sich offenbarenden Gott her aufbauen. Allerdings anerkennt er mit der katholischen und einem Teil der protestantischen Theologie gegen Barth die relative Eigenständigkeit von Natur und Vernunft gegenüber Gnade und Offenbarung.1553 Kann er darum dem imago-Modell Augustins mehr abgewinnen als Barth? Wenn Balthasar auf Augustins Trinitätslehre zu sprechen kommt, so meint er stets den Versuch, die »innere Struktur des geschaffenen Geistes« als imago trinitatis darzustellen.1554 Darin sieht er zwar einen »vortrefflichen Weg«, bemängelt aber gleichzeitig, »seit Augustins psychologischer Spekulation« scheine die Trinitätslehre »stillgestanden, halb erstarrt und verdorrt zu sein«. Es gelte, bessere Wege zu suchen, »denn schließlich kann die einsame Seelenstruktur nicht das höchste Abbild des lebendigen Liebesaustausches im ewigen Gott sein«.1555 Die drei Seelenkräfte, von denen Augustinus spreche, seien nicht die Seele selbst, wohingegen die drei göttlichen Personen die Trinität sind. Ebenso bildeten die drei Funktionen nur eine Person, aber gerade nicht drei Personen, so daß sie »ein schwaches, im wesentlichen versagendes Abbild des dreieinigen göttlichen Lebens« abgäben.1556 Balthasar empfiehlt daher, das »innerpersonale Modell« Augustins durch das »interpersonale« Richards von St. Victor zu ergänzen.1557 Dieser gehe gut johanneisch davon aus, daß Gott selbst caritas ist; volle Selbstlosigkeit der Liebe sei für Richard aber erst im einträchtigen gemeinsamen Lieben eines Dritten gegeben. Ähnliche Modelle führen vom Ich zum Du und zur Frucht der Begegnung (z. B. nach Analogie der Familie1558) oder eröffnen vom Ich aus, das sich an ein Du verschenkt, den Weg zu einem Wir, welches das Ich übersteigt. Doch seien alle diese Analogien zuletzt »ebenso unfähig wie das augustinische Bild«,1559 weil sie von einer Substanzenpluralität reden müssen und damit die Einheit Gottes verfehlen.1560 Daher plädiert Balthasar nicht einfach gegen Augustinus für Richard von St. Victor, sondern für 1553 H. U. v. Balthasar, Karl Barth. Darstellung und Deutung seiner Theologie, Einsiedeln 1976, 390 f. 1554 Ders., Theodramatik, Bd. II/2, Einsiedeln 1978, 480 f.; vgl. Theologik, Bd. II, Einsiedeln 1985, 35–39; Pneuma und Institution. Skizzen zur Theologie IV, Einsiedeln 1974, 202–204 mit Anm. 1; Homo creatus est. Skizzen zur Theologie V, Einsiedeln 1986, 97–99. 1555 Ders., Schleifung der Bastionen. Von der Kirche in dieser Zeit, ChHe II/9, Einsiedeln 21952, 18. 1556 Ders., Theologik, Bd. II (wie Anm. 1554), 37. 1557 Die beiden Termini ebd. 35. Balthasar kontrastiert Augustinus und Richard an allen in Anm. 1554 genannten Stellen und in der Einleitung zu seiner Übersetzung von Richards Werk: Die Dreieinigkeit, Einsiedeln 1980, 9–22. 1558 Die fruchtbare Ehe als Trinitätsanalogie z. B. in: H. U. v. Balthasar, Christlicher Stand, Einsiedeln 1977, 182 f. 1559 Ders., Theologik, Bd. II (wie Anm. 1554), 39. 1560 Ders., Theodramatik, Bd. II/2 (wie Anm. 1554), 481; Theologik, Bd. II (wie Anm. 1554), 35. 4

Hans Urs von Balthasar

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ein Aufsuchen der imago trinitatis »in zwei antinomischen, aufeinander verweisenden Seins- und Gedankenreihen«.1561 Doch liegt, charakteristisch für Balthasars Denkweise, der Akzent deutlich auf der zweiten, viktorinischen »Gedankenreihe«. Der Schweizer Theologe will »die Intersubjektivität . . . , die Begegnung von Ich und Du, die personale Liebe« in den Mittelpunkt des Verständnisses christlicher Offenbarung stellen1562 und polemisiert gegen Rahners Verdikt, es gebe »auch ›innertrinitarisch‹ nicht ein gegenseitiges ›Du‹«.1563 Angeregt von der personalistischen Dialogphilosophie, möchte Balthasar zeigen, wie der Mensch »durch die Öffnung der Trinität in der Menschwerdung« in die göttliche »Intersubjektivität« »eingelassen« werde.1564 Diese Öffnung der Trinität ist das eigentliche Movens des Dramas zwischen göttlicher und menschlicher Freiheit, das Balthasar in seinem großen Triptychon aus Theo-Ästhetik, Theo-Dramatik und Theo-Logik in Szene setzt. Von der Kenose Gottes her (bis zum Kreuz), von der ökonomischen Trinität aus, konzipiert er die denkende Annäherung an die immanente Trinität. Er läßt Gott selbst im Welttheater auftreten und mitleiden. In der Mitte dieser Theologie steht der »Schmerz Gottes«.1565 Balthasar zielt von dort aus auf ein immanentes »Geschehen in Gott . . . , das nicht nur die Möglichkeit und das Geschehenlassen aller Schmerzen der Welt, sondern darüber hinaus die Teilnahme Gottes daran« rechtfertigt. Dennoch soll nicht zwingende Identität zwischen innerer und heilsgeschichtlicher Trinität herrschen, sondern eine »reale einheitliche Voraus-Setzung«.1566 Ob Balthasar hier nur eine Option oder aber bereits eine durchdachte Lösung anbieten kann, ist eine offene Frage. Wenn Rahner meint, »daß nicht eigentlich die Tat Christi den Willen Gottes zur Vergebung bewirkt, sondern jene von ihm bewirkt wird«,1567 so wendet Balthasar ein, »daß Rahner, der sonst so energisch gegen Augustin für eine ökonomische Trinitätslehre plädiert, hier, am entscheidenden Ort, nur von ›Gott‹ redet, gleich als ereigne sich nicht etwa der göttliche Heilswille hier am Kreuz zwischen dem ›erlaubenden‹ Vater und dem vom Vater verlassenen Sohn in einem Heiligen Geist, der beide dadurch eint, daß er sie trennt!«1568

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Ders., Theodramatik, Bd. II/2 (wie Anm. 1554), 480. Ders., Cordula oder der Ernstfall, Krit. 2, Einsiedeln 21967, 125. Vgl. ders., Pneuma und Institution (wie Anm. 1554), 203 f. Anm. 1. 1563 Rahner, Der dreifaltige Gott (wie Anm. 1550), 366 Anm. 29. Der Passus wird kritisiert in Balthasars Theodramatik II/2, 481 Anm. 15. 1564 Balthasar, Cordula (wie Anm. 1562), 105. 1565 Ders., Theodramatik, Bd. IV, Einsiedeln 1983, 191–222: »Der Schmerz Gottes«. 1566 Ders., Theodramatik, Bd. III, Einsiedeln 1980, 302. 1567 K. Rahner, Die Christologie innerhalb einer evolutiven Weltanschauung, in: Ders., Schriften zur Theologie, Bd. 5, Zürich/Einsiedeln/Köln 1962, 183–221; 215. 1568 Balthasar, Cordula (wie Anm. 1562), 90 f. Näheres in dem Exkurs »Zur Soteriologie Karl Rahners«, in: Balthasar, Theodramatik, Bd. III (wie Anm. 1566), 253–62. 1562

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Umgekehrt behalte Rahners Denkmodell der drei Subsistenzweisen »etwas seltsam Formales«, der »innerseelischen Imago Trinitatis Augustins (Seelengrund − Verstand − Wille/Liebe) Verwandtes«.1569 Balthasar rügt also beidemal genau dort Rahner, wo dieser ihm mit Augustinus übereinzustimmen scheint.

4. Jürgen Moltmann Kritik an der augustinisch-westlichen Konzeption monarchischer Gottesherrschaft ist der Generalbaß von Moltmanns Trinität und Reich Gottes.1570 »Gegenüber der psychologischen Trinitätslehre« will er »eine heilsgeschichtliche und soziale Trinitätslehre« entfalten (174), die zugleich »der Überwindung des Schismas zwischen der Ostkirche und der Westkirche gewidmet« ist (15). Augustinus habe als erster Theologe die Vorstellung Gottes als eines absoluten Subjekts entwickelt (29), die im neunzehnten Jahrhundert in den Begriff der absoluten Persönlichkeit Gottes mündet, mit der das bürgerliche Individuum das eigene Ideal der Selbstverwirklichung, bei dem der Andere nur als Schranke eigener Entfaltung erfahren wird, auf Gott projizierte (31, 171–173). Seit Augustinus die eine göttliche Substanz den trinitarischen Personen vorgeordnet habe (32), hätten westliche Theologen die drei Personen in bloße Momente des einen Subjekts aufgelöst (34) − auch Barth und Rahner seien verkappte Modalisten (154–166). In Konsequenz dieses christlichen Monotheismus anstelle einer biblisch-geschichtlichen Trinitätstheologie hätten Augustinus und der ihm folgende Westen die Lehre von den untrennbaren, nicht trinitarisch differenzierbaren, vom einen Gott ausgehenden opera trinitatis ad extra vertreten. Damit seien Weltschöpfung, Menschwerdung und Gottesherrschaft von den einzelnen Personen abgekoppelt und in gewisser Hinsicht somit außerhalb der Gottheit verlegt worden.1571 Für Augustinus richte sich sogar das Vaterunser an die ganze Trinität statt an deren erste Person (181). Mit der letztlich augustinischen Lehre von den drei Seinsweisen gleite die westliche Theologie in eine Reflexionslogik, in welcher der Geist zu einer Beziehung statt einem Subjekt gerate (159) und seit Augustinus zum bloßen vinculum amoris zwischen Vater und Sohn absinke (160, 186). Selbst das relationale Verständnis der Person, das Augustinus eingeführt habe (188), gelange nur wenig über ein vom Substanzbegriff dominiertes Personverständnis hinaus, weil es dieses immer noch voraussetzen müsse. Daher bleibe es letztlich modalistisch und fasse die Relationen als Selbstverhältnisse des einen, substanzhaften Gottes (189). Die Ebene der Relationen im inneren Leben der Trinität werde mit derjenigen der Konstitution der Trinität aus dem ursprungslosen Ursprung identifiziert. Genau hier sei der augusti1569

Ders., Theodramatik, Bd. III (wie Anm. 1566), 299 mit Anm. 10. J. Moltmann, Trinität und Reich Gottes. Zur Gotteslehre, München 1980. Ziffern in Klammern beziehen sich im folgenden auf die Seiten dieses Buches. 1571 Ebd. 111; 113; 123; 127; 177; 207; 221. 1570

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nische Quellgrund des unseligen filioque zu suchen (195–200), das letztlich die seit 1054 bestehende Spaltung von Ost- und Westkirchen provoziert habe. Einen einzigen Ansatz Augustins läßt Moltmann gelten: Es ist die einmal zitierte (73), aber nicht näher ausgeführte »Liebestrinität« (189) von amans, quod amatur, et amor. Sie wird als Schritt in der Entwicklung des Personbegriffs hin zu Richard von St. Victor begrüßt. Für Moltmann ist Augustins Gotteslehre somit insgesamt geradezu das Erbübel des theologischen und politischen Denkens der westlichen Zivilisation mit ihrem − wie er meint − geschichts- und gesellschaftsfeindlichen Gottesbegriff, sozialfeindlichen Individualismus und pluralitätsfeindlichen Monarchismus. Was Moltmann all diesen von Augustinus inaugurierten Fehlentwicklungen entgegensetzen will, um überhaupt erst eine wirklich trinitarische Theologie zu erarbeiten, zielt weit über Rahners zustimmend aufgenommenen (177) Gedanken von der Einheit ökonomischer und immanenter Trinität und Balthasars kurz erwähnte (46 Anm. 30) Theologie der Teilnahme Gottes am Schmerz hinaus. Moltmann geht es um eine Liebes- und Leidensgeschichte »von drei verschiedenen Subjekten«,1572 bei denen er nicht von »Einheit«, sondern von »Einigkeit« sprechen will (167). Diese scheint sogar Gefährdungen ausgesetzt, am »Kreuz sind der Vater und der Sohn so sehr getrennt, daß ihre Beziehungen abbrechen« (98), der Geist verbindet wieder. »Der Schmerz des Kreuzes bestimmt das innere Leben des dreieinigen Gottes von Ewigkeit zu Ewigkeit« (177). Eine auch joachimitisch-politisch gemeinte Geschichte gehört mitten in Gott hinein, die »ökonomische Trinität vollendet sich dann zur immanenten Trinität, wenn Geschichte und Erfahrung des Heils vollendet werden« (178).

5. Wolfhart Pannenberg Nach Pannenberg liegt Barths Verdienst darin, die Zusammengehörigkeit von Offenbarungstrinität und Wesenstrinität wiederentdeckt zu haben, einschließlich der Konsequenzen für den Aufbau der Dogmatik: Die Trinitätslehre müsse im Anschluß an die Erörterung des Offenbarungsbegriffs und vor der Lehre von Gottes Wesen und Eigenschaften behandelt werden (327).1573 Doch Pannenberg interpretiert die Selbstoffenbarung Gottes anders als Barth. Sie vollziehe sich indirekt durch Geschichtstaten. Erst am Ende der Geschichte vollende sie sich, denn nur das Ganze der Weltgeschichte könne Gottes Gottheit erweisen. Die universale Offenbarung sei jedoch im Geschick Jesu von Nazareth verwirklicht, insofern darin das Ende alles Geschehens antizipiert sei.1574 So 1572 J. Moltmann, Theologie der Hoffnung, in: J. B. Bauer (Hg.), Entwürfe der Theologie, Graz/Wien/Köln 1985, 235–257; hier 255 (erneut unter dem Titel: Mein theologischer Weg, in: J. Moltmann, In der Geschichte des dreieinigen Gottes. Beiträge zur trinitarischen Theologie, München 1991, 221–240). 1573 Pannenberg, Systematische Theologie, Bd. 1 (wie Anm. 910). Ziffern in Klammern beziehen sich auf die Seitenzahlen dieses Bandes. 1574 Ders., Dogmatische Thesen zur Lehre von der Offenbarung, in: Ders. (Hg.), Offenbarung als Geschichte, KuD Beih. 1, Göttingen 41970 (zuerst 1961), 91–114.

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werde es nun notwendig, »der konstitutiven Bedeutung der eschatologischen Vollendung für die Ewigkeit Gottes selbst Rechnung zu tragen« (359). »Ebenso wie das Ostergeschehen nicht nur die Erkenntnis begründet, daß Jesus von Nazareth schon in seiner irdischen Geschichte der ewige Sohn Gottes war, sondern durch seine Bestätigungsfunktion rückwirkend entscheidet, daß er es war, genauso wird auch die Gottheit des von Jesus verkündigten Gottes erst durch die eschatologische Vollendung seines Reiches endgültig und unwidersprechlich offenbar« (359).

Pannenberg kann daher sogar von »einer Abhängigkeit der Gottheit des Vaters vom Gang des Geschehens in der Welt der Schöpfung« (357) sprechen. Er radikalisiert noch die Position Moltmanns, der im Festhalten an der These von der Monarchie des Vaters die entscheidende Wechselseitigkeit in den heilsgeschichtlichen Beziehungen der trinitarischen Personen aus dem Blick verloren habe (353). Damit scheint selbst Moltmann in Pannenbergs Augen noch einen Rest jener westlichen Tradition seit Augustinus zu bewahren, die Gott als ein einzelnes Subjekt versteht. Die Herleitung der göttlichen Dreifaltigkeit aus dem Begriff des (einzelnen) Geistes gehe über Anselm von Canterbury auf Augustinus zurück, auch wenn dieser lediglich an eine sekundäre Illustration der Aussagen des Trinitätsdogmas gedacht habe.1575 An dieser Stelle kommt ein wichtiger Diskussionspartner Pannenbergs ins Spiel: Robert W. Jenson. Dieser hatte in einem gedankenreichen Buch 1982 die Theologie des Athanasius und der Kappadokier gegenüber Augustins Trinitätslehre favorisiert. Im Gegensatz zu jenen Griechen habe Augustinus eine zentrale Pointe des Dogmas von Nizäa verkannt, daß nämlich die Beziehungen zwischen den drei »Identitäten« (wie Jenson sagt) und damit auch die zeitlichen Strukturen, von denen das Evangelium erzählt, konstitutiv in Gott seien. Die Gottheit des Vaters etwa habe ihre Bedingung im Sohn. Augustinus habe genau diese Konsequenz in De trinitate abgelehnt und es absurd gefunden, daß Vater und Sohn erst in bezug aufeinander Gott seien.1576 Die Gegenseitigkeit der personalen Beziehungen habe Augustinus zu einem identischen Besitz eines einfachen göttlichen Wesens verflacht.1577 Pannenberg nennt diese Diagnose von 1575

Ders., Person und Subjekt, in: Ders., Grundfragen systematischer Theologie. Gesammelte Aufsätze, Bd. 2, Göttingen 1980, 80–95; hier 101. 1576 Aug. trin. VII, i, 1 – ii, 3 (CChr.SL 50, 244–250 M.). 1577 R. W. Jenson, The Triune Identity, Philadelphia 1982, 117 f. Pannenberg bemängelt (358, Anm. 214), Jenson habe in diesem Buch »trotz Betonung der Gegenseitigkeit der innertrinitarischen Beziehungen den trinitarischen Geistbegriff noch mit dem der augustinisch-hegelschen Bewußtseinstrinität verbunden und dadurch die Einheit des trinitarischen Gottes noch als Subjektivität gedacht«. Jenson bleibt jedoch anderthalb Jahrzehnte später bei seiner Konzeption und bemerkt, trotz höchster Anerkennung der Bedeutung der Systematischen Theologie: »According to Pannenberg, the Trinity is not personal except as, in any given context, one or more of the three; the appropriate ontological concept for the Trinity simply as such is that of an energetic ›field‹. Pannenberg’s deep and comprehensive involvment in nineteenth century German reflection is one of the great powers of his theology; in this matter, however, he may perhaps be more determined by Fichte than by Scripture.« (R. W. Jenson, Systematic Theology. Volume 1: The Triune God, New York/Oxford 1997, 116, Anm. 4).

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Jenson eine »bedeutende Einsicht« (351). Anders als Jenson sieht er aber auch die Lösungsvorschläge der griechischen Väter als unzureichend an (304 f.; 351, Anm. 197). Das nizänische Anliegen, in Jensons Sinne gedeutet, führt nach Pannenberg zur zentralen Obliegenheit jeder Trinitätslehre: »Diese Aufgabe ist allerdings bis heute in der Theologie unbewältigt geblieben.«1578 Ihrer Lösung dient sein eigener Entwurf. In genau diesem alles entscheidenden Punkt hat Augustinus in Pannenbergs Augen fast der gesamten späteren Theologie die falsche Richtung gewiesen (308–311; 351 f.). Der Münchener Theologe fordert demgegenüber »einen Begriff des Wesens, dem die Kategorie der Relation nicht äußerlich ist« (363). Zu diesem Zweck hatte Pannenberg schon in früheren Jahren verschiedene Anläufe unternommen. So versuchte er den Hegelschen Liebesbegriff zu reanimieren,1579 verwirft ihn aber im Werk von 1988, weil er die Pluralität auflöse (322); ein andermal forderte er, die Konsequenzen aus Augustins kritischer Umbildung der platonischen Anthropologie zur Geschichtstheologie, im Gegensatz zu Augustinus selbst, auch in der Gotteslehre zu ziehen.1580 In der Systematischen Theologie tritt neben die biblische Begründung das Experiment mit dem Feldbegriff der modernen Physik, der in der antiken stoischen Philosophie wurzle und durch den die klassische Vorstellung von Gott als noyÄw durch diejenige eines universalen Kraftfeldes ersetzt werden könne.1581 »Die Autonomie des Feldes bedarf keiner Zuordnung zu einem Subjekt« (415). Es gebe vielmehr »Aktzentren«, von denen aus das göttliche Handeln neu zu bestimmen sei. Was in umgestalteter Weise bleibt, ist der augustinische Ansatz zur Idee des göttlichen Geistes als Liebe (343 f.): »Unterscheidung und Einheit von immanenter und göttlicher Trinität bilden den Herzschlag der göttlichen Liebe, und mit einem einzigen solchen Herzschlag umfaßt sie die ganze Welt der Geschöpfe.«1582

1578 W. Pannenberg, Probleme einer trinitarischen Gotteslehre, in: Weisheit Gottes − Weisheit der Welt [FS Joseph Ratzinger], hg. von W. Baier u. a., Bd. 1, St. Ottilien 1987, 329–341; hier 333. 1579 W. Pannenberg, Grundzüge der Christologie, Gütersloh 51976, 181–185. 1580 Ders., Christentum und Platonismus. Die kritische Platonrezeption Augustins in ihrer Bedeutung für das gegenwärtige christliche Denken, ZKG 96, 1985, 147–161. 1581 Einige Verdeutlichungen finden sich in: W. Pannenberg, Geist als Feld − nur eine Metapher?, ThPh 71, 1996, 257–260. 1582 So der Schlußsatz des Gesamtentwurfs: W. Pannenberg, Systematische Theologie, Bd. 3, Göttingen 1993, 694.

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6. Metakritik Mit diesen Skizzen soll es sein Bewenden haben. Die Augustinuskritik der fünf ausgewählten Theologen wurde jeweils im Kontext ihrer Trinitätstheologie referiert. Dabei zeigte sich, daß die Widerstände gegen die Trinitätslehre Augustins nicht etwa historische Marginalien betreffen, sondern im Gegenteil in den innersten Kern der Neuentwürfe führen. Denn aus unterschiedlichen Gründen sehen alle fünf Autoren in De trinitate die Gründungsurkunde genau des Typs von Trinitätslehre, den sie zu überwinden trachten. Karl Barth verwirft die augustinische Lehre von den vestigia trinitatis und will allein die Offenbarung als Wurzel der Trinitätslehre gelten lassen. Karl Rahner vermißt in Augustins Konzept die ökonomische Trinität; es geht Rahner gerade um deren Einheit mit der immanenten Trinität. Hans Urs von Balthasar diagnostiziert aus der Warte seiner Theodramatik eine bloß innerpersonale Trinitätsspekulation bei Augustinus. Jürgen Moltmann legt seine politische Trinitätslehre als Kritik des augustinischen Monotheismus an. Wolfhart Pannenberg schließlich will das augustinische Teilhabemodell durch den Gedanken einer relational sich konstituierenden Einheit Gottes ersetzen. Natürlich sind im Konzert moderner Trinitätstheologie auch Stimmen zu hören, die Augustinus gewogener sind.1583 Aber mitunter ist ein antiaugustinischer Grundton sogar noch dort vernehmbar, wo Augustinus kaum erwähnt wird, wie etwa in Eberhard Jüngels Gotteslehre.1584 In den meisten trinitätstheologischen Publikationen seit etwa 1980 deckt sich die Kritik an Augustinus ungefähr mit derjenigen, die Barth, Rahner, Balthasar, Moltmann und Pannenberg üben. Das ist nicht weiter verwunderlich, da die neuesten Veröffentlichungen in überwiegender Zahl auch ihre systematische Position innerhalb des von diesen fünf Systematikern vorgezeichneten Rahmens einnehmen. Doch 1583 Ein sehr positives Augustinusbild findet sich überraschenderweise bei L. Boff, A trindade, a sociedade e a libertac¸a˜o, Petro´polis 1986 (deutsche Übersetzung: Der dreieinige Gott, Düsseldorf 1987), obwohl man hier wegen des Konzepts einer sozialen Trinitätslehre eine Abrechnung von Moltmannschem Zuschnitt hätte vermuten können. − Kritiken an Augustinus werden erwähnt, aber durch eine vermittelnde Deutung entschärft z. B. bei J. Werbick, Trinitätslehre (wie Anm. 1352), hier besonders 500–503; W. Breuning, Gotteslehre (bearbeitet vom Hg.), in: W. Beinert (Hg.), Glaubenszugänge. Lehrbuch der Katholischen Dogmatik, Bd. 1, Paderborn u. a. 1995, 199–362; hier 289–293; G. L. Müller, Katholische Dogmatik. Für Studium und Praxis, Freiburg/Basel/Wien 1995, 445–447. 1584 E. Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt. Zur Begründung der Theologie des Gekreuzigten im Streit zwischen Theismus und Atheismus, Tübingen 31978, im Barthschen Kontext von § 22 »Der gekreuzigte Jesus Christus als vestigium trinitatis«: Augustins Dreiheit von memoria, intellectus, voluntas wird zu den in der Theologiegeschichte vorgeschlagenen Beispielen von vestigia trinitatis gerechnet, die zwar »amüsant« seien, aber doch fragen ließen, ob »ein derart illustrierbares Glaubensgeheimnis wirklich Glaubensgeheimnis ist« (477, mit Anm. 12). Eine treffende Antwort auf Jüngels Frage steckt in Oeing-Hanhoffs Worten (wie Anm. 686). Einen interessanten Versuch zur Rehabilitierung der augustinischen vestigium-Theologie gegen Barth und Jüngel unternimmt D. S. Cunningham, These Three are One. The Practice of Trinitarian Theology, Malden, Mass./Oxford 1998, 89–119.

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müssen die Söhne, Töchter und Enkel die in ihren Augen erfolgreichen Emanzipationskonflikte ihrer Väter nicht mehr in gleicher Heftigkeit austragen: Augustins trinitätstheologisches Monopol ist gebrochen, und darum − parcere subiectis! − fallen die heutigen Augustinuskritiken in der Regel nicht mehr so kaustisch aus wie bei den fünfen, begegnen allerdings doch allenthalben.1585 Die stärkste verändernde Wirkung auf die moderne Trinitätstheologie mehrerer Kirchen und Konfessionen hat wohl Rahners Satz ausgelöst, die ökonomische Trinität sei die immanente und umgekehrt. Rahner deutete seinen Vorschlag als Rückgewinnung der biblischen und ostkirchlichen Gottesauffassung und bezog sich dabei auf die verbreitete Typologie eines westlich-augustinischen Ausgehens der Trinitätslehre von der Einheit Gottes und eines griechisch-ostkirchlichen Ausgehens von der Person des Vaters bzw. von den drei göttlichen Personen.1586 Vertreter ostkirchlicher, neopalamitischer Theologie haben Rahners Vorstoß als »a return to the pre-Augustinian concepts of God« begrüßt und einen Fortschritt der Ökumene davon erhofft.1587 Daß die OstWest-Typologie in der Trinitätslehre eine Schimäre ist, daß ostkirchliche Trinitätskonzepte zum Teil mit den gleichen Schwierigkeiten behaftet sind, die man oft Augustins Entwurf anlastet, wurde bereits dargelegt.1588 Eine entschiedene systematisch-theologische Rehabilitierung von Augustins Trinitätslehre scheint es bisher nicht zu geben. Es könnte nach wie vor so scheinen, als hingen die Chancen einer künftigen (Ost und West womöglich vereinenden) Trinitätstheologie entscheidend von dem Maß ab, in dem es gelingt, das augustinische Erbe auszuschlagen. Steht Augustinus also mit De trinitate auf verlorenem Posten? Man muß nur einmal die fünf ausgewählten Augustinuskritiker miteinander vergleichen, um zu sehen, daß sich hier manches Rätsel knüpft. Beispielsweise 1585 Beispiele: D. Brown, The Divine Trinity, London 1985, 272–276; D. Coffey, Deus Trinitas. The Doctrine of the Triune God, New York/Oxford 1999, 4; M. Corbin, La Trinite´ ou l’Exce`s de Dieu, Paris 1997, 87–102; B. Forte, Trinita` come storia. Saggio sul Dio cristiano, Mailand 1985, 70–72 (deutsch 1989); Greshake, Der dreieine Gott (wie Anm. 1376), 95–100; C. E. Gunton, The Promise of Trinitarian Theology, Edinburgh 1991, 31–57; ders., The One, the Three and the Many, Cambridge 1993, passim; B. J. Hilberath, Der dreieinige Gott und die Gemeinschaft der Menschen, Mainz 1990, 60 f.; ders., Der Personbegriff der Trinitätstheologie in Rückfrage von Karl Rahner zu Tertullians »Adversus Praxean«, IThS 17, Innsbruck/Wien 1986, 97–104; Jenson, Systematic Theology, Bd. 1 (wie Anm. 1577), 112 f.; Kasper, Der Gott Jesu Christi (wie Anm. 1358), 318–321; 331–333; 361–363. LaCugna, God for Us (wie Anm. 1528), 81–109; J. P. Mackey, The Christian Experience of God as Trinity, London 1983, 142–163; G. O’Collins, The Tripersonal God. Understanding and Interpreting the Trinity, London 1999, 195 f.; J. J. O’Donnell, Trinity and Temporality. The Christian Doctrine of God in the Light of Process Theology and the Theology of Hope, Oxford 1983, 40–52; Ch. Schwöbel, Gott in Beziehung. Studien zur Dogmatik, Tübingen 2002, 280; H. Vorgrimler, Theologische Gotteslehre, Düsseldorf 1985, 105 f. 1586 Vgl. oben S. 324. 1587 Meyendorff, Byzantine Theology (wie Anm. 1396), 189, vgl. 181; ähnlich Zizioulas, Being as Communion (wie Anm. 1423), 40 f.; 88. 1588 Oben S. 324 ff. und S. 341 ff.

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verhält sich Moltmanns Augustinuskritik exakt konträr zu derjenigen Barths. Denn Moltmann verwirft beinahe alles, was Augustinus, die traditionelle westliche Trinitätslehre und Barth gemeinsam vertreten, und akzeptiert dagegen einzig eine jener augustinischen »Trinitätsanalogien«, die Barth als Erfindung des Antichrist verworfen hatte.1589 Balthasar wendet Rahners Augustinuskritik gegen Rahner: Dessen Lehre von den drei Subsistenzweisen sei von der psychologischen Trinitätslehre Augustins nur vermeintlich verschieden und weise die gleichen Mängel auf.1590 Hatte Balthasar die Trinitätskonzeption Richards von St. Victor zum antinomischen Widerpart derjenigen Augustins stilisiert, so sieht Moltmann in ihr eine direkte Fortführung der besagten augustinischen Liebesanalogie, vermißt aber in dem vorausgesetzten Relationsmodell den entscheidenden Schritt, der über das abendländische Substanzdenken hinausführte.1591 Gerade das, was moderne ostkirchliche Theologen Augustinus vorwerfen, daß er nämlich aus den heilsökonomischen Sendungen auf die innergöttlichen Hervorgänge geschlossen habe, genau dieses Verfahren versucht Rahner, der doch das ostkirchliche Trinitätsdenken wiederbeleben will, zum Ansatz seines eigenen, vermeintlich antiaugustinischen Entwurfs zu machen. Pannenberg spitzt dies noch zu und fordert, daß »das konkrete Verhältnis Jesu zum Vater Ausgangspunkt der theologischen Reflexion wird«.1592 Sollten sich also die Vorwürfe, die von den fünf Theologen gegen Augustins Trinitätslehre erhoben werden, gegenseitig neutralisieren? Die fünf Denker stehen auch sonst in einem Verhältnis wechselseitiger Antithetik zueinander, teils in Form expliziter Kritik. Vor einer Antwort auf die Frage, ob ihre negativen Urteile über Augustinus berechtigt sind, darf auch gefragt werden, ob die fünf Gegenentwürfe das halten, was sie zu leisten versprechen. Zu diesem Zweck könnte man nun eine gigantomaxiÂa inszenieren, in der sich die großen Theologen, die eigentlich Augustinus hatten stürzen wollen, einander gegenseitig niederrängen. Barth überspringt den Bereich der faktischen Welt-, Geschichts- und Selbsterfahrung (zuvörderst die augustinische Sphäre der imago und der vestigia trinitatis), um mit Gott zu beginnen. Darum gerät ihm ungewollt die Trinitätslehre zu einem Ausdruck der Subjektivität Gottes in seiner Offenbarung. Sie reproduziert damit strukturell exakt jene Herleitung der Trinität aus dem Konzept der Subjektivität, die seiner eigenen Diagnose zufolge von Augustinus zu Hegel und von dort zu Feuerbach geführt hat − so das Resultat einer brillanten Analyse von Pannenberg.1593 1589 Vgl. oben S. 379. Die »Liebesanalogie« wird in der Kirchlichen Dogmatik I/1 (wie Anm. 1546), 357, unter den verworfenen vestigia erwähnt. 1590 Vgl. oben S. 378. 1591 Vgl. oben S. 377 und 378. 1592 Pannenberg, Systematische Theologie, Bd. 1 (wie Anm. 910), 335. 1593 W. Pannenberg, Die Subjektivität Gottes und die Trinitätslehre. Ein Beitrag zur Beziehung zwischen Karl Barth und der Philosophie Hegels, in: Ders., Grundfragen systematischer Theologie, Bd. 2 (wie Anm. 1575), 96–111.

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Rahner erklärt eine von der ökonomischen Trinität unabhängige, augustinisch-psychologisch-immanent ausgedachte Trinität für unmöglich. Vielleicht läßt Rahner die immanente Trinität sogar in der ökonomischen aufgehen.1594 Wie aber, wenn der so aus der Theologie hinauskomplimentierte Dualismus von immanenter und ökonomischer Trinität durch die Hintertüre wieder einträte? Etwa, indem ein von Rahner als schlechterdings unerkennbares Geheimnis bezeichneter Gott als verborgener Deus unus der Schuldogmatik die vakant gewordene Stelle der immanenten Trinität einnähme und andererseits ein Gott, der bei Rahner nach Balthasars Verdikt »in den Weltprozeß hinein verschlungen zu werden« droht,1595 als Deus trinus den Posten der ökonomischen Trinität besetzte? Dann wäre auch Rahners Vorhaben gescheitert. Balthasar möchte die Unterscheidung von immanenter und ökonomischer Trinität wahren. Da er den aus soteriologischem Grunde unentbehrlichen Punkt der Einheit zwischen dem Gott »für sich« und dem Gott »für uns« nicht wie Rahner in der Trinitätslehre selbst verorten will, muß er ihn anderswo suchen. Er findet ihn im Anschluß an die Ausgangsphase der Christologie der Alten Kirche und beruft sich auf die im sechsten Jahrhundert päpstlich und konziliar anerkannte Orthodoxie der theopaschitischen Formel »Einer aus der Trinität hat gelitten«.1596 Aber kann Balthasar den Gefahren kenotischer Theologien entgehen, die das Geschick Jesu als Geschick Gottes an sich selbst betrachten? Rahner nennt dies eine »›neuchalkedonensische‹ Erlösungstheorie«, in welcher aus der Idiomenkommunikation tendenziell eine Idiomenidentität werde. Rahner besteht auf dem »unvermischt« von Chalcedon und behält im letzten das Leiden und Sterben der kreatürlichen Wirklichkeit Jesu vor.1597 Er sieht also den Einheitspunkt in der Trinitätslehre und zieht den Trennstrich in der Christologie, Balthasar verfährt umgekehrt, aber beide geraten so in Turbulenzen. Wie Balthasars Vorbehalte gegen Moltmanns Trinitätstheologie des gekreuzigten Gottes zeigen,1598 ist er sich der Gefahren seiner »Theodramatik« bewußt, aber ob er sie deshalb auch schon mit einer systematisch tragfähigen Konzeption zu vermeiden weiß, ist zu bezweifeln. Es fragt sich auch, ob die zeitweise in Mode gekommene These vom Leiden und Schmerz Gottes wirklich so menschenfreundlich ist, wie sie sich gibt: Wenn nicht nur der mensch1594

Vor dieser Tendenz warnt z. B. Kasper, Der Gott Jesu Christi (wie Anm. 1585), 335 f. Balthasar, Theodramatik II/2 (wie Anm. 1554), 466. 1596 Ders., Theodramatik Bd. IV (wie Anm. 1565), 11. Vgl. zur Problematik W. Löser, Trinitätstheologie heute. Ansätze und Entwürfe, in: W. Breuning (Hg.), Trinität. Aktuelle Perspektiven der Theologie, QD 101, Freiburg/Basel/Wien 1984, 19–45; hier 26–28; W. Kasper, »Einer aus der Trinität . . .«. Zur Neubegründung einer spirituellen Christologie in trinitätstheologischer Perspektive, in: Böhnke/Heinz (Hgg.), Im Gespräch mit dem Dreieinen Gott (wie Anm. 848), 316–334; erneut in: Ders., Theologie und Kirche, Mainz 1987, 217–234. 1597 K. Rahner, Jesus Christus − Sinn des Lebens [zuerst 1980], in: Ders., Schriften zur Theologie, Bd. 15, Zürich/Einsiedeln/Köln 1983, 206–216; hier 209–213. 1598 Vgl. Balthasar, Theodramatik, Bd. III (wie A. 1566), 299–305; Bd. IV (wie Anm. 1565), 205–207. 1595

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gewordene Gott menschliches Leiden auf sich genommen hat, sondern Gott selbst in Ewigkeit leidet, wie könnte irgendein Mensch dann noch hoffen, jemals vom Leiden erlöst zu werden?1599 Auch die von disparaten Motiven geleitete und daher wohl nicht auf ein generierendes Prinzip rückführbare Trinitätslehre Moltmanns könnte man in solche Widersprüche zwischen Anspruch und Leistung zergliedern. Die Gefahren, die sich Rahner und Balthasar einander vorwerfen, scheint Moltmann offen zu riskieren. Wenn Moltmann zudem behauptet, die Standardpolemik gegen den ›Tritheismus‹ diene »faktisch überall zur Verschleierung des eigenen Modalismus«,1600 so kann man den Ketzerhut auch wieder zurückreichen und fragen, ob Moltmanns Polemik gegen den angeblichen Modalismus der ganzen augustinisch-westlichen Theologie nicht der Verschleierung eines Tritheismus dreier liebender, leidender, sich einigender Subjekte dient. Wenn der Monotheismus des Westens zur Legitimation politischer Alleinherrschaft tendiert, wie Moltmann meint, müßte dann nicht bei Anlegung des gleichen politisierenden Maßstabs die Annahme naheliegen, daß die ersehnte »soziale« Trinitätslehre umgekehrt zur Legitimation eines totalitären Vorranges des Kollektivs (etwa auch einer ethnischen Gruppe) gegenüber dem Individuum neigt? Und wenn der seiner selbst bewußte Deus unus als Projektion des bürgerlichen Subjekts des neunzehnten Jahrhunderts denunziert wird, was hielte von dem Verdacht ab, daß die Vorstellung von drei veränderlichen, in der Liebe leidenden göttlichen Personen eine typische Projektion des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts sei und seine flexiblen, allen Moden des Marktes offenen, in scheiternde Beziehungen und demokratische Gremienarbeit verstrickten Individualisten spiegle, die um so stärker nach Gemeinschaft lechzen, je weniger sie zu ihr fähig sind? Ein Faible für ostkirchliche Trinitätsauffassungen scheint Moltmann außerdem zu einem Rückfall hinter seine Absicht zu verleiten, indem er die Monarchie doch wieder in Gott zuläßt, nämlich als »innertrinitarische ›Monarchie des Vaters‹«.1601 Denn der Vater konstituiere als ursprungsloser Ursprung durch Zeugung des Sohnes und Hervorbringung des Geistes die Trinität. Wirken erst auf der »Relationsebene« herrschaftsfreie Beziehungen in Gott? Tatsächlich muß sich Moltmann von Pannenberg vorrechnen lassen, daß man weniger autoritär »die Monarchie des Vaters selber durch die trinitarischen Relationen vermittelt« denken müsse.1602 Auf Pannenbergs eigenen Entwurf einer Überbietung sowohl von Rahners Axiom wie von Moltmanns eschatologischer Wendung der Trinitätslehre fällt mit Wucht die Kritik, die Rahner und Balthasar wechselseitig aneinander geübt 1599

Vgl. zur Kritik an der Vorstellung vom leidenden Gott: R. E. Creel, Divine Impassibility. An Essay in Philosophical Theology, Cambridge u. a. 1986; P. Koslowski/F. Hermanni (Hg.), Der leidende Gott. Eine philosophische und theologische Kritik, München 2001. 1600 Moltmann, Trinität und Reich Gottes (wie A. 1570), 161 Anm. 41. 1601 Ebd. 182. 1602 Pannenberg, Systematische Theologie, Bd. 1 (wie Anm. 1585), 353.

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haben: In Pannenbergs Theologie scheint es nun tatsächlich so, als habe sich Gott nicht nur in die Geschicke dieser Welt verwickelt, sondern sei ganz und gar abhängig von ihnen. Zudem steht der enorme Scharfsinn, mit dem Pannenberg andere trinitätstheologische Positionen darzustellen und zu kritisieren versteht, in einem auffälligen Kontrast zu der Unschärfe und Unklarheit seines eigenen Gegenentwurfes. Das gilt gerade für die zentralen Fragen: Wie soll die Pluralität der göttlichen Personen nicht-tritheistisch gedacht werden? Wie können die wechselseitigen Beziehungen die Einheit konstituieren? Wie verhalten sich die Deutungen Gottes als Geist und als Person präzise zueinander, wenn gleichzeitig das alte Modell des einen Geistes verabschiedet wird? Die immer neuen Ansätze Pannenbergs zu Lösungen, sein Ausweichen auf den physikalischen Feldbegriff, all dies erweckt nicht den Eindruck, hier seien schwache Konzepte durch starke ersetzt worden. Die Abkoppelung der Trinitätslehre von der Geschichts- und Selbsterfahrung, die Proklamation einer Einheit von ökonomischer und immanenter Trinität, die Verlagerung des Schwerpunktes von der Einheit Gottes zu den Personen, der Gedanke des nicht schlechthin leidensunfähigen Gottes, die Konzepte einer »sozialen« und »geschichtlichen« Trinitätslehre, alle diese jeweils von Barth, Rahner, Balthasar, Moltmann und Pannenberg scharf profilierten Versuche einer Überwindung der vermeintlichen augustinischen Tradition enden also in ungelösten Problemen, ja in Aporien. Die meisten genannten Anliegen scheinen in geglätteter Form mehr oder minder zum Konsens heutiger Trinitätstheologie zu gehören. Der Verdacht liegt nahe, daß das Abschleifen der Kanten und das Kombinieren der Positionen die Probleme weniger beseitigt als vielmehr unauffälliger gemacht hat. Auf einen zeitweise fast einstimmig geforderten Aspekt der Überwindung Augustins sei etwas genauer eingegangen. Von vielen Vertretern und Vertreterinnen heutiger Systematischer Theologie wird aus unterschiedlichen Gründen die Forderung erhoben, das vermeintlich oder tatsächlich augustinische »Subjektivitätsmodell« zu verabschieden und durch ein Modell zwischenpersonaler Beziehungen zu ergänzen oder sogar abzulösen. Denn das alte Modell des einsamen Subjekts scheint der Herrschaft eines Usurpators zu entspringen, dessen Absetzung schon seit der nizänischen Trinitätslehre geradezu gefordert scheint: Das trinitarische Dogma hätte demnach theologisch den Monotheismus als politisches und psychologisches Problem erledigt und mit ihm die Alleinherrschaft in Form staatlicher Diktatur wie in Form bürgerlicher Subjektivität verworfen. Wenn die Trinitätstheologie sich erst im zwanzigsten Jahrhundert hierauf rückbesinnt, so scheint sich darin der bemerkenswerteste Paradigmenwechsel der neueren Philosophie widerzuspiegeln, nämlich die schon beim frühen Hegel und mehr noch bei seinen Schülern1603 einsetzende und im zwan1603 Vgl. etwa L. Feuerbach, Grundsätze der Philosophie der Zukunft [1843], in: Ders., Kleine Schriften, Frankfurt 1966, S. 145–219; hier 218: »§ 62 − Die wahre Dialektik ist kein Monolog des einsamen Denkers mit sich selbst, sie ist ein Dialog zwischen Ich und Du. § 63

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zigsten Jahrhundert stark gewachsene Einsicht in die prinzipielle, nicht nur realphilosophische Bedeutung der Intersubjektivität. Phänomene wie Liebe, IchDu-Beziehung, Gesellschaft und Sprache sind seither in den Mittelpunkt philosophischer Theoriebildung getreten. Kann sich die Trinitätstheologie für dieses neu erschlossene Terrain bereits auf befriedigende, konsistente Denkkonzepte aus der Philosophie stützen, wie sie das traditionell beim Paradigma der Subjektivität getan hat? Die Subjektivität scheint ihre Herrschaftsposition in der Philosophie bis heute keineswegs geräumt zu haben. Versuche zur »Aufhebung« des Subjekts sei es in einer Systemrationalität etwa nach Art der Theorie des kommunikativen Handelns (Habermas) oder des Apriori der Kommunikationsgemeinschaft (Apel), sei es zugunsten irrationaler Nichtsubjektivität (Nietzsches »Wille«, Freuds »Unbewußtes«, Heideggers »Sein«, Derridas »diffe´rance«) haben begründeten Widerspruch erfahren.1604 Auch der Versuch, im entfaltetsten System einer am Paradigma der Subjektivität orientierten Philosophie, dem System Hegels, immanente Widersprüche aufzuzeigen, die sich auflösen lassen sollen, wenn die Intersubjektivität an der Spitze der Logik stünde, hat noch nicht zu einem ausgearbeiteten neuen System des Idealismus geführt. Vielleicht liegt dies nicht zuletzt daran, daß die Intersubjektivität mit der absoluten Idee als nicht intersubjektiver Reflexionsinstanz um die Spitzenposition in der Logik konkurriert und nicht ausreichend gegen das Argument gewappnet ist, nur in die Realphilosophie zu gehören.1605 Gegen den Begriff der Intersubjektivität hat Niklas Luhmann eingewandt, er setze noch immer Kontext und Terminologie der Subjekttheorie voraus und sei besser durch den Begriff der Kommunikation zu ersetzen. Listigerweise hat Trutz Rendtorff treffend erwidert, die vermeintliche Alternative einer subjektfreien Autopoiesis von Kommunikationssystemen mute ihrerseits verdächtig subjekthaft an.1606 Auch für die beiden vielleicht noch immer wichtigsten und wirkmächtigsten Unternehmungen des zwanzigsten Jahrhunderts, eine nicht vom Subjekt restlos − Die Trinität war das höchste Mysterium, der Zentralpunkt der absoluten Philosophie und Religion. Aber das Geheimnis derselben ist, wie im Wesen des Christentums historisch und philosophisch bewiesen wurde, das Geheimnis des gesellschaftlichen Lebens − das Geheimnis der Notwendigkeit des Du für das Ich.« 1604 Vgl. etwa M. Frank, Die Unhintergehbarkeit von Individualität. Reflexionen über Subjekt, Person und Individuum aus Anlaß ihrer ›postmodernen‹ Toterklärung, Frankfurt 1986; ders., Selbstbewußtsein und Selbsterkenntnis. Essays zur analytischen Philosophie der Subjektivität, Stuttgart 1991. 1605 V. Hösle, Hegels System. Der Idealismus der Subjektivität und das Problem der Intersubjektivität, 2 Bde., Hamburg 1987. Vgl. dazu K. Hartmann, Neuerscheinungen zu Hegels Logik der Philosophie, AZP 14, 1989, 45–71; hier 60–71. 1606 N. Luhmann, Intersubjektivität oder Kommunikation: Unterschiedliche Ausgangspunkte soziologischer Theoriebildung, AF 54, 1986, 41–60; T. Rendtorff, Kommentar zu dem Vortrag von Niklas Luhmann »Intersubjektivität oder Kommunikation?«, ebd. 65–75. Fast der ganze Jahrgang dieser Zeitschrift steht unter dem Titel »Intersoggettivita`, socialita`, religione« und bietet einen guten Überblick zum Thema.

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dominierte Intersubjektivität zu konzipieren, nämlich Husserls Phänomenologie der Intersubjektivität und die etwa durch Buber repräsentierte personalistische Dialogik, sind fundamentale Begründungsdefizite nachgewiesen worden. Das Grundmuster der Intentionalität, das dem phänomenologischen Denken zugrunde liegt, führt nämlich zwangsläufig dazu, daß genau wie alles »Andere« auch »der Andere« durch das Ich konstituiert wird. Der Andere, der für mich konstituierend sein soll, erweist sich also letztlich als kein ursprünglicher Partner: Das Ich bleibt einsam.1607 Die dialogische Philosophie versteht sich als überlegene Alternative zur Transzendentalphilosophie. Die für letztere allein faßbare gegenstandskonstituierende Subjektivität kommt bei Buber mit dem »Grundwort Ich-Es« in den Blick; dem will er das »Grundwort Ich-Du« überordnen, das allein »Beziehung«, d. h. »Gegenseitigkeit« aussage. Es geht Buber um eine »Ontologie des Zwischen«, einer Relation, die nicht in der Subjektivität, sondern zwischen den Wesen gegründet ist. Dieses Zwischen ist kein Drittes, kein intentionaler Gegenstand (sonst wäre es vom Subjekt konstituiert), vielmehr ist Beziehung »Unmittelbarkeit«. Aber wo ist das Zwischen, wenn es weder in einem der Partner, noch in beiden zusammen, noch in einem umgreifenden Dritten ist? Nach Buber sollen Ich und Du erst dem reinen Geschehen der Begegnung entspringen. Aber wenn Ich und Du sich gegenseitig konstituieren sollen, werden sie am Ende doch wieder nach dem Modell einer Gegenstände konstituierenden Subjektivität gedacht, und das Du-Ich entpuppt sich als Spiegelbild des Es-Ich. Das Du-Ich soll Ausgangspunkt sein, weil Begegnung nur ihm erfahrbar ist, aber das Zwischen meldet den gleichen Anspruch an, weil es ontologisch der Anfang des Du-Ich sein soll. Buber und mit ihm die Dialogik überhaupt vermögen das Zwischen nur negativ gegen die Sphäre der Subjektivität abzusetzen, aber sie kommen über diese negative Ontologie nicht hinaus. Darum holen sie die erhoffte Unmittelbarkeit des Du nicht ein. Wie in der Transzendentalphilosophie spaltet sich auch das Du der Dialogik in ein bloß erscheinendes Du und ein apriorisch in die Seinsverfassung des Ich »eingeborenes« und vom Ich intentional konstituiertes Du.1608 Selbst die aus der Kritik am Egoismus der geschlossenen Ich-Du-Beziehung erwachsene Konzeption des Ich, des Anderen und des Dritten bei Emanuel Le´vinas vermag Intersubjektivität nur in dem eingeschränkten Sinne zu begründen, daß der Andere im Dienst gegenüber dem Dritten mich mit sich im Dienst verbindet,1609 so daß die Beziehungen der Anderen nur Erweiterungen der Relation des Ich und des Anderen sind. 1607 M. Theunissen, Der Andere. Studien zur Sozialontologie der Gegenwart, Berlin/New York 1977, 15–155. 1608 Ebd. 243–329. Die wichtigsten Texte finden sich in: M. Buber, Die Schriften über das dialogische Prinzip, Heidelberg 1954 (in der Werkausgabe, hg. von P. Mendes-Flohr/ P. Schäfer, Gütersloh 2001 ff., sollen die Bde. 4 und 5 dem Thema gelten). Auf die theologische Bedeutung von Theunissens Buch hat besonders Pannenberg hingewiesen (z. B. Grundfragen systematischer Theologie, Bd. 2 [wie Anm. 1575], 89 und Anthropologie in theologischer Perspektive, Göttingen 1983, 173–178). 1609 E. Le´vinas, Totalität und Unendlichkeit. Versuch über die Exteriorität, Freiburg/München 2 1993, 308 (Totalite´ et infini. Essai sur l’exte´riorite´, Den Haag 1961). 2

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Es ist daher intrikater, als die Aufbruchstimmung der Trinitätstheologie in den siebziger und achtziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts vielleicht suggeriert hat, wohlbegründet von dem loszukommen, was als das »augustinische« Subjektivitätsmodell kritisiert wird. Daß keiner der fünf kurz präsentierten Gegenentwürfe konsistent erscheint, könnte eine seiner Ursachen darin haben, daß die Philosophie möglicherweise bisher keine überzeugenden Argumente für eine Überwindung der Subjektivität bietet. Damit ist freilich noch nicht erwiesen, daß die Augustinuskritik von Barth und seinen vier oben präsentierten Nachfolgern in die Irre führt. Trifft sie zu? Barth hatte gemeint, Augustins Unternehmen, Spuren der Trinität in der Schöpfung, zumal im menschlichen Geist zu lesen, habe die Offenbarung Gottes als nichtig oder überflüssig erscheinen lassen. Das augustinische Konzept des intellectus fidei mißversteht Barth damit. Die Lektüre von De trinitate ist bei aller strengen Rationalität vieler zentraler Argumente als eine geistliche Übung angelegt, die am Ende in ein Gebet mündet.1610 Die ersten vier Bücher zeigen unter anderem die heilsökonomische Notwendigkeit der göttlichen Sendungen auf, die Offenbarung Gottes erübrigt sich nicht. Zur Offenbarung gehört für Augustinus neben dem Gedanken der Selbstoffenbarung Gottes durch die göttlichen Sendungen, neben der Bibel und dem Buch der Schöpfung im übrigen auch die innere Erleuchtung.1611 Der Kerngedanke des Werkes liegt gerade nicht in einem der menschlichen Psyche abgeschauten Bild vom Inneren Gottes, sondern in der Einsicht, daß Gott und das Selbst des menschlichen Selbstbewußtseins keine Gegenstände sind.1612 Rahners Kritik an der angeblichen »psychologischen Trinitätslehre« Augustins trifft nicht das Werk De trinitate, sondern dessen neuscholastische Interpretation. Die von Rahner in diesem Werk vermißten heilsökonomischen Aspekte sind von der neueren Forschung mit Entschiedenheit bei Augustinus nachgewiesen worden.1613 Wenn Hans Urs von Balthasar das interpersonale Moment gegenüber der angeblich innerpersonalen Trinitätslehre Augustins in Anschlag bringen will, so ist zu betonen, daß Augustinus diesen Aspekt in den Büchern VI und VIII ausführlich bedenkt. Augustinus untersucht die Struktur der Liebe und die Beziehung zwischen Gott und dem ihn liebenden und erkennenden Menschengeist.1614 Er räumt der »Liebesanalogie« jedoch vor dem Hintergrund der nichtnizänischen Theologien mit ihrer Tendenz zu hierarchisierenden Zwei- oder Dreigötterlehren keinen Vorrang ein. Augustinus begreift, daß die Beziehung zwischen Vater und Sohn der Relation des Prinzips zum Prinzipiierten entspricht und nicht die gleiche Symmetrie aufweist, die etwa der Beziehung zweier Freunde innewohnt.1615 Augustinus hält darum aus 1610

Vgl. oben S. 183 ff. Vgl. oben S. 192. 1612 Vgl. unten S. 507 ff. 1613 Vgl. oben S. 155 ff. und S. 192 ff. 1614 Vgl. oben S. 208 f. und S. 237 ff. 1615 Aug. trin. V, vi, 7 (CChr.SL 50, 212, 37–44 M.): Relative quippe amicus dicitur ad amicum, 1611

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gutem Grunde daran fest, den trinitarischen Gott als einen Geist mit Selbstverhältnis und Außenbeziehungen zu denken. Moltmanns Vorwurf des nichttrinitarischen Monotheismus verfehlt Augustinus gänzlich. Hier wird nur das überholte de Re´gnonsche Schema vom angeblichen Ausgehen der westlichen Trinitätslehre von der Einheit Gottes statt von den Personen repetiert. Die Forschung ist heute der Auffassung, daß Augustinus sehr wohl auch von den göttlichen Personen ausgehend deren Einheit nachweisen kann und nicht plump von der Einheit ausgeht.1616 So kann Augustinus den Heiligen Geist als die Einheit von Vater und Sohn denken, als die Liebe, die beide verbindet: Vater und Sohn bewahren die Einheit des Geistes nicht durch Teilhabe (am Geist oder an einer vorausgesetzten abstrakten Einheit), sondern durch das Band des Friedens.1617 Pannenberg meint, Augustinus sei es gewesen, der die Lösung der eigentlichen Zentralfrage in der Trinitätstheologie mit seiner Ein-Geist-Theologie verstellt habe. In Wahrheit gelte: »Wie der Mensch sein Verhältnis zu seiner menschlichen Bestimmung, sein menschliches Wesen und Selbstsein, nur durch sein Verhältnis zum andern Menschen findet, so hat auch der Sohn sein Verhältnis zum göttlichen Wesen, seine Gottheit, nur durch die Beziehung zum Vater und umgekehrt. Vater und Sohn sind Gott nicht je für sich, sondern nur durch die Gemeinschaft des Geistes, die sie verbindet.«1618

Der Kundige erkennt nun aber im Konzept des Vater und Sohn verbindenden Geistes sofort Augustins Idee wieder.1619 Der eigene Ansatz Pannenbergs liegt in dem Gedanken der Konstitution des Wesens aus der Beziehung. Aber auch exakt diesen Gedanken hat Augustinus in den Büchern VI und VII von De trinitate einer sichtlich mühevollen, schwer errungenen Kritik unterzogen. Jedes Wesen, das relativ ausgesagt wird wie Herr und Knecht, so heißt es da, müsse auch noch etwas unter Absehung des Relativen sein: Si non esset homo, id est aliqua substantia, non esset qui relative dominus diceretur.1620 Wenn daher Gottvater nicht auch in bezug auf sich selbst, also substantiell etwas wäre, dann gäbe es gar nichts, wovon die Relation ausgesagt werden könnte. Das Dogma von Nizäa, wonach der Sohn gleichen Wesens mit dem Vater ist, ließe sich nicht aufrechterhalten, wenn der Sohn selbst das Wesen des Vaters wäre. Augustinus hat den Gedanken einer Relation ohne substantielle Relate also sehr wohl in Erwägung gezogen. Diese Idee hatte sogar insofern nahegelegen, als Augustinus selbst sich einst das et si aequaliter se diligunt, eadem in utroque amicitia est . . . Quia vero filius non ad filium relative dicitur sed ad patrem, non secundum hoc quod ad patrem dicitur aequalis est filius patri. Restat ut secundum id aequalis sit quod ad se dicitur. 1616 Vgl. oben S. 327 ff. 1617 Aug. trin. VI, v, 7 (CChr.SL 50, 235, f., 1–33 M.). 1618 Pannenberg, Person und Subjekt (wie Anm. 1575), 92 f. 1619 Vgl. ders., Systematische Theologie, Bd. 1 (wie Anm. 910), 343 mit Anm. 178: Hinweis auf Aug. trin. VI, v, 7 (CChr.SL 50, 235, 16–18 M.): Spiritus sanctus . . . ipsa communio consubstantialis et coaeterna. 1620 Aug. trin. VII, i, 2 (CChr.SL 50, 247, 111 f. M.).

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antiarianische Argument zueigen gemacht hatte, der Sohn sei kein Geschöpf, weil er die Kraft und Weisheit des Vaters sei, der Vater aber nie ohne Kraft und Weisheit gewesen sei. Das aber, so erkannte Augustinus nun, würde die absurde Konsequenz nach sich ziehen, daß der Vater erst durch die von ihm gezeugte Weisheit weise würde. Für Augustinus ist also der Gedanke Pannenbergs der Grundstruktur nach bereits durchsichtig gewesen. Er hat ihn abgelehnt, weil der Sohn Weisheit von Weisheit, Gott von Gott ist.1621 Augustinus hat sich aber auch damit nicht zufrieden gegeben. Er hat versucht, in ein neues Denken einzuführen, daß solchen Strukturen zu entsprechen vermag. Es scheint also, als treffe die Kritik der Theologen an Augustins Trinitätslehre weithin gar nicht den tatsächlichen Inhalt von De trinitate.1622 Im Gegenteil hat Augustinus offenbar in beträchtlichem Maße die von der modernen Theologie vorgeschlagenen Alternativen zu seiner Konzeption bereits, mindestens in Ansätzen, durchdacht und je nachdem abgelehnt oder in seinen Entwurf integriert − und zwar vielfach gerade in den ersten acht Büchern, mit denen er sein Werk über die Trinität offensichtlich nicht als abgeschlossen betrachtete. Augustins Argumente sollten daher besonders in denjenigen Fällen Gehör finden, in denen er heute wieder propagierte Denkmöglichkeiten zwar erwägt, dann aber so in seinen Gedankengang einwebt, daß sie keine Präponderanz gewinnen. Zu den modern anmutenden Konzepten, die Augustinus teils ablehnt und teils selbst entwickelt, zählen die wechselseitige Konstitution von Prinzipien, die personale und relationale Erweiterung oder Umgestaltung ontologischer Kategorien, die Konzeption der Einheit von Unterschiedenem, das Verhältnis von Selbst- und Fremdbezug, die Einheit immanenter und ökonomischer Trinität, die heilsökonomische Perspektive, die intersubjektive Einheit. Die moderne Kritik an Augustins Trinitätslehre ignoriert meistens diese von ihm selbst diskutierten Gedanken und trifft stattdessen Klischees. Das Werk De trinitate verdient, neu, kritisch und genau gelesen zu werden.

1621

Ebd. VII, i, 1 – ii, 3 (244–250 M.). Augustinus hat das Mißverstandenwerden seines Werkes vorausgesehen: Arbitror sane nonnullos tardiores in quibusdam locis librorum meorum opinaturos me sensisse quod non sensi aut non sensisse quod sensi (ebd. I, iii, 6 [34, 49–51 M.]). 1622

Elftes Kapitel

Zusammenfassung des heutigen Forschungsstandes Zum Abschluß dieser Bilanz und Kritik der wissenschaftlichen Literatur zu De trinitate und Augustins Trinitätslehre sollen im folgenden die wichtigsten Linien hervorgehoben und so miteinander verbunden werden, daß eine grobe Skizze des heutigen Standes der Forschung und seiner Problematik entsteht.

1. Text, Chronologie, Quellen Bis heute ist wenig über die Textgeschichte von Augustins De trinitate bekannt; sie bedürfte einer gründlichen Aufarbeitung. Die einzige historisch-kritische Textausgabe von De trinitate, 1968 im Corpus Christianorum publiziert, läßt schon aus diesem Grunde viele Wünsche offen. Sollte sich auch in Zukunft kein Stemma der Handschriften ergeben und keine eindeutige Priorität eines bestimmten Manuskripts herausschälen, so bleibt weiterhin eine eklektische Texterstellung notwendig. In diesem Falle wäre zu wünschen, daß der Lesetext nach Wortbestand, Zeichensetzung und Abschnittgrenzen inhaltlich Sinn ergibt. Das ist bei der Edition im Corpus Christianorum nicht immer der Fall. Würde zudem der Apparat der Quellen und Similien nur und genau die Texte verzeichnen, die dem heutigen Forschungsstand nach mit einiger Wahrscheinlichkeit Augustinus als Vorlage oder Bezugspunkt gedient haben, dann ließe sich der philosophie- und theologiegeschichtliche Kontext des Werkes genauer fassen. Das vorliegende Buch ist nicht zuletzt als Vorarbeit für eine solche Textausgabe gemeint. Heute läßt sich recht sicher sagen, daß Augustinus um 399 die Arbeit an De trinitate begonnen und zwischen 420 und 427 abgeschlossen hat. Manches spricht dafür, daß sich die Entstehung der ersten vier Bücher rund anderthalb Jahrzehnte lang hinzog, und daß Augustinus erst um 426 oder 427 das Werk zur Veröffentlichung freigab. So wird auch verständlich, warum er das Werk in der als letztes verfaßten Vorrede als »so mühseliges Werk«, als opus tam laboriosum, bezeichnet. Augustins wichtigste Quelle ist die Bibel. Es darf jedoch als sicher gelten, daß Augustinus bemüht war, darüber hinaus in reichem Maße die philosophische und theologische Literatur zu seinen Fragen zu kennen. Doch ist, anders als bei einigen lateinischen Dichterzitaten, in relativ wenigen Fällen eindeutig nach-

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Zusammenfassung: Der heutige Stand der Forschung

zuweisen, um welche Texte es sich handelt. Deutlich ist, daß fast alle doxographischen Bemerkungen zu antiken philosophischen Theorien aus Werken Ciceros stammen. Die Theorie des menschlichen und göttlichen Selbstbewußtseins in De trinitate IX bis XV enthält ebenfalls Elemente aus Cicero, weist aber vor allem enge und in höchstem Maße bedeutsame Parallelen zu Plotin auf, insbesondere zum Traktat V, iii der Enneaden. Allerdings weisen Spuren daraufhin, daß eine Schrift des Porphyrius, des Schülers Plotins, als Vermittlungsinstanz zwischen Plotins Enneaden und Augustinus fungiert haben könnte, zumal Porphyrius auch der Gewährsmann für die in De trinitate benutzte anthropologische Theorie der Einheit von Leib und Seele ist. Die einst kontrovers diskutierten Fragen, ob Plotin oder aber Porphyrius die prägendere Wirkung auf Augustinus hatte, und inwiefern dieser Einfluß durch Marius Victorinus vermittelt ist, bleibt in bezug auf De trinitate offen. Festzuhalten ist, daß Augustins grundlegende Gedanken über die Selbstbezüglichkeit des endlichen Geistes auf einer eindrucksvollen, selbständigen und kritischen Rezeption des Neuplatonismus beruhen. Sie nehmen einen herausragenden Platz in der Geschichte der philosophischen Erfassung des Selbstbewußtseins ein. Die aristotelische Kategorienschrift lag im vierten Jahrhundert in der pseudoaugustinischen Schrift Decem categoriae in lateinischer Sprache vor. Marius Victorinus übersetzte die als Einführung zur Kategorienschrift konzipierte Isagoge des Porphyrius ins Lateinische. Augustinus scheint seine Einführung des Begriffs der innergöttlichen Relationen und seine Diskussion von Begriffen wie Substanz und Akzidens oder logischer Einteilungen wie Gattung, Art und Individuum in Auseinandersetzung mit diesen beiden Texten zu führen. Wie er dabei vorgeht, an welchen Punkten seine Kritik ansetzt, ist noch wenig erforscht. Behauptungen, Augustinus habe eine Aufwertung der Relationskategorie gegenüber der Substanzkategorie vorgenommen und damit einer modernen Theologie der Beziehungen vorgearbeitet, sind wenig fundiert. Eher scheint es so, als habe Augustinus das Substanz-Akzidens-Schema durch die Dichotomie von ad se- und ad invicem-Aussagen ersetzt, die ihrerseits aus der Alten Akademie Platos stammt. Das Kernthema der Diskussion um ein platonisierendes Verständnis von De trinitate wird deutlich in dem großen Buch von Olivier du Roy über die Genese von Augustins Trinitätslehre bis zum Jahre 391. Du Roy vertritt die These, daß Augustinus die Grundstruktur seines trinitarischen Denkens aus dem Neuplatonismus entnommen und nachträglich mit der christlichen Trinitätslehre identifiziert habe. Daraus erwachse eine noch in De trinitate vorhandene Spannung aus philosophischer Triadik und christlicher Geschichtserfahrung. Goulven Madec und andere haben dagegen argumentiert, Augustinus habe eine christliche Transformation platonischer und ciceronianischer Begriffe und Denkgewohnheiten vollzogen. Bei Augustinus sei keine Sequenz von Platonismus und Christentum anzunehmen. Darum sei auch die Ansicht hinfällig, platonische Restbestände hätten theologische Defizienzen gezeitigt.

Text, Chronologie, Quellen

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Was die christlichen nichtbiblischen Quellen Augustins angeht, so ist das griechische Schrifttum besser als das lateinische erforscht. Eine der interessantesten Fragen allerdings, nämlich wieviel Augustinus der Auseinandersetzung mit Origenes verdankt, ist bisher lediglich in Teilaspekten beantwortet. Daß De trinitate in einzelnen Aspekten vielleicht auf Augustins Kenntnisse bestimmter Schriften des Athanasius, Markell und Pseudo-Basilius (Apolinarius?) schließen läßt, ist trotz gewisser Parallelen bisher noch nicht in ausreichender Zuverlässigkeit nachgewiesen, aber auch nicht genügend erforscht worden. Bessere Argumente liegen für die Annahme vor, daß Augustinus manches von Basilius und, wie in der vorliegenden Arbeit gezeigt wird, Gregor von Nyssa gelesen hat, vielleicht auch von einigen Grundzügen der Theologie Markells von Ankyra wußte. Sicher ist, daß er einzelne Reden des Gregor von Nazianz gekannt hat, aus denen er antieunomianische Argumente, den Relationsbegriff und die Analogie von Trinität und Familie kennengelernt haben könnte. Bei einigen dieser Reden sind allerdings keinerlei Spuren einer lateinischen Übersetzungen erhalten, so daß unklar ist, wie Augustinus von ihrem Inhalt erfahren hat. Die Möglichkeit mündlicher Übersetzung durch sprachkundige Theologen im Umfeld Augustins ist ernsthaft in Betracht zu ziehen. Ob Augustinus aus Tertullians Werken, aus dem Ambrosiaster oder gewissen lateinischen Pseudo-Athanasiana etwas Wesentliches für seine Trinitätslehre gelernt hat, ist ungewiß. Bisher weitgehend übersehen worden ist die Bedeutung, die der Traktat De fide des Gregor von Elvira für Augustins Trinitätslehre einnimmt, etwa hinsichtlich der una persona-Christologie. Den jüngsten Quellenforschungen von Ayres, Barnes und Cipriani zufolge liegen in mehreren Schriften von Marius Victorinus, Hilarius von Poitiers und Ambrosius wichtige lateinische Quellen und Bezugspunkte von De trinitate vor. Es bleibt allerdings ein Rest an Zweifel bestehen, ob Augustinus die theologischen Schriften des Marius Victorinus gelesen hat. Augustins Gedanke des einheitlichen Wirkens der Trinität ad extra geht von Hilarius und Ambrosius aus, deren »antiarianische« oder genauer »antihomöische« Stoßrichtung Augustinus teilt. Das homöische Schrifttum ist freilich großenteils verloren. Was davon erhalten ist, steht auf keinem hohen Niveau. Doch meint Augustinus in De trinitate oft solche Positionen, wenn er nichtnizänische Positionen attackiert. In Contra sermonem Arrianorum vom Jahre 419 und in der noch späteren Auseinandersetzung mit dem Gotenbischof Maximinus bekämpft Augustinus unmittelbar die homöische Theologie. Neuerdings wird deutlicher als früher die polemische Komponente in De trinitate bemerkt, die sich gegen Formen nichtnizänischer Theologie richtet. Das Werk ist stärker in die theologischen Kämpfe des vierten und fünften Jahrhunderts verwickelt, als man früher meinte. Zu lange galt das Werk als zeitenthobener spekulativer Entwurf. Dabei wird man wohl zunehmend darauf aufmerksam werden, daß Augustinus in De trinitate nicht selten Gedanken kritisiert, die sich bei »orthodoxen« Theologen finden, vor allem bei den Kappadokiern, bei Marius Victorinus, Ambrosius, Ambrosiaster und nicht zuletzt in seinen eigenen früheren Schriften. Augustinus argumentiert vielfach gegen theologische Auffassungen, ohne die Namen der Angegriffenen zu nennen.

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Zusammenfassung: Der heutige Stand der Forschung

2. Deutungstypen und Rezeptionsforschung Viele Interpretationen von De trinitate seit den Tagen von Ferdinand Christian Baur lassen sich sechs Grundtypen zuweisen, nämlich dem idealistischen, neuscholastischen, hermeneutischen, soteriologischen, noologischen und postmodernen Deutungstyp. Am Beginn der modernen Forschung steht der idealistische Typ: Mit sechzig Seiten brillanter Analyse und Kritik von De trinitate beschließt Baur 1841 den ersten Band seiner Geschichte der Trinitätslehre und Christologie, einer Gründungsurkunde moderner Dogmen- und Theologiegeschichtsschreibung. Baur sah durchaus hegelianisch den spekulativen Kern der christlichen Lehre von Inkarnation und Trinität in der Erkenntnis, das Wesen des Geistes sei im Menschen wie in Gott identisch. Augustinus begreife, daß der menschliche Geist dem trinitarischen Gott am ähnlichsten ist, wenn er Gott selbst denkt. Das bedeute, daß das Denken den seiner Form adäquaten Inhalt habe, wenn es Gott zum Inhalt habe. Doch sei Augustinus bei einem Dualismus von Endlichem und Unendlichem stehengeblieben, der in einer recht begriffenen Trinitätslehre in der Idee der Zeugung des Sohnes bereits überwunden sei. Unfruchtbar sei darum Augustins Entdeckung geblieben, daß das Verhältnis des Vaters zum Sohn nichts anderes sei als das Verhältnis des denkenden Geistes zu sich selbst, das absolute Selbstbewußtsein. Dies ist das zentrale Stichwort des idealistischen Typs der De trinitate-Interpretation: Augustinus habe die Trinität als göttliches Selbstbewußtsein aufgefaßt. Abgesehen von der Frage nach der Richtigkeit dieses Augustinusverständnisses wittern manche heutigen Theologen wie Jürgen Moltmann in einer solchen Trinitätslehre einen abstrakten Monotheismus. Aber im neunzehnten Jahrhundert knüpften mehrere deutsche protestantische Systematiker positiv daran an. Auch die erste große Monographie über De trinitate (1865) folgt diesem Deutungstyp − freilich stammt sie von einem Katholiken, Theodor Gangauf. Er war ein Anhänger Anton Günthers, und dieser hatte Gottes Trinität aus einem dem endlichen Geist zugänglichen Begriff des Selbstbewußtseins rational ableiten wollen. Nach Gangauf beweisen Augustins Analysen der Selbstkonstitution des Geistes, daß Gott trinitarisch sein muß. Denn für Gott als absoluten Geist müsse a fortiori gelten, was für einen endlichen Geist − abgesehen von seiner Endlichkeit − notwendig gelte. Der idealistische Deutungstyp ist auch in Teilen der Philosophiegeschichtsschreibung übernommen worden und entfaltet heute, durch den später zu nennenden »noologischen« Deutungstyp umgedeutet und verstärkt, reiche Wirkung. Denn seit Diltheys geistesgeschichtlicher Betrachtungsweise von De trinitate sehen manche Historiker den Kern dieses Werkes von Augustinus in dem Bezug von menschlichem und göttlichem Selbstbewußtsein, der in der einen oder anderen Weise die neuzeitlichen Theorien von Subjektivität und Innerlichkeit vorbereite. Bis in die Gegenwart, etwa zu Charles Taylor, läßt sich diese Deutung verfolgen, die anfangs eher mit positiven und heute manchmal mit

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negativen Bewertungen verbunden auftritt. Aber nicht nur für die Thematik von Selbstbewußtsein und Innerlichkeit gilt De trinitate als Meilenstein in der Geistesgeschichte, sondern auch für die Erfindung des modernen Willensbegriffs (Albrecht Dihle) oder für die personalistische Auflösung ethischer Aporien der Antike (Charles Norris Cochrane). Allerdings sind diese Einschätzungen mit Vorsicht zu betrachten. Vielfach ignorieren sie die Innovationen des Neuplatonismus oder arbeiten zumindest nicht hinreichend heraus, worin Augustinus über den Neuplatonismus hinausgelangt. Die breiteste innertheologische Wirkung erlangte der neuscholastische Deutungstyp. Die Neuscholastik verstand sich als Bollwerk gegen die Moderne, besonders gegen theologische Rezeptionen des deutschen Idealismus. Die Neuscholastiker zogen die Linien von Augustinus aus nicht zu Hegel, sondern zu Thomas von Aquin. In der Trinitätstheologie des Augustinus und des Thomas nahmen sie in erster Linie diejenigen Ausschnitte wahr, die Eingang in den neuscholastischen Traktat De deo trino gefunden hatten. Aus diesem Blickwinkel heraus erschien De trinitate als neuscholastisches Lehrbuch avant la lettre mit den Teilen »Schriftbeweis« in den Büchern I-IV, »dogmatische Formulierung« in den Büchern V-VII und »spekulative Durchdringung« mittels Analogien in den Büchern VIII-XV. Inhaltlich glaubte man ebenso die Grundzüge neuscholastischer Trinitätslehre wiederzufinden: nämlich erstens ein Ausgehen von der Einheit Gottes, zweitens eine Interpretation der Personen als subsistierender Relationen und drittens eine spekulative Veranschaulichung der trinitarischen Hervorgänge nach der Analogie von Kräften in der menschlichen Seele. Diese drei Charakteristiken hängen eng zusammen: In der kurz vor 1900 entstandenen Version von The´odore de Re´gnon ist die These verbreitet worden, es gebe zwei Grundtypen von Trinitätslehre: Die östliche gehe von der Person des Vaters aus, sehe in diesem Ursprung die Einheit der Trinität verwurzelt und betone die Unterschiedenheit der drei Personen. Der westliche Typus gehe dagegen von der Einheit des trinitarischen Gottes aus und suche von dort aus zur Dreiheit der Personen zu gelangen. Im Osten werde die Einheit und Gleichheit der Personen zum Problem, im Westen die Dreiheit und Verschiedenheit der Personen. Augustins De trinitate galt als die Verkörperung des westlichen Typs schlechthin. Daß diese Typologie irreführend ist, mindestens in ihrer populären Simplifizierung, haben französische Theologen wie Andre´ Malet schon vor Jahrzehnten besonders in bezug auf die Theologie des vierten Jahrhunderts vor Augen geführt. Mehrere Autoren haben in jüngerer Zeit mit teilweise neuen Argumenten gezeigt, daß dieses Schema weder der Dogmengeschichte im allgemeinen noch Augustins De trinitate im besonderen gerecht wird. Augustinus gehe nicht von der Einheit Gottes aus, sondern von den Personen, denen das Gottsein zugesprochen werde. Auch Augustinus beginne in seiner Gotteslehre beim ursprungshaften Vater. Die Erkenntnis der Gleichheit der Personen führe ihn dann zur Erkenntnis der Einheit des Wesens. Ob damit allerdings nur der genetische, nicht aber der systematische Ort der Einheit in Augustins Denken benannt ist, wäre zu untersuchen.

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Dem neuscholastischen Interpretationstyp zuzurechnen ist das einflußreichste und umfassendste Buch zu De trinitate überhaupt, Michael Schmaus’ Dissertation Die psychologische Trinitätslehre des hl. Augustinus (1927). Schmaus war kein Neuscholastiker im engeren Sinne, las jedoch Augustinus mit den Augen damaliger Schuldogmatik. Nicht zuletzt durch den suggestiven, die Interpretation von De trinitate jahrzehntelang prägenden und fehlleitenden Titel seiner Arbeit erhob Schmaus die »psychologische Trinitätslehre« zum Charakteristikum Augustins. Diese Interpretation entwuchs dem Bemühen, mittelalterliches Denken seit Augustinus mit der damaligen philosophischen Mode des Psychologismus aktualisierend zu verknüpfen. Gangauf hatte hingegen die Logik der von Augustinus analysierten geistigen Strukturen als notwendig aufgefaßt und damit ihre Geltung im Bereich des Absoluten begründet. Schmaus jedoch begnügte sich damit, einerseits in Entsprechung zur psychologistischen Philosophiekonzeption und andererseits im Einklang mit der neuscholastischen Begrenzung der Reichweite menschlicher Vernunft, in Augustins Argumenten feine Beobachtungen seelischer Sachverhalte zu sehen, die unter Voraussetzung des Glaubenssatzes von der Gottebenbildlichkeit als Veranschaulichungen der kirchlichen Trinitätslehre dienen können. Diese Ansicht verbindet Schmaus mit der Behauptung, Augustinus gehe von der Einheit Gottes aus statt von den Personen, wie sie der Menschheit geschichtlich begegnet sind. Diese Kombination zweier Fehldeutungen führt zu dem falschen Eindruck, es gehe Augustinus um die trinitarische Psyche des einen Subjekts Gott. So ergibt sich eine psychologistisch depotenzierte Version der idealistischen These von Gott als absolutem, selbstbewußtem Subjekt. Schmaus’ Augustinusbild kann man geradezu mit Händen greifen, wenn Karl Rahner Jahrzehnte später gegen Augustinus formuliert, die psychologische Trinitätslehre überspringe die heilsökonomische Erfahrung der Trinität zugunsten einer fast gnostisch anmutenden Spekulation darüber, wie es im Inneren Gottes zugehe. Schmaus’ Interpretation von De trinitate fand sich über Jahrzehnte in patrologischen und dogmenhistorischen Darstellungen kanonisiert. Diesen neuscholastischen Augustinus, nicht den tatsächlichen Inhalt von De trinitate, haben allem Anschein nach auch viele katholische wie protestantische Vertreter und Vertreterinnen der Systematischen Theologie des zwanzigsten Jahrhunderts im Auge, wenn sie sich zustimmend oder kritisch über Augustins Trinitätslehre äußern − von Karl Barth über Karl Rahner und Jürgen Moltmann bis Catherine LaCugna und Colin Gunton. Alfred Schindlers Zürcher Dissertation, 1965 erschienen, bedeutet gegenüber dem neuscholastischen Augustinusbild einen methodischen Neuansatz. Der Autor zeichnet Buch für Buch den durchgehenden Gedankengang Augustins nach und unterzieht ihn einer möglichst immanenten Kritik. Im einleitenden Teil kommt die Genese von Augustins Denken in den Blick, Stellen aus Augustins verschiedenen Schriften werden nicht mehr ohne Rücksicht auf Kontext und Chronologie benutzt, wie noch bei Schmaus. Schindlers Arbeit gehört in einem doppelten Sinne einem hermeneutischen Deutungstyp zu: in einem allgemei-

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nen Sinn des Wortes, weil sie mit den Methoden einer verstehenden Philologie vorgeht, und in einem speziellen Sinne, insofern sie sich einem ausdrücklich »hermeneutisch« genannten Selbstverständnis einer Theologie des Wortes Gottes verpflichtet weiß. Schindlers Grundfrage lautet, ob Augustins De trinitate eine solche Theologie des Wortes stützen könne − die Antwort fällt weitgehend negativ aus. Denn letztlich gelange Augustinus sogar mit seiner Lehre vom inneren Wort über bloße Analogien nicht hinaus. Es bleibe trotz allem dabei, daß die Trinität die res und das Bild eine Analogie in re alia sei. Warum das Wort Fleisch werde, bleibe unerklärt. Das einzig wirklich Existenzielle, was De trinitate leiste, sei die exercitatio mentis des Lesers. Mit dem Vorwurf eines mangelnden heilsökonomischen Interesses, den Rahner, der späte Schmaus, du Roy und andere gegen die angeblich »psychologische«, »essentialistische«, einheitstrunkene Trinitätslehre Augustins erhoben, war die katholische Theologie in der Mitte der sechziger Jahre ungefähr da angelangt, wo Harnack schon zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts gestanden hatte. Harnack wirft der augustinischen Trinitätslehre vor, sie konstruiere »die immanenteste unter den immanenten Trinitäten« und entferne sich von der biblisch-geschichtlichen Grundlage des Religiösen. Die AugustinusInterpretation, die solchen Kritiken zugrunde liegt, wurde seit Mitte der sechziger Jahre zunehmend infragegestellt. Bailleux, Bourassa, Verhees, Hill, Arnold und andere, in vieler Hinsicht auch Studer, vertreten eine »heilsökonomische« Lesart der augustinischen Trinitätslehre und nehmen Augustinus gegen die zu Topoi erstarrten Kritiken des zwanzigsten Jahrhunderts in Schutz. Den Arbeiten der Genannten geht es um den Zusammenhang der Heilsgeschichte mit dem Glauben an die Dreifaltigkeit wie auch um den heilbringenden Charakter des Bemühens um Erkenntnis und Liebe der Trinität. So sei das Gesandtwerden einer göttlichen Person stets die Vermittlung der Kenntnis ihrer immanenten Hervorgänge und habe heilsökonomische Bedeutung. Diese augustinische Perspektive sei kaum rezipiert worden, weil man sich meist nur an den Schwerpunkt von De trinitate gehalten habe, der auf der immanenten Trinität liege. Die soteriologische Deutung soll eine biblische Sichtweise Augustins wiedergewinnen, die für fruchtbarer gehalten wird als die im lateinischen Westen stärker rezipierten augustinischen Eigenarten, wie etwa die Relationslehre und die Analysen des menschlichen Geistes. Dieser Deutungstyp scheint in einer gemäßigten Fassung den neuscholastischen Typus mittlerweile als häufigste Auffassung innerhalb der Theologie abgelöst zu haben. Er tilgt nicht alle Elemente des neuscholastischen Typs, sondern weist auf wichtige Aspekte vor allem der ersten vier Bücher von De trinitate hin, die von jener Deutungsweise ignoriert worden sind. Eine Reihe von Autoren mit meist ausgeprägt philosophischer Ausrichtung liest De trinitate vor allem von den trinitarischen Geist-Analysen der zweiten Hälfte des Werkes her. Im Mittelpunkt steht dabei die Theorie des Selbstbewußtseins in den Büchern IX und X. Diesen auf Augustins Begriff der mens, des platonischen noyÄw, konzentrierten Deutungstyp kann man »noologisch«

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nennen. Sein Hintergrund ist die in den vergangenen Jahrzehnten vertiefte philosophische Beschäftigung mit den Themen Subjektivität und Selbstbewußtsein, und zwar sowohl in der kontinentaleuropäischen wie in der angelsächsisch-analytischen Tradition der Philosophie. Arbeiten solchen Typs erforschen, welche Theorie von menschlichem Geist, menschlichem Selbstbewußtsein, menschlicher Selbsterkenntnis aus De trinitate spricht, welche Schlüsse sich daraus für die Frage der Realität und Substanzialität des Geistes ziehen lassen (Hölscher) oder welche Anthropologie, etwa hinsichtlich der Leib-Seele-Relation, sich daraus ergibt (Biolo, Rist, O’Daly). Zum noologischen Typ zählt auch der erste Versuch einer Gesamtdeutung von De trinitate aus philosophischer Sicht, den Johannes Brachtendorf vorgelegt hat. Ihm zufolge liegt die bahnbrechende Leistung von De trinitate darin, die erste ausgearbeitete Theorie der endlichen Subjektivität in der Antike zu enthalten. Mit ihr werde zugleich ein philosophisch-natürliches Verständnis der Trinität entwickelt, ohne in eine idealistische Ineinssetzung von menschlichem und göttlichem Geist zu verfallen. Ob der trinitätstheologische Zweck von De trinitate hier ausreichend erfaßt wird, kann man sich fragen. Doch gelingen Brachtendorf wichtige Korrekturen verbreiteter Ansichten: So zeigt er, daß Augustins Betonung der Differenzen zwischen der göttlichen und der menschlichen Trinitätsstruktur sich nicht auf die Grundstrukturen des Selbstbewußtseins beziehen. Vom philosophischen Scharfsinn dieser und anderer Arbeiten des noologischen Typs kann die Deutung von De trinitate zweifellos profitieren. Ähnliches gilt für Interpretationen des Textes seitens der analytischen »Philosophy of Mind«, wie sie Gareth B. Matthews im Vorwort zu einer englischen Ausgabe der letzten acht Bücher von De trinitate zusammenfaßt. In scharfem Kontrast dazu stehen die Deutungen, die mehrere »postmoderne« anglikanische Theologen, vor allem Lewis Ayres, Michael Hanby und John Milbank, und in gewisser Hinsicht als erster Rowan Williams zu De trinitate vorgelegt haben. Diese Autoren möchten in Augustins Argumenten gerade eine Durchbrechung derjenigen Ontotheologie und Metaphysik sehen, die letztlich zum Cartesianismus und dem problematischen neuzeitlichen Ideal der in sich abgeschlossenen Subjektivität geführt hätten. Im Gegensatz dazu meinen sie, bei Augustinus eine prinzipielle Unabgeschlossenheit von Selbstbewußtsein und Gotteserkenntnis dargelegt zu finden, eine grundsätzliche Vorläufigkeit, die nur durch Gottes Zuwendung Erfüllung finden kann. Bei Milbank und Hanby ist damit eine radikale Kritik der Neuzeit verbunden. Sie wollen mit einem solchen Augustinus als Waffe in der Hand den Weg zu einer säkularen, in sich geschlossenen Philosophie abschneiden und stattdessen einer Theologie vorarbeiten, die alle Wirklichkeit wieder zu ihrer eigenen Sache macht. Die zugrundeliegende Interpretation scheint dem Text Augustins jedoch nicht in allen Aspekten genau genug zu entsprechen. Ein generelles Urteil über diese Deutungsrichtung ist allerdings noch nicht möglich, da eine umfassende Gesamtdeutung von De trinitate aus dieser Perspektive noch aussteht.

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Neben diesen sechs Typen gibt es viele weitere Deutungsansätze. HansGeorg Gadamer etwa meint in Augustins Lehre vom »inneren Wort« eine Ausnahme von der abendländischen Sprachvergessenheit zu erblicken. Inzwischen ist aber von verschiedenen Forschern gezeigt worden, daß für Augustinus der Sprache ein sprachfreies Erkennen vorausgeht. Er ist also kein Kronzeuge für Gadamers Anliegen. Andere Philosophen finden in De trinitate eine Grundlage einer noch zu entwickelnden »trinitarischen Ontologie«, die alle Seinsbereiche von einer trinitarischen Grundstruktur durchwirkt sieht. Kamen solche Versuche bisher häufig aus einem katholischen Bemühen um eine »christliche Philosophie«, so weist neuerdings auch die eben schon erwähnte, überwiegend anglikanische »Radical Orthodoxy« eines John Milbank vergleichbare Intentionen auf. Ein eigenes Forschungsgebiet ist die Rezeptionsgeschichte von De trinitate. Was die Kirchen des Ostens betrifft, so wurde das Werk dort kaum gelesen. Ausgerechnet der Protagonist byzantinischer Trinitätslehre, Gregorios Palamas, rezipierte es jedoch auf intensive und höchst originelle Weise, wenn auch ohne Namensnennung. Flogaus hat diesen Umstand bis in die Details dargelegt. Die wahrscheinlich von Palamas benutzte Übersetzung von De trinitate ins byzantinische Griechisch durch Maximos Planudes vom Ende des dreizehnten Jahrhunderts wurde erst 1995 vollständig gedruckt. Freilich blieb eine produktive Rezeption des Werkes im Osten die Ausnahme. Denn in den Ostkirchen gilt De trinitate oft als Gründungsurkunde einer unseligen Pneumatologie, über der Ost und West sich trennten. Mitunter wurde De trinitate von ostkirchlicher Seite zum Ursprung aller Übel der westlichen Welt stilisiert, etwa von Individualismus, Rationalismus und Geistvergessenheit. Das nüchterne Urteil von de Halleux, daß solche pauschalen Thesen der Komplexität historischer Wirklichkeit nicht entsprechen, ist wohlbegründet. Immerhin gibt es bemerkenswerte, differenzierte Auseinandersetzungen einzelner griechischer, russischer und rumänischer orthodoxer Theologen mit Augustins De trinitate, die stärker als bisher zur Kenntnis genommen werden sollten. Es ist auch mit Recht immer wieder betont worden, daß gerade Augustinus mit seiner These, der Heilige Geist gehe zwar auch vom Sohn, principaliter jedoch vom Vater aus, einen Ansatzpunkt für eine ökumenische Verständigung zwischen Ost und West bietet. Daß aus östlichem Blickwinkel an Augustinus der Vorwurf ergeht, er habe aus der biblisch bezeugten Sendung des Heiligen Geistes durch den Sohn zu Unrecht auf den unerkennbaren inneren Hervorgang des Geistes geschlossen, zeigt deutlich, daß die verbreitete Annahme fragwürdig ist, die ostkirchliche Trinitätstheologie sei stärker biblisch und heilsgeschichtlich ausgerichtet. Im lateinischen Westen hat De trinitate einen überwältigenden Einfluß auf die gesamte nachaugustinische Trinitätstheologie und Theorie des menschlichen Geistes ausgeübt. Ein beträchtlicher Teil der Forschung zur lateinischen Trinitätslehre des Mittelalters behält mehr oder minder detailliert Augustins De trinitate als steten Bezugspunkt im Blick. Während die frühere Forschung sich von dem unsachgemäßen neuscholastischen De trinitate-Verständnis leiten ließ, er-

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scheinen seit den fünfziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts zunehmend differenzierte Vergleiche. Sie tragen dazu bei, den scholastischen Firnis zu entfernen, der das Augustinusbild verdunkelt hatte. So haben die Forschungen von Flasch und Mojsisch über Dietrich von Freiberg eine kühne, schöpferische Rezeption der augustinischen mens-Theorie zutage gefördert, von der aus sich Linien zu Meister Eckhart, Cusanus und zum deutschen Idealismus ziehen lassen. Viel häufiger aber scheint der mittelalterliche Umgang mit De trinitate nicht vom vollständigen Gedankengang ausgegangen zu sein, sondern von isolierten Sentenzen und Theologumena.

3. Offene Probleme und Desiderate Mit den idealistischen, neuscholastischen, hermeneutischen, soteriologischen, noologischen und postmodernen Deutungstypen und der Rezeptionsgeschichte ist die Forschungsliteratur zu Augustins Trinitätslehre bei weitem nicht vollständig erfaßt. Doch die wichtigsten Ansätze zu einer Gesamtdeutung von De trinitate dürften damit benannt sein. Dabei fällt vor allem eines auf: Seitens der Theologie herrscht heute die hermeneutische und heilsökonomisch-soteriologische Interpretation vor, seitens der Philosophie die noologische. Die soteriologische Deutung wendet sich gegen die Tendenz der idealistischen wie der neuscholastischen Konzeptionen, Augustins Trinitätslehre quasi als Theorie der Binnendifferenzierung eines göttlichen Subjekts zu lesen, und betont demgegenüber Augustins Ausgehen von den Personen und der biblischen Heilsgeschichte. Der noologische Typus dagegen tendiert wegen des Interesses am Thema Selbstbewußtsein zum idealistischen De trinitate-Bild. Der Eindruck drängt sich auf, daß die soteriologische Lesart vor allem De trinitate I bis IV und XIII im Blick hat, die noologische Interpretation dagegen vor allem die Bücher IX bis X und XIV. Im Buch XV treffen sich alle wieder, aber mit unterschiedlichen Deutungen des Verhältnisses von imago und similitudo. Müßte man nicht die Ansätze so verbinden, daß man allen Büchern gerecht wird? Will Augustinus die Bücher I-VII vielleicht zu einem negativen Ergebnis führen und damit die Notwendigkeit des spekulativen Neubeginns der Bücher VIII-XV begründen? Das vielleicht überraschendste Ergebnis dieser Bilanz der seit 1841 geleisteten Forschung zu Augustins De trinitate ist die Erkenntnis, daß eine Gesamtdeutung des Werkes, die seinen theologischen und seinen philosophischen Aspekten gleichermaßen Rechnung trägt, noch nicht vorliegt. Zudem zeigt sich, daß gerade die Berühmtheit dieses Textes dazu beigetragen hat, seinen Inhalt als allgemein bekannt zu betrachten. Genau dies scheint aber oft nicht der Fall zu sein. So zeigt sich etwa, daß die bedeutendsten Entwürfe einer Trinitätstheologie im zwanzigsten Jahrhundert zwar durchweg gerade das vermeintlich »augustinische« Erbe ausschlagen wollen, daß sie aber wichtige Thesen vertreten, die Augustinus selbst vor allem in den ersten acht Büchern von De trinitate be-

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reits diskutiert und entweder mit Argumenten ablehnt oder in seinen Entwurf integriert (wie etwa die Grundzüge einer »sozialen« und einer heilsökonomischen Trinitätslehre). Ein Zugang zu De trinitate wird durch viele irreführende Oppositionen verstellt, die noch immer in der Theologie kursieren: »philosophisch-platonisch versus heilsgeschichtlich«, »statisch versus dynamisch«, »theologisch versus oikonomisch«, »essentialistisch versus personalistisch«, »von der Einheit ausgehend versus von der Person ausgehend«, »modalistisch versus subordinatianisch« usw. Vielleicht benennen alle oder fast alle dieser Paare falsche Alternativen. Fatal werden sie besonders, wenn man sie kumuliert, so als gehörten etwa in die »westliche« Richtung: »neuplatonisch, statisch, essentialistisch« usw., in die »ostkirchliche« Richtung dagegen: »heilsgeschichtlich, dynamisch, personalistisch« usf. Die gegenwärtige Debatte um die Trinitätstheologie des vierten Jahrhunderts, besonders um den Begriff des Neunizänismus, könnte dazu beitragen, ein funktionstüchtigeres begriffliches Koordinatensystem zu finden. Die Stellung von Augustins Trinitätstheologie in der Dogmen- und Theologiegeschichte des vierten und fünften Jahrhunderts ist überraschenderweise bisher alles andere als geklärt. Das Verhältnis zur griechischen Theologie etwa der großen Kappadokier ist nicht zuletzt wegen der schwierigen Frage, ob Augustinus unübersetzte griechische Texte kannte, noch nicht abschließend beantwortet. Aber auch Augustins Verhältnis zur lateinischen Trinitätslehre wird erst seit wenigen Jahren genauer erforscht. Neuere Studien erarbeiten allmählich die genaueren Bezüge, betonen jedoch oft Einzelpunkte zu stark. Ayres und Barnes etwa sehen in der Lehre vom untrennbaren Wirken der Trinität nach außen die zentrale lateinische Überlieferung, der Augustinus folge. Gemeinhardt dagegen meint die spezifische Differenz des lateinischen zum griechischen Neunizänismus in der Beibehaltung der alten nizänischen Formel »aus dem Wesen des Vaters« zu finden. Was hinsichtlich des Verhältnisses von Augustins Trinitätslehre zu den griechischen wie zu den lateinischen Vorgängern fehlt, ist vor allem eine erweiterte Perspektive, die sich vom Blick auf Einzelmomente löst und den Sinn von Augustins Werk auf dem Hintergrund der Entwicklungslogik der Trinitätslehre im vierten Jahrhundert zu verstehen sucht. Letztlich unbefriedigend bleiben auch die philosophischen Deutungen, die bisher zu De trinitate vorliegen. Sie erbringen zum Teil einen großen, schätzenswerten Fortschritt in der Durchleuchtung der einzelnen argumentativen Schritte, die Augustinus in Teilen von De trinitate durchführt. Doch weite und nicht minder bedeutende Teile des Werkes, etwa die exegetischen Analysen der ersten vier Bücher oder die Christologie des zwölften und dreizehnten Buches, werden in diesen Deutungen kaum in Betracht gezogen. Mehr noch, es wird selbst in der ausführlichsten Arbeit Brachtendorfs nicht klar, welche ungelösten Probleme der trinitätstheologischen Diskussion des vierten Jahrhunderts Augustinus mit seiner Theorie des Selbstbewußtseins eigentlich lösen wollte und wie diese Probleme in die Philosophiegeschichte einzuordnen sind.

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Zusammenfassung: Der heutige Stand der Forschung

Daß in den Jahren 2001 und 2002 eine deutsche und eine englische Übersetzung von De trinitate für den philosophischen Seminargebrauch erschienen sind, die nur noch eine Textauswahl bieten und die »theologischen« Teile fortlassen, während umgekehrt Theologen wie Studer, Ayres und Barnes den philosophischen Gehalt des Werkes als zweitrangig behandeln, zeigt ein Dilemma an, in der sich die Forschung derzeit befindet. Es scheint, grob gesprochen, als zerfalle De trinitate in eine theologische und eine philosophische Hälfte, denen sich jeweils die zuständigen Disziplinen widmen. Damit schlägt sich noch immer die im Spätmittelalter vollzogene Trennung von Theologie und Philosophie in der Interpretation von De trinitate nieder. Theologen scheinen sich oft rasch damit zufrieden zu geben, daß es sich in den heute »philosophisch« wirkenden Teilen von Augustins Werk nur um Trinitäts-»Analogien« handle, denen etwas Beliebiges, Austauschbares anhafte. Doch in diesem Falle müßte man annehmen, Augustinus habe rund die Hälfte seines Riesenwerkes über die Trinität und viele Jahre mühseliger Arbeit der Darstellung von bestenfalls amüsanten, im Grunde aber redundanten Vergleichen gewidmet. Für deren Explikation hätten wenige Kapitel genügt. War Augustinus so töricht? Oder irren sich nicht vielmehr die Interpreten, die eine solche Deutung vorschlagen? Philosophen dagegen lesen De trinitate als historische Zwischenstation auf dem Weg von Plato zu Descartes und gehen am trinitätstheologischen Zweck und dogmenhistorischen Hintergrund dieses Werkes achtlos vorbei. Auch hier wird also ein halbiertes Werk für das ganze ausgegeben. Die Frage stellt sich daher erneut, wie eine theologische und eine philosophische Deutung von De trinitate zu verbinden seien, und ob nicht gerade in dieser Verbindung der Schlüssel zu einem Verständnis des theologie- und dogmengeschichtlichen Ortes dieses Werkes liegt. Galt Augustins Bemühen nicht gerade der Gewinnung einer Einheit von credere und intellegere? Ist es nicht gerade das Niemandsland zwischen den neuzeitlichen, nicht etwa antiken Grenzposten von Theologie und Philosophie, in dem der Verfasser von De trinitate wohnt?

Schlußkapitel

Augustins ursprüngliche Einsicht in De trinitate 1. Einführung: Theologie und Philosophie Eine Predigt zum Feste Trinitatis, die Wendelin Steinbach 1499 aus dem Nachlaß seines Tübinger Lehrers Gabriel Biel veröffentlichte,1623 gewährt Einblick in ein aussichtsloses spätmittelalterliches Unterfangen: Ein Kompromiß zwischen unvereinbaren Denkweisen soll geschlossen werden. Unter Berufung auf Augustins De trinitate wird die Struktur des menschlichen Geistes mit Triaden wie memoria − intellegentia − voluntas beschrieben, um das Zueinander von Dreiheit und Einheit in Gott zu veranschaulichen. Diese geschöpfliche Trinität in uns sei ein Zeichen der ungeschaffenen göttlichen Trinität, weil beide Trinitäten einander ähnlich seien. Aber die similitudo wird in derselben Homilie durch die ständige und weit nachdrücklichere Einschärfung der dissimilitudo konterkariert. Auch dafür nimmt der Prediger Augustins De trinitate in Anspruch, vor allem das letzte Buch, wonach etwa die drei Seelenakte des Erinnerns, Verstehens und Wollens zwar vom Menschen ausgeübt werden, aber nicht mit ihm identisch sind, wohingegen die drei göttlichen Personen Gott selbst sind.1624 Doch die spätscholastische Auflösung des mittelalterlichen ordo wirft auf diese Unähnlichkeit einen ganz neuen, nicht-augustinischen Schatten. Die summa maiestas, so heißt es unter Berufung auf William Ockham, sei uns in bezug auf das, was sie in sich selbst sei, unerforschlich. Es gebe zwei Begriffe von Gotteserkenntnis, in se oder aber similitudine quadam. Nur letztere sei uns erreichbar. Was Gott dagegen in sich sei, bleibe uns auf dem irdischen Pilgerwege unerkennbar.1625 Was für moderne Ohren selbstverständlich scheinen könnte, hätte den entschiedenen Widerspruch Augustins herausgefordert. Denn die Inkonsistenz einer solchen Position ist in der Widerlegung der akademischen Skepsis durch den jungen Augustinus schon impliziert: Wer annimmt, daß etwas einer Sache ähnlich ist, setzt voraus, daß diese Sache erkennbar ist. Denn nur im Vergleich zur erkannten Sache läßt sich Ähnlichkeit aussagen.1626 Augustins Begriff der 1623 Sermones Gabrielis [Biel] de festivitatibus Christi, o. O. u. J. [Tübingen 1499, GW 4340, Nr. 1], sermo xli, Bl. [v7]v-x3r. 1624 Aug. trin. XV, xxii, 42 (CChr.SL 50a, 519 f. M.). 1625 Vgl. Biel, sermo xliii, E, Bl. [x8]r. 1626 Aug. c. acad. II, vii, 16 (CChr.SL 29, 27, 20–22 G.).

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Schluß: Augustins ursprüngliche Einsicht

similitudo ist völlig verschieden von demjenigen Biels und Ockhams, bei denen die similitudo ihren Ort nicht mehr in einer allumfassenden Seinsordnung hat, sondern eine bloße Zeichenbeziehung ist.1627 Nach Biel ist einerseits Gotteserkenntnis für den Menschen in statu viae etwas Kontingentes, nicht Ableitbares, während andererseits das einzelne Ding distinkt, ohne vorausgehende Erkenntnis eines Allgemeinbegriffs und des damit verbundenen ordo erkannt werden kann. Während Augustinus im letzten Buch von De trinitate Leistung und Grenzen verschiedener von ihm analysierter Triaden des menschlichen Geistes nach dem Maße ihrer Ähnlichkeit mit der Trinität, die Gott ist, gegeneinander abwägt, kann daher für Biel die Trinitätslehre eigentlich gar nichts mehr erklären; sie kann nur da, wo der Glaube der Kirche dazu zwingt, formale Distinktionen vornehmen, die außerhalb der Theologie nicht erlaubt wären.1628 Aus einer solchen Perspektive scheinen Grundaussagen von Augustins De trinitate nurmehr in der separierten Sonderwelt der Kirche Sinn zu ergeben. Daß hier ein Wendepunkt in der Auslegungsgeschichte des Werkes erreicht ist, bestätigt sich zwei Jahrzehnte nach Biels Predigtband. Mit dem Radikalismus des Aufbruchs verzichtet der junge Melanchthon in den Loci von 1521 auf einen Kompromiß zwischen Augustinus und William Ockham und verbannt die Trinitätslehre aus seinem Kompendium christlicher Lehre: Die mysteria divinitatis seien eher anzubeten als zu erforschen. Schon in den Anfängen der Kirche sei die christliche Lehre, wie sie in der Heiligen Schrift zu finden sei, durch die platonische Philosophie untergraben worden.1629 Späteren Auflagen der Loci fügte Melanchthon dann doch eine ausführlichere, in vielem traditionelle Trinitätslehre ein.1630 Inzwischen hatten nämlich Antitrinitarier des sechzehnten Jahrhunderts wie Servet Vorbehalte gegen die Trinitätslehre in Vorbehalte gegen den Trinitätsglauben umgemünzt. Dem wollte Melanchthon einen Riegel vorschieben. Seither und bis heute blieben Elemente der scholastisch umgedeuteten augustinischen Trinitätsauffassung in den evangelischen und erst recht in den katholischen theologischen Dogmatiken erhalten. Doch wird man bezweifeln dürfen, daß die bei Biel ins Auge springende argumentative Funktionslosigkeit der similitudines von der Systematischen Theologie widerlegt worden ist. Eher ist es wohl so, daß die Theologie diese Elemente zumeist als Traditionsgut mitschleppt. Vielen Lesern des sechzehnten Jahrhunderts wird bewußt gewesen sein, daß der ohne Nennung von Namen erhobene Platonismus-Vorwurf des jugendlichen Melanchthon gegen die Trinitätstheologie gerade Augustins De trinitate 1627 E. Hochstetter, Studien zur Metaphysik und Erkenntnislehre Wilhelms von Ockham, Berlin/Leipzig 1927, 103–108. 1628 L. Grane, Contra Gabrielem. Luthers Auseinandersetzung mit Gabriel Biel in der Disputatio Contra Scholasticam Theologiam 1517, AThD 4, Kopenhagen 1962, 54–69. 1629 Ph. Melanchthon, Loci communes (1521): Werke in Auswahl, hg. von R. Stupperich, Bd. II/1, Gütersloh 21978, 19 und 22 (CR XXI, 84 und 86). 1630 Melanchthon, Loci praecipui theologici (1559), ebd. 195–240 (CR XXI, 607–637).

Einführung: Theologie und Philosophie

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traf. Denn im Zeitalter der Reformation war den Streitern um Fragen der theologischen Methode klar, daß speziell dieses Werk Augustins zu den Gründungsurkunden der noch im Früh- und Hochmittelalter intensiven Verbindung von Theologie und Philosophie gehörte.1631 Eben diese empfand man jetzt als liaison dangereuse. Zudem hatten nicht wenige Philosophen des Renaissance-Humanismus versucht, in Anknüpfung an Augustins Lehre von den vestigia des dreifaltigen Gottes in der Schöpfung und insbesondere von der imago dei im menschlichen Geist eine Konkordanz von Platonismus, Hermetik und christlicher Theologie herzustellen.1632 Manche ihrer Schriften sind reich an augustinischen Ternaren und nach ihrem Vorbild entwickelten Triaden, die eine nicht bloß zeichenhafte, sondern seinsmäßige similitudo von Schöpfer und Geschöpf bekunden sollen.1633 Den meisten dieser Denker schien es aber, und das machte sie in den Augen mancher Theologen doppelt verdächtig, weniger um die Trinitätserkenntnis als um den menschlichen Geist zu gehen. Der Mensch, bei Augustinus als Bild Gottes im Blick, wurde nun selbst zum Ziel solcher Reflexionen. Man feierte die Würde des Menschen. Erprobten, so der Verdacht, die Traktate De dignitate hominis nicht just jenes experimentum medietatis, das Augustinus für die unheilvolle Verkehrung des Willens zur Gottähnlichkeit gehalten hatte, weil der Mensch dabei sein Trachten weniger auf Gott denn vielmehr auf sich selbst richtet und sich zum Mittelpunkt macht?1634 Die zitierten Predigten Gabriel Biels sind ein Ausdruck des Wendepunktes, an dem sich weit über die Trinitätslehre hinaus Theologie und Philosophie vollends trennten.1635 Die Theologie behielt seither gewisse, scholastisch interpretierte Elemente der augustinischen Trinitätslehre als christliche Sonderlehre bei. Die Philosophie kappte hingegen bald die Verbindungen zwischen Augustins Geistmetaphysik und ihrer trinitätstheologischen Funktion und verlor dar1631 Das wird beispielsweise von einem der Gesprächspartner in Jacobus Latomus’ De trium linguarum et studii theologici ratione dialogus ausgesprochen (hg. von F. Pijper, BRN 3, 1905, 6–84; hier 75 f.). 1632 E. Wind, Pagan Mysteries in the Renaissance, London 21968, 36–44; 241–255 (dt. 1981); D. P. Walker, The Ancient Theology. Studies in Christian Platonism from the Fifteenth to the Eighteenth Century, London 1972, Register s. v. Trinity. 1633 Beispiele: M. Ficino, De religione Christiana (ca. 1476), in: Opera, Bd. 1, Basel 1561, 1–77; C. Bovillus, Liber de sapiente (1509), hg. von R. Klibansky, in: E. Cassirer, Individuum und Kosmos in der Philosophie der Renaissance, SBW 10, Leipzig/Berlin 1927, 299–412; F. Giorgio, De harmonia mundi totius cantica tria, Venedig 1525; T. Campanella, Universalis philosophiae seu metaphysicarum rerum, iuxta propria dogmata, partes tres, Paris 1638. Ein Grundsatz solcher Versuche konnte lauten: Est Trinitatis divinae in creatura multiplex vestigium (G. Pico della Mirandola, Heptaplus, proœm. lib. VI [ders., De hominis dignitate. Heptaplus. De ente et uno, hg. von E. Garin, Florenz 1942, 308]). 1634 Aug. trin. XII, xi, 16 (CChr.SL 50, 370 f. M.). Zur Ableitung der Würde des Menschen aus der Gottebenbildlichkeit im Zeitalter des Renaissance-Humanismus vgl. Ch. Trinkaus, In Our Image and Likeness. Humanity and Divinity in Italian Humanist Thought, 2 Bde., London 1970. Dieses Werk beginnt (S. XIII) mit einem Zitat genau dieses Passus über das medietatis experimentum aus De trinitate. Vgl. oben S. 363. 1635 Vgl. oben S. 363 ff.

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Schluß: Augustins ursprüngliche Einsicht

um De trinitate aus dem Blick. So hat sich, wie die ersten elf Kapitel des vorliegenden Buches erwiesen, nach und nach das Dilemma ergeben, in das die heutige Forschung zu diesem Werk geraten ist, nachdem die Philosophie Augustinus wiederentdeckt hat. Es scheint heute, als blende eine theologische Fragestellung zwangsläufig die geisttheoretisch-philosophischen Gehalte des Werkes aus, während umgekehrt eine philosophische Zugangsweise, ebenfalls bedingt durch die immanenten Gesetze der Fachdisziplin, die trinitätstheologischen Zusammenhänge vielfach ignorieren zu müssen scheint. Wer ein modernes Verständnis der Beziehung von Theologie und Philosophie unreflektiert voraussetzt, kann De trinitate kaum angemessen verstehen. Freilich kann niemand aus dem heutigen Denkhorizont herausspringen und diesen sechzehnhundert Jahre alten Text unmittelbar mit den Augen von Augustins Zeitgenossen lesen. Die Trennung von Philosophie und Theologie ist nicht rückgängig zu machen, jedenfalls nicht im Handstreich. Es zählt indessen zu den Zeichen der Zeit, daß seit anderthalb Jahrzehnten die »Radical Orthodoxy« diese Trennung infragestellt.1636 Ob solche Versuche überzeugen oder nicht, sie zeigen zumindest ein Problem an und stören einen möglicherweise faulen Frieden auf, der in der Moderne zeitweilig über dem Verhältnis von Theologie und »säkularen« Wissenschaften gelegen zu haben scheint. Mit dem Wissen um die Rezeptionsgeschichte von Augustins Werk ist man den Gewohnheiten der Gegenwart nicht mehr blindlings unterworfen. Vielleicht kann so die Andersheit der Konzeption von De trinitate gegenüber dem neuzeitlichen Betrieb von Theologie und Philosophie mehr beachtet und eben darum fruchtbar werden. Wie, wenn sich zeigte, daß Augustins »philosophische« Argumente »theologische« Probleme zu lösen helfen und »theologische« Argumente »philosophische« Schwierigkeiten zu beheben helfen? Wie, wenn auch diese Unterscheidungen noch als zu schroff und anachronistisch beiseitegelassen würden? Ließe sich dann der Sinn des ganzen Werkes über die Trinität besser verstehen und nicht nur der Sinn bestimmter Teile? Eine solche Perspektive soll im vorliegenden Schlußkapitel knapp aufgerissen werden. Da es mehr um die Gewinnung einer neuen Perspektive geht als um eine ausführliche Interpretation, liegt der Schwerpunkt im folgenden auf einer dreifachen Kontextualisierung: Zuerst wird resümiert, wie Augustinus überhaupt zur Trinitätslehre gefunden hat und auf welches historische, gesellschaftliche Umfeld seine Überlegungen zu dem Thema zugeschnitten sind (2). Sodann werden einige philosophiegeschichtliche Hintergründe benannt (3) und deren theologiegeschichtliche Auswirkungen umrissen (4). Auf dieser Grundlage wird abschließend eine Deutung des Gedankenganges von De trinitate vorgeschlagen (5). Das bahnbrechend Neue von Augustins Entwurf, seine ursprüngliche Einsicht und Absicht, könnten so klarer werden.

1636

Vgl. oben S. 241 ff.

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2. Biographische Hintergründe: De trinitate im sozialen Kontext a) Augustins Weg zur Trinitätslehre Wie ist die Trinitätslehre in Augustins Denkwelt getreten? Für wen, gegen wen, zu welchem Zweck und in welcher intellektuellen Umgebung schrieb Augustinus über die Trinität? Welche Menschen im ersten Viertel des fünften Jahrhunderts waren so gespannt auf Augustins Werk über die Trinität, daß sie Teile davon ohne sein Wissen und gegen seinen Willen noch vor der Fertigstellung lasen und weitergaben? Wie hat man sich eine Welt vorzustellen, in der das christliche Denken sich als verissima philosophia verstehen konnte?1637 Mußte die Trinitätslehre nicht als ein zum theologischen Abschluß gebrachtes Thema erscheinen, seit im Jahre 381 die Konzilien von Konstantinopel im Osten und Aquileia im Westen den jahrzehntelangen Streit um die Trinitätslehre de iure beendet zu haben schienen? Wohl hatte Augustinus den Namen Christi »mit der Muttermilch eingesogen«.1638 Doch die nordafrikanische katholische Kirche der Jugendzeit Augustins verzehrte ihre Kräfte im religionspolitischen Donatistenstreit statt in theologischer Gedankenarbeit. Keine Spur weist auf eine tiefschürfende Trinitätstheologie. Allerdings blühte in den Städten Nordafrikas, anders als in vielen sonstigen Provinzen des Reiches, im vierten Jahrhundert noch immer eine weltläufige, urbane Kultur.1639 Dieser Hintergrund schimmert durch Augustins Bekunden, daß er im neunzehnten Lebensjahr nicht in der Kirche zum Streben nach Christus und der Weisheit bekehrt worden sei, sondern durch die Lektüre von Ciceros Hortensius, in dem (gegen die Rhetorik) für die Philosophie geworben wird, weil allein sie das menschliche Streben nach Glückseligkeit auf den rechten Weg führe. Nur eines störte den jungen Mann, daß nämlich Christus bei Cicero nicht vorkam.1640 Vielleicht ist Augustinus nicht in der Kirche erstmals auf trinitätstheologische Reflexionen gestoßen, sondern in jenen manichäischen Kreisen, von denen er sich mindestens neun Jahre lang den ersehnten Verbund von Weisheit und Christentum erhoffte. In einigen lateinischen manichäischen Texten des ausgehenden vierten Jahrhunderts klingt gelegentlich der Gedanke einer absteigenden Hierarchie vom Vater über den Sohn zum Geist an.1641 Zu dieser sub1637

Vgl. Aug. c. acad. III, xix, 42 (CChr.SL 29, 60, 9 f. G.). Aug. conf. III, iv, 8 (CChr.SL 27, 30, 34 f. V.). 1639 So das Resultat von C. Lepelley, Les cite´s de l’Afrique romaine au Bas-Empire, 2 Bde., E´AA 80–81, Paris 1979–81. 1640 Aug. conf. III, iv, 7 f. (CChr.SL 27, 30, 6–8. 32 f. V.); vgl. beat. vit. I, 4 (CChr.SL 29, 66, 75–79 G.). 1641 So beim führenden Kopf des afrikanischen Manichäismus, Faustus von Mileve (bei Aug. c. Faust. XX, 2 [CSEL 25/1, 536, 9–24 Z.]), der zwar zuerst betont, die Manichäer würden Vater, Sohn und Heiligen Geist als ein und dasselbe numen unter dreifacher Benennung verehren, dann aber erläuternd in offenkundiger Hierarchisierung den Vater mit der lux summa ac principalis, den Sohn mit der secunda ac visibilis lux, und den Geist mit der 1638

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ordinatianischen Tendenz paßt die Aussage, der Heiland sei dem leidenslosen Vater »ähnlich«1642 − mit dem gleichen Stichwort von der Ähnlichkeit des Sohnes gegenüber dem Vater hatten »homöische« Theologen des vierten Jahrhunderts ihren Subordinatianismus ausgedrückt. Allerdings behauptet Augustinus auch einmal, die Manichäer lehrten ganz orthodox, Vater, Sohn und Heiliger Geist würden durch ihre nicht verschiedene Natur geeint.1643 Diese Doktrin könnte freilich auch dem Bestreben von Manichäern entspringen, der zwangsweisen Verpflichtung von Staatsbürgern auf den nizänischen Trinitätsglauben durch das theodosianische Edikt Cunctos populos von 380 zu entsprechen.1644 In jedem Falle nimmt die manichäische »Trinitätslehre« innerhalb des kosmologischen Systems dieser Religionsgemeinschaft eine wie nachträglich eingebaut wirkende und, verglichen mit der großkirchlichen Lehre, marginale Stellung ein.1645 Augustinus stieß sich vor wie nach seiner Bekehrung weniger an dem möglicherweise zu geringen Grad an Übereinstimmung dieser Trinitätskonzeptionen mit der kirchlichen Orthodoxie denn vielmehr an ihrer argumentativen Unzulänglichkeit.1646 Als Rhetorikprofessor kam Augustinus 383 oder 384 in das Rom des Bischofs Damasus. Seit anderthalb Jahrzehnten mühte sich dieser, in Ost und West seinen Bischofssitz durch eine synodal gestützte »neunizänische«, nicht auf den Terminus oëmooyÂsiow fixierte Trinitätstheologie in eine gesamtkirchliche Führungsposition zu manövrieren.1647 In seinem Schreiben Ea gratia aus dem Jahre 374 oder 377 hatte Damasus formuliert, daß die Trinität in der Weise »eines Wesens« zu nennen sei, daß man eine einzige untrennbare Macht, aber drei Personen behaupten könne.1648 Allerdings findet sich kein Indiz dafür, daß Augustinus den Aristokraten Damasus und seinen vornehmen Sekretär Hieronymus je in Rom gesehen oder gehört hätte. Obwohl zum Skeptiker geworden, maiestas tertia identifiziert. Vgl. die Trinitätsbekenntnisse von Fortunatus (bei Aug. c. Fort. 3 [CSEL 25/1, 85, 16 – 86, 12 Z.]) und Secundinus (epist. [CSEL 25/2, 893, 6–9 Zycha]). Vgl. conf. III, vi, 10 (CChr.SL 27, 31, 3 f. V.). 1642 Fortunatus bei Aug. c. Fort. 3 (CSEL 25/1, 85, 21 Z.): sui similem salvatorem direxisse, heißt es vom deus inpassibilis. 1643 Aug. c. epist. fund. 7 (CSEL 25/1, 200, 16 Z.): . . . cum pater et filius et spiritus sanctus vobis etiam confitentibus non dispari natura copulentur . . . 1644 Cod. Theod. XVI, 1, 2 (I/2, 833, 5–7 Krüger/Mommsen): . . . ut secundum apostolicam disciplinam evangelicamque doctrinam patris et filii et spiritus sancti unam deitatem sub parili maiestate et sub pia trinitate credamus. 1645 Decret, Aspects du maniche´isme dans l’Afrique romaine (wie Anm. 398), 225–237; E. Feldmann, Die »Epistula Fundamenti« der nordafrikanischen Manichäer. Versuch einer Rekonstruktion, Altenberge 1987, 58 f.; 63–65. 1646 Vgl. Aug. conf. V, iii, 3 (CChr.SL 27, 58, 12 V.); c. Faust. XX, 5–23 (CSEL 25/1, 538– 568 Z.). 1647 E. Caspar, Geschichte des Papsttums, Bd. 1, Tübingen 1930, 196–256; U. Reutter, Damasus, Bischof von Rom (366–384). Leben und Werk, Diss. Jena 1999. 1648 Epist. pontif. Damas. 2 (Ea gratia), fol. 45r (ZNW 35, 1936, 20, 25 – 21, 1 Schwartz; der lateinische Text ist unten Anm. 1977 zitiert). Vgl. dazu Markschies, Was ist lateinischer »Neunizänismus«? (wie Anm. 864), 256 f.

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bewegte sich Augustinus noch immer vor allem in manichäischen Kreisen.1649 Er verzweifelte an der Hoffnung, in der katholischen Kirche die Wahrheit zu finden.1650 Gerade diese Verzweiflung sollte ihm bald Augen und Ohren öffnen für eine neue Betrachtungsweise des Christlichen. Ob Augustinus etwas von der geistigen Atmosphäre der Stadt Rom einatmete, in der Damasus mit Versen voller Reminiszenzen an Vergil und Ovid,1651 mit der Förderung eines intellektuellen Paulusbildes und eindrucksvoller Kirchenbaupolitik kulturelle Leitbilder der Senatsaristokratie zu verchristlichen suchte?1652 Es ist kein Kampf zwischen fest umrissenen, scharf gegeneinander abgegrenzten Größen namens Heidentum und Christentum, der um diese Zeit in Rom tobte. Das ist selbst und gerade am Stadtpräfekten Symmachus abzulesen. Als Sprecher eines paganisierenden Traditionalismus wollte er im Sommer 384 den christlichen Kaiser dazu bringen, den Victoria-Altar im römischen Senat wieder aufstellen zu lassen.1653 Wochen später billigte er Augustins Probevortrag für die Bewerbung auf eine Mailänder Rhetorikprofessur.1654 Um die gleiche Zeit hatte er von Amts wegen die staatliche Finanzierung des von Damasus initiierten imposanten Kirchenneubaues über dem Paulusgrab an der Straße nach Ostia zu regeln.1655 Unter den führenden Familien des Reiches kam damals, bei weitgehender Übereinstimmung in Bildung, Machtwillen und Vorstellungen von rechter Repräsentation, ein Prozeß in Gang, der nach Jahrzehnten zu den bis heute prägenden Ansichten darüber führte, was als heidnisch und was als christlich zu gelten habe.1656 Am Ende dieses Prozesses verstanden sich die meisten Angehörigen des römischen Adels als Christen. Augustinus, bloßer Kurialensohn aus der Provinz, gewann erst in Mailand allmählich Zutritt zu der Welt dieser Aristokraten.1657 Die Philosophie der dort ansässigen geistigen Elite war der Neuplatonismus. Bischof Ambrosius von 1649

Aug. conf. V, x, 19 (CChr.SL 27, 68, 31–33 V.). Ebd. (68, 35–37 V.). 1651 Vgl. z. B. Damas. carm. 1 und 4 (82 f. und 94 Ferrua). 1652 R. Krautheimer, Rome. Profile of a City, 312–1308, Princeton (NJ) 1980, 39–46 (deutsche Übersetzung 1987). 1653 Symm. rel. iii (MGH.AA 6/1, 280–283 Seeck). Nach Alan Cameron (Forschungen zum Thema der »heidnischen Reaktion« in der Literatur seit 1943, in: A. Alföldi/E. Alföldi, Die Kontorniat-Medaillons, Teil 2, Berlin/New York 1990, 63–74) ist die ältere Vorstellung eines einheitlichen »Symmachus-Kreises« wohl aufzugeben. 1654 Aug. conf. V, xiii, 23 (CChr.SL 27, 70, 1–6 V.). Die Rechtsgrundlage ergibt sich aus Cod. Theod. XIII, 3, 5 (I/2, 741 K./M.). 1655 R. Krautheimer, Intorno alla fondazione di San Paolo fuori le mura, RPARA 53/54, 1980/82, 207–220, in Auswertung von Symm. rel. xxv f. (MGH.AA 6/1, 299–301 S.). 1656 P. Brown, Aspects of the Christianization of the Roman Aristocracy, in: Ders., Religion and Society in the Age of Saint Augustine, London 1972, 161–182; ders., Authority and the Sacred. Aspects of the Christianisation of the Roman World, Cambridge/New York/Melbourne 1995, 1–26; R. Markus, The End of Ancient Christianity, Cambridge/New York/Melbourne 1990. 1657 J. Matthews, Western Aristocracies and Imperial Court A. D. 364–425, Oxford 1975, 183–222. 1650

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Mailand verband neunizänische Kirchenpolitik1658 mit einer teils positiven, teils kritischen Rezeption griechischer Allegorese und Elementen platonischer Philosophie. Eine Predigtreihe über das Schöpfungswerk, die Augustinus vielleicht gehört hat,1659 begann Ambrosius mit Worten über die Drei-Prinzipienlehren von Plato und Aristoteles − in erster Linie, um dem Dissens der Philosophen die eine Wahrheit des Mose gegenüberzustellen.1660 Eine solche Predigt kann nicht vorrangig den Marktfrauen und Tagelöhnern von Mailand gegolten haben. Sie zielte auf die ortsansässigen Intellektuellen wie Manlius Theodorus, der sich aus der Politik zum Plotin-Studium zurückzog, eine Philosophiegeschichte verfaßte und einen Traktat über die Seele schrieb.1661 Dem Kreis gehört auch Simplicianus an, der Freund oder Schüler jenes Marius Victorinus in Rom, der Jahrzehnte zuvor eine nizänisch ausgerichtete Trinitätstheologie im Gewande neuplatonischer Metaphysik entworfen und Paulus-Exegese betrieben hatte; Simplicians Erzählung, wie Marius Victorinus sich damals zur christlichen Taufe entschlossen hatte, wurde für Augustinus zum Anlaß und Modell des Vorgangs, den man vergröbernd seine Konversion nennt.1662 In diesen Kreisen, die man kaum auf einen ausschließlich »christlichen« Neuplatonismus begrenzen kann,1663 bekam Augustinus erstmals »Schriften der Platoniker« in lateinischer Übersetzung zu lesen1664 − zu denken ist wohl an Plotin und Porphyrius.1665 Die lateinischen Neuplatoniker von Marius Victorinus über 1658 Markschies, Ambrosius von Mailand (wie Anm. 582); Williams, Ambrose of Milan (wie Anm. 115). 1659 P. Courcelle, Recherches sur les Confessions de Saint Augustin, Paris 21968, 93–106. 1660 Ambr. hex. I, 1, 1–4 (CSEL 32/1, 3 f. Schenkl). Quellenanalyse: J. Pe´pin, The´ologie cosmique et the´ologie chre´tienne (Ambroise, Exam. I 1, 1–4), BPhC, Paris 1964. 1661 Courcelle, Recherches sur les Confessions (wie Anm. 1659), Register 582 s. v. Theodorus. Diese Schriften müssen als verloren gelten. 1662 Ebd. 581 s. v. Simplicien. 1663 Der These von Pierre Courcelle, es habe einen »ne´o-platonisme chre´tien« in Mailand gegeben (Les lettres grecques [wie Anm. 240], 120–129; ders., Recherches sur saint Ambroise. »Vies« anciennes, culture, iconographie, E´AA 52, Paris 1973, 17–33), kommt zwar das Verdienst zu, die falsche ältere Alternative überwunden zu haben, ob Augustinus sich zum Christentum oder zum Neuplatonismus bekehrt habe. Doch erstens sind die Indizien für die Existenz eines festen »Mailänder Kreises« recht vage, zweitens setzt auch Courcelles These noch eine ahistorisch scharfe Grenze zwischen einem heidnischen und einem christlichen Platonismus voraus. Gerade an Männern wie Claudius Claudianus, Manlius Theodorus, Macrobius und Calcidius (wie immer die letzteren beiden zu datieren sind) wird deutlich, wie schwierig, ja unangemessen eine solche Trennschärfe in jener Epoche ist. − Daß der Neuplatonismus nicht einfach ein bestimmtes Ensemble philosophischer Lehrbuchmeinungen ist, sondern eine Denkweise, mit der sich Natur und Lebenswelt ebenso wie die Religion versuchsweise auf den Begriff bringen lassen, wird in den bis heute anhaltenden Diskussionen oft nicht gesehen, beispielsweise in der bei aller Belesenheit oberflächlichen Kritik von G. Lettieri an platonisierenden Augustinusdeutungen (L’altro Agostino [wie Anm. 389], 526–544). 1664 Aug. conf. VII, ix, 13 (CChr.SL 27, 101, 4–6 V.). 1665 Madec, Saint Augustin et la philosophie (wie Anm. 1081), 37–44; Geerlings, Libri Platonicorum (wie Anm. 257).

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Augustinus bis Macrobius stehen auf dem Boden der Metaphysik dieser beiden Philosophen. Die Spitze ihres Systems bildet jeweils eine Triade von »Hypostasen«. Sie kann hierarchisch-vertikal abgestuft sein, kann aber auch horizontal gegliedert sein oder beide Möglichkeiten kombinieren. Auf den obersten Seinsbereich folgen immer niedrigere Sphären bis hinunter zur unbelebten Natur. Der menschliche Geist ist innerhalb der Seinshierarchie so hoch angesiedelt, daß er noch Anteil an der dritt- oder gar zweitobersten Hypostase hat und sich seinem Ursprung zuwenden kann. Es gilt, die Seele für diesen Aufblick zu reinigen oder für diesen Aufstieg zu üben − ein beherrschendes Thema neuplatonischer Literatur.1666 Die svthriÂa, das persönliche Heil, ist geradezu das Leitmotiv im Gesamtwerk von Porphyrius.1667 Augustins religiöse »Konversion« geht mit einer philosophisch-theologischen Transformation überlieferter Philosophie einher. Durch Ambrosius hermeneutisch geschult, identifiziert er die oberste Triade der Platoniker mit der Trinität der christlichen Gotteslehre und paßt sie diesen Erfordernissen an.1668 Im zweiten Buch von De ordine, zwischen »Bekehrung« und Taufe verfaßt, schildert Augustinus einen Aufstieg zur göttlichen Trinität. In dem Konnex von »trinitarischer« Prinzipienlehre und religiöser Lehre vom Seelenaufstieg unterscheidet sich diese Schilderung kaum von der kurzen Darstellung, die der ohne jedes christliche Wort auskommende Macrobius von der gesamten aurea catena gibt, die von der obersten Triade bis zur niedrigsten Materie auf Erden reiche und dem gereinigten Geist zugänglich werde.1669 Gott als prima causa bringt nach Macrobius durch die überquellende Fruchtbarkeit seiner Majestät die mens aus sich hervor, die wiederum, indem sie den Vater betrachtet, volle similitudo zu ihrem Urheber wahrt und ihrerseits, indem sie das Nachgeordnete bedenkt, aus sich die anima hervorbringt.1670 Augustinus meint, die Neuplatoniker müßten nur wenige Worte und Ansichten ändern, um Christen zu werden, wie es in den meisten Fällen jüngerer Zeit auch geschehen sei.1671 Die wichtigste dieser Änderungen hört sich allerdings umstürzend an: Zum mundus intellegibilis hätte nach Augustinus die subtilste Vernunft niemals die Seele zurückrufen können ohne die Inkarnation Christi.1672 Denn die doppelte 1666

Davon handelt z. B. auch das Zitat aus einem sonst unbekannten, später Christ gewordenen Philosophen Fonteius von Karthago in Aug. divers. quaest. xii (CChr.SL 44a, 19, 1–19 M.). 1667 A. Smith, Porphyry’s Place in the Neoplatonic Tradition, Den Haag 1974. 1668 Aug. conf. VII, ix, 13–15 (CChr.SL 27, 101–103 V.); civ. X, xxiii f. und xxix (CChr.SL 47, 296, 1 – 297, 11 und 304, 1–3 D./K.). 1669 Macr. somn. I, xiv, 1–27 (55–60 Willis). 1670 Ebd. I, xiv, 6: Deus qui prima causa et est et vocatur, unus omnium quaeque sunt quaeque videntur esse princeps et origo est. Hic superabundanti maiestatis fecunditate de se mentem creavit. Haec mens, quae noyÄw vocatur, qua patrem inspicit, plenam similitudinem servat auctoris, animam vero de se creat posteriora respiciens (56, 6–11 W.). Daß Macrobius, der hier Plotin oder Porphyrius ausschreiben dürfte, sein Werk als Heide verfaßt und nicht als Christ, ist zwar sehr wahrscheinlich, aber nicht restlos sicher. 1671 Aug. vera relig. iv, 7 (23) (CChr.SL 32, 192, 22–24 D.). 1672 Aug. c. acad. III, xix, 42 (CChr.SL 27, 60, 10–19 G.).

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Erniedrigung Gottes zum Menschen und des Menschen zum Glauben ermögliche überhaupt erst die Erkenntnis und Schau des Höchsten. Die Mailänder Paulus-Lektüre1673 hat Augustinus zu dieser Sicht geführt oder ihn mindestens darin bestärkt. Daß Augustinus diesen Schritt zum Christentum zur Kleinigkeit erklärt, ist nicht nur christlich-rhetorische Protreptik. Vielmehr wußte Augustinus, daß es die Verbindung einer metaphysischen Prinzipientheorie mit einer auf Exerzitien bauenden Spiritualität bereits im Platonismus gab. Sogar die Idee des Mittlers zwischen göttlicher und menschlicher Sphäre war in der neuplatonischen Dämonologie bereits vertreten worden.1674 Den Boden neuplatonischen Denken verließ Augustinus durch die Radikalität, mit der er nur einen Mittler gelten ließ, Christus. Augustins frühe Schriften vor der Priesterweihe wollen unter solchen Auspizien den trinitarischen Gott in neuplatonischen Denkformen fassen. Keine merkliche Rolle spielen hingegen die genauen trinitätstheologischen Differenzen, die im Streit zwischen Ambrosius und den − von Katholiken als »Arianer« empfundenen − Homöern die Parteigrenzen markieren. Dabei war der Streit just in den Monaten in Mailand eskaliert, als Augustinus in den Predigten des Ambrosius ein intellektuell verantwortbares Christentum entdeckte und zum bewußten Katholiken wurde.1675 Aber Augustinus war begreiflicherweise zunächst faszinierter vom ambrosianischen Versuch einer Synthese zwischen Glauben und Verstehen als von der binnenchristlichen Auseinandersetzung konkurrierender Gruppierungen. Die Überzeugung vom notwendigen Christusbezug intellektueller Erkenntnis läßt Augustinus die neuplatonische oberste Prinzipienreihe vom Einen, dem Geist und der Seele − modern gesprochen − »heilsökonomisch« transformieren: Für ihn tauchen die höchsten Prinzipien in ein geschichtliches Wirken ein, an dem der Mensch zu seinem Heil beteiligt ist. De beata vita (386), Frucht von Plotin-Lektüre und Manlius Theodorus gewidmet,1676 gipfelt in der altakademischen Lehre von Maß, Mitte und Weisheit und identifiziert die drei Prinzipien mit den göttlichen Personen. Was anderes sei der summus modus als der Vater, was anderes die veritas als der Sohn? Dazu trete als drittes die admonitio, durch die wir zum höchsten Maß strebten, die aber ihrerseits aus dem Quell der Wahrheit fließe. Das glückselige Leben bestehe darin, vollkommen zu erkennen, von wem man zur Wahrheit geführt werde, welche Wahrheit man genieße und wodurch man mit der Wahrheit verbunden sei. Diese drei, sagt Augustinus in dem Dialog, zeigten dem Einsichtigen den einen Gott und die eine Substanz. Unmittelbar darauf läßt Augustinus seine Mutter die Verse des Ambrosius ausrufen, die tief in ihrem Gedächtnis haften: fove precantes, trinitas − »Behüte die Betenden, Dreieinigkeit!«1677 Es ist der früheste Beleg des Wortes trinitas im Gesamtwerk Augustins. 1673

Aug. conf. VII, xxi, 27 (CChr.SL 27, 110 f., 1–15 V.). Davon handelt Aug. civ. IX, xiii (CChr.SL 47, 260 f. D./K.). 1675 Aug. conf. IX, vii, 15 (CChr.SL 27, 141 f., 1–14 V.). Vgl. unten S. 428. 1676 Aug. beat. vit. I, 1; 4 (CChr.SL 29, 65, 2 f.; 67, 98–100 G.). 1677 Ebd. IV, 32–35 (CChr.SL 29, 83–85 G.), Zitat Ambr. hymn. 4, 32 (239, 32 Fontaine/ 1674

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In De ordine aus der gleichen Zeit ist die oberste Triade anders gebaut: Sie umfaßt erstens das seinerseits nicht prinzipiierte Prinzip aller Dinge, zweitens den in ihm »bleibenden«, d. h. keine Veränderung des ersten Prinzips voraussetzenden1678 Geist und drittens das, was zu unserem Heil ohne jede Abnahme von dort aus fließe. Diese drei seien der eine allmächtige (omnipotens) und dreimächtige (tripotens) Gott: Vater, Sohn und Heiliger Geist.1679 In De libero arbitrio (um 387/388) werden als Hauptthemen der Trinitätstheologie Einheit, Gleichheit und erstmals auch die jeweilige Eigenheit der drei Personen (personarum proprietas) genannt. Dies zu erörtern, bemerkt Augustinus, sei jedoch in dieser Schrift nicht der rechte Ort. Denn es sei zwar sehr einfach und schon oft unternommen worden, über Gott als Urheber, Gestalter und Ordner aller Dinge Erörterungen anzustellen, die sich auf den heilsamen Glauben beziehen und dabei helfen können, sich auf das Himmlische auszurichten. Dieses Thema gründlich durchzuarbeiten, so daß sich hier alle menschliche Einsicht, soweit irgend möglich, einer durchsichtigen Vernunftüberlegung unterwirft, das habe wohl kein Mensch und sicher nicht er selbst bisher geleistet, und es scheine auch nicht leicht anzugehen.1680 Augustinus deutet damit eine mögliche spätere Untersuchung des Themas an. Das Modell eines von den Prinzipien selbst ermöglichten Aufstieges zu ihrer Schau erweitert Augustinus seit De vera religione (um 388/391) um eine alle Seinsbereiche durchdringende trinitarische Ontologie:1681 Gott, als Ursprung, Weisheit und Geschenk (principium, sapientia, munus) dreifaltig,1682 ist schöpferische Trinität (trinitas creatrix).1683 Der gereinigte Geist erkennt, daß nicht nur Gott trinitarisch ist, sondern in gewisser Hinsicht jedes Seiende. Denn jedes Geschöpf ist erstens »Eines«, hat zweitens eine eigene Form (species propria) und überschreitet drittens nicht die Ordnung der Dinge.1684 Ein etwas späteres Modell umfaßt eine Triade, die an allem Seienden zu beobachten sei und auf eine Trinität als oberste Ursache schließen lassen soll: Omne quod est aliud est quo constat, aliud quo discernitur, aliud quo congruit. Also müsse auch die Ursache von allem diese Struktur haben: qua sit, qua hoc sit, qua sibi amica sit.1685

Perrin) (Deus creator omnium). Vgl. A. Franz, Tageslauf und Heilsgeschichte. Untersuchungen zum literarischen Text und liturgischen Kontext der Tagzeitenhymnen des Ambrosius von Mailand, PiLi 9, St. Ottilien 1994, 116–118 und Beiblatt (Übersetzung). 1678 Vgl. Aug. mor. Manich. vi, 8 (CSEL 90, 94, 9–11 Bauer): Esse enim ad manendum refertur. Itaque quod summe et maxime esse dicitur, permanendo in se dicitur. Vgl. Plot. enn. I, vii, 1 (I, 106, 23 H./Sch.). 1679 Aug. ord. II, v, 16 (CChr.SL 29, 116, 47–54 G.). Zur Stelle vgl. oben S. 300, besonders Abramowski, Lateinischer Nicänismus und Gnosis (wie Anm. 1262), 552–554. 1680 Aug. lib. arb. III, xxi, 60, 206 f. (CChr.SL 29, 310, 44 – 311, 56 G.). 1681 Ausführliche Nachweise bei du Roy, L’intelligence (wie Anm. 1249). 1682 Aug. vera relig. lv, 112 (308) (CChr.SL 32, 259, 105–107 D.). 1683 Ebd. vii, 13 (40) (196, 29 f. D.). 1684 Ebd. vii, 13 (39–41) (196 f., 20 – 197, 38 D.). 1685 Aug. divers. quaest. xviii (CChr.SL 44a, 23 M.).

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Solch kühne Versuche einer Vermittlung von Platonismus und synodal fixierter christlicher Glaubenslehre hatte es im lateinischen Raum wohl seit Marius Victorinus nicht mehr gegeben. Doch diesen Denker scheint damals kaum jemand gelesen oder verstanden zu haben.1686 Es fällt auf, daß die Triaden, die sich Augustinus in den ersten zwei oder drei Jahrzehnten seines literarischen Schaffens ausdenkt, keine einheitliche Grundstruktur aufweisen. Ein gemeinsames generierendes Prinzip ist noch nicht erkennbar, die Dreiheiten wirken ad hoc konstruiert oder aus der Erfahrung und der Tradition aufgerafft. Es ließen sich in analoger Weise ohne weiteres auch vier- oder mehrgliedrige Reihen bilden, so daß der Erkenntniswert solcher Triaden sehr begrenzt ist. Erst später wird Augustinus eine wohlgeordnete Triadenstruktur entdecken, die er fortan nicht mehr aus dem Blick verliert. Schon der junge Augustinus wurde rasch zum Lehrer seiner Kirche, den man mündlich oder brieflich um Rat in diversen Fragen bat. Von einigen solcher Fragen, Bitten und Diskussionsstoffe sei kurz berichtet. Als sein Jugendfreund Nebridius, dessen bohrendes Forschen Augustinus später rühmte,1687 ihm einmal das Problem vorlegte, warum nur der Sohn Mensch geworden sei, obwohl doch Vater und Sohn eins seien, antwortete Augustinus um 390 mit einer neuen Variante seiner trinitarischen Ontologie. Jede natura oder substantia habe in sich: erstens daß sie sei, zweitens daß sie etwas Bestimmtes, durch die Idee Geformtes sei, und drittens daß sie in dem verbleibe, was sie sei. Der Sohn entspreche dem zweiten Aspekt, forme doch seine Menschwerdung unsere Erkenntnis. Obgleich also die drei Aspekte in höchster communio stünden und eigentlich untrennbar seien, würden sie um unserer Schwäche willen distincte gezeigt.1688 Auch hier also verbindet Augustinus »Heilsökonomie« und Ontologie in der Trinitätslehre. Nebridius schrieb damals, Augustins Briefe handelten von Christus, Plato und Plotin.1689 Um die gleiche Zeit, vor 391, war eine Wende eingetreten: Aurelius war Bischof von Karthago und damit Primas der afrikanischen Kirche geworden. Er begann mit größtem Erfolg die Erneuerung der Kirche seines Landes. Dabei war ihm die Ausbildung der häufig recht kenntnisarmen Bischöfe und Priester wichtig − es gab Hunderte oft winziger Bischofssitze in Nordafrika.1690 Zum Vordenker dieser Renovation erkor er sich keinen anderen als Augustinus. Dieser gab noch als einfacher Priester auf einer Bischofssynode in Hippo Regius 393 eine Gesamtdarstellung des katholischen Glaubens.1691 Augustins Adressatenkreis war hier ein anderer als in den philosophischen Frühschriften 1686

Hadot, Marius Victorinus (wie Anm. 337), 13–20. Aug. conf. VI, x, 17 (CChr.SL 27, 85, 32–35 V.); vgl. epist. 98, 8 (CSEL 34/2, 529, 12– 15 G.). 1688 Aug. epist. 11 (CSEL 34/1, 25–28 G.). 1689 Nebrid. Aug. epist. 6, 1 (CSEL 34/1, 12, 1 f. G.). 1690 Zu den Hintergründen W. Eck, Der Episkopat im spätantiken Africa: Organisatorische Entwicklung, soziale Herkunft und öffentliche Funktion, HZ 236, 1983, 265–295. 1691 Aug. retr. I, xvii (xvi) (CChr.SL 57, 52, 1–8 M.). 1687

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und erforderte eine neue Perspektive. Statt eines neuplatonischen Aufstiegsmodells und einer trinitarischen Ontologie bot Augustinus hier in lapidarer Form neunizänische »Normaltheologie« ohne viel spekulativen Tiefgang. Er warnte vor den Mängeln der gängigen trinitätstheologischen Vergleiche (Quelle, Fluß, getrunkenes Wasser; Wurzel, Stamm, Zweig) und vor Häretikern, deren (homöische) Positionen er karikierte: Für sie sei der Sohn dem Vater nicht gleich und nicht von derselben Substanz, während er doch in Wahrheit omnino indifferenter aequalis sei.1692 Ein spezielles Problem sprach Augustinus immerhin an, weil es noch nicht gründlich genug durchdacht worden sei, nämlich was den Heiligen Geist genau von Vater und Sohn unterscheide. Er wies auf die Ansicht mancher Theologen hin, den Heiligen Geist als die communio oder die deitas von Vater und Sohn zu deuten.1693 Auch viele Predigten Augustins von der frühesten bis in die späteste Zeit, an unterschiedlichen Orten gehalten, führen das Publikum in die Trinitätslehre ein. Meist geschieht dies, was kaum überraschen kann, in biblisch-narrativer Weise. Hier neigt Augustinus einer »heilsökonomischen« Trinitätslehre zu.1694 In der Sammlung vermischter Fragen aus den Jahren zwischen Priester- und Bischofsweihe sind die »Seminare« Augustins für seine Mitbrüder in den Laienund Priestergemeinschaften von Thagaste und Hippo Regius etwa von 388 bis 396 dokumentiert. Hier endlich wurden Versatzstücke aus dem trinitätstheologischen Streit des vierten Jahrhunderts aufgenommen und weiterdiskutiert. In diesen Seminaren debattierte man über den Satz des Arius, es habe eine Zeit gegeben, da der Sohn nicht gewesen sei.1695 Man sprach über Häretiker, die den Sohn dem Vater unterordneten und sich dafür auf 1 Kor 15, 28 beriefen, wonach der Sohn sich am Ende dem unterwerfen werde, der ihm alles unterworfen habe.1696 Auch über die menschliche Seele und ihre gemäß den Regeln der Rhetorik nach natura, disciplina und usus unterschiedene, dreifaltige conformatio wurden Erörterungen angestellt.1697 Das alles und manches Andere reichte in das weite Feld der Trinitätslehre.1698 Augustinus argumentierte bald biblisch, bald philosophisch, bald rhetorisch. Ein einheitsstiftendes Prinzip ist nicht erkennbar. Sicher reifte in Augustinus damals der Plan, diese Themen einmal systematisch zu durchdenken. Seiner eigenen Erinnerung zufolge hat Augustinus kurz nach der Bischofsweihe eine wichtige Vertiefung seines Denkens erfahren. Um exegetische Fragen des Simplicianus aus Mailand zu beantworten, hatte er erneut Paulus studiert. Da verstand er in vollerem Maße, daß der Anfang des Glaubens ein Got1692

Aug. fid. et symb. ix, 18 (CSEL 41, 21, 8 Z.). Ebd. ix, 16–20 (18, 1 – 27, 5 Z.). 1694 Turrado, ¿Gran leccio´n de la catequesis cristolo´gica-trinitaria? (wie Anm. 1268). 1695 Aug. divers. quaest. xvi (CChr.SL 44a, 21 M.). Vgl. xxiii (27 f. M.) und xxxvii (59 M.). 1696 Ebd. lxix (184–196 M.). 1697 Ebd. xxxviii (60 M.). Vgl. Cic. de orat. III, 20, 77 (291, 12–14 Kumaniecki). 1698 Aug. divers. quaest. xviii (23 M.); l (77 M.); li (78–82 M.); lvii (97–103 M.) u. a. 1693

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tesgeschenk sei.1699 In der um 397 verfaßten Antwortschrift an Simplicianus sagt Augustinus erstmals, daß der Wille zum Glauben und zu guten Werken einzig ein Geschenk von Gottes Gnaden sei.1700 Warum jedoch beschenkt Gott die einen Menschen, die anderen aber nicht? Es ist Augustinus vorgeworfen worden, von diesem epochalen Wendemoment an mache er aus der Gnadenlehre eine »Logik des Schreckens« und zerstöre seine vorherige humane Synthese von Christentum und philosophischer Erkenntnis. Hier öffne sich zum ersten Mal die im Spätmittelalter weit aufgerissene Kluft zwischen der theologischen Vorstellung eines völlig unbegreiflichen, furchtbaren Gottes und dem philosophischen Bemühen um verstandesmäßige Erkenntnis. Augustins Theorie stürze das Individuum in eine Heilsungewißheit und liefere es der kirchlichen Autorität und dem religiösen Fanatismus aus.1701 Diese Augustinuskritik dürfte zwar etwas überzogen sein, aber eine Schwerpunktverlagerung in Augustins Denken seit etwa 397 ist unverkennbar. Möglicherweise ist sie nicht zuletzt durch die Übernahme kirchlicher Ämter bedingt: Der im künstlichen Idyll ländlicher Abgeschiedenheit gehegte Erkenntnisoptimismus des jungen Intellektuellen weicht jetzt einer radikal paulinisch gedeuteten städtischen Wirklichkeitserfahrung menschlicher Schuld und Verstrickung. Es könnte sein, daß Augustinus infolge dieser Veränderung seines Denkens nun Abstand von allzu voreiligen Versuchen einer Identifizierung der göttlichen Trinität mit Prinzipientriaden neuplatonischen Zuschnitts nimmt. Noch immer allerdings bildet ein neuplatonisches Konzept einen gewissen Hintergrund seiner Überlegungen: dasjenige des geistigen Aufstiegs. Durch sieben Stufen hindurch kann der Mensch demnach zur Weisheit aufsteigen, höchstes Ziel ist der Genuß der Trinität.1702 Gleichzeitig scheint dieser durch moralische Reinigung mitbedingte Aufstieg einer ontologischen Stufung zu entsprechen, die Augustinus in der Schrift von der Musik im Sinne Platos und Plotins zahlentheoretisch begründet. Alles Geschaffene ist demnach durch einen Ursprung geschaffen, der einem ihm gleichen Einen in Liebe verbunden ist.1703 Augustinus beachtet aber seit seiner Wendung zur Gnadentheologie verstärkt, daß 1699 Aug. persev. xx, 52 (PL 45, 1026 M.): initium fidei donum dei esse. Vgl. auch Th. G. Ring, Art. Initium fidei, AugLex III, fasc. 3/4, 2006, 605–610. 1700 Aug. quaest. Simpl. I, ii, 2 (CChr.SL 44, 24 f., 12–48 Mutzenbecher). 1701 Logik des Schreckens. Augustinus von Hippo, De diversis quaestionibus ad Simplicianum I 2, deutsche Erstübersetzung von W. Schäfer, hg. und erklärt von K. Flasch, Mainz 21995. Durch Lettieris umfassende Begründung einer ähnlichen, die langjährige Unterbrechung der Arbeit an De doctrina christiana erklären sollenden These (L’altro Agostino [wie Anm. 389]) ist die Debatte erneut entfacht worden, vgl. oben S. 215 f. 1702 Aug. doctr. christ. I, v, 5 (CChr.SL 32, 9, 1–18 M.) und II, vii, 9–11 (36, 1 – 38, 63 M.). 1703 Aug. mus. VI, xvii, 56 (PL 32, 1191 M.): debet fateri ab uno principio per aequalem illi ac similem speciem divitiis bonitatis eius, qua inter se unum et de uno unum carissima, ut ita dicam, charitate iunguntur, omnia facta esse atque condita quaecumque sunt, in quantumcumque sunt. Diese Konzeption würde gut zu Augustins Denken im ersten Jahrzehnt seines Bischofsamtes passen. In der Tat überarbeitete er damals das sechste Buch über die Musik (epist. 101, 4 [CSEL 34/2, 542, 18 f. G.]).

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der Aufstieg zur Trinität wie alle Rückkehr in die wahre Heimat des Menschen erst durch die Inkarnation des Gottessohnes möglich ist.1704 Die Menschwerdung Gottes ist kein kosmisches Geschehen, das jedermann zu höherem Erkennen verhilft. Vielmehr begreift Augustinus tiefer, daß auch nach der göttlichen Inkarnation der Glaube als Voraussetzung von Heil und Erkenntnis ein Gnadengeschenk bleibt, ein donum dei, was zugleich Name des Heiligen Geistes ist.1705 Und ein zweites erkennt Augustinus bald nach der Bischofsweihe deutlicher als in den frühen Schriften, nämlich vor welch großen Schwierigkeiten jegliches Sprechen von Gott steht.1706 Damit verstärkt sich in der Gottesfrage eine in Augustinus von jeher angelegte Wendung zur Innerlichkeit: Das Nachdenken über die Trinität wird vom denkenden, sprechenden, endlichen Subjekt her vertieft. In den Confessiones schildert Augustinus den Weg der Gnade anhand seiner eigenen Person. Den autobiographischen Teil läßt er mit dem Tod der Mutter enden. Den Trauernden trösten Verse aus dem gleichen ambrosianischen Trinitätshymnus, mit dem Monnica seine platonische Triadologie kommentiert hatte.1707 Augustinus dringt von diesem Punkt aus in die Hallen des räumlich dargestellten Gedächtnisses vor, von dort zu der Frage, was die Zeit sei und wie es um die Schöpfung stehe, deren Gott nicht bedurft hätte und der er dennoch seine Gnade schenkt. Im letzten Buch tritt Augustinus gleichsam vor seinen Schöpfer selbst, und dieser erscheint als Trinität: Ecce apparet mihi in aenigmate trinitas, quod es, deus meus.1708 Der Gang durch das eigene Leben, durch die Zeit und durch die Schöpfung zum Schöpfer führt am Ende ins eigene Innere zurück. Augustinus fordert den Leser auf, in seinem Innersten eine Dreiheit zu erkennen, die weit entfernt von der Trinität Gottes sei, aber eben doch eine Trinität: die Dreiheit von Sein, Erkennen und Wollen, die unzertrennlich und doch zu unterscheiden seien. Im Menschen sei dies alles wandelbar, in Gott unwandelbar. Darum solle man sich an dieser Reflexion üben, solle prüfen und spüren, wieweit die Differenz von menschlicher und göttlicher Trinität genau reiche.1709

1704

Aug. doctr. christ. I, xi, 11 – xvii, 16 (CChr.SL 32, 12, 1 – 15, 7 M.). Donum dei als Name des Hl. Geistes schon in Aug. epist. 11 (CSEL 34/1, 28, 21 f. G.). 1706 Vgl. besonders Aug. doctr. christ. I-II (CChr.SL 32, 1–77 M.). 1707 Aug. conf. IX, xii, 32 (CChr.SL 27, 151 f., 59–66 V.), vgl. oben Anm. 1677. 1708 Aug. conf. XIII, v, 6 (CChr.SL 27, 244, 1 f. V.). 1709 Ebd. XIII, xi, 12 (247 f., 1–20 V.). 1705

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b) Adressaten von »De trinitate« Augustinus hat um die Zeit, in der er die Confessiones abschloß, vielleicht sogar unmittelbar danach,1710 die Arbeit an De trinitate begonnen. Was er in den »Bekenntnissen« begonnen hatte, setzte er im Werk über die Trinität fort: Es ging darum, seine früheren Versuche des intellektuellen Aufstiegs zur Trinität und seine älteren Konzeptionen einer trinitarischen Ontologie gemeinsam mit einer kirchlich-antihäretischen Glaubenslehre und der für alles grundlegenden Gnadenlehre zu einer neuen Einübung des Geistes in trinitarisches Denken umzugestalten. Wahrscheinlich hat Augustinus De trinitate um 399 angefangen. Die Abfassung der Bücher II bis IV dürfte sich bis etwa 414 hingezogen haben. Gewisse Indizien deuten auf eine Fertigstellung des abschließenden Buches XV erst um 426/27 hin, doch sicher ist nur, daß das gesamte Werk irgendwann zwischen 420 und 427 vollendet worden ist.1711 Augustinus scheute sich nicht, von manchen seiner voluminösen Schriften bereits lange vor ihrer Vollendung einzelne Teile zu veröffentlichen: So verfuhr er wohl mit De doctrina christiana I-II und sicher mit De civitate dei I-III.1712 Das setzte freilich zweierlei voraus: Erstens daß ihm von vornherein die Gesamtgliederung solcher Werke klar vor Augen stand, und zweitens daß er die Lektüre separater Werkteile für sinnvoll erachtete. Bei De trinitate war offenbar mindestens die zweite der beiden Bedingungen nicht erfüllt. Er wollte, schreibt er im nachträglich hinzugefügten Prolog, diese Bücher »nicht einzeln, sondern alle gleichzeitig herausgeben: aus dem Grunde, weil im Fortgang der Untersuchung die folgenden mit den vorangehenden verknüpft werden.« Hätte er diesen Plan einhalten können, meint Augustinus, wären die Bücher über die Trinität »viel entwirrter und deutlicher, soweit die Schwierigkeit so großer zu 1710 Die Hypothese, etwa 397/398 seien nur die ersten neun Bücher der Confessiones entstanden, wohingegen nach einer Pause die Bücher X-XIII erst 400/401 verfaßt worden seien (so etwa A. Solignac, BAug. 13, 1962, 45–54), beruht lediglich auf einer sehr unsicheren Interpretation einer Formulierung in Buch X und geht häufig mit mangelndem Verständnis des Zusammenhangs zwischen conf. I-IX, X und XI-XIII einher; die Bekenntnisse können ohne weiteres in einem Zuge um 397/399 niedergeschrieben worden sein. Anders Hombert (Nouvelles recherches [wie Anm. 207], 9–23), der die Hypothese einer allmählichen Entstehung zwischen 397 und 403 bevorzugt. 1711 Eine detaillierte Begründung der hier vertretenen Chronologie findet sich oben S. 42 ff. 1712 Der St. Petersburger Augustinus-Codex des beginnenden fünften Jahrhunderts enthält epistula 37 und die vier ersten Veröffentlichungen Augustins als Bischof, darunter De doctrina Christiana I-II; er dürfte somit die nur aus diesen beiden Büchern bestehende Erstausgabe des Werkes bezeugen (vgl. auch c. Faust. XXII, 91 [CSEL 25/1, 697, 24–26 Z.]), dessen dritter Teil jahrzehntelang halbfertig liegenblieb (retr. II, iv (xxx), 1 [CChr.SL 57, 92 f., 1–10 M.]); vgl. A. Mutzenbecher, Codex Leningrad Q.v.I.3 (Corbie). Ein Beitrag zu seiner Beschreibung, SE 18, 1967/68, 406–450. − Wohl vor September 413 publizierte Augustinus die 412 begonnenen ersten drei Bücher von De civitate dei: Quorum tres priores cum edidissem et in multorum manibus esse coepissent . . . (civ. V, xxvi [CChr.SL 47, 163, 75–77 D./K.]). Zur Datierung G. Bardy: BAug 33, 1959, 22 f., und G. J. P. O’Daly, Art. De civitate dei, AugLex I, 1986–94, 969–1010; hier 973 f.

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erklärender Dinge und unsere Fähigkeit es zulassen würde«. Aber es war anders gekommen. Augustinus hatte das zwölfte Buch noch nicht vollendet, als ungeduldige homines − wer sie waren, verrät Augustinus nicht − um 415/417 an »einige jener« unfertigen Bücher gelangten und Abschriften in Umlauf brachten. Zwar teilt Augustinus dieses Schicksal mit anderen antiken Autoren,1713 aber als er von der unautorisierten Publikation erfuhr, wollte er zuerst die Arbeit endgültig abbrechen und in anderen Schriften vor den Raubkopien warnen. Nach Augustins Bericht drängten ihn jedoch die fratres, am meisten Bischof Aurelius, das opus tam laboriosum zu vollenden. Augustinus entschied sich daher, die schon zirkulierenden Teile des Werkes nicht wie er »wollte«, sondern wie er »konnte« nur soweit zu überarbeiten, daß die Besitzer ihre Exemplare leicht auf die endgültige Fassung umzustellen vermochten. Ihren Kopien fehlten, wie er sagt, die Vorreden der ersten »vier oder vielmehr fünf« Bücher und »der nicht geringe Schluß von Buch XII«. Daß die abschließenden Bücher XIII bis XV in den Raubkopien noch gar nicht enthalten waren, ist in Augustins Formulierung zwar nicht explizit gesagt, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit impliziert. Augustinus erzählt in seinem Brief an Aurelius von dem Bücherraub und erklärt die mit dem Brief zusammen nach Karthago gesandte Fassung von De trinitate für allein authentisch. Er gestattet Aurelius, jedermann das Werk hören, lesen oder abschreiben zu lassen. Zudem verlangt er, daß der Brief dem Werk künftig als Prolog vorangestellt bleiben müsse.1714 Auf bestimmte philosophie- und theologiegeschichtliche Hintergründe von De trinitate ist später genauer einzugehen. Vorerst soll nach etwas anderem gefragt werden, nach den Adressaten dieses Werkes und damit nach seinem sozialen Kontext, nach den gruppenspezifischen Interessen daran. Diese Fragen sind in der bisherigen Forschung außer acht gelassen worden, obwohl es Quellen ersten Ranges zu ihrer Beantwortung gibt. In mehreren Briefen von und an 1713 Prominente Beispiele: die Schrift Zenos aus Elea »Über das Viele« (Plat. Parm. 128 d 7 f. [B.]); einige Bücher aus der Weltgeschichte des Diodorus Siculus (Diod. XL, 8 [VI, 186, 9–15 Dindorf/Fischer]); Ovids »Metamorphosen« (Ov. trist. I, vii, 23–40 [34 f. Hall]; III, xiv, 21–24 [131 H.]); Quintilians Rhetorik-Vorlesungen (Quint. inst. I, proœm. 6 f. [I, 4, 6–21 Winterbottom]); die »zweite Auflage« von Tertullians Werk gegen Markion (Tert. adv. Marc. I, i, 1 f. [CChr.SL 1, 441, 5–14 Kroymann]); Origenes’ nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Texte (Hier. epist. 84, 10 [CSEL 55, 132, 23 – 133, 2 Hilberg]); Hieronymus’ vorläufige lateinische Übersetzung eines Briefes des Epiphanius von Salamis im ersten Origenismus-Streit (Hier. epist. 57, 2 f. [CSEL 54, 504–507 H.]); Augustins De immortalitate animae (Aug. retr. I, v, 1 [CChr.SL 57, 15 f., 1–6 M.]). Zu einigen unsachgemäß von Mitbrüdern veröffentlichten Schriften Augustins vgl. Altaner, Schriften (wie Anm. 236), 27–30. 1714 Aug. trin. prol. (epist. 174) (CChr.SL 50, 25 f. M.); vgl. retr. II, xv (xli) (CChr.SL 57, 101 f. M.). Zu beachten ist, daß die Verwendung eines Briefes als Vorrede, das Eingeständnis mangelnder Perfektion des Werkes und die teilweise Abwälzung der Verantwortung für die Veröffentlichung auf den drängenden Widmungsempfänger zur Topik der lateinischen Prosavorrede gehören (T. Janson, Latin Prose Prefaces. Studies in Literary Conventions, AUS.SLS 13, Stockholm/Göteborg/Uppsala 1964, 106–112; 124–149).

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Augustinus treten nämlich Menschen in den Blick, deren Interesse an der Trinitätstheologie Augustinus bei der Arbeit an De trinitate begleitet und gefördert hat, und die er als Adressaten seines Werkes nachweislich im Blick hatte. Da Augustinus selbst glaubte, De trinitate könne nur »von wenigen verstanden« werden,1715 verdienen die namentlich bekannten dieser pauci eine nähere Betrachtung. Einer von ihnen war der tribunus et notarius Flavius Marcellinus.1716 Er war 410 von Kaiser Honorius mit weitreichenden Vollmachten nach Afrika entsandt worden, um das Land durch eine endgültige Lösung des Konflikts zwischen Katholiken und Donatisten zu stabilisieren. So stand er der großen Konferenz von Karthago 411 vor und blieb in der Stadt, bis er 413 einer tödlichen Intrige zum Opfer fiel. Was mag einen Religionspolitiker wie Marcellinus dazu bewogen haben, Augustinus um 412 derart heftig zur Beendigung von De trinitate zu drängen, daß dieser ihn dafür tadelte? Denn Augustinus hielt ihm entgegen, bei »allergefährlichsten Fragen« wie der Trinitätslehre sei die Mahnung zu noch sorgsamerer Bearbeitung (emendatio) eher angezeigt als die Verführung zu rascher Veröffentlichung (editio).1717 Nachdem Alarichs Truppen im August 410 Rom geplündert und sich nach Norden zurückgezogen hatten, war Nordafrika für viele Bürger Roms zum Refugium geworden, zumal für aristokratische Familien mit afrikanischen Besitztümern. Diese Notabeln brachten einiges von der religiösen Vielfalt und intellektuellen Atmosphäre Roms nach Afrika mit. Karthago, das mit seinem Sitz des proconsul Africae, zahlreichen Behörden, Militärstützpunkten und mit seinen Schulen und Hochschulen für Philosophie, Sprachen und rechte Lebensführung als das afrikanische Rom galt,1718 wurde zum Schauplatz einer »re´action paı¨enne e´le´gante«,1719 aber ebenso einer Neigung gerade der weiblichen Nobilität zu einem vertieften, asketischen Christentum − ihre geistlichen Berater wie Pelagius und Caelestius waren unter den Exulanten.1720 Marcellinus und seine Frau fühlten sich der katholischen Kirche zugehörig und wandten sich brieflich und mündlich in den Fragen, die damals in diesen Kreisen diskutiert wurden, an die beiden bedeutendsten lebenden Theologen des lateinischen Westens, Hieronymus und Augustinus.1721 Täglich verkehrte Marcellinus im Salon des Volusianus,1722 in dem pagane, katholische und erste pelagianische Argumente frei debattiert wurden.1723 1715

Aug. epist. 169, i, 1 (CSEL 44, 612, 8 f. G.). Zusammenstellung der Nachrichten über ihn: PAC 671–688. Näheres bei M. Moreau, Le dossier Marcellinus dans la Correspondance de saint Augustin, RechAug 9, 1973, 3–181, auch separat: E´AA 57, Paris 1973. 1717 Aug. epist. 143, 4 (CSEL 44, 254, 3–19 G.). 1718 Salv. gub. VII, xvi, 67 f. (CSEL 8, 177, 11–25 Pauly). 1719 Lepelley, Les cite´s de l’Afrique romaine, Bd. 1 (wie Anm. 1639), 359. 1720 Aug. gest. Pelag. xxii, 46 (CSEL 42, 100, 7–23 Vrba/Zycha). 1721 Hieronymus wurde von den beiden Eheleuten z. B. super animae statu konsultiert, Hier. epist. 126, 1 (CSEL 56/1, 143, 4 f. H.). 1722 Marcell. Aug. epist. 136, 1 (CSEL 44, 93, 10 f. G.). Vgl. Moreau, Le dossier Marcellinus (wie Anm. 1716), 123–129: »Le cercle de Volusianus«. 1716

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Volusianus entstammte dem römischen Hochadel.1724 Seine Mutter wie seine Schwester waren fromme Christinnen, während er selbst dem Christentum damals mit der leicht hochnäsigen Skepsis des Intellektuellen gegenüberstand. In einem Brief von freundlich-ironischer Distanz präsentierte Volusianus um 412 dem Bischof von Hippo Regius die Fragen, die in seinem Zirkel besprochen worden waren. Man habe eines Tages zuerst über Rhetorik, dann über aristotelische, akademische und epikureische Philosophie diskutiert, und schließlich sei das Gespräch auf christliche Doktrinen gekommen: ob es plausibel sei, daß der Weltenherrscher monatelang im Bauch einer schwangeren Jungfrau verharrt, dann als Kind aufwächst, ißt, schläft und für die Dauer seines Erdenlebens den himmlischen Thron verläßt, um die Regierungsgeschäfte aus einem Menschenkörper heraus weiterzuführen − was meine Augustinus dazu?1725 Dem Schreiben des Volusianus lag ein Billet des Marcellinus bei. Darin stand, in Karthago gebe es viele, die sich über das Christentum mokierten. Besonders die Heilsökonomie der Menschwerdung, die dispensatio incarnationis, stoße auf Zweifel. Augustins Antwortbrief werde durch viele Hände nicht immer gewogener Leser gehen, und darum solle er umfassend ausgearbeitet sein und möglichst glänzend ausfallen.1726 Augustinus verstand den Wink. In seinem Schreiben an Volusianus entwikkelte er erstmals seine Lehre von der Verbindung von Gott und Mensch in der einen Person Christi, die er dann auch in De trinitate entfaltete.1727 Diese una persona-Konzeption hatte er wahrscheinlich einer damals gerade gelesenen Schrift des Gregor von Elvira entnommen.1728 Er erklärte seine Konzeption der Einheit von Gott und Mensch in Christus nun anhand der Einheit von Leib und Seele in jedem Menschen, ein damals in gebildeten Zirkeln modisches Thema.1729 Dabei stützte sich Augustinus auf die Leib-Seele-Theorie des Porphyrius1730 und ließ so durchblicken, daß er den gedanklichen Hintergrund der zeitgenössischen Anthropologie kannte. Augustinus holte noch weiter aus und nutzte die Gelegenheit zu einer kurzen Apologie des Christentums. Er behauptete, daß die christliche Lehre Physik, Logik und Ethik in sich schließe, nach seinem antiken Verständnis dieser Begriffe mithin die gesamte Philosophie.1731 1723

Solche Debatten schildert Volusian. Aug. epist. 135 (CSEL 44, 89–92 G.); hier soll Marcellinus »täglich« Pelagianern begegnet sein (Aug. gest. Pelag. xi, 25 [CSEL 42, 78, 25 f. V./Z.]). 1724 A. Chastagnol, Le se´nateur Volusien et la conversion d’une famille de l’aristocratie romaine au Bas-Empire, RE´A 58, 1956, 241–253. 1725 Volus. Aug. epist. 135 (CSEL 44, 89–92 G.). 1726 Marcell. Aug. epist. 136 (CSEL 44, 93–96 G.). 1727 Aug. epist. 137, iii, 11 (CSEL 44, 109, 15 – 111, 7 G.); trin. XIII, xvii, 22 (CChr.SL 50a, 412, 1–16 M.). Vgl. Drobner, Person-Exegese (wie Anm. 552), 169–171. 1728 Oben S. 110. 1729 J. Flamant, Macrobe et le Ne´o-Platonisme latin a` la fin du IV e sie`cle, E´PRO 58, Leiden 1977, 566–595. 1730 E. L. Fortin, Christianisme et culture philosophique au cinquie`me sie`cle. La querelle de l’aˆme humaine en Occident, E´AA 10, Paris 1959, 111–128. 1731 Aug. epist. 137, v, 17 (CSEL 44, 121, 16 – 122, 4 G.). Vgl. oben S. 295.

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In anderen Schriften brachte Augustinus diese traditionelle Dreiteilung der Philosophie mit der Trinitätslehre in Zusammenhang.1732 Man darf aus diesen Zeugnissen schließen, daß Marcellinus sich von Augustins De trinitate eindrucksvolle Wirkung auf jene intellektuellen Kreise erhoffte, die damals in Nordafrika das Christentum und seine Lehren einer kritischen Prüfung aussetzten. So läßt sich auch begreifen, weshalb Augustinus dem Marcellinus unter anderem De civitate dei und sein erstes Werk gegen den Pelagianismus widmete.1733 Man hat sich die Lage in Erinnerung zu rufen: In vielen vornehmen Familien gab es christliche Mitglieder. Ihre noch nicht christlichen Angehörigen waren angesichts der ungeheuren politisch-kulturellen Veränderungen, die durch die machtvollen »Barbarenvölker« nun eingetreten waren oder unübersehbar bevorstanden, oft nicht abgeneigt, sich religiös und weltanschaulich neu zu orientieren. Manche werden den Eindruck gewonnen haben, daß sich das Christentum besser mit diesen Völkern zu arrangieren vermochte als die alte Elite.1734 Aber war das Christentum nicht eine barbarische Religion aus dem Orient? Wenn Mitglieder der Oberschicht so dachten, dann dürften sie ein literarisches Werk attraktiv gefunden haben, welches ihnen zeigte, daß der christliche Gottesglaube, klug interpretiert, nicht unter dem Niveau des Neuplatonismus lag. Ganz am Schluß von De trinitate gibt Augustinus einmal deutlich zu erkennen, daß er mit diesem Werk nicht nur Gläubige, sondern auch »Ungläubige« überzeugen will. Er kommt dort auf den Unterschied zwischen der Zeugung des Sohnes und dem Hervorgang des Heiligen Geistes zurück, den er noch immer nicht befriedigend geklärt zu haben meint, und zitiert »vorläufig für diejenigen, die sich weiter hinaus nicht strecken können,« aus einer seiner Homilien zum Johannesevangelium. Nach dem Zitat sagt er, dort freilich habe er für Gläubige, nicht für Ungläubige gesprochen.1735 De trinitate soll dagegen auch letzteren etwas bieten, »woran sie nicht zweifeln können«, wie es zu Anfang des ersten Buches einmal heißt.1736 Wer eine rein innerchristliche spirituelle Übung in dem Werk sehen will, verkennt Augustins Absicht. Das Verlangen nach vernünftigem Verstehen des Christentums regte sich bei manchen Gläubigen nicht minder. In zwei Briefen an Evodius, seinen Freund aus Kindertagen und späteren Kollegen im Bischofsamt, spricht Augustinus von seinen Büchern über die Trinität. Evodius war schon um 387/388 als Ge1732 Aug. civ. XI, xxv f. (CChr.SL 48, 344–346 D./K.). Zu früheren Texten Augustins Cutino, Filosofia tripartita (wie Anm. 1247). 1733 Aug. civ. I, praef. (CChr.SL 47, 1, 1–23 D./K.); pecc. mer. I, i, 1 (CSEL 60, 3, 2–15 Vrba/Zycha). 1734 A. Momigliano, Christianity and the Decline of the Roman Empire, in: Ders. (Hg.), The Conflict Between Paganism and Christianity in the Fourth Century, OWS, Oxford 1963, 1–16; hier 14 f.; erneut in: Ders., Terzo Contributo alla storia degli studi classici e del mondo antico, Bd. 1, Rom 1966, 69–86. 1735 Aug. trin. XV, xxvii, 48 (CChr.SL 50a, 529 f., 1–37 M.). 1736 Ebd. I, ii, 4 (CChr.SL 50, 31, 15 f. M.).

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sprächspartner Augustins in dem philosophischen Dialog De quantitate animae aufgetreten.1737 Um 414/415 richtete er an Augustinus ein Bombardement von teilweise krausen Fragen über das Verhältnis von Leib und Seele angesichts von Tod, Träumen und Erscheinungen, sodann über Gott und die ewige Vernunft, über Jungfrauengeburt und anderes − vieles ähnelt den Themen aus dem Debattierclub des Volusianus. Augustinus zeigte sich nur mäßig angetan von solch ungeordneter Wißbegier.1738 Doch er antwortete ausführlich und vertröstete Evodius darauf, weitere Analysen zu einigen dieser Themen würden sich in den noch nicht veröffentlichten Büchern De trinitate und De Genesi ad litteram finden.1739 In einem späteren Brief an Evodius begründete Augustinus gleichwohl, weshalb er in letzter Zeit kaum an De trinitate arbeitete: Die Bücher seien zu mühevoll und würden wohl nur von wenigen überhaupt verstanden, so daß die Fertigstellung von Schriften Vorrang habe, die einer größeren Zahl von Menschen nützten.1740 Damals hatte Augustinus den Kampf gegen den Pelagianismus aufgenommen, der seine Kräfte in Anspruch nahm. Wohl um 415/416 oder einige Jahre danach schrieb ihm ein theologisch interessierter Laie von den balearischen Inseln namens Consentius.1741 Um die Zweifel spanisch-gallischer Priszillianer an der leiblichen Auferstehung Jesu Christi und der Menschen überhaupt1742 zu zerstreuen, hatte sich Consentius auf eigene Faust allerhand komplizierte Ansichten zurechtgelegt und sich zuletzt in die Frage verstrickt, wie sich die ununterscheidbare Einheit Gottes zu der Unterscheidbarkeit der drei Personen verhalte. Er spürte das Unzureichende seiner Versuche und wandte sich an Augustinus. Der räumte in seinem Antwortbrief manche Mißverständnisse aus und bediente sich dabei vieler Gedanken und Formulierungen aus dem achten Buch von De trinitate.1743 Augustinus kritisierte scharf die Neigung des Consentius, angesichts der Trinität den Glauben gegen die Vernunft auszuspielen. Es kann nicht sein, entgegnete Augusti1737 Die Nachrichten über Evodius: PAC 366–373; J. Divjak, Epistulae, in: AugLex II, 1996–2003, 893–1057; hier 943–945. 1738 Aug. epist. 159, 1 (CSEL 44, 497 f. G.). 1739 Aug. epist. 162, 2 (CSEL 44, 513, 1–3 G.). 1740 Aug. epist. 169, i, 1 (CSEL 44, 611 f. G.). 1741 Consent. Aug. epist. 119 (CSEL 34/2, 698–704 G.). Die traditionelle Datierung dieses Briefes auf Winter 410/411 ist nur sehr schwach begründet, weil die von Consentius bedauerte Abwesenheit des Augustinus nichts mit dessen krankheitsbedingter Entfernung von Hippo in der genannten Zeit zu tun haben muß. Im Lichte der neu entdeckten DivjakBriefe bietet sich eine spätere Datierung an. Vorschläge unterbreitet J. Amengual i Batle, Els orı´gens del cristianisme a les Balears i el seu desenvolupament fins a l’e`poca musulmana, 2 Bde., Palma de Mallorca 1991 f., hier Bd. 1, 179–281; ders., Una trilogı´a agustiniana antipriscilianista y unas sugerencias para una nueva cronologia, RE´Aug 44, 1998, 205–221; Divjak, Epistulae (wie Anm. 1737), 946–948. 1742 Vgl. B. Vollmann, Priscillianus, PRE Suppl. XIV, 1974, 485–559; hier 543 f. 1743 Aug. epist. 120 (CSEL 34/2, 704–722 G.). Eine neue Edition der Consentius-Briefe Aug. epist. 119 und 11*/12* Divjak ist enthalten in: Amengual i Batle, Els orı´gens, Bd. 2 (wie Anm. 1741), 66–123.

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nus, daß Gott das in uns haßt, worin er uns allen Tieren überlegen erschaffen hat. Unser Glaube darf, ja soll die Vernunft befragen. Ohne Vernunftseele können wir gar nicht glauben. Man darf die Weisheit nicht meiden, nur weil es auch eine falsche Weisheit gibt. »Wenn also die Seele, insbesondere die menschliche als rationale und geistige, die zum Ebenbild dieser [Trinität] geschaffen ist, unsere Gedanken und Vernunfterkenntnisse nicht völlig überragt, sondern wenn wir das Vorzüglichste an ihr, nämlich eben den Geist und die Vernunft, mit dem Geist und der Vernunft erfassen können, dann ist es vielleicht nicht absurd, daß wir darauf sinnen, sie auch zur Erkenntnis ihres Schöpfers mit dessen Hilfe zu erheben.«1744

Schließlich lud Augustinus Consentius ein, persönlich zu ihm zu kommen und in Hippo die vielen Seiten zu lesen, die er bereits über die Trinität verfaßt oder gerade unter den Händen habe, aber der Schwierigkeit wegen noch nicht habe entfalten können. Consentius folgte offenbar der Einladung und dankte Augustinus um 420 für »viele Gespräche«.1745 Vielleicht noch später erkundigten sich vier Männer aus dem Umkreis des Bischofs Aurelius von Karthago nach der Gottheit des Heiligen Geistes, vermutlich um sich von Augustinus für eine neue Herausforderung wappnen zu lassen: Damals drangen gotisch-homöische Theologen, welche die Gottheit des Geistes bestritten, nach Nordafrika vor.1746 Augustinus antwortete kurz mit Ausführungen, die De trinitate I, vi, 13 ähneln, und verwies auf die unmittelbar bevorstehende Publikation von De trinitate.1747 Sehr wahrscheinlich waren die Fragesteller aber keineswegs nur an innerchristlichen Auseinandersetzungen interessiert. Einer von ihnen, Deogratias von Karthago, hatte als ein mit der Katechese beauftragter Diakon einst Augustinus, unmittelbar bevor dieser mit De trinitate begann, zu dem Werk De catechizandis rudibus angeregt.1748 Augustinus hatte darin unter anderem Ratschläge erteilt, was zu tun sei, wenn man es mit hochgebildeten Taufbewerbern zu tun habe, die von ihrer heidnischen Erziehung her gewohnt seien, Fragen auf den Grund zu gehen und sie mit anderen Menschen zu diskutieren.1749 Vermutlich in der Zeit nach 410 und im gleichen Umfeld, in dem sich Intellektuelle wie Volusianus aufhielten, hatte sich Deogratias um einen solchen schwierigen Fall bemüht: Ein Mann hatte in den Schriften des Porphyrius Argumente gegen christliche Lehren wie die von der Gottessohnschaft Christi gefunden und wartete auf Widerlegung.1750 Damals hatte Augustinus einläßlich geantwortet.1751 1744

Aug. epist. 120, ii, 12 (CSEL 34/2, 715, 6–13 G.). Consent. Aug. epist. 12*, 8 Divjak (BAug 46b, 240, 134–136). 1746 Beleg dafür ist etwa die Zusendung des Sermo Arrianorum an Augustinus im Jahre 419 (unten Anm. 1775). 1747 Aug. epist. 173a (ed. F. Römer, WSt 84, 1971, 225–232). 1748 Aug. catech. rud. i, 1 (CChr.SL 46, 121, 3 f. Bauer). Die Identität dieses Deogratias mit dem in der Adresse von epist. 173a genannten ist allerdings nicht sicher beweisbar. Zu Deogratias vgl. PAC 271–273. 1749 Aug. catech. rud. viii, 12 (133, 8 f. B.). 1750 Aug. retr. II, xxxi (lvii) (CChr.SL 57, 115, 3–6 M.). 1745

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Zu derselben theologisch interessierten Gruppe aus Karthago, vielleicht einer Klerikerkommunität, zählte wahrscheinlich auch ein Diakon namens Carissimus, der das fertige Werk De trinitate zwischen 420 und 427 nach Karthago an Bischof Aurelius zu überbringen hatte.1752 Was sich Aurelius von dem Werk versprach, auf dessen Abschluß er am nachhaltigsten von allen bestand, ist nur indirekt zu erschließen. Leider ist kaum etwas Schriftliches von diesem bedeutenden Mann erhalten. Man darf vermuten, daß er ähnlich wie Marcellinus eine werbende Wirkung auf Intellektuelle in Afrika erhoffte, vielleicht auch über Afrika hinaus − noch zu Lebzeiten Augustins ist ein Exemplar von De trinitate beispielsweise an zwei theologisch interessierte Laien in Südgallien geschickt worden.1753 Zweitens darf man vorsichtig von dem mutmaßlichen Anliegen der afrikanischen Klerikergruppe auch auf ihren Bischof schließen und die für Afrika recht neue Begegnung mit nichtnizänischer Theologie als einen Hintergrund in Betracht ziehen. Vielleicht war es letzteres, was Augustinus nach dem Bücherdiebstahl wieder an De trinitate arbeiten ließ. c) Augustins Begegnung mit nichtnizänischer Theologie Auf diesen »arianischen« Hintergrund ist hier näher einzugehen. In dem möglicherweise auf Augustins eigenem Bibliothekskatalog beruhenden Indiculum der Werke Augustins,1754 das Possidius der Vita S. Augustini beigab, ist De trinitate unter der Rubrik adversus Arrianos verzeichnet.1755 Welchen Platz nehmen nichtnizänische Theologien im Leben und Denken Augustins und überhaupt an den Orten seines Wirkens ein? In seinen Mailänder Jahren, seit 384, konnte Augustinus die große trinitätstheologische Kontroverse des vierten Jahrhunderts kaum ignorieren. Immerhin hatte sich die Stadt unter dem Griechen Auxentius, der von 355 bis 374 hier als Bischof amtierte, zu einem »Hauptstützpunkt der lateinischen Homöer« entwickelt, während die Nizäner am Ort in der Minderheit gewesen sein dürf1751 Aug. epist. 102 (CSEL 34/2, 544–578 G.); es ging u. a. um die Frage, ob Salomo wirklich gesagt habe: filium deus non habet (epist. 102, v, 28 [569, 4 G.]). 1752 Zu Carissimus vgl. G. Madec, BAug 46b, 1987, 556 f. In trin. prol. (epist. 174) (CChr.SL 50, 25, 21 M.) muß demnach in der Formulierung per . . . condiaconum carissimum letzteres Wort als Eigenname gelesen werden. Die vier Empfänger von Brief 173a sind auch unter den sieben Adressaten von epist. 25* Divjak (BAug 46b, 388). 1753 Um 429 äußert Augustinus gegenüber Hilarius und Prosper von Aquitanien die Vermutung, der Text von De trinitate sei inzwischen zu ihnen gelangt (praed. sanct. viii, 13 [PL 44, 970 M.]). 1754 A. Mutzenbecher, Bemerkungen zum Indiculum des Possidius, RE´Aug 33, 1987, 128–131; F. Dolbeau, Art. Indiculum, -us, AugLex III, fasc. 3/4, 2006, 571–581. Augustinus erwähnt selber ein solches Indiculum seiner Werke (retr. II, xli [lxvii] [CChr.SL 57, 123, 10 M.]). 1755 Possid. indic. viii, 5 (MA 2, 173 Wilmart). Außerdem zählt Possidius zu dieser Sparte: (1–4) divers. quaest. xviii, xxxvii, l, lxix; (6–8) epist. 238. 239/241. 242; (9) einen verlorenen Brief an Terentianus; (10) epist. 170 (unsicher); (11) serm. 126; (12) in evang. Ioh. xxi (unsicher); (13) serm. 117; (14) coll. c. Maximin.; (15) c. Maximin.; (16) haer.

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ten.1756 Ambrosius wurde 374 sein Nachfolger im Bischofsamt, gewann offenbar bald viele oder die meisten Christen der Stadt für den nizänischen Glauben und lieferte sich fortan Auseinandersetzungen mit Homöern. Selbst sein Kritiker Hieronymus wird später in der Bischofsernennung des Ambrosius den Moment anerkennen, von dem an ganz Italien wieder zum rechten Glauben bekehrt worden sei.1757 Der theologische Streit war zu keinem Zeitpunkt so subtil, wie er in der griechischen Reichshälfte vielfach geführt wurde. Dennoch lieferte er wenig später die ideologische Trennungslinie zwischen dem »Neunizäner« Ambrosius einerseits und andererseits dem in den 380er Jahren wirkenden »homöischen« Gegenbischof Auxentius von Durostorum1758 samt der Kaisermutter Justina, die noch den älteren Verbindungen des Herrscherhauses zur »homöischen« Reichskirche anhing und sich gotischer Söldnertruppen bediente.1759 Kaum war Augustins Mutter ihrem Sohn nach Mailand gefolgt, spitzte sich der ekklesiale Konflikt 385/386 zu einem politischen Machtkampf zu. Monnica gehörte zu den Katholiken, die sich demonstrativ um ihren Bischof Ambrosius scharten und nicht zulassen wollten, daß die Homöer die vor den Toren der Stadt liegende Basilica Portiana oder gar eine innerstädtische Basilika zur Verfügung gestellt bekamen.1760 Die Verpflichtung der Reichsbevölkerung auf den neunizänischen Glauben der Bischöfe Damasus von Rom und Petrus von Alexandrien, welche das Edikt Cunctos populos von 380 verfügt hatte, wurde im Januar 386 per Gesetz unterlaufen: Wer dem alten (homöischen) Glauben von Rimini (359) und Konstantinopel (359/360) anhing, durfte weiterhin Versammlungen abhalten.1761 Das kam einem Toleranzedikt für homöische Gottesdienste gleich und mußte die Katholiken um so mehr alarmieren. Um Theologie ging es im Mailänder Tumult kaum noch. Vielleicht nahm Augustinus die Konfrontation darum weniger als Ausdruck bedenkenswerter theologischer Differenzen wahr denn vielmehr als Konflikt zwischen kirchlicher Selbstbehauptung und höfisch-politischer Bevormundung. Denkbar ist auch, daß für ihn die gotischen Soldaten, die Ch. Markschies, Einleitung, in: Ambrosius von Mailand, De fide (ad Gratianum). Über den Glauben (an Gratian), Bd. 1, FC 47/1, Turnhout 2005, 9–133; hier 14. Vgl. auch, mit anderen Pointierungen, H. O. Maier, Private Space as the Social Context of Arianism in Ambrose’s Milan, JThS N. S. 45, 1994, 72–93. 1757 Hieron. chron. a Abr. 2390 (GCS Eusebius VII, 247, 16–18 Helm). 1758 Zur umstrittenen Frage, ob der auch Auxentius Mercurinus genannte Gegner des Ambrosius in Mailand mit Auxentius von Durostorum identisch ist, vgl. Markschies im Kommentar seiner De fide-Übersetzung (wie Anm. 1756), Bd. 1, S. 172 f., Anm. 52. 1759 Williams, Ambrose of Milan (wie Anm. 115), 210–217; ders., Ambrose, Emperors and Homoians in Milan: The First Conflict over a Basilica, in: M. R. Barnes/D. H. Williams (Hgg.), Arianism After Arius. Essays on the Development of the Fourth Century Trinitarian Conflicts, Edinburgh 1993, 127–146; N. B. McLynn, Ambrose of Milan. Church and Court in a Christian Capital, TCH 22, Berkeley/Los Angeles/London 1994, 158–219. 1760 Aug. conf. IX, vii, 15 (CChr.SL 27, 141 f. V.). Vgl. Markschies, Einleitung (wie Anm. 1756), 20–22. 1761 Cod. Theod. XVI, 1, 4 (I/2, 834 K./M.). Cunctos populos wie oben Anm. 1644. 1756

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aus Glaube und kaisermütterlichem Befehl die homöischen Ansprüche durchsetzen sollten, das Barbarische gegenüber dem Römischen verkörperten, und ihr altmodisch-reichskirchliches Bekenntnis diesen Eindruck des Fremdartigen noch verstärkte. Den nizänischen Glauben nahm der Mailänder Taufbewerber Augustinus ungefähr in der von Ambrosius gelehrten Form in sich auf. Das Konzil von Konstantinopel 381, an dem kein Vertreter des lateinischen Westens teilgenommen hatte, blieb ihm wohl zeitlebens unbekannt.1762 Augustins Schriften aus der Mailänder Zeit und bis weit ins fünfte Jahrhundert hinein verraten zudem keine intime Kenntnis von komplexen Aspekten nichtnizänischer Theologie. Was Augustinus vom »Arianismus« wußte und in den Kolloquien von Thagaste und Hippo Regius oft scharfsinnig und tiefgründig erörterte, scheint sich lange Zeit auf zentrale Topoi beschränkt zu haben, etwa den Subordinatianismus, der den Sohn gegenüber dem Vater abwertete und den Heiligen Geist dem Sohn unterordnete; die Einschätzung, Sohn und Geist seien Geschöpfe; die Vorstellung, es habe eine Zeit gegeben, als der Sohn noch nicht existierte. Die erhalten gebliebenen homöischen Texte der lateinischen Antike und die uns noch vorliegenden lateinischen Zeugnisse über die Lehre des Arius bieten allerdings auch nicht sehr viel mehr an interessantem Stoff für eine intellektuelle Diskussion. Daß Augustinus sich bereits in den Seminaren der Jahre 388 bis 396 reichlich mit solchen Topoi befaßt, beweist zumindest, daß sie in seinem engsten Umkreis diskutiert wurden.1763 In einer zwischen 405 und 411 gehaltenen Predigt behauptete Augustinus, in Afrika lebten keine »Eunomianer«.1764 Ähnliches scheint er um 404 von den »Arianern« überhaupt gemeint zu haben,1765 die er im Frühjahr 404 zusammen mit »Eunomianern« und »Macedonianern« nur in den Kirchen des Ostens wähnte.1766 Um 414 jedoch rechnete er wegen der vielen Fremden, die − vermutlich nach der Plünderung Roms 410 − nach Afrika gekommen waren, auch in Hippo Regius mit der Anwesenheit von »Arianern«.1767 Nicht sicher datierbar, aber vielleicht um 414 und sehr wahrscheinlich vor dem siebten Buch von De trinitate anzusetzen1768 ist auch die unerquickliche Diskussion Augustins mit 1762 Zum nizänischen Glauben bei Augustinus vgl. oben Anm. 603 und unten Anm. 1768; zu Augustins Unkenntnis des Konzils von Konstantinopel 381 vgl. H. J. Sieben, Die Konzilsidee der Alten Kirche, KonGe.U 1, Paderborn u. a. 1979, 81. 1763 Vgl. oben S. 417 sowie Anm. 1755 und A. Mutzenbecher, Einleitung, in: CChr.SL 44a, 1975, XIX-XCIII; hier XXX, Anm. 6, und XXXI mit Anm. 8. 1764 Aug. serm. 46, 18 (CChr.SL 41, 545, 454 Lambot). Datierung: M.-F. Berrouard, BAug 73a, 1988, 485. 1765 Aug. serm. 162 A = 19, 12 Denis (MA 1, 111, 4 Morin). Datierung: Frede, Kirchenschriftsteller (wie Anm. 189), 229. 1766 Aug. un. eccl. iii, 6 (CSEL 52, 237, 18 f. Petschenig). Datierung: Frede, Kirchenschriftsteller (wie Anm. 189), 202. 1767 Aug. in evang. Ioh. xl, 7 (BAug 73a, 316 B.). Datierung: M.-F. Berrouard, BAug 73a, 1988, 12. 1768 PAC 827–829, besonders Anm. 1. Die Argumente für eine zeitliche Nähe von epist.

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dem comes domus regiae Pascentius in Karthago, woran sich ein Briefwechsel anschloß.1769 Pascentius soll Arius und Eunomius auf Nachfrage verurteilt haben, sich aber theologisch auf einen gewissen Auxentius berufen haben1770 − es wird wohl Auxentius von Durostorum gewesen sein, jener Gegenbischof zu Ambrosius, der denselben Namen trug wie dessen homöischer Vorgänger auf dem Mailänder Bischofsstuhl. Das oëmooyÂsiow lehnte Pascentius als unbiblisch ab. Ansonsten wurde viel über Verfahrensfragen gestritten; man fühlt sich an das Protokoll der Synode von Aquileia 381 erinnert.1771 Dennoch legte Augustinus brieflich nochmals seine Hauptargumente gegen den Nichtnizänismus dar, großenteils ähnlich wie in De trinitate. Aber Pascentius ging nicht darauf ein. Er pochte auf die Beantwortung seiner Fragen, etwa ob für Augustinus Gott eine einzige persona triformis sei.1772 Dahinter steht offensichtlich der Verdacht auf Sabellianismus, den die nizäakritischen Theologen besonders gegenüber Markell und der von ihm beeinflußten römischen Theologie hegten. Nach 420 triumphierte Augustinus einmal, es gebe nurmehr drei »Arianer« in Hippo, nachdem sich ein vierter soeben bekehrt habe.1773 Aber bald kamen erneut Gläubige der homöischen Richtung und brachten ihre Theologie vom Stile Wulfilas nach Afrika mit.1774 Aus einem Nachbarort von Hippo Regius erhielt Augustinus 419 ein solches homöisches Manifest zugesandt,1775 zu dem er bald Punkt für Punkt eine Entgegnung verfaßte.1776 In einer schwer datierbaren Auslegung von Psalm 54, die in unmittelbarer Nachbarschaft von wahrscheinlich um 412/413 gehaltenen Psalmenpredigten überliefert ist, gesteht

238 zu in evang. Ioh. xxxix, 7 (um 414) und vor allem vor trin. VI/VII bei M.-F. Berrouard, BAug 73a, 1988, 483 f., erscheinen überzeugender als diejenigen von Sieben (Augustinus und der Arianismus [wie Anm. 621], 208) der epist. 238 bis 241 in die Jahre 428/429 datiert: In letzterem Falle müßte Augustinus plötzlich für einen Moment die in trin. VI/VII mühsam überwundene, in den Retraktationen ganz am Ende seines Lebens ebenfalls kritisierte Theorie nochmals vertreten haben, Gottvater sei wahr durch die von ihm gezeugte Wahrheit (vgl oben Anm. 230). Aug. epist. 238 gehört zwar zu den Texten, die das Wort oëmooyÂsiow ausdrücklich mit einem Konzil (gemeint ist Nizäa) in Verbindung bringen − alle anderen derartigen Texte Augustins fallen in die Zeit nach 419 (als Augustinus auf den Sermo Arrianorum antwortete), so Studer, Das nizänische Consubstantialis (wie Anm. 603), 404. Doch gerade in epist. 238 gewinnt man den Eindruck, falls nicht Ironie im Spiel ist, als kenne Augustinus den Begriff noch kaum und werde erst durch Pascentius darauf gestoßen. 1769 Possid. vita Aug. xvii, 1–6 (170, 1 – 172, 37 Bastiaensen); Aug. epist. 238–241 (CSEL 57, 533–562 G.). 1770 Aug. epist. 238, i, 4 (CSEL 57, 535, 8–11 G.). 1771 Acta conc. Aquil. (CSEL 82/3, 325–368 Zelzer). 1772 Pasc. Aug. epist. 240 (CSEL 57, 560, 4 G.). 1773 Aug. serm. Guelf. 17, 4 = 229 O (MA 1, 498, 12–14 Morin). Datierung: Frede, Kirchenschriftsteller (wie Anm. 189), 234. 1774 Zum Hintergrund Brennecke, Home´ens (wie Anm. 624). 1775 Es handelt sich um den sogenannten Sermo Arrianorum (CSEL 92, 33–45 Suda), vgl. Aug. epist. 23 A*, 3 Divjak (BAug 46b, 372, 26–28). Datierung: M.-F. Berrouard, BAug 46b, 1987, 544. 1776 Aug. c. Arian. (CSEL 92, 47–113 Suda).

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Augustinus den »Arianern« zu, daß sie die Denker der Kirche zu genauerem Nachdenken und Formulieren provoziert hätten: »Wurde denn etwa in vollkommener Weise von der Trinität gehandelt, bevor die Arianer dagegenbellten?«1777 Auch in mehreren Briefen, und zwar anscheinend durchweg an gesellschaftlich hochrangige Männer, setzte sich Augustinus mit nichtnizänischer Theologie auseinander. Dem katholischen comes Africae Bonifatius erläuterte Augustinus um 417 kurz, worin der »Arianismus« bestehe.1778 Die zweite Ehefrau des Politikers, wohl aus gotischem Adel, trat denn auch vor der Heirat vom »arianischen« zum katholischen Glauben über. Ihre Bekehrung blieb indessen oberflächlich: Zu Augustins Verdruß ließen die Eheleute ihre Tochter von einem »Arianer« taufen.1779 Ein Arzt namens Maximus von Thaenae, der in einem Teil der Briefüberlieferung als »Eunomianer« tituliert wird, hatte sich anscheinend der katholischen Kirche zugewandt, aber noch nicht die Mitglieder seines ganzen Hauses nach sich gezogen. Augustinus forderte ihn dazu auf und gab einen knappen Überblick über die hauptsächlichen Unterschiede in der Lehre. Dabei befaßt er sich vor allem mit Behauptungen einer Substanzverschiedenheit von Vater, Sohn und Geist, wie sie für den Eunomianismus tatsächlich charakteristisch sind. Im gleichen Brief, wohl nach 416 verfaßt, skizziert er grob die Relationstheorie, die in De trinitate genauer entfaltet wird.1780 Auch Personen wie Maximus gehören also zu den potentiellen Lesern und Adressaten von De trinitate. Nicht erhalten ist der Brief eines gewissen Elpidius, der sich Augustins (leider ganz undatierbarer) Antwort zufolge unter anderem auf »die Alten« und insbesondere Cicero berufen hatte und mit der Zusendung eines nichtnizänischen libellus Augustinus zu bekehren gehofft hatte.1781 Ohne Kenntnis von Hintergründen dieser Art würde man sich wundern, weshalb Augustinus beispielsweise große Teile des dritten Buches von De trinitate der abseitig wirkenden Frage widmet, ob und wie Gott sich bei den Theophanien der Engel bedient habe. Dabei gibt Augustinus selbst einen Fingerzeig, wenn er sagt, er wolle mit Schriftzitaten diejenigen widerlegen, die unter dem 1777 Numquid enim perfecte de trinitate tractatum est, antequam oblatrarent Arriani? (Aug. in psalm. liv, 22 [CSEL 94/1, 170, 14–16 Müller]). Im Hintergrund steht natürlich 1 Kor 11, 19: oportet, et haereses esse. 1778 Aug. epist. 185, i, 1 (CSEL 57, 1, 6–10 G.). 1779 Aug. epist. 220, 4 (CSEL 57, 433, 19 – 434, 8 G.). Vgl. J. L. M. de Lepper, De rebus gestis Bonifatii, Tilburg/Breda 1941 (Diss. Nimwegen 1941), 35 f.; PAC 152–155. 1780 Aug. epist. 170 (CSEL 44, 622–631 G.; die Adresse Ad Maximum medicum thenitanum eunomianistam im textkritischen Apparat, 622 G.). Datierung: PAC 737 f. (Maximus 11) mit 852 f. (Peregrinus 5) und 628 (Latonius). Es wird darüber spekuliert, ob auch die fragmentarische epist. 171 A an Maximus gerichtet ist. 1781 Aug. epist. 242 (CSEL 57, 563–567 G.). Ein homöischer libellus, der immerhin ein Zitat aus Ciceros Hortensius enthält und sich u. a. mit dem paganen Schicksalsglauben auseinandersetzt, ist der schwer datierbare Traktat Contra paganos des Codex Veronensis LI (49) (CChr.SL 87, 118–140 Gryson).

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Engel der Bibel den Gottessohn verstehen wollen, der sich so seinem Wesen nach gezeigt habe.1782 Der Hintergrund ist die Debatte des vierten Jahrhunderts zwischen Neunizänern, Photinianern und Homöern um die Theophanien, in der um diese Frage gerungen wurde. Man könnte auch daran erinnern, daß noch der vermutlich nordafrikanische Verfasser einer pseudocyprianischen Schrift des vierten (oder fünften?) Jahrhunderts eine altertümliche subordinatianische Engelchristologie vertreten hat: Sieben Engel erschafft Gott und macht einen von ihnen zu seinem Sohn.1783 Nur ein Bruchteil solcher damals diskutierter Literatur ist erhalten geblieben. Es scheint, daß Augustinus seit der Emigrationswelle, die auf die Plünderung Roms 410 folgte, mit Fragen konfrontiert wurde, die in Italien oder Illyrien Jahrzehnte zuvor verhandelt worden waren, nicht aber in Afrika. Am großen Streit um Fragen der Trinitätstheologie in der Mitte des vierten Jahrhunderts hatten sich die ganz vom Zwist mit den Donatisten beanspruchten katholischen Bischöfe Afrikas kaum beteiligt.1784 Die wenigen Spuren ihrer Teilnahme deuten auf ein mehr kirchenpolitisches denn theologisches Verständnis des Konflikts um die rechte Bestimmung des Verhältnisses von Vater, Sohn und Heiligem Geist hin. Auf den Synoden von Nizäa 325, Serdika (West) 342/343 und Aquileia 381 stimmten die Afrikaner den abschließenden nizänischen Mehrheitsbeschlüssen zu, ohne an den Diskussionen einen maßgeblichen Anteil zu nehmen.1785 Auch für die Donatisten war die Trinitätslehre nicht zentral, aber sie waren wahrscheinlich zu Zeiten nicht abgeneigt, ihre Isolation gegenüber 1782

Aug. trin. III, x, 23 (CChr.SL 50, 152, 53–58 M.). Ps.-Cypr. tract. 25 (ZNW 15, 1914, 82, Z. 216–220 Reitzenstein = PLS 1, 60 f. Hamman [CPL Nr. 67]); zur Analyse R. Lorenz, Arius judaizans? Untersuchungen zur dogmengeschichtlichen Einordnung des Arius, FKDG 31, Göttingen 1980, 161–163. 1784 Vgl. G. Folliet, L’e´piscopat africain et la crise arienne au IVe sie`cle, RE´Byz 24, 1966, 196–223; daneben Mapwar, La pole´mique anti-arienne de St. Fulgence (wie Anm. 640), 8–34, und die in Anm. 1786 genannte Literatur. 1785 In Nizäa unterschrieb Caecilianus von Karthago (EOMIA I, 84 f.; 89 Turner; H. Gelzer/H. Hilgenfeld/O. Cuntz, Patrum Nicaenorum nomina Latine Graece Coptice Syriace Arabice Armeniace, Nachwort Ch. Markschies, BiTeu, Stuttgart/Leipzig 1995, 219: Index episcoporum s. n.). In Serdika West nahm ein gewisser Vitalis Vertarensis teil, vielleicht auch der spätere Bischof von Karthago, Restitutus (Athanas. apol. sec. 48, 2 [Werke II, 125, Nr. 41 u. 44 Opitz]; vgl. EOMIA I, 658, Nr. 26; 662 Nr. 55; dazu PAC s. n. Restitutus 1, Anm. 1; s. n. Vitalis 3]), und 36 afrikanische Bischöfe (Liste Athanas. apol. sec. 49, 2 [Werke II, 127 f. O.]) unterschrieben nachträglich zu Hause das Synodalschreiben dieser Synode (ebd. 48, 1 [II, 123, 26–28 T.]; 50, 4 [II, 132, 4 T.]). In Aquileia sprachen als legati Afrorum die Bischöfe Felix und Numidius das Anathema über die Antinizäner aus (Acta conc. Aquil. 58 [CSEL 82/3, 361, 753 Z.]). Ein anderer Fall ist die Zustimmung von vier afrikanischen Bischöfen bei einer Konferenz in Sirmium 358, die trotz Sozom. h. e. IV, xv, 2 (GCS N. F. 4, 158, 11 f.) nicht als Konzil gelten kann (T. D. Barnes, Athanasius and Constantius. Theology and Politics in the Constantinian Empire, Cambridge, Mass./London 1993, 232). Hierfür hatte Basilius von Ankyra wahrscheinlich einen Brief geschrieben, der erstmals den Terminus oëmoiooyÂsiow gebraucht. Eine »homöusianische Kirchenpartei« dürfte allerdings eher ein modernes Forschungskonstrukt sein, wie Barnes gezeigt hat (A Note on the Term Homoioousios, ZAC 10, 2006, 276–285). 1783

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der Gesamtkirche durch Gemeinschaft mit nichtnizänischen Fraktionen von Kirchen außerhalb Afrikas aufzubrechen.1786 Ihrem Vordenker Donatus wurde von Augustinus und anderen eine Trinitätslehre mit subordinatianischer Tendenz bei gleichzeitiger verbaler Aufrechterhaltung des oëmooyÂsiow nachgesagt.1787 Aber in den Debatten mit Donatisten taten die afrikanischen Katholiken schon bald gut daran, das Thema zu meiden, hatte sich doch ihr Primas, Restitutus von Karthago, auf wenig rühmliche Weise 359 in Nike zum Wortführer jener aufgeschwungen, die in der Spaltung der Synodalen von Rimini 359 in Nizäner und Homöer nur den Teufel am Werke sahen.1788 Restitutus hatte sich, sei es 1786 Jedenfalls ist ein Donatus unter den Adressaten des Synodalschreibens von Serdika Ost (Hil. coll. antiar. A IV 1 [CSEL 65, 48, 15 F.]), und darauf berief sich um 395 der Donatistenbischof Fortunius auf die Frage Augustins nach der Gemeinschaft der donatistischen Kirche mit anderen Kirchen des Erdkreises. Augustinus und Alypius schöpften gleich Verdacht, weil sie schon früher einmal gehört hatten, die Arianer hätten einst versucht, sich mit den Donatisten zu vereinigen; sie entdeckten bei genauerem Hinsehen, daß der von Fortunius präsentierte Codex nicht die Synode von Serdika West, sondern Serdika Ost, Arrianorum . . . concilium, betraf (Aug. epist. 44, iii, 6 [CSEL 34/2, 113 f. G.]). Zudem bezweifelte Augustinus, daß es sich in der Adresse von Serdika überhaupt um den fraglichen afrikanischen Donatus handelte, da dem Namen keine Ortsangabe folgte (ebd. [113, 25 – 114, 8 G.]). Augustinus bedauerte, daß Fortunius ihm nicht gestattete, den Codex einmal in Ruhe zu studieren. − Als um 405 der Donatist Cresconius mit dem (inzwischen offenbar durch die Ortsangabe »Bischof von Karthago« hinter dem Namen des Donatus ergänzten) Synodalschreiben Propaganda zu machen suchte, behauptete Augustinus, im Besitz eines unverfälschten Exemplars ohne Ortsangabe zu sein (c. Cresc. III, xxxiv, 38 [CSEL 52, 445, 17 f. Petschenig]; vgl. IV, xliv, 52 [550 f. P.]). Wie ist Augustinus an eine Abschrift des Dokuments gelangt? Die Antwort darauf wäre für Augustins Kenntnisse über den »arianischen Streit« sehr aufschlußreich, läßt sich aber bisher nicht beantworten. Vielleicht handelte es sich um ein Manuskript der Sammlung des Hilarius, deren erhaltene Reste als Collectio antiariana bezeichnet werden und in der das ganze Synodalschreiben − ohne Ortsangaben bei den Bischofsnamen − enthalten ist (Hil. coll. antiar. A IV [CSEL 65, 48–78 F.]), und zwar offenbar in der nach Afrika gesandten Form (ebd. 48, 10 f.: quod miserunt ad Africam). Der Einwand von H. J. Sieben (Die Konzilsidee der Alten Kirche [wie Anm. 1762], 81), Augustinus könne die Sammlung des Hilarius nicht gekannt haben, weil er nur von Serdika Ost, nicht aber von Serdika West redet, ist ein argumentum e silentio und nicht zwingend. − Unentschieden ist die Diskussion darüber, ob der Name des Donatus in der Adresse des Dokuments eine Fälschung ist: H. Achelis, Eine donatistische Fälschung, ZKG 48, 1929, 344–353; G. Folliet, L’e´piscopat africain et la crise arienne (wie Anm. 1784); A. Pincherle, L’Arianesimo e la chiesa africana nel IV secolo, Bil. 14, 1925, 97–106; ders., Ancora sull’arianesimo e la chiesa africana nel IV secolo, SMSR 39, 1968, 169–182; A. C. de Veer, Le concile de Serdique et Donat de Carthage, BAug 31, 1968, 805–809; J. Zeiller, Donatisme et arianisme. La falsification donatiste de documents du concile arien de Sardique, CRAI 1933, 65–73; ders., L’Arianisme en Afrique avant l’invasion vandale, RH 173, Janvier-Juin 1934, 535–540. − Im Jahre 417 schrieb Augustinus, manche Donatisten würden den göttlichen Sohn für geringer als den Vater erachten, aber die meisten seien in der Trinitätslehre rechtgläubig; es habe allerdings Donatisten gegeben, die sich mit den Goten zu vereinigen gesucht hätten, indem sie den gleichen Glauben zu haben vorgaben (epist. 185, i, 1 [CSEL 57, 1 f. G.]). 1787 Aug. haer. lxix, 2 (CChr.SL 46, 33, 22–28 V./B.); vgl. Hier. vir. ill. xciii (198 CeresaGastaldo). 1788 Bei Hil. coll. antiar. A V 3, 1 (CSEL 65, 86, 6 f. F.).

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Schluß: Augustins ursprüngliche Einsicht

weil er im Kampf gegen die Donatisten daheim auf das Wohlwollen des Kaisers Constantius II. angewiesen war, sei es in Verkennung heikler theologischer Implikationen, von den Homöern auf ihre Seite ziehen lassen − der Sohn sollte dem Vater nur »ähnlich gemäß den Schriften« sein,1789 nicht etwa ähnlich in allem oder gar dem Wesen nach gleich. Athanasius rief wohl im Jahre 367 in einem Meisterstück kirchlicher BriefDiplomatie die afrikanischen Bischöfe gleichsam von Nike nach Nizäa zurück und erklärte ihnen in einfachen Worten, worum es bei dem ganzen Streit eigentlich ging. Den Namen des Restitutus verschwieg er höflich und schmeichelte den Afrikanern am Schluß seines Schreibens, sie seien mit allem Gesagten sicherlich ohnehin längst vertraut.1790 Athanasius erreichte sein Ziel: Jahrzehntelang gab es in der katholischen Kirche Afrikas keine nennenswerten nichtnizänischen Neigungen. Synoden begannen mit der Verlesung des Bekenntnisses von Nizäa.1791 Die Afrikaner machten sich die spezifisch athanasianische Sicht zueigen, alles Nichtnizänische für »arianisch« zu halten. Das »Arianische« aber kam nun, wie geschildert, zumeist von außen nach Afrika. Augustinus wird gegen Ende von De trinitate nochmals betonen: deus filius patri per omnia substantialiter similis praedicatur.1792 Anders als über dem glanzvollen Werk De trinitate liegt über Augustins trinitätstheologischer Debatte mit dem Bischof Maximinus bereits ein tragischer Hauch von Untergang.1793 Die öffentliche Debatte der beiden Theologen wie auch die nachfolgende Schrift Augustins gegen Maximinus bezogen sich vor allem auf die üblichen umstrittenen Bibelstellen, die Maximinus im Sinne der homöischen Formeln von Rimini 359 subordinatianisch auslegte. Augustinus machte dagegen die Regel geltend, wonach biblische Aussagen der Unterordnung sich auf die Knechtsgestalt des Sohnes, nicht die Gottesgestalt bezögen. 1789 Hier. c. Lucif. xvii (SC 473, 148, 11 f. Canellis), vgl. Theodoret. h. e. II, xxi, 3–7 (GCS N. F. 5, 145 f. Parmentier/Hansen). Die Rolle des Restitutus in Rimini und Nike analysiert W. A. Löhr, Die Entstehung der homöischen und homöusianischen Kirchenparteien. Studien zur Synodalgeschichte des 4. Jahrhunderts, Witterschlick/Bonn 1986, 114–116. 1790 Athanas. epist. ad Afros (Werke II, 322–339 Brennecke/Heil/v. Stockhausen); eine altlateinische Übersetzung davon, die möglicherweise schon zu Augustins Zeiten in Afrika kursierte, bei I. Sichardus, Antidotum contra diversas omnium fere seculorum haereses, Basel 1528, Bl. 37v–40r (vgl. Altaner, Schriften [wie Anm. 236], 399 f.; eine kritische Edition dieser Übersetzung wird im Rahmen der Werke des Athanasius von dem Erlanger Team um H. Ch. Brennecke vorbereitet). An der Authentizität des griechischen Originals ist gegen Ch. Kannengiesser ([Ps.-]Athanasius, Ad Afros Examined, in: Logos [wie Anm. 603], 264–280) festzuhalten (so Ulrich, Die Anfänge der abendländischen Rezeption [wie Anm. 445], 274–280; Markschies, Ambrosius von Mailand [wie Anm. 582], 58 f., Anm. 84; A. v. Stockhausen, Athanasius von Alexandrien, Epistula ad Afros. Einleitung, Kommentar und Übersetzung, PTS 56, Berlin/New York 2002, 27–32; hier 25 die Datierung auf 367). 1791 Conc. Carth. a. 397, statuta (CChr.SL 149, 30 Munier); Conc. Carth. a. 419 (90, 26 M.), acta 25 Maii. 1792 Aug. trin. XV, xi, 20 (CChr.SL 50a, 488, 55 f. M.). Vgl. oben S. 121. 1793 Aug. coll. c. Maximin. (PL 42, 709–742 M.) und c. Maximin. (PL 42, 743–814 M.); Possid. vita Aug. xvii, 7–9 (172, 37 – 174, 57 B.).

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Die ganze Diskussion hatte freilich, ähnlich wie einst in Mailand vor der Taufe Augustins, stark politische Hintergründe: Maximinus war wohl Anfang 428 mit jenem Gotenheer unter Sigisvult nach Nordafrika gelangt, das auf Betreiben des magister militum Flavius Felix die Truppen des Heerführers Bonifatius besiegte.1794 Mit diesem Bonifatius, dem comes Africae, hatte Augustinus mindestens seit 417 einige Briefe gewechselt.1795 Augustinus war an Bonifatius’ militärischer Verteidigungsarbeit interessiert und beruhigte ihn, als er sich mit Skrupeln wegen des Kriegsdienstes quälte.1796 Es ist unsicher, ob der Vorwurf stimmt, Bonifatius selbst habe nach seiner Niederlage gegen Sigisvult die Vandalen nach Nordafrika gerufen.1797 Jedenfalls hat die Bedrohung durch Geiserich dazu geführt, daß der Hof zu Ravenna 429 Frieden mit Bonifatius schloß1798 und dieser vierzehn Monate lang Hippo Regius gegen die Feinde verteidigte − am Ende ohne Erfolg. Vier Jahrzehnte hatte die Blüte des christlichen Nordafrika unter Aurelius und Augustinus gedauert. Als ein riesiges Heer von Vandalen, Alanen und Goten zerstörte, was zerstörbar war, tröstete sich Augustinus nach dem Zeugnis seines Biographen Possidius mit der »Sentenz eines Weisen«: der sei kein Großer, der es für eine große Sache halte, daß Hölzer und Steine dahinfallen und Sterbliche sterben. Das Wort stammt nicht aus der Bibel und von keinem Christen: Es ist von Plotin.1799 So zeigt sich abermals, was die vorangegangenen Abschnitte bereits darlegen sollten: Die geistige Umgebung, in der sich Augustinus bewegt, ist einerseits die Welt der Christen Nordafrikas, die sich plötzlich mit nichtnizänischer Theologie konfrontiert sahen. Andererseits wirkt Augustinus in der Welt der fragenden, diskutierenden Gebildeten in Mailand und Nordafrika gegen Ende des vierten und im ersten Viertel des fünften Jahrhunderts. In dieser Welt sind manche Grenzen zwischen Heidentum und Christentum noch fließend. Eine scharfe Unterscheidung zwischen Philosophie und Theologie existiert noch 1794 Prosp. chron. 1294 (a. 427) (MGH.AA 9, 471 f. Mommsen); Aug. serm. 140 (PL 38, 773–775 M.); Paul. Diac. hist. Rom. XIII, x (MGH.AA 2, 198, 20–31 Droysen); Chron. Gall. a. CCCCLII, 96 (a. 424) (MGH.AA 9, 658 Mommsen). Vgl. de Lepper, De rebus gestis Bonifatii (wie Anm. 1779), 60–63; H.-J. Diesner, Die Laufbahn des Comes Africae Bonifatius und seine Beziehungen zu Augustinus, in: Ders., Kirche und Staat (wie Anm. 628), 100–126. 1795 Oben S. 431. 1796 Aug. epist. 189, 4 (CSEL 57, 133 f. G.). 1797 Procop. bell. Vand. I, 3, 22–26 (I, 322, 4–23 Haury/Wirth); Iord. Get. XXXIII, 167– 169 (MGH.AA 5/1, 101, 17 – 102, 10 Mommsen); Paul. Diac. hist. Rom. XIII, x (MGH.AA 2, 198, 20–31 D.); Theophan. chronogr. 5931 (a. 431) (I, 93, 31 – 95, 25 de Boor). 1798 Aug. epist. 229, 2 (CSEL 57, 497 f. G.); 230, 3 (500 f. G.). 1799 Possid. vita Aug. xxviii, 11 (208, 70–72 B.): Non erit magnus magnum putans quod cadunt ligna et lapides, et moriuntur mortales. Das Zitat ist auch in Aug. sent. xvii a (156, 344 f. Dolbeau) enthalten, also − Dolbeau zufolge − in den aus Augustins Nachlaß bewahrten Arbeitspapieren: Non erit magnus magnum putans si cadunt ligna, lapides, et moriuntur mortales. Vgl. Plot. enn. I, iv, 7 (I, 78, 23 f. H./Sch.): oyÆk aÃn eÍti spoydaiÄow eiÍh jyÂla kaiÁ liÂuoyw kaiÁ nhÁ

DiÂa uanaÂtoyw unhtv Ä n meÂga hëgoyÂmenow.

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Schluß: Augustins ursprüngliche Einsicht

nicht. Augustinus wollte in diesen Kreisen für die Plausibilität des Christentums werben. Mehr noch, er wollte die Überlegenheit der christlichen Lehre von der Trinität, die Gott ist, gegenüber der Theologie paganer Denker demonstrieren. Unzutreffend ist darum auch die weitverbreitete Forschungsmeinung, das Werk über die Dreieinigkeit nehme »unter den größeren Arbeiten Augustins insofern eine Sonderstellung ein, als es ohne aktuellen Anlaß entstanden und im ganzen unpolemisch gehalten ist«.1800 Hinter De trinitate stehen, wie sich erwiesen hat, sehr wohl aktuelle Anlässe, nämlich Debatten damaliger Intellektueller, kirchenpolitische Streitigkeiten und Gruppenbildungen, Anfragen von Freunden und von Fremden.

3. Philosophiegeschichtliche Hintergründe. Platos Dialog Parmenides und einige Aporien antiker Philosophie Die christliche Trinitätslehre des vierten und frühen fünften Jahrhunderts, bei Augustinus wie bei seinen Vorgängern, hat gewisse Hintergründe und Implikationen, die sich von der antiken Philosophie her beleuchten lassen. Einige wichtige Hintergründe sollen im folgenden anhand eines einzigen antiken Werkes und verschiedener Aspekte seiner Vor- und Nachgeschichte untersucht werden. Um Mißverständnissen entgegenzuwirken, sei schon hier betont, daß nicht etwa die Behauptung erneuert werden soll, der christliche Trinitätsglaube sei eine Folgeerscheinung griechischer Philosophie. Der Glaube an die göttliche Dreifaltigkeit hat historisch nicht völlig geklärte Ursprünge. Den Ausschlag gab zweifellos die christliche Glaubenserfahrung: In Jesus Christus wurde Gott selbst als anwesend erlebt. Die Gegenwart seines Geistes war spürbar. Doch in dem Moment, in dem Intellektuelle der christlichen Antike versuchten, diese in Bibel, Liturgie und Gebet zum Ausdruck gebrachten Erfahrungen in Begriffsund Denkmodellen theoretisch zu formulieren, mußten sie sich im Rahmen des Denkmöglichen bewegen. Denkmöglich ist, was entweder bereits als vernünftig gilt oder mit den einer Zeit zur Verfügung stehenden Mitteln als vernünftig zu erweisen ist. Das bedeutet zunächst einmal: Solche Christen betraten das Gebiet oder das Umfeld der Philosophie. Dort übernahmen sie viel, vereinfachten oder verwarfen manches, prägten anderes um und dachten sich neue Argumente aus. So lange ihr Bemühen um Denkmodelle redlich blieb und nicht lediglich dem 1800 v. Campenhausen, Augustin (wie Anm. 815), 185. Vgl. F. van der Meer, Augustinus der Seelsorger. Leben und Wirken eines Kirchenvaters, deutsche Übersetzung von N. Greitemann, Köln 21953, 15: »Von seinen größeren Werken verdankt nur ein einziges seine Entstehung der reinen Spekulation: Die Dreieinigkeit.« Brown, Augustine of Hippo (1967, wie Anm. 797), 277: De Genesi ad litteram und De trinitate seien »a remarkable evidence of Augustine’s capacity for speculation. Even slight acquaintance with these two works is sufficient to dispel the facile impression that Augustine developed his ideas only as a controversialist.«

Philosophiegeschichtliche Hintergründe

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Vortäuschen von Plausibilität diente, konnten sie den Raum des Denkmöglichen mit neuen Beweisgründen erweitern, aber nicht einfach für irrelevant erklären.1801 Denn die bloße Behauptung von etwas, das nicht als denkbar erwiesen ist, liefert noch kein Denkmodell. Im Versuch, die Differenz zwischen dem Erfahrenen und dem Denkbaren zu verringern, entstand eine wissenschaftliche Theologie − im Unterschied zur Glaubenserfahrung und ihrer Vermittlung in Katechese und Mystagogie. Nur um den intellektuell-wissenschaftlichen Aspekt der Trinitätslehre geht es im folgenden. a) Platos »Parmenides« und Augustins »De trinitate« Dem ersten Anschein nach haben Platos Parmenides und Augustins De trinitate nichts miteinander zu tun: Der Dialog Platos ist eine umrätselte Analyse abstraktester philosophischer Begriffe, Augustins Werk dagegen entfaltet die christliche Trinitätslehre. Bei näherem Hinsehen wird jedoch deutlich, daß die beiden Texte in mancher Hinsicht miteinander verwandt sind. Beide kreisen um das Höchste und Letzte, dem sich menschliche Erkenntnis zuwenden kann, um Ursprung und Ziel von allem. Im Parmenides geht es um das Verhältnis von Einem und Vielem, besonders um die Frage, inwiefern das Eine selbst Vieles ist. De trinitate handelt davon, wie sich eine bestimmte Vielheit, nämlich die trinitas quae deus est, gleichwohl als Eines denken läßt, nämlich als deus unus. Methodisch sind sich Platos Parmenides und Augustins De trinitate in einem bedeutsamen Punkt ebenfalls ähnlich: Ihre Verfasser wollen und können aus wohlerwogenen Gründen keinen »Gegenstand« darstellen, sondern möchten den Leser in ein bestimmtes Denken einüben.1802 Der Parmenides hat bis heute völlig unterschiedliche Interpretationen erfahren. Die meisten Deutungen lassen sich zwei Grundtypen zuordnen, einer »logischen« und einer »metaphysischen« Auffassung des Dialogs. Die logische Interpretation sieht in dem entscheidenden zweiten Teil des Dialogs entweder ernstgemeinte oder parodistische Übungen in Logik oder Dialektik. Die metaphysische Deutung liest den zweiten Teil hingegen als Reflexion über einige der höchsten Prinzipien der platonischen Philosophie. Schon im Ausgang der Antike stellte Proklus diese beiden Verständnistypen einander gegenüber1803 und 1801

Vgl. dazu auch Anm. 686. Plat. Parm. 135 d 7 (B.): gymnasiÂa (vgl. 135 c 8; d 4; 136 a 2; c 5); Aug. trin. XV, i, 1 (CChr.SL 50a, 460, 2 M.): exercere lectorem. 1803 Procl. in Parm. I (630, 14 – 645, 8 Cousin). Der gleiche schroffe Gegensatz in der Auslegung bestand auch im fünfzehnten Jahrhundert zwischen Giovanni Pico della Mirandola einerseits und andererseits Marsilio Ficino, der im Parmenides das göttliche Eine des Neuplatonismus enthüllt sah (R. Klibansky, Plato’s Parmenides in the Middle Ages and the Renaissance. A Chapter in the History of Platonic Studies, MRSt(L) 1, 1943, 281–330; hier 312– 325; Nachdruck in: Ders., The Continuity of the Platonic Tradition During the Middle Ages, Millwood, NY 1982; A. Malmsheimer, Platons ›Parmenides‹ und Marsilio Ficinos ›Parmenides‹-Kommentar. Ein kritischer Vergleich, BSPh 34, Amsterdam/Philadelphia 2001, 227–235). Der Gegensatz wiederholte sich im neunzehnten Jahrhundert etwa zwischen K. F. Her1802

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Schluß: Augustins ursprüngliche Einsicht

errichtete mit seinem Parmenides-Kommentar der metaphysischen Interpretationsvariante ein überaus eindrucksvolles Denkmal. Beide Deutungen haben gute Argumente für sich, die hier nicht gegeneinander abgewogen werden können. Dennoch bedarf die Vorgehensweise der folgenden Abschnitte mindestens einer angedeuteten Begründung. Zunächst einmal ist zu fragen, ob sich der logische und der metaphysische Verstehenstypus nicht miteinander vereinbaren lassen. Nikolaus von Kues deutet diese Möglichkeit an: Plato habe im Parmenides gezeigt, wie durch die Logik das metaphysische Eine »erjagt« werde.1804 Könnte, ja müßte der Gedankengang des Dialogs nicht einer möglichen Trennung von Logik und Metaphysik vorausliegen, wenn es um die alles begründenden letzten Prinzipien überhaupt geht? Die bloß logisch-analytische Deutung des Dialoges dürfte daran kranken, daß sie das platonische »Eine« nach Art sonstiger alltagssprachlicher Termini etwa als Prädikat (»Sokrates ist ein Mensch, ist eins«) analysiert, obwohl nicht zuletzt die vorplatonische Problemgeschichte in Philosophie und Mathematik darauf weist, daß Plato ein nicht-triviales Eines meinte, ein letztes, unteilbares Eines, das sich wegen seiner Einfachheit der Prädikationsstruktur des Aussagesatzes gerade entzieht.1805 Umgekehrt kann eine prinzipientheoretische Deutung des Dialogs beim Nachzeichnen und Prüfen der Argumente vom Instrumentarium formaler Logik manches lernen. Der Hinweis des Nikolaus von Kues steht in demjenigen Doppelkapitel seines zusammenfassenden Alterswerkes De venatione sapientiae, in dem er über den Begriff der unitas nachsinnt. Als herausragende Beispiele erfolgreicher Jagd nach dem Einen erwähnt er unmittelbar nacheinander Augustins De trinitate und Platos Parmenides. Denn beide Texte handeln seiner Interpretation nach von einer letzten, fruchtbaren Einheit, die Grund von allem sei.1806 Es lohnt sich, dem manns logischer und G. W. F. Hegels idealistischer Deutung, im zwanzigsten Jahrhundert zwischen Vertretern der analytischen Philosophie (Beispiele: G. Ryle, Plato’s Parmenides, Mind N. S. 48, 1939, 129–151; 302–325; mit Nachwort erneut in: Ders., Studies in Plato’s Metaphysic, hg. von R. E. Allen, London 1965, 97–147; G. Vlastos, Platonic Studies, Princeton 1973; R.-P. Hägler, Platons ›Parmenides‹. Probleme der Interpretation, QSP 18, Berlin/ New York 1983; C. Meinwald, Plato’s Parmenides, New York/Oxford 1991; R. E. Allen, Plato’s Parmenides. Translated with Comment, New Haven/London 21997) und Anhängern der kontinentalen idealistischen Tradition (Beispiele: J. Wahl, E´tude sur le Parme´nide de Platon, BHPh, Paris 1951; E. A. Wyller, Platons Parmenides, Oslo 1960; J. Halfwassen, Der Aufstieg zum Einen. Untersuchungen zu Platon und Plotin, BeiAlt 9, Stuttgart 1992, 265–405). Brücken zwischen beiden Ansätzen schlägt etwa K. M. Sayre, Parmenides’ Lesson. Translation and Explication of Plato’s Parmenides, Notre Dame, Ind. 1996. 1804 Nicol. Cusan. ven. sap. xxii (61 f., 3–8 K./S.). 1805 Ch. Horn, Der Platonische Parmenides und die Möglichkeit seiner prinzipientheoretischen Interpretation, AuA 41, 1995, 95–114; hier 113 f. 1806 Nicol. Cusan. ven. sap. xxi f. (60, 17 – 62, 12 K./S.). Cusanus faßt in xxi (60 f., 18–23 K./S.) seine bemerkenswerte Deutung von Augustins Werk so zusammen: Venationes igitur in hoc unitatis campo sapidas facit, qui − ut fecit Augustinus in libro De trinitate − unitatem fecundam de se aequalitatem generantem et amorem conectentem ab unitate 〈et〉 aequalitate procedentem videt sic in aeternitate, quod sunt ipsa simplicissima aeternitas. − Es gibt übrigens keinen Grund, Cusanus

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Fingerzeit des Kardinals zu folgen. Tatsächlich sind nämlich gewisse Spuren der antiken Tradition theologisch-metaphysischer Deutung des Parmenides noch in Augustins Denken wahrzunehmen. Daß Augustinus nicht nur innerchristliche Kontroversen, sondern auch die antike Philosophie bei der Ausarbeitung seiner Trinitätslehre im Blick hat, geht aus den allerersten Sätzen von De trinitate so eindeutig hervor, daß es verwunderlich ist, wie selten in der Forschung diese Perspektive wahrgenommen wurde. Sein Werk richte sich, so betont er, gegen drei Typen von Gotteslehren, die alle darin übereinkämen, nicht vom Glauben auszugehen, sondern von eigenen Vorurteilen: Manche Denker stellten sich Gott materiell vor, andere nach Art der menschlichen Seele, wieder andere als transzendentes Wesen.1807 Offensichtlich entwirft Augustinus hier eine vollständige Typologie antiker Gotteslehre. Am gefährlichsten erscheint Augustinus der dritte Typ. Denn dieser komme der Wahrheit am nächsten, drohe sie aber mit der verfehlten Idee der Selbstverursachung am meisten zu verdunkeln; offenbar meint Augustinus damit den Neuplatonismus, zumal die causa sui-Lehre gerade bei Plotin ihren locus classicus hat.1808 Allerdings nennt Augustinus, im Unterschied zu manch anderem seiner Werke, die Gegner in De trinitate fast nie beim Namen. Wer sie sind, muß daher erschlossen werden. Etwa um die Jahre 416/417 hatte Augustinus die ersten sieben Bücher von De trinitate abgeschlossen, die ein vernichtendes Urteil über den damaligen theologischen Diskussionsstand enthalten. Damals begann er für die Bücher acht bis fünfzehn von De trinitate komplexe Gedankengänge auszuarbeiten, die Plotins Theorie des Selbstbewußtseins auf eigenständige Weise fortentwickeln. Zur gleichen Zeit schrieb Augustinus das zehnte Buch von De civitate dei, worin er sich ausführlich − und anders als in De trinitate unter Nennung von Namen und Anführung von Zitaten − mit der Prinzipienlehre der Neuplatoniker auseinandersetzt. Hier lüftet sich einmal der Schleier der Anonymität, der über der

hier eine Verwechslung des gesamten Werkes De trinitate mit der Vierzeilenstelle De doctrina Christiana I, v, 5 (CChr.SL 32, 9, 15–18 Martin) zu unterstellen, wie es im Herausgebervorwort (XXV) und im Quellenapparat der Cusanus-Edition infolge zu engmaschiger Suche nach einer wörtlichen Parallele geschieht. − Zu Platos Parmenides schreibt Cusanus anschließend: Campum unitatis Plato diligenter perlustrans repperit unum, quod omnium causa, ante potentiam et actum ex potentia egredientem, quodque ipsum unum, ut sit causa omnium, nihil omnium est; non est plura, ut sit causa plurium. Unde omnia de eo negans ipsum ante omnia ineffabiliter vidit (xxii [61 f., 3–7 K./S.]). 1807 Aug. trin. I, i, 1 (CChr.SL 50, 27, 1 – 28, 36 M.). Mit einer ähnlichen, ebenfalls Epikureer, Stoiker und Platoniker meinenden Typologie beginnt übrigens auch Plotins Traktat enn. V, ix, 1 (II, 288 f., 1–21 H./Sch.), vgl. zur Identifizierung der Positionen D. J. O’Meara, Epicurus Neoplatonicus, in: Zur Rezeption der hellenistischen Philosophie in der Spätantike. Akten der 1. Tagung der Karl-und-Gertrud-Abel-Stiftung vom 22.–25. September 1997 in Trier, hg. von Th. Fuhrer und M. Erler in Zusammenarbeit mit K. Schlapbach, PhAVAS 9, Stuttgart 1999, 83–91; hier 84 f. 1808 W. Beierwaltes, Causa sui. Plotins Begriff des Einen als Ursprung des Gedankens der Selbstursächlichkeit, in: Ders., Das wahre Selbst. Studien zu Plotins Begriff des Geistes und des Einen, Frankfurt 2001, 123–159.

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Auseinandersetzung mit dem Neuplatonismus in De trinitate liegt. Augustinus skizziert im »Gottesstaat« die drei obersten Prinzipien in der Philosophie einerseits von Plotin und andererseits von dessen Schüler Porphyrius und parallelisiert sie unmittelbar mit der christlichen Trinitätslehre.1809 Porphyrius habe einen göttlichen Vater und einen väterlichen noyÄw unterschieden, also Gott Vater und Gott Sohn, und ein zwischen beiden Vermittelndes angenommen, das mit dem Heiligen Geist zu identifizieren sei. Bei Plotin dagegen sei das, was Porphyrius als Mittleres begreife, das nachgeordnete Dritte. Augustinus erwähnt Plotins Schrift De tribus principalibus substantiis, also jenen Traktat über die drei obersten Hypostasen, in dem die Hierarchie von Einem, Geist und Weltseele (eÏn, noyÄw, cyxhÂ) begründet wird.1810 Im Entwurf des Porphyrius sieht Augustinus eine größere Nähe zur christlichen Trinitätslehre, da die Zwischenstellung des Dritten besser als seine Nachordnung bei Plotin verdeutliche, daß der Heilige Geist nicht nur der Geist des Vaters oder des Sohnes, sondern der Geist beider sei. Man müsse allerdings zugestehen, daß sich die Philosophen freier ausdrückten als die Männer der Kirche, für die das heilige Gesetz gelte, sich an eine vorgegebene regula zu halten. Der von Augustinus bemerkte Umbau, den Porphyrius an Plotins oberster Trias vornimmt, hat weitreichende Konsequenzen. Es ist bekannt, daß Plotin seine den Neuplatonismus inaugurierende Theorie vom Einen, dem Geist und der Seele als Interpretation von Platos Parmenides darstellt und vollzieht.1811 Auch die Umstrukturierung der Prinzipienreihe durch Porphyrius hängt mit dessen Parmenides-Deutung zusammen. Noch ganz am Ende der antiken Philosophiegeschichte, in dem Prinzipientraktat des Damascius, wird Porphyrius scharf dafür gerügt, die absolute Vorrangstellung des Einen aufgegeben zu haben und stattdessen das erste Glied der intelligiblen Triade, den »Vater«, für den Ursprung von allem gehalten zu haben.1812 Andere späte Neuplatoniker verfah1809 Aug. civ. X, xxiii f. (CChr.SL 47, 296, 1 – 297, 11 D./K.); xxviii f. (303, 18–21; 304, 1–6 D./K.) (= Porphyr. Frg. 284 F; 284 a F Smith [320 f. S. mit Parallelstellen]). Dem Bericht des Claudianus Mamertus zufolge scheint es, als habe Porphyrius dem Meister Plato selbst das Verdienst zugeschrieben, er habe eine göttliche Trinität gelehrt, nämlich patrem deum, paternamque mentem . . . et utriusque horum amorem mutuum: Das Vermittelnde wäre also nach dieser porphyrianischen Theorie die wechselseitige Liebe des Vaters und des väterlichen Geistes (Claud. Mam. anim. II, vii [CSEL 11, 122, 17 f. Engelbrecht]). Vgl. Courcelle, Les lettres grecques (wie Anm. 240), 226 f. 1810 Aug. civ. X, xxiii (CChr.SL 47, 296, 14 f.): . . . sicut Plotinus, ubi de tribus principalibus substantiis disputat. Vgl. Plot. enn. V, i, tit. (II, 185 H./Sch.): PeriÁ tvÄn trivÄn aÆrxikvÄn yëpostaÂsevn. Zur Frage der Herkunft dieses Titels, der vielleicht von Porphyrius hinzugefügt wurde, vgl. M. Atkinson, Plotinus: Ennead V. 1. On the Three Principal Hypostases. A Commentary with Translation, Oxford 1983, X und XV, Anm. 24. Zu Augustins Kenntnis dieses Traktats Henry, Plotin et l’Occident (wie Anm. 274), 127–130; Courcelle, Les lettres grecques (wie Anm. 240), 162; A. Solignac, BAug 13, 1962, 682–689. 1811 Plot. enn. V, i, 8 (II, 198, 23–27 H./Sch.); dazu E. R. Dodds, The Parmenides of Plato and the Origin of the Neoplatonic ›One‹, CQ 22, 1928, 129–142. 1812 Damasc. princ. II, i, 1 (II, 1 f. Westerink/Combe`s). Daß Damascius hier Porphyrius richtig versteht, obwohl es von letzterem auch scheinbar anders lautende Aussagen gibt, hat Hadot mit guten, wenn auch nicht zwingenden Argumenten gezeigt (unten Anm. 1892).

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ren gerade umgekehrt, setzen noch über das schlechthin Eine ein »Übereines«, und auch das tun sie im Modus einer Parmenides-Auslegung. Nach antiker Auffassung ist Platos gesamte Theorie in zwei Dialogen enthalten: Der Parmenides lehre, was über dem Kosmos, und der Timaeus, was im Kosmos sei.1813 Augustinus hat zwar höchstwahrscheinlich Platos Parmenides nie in der Hand gehabt, sondern als einzigen Platotext den Timaeus in Ciceros Teilübersetzung gelesen.1814 Doch das zehnte Buch von De civitate dei beweist, daß Augustinus Traktate von Plotin und Porphyrius kennt, in denen sie ihre Prinzipienlehren und teils explizit, teils implizit ihre Parmenides-Interpretation vortragen. Dieser fruchtbare Zweig der Wirkungsgeschichte des platonischen Parmenides erstreckt sich also bis in Augustins Denk- und Bildungswelt hinein.1815 Aber nicht nur dorthin! Plato hinterläßt in diesem Dialog grundlegende Probleme ungelöst, mit denen die pagane antike Philosophie bis zu ihrem Ende im sechsten Jahrhundert n. Chr. erfolglos ringt. Diese Probleme lasten einerseits als Hypothek auf der Konversion von Elementen der antiken Gotteslehre zu Bestandteilen der theoretisch ausgearbeiteten christlichen Trinitätslehre des vierten Jahrhunderts. Andererseits treiben sie die Theologen des vierten Jahrhunderts und vor allem Augustinus zu einer selbständigen Weiterentwicklung des Denkens an. b) Die vorplatonischen Prinzipienlehren Platos Parmenides beginnt mit einem szenischen Rahmen: Der Erzähler läßt sich berichten, was die aus dem unteritalischen Elea angereisten Philosophen Parmenides und Zeno einst in Athen mit Sokrates besprochen hatten. Zeno, so die Erzählung im Parmenides, hatte gerade aus seiner Schrift »Über das Viele« vorgetragen. Um die Lehre des Parmenides zu untermauern, daß nur Eines sei, hatte er in seinem Traktat zu zeigen versucht, daß die gegenteilige Annahme, das Seiende sei Vieles, zu absurden Konsequenzen führe. Wenn das Seiende Vieles sei, so müsse beispielsweise dasselbe ähnlich und unähnlich zugleich sein. Sokrates löst die Argumente Zenos durch den Gedanken einer Teilhabe der Dinge an Ideen auf: Es sei nicht weiter erstaunlich, wenn ein und dasselbe sowohl an der Ähnlichkeit wie an der Unähnlichkeit oder sowohl am Einen wie am Vielen teilhabe. So sei er selbst, Sokrates, sowohl eins − insofern er etwa einer unter den umstehenden Menschen sei − als auch vieles − insofern sein Körper ein Oben und Unten, ein Links und Rechts habe. Darin liege keinerlei 1813 Iamb. In Tim. Frg. 1 Dillon; Proleg. in Plat. phil. 26 (39, 16–21 Westerink/Trouillard). Auch im lateinischen Westen vermutlich des vierten Jahrhunderts ist diese Auffassung belegt: Calc. comm. 272 (277, 5–8 Waszink). 1814 Oben S. 51. 1815 Falls die zunehmend vertretene Meinung zutreffen sollte, daß Augustinus die trinitätstheologischen Schriften des Marius Victorinus gekannt hat (vgl. oben S. 103 ff.), so wäre er sogar mit dem Versuch einer unmittelbaren theologischen Rezeption des anonymen neuplatonischen Parmenideskommentars (vgl. unten Anm. 1896) bekannt geworden.

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Widerspruch. Erstaunlich wäre hingegen, wenn sich beweisen ließe, daß das Ähnliche selbst unähnlich sei, oder das Eine selbst vieles sei und das Viele eines. Lassen sich also der eleatischen Ontologie die besten Argumente mit dem Teilhabegedanken der Ideenlehre aus der Hand schlagen? Parmenides unterzieht jedoch die unbedarft-grobe Fassung einer Ideenlehre, wie Sokrates sie hier vorträgt, einer mehrfachen kritischen Analyse. Etwa so: Wenn Ideen wie separate ideale Gegenstände, wie Vorbilder gedacht werden, denen gegenüber etwa die materiellen Dinge wie Abbilder sind, dann müßten Vor- und Abbild ihrerseits an einer weiteren Idee teilhaben, aber auch die Ähnlichkeit dieser »dritten« Größe zum Vor- und Abbild bedürfte wieder der Teilhabe an einer Idee, so daß ein infiniter Regreß von Ideen nötig wäre. Ein anderes Argument richtet sich auf Beziehungen: Ein bestimmter Mensch ist Herr über einen bestimmten Sklaven, nicht über die Idee des Sklaven. Die Idee des Herrn wiederum ist auf die Idee des Sklaven bezogen, nicht auf einen bestimmten Sklaven. Beziehungen scheinen demnach nur zu bestehen zwischen Ideen untereinander sowie zwischen Größen dieser Welt untereinander, nicht jedoch zwischen Ideen und Größen dieser Welt. Und da jede Erkenntnis eine Beziehung ist, scheint es demnach, als bestehe eine unüberwindbare Mauer zwischen der Welt der Ideen und unserer Welt: Weder könnten wir die Ideenwelt erkennen, noch könnte Gott unsere Welt erkennen. Es könnte also scheinen, als ermögliche weder die eleatischen Ontologie, die nur Eines gelten läßt, noch die von Sokrates vorgetragene Ideenlehre, welche die Vielheit ähnlicher Dinge in die Einheit jeweils einer Idee zu versammeln sucht, eine wahre Erkenntnis der vielfältigen Wirklichkeit. Um aus dieser Schwierigkeit herauszufinden, läßt sich der greise Parmenides in Platos Dialog auf eine große dialektische Übung ein, die den gemeinsamen Grundbegriff des Eleatismus wie der Ideenlehre, nämlich das Eine, in seinem Verhältnis zur Vielheit klären soll. Um den Sinn des Parmenides zu verstehen, ist ein Rückblick auf die vorsokratische Prinzipienlehre nötig. Wohl mit Recht stellt Aristoteles die gesamte griechische Philosophie bis in seine Gegenwart als eine Reihe von Versuchen dar, die aÆrxh oder aÆrxai alles Seienden zu bestimmen und dadurch die Mannigfaltigkeit der Welt auf möglichst wenige und einfache Prinzipien zurückzuführen.1816 Dabei weist Aristoteles auf die mindestens zweifache Bedeutung des Begriffs aÆrxh hin: Er kann Ursprung und Ursache aller Dinge (also in der Regel ein von diesen Verschiedenes) meinen, aber auch den Urstoff oder die Elemente, woraus alles besteht und wozu alles vergeht (also ein den Dingen Innewohnendes).1817 Diese Doppeldeutigkeit deutet bereits auf ein Problem hin, das bis an das Ende der Antike nicht gelöst werden konnte.

1816 1817

Aristot. metaph. A 1–10 (981 b 27 – 993 a 27 Ross). Ebd. A 1–5 (980 a 21 – 987 a 28 R.) und D 1 (1013 a 20–23 R.).

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Das griechische Philosophieren beginnt mit Erklärungen der Wirklichkeit aus einem einzigen Prinzip. Handelt es sich um ein bestimmtes Prinzip, wie das »Wasser« nach Thales,1818 so bleibt unerklärt, wie sich daraus die Vielfalt des Sonstigen oder gar etwas Gegenteiliges − wie das Feuer − ergeben kann. Wird dagegen ein unbestimmtes Prinzip angenommen, wie etwa bei Anaximander, der als ursprungsloses Prinzip das Unbestimmt-Unbegrenzte schlechthin, das aÍpeiron faßt,1819 so bleibt unerklärt, wie sich daraus Bestimmtes entwickeln kann. Vielleicht gaben schon die frühen Pythagoreer die Beschränkung auf nur ein Prinzip zugunsten eines Prinzipiendualismus auf, der etwa »Eines« und »unbegrenzte Zweiheit« (oder Synonyme) umfaßt haben dürfte.1820 Da alles Wirkliche Aspekte der Einheit wie der Vielheit zeigt, liegt damit für beide Aspekte je ein Prinzip vor. Wirkliches erfordert ein Zusammenwirken beider Aspekte, eine Vermittlung beider Prinzipien. Zwischen zwei dualistisch entgegengesetzten Prinzipien ist aber gerade keine Vermittlung denkbar − sonst wären sie auf ein einziges Prinzip reduzierbar. Zur Überbrückung des nicht Überbrückbaren führten die Pythagoreer anscheinend den Begriff der Harmonie ein,1821 der eigentlich nicht in ein dualistisches Gedankengebäude paßt und den sie wohlweislich nicht ausdrücklich als Prinzip bezeichneten. Wäre die Harmonie nämlich ein Prinzip, so wäre sie nicht nur das grundlegendere, den Dualismus von Einem und Unbegrenztem aufhebende, letzte Prinzip, sondern das Problem erhöbe sich, warum aus dem einen Prinzip der Harmonie eine vielfältige, unharmonisch-widersprüchliche Wirklichkeit erwächst. Eine wirklich argumentierende Philosophie beginnt wohl erst mit Parmenides. Er übersteigt bei seiner Suche nach der aÆrxh den kosmologischen Horizont der älteren Philosophen und stößt auf eine Welt zwingender Evidenz, die Sphäre der Logik. Er entdeckt, was später als Satz des Widerspruchs bezeichnet wird.1822 Es gebe nur zwei Wege: »der eine, daß es ist, und daß nicht ist, daß es nicht ist«, »der andere, daß es nicht ist, und daß es sich gehört, daß es nicht ist.«1823 Ein Drittes zwischen »es ist« und »es ist nicht« kann es nicht geben. Die Alternative zwischen beiden Behauptungen ist entscheidbar: »Sein nämlich ist, Nichts aber ist nicht.«1824 Wo nichts ist, kann man nichts geistig erfassen und aussprechen.1825 Man muß sagen und geistig erfassen, daß einzig das eÆoÂn ist.1826 1818

Thales DK 11 A 12 (Aristot. metaph. A 3 [983 b 20 f. R.]). Anaximander DK 12 B 1 (Simpl. in phys. I, 2 [CAG 9, 24, 15 Diels]) und Testimonien DK 12 A. 1820 DK 14 (Pythagoras), 44 (Philolaus) und 58 (pythagoreische Schule). Vgl. M. Timpanaro Cardini (Hg.), Pitagorici. Testimonianze e frammenti, 3 Bde., Florenz 1958–64. 1821 Philolaus DK 44 B 7 (Stob. I, xxi, 8 [I, 189, 17 f. Wachsmuth/Hense). 1822 E. Heitsch, Einführung, in: Parmenides, Die Anfänge der Ontologie, Logik und Naturwissenschaft, München 1974, 55–203; hier 78–90. 1823 Parmenides DK 28 B 2, 3 und 5 (Procl. in Tim. I, 345, 21 und 23 Diehl bzw. Simpl. in phys. I, 3 [116, 28 und 30 D.]). 1824 Ebd. B 6, 1 f. (Simpl. in phys. I, 3 [117, 4 f. D.]). 1825 Ebd. B 2, 7 f. (Procl. in Tim. I, 345, 26 f. D.; Simpl. in phys. I, 3 [116, 32–117, 1 D.]). 1826 Ebd. B 6, 1 (Simpl. in phys. I, 2 [86, 27 D.]). 1819

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Mit dem unerhörten Singular eÆoÂn (in seiner ionischen Gestalt, sonst oÍn) meint Parmenides das Seiende schlechthin in einer gegenüber aller älteren philosophischen Terminologie viel abstrakteren Bedeutung.1827 In diesem Sinne sind Sein und Denken für ihn identisch.1828 Da das Seiende keinerlei Nichtseiendes an sich hat, muß es als schlechthin Identisches, Differenz- und Relationsloses gedacht werden. Das eÆoÂn ist ungeworden (aÆgeÂnhton), unvergänglich, eines und einzig. Weder war es einmal, noch wird es sein (oyÆde pot Æ hËn oyÆd Æ eÍstai). Es ist zugleich ganz, darum ist es nicht unterteilt. Da es als ganzes ein Gleiches ohne mehr und weniger ist, ist es ganz voll des Seienden, unbeweglich, unveränderlich, ohne Anfang (aÍnarxvn) und Ende, allseits vollendet und von einer letzten Grenze umgeben, ähnlich einer Kugel.1829 Das eÆoÂn ist, wie man analysierend hinzufügen kann, weder ein materielles noch ein geistiges Prinzip, weil eine solche Differenz beim schlechthin identischen Seienden gerade ausgeschlossen ist.1830 Die absolute Monarchie des Einen und Identischen kann Differenz nicht zulassen, und damit auch keine Veränderung erlauben oder begründen. Die bewegte Vielheit der physischen Welt war es aber, welche die älteren Philosophen durch ihre Prinzipienlehren hatten erklären wollen. Parmenides läßt die offenbarende Göttin, in deren Mund er die Worte seines Werkes legt, im streng vom ersten getrennten zweiten Teil des Gedichtes eine kosmologische Elementenlehre darstellen. Die Doktrinen des zweiten Teils werden jedoch von vornherein als täuschende menschliche Meinungen bezeichnet, da sie gerade gegen die Unverträglichkeit von Sein und Nicht-Sein verstoßen, indem sie beide gleichzeitig existieren lassen.1831 Die Kosmologie beruht nämlich auf den beiden Elementen Licht und Nacht,1832 die sich für Parmenides als Seiendes und Nichtseiendes gegenüberstehen.1833 Werden und Vergehen in der Natur erklärt die Göttin durch eine Mischung der Elemente. Eine weibliche Gottheit, die alles lenkt1834 und als ersten aller Götter den Eros ersinnt,1835 vermittelt zwischen den Gegensätzen.

1827 M. Kraus, Name und Sache. Ein Problem im frühgriechischen Denken, SAPh 14, Amsterdam 1987, 62–64. 1828 Parmenides DK 28 B 3 (Clem. Alex. strom. VI, 23, 3 [GCS Clem. Alex. II, 440, 12 Stählin]). 1829 Ebd. B 8 (Simpl. in phys. I, 3 [145 3–146, 22 D.]), Übersetzungen der Termini überwiegend von Ernst Heitsch (wie Anm. 1822). 1830 L. Tara´n, Parmenides’ Concept of Being, in: Parmenides, A Text with Translation, Commentary and Critical Essay, Princeton 1965, 175–201; hier 193–197. 1831 Parmenides DK 28 B 6, 8 f. (Simpl. in phys. I, 3 [117, 12 f. D.]) und B 8, 53 f. (ebd. I, 5 [180, 1 f. D.]). 1832 Ebd. B 9, 1 (Simpl. in phys. I, 5 [180, 9 D.]). 1833 Ebd. A 24 (Aristot. metaph. A 5 [987 a 1 f. R.]). 1834 Ebd. B 12, 3 (Simpl. in phys. I, 2 [39, 16 D.]). 1835 Ebd. B 13 (Aristot. metaph. A 4 [984 b 27 R.]).

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Der schroffe Dualismus zwischen dem ersten und dem zweiten Teil des Gedichtes, zwischen der streng »monistischen« parmenideischen Logik und Ontologie einerseits und der aus der Ontologie gerade nicht ableitbaren und ihrerseits dualistischen kosmologischen Prinzipienlehre andererseits, zeigt das ungelöste Problem des Verhältnisses von Einheit und Vielheit an, das die Philosophie in der Folgezeit bis in den Ausgang der Antike nicht mehr zur Ruhe kommen läßt. Während Zeno die Ontologie des Parmenides durch Widerlegungen der Möglichkeit von Vielfalt und Bewegung zu stützen versucht,1836 wollen andere wie Empedokles, Anaxagoras und die Atomisten Leukipp und Demokrit, die für die natürliche Welt erforderliche Vielheit so denken, daß sie mit Parmenides’ ontologischen Einsichten kompatibel wird. Dies geschieht meist durch irgendeine Form der Vervielfachung des parmenideischen »Einen«. Anaxagoras beispielsweise multipliziert das eleatische Eine mit dem Faktor aÍpeiron und gelangt auf diese Weise zu einer unbegrenzten Vielfalt von aÆrxaiÂ.1837 Jedes einzelne dieser speÂrmata oder xrhÂmata enthält die gesamte Vielfalt des Seienden als Mischung in sich,1838 ein jedes ist groß und klein zugleich,1839 eine Miniaturwelt. Lediglich durch das Überwiegen eines bestimmten Anteils innerhalb der Mischung kommen die Unterschiede der Dinge zustande.1840 Für das Mischen und Entmischen muß ein Bewegungsprinzip verantwortlich sein, und zu diesem Zweck führt Anaxagoras den ordnenden, alles beherrschenden noyÄw ein, der unbegrenzt ist, und als »allein« und »mit nichts vermischt« den vielen speÂrmata gegenübersteht als feinstes und reinstes aller Dinge.1841 Aber wie soll dies genau geschehen, wenn der noyÄw doch offenbar in dualistischem Gegensatz zu den Partikeln steht, die er ordnen soll? Schon der platonische Sokrates durchschaut, daß Anaxagoras die Vorstellung des noyÄw überhaupt nicht für die Erklärung der natürlichen Ordnung des Kosmos nutzen kann.1842 Das eleatische Eine verträgt die Vervielfachung nicht, auf die Anaxagoras und die anderen Pluralisten aus sind. Auch bei diesen anderen Denkern kehrt stets an wenigstens einer Stelle ihrer Entwürfe der Dualismus wieder, den sie gerade zu überwinden trachten, um den unendlichen Graben zwischen Einem und Vielem bei Parmenides zu schließen: Bei Empedokles ergibt sich der Dualismus von Liebe und Streit oder auch der Dualismus von Liebe/Streit einerseits und vier Elementen andererseits. Bei den Atomisten kommt es zu einem Dualismus von Atomen und leerem Raum. Alle diese Denker lösen nicht ihre Auf1836 Zeno DK 29; vgl. K. von Fritz, Art. Zenon (1) von Elea, PRE Xa, 1972, 53–83, und G. S. Kirk/J. E. Raven/M. Schofield, The Presocratic Philosophers. A Critical History with a Selection of Texts, Cambridge 21983, 263–279. 1837 Anaxagoras DK 59 A 43 (Aristot. metaph. A 3 [984 a 13 R.]). 1838 DK 59 B 4, Anfang (Simpl. in phys. I, 4 [156, 2–4 D.]). 1839 Ebd. B 3 (ebd. I, 4 [164, 19 f. D.]): proÁw eëaytoÁ deÁ eÏkastoÂn eÆsti kaiÁ meÂga kaiÁ smikroÂn. 1840 Ebd. B 12 (ebd. I, 4 [157, 1 f. D.]). 1841 Ebd. B 12 (ebd. I, 4 [156, 13–20 D.]). 1842 Plat. Phaid. 97 b 8–99 d 3 (Burnet).

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gabe, die Wirklichkeit aus Prinzipien vernünftig (und das heißt: ohne Prinzipiendualismus) zu erklären. Was blieb anderes übrig, als den Eleatismus zu überwinden? Die frühe Sophistik treibt die eleatische Position auf die Spitze, um sie so zur Aufhebung von innen heraus zu führen. Auf den Satz des Parmenides, das Nichtseiende sei nicht, antwortet Gorgias in seiner Schrift über das Nichtseiende mit eleatischer Logik: Wenn das Nichtsein Nichtsein ist, so ist es offenbar nicht weniger als das Seiende. Da nun das Sein nicht das Nichtsein ist, das Nichtsein aber − wie gezeigt − Sein ist, ist das Sein nicht das Sein. Also ist das Sein nichts.1843 Mit ähnlichen Argumenten1844 zeigt Gorgias auch, daß das Seiende weder ungeworden noch geworden ist und weder eines noch vieles sein kann.1845 Gorgias widerspricht genau den Grundthesen des Parmenides: Meinte dieser, das Seiende sei, es sei erkennbar und aussagbar, so lautet die Quintessenz von Gorgias’ Schrift, daß gar nichts sei; und wenn etwas sei, dann sei es unerkennbar; und wenn etwas sei und erkennbar sei, dann könne es nicht anderen unmittelbar offenbar werden durch Rede.1846 Die ontologische Position der Eleaten ist damit erschüttert: Nichts scheint wahr zu sein. Daß Protagoras die umgekehrte Lehre wie Gorgias vertritt und behauptet, der Mensch sei das Maß aller Dinge, und alles sei gleich wahr, wie es eben jedem scheine,1847 zeigt nur die Kehrseite derselben Medaille. Die kosmologische und ontologische Prinzipienlehre steht buchstäblich vor dem Nichts. Dies etwa ist die Lage, die Platos Dialog Parmenides voraussetzt. c) Ungelöste Probleme im »Parmenides« und ihre Nachwirkung Der Hauptteil von Platos Parmenides wendet in acht Beweisgängen (»Hypothesen«) die von Zeno benutzte Methode der Hypothesenprüfung auf die Unterscheidung von Einheit und Vielheit an. Es genügt für die Zwecke der vorliegenden Arbeit, nur die ersten drei Hypothesen zu bedenken, da die übrigen Durchgänge Bestätigungen, Weiterführungen oder Karikaturen der ersten drei sind. Die erste Hypothese lautet: eiÆ eÏn eÆstin, »wenn Eines ist« (137 c 4); die zweite Hypothese: eÊn eiÆ eÍstin, »wenn Eines ist« (142 b 5); die dritte Hypothese fragt, was dem Anderen des Einen, also dem Vielen, widerfahre, wenn Eines ist (157 b 6).

1843

Gorgias bei Ps.-Aristot. MXG 5 (979 a 18–33 Diels). Daß diese Argumente einer modernen Logik nicht ohne weiteres genügen können, die »Sein« als Kopula und »Sein« in der Bedeutung »Existieren« unterscheiden und »nicht« von »Nichts« trennen würde, sei hier nur angemerkt. Ähnliches gilt auch für Parmenides und teilweise sogar für die späteren griechischen Denker. 1845 Gorgias bei Ps.-Aristot. MXG 5 (979 a 34–980 a 5 D.). 1846 Ebd. (979 a 13 f. D.) (der gesamte MXG-Bericht fehlt in DK). 1847 Protagoras DK 80 B 1 (Plat. Theait. 152 a 6–8 [Burnet]) und B 6 a (Diog. Laert. IX, 51 [I, 668, 2 f. Marcovich]). 1844

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Die erste Hypothese analysiert und präzisiert das eÆoÂn des Parmenides unter dem Begriff des Einen. Das Eine, rein für sich genommen, kann nicht Vieles sein, hat und ist also weder Teil (meÂrow) noch Ganzes (oÏlon), hat weder Anfang noch Mitte noch Ende, ist unbegrenzt (aÍpeiron), gestaltlos und deshalb nirgends. Darum steht es weder still, noch bewegt es sich. Es ist weder identisch, nicht einmal mit sich selbst, noch verschieden. Denn um identisch genannt zu werden, müßte es sich von sich unterscheiden, wäre also nicht mehr Eines. Das Eine hat mit nichts Gemeinschaft, ist nichts ähnlich oder unähnlich, hat keinen Anteil an der Zeit. Es war nie, ist nicht und wird nie sein. Man kann also nicht einmal sagen, daß es Eines ist. Am Ende der ersten Hypothese scheint es also, als hätte Gorgias recht: Das Eine ist nicht, es läßt sich nicht erkennen, und es läßt sich nichts davon aussagen. »Kann es sich mit dem Einen wirklich so verhalten?«, läßt Plato den Parmenides fragen und den Aristoteles des Dialogs darauf antworten: »Meiner Meinung nach nicht« (142 a 7 f.). Eine Begründung wird hier nicht gegeben, doch sie liegt auf der Hand: Das Eine wird ja benannt, es wird ja etwas ausgesagt über das Eine, es wird ja argumentiert. Selbst die Behauptung der Unerkennbarkeit und Unbenennbarkeit des Einen beansprucht also, was sie leugnet, nämlich daß das Eine sei, erkannt und benannt werden könne. Die zweite Hypothese geht daher vom Sein des Einen aus. Das Eine hat demnach teil am Sein. Das Ganze ist mithin das seiende Eine, das Eine und das Sein sind die Teile. Allerdings haben auch diese Teile wieder Anteil am Sein und enthalten darum erneut das Eine und das Seiende und so fort. Es wird also notwendig immer Zwei und niemals Eines1848 und dies in unbegrenzter Weise. Das Eine erweist sich so als Vieles. Zugleich ist es, insofern es ein Ganzes ist, begrenzt. Nicht nur das seiende Eine, sondern auch das Eine schlechthin erscheint mithin als vieles, es ist »Eines-Vieles«.1849 Die gegensätzlichen Prädikate, die im ersten Beweisgang jeweils paarweise ausgeschlossen wurden, können nun dem Einen zugesprochen werden. Es hat Anfang, Mitte und Ende. Es ist identisch mit sich selbst und verschieden von sich selbst. Es ist auch identisch mit seinem Anderen und verschieden gegenüber seinem Anderen. Es bewegt sich und steht still. Es ist gleich groß wie auch größer und kleiner als es selbst und das Andere. Es ist jünger und älter und so weiter. In einem Einschub (155 e 4 bis 157 b 5) bereitet Plato durch eine Analyse der Dialektik des »Augenblicks« die dritte Hypothese vor. Denn der Augenblick steht exakt zwischen Ruhe und Bewegung und deutet insofern auf die Möglichkeit, scheinbare Dualismen aufzuheben. Der Parmenides begründet diese Dialektik nicht näher, aber im Timaeus gibt es eine Andeutung, wie sie beschaffen sein kann:

1848

Plat. Parm. 142 e 7 f. (Burnet): aÆnaÂgkh dyÂ Æ aÆeiÁ gignoÂmenon mhdeÂpote eÊn eiËnai. Ebd. 144 e 5–7 (B.): oyÆ moÂnon aÍra toÁ oÃn eÊn polla eÆstin, aÆllaÁ kaiÁ ayÆtoÁ toÁ eÊn yëpoÁ toyÄ oÍntow dianenemhmeÂnon pollaÁ aÆnaÂgkh eiËnai. 1849

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Schluß: Augustins ursprüngliche Einsicht

»Zwei allein aber können nicht ohne ein Drittes vereinigt sein, sondern es muß ein Band in der Mitte sein, das sie zusammenhält. Der Bande schönstes aber ist, welches sich selbst und das, was von ihm zusammengehalten wird, aufs Höchste eins macht. Dieses bewerkstelligt die Analogie (das stetige Verhältnis) am schönsten.«1850

Der dritte Beweisgang des Parmenides schließt an die Ausgangsfrage des Dialogs an und entwickelt die Idee des Einen im Unterschied zum Vielen. Beide Prinzipien sind aufeinander bezogen: Das Eine ist selbst Vieles und das Viele Eines. Denn das unbegrenzte Viele nimmt das Eine in sich auf, hat Anteil an ihm und wird dadurch begrenzt. Jeder Teil eines Ganzen ist ein Einzelnes nur durch seinen Anteil am Einen. Das Viele würde sich seiner Natur nach ins Unbegrenzte hinein teilen, erst die Gemeinschaft mit dem Einen läßt Begrenztes entstehen. Auf diese Weise scheint nun die Ausgangsfrage des Sokrates beantwortet, ob sich beweisen lasse, daß das Eine Vieles und das Viele Eines sei. Der vierte Beweisgang verifiziert den dritten, die Durchgänge fünf bis acht beweisen die Notwendigkeit der Einheit.1851 Der Dialog scheint aporetisch zu enden: »Mag das Eine nun sein oder nicht sein, so ist es selbst und das Andere, wie es sich zeigt, sowohl im Verhältnis zu sich selbst wie zueinander alles auf alle Weise und ist es auch wieder nicht, und erscheint alles dies und erscheint auch wieder nicht so.«1852

Ist am Ende nichts erreicht? Wer die Argumentation des Dialogs mitvollzogen hat, wird verstanden haben, daß die Aporie nur scheinbar ist, weil ihre Aussagen, dialektisch begriffen, nicht widersprüchlich sein müssen. Dennoch bietet der Dialog keineswegs eine eigentliche Lösung. Es zeigt sich, daß zwei unvermittelte Prinzipien (Eines und Vieles) nicht für die Einheit in der Ideenlehre aufkommen können, daß aber ein einziges Prinzip nicht die Vielheit begründen kann. Was in den Blick tritt, ist die wechselseitige Bezogenheit der beiden Prinzipien, so daß sich über die Alternative zwischen eleatischem Einheitsdenken und pluralistischen Gegenkonzepten hinausgelangen läßt. Es geht um die »Entdeckung und Ausarbeitung des Begriffes Relation im Ideen- und Begriffsgefüge«.1853 Der Sophistes skizziert unter dem Etikett der meÂgista geÂnh, der wichtigsten (im Parmenides untersuchten) Gattungen (wie Bewegung und Ruhe, 1850 Plat. Tim. 31 b 8 – c 4 (Burnet): dyÂo deÁ moÂnv kalv Ä w syniÂstasuai triÂtoy xvriÁw oyÆ dynatoÂn´ desmoÁn gaÁr eÆn meÂsvì deiÄ tina aÆmfoiÄn synagvgoÁn giÂgnesuai. desmv Ä n deÁ kaÂllistow oÊw aÃn ayëtoÁn kaiÁ taÁ syndoyÂmena oÏti maÂlista eÏn poih Äì, toyÄto deÁ peÂfyken aÆnalogiÂa kaÂllista aÆpoteleiÄn. Die deutsche Übersetzung stammt von Hegel (Vorlesungen über die Geschichte der Phi-

losophie II [wie Anm. 1082], 89 f.). Zur Bedeutung des Passus vgl. Ch. Jermann, Philosophie und Politik. Untersuchungen zur Struktur und Problematik des platonischen Idealismus, Elea 2, Stuttgart-Bad Cannstatt 1986, 101, Anm. 104, und 250, Anm. 254. Jermanns Buch verdankt die im folgenden vertretene Platodeutung manches. 1851 Vgl. H. Krämer, Platone e i fondamenti della metafisica, Mailand 31989, 200–204; ders., Neues zum Streit um Platons Prinzipientheorie, PhR 27, 1980, 1–38; hier 12 f.; Ch. Horn, Der Platonische Parmenides (wie Anm. 1805). 1852 Plat. Parm. 166 c 3–5 (B.), unter leichter Überarbeitung nach der Übersetzung von O. Apelt, in: Platon, Parmenides, PhB 83, Leipzig 21922, 134. 1853 Beierwaltes, Identität und Differenz (wie Anm. 530), 19.

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Sein, Identität und Differenz), die Vorstellung eines Seinsgefüges. In diesem Gefüge gibt es keine höchste Gattung. Vielmehr generiert in ihm eine allseitige Verflechtung (symplokhÂ) der obersten Gattungen oder Kategorien die Begriffsverhältnisse.1854 Dabei wird eine wirkungsgeschichtlich folgenreiche Unterscheidung getroffen zwischen dem, was an und für sich ausgesagt wird, und dem, was in bezug auf anderes ausgesagt wird.1855 Platos Politeia entfaltet die hiermit grundgelegte Ideenlehre. Am höchsten steht die Idee des Guten. Die Philosophie soll bis zum letzten, keiner weiteren Voraussetzung bedürftigen Anfang oder Prinzip (aÆnypoÂuetow aÆrxhÂ) aufsteigen.1856 Plato macht im Phaidros deutlich, daß der Anfang »unentstanden« sein muß: aÆrxhÁ dhÁ aÆgeÂnhton.1857 Der Anfang aller Bewegung muß das sich selbst Bewegende sein.1858 Auch das höchste Prinzip muß also, modern gesprochen, reflexiv sein.1859 Das Gute scheint in gewisser Hinsicht so gedacht zu sein: Es wird in der Politeia hypothetisch als Erkenntnis des Guten beschrieben, das selbst Erkenntnis ist.1860 Aber wie steht es mit dem Einen? Der Begriff läßt sich zwar auf sich selbst anwenden, denn das Eine ist selbst eines. Aber mit dieser formalen Reflexivität ist wenig gewonnen. Eine geistige Reflexivität, nämlich die Selbsterkenntnis, fehlt dem Einen. Im Charmides wird die Frage eines möglichen Wissens des Wissens aufgeworfen. Hier wird die Schwierigkeit des Selbstbezuges erörtert, doch nicht aufgehoben. Ist, so wird gefragt, eine Liebe möglich, die nur Liebe liebt, nicht aber etwas Schönes und Liebenswertes?1861 Hinter der Frage im Sophistes, ob es ernsthaft denkbar ist, daß dem wahrhaft Seienden Leben und Geist (noyÄw) fehlen, tut sich ein Grundproblem der platonischen Lehre auf. Plato sagt im Sonnengleichnis, wie die Sonne Ursache des Werdens sei, ohne selbst Werden zu sein, so sei das Gute Ursache des Seins, ohne selbst »Seiendheit« zu sein. Das Gute rage noch über die Seiendheit an Würde und Kraft hinaus und sei »jenseits der Seiendheit« (eÆpeÂkeina thÄw oyÆsiÂaw).1862 Damit rückt das Gute dem eÏn der ersten Hypothese des Parmenides, dem nichtseienden Einen, nahe oder ist identisch mit ihm. Nach der Deutung von Hans Joachim Krämer ist das Eine gegenüber dem Seienden »Seinsgrund«, verhält sich zu ihm als Prinzip gegenüber dem Prinzipiierten, als Erkenntnisgrund gegenüber der Erkenntnis.1863 1854 Plat. soph. 254 d 4 – 260 a 3 (Burnet). Vgl. H. Wagner, Philosophie und Reflexion, München/Basel 21967, 114 f. 1855 Plat. soph. 255 c 12 f. (B.): tv Ä n oÍntvn taÁ meÁn ayÆtaÁ kau Æ ayëtaÂ, taÁ deÁ proÁw aÍlla aÆeiÁ leÂgesuai. Vgl. oben S. 208 und unten S. 498. 1856 Plat. rep. 510 b 7 und 511 b 6 f. (Burnet). 1857 Plat. Phaidr. 245 d 1 (B.). 1858 Ebd. 245 d 7 (B.). 1859 Jermann, Philosophie und Politik (wie Anm. 1850), 210 f. 1860 Plat. rep. 505 b 5–10 (B.); dazu K. Gloy, Bewußtseinstheorien. Zur Problematik und Problemgeschichte des Bewußtseins und Selbstbewußtseins, Freiburg/München 22000, 118 mit Anm. 44. 1861 Plat. Charm. 167 e 5–7 (Burnet). 1862 Plat. rep. 509 b 9 (B.).

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Gerade der Gedankengang des Parmenides übt den Leser jedoch in der Einsicht, daß ein so gefaßtes Eines unerkennbar und von Nichts nicht zu unterscheiden wäre. Warum sollte ein solches Gutes-Eines irgendetwas prinzipiieren? Und wie kann dem höchsten Prinzip, das alles andere generieren soll, die höchste Reflexivität fehlen, nämlich die Selbsterkenntnis, die selbst dem endlichen Menschengeist bereits zu Gebote steht? Umgekehrt scheint der noyÄw etwa in seiner Selbstbezüglichkeit Vielheit zu implizieren (wie in der zweiten Hypothese gezeigt), so daß er nicht die Bedingung eines letzten Prinzips zu erfüllen scheint, nämlich Eines zu sein. Es scheint also eine Konkurrenz zwischen zwei Denkmöglichkeiten zu geben, die sich beide in Widersprüche verwickeln: Für Plato muß entweder das Eine das höchste Prinzip sein oder der Geist.1864 Daß im allerinnersten Kern der platonischen Lehre ein ungelöstes Problem ruht, deutet sich auch in der Überlieferung der »ungeschriebenen Lehre« Platos an: Wie sich die beiden Prinzipien eÏn und aÆoÂristow dyaÂw letztlich zueinander verhalten, ob die unbestimmte Zweiheit (dem die zweite Hypothese entsprechen mag) aus dem Einen (im Sinne der ersten Hypothese) generiert wird oder ob ein unaufgelöster Dualismus besteht, scheint gerade nicht überliefert zu sein. Das spricht für die Vermutung, daß Plato dieses alles entscheidende Problem nicht gelöst hat.1865 Von daher nimmt es nicht wunder, daß die beiden Nachfolger Platos an der Akademie konträre Positionen in genau dieser Frage eingenommen haben. Speusipp stellt das eÏn über den noyÄw, Xenokrates hingegen ordnet die beiden einander gleichrangig zu und faßt die so verstandene noyÄw-monaÂw als »ersten Gott«.1866 Damit sind nach Krämers Rekonstruktion zwei Stränge einer syste1863 H. J. Krämer, ÆEpeÂkeina thÄw oyÆsiÂaw. Zu Platon, Politeia 509 B, AGPh 51, 1969, 1–30; hier 16 und 29. 1864 Vgl. F.-P. Hager, Der Geist und das Eine. Untersuchungen zum Problem der Wesensbestimmung des höchsten Prinzips als Geist oder als Eines in der griechischen Philosophie, NocRom 12, Bern 1970. 1865 K. Gaiser, Platons esoterische Lehre, in: P. Koslowski (Hg.), Gnosis und Mystik in der Geschichte der Philosophie, Zürich/München 1988, 13–40; hier 25: »In den Berichten über die esoterische Lehre Platons findet man unterschiedliche Darstellungen des Verhältnisses der Prinzipien zueinander. Einmal erscheinen sie als gleich mächtig, und so ergibt sich der Eindruck eines prinzipiellen Dualismus. Dann wieder gilt das Einheitsprinzip als die seinsbegründende, werthaft vorrangige, allein positive Ursache, während das zweite Prinzip als passiv und negativ charakterisiert wird; und demnach scheint Platon doch letzten Endes monistisch gedacht zu haben.« Gaisers Versuch, das Dilemma zu lösen (ebd. 26), bleibt blaß. Die erwähnten Testimonien finden sich fast vollständig bei K. Gaiser, Platons ungeschriebene Lehre. Studien zur systematischen und geschichtlichen Begründung der Wissenschaften in der Platonischen Schule, Stuttgart 21968, 441–557. Die konträren Deutungsmöglichkeiten der Prinzipienlehre diskutiert J. Halfwassen, Monismus und Dualismus in Platons Prinzipienlehre, BPhJAM 2, 1997, 1–21 (erneut in: Th. Szleza´k (Hg.), Platonisches Philosophieren [FS Hans Krämer], Hildesheim/Zürich/New York 2001, 67–86). 1866 Speusipp Frg. 34 e Lang = 57 Isnardi Parente (Aristot. metaph. N 5 [1092 a 15 R.]); Xenokrates Frg. 15 Heinze = 213 Isnardi Parente (Ae¨t. plac. I, 7, 30 [304 Diels] = Stob. I, i, 29b [I, 36, 6 – 37, 3 W./H.]).

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matischen Geistmetaphysik inauguriert: Von Speusipp führt eine Linie zu Plotin, weil beide Philosophen die Einheit des Ursprungs über das Denken und die Vielheit seiner Inhalte hinausrücken; von Xenokrates dagegen führt die Linie zu Aristoteles, den Mittelplatonikern und in gewisser Hinsicht zu Augustinus, weil diese Autoren das Denken in den Ursprung selbst verlegen, der als Inbegriff aller Transzendenz alle Gehalte des Weltmodells denkend umgreift und zugleich sich selbst denkt.1867 Aristoteles entwickelt bereits Grundsätze der Relationenlogik und vermag dadurch Identität als Beziehung, die ein Gegenstand zu sich hat, zu denken.1868 Im Buch L der Metaphysik, das von der oyÆsiÂa zu handeln angibt,1869 bestimmt er das Denken des Ersten Bewegers als noÂhsiw nohÂsevw, als »Denken des Denkens«.1870 Es ist viel darüber gestritten worden, was damit genau gemeint ist. Klaus Oehler sieht darin den »höchsten Punkt der antiken Philosophie«1871 und meint, das Denken des Ersten Bewegers habe zwar einen Gegenstand, nämlich sich selbst, aber keinen Inhalt (so daß es sich gewissermaßen um eine leere Reflexivität handeln würde). Dem hat Theo Kobusch überzeugend widersprochen: Die Idee des actus purus ist erst viele Jahrhunderte später im anonymen, Porphyrius zumindest nahestehenden Turiner Parmenides-Kommentar bezeugt. Das Denken des Denkens bei Aristoteles hat zwar keinen begrenzten Inhalt, stellt aber »die Fülle jeglichen Inhalts« dar. Die aristotelische Metaphysik ist eine von der sinnlichen Substanz her konzipierte Ontologie. Die erste Substanz ist nicht wirklich transzendent gedacht, und die noÂhsiw nohÂsevw ist von der Analyse menschlichen Erkennens her gewonnen.1872 Das spekulative Grundproblem der Prinzipienlehre, wie es aus dem Parmenides hervorgeht, hat Aristoteles durch die Lehre von Gott als oberster oyÆsiÂa nicht lösen können. Seine Unsicherheit in dieser Frage dürfte auch aus einem Fragment seiner Schrift »Über das Gebet« sprechen, worin er sagt, Gott sei »Geist oder noch jenseits des Geistes«.1873 Es scheint, daß Aristoteles auch in seiner Kategorienlehre der prin1867 Diese Zusammenhänge expliziert Krämer, Der Ursprung der Geistmetaphysik (wie Anm. 267), 403–447. 1868 K. Oehler, Der Unbewegte Beweger des Aristoteles, PhA 52, Frankfurt 1984, 94–98: »Die Anfänge der Relationenlogik und der Unbewegte Beweger«. 1869 Aristot. metaph. L 1 (1069 a 18 R.). 1870 Ebd. L 9 (1074 b 34 f. R.). 1871 K. Oehler, Die Lehre vom noetischen und dianoetischen Denken bei Platon und Aristoteles. Ein Beitrag zur Erforschung der Geschichte des Bewußtseinsproblems in der Antike, Zet. 29, München 1962, 8; vgl. ders., Subjektivität und Selbstbewußtsein in der Antike (wie Anm. 1116). Die Provokation von Oehlers Redeweise liegt darin, daß damit Kants berühmte Formulierung aufgegriffen wird, das reine Selbstbewußtsein sei »der höchste Punkt, an dem man allen Verstandesgebrauch, selbst die ganze Logik, und, nach ihr, die Transzendental-Philosophie heften muß, ja dieses Vermögen ist der Verstand selbst« (Kritik der reinen Vernunft, B 134 Anm. [Werke (wie Anm. 1204), 137]). Hat die Antike also den »höchsten Punkt« neuzeitlicher Transzendentalphilosophie schon erreicht? 1872 Th. Kobusch, Rez. zu Oehler, Der Unbewegte Beweger (wie Anm. 1868), AZP 13/2, 1988, 95–100. 1873 Aristot. Frg. 49 Rose (Simplic. in Aristot. II de caelo 12 [CAG 7, 485, 22 f. Heiberg]): oë ueoÁw hà noyÄw eÆstin hà kaiÁ eÆpeÂkeina ti toyÄ noyÄ.

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zipientheoretischen Frage durch die proÁw eÊn-Struktur ausgewichen ist.1874 Im Gegensatz zum Konzept der Verflechtung der Ideen (im platonischen Sophistes) erscheint es in der Kategorienschrift so, als seien die neun akzidentellen Kategorien auf die Substanz zu beziehen; aber es ist verräterisch, daß Aristoteles zugestehen muß, daß es auch relative Substanzen gibt.1875 Alcinous und Numenius, zwei Hauptvertreter des Mittelplatonismus, gleichen sich in ihren zweistufigen Gotteslehren. An deren Spitze steht jeweils der erste göttliche Intellekt, der das intelligible Paradigma des Kosmos hervorbringt. Der zweite Gott vermittelt dieses Modell an die Materie und erschafft so den Kosmos.1876 In einem singulären Passus läßt Alcinous allerdings erkennen, daß auch über die Möglichkeit einer übernoetischen Instanz nachgedacht wurde.1877 Es gibt viele Indizien dafür, daß Ammonius Sakkas, der als Begründer des Neuplatonismus gilt und der Lehrer Plotins wie wohl auch des Christen Origenes gewesen ist, infolge seiner Deutung der ersten Hypothese des Parmenides das Eine über den Geist stellte.1878 Bei Plotin steht diese Stufung im Zentrum. Er rückt das Eine über den Geist, weil er nur so ein letztes, nicht mehr auf Anderes zurückführbares Prinzip denken kann. Dadurch ergibt sich für ihn die Notwendigkeit, den schöpfungsvermittelnden »zweiten Intellekt« des Mittelplatonismus an die dritte Stelle zu rükken, als »Seele«.1879 Plotin rückt die Position des Aristoteles zurecht: Dieser habe zwar »das Erste abgetrennt . . . , wenn er aber behauptet, daß es selbst sich selbst denke, so macht er es wiederum nicht zum Ersten«.1880 Plotin dagegen identifiziert ausdrücklich sein eÏn mit dem Einen der ersten Hypothese des Parmenides, den noyÄw mit dem eÊn polla der zweiten Hypothese und die cyxh mit dem eÊn kaiÁ polla der dritten Hypothese.1881 Das Konzept des Sich-selbst-Denkens bleibt bei Plotin erhalten, rückt aber an die zweite Stelle, in den noyÄw. Plotin sieht einen Zusammenhang zwischen menschlicher Selbsterkenntnis und gött1874 C. F. von Weizsäcker, Die Einheit der Natur. Studien, München 31982, 476; H. J. Krämer, Zur geschichtlichen Stellung der aristotelischen Metaphysik, KantSt 58, 1967, 313– 354; hier 338–343. 1875 Aristot. cat. vii (8 a 26–28 [24 M.-P.]). 1876 H. Ziebritzki, Heiliger Geist und Weltseele. Das Problem der dritten Hypostase bei Origenes, Plotin und ihren Vorläufern, BHTh 84, Tübingen 1994, 44–92. 1877 Alcin. did. x (164, 18 f. Hermann = 22, 21 Whittaker): oÏper aÃn eÍti aÆnvteÂrv toyÂtvn yëfeÂsthken. Die Frage, ob der in den Manuskripten »Alkinoos« genannte Autor dieses Traktates tatsächlich mit dem Gaios-Schüler »Albinos« identisch ist, bleibt umstritten. 1878 M. Baltes, Art. Ammonios Sakkas [1979], RAC.S I, 2001, 323–332; hier 328–330. Zur Frage der Existenz zweier Denker namens Origenes, von denen einer oder beide Ammonius-Schüler waren, vgl. Ziebritzki, Heiliger Geist (wie Anm. 1876), 30–42. 1879 Ziebritzki, ebd. 146–191. 1880 Plot. enn. V, i, 9 (II, 199, 7–9 H./Sch.), Übersetzung R. Harder. Zur Frage, ob Plotin die aristotelische Kategorienlehre ablehnt oder sie vielmehr platonisch interpretiert, vgl. R. Thiel, Aristoteles’ Kategorienschrift in ihrer antiken Kommentierung, PhU 11, Tübingen 2004, 176–227. 1881 Plot. V, i, 8 (II, 198, 24–27 H./Sch.).

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lichem Sich-selbst-Denken,1882 wobei es so scheint, als sei das menschliche Sichselbst-Denken ein Anteilhaben an seinem göttlichen Pendant. Die Struktur dieses reflexiven Aktes ist triadisch: Der Geist (noyÄw), das Denken (noÂhsiw) und das Gedachte (toÁ nohtoÂn) sind eins und zugleich alles (eÊn aÏma paÂnta).1883 Der Fortschritt, den Plotins Fassung des Sich-selbst-Denkens gegenüber Aristoteles erbringt, liegt nicht zuletzt in dem Versuch einer Antwort auf den höchst scharfsinnigen Einwand der Skepsis gegen die Möglichkeit der Selbstreflexion, der seinerseits in den Überlegungen des Parmenides-Dialogs über Teil und Ganzes und die Selbstanwendung zu wurzeln scheint: Eine echte Selbstbeziehung, so Sextus Empiricus, sei nicht möglich. Ist das Ich ein unzusammengesetztes Eines, kann es sich nicht auf sich beziehen, denn Selbstbezug setzt Zweiheit voraus; ist das reflektierende Ich hingegen zusammengesetzt, so kann sich aus dem genannten Grunde kein Teil auf sich selbst beziehen, sondern nur ein Teil des Ich einen anderen Teil des Ich erkennen.1884 Plotin versucht den Einwand auszuräumen, indem er den Geist als Einheit von Identität und Differenz denkt. Jeder Teil des Geistes schließt jeden anderen und das Ganze virtuell immer schon ein. Plotin versucht, das Sich-selbst-Denken als »ein einfaches, elementares Verstehen, kein relationales Etwas-als-etwas-Denken« zu fassen und damit dem nahezukommen, was in der Moderne Selbstbewußtsein heißt: ein unmittelbares Selbstwissen in Absetzung von einem intentionalen Gegenstandswissen.1885 Das große ungelöste Problem der platonischen Prinzipienlehre kehrt nun aber bei Plotin wieder. Unklar bleibt nämlich, wie und warum aus dem eÏn der noyÄw generiert wird. Aus einem leeren, strukturlosen Einen im Sinne der ersten Hypothese des Parmenides würde gar nichts folgen. Darum nimmt das Eine bei Plotin in manchen Passagen der fünften und sechsten Enneade verdächtig noyÄwhafte Züge an, die es eigentlich gerade nicht haben soll, wie Plotins Kritik an Aristoteles zeigt. Dem Einen wird Wille, Selbstliebe, ein »Über-Denken« (yëpernoÂhsiw1886) zugeschrieben. Da Wollen und Sein aber im Einen zusammenfallen müssen, ist das Eine gleichsam sein eigener Grund, ist aiÍtion eëaytoyÄ, causa sui.1887 Dann aber müßte dem Einen eben doch die Reflexivität anhaften, die 1882

Ebd. V, iii, 7 (II, 214, 1 – 216, 34 H./Sch.). Ebd. V, iii, 5 (II, 212 f., 43 f. H./Sch.). 1884 Vgl. oben S. 282 f. − K. Düsing (Selbstbewußtseinsmodelle. Moderne Kritiken und systematische Entwürfe zur konkreten Subjektivität, München 1997, 97–120) versucht, diesen Einwand in seinen verschiedenen Varianten in der Philosophiegeschichte als unzutreffend zu erweisen, weil ein bestimmter idealer Grenzfall von Selbstbeziehung vorausgesetzt werde, statt der Vielfalt von Selbstbewußtseinsphänomenen gerecht zu werden. Die formale Stringenz des antiken Einwandes wird damit unterlaufen, ohne das Argument zu widerlegen. 1885 Horn, Selbstbezüglichkeit des Geistes (wie Anm. 302), 93. 1886 Plot. enn. VI, viii, 16 (III, 262, 33 H./Sch.). Vgl. zur Konzeption des Grundes als Denken und Über-Denken bei Plotin Krämer, Der Ursprung der Geistmetaphysik (wie Anm. 267), 394–403. 1887 Plot. enn. VI, viii, 14 (III, 260, 41 H./Sch.). Vgl. Beierwaltes, Causa sui (wie Anm. 1808). 1883

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ihm Plotin gerade abgesprochen hat. Plotin fragt, wie das Eine Ursprung von allem sein kann. Er erwägt, ob das Eine nicht alles als »Nicht-Geschiedenes« in sich hat, nämlich als Möglichkeit (dyÂnamiw) gegenüber der Wirklichkeit (eÆneÂrgeia).1888 Aber das löst das Problem in keiner Weise: Denn das Eine selbst müßte als alleiniges Urprinzip auch dafür aufkommen, daß es zur Scheidung des Nicht-Geschiedenen und damit zur Wirklichkeit kommt − und das ist von Plotins Voraussetzungen aus unmöglich. In dem Traktat über die drei Hypostasen gibt es eine verräterische Doppeldeutigkeit. Wie generiert das Eine-Gute den Geist? Vielleicht lautet die Antwort: hà oÏti thÄì eÆpistrofhÄì proÁw ayëtoÁ eëvÂra´ hë deÁ oÏrasiw ayÏth noyÄw.1889 Harder übersetzt: »Nun, in dem Gerichtetsein auf sich selbst erblickte es sich selbst, und dies Erblicken ist sein Geist.«1890 Das Subjekt der Wendung zu sich selbst wäre also das Eine, obwohl dieses nach Plotin nicht reflexiv sein darf. Armstrong liest dagegen proÁw ayÆto und meint, das Subjekt des Sehens müsse der Geist sein, weil dem Einen nach Plotin jegliche Trennung (auch von sich selbst) abgesprochen werden muß.1891 Hätte Armstrong recht, so würde jedoch Plotin seine eigene Frage unbeantwortet lassen, wie das Eine den Geist hervorbringe. In jedem Falle, ob man Harders oder Armstrongs Lesart bevorzugt, weist der Passus also auf eine Defizienz, wahrscheinlich sogar auf eine Inkonsistenz bei Plotin hin. Armstrong betont anläßlich dieser Stelle, daß die Hardersche Lesart, wonach Plotin hier ausnahmsweise ein sich auf sich selbst richtendes Eines annähme, zur Gedankenwelt von Plotins Schüler Porphyrius führen würde. Tatsächlich versucht Porphyrius, die vertikale Stufung der drei Hypostasen Plotins durch eine horizontale Triadik aufzuheben oder zu ergänzen.1892 Er kann dadurch den höchsten Gott sowohl dem, was nach ihm kommt, zuordnen als auch nicht zuordnen. Bei Porphyrius nehmen die Fragen, ob die erste Ursache von allem noyÄw oder yëpeÁr noyÄn ist, und ob alles aus dem Einen oder aus dem Vielen stammt, eine eminent religiöse Färbung ein.1893 Denn daran hängen für ihn alle 1888

Plot. enn. V, iii, 15 (II, 229, 26–33 H./Sch.). Plot. enn. V, i, 7 (II, 195, 5 f. H./Sch.). 1890 Plotins Schriften, übersetzt von R. Harder, Bd. I a, PhB 211 a, Hamburg 1956, 225; dagegen W. Theiler, Überblick über Plotins Philosophie und Lehrweise, ebd. Bd. VI, PhB 276, Hamburg 1971, 101–175; hier 110: »sachlich läßt sich einzig AyÆto verteidigen. Das durch die Kraft oder das Überfließen des Einen Erzeugte ist zuerst noch ungeformt, unbestimmt und wird durch den Blick auf Jenes . . . geformt zum geistigen Sehen, ›Denken‹ . . . und Geist.« 1891 Plotinus, Ennead V, with an English Translation by A. H. Armstrong, LCL 444, Cambridge, Mass./London 1984, 34 f. mit Anm. 1. 1892 P. Hadot, La me´taphysique de Porphyre, in: Porphyre, EnAC 12, Vandœuvres-Gene`ve 1966, 125–163; erneut in: Ders., Plotin, Porphyre (wie Anm. 318), 317–354; deutsche Übersetzung: Die Metaphysik des Porphyrios, in: C. Zintzen (Hg.), Die Philosophie des Neuplatonismus, WdF 436, Darmstadt 1977, 208–237. Vgl. G. Girgenti, Il pensiero forte di Porfirio. Mediazione fra henologia platonica e ontologia aristotelica, Mailand 1996, 251–259. 1893 Porphyr. epist. Aneb. 11 (35) (22, 11 – 23, 3 Sodano). 1889

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anderen Fragen der Religion: Wie es um Einheit und Vielheit der Götter steht, ob man es mit ihren Energien oder Bewegungen zu tun hat, ob die Götter dem Menschen helfen können, welchen Sinn Rituale haben, und weitere offene Probleme, die Porphyrius in seinem Brief an den ägyptischen Priester Anebon anschneidet. Es geht Porphyrius um das Heil.1894 In seinen philosophischen Schriften bezeichnet er das Eine der ersten Hypothese des Parmenides als »Vater«1895 und versteht das Eine als erstes Moment der Bewegung, durch welche der Geist sich selbst in einem triadischen Prozeß verursacht, dessen Momente wiederum die aus Platos Sophistes stammenden Größen Sein, Leben und Denken sind. Das erste dieser Momente ist also das Sein. In dem Parmenides-Kommentar, den Hadot dem Porphyrius zugesprochen hat und der diesem zumindest nahesteht, wird das Eine als das reine Sein und Wirken bezeichnet. Das Eine Platos sei jenseits der Seiendheit, kein Seiendes, es sei vielmehr eÆnergeiÄn kauaroÂn, reines Wirken (actus purus), das Sein selbst vor dem Seienden, ayÆtoÁ toÁ eiËnai toÁ proÁ toyÄ oÍntow.1896 Es ergibt sich eine komplexe Struktur von Triaden, die ihrerseits triadisch gegliedert sind. Daß allerdings die Probleme der platonischen Prinzipienlehre damit einer Lösung nähergekommen seien, wird man − jedenfalls dem fragmentarisch Erhaltenen nach − kaum behaupten können. Ganz am Ende der Antike, im sechsten Jahrhundert n. Chr., wirft Damascius dem Porphyrius vor, er habe mit dem plotinischen Prinzip des transzendenten einen Ursprungs sträflicherweise gebrochen und die absolute Differenz zum Geist verwischt.1897 Damascius erklärt im ersten Kapitel seines großen Werkes ÆAporiÂai kaiÁ lyÂseiw periÁ tv Ä n prvÂtvn aÆrxv Ä n folgende Aporie für unlösbar: Entweder transzendiert das erste Prinzip die Totalität des Seienden, dann ist die Totalität keine wirkliche mehr. Oder das erste Prinzip zählt selbst zum Seienden, in welchem Falle das erste Prinzip kein schöpferisches Prinzip ist, aus dem alles Seiende hervorgeht.1898 Der antike Platonismus ersinnt in seiner späten Phase immer neue Aufgipfelungen, ein Übereines, ein Über-Übereines und so fort − das Grundproblem des Parmenides kann er nicht lösen. Ein letztes Prinzip 1894

Vgl. Smith, Porphyry’s Place (wie Anm. 1667). Porphyr. Frg. 284 Smith (320 f. S.). Vgl. oben Anm. 1809. 1896 Comm. in Parm. XII (fol. 93v) (104, 22–27 Hadot). Die Zuschreibung des Turiner Parmenides-Kommentars an Porphyrius durch Hadot wurde zwar durch Girgenti gestützt und ergänzt (Il pensiero forte di Porfirio [wie Anm. 1892], 167–191), aber manches spricht dafür, daß der anonyme Kommentar der Phase nach Porphyrius entstammt (vgl. M. Baltes, Marius Victorinus. Zur Philosophie in seinen theologischen Schriften, BeiAlt 174, Leipzig 2002, 123 f.). Der wenig einleuchtende Versuch von G. Bechtle, den Kommentar als mittelplatonisch zu interpretieren und schon darum Porphyrius abzusprechen, könnte auch (entgegen der Absicht Bechtles) als Hinweis darauf gelesen werden, daß sich mit der Verlegung des Denkens ins Eine in der Tat eine gewisse Annäherung an mittelplatonische Denker, etwa an Numenius und dessen Konzept einer obersten Intellektgottheit, zu vollziehen scheint (G. Bechtle, The Anonymous Commentary on Plato’s »Parmenides«, BRPhS 22, Bern/ Stuttgart/Wien 1999). 1897 Siehe oben Anm. 1812. 1898 Damasc. princ. I, i (I, 1 f. Westerink). 1895

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scheint nur Eines sein zu können, das völlig unbestimmbar ist, aber wie sich daraus die Vielheit des geistigen wie materiellen Kosmos erklären soll, bleibt unerfindlich. Sobald das Eine sich gleichsam selbst bewegt, sich auf sich bezieht, sich selbst generiert, sich verströmt, ist es schon nicht mehr das Eine. Es müßte also in sich bereits die Zweiheit enthalten, aber genau dann ist es nicht mehr das schlechthin Eine, der eine Ursprung von Allem. Ein Dualismus aber kommt nicht in Frage, denn zwei Prinzipien haben schon darum, weil sie beide Prinzipien sind, ein Moment der Identität und setzen daher ein gemeinsames Prinzip voraus. Die antike Philosophie in ihrer anspruchsvollsten, platonischen Form endet in der Aporie.

4. Theologiegeschichtliche Hintergründe: Das Fortwirken philosophischer Probleme in der Theologie des dritten und vierten Jahrhunderts Im folgenden werden, ausgehend von Origenes im dritten Jahrhundert, verschiedene theologische Denkversuche des vierten Jahrhunderts auf Defizienzen hin untersucht. Die These lautet, daß gewisse argumentative Schwächen dieser Versuche in den geschilderten ungelösten Problemen der paganen antiken Philosophie wurzeln. Nochmals sei betont: Hier wird nicht etwa die uralte Behauptung wiederbelebt, das Trinitätsdogma habe eigentlich keine christlichen Wurzeln, sondern sei Platonismus für’s Volk.1899 Die Rezeption antiker Philosophie betrifft bestimmte Bereiche der Ausbildung einer reflektierenden Trinitätslehre. Daß eine wissenschaftliche Trinitätslehre nicht den Trinitätsglauben ersetzen oder verdrängen soll, versteht sich von selbst. a) Origenes und Arius Schon vor anderthalb Jahrhunderten ist richtig beobachtet worden, daß von den Lehren des Origenes paradoxerweise die beiden entgegengesetzten Richtungen der Trinitätslehre des vierten Jahrhunderts ausgehen: einerseits die nizänische Theologie, der es um die Einheit Gottes und die Gleichheit der göttlichen Personen zu tun ist, andererseits Formen nichtnizänischer Theologie, die im Gegensatz zum Nizänismus die Differenz und rangmäßige Ungleichheit von Gott dem Vater, dem Gottessohn und dem Heiligen Geist betonen. Theologen beider Couleur, Nizäner und Antinizäner, stützen sich auf Gedanken des Origenes.1900 Wie ist es möglich, daß die Theologie des Alexandriners die Keime zu einer derart gespaltenen Rezeptionsgeschichte enthält? Henning Ziebritzki hat gezeigt, daß der Gottesbegriff des Origenes grundsätzlich auf einer Stufe mit 1899

Vgl. oben S. 436. F. Ch. Baur, Lehrbuch der christlichen Dogmengeschichte, Leipzig 31867, 106 f.; in ähnlichem Sinne Markschies, Alta Trinita` Beata (wie Anm. 864), 109 f.; 297 f. 1900

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Plotins Geistbegriff steht, aber auch Merkmale von Plotins Begriff des Einen trägt.1901 Diese Diagnose läßt sich über Ziebritzki hinaus auf dem zuvor beleuchteten philosophiegeschichtlichen Hintergrund zu der These erweitern, daß die Ursache der zwei konträren Rezeptionsmöglichkeiten in einer inneren Unklarheit der Theologie des Origenes liegt, die aus der ungelösten philosophischen Problematik entspringt, ob das Eine oder der Geist das höchste Prinzip ist. Damit soll nicht der Eindruck erweckt werden, das Denken des Origenes sei nur aus der philosophischen Tradition zu verstehen. Origenes nennt Gott den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist »drei Hypostasen«,1902 um ihr selbständiges Subsistieren zu bezeichnen. Ziebritzki zeigt, daß es für die dritte Hypostase im Denken des Origenes keine philosophischen Vorbilder gibt, auch wenn es zunächst angesichts etwa der drei Hypostasen Plotins so scheinen mag. Zwar entsprechen die erste und zweite Hypostase bei Origenes philosophisch gesehen der zweiten und dritten Hypostase bei Plotin. Doch den Analysen von Ziebritzki zufolge entwickelt Origenes die Idee zu einer Metaphysik des Heiligen Geistes aufgrund biblischer Quellen und insbesondere der Anrufung von Vater, Sohn und Geist bei der Taufe.1903 Die Anlehnung an philosophische Denkmodelle springt erst dort wieder in die Augen, wo Origenes über die Ursprungsrelationen in Gott nachdenkt. Wie Plotin läßt Origenes die dritte Hypostase aus der zweiten und die zweite aus der ersten entstehen, und auch für ihn folgt daraus ihre Subordination. In diesem Stufungsgedanken, der letztlich im Konzept des Einen gipfelt, liegt ein Quellgrund nichtnizänischer Theologie. Da das Göttliche absolut ist und es kein »mehr oder weniger göttlich« geben kann, führt die Subordination in letzter Konsequenz dazu, daß der Vater allein wirklich als Gott gilt, während der Sohn auf die Seite der Geschöpfe gerechnet wird (gleichgültig, ob Origenes diese Konsequenz bereits zieht oder nicht). Gleichwohl findet Origenes einen Ansatz, die Einheit der Hypostasen zu denken, womit er den Nizänismus vorbereitet: Die drei Personen seien in einem exklusiven Sinne unwandelbar und substantiell gut, und darin liege ihre gemeinsame Natur.1904 Einen ähnlichen Gedanken gibt es bei Plotin nicht, da der Zweck der obersten Hypostasen in seiner Philosophie gerade darin besteht, aus dem höchsten Prinzip stufenweise den Kosmos abzuleiten.1905 Die ewige 1901

Ziebritzki, Heiliger Geist und Weltseele (wie Anm. 1876), 130–266. Orig. in Ioh. II, 10, 75 (GCS Orig. IV, 65, 15–17 Preuschen): hëmeiÄw meÂntoi ge treiÄw yëpostaÂseiw peiuoÂmenoi tygxaÂnein, toÁn pateÂra kaiÁ toÁn yiëoÁn kaiÁ toÁ aÏgion pneyÄma. 1903 Vgl. auch F. Dünzl, Pneuma. Funktionen des theologischen Begriffs in frühchristlicher Literatur, JAC.S 30, Münster 2000, 367–377. 1904 Ziebritzki, Heiliger Geist und Weltseele (wie Anm. 1876), 248–257. Die deutlichsten Belegstellen stehen in Rufins (leider unzuverlässiger) lateinischer Übersetzung von De principiis, etwa Orig. princ. I, vi, 2 (GCS Orig. V, 80, 10–14 K.). Daß jedenfalls Gott der Vater und der Sohn Gottes der Hypostase nach zwei seien, der oëmoÂnoia, der symfvniÂa und der Willensgleichheit nach jedoch eÏn, steht beispielsweise auch in c. Cels. VIII, 12 (GCS Orig. II, 229, 31 – 230, 2 K.). 1905 Ziebritzki, Heiliger Geist und Weltseele (wie Anm. 1876), 146–191. 1902

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Zeugung des Sohnes aus dem Vater schildert Origenes mit fast den gleichen Worten, die Plotin für den Hervorgang des noyÄw aus dem eÏn gebraucht, nämlich mit Hilfe der Metapher von Licht und Abglanz.1906 Wenn Origenes betont, Gott sei eine monaÂw oder eënaÂw, so stellt er ihn auf das ontologische Niveau des eÏn als der ersten Hypothese des platonischen Parmenides und der ersten Hypostase Plotins. Im gleichen Atemzug aber sagt er, Gott sei »sowohl Geist als auch die Quelle, aus der jede intelligible Natur oder jeder Geist den Ursprung hat«.1907 Insofern Gott Geist ist, trägt er die Zwiefältigkeit der zweiten Hypothese des Parmenides in sich, scheint also gerade nicht der eine Ursprung schlechthin sein zu können. Gottvater wird mit den Zügen des aristotelischen Unbewegten Bewegers ausgestattet: Er denkt sich selbst und ist das Denken und das Gedachte.1908 Dabei kommt es zu einem Paradoxon: Wenn Gottes Macht unbegrenzt (aÍpeiron) ist, kann sie sich nicht einmal selbst denken, denn das Unbegrenzte ist seinem Wesen nach unfaßbar.1909 Die Prädikate des Höchsten Einen, genauer des »Guten« aus Platos Politeia, will Origenes gleichwohl Gott nicht vorenthalten. Darum bekräftigt er mit einer Formulierung, die ähnlich schon Aristoteles ein einziges Mal verwendet hatte, Gott sei »Geist oder jenseits des Geistes und der Seiendheit«.1910 Es gelingt Origenes jedoch nicht, sich mit stringenten Argumenten für eine der beiden durch die Konjunktion »oder« angezeigten Alternativen zu entscheiden. Arius radikalisiert den Gedanken der völligen Transzendenz Gottes des Vaters und muß daher den Sohn dem Vater deutlicher unterordnen, als Origenes das getan hatte. Die Balance, die Origenes zwischen Gleichheit und Ungleichheit herzustellen gesucht hatte, geht verloren, weil sie nicht wirklich konzeptionell begründet worden war. So kommt es dazu, daß der Streit zwischen Bischof Alexander von Alexandrien und seinem Presbyter Arius in gewisser Hinsicht der Konflikt zweier Origenianer ist. Alexander lehrt mit Origenes die ewige Zeugung des Sohnes und leitet daraus eine Gleichewigkeit ab.1911 Arius 1906 Vgl. Orig. princ. I, ii, 4 (GCS Orig. V, 33, 1 f. K.) mit Plot. enn. V, i, 6 (II, 194, 29 f. H./Sch.). 1907 Orig. princ. I, i, 6 (GCS Orig. V, 21, 13 f.). Die Termini monaÂw und eënaÂw finden sich schon in Plat. Phil. 15 a 6 und 15 b 1 (Burnet). 1908 Orig. in Ioh. Frg. 13 (GCS Orig. IV, 495, 22–24 P.): ayÆtoÁw deÁ oë ueoÁw oyÆ dia tinow toi-

oyÂtoy aÆllÆ oiÆkeioÂthti th Äì proÁw eëaytoÁn noÂhsin eÍxei periÁ eëaytoyÄ, ayÆtoÁw v à n kaiÁ hë noÂhsiw kaiÁ toÁ nooyÂmenon. 1909

Orig. princ. II, ix, 1 (GCS Orig. V, 164, 5 f. K., textkritisch nach Görgemanns/ Karpp): eÆaÁn gaÁr aÃpeirow hë ueiÂa dyÂnamiw, aÆnaÂgkh ayÆthÁn mhdeÁ eëaythÁn noeiÄn. Vgl. ebd. IV, iv, 8 (359, 16 – 360, 19 K.). 1910 Orig. c. Cels. VII, 38 (GCS Orig. II, 188, 11 f. K.): NoyÄn toiÂnyn hà eÆpeÂkeina noyÄ kaiÁ oyÆsiÂaw leÂgontew eiËnai aëployÄn kaiÁ aÆoÂraton kaiÁ aÆsvÂmaton toÁn tv Ä n oÏlvn ueoÂn. Vgl. oben Anm. 1873 (Aristoteles) und die verwandten Stellen Anm. 1862 f. (Plato) und Anm. 1896 (Porphyrius), zudem Plot. enn. VI, vii, 40 (III, 235, 26 f. H./Sch.). Vgl. J. Whittaker, ÆEpeÂkeina noyÄ kaiÁ oyÆsiÂaw, VigChr 23, 1969, 91–104; erneut in: Ders., Studies in Platonism and Patristic Thought, CStS 201, London 1984, Nr. XIII. 1911 So berichtet jedenfalls Arius, Urkunde 1, 2 (2, 1–3 Opitz) (Epiphan. haer. 69, 6, 3 [GCS Epiphan. III, 156, 27 – 157, 2 H./D.]).

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spricht wie Origenes von »drei Hypostasen«,1912 die aber auf verschiedenen Ebenen stehen. Er wirft Alexander vor, die unmögliche Theorie zweier ungewordener aÆrxai zu lehren.1913 Rowan Williams hat wohl mit Recht den philosophischen Hintergrund des Arius eher in plotinisch-nachplotinischen Tendenzen, die das Eine dem Geist überordnen, als im Mittelplatonismus gesehen.1914 Arius stattet Gott (Vater) mit Prädikaten aus der philosophischen Tradition aus, die oben im philosophiegeschichtlichen Teil schon genannt wurden, etwa daß Gott allein anfanglos und monaÂw sei, wohingegen der Sohn dyaÂw sei oder Zweiheit voraussetze.1915 Am wichtigsten ist die Bestimmung Gottes als aÆgeÂnnhtow (ungezeugt) oder aÆgeÂnhtow (ungeworden) − zwei Termini, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht unterschieden werden.1916 In der Wirkungsgeschichte des platonischen Timaeus hatte sich lange vor der Zeit des Arius eine Debatte darum entwickelt, ob der Kosmos geworden oder ungeworden ist. Philo etwa sagt: kaiÁ hËn pote xroÂnow oÏte oyÆk hËn.1917 Arius überträgt eine solche Formulierung auf den Sohn, läßt aber das Wort für »Zeit« weg: hËn pote oÏte oyÆk hËn, »es war einmal, daß er nicht war«.1918 Der Sohn sei »aus dem Willen und der Absicht« (uelhÂmati kaiÁ boylhÄì) Gottes vor der Zeit ins Dasein getreten und stehe insofern im Gegensatz zum ungewordenen Gott.1919 Wohl mit Blick auf Bischof Alexander betont Arius, der Sohn habe »nicht gleichzeitig mit dem Vater das Sein, so wie einige den Begriff Relation (taÁ proÂw ti) gebrauchen, womit sie zwei unerzeugte Prinzipien einführen«.1920 Arius dürfte sich damit auf eine gelehrte Diskussion beziehen. Aristoteles hatte die Frage diskutiert, ob alle Korrelativa gleichzeitig gegeben sein müssen, und eine negative Antwort gegeben: So sei etwa der Gegenstand des Wissens (toÁ eÆpisthtoÂn) früher als das Wissen (eÆpisthÂmh).1921 Andere jedoch bejahten die Frage, 1912

Arius, Urkunde 6, 4 (13, 7 Opitz) (Athanas. syn. 16, 4 [Werke II, 244, 8 Opitz]). Ebd. (13, 12 Opitz) (Werke II, 244, 12 f. O.). 1914 R. Williams, Arius. Heresy and Tradition, London 22001; im Nachwort zur 2. Auflage findet sich (261–266) auch eine treffende Auseinandersetzung mit der überzogenen Kritik von Ch. Stead, Was Arius a Neoplatonist?, StPatr 32, 1997, 39–51, erneut in: Ders., Doctrine and Philosophy (wie Anm. 355), Nr. V. Vgl. zum gleichen Thema auch Stead, Philosophy in Origen and Arius, in: Origeniana septima (wie Anm. 429), 101–108. 1915 Beispiele: ÍAnarxow (Urkunde 1, 5 [3, 4 Opitz] [Epiphan. haer. 69, 6, 7 (157, 15 H./D.)]); vëw monaÁw kaiÁ aÆrxhÁ paÂntvn (Urkunde 6, 4 [13, 12 f. Opitz] [Athanas. syn. 16, 4 (Werke II, 244, 13 O.)]); syÂnew oÏti hë monaÁw hËn, hë dyaÁw deÁ oyÆk hËn, priÁn yëpaÂrjhì (Thalia bei Athanas. syn. 15, 3 [Werke II, 243, 1 O.]). 1916 G. L. Prestige, God in Patristic Thought, London 1956, 37–52 und 246–248. 1917 Philo decal. 58 (IV, 282, 4 Cohn). 1918 Eine Synopse der Bezeugung dieser und anderer Formulierungen und Lehren des Arius findet sich bei Lorenz, Arius judaizans? (wie Anm. 1783), 38–47; hier 38 f. (vgl. etwa Arius bei Alex. Alexandr. [Athanas.?, so Ch. Stead, Athanasius’ Earliest Written Work, JThS 39, 1988, 76–91; erneut in: Ders., Doctrine and Philosophy (wie Anm. 355), Nr. X] Urkunde 4 b, 7 [7, 21 Opitz] [Athanas. decr. 35, 7 (Werke II, 32, 23 Opitz)]). 1919 Arius Urkunde 1, 4 (2, 10 – 3, 2 Opitz) (Epiphan. haer. 69, 6, 6 [157, 10–13 H./D.]). 1920 Urkunde 6, 4 (13, 11 f. Opitz) (Athanas. syn. 16, 4 [Werke II, 244, 12 f. O.]). Dazu und zum folgenden Lorenz, Arius judaizans? (wie Anm. 1783), 57–60. 1921 Aristot. cat. vii (7 b 15 – 8 a 12 [22 f. M.-P.]). 1913

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darunter Porphyrius, der die Gleichzeitigkeit von Wissen und Wissensgegenstand mit dem ewigen Wissen des noyÄw begründet.1922 Auch Bischof Alexander geht offenbar von der Gleichzeitigkeit der Korrelate aus, wenn er sagt, der Vater sei nicht Vater ohne das Dasein des Sohnes, sie seien »zwei voneinander untrennbare (aÆxvÂrista) Dinge«.1923 Origenes hatte ein ähnliches Argument gebraucht und sogar gelehrt, ohne Schöpfung gebe es auch keinen Schöpfer.1924 Von da aus kann sich die Annahme der Ewigkeit der Welt ergeben, wobei es aber genügt, wenn diese Welt nur eine in den Gedanken Gottes existierende ist. Dahinter steht wieder das Problem der Prinzipienlehre, daß einerseits im ersten Prinzip alles Prinzipiierte schon enthalten sein zu müssen scheint, andererseits ein so gefaßtes Prinzip kein erstes Eines und insofern nicht das erste Prinzip ist. In einer mittelplatonischen Auslegung wurde die Lösung in der These gesehen, die Schöpfung stehe in Relation zu den Ideen.1925 Eine solche Relation konnte als Teilhabe interpretiert werden, und dabei wurde zwischen substantieller und akzidenteller Teilhabe unterschieden. Arius scheint eine bloße Teilhabe des Logos an den Akzidentien Gottes zu lehren.1926 Gott ist für Arius seinem Sein nach unaussprechlich, keiner ist ihm gleich oder auch nur ähnlich.1927 Hatte Origenes die Ansicht verfochten, der Vater sei im Erkennen größer als der Sohn, da er von sich selbst klarer als von diesem erkannt werde, so kann nach Arius der Sohn den Vater überhaupt nicht erkennen, weil der Vater in sich selbst unsagbar ist.1928 Auf diese Weise gerät der Sohn, obwohl er vor aller Zeit gezeugt sein soll, letztlich auf die Seite der Geschöpfe oder zwischen Schöpfer und Schöpfung. Athanasius bemerkt mit Recht, daß die Idee eines Schöpfungsmittlers, der dem Rang nach zwischen Gott und Welt steht, inkonsistent ist: 1922

Porphyr. in cat. 39v, 13 – 40v, 12 (119, 4 – 120, 25 Busse). Alex. Alexandr., Urkunde 14, 15. 26 f. (22, 7; 23, 28 – 24, 5 Opitz) (Theodoret. h. e. I, iv, 15. 26 f. [GCS N. F. 5, 12, 11 f. und 15, 14–26 Parmentier/Hansen]). 1924 Orig. bei Method. creat. 2 (GCS Method. 494, 16–24 Bonwetsch); Orig. princ. I, ii, 10 (GCS Orig. V, 41, 11 – 42, 3 K.). 1925 Alcin. did. ix (21, 38–42 W.). 1926 Lorenz, Arius judaizans (wie Anm. 1783), 59. 1927 Arius, Thalia bei Athanas. syn. 15, 3 (Werke II, 242, 9 f. O.). Zur Problematik der genauen Abgrenzung und des exakten Wortlautes der Thalia-Fragmente vgl. K. Metzler, Ein Beitrag zur Rekonstruktion der »Thalia« des Arius (mit einer Neuedition wichtiger Bezeugungen bei Athanasius), in: Dies./F. Simon, Ariana et Athanasiana. Studien zur Überlieferung und zu philologischen Problemen der Werke des Athanasius von Alexandrien, ARWAW 83, Opladen 1991, 11–45. Einen knappen Kommentar zu den Fragmenten bietet W. Löhr, Arius Reconsidered (Part 2), ZAC 10, 2006, 121–157; hier 132–150. − M. Vinzent, Exkurs, in: Asterius von Kappadokien, Die theologischen Fragmente. Einleitung, kritischer Text, Übersetzung und Kommentar, SVigChr 20, Leiden/New York/Köln 1993, 284–301, schreibt manche Fragmente, die andere Forscher der Thalia des Arius zuweisen, dem »Sophisten« Asterius zu. 1928 Orig. princ. IV, iv, 8 (GCS Orig. V, 360, 6 f. K., textkritisch nach Görgemanns/ Äì noeiÄn oë pathÁr meiÂzvn, vëw kaiÁ tranoteÂrvw kaiÁ teleioteÂrvw noeiÄtai Karpp): . . . vÏste kaiÁ eÆn tv yëf Æ eëaytoyÄ hà yëpoÁ toyÄ yiëoyÄ. − Arius, Thalia bei Athanas. syn. 15, 3 (Werke II, 243, 14–23 O.) und Philostorg. h. e. II, iii (GCS Philostorgius 14, 4 f. Bidez/Winkelmann). 1923

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Wenn Gott die Welt nicht ohne einen solchen Schöpfungsmittler erschaffen kann, dann kann er auch den Schöpfungsmittler nicht ohne Mittler schaffen, was in den infiniten Regreß führen würde.1929 Mit den Konzepten, die Mittel- und Neuplatonismus boten, konnten offenbar weder Origenes noch Arius eine in sich schlüssige Gotteslehre vorlegen, die der christlichen Erfahrung Gottes des Schöpfers und der Gottheit seines Sohnes entsprach. Denn der christliche Gott ist einerseits absolut, transzendent und einer − darin gleicht er dem eÏn des Neuplatonismus. Er ist aber andererseits auch ein wollender, denkender Gott − darin gleicht er dem noyÄw des Neuplatonismus. Beiden Erfordernissen einer christlichen Gotteslehre gleichmäßig gerecht zu werden gelang weder Origenes noch Arius. Die beiden alexandrinischen Theologen vermochten nicht, den Glauben an den einen Gott mit dem Christusbekenntnis und dem Taufglauben an Gott den Vater, Sohn und Heiligen Geist theologisch-argumentativ zu vereinen. b) Von Markell zu den Kappadokiern Das Bekenntnis von Nizäa enthält unter anderem Begriffe mit philosophischer Konnotation, die Arius in seiner Argumentation allem Anschein nach benutzt hatte, wendet sie jedoch gegen Arius. Dieser behauptet, der Sohn sei dem Vater gegenüber fremd der oyÆsiÂa nach und gerade nicht »gleichen Wesens« (oëmooyÂsiow).1930 Die Väter von Nizäa dagegen erläutern ihren Glauben, der Sohn sei als Einziggeborener aus dem Vater geboren, mit der Formulierung: »das heißt aus der oyÆsiÂa des Vaters«, und schließlich mit der Aussage, der Sohn sei dem Vater wesensgleich (oëmooyÂsiow).1931 Mit dieser Terminologie war freilich noch keine ausgearbeitete Trinitätstheologie gegeben, wenn man darunter mit Reinhard Hübner ein rational einsichtiges oder wenigstens sprachliches Modell versteht, das es erlaubt, eine Dreiheit Gleicher in absoluter Einheit auszudrücken. Tertullian hatte Hübner zufolge mit seinen Konzepten der einen Substanz und der drei Personen in gewisser Hinsicht über ein solches Modell verfügt, allerdings Gott stoisch als corpus aufgefaßt. Im Osten sei Markell von Ankyra der erste, der sich die Aufgabe stelle, ein derartiges Modell zu finden.1932 1929

Athanas. Ar. II, 26 (Werke I/1, 202 f. Metzler/Savvidis). Arius, Thalia bei Athanas. syn. 15, 3 (Werke II, 242, 27 O.): jeÂnow toyÄ yiëoyÄ kat Æ oyÆsiÂan oë pathÂr, oÏti aÍnarxow yëpaÂrxei. Ebd. (242, 17 O.): oyÆdeÁ gaÂr eÆstin Íisow, aÆll Æ oyÆdeÁ oëmooyÂsiow ayÆtv Äì. Urkunde 6, 3 (12, 11 f. Opitz) (Athanas. syn. 16, 3 [Werke II, 243, 35 f. O.]): oyÆdÆ vëw ManixaiÄow meÂrow oëmooyÂsion toyÄ patroÁw toÁ geÂnnhma eiÆshghÂsato. Aus welchem Umfeld die Termini entnommen worden sind und wie sie in das Bekenntnis von Nizäa gelangt sind, kann hier offenbleiben. Vgl. F. Dinsen, Homoousios. Die Geschichte des Begriffs bis zum Konzil von Konstantinopel (381), Diss. Kiel 1976, 57–96; Ch. Stead, Art. Homousios, RAC XVI, 1994, 364–433; hier besonders 401–412. 1931 Conc. Nic. symb. (228 und 230 Dossetti). 1932 R. M. Hübner, EiÎw ueoÁw ÆIhsoyÄw XristoÂw. Zum christlichen Gottesglauben im 2. Jahrhundert − ein Versuch, MThZ 47, 1996, 325–344; hier 326 f.; mit einem ergänzenden Anhang erneut in: Ders., Der paradox Eine. Antignostischer Monarchianismus im zweiten Jahr1930

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Markell tritt als Bibelexeget und Verteidiger der nizänischen Position gegen den theologisch in mancher Hinsicht ähnlich wie Arius denkenden »Sophisten« Asterius auf den Plan.1933 Eine für Markell zentrale Schriftstelle ist das Wort des Paulus, daß Christus am Ende seine Herrschaft Gott dem Vater übergibt (1 Kor 15, 24–28). Man hat in Markells Bemühen eine biblisch-heilsgeschichtliche Theologie erkennen wollen.1934 Es sei dahingestellt, in welchem Sinne diese Einschätzung zutrifft. In jedem Falle darf darüber nicht vergessen werden, daß Markells Theologie mit einer spekulativ-philosophischen Konzeption verbunden ist. Auch Markell hat manches von Origenes gelernt.1935 Gegen Asterius wendet Markell ein, die drei Hypostasen könnten, »wenn es sie gäbe, nicht zur monaÂw geeint werden«, es sei denn, sie hätten ihren Ursprung von ebendieser.1936 hundert, SVigChr 50, Leiden/Boston/Köln 1999, 206–240; 210 (vgl. Tert. adv. Prax. vii, 8 [CChr.SL 2, 1166 f., 49 f. K./E.]: Quis enim negabit Deum corpus esse, etsi Deus spiritus est? Spiritus enim corpus sui generis in sua effigie.). Hübner spricht, wie sehr viele andere Theologiehistoriker auch, von Tertullians »Formel una substantia − tres personae«. Genaugenommen findet sich diese Formel jedoch nicht bei Tertullian, der weder den Ausdruck tres personae gebraucht, noch substantia und personae explizit in das mit der Formel gemeinte Gegenüber bringt. Tertullian kann sogar einmal die Substanz des Logos Person nennen: Quaecumque ergo substantia sermonis fuit, illam dico personam et illi nomen Filii vindico (adv. Prax. vii, 9 [1167, 54 f.]). Allerdings kann man die Unterscheidung, von der die genannte Formel handelt, der Sache nach aus verschiedenen Einzelstellen in Tertullians Schriften belegen. Das Fehlen der Formel bei Tertullian ist ein weiterer Grund dafür, die einst übliche Meinung zu bezweifeln, daß dieser Autor die nizänische und neunizänische Trinitätslehre vorweggenommen und maßgeblich beeinflußt habe. 1933 Vinzent, Asterius von Kappadokien, in: Asterius von Kappadokien, Die theologischen Fragmente (wie Anm. 1927), 3–71; hier 63–71 zum Vergleich zwischen Asterius und Arius. Zu Markell vgl. Seibt, Die Theologie des Markell (wie Anm. 438). 1934 So sah etwa Th. Zahn in Markell den Vertreter einer »heilsgeschichtlichen« Theologie im Sinne seines Erlanger Lehrers J. Ch. K. von Hofmann, und legte sich das Verhältnis Markells zu Origenes nach Art seines eigenen kritischen Verhältnisses zur spekulativen Theologie F. Ch. Baurs zurecht (Th. Zahn, Marcellus von Ancyra. Ein Beitrag zur Geschichte der Theologie, Gotha 1867). Vgl. dazu im Detail Seibt, Die Theologie des Markell (wie Anm. 438), 35–42. 1935 Vinzent, Einleitung, in: Markell von Ankyra, Die Fragmente (wie Anm. 447), XIIICXI; hier XXXVIII f. und LXXI. Allerdings wirft Markell dem Origenes mit einem kuriosen Argument vor, sich mehr an Platos Prinzipienlehre denn an der Heiligen Schrift orientiert zu haben: Das Werk PeriÁ aÆrxvÄn beginne mit einem Zitat aus Platos Gorgias (Markell Frg. 88 Klostermann = 22 Seibt/Vinzent [Euseb. c. Marcell. I, 4, 23 (GCS Euseb. IV, 22, 30 – 23, 13 Klostermann)]). Man sieht daran, daß hinter der damaligen Debatte durchaus bereits die Frage steht, wie weit ein Nachdenken über den christlichen Glauben sich auf die Ebene der paganen Philosophie begeben darf. Tatsächlich beschränkt sich das angebliche Zitat in den ersten vier Wörtern von Origenes’ Werk (princ. I, praef. 1 [GCS Orig. V, 7, 6 K.]) auf die beiden Wörter pepisteykoÂtew und pepeismeÂnoi, die auch in Plat. Gorg. 454 e 1 f. (Burnet) vorkommen, allerdings in umgekehrter Reihenfolge. Ganz auszuschließen ist gleichwohl nicht, daß Origenes bewußt auf den Gorgias anspielt, der in der späteren Antike, auch bei Christen, zu den meistgelesenen Dialogen Platos zählte (E. R. Dodds, Plato, Gorgias. A Revised Text with Introduction and Commentary, Oxford 1959, 62–66 und 397 f.). 1936 Markell Frg. 66 Klostermann = 47 Seibt/Vinzent (Euseb. eccl. theol. III, 4 [GCS Euseb. IV, 157, 32 f. Klostermann]).

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Wie Arius denkt Markell Gott als in sich ruhende, seinsmäßig nicht differenzierte monaÂw. Anders als Arius will er zugleich deren Selbstmitteilung denken. Darum nimmt er an, die monaÂw erweitere sich (platyÂnetai) bei der Menschwerdung und beim Ausgang des Heiligen Geistes zur triaÂw, um schließlich, wenn das Königtum des Menschgewordenen ende, dem zitierten Pauluswort gemäß in sich zurückzukehren.1937 Markell denkt sich das Verhältnis von Gottvater und Logos so, daß der Logos der Kraft nach oder als Kraft im Vater ist (dynaÂmei eÆn tv Äì patriÂ), hingegen in tätiger Wirksamkeit »bei« oder »in bezug auf Gott« (eÆnergeiÂaì proÁw toÁn ueoÂn), also unterschieden vom Vater.1938 Zu diesem Konzept gibt es Parallelen in der platonisch-neupythagoreischen Mathematik, die in der altakademischen Spekulation um eÏn und aÆoÂristow dyaÂw wurzelt.1939 Damit allerdings verfällt Markell manchen Widersprüchen, die im platonischen Konzept liegen. Der Verfasser der pseudoathanasianischen vierten Oratio contra Arianos, wahrscheinlich Apolinarius von Laodicea um 340, analysiert das Problem, das er ebenso im Kern der Theologie des Nizäners Markell wie des Antinizäners Asterius erblickt. Diese beiden denken seiner (keine Namen nennenden) Darstellung zufolge die Gottheit als monaÂw und nehmen darum nur ein Ursprungsprinzip (monarxiÂa) an. Richtig erschiene nun die Annahme, daß aus diesem einen Ursprung der Logos der Natur nach Sohn ist. Denn existierte der Logos für sich oder wäre seinerseits aus einem anderen als dem ersten Prinzip geworden, gelangte man zu einer Zweiheit oder Mehrheit von Prinzipien, was der Prämisse Markells und des Asterius widerspricht.1940 Wenn nun umgekehrt Weisheit, Logos oder Sohn nicht wesenhaft aus dem einen Ursprung wären, sondern »im Vater«, so wäre dieser Vater aus Weisheit und Logos zusammengesetzt und würde, indem er seinen Sohn zeugte (und Weisheit wie Logos sind der Sohn), sich selbst zeugen. Er wäre dann sein eigener Vater, eine absurde Annahme. Gott würde wie eine zusammengesetzte Substanz Wort und Weisheit »in sich« als Eigenschaften tragen, so wie Akzidentien in einer Substanz 1937 Ebd. Frg. 67/121/41 K. = 48/109/111 S./V. (Euseb. eccl. theol. III, 4 [158, 2–26 K.]; II, 8 [107, 13–22 und 107, 32 – 108, 4 K.]). 1938 Ebd. Frg. 52 K. = 70 S./V. (Euseb. eccl. theol. II, 11 [113, 11–18 K.]). Zu Plotins Verwendung der Termini oben S. 454. 1939 Seibt, Die Theologie des Markell (wie Anm. 438), 462–476; zum altakademischen Hintergrund Krämer, Der Ursprung der Geistmetaphysik (wie Anm. 267), 338–369; zur Wiederbelebung pythagoreischer Elemente im Neuplatonismus D. J. O’Meara, Pythagoras Revived. Mathematics and Philosophy in Late Antiquity, Oxford 1989. 1940 Ps.-Athan. Ar. IV, 1 (43, 1 – 45, 4 Stegmann). Vgl. über den Beitrag des Apolinarius zur Trinitätslehre die Arbeiten von R. W. Hübner, etwa: Die Schrift des Apolinarius von Laodicea gegen Photin (Pseudo-Athanasius, Contra Sabellianos) und Basilius von Caesarea, PTS 30, Berlin/New York 1989; ders., Zur Genese der trinitarischen Formel bei Basilius von Caesarea, in: M. Weitlauff/P. Neuner (Hgg.), Für euch Bischof − mit euch Christ [FS Friedrich Kardinal Wetter], St. Ottilien 1998, 123–156. Eine detaillierte Analyse von Ps.-Athan. Ar. IV liefert M. Vinzent, Pseudo-Athanasius, Contra Arianos IV. Eine Schrift gegen Asterius von Kappadokien, Eusebius von Cäsarea, Markell von Ankyra und Photin von Sirmium, SVigChr 36, Leiden/New York/Köln 1996.

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sind.1941 Die Lehre Markells von der Selbstausdehnung nennt Apolinarius stoisch und wendet gegen sie ein: »Eine erweiterte Dreiheit ist keine Einheit mehr. Als Einheit aber war sie noch keine Dreiheit.«1942 Das zugrundeliegende Problem ist seit Platos Parmenides bekannt. Apolinarius steht auf dem gleichen nizänischen Boden wie Markell. Doch er führt den Nachweis, daß Markells Theologie in das Gegenteil dessen abgleitet, was er mit Recht zu verstehen suche, nämlich daß Christus wirklich der Erlöser ist, weil er Gott ist. Wie sich aus dieser Frontstellung die besondere christologische Position des Apolinarius ergibt, muß an dieser Stelle nicht verfolgt werden.1943 Für die trinitätstheologische Diskussion des vierten Jahrhunderts bedeutender ist eine andere Schrift, die wahrscheinlich ebenfalls Apolinarius zuzuschreiben ist, nämlich das in der handschriftlichen Überlieferung als viertes und fünftes Buch an Basilius’ Contra Eunomium angehängte Werk. Es handelt sich wohl um die erste literarische Antwort auf den logisch und sprachphilosophisch durchdachten »Neuarianismus« des Ae¨tius und des Eunomius, durch den sich die nizänische Theologie vor eine ganz neuen Herausforderung gestellt sah.1944 Im Zentrum steht hier wie bei Arius der Begriff des »Ungezeugten«, der ausschließlich dem einen Gott vorbehalten ist. Ae¨tius sagt: Wenn die Ungezeugtheit die oyÆsiÂa bezeichnet, so steht sie in kontradiktorischem Gegensatz zur oyÆsiÂa des Gezeugten. Weder eine Gleichheit noch eine Ähnlichkeit des Wesens ist also zwischem dem Gezeugten und dem Ungezeugten denkbar.1945 Der Sohn, behauptet Eunomius, ist nicht aus dem Wesen, sondern aus dem Willen des Vaters gezeugt.1946 Argumente dieser Art bedrohten den Nizänismus in seiner Wurzel und provozierten ab 359 eine theologische Neuausrichtung, die bald zu der heute als »neunizänisch« bezeichneten Konzeption führen sollte. Pseudo-Basilius (Apolinarius?) versucht mit verschiedenen Beweisgängen die Argumente des Eunomius zu entkräften. Etwa so: »Wenn jemand, indem er den Vater ungezeugt und den Sohn gezeugt nennt, die oyÆsiÂai bezeichnet hat, wie wird [dann] jemand, wenn er ihre Daseinsweise (troÂpow thÄw yëpaÂrjevw) nennen will, sie anders als so nennen können? Daseinsweise also ist das ›Ungezeugt‹ und nicht Begriff einer oyÆsiÂa.«1947 1941

Ps.-Athan. Ar. IV, 2 (45, 5–19 S.). Ebd. IV, 12 (57, 3–24; hier besonders 17–19 S.). 1943 Vgl. dazu Hübner, Soteriologie, Trinität, Christologie. Von Markell von Ankyra zu Apollinaris von Laodicea, in: Im Gespräch mit dem Dreieinen Gott (wie Anm. 848), 175–196. 1944 Vgl. Risch, Einleitung, in: Ders., Pseudo-Basilius (wie Anm. 449), 1–48. 1945 Ae¨t. synt. xvi bei Epiphan. haer. 76, 12, 16 (GCS Epiphan. III, 355, 7–10 H./D.); vgl. synt. iv bei haer. 76, 12, 4 (353, 9–12 H./D.). Vgl. Hübner, Zur Genese der trinitarischen Formel (wie Anm. 1940), 137. 1946 Eunom. lib. apol. 24 (64, 1–4 Vaggione). 1947 Ps.-Basil. adv. Eunom. IV (PG 29, 681 A; Übersetzung nach Risch, Pseudo-Basilius [wie Anm. 449], 57, leicht modifiziert). Vgl. dazu Hübner, Zur Genese der trinitarischen Formel (wie Anm. 1940), 149. Die Geschichte des Begriffs troÂpow yëpaÂrjevw (dazu u. a. Risch, 130) verdient eine genauere Untersuchung. Vgl. vorläufig Prestige, God in Patristic Thought (wie Anm. 1916), 245–249. 1942

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Eine Eigenart der Eunomianer ist, daß sie zwar den einen ungezeugten Gott aufs schärfste von allem weiteren trennen, also seine Transzendenz betonen, daß sie ihn aber nicht aller Erkennbarkeit entrücken, sondern im Gegenteil in der »Ungezeugtheit« sein Wesen ausgedrückt und erkannt sehen. Angeblich hat Eunomius sogar gesagt, Gott wisse über seine oyÆsiÂa genau dasselbe wie wir Menschen.1948 Diese Gewißheit will Basilius von Caesarea den Eunomianern in seinem Erstlingswerk, den drei Büchern gegen Eunomius, nehmen. Für seine Polemik benutzt er offenbar die Schrift des Pseudo-Basilius gegen Eunomius.1949 Basilius von Caesarea betont, kein Begriff könne Gottes oyÆsiÂa ausschöpfen, die unsagbar und nur dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist bekannt sei. Aber was ist die Ungezeugtheit dann? Sie bezeichne gar nicht das »Was«, also die oyÆsiÂa, sondern nur das »Wie«, die Entstehungs- oder Subsistenzweise (troÂpow thÄw yëpostaÂsevw).1950 An dieser Stelle, in dieser Abwandlung der Argumentation des Pseudo-Basilius (Apolinarius?), liegt nach Hübner erstmals bei Basilius die »neunizänische« Unterscheidung der Begriffe oyÆsiÂa und yëpoÂstasiw vor.1951 Der Begriff der Hypostase werde so »verdünnt«, daß er nichts mehr von dem »Was« enthalte. Nur stelle sich, so Hübner, unausweichlich die Frage, welcher Seinskategorie oyÆsiÂa und yëpoÂstasiw zugehören. Lege man die aristotelische Kategorienlehre zugrunde, so gerate man in Aporien: Die Hypostase kann kein Akzidens an der göttlichen Substanz sein, sonst wäre ihre Eigenständigkeit zerstört, der Sohn wäre etwa eine Eigenschaft des Vaters. Sie kann aber auch keine erste Substanz im aristotelischen Sinne sein, also ein Individuum, sonst wäre man beim Tritheismus angelangt. Aber auch die oyÆsiÂa kann nicht das Individuum meinen, denn sonst wären die Hypostasen nicht mehr eigenständig. Sie sei für Basilius aber auch nicht »zweite Substanz« im Sinne des Aristoteles, also Gattung, denn in dieser Lösung wittere er wiederum die Gefahr des Tritheismus.1952

1948 Eunom. Frg. 2 (178, 3–6 Vaggione) = Socrat. h. e. IV, vii, 13 f. (GCS N. F. 1, 234, 20–23 Hansen). Vaggione erörtert in seiner Ausgabe (167–170) die Frage der Echtheit des Fragments und neigt zur Annahme seiner Authentizität. 1949 Hübner, Zur Genese der trinitarischen Formel (wie Anm. 1940), 149 und 153. 1950 Basil. adv. Eunom. I, 12–15 (SC 299, 212–226 S.). 1951 Die terminologische Differenzierung, die schon aus kirchenpolitischen Gründen seit 362 nahelag und sich bei Athanas. tom. ad Antioch. 6, 1–4 (Werke II, 345, 15 – 346, 13 Brennecke/Heil/v. Stockhausen) anbahnt, könnte ein christlicher Philosophiekenner wie Apolinarius in einer Formulierung des Porphyrius gefunden haben, wonach die oyÆsiÂa des Göttlichen in bis zu drei Hypostasen hervortrete (Porphyr. Frg. 221 F. Smith [bei Ä n yëpostaÂsevn eÍfh Cyrill. Alex. c. Iul. VIII, 271 a (PG 76, 916 B Aubert)]: aÍxri gaÁr triv PlaÂtvn thÁn toyÄ ueiÂoy proelueiÄn oyÆsiÂan [243, 2 f. Smith]). Markschies, Alta Trinita` Beata (wie Anm. 628), 252–254, hält einen Einfluß dieser Stelle auf die christliche Lehrbildung für eher unwahrscheinlich, Hübner dagegen kann sich den Apolinarius als ersten Rezipienten und Vermittler dieser porphyrischen Unterscheidung vorstellen (ders., Zur Genese der trinitarischen Formel [wie Anm. 1940], 128). 1952 Hübner, ebd. 152–156.

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Gerade die letzte Variante spielt aber Gregor von Nyssa in mehreren kleinen Schriften durch, die kurz vor und nach dem Konzil von Konstantinopel 381 entstanden sein dürften. In den beiden früher entstandenen Traktaten verteidigt er die kappadokische Terminologie von den drei Hypostasen und der einen oyÆsiÂa.1953 Hier wird in teilweise enger Anlehnung an die aristotelische Kategorienschrift und die Isagoge des Porphyrius dargelegt, daß sich yëpoÂstasiw auf Individuen beziehe, oyÆsiÂa dagegen auf ihre gemeinsame Natur: Es handelt sich um drei Personen, aber nur um einen Gott, so wie Petrus, Jakobus und Johannes drei Personen sind, aber jeder an der gemeinsamen menschlichen Natur teilhat. In zwei später entstandenen Abhandlungen antwortet Gregor auf einen Einwand: Jeder der drei ist ein Mensch, also sind sie drei Menschen; jede göttliche Hypostase ist Gott, was kann also bei Voraussetzung der kappadokischen Terminologie die Redeweise verhindern, sie seien drei Götter?1954 Gregor erwägt verschiedene Möglichkeiten, dem Einwand zu entgehen, etwa den Vergleich mit drei Münzen aus Gold, denn auch hier darf das Gold nicht in den Plural gesetzt werden.1955 Vor allem aber entwickelt er eine Theorie, wonach gerade umgekehrt der übliche Sprachgebrauch ungenau sei. Genau genommen dürfe man nicht drei Personen als drei Menschen bezeichnen, denn eigentlich teilen sie sich ein einziges Menschsein.1956 Wenn etwas eine Art bezeichne, dürfe man niemals ein Individuum mit diesem Artnamen bezeichnen, also nicht einmal sagen, »Petrus ist ein Mensch«. Christopher Stead hat in einer erbarmungslosen logischen Analyse die Absurdität der Argumente Gregors aufgezeigt.1957 Er weist anschließend zwar ein anspruchsvolleres Argument bei Gregor nach, wonach die Tendenz zu einer einheitlichen menschlichen Natur auf eine ungleich höhere Einheit der gött1953

Greg. Nyss. comm. not. (GNO III/1, 19–33 Müller); Ps.-(?) Basil. epist. 38 (178–194 Forlin Patrucco). Die Zuschreibung von epist. 38 an Gregor von Nyssa bleibt umstritten, trotz der Begründung von R. M. Hübner (Gregor von Nyssa als Verfasser der sog. ep. 38 des Basilius. Zum unterschiedlichen Verständnis der oyÆsiÂa bei den kappadozischen Vätern, in: Epektasis [FS Jean Danie´lou], Paris 1972, 463–490). Zwar sind auch die Argumente für die Zuschreibung an Basilius ernstzunehmen, mit denen etwa W.-D. Hauschild im Kommentar seiner Übersetzung (Basilius von Caesarea, Briefe, BGL 32, Bd. 1, Stuttgart 1990, 182–185) und V. H. Drecoll (Die Entwicklung der Trinitätslehre des Basilius von Cäsarea. Sein Weg vom Homöusianer zum Neonizäner, Göttingen 1996, FKDG 66, 297–328) die Diskussion neu entfacht haben. Doch erscheinen die Argumente für den Nyssener plausibler, wie auch J. Zachhuber zeigt (Basil and the Three-Hypostases Tradition. Reconsidering the origins of Cappadocian theology, ZAC 5, 2001, 65–85; ders., Nochmals: Der »38. Brief« des Basilius von Caesarea als Werk des Gregor von Nyssa, ZAC 7, 2003, 73–90). 1954 Greg. Nyss. trin. (GNO III/1, 3–16 Müller); tres dei (GNO III/1, 37–57 Müller; hier besonders 38, 8–18). 1955 Greg. Nyss. tres dei (54, 1 f. M.). 1956 Ebd. (38, 8–11; 40, 5–9 M.). 1957 Ch. Stead, Why Not Three Gods? The Logic of Gregory of Nyssa’s Trinitarian Doctrine, in: H. R. Drobner/Ch. Klock (Hgg.), Studien zu Gregor von Nyssa und der christlichen Spätantike, SVigChr 12, Leiden u. a. 1990, 149–163; erneut in: Ch. Stead, Doctrine and Philosophy (wie Anm. 355), Nr. XIV.

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lichen Natur schließen lasse. Aber auch dabei bleiben Steads überzeugender Analyse zufolge Gregors Begründungen unbefriedigend. Gregor scheint das selbst zu spüren und läßt in den beiden späteren Schriften eine gewisse Distanzierung von der kappadokischen Terminologie erkennen, indem er gegenüber der Rede von der oyÆsiÂa jetzt die Verborgenheit, das Geheimnis der göttlichen Natur betont. Allerdings liegt der Verdacht nahe, daß Gregor von Nyssa hier aus der Argumentationsnot eine Tugend zu machen versucht. Die Rede vom Mysterium Gottes kann einen wohlbegründeten Sinn haben, aber sie kann auch dem bloßen Abbruch einer theologischen Debatte dienen, weil einer der Diskussionsteilnehmer erkennt, daß seine begrifflichen Mittel denjenigen seines Gegners unterlegen sind. Die Differenzen zwischen den Positionen der kappadokischen Theologen können hier nicht im einzelnen erörtert werden.1958 So wäre etwa auf die knappen Andeutungen des Gregor von Nazianz hinzuweisen, der die Begriffe »Vater« und »Sohn« sowie den Unterschied zwischen der Zeugung des Sohnes und dem Hervorgang des Geistes aus ihrer wechselseitigen Beziehung interpretiert.1959 In dem vorliegenden Abschnitt ging es lediglich um den Nachweis, daß der Abschluß der trinitätstheologischen Lehrbildung mit der kappadokischen Unterscheidung von miÂa oyÆsiÂa einerseits, treiÄw yëpostaÂseiw andererseits, wie sie mindestens im Schreiben der Synode von Konstantinopel im Jahr nach dem Konzil von 381 rezipiert worden ist,1960 noch immer an dem fundamentalen, ungelösten Problem der antiken Philosophie teilhat. Der Platonismus konnte die Frage nicht schlüssig beantworten, ob eÏn oder noyÄw das höchste Prinzip ist, weil das Verhältnis von undifferenzierter Einheit und differenzierter Vielheit in 1958 Vgl. Ch. Markschies, Gibt es eine einheitliche ›kappadozische Trinitätstheologie‹? Vorläufige Erwägungen zu Einheit und Differenz neunizänischer Theologie, in: Ders., Alta Trinita` Beata (wie Anm. 783), 196–237. 1959 Greg. Naz. or. 29 (or. theol. 3), 16 (SC 250, 210, 13 G.); or. 30 (or. theol. 4), 18 (264, 10 f. G.); or. 31 (or. theol 5), 9 (290, 4 G.). 1960 Bericht bei Theodoret. h. e. V, ix, 11 (GCS N. F. 5, 292, 12–16 P./H.). Zu beachten ist allerdings, daß die Formel miÂa oyÆsiÂa, treiÄw yëpostaÂseiw, die heute in jedem Lehrbuch als Inbegriff der »kappadokischen Lösung« gilt, im griechischen Schrifttum des vierten Jahrhunderts selten wörtlich belegt ist (einer der Belege: Greg. Naz. or. 21, 35 [SC 270, 184, 14 Mossay/Lafontaine]). Vgl. J. Lienhard, Ousia and Hypostasis: The Cappadocian Settlement and the Theology of »One Hypostasis«, in: Davis/Kendall/O’Collins (Hgg.), The Trinity (wie Anm. 774), 99–121. Häufiger sind Varianten belegt, eine der frühesten bietet Mar. Victorin. adv. Arium III, 4 (CSEL 83/1, 198, 38 f. H./H.): eÆk miaÄw oyÆsiÂaw treiÄw eiËnai taÁw yëpostaÂseiw. Reinhard Hübner weist (mündlich) auf eine Parallele dazu bei Eunomius hin, der um 393 die Ansicht ablehnt, Gott sei aus einer Substanz in eine dreifache Hypostase gespalten worden: eÆk miaÄw oyÆsiÂaw eiÆw yëpoÂstasin trisshÁn sxizoÂmenon (conf. 2 [150, 6 f. Vaggione]). − Vielleicht geht die Popularität der Formel in den westlichen Handbüchern der Dogmatik und Dogmengeschichte weniger auf griechische Texte zurück als vielmehr auf die Stelle, in der Augustinus sagt, es sei nicht klar, was der Unterschied zwischen oÆysiÂa und yëpoÂstasiw sei, ita ut plerique nostri qui haec graeco tractant eloquio dicere consuerint miÂan oyÆsiÂan, treiÄw yëpostaÂseiw, quod est latine unam essentiam, tres substantias (trin. V, viii, 10 [CChr.SL 50, 217, 44–47]).

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der Prinzipienlehre nicht befriedigend geklärt werden konnte. Die kappadokische Fassung der Trinitätslehre ist eine Sprachregelung, deren logisch-philosophische Begründung (selbst in ihrer fortgeschrittensten Form bei Gregor von Nyssa) nicht überzeugt. Hübner zieht im Blick auf Basilius einen Schluß, den er wohl auch für die beiden anderen Kappadokier gelten lassen würde, daß nämlich weder der Begriff der göttlichen oyÆsiÂa noch der yëpoÂstasiw »mit den Kategorien der klassischen Philosophie zu fassen« sei. Eine widerspruchsfreie Interpretation der kappadokischen Formel sei gar nicht möglich, sie sei eine »Metapher für das Mysterium des absoluten, dennoch seinem Geschöpfe liebend zugewandten Gottes der Christen«.1961 An anderer Stelle diagnostiziert Hübner: »Es gibt in der griechischen Philosophie keinen Begriff für einen Gott, der aus sich herauszutreten vermag, ohne sein Gottsein zu verlieren. Ein solcher Begriff müßte den Gedanken einer Zweiheit (des ›Heraustretens‹) und einer Einheit (des ›Sich-nicht-verlierens‹ oder ›Bei-sich-Seins‹) zugleich umschließen. Beides steckt im griechischen Gottesbegriff. Aber dafür hat die griechische Philosophie kein Modell bereitgestellt. Einheit und Zweiheit schließen sich nach ihr aus. Gott ist Monas. Die Dyas gehört nicht zum Sein der Monas. Betrachtet man unter dieser Rücksicht die von Basilius geschaffene trinitarische Formel ›eine einzige ousia − drei Hypostasen‹, so sieht man . . . : Sie ist nicht eine metaphysische Bestimmung des Seins Gottes, sondern eine paradoxe Glaubensaussage.«1962

Die Frage ist nun allerdings, ob damit das Projekt, den Trinitätsglauben vor der Vernunft zu verantworten, aus prinzipiellen Gründen gescheitert ist, oder ob lediglich die Kappadokier ihre Aufgabe nicht zu meistern wußten. Zudem ist nicht anzunehmen, daß mit den Denkmodellen, die von der griechischen Philosophie vorgelegt worden waren, tatsächlich auch schon die Möglichkeiten des Denkens überhaupt ausgeschöpft sind. Augustinus jedenfalls scheint sich, wie nachher gezeigt werden soll, mit diesem Stand der Debatte keineswegs zufriedengegeben zu haben. c) Lateinische Rezeption und Kritik des Nizänismus Bevor Augustinus seine Stimme erhob, trugen lateinische Theologen weniger als ihre griechischen Glaubensbrüder zu den subtilen Begriffsdifferenzierungen und Modellbildungen im Streit um die Trinitätslehre bei. Der Ursprung des Zwistes hatte ebenso im griechischen Osten gelegen wie die Herausforderung durch scharf anhomöisch argumentierende Denker wie Ae¨tius und Eunomius. Darum waren auch die »orthodoxen« Konzepte eher im Osten als im Westen entwickelt worden. Der Westen wurde erst mit dem Exil der Bischöfe Athanasius und Markell in der zweiten Hälfte der 330er Jahre in den großen Konflikt hineingezogen. Die lateinische Rezeption des nizänischen Glaubens setzt noch später ein. Die älteste erhaltene lateinische Version des Glaubensbekennt1961

Hübner, Zur Genese der trinitarischen Formel [wie Anm. 1940], 156. R. M. Hübner, Der Gott der Kirchenväter und der Gott der Bibel. Zur Frage der Hellenisierung des Christentums, München 1979, 20 f. 1962

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nisses von 325 scheint diejenige des Hilarius aus dem Jahre 357 zu sein.1963 Erst kurz zuvor hatte Hilarius überhaupt von diesem Bekenntnis erfahren1964 und war damit wahrscheinlich einer der ersten unter den Lateinern. Für die Trinitätsauffassung des lateinischen Westens war bis dahin die Ekthesis der nicht ganz korrekt »westlich« genannten Teilsynode von Serdika aus dem Jahre 342 oder 343 maßgeblich gewesen.1965 Diese Erklärung aber ist stark durch die Theologie des Markell von Ankyra geprägt1966 und partizipiert darum an deren Unzulänglichkeit. Aus Markells Denken erklärt sich die Aussage des Serdicense, es gebe nur eine göttliche Hypostase.1967 Damit ist jegliche DreiHypostasen-Theologie verurteilt und dem Origenismus der Eusebianer der Kampf angesagt. Die einzige Ebene, auf der das »westliche« Serdicense Vater und Sohn unterscheidet, ist die des Namens, und auf diese Ebene bezieht es die johanneische Redeweise vom Größersein des Vaters.1968 Die lateinische Theologie ist darum in diesem Punkt mit einer Hypothek belastet. Sie tut sich, wie es auch das de Regnon’sche Klischee besagt,1969 noch lange Zeit schwer, Begriffe oder Kategorien anzugeben, mit denen sich die seinsmäßige Ebene des Unterschieds innerhalb der Trinität darstellen läßt. Anders als das Klischee suggeriert, wurzelt die einseitige Betonung des Aspekts der Einheit Gottes jedoch nicht in einer westlichen Eigenart, sondern in einer östlichen Theologie, eben derjenigen Markells. Noch Hilarius hat spürbar Mühe, einen Terminus für die Unterscheidung von Vater und Sohn anzugeben.1970 Mit dem Konzept der nativitas, des ewigen und des zeitlichen Geborenseins des Sohnes, zeichnet sich dann bei ihm ein relativ eigenständiger lateinischer Ansatz in dieser Richtung ab, mit dem eine Mitte zwischen Identität und Alterität von Vater und Sohn bezeichnet werden soll. Die nativitas macht die Besonderheit des Sohnes aus und sichert zugleich die unitas naturae von Vater und Sohn.1971 Mit diesem »Geborensein« ist zwar ein 1963 Hil. coll. antiar. B II 10, 2 (CSEL 65, 150, 7 – 20 F.). Vgl. Ulrich, Die Anfänge der abendländischen Rezeption des Nizänums (wie Anm. 445), 143. 1964 Hil. syn. xci (PL 10, 545 M.). Vgl. M. Durst, Nizäa als »autoritative Tradition« bei Hilarius von Poitiers, in: Stimuli (wie Anm. 851), 406–422. 1965 Ulrich, Die Anfänge (wie Anm. 445), 281–287. Ulrich weist nach, daß etwa sechzig Prozent der Teilnehmer der »westlichen« Teilsynode von Hause aus Griechisch sprachen. 1966 Ebd. 59–91. 1967 Concilium Serdicense (Occ.) bei Theodoret. h. e. II, viii, 39 (GCS N. F. 5, 113, 13 P./H., vgl. oben Anm. 445): miÂan eiËnai yëpoÂstasin. In der lateinischen Version wird die Stoßrichtung unscharf: EOMIA I, 651: unam esse substantiam. 1968 Theodoret. h. e. II, viii, 45 (116, 3–5 P./H.): oyÆde tiw aÆrneiÄtai pote toÁn pateÂra toyÄ

yiëoyÄ meiÂzona, oyÆ di Æ aÍllhn yëpoÂstasin, oyÆ diaÁ thÁn diaforaÂn, aÆll Æ oÏti ayÆtoÁ toÁ oÍnoma toyÄ patroÁw meiÄzoÂn eÆsti toyÄ yiëoyÄ. Vgl. EOMIA I, 652: nec negavit quis aliquando patrem filio mai-

orem, non propter aliam substantiam nec differentiam, sed nomen ipsut [sic] patris maius est filio. Vgl. Ulrich, Die Anfänge (wie Anm. 445), 76. 1969 Vgl. oben S. 324 ff. 1970 Vgl. Ulrich, Die Anfänge (wie Anm. 445), 136–158. 1971 Vgl. z. B. Hil. trin. I, 17 (CChr.SL 62, 18, 17–19 S.): . . . quia deo ex deo nato, neque eundem nativitas permittit esse neque aliud, sowie ebd. VI, 13 (210, 11 f. S.): hanc igitur in patre et filio naturae unitatem et hoc viventis nativitatis inenarrabile sacramentum . . .

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bibelnaher Ausdruck gewählt, aber die Frage, welchen ontologischen Status diese Differenz hat, bleibt unbeantwortet. Auch Gregor von Elvira muß sich des Vorwurfs erwehren, in der ersten Ausgabe seiner Schrift De fide aus der Zeit um 359 den Ausdruck unius dei so gebraucht zu haben, als leugne er die Personen.1972 Um nicht weiter in den Verdacht des Sabellianismus zu geraten, überarbeitet er den Traktat. Doch selbst in der zweiten Version sind die drei »Personen« noch beinahe synonym mit den serdicensischen drei »Namen«: Gregor bekennt, tria nomina et tres personas unius esse essentiae.1973 Die Synode des Jahres 362 in Alexandrien unter Athanasius erklärt das oëmooyÂsiow von Nizäa und eine Drei-Hypostasen-Theologie für vereinbar. Das »westliche« Serdicense steht einem solchen Kompromiß im Wege und wird ausdrücklich zugunsten des dehnbareren nizänischen Bekenntnisses verworfen.1974 Der Gallier Eusebius von Vercelli nimmt bei der Rückkehr aus dem Exil, das er in der Thebaı¨s verbracht hatte, an der alexandrinischen Synode teil und gibt zu Protokoll, daß er die Verurteilung des Serdicense gutheiße, um das Nizänum nicht zu gefährden.1975 Ein ausgearbeitetes neunizänisches Konzept, das aus dem kirchenpolitischen Kompromiß ein theologisches Modell geformt hätte, kann er freilich nicht im Reisegepäck mitnehmen. Denn daran hatte eine gegenüber Athanasius jüngere Generation griechischer Theologen gerade erst zu arbeiten begonnen. Wieder zieht der Westen verspätet nach. Eine römische Synode zwischen 369 und 371 unter Damasus bewegt sich noch immer auf der serdicensischen Linie.1976 Erst als Basilius im Briefkontakt mit Damasus und Ambrosius steht, läßt ein römischer Text von 374 oder 377 die Unterscheidung einer oyÆsiÂa und dreier Personen zu.1977 Mit dem Ausdruck personae, der sich in seiner griechischen Gestalt proÂsvpa in der sogenannten zweiten sirmischen Formel von 357 bereits als »Kompromißformel« bewährt hatte,1978 kann sich der Westen eher als mit dem Begriff der Hypostasen anfreunden. Unter den diversen subordinatianischen Richtungen, die sich im zweiten Drittel des vierten Jahrhunderts bilden, findet nur die theologisch schlichteste, die »homöische«, in größerer Zahl Anhänger im lateinischen Raum. Die Kaiser Constantius II. und Valens vor allem hoffen, mit ihr eine konsensfähige, allem

1972

Greg. Ilib. fid. praef. (CorPat 3, 60, 51 f. S.). Ebd. praef. (62, 79 S.). 1974 Athanas. tom. ad Antioch. 5, 1–4 (Werke II, 344, 1 – 345, 14 B./H./v. S.). 1975 Ebd. 10, 3 (350, 5–13 B./H./v. S.) in griechischer Übersetzung. Vgl. Markschies, Was ist lateinischer »Neunizänismus«? (wie Anm. 864), 246–250. 1976 Epist. pontif. Damas. 1 (Confidimus), fol. 43v–45r (ZNW 35, 1936, 19 f. Schwartz). Vgl. Markschies, ebd. 255 f. 1977 Epist. pontif. Damas. 2 (Ea gratia), fol. 45r (ZNW 35, 1936, 20, 25 – 21, 1 Sch.): . . . omnes uno ore unius virtutis, unius maiestatis, unius divinitatis, unius usiae dicimus trinitatem ita ut inseparabilem potestatem, tres tamen adseramus esse personas . . . Vgl. Markschies, ebd. 256 f. 1978 Vgl. Markschies, Ambrosius (wie Anm. 582), 24. Das Dokument von Sirmium bei Hilar. syn. xi (PL 10, 489 M.): duas personas esse (dyÂo proÂsvpa eiËnai bei Athanas. syn. 28, 8 [Werke II, 257, 14 O.]). 1973

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Streit enthobene, reichskirchliche Theologie verbindlich zu machen. Zentren des homöischen Christentums sind, von den kaiserlichen Residenzen in Sirmium und Mailand ausstrahlend, die griechisch-lateinischen Grenzregionen Illyrien und Moesien einerseits, Oberitalien andererseits.1979 Am homöischen Bekenntnis hängen zudem die Goten, die aus personalen Bindungen heraus noch für Jahrhunderte an dem homöisch-reichskirchlichen Glauben festhalten, den sie einst durch Wulfila und andere Theologen empfangen hatten.1980 Das Anliegen der Homöer besteht vor allem darin, die abstrakten nizänischen theologischen Formeln mit ihrer philosophischen Bedeutungslast zu vermeiden und stattdessen zur biblischen und liturgischen Sprache zurückzukehren. Sie argumentieren bibelexegetisch und provozieren damit die Pronizäner des Westens eher zu vertiefter Exegese als zu konzeptionellen Höhenflügen. Ohne mindestens rudimentäre Trinitätsmodelle kann freilich niemand die Bibel trinitätstheologisch interpretieren und darüber debattieren. Die philosophischen Implikationen dieser Modelle sind in Ost und West unvermeidlich, doch treten sie im lateinischen Raum vor Augustinus viel undeutlicher zutage als im Osten. Die große Ausnahme ist Marius Victorinus. Kein anderer Lateiner vor Augustinus wagt sich in der Trinitätslehre derart weit auf die Ebene neuplatonischer Metaphysik vor. Marius Victorinus will die theologische Debatte auf ihre philosophisch-prinzipientheoretischen Implikationen hin durchleuchten und mit primär philosophischen, daneben auch biblischen Argumenten weiterführen. In diesem Punkt verfährt er wie die ihm vielleicht bekannte1981 vierte Oratio contra Arianos des Pseudo-Athanasius (Apolinarius?). Wie diese verfolgt er eine doppelte Abwehrstrategie einerseits gegen den Subordinatianismus, andererseits gegen sabellianisierende Tendenzen eines Markell und Photin. Zu diesem Zweck fingiert er offenbar zwei Briefe eines »Arianers« namens Candidus. Sie sollen gewissermaßen den neuplatonischen Fechtboden liefern, auf dem er vor allem nicht-homousianische Theologien zu schlagen hofft. Diesen Candidus läßt er zuerst einen Beweis führen, warum Gott ungezeugt ist und nicht zeugt: Gott ist ungezeugt, weil er das Mächtigste ist, ihm kann also nichts vorausgehen, auch keine Potentialität, die erst eines Aktes bedürfte, um Wirklichkeit zu werden. Gott ist einfach, darum ist er auch nicht Substanz. Substanz liegt etwas anderem zugrunde und bedeutet daher immer schon Zusammensetzung. Als schlechthin erste Ursache muß Gott daher auch Ursache seiner selbst sein: prima causa et sibi causa est.1982 Gott ist das Eine, und er ist das Sein, Leben und Denken. Zeugung aber wäre ein Abgeben aus dem Eigenen, 1979 Vgl. Brennecke, Home´ens (wie Anm. 624); ders., Studien zur Geschichte der Homöer. Der Osten bis zum Ende der homöischen Reichskirche, BHTh 73, Tübingen 1988; Löhr, Die Entstehung der homöischen und homöusianischen Kirchenparteien (wie Anm. 1789). 1980 Vgl. K. Schäferdiek, Die Anfänge des Christentums bei den Goten und der sog. gotische Arianismus, ZKG 112, 2001, 295–310. 1981 So Vinzent, Pseudo-Athanasius, Contra Arianos IV (wie Anm. 1940), 311 f. 1982 Mar. Victorin. Candid. epist. 1, 3 (CSEL 83/1, 4, 16 f. H./H.).

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eine Veränderung, die es im vollkommenen Gott nicht geben kann. Gott zeugt daher nicht den Sohn, sondern macht ihn aus Nichtseiendem. Kein Werk aber ist demjenigen consubstantialis, der es gewirkt hat.1983 An diesem wohl von ihm selbst erdachten Beweis zeigt Marius Victorinus, wie man aus einer bestimmten Konzeption des Neuplatonismus heraus zu der Überzeugung gelangt, der Sohn Gottes sei nicht oëmooyÂsiow mit dem Vater. Wenn man nämlich Gott in der Weise des Candidus als eÏn faßt, scheint für jegliche innergöttliche Zeugung kein Raum. Die Selbstverursachung Gottes des Vaters bleibt gleichsam ein geschlossener Zirkel, ein weiteres Hervorbringen ist nur als Erschaffen aus dem Nichts denkbar. Theorien der Selbstkonstitution auf unterschiedlichen ontologischen Ebenen waren in der Antike verschiedentlich diskutiert worden.1984 Plotin hatte sie in bezug auf das höchste Prinzip in Betracht gezogen.1985 Auf verschlungenen Wegen war das Thema in die trinitätstheologische Diskussion des vierten Jahrhunderts geraten. Ae¨tius und Eunomius lehnten die Vorstellung ab, der ungezeugte Gott habe sich selbst gezeugt, weil die beiden Anhomöer nur so die absolute Geltung des Gottesprädikats »ungezeugt« retten zu können glaubten, von der ihre diametrale Entgegensetzung des ungezeugten Gottvaters und des gezeugten Sohnes abhing.1986 Einerseits teilt Marius Victorinus eine Reihe von Voraussetzungen mit »Candidus«. Doch er gestaltet mit Hilfe von Gedanken des Porphyrius und des anonymen Parmenides-Kommentars1987 das philosophische Denkmodell so um, daß sich damit für die Homousie des Sohnes argumentieren läßt. Auch Marius Victorinus stattet Gott den Vater mit Merkmalen des Einen aus: Er sei schlechthin einfach, eines noch vor aller Zahl, jenseits von allem, was ist und was nicht ist.1988 Die Ungezeugtheit des Vater denkt auch Marius Victorinus im Sinne der causa sui-Theorie. Der Akt der Selbstverursachung des Ersten als eines Ganzen entfaltet sich Victorinus zufolge, in den Worten von Beierwaltes, »in ihm selbst aus seinem ersten, vor-seiend und daher in-different ›noch‹ verborgenen Einen zum Anderen seiner selbst, welches sich unmittelbar auf seinen Ursprung zurückbezieht«.1989 Es ist jedoch unschwer zu sehen, daß der Widerspruch zwi1983

Ebd. 1, 8 (10, 13 f. H./H.). J. Whittaker, The Historical Background of Proclus’ Doctrine of the ayÆuypoÂstata, in: De Jamblique a` Proclus, EnAC 21, Vandœuvres-Gene`ve 1975, 193–230; erneut in: Ders., Studies in Platonism (wie Anm. 1910), Nr. XVII. 1985 Vgl. oben S. 453. 1986 Ae¨t. synt. ii f. bei Epiphan. haer. 76, 12, 2 f. (GCS Epiphan. III, 353, 1–8 H./D.); Eunom. apol. 7 (40, 1–3 Vaggione); vgl. ebd. 21 (60–62, 15–20 V.). Der eunomianische Interpolator der Recognitiones III, 3, 7 (GCS Pseudoklementinen II, 97, 7 f. Rehm/Strecker: non a se ipso factus est nec a se ipso genitus; est enim sine principio et ingenitus) scheint gegen eine homousianische Quelle zu polemisieren, die er als gnostisch betrachtet. Vgl. Abramowski, Nicänismus und Gnosis (wie Anm. 1262), 554–558. 1987 Vgl. oben Anm. 1896. 1988 Belege bei Baltes, Marius Victorinus (wie Anm. 1896), 23–43. 1989 Beierwaltes, Causa sui (wie Anm. 1808), 151. Vgl. Mar. Victorin. adv. Arium I B, 55 (CSEL 83/1, 152 f., 19–21 H./H.): Pater enim suae ipsius substantiae generator et aliorum secundum verticem fontana est exsistentia. 1984

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schen dem »vorseienden« Einen und dem Andersheit implizierenden Zweiten hier nicht aufgelöst, sondern in Gott eingetragen wird. Gott den Vater versucht Marius Victorinus als Ursprung von allem so zu denken, als zöge sich dieser nach Münchhausens Art am eigenen Schopfe aus dem Nichtsein ins Sein. Mehr noch: Jede Ursache müsse das von ihr Verursachte zuvor in sich tragen, so wie eine Schwangere verborgen in sich hat, was sie gebären wird.1990 Diesen Gedanken meint Marius Victorinus im Anschluß an neuplatonische Vorgänger denken zu können: Die triadische Struktur esse − vivere − intellegere, die »Candidus« (in gewissem Widerspruch zum Gedanken der absoluten Einfachheit) allein Gott dem Vater vorbehalten hatte, sei in Wahrheit nicht als Struktur dreier Momente, sondern als Trinität dreier Hypostasen zu interpretieren. Der Vater ist demnach Sein, Leben, Denken mit der Betonung auf dem Sein; der Sohn ist Sein, Leben, Denken mit Betonung auf dem Leben; der Geist ist Sein, Leben, Denken mit Betonung auf dem Denken. Dabei muß Marius Victorinus dieses Konzept so fassen, daß der Sohn die erste Substanz ist und nur der Vater als das Eine schlechthin, das Nichtseiende über allem Seienden gelten kann. Damit aber wird die Konsubstantialität gefährdet, die Victorinus doch gerade hatte nachweisen wollen.1991 Zahlreiche andere Widersprüche ergeben sich.1992 Sie wurzeln in dem ungelösten Problem, die Vielheit aus dem Einen ableiten zu müssen, aber andererseits das Eine eben darum als Vielheit denken zu müssen. So bleibt der Versuch des Marius Victorinus unbefriedigend, die Trinität als Selbsterkenntnis und Selbstzeugung Gottes im Sinne eines Aus-sich-Hervorgehens und Zu-sich-Zurückkehrens zu denken. Die anderen lateinischen Autoren vor Augustinus denken weder so spekulativ noch so kompliziert wie Marius Victorinus. Zumeist rennen sie gegen die Homöer an und begeben sich daher auf deren Feld, die Bibelexegese. Aus dieser Literatur sei der Streit zwischen Ambrosius und dem Homöer Palladius herausgegriffen. Auf Bitten des Kaisers Gratian schreibt Ambrosius 378 oder 380 zwei Bücher De fide.1993 Schon im ersten Satz nach der Vorrede an den Kaiser erklärt Ambrosius, sein Glaube besage, daß es einen Gott gebe und der Sohn weder von diesem getrennt (wie bei den Heiden) noch mit ihm vermischt (wie bei Sabellius) gedacht werden dürfe.1994 Das ist die lateinische Form der Theorie von der aÆsyÂgxytow eÏnvsiw, die in der neunizänischen Theologie mit der Zuordnung von Dreiheit und Einheit verbunden ist.1995 Ambrosius deutet mit Hilfe der Bibel das Verhältnis von Vater und Sohn. Der Sohn ist von Ewigkeit her geboren. Wer geboren ist, ist stets dem gleich, von dem her er ist − hier 1990

Mar. Victorin. ad Candid. 14 (CSEL 83/1, 32, 16 f. H./H.). Baltes, Marius Victorinus (wie Anm. 1896), 109. 1992 Ebd. 108–115. 1993 Vgl. Markschies, Einleitung (wie Anm. 1756), 45–54; Williams, Ambrose of Milan (wie Anm. 115), 141–153. 1994 Ambr. fid. I, 1, 6 (CSEL 78, 6, 2 – 7, 10 F.). 1995 Vgl. unten S. 512. 1991

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liegt eine Variante des nativitas-Konzeptes vor. Als Hauptgegner betrachtet Ambrosius die »Arianer«. Der Strategie des Athanasius folgend behauptet er, alle nichtnizänischen Fraktionen, mögen sie sich von Arius distanzieren oder nicht, stammten letztlich von diesem ab und glichen der Hydra mit ihren ständig nachwachsenden Köpfen.1996 Den »Arianern« wirft Ambrosius die Ansicht vor, der Sohn sei dem Vater unähnlich (dissimilis)1997 − ein Wort, vor dem man sich in solchen Zusammenhängen mit Schrecken abwenden müsse.1998 Palladius, einer der von Ambrosius namentlich Angegriffen, antwortete unverzüglich mit einer Gegenschrift, von der sich noch Reste erhalten haben. Empört weist er den Vorwurf zurück, er vertrete die (eunomianische) Lehre von der Unähnlichkeit des Vaters und des Sohnes. Er und seine Freunde stritten doch gar nicht ab, daß der Sohn sagt: »Was immer der Vater tut, das tut auch der Sohn ähnlich« (similiter, Joh 5, 19). Wie sollten sie ihn da »unähnlich« nennen? Oder richte Ambrosius den Vorwurf aus dem Grunde an sie, weil sie den Sohn nicht für gleichewig mit dem ungezeugten Gott halten? Aber der Sohn sei nun einmal gezeugt, das gebe selbst Ambrosius zu.1999 In den Augen des Palladius unterschlägt Ambrosius die proprietates personarum und vernachlässigt die Unterschiede zwischen Gott dem Vater und dem Sohn Gottes. Der Vater habe gemäß der Heiligen Schrift gewollt, daß der Sohn ihm unterworfen sei (1 Kor 15, 28). Mit welchem Recht setze sich ein Ambrosius darüber hinweg und bestehe auf der Gleichheit? Statt monströse Vergleiche mit der Hydra anzustellen solle er sich lieber an die Wahrheit der Bibel halten.2000 Ambrosius reagiert darauf in den Büchern III bis V von De fide. Im wesentlichen wiederholt er, was in den ersten beiden Büchern bereits zu lesen ist. Er verweilt auf der bibelexegetischen Ebene der ersten Bücher, weil auch Palladius nur diese Ebene gelten läßt. Es läßt sich zwar zeigen, »daß der Mailänder Bischof einen höchst eigenständigen Versuch unternommen hat, die griechische neunicaenische Trinitätstheologie auf die Verhältnisse einer Mailänder Stadtgemeinde und eines kaiserlichen Laienlesers zu applizieren«.2001 Doch dreht sich seine theologische Diskussion mit den Homöern weitgehend im Kreise. Ambrosius läßt zwar den Vorwurf fallen, die Homöer würden Vater und Sohn als unähnlich bezeichnen. Als Implikation ihrer Theologie gilt ihm dies jedoch nach wie vor. Da er jetzt zugeben muß, daß sie Vater und Sohn als »ähnlich« bezeichnen, muß er auf den zuvor von ihm selbst recht unbefangen verwendeten Terminus similis verzichten. Stattdessen gebraucht er das Wort aequalis.2002 Wo Begriffe fehlen, da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein. 1996

Ambr. fid. I, 6, 45 f. (CSEL 78, 19, 16 – 20, 29 F.). Ebd. I, 5, 35–42 (16, 3 – 18, 31 F.). 1998 Ebd. I, 6, 43 (18, 2 f. F.). 1999 Pallad. c. Ambr. fol. 336r, 7–44 (CChr.SL 87, 172 G.). 2000 Ebd. fol. 336v, 42 – 337r, 49 (174 f. G.). 2001 Markschies, Einleitung (wie Anm. 1756), 63. 2002 Ambr. fid. V, 1, 27 (CSEL 78, 226, 80–82 F.). Vgl. die Anmerkung 485 von Markschies zu seiner Übersetzung: Ambrosius von Mailand, De fide (wie Anm. 1756); Williams, Ambrose of Milan (wie Anm. 115), 161 f. 1997

Augustins »De trinitate« als Krisis und Neubeginn des Trinitätsdenkens

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Wie wenig auf diese Weise der theologische Streit zu klären ist, zeigt derjenige Teil der Verhandlungen auf der Synode von Aquileia 381, der nach den Regeln eines kaiserlichen Kognitionsprozesses protokolliert wurde.2003 Ambrosius und seine Leute streiten weder mit besseren noch schlechteren Argumenten als Palladius. Da nicht eigentlich theologisch debattiert wird, versucht man, Palladius auf Abweichungen von den Formeln festzunageln, die man für rechtgläubig erachtet. Ziel ist es, dem Palladius und seinem Gesinnungsgenossen Secundianus das Delikt des Sakrilegs nachzuweisen.2004 Wenige Monate zuvor hatten die Kaiser den Arianismus als sacrilegium bezeichnet.2005 In Aquileia setzt man neunizänische Konzepte voraus, ohne sie mit Palladius zu diskutieren. So gerät die Disputation zum Schauprozeß um ein Religionsdelikt und zum juristischen Zank um Verfahrensfragen. Über die Formulierung »paradoxer Glaubensaussagen«, wie Hübner sie bei den Kappadokiern beobachtet,2006 kamen auch die kirchenpolitisch führenden Neunizäner lateinischer Sprache nicht hinaus. Das Recht ersetzt darum das rechte Argument.

5. Augustins De trinitate als Krisis und Neubeginn des Trinitätsdenkens a) Rückblick und Vorschau Vier Hintergründe zum besseren Verständnis von De trinitate sind im vorliegenden Schlußkapitel bisher zur Sprache gekommen. Der erste Abschnitt führte in das hermeneutische Problem ein, wie man nach einer mehrere Jahrhunderte währenden Trennung von Theologie und Philosophie einen Text angemessen verstehen kann, der vor dieser Trennung entstanden ist. Der zweite Abschnitt galt dem biographischen Nachweis, daß sich Augustinus mit seinem Werk De trinitate keineswegs einer durch nichts und niemanden veranlaßten Spekulation hingibt. Augustinus nimmt damit im Gegenteil an intellektuellen Debatten seiner Zeit teil. Der dritte Abschnitt handelte von ungelösten prinzipientheoretischen Problemen der antiken Philosophie, der vierte Abschnitt von den Folgelasten dieser Probleme für die trinitätstheologische Modellbildung vor Augustinus. Nicht alle polemischen und zeitbezogenen Hintergründe von Augustins Werk über die Trinität wurden in der modernen Forschung aufgedeckt. Darum blieb ihr Ausmaß zumeist unerkannt. Unzureichend beantwortet wurde die 2003 Acta conc. Aquil. (CSEL 82/3, 315–368 Z.). Zum Charakter der Synode als kaiserlicher Kognitionsprozeß vgl. Sieben, Die Konzilsidee (wie Anm. 1762), 482–492. 2004 Ambr. in acta conc. Aquil. 2 (CSEL 82/3, 327, 9–16 Z.): Diu citra acta tractavismus, et quoniam tanta sacrilegia e parte Palladi ac Secundiani nostris auribus ingeruntur, ut difficile quisquam credat tam aperte eos blasfemare potuisse . . . fiant acta, ut unusquisque professionem suam postea negare non possit. 2005 Cod. Theod. XVI, 5, 6 vom 10. Januar 381 (I/2, 856, 7 f. K./M.): Fotinianae labis contaminatio, Arriani sacrilegii venenum, Eunomianae perfidiae crimen. 2006 Vgl. oben S. 468.

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Schluß: Augustins ursprüngliche Einsicht

Frage, wie sich der Gedankengang dieses Werkes zur dogmen-, theologie- und mentalitätsgeschichtlichen Entwicklung des vierten und beginnenden fünften Jahrhunderts verhält. In den meisten Lehrbüchern der Dogmengeschichte nimmt sich De trinitate wie ein erratischer Block in der Landschaft der Theologiegeschichte aus.2007 Dies liegt nicht zuletzt daran, daß die vermeintlichen Trinitätsanalogien, die Augustinus in den Büchern VIII bis XV entwickelt, wenn überhaupt, dann üblicherweise nur in einer sehr fragwürdigen Hinsicht auf die voraugustinische Trinitätslehre bezogen werden: Sie gelten oft als Ausdruck einer Tendenz des lateinischen Westens zur Überbetonung der Einheit Gottes. Von dieser Tendenz abgesehen, scheint das hervorstechendste Merkmal von Augustins Trinitätslehre keinen Bezug zu bestimmten Themen der damaligen Zeit zu haben, sondern einem spontanen Einfall entsprungen zu sein. Der fünfte und letzte Abschnitt des Schlußkapitels soll nun diese Einschätzung infragestellen. Zunächst (a) wird die These begründet, daß Augustinus insbesondere in den ersten sieben Büchern von De trinitate teils ausdrücklich, teils verdeckt grundlegende christliche und pagane theologische Positionen des vierten und frühen fünften Jahrhunderts kritisiert. Die bis dahin übliche christliche Trinitätslehre steckt nach seiner Diagnose voller intrikater Widersprüche und Unklarheiten. Deshalb möchte Augustinus, so die zweite These (b), seine Leser anschließend in ein neuartiges Trinitätsdenken einführen. Ein Schlüssel zum Verständnis der Bücher VIII bis XV liegt darin, die Frage im Blick zu behalten, inwiefern Augustinus hier eine Lösung für die Schwierigkeiten darlegt, die er in der ersten Hälfte des Werkes in den Theorien anderer Autoren entdeckt hatte. Zu diesem Zweck versucht Augustinus nicht nur theologisch über seine Vorgänger hinauszugelangen, sondern in einem bestimmten Punkt auch die Möglichkeiten des Denkens über das hinaus zu erweitern, was die antike Philosophie entwickelt hatte. Im folgenden soll eine Interpretation von De trinitate skizziert werden, mit der sich das unvermittelte Auseinanderdriften einer nur theologischen und einer rein philosophischen Deutung des Werkes möglicherweise vermeiden läßt. De trinitate wird als ein Versuch der Lösung eines grundlegenden Problems gedeutet, das vor Augustinus nicht nur in der Trinitätstheologie, sondern auch in der philosophischen Prinzipientheorie offengeblieben war. b) Kritik der voraugustinischen Theologie in den Büchern I bis VII Augustinus erläutert in seinem als Prolog zu De trinitate dienenden Brief an Bischof Aurelius von Karthago, daß er beabsichtigt habe, die Bücher über die Trinität nicht einzeln nacheinander, sondern als Ganzes zu veröffentlichen, weil im Laufe der Untersuchung die folgenden Bücher mit den vorangehenden verknüpft würden.2008 Gerade dieses Werk Augustins muß also seiner Intention zufolge als Einheit gelesen werden. Allerdings bedarf es dazu besonderer inter2007 2008

Vgl. oben S. 311 ff. Aug. trin. prol. (epist. 174) (CChr.SL 50, 25, 8–10 M.). Vgl. oben S. 420.

Augustins »De trinitate« als Krisis und Neubeginn des Trinitätsdenkens

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pretatorischer Anstrengungen. Denn im selben Prolog entschuldigt Augustinus die mangelnde Klarheit des Werkes mit den Umständen seiner Publikation.2009 Der Leser selbst muß also Entwirrungsarbeit leisten. Das erste Buch von De trinitate beginnt mit einem Proömium, das erst nach der Vollendung des fünfzehnten und letzten Buches verfaßt wurde.2010 Die ersten Seiten des ersten Buches geben demnach Augustins abschließende Auffassung von der Anlage und dem Zweck seines Werkes wieder. Am Anfang steht Augustins Erklärung, seine Abhandlung richte sich gegen diejenigen, die den Ausgang vom Glauben (fidei initium) verachten und sich von einer unreifen und verkehrten Liebe zur Vernunft (ratio) täuschen lassen.2011 Es folgt eine kurze Typologie philosophischer Grundausrichtungen, die allesamt die Wahrheit verfehlen. Die Vertreter solcher Theorien, sagt Augustinus, stellen sich entweder Geistiges wie Körperliches vor, oder sie imaginieren Gott nach Art der menschlichen Seele, oder sie denken Gott zwar richtig als transzendent und unveränderlich, lassen sich dabei aber zur denkunmöglichen Vorstellung einer Selbstzeugung Gottes hinreißen.2012 Gegen diese Grundtypen antiken philosophischen Denkens über Gott − körperliches, geistig-seelisches und transzendentneuplatonisches Gottesverständnis − will Augustinus seinen Entwurf präsentieren. Dies und nicht etwa eine rein binnenkirchlich konzipierte Diskussion um die Trinitätslehre ist der Kontext, in den er selbst sein Werk stellt. Um Irrtümer zu vermeiden, bedürfe es zuerst der Reinigung durch den Glauben. Die Heilige Schrift helfe den Gläubigen dabei, schrittweise zum Göttlich-Erhabenen aufzusteigen. Augustinus macht deutlich, zu welchem Gottesbegriff er im Unterschied zu den drei eingangs genannten Theorien gelangen wird. Er will in seinem Werk Rechenschaft darüber ablegen, quod trinitas sit unus et solus et verus deus, et quam recte pater et filius et spiritus sanctus unius eiusdemque substantiae vel essentiae dicatur, credatur, intellegatur.2013 Es geht also um die richtigen Aussagen und Begriffe der Gotteslehre (dicere), um den Glauben an die Trinität (credere) und endlich um das Verständnis dieses Glaubens (intellegere). Die acies mentis, die Sehschärfe des menschlichen Geistes, vermöge sich nur, wenn sie durch den Glauben genährt werde, an das prachtvolle Licht Gottes zu heften.2014 Augustinus will sich beim Argumentieren nur von der Bibel oder der unerschütterlichen Vernunft korrigieren lassen.2015 2009

Vgl. oben S. 420 f. Wo das Proömium endet, ist nicht sicher. Vgl. oben S. 20 und 420 f. 2011 Aug. trin. I, i, 1 (CChr.SL 50, 27, 1–4 M.). Mit dem Ausdruck initium fidei spielt Augustinus übrigens seit etwa 415 nicht unbedingt auf Sirach (Eccli.) 25, 16 (timor dei initium dilectionis eius, fidei autem initium adglutinandum est ei) an, wie im Quellenapparat der CChr.SL-Ausgabe angegeben, sondern auch oder eher an Vet. Lat. cant. 4, 8 (venies et pertransies ab initio fidei). Diesen Vers des Hohenliedes verwendete er antipelagianisch: perf. iust. xix, 41 (CSEL 42, 44, 8 Vrba/Zycha). Vgl. oben Anm. 1699. 2012 Aug. trin. I, i, 1 (27 f., 4–36 M.). Vgl. civ. VIII, vi (CChr.SL 47, 222–224 D./K.) und oben S. 439. 2013 Aug. trin. I, ii, 4 (CChr.SL 50, 31, 3–6 M.); der Ausdruck reddere rationem spielt natürlich auf 1 Petr 3, 15 an. 2014 Aug. trin. I, ii, 4 (31, 9–11 M.). Der Ausdruck mentis acies ist dem Schluß von Ciceros 2010

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Augustinus spielt den Glauben nicht gegen die Vernunft aus. Im Gegenteil betont er in einem Brief, in dem er den Adressaten Consentius auf das entstehende Werk De trinitate hinweist: Der Glaube gehe der ratio lediglich voran und reinige das Herz, damit dieses das Licht der großen ratio fassen könne. Wer mit der wahren Vernunft das, was er bis dahin nur glaubte, versteht, der sei sicher demjenigen vorzuziehen, der noch zu verstehen begehrt, was er glaubt. Wer allerdings gar kein Verstehen begehrt, sondern sich mit dem Glauben von vornherein begnügt, der habe nicht verstanden, wozu der Glaube da ist.2016 In De trinitate kündigt Augustinus an, »durch die Sache selbst« sollten die der Vernunft ergebenen Leser erfahren können, daß das summum bonum existiere. Zuerst wolle er gemäß der Autorität der Heiligen Schrift darlegen, daß es sich mit dem Trinitätsglauben tatsächlich so verhält, wie eingangs skizziert. Dann aber gedenke er den genannten Lesern dadurch zu dienen, daß sie etwas finden, woran sie nicht zweifeln können. Auf diese Weise könnten sie dazu gelangen, sich eher über ihren Geist als über die Wahrheit oder Augustins Erörterungen zu beschweren.2017 Nach diesem Proömium setzt nun möglicherweise die ursprüngliche Einleitung ein.2018 Sie dürfte wie der Rest des ersten Buches der ältesten Textschicht des Werkes zugehören. Hier wie auch in weiten Teilen des zweiten und dritten Buches überschreitet Augustinus kaum den innertheologischen Denkhorizont und setzt den lateinischen Nizänismus aus der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts fort. Er resümiert zunächst einige Aussagen und Begriffe der kirchlichen Trinitätslehre. Dabei stellt er sich in die Nachfolge der catholici tractatores, die vor ihm über die Trinität, die Gott ist, geschrieben haben. Namen nennt er nicht. Ebensowenig verwendet Augustinus die polare Formel una substantia − tres personae als Ausgangspunkt. Diese Trinitätsformel wird er später kritisieren und auf ihre griechische Provenienz hinweisen. Jetzt hingegen gebraucht er andere, teils leicht abgewandelte Ausdrücke der lateinischen Theologie der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts, wie sie schon von Hilarius, Damasus, Ambrosius und anderen Theologen benutzt worden waren. Hortensius (Frg. 115 Grilli) entnommen, wie das vollständige Zitat daraus in trin. XIV, xix, 26 (CChr.SL 50a, 457, 33 M.) zeigt (vgl. oben Anm. 327 und 353). Cicero hat den Gipfel philosophischen Strebens im Blick. Augustinus bekräftigt mit seiner Anspielung im Proömium von De trinitate, daß er das Weisheitsstreben Ciceros um genau den christlichen Aspekt bereichern will, den er einst in seiner Jugend instinktiv vermißt hatte (vgl. oben Anm. 1638). Auf einer der letzten Seiten des Werkes nimmt Augustinus den insgesamt zehnmal in De trinitate benutzten Ausdruck wie ein musikalisches Motiv erneut auf. Er spricht davon, am besten übe sich die acies humanae mentis am menschlichen Geist selbst, wobei sie sich von der regula fidei leiten lassen solle (XV, xxvii, 49 [531, 63 f. M.]). 2015 Ebd. III, proœm. 2 (CChr.SL 50, 128, 43 f. M.): Noli meas litteras ex tua opinione vel contentione sed ex divina lectione vel inconcussa ratione corrigere. 2016 Aug. epist. 120, i, 3 (CSEL 34/2, 706, 24 f. G.) und ii, 8 (711, 19–23 G.). Vgl. zum Briefwechsel mit Consentius oben S. 425. 2017 Aug. trin. I, ii, 4 (CChr.SL 50, 31, 6–16 M.). 2018 Ebd. I, iv, 7 – v, 8 (34, 1 – 37, 41 M.). Vgl. oben Anm. 84.

Augustins »De trinitate« als Krisis und Neubeginn des Trinitätsdenkens

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Augustinus gelingt es, mit einfachen Mitteln den Trinitätsglauben so zu formulieren, daß die Dreiheit (trinitas) ebenso wie die Einheit (deus unus) zu ihrem Recht kommen. Gott der Vater, der Sohn und der Heilige Geist sind demnach eines Wesens (unius substantiae) und machen in untrennbarer Gleichheit (inseparabili aequalitate) die göttliche Einheit (divinam unitatem) bekannt. Sie sind nicht drei Götter, lassen sich aber unterscheiden: Der Vater zeugt, der Sohn hingegen wird gezeugt, und der Heilige Geist ist der Geist des Vaters und des Sohnes. Nicht die Trinität, sondern der Sohn wird aus der Jungfrau Maria geboren, nur der Heilige Geist erscheint in Gestalt der Taube bei der Taufe Jesu, nur die Stimme des Vaters ergeht an den Sohn.2019 Dies, sagt Augustinus, sei auch sein Glaube, weil es der katholische Glaube sei.2020 Deshalb nimmt er ihn zum Ausgangspunkt und vertraut darauf, daß er sich in der intellegentia trinitatis,2021 im Verstehen der Trinität, am Ende auch bewähren werde. Darin dürfte in etwa das ursprüngliche Programm bestehen, das sich der junge Augustinus zu Beginn der Arbeit an De trinitate vornimmt. Schon angesichts dieser bibelnahen und zugleich theologisch ausgewogenen ersten Einführung seines Trinitätsverständnisses zeigt sich, wie fragwürdig die ehemals stereotype, neuerdings häufig bestrittene Lehrbuch-Meinung ist, derzufolge Augustinus ganz einseitig-neuplatonisch auf den Aspekt der Einheit Gottes konzentriert sein soll. Eine solche Konzentration vermeint man vor allem dann zu erkennen, wenn man bestimmte moderne Vorstellungen einer »sozialen Trinitätslehre« als Vergleichsmaßstab nimmt. Anders dürfte urteilen, wer die serdicensische Einengung bedenkt, von der sich die lateinische Theologie seit den späten fünfziger Jahren des vierten Jahrhunderts nur mühsam und weithin unvollständig befreit hatte.2022 Wer Augustins Werk über die Trinität mit den lateinischen Vorgängern des vierten Jahrhunderts vergleicht, stößt bei ihm kaum noch auf Reste der Ein-Personen- oder Ein-Hypostasen-Theologie von Serdika. Augustinus will auch die Eigenheiten der drei Personen zur Geltung bringen. Vielleicht ist dies eines der Momente an Wahrheit, die er einem Homöer wie Palladius zugestehen würde, der bei Ambrosius die proprietates personarum vermißte.2023 An anderer Stelle formuliert Augustinus in stärker for-

2019 Ebd. I, iv, 7 (34, 1 – 36, 24 M.). Vgl. z. B. für den Ausdruck unius substantiae, das Nizänum zitierend, Hil. trin. IV, 4 (CChr.SL 62, 103, 1 S.) und Ambr. fid. I, 18, 118 (CSEL 78, 50, 3 F.); inseparabilis unitas von Vater und Sohn: Hil. trin. VIII, 34 (CChr.SL 62a, 348, 45 f. S.) und Ambr. fid. I, 8, 57 (25, 37 F.); inseparabilis natura: Hil. trin. IX, 20 (392, 41 S.); inseparabilis operatio: Ambr. fid. IV, 6, 68 (180, 32 F.); unitas divinitatis: Ambr. incarn. 8, 84 (CSEL 79, 266, 44 F.). Für eine zusammenhängende Formulierung vgl. oben Anm. 1977. 2020 Aug. trin. I, v, 7 (CChr.SL 50, 36, 1 M.). 2021 Ebd. II, proœm., 1 (80, 1 f. M.). 2022 Vgl. oben S. 469 ff. 2023 Pallad. c. Ambr. fol. 336v, 50 (CChr.SL 87, 174 G.). Vgl. Aug. c. Maxim. II, x, 3 (PL 42, 766 M.): propter individuam deitatem unus deus est, et propter uniuscuiusque proprietatem tres personae sunt. Ähnlich civ. XI, xxiv (CChr.SL 48, 343, 6–8 D./K.): hoc totum et trinitas sit propter proprietatem personarum et unus deus propter inseparabilem divinitatem.

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maler Sprache und sorgfältig ausbalanciert, daß die drei Personen weder vermischt eines noch getrennt drei seien.2024 Damit bringt er auf den Begriff, was auch in der vorliegenden Arbeit unter Neunizänismus verstanden wird: diejenigen theologischen Strömungen seit der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts, die in Ablehnung sowohl subordinatianischer wie monarchianischer Tendenzen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen einer göttlichen Dreiheit Gleicher und der göttlichen Einheit zu denken versuchten und dafür auch entsprechende Begriffe entwickelten. Die angekündigte Bewährung der Trinitätslehre erfolgt zunächst ex negativo. Augustinus faßt die Schwierigkeiten zusammen, die denkende Menschen mit dem nizänischen Glauben haben. Wenn die Trinität untrennbar handelt, warum ist dann nur des Vaters Stimme erklungen, nur der Sohn im Fleische geboren, nur der Geist in Taubengestalt erschienen? Augustinus faßt auch einige nizäakritische Ansichten zusammen. Die erste davon wurde allerdings im vierten Jahrhundert von kaum jemandem ausdrücklich vertreten: Christus sei nicht Gott. Die übrigen sind typisch homöisch und in den lateinischen Texten dieser im Westen wichtigsten nichtnizänischen Richtung bezeugt: Christus sei nicht wahrer Gott, oder nicht zusammen mit dem Vater der eine und alleinige Gott; ihm kämen die Gottesprädikate der wahrhaften Unsterblichkeit und Unsichtbarkeit nicht zu, vielmehr sei er veränderlich und sichtbar.2025 Augustinus begibt sich auf die biblische Argumentationsebene der Homöer und führt Schriftstellen an, die sich dagegen einwenden lassen. So ist etwa dem Johannesprolog zufolge der göttliche Logos im Anfang bei Gott, und alles ist durch diesen Logos geschaffen (Joh 1, 1–3). Daraus ergibt sich für Augustinus, daß der Sohn-Logos selbst nicht geschaffen ist. Somit könne er nur eines Wesens mit dem Vater sein.2026 Ebenso erweise die Bibel, daß die Gottesprädikate nicht nur dem Vater zukommen, sondern dem einen, einzigen und wahren Gott, das heißt: der Trinität.2027 Schriftzeugnisse führt Augustinus in Anlehnung an Ambrosius anschließend auch gegen die ebenfalls unter Homöern übliche Meinung an, der Heilige Geist sei ein Geschöpf und seinerseits dem Sohn unterworfen.2028 2024

Aug. epist. 170, 5 (CSEL 44, 625, 23 – 626, 2 G.): . . . et haec omnia nec confuse unum sunt nec disiuncte tria sunt, sed, cum sint unum, tria sunt et, cum sint tria, unum sunt. 2025 Aug. trin. I, vi, 9 (CChr.SL 50, 37 f., 1–4 M.): Qui dixerunt dominum nostrum Iesum Christum non esse deum, aut non esse verum deum, aut non cum patre unum et solum deum, aut non vere immortalem quia mutabilem . . . Homöische Formulierungen z. B. Frg. 17 Bob., fol. V 72, 23–29; V 197, 39 f. (CChr.SL 87, 255 f. Gryson): unus ingenitus deus, . . . qui solus est et dicitur verus deus, . . . et solus habens immortalitatem . . . pater solus dicitur unus deus. Sowie Collect. Arian. c. haer. 2, fol. 133v, 10–12 (ebd. 142 G.): Quomodo autem potest esse aequalis genitus ingenito, invisibilis visibili . . . Außerdem Sermo 13, 2 E´taix (RechAug 26, 1992, 161): Hic quomodo ergo pater et filius et spiritus sanctus tres sunt aequales: invisibilis pater, et qui in humana carne visus est filius, et qui in specie columbae apparuit spiritus paraclitus? Intellige, o infelix haeretice, numquid est columba aequalis homini? 2026 Aug. trin. I, vi, 9 (CChr.SL 50, 38, 5–17 M.). 2027 Ebd. I, vi, 10 (39, 27–29 M.). Die Reihe der divina testimonia erstreckt sich von I, vi, 9–12 (38, 4 – 42, 106 M.). 2028 Ebd. I, vi, 13 (42, 107 – 44, 144 M.). Zu Ambr. spir. als Quelle dieses Passus oben S. 113.

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Damit könnte Augustinus die Häretiker für widerlegt erklären. Er könnte nun den Gläubigen verständlich zu machen versuchen, daß sich der nizänische Trinitätsglaube tatsächlich aus der Bibel ergebe. Ungefähr dies wäre zu erwarten, wenn die vielen Interpreten des Werkes recht hätten, denen zufolge Augustinus in den Büchern I bis IV eine biblische Begründung des Trinitätsdogmas bietet.2029 Doch damit ist der Inhalt dieser Bücher nicht treffend charakterisiert. Das läßt sich an einem Detail veranschaulichen. Wollte Augustinus einen Schriftbeweis liefern, so wie neuzeitliche dogmatische Handbücher das tun, dann wäre unbegreiflich, warum er sich die beiden hierfür wichtigsten Schriftstellen entgehen läßt. Jesu Auftrag, »tauft sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes« (Mt 28, 19), wird nämlich kein einziges Mal in den auf Bibelexegese konzentrierten ersten vier Büchern von De trinitate zitiert, sondern erst im fünfzehnten Buch, obwohl Augustinus diese Stelle für die trinitätstheologisch deutlichste hält.2030 Die zweitdeutlichste Stelle, die Segensformel 2 Kor 13, 13 (»die Gnade Jesu Christi, des Herrn, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen«), wird in De trinitate überhaupt nicht zitiert. Augustinus ist offenbar an solchen Versen wenig interessiert, weil ihn diejenigen Bibelstellen beschäftigen, über deren Interpretation ein Dissens besteht − vorrangig zwischen Nizänern und Nichtnizänern, aber auch unter Nizänern. Niemand leugnete aber Jesu dreigliedrigen Taufbefehl oder die paulinische Formel. Die Frage war vielmehr, ob die darin genannten drei Personen gleichen Wesens seien. Daher entzündete sich die Debatte an anderen Passagen der Bibel, und um solche ist es Augustinus zu tun. Die Bücher I bis IV von De trinitate sind, wie die Bücher V bis VII, »Auseinandersetzungsliteratur«.2031 Das Thema der ersten vier Bücher ist nicht der Schriftbeweis, sondern die Widerlegung verbreiteter Bibeldeutungen, die Augustinus für falsch hält.

Homöische Zeugnisse z. B. Frg. 7 Bob., fol. V 194, 27–42 (CChr.SL 87, 239 f. Gryson), wo der Sohn sagt: Nam volente et iubente patre ego innumerabiles spiritus vivos, virtutes et dominationes sempiternas creavi, sed et ipsum spiritum sanctum, qui est ante omnia et maior omnibus creationibus, et cetera caelestia et terrestria . . . ego creavi. Vgl. Serm. Arian. 10 (CSEL 92, 37, 73 f. S.): Ergo filius a patre est genitus. Spiritus sanctus per filium est factus. Ebd. 17 (37, 85 f. S.): Filius subditus est patri. Spiritus sanctus subditus est filio. 2029 Vgl. oben S. 149 und S. 181 f. 2030 Aug. trin. XV, xxvi, 46 (CChr.SL 50a, 525 f., 28–30 M.): . . . Ite, baptizate gentes in nomine patris et filii et spiritus sancti, ubi maxime commendatur haec trinitas. Das zweite und letzte Zitat der Stelle ebd. XV, xxviii, 51 (533, 3 M.). Demgegenüber wird dieser Bibelvers z. B. von Hilarius nach dem Ende des nur einleitenden ersten Buches gleich zu Anfang des zweiten zitiert (trin. II, 1 [CChr.SL 62, 38, 3–7 S.]); auf einer der ersten Seiten trinitätstheologischer Werke steht der Vers z. B. bei Ps.-Athan. trin. I, 9 (CChr.SL 9, 5, 84 f. B.) und Ambr. fid. I, 1, 8 (CSEL 78, 7, 17 f. F.). 2031 Der hier genereller verwendete Terminus stammt aus der Altorientalistik und Bibelwissenschaft, vgl. etwa F. Sedlmeier, Ijob und die Auseinandersetzungsliteratur im alten Mesopotamien, in: Th. Seidl, Das Buch Ijob. Gesamtdeutungen − Einzeltexte − Zentrale Themen, ÖBS 31, Frankfurt u. a. 2007, 85–136.

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Augustinus kann sich nicht mit der Handvoll Schriftstellen zufriedengeben, die er den Homöern entgegenhält. Er weiß, daß auch und gerade die Homöer die Bibel kennen und mit ihr argumentieren. Oro et opto discipulus esse divinarum scripturarum, wird der Homöer Maximinus gegen Ende von Augustins Leben ihm zurufen, und er darf das mit Recht sagen.2032 Die Homöer nutzen nicht einmal die Möglichkeit, ihren Subordinatianismus als konform mit der theologischen Mehrheitsmeinung der vornizänischen Epoche darzustellen. Vielmehr sind sie überzeugt, im Gegensatz zu den Nizänern auf ganz und gar biblischem Boden zu stehen, sagt doch Jesus selbst: Pater maior me est (Joh 14, 28).2033 Nicht weniger als achtmal schleudert der Homöer Palladius auf der Synode von Aquileia 381 dem Ambrosius und anderen Gegnern diesen Satz entgegen: Der Vater ist größer!2034 Man kann von einer Vaterfrömmigkeit der Homöer sprechen, in der sie sich mit Jesus von Nazareth eins wissen. Der Rest des ersten Buches von De trinitate und weite Teile der Bücher II bis IV dienen dazu, solche zum Subordinatianismus führenden Bibelauslegungen auszuschließen und gleichzeitig Exegesen zu widerlegen, die sich nach der entgegengesetzten, »sabellianischen« Richtung hin vom neunizänischen Glaubensverständnis unterscheiden. Zunächst einmal geht es somit um Methodik. Augustinus erläutert ausführlich eine exegetische Grundregel, mit der bereits Athanasius, Hilarius, Ambrosius und andere gearbeitet hatten.2035 Mit ihr läßt sich vermeiden, daß man aus den neutestamentlichen Erzählungen über den menschlichen Jesus und seine Aussendung des Heiligen Geistes den naheliegenden Schluß zieht, der Gottessohn sei dem Vater und der Geist dem Sohn untergeordnet. Augustinus leitet diese canonica regula aus dem Philipperbrief (2, 6 f.) her. Ihr zufolge müssen Aussagen über die forma dei des Sohnes von Aussagen über seine forma servi unterschieden werden: In seiner Gottesgestalt ist der Sohn dem Vater gleich, in seiner Knechtsgestalt ist er geringer. Der natura nach ist der Sohn dem Vater gleich, dem habitus des Menschgewordenen nach geringer. Durch Beispiele führt Augustinus die rechte Anwendung der Regel vor.2036 Augustinus untermauert die Regel durch seine Christologie, die er zunächst vom Gedanken des »angenommenen Menschen« oder der »aufgenom2032

Maximin. bei Aug. Coll. c. Maximin. ii, 26 (PL 42, 740). Vgl. etwa Frg. 16 Bob., fol. V 199, 9–11 (CChr.SL 87, 252 G.). 2034 Pallad. in Acta conc. Aquil. 33–40 (CSEL 82/3, 346–350, Zeile 420, 442, 461, 463, 471, 475, 502, 518 Z.). 2035 Aug. trin. I, vii, 14 (CChr.SL 50, 45 f., 13–41 M.) und II, i, 2 (81, 1–11 M.). Wann und wie das Argument der Unterscheidung von Bibelaussagen über die Gottes- und die Knechtsgestalt des Sohnes in die theologische Debatte des vierten Jahrhunderts gelangt ist und welche Rolle es darin spielte, verdiente eine genaue Darstellung. Vgl. oben S. 89 und Athanas. epist. ad Serap. 2, 8 (PG 26, 620 f. Montfaucon); Hil. trin. IX, 5 f. (CChr.SL 62a, 375–377 S.); XI, 6 (534 f. S.); Ambr. fid. II, 9, 77 (CSEL 78, 84 f., 33–38 F.). Auch Pelag. in I Cor. xv, 24 (TaS 9/2, 217, 17–20 S.) und in Phil. ii, 5 (397, 3–16 S.), entstanden zwischen 406 und 410 (Frede, Kirchenschriftsteller [wie Anm. 189], 670), dürfte Augustinus zumindest seit 412 bekannt gewesen sein (so im Jahre 1922 A. Souter, TaS 9/1, 34). 2036 Aug. trin. I, vii, 14 – xiii, 31 (CChr.SL 50, 44, 1− 79, 208 M.). 2033

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menen Kreatur« her entwickelt.2037 Er zeigt zudem, daß die Zweiheit von Gottes- und Knechtsgestalt notwendig für das Heil der Menschen ist: Beim Gericht könne der Sohn nur dann allen Menschen als Richter gegenübertreten, wenn er in der Knechtsgestalt erscheine. Denn nur den Gerechten könne er auch in der Gottesgestalt sichtbar werden. In dieser Schau liege das höchste Gut des Menschen.2038 − Mit Hilfe der kanonischen Regel gelingt es Augustinus, eine tragende Säule subordinatianischer Bibelauslegung zu stürzen. Den Gedankengang unterbricht Augustinus mit einem Exkurs.2039 Hier bekämpft er eine Fehldeutung der Bibel, die gerade nicht aus nizäakritischen Kreisen stammt. Im antiken Christentum waren nämlich Konzepte erdacht worden, wonach die Knechtsgestalt Christi etwas Vorübergehendes ist und am Ende in Gottes Substanz umgewandelt wird. Der habitus Christi wird demnach endzeitlich in die divinitas oder deitas transformiert, oder die Kreatur oder menschliche Natur in die Substanz des Schöpfers umgewandelt, oder gar bereits der Mensch Jesus Christus in die Substanz Gottes verwandelt. Die so dachten, beriefen sich zumeist auf 1 Kor 15, 24–28, wo von der endzeitlichen Unterwerfung des Sohnes unter den Vater die Rede ist. Da diese Stelle von nizäakritischen Theologen als Beweis für die Subordination des Sohnes gelesen wurde,2040 entwarfen radikale Nizäner, die nichts von Drei-Hypostasen-Theologien hielten, eine alternative Exegese. Markell von Ankyra begründete gerade mit dieser Stelle seine Theorie, wonach die zur triaÂw ausgedehnte göttliche monaÂw schließlich zur Einheit zurückkehrt. Aus anderen Motiven entwickelten auch Hilarius und Marius Victorinus Theorien einer Verwandlung der Substanz oder göttlichen Selbstverwandlung, um ihren Christusglauben mit dem Eingottglauben vereinbaren zu können.2041 Augustinus verwirft durch präzise Exegese solche Deutungen der Paulusstelle, verschweigt aber die Namen der von ihm Angegriffenen. Sollte er 2037

Ebd. I, vii, 14 (46, 46 M.): acceptus homo; x, 21 (58, 57 M.): assumpta creatura. Ebd. I, xiii, 28–31 (69–79 M.). 2039 Ebd. I, viii, 15 – x, 21 (46, 1 – 59, 87 M.). Darin befindet sich wiederum ein pneumatologischer Einschub (I, viii, 18 – ix, 19 [52, 128 – 56, 54 M.]). 2040 Vgl. oben Anm. 440 und S. 128. Davon weiß auch Pelagius, der ausdrücklich auf die Vielfalt von Deutungen der Stelle hinweist: in I Cor. xv, 28 (TaS 9/2, 219, 1–20 S.). 2041 Belege oben S. 88 ff. (Markell), 101 (Hilarius), 108 (Marius Victorinus) und 417 (Augustinus). Vgl. Hil. in psalm. lxviii, 25 (CSEL 22, 335, 8–10 Zingerle): Omnis enim lingua confitebitur, quia dominus Iesus in gloria dei patris est, id est susceptus homo in naturam divinitatis acceptus. Manche Informationen über falsche Auslegungen von 1 Kor 15, 28 könnte Augustinus Ambr. fid. V, 12, 148 – 16, 192 (CSEL 78, 269–288 F.) entnommen haben. Was Markell angeht, so ist unsicher, in welchem Maße Augustinus über ihn informiert war (oben S. 88 ff.). Augustinus wendet seine teils neupythagoreischen Zahlenspekulationen (trin. IV, iv, 7 – vi, 10 [169, 1 – 175, 52 M.]) gerade nicht auf die Gottes- und Trinitätslehre an wie Markell. − Augustins Exkurs über 1 Kor 15, 28 könnte besonders gegen Marius Victorinus gerichtet sein, der etwa schreibt: Facit igitur omnia spiritus et spiritalia. »Et tunc et ipse subicietur deo subicienti ei omnia.« Evacuatis enim omnibus, requiescit activa potentia, et erit in ipso deus secundum quod est esse et secundum quod est quiescere, in aliis autem omnibus spiritaliter secundum suam et potentiam et substantiam (adv. Arium I A, 39 [CSEL 83/1, 126, 25–30 H./H.); . . . efficientur omnia spiritalia (ebd. I A, 36 [121, 22 H./H.]). 2038

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einen oder mehrere dieser drei Theologen meinen, so wäre seine Diskretion verständlich angesichts des Ansehens, das Markell ein halbes Jahrhundert zuvor im lateinischen Westen genossen hatte, angesichts auch des guten Rufes von Hilarius und der Bedeutung, die das leuchtende Beispiel des Marius Victorinus für Augustins Bekehrung einst gespielt hatte. Mit Hilarius stimmt Augustinus ansonsten darin überein, daß auch er die Übergabe des Reiches durch den Sohn an den Vater (1 Kor 15, 24) auf die Gläubigen bezieht, die zur Schau Gottes geführt werden.2042 Im zweiten Buch präzisiert Augustinus seine Regel der Schriftauslegung nach zwei Hinsichten.2043 Es gebe Aussagen der Bibel, bei denen nicht entscheidbar sei, ob die Gottes- oder die Knechtsgestalt gemeint ist. Man könne solche Verse gefahrlos auf beide Gestalten beziehen. Schwieriger sei es mit Stellen, die den Hervorgang des Sohnes vom Vater oder den Hervorgang des Geistes ausdrükken. Sie dürften nicht als Hinweise auf eine Subordination gelesen werden. Auch die Sendung des Sohnes und des Geistes sollten nicht als Unterordnung unter den Sendenden mißdeutet werden. Augustinus entwickelt darum eine anti-subordinatianische Theologie der Sendung (missio).2044 Der Sohn und der Geist sind demnach vom Vater her. Darum werden sie vom Vater »gesandt«, während der Vater sie sendet. Aus dem Bibelwort »Gott sandte seinen Sohn, geboren aus einer Frau« (Gal 4, 4), wird für Augustinus deutlich, daß die sichtbare Sendung darin besteht, den von Ewigkeit her Geborenen zu einem bestimmten Zeitpunkt in Menschengestalt geboren werden zu lassen. Auch der Geist werde gesandt, um in sichtbarer Gestalt die Herzen sterblicher Menschen, die notwendig auf sinnliche Wahrnehmung angewiesen seien, zur verborgenen Ewigkeit hinwenden zu können.2045 Die Sendung des Sohnes wie des Geistes haben also für Augustinus unentbehrliche Funktionen zum Heile des Menschen. Ein prinzipieller Unterschied liege allerdings zwischen der Menschwerdung des Sohnes und der bloßen Erschaffung eines Geschöpfes wie der Taube, durch die der Heilige Geist sichtbar gezeigt werden konnte. Doch stelle sich die Frage, worin der Unterschied der Sendungen zu Gottes sichtbaren Erscheinungen im Alten Testament besteht. Dies regt Augustinus als erstes zu einer Untersuchung der Theophanien an.2046 Hier taucht er tief in eine Debatte ein, die von der Synode zu Sirmium 351 in zunächst anti-photinianischer Absicht bis in Augustins Presbyterzeit geführt worden war. Sie hatte den lateinischen Westen intensiver als den grie2042 Vgl. Aug. trin. I, viii, 16 (CChr.SL 50, 49 f., 59–79 M.) mit Hil. trin. XI, 39 (CChr.SL 62a, 566, 1–8 S.), aber auch mit der ähnlichen Vorstellung Ambr. fid. V, 12, 150 (CSEL 78, 270, 41 F.): Nos sumus regnum. 2043 Aug. trin. II, i, 2 – iv, 6 (CChr.SL 50, 81–87 M.). 2044 Ebd. II, v, 7 – vii, 12 (87–97 M.). 2045 Ebd. II, v, 10 (93, 125–131 M.). 2046 Ebd. II, x, 17 – xviii, 35 (101–126 M.). Vgl. zu den theologiegeschichtlichen Hintergründen (wenn auch nicht speziell im Blick auf De trinitate) vor allem Studer, Zur Theophanie-Exegese Augustins (wie Anm. 489). Siehe oben S. 109, 170 und 194 f.

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chischen Osten beschäftigt und konnte eigentlich im frühen fünften Jahrhundert als erledigt gelten. Hilarius, Marius Victorinus, Gregor von Elvira, Phoebadius, Eusebius von Vercelli (oder wer immer die pseudo-athanasianischen lateinischen sieben Bücher über die Trinität verfaßt hat), Ambrosius und andere hatten sich einst zu Wort gemeldet und die gleichen Fragen wie Augustinus im zweiten und dritten Buch von De trinitate zu beantworten versucht. Warum rollt Augustinus die alten Streitfragen nochmals auf? Aus einer anderen Schrift Augustins geht hervor, daß er aus dem Lukaskommentar des Ambrosius und anderen Quellen wußte, warum die Theophanien des Alten Bundes im vierten Jahrhundert aus konträren theologischen Positionen heraus in die Diskussion geraten waren.2047 Subordinatianer schrieben die Theophanien dem Sohn-Logos und mitunter auch dem Heiligen Geist zu, um ein Argument für ihre Theorie zu gewinnen, Sohn und Geist seien sichtbar und daher dem unsichtbaren Vater unterzuordnen.2048 Manche dieser subordinatianischen Antinizäner stimmten mit bestimmten Nizänern in dem einen Punkt überein, daß sie durch die Zuschreibung der alttestamentlichen Theophanien an den Logos zugleich die Position des Markell-Schülers Photin oder gewisser seiner Anhänger zu erschüttern versuchten. Solche »Photinianer« hatten angeblich die Präexistenz Christi negiert und daher bestritten, daß der Logos bereits den Patriarchen des Alten Testaments erschienen sei: Der Sohn sei erst geschichtlich mit der Empfängnis in Maria entstanden. Von jeher hatten die meisten Exegeten die Theophanien dem göttlichen Logos zugeschrieben, weil Gott selbst biblisch als unsichtbar galt. Im Laufe des vierten Jahrhunderts begannen manche Theologen jedoch zu begreifen, daß mit dem unsichtbaren Gott der Bibel nicht speziell Gott der Vater, sondern die Natur Gottes gemeint sein könnte. Damit ließ sich nun darüber nachdenken, ob nicht auch der Vater und der Heilige Geist in alttestamentlicher Zeit Theophanien gewährt haben könnten. Ambrosius, der in dieser Frage zumeist die traditionelle Exegese vertreten hatte, läßt an einer Stelle seines spät, erst um 390 entstandenen Lukaskommentars offen, ob man nun annehmen solle, daß mit dem unsichtbaren Gott allein der Vater gemeint sei und also im Alten Bund nur

2047 Aug. epist. 147, vii, 19 (CSEL 44, 292, 17 – 293, 4 G.): quod si dicitur filius a patribus visus, ut de deo patre dictum accipiatur, quod eum nemo umquam viderit, non quidem amisit occasionem Ambrosius, ut hinc quosdam haereticos redargueret, id est Photinianos, qui principium filio dei ex utero virginis tribuunt nec volunt credere, quod et antea fuerit. Sed quia videbat alios, id est Arrianos perniciosius insidiantes, quorum procul dubio error adstruitur, si patris natura invisibilis, filii vero visibilis creditur, utriusque unam pariterque invisibilem adseruit esse naturam adiungens etiam spiritus sancti. 2048 Vgl. Collect. Arian. c. Iud. xiv, 1, fol. 97r, 10–13 (CChr.SL 87, 115 Gryson) in der Orthographie des Codex: Nam iste dominus Cristus filius dei multis sanctis et ante visus est, et prius apparuisse dinoscitur Abrahae et Iacob et Moysi et filiis Israhel in columna ignis et nubis. Maximin. bei Aug. Coll. c. Maximin. ii, 26 (PL 42, 740): Filius sane in forma dei constitutus iam, ut ipse protulisti, formam servi accepit, quod non pater. Spiritus aeque sanctus suscepit speciem columbae, quam non suscepit pater. Scito ergo, quia unus est invisibilis, unus etiam incapabilis atque immensus.

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der Sohn erschienen ist, oder ob man den einen Gott unsichtbar nenne und davon ausgeht, daß eine jede der drei Personen in derjenigen Gestalt sichtbar geworden ist, die sich der göttliche Wille eben erwählt hat.2049 Augustinus selbst hatte ursprünglich die Theophanien dem Sohn vorbehalten.2050 Jetzt in De trinitate II, vielleicht ungefähr zeitgleich mit derjenigen Schrift entstanden, in der er diese Stelle aus dem Lukaskommentar des Ambrosius zitiert,2051 geht er den entscheidenden Schritt weiter. Er analysiert eingehend die Theophanien der Bücher Genesis, Exodus und Daniel. Während etwa Hilarius die drei Männer, die Abraham unter der Eiche von Mamre sieht, für Christus und zwei Engel hält, zeigt Augustinus, daß diese Exegese auf tönernen Füßen steht und die Dreiergruppe eher die Trinität anzudeuten scheint.2052 Aber in der Summe lautet das ernüchternde Ergebnis seiner Untersuchung der Theophanien, daß sich bei exakter Betrachtung in vielen Fällen nicht sagen lasse, ob der Vater, der Sohn, der Heilige Geist, oder bald dieser, bald jener, oder ob die Trinität oder der eine Gott durch das Mittel einer Kreatur den Erzvätern erschienen ist.2053 Augustinus untermauert und verallgemeinert also die nur in wenigen Zeilen hingeworfene Idee des Ambrosius, daß unterschiedliche Deutungen der alttestamentlichen Gotteserscheinungen legitim sein könnten. Damit zeigt Augustinus, daß die häretischen wie die katholischen Exegeten vor ihm im Unrecht waren, wenn sie sich auf nur eine der Möglichkeiten versteiften. Sowohl die subordinatianische Auslegung wie auch manche gut gemeinte pronizänische Gegenargumentation sind demnach nicht hinreichend begründet. Die ermüdende Ausführlichkeit, mit der Augustinus ein Dutzend Theophanien erörtert, ist ein deutliches Indiz für den Grund, weshalb Augustinus das vermeintlich geklärte Thema nochmals auf die Tagesordnung setzt: Er will ein skeptisches Resultat begründen, und das bedarf besonderer Vorsicht und Gründlichkeit. Es geht ihm hier also in gewisser Hinsicht um das Gegenteil eines Schriftbeweises, nämlich um den Nachweis der Insuffizienz der Bibel zur Beantwortung mancher theologischer Streitfragen. Indem die Heilige Schrift nicht jede Frage einfach beantwortet, setzt sie menschliches Nachdenken in Gang.2054

2049

Ambr. in Luc. I, 25 (CChr.SL 14, 19, 389–395 A.). Vgl. beispielsweise Aug. fid. et symb. iv, 6 (CSEL 41, 10, 13 – 11, 2 Z.); c. Adim. 9 (CSEL 25/1, 131, 13 – 134, 2 Z.). 2051 Aug. epist. 147, vi, 18 (CSEL 44, 289, 7 – 292, 5 G.) zitiert die in Anm. 2049 angegebene Ambrosius-Stelle. Der Brief ist wohl um 412/413 zu datieren (Hombert, Nouvelles recherches [wie Anm. 207], 184, Anm. 368). 2052 Belege oben Anm. 504. 2053 Aug. trin. II, xviii, 35 (CChr.SL 50, 125 f., 58–70 M.). 2054 Dieses Prinzip formuliert Augustinus besonders deutlich in trin. XV, xvii, 27 (CChr.SL 50a, 502, 7–12 M.): Non itaque dixit scriptura: ›Spiritus sanctus caritas est,‹ quod si dixisset non parvam partem quaestionis istius abstulisset, sed dixit: ›Deus caritas est,‹ ut incertum sit et ideo requirendum utrum deus pater sit caritas, an deus filius, an deus spiritus sanctus, an deus ipsa trinitas. 2050

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Ein weiteres, zu seiner Zeit bereits nicht mehr ganz neues Resultat erbringt Augustins Analyse der Theophanien des Alten Bundes: Wer auch immer in ihnen erschienen sei, die natura vel substantia vel essentia Gottes bleibe prinzipiell unsichtbar.2055 Das gilt freilich ebenso für den menschgewordenen Gottessohn und für den in der Taube und den pfingstlichen Feuerzungen sichtbar gewordenen Heiligen Geist. Ihre göttliche Natur bleibt unsichtbar. Damit stellt sich erneut und um so dringlicher die Frage nach dem Unterschied zwischen den alttestamentlichen Gotteserscheinungen und der Menschwerdung Gottes. Wiederum schiebt Augustinus die Antwort auf und erforscht im dritten Buch von De trinitate die Art und Weise, wie die Theophanien zustandekommen: Werden dafür eigens Kreaturen geschaffen, oder bedient sich Gott schon vorhandener Engel? Die Thematik mutet marginal, ja kurios an. Doch geht es darum, die Neuartigkeit der Menschwerdung von den alten Theophanien abzuheben. Augustinus begibt sich auch hier in eine alte, scheinbar abgeschlossene Debatte. Sie wurzelt in früheren »Engelchristologien«, die Christus als Engel Gottes deuten.2056 Meistens waren solche Auffassungen subordinatianisch. Doch auch Hilarius hatte in der Mitte des vierten Jahrhunderts eine verwandte Deutung vertreten und damit gleichzeitig anti-subordinatianische und anti-photinianische Absichten verfolgt. Nach Hilarius haben die Erzväter den Sohn gesehen. Dieser werde auch Engel Gottes genannt, um auszudrücken, daß er Bote zwischen Gott und den Menschen sei.2057 Immer bleibe der Sohn jedoch Gott, so daß die zum Zwecke der Botentätigkeit nützliche Engelsgestalt nicht zu seiner Natur gehöre, sondern nur die ihm anvertraute Aufgabe bezeichne.2058 Der Unterschied zwischen den Theophanien und der Menschwerdung Gottes verschwimmt allerdings bei Hilarius. Er sagt, Gott sei bei manchen Theophanien in einem Menschen gesehen worden (also in Menschengestalt erschienen), ohne daß er geboren worden sei.2059 Von Anfang an sei Christus als Weisheit Gottes geschaffen worden und habe den habitus creationis angenommen.2060 Doch vermag Hilarius nicht deutlich zu machen, worin das revolutionär Neue der Inkarnation besteht. Augustinus, für den die photinianische Herausforderung eher eine historische Reminiszenz denn eine aktuelle Bedrohung ist, findet die Konzeption des Hil2055

Ebd. II, xviii, 35 (CChr.SL 50, 126, 70–73 M.). Vgl. M. Werner, Die Entstehung des christlichen Dogmas, Bern/Tübingen 21954, 302– 388; J. Barbel, Christos Angelos. Die Anschauung von Christus als Bote und Engel in der gelehrten und volkstümlichen Literatur des christlichen Altertums. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte des Ursprungs und der Fortdauer des Arianismus, Theoph. 3, Bonn 21964; Grillmeier, Jesus der Christus (wie Anm. 923), 150–157. Vgl. zur pseudocyprianischen Engelchristologie, die vielleicht in Augustins Afrika entwickelt wurde, oben Anm. 1783. 2057 Hil. trin. IV, 23 (CChr.SL 62, 126, 25 S.); IV, 42 (148, 23–38 S.). 2058 Ebd. V, 11 (161, 8 f. S.). 2059 Ebd. V, 17 (166, 10 f. S.). 2060 Ebd. XII, 45 (CChr.SL 62a, 616, 15–17 S.). 2056

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arius ein halbes Jahrhundert später nicht mehr akzeptabel. Er destruiert daher zunächst die angebliche Nähe zwischen Gottessohn und Engeltitel. Augustinus holt weit aus, um zu zeigen, wie der ganze Kosmos von Gottes Willen durchwaltet und gelenkt wird. Von allem Materiellen seien gewisse unsichtbare Samen in der Welt vorhanden.2061 Wundertäter und Zauberer machten sich diese Samen zunutze, um Gottes alleinige Schöpferkraft zu imitieren. Gott nutze zum Zwecke der Theophanien die Dienste der Engel und lasse mit ihrer Hilfe Stimmen und sonstige Erscheinungen zustandekommen, durch die bald der Vater, bald der Sohn, bald der Heilige Geist oder Gott ohne Unterschied der Person in sichtbarer Gestalt dargestellt werde. Seine Substanz bleibe aber unsichtbar. Damit sind nun all die Mühen der Väter des vierten Jahrhunderts im Grunde für überflüssig erklärt, die danach fragten, wer in den Theophanien erschienen sei. Wirklich zu sehen und zu hören sind die Engel, also dienstbare Geschöpfe Gottes. Das Wirken der Trinität nach außen ist aber ohnehin untrennbar, wie Augustinus schon zu Anfang des Werkes festgestellt hatte. Die Väter hatten also eher mit einem Scheinproblem gekämpft.2062 Nicht immer ist es der Sohn, der den Gottesmännern des Alten Testaments erschienen ist, aber auch er mag gelegentlich erschienen sein. Worin besteht dann das heilsgeschichtliche Plus des Neuen Bundes gegenüber dem Alten? Die Menschwerdung des Sohnes, sein heilbringendes Leiden und seine Auferstehung können nicht einfach nur Etappen einer weiteren Theophanie sein, die sich von den früheren allein durch ihre lange zeitliche Ausdehnung unterscheidet. Das vierte Buch von De trinitate gilt der Lösung dieses Problems. Wiederum entwickelt Augustinus seine Argumente über weite Strecken als Kritik entgegengesetzter Auffassungen. Drei Gegner attackiert Augustinus in diesem Buch, das möglicherweise Textschichten aus der Zeit um 404, um 413 und nach 419 enthält.2063 Er wendet sich erstens gegen Menschen mit einer unzureichenden Vorstellung von der Gratuität der Gnade, zweitens gegen solche, die über andere Heilsmittler denn Christus zu verfügen wähnen, und drittens gegen Subordinatianer. In diesem Buch weitet sich Augustins Blick. Waren die exegetischen Analysen der ersten drei Bücher an ein Publikum gerichtet, das mit den Konventionen und Schwierigkeiten der Bibelauslegung bekannt war, so nimmt Augustinus im vierten Buch auch gebildete Nichtchristen in den Blick. Das würde vorzüglich in die Jahre nach 410 passen, als sich Menschen der Oberschicht aus dem geplünderten Rom in die nordafrikanischen Besitztümer ihrer Familien zurückzogen.2064 2061

Aug. trin. III, vii, 13 (CChr.SL 50, 140, 31–33 M.). Der große Jansenius meint gar, es sei genau dieses Argument, mit dem Augustinus nicht nur dem Arianismus den Garaus gemacht habe, sondern auch mit großem Wagemut und vollen Segeln dem gesamten Konsens der Väter vor ihm widersprochen habe, so daß er vielleicht genau deshalb seine Bücher über die Trinität derart viele Jahre zurückgehalten habe (Augustinus. Seu doctrina S. Augustini de Humanæ naturæ sanitate, ægritudine, medicinaˆ adversus Pelagianos & Massilienses, tomus II, Louvain 1640, 29 f.) (Hinweis Leonhard Hell). 2063 Vgl. oben S. 41 ff. 2064 Vgl. oben S. 422. 2062

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Zuerst allerdings führt Augustinus ins Thema des vierten Buches durch eine Betrachtung über die Gnade der Menschwerdung Gottes ein.2065 Allem Wissen um Irdisches und Kosmisches sei die Selbsterkenntnis vorzuziehen, in der man die eigene Schwäche gegenüber Gott begreift. Wer vom Heiligen Geist aufgeweckt das eigene Unvermögen verspürt, der sehne sich nach Gottes Erbarmen. Er könne dies voller Hoffnung tun, weil ihm durch Christus, den einzigen Erlöser und Erleuchter des Menschen, bereits das Unterpfand seines Heiles geschenkt worden sei. Der Gang Christi aus der Göttlichkeit in die Menschlichkeit bahne den Weg, den der Mensch in umgekehrter Richtung zu gehen hoffen dürfe, damit er zu seinem Schöpfer zurückkehren könne und seine wahre Heimat wiedererlange. Die Gnade dieser Erlösung, die durch keine bloße Theophanie zu erlangen gewesen wäre, werde nicht als Lohn für Verdienste, sondern gratis gegeben.2066 Der Tod Christi schenkt nach Augustinus den Menschen die Gewißheit, daß Gott sie liebt (vgl. Röm 5, 8). Da im Wort Gottes ursprungshaft und unveränderlich alles zugleich enthalten sei, das Wort also Inbegriff allen Lebens und Seins sei, vermöge es durch die Menschwerdung den Sünder zu heilen. Unsere Erleuchtung bestehe in der Teilhabe am göttlichen Wort. Für diese Teilhabe bedürfe es aber einer Reinigung. Indem Gott ein gerechter Mensch wurde, uns ähnlich im Menschsein, uns unähnlich im Gerechtsein, habe er unsere Unähnlichkeit aufgehoben. Indem er sich unserer Sterblichkeit teilhaftig gemacht habe, seien wir seiner Göttlichkeit teilhaftig geworden. Wir stürben einen doppelten Tod, denjenigen der Seele durch unsere Ungerechtigkeit, denjenigen des Leibes als Folge. Christus sei nur den Tod des Leibes gestorben. Durch den Tod und die Auferstehung seines Leibes habe er die doppelte Auferstehung unserer Seele und unseres Leibes ermöglicht. Dabei werde sein Leib zum sacramentum des inneren und exemplum des äußeren Menschen.2067 Hier argumentiert Augustinus in paulinischen Denkformen mit rhetorischen Antithesen, nicht aber streng begrifflich. Er deutet an, weshalb die Fleischwerdung des Wortes heilsnotwendig ist und worin der Unterschied der Inkarnation zu den Theophanien des Alten Testaments besteht. Diese einleitenden Kapitel des vierten Buches könnten Augustins Antwort auf Bedenken sein, die im Salon des Volusianus erhoben wurden.2068 Die dort herrschende Mischung aus Wohlwollen gegenüber den aus Rom seit 410 nach Nordafrika gelangten pelagianischen Überzeugungen einerseits und paganer Skepsis gegenüber der zunächst absurd anmutenden christlichen Soteriologie andererseits könnten ihr Echo in den ersten drei Kapiteln des vierten Buches gefunden haben.

2065

Aug. trin. IV, proœm., 1 – iii, 6 (CChr.SL 50, 159, 1 – 169, 112 M.). Ebd. IV, i, 2 (161, 15–20 M.). 2067 Ebd. IV, iii, 6 (167, 56 f. M.). 2068 Zur Diskussion um mögliche pelagianische Hintergründe vgl. oben S. 21 und zum Kreis um Volusianus S. 422 f. 2066

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Schluß: Augustins ursprüngliche Einsicht

Für die Annahme eines gebildeten Publikums spricht auch das Kabinettstück, das Augustinus im vierten bis sechsten Kapitel anschließt.2069 Die Konzeption des einfachen Todes Christi als Heilmittel für den zweifachen Tod des Menschen nimmt er hier zum Anlaß für einen zahlenkundlichen Exkurs. Die Beziehung der Eins zur Zwei, die Summierung beider zur Drei und die Summe aller drei Zahlen zur Sechs liefern Augustinus die Spielwiese für seinen arithmologischen Einfallsreichtum, der ihm seit seiner Schrift De musica zur Verfügung stand. Erschuf Gott nicht am sechsten Tage den Menschen? Dauert nicht die Schwangerschaft des Menschen und also auch der Verbleib Jesu im Mutterleib dreimal drei Monate plus sechs Tage? Und ruhte Christus nicht drei Tage im Grab? Zahlensymbolische Spekulationen waren ein beliebtes Gesellschaftsspiel der oberen Schicht. Ausufernd-gelehrte Kommentare zu einer kleinen zahlenmystischen Andeutung in Ciceros Somnium Scipionis fanden damals ihr Publikum.2070 Augustinus will möglicherweise zeigen: Wenn sich eine Cicero-Stelle so ausdeuten läßt, dann die Bibel um so mehr. Die Trinität allerdings leitet er nicht arithmologisch ab. Vielleicht liegt darin sogar die Pointe des Exkurses: Die Trinität hat andere denn zahlensymbolische Gründe. In den folgenden zwölf Kapiteln erweitert Augustinus seine kurzgefaßte Theologie der Inkarnation vom Anfang des vierten Buches auf das Thema der Heilsmittlerschaft Christi hin.2071 Die Trinitätslehre liefert nicht zuletzt ein Konzept, auf dessen Grundlage eine Vermittlung zwischen Schöpfer und Schöpfung gedacht werden kann. Nur durch einen Mittler können die Menschen mit Gott versöhnt werden, so daß sie am Ende Gott schauen und genießen können. Der eine mediator dei et hominum aber ist nach 1 Tim 2, 5 der Mensch Jesus Christus.2072 Augustinus erwägt, wie diese Mittlerschaft Christi zu denken ist. Erst nach einigen Kapiteln gibt er zu erkennen, daß er gegen jene durch Hochmut Befleckten anschreibt, die sich aus eigener Kraft reinigen und 2069 Aug. trin. IV, iv, 7 – vi, 10 (CChr.SL 50, 169, 1 – 175, 52 M.). Zu den Quellen vgl. oben S. 78 f. − Auch der wohl nordafrikanische nichtnizänische (vgl. oben S. 432) Ps.Cypr. tract. enthält übrigens Überlegungen zu biblischen Zahlen, besonders der Zahl von Engeln (25–28 [82 f., 215 – 245 R. = PLS 1, 60 f. H.]), allerdings auf beträchtlich geringerem Niveau. Um so deutlicher ist, auf welch erlesenes Publikum Augustins Exkurs zielt. 2070 Fav. Eul. i-xix (13, 1 – 37, 14 v. Weddingen). Der Rest des Traktats (xx-xxviii [37, 15 – 49, 20 v. W.]) behandelt in Weiterführung des Themas die (neupythagoreische) Harmonielehre, die auch Augustinus im vierten Buch im Blick hat (vgl. das griechisch angegebene Wort aërmoniÂa in trin. IV, ii, 4 [CChr.SL 50, 164, 24 M.]). Die Stelle aus Scipios Traum: Cic. rep. VI, 16 (12) (137, 5–14 Powell). Der Autor, Favonius Eulogius, ist sehr wahrscheinlich Augustins eigener, wohl pagan gebliebener Schüler: Aug. cur. mort. xi, 13 (CSEL 41, 642, 12 – 643, 8 Zycha). Ähnlich verfährt mit derselben Cicero-Stelle Macrobius (somn. I, v-vi [II, 14, 8 – 34, 15 W.]). S. Döpp, Zur Datierung von Macrobius’ »Saturnalia«, Hermes 106, 1978, 619–632, setzt in Kritik der Spätdatierung bei A. Cameron, The Date and Identity of Macrobius, JRS 56, 1966, 25–38, die Saturnalia zwischen 402 und 411 an. Auch der Somnium-Kommentar des Macrobius könnte darum in die Zeit der Entstehung von De trinitate gehören und sich an Kreise wie die Gäste des Volusianus richten. 2071 Aug. trin. IV, vii, 11 – xviii, 24 (CChr.SL 50, 175, 1 – 193, 64 M.). 2072 Zitiert ebd. IV, viii, 12 (176, 1 f. M.).

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bis zur Gottesschau vordringen zu können meinen.2073 Viele seiner Argumente finden sich ähnlich in den Büchern VIII bis X von De civitate dei, die um 416/ 417 entstanden sein dürften.2074 Anders als in De trinitate sagt Augustinus dort ausdrücklich, daß er die platonischen Vordenker der Gebildeten meint, und darum setzt er sich ausführlich mit der Dämonen- und Erlösungslehre des lateinischen Mittelplatonikers Apuleius und des griechischen Neuplatonikers Porphyrius auseinander.2075 Ausgangspunkt der antiken philosophischen Dämonologie ist ein Passus aus Platos Symposion. Das Dämonische, heißt es da, stehe in der Mitte zwischen Gott und Mensch. Da Gott selbst keinen unmittelbaren Verkehr mit den Menschen habe, müßten Dämonen zwischen den beiden Seiten dolmetschen.2076 Apuleius paraphrasiert diese Stelle in seiner Schrift über den Gott des Sokrates. Die Dämonen, meint Apuleius, teilten einerseits den Göttern die Gebetswünsche und Verdienste der Menschen mit, überbrächten andererseits den Menschen die Gaben der Himmlischen.2077 Augustinus versucht, die innere Widersprüchlichkeit dieser Vorstellungen darzulegen und demgegenüber plausibel zu machen, daß Jesus Christus der einzige wahre mediator zwischen Gott und den Menschen ist, wohingegen der Herr der Dämonen, der Teufel, ein falsus mediator sei, der die Menschen statt zu Gott in Sünde und Tod führe.2078 Man kann sich darüber wundern, weshalb mitten in einem so anspruchsvollen Werk wie De trinitate im vierten (und dreizehnten) Buch plötzlich der Teufel in aller Ausführlichkeit theologisch bemüht wird. Augustinus schildert eine Art Drama zwischen Gott und dem Teufel. Christus kauft die Menschen vom verdienten Tod beim Teufel frei, indem er selbst einen unverdienten Opfertod auf sich nimmt.2079 Christus als mediator vitae steht dem Teufel als mediator mortis gegenüber.2080 Auf den ersten Blick scheint hier eine rohe dualistische Mythologie das Niveau des sonstigen Textes zu unterschreiten. Die Erlösungstheorie Augustins wirkt hier archaisch, um nicht zu sagen: primitiv.2081 Doch gilt es zweierlei zu bedenken: Erstens skizziert Augustinus seine Theorie der 2073

Ebd. IV, xv, 20 (187, 1–3 M.). Unvergeßlich ist Augustins Beschreibung des aufgeblasenen Stolzes bei einem Platoniker, conf. VII, ix, 13 (CChr.SL 27, 101, 1–8 V.). 2074 Datierung nach Bardy und O’Daly (wie Anm. 1712). Parallelen gibt es auch zu De consensu evangeliorum und sermo Dolbeau 26, vgl. oben S. 41 sowie Anm. 228. 2075 Aug. civ. VIII, xii (CChr.SL 47, 229, 25–28 D./K.) nennt in einem Abriß paganer Theologie neben diesen beiden noch Plotin und Jamblich. 2076 Plat. symp. 202 d 11 – 203 a 8 (Burnet). Zur Wirkungsgeschichte bis Calcidius vgl. J. Dillon, Dämonologie im frühen Platonismus, in: Apuleius, De deo Socratis. Über den Gott des Sokrates, eingeleitet, übersetzt und mit interpretierenden Essays versehen von M. Baltes u. a., SAPERE 7, Darmstadt 2004, 123–141. 2077 Apul. Socr. vi (15, 10–13 Moreschini). Aus der Stelle zitiert Augustinus mehrfach in De civitate dei. Belege: Hagendahl, Augustine and the Latin Classics (wie Anm. 176), Nr. 19. 2078 Aug. trin. IV, xii, 15 (CChr.SL 50, 180 f., 1–47 M.). 2079 Ebd. IV, x, 13 – xiv, 19 (178, 1 – 187, 21 M.). 2080 Ebd. IV, x, 13 (178, 1–6 M.). 2081 Letzteres ist z. B. die Einschätzung von Flasch, Augustin (wie Anm. 1), 326.

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Erlösung durch die Menschwerdung, den Tod und die Auferstehung Christi am Anfang des vierten Buches ohne Satanologie. Auf diese Weise gibt er selbst den Interpretationsrahmen vor, in dem man die Teufelskunde lesen kann. Die Satanologie ist ein mögliches, aber kein notwendiges Element seiner Soteriologie. Zweitens wird der Zweck dieser Kapitel verständlicher, wenn man sich die zentrale Bedeutung der Dämonen und ihres Anführers im Weltbild nicht nur der paganen Unter-, sondern ebenso der Oberschicht in der Kaiserzeit vor Augen hält. Auch Porphyrius glaubt zum Beispiel an die Existenz der Dämonen und eines obersten unter ihnen.2082 Die Heilsvermittlung ist in den Augen von Heiden wesentlich eine Sache von Dämonen. Augustinus zeigt, daß sich das christliche Erlösungsmysterium in einem dämonologischen Denkmodell fassen läßt. Zugleich will er die pagane Dämonologie übertrumpfen. In Christus ist nach Augustinus genau das geschehen, was nach Plato unmöglich sein sollte und darum die platonische Dämonologie erforderte: In Christus berühren sich Göttliches und Menschliches unmittelbar. Die Dämonen sind damit als Heilsmittler erledigt. Sie erweisen sich sogar als ausschließlich böse. Ihr oberster Meister steht nur noch als Verführer im Wege. Im paganen Platonismus verbreitet war auch die Vorstellung, man könne durch Theurgie und andere Praktiken zum Göttlichen gelangen.2083 Augustinus entlarvt dies als Illusion. Menschen können nur erlöst werden, wenn Gott und Mensch sich verbinden. Das aber ist nur von Gott her möglich, und genau dies ist in den Augen der Gläubigen auch geschehen: Der Gottessohn wird Mensch. Indem Jesus Christus den Versuchungen des Satans widersteht, wird er zugleich helfendes Mittel (adiutorium) und beispielhaftes Vorbild (exemplum) für unser eigenes Streben.2084 Die Reinigung, die notwendig ist, damit Menschen überhaupt dereinst Gott schauen können, konnte nur erfolgen, indem Gott einerseits in seiner Ewigkeit verharrt, damit die Gläubigen es im Glauben nicht mit einem anderen als demjenigen zu tun haben, der wahrhaft Gott ist. Andererseits mußte der Ewige in menschliches Gewordensein eingehen, damit die Gewordenen in die Ewigkeit hinübergelangen können.2085 Darin liegt der Kern der göttlichen Heilökonomie. Auch Lesern, die pagane Opfertheorien kennen oder teilen, möchte Augustinus die größere Kohärenz der christlichen Alternative zeigen. Sein Widerpart, 2082

Porphyr. abst. II, xli, 5 (II, 108 Bouffartigue). Vgl. Aug. trin. IV, xiii, 18 f. (CChr.SL 50, 186, 113–120 M.). Die von Augustinus kritisierte Theurgie findet sich am ausführlichsten von Jamblich beschrieben, demzufolge die Götter dem Theurgen nach vollzogenem Ritus gewähren, sich aus seinem Leibe herauszubegeben zum Zwecke der Vereinigung mit ihnen. Der Aufstieg der Seele bedeute eine Reinigung von den Leidenschaften, die Herbeirufungen würden zum Anteilhaben an jener höheren Verbindung aller führen, die in der allumfassenden göttlichen Liebe begründet sei (myst. I, 12 [62 f. des Places]). Augustins Gegenargumente in De trinitate überschneiden sich teils mit civ. VIII-X (CChr.SL 47, 216–314 D./K.). 2084 Aug. trin. IV, xiii, 17 (CChr.SL 50, 183, 33–35 M.). 2085 Ebd. IV, xviii, 24 (CChr.SL 50, 192, 42–46 M.). 2083

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Porphyrius, hatte in der nur fragmentarisch erhaltenen Schrift über die Chaldäerorakel eine Entsprechung zwischen den Opfergaben und den jeweiligen Göttern gelehrt. Für die unterirdischen Götter habe man in einer Vertiefung im Boden zu opfern und die Kadaver dort zu bestatten. Für die auf der Erde lebenden Götter hingegen opfere man Vierfüßler auf einem Altar. Für die in der Luft lebenden Götter müsse man Vögel als Opfertiere nehmen, die vom Feuer ganz in Rauch zu verwandeln seien.2086 Welches Opfertier aber ist nach Porphyrius gemäß dieser aufsteigenden Rangfolge dem höchsten Gott angemessen? Nach der Logik der Argumentation könnte man erwarten: das höchste Wesen hienieden, der Mensch selbst. Die Antwort des Porphyrius lautet in einer anderen, opferkritischen Schrift jedoch gewitzter: Dem über allem stehenden Gott sei nichts Materielles zu opfern, denn für ihn sei dies zu unrein. Ihm seien nur unser Schweigen und reine Gedanken als Opfer willkommen.2087 Andere Neuplatoniker waren hingegen der Meinung, daß auch Körperliches, wenn es entsprechend rein ist, dem höchsten Gott als Erstlingsgabe darzubringen sei, weil es zu seinen Gaben zähle.2088 Einer der Neuplatoniker kann geradewegs sagen: »Der allein versteht zu ehren, welcher . . . vor allem sich selbst zum Opfer darbringt.«2089 Auch wenn letztere Aussage möglicherweise bereits christliche Theologie voraussetzt, so liegt sie doch in der Konsequenz der paganen Theorie. Augustinus führt den von Theoretikern wie Porphyrius beeindruckten Lesern vor, daß sie von dessen eigenen Voraussetzungen her die christliche Überzeugung geradezu als die konsequenteste begrüßen müßten, derzufolge Gott in dem menschgewordenen Christus als dem allein würdigen Priester sich selbst als das einzig wirklich angemessene Opfer darbringt und damit jedes weitere Opfer menschlichen Fleisches erübrigt.2090 Flavius Marcellinus hatte vielleicht um die Zeit, in der diese Passagen entstanden, Augustinus darum gebeten, den Menschen aus dem Zirkel des Volusianus und anderen Gebildeten den Sinn der Menschwerdung zu erklären.2091 Weite Teile des vierten Buches von De trinitate würden dieser Bitte entsprechen. In Augustins Darlegung ist zugleich eine Erläuterung eines anderen beliebten Objekts theologischer Skepsis enthalten, nämlich der doppelten leibseelischen Auferstehung des Menschen. Consentius hatte Augustinus danach gefragt und war auf das Werk über die Trinität vertröstet worden.2092 Die Auf2086

Porphyr. philos. orac. 118 f. Wolff (= Eus. praep. ev. IV, ix, 3 f. [SC 262, 130 Mras/ des Places]). 2087 Porphyr. abst. II, xxxiv, 2 (II, 101 B.). 2088 Simpl. in Epict. xxxviii (364, 92–97 Hadot) (Text des sechsten Jahrhunderts). 2089 Hierocl. in carm. aur. I, 18 (13, 9–11 Köhler, übersetzt von diesem selbst). Vgl. über das Verhältnis dieses wohl etwas jüngeren Zeitgenossen Augustins zum Christentum L. G. Westerink, Art. Hierokles II (Neuplatoniker), RAC XV, 1991, 109–117. 2090 Aug. trin. IV, xiii, 19 – xiv, 19 (CChr.SL 50, 186, 118 – 187, 21 M.). Vgl. zur Opferthematik oben S. 153 und 213 ff. 2091 Vgl. oben S. 423. 2092 Vgl. oben S. 425 f. Augustinus argumentiert, daß die Heiden von ihren Voraussetzun-

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erstehung des Menschen entspricht, wie Augustinus nun darlegt, Christi einfacher Auferstehung. In den letzten drei Kapiteln des vierten Buches greift Augustinus das liegengebliebene Thema der Sendungen von Sohn und Heiligem Geist wieder auf.2093 Die göttlichen Sendungen lassen seiner Argumentation zufolge keinesfalls auf die Subordination der Gesandten gegenüber dem Sendenden schließen. Aus der missio des Sohnes lasse sich erkennen, daß der sendende Vater der Urgrund ist: totius divinitatis vel si melius dicitur deitatis principium pater est.2094 Beim Sohn könne Sendung bedeuten, daß er dieser Welt als fleischgewordenes Wort sichtbar erscheint oder daß er in unsichtbarer Weise zu bestimmten Zeiten von Menschen im Geiste erfaßt wird.2095 Jetzt deutet sich auch ein Unterschied zur Sendung des Heiligen Geistes an. So wie das Geborensein in bezug auf den Sohn die Offenbarung bedeute, daß der Sohn vom Vater her ist, so heiße das VomSohn-Gesandtsein des Heiligen Geistes, daß er auch vom Sohn her ist. Und wie das Geschenk-Gottes-Sein für den Geist das Vom-Vater-Hervorgehen bedeute, so sein Gesandtsein das Erkanntwerden, daß er von jenem hervorgeht: mitti est cognosci quod ab illo procedat.2096 In diesem Hervorgang des Geistes von Vater und Sohn liegt ein prinzipieller Unterschied zum Sohn. Aus dem biblischen Befund ergibt sich demnach, daß der Heilige Geist nicht ein (überflüssig scheinender) zweiter Sohn Gottes ist. Nicht überzeugend vermag Augustinus an dieser Stelle allerdings darzulegen, worin sich die pfingstliche Aussendung des Geistes grundlegend von seinen möglichen alttestamentlichen Erscheinungen unterscheidet. Augustins Hinweis, die Pfingstereignisse seien beispiellos, ist denkbar blaß. Am Schluß des vierten Buches läßt Augustinus sein anfängliches Programm anklingen und faßt zusammen, es sei nun gezeigt, daß die göttlichen Sendungen auf keine inaequalitas oder dissimilitudo substantiae hinwiesen.2097 Damit schließt der erste große Hauptteil von De trinitate, ein Drittel des Umfangs ist erreicht. Rückblickend läßt sich sagen, daß Augustinus hierin diversen christlichen, aber auch paganen theologischen Versuchen eine Absage erteilt: Subordinatianischantinizänische Konzepte finden keine Bestätigung in der Bibel, radikalisierte pronizänische Vorstellungen eines einzigen sich verwandelnden Gottes werden verworfen, nizänische wie antinizänische Deutungen der Theophanien als unbegründet erwiesen, konkurrierende (pagane) Hoffnungen auf Erlösung ohne die Gnade des Mittlers Christus als illusorisch entlarvt. Große Teile der theologischen Welt des lateinischen vierten und beginnenden fünften Jahrhunderts gen her gar nichts über die Zukunft wissen können. Hingegen hätten die Engel nach dem Zeugnis der Schrift erwiesenermaßen den mit wahrer pietas begabten Vätern Wahres über die Zukunft mitgeteilt: trin. IV, xvi, 21 – xvii, 23 (CChr.SL 50, 188, 1 – 190, 53 M.). 2093 Ebd. IV, xix, 25 – xxi, 32 (193, 1 – 205, 85 M.). 2094 Ebd. IV, xx, 29 (200, 121 f. M.). 2095 Ebd. IV, xx, 28 (198, 71–78 M.). 2096 Ebd. IV, xx, 29 (199, 102 M.). 2097 Ebd. IV, xxi, 32 (205, 73–85 M.).

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sind damit einer fundamentalen Kritik unterzogen. Positiv ist dargelegt, wie zu Anfang angekündigt, daß die untersuchten Bibelstellen bei angemessener Hermeneutik nicht dem Glauben widersprechen, daß der göttliche Vater, der Sohn und der Heilige Geist gleichen Wesens seien.2098 Ebenfalls positiv zumindest angedeutet ist ein Zusammenhang von Gotteserkenntnis und Heilsgeschehen. Aus den Sendungen ist der Charakter Gottes des Vaters als principium zu lernen. Die Inkarnation eröffnet Menschen den Weg zur dereinstigen Gottesschau. Es heißt oft, die nun folgenden Bücher V bis VII böten die »Formulierung des Dogmas«.2099 Richtig daran ist, daß diese Bücher, wie schon der erste Satz des fünften Buches und der letzte Absatz des siebten Buches zeigen, vom dicere handeln, von den Aussagen, die über Gott den Vater, den Sohn, den Geist und ihre Einheit möglich sind.2100 Falsch wird die Ansicht über den Inhalt der drei Bücher, wenn sie sich mit der Auffassung der ersten vier Bücher als »Schriftbeweis« verbindet und den Büchern V bis VII eine positive Darlegung des Dogmas unterschiebt. Eine solche Meinung nährt sich zumeist aus der Beobachtung, daß es die Bücher V bis VII sind, in denen die Termini eingeführt oder diskutiert werden, die noch der scholastischen und neuscholastischen Gestalt der Trinitätslehre zugrunde liegen: Substanz, Relation, Person, Notion.2101 Augustinus selbst kündigt dagegen am Schluß des vierten Buches etwas anderes an: Er wolle im folgenden gegen die »listigsten Argumente der Häretiker« zu Felde ziehen.2102 Am Schluß des siebten Buches macht er deutlich, daß sich die zuvor behandelten Probleme propter disputandi necessitatem ergeben, also durch den intellektuellen Streit erzwungen sind, wenn man beispielsweise die Frage beantworten will, »was« genau Gott der Vater, der Sohn und der Heilige Geist denn eigentlich seien.2103 Und tatsächlich sind es genau die beiden Spitzensätze der streng »arianischen« Theologie, die Augustinus in fünften und sechsten Buch diskutiert: das eunomianische Argument, der ungezeugte Gott sei der Substanz nach verschieden von dem gezeugten Sohn, und der Hauptsatz des Arius, »es war einmal, daß der Sohn nicht war«. Ob Augustinus eunomianische Originaltexte kannte, ist fraglich.2104 Die lateinischen Nichtnizäner sind in aller Regel Homöer und nicht Eunomianer. Zwar fragen auch die Homöer gelegentlich rhetorisch, wie der Gezeugte dem Ungezeugten gleich sein könne.2105 Doch argumentieren sie stets biblisch, nicht 2098

Vgl. oben S. 477. Vgl. oben S. 136, 160 und 181. 2100 Vgl. auch Aug. trin. V, iii, 4 (CChr.SL 50, 208, 1–3): Quamobrem ut iam etiam de his quae nec dicuntur ut cogitantur nec cogitantur ut sunt respondere incipiamus fidei nostrae adversariis . . . 2101 Auch der letzte und unprominenteste dieser vier Begriffe scheint nämlich in der Scholastik ausgehend von Aug. trin. V, vi, 7 (211, 21 f. M.: alia notio est qua intellegitur genitor, alia qua ingenitus) entwickelt worden zu sein, wie zumindest W. L. Gombocz u. a., Art. Notion, notio, HWbPh VI, 1984, 935–938, behaupten. 2102 Aug. trin. IV, xxi, 32 (CChr.SL 50, 205, 83–85 M.). 2103 Ebd. VII, vi, 12 (267, 169–171 M.). 2104 Vgl. oben S. 124 und 167 f. Zum möglichen Eunomianer Maximus oben S. 431. 2105 Belege oben Anm. 2025. Eine nicht leicht zu verstehende Parallelstelle ist wohl Maximin. (?) c. Ambr. fol. 304r, 3–40 (CChr.SL 87, 159 f. Gryson). 2099

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mit Syllogismen. Nun präsentiert Augustinus im fünften Buch von De trinitate das eunomianische Hauptargument in einer syllogistischen Form, wie sie charakteristisch für Ae¨tius und Eunomius ist. Es ist gut möglich, daß Augustinus das Argument aus der ausführlichen Darstellung und Kritik in der Schrift De incarnationis dominicae sacramento des Ambrosius kennt, die als Parergon zu den letzten Büchern von De fide wohl im Jahre 381 entstanden ist.2106 Ambrosius nennt die Eunomianer in dem betreffenden langen Abschnitt nicht beim Namen, schöpft jedoch seine Kenntnisse und Argumente aus den beiden Büchern des Basilius gegen Eunomius. In der Schrift antwortet Ambrosius nochmals dem Palladius. Dieser hatte sich gegen die Unterstellung des Ambrosius verwahrt, seine Gruppe sei nach Art der Eunomianer überzeugt, Gott der Vater und der Sohn seien einander unähnlich.2107 Ambrosius versucht, mit Argumenten des Basilius die Theorie der Substanzverschiedenheit des Gezeugten und des Ungezeugten zu widerlegen. Anschließend hält er den Homöern vor, wer wie sie die Einheit der Natur des Vaters und des Sohnes leugne, könne die beiden nicht mehr »ähnlich«, sondern müsse sie unähnlich nennen. Die Homöer will Ambrosius so als verkappte Eunomianer entlarven.2108 Sollte Augustinus tatsächlich mittels dieser Basilius-Rezeption des Ambrosius eunomianische Argumente kennengelernt haben, so bedeutet dies noch nicht notwendig, daß ihm auch bewußt war, welche Gruppe im großen Streit des vierten Jahrhunderts diese Argumente vertrat. Allerdings müßte er zumindest erkannt haben, daß Homöer wohl kaum mit dem philosophischen Substanzbegriff operiert hätten. Vielleicht genügte es ihm zu wissen, daß es sich in jedem Falle um »arianische« Ansichten handelte. Die damalige Häresiologie war nicht auf Differenzierung aus. Der Ketzerhut des Arius sollte möglichst vielen Gegnern passen. Die von Ambrosius eher unscharf wiedergegebenen und unzureichend widerlegten Argumente hätte Augustinus dann philosophisch-formal zugespitzt und mit neuen Gründen aus den Angeln zu heben versucht. Jede Aussage über Gott, so lautet nämlich nach Augustinus die erste Prämisse im Argument der Arriani gegen die catholica fides, bezieht sich auf Gottes Substanz, nicht auf seine Akzidentien. Die zweite Prämisse ist eine doppelte: Von Gott dem Vater wird ausgesagt, er sei ungezeugt, von Gott dem Sohn wird ausgesagt, er sei gezeugt. Daraus ist der Schluß zu ziehen, daß sich sowohl das Ungezeugtsein Gottes des Vaters auf seine Substanz bezieht wie auch das Gezeugtsein des Sohnes sich auf seine Substanz bezieht. Damit ist in den Augen der »Arianer« bewiesen, daß Vater und Sohn von unterschiedlicher Substanz sind.2109 Die erste Prämisse impliziert die Annahme, daß die Disjunktion vollständig ist, die Porphyrius so formuliert: »Bei allem handelt es sich entweder um 2106 Ambr. incarn. 8, 79 – 9, 105 (CSEL 79, 264, 1 – 275, 164 F.). Datierung: Markschies, Einleitung (wie Anm. 1756), 37 f. 2107 Vgl. oben S. 474. 2108 Ambr. incarn. 10, 106–116 (CSEL 79, 275, 1 – 281, 97 F.). 2109 Aug. trin. V, iii, 4 (CChr.SL 50, 208, 1–11 M.).

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Substanzen oder Akzidentien.«2110 Der Begriff des Akzidens ist nun aber nach einer von Augustinus mit den »Arianern« geteilten Ansicht auf dasjenige hin entworfen, was auftreten und auch wieder verschwinden kann.2111 Im unveränderlichen Gott kann es daher nichts Akzidentelles geben, wie Augustinus nach einer an Porphyrius angelehnten Diskussion dieses Begriffs erläutert.2112 Damit steht Augustinus vor derselben Schwierigkeit wie Pseudo-Basilius (Apolinarius) und Basilius ein halbes Jahrhundert zuvor.2113 Ambrosius erfaßt das Problem nur ungefähr und meint ohne exakte Argumente, daß ingenitus und genitus nicht die Substanz bezeichnen dürfen, sondern nur, auf welche Weise (quo modo) jede der beiden Personen ist, nämlich non ex alio der Vater, nec ex se der Sohn.2114 Augustinus sieht schärfer: Sollten die beiden Prämissen der »Arianer« korrekt sein, hätten sie Recht mit ihrer These von der Substanzverschiedenheit des Gezeugten gegenüber dem Ungezeugten. Da die zweite Prämisse aus theologischen Gründen unbestreitbar ist, bleibt nur der Ausweg, entgegen der ersten Prämisse etwas Drittes außer oder zwischen Substanz und Akzidens zu postulieren. Aber etwas Derartiges ist innerhalb der aristotelischen Kategorienlehre in ihrer Standardinterpretation durch Porphyrius nicht zu finden. Während Pseudo-Basilius für dieses Dritte den Terminus troÂpow thÄw yëpaÂrjevw in die Theologie einführt, versucht Augustinus, dafür die Relation zu bemühen. Vielleicht greift er dabei auf ähnliche Vorschläge der Kappadokier zurück.2115 Was Gott den Vater und seinen Sohn unterscheide, werde nicht secundum substantiam, sondern ad invicem oder, synonym, secundum relativum ausgesagt. Unter dieser Relation versteht Augustinus gerade nicht die gleichnamige aristotelische Kategorie. Denn es soll sich um keine akzidentelle Bestimmung handeln, weil die göttlichen Relationen unveränderlich sind.2116 Augustinus 2110

Porphyr. in cat. 26r, 16 (95, 14 B.): paÂnta gaÁr hà oyÆsiÂai hà symbebhkoÂta. Aug. trin. V, iv, 5 (CChr.SL 50, 209, 1 f. M.): Accidens autem dici non solet nisi quod aliqua mutatione eius rei cui accidit amitti potest. Vgl. Porphyr. isag. 4 a 25 f. (CAG 4, 12, 24 f. B.): SymbebhkoÁw de eÆstin oÊ giÂnetai kaiÁ aÆpogiÂnetai xvriÁw th Ä w toyÄ yëpokeimeÂnoy fuora Ä w. Die Übersetzung bei Mar. Victorin. Porph. introd. 6 dürfte etwa so gelautet haben: Accidens est quod infertur et aufertur sine eius, in quo est, interitu (374 Hadot = Boeth. in Porph. comm. II, 9 [CSEL 48, 100, 9 f. Brandt]). 2112 Aug. trin. V, iv, 5 – v, 6 (CChr.SL 209, 1 – 211, 22 M.). Auch das (stets schwache) Argument aus der Etymologie benutzt Augustinus, ebd. V, ii, 3 (208, 7–10 M.): aliae quae dicuntur essentiae sive substantiae capiunt accidentias . . . Deo autem aliquid eiusmodi accidere non potest. 2113 Vgl. oben S. 464 ff. 2114 Ambr. incarn. 9, 100 (CSEL 79, 273, 108–111 F.). Das quo modo sit entspricht genau dem oÏpvw eÆstiÂn bei Basil. adv. Eunom. I, 15 (SC 299, 224, 4 S.). 2115 Zu Gregor von Nazianz vgl. oben S. 467. Viel deutlicher ist die Parallele zu Basil. adv. Eunom. II, 9 (SC 305, 36, 1 – 38, 27 S.), auf die schon Chevalier, S. Augustin et la pense´e grecque (wie Anm. 239), 127–140, hinwies. Wie Augustinus unterscheidet auch Basilius in dem Kapitel Namen, die »in bezug auf sich« ausgesagt werden von solchen, die »in bezug auf etwas« ausgesagt werden. Aber es bleibt ungewiß, ob Augustinus diesen Text kannte. Augustins Argument erscheint logisch noch stringenter durchgeführt. 2116 Aug. trin. V, v, 6 (CChr.SL 50, 210 f., 13–22 M.). 2111

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kritisiert auch den theologischen Gebrauch des Ausdrucks substantia, weil dieser in der aristotelischen Kategorienlehre etwas zu meinen scheine, dem wandelbare Akzidentien anhaften.2117 Gott wird Augustinus zufolge mißbräuchlich substantia genannt, geeigneter als Übersetzung des theologischen Begriffs oyÆsiÂa sei der Ausdruck essentia, da Gott ipsum esse sei.2118 Augustinus lehnt die aristotelische Kategorienlehre (in ihrer Deutung durch Porphyrius) jedoch nicht in Bausch und Bogen ab. Im Gegenteil betont er, im Bereich der geschaffenen Dinge sei in der Tat alles, was nicht Substanz sei, notwendig Akzidens.2119 Augustinus bestreitet nur, daß diese Kategorienlehre auf Gott anwendbar sei. Doch selbst in der Gotteslehre trifft die verbreitete Annahme, Augustinus sprenge die antike Ontologie, nicht ohne weiteres zu. Denn für die Sphäre Gottes schlägt Augustinus anstelle des Substanz-Akzidens-Schemas nicht etwa eine revolutionär neue »christliche« Kategorienlehre oder eine neuartige relationale Ontologie vor, sondern die in Platos Akademie übliche Einteilung von »in bezug auf sich selbst« (kau Æ ayëtaÂ, ad se) und »in bezug auf etwas« (proÂw ti, ad aliquid) Ausgesagtem, oder anders ausgedrückt: die Dichotomie von Selbständigem und Relativem.2120 Damit legt er allerdings ein Veto 2117 Der locus classicus hierfür ist Aristot. cat. v (4 a 10–22 [11 f., 10–22 M.-P.]), wonach das Eigentümlichste an (ersten) Substanzen sei, daß sie gegenteilige Bestimmungen aufnehmen können. Dies liest sich in der Augustinus vielleicht vertrauten (oben S. 68) Schrift Ps.Aug. categ. 134 (164, 27 f. Minio-Paluello) so: usia habet hoc proprium ut singularis atque una numero contraria in se suscipiat. Aus Stellen wie Aristot. phys. A 5 (188 b 21–26 Ross) wird deutlich, daß die Aufnahme einer gegenteiligen Bestimmung für Aristoteles der Inbegriff von Veränderung ist. Gregor von Elvira berichtet in einer von Augustinus gelesenen Schrift (vgl. oben S. 109 f.), daß gewisse Homöer den (nizänischen) Substanzbegriff mit folgendem Argument ablehnten: cum omnis substantia contraria recipiat, deus vero, qui nihil diversum admittere potest, in substantia dici non debet (fid. 4 [84, 9–11 Simonetti]). Marius Victorinus läßt den fingierten »Arianer« Candidus ungefähr das gleiche Argument vortragen (epist. 1, 10 [CSEL 83/1, 13, 25–27 Henry/Hadot]) und versucht, demgegenüber den Substanzbegriff zu rehabilitieren (adv. Ar. IV, 4 [CSEL 83/1, 228 f., 10–32 H./H.). 2118 Aug. trin. V, ii, 3 (CChr.SL 50, 208, 11 f. M.): deus . . . cui profecto ipsum esse unde essentia nominata est maxime ac verissime competit. Noch kritischer ebd. VII, v, 10 (261, 16–19 M.): Unde manifestum est deum abusive substantiam vocari ut nomine usitatiore intellegatur essentia, quod vere ac proprie dicitur ita ut fortasse solum deum dici oporteat essentiam. − Zu den lateinischen Äußerungen um die richtige Übersetzung und Deutung der Ausdrücke oyÆsiÂa und yëpoÂstasiw vgl. Markschies, Ambrosius von Mailand und die Trinitätstheologie (wie Anm. 582), 12–38. − Oben war schon angedeutet worden, daß Aristoteles mit der Konzeption, alle Akzidentien auf die Substanz bezogen sein zu lassen, das ungelöste Problem der platonischen Prinzipienlehre eher verdeckt als gelöst hatte und nicht hatte erklären können, wie Einheit und Vielheit zu vermitteln seien (S. 452). Dieser Mangel gilt grundsätzlich, nicht nur bei der Anwendung der Kategorienlehre in der Gotteslehre, aber er trägt hier zur Unbrauchbarkeit des Substanz- und Akzidensbegriffs in der christlichen Trinitätslehre des vierten Jahrhunderts bei. 2119 Aug. trin. V, iv, 6 (CChr.SL 50, 210, 26–28 M.): In rebus enim creatis atque mutabilibus quod non secundum substantiam dicitur restat ut secundum accidens dicatur. 2120 Daß Augustinus dieses Einteilungsschema nicht erst für die Trinitätslehre entwirft, sondern der Tradition entnimmt, sieht man beispielsweise an seinem verlorenen Erstling, dem lange vor der Bekehrung verfaßten Werk De pulchro et apto. Die im Titel angedeutete

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gegen den Primat des Substanzbegriffs und die Vorherrschaft einer am Ding ausgerichteten Ontologie ein, zu denen der Gebrauch der aristotelischen Kategorieneinteilung verleitet. Augustinus verwirrt allerdings die von ihm selbst vorgeschlagene Einteilung von Substanz und Akzidens im geschöpflichen Bereich sowie von Essentiellem und Relativem im göttlichen Bereich, indem er später Substanz, Relation und Akzidens als die drei möglichen Kategorienbereiche zusammenzunehmen scheint.2121 Schon in der paganen antiken Philosophie war die aristotelische Einteilung von zehn Kategorien als willkürlich und unangemessen kritisiert worden.2122 Ein Argument hatte gelautet, die altakademische Einteilung sei einfacher und im Gegensatz zu der willkürlich anmutenden Zehnzahl der Kategorien bei Aristoteles prinzipiell vollständig. Zweitens war auch schon manchen Kritikern aufgefallen, daß die Zusammenfassung der aristotelischen Kategorientafel in Gestalt der Zweiteilung von Substanz und Akzidens in gewisser Hinsicht die alte platonische Dichotomie lediglich in verdunkelnder Weise variiert. Aber so wenig Plato die Frage beantwortet zu haben scheint, wie die für die Relation »in bezug auf anderes« nötige dyaÂw aus dem eÏn abzuleiten ist, so wenig kann Augustinus an dieser Stelle eine ontologische Begründung für seinen Einteilungsvorschlag geben. Was seine Argumentation leistet, ist der Nachweis, daß »Ungezeugtsein« nur die Negation der Relation »Gezeugtsein« ist. Ingenitus hat damit denselben kategorialen Status wie genitus. Beides ist nicht in bezug auf die gemeinte Person selbst, sondern in bezug auf die jeweils andere Person ausgesagt. Es handelt sich um nichtakzidentelle, weil ewige Relationen.2123 Das eunomianische Argument betrachtet Augustinus damit als entkräftet. Eine metaphysische Lösung der Frage, wie die drei Personen mit der Einheit des Wesens zu verbinden seien, ist in diesem Vorschlag jedoch nicht enthalten. Es geht lediglich um die Aufdeckung eines Kategorienfehlers. Dabei tun sich allerdings neue Probleme auf, die Augustinus nicht diskutiert. Er begründet nicht hinreichend, weshalb ewige Akzidentien undenkbar sind. Der ontologische Status der nichtakzidentellen Relation bleibt unbestimmt, vor allem weil Augustinus die aristotelische Kategorienlehre nicht konsequent verabschiedet.

grundlegende Unterscheidung betrifft Augustins eigenem Bericht zufolge pulchrum, quod per se ipsum, aptum autem, quod ad aliquid accomodatum deceret (conf. IV, xv, 24 [CChr.SL 27, 52, 3 f. V.]). In De trinitate spricht Augustinus in der Regel statt von per se ipsum von ad se ipsum, was aber die gleiche Bedeutung hat, wie trin. VII, i, 1 (CChr.SL 50, 244, 1–7 M.) zeigt. Die Überlieferung dieser altakademischen Seinseinteilung in den verschiedenen Richtungen der hellenistischen und römischen Philosophie verfolgt H. J. Krämer, Platonismus und hellenistische Philosophie, Berlin/New York 1971, 75–107. Vgl. oben S. 208 und 449. 2121 Vgl. unten S. 504. 2122 Die antike Debatte einschließlich der beiden im folgenden genannten Argumente resümiert Simpl. in Aristot. cat. iv (CAG 8, 62, 24 – 64, 12 Kalbfleisch]). Vgl. zu den Hintergründen das Buch von Thiel, Aristoteles’ Kategorienschrift in ihrer antiken Kommentierung (wie Anm. 1880), das allerdings die komplizierte Kategorie der Relation weitgehend ausspart. 2123 Aug. trin. V, vii, 8 (CChr.SL 50, 214, 57–61 M.).

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Schluß: Augustins ursprüngliche Einsicht

Augustinus zeigt sich bewandert in einigen Problemen des Relationsbegriffs. Dieses schwierige Thema philosophischer Grundlagenforschung hatte bereits im vierten Jahrhundert auch Theologen beschäftigt. Sie diskutierten im Blick um der Gotteslehre willen die Frage, ob zwei Korrelate gleichzeitig sein müssen oder nicht.2124 Für die Relationen der göttlichen Personen gilt, daß jede Zeitlichkeit ausgeschlossen ist. Wenn das, was geschenkt wird, also insbesondere der Heilige Geist, sein principium in dem hat, von dem die Schenkung ausgeht, dann sind Vater und Sohn in bezug auf den Geist ein einziges principium, nicht zwei principia.2125 Die Relation nach außen dagegen enthält ein zeitliches Element, muß aber so gedacht werden, daß daraus keine Veränderung in Gott erwächst. Augustinus demontiert das Argument des Origenes, das gelautet hatte: Die Schöpfung müsse ewig sein, weil der Schöpfer von Ewigkeit her eine Herrschaftsbeziehung zur Schöpfung habe. Nach Augustinus ist die Herrschaft des Schöpfers über seine Schöpfung eine Beziehung der Art, die nichts an der Substanz des einen der beiden Relate (in diesem Falle an der Substanz des Schöpfers) verändert, auch wenn die Realisierung dieser Beziehung erst in der Zeit geschieht.2126 Dieser kosmologisch-zeittheoretische Aspekt leitet zum sechsten Buch über, das Augustinus mit einer Analyse des »arianischen« Wortes vom zeitlichen Anfang des Sohnes beginnt, und zwar in der Form: erat tempus quando non erat filius.2127 Augustinus berichtet zutreffend, daß die Verteidiger des rechten Glaubens das Wort des Paulus dagegen einwandten, Christus sei die Kraft und Weisheit Gottes (1 Kor 1, 24): Da Gott nie ohne Kraft und Weisheit sei, habe es keine Zeit gegeben, da der Sohn nicht war.2128 Tatsächlich ist dieses Argument in pronizänischen Schriften allenthalben zu finden.2129 Auch Augustinus hatte es früher verwendet.2130 Doch in De trinitate nimmt er Abstand davon. Im sechsten und siebten Buch unterwirft Augustinus das »antiarianische« Argument einer subtilen Widerlegung. Denn es führe zu dem Schluß, der Vater sei nicht schon selbst weise, sondern erst durch die Weisheit weise, die er zeugt.2131 In einer 2124

Vgl. oben S. 456 und Aug. trin. V, xvi, 17 (CChr.SL 50, 224, 1 – 227, 78 M.). Ebd. V, xiv, 15 (223, 30–35 M.). 2126 Ebd. V, xi, 12 – xvi, 17 (218–227 M.). Vgl. oben S. 85 und S. 204 ff. 2127 Aug. trin. VI, i, 1 (CChr.SL 50, 228 f., 11 f.; 18 f.; 24 f. M.). In diesem Wortlaut erscheint der Satz des Arius z. B. auch bei Ps.-Athanas. trin. VI, 15, 15 (CChr.SL 9, 86, 208 f. B.); Hieron. c. Lucif. xvii (SC 473, 148, 14 C., ohne filius). Die schlußfolgernde Form, in die Augustinus das Zitat einbettet (Si filius est, natus est. Si natus est, erat tempus quando non erat filius), könnte seine eigene Verknüpfung der Hauptmeinungen des Arius sein, wie sie in den z. B. bei Ambr. fid. I, 18, 120 (CSEL 78, 51, 13–16 F.) überlieferten Anathematismen von Nizäa wiedergegeben werden. Doch auch Ambrosius kennt eine zur Hälfte verwandte, auf Eunomius zurückgehende Argumentation: si filius est, antequam generaretur, non erat, aut si erat, cur natus est? (fid. IV, 9, 96 [191, 8–10 F.]). 2128 Aug. trin. VI, i, 1 (CChr.SL 50, 228, 20–25 M.). 2129 Vgl. beispielsweise Athanas. Ar. II, 32 (Werke I/1, 208–210 M./S.); Ambr. fid. I, 10, 62 (CSEL 78, 27, 1–5 F.). 2130 Zum Wandel in Augustins Auslegung oben S. 117. 2131 Aug. trin. VI, i, 2 (CChr.SL 50, 229, 26–28 M.). 2125

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komplexen Gedankenfolge, die in manchen Aspekten an die wohl von Apolinarius stammende pseudo-athanasianische »vierte Rede gegen die Arianer« erinnert,2132 zeigt Augustinus, daß eine solche Lehre der Einfachheit Gottes widerspräche. Da alle Eigenschaften Gottes letztlich identisch2133 und ebenso mit dem Wesen Gottes identisch seien, wäre der Sohn die essentia patris, und darum hätte der Vater dann nicht nur seine eigenen Eigenschaften, sondern auch sein Wesen, also sich selbst, gezeugt.2134 Das Wesen des Vaters wäre als gezeugtes selbst etwas Relatives, und alles Substantielle hätte sich verflüchtigt. Dann gäbe es aber nichts mehr, wovon Relationen überhaupt noch ausgesagt werden könnten oder zwischen dem sie noch bestehen könnten.2135 Also müsse die Stelle aus dem Paulusbrief anders interpretiert werden: Der Vater sei auch schon für sich Weisheit und nicht erst durch die Zeugung des Sohnes. Letzterer sei Weisheit von Weisheit. Gleiches gelte für die übrigen Eigenschaften Gottes. Im Gewand einer Paulusexegese entzieht Augustinus also, von der Forschung bisher kaum bemerkt, in den Büchern VI und VII der Theorie einer Selbstverursachung den Boden. Augustinus hatte ganz zu Beginn von De trinitate in seiner dreiteiligen Typologie der antiken Gotteslehren den dritten, offenkundig platonischen Typus als die gefährlichste Lehre bezeichnet. Denn gerade hier werde im Gegensatz zu den beiden anderen Typen zwar die Transzendenz Gottes verstanden, aber die Macht Gottes so gedacht, als zeuge er sich selbst (ut seipsum ipse genuerit). In Wahrheit zeuge überhaupt nichts sich selbst.2136 Nun hatte, wie gesehen, Marius Victorinus eine solche Theorie der Selbstverursachung Gottes gelehrt.2137 Augustinus setzt sich nirgends ausdrücklich mit dem Werk dieses Autors auseinander, so daß nicht einmal mit letzter Sicherheit feststeht, ob er die betreffenden Werke studiert hat.2138 Aber Augustins Destruktion der Idee eines sich selbst zeugenden Gottes in den Büchern VI und VII würde den innersten Kern der Trinitätstheologie des Marius Victorinus treffen. Zu den positiven Nebenerträgen, die Augustinus aus seiner kritischen Analyse zu ziehen vermag, zählt eine bemerkenswerte Überlegung, die auf spätere Teile des Werkes vorausweist.2139 Die strukturierte Einheit Gottes, die Augustinus aufgezeigt hatte, begreift den Heiligen Geist in sich. Dieser könne als unitas von Vater und Sohn oder auch als ihre caritas gelten. Jedenfalls sei er nicht einer der beiden, würden die zwei doch vielmehr durch ihn verbunden. Durch den Geist als Liebe werde der Gezeugte vom Erzeuger geliebt und liebe der Gezeugte den Erzeuger. Der Heilige Geist sei also entweder etwas dem Vater 2132

Vgl. oben S. 463. Daß Augustinus diesen Text gekannt hat, ist nicht bewiesen. Zu Augustins Denkmodell der Antakoluthie der Tugenden oben S. 64 f. 2134 Aug. trin. VI, iii, 5 – iv, 6 (CChr.SL 50, 233, 32 – 235, 36 M.); VII, i, i (244 f., 20–55 M.). 2135 Ebd. VII, i, 2 (245, 56 – 249, 167 M.). 2136 Ebd. I, i, 1 (28, 32–36 M.). 2137 Vgl. oben S. 472. 2138 Vgl. oben S. 103 ff. 2139 Aug. trin. VI, v, 7 (CChr.SL 50, 235 f., 1– 33 M.). 2133

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und dem Sohn Gemeinsames oder ipsa communio consubstantialis et coaeterna. Die Liebe, die der Geist ist, sei als drittes simul substantia cum patre et filio. Da die Liebe als vollkommene nicht geringer als der Liebende und der Geliebte sein kann, die sonst weniger als angemessen geliebt würden und liebten, muß sie wegen der absoluten Einfachheit Gottes dem Liebenden und dem Geliebten vollkommen gleich sein. Wenn also Gott substantiell die Liebe ist (1 Joh 4, 8. 16), dann gebe es genau diese drei und nicht mehr oder weniger: Unus diligens eum qui de illo est, et unus diligens eum de quo est, et ipsa dilectio. Primär aber hatte Augustins Gedankengang zuvor ein negatives Resultat erbracht. So stellt sich nun die Frage: Wie läßt sich die Trinität dann denken? Gibt es wenigstens eine Antwort auf die Frage, »was für drei«, »drei Exemplare wovon« (quid tres) Vater, Sohn und Geist sind?2140 Die Frage, quid sit, führt nach der Definition des Porphyrius zur Frage nach der Gattung: [philosophi] ita declarant, genus esse quod ad plures differentias specie distantes, in eo quod quid sit, praedicatur.2141 Augustinus kommt auf die kappadokische Redeweise zu sprechen, die er bereits im fünften Buch diskutiert hatte: Die »meisten Unsrigen, die dies auf griechisch behandeln«, hätten sich angewöhnt, miÂan oyÆsiÂan, treiÄw yëpostaÂseiw zu sagen.2142 Allerdings könne er den Unterschied zwischen oyÆsiÂa und yëpoÂstasiw nicht erkennen, so daß man besser statt una essentia, tres substantiae sage: una essentia vel substantia, tres autem personae.2143 Aber eine wirkliche Problemlösung sieht Augustinus darin nicht: Dictum est tamen tres personae non ut illud diceretur sed ne taceretur.2144 Es wäre eine grobe Vereinfachung, Augustins angeblich mäßige Griechischkenntnisse2145 für seine Vorbehalte gegen die kappadokische Sprachregelung verantwortlich zu machen. Die landläufige Vorstellung, Augustinus habe den Unterschied zwischen oyÆsiÂa und yëpoÂstasiw nicht begriffen, weil dieser sich kaum ins Lateinische habe übersetzen lassen, wird dem Sachverhalt nicht gerecht. Bei Augustinus selbst und mehr noch in seinem Umfeld war genug gräzistischer Sachverstand vorhanden, um auch feinere Nuancen eines griechischen Wortes zu ermitteln. Was Augustinus schreibt, entspricht weitgehend dem, was einer der besten damaligen Griechischkenner der lateinischen Welt ebenfalls meinte, nämlich Hieronymus. Dieser bittet Damasus in den späten 370er Jahren, als dieser sich der kappadokischen Lösung annähert,2146 um eine Stellung2140

Ebd. VII, iv, 7 (255, 10–15 M.). Mar. Victorin. Porph. introd. 2 (371 Hadot), also die lateinische Version von Porphyr. isag. 1 a 38 f. (CAG 4, 2, 15 f. B.). 2142 Zu beachten ist das oben in Anm. 1960 Gesagte. 2143 Aug. trin. V, viii f., 10 (CChr.SL 50, 216, 35 – 217, 11 M., textkritisch korrigiert gemäß Anm. 60). Vgl. ebd. VII, vi, 11 (261, 1–5 M.), wo Augustinus auf griechisch die Formulierung triÂa proÂsvpa gebraucht (vgl. etwa Greg. Naz. or. 39, 11 [SCh 358, 170, 15 Moreschini]). 2144 Aug. trin. V, ix, 10 (CChr.SL 50, 217, 11 f. M.). 2145 Vgl. zur Korrektur und Präzisierung oben S. 81 ff. 2146 Vgl. oben S. 470. 2141

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nahme, ob man wirklich von drei Hypostasen reden und damit einen neuen Glauben gegenüber dem nizänischen aufstellen müsse. Denn es gelte: Tota saecularium litterarum schola nihil aliud hypostasin nisi usian novit. Et quisquam, rogo, ore sacrilego tres substantias praedicabit . . . Sufficiat nobis dicere unam substantiam, tres personas subsistentes perfectas, aequales, coaeternas; taceantur tres hypostases, si placet, et una teneatur.2147

Gregor von Nazianz nennt in einem um 379 bis 381 verfaßten eÍpainow auf Athanasius diese Bedenken der Lateiner.2148 Er verschweigt, daß hinter der Kritik von Theologen wie Hieronymus die Beobachtung steht, daß in einem der Anathematismen des Konzils von Nizäa oyÆsiÂa und yëpoÂstasiw synonym verwendet werden und ausgeschlossen wird, daß der Sohn »aus einer anderen Hypostase« als der Vater ist.2149 Stattdessen führt Gregor die Vorbehalte der Lateiner mit einem bis in heutige dogmengeschichtliche Darstellungen durchschlagenden Erfolg auf die Armut der lateinischen Sprache zurück. Die oyÆsiÂa, also die Natur (fyÂsiw) der Gottheit, und die yëpoÂstasiw, das bedeute die Eigenheiten (iÆdioÂthtew) der drei, seien auf Latein nicht zu unterscheiden. Doch würden die Lateiner in der Sache ähnlich wie die Griechen denken und statt Hypostasen lieber Personen sagen, um nicht von drei oyÆsiÂai sprechen zu müssen. Doch darum zu streiten lohne sich nicht. Daß auch Gregor selbst und in den Jahrzehnten zuvor verschiedene der Griechen triÂa proÂsvpa sagen können, erwähnt er an dieser Stelle nicht ausdrücklich. Augustinus ist Jahrzehnte später bei der Abfassung von De trinitate klug genug, die Empfehlung einer Ein-Hypostasen-Theologie zu unterlassen, wie Hieronymus sie noch gegeben hatte. Er kennt im übrigen das Wort subsistentia, mit dem sich yëpoÂstasiw übersetzen läßt.2150 Es kann sogar sein, daß er in De trinitate einmal tres personas vel tres subsistentias schreibt.2151 Wenn er dennoch die Rede von den drei Hypostasen kritisch betrachtet, so hat dies offenbar sachliche Gründe. Tatsächlich waren oyÆsiÂa und yëpoÂstasiw auch im griechischen Raum lange Zeit synonym verwendet worden.2152 Ihre Differenzierung bei den Grie2147

Hier. epist. 15, 4 (CSEL 54, 65, 9–12; 66, 9–11 H.). Greg. Naz. or. 21, 35 (SC 270, 184–186, 14–21 M./L.; zur Datierung vgl. J. Mossay, ebd. 99–103). Im Schreiben der »Nachsynode« von Konstantinopel 382 an die Bischöfe des Westens wird, rückblickend auf die Lehre des Konzils vom Vorjahr, der synonyme Gebrauch von Hypostase und Person gebilligt: Zu glauben sei an »eine Gottheit und Kraft und Wesenheit des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes . . . in drei ganz vollkommenen Hypostasen, das heißt in drei vollkommenen Personen, so daß weder das Übel des Sabellius Platz habe, wo die Hypostasen zusammengeschüttet werden, oder die Eigentümlichkeiten aufgehoben werden, noch die Lästerung der Eunomianer und Arianer und Pneumatomachen Macht habe, wo das Wesen oder die Natur der Gottheit zerschnitten wird« (Theodoret. h. e. V, ix, 11 [GCS N. F. 5, 292, 13–20 P./H.]), Übersetzung L. Abramowski, Der Christusglaube der Konzilien, in: W. Brandmüller, Wer ist Jesus Christus? Mythen, Glaube und Geschichte, Aachen 1995, 237–273; hier 259. 2149 Conc. Nicaen., anath. (238 Dossetti): eÆj eëteÂraw yëpostaÂsevw hà oyÆsiÂaw. 2150 Vgl. oben S. 107 und S. 198. 2151 Beleg am Ende von Anm. 538. 2152 Zur Problematik der lateinischen Übersetzung der Begriffe oyÆsiÂa und yëpoÂstasiw vgl. 2148

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chen der 360er bis 390er Jahre steht auf keiner ausgearbeiteten philosophischen oder konzeptionellen Grundlage − es handelt sich um eine terminologische Unterscheidung, aber was eine Hypostase im Unterschied zur Substanz genau ist, stand keineswegs fest.2153 Die eben zitierten kurzen Erläuterungen des Gregor von Nazianz geben Synonyme an, enthalten aber keine exakten Definitionen. Die oft beobachtete »semantische Konfusion«2154 der lateinischen Tradition hinsichtlich der Übersetzung dieser beiden griechischen Begriffe könnte zumindest bei Augustinus ihren tieferen Grund darin haben, daß die Unterscheidung auch bei den Griechen nicht wirklich klar war. Augustinus zieht den aus anderen Hintergründen stammenden, im Westen sehr verbreiteten, im Osten ebenfalls gebrauchten Personbegriff vor,2155 verwendet ihn aber weitgehend synonym mit dem Hypostasenbegriff und betrachtet ihn ebenso kritisch. Augustinus deckt die Schwäche der neunizänischen Sprachregelung mit rigidem Scharfsinn auf, verschweigt aber dezenterweise die Namen der kappadokischen Väter. Er formuliert folgenden Einwand: Wie jeder andere Begriff könne auch der Begriff der Person nur entweder ein Akzidens oder ein Relativum oder eine Substanz bedeuten. Doch alle drei Möglichkeiten scheiden aus. Bezeichne »Person« nämlich ein Akzidens, so könne der Begriff in der Gotteslehre gar nicht verwendet werden, weil es nichts Akzidentelles in Gott gebe; bezeichne er ein Relativum, müsse man den Vater die Person des Sohnes nennen können, was unsinnig wäre; meine er die Substanz Gottes, müsse man von Vater, Sohn und Geist zusammen als einer Person reden können, was ebenfalls nicht mit der kirchlichen Lehre übereinstimme.2156 In den letzten Kapiteln widmet sich Augustinus genau den Fragen, die Gregor von Nyssa in mehreren Traktaten behandelt hatte: Läßt sich das Verhältnis zwischen dem Wesen Gottes und den göttlichen Personen, wenn schon nicht in ontologischen, dann wenigstens in logisch plausiblen Modellen fassen?2157 Augustinus nennt nirgends den Namen Gregors, und darum ist in der Forschung anscheinend übersehen worden, daß Augustinus hier wahrscheinlich eine von dessen Schriften benutzt, am ehesten Ad Adlabium quod non sint tres dei.2158 Augustinus widerlegt detailliert und streng logisch Gregors Vorschläge, die er alle besonders Markschies, Gibt es eine einheitliche ›kappadozische Trinitätstheologie‹? (wie Anm. 1958); ders., Ambrosius (wie Anm. 582), 12–38. 2153 So das Resultat der exakten Analysen von Holl, Amphilochios von Ikonium (wie Anm. 692), 132–135; 172 f.; 217 f. 2154 Vgl. Hanson, The Search for the Christian Doctrine of God (wie Anm. 611), 181–207. 2155 Zur Herkunft und zum theologiegeschichtlichem Schicksal der Begriffe vgl. de Halleux, »Hypostase« et »personne« dans la formation du dogme trinitaire (wie Anm. 605), Studer, Der Person-Begriff (wie Anm. 928), sowie Anm. 872 und 1125. Zum Personbegriff Augustins vgl. oben S. 207 ff., 259 f. 2156 Aug. trin. VII, iv, 8 (CChr.SL 50, 257, 77 – 259, 117 M.); VII, vi, 11 (261 f., 1–27 M.). 2157 Vgl. oben S. 466 f. 2158 Von einer lateinischen Version dieses Textes ist nichts bekannt. Vgl. jedoch zur Möglichkeit mündlicher Übersetzung oder Zusammenfassung oben S. 48 f. Offen bleibt die Frage der Quellenkenntnis bei Cross, Quid Tres? (wie Anm. 866).

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in Aporien enden läßt: Wenn essentia die Gattung meint (so wie animal Gattung ist), dann hätte una essentia keine Arten mehr unter sich (unum animal ist schon das Individuum). Wird essentia stattdessen als Art verstanden, dann hätten die drei göttlichen Personen die Art so gemeinsam, wie Abraham, Isaak und Jakob zur Art der Menschen zählen − aber der einzelne Mensch, unus homo, läßt sich logisch nicht mehr weiter teilen, die una essentia dagegen soll sich in die drei göttlichen Personen differenzieren lassen.2159 Wird essentia als Individuum verstanden, bleibt nur der Vergleich mit dem Material, aus dem mehrere Dinge bestehen. Doch auch er hinkt. Gregor von Nyssa redet von Münzen, genauer von Stateren (stathÄrew) aus ein und demselben Gold. Augustinus spricht von drei Statuen (statuae) aus einem Gold, was vielleicht einem schlichten Übersetzungsfehler entspringt.2160 Augustinus bemerkt, daß drei goldene Statuen mehr Gold haben als eine Statue, wohingegen die Personen der göttlichen Trinität zusammen keine größere essentia haben als jede einzelne von ihnen. Blickt man auf die Bücher I bis VII von De trinitate zurück, so lassen sich nun vier Einsichten festhalten: Erstens zeigt sich, daß Augustinus in der ersten Hälfte des Werkes die entscheidenden, fundamentalen Thesen und Theorien der lateinischen, aber gerade auch der griechischen Trinitätslehre erörtert, auch wenn hier nicht in allen Fällen bekannt ist, auf welche Weise er zu seinen Kenntnissen gelangte: Er kennt offenbar bestimmte Grundgedanken von Origenes, Arius und Eunomius ebenso wie gewisse Argumente des Gregor von Nazianz, Gregor von Nyssa, Hilarius und Ambrosius, vielleicht auch von Markell, Apolinarius, Basilius und Marius Victorinus. Zweitens besteht der wichtigste Ertrag der ersten sieben Bücher von De trinitate in Kritik und Widerlegung. Dabei wird infolge von Augustins Schweigen in bezug auf die Namen der von ihm Kritisierten häufig übersehen, daß Augustinus nicht nur die damals als offenkundig »häretisch« geltenden Theologen des Subordinatianismus und umstrittene Denker wie Origenes und vielleicht Markell attackiert. Vielmehr entlarvt er auch Konzepte der Trinitätstheologie von Koryphäen der Rechtgläubigkeit wie Gregor von Nyssa, Hilarius und wohl auch Marius Victorinus als ganz unzureichend. Augustins Kritik macht weder vor der lateinischen Unterscheidung una substantia − tres personae halt noch vor der Formel miÂa oyÆsiÂa − treiÄw yëpostaÂseiw noch vor dem Versuch einer logischen Begründung dieser trinitätstheologischen Unterscheidung durch Gregor von Nyssa. Das dritte Ergebnis ist, daß Augustinus die ganz zu Beginn von De trinitate so prominent ins Zwielicht gerückte causa sui-Theorie keineswegs in den späteren Teilen des Werkes aus den Augen verliert. Vielmehr führt er sie in den Büchern VI und VII ad absurdum. Sollte er dabei Schriften des Marius Victorinus im Blick gehabt haben, so hätte er damit grundlegende Mängel bei dem einzigen lateinischen Autor aufgezeigt, der vor ihm die Probleme der Trinitätslehre auf metaphysischem Fundament zu 2159 Im Unterschied zu Augustinus unterscheidet die klassische Logik allerdings zwischen der Einheit des Gattungsbegriffs und der Einheit des Individuums. 2160 Aug. trin. VII, vi, 11 (CChr.SL 50, 264 f., 71–117 M.). Vgl. oben S. 466 mit Anm. 1955.

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klären versucht hatte. Das vierte Ergebnis liegt in der Einsicht, daß nicht nur ganz zu Beginn des Werkes, sondern auch in der trinitätstheologisch fundierten Christologie und Erlösungstheorie des vierten Buches Varianten des Platonismus im Visier Augustins sind. Hier versucht Augustinus nämlich, eine platonisch-pagane Dämonologie und Soteriologie zu widerlegen. In seinen Augen jagen die Platoniker Schimären der Vermittlung zwischem Gott und Mensch nach und wollen nicht wahrhaben, daß nur ein Gott, der selbst Mensch wird, den unendlichen Graben übersteigen kann. In den ersten sieben Büchern von De trinitate taucht Augustinus einen beträchtlichen Teil dessen, was die Trinitätstheologie des vierten Jahrhunderts erbracht hatte, in das Säurebad der Analyse. Die erste Hälfte des Werkes ist eine Krisis der überlieferten Trinitätslehre. Wenig bleibt übrig, aber dieses Wenige, der aus der biblischen Geschichte erwachsende und in der Tradition formulierte Glaube an die Trinität, die Gott ist, erweist sich für Augustinus als stabil genug, um an der prinzipiellen Richtigkeit der fides Nicaena festhalten zu können. Augustinus sieht das mit seinem Werk De trinitate erstrebte Ziel eines Trinitätsdenkens, einer intellegentia trinitatis,2161 am Ende des siebten Buches noch in weiter Ferne. Folgerichtig wird er im letzten, fünfzehnten Buch des Werkes sagen: »Wenn wir uns erinnern, wo unserem intellectus in diesen Büchern zuerst die Trinität zu erscheinen begann, drängt sich uns das achte Buch auf«2162 − das achte und keines der ersten sieben. Die Problemlösungsversuche des vierten Jahrhunderts halten Augustins Belastungsprobe nicht stand. Den zu Anfang des ersten Buches von Augustinus umrissenen, unzureichenden antiken Gotteslehren kann die voraugustinische christliche Theologie demnach kein wohlbegründetes Konzept entgegensetzen. Gleichwohl darf der Glaube sich sicher sein, auf dem richtigeren Weg zu sein. Augustinus faßt am Ende des siebten Buches das »neunizänische« Bekenntnis zur Trinität nochmals kurz zusammen und erteilt den Rat: »Wenn man das mit der Vernunft nicht fassen kann, so soll man es im Glauben festhalten, bis jener in den Herzen sein Licht leuchten läßt, der durch den Propheten sagt: ›Wenn ihr nicht glaubt, dann werdet ihr nicht einsehen‹.«2163

Dieses Schlußwort des siebten Buches ist alles andere als eine Aufforderung, es sich in einem bibelfrommen Köhlerglauben bequem zu machen und auf die Anstrengung des Denkens zu verzichten. Denn zur inneren Erleuchtung, der illuminatio, die dem Glaubenden zuteil werden kann, gehören nach Augustinus nicht nur Gnade, sondern ebenso Erkenntnis, nicht allein Glaube, sondern ebenso Vernunft. 2161

Beleg oben Anm. 2021. Aug. trin. XV, vi, 10 (CChr.SL 50a, 472, 32 f.). 2163 Aug. trin. VII, vi, 12 (CChr.SL 50, 267, 176–179 M.): Quod si intellectu capi non potest, fide teneatur donec inlucescat in cordibus ille qui ait per prophetam: Nisi credideritis non intellegetis. Zu dem Schriftzitat vgl. W. Geerlings, Jesaja 7, 9 b bei Augustinus, WiWei 50, 1987, 5–12. 2162

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c) Augustins Entdeckung in den Büchern VIII bis XV Zuerst sei nochmals die Fragestellung des platonischen Parmenides in Erinnerung gerufen. Der Dialog fragt nach dem Prinzip von allem. Eine Zweizahl oder gar Mehrzahl von Prinzipien kann nicht letzter Ursprung sein. Denn zwei Prinzipien erfordern für das, was sie gemeinsam haben, und für das, was sie unterscheidet, erneut zwei Prinzipien, die ihrerseits je zwei Prinzipien voraussetzen und so fort. Das höchste Prinzip muß also eines sein. Aber ein einziges Prinzip kann die Vielheit in dieser Welt nicht erklären. Warum sollte es sich vervielfältigen? Es scheint also, als sei das Höchste weder Eines noch Nicht-Eines und verstoße damit gegen den Satz des Widerspruchs. Es scheint, als sei sogar das Eine, wenn es ist, bereits zwei, nämlich Eines und Seiendes, dies aber erneut um den Preis der Widersprüchlichkeit.2164 Doch das Höchste kann sich nicht im bloßen Sein erschöpfen, sonst wäre es geringer als etwa der zur Reflexion fähige menschliche Geist. Das Höchste muß vielmehr Denken und Sichdenken sein, womit es sich aber erneut als Vielheit erweist, was dem Gedanken des obersten Einen widerspricht. ÏEn und noyÄw wetteifern um den Vorrang. Das Problem gilt am Ende der Antike als unlösbar. Die christliche Theologie des vierten Jahrhunderts kann darum in der philosophischen Prinzipienlehre kein schlüssiges, brauchbares Konzept für das finden, wonach sie sucht: ein begriffliches Modell, mit dem die biblische Glaubenserfahrung eines Gottes einsichtig gemacht werden kann, der ein Einziger und Höchster ist, aber auch Geist ist, einen Sohn hat und unter den Menschen Wohnung nimmt. Mehrere der Kontrahenten im trinitätstheologischen Streit des vierten Jahrhunderts werfen sich prinzipientheoretische Aporien vor, die aus der Philosophie bekannt sind, etwa die Paradoxie zweier ungewordener höchster Prinzipien. Aber keine Partei im Streit kann beanspruchen, ein befriedigendes Denkmodell gefunden zu haben. Das nizänische Bekenntnis und die »neunizänischen« Formeln von den drei Hypostasen oder Personen und dem einen Wesen schaffen zwar Sprachregelungen, die dem Glauben zu entsprechen vermögen oder ihm jedenfalls nicht widersprechen. Aber sie beruhen nicht auf funktionierenden Denkmodellen. Augustinus deckt die argumentativen Mängel der griechischen Trinitätstheologie subordinatianischer wie nizänischer Ausrichtung in den Büchern V bis VII von De trinitate mit stringenter Logik auf. In den Büchern I bis III und Teilen von IV setzt er sich hingegen primär mit der lateinischen Trinitätslehre auseinander, die vor allem biblisch argumentiert. Er zeigt, daß eine genaue und von theologisch exakten Regeln geleitete Lektüre der Bibel die von lateinischen Homöern vertretenen subordinatianischen Argumente nicht stützt. Doch ebenso weist er nach, daß viele Schriftbeweise der nizänisch denkenden Theologen nicht stichhaltig sind. Die vielleicht wichtigste positive Erkenntnis ergibt sich im vierten Buch, in dem er gegen pagane Theorien die Notwendigkeit der Menschwerdung Gottes für humanes Heil und menschliche Gotteserkenntnis begründet. 2164

Vgl. v. Weizsäcker, Die Einheit der Natur (wie Anm. 1874), 491.

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Schluß: Augustins ursprüngliche Einsicht

Augustinus hätte De trinitate mit dem siebten Buch enden lassen können. Nicht einmal die bis dahin elaborierteste Trinitätslehre, diejenige der Kappadokier, hatte nach seiner Darlegung die schlichte Frage plausibel beantworten können, von »was für drei« im Sinne von Gattung, Art oder Individuum die Trinitätslehre eigentlich handelt. Darum hätte Augustinus sein Werk an dieser Stelle mit der Feststellung beschließen können, daß Gottes Geheimnis unergründlich bleibt. Damit hätte er sicher Beifall gefunden, und seine Aussage wäre unzweifelhaft korrekt gewesen. Eine russische Bearbeitung der Legende von Augustinus und dem Knaben am Strand läßt Augustinus das Werk über die Trinität mitten in der Arbeit daran abbrechen, nachdem er verstanden hat, daß der menschliche Geist die göttliche Trinität niemals ausschöpfen kann.2165 Aber der historische Augustinus macht es sich nicht so einfach. Vielleicht ahnt er sogar, daß sonst der Grundgedanke des Arius obsiegen würde: Wenn die Logik des endlichen Menschen in gar keiner Weise mit der Logik Gottes vermittelbar wäre, dann könnte ein menschgewordener Gott nur im übertragenen Sinne Gott sein, ein Gott zweiten Ranges. Obgleich Augustins Gnadenlehre seit 396 eine gewisse Affinität zum Gedanken des absoluten Auseinanderfallens der Vernunft Gottes und der Vernunft des Menschen zeigt, läßt Augustinus in der Trinitätslehre diese Konsequenz nicht zu. Er ist überzeugt, daß der abstrakttranszendente Gottesbegriff der Subordinatianer falsch ist. Augustins Glaube sucht vielmehr im Verstehen einen gewissen Zugang des menschlichen Denkens zur Trinität. Augustinus sieht dabei, auch psychologisch sehr wirklichkeitsgetreu, ein Wechselspiel von Suchen und Finden in der Sehnsucht nach Gott. Gott ist verborgen, damit man ihn suche, und wenn man ihn findet, erweist er sich als unermeßlich, auf daß man ihn weiter suche.2166 Noch in dem ergreifenden Gebet ganz am Schluß von De trinitate bekennt er seinem Gott, er habe ihn gesucht und sich danach gesehnt, mit dem verstehenden Intellekt zu sehen, was er glaubte.2167 Augustinus, der das Werk als junger Mann begonnen hatte und es jetzt erschöpft als alter Mann beendet,2168 betet: »Herr, mein Gott, meine einzige Hoffnung, erhöre mich, daß ich nicht, müde geworden, Dich nicht mehr suchen will, sondern Dein Antlitz jederzeit leidenschaftlich-brennend suche.«2169 2165

Vgl. oben S. 310. Aug. in evang. Ioh. lxiii, 1 (BAug. 74a, 166 B.): Divini cantici vox est: ›Quaerite deum et vivet anima vestra.‹ [Ps 68 (69), 33] Quaeramus inveniendum, quaeramus inventum. Ut inveniendus quaeratur occultus est, ut inventus quaeratur immensus est. Vgl. trin. IX, 1, 1 (CChr.SL 50, 293, 28 f.): Sic ergo quaeramus tamquam inventuri, et sic inveniamus tamquam quaesituri. Ein ähnlicher Gedanke findet sich bei Gregor von Nyssa, vgl. oben Anm. 471. 2167 Aug. trin. XV, xxviii, 51 (CChr.SL 50a, 534, 12–15 M.): Ad hanc regulam fidei dirigens intentionem meam quantum potui, quantum me posse fecisti, quaesivi te et desideravi intellectu videre quod credidi et multum disputavi et laboravi. 2168 Ebd. prol. (epist. 174) (CChr.SL 50, 25, 4 f. M.): iuvenis inchoavi, senex edidi. Vgl. zum Hintergrund und zur Bedeutung oben S. 42. 2169 Aug. trin. XV, xxviii, 51 (CChr.SL 50a, 534, 15–17 M.): Domine deus meus, una spes 2166

Augustins »De trinitate« als Krisis und Neubeginn des Trinitätsdenkens

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Wie gelingt es Augustinus, den toten Punkt am Ende des siebten Buches zu überwinden und Gott nicht allein mit dem Herzen, sondern auch mit der Vernunft zu suchen? Sein genialer Kunstgriff liegt darin, im achten Buch gerade die Lage, in die er sich und den Leser mit seiner Fundamentalkritik des bis dahin erreichten theologischen Reflexionsstandes gebracht hat, zum Gegenstand der weiteren Analyse zu erheben. Damit erprobt Augustinus eine völlig neue Weise, die Trinität zu denken. Ab Buch VIII wird deutlich, daß eine zu Beginn von De trinitate dem Leser gegebene Anregung nicht bloßer Exordialtopik entspringt: Der Leser, so hatte es im ersten Buch geheißen, möge mit dem Autor weitergehen, mit ihm suchen, in wechselseitiger Kritikbereitschaft teilhaben an der fortschreitenden Suche.2170 Das Sich-Vorantasten, das intellektuelle Vermögen und die jeweils dem Gang der Untersuchung entsprechende Situation von Autor und Leser sind Themen, die in De trinitate fortlaufend reflektiert werden. Der Übersichtlichkeit halber wird die ureigene Einsicht, die Augustins Trinitätsdenken zugrundeliegt, im folgenden in zwölf (von Augustinus nicht als solchen kenntlich gemachten) Schritten dargestellt, die in den Büchern VIII bis X von De trinitate vollzogen werden. Was in den Büchern XI bis XV folgt, sind Konsequenzen dieser ursprünglichen Einsicht Augustins. Erster Schritt. − Die Gedanken und Begriffe, die Augustinus in den ersten sieben Büchern diskutiert, hatten sich großenteils als unzureichend erwiesen. So gut beispielsweise das Relationsargument die These von der Substanzverschiedenheit von Vater und Sohn zu widerlegen vermag, so untauglich ist in logischer Hinsicht die Redeweise von den drei Personen, die durch ihre Relationen bestimmt sind. Drei menschliche Personen sind mehr als eine. Dagegen sind Gott der Vater, der Gottessohn und der Heilige Geist zusammen nicht »mehr« als jeder einzelne von ihnen, denn Gott selbst ist mit seiner Größe identisch, wie er auch mit seiner Wahrheit identisch ist. Den Begriffen von Person und Substanz haften also noch zu äußerliche, zu körperliche Vorstellungen an.2171 Jetzt im achten Buch von De trinitate vollzieht Augustinus eine kopernikanische Wendung. Von diesem Moment an, sagt er, wolle er modo interiore voranschreiten, also auf eine gegenüber dem Vorausgegangenen innerlichere Weise.2172 Diese Wendung nach innen zum erkennenden, glaubenden, liebenden Subjekt kann man den ersten Schritt seines neuartigen Trinitätsdenkens nennen.

mea, exaudi me ne fatigatus nolim te quaerere, sed quaeram faciem tuam semper ardenter (Anspielung auf Ps 104, 4, vgl. die folgende Fußnote). 2170 Aug. trin. I, iii, 5 (CChr.SL 50, 32, 1–5 M.): Proinde quisquis haec legit ubi pariter certus est, pergat mecum; ubi pariter haesitat, quaerat mecum; ubi errorem suum cognoscit, redeat ad me; ubi meum, revocet me. Ita ingrediamur simul caritatis viam tendentes ad eum de quo dictum est: ›Quaerite faciem eius semper‹ (Ps 104, 4). 2171 Ebd. VIII, i, 2 (269, 1–11 M.). 2172 Ebd. VIII, proœm., 1 (269, 29 f. M.).

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Schluß: Augustins ursprüngliche Einsicht

Die Erörterungen der früheren Trinitätslehre hatten die Trinität letztlich nach Art einer res zu denken versucht, selbst wenn gottesspezifische Regeln dafür aufgestellt wurden. Schon in De doctrina christiana hatte Augustinus jedoch einmal kurz die Frage anklingen lassen, ob die Trinität überhaupt eine Sache und nicht vielmehr aller Sachen Ursache, wenn überhaupt Ursache, sei.2173 Jetzt im mittleren, wie eine Achse des gesamten Werkes wirkenden achten Buch von De trinitate spielt Augustinus die Konsequenz durch und sucht die Trinität nicht als Sache mit dem direkten Blick der Erkenntnis zu denken, sondern auf indirektem Wege: Die Trinität ist Bedingung der Möglichkeit von Denken und Sein. Eben darum ist sie nicht in derselben Weise zu erkennen wie die Gegenstände des Denkens. Zweiter Schritt. − Der Glaube an die Trinität scheint zunächst etwas Denkunmögliches für wahr zu halten. Der Gläubige glaubt dennoch an die Trinität und liebt sie. Jedem, der hört: »Gott ist die Wahrheit«, leuchtet im »ersten Nu« (primo ictu) des Vernehmens, sogleich ein, was das ist, »die Wahrheit«. Nur kann niemand festhalten, was da aufblitzt.2174 Und welcher Weg könnte schon von der einen Wahrheit, die Gott ist, zum Verstehen der drei Personen führen, die durch ihre Relationen bestimmt sind? Augustinus setzt seine Reflexion darum ganz neu am einfachsten Punkt an und vollzieht damit den zweiten Schritt seines Trinitätsdenkens: Jeder liebt nur, was ihm gut erscheint. Er liebt das Bessere mehr, das Schlechtere weniger. Das Maß der Beurteilung ist offenbar das Gute schlechthin. Geliebt wird im Grunde das Gute selbst. Klammert man also das einzelne, bestimmte Gute aus, so schaut man das Gute schlechthin, und das ist mit Gott selbst definitionsgemäß identisch.2175 Der eine, wahre Gott aber soll nun die Trinität sein, die sich jedoch, den ersten sieben Büchern zufolge, nicht einmal in Art- und Gattungsbegriffen ausdrücken läßt. Insofern kennen die Gläubigen die Trinität nicht. Als Glaubende lieben sie gleichwohl die Trinität. Dieser Vorgang weckt Augustins philosophisches Staunen: »Wer aber liebt, was er nicht kennt?«2176 Die Methode Augustins liegt, modern gesprochen, in einer transzendentalen Analyse. Sie beruht darauf, die Bedingungen der Möglichkeit des Glaubens zu explizieren. Bevor man versteht, glaubt man. Aber man muß auf der Hut sein, daß der eigene Glaube nicht fiktiv ist.2177 Wenn man glaubt, dann liebt man die Trinität. Wenn man einen gerechten Menschen liebt, ist zwar klar, was ein Mensch ist, da man selbst Mensch ist. Aber man liebt nicht dieses bloße Menschsein, sondern die Gerechtigkeit. Ebenso weiß man zwar, was die Zahl 2173 Aug. doctr. christ. I, v, 5 (CChr.SL 32, 9, 1–4 M.): Res igitur, quibus fruendum est, pater et filius et spiritus sanctus eademque trinitas, una quaedam summa res communisque omnibus fruentibus ea, si tamen res et non rerum omnium causa, si tamen et causa. 2174 Aug. trin. VIII, ii, 3 (CChr.SL 50, 271, 28–40 M.). 2175 Ebd. VIII, iii, 5 (273, 45–52 M.). 2176 Ebd. VIII, iv, 6 (275, 6 M.): Sed quis diligit quod ignorat? Vgl. ebd. VIII, v, 8 (278, 43 f. M.): Quomodo igitur eam trinitatem quam non novimus credendo diligimus? 2177 Ebd. VIII, v, 8 (277, 40 M.): . . . ne ficta sit fides nostra.

Augustins »De trinitate« als Krisis und Neubeginn des Trinitätsdenkens

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»drei« bedeutet, aber nicht diese Zahl liebt man, wenn man die Trinität liebt. Wie ist es bei der Gerechtigkeit? Wie kann man sie lieben, auch wenn man selbst nicht gerecht ist? Auch der nicht Gerechte liebt die Gerechtigkeit und erkennt, wenn ein Mensch gerecht ist. Also muß er in sich selbst ein Wissen davon haben, was Gerechtigkeit ist. Man sieht Solches in sich selbst, und man sieht es als etwas Gegenwärtiges, ohne daß man es selbst ist.2178 Dritter Schritt. − Die Frage nach den Bedingungen der Möglichkeit, die Trinität zu lieben, führt Augustinus zum nächsten Schritt seines Trinitätsdenkens, nämlich zur Frage, was Liebe überhaupt ist. Die Heilige Schrift sagt, an zwei Geboten hingen Gesetz und Evangelium, nämlich Gott zu lieben und den Nächsten zu lieben (Mt 22, 37–40). Schon in seiner Explikation des Guten, das mit jedem einzelnen Gut geliebt wird, hatte Augustinus gezeigt, daß in jeder Liebe, mithin auch in der Liebe zum Nächsten, die Gottesliebe impliziert ist. Diese implizite Gottesliebe zielt offensichtlich nicht auf etwas »draußen«, sondern nach innen. Gegenüber dem menschlichen Inneren ist innerlicher nur noch Gott selbst.2179 Jede Liebe bezieht sich auf etwas. Wir lieben die Liebe, indem wir einen Liebenden lieben. Wenn man uns erzählt, daß ein bestimmter Mensch aus früherer Zeit gerecht war, dann werden wir entflammt, ihn zu lieben, weil wir glauben, daß er gerecht war. Aber wir glauben auch, daß künftige Diener Gottes gerecht sein sollten, was offensichtlich nicht auf Empirie und Erzählung beruht. Das können wir, weil wir eine unveränderliche forma iustitiae schauen, die als ewige zur Wirklichkeit Gottes gehört.2180 Der Glaube hilft dabei, das Lieben richtig auszurichten. Damit ist eine Erkenntnis über die Liebe gewonnen. »Aber ich sehe noch keine Trinität«, läßt Augustinus einen ungeduldigen Leser einwenden. Im Gegenteil, erwidert er: Du siehst eine Trinität, wenn Du die Liebe betrachtest. Mit der Liebe wird ja etwas (oder jemand) geliebt, und darum sind es drei, amans et quod amatur et amor.2181 Das ist schon in der körperlichen Liebe so, reiner in der Freundesliebe. Jetzt gilt es aber, höher zu steigen. Noch ist das Gesuchte nicht gefunden, sagt Augustinus am Schluß des achten Buches, doch gefunden ist jetzt, wo gesucht werden soll.2182 Vierter Schritt. − Der Totpunkt ist überwunden. Mit neuem Schwung wendet sich Augustinus im neunten Buch nunmehr der Suche nach dem zu, was zu wissen (nosse) und dann auszusprechen (eloqui) äußerst schwer sei.2183 Jetzt geht es also nicht mehr wie im fünften bis siebten Buch um das dicere, sondern um 2178 Ebd. VIII, vi, 9 (282, 97 f. M.): praesens quiddam cerno et cerno apud me etsi non sum ipse quod cerno. 2179 Ebd. VIII, vii, 11 (285, 38 f. M.): interiora . . . quibus interior est deus. 2180 Ebd. VIII, ix, 13 (290, 37 M.): in deo conspicimus incommutabilem formam iustitiae. 2181 Ebd. VIII, x, 14 (290 f., 1–4 M.). 2182 Vornehmlich diese Liebes-Triade meint Augustinus gegen Ende des Werkes: In der rückschauenden Frage, wann der Einsicht erstmals die Trinität zu erscheinen begonnen habe, dränge sich das achte Buch auf (trin. XV, iii, 5 [CChr.SL 50a, 465, 68–70 M.]; XV, vi, 10 [472, 32 f. M.]). 2183 Ebd. IX, i, 1 (CChr.SL 50, 292, 5 M.).

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Schluß: Augustins ursprüngliche Einsicht

wirkliches Wissen. Die Trinität scheint sich jedoch aus der liebenden Beziehung zweier Subjekte oder Substanzen zu ergeben, während der Glaube die Trinität in einer einzigen Substanz sucht. Augustinus geht wohl deshalb unvermittelt zu der Frage über, ob Liebe notwendig immer die genannte Trias umfaßt. Was, wenn man sich selbst liebt? So setzt der vierte Schritt von Augustins Reflexion ein. Im Falle der Selbstliebe scheint der sich liebende Geist beides zu sein, amans und quod amatur. Insofern scheint die Selbstliebe nur auf zwei zu führen, den Geist (in seiner Doppelfunktion als Liebender und Geliebter) und die Liebe. Doch wiederum zeigt Augustinus, daß das liebende Streben zu etwas hin eine gewisse Kenntnis voraussetzt. Augustins Gedanken verdeutlichend könnte man sagen, daß der Geist, um sich zu lieben, sich zuerst als sein erkennbares Gegenüber konstitutieren muß. Jedenfalls kennt sich der Geist, wie Augustinus sagt, nicht anders als durch sich selbst. Daher lasse sich nun die Dreiheit mens, notitia und amor bilden. Man kann sich fragen, ob Augustinus hier logisch korrekt argumentiert. Denn der Geist scheint zunächst auf einer anderen Ebene zu liegen als seine Kenntnis und seine Liebe. Er scheint eher Träger und möglicher Agent dieser Akte zu sein.2184 Augustinus selbst schlägt aber ein Gegenargument vor: Mit der Liebe kann der Geist auch etwas anderes als sich selbst lieben, mit der Erkenntnis etwas anderes als sich erkennen. Liebe und Erkenntnis sind also nicht bloße Akzidentien, sondern in bezug auf den Geist relational, in bezug auf sich selbst substanzhaft wie der Geist selbst.2185 Die Griechen würden sagen, auch Liebe und Erkenntnis sind beim vollständigen Selbstbezug Hypostasen von ein und derselben essentia. Wie dem auch sei, wenn die Triade korrekt ist, so gilt: Sollte der Geist sich nur unvollkommen kennen, wäre die notitia der mens nicht gleich. Die Gleichheit ist nur gegeben, wenn der Geist sich als ganzen und nichts darüber hinaus erkennt. Ebenso ist es mit der Liebe. Wenn Geist, Kenntnis und Liebe vollkommen sind, sind sie einander gleich.2186 Fünfter Schritt. − Die Größen mens, notitia und amor sind aber nicht wie ein Ganzes (mens) und seine zwei Teile (notitia, amor) zu denken. Denn als ein Ganzer weiß und liebt sich der Geist. Die drei werden durch keine Vermischung vermengt, obwohl sie einzeln sind in sich selbst und wechselseitig als Ganze in Ganzen.2187 Wären sie miteinander vermischt, könnten sie keine Beziehung mehr zueinander haben. Augustinus wird mit diesem weiteren Schritt seiner Reflexion dem Gedanken der »unzusammengeschütteten« oder »unvermischten« Einheit gerecht, dessen sich die Kappadokier seit etwa 375 in der Trini2184 So auch die Kritik von Horn (Selbstbezüglichkeit des Geistes [wie Anm. 302], 98), der dem Geist (mens) die Denk- und Liebesfähigkeit zuspricht, der notitia und dem amor hingegen die aktuelle Kenntnisnahme und aktuelle Liebesbeziehung. 2185 Aug. trin. IX, iv, 5 (CChr.SL 50, 298, 30–44 M.). 2186 Ebd. IX, iv, 4 (297, 1–5 M.). 2187 Ebd. IX, v, 8 (300, 1–5 M.): At in illis tribus cum se novit mens et amat se, manet trinitas, mens, amor, notitia; et nulla commixtione confunditur quamvis et singula sint in se ipsis et invicem tota in totis, sive singula in binis sive bina in singulis, itaque omnia in omnibus.

Augustins »De trinitate« als Krisis und Neubeginn des Trinitätsdenkens

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tätslehre bedient zu haben scheinen.2188 Die Konzeption der aÆsyÂgxytow eÏnvsiw wird verschiedentlich in der Antike als Modell anthropologischer, christologischer und trinitarischer Einheit verwendet. Philosophischen Zusammenhängen entstammend, gehört dieses Modell unter anderem zu den Bestandteilen der »neunizänischen« Option.2189 Sein Zweck ist es, eine Einheit zu denken, die gleichwohl die Differenz nicht auslöscht. Ohne diese Differenz ist für Augustinus Liebe nicht denkbar, ohne die Einheit fände man nicht zu der Trinität, die der eine Gott ist. Sechster Schritt. − Augustins Argumentation bietet an diesem Punkt des Gedankenganges eine offene Flanke: Warum endet die Reihe bereits beim dritten Glied? Was spräche gegen die Hinzufügung weiterer Größen (etwa voluntas), die statt zu einer Dreiheit zu einer Vier- oder Mehrheit führen würde? Augustinus deutet eine Antwort auf diese Fragen an, indem er den Begriff des »Mittleren«, das zwei Größen verbindet, einführt. Damit vollzieht er den nächsten Schritt seiner ursprünglichen Einsicht. Er stößt darauf, indem er über den Akt des urteilenden Erkennens nachdenkt. Urteilen ist kein Abbilden der Wirklichkeit, sondern es geschieht nach Maßstäben, die der Mensch im eigenen Inneren vorfindet, ohne daß er sie selbst hergestellt hätte. Dabei liegt der alte Gedanke Platos zugrunde, daß man eigentlich nur lernen kann, was man in gewisser Hinsicht schon weiß, und daß man nur suchen kann, was man in irgendeiner Weise schon gefunden hat.2190 Augustinus nennt die auf diese Weise funktionierende Erkenntnis von Wahrem im eigenen Inneren das wahre verbum. Indem wir uns diesem Wort zuwenden, es also lieben, verbindet die Liebe als »Mittleres« (medius) den Geist mit dem Wort, das er zeugt.2191 Mit dem Konzept des Mittleren zwischen zwei Größen schließt sich eine trinitarische Struktur zusammen, die nicht mehr um weitere Glieder erweiterbar ist, sondern lediglich unter Einbeziehung anderer Glieder wiederholt werden kann. 2188 Vgl. etwa Bas. spir. v, 7 (SCh 17bis, 272, 10 f. Pruche); Greg. Naz. or. 39, 12 (SCh 358, 172–174, 1–6 Moreschini); Greg. Nyss. ep. 3, 8 (GNO VIII/1, 22, 7–12 Pasquali); Amphiloch. Seleuc. 210–215 (PTS 9, 235, 210–215 Oberg). An diesen Stellen wird zwar nicht der Ausdruck aÆsyÂgxytow eÏnvsiw gebraucht, aber die Zugehörigkeit solcher Passagen zu dieser Vorstellung wird nachgewiesen von L. Abramowski, SynaÂfeia und aÆsyÂgxytow eÏnvsiw als Bezeichnungen für trinitarische und christologische Einheit, in: Dies., Drei christologische Untersuchungen, BZNW 46, Berlin/New York 1981, 63–109; hier 86–88. 2189 Abramowski, ebd.; Markschies, Gibt es eine einheitliche ›kappadozische Trinitätstheologie‹? (wie Anm. 1958); ders., Ambrosius (wie Anm. 582), 205–212. 2190 Das in Platos Meno entwickelte Paradoxon wird von Augustinus in De magistro ausführlich analysiert. Diese Reflexionen stehen natürlich hinter der Frage in De trinitate, wie man lieben kann, was man nicht zu kennen scheint. Mit Platos Anamnesis-Theorie in der von Cicero überlieferten Gestalt (vgl. oben Anm. 355) setzt sich Augustinus in trin. XII, xv, 24 (CChr.SL 50, 377, 1 – 379, 40) auseinander. 2191 Ebd. IX, viii, 13 (304 f., 12–15 M.): Verbum ergo nostrum et mentem de qua gignitur quasi medius amor coniungit seque cum eis tertium complexu incorporeo sine ulla confusione constringit. Dies sagt Augustinus um die gleiche Zeit, in der er das zehnte Buch von De civitate dei verfaßt; dort stellt er die Prinzipienlehre des Porphyrius mit ihrer Idee eines dritten Prinzips, das zwischen den beiden anderen Prinzipien vermittelt, der subordinierenden Prinzipienlehre Plotins gegenüber (vgl. oben S. 440).

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Schluß: Augustins ursprüngliche Einsicht

Siebter Schritt. − Wissen ist nur möglich, wenn etwas wißbar ist. Darum sagt Augustinus, daß alles, was wir erkennen, sowohl vom Erkennenden wie vom Erkannten gezeugt und hervorgebracht wird.2192 Statt zweier zeugender Väter gibt es dann einen einzigen zeugenden Vater, wenn der Geist sich selbst erkennt, also Erkennender und Erkannter in einem ist.2193 Dann zeugt er eine ihm gleiche Kenntnis seiner selbst. Im Anschluß an diese Einsicht versucht Augustinus auch zu zeigen, warum von der Liebe nicht im gleichen Sinne gesagt werden kann, daß sie gezeugt sei. Mens, notitia, amor seien so ein gewisses Bild der Trinität. Diese drei seien eines und eine Substanz. Jedoch sind die drei nur dann einander gleich, wenn der Geist sich so weiß, wie er ist, und wenn die Liebe so liebt, wie er sich weiß und wie er ist. Das ist der siebte Schritt von Augustins Trinitätsdenken. Achter Schritt. − Die genannte Bedingung freilich läßt nochmals fragen, ob und wie ein solches Selbstwissen möglich ist. Das zehnte Buch von De trinitate liefert eine überraschende, faszinierende Lösung. Den Leitfaden dafür gibt das delphische Gebot: »Erkenne Dich selbst!«. Über weite Strecken liefert Buch X, ohne Namen zu nennen, eine Auseinandersetzung entweder mit Plotins Traktat »Über die erkennenden Hypostasen und das, was jenseits von ihnen ist« oder mit der (über Porphyrius und Marius Victorinus führenden) Rezeption dieses Traktats.2194 Plotin behandelt darin Fragen der Erkenntnistheorie auf der 2192 Aug. trin. IX, xii, 18 (CChr.SL 50, 309, 30 f. M.): ab utroque enim notitia paritur, a cognoscente et cognito. 2193 Übrigens gab es besonders im Mittelalter und in der frühen Neuzeit Versuche von christlicher Seite, der jüdischen und islamischen Philosophie gegenüber für die Vernunftgemäßheit der Trinitätslehre zu argumentieren, indem man die Dreiheit von Gott als Intellekt, Erkennendem und Erkanntem (arabisch aql, a¯qil, ma qu¯l) zum Ausgangspunkt nahm. Die Trias war als solche z. B. auch Ibn Sı¯na¯ (Avicenna) bekannt (Die Metaphysik, hg. von M. Horten, Halle 1907, 518) und fand sogar in ihrer trinitätstheologischen Anwendung etwa bei Leone da Modena eine gewisse Anerkennung (Clipeus et gladius. Leonis Mutinensis tractatus antichristianus, hg. von S. Simonsohn, Jerusalem 1960, 25). In der Regel lehnten Juden und Muslime eine Trinitätslehre selbst auf dieser Basis ab, aber eine Diskussionsgrundlage war damit immerhin erreicht (vgl. G. Graf, Die Philosophie und Gotteslehre des Jahjaˆ Ibn Adıˆ und späterer Autoren, BGPhMA VIII/7, Münster 1910, 24–36; D. J. Lasker, Jewish˙ Philosophical Polemics Against Christianity in the Middle Ages, New York 1977, 77–104). − Eine verwandte, aber die Ebene der formalen Abstraktion um die lebendige Glaubenserfahrung erweiternde, mit alexandrinischen und augustinischen Elementen ausgestattete Plausibilisierung der Trinität für Muslime bietet die eindrucksvolle Ansprache von Rowan Williams: Christians and Muslims before the One God: an Address Given at the Al-Azhar al-Sharı¯f, Cairo on 11 September 2004, ICMR 16, 2005, 187–192 (englisch), 192–197 (arabische Übersetzung): Gott bedürfe keines Anderen außerhalb seines Lebens. Er sei »selfsufficient life«, aber dieses Leben werde in drei Weisen gelebt: »There is a source of life, an expression of life and a sharing of life« (188). 2194 Plot. enn. V, iii. Vgl. dazu den Kommentar von Beierwaltes, Selbsterkenntnis und Erfahrung der Einheit (wie Anm. 304). Für Porphyrius vgl. die Fragmente der Schrift PeriÁ toyÄ Gnv Ä ui saytoÂn (Frg. 272–275 Smith [p. 308–313]) und sent. 40–44 (47, 9 – 59, 21 L.), dazu den Kommentar: Porphyre, Sentences. E´tudes d’introduction, texte grec et traduction franc¸aise, commentaire, . . . Travaux e´dite´s sous la responsabilite´ de Luc Brisson, Bd. 2, HDAC 33, Paris 2005, 711–786. Für Marius Victorinus vgl. unten Anm. 2205.

Augustins »De trinitate« als Krisis und Neubeginn des Trinitätsdenkens

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Grundlage seiner Ontologie. Wie ist Selbsterkenntnis möglich? Inwiefern transzendiert der menschliche Verstand sich dabei und hat teil an der zweitobersten Hypostase, dem NoyÄw? Leuchtet das Licht, in dem der Verstand zur Selbsterkenntnis gelangt, vom oberen NoyÄw her? In welchem Sinne sind in der Selbsterkenntnis noyÄw, noÂhsiw und toÁ nohtoÂn eines (eÏn)? Wie verhält sich diese Selbsterkenntnis zur obersten Hypostase, dem Einen? Denn das ÏEn kann sich nicht selbst erkennen, da es sonst bereits das Moment der Zweiheit von Erkennendem und Erkanntem in sich hätte, was nicht sein kann. Augustinus geht ein Stück des Weges gemeinsam mit Plotin, um dann an entscheidender Stelle eine andere Richtung einzuschlagen, für die er, von den Herausforderungen der christlichen Trinitätslehre angeregt, neue Argumente aufbietet. Wahrscheinlich durch die Vermittlung dieses Textes von Plotin kennt Augustinus das scharfsinnige skeptizistische Argument gegen die Möglichkeit von Selbsterkenntnis und Selbstbeziehung. Ein Mensch, so lautet der Einwand, kann entweder als ganzer sich erkennen wollen, oder er kann sich als ganzen erkennen wollen. Aber wenn er sich als ganzer sucht, bleibt nichts übrig, wonach er suchen könnte. Wenn er sich als ganzen sucht, bleibt keiner übrig, der noch suchen könnte. Es scheint also, als könne nur ein Teil des Geistes einen anderen Teil suchen − aber dann handelt es sich um keine echte Selbstbeziehung. Denn der suchende und der gefundene Teil können nicht identisch sein, wie die Beweisführung gegen (erkenntnishafte) Selbstbeziehungen soeben gezeigt hat.2195 Das Argument, sollte es stichhaltig sein, würde in analoger Weise alle Theorien von Reflexivität bis ins Mark treffen. So setzt etwa auch die neuplatonische causa sui-Theorie die Möglichkeit von Selbstbeziehung voraus. Es scheint, als habe Plotin dem Einwand in erster Linie durch die oëmoyÄ paÂnta-Struktur begegnen wollen: Jeder Teil des Intellekts schließt virtuell schon alle anderen Teile und das Ganze in sich. Augustinus entfaltet mit dem achten Schritt seiner ursprünglichen Einsicht genau diese Struktur unter dem lateinischen Äquivalent tota simul,2196 konzentriert sich jedoch anders als Plotin jeweils auf Triaden: Der Geist erinnert sich seiner, sieht sich ein und strebt nach sich (will sich). Gedächtnis, Einsicht und Wille durchdringen sich wechselseitig. Denn die Einsicht sieht nicht nur sich, sondern auch Gedächtnis und Wille ein, der Wille will auch Gedächtnis und Einsicht, und das Gedächtnis umfaßt nicht nur sich selbst, sondern auch Einsicht und Wille. Also gilt: »Wenn daher alle und zwar als ganze von jedem einzelnen erfaßt werden, dann ist jedes einzelne in seiner Ganzheit jedem anderen einzelnen in seiner Ganzheit gleich; ebenso ist jedes einzelne in seiner Ganzheit zugleich allen in ihrer Gesamtheit gleich, und diese drei sind eins, ein Leben, ein Geist, ein Wesen.«2197 2195 Sext. Empir. adv. math. VII, 284–286; 310–312 (II, 66, 5–23; 71, 17 – 72, 4 M.). Zu Plotins Widerlegungsversuch in enn. V, iii vgl. oben S. 282 f. und 453 f. 2196 Aug. trin. X, xi, 18 (CChr.SL 50, 331, 53 M.). 2197 Ebd. (331, 60–63 M.): Quapropter quando invicem a singulis et tota et omnia capiuntur, aequalia sunt tota singula totis singulis et tota singula simul omnibus totis, et haec tria unum, una vita, una mens, una essentia.

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Schluß: Augustins ursprüngliche Einsicht

Neunter Schritt. − Bestünde Augustins Antwort auf den skeptizistischen Einwand nur in diesem Argument, so läge der Verdacht nahe, daß die »alles-zugleichStruktur« entgegen Augustins Absicht den Skeptiker gerade in seiner These bestätigt, daß Selbstbeziehungen nur scheinhaft existieren, während sich dabei in Wahrheit nur Teile auf andere Teile beziehen, selbst wenn die vervielfältigte Struktur diesen Umstand verschleiert.2198 Gegenüber Plotin entwickelt Augustinus jedoch eine ganz neue Widerlegung der skeptizistischen These. Sie ist der neunte und wichtigste Schritt, der Kern seiner ureigenen Einsicht. Augustinus gibt dem Skeptiker recht darin, daß eine Beziehung verschiedener Teile zueinander keine Selbstbeziehung wäre. Also muß sich der Geist als ganzer auf sich als ganzen beziehen können.2199 Das scheint paradox, zumal der Geist sich nie vollständig ausschöpfen kann. Doch Augustinus entdeckt, daß die Selbstbeziehung des Geistes etwas voraussetzt, das von ganz anderer Art ist als eine gegenständliche Erkenntnis eines Subjekts, das sich selbst als Objekt erblickt. Dieses Vorausgesetzte ist ein einheitliches Ganzes: »Wenn man aber dem Geist sagt: ›Erkenne Dich selbst!‹, so erkennt er sich eben in dem Augenblick, in dem er das Wort ›Dich selbst‹ versteht; er erkennt sich aus keinem anderen Grunde als deshalb, weil er sich gegenwärtig ist.«2200

In dieser leicht zu übersehenden Beobachtung liegt eine erstaunliche Entdekkung verborgen. Augustinus unterscheidet die notwendige Selbstgegenwart, das »Sich-Wissen«, als se nosse von dem bewußten, diskursiven Sich-selbst-Denken, se cogitare.2201 Wenn der Geist sich denkt, kann er sich wahre und falsche Vorstellungen machen, so wie man auch sonstige Gegenstände falsch oder richtig betrachtet. Aber allem Sich-Denken liegt als Bedingung seiner Möglichkeit das Sich-immer-schon-Wissen voraus. Dieses Sich-Wissen ist unableitbar und ursprünglich. Es mangelt ihm an nichts, denn mehr als die Einsicht, daß ich es bin, der von der Devise »Erkenne Dich selbst!« angesprochen wird, muß und kann gar nicht gewußt werden. Dieses unmittelbare Selbstwissen ist also kein intentionales Wissen eines Gegenstandes. Es ist vollständig, ganz und sich gleich, es nimmt nicht zu oder ab, es hört nur auf, wenn der Geist zu existieren aufhört. Es kommt dem nahe, was in der Moderne Selbstbewußtsein heißt. Das se dieses nosse ist im direkten Blick nicht zu erkennen. Es ist ein Innerstes menschlicher Existenz. So wie dem einzelnen Guten das Gute selbst zugrundliegt, so aller 2198

Vgl. dazu vor allem Horn, Selbstbezüglichkeit des Geistes (wie Anm. 302). Aug. trin. X, iii, 6 (CChr.SL 50, 318 f., 46–51 M.). 2200 Ebd. X, ix, 12 (326, 16–18 M.): Sed cum dicitur menti: ›Cognosce te ipsam‹, eo ictu quo intellegit quod dictum est ›te ipsam‹ cognoscit se ipsam, nec ob aliud quam eo quod sibi praesens est. 2201 Ebd. X, v, 7 (321, 20 M.). Die Herausarbeitung dieses wichtigen Unterschieds ist vor allem den Büchern von Biolo (oben S. 285), Hölscher (oben S. 286) und Brachtendorf (oben S. 146 ff.) zu verdanken. Da letzterer sich jedoch auf die These konzentriert, Augustinus habe auf diese Weise erstmals in der Antike eine Theorie des Selbstbezuges menschlich-endlicher Subjektivität entwickelt, werden die theologische Pointe und die prinzipientheoretische Brisanz von Augustins Entdeckung nicht hinreichend deutlich. 2199

Augustins »De trinitate« als Krisis und Neubeginn des Trinitätsdenkens

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Reflexivität des Geistes die ursprüngliche Selbstgegenwart. Der Geist, so zeigt sich nun, ist in seiner Selbstgegenwart keine res wie zahllose andere Gegenstände der Erkenntnis: Er ist kein Ding, auch kein auf dem Wege der Reflexion sich selbst gegenständlich erkennendes Subjekt. Zehnter Schritt. − Augustinus zeigt mit dieser Entdeckung die Denkbarkeit, sogar die Notwendigkeit einer ursprünglichen, prinzipiellen Selbstgegenwart. Er entfaltet die Konsequenzen und gewinnt so unter anderem die Einsicht, die er im ersten Buch von De trinitate angekündigt hatte: Er werde die Zweifler an einen Punkt heranführen, an dem sie nicht mehr zweifeln könnten.2202 Hier vollzieht Augustinus den nächsten Schritt seines Trinitätsdenkens und gelangt zu der Erkenntnis: Noch wenn ich zweifle, weiß ich doch, daß ich zweifle, lebe, denke.2203 Letzteren Gedanken hatte Augustinus schon früher entwickelt und damit dem alten skeptischen Argument des prinzipiellen Zweifels eine neue antiskeptische Wendung gegeben.2204 Jetzt in De trinitate erhält das Argument sein Fundament in der Struktur der Selbstgegenwart. Elfter Schritt. − Dagegen erfaßt Plotin die Pointe der ungegenständlichen Selbstgegenwart nicht. Er spricht das denkende Selbstbewußtsein weder dem Einen noch in vollem Umfang dem Menschen zu, sondern dem göttlichen NoyÄw und nur anteilig auch dem Menschen. So verfehlt er die Absolutheit und Fruchtbarkeit der Struktur des se nosse. Ihm entgeht die Möglichkeit, in ihr den absoluten Anfang zu suchen, um den sich das griechische philosophische Forschen nach der aÆrxh vergeblich bemüht hatte. Denn diese Struktur des Selbstbewußtseins scheint in ihrer unableitbaren, unhintergehbaren Notwendigkeit noch den Differenzen von Einheit und Vielheit wie auch von Subjekt und Objekt vorauszuliegen. Sie ist der nur indirekt, als Voraussetzung von Denken und Sein zu fassende Punkt absoluter Einheit, der zugleich den Impuls zum Hervorgang der Vielheit schon in sich trägt. Sobald das Sich-Wissen expliziert wird, entfaltet es sich zur Dreiheit des Erkennenden, des mit ihm identischen Erkannten und der Erkenntnis, die beide aufeinander bezieht. Nach Augustinus ist der plotinische Gedanke eines seiner selbst nicht bewußten Einen als Gottesbegriff auszuschließen. Für ihn ist in einem elften Schritt das Selbstbewußtsein sowohl der göttlichen Trinität zuzuschreiben, über die hinaus nichts Größeres mehr ist, als auch dem Menschen, dessen Innerem gegenüber nur Gott noch innerlicher ist. In der Selbstgegenwart sind das wissende Subjekt, das Gewußte und das Sich-Wissen in einer vollkommenen, unvermischten und ungetrennten Einheit beisammen. Hier gibt es noch nicht die Entzweiung, die für jede gegenständliche Erkenntnis notwendig ist, und dennoch ist die Selbstgegenwart eine Bedingung der Möglichkeit von Entzweiung aus ursprünglicher 2202

Aug. trin. I, ii, 4 (CChr.SL 50, 31, 6–16 M.). Ebd. X, x, 14 (327 f., 38–45). Vgl. oben S. 287. 2204 Vgl. Th. Fuhrer, Skeptizismus und Subjektivität: Augustins antiskeptische Argumentation und das Konzept der Verinnerlichung, in: Fetz/Hagenbüchle/Schulz (Hgg.), Geschichte und Vorgeschichte der modernen Subjektivität (wie Anm. 1116), 319–339. 2203

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Einheit.2205 Das Sich-Wissen ist die notwendige Bedingung der Dreiheit von Erkennendem, Erkanntem und Erkenntnis, aber im Sich-Wissen ist die Differenz von Dreiheit und Einheit noch nicht entfaltet. Dennoch läßt sich die Einheit des Sich-Wissens, sobald sie in Worte gefaßt wird, nur in Gestalt einer Dreiheit darstellen. In der innersten Selbstgegenwart seines Geistes ist der Mensch Trinität. Nimmt man den biblischen Glauben hinzu, daß der Mensch Ebenbild Gottes ist, so ist zu schließen, daß der Mensch in dieser trinitarischen Selbstgegenwart Bild Gottes ist. Plotin stellt in seinem Traktat die Frage, ob sich der Geist, der sich in einer menschlichen Seele befindet und selbst erkennt, überhaupt von dem oberen Geist, dem NoyÄw, unterscheide, oder ob er identisch mit ihm sei. Und wenn nicht identisch, wie sich dann im Bild, das der endliche Geist ist, der Archetyp (also die zweite der obersten drei Hypostasen) schauen lasse. Ferner, wie die Seele dabei das Licht des Geistes in sich bewahrt.2206 Diese Themen sind gewissermaßen ein Subtext des augustinischen zehnten Buches. Um so mehr fällt auf, daß Augustinus die Frage der möglichen Identität des selbstbewußten endlichen Geistes und des göttlichen Geistes nahezu übergeht. An dieser Frage werden mittelalterliche Augustinus-Leser wie Dietrich von Freiberg und Meister Eckhart weiterarbeiten.2207 Aus Augustins Bemerkungen lassen sich aber neben Momenten der Identität auch Differenzpunkte benennen. So hat das menschliche Selbst seinen Ursprung nicht in sich selbst. Menschliche Subjektivität mag im Vollzug des präreflexiven Selbstwissens geboren werden, aber sie kann sich nicht selbst an diesen Punkt bringen. Das Selbstwissen ist vielmehr ein verdanktes Wissen. Augustinus behandelt die Frage der Identität von menschlichem und göttlichem Geist wenig, weil es ihm darauf ankommt, die »trinitarische« mens des Menschen als Abglanz der Trinität, die Gott ist, zu interpretieren. Welches Licht der Wahrheit in der Selbstgegenwart leuchtet, wird er in De trinitate an späterer Stelle herausarbeiten. Im zehnten Buch hingegen geht es darum, die Selbstgegenwart des Geistes so zu fassen, daß nur das übrigbleibt, was der Geist selbst ist.2208 Thema von De trinitate aber ist die unveränderliche 2205 Es ist sehr gut möglich, daß Augustins Gedanken hier in irgendeiner Weise auf Schriften oder Übersetzungen des Marius Victorinus kritisch aufbauen. Auch dieser versucht, zumindest Gott dem Vater eine Art nichtgegenständlicher Selbsterkenntnis zuzuschreiben: Cum autem se ipsum intellegit, non ut alter alterum, fit ut intellegentia ipsa se intellegat. Quod cum est, se esse efficit . . . Et haec est ut intus intellegentia, quae sine aliquo motu se intellegit (adv. Arium IV, 27 [CSEL 83, 266, 7–15 H./H.). Vgl. Baltes, Marius Victorinus (wie Anm. 1896), 35 f. Die Argumentation des Marius Victorinus erscheint jedoch insgesamt unklarer als diejenige Augustins. Sie leidet an der unbefriedigenden Konzeption, in gewisser Hinsicht auf eine Zwei- statt Dreifaltigkeit hinauszulaufen, indem sich eigentlich nur Vater und Sohn gegenüberstehen, der Sohn sich aber zu Christus und dem Heiligen Geist verdoppelt. Dagegen erfaßt Augustinus das Dritte als das Verbindende, Beziehung Herstellende. 2206 Plot. enn. V, iii, 2 (II, 207 f., 16–26 H./Sch.); 6 (213, 17 f. H./Sch.); 9 (218, 8 H./Sch.). 2207 Vgl. dazu oben S. 356. 2208 Aug. trin. X, x, 16 (CChr.SL 50, 329, 87 M.).

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Natur Gottes, also das, was der menschliche Geist nicht ist, insofern er vielmehr Bild Gottes ist.2209 Zwölfter Schritt. − Augustinus entfaltet die gefundene Struktur der Selbstgegenwart nicht noch genauer, fast als schrecke er vor der Dimension seiner eigenen Entdeckung zurück. Stattdessen führt er die Untersuchung in einem zwölften Schritt rasch, ohne zwingende Begründung und möglicherweise mit ähnlichen logischen Problemen wie bei der Trias mens, notitia, amor auf drei Konkretisierungen hin, auf die Trias memoria, intellegentia, voluntas, mit der er die Untersuchungen des achten bis zehnten Buches einerseits zusammenfaßt, andererseits ihre Sichthöhe auch wieder unterschreitet: Denn in dieser Trias beginnt schon wieder jene Vergegenständlichung des Geistes zu wirken, deren Aufhebung das zehnte Buch eigentlich leistet. Dabei ist die memoria nicht als Speicher von Vergangenem oder als rückwärtsgewandtes Erinnern zu verstehen, sondern sie steht für den sich selbst gegenwärtigen Geist. Die intellegentia bedeutet die Einsicht seiner selbst und die voluntas die verbindende Ausrichtung, die den Bezug der beiden anderen Größen zueinander realisiert. »Diese drei also, Gedächtnis, Einsicht und Wille, da sie nicht drei Leben sind, sondern ein Leben, und nicht drei Geister, sondern ein Geist, sind konsequenterweise auch nicht drei Substanzen, sondern eine Substanz. Das Gedächtnis, sofern es Leben und Geist und Substanz genannt wird, wird in bezug auf sich ausgesagt, insofern es aber Gedächtnis genannt wird, wird es relativ in bezug auf etwas genannt. Dies würde ich auch von der Einsicht und dem Willen aussagen, auch Einsicht und Wille werden in bezug auf etwas ausgesagt.«2210

Diese drei Größen sind also nicht etwas, das der Geist hat, sondern sie sind der Geist, sie sind auch das Leben und sie sind eine einzige Substanz. Die drei sind ihrerseits reflexiv. Im Falle des Gedächtnisses etwa gilt: Nichts ist so sehr in der memoria wie diese selbst, weil der Geist sich ganz gegenwärtig ist.2211 Die als geistiges Leben gedeutete Trinität läßt sich so reiner denken, als es den Theologen gelungen war, die das Verhältnis von Substanz und göttlichen Personen in der Logik von Gattung, Art und Individuum zu fassen suchten. Man kann diesen Übergang von der Entdeckung der reinen Selbstgegenwart zu den entfalteten Triaden des Geistes den zwölften und letzten Schritt von Augustins ursprünglicher Einsicht nennen. Die weiteren Bücher. − Was in den Büchern XI bis XV folgt, sind Konsequenzen, die auf den zwölf geschilderten Schritten beruhen. Im folgenden wird der weitere Gedankengang Augustins nicht wiederum in Schritte zerlegt, sondern Buch für Buch nachgezeichnet. Am Schluß der Darstellung wird die zentrale ursprüngliche Einsicht Augustins nochmals ins Blickfeld gerückt. 2209

Ebd. XV, vi, 10 (CChr.SL 50a, 472, 36 M.): quod nostra mens non est. Ebd. X, xi, 18 (CChr.SL 50, 330 f., 29–34 M.): Haec igitur tria, memoria, intellegentia, voluntas, quoniam non sunt tres vitae sed una vita, nec tres mentes sed una mens, consequenter utique nec tres substantiae sunt sed una substantia. Memoria quippe quod vita et mens et substantia dicitur ad se ipsam dicitur; quod vero memoria dicitur ad aliquid relative dicitur. Hoc de intellegentia quoque et de voluntate dixerim, et intellegentia quippe et voluntas ad aliquid dicitur. 2211 Ebd. X, xi, 18 (331, 49 f. M.): Nihil autem tam in memoria quam ipsa memoria est. Totam igitur memini. 2210

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Für Augustinus tut sich mit dem in Buch X erreichten Reflexionsstand ein pädagogisches Problem auf. Das ursprüngliche Selbstwissen, dessen Widerschein memoria, intellegentia, voluntas sind, ist unabhängig von einzelnen Akten expliziter Rückwendung des Geistes zu sich selbst. Es ist stets gegeben. Augustinus sieht die Schwierigkeit, angesichts der Stetigkeit und Einheit des menschlichen Selbstbewußtseins überhaupt den Unterschied der Vollzüge zu verstehen, also die Dreiheit in der Einheit.2212 Um diesen Unterschied didaktisch zu verdeutlichen, setzt er mit seiner Untersuchung im elften Buch neu an. Dieses Verfahren entspricht zugleich dem Umstand, daß menschliches Selbstbewußtsein dasjenige eines endlichen Wesens ist. Das Ausdrücklichmachen des se nosse in Gestalt des se cogitare ist für den Menschen eine mühselige Aufgabe, der sich Augustinus in den Büchern XI bis XV von De trinitate unterzieht. Er untersucht hier einerseits die trinitarische Struktur, die im Selbstbewußtsein zu vollkommener Einheit »eingewickelt« oder »zusammengefaltet« ist, in ihren stärker zur Differenz »entwickelten« oder »entfalteten«, weniger einheitlichen Gestalten.2213 Andererseits geht Augustinus hier von der ursprünglichen reinen Selbstbezüglichkeit zu den möglichen Inhalten des Denkens über. Augustins Denkbewegung verläuft ab dem elften Buch vom geringsten Maß an Einheit und größten Maß an diskreter Dreiheit zu höherer Einheit von Einheit und Dreiheit. Der Leser soll auf diese Weise in kleinen Schritten tiefer in ein Verständnis der Trinitätsstruktur eingeführt werden. Die Gliederung von De trinitate verdeckt leicht, daß Augustinus in den Büchern IX und X bereits das zeigt, was seiner Diagnose zufolge die Trinitätstheologie des vierten Jahrhunderts nicht vermocht hatte: Augustinus bietet nicht einfach ein weiteres, schlüssigeres Modell an, mit dem man sich die Grundstruktur der göttlichen Trinität vorstellen kann. Vielmehr übt er sich und seine Leser in ein Denken ein, das die Trinität nicht mehr als Gegenstand der Erkenntnis zu fassen versucht, sondern als den Ursprung des eigenen Selbst, der sich nur indirekt in der Analyse geistiger Akte von Erkenntnis und Liebe als das sie Ermöglichende, ihnen Zugrundliegende aufweisen läßt. Der menschliche Geist, wie er in der unhintergehbaren Struktur des reinen Selbstbewußtseins vorauszusetzen ist, weist Strukturmerkmale der göttlichen Trinität auf: Einheit der essentia, Gleichheit, Eigenständigkeit, wechselseitige Bezogenheit und gegenseitiges Ineinander der Glie2212

Man sieht erneut an der enormen und erfolgreichen Anstrengung, mit der Augustinus in De trinitate VIII bis XV die Dreiheit aufzuzeigen versucht, wie fragwürdig die wohlfeile Kritik ist, Augustinus habe ganz einseitig die Einheit Gottes zu Ungunsten der Dreiheit der Personen betont. Augustinus hat vielleicht klarer als manche heutigen Autoren den Widerspruch begriffen, der zunächst zwischen dem christlichen Monotheismus und dem Trinitätsglauben besteht (und der durch eine »soziale Trinitätslehre« und verwandte Konzepte nicht auflösbar sein dürfte). Die Einheit Gottes ist unstrittig. Guter Argumente hingegen bedarf die Annahme, diese Einheit gehe mit einer wirklichen Verschiedenheit dreier Größen einher, die nach biblischem Sprachgebrauch so unterschieden wie Vater und Sohn sind. Die Möglichkeit dieser Verschiedenheit möchte Augustinus denken. 2213 Aug. trin. IX, iv, 5 (CChr.SL 50, 297, 28 M.): tamquam involuta evolvi.

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der,2214 auch unvermischte Einheit, Unableitbarkeit und Unbedingtheit. Die Differenzen zwischen der Trinität des göttlichen und derjenigen des menschlichen Geistes, die Augustinus im letzten, fünfzehnten Buch einschärft, betreffen nicht diese prinzipielle Übereinstimmung mit der »inneren« Trinität des menschlichen Geistes, sondern beziehen sich, wie Brachtendorf gezeigt hat, auf die in den Büchern XI bis XIV gewonnenen Ternare der geistigen Konstitution des Menschen.2215 In den Büchern IX und X gelangt Augustinus bereits zu jener Einsicht in die mens humana, welche er in den Büchern XI bis XV schrittweise (gradatim) und von einem anderen Ansatzpunkt aus einzuholen versucht.2216 Die Analysen der trinitarischen Struktur geistiger Akte in den Büchern XI bis XV wären mißverstanden, wenn man meinte, sie sollten durch das Mittel vergleichender Analogie veranschaulichen, daß im Bereich des Geistigen Dreiheit und Einheit zusammengehen können. Vielmehr entfaltet Augustinus das, was im Selbstbewußtsein eines jeden Geistes notwendig beisammen und vereint ist, in seine Elemente. Die »dreifaltigen« Strukturen geistiger Akte werden als Abbilder jenes ursprünglichen Selbstbewußtseins herausgearbeitet, in dem der menschliche Geist am unverstelltesten Geist und insofern Ebenbild Gottes ist. Es könnte am Ende des zehnten Buches so erscheinen, als handle es sich bei Gliedern wie memoria, intellegentia und voluntas nur um Aspekte ein und derselben Struktur (theologisch gelangte man so zum »Modalismus«). Augustinus analysiert daher vom elften Buch an, vielleicht einem Wink Plotins folgend,2217 solche Elemente zunächst dort, wo sie am deutlichsten auseinanderzuhalten sind, nämlich beim »äußeren Menschen«. Augustinus sucht hier nur ein vestigium trinitatis,2218 nicht jedoch bereits eine imago dei. Denn von letzterer könne man nur reden, wenn oberhalb ihrer nur noch Gott selbst sei.2219 Oberhalb des äußeren Menschen aber steht noch der innere Mensch. Augustinus begibt sich zunächst gleichsam an die nach außen offene Seite des menschlichen Geistes und bietet eine Analyse des Gesichtssinnes, bei dem Erkennender und Erkanntes zunächst von gänzlich verschiedener Substanz sein können: Ein Mensch betrachtet die Silhouette einer Stadt. Die Häuser sind von anderer Substanz als das halb körperlich, halb geistig agierende Sehen, und nochmals anderer Substanz ist die Tätigkeit des Geistes, die den Sehsinn willentlich auf das Häusermeer lenkt. Bei der späteren Erinnerung 2214

Vgl. Brachtendorf, Die Struktur des menschlichen Geistes (wie Anm. 707), 119. Ebd. 260–265. 2216 Vgl. das pervenire in Aug. trin. XV, i, 1 (CChr.SL 50a, 460, 2 M.); ii, 3 (462, 49 M.); iii, 5 (465, 72 M.), verbunden mit dem gradatim in trin. XV, ii, 3 (462, 48 M.). 2217 Plot. enn. V, iii, 9 (II, 219, 28–32 H./Sch.): »Wenn jemand unvermögend ist, die so geartete Seele − die rein denkende − in Besitz zu nehmen, so fasse er die vorstellende und steige dann von ihr aus auf. Wem auch dies nicht gelingt, der beginne mit der sinnlichen Wahrnehmung, die die allgemeineren Formen beibringt« (Übersetzung Beierwaltes, Selbsterkenntnis und Erfahrung der Einheit [wie Anm. 304], 41). 2218 Aug. trin. XI, i, 1 (CChr.SL 50, 333, 4 M.). 2219 Ebd. XI, v, 8 (344, 38–41 M.). 2215

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an die gesehene Stadt, also bei der Vorstellung, rücken die drei Elemente schon stärker aneinander: Die erinnerte oder gar nur in der Phantasie fingierte Stadt besteht nicht mehr aus Steinen und Holz, sondern existiert im Geist des Vorstellenden, ist also gleichsam bereits in etwas Geistiges verwandelt, das von einem Geistwesen mittels seines Geistes erinnert und erkannt wird. Der Leser Augustins ahnt, wie er sich in der Tendenz dieser Erkenntnisschritte bis zu dem Geist vorantasten kann, der sich seiner selbst erinnert, sich erkennt und sich will. So führt Augustinus den Leser von Buch XII an tiefer in die Einsicht der Trinitätsstruktur des Geistes im »inneren Menschen« ein.2220 Augustinus will hier »nach innen aufsteigen«,2221 in die immer größere Einheit des Wesens. Der wichtigste Ertrag des elften Buches besteht in der klaren Erkenntnis, wie beim Geist stets ein drittes Element erforderlich ist, welches das erste auf das von ihm »gezeugte« und ihm gegenüberstehende Zweite zurückbezieht. Dieses Dritte, bald mehr formal als intentio bestimmt, bald konkreter als voluntas oder spezifischer als dilectio und amor gefaßt, wird in den Büchern VIII bis XV wiederholt näher betrachtet. Augustinus läßt den Leser immer tiefer in eine wiederkehrende Struktur schauen. Allmählich wird deutlicher, warum die Struktur genau drei Glieder erfordert und nicht mehr oder weniger: Stets ist es Eines, das ein Anderes, ihm Gleiches zeugt, und beide bringen ein Drittes, ihnen Gleiches hervor, das beide verbindet. Diese verbindende, intentionale Struktur macht als Wille oder Liebe aus der Zweiheit eine strukturierte und vollkommene Dreieinheit. Die Liebe, heißt es einmal, ist eine Art Leben, das zwei miteinander verbindet.2222 Sie eint alle Engel und Diener Gottes »durch das Band der Heiligkeit«.2223 Die Liebe verbindet Gott den Vater und den Sohn. Als Gabe des Heiligen Geistes ist sie zugleich das, was Gott und die Menschen verbindet und über diesen absoluten Bezugspunkt auch eine Bindung zwischen Menschen herstellt.2224 Das Besondere in dieser Konzeption Augustins liegt darin, daß das Mittlere, Verbindende den zu Verbindenden in Gott nicht äußerlich ist, sondern zugleich aus ihnen hervorgeht. Damit hat das Mittlere genau die Eigenart, von der oben schon einmal die Rede war, als gefragt wurde, wie sich der Umschlag von dem Einen der ersten Hypothese des platonischen Parmenides zur zweiten Hypothese dialektisch denken lasse.2225 Es war auf einen Abschnitt in Platos Timaeus hin2220 Augustinus macht diese Gliederung seines Werkes selbst deutlich, wenn er zu Beginn des elften Buches an die paulinische Unterscheidung zwischen dem äußeren Menschen, der zugrundegeht, und dem inneren Menschen, der erneuert wird (2 Kor 4, 16), erinnert und ankündigt, sich zuerst dem exterior homo zu widmen (Aug. trin. XI, i, 1 [CChr.SL 50, 333, 1–19 M.]). Zur antiken philosophischen und theologischen Geschichte des Begriffs eÍsv aÍnurvpow vgl. Ch. Markschies, Art. Innerer Mensch, RAC XVIII, 1998, 266–312. 2221 Aug. trin. XII, xv, 25 (CChr.SL 50, 379, 54 M.): introrsum ascendere. 2222 Ebd. VIII, x, 14 (290 f., 4–6 M.): Quid est ergo amor nisi quaedam vita duo aliqua copulans vel copulari appetens, amantem scilicet et quod amatur? 2223 Ebd. VIII, viii, 12 (287, 8 M.): vinculo sanctitatis. 2224 Ebd. V, xi, 12 – xvi, 17 (218, 1 – 227, 78 M.). 2225 Vgl. oben S. 447.

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gewiesen worden, der den Gedanken einer solchen Vermittlung enthält. In der Augustinus vertrauten Übersetzung Ciceros liest er sich so: Omnia autem duo ad cohaerendum tertium aliquid anquirunt et quasi nodum vinculumque desiderant. Sed vinculorum id est aptissimum atque pulcherrimum, quod ex se atque de is quae stringit quam maxime unum efficit. Id optime adsequitur quae Graece aÆnalogiÂa, Latine . . . comparatio pro portione dici potest.2226

Eine ähnliche Idee liegt der Konzeption der göttlichen Liebe bei Augustinus zugrunde. Nicht die Analogie im landläufigen Sinne ist dabei für Augustinus entscheidend, sondern eine besondere Idee des vinculum, nämlich als eines Bandes, das nicht zwei von ihm getrennte Größen miteinander verbindet, sondern sich selbst mit ihnen zur Einheit vereint. Der endliche Geist des Menschen ruht nicht in sich selbst. Er gründet nicht in sich und ist darum unabgeschlossen. Wenn innerer als das Innerste des menschlichen Geistes Gott selbst ist, dann führt der Weg nach innen nicht an ein endliches, geschlossenes Ende. Der Geist ist zu seinem inneren Grund hin offen, und dieser innere Grund ist das, was allein noch über dem inneren Menschen steht, Gott selbst. Auf diesen inneren Grund hin kann der endliche Geist sich ausrichten. Deshalb kommt es Augustinus ab Buch XII darauf an, die Denkinhalte des Geistes zu betrachten. Der menschliche Geist kann sich denkend, lobsingend oder in anderen Weisen auf das Ewige beziehen. Aber zuerst (von der Genese, nicht von der Geltung her betrachtet) befaßt er sich mit Zeitlichem. Augustinus entwickelt diesen Gedanken in Form einer Exegese der biblischen Schöpfungserzählung.2227 Wie Adam unter den Tieren keine ihm ähnliche Hilfe fand, bis etwas aus ihm selbst genommen wurde, so kann auch die Seele für den Umgang mit körperlichen Dingen nur etwas aus ihr Stammendes gebrauchen. Trotz der Ambivalenz, die aller auf Materielles bezogenen Tätigkeit anhaftet, soll der Geist aber Bild Gottes bleiben können. Wie ist das möglich? Augustinus diskutiert ein intersubjektives Trinitätsmodell, das Gregor von Nazianz formuliert hatte. Demnach verkörpert Eva, die aus Adams Rippe hervorgeht, ohne sein Kind zu sein, den Heiligen Geist, Set dagegen den gezeugten Sohn.2228 Richtig an dem Modell findet Augustinus nur den Gedanken, 2226 Cic. Tim. iv, 13 (161b Ax). Es ist der Forschung bisher entgangen, daß Augustinus genau diese Stelle in einem zentralen Passus seiner Schrift über die Musik fast wörtlich zitiert: Sed certe quaelibet rerum copulatio atque connexio tunc maxime unum efficit, cum et media extremis, et mediis extrema consentiunt . . . Quae quantum valeat, eo iam assuesce cognoscere, quod illa unitas quam te amare dixisti, in rebus ordinatis hac una effici potest, cuius Graecum nomen aÆnalogiÂa est, nostri quidam proportionem vocaverunt . . . At cetera intuere, ne arbitreris nihil habere proprium quaternarium numerum, quo reliqui omnes numeri careant, quod valeat ad istam connexionem de qua loquor, ut ab uno usque ad quatuor certus sit numerus, et pulcherrimus progrediendi modus. Convenerat quippe inter nos superius, tunc ex pluribus unum aliquid maxime fieri, cum extremis media et mediis extrema consentiunt (Aug. mus. I, xii, 22–24 [PL 32, 1096 f. M.]). Andere Zitate Augustins aus Ciceros Timaeus-Übersetzung wurden dagegen in der Forschung bereits nachgewiesen (vgl. oben S. 51). 2227 Aug. trin. XII, iii, 3 – xiii, 21 (CChr.SL 50, 357, 1 – 374, 35 M.). 2228 Vgl. oben S. 93 f.

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daß nicht alles, was von einer Person her sein Personsein hat, Sohn oder Tochter ist. Aber falsch werde das Modell, wenn erst die Familie als Bild Gottes gelten würde, während der einzelne Mensch nurmehr als Bild einer der drei göttlichen Personen betrachtet würde. Eine solche Sicht widerspräche nach Augustinus der biblischen Aussage: »Laßt uns den Menschen machen nach unserem Bild und unserer Ähnlichkeit« (Gen 1, 26). Schon der einzelne Mann und die einzelne Frau sind gemäß Gen 1, 27 f. nach Augustins Deutung jeweils Bild Gottes. Da nun allerdings Paulus dem Mann als Ebenbild Gottes das unverschleierte Haupt gestattet, der Frau hingegen nicht (1 Kor 11, 5–7), löst Augustinus den innerbiblischen Widerspruch durch Allegorese auf: Das verschleierte Haupt verkörpert jenen Teil der Vernunft, der zur Leitung der zeitlichen Dinge abgeordnet wird. In diesem Aspekt ist der Geist nicht Bild Gottes. Das unverschleierte Haupt des Mannes hingegen steht für den Aspekt, in dem der Geist Bild Gottes ist. Beide Teile der Vernunft gibt es, wie Augustinus betont, bei Männern wie Frauen gleichermaßen. Damit ist das zentrale Thema der Bücher XII bis XIV eingeführt, nämlich die Frage der Inhalte, auf die sich der menschliche Geist bezieht. Leitworte sind scientia und sapientia, Wissen und Weisheit.2229 Die scientia hat es mit dem Zeitlichen und dem Tätigsein zu tun, die sapientia mit dem Ewigen und der Betrachtung.2230 Wird die Reflexivität des Geistes zum Selbstzweck erhoben, so als genüge der Geist sich selbst und habe nur sich selbst zu lieben, dann macht der Geist sich selbst zur Mitte. In diesem experimentum medietatis wird der Mensch zum Tier. Er vernachlässigt die Liebe zur Weisheit und begehrt nurmehr das Wissen von sich selbst als etwas Wandelbarem und Zeitlichem.2231 Andererseits führt für den endlichen Geist kein Weg am Zeitlichen vorbei. Die Vermeidung von bösem Tun, ebenso das tugendhafte Handeln und alles Wissen über nachahmenswerte Beispiele gehören zur scientia. Die Kunst des rechten Lebens besteht darin, das Zeitliche nicht um seiner selbst willen zu genießen, sondern es auf das höchste Gut hin gut zu gebrauchen. Es geht darum, die scientia auf die sapientia zu beziehen, in der die intelligiblen Vernunftgründe und nicht mehr nur die sinnlichen Gegenstände erfaßt werden. Beide Ausrichtungen, auf das Zeitliche und auf das Ewige, gehören zum endlichen Geist. Darum läßt Augustinus die Anamnesis-Theorie Platos, so wie er sie versteht, fallen. Denn er beobachtet, daß diese Theorie nur im Blick auf die Möglichkeit zeitloser Einsicht, wie etwa der Geometrie, entworfen ist. Wenn alle Erkenntnis auf Erinnerungen an ein früheres Leben beruht, die bei geschickter Befragung wieder zu Tage treten, warum läßt sich dann empirisches Wissen nicht auf die gleiche Weise hervorlocken? Die zeitlose Erkenntnis, die 2229 Zum folgenden vgl. insbesondere G. Madec, Christus, sapientia et scientia. Le principe de cohe´rence de la doctrine augustinienne, in: Ders., Saint Augustin et la philosophie (wie Anm. 1081), 121–124. 2230 Aug. trin. XII, xv, 25 (CChr.SL 50, 379, 41–45 M.). 2231 Ebd. XII, xi, 16 (370 f., 1–31 M.).

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im menschlichen Urteilsvermögen impliziert ist, muß also anders erklärt werden. Augustinus deutet sie als Wirkung eines zeitlosen Lichts, durch das der Schöpfer den endlichen Geist das Intelligible sehen läßt.2232 So zeigt sich ein Punkt, in dem die philosophische Erkenntnistheorie und die theologische Schöpfungs- und vielleicht sogar Gnadenlehre ineinsfallen.2233 Jetzt wird deutlicher, was die Aussage bedeutet, daß die »geübtere Sehkraft des Geistes sich vom erhellten Geschöpf zum unwandelbaren Licht ausrichten« solle.2234 Diesen Weg setzt das dreizehnte Buch fort. Der Johannesprolog, so versucht Augustinus in einer exegetischen Überlegung zu zeigen, führt die Identität der Sphären des Wissens und der Weisheit in Christus vor.2235 Als zeitloser Logos, Schöpfer und Erleuchter gehört Christus dem Bereich des Ewigen zu, als menschgewordenes Wort geht er in die Zeitlichkeit ein, weckt den Glauben und das Bemühen um gutes Handeln. Scientia ergo nostra Christus est, sapientia quoque nostra idem Christus est.2236 Wie das Ewige, von dem die Weisheit handelt, der Wahrheit zuzuordnen ist, so gehört das Zeithafte, von dem das Wissen handelt, zum Glauben. Das Auftreten Johannes des Täufers etwa, mit dem der Anfang der Jesus-Geschichte im Johannesprolog markiert wird, gehört zu jenem Wissen, das durch die cognitio historica zustandekommt.2237 Zu wünschen ist aber, daß der Glaube an die wahren Dinge zu diesen selbst übergehe.2238 Dieses Wollen ist der eigentliche Inhalt des Strebens, das allen Menschen gemeinsam zu sein scheint, nämlich des Verlangens nach Glückseligkeit. Zwar stellt sich jedermann etwas anderes unter dem Glück vor. Aber keiner kann leugnen, daß derjenige glücklicher ist, der das Erstrebte schon hat, als derjenige, der es noch sucht. Darum ist ein verlierbares Glück unvollkommen. Um zur vollkommenen Glückseligkeit gelangen zu können, muß man das Richtige auf die rechte Weise wollen. Diese gute Ausrichtung bewirkt im sterblichen Menschen der Glaube, durch den der Mensch in heilsamem Schmerz lernt, wie weit er sich von Gott entfernt hat.2239 2232 Ebd. XII, xiv, 21 – xv, 25 (374, 1 – 380, 68 M.). Damit widerruft Augustinus seine frühere Nähe zur Anamnesis-Lehre Platos, deren Sinn er aber nie exakt erfaßt, weil er höchstwahrscheinlich den Meno nur aus Cicero kennt, vgl. oben Anm. 355 und 2190. Auf seine Selbstkorrektur weist Augustinus in retr. I, iv, 4 (CChr.SL 57, 15, 43–52 M.) hin. 2233 Das komplexe Problem einer möglichen Strukturgleichheit von Gnade und Erkenntnis bei Augustinus, das Rudolf Lorenz von Aug. trin. XIII, iv, 7 – xi, 15 (CChr.SL 50a, 389, 1 – 402, 27 M.) ausgehend mit großem Scharfsinn herausgearbeitet hat (Gnade und Erkenntnis bei Augustinus, ZKG 75, 1964, 21–78; erneut in: C. Andresen [Hg.], Zum Augustingespräch der Gegenwart, Bd. 2, WdF 327, Darmstadt 1981, 43–125), kann an dieser Stelle nicht näher entfaltet werden, muß aber mitbedacht werden. 2234 Aug. trin. IX, xii, 17 (CChr.SL 50, 308, 12–16 M.): Quod nunc in mente humana utcumque vestigare conamur ut ex inferiore imagine in qua nobis familiarius natura ipsa nostra quasi interrogata respondet exercitatiorem mentis aciem ab inluminata creatura ad lumen incommutabile dirigamus. 2235 Ebd. XIII, i, 1–2 (CChr.SL 50a, 381 f., 1–62 M.). 2236 Ebd. XIII, xix, 24 (416, 50 f. M.). 2237 Ebd. XIII, i, 2 (382, 43–46 M.). 2238 Ebd. XIII, i, 3 (383, 86 f. M.): Optabiliter autem rerum verarum in easdem res fides transit.

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Das Ziel des endlichen Wissens, zu dem auch der Glaube gehört, ist nach Augustinus die unendliche Weisheit. An der Hoffnung, vom Endlichen zum Unendlichen je gelangen zu können, würde der Mensch verzweifeln, wenn ihm nicht die Menschwerdung Gottes eine vollkommene Einheit von Wissen und Weisheit in der Person Christi als unverdientes Geschenk der göttlichen Gnade vor Augen führte.2240 Die Inkarnation, die im vierten Buch von De trinitate in einem anti-subordinatianischen Rahmen dargelegt wurde, wird jetzt im dreizehnten Buch als Inbegriff der Einheit von Wissen und Weisheit durchdacht. In beiden Büchern findet damit zugleich die Suche nach Weisheit, also das große Thema der paganen Philosophie, ihren christologischen Orientierungspunkt. Der Philosoph erkennt, so Augustinus, zwar die Heimat, nach der zu streben ist, aber er ergreift nicht das Holz, auf dem er schwimmend zu ihr gelangen würde.2241 Zwar wollen alle Menschen, indem sie nach unverlierbarem Glück streben, unsterblich sein. Aber in ihrer unaufhebbaren Endlichkeit können sie sich nicht selbst einen Weg bahnen, der zur Unsterblichkeit führt. Augustinus beobachtet, daß selbst Cicero darum am Schluß des Hortensius geradezu defätistisch von einem »angenehmen Untergang« spricht, der allen Menschen nach der Erfüllung ihrer Aufgaben zuletzt bevorstehe.2242 Augustinus hatte sich als Neunzehnjähriger von diesem Protreptikos Ciceros, trotz des tristen Schlusses, zu einem lebenslangen Streben nach Weisheit mitreißen lassen.2243 Jetzt, ein halbes Jahrhundert später, bedenkt er als alter Bischof nochmals das befremdliche Ende des Dialogs. Einst hatte er voll Optimismus um philosophische Erkenntnis gerungen. Später war er zur Überzeugung vom unverfügbaren Wirken der göttlichen Gnade gelangt. Die Welt der Vernunft einerseits und die Welt des Glaubens andererseits drohten seit der Schwerpunktverschiebung in Augustins Gnadenlehre um 397 auseinanderzufallen.2244 Im Bemühen um ein Trinitätsdenken führt Augustinus beide Welten auf eine neue Weise zusammen. Er verwirft nicht einfach seine einstige Hoffnung auf vernünftige Erkenntnis, sondern findet auf dem Gebiet der Trinitätslehre ihre Erfüllung und ihre Begrenzung gleichermaßen. Denn es zeigt sich, daß auch dort, wo der direkte Zugriff auf die Wahrheit dem endlichen Geist nicht möglich ist, der Glaube einen menschenmöglichen Weg zur Glückseligkeit bereiten kann: 2239

Ebd. XIII, xvii, 22 (413, 19 f.): Discit quoque homo quam longe recesserit a deo, quod illi valeat ad medicinalem dolorem. 2240 Ebd. XIII, xvii, 22 (412, 11–16 M.): Deinde ut gratia dei nobis sine ullis praecedentibus meritis in homine Christo commendaretur quia nec ipse ut tanta unitate vero deo coniunctus una cum illo persona filius dei fieret ullis est praecedentibus meritis assecutus, sed ex quo esse homo coepit, ex illo est deus. 2241 Ebd. IV, xv, 20 (CChr.SL 50, 187, 1–19 M.). 2242 Ebd. XIV, xix, 26 (CChr.SL 50a, 457–459, 27–68 M.) mit dem darin enthaltenen Hortensius-Frg. 115 Grilli. 2243 Vgl. oben S. 409. 2244 Vgl. oben S. 253 und S. 418.

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»Viele . . . verzweifeln daran, daß sie unsterblich sein können . . . Aber indem sie nicht glauben, daß sie es können, leben sie nicht so, daß sie es können. Der Glaube also ist notwendig, auf daß wir die Glückseligkeit für alle Güter der menschlichen Natur erlangen, das heißt der Seele und des Körpers.«2245

Das Thema der Dreiheit und Einheit des menschlichen Geistes tritt erst am Schluß des dreizehnten Buches und im vierzehnten Buch wieder in den Vordergrund. Man kann eine Dreiheit bilden, wenn der Glaube der Inhalt ist, auf den sich der innere Mensch ausrichtet. Der Glaube wird dann nämlich in ihm aufbewahrt, betrachtet und bejaht. Doch diese Dreiheit von memoria, contuitus und dilectio ist keine ewige und insofern kein geeignetes Bild Gottes. Denn sie wird vergehen, wenn der Mensch an seinem Ende Gott schauen darf und den Glauben nur noch als Erinnerung an Vergangenes, Zeitliches in sich hat.2246 Eher ist das Bild Gottes in dem zu sehen, was der Geist stets ist. So gelangt Augustinus wieder zu Argumenten des zehnten Buches zurück. Nichts ist dem Geist gegenwärtiger als er selbst. Dieses se nosse ist aber zumeist kein ausdrücklich bedachtes Wissen. Nur manchmal rückt sich der Geist explizit durch cogitatio in sein eigenes Blickfeld. Wie also ist das Immerwährende des Geistes zu denken? Worin liegt die Gottebenbildlichkeit, die zwar verdunkelt und entstellt sein mag, aber unverlierbar ist? Ist der Geist vielleicht gerade darin Bild, daß er für Gott aufnahmefähig ist und Gottes teilhaftig sein kann? Im Sich-gegenwärtig-Sein, im Sich-Einsehen und Sich-Lieben ist der Geist Gottes Bild. Hier findet er, anders als im Glauben, nicht etwas außerhalb seiner selbst, sondern in sich findet er sich ohne zeitlichen Verlauf.2247 Die Weisheit des Geistes liegt aber, wie bereits gesehen, nicht schon darin, sich seiner selbst zu erinnern, sich einzusehen und zu lieben, sondern in der Fähigkeit, zugleich denjenigen zu erinnern, einzusehen und zu lieben, von dem er geschaffen ist. Wenn der Geist dies nicht tut, bleibt er zwar Bild Gottes, ist aber nicht weise. Nicht durch sein eigenes Licht, sondern durch Teilhabe an Gottes Licht wird der Geist weise. Nur dann ist die Weisheit des Menschen zugleich diejenige Gottes, der im Gegensatz zum Menschen die Weisheit ist und nicht an ihr nur teilhat.2248 Wer in dem Geist, mit dem er Bild Gottes ist, Gott »dem Herrn anhangt«, der allein noch über ihm steht, der »ist ein Geist mit ihm« (1 Kor 6, 17).2249 Diese Hinwendung des Geistes zu Gott geht nicht vom Menschen selbst aus, sondern ist letztlich der Gnade zu verdanken. Sich selbst kann der Geist 2245 Aug. trin. XIII, xx, 25 (CChr.SL 50a, 417, 8–13 M.): Multi vero immortales se esse posse desperant, cum id quod omnes volunt, id est beatus, nullus esse aliter possit; volunt tamen etiam immortales esse si possint, sed non credendo quod possint non ita vivunt ut possint. Necessaria est ergo fides ut beatitudinem consequamur omnibus humanae naturae bonis, id est et animi et corporis. 2246 Ebd. XIV, i, 1 – iii, 6 (421, 1 – 428, 64 M.). 2247 Ebd. XIV, iv, 6 – xi, 14 (428, 1 – 442, 27 M.). 2248 Ebd. XIV, xii, 15 (442, 1–15 M.). 2249 Ebd. XIV, xiv, 20 (448, 83–87 M.): Qua in se imagine dei tam potens est ut ei cuius imago est valeat inhaerere. Sic enim ordinata est naturarum ordine non locorum ut supra illam non sit nisi ille. Denique cum illi penitus adhaeserit, unus erit spiritus.

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zwar deformieren, aber nicht reformieren. Vollendet wird die Erneuerung dereinst in der Schau Gottes von Angesicht zu Angesicht. In ihr findet die contemplativa sapientia des menschlichen Geistes ihre Vollendung.2250 Das fünfzehnte und letzte Buch von De trinitate ist im doppelten Sinne ein Buch der Erinnerung. Augustinus läßt darin zunächst die vorausgegangenen Bücher Revue passieren. Damit will er zugleich das, was der endliche Geist notwendigerweise in diskursivem Nacheinander denkt, fast simultan vergegenwärtigen. So wird die Erinnerung auch in einem zweiten Sinne zur nochmaligen Selbstvergegenwärtigung, zur Erkenntnis des Geistes von sich selbst sowohl in seiner Gottebenbildlichkeit wie auch in seiner Differenz gegenüber Gott. Das große Thema des letzten Buches ist das Verhältnis zwischen Suchen und Finden, Nichtwissen und Wissen, deren aufreibendes Wechselspiel an jenem immerwährenden Sabbat zur Ruhe gelangen wird, an dem der Mensch ohne Ende in der preisenden Anschauung Gottes verharren wird.2251 Augustinus erklärt resümierend, daß der menschliche Geist sich zwar immer selbst vertraut ist (im Sinne des se nosse), beim ausdrücklichen Sich-Erkennen hingegen sich selbst gegenständlich denkt. Vom elften Buch an hatte Augustinus solche Triaden erörtert, die wie Gegenstände erkannt werden können. Darum zeigt er im letzten Buch auf, daß man mit solchen Vorstellungen leicht in den Irrtum verfällt, die Trinität für etwas Dreiteiliges zu halten. Gott der Vater wäre dann beispielsweise mit der memoria, der Sohn mit der intellegentia und der Heilige Geist mit der voluntas gleichzusetzen. So fiele man jedoch auf eine Meinung zurück, die in den Büchern VI und VII widerlegt worden war. Denn es kann nicht sein, daß der Vater statt durch die Einsicht und Weisheit, die er selbst ist, erst durch die von ihm gezeugte Weisheit weise ist. In Wahrheit ist es nur der menschliche Geist, der sich einzig durch seine Erinnerung seiner erinnert, sich lediglich durch seine Einsicht einsieht und sich nur mit seinem Willen will. Augustinus läßt hier zunächst noch unerwähnt, daß gemäß dem zehnten Buch im Selbstbewußtsein des se nosse dieses Auseinander weniger oder gar nicht gegeben ist. Denn dort sind memoria, intellegentia und voluntas nicht drei Leben, sondern eines.2252 2250

Ebd. XIV, xv, 21 – xix, 26 (449, 2 – 457, 27 M.). Vgl. ebd. I, viii, 18 (CChr.SL 50, 52, 130–132 M.): Hoc est enim plenum gaudium nostrum quo amplius non est, frui trinitate deo ad cuius imaginem facti sumus. 2251 Ebd. XV, xxxviii, 51 (CChr.SL 50a, 534, 17 – 535, 52 M.): Tu da quaerendi vires, qui inveniri te fecisti et magis magisque inveniendi te spem dedisti. Coram te est firmitas et infirmitas mea; illam serva, istam sana. Coram te est scientia et ignorantia mea; ubi mihi aperuisti suscipe intrantem; ubi clausisti aperi pulsanti. Meminerim tui; intellegam te; diligam te. Auge in me ista donec me reformes ad integrum . . . Cum ergo pervenerimus ad te, cessabunt multa ista quae dicimus et non pervenimus, et manebis unus omnia in omnibus, et sine fine dicemus unum laudantes te in unum et in te facti etiam nos unum. Durch das Motiv der eschatologischen Gottesanschauung sine fine schließt Augustinus die letzten Zeilen von De trinitate mit den letzten Zeilen von De civitate dei zusammen, wo er andeutet: Ecce quod erit in fine sine fine (civ. XXII, xxx [CChr.SL 48, 866, 147 D./K.]). Er überbietet dort die bloß innerweltliche Grenzenlosigkeit von Vergils Reichsverständnis (Aen. I, 279 [111, 279 M.]: imperium sine fine). 2252 Vgl. oben Anm. 2210.

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Doch will Augustinus verhindern, daß man das Bild für die Sache selbst hält und darum den menschlichen Geist nicht mehr als notwendig nichtidentisches Abbild Gottes versteht. Der Mensch in seiner irdischen Existenz sieht Gott nur, wie Augustinus in Auslegung von 1 Kor 13 betont, per speculum et in aenigmate. Im Spiegel sieht man nur indirekt, im Rätsel auf dunkle Weise. Erst nach dieser Vorüberlegung kommt Augustinus auf das vorreflexiv schon Vertraute zurück, das aller Reflexion des Geistes auf sich selbst zugrunde liegt. Dieses im se nosse schon vorhandene, letzte und wahre Wissen, das zu explizieren schwer sein kann, nennt Augustinus das intimum verbum.2253 Es gehört keiner Sprache an und leuchtet innen.2254 Es ist dem Wort Gottes als dem Inbegriff aller Wahrheit verwandt. Wie das ewige Wort Gottes sich zum Menschgewordenen verhält, so das innerste Wort des Menschen zum ausgesprochenen, sprachlichen Wort. Augustins Gedankengang in diesem letzten Buch von De trinitate, das wahrscheinlich erst in den Jahren zwischen 420 und 427 verfaßt wurde, umfaßt ein erneutes Nachdenken über die philosophische Skepsis. Ihr hatte Augustinus unmittelbar vor seiner Mailänder Wendung zum Taufglauben des Ambrosius zugeneigt. Ein halbes Menschenalter später und nach mehr als zwanzigjähriger Arbeit an De trinitate läßt ihn die Herausforderung durch den Skeptizismus noch immer nicht los. Augustinus versichert sich nochmals der Inkonsistenz dieser philosophischen Option. War die Skepsis vielleicht auch deshalb Augustins ständige Begleiterin, weil der in De trinitate beschrittene Weg zur Einsicht in die Trinität stets mit einer Einsicht in die Unerreichtheit der Trinität einherging? Augustinus argumentiert jetzt noch einmal, wie schon in vielen Varianten zuvor: Selbst wenn ich mich in Wahrnehmung und Denken täusche, so bleibt doch die Reflexivität gewiß, das Wissen um mein eigenes Leben oder Existieren, welches das »innerste Wissen« überhaupt ist.2255 Während jedoch die Dinge sind, weil Gott sie weiß, weiß der menschliche Geist die Dinge, weil sie sind. Darin ist der menschliche Geist Gott ganz unähnlich. Nur in Gott ist vollkommene Einfachheit. Deshalb herrscht Gleichheit zwischen ihm und seinem Wort, zwischen Vater und Sohn. Aus demselben Grund ist auch die Liebe − zugleich Eigenname des Heiligen Geistes − mit Gott selbst identisch. Die Bezeichnung des Heiligen Geistes als donum dei bringt zum Ausdruck, daß Gott in ihm sich selbst schenkt. Der Heilige Geist bewirkt, daß die Menschen in Gott bleiben und Gott in ihnen bleibt.2256 Durch die Liebe, die aus Gott ist und im eigentlichen Sinne der Heilige Geist ist, wird die Liebe ins menschliche Herz gegossen, durch sie kann die 2253

Aug. trin. XV, xxi, 40 (CChr.SL 50a, 518, 16 M.). Ebd. XV, xi, 20 (486 f., 1–16 M.). 2255 Ebd. XV, xii, 21 (491, 18 M.): Intima scientia est qua nos vivere scimus ubi ne illud quidem academicus dicere potest: ›Fortasse dormis et nescis et in somnis vides.‹ Vgl. dazu Fuhrer, Skeptizismus und Subjektivität (wie Anm. 2204); Ch. Horn, Welche Bedeutung hat das augustinische Cogito?, in: Ders. (Hg.), De civitate dei, KlAu 11, Berlin 1997, 109–129. 2256 Aug. trin. XV, xvii, 29 f. (CChr.SL 50a, 503, 54 – 505, 95 M.). 2254

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Trinität im Menschen wohnen.2257 Auf diese Weise wohnt kein anderer als Gott selbst im Menschen. Deshalb weist Augustinus auch die Lehre des Eunomius zurück, der den Sohn aus dem bloßen Willensentschluß des Vaters statt aus dessen Substanz ableitet.2258 Das Werk De trinitate wird von Augustinus mit einem Gebet der Demut vor dem je größeren Gott beendet. Es handelt sich um das Gebet eines Denkenden, eines im Glauben und vom Glauben her Denkenden und nach Verstehen Suchenden. Unmittelbar zuvor spricht Augustinus vom Licht, in dessen Leuchten Gott dem Einsehenden Wahres gezeigt habe.2259 Der aufmerksame Leser seines Werkes wird sich erinnern, daß dieses Licht auf eine unpathetische Weise im vierten Buch christologisch gedeutet worden war. Denn mit einem charakteristischen Verfahren setzt Augustinus dort biblische Ausdrücke (wie die johanneische Selbstprädikation Jesu Christi als »Wahrheit«) in die Leerstelle philosophischer Begriffe (wie des erkenntnistheoretischen Terminus Wahrheit) ein. Hier zeigt sich abermals, wie Augustins Denken Ebenen zur Einheit zusammenführt, die nach der neuzeitlichen Trennung von Theologie und Philosophie als gänzlich verschieden erscheinen. Das Wahre, das nur im Licht der Wahrheit und also im Licht Gottes zu sehen ist, läßt sich im Sinne von Augustins Definition des verbum als Gottes Wort und darum biblisch als der Sohn Gottes verstehen: Illuminatio quippe nostra participatio verbi est.2260 In dem Gebet am Schluß des fünfzehnten Buches, mit dem Augustinus zugleich das Werk seiner größten Mühe abschließt, bittet er Gott, der sich finden ließ, auch die Kraft des Weitersuchens zu schenken. Augustinus bekennt, auf diese Weise wolle er sich Gottes erinnern, Gott einsehen und Gott lieben. Aus der Bibel, aus der Praxis und dem Glauben der Kirche hatte er die Differenz von Gott dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist erschlossen. Diese Verschiedenheit auch zu verstehen, hatte Augustinus nach eigenem Bekunden versucht. Alle Vielheit, sagt Augustinus, wird am Ende ins Eine münden, doch offenbar ohne daß die Dreiheit einfach verschwindet. Augustinus wendet sich zum Schluß betend an Gott mit den Worten: Domine deus une, deus trinitas.2261 So sei nun in einem abschließenden Rückblick auf das ganze Werk Augustins über die Trinität nochmals versucht, dessen Mitte zu fassen. Als Gedächtnis, Einsicht und Wille seiner selbst ist der menschliche Geist Bild der Trinität. Wäre das Selbstbewußtsein leere Selbstbezüglichkeit, wäre es eine infinite Spiegelung in sich selbst und kein Bild Gottes. Vielmehr ist es der eigene innerste Grund, auf den der Geist in seinem unableitbaren Selbstbewußtsein stößt. Nicht 2257

Ebd. XV, xviii, 32 (508, 27–29 M.). Ebd. XV, xx, 38 (515 f., 1–39 M.). 2259 Ebd. XV, xxvii, 50 (532, 82–84 M.): ›Oculi mei videant aequitatem.‹ [Ps 16 (17), 2] Nempe ergo multa vera vidisti eaque discrevisti ab illa luce qua tibi lucente vidisti. Attolle oculos in ipsam lucem et eos in ea fige si potes. 2260 Ebd. IV, ii, 4 (CChr.SL 50, 163, 2 f. M.). 2261 Ebd. XV, xxxviii, 51 (CChr.SL 50a, 535, 50 M.). 2258

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deshalb also ist der menschliche Geist Bild Gottes, weil er sich seiner selbst erinnert, sich einsieht und sich liebt, sondern weil er darin sich dessen erinnert und den einsieht und den liebt, von dem er geschaffen ist. Das macht seine Weisheit aus.2262 Der menschliche Geist erfährt sich als veränderlich. Sein ungegenständliches Selbstbewußtsein ist ihm zwar immer gegenwärtig, aber nur hier und da bedenkt und erkennt er es ausdrücklich. Zwangsläufig verliert sich der Geist immer wieder aus seinem Blickfeld. Um sich selbst als Bild Gottes zu verstehen und Gott zu lieben, muß sich der menschliche Geist daher »von Tag zu Tag fortschreitend erneuern« zu immer größerer Ähnlichkeit mit dem Urbild.2263 Vielleicht ist dies letztlich der Inhalt eines christlichen Lebens. Et quo nisi deo plenus est qui plenus est dilectione?2264 Augustins ursprüngliche Einsicht liegt in der Entdeckung, daß Selbstbewußtsein kein Fall eines Sich-etwas-Vorstellens ist. In Grundzügen nimmt Augustinus damit vorweg, was als »Fichtes ursprüngliche Einsicht« beschrieben worden ist. Fichte wird entdecken, daß ein Grundbegriff der neuzeitlichen Philosophie einen fehlerhaften Zirkel in sich birgt: Die übliche Reflexionstheorie des Selbstbewußtseins setzt uneingestandenermaßen ein Ich-Subjekt voraus, das von sich selbst bereits weiß, wenn es sich seiner bewußt wird. Denn woher sonst wüßte das Ich, daß es selbst das ist, worauf die Reflexion sich richtet? Wie aber wäre ein solches vorgängiges Selbstwissen denkbar, wenn jegliches Selbstwissen doch erst durch Reflexion konstituiert wird, die ihrerseits ein Selbstwissen voraussetzt? Fichte durchschaut, daß das zunächst so selbstverständlich erscheinende Reflexionsmodell an einem fatalen Fehler krankt, aber auch nicht durch ein anderes nach der Weise gegenständlicher Erkenntnis entwickeltes Modell ersetzt werden kann. Selbstbewußtsein erscheint vielmehr als etwas Absolutes, Unableitbares, das sich nicht nach Art sonstiger Gegenstände theoretisch fassen läßt. In späten Jahren vertritt Fichte die Auffassung, daß seine Einsicht an einen göttlichen Grund führt.2265 Auch darin stimmt er mit Augustinus überein, 2262 Ebd. XIV, xii, 15 (442 f., 1–4 M.): Haec igitur trinitas mentis non propterea dei est imago quia sui meminit mens et intellegit ac diligit se, sed quia potest etiam meminisse et intellegere et amare a quo facta est. Quod cum facit sapiens ipsa fit. 2263 Ebd. XIV, xvii, 23 (454 f., 20–22 M.): In agnitione igitur dei iustitiaque et sanctitate veritatis qui de die in diem proficiendo renovatur transfert amorem a temporalibus ad aeterna, a visibilibus ad intellegibilia, a carnalibus ad spiritalia. 2264 Ebd. VIII, viii, 12 (CChr.SL 50, 287, 11 M.). 2265 Vgl. D. Henrich, Fichtes ursprüngliche Einsicht, WuG 34, Frankfurt 1967; ders., Selbstbewußtsein. Kritische Einleitung in eine Theorie, in: R. Bubner/K. Cramer/R. Wiehl (Hgg.), Hermeneutik und Dialektik [FS Hans-Georg Gadamer], Bd. 1, Tübingen 1970, 257–284. Henrich erwägt ein präreflexives Bewußtsein, eine unmittelbare Vertrautheit mit sich selbst als »letzte, irreduzible Tatsache für die Beschreibung dessen, was wir Bewußtsein nennen können« (ebd. 278). Den historischen Hintergrund des Zusammenhangs einer Philosophie der Subjektivität mit Theologie und Metaphysik erhellt Henrich in seinem Werk Grundlegung aus dem Ich. Untersuchungen zur Vorgeschichte des Idealismus Tübingen − Jena (1790–1794), 2 Bde., Frankfurt 2004. Systematisch erörtern diesen Zusammenhang ders., Bewußtes Leben. Untersuchungen zum Verhältnis von Subjektivität und Metaphysik, Stuttgart

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anders als die meisten heutigen Theoretiker des Selbstbewußtseins. Doch auch unter diesen scheinen gute Argumente bei denen zu liegen, für die das Selbstbewußtsein auf eine »nicht- oder vorsprachliche Entität« führt, auf »etwas«, das nicht gegenständlich ist.2266 Vielleicht hielt Augustinus mit seiner Einsicht sogar ein Mittel in der Hand, mit dem er manches Problem der antiken Prinzipientheorie einem neuen Lösungsvorschlag hätte zuführen können. Die Philosophie des Altertums konnte den Widerspruch nicht beheben, daß das höchste Prinzip zwar ein einziges und reflexiv sein muß, weil es nicht anderswoher sein Sein und seine Aktivität beziehen kann, daß es aber bereits Vielheit statt Einheit ist, wenn sein Selbstbezug gegenständlich nach dem Modell einer Reflexion gedacht wird. Plotin scheint die Möglichkeit des reinen, nichtintentionalen Selbstbewußtseins nur halb erahnt zu haben. Indem er nicht der ersten, sondern erst der zweiten Hypostase Selbstbewußtsein zuschrieb, verblieb er in der Aporie der antiken Prinzipienlehre, die als Hypothek auch auf der Trinitätstheologie des vierten Jahrhunderts lastete. Augustinus hingegen gelingt es, in der Struktur des vorreflexiven Selbstbewußtseins den vor allem anderen liegenden Grund und Anfang von Subjektivität zu entdecken. Ausgehend von diesem Gedanken hätte sich die Aporie des platonischen Parmenides möglicherweise auflösen lassen. Weder das eÏn schlechthin, noch das seiende und insofern schon vielfältige eÏn, ebensowenig die Beziehung des Einen und des Vielen, und auch nicht der noyÄw, sondern die nur als Bedingung der Möglichkeit von Geist zu fassende Trinität ist jenes Absolute, das allem Denken und Sein voraus- und zugrundeliegt und eben darum gegenständlich nicht zu denken ist. Doch Augustinus ist an der Entfaltung einer Prinzipientheorie nicht interessiert. Ihn beschäftigen Gott und die Seele, sonst nichts.2267 Eben deshalb gibt er der Frage nach dem unvordenklichen Prinzip eine kopernikanische Wendung zum erkennenden, endlichen Subjekt hin. Der endliche, menschliche Geist kann nicht durch Reflexion sein Selbstbewußtsein einholen, sondern nur zu einem Grund gelangen, der vielen Deutungen offensteht. Um diesem Grund auf die rechte Weise zu entsprechen, bedarf der Mensch nach Augustinus des Glaubens und der Gnade Gottes. Der christliche Glaube deutet den Menschen als ein vom Sündenfall niedergedrücktes Wesen, das allein durch Christus, der in sich die Gottesgestalt und die menschliche Sklavengestalt vereint, Anteil an der wahren Glückseligkeit Gottes erlangen kann. Augustinus spricht von der in 1999, und K. Müller, Subjektivität und Selbstbewußtsein. Zur Wiederentdeckung einer philosophischen Theorieperspektive, in: Krieger/Ollig (Hgg.), Fluchtpunkt Subjekt (wie Anm. 707), 135–150. 2266 M. Frank, Hat Selbstbewußtsein einen Gegenstand?, in: Ders., Selbstbewußtsein und Selbsterkenntnis. Essays zur analytischen Philosophie der Subjektivität, Stuttgart 1991, 252–410; hier 408. Vgl. H.-D. Heckmann, Art. Selbstbewußtsein III. Analytische Philosophie, HWbPh IX, 1995, 371–379. 2267 Vgl. Aug. soliloq. I, ii, 7 (CSEL 89, 11, 15–17 Hörmann): A[ugustinus]: Deum et animam scire cupio. R[atio]: Nihilne plus? A[ugustinus]: Nihil omnino.

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Worten nicht auszudrückenden Umarmung des göttlichen Vaters und des Gottessohnes, die nicht ohne Genuß, ohne Freude, ohne Liebe und also nicht ohne den Heiligen Geist sei.2268 In Gott wohnt die vollkommene Glückseligkeit, weil sogar in ihm eine ewige Differenz zu herrschen scheint, die nach Einheit strebt und das Herz göttlicher Liebe schlagen läßt. Alles Seiende empfängt den Impuls seines Bewegens und Strebens von dieser Liebe, welche die Trinität ist. Augustins Analysen in De trinitate lassen die Trinitätslehre des vierten Jahrhunderts mit ihren an innerweltlichen Sachverhalten entwickelten Denkmodellen weit hinter sich. Augustinus benutzt an den entscheidenden Punkten seines Gedankenganges keine fertigen philosophischen Konzepte. Vielmehr begibt er sich mit aller Kraft, zu der er fähig ist, auf den Weg selbständigen Nachdenkens. Auf diese Weise gelingen ihm Entdeckungen, mit denen er seine Leser verstehen lassen will, auf welcher Höhe weit jenseits der gewohnten nizänisch-neunizänischen Formeln ein angemessener Versuch, die Trinität zu denken, sich zu bewegen hätte. Gerade das innerste Wissen des Menschen führt demnach auf die Trinität zu. Man kann es tragisch nennen, daß Augustins Trinitätsdenken in der Folgezeit mißverstanden worden ist. Man betrachtete als seinen Kern ein neues, diesmal psychologisch gewendetes Modell, das zur Darstellung eines Gegenstandes dienen sollte, wie dies schon so viele voraugustinische Denker versucht hatten. Dabei sagt Augustinus schon in den ersten Zeilen seines Werkes, daß man sich Gott nicht nach Art der menschlichen Seele vorstellen dürfe. Doch genau dies geschah, indem man Augustinus eine »psychologische Trinitätslehre« zuschrieb. Auch die von Augustinus in ihrer trinitätsbezogenen Valenz erschütterten Termini wie Substanz und Person durften, mit augustinischem Gewande angetan, ungehindert weiterhin auftreten. Augustinus trägt zu Mißverständnissen selbst bei, indem er im abschließenden fünfzehnten Buch nicht mehr die spekulative Höhe des neunten und zehnten Buches einholt. Das letzte Buch von De trinitate kann man in dem Sinne verstehen, als seien all die Ternare des Geistes unvollkommene, aus der bloß empirischen Beobachtung stammende Analogien zur göttlichen Trinität.2269 Dagegen hatten die Bücher IX und X eine unhintergeh-

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Aug. trin. VI, x, 11 (CChr.SL 50, 242, 29 f. M.). Vgl. Baur, Die christliche Lehre von der Dreieinigkeit (wie Anm. 1319), 884 f. über Augustins Triaden: »Die Momente sind immer dieselben: das erste Moment kann nur das Allgemeine, Ansichseyende seyn, mit dem zweiten Moment tritt der Unterschied ein, das Fürsichseyn des Besondern in seinem Unterschied von dem Ansichseyn des Allgemeinen, das dritte Moment ist daher das Moment der Einheit, die Aufhebung des im zweiten Moment gesezten Unterschieds. So richtig aber diese Bestimmungen an sich sind, so bleiben sie doch, so lange sie nur schlechthin gesezt und nicht aus dem Wesen des Geistes begriffen sind, als wesentliche Selbstbestimmungen des Geistes, bloße Analogien.« Baur hätte wohl anders geurteilt, wenn er die Bücher IX und X beachtet hätte (vgl. oben S. 311 ff.). Seine zunächst scharfsichtig erscheinende Kritik, Augustinus habe die Frage nicht beantwortet, woher der Unterschied in Gott komme (828), fällt letztlich in das verdinglichende Denken zurück, das Augustinus in diesen beiden Büchern zu überwinden versucht. 2269

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Schluß: Augustins ursprüngliche Einsicht

bare, notwendige trinitarische Struktur aufgezeigt, die aller Reflexivität zugrundeliegt und für den Geist absolut vorauszusetzen ist. Dies muß in Erinnerung behalten werden, damit man die folgenden Bücher nicht einseitig im Lichte des fünfzehnten Buches deutet. Doch schon die vielen Exzerpte und Sentenzensammlungen des fünften bis neunten Jahrhunderts übergehen trotz ihrer großen Fülle an Zitaten aus De trinitate speziell das neunte und zehnte Buch nahezu vollständig und eröffnen damit eine lange Tradition des Ausblendens und Mißverstehens von Augustins ursprünglicher Einsicht.2270 Die Triaden geistiger Vollzüge, die Augustinus in ihrer Funktion durchleuchtet, sind etwas anderes als bloße Modelle oder Analogien. Sie sind weit mehr als das. Die ihnen zugrundeliegende Struktur des Sich-Wissens unterscheidet sich nicht nur graduell von den alten Vergleichen der Trinität mit Quelle, Fluß und Wasser, mit drei Münzen aus einem Material oder mit drei Personen, denen es gemeinsam ist, ein und desselben menschlichen Wesens zu sein. Augustinus forscht vielmehr den Spuren und Bildern nach, die der Quellgrund von allem, was ist, in jedem geistigen Vollzug hinterläßt. Die triadischen Akte, die Augustinus untersucht, sind nicht beliebig. In ihnen entfaltet sich eine Dreiheit, die im ungegenständlichen Sich-Wissen in Einheit simultan beisammen ist. Die Entfaltung erlangt ihren vollkommenen Sinn erst dann, wenn sich der Geist auf Gott selbst als seinen Ursprung ausrichtet und von der Wahrheit erleuchten läßt, die Gott ist. In dieser Ausrichtung kann der menschliche Geist zu seiner vollen Wahrheit und Weisheit gelangen. Augustins ursprüngliche Einsicht in die Unableitbarkeit des Selbstwissens läßt ihn nicht in den Wahn verfallen, dem Menschen in seiner Endlichkeit ein Begreifen der göttlichen Trinität nach Denkmodellen zuzuschreiben, mit denen sich die Erkenntnis eines Gegenstandes durch den Verstand beschreiben läßt. In seinem Werk De trinitate führt Augustinus seine Leser an einen Grund, der unauslotbar ist. Augustinus denkt die Trinität, aber er denkt sie nicht mehr als Gegenstand, sondern als unbegreiflichen Grund: »Das Unbegreifliche soll so erforscht werden, daß man nicht meine, nichts entdeckt zu haben, wenn man zu entdecken vermocht hat, wie unbegreiflich das ist, was man gesucht hat.«2271 Darum war der ungeheure Aufwand eines lebenslangen Suchens nicht umsonst. Augustins opus tam laboriosum 2272 endet nicht in einem kläglichen, sondern in einem glänzenden Scheitern.

2270

Vgl. oben S. 15. Erst zu Beginn des vierzehnten Jahrhunderts scheinen einige Denker ein angemesseneres Verständnis anzudeuten, vgl. oben S. 356. 2271 Aug. trin. XV, ii, 2 (CChr.SL 50a, 461, 15–17 M.): Sic enim sunt incomprehensibilia requirenda ne se existimet nihil invenisse qui quam sit incomprehensibile quod quaerebat potuerit invenire. Zum Gedanken der docta ignorantia vgl. oben Anm. 1502. 2272 Aug. trin. prol. (epist. 174) (CChr.SL 50, 25, 17 M.).

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Stellenregister zu den antiken Texten Ae¨tius Antiochenus Syntagmation ii f. 472 iv 464 xvi 464 Ae¨tius doxographus De placitis I, 7, 30 450 Agnellus Ravennatensis Epistula de ratione fidei (Huhn) 112, 14–114, 29 93 Alcinous/Albinus Didascalicus ix 460 x 452 Alexander Alexandrinus Urkunden (Opitz) 4 b, 7 459 14, 15. 26 f. 460 Allogenes NHC XI, 3

64

Ambrosiaster In epistulas ad Galatas 4, 24 110 In I epistulam ad Corinthios 11, 8–10 111 Quaestiones veteris et novi testamenti 21 111 106 111 Ambrosius Explanatio symboli 3 112 4 112 Expositio evangelii secundum Lucam I, 25 114, 486 V, 49–82 94

V, 62 f. VII, 120 X, 49

64 99 111

De fide titulus prol. 5 I, 1, 6 I, 1, 8 I, 5, 35–42 I, 6, 43 I, 6, 45 f. I, 8, 57 I, 10, 62 I, 13, 79 I, 17, 108 I, 18, 118 I, 18, 120 I, 19, 131 II, 9, 77 III, 8, 55 IV, 6, 68 IV, 7, 72 IV, 9, 96 IV, 9, 102 V, 1, 27 V, 7, 99 V, 12, 148–16, 192 V, 12, 150 V, 13, 162 f.

27 112 473 481 474 474 474 479 500 114, 117 112 479 500 16 482 113 96, 479 213 500 92 474 114 89 484 89

Hexameron I, 1, 1–4

412

Hymnus Deus creator omnium 32 414 De incarnationis dominicae sacramento 8, 79 – 9, 97 168 8, 79 – 9, 105 496 8, 80 112 8, 84 479 9, 100 497 10, 106–116 496

586

Stellenregister

De Isaac 6, 52 84 De Noe 92 112 De officiis I, xxiv, 115 112 In psalmum CXVIII X, 16 111 De spiritu sancto titul. II, prol. 4 II, 5 (v f.), 44–47 III, 1 (prol.), 7 III, 18 (xviii), 133

17 114 113 113 113

Pseudo-Ambrosius De dignitate De trinitate

348 100, 348

Amphilochius Iconiensis Iambi ad Seleucum 210–215 513 Anastasius Sinai¨ta Sermones in constitutionem hominis I 95 Anaxagoras DK 59 A 43

445

Anaximander DK 12 B 1

443

Apolinarius Laodicenus (?) Oratio IV contra Arianos 1 463 2 464 12 464 Contra Eunomium IV, 676 C 92 IV, 681 A 464 IV, 684 B 90 IV, 685 A 90 Apuleius De deo Socratis vi

491

Aristoteles De anima B 1 (412 a 3–413 a 10) 67 De caelo A 2 (269 a 2–32) 67

Categoriae iv (1 b 26) 67 v (4 a 10–22) 498 vii (6 b 29) 204 vii (7 a 5 – b 14) 69 vii (7 b 15 – 8 a 12) 459 vii (8 a 26–28) 452 [paraphrasis Latina vide s. n. Ps.-Augustinus, Categoriae decem] Ethica Eudemia H 12 (1244 b 23 – 45 a 10) 63 Ethica Nicomachea A 2, 4 (1095 a 18) 73 Z 13, 13 (1144 b 34–45 a 2) 65 I 9, 9 (1170 a 19 – b 1) 63 Fragmenta 49 Rose 451 De interpretatione i (16 a 3 f.) 70 Metaphysica A 1–5 (980 a 21–987 a 28) 442 A 1–10 (981 b 27–993 a 27) 442 A 3 (983 b 20 f.) 443 A 3 (984 a 13) 445 A 4 (984 b 27) 444 A 5 (987 a 1 f.) 444 D 1 (1013 a 20–23) 442 D 6 (1015 b 16–1017 a 6) 252 L 1 (1069 a 1 f.) 451 L 7 (1072 b 20–30) 63 L 9 (1074 b 34 f.) 60, 451 N 5 (1092 a 15) 450 Physica A 5 (188 b 21–26) 498 Protrepticus Test. C 53:5 Düring 66 Test. C 110:1 Düring 66 App. 11 Düring 66 De sensu et sensibilibus ii (437 a 26 – b 23) 67 Pseudo-Aristoteles De Melisso Xenophane Gorgia 5 446 Arius Thalia (fragmenta) v. Athanasius, De synodis 15, 3 Urkunden Opitz 1, 2 458 1, 4 92, 459 1, 5 459

Stellenregister 6, 3 6, 4

461 459

»Arriani« Latini anonymi Collectio Veronensis Contra Iudaeos xiv, 1 485 Contra haereticos 2 480 Contra paganos 431 De solemnitatibus 10 Fragmenta theologica Arriana e codice Bobiensi rescripto 2 89 7 122, 481 16 482 17 480 Sermo Arrianorum 1–34 31, 38, 123, 127, 168, 430 10 481 17 481 34 89 ´ Sermones Etaix (Clm 6329) 7–10 10 13, 2 480 Athanasius Apologia secunda 48, 1 432 48, 2 432 49, 2 432 50, 4 432 Contra Arianos II, 26 461 II, 32 87, 500 III, 59–67 92 III, 63 93 De decretis 6, 1 97 35, 7 459 Epistula ad Afros 434 Epistulae ad Serapionem 2, 8 482 De synodis 8, 7 121 15, 3 459, 460, 461 16, 3 461 16, 4 459 27, 3 92 28, 8 470 30, 2–10 121

Tomus ad Antiochenos 5, 1–4 470 6, 1–4 465 10, 3 470 Pseudo-Athanasius Dialogi de sancta trinitate titulus 27 II 92, 168 Oratio IV contra Arianos v. Apolinarius Laodicenus Symbolum Quicumque 16, 348 De trinitate I, titulus 26 I, 9 481 IV, 22–24 116 V, 17 117 VI, 15, 15 500 X 117, 224 X, iii 92 XI 117 XI, iii 117 XI, iv 99, 117 XII 26 Augustinus Contra academicos I, ii, 5 73 II, iii, 9 VI II, vii, 16 405 III, xix, 42 409, 413 Contra Adimantum 9 486 De anima vide De natura et origine animae De beata vita I, 1 414 I, 4 409, 414 IV, 32–25 414 De catechizandis rudibus i, 1 426 viii, 12 426 De civitate dei Breviculus 19 I-III 420 I, praef. 424 V, xxvi 420 VI 35 VI, vi 42 VII, xxiii 78 VIII, iv 63, 295 VIII, vi 477

587

588 VIII, xi 48 VIII, xii 491 IX, xiii 414 X 441, 513 X, xiii 54, 55, 130, 440 X, xxiii f. 304, 413, 440 X, xxviii f. 440 XI, xxiv 479 X, xxix 413 X, xxxii 156, 163 XI 38, 46 XI-XIII 46 XI, x 107, 201, 304 XI, xxiv-xxix 304 XI, xxv f. 424 XI, xxvi 287 XI, xxx 78, 79 XII, ii 199 XII, xi 287 XII, xvi 204, 205, 206 XII, xx 34 XIV 46 XXI, viii 197 XXII, xv 42 Confessiones III, iv, 7 f. 409 III, iv, 8 409 III, vi, 10 410 IV, xv, 24 499 IV, xvi, 28 f. 68 V, iii, 3 410 V, x, 19 411 V, xiii, 23 411 VI, x, 17 416 VII, v, 7 270 VII, ix, 13 412, 491 VII, ix, 13–15 413 VII, xx, 26 296 VII, xxi, 27 414 VIII, ii, 3 103 VIII, xii, 29 161 IX, vii, 15 414, 428 IX, xii, 32 419 XI, xxiii, 29 91 XII, vii, 7 166 XIII, v, 6 303, 419 XIII, xi, 12 419 De consensu evangelistarum I 41 I, xxxv, 53 72 Contra Cresconium III, xxxiv, 38 433 IV, xliv, 52 433

Stellenregister De cura pro mortuis gerenda xi, 13 490 De dialectica v, 7, 12 f. 70 De diversis quaestionibus LXXXIII xii 413 xvi 16, 45, 417 xviii 15, 24, 249, 415, 417, 427 xxii 68 xxiii 16, 45, 417 xxxi 71 xxxvii 15, 214, 417, 427 xxxviii 16, 417 l 15, 93, 427 li 111, 417 lvi 79 lvii 417 lviii 42 lxix 15, 89, 169, 417, 427 De diversis quaestionibus ad Simplicianum I, ii, 2 418 II, i, 10 130 De doctrina christiana I-II 419, 420 I, v, 5 418, 439, 510 I, xi, 11–xvii, 16 419 II, vii, 9–11 418 III, x, 15 301 III, xxxvi, 52 119 IV, xix, 38 190 IV, xxi, 46 115 De dono perseverantiae xx, 52 418 Enarrationes in Psalmos liv, 22 431 ciii, i, 8 84 Epistulae 11 16, 169, 170, 174, 297, 298, 302, 416, 419 37 420 40, ii, 2 24 44, iii, 6 433 55, i, 1 42 69, 2 130 82, iii, 23 97 93, vi, 21 103 93, ix, 31 f. 103 98, 8 416 101, 4 418

Stellenregister 102 120 120, 120, 120, 120, 130, 137 137, 137, 143, 147 147, 148 148, 159, 162, 167, 169,

i, 2 i, 3 ii, 8 ii, 12 xv, 28 iii, 2 v, 7 4 vi, 18 ii, 10 1 2 ii, 4 f. i, 1

169, ii, 5 f. 170 170, 5 171 A 173 A 174 vide De 180 184 A, iii, 5 185, i, 1 189, 4 213, 1 219 220, 4 222, 2 229, 2 230, 3 238 238, i, 4 238, iv, 22 238, iv, 25 238–242 242

427 16, 170, 302, 425 28 478 478 426 360 110 16, 423 423 24, 422 16, 194, 485 486 40, 41, 109, 110 117, 124 425 24, 425 45, 64 21, 24, 44, 45, 160, 422, 425 41 16, 38, 201, 427, 431 480 431 16, 24, 426, 427 trinitate, prologus 102 46 16, 431, 433 435 42, 46 117 16, 431 48 435 435 201, 430 49, 169, 430 45 93 16, 427, 430 127, 431

Epistulae Divjak 1 A* 19, 46 46 2*, 1 38, 39 23 A* 23 A*, 3 34, 37, 38, 44, 127, 430 427 25* Contra epistulam quam vocant fundamenti 7 410

In evangelium Iohannis tractatus xiv, 9 238 xix, 17 224 xx-xxi 39 xx-xxii 38 xxi, 1–17 427 xxxix, 5 238 xxxix, 7 45, 430 xl, 7 429 xlii, 8 224 lv-lx 39, 44 lxiii, 1 508 lxvii 37 lxvii, 3 37 xcix 35, 37, 39 xcix, 8 f. 34, 44 Contra Faustum Manichaeum XX, 2 80, 409 XX, 5–23 410 XXII, 91 420 Contra Felicem Manichaeum I, 1 32 I, 20 33 De fide et symbolo ii, 2 303 iv, 6 486 ix, 16–20 417 ix, 18 417 ix, 19 217, 219 ix, 20 284 Contra Fortunatum Manichaeum 3 410 De Genesi ad litteram Breviculus 19 III, xxii 119 IV, ii 79 VI, vii 119 VI, xiv 197 IX, xvi-xviii 197 De Genesi ad litteram opus imperfectum xvi 166 De Genesi contra Manichaeos I, xxiv, 42 42 De gestis Pelagii xi, 25 423 xxii, 46 422 xxxii, 57 49 De gratia Christi xxxii, 35 99 xxxiii, 36 99

589

590 De haeresibus xliii 86 liv 168 lxix, 2 25, 433 Contra Iulianum opus imperfectum V, 55 73 De libero arbitrio II, i, 1, 1 260 III, xxi, 60,206f. 415 Contra litteras Petiliani libri tres II, li, 118 32 Locutiones in Heptateuchum III (Lev.), xx 45 Collatio cum Maximino ii, 26 482, 485 Contra Maximinum II, x, 2 110 II, x, 3 479 II, xiv, 1 224 II, xv, 2 f. 122 II, xxvi, 7 114 De moribus ecclesiae catholicae xxvi, 48 130 De moribus Manichaeorum vi, 8 415 De musica I, xii, 22–24 523 VI, xvii, 56 418 De natura et origine animae II, x, 14 37 De ordine I, x, 29 165 II, v, 16 300, 415 Ad Orosium contra Priscillianistas 7, 8 90 De peccatorum meritis et remissione I, i, 1 424 De perfectione iustitiae xix, 41 477 De praedestinatione sanctorum ii, 5 138, 148 viii, 13 19, 24, 427 Quaestiones in Heptateuchum II, xxv 97 De quantitate animae xxviii, 55 230 Retractationes capitula xli 24 prol. 3 31, 43

Stellenregister I, iv, 4 I, v, 1 I, xvii (xvi) I, xxvi (xxv) I, xxvii (xxvi) II, i (xxvii), 1 II, iv (xxx), 1 II, x (xxxvi) II, xv (xli) II, xv (xli), 1 II, xv (xli), 2 II, xvi (xlii) II, xxiv (l), 2 II, xxv (li) II, xxxi (lvii) II, xli (lxvii) II, xliii (lxix), 1 II, lii (lxxviii)

24, 525 421 119, 416 16, 24, 71, 111 184 31 420 43 42, 421 13, 23, 24, 35, 36 45 24 166 24 426 427 36 38, 127

Liber XXI sententiarum vii 59 ix 296 xvii a 435 xviii 296 Sermones 7 43 46 52

16 152 429 16, 160, 170, 174, 301, 302 52, 23 160 53 16 65 83 71 16, 301, 302 112 302 117 16, 170, 301, 302, 427 126 427 138 16 139 16 140 16, 435 162 429 179 A 130 180 49 183 16 209 130 229 O vide serm. Guelf. 17 288 268 340 vide s. n. Caesarius serm. 232 Sermones Dolbeau 6 49 22 16 26 16, 41, 43, 45, 491

Stellenregister Sermones codicis Guelferbytani 4096 17 38, 430 Sermo de symbolo ad catechumenos ii, 4 301 Contra sermonem Arrianorum I, 2 93 Soliloquia I, i, 2 16 I, i, 4 16 I, ii, 7 532 De trinitate Breviculus 13, 17, 18, 19, 20, 28, 100 Prologus (epist. 174) 13, 20, 22, 23, 34, 35, 38, 39, 42, 44, 45, 46, 184, 421, 427, 476, 508, 534 I, i, 1 439, 477, 501 I, i, 1–iii, 6 22 I, i, 1–vi, 13 22 I, ii, 4 159, 287, 424, 477, 478, 517 I, iii, 5 28, 509 I, iv, 7 479 I, iv, 7–v, 8 22, 478 I, v, 7 17, 479 I, vi, 9 112, 113, 480 I, vi, 9–12 9, 480 I, vi, 10 165, 480 I, vi, 12 116 I, vi, 13 113, 480 I, vii, 14 91, 482, 483 I, vii, 14–xiii, 31 482 I, viii, 15 14, 88, 101 I, viii, 15–x, 21 483 I, viii, 15–xiii, 28 88 I, viii, 16 484 I, viii, 18 528 I, viii, 18–ix, 19 483 I, x, 20 210, 483 I, xii, 26 f. 9 I, xii, 26–xiii, 28 9 I, xii, 27 118 I, xiii, 28 483 II, proœm. 1 22, 479 II, proœm. 1–iii, 5 22 II, i, 2–iv, 6 484 II, i, 3 39 II, ii, 4 128 II, v, 7–vii, 12 484 II, v, 8 113

II, v, 9 II, v, 10 II, vi, 12 II, viii, 14 II, ix, 15 II, x, 17 f. II, x, 17–xviii, 35 II, x, 19 II, x, 19–xi, 21 II, xi, 21 II, xviii, 34 II, xviii, 35 III, proœm. 1 III, proœm. 2 III, v-x III, vi, 11 III, vii, 13 III, viii, 13 III, ix, 19 III, x, 22–25 III, x, 23 III, x, 27 IV, proœm. IV, proœm., 1–iii, 6 IV, i, 1 IV, i, 2 IV, i, 3 IV, ii, 4 IV, iii, 5 IV, iii, 6 IV, iv, 5 IV, iv, 7–vi, 10 IV, v, 9 IV, v, 9–vi, 10 IV, vii, 11–xviii, 24 IV, viii, 12 IV, x, 13 IV, x, 13–xiv, 19 IV, xii, 15 IV, xiii, 17 IV, xiii, 18 f. IV, xiii, 19–xiv, 19 IV, xv, 20 IV, xvi, 21–xvii, 23 IV, xviii, 24 IV, xix, 25–xxi, 32 IV, xx, 27 f. IV, xx, 28 IV, xx, 29 IV, xx, 30 IV, xxi, 30 IV, xxii, 32 V, i, 1–2

591 96, 112 484 17 99 165 9 484 114 113 101 112 486, 487 22, 82 478 197 198 488 76 114 113 432 162 76 489 22 489 76 490, 530 83 489 65 79, 483, 490 14 9 490 490 491 491 491 492 57, 492 213, 493 151, 491, 526 494 72, 492 494 39 114, 494 494 23 41 494, 495 22

592

Stellenregister

V, i, 2 V, i, 2–ii, 3 V, ii, 3 V, iii, 4 V, iv, 5 V, iv, 5–v, 6 V, iv, 6 V, v, 6 V, vi, 7 V, vii, 8 V, viii, 9 V, viii, 10 V, viii f., 10 V, ix, 10 V, x, 11 V, xi, 12 V, xi, 12–xvi, 17 V, xii, 13 V, xiv, 15 V, xvi, 17 VI, i, 1 VI, i, 2 VI, ii, 3 VI, iii, 5–iv, 6 VI, iv, 6 VI, v, 7 VI, x, 11 VI, x, 12 VII, i, 1 VII, i, 2 VII, i, 1–ii, 3 VII, i, 2 VII, iii, 4 VII, iv, 7 VII, iv, 8 VII, iv, 9 VII, iv, 10 VII, v, 10 VII, v-vi VII, vi, 11 VII, vi, 12 VIII, VIII, VIII, VIII, VIII, VIII, VIII, VIII,

proœm., 1 i, 2 ii, 3 ii, 3–iii, 4 iii, 5 iv, 6 v, 8 vi, 9

67 69 199, 497, 498 495, 496 497 497 68, 498 497 90, 112, 390, 495 68, 69, 112, 499 340 17, 467 198, 502 17, 210, 502 16 165, 205 500, 522 16, 222 113, 221, 500 85, 204, 500 117, 500 500 109 501 45, 64 130, 178, 284, 391, 501 100, 118, 166, 240, 533 14, 95 499, 501 501 380, 392 391 110 14, 502 504 199 17 97, 199, 498 110 203, 208, 502, 505 91, 111, 119, 495, 506 107, 165, 509 509 14, 76, 510 190 510 510 76, 510, 510 112, 161, 511

VIII, VIII, VIII, VIII,

vii, 11 viii, 12 ix, 13 x, 14

IX, i, 1 IX, ii, 2 IX, iii, 3 IX, iv, 4 IX, iv, 5 IX, iv, 5–7 IX, v, 8 IX, vi, 11 IX, viii, 13 IX, xii, 17 IX, xii, 18 X, iii, 5 X, iii, 5 f. X, iii, 6 X, v, 7 X, vii, 9 X, vii, 10 X, vii-x X, ix, 12 X, x, 13 X, x, 13–16 X, x, 14 X, x, 16 X, xi, 17 X, xi, 18 XI, i, 1 XI, ii, 4 XI, v, 8 XI, x, 17 XII, i, 1 XII, i, 1–vii, 13 XII, iii, 3 XII, iii, 3–xiii, 21 XII, v, 5 XII, v, 5 f. XII, vi, 6–7 XII, vii, 9–13 XII, vii, 10 XII, vii, 12 XII, xi, 16 XII, xi, 17 XII, xiii, 20 XII, xiv, 21–xv, 25 XII, xv, 24 XII, xv, 25 XIII, i, 1–2 XIII, i, 2 XIII, i, 3

78, 511 522, 531 511 238, 340, 511, 522 94, 508, 511 136 57, 58, 75, 136 512 512, 520 67 512 361 513 525 514 58 58 58, 516 516 50, 58, 59 59 58 516 159 287 517 518 77 515, 519 522 272 313 45 76 235 118 523 83, 93 237 212 111 235 84, 235 84, 364, 407, 524 17 99, 112 37, 525 35, 72, 513 522, 524 525 163, 525 525

593

Stellenregister XIII, XIII, XIII, XIII, XIII, XIII, XIII, XIII, XIII, XIII, XIV, XIV, XIV, XIV, XIV, XIV, XIV, XIV, XIV, XIV,

ii, 5 iii, 6 iv, 7 iv, 7–xi, 15 v, 8 vii, 10 ix, 12 xvii, 22 xix, 24 xx, 25 i, 1 i, 1–3 i, 1–iii, 6 i, 2 i, 3 ii, 4 iii-iv iv, 6–xi, 14 vi, 8 ix, 12

76 75, 76 71 525 35, 72 76 34, 46, 57, 73 110, 423, 526 37, 57, 212, 525 527 437 37 527 50 72 195 84 527 75, 270, 281, 282 66, 72, 74, 76, 112 XIV, xi, 14 71, 76, 77 XIV, xii, 15 232, 527, 531 XIV, xiv, 18 76, 134 XIV, xiv, 20 527 XIV, xv, 21 285 XIV, xv, 21–xix, 26 528 XIV, xvii, 23 531 XIV, xix, 26 66, 72, 478, 526 XV, i, 1 78, 184, 521 XV, ii, 2 534 XV, ii, 2 f. 94 XV, ii, 3 521 XV, iii, 5 100, 184, 511, 521 XV, v, 7 78, 116, 283 XV, vi, 10 30, 139, 506, 511, 519 XV, vii, 12 349 XV, vii, 13 71 XV, ix, 15 77, 86, 110 XV, x, 19 70, 268 XV, xi, 20 121, 434, 529 XV, xi, 20–xii, 21 9 XV, xii, 21 46, 287, 529 XV, xiv, 23 122 XV, xv, 25 62 XV, xvi, 25 76 XV, xvii, 27 191, 486 XV, xvii, 29 f. 529 XV, xviii, 32 220, 530 XV, xix, 33–xx, 38 293 XV, xx, 38 41, 93, 167, 168, 530

XV, XV, XV, XV, XV, XV, XV, XV, XV, XV, XV,

xxi, 40 267, 529 xxii, 42 405 xxiii, 43 210 xxv, 45 217 xxvi, 46 109, 481 xxvi, 46–xxvii, 48 9 xxvi, 47 112, 222, 224 xxvii, 48 34, 44, 222, 424 xxvii, 49 184, 478, 530 xxvii, 50 221 xxviii, 51 166, 175, 481, 508, 528 De unitate ecclesiae iii, 6 429 v, 9 130 De vera religione iv, 7 (23) 413 vii, 13 (39–41) 415 vii, 13 (40) 415 xvii, 33 (88) 184 lv, 112 (308) 415 Pseudo-Augustinus Breviculus Categoriae decem 98 100 134 Collatio cum Pascentio Epistula ad Cyrillum Contra Felicianum Fragmentum de unitate patris Oratio de trinitate Sermo 182 Mai Sermo 242 Solutiones diversarum quaestionum viii De trinitate et unitate dei De unitate s. trinitatis Basilius Ancyranus Epistula synodica Basilius Caesariensis Epistulae 125, 2 Adversus Eunomium I, 12–15 I, 15

20, 305 204 68 498 305 309 305 305 304, 306 305 305 305 93 305 305 122

121 465 497

594 I, 21 II, 9 Homiliae diversae XV (de fide) XV (de fide, versio Rufini) XVI (in principio erat verbum) Homiliae in Hexaemeron IX, 6 91 Homiliae in Hexaemeron (versio IX, 6, 9–25 91 De spiritu sancto v, 7 513 xviii, 46 92

Stellenregister 91 497 91 91 91

Lat.)

Basilius (?) Epistula 38 vide s. n. Gregorius Nyssenus (?) Homiliae de creatione hominis 1, 4 91 2, 3 f. 119 Pseudo-Basilius Contra Eunomium IV/V vide s. n. Apolinarius Laodicenus Biblia Genesis 1, 26 79, 91, 229, 524 1, 26 f. 191, 211, 237 1, 27 111, 235 1, 27 f. 524 2, 20–23 118, 119 3, 21 84 18 113 Leviticus 11, 20 f. 45 Deuteronomium 6, 13 113 Psalmi 16 (15), 8 270 16 (17), 2 530 55 (54) 430 63 (62), 9 130 68 (69), 33 508 105 (104), 4 163, 184, 509 119 (118) 111 136 (135) 37 Proverbia 30, 15 86 Canticum canticorum 4, 8 477 5, 3 84

Sapientia 7, 27 59 11, 21 275 Ecclesiasticus (Sirach) 25, 16 477 Isaias 7, 9 506 9, 6 113 48, 16 113 Ezechiel 37, 1–14 197 Evangelium secundum Matthaeum 1, 17 42 5 94 3, 13–17 301 5, 8 170 22, 37–40 511 28, 19 109, 322, 481 Evangelium secundum Lucam 22, 19 269 Evangelium secundum Iohannem 1, 1–3 480 1, 1–18 53, 525 5, 19 39, 474 10, 30 64 14, 28 102, 482 15, 26 226 Actus apostolorum 4, 32 237 Ad Romanos 1, 25 113 5, 8 489 8, 9 220 9, 11 231 11, 36 116 Ad Corinthios I 64, 80, 116, 500 1, 24 6, 17 527 11, 5–7 524 11, 7 111, 229, 235 11, 19 431 13, 12 529 15, 24 482, 484 15, 24–28 88, 90, 462, 483 15, 28 88, 101, 108, 128, 417, 474 Ad Corinthios II 4, 16 522 13, 13 481 Ad Galatas 4, 4 484

595

Stellenregister 4, 5 4, 24 Ad Ephesios 4, 3 Ad Philippenses 2, 5 482 2, 6 f. 2, 6–11 2, 7 3, 3 3, 21 Ad Colossenses 3, 10 Ad Timotheum I 1, 17 2, 5 6, 16 Ad Hebraeos 1, 3 Epistula Petri I 3, 15

Charisius

111, 365 110, 111

Ars grammatica (Barwick) IV (363, 23 f.) 111 IV (364, 10 f.) 77

130

Chronica Gallica a. CCCCLII et DXI 482 190, 212 189 113 90

96 (a. 424) Cicero

101 99 490 99 87 477

Boethius De institutione arithmetica I, xix f. 79 In Isagogen Porphyrii commenta II, 9 65, 497 Caesarius Arelatensis Sermo 232 De mysterio s. trinitatis Calcidius Timaeus 272 286 304

441 68 53

Cassiodorus Institutiones I, xvi, 3 II, ii, 18 II, iv, 7

27 68 79

Censorinus De die natali 14, 2

42

Cerealis Disputatio contra Maximinum ix 93

435

206 305

De finibus V, 67 65 Hortensius (Frg. Grilli) 58 72 59 a 72 110 66, 72 115 66, 72, 478, 526 De inventione I, 7, 9 162 I, 19, 27 162 II, 53, 159–55, 167 71 II, 53, 160 71, 77, 112 De officiis I, 5, 15 112 II, 2, 5 72 Orator xx, 66 163 De oratore I, 6, 22 73 I, 18, 23 65 III, 20, 77 77, 417 III, 42, 167 77 De re publica VI, 16 (12) 490 Timaeus iii, 8 72 iv, 13 523 Tusculanae Disputationes I, 9, 18–11, 22 50 I, 11, 24 59 I, 24, 57 72 I, 27, 67 75 Claudianus Mamertus De anima I, xix II, vii

69 440

Clemens Alexandrinus Excerpta ex Theodoto D 80, 3 25

596

Stellenregister

Pseudo-Clemens Romanus Recognitiones III, 3, 7 472

Concilium Sirmiense (a. 351)

Cocondrius De tropis III, 236, 21 f. Spengel 77

Consessus Sirmiensis (a. 357)

Codex Theodosianus XIII, 3, 5 XVI, 1, 2 XVI, 1, 4 XVI, 5, 6

Anathematismi 24 f. Confessio fidei

92 89

Consessus Sirmiensis (a. 359) 411 410 428 475

Concilium Aquileiense (a. 381) Acta 430, 475 2 475 33–40 482 39 89 58 432 Concilium Carthaginiense (a. 397) Subscriptiones Sessio 28. Aug. 31 Statuta 434 Concilium Carthaginiense (a. 419) Acta 25 Maii 434 Commonitorium 49 Concilium Ephesinum (a. 431) actio prima (ACO I/1/2 12, 31) 121 actio sexta (ACO I/1/7, 89, 5) 121 Concilium Nicaenum (a. 325) Symbolum 99, 121, 461 Anathematismus 16, 503 Subscriptiones (EOMIA I) p. 84 f. 432 p. 89 432 Concilium Nicenum (a. 359) Confessio fidei 121 Concilium Serdicense (a. 342/343) »Occidentalium« (EOMIA I) p. 651 469 p. 651–653 90 p. 652 469 p. 658 432 p. 662 432 »Orientalium« (CSEL 65) p. 48 433 p. 48–78 433

Confessio fidei

121

Concilium Toletanum (a. 693) XVI Consentius Aug. epistulae 119 11* Divjak 12* Divjak

348

425 425 425, 426

Pseudo-Cyprianus Tractatus de centesima 25 432 25–28 490 Cyrillus Alexandrinus Dialogi de trinitate titulus 27 I, 389 e–390 a 121 II, 454 e–455 a 93 II, 453 e–457 e 93 Epistulae 1 (ad monachos) 121 17 (ad Nestorium) 121 55 (de symbolo) 121 Contra Iulianum VIII, 271 a 465 Contra Nestorium I, 8 121 Thesaurus titulus 27 vii 93 xxxiv 219 Damascius De principiis I, i II, i, 1 Damasus Confidimus fol. 43v – 45r Ea gratia fol. 45r

455 440

470 410, 470

597

Stellenregister Epigrammata (Ferrua) carm. 1 411 carm. 4 411 Democritus DK 68 B 264

285

Didymus Alexandrinus De spiritu sancto (versio Latina) 3 97 20 f. 97 81 96 87–90 97 167 97 Didymus Alexandrinus (?) De trinitate titulus 27 I, ix 92, 93 II, xi 113 III, xl 97 Diodorus Siculus Bibliotheca historica XL, 8 421 Diogenes Lae¨rtius Vitae philosophorum VII, 56 70 IX, 51 446

69, 73, 74, 76, 76, 76, 76,

26, 5 f. 92 5, 7 122 11, 7 130, 219 11, 1–12, 37 168 12, 2 f. 472 12, 4 464 12, 16 464

Eunomius Frg. 2 V. Confessio 2 Liber apologeticus 7 21 24 27

465 467 472 472 92, 464 89

Eusebius Caesariensis De ecclesiastica theologia II, 8 463 II, 11 463 III, 4 462, 463 Historia ecclesiastica 17 capitula Contra Marcellum I, 3, 14–16 86 I, 4, 23 462 Praeparatio evangelica IV, ix, 3 f. 493

Diomedes Ars grammatica (Keil) II (I, 420, 11–13) 70 II (I, 461, 31) 111 II (I, 462, 18–20) 77

Eusebius Emesenus Sermo III de fide 24 89

Donatus Carthaginiensis De spiritu sancto titulus 25

Eusebius Vercellensis (?) De trinitate vide s. n. Pseudo-Athanasius

Ennius Annales (Frg. Vahlen) 560 75

Exempla sanctorum patrum (CPL 654) 12 107

Epiphanius Ancoratus 7, 1 7 f. 51 Panarion (adversus 64, 4, 9 69, 6, 3 69, 6, 6 69, 6, 7

130, 219 223 92 haereses) 84 458 92, 459 459

Faustinus De trinitate titulus

26

Faustus Manichaeus Frg. apud Aug. c. Faust. XX, 2 80, 409 Favonius Eulogius Disputatio de somnio Scipionis i-xix 490 xx-xxviii 490

598

Stellenregister

Filastrius Diversarum haereseon liber cx, 3 99 Fortunatus Manichaeus Frg. apud Aug. c. Fort. 3 410 Fulgentius von Ruspe Dicta regis Trasamundi

93

Gennadius De viris illustribus xliii 26 Gorgias Fragmenta vide s. n. Pseudo-Aristoteles, De Melisso Xenophane Gorgia Gregorius Illiberitanus De fide praef. 109, 470 2 110, 117 4 110, 498 5 109 8 41, 99, 110 Gregorius Nazianzenus Orationes 21, 35 467, 503 28 40 29, 6 92 29, 7 93 29, 16 467 30, 4–6 89 30, 18 467 31, 8 94 31, 9 467 31, 11 93 39, 11 502 39, 12 513 42, 15 219 Rufini Orationum Gregorii Nazianzeni novem interpretatio 3 (39), 11 107 6 (17), 5 92 Gregorius Nyssenus Ad Adlabium quod non sint tres dei 38, 8–11 M. 466 38, 8–18 M. 466 40, 5–9 M. 466 54, 1 f. M. 466

Epistulae 3, 8 513 Contra Eunomium I, 231–237 95 Ad Eustathium de sancta trinitate titulus 27 3–16 M. 466 Ad Graecos ex communibus notionibus 19–33 M. 466 Homiliae in canticum canticorum II 84 VI 94 XI 84 XV 219 Oratio catechetica viii 84 Orationes de beatitudinibus VIII 84 Gregorius Nyssenus (?) Basilius (?), epistula 38

466

Pseudo-Gregorius Nyssenus De eo quid sit »ad imaginem dei«

95

Grillius Commentum in Ciceronis rhetorica 1, 1 77 Hierocles In aureum pythagoreorum carmen commentarius I, 18 493 Hieronymus Altercatio Luciferiani et orthodoxi xvii 434, 500 Chronicon a. Abr. 2390 428 Commentarii in epistulam ad Galatas II, 4 111 [Didymus, versio Latina, vide s. n. Didymus Alexandrinus, De spiritu sancto] Epistulae 15, 4 503 34, 3 48 55, 3 89 57, 2 f. 421 84, 10 421 112, 4 97 126, 1 422

599

Stellenregister XI, 49 XII, 45

Adversus Rufinum II, 19 24 De viris illustribus lxx 24 xciii 25, 433 Pseudo-Hieronymus

Hilarius Pictaviensis (?) Hymnus de Christo 59 f. 130 Iamblichus

Epistula 16 vide s. n. Pelagius, Libellus fidei De natura angelorum

101 487

14

Hilarius Pictaviensis Collectanea antiariana Parisina A III 122 A IV 433 A IV 1 89, 433 A V 3, 1 433 B II 9, 2 89 B II 10 469 B II 11, 4 130 BV 122 Liber de synodis xi 89, 470 xxxviii 92 lxiii 103 xci 469 In Matthaeum commentarius iv 94 Tractatus in psalmos lxviii, 25 483 De trinitate titulus 26 I, 17 469 II, 1 100, 481 IV, 4 479 IV, 23 487 IV, 27 f. 101 IV, 42 487 V, 11 487 V, 17 487 VI, 13 469 VIII, 19 224 VIII, 34 479 IX, 5 f. 482 IX, 20 479 XI 101 XI, 6 482 XI, 8 89 XI, 21–49 89 XI, 39 484 XI, 40 101

De mysteriis I, 12 492 In Platonis Timaeum commentarium Frg. 1 Dillon 441 Iordanes Getica XXXIII, 167–169

435

Irenaeus Lugdunensis Adversus haereses I, 30, 1 83 V, 16, 2 111 Isidorus Hispalensis Etymologiae sive origines III, ii 79 XI, ii, 5 43 Pseudo-Iohannes Chrysostomus Liturgia s. Chrysostomi

141

Lucanus De bello civili VII, 62 f.

76

Lucretius De rerum natura I, 73

76

Macrobius Commentaria in Somnium Scipionis I, v-vi 490 I, vi, 12 78 I, xiv, 1–27 413 I, xiv, 6 413 Marcellinus Aug. epist. 136

422, 423

Marcellus Ancyranus Fragmenta Klostermann − Seibt 41 K. = 111 S. 463 52 K. = 70 S. 463 66 K. = 47 S. 462 67 K. = 48 S. 463

600

Stellenregister

88 K. = 22 S. 462 121 K. = 109 S. 463

Nebridius Aug. epist. 6, 1

Candidi Arriani . . . epistulae 1, 3 471 1, 8 472 1, 10 498 Ad Candidum 14 Adversus Arium I A, 27 I A, 36 I A, 37–39 I A, 39 I A, 41 I B, 50 I B, 55 I B, 57 f. III, 2 III, 4 IV, 4 IV, 21

De natura hominis iii, 130 f. 58 Niceta Remesianensis De spiritus sancti potentia 23, 22 Burn 224

473

Nicomachus Gerasenus Introductio arithmetica I, vi 53 I, xvi 79

224 90, 483 89 483 99 300 472 83 271 467 498 300

Novatianus De trinitate titulus 28, 161

Commentarius in epistulam ad Philippenses 3, 21 90 26 130 130

Porphyrii introductio in categorias Aristotelis 2 502 6 65, 497 Maximinus episcopus Contra Ambrosium dissertatio 304r 495 Methodius Olympius De creatis 2

460

De resurrectione I, 29, 4

84

Pseudo-Mimus Frg. spurium 241 Bonaria

25 170

Oracula Chaldaica (des Places) Frg. 4 129 Frg. 31 54, 129 44 54

Commentarius in epistulam ad Galatas 4, 24 111

Hymni titulus 1, 4 3, 242–244

416

Nemesius von Emesa

Marius Victorinus

76

Origenes Contra Celsum II, 64 194 VI, 77 194 VII, 38 458 VIII, 12 457 Homiliae in Genesim I, 13 84, 111 I, 15 84, 112 XIII, 4 84 Homiliae in Leviticum VI, 2 84 Commentarius in Iohannem II, 10, 75 457 Frg. 13 458 De principiis I, praef., 1 462 I, i, 6 458 I, ii, 2 93 I, ii, 4 458 I, ii, 10 85, 460 I, vi, 2 457 II, v, 4 65 II, ix, 1 458 IV, iv, 8 458, 460 Selecta in Genesim 3, 12 84

601

Stellenregister Philolaus

Orosius Historiae adversum paganos I, prol. 11 46

Historia ecclesiastica II, iii 460

421 421

Palladius Ratiarensis Contra Ambrosium 474 fol. 336r 336v 479 fol. 336v–337r 474 fol. 340v 99, 170 Parmenides DK DK DK DK DK DK DK DK

28 A 24 28 B 2 28 B 3 28 B 6 28 B 8 28 B 9 28 B 12 28 B 13

444 443 444 443, 444 444 444 444 444

Pascentius Aug. epistula 240

430

Paulus Diaconus Historia Romana XIII, x

443 443

Philostorgius

Ovidius Naso Tristia I, vii, 23–40 III, xiv, 21–24

DK 44 DK 44 B 7

435

Pelagius Expositiones XIII epistularum S. Pauli Ad Corinthios 15, 24 482 Ad Corinthios 15, 28 483 Ad Galatas 4, 24 111 Ad Philippenses 2, 5 482 Libellus fidei 99 Pelagius (?) Libri tres de trinitate titulus 27 Philo Alexandrinus De decalogo 58 459 Legum allegoriae I, 63–73 65 I, 91 75 De opificio mundi 165 112

Phoebadius Liber contra Arrianos xiv, 3 99 xvi 89 Plato Alcibiades I 132 e–133 c Apologia 31 d Charmides 167 e 5–7 Euthydemus 278 e Gorgias 454 e 1 f. Meno 82 b-e Parmenides 128 d 7 f. 133 d 7–134 a 1 135 c 8 135 d 4 135 d 7 136 a 2 136 c 5 142 e 7 f. 144 e 5–7 166 c 3–5 Phaedo 94 b 4–107 a 2 97 b 8–99 d 3 Phaedrus 245 d 1 245 d 7 Philebus 15 a 6 15 b 1 Protagoras 329 b–333 b Res publica 505 b 5–10 509 b 9

75 285 449 73 462 72 421 204 437 437 437 437 437 447 447 448 58 445 449 449 458 458 65 449 449

602 510 b 7 511 b 6 f. Sophista 248 e 6–249 b 10 254 d 4–260 a 3 255 c 12 f. Symposium 202 d 11–203 a 8 Theaetetus 152 a 6–8 Timaeus 29 c 3 30 b 6 – c 1 31 b 8 – c 4 50 c 7 – d 4

Stellenregister 449 449 63 449 449 491 446 72 63 448 51

Plinius Secundus Naturalis historia praef. 33

18

Plotinus Enneades I, iv, 7 I, vi I, vii, 1 III, vi IV, vii, 8–10 IV, vii, 11 V, i V, i, tit. V, i, 6 V, i, 7 V, i, 8 V, i, 9 V, iii V, iii, 1 V, iii, 2 V, iii, 5 V, iii, 6 V, iii, 7 V, iii, 9 V, iii, 15 V, ix, 1 VI, vi, 7 VI, vii, 40 VI, viii, 14 VI, viii, 16 VI, ix, 5

435 55 415 63 58 58 55, 58 440 458 454 440, 452 452 55, 58, 257, 515 58 518 58, 453 58, 518 453 518, 521 454 439 283 458 453 271, 453 59

Porphyrius De abstinentia II, xxxiv, 2 II, xli, 5

493 492

Epistula ad Anebonem 11 (35) 454 Fragmenta (Smith) 221 F 465 273–275 F 54, 514 284 F 440, 455 284 a F 440 In Aristotelis categorias commentarium 26r, 16 497 39v, 13–40v, 12 460 Isagoge 1 a 38 f. 502 4 a 25 f. 497 4 a 25–30 65 De philosophia ex oraculis haurienda 118 f. W. 493 Sententiae ad intelligibilia ducentes 21 58 32 64 40 54, 59 40–44 514 43 57 44 58 Symmikta zetemata 57, 58 Porphyrius (?) Commentarium in Parmenidem XII (fol. 93v) 455 Possidius Indiculum viii, 1 viii, 1–4 viii, 5 Vita Augustini v, 3 xi, 5 xvii, 1–6 xvii, 7 xxviii, 11

24 16 24, 122, 427 49 331 305, 430 434 435

Priscianus Institutiones grammaticae III, i, 2 f. 201 Priscillianus (?) De trinitate fidei catholicae titulus 26 Proclus In Platonis Alcibiadem commentarium 103 A 4–6 130

Stellenregister In Platonis Parmenidem commentarium I (630, 14–645, 8 C.) 437 In Platonis Timaeum commentaria I, 345, 21/23 D. 443 I, 345, 26 f. D. 443 Procopius Caesariensis De bello Vandalico I, 3, 22–26 435 Prolegomena in Platonis philosophiam 26

441

Prosper Aquitanus Epitoma chronicon 1294 (a. 427) 435 Excerptio ex libro de trinitate Augustini 18 Liber sententiarum lxi 14 lxii 19 Protagoras DK 80 B 1

446

Pythagoras/Pythagorei DK 14/58

443

Quintilianus Institutio oratoria I, proœm., 6 f. III, vi, 22–24 VI, ii, 3 VIII, vi, 52

421 201 77 77

Rufinus De adulteratione librorum Origenis xii 24 Historia ecclesiastica I, capitula 17 X, xxx 107, 108 [versiones Latinae vide s. n. Pseudo-Clemens Romanus, Gregorius Nazianzenus, Origenes, Sextus Pythagoricus] Rufinus Syrus Liber de fide 53

93

Marius Plotius Sacerdos Artes grammaticae (Keil) I (VI, 462, 19 f.) 77

603

Sallustius De coniuratione Catilinae i, 1 76 i, 2 76 xx, 4 76 Salvianus Massiliensis De gubernatione dei VII, xvi, 67 f. 422 Secundinus Manichaeus Ad sanctum Augustinum epistula 410 Severus Antiochenus Liber contra impium Grammaticum III, 1, 5 27 Sextus Empiricus Adversus mathematicos VII, 284–286 283, 515 VII, 310–312 283, 515 Sextus Pythagoricus Sententiae 36 50 208 83 Simplicius In Aristotelis II de caelo commentaria 485, 22 f. 451 In Aristotelis categorias commentarium 62, 24 – 64, 12 499 In Aristotelis physica commentaria 24, 15 443 39, 16 444 86, 27 443 116, 28; 30 443 116, 32–117, 1 443 117, 4 f. 443 117, 12 f. 444 145, 3–146, 22 444 156, 2–4 445 156, 13–20 445 157, 1 f. 445 164, 19 f. 445 180, 1 f. 444 180, 9 444 In Epicteti enchiridion commentarium xxxviii 493 Socrates Historia ecclesiastica IV, vii, 13 f. 465 IV, xxv, 6 27

604

Stellenregister

Sozomenus Historia ecclesiastica IV, xv, 2 432 Speusippus Frg. 58 Isnardi Parente 450 Stobaeus, Johannes Anthologium 450 I, i, 29b I, xxi, 8 443 IV, v, 46 285 Symmachus Relationes iii xxv f. Terentius Andria II, 1 (305 f.)

27 27

Theophanes Confessor Chronographia 5931 (a. 431)

435

Theophilus Antiochenus Ad Autolycum II, 15, 4

411 411

25

Ulpianus Corpus Iuris Civilis I, 1, 10 76

Antiquitates rerum Frg. 14, 4 M. Antiquitates rerum Frg. 227 C.

humanarum 42 divinarum 78

Vergilius Aeneis I, 279 III, 628 f. VI, 289 VI, 296 VIII, 202 X, 159 f. Georgica III, 513 f. IV, 198–201

528 76 76 77 76 76 76 76

Volusianus Aug. epist. 135

423

Xenocrates Frg. 213 Isnardi Parente

443

Theodoretus Epistulae 113 Epistula ad populum Constantinopolitanum Historia ecclesiastica I, iv, 15. 26 f.

112

Varro

Tertullianus De anima xvi, 4 25 xviii, 1–13 99 xxi, 1 25 Adversus Hermogenem iii, 1 85 iii, 2–4 85 Adversus Marcionem I, i, 1 f. 421 De praescriptione vii, 3 25 Adversus Praxean ii, 1 196 ii, 4 25 iv, 1 196 vii, 8 462 vii, 9 462 x, 1 – xi, 10 99 xv, 8 99 Thales DK 11 A 12

II, viii, 37–52 90 II, viii, 45 469 II, xxi, 3–7 434 V, ix, 11 467, 503 Quaestiones in Genesim xxxix 84 De sancta et vivifica trinitate De incarnatione domini

27 27 460

Zeno Eleates DK 29

445

Zeno Veronensis Tractatus I, vii (II, 2), 4 I, xvii (II, 3), 1 I, lvi (II, 5), 1 II, v (II, 6), 1-10

118 118 118 89

450

Register erwähnter Handschriften Bamberg, Staatsbibliothek Patr. 35:

S. 9, Anm. 25

Berlin, Staatsbibliothek Phillipps 1684:

S. 26

Cambrai, Bibliothe`que communale Ms. 300:

S. 14

Cambridge, Trinity College B. 3. 31 (182) = 110 J.: S. 7, Anm. 16 Chartres, Bibliothe`que municipale Ms. 152: S. 13, Anm. 42 Edinburgh, National Library of Scotland Adv. MS 18. 7. 8: S. 9, Anm. 26 Erlangen, Universitätsbibliothek Ms. 180: S. 9, Anm. 25 Leiden, Universiteitsbibliotheek Cod. Vossianus lat. Q 122: S. 14, Anm. 48 Lucca, Biblioteca Capitolare Feliniana Cod. 23: S. 13, Anm. 42 Mainz, Stadtbibliothek Ms. II, 18:

S. 13, Anm. 42

Montecassino, Biblioteca dell’Abbazia Cod. 18: S. 18, Anm. 64 Cod. 19: S. 9, Anm. 26 Fragmentum saec. VIII: S. 9, Anm. 26 München, Bayerische Staatsbibliothek Clm. 6329: S. 10, Anm. 27

Paris, Bibliothe`que Nationale lat. 2088: S. 13 lat. 8907: S. 126 lat. 18104: S. 13, Anm. 42 n. a. lat. 1445: S. 13 n. a. lat. 1446: S. 13 Rom, Biblioteca Vaticana Vat. lat. 266: Vat. lat. 414–422: Vat. lat. 463: Vat. lat. 3375: Vat. lat. 5755: Vat. Pal. lat. 1877: Vat. Urb. lat. 79:

S. S. 12, Anm. S. 12, Anm. S. S. 18, Anm. S. 18, Anm. S. 12, Anm.

27 37 37 14 64 66 37

Salzburg, Erzabtei St. Peter Ms. a IX 8: S. 13, Anm. 42 Sankt Petersburg, Publichnaja Biblioteka Q. v. I. 3 (Corbie): S. 420, Anm. 1712 Siena, Biblioteca comunale Cod. F. V. 11:

S. 20

Vendoˆme, Bibliothe`que municipale Ms. 37:

S. 13

Venedig, Biblioteca Giustiniani Recanati Fragmentum saec. V/VI: S. 9, mit Anm. 27, S. 14 Verona, Biblioteca Capitolare Cod. LI (49): S. 9, 14, 126, 431, Anm. 1781 Cod. LX (58): S. 90, Anm. 445

Oxford, Bodleian Library Laud misc. 126: S. 8, Anm. 24; S. 18, 22

Wrocław, Biblioteka Uniwersytecka Cod. I. F. 115: S. 309, mit Anm. 1312 Cod. I. Q. 267: S. 308, mit Anm. 1305

Paris, Bibliothe`que de l’Arsenal Ms. 303 (419 T. L.):

Zürich, Zentralbibliothek Ms. Rh. 37: S. 13, mit Anm. 42

S. 13

Personenregister Abercrombie, N. 288 Abert, A. 29 Abramowski, L. 54, 64, 107 f., 129, 157, 300, 354 f., 415, 472, 503, 513 Achard v. St. Victor 352 Achelis, H. 433 Adam, A. 79 f., 318 Adam, Ch. 287 Adam, K. 81, 137 Ae¨tius v. Antiochien 168, 464, 468, 472, 496 Ae¨tius doxographus 50, 450 Agae¨sse, P. 30, 119 Agahd, R. 78 Agnellus v. Ravenna 93 Ahl, D. C. 307 Alanus ab Insulis 309 Alarich 422 Albertus Magnus 354 f. Albinus 452 Albrecht, J. 70 Alcinous 452, 460 Alcorta, J. I. 227 Aleksij II. 337 Alesanco Reinares, T. 228 Alexander v. Alexandrien 458–460 Alexander v. Aphrodisias 201 Alexanderson, B. 16, 22 Alici, L. 233, 265, 267 Alkuin 4, 64, 332, 349 Ps.-Alkuin 14, 332 Allen, R. E. 438 Allers, R. 275 Allogenes 64 Alsheimer, R. 310 Altaner, B. 6, 41, 47–49, 82–85, 87, 91–94, 97 f., 110, 114, 117, 130, 168, 181, 202 f., 300, 331 f., 421 Alvares Turienzo, S. 227 Alypius 49, 130, 433 Ambrosiaster 110 f., 235, 395 Ambrosius 16 f., 27, 64, 84, 89, 91 f., 94,

96, 98 f., 109, 111–117, 128, 161, 164, 168 f., 193 f., 213, 217, 222, 225, 229, 299, 303, 318, 332, 395, 411–414, 419, 428–430, 470, 473–475, 478–482, 484– 486, 496 f., 500, 505, 529 Ps.-Ambrosius 100, 348 Amengual i Batle, J. 170, 425 Amerbach, J. 10 f. Ammonius Sakkas 201, 452 Amphilochius v. Ikonium 513 Anastasius I. v. Antiochien 96 Anastasius I. v. Rom 32 Anastasius Sinaı¨ta 95 Anatolios, Kh. 245 Anaxagoras 445 Anaximander 443 Anaximenes 50 Andresen, C. 6, 49, 318 f., 525 Andrews, R. 348 Anebon 455 Angelus Silesius 310 An˜oz, J. 46 Anselm v. Canterbury 4, 190, 202, 347, 350–352, 380 Antin, P. 16 Antonius d. Einsiedler 87 Apel, K.-O. 291, 388 Apelt, O. 448 Apolinarius v. Laodicea 90, 92 f., 395, 463–465, 471, 497, 501, 505 Apuleius 53, 79, 491 Arias, L. 174 Arias Reyero, M. 175 Aristoteles 50, 60, 63, 65–71, 73, 125, 149 f., 204, 249, 252, 254 f., 257, 259 f., 267 f., 275, 282, 285, 293, 345, 350, 353, 356, 394, 412, 442–445, 450–453, 458 f., 465 f., 497–499 Ps.-Aristoteles 446 Arius 92, 97, 100, 125 f., 169, 193, 417, 429 f., 458 f., 461–464, 474, 495 f., 500, 505, 508

Personenregister Arkudios, P. 333 Armogathe, J.-R. 12 Armstrong, A. H. 16, 56, 87, 171, 252, 454 Arn v. Salzburg 332 Arnauld, A. 287 f. Arnim, A. v. 310 Arnold, J. 186, 196 f., 399 Arnou, R. 62, 104 Arnould, J. 247 Arpe, C. 199 Assmann, J. 61, 345 Asterius 88, 460, 462 f. Asztalos, M. 348 Athanasius 25, 87, 92 f., 97 f., 114, 116 f., 121, 129, 137, 166, 169, 202, 261, 313, 320–322, 329, 366, 380, 395, 432, 434, 459–461, 465, 468, 470, 474, 482, 500, 503 Ps.-Athanasius 16, 26 f., 87, 92 f., 99, 116 f., 168, 224, 395, 463 f., 471, 481, 500 f. Atkinson, M. 440 Attikus v. Konstantinopel 49 Aubenque, P. 199 Auerbach, E. 189 f. Augustinus passim Ps.-Augustinus 67 f., 93, 111, 204, 305 f., 309, 498 Aulus Gellius 50 Aurelius v. Karthago 23, 30, 33 f., 44, 49, 416, 421, 426 f., 435, 476 Aury, Ch. 12 Auxentius v. Durostorum 137, 168, 428, 430 Auxentius v. Mailand 427, 430 Auxentius Mercurinus 428 Avicenna 514 Axt-Piscalar, Ch. 133, 371 Ayres, L. 38, 59, 75, 92, 116, 129, 164, 167, 169–173, 200, 212 f., 239, 244–246, 290, 298, 302, 368, 395, 400, 403 f. Azkoul, M. 341 Backus, I. 350 Baier, W. 381 Bailleux, E´. 153 f., 195, 211, 399 Bakhuizen v. d. Brink, J. N. 212 Balido, G. 107 Baltes, M. 452, 455, 472 f., 491, 518 Balthasar, H. U. v. 2, 95, 275, 348 f., 369, 371, 376–379, 382, 384–387, 390 Bammel, C. P. 80 Barbel, J. 487

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Bardenhewer, O. 96 Bardy, G. 19, 33, 44, 46, 97, 205, 304, 420, 491 Barion, J. 55 f. Barnard, L. W. 90 Barnes, M. R. 38, 88 f., 99–101, 108, 116, 123, 129, 165, 167–171, 298, 302, 327 f., 395, 403 f., 428 Barnes, T. D. 432 Barnikol, E. 311 Barr, J. 142 Barre´, H. 176 Bartelink, G. J. M. 82, 85, 91, 101, 113 f. Barth, K. 2, 142 f., 172, 369, 371–373, 376, 378 f., 382, 384, 387, 390, 398 Barwick, K. 70 Basilius v. Ankyra 121 f., 202, 432 Basilius v. Caesarea 81, 90–92, 119, 121, 168, 202, 395, 464 f., 468, 470, 496 f., 505, 513 Ps.-Basilius 90, 92 f., 395, 464–466, 497 Basse, M. 316 Bastiaensen, A. A. R. 98, 100, 110, 115 Battenhouse, R. W. 175 Baudelaire, Ch. 364 Bauer, J. B. 379 Baur, F. Ch. 4, 140, 258, 311–315, 396, 456, 462, 533 Bausola, A. 60 Bavaud, G. 213 Bavel, T. J. v. 5, 89, 93, 100 f., 110, 210 f., 224, 232 f., 236 f. Baza´n, F. G. 106 Beatrice, P. F. 56 Beaurecueil, M.-J. S. de L. de 353 f. Bechtle, G. 455 Beck, H. 273 Beck, H. G. J. 262 Becker, G. 18 Becker, M. 74 Behr, J. 172 Beierwaltes, W. 61, 105, 246, 255, 258, 267, 275, 349, 439, 453, 472, 514, 521 Beinert, W. 382 Bekkos, Johannes 333 Bell, D. N. 64, 351 Benivieni, G. 361 Benjamin, W. 343 Benner, D. C. 329 Benz, E. 104, 141 f., 260 f. Berardino, A. di 6 Bercken, W. P. van den 276 Berdjaev, N. 337

608

Personenregister

Berengerus v. Ebrach 9 Bergades, J. 95 ˚ 360 f. Bergvall, A Berlinger, R. 141, 146, 281 Bermon, E. 289 f. Bernath, K. 357 Bernhard v. Clairvaux 282, 310 Bernhart, J. 356 Berrouard, M.-F. 38 f., 44 f., 127 f., 165, 174 f., 218, 232, 237, 304, 429 f. Berthold v. Leiningen 9 Beschin, G. 238 Bethune-Baker, J. F. 317 Bettetini, M. 275 Beyenka, B. 114 Beyschlag, K. 318 Beza, Th. 27 Bickerman(n), E. J. 33, 36 Biedermann, H. M. 341 f. Biel, G. 361, 405–407 Bieler, L. 16 Bienert, W. A. 85 Bilz, J. 370 Bindemann, C. 301 Biolo, S. 285, 400, 516 Bischoff, B. 8, 18 Bizer, Ch. 27 Blache`re, F. d. P. 193, 228 Black, C. C. 301 Blanchet, L. 288 Bla´zquez, N. 199 Bligh, J. 352 Blumenkranz, B. 305 Bochet, I. 174, 190, 230 Bodei, R. 238 f. Boeckh, A. 92 Boeder, H. 199 Boeft, J. den 82 Boethius 4, 65, 74, 79, 260, 322, 333, 345, 348, 497 Boff, L. 363, 369, 382 Boglioni, G. 220 Böhlig, A. 83 Böhnke, M. 194 Boigelot, R. 209 Bolotov, V. 223 Bolte, J. 310 Boman, Th. 141 Bömer, F. 69 Bonaria, M. 76 Bonaventura 209, 347, 352, 354 Bongard, W. 207 Bonifatius 431, 435

Bonner, G. 179, 222, 232 Booth, E. 60, 66, 149, 234, 282, 290, 353 f. Borchardt, R. 214 Borges Teixeira, E. F. 194 Børresen, K. E. 111, 235 Borsche, T. 267 Bort, K. 284 Bortolaso, G. 353 f. Bougerol, J.-G. 350 Bouillet, M.-N. 51 Bouman, J. 179 Bourassa, F. 152–154, 195, 219, 399 Bourke, V. J. 179 Bovillus, C. 407 Boyer, Ch. 227 Brabant, F. H. 52 Brachtendorf, J. 3, 5, 29, 61, 68, 124, 146–151, 158, 166, 184 f., 230, 234, 242 f., 255, 265, 267, 282 f., 286, 290, 355, 400, 403, 516, 521 Brandans Meerfahrt 307 Brandmüller, W. 503 Braun, R. 25, 46 Bray, G. 304 Brenke, U. 26 Brennecke, H. Ch. 100, 113, 120, 124, 126, 430, 471 Brentano, C. 310 Breuning, W. 273, 382, 385 Bria, I. 342 Brightman, F. E. 141 Brix, L. 15 f. Bromuri, E. 232 Brooke, O. 351 Broto´ns Tena, E. J. 177 Brown, D. 383 Brown, P. 176, 411, 436 Brucker, J. J. 249 Brunner, H. 309 Buber, M. 281, 389 Bubner, R. 531 Bulgakov, S. 340 f. Bulhart, V. 26 Bultmann, R. 142 Burgess, G. S. 307 f. Burgundio v. Pisa 358 Burnaby, J. 240 Caecilianus v. Karthago 432 Caelestius 422 Caesar 76 Caesarius v. Arles 206, 305 Caesarius v. Heisterbach 308–310

Personenregister Cahall, P. J. 209 Cahne´, P. 291 Calcidius 53, 68, 79, 412, 441, 491 Caldero´n Varona, J. L. 218 Callahan, J. F. 91 Callus, D.-P. 20 Calvin, J. 362 Camelot, Th. 30, 51, 222 Cameron, A. 411, 490 Campanella, T. 407 Campelo, M. M.a 228, 271 Campenhausen, H. v. 4, 181, 436 Cancik-Lindemaier, H. 213 f. Candidus, fiktiver »Arianer« 108, 126, 471– 473, 498 Canning, R. 240 Cantalamessa, R. 89 Capa´naga, V. 274 Carabine, D. 224 Carasso-Kok, M. 309 Carbone, V. 220 Cardini, R. 307 Carissimus 23, 427 Carreker, M. L. 66, 188, 203 Cary, Ph. 257 Caspar, E. 410 Cassiodor 27, 68, 79 Cassirer, E. 407 Castorius 130 Catull 76 Cavadini, J. 186 f., 242, 269, 332, 349 Cavalcanti, E. 91 Cavallera, F. 217, 295 Cayre´, F. 232 Censorinus 42 Cerealis 93 Chadwick, H. 85, 118, 179 Chamberas, P. A. 331 Charisius 77, 111 Charles-Saget, A. 61, 288 Charlier, N. 27 Charus 49 Chastagnol, A. 423 Chavasse, A. 117 Chelius, K. H. 50, 210 Chenu, M.-D. 28 Cherniss, H. 95 Chevalier, I. 40 f., 48, 93, 127, 201–203, 497 Chrestou, P. 334 Chrysipp 50 Cicero 9, 16, 35, 49–51, 59, 65–67, 69–78, 112, 143, 162 f., 189, 282, 295, 333,

609

394, 409, 417, 431, 441, 477 f., 490, 513, 523, 525 f. Cilleruelo, L. 271 Cipriani, N. 16, 47, 90, 106, 108, 116, 216, 222, 299 f., 304, 395 Clark, M. T. 106, 175, 179, 209, 259, 285 Claßen, L. 362 Claudianus Mamertus 69, 346, 440 Claudius Claudianus 412 Cleary, J. J. 57 Ps.-Clemens Romanus 472 Coakley, S. 172, 209, 328, 330 Cochrane, Ch. N. 262 f., 397 Coda, P. 274 Coffey, D. 383 Colish, M. L. 70 Colker, M. L. 14 Colledge, E. 307 Colline, W. J. 269 Columella 76 Colvius, A. 287 f. Combe`s, G. 75 Commodian 118 Congar, Y. M.-J. 223, 334, 352 Conrad-Martius, H. 273 Consentius 425 f., 478, 493 Constantin, C. 342 Constantius II. 122, 434, 470 Cook, E. 77 Copleston, F. 251 Coppieters ’t Wallant, B. 302 Corbin, M. 383 Corcoran, J. 70 Coreth, E. 135, 274 Cortesi, M. 333 Cosenza, M. E. 10 Coseriu, E. 70 f. Courcelle, J. 306 f. Courcelle, P. 16, 48, 59, 74 f., 77, 82, 98, 115, 117, 202, 230, 282, 299 f., 306 f., 412, 440 Courcelles, D. de 11 Courth, F. 322, 347 f., 362 Courtine, J.-F. 199 Craig, S. G. 362 Cramer, K. 531 Cranz, F. E. 360 Creel, R. E. 386 Cresconius 32, 89, 433 Crivelli, G. 10 Cross, R. 198, 330, 504 Crouse, R. D. 50, 187 f., 303 Crouzel, H. 50, 85

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Personenregister

Cunningham, D. S. 382 Cuntz, O. 432 Cutino, M. 295, 424 Cuttat, J.-A. 141 Cyprian 24, 118 Ps.-Cyprian 432, 487, 490 Dahl, A. 56, 149 Dal Covolo, E. 178 Daley, B. E. 116, 156, 214 Dalmau, J. G. 370 Daly, M. 235 f. Damascius 336, 440, 455 Damasus 118, 318, 410 f., 428, 470, 478, 502 Daniels, D. E. 266 Dassmann, E. 115, 193 Dattrino, L. 116 Dauphinais, M. A. 354 Davis, S. T. 169, 467 De Bruyne, D. 23 De Capitani, F. 58 DeConinck, L. 302 Decret, F. 79 f., 410 Degrassi, A. 33 Dekkers, E. 10, 304, 331, 333 Delahaye, K. 280 f. Delius, H.-U. 361 f. Demeulenaere, R. 302 Demokrit 50, 285, 445 Deogratias 426 Derrida, J. 245, 277, 388 Descartes, R. 241, 243, 256 f., 259, 287– 291, 363, 404 Deseille, P. 222 De Simone, R. J. 128 Dettloff, W. 345 Deuser, H. 203 f. Di Cesare, D. 71 Dideberg, D. 190, 239 Didymus 27, 91, 96 f., 202, 222 Ps.-(?)Didymus 27, 92 f., 97, 113 Diekamp, F. 95, 370 Diercks, G. F. 24 Diesner, H.-J. 16, 125, 435 Dietrich v. Freiberg 4, 151, 356, 402, 518 Dihle, A. 58 f., 118, 261, 397 Dillon, J. M. 260, 491 Dilthey, W. 255–258, 260, 396 Di Martino, C. 261 Dimitrakopoulos, G. 335 Dinsen, F. 461 Diodorus Siculus 421

Diogenes Lae¨rtius 50, 70, 446 Diomedes 70, 77, 111 Ps.-Dionysius Areopagita 322, 345, 349, 353, 358 f. Dionysius v. Vicus Iuliani 127 Divjak, J. 8, 19, 23, 37–39, 127, 425 Dodaro, R. 50, 171, 236, 242 Dodds, E. R. 54, 63, 440, 462 Doignon, J. 26, 100 Dolbeau, F. 14, 21, 41, 43, 45, 296, 427, 435 Dolby Mu´gica, M. d. C. 227 Domı´nguez Sanabria, J. 232 Donatus v. Karthago 25, 433 Donatus, Synodale in Serdika Ost 433 Doney, W. 289 Döpp, S. 490 Dorenkemper, M. 348 Dorner, A. 51 Dorner, I. A. 279, 371 Dörrie, H. 57, 78, 199, 230 Dörries, H. 4 Dossetti, G. L. 99, 121 Doull, J. A. 364 Doutreleau, L. 97 Drecoll, V. H. 44, 47, 124, 214–216, 466 Drever, M. 228 Drilling, P. 189 Drobner, H. R. 6, 110, 206, 211 f., 423, 466 Dronke, P. 350 Dubarle, D. 70 Duchrow, U. 94, 185, 265 Dulaey, M. 111, 190 Dume´zil, G. 241 Duns Scotus, Johannes 346 Dünzl, F. 457 Durand, G. M. de 27, 93 Düring, I. 66 Du Roy, O. 24, 63, 78, 83, 99, 115, 143, 212, 238, 240, 275, 296–299, 394, 399, 415 Durrant, M. 200, 277 f. Durst, M. 469 Düsing, K. 453 Duval, Y.-M. 49 Ebeling, G. 142, 144 Ebeling, H. 363 Ebner, F. 281 Eborowicz, W. 92, 221 f. Eck, W. 416 Eckermann, W. 11, 29, 346

Personenregister Eckhart, Meister 294, 356, 402, 518 Eder, M. 135 Eibl, H. 282 Eichenseer, C. 119 El-Khoury, N. 50 Elders, L. J. 350 Elpidius 127, 431 Emery, G. 354 Emonds, H. 13 Empedokles 50, 445 Ennius 35, 75 f. Epikur 35, 49 f. Epiphanius v. Salamis 48, 84, 92, 122, 130, 168, 202, 219, 223, 421, 458 f., 464, 472 Erasmus v. Rotterdam 11, 20 Erler, M. 439 Espada, A. 228, 276 E´taix, R. 10 Eugippius 14, 18 f. Eunomius 89, 91–93, 124 f., 128 f., 167– 169, 226, 326, 430, 464 f., 467 f., 472, 496, 500, 505, 530 Euripides 214 Eusebius v. Caesarea 17, 86, 88, 108, 156, 158, 164, 189, 193, 462 f., 493 Eusebius v. Emesa 89 Eusebius v. Nikomedien 129 Eusebius v. Vercelli 26, 116, 470, 485 Eustathius 91 Evodius 424 f. Exempla sanctorum patrum 107, 331 Ezechiel 197 Faller, O. 27, 113 Falque, E. 208 Fascher, E. 335 Faustinus 26 Faustus v. Mileve 43, 80 Favonius Eulogius 490 Fedalto, G. 336 f. Fedwick, P. J. 91 Feldmann, E. 7, 73, 79 f., 410 Felix, Magister militum 435 Felix Manichaeus 32–34, 36, 43 Felix v. Selemsela 432 Ferraro, G. 218 Ferreira, F. 174 f. Ferreira, J. M. dos Santos 218 Ferretter, L. 269 Ferretti, G. 115 Fetz, R. L. 257 Feuerbach, L. 230, 373, 384, 387 Fichte, J. G. 135, 150, 249, 254, 279, 380, 531

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Ficino, M. 407, 437 Figura, M. 26 Filastrius 99, 168 Firmus, Katechumene 19, 46 Flamant, J. 423 Flasch, K. 1, 11, 179, 215, 253 f., 263, 270, 290, 356, 402, 418, 491 Fleteren, F. Van 110, 175, 190, 307, 351 Fliethmann, Th. 29 Flogaus, R. 334 f., 401 Florenskij, P. 337 Fokin, A. R. 337, 342 Folliet, G. 7, 12, 432 f. Fontaine, J. 16, 128 Fonteius v. Karthago 413 Forte, B. 383 Fortin, E. L. 423 Fortunatus 410 Fortunius, Donatist 433 Foster, D. 183 Franciscus de Maironis 11 Frank, M. 388, 532 Franz, A. 415 Franzelin, J. B. 370 Frede, H. J. 38, 99 f., 304 f., 309, 429 f., 482 Fredouille, J.-C. 12, 18, 23 Frend, W. H. C. 80 Freud, S. 388 Friedman, R. L. 361 Fries, K. 78 Fritz, K. v. 445 Frohnhofen, H. 205 f. Frontin 76 Fuhrer, Th. 179, 251, 439, 517, 529 Fuhrmann, M. 162 Fulgentius v. Ruspe 93, 127, 346 f., 349, 357 f. Furley, D. 252 Fürst, A. 45, 331 Gadamer, H.-G. 146, 149, 264 f., 401 Gaiser, K. 450 Gaius 452 Ps.-Galen 50 Gall, D. 361 Gamble, R. C. 125 f. Gangauf, Th. 131, 133–137, 140, 142, 144, 279, 370, 396, 398 ´ lvarez, J. 209 Garcı´a A Gardeil, A. 227, 352 Garin, E. 407 Garrigues, J.-M. 337, 343

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Personenregister

Garzya, A. 333 Gasnault, P. 12 Gastaldo, M. 14, 19 Gaume, J.-B. 12 Gaume, P.-C. 12 Geerlings, W. V, 6, 48, 50, 79 f., 124, 179, 183, 210 f., 412, 506 Geest, P. v. 233 Geiserich 435 Gelzer, H. 432 Gemeinhardt, P. 91, 120 f., 158, 171, 227, 332, 403 Genn, F. V, 206 Gennadios II. Scholarios 336 Gennadius 26 f. Georgoules, K. D. 63 Gerlitz, P. 230 Germinius 121 f. Gersh, St. 350 Gerwing, M. 346 Gessel, W. 238 Geyer, B. 250 f. Geyser, J. 284 Ghellinck, J. de 11 f., 66, 199 Ghisalberti, A. 350 Gilbert v. Poitiers 347 Gilissen, L. 126 Gilson, E´. 73, 95, 177, 230, 288, 344, 355 Ginoulhiac, J.-M.-A. 325 Ginther, J. R. 298 Giorgio, F. 407 Girgenti, G. 454 f. Gladigow, B. 345 Glockmann, G. 47 Glorie, F. 13–16, 23, 35 f., 50 f., 58, 65, 67, 70, 72, 74 f., 77, 81–85, 87, 90–94, 96, 99 f., 102, 109–113, 115–119, 331 Gloy, K. 449 Gnädinger, L. 310 Goethe, J. W. v. 272 Goldbacher, A. 24, 46, 117 Goldin, F. 359 Gombocz, W. L. 253, 495 Gonza´lez, E. 185 Gonza´lez, S. 127, 233, 302 Gore, Ch. 103 Gorgias 446 f. Gori, F. 117 Gorman, M. M. 8, 12–14, 19 Götte, J. 48 Gouhier, H. 288 Gozzoli, B. 306 f. Gräb-Schmidt, E. 227

Grabmann, M. 1, 135 f., 139, 344, 346 Graf, F. W. 177 Graf, G. 514 Granados, J. 239 Grandgeorge, L. 52, 339 Grane, L. 406 Grasmück, E. L. 120 Gratian 473 Green, B. 368 Gregor v. Elvira 41, 98 f., 109 f., 117, 194, 211, 395, 423, 470, 485, 498 Gregor d. Große 96 Gregor v. Nazianz 40 f., 81, 83, 89, 92–94, 100, 109, 117, 124, 127, 141, 202, 219, 224, 342, 395, 467, 497, 502–505, 513, 523 Gregor v. Nyssa 27, 84, 90 f., 94–96, 119, 199, 219, 226, 262, 326 f., 330, 370, 395, 466–468, 504 f., 508, 513 Grenz, S. J. 369 Greshake, G. 329 f., 383 Grilli, A. 74, 76 Grillius 77 Grillmeier, A. 210, 357 f., 487 Groethuysen, B. 256 Grondijs, L. H. 80 Grondin, J. 264 f. Groos, A. 359 Grosseteste, Robert 20 Grossi, V. 10, 14, 86, 116 Gryson, R. 9 f., 124, 126, 305 Guinot, J.-N. 28 Günther, A. 132–134, 271, 279, 396 Gunton, C. E. 367 f., 383, 398 Haas, A. M. 282, 356 Habermas, J. 291, 388 Hadot, P. 25 f., 56, 63 f., 68–70, 104–107, 126, 174, 248, 286, 300, 341, 416, 440, 454 f. Haecker, Th. 272 f. Hagemann, G. 134 Hagenbüchle, R. 257 Hagendahl, H. 35, 72–76, 491 Hager, F.-P. 450 Hägler, R.-P. 438 Hahn, G. L. 89 Halfwassen, J. 199, 280, 438, 450 Halleux, A. de 96, 121, 325, 327, 344, 401, 504 Halporn, B. C. 11 Halton, Th. 298 Hamman, A.-G. 5, 12, 229

Personenregister Hammerstaedt, J. 199 Hanby, M. 242 f., 400 Hankey, W. J. 245 f., 290, 350, 358 Hanslik, R. 7, 10, 30, 101 Hanson, R. P. C. 85, 122, 126, 172, 504 Harder, R. 452, 454 Harnack, A. v. 103 f., 314–317, 319, 321, 323 f., 326, 369, 371, 399 Harrison, C. 179 f., 275 Hartmann, K. 388 Hassel, D. J. 232 Haubst, R. 360 Haug, W. 307 f. Hauschild, W.-D. 311 f., 317 f., 466 Haym, R. 247 f. Heckmann, H.-D. 532 Hedwig, K. 280 Hegel, G. W. F. 60, 131, 135, 172, 247, 254, 258, 274, 279 f., 291 f., 311–313, 362, 370–373, 381, 384, 387 f., 397, 438, 448 Heidegger, M. 69, 208, 241, 258, 263 f., 273, 277, 388 Heidl, G. 86, 111, 302 f. Heijke, J. 228 f. Heil, U. 172 Heinz, H. 194 Heinzmann, R. 345, 357 Heiser, J. 224 Heitmann, C. 218 Heitsch, E. 443 f. Heitz, E. 336 Heliodorus, Presbyter 48 Hell, L. VI, 488 Helmer, Ch. 361 Hemmerle, K. 273 Hendrikx, E. 30, 33–35, 174, 182 Hengstenberg, H.-E. 273 Hennessy, K. 328 Hennigfeld, J. 71, 266 Henrich, D. 531 Henricus Ariminensis 10 Henry, P. 25 f., 55, 58 f., 82, 104 f., 209, 259, 296, 300, 440 Hensellek, W. 29 Heraclides Ponticus 50 Heraklit 50, 248 Ps.-Herennios 335 f. Hermann, K. F. 438 Hermanni, F. 386 Hermogenes 85 Ps.-Hermogenes 162 Hertel, J. 310

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Hierokles 493 Hieronymus 24 f., 45, 48 f., 89, 96 f., 111, 118, 168, 193, 410, 421 f., 428, 434, 500, 502 f. Ps.-Hieronymus 14, 99 Hilarius, gallischer Laie 427 Hilarius v. Poitiers 10, 26, 47 f., 89, 92, 94, 98, 100–103, 113 f., 116, 122, 127 f., 130, 161, 164, 166, 169 f., 181, 194, 217, 222, 224, 318, 395, 433, 469 f., 478 f., 481–488, 505 Hilberath, B. J. 383 Hilgenfeld, H. 432 Hilka, A. 309 Hill, E. 15 f., 22, 30, 118 f., 175 f., 182, 236, 328 f., 366, 399 Hill, W. 203 Hinkmar v. Reims 305 Hintikka, J. 288 f., 291 Hochstetter, E. 406 Hodgson, L. 365 f. Hödl, L. 202 Hofmann, G. 333 Hofmann, J. 8 Hofmann, J. Ch. K. v. 462 Holl, K. 32, 141, 239, 504 Hölscher, L. 150, 286 f., 400, 516 Holte, R. 74 Hombert, P.-M. 41, 46, 117, 420, 486 Homer 248 Hommel, H. 78 Honorius 33, 422 Hönscheid, J. 27 Horaz 76 Horn, Ch. 61, 78, 150 f., 179, 255, 260– 262, 282 f., 438, 448, 453, 512, 516, 529 Horn, H.-J. 64 f. Horst, U. 357 Horten, M. 514 Hösle, V. 237, 291, 356, 388 Huber, G. 104 f. Hübner, R. M. 461–468, 475 Hugo v. St. Victor 359 Huijbers, Th. 227 Hülser, K. 70 Hunt, R. W. 20 Hurter, H. 11 Husserl, E. 389 Hussey, M. E. 334 Hutchings, C. M. 309 Ibn Sı¯na¯ 514 Ihring, P. 307

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Personenregister

Illingworth, J. R. 365 Inguanez, M. 9 Innocentius 48 Intorp, L. 308 Ioan, I. I. 174 f., 342 Irenäus v. Lyon 83, 111, 315, 370 Isidor v. Sevilla 43, 79 Iturrioz, J. 276 Iva´nka, E. v. 284 Iwan IV., der Schreckliche 344 Jackson, B. D. 70 Jacobus de Voragine 310 Jaeschke, W. 138 Jaffro, L. 175 Jamblich 249, 441, 491 f. James, M. R. 7 Jameson, A. 306 Janner, S. 8 Janowski, Z. 288 Jansenius, C. 488 Janson, T. 421 Janssens, L. 137 Jaspers, K. 273 Javelet, R. 354 Jenson, R. W. 369, 380 f., 383 Jeremia 48 Jermann, Ch. 448 f. Jesus v. Nazareth 9, 65, 96, 154, 203, 212, 262, 296, 301, 307, 315, 322, 326, 374, 379, 385, 481–483, 490, 525 Johannes, Evangelist 47, 53, 218, 265, 424 Johannes v. Damaskus 319, 330, 354, 358, 370 Johannes Scotus Eriugena 322, 349 Johannes d. Täufer 525 Johannes Tauler 338 Johansen, K. F. 252 Johnson, E. 369 Jones, G. 169 Jordanes 435 Jorissen, H. 356–359 Jourjon, M. 33 Jowers, D. W. 195 Jugie, M. 334, 337 f. Jülicher, A. 41 Jüngel, E. 173, 382 Jürgens, H. 76 Jurot, R. 8 Jüssen, K. 370 Justin 321 Justina 428 Juvenal 76

Kabasilas, Neilos 336 Kahn, Ch. H. 260 f. Kahnert, K. 70, 151, 267 Kainz, W. 101 Kaliba, C. 273 Kannengiesser, Ch. 16, 44, 434 Kant, I. 136, 280 f., 371 Kany, R. 5, 22 f., 50, 108, 123, 126, 129, 158, 177, 187, 333, 345, 368 Karl d. Große 332, 349 Kasper, W. V, 172, 325, 383, 385 Kato, S. 86, 88, 174 f., 189 Katzenberger, M. 134 Kaulen, F. 271 Kelly, J. N. D. 16, 121, 317, 348 Kendall, D. 169, 467 Ker, N. 9 Kern, C. 338 Keseling, P. 77 Kilber, H. 370 Kilby, K. 186 Kilwardby, Robert 20, 28, 345, 347 Kirck, G. S. 445 Kirwan, Ch. 178, 254 Klaghofer, W. 133 Klapper, J. 308 f. Kleinert, A. 336 Klemens v. Alexandrien 25, 111, 330, 444 Kleutgen, J. 373 Klibansky, R. 407, 437 Klingshirn, W. E. 6 Klock, Ch. 466 Klöckener, M. 118 Kluxen, W. 135 Knappitsch, A. 78 Knoch, W. 359 Knuuttila, S. 261 f. Kobusch, Th. 50, 138, 270, 451 Koch, J. 349 Koep, L. 76 Kohlenberger, H. 346, 350 f. Köhler, T. W. 20 Köhler-Baur, M. 337 Kokondrios 77 Kondoleon, Th. 53 Kong, S.-Ch. 120 Konstantin d. Gr. 88 Köpf, U. 311 Koslowski, P. 386, 450 Krämer, H. J. 53, 60, 311, 448–453, 463, 499 Krämer, K. 354 Krämling, G. 290

Personenregister Kraus, M. 444 Krautheimer, R. 411 Kremer, K. 284 Kretzmann, N. 70 Kreuzer, J. 29 f., 178, 267, 292–294, 356 Krieger, G. 147, 532 Kronabel, Ch. 132 Krüger, G. 257 f., 369 Krümmel, A. 11, 29 Kuhlmann, W. 291 Kuhn, D. 272 Kuhn, J. E. v. 132–134, 326 Kühneweg, U. 85 Kukula, R. C. 12 Külpe, O. 135 f. Künzle, P. 350 Kurz, R. 8 Kusch, H. 205 f., 303 Kuttner, St. 112 Kydones, Demetrios 336 Kydones, Prochoros 336 Kyrill v. Alexandrien 27, 49, 93, 121, 219, 229, 309, 465 La Bonnardie`re, A.-M. 16, 21, 35–41, 43, 78, 101, 113, 115, 126, 128, 190, 301 Labrune, M. 175 La Croix, R. 200 LaCugna, C. M. 366 f., 369, 383, 398 Ladaria Ferrer, L. F. 203 Ladner, G. B. 229, 262 Lafont, G. 96, 302, 326 Lakebrink, B. 280 Laktanz 118 Lam Cong Quy, J. 46 Lambot, C. 19 Lancaster, S. H. 129, 367 Lancel, S. 180 Lanfranc v. Canterbury 308 Lang, A. 284 Langa Aguilar, P. 209 Langerbeck, H. 84 Langland, W. 359 Lanne, E. 223 Lasbax, E´. 276 Lasker, D. J. 514 Latonius v. Thaenae 431 Laud, W. 8 Lausberg, H. 77, 163, 196 Lawless, G. 50, 171, 242 Lazzati, G. 66, 89 Lebreton, J. 193, 370 Lechner, J. 284

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Lechner, O. 133 Leder, H. 335 Leff, G. 360 Legeay, G. 193 Legrand, L. 276 Le Guern, M. 198 Le Guillou, M.-J. 343 Lehmann, K. 312, 319 Leidlmair, K. 135 Leisegang, H. 275 Leo III. 332 Leone da Modena 514 Leotta, F. 218 Lepelley, C. 409, 422 Leporius 117 Lepper, J. L. M. de 431, 435 Lessing, G. E. 362 Lettieri, G. 62, 78, 178, 215 f., 234, 412, 418 Leukipp 50, 445 Levering, M. 186 Le´vinas, E. 389 Lewis, G. 288 Lewy, H. 54, 129 Leys, R. 95 Libambu, M. W. 303 Liebner, Th. 371 Lienhard, J. T. 51, 88, 123, 130, 467 Lilla, S. 53 Lison, J. 335 Liuzzi, T. 271 Lloyd, A. C. 62, 208–210, 277 f. Lobato, A. 237 Locke, J. 339 Loesche, G. 51 f. Lof, L. J. van der 193 Lohr, Ch. 356 Löhr, W. A. 434, 460, 471 Löhrer, M. 195 Loi, V. 24 Lonergan, B. 188 Long, A. A. 260 Loofs, F. 90, 104, 113, 177, 312, 315–317, 369 Lope de Vega 310 Lorenz, R. 5, 16, 122, 194, 267, 298, 432, 459 f., 525 Löser, W. 312, 319, 385 Lossky, V. 224, 343 f. Lössl, J. 335 Louth, A. 330 Lowe, E. A. 9 Loyola, I. v. 362

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Personenregister

Luciani, E´. 361 Luhmann, N. 388 Lukan 75 f. Lukas, Evangelist 194 Lukrez 75 f. Luther, M. 361–363 Lutz-Bachmann, M. 312, 319 McCool, G. A. 106, 115, 229 MacCormack, S. 77 McCullough, G. 241 McEvoy, J. 57 McGowan, R. J. 236 Machielsen, J. 305 McKenna, S. 30, 294 Mackey, J. P. 225 f., 280, 383 McKitterick, R. 8 McLynn, N. B. 428 Macrobius 78, 412 f., 490 McWilliam, J. 79, 298 Madec, G. 5, 23, 28, 30, 43, 45 f., 50, 53, 74, 76, 118, 175, 184–186, 188, 208, 212 f., 231, 247, 271, 297 f., 326, 345, 394, 412, 427, 524 Mader, J. 281 f. Madoz, J. 305 Magee, J. 70 Magnum speculum exemplorum 310 Mai, A. 18 Maier, H. O. 428 Maier, J.-L. 31 f., 34, 87, 98, 114, 117, 193 f. Maˆle, E´. 307 Malet, A. 327, 352 f., 397 Malgoires, I. 239 Malmsheimer, A. 437 Maltese, E. V. 333 Mandouze, A. 127 f., 215 Manlius Theodorus 412, 414 Mann, W. E. 66 f. Mapwar, B. 127, 432 Mara, M. G. 80, 125 Marcellinus 422–424, 427, 493 Margerie, B. de 219, 237, 322 Margunios, Maximos 336 f. Maria, Mutter Jesu 479, 485 Marion, J.-L. 208, 245 Marius Victorinus 25 f., 56, 63–65, 68–70, 83, 89 f., 98 f., 103–108, 111 f., 125– 127, 130, 141, 143, 169, 174, 217, 219, 222, 224, 229, 261, 271, 276, 286, 293, 299 f., 322, 394 f., 412, 416, 441, 467, 471–473, 483–485, 497 f., 501 f., 505, 514, 518

Markell v. Ankyra 86, 88 f., 101, 129, 395, 430, 462–464, 468 f., 471, 483–485, 505 Markion 421 Markschies, Ch. VI, 84, 89, 115, 120, 122, 124, 157, 171, 198, 362, 410, 412, 428, 432, 434, 456, 465, 467, 470, 473 f., 496, 498, 503 f., 513, 522 Markus, R. A. 6, 151, 166, 208, 229 f., 252, 268, 289, 411 Marouzeau, J. 5 Marrocco, M. 232 Marrou, H.-I. 19, 48, 146, 179, 183 f., 306, 309 f. Marsh, Adam 20 Martianus Capella 69 Martin, E. M. 359 Martin, J. 16 Martin v. Braga 112 Martini, C. 26 Martland, T. R. 326 Martzelos, G. 223 Marx, H.-J. 336 Marx, K. 60 Mascia, G. 203 Mastino, A. 47 Mateo-Seco, L. F. 94 Matter, E. A. 236 Matthews, G. B. 150, 247, 254, 262, 289 f., 294, 350, 400 Matthews, J. 411 Matton, S. 259 Maurach, G. 105 Mausbach, J. 1, 346 Maximinus 94, 120, 122–127, 137, 168, 222, 224, 395, 434 f., 482, 485, 495 Maximus Confessor 251, 330, 349 Maximus v. Thaenae 431, 495 Mayer, C. P. 5, 29, 43, 50, 77, 210, 217, 346 Mayr, F. K. 51, 237 Mazal, O. 10 Meconi, D. V. 236 Meer, F. v. d. 436 Meessen, Y. 238 Mehmed II. 336 Meijer, A. de 309 Meijering, E. P. 261, 313, 362 Meinwald, C. 438 Meixner, U. 147 Melanchthon, Ph. 362, 406 Mellet, M. 30, 301 Mendes-Flohr, P. 389 Menke, K.-H. 274

Personenregister Menn, St. 246, 290 Menne, A. 278 f. Mercati, G. 333, 336 Merriell, D. J. 354 Mersenne, M. 287 f. Meßner, R. O. 234 Methodius v. Olympus 84, 93, 460 Metzenroth, D. 338 Metzler, K. 460 Meyendorff, J. 224, 334, 338, 342 f., 383 Michael VIII. Palaiologos 333 Michel, K. M. 248 Miethe, T. L. 6 Migne, J.-P. 4, 12 f., 28 Milano, A. 260 Milbank, J. 158, 241, 243, 245, 274 f., 400 f. Miles, M. 233 Mimus anonymus 76 Minio-Paluello, L. 68 Mohler, J. A. 238 Mohrmann, Ch. 25 Moingt, J. 30 Mojsisch, B. V, 50, 267, 355 f., 402 Moldenhauer, E. 248 Molland, E. 88 Möller, J. 346 Moltmann, J. 2, 363, 366, 369, 371, 378– 380, 382, 384–387, 391, 396, 398 Momigliano, A. 141 f., 424 Momose, I. 70 Monceaux, P. 25, 32 f., 35 f. Monnica 419, 428 Montanari, P. 174 Monti, S. 72 Mora´n, J. 203, 271 Moreau, M. 422 Moreschini, C. 251 Morin, G. 26, 118, 304 Moriones, F. 175 Mose 412 Moser-Rath, E. 309 Mossay, J. 503 Mountain, W. J. 7–10, 12–20, 22, 50, 75, 119, 304 Mourant, J. A. 288 Moutsoulas, E. 84 Mühlen, H. 218 Mühlenberg, E. 318 f. Mühling-Schlapkohl, M. 239, 364 Müller, C. 236 Müller, E. 276 Muller, E. C. 51, 182, 209, 213, 367

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Müller, G. A. 76 f. Müller, G. L. 382 Müller, H. 196 Müller, K. 532 Mulsow, M. 259 Murrmann-Kahl, M. 362 Mustillo, G. 203 Mutzenbecher, A. 31 f., 43 f., 48, 89, 94, 125, 420, 427, 429 Nachmanson, E. 23 Nakagawa, S. 70 Napolitano, A. 209 Nautin, P. 126 Nebridius 139, 169, 297 f., 302, 416 Ne´doncelle, M. 238 Neidl, W. M. 135, 274 Nemesius v. Emesa 58 Neufeld, K. H. 152, 312 Neumann, W. M. 175 Neuner, P. 463 Newen, A. 147 Newman, J. H. 319 Nicetas v. Remesiana 224 Nichols, A. 331 Nielen, J. M. 175 Nielsen, L. O. 361 Nietzsche, F. 388 Nikitas, D. Z. 331, 334 Nikolaus v. Kues 201, 360, 402, 438 f. Nikomachus v. Gerasa 53, 79 Nisbet, H. B. 362 Nitzsch, C. I. 371 Niyiring, J. 232 f. Nonius 76 Noronha Galvao, H. de 74 Nörtersheuser, H.-W. 307 Nos Muro, L. 237 Novatian 24, 99 f., 113, 170 Numenius 452, 455 Numidius v. Maxula 432 Nygren, A. 239 f. Oberdorfer, B. 222, 226 f. Oberleitner, M. 7, 9 Oberman, H. A. 361 Obertello, L. 234, 358 Obrius, Ch. 12 O’Carroll, M. 175 Ockham, William 361 O’Collins, G. 169, 383, 467 O’Connell, R. J. 39 f., 231 O’Connor, W. R. 209

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Personenregister

O’Daly, G. J. P. 7, 231, 252, 286, 400, 420, 491 O’Donnell, James J. 6, 30, 177 O’Donnell, John J. 363, 383 O’Donovan, O. 240 Oehler, K. 149, 257, 260, 451 Oeing-Hanhoff, L. 138, 273, 382 Ohly, K. 10 Ohst, M. 371 Oldfield, J. 212 O’Leary, J. S. 85, 197, 277 Ollig, H.-L. 147, 532 O’Meara, D. J. 439, 463 O’Meara, J. J. 56–58, 219, 298 Oort, J. van 80, 82, 233 Oosthout, H. 282 Oracula Chaldaica 54, 59, 129, 493 Orbe, A. 83, 93, 95 f., 118 Origenes 24, 56, 65, 84–86, 88, 90, 93, 97, 111 f., 119, 156, 158, 164, 194, 204 f., 395, 452, 456–458, 460–462, 500, 505 Origenes, Neuplatoniker 452 Ormerod, N. 188, 368 Orosius 46, 305 Oroz Reta, J. 75, 233 Ortigues, E. 290 Osborn, E. 99 Osborne, C. 130, 188, 219 Ostroumov, N. 175, 338 Otto, St. 357 Ovid 76, 333, 411, 421 Pachel, L. 10 Padovese, L. 100 f., 156 Pagnin, B. 9, 14 Paissac, H. 327, 352 Palamas, Gregorios 334 f., 342–344, 366, 401 Palladius, Agrarschriftsteller 76 Palladius v. Rathiaria 89, 99, 128, 168, 170, 473–475, 479, 482, 496 Palmer, N. F. 8, 18 Panaccio, C. 268 f. Pani, G. 11 Pannenberg, W. 2, 208, 369, 371, 379–382, 384, 386 f., 389, 391 f. Paoli, E. 37 Papademetriou, G. C. 331 Papathomopoulos, M. 333 Parmenianus 32 Parmenides 248, 368, 441–447 Parmenides-Kommentar, anonymer 105, 451, 455, 472

Pascal, B. 197 f., 364 Pascentius 305, 430 Passmore, J. 249 Patfoort, A. 223 Patock, C. 338 Paulus 80, 88–90, 106, 161, 191, 209, 229, 231, 235, 261, 296, 411 f., 414, 417, 462 f., 483, 489, 500 f., 524 Paulus Diaconus 435 Pavan, A. 260 Pecknold, C. C. 185 Peddle, D. 258 Pegueroles, J. 177, 271 f. Peirce, Ch. S. 203 f., 284 Pelagius 21, 26, 83, 99, 111, 243, 422, 482 f. Pelikan, J. 190 f., 319 Pelland, G. 100 Pellegrino, M. 118, 174 Penido, M. T.-L. 96, 228, 353 Pe´pin, J. 53, 57 f., 62, 84, 412 Peregrinus v. Thaenae 431 Pe´rez Paoli, B. R. 199 Perger, M. v. 349 f. Perino, R. 350 Perler, D. 269 Perler, O. 31 f., 34, 53, 117, 205 Peroli, E. 123 Perrone, G. 370 Perroni, M. 157 Pesch, O. H. 28, 357 Petavius, D. 326 Petilianus 32 Petitmengin, P. 11, 18 Petrarca, F. 361 Petrus Abaelardus 347, 352, 359 Petrus v. Alexandrien 428 Petrus Lombardus 95, 345, 347, 350, 354, 356, 359 Petrus de Natalibus 306 Petrus, Presbyter 37 Pfeiffer, J. 361 Pfligersdorffer, G. 135, 274 Philo v. Alexandrien 50, 65, 75, 112, 459 Philolaus 443 Philostorgius 460 Phoebadius 89, 99, 485 Photin 88, 194, 471, 485 Photios 226, 332, 344 Piccolomini, R. 62 Pickstock, C. 241 Piclin, M. 276 Pico della Mirandola, G. 361, 407, 437

Personenregister Pietri, Ch. 364 Pijper, F. 407 Pinborg, J. 70 Pincherle, A. 433 Pintaricˇ, D. 66, 265 f. Pizzolato, L. F. 116 Places, E´. des 54 Plagnieux, J. 21 Planudes, Maximos 22, 29, 332–336, 401 Platelle, H. 309 Plato 35, 45, 48 f., 51, 58, 60, 63, 65, 72 f., 75, 125, 204, 228, 241, 257, 260, 268, 275 f., 285, 394, 404, 412, 416, 418, 421, 437–442, 445–447, 449 f., 452, 455, 458, 462, 464, 491 f., 498 f., 507, 513, 522, 524 f., 532 Plautus 76 Plinius d. Ä. 17 f. Plotin 40, 48, 51–59, 61–64, 75, 87, 104 f., 115, 126, 141–143, 148–151, 171, 201, 210, 228, 246, 249, 251 f., 256 f., 260 f., 263, 271, 275 f., 282 f., 293, 296 f., 338– 340, 349, 394, 412–416, 418, 435, 439– 441, 451–454, 457 f., 463, 472, 491, 513–518, 521, 532 Plumer, E. 106 Plutarch 50 Podskalsky, G. 333 f., 336 f. Pöggeler, O. 264 Polman, A. D. R. 144, 176 Polybius 255 Pontano, G. G. 360 Popov, I. V. 338 Poque, S. 91 Porphyrius 53–59, 61, 63–66, 75, 105, 129 f., 143, 150, 163, 191, 201, 212, 219, 249, 252, 263, 276, 286, 293, 296–298, 394, 412 f., 423, 426, 440 f., 451, 454 f., 458, 460, 465 f., 472, 491– 493, 496–498, 502, 513 f. Portalie´, E. 178 Posidonius 78 f. Possidius 15, 24, 49, 122, 305 f., 331, 427, 430, 434 f. Powell, S. M. 362 f. Power, K. 236 Praechter, K. 78, 248, 251 Pranger, B. 350 Prestige, G. L. 459, 464 Principe, W. H. 231 f. Pring-Mill, R. 356 Prini, P. 274 Priscianus 162 f., 201

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Priscillianus 26 Proklus 63, 129 f., 249, 349, 437, 443 Prokop 435 Prolegomena in Platonis philosophiam 441 Prosper v. Aquitanien 4, 14, 18–20, 304, 427, 435 Protagoras 50, 446 Pruche, B. 91 f., 97 Przywara, E. 280 Pusˇkaric´, D. 301 Pythagoras 35, 443 Quantin, J.-L. 12 Quinot, B. 32 Quintilian 77, 201, 421 Quodvultdeus 48 Racette J. 188 Rackl, M. 305, 333, 336 Radovic´, A. 334, 338 Rahner, K. 2, 140, 152, 156, 158, 165, 172, 207, 225, 324 f., 328 f., 357, 359, 366 f., 369, 371, 373–379, 382–387, 390, 398 f. Raimundus Lullus 356 Ramsey, A. M. 369 Rath, M. 135 Ratzinger, J. 80, 206 f., 218, 276, 346 Rauschen, G. 42 Raven, J. E. 445 Rawlinson, A. E. J. 52 Reale, V. 218 Re´au, L. 307 Recanati, G. 9 Redeker, M. 371 Re´gnon, Th. de 324–328, 342, 347, 353, 370, 391, 397, 469 Regoliosi, M. 307 Rehm, W. 363 f. Reich, H. 76 Reinhardt, R. 50 Re´my, G. 194, 212 Rendtorff, T. 388 Restitutus v. Karthago 432–434 Reuter, H. 81 f. Reutter, U. 410 Reyser, G. 10 Rhee, J. S. 52 Ribbeck, O. 76 Richard v. St. Victor 93, 237, 347, 351 f., 359, 363, 376, 379, 384 Richardson, C. C. 175 Ridiger, A. 337 Rief, J. 295

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Personenregister

Riemer, F. W. 272 Ries, J. 80 Rigotti, G. 333 f. Rimpau, L. 307 Ring, G. 174 Ring, Th. G. 175, 418 Risch, F. X. 90, 464 Rist, J. M. 62, 150, 178, 247, 254, 261, 293, 400 Ritschl, A. 371 Ritter, A. M. 121, 124, 318 f. Ritter, H. 4, 249 f. Ritter, J. 55 Rivie`re, J. 22 Rizzi, M. 116 Rizzo, A. P. 307 Robinson, J. M. 63 f. Rochais, H. 5 Röd, W. 253 Rodrı´guez Valls, F. 274 Roettgen, St. 307 Rohls, J. 248 f., 362 Rollero, P. 115 Romanides, J. S. 341 Rombs, R. J. 231 Römer, F. 7, 24 Rondet, H. 44 Rose, E. 79 Rose, S. 341 Rosmini, A. 274 Rossi, O. 232 Roßmann, H. 11, 346 Roth, U. 356 Rothacker, E. 311 Rothe, R. 371 Rottmanner, O. 12 Ruch, M. 74 Rudebusch, G. 66 f. Ruether, R. R. 235 f. Rufin v. Aquileia 17, 24, 50, 81, 83–85, 91 f., 107 f., 111 f., 118, 168, 457 Rufin d. Syrer 93 Ruggeri, P. 47 Ruiz de Montoya, D. 139 Rupert v. Deutz 347 Ruppert, G. 346 Ryba, Th. 278 Ryle, G. 438 Sabellius 473, 503 Sabinus 89 Sacchi, M. E. 106 Saccon, A. 356

Sacerdos, Marius Plotius 77 Sachs, H. 310 Sachsen, Sophie v. 272 Sakvarelidze, N. 338 Sala, R. 302 Salaville, S. 331 Salbego, L. 350 Sallust 76 Salmann, E. 157, 351 Salvianus v. Marseille 422 Santi, G. 209, 265, 267 Santucho, M. J. 259 Sartre, J.-P. 276 Sayre, K. 438 Schaber, J. 263 Schadel, E. 6, 67, 151, 258 f., 273, 302, 345 Schaefer, U. 359 Schäfer, P. 389 Schäfer, W. 418 Schäferdiek, K. 5, 471 Schauf, H. 220 Scheel, O. 210 Scheele, J. 47 Scheffczyk, L. 322 f., 345 Scheffler, J. 310 Scheglmann, L. 234 Schelkle, K.-H. 76 f. Schell, H. 369 Schelling, F. W. J. 294, 371 f. Schendel, E. 88 Schilling, P. 29 Schindler, A. 35 f., 59, 72, 74, 78, 99–101, 124, 126 f., 142–146, 168, 178, 192, 196, 221, 229 f., 265, 295, 300, 398 Schlapbach, K. 439 Schleiermacher, F. D. E. 4, 249 f., 369, 371 f. Schmaus, M. 2, 20, 29 f., 81, 96, 109, 131, 135–142, 144, 146 f., 152, 174, 176, 181, 183, 189, 200, 214, 227 f., 284, 293, 322 f., 332, 345–348, 370, 398 f. Schmid, R. 103, 108 Schmidbaur, H. Ch. 353 Schmidt, M. A. 357 Schmitt, W. O. 333 Schnädelbach, H. 279 f. Schnaubelt, J. C. 110, 307 Schneemelcher, W. 5 Schneider, R. 68 f. Schneider, Th. 323 Schneider. K. 76 Schniertshauer, M. 352 Schobinger, J. P. 285

Personenregister Schofield, M. 445 Schöllgen, G. 194 Scholten, C. 194 Schrama, M. 361 Schrenk, L. P. 335 Schrijnen, J. 25 Schulenburg, S. v. der 255 Schultze, B. 223, 341 Schulz, P. 257 Schulz, Walter 258 Schulz, Walther 349 Schulz-Flügel, E. 111 Schwane, J. 319–322, 370 Schwarte, K.-H. 196 Schwartz, E. 28, 90, 331 Schwedt, H. H. 132 Schwöbel, Ch. 362, 383 Schwyzer, H. R. 58 Sciacca, M. F. 174, 273 f. Scipio Africanus d. J. 490 Sciuto, I. 106 Seckler, M. 346 Secundianus v. Singidunum 475 Secundinus 410 Sedlmayr, H. 364 Sedlmeier, F. 481 Seeberg, R. 104, 201, 316 f., 369 Seelbach, L. C. 236 Segovia, A. 214 Seibt, K. 88, 462 f. Seidl, H. 284 Seidl, Th. 481 Seifert, J. 286 Sellier, Ph. 198 Seneca 50 Serapion v. Thmuis 25 Sermo Arrianorum 31, 38 f., 41, 116, 123– 125, 127, 168 Sermones de tempore [saec. XIII] 308 Servet, M. 406 Sesbou¨e´, B. 324 Severus v. Antiochien 27 Sextus Empiricus 50, 201, 283, 453, 515 Sextus Pythagoricus 50, 83 Sfameni Gasparro, G. 85 Sguazzardo, P. 368 Shewring, W. H. 22 Sichardus, J. 434 Siebeck, H. 255 Sieben, H. J. 110, 123 f., 429 f., 433, 475 Siedl, W. 101 Siera Rubio, S. 209 Siewerth, G. 273

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Sigisvult 435 Simon, F. 460 Simonelli, C. 118, 192 Simonetti, M. 24–27, 109, 124, 172 Simonsohn, S. 514 Simplicianus 106, 300, 412, 417 f. Simplicius 443–445, 451, 493, 499 Sinkewicz, R. E. 334 Sladeczek, F. M. 290 Smalbrugge, M. 107, 188, 203, 215, 239 Smid, F. L. 193 Smith, A. 53, 56, 61, 413, 455 Smith, T. L. 354 Smits, L. 362 Smolitsch, I. 338 Smulders, P. 26, 100, 102, 217 Sokrates, Kirchenhistoriker 27, 465 Sokrates, Philosoph 49, 65, 73, 282, 441 f., 445, 448 Solignac, A. 31, 53, 68, 79, 119, 298, 420, 440 Solov’ev, V. 340 Somers, H. 91, 229, 231 Sorabji, R. 91 Souter, A. 482 Souverain, J. 259 Sozomenus 432 Spann, O. 234 Spenser, E. 361 Speusipp 450 f. Spicer, M. 233 Splett, J. 240 Spychala, L. 308 Squire, A. K. 188 Stagliano`, A. 274 Staley, K. M. 270 Stalin, J. W. 344 Statius 76 Stead, Ch. 69, 72, 249, 278, 459, 461, 466 f. Stegmüller, F. 347 Steinbach, W. 405 Stelzenberger, J. 285 Stiglmayr, J. 135 Still, C. N. 298 Stirnemann, A. 223 Stobaeus, Johannes 285, 443, 450 Stock, B. 246 Stöckel, W. 11 Stockhausen, A. v. 434 Straume-Zimmermann, L. 74 Strauß, D. F. 133, 338, 373 Strauß, G. 190

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Personenregister

Strauss, M. 307 Strijbosch, C. 307 f. Stritzky, M.-B. v. 94 Strohschneider, P. 308 Stroumsa, G. A. 61 Strube, C. 263 Studer, B. V, 3, 21, 68, 86, 89, 98, 100 f., 109, 114, 118, 120, 128, 140, 155–167, 181, 184, 191 f., 194–196, 211, 221, 226, 303, 322–324, 327–330, 399, 404, 430, 504 Stuiber, A. 6, 181 Stupperich, R. 406 Stylianopoulos, Th. 224 f. Suda, M. J. 123, 234 Sullivan, J. E. 228 f., 353 f. Summa sententiarum 358 f. Sumruld, W. A. 126 f. Sutton, J. 276 Sweeney, L. 95 Symbolum Quicumque 16, 348 Symmachus 411 Szaif, J. 282, 355 Szleza´k, Th. 450 Tanner, A. 370 Tannery, P. 287 Tara´n, L. 444 Tardieu, M. 105 Tarpley, W. G. 343 Tataryn, M. I. 337 Tateo, F. 360 Taylor, Ch. 257–259, 291 f., 396 Terentianus 427 Terenz 35, 75 f. Tertullian 24 f., 85, 98 f., 112, 125, 194, 196, 198, 211, 222, 325, 395, 421, 461 f. TeSelle, E. 40 f., 96 f., 179 Teske, R. J. 51, 59, 123–125, 151, 199 f., 247, 278 Testard, M. 16, 72–74 Tetz, M. 90, 371 Thales 443 Theiler, W. 53–55, 57, 59, 85, 104 f., 454 Theodoret v. Kyros 27 f., 84, 90, 434, 460, 467, 469, 503 Theodosius d. Große 410 Theodot, Valentinianer 25 Theodulf v. Orle´ans 14, 332 Theophanes Confessor 435 Theophilus v. Antiochien 25 Theunissen, M. 389 Thiel, R. 452, 499

Thomas v. Aquin 4, 11, 138 f., 152, 176, 203, 205, 207, 237, 253, 264, 270, 274, 323, 329 f., 336, 346 f., 350, 352–355, 357–359, 370, 397 Thomas v. Cantimpre´ 309 f. Thomasius, G. 133 Thonnard, F.-J. 205, 271 Thraede, K. 111, 262 Thurn, H. 9 Tiedemann, D. 249 Tiedemann-Bartels, H. 343 Tillemont, S. Le Nain de 42 f. Timpanaro-Cardini, M. 443 Tixeront, J. 321 Tolstoj, J. N. 338 Tommasi, Ch. O. 300 Tommimatsu, Y. 188 Torchia, J. 214 Tornau, Ch. 189 Torrance, Th. F. 369 Trape`, A. 6, 174, 209, 353 Traulsen, H.-F. 371 Trembelas, P. N. 341 f. Tremblay, R. 222, 227 Tretter, H. 338 Trinkaus, Ch. 407 Trout, D. E. 31 Trublet, J. 212 Trundle, R. 69 Tsabare, I. 333 Tscholl, J. 275 f. Tubach, F. C. 309 Turchi, A. 207 Turmel, J. 320 f., 369 Turner, C. H. 16 Turner, D. 233 Turrado, A. 220 f., 301, 323, 417 Twesten, A. D. Ch. 279, 371 Tyconius 118 f. Ueberweg, F. 250 Ullmann, W. 190, 345 Ulpian 112 Ulrich, J. 89 f., 113, 434, 469 Un˜a Jua´rez, A. 11 Usener, H. 103 Uthemann, K.-H. 95 f., 301 Uvini, B. 196 Vaggione, R. P. 465 Valens 470 Valenzuela Fuenzalida, A. M. 209 Valerianus v. Calahorra 118

Personenregister Valerius v. Hippo Regius 49 Valerius Soranus 18 Valk, H. L. M. 19 Valoriani, S. 333 Vander Plaetse, R. 126 Vanhoozer, K. J. 239 Vannier, M.-A. 33, 174, 288, 302, 304 Varro 16, 42, 70, 76, 78 f., 272 Veer, A. C. de 111, 433 Vega, A. C. 82 Velikoje Zercalo 310 Venanzi, V. 5 Verbeke, G. 58, 284 Verbraken, P.-P. 302 Verdie`re, R. 16 Veresˇcˇackij, P. 338–340 Verge´s, S. 218 Vergil 35, 75–77, 411, 528 Verhees, J. 195, 219–221, 299, 301, 303, 399 Verheijen, L. 16 Verwilghen, A. 212 Vessey, M. 6 Vidal, M. 209 Vieillard-Baron, J.-L. 232 Vigilius v. Thapsus 305 Vilanova, E. 369 Vincentius v. Cartenna 102 Vincentius v. Le´rins 4 Vincentius Victor 37 Vinzent, M. 88, 460, 462, 471 Viola, C. E´. 200, 351 Vitalis Vertarensis 432 Vives, J. 349 Vlastos, G. 438 Vogel, C. J. de 260 Voigt, U. 259 Vollmann, B. 425 Volusianus 422 f., 425 f., 489 f., 493 Vooght, P. de 197 Vorgrimler, H. 383 Vössing, K. 47 Vrba, C. F. 12 Wachinger, B. 309 Wagner, H. 267, 449 Wahl, J. 438 Wald, B. 199 Walker, D. P. 407 Walzer, R. 66 Ward, G. 241 Warfield, B. B. 362 Warnach, V. 146

623

Wassmer, Th. A. 62 Waszink, J. H. 79 Watson, G. 62, 247 Wcylif, J. 360 Weber, D. 8 Weidemann, H. 70 Weidmann, C. 8, 123 Weinitz, F. 310 Weischedel, W. 281, 371 Weissenborn, G. 131 Weitlauff, M. 463 Weizsäcker, C. F. v. 452, 507 Welch, C. 365, 369 Wellstein, M. 25 Welte, B. 370 Wendebourg, D. 225, 343 Wendte, M. 364 Werbick, J. 323, 382 Wermelinger, O. 80 Werner, M. 487 Wesselski, A. 308–310 Westerink, L. G. 336, 493 Whittaker, J. 458, 472 Wickham, L. R. 80, 168 Wiehl, R. 531 Wieland, W. 267 Wieser, M. Th. 8, 14 Wiles, M. 164, 173, 366, 368 Wilfinger, G. 223 Wilhelm v. Auvergne 350 Wilhelm v. Auxerre 347 Wilhelm v. St. Thierry 351 Wilken, R. L. 191 Wilkins, E. G. 282 William Ockham 405 f. Williams, D. H. 26, 115 f., 412, 428, 473 f. Williams, R. V, 126, 158, 167, 175, 243– 246, 290, 400, 459, 514 Wills, G. 179 f. Wilmart, A. 7, 13 Wilpert, P. 57 Wind, E. 407 Windelband, W. 256 f., 335 Wirth-Poelchau, L. 48 Wisse, M. 242, 275, 364 Wittgenstein, L. 294 Wohlfarth, K. A. 280 Wohlmuth, J. 194 f. Wojtyła, K. 286 Wolfskeel, C. W. 235 Wolfson, H. A. 251 f. Wolinski, J. 212, 324 Woods, H. 247

624 Worthen, J. F. 351 Wright, D. F. 39 Wulf, I. 362 Wulfila 124, 126 f., 129, 430, 471 Wundt, M. 32, 43 Wurst, G. 80 Wust, P. 281 Wyller, E. A. 438 Wyrwa, D. V, 72 Xenokrates 450 f. Yannaras, Ch. 342 Yorck v. Wartenburg, P. 255 f. Zachhuber, J. 466

Personenregister Zahn, Th. 462 Zak, L. 274 Zande, F. v. d. 5 Zanichelli, G. Z. 8 Zarb, S. M. 33, 35, 46 Zeiller, J. 433 Zeller, E. 248, 311 Zeno v. Elea 421, 441, 445 f. Zeno v. Kition 35, 49 f. Zeno v. Verona 89, 118 Zepf, M. 282 Ziebritzki, H. VI, 452, 456 f. Zintzen, C. 454 Zizioulas, J. D. 342, 367–369, 383 Zucchelli, B. 8 Zumkeller, A. 341

Sachregister Abditum mentis 356 Acceptus homo 482 f. Acies mentis 184, 477 f., 525 Actus purus 275, 451, 455 Ad se – ad aliquid/ad invicem 68, 95, 200, 203, 205 f., 208, 349, 391, 394, 449, 497–499, 519 Adam 84, 93 Adoption 154 Adressaten von De trinitate 421–427 Adulescentia V, 42 Aenigma 77, 86, 419, 529 Aeternitas/infinitas – species – usus 100, 166 Agape 239 Ähnlichkeit 101, 145, 159, 166, 229–231, 244, 262, 402, 405–407, 413, 441 f., 447, 464, 489, 524, 531 Akademie, platonische 60, 208, 394, 405, 423, 450, 463, 498 f. Akzidens 40, 65–69, 139, 199 f., 204 f., 259, 274, 278, 326, 334, 356, 394, 452, 460, 463, 465, 496–499, 504, 512 Alanen 435 Allegorie 77, 110, 234 f. Amans – quod amatur – amor 238, 283, 340, 356, 363, 365, 379, 511 Amt 206 Analogie 138 f., 143–147, 173, 176, 182, 191, 266, 286, 317, 321, 338, 341, 351, 353, 365, 372, 376, 384, 397, 399, 404, 476, 521, 523, 533 f. Anamnesis 513, 524 f. (s. auch Erinnerung) Andere, der 389 Anfang 447 Anfangslos 444, 459 Anhomöer 122, 167, 468, 472 (s. auch Eunomianer) Antakoluthie der Tugenden 45, 64 f. Antiarianische Schriften Augustins 15, 31, 38 f., 41, 122 f., 214, 395, 427–436 Antimanichäische Schriften Augustins 32, 43 f., 79 f.

Antitrinitarier 259, 362, 406 ÆAoÂristow dyaÂw 450, 463 ÍApeiron 443, 445, 447, 458 Apokatastasis 88 Apophatisch 51 f., 224, 226, 330, 339, 351 (s. auch Theologie, negative) Apperzeption 280 Appetitus rationalis 234 Appropriation 152, 154, 220, 357, 374 aql, a¯qil, ma qu¯l 514 ÆArxhÂ, aÆrxai 442 f., 445, 459, 507, 517 Argumentatio 162 »Arianismus« 16, 38 f., 60, 122–129, 137, 169, 193 f., 224, 315, 326, 395, 427– 436, 456, 458–465, 471–475, 495–500, 503 Aristokratie 411, 422–424 Aristotelismus 69, 202, 275, 348, 350, 423 Arithmologie 490 Arminianer 259 Art (logisch) 66–69, 251, 278, 394, 466, 502, 505, 507, 510, 519 Askese 422 Assumptus creatura 482 f. Ästhetik 275 f. ÆAsyÂgxytow eÏnvsiw s. Einheit, unvermischte Atheismus 133, 343, 372 f. Atomisten 445 f. Auctoritas s. Autorität Auferstehung 56, 166, 173, 192, 211, 366 f., 425, 488 f., 492–494 Auflage, zweite 13 Aufstieg der Seele 54, 91, 151, 185 f., 233, 269, 296 f., 413, 415, 417, 420 Auge 57, 66, 75, 233, 271 f. (s. auch Gesichtssinn) Augenblick 447 Augustinus-Exzerpte 9 f., 14 f., 534 Augustinus-Ikonographie 306 f. Augustinus-Lexika 5, 28 f. Auseinandersetzungsliteratur 481 Aussage 58, 64, 67, 145, 152, 165, 190 f.,

626

Sachregister

198, 204, 208, 210, 278 f., 283, 301, 327, 339, 358, 391, 394, 438, 446 f., 467, 477 f., 482, 484, 495 f., 502 f., 511, 519 Außen – innen 145, 187 Autarkie 243 Autonomie 241–243, 246, 258 f. Autorität 162, 187 Band der Trinität (vinculum trinitatis) 98, 103, 129 f., 217, 219, 223, 347, 352, 354, 378, 391, (448), 522 f. Bewegung 56, 186, 220, 253, 262 f., 312, 314, 445, 447–449, 455 Bewußtsein 253 Bibel 47, 151, 155, 160 f., 172, 187, 393, 436, 471, 473 f., 477, 481 f., 484 Bibeltext Augustins 16, 37 Bibliothek 47 Biene 76 Biographien Augustins 176–180 Bischofsweihe Augustins 31 Breviculus 17–20 Bücherraub 20, 22, 35, 44, 421, 427 Buchtitel De trinitate 23–28 Byzanz 331–337 Cartesianismus 240, 242–245, 263, 287, 400 Causa sui 106, 108, 439, 453, 471–473, 477, 501, 505, 515 Christologie 80, 149, 158, 166, 180, 206, 210–216, 244 f., 268, 301, 313, 316, 318, 323 f., 338, 351, 357, 403, 414, 423, 463, 482, 506, 525 f., 530 Christozentrik 343, 362, 376 Chronologie d. Entstehung v. De trinitate 31–46, 77, 126, 139, 174, 201, 205, 393, 398, 420, 488 Cogitare se 148, 234, 285, 287, 516–518, 520, 527 f. Cogito 244 f., 287–292, 294 Cognitio historica 163, 525 Commemoratio 269 Communio s. Gemeinschaft Conditor 99 Conscientia 62 Consubstantialis 102, 104, 120, 295, 472, 501 Contemplatio s. Kontemplation Creatio ex nihilo 472 Creator s. Schöpfer Dämonen 414, 491 f., 506

De deo uno/trino 137, 158, 181, 356–359, 375, 385, 397 Deitas 102, 116, 417, 479, 483, 494 Delphisches Gebot 59, 245, 514, 516 Denken u. Sein 311, 444, 451, 517, 532 Denkform 275 Denkmodell 278 f., 436 f., 461, 468, 492, 507, 534 Deus verus s. Gott, wahrer Dialektik 64, 66, 104, 129, 132, 158 f., 168, 183, 216, 234, 255, 273 f., 276, 328, 349 f., 387, 437, 442, 447 f., 522 Dialogik 281, 389 Dicere s. Aussage Diffe´rance 277, 388 Differenz, innere 201, 226, 283, 316, 320 f., 444, 449, 456, 470, 513, 518, 520, 530, 532 Diskursivität 149, 528 Dispensatio 196, 423 Dissimilis s. Unähnlich Divinitas 89, 102, 359, 470, 479, 483, 494 Docta ignorantia 315, 360, 534 Dogmengeschichte 311–330, 396 f. Dominikaner 309 f., 346 f., 352 Dominus 85, 204–206, 221, 391 Donatismus 32, 409, 422, 432–434 Donum s. Geschenk Doxographie, philosophische 49, 72 Dreieck als Trinitätssymbol 325 »Dreieinig«, »dreifaltig« 165 f. Dreiheit 88, 346, 461, 463, 527 Dritter, Drittes 389 Du 376 f., 387–389 Dualismus 132, 177, 287, 292, 294, 313 f., 328, 339 f., 385, 396, 443, 445–447, 450, 456, 491 Editionen v. De trinitate 10–17 Eigenschaften Gottes 64, 108, 249, 358, 379, 501 Eines (eÏn) 54, 62, 418, 437 f., 440–443, 446–450, 452–463, 467, 472 f., 499, 507, 515, 530, 532 Einfachheit Gottes 108, 284, 437 f., 501, 529 Einheit 56, 62, 87 f., 116, 137, 165, 171, 173, 219, 243, 252, 259, 324, 327, 329, 342, 346 f., 357 f., 363, 366, 372, 379, 382 f., 387, 390, 397–399, 403, 415, 425, 438, 444 f., 461, 464, 467, 479, 483, 501, 513, 517, 527, 532 Einheit, unvermischte 57, 385, 473, 512 f., 517, 521

Sachregister Einwohnung Gottes 220 f., 529 f. Ekklesiologie 206 Eleaten 441–445, 448 Elektronische Hilfsmittel 5 f., 29 Emanation 80, 87 Ende 447 ÆEndiaÂuetow loÂgow 62, 213 Endlichkeit 144, 311, 313 f., 373, 396, 526 Energie 225, 334 f., 342 f. Engel 113, 431 f., 486 Engelchristologie 432, 487 Ens rationis 270 eÆoÂn 443 ÆEpeÂkeina th Ä w oyÆsiÂaw 449 f., 458 (vgl. 451) Epikureismus 423, 438 Erbsünde 115, 215, 254 Erfahrung 256, 277 Erinnerung 148–150, 232, 267, 286, 313, 405, 506, 515, 519, 521 f., 524, 527 f., 530 (s. auch Anamnesis u. memoria) Erkennender – Erkanntes (– Erkenntnis) 55, 514, 517 f. Erkenntnistheorie 247 f., 256, 271, 355, 524 f., 530, 534 Erleuchtung s. Illumination Erlösung 153, 214, 240, 359, 489, 491 f., 494, 506 (s. auch Soteriologie) Eros 54, 239, 243, 444 Eschatologie 88, 230, 380, 386 Esse – nosse – velle 63, 140, 419, 471 Esse – vivere – intellegere 63, 104 f., 473 Essentia 56, 102, 107, 110, 147, 199 f., 251, 350, 477, 487, 492, 501 f., 505, 512, 520 Essentialismus 96, 154, 195, 220, 224, 353, 403 Eudämonie s. Glück(seligkeit) Eunomianer 38–40, 90 f., 94 f., 120 f., 124 f., 128 f., 167–169, 202, 314, 355, 395, 429–431, 465, 474, 495–497, 500, 503 Eusebianer 129 f., 469 Ewigkeit 214, 241, 262, 524 Ewigkeit der Welt 85, 204, 460 Exegese 118 f., 161, 170, 190–198, 403, 474 Exemplum 21, 151, 156, 192, 211, 489, 492 Exercitatio/exercere s. Übung Existentialismus 140, 273, 280 f. Experimentum medietatis 363 f., 407, 524 Exzerpte s. Augustinus-Exzerpte Familie als Trinitätsanalogie 51, 83, 93, 237, 352, 365, 376, 395, 523 f.

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Feld 380 f. Fellkleider 84 Feminismus 235–237, 328 Filioque 121, 176, 216, 221–227, 317, 319, 321, 327, 332–334, 336 f., 340–344, 372, 379 Finden s. Suchen u. finden Foris s. Außen Forma dei – forma servi s. Gottesgestalt – Knechtsgestalt Forschungsberichte zu De trinitate VI, 2–6, 157 f. Franziskaner 346 f., 352 Frau 99, 106, 111 f., 188, 234–237, 524 (s. auch Geist, Heiliger [weiblich]) Freiheit 258, 373 Freundschaft 186 Friede 217, 391 Frühschriften Augustins 295–300 Ganzes u. Teil s. Teil u. Ganzes Gattung (logisch) 66–69, 251, 278, 394, 448 f., 465, 501, 505, 507, 510, 519 Gebet 101, 140, 232, 304, 306, 406, 436, 491, 530 Gegebenheitsweise 374 f. Gegenständlichkeit 61, 437, 453, 516 f., 519 f., 528, 531 f., 534 Gegenteil 498 Gegenwärtigkeit 511, 528 Geheimnis 467 Geist, göttlicher 62, 150 f., 253, 277, 280, 283, 311, 313, 356, 387, 450, 452, 455–459, 507, 518 Geist, Heiliger 83, 97 f., 102 f., 113, 117, 120, 129 f., 141, 172, 216–227, 239, 297, 299, 301–303, 316, 352–354, 358, 365, 372, 386, 401, 417, 424, 440, 457, 463, 480, 485 f., 488, 494, 501, 522, 529, 533 Geist, Heiliger (weiblich) 83, 93 f., 237, 239 Geist, menschlicher 60, 148–151, 187, 191, 216, 235, 244, 246, 253, 280–283, 286, 289 f., 293, 311, 313, 320, 339, 341, 351 f., 355 f., 367, 371, 374, 376, 394, 399, 401, 407, 413, 450, 507, 512, 518–534 Geistesgeschichte 255–258 Geistigkeit d. Seele 58 Geistmetaphysik 150 f., 228, 407, 451 Gemeinschaft 99, 153, 209, 217–219, 238– 240, 259, 363, 366 f., 372, 386, 391, 416 f., 501

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Sachregister

Gender 235–237 Genus s. Gattung (logisch) Gerechtigkeit 62, 111 f., 161, 253, 270 f., 489, 510 f. Gesamtausgaben Augustins 11–17 Geschenk 102, 141, 204, 217, 302, 347, 419, 494, 529 Geschichte 156, 159, 161, 163 f., 192, 197, 312, 347, 368, 379, 381, 387, 394 Geschichtlichkeit 143, 242, 281 Geschöpf s. Schöpfung Gesellschaft 236, 241, 269, 367, 379, 388 Gesichtssinn 521 f. Gewissen 285 Gezeugt s. Ungezeugt – gezeugt u. s. Zeugung Glaube 148, 152, 161, 163, 170, 180, 185, 192, 195, 360, 404, 414, 419, 425, 477 f., 506 f., 510 f., 525, 527, 532 Gleichewig (coaeternus) 117, 458, 474, 501 Gleichheit 397, 415, 417, 458, 464, 474, 479, 520, 529 Gliederung von De trinitate 136 f., 160, 181–185 Glück(seligkeit) 66, 71, 73 f., 177, 197, 240, 409, 414, 525–527, 532 f. Gnade 4, 21, 46, 94, 151, 154, 180, 186, 188, 192, 214–216, 234, 243, 250, 253 f., 262, 357, 373–376, 418 f., 488 f., 494, 506, 508, 525–527, 532 Gnosis 25, 63 f., 83 f., 125, 231, 260, 297, 300, 375, 398, 415, 472 Gold als Trinitätsanalogie 466, 505 Goten 124, 129, 426, 428, 431, 433, 435, 471 Gott passim Gott, wahrer 112, 477, 480 Gottebenbildlichkeit 1, 80, 84, 95, 101, 106, 111, 115, 138, 143, 145, 153 f., 161, 166, 177, 227–238, 243 f., 246, 253 f., 262, 272–274, 289, 292, 303, 313, 334 f., 339 f., 348, 352–356, 360, 376 f., 398, 402, 407, 426, 521, 523 f., 527 f., 530 Gotteserkenntnis 94, 101, 145, 284, 286, 344, 400, 405 f., 495, 507 Gottesgestalt – Knechtsgestalt 128, 189 f., 195 f., 212, 255, 373, 434, 482–487, 532 Gottesliebe 239 »Grammar« 172 f. Gravitas 42 »Griechisches« Denken s. »Hebräisches« u. »gr.« D.

Griechischkenntnisse Augustins 48 f., 81– 83, 502 Größe Gottes 64 Grund 453, 530–532, 534 Gruppentheorie, mathematische 278 Gute, das 52, 147, 239 f., 364, 449 f., 454, 458, 510 f., 516 Güte Gottes 64, 224, 358 Gyron 76 Habitus 82, 271, 374, 482 f., 487 Handschriften v. De trinitate 7–9, 11–15, 17, 20–23, 210, 393 Harmonie 217, 443, 490 Hauchung 91, 357 »Hebräisches« und »griechisches« Denken 141 f. Hegelianismus 131, 172, 237, 279 f., 311– 313, 370–373, 380 f., 387 f., 396 f. Heidentum s. Pagane Kultur Heil 155 f., 167, 182, 189, 195, 197, 254, 374, 379, 413–415, 419, 455, 483 f., 489 f., 492, 507 Heilsökonomie 86, 96, 140–142, 149, 152–154, 156, 158, 164, 166, 176, 182, 192–197, 218–220, 224 f., 242, 298 f., 316, 318, 326 f., 347, 353, 359, 366 f., 375, 380, 384, 392, 398 f., 401–403, 414, 416 f., 423, 462, 492, 495 Heimat 197, 296, 419, 526 Hellenisierung 314 ÏEn s. Eines ÏEn – noyÄw – cyxh 63, 440, 452 Hermeneutik 142, 263–265, 398 f., 401 Hermetik 407 Herr − u. Knecht 204, 391, 442 − u. Schöpfung 85, 205 f., 372, 500 (s. auch Dominus) Hervorgang 91, 94, 101–103, 108, 192, 196, 202, 216, 220–222, 316, 327, 329, 334, 337, 339, 353 f., 366, 384, 397, 401, 424, 458, 467, 484, 494, 517 Historiographie 158, 163 Historiosophie 344 Hochmut 57, 490 f. Homo interior/exterior s. Mensch, innerer/ äußerer Homöer 89, 99, 116, 120–129, 164, 168– 170, 298, 314, 324, 395, 410, 414, 417, 426–435, 468, 470 f., 473 f., 479 f., 482, 495 f., 498, 507 ëOmoiooyÂsiow 432

Sachregister Homöusianer 122, 432 ëOmooyÂsiow 104, 200, 372, 410, 430, 433, 461, 470, 472 ëOmoyÄ paÂnta 283, 515 f. (vgl. 453) Humanismus 4, 229, 360 f., 363, 407 Humilitas 189, 192 Hypostase 52, 55 f., 60 f., 87, 104, 107, 120 f., 140, 157, 198 f., 226, 293, 296 f., 316, 326 f., 329, 339 f., 342, 374, 413, 440, 454, 457–459, 462, 465–470, 473, 479, 483, 498, 502–504, 507, 512, 514 f., 518, 532 Ich 256 Idealismus 131 f., 134–136, 138, 237, 279, 312 f., 328, 371–373, 396–398, 402 Ideen, platonische 53, 61, 205, 302, 442, 448, 452, 460 Identität 279, 380, 447 Idiomenkommunikation 385 Illumination 247, 271, 276, 298, 355, 390, 489, 506, 525, 530 Imago dei s. Gottebenbildlichkeit Indigentia 68 Individualismus 241, 368, 401 Individuum (logisch)) 66–69, 394, 465 f., 505, 507, 519 Infinitas s. Aeternitas u. Unendlichkeit Ingenitus – genitus s. Ungezeugt – gezeugt Ingenium – doctrina – usus 77 f. Initium fidei 187, 418, 477 Inkarnation s. Menschwerdung Inkunabel 10 Innerlichkeit 189, 233 f., 242, 256–259, 291, 396, 419, 511, 517 Insel der Seligen 66, 74 Inseparabilis operatio s. Wirken nach außen, untrennbares Inspiration 173 Intellectus agens/possibilis 356 Intellectus fidei 164, 187, 270, 390 Intellegentia trinitatis 479, 506 Intellektualismus 104, 367 Intellektueller 39, 186, 409, 411 f., 414, 418, 423–427, 436, 475 Intentionalität 261, 269, 283, 389, 453 f., 516, 522 f., 532 Intersubjektivität 237–239, 281, 352, 377, 388 f., 392 Intus s. Außen – innen Ipsum esse 200, 498 Iuvenis 42, 46

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Kapiteleinteilung v. De trinitate 17–20 Kategorien 66–69, 99 f., 150, 188, 200 f., 249, 254, 335, 392, 394, 449, 451 f., 465 f., 497–499 Kaufen 76 Kenose 377, 385 Knabe am Meer 306–310 Kommentar 345 Kommunikation 189, 388 Konkordanzen zu De trinitate 28 f. Kontemplation 185 f., 188, 197, 232, 271, 524, 527 Konversion 232, 303 Körper s. Leib Kosmologie 105, 263, 410, 443–446, 459, 500 Kosmos 256, 258, 262, 372, 441, 452, 456 f., 459, 488 Kraft Gottes 117, 463, 500, 503 Kreuz 151, 377, 379 Leben 87, 449, 515, 519, 522, 528 Lebensalter 42 Leib 57, 60, 84, 118, 156, 210, 231, 235 f., 254, 284, 286 f., 290, 294, 355, 394, 400, 423, 425, 477, 489, 492 f., 509, 521, 523, 526 Leiden Gottes 80, 377, 379, 385–387, 488 Leser 18, 43, 46, 166, 185, 214, 245, 248, 277, 351, 399, 419–427, 431, 437, 450, 474, 476, 520, 522, 530, 533 f. Lexika s. Augustinus-Lexika Libri Platonicorum 50, 56, 59, 296, 412 Licht (lumen) 109, 458, 477, 515, 525, 527, 530, 534 Liebe 87, 136, 147, 153, 175, 217–220, 238–240, 242–246, 253, 259, 261, 274, 283 f., 330, 339 f., 352–354, 365, 367, 371, 374, 376, 379, 382, 384, 386, 388, 390 f., 418, 445, 449, 501, 510, 512– 514, 520, 522, 531, 533 Liebeslyrik 359 Linie als Trinitätssymbol 325 Liturgie 141, 155, 167, 435, 471 Logik 66 f., 277–279, 437, 443, 445 f., 451, 504 f., 508 Logik des Schreckens 418 Logos 53, 193, 297, 338, 460, 463, 485, 507 LoÂgow eÆndiaÂuetow – proforikoÂw (62), 213 Logozentrismus 245 Macedonianer 113, 429

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Sachregister

Mailänder Kreis 412 Mamre, Eiche von 101, 113 f., 486 Manichäismus 79 f., 298, 303, 409 f. Manuskripte s. Handschriften Maß 275, 414 Materialismus 49 Mauriner 12, 293 Mediator s. Mittler Medium s. Mitte MeÂgista geÂnh 448 Memoria 60, 77, 247, 262, 271 f., 280 f., 285 f. Memoria – intellegentia/intellectus – voluntas 63 f., 138, 143, 145, 154, 170, 187 f., 220, 254, 302, 356, 362, 372, 382, 405, 515, 519–521, 528, 530 Memoria – intellegentia – providentia 71 Memoria dei – intellegentia dei – amor dei 231 f. Mens s. Geist, menschlicher Mens – notitia – amor 54, 57, 138, 140, 145, 148, 227, 238, 283, 512, 514, 519 Mensch, äußerer 138, 189, 489, 521 Mensch, innerer 84, 138, 263, 489, 522, 527 Menschwerdung 88, 109, 145, 157, 191, 194 f., 215, 221, 265, 296, 320, 350, 359, 366 f., 374, 377, 396, 413, 416, 419, 423, 463, 484, 487, 489 f., 492– 495, 507 f., 525 f., 529 Mensura – numerus – ordo 295 Metaphysik 141 f., 150, 245, 253, 256, 258 f., 263, 269, 277, 280 f., 296, 315, 339, 400, 437 f., 451, 457, 471, 505 MiÂa oyÆsiÂa, treiÄw yëpostaÂseiw 467, 502, 505 Micare 76 Mischung 445 Missio s. Sendung Mitte, Mittleres 54, 219, 363 f., 374, 407, 414, 447 f., 513, 522, 524 Mittelalter 248, 251, 253, 256, 315, 344– 359 Mittelplatonismus 53, 451–453, 455, 459– 461, 491 Mittler 166, 179, 195, 197, 210, 212 f., 220, 269, 296, 363, 461, 488, 490 f., 494 Modalismus 170, 202, 277, 315, 318, 321, 378, 386, 403, 521 Moderne 172, 245, 257, 259, 365, 397 Möglichkeit 454 Monarchianismus 326, 480 Monarchie Gottes/des Vaters 378–381, 386, 444, 463

MonaÂw 450, 458 f., 463, 468, 483 Monh – proÂodow – eÆpistrofh 63

Monotheismus 2, 320, 378, 382, 386, 391, 396, 483 Montanismus 320 Moraspiel 76 Mundus intelligibilis 55, 413 Münzen als Trinitätsanalogie 466, 505 Mystik 233, 326, 338, 352, 359 Nächstenliebe 239 Narratio 162 Nativitas 102, 469 f., 474 Natur 109, 416, 482, 485, 487, 503 Natura – disciplina – usus 417 Natus – datus 113 Neopalamismus 334 f., 342 f., 383 Neuchalkedonismus 385 NeyÄma 54 Neunizänisch 96, 107, 115, 120, 130, 157, 171 f., 184, 198, 314, 318, 362, 403, 410, 412, 417, 428, 432, 462, 464 f., 467, 470, 473, 475, 480 (Definition), 482, 504, 513, 533 Neuplatonismus 51–65, 103 f., 106, 132, 151, 169, 171, 173, 176, 180, 185 f., 189, 210, 212, 219, 234, 248, 250, 252, 263, 268, 281, 284, 296 f., 299, 330, 337–339, 348, 363, 394, 397, 403, 411 f., 417 f., 424, 440 f., 452, 459, 461, 471 f., 477, 479, 491–493 Neupythagoreismus 463, 483 Neuscholastik 1, 132, 134, 136–138, 160, 174, 181, 251, 278, 319, 322, 358 f., 370, 373 f., 397 f., 401 f., 495 Neuzeit 240, 258 f., 291, 362, 373 f., 400, 408, 531 Nichtnizänische Theologie s. »Arianismus« Nichts 443, 446, 450 Nichtseiendes 443 f., 446 Nihilismus 241, 259, 363 Nizänische Theologie 87, 101, 104, 262, 410, 427–429, 455, 464, 468, 471, 478, 480–483, 494, 500, 506 f., 533 NoÂhsiw nohÂsevw 60, 257, 282, 285, 451, 453 Nominalismus 241 Noologisch 399 f., 402, 404 Nordafrika 48 f., 79, 124, 127, 409, 416, 422, 424, 426, 435, 488 f. Nosse se 148, 150, 234, 244, 285, 287, 516–518, 520, 527–529, 534 Notion 495 NoyÄw 53, 148, 150, 210, 356, 399, 440, 445,

Sachregister 449 f., 452 f., 458, 460 f., 467, 507, 515, 517 f., 532 NoyÄw – nv Ä ma/neyÄma – eÍrvw 54 NoyÄw – noÂhsiw – toÁ nohtoÂn 515 Offenbarung 224, 352 f., 365, 367, 372 f., 376, 379, 384, 390, 444 Oikonomia und Theologia 192, 224, 330, 366, 402 Ökonomie s. Heilsökonomie ToÁ oÍn – zvh – noyÄw 63 Ontologie − allgemeine 218, 241 f., 261, 296, 323, 349, 392, 415, 417, 445 f., 451, 499, 515 − relationale 208 − trinitarische 272–274, 401, 416, 420 − des Zwischen 389 Ontologismus 174 Ontotheologie 245, 277, 400 Operatio ad extra s. Wirken nach außen Opfer 153, 192, 213 f., 262, 491–493 Ophiten 83 Ordo 405 f. Orient, christlicher 331 Orthodoxie − griechische 225, 331–337, 341, 401 − neopalamitische s. Neopalamismus − protestantische 4, 249 − radikale 241–245, 274, 401, 408 − rumänische 342, 401 − russische 337–341, 401 Ostern 155, 221, 366, 380 Ostkirchen 331–344 (s. auch Orthodoxie) Pagane Kultur 41, 45, 411, 424, 435 f., 462, 489 f., 507, 526 Palimpsest 9, 105 Pantheismus 131–133 Paradies 99 Paradoxie 67, 144 f., 254, 270, 315, 458, 468, 475, 507, 513, 516 Paragraphen in De trinitate 17–20 Pater – medium – paterna mens 54, 440 Pater – paterna mens – amor 440 Patria s. Heimat Pelagianismus 21, 26 f., 31, 83, 143, 177, 179 f., 231, 422–425, 477, 489 Performativ 291 Perichorese 138, 263, 520 Person 52, 62, 88, 99, 104, 110, 129, 137, 139, 147, 198–201, 207–211, 218, 224 f., 234, 243, 257, 259 f., 263, 277, 280–282, 298, 313, 316, 320 f., 329,

631

346 f., 350, 352, 358, 363, 365–367, 372, 374, 376, 378 f., 383, 386 f., 392, 397 f., 402 f., 410, 423, 425, 461, 466, 470, 479, 481, 495, 497, 500, 502–504, 507, 509 f., 519, 533 f. Personalismus 154, 208, 280 f., 363, 377, 389, 397, 403 Persönlichkeit Gottes 52, 340, 363, 365, 371, 378 Pfand (pignus) 16, 222 Pfingsten 145, 487, 494 Phantasie 58, 522 Philosophia tripartita 295 Philosophie − islamische 514 − jüdische 514 − patristische 247 f., 251 − u. Theologie 1, 3 f., 185, 187, 247–250, 253, 403 f., 407, 435 f., 475 f., 530 Philosophiegeschichtsschreibung 247–255 Philosophy of Mind 254 f., 286, 294, 400 Photinianer 194, 432, 484 f., 487 Platonismus 50–65, 73, 87, 125, 151, 208, 213, 256, 275, 349, 360, 367, 394, 403, 406 f., 412, 414, 416, 419, 439, 455 f., 491, 506 Pneumatologie 153, 161, 190 f., 195, 214– 227, 297, 299, 315, 323 f., 336, 343, 401, 483 Pneumatomachen 503 Polemik 89, 102, 169, 187, 355, 368, 395, 436, 475 Polytheismus 244 Postmoderne 6, 158, 240–246, 400 Poststrukturalismus 269 Potentialität 62 »Practice« 172 Prädestination 179, 215 f. Prädikat s. Aussage Praedicamentum 68 Präsenzmetaphysik 277 Predigten Augustins 21, 43–45, 49, 119, 157, 160, 206, 301 f. Principaliter 176, 217, 222 f., 339, 401 Principium – sapientia – munus 415 Prinzip 187, 347, 390, 418, 440–446, 448, 450, 455, 457, 494 f., 500, 507 Prinzipienlehre 413 f., 438, 440–446, 451, 460, 468, 471, 475 f., 507, 532 Priszillianismus 26, 118, 425 Problemgeschichte 256 Processio s. Hervorgang »Pro-Nicene« 172 f.

632

Sachregister

Proömien v. De trinitate 20–22, 34, 421 Proprie deus 165, 327 Proprietät 128, 152–154, 165, 220, 374, 415, 474, 479 Prozeßtheologie 363 Prudentia 71, 74 Pseudepigraphen 304 f. Cyxh s. Seele, Weltseele Psychologie 145, 174, 248, 255 f., 258, 261, 286, 314, 350 f. Psychologismus 135 f., 140, 255, 398 Puer 42 Pulchritudo s. Schönheit Quelle – Fluß – Wasser 417, 534 Quellen v. De trinitate 47–130 Quellenforschung (Methode) 61 f., 108, 174, 202, 300, 393–395 Radical Orthodoxy s. Orthodoxie, radikale Rationalismus 132, 134, 224, 231, 240, 338, 341, 347, 351, 401 Rationes seminales 197, 247 Rätsel s. Aenigma Raubkopien s. Bücherraub Realismus, kritischer 135 Reflexion 61, 148, 373, 378, 531 f. Reflexivität 148, 241 f., 246, 257, 349, 449–451, 453 f., 507, 515, 524, 529, 532–534 Reformatio 229 f., 262, 527 Reformation 4, 142, 361 f., 407 Refutatio 162 Register zu De trinitate 28 f. Regula canonica 128, 164, 190 f., 212, 434, 482–484 Regula fidei 478, 508 Reich Gottes 88–90, 250, 380, 484 Reinigung 153, 185, 197, 213, 413, 418, 477 f., 489 f., 492 Relation 1 f., 40, 62, 65, 67 f., 99, 102, 129, 139, 145, 147, 150, 167–169, 200– 209, 238, 241, 244, 254, 259, 263, 274, 277, 283, 316, 320 f., 327, 334, 346 f., 353, 355, 365–368, 378, 380–382, 384, 386, 389–391, 394 f., 397, 431, 442, 444, 448, 451–453, 457, 459 f., 495, 497–501, 504, 509 f., 520 Res s. Sache Rezeptionsgeschichte v. De trinitate s. Wirkungsgeschichte Rhetorik 77, 82, 143, 161–164, 189 f., 196, 255, 410 f., 489

Rhythmus, trinitarischer 276 Rogatisten 103 Ruhe 56 Rumänien 342 Rußland 310, 337–341, 508 Sabellianismus 202, 347, 371, 430, 470 f., 482, 503 Sache (res) 70 f., 216, 399, 510, 517 Sacramentum 21, 151, 156, 192, 211, 489 Säkular 241, 245, 400, 408 Salvator 212 Sapientia s. Weisheit Schmerz Gottes 377, 379, 385 (s. auch Leiden Gottes) Scholastik 4, 53, 103, 131, 139, 200, 205, 278, 310, 320, 323 f., 344–359, 401, 406 f., 495 Schönheit 100, 275 f., 499 Schöpfer 99, 240, 244, 460, 525 Schöpfung − (Erschaffung) 42, 53, 68, 85, 91, 106, 118, 153, 179 f., 251, 276, 359, 374, 378, 412, 452, 461 f., 484, 523, 525 − (Geschöpf) 52, 56, 62, 68, 85, 92, 111, 131, 134, 180–182, 192, 197, 204–206, 220, 226, 228, 230, 232, 240 f., 243, 250, 271 f., 275, 296 f., 304, 320 f., 326, 337 f., 347, 351, 367, 372, 380, 390, 392, 405, 407, 415, 419, 429, 457, 460 f., 468, 480, 484, 488, 490, 499 f., 525 Schriftbeweis 160, 181, 397, 481, 486, 495, 507 Schweigen 493 Scientia s. Wissen Sechszahl 78, 490 Seele 58, 78, 118, 138, 140, 163, 182 f., 186, 231, 235, 255, 286, 297, 317, 320 f., 339, 344, 350, 352–354, 363, 367, 376, 394, 398, 413, 417, 423, 425 f., 439, 452, 532 Sehen s. Gesichtssinn Sein 104, 388, 443–447, 455 Sein – Leben – Denken 63 f., 104 f., 455, 471, 473 Seinsweise 372, 378 Selbst 257 -ausdehnung 464 f. -beobachtung 136 -bewußtsein 1, 55, 60–62, 66, 132–134, 143 f., 147, 178, 182, 188, 234, 248 f., 255–260, 279 f., 282–287, 293, 312,

Sachregister 314, 338 f., 356, 371, 390, 394, 396, 399 f., 402 f., 439, 453, 516–518, 520 f., 530–532 -beziehung 134, 532 -bezüglichkeit 40, 147, 232 f., 243, 255, 282 f., 367, 394 -erhaltung 363 -erkenntnis 55, 57, 59, 75, 148, 171, 246, 257, 282–287, 297, 344, 355, 449 f., 452, 473, 488, 515 -gegenwart 517, 519, 528 -gewißheit 254 -konstitution 253, 270 f., 396 -liebe 136, 238–240, 297, 352, 453, 512 -mitteilung 325, 366, 374, 463 -objektivierung 134 -reflexion 255, 281, 292 -setzung 132, 249 -verursachung s. Causa sui -verwirklichung 378 -vollzug 259, 347, 354, 363 -wissen 61, 282 f., 453, 514, 520, 531 -zeugung s. Causa sui Semantik 66 f., 70 f. Semiotik 204 Semper 90, 205 Senarius s. Sechszahl Sendung 17, 40, 85–87, 96, 98, 101, 114, 138, 145 f., 149, 151, 154, 160, 164, 176, 182, 191–194, 196 f., 203, 212, 221 f., 226, 327, 329, 337, 366, 384, 390, 401, 482, 484, 494 f. Senex 42, 46 Senior 42 Sentenz 10, 19, 95, 162 f., 206, 296, 345, 350, 356, 370, 402, 435, 534 Sichdenken s. Cogitare se Sichtbarkeit 170, 480, 485 f. Sichwissen s. Nosse se Signum s. Zeichen Similitudo s. Ähnlichkeit Simul totum 283, 515 f. Sine principio 165, 472 Skepsis 46, 73, 75, 210, 282 f., 287–291, 315, 335, 372, 405, 410, 423, 453, 486, 489, 493, 515–517, 529 (s. Zweifel) Sohn Gottes passim Sonnengleichnis 449 Sophistik 446 Soteriologie 153, 156, 191, 196, 212, 324, 343, 351, 385, 399, 402, 489, 492, 505 Sozinianer 259 Spätmittelalter 4, 11, 309 f., 360–363, 404 f., 418

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Species 100, 114, 166, 295, 415, 418, 480, 485 (s. auch Art [logisch]) SpeÂrmata 445 Spiegel 188, 197, 230, 297, 360, 529 Spiritualität 151, 155, 167, 184–185, 189, 232, 285, 343, 414 Sprache 143 f., 264–271, 294, 388, 532 Sprachlichkeit 142 f., 267, 292 Spur s. Vestigium trinitatis Stil 189 Stoa 62, 65, 70 f., 99, 125, 202, 243, 261 f., 268, 270, 282, 364, 381, 439, 461 »Strategy« 172 Streit u. Liebe 445 Subjekt 225, 240 f., 244, 378–381, 386, 388, 398, 402, 419, 509, 514, 532 Subjekt – Objekt 6, 132, 287, 290, 292, 311, 316, 339, 516 f. Subjektivität 60 f., 147, 149, 237–239, 244, 257, 281, 292, 311, 363, 373, 380, 384, 387–390, 396, 400, 518, 532 Subjektozentrik 258 f. Subordinatianismus 55 f., 60, 80, 88 f., 92, 102 f., 113, 128, 182, 213, 298, 313, 315 f., 325, 403, 409 f., 417, 429, 433 f., 471, 480, 482–488, 494, 505, 507 f., 526 Subordination 52, 86 f., 190, 242, 457 f., 474, 483 f., 494 Subsistenz 67, 102, 107, 199, 202 f., 208, 274, 355, 358, 374, 378, 384, 397, 457, 465, 503 Subsistenzweisen, distinkte 374, 378, 384 Substantia (Terminus) 17, 97, 99, 102, 107, 110, 121 f., 198–200, 224, 416, 462, 467, 478 f., 497 f., 502 f., 505, 519 Substanz (Wesen, oyÆsiÂa) 1, 40, 56, 62, 64– 69, 90, 97, 99, 101, 107, 110, 121 f., 139, 147, 150, 168, 194, 198–201, 205, 224, 263, 274, 277 f., 326, 334, 342, 353, 355, 358, 364, 367 f., 372, 376, 378–381, 384, 391, 394, 400, 403, 410, 414, 416 f., 431, 451 f., 461, 463–468, 473, 477, 479, 481, 487 f., 494–504, 507, 509, 519, 521, 530, 533 f. Suchen u. finden 215, 243, 268, 360, 377, 508–511, 513, 515, 528, 530, 534 Summum bonum 240, 478 Sünde 50, 84, 143, 213, 224, 229–231, 239, 242, 351, 489, 532 Sursum corda 118 Syllogismus 167–169, 289, 496 Synoden, Bekenntnisse, Formeln − Alexandrien (362) 470

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Sachregister

− Aquileia (381) 89, 409, 430, 432, 475, 482 − Chalcedon (451) 312, 324 − Ephesos (431) 121 − Hippo Regius (393) 416 − Karthago (397) 31, 434 − Karthago (419) 49, 434 − Konstantinopel (381) 293, 322, 409, 467 − Nike (359) 121, 433 f. − Nizäa (325) 16, 99, 119–121, 254, 293, 322, 432, 434, 461, 469, 503 − Rimini (359) 121, 433 f. − Rom (369–371) 470 − Serdika (342/3) 89 f., 129, 432 f., 469, 479 − Sirmium (351) 92, 194, 484 − Sirmium (357) 89, 470 − Sirmium (358) 432 − Sirmium (359) 121 − Toledo (693) 348 Tao 233 Taube 301, 479 f., 484, 487 Taufbefehl 109, 322, 481 Taufe 233, 301, 303, 412 f., 429, 457, 479 Teil u. Ganzes 58, 447 f., 453, 512, 515 Teilhabe 232, 351, 382, 391, 441 f., 447, 453, 460, 489, 527 Ternare s. Triaden Teufel 433, 491 f. Textausgaben s. Editionen Textgeschichte v. De trinitate 8 f., 393 Textkritik zu De trinitate 13–23 Theogonie 132 Theologie − liberale 371 − negative 224, 280 − systematische 2, 172 f., 245, 364–392, 406 − u. Philosophie s. Philosophie u. Theologie Theopaschismus 331, 385 Theophanie 87, 98, 101, 114 f., 138, 160, 170, 193–195, 197, 232, 320, 431 f., 484 f., 494 Theurgie 492 Titel s. Buchtitel Tod der Seele 83 »Trajectory« 172 Traktat (als Genus) 162 f. Transzendenz 60, 189, 268 f., 455, 458 Triaden 62, 252, 261 f., 275 f., 280, 283 f., 296, 314, 350, 360, 363, 394, 406 f.,

413, 415 f., 418, 440, 455, 463, 512, 519, 521, 528, 534 TriaÂw 25, 483 TridyÂnamow 300 Trinitas (Terminus) 23–28, 102, 414 − creatrix 415 Trinität passim − immanente u. ökonomische 194, 219, 225, 239, 254, 299, 301, 315, 323, 329, 334, 343, 374 f., 377, 379, 382 f., 385, 387, 392 Trinitätslehre − anagogische 297 − essentialistische 399 − geschichtliche 387 − griechische s. östliche u. westliche − heilsökonomische 378, 403 − innerseelische 209 − interpersonale 2, 237 f., 351 f., 376, 390 − intra- o. innerpersonale 237 f., 351 f., 376, 382, 390 − kommunitäre 209 − lateinische s. östliche u. westliche − manichäische 79 f. − moderne 2 − ontologische 297 − östliche u. westliche 56, 87, 96, 137, 152 f., 155, 172, 198, 202, 222 f., 226, 243, 316, 324–330, 335, 341–344, 346 f., 353, 357, 368, 383 f., 386, 391, 397, 503 − politische 382 − psychologische 2, 54, 87, 95, 105, 135– 142, 145, 152, 154, 189, 224, 227 f., 297, 323, 327, 334, 345–348, 351, 365, 367, 375 f., 378, 384, 390, 398 f., 403, 533 − relational 330 − soziale 210, 330, 365, 378, 382, 386 f., 403, 479, 520 − westliche s. östliche u. westliche Tripotens 300, 415 Tritheismus 226, 254, 277, 386 f., 465 f. TroÂpow (th Ä w) yëpaÂrjevw/yëpostaÂsevw 464 f., 497 Tübinger Schule, evangelische 280, 312 f. Tübinger Schule, katholische 132, 319 Tugend 45, 64 f., 354 Übersetzungen von De trinitate 17, 29 f., 174, 332–337, 535–537 Übung 146, 153, 167, 183–186, 232, 244, 323, 345, 351, 390, 399, 413, 419 f., 424, 437, 442, 525

Sachregister Una persona 110, 207, 210 f., 395, 423 Una substantia, tres personae 462, 478, 505 Unähnlichkeit 147, 230, 405 f., 441 f., 447, 474, 489, 494, 496, 529 Unbegreiflichkeit 360, 534 Unendlichkeit 94, 241, 311, 313 f., 339, 396, 526 Ungegenständlichkeit 517, 530, 534 Ungeworden 444, 446, 449, 459 Ungezeugt – gezeugt 90, 112, 168, 200, 226, 355, 459, 464 f., 471, 474, 495– 497, 499 Unsichtbarkeit Gottes 99, 170, 194, 485 f., 494 Unsterblichkeit 58, 526 Untrennbare Akzidentien 65, 460 Untrennbares Wirken s. Wirken Unum aliquid – species propria – ordo 295 Unveränderlichkeit Gottes 59, 66, 69, 132, 497 Unvergänglichkeit 444 Ursprung 378, 386, 413, 418, 437, 442 f., 451, 454 f., 520 Uti – frui 185, 524 Vandalen 435 Vater 357 f., 403, 440, 457, 463, 482, 485 f., 514, 522, 528 f., 533 Verähnlichung 148, 229, 262 Veränderung 132, 204, 278, 415, 444, 472, 480, 498, 500 Verbindung s. Band Verbum s. Wort Vergöttlichung 232, 262, 374 Vermögenspsychologie 234 Vernunft 138, 234, 240, 360, 376, 398, 413, 425, 477, 506, 508, 524, 526 Veröffentlichung 420–422 Verstehen 192, 404, 414, 478 f., 508 (s. auch Intellectus fidei) Verwandlung 90, 101, 483 Verzweiflung 364, 411, 526 Vestigium trinitatis 2, 177, 228, 230, 252, 272, 356, 372 f., 382, 384, 390, 407, 521, 534 Vieles, Vielheit 56, 437, 441 f., 445–451, 455 f., 467, 507, 517, 530, 532 Vierfüßige Vögel 45 Vinculum trinitatis s. Band Visio beatifica 94, 184, 197 Vita activa 271 Vita contemplativa s. Kontemplation Vollkommenheit 64, 134, 149 f., 188, 230,

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239, 280, 284, 352, 354, 358, 472, 502 f., 522, 526, 532 Vorreden s. Proömien Vorsokratiker 49, 276, 442–446 Vorstellung 522, 531 Wahrheit 45, 62, 159, 162, 414, 510, 530, 534 Wahrscheinlichkeit 159, 162 Weiblich s. Frau Weisheit 53, 59, 64, 72, 74, 110, 117, 139, 166, 183, 185 f., 192, 216, 234, 244, 326, 328, 349 f., 358, 360, 392, 409, 414, 418, 463, 478, 487, 500 f., 524– 528, 531, 534 Weltseele (cyxhÂ) 54, 452 Wesen Gottes s. Substanz Widerspruch, Satz des W.s 201, 442 f., 507 Wille 92 f., 104, 106, 108, 141, 194, 222, 224, 243, 253, 256, 260–263, 339, 388, 397, 453, 459, 464, 485, 488, 513, 522, 528, 530 Wirken nach außen (untrennbares) 96, 112, 153 f., 169 f., 195, 221, 224, 329, 365 f., 372, 374, 378, 395, 403, 480, 488 Wirklichkeit 454 Wirkungsgeschichte von De trinitate 14 f., 157, 248, 331–368, 401, 408 Wissen 74, 163, 166, 183, 192, 216, 234, 287, 459 f., 524–529 Wort 143, 222, 250, 264, 269, 297, 353 f., 358, 373, 399, 489, 513, 525, 530 Wort, inneres 145 f., 203, 265–270, 401, 529 Wort-Theologie 142, 145 Wunder 197, 488 Wurzel – Stamm – Zweig 417 Zahlensymbolik 78 f., 483, 490 Zeichen 216, 265, 267–269, 406 Zeichenlehre s. Semantik Zeit 262, 419, 459, 500, 523 f., 527 Zeugung 91, 93, 102, 108, 214, 216, 265, 270, 354, 357, 386, 424, 458, 463, 467, 471 f., 501 Zisterzienser 309 f. Zitat 35, 37, 98, 114, 345, 356, 361, 370, 435, 534 Zweifel 159, 287, 289, 423–425, 478, 517 Zweiheit 52, 443, 447, 450, 456, 458 f., 463, 468, 483, 499, 507, 515, 517