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German Pages 394 [396] Year 2010
Augustae Machtbewusste Frauen am römischen Kaiserhof? Herausgegeben von Anne Kolb
Augustae Machtbewusste Frauen am römischen Kaiserhof? Herrschaftsstrukturen und Herrschaftspraxis II
Akten der Tagung in Zürich 18.-20.9.2008 Herausgegeben von Anne Kolb
Akademie Verlag
Coverabbildung: Köln, Dom, Dreikönigenschrein, Stirnseite, Trapezplatte, Detail: Nero-Kameo © Dombauarchiv Köln, Matz und Schenk
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar
ISBN 978-3-05-004898-7
© Akademie Verlag GmbH, Berlin 2010 Das eingesetzte Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form - durch Fotokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren - reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Einbandgestaltung: Ingo Scheffler, Berlin Satz: Sabine Taube, Berlin Druck und Bindung: Druckhaus „Thomas Müntzer", Bad Langensalza Printed in the Federal Republic of Germany
Inhalt
Vorwort
7
Einführung Anne Kolb. Augustae-
Zielsetzung, Definition, prosopographischer Überblick
....
11
Historische Voraussetzungen und Vorbilder Peter van Minnen.
Die Königinnen der Ptolemäerdynastie in papyrologischer und
epigraphischer Evidenz Ann-Cathrin
Härders.
Leonhard Burckhardt.
39 Hellenistische Königinnen in R o m
55
Republikanische exempla für die Augustae?
Zur politischen Sozialisation der frühen römischen Kaiserinnen
75
Grundlagen von Einfluss und Macht François Chausson/Alfredo
Buonopane.
Una fonte della ricchezza delle Augustae
-
Le figlinae urbane
91
Maria Grazia Granino Cecere.
Proprietà di Augustae a Roma e nel Latium vetus ....
111
Anna Lina Morelli. Augustae come madri sulle monete
129
Christiane Kunst.
145
Patronage/Matronage der Augustae
Giovannella Cresci Marrone/Sara
Nicolini.
Il principe e la strategia del lutto -
Il caso delle d o n n e della domus di A u g u s t o
163
Francesca Cenerini.
179
Messalina e il suo matrimonio con C. Silio
Gian Luca Gregori/Emmanuelle
Rosso. Giulia Augusta, figlia di Tito, nipote
di Domiziano Christer Bruun.
193 Matidia die Jüngere - Gesellschaftlicher Einfluss und
dynastische Rolle
211
Politische Einflussnahme und Machtausübung Stefan Priwitzer. Dynastisches Potential von Kaiserfrauen im Prinzipat am Beispiel der Faustina minor - Tochter, Ehefrau und Mutter
237
Anja Wieber. Eine Kaiserin von Gewicht? Julians Rede auf Eusebia zwischen Geschlechtsspezifik, höfischer Repräsentation und Matronage
253
Mischa Meier. Ariadne - Der,Rote Faden'des Kaisertums
277
Thomas Späth. Augustae zwischen modernen Konzepten und römischen Praktiken der Macht
293
Tagungsteilnehmer und Autoren der Beiträge
309
Bibliographie
313
Register
369
Vorwort
Mit dem vorliegenden Band werden die Beiträge der internationalen Tagung präsentiert, die vom 18.-20. September 2008 am Historischen Seminar der Universität Zürich unter dem Titel „Augustae und Politik /Augustae e politica" stattgefunden hat. Struktur und Inhalt des Kolloquiums wurden in den Grundzügen beibehalten bzw. präzisiert, lediglich der Titel wurde für den Tagungsband modifiziert. Die Finanzierung der Tagung und Drucklegung des Bandes wurden hauptsächlich aus Mitteln des .Bundesprogramms Chancengleichheit' der Schweizerischen Eidgenossenschaft sowie einem namhaften Beitrag der Hochschulstiftung der Universität Zürich ermöglicht; beiden gilt dafür mein aufrichtiger Dank. Für ihre tatkräftige Unterstützung vor und während des Kolloquiums wie auch bei den Arbeiten zur Drucklegung dieses Tagungsbandes möchte ich einer Reihe von Freunden, Kollegen und Mitarbeitern sehr herzlich danken: Prof. Dr. Francesca Cenerini (Bologna), Dr. Joachim Fugmann (Konstanz), Dr. Christina Kokkinia (Athen), PD Dr. Michael Rathmann (Bonn), Dr. Jens Bartels, Rosemary Bor, Benjamin Hartmann lie. phil., Christina Hornung, Dr. Ursula Kunnert, Monika Pfau, Anna Willi lie. phil. (alle Zürich). Schließlich gilt mein Dank auch den Mitarbeitern des Akademie Verlags (Berlin) für die produktive Zusammenarbeit.
Zürich, November 2009
Anne Kolb
Einführung
Augustae - Zielsetzung, Definition, prosopographischer Überblick Anne Kolb
Zielsetzung Im frühen 21. Jahrhundert erscheint es nahezu selbstverständlich, dass Frauen als Akteure politische Macht ausüben. In der römischen Antike hingegen hatten Frauen prinzipiell keinen Platz in der Politik. Denn die Gestaltung des öffentlichen und sozialen Lebens wie auch die Fähigkeit, Gesellschaft und res publica durch Ausübung von Macht und Herrschaft zu dominieren, galt als männliche Sphäre und gehörte geradezu mit zur Definition von Männlichkeit. Dennoch nahmen die Frauen des römischen Kaiserhauses, von denen viele die Ehrenbezeichnung einer Augusta trugen, innerhalb der römischen Gesellschaft eine exponierte Position ein, die deutlich über den für Frauen üblichen Rahmen - begrenzt durch Geschlechtszugehörigkeit, Recht sowie soziale Grundlagen und Traditionen - herausgehoben war. So verfügten sie an der Seite des Princeps, der an der Spitze des römischen Staates stand, als Gattin, Mutter, Schwester oder Tochter durch ihre Präsenz am Hof und den direkten Zugang zum Herrscher über eine Stellung, die ihnen die Einflussnahme auf politische Entscheidungen ermöglichte. Gewährleistet war diese indirekte Teilhabe an der Lenkung von Staat und Gesellschaft allerdings primär aufgrund der jeweiligen persönlichen Wertschätzung durch den Herrscher. Darüber hinaus eröffneten den Augustae weitere Faktoren - wie insbesondere umfangreiche eigene wirtschaftliche Ressourcen, soziale Beziehungen sowie ein hohes Ansehen in der Gesellschaft - erhebliche Einflussmöglichkeiten bis hin zur direkten Ausübung von Macht. Von besonderer Relevanz war zudem ihre Funktion zur Sicherung des Fortbestehens der Dynastie, einem der prägenden Elemente der kaiserzeitlichen Herrschaftspolitik. Im Rahmen der in Zürich abgehaltenen Tagung wurde die politische Rolle der Frauen des Herrscherhauses nun erstmals systematisch diskutiert. Ausgehend von den historischen Voraussetzungen und Vorbildern untersuchten die Teilnehmer primär die dieser Rolle zugrunde liegenden Strukturelemente und deren Wirkung. Damit verstehen sich
12 I
Anne Kolb
die in diesem Band vorgestellten Untersuchungen als Beitrag zur Erforschung von Herrschaftsstrukturen und Herrschaftspraxis in den antiken Staaten.1 Dieser Zielsetzung entsprechend gliedern sich die folgenden Beiträge in drei Themenbereiche: Im ersten fragen die Autoren nach relevanten Vorläufern und Vorbildern der Augustae im Rahmen der historischen Entwicklung. Dabei stehen neben den hellenistischen Königinnen, deren Rolle insbesondere die papyrologische und epigraphische Evidenz beleuchtet, ebenso Frauen der Römischen Republik, die in den Quellen besondere Beachtung genossen, im Fokus des Interesses. Der zweite Teil nimmt die strukturellen Grundlagen von Einfluss und Macht der Augustae in den Blick. So werden vor allem wirtschaftliche, soziale, politische wie auch ideologische Rahmenbedingungen und Ressourcen, welche die Rolle und die Geltung der Augustae begründen, vorgestellt. Neben der literarischen Evidenz bietet hier vor allem die Dokumentation durch Münzen und Inschriften eine wichtige Basis der Analyse. Im dritten Abschnitt wird schließlich anhand ausgewählter Fallbeispiele die tatsächliche Einflussnahme auf die Politik bzw. die Ausübung von Macht durch einzelne Augustae untersucht.
Forschungsstand Die Basis der hier vorgelegten Untersuchungen bildet die intensive Auseinandersetzung der Forschung mit der rechtlichen und sozialen Stellung der Frau in der antiken Welt, die vor allem seit dem 20. Jahrhundert in zunehmendem Maße erfolgt ist,2 insbesondere mit deren Grundlagen im Imperium Romanum3 unter Einbezug einer geschlechtergeschichtlichen Betrachtungsweise.4 Hieraus resultierten einschlägige Untersuchungen zur politischen Rolle von Frauen in der römischen Welt5 ebenso wie eine wachsende Zahl 1
2
3
4
So schließt der vorliegende Band an die 2004 in Zürich abgehaltene Tagung an, die den Verwaltungsstrukturen des Imperium Romanum galt: „Herrschaftsstrukturen und Herrschaftspraxis. Konzepte, Prinzipien und Strategien der Administration im römischen Kaiserreich"; siehe den Tagungsband KOLB 2006. Vgl. POMEROY 1974 (dt. Ausgabe 1985); POMEROY 1984; SCHULLER 1985; SPÄTH/WAGNER-HASEL 2000; HARTMANN 2007; Forschungsüberblick bei SCHEER 2000; SPÄTH/WAGNER-HASEL 2000, IXXXVI; HARTMANN 2007, 202-208. Vgl. GARDNER 1986 (dt. 1995); SCHULLER 1987; ARJAWA 1996; SETÄLÄ/SAVUNEN 1999; SETÄLÄ/U. a. 2002; CENERINI 2002; BUONOPANE/CENERINI 2003; BUONOPANE/CENERINI 2005; STEIN-HÖLKESKAMP 2005; DIXON 2007; TREGGIARI 2007; CENERINI 2009b; weitere Literatur im Folgenden. Vgl. f ü r R o m SPÄTH 1994a;SpÄTH 1994b;HERRMANN-OTTo2002;insbes.mitGeschIechterrolleninder
literarischen Tradition befassen sich jüngst diverse Beiträge in den Sammelbänden von
ROLLINGER/
ULF 2000; ULF/ROLLINGER 2006a; ULF/ROLLINGER 2006b; HARTMANN/HARTMANN/PIETZNER 2007,
siehe darin auch zusammenfassend zur Verwendung von Geschlecht als Analysekategorie
SCHMITT
PANTEL/SPÄTH 2007. 5
Vgl.
MACMULLEN
1986;
BOATWRIGHT
1991;
BAUMANN
1992;
DETTENHOFER
1992;
SPÄTH
1994b;
Augustae - Zielsetzung, Definition, prosopographischer Überblick
| 13
von Studien, die den Fokus allein auf die weiblichen Mitglieder des Kaiserhauses legen.6 Von grundlegender Bedeutung für die Frage nach deren Stellung und Wirkungsmöglichkeiten sind die Arbeiten von TEMPORINI, die zunächst in ihrer Studie zu den „Frauen am Hofe Trajans" die relevanten Aspekte deren einflussreicher Rolle auf breiter Quellenbasis kritisch diskutiert hat, wobei sie die große Bedeutung dynastischer Legitimation für die kaiserliche Herrschaft deutlich herausarbeiten konnte. 7 Seitdem wird diese Forschungsperspektive mit biographisch-historisch orientierten Monographien wie auch in Detailstudien bis heute weitergeführt, 8 indem neben einer Rekonstruktion der jeweiligen Vita einzelner oder mehrerer Angehöriger der domus Augusta ebenso die Art der Darstellung in den verschiedenen Typen von Quellen analysiert wird.9 Unter dem Titel „Grenzen der Macht" führte in jüngerer Zeit der Tagungsband von R I E M E R und K U N S T einerseits die Auswertung einzelner Quellengattungen im Hinblick auf das in diesen präsentierte Bild der Kaiserfrauen weiter und fokussierte andererseits die Bereiche des Kultes und der Herrschaft, wodurch eine vielfältige Zusammenschau des Forschungsstandes vorgelegt wurde. 10 Ein großes epochenübergreifendes Kompendium zur Geschichte der Kaiserfrauen gab erstmals T E M P O R I N I 2002 mit ihrem Sammelband „Die Kaiserinnen Roms" heraus, dessen Beiträge erneut und in kompakter Form Leben und Wirken der Frauen am römischen Kaiserhof von der Entstehung des Prinzipats bis zur Mitte des sechsten Jahrhunderts
NOLLE 1994; VAN BREMEN 1996; CHRIST 1 9 9 6 ; TEMPORINI-GRÄFIN VITZTHUM 1998; SCHUBERT 2 0 0 2 ; KEEGAN 2 0 0 4 ; HARTMANN 2 0 0 7 , 1 0 4 - 1 3 0 , 6
7
147-172,187-201.
Vgl. zur Rolle der Frauen am Kaiserhof des 1. Jh. in der älteren Forschung SANDELS 1912; HOFFSTEN 1939. Zu den einzelnen Augustae wird die neuere relevante Literatur am Ende dieses Beitrags im Rahmen einer Gesamtübersicht geboten; siehe ferner zu weiteren Frauen des Kaiserhauses bes. WOOD 1988 (Agrippina I); SAUNDERS 1994 (Messalina); SPÄTH 1994b; WOOD 1999, 27-74 (Octavia, Iulia), 177-248 (Vipsania Agrippina, Livilla I, Agrippina I u n d ihre Töchter), 252-255, 270-289 (Messalina, Claudia Octavia); SHOTTER 2000 (Agrippina I); KEEGAN 2004 (Messalina); BURNS 2007, 41-58 (Agrippina I); HIDALGO DE LA VEGA 2007b (Messalina); HARTMANN 2007, 158-172 (Messalina); DI MATTIA 2003 (Eusebia). TEMPORINI 1 9 7 8 ; TEMPORINI-GRÄFIN VITZTHUM 1 9 9 9 a ; TEMPORINI-GRÄFIN VITZTHUM
1999b;
TEMPORINI-GRÄFIN VITZTHUM 2 0 0 2 a ; TEMPORINI-GRÄFIN VITZTHUM 2 0 0 2 b ; TEMPORINI-GRÄFIN
VITZTHUM 2002c. 8
9
Vgl. bes. KETTENHOFEN 1979 (syrische Augustae); FISCHLER 1994 (Rollendefinition durch Analyse historischer Stereotypen); CORBIER 1995 (dynastische Legitimation); HIDALGO DE LA VEGA 2000 (politische Funktion u n d Legitimation); HIDALGO DE LA VEGA 2003a (dynastische Legitimation); HIDALGO DE LA VEGA 2003a (Kaiserkult); HEMELRIJK 2006 (Priesterinnen); FREI-STOLBA 2008 (Priesterinnen im Kult der Divi u n d Divae); WEISS 2008 (Instrumentalisierung der Kaiserehe); PRIWITZER 2009 (Faustina minor). Vgl. bes. WALLINGER 1990 (Historia Augusta); HAHN 1994 (Ehrungen); SPÄTH 1994b (literarische Tradition); STOLL 1996 (Münzen); KLEIN 1998 (dokumentarische Quellen); WOOD 1999 (s.u.); DE SANTIAGO FERNÁNDEZ 1 9 9 9 ( M ü n z e n ) ; BURRER/GÜNTHER 2 0 0 6 ( M ü n z e n ) ;
DUNCAN-JONES
2006 (Münzen); SCHEER 2006 (Münzen); HIDALGO DE LA VEGA 2007a (literarische Tradition); zu Analysen der archäologischen Quellen siehe Anm. 16. 10
KUNST/RIEMER 2 0 0 0 .
14 I
Anne
Kolb
präsentiert." Dem Konzept einer solchen Zusammenstellung von Lebensbeschreibungen folgten jüngst BURNS wie auch C E N E R I N I mit einem chronologisch wesentlich engeren Rahmen.12 In Ergänzung sind nur wenige ältere und neuere Werke anzuführen, die primär Portraits spätantiker und byzantinischer Kaiserfrauen bieten und unter denen zuerst H O L U M den Machtzuwachs der Frauen des spätantiken Kaiserhauses betonte.13 Diese Entwicklung während der Spätantike stellt auch W I E B E R deutlich heraus, die im Detail die Rolle und Wirkungsmöglichkeiten der Frauen des Kaiserhauses und Herrscherinnen des Ostens anhand der Res gestae des Ammianus Marcellinus untersucht.14 Einen systematischen Ansatz zur Untersuchung von Status und Funktion der byzantinischen Kaiserfrauen verfolgte dann erstmals JAMES.15 In den Monographien der jüngeren Forschung treten schließlich die Untersuchungen zu archäologischen und numismatischen Zeugnissen besonders stark hervor, die anhand der bildlichen Darstellungen und deren motivischen Repertoires die Repräsentation der weiblichen Mitglieder des Kaiserhauses hinterfragen.16
Definition und Rolle der Augustae Das ursprüngliche Cognomen Augusta17 - abgeleitet vom Ehrennamen des ersten Princeps, der diesen in der Senatssitzung vom 16. Januar 27 v. Chr. erhalten hatte, - verfügte offenbar über besondere Eigenschaften: So hatte der Name Augustus entsprechend dem gleich lautenden Adjektiv seit jeher eine sakrale Konnotation („erhaben, heilig") und versetzte seinen Träger in eine über die normalen Sterblichen hinausgehobene Position,
11
TEMPORINI-GRÄFIN VITZTHUM 2002a; vgl. die teilweise kritischen Stellungnahmen von ALEXANDRIDIS 2003 und SOMMER 2003.
12
BURNS 2007 betrachtet die weiblichen Angehörigen des Kaiserhauses von Livia bis Iulia Mamea mit einem zusammenfassenden Epilog („the later Roman empresses") bis 476; CENERINI 2009a bietet komprimierte Viten von Livia bis Marcia, jedoch mit Hinweisen z u m jüngsten Forschungsstand und Schlussfolgerungen zur Rolle der
13
Augustae.
Siehe HOLUM 1982, der von weiblicher basileia als n e u e m Element der Spätantike spricht (über die Frauen der theodosianischen Dynastie 3 7 9 - 4 5 5 n. Chr.); vgl. DIEHL 1908 (Athenais bis Anna Dalassena 4 2 1 - 1 1 0 2 n.Chr.); GARLAND 1999 ( 5 2 7 - 1 2 0 4 n.Chr.); PAYER 2002 (Frauen mit Bedeutung für die Kirchengeschichte: Helena, Pulcheria, Eudokia, Theodora I. u. a.); siehe ferner die Literatur zu einzelnen Augustae in der Überblicks-Liste am Ende dieses Beitrags.
14
WIEBER-SCARIOT 1999 mit konzisem Forschungsüberblick sowie einer Erläuterung der charakteristischen Merkmale der „Kaiserinnenposition"; WIEBER-SCARIOT 2000; siehe auch zusammenfassend zur Definition von Herrscherinnen WIEBER 2002.
15
JAMES 2 0 0 1 .
16
MIKOCKI 1 9 9 5 ; BARTMANN 1 9 9 9 ; W O O D 1 9 9 9 ; SCHADE 2 0 0 3 ; ALEXANDRIDIS 2 0 0 4 .
17
Vgl. zur Bedeutung und Entwicklung bes. MOMMSEN 1887, 821-822; SANDELS 1912, 2 0 - 2 3 ; TEMPORINI 1 9 7 8 , 2 3 - 7 8 ; PERKOUNIG 1 9 9 5 , 1 2 4 - 1 3 1 ; FLORY 1 9 8 8 ; KUHOFF 1 9 9 3 a ; KIENAST 1 9 9 6 ,
54-58; STROTHMANN 2002a; zur Entwicklung in der Spätantike siehe JAMES 2 0 0 1 , 1 1 9 - 1 2 5 .
Augustae - Zielsetzung, Definition, prosopographischer Überblick
| 15
ja verlieh ihm geradezu eine göttliche Aura.18 Staatsrechtliche Kompetenzen oder eine politische Stellung waren damit nicht verbunden. Als erstes weibliches Mitglied des Kaiserhauses erhielt Livia, die Gattin des Augustus, im Jahr 14 n.Chr. dieses Cognomen, allerdings nicht mehr zu dessen Lebzeiten. Denn der erste Princeps hatte das Führen seines Namens testamentarisch auf seine Gemahlin übertragen - gleichzeitig mit deren Adoption in die Familie der Iulier. Das Ziel dieser Maßnahme war es, den dynastischen Charakter der Iulier-Herrschaft zu festigen19 und damit die Position des Tiberius zu legitimieren,20 indem die Frau, die neben Augustus über mehrere Jahrzehnte hinweg eine herausragende Stellung inne gehabt hatte, nun denselben einzigartigen Namen erhielt. Ebenso wenig wie bei Augustus selbst waren später bei seiner Witwe staatsrechtlich begründete Herrschaftsrechte damit verbunden, noch wurde ein Anteil an der kaiserlichen Macht übertragen, wie dies MOMMSEN und andere für möglich hielten.21 In gesellschaftlicher und ideologischer Hinsicht dagegen erfolgte durch die Verleihung dieses Ehrennamens eine Annäherung an den Status des Princeps. Als Angehörige der domus Augusta nahm die Augusta eine soziale Spitzenposition ein und teilte die über menschliches Maß hinausgehende Stellung des Augustus. Obwohl den auf Livia folgenden Augustae der Name jeweils durch den Senat verliehen wurde, deutet sonst nichts auf eine durch die Namengebung intendierte politische Rolle hin,22 vielmehr bewirkte der Akt eine sozusagen staatlich oder öffentlich sanktionierte Ehrenstellung, die letztlich einer Stärkung der dynastischen Herrschaft dienen sollte. Seit traianischer Zeit erhielt die Bezeichnung immer mehr den Charakter eines Titels, der die herausragende Stellung einiger Frauen der Kaiserfamilie definierte, die große Bedeutung für die jeweilige Dynastie und 18
Ov. fast. 1 , 6 0 8 - 6 1 0 : Hic socium summo love nomen habet; sancta vocant augusta patres, augusta vocantur templa, sacerdotum
rite dicata manu·, vgl. bes. MOMMSEN 1887, 7 7 1 - 7 7 2 ; TEMPORINI 1978,
4 2 - 4 3 mit weiterer Literatur; PABST 1986, 67; vgl. zusammenfassend zum Augustustitel KIENAST 1996, 2 5 - 2 6 ; STROTHMANN 2002b. 19
So überzeugend RITTER 1972a; siehe dagegen jüngst wieder KUNST 2008, 1 9 6 - 1 9 7 , die postuliert, dass Augustus in seiner Frau vermutlich eine Garantin für die Kontinuität seiner Politik sah und daher das Testament ihr weiterhin eine aktive Rolle im Prinzipat sichern sollte; ähnlich äußerte sich schon MOMMSEN 1887,821. Vor allem die gleichzeitige Adoption in das iulische Geschlecht wie auch die frühere Ehrung Livias (gemeinsam mit Octavia) im Jahr 35 v. Chr. legt wohl stärker ihre Herausstellung im Hinblick auf die Dynastie nahe.
20
PERKOUNIG 1 9 9 5 , 1 3 2 - 1 4 6 .
21
MOMMSEN 1887, 8 2 1 - 8 2 2 , der mit der Namensverleihung an Livia und Agrippina d. J. die Intention einer politischen Rolle im Sinne einer Mitherrschaft für möglich hielt; ähnlich PREMERSTEIN 1937, 269; auch TEMPORINI 1978, 4 1 - 4 2 sieht im Augustatitel „nicht nur eine formale Ehrung, sondern die Zuerkennung einer wenn auch abgeleiteten realen staatspolitischen Stellung". Siehe dagegen in Bezug auf Livia RITTER 1972a; PERKOUNIG 1 9 9 5 , 1 2 4 - 1 3 1 , bes. 129 (mit weiterer Literatur).
22
Diese folgert jedoch TEMPORINI 1 9 7 8 , 4 2 aus der Titelverleihung durch den Senat. Dagegen spricht, dass auch andere Ehrungen ohne politische Relevanz, welche die besondere Stellung einer Augusta betonten, durch den Senat verliehen wurden wie z. B. das Recht zur Nutzung des carpentum
inner-
halb Roms an Agrippina (Cass. Dio 60 [61],33,2) oder das vom Senat für Livia beschlossene Dankfest mit Spielen nach deren Genesung (Tac. ann. 3,64).
16 I
AnneKolb
höchstes Ansehen genossen.23 Dies zeigt Plinius besonders deutlich, da er in seinem berühmten Panegyricus neben Traían dessen Gattin Plotina und Schwester Marciana in den höchsten Tönen dafür lobt, dass sie die ihnen vom Senat angetragene Benennung als Augustae abgelehnt hatten. Seiner Ansicht nach verdienten sie aufgrund dieser besonderen Bescheidenheit ein um so höheres Lob und begründeten dadurch ihren Anspruch auf „große Namen".24 Die Gründe oder Motive für die Verleihung des Augusfa-Namens konnten ebenso wie der Verwandtschaftsgrad der Trägerinnen im Einzelnen variieren.25 Es blieben jedoch der soziale Rang, die ideologische Bedeutung wie auch der Beitrag zur Herrschaftssicherung und Stabilisierung - aufgrund der Prägung von Staat und Gesellschaft durch den Dynastiegedanken - während der gesamten Kaiserzeit von ebenso großer Relevanz.26 Rolle und Stellung spiegeln sich außerdem im staatsrechtlich sanktionierten Akt von Konsekration sowie der Tilgung des Namens und Andenkens nach dem Tod der Augustae wider beides Phänomene, die bereits in iulisch-claudischer Zeit einsetzen.27 Die Bedeutung der Augustae für die Herrschaftsstabilisierung scheint seit dem zweiten Jahrhundert und insbesondere seit severischer Zeit noch gewachsen sein. Zudem trat die Kaiserfamilie - wie der epigraphische Befund nahe legt - damals verstärkt als Einheit auf, wobei die einzelnen Augustae als Symbolfiguren und Bindeglieder wie auch als Garantinnen der Nachfolge im Kaisertum fungierten.28 So bot das auf die Familie fokussierte dynastische Denken
23
24
25
26
27
28
Vgl. auch K U H O F F 1993a, 248; dagegen hält FLORY 1988,123 die Entwicklung bereits unter Caligula für abgeschlossen. Paneg. 84,6-7: Obtulerat Ulis senatus cognomen Augustarum, quod certatim deprecatae sunt, quam diu appellationem patris patriae tu recusasses: seu quod plus esse in eo iudicabant, si uxor et soror tua, quam si Augustae dicerentur. Sed quaecunque illis ratio tantam modestiam suasit, hoc magis dignae sunt, quae in animis nostris et sint et habeantur augustae, quia non vocantur. Quid enim laudabilius feminis, quam si verum honorem non in splendore titulorum, sed in iudiciis hominum reponant, magnisque nominibus pares sefaciant, etiam dum recusant? Die historische Entwicklung wird in der einschlägigen Forschungsliteratur ausführlich besprochen, siehe Anm. 17; vgl. die Liste der Augustae am Ende dieses Beitrags. Die besondere Bedeutung der Augustae für die Dynastie und damit ihre Funktion als Trägerinnen familiärer Legitimation belegen zahlreiche Beispiele wie ebenso die Häufigkeit bzw. beinahe Regelmäßigkeit der Titelvergabe - gerade im 3. Jh. Dies untermauert außerdem die Tatsache, dass für die erste Phase des neu konzipierten Herrschaftssystems der Tetrarchie (284-305) keine weibliche Angehörige des Kaiserhauses den Augusta-Tiiel erhielt. Offenbar wurde erst im Jahr 308 mit Galería Valeria (siehe am Ende dieses Beitrags in der Liste der Augustae Nr. 42) wieder auf diese Tradition zurückgegriffen. Dementsprechend folgert auch ECK 2006b, 326-327, dass die Frauen keine Funktion im Gesamtsystem der Tetrarchie hatten. Vgl. allg. V I T T I N G H O F F 1936; K I E N A S T 1996, 52-54; M A R T I N 2003; B E N O I S T 2004; zur „damnatio memoriae" von Augustae siehe H O Ë T - V A N C A U W E N B E R G H E 2 0 0 3 ; V A R N E R 2004. Beide Phänomene zeigen einerseits die Titulatur der Augustae und deren Entwicklung (dazu K U H O F F 1993a, JOHNE 2008b, 608-613) und andererseits Typen und Anzahl von Inschriften, die sich im öffentlichen Raum - vor allem von Städten und Gemeinden des Reiches oder an Straßen - befanden und daher Teil der öffentlichen Dokumentation waren, die das soziale und politische
Augustae - Zielsetzung, Definition, prosopographischer Überblick
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allen gesellschaftlichen Gruppen eine Identifikationsmöglichkeit und signalisierte damit im Reich Kontinuität und Stabilität. Dies gilt in gleicher Weise für die Spätantike. Damals wurde jedoch - im Vergleich zur Prinzipatszeit - aufgrund rechtlicher, sozialer und ideologischer Transformationsprozesse wie auch wegen familiärer Umstände (Kinderkaiser, kranke Kaiser) für eine Reihe von Augustae eine größere politische Einflussnahme wie auch die Ausübung von Macht möglich.29 Die in der Forschung für die Spätantike immer wieder geforderte Korrelation zwischen Augusta-Titel und Mutterschaft als dem wichtigstem Kriterium für den Erhalt eben dieser Ehrenbezeichnung30 ist nicht nachzuweisen.31 Vielmehr blieb der Titel einer Augusta bis weit über das sechste Jahrhundert hinaus die ranghöchste Denomination für die herausragende Stellung einer weiblichen Angehörigen des Kaiserhauses,32 die schließlich in eine formale Gleichheit mit dem Herrscher - wie beispielsweise unter Valentinian III. (425-455 n. Chr.) - münden konnte. 33 Für die Untersuchung der politischen Rolle der Frauen des Herrscherhauses stellt die jüngere Agrippina, die Urenkelin des Augustus, Gattin des Claudius und Mutter des Nero ein herausragendes Exempel dar. Denn Fragestellung, Methodik und resultierende Forschungsposition scheiden sich am Bild dieser Augusta in besonderem Maße. Ausgehend von der jeweiligen Forschungsperspektive und Quellenverwendung erhält Agrippina entweder besonders abwertend tyrannische Züge34 oder aber gar keine, weil ihre Figur anhand der polemisch aufgeladenen Darstellung der Historiker nicht rekonstruierbar erscheint.35 Eine Position zwischen beiden Extremen legen Forschungen vor, die neben einer kritischen Auswertung literarischer, dokumentarischer und archäologischer Zeugnisse Agrippina als politisch aktive wie versierte Repräsentantin einer dynastisch
Leben auf lokaler Ebene prägte und reflektierte; dazu KOLB (in Vorbereitung); zu den Frauen des severischen Kaiserhauses siehe KETTENHOFEN 1979. 29
Vgl. zusammenfassend WIEBER-SCARIOT 1999, 5 5 - 6 7 ; siehe ferner in diesem Band MEIER.
30
Siehe z.B. HOLUM 1982, 3 0 - 3 1 ; LEPPIN 2002b, 488.
31
So hatten Pulcheria (siehe in der Liste der Augustae
am Ende des Beitrags Augusta
Nr. 50), Lupi-
cina/Euphemia (Augusta Nr. 5 9 ) und Theodora (Augusta Nr. 6 0 ) keine Kinder, jedoch einige Kaisergattinnen mit Kindern erhielten den Titel nicht wie Faustina, Gattin von Constantius II. ( P L R E 1 3 2 6 , KIENAST 317), Charito, Gattin des Jovian (PLRE I 201, KIENAST 326), oder Iustina, die zweite Frau des Valentinian I. (PLRE 1 4 8 8 - 4 8 9 , KIENAST 328). 32
33
V g l . JAMES 2 0 0 1 , 1 0 1 - 1 3 2 .
Auf diese Weise zeigt die Inschrift aus Rom ILS 817 = ILCV 1775 Mutter und Schwester des jungen bzw. jugendlichen Kaisers: Reges terrae et omnes populi principes men domini II Sanctae ecclesiae Hierusalem
Valentinianus
et omnes iudices terrae laudent
no-
Placidia et Honoria Augusti votum solver-
unt. 34
35
S i e h e b e s . STAHR 1 8 8 0 ; KORNEMANN 1 9 4 7 .
Siehe SPÄTH 2000a; SPÄTH 2000b; SPÄTH 2 0 0 5 . Zur Problematik der historischen Quellen bzw. der antiken Beurteilungen siehe aber bes. FLACH 1973.
18 I
Anne Kolb
organisierten Monarchie interpretieren.36 Diese Charakterisierung unterstreicht beispielhaft eine auf den ersten Blick wenig spektakuläre Maßnahme aus der Regierungszeit des Claudius:37 Sed Agrippina, quo vim suam sociis quoque nationibus ostentaret, in oppidum Ubiorum, in quo genita erat, veteranos coloniamque deduci impetrai, cui nomen inditum e vocabulo ipsius. „Agrippina aber erwirkte, um auch den verbündeten Völkern ihre Macht zu demonstrieren, dass in der Stadt der Ubier, in der sie geboren worden war, Veteranen angesiedelt und eine Kolonie gegründet wurde, die einen Namen nach ihrer eigenen Namensbezeichnung erhielt." Laut Tacitus entstand der zitierte Beschluss über die Gründung der Kolonie Köln im Jahr 50 aus dem Wunsch der Gattin des Kaisers Claudius, die den politischen Akt aus persönlichem Machtstreben erwirkt habe (impetrai). In der Tat legt vor allem die Namengebung des Geburtsortes der Kaisergattin und neuen Kolonie deren Einfluss nahe, obwohl der Name colonia Claudia Ara Agrippinensium die Entscheidung zur Deduktion von Veteranen sowie die Statuserhöhung des dort existierenden oppidum Ubiorum auf den Kaiser selbst zurückführt. Durch die Neukonstituierung erhielten die im oppidum ansässigen Bewohner, die Ubii, gemeinsam mit den Kolonisten einen neuen Namen, indem sie nun nach der Kaisergattin als Agrippinenses bezeichnet wurden.38 Fragt man nach einem Motiv für die Direktive, dann lässt sich dieses am ehesten bei der Kaisergattin selbst finden. Wie die Geburtsstadt des Claudius, Lugdunum (Lyon), eine römische Kolonie war, die von diesem nicht nur mit Privilegien, sondern auch mit seinem Namen ausgestattet worden war (colonia Copia Claudia Augusta Lugdunensis), so wollte Agrippina offenbar auch für ihren Geburtsort einen ebenfalls herausragenden und damit ebenbürtigen Rang erwirken, wozu die Koloniegründung nötig war.39 Die Namengebung jedoch ging noch über dieses Ziel hinaus. Denn die Benennung einer Kolonie bzw. von deren Bewohnerschaft nach einer Frau war ein Novum in der römischen Geschichte.40 Agrippina wird damit nicht nur politisches Interesse, sondern
36
37 38
39
40
ECK 1993; ROSE 1997, 46-48; ECK 2002,133-155; ECK 2006a, 15-19; daneben fokussieren BARRETT 1996, WOOD 1999, 249-319 und GINSBURG 2006 ihr Urteil stärker auf die dynastische Rolle der Agrippina. Tac. ann. 12,27,1. GALSTERER 1 9 9 0 ; GALSTERER 1 9 9 2 ; GALSTERER 1 9 9 9 , b e s . 2 5 7 - 2 6 1 , 2 6 6 - 2 6 7 ; E C K 2 0 0 4 ,
127-161
mit weiterer Literatur. ECK 1993, 77-80; ECK 2004, 133-137, der plausibel vorschlägt, dass sich die Gemeinde anlässlich der Hochzeit des Kaiserpaares durch eine Gesandtschaft, die in Rom Glückwünsche der Gemeinde überbrachte, bei Agrippina in Erinnerung gerufen haben könnte; hypothetisch regt LAMBERTI 2006, bes. 123-124 an, eine patronale Beziehung Agrippinas zu den Ubiern zu vermuten. Städtegründungen bzw. Neubenennungen sind bis dahin in den Klientelreichen Pontos (mit Liviopolis nach Plin. nat. 6,4,11 zwischen Kerasus/Pharnakeia und Trapezus gelegen) und Iudaea (mit
Augustae - Zielsetzung, Definition, prosopographischer Überblick
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ebenso geschicktes und publikumswirksames Agieren bescheinigt, dem Claudius augenscheinlich zugestimmt hatte.41 Durch diese Entscheidung des Claudius und der Agrippina sollte wohl eine enge Beziehung und ein überaus gutes Einvernehmen des Kaiserpaares offenbar gemacht werden. Außerdem konnte der Schachzug der Namengebung - wie von Tacitus behauptet - durchaus dazu dienen, Agrippinas Einfluss zu demonstrieren. Noch relevanter war aber sicherlich, dass ihre öffentliche Präsenz und herausragende gesellschaftliche Position neben dem Kaiser in der Wahrnehmung der Bevölkerung gefestigt wurde.42 Dadurch vergrößerte sich ihr Ansehen, aber auch ihre Anhängerschaft wurde erweitert. So führte die Namengebung an die Bewohner der Kolonie zu einer zusätzlichen Verbreitung ihres Namens, finden sich doch zahlreiche Agrippinenses in den Inschriften bezeugt.43 Schließlich dürfte das Interesse der Agrippina dabei nicht allein darin gelegen haben, durch eine Art von Gleichstellung mit ihrem Gatten einen Prestigegewinn zu erzielen,44 vielmehr könnte für sie - im Hinblick auf das Schicksal ihrer Vorgängerin Messalina - ebenso wichtig gewesen sein, ihre Stellung sowohl bei den eigenen Anhängern als auch in der Bevölkerung auszubauen. Aber auch Claudius könnte durchaus ein nicht unerhebliches Interesse daran gehabt haben, die Popularität Agrippinas zu fördern, um durch die Beliebtheit der neuen Gattin die Erinnerung an Messalina und die Umstände ihres Endes in den Hintergrund treten lassen zu können.
Iulias/Betramata und Iulias/Betsaida nach los. bell. lud. 2,168; los. ant. lud. 18,27) bekannt; vgl. aber TEMPORINI 1978, 89 Anm. 396 und BERNETT 2007,217-219, 227-228,250-257, bes. 250-215. Auch für die von Tiberius 20 η. Chr. in Kilikien gegründete Stadt Augusta vermuten bes. BERNETT 2007, 227 (mit weiterer Literatur) und KARBACH 1990, 36-37 eine Ehrung der Livia, obwohl die Quellenlage dies nicht klar belegt. Vielmehr scheint doch die Außergewöhnlichkeit der Ehrung, die eben sonst nicht im Imperium Romanum bezeugt ist, sowie prinzipiell die Einstellung des Tiberius gegenüber solchen Ehren (Tac. ann. 1,14,2) dagegen zu sprechen; vgl. allg. zur Stadt und deren vermuteter Gründung im Jahr 20 n. Chr., als die Ära der Stadt einsetzt (KARBACH 1990,36), nun auch PILHOFER 2006, 37, 50, 52. Tradiert ist ferner für Germania inferior durch die Tab. Peut. (I 2 o) der Ort Praetorium Agrippinae, der im heutigen Valkenburg-Marktfeld/NL lokalisiert wird und in seiner frühesten Phase im Jahr 39/40 n.Chr. archäologisch nachweisbar ist (Strasse, Militärlager und Zivilsiedlung); vgl. z u m B e f u n d VAN DiERENDONck 1997; VAN DIERENDONCK 2004. 41
42
43
44
Vgl. auch BARRETT 1996,114-115, der daraufhinweist, dass Koloniegründungen generell ein wichtiges Element der Politik des Claudius waren und daher diese Maßnahme im Einklang mit dessen Politik stand." Dagegen sieht KORNEMANN 1947, 232 in diesem Zeugnis sogar den Beweis, „dass sie neben dem Gemahl die Herrschaft ausgeübt hat, dass sie Augusta nicht nur dem Namen, sondern auch der Sache nach war". Diese außerordentliche Stellung war schon kurz zuvor (nach der Adoption ihres Sohnes durch Claudius) mit der Gewährung des Auguste-Namens begründet worden, den vor Agrippina keine Dame des Kaiserhauses zu Lebzeiten ihres herrschenden Gatten erhalten hatte (Tac. ann. 12,26,1); vgl. TEMPORINI 1978, 30; vgl. unten Augusta Nr. 3. Siehe z.B. die mehrfach in Pannonia inferior bezeugten cives Agrippinenses (AE 1932, 38; AE 1933, 111; CIL III 10548), aber auch weitere Personen an anderen Orten z.B. in Aquileia (CIL V 1047), Rom (CIL VI 37299) oder Dakien (AE 1974, 546); ferner zeigt die Inschrift des Siegesmonuments von Adamclisi eine Hilfstruppe dieses Namens (CIL III 14214; AE 1963, 99). Vgl. zum „Bestreben, Claudius gleichwertig zu sein" ECK 1993, 43; ECK 2004,133-134.
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Der Akt der Koloniegründung bildet für Tacitus einen wichtigen Punkt in seiner Charakterskizze der Agrippina, die er - wie auch andere Historiker - außerordentlich negativ zeichnet nicht nur als sehr starke und politisch aktive Herrschergattin, sondern indem er ihr Auftreten in Rom sogar mit dem einer Herrin gegenüber ihren Sklaven vergleicht.45 Trotz der harten taciteischen Kritik an der Transgression der weiblichen Rolle46 deuten weitere Zeugnisse auf ein gezieltes Einflussnehmen der Agrippina hin, ja lassen sie zum Teil geradezu in der Rolle einer an der Tagespolitik Beteiligten erscheinen.47 Vor allem die einzigartigen in Rom geprägten Gold- und Silbermünzen, die Agrippina und ihren Sohn Nero (nach dessen Regierungsantritt) gemeinsam auf der Vorderseite zeigen, illustrieren dies nur allzu deutlich.48 Wie ECK jüngst nochmals betont hat, wurde damit eine völlig neue Situation, geradezu eine Revolution der traditionellen Rollen propagiert.49
Beischrift der RS: Neroni Claud(io) Divi f(ilio) Caes(ari) Aug(usto) Germ(anico) Imp(eratori) tr(ibunicia) p(otestate) exs(enatus) c(onsulto)
Beischrift der VS: Agripp(ina) Aug(usta) Divi Claud(i uxor) Neronis Caes(aris) mater
Abb. 1 RICI 2 150 Nr. I50
45
«
Tac. ann. 12,7,3; vgl. Cass. Dio 60,32,1. Vgl. K A P L A N 1980; FISHLER 1994, 121-127; 2009a, 79-80.
SPÄTH
2000a;
SPÄTH
2000b;
SPÄTH
2005;
CENERINI
47
ECK 1 9 9 3 , b e s . 4 0 - 5 2 , 6 2 - 6 3 ; BARRETT 1 9 9 6 , 1 0 3 - 1 1 0 , b e s . 1 0 9 .
48
RIC I 2 150 Nr. 1-3; BMCRI 200 Nr. 1-3. ECK 1993, 62-63; ECK 2006a, 15. Foto: http://c0mm0ns.wikimedia.0rg/wiki/File:Ner0_Agrippina_aureus_54.png#file (Steerpike), Licensed under the Creative Commons Attribution Share Alike 3.0 License (http://creativecommons.org/ licenses/by-sa/3.0/deed.de).
« 50
Augustae - Zielsetzung, Definition, prosopographischer Überblick
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Denn mit dieser Münzprägung erfolgte die öffentliche Präsentation der Kaisermutter in dominanter Position einerseits durch ihr Portrait, das sie auf der Vorderseite der Münzen in gleicher Blickhöhe mit dem Kaiser zeigt,51 und andererseits als völliges Novum in der römischen Geschichte durch ihre Namens-Beischrift im Nominativ der Vorderseite, d. h. an der Stelle, an der sonst der Name des Herrschers und Prägeherrn erschien. Der Name des neuen Kaisers Nero hingegen ist auf diesen Münzen nur auf der Rückseite im Dativ vermerkt. Hierdurch wird Agrippina einerseits als Trägerin der Blutsverwandtschaft herausgestellt, wodurch die dynastische Legitimation als grundlegende Zielsetzung dieser Prägungen zu erkennen ist.52 Andererseits weist die Beischrift ihres Namens an Stelle des Kaisernamens der Agrippina sogar eine bedeutendere Position als dem Herrscher zu, der - wegen der Namennennung im Dativ - anscheinend durch die Mutter diese Ehrung bzw. seinen Rang empfing.53 Dies war in Rom bis dahin undenkbar und nicht erwünscht gewesen. Wie die historische Entwicklung beweist, war die Elite Roms damals nicht für solche neuen Verhältnisse reif. Agrippina scheint sich durch die öffentliche Präsentation ihrer Position letztlich selbst ins politische Abseits befördert zu haben. Rasch verschwand dieser Bildnistypus; das Münzbild wurde durch den traditionellen Typus der gestaffelten Büsten von Sohn und Mutter mit der Titulatur Neros auf der Vorderseite ersetzt.54 Bald danach hatte die Augusta den Verlust ihrer Stellung zu erleiden, was sich im Entzug von Privilegien sowie der Abwendung des Kaisers äußerte und schließlich mit ihrem Tod endete.55
51
Derartige „gegenständige Doppelbüsten" sind in der römischen Münzprägung erst aus der Zeit nach Caesars Tod bekannt; zuvor wurden allein (hintereinander) gestaffelte Büsten verwendet, die durch die ptolemäischen Herrscher entwickelt worden waren; siehe dazu CHANTRAINE 1991, bes. 123; ROSE 1997, 47. Für die Darstellung eines Mannes und einer Frau in Form der gegenständigen Doppelbüsten findet sich in der Reichsprägung allein ein Vorbild: M. Antonius und Octavia, siehe SYDENHAM 1255, 1 2 5 7 , 1 2 6 1 , 1 2 6 3 , 1 2 6 5 , 1 2 6 7 ; CHANTRAINE 1991,125; WOOD 1999, 293.
52
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55
Diesen Zweck kann bes. das erwähnte Vorbild der Münzen mit der gleichartigen Darstellung von M. Antonius und Octavia deutlich machen; vgl. ähnlich SCHEER 2006, 307-308, die jedoch die „Mutter"-Münzen von Claudius und Caligula als Vorbilder sieht; vgl. auch GINSBURG 2006, 73-74. Auch in der Titulatur der Münzvorderseite spiegelt sich die Dominanz der Agrippina wider, da sie als Augusta bezeichnet ist, Nero aber lediglich als Caesar; vgl. ferner die beiden Darstellungen einer Bekränzung Neros durch Agrippina auf einem Relief des Sebasteions in Aphrodisias (zusammenfassend mit der älteren Literatur zum Monument ALEXANDRIDIS 2004,158-159 Kat. Nr. 105 Taf. 27,2) und dem sog. Nero-Kameo vom Dreikönigsschrein im Kölner Dom (siehe Abb. auf Bucheinband dieses Bandes, dazu ALEXANDRIDIS 2004,165 Kat. Nr. 119 Taf. 58,4), die möglicherweise Reflexe bzw. Interpretationen durch die Bevölkerung darstellen; dazu ECK 1993,63; ROSE 1997,47-48 u. 164-165. R I C I 2 150 Nr. 6 - 7 ; B M C R I 201 Nr. 7; d a z u s c h o n MATTINGLY, B M C R I , clxxii; SUTHERLAND 1951,
153-155; SUTHERLAND 1987, 84-87. Zuletzt ECK 2006a, 16-19. Siehe dagegen kritisch BARRETT 1996, 167-168 und ebenso GINSBURG 2006, 73-74, die im neuen Münzbild (nach WOOD 1999, 293-294) eine alternative Darstellung und damit andere Lösung des Problems zur Repräsentation von Nero und Agrippina als Partner der Macht sieht. So folgert sie, dass die Münzen zwar Agrippinas Prominenz am Hof aufzeigen, letztlich jedoch nur der Legitimierung des Herrschers durch Betonung der Blutsverwandtschaft zu den Vorgängern dienen.
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Das Beispiel der Agrippina minor, deren Rolle hier kurz umrissen wurde, lässt deutlich einige wesentliche Faktoren erkennen, aufgrund derer für Frauen des Kaiserhauses eine politische Einflussnahme möglich war. Dazu zählten primär eine enge wie gute persönliche Beziehung zum Herrscher sowie - daraus resultierend - eine private und öffentliche Präsenz an dessen Seite bzw. am Hof, dem Zentrum der Macht. Hinzu kamen als öffentliche Kennzeichen ihrer herausgehobenen Position Privilegien und vor allem Ehrungen, unter denen der Name bzw. Titel Augusta wohl die bedeutendste war. Weitere Grundlagen und Strukturen, die den Augustae eine politische Einflussnahme ermöglichten, definieren nun gezielter als dies bisher in der Forschung vorgenommen wurde die Beiträge, die in diesem Band vorgelegt werden: soziale Beziehungen und Normen, ökonomische Ressourcen sowie ideologische Vorstellungen. Ferner eröffnen die Fallbeispiele, aber auch der Vergleich mit Vorläuferinnen Einblicke in die Prozesse und Handlungsstrategien, die weibliche Angehörige führender Familien und Herrscherhäuser - wie vor allem der domus Augusta - bei der Ausübung von Macht angewendet haben.56 Um einen Überblick zu gewinnen, wer diese Angehörigen der Kaiserfamilie im Einzelnen waren, wird im Folgenden eine Liste derjenigen Frauen des Kaiserhauses geboten, die in der offiziellen Dokumentation den Augusta-Titel führten.57
56
57
Eine Zusammenschau der Ergebnisse im Hinblick auf die Bereiche und Praxis des politischen Handelns bietet SPÄTH am Ende des vorliegenden Bandes. Folglich beziehen sich die zitierten Quellenbelege jeweils auf die Verleihung oder gesicherte Dokumentation der Bezeichnung als Augusta; eine Vollständigkeit aller Quellen zum Titel wurde nicht angestrebt. Vergleichbares gilt für die gebotene Forschungsliteratur, die den jüngsten und relevanten Forschungsstand wiedergeben soll. Daher sind primär die maßgeblichen Prosopographien (RE, PIR, PLRE, KIENAST) berücksichtigt, welche, wenn nötig, um wichtige ältere bzw. neuere Publikationen ergänzt sind (Artikel des DNP mit zusätzlichen Informationen). Für die spätantiken Augustae wurden zudem die Listen von JAMES 2001 und DEMANDT 2007 berücksichtigt, da sie den Zeitpunkt der Annahme des Augustatitels vermerken.
Augustae - Zielsetzung, Definition, prosopographischer Überblick
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Augustae von Livia (14 n.Chr.) bis Theodora (548 n.Chr.) 1.
LIVIA DRUSILLA 58 ( 3 0 . 1 . 5 8 v . C h r . - 1 7 . 1 . 4 2 n . C h r . ) , G a t t i n des Augustus, seit
3 . / 4 . 9 . 1 4 η. Chr.: Iulia Augusta
(Tac. a n n . 1,8,1; 5 9 Suet. Aug. 101,2; 6 0 Cass. D i o 5 6 , 4 6 , 1 - 2 ; 6 1
Veil. 2 , 7 1 , 3 ; Tac. ann. 1,13,6; 3 , 6 4 , 1 ; 5,1,1; 14,1; Suet. Cal. 16,3). 2.
ANTONIA MINOR62 ( 3 1 . 1 . 3 6 v. C h r . - l . 5 . 3 7 n. Chr.), T o c h t e r des M . A n t o n i u s u n d
der Octavia, M u t t e r des Claudius, G r o ß m u t t e r des Caligula. G e m ä ß S u e t o n (Claud. 11,2) hat sie d e n N a m e n Augusta
zu Lebzeiten abgelehnt, er w u r d e aber v o n Caligula zu B e g i n n
s e i n e r Herrschaft durchgesetzt (Suet. Cal. 15,2; 6 3 Cass. D i o 5 9 , 3 , 4 - 5 ; 6 4 Suet. Claud. 11,2): 6 5 Antonia
Augusta
(z.B. CIL V I 2028 (zum 3 1 . 1 . 3 8 n.Chr.); CIL V I 8947; C I L V I 12037;
C I L V I 16057; C I L X 1417).66
58
P I R 2 L 3 0 1 ; K I E N A S T 2 1 9 9 6 , 8 3 - 8 4 ; F R E I - S T O L B A 1 9 9 8 ; K U N S T 1 9 9 8 ; BARTMANN 1 9 9 9 ; W O O D 1 9 9 9 ,
75-141;
1999-2000; LUISI 2000; 2002b, 30-102; C H A N I O T I S 2003;
KLEINER
VITZTHUM
BARRETT PERKINS
2001; B A R R E T T 2002; T E M P O R I N I - G R Ä F I N 2003; C A R P E N T I E R I 2006; BURNS 2007, 5-24;
KUNST 2008; CENERINI 2009a, 9 - 2 4 , 3 1 - 3 9 . 59
60
61
«
Nihil primo senatus die agi passus [est] nisi de supremis Augusti, cuius testamentum inlatum per virgines Vestae Tiberium ethiviam heredes habuit. Livia infamiliam Iuliam nomenque Augustum adumebatur; in spem secundam nepotes pronepotesque, tertio gradu primores civitatis scripserat, plerosque invisos sibi, sed iactantia gloriaque ad posteros; siehe auch T E M P O R I N I 1978, 27-28. Heredes instituit primos: Tiberium ex parte dimidia et sextante, Liviam ex parte tertia, quos et ferre nomen suum iussit, secundos: Drusum Tiberifilium ex tríente, ex partibus reliquis Germanicum liberosque eius tres sexus virilis, tertio gradu: propinquos amicosque compluris. ταύτα μέν δή ούν ύστερον διαθροεΐν ήρξαντο, τότε δέ άθανατίσαντες αυτόν, καί θιασώτας οί καί ιερά ίέρειάν τε την Λιουίαν τήν'Ιουλίαν τε και Αΰγουσταν ήδη καλουμένην άπέδειξαν. P I R 2 Α 885; SEGENNI 1994; KIENAST 1996, 88-89; W O O D 1999, 142-176; KOKKINOS 2002; LARSSON LOVÉN 2003; BURNS 2007, 2 5 - 3 9 ; CENERINI 2009a, 4 7 - 5 3 .
63
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65
66
Post haec Antoniae aviae, quidquid umquam Liuia Augusta honorum cepisset, uno senatus consulto congessit; (...). ές τε τήν μητέρα καί ές τάς άδελφάς τήν τε τήθην τήν Αντωνίαν πλείστα όσα εύσεβώς ποιήσας· ταύτην τε γαρ Αυγουστάν τε εύθύς και ίέρειαν του Αυγούστου άποδείξας πάντα αύτη καθάπαξ, (...). Aviae Liviae diuinos honores et circensi pompa currum elephantorum Augustine similem decernenda curavit; parentibus inferías publicas, et hoc amplius patri circenses annuos natali die, matri carpentum, quo per circum duceretur, et cognomen Augustae ab viva recusatum. Siehe auch T E M P O R I N I 1978,28-27. Zweifel an der Darstellung Suetons hegen - wegen der Kürze der Zeitspanne zwischen dem Regierungsantritt von Caligula am 18. März 37 n.Chr. und dem Tod der Antonia am 1. Mai 37 n. Chr. - KIENAST 1996, 88 und KUHOFF 1993a, 2 4 6 A n m . 7.
24 I
Anne Kolb 3.
I u L i A AGRIPPINA 67 ( 6 . 1 1 . 1 5 / 1 6 - 5 9 η. Chr.), Tochter d. G e r m a n i c u s u n d der Vip-
sania Agrippina, Gattin des Claudius, Mutter Neros, seit 5 0 n . C h r . (Tac. ann. 1 2 , 2 6 , l ; 6 8 Cass. D i o 6 0 , 3 3 , 2 ) : 6 9 Mia Augusta 4.
Agrippina
(Ζ. Β. C I L II 9 6 3 ; C I L V I 9 2 1 ; C I L X I 3 6 0 0 ) .
POPPAEA SABINA 70 ( 3 0 / 3 2 - 6 5 n . C h r . ) , 6 2 n . C h r . Heirat mit Nero, 6 3 n . C h r .
Geburt der Tochter Claudia u n d E h r u n g als Poppaea
Augusta
(Tac. ann. 15,23,1, 7 1 Suet.
N e r o 3 5 , 3 ; C I L V I 2 0 4 3 col. II Ζ. 1 1 - 1 2 Arvalakten; C I L III 1 4 1 8 9 ; C I L I V 3 7 2 6 ) . 7 2 5.
CLAUDIA AUGUSTA73 (Geb. u. Tod A p r . / M a i 6 3 n . C h r . ) , Tochter v o n Poppaea
Augusta u n d Nero, erhielt gleich n a c h der Geburt den Augwsía-Namen (Tac. ann. 15,23; Suet. N e r o 3 5 , 3 ; C I L V I 2 0 4 3 col. II Z. 6 - 7 Arvalakten). 6.
STATILIA MESSALINA 74 ( 3 0 / 4 0 - n a c h 7 0 n. Chr.), 1. H . 6 6 n. Chr. Heirat mit Nero,
E r n e n n u n g zur Augusta
vor 2 8 . 1 1 . 6 7 ( 6 6 ? ) n. Chr. (θεά Σεβαστή [[Μεσσαλίνα]]
in IG VII
2 7 1 3 = ILS 8 7 9 4 mit d e m Edikt des N e r o zur A u t o n o m i e der Provinz Achaia). 7 5 7.
SEXTILIA 76 , Mutter des Vitellius, wurde a m 17.(?) Juli 6 9 n . C h r . n a c h Vitellius'
Sieg über O t h o v o n i h m als Augusta
67
68
69 70
71
begrüßt (Tac. hist. 2 , 8 9 , 2 ) . 7 7
641; K I E N A S T 1996, 94; B A R R E T T 1996; W O O D 1999,249-319; FONTANI 2001; E C K 2002,133155; H O Ë T - V A N C A U W E N B E R G H E 2003; K E E G A N 2004, bes. 112-115,118-122,136-141; E C K 2006a, 15-19; GINSBURG 2006; LAMBERTI 2006; BURNS 2007, 59-83; CENERINI 2009a, 66-73, 78-82. Ceterum actaeprincipi grates, quaesitiore in Domitium adulatione; rogataque lex qua infamiliam Claudiam et nomen Neronis transiret. augetur et Agrippina cognomento Augustae; siehe auch T E M P O R I N I 1978, 30-31; KUHOFF 1993a, 246 Anm. 8. μετά ταϋτα δέ και Αΰγουσταν την Άγριππΐναν ό Κλαύδιος έπεκάλεσε. PIR21
P I R 2 Ρ 850; H O L Z T R A T T N E R 1995; K I E N A S T 1996, 99-100; E C K 2002, 156-162; AVVISATI 2006; CENERINI 2009a, 73-78. Memmio Regulo et Verginio Rufo consulibus natam sibi ex Poppaea filiam Nero ultra mortale gaudium accepit appelavitque Augustam, dato et Poppaea eodem cognomento; siehe auch T E M P O R I N I 1 9 7 8 , 3 1 .
72
Vgl. KUHOFF 1993a, 2 4 6 Anm. 9.
73
PIR2 C
1061;
TEMPORINI
1978, 31;
KUHOFF
1993a, 246 Anm. 9;
KIENAST
1996, 100;
ECK
2002, 159,
162. 74
75
866; K U H O F F 1993a, 246 Anm. 9; K I E N A S T 1996, 100; W O O D 1999, bes. 274-289; E C K 2002, 162-163; C E N E R I N I 2009a, 77. Zweifel an der offiziellen Verleihung des Awgusfa-Namens hegt H A H N 1994, 223 wegen der dünnen Quellenlage. Siehe zuletzt zur Inschrift mit der Namensrasur und der Frage der damnatio memoriae HOËT-VAN
PIR2 S
CAUWENBERGHE 2 0 0 3 , 2 6 6 - 2 7 2 . 76 77
PIR 2 S 654; K I E N A S T 1996, 55,106. Sic Capitolium ingressus atque ibi matrem complexus Augustae nomine honoravit; siehe auch T E M P O R I N I 1978, 31. Dagegen sieht K U H O F F 1993a, 246-247 in diesem Beleg keinen Nachweis für die offizielle Titelverleihung und schließt lediglich auf eine temporäre Ehrung.
Augustae - Zielsetzung, Definition, prosopographischer Überblick
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d. Ä.78 (vor 3 9 - v o r 1. Juli 6 9 η. Chr.), ca. 3 9 η. Chr. Heirat mit Vespasian, Mutter von Titus, Domitian und Domitilla d. J„ erfuhr postume Ehrung mit dem carpentum unter Titus (RIC II 1 3 4 n. 1 5 3 - 1 5 4 ) und consecratio als Diva Domitilla Augusta (RIC II 1 2 4 Nr. 6 9 - 7 3 ; BMCR II 2 4 6 Nr. 1 3 6 - 1 3 8 , 2 4 9 Nr. 1 4 8 , 2 5 1 Nr. 1 4 - 1 5 , 3 1 2 Nr. 68) eventuell unter Domitian.79 8.
FLAVIA D O M I T I L L A
9. (FLAVIA) IULIA 80 (Anf. Sept. 61-89? n. Chr.), Tochter des Titus, erscheint als Iulia Augusta in den Arvalakten vom 3.1.81 n. Chr. (CIL VI 2059 Z. 40),81 aber das Cognomen erhielt sie schon früher - offenbar im Juni(?) 79 n. Chr. bevor Titus am 24.6. dieses Jahres zum Augustus erhoben wurde - gemäß den Münzprägungen aus dieser Zeit (bes. BMCR II 247 Nr. 139-144) sowie einer Inschrift aus Herculaneum (AE 1979,176). 82
(11.2. zw. 50/55 - nach 126 vor 140 n.Chr.), 70 n.Chr. Heirat mit Domitian, seit Sept. 81 n. Chr. (Suet. Dom. 3,1;84 Hier. Chron. p. 190 ( H E L M ) ) : 8 5 Domitia Augusta (ζ. Β. CIL VI 2060 Ζ. 46 Arvalakten). 10.
DOMITIA LONGINA 83
n. Chr.), Schwester Traians, Mutter der Matidia. Den Titel Augusta wies sie zurück, als er ihr angeboten wurde, da Plinius am 1 . 9 . 1 0 0 n.Chr. über die Ablehnung spricht (Plin. paneg. 8 4 ) ; die Annahme erfolgte später, frühestens im Jahr 101 n.Chr. als Plinius seine Lobrede publizierte, evtl. vor Ende 11.
U L P I A MARCIANA 8 6 ( 4 4 - 6 2 ? - 2 9 . 8 . 1 1 2
87
78 79
PIR2 Ρ
4 1 6
. KIENAST 1 9 9 6 , 1 1 3 ; CENERINI 2 0 0 9 a , 8 3 - 8 6 .
Zur Zuweisung bes. des zweiten Münztypus - bei TEMPORINI 1978, 3 1 - 3 2 an Domitilla d. J - siehe vor allem KIENAST 1989, der die Konsekration und die Vergabe des Augusta-Namens unter Domitian ansetzt; vgl. auch CASTRITIUS 2002, 169-173; entgegen der Meinung der älteren Forschung, der CASTRITIUS folgt, gibt CIL VI 31287 den Augusta-Kamen
nicht, siehe jetzt CIL VI 40452. Eine gefor-
derte Konsekration der gleichnamigen Tochter (PIR 2 F 417; KIENAST 1996,114) basiert auf denselben Münzzeugnissen und ist daher auszuschließen; siehe KIENAST 1989; CASTRITIUS 2 0 0 2 , 1 7 3 . so
p I R 2 Ρ 426; KUHOFF 1993a, 246 Anm. 10; KIENAST 1 9 9 6 , 1 1 4 ; CASTRITIUS 2 0 0 2 , 1 7 4 - 1 7 8 ; CENERINI 2009a, 8 8 - 9 0 ; siehe unten in diesem Band den Beitrag von GREGORI/ROSSO.
81 82
Iulia Augusta divi Titi filia; siehe auch TEMPORINI 1978, 31. [I]uliae [A]ugustae/T(iti)
Caesaris f(iliae)/d(ecreto)
d(ecurionum);
RAEPSAET-CHARLIER 1987, 324;
CENERINI 2009a, 8 8 - 8 9 ; vgl. HAHN 1 9 9 4 , 1 3 3 ; KIENAST 1996,114. 83
PIR 2 D 181; KUHOFF 1993a, 2 4 6 - 2 4 7 Anm. 11; KIENAST 1 9 9 6 , 1 1 8 - 1 1 9 ; CASTRITIUS 2 0 0 2 , 1 7 8 - 1 8 6 ; CHAUSSON 2003a; BURNS 2007, 8 5 - 1 0 5 ; CENERINI 2009a, 9 1 - 9 4 .
84
Deinde uxorem Domitiam, ex qua in secundo suo consulatus filium tulerat duxit, alteroque anno consalutavit Augustam; siehe auch TEMPORINI 1978, 32.
85
Domitiani uxor Augusta appellatur.
86
P I R 1 V 5 8 4 ; KIENAST 1 9 9 6 , 1 2 5 - 1 2 6 ; DUPUIS 1 9 9 4 ; TEMPORINI-GRÄFIN VITZTHUM 1 9 9 9 c ; TEMPO-
RINI-GRÄFIN VITZTHUM 2002C, 188-200; CENERINI 2009a, 9 8 - 1 0 2 . 87
Obtulerat Ulis senatus cognomen Augustarum,
quod certatim deprecatae sunt, quam diu appellationem
patris patriae tu recusasses: seu quod plus esse in eo iudicabant, si uxor et soror tua, quam si Augustae dicerentur. Sed quaecunque
Ulis ratio tantam modestiam suasit, hoc magis dignae sunt, quae in animis
nostris et sint et habeantur augustae, quia non vocantur.
26 I
Anne Kolb
des Jahres 104/105 n.Chr., falls die Inschrift aus Luna (CIL XI 1333 = ILS 288)88 die offizielle Titulatur als Marciana Augusta reflektiert.89 P O M P E I A PLOTINA 90
(vor 70-nach 1.1.123 n.Chr.), vor 98 n.Chr. Heirat mit Traian; Ablehnung des Augusta-Titels gemeinsam mit Marciana (Plin. paneg. 84); Annahme vermutlich ebenfalls gemeinsam mit Marciana spätestens 104/105 n.Chr. (CIL XI 1333): Plotina Augusta. 12.
d. Ä.91 (4.7. vor 68-vor 23.12.119 n. Chr.), Tochter der Ulpia Marciana, seit dem Todestag der Marciana 29.8.112 n.Chr.: Matidia Augusta (Ut XIII 1 Nr. 5 frg. 22 Ζ. 39-41 Fasti Ostienses),92 ferner z.B. CIL II 4993; CIL VIII 21824; CIL IX 6083, 84). 13.
S A L O N I A MATIDIA,
93
(um 85-nicht vor 2. H. 136 n. Chr.), ca. 100 n. Chr. Heirat mit Hadrian. Gemäß spätantiker Tradition war sie ab 128 n.Chr. Sabina Augusta (Hier. Chron. p. 19994, auch Chr. pasch. z.J. 126 (DINDORF vol. 1, p. 475); Synk., D I N D O R F p. 659, 20; Oros. 7,13), jedoch auf Münzen und Inschriften der Provinzen schon früher (RIC II 386-390 Nr. 390-417, 475-479 Nr. 1017-1050; CIL II 4992 = 5221 = ILS 323 aus 14.
88
89
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93
94
V I B I A SABINA
Plotinae/August/ae) // Imp(eratori) Caes(ari) Nervae / Traiano Aug(usto) Ger(manico)/Dacico pont(ifici) Max(imo) tr(ibunicia)/pot(estate) IX co(n)s(uli) V d(onum) d(edit) II Mar[c]ia/nae Aug(ustae). (Luna, Etrurien). Siehe T E M P O R I N I 1978, 25 u. 188; ferner bes. E C K 1982, 219-220; K U H O F F 1993a, 248-249 Anm. 18. Nach Vorschlag von D U P U I S 1994 soll die Annahme des Augusta-Namens - entsprechend dem Vorbild der Agrippina - vor dem vermutlichen Gründungsdatum (18.10.100 n.Chr.) der colonia Marciana Traiana Ihamugadi, (CIL VIII2355 = 17842; CIL VIII 17843) erfolgt sein, was sich jedoch nicht beweisen lässt. Dasselbe gilt für die Vermutung von T E M P O R I N I 1978,25, Marciana und Plotina könnten im Herbst 102 n.Chr. anlässlich von Traians Rückkehr aus dem 1. Dakerkrieg im Zusammenhang mit Triumphfeier und Annahme des Siegernamens Dacicus als Augustae etabliert worden sein. P I R 2 Ρ 679; K I E N A S T 1996, 126; B E N N E T T 1997, passim; H I D A L G O D E LA V E G A 2000, bes. 105-201; T E M P O R I N I - G R Ä F I N V I T Z T H U M 2001; T E M P O R I N I - G R Ä F I N V I T Z T H U M 2002c, 188-214; VAN B R E M E N 2005; DE LA R O S A 2005; B U R N S 2007,107-122; C E N E R I N I 2009a, 98-102,110. P I R 2 M 367; K I E N A S T 1996, 126-127; H I D A L G O D E LA V E G A 2000; T E M P O R I N I - G R Ä F I N V I T Z T H U M 2002c, 200-210; G U A L E R Z I 2005; C E N E R I N I 2009a, 99,102-105. ... IUI K(alendis) Septembr(ibus)/[Marciana Augjusta excessif divaq(ue) cognominata/[eodem die Mati]dia Augusta cognominata ... ; siehe auch T E M P O R I N I 1978, 32. P I R 1 V 4 1 4 ; C A R A N D I N I 1969; BIRLEY 1997, passim; K I E N A S T 1996, 132-133; H I D A L G O DE LA V E G A 2000; T E M P O R I N I - G R Ä F I N V I T Z T H U M 2002C, 208-225; B U R N S 2007,125-138; C E N E R I N I 2009a, 105107. Imperator Hadrianus pater patriae appellatur et uxor eius Augusta. Gegen den in der Forschung - zuletzt bei T E M P O R I N I 1978, 23-36, bes. 32 - postulierten zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang der Annahme des pater pafriae-Titels durch Hadrian und des Augusia-Namens von Sabina siehe ECK 1982.
Augustae - Zielsetzung, Definition, prosopographischer Überblick
| 27
dem Jahr 121/2), daher erhielt sie den Awgusia-Namen vielleicht deutlich vor 128, evtl. 119? n.Chr.95 (ca. 105-Ende Okt. 140 n.Chr.), ca. 110 n.Chr. Heirat mit Antoninus Pius, seit 138 n.Chr.: Galería Faustina Augusta (SHA Pius 5,2;97 SHA Aur. 1,3). 15.
ANNIA GALERÍA FAUSTINA I 9 6
(ca. 130-Frühsommer 176 η. Chr.), Tochter des Antoninus Pius und der Faustina, 145 n. Chr. Heirat mit Marc Aurel, nach Geburt einer Tochter seit 1.12.147 n.Chr.: Faustina Augusta (Ht XIII 1 Nr. 5 frg. 28 Ζ. 14-15 Fasti Ostienses;99 CIL XI 5931100 aus dem Jahr 146/147 η. Chr.). 16.
ANNIA GALERÍA FAUSTINA II 9 8
(7.3.149-181 n. Chr.), Tochter des Marc Aurel, 163(?) n.Chr. Heirat mit Lucius Veras, 164 oder spätestens 165 n.Chr.: Lucilla Augusta (CIL III 1307102 (165 n. Chr.); SHA Aur. 20,6;103 BMCRIV 426-433 Nr. 303-356). 17.
95
ANNIA AURELIA GALERÍA LUCILLA 1 0 1
Siehe ECK 1982, bes. 2 2 7 - 2 2 8 mit dem Vorschlag, dass sie nach dem Tod ihrer Mutter Matidia im Jahr 119 n.Chr. wie diese - nach dem Tod von deren Mutter Marciana - das Cognomen Augusta erhielt; diesem plausiblen Argument folgt auch BIRLEY 1997, 107; dagegen könnte die ins Jahr 125 n.Chr. zu datierende Inschrift aus Lyttos (Kreta) sprechen, in welcher der Augustatitel fehlt, d a z u CHANIOTIS/RETHEMIOTAKIS 2 0 0 5 , b e s . 3 4 ; CENERINI 2 0 0 9 a , 1 0 5 .
96
P I R 2 A 7 1 5 ; KUHOFF 1 9 9 3 a , 2 5 0 ; KIENAST 1 9 9 6 , 1 3 6 ; BIRLEY 1 9 8 7 , p a s s i m ; BIRLEY 1 9 9 7 , p a s s i m ; HIDALGO DE LA VEGA 2 0 0 0 ; T E M P O R I N I - G R Ä F I N V I T Z T H U M 2 0 0 2 c , 2 2 4 - 2 3 5 ; BURNS 2 0 0 7 , 1 4 1 - 1 5 2 ; WEISS 2 0 0 8 ; CENERINI 2 0 0 9 a , 1 1 3 - 1 1 5 .
97
Uxorem Faustinam
98
P I R 2 A 7 1 6 ; K U H O F F 1 9 9 3 a , 2 5 0 - 2 5 1 ; K I E N A S T 1 9 9 6 , 1 4 1 - 1 4 2 ; B I R L E Y 1 9 8 7 , p a s s i m ; BAHARAL 2 0 0 0 ;
Augustam appellari
a senatu permisit; siehe auch TEMPORINI 1978, 3 2 - 3 3 .
HIDALGO DE LA VEGA 2 0 0 0 ; T E M P O R I N I - G R Ä F I N V I T Z T H U M 2 0 0 2 C , 2 3 3 - 2 5 2 ; B O A T W R I G H T 2 0 0 3 ;
99
100
101
BURNS 2007, 155-178; WEISS 2008; CENERINI 2009a, 116-119, 120-130; PRIWITZER 2009 und PRIWITZER unten in diesem Band. ... [exAJnnia Faustina filia nata est. Κ. Decern. Aurelius Caesar I [trib(uniciam)] pot(estatem) iniit et Faustina Aug(usta) cognominata est; siehe auch TEMPORINI 1978, 33. Faustinae/Aug(ustae)/Imp(eratoris) Caes(aris) T(iti) Aeli/Hadriani Antoni/ni Aug(usti) Pii p(atris) p(atriae) tr(ibunicia) pot(estate) XZimp(eratoris) II co(n)s(ulis) IIII/filiae/M(arci) Aureli Caesaris/ uxori. (Tifernum Tiberinum, Umbrien). In einigen griechischen Inschriften schon vor 145 n. Chr. Σεβαστή genannt (z.B. IOlympia 382 (138 n.Chr.)). P I R 2 A 7 0 7 ; H E I N T Z E 1 9 8 2 ; B I R L E Y 1 9 8 7 , p a s s i m ; BIANCHI 1 9 8 8 ; K I E N A S T 1 9 9 6 , 1 4 5 - 1 4 6 ; T E M P O RINI-GRÄFIN VITZTHUM 2 0 0 2 c , 2 3 3 - 2 6 4 ; CENERINI 2 0 0 9 a , 1 1 9 - 1 2 0 ,
102
103
131-134.
/[Anniae] / Lucißlae] / Augus[tae] / Imp(eratoris) Veri A[ug(usti)] / Armenia[ci] / [Par]th[ici] maxim[i¡/ lib(erti) etfamilia/et/leguli aurari/ar(um) (Zlatna, Dacia); siehe auch TEMPORINI 1978,34. Proficiscens ad bellum Germanicumfiliam suam non decurso luctus tempore grandaevo equitis Romani filio Claudio Pompeiano deditgenere Antiochensi nec satis nobili (quem postea bis consulem fecit), cum filia eius Augusta esset et Augustae filia.
28 I
Anne Kolb BRUTTIA CRISPINA 1 0 4
(gest. Herbst 192 η. Chr.), 178 η. Chr. Heirat mit Commodus und Ernennung zur: Crispina Augusta (CIL III 12487; CIL VIII 2366). 18.
M A N L I A SCANTILLA 105
(28.3.-1.6.193 n.Chr.), Gattin des Didius Iulianus, unmittelbar nach dessen Kaiserausrufung Ende März(?) 193 n. Chr. Ernennung zur Augusta (SHA Did. 3,4;106 4,5;107 RICIV/1 16 Nr. 7-8). 19.
D I D I A CLARA 108
(28.3.-1.6.193 n. Chr.), Tochter des Didius Iulianus, unmittelbar nach dessen Kaiserausrufung Ende März(?) 193 n.Chr. Ernennung zur Didia Clara Augusta (SHA Did. 3,4; 4,5; RIC IV/1 16 Nr. 9-10.). 20.
21. IuLiA DOMNA109 (ca. 170-217 n.Chr.), 185 n.Chr. Heirat mit Septimius Severus. Nach des Gatten Regierungsantritt, evtl. seit dem 1. Juni(?) 193 n.Chr., 110 hieß sie Iulia Augusta (ζ. Β. CIL VI 1049; CIL IX 2165; CIL IX 4880; CIL X 7272 sowie Cass. Dio 76,16,5; 77,2,6; 78,30,2), auch Iulia Domna Augusta (vgl. z.B. CIL III 75; CIL III 6714; CIL III 7485; CIL VIII 75), ab 210 n. Chr. oft Iulia Augusta Pia Felix (ζ. B. CIL VIII 2369 u. 2370), Iulia Domna Augusta Pia Felix (z.B. CIL VIII 12006; CIL VIII 23749; CIL VIII 25808), Iulia Domna Pia Felix Augusta (z.B. CIL VIII 1798; CIL VIII8321 vgl. 20137). PUBLIA FULVIA PLAUTILLA 111
(gest. Feb. 211 n.Chr.), Tochter des Praetorianerpräfekten C. Fulvius Plautillus, 202 n. Chr. Heirat mit Caracalla und Ernennung zur: Plautilla Augusta (ζ. Β. CIL VI 220; CIL III 10850 (= 3968); CIL VIII 22670a; CIL IX 4958; RIC IV/1 269 Nr.361). 22.
IULIA SOAEMIAS BASSIANA 1 1 2
(ca. 175/80-11(?).3.222 n.Chr.), Tochter der Iulia Maesa, 203/4 η. Chr. Geburt des Sohnes Elagabal; bald nach dessen Kaisererhebung, 23.
104 P I R 2
B
1 7 0 ;
KIENAST 1 9 9 6 , 1 5 0 - 1 5 1 ; T E M P O R I N I - G R Ä F I N V I T Z T H U M 2 0 0 2 C , 2 5 4 - 2 6 4 ;
DUNCAN-
JONES 2006; CENERINI 2009a, 130-131. 105
PIR 2 M 166; KUHOFF 1993a, 252; KIENAST 1996, 154; E c k 1999.
106
Uxor etiam Mallia Scantilla et filia eius Didia Clara Augustae sunt appellatae; siehe auch TEMPORINI 1978, 35. 107 ingressus autem curiam, placide etprudenter verba fecit. Egitgratias, quod esset adscitus, quod et ipse et uxor et filia eius Augustorum nomen acceperunt. ios P I R 2 D 7 9 ; KUHOFF 1993a, 252; KIENAST 1996,154; ECK 1997. 109 PIR2 1 663; KUHOFF 1993a, 252-253; STROUD 1995; KIENAST 1996, 167-168; BIRLEY 1999, passim; BLECKMANN 2 0 0 2 a , 2 6 5 - 2 7 9 ; GORRIE 2 0 0 4 ; SAAVEDRA-GUERRERO 2 0 0 6 a ; SAAVEDRA-GUERRERO 110 111
2006b; SAAVEDRA-GUERRERO 2007; Burns 2007, 181-205; LEVICK 2007; MAGNANI 2008. Damals fand die Anerkennung des Severus durch den Senat statt; vgl. BIRLEY 1999, 245 Anm. 35. PIR 2 F 564; KUHOFF 1993b; KIENAST 1 9 9 6 , 1 6 5 ; ECK 1998b; BIRLEY 1 9 9 9 , 1 4 4 , 1 6 1 - 1 6 2 , 220; BLECK-
MANN 2002a, 273-274. 112
P I R 2 I 7 0 4 ; KIENAST 1 9 9 6 , 1 7 5 ; BLECKMANN 2 0 0 2 a , 2 7 9 - 2 9 1 ; S A A V E D R A - G U E R R E R O 2 0 0 6 a , b e s .
723-728.
Augustae - Zielsetzung, Definition, prosopographischer Überblick
| 29
16. Mai 218, hieß sie: Iulia Soemias (Bassiana) Augusta (Herodian. 5,8,8, ferner z.B. CIL Vili 2564; CIL Vili 2715; AE 1936, 39). IULIA MAESA 1 1 3
(gest. 224 n.Chr.), Schwester der Iulia Domna, Großmutter von Severus Alexander und Elagabal, am 30.5(?). 218 n. Chr. Ernennung zur: Iulia Maesa Augusta (z.B. CIL VI 2104 b Z. 32-22 Arvalakten; VIII 2564 vgl. 18052; CIL VIII 2715; CIL IX 790). 24.
IULIA CORNELIA PAULA 114
(gest. nach 221 n. Chr.), vor Ende August 220 n. Chr. Heirat mit Elagabal und Ernennung zur: Iulia (Cornelia) Paula Augusta (Herodian. 5,6,1;115 z.B. CILX4554). 25.
IULIA AQUILIA SEVERA 116
(gest. nach Ende 220/Anf. 221 n.Chr.), Heirat mit Elagabal (nach der Scheidung von Paula) Ende 220/Anf. 221 n.Chr. und Ernennung zur: Iulia Aquilia Severa Augusta (ζ. Β. BMCR V 558-560 Nr. 184-188, 585 Nr. 335-337; RIC IV/2 44 Nr. 205*, 47 Nr. 225-231, 59-60 Nr. 388-398). 26.
ANNIA AURELIA FAUSTINA 117
(gest. März 222 η. Chr.), Juli 221(?) n. Chr. Heirat mit Elagabal und Ernennung zur: Annia Faustina Augusta (z.B. RIC IV/2 45 Nr. 206, 47-48 Nr. 232-233, 60 Nr. 399). 27.
IULIA AVITA MAMAEA 1 1 8
(gest. 235 n.Chr.), Tochter der Iulia Maesa, 1.10.208(?) n. Chr. Geburt des Sohnes Severus Alexander; bald nach dessen Annahme des Augustustitels am 14.3.222 n.Chr. erhielt sie den Namen: Iulia (Mamaea) Augusta (z.B. CIL III 798; CIL VIII 2620; CIL XIII 4679). 28.
GNAEA SEIA HERENNIA SALLUSTIA BARBIA ORBIANA 1 1 9
(gest. nach 227 n. Chr.), nach 28.8.225/vor 30.8.227 n. Chr. Gattin des Severus Alexander, trug als Kurzform den Namen: Sallustia Barbia Orbiana Augusta (ζ. Β. RIC IV/2 96-97 Nr. 318-327,122 Nr. 655658), in Inschriften auch die längere Namensform ζ. B. CIL VIII 9355; CIL VIII 18254. 29.
113
PIR2 I
114
P I R 2 I 6 6 0 ; KIENAST 1 9 9 6 , 1 7 3 - 1 7 4
115
NE 117 118
119
678; 723-728.
KIENAST
1996, 181;
BLECKMANN
2002a, 279-291;
SAAVEDRA-GUERRERO
2006a, bes.
Zur Chronologie auch der folgenden Ehen und Scheidungen siehe zuletzt REA 1993,130. ήγάγετο δέ γυναίκα την εύγενεστάτην'Ρωμαίων, ήν Σεβαστήν άναγορεύσας μετ' ολίγον χρόνον άπεπέμψατο, ίδιωτεύειν κελεύσας και των τιμών παρελόμενος. P I R 2 1 648; KIENAST 1996,174; BLECKMANN 2002a, 285, 297. P I R 2 A 710; KIENAST 1996, 174-175; B L E C K M A N N 2002a, 285, 297. P I R 2 I 649; KIENAST 1996, 180; BLECKMANN 2002a, 290-298; KOSMETATOU 2002; SAAVEDRAGUERRERO 2006a, bes. 723-728; B U R N S 2007, 207-228. P I R 2 S 101; KIENAST 1996,179; H E I L 2001, dort auch mit der Ablehnung des bisher in der Forschung geforderten weiteren Namenteils „Orba"; SAAVEDRA-GUERRERO 2006a, bes. 727-728.
30 I
Anne
Kolb CAECILIA PAULINA 1 2 0
(vor 215-Frühj. 236 n.Chr.), um 215 n.Chr. Heirat mit Maximinus Thrax. Eventuell war sie seit Regierungsantritt des Gatten im März 235 n. Chr. Augusta, falls der Name nicht postum verliehen wurde, da die Inschriften aus Italien sie als Diva Caecilia Paulina (pia) Augusta (CIL X 5054; AE 1964, 236) zeigen. 30.
FURIA SABINIA TRANQUILLINA 1 2 1
(?-nach 244? n. Chr.), Heirat mit Gordian III. im Mai 241 n.Chr.; seitdem bezeugt als Furia Sabinia Tranquillina Augusta z.B. CIL VI 2114 Z. 5-6 Arvalakten; CIL VI 1095; CIL XI1178; CIL XIV 4398. 31.
OTACILIA SEVERA 1 2 2
(gest. nach 244? n. Chr.), Heirat mit Philippus Arabs vor 237 n.Chr. 123 Bald nach dessen Regierungsantritt Anfang 244 n.Chr. dokumentiert als Marcia Otacilia Severa Augusta (CIL VI 793 (p. 3007, 3757) = CIL XIV 2258 = ILS 505 vom 23.7.244 n. Chr.; ferner CIL III 3717; CIL III 10619; CIL VIII8323; CIL VIII10453). 32.
H E R E N N I A ETRUSCILLA 1 2 4
(vor 249-vor Mitte Juli? 251 n. Chr.), vor 249 n. Chr. Heirat mit Decius; nach dessen Regierungsübernahme (Sept./Okt. 249 n.Chr.) bezeugt als Herennia (Cupressenia) Etruscilla Augusta z.B. CIL IX 4056; CIL VI 32557; CIL III 4011. 33.
34. CORNELIA SUPERA 1 2 5 (gest. Sept./Okt. 253? n.Chr.), Gattin des Aemilius Aemilianus, seit dessen Anerkennung durch den Senat im August 253 n. Chr. bezeugt als C. Cornelia Supera Augusta (AE 1911,104 = ILS 9498). CORNELIA GALLONIA 1 2 6
(253?-260? n.Chr.), zweite Gattin des Valerian, als Augusta ist sie allein durch AE 2004,673 bezeugt. 35.
CORNELIA SALONINA 1 2 7
(gest. 268 n. Chr.), Gattin des Gallienus. Den AugustaTitel erhielt sie bald nach dem Regierungsantritt des Gatten (Sept./Okt. 253 n. Chr.) oder auch später Anf. 254 n.Chr., da weder Münzen (RIC V/1 105 Nr. 3, 108-115 Nr. 1-73, 36.
120
P I R 2 C 91; KIENAST 1 9 9 6 , 1 8 6 ; LIGGI 1998; BLECKMANN 2 0 0 2 a , 3 0 0 u. 302; H U T T N E R 2 0 0 8 , 1 6 7 - 1 6 8 ; JOHNE 2 0 0 8 b , 6 0 8 .
121
P I R 2 F 587; KIENAST 1 9 9 6 , 197; KLEIN 1 9 9 8 , 9 - 6 8 ; BLECKMANN 2 0 0 2 a , 3 0 2 - 3 0 5 ; H U T T N E R 2 0 0 8 ,
122
P I R 2 M 2 6 6 ; KIENAST 1 9 9 6 , 2 0 0 - 2 0 1 ; KLEIN 1 9 9 8 , 6 9 - 1 4 1 ; BLECKMANN 2 0 0 2 a , 3 0 5 - 3 0 7 ; KÖRNER
182-183; JOHNE 2008b, 608-609. 2002, 33-42; HUTTNER 2 0 0 8 , 1 9 2 - 1 9 3 ; JOHNE 2008b, 609. 123
KLEIN 1998, 69.
124
P I R 2 H 136; KIENAST 1 9 9 6 , 2 0 6 ; KLEIN 1 9 9 8 , 1 4 2 - 1 7 7 ; BLECKMANN 2 0 0 2 a , 3 0 7 - 3 0 9 ; H U T T N E R 2 0 0 8 ,
205 u. 212-213; JOHNE 2008b, 609-610. 125
P I R 2 C 1502; KIENAST 1 9 9 6 , 2 1 2 - 2 1 3 ; H U T T N E R 2 0 0 8 , 2 1 7 ; JOHNE 2 0 0 8 b , 6 1 0 .
126
GIROTTI 2004; GOLTZ/HARTMANN 2008, 2 2 9 - 2 3 0 .
127
P I R 2 C 1 4 9 9 ; P L R E I 7 9 9 ; FERRARI 1 9 7 5 ; KIENAST 1 9 9 6 , 2 2 2 - 2 2 3 ; KLEIN 1 9 9 8 , 1 7 8 - 2 5 0 ; BLECKMANN
2002a, 311-317; GOLTZ/HARTMANN 2008, 228; JOHNE 2008b, 610-611.
Augustae - Zielsetzung, Definition, prosopographischer Überblick
| 31
191 Nr. 2,4 u. 7,192-200 Nr. 1-93) noch Inschriften eine eindeutige zeitliche Festlegung als Cornelia Salonina Augusta (ζ. Β. CIL II 2200; CIL V 7879; CIL XIV 5335) zulassen.128 DRYANTILLA, 1 2 9
vielleicht Gattin des Usurpators Regalianus, der 260 n. Chr. zum Augustus erhoben wurde; daher könnte zeitgleich ihre Benennung als Sulpicia Dryantilla Augusta (nur Münzen: RIC V/2 588 Nr. 1-2) erfolgt sein. 37.
SULPICIA
Palmyra: I U L I A A U R E L I A ZENOBIA, 1 3 0 Gattin und Witwe (seit Mitte 267 n. Chr.) des palmyrenischen Herrschers Septimius Odaenathus und Mutter des Vaballathus. Seitdem führte sie neben dem unmündigen Sohn die Herrschaft als λαμπρότατη βασίλισσα (CIS II 3971= IGR III 1028 griechisch-palmyrenischer Meilenstein, IGR III 1030). Im Frühjahr 272 n. Chr. erfolgt gemeinsam mit der Usurpation der römischen Kaisertitulatur durch ihren Sohn Vaballathus die Annahme des Augusta-Titels: S(eptimia) Zenobia Aug(usta) (RIC V/2 584Nr. 1-2) undΣ(επτιμία)ΖενοβίαΣεβαστή (IGRIII 1065 =1027).131 38.
Gallisches Sonderreich: VICTORIA, 1 3 2 seit (SHA trig. tyr. 5,3).133 39.
268/269
oder
271
n.Chr. Augusta
U L P I A SEVERINA 1 3 4
(gest. nach 275? n. Chr.), Gattin des Aurelian (Heiratsdatum unbekannt). Seit Herbst 274 n.Chr. als Severina Aug(usta) durch Münzen bezeugt (RIC V/1 313 Nr. 1-4) 135 und in Inschriften als Ulpia Severina Augusta (CIL V 29; CIL V 3330; CIL 1X2327). 40.
M A G N I A URBICA 1 3 6
(gest. 285 n.Chr.), Gattin des Carinus. Seit Juli/Aug.(?) 283 n.Chr. Magnia Urbica Augusta (CIL II 3394; CIL VIII 2384 = ILS 610; CIL XI 5168; RIC V/2 181-185 Nr. 326-351). 41.
128
KLEIN 1998,180.
129
P L R E I 273; Kienast 1996, 224; GOLTZ/HARTMANN 2008, 265.
130
PIR1 S
355; P L R E I 990 f; S T O N E M A N 1992, 111-127; KIENAST 1996, 241-242; W I E B E R 2000; H A R T 2001, bes. 242-242; B L E C K M A N N 2002a, 317-333; BRAVO 2004; BURGERSDIJK 2005; KRAUSE 2007; H A R T M A N N 2008b; J O H N E 2008b, 611-613. 131 Siehe mit einer ausführlichen Analyse der Zeugnisse H A R T M A N N 2 0 0 1 , 2 4 2 , 3 5 4 - 3 5 9 . 132 P I R I Γ 4 3 0 - P L R E I 961-962; KIENAST 1996, 247; JOHNE 2008b, 612. 133 Interemptus autem est a Victorino, Vitruviae filio vel Victoriae, quae postea mater castrorum appellata est et Augustae nomine affecta, cum ipsa per sefugiens tanti ponderis molem primum in Marium, deinde in Tetricum atque filium contulisset imperia. 134 P I R I Γ 5 8 6 . p L R E I 830; KIENAST 1996, 236-237; STROBEL 1998; B L E C K M A N N 2002a, 333-339; PERASSI 2002b; JACOB 2004,113; E S T I O T 2005; JOHNE 2008b, 611-612. 135 G O E B L 1993, 45-50, 134. Zur Verleihung des Augusta-Titels nach Aurelians Triumph 274 n.Chr. siehe zuletzt H A R T M A N N 2001, 255 u n d H A R T M A N N 2008a, 311; gemäß der älteren Forschung erfolgte sie nach dem 28.8.274 n. Chr. vgl. KIENAST 1996,236: ca. 29 August(?); dagegen zieht STROBEL 1998,125 bereits 272 n.Chr. in Betracht. 136 P I R 2 M 99; P L R E I 983; G R I C O U R T 1995; KIENAST 1996, 262; JOHNE 2008b, 610. MANN
32 I
Anne Kolb 42.
G A L E R Í A VALERIA
137
(gest. E n d e 314 n . C h r . ) , T o c h t e r d e s D i o k l e t i a n , G a t t i n
d e s G a l e r i u s , i m Nov. 3 0 8 n. C h r . E r n e n n u n g z u r Galería
Valeria Augusta138
(vgl. C I L III
13661 = ILS 8932). 43.
FLAVIA IULIA HELENA
C o n s t a n t i n d. Gr., w u r d e Augusta
139
(geb. ca. 250?, gest. E n d e 329? n. Chr.), M u t t e r v o n
evtl. bereits 324 n. Chr. 1 4 0 (Eus. vita C o n s t . 3 , 4 7 , l - 2 ; 1 4 1
vgl. C I L V I 1 1 3 4 - 1 1 3 6 ; C I L V I I I 1633; C I L X 517). 44.
142
FLAVIA M A X I M A FAUSTA
(gest. 326 η. Chr.), G a t t i n C o n s t a n t i n d. Gr., M u t t e r
v o n C o n s t a n t i u s II. u n d C o n s t a n s , w u r d e Augusta
evtl. b e r e i t s 324 143 ( R I C V I I 2 0 3 - 2 0 4
Nr. 4 4 3 - 4 4 5 , 205 Nr. 4 5 9 - 4 6 0 , 2 0 7 Nr. 4 6 6 , 2 0 9 Nr. 4 8 2 - 4 8 4 ) . 45.
CONSTANTINA144 (ca. 3 2 0 ? - 3 5 4 n. Chr.), älteste T o c h t e r d e s C o n s t a n t i n d. Gr.,
S c h w e s t e r d e s C o n s t a n t i u s II., 335 n . C h r . H e i r a t m i t H a n n i b a l i a n u s , 351 n . C h r . H e i r a t
137
138
139
140
141
PLRE1937; BARNES 1982,9 u. 38; KIENAST 1996, 286-287; BLECKMANN 2002b; CLAUSS 2002a, 341344; DEMANDT 2007, 610. Offenbar an der Konferenz von Carnuntum ernannt, so BRUUN 1979, dem folgt BARNES 1982, 9, nach RIC VI 499-500 Nr. 32-34 u. 41-43, 560 Nr. 47, 562 Nr. 57-58, 585 Nr. 38, 586 Nr. 46, 590 Nr. 71, 626-633 Nr. 80, 84, 91, 98, 107, 115, 121, 637 Nr. 138, 639 Nr. 151, 673-674 Nr. 67 u. 74, 675-680 Nr. 81, 95, 98, 110, 122, 128A u. 129. P I R 2 I I I p. X I V F Nr. 426a; P L R E 1410-411 Nr. 3; POHLSANDER 1995; KIENAST 1996, 304-305; C O N SOLINO 2001; JAMES 2001, 103, 119-120; CLAUSS 2002a, 355-357; PAYER 2002, 11-36; DEMANDT 2007, 76-77, 610. Nach BRUUN, in: RIC VII 26 u. bes. 69 erhielt sie den Augustatitel gemeinsam mit Fausta bereits am 8.11.324 n.Chr., als Constantin die Alleinherrschaft hatte und Constantius zum Caesar ernannte, ebenso BARNES 1982, 9, der anfuhrt, dass beide Frauen nach der Niederlage des Licinius auf den Münzen als Augustae erscheinen RIC VII 116 Nr. 299-300, 137 Nr. 234, 203 Nr. 443, 263-264 Nr. 277,278-279 u. 285, 325-324 Nr. 270-271,383 Nr. 183,447 Nr. 187,475 Nr. 54,514-515 Nr. 134 u. 137, 551 Nr. 79-80, 612-613 Nr. 69A u. 78-80, 647 Nr. 28, 709 Nr. 38-40. ώδε δε μεν ούν ή βασιλέως έτελειοΰτο μήτηρ, αξία γε μνήμης άληστου των τε αύτής εϊνεκα θεοφιλών πράξεων του τ' έξ αΰτής φύντος ύπερφυοϋς και παραδόξου φυτοΰ, δν προς τοις απασι καί της εις τήν γειναμένην όσιας μακαρίζειν άξιον, οϋτω μέν αυτήν θεοσεβή καταστήσαντα ούκ ούσαν πρότερον, ώς αύτώ δοκεΐν έκ πρώτης τω κοινψ σωτήρι μεμαθητεΰσθαι, οΰτω δέ άξιώματι βασιλικω τετιμηκότα, ώς έν απασιν εθνεσι παρ' αύτοΐς τε τοις στρατιωτικοϊς τάγμασιν αύγούσταν βασιλίδα άναγορεύεσθαι, χρυσοις τε νομίσμασι και τήν αύτής έκτυποΰσθαι εικόνα. Siehe dazu DEMANDT 2 0 0 7 , 7 6 - 7 7 und PLRE 1410-411.
142
325-326; ROUGÉ 1980; KIENAST 1996, 305; JAMES 2001, 103, 119f; CLAUSS 2002a, 346-355; 2002; DEMANDT 2007, 610. S.o.Anm. 138. P L R E I 222; KIENAST 1996, 318-319; WIEBER-SCARIOT 1999, 74-195; WIEBER-SCARIOT 2000, 99100,109-110; CLAUSS 2002a, 357-361; DEMANDT 2007,106; ENJUTO SÁNCHEZ 2002. PLRE I
VANDERSPOEL/MANN
143 144
Augustae - Zielsetzung, Definition, prosopographischer Überblick
| 33
mit Gallus; noch von Constantin (frühestens Sept. 335 n.Chr.) 145 zur Augusta ernannt nach Philost. HE 3,22146 u. 3,28.147 46. MARINA SEVERA148 (gest. nach 378 n. Chr.), erste Frau des Valentinian, Scheidung ca. 370 n. Chr., Mutter des Gratianus (geb. 359 n. Chr.); neben Valentinian als Augusta bez e i c h n e t i n C h r . p a s c h , z. J. 3 6 9 (DINDORF v o l . 1, p . 559), 1 4 9 l o h . M a l . 1 3 , 3 3 (THURN p. 2 6 4 ,
13-15; vgl. Joh. Nikiu p. 82); nach Verstoßung von Gratian an den Hof zurückberufen. 47. ALBIA(?) DOMNICA,150 Gattin des Valens (364-378 n. Chr.), Mutter des Valentinianus Galates (366-370? n.Chr.), seit 364 n.Chr. Augusta (vgl. Jord. Rom. 314;151 Paul. Diac. Hist. Rom. 11,11). 48. AELIA FLAVIA FLACCILLA152 (gest. 386 n.Chr.), erste Gattin des Theodosius I. (seit ca. 376 n. Chr.), Mutter von Arcadius, Honorius und Pulcheria, Augusta seit 379 n. Chr. (Zon. 13,18,17;153 ILS 9466: Αύγοϋστα Αίλία Φλακκίλλα). 49.
AELIA EUDOXIA154 (gest. 6.10.404 n.Chr.), Gattin des Arcadius, Augusta seit
9.1.400 n . C h r . (Chr. pasch. z.J. 400 (DINDORF vol.1, p. 567); 155 Marceli, com. z. J. 404).
145
BLECKMANN 1 9 9 4 , b e s . 3 8 .
146
έδόκει δέ δύνασθαι τήν πράξιν, διότι ζών ό κοινός αύτών πατήρ διαδήματί τε αύτήν έταινίωσεν και Αύγοϋσταν έπωνόμασεν. έφ' οίς ή Γάλλου γυνή Κωνσταντία, περιαλγής γενομένη εί ούτως ό Γάλλος Καΐσάρ τε ών και Αύγούστης άνήρ (και γαρ αύτη πατρόθεν ήν δεδεγμένη τό άξίωμα) προπηλακίζοιτο, αύτη δι' έαυτής έπισπασαμένη τον Μόντιον τοις δορυφόροις έκδίδωσιν. Vgl. BLECKMANN 1994, bes. 33-36, der ausführlich den umstrittenen Quellenwert der Angaben zur Augusta-Ernennung von Philostorgius diskutiert.
147
148
P L R E I 8 2 8 ( n i c h t a l s Augusta);
149
ομοίως και τήν δέσποιναν Μαρΐναν τήν αύτού γυναίκα άγοράσασαν προάστειον παρ' όσου ήν άξιον εχον πρόσοδον, και ώς Αύγοϋσταν τιμηθεισαν, άκοίσας επεμψεν ό βασιλεύς, και διετιμήσατο τό προάστειον, όρκώσας τούς διατιμησαμένους.
KIENAST 1 9 9 6 , 3 2 8 ( n i c h t a l s Augusta);
JAMES 2 0 0 1 , 1 2 0 .
»SO P L R E I 2 6 5 ; KIENAST 1 9 9 6 , 3 3 1 ; JAMES 2 0 0 1 , 1 2 0 , 1 2 3 ; LENSKI 2 0 0 2 , 5 3 , 6 0 , 2 4 1 , 2 4 3 - 2 4 4 , p a s s i m . 151
(...) Gothi vero occiso imperatore iam securi ad urbem properant Constantinopolitanam, ubi tunc Dominica Augusta Valentis uxor multa pecunia plebi largita ab urbis vastatione hostes submovit regnumque cognatis, usque dum ille Iheodosium ordinasset, fideliter viriliterque servavit. (...)
152
P L R E I 3 4 1 - 3 4 2 ; KIENAST 1 9 9 6 , 3 4 0 ; JAMES 2 0 0 1 , 103, 1 1 9 - 1 2 0 ; CLAUSS 2 0 0 2 b , 3 7 0 - 3 7 4 .
153
ούτος ό βασιλεύς ΐδιωτεύων είχε γυναίκα εύσεβή και σώφρονα και φιλόπτωχον τήν Πλακίλλαν, έξ ής αύτω έγεννή0ησαν Όνώριος και Άρκάδιος· ήν και Αύγούσταν έποίησε. Vgl. DEMANDT 2007, 611 setzt den Augustatitel ins Jahr 384.
154
P L R E II 4 1 0 ; HOLUM 1 9 8 2 , 4 8 - 7 8 ; LEPPIN 1 9 9 6 ; JAMES 2 0 0 1 , 1 0 3 , 1 1 9 - 1 2 0 ; CLAUSS 2 0 0 2 b , 3 9 2 - 4 0 2 ; DEMANDT 2 0 0 7 , 1 9 2 , 6 1 1 .
155
ίνδ. ιγ'. ς', ύπ. Στελίχωνος και Αύρηλιανοϋ. έπι τούτων των ύπάτων ή έπιφανεστάτη Εύδοξία έπήρθη Αύγοϋστα μηνί αύδυναίώ προ ε ' ίδών ϊανουαρίων, και έγεννήθη Αρκαδία έπιφανεστάτη μηνι ξανθικψ προ γ ' νωνών άπριλίων.
34
I
Anne
Kolb
50.
AELIA PULCHERIA156 ( 1 9 . 1 . 3 9 9 - 4 5 3 n.Chr.), Tochter von Arcadius und Aelia
Eudoxia I., Enkelin des Theodosius I., Schwester des Theodosius II., Gattin des Marcianus, Augusta
seit 4 . 7 . 4 1 4 n. Chr. (Marceli, com. z. J. 414; 1 5 7 vgl. Chr. pasch, z. J. 4 1 4 (DINDORF
vol.l, p. 571 vgl. 578)).
51. AELIA EUDOKIA (ATHENAIS)158 (gest. 20.10.460 n.Chr.), Gattin des Theodosius II. Augusta seit 2.1.423 n. Chr. (vgl. z. B. Chr. pasch, z. J. 423 (DINDORF vol.1, p. 580)). 159 52. AELIA GALLA PLACIDIA160 (geb. 389(?)-27.11.450 n.Chr.), Tochter des Theodosius I., Gattin des Westgotenkönigs Athaulf, Gattin des Constantius III., Mutter des Valentinianus III., Augusta seit 8.2.421 n.Chr. (Olymp, fr. 34).161 53. IUSTA GRATA HONORIA162 (geb. 417/418 n.Chr.), Tochter des Constantius III. und der Galla Placidia, ältere Schwester des Valentinianus III., Augusta vor 437 (CIL XI 276 = ILS 818; Agnellus 42; vgl. ILS 817; RIC X 367 Nr. 2021-2022, 371 Nr. 2053, 2055, 372 Nr. 2063, 2068). 54. LICINIA EUDOXIA163 (422-493 n.Chr.), Tochter des Theodosius II. und der Aelia Eudokia, Gattin des Valentinianus III. (seit 437 n. Chr.), Augusta seit 6.8.439 n. Chr. (Agnellus 31). 164 55.
AELIA VERINA165 (gest. 484? n. Chr.), Gattin des Leo, der a m 7 . 2 . 4 5 7 n. Chr. zum
Kaiser erhoben wurde; Augusta seit 457? n. Chr. (vgl. Joh. Ant. fr. 306,13-15 (ROBERTO);166
156
P L R E II 9 2 9 - 9 3 0 ; HOLUM 1 9 8 2 , 7 9 - 1 1 1 ; ANGELIDI 1 9 9 8 ; JAMES 2 0 0 1 , 1 0 3 , 1 2 0 , 1 2 2 - 1 2 3 ; CLAUSS 2 0 0 2 b , 4 0 5 - 4 3 6 ; PAYER 2 0 0 2 , 3 7 - 6 0 ; C H E W 2 0 0 6 ; DEMANDT 2 0 0 7 , 1 9 5 , 6 1 2 .
157 15
«
Pulcheria
Iheodosii
soror Augusta
appellata
est.
TSATSOS 1 9 7 6 ; P L R E II 4 0 8 - 4 0 9 ; HOLUM 1 9 8 2 , 1 1 1 - 1 4 6 ; BURMAN 1 9 9 4 ; LIVREA 1 9 9 7 ; JAMES 2 0 0 1 , 1 0 3 , 1 1 9 - 1 2 0 , 1 2 2 ; CLAUSS 2 0 0 2 b , 4 0 2 - 4 3 6 ; PAYER 2 0 0 2 , 6 1 - 7 6 ; MOTTA 2 0 0 5 ; DEMANDT 2 0 0 7 , 1 9 5 . 612.
159
έπί
τούτων
των
ύπατων
άνηγορεύθη
ή Εύδοκία
Αΰγουστα
μηνι αύδυναίω
προ
δ'
νωνών
ίανυαρίων, ( . . . ) . 160
P L R E II 8 8 8 - 8 8 9 Nr. 4 ; DEMOUGEOT 1 9 8 5 ; CONSOLINO 1 9 9 4 ; KIENAST 1 9 9 6 , 3 4 1 ; SIRAGO 1 9 9 6 ; CLAUSS 2 0 0 2 b , 3 7 4 - 3 8 9 ; HARLOW 2 0 0 4 ; DEMANDT 2 0 0 7 , 6 1 2 ; GOURDIN 2 0 0 8 .
161
χειροτονείται
δέ
και
ή Πλακίδια
Αύγούστα,
του
τε
ιδίου
άδελφοΰ
και
τού
ιδίου
άνδρος
χειροτονησάντων. 162
P L R E II 5 6 8 - 5 6 9 , 1 3 0 8 ; JOHNE 1 9 9 8 ; CLAUSS 2 0 0 2 b , 3 8 9 - 3 9 2 ; DEMANDT 1 9 9 7 , 1 8 2 , 1 8 8 .
163
P L R E II 4 1 0 - 4 1 2 ; GUARDUCCI 1 9 8 9 - 1 9 9 0 ; LEPPIN 1 9 9 8 ; DEMANDT 2 0 0 7 , 6 1 2 .
164
In diebus Eudoxia
165
eius occisus Augusta
est Felix patricius
Ravennae
8. Idus
ad gradus
ecclesiae
Ursianae
mense
Mai,
et facta
est
domna
Augusti.
P L R E II 1 1 5 6 ; JAMES 2 0 0 1 , 1 0 3 , 1 2 0 , 1 2 2 ; LEPPIN 2 0 0 2 a , 4 4 0 ; TINNEFELD 2 0 0 3 ; DEMANDT 2 0 0 7 , 2 1 0 , 222, 224, 226, 258, 612.
166
π ρ ο ς α π ε ρ ' Ι λ λ ο ϋ ς έν Ταρσω άγαγών την Βηρίναν, στολή χρήσασθαι βασιλική παρεσκεύασε, και οία κυρίαν ούσαν της βασιλείας, Λ ε ό ν τ ι ο ν άναγορεϋσαι βασιλέα, στάσαν έν βήματι.
Augustae - Zielsetzung, Definition, prosopographischer Überblick
| 35
l o h . M a l . 14, 4 4 (THURN p . 2 9 6 , 4 8 ) ; T h e o p h . A M 5 9 5 6 ; 5 9 6 1 (DE BOOR v o l . 1, p. 113,
18-19; 115, 30); RIC X 282-283 Nr. 606-607 und 614-615). AELIA MARCIA EUPHEMIA 167 ,
Tochter des Marcianus, ca. 453 n. Chr. Heirat mit Anthemius; Augusta seit dessen Regierungsantritt 467 n.Chr. (nur Münzen: RIC X 412 Nr. 2805, 413 Nr. 2827-2829,414 Nr. 2853). 56.
AELIA ARIADNE 1 6 8
(vor 457-515 n. Chr.), Tochter des Leo, Gattin des Zeno, der am 9.2.474 n.Chr. Augustus und nach dem Tod des Leo (18.11.474 n.Chr.) Alleinherrscher wurde;169 Ariadne erhielt demnach wohl damals den Titel als Augusta (vgl. Vict. Tonn. z.J. 475, Marceli, com. z.J. 515, Cyr. Scyth. V. Sabae 53; RIC X 309-310 Nr. 933938); Gattin des Anastasios. 57.
AELIA ZENONIS 1 7 0
(gest. 476 n.Chr.), Gattin des Basiliskos (Jan. 475-Aug. 476 n.Chr.), Augusta seit 475 n.Chr. (Theoph. AM 5967 (DE BOOR vol. 1, p. 121, 1-3) 171 ; Zon. 14,2,6;172 Theod. Lect. Epit. 402, vgl. 412-414). 58.
59. LUPICINA/EUPHEMIA173 (gest. 527? n.Chr.), Gattin des Iustinus I., Augusta seit dessen Regierungsantritt 518 n.Chr. (Theoph. AM 6011 (DE BOOR vol. 1, p. 165, 2-3);174 vgl. Theod. Lect. Epit. 524; Coli. Avell. 156 (a. 519), 194 (a.520), 203 (a.520)). 60.
THEODORA175 (gest. 548 n. Chr.), Gattin des Iustinianus, Augusta seit dessen Re-
g i e r u n g s a n t r i t t 1 . 4 . 5 2 7 n . C h r . ( T h e o p h . A M 6 0 1 6 (DE BOOR vol. l , p . 1 7 0 , 2 8 - 3 0 ) ; 1 7 6 C a s -
siod. var. 10,10,20-21 u n d 23-24; Vict. Tonn. z.J. 529, 537, 542, 549, 567).
167
P L R E II
168
P L R E I I 1 4 0 - 1 4 1 ; H A H N 1 9 8 4 ; C O Y N E 1 9 9 1 , 1 9 9 - 2 0 7 ; JAMES 2 0 0 1 , 1 0 3 , 1 2 1 ; D E M A N D T 2 0 0 7 , 2 2 2 -
423-424; T I N N E F E L D 1998a; D E M A N D T 2007, 612.
siehe jetzt M E I E R unten in diesem Band. FELD 2005, 244. PLRE II 1203; JOHNE 2003; JAMES 2001,103,122; DEMANDT 2007, 612. (...) Μάρκον τε τ ό ν υ ί ό ν καίσαρα έποίησε και Ζηνωδίαν την έαυτοϋ γαμετήν αύγούσταν εστεψεν· και ό Βασιλίσκος εν τψ Κάμπψ άναγορεύεται βασιλεύς και την οίκείαν γαμετήν Ζηνωνίδα Αύγούσταν έστεψε και Μάρκον τον υίόν προεχειρίσατο Καίσαρα. PLRE I I 423; T I N N E F E L D 1998b; JAMES 2001, 121; D E M A N D T 2007, 235, 258, 612. ταύτην Εύφημίαν oí δήμοι έκάλεσαν στεφθείσαν αϋτήν Αύγούσταν. P L R E Ι Ι Ι / 2 1240-1241; siehe bes. BECK 1986; A M E L O T T I 1984-1985; G A R L A N D 1999,11-39; EVANS 2002; Foss 2002; PAYER 2002, 77-98; L E P P I N 2000a; L E P P I N 2002a; JAMES 2001, 121; T I N N E F E L D 2002; C E S A R E T T I 2003; M E I E R 2004, passim; D E M A N D T 2007, 235, 612. εστεψε δέ και τήν εαυτού γαμετήν Θεοδώραν άγούσταν αμα τψ Βασιλεύσαι αύτόν. 223, 227, 376, 612;
169 170 171 172
173 174 175
176
Historische Voraussetzungen und Vorbilder
Die Königinnen der Ptolemäerdynastie in papyrologischer und epigraphischer Evidenz Peter van Minnen
Der Beitrag bietet einen Überblick über die papyrologische und epigraphische Dokumentation zum öffentlichen Auftreten der Ptolemäerinnen in Ägypten und einen kurzen Vergleich mit den Augustae. Lo studio presenta una sintesi della documentazione papirologica ed epigraphica sull'azione pubblica delle regineTolemaice in Egitto e un breve confronto con le Augustae. The study presents a survey of the papyrological and epigraphical documentation for the public role of the Ptolemaic queens in Egypt and a brief comparison with the Augustae.
Papyrologische Evidenz gibt es bekanntlich fast nur für Ägypten - die wenigen Ausnahmen tragen zum Thema nichts bei. Wenn ich hier die papyrologische Evidenz Revue passieren lassen werde, beschränken sich die hellenistischen Königinnen auf die weiblichen Mitglieder der ptolemäischen Dynastie, die in Ägypten von 306 bis 30 v. Chr. fast ununterbrochen regierte - wiederum mit einigen fürs Thema unwichtigen Ausnahmen (z. B. Antiochos IV. vorübergehend im Jahr 168 v. Chr.). Papyri gibt es grundsätzlich zweierlei: literarische und dokumentarische. Dazu kommen die verschiedenen Sprachen, die in Ägypten schriftlich verwendet wurden, hier vornehmlich Griechisch und Demotisch, die Urkundensprache der ägyptischen Spätzeit. Da die meisten Texte, die etwas zum Thema beibringen, griechisch abgefasst sind, kann ich die demotischen Urkunden hier übergehen; sie sind meist 1 nur von Bedeutung für die Datierung und Titulatur der Ptolemäerinnen. Literarische Papyri zu den Ptolemäerinnen gibt es bekanntlich seit eh und je. Hier werde ich nur einige der neuesten Funde (bes. den Poseidippos-Papyrus) miteinbeziehen und z. B. die Gedichte von Kallimachos, die sowieso nur in Zusammenhang der ganzen literarischen Überlieferung zu diesem Dichter verstanden werden können, beiseitelassen. Die Dokumente sind meist weniger gut bekannt und ihre Besprechung wird daher eher willkommen sein. Sarah P O M E R O Y Z . B . zitiert in dem 1 . , den Königinnen gewidmeten Kapitel ihres Buches zu den Frauen im hellenistischen Ägypten nur einen Papyrus, den ich hier sogar übergehen werde.2 1
Die Ausnahme, O.Hor 1,11-18, war mir während der Bearbeitung dieses Vortrags nicht zugänglich.
2
POMEROY 1 9 8 4 , 3 - 4 0 .
40 I
Peter van Minnen
Da ich mich auf die Ptolemäerinnen konzentriere, kann ich mich nicht ganz auf die papyrologische Evidenz beschränken. Darstellungen der ägyptischen Königinnen, einschließlich Münzen,3 klammere ich aber weitgehend aus, doch beziehe ich die wichtigsten Inschriften zum Thema mit ein. Ich übergehe die Inschriften, die sich auf Ptolemäerinnen als Euergetides beziehen,4 aber schließe alle mir bekannte Verordnungen, die von ihnen allein oder an erster Stelle ausgegangen sind, mit ein. Die dokumentarischen Papyri eignen sich besonders gut dazu, die Rolle der weiblichen Mitglieder der ptolemäischen Dynastie von den verschiedensten Blickwinkeln zu erfassen. Nicht nur waren die ptolemäischen Königinnen ein unentbehrlicher Teil der dynastischen Reihenfolge, wie hellenistische Königinnen überall, sie hatten auch einen größeren Stellenwert im sozialen Gefüge Ägyptens inne und das nicht nur wegen ihrer politischen und religiösen Verbindungen. Bekanntlich war die Rolle der Frau im öffentlichen Leben Ägyptens größer als im alten Griechenland (abgesehen von den Heroinnen der attischen Bühne). Nicht nur konnten die Ptolemäerinnen gegebenenfalls auf pharaonische Vorgängerinnen (ζ. B. Hatschepsut, aber auch - weniger extrem - Regentinnen, Ehefrauen und Schwestern der Pharaonen) zurückblicken, sie konnten sich auch leichter im wirtschaftlichen Leben betätigen, wie auch andere Frauen im hellenistischen Ägypten - und nicht nur Ägypterinnen. Selbstverständlich wirkten die makedonischen Königinnen (ζ. B. Olympias) in dieser Hinsicht ebenso vorbildlich,5 aber es würde interessant sein, nachzugehen, ob die hellenistischen Königinnen außerhalb der ptolemäischen Dynastie gleich prominent im öffentlichen Leben auftraten. Hinsichtlich ihrer politischen und religiösen Verbindungen gibt es in den Papyri Mehreres zu verzeichnen. Ptolemäische Königinnen treten als Regentinnen oder sogar Herrscherinnen auf. Dazu genossen sie auch vielerlei kultische Erhöhungen. Wenden wir uns erst mal den wichtigsten Beispielen der „woman power" (Grace MACURDY) oder des „monstrous regiment" (John KNOX) der Ptolemäerinnen zu! Nach ihrem Tode 270 v. Chr. wurde Arsinoe II. zur „princess Diana" der ptolemäischen Dynastie. Die meisten Privatweihungen für Ptolemäerinnen galten ihr; nur ihr Kult wurde der Benefiziar einer eigenen Steuer, der hekte.6 Eigentliche Macht ist ihr zeitlebens aber nicht zuzuschreiben. Sie wurde zu spät Königin, um ihren Mann und Bruder in der Ver3
4 5 6
Die einzigen Ptolemäerinnen, die, soviel ich dem alten S V O R O N O S 1 9 0 4 - 1 9 0 8 rasch entnehmen kann, selbständig auf Münzen vorkommen, sind Arsinoe II. (nach ihrem Tod), Berenike II. und Kleopatra VII. (die letzte als selbständige Herrscherin). Zu den Münzen der Berenike II. vergleiche man die Münzen der Julia. Kleopatra I. soll nach S C H M I T T 2 0 0 5 , 6 1 auch eigene Münzen geprägt haben, wie auch Kleopatra III. (ohne Belegstellen). Zu den Bildnissen der Ptolemäerinnen vergleiche das Buch mit diesem Titel von B R U N E L L E 1 9 7 6 , sowie das Pendant von KYRIELEIS 1 9 7 5 . Siehe jetzt auch S M I T H 1 9 8 8 und zu Kleopatra VII. A S H T O N 2 0 0 1 . Vergleiche dazu S A V A L L I - L E S T R A D E 1994. Vergleiche dazu C A R N E Y 2000. Siehe dazu C L A R Y S S E / V A N D O R P E 1998.
Die Königinnen der Ptolemäerdynastie in papyrologischer und epigraphischer Evidenz
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waltung Ägyptens und in den ausserägyptischen Beziehungen beeinflussen zu können. Die Diskussion um ihren Einfluss wurde von MACURDY 7 und dann POMEROY 8 aufgenommen, aber ernstlich in Frage gezogen von BURSTEIN.9 Auch andere Forscher haben keine Beweise für ihre politische Einmischung beibringen können. Damit ist ihr Einfluss hinter den Kulissen nicht verneint, 10 aber in einem Beitrag zur papyrologischen Evidenz muss ich mich auf aussagekräftige Texte beschränken." Die aufschlussreichsten Epigramme des Poseidippos-Papyrus beziehen sich alle auf Arsinoe II. als „princess Diana": Epigramm 36, das sogar bezeichnenderweise am Anfang der Abteilung Anathematika steht, und die Epigramme 37-39. 12 Epigramm 39, zum Tempel der Arsinoe II. am Kap Zephyrium, hat Parallelen in anderen Papyri, die ihren Weg schon in die Handbücher gefunden haben. glaubt, dass die außerordentliche Erhöhung Arsinoes II. nach ihrem Tode den Weg für die wirklich „starken Frauen" der späteren Ptolemäerherrschaft erleichtert habe.13 Das leuchtet mir nicht ein. Die starken Frauen treten erst fast ein Jahrhundert später auf. HAUBEN behauptet gerade das Gegenteil, als er die kultische Erhöhung wie folgt erklärt:14 „sans aucun doute, le succès [der Ptolemäerinnen in Sache Religion] doit être imputé à leur emprise grandissante sur les affaires de letat." Das gilt natürlich nicht für HAUBENS „exhibit A", Arsinoe II, könnte aber für die späteren Ptolemäerinnen gelten. So war nach dem Tode Ptolemaios V. Kleopatra I. vorübergehend Regentin für ihren Sohn Ptolemaios VI.; in der Titulatur aus den Jahren 180-176 wird sie immer an erster Stelle genannt. 15 Damit kommen wir zu Kleopatra II. und III.16 Die verworrene Situation lässt sich am besten illustrieren mit den Familienverhältnissen Ptolemaios VIII. Seine Schwester und Ehefrau Kleopatra II. trat später nur noch als Mutter seiner zweiten Frau, Kleopatra III., der Tochter seines Bruders Ptolemaios VI., in Erscheinung. Der Ablauf der Ereignisse war folgender: Anfangs regierten Ptolemaios VI. sowie seine Ehefrau und Schwester Kleopatra II. zusammen (176-170), nachher mit dem Bruder Ptolemaios VIII. als „drittem in Bunde". Nach der Vertreibung des VI. Ptolemäers 164 v. Chr. regierte Ptolemaios VIII. zusammen mit Kleopatra II., der Schwester der beiden. Der VI. Ptolemäer kehrte 163 v. Chr. zurück und regierte zusammen mit Kleopatra II., seiner Frau, bis zu seinem Tode 145 v. Chr. Nachher kam Ptolemaios VIII. zurück und regierte mit seiner Schwester, Kleopatra II., der Witwe seines Bruders, die er 143 v.Chr. selbst heiratete, von SCHMITT
7
MACURDY
8
POMEROY 1 9 8 4 , 1 6 - 2 0 .
9
10 11
12 13
1932,111-130.
BURSTEIN 1982.
Siehe dazu SAVALLI-LESTRADE 2 0 0 3 . Auch H A Z Z A R D 2000, 82-100, lässt Arsinoe II. höchstens als Sponsorin des Adonis-Festes gelten (nach Theokritos 15). H u s s 2001, 307, glaubt dagegen, dass nach d e m Tode ihres ersten Mannes Arsinoe II. „für das Leben einer Pensionärin nicht geschaffen" war. Siehe dazu jetzt BARBANTANI 2 0 0 8 . SCHMITT 2005, 564.
14
HAUBEN 1989,456-457.
15
Vgl. ζ. B. MINAS 2 0 0 0 , 1 3 4 .
16
Von hier an kann man, neben Huss
2001,
auch
WHITEHORNE 1994
heranziehen.
42 I
Peter van Minnen
der er aber 138 ν. Chr. schied. Nachher regierte er zusammen mit seiner ehemaligen Ehefrau, Kleopatra II., und seiner neuer Gemahlin, ihrer und seines Bruders Ptolemaios VI. Tochter, Kleopatra III., bis Kleopatra II. 132 v. Chr. nach einer gescheiterten Rebellion, in der sie versuchte, alleine zu regieren, ausschied. Nach der Versöhnung 125 v. Chr. aber und bis 116 v. Chr. regierten Ptolemaios VIII., Kleopatra II., seine „ex", und Kleopatra III., ihre Tochter und seine „trophy wife", wieder zusammen. Nach dem Tode des VIII. Ptolemäers regierte Kleopatra II. zusammen mit der III. Kleopatra, ihrer Tochter, und ihrem Enkel Ptolemaios IX., aber nur kurz bis zu ihrem eigenen Tode 115 v. Chr. Kleopatra III. regierte ziemlich selbständig entweder mit dem IX. oder dem X. Ptolemäer, ihren beiden Söhnen, bis zu ihrem Tode 101 v.Chr. Von ihr stammen m. W. die ersten Verordnungen der Ptolemäer, die eine Königin an erster Stelle nennen (C.Ord.Ptol. 57-60 von 115 v.Chr.); das wiederholt sich dann noch einmal für Kleopatra VII. während der Koregierung mir Kaisarion - ohne die Verordnung Berenikes IV. zu übersehen, die sie ganz in ihrem eigenen Namen hat herausgehen lassen (dazu unten). Bis 88 v. Chr. regierte Ptolemaios X. dann zusammen mit einer Tochter des IX. Ptolemäers. Ptolemaios IX. schaffte 88 v. Chr. ein „comeback", wurde aber nach seinem Tode 80 v. Chr. vorübergehend von seiner Frau, Kleopatra alias Berenike III., erst alleine, dann zusammen mit Ptolemaios XI. abgelöst. Ab 80 v. Chr. regierte dann Ptolemaios XII. mit einer Unterbrechung bis 51 v. Chr. Seine älteste Tochter Berenike IV. ist die einzige Ptolemäerin, deren vollauf eigenständige Aktivität als Herrscherin Ägyptens für uns noch fassbar ist.17 Nachdem sie ihren eigenen Vater, Ptolemaios XII., 58 v.Chr. vertrieben hatte, verwaltete sie das Land anfangs anscheinend zusammen mit einer Schwester. Das geht m. E. hervor aus einem merkwürdigen Papyrus (BGU VIII 1762), der sich auf gewisse Unruhen im Herakleopolites bezieht:18 Am folgenden Tage kamen noch viel mehr Menschen zum Tore des ... und riefen die Hilfe der |4 Königinnen und der Truppen an. Als der Stratege mit seinem eisagogeus Chairas und der Kommission (?) aus Alexandria kam, erfuhren sie von Neuem sehr viele andere Untaten des Hermaiskos und seiner Genossen an jedermann. Die Bittsteller beharrten dabei, sie wollten keine Arbeit mehr anfassen, weder | private noch staatliche, wenn nicht, nach einem Bericht des Strategen an die Königinnen und den Dioiketen, Hermaiskos und Genossen vom Gau fern gehalten würden. Und als der Stratege und die anderen noch weiter vertrösteten und 17
18
Für Texte, die unter Berenike IV. datiert sind, siehe BENNETT/DEPAUW 2007. Nicht alle Texte, die mal der Berenike IV. zugeschrieben wurden, werden in diesem Aufsatz behandelt, aber er bringt wichtige Korrekturen zu der Datierung mehrerer Urkunden. Der Eid P. Oxy. LV 3777 von August 57 oder 56 v. Chr. ist wohl dem lahr 57 zuzuschreiben, da er nur Berenike IV. und nicht auch den Archelaos nennt. Die Übersetzung der Edition, leicht geändert. WHITEHORNE 1997 glaubt, die Erwähnung der Königinnen im Text sei ganz allgemein und der Text sei daher nicht unbedingt ins Jahr 58 v. Chr. zu datieren. Ein König wird aber nicht genannt, während der Dioiket, normalerweise der zweite Mann im Ptolemäerreich, ausdrücklich nach den Königinnen genannt wird. Whitehorne glaubt auch nicht an eine Koregierung der Berenike IV. mit einer Schwester.
Die Königinnen der Ptolemäerdynastie in papyrologischer und epigraphischer Evidenz
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versprachen, was man ihnen gezeigt habe, nach oben zu berichten, kehrten sie um. Also |12 berichten wir. Kurz darauf, vermutlich nach dem Tode der Schwester, regierte Berenike IV. fast zwei Jahre ganz alleine, bis sie 56 v. Chr. einen Ausländer namens Archelaos heiratete und zum Pharao neben ihr machte. Ihre selbständige Aktivität wird beurkundet von einer Asylieurkunde aus Theadelpheia (I.Asylia 223 von 57 v.Chr.), deren englische, hier verkürzte Übersetzung der Edition (leicht geändert) wie folgt lautet: (a) Inviolable in accordance with the commandments: to whoever has no business here. (b) To the epistates of Theadelpheia: subjoined is a copy of the petition given to the goddess queen from the priests |4 of Pnepheros, great god in the village, and transmitted to us together with the command in reply. Therefore act in accordance with the commandments. Farewell. Year 2, Phamenoth 3. |8 (c) To Queen Berenice, manifest goddess, greetings from the priests of Phepheros, great crocodile god, who is in Theadelpheia in the meris of Polemon of the Arsinoite nome. (Es folgt der Text der Bittschrift) so that we may be benefited. |42 Farewell. (d) To Dioskourides: let it be done. Year 2, Phaophi 17. Wie viele andere derartige Texte enthält diese Asylieurkunde: 1. den ursprünglichen Antrag der Priester des Tempels (= c, hier gekürzt), 2. die Anweisung der Königin an einen hohen Beamten in Alexandria - nur ein Wort (= d), 3. das Begleitschreiben dieses Beamten an eine lokale Behörde (= b) und 4. eine Art Kurzfassung des Ganzen (= a). Wir besitzen eine ganze Reihe solcher Asylieurkunden aus dem 1. vorchristlichen Jahrhundert. Die Anträge der ägyptischen Priester richten sich entweder an den König (unter Ptolemaios X. und XII.) oder an den König und die Königin zusammen (unter Ptolemaios XII. - ohne klaren Grund für den Unterschied in seinem Falle). Die Linie der mächtigen Ptolemäerinnen wird bekanntlich von der „großen" Kleopatra VII. zu ihrem logischen Ende geführt. 19 Nicht nur war sie länger als andere Ptolemäerinnen de facto Inhaberin der Staatsgewalt, wir sind auch unendlich besser über sie informiert, wenn auch ziemlich einseitig von feindlicher, römischer oder genauer oktavianischer „Propaganda" (ein Unwort für Texte, die zu den größten Werken der Weltliteratur gehören: die bekannte horazische Ode und das 4. Buch der Aeneis).20 Der früheste Beleg (C.Ord.Ptol. 73 von 50 v.Chr.) zeigt Kleopatra aber am Anfang ihrer Regierung noch ganz traditionell - ungleich ihrer ältesten Schwester, Berenike IV.,
19
20
Von den jüngsten Beiträgen zu ihrer Person sei besonders A S H T O N 2 0 0 8 hervorgehoben. Der Vergleich mit K L E I N E R 2 0 0 5 ist instruktiv. Sie kennt nichts von dem Material, das ich hier Revue passieren lassen werde. Zu den Kleopatra-Bildern der augusteischen Zeit siehe jetzt W Y K E 2002 und K L E I N E R 2005 zusammen mit dem älteren Werk von B E C H E R 1966.
44 I
Peter van Minnen
nur wenige Jahre zuvor. Im Präskript dieser Verordnung zugunsten der alexandrinischen Bevölkerung ist Kleopatra nicht nur mit ihrem jüngeren Bruder, Ptolemaios XIII. assoziiert, er geht sogar voran: βασιλέως και βασιλίσσης προσταξάντων (Ζ. I).21 Der Unterschied mit Berenike IV. in der oben angeführten Asylieurkunde ist bezeichnend. Von der Literatur her wissen wir, dass Ptolemaios XIII. Pompeius hat umbringen lassen oder auf jeden Fall dafür verantwortlich gemacht wurde. Die Truppen Cäsars im Delta waren zu viel für den jungen Mann und die verbliebene Schwester der Kleopatra „paid the piper" im römischen Triumph. Ihr jüngerer Bruder wurde einige Jahre neben Kleopatra geduldet, dann aber von Kleopatras Söhnchen Kaisarion (Ptolemaios XV.) abgelöst. Kleopatra geht ab dieser Zeit in den Urkunden immer voran, wie aus C. Ord. Ptol. 75-76 von 41 v.Chr., wiederum eine Verordnung, diesmal zugunsten alexandrinischer Landeigentümer in der Chora,22 und aus I. Asylia 228, einer undatierten Asylieurkunde zugunsten einer jüdischen Synagoge, hervorgeht.23 P. Bingen 45 ist der berüchtigte Kleopatra-Papyrus, eine Schenkung an eine Privatperson von 33 v. Chr., deren englischen Übersetzung hier in der letzten (nicht: endgültigen)24 Fassung meiner Hand folgt:25 (third hand) Received: Year 19 = 4, Mecheir 26 (first hand) To [ ]. We have granted to Publius Canidius (Crassus) and his heirs |4 the annual exportation of 10,000 artabas of wheat and the annual importation of 5,000 Coan amphoras of wine without anyone exacting anything in taxes from him or any other expense whatsoever. We have also granted tax exemption on all the land he owns in Egypt on the understanding that he shall not pay any taxes, either to the state I8 account or to the special account of us and others, in any way in perpetuity. We have also granted that all his tenants are exempt from personal liabilities (such as the corvée) and from paying taxes without anyone exacting anything from them, 21
Der andere Bruder geht voran in 46 v. Chr., wenn man das Präskript von C. Ord. Ptol. 82 so liest, wie ich ich es in VAN MINNEN 2003, 41, Anm. 9, vorgeschlagen habe. Siehe im Allgemeinen RICKETTS
22
Dazu BINGEN 1995.
23
In der letztgenannten Urkunde steht unten sogar ganz informell auf Latein: regina et rex iusser(un)t (Z. 11-12). Das war für die römischen Soldaten gemeint. Zu diesem Text vgl. BINGEN 1982 und THOMPSON 2003,34, Anm. 26, die glaubt, die Verwendung des Latein weise auf Alexandria (statt des herkömmlichen Leontopolis) als Herkunft der Inschrift hin. MILETA 2008,201-202, deutet den Ausdruck λαϊκάς και στρατηγικός δαπάνας in Ζ. 12 als Ausgaben für Zivil- und Militärbehörden, aber seine eigene Materialsammlung zum Begriff λαός (MILETA 2008,154-207) enthält keinen einzigen Beleg, in dem er mit Zivilbeamten gleichzusetzen wäre. Auch scheint mir στρατηγικός noch immer eng mit στρατηγοί (Offiziere, gegenüber λαός, die Mannschaft) zusammenzuhängen. Siehe VAN MINNEN 2003,43-44, wo der revidierte Text von P. Bingen 45 zusammen mit den direkten Parallelen I. Asylia 226 und C. Ord. Ptol. 75-76 vollständig abgedruckt wurde. Der ganze Aufsatz ist wichtig für ein rechtes Verständnis der diplomatique königlicher Verordnungen der hellenistischen Zeit. Niederländischkundige seien noch auf VAN MINNEN 2001 verwiesen.
1979 u n d z u r K o r e g i e r u n g m i t P t o l e m a i o s XIII. HEINEN 2 0 0 9 , 3 6 - 4 4 s o w i e PEEK 2008.
24
25
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| 45
that they do not even contribute to the extraordinary assessments in the nomes |12 or pay for expenses for the army or officers. We have also granted that the animals used for plowing and sowing as well as the beasts of burden and the ships used for the transportation (down the Nile) of the wheat are likewise exempt from „personal" liabilities and from taxes and cannot be commandeered (by the army). Let it be written to whom it may concern, so that knowing it they can act accordingly. 116 (second hand) Let it be done. Die Lesung, besonders der Ζ . 8, ist suspekt, aber die von Klaus Z I M M E R M A N N vorgeschlagene Lesung26 ημών κα[ί ύ]μών statt ήμών κα[ί άλλ]ων würde den Adressaten in Kaisarion verwandeln, was angesichts der Parallelen (I.Asylia 226 und C. Ord. Ptol. 75-76) unmöglich ist. Wir erwarten einen Beamten hohen Ranges wie den dort genannten Theon, nicht den blutjungen Sohn der Königin, der als Mitregent aber tatsächlich den idios logos mit seiner Mutter teilte. Meine Lesung überzeugt auch nicht ganz; Kleopatra würde mit dem unverbindlichen αλλ] ων eben auf ihren Sohn verweisen. Die Lesung des römischen Benefiziare der aufgelisteten Privilegien in Z. 3 ist auch umstritten. Ich bevorzuge noch immer meine Lesung, da die von ZIMMERMANN27 bevorzugte Alternative (Κοΐντωι Κασκ[ελ(λ)ίω]ι statt Ποπλίωι Κανι[δίω]ι (so würde ich jetzt lesen) 1. einen unbekannten Römer introduziert (Quintus Cascellius) und 2. mit den Schriftspuren nicht im Einklang ist.28 Bis auf weiteres müssen wir mit Publius Canidius (Crassus) rechnen. Seine prominente Stellung im Lager Mark Antons macht ihn zu einem guten Kandidaten für eine Auszeichnung durch Kleopatra, da seine Anstrengungen im Osten entscheidend waren für die Ausdehnung des Ptolemäerreiches im Zuge der Landverteilungen im Jahre 37.29 Diese verschafften Kleopatra übrigens einen Grund, eine zweite Serie von Regierungsjahren (für die seleukidische Nachfolge) der ägyptischen hinzuzufügen. Das Jahr 16 wurde mit dem Jahre 1 gleichgesetzt. Übrigens ist der Vergleich mit I. Asylia 226 von 46 v. Chr. besonders lehrreich. Dort wurde der Text der Verordnung vom Adressaten, einem hohen alexandrinischen Beamten, weitergeleitet und mit einem Begleitschreiben versehen. Im Kleopatra-Papyrus haben wir es mit einem Original zu tun, der vom alexandrinischen Adressaten oben in dritter Hand mit einem Empfangsvermerk versehen wurde. Übrigens stammt der Papyrus aus einer Kartonnage, die noch viel mehr Makulatur aus amtlichen Büros des spätptolemäischen und frührömischen Alexandria enthielt. Nebenbei sei auch auf die merkwürdige Schrift des Haupttextes (1. Hand) verwiesen. Die beste Parallele hierfür bietet der ebenso
26
ZIMMERMANN 2 0 0 2 , 1 3 6
27
ZIMMERMANN 2 0 0 2 , 1 3 4 - 1 3 5 .
28
Besonders die Form des vermeintlichen Kappa von Quintus und des Sigma von Cascellius wurde von ZIMMERMANN missverstanden, wie aus seinen suggestiven Nachzeichnungen hervorgeht. Er hat überhaupt am Photo Spuren erkannt, die es auf dem Original nicht gibt, wie ζ. B. das My des vermeintlichen ύ]μών in Z. 8.
29
Siehe dazu SCHRAPEL 1996 und jetzt BENNE 2001.
46 I
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Minnen
berüchtigte Artemidor-Papyrus, der den Herausgebern nach eben aus Alexandria stammen könnte. Man kann sich natürlich fragen, in wieweit Kleopatra hier und anderswo als Herrin in eigenem Hause operieren konnte. Die Anwesenheit der militärischen Begleitung Mark Antons in Ägypten und die Infiltrierung einzelner Römer in die ägyptische Gesellschaft spätestens seit Ptolemaios XII. (z. B. Gabinius im Jahre 55 v. Chr.) müssen die Bewegungsfreiheit der letzten Ptolemäer einschließlich Kleopatras wesentlich eingeschränkt haben (z. B. leitete ein gewisser Ovinius die Textilmanufaktur Kleopatras). Andererseits hat ihre persönliche Verbindung zu Mark Anton (dem „inimitable liver" - MACURDYS hübsche Übersetzung von άμιμητόβιος) sie bestimmt zur leichterer Ausübung ihrer verbliebenen Autorität verholfen - sie hatte keine Einmischung seitens männlicher Familienmitglieder mehr zu fürchten, wie es nach 48 v. Chr., anfangs wahrscheinlich auf Geheiß Julius Cäsars, eben der Fall gewesen war. War Kleopatra Vorstand des „multinationalen" Geschäfts Ägypten („Cleo CEO"), der ein „hostile takeover" zu fürchten hatte, das dann 30 v. Chr. tatsächlich gekommen ist?30 Es ist vielleicht ein bisschen abwegig, die Sache in solcher weltwirtschaftlicher Terminologie zu fassen, aber sie bringt die Unternehmungsfähigkeit, die die letzte Ptolemäerin trotz aller Einschränkungen durch die Römer noch besaß, besser zum Ausdruck als das traditionelle Bild der Verführerin von römischer Unschuld - die entscheidende Rolle der Römer kommt durch „hostile takeover" auch besser zum Ausdruck als durch das traditionelle Bild eines „stumbling into empire". Die im Kleopatra-Papyrus aufgelisteten Privilegien schienen mir von Anfang an sehr wenig extravagant; ihnen sind deutliche Grenzen gezogen. Falls meine Identifizierung des Begünstigten als des zweiten Mannes im Lager Mark Antons zutrifft, haben wir es hier auch nicht mit einem großen Ausverkauf Ägyptens zu tun. Andererseits, falls ZIMMERMANN Recht hat und einem uns völlig unbekannten Römer schon Privilegien zugeteilt wurden, fallt die Lage für Ägypten und Kleopatra viel ungünstiger aus: ein Haufen Römer hätte sich auf diese Weise vorteilhaft in die ägyptische Wirtschaft einbetten können - davon fehlt aber anderswo jede Spur. Natürlich kann man sagen, dass Oktavian 30 v. Chr. diese Privilegien pauschal aufgehoben hat, aber das ist ohne Beweis nicht anzunehmen. Die Römer ließen die Verfügungen ihrer hellenistischen Vorgänger anfangs weiterhin gelten; erst später mögen sie mal ab und zu etwas abgeändert haben. Die Lage der eventuellen Nachkommen des Publius Canidius (Crassus) bzw. des Quintus Cascellius war nicht unbedingt hoffnungslos. Das Bild, das Kleopatra von sich selbst in Ägypten wünschte, scheint an dem Begriff φιλόπατρις erkennbar zu sein, der in ihrer Titulatur ab 37/6 v.Chr. vorkommt (bezeugt in BGU XIV 2376 von 35 v. Chr.). Jean BINGEN hat diesen Begriff zwar im Sinne einer Bekenntnis zu Makedonien interpretiert, 31 doch scheint seine Deutung in Ägypten als 30
31
Vgl. „Cleopatra as CEO: bureaucracy and scandal in the hostile takeover of a first-century BC multinational", ein unpublizierter Vortrag Janet J O H N S O N S . BINGEN 1999a.
Die Königinnen der Ptolemäerdynastie in papyrologischer u n d epigraphischer Evidenz
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„ägyptenliebend" (in Alexandria: „alexandrialiebend") eher auf der Hand zu liegen.32 Bei aller römischen Einmischung in Ägypten war es vielleicht nicht abwegig, dass die Königin sich auch öffentlich als ägyptische Patriotin präsentierte. Zum Schluss noch ein Wort zur Repräsentation der Kleopatra und des Kaisarion auf einer Tempelwand in Dendera. Dort ist Kaisarion abgebildet, als er gerade dabei ist, den Göttern zu spenden. Seine Mutter Kleopatra steht hinter ihm. Das könnte dahin interpretiert werden, dass er entsprechend der ägyptischen Tradition als männlicher Pharao 33 eben den Vorrang über die Königin hatte.34 Aber das scheint doch nicht der Fall zu sein. Wie auch auf anderen Darstellungen dieser Art, wird der spendende Pharao von einer Göttin begleitet, die eben hinter ihm steht - hier Kleopatra. Sie ist also sehr diplomatisch von den Priestern in Dendera als etwas mehr göttlich als ihr Sohn abgebildet, aber doch auch nicht ganz als den großen Göttern ebenbürtig - sie sind rechts, sie links abgebildet. Kleopatra gehört dieser Repräsentation nach in ihre eigene Sonderkategorie, wie wir es öfters für hellenistische Herrscher, die noch während ihres Lebens vergöttlicht wurden, antreffen. Zusammenfassend: „woman power" lässt sich besonders für Kleopatra I. (als Regentin nach dem Tode Ptolemaios V.), Kleopatra II. (als Mitregentin oder „dritte im Bunde"), Kleopatra III. (ihre Tochter), Kleopatra alias Berenike III., Berenike IV. und Kleopatra VII. belegen, wobei die Unterschiede bedeutend sind. Kleopatra VII. operiert anfangs viel umsichtiger als ihre älteste Schwester, Berenike IV.; Kleopatra II. und III. sind wegen ihrer einmaligen Familienverhältnisse mit nichts auf der Welt zu vergleichen. Man kann aber nicht darum hin festzustellen, dass die Ptolemäerinnen nicht dieselben Chancen hatten wie die Ptolemäer, persönlich und direkt Macht auszuüben. Dazu waren die Untergebenen, die als Instrumente dieser Macht verwendet wurden, noch nicht bereit - noch nicht mal in Ägypten, dem Mekka der „woman power".35 SPÄTH spricht nicht zu Unrecht von der Furcht vor der Frauenherrschaft in der Antike im Allgemeinen. 36 Aber die „sexual asymmetry" war in Ägypten weit weniger ungünstig als anderswo und konnte von verschiedenen Ptolemäerinnen mindestens vorübergehend überwunden werden (besonders von Kleopatra III. während der Unmündigkeit ihrer Söhne Ptolemaios IX. und X., Berenike IV. und Kleopatra VII. nach der Einsetzung Kaisarions). S C H M I T T sagt es so: „Die [ungeschriebenen] Regeln - sowohl makedonischer wie ägyptischer Tradition - verboten es (...) offenbar, dass eine Frau längere Zeit offiziell allein regierte; deshalb mussten die ,starken Frauen, anscheinend häufig auf Druck der hauptstädtischen Menge (Soldaten und Zivilisten), immer wieder Mitregenten (Söhne, Brüder [und andere Ehe32 33 34
35
36
Das ist jetzt auch die Ansicht von M U C C I O L I 2006. Hatschepsut wurde einfach als männlicher Pharao abgebildet. B I N G E N 1999b, 60, der auch auf den vermeintlichen Unterschied mit der offiziellen Titulatur, in der Kleopatra in dieser Zeit immer voran geht, hinweist. Siehe B I N G E N 1999b, 59, für eine Abbildung der Tempelwand. Jüngst hat M I N A S 2005 die beschränkte Macht u n d weitgehende Ohnmacht der Ptolemärinnen nochmals betont. WAGNER-HASEL 2000a.
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männer]) akzeptieren'.37 Die meisten waren in ihrem öffentlichen Auftreten weitgehend beschränkt, 38 aber das gilt auch für die meisten Ptolemäer. In den wenigen Fällen, wo die Ptolemäerinnen tatsächlich die Initiative ergriffen, können sie nicht einfach als dynastische „place holders" abgetan werden - das waren die meisten Ptolemäer eben auch. Bezeichnenderweise identifizierten O T T O und BENGTSON 3 9 in ihrem Niedergang des Ptolemäerreiches Kleopatra III. als „Verderberin des Reiches" - zwar keine Errungenschaft, aber doch seitens dieser Forscher ein Eingeständnis ihrer entscheidenden politischen Wirkung! In Sache Religion waren ptolemäische Königinnen besonders beliebt bei der Bevölkerung, was sich aus mehreren Beispielen von Kulten und Kultidentifikationen belegen lässt. Als Beispiel nenne ich einen griechischen Privatkult der Arsinoe II., der in einer Bittschrift aus dem Arsinoites genannt wird (P. Enteuxeis 13 von 222 v. Chr.).40 Zum Vergleich ziehe man die Erwähnung eines ägyptischen Tempels der Arsinoe II. in einem Brief an den wohlbekannten Zenon an (P.Lond. VII 2046 von 254 v.Chr.?). „Ägyptisch" und „griechisch" betrachte man hier am Besten mit einer gewissen Vorsicht.41 Selbstverständlich spielten die Ptolemäerinnen auch eine bedeutende Rolle in der Staatsreligion und zwar nicht nur in dem dynastischen Kult, wie ihn PFEIFFER jüngst von dem eigentlichen Herrscherkult unterschieden hat.42 Für drei von ihnen gab es eine selbständige Priesterschaft: Arsinoe II., wie erwartet, in ihrem Gefolge Berenike II. und etwas überraschend Arsinoe III.43 Den persönlichen Kult Arsinoes II. gibt es noch unter Kleopatra VII., als die alten dynastischen Kulte schon längst ausgestorben sind.44 Zeit ihres Lebens wurden Ptolemäerinnen ab Kleopatra II. mit Isis und Aphrodite identifiziert, wie das auch schon bei der verstorbenen Arsinoe II. der Fall war.45 Darüber hinaus genossen die ptolemäischen Königinnen auch eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit. In den Papyri erscheinen sie als Privateigentümerinnen von Gartenland
37
SCHMITT 2005, 563.
38
Mir nicht zugänglich war Hobbes's Leviathan.
39
OTTO/BENGTSON
40
Obwohl sie an den König adressiert ist, ging sie in erster Instanz an den lokalen Strategen, dessen Instruktion in Z. 10 steht. Man vergleiche in dieser Zusammenhang die Privatweihungen an Arsinoe II., die Poseidippos in den Epigrammen 36-38 verdichtet hat. P F E I F F E R 2008 unterscheidet beide scharf. Die ägyptischen Priester, die für den dynastischen und dann auch den eigentlichen Herrscherkult verantwortlich waren, nennt er „zentrale Akteure für die Einbindung der fremden Pharaonen in den ägyptischen Kontext" ( P F E I F F E R 2008, 116).
41
SPRINGBORG
1990; sie ist die Herausgeberin des Cambridge Companion zu
1938,189.
42
PFEIFFER 2 0 0 8 .
43
Ich entnehme diese Aufstellung dem großen Werk von M I N A S 2000. Zu Berenike II. vergleiche man Anm. 3 oben zu den Münzbildern. Siehe D R E W - B E A R 2 0 0 8 , wo die Literatur (bes. von Jan Q U A E G E B E U R ) kurz referiert wird. Noch immer lesenswert: R O B E R T 1966. Man vergleiche den Kult für Kleopatra VII. noch im 3. nachchristlichen Jahrhundert auf Philae. Dazu D I J K S T R A 2 0 0 8 , 2 0 4 - 2 0 5 . Siehe dazu P F E I F F E R 2008, 58-64.
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und Schiffen und als Inhaberinnen von Bankkonten. P. Tebt. III 1.720 von 247-245 v. Chr. zeigt, wie Berenike, die Tochter des Ptolemaios III., ein Konto bei der lokalen Bank im Arsinoites innehatte. Darüber hinaus zeigt der Text auch schön, wie sie ihren Landbesitz mittels Investitionen produktiv machte. P.Lille I 22 von 155 oder 144 v.Chr. bietet ein Beispiel für Schiffseigentum einer Ptolemäerin, hier der Kleopatra II.46 Ihr Schiff wurde von staatlichen Behörden zur Beförderung von Naturalsteuern gemietet. Es lässt sich fragen, ob staatliche Einkünfte den Königinnen auch direkt verfügbar waren, mittels eines persönlichen idios logos. Hierzu vergleiche man BGU XIV 2438 vom 1. Jahrhundert v.Chr. Die Einkünfte des idios logos (Ζ.34) werden hier neben denen der Königin (Z.20) aufgeführt. Der idios logos gehört prinzipiell dem König/der Königin (hier vielleicht einer der allein regierenden Königinnen des 1. Jahrhunderts v. Chr.), später seinem/ihrem Nachfolger. Der Eigenbesitz der Königin gehört jetzt nur ihr, später ihrem Erben (das braucht nicht ihr Nachfolger zu sein!). Es gibt aber keinen Beleg für einen idios logos der Königin neben dem idios logos des regierenden Königs (wenn der regierende König tatsächlich eine Frau ist, hat sie natürlich Zugang zum königlichen idios logos, wie das in BGU XIV 2438 der Fall sein könnte). Die Ptolemäerinnen beteiligten sich anfangs auch stark bei den griechischen Spielen. Hierher gehören die neuen Epigramme des Poseidippos-Papyrus. In den Epigrammen 78, 79 und 82 steckt aber ein Problem. Wer ist die in diesen Texten genannte Berenike? Die Herausgeber meinen Berenike II., die 246 v. Chr. Ptolemaios III. heiratete und schon einige Jahre vorher dazu von ihrem Vater Magas (Halbbruder des Ptolemaios II.) vorbestimmt wurde. Wir wussten schon aus Kallimachos, dass Berenike II. einen nemeischen Sieg errungen hatte, und auch in Olympia war sie siegreich. Im bekannten Gedicht des Kallimachos, der sogenannten victoria Berenices (SH 254-269), ist sie noch νύμφα, also fand der nemeische Sieg noch vor 246 statt.47 Die Herausgeber des Poseidippos-Papyrus meinen, derselbe Sieg wird auch von Poseidippos verdichtet. THOMPSON hat dagegen folgende Argumente vorgebracht. 48 Bei Poseidippos ist Berenike anscheinend schon ein fester Teil der Familie, was bedeuten würde, dass sie schon verheiratet war. Sie wird aber auch als παρθένος (79.1) und παΐδα (82.4) vorgestellt, war also noch nicht verheiratet. Auch befremdet es vielleicht, dass der Vater nach Epigramm 82 bei den isthmischen Spielen mit dabei war; in 248 v. Chr., im Falle Berenike II., war das nur zwei Jahre vor dem Ableben des alten Ptolemaios II. Es scheint also möglich, die Berenike der neuen
46
P. Ryl. IV 576, der eine gewisse Berenike als Schiffseigentümerin nennt, gehört nicht hierher. Sie ist wohl eine vornehme Alexandrinerin namens Berenike, nicht Berenike II. Siehe HAUBEN 1993, 65-66. Schiffseigentum war eine beliebte Form der Investition, besonders wenn Privatland nicht in genügend grossem Umfang vorhanden war, wie im ptolemäischen Ägypten.
47
Zur Identifizierung auch dieser Berenike mit der Schwester des Ptolemaios III., wie sie von CRISCUOLO 2003 vorgeschlagen wurde, s. jetzt VAN BREMEN 2007,364. Es scheint unbedingt notwendig, der Berenike II. einige Siege zu belassen, weil eine athlophoros, also eine Priesterin, die während Prozessionen durch die Stadt Alexandria die von Berenike II. an griechischen Spielen errungenen Preise mit sich brachte, für ihren Kult verantwortlich war.
48
THOMPSON 2 0 0 5 .
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Epigramme als die Schwester des Ptolemaios III. aufzufassen und die Siege früher, in die sechziger oder an den Anfang der fünfziger Jahre des 3. Jahrhunderts v.Chr., zu datieren. Die Familienverhältnisse wären in diesem Fall peinlich genau angegeben; sogar das Verhältnis zu Arsinoe II., der zweiten Frau ihres Vaters, wird als einziges nicht mit einem Familienterminus ausgedruckt, sonders nur mit „Arsinoe" - sie war tatsächlich die Tante dieser Berenike. Dass Berenike hier βασίλισσα genannt wird ohne Königin zu sein, braucht an sich nicht zu verwundern. In der hellenistischen Zeit wurde βασίλισσα für aller Art weibliche Mitglieder der Dynastie verwendet, also auch für Prinzessinnen.49 Huss glaubt aber, dass die Einwände von T H O M P S O N nicht schlüssig sind, und optiert wiederum für Berenike II.50 Er glaubt, die von Poseidippos genannten Siege an den nemeischen (79), isthmischen (82) und olympischen (78) Spielen chronologisch knapp in die Jahre 249-248 v.Chr. einordnen zu können, also noch vor der Heirat zwischen Berenike II. und Ptolemaios III. Tatsächlich war sie zu dieser Zeit ein Teil der größeren ptolemäischen Familie und Ptolemaios III. schon versprochen. In Epigramm 87 wird an eine spartanische Königin erinnert, die vor Berenike I. schon mal bei den olympischen Spielen gesiegt hatte (in 396 und 392 v. Chr.). Im Epigramm 88 äußert sich Ptolemaios II. zum Thema. Seine Eltern haben beide an den großen griechischen Spielen gesiegt. Dass seine Mutter Berenike I., eine Frau, gesiegt hat, ist, wie Poseidippos Ptolemaios II. pointiert sagen lässt, großartig (bezeichnenderweise ist μέγα das letzte Wort des Textes). T H O M P S O N hat die Präsenz der Ptolemäerinnen bei den griechischen Spielen nicht unhübsch mit der Präsenz der Frauen des britischen Königshauses bei den Pferderennen in Ascot verglichen.51 Einiges ist auch über Reisen der Ptolemäerinnen innerhalb Ägyptens bekannt, aber nur zusammen mit einem Ptolemäer.52 Die ptolemäischen Königinnen lassen sich auch nicht aus der Landschaft des ptolemäischen Ägypten wegdenken, weil mehrere Ortschaften und Gegenden nach ihnen benannt wurden. Der Arsinoites wurde nach Arsinoe II. benannt, wie auch einige Ortschaften einschließlich Philadelpheia und Theadelpheia.53 Ortschaften namens Berenike und Kleopatra gibt es auch mehrere. In Alexandria wurden sogar Straßen nach Arsinoe II. benannt.54 Ebenfalls in Alexandria und anderen Griechenstädten Ägyptens wurden Phylen und Demen nach Ptolemäerinnen benannt. Kleopatra VII. trat bekanntlich als Bauherrin des Kaisareions in Alexandria auf.
Zum Schluss sei noch auf einem jüngst veröffentlichten Text verwiesen, P. Oxy. LXXI 4809 (aus dem 3. Jahrhundert n. Chr.), der einige Quisquillen zu verschiedenen helleni49
Man vergleiche das Kanopos-Dekret, wo Berenike, die Tochter des Ptolemaios III., βασίλισσα ge-
50
Huss 2 0 0 8 .
nannt wird. CARNEY 1991 hat gezeigt, dass nur Olympias nicht βασίλισσα genannt wird. 51
THOMPSON 2 0 0 5 , 2 7 2 .
52
Vgl. CLARYSSE 2 0 0 0 a und noch BINGEN 1997.
53
Siehe jetzt MUELLER 2 0 0 6 und zu den hellenistischen Herrscherinnen im allgemeinen CARNEY 1988.
54
Strassen der Arsinoe Basileia, Chalkioikos, Eleemon, Eleusinia, Karpophoros, Nike, Sozousa und Teleia sind belegt. Siehe FRASER 1972, 35.
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stischen Herrschern beibringt, auch zu der „großen" Kleopatra. Wir wussten schon, dass ihr die Autorschaft eines Buches der Kosmetik zugedichtet wurde (Galen nennt es sogar). Der neue Text äußert schon Skepsis zu ihrer Autorschaft: For the book on cosmetics that claims in the title to be Cleopatra's is not the work of the queen herself but of somebody who listed the things that she made use of to care for herself (Z. 12-20). Wenden wir uns kurz einem Vergleich mit den Augustae zu. Im Folgenden halte ich mich an die Reihenfolge der vorangehenden Bemerkungen zu den Ptolemäerinnen. Die Augustae ließen sich von den ptolemäischen Königinnen nur bedingt beeinflussen. In der dynastischen Reihenfolge gab es schon wegen der Geschwisterehe einiger Ptolemäer große Unterschiede. Die Kaiserfamilien operierten anfangs ganz dem herkömmlichen römischen Modell zufolge (einschließlich Adoption). Es waren eher die Einwohner Ägyptens in der späteren Ptolemäer- und in der Römerzeit, die die Geschwisterehen der Ptolemäer, besonders die des ersten Geschwisterpaares, Ptolemaios II. und Arsinoe II., nachgeahmt haben. Eine gewaltige Propaganda um diese beiden hat das Tabu gegen diese Art Verbindung durchbrochen, während die ägyptische Geschwisterehe auf die Römer immer abschreckend gewirkt hat (noch Diokletian gedachte, sie ausdrücklich zu verbieten). Auch für die politische Rolle der Augustae wirkte die spätere ptolemäische Dynastie eher abschreckend. Nur eine Außenseiterin, Zenobia, versuchte, das Beispiel der „großen" Kleopatra positiv umzudeuten. Dass sie sich auf die letzte Ptolemäerin statt auf Berenike IV. berief, hängt damit zusammen, dass Kleopatra VII. eine bleibende Reputation genoss55 - und eine immer weniger ungünstige. Wie Zenobia war sie eifrig dabei, sich ein Reich im Osten der Mittelmeerwelt aufzubauen. Kleopatra VII. war darüber hinaus Mutter des nächsten Ptolemäers, wie Zenobia sich auch ausdrücklich als Verwalterin für ihren Sohn profilierte. Die eigensinnige Berenike IV., die zur Befestigung ihrer Position letztendlich sogar einen Ausländer heiratete, war weit weniger dazu gegeignet, der Zenobia als Modell zu dienen. 56 Keine Augusta hat je formale Staatsmacht ausgeübt. Die Augustae wurden nicht mal von den Augusti in ihren Verordnungen assoziiert, wie das bei den Ptolemäerinnen öfters der Fall war, ganz zu schweigen von der selbständigen Machtausübung, wie wir sie oben für einige Ptolemäerinnen festgestellt haben. Nach dem Tode ihres zweiten Ehemannes könnte Livia als eine Art Mitregentin neben ihrem Sohn Tiberius verstanden werden, aber verwaltungstechnisch war dies nicht der Fall. Es gibt bei der späteren dynastischen Abfolge keinen einzigen Fall, wo eine Augusta als Regentin aufgetreten wäre. Die doch nicht ganz unbedeutende Rolle der Ptolemäerinnen in Ägypten selbst konnte von den Augustae schwerlich fortgesetzt werden, weil die Reichszentrale nach Rom ver-
55 56
Siehe dazu vor allem KLEINER 2005. Zu Zenobia im Allgemeinen vgl. noch MACURDY 1937.
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lagert wurde. Dort waren die Augustae selbstverständlich weitgehend aktiver als in Ägypten. Außerhalb der „woman power" bieten sich mehr Parallelen zwischen Ptolemäerinnen und Augustae an. So verfügten die Letztgenannten wie die Erstgenannten über Privateigentum und religiöse Verbindungen in Ägypten. Nach P. Oxy. II 244 von 23 v. Chr. hatte die Antonia Drusi57 einen Sklaven namens Kerinthos als Verwalter nach Ägypten geschickt. Er beanträgt die Umsiedlung der Schafe seiner Herrin; Z. 15-17 des Textes unterschreibt er selbst auf Latein (sogar mit Interpunktion). In der Mitte des fünften Jahrhunderts n. Chr. ließ die Kaiserin Eudokia ihre Besitzungen in Mittelägypten von einem gewissen Strategios verwalten. Ein gewisser Apion von Oxyrhynchos heiratete in dessen Familie hinein. Apions Nachkommen spielten eine große Rolle in Ägypten und im Reich überhaupt und schafften es während der Regierung Justinians sogar bis zum oströmischen Konsulat. Einer dieser Apionen war in den kirchlichen Wirren tätig, anfangs auf monophysitischer Seite, nachher auf (reichs)orthodoxer Seite. Die Verwaltungsakten der Apionen zählen zu den bedeutendsten Quellen zur Wirtschaftsgeschichte des spätantiken Ägyptens und der Spätantike überhaupt.58 In Sache Religion sind auch mehr Parallelen zwischen den Ptolemäerinnen und den Augustae zu verzeichnen. In Oxyrhynchus hatte Faustina minor eigene Priester (P. Oxy. III 502 von 164 n.Chr.). In der Hauptstadt des Arsinoites wurde Julia Domna an einem bestimmten Tag, an dem sie als mater castrorum abgekündigt worden war, verehrt (BGU II 362 XI 17 von 215 n.Chr.). Sie war so beliebt bei der römischen Armee in Ägypten, dass einzelne Einheiten ihr Privatweihungen machten, wie aus mehreren lateinischen Inschriften hervorgeht. Ein άγών für Livia wird noch im 3. Jahrhundert n.Chr. genannt (P. Oxy. XVII 2105). Aus dem sechsten Jahrhundert n. Chr. haben wir dann einen großen Papyrus, P. Cair. Masp. III 67283 (dicht an 548 n.Chr. heran), der die Kaiserin Theodora informiert über die Lage im mittelägyptischen Dorf Aphrodito. Anscheinend bevorzugten es die Bewohner des Dorfes, die in diesem Papyrus vertreten sind, die monophysitischen Kleriker voran, die Kaiserin statt des Kaisers anzusprechen. Es ist gut möglich, dass sie damit rechneten, dass ihre Gegner, Reichsbeamter in Ägypten und daher wahrscheinlich (reichs-) orthodox, beim Kaiser eher Gehör für ihre Sicht der Dinge finden würden. Die Kaiserin mag damals schon als Befürworterin des monophysitischen Lagers gegolten haben, eine Reputation, die sie später in der monophysitischen Hagiographie behalten hat. Die Augustae haben zusammen mit ihren Männern Ägypten durchreist, wie wir aus mehreren Dokumenten wissen.59 Sie hinterließen aber keine dauernde Spur in der ägyptischen Landschaft. Anfangs besaßen einige weibliche Mitglieder der julisch-claudischen Dynastie Land in Ägypten, das ihnen - übrigens genau so wie den männlichen Mit57
58 59
Nicht: „daughter of Drusus", wie in der der Edition beigegebenen Übersetzung steht, sondern „wife of Drusus". Zu den Apionen vgl. die Verweise bei PALME 2008. Vergleiche CLARYSSE 2000b.
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gliedern und sogar Privatpersonen wie Seneca - nachher genommen wurde. Das Land war aber noch längere Zeit bekannt als ursprünglich der Livia usw. gehörig. Ortschaften wurden nicht nach den Augustae benannt. In Oxyrhynchos aber wurden Hochzeiten wahrscheinlich an einer Statue der Julia angekündigt und zwar noch im 2. nachchristlichen Jahrhundert, wie aus mehreren Heiratsverträgen hervorgeht. Bei der Neuordnung Alexandrias unter Nero und bei der Einrichtung von Antinoopolis 130 n.Chr. wurden einige Phylen und Demen nach den Augustae benannt. Die frühen Augustae zeichneten sich besonders als Bauherrinnen in Rom aus,60 nicht aber in Ägypten. Endlich sind die Augustae ab und zu als Autoren literarischer Werke bekannt, besonders die Kaiserin Eudokia.61 Fazit: die Ptolemäerinnen bieten auf verschiedenen Ebenen interessante Parallelen zu den Augustae. Die „starken Frauen" unter ihnen waren aber für die Augustae ein wenig zuviel. Sie, und nicht die Augustae, erzielten Erfolge in der Öffentlichkeit, die bis jetzt nur sehr wenigen Frauen zugestanden waren - das war eben ihre Größe, oder, um es mit Poseidippos (88.6) zu sagen: τοϋτο μέγα.62
60 61 62
Besonders Livia und Claudia. Siehe K L E I N E R 1996. S . zu Eudokias umfangreichem Oeuvre jetzt S O W E R S 2008. G R Z Y B E K 2008 und P I L L O N E L 2008 waren bei der Bearbeitung dieses Aufsatzes noch nicht erschienen. Zu Arsinoe II. vgl. jetzt M Ü L L E R 2009 (bes. S. 206-246 zum Poseidippos-Papyrus, S. 335-382 zu den Münzen).
Hellenistische Königinnen in Rom* Ann-Cathrin
Härders
Der Beitrag behandelt die Situationen und Kontexte, in denen hellenistische Königinnen in der Stadt R o m auftraten, und analysiert, wie sie dabei w a h r g e n o m m e n wurden. Es werden drei Bereiche untersucht: Die Präsentation hellenistischer Königinnen im Triumph, die Behandlung als Gast der römischen Aristokratie sowie die Konstruktion der rhetorischen Drohung, die basilissa Kleopatra könnte R o m beherrschen, die in der politischen Auseinandersetzung zwischen Octavian und Mark Anton virulent wurde. Die Analyse dieser Bereiche ergibt, dass es aufgrund der sozio-politischen Bedingungen in Rom nicht möglich war, die Figur der basilissa für die Ausgestaltung der Rolle der Augustae innerhalb des Interaktionsraums, den die Stadt Rom bot, heranzuziehen. L'articolo tratta le situazioni e i contesti in cui le regine ellenistice si presentarono nella città di Roma e analizza nello stesso tempo come vennero percepiti. V e n g o n o analizzati tre campi: la presentazione delle regine ellenistice nel loro trionfo, la gestione dell'ospite dell'aristocrazia romana e la costruzione della minaccia retorica - la basilissa Cleopatra potesse dominare Roma - , che nei conflitti politici tra Ottaviano e Marco Antonio divenne violenta. Dall'analisi di queste tematiche ne risulta che a causa delle condizioni socio-politiche a Roma n o n fosse possibile, che la figura della basilissa potesse levare la presentazione del ruolo della Augusta entro lo spazio di interazione offertasi dalla città di Roma. This paper discusses the settings in which the Roman aristocracy and the plebs urbana were confronted with a Hellenistic queen in Rome itself and h o w the Romans reacted to a queen within their midst. It focuses o n three aspects: The presentation of Hellenistic queens during the Roman triumph, the visits of queens as guests of the Roman aristocracy, and the rhetorical menace of a basilissa actually ruling Rome which dominated the political propaganda during the Roman civil wars. Analyzing these interactive scenarios, it can be concluded that the socio-political conditions, which have shaped the Roman society, did not permit the Hellenistic basilissa to be referred to as a positive role model for the Roman Augusta.
Ich möchte mich bei Anne K O L B für die Einladung nach Zürich bedanken und bei den Teilnehmern der Konferenz für ihre Hinweise in der Diskussion. Für seine kritische Lektüre danke ich Matthias HAAKE.
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I. Eine Römerin als basilissa? Plutarchs Biographie über die Gracchen beginnt und endet mit einer Huldigung ihrer Mutter Cornelia. Die Tochter des Scipio Africanus hatte sich dieses Lob aufgrund ihres Lebens für die Familie erworben: Sie erfüllte durch immense Fertilität - von zwölf Geburten wird berichtet1 - , Duldsamkeit, Großzügigkeit und Diskretion sowie vor allem aufgrund ihrer Treue zum früh verstorbenen Ehemann, Tib. Sempronius Gracchus (censor 169), die Voraussetzungen, zu einer Ikone römischer Weiblichkeit zu werden, der literarisch wie statuarisch ein einzigartiges Denkmal gesetzt wurde.2 Um Cornelias Profil als univira zu schärfen, überliefert Plutarch eine einzigartige Brautwerbung: Demnach bot ihr König Ptolemaios - wohl der VIII. - sowohl die Ehe als auch das Diadem an; Cornelia aber lehnte beides ab und blieb Witwe.3 Mit seinem Bemühen um eine Ehe mit einer Römerin steht Ptolemaios VIII. allein unter den hellenistischen Königen; die Initiative wird in der Forschung in den Kontext seiner pro-römischen Bestrebungen wie den Besuchen vor dem Senat 162 und 154 v. Chr. sowie vor allem das Testament zugunsten der Römer aus dem Jahr 155 eingereiht.4 Mit der Einsetzung des populus Romanus als Erbe beschritt Ptolemaios einen neuen politischen Weg, es ist daher nicht auszuschließen, dass er auch in seinem Ehebestreben innovativ handelte. Plutarchs Bericht von einem Heiratsantrag des achten Ptolemäers mit einer Römerin kann daher Plausibilität beanspruchen.5 Es ist allerdings nur schwer vorstellbar, wie sich die Mutter der Gracchen als Zweitfrau des Physkon neben dessen Schwestergattin in die Rolle einer hellenistischen Königin gefunden hätte.6 Die Reaktion des Königs auf Cornelias Ablehnung ist nicht überliefert; jedoch interessiert Plutarch auch nicht die ptolemäische Perspektive, sondern die römische.
1 2
Plin. nat. 7,57. Vgl. DIXON 2007, xii, die Cornelia als „iconic mummy" sieht und dahinter eine umstrittenere Persönlichkeit vermutet, deren Kanten spätestens unter Augustus geglättet worden waren. - Zum Standbild mit der Bezeichnung als Cornelia f . Africani Gracchorum [mater]: CIL VI 31610; vgl. Plin. nat. 3 4 , 3 1 ; P l u t . C . G r a c c h u s 4 ; l u v . 6 , 1 6 7 - 1 6 9 . D a z u KAJAVA 1 9 8 9 ; FLORY 1 9 9 3 , 2 9 0 - 2 9 2 ; PETROCELLI 2 0 0 1 , 6 1 - 6 4 ; RUCK 2 0 0 4 ; D I X O N 2 0 0 7 , 5 6 - 5 9 .
3 4 5
6
Plut. Tib. Gracchus 1,3. Vgl. GÜNTER 1990,124; Huss 2001, 575; NADIG 2007,186. Vgl. dazu GÜNTHER 1990, 124-126. Huss 2001, 575 Anm. 306 überlegt, dass aufgrund von Cornelias Alter keine Kinder und Erben mehr aus der Ehe zu erwarten gewesen wären, so dass die basileia der Ptolemäer an Rom hätte fallen können - einen Hinweis auf diesen Umstand hätte Ptolemaios wohl auch in seinem Antrag formuliert. Huss konstruiert damit allerdings einen rechtlich nicht plausiblen Fall, in dem weder die Nachkommen des Ptolemaios VI. berücksichtigt werden noch das fehlende iustum matrimonium (s. u.). Die Begegnung zwischen Ptolemaios VIII. und Cornelias Cousin und Schwiegersohn Scipio Aemilianus, die so anschaulich als .clash of civilizations' überliefert ist (Diod. 33,28a, 1-2; Athen. 12,549d-e; lust. 38,8,8-11), bringt den grundsätzlichen Gegensatz auf den Punkt; s. dazu HEINEN 1983; WYKE 2002,211.
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Dass die Ehe unter römisch-rechtlichen Gesichtspunkten nicht gültig gewesen wäre - Ptolemaios hatte nicht das conubium7 - , ist für Plutarch und seine Vorlage nicht von Belang - die Gracchenmutter beruft sich nicht auf juristische Quisquillen, sondern lehnt als römische Aristokratin die Ehe mit einem basileus und damit die Stellung einer basilissa ab. Auf den Symbolcharakter des abgelehnten Diadems, das sich motivisch durch die Tiberius-Vita zieht, ist hingewiesen worden;8 Cornelias Ablehnung einer königlichen Stellung gleich zu Beginn der Vita stimmt damit ein Motiv an, dass auch schon für ihren Vater verwandt wurde, der sich gegen das Angebot Antiochos' III., mit ihm das Seleukidenreich zu beherrschen, entschied.9 Von Bedeutung ist daher vor allem die narrative Funktion des Antrages innerhalb der Tiberius-Vita wie auch innerhalb der gracchischen Propaganda im 2. Jh. v. Chr., in die die Verbreitung der Werbung verortet wird.10 Cornelia - wie schon ihr Vater und implizit die römische Aristokratie - wird mindestens als ebenbürtig gegenüber den hellenistischen Königen dargestellt.11 Viel mehr noch: Die römische Aristokratin lehnte es sogar ab, basilissa zu werden, und die Ablehnung trug zu Cornelias Ruf bei, zeigte die AfricanusTochter und Gracchen-Witwe doch damit auch die Überlegenheit des römischen Adels gegenüber den hellenistischen Königen an. Im 2. und 1. Jh. v. Chr. hatte sich im griechischen Osten ein spezifischer Umgang mit römischen Magistraten und deren Frauen etabliert, der sich in seinen kommunikativen Formen an dem Umgang mit hellenistischen Königen orientierte. Mika KAJAVA hat gezeigt, wie selbst die Ehefrauen von Proprätoren durch poleis in einer Art geehrt wurden, die an die Ehrungspraxis für hellenistische Herrscherfrauen anknüpfte.12 Der berühmte Satz des Kineas gegenüber Pyrrhos, der Senat sei eine Versammlung von Königen, gibt Zeugnis dieser Haltung und der Interaktion mit der römischen Aristokratie aus der Perspektive der Herrscher.13 Ptolemaios' Ansinnen, Cornelia wie das Mitglied eines hellenistischen Königshauses zu behandeln, ist - wenn auch singulär - aus dieser Haltung heraus zu erklären. Im vorliegenden Kontext aber interessiert nicht die griechische Perspektive auf das Verhältnis zwischen den Königen und poleis und Rom, sondern der römische Blick auf
7
Z u m conubium
s. Ulp. reg. 5 , 3 - 5 ; Gai. Inst. 1 , 5 5 - 5 6 . ; vgl. TREGGIARI 1 9 9 1 , 4 3 - 4 9 ; GARDNER 1 9 9 5 ,
36-43. 8
Vgl. Plut. Tib. Gracchus 14,2; 19,2; s. auch 17,4. S. dazu GÜNTHER 1 9 9 0 , 1 2 7 ; NADIG 2 0 0 7 , 1 8 7 .
9
V g l . Pol. 2 1 , 1 5 , 4 ; s. a u c h 1 0 , 4 0 , 7 - 9 ; d a z u GÜNTHER 1 9 9 0 , 1 2 7 .
10
GÜNTHER 1 9 9 0 , 1 2 7 .
11
Plutarch beendet die Vita des C. Gracchus mit einem Bericht, wie Cornelia nach dem Tod der Söhne in einer Art Salon Gäste empfing und das Andenken ihres Vaters und der Gracchen pflegte; unter den Gästen, die bei Cornelia vorgelassen wurden, befanden sich demnach auch nicht weiter spezifizierte Könige - ungeachtet der Identifizierung und der Authentizität wird ein Szenario beschrieben, in dem eine Römerin Könige empfing (und nicht umgekehrt), das geradezu eine narrative Klammer zu dem königlichen Heiratsantrag zu Beginn der Tiberius-Vita bildet.
12
KAJAVA 1 9 9 0 .
13
Plut. Pyrrhus 19,5. Vgl. RAWSON 1975, 156
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den Kontakt mit dem griechischen Osten, wie er sich in dem Interaktionsraum, den die Stadt Rom selbst darstellte, bot. In welchen Kontexten traten hellenistische Monarchen in Rom auf, und wie wurden sie dabei wahrgenommen? Die Aristokraten erlebten in Rom hellenistische Könige und Prinzen als Geiseln - wie etwa den späteren Demetrios I. Soter - oder als Bittsteller vor dem Senat - wie etwa Prusias II. von Bithynien, diverse Attaliden oder Ptolemaios XII.14 Senat und Volk von Rom erlebten hellenistische Monarchen als militärische Gegner, die Rom zwar drohten, jedoch auf Dauer nicht standhalten konnten und in manchen Fällen sogar als Besiegte im Triumph in Roms Straßen präsentiert wurden. In Rom angekommen, traten die Könige des Ostens in Hinblick auf den Senat wie das Volk aus einer Position der Unterlegenheit auf; Cornelias Ablehnung erscheint angesichts dessen wenig überraschend. Von besonderem Interesse ist ein Sonderfall, das Auftreten von hellenistischen Königinnen in Rom, das für drei bestimmte Bereiche diskutiert werden soll: die Präsentation von Königinnen im Triumph; das Auftreten einer basilissa als Gast der römischen Aristokratie, sowie schließlich die Frage, inwieweit die Vorstellung, dass eine hellenistische Königin über Rom regieren sollte - also die rhetorische Präsenz einer basilissa in Rom - , in der innenpolitischen Auseinandersetzung der späten Republik funktionalisiert werden konnte. Anhand der Diskussion dieser Kontexte und der Wahrnehmung der basilissai soll abschließend analysiert werden, inwiefern hellenistische Königinnen Vorbildfunktionen für die Ausgestaltung der Rolle der Augustae in Rom besessen haben können.
II. Hellenistische Königinnen im Triumph L. Aemilius Paullus war nicht der erste Feldherr, der siegreich über einen hellenistischen Monarchen war, aber er war der erste, der dem römischen Volk einen hellenistischen König im Triumph präsentierten konnte. Nach der Niederlage bei Pydna konnten Perseus und seine Ehefrau Laodike, eine Tochter Seleukos' IV. Philopator,15 zwar fliehen, Paullus aber brachte die Kinder des Königs in seine Gewalt, woraufhin sich Perseus stellte und dem römischen General zu Füßen warf.16 Als Paullus dann 167 in Rom seinen Triumph feierte, wurden dem römischen Volk erst die zwei Söhne des Perseus und seine Tochter in der Menge ihrer flehenden und weinenden Erzieher präsentiert, dann der König selbst, der in Ketten vor dem Triumphator schritt.17 Plutarch erwähnt, dass Perseus nicht den Freitod als Möglichkeit nutzte, um sich die Entehrung im Triumphzug zu ersparen; der 14
Z u D e m e t r i o s : Pol. 31,2; zu Prusias: Pol. 30,18; Liv. 45,44,4-21; zu d e n Attaliden: Pol. 2 1 , 1 8 - 2 2
(Eumenes II.); 33,18 (der spätere Attalos III.); zu Ptolemaios XII.: Cie. Rab. Post. 6; Caes. civ. 3,107; Strab. 17,1,11; Suet. lui. 54; Cass. Dio 39,12. Zum Auftreten hellenistischer Könige und ihrer Ges a n d t s c h a f t e n : GRUEN 2 0 0 3 , 2 6 7 . 15
Z u L a o d i k e s. STÄHELIN 1 9 2 4 , 7 0 7 - 7 0 8 ; MACURDY 1 9 3 2 , 7 4 - 7 5 ; CARNEY 2 0 0 0 , 1 9 5 - 1 9 7 .
16
Plut. Aemilius Paullus 26.
17
D i o d . 31,8,12; Liv. 45,40,1-8; Plut. Aemilius Paullus 3 3 - 3 4 . Z u m T r i u m p h s. ITGENSHORST 2005, 231-235 (CD-Rom).
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Biograph führt aus, wie der Römer Paullus aufgrund dieses Verhaltens nur wenig Mitleid mit seinem königlichen Gegner zeigte.18 Perseus wurde zwar die traditionelle Erdrosselung im career, nicht aber der Triumphzug erspart. Danach wurden die letzten Antigoniden unter ärmlichen Verhältnissen inhaftiert und verstarben wenig später; allein der Prinz Alexander überlebte, lernte Latein und verdingte sich in kompletter Umkehrung seines vormaligen Status' als Schreiber für einen lokalen Magistrat.19 Es ist auffällig, dass Perseus' Gemahlin, die Seleukidin Laodike, nach Pydna nicht mehr erwähnt wird. Über ihr Schicksal ist wenig bekannt - sie war weder Teil des Triumphzuges noch teilte sie die Gefangenschaft mit Mann und Kindern; vielmehr lässt sie sich unter der Herrschaft ihres Bruders Demetrios I. Soter wieder am seleukidischen Hof fassen.20 Es ist nicht klar, ob Laodike sich zusammen mit ihrem Mann den Römern ergab oder die Flucht nach Syrien fortsetzen konnte. Elizabeth C A R N E Y zieht die Möglichkeit in Erwägung, dass die Römer diplomatische Verwicklungen vermeiden wollten, da Laodikes Bruder zu diesem Zeitpunkt noch als Geisel in Rom für seinen Onkel bürgte und nicht durch die Präsentation der Seleukidin im Triumph beleidigt werden sollte.21 Eine Freigabe der ehemaligen makedonischen Königin durch Paullus ist jedenfalls nicht überliefert. Eine besondere römische Ritterlichkeit gegenüber Frauen, wie sie etwa Alexander der Große gegenüber der Ehefrau und Mutter des Dareios an den Tag gelegt hatte,22 lässt sich als Erklärung ausschließen: Dass Triumphatoren keine Rücksicht auf das Geschlecht ihrer königlichen Gefangenen nahmen und ein Interesse bestand, möglichst viele Mitglieder der unterlegenen Fürstenhäuser präsentieren zu können, zeigt die Zurschaustellung der kleinen Makedonenprinzessin in Paullus' Triumph, deren und ihrer Brüder Schicksal die Zuschauer rührte. 23
18
19 20
21
22
23
Nach Plut. Aemilius Paullus 34 bat der König, vom Triumph verschont zu werden, worauf Paullus spottete, dass Perseus dies nach Pydna selbst in der Hand gehabt hätte und sich auch nun noch töten könne; vgl. Cie. Tusc. 5,118; Plut. mor. 198b. Nach Diod. 31,9 wurde Perseus erst nach dem Triumph sowohl der Strick als auch das Schwert angeboten, worauf der Makedone aber verzichtete; s. BEARD 2007, 116-117. Die Bewahrung der Würde war demnach nur durch Selbstauslöschung möglich. Zum Ende der Antigoniden s. Liv. 45,42,4; Plut. Aemilius Paullus 37; Diod. 31,9. Demetrios strebte im Kontext des kappadokischen Thronstreits eine Heirat seiner Schwester mit Ariarathes V. Philopator an, die jedoch nicht zustande kam (Pol. 32,10; Diod. 31,32; lust. 35,1-5; s. MACURDY 1932,74-75); eine spätere Heirat der Geschwister, aus der auch der Nachfolger Demetrios II. Theos Nikator stammte, wird diskutiert, da Laodike auf Münzen abgebildet wird. Um 150 wurde Laodike im Zuge der Revolte des Alexander Balas getötet (Liv. per. 50); s. CARNEY 2000, 197. CARNEY 2000, 196. Paullus scheute sich dagegen nicht, die Neffen und Nichte des Demetrios im Triumphzug zu präsentieren. Zur Behandlung von Sisygambis und Stateira s. Diod. 17,38,4-7; Arr. an. 2,11,9; Plut. Alexander 21,4-5; Curt. 3,11,24; 3,12,17; s. dazu CARNEY 1996, 568-570. Die Zurückhaltung, die Scipio Africanus maior gegenüber den Keltiberinnen während der Eroberungen in Spanien zeigte, wird von Polybios ausdrücklich gelobt (Pol. 10,18,15). Zum Auftritt der Antigoniden s. BEARD 2007, 137-138. - FLORY 1998 untersucht die neue Rolle und Funktion der weiblichen Mitglieder der domus Augusta im Triumph; auf die Präsentation weiblicher Gefangener verweist sie nur kurz (FLORY 1998, 490 Anm. 3).
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Erst rund hundert Jahre später gelang es einem römischen Feldherrn ähnlich illustre Gefangene aus dem Osten zu präsentieren. Der Triumph des Pompeius im Jahr 61 beeindruckte durch seine schiere Pracht und die Menge der besiegten Gegner; Appian berichtet von 324 Gefangenen und Geiseln. Vor dem Triumphator liefen demnach Tigranes mit Ehefrau und Tochter, Zosime, eine Ehefrau Tigranes' des Großen, Aristobulos, König der Juden, eine Schwester sowie fünf Söhne und zwei Töchter des Mithradates von Pontos sowie nicht näher spezifizierte Anführerinnen der Skythen.24 Pompeius' ehemaligem politischen Partner Caesar blieb es überlassen, die erste hellenistische Königin, die auch als Regentin aufgetreten war, im Triumph zu präsentieren. Während der gewaltigen Feiern im Jahr 46 für die Siege über Gallien, Ägypten, Afrika und Pontos wurden die Könige Juba und Pharnakes II. als Unterlegene gezeigt, aber auch Arsinoë IV., die Tochter Ptolemaios' XII. Auletes.25 Cassius Dio betont die Novität dieses Anblicks und die Reaktion der Römer: καί τά μεν άλλα ηΰφρανέ που τούς ορώντας, ή δ' Αρσινόη ή Αιγύπτια (καί γαρ έκείνην έν τοις αίχμαλώτοις) [...] και ή Αρσινόη γυνή τε ούσα και βασιλίς ποτε νομισθεισα εν τε δεσμοΐς, ο μηπώποτε εν γε τη Ρώμη έγεγόνει, όφθείσα πάμπολυν οίκτον ένέβαλε, κάκ τούτου έπί τή προφάσει ταύτη και τα οικεία πάθη παρωδύραντο. „Dabei fanden die Zuschauer an allen sonstigen Sehenswürdigkeiten natürlich Gefallen, nahmen jedoch heftigen Anstoß am Anblick der Ägypterin Arsinoë, die Caesar unter den Gefangenen mitführen ließ [...] Arsinoë, eine Frau und einstmals als Königin anerkannt, trug, was es wenigstens in Rom noch nie gegeben hatte, Fesseln und erregte durch ihren Anblick tiefstes Mitgefühl und wurde ein Vorwand für die Menge, ihre eigenen Leiden zu beklagen."26 In Florus' kurzem Bericht wird die Reaktion der Zuschauer unterschlagen; im Zentrum steht hier die Präsentation der Gegner und eroberten Gebiete: Altera laurus Aegyptia: tunc inferculis Nilus, Arsinoe et ad simulacrum ignium ardens Pharos. Tertius de Pharnace currus et Ponto. Quartus Iubam et Mauros et bis subactam ostendebat Hispaniam.
24
Vgl. App. Mithr. 117 (Appian nennt noch die Namen der Töchter des Mithradates: Orsabaris und Eupatra); Plut. Pompeius 45,4. Zur Größe des Triumphes und den zur Schau gestellten Eroberungen s. auch Diod. 40,4; Plin. nat. 7,95-98. Zum Triumph des Pompeius s. GELZER 2005,115-120; ITGENS-
25
Z u A r s i n o ë s. WILCKEN 1 8 9 5 , 1 2 8 8 - 1 2 8 9 ; z u A r s i n o ë s R e b e l l i o n s. GEHRKE 2 0 0 5 , 1 1 4 - 1 1 5 .
26
Cass. Dio 43,19,2 (Übers. O. VEH); s. auch noch Cass. Dio 43,20,1. Zum Triumph s. Liv. per. 115; Veli. 2,56,2; Suet. lui. 37; App. civ. 2,101; Oros. 6,16,6. Zu den Feiern s. ITGENSHORST 2005, 366-374 (CD-Rom); BEARD 2007, 136-137; GELZER 2008, 242-245. MEIER 1982, 523 nennt die Mitführung einer Frau im Triumph „skandalös", führt den Umstand aber nicht weiter aus.
HORST 2 0 0 5 , 3 5 7 - 3 6 1 ( C D - R o m ) ; BEARD 2 0 0 7 , 7 - 1 4 .
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„Der zweite Lorbeer war ägyptisch: Dazu zeigte man auf Tragegestellen den Nil, Arsinoë und als Abbild des Feuers den brennenden Pharos. Der dritte Wagen ging über Pharnakes und Pontos. Der vierte zeigte Iuba und die Mauren und das zweimal unterworfene Spanien."27 Arsinoë wird nach Florus als Allegorie für das besiegte Ägypten inszeniert; Aufmerksamkeit verdienen diefercula, die traditionell zur Beutepräsentation fungierten - Arsinoë wurde durch die Maßnahme zu einem Beutestück verdinglicht.28 Sie teilte dieses Schicksal aber mit Pharnakes und Iuba, die ebenfalls auf Wagen wie Beute gezeigt wurden; unabhängig vom Geschlecht wurden die Könige wie die basilissa als besiegte Gegner präsentiert. In Florus' Darstellung wurde ihnen noch nicht einmal erlaubt, wie Perseus vor dem Triumphator zu marschieren. Folgt man Cassius Dio, so verstörte der erstmalige Anblick einer Königin in Ketten das römische Volk zutiefst; anders als die im Triumph des Pompeius vorgeführten Frauen stand Arsinoë nicht stellvertretend für einen unterlegenen, männlichen Herrscher oder lief neben einem basileus im Triumphzug. Sie wurde durch die Maßnahme, sie allein und in Ketten zu präsentieren, als regierende Herrscherin und militärische Bedrohung, die besiegt worden war, herausgestellt. Für das römische Publikum musste eine solche Inszenierung irritierend wirken; in der res publica Romana war Herrschaft von Frauen nicht vorgesehen. Potestas - sei es im Amt oder innerhalb der Familie - konnte nur von Männern ausgeübt werden. 29 Zwar hatten freie Frauen das Bürgerrecht und waren eigentumsfähig und damit durchaus in der Lage, informell und mittelbar Macht auszuüben. 30 Die Teilung der Geschlechter spiegelte aber eine grundsätzliche Ordnung wider, wer in Rom Herrschaft ausüben konnte und wer nicht.31 In einem monarchischen System konnte aus römischer Perspektive diese soziale Grundordnung in Frage gestellt werden, die eben nicht allein die Herrschaftsverhältnisse, sondern auch die basalen Geschlechterverhältnisse verkehren konnte - eine mögliche Folge war die für römische Augen monströse Form der Königin als Herrscher. Dabei musste die Inszenierung der Königin als besiegter Herrscher nicht die tatsächlichen Herrschaftsverhältnisse am alexandrinischen Hof wiedergeben; so regierte Kleopatra nicht allein, sondern mit einem Brudergemahl bzw. später ihrem Sohn Kaisarion an ihrer Seite - auch wenn diese aufgrund des Altersunterschiedes als faktischer Machtfaktor zu vernachlässigen waren, war die alleinige Herrschaft einer Frau im Osten auch im Späthellenismus nicht denkbar. 32 Aus römischer Perspektive jedoch - zumal in der 27
Flor. epit. 2,13,88-89 (Übers, nach G. LASER).
28
Z u d e n fercula
29
Vgl. HÄRDERS 2 0 0 8 , 7 3 - 7 8 .
30
Vgl. etwa das politische Potential einer Servilla, der es gelang, ein Senatus Consultum nachträglich zu ändern (Cie. Att. 15,14,1-2; 15,15,1). Zu den Möglichkeiten der Matronage s. den Beitrag von Christiane KUNST in diesem Band. Dazu grundsätzlich THOMAS 1993 und THOMAS 1996.
31 32
i m T r i u m p h s. KÜNZL 1988, 7 4 - 8 0 .
V g l . GEHRKE 2 0 0 5 , 1 1 5 .
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Inszenierung des Triumphzuges wie auch in der octavianischen Propaganda, auf die noch einzugehen sein wird - wurde die Königin als Herrscherin in den Focus gerückt. Allein die Chance, dass in den hellenistischen Monarchien die Ausübung von Herrschaft durch eine Frau möglich war, musste diese Herrschaftsform aus römischer Perspektive delegitimieren. Folgt m a n Dios Beschreibung, dann war die Präsentation von unterworfenen Königsfamilien - u n d dazu gehörten Frauen in den Rollen als Ehefrauen, Töchter u n d Schwestern - akzeptiert, die Zurschaustellung einer basilissa als militärischer Gegner jedoch nicht. 33 Trotz der Inszenierung als militärischer Gegner behandelte Caesar Arsinoë nicht wie seine übrigen männlichen Gefangenen. 34 Während der ebenfalls im Triumph präsentierte Vercingetorix hingerichtet wurde, berichtet Dio, dass die Ptolemäerin aus Rücksicht auf ihre Geschwister freigelassen wurde - die jedoch nicht interveniert hatten, u m Arsinoë den Triumphzug zu ersparen. Arsinoë ging nach Ephesos ins Exil, wo sie 41 auf Veranlassung Kleopatras von Antonius Männern ermordet wurde. 35 Es ist unwahrscheinlich, dass Kleopatra dem Triumph über ihre Schwester als Zuschauerin beiwohnte; sie kam erst später nach Rom. 36 Cassius Dio berichtet allerdings, wie schon während des Triumphzuges die Soldaten über Kleopatras Affäre mit Caesar lauthals Zoten rissen, so dass der Eindruck entstehen musste, dass der Feldherr die eine Schwester im Krieg, die andere im Bett bezwungen hatte - Unterlegene des Römers waren beide. Caesar unterband diese Gesänge nicht, sondern reagierte nur auf die Gerüchte u n d Witze, er habe sich als junger Mann Nikomedes von Bithynien hingegeben. Nach römischen Vorstellungen von Homosexualität wurde Caesar hierbei Virilität abgesprochen, die Affäre mit Kleopatra dagegen bestätigte nur seine Männlichkeit u n d die römische Überlegenheit. 37 Kleopatra war die nächste u n d die letzte hellenistische Königin, die in Rom als unterworfene Gegnerin präsentiert wurde. Nachdem ihre Bemühungen, nach der Einnahme von Alexandria noch zu einer Verständigung mit Octavian zu kommen, gescheitert waren, zog die letzte Ptolemäern den Selbstmord durch Gift der Zurschaustellung in Rom
33
34
Die von Pompeius präsentierten skythischen Reiteranfiihrerinnen hatten anscheinend keinen vergleichbaren Eindruck hinterlassen (Plut. Pompeius 45,4); die Skythinnen unterstrichen vielmehr die Opulenz u n d Exotik der Eroberungen. Di e fasti triumphales für das Jahr 46 sind nicht erhalten, so dass nicht zu überprüfen ist, ob der Name der besiegten Arsinoë integriert wurde, wie es etwa für den Triumph des Paullus 167 überliefert ist: ex Macedonia de rege Perse (Ut XIII1, p. 556). DEGRASSI entscheidet sich in der Rekonstruktion der fasti gegen eine Herausstellung der Königin, ergänzt aber die Triumphe ex Ponto de rege Pharnace u n d ex Africa de rege Iuba; s. Ut XIII1, p. 567. Zur Tendenz, den Namen des Gegners einzubeziehen, s. BEARD 2 0 0 7 , 1 2 1 .
35
36 37
los. ant. l u d . 15,89; c. Ap. 2,57; s. a u c h App. civ. 5,9; Cass. D i o 48,24,2. THÜR 1990 h a t die Identifizie-
rung eines Grabes für Arsinoë IV. in Ephesos vorgeschlagen. S. dazu unten. Cass. Dio 43,20,1-4. Zu den Zoten u m Nikomedes s. auch Suet. Iul. 49. Zur Konzeption von Virilität i n R o m s. MEYER-ZWIFFELHOFER 1 9 9 5 , 1 0 5 - 1 0 8 .
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vor.38 In einem Fragment aus dem 133. Buch mag Livius die letzten Worte Kleopatras imaginiert haben: ού θριαμβεύσομαι - „Ich werde nicht triumphiert werden!"39 Octavian konnte dennoch nicht auf Kleopatra verzichten; während seines Dreifachtriumphes wurde die Unterwerfung Ägyptens durch ein beeindruckendes Tableau dargestellt. Cassius Dio berichtet: τα τε γαρ άλλα και ή Κλεοπάτρα έπί κλίνης έν τω του θανάτου μιμήματι παρεκομίσθη, ώστε τρόπον τινά και έκείνην μετά τε των άλλων αιχμαλώτων και μετά του Αλεξάνδρου του καί 'Ηλίου, της τε Κλεοπάτρας της και Σελήνης, τών τέκνων, ώς πομπείον όφθήναι. μετά δέ δη τοϋτο ό Καίσαρ έφ' άπασιν αύτοΐς έσελάσας ... „Unter anderen Schaustücken wurde das Bild der auf einer Liegestatt ruhenden toten Kleopatra mitgeführt, so dass gewissermaßen auch sie mit den übrigen Gefangenen und ihren Kindern Alexander, auch Helios genannt, und Kleopatra, auch Selene genannt, als Siegestrophäe zu sehen war. Sodann kam Caesar hinter ihnen allen in die Stadt geritten .. ,"40 Ohne die hellenistische Königin funktionierte der Triumph nicht. Octavian hatte Kleopatra als Roms entscheidenden Gegner propagiert und damit den Feldzug gegen Ägypten als bellum iustum legitimiert.41 Diese Deutung des Krieges konnte nur mit der Königin als Gefangener vollendet werden - auch um Stimmen zu entgegnen, die einen faktischen Bürgerkrieg gegen Mark Anton monierten. Anders als Perseus im Jahr 167 hatte Kleopatra jedoch den Freitod vorgezogen, so dass Octavian sich nun mit einem Bildnis und den überlebenden Kindern der Königin begnügen musste.42 Dass Kleopatra den Selbstmord wählte, um ihre königliche Würde erhalten, verlangte den römischen Autoren Achtung ab - die bekannteste poetische Ausformung findet sich bei Horaz, der die Königin als non humilis mulier bezeichnet. 43 Angesichts des starken Eindrucks, den Kleopatras Bedrohung für Rom wie aber auch ihr Ende hinterlassen hatte, ist diskutiert worden, ob Kleopatra und vor allem ihr Selbstmord als historisches Vorbild für die Ausgestaltung der Rolle der Karthagerin Sophoniba 38
Zu Kleopatras Tod s. Strab. 17,1,10; Liv. per. 133; Liv. frg. 54; Plut. Antonius 76-77; 84-86; Flor. epit. 2 , 1 1 , 9 - 1 1 ; C a s s . D i o 5 1 , 1 0 - 1 4 ; O r o s . 6 , 1 9 , 1 7 - 1 8 . V g l . WHITEHORNE 1 9 9 4 , 1 8 6 - 1 9 6 ; CLAUSS 1995, 8 5 - 1 0 3 ; MEBS/SCHÄFER 2 0 0 8 .
39 40
41 42
43
Liv. frg. 65 = Porph. Hör. comm. 1,37,30-32. Cass. Dio 51,21,8 (Übers. O. VEH). Vgl. R. Gest. div. Aug. 4; Suet. Aug. 17,4; Hier, chron. p. 163 (HELM). Zum Dreifachtriumph s. GURVAL 1995, 25-36; ITGENSHORST 2005, 410-418 (CD-Rom). S. dazu unten. Zum Schicksal von Alexander Helios, Kleopatra Selene und Ptolemaios Philadelphos s. HÄRDERS 2009. Hör. carm. 1,37,32. Die Bewertung des Freitods als ferox (deliberata morte ferocior, Hör. carm. 1,37,29) ist ambivalent, da Horaz einen männlich konnotierten Ausdruck wählt und damit Kleopatras Handlung als nicht normenkonform markiert. GINSBURG 2006, 37 führt ferox als Element des taciteischen Narrativs an, um Gendertransgression bei Frauen anzuzeigen; s. auch ThLL s.v. ferox, Sp. 67.
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während des Zweiten Punischen Krieges bei Livius dienten. 44 Auch wenn Sophoniba nicht als basilissa zu gelten hat, wird sie in der Historiographie als eine der ersten Königsfrauen - sie war erst mit Syphax verheiratet gewesen, dann mit Massinissa verlobt - vorgestellt, die in Rom im Triumph präsentiert werden sollte. Sophoniba verhinderte dies durch die Einnahme von Gift wie Kleopatra 45 Da das 133. Buch des Livius, in dem er von Kleopatras Tod handelte, nicht erhalten ist, fällt der direkte Vergleich der Narrative schwer. Zu konstatieren ist, dass beide Frauen, die unversöhnliche Karthagerin Sophoniba sowie die Ptolemäerin, als ernst zunehmende Gefahren für Rom dargestellt wurden, die angesichts der militärischen Übermacht hatten scheitern müssen. Für die römischen Autoren sind allein die Art ihres Scheiterns und die im Selbstmord gezeigte Würde lobenswert. Die romfeindliche Haltung der Frauen und vor allem die ihnen in den jeweiligen Gesellschaften eingeräumte Position, die ihre Opposition gegen Rom so gefährlich machte, wird hingegen kritisiert. Mary B E A R D verweist daher mit Recht auf die ambivalente Bewertung des Freitods der Besiegten. Nur im Selbstmord konnte königliche Würde bewahrt werden, die Selbstauslöschung des Gegner zeigte allerdings auch die Absolutheit des römischen Sieges auf: „The bottom line of the ,Cleopatran solution is that Roman power correlated with its ability to parade those proudly defeated monarchs in the center of Rome itself; their only escape, death."46
III. Reginam odi - Kleopatra als Caesars Gast in Rom Eine hellenistische Königin musste nicht notwendigerweise eine Feindin Roms sein; bevor Kleopatra zur Nemesis der res publica unter Octavian avancierte, genoss sie zu Lebzeiten Caesars dessen Gastfreundschaft in Rom. Kleopatra ist die erste Königin, von deren Anwesenheit in Rom Zeugnisse vorliegen. Die römische Aristokratie war die Präsenz königlicher Geiseln und Besucher aus dem Osten gewohnt - Kleopatras eigener Vater etwa, Ptolemaios XII., verbrachte längere Zeit in Rom, um mit Pompeius' Unterstützung seine Position in Alexandria zu stärken. 47 Kleopatra reihte sich als Diplomatin in eigener Sache zu den basileis ein. Ihre Reise im Sommer/Herbst 46 nach Rom diente in erster Linie dem Zweck, in ihrer Funktion als Herrscherin über Ägypten einen Status als amicus et socius populi Romani zu erreichen
44
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BEARD 2007, 116 führt Kleopatras Selbstmord auch als literarische Folie für die Ausgestaltung der Selbstmorde des Mithradates (App. Mithr. 111) und des Rebellen Vibius Virrius (Liv. 26,13,15). Liv. 30,15,1-8; s. auch Zon. 9,13. Vgl. HALEY 1989,179-181; GÜNTHER 2001, 306. BEARD 2007,117. Es ist nicht bekannt, ob Ptolemaios XII. mit einer Ehefrau reiste; fraglich ist, welche Rolle diese im Umgang mit der Nobilität hätte spielen können. Da Ptolemaios aus Alexandria vertrieben worden war, hatte er wohl einen Großteil der Familie dort zurückgelassen; vgl. CHRISTMANN 2005, 114. Zu seiner Vertreibung und dem Aufenthalt in Rom s. auch SIANI-DAVIES 1997, 322-329.
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und so ihre Stellung am Nil zu garantieren. Kleopatra reiste nicht allein; mit ihr trafen ihr jüngerer Brudergemahl Ptolemaios XIV. sowie pikanterweise ihr Sohn mit Caesar, Kaisarion, ein. Ein Vertrag kam zustande, in dem Bruder und Schwester gemeinsam als Verbündete genannt wurden. 48 Es ist davon auszugehen, dass Kleopatra als die weitaus ältere der beiden diejenige war, die mit dem Senat und vor allem mit Caesar verhandelte, der es dann auch war, der Kleopatra zurück nach Alexandria schickte.49 Sie reiste 44, kurz vor den berühmten Iden, wieder nach Rom - diesmal ohne ihren Bruder. Wie zwei Jahre zuvor war sie in Caesars Haus jenseits des Tibers untergebracht und nahm am aristokratischen Leben teil. Es sind nur wenige Zeugnisse zu ihren Aufenthalten überliefert. Die Nachrichten deuten daraufhin, dass Kleopatra am gesellschaftlichen Leben partizipierte, ihr Auftreten die römische Aristokratie aber irritierte. 50 Bei Porphyrios findet sich die Notiz, dass der Musiker M. Tigellius Hermogenes erst von Caesar, dann von Kleopatra sehr geschätzt wurde - Horaz beeindruckte das nicht und machte sich über ihn lustig.51 Der Hauptzeuge, Cicero, erwähnt Kleopatra erst nach ihrer Abreise und bedauert die fuga der Königin nicht.52 In einem Brief an Atticus Mitte Juni 44 formuliert er deutlich seinen Ärger über Kleopatras Verhalten: reginam odi - und zwar aus mehreren Gründen.53 Zum einen habe er von ihr nicht die versprochenen literarischen Dinge' - vermutlich aus der Bibliothek von Alexandria - erhalten, obwohl sich Ammonius, wahrscheinlich ein Mitglied des ptolemäischen Hofes, für die Königin verbürgt habe. Kleopatra hatte es dann aber trotz der Zusicherung wohl nicht für nötig befunden, an die Wünsche des
48 49
50 51
52 53
Cass. Dio 43,27,3; Suet. lui. 35,1. Suet. lui. 52,1. Vgl. die Diskussion bei B Ö H M 1985 und G R U E N 2003, 269-270; s. auch H E I N E N 2006, 154. Von einem ununterbrochenen Aufenthalt in Rom bis kurz nach den Iden gehen G E L Z E R 2008, 245; S O U T H E R N 2000, 56-65 und S C H U L L E R 2006, 72-73 aus. S O U T H E R N 2000, 56 diskutiert, dass Kleopatra während Caesars Triumphzug als Zuschauerin anwesend war. Kleopatra und ihr Bruder werden jedoch nicht erwähnt; da sie nach Rom reisten, um einen Status als socius Romanus zu erlangen, ist es unwahrscheinlich, dass sie an einem Akt teilgenommen hätten, in dem die militärische Unterlegenheit und Niederlage Ägyptens inszeniert wurde. Vgl. Cass. Dio 43,27,3. Porph. zu Hör. sat. 1,2,1. Dagegen der Spott über Hermogenes bei Hör. sat. 1,4,72; 1,9,25; 1,10,18. - S C H U L L E R 2006, 73 verortet Kleopatras Diskussionen mit dem Sophisten Philostratos (Philostr. soph. 1,5) im Kontext ihres Rombesuchs. Cie. Att. 14,8,1 (16. April 44): Reginaefuga mihi non molesta est. Cie. Att. 15,17,2. Vgl. T Y R R E L L / P U R S E R 1915, 340; S H A C K L E T O N - B A I L E Y 1967, 262-263, die zudem eine Gleichsetzung des genannten Ammonius mit einem Gesandten Ptolemaios' XII. vorschlagen (vgl. Cie. fam. 1,1,1). Zum Besuch des Saras s. auch G O L D B E C K 2007, 95. - Es ist zumindest bemerkenswert, dass Cicero von Kleopatra nur als regina spricht und sie nicht bei ihrem Namen nennt. Die wenigen Male, in denen er in seinen Briefen über ihren Vater spricht, halten sich Titel und Name die Waage; vgl. Cie. fam. 1,1,1; 1,8,4; Att. 2,16,2; 4,11,1. Die Belege sind aber nicht zahlreich genug, um eine grundsätzlich antimonarchische Haltung, in der vor allem die Herrschaft einer Frau kritisiert wird, bei Cicero greifen zu können.
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Konsulars zu denken. Auch Kleopatras Hofmarschall Saras machte deutlich, wie wenig sich die Ptolemäer um römische Etikette und aristokratische Kommunikationsformen kümmerten. Cicero moniert, dass Saras nur ein einziges Mal bei ihm zur salutatio erschienen sei; während der Hausherr entzückt gewesen sei, habe Saras nur nach Atticus gefragt. Der soziale Sinn der salutatio wurde damit verkehrt und Cicero im Beisein der Klienten vor den Kopf gestoßen. Es ist anzunehmen, dass sich der Hofstaat in seinem Verhalten gegenüber der Aristokratie an seiner Königin orientierte, da Cicero Saras und Kleopatra im gleichen Atemzug führt und die Erinnerung an Kleopatras superbia den Höhepunkt und Abschluss seiner Suada bildet. Aber nicht nur Cicero beschäftigte sich mit der Königin, auch Rom klatschte über sie. In den Briefen an Atticus werden nicht näher spezifizierte Gerüchte über sie und ihren Sohn, ille Caesar,54 angesprochen, die erst Mitte Mai 44 verebbten. Mitte Juni erwähnt Cicero Kleopatra das letzte Mal; von Kleopatras Seite befürchteten er und Atticus demnach nichts mehr.55 Nach Cassius Dio litt vor allem Caesars Ruf unter dem Besuch, der seine Beziehung zu der Königin nach den Vergnügungen in Ägypten, über die man aus der Ferne nur spekulieren konnte, in Rom selbst zur Schau stellte.56 Der Umstand, dass der faktische Herrscher über Ägypten eine Frau war - Ptolemaios XIV. konnte vernachlässigt werden - und der über Rom ein Mann, eröffnete Kleopatra und Caesar die Möglichkeit, ihre Nahbeziehung auf der sexuellen Ebene zu pflegen, die in dieser Form unter zwei Männern vermutlich eine andere Reaktion in Rom hervorgerufen hätte. Die von Caesar unterbundenen Gesänge der Soldaten über sein angebliches Verhältnis zu Nikomedes während des Triumphzuges 46 machen dies deutlich.57 Das Verhältnis zwischen Caesar und Kleopatra nahm strukturell die politischen Möglichkeiten von Frauen im Umfeld des Kaisers vorweg. Es wurde vorgeführt, wie Macht nicht mehr in Form von potestas, geknüpft an ein Amt oder die Position des paterfamilias, entscheidend war und objektiviert wurde, sondern wie Macht über die Nähe und den Zugang zum Herrscher vermittelt wurde. Frauen konnten davon profitieren: So war es schon der Frau eines Konsuls - Cicero führt dafür den Ausdruck der consularis58 - möglich, Nutzen aus der Position des Ehemannes zu ziehen. Da das Amt aber kollegial und auf ein Jahr begrenzt war, ergab sich keine exklusive Nahbeziehung. Unter Caesar änderte sich dies: In der Rolle der Geliebten war es ausgerechnet einer Frau und Nicht-Römerin möglich, dem faktischen und auch zeitlich unbeschränktem Alleinherrscher Roms besonders
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Cie. Att. 14,20,2 (11. Mai 44): de regina velim atque de Caesare ilio. Cie. Att. 15,1,5: de regina rumor extinguitur; 15,18,2: de regina gaudeo te non laborare. Dass sie Caesar bei der Kalenderreform unterstützt und ihre Astronomen, wie Sosigenes von Alexandria, zur Verfügung gestellt hätte, ist nicht überliefert, wird aber diskutiert; vgl. SOUTHERN 2000, 60; SCHULLER 2 0 0 6 , 7 3 .
57 58
S. Anm. 37. Zum Begriff consularis s. MCDERMOTT 1972. Vgl. die Möglichkeiten der Clodia Metelli während des Konsulats des Celer; s. dazu HÄRDERS 2008, 230-231.
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nah zu stehen und politisch davon zu profitieren 59 - das Produkt dieser Nähe, der gemeinsame Sohn Kaisarion, musste die römische Nobilität provozieren.60 Caesar war anscheinend weder gegen die Namensgebung für den Sohn eingeschritten, noch hatte er Anstalten unternommen, das Verhältnis und die Bevorzugung der Königin weniger offensichtlich zu gestalten. Er gab damit Anlass zu Spekulationen, den Aufbau einer eventuell sogar hellenistisch geprägten Monarchie voranzutreiben. 61 In diesen Kontext fallen die Diskussionen um die Stiftung einer Statue im Tempel der Venus Genetrix: Nach Appian ließ Caesar eine „sehr schöne" Statue der Kleopatra im Tempel aufstellen; Cassius Dio verweist im Kontext der Ausschmückungen Roms durch Augustus mit ägyptischem Beutegut auf eine goldene Statue Kleopatras im Venus-Tempel, die sich dort noch zu seiner Zeit befand. 62 Es ist jedoch auffällig und erklärungsbedürftig, dass allein Appian und Cassius Dio von einer Statue der Kleopatra berichten. Weder in Plinius' Statuenkatalogen in der Naturalis historia noch bei Caesars Biographen Plutarch und Sueton findet sich ein Hinweis auf eine Aufstellung; die augusteischen Dichter thematisieren zwar Kleopatra, verweisen in diesem Zusammenhang aber nicht auf ihre Statue im Venus-Tempel. Auch Cicero empört sich nicht über eine solche Statue, obwohl nichts daran alltäglich war: Das Material Gold wurde als dekadent und fremd beurteilt - ,echt römische' Statuen waren aus Bronze oder Stein.63 Zudem verwundern Ort und Person; die Aufstellung der Statue einer ausländischen Königin, die zudem die Geliebte des Diktators war, im Tempel von dessen deklarierter Stammmutter musste Aufsehen erregend sein wann und in welchem Kontext Caesar eine solche Weihung hätte vornehmen sollen, ohne Kleopatras Stellung im .Staate Caesars' in provozierender Weise der römischen Aristokratie vor Augen zu führen, ist nicht klar. Nichtsdestotrotz sind die Statue und die symbolische Funktion ihrer Aufstellung durch Caesar in der Forschung kontrovers besprochen worden. 64 Ebenso wird der Um-
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Allg. zu den Frauen um den princeps s. HÄRDERS 2008, 308. Ähnlich werden die Vergünstigungen, die Caesars Geliebte Servilla aus dem Verhältnis schlug, kritisiert: Sueton kolportiert einen Ausspruch Ciceros, Servilla hätte sogar ihre Tochter dem Diktator ins Bett gelegt, um ein Grundstück günstiger zu erlangen (Suet. Iul. 50,2). - Wie souverän Caesar mit den Obliegenheiten der res publica umging, zeigte sich schon in der Zypern-Frage: Cato minor war 58 mit der Annexion Zyperns als Provinz betraut worden, was Caesar nicht daran hinderte, die Insel Arsinoë und Ptolemaios 10 Jahre später zu übertragen; vgl. GELZER 2008, 210. Zu Kaisarion: Cie. Att. 14,20,2; Suet. Iul. 52,1; s. auch Nikolaos von Damaskos 20,68; Plut. Caesar 49,10. Vgl. HEINEN 1969 und HEINEN 2006, 154-156. Vgl. Suet. Iul. 52,3; 79,4; Plut. Caesar 60,2-3; 64,3; Cass. Dio 44,15,3-4; Nikolaos von Damaskos 2 0 , 6 8 ; s. a u c h C i e . A t t . 2 , 1 8 , 1 ; 2 , 1 9 , 3 . V g l . GELZER 2 0 0 8 , 2 7 5 - 2 7 6 .
62 63 64
App. civ. 2,102; Cass. Dio 51,22,3. Vgl. WHITEHORNE 1975, 115-116; die goldene Statue der Kleopatra wird nicht thematisiert. GELZER 2008,245 setzt die Dedikation in den Kontext der Feiern von 46 und der Weihung des Tempels der Venus Genetrix und weist ihr große Bedeutung zu. MEIER 1982, 523 nennt die Statue „ungewöhnlich" und überlegt, ob Caesar damit die Mutter seines einzigen Sohnes ausgerechnet im Tempel der Stammmutter ehren wollte. ITGENSHORST 2005, 372 (CD-ROM) führt die Kleopatra-Statue als Teil der Weihungen an Venus Genetrix während der Triumphfeiern 46; WYKE 2002, 207 wertet die
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stand, dass Octavian die goldene Statue im Tempel der Venus Genetrix unangetastet ließ, während er einen Propagandakrieg gegen Kleopatra führte, diskutiert. 65 Erich G R U E N hat daher unlängst Caesar als Dedikanten angezweifelt; seiner Ansicht nach habe erst Augustus die Statue als Zeichen für seinen Sieg bei Actium und die Unterwerfung der Königin dort aufgestellt.66 In der Forschung wird zwar mit der Außergewöhnlichkeit der Statue argumentiert, die fehlende, jedoch unbedingt erwartbare Reaktion der römischen Aristokratie und plebs urbana auf eine goldene Kleopatra - sei sie nun durch Caesar oder Augustus dediziert worden - wird nicht miteinbezogen. Es soll daher eine andere Deutung vorgeschlagen werden: Caesar ließ zwar eine goldene Frauenstatue im Tempel aufstellen, die Identifikation mit Kleopatra wurde jedoch später vorgenommen - Appian und Cassius Dio erschien sie allerdings plausibel. Die Annahme einer nachträglichen Zuschreibung hat den Vorteil, dass sie das Schweigen bei den früheren Autoren erklärt, die Angaben bei Cassius Dio und Appian jedoch nicht ignoriert. Die Identifikation der Statue mit Kleopatra gibt demnach einen späteren kaiserzeitlichen Diskurs wieder, demzufolge dem Diktator vieles zugetraut wurde - sogar die Präsentation seiner ägyptischen Geliebten, der fremden basilissa, als Göttin neben der römischen Venus.
IV. Die basilissa als Drohung Die octavianische Agitation gegen Antonius und Kleopatra, wie sie vor Actium in Rom verbreitet wurde, lässt sich nur in der späteren Überlieferung aus der Kaiserzeit greifen. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die Autoren auf Muster der Bürgerkriegszeit zurückgriffen, da die Art der Diffamierung einheitlichen Konzepten folgt.67 Die Propaganda setzte dabei vor allem bei den Themenfeldern .Gender' und .Alterität Orient' an. Die Imago einer hellenistischen Königin wurde in die Drohkulisse eingebettet, Kleopatra wollte über Rom herrschen und es in ein zweites Kanopos verwandeln. Kurz nach der Ermordung Caesars konnte Octavian noch auf virulente antimonarchische Ressentiments Dedikation als Provokation Caesars, Kleopatra in der Darstellung als göttliche Mutter der römischen Venus Genetrix gegenüber zu stellen und damit griechisch-ägyptische Repräsentationsformen mit der römischen zu verbinden. Auf die erwartbare, jedoch fehlende Reaktion von Seiten der Aristokratie und plebs urbana gehen die Autoren nicht ein. 65
Vgl. ANDREAE 2006, 42, nach d e m Octavian die Statue als Mahnung stehen gelassen habe. FLORY 1993, 296 vermutet, dass Octavian mit der Verleihung der sacrosanctitas
35 auch Statuen von Livia
und Octavia gegenüber der goldenen Kleopatra aufstellen ließ, u m den Kontrast romanitas
- Ägyp-
ten zu inszenieren; vgl. WYKE 2002, 218. Hinweise in den Quellen finden sich dafür jedoch nicht. 66
GRUEN 2003, 272; dagegen HEINEN 2006, 155.
67
Zur Propaganda zwischen Octavian und Antonius s. SCOTT 1929 und SCOTT 1933; CHARLESWORTH 1933; GEIGER 1980; MARTIN 1994, 179-183. Zum Bild der Kleopatra in der Literatur allg. s. BECHER 1966. - Eine ausführliche Untersuchung zur Imago einer hellenistischen Königin, die erst von Antonius ausgebaut und politisch im Osten instrumentalisiert und dann gegen ihn gewendet wurde, ist in Vorbereitung: HÄRDERS (in Vorbereitung).
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bauen und diese mit weiblicher Herrschaft und dem Faktor Ägypten wirkungsvoll anreichern. Cassius Dio fasst die Gerüchte über Antonius und Kleopatra zwischen den Jahren 36 und 31 zusammen: Antonius wird unterstellt, sich der basilissa untergeordnet zu haben; er selbst habe ihr die Titel der Königin und Herrin (βασιλίς τε αύτη καί δέσποινα: Cass. Dio 50,5,1) zugewiesen. Die basilissa herrsche nicht nur über Antonius, sondern befehlige auch römische Soldaten in ihrer Leibwache, die nicht mehr Senatus Populusque Romanus dienten, sondern den Namen der Königin auf ihrem Schild trügen. Der Triumvir selbst reihe sich in die Begleitung der königlichen Eunuchen. Mit der Virilität und damit Herrschaftsfáhigkeit wird Antonius romanitas gänzlich abgesprochen; mit der Königin sei er auch der griechisch-ägyptischen Lebensweise verfallen, sehe sich selbst als Dionysos und Osiris und strebe die Königsherrschaft an.68 Die Gefahr geht demnach aber weniger von dem verhexten Antonius als von Kleopatra aus, die die Übernahme Roms und damit die Implementierung einer aus römischer Perspektive als minderwertig erachteten Kultur anstrebe: „So wahr ich einmal auf dem Kapitol Recht spreche!" soll Kleopatras stärkste Eidesformel gewesen sein.69 Der politische Machtkampf zwischen Antonius und Octavian wird schließlich auf eine grundsätzliche Ebene gehoben und zu einem Machtkampf zwischen Osten und Westen stilisiert, in dem Kleopatra nicht allein mehr die Alliierte des Antonius darstellt, sondern zur Inkarnation Asiens avanciert.70 Die Gegenüberstellung Ägyptens und Roms findet sich bei den antiken Autoren in Bildern wie den Jupiter ankläffenden Anubis,71 das Rasseln des Sistrum gegen die tubae der Legionen,72 Nil gegen Tiber,73 Capitol gegen Kanopos74 wieder. Ihren Anspruch auf Rom leite Kleopatra als regina meretrix aus ihren erbrachten Liebesdiensten an Antonius ab;75 die Einnahme des Kapitols wird als pretium libidinum oder dos für die schändliche und illegitime Ehe mit Antonius bezeichnet. 76 Die Möglich-
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Cass. Dio 50,5,1-3. Cass. Dio 50,5,4: ποιεΐσθαι τό έν τψ Καπιτώλιο) δικάσαι. Vgl. Ον. met. 15,826-828; Manil. 1,917; Eutr. 7,7,1. In diesem Kontext werden auch die Sybillinischen Orakel gelesen worden sein, über deren Verbreitung und Funktionalisierung nur spekuliert werden kann. Im dritten Buch (or. Sib. 3,75-92; 350380) wird die Weltherrschaft einer Witwe angekündigt, durch die das goldene Zeitalter anbräche und Asien über Rom triumphiere. Auch wenn der Name der Frau nicht genannt wird, ist anzunehmen, dass beide Seiten - entweder als Verheißung oder als Drohung - die Orakel als Basis ihrer Agitation benutzten; vgl. WYKE 2002, 201-204; SCHÄFER 2006, 193-194.
71
Prop. 3,11,41; Verg.Aen. 8,698.
72
A n t h . L a t . 1 , 4 6 0 , 1 - 4 ; P r o p . 3 , 1 1 , 4 3 ; V e r g . A e n . 8 , 6 9 6 ; M a n i l . 1 , 9 1 8 . V g l . BECHER 1 9 6 6 , 5 2 - 5 4 ; WYKE 2002, 207.
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Prop. 3,11,42 Ον. met. 15,826-828; Prop. 3,11,39. Prop. 3,11,9; Plin. nat. 9,119; vgl. Liv. per. 132. Flor. epit. 2,21,2 [4,11,2]; Anth. Lat. 1,460,1-4; Manil. 1,915; Cass. Dio 50,4,1. Zur Exzessivität Kleopatras in sexueller wie alkoholischer Hinsicht s. auch Hör. carm. 1,37,14; epod. 9,15-16; Prop. 3,11,30. 45. 56;
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keiten der heterosexuellen Nahbeziehung, die Kleopatra erst mit Caesar, dann mit Antonius nutzte, werden in der octavianischen Interpretation als Prostitution gedeutet - nur dass in diesem Fall der Preis besonders hoch ist: Der Triumvir Antonius missbrauchte seine Machtstellung und gäbe das Imperium Romanum im Osten preis. Die Agitation wurde erst recht zu Hochtouren angetrieben, wenn es um die Vorstellung einer Königsherrschaft durch eine Frau in Rom selbst ging. In einer Truppenrede Octavians malt Cassius Dio das Elend aus, das nach dem Sieg Kleopatras in Rom herrschen würde. Octavian spricht den Namen seiner Gegnerin gar nicht erst aus, es ist allein von der Königin, der Frau oder der Ägypterin die Rede.77 In der Thematisierung der Gegnerin gehen antimonarchische Aspekte, der Faktor Ägypten und Gender-Zuschreibungen Hand in Hand und verstärken sich gegenseitig. Octavian verweist in der Rede auf die Erfolge der Vorfahren und malt aus, wie das einst so starke Rom nun alexandrinischen Sitten verfallen und verweichlichen soll.78 Höhepunkt dieser Entwicklung stellt die Unterordnung unter die Königin dar. Nur in der Form der Monarchie war die Herrschaft einer Frau möglich, in der res publica Romana aber, in der Magistraturen und potestas allein Männern vorbehalten waren, widersprach eine mögliche Alleinherrschaft Kleopatras zum einen dem Prinzip der Aristokratie und wurde mit Sklaverei und Unfreiheit gleichgesetzt und zum anderen dem Konzept von Virilität: „Wer würde nicht seufzen auf die Kunde hin, das römische Senatoren und Ritter Kleopatra gleich Eunuchen umschmeicheln?", fragt Octavian bei Cassius Dio;79 die Gefährdung der politischen Ordnung wird dabei mit einer Unordnung der Geschlechter parallelisiert. Die Problematik einer militärisch agierenden und damit die Gender-Grenzen durchbrechenden Frau hatte es schon während des Perusinischen Krieges mit Fulvia gegeben. Fulvia wird dementsprechend in der Historiographie als Anomalie beschrieben, auch Octavians Invektiven zielten auf das Mannweib ab.80 Nichtsdestotrotz leitete Fulvia ihre militärischen Möglichkeiten über ihren Ehemann ab und war immerhin eine römische Aristokratin und keine fremde Königin, die Rom zu unterjochen trachtete. Antonius wurde dementsprechend zwar als schwach beschrieben, aber noch als Römer. Der von der Königin Kleopatra beherrschte Triumvir dagegen wird in der Propaganda zu einem Zimbelspieler aus Kanopos effeminiert, der nicht mehr als vir Romanus gelten darf, sondern Serapion genannt werden soll.81 Die Vorstellung, eine basilissa würde in Rom über Römer herrschen, wird so zu einem Bild, das für die totale soziale Auflösung steht. Horaz greift auf den Begriff des 77
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Zur Rede: Cass. Dio 50,24,1-27,6. Vgl. Prop. 3,11; Hör. carm. 1,37; epod. 9; Verg. Aen. 8,685-713, die Kleopatras nicht beim Namen nennen; s. dazu W Y K E 2002, 205. Cass. Dio 50,24,3-7. Cass. Dio 50,25,1 (Übers. O. VEH): τις δ' ούκ αν στενάξειεν άκούων ιππέας και βουλευτάς'Ρωμαίων κολακεύοντας αύτήν ώσπερ ευνούχους; Mart. 11,20; App. civ. 5,59; Cass. Dio 48,4,1-5; Plut. Antonius 10,3. S. auch CIL XI 6721; dazu H A L L E T T 1977. Vgl. W Y K E 2002, 220. Cass. Dio 50,27,2-6.
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(fatale) monstrum zurück, um Kleopatras Ansinnen einer fundamentalen Vernichtung der römischen Ordnung fassen zu können. Auch bei Florus - eventuell in Übernahme von Livius - findet sich der Ausdruck: Hier bezeichnet er Antonius, der alles Römische - patria, nomen, toga, fasces - vergessend sich in einen hellenistischen König verwandelt, um der basilissa Kleopatra gleich zu werden. Horaz und Florus benutzen dabei denselben Begriff wie Cicero, der Catilina, Clodius und Antonius als monstrum bezeichnet und damit das Bild der kompletten Zerrüttung der res publica evoziert hatte.82 Der basilissa setzte Octavian die Vorbildhaftigkeit und romanitas der Frauen seiner eigenen Familie entgegen; die außerordentlichen Ehrungen, die er nach seinem Sieg über Sextus Pompeius erhalten hatte, ließ er 35 auf Livia und Octavia übertragen. Ehefrau und Schwester waren nun von der tutela befreit, mit Statuen geehrt und sakrosankt - ein Status, der bis dahin Volkstribunen vorbehalten war.83 Octavians Frauen waren nun in außergewöhnlicher und keineswegs normenkonformer Weise hervorgehoben. Livia und Octavia stellten aber nicht Frauen mit autonomer Herrschaftsgewalt wie Kleopatra dar, sondern Römerinnen in den traditionellen und auf einen Mann bezogenen Rollen der Ehefrau bzw. Schwester, für deren Schutz nun die gesamte plebs Romana einstand - dass Octavian mit dieser Maßnahme gegen den mos maiorum verstieß und eine dynastisch geprägte Profilierung seiner Person in Rom vorantrieb, ging in den Attacken gegen die basilissa geradezu unter. Die Bedrohung durch Kleopatra wurde schließlich als so ernst eingeschätzt, dass ihr der Krieg erklärt wurde, auch wenn damit faktisch die Fortführung des Bürgerkriegs gebilligt war.84 Der propagierte Leviathan Kleopatra war so fürchterlich, dass die monarchischen Tendenzen Octavians dabei übersehen werden konnten. Octavians erfolgreiche Drohkulisse hatte aber einen Preis: Eine basilissa in Rom war nicht akzeptabel, so dass sich Octavian nach seinem Sieg bei Actium in der Ausgestaltung der Rolle für seine eigene Frau Livia nicht hellenistischen Mustern bedienen konnte 85 und auch die Wahl einer basilissa als Ehefrau nicht möglich war. Noch Titus, lange nachdem sich der Prinzipat als die alternativlose Herrschaftsform durchgesetzt hatte, war es nicht möglich, die Hasmonäerin Berenike - nach Mommsen eine .Kleopatra im Kleinen 86 - als seine Geliebte geschweige
82
Hör. carm. 1,37,21; Flor. epit. 2,21,3 [4,11,3], Vgl. Cie. Catil. 2,1; Cael, 12; har. resp. 26; Phil. 13,49. Der Ausdruck findet sich schon für Verres: Cie. Verr. 2,2,79; 2,2,158; 2,3,171; 2,4,47; 2,5,145.
83
Cass. Dio 49,38,1; vgl. Cass. Dio 49,15,5-6 (Ehrungen für Octavian). Auch der Status der Vestalinnen ist nicht als Referenzfall für die Ehrungen für Livia und Octavia zu sehen; diese waren ,nur' sanetae; vgl. HÄRDERS 2 0 0 8 , 2 9 2 - 2 9 4 .
84
Zur Kriegserklärung gegen Kleopatra s. REINHOLD 1981/1982. Vgl. dagegen KLEINER 2005, 251-255, die Kleopatra als role model für Livia annimmt und sogar der Statue im Tempel der Venus Genetrix inspirierende Wirkung zuschreibt. Der Vorbildcharakter wird jedoch banal in dem Umstand umschrieben, dass Kleopatra „a formidable woman in a world of men" (252) darstellte, die Livia vorführte, wie Einfluss auf mächtige Männer auszuüben sei. Spekulation bleibt auch der Einfluss, den Kleopatra auf die römische Mode ausgeübt haben soll (KLEINER 2005,
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277). 86
MOMMSEN 1 8 8 5 , 5 4 0 .
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denn als seine Ehefrau in Rom durchzusetzen. 87 Ihr Auftreten verstimmte die römische Bevölkerung, so dass schließlich Titus nichts anderes übrig blieb, als Berenike „gegen ihren Willen wie auch gegen seinen"88 zurück in den Osten zu schicken. Aus stadtrömischer Perspektive war die basilissa nicht denkbar; außerhalb von Rom aber konnte die hellenistische Königin als Rollenvorbild gewählt oder als Gegenbild zur Augusta aufgebaut werden. So inszenierte Kleopatras Tochter, Kleopatra Selene, die immerhin nach Actium in den Haushalt des Octavian aufgenommen war, deutlich das Erbe der Mutter. Während ihr Mann, Juba II. von Mauretanien, auf seinen Münzen den lateinischen Titel REX IUBA angab, führte Selene den Titel ΚΛΕΟΠΑΤΡΑ ΒΑΣΙΛΙΣΣΑ und ließ ein ägyptisches Krokodil auf ihre Münzen setzen; der gemeinsame Sohn trug zudem den programmatischen Namen Ptolemaios.89 Fast 300 Jahre nach der Niederlage bei Actium und Alexandria erschien eine Widergängerin der Kleopatra VII. im Osten. Die Palmyrenerin Zenobia übernahm nach der Ermordung ihres Mannes Odaenathus 267 die Regentschaft für ihren Sohn. Die meisten lateinischen Autoren übergehen ihre Stellvertreterfunktion und betonen stattdessen Zenobias ungeheuerliche Autonomie und weisen ihr .männliche' Amtsgewalt zu, das Imperium Orientis - dass sie als Regentin agiert, findet sich nur in der Historia Augusta.90 Sie wird dort als Gegensatz zu den legitimen, aber zunächst schwachen Augusti als regina Orientis geführt. In den Viten der Historia Augusta erfährt Zenobia eine starke literarische Angleichung an berühmte Königinnen des Ostens; sie steht demnach in einer genealogischen Reihe zu Semiramis, Dido und Kleopatra.91 Besonders stark werden die Assoziationen mit der Ägypterin betrieben: Zenobia wird als besonders schön, sprachgewandt und auch trinkfest beschrieben - sie besitze sogar das Tafelgeschirr der Kleopatra.92 Angesichts der drohenden Niederlage gegen Aurelian verweist die literarische Zenobia auf die Haltung der berühmten Vorgängerin; wie Kleopatra wolle sie lieber als Königin
87
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Suet. Tit. 7; Cass. Dio 65,15,3-4 (vgl. dagegen die betonte Selbstkontrolle des Titus während des nächsten Besuchs der Berenike), s. auch Tac. hist. 2,2. Zu Berenike in Rom s. CROOK 1951; ROGERS 1980; BRAUND 1984; WESCH-KLEIN 2005. Quintilian nennt Berenike, um die Problematik zu illustrieren, wenn Richter mit eigenen Interessen im Gericht agierten: Quintilian selbst habe für Berenike gesprochen, die im Richtergremium saß (Quint, inst. 4,1,19); vgl. YOUNG-WIDMAIER 2002, der sie als Expertin für jüdische Angelegenheiten vor Gericht auftreten sieht. Suet. Tit. 7,2: Berenicen statim ab urbe dimisit, invitus, invitam. Z u d e n M ü n z e n s. GRENIER 2 0 0 1 ; ROLLER 2 0 0 3 , 9 0 ; SCHUMACHER 2 0 0 8 , 1 4 7 - 1 5 0 . Z u K l e o p a t r a S e l e n e s. MACURDY 1 9 3 2 , 2 2 4 - 2 2 8 ; WHITEHORNE 1 9 9 4 , 1 9 7 - 2 0 2 ; ROLLER 2 0 0 3 , 7 6 - 9 0 ; HÄRDERS 2 0 0 9 .
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Festus, Breviarium 24 LINDSAY; Eutr. 9,13,2; Hier. Chron. p. 222 (HELM). Dagegen SHA Aur. 22,1; SHA Gall. 13,2. Vgl. HARTMANN 2001, 243. Zenobia wird in griechischen Inschriften als basilissa bezeichnet (s. OGIS 648; 649; s. dazu HARTMANN 2001, 242; 254), die Legende auf ihren Antoniani bezeichnet sie später als Augusta (RIC V 2 584; dazu HARTMANN 2001, 357). SHA trig. tyr. 27,1; 30,2; SHA Claud. 1,1; SHA Aur. 27,3; Prop. 9,5. Zur literarischen Gestaltung der Z e n o b i a s. HARTMANN 2 0 0 1 , 2 2 - 2 4 ; WIEBER 2 0 0 0 ; KRAUSE 2 0 0 5 .
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Vgl. SHA trig. tyr. 30,15; 30,19.
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untergehen als ihre dignitas zu verlieren.93 Zu der „Cleopatrean Solution" sollte es jedoch nicht kommen: Nach der Überlieferung führte Aurelian die unterworfene Zenobia erst in Antiocheia, dann in Rom vor.94 Über das Ende der Zenobia liegen unterschiedliche Fassungen vor: Zosimus lässt offen, ob Zenobia durch Nahrungsverweigerung verstarb oder weniger heroisch durch eine Krankheit; nach Malalas ließ Aurelian Zenobia in Rom köpfen. Für den Autor der Zenobia- Vita in den Tyranni triginta dagegen war zumindest in der literarischen Konstruktion möglich geworden, eine begnadigte basilissa und selbst erklärte Augusta in Italien einzuführen. 95 Als Preis für das Überleben mit ihren Kindern auf einem Landgut in Tibur zahlte Zenobia mit der Aufgabe ihres Status': „Aus der peregrina regina [war] eine matrona Romana geworden."96
V. Die basilissa als Alterität Es waren nur wenige Ereignisse, an denen Frauen hellenistischer Königshäuser in Rom partizipierten. Arsinoë und Kleopatra bilden die beiden Fälle, in denen regierende Königinnen in Rom zu erleben waren - diese Auftritte aber fanden fast unmittelbar vor der Etablierung des augusteischen Prinzipats statt und waren den Zeugnissen nach sehr eindrücklich. Inwiefern konnten diese spezifischen Interaktionskontexte mit der römischen Aristokratie und der plebs urbana eine Folie für das Verhalten und Auftreten der späteren Augustae in Rom bilden? Als Vorbild taugten sie nicht. Im Triumphzug präsentierten die basileis kein Abbild des .siegreichen Königs', dem es nachzueifern galt, sondern Unterlegene Roms. Weibliche Gefangene verwiesen auf ihre besiegten Männer und verstärkten den Eindruck des absoluten Siegens Roms. Eine unterlegene Königin wie Arsinoë und Kleopatra aber musste in der Präsentation als eigentliche militärische Gegnerin irritieren, da sie eine Umkehrung von Geschlechter- und Herrschaftsverhältnissen aufzeigte, die einem römischen Publikum die nicht akzeptablen Aspekte von Monarchie vor Augen führte. Auch in der Rolle des Gastes trat Kleopatra wie ihre Vorgänger letztendlich aus einer unterlegenen Position als Bittstellerin in Rom auf - der Umstand, dass sie als Frau über eine Liebschaft mit Caesar zusätzliche politische Möglichkeiten erfolgreich ausschöpfen konnte, musste die römische Aristokratie auf die außergewöhnliche Stellung des Diktators stoßen. Octavians Propaganda setzte erfolgreich an diesen Punkten an. Ihm gelang es, Kleopatra als das .Andere', als Alterität zu Rom, als die ultimative Bedrohung zu stilisieren. Die Vorstellung einer Alleinherrschaft durch eine hellenistische Königin war deshalb so unerträglich, da sie basale Aspekte der römischen Sozialordnung berührte - das Verhält-
93 94
SHA Aur. 27,3. Zur Präsentation in Antiocheia und Rom: SHA Aur. 30,1-3; Zos. 1,56,2-3; loh. Mal. p. 230-231,455 9 (THURN). V g l . HARTMANN 2 0 0 1 , 3 9 1 - 3 9 4 .
95
Z o s . 1,59,1; l o h . M a l . p. 2 3 1 , 5 8 - 5 9 (THURN). D a g e g e n S H A t r i g . tyr. 3 0 , 2 7 .
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WIEBER 2 0 0 0 , 2 9 4 .
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nis zwischen Mann und Frau sowie damit verbunden die Ausübung von Herrschaft in der Konstruktion des Senatus Populusque Romanus. Während es im Osten des Reiches möglich war, auf die alten Kommunikationsformen zurückzugreifen und die Augustae wie vormals die basilissai zu ehren, 97 war es in Rom unmöglich, an die basilissa als konkretes Rollenvorbild für die Augusta anzuknüpfen. Octavians Attacken hatten zudem auf einer weiteren Ebene auch zur Folge, dass ein Ton vorgegeben wurde, wie die nicht akzeptablen Aspekte weiblicher Herrschaft in Rom thematisiert werden konnten. 98 Nach der Errichtung des Prinzipats fiel Augustus daher nicht nur die schwierige Aufgabe zu, eine Rolle für sich selbst zu schaffen, sondern auch für Livia - die Ehefrau an seiner Seite war ein Faktum, das er nicht leugnen konnte. Wie er mit ihr umging und in welcher Art er sie, wie auch die weiteren Frauen seiner Familie, in die Interaktion mit Senatoren, Volk und sogar Heer einband, war ein Feld, das er notwendigerweise bespielen musste, an dem sich aber auch ablesen ließ, wie der princeps sein Regime verstanden wissen wollte. Dass Augustus dafür auf hellenistische Vorbilder zumindest in Rom nicht mehr zurückgreifen konnte, ohne an Glaubwürdigkeit zu verlieren, war der Preis, den er für die Niederwerfung Kleopatras und Mark Antons zahlen musste.
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98
Vgl. etwa auch die Problematik der Briefe, die hellenistische Königinnen noch an die griechischen Städte geschrieben hatten und die veröffentlicht wurden - eine Tradition, die die Augustae nicht aufgriffen. Vgl. etwa die Darstellung der Agrippina bei Tacitus, der ihr Gendertransgression zuschreibt und damit die Illegitimität der kaiserlichen Herrschaft generell aufzeigt, in der Unpersonen wie Frauen oder auch Freigelassene Herrschaft ausüben konnten. Vgl. SPÄTH 1994a, 68-79; 83-96; 323-326; 339-342; GINSBURG 2006, 8-54; 107-132.
Republikanische exempla für die Augustael Zur politischen Sozialisation der frühen römischen Kaiserinnen Leonhard Burckhardt
Einige wenige, aber wohl zuverlässige antike Belege zeigen, dass die Damen des römischen Kaiserhauses im frühen Prinzipat gebildet und politisch interessiert waren. Ihnen dürften daher auch die historiographische und verwandte Literatur derZeit (Livius, Valerius Maximus, Velleius Paterculus) vertraut gewesen sein. Dennoch sind die dort beschriebenen republikanischen exempla politisch tätiger Frauen, welche sehr unterschiedlich eingeschätzt werden, für die Augustae kaum Vorbilder für konkretes Handeln gewesen, sondern sie dienten eher zu Verfestigung und Perpetuierung des überkommenen, auch von Augustus propagierten Wertehaushalts. Dieser sah den Wirkungsraum der Frauen innerhalb der domus, von der sie allenfalls über männliche Vermittlung im öffentlichen, politischen' Raum Einfluss nehmen konnten. An diesen Voraussetzungen änderte sich mit dem Aufkommen des Prinzipats nichts: Auch die Augustae konnten nur über Männer politisch wirken, ihr Gewicht wurde aber größer als das der Damen der Republik, weil ihre domus strukturell über die konkurrierenden Häuser weit herausgewachsen war. Pochi ma fidati documeti mostrano come le donne della famiglia imperiale romana nell'anziano principato erano colte e politicamente interessate. Di conseguenza erano a loro familiare la letteratura ¡storiografica e parentata di quel periodo (Livio, Valerio Maximo, Velleius Paterculus). Eppure gli exempla delle donne politicamente attive ivi descritte, le quali venivano stimate differentemente, erano per le Augustae ben poco esempio per un agire reale, bensì servivano piuttosto alla fissazione e valorizzazione domestica propagandata da Augusto. Quest'ultimo vedeva l'agibilità delle donne nel domus, dal quale poteva prendere eventualmente influenza attraverso una conciliazione maschile nell'area politica pubblica. Da queste condizioni non cambiava nulla con la nascita del principato: anche Ie Augustae avevano un influsso politico unicamante attraverso l'uomo; la loro importanza era però maggiore delle donne della repubblica, poiché la loro domus prendeva una dominanza maggiore sulle domus concorrente. Sparse but reliable classical evidence shows that during the early principate women of the imperial house were educated and quite interested in politics. We can therefore argue that they knew the contemporary historiography and similar literature like Livy, Valerius Maximus and Velleius Paterculus. Nevertheless, the exempla of politically active republican women, which are reported by these authors and which by the way are judged very differently, were no model for actual behaviour. Rather they served to reinforce and perpetuate traditional values which Augustus himself propagated. The women's sphere of activity was meant to be restricted to the inside of the domus, from where the women were able to influence the public or,political' sphere only through men.The coming of the Principate changed none of these preconditions: Augustae could play an active role in politics only through their male relatives. Nevertheless, compared to republican ladies, their possibilities were considerably better because their domus structurally surpassed all competing houses by far.
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Der Biograph Sueton berichtet in seiner Augustus-Vita, dass sich der Princeps persönlich um die Erziehung seiner Tochter Iulia und seiner Enkelinnen Iulia und Agrippina die Ältere gekümmert habe. Auf seine Anordnung hin hätten sie Wolle zu spinnen gehabt, hätten nichts im Verborgenen tun dürfen und ihre Aktivitäten wären im täglich nachgeführten Hofjournal festzuhalten gewesen. Kontakte außerhalb der domus seien ihnen untersagt gewesen.1 Offensichtlich war Augustus das Verhalten seiner weiblichen Nachkommenschaft so wichtig, dass er es dokumentieren ließ und eine strenge Kontrolle darüber ausübte. Ebenso bedeutungsvoll scheint für ihn freilich dessen Wirkung nach außen gewesen zu sein, also die Frage, welchen Eindruck die jungen Damen des Kaiserhauses außerhalb ihrer domus hinterlassen haben. Beides wollte er steuern und als Richtlinie hatte ihm - der Bemerkung seines Biographen nach zu schließen - das Bild einer Mustermatrona vorgeschwebt, die sich um den Haushalt kümmert, dessen Reichtum durch Textilarbeiten mehrt, Zucht und Anstand wahrt und außerhalb des häuslichen Rahmens möglichst wenig in Erscheinung tritt. Politisches, also die Beeinflussung von Entscheidungen und Entwicklungen im öffentlichen Raum, wie auch immer dieser von der Privatheit der domus abzugrenzen ist,2 passte nicht in dieses Konzept, und selbst der Zugang zu höherer intellektueller, etwa rhetorischer oder philosophischer Bildung, die für Knaben und junge Männer der römischen Oberschicht selbstverständlich war,3 geriet für die Mädchen beim Augustus des Sueton hier nicht ins Blickfeld. Doch weder der hier behauptete Ausschluss der Frauen aus der Politik noch das angestrebte Fernhalten von höherer Bildung entspricht der in der domus Augusta gelebten Wirklichkeit. Selbst wenn über Schulung, Wissen und Kenntnisse der Frauen um Augustus wenig in Erfahrung zu bringen ist, so zeigt das zur Verfügung stehende Quellenmaterial doch, dass wir es mit gebildeten Damen zu tun haben, die vermutlich einen recht weiten intellektuellen Horizont hatten. Unter anderem macht dies Augustus selbst deutlich, wenn er - ebenfalls von Sueton überliefert4 - Agrippina die Ältere zwar ermahnt, nicht zu umständlich zu schreiben und zu reden, sie aber gleichzeitig ihrer Begabung wegen lobt. Deren Tätigkeit während der Adoleszenz beschränkte sich also nicht auf die Handhabung der Spindel und die Erlernung eines graziösen Ganges; letzteres war eine Eigenschaft, die 1
2 3
Suet. Aug. 64,2. An gleicher Stelle wird auch von der Erziehung der Enkel gesprochen, die er selber im Lesen, Schreiben und anderen grundlegenden Fertigkeiten unterrichtet habe. Zu Unterricht und Bildung von Mädchen und Frauen in Rom generell HEMELRIJK 1999, zu dieser Stelle 22-23. Zu Frauengestalten bei Sueton RIEMER 2000, die nachweist, dass Sueton zwar keine Typologie oder kein Muster der vorgestellten Frauen kennt, diese aber in den meisten Fällen dazu dienen, Bild und Charakter des Protagonisten, also des Kaisers (oder eines ihm nahe stehenden Mannes), zu ,kolorieren, sie folglich in den wenigsten Fällen ein Eigenleben haben; immerhin können seinen Biographien Angaben etwa zum Familienleben, der Korrespondenz, den Aufgaben oder dem Charakterbild auch von Frauen entnommen werden, die sich sonst nirgends finden. Er ist in diesem Sinne eine anregende Quelle für die Thematik des vorliegenden Bandes. Vgl. auch VIDEN 1993, 66-90. Dazu mit der Literatur: BURCKHARDT 2003, 94-113, vgl. auch HILLARD 1992,40-41. L i t . z u E r z i e h u n g u n d B i l d u n g i n R o m : CHRISTES 1 9 7 5 , 1 3 0 - 2 4 5 ; BONNER 1 9 7 7 ; M A R R O U 1 9 7 7 ; RAWSON 1 9 8 5 ; H A R R I S 1 9 8 9 , 1 4 7 - 2 8 4 , s. b e s . z u r L i t e r a l i t ä t v o n F r a u e n 1 7 3 - 1 7 4 .
4
Suet. Aug. 86,3. Weiteres Material bei HEMELRIJK 1999.
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von Töchtern aus vornehmen römischen Häusern erwartet wurde.5 Als weitere Beispiele lassen sich etwa Antonia minor und ihre Mutter Octavia anführen, die ihr kulturelles Interesse als Patroninnen mehrerer Künstler demonstrierten.6 Auch politisch waren, wie wir wissen, die Damen um Octavian bzw. Augustus keineswegs abstinent. Selbst wenn vorläufig noch offen gelassen werden soll, wie Politik im vorliegenden Kontext zu definieren sei, ist doch klar, dass - exempli gratia - der in den Vertrag von Tarent mündende Versuch der Octavia im Jahre 37 v. Chr. ihren Ehemann Antonius und ihren Bruder Octavian auszusöhnen und zu einem Arrangement zu bewegen, tief in die politische Sphäre eingriff.7 Auch Augustus' Gattin Livia, um sie als ein zweites Beispiel zu nehmen, wird von den Quellenautoren erhebliches politisches Interesse und entsprechende Einflussnahme zugeschrieben. Danach konnte sie unter anderem in gewissen Fällen den Zugang zum Kaiser regeln, wurde bei ihm Fürsprecherin für ihr Nahestehende, betrieb die Aufnahme eines Neubürgers in eine bestimmte Richterdecurie,8 spielte eine bedeutsame Rolle im Staatskult und organisierte nach dem Tode des Augustus den hindernisfreien Übergang der Macht auf Tiberius. Weitere Aktivitäten Livias könnten aufgezählt werden.9 Es ist im Folgenden der Frage nachzugehen, welchen Mustern, Modellen oder Vorbildern aus republikanischer Zeit politisch handelnde Frauen der domus Augusta folgten und auf welche Weise ihnen diese vermittelt wurden. Unter Politik kann in diesem Zusammenhang versuchsweise und abstrakt ein Handeln mit der Intention verstanden werden, in der Gemeinschaft direkt oder indirekt Wirkung zu erzielen und damit einen Beitrag zu allgemein verbindlichen Entscheidungen zu leisten. Dabei kann im Rahmen der von einer kleinen Oberschicht dominierten römischen Republik durchaus auch die adlige domus als politisches Handlungsfeld interpretiert werden insofern, als von ihr Impulse ausgehen konnten, die geeignet waren, die Gesellschaft als Ganzes zu beeinflussen.
5
Zu den Erwartungen an Mädchen, die auch einen anmutigen Gang umfassten: KOKKINOS 2002,
6
HEMELRIJK 1 9 9 9 , 1 0 4 - 1 1 3 . KOKKINOS 2 0 0 2 , 1 0 - 1 1 behauptet, dass Octavia mehrere bekannte Philo-
1 0 - 1 1 ; KUNST 2 0 0 8 , 1 7 - 1 8 . sophen für die Erziehung ihrer Kinder anstellen ließ; der dafür vorgebrachte Beleg Strab. 14,5,14 sagt aber lediglich, dass der Akademiker Nestor von Tarsos Lehrer ihres Sohnes Marcellus war und gerade nicht, dass auch die Töchter der Octavia von ihm ausgebildet wurden. Das ist natürlich nicht ausgeschlossen, aber damit nicht beweisbar. 7
Nachweis von Octavias Handeln: FISCHER 1999, 9 1 - 9 5 mit der Literatur zu diesen Ereignissen. Ein Muster politischer Einflussnahme durch Frauen in Rom ist deutlich erkennbar: Octavia richtet ihr Anliegen an zwei Männer, die ihrer familiären Sphäre angehören - ihren Bruder, der im Falle einer Scheidung oder des Ablebens des Gatten ihr Tutor sein würde, und ihren Gatten, dessen domus sie v o r s t a n d . V g l . a l l g e m e i n FÖRTSCH 1 9 3 5 ; KRECK 1 9 7 5 ; HILLARD 1 9 8 9 ; HILLARD 1 9 9 2 .
8
Suet. Tib. 51,1.
9
Nachweise bei KUNST 2008, 1 8 8 - 1 9 7 u. 308; zu Livia im Übrigen: WILLRICH 1911; RITTER 1972; PERKOUNIG 1995; HAHN 1994, 3 4 - 1 0 5 (bes. zu den numismatischen und inschriftlichen Zeugnissen aus den östlichen Provinzen, die eine erhebliche Präsenz der Augusta in diesen Reichsteilen dokumentieren); WOOD 1999, 7 5 - 1 4 1 (zu den ikonographischen Quellen); DIERICHS 2000; TEMPORINIGRÄFIN VITZTHUM 2 0 0 2 a .
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Ohnehin blieb die Abgrenzung zwischen der privaten Sphäre der domus und dem öffentlichen Bereich im republikanischen Rom unscharf und fließend, beides ging ineinander über. Ein römischer Senator war als Angehöriger einer Schicht, die sich maßgeblich aufgrund ihrer Stellung im Gemeinwesen konstituierte und sich durch Ausübung von öffentlichen Positionen reproduzierte, nie von der Politik frei - er hatte auch in seiner domus eine Lebensführung zu pflegen, die seiner Position in der res publica und den Erwartungen von Standesgenossen und nachgeordneten Schichten entsprach. In diesem Sinne agierte ein römischer Mann politisch durch Ausübung einer Magistratur oder eines anderen Amtes, durch Teilnahme an der Volksversammlung oder einer Senatssitzung, durch Verhandlungen, Absprachen, informelle Abmachungen oder verbindliche Verträge mit konkurrierenden Angehörigen der führenden Stände oder aber auch durch den Versuch, Amtsträger oder andere öffentlich tätige Personen auf irgendeine Weise zu beeinflussen - etwa durch Gespräche und Nutzung von Klientelbeziehungen, aber auch durch Ausübung von Druck irgendwelcher Art, durch Bestechung, Demonstrationen oder gar durch massive Gewalt. Die letztgenannten Machtmittel waren, wie sattsam bekannt ist, in der letalen Endphase der Republik immer virulenter geworden. Repräsentation eigener Leistungen oder derjenigen der Vorfahren und überhaupt das Ausspielen des der Oberschicht in reichem Maße zu Verfügung stehenden symbolischen Kapitals10 hatten ebenfalls politische Implikationen. Das Spektrum politischer Aktivitäten war also außerordentlich breit. Gerade weil so genanntes Privates in die politische Sphäre hineinspielte, die domus folglich zumindest partiell auch ein politischer Raum war, darf als gesichert gelten, dass neben dem pater familias weitere und insbesondere weibliche Angehörige des Hauses, als deren Handlungsbereich die familia angesehen wurde, eine politische Rolle spielten oder wenigstens politischen Einfluss hatten. Ihre Bühne und Wirkungsmöglichkeiten wie auch die Richtung ihres politischen Handelns oder die Erwartungen, die von der Gesellschaft an sie gerichtet wurden, unterschieden sich freilich deutlich von denjenigen der Männer. Formelle Macht stand ihnen nicht zur Verfügung und Frauen hatten auch kaum Zugriff auf militärische oder andere Gewaltmittel.11 Da die römische politische Kultur den öffentlichen Raum den Männern vorbehielt, war jedes sichtbare Wirken von Frauen in diesem Bereich - mit gewissen Ausnahmen in der religiös-kultischen Sphäre12 - potentiell eine Grenzüberschreitung und wird in der historiographischen und meist auch der übrigen Literatur entsprechend beurteilt. Vorzugsweise beschränkte sich die Macht von Frauen auf das Auftreten innerhalb der domus durch Einflussnahme auf die dieser angehörenden Männer, durch deren normgerechte Repräsentation nach außen, durch Reproduktion und Erziehung kommender Generationen, allenfalls durch ein Spinnen von Fäden zu Frauen aus anderen domus. Es ist also im Wesentlichen von einer Wir10 11
12
Zu diesem Begriff HÖLKESKAMP 2004, 93-105. Fulvia scheint dabei eine Ausnahme gewesen zu sein: S. neben FISCHER 1999, 40-47, der die militärische Rolle der Fulvia als außerordentlich interpretiert, freilich auch DELIA 1991, die sie eher im Interesse traditioneller Normen handeln sieht. Vestapriesterinnen etwa hatten eine für das Überleben der res publica als zentral empfundene Funktion.
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kung ,off stage' auszugehen, 13 das heißt eine vielleicht effektive, aber nur schwierig wahrnehmbare Aktivität hinter den Kulissen der vom römischen Wertehaushalt anerkannten Machtausübung. Gerade dieser Umstand vermindert jedoch die Überlieferungschancen des politischen Handelns von Frauen massiv, und es lenkt sie, auch wenn man mit dieser These auf dünnem, von den Quellen nur schwach gestärktem Eis steht, in eine bestimmte Richtung. Die politische Macht von Frauen und deren Gebrauch werden tendenziell wohl eher dann wahrgenommen, wenn sie die Grenzen, die domus und Normen setzten, überschritten; 14 es kommt also die Ausnahme ins Blickfeld und nicht die möglicherweise vorhandene Regel. Deswegen sind die Chancen eines Erkenntnisgewinns zur politischen Aktivität republikanischer Damen gegenüber derjenigen von Herren für die moderne Beobachtung von vorneherein reduziert, doch es darf auch gefragt werden, was denn die - der Republik zeitlich und kulturell wesentlich näher stehenden - weiblichen Angehörigen des Kaiserhauses von der Geschichte der Republik allgemein und von der politischen Rollen von Frauen darin wussten, oder vielleicht besser: wissen konnten. Wenn freilich deren politisches Handeln für Augustae zum Vorbild, also zum bewusst übernommenen (oder im Falle negativer Konnotation des jeweiligen Beispiels gegebenenfalls abgelehnten) Handlungsmuster werden sollte, mußte dessen Geschichte bekannt sein und beurteilt werden können, um einen Teil zur politischen Sozialisation der Frauen im Kaiserhaus beitragen zu können. 15 Wir haben es also nicht nur mit konkreten politischen Sachverhalten aus der Republik zu tun, sondern zudem mit deren späterer Wahrnehmung in der frühen Kaiserzeit. Es geht folglich auch ein wenig um die römische Memorialkultur, 16 also um die Art und Weise, wie sich die Römer ihrer Vergangenheit vergewisserten. Besonders bedeutsam für die Politik, aber auch ganz generell für das Verhalten in diversen Öffentlichkeiten 17 war die Auffassung der Römer, sich an exempla orientieren zu sollen, die wesentlich das gemeinsame Erinnern der römischen Gesellschaft prägten und Modellcharakter für jeweils aktuelle Handlungserfordernisse hatten. 18 Uwe WALTER hat überzeugend gezeigt, dass
13
Zum Begriff und seiner theoretischen Fundierung s. SPÄTH 1994a, 114-120 mit weiterer Literatur. HILLARD 1 9 9 2 , 4 3 - 5 5 untersucht die in der zeitgenössischen und wenig späteren Literatur greifbaren Versuche, politisch aktive bzw. in der Öffentlichkeit präsente Damen - also Frauen, die sich quasi ,on stage' bewegen - aufgrund ihrer Präsenz und Aktivität als unmoralisch oder gar als Prostituierte zu brandmarken. Vgl. zum Bild der Frauen in Werken frühkaiserzeitlicher Literatur auch VIDEN 1993.
14
SPÄTH 1994a, 4 3 - 5 5 u. 6 8 - 7 9 mit weiterer Literatur. Dass diese politische Sozialisation noch ganz andere Dimensionen als eine gleichsam historische umfassen musste, ist kaum bestreitbar: Dazu gehörten beispielsweise persönliches Erleben, Verhalten von Eltern und der häuslichen Umgebung, Konfrontation mit Ansprüchen und Vorstellungen von Kreisen außerhalb des Kaiserhauses oder mündliche Traditionspflege.
15
16 17
18
Dazu jetzt für die republikanische Zeit WALTER 2004. Familia, gesellige Anlässe in einer domus, salutationes, religiöse Feste oder politische Versammlungen konstituierten unterschiedliche Öffentlichkeiten, die leicht differierenden Regeln folgten oder unterschiedlichen Ritualen unterworfen waren, die allerdings in den meisten Fällen auf das Wohl der res publica oder die Erhaltung der jeweiligen gens Bezug nahmen. Genaueres dazu bei WALTER 2004, 5 1 - 6 2 mit weiterer Literatur.
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das einzelne exemplum weniger eine konkrete Handlungsanleitung für eine bestimmte Situation gab, sondern Haltungen, Eigenschaften und Normen vorführte, die einer Autoritätsperson (oder Gruppen, die auctoritas ausstrahlten) aus der glorreichen Vergangenheit zugeschrieben wurden und deswegen modellhaft wirken konnten. Es wurde aber den jeweiligen Gegebenheiten, Interessen und Personen angepasst und hatte auch nicht immer dieselbe Funktion. Das römische Geschichtsbild war in diesem Sinne nicht .monolithisch',19 sondern sozial, politisch und chronologisch durchaus unterschiedlichen Sichtweisen unterworfen. Es gab freilich einen allseits anerkannten Vorrat an exempla, aus dem immer wieder geschöpft wurde, um Orientierung zu finden, eigenes Verhalten zu legitimieren, konkurrierendes anzuschwärzen und eigene Lebenserfahrung in einen gesamtgesellschaftlichen Entwicklungszusammenhang zu stellen. Im frühen Prinzipat gewann der Umgang mit exempla an Prägnanz: Der Historiker Livius stellt solche Beispiele in einen narrativen Kontext, Valerius Maximus rubriziert (und banalisiert wohl auch) vorbildhaftes Verhalten in einer regelrechten ExemplaSammlung; beide reagierten auf eine politische und gesellschaftliche Lage, die als krisenhaft empfunden und in der deswegen verstärkt nach historisch unterlegter Orientierung gesucht wurde. Ob sich in der Gesamtheit gesellschaftlichen Umgangs mit der Geschichte und den sie strukturierenden exempla freilich ein Strang spezifisch weiblichen Erinnerns, nach dem ja in unserem Zusammenhang eigentlich gefragt werden sollte, ausmachen lässt, ist angesichts unserer Quellenlage zu bezweifeln. Die Medien, mittels derer die Sozialisation junger Römer auf die Politik hin gesteuert wurde, waren durch Entstehung und Inhalt zweifellos männlich geprägt. Immerhin ist erkennbar, dass auch Frauen ihre Rezipientinnen sein konnten: Auch sie bestaunten Monumente, Statuen und imagines der Ahnen, auch sie bewegten sich in der profanen und sakralen Architektur Roms, auch sie zahlten mit Münzen, die in ihren Prägungen schlaglichtartig Episoden und Figuren aus der Vergangenheit beleuchteten, sie hörten die Totenehrungen, durch die verdiente Männer (und einige wenige Frauen) gewürdigt wurden, insbesondere aber wurden wenigstens die Damen der Oberschicht und unter ihnen speziell die Angehörigen des Kaiserhauses, wie eingangs auf zwar nicht allzu dickem, aber doch tragfáhigem Eis behauptet wurde, höherer Erziehung teilhaftig. Dieser, für uns relevanten Gruppe stand das Bildungsgut der Zeit offen; sie konnte sich in Historiographie, Epik oder anderer Memorialliteratur über politische Aktivitäten von Geschlechtsgenossinnen aus republikanischer Zeit kundig machen. Über Umfang und Intensität dieser Wissensaneignung lassen sich fundierte Äußerungen freilich kaum machen; hier wird das Eis sehr brüchig.20 Ohnehin dürfte das, was die Leserin (oder Hörerin, sofern sich die Damen vorlesen ließen, was durch-
19
W A L T E R 2 0 0 4 , 60.
20
Mit welcher Motivation ein bestimmter Text damals von wem gelesen wurde, ist für uns natürlich nicht mehr erkennbar. Ob jedoch Historiographie auch von Frauen als Texte politischer Bildung aufgefasst wurde, aus denen im Hinblick auf eigenes Verhalten geschöpft werden konnte, wie das die literarische Konvention für Männer vorsah, ist zweifelhaft.
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aus gebräuchlich war) aus der Literatur im Hinblick auf ihre politische Sozialisation zur Kenntnis zu nehmen hatte, kaum widerspruchsfrei, sondern vielmehr geeignet gewesen sein, sie in einen Konflikt der Werte, Interessen und Verhaltensweisen zu stürzen. Bärbel VON HESBERG-TONN hat in ihrer Dissertation Coniunx carissima nachgewiesen,21 dass die römische Geschichtsschreibung und andere Prosagattungen wie die Rhetorik oder Epistolographie sowohl der Republik als auch der Kaiserzeit Frauen schematisch mittels bestimmter Wertemuster darstellen, uns also - wohl anders als im Falle der Männer keine individualisierten Frauenpersönlichkeiten entgegentreten, sondern Typen, welche anhand bestimmter, normengeleiteter Frauenbilder entwickelt wurden. Die Grundnorm für diese bildete die matrona, die als Vorsteherin eines Haushaltes ihre Rolle als Gattin und Mutter erfüllt, sich durch pudicitia, decus, fides, pietas und parsimonia auszeichnet, sich im Hintergrund und aus Männergeschäften heraushält und im Übrigen jedoch in gesitteter Geselligkeit ihre Frau zu stehen weiß - sie ist gewiss so gut bekannt, dass auf weitere Ausführungen dazu verzichtet werden kann. Die sieben Frauentypen, welche VON HESBERG-TONN in der von ihr untersuchten Literatur erkennt, sind Spielarten dieser matrona oder Gegenbilder dazu. Danach treten auf: die moralisch integre, gebildete und gesellige Mutter, die sittenstrenge Mutter, die haltlose, aber schöne und gesellige Frau, das grausame Mannweib, die öffentlich höchstens zur Wahrung der traditionellen Ordnung handelnde Frau, die sich selbst opfernde Heldin und schließlich die liebevolle und den Mann bewundernde Frau.22 Diese Liste müsste wohl unter anderem dadurch differenziert und vervollständigt werden, dass weitere antike Literatur beigezogen würde - VON HESBERG-TONN konnte in ihrer Arbeit unter anderem die Briefe Ciceros nicht ausschöpfen - , doch ist sie genügend aussagekräftig, um zu zeigen, dass Frauen auf bestimmte Rollen festgelegt werden und dass diese Rollen nach einem relativ rigorosen, moralisch determinierten Maßstab eingeschätzt werden, welcher die Sicherung der herkömmlichen rechtlichen und sozialen Ordnung als Leitlinie hat. Bis auf zwei Typen handeln die Frauen nicht im öffentlichen Raum und auch eine derjenigen, welche dies tut, überschreitet den so umrissenen Rahmen nicht. Um noch näher analysieren zu können, welche Muster oder exempla politisierender Frauen in der Literatur angetroffen werden, möchte ich im Folgenden in Auswahl einzelne Individuen, aber auch Gruppen, die bestimmte Merkmale teilen, herausgreifen und überprüfen, wie sie allenfalls bis in die Kaiserzeit nachwirken konnten. Ich möchte mich dabei
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VON H E S B E R G - T O N N 1 9 8 3 , 6 1 - 1 0 5 .
Die Aufzählung ist etwas verkürzt entnommen aus VON HESBERG-TONN 1983, 103-104 Zum ersten Typ zählt sie Cornelia ( 6 5 - 7 0 ) , zur moralisch haltlosen etwa Sempronia (Sali. Catil. 25) und Clodia (71-76), das Mannweib verkörpert Fulvia (77-83), Hortensia kämpft für die Bewahrung der traditionellen Ordnung ( 8 4 - 9 2 ) , Arria ist die Heldin, die ihrem Mann in den Tod folgt (98-101), zur hingebungsvollen Frau schließlich 101-103. Mit anderem Ansatz, nämlich von einzelnen Autoren her, und anderer Akzentuierung kommt auch VIDEN 1993 zum Ergebnis, dass Frauen und ihr Verhalten nicht als Charaktere erfasst, sondern als Maßstab für gesellschaftliche Entwicklungen benutzt werden.
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im Wesentlichen auf Autoren des frühen Prinzipats konzentrieren, um einen einigermaßen geschlossenen Zeitrahmen zu erfassen. Uneingeschränkt positiv werden in der Literatur einige Gestalten aus mythischer Zeit gewertet, nämlich diejenigen Frauen, die sich, um ihre eigene Ehre und diejenige ihrer Familie zu wahren, selber umbringen oder von einem Verwandten zum selben Zweck getötet werden. Wichtigste Vertreterinnen dieser Gruppe sind Lucretia23 und Verginia.24 Beider Geschichten sind so bekannt, dass es überflüssig ist, sie hier nachzuerzählen. Sie führen in die Gründerzeit der Republik; beide Protagonistinnen verkörpern - bis in die letzte Konsequenz gesteigert - die weibliche Haltung, welche mit der Entstehung und dem Gedeihen der Republik elementar verknüpft ist. Beider Standhaftigkeit und Unerschrockenheit sowie die matrimoniale Treue der Lucretia ist Ausfluss ihrer pudicitia, die damit als grundlegender Wert Roms narrativ eindrücklich demonstriert wird.25 Ihr Tod ist jeweils Auslöser entscheidender Brüche in der Entwicklung des Gemeinwesens - Lucretias Ende führt der Sage nach zur Vertreibung der Könige und der Einführung der Republik, demjenigen der Verginia folgt die zweite secessio plebis und der Sturz der Decemviri, damit also die Verhinderung einer - erneuten - Tyrannis.26 Durch ihren Einbezug in markante, im Gedächtnis der römischen Gesellschaft zweifellos fest verankerte Mythen wird immerhin sichergestellt, dass auch Frauen an diesen für Rom wegweisenden Umbrüchen beteiligt sind. Lucretias und Verginias Haltung und Verhalten haben mithin tief greifende politische Wirkungen; es ist dennoch festzuhalten, dass sie innerhalb der Geschichten, deren Zentrum sie bilden, nicht die eigentlich politisch Handelnden sind - auf diesem Feld bleiben sie passiv. Ihre Domänen sind Haus und Ehe: An der Verletzung von deren Integrität durch die Machthaber wird aber ihr Wert für die Gemeinschaft gezeigt. Lucretia und Verginia werden auf diese Weise zu Symbolen korrekter weiblicher Moralität, die in diesen Fällen - nach der Darstellung des Livius jedenfalls - in einen Gegensatz zu männlicher sexueller Gier gerät. Die spätere Leserin solcher Texte wird mithin gerade nicht in eine aktive - und schon gar nicht politische - Rolle gedrängt, ihr wird eher die Bewahrung überkommener Normen als Aufgabe nahegelegt. Das den Geschichten innewohnende Identifikationsangebot lenkt also von der Politik weg in die häusliche Sphäre, gegen deren Störung von außen sich die Damen bis zum letzten zur Wehr zu setzen haben. 27
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Liv. 1,57,6-59,3; Ov. fast. 2,721-852; Val. Max. 6,1,1-2; vgl. Cie. leg. 2,10; Diod. 10,20-21; Dion. Hal. ant. 4,64,2-76,4; 82,1-4. Lit. bei P R E S C E N D I 2000, 217-227; K O W A L E W S K I 2002, 107-129, 403-404, 407. Liv. 3,44-48,5; Val. Max. 6,1,2, vgl. Cie. rep. 2,63; fin. 2,66; Dion. Hal. ant. 11,28-32; 39,5-7, zum Decemvirat V O N U N G E R N - S T E R N B E R G 2006. S. dazu auch L U C A R E L L I 2 0 0 7 , 1 4 7 , 1 6 6 . Beider Schicksal wird von Livius ausdrücklich miteinander in Verbindung gebracht, Liv. 3,44,1: Für die Könige wie für die Dezemvirn causa etiam eadem imperii amittendi esset. Selbstmord aus edlen Motiven begeht auch Calpurnia, Tochter des L. Calpurnius Bestia, cos. 111 v. Chr., und Gattin des P. Antistius, aed. 86 v. Chr.: Nach der Ermordung ihres Gatten durch den Marianer Damasippus im Jahre 82 (Quellen bei MRR 2,67) ersticht sie sich mit dem Schwert, wo-
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Zurückhaltung auf politischem Feld: Dieses K e n n z e i c h e n teilen die meisten Frauen, die bei Geschichtsschreibern oder Autoren der Exempla-Literatur w i e Livius, 28 Valerius Maximus 2 9 o d e r Vellerns Paterculus 30 Erwähnung finden. K o m m t es in Ausnahmefällen d e n n o c h dazu, dass Frauen auf M ä n n e r n vorbehaltenen Feldern aktiv werden, wird ihr Verhalten nicht selten als virilis (männlich) charakterisiert. 31 D i e s e Transgression wird nicht einheitlich bewertet: Cloelia, ebenfalls eine legendäre Gestalt, die aus eigener Initiative sich u n d eine Gruppe weiterer Frauen aus etruskischer Gefangenschaft befreit haben soll, verfügt nach Livius (2,13,11) über novam
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infemina
virtutem
u n d wird v o n Valerius
durch nach Vellerns Paterculus 2 , 2 6 , 3 gloria und fama des Ehemannes noch mehr gewachsen seien. Die Erzählung ist freilich nur bei diesem Autor überliefert, was bei der Interpretation zur Vorsicht mahnt. Insbesondere ist nicht klar, worauf sich Vellerns stützt und wie bekannt die Geschichte den späteren Generationen war. Parallele Fälle eines Selbstmords sind Porcia, die Gattin von Brutus, die sich nach dessen Niederlage durch Einatmen glühender Kohle umbringt (Val. Max. 4,6,5 (vgl. 3 , 2 , 1 5 ) ; Plut. Brutus 5 3 ; Cato minor 7 3 ; App. civ. 4 , 1 3 6 ) und Servilia, Ehefrau des jüngeren Lepidus, die sich nach der Aufdeckung von dessen Verschwörung gegen Augustus und der folgenden Hinrichtung auf ähnliche Weise selbst tötete (Veil. 2 , 8 8 , 3 ) . KOWALEWSKI 2 0 0 2 gibt einen Überblick über die bei Livius ausführlicher vorgestellten, aber auch beiläufig erwähnten Frauen. LUCARELLI 2 0 0 7 , 1 3 0 - 1 9 6 diskutiert, auf welche Weise Valerius Maximus die Rolle weiblicher Angehöriger einer familia und ihr Beziehungsgeflecht, ihre Funktion und ihre Handlungsfelder innerhalb dieser sozialen Institution interpretiert. Mit Recht sagt LUCARELLI, dass exempla, die den Alltag von Frauen - und im Speziellen von Müttern - zum Thema machen, bei Valerius Maximus fast völlig fehlen ( 1 3 8 ) : Dennoch geht es bei den ungefähr 5 0 von Valerius Maximus erwähnten Frauengestalten und den Episoden, an denen sie beteiligt sind, zumeist um häusliche Dinge: entweder um eine (Über-) Erfüllung oder einen Bruch der für Frauen geltenden Normen, die Valerius dem Publikum anhand außerordentlicher, spektakulärer und damit einprägsamer exempla vorführen will; entsprechend vielfältig sind die geschilderten Szenen. Zu seiner Beziehung zu Livius als Quellenautor KOWALEWSKI 2 0 0 2 , 4 0 9 - 4 1 2 .
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Vellerns nennt etwa 15 Römerinnen mit Namen: Von diesen erhalten lediglich die Frauen um Augustus, nämlich seine Tochter Iulia ( 2 , 9 3 , 2 ; 9 6 , 1 ; 1 0 0 , 3 ) und hauptsächlich die Gattin Livia ( 2 , 7 5 , 3 ; 7 9 , 2 ; 1 3 0 , 5 ; vgl. 9 4 , 1 ; 9 5 , 1 ) ausführliche Porträts, zu Fulvia, Calpurnia und Servilia s. die folgende Anmerkung. Die übrigen Damen (auch Augustus' Schwester Octavia, 2 , 7 8 , 1 ; 9 3 , 1 ) werden beiläufig als Tochter, Gattin, Mutter oder Schwester eines Protagonisten erwähnt und greifen kaum in die Handlung ein. Vellerns betont immerhin allgemein 2 , 6 7 , 2 , dass sich in der Triumviratszeit die Ehefrauen der durch die Triumvirn Geächteten durch fidem summam auszeichneten, im Gegensatz zu den Freigelassenen und Sklaven, deren Treue mäßig oder schwach gewesen sei, und auch zu den Söhnen, die gar keine fides gezeigt hätten. Außer bei den im Folgenden diskutierten sind als Beispiele etwa zu nennen: Porcia ist bei Val. Max. 3 , 2 , 1 5 : minime muliebris animi charakterisiert; Hortensia übernimmt Val. Max. 8 , 3 , 3 anstelle der männlichen Nachkommen des Redners Hortensius dessen Erbe in Eloquenz; Maesia von Sentinum (Val. Max. 8 , 3 , 1 ) vertritt ihre Sache vor Gericht selber und wird wegen ihres virilem animum Androgyne genannt; Fulvia wird anlässlich ihres Verhaltens im Perusinischen Krieg von Veil. 2 , 7 4 , 3 attestiert nihil muliebre praeter corpus gerens (vgl. Cass. Dio 4 8 , 1 0 ) ; Calpurnia, die Tochter des Cos. 1 1 1 , zeichnet sich nach Veil. 2 , 2 6 , 3 durch virtus aus (ähnlich Servilia, die Gattin des jüngeren Lepid u s 2,88,3).
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Maximus als puella viris lumen virtutis praeferandai2 gelobt, Fulvia, die Gattin des Antonius, hingegen von der Literatur als ein unfeminines Monster dargestellt.33 Beiden ist aber gemeinsam, dass Frauen aktiv außerhalb der Sphäre der domus in das politische - und sogar das kriegerische - Geschehen eingreifen: Cloelias Verhalten beeinflusste gemäß Livius das Verhältnis der Römer zu ihren etruskischen Gegnern nachhaltig, Fulvia wird - gewiss von der octavianischen Propaganda - unterstellt, zugunsten ihres Mannes gar militärisch aktiv geworden zu sein und wegen ihrer Machtgier die Schuld am Unheil des Perusinischen Krieges zu tragen. Mit der historischen Realität dürfte beides wenig zu tun haben: die ferne, legendäre Gestalt wird zur Verkörperung weiblicher virtus überhöht - was eigentlich ein Widerspruch in sich ist, was aber für den Geschichtsschreiber in der glorifizierten Frühzeit der Republik eben möglich war; Fulvia wird unter den Salven politischer Antiwerbung zum Gegenbild der matrona und damit zum Symbol der Umkehrung aller Werte verzerrt, wie sie in unsicheren Zeiten wie den Bürgerkriegen durchaus droht. 34 Das Eingreifen von Frauen in die Politik kann also verschieden eingeschätzt werden - es ist jedenfalls nicht a priori negativ konnotiert; Maßstab für das Urteil ist jeweils die salus rei publicae, so wie sie der Autor versteht.35 Obwohl die Aktivität der Cloelia zwar eindeutig außerhalb des Horizontes der domus lag, diente sie doch den Interessen der Gemeinschaft und hatte für diese heilsame Auswirkungen. Ihr Beispiel könnte wie dasjenige der Lucretia und Verginia allerdings den Verdacht aufkommen lassen, dass den Autoren des frühen Prinzipats das Lob für mythifizierte Figuren aus der Gründerzeit vergleichsweise leichter in den Griffel floss als für solche, deren Wirkungszeit erst kurz zurück lag. In gewisser Weise ebenfalls ambivalent behandeln die Quellen Cornelia, die in unserem Zusammenhang nicht zu umgehende Mutter der Gracchen. 36 Sie ist einerseits die Mustermatrona, das beste exemplum, das überhaupt zu haben war. Andererseits aber tritt «
Val. Max. 3 , 2 , 2 ; vgl. Liv. 2 , 1 3 , 6 - 1 1 ; Plin. nat. 3 4 , 2 8 - 2 9 ; Dion. Hal. ant. 5 , 3 3 , 1 - 2 ; Flor. epit. 1,4,7; D'AMBRA 2 0 0 7 , 1 8 .
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KRECK 1 9 7 5 , 1 5 2 - 2 1 4 ; VON HESBERG-TONN 1983, 7 7 - 8 3 .
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Cicero verunglimpft sie in mehreren seiner Philippischen Reden (z.B. Cie. Phil. 2,113; 3,4; 16; 5,11; 22; 6,4; 13,18) phantasievoll, und an anderer Stelle wird ihr vorgeworfen, als Prostituierte an einem Bankett teilgenommen zu haben (Val. Max. 9,1,8); zu Fulvia s. allgemein DELIA 1991: Sie meint in ihrer ausgewogenen Darstellung, dass Fulvias Vorgehen im Perusinischen Krieg primär dem Schutz ihrer exponierten Kinder gegolten habe, sich folglich mit der traditionellen Rolle der matrona verrechnen lasse; anders DETTENHOFER 1994,137-139 u. 149; vgl. auch FISCHER 1999,7-63. SCHUBERT 2002 sieht im Gegensatz zu DELIA in Fulvia eine Persönlichkeit, die während der Triumviratszeit politisch selbständig handelnd eigene Anliegen durchsetzen wollte und damit die .Akzeptanz bedeutender Gruppen gewann; sie sei mehr gewesen als lediglich eine Stellvertreterin ihres Gatten oder enthemmtes Mannweib. Kritisch lässt sich dazu mindestens anmerken, dass Fulvia ohne ihre Position als Ehefrau des Antonius und damit eines der beiden mächtigsten Männer der Zeit kaum in der Lage gewesen wäre, besonderen Einfluss auszuüben: Erst daraus konnte ihr Anerkennung und allfällige Gefolgschaft erwachsen. Vgl. auch VIDEN 1993,178. Dazu neu: D I X O N 2 0 0 7 , die freilich BURCKHARDT/UNGERN-STERNBERG 1 9 9 4 nicht beachtet, welche wie PETROCELLI 1 9 9 4 bereits früher zu ähnlichen Ergebnissen gelangt sind. Vgl. weiter KRECK 1 9 7 5 ,
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4 7 - 1 0 5 ; VON HESBERG-TONN 1 9 8 3 , 6 5 - 7 0 .
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sie in der Publizistik als Spielball verschiedener politischer Interessen hervor, die sie für sich reklamieren möchten. Dabei war die Vorbildlichkeit der Cornelia als matrona unbestritten, in der späten Republik strittig war jedoch, in welchem Verhältnis sie zur Politik ihrer Söhne stand und wie und in welche Richtung sie diese allenfalls beeinflusste. Gaius Gracchus und seine popularen Epigonen versuchten hohes Einvernehmen zwischen der Mutter und ihren Söhnen publizistisch plausibel zu machen, ihre optimatischen Gegner wollten zeigen, dass Cornelia die Politik ihrer Söhne missbilligte, und damit - gedeckt durch die Autorität dieser idealen matrona - erreichen, dass diese noch zusätzlich diskreditiert würden. Immerhin setzen beide Seiten voraus, dass die ohnehin als hoch gebildet geschilderte Cornelia 37 nicht nur eine politische Auffassung haben, sondern auch auf ihre Söhne und über diese auch auf das öffentliche Feld einwirken konnte. Sie wird nicht die einzige Senatorengattin, -mutter oder -schwester gewesen sein, die so vorging, man darf vielmehr davon ausgehen, dass es viele politikinteressierte Damen der Oberschicht gab, die ihre männlichen Verwandten quasi als Mittelsmänner nutzten, um politisch Einfluss zu nehmen. In augusteischer Zeit war das Nachleben Cornelias freilich weitgehend von politischen Implikationen entblößt. Sie steht - bzw. sitzt buchstäblich auch in Form einer Statue38 - als die Mutter und Grande Dame schlechthin da, deren Modellcharakter sich allenfalls auf das Verhalten der Frauen in der domus beschränkt. Das entspricht ganz dem Bild, das die augusteische Propaganda für Damen der besseren Häuser für richtig hielt. Ähnlich wie in den bisher besprochenen Fällen liegen auch für kollektives politisches Handeln von Frauen - ein Phänomen, auf das Emily HEMELRIJK39 besonders aufmerksam machte - Beispiele aus mythischer wie historischer Zeit vor. Dabei geht es einerseits um die Intervention der Sabinerinnen im Krieg ihrer Gatten gegen ihre Verwandten 40 sowie um den Auszug der Römerinnen gegen den Hochverräter Coriolan unter Führung von dessen Mutter Veturia und dessen Gattin Volumnia 41 und andererseits um die Manifestation der Damen der römischen Oberschicht für die Aufhebung der lex Oppia im Jahre 195 v. Chr. sowie den Protest gegen Spezialsteuern für Frauen, welche die Triumvirn im Jahre 43 v. Chr. einführen wollten.42 Über den Realitätsgehalt der ersten beiden Fabeln muss nicht weiter diskutiert werden, sie gehören jedoch zum Vorrat des kulturellen Gedächtnisses der Römer. Ihnen ist gemeinsam, dass Frauen sich - wie Cloelia - elementar für das Wohl des Gemeinwesens einsetzen, ja dieses vor größtem Unheil, Krieg und Untergang bewahren wollen und dabei durchschlagenden Erfolg haben. Die Legitimation für ihr Vorgehen wie auch die Autorität für ihre Postulate gewinnen sie aus ihrer familiären Position heraus: Die Sabinerinnen appellieren bei Livius (1,13,2-3) unter Hinweis 37 38 39
S. u. a. Cie. Brut. 104; 211; Quint, inst. 1,1,6; vgl. Plut. C. Gracchus 19. Zur komplizierten und umstrittenen Entstehungsgeschichte der Statue COARELLI 1978. HEMELRIJK 1987; DETTENHOFER 1994b, 142-146.
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Liv. 1 , 1 3 , 1 - 5 ; KOWALEWSKI 2 0 0 2 , 1 7 - 3 3 , b e s . 2 7 - 3 0 .
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Liv. 2,40,1-11; Val. Max. 5,2,1a; 5,4,1; Dion. Hal. ant. 8,39-56. Eine fünfte von HEMELRIJK 1987,226 m. Anm. 236-237 erwähnte Episode ist nur bei Gell. 1,23,4-13 und Macr. Sat. 1,6,19-26 überliefert, hat anekdotischen Charakter und fallt für unsere Argumentation nicht ins Gewicht, vgl. noch KOWALEWSKI 2002, 355-356.
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auf ihre Kinder in brenzliger Lage gleichzeitig an ihre Väter und ihre Ehemänner, sie nicht als Waisen respektive Witwen zurückzulassen und mahnen damit deren Verantwortung für das Wohlergehen der Familien an, welches sich hier aufs Engste (und Glücklichste) mit demjenigen des Staates verbindet. Coriolan weicht aus pietas (bei Valerius Maximus 5,4,1) erst dem zornigen Drängen und der Würde seiner alten, würdigen, von einer ansehnlichen Schar Frauen begleiteten und unterstützten Mutter, der er nicht widerstehen kann. In der Folge gibt er seine gefährlichen Aggressionspläne auf, der Staat ist dank des mütterlichen Appells an die domus ac penates mei und die mater coniunx liberique,43 die nicht angegriffen und zerstört werden dürfen, gerettet. Die Frauen, die gegen Coriolan ziehen, stehen in diesen Traditionen ein für die Grundwerte und die Basis gesellschaftlichen Zusammenlebens, das den Männern buchstäblich in der Hitze des Gefechtes aus den Augen zu geraten droht. Natürlich bleibt weibliches Eingreifen in Männerhändel exzeptionell und kann deshalb von der Literatur umso eindrucksvoller dargestellt und herausgehoben werden. Sie können in der dargebotenen Form möglicherweise als exempla dafür dienen, für welche Werte sich Frauen berechtigterweise einsetzen dürfen. Ob dieses für die beiden späteren, gewiss auf historischem Kern beruhenden Episoden auch gilt, kann bezweifelt werden. Die Diskussion um die Aufhebung der lex Oppia aus dem Jahre 215 v. Chr., welche den Frauen den Besitz von mehr als einer halben Unze Gold, das Tragen eines bunten Gewandes in der Öffentlichkeit und die Fahrt in einem bespannten Wagen verbot, gestaltet Livius als Redenpaar, in dem einerseits der ältere Cato, cos. 195 v. Chr., und andererseits der Volkstribun L. Valerius ihre unterschiedlichen Haltungen zur lex Oppia, aber auch zum angemessenen Verhalten der Frauen, zum Gebaren der Männer ihnen gegenüber und zum Wert der Tradition vertreten können. 44 Umrahmt werden die Reden durch die Schilderung von Ansammlungen und Demonstrationen zahlloser Frauen aus der Stadt und den umliegenden Gebieten, die sich durch keine auctoritas oder verecundia oder Imperium virorum, also durch keine Anordnung ihrer Männer (Liv. 34,1,5), von dieser Art der öffentlichen Einflussnahme auf Entscheidungsträger hätten abhalten lassen. Als ungebührlich wird das Auftreten der Frauen von Livius45 hingestellt (und auch von Valerius Maximus 9,1,3, der geradezu von einer Belagerung der mit einer Interzession gegen die Aufhebung des Gesetzes drohenden Volkstribunen spricht), selbst
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Liv. 2,40,7. Liv. 3 4 , 1 - 8 ; vgl. Enn. ann. 3 6 2 Skutsch mit Komm. S. 5 2 7 - 5 2 8 ; Val. Max. 9 , 1 , 3 ; Tac. ann. 3 , 3 3 - 3 4 ; Cass. Dio 1 8 (Zon. 9 , 1 7 ) ; Vir. ill. 4 7 , 5 ; Oros. 4 , 2 0 , 1 4 ; Kowalewski 2 0 0 2 , 3 4 3 - 3 5 6 . P e r l / E l - Q a l q i l i 2002 bestreiten die Historizität der Frauendemonstration im Jahre 195 v. Chr.: Solche Vorkommnisse seien für diese Zeit anachronistisch, patria potestas, manus-Ehe und tutela seien damals noch wirksam gewesen und hätten die Frauen an einem kollektiven Auftritt in der Öffentlichkeit gehindert, Eigenheiten der Überlieferung legten es nahe, dass Catos Rede ein Konstrukt des Livius bzw. der Spätannalistik sei und die ganze Episode eine Rückprojektion der Vorfälle um Hortensia aus dem Jahre 43 v.Chr. (dazu s. im Folgenden). Für unsere Frage nach der kaiserzeitlichen Rezeption der Erzählung ist die Frage der Echtheit, so sehr sie für die Rekonstruktion der Atmosphäre in Rom nach dem 2. punischen Krieg von Belang ist, nicht entscheidend. Liv. 34,1,5.
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wenn zugestanden wird, dass es dabei um eine Angelegenheit ging, welche die Frauen unmittelbar betraf, und man ihnen in ihrer Schwäche eben billigerweise gerade in Dingen des Putzes und des Schmuckes auch einmal nachgeben müsse, weil sie ja sonst von vielen ernsten Geschäften ausgeschlossen blieben und deswegen außer der Verfeinerung ihrer Erscheinung nur wenig Beschäftigungsmöglichkeiten hätten. 46 Der moralisierend-paternalistische Unterton, in dem der Vorgang von den meisten Autoren geschildert wird, setzt dessen Ausnahmecharakter wie eine klare Rollenzuordnung der Geschlechter voraus: Die Schilderungen des Livius wie des Valerius Maximus gewinnen von da aus erst ihre Pointe. In einer Krisensituation handeln Frauen der römischen Oberschicht, die eine ihnen von den Triumvirn auferlegte Steuer abwenden wollen und zunächst die Gattinnen der Machthaber angehen, dann aber - rüde abgewiesen von Fulvia - sich direkt zu diesen durchkämpfen. 47 Dort hält ihre Anführerin Hortensia eine Rede, aufgrund derer wie auch aufgrund der Empörung der Menge, wie unser wichtigster Gewährsmann Appian (civ. 4,34) betont, sich die Triumvirn ganz gegen ihre Intention gezwungen sahen, ihre Maßnahme abzumildern. Für die Historiographie lag das Spektakuläre und Außergewöhnliche dieser Geschichte gewiss in der kollektiven öffentlichen Aktion der Frauen und in der überzeugenden Beredsamkeit der Hortensia, 48 in unserem Zusammenhang ist aber eher bemerkenswert, dass die Frauen zunächst ganz anders, nämlich viel diskreter vorzugehen vorhatten, indem sie ihre Beziehungen zu den Gattinnen der Triumvirn spielen lassen wollten in der Erwartung, dass diese ihrerseits auf ihre Ehemänner im Sinne der Demonstrantinnen einwirken würden. Ich glaube, dass dieses der Realität Politik ausübender Frauen in der römischen Republik viel näher kommt als die exempla, die wir bis anhin besprochen haben. Es wurde eingangs schon skizziert, dass der Wirkungsraum von Frauen die domus war. Die geschilderten Ausnahmefälle aus republikanischer Zeit, als Frauen in irgendeiner Weise in der Öffentlichkeit politisch auftraten, dürften auf politische Zielsetzungen, die Frauen in der Kaiserzeit, zumal die Augustae, verfolgten, und auf Methoden, die sie anwandten, kaum direkten Einfluss gehabt haben. Als Bestandteil des kollektiven Gedächtnisses dienten sie allenfalls dazu, den Wertehaushalt der Gesellschaft zu stabilisieren und beide Geschlechter in ihren jeweiligen Rollen darin einzubinden, und sie erlaubten zugleich, den Frauen einen konstruktiven Anteil an der römischen Geschichte, die ja im Wesentlichen als Geschichte der res publica verstanden wurde, einzuräumen und sie damit durch die Betonung des Ausnahmecharakters der Vorfälle paradoxerweise freilich auch an dem ihnen angemessenen Platz in der Gemeinschaft - nämlich im Haus - zu verorten. An diesem Platz hat sich auch in der frühen Kaiserzeit nichts geändert. In diesem Sinne blieb auch der unmittelbare, enge Rahmen politischen Wirkens für Frauen zu-
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Val. Max. 9,1,3. Ausführlichstes Referat bei App. civ. 4,32-34; vgl. Val. Max. 8,3,3 u. Quint, inst. 1,1,6; HEMELRIJK 1 9 8 7 , 2 1 9 - 2 2 0 ; v g l . a u c h KRECK 1 9 7 5 , 8 4 - 9 2 ; SCHUBERT 2 0 0 2 , 7 1 .
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Davon zeugt, dass die Rede noch Quintilian vorgelegen zu haben scheint (inst. 1,1,6) und sie Val. Max. 8,3,3 als Muster erfolgreicher weiblicher Rhetorik dient.
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mindest in der julisch-claudischen Zeit derselbe wie in der Republik. Wie wir gesehen haben, gelang es damals gelegentlich - etwa über religiös-kultische Verpflichtungen oder an geselligen Anlässen - Verbindungen zu knüpfen, die Isolationen zu durchbrechen geeignet waren und ein gemeinschaftliches Handeln, wie es die Episode um Hortensia und ihre Mitkämpferinnen zeigt, zumindest in Ansätzen möglich machten. Normalerweise blieb politisches Handeln von Frauen an Männer gebunden, die zu beeinflussen sie in der Lage waren. Dabei dürften unterschiedliche Neigungen, Interessen und Fähigkeiten eine Rolle gespielt haben, angesichts des hohen Politisierungsgrads der republikanischen Führungsschicht, die als politische Elite zu bezeichnen durchaus angängig ist, ist jedoch zu vermuten, dass die weiblichen Angehörigen der Oberschicht im Durchschnitt großen Anteil nehmen wollten am politischen Schicksal ihrer Väter, Gatten und Söhne - nicht nur als Heiratsobjekte, sondern auch als Subjekte im politischen Spiel. Sie teilten gewiss das Standesbewusstsein und den Adelsstolz ihrer männlichen Verwandten. Insofern bauten die Augustae auf einem soliden Sockel, wenn sie politisch mitwirken wollten. Geändert hatte sich vielleicht wenig an der Art der Einflussnahme und deren Bezugspunkten - domus und familia - , sehr viel hingegen an der Stellung der einen domus, in der die Damen des Kaiserhauses Einfluss ausübten: Sie überragte an Macht und Ansehen alle konkurrierenden Häuser, eine Situation, wie sie innerhalb der hoch kompetitiven Oberschicht der Republik undenkbar und unakzeptabel gewesen war.49 Mit dieser Position ging einher, dass die Folgen politischer Aktivitäten einer Dame aus der Kaiserfamilie sehr viel mehr Menschen betrafen als diejenigen einer Senatorengattin während der Republik und - damit verknüpft - dass sie von den Beobachtern, deren Schriften uns erhalten sind, deswegen auch sehr viel intensiver wahrgenommen wurden.
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Dass sich diese domus wegen ihrer neuen Stellung und der politischen Rolle und Macht ihres Vorstehers auch im Innern neu strukturierte und sich bereits unter Augustus zu einem Hof zu wandeln begann, hat WINTERLING 1999 gezeigt. Das bedeutete, dass die Augustae mit sehr vielen anderen und gegenüber der Republik zum Teil neuen Kräften um Einfluss und das Ohr des Kaisers konkurrieren mussten.
Grundlagen von Einfluss und Macht
Una fonte della ricchezza delle Augustae Le fìglinae urbane François Chausson/Alfredo Buonopane
Die Analyse der Ziegelstempel zeigt einige interessante Aspekte: Alle Zeugnisse stammen aus dem 2. Jh.n.Chr. Außerdem zeigt sich in der zweiten Hälfte des 2. Jh.n.Chr. durch die Konzentration des Besitzes bedeutender Ziegeleien in der Hand von Domitia Lucilla minor, der Mutter Marc Aurels, und in der Hand von Galería Fuastina minor, der Ehefrau von Marc Aurel, ein erhebliches Anwachsen des Reichtums und der Macht der kaiserlichen Familie. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass in denselben Stempeln nicht nur von fìglinae die Rede ist, sondern auch von praediae. Es handelt sich also nicht nur um eine Konzentration von Werkstätten, sondern auch von Landgütern im Besitz der Herrscherfamilie. Die Analyse der offìcinatores zeigt, dass einige von ihnen kaiserliche Sklaven waren. Man kann deswegen annehmen, dass die Augustae in einigen Fällen Sklaven ihres besonderen Vertrauens mit der Organisation der Werkstätten betrauten, die dann in der Produktion auch eine aktivere Rolle gespielt haben. Andererseits ist es bemerkenswert, dass einige offìcinatores gleichzeitig verschiedene fìglinae verwaltet haben und dabei so stark mit den Werkstätten verbunden waren, dass sie in derselben figlina blieben, obwohl die Besitzer sich wechselten. L'analisi delle iscrizioni dollari evidenzia alcuni aspetti interessanti: tutte le testimonianze si addensano nel II secolo d.C., e, a partire dalla seconda metà del II secolo, si verifica una concentrazione delle proprietà con fìglinae di grande importanza nel patrimonio di Domitia Lucilla minor, madre di Marco Aurelio e di Annia Galería Faustina minor, sua moglie, una concentrazione che significa un enorme accumulo di ricchezza e, conseguentemente, di potere. Bisogna anche tener presente che nei bolli si parla non solo di fìglinae, ma anche e soprattutto, di praedia, ovvero di possedimenti terrieri: non si tratta perciò solo di una concentrazione di impianti produttivi, ma anche di vaste proprietà terriere, con tutte le implicazioni economiche, politiche e sociali di un tale fenomeno. L'analisi degli offìcinatores mostra che alcuni di loro sono schiavi imperiali, per cui si può pensare che in qualche caso la gestione delle aziende fosse affidata dalle Augustae a schiavi di fiducia: ciò proverebbe un loro diretto coinvolgimento, almeno in alcuni casi, nell'attività produttiva. E'anche interessante notare che alcuni di questi offìcinatores gestiscono contemporaneamente più fìglinae oppure seguono le fìglinae nei vari passaggi di proprietà. The analysis of brick stamps shows some interesting aspects. First, all the evidence can be dated to the second century AD. What is more, derived from this data, a concentration of possessions of very important brick factories by Domitia Lucilla minor, mother of Marcus Aurelius, and Annia Galería Faustina, his wife, can be assessed for the second half of the second century. This concentration meant a big accumulation of wealth and, consequently, of power. Besides these fìglinae, the brick stamps also mention praedia. Therefore, not only the concentrated property of factories, but also the possession of large estates, with all Its economic, political and social implications must be taken into consideration. The analysis of the offìcinatores mentioned shows that some of them were imperial slaves. It is thus suggested that the management of the officinae was conferred upon reliable slaves by the Augustae.
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François Chausson/Alfredo Buonopane These slaves would accordingly have played an important part in the production process. It is interesting to notice that on the one hand some of these officinatores managed different figlinae. On the other hand, examples of officinatores can be found, who stayed in the same factory, even if its ownership had changed.
Questo contributo è il frutto di due lavori strettamente congiunti:1 il primo relatore ha studiato il ruolo patrimoniale generale delle figlinae in possesso delle Augustae con particolare attenzione a tre casi più emblematici, mentre il secondo relatore si è concentrato sulle figlinae in mano alle Augustae, sul ruolo degli officinatores nell'ambito di questa produzione industriale e su ciò che lo storico-epigrafista può ricavare dall'esame dei bolli dollari a proposito del potere economico delle Augustae. Per ciò che riguarda la prima parte a cura di François Chausson, si deve in primo luogo confessare che verrano esposte più domande che risposte. Il lavoro presentato è un work in progress, legato ad un'indagine di più ampio respiro, di natura prosopografìca sulla dinastia antonina e sulla cerchia più stretta di parenti ed amici degli Antonini, indagine senza la quale non si possono capire i meccanismi, a volte sottili, di trasmissione del potere e dei patrimoni.2 Nell'arco di poche pagine non si possono neanche presentare dimostrazioni che richiedono di sfruttare una materia assai complessa sulla storia dei patrimoni ecc. Le strutture giuridiche sono le stesse per tutti, ma ogni famiglia è un caso particolare a causa dell'ordine gerarchico delle parentele e delle successioni testamentarie3 e dei rapporti umani sempre singolari di affetto o di odio, o, almeno, le preferenze che vengono espresse nei momenti cruciali della storia di una dinastia.4 Si presentano quindi in questa sede solo alcuni risultati. I problemi per intravedere le fonti della richezza delle Augustae sono insomma più 0 meno gli stessi che si pongono per le donne dell'ordine senatorio: rare allusioni letterarie, iscrizioni scarse (soprattutto dell'instrumentum) ci consentono un approccio parziale, quasi obliquo. Nei due primi secoli dell'impero (che qui ci interessano), le Augustae sono quasi tutte di nascita senatoria e il loro comportamento economico è in parte simile alla gestione economica dei membri dell'ordine senatorio: schiavi e liberti sono gli
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F. CHAUSSON ha curato la prima parte, Alfredo BUONOPANE la seconda, ma il lavoro è stato proprio concepito in due. Gli autori vogliono ringraziare Anne KOLB che ha amichevolmente accettato il principio di una relazione congiunta. Vd. F. CHAUSSON, Princesses antonines, affranchis impériaux, briqueteries. Une enquête dynastique, mémoire d'habilitation discusso in 2006 presso l'Université Paris-1 Panthéon-Sorbonne, di prossima pubblicazione. Questa monografia include vari capitoli su Plotina, sulle due Faustinae e su Matidia Minore. Sul testamento come espressione di rapporti umani, vd. C H A M P L I N 1 9 9 1 e le illuminanti considerazioni di BARBIER 2 0 0 5 . Per una storia generale delle Augustae, si vd. T E M P O R I N I - G R Ä F I N V I Z T H U M 2002a e ora CENERINI 2009a. Ringrazio l'amica Francesca CENERINI per avermi consentito di leggere il suo bel libro prima della pubblicazione.
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attori essenziali della praxis quotidiana, mentre la volontà della domina si può intravedere nel campo delle decisioni più importanti, pertinenti soprattutto alla trasmissione per via matrimoniale di grandi tenute, nella loro compravendita o ancora nella trasmissione testamentaria. 5 Il campo della grande proprietà si allarga a quello di ogni attività economica o commerciale che si poteva svolgere a partire delle risorse di queste tenute. 6 Su queste grandi tenute (praedia), grazie alla presenza di cave di argilla, si potevano sviluppare figlinae, con produzione particolarmente redditizia di laterizi che, dall'età flavia all'età antonina avanzata, nella zona di Roma, trovavano uno sbocco sul mercato della grande edilizia pubblica urbana. I proprietari di queste tenute con cave d'argilla, cioè i dominifiglinarum, erano spesso legati, in età antonina, a membri eminenti dell'aristocrazia senatoria e molte volte alla dinastia imperiale stessa o piuttosto al gruppo di famiglie che confluiscono a formare ciò che i Moderni chiamano la «dinastia antonina», famiglie più volte imparentate fra di loro. In alcuni casi (quelli più emblematici di Antonino Pio e di Marco Aurelio, forse anche quello di Lucio Vero7) può anche capitare che l'imperatore sia, per parte di madre, discendente di tutta una dinastia di domini figlinarum. Già da privati, gli Augusti potevano essere o domini figlinarum o figli di dominae figlinarum: ciò implica che questa produzione poteva conferire un grande potere economico che a volta appoggiava rivendicazioni politiche. I domini figlinarum erano spesso membri di un gruppo chiuso, scelto, vicinissimo alla cerchia più stretta della famiglia imperiale. Tre casi più cospicui meritano qualche commento, in maniera allusiva (non si possono commentare a fondo tutti gli alberi genealogici pure necessari a spiegare i delicati meccanismi di trasmissione di potere e di patrimonio). Faustina Maggiore è un caso strano. Certo, Faustina, che è stata chiamata Augusta quasi dall'inizio del regno del marito, è morta nel corso del terzo anno del suo regno, e la documentazione è scarsa; ma lei è quasi l'unica Augusta del secondo secolo (con Marciana sorella di Traiano e Crispina moglie di Commodo) a non essere stata domina figlinarum (come dimostra anche il catalogo preparato da Alfredo Buonopane - infatti i bolli LSO 613 e 614, con officinatores Q. Manius Verecundus e L. Vallius Proculus, possono anche essere della madre Rupilia Faustina, o della nipote Annia Fundania Faustina, perché sembra preferibile indentificare questa Faustina con una privata domina figlinarum già esistente ed omonima piuttosto che «creare» una nuova domina non ancora attestata; ma almeno non esistono bolli di Faustina Maggiore in quanto Augusta). La cosa è del tutto strana:
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L'importanza dell'azione dei domini e delle dominae, di rango senatorio, nel campo della decisione economica, è stata ricordata da STEINBY 1984 e STEINBY 1999, la cui visione sembra più equilibrata di quella di HELEN 1975.
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Sullo statuto giuridico-sociale delle donne e la loro attività economica, si vd. in generale GOUREVITCH/ R A E P S A E T - C H A R L I E R 2 0 0 1 ; CENERINI 2 0 0 2 ; B U O N O P A N E / C E N E R I N I 2 0 0 5 ; s u l l e p r o p r i e t à s e n a t o r i e
in generale in Italia, vd. ANDERMAHR 1998 e la raccolta di studi di ANDREAU 1997; sui partners dei senatori in questa attività economica, vd. CARLSEN 1995. 7
Su queste famiglie, vd. CHAUSSON 2000a, CHAUSSON 2002a, CHAUSSON 2002, CHAUSSON 2003b, CHAUSSON 2004/2005, CHAUSSON 2005a, CHAUSSON 2005b, CHAUSSON 2006, CHAUSSON 2007, CHAUSSON 2008.
94 I
François Chausson/Alfredo
Buonopane
M. Annius Verus cos III 126 dom.figl.
T. Aurelius Fuluus Boionius Antoninus Aug. dom.figl.
Annia Galeria Faustina Aug.
Annia Galeria Faustina dom.figl.
CO
00
M. Annius Veras t 128
Marc Aurele dom.figl.
Rupilia Faustina dom.figl.
°c
Domitia Lucilla dom.figl.
Annia Cornificia Faustina dom.figl.
(Annia) co
CO
M.Vmmidius Quadratus cos 118
M. Vnimidius Quadratus Annianus Verus cos 146 dom.figl.
Fig. 1 I domini figlinarum nella famiglia di Faustina Maggiore (F. Chausson)
prima che il marito Antonino salisse al trono, producevano mattoni tanti membri della famiglia propria di Faustina Maggiore, tutti e due i genitori, la sua cognata Domitia Lucilla Minore, 8 i nipoti (vd. in grassetto nella fig. 1), m a anche tutta la famiglia nella quale si è sposata, marito, suocera, madre della suocera, cognati, cognate, forse nipoti del marito, cugini del marito (vd. in grassetto nella fig. 2). Faustina Maggiore è, già da privata, circondata da produttori di mattoni, ma è quasi l'unica a non esserlo. Certo non per incapacità: è più probabile che vi fosse in questa cerchia famigliare una ripartitizione e quindi una concentrazione su singoli individui di varie attività economiche e che Faustina Maggiore non avesse questa attività (ma doveva averne altre). Solo una storia analitica delle figlinae in m a n o dei suoi genitori potrebbe gettare più luce su questo problema. Un altro caso è notevole, quello di Matidia Minore. 9 Questa donna, nipote di Traiano, nipote di una Augusta, figlia di una Augusta, sorella di una Augusta,10 si è arricchita col tesoro imperiale e, in particolare, dal suo nipote adottivo Antonino Pio. Questa concentrazione della richezza imperiale in una donna strettamente imparentata colla dinastia è già di per sé interessante. La famiglia paterna di Matidia Minore e di Sabina era composta 8
Sull'attività patrimoniale ed economica di Domitia
Lucilla Minore, presunta sorellastra di Adriano,
cognata di Faustina Maggiore e di Antonino Pio, madre di Marco Aurelio, vd. DI VITA-ÉVRARD 1987a, DI VITA-ÉVRARD 1987b, DI VITA-ÉVRARD 1989, DI VITA-ÉVRARD 1999; GASPERONÌ 2003; GREGORI 2008. 9
Su questa principessa, vd. CHAUSSON 2008, in attesa della pubblicazione della monografia annunciata della nota 2, nella quale un ampio capitolo viene dedicato a Matidia Minore.
10
Sulle d o n n e della casa imperiale della prima metà del II sec. d.C., vd. TEMPORINI 1978 e BOATWRIGHT 1991. Sull'attribuzione del titolo di Augusta a Marciana e Plotina nel 100, vd. DUPUIS 1994 ed a Sabina nel 119, ved. ECK 1982.
Una fonte della ricchezza delle Augustae - Le figlinae urbane
Cn. Arrius Antoninus cos 69
T. A u r e l i u s
Arria Fadilla dom.figl.
Fuluus cos 89
Annia Galería Faustina
T. A u r e l i u s F u l u u s fratres Boionius Antoninus Aug. dom.figl.
Aug.
Annia Galería Faustina dom.figl.
Fig. 2
χ
Arrius Antoninus dom.figl.
2°)
| 95
(Seruilia) Plotia I s a u r i c a dom.figl.
Iulius
(Arria)
oc
(L. C a e s e n n i u s )
Lupus
Arria _ Iulia Lupula Lupula dom.figl. dom.figl.
Iulia Fadilla
Arria Caesennia Paulina dom.figl.
L. Caesennius Antoninus cos 128
M a r c Aurèle dom.figl.
I domini figlinarum nella famiglia di Antonino Pio (F. Chausson)
di due rami di Vibii e di Mindii legati in parte all'Italia del Nord (vd. fig. 3). Quella del marito anonimo è del tutto sconosciuta (forse legata a portatori del cognomen Varus Vibii7. - o del gentilizio Varius - Ambibuli7. - ) u e non si deve escludere che il marito sia morto prematuramente o sia caduto in disgrazia presso il cognato Adriano. 12 C o m u n que la famiglia o del padre o dell'enigmatico marito era forse legata alla città di Suessa Aurunca in Campania, dove Matidia ebbe un'importantissima attività edilizia: il teatro ha dato non solo una splendida statua che la rappresenta, ma anche fistule a nome suo e una monumentale iscrizione che, ricostituita e presentata durante questo congresso, è stata pubblicata nel Journal des Savants.B Non è sorprendente che Matidia Minore abbia avuto anche unattività redditizia come la produzione di mattoni (vd. fìg. 4), assai tardi nella sua 11
12
13
Secondo Fronto, Epistulae ad amicos 1,14,1 (p. 179 VAN DEN HOUT2), Matidia Minore aveva fra i suoi legatari dei misteriosi alumni VarianU probabili beneficarli di una fondazione alimentaria creata da un membro della sua famiglia. Se questo appellativo Variarli risale a dei Variu può essere pertinente alla famiglia del suo sconosciuto marito ; ma se risale al cognomen Varus, ben noto per una importante gens di Vibii, potrebbe anche essere pertinente ad un ramo della famiglia paterna di Matidia Minore; vd. CHAUSSON 2008. Su questi aspetti politici e il ruolo di Matidia Minore alla corte di Traiano e di Adriano, e per i possibili candidati per l'identificazione di suo marito, vd. ora CHAUSSON 2008. Vd. CHAUSSON 2008.
96 I
François Chausson/Alfredo Buonopane
L. Vibius Varus leg. Asiae ép. Aug. 1 L. Iunius Q. Vibius Crispus 0 12 t av. 93 cos. III ca 83
?;
1 L. Vibius Secundus
L. M i n d i u s Pollio procos Bithyn. 41-43
L. M i n d i u s Balbus procos Bithyn. 43-47 M . Vlpius Traianus
Q. Vibius Secundus cos. 86
r ? , ?/ cf
\
T. Vibius Varus procos. Cret. Cyr. fin 1er - déb. lie
C. Salonius Matidius Patruinus mag. Arvalium t 78
L. (Vibius
oo
Mindius) '
rp v 1
'
\
9
cos. suff. 115 T. Vibius y^j^g . ,τ. cos. ord. 134
\
Matidie la Jeune ca 162
1
1
-
M . Vlpius Traianus
(Trajan) β
51/53 t 117
Salonia Matidia
1
° 691119
...
v 1D1US
V a r u s
00
-
(VIpia) Marciana 0 44/55 1 112
0
100 Sabine « P. ^ H u s 83/861137 Hadrianus /*• j · χ
(Hadrien)
A
* (laisse une dotation testamentaire en faveur de Variarti alumni) '
T . C l o d i u s Vibius Varus cos. ord. 160
Fig. 3
La famiglia di Matidia Minore (F. Chausson)
vita, sotto il regno del cognato Adriano o piuttosto sotto il regno del nipote Antonino, dopo, comunque, la morte della madre e forse anche quella della sorella Sabina:14 fu anche in parte erede di queste due Augustae e si deve tener conto di questa trasmissione per studiare i sottili legami fra il patrimonio imperiale e il patrimonio privato della Augustae o dei loro parenti ed eredi. Antonino Pio era figlio e nipote di dominae figlinarum di cui fu anche erede (vd. fig. 2). Ha condiviso queste proprietà probabilmente con sorellastre, essendo egli pure erede di vari parenti più lontani e anche loro domini figlinarum. Quando arrivò all'impero, ebbe una politica molto particolare che tendeva a salvaguardare gli interessi propri dei membri
14
Si deve essere molto cauti nellattribuire varie iscrizioni a Matidia Maggiore o alla figlia Matidia Minore: secondo le epoche e secondo il sopporto del documento (pietra, fistula, bollo laterizio) le loro nomenclature si possono confondere più volte a causa di vari tipi di abbreviazione; l'articolo di BOATWRIGHT 1992 che parte dalla vox della PIR2 M 368 non rimanda ad un corpus epigrafico stabilito abbastanza rigorosamente ; per una messa al punto, vd. C H A U S S O N , monografia annunciata a nota 2.
Una fonte della ricchezza delle Augustae - L t f i g l i n a e urbane
Fig. 4 I bolli a nome di Matidia Minore: LSO 600 e 601
della sua famiglia, principalmente i più vicini, cioè forse la moglie Faustina Maggiore, sicuramente la figlia Faustina Minore. 15 Certo, come imperatore, continuava a produrre mattoni a nome suo, forse su sue tenute ancora private, come viene attestato da un bollo rinvenuto nel teatro di Firmum nel Piceno.16 Ma già un aneddoto trasmesso dalla Historia Augusta mostra che Antonino era fin dell'inizio del suo regno conscio dei problemi connessi con i legami fra patrimonio privato e beni imperiali.17 Infatti è proprio sotto il regno di Antonino Pio che si nota una evoluzione di varie istituzioni finanziarie di gestione dei beni imperiali, fra fiscus, Patrimonium e res privata, con varie tappe ulteriori fine al regno di Settimio Severo.18 Proprio in età antonina si fa la dissociazione fra il Patrimonium (beni imperiali trasmessi a tutti gli Augusti) e la res privata (beni personali dell'imperatore che poteva trasmettere a membri privati della sua famiglia). Antonino Pio ebbe sempre la preoccupazione di trasmettere alla figlia ormai unica (ma anche ad altri membri) la sua fortuna personale.19 Questa decisione si può intravedere attraverso documenti datati fra il 147 (quando Faustina Minore diventò Augusta) e il 161 (quando Marco Aurelio diventò Augustus).20 Faustina Mi-
Su Faustina Minore, è sempre essenziale la monografia di
FITTSCHEN 1982;
vd. anche
BOATWRIGHT
2003.
CIL IX 6078, 5 (Firmum): I M P A N T O N AVG PI. SHA Pius 4,8 (ed. trad. J.-P. C A L L U ) : Huius primum hocfertur, quod, cum ab uxore argueretur quasi parum nescio quid suis largiens, dixerit : Su questo vd. Lo C A S C I O 1 9 7 2 / 1 9 7 3 ristampato in Lo C A S C I O 2 0 0 0 ; J A C Q U E S / S C H E I D 1 9 9 0 ed anche i vari articoli raccolti negli atti recentemente pubblicati da P U P I L L O 2 0 0 7 . SHA Pius 7 , 9 (ed. trad. J.-P. C A L L U ) : Patrimonium privatum in filiam contulit, sedfructus reipublicae donavit. A d e s . C I L X V 7 1 9 ( L S O , 6 1 8 ) : OPVS DOL(iare)
EX P R ( a e d i s ) AVRELI C A E s ( e r i s ) ET FAVS|TINAE
AVG(ustae) VLPI A N E | C E T I A N I . Tali bolli sono di interpretazione cronologica delicata: se Marco Aurelio viene considerato solo come Caesar (e non ancora Augustus), quei bolli vengono datati fra
|
98 I
François Chausson/Alfredo
Buonopane
nore ha probabilmente ereditato figlinae o dal padre o forse da altri membri della sua famiglia (suocera? nonni materni?). Fin da quando Antonino era vivo Faustina Minore sembra di avere recuperato figlinae che gestiva in comune col marito (ereditate della famiglia del marito?). Intorno alle figlinae, ce comunque tutta una dialettica fra beni privati e beni più «pubblici» della famiglia imperiale. Alla sua morte, Antonino lasciò il suo Patrimonium privato alla figlia e vari doni per testamento a parenti anonimi.21 Si può pensare che le figlinae facessero parte dei beni privati lasciati a disposizione della figlia (come usufrutto) già quando Antonino era in vita e che poi furono lasciati per testamento alla figlia. Infatti il caso di Antonino Pio mostra un calo nel processo di concentrazione delle grandi figlinae in mano dell'imperatore - ciò ch'era notevole sotto Adriano e riprenderà negli ultimi decenni del II secolo per accentuarsi sotto i Severi. Marco Aurelio, discendente di grandissimi domini figlinarum, ebbe anche lui una politica molto personale. Come Antonino il suo modello politico, egli concepiva se stesso come un senatore privato che gestiva i suoi proprii beni.22 Si può pensare che, nel suo caso, 1 e figlinae in mano della famiglia furono gestite in maniera quasi privata, ma vi è un silenzio nella documentazione epigrafica perché Marco Aurelio non appare come grande produttore di mattoni. Invece, c'è forse un indizio di trasmissione di figlinae nella sua famiglia. La Historia Augusta dice che ha trasmesso i beni ricevuti da sua madre al figlio di sua sorella già defunta.23 Grazie alla cronologia della biografia dell 'Historia Augusta, questo aneddoto non può risalire né alla morte della madre né a quella della sorella, ma piuttosto al momento in cui Marco Aurelio fu costretto a prendere una decisione sui suoi beni personali. Non è un caso, forse, che fece questo lascito al figlio superstite della sorella defunta (invece che ai propri figli): la sorella Annia Cornificia Faustina e il cognato Ummidius Quadratus erano già domini figlinarum,24 e forse attuò in quel momento una scelta che consentiva la concentrazione di una attività in mano a un personaggio che la praticava già.
21
22
23
24
il 147 e il 161. Ma l'arco cronologico si può forse allargare al periodo fra il 161 e il 176, perché può capitare (almeno in età Adrianea) che il principe, pur essendo Augustus, sia chiamato solo Caesar sui bolli laterizi (ma in quei casi viene piuttosto menzionnato come Caesar «tout court», senza il suo nome). SHA Pius 12,8 (ed. trad. J.-P. CALLU): Privatum Patrimonium filiae reliquit, testamento autem omnes suos legatis idoneis prosecutus est. SHA Aur. 5,7-8: Adoptatus in aulicam domum omnibus parentibus suis tantam reverentiam, quantam privatus exhibuit eratque haut secus rei suae quam in privata domo parcus ac diligens, pro instituto patris volens agere, dicere, cogitare. SHA Aur. 7,4: Bonorum maternorum partem Mummie [= Ummidio] Quadrato, sororis filio, quia illa iam mortua erat, tradidit. Come dimostra un bollo urbano: CIL XV 731 a et b: EX PR VMIDI QVADRATI ET ANNIAES FAVSTINAE.
Una fonte della ricchezza delle Augustae - Le figlinae urbane
| 99
Questi esempi hanno mostrato, spero, la complessità dei meccanismi di trasmissione dei beni patrimoniali delle Augustae o alle Augustae solo a partire dalle fonti letterarie e dalla storia dinastica. Adesso tocca ad Alfredo B U O N O P A N E che ha indagato sulle figlinae in mano delle Augustae a partire della documentazione presente sui bolli. *
*
*
Come ha sottolineato François CHAUSSON, la nostra ricerca è un work in progress e per tale ragione mi limito a presentare in questa sede solo alcuni aspetti della produzione laterizia urbana legata alle Augustae, esclusivamente sulla base dell'escussione della documentazione epigrafica, nella speranza di fornire ulteriori spunti di ricerca e di approfondimento. È noto che un lavoro di questo tipo deve tener conto di numerosi ostacoli25, rappresentati in primo luogo dal grande numero di bolli inediti26 - sia del tutto nuovi, sia varianti, completamenti o correzioni di esemplari già noti27 - alcuni dei quali potrebbero modificare, anche se credo solo in parte, il quadro qui delineato.28 A questo si devono poi aggiungere la problematica identificazione di alcuni dei personaggi femminili ricordati sui bolli (basti pensare ai casi di Faustina Augusta, Rupilia Faustina e Annia Fundania Faustina, qui presentati da François CHAUSSON), l'ambiguo formulario dell'epigrafia doliare, con la presenza di espressioni come expraedis ed exfiglinis, per le quali, a mio parere, nessuna spiegazione finora suggerita è del tutto soddisfacente, 29 i problemi di datazione, quando questa non sia espressamente indicata dalla coppia consolare.30 Un'ultima questione, infine, e con tutta probabilità la più importante, riguarda i modi di gestione delle proprietà, delle cave di argilla, delle officine di produzione, dello stoccaggio, dello smistamento e del collocamento sul mercato dei laterizi e, soprattutto, il rapporto fra domini,
25 26
27 28
29
30
Si veda quanto scrive BRUUN 2005, 3-4, 7 - 1 0 , 1 6 - 1 8 . BRUUN 2005, 10, ritiene che un nuovo corpus dei bolli laterizi includerebbe oltre 30.000 esemplari, ripartiti in almeno 5000 tipi diversi. Su tali definizioni: STEINBY 1977, 24; LSO 1978, 27. Sono, infatti, convinto anch'io che l'affermazione «almost all stamps which are used in their time are known» (HELEN 1975, 13) non sia condivisibile; cfr. BRUUN 2005, 4. La questione, infatti, è alquanto complessa e, nonostante l'indubbia importanza ai fini interpretativi, non è questa la sede per proporre ulteriori approfondimenti. Mi limito a segnalare, con BRUUN 2005, 8-12, che, dopo la nuova interpretazione di figlinae come «day district» (cave di argilla) e come vocabolo praticamente intercambiabile con praedia, avanzata da HELEN 1975, 37-88, in particolare le p. 82-83, le conclusioni cui è giunta dopo lunghe indagini Margareta STEINBY, per la quale con figlinae si intenderebbero sia i giacimenti di argilla sia le strutture necessarie al funzionamento delle officine (in particolare STEINBY 1984, 232) hanno ridato forza alle teorie dei grandi studiosi del passato come Dressel (CIL XV, p. 4) e BLOCH (BLOCH 1947,334). Sulla questione si veda inoltre CAMILLI 1987, 93-94, mentre sarebbe di grande utilità la raccolta di fonti redatta da Rossi ALDROVANDI 1997, se fosse provvista di un pur minimo commento (le attestazioni relative al vocabolo figlino e alle sue varianti sono alle p. 73-112). Si veda quanto scrive STEINBY 1974-1975,108-109 (cfr. anche STEINBY 1986,101), il cui studio costituisce comunque uno strumento insostituibile.
100 I
François Chausson/Alfredo
Buonopane
dominae nel nostro caso, e officinatores.31 Si deve pensare, quindi, a un ruolo marginale dei domini, che si limitavano ad affittare a terzi (gli officinatores) alcuni loro possedimenti con cave di argilla, come ritiene Tapio HELEN,32 o a un loro attivo coinvolgimento in tutte le varie fasi, dalla produzione al collocamento sul mercato, come propone Margareta STEINBY? 3 3
Mi concentrerò qui su tre punti: quali sono le Augustae (intese nel senso stretto di mogli di un imperatore), legate alla produzione di laterizi, quali sono gli impianti produttivi a loro ricollegabili, quali sono gli officinatores a loro collegati. A tale scopo ho approntato delle tabelle,34 che pur avendo un carattere indicativo, proprio per le difficoltà cui accennavo poc'anzi, spero siano utili per meglio comprendere l'articolazione del fenomeno. Nella tabella 1 fra le imperatrici attestate su bolli non ho inserito le testimonianze relative a una Paetina ( B L O C H 1947-1948,196-197; L S O 1978, 557), che B L O C H , SETÄLÄ, STEINBY, R A E P S A E T - C H A R L I E R ritengono essere Aelia Paetina, la seconda moglie dell'imperatore di Claudio,35 perchè a mio parere la mancanza del gentilizio e la presenza di un cognome discretamente diffuso 36 rendono molto dubbia tale identificazione, a una Iulia Augusta (CIL XV 1473), in quanto si tratta più probabilmente di Flavia Iulia, la figlia di Tito37 che non di Agrippina minore, madre di Nerone, 38 a una Domitia Domitiani, ovvero Domitia Longina, moglie di Domiziano (CIL XV 548-558; LSO 1978, 481-485), a lui sopravvissuta per diversi decenni, 39 perchè la sua attività nella produzione di laterizi sem-
31
Un'efficace esposizione della problematica con l'analisi delle varie teorie è in BRUUN, 2005a, 16-18; si veda inoltre AUBERT 1994, 222-244; AUBERT 2005.
32
HELEN 1975, 8 9 - 1 3 8 .
33
STEINBY 1 9 8 4 , 2 3 0 - 2 3 6 ; STEINBY 1 9 9 3 , 1 4 1 ; c f r . a n c h e CAMILLI 1 9 8 7 , 9 3 - 9 4 .
34
Nei riferimenti mi sono servito delle seguenti sigle: C = CIL XV/1; S = BLOCH 1947-1948; LSO = LSO 1978; A = STEINBY 1978-1979; le date proposte sono basate soprattutto sulle indicazioni di CIL XV, di BLOCH 1947-1948 e di STEINBY 1977, con l'unica notevole divergenza rappresentata dai bolli menzionanti Faustina Aug. minor, che la studiosa (p. 37, 72,105) colloca a partire dal 161, data dell'ascesa al trono di M. Aurelio, ritenendo che si tratti di figlinae del marito, a lei trasferite nel m o m e n t o di assumere il potere imperiale. Ritengo invece che alcune di queste appartenessero a lei già prima del matrimonio, ricevute da membri della sua famiglia (si veda quanto scrive qui François CHAUSSON a proposito dell'eredità di Antonino Pio), per cui alzerei la datazione almeno a partire dall'I dicembre del 147, quando ella ricevette il titolo di Augusta (KIENAST 1996,141). Questo è avvalorato anche dal fatto che ella reca tale titolo anche nei bolli in cui è associata a M. Aurelius, definito Caesar (vedi tabelle 1 e 2) e quindi anteriormente al 161. Bisogna inoltre tener presente che anche le proprietà in comune con Marco Aurelio sono passate a Faustina prima dell'ascesa al trono del marito:
35
BLOCH 1 9 4 7 - 1 9 4 8 , 50; SETÄLÄ 1 9 7 7 , 4 0 - 4 1 ; STEINBY 1977, 9 6 , 1 0 5 ; STEINBY 1 9 7 8 , 1 5 2 4 ; RAEPSAET-
36
KAJANTO 1 9 6 5 , 2 3 9 .
37
RAEPSAET-CHARLIER 1987, 323-324, nr. 371; si veda inoltre, in questo volume, il contributo di Gian Luca Gregori.
STEINBY 1 9 8 6 , 1 0 3 ; L o CASCIO 2005, 98.
CHARLIER 1987, 3 9 - 4 0 , nr. 18.
38
RAEPSAET-CHARLIER 1 9 8 7 , 3 6 5 - 3 6 7 , n r . 4 2 6 .
39
RAEPSAET-CHARLIER 1987, 2 8 7 - 2 8 8 , nr. 327; LEVICK 2003; CHAUSSSON 2003a.
Una fonte della ricchezza delle Augustae - Le figlinae urbane
| 101
bra cominciare molti anni dopo la morte del marito (all'incirca tra il 120 e il 124: CIL XV 40 5 5 2 ) , quando è ormai una privata cittadina, e a una Faustina (CIL XV 7 1 4 ; 7 2 5 ; 2 0 6 8 = BLOCH 1 9 4 7 - 1 9 4 8 , 2 1 2 ; LSO 1 9 7 8 , 6 1 3 ; 6 1 4 ; 6 2 2 ) , che, per le ragioni qui esposte da François Chausson, difficilmente può essere Annia Galería Faustina maior, la moglie di Antonino Pio.41 Nella tabella 2 ho inserito le figlinae note e situate nelle proprietà appartenenti sia alle imperatrici sia alle madri di due imperatori, ovvero Arria Fadilla, madre di Antonino Pio,42 e Domitia Lucilla minor, madre di Marco Aurelio,43 così che si possano più immediatamente cogliere sia il processo di concentrazione delle proprietà nell'ambito della famiglia imperiale, specie nelle mani dei componenti femminili, sia i vari passaggi patrimoniali; nella tabella 3, infine, ho riunito in ordine alfabetico gli officinatores collegati alle imperatrici, per porre meglio in evidenza il fatto che alcuni di loro hanno operato, o contemporaneamente o in tempi diversi, in più figlinae e alle dipendenze di vari personaggi.
40 41
42
43
SETÄLÄ 1977, 109-111. RAEPSAET-CHARLIER 1987, 78-79, nr. 62, la quale, invece, seguendo CIL XV 714; Bloch 1947-1948, p. 54, nr. 211; SETÄLÄ 1977, l i l e STEINBY 1978, 1525-1526, ritiene, che sia anctíella una domina figlinarum. SETÄLÄ 1 9 7 7 , 6 2 - 6 5 ; R A E P S A E T - C H A R L I E R 1 9 8 7 , 1 1 5 - 1 1 7 , nr. 9 9 ; CHAUSSON 2 0 0 0 a ; CHAUSSON
2005a; CHAUSSON 2007,134-135. Su Domitia Lucilla minor si veda sopra alla nota 8; Secondo HELEN 1976, nei bolli delle figlinae Fulvianae (CIL XV 223-224 = LSO 1978, 237-238) non si farebbe menzione della madre di Marco Aurelio, bensì di sua figlia, Annia Lucilla.
102 I
François Chausson/Alfredo
Buonopane
Tabella 1 Augustae attestate su bolli dollari Pompeia Plotino I Denominazione
figlinae
formula
Plotina Augusta
Quintianae
Plotinae Augustae Quintianae
officinator
data
riferimenti
114-116 circa
C 441a-b; LSO 403
Plotino Aug.
ex praedis
Licinius Pudens
123
C 691; LSO 589
Plotina Aug.
ex praedis
Valeria Nice
123
C 692; LSO 590
Plotina Aug.
ex oficina ex praedis Valeriaes Nices
Valeria Nice
123 circa
C 693-694; LSO 591-592
Plotina Aug.
ex praedis
T. Camidienus Atimetus
C 695-696; LSO 593-594
ex figlinis
M. Ocius Antiochus
C 698; LSO 595
Plotina Aug.
ex praedis
P. Ocius Antiochus
C 700; LSO 596
Plotina Aug.
ex figlinis
1
1 Plotina Aug.
Plotina Aug.
Ρ
C 699
ex figlinis
Trophimus
C 701; LSO 597
Plotina Aug.
ex praedis
M. Valerius Priscus
C 702 = LSO 598
Plotina Aug.
ex figlinis
L. Calpurnius Phoebus
C 703; LSO 599
Catullus Plotinae Aug.
C 921
1
Plotina Aug. 1
I
Sabina Denominazione
figlinae
formula
Sabina Aug.
opus Salarese
ex praedis
1
officinator
1
data
riferimenti
132
C 510 = S 144
Annia Galeria Faustina min. Denominazione
figlinae
formula
officinator
data
riferimenti
Faustina Aug.
Caninianae
ex praedis
Brttidius Priscinus
post 1/12/147
C 133
Faustina Aug.
Caninianae
ex figlinis
Rutilius Successus
post 1/12/147
C 134; LSO 173
1
1
Una fonte della ricchezza delle Augustae - Le figlinae urbane I Faustina
Aug
Domitianae maiores
Faustina
Aug.
post 1
Domitianae
Γ Sex.
expraedis
maiores Faustina Aug. Ν.
1
expraedis
Faunianae
ex
praedis
lulius
1
Faustina
Aug.
Aug.
Ponticulanae
ex
Ponticulanae
ex
praedis
1
praedis
post
Asclepiades
1/12/147
Lanius
post 1
Faustina
Aug.
Ponticulanae
Sex.
ex figlinis 1
Faustina
Aug.
expraedis
Ponticulanae
1
Sex. Po( Sex.
Faustina
Aug.
Terentianae
ex
praedis
Aug.
Terentianae
ex
praedis
Maius
ex
1 C 400
post
C 620
1/12/147 post
ser(vus)
1 Faustina Aug. Ν.
S 102; LSO 379
1 Faustin(ae
servus) Faustina
1/12/147
1/12/147
Po(blicius)
Maius
C 399; LSO 378
1/12/147
post
) =
Consors
C 398; LSO 3 7 6 - 3 7 7
post
Publicius
Consors
C 211; LSO 228
1/12/147
C. Aelius
Festus
C 186; LSO 212
1/12/147 post
Priscus
1 Faustina
post
Publicius
Consors
C 161; LSO 188
1/12/147
1
1/12/147
C 621; LSO 528 1
post
praedis
C 721; LSO 619
1/12/147 Faustina
Aug.
ex
post
praedis
C722
1/12/147 Faustina
Aug.
ex
praedis
post
Similis
C 723; S 214; LSO 620
1/12/147 Faustina
Aug.
ex
praedis
L. 1
Faustina Aug. Ν.
expraedis
post
Brttidius
Augustinianus Calvius
1
1/12/147 post
Crescens
C 724; LSO 621 1 C 726; LSO 623
1/12/147 Faustina
Aug.
ex
Calvius
praedis
post
Crescens
C 727
1/12/147 Faustina
Aug.
expraedis
Ti. 1
Faustina
Aug.
ex
oficina
Me(ti)
expraedis
Atal(i)
post
Claudius
Secundus
1/12/147
Me(tius) At (alus)
post
ex figlinis 1
Sex. 1
C 729; LSO 625
1/12/147
1
Faustina Aug. N.
C 728; LSO 624
post
Vismatius
Restitutus
I
1/12/147
C 730; LSO 626
|
104 I
François Chausson/Alfredo Continuazione
Buonopane
Tabella 1
Augustae attestate su bolli dollari Anttia Galería Faustina min. I
Faustina Aug.
I
ex praedis
1
Victolr]
I
post 1/12/147
A 116
ι
Fausti[na
]
ex praedis I
A 117
1
1
Aurelius Caesar et Anna Galería Faustina min. I
Denominazione
figlinae
formula
officinator
data
riferimenti
Aurei. Caes, et Faustina
Bucconianae
ex praedis
Sex.Publicius Consors
1/12/1477/3/161
C 45; LSO 77
Aur. Caes et Faustina Aug.
Ponticulanae
ex praedis
Aur. Caes, et Faustina Aug.
Terentianae
ex praedis ex praedis
1
(?)
1
1
1/12/1477/3/161
C 401; LSO 380
Maius ser(vus)
1/12/1477/3/161
C 622; S 189; LSO 529
Ulpius Anecetianus
1/12/1477/3/161
C 719; LSO 618
Victor
1/12/1477/3/161
C 2513
P(
)P(
)
1
Aur. Caes, et Faustina Aug. Aur. Caes, et Faustina Aug Aur. Caes, et Faustina Aug. Ν. •
exfiglinis ι
da esibire e nota biografica da valorizzare.56 Si segnala la mancanza dell'elemento gamonimico, sebbene appaia frequentemente
50 51 52 53
Sen. dial. 11 (Consolatio ad Polybium) 14,3 e 15,3. Così BADEL 2005, 223-226. Per le donne-antenato cfr. FLOWER 2002,159-184. Per la nuova condizione acquisita dalle donne della domus Augusta e la sovrapposizione tra sfera civile e f a m i l i a r e , c f r . SCUDERI 1 9 8 2 , 8 3 - 8 4 ; FLORY 1 9 9 6 , 2 8 7 , 2 9 8 ; GAFFORINI 1 9 9 4 , 1 3 1 ; CENERINI 2 0 0 2 , 7 9 - 8 0 ; FISCHLER 1 9 9 4 , 1 1 5 - 1 3 3 ; C o s i 1 9 9 6 , 2 6 2 ; TREGGIARI 2 0 0 5 , 1 4 0 - 1 4 7 ; FLOWER 2 0 0 6 , 1 6 2 .
54
55 56
P e r i privilegi acquisiti d a O t t a v i a , cfr. BAUMAN 1981; SCARDIGLI 1982; FLORY 1993; HEMELRIJK
2005. Per gli onori funebri a lei riservati vedi supra. Sen. dial. 6 (Consolatio ad Marciam) 2,4. FLORY 1996, 291. Iscrizione CIL VI 40356 = AE 1994,219: [M(arcus)] Marcellus C(ai)f(ilius),/gener/[Ajugusti Caesaris/ Octavia C(ai) f(ilia),/soror/August[i Caes]a[ris]. CIL VI 40357 = AE 1994, 220: [Ossa]/[Octaviae C(ai) fiiliae), sjororis/[Imp(eratoris) Caesaris] Augusti. Cfr. PANCIERA 1994, 91-95.
IL principe e la strategia del lutto - IL caso delle donne della domus di Augusto
nell'onomastica femminile di rango e, peraltro, risulti riscontrabile nella posteriore iscrizione sepolcrale di Agrippina Maggiore, le cui spoglie furono accolte tardivamente nel Mausoleo.57 Mentre tale testo epigrafico sembra riservare uno spazio esiguo al nome della donna, allo scopo di enfatizzare, in un'ordinata elencazione, il ricordo dei viri a lei legati, Ottavia, in morte, non può che esibire il naturale legame con il pater familias, espresso da un sintetico C.f., ed una più presenza del principe, la cui onomastica domina un'intera linea. La damnatio memoriae attuata nei confronti di Marco Antonio precludeva infatti qualsiasi possibilità di esibirne il nome in un monumento inserito nel funzionale contesto urbanistico-simbolico ideato per il Campo Marzio, sebbene la struttura architettonica in sé richiami, per conformità, proprio la memoria del celebre antagonista, se si vuol dar credito alla tesi per cui il Mausoleo di Augusto sarebbe nato quale antitesi al sepolcro alessandrino di Antonio. 58 Sebbene il testo iscritto sul blocco marmoreo sia disposto assialmente su due colonne affiancate, il nome di Ottavia appare l'ideale prosecuzione di un'apparente linea unitaria che associa in perpetuo la donna all'amatissimo figlio Marcello: oltre al ruolo di filia e soror, implicitamente si manifesta qui anche quello di mater.59 Augusto, privo di eredi maschi, in primis designò infatti il nipote prediletto come potenziale successore, determinando il conseguente allargamento del concetto di famiglia agnatizia in quello di domus ed integrando così anche i discendenti per via femminile e parentale più indiretta. 60 In quest'ottica, Ottavia si venne a qualificare, nella definizione di Cosi, come «il primo strumento e forse l'ispiratrice» della rinnovata politica familiare
57
Per l'uso del gamonimico già nel periodo repubblicano, cfr. KAJAVA 1994, 21-26; CANTARELLA 1998, 51. Relativamente alla sepoltura di Agrippina Maggiore nel Mausoleo di Augusto, cfr. PANCIERA 1 9 9 4 , 9 3 e 136. Iscrizione CIL V I 8 8 6 = CIL V I 3 1 1 9 2 = CIL VI 4 0 3 7 2 = A E 1994, 234:
58
Ossa/Agrippi-
naeM(arci) Agrippae [f(iliae)],/divi Aug(usti) neptis, uxoris/Germanici Caesarisjmatris C(ai) Caesaris Aug(usti)/Germanici principis. Per la damnatio memoriae di Antonio cfr. TRAINA 2003,101-106. Il nome di Marco Antonio è taciuto anche nel testo delle Res Gestae Divi Augusti (R. Gest. div. Aug. 24,1), che il principe aveva ordinato fosse esposto all'ingresso del monumentale tumulus Iuliorum, mentre il giorno della sua nascita, 14 gennaio, fu dichiarato, per decreto del senato, «dies vitiosus» e come tale registrato nei calendari. Cfr. sul t e m a FRASCHETTI 1 9 9 0 , 3 8 - 3 9 ; RUPKE 1995, 6 4 , 1 2 7 . Per l'affinità tra le d i m o r e u l t i m e di A n -
tonio e di Augusto e la loro aderenza ai canoni alessandrini, cfr. in particolare KRAFT 1967,189-206; LEVI 1 9 8 6 , 2 1 5 ; COARELLI/THEBERT 1 9 8 8 , 7 8 6 - 8 0 0 ; Z A N K E R 1 9 8 9 , 7 2 - 7 7 ; CASTAGNOLI 1 9 9 2 , 5 2 4 ;
ADRIANI 2000, 15. Per la simbologia rivelata dal complesso edilizio del campo Marzio, cfr. REEDER 1 9 9 2 , 2 6 5 - 3 0 4 ; CRESCI M A R R O N E 1 9 9 3 , 8 8 - 8 9 ; R E H A K / Y O U N G E R 2 0 0 6 . 59
Per un'analisi dettagliata dell'iscrizione vedi PANCIERA 1994, 91-94. Per la celebrazione pubblica delle donne della famiglia imperiale nel ruolo di madri, promossa da Augusto, vedi TREGGIARI 2005,
60
CORBIER 1 9 9 5 , 1 9 0 - 1 9 1 ; FLORY 1 9 9 6 , 2 9 2 - 2 9 3 ; SEVERY 2 0 0 3 , 2 1 3 - 2 3 1 . I n g e n e r a l e p e r il s i g n i f i c a t o
1 4 2 ; HEMELRIJK 2 0 0 5 , 3 1 6 .
di domus e familia, vedi SALLER 1984; CORBIER 1994, 243-291. Strab. 5,3,8 così illustra il Mausoleo: «... all'interno del tumulo sono le urne di lui [Augusto], dei suoi parenti e degli amici più intimi... ».
| 173
174 I
Giovannella Cresci Marrone/Sara
Nicolini
attuata dal fratello e pertanto assunse una posizione privilegiata nel periodo di formazione del principato, lasciando, secondo BARRET, Livia «nell'ombra».61 La configurazione ideologica di una domus imperiale si palesa quindi anche in ambito sepolcrale, proprio in considerazione del < progetto > deposizionale che si andava delineando, recepito visivamente dalla cittadinanza grazie ad espedienti di ordine epigrafico e artistico che, come noto, si distinsero quali veicoli privilegiati per l'incisiva attività propagandistica del principe. 62 La sequenza onomastica, che ricorda Ottavia e Marcello, è trasmessa con equivalenti modalità d'impaginazione e identici parametri contenutistici, al fine di porre l'accento sul rapporto che lega il singolo defunto al titolare del sepolcro; l'omissione di un qualsiasi accenno alle cariche ricoperte da Marcello corrobora tale considerazione. L'individualità dei membri della domus sembra perdere valore in funzione della glorificazione di Augusto, fondatore del principato e, al contempo, della prima dinastia imperiale, nonché titolare deìYheroon.61 Le disposizioni del principe, in merito alle sepolture nel tumulus Iuliorum, prevedevano tanto l'inclusione di soggetti che in vita avevano approntato altrove la propria deposizione - si ricordi Agrippa - quanto l'esclusione di personalità che avrebbero dovuto ragionevolmente essere accolte nella tomba di famiglia, come accadde per l'unica discendente diretta di Augusto. Giulia, accusata di adulterio, morì confinata a Regium verso la fine del 14 d.C., pochi mesi dopo il decesso del padre.64 In esilio venne a conoscenza della morte dei suoi figli e di una precisa volontà testamentaria di Augusto che le aveva interdetto la sepoltura nel Mausoleo.65 L'impietosa severità con cui il paterfamilias colpì la figlia non si placò neppure per accogliere le persistenti richieste di un suo rientro a Roma, opportunità che potenzialmente avrebbe favorito la captatio del consenso popolare. 66 La Giulia tacitiana soffre per la consapevolezza di approssimarsi ad uriobscuram necem, decretata per lei da Augusto, penalizzazione forse maggiormente gravosa per una donna che a lungo aveva ricoperto un ruolo pubblico, anche in relazione alle strategie
61
Per una trattazione relativa alla posizione di minor rilievo di Livia nel primo decennio del principato, cfr. BARRETT 2006, 59-82, da cui è stata tratta la citazione, titolo del capitolo dedicato a questo argom e n t o ; FLORY 1993, 302 e 305.
62
Risulta verosimile che l'iscrizione facesse parte del rivestimento esterno del Mausoleo (PANCIERA 1994, 93). Per quanto concerne la propaganda per imagines, cfr. ZANKER 1989; CRESCI MARRONE
63
PANCIERA 1994, 9 2 .
64
Giulia dapprima fu relegata nell'isola di Pandateria, poi trasferita a Regium dopo il 4 d.C. Cfr. LINDERSKI 1988, 198. A Reggio Calabria è stata rinvenuta un'iscrizione sepolcrale approntata da un C(aius) Iulius Gelos per i genitori: i due uomini risultano liberti di Giulia, mentre la d o n n a liberta di
1 9 9 3 , 1 6 9 - 2 1 5 ; per títulos,
c f r . CRESCI MARRONE 1993, 8 7 - 1 6 7 .
L i v i a ( A E 1975, 2 8 9 = A E 1995, 3 6 7 ) . C f r . TURTANO 1 9 6 3 , 7 6 - 8 2 ; BARRETT 2 0 0 6 , 9 0 - 9 1 . 65
Suet. Aug. 101,3; Cass. Dio 56,32,4. PANCIERA 1994, 81.
66
S u e t . A u g . 6 5 , 3 . LUISI/BERRINO 2 0 0 2 , 2 4 .
Il principe e la strategia del lutto - Il caso delle donne della domus di Augusto
|
matrimoniali elaborate per la successione.67 La visibilità goduta fino al momento dello scandalo non trova un adeguato riflesso in ambito epigrafico - certo in conseguenza di una capillare damnatio memoriae - mentre la presenza iconografica di Giulia sembra preservata in Campo Marzio, sul fregio dell'Ara Pacis, forse inalterato per l'indefinita rappresentazione dei personaggi femminili, non consegnati ad una riconoscibile caratterizzazione fisiognomica.68 Più volte Giulia è stata equiparata ad una 'pedina' sapientemente mossa secondo i piani di Augusto e questo aspetto trova ulteriore conferma nella volontà ultima del principe che decise, pur se in modo indiretto, la forma celebrativa delle esequie da riservare alla figlia, privandola di una degna sepoltura nell'Urbe.69 La stessa «oscura» sorte subì Iulia Minor, figlia di Giulia, relegata per ventanni, con l'accusa d'impudicizia, sull'isola di Trimerus ed anche lei esclusa dalla tumulazione nella tomba di famiglia.70 Oggi l'interpretazione moralistica delle due condanne, tramandata dagli storici, riscuote scarso credito, lasciando emergere quella politica, secondo la quale Augusto preferì non confessare pubblicamente il complotto ordito contro di lui, per salvaguardare l'apparente solidità del suo governo: ritenne fosse meno pregiudizievole punire, attraverso l'esercizio della patria potestas, la figlia e la nipote coinvolte.71 Eppure la sanzione immediata sembrò non essere sufficiente ad Augusto che, nell'occasione, non diede alcuna prova della dementia Caesaris tanto celebrata dalla propaganda dell'epoca; egli estromise infatti le Giulie, qualificate vomicae e carcinomata, da quello che agli occhi di tutti doveva apparire un perenne simbolo dell'unità familiare imperiale: il Mausoleo.72
67
Tac. ann. 1,53. Per interpretare correttamente l'angoscia di Giulia in relazione al rigore della punizione di Augusto, si ricordi il valore attribuito dai Romani, specialmente dalla nobilitas, alla cerimonia e ai rituali funebri, quali strumenti cultuali per perpetuare il ricordo del defunto nella memoria c o l l e t t i v a . C f r . S C H E I D 1 9 8 4 , 1 1 7 - 1 3 9 ; RETIEF/CILLIERS 2 0 0 5 , 1 3 - 2 5 .
68
FLOWER 2 0 0 6 , 1 6 5 - 1 6 7 ; VARNER 2 0 0 4 , 8 7 - 8 8 . P e r la «damnatio
memoriae»
d i G i u l i a cfr. FRASCHETTI
2005. Gli studiosi evidenziano l'interessante dicotomia, rilevata in ambito epigrafico, tra l'attitudine dell'Occidente e delle province orientali rispetto alla figura e alla memoria di Giulia. Sono attestate dediche in importanti città grecofone come Assos, Priene, Euromos, Cyprus e degne di nota sono alcune iscrizioni predisposte nel periodo di poco precedente l'esilio di Giulia: Delfi (Syll3 779); Efeso (ILS 8897); Lindo (BLINKENBERG 1941, nr. 385); Palepafo (IGR III 940); Taso (IG XII 8, 381 = ILS 8 7 8 4 ) . C f r . ROSE 1 9 9 7 , 1 3 9 - 1 7 4 . 69
70
Suet. Aug. 101,3. Poiché Augusto redasse il testamento il 2 aprile del 13 d.C., possiamo capire come il tradimento di Giulia - da non intendersi solo come infedeltà nei confronti del marito Tiberio - fosse sempre vivo e presente nella mente del principe, a tal punto da persuaderlo ad adottare, dopo più di quindici anni dall'accaduto, una misura così drastica. Tac. ann. 4,71. Per il confino di Giulia Minore alle Tremiti cfr. SIRAGO 1993, 161, 162, 201; SIRAGO 1995, 74-79.
71
FRASCHETTI 2 0 0 5 , 2 2 - 2 5 ; C A R C O P I N O 1 9 5 8 ; D O R E Y 1 9 6 1 .
72
Suet. Aug. 65,3. DIXON 1988, 20-21. Per la dementia come dote capace di spingere il principe a dosare in modo equilibrato il proprio potere, per ottenere l'affetto del popolo, cfr. TEDESCHI 2005, 42. Relativamente alla propaganda imperiale della dementia Caesaris si ricordi in primis il «dipeus virtutis» (R. Gest. div. Aug. 34,2; CIL IX 5811 = ILS 82 = AE 1952, 165).
176 I
Giovannella
Cresci Marrone/Sara
Nicolini
Seguendo la funzionale divisione tassonomica formulata da PANCIERA circa gli occupanti il sepulchrum Iuliorum, tra la deposizione sicura e comprovata di Ottavia Minore e le antitetiche esclusioni certe delle due Giulie sussiste un < l i m b o in cui è possibile collocare membri femminili della domus, la cui sepoltura nel Mausoleo è ipotizzabile, ma non suffragata da una circostanziata documentazione. Alcuni dubbi sorgono per Ottavia Maggiore, sorella di Augusto per comunanza di padre, poiché la sua famiglia restò ben legata al principe - marito, figli e nipoti della donna ricoprirono cariche prestigiose, accertate peraltro grazie alla fonte epigrafica - e inoltre perché un'epigrafe cartaginese parrebbe far riferimento alla sepoltura di Sesto Appuleio, coniuge di Ottavia, proprio in Campo Marzio.73 Maggiormente probabile appare l'inclusione di Antonia Minore, dama di notevole spicco già durante il principato di Augusto e ampiamente celebrata per le tradizionali virtutes femminili romane; il fregio dell'Ara Pads, rivolto verso il Mausoleo, è di per sé eloquente rispetto alla posizione di rilievo da lei assunta all'interno della domus Augusta, prima come moglie di Druso Maggiore e poi come madre di Germanico. 74 Nonostante il trattamento ostile riservatole dal nipote Caligola, si ritiene che questi possa aver comunque permesso la deposizione delle sue ceneri nel luogo in cui giacevano da tempo quelle dell'unico marito e del figlio: in tal modo si sarebbe ricomposta, all'interno del sepolcro, la triade rappresentata sull'emblematico monumento antistante. 75 Esaminando la compagine femminile ufficiale che circondò Augusto negli anni del principato, una trattazione particolare deve essere riservata alla figura di Livia, sia per il ruolo rispettivamente di moglie e madre dei primi due imperatori sia per la longevità e la conseguente duratura compartecipazione al potere quale princeps femina, come la definisce Ovidio.76 Sebbene non sussista dubbio alcuno sulla deposizione della donna nel Mausoleo, a quindici anni dalla morte del marito, il vuoto epigrafico non permette una valutazione sulla memoria «iscritta» della circostanza luttuosa. 77 Le testimonianze letterarie consentono tuttavia di rilevare il contrasto tra i riti funebri di Livia e quelli antecedenti di Ottavia: Tiberio sembrò non recepire la propensione di Augusto a coinvolgere tutta la città intorno ai lutti della domus, presentandosi piuttosto come moderatore del iustitium, non soltanto
73
PANCIERA 1994, 84. Iscrizione commemorante Sextus Appuleius,
marito di Ottavia Maggiore: CIL
V i l i 24583 = ILS 8963. Risulta tuttavia poco probabile una sepoltura nel Mausoleo priva di una qualsiasi eco in ambito letterario o storiografico, oltretutto perché pare verosimile che Ottavia Maggiore sia deceduta durante il principato di Augusto (il termine ante quem, per la data di nascita di Ottavia Maggiore, si pone nel 69 a. C , anno in cui nacque Ottavia Minore). 74
Per una trattazione esaustiva concernente la figura di Antonia Minore, vedi KOKKINOS 2002.
75
Riguardo alla probabile sepoltura di Antonia Minore nel Mausoleo, cfr. KOKKINOS 2002, 28; PANCIERA 1 9 9 4 , 8 5 ; BARRETT 2 0 0 6 , 3 1 2 - 3 1 3 .
76
Ον. Pont. 3,1,125 (si veda anche Consolatio ad Liviam 352 e 256). Cfr. PURCELL 1986, 7 8 - 7 9 .
77
PANCIERA 1 9 9 4 , 7 7 .
Il principe e la strategia del lutto - Il caso delle donne della domus di Augusto
| 177
nella contingenza del funus materno e dunque femminile, ma anche in occasione delle esequie di Germanico e dello stesso figlio Druso Cesare.78 Se la data delle esequie di Livia la escluderebbe dall'orizzonte cronologico della nostra indagine, la sua figura può legittimamente esservi compresa se si focalizza l'interesse sui giorni delicatissimi del 14 d.C., in cui, in occasione della morte di Augusto, non solo ella partecipò attivamente alla ritualità funeraria, ma anche registrò un significativo cambiamento del suo status. Le volontà testamentarie del principe elevarono la moglie ad una posizione senza precedenti all'interno dello Stato: venne infatti adottata dal marito in qualità di figlia e insignita eccezionalmente del nome di Augusta.79 Il significato di tale riconoscimento non è interpretabile in modo univoco, tuttavia sarebbe inverosimile pensare che Augusto non ne avesse compreso la portata, se non concesse a Livia il titolo mentre egli era ancora in vita, pur permettendo che nelle province orientali la qualificassero con l'appellativo di Sebasté.m Livia rappresentò la continuità dopo la morte del principe, l'anello di congiunzione tra Augusto e il successore. I senatori intesero il particolare ruolo istituzionale ricoperto dalla donna e la omaggiarono deliberando straordinarie iniziative: le offrirono il titolo onorifico di mater patriae, che vediamo applicato da fonte numismatica a Leptis Magna e suggerirono inoltre di dedicarle il mese di ottobre che sarebbe stato rinominato «Livio», forse importando nell'Urbe un'usanza orientale.81 Un privilegio simile era stato conferito alla consorte di Augusto già decenni prima: infatti un calendario cipriota, databile tra il 21 e il 12 a. C., registra come Libaios il mese di dicembre e come Octàbaios quello di gennaio, in onore di Ottavia.82 La morte del principe consacrò i poteri di Livia anche in ambito religioso: nel corso del funus ella rimase per cinque giorni consecutivi in compagnia dei massimi esponenti del ceto equestre accanto alla pira in Campo Marzio, assolse il pietoso compito deWossilegium e infine depose le ossa dell'imperatore nel Mausoleo.83 Durante la cerimonia dell'apoteosi sembrò presiedere al riconoscimento dell'ascesa al cielo di Augusto, come conferma l'ingente esborso da parte della vedova in favore del testimone Numerio Attico.84 Nonostante la carenza di giustificazioni strettamente rituali, a Livia fu affidato l'eminente ruolo di sacerdos Augusti, prima custode del culto postumo del marito, e come simbolo del nuovo
78
BARRETT 2 0 0 6 , 3 0 9 - 3 1 4 ; FRASCHETTI
79
Tac. ann. 1,8; Suet. Aug. 101. Per un'attestazione epigrafica del nuovo patronimico cfr. CIL XI 1165. Per la documentazione epigrafica relativa alla qualifica Sebasti cfr. C H A N I O T I S 2 0 0 3 , 3 4 2 ; BARRET
80
1990,102-105.
2006, 382-395. 81
Tac. ann. 1,14: moderandos feminarum honores. Per il titolo di mater patriae e l'emissione monetale provinciale che attesta l'attribuzione ufficiosa del titolo, cfr., con documentazione, SEVERY 2 0 0 3 , 2 4 2 ; W O O D 1 9 9 9 , 9 0 . Per la proposta di intitolare a Livia il mese di ottobre cfr. BARRET 2 0 0 6 , 2 3 2 .
82
SCOTT 1 9 3 1 , 2 0 8 ; GRETHER 1 9 4 6 , 2 3 2 ; SAMUEL 1 9 7 2 , 1 2 6 ; BARRETT 2 0 0 6 , 4 8 2 .
83
Cass. D i o 5 6 , 4 2 , 4 ; REHAK 1990, 124.
84
Cass. Dio
5 6 , 4 6 , 2 ; PURCELL 1 9 8 6 , 9 0 .
178 I
Giovannella
Cresci Marrone/Sara
Nicolini
status ella acquisì il diritto ad essere accompagnata da un littore, mentre a teatro le venne concesso di sedere tra le Vestali.85 L'uscita di scena del principe, dopo il plauso per aver ben recitato nella commedia della vita, permise a Livia di ottenere la parte principale di unica mediatrice tra il divo Augusto e il popolo romano.86 Il sentore unanime di un'imminente divinizzazione per l'ormai anziana Livia si coglie nelle parole di Ovidio, «così anche Giulia Augusta diventerà nuovo numen»: la profezia verosimilmente interpretava le ultime volontà del principe che, attraverso le disposizioni testamentarie, intese favorire la consorte, garantendole credenziali ufficiali per poter, anche in Occidente, assurgere alla consacrazione di Diva?7 L'atteggiamento di Tiberio rispetto agli onori decretati per l'Augusta fu, però, tutt'altro che compiacente, tanto che respinse la maggior parte di essi; la sentenza del nuovo imperatore, che si traduce in una smentita, sebbene solo temporanea, delle strategie funerarie augustee, rieccheggia lapidaria nel testo tacitiano: moderandos feminarum honores.88
85
Tac. ann. 4,16; GRETHER 1946, 234-235. La preminenza della posizione di Livia è attestata in un'iscrizione a ricordo di u n a statua dedicata ad Augusto: il n o m e della donna, in q u a n t o sacerdotessa del principe divinizzato, f u anteposto a quello dell'imperatore Tiberio. Cfr. Fasti Praenestini (Ut XIII 2 nr. 448).
86
Per il riferimento all'aneddoto riguardante gli ultimi attimi di vita di Augusto che appare come u n attore nel m o m e n t o del congedo vedi Cass. Dio 56,30,4 e anche Suet. Aug. 99. Cfr. inoltre GRETHER
87
Ov. fast. 1,536. Per lo status divino di Livia in Oriente cfr. GRETHER 1946, 242-243; LOZANO 2004; BARRETT 2006, 239. Alla m o r t e di Livia anche i senatori esprimono palesemente la volontà che la d o n n a sia divinizzata, v o t a n d o u n arco in suo onore, privilegio mai conferito p r i m a ad u n personag-
1 9 4 6 , 2 4 5 ; FLORY 1 9 9 5 , 1 3 1 .
g i o f e m m i n i l e . C f r . KLEINER 1 9 9 0 , 5 0 8 - 5 1 4 . 88
Tac. ann.
1,14.
Messalina e il suo matrimonio con C. Silio Francesca
Cenerini
Die dritte Frau des Kaisers Claudius, Valeria Messalina, wird von den antiken Autoren als meretrix Augusta bezeichnet (Juvenal). Dieses negative und einseitige Bild rührt aller Wahrscheinlichkeit nach von einer ungeklärten Episode her, die ihren Tod zur Folge hatte. Es handelt sich um Messalinas Heirat mit Caius Silius, gemäss Tacitus dem schönsten Mann Roms. Diese Hochzeit, die schon den antiken Autoren unerklärlich war, wurde in der modernen Forschung unterschiedlich interpretiert. Der vorliegende Beitrag hat zum Ziel, die These der politischen Verschwörung zu untersuchen, insbesondere die Motive, die C. Silius und Messalina dazu gebracht haben könnten, sich gegen Claudius zu verschwören, wobei die Protagonisten wohl unterschiedliche Gründe hatten. La terza moglie dell'imperatore Claudio, Valeria Messalina, è nota dagli autori antichi come meretrix Augusta (Giovenale). Questo ritratto così negativo e unilaterale deriva, con ogni probabilità, soprattutto da un episodio oscuro che ne causò la morte. Si tratta del matrimonio di Messalina con Caio Silio, l'uomo più bello di Roma, secondo la definizione di Tacito. Di questo matrimonio, già inspiegabile per le fonti antiche, sono state date dagli studiosi moderni varie interpretazioni. Il presente contributo si propone di indagare la tesi della congiura politica, in particolare le motivazioni che possono avere spinto C. Silio e Messalina a congiurare contro Claudio, motivazioni che potevano anche essere diverse. Valeria Messalina, the third wife of emperor Claudius, is known by ancient authors as meretrix Augusta (Juvenal). Such an unfavourable criticism and one-sided portrait are probably due, most of all, to a mysterious episode causing her death: her wedding with C. Silius, the most attractive man of Rome, according to Tacitus. As this wedding was already unaccountable for contemporary writers, modern scholars have continued to produce differing interpretations. This contribution intends to scrutinise the theories of political conspiracy. The deeply rooted motives, which could have driven C. Silius and Messalina to conspire against Claudius thereby are of particular interest.
Al momento dell'ascesa al potere nel gennaio del 41 d.C., Claudio era sposato con Valeria Messalina. Con questa nuova «imperatrice» emerge a corte la parte che faceva capo ad Antonia Maggiore, figlia di Ottavia, la sorella di Ottaviano Augusto, che aveva sposato Lucio Domizio Enobarbo. Suo figlio, Cneo Domizio Enobarbo, diventa il primo marito di Agrippina Minore, mentre la figlia Domizia Lepida Minore sposa in prime nozze M. Valerio Messalla Barbato, a sua volta figlio di Marcella Minore (una delle due figlie che la stessa Ottavia aveva avuto dal primo marito Claudio Marcello), da cui ha
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Francesca
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Valeria Messalina. Quest'ultima è dunque pronipote di sangue, sia per parte di padre che di madre, di Ottavia, e, in quanto tale, appartiene alla più alta aristocrazia di corte.1 Messalina è passata alla storia come la prostituta imperiale (meretrix Augusta), grazie ai ritratti che di lei fanno Giovenale, Tacito, Svetonio e Cassio Dione. 2 Invece, il ruolo di Seneca è ambiguo, anche se il nome di Messalina, in realtà, quasi non compare nella sua produzione, e mai con accenti ostili. In Seneca, quindi, non si era ancora perfezionato il modello di rappresentazione di Messalina in termini totalmente negativi, anche se, di recente, è stata avanzata l'ipotesi che Yimpudicitia contro cui Seneca si scaglia nella Consolatio ad Helviam, scritta durante l'esilio, non poteva non essere, agli occhi dei contemporanei, che quella di Messalina.3 Questi autori ritraggono Messalina come esponente al femminile dei tria vitia tirannici: avaritia, saevitia e libido, e cioè avidità di denaro, crudeltà ed eccessi sessuali.4 Molto probabilmente questa connotazione così negativa deriva da un fatto oscuro, che sconvolse la corte di Claudio, di cui, a tutt'oggi, non si riesce ad avere una spiegazione sufficientemente chiara, che causò la morte di Messalina. Si tratta del suo adulterio-matrimonio con Caio Silio, console designato, l'uomo più bello di Roma, secondo la definizione di Tacito. Se leggiamo le nostre fonti, Messalina è schiava della passione erotica. E' preda del furor sessuale già per l'autore della praetexta Octavia, senz'altro la fonte cronologicamente più vicina ai fatti narrati, che, secondo alcuni studiosi, si avvarrebbe anche delle famose Memorie di Agrippina Minore, opera di carattere autobiografico, scritta con scopo apologetico.5 Nell'opera che porta il suo nome, Ottavia rimprovera la madre Messalina che, in preda a una sorta di esaltazione erotica, aveva voluto risposarsi, dimentica dei figli, del marito e delle leggi, per poi cadere, infelix, sotto la spada del carnefice.6 Per Cassio Dione non solo era depravata la stessa Messalina, ma costringeva anche le altre donne a esserlo.7 Le parole di Giovenale non lasciano scampo. 8 Di notte abbandona il talamo nuziale, indossa una parrucca bionda e con il nome di battaglia di Lycisca si prostituisce in un bordello da quattro soldi, offrendo il ventre che aveva generato Britannico. Si invaghisce dell'attore Mnestere, già prediletto di Caligola,9 di cui, addirittura, avrebbe fatto erigere una statua10 e che contendeva a Poppea Sabina, madre della futura «imperatrice». Mnestere, secondo la impietosa logica di corte, sarà giustiziato dopo la condanna di Messalina.11
1 2
RAEPSAET-CHARLIER 1987, 606-608 nr. 774; CENERINI 2009a, 54-66. CENERINI 2009b, 102-103.
3
BALASA 2 0 0 2 , 3 7 8 .
4
QUESTA 1995; QUESTA
5
LAZZERETTI 2 0 0 0 .
6
Pseudo-Seneca, Octavia 257-269. FERRI 2003 data 1'Octavia all'età domizianea e istutuisce unparallelo tra Ottavia e Domizia Longina, entrambe „ingiustamente" ripudiate. Cass. Dio 60,18.
7 8 9 10 11
Iuv. 6,116-132. Tac. ann. 11,4,1. Cass. Dio 60,22,3. Tac. ann. 11,36.
1998,111-136.
Messalina e il suo matrimonio con C. Silio
| 181
Si tratta, come si può ben capire, di un ritratto viziato da un preconcetto e dalle successive tragiche vicende della moglie di Claudio. E' già stato sottolineato 12 che negli storici romani le accuse sessuali sono talmente comuni, che possono configurarsi come vero e proprio topos letterario, tendente al discredito del personaggio accusato o del suo ambiente, come purtroppo tende a succedere anche oggi. Come è già stato detto,13 Messalina non era una ninfomane, ma può essersi servita del sesso a scopi politici. Sempre secondo le fonti, non esita a utilizzare delatori per ottenere quello che le piace, indifferentemente uomini o cose. Accusa Valerio Asiatico per impadronirsi dei suoi giardini. Questo console, già legato all'entourage di Antonia Minore, madre di Claudio, implicato nella congiura contro Caligola, effettivamente cade in disgrazia e si uccide nel 47 d.C., sulla base dell'accusa di avere congiurato contro l'imperatore, contando sulla sollevazione delle truppe stanziate in Germania. 14 Viene interrogato nelle stanze private di Claudio (in cubicolo), alla presenza di Messalina e di un ristretto numero di persone: P. Suillio Rufo, amico dell'imperatore, il liberto Sosibio e Lucio Vitellio, padre del futuro imperatore e collega di Claudio in occasione della censura del 47 d.C. P. Suillio incolpa Valerio Asiatico di immoralità, secondo il solito cliché accusatorio: corruzione dei soldati, adulterio e omosessualità passiva.15 E' evidente che Claudio, lungi dal volere meramente soddisfare la supposta avidità della moglie, è ben conscio del pericolo rappresentato da un'eventuale insurrezione di Valerio Asiatico e quindi avoca alla propria giurisdizione (intra cubiculum) il caso, per assicurarsi il totale controllo del procedimento e l'inevitabile condanna. Il primo anno del regno di Claudio è già segnato dalla rivalità di Messalina nei confronti delle sorelle di Caligola, Agrippina e Livilla, appena rientrate dall'esilio, nel 41 d.C., in quanto già coinvolte nelle congiure di Cn. Cornelio Lentulo Getulico e di M. Emilio Lepido del 39/40 d.C. contro lo stesso Caligola.16 In questa e nelle successive vicende che hanno come protagonista Messalina, a mio parere va letto il tentativo di questa ultima di assicurare la successione al figlio Britannico, anche tenuto conto che Claudio era un uomo di mezza età e di salute cagionevole, per altro soprattutto prima di diventare imperatore, come malignano le fonti.17 Non va dimenticato il fatto che per la prima volta la moglie dell'imperatore aveva partorito un figlio maschio, dopo l'ascesa al potere dello stesso imperatore. E' ben nota la famosa statua conservata al Louvre che ritrae Messalina, capite velata, che porta in braccio il piccolo Britannico (Fig.1). Questo fatto, indubbiamente, aveva rafforzato, in un primo momento, la posizione di Messalina a corte, tanto è vero che ci sono emissioni monetali alessandrine che celebrano la sua fecunditas come apportatrice
12
H I D A L G O D E LA V E G A 2 0 0 7 a .
13
LEVICK 1 9 9 0 , 5 6 .
14
TAGLIAFICO 1 9 9 6 .
15
Tac. ann. 11,3.
16
GUALERZI ( i n D r u c k ) .
17
Suet. Claud. 31 (sic): valitudine sicut olirti gravi, ita princeps prospera usus est.
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di benessere all'impero.18 Un'emissione di Cesarea in Cappadocia19 reca sul dritto il ritratto di Messalina con la legenda Messallina Augusti (uxor) e sul verso i ritratti dei figli Ottavia e Britannico che si tengono per mano, e, separata da questi, dell'altra figlia di Claudio, Claudia Antonia. La praetexta Octavia ricorda Messalina cara marito partuque potens.20 Va, inoltre, considerato il fatto che Antonia, la figlia che Claudio aveva avuto dalla precedente moglie Elia Petina, verrà fatta sposare al fratello uterino di Messalina, L. Cornelio Fausto Siila. Se Agrippina è in grado di tenere testa a Messalina, la stessa capacità non ha Livilla. Accusata di adulterio con Seneca, è relegata a Ventatene, dove è messa a morte, pur sposata con M. Vinicio, uno degli amici di Claudio.21 Svetonio ci racconta che, l'anno dopo, nel 42 d.C., Messalina, appoggiata dal potente liberto imperiale Narciso, avrebbe tramato anche contro il marito della madre, C. Appio Giunio Silano, console nel 28 d.C.22 Anche Appio Silano, già nominato da Caligola governatore della Tarraconense con ben tre legioni, era sospettato di ribellione, anche se i reali aspetti della vicenda rimangono abbastanza oscuri e a mio parere in questo caso non è valutabile appieno il ruolo di Messalina. Quando, nel 58 d.C., P. Suillio verrà nuovamente accusato di malversazione e corruzione,23 egli si difenderà dicendo di avere agito sempre su incarico di Claudio o, in alternativa, di Messalina. Su precisa indicazione della moglie di Claudio, già nel 43 d.C. avrebbe indotto al suicidio Giulia, figlia di Druso Minore e di Livia Giulia. Secondo Cassio Dione,24 della morte di questa Giulia è colpevole la sola Messalina, come pure della condanna dell'altra Giulia, cioè Giulia Livilla, sorella di Caligola.25 Non va, però, dimenticato che non ci sono giunti i libri 7-8-9-10 di Tacito, quelli che vanno dal 37 al 47 d.C., dove sarebbe potuto emergere un ritratto diverso della «prima» Messalina. Il 47 d.C. è l'anno in cui Messalina pare rafforzare la propria posizione a corte, anche se può essere un espediente retorico usato dalle fonti per preannunciarne la catastrofe. Cassio Dione ci dice che Messalina e i suoi liberti avevano mano libera nel far condannare a morte chiunque e potevano abbindolare Claudio come volevano.26 Ho già parlato dell'episodio relativo a Valerio Asiatico. Per converso, i veri criminali potevano farla franca grazie all'appoggio di Messalina e di Narciso.27 Lo stesso Vinicio, console iterum nel 45 d.C., sempre grazie alla sua amicizia per Claudio, sarebbe stato avvelenato da Messalina, col-
18 19 20 21 22 23 24 25 26 27
RPCI 701 nr. 5113-5116, 5131-5132; 702 nr. 5145-5146, 5162-5165. RPC I 554 nr. 3627. Pseudo-Seneca, Octavia 949. Cass. Dio 60,8,4-5; Tac. ann. 14,63,2; Suet. Claud. 29,1. Suet. Claud. 29,2; 37,2. Tac. ann. 13,43. Cass. Dio 60,18,4. Cass. Dio 60,18,4. Cass. Dio 60,14; 60,29. Cass. Dio 60,16,2.
Messalina e il suo matrimonio con C.Silio
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pevole di non avere ceduto al suo fascino.28 Il ritratto della dark lady ninfomane e letale raggiunge qui, nel racconto di Cassio Dione, uno dei suoi vertici parossistici. Veniamo all'affaire Silio-Messalina. Chi è Silio? E' il console designato nel 48 d.C. ed è figlio di quel C. Silio, console ordinario nel 13 d.C., che era stato condannato da Tiberio assieme alla moglie Sosia Galla, in quanto, fedele all'amicitia per Germanico, era rimasto al fianco di Agrippina Maggiore nel suo scontro con Seiano-Tiberio. Il C. Silio console designato nel 48 d.C. chiede in senato il ripristino della lex Cincia che, come ci dice Tacito,29 cavetur antiquitus, ne quis ob causam orandam pecuniam donumve accipiant, vietava, cioè, che per patrocinare una causa in tribunale si accettassero denaro o donativi. La sua azione, in realtà, sembra mirare alla repressione dei delatori e giudici corrotti, come P. Suillio Rufo, già esiliato da Tiberio, richiamato da Caligola, con cui si era imparentato, essendo il fratellastro di Milonia Cesonia, ultima moglie dell'imperatore, amico e protetto di Claudio, di cui Silio è antagonista, che si arricchivano smisuratamente grazie ai loro traffici. Silio pare preoccupato per la sempre più forte posizione di cui godevano persone vicine all'imperatore, anche di bassa estrazione, a scapito delle prerogative dei senatori aristocratici, soggetti alle epurazioni di Claudio, che procedeva ad un rigido controllo delle liste del senato stesso.30 In questa temperie, Tacito ci racconta che Messalina è sempre più irritata e crudele, ad esempio per il fatto che la plebe, in occasione dei Giochi Troiani, cui partecipavano i giovani aristocratici nel corso dei Ludi Secolari organizzati da Claudio nel 47 d.C., avrebbe applaudito con più calore L. Domizio Enobarbo, figlio di Agrippina e futuro imperatore Nerone, piuttosto che Britannico, figlio di Claudio e della stessa Messalina. In questo contesto perderebbe la testa per Silio, iuventutis Romanae pulcherrimum,31 Tacito adopera il verbo exardesco, che indica l'incontrollabile libidine femminile, parola già adoperata dagli scrittori antichi per esemplificare le donne degeneri a causa della loro passionalità, ad esempio Clodia, la Lezbia catulliana, secondo la descrizione di Cicerone. Tacito costruisce una scala di valori dei vizi di Messalina, per cui l'impudicitia incontrollabile è più forte della sua ambizione al potere. 32 Silio ripudia la moglie Giunia Silana, perché, dice Tacito,33 non può fare altro, se non vuole perdere la vita. La cosa molto interessante che Tacito aggiunge è che Messalina andava da lui non furtim, sed multo comitatu, con servi, liberti e tutto l'apparato di corte come se translata iam fortuna,™ come se il potere imperiale fosse già passato altrove, cioè nella casa dell'adultero. Queste parole che, ovviamente, per Tacito sottolineano che gli amanti sono senza freni e senza vergogna, necessitano una breve riflessione. Qual era lo
28 29 30
31
Cass. Dio 60,27,4. Tac. ann. 11,5,3. Tac. ann. 11,25. Sulle varie factiones presenti all'interno della corte di Claudio e, soprattutto, sulle diverse posizioni degli amici di Germanico cf. ora MILANO (in Druck). Tac. ann. 11,12,2.
32
VIDÉN 1 9 9 3 , 3 5 .
33
Tac. ann. 11,12,2. Tac. ann. 11,12,3.
34
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scopo di Silio e Messalina? Di questa strana faccenda gli storici si sono già occupati in passato ed è stato discusso se si sia trattato di un mero adulterio oppure se vi fossero risvolti politici. Un giurista del calibro di Antonio GUARINO35 nega espressamente ogni congiura e giustifica l'adulterio di Messalina con il fatto che il suo matrimonio con Claudio era infelice. Dice, infatti, che i supposti congiurati non avevano adottato nessuna misura per prevenire la reazione di Claudio, ma non spiega perchè tante persone sono state condannate a morte, fatto non interpretabile nel contesto di un banale adulterio. Parimenti, Paul V E Y N E nega ogni aspetto politico della vicenda. Lo storico francese ritiene, infatti, che Messalina fosse «innamorata alla follia» di Silio, e la interpreta come una sorta di eroina romantica ante litteram contro cui si scontra l'ottuso razionalismo dei consiglieri del principe.36 Anche per Werner ECK Messalina è mossa dalla passione.37 Lo E H R H A R D T , che pure dedica molte illuminanti pagine alla successione di Claudio, liquida la faccenda in dieci righe, parlando sia di gelosia nei confronti di Agrippina Minore che di noia per il matrimonio con Claudio.38 Eckhard MEISE, invece, che ha scritto nel 1969 pagine fondamentali sulla vicenda, ha sostenuto con vigore, a mio parere con ragione, la teoria del complotto politico, per altro già avanzata, sia pure con diverse sfumature, da storici precedenti. 39 Secondo questo studioso, la congiura mirava a uccidere Claudio, anche se gli sono state fatte obiezioni, soprattutto a proposito dell' impossibilità di adottare Britannico da parte di Silio.40 Questa supposta congiura di Silio non compare nel libro di Isabelle Cogitore.41 Secondo un'altra ipotesi,42 si tratterebbe di un complotto dei liberti imperiali ai danni di Messalina, che presentarono a Claudio come matrimonio quello che, in realtà, sarebbe stata la celebrazione di un Baccanale da parte di Silio e Messalina. In un recentissimo articolo di Maria José H I D A L G O D E L A V E G A è la «sexualidad libre»43 di Messalina che giocherebbe un ruolo decisivo nel suo matrimonio con Silio, sessualità che viene interpretata anche come volontà di sottrarsi al controllo maschile, così da diventare il simbolo della totale negatività femminile agli occhi degli uomini romani. A me, invece, sembra evidente che siamo di fronte al tentativo di trasferire il potere imperiale da Claudio a Silio, attraverso la mediazione di Messalina, come, d'altra parte, afferma lo stesso Tacito, e che i congiurati mirassero all'eliminazione fisica di Claudio. La strada che viene scelta è quella di un legittimo matrimonio tra un patrizio e l'Augusta, che, in quanto tale, poteva, per la pubblica opinione, legittimare in qualche modo questo trasferimento di potere, che, di fatto, era del tutto arbitrario. Infatti, come sottolinea
35
GUARINO 1974.
36
VEYNE 1 9 9 0 , 1 6 7 .
37
ECK 2 0 0 2 , 1 1 6 - 1 3 3 .
38
EHRHARDT 1 9 7 8 , 6 8 .
39
MEISE 1 9 6 9 , 1 2 3 - 1 6 9 .
40
LEVICK 1 9 9 0 , 67.
41
COCITORE 2 0 0 2 .
42
COLIN 1956.
43
HIDALGO DE LA VEGA 2 0 0 7 b , 4 0 5 .
Messalina e il suo matrimonio con C. Silio
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Patrick LE ROUX,44 ormai la natura dell'istituzione del princeps non era in discussione, ma non era stabilito da nessuna parte quali fossero le regole della trasmissione del potere. Proprio in questa ottica andrebbero lette, a mio parere, le parole di Svetonio, secondo le quali Claudio acconsente a fornire la dote alla moglie, quasi fosse la figlia, alla presenza di testimoni. Lo stesso Svetonio è sbigottito, come del resto Tacito che dice espressamente che è incredibile che il console designato si sposi alla luce del sole con la moglie dell'imperatore (uxor principis).45 Svetonio afferma che ciò che supera ogni verosimiglianza è che 10 stesso Claudio abbia firmato il contratto di matrimonio fra Messalina e il suo amante Silio.46 Svetonio tenta una spiegazione, alla sua maniera, e dice che a Claudio era stato fatto credere che si trattava di una finzione allo scopo di allontanare da lui, trasferendolo su di un'altra persona, un pericolo dal quale, secondo alcuni prodigi, l'imperatore era minacciato. Questa versione, se mai aveva circolato e non era frutto del discredito di Svetonio per Claudio, evidentemente, era stata propagandata dai congiurati allo scopo di fornire legittimità alla loro azione, presentando il matrimonio come valido a tutti gli effetti, quasi una sorta di riproposizione del matrimonio fra Augusto e Livia con la, per così dire, benedizione del precedente marito, Ti. Claudio Nerone. Facciamo ancora parlare Svetonio:47 «Anche il suo amore per Messalina, per quanto pieno di passione, cedette non tanto per gli oltraggi indegni, quanto a causa della paura del pericolo, poiché si era convinto che lei volesse dare l'impero al suo amante Silio; in quei giorni, preso da una paura indegna, si rifugiò nell'accampamento dei pretoriani, e lungo tutto il tragitto chiedeva unicamente se l'impero fosse ancora nelle sue mani». E sono proprio i pretoriani che i congiurati avrebbero dovuto portare dalla loro parte, come ben insegnava il precedente di Caligola. Tacito descrive uno dei due prefetti del pretorio, L. Lusio Geta, come uomo non affidabile, nel bene e nel male.48 Non ritengo dimostrabile, come di recente proposto, 49 che a Messalina fosse dovuta la nomina dei prefetti del pretorio Rufrio Crispino e L. Lusio Geta, al posto di Catonio Giusto e Rufrio Pollione. E' 11 solito cliché narrativo di Cassio Dione, per il quale Messalina agisce per nascondere le sue malefatte.50 Secondo il piano dei congiurati, Claudio deve essere deposto da un nobile che ne sposa la moglie e che si dichiara disposto ad adottarne il figlio Britannico.51 Il loro matrimonio viene presentato come legittimo, effettuato in presenza di testimoni e, come tutti i matrimoni validi, destinato a essere prolifico (liberorum causa). La legittimità del matrimonio tra Silio e Messalina ha dato luogo, evidentemente, a un dibattito giuridico. Antonio
44
LE R o u x 2005, 24.
45
Tac. ann. 11,27. Suet. Claud. 29,3. Suet. Claud. 36. Tac. ann. 11,33.
46 47 48 49
MALFUGEON 2 0 0 8 , 4 0 1 .
50
Cass. Dio 60,18,13. Tac. ann. 11,26,2.
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sostiene che questo matrimonio era stato preceduto dal divorzio tra Claudio e Messalina e già Olis R O B L E D A aveva scritto che il matrimonio di Messalina con Silio è senz'altro da porsi in relazione con la manifestazione della volontà di Messalina di divorziare da Claudio.53 La corte inorridisce, soprattutto i potenti liberti di Claudio, Pallante, Narciso e Callisto, ben consapevoli che le cose sarebbero cambiate con la caduta di Claudio e l'ascesa al potere di Silio. Avvertono perciò l'imperatore: a loro parere Silio non deve tanto consegnare la casa, i servi e l'apparato di corte, ma deve restituire la moglie e strappare l'atto di matrimonio. Infatti le nozze sono state viste dal popolo, dai senatori e dai soldati, cioè le basi fondamentali della legittimazione imperiale. Se Claudio non reagisce, e non si fa ridare la moglie, Silio tenet urbem.54 E' evidente che, nella propaganda dei congiurati, è il matrimonio con l'Augusta che può rendere legittimo il potere di Silio. D'altra parte, l'uso del matrimonio a scopi politici faceva parte della tradizione nobiliare repubblicana, e aveva avuto un impiego direi quasi parossistico proprio con Augusto. Ma è con la creazione della domus Augusta che l'elemento femminile diventa parte integrante e indispensabile della legittimazione del nuovo potere imperiale. La figura della moglie del princeps e la sua collocazione, fisica e sentimentale, diventano sempre più funzionali alla definizione degli assetti e delle simbologie del potere imperiale, venendo a impersonare un ruolo ben preciso nelle aspettative dei sudditi, ad esempio nelle pratiche del culto. GUARINO
52
Claudio si consulta con i suoi amici più autorevoli (tum potissimum quemque amicorum vocat),55 ne segue i consigli di agire senza indugio alcuno e la sua repressione è spietata. Il console designato Silio, che conservava ancora nell'atrio della propria casa la statua del padre, già eliminato da Tiberio, viene condannato a morte e la sentenza viene eseguita nei castra praetoria, con una sentenza extragiudiziaria.56 Va notato che nel 48 d.C. è console ordinario Aulo Vitellio, il futuro imperatore, figlio di Lucio, amico intimo di Claudio. Vengono giustiziati Tizio Proculo, Vettio Valente, medico di corte, Pompeio Urbico, Saufeio Trogo, il prefetto dei vigili Decrio Calpurniano, Sulpicio Rufo, il procurator della scuola gladiatoria, e il senatore Giunco Vergiliano.57 A nulla valgono le suppliche di Messalina che va incontro a Claudio, facendosi accompagnare dai figli. Coerentemente con la sua sistematica opera di distruzione della figura di Claudio, Tacito racconta che anche in questo frangente Claudio, obnubilato dal cibo, dal vino e dal sesso, avrebbe potuto perdonare Messalina.58 Corre perciò ai ripari il solito Narciso che ordina ai soldati di giustiziare Messalina, ita imperatorem iubere, come se l'ordine fosse partito dallo stesso Claudio. Al momento della fine, la madre di Messalina, Domizia
52
GUARINO 1974.
53
ROBLEDA 1976; ROBLEDA 1 9 8 2 , 3 8 5 - 3 8 6 .
54
T a c . a n n . 11,30.
55
T a c . a n n . 11,31.
56
BAUMAN 1 9 7 4 , 1 8 1 .
57
T a c . a n n . 11,35. S u q u e s t i p e r s o n a g g i c f r . BAUMAN 1 9 7 4 , 1 8 6 - 1 8 7 .
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T a c . a n n . 11,37,2.
Messalina e il suo matrimonio con C. Silio
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Lepida Minore, esorta la figlia a un comportamento onorevole,59 ma, secondo un cliché che abbiamo già avuto modo di vedere in Tacito, Messalina non può darle ascolto, perché animo per libídines corrupto nihil honesto inerat, in un animo corrotto dalla libidine non ce posto per l'onestà. Messalina non è in grado di uccidersi (onorevolmente) e viene passata a fil di spada da un tribuno (disonorevolmente). Si noti che, in una sorta di contrappasso dantesco, Tacito ambienta le ultime ore di Messalina proprio in quegli horti di Lucullo, già venuti in possesso di Valerio Asiatico, che la donna aveva, secondo il racconto dello stesso storico, ottenuto con l'inganno e la delazione. Il senso del racconto tacitiano è sufficientemente scoperto. La cosa importante da sottolineare è che l'elemento femminile della domus viene sentito come fonte di legittimazione imperiale, solo che in questo caso la protagonista non è la figlia dell'imperatore, ma la moglie, insignita ufficialmente, o meno, del titolo di Augusta.60 La concessione del titolo di Augusta a Messalina viene, in genere, negata dagli studiosi,61 ma non va dimenticato che Γ«imperatrice» subì la damnatio memoriae dopo la sua condanna e il suo nome venne cancellato dalle iscrizioni pubbliche e private.62 Messalina è presente come uxor Augusti in alcune dediche a Claudio, in Italia, a Verona,63 e nelle province, a Leptis Magna;64 compare come Augusta sulle monete di alcune emissioni provinciali orientali, ad esempio a Nicea,65 Nicomedia 66 e Sinope67 nel Ponto, e viene festeggiato pubblicamente il suo compleanno. 68 Cassio Dione 69 dice che Claudio non volle che fosse dato il titolo di Augusto a Britannico, né quello di Augusta a Messalina, ma questo accade in occasione della nascita dello stesso Britannico, avvenuta soltanto venti giorni dopo l'ascesa al potere di Claudio.70 Lo stesso Cassio Dione 71 ci dice che in occasione del trionfo di Claudio sulla Britannia nel 43 d.C. a Messalina fu concessa la proedria, vale a dire un posto centrale nelle cerimonie pubbliche, e l'uso del carpentum, su cui, infatti, l'«imperatrice» segue il carro trionfale di Claudio,72 onori che erano già stati tributati a Livia e Antonia Minore, entrambe Augustae. Va, però, rilevato che tali prerogative furono concesse da Caligola anche alle sorelle, che, però, non furono Augustae (Agrippina lo sarà soltanto dopo l'adozione del figlio Nerone da parte di Claudio). In qualità di uxor
59
Tac. ann. 11,37,3.
60
FLORY 1 9 8 8 .
61
SAUNDERS 1 9 9 4 .
62
Tac. ann. 11,38,3. AE 1992, 739b. IRT 340. RPC I 346 nr. 2033; 347 nr. 2038. RPC I 350-351 nr. 2074. RPC I 358 nr. 2130. Cass. Dio 60,12,4. Cass. Dio 60,12,5. Suet. Claud. 27,2. Cass. Dio 60,22,2. Suet. Claud. 17,39.
63 64 65 66 67 68 69 70 71 72
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Francesca
Cenerini
Ti. Claudi Caesaris Augusti Germanici compare su un'iscrizione recentemente scoperta a Verona,73 databile al 44. d.C., assieme allo stesso imperatore e ad alcune delle più significative figure della gens giulio-claudia e di Claudio in particolare: il fratello Germanico, i genitori Druso Maggiore e Antonia Minore e, forse, Augusto. Sono noti schiavi e liberti74 di Messalina, e, con ogni probabilità, anche attività imprenditoriali. Infatti, secondo una recentissima interpretazione, 75 il bollo MES.CAE, che compare su numerosi frammenti di anfore olearie prodotte a Loron in Croazia, può essere integrato in Mes(sallinae) Cae(saris uxor). Questi possedimenti istriani, che comprendevano impianti produttivi ed edifici residenziali, possono essere entrati nella disponibilità di Messalina per acquisto, dono, eredità o confisca.76 Inoltre, nel cosiddetto Palazzo imperiale di Porto è stata rinvenuta una fistula con il nome di Messalina.77 L'ultima cosa da analizzare è perché Messalina opera questa scelta. Aveva veramente perso la testa per Silio? I «Gender Studies» (ad esempio Sandra R. JOSHEL che parla espressamente di «female desire»78) pongono l'accento sul fatto che la scelta del libertinaggio possa essere una opzione femminile valutabile, oggi, in chiave femminista, cioè come scelta trasgressiva, antagonista al potere maschile dominante. Se tali categorie interpretative non possono essere del tutto applicabili per la storia antica, sicuramente, a livello aristocratico, si tratta di una scelta politica. In ogni caso, la perdente Messalina può essere vista come esempio di falsa liberazione femminile. Nel resoconto tacitiano della vicenda di Messalina e di Silio, a mio parere, ci può essere una somiglianza con la vicenda di Giulia e di Iullo Antonio, dove chiaramente l'uso della sessualità era una forma di antagonismo al princeps.79 Messalina e Silio festeggiano il matrimonio con una rappresentazione bacchica: la baccante Messalina, con i capelli sciolti e il tirso in mano, e Silio, incoronato d'edera e con i coturni ai piedi, si agitano procaci choro, in una danza erotica,80 come già Giulia e i suoi amici si erano espressamente richiamati a Dioniso. Si può presumere che la sessualità di Messalina non si discostasse di molto da quella abitualmente praticata a corte, anche se siamo ben lontani dalle dimensioni orgiastiche descritte dalle fonti e immortalate dalla moderna cinematografia. Il problema nasce quando la sua sessualità diventa destabilizzante per il potere imperiale, cioè uno degli strumenti adoperati per attivare un cambiamento al vertice politico. Questo spiega perché la sua sessualità viene demonizzata, di pari passo con la damnatio memoriae della sua positività. La scelta di Messalina è dovuta, a mio parere, alla sempre più incalzante presenza di Agrippina Minore o, meglio, dei partiti che in queste donne si riconoscevano. Gli scrit-
73
CAVALIERI M A N A S S E 1 9 9 2 .
74
CHANTRAINE 1 9 8 0 , 3 9 2 .
75
MANACORDA (in D r u c k ) .
76
MANACORDA (in D r u c k ) .
77
CIL X V 7759 = X I V 2008.
78
JOSHEL 1 9 9 7 , 2 2 1 .
79
ROHR VIO 2 0 0 0 , 2 0 8 - 2 5 0 ; ROHR VIO 2 0 0 7 .
80
Tac. a n n . 11,31,2.
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tori antichi ci presentano una Messalina naturalmente dedita agli intrighi, ma, di certo, Agrippina non era da meno. Abbiamo già detto che le fonti registrano numerosi contrasti tra le due donne che, non dimentichiamo, potevano vantare entrambe di portare il sangue di Augusto nelle vene. Già gli studiosi contemporanei hanno messo l'accento sul fatto che fino dai primi tempi dell'ascesa al potere di Claudio, Messalina si preoccupa di assicurare la successione al figlio Britannico.81 Riesce a sbarazzarsi, come abbiamo già visto, di Livilla, ma non di Agrippina. 82 Se, in un primo momento, pare che Claudio consideri a tutti gli effetti suo erede Britannico, 83 è evidente che deve essere successo qualcosa che induce Messalina a non ritenere più sicura la posizione del figlio. E' probabile che lo stesso Claudio avesse incominciato a vedere in Agrippina Minore uno strumento di esaltazione, rispetto a Messalina, del suo legame con il fratello Germanico e la cognata Agrippina Maggiore, sempre amati dalle truppe e dal popolo di Roma, basi fondamentali delle manifestazioni di consenso al principe. Non va dimenticato che lo stesso Tacito, parlando dell'affetto popolare per il giovane Nerone piuttosto che per Britannico parla di memoria Germanici, cuius illa reliqua suboles virilis, il ricordo di Germanico, di cui rimaneva quella unica discendenza maschile. 84 In questo senso, può essere letto il messaggio che sarà espresso dalla cosiddetta Gemma Claudia, oggi conservata al Kunsthistorisches Museum di Vienna. Sul cammeo sono raffigurati Claudio e Agrippina Minore di fronte a Germanico e Agrippina Maggiore. I ritratti insistono su cornucopie, simbolo della sicurezza e della prosperità dell'impero. Al centro è posta un'aquila che rivolge lo sguardo verso Claudio. Il messaggio non potrebbe essere più chiaro. Il cammeo fu donato alla coppia imperiale in occasione delle loro nozze, anche se la rappresentazione di Agrippina Minore come divinità apportatrice di prosperità sembrerebbe suggerire un collegamento con il conferimento ad Agrippina del titolo di Augusta in occasione dell'adozione di Nerone da parte di Claudio. 85 Tacito, a mio parere, è illuminante a proposito delle difficoltà di Messalina: 86 Silio preme per passare definitivamente all'azione ed, evidentemente, spodestare Claudio. Messalina temporeggia. Silio dice che mansuram eandam Messalinae potentiam, addita sicuritate (Messalina sarebbe stata sempre potente, ma più sicura). Se la posizione di Agrippina Minore a corte si fa sempre più forte, la scelta di Messalina cade su di un personaggio, il cui padre era stato condannato sotto Tiberio per avere onorato la sua amicizia con Germanico e Agrippina Maggiore. Mi sembra chiaro il tentativo, da parte deH'«imperatrice», di indebolire la posizione della rivale, che faceva leva proprio sulla ingombrante figura della madre, moglie del compianto Germanico, ma che si prestava a facili manipolazioni. Gli stessi amici di Germanico avevano seguito strade politiche diverse. La pietà che susci-
81
EHRHARDT 1 9 7 8 ; C O G I T O R E 2 0 0 2 , 2 0 2 - 2 1 1 .
82
GRIFFIN 1994, 76.
83
WOOD 1 9 9 2 .
84
Tac. a n n . 14,12,1.
85
TALAMO 2 0 0 7 .
86
Tac. ann. 11,26.
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Cenerini
tava la tragica figura di Agrippina Maggiore era, come abbiamo visto, motivo sufficiente dell'appoggio popolare di cui godevano la figlia Agrippina Minore e il figlio di lei, Nerone, che, come ben sappiamo, succederà a Claudio. A mio parere la mancanza di chiarezza su questa vicenda è dovuta al fatto che Silio e Messalina avevano lo stesso scopo (eliminare Claudio), ma motivazioni diverse. Già il M O M I G L I A N O aveva sottolineato il fatto che Silio, console designato, era un patrizio e che Messalina, sposandolo, aveva come scopo politico quello di stabilire un «true senatorial principate». 87 Anche di recente l'affaire fra Silio e Messalina è stato interpretato «all'interno di una cospirazione aristocratica contro Claudio«.88 Io penso, invece, che questo fosse lo scopo di Silio. Non dimentichiamo le sue battaglie in senato contro gli uomini di bassa estrazione che facevano carriera facendo i delatori per l'imperatore. Messalina, invece, vuole assicurare la posizione di Britannico contro gli emergenti Nerone e Agrippina, ma il liberto Narciso, uomo di corte, ne anticipa abilmente le mosse e li fa condannare. Secondo Tacito,89 Narciso avrebbe mirato alla prefettura del pretorio, ma, dopo la repressione del complotto, si dovette accontentare degli ornamenti questorii. Come già accennato in precedenza, gli studiosi non sono affatto d'accordo sul valore politico del matrimonio di Silio con Messalina. Ad esempio, Raoul V E R D I È R E , che dedica ben tredici pagine a discutere sul fatto che Messalina si prostituisse o meno e che ritiene che Messalina preferisse avere rapporti sessuali con il bel Silio piuttosto che con il brutto Claudio, considera Messalina una ninfomane. 90 Viceversa, la lucida analisi di Garrett G. 91 F A G A N mette in evidenza che «there was a political dimension to what happened», anche se nega l'esistenza di un vero e proprio complotto. In ogni caso, va rilevato che il legame tra Silio e Messalina, formalizzato o meno da un matrimonio, fu interpretato da Claudio e dai suoi consiglieri in termini politici e come tale risolto. E' ben noto che, dopo la condanna di Messalina, il partito di Agrippina ha la meglio, e la donna riesce a farsi sposare dallo zio Claudio. La stessa Domizia Lepida Minore, madre di Messalina, ma anche cugina di Agrippina e zia di Nerone, cerca di contrastare la sua posizione sempre più influente a corte, ma sarà fatta condannare da Claudio e da Agrippina, preoccupati della sua immensa ricchezza e dell'esercito di schiavi alle sue dipendenze, nonché della sua possibile influenza su Nerone, da lei allevato durante l'esilio di Agrippina. 92 Anche Agrippina farà una brutta fine, fatta uccidere da quel figlio Nerone che aveva contribuito a far salire al potere. La storia non fa sconti alle donne, meno che mai a quelle che sono uscite dal ruolo prettamente domestico in cui i Romani si ostinavano a volerle confinare.
87
MOMIGLIANO 1 9 6 1 , 76.
88
PANI/TODISCO 2 0 0 8 , 2 5 9 .
89
Tac. a n n . 11,33.
90
VERDIÈRE 1 9 8 9 .
91
FAGAN 2 0 0 2 , 5 7 3 .
92
Tac. a n n . 12,65.
Messalina e il suo matrimonio con C.Silio
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Giulia Augusta, figlia di Tito, nipote di Domiziano* Gian Luca Gregori/Emmanuelle
Rosso
Anhand einer erneuten Untersuchung der grundlegenden Quellen werden die Etappen verfolgt, in welchen über einen Zeitraum von 20 Jahren das Bild der lulia, Tochter des Titus, von der flavischen Propaganda gekonnt konstruiert wurde, zunächst von Titus selbst, dann von Domitian. Durch das Weglassen ihres Gentilnamens wurde zunächst die Homonymie mit Livia betont (lulia Augusta nach 14 n.Chr.). Nach luliasTod (89 n.Chr.?) und ihrer Konsekration wurde sie der Venus angenähert, vielleicht auch indem man mit dem Datum ihres dies natalis spielte, der mit demjenigen des Tempels der Venus Genetrix auf dem Forum lulium zusammenfiel (26. September), lulia war die erste Frau der flavischen Dynastie, die eine eigene Münzprägung und den Titel Augusta erhielt und schon zu Lebzeiten auf den Münzen das Diadem tragen durfte. Unter den Flaviern ist lulia diejenige, für die wir die meisten ikonographischen Typen kennen (sowohl auf Münzen wie auch in Portraits), und sie war die erste - und einzige - der Dynastie, die von den ersten Regierungsjahren des Vespasian an ohne Unterbruch öffentliche Ehren genoss. In Anbetracht dieser Tatsachen erstaunt es nicht, dass lulia Augusta auch einen gewissen Einfluss auf die Politik und die Entscheidungen des Onkels haben konnte (die Herrschaft des Vaters war zu kurz und wir haben keine Hinweise auf eine Einflussnahme), an dessen Seite ihr (gemeinsam mit Domitia Augusta) weiterhin Ehrungen zuteil wurden, auch noch nach ihrem Tode. Attraverso il riesame delle principali fonti si sono seguite le tappe con cui, nel corso di un ventennio, l'immagine di Giulia, figlia di Tito, è stata abilmente costruita dalla propaganda d'età flavia, per essere utilizzata prima dallo stesso Tito e poi da Domiziano. Omettendo il suo gentilizio, si puntò dapprima sull'omonimia con Livia (lulia Augusta dopo il 14 d.C.). Dopo la sua morte (89 d.C.?) e consacrazione ella fu invece assimilata a Venere, giocando forse anche sulla coincidenza del suo dies natalis con quello del tempio di Venere Genetrice nel Foro di Cesare (26 settembre). Giulia fu la prima donna dei Flavii a beneficiare di una monetazione propria, a ricevere il titolo di Augusta ed a portare fin da viva,
I paragrafi 1 - 3 sono di G. L. GREGORI, il 4 di E. Rosso, la premessa e le considerazioni finali sono di entrambi. Alla ricerca ha partecipato attivamente, fornendo un aiuto prezioso, Massimo BLASI. Ringraziamo Sergio L A Z Z A R I N I , per la consulenza giuridica ed i consigli bibliografici, e Silvio PANCIERA, per la sua attenta revisione finale del testo, così come i colleghi intervenuti nella discussione, in particolare Francesca CENERINI, François CHAUSSON, Regula FREI-STOLBA, Anne KOLB, Anna Lina MORELLI, ma anche Margherita BONANNO, Filippo COARELLI, Eugenio LANZILLOTTA, Elio Lo C A S C I O , Arnaldo M A R C O N E , Leandro POLVERINI, Patrizia SERAFÍN e Claudio Z A C C A R I A , per i loro suggerimenti su singole questioni. Nelle more della stampa è stato pubblicato il catalogo della mostra curato da C O A R E L L I 2009, utile per le schede relative ai materiali ed i numerosi e pertinenti contributi scientifici.
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sulle monete, il diadema. Giulia tra le Flavie è colei per la quale abbiamo il maggior numero di tipi iconografici (sia sulle monete che nella ritrattistica) e fu la prima (e unica) della dinastia a godere di onori pubblici senza interruzione, fin dai primi anni di Vespasiano. Alla luce di queste considerazioni, non meraviglia che Giulia Augusta abbia potuto anche esercitare una qualche influenza sulla politica e sulle decisioni dello zio (il principato del padre fu troppo breve e mancano indizi in proposito), a fianco del quale (insieme a Domizia Augusta) ella continuò a ricevere onori anche dopo la morte. The analysis of the principal sources makes clear how the Flavian «propaganda» has shaped the image of lulia Augusta. The similarities between Flavia lulia and Livia (Augustus' wife) could be clues for the creation of lulia Titi filia's portrait as a new Livia, lulia Augusta was the first Flavian woman to enjoy a personal coinage, to obtain the title of «Augusta» and to be depicted with the diadem. She is the one, of whom we have the highest number of iconographie types (both on coins and portraits) and the first (and only) one of her dynasty to enjoy public honours without interruption since the first years of Vespasian's reign. Considering all these aspects it is possible that lulia Augusta influenced politics and her uncle's decisions.
Premessa Complici fonti scritte ed iconografiche d'interpretazione spesso controversa, la figura di Giulia Augusta, figlia di Tito,1 occupa un posto marginale nelle trattazioni a carattere manualistico,2 ma continua ad essere al centro del dibattito tra gli studiosi del periodo flavio. Di lei mancano informazioni precise sugli anni di nascita e di morte, che solo approssimativamente si è soliti collocare rispettivamente attorno al 60-64 ed all'89 d. C.3 Anche sul nome della madre vi sono incertezze. Dagli autori antichi, in prevalenza ostili a Domiziano, Giulia è di solito ricordata per il suo presunto e prolungato adulterio ed incesto con lo zio, seguiti alla morte del marito Flavio Sabino, che sarebbe stato fatto uccidere dall'imperatore, dopo il consolato congiunto dell'82, perché sospettato di
1
2
3
PIR2 F
426; R A E P S A E T - C H A R L I E R 1987, 323-324; E T I E N N E 1987, 86; F R E I - S T O L B A 2008, 376-377. Ora anche C E N E R I N I 2009a, 88-90. G R I F F I N 2000,46-54 (Tito) e 54-83 (Domiziano) menziona Giulia solo sporadicamente; in G A R Z E T T I I960, 278, Giulia è ricordata solo in merito ai rapporti che avrebbe avuto con lo zio Domiziano, per i quali cfr. Suet. Dom. 22; Plin. epist. 4,11; Iuv. 2,29-33 (con Schol.); Cass. Dio 67,3,2. L'incertezza sulla data della sua nascita dipende dalla mancanza di informazioni precise al riguardo e dal fatto che non si sa neppure se sua madre sia stata la prima o la seconda moglie di Tito (HAHN 1994, 233 propone il 63 o il 64) (vd. infra). Quanto alla sua morte, il termine ante quem è dato dalla scomparsa di Giulia Augusta dai commentarii dei Fratres Arvales a partire dagli inizi di gennaio del 9 0 ( S C H E I D 1 9 9 8 , 5 8 ) ; il termine post quem è offerto dalla dedica a Domiziano dell'equus nel Foro Romano, davanti al tempio del Divo Giulio (cfr. G I U L I A N I 1 9 9 5 ) : per quell'occasione Stazio scrisse infatti un componimento nel quale ricorda come assurti già tra gli dei il padre, il fratello, il figlio e la sorella di Domiziano (Stat. silv. 1 , 1 , 9 8 ) ; la nipote doveva dunque essere ancora in vita (diversamente KIENAST 1 9 8 9 , per il quale soror sarebbe da intendere qui come neptis, con riferimento proprio alla nostra Giulia).
Giulia Augusta, figlia di Tito, nipote di Domiziano
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aspirare al trono. 4 Domiziano sarà poi ritenuto responsabile anche della morte di Giulia, conseguenza di un aborto indotto: comunque siano andate le cose, egli ne decretò l'apoteosi. Le ceneri della donna furono deposte nel templum gentis Flaviae e con esse, dalla nutrice Fillide che aveva allevato entrambi, saranno state poi mescolate nel 96 quelle del vituperato Domiziano. 5 Indagare fino in fondo la figura di quest'Augusta vorrebbe dire affrontare molteplici aspetti del principato flavio. In questa sede ci limiteremo a riflettere su alcuni problemi, quali la sua onomastica, il suo dies natalis, la creazione della sua immagine nelle fonti scritte ed iconografiche, il suo potere a corte.
1. L'onomastica Pur essendo una Flavia per nascita, la nostra viene ricordata nelle fonti antiche sempre e semplicemente come Iulia, vale a dire con il solo cognomen (in questo caso peraltro un gentilizio in funzione cognominale, al quale più tardi si aggiunse il titolo di Augusta), secondo un uso frequente per personaggi della famiglia imperiale, prima e dopo di lei. Considerando l'abitudine dei Flavi di trasmettersi gli stessi cognomi di generazione in generazione, gli studiosi hanno cercato di spiegare l'anomalia rappresentata da questo cognome pensando che dovesse derivare dal ramo materno. Purtroppo sui natali di Giulia ci sono pervenute poche notizie. Suetonio menziona, senza però chiamarla per nome, una figlia di Tito, sia a proposito del divorzio del padre dalla seconda moglie Marcia Furnilla, avvenuto poco dopo la nascita della figlia,6 sia in relazione alla presa di Gerusalemme, caduta in mano romana proprio nel giorno del compleanno della figlia.7 Tuttavia secondo Filostrato, discusso autore d'età Severiana,8 Giulia sarebbe stata solo una delle figlie di Tito. Alcuni, pur tenendo in considerazione tale notizia, hanno ipotizzato che Marcia
4
Si trattava di un nipote (piuttosto che del figlio) dell'omonimo Flavio Sabino, fratello di Vespasiano: PIR2 F 355. Sulla presunta volontà da parte di Tito di contrapporre la coppia formata da T. Flavio Sabino-Giulia a quella costituita da Domiziano-Longina cfr. ECK 1970,48-54; BUTTREY 1980,25-26; 34-35.
5
Suet. Dom. 17,3. Cfr. TRAGLIA 1981. Il templum gentis Flaviae fu eretto da Domiziano sul Quirinale, sopra la casa di Vespasiano, come a suo tempo il sacrarium divi Augusti era stato costruito per volere di Livia sopra la casa natale di Augusto: sulla localizzazione e le funzioni del templum, eretto dentro al pomerio come mausoleo ed al tempo stesso sacrario dei divi e delle divae della nuova dinastia, da u l t i m i COARELLI 1 9 9 5 ; C A P A N N A 2 0 0 8 ; FREI-STOLBA 2 0 0 8 , 3 5 7 ; LA ROCCA 2 0 0 9 .
6
^ 8
Suet. Tit. 4,2. Trattandosi della nipote di Barea Soranus, si può ipotizzare che il divorzio fosse stato dettato da ragioni politiche: cfr. CHAUSSON 2003a, 120. Suet. Tit. 5,2. Philostr. Αρ. 7,7: «[...] being one of the daughters of Titus [scil. Iulia]» (trad. T.E. PAGE 1950); per un commento al passo, vd. GROSSO 1954, 447. Sui problemi interpretativi posti dall'opera di Filostrato e sulla difficoltà di distinguere tra fatti realmente accaduti e creazione letteraria: BOWIE 1978, 1690 c o n nt. 150; H A N U S 1 9 9 8 , 2 2 3 c o n nt. 34; 2 2 9 ; MAZZA 2 0 0 8 , 1 0 9 1 c o n ntt. 2 7 - 2 9 .
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Furnilla fosse la madre di Giulia, l'unica figlia di Tito di cui Suetonio parli espressamente.9 Altri hanno invece supposto che la figlia di Tito e di Marcia Furnilla fosse un'altra10 ed hanno identificato la madre di Giulia con Arrecina Tertulia, prima moglie di Tito11. Secondo un'ipotesi accettata anche da R. SYME,12 ma respinta da altri,13 Arrecina Tertulia sarebbe stata infatti figlia di Arrecino Clemente, prefetto del pretorio sotto Caligola, e di una Giulia.14 Isolata è rimasta la posizione di Santo MAZZARINO, il quale pensava di spiegare il nome di Giulia o con una qualche relazione tra i Flavii ed i Giulio-Claudii, o come un caso possibile, per quanto dubbio, di mutatio nominis, in omaggio a Giulia Berenice - senza azzardare che Giulia fosse nata da una relazione illegittima di Tito con la figlia di Agrippa, re dei Giudei.15 Da parte mia, mi domando se, per spiegare il nome della figlia di Tito non si possa intraprendere una strada diversa ed indipendente dall'identificazione della madre.
9
Così MARTINET 1981,29-33, ma già DALTROP/HAUSMANN/WEGNER 1966,51. Perlo status quaestio -
10
Così RAEPSAET-CHARLIER 1987, 316-317, secondo la quale la figlia di Tito e Marcia Furnilla non sarebbe stata Flavia Giulia, ma un'altra Flavia, forse morta presto. Secondo ETIENNE 1987, 68 Tito avrebbe avuto almeno altre due figlie oltre a Giulia. Per primo CASTRITIUS 1969, 492-494. Su Marcia Furnilla: RAEPSAET-CHARLIER 1987, 442-443; su Arrecina Tertulia: RAEPSAET-CHARLIER 1987,109-110.
nis, v d . VINSON 1 9 8 9 ; JONES 1 9 9 2 , 3 8 - 4 2 ; J O N E S / M I L N S 2 0 0 2 , 1 6 7 .
11
12
13
SYME 1980, 21; KIENAST 1996, 114 - sia p u r e c o n u n p u n t o interrogativo. HAHN 1994, 233 con
ntt. 3 - 4 e 7 segue l'ipotesi di CASTRITIUS e respinge l'ipotesi di Marcia Furnilla per il silenzio di Suet. Tit. 4,2, sul nome della di lei figlia: «Da Sueton keinen Namen für die dem Titus geborene Tochter aus der Ehe mit Marcia Furnilla nennt [...]»; cfr. RAEPSAET-CHARLIER 1987,324: «Philostrate n'étant pas une source négligeable - il nous conserve le nom du mari de Iulia là où Suétone ne fait que des allusions - et l'argument d'onomastique, difficile à remplacer, il nous paraît que, dans l'état actuel de notre documentation (la fille de Marcia Furnilla ayant pu mourir enfant), Iulia doit être tenue pour la fille d'Arrecina Tertulia [...]». In particolare NICOLS 1978, 31-34 fece notare quanto l'ipotesi di CASTRITIUS fosse fragile: infatti i nonni di Giulia avrebbero anche potuto essere ugualmente bene un'Arrecina ed un Giulio, non conoscendosi alcuna sorella di Ti. Giulio Lupo.
14
TOWNEND 1 9 6 1 , 5 4 - 6 2 ; c f r . NICOLS 1 9 7 8 , 3 2 ; 3 6 - 3 9 .
15
MAZZARINO 1995, 286-288, con nt. 5: «La mutatio nominis, se ci fu, vale a dire se Iulia era figlia legittima (la filia che Suetonio dice nata da Marcia Furnilla), dovette significare nel pensiero di Tito, un particolare avvicinamento di Iulia alla gente di Berenice? [...]». Su Berenice: PIR 2 I 651; cfr. JACKSON 2005. Al di là di ogni altra considerazione, il fatto stesso che nell'onomastica della figlia di Tito Giulia sia da intendere come cognome e non come gentilizio farebbe escludere l'ipotesi, apparentemente suggestiva, che si possa pensare ad una figlia illegittima di Berenice, ipotesi alla quale lo stesso MAZZARINO non sembrava credere.
Giulia Augusta, figlia di Tito, nipote di Domiziano
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2. II dies natalis di lulia Titi filia Come ho accennato, Suetonio, a proposito degli ultimi eventi della guerra giudaica, riferisce che Tito prese Gerusalemme natali filiae suae - la coincidenza riguarda il giorno e non anche l'anno. Flavio Giuseppe, a sua volta, raccontando del prolungato assedio e della progressiva occupazione di Gerusalemme (cinta da tre cerchia concentriche di mura), scrive che essa cadde definitivamente lottavo giorno del mese di Gorpiaios,16 Le date di inizio di questo mese presentano delle varianti a seconda dei calendari locali.17 Se Flavio Giuseppe seguì anche in questo caso la cronologia di Tiro (come si ritiene abbia fatto abitualmente), che fissava l'inizio del mese al 19 settembre, 18 dovremmo dedurre che Gerusalemme sia stata presa il 26 settembre del 70 d. C. 19 Quello stesso giorno (o almeno così si volle far credere in seguito) sarebbe dunque nata alcuni anni prima la nostra Giulia. Si tratta di una coincidenza curiosa e particolarmente significativa, appena si consideri l'importanza che la propaganda d'età flavia attribuirà poi alla vittoria giudaica per la celebrazione di Tito e della sua gens.20 Ma vi è un'altra più significativa coincidenza, finora, mi pare, sfuggita: proprio il 26 settembre a Roma si celebrava il dies natalis del Tempio di Venere Genitrice,21 dedicato 16
los. bell. lud. 6,407 e 435.
17
Con riferimento al calendario giuliano il mese di Gorpiaios
sarebbe iniziato ad Efeso il 25 luglio; a
Gaza e ad Ascalona il 29 agosto; in Siria esso corrisponderebbe al mese di settembre; a Seleucia ed in Pieiria ad ottobre ed a Sidone a novembre; cfr. Hemerologium
Florentinum
(I 4 1 9 - 4 2 1 IDELER):
BISCHOFF 1 9 1 2 . 18
HERZ 1978, 1168 con nt. 226; per una cronologia della guerra giudaica e il problema del rapporto tra i mesi utilizzati da Flavio Giuseppe e il calendario giuliano in uso a Roma, vd. LEVICK 1999a, 4 0 - 4 2 ; MURISON 1999, 1 3 5 - 1 3 6 («Until recently, it was generally believed that Josephus was using the Tyrian version of the Julian calendar [...]»); per l'uso del sistema di Tiro in rapporto al calendario giuliano, vd. soprattutto BICKERMANN 1980, 48. Secondo NICOLS 1 9 7 8 , 4 5 e 47, Flavio Giuseppe avrebbe usato dei mesi diversi da quelli del calendario giuliano solo nominalmente, ma per il numero dei giorni avrebbe seguito invece quello giuliano; riguardo alla questione della cronologia in Flavio Giuseppe, rinvio a MURISON 1 9 9 9 , 1 3 6 con le parole di PRICE 1919, 223: «reconstruction of absolute chronology for events in Jerusalem is impossible, although relative chronology can be recovered». Diversa l'idea di JONES/MILNS 2002, 99, che seguono per l'8 Gorpiaios
l'idea di NICOLS 1978, 45; 47,
che lo fa corrispondere all'8 settembre. 19
DALTROP/HAUSMANN/WEGNER 1966, 50 e HAHN 1994, 233 nt. 5, parlano del 2 settembre 70; non corretta la data del 10 agosto che si ritrova in JONES 1984, 209. Per i problemi di cronologia in Flavio Giuseppe, vd. LEVICK 1999a, 4 1 - 4 2 , dove al 10 agosto si data la presa del Tempio ed al 26 settembre la presa definitiva di Gerusalemme con la caduta della Città Alta; KIENAST 1996, 114 propone di collocare il dies natalis di Giulia all'inizio di settembre. Tornerò in altra sede sul problema del dies natalis di Giulia.
20
D a u l t i m o v d . M C L A R E N 2 0 0 5 , i n p a r t i c o l a r e 2 8 8 - 2 8 9 ; c f r . a n c h e F I R P O 1 9 9 9 , 4 1 - 6 1 ; BARNES 2 0 0 5 .
21
Cfr. GROS 1999, 1 2 0 - 1 2 1 . Per la statua di Venere Genitrice che si trovava all'interno del tempio, vd. KOCH 1 9 5 5 , 8 6 3 - 8 6 8 ; PERA 1 9 7 6 , 2 5 2 c o n nt. 6; SCHMIDT 1 9 9 7 , 194; 2 1 6 nr. 2 5 7 ; 2 2 2 nr. 3 2 9 ; 3 3 2 ;
ALEXANDRIDIS 2004, 86 con nt. 827 ed ora MARTINEZ 2008. Sull'uso politico a scopo dinastico della leggenda troiana, e quindi di Venere, connessa con le origini di Roma e della gens lulia, testimoniato già in denari del 46 a. C.: PERA 1976, 252, con ntt. 4 - 6 .
198 I
Gian Luca Gregori/Emmanuelle
Rosso
nel suo Foro da Giulio Cesare nel 46 a. C.22 Il tempio fu poi inaugurato una seconda volta nel 44 da Ottaviano, dopo il passaggio della cometa, il sidus lulium (ed in questa occasione vi fu collocata una statua bronzea di Cesare sormontata da una stella).23 Il tempio sarà poi integralmente rifatto da Domiziano 24 e riconsacrato da Traiano una terza volta.25 Che Tito nutrisse una particolare devozione per Venere è suggerito dal fatto che, durante il suo viaggio di ritorno a Gerusalemme per l'ultima fase della guerra, egli sostò nell'isola di Cipro, per interrogare l'oracolo dell'Afrodite di Paphos, che in quell'occasione gli avrebbe preannunciato l'impero.26 D'altra parte, anche Vespasiano mostrò negli anni del suo principato un'attenzione particolare per Venere, sia restaurando la celebre Venere di Cos,27 sia collocando una sua statua nel nuovo Templum Pacis,28 sia coniando monete con al R/ Venus Augusta, seguito in questo da Tito e poi da Domiziano. Mi domando allora se Flavia Giulia non possa aver ricevuto il suo cognome in omaggio a Venere, progenitrice della gens Iulia,29 ed in onore del divo Giulio, fondatore del tempio di Venere Genitrice,30 senza dimenticare che tre giorni prima, il 23 settembre, cadeva il compleanno di Augusto - anch'egli un Iulius, sia pure d'adozione. Stante il forte significato ideologico di questo cognome - era allora imperatore Nerone, che discendeva da Augusto, e non bisogna dimenticare che Tito è presentato dalle fonti come molto amico di Britannico - , la sua attribuzione alla figlia di Tito potrebbe anche non risalire al momento della nascita (l'uso di Iulius/Iulia come cognome pare godere di una certa diffusione solo più tardi), ma essere successiva alla conquista del potere da parte di Vespasiano;31 forse
22
Oltre ai Fasti Fratrum Arvalium, Fasti Praenestini e Fasti Ostienses cfr. App. civ. 2,68,281; 2,102,424; Cass. D i o 43,22,1-2; Fest. 272 (LINDSAY).
23
Cass. D i o 45,7,1; Plin. nat. 2 , 9 3 - 9 4 .
24
Sulla fortuna di Venus sotto Domiziano: PERA 1978, 81. Per la dedica della sua colonna Traiano scelse il 12 maggio (del 113), anniversario della dedica del tempio di Venere Genetrice da parte di Ottaviano, come osserva già PERA 1978, 84 con nt. 22 e bibl. prec. Suet. Tit. 5,1 (su cui JONES/MILNS 2002, 98); cfr. Tac. hist. 2,1-4; los. bell. lud. 4,501; dediche flavie
25
26
all'Afrodite di Palaipaphos:
I G R III 9 4 4 - 9 4 5 ; cfr. MITFORD 1947, 2 0 8 - 2 1 1 ; BARZANÒ 1983. I n t a n t o
venivano diffusi prodigi e presagi favorevoli anche al padre Vespasiano, che certamente non poteva vantare nobili origini, a differenza di Otone e Vitellio: SHALIT 1975; VIGOURT 2001, 346-347; MORGAN 2 0 0 6 , 1 7 1 - 1 8 9 . 27
Suet. Vesp. 18 (cfr. Plin. nat. 3 5 , 9 1 - 9 2 ) ; cfr. JONES/MILNS 2002, 79.
28
P l i n . n a t . 3 6 , 2 7 . C f r . o r a COARELLI 1 9 9 9 ; LA ROCCA 2 0 0 1 , 1 9 5 - 2 0 7 .
29
Sui genetliaci imperiali, vd. HERZ 1978, 1168 con nt. 226. Sull'accostamento tra Giulia e Venere vd. soprattutto PERA 1978, 80-81. In effetti pare fosse permesso al cittadino cambiare la propria denominazione personale, secondo quanto sostiene GUARINO 2001, 284-285; non dovrebbero del resto adattarsi al caso della nostra Giulia, nipote di un imperatore, le perplessità espresse in proposito da SOLINAS 1992, 281-304, per il quale l'imposizione del nomen al civis Romanus era regolata da rigide formalità religiose e sociali, essendo lo Stato direttamente interessato all'esatta determinazione individuale dei suoi soggetti e quindi alla immutabilità dei loro segni distintivi (cioè i nomina), per cui ogni mutamento non autorizzato sarebbe stato punito ai sensi della Lex Cornelia de falsis. In ogni caso, è certo che
30 31
Giulia Augusta, figlia di Tito, nipote di Domiziano
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l'occasione fu offerta dalla presa di Gerusalemme da parte di Tito - come noto, il figlio di Claudio, Britannico, fu così chiamato solo dopo il trionfo del padre nel 43 d. C. Con la successiva attribuzione a Giulia anche dell'epiteto di Augusta si verrà poi a creare una perfetta omonimia con Livia, la prima Augusta, che nel 14 d. C., obbedendo alle volontà testamentarie di Augusto, aveva per l'appunto cambiato il suo nome in quello di Iulia Augusta.32 È noto che i Flavii tentarono di legittimare la propria presa del potere richiamandosi in ogni modo ad Augusto ed ai Giulio-Claudii (si diceva, ad esempio, che Tito fosse stato allevato alla corte di Claudio come compagno di Britannico) 33 ed alla stessa Livia, dalla quale per via di sangue tutti i successori di Augusto erano discesi: a parte la ripresa ideologica del tema della pax, e di tipi monetali augustei e giulio-claudi, la cosiddetta, notissima e discussa Lex de imperio Vespasiani appare ispirata dalla volontà propagandistica di presentare Vespasiano come un continuatore ed erede di Augusto, Tiberio e Claudio.34 Vespasiano portò inoltre a termine la costruzione del tempio del divo Claudio e le sue ceneri, prima della loro traslazione nel templum gentis Flaviae, furono deposte nel Mausoleo d'Augusto.35
Iulia, nell'onomastica della figlia di Tito, fosse un cognome e non un gentilizio: lo dimostrerebbe l'onomastica di Flavio Demetrio, fratello di Artemis, che a sua volta dichiara espressamente di essere stata liberta della diva Iulia Augusta (CIL VI 18038). 32
C f r . d a u l t i m o FRASCHETTI 1 9 9 4 ; PERKOUNIG 1 9 9 5 ; FREI-STOLBA 1 9 9 8 ; BARRETT 2 0 0 6 ; T E M P O R I N I GRÄFIN V I T Z T H U M 2 0 0 2 b , 7 9 ; HIDALGO DE LA VEGA 2 0 0 3 a , 4 0 0 ; H I D A L G O DE LA VEGA 2 0 0 7 a ,
33 34
392-393; FREI-STOLBA 2008, 358. Suet. Tit. 2,1. LUCREZI 1 9 9 5 ; CRAWFORD 1 9 9 6 , 5 4 9 - 5 5 3 ; P U R P U R A 1 9 9 9 , 2 9 2 - 2 9 3 c o n n t . 9 1 ( q u e s t ' u l t i m o a p r o p o -
sito dell'attribuzione arbitraria da parte di Vespasiano ad Augusto, Tiberio e Claudio di poteri «assoluti» (rr. 19-27), che in realtà rappresentavano una novità del nuovo regime); MALAVOLTA 2006. Su questo notissimo provvedimento, e sulle sue motivazioni ed implicazioni, vd. ora i numerosi interventi negli atti del Convegno «La Lex de imperio Vespasiani e la Roma dei Flavii» (Roma, 20-22 novembre 2008), ROMA 2009. Già di Galba si era detto che avesse avuto una particolare devozione per Livia, la quale a sua volta lo avrebbe favorito immensamente da viva, ricordandolo poi nel proprio testamento (Suet. Galb. 5,3). Il nonno di Otone, a sua volta, sarebbe divenuto senatore per gratiam Liviae Augustae, in cuius domo creverat; il padre era tanto caro e tanto simile a Tiberio, da esserne creduto il figlio e la sorella sarebbe stata fidanzata a Druso, figlio di Germanico (cfr. RAEPSAETCHARLIER 1987, 548); lo stesso Otone, del resto, marito di Poppea prima di Nerone, avrebbe voluto sposarne poi la terza ed ultima moglie, Messalina: Suet. Otho 1,1; 10; Cass. Dio 60,18; cfr. GARZETTI 1 9 6 0 , 6 3 2 - 6 3 3 ; PANI 1 9 9 1 , 2 6 5 - 2 7 4 ; M U R I S O N 1 9 9 3 , i n p a r t . 6 6 - 7 0 e 7 5 - 8 0 ; W I E D E M A N N 1 9 9 6 , 2 6 7 -
269 e da ultimo, sull'immagine di Otone restituita dalle fonti in relazione a quella di Galba, MORGAN 2006, 284-290. Vitellio a sua volta assunse come modello Nerone, ai cui Mani faceva sacrifici sulle are del Campo Marzio: Tac. hist. 1,78. 35
PANCIERA 1 9 9 4 , 1 4 2 - 1 4 4 .
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3. La costruzione dell'immagine nell'epigrafia Se sulle monete l'immagine ed il nome di Giulia fanno la loro prima comparsa solo dopo che il padre divenne imperatore, la rappresentazione di Giulia sul piano epigrafico cominciò già al tempo di Vespasiano: fin dai primi mesi del 73, dopo il ritorno del padre a Roma e la celebrazione del trionfo giudaico, conosciamo infatti una dedica urbana, peraltro gravemente mutila, a Tito Cesare, l'onomastica e la titolatura del quale sono affiancate a destra, in lettere d'altezza minore, dal nome della figlia.36 Essendo allora già morte le due Flaviae Domitillae, rispettivamente moglie e figlia di Vespasiano,37 e non essendosi Tito più risposato dopo il divorzio da Marcia Furnilla, Giulia finì per occupare il posto normalmente rivestito dalla moglie del Cesare. In assenza di figli maschi sia per Tito sia per Domiziano, la fanciulla verrà a rappresentare per la propaganda Flavia colei che avrebbe potuto ragionevolmente assicurare, in una prospettiva di lunga durata, continuità dinastica ai nuovi regnanti. 38 Per confronto, a giudicare almeno dalle dediche pervenute, Domizia Longina, fin dagli inizi degli anni Settanta moglie dell'altro figlio, il Cesare Domiziano, nonostante il prestigio del padre Corbulone e la sua stessa discendenza dalla dinastia giulio-claudia,39 appare, rispetto a Giulia, figura piuttosto sbiadita,40 per non parlare delle tre Flaviae Domitillae.41 Dovrebbe essere agli inizi del breve principato di Tito che Giulia ricevette l'epiteto di Augusta: l'unico parziale precedente era offerto da Claudia, la figlia di Nerone e di Poppea, Augusta però fin dalla nascita.42 Da quel momento cominciò (in virtù della costante omissione del gentilizio paterno) la voluta omonimia con LiviaHulia Augusta:43 la conseguenza 36
CIL VI 941 cfr. pp. 3070, 3077,4308.
37
Sulle due Flaviae Domitillae
vd. PIR 2 F 416-417; RAEPSAET-CHARLIER 1987, 319-322. Ancora si
discute se ad essere divinizzata sia stata la madre o la figlia, entrambe morte prima del 69: cfr. PERA 1978, 8 0 - 8 1 nt. 5; KIENAST 1989; FREI-STOLBA 2008, 386-388; 390. Per la moglie del f u t u r o imperat o r e : BARRETT 2 0 0 5 . 38
La preoccupazione era stata già di Vespasiano, secondo Suet. Vesp. 25,1, ripreso da Cass. Dio 66,12,1 e Eutr. 7,20,3. Per il ruolo delle donne nella successione dinastica del II sec.: FRASCHETTI 2008, 4247.
39
Corbulone era da parte di madre frater uterinus di Milonia Cesonia, quarta ed ultima moglie di Caligola (Plin. nat. 7,39); sua moglie, probabilmente una Cassia Longina, era a sua volta figlia di Drusilla, sorella di Caligola, o di Emilia Lepida, pronipote di Augusto, giusta la genealogia proposta da CHAUSSON 2003a.
40 41
Sul rapporto tra Giulia e Domizia: VINSON 1989, 431-450. COGITORE 2000, 250-251, 265-266. Cfr. per un quadro d'insieme CASTRITIUS 2002.
42
FREI-STOLBA 2 0 0 8 , 3 8 4 - 3 8 5 .
43
La conseguenza per noi di quest'operazione di propaganda è che, davanti al solo nome ed in assenza di altri indizi, è difficile attribuire documenti all'una o all'altra Augusta: è il caso ad esempio della dedica tergestina a Giulia Augusta (Ut X 4 nr. 23, cfr. ZACCARIA 1992, 213-214, che ora, in base al profilo della base, propenderebbe per la figlia di Tito, tanto più che sono documentati interventi flavi nella regione, a cominciare dalla costruzione della via Flavia, che partiva proprio da Tergeste), ma anche dell'epitaffio pompeiano per una Tyche schiava di Iulia Augusta rinvenuto nel recinto di un sepolcro d'età neroniana non ancora terminato al momento dell'eruzione: CIL X 1023 = ILS 8053
Giulia Augusta, figlia di Tito, nipote di Domiziano
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per noi di quest'operazione di propaganda è che, in presenza del solo nome ed in assenza di altri indizi, è spesso difficile attribuire documenti all'una o all'altra Augusta. I Fratres Arvales cominciarono a pronunciare voti per la sua salus: nei loro commentarti, alla data del 3 gennaio dell'81, Iulia Augusta compare subito dopo Tito e Domiziano, mentre è significativamente assente Domizia Longina, moglie del secondo già da molti anni.44 Per Giulia Augusta sono documentate dediche ad Ercolano ed a Terventum, che la ricordano rispettivamente, e curiosamente, solo come Titi Caesaris filia o Titi filia,45 circostanza che ha fatto pensare ad alcuni, se non si trattava di errore del lapicida o della minuta, che il titolo di Augusta le fosse stato concesso già prima della successione del padre al trono, in concomitanza forse con il matrimonio con Flavio Sabino.46 Entrambi gli omaggi potrebbero spiegarsi come un atto di devozione verso la dinastia Flavia nel suo insieme ed è probabile che fossero associati ad analoghe dediche per altri membri della casa imperiale:47 sappiamo che la dedica nella cosiddetta basilica di Ercolano era associata ad altre due, rispettivamente per Flavia Domitilla (CIL X 1419) e Domizia Longina (CIL X 1422), e che del complesso faceva parte anche una statua di Tito con corazza, secondo un tipo iconografico che lo raffigurava ancora come Cesare (Napoli, Museo Archeologico Nazionale, Inv. 6059).48 La presenza di Giulia Augusta, sia a livello epigrafico che numismatico, non si arresta con la morte prematura del padre. Per la sua salus et incolumitas continuano a sciogliere vota gli Arvali (come risulta dai commentarti relativi agli ultimi mesi dell'81 e dell'87), che pospongono però ora il suo nome a quello della nuova Augusta Domizia Longina
(sull'epiteto di Veneria portato dalla schiava: CHANTRAINE 1967, 385-388 ed ora COARELLI 2008, secondo il quale veneria sarebbe l'equivalente di magistra Veneris) o dell'iscrizione onoraria per una Caecilia Tertulia, sacerdotessa di Giulia Augusta e della dea Roma, ad Attalia, in Panfilia (SEG II 696). Ho poi qualche dubbio che possano essere attribuite alla nostra Giulia (e non alla figlia di Augusto) le fistule con bollo IVLIAE AVG F (CIL XV 7275), trovate a Roma, nell'area del Palazzo di Giustizia, come invece propende a credere BRUUN 1991, 3 3 - 3 5 e BRUUN 2005; le fistule dal Palatino con bollo IVLIAE AVG (CIL XV 7264 cfr. LUGLI I960, 161 nr. 185) saranno piuttosto da riferire a Livia, secondo anche l'opinione di F. COARELLI. 44
SCHEID 1998, 48. Sui vota pro salute per Domiziano e la casa imperiale, connessi con Aeternitas, vd. D O P I C O C A I N Z O S 1 9 9 8 , 2 6 9 ; cfr. S C H E I D 1 9 9 0 , 2 5 2 .
45
46
47
48
AE 1979, 176; CIL IX 2588 (in realtà il testo è di provenienza ignota ed a Tervento è stato solo riutilizzato). Così HAHN 1994, 233. Cfr. anche SEG II 697 (da Attalia, in Panfilia), dedica per Giulia Augusta, onorata come figlia dell'imperatore Tito Cesare. Ricordo per inciso che Terventum, nel Sannio, confinava con Bovianum, che al tempo di Vespasiano era divenuta colonia, subendo l'invio di veterani della legione XI (cfr. BUONOCORE 2008, 565-567). È possibile che Ercolano avesse cosi voluto esprimere il suo ringraziamento per l'intervento dei principi flavi dopo i danni subiti dalle città campane con il terremoto; cfr. in particolare STEMMER 1978, 9 8 nr. VILI 1; R o s s o 2 0 0 5 , 8 1 2 nr. 1 2 6 , fig. 9 6 ; A L L R O G G E N - B E D E L 2 0 0 8 , 3 9 - 4 0 ; MASTROROBERTO
2 0 0 8 . In g e n e r a l e sulla c o s i d d e t t a basilica di Ercolano: PESANDO 2 0 0 3 ; TORELLI 2 0 0 5 ; ALLROGGENBEDEL 2 0 0 8 .
202 I
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55), secondo un nuovo ordine gerarchico che ritroviamo anche in una dedica puteolana dell'85 forse promossa dagli Augustales.49 La scomparsa di Giulia dai commentarti alla data del 3 gennaio del 90 ha fatto ipotizzare che la principessa fosse nel frattempo morta: 50 in assenza di indizi che consentano una datazione più precisa, possiamo quindi inquadrare genericamente al decennio tra 1*81 e Γ89 un paio di dediche da Pozzuoli (Rione Terra) e da Brescia, in cui Giulia Augusta è ricordata come figlia del divo Tito e nel primo caso anche come nipote del divo Vespasiano,51 alle quali se ne aggiunge una terza, a Giulia Augusta, figlia del divo Tito, ed a Domizia Augusta, da parte della bulé e del demos di Pinara, nella provincia di LiciaPanfilia.52 Se le iscrizioni puteolane trovano probabilmente la loro ragione d'essere nella fedeltà dell'importante porto campano alla casa Flavia, manifestatasi già nei momenti finali della guerra contro Vitellio e che con Vespasiano le valse il titolo di colonia Flavia, più curiosa appare la dedica bresciana. La si potrebbe, ancora una volta, spiegare con il fatto che Giulia era nipote di Vespasiano, l'imperatore che, oltre a favorire la ricostruzione di Cremona dopo i guasti del 69, aveva nel 73 dedicato il nuovo Capitolium della vicina Brixia, ricevendo localmente attestazioni di fedeltà da parte di esponenti della classe dirigente.53 È da ricordare, tuttavia, che in questo caso la dedica fu promossa non dall'orcio della colonia, ma da due modeste popolazioni adtributae a Brixia dopo la conquista augustea delle Alpi, i Trumplini ed i Benacenses. Tornerò su questo testo in sede di considerazioni finali. (SCHEID 1998, 49;
Dopo la sua morte, Giulia Augusta fu dallo zio prontamente divinizzata: se Caligola a suo tempo aveva concesso l'apoteosi alla sorella Drusilla,54 il caso della diva Iulia Augusta rappresentava il primo caso di divinizzazione di una nipote, al tempo stesso figlia di un divo.55 Per lei furono scelte, tra le donne delle aristocrazie cittadine, specifiche flaminiche, attestate sia in Italia (a Novaría e ad Aeclanum), sia forse nelle province, con titolature nelle quali il nome della defunta compare nella forma diva Iulia, o diva Iulia
49
50
CIL X 1632: la datazione è suggerita dalla menzione del secondo consolato di Tito Aurelio Fulvo, esercitato insieme allo stesso Domiziano, console per l'undicesima volta. CIL V I 2067 = S C H E I D 1998, 58. La tradizione letteraria attribuisce la morte di Giulia Augusta ad u n aborto imposto dallo zio Domiziano: Iuv. 2,29-33; Plin. epist. 4,11 (cfr. S H E R W I N W H I T E 1966, 283); Schol. Iuv. 2,29. V I N S O N 1989, 435 e H I D A L G O DE LA V E G A 2003b, 68-69 deducono dall'analisi delle fonti che Giulia debba essere morta negli ultimi mesi dell'89.
51
U t X 5 n r . 90; CALDELLI 2 0 0 8 .
52
IGR III 573 = ΤΑΜ II 506. Ut Χ 5 nr. 88-89. Ignoriamo quale sia stato l'atteggiamento della classe dirigente bresciana nel 69, al m o m e n t o degli scontri, avvenuti n o n lontano dai suoi confini, tra le forze di Otone e di Vitellio prima, quelle dello stesso Vitellio e di Vespasiano poi. Tacito, nelle Historiae, mentre definisce Ticinum e Cremona favorevoli a Vitellio e parla di Verona come base delle operazioni militari dei Flaviani, non ricorda mai Brixia·. considerando la vicinanza con le due colonie, pare tuttavia difficile che Brixia abbia potuto stare a guardare. Cfr. in generale M A Z Z A 1992.
53
54
W O O D 1 9 9 5 ; OSVALD 2 0 0 4 ; FREI-STOLBA 2 0 0 8 , 3 8 0 - 3 8 1 .
55
FREI-STOLBA 2 0 0 8 , 3 8 8 - 3 8 9 .
Giulia Augusta, figlia di Tito, nipote di Domiziano
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Augusta.56 Come diva Iulia la nostra ricevette, insieme a Domizia Augusta (ma forse era presente anche Domiziano), una dedica,57 che accompagnava verosimilmente un gruppo statuario, a Celeia (nel Norico), curata da un liberto, ma disposta da un centurione di quella legione VI Ferrata, di stanza in Siria, che aveva preso parte sotto Vespasiano e Tito alla guerra giudaica e che nel 69 era stata trascinata da Licinio Muciano negli scontri che portarono i Flavi al potere. 58
4. La costruzione dell'immagine nei tipi monetali e nei ritratti Il ruolo di primo piano avuto da Giulia, rispetto a Flavia Domitilla ed a Domizia Longina, nella politica d'età flavia sembra confermato dai numerosi tipi monetali ed iconografici a lei attribuibili, almeno cinque, mentre nessun altro imperatore o principessa della dinastia ne ha più di tre. In una prima fase Giulia fu raffigurata con occhi grandi, labbra carnose, viso largo: attraverso la somiglianza con il padre, si voleva rimarcare la sua discendenza da Tito, di cui avrebbe dovuto perpetuare la stirpe.59 Secondo Suetonio Tito in un primo momento avrebbe voluto addirittura sposare la figlia con Domiziano, in un'ottica rigidamente dinastica della successione al potere.60 Il primo vero ritratto ufficiale della donna compare sulle monete solo dopo la concessione a lei del titolo di Augusta. Giulia è contraddistinta ancora da marcati lineamenti paterni, corona di boccoli e lunga coda intrecciata ricadente sul collo.61 Il dettaglio più importante è tuttavia rappresentato dal diadema, insegna già di imperatrici o principesse giulio-claudie (Antonia Minore, Agrippina Maggiore, forse Livilla, Drusilla, Agrippina
56
57 58 59
60 61
Vd. rispettivamente CIL V 6514 = AE 1999, 763 (da Novaría, la stessa donna fu poi fiammica della diva Sabina a Ticinum; il marito, di rango equestre, fu a sua volta flamine del divo Adriano, ma anche del divo Vespasiano). Solo nel caso di CIL IX 1153 = ILS 6487 (da Aeclanum, la donna fu contestualmente anche sacerdotessa della Mater Magna e di Iside Regina) la nostra compare come Diva Iulia Pia Augusta (come più tardi Giulia Domna), nella titolatura della fiammica Cantria P.f. Longino: C H E L O T T I 2000, 126-129. Da escludere, per ragioni cronologiche, che la pompeiana sacerdos luliae Augustae Vibia C.f. Sabina fosse stata sacerdotessa della nostra Giulia (CIL X 961-962): non so tuttavia se ha ragione C A S T R E N 1983, 72; 108, che pensa ad una sacerdotessa di Agrippina piuttosto che di Livia (dal 42 Diva Augusta), anche per la possibile parentela della donna con il duoviro del 56/57 C. Vibius Secundus. CIL III 13524a-b = ILLPRON 1747 = AE 2001, 1593a-b. Cfr. los. bell. lud. 2,531; 544; da ultimo C O T T O N 1998. Di quest'iniziale iconografia di Giulia si conservano due repliche: una a Ginevra, l'altra a Roma, al Museo Nazionale Romano (FELLETTI MAJ 1953, 86 nr. 155; Rosso 2009a; Inv. 121215). Suet. Dom. 22. Vale la pena ricordare che in precedenza era stato il ritratto di Caligola sulle monete a richiamare molto da vicino quello della madre Agrippina, mentre nella stessa età flavia anche Domiziano e Domizia Longina saranno raffigurati con tratti fisionomici simili: il problema è di carattere più generale e si ripresenterà anche successivamente: cfr. VARNER 2008.
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Minore), ma solo come onore postumo, simbolo di regalità e preannuncio di apoteosi.62 Giulia Augusta fa la sua comparsa sul D/ di monete, che al R/ esibiscono immagini e nomi di divinità femminili o personificazioni di virtù imperiali, 63 quali Cerere Augusta,64 Concordia Augusta,65 Salus Augusta,66 Venere Augusta67 (Fig. 1) e Vesta,68 tipi richiamanti, a seconda dei casi, ideali di bellezza fisica femminile, prosperità, benessere, armonia, continuità ed eternità della dinastia, di Roma e dell'Impero. 69 Si trattava per la verità di una ripresa evidente di tipi emessi già dai Giulio-Claudii ed in particolare di quelli relativi a Livia/Iulia Augusta, la cui immagine era già stata associata sulle monete ad alcune di queste figure divine.70 Contemporaneamente venivano battute monete in onore della Diva Domitilla Augusta:71 se quest'ultima, insieme al Divo Vespasiano, serviva a dare alla casa imperiale una cornice divina, Giulia rappresentava la speranza di continuità e l'avvenire della dinastia.
62
63
Fig. 1 Ritratto monetale di Iulia Augusta Titi Augusti filia (denarius, Roma: RICII122 nr. 55b) (©CNGcoins:http://www.cngcoins.com/)
DALTROP/HAUSMANN/WEGNER 1966, 52-53; ALEXANDRIDIS 2004, 49-50 con ntt. 450-451 e 460461: «Das Diadem wird immer als Zeichen kaiserlicher Würde, genauer als Insigne der Augustae interpretiert. Für diese Deutung könnte sprechen, dass es auf den sog. Damenprägungen stets eine Augusta kennzeichnete»: Giulia esibisce il diadema solo nelle emissioni degli anni di regno del padre ed in quelle successive alla sua morte (nelle quali compare come Diva), mentre non indossa il diadema sulle monete di età domizianea. Per le monete e i tipi monetali relativi alla figlia di Tito, vd. DALTROP/HAUSMANN/WEGNER 1966,5359 e d i n o l t r e p i ù s p e c i f i c a m e n t e MIKOCKI 1995, 5 1 - 5 2 ; 9 0 - 9 5 e l l l - 1 1 8 ; D E SANTIAGO FERNÁNDEZ 1 9 9 9 , 1 6 1 - 1 6 9 ; ALEXANDRIDIS 2 0 0 4 , 20.
64 65
Vd. in particolare CHIRASSI COLOMBO 1981,423-428, in part. 424 con nt. 68. Per Concordia nella monetazione di età flavia, tipo inteso a sottolineare probabilmente l'armonia regnante in seno alla dinastia, vd. SUSPLUGAS 2003,103; ALEXANDRIDIS 2004,19 nt. 190 (con bibliografia recente), cfr. ZANZARRI 1997, 49-54.
66
Vd. in particolare PERA 2005.
67
PERA 1978.
68
Sul ruolo di Vesta quale nume tutelare di Roma e della dinastia regnante, vd. DE SANTIAGO FERNÁNDEZ 1 9 9 9 , 1 6 2 - 1 6 3 .
69
70
71
In particolare sul concetto di Aeternitas nei primi due secoli dell'Impero vd. DOPICO CAINZOS 1998, 265-269; per la comparsa della legenda AETERNITAS P. R. S. C. e ROMA AETERNA, con raffigurazione di Roma, sulle monete detà vespasianea, DOPICO CAINZOS 1998, 270-271 con nt. 41. In precedenza MAZZA 1986, 214-224. Sempre valido lo studio di TURCAN 1983, 7-30. In particolare per il legame tra Casa imperiale-Vesta-Aeternitas: MAZZA 1986, 223-224, con nt. 37. Cfr. VEYNE 1962, 54-55 con nt. 1, sulle iscrizioni d'ambito orientale nelle quali Livia è associata a divinità e personificazioni di virtù. BMCRII246 nr. 136-138.
Giulia Augusta, figlia di Tito, nipote di Domiziano
Durante il breve regno del padre (a due differenti tipi monetali: un tipo con
Fig. 2 Ritratto monetale di Iulia Augusta (dupondius, Roma: BMCRII 353 nr. 258) (©CNG coins)
Fig. 3 Ritratto monetale di Iulia Augusta (dupondius, Roma: BMCR II 353 nr. 256) (©UBS Gold & Numismatics via CoinArchives: http://www.coinarchives.com/)
Fig. 4: Ritratto monetale di Iulia Augusta divi Titi filia (aureus, Roma: BMCR II 350 nr. 250) (©Numismatica Ars Classica via CoinArchives) 72
i 79-81), l'immagine di Giulia ricorre in altri non alla base della nuca (Fig. 2), e un altro, invece, con chignon alto (Fig. 3), fenomeno per il quale non troviamo al momento una spiegazione soddisfacente. Solitamente, infatti, i ritratti imperiali sulle monete in anni vicini si presentano standardizzati. Dei due tipi in questione, nella statuaria si ritrova per ora solo il tipo con chignon alto (esemplare di Palazzo Altemps), 72 ma privo del diadema. Con la morte di Tito e l'ascesa al trono di Domiziano si assiste, rispetto al periodo precedente, ad un'indubbia riduzione delle emissioni in onore di Giulia a favore di quelle in onore di Domizia Longina. Limitatamente ai primi anni di Domiziano abbiamo emissioni nelle quali la nipote è associata di volta in volta e con un evidente messaggio propagandistico ai tipi del Divus Titus, di Concordia Augusta o del pavone, che in quanto uccello sacro a Giunone evocava il valore della maternità e la speranza di fecondità. Dal punto di vista tipologico si nota un ritorno sia alle prime emissioni con immagini di Giulia, sia a quelle del tipo a chignon basso; più accentuato si presenta tuttavia ora il volume della corona di riccioli che inquadra il viso (Fig. 4). Forti analogie vi sono tra questi tipi ed i ritratti coevi di Giulia e di Domizia, la nuova Augusta. Si venne infatti a creare un nuovo, voluto, parallelismo, con la ripresa anche degli stessi tipi monetali del R/ (Concordia Augusta e pavone), che sostituì quello precedente tra Giulia e la Diva Domitilla. Con la precoce morte nell'83 dell'unico figlio di Domiziano, Domizia e Giulia vengono presentate sullo stesso piano: entrambe sono Auguste ed entrambe sono senza discendenza.
inv. 8638: vd. FELLETTI M A J 1953, 86-87 nr. 156; 118, tav. 42; H A U S M A N N 1975, 322-323; Rosso 2009b.
MNR,
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1966, 54;
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Rosso
Negli anni immediatamente successivi Giulia sembra acquistare una rilevanza maggiore rispetto a Domizia, stando almeno alla maggiore diffusione della sua immagine sulle monete.73 La morte dell'unico erede comprometteva gravemente il futuro della dinastia; la coppia imperiale pare attraversare un periodo di crisi: Domizia fu addirittura, a quanto pare, momentaneamente allontanata da corte, forse più per la difficoltà di generare un secondo erede che per un suo presunto tradimento o per ragioni politiche,74 mentre contestualmente sarebbe cominciata la relazione tra Domiziano e la nipote, a meno che non si trattasse di diceria nata per il fatto che Giulia trascorreva la sua vedovanza nei palazzi del Palatino.75 A partire dal 90 ed ancora nel 92-94 76 insieme alla legenda Diva Iulia Augusta compare sui D/ delle monete il quinto ed ultimo tipo monetale di Giulia, caratterizzato da un voluminoso chignon, intrecciato a forma di paniere dietro la testa (Fig. 5), mentre sui R/ la sua immagine è trasportata su di un carpentum tirato da una coppia di elefanti, o la fanciulla compare con una fiaccola in mano.77 Vennero per l'occasione creati due nuovi tipi di ritratto: uno che segue con precisione i contemporanei tipi monetali ed un secondo nel quale Giulia è assimilata a Venere.
Fig. 5 Ritratto monetale di Diva Iulia Augusta (aureus, Roma: RICII181 nr. 220) (©Numismatica Ars Classica via CoinArchives)
Il primo è al momento quello meglio attestato sia nella statuaria, grazie ai ritratti del Museo Nazionale Romano, di Zurigo78 e di Solothurn,79 sia nelle gemme, con gli esemplari dell'Ermitage80 e della Biblioteca Nazionale di Parigi.81 73
Sulla concorrenza tra Giulia e Domizia: VARNER 1995, 200 nt. 66; sul declino di Domizia vd. anche 2003a, 122. II pretesto sarebbe stato la sua relazione con il pantomimo Paride: Suet. Dom. 3; Cass. Dio 67,3,2; cfr. VINSON 1989, 447; F R E I - S T O L B A 2008, 377-378; per il suo coinvolgimento in un complotto contro Domiziano sembra propendere H I D A L G O DE LA V E G A 2003b, 65; 67; HIDALGO DE LA V E G A 2007a, 396-398. Cass. Dio 67,3,2; cfr. JONES 1992, 35. G I A R D 1 9 9 8 , 305 nr. 4 9 0 , tav. 115; 307 nr. 502-503, tav. 116. H A H N 1994, 234 con ntt. 33-39. Prima di Giulia Augusta, il carpentum è documentato sulle emissioni monetali proprio a partire da Livia; al riguardo, vd. LUCCHI 1968, 133-141; KIENAST 1989, 144 con nt. 24; D E SANTIAGO FERNÁNDEZ 1999,165-166; SUSPLUGAS 2003, 103 con nt. 154. In generale sull'iconografia degli imperatori e delle principesse della gens Flavia divinizzati: Rosso 2007. Zurigo, collezione privata: HAUSMANN 1 9 7 5 , 3 1 5 ; 3 2 7 , taw. 1 1 1 , 1 - 1 1 2 , 2 ; J U C K E R / W I L L E R S 1 9 8 2 , CHAUSSON
74
75 76 77
78
1 0 6 - 1 0 7 nr. 4 2 . 79
Solothurn, Kunstmuseum:
DALTROP/HAUSMANN/WEGNER 1 9 6 6 , 5 7 , 1 1 9 ,
taw.
44-46
d, 4 7
C; H A U S -
MANN 1 9 7 5 , 3 1 5 ; 3 2 4 , tav. 1 1 0 , 1; J U C K E R / W I L L E R S 1 9 8 2 , 1 0 8 - 1 0 9 n r . 4 3 ; A L E X A N D R I D I S 2 0 0 4 , 1 7 4
nr.
150,
tav.
32,1.
80
HAUSMANN 1 9 7 5 , 3 2 3 n t . 4 5 ; M E G O W 1 9 8 7 , 3 0 6 n r . D 4 6 , tav. 3 8 , 4 .
81
Parigi, Cabinet des Médailles, 2 0 8 9 :
DALTROP/HAUSMANN/WEGNER 1 9 6 6 , 1 1 7 ,
tav. 1 7 a-b;
GUIRAUD
Giulia Augusta, figlia di Tito, nipote di Domiziano
| 207
Per quanto riguarda invece l'assimilazione di Giulia con Venere, fenomeno già anticipato sui rovesci di monete anteriori alla sua morte con i tipi di Venus Augusta,82 un epigramma di Marziale (Mart. 6,13) sembra conservarci la vivace descrizione di un gruppo statuario raffigurante la principessa in forma di Venere accompagnata da Eros,83 Quest'ultima iconografia si riflette nei due esemplari, rispettivamente alla Ny Carlsberg Glyptothek di Copenhagen ed ai Musei Vaticani (Braccio Nuovo).84 La capigliatura, del tutto nuova, presenta una cascata di riccioli che scendono dalla sommità della testa, secondo un tipo di rappresentazione che richiama la c.d. Venere Capitolina.85 Ancor più esplicito è il messaggio espresso da un busto in miniatura del British Museum: la principessa, se di Giulia si tratta, non solo è connotata con gli attributi divini, ma il suo busto, alato, emerge anche dal corpo di un pavone, offrendo così una delle immagini più precoci di apoteosi imperiale femminile. 86
Considerazioni finali Davanti a Iulia Titi filia Augusta pare di essere in presenza di una donna, la cui immagine fu da Tito prima e da Domiziano poi utilizzata come «manifesto programmatico» della politica flavia. Nulla sembra essere stato lasciato al caso: si fece il possibile da un lato per accostarla a Livia/Giulia Augusta (perfino nei ritratti), dall'altro per assimilarla a Venere, nella sua duplice valenza di Genetrix e di Victrix,87
1 9 9 6 1 2 2 ; 1 2 3 fig. 8 2 ; VOLLENWEIDER/AVISSEAU BROUSTET 2 0 0 3 , 1 2 8 - 1 2 9 nr. 1 4 5 . L a g e m m a p o r t a 82 83
84
la firma dell'artista Euodos. GIARD 1998, 211 nr. 103-107, tav. 76. Quis te Phidiaco formatant, Julia, caelojvel 2004, 86.
quis Palladiae non putet artis opus? ... ALEXANDRIDIS
MIKOCKI 1 9 9 5 , 1 9 1 nr. 2 7 3 ; 2 7 4 , tav. 3 0 ; A L E X A N D R I D I S 2 0 0 4 , 1 7 3 nr. 1 4 7 - 1 4 8 , tav. 3 1 , 3 - 4 . P e r il
ritratto di Copenhagen vd. anche JOHANSEN 1995, 44-45 nr. 11. 85
ALEXANDRIDIS 2 0 0 4 , 86.
86
Inv. 992-22. DALTROP/HAUSMANN/WEGNER 1966, 58-59; 116, tav. 48; HAUSMANN 1975, 321-322; MEGOW 1987,262 nr. Β 29, tav. 38,8,10-11; MIKOCKI 1995,191 nr. 269, tav. 20; ALEXANDRIDIS 2004, 175 nr. 156, tav. 59, 3. Qualcuno ha voluto tuttavia vedervi Domizia, che però non fu divinizzata: oltre airAlexandridis, che pensa a Domizia in vita, JUCKER 1981, 707-708; MEGOW 1987, 262; VARNER 1995,201. Un lontano precedente è costituito da Calpurnia, moglie di Cesare, che su un aureo del 44 a. C. appare già assimilata a Venere: BMCR1540 nr. 4129-4131; PERA 1976,254 con nt. 3. Nella storia dell'Impero la figlia di Tito fu la prima principessa ad essere così insistentemente associata a Venere: MIKOCKI 1995,114. Non mancavano tuttavia dei precedenti: al tempo di Caligola una statua della Diva Drusilla sarebbe stata posta nel tempio di Venere Genitrice, secondo Cass. Dio 59,11,2, mentre, con Nerone, la Diva Poppea sarebbe stata espressamente associata a Venere, stando a Cass. Dio 63,26,3: FREI-STOLBA 2008, 380-381; 385. Successivamente sarà Vibia Sabina, già associata sul R/ delle monete a Venus Genetrix (BMCR III 360 nr. 944-947), ad essere onorata, una volta divenuta Diva, con una statua eretta dai Sabrathenses davanti al tempio nel Foro di Cesare per volere dello stesso Adriano (CIL VI 40528).
87
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L'occasione potrebbe essere stata offerta, giusta l'ipotesi qui formulata, dal giorno della sua nascita. I Flavii, sia pure a posteriori, avrebbero colto l'occasione per fare di Giulia l'anello mancante di congiunzione tra la nuova dinastia e quella dei Iulii, trasformando la principessa, in quanto nuova Iulia Augusta, nel simbolo vivente di quella legittimità dinastica continuamente cercata e ribadita - e tale ruolo ella avrebbe continuato a ricoprire anche una volta divenuta Diva.88 Pare dunque lecito domandarsi se, in virtù della valenza altamente simbolica attribuitale, Giulia possa aver costituito un elemento condizionante la politica imperiale, almeno sotto Domiziano, l'imperatore che, rimasta la nipote vedova, non la fece risposare, forse per non mettere a rischio la stabilità del suo potere (secondo un comportamento già tenuto da Tiberio nei confronti di Agrippina, vedova di Germanico), ma che neppure volle lui stesso sposare (con buona pace di Filostrato che descrive invece le nozze tra zio e nipote, compromettendo con tale notizia l'attendibilità del suo stesso racconto), per non dover divorziare da Domizia Longina, che gli assicurava un rapporto di parentela e di discendenza da illustri famiglie giulio-claudie.89 È possibile che Giulia, che costituiva anche per lo zio un utile rimando ad Augusto (il principe al quale Domiziano si sforzava in ogni modo di assomigliare, ripercorrendone le orme sia contro la corruzione dei costumi, sia nei programmi d'edilizia pubblica, sia in politica estera),90 sia intervenuta attivamente presso di lui per questioni politiche o di palazzo?91 Cassio Dione per l'anno 83 attribuisce proprio ad un intervento di Giulia Augusta su Domiziano la salvezza di Lucio Giulio Urso,92 già prefetto d'Egitto sotto Tito, per poco non mandato a morte dal principe, che non sopportava le critiche alle sue imprese, ma poi dal medesimo risparmiato ed addirittura fatto console per l'84, dopo che il medesimo aveva con successo intercesso a favore di Domizia Longina, salvandole la vita.93 88
II problema era per i Flavii tanto più grave e sentito per il fatto che si trattava di gens obscura et sine ullis maiorum imaginibus (Suet. Vesp. 1,1): cfr. PANI 1991,265-274; MELLOR 2003. Sulla stessa linea si muoveranno in seguito gli Antonini, che a loro volta emetteranno monete con il tipo della Venus Victrix di Ottaviano (PERA 1978, 95 con nt. 75); i Severi andarono ancora oltre nel tentativo di legittimare il loro potere: come noto Settimio Severo si proclamò figlio di M. Aurelio e fratello di Commodo, cambiando al figlio maggiore il nome in Ai. Aurelius Antoninus (CHAUSSON 2000b; FRASCHETTI 2008, 228-229 con nt. 28), mentre Giulia Domna nelle iscrizioni compare spesso, semplicemente, come Iulia Augusta.
89
C f r . RAEPSAET-CHARLIER 1987, 2 8 7 - 2 8 8 .
90
V d . s o p r a t t u t t o JONES 1992, 7 9 - 9 8 ; HÖLSCHER 1992; HENRIKSÉN 2002; HESLIN 2 0 0 7 , 1 6 - 1 8 ; p e r i
riflessi nella documentazione numismatica della continuità tra Augusto e Domiziano, vd. in particolar m o d o SUSPLUGAS 2 0 0 3 , 8 2 - 9 1 ; 105 c o n nt. 64; 108. 91
Sarebbe suggestivo collegare ad un interessamento di Giulia l'avanzamento di carriera del liberto imperiale Flavio Augustale: dopo essere stato questi, forse, suo pedi[sequus], potrebbe essere stato promosso da Domiziano alle funzioni più rilevanti di tabularius castrensis e infine di a rationibus; il testo, tuttavia, noto da fonte manoscritta (CIL VI 33736), ci è giunto troppo corrotto e si possono fare solo congetture sulla sua restituzione.
92
Cass. Dio 67,4,2, con il commento di MURISON 1999, 220-221; PIR 2 1 630 ed il profilo (con recente bibliografia) tracciato da JONES 1992, 40-42.
93
Cass. Dio 67,3,1.
Giulia Augusta, figlia di Tito, nipote di Domiziano
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Mi domando se non possa leggersi in quest'ottica anche la dedica bresciana dei Trumplini e dei Benacenses a Iulia divi Titi filia Augusta sopra menzionata, cui fa da pendant l'omaggio della vicina res publica Camunnorum all'imperatore Domiziano (Fig. 6).94 Poiché, forse proprio con i Flavi, i Camunni (unici tra i popoli alpini) avevano ottenuto la fine della loro adtributio alla colonia di Brixia, non è possibile che Trumplini e Benacenses, consapevoli dell'influenza di Giulia su Domiziano o comunque di quanto la donna fosse cara al principe, pensassero con tale dedica di compiacere l'imperatore? È folle pensare che essi s'illudessero che l'Augusta potesse intervenire a favore della loro causa,95 facendo ottenere anche a loro l'auspicata indipendenza e la cittadinanza romana? Se quest'ipotesi avesse un qualche fondamento, potremmo dedurre che l'influenza di Giulia su Domiziano fosse reale e tanto nota da giungere fino alle lontane vallate alpine e da indurre anche piccole comunità a richiedere un intervento suo piuttosto che quello dell'altra Augusta, Domizia Longina - del resto è soprattutto sotto Domiziano che Giulia, sia da viva che da diva, fu oggetto di Fig. 6 Dedica bresciana di grandi onori. Naturalmente, come in altri Trumplini e Benacenses a Iulia Augusta casi, non possiamo escludere che la dedica divi Titi f. (Ut X 5 nr. 90). a Giulia facesse parte di un complesso comprendente analoghe forme di omaggio per Domiziano e Domizia Longina. Casi di interferenza politica delle donne della casa imperiale già si conoscono per i principi giulio-claudi: ci limitiamo a ricordare le numerose pressioni esercitate da Livia su Augusto e su Tiberio, in favore o a sfavore di familiari, per l'attribuzione di cariche a neocittadini o di funzioni a membri dell'ordine senatorio, ma anche per la concessione della cittadinanza romana a notabili delle Gallie.
94
95
Ut X 5 nr. 1191. Sulle vicende istituzionali che interessarono la civitas prima e la res publica poi dei Camunni vd. GREGORI 2004, 19-22. Sul problema dell'adtributio a Brixia di Trumplini e Benacenses VALVO 1996, 513-515; 520, che non esclude, come motivazione della dedica, un atto di ringraziamento da parte dei Trumplini per la conseguita cittadinanza romana.
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Sotto Vespasiano non pare essersi comportata diversamente Antonia Caenis, benché fosse una semplice concubina e liberta, ma la sua patrona era stata Antonia minore, nipote di Augusto e nuora di Livia.96 L'influenza, presunta o reale, di Giulia sullo zio potrebbe, dunque, essere stata anche il presupposto di quelle dicerie su adulterio ed incesto tra zio e nipote, raccolte e diffuse da gran parte degli autori successivi, che, volendo vituperare Domiziano, inevitabilmente colpirono e stravolsero anche uno dei simboli della legittimità dinastica dei Flavi, grazie al quale l'odiato Domiziano aveva cercato di consolidare il suo potere.97
96
Vespasiano l'avrebbe tenuta iustae uxoris loco (Suet. Vesp. 3; Cass. Dio 66,14,1-3); cfr. PIR 2 A 888;
97
Vd. al riguardo SABLAYROLLES 1994, 113-144; MURISON 1999, 2 1 5 - 2 1 6 , che osserva criticamente
LEVICK 1999a, 187; NONNIS 2009. come le accuse mosse a Domiziano non siano altro che il riflesso di una vituperatio
di età traianea,
e JONES/MILNS 2002, 166-167. Sulle calunnie mosse a Domiziano dalla storiografia di età successiva (prevalentemente traianea), vd. anche VINSON 1989, 4 3 1 - 4 5 0 (con fonti antiche e ulteriore bibliografia); JONES 1992, 3 3 - 4 0 ; HIDALGO DE LA VEGA 2003b, 6 2 - 6 3 ; LEBERL 2004, 306; HIDALGO DE LA VEGA 2007a, 3 9 5 - 3 9 6 ; 3 9 8 - 4 0 0 .
Matídia die Jüngere Gesellschaftlicher Einfluss und dynastische Rolle* Christer Bruun
Dieser Aufsatz analysiert die Rolle, welche Matidia die Jüngere (ca. 85-162 n.Chr.) als Mitglied der kaiserlichen Familie in der römischen Gesellschaft spielte. Matidia erhielt zwar nie den Augustatitel, aber ihre Verknüpfung zum Kaiserhaus wurde in ihrer Titulatur in beeindruckender Weise ausgedrückt, zweifellos mit kaiserlicher Genehmigung. Neue Elemente zum Verständnis ihrer Rolle wurden bei den vor kurzem abgeschlossenen Ausgrabungen des Theaters in Sessa Aurunca ins Licht gebracht. Eine monumentale Inschrift bezeugt die Finanzierung des Wiederaufbaus des Theaters durch Matidia, wahrscheinlich im Zusammenarbeit mit dem Kaiser. Es sieht so aus, als o b ihre öffentliche Rolle erst unter Antoninus Pius wirklich bedeutend wurde. Dann spielte sie aber, dank ihres Vermögens, ihrer dynastischen Verbindungen und ihrer persönlichen Autorität, eine wichtige Rolle in der kaiserlichen Herrschaftspolitik sowohl mit Taten wie auch als Objekt der Lojalitätsäusserungen derjenigen Untertanen, mit denen sie in Verbindung stand.
*
Dieser Beitrag repräsentiert meinen endgültigen Beitrag zur Diskussion um die Person der Jüngeren Matidia und zur Deutung der neuen Funde aus Sessa Aurunca, womit ich mich seit 2004 befasst habe. Ich danke der Soprintendenza per i Beni Archeologici delle province di Napoli e Caserta, welche mir die Erlaubnis erteilte, das Theater und die Ausgrabungszone im Herbst 2004 zu besuchen, sowie meinen beiden damaligen Gefährten und Freunden, Pier Luigi T u c c i und Kaj SANDBERG. Leider war es mir damals nicht gestattet, die Inschriften einzusehen, weshalb ich stets nur mit Fotografien arbeiten konnte. Ich schulde Herrn Sergio CASCELLA einen großen Dank für seine Hilfsbereitschaft, mir Bildmaterial sowie einen Sonderdruck zukommen zu lassen. Des weiteren möchte ich den folgenden Institutionen und Zuhörern meinen Dank aussagen, für die Möglichkeit, über dieses Thema vorzutragen, sowie für eine Reihe von konstruktiven Kommentaren von zahlreichen Fachkollegen: der Tagung der Classical Association of Canada (Mai 2004), dem Department of Greek and Roman Studies, University of Calgary (2004), dem Collaborative Program in Ancient Greek and Roman History (Toronto 2005), und der Sondersession beim Treffen der American Philological Association (Montreal 2006). Letzlich danke ich den Teilnehmern in Zürich, besonders Maria Grazia GRANINO CECERE sowie François CHAUSSON, der mir möglichst schnell seinen aufschlussreichen Aufsatz zur Inschrift aus Sessa Aurunca zukommen ließ, und Anne KOLB, der Veranstalterin und Herausgeberin, für ihre hilfreichen Kommentare zum Inhalt. Für etwaige Fehler und Missverständnisse bin ich alleine verantwortlich. Diese Arbeit wurde in dankenswerter Weise von der Social Sciences and Humanities Research Council of Canada im Rahmen eines Standard Research Grants gefördert.
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Christer Bruun Questo contributo analizza la posizione di Matidia Minor (ca. 85-162 n.Chr.) nella società romana. Anche se Matidia non ricevette mai il titolo di Augusta, le sue relazioni con la famiglia imperiale furono manifestate in modo perentorio nella sua nomenclatura, sicuramente con il permesso dell'imperatore. Nuovi elementi per analizzare il ruolo di Matidia furono portati in luce nei recenti scavi del teatro di Sessa Aurunca. Un'iscrizione monumentale dimostra che ella fu responsabile della ricostruzione del teatro, probabilmente insieme all'imperatore. Sembra che il ruolo pubblico di Matidia abbia assunto vera importanza soltanto con il regno di Antonino Pio. A quel punto però, grazie alla sua fortuna, alle sue relazioni dinastiche e alla sua autorità personale, Matidia giuoco un ruolo importante nella politica imperiale con le sue azioni, generando loialità verso il potere imperiale negli individui e nelle comunità con coi ebbe relazioni. The contribution analyses the role of the Younger Matidia (ca. 85-165 CE) in Roman society. She was a member of the imperial family, although she never received the title of Augusta. Her connections to the ruling dynasty were manifested in an impressive way in her official name and titulature, which she surely bore with imperial permission. New evidence for understanding Matidia's role role were discovered in the recently concluded excavations of the theatre at Sessa Aurunca. A monumental inscription records the financing of the rebuilding of the theatre by Matidia, probably in cooperation with the emperor. It seems likely that she took on a prominent public role only during the reign of Antoninus Pius. She then played an important part in the imperial strategy of government, thanks to her wealth, her dynastic connections, and her personal authority. Matidia contributed both with deeds and by being a focus of loyalty to those individuals and communities with which she had dealings.
1. Matidia die Jüngere zwischen ordo senatorius und kaiserlichem Hof Mindia Matidia, Matidia die Jüngere, war keine regelrechte Kaiserin, weder die Gemahlin noch die Mutter oder Tochter eines Kaisers, aber ihre Familienbeziehungen zum römischen Kaiserhaus sind beeindruckend.1 Ihre Großmutter auf der mütterlichen Seite, Ulpia Marciana, die Schwester des Kaisers Trajan, wurde um 102 n. Chr. (und auf jeden Fall vor 105) Augusta.2 Als Marciana Ende des Jahres 112 verschied und zur Diva erklärt wurde, erhielt auch Matidias Mutter Salonia Matidia, die ältere Matidia, den Augustatitel,3 während ihre Schwester Vibia (?) Sabina, die den P. Aelius Hadrianus, den künftigen Kaiser, kurz vor dem J. 100 geheiratet hatte, wohl um 119 n. Chr. zur Augusta ernannt wurde.4 Obwohl Matidia die Jüngere dagegen nie zu Augusta erhoben wurde, spielte sie am Hofe
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2
3
1978a; P I R 2 M 368; RAEPSAET-CHARLIER 1987, 446-447 Nr. 533; BOATWRIGHT 1992. Zu Marciana: ECK 1978c; TEMPORINI 1978, 184-261; RAEPSAET-CHARLIER 1987, 646 Nr. 824; T E M P O R I N I - G R Ä F I N V I T Z T H U M 1999c. Zu Matidia der Älteren: H E R Z O G - H A U S E R 1 9 3 0 ; P I R 2 M 3 6 7 ; RAEPSAET-CHARLIER 1 9 8 7 , 5 4 6 - 5 4 7 ECK
N r . 6 8 1 ; GUALERZI 2 0 0 5 . 4
Zu Vibia(?) Sabina:
RAEPSAET-CHARLIER 1987, 624-625 Nr. 802; BIRLEY 1997, 107; 2001. Man nahm früher - von der Chronologie des Hieronymus ausgehend - an, dass Sabina erst 128 zur Augusta erhoben worden sei, aber heute herrscht weitgehend ein auf den Arbeiten von W. ECK fußender Konsens, dass der Zeitpunkt früher anzusetzen ist, und vielleicht sogar mit der Konsekrierung ihrer Mutter, der Matidia Maior, am 23. 12. 119, zusammenfällt (ein anderer Zeitpunkt wäre 123, als Plotina starb), s. vor allem ECK 1982, 227-228. ECK
1978a;
TEMPORINI-GRÄFIN VITZTHUM
Matidia die Jüngere - Gesellschaftlicher Einfluss und dynastische Rolle
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und in der römischen Gesellschaft eine besondere und zuweilen auch bedeutende Rolle, wie unten zu sehen sein wird. Auch über den Grund, warum sie niemals den Augustatitel erhielt, soll diskutiert werden.
C. Salonius Matidius Patruinus OOUlpia Marciana
Augusta
(L. Mindius) OO Matidia (d. Ä.) Augusta OO (L. Vibius Sabinus)
Matidia d. J.
Sabina Augusta CO Kaiser Hadrian I (Adoption) I Kaiser Antoninus Pius
Abb. 1 Familienbeziehungen der Matidia Minor (Ch. Bruun)
In ihrer offiziellen Titulatur wurden ihre Verbindungen zum Kaiserhaus in mehrfacher Weise unterstrichen: sie wurde als Aug(ustae) filia bzw. Divae Matidiae Aug(ustae) filia bezeichnet, und außerdem kennt man aus Inschriften noch weitere Epitheta derselben Art: sie war auch Divae Marcianae Augustae neptis (Enkelin), nach dem Tod ihrer Schwester (nicht vor 137) wurde sie Divae Sabinae Augustae soror genannt, und endlich, nach dem J. 138, Imperatoris Antonini Pii matertera (Tante, mütterlichseits, von Antoninus Pius).5 Auch die Chronologie dieser Verwandtschaftsbezeichnungen soll unten behandelt werden. An sich waren familienbezogene Epitheta von dieser Art keineswegs ungewöhnlich. Mehrere epigraphische Beispiele zeigen, wie zum Senatorenstand gehörige Frauen ihren
5
Zu Matidia Minor, s. Anm. 1; zu Sabina, Anm. 4. In CIL III 5807 aus Augusta Vindelicum wird Matidia ausnahmsweise Divi Troiani abneptis genannt, womit auf den Vater des Kaisers Traianus hingewiesen wird, jedoch mit irriger Bezeichnung, denn es müsste richtig proneptis heißen. Wie von BIRLEY 1987, 241 betont wird, ist die Bezeichnung matertera darauf zurückzuführen, dass ihre (Halb?-)Schwester Vibia Sabina mit Hadrian, dem Adoptiv-Vater von Antoninus Pius, verheiratet war. Äußerst unwahrscheinlich, obwohl früher von J. CARCOPINO und H.-G. PFLAUM verfochten, ist der Vorschlag, die Benennung rühre davon her, dass eine weitere eventuelle Halbschwester, Rupilia Faustina, die Schwiegermutter von Antoninus Pius sei, weshalb Matidia als die „Schwiegertante" desselben hätte bezeichnet werden können. Die These, dass Matidia die Ältere ein drittes Mal verheiratet gewesen sei, mit Libo Rupilius Frugi, erhält heute wenig Unterstützung, s. BIRLEY 1987,241; 244; PIR2 M 367; PIR2 R 218; RAEPSAET-CHARLIER 1987, 546, jedoch gibt PIR2 M 368 der Hypothese überraschend viel Platz.
214 I
Christer Bruun
Status durch das Erwähnen von Familienbeziehungen (jedoch nur innerhalb des Senatorenstandes) betonen. 6 Auch in der kaiserlichen Familie gibt es Beispiele eines ähnlichen Verhaltens. So erscheint in einigen Fällen Ulpia Marciana als Augusti soror, sowohl ohne selber den Augustatitel zu tragen als auch wenn dies der Fall ist.7 Die anderen Fälle stammen meistens aus dem späteren 2. Jh., und es fällt auf, dass es sich dabei immer u m Beziehungen zu einem regierenden oder divinisierten Kaiser handelt, d. h. dass wir es mit tatsächlichen Mitgliedern des Hofes zu tun haben. 8 Die Verwandtschaftsangaben, die für Matidia die Jüngere überliefert sind, sind in dieser Perspektive recht einmalig, und auf jeden Fall gibt es keine epigraphischen Präzedenzfälle für die mannigfachen Familienbeziehungen, die sie aufzählt. 9
6
7
8
9
Man siehe etwa AE 1971, 85: [V]aria Parisina L(uci) Coretti [C]eleris Fisi Rufini patron(i) col(oniae) (uxor), L(uci) Vari [A]mbibuli proc(uratoris) Aug(usti) f(ilia), Vari Ambibuli proco(n)s(ulis) [le]gati Aug(usti)patron(i) col(oniae) soror... Nur TEMPORINI 1978,187, hat ihre Aufmerksamkeit auf den Titel Augusti soror gelenkt, sonst fehlen Bemerkungen in den einschlägigen Arbeiten. Marciana erscheint nur als Augusti soror in CIL X 106 = ILS 4039; auch als Augusta in CIL IX 5894 = ILS 298 und CIL IP/7, 891; als άδελφή Σεβαστού in ICret I/xviii Nr. 25-26; 35; 37-38 (Lyttos; in diesen Inschriften auch entweder Σεβαστή oder θεά Σεβαστή). KIENAST 1996,140: Cornificia, eine Tochter von Marcus Aurelius, wird als Augusti soror bezeichnet (auf Commodus bezogen), während eine andere Tochter, Vibia Aurelia Sabina, als Augusti soror, Imp(eratoris) Severi soror und später als Divi Severi soror auftritt. Neufunde von beschrifteten Bleirohren haben zusätzliche Information (nicht bei KIENAST 1996 zu finden) über die Titulatur der Töchter des Kaisers Mark Aurel geliefert, so liest man Cornificiae Aug(usti) n(ostri) fil(iae) (AE 1999, 411) und [- Aujreliae Sabinae Divi Marci filiae (PARIS 1996a, 61 - nicht in der AE aufgenommen). In CIL VI 31297 = ILS 281 kommt Sergia Plautilla als mater Imp(eratoris) Nervae Caesaris Aug(usti) vor, während P. Septimius P. f. Geta in einer Inschrift aus Cirta (Eph. Epigr VII 438 = ILS 439) als pater Imp(eratoris) Severi Aug(usti) piissimifili und avus Imp(eratoris) sanctissimi Antonini Aug(usti) erscheint. Ein etwas ähnlicher, aber späterer, Fall ist L. Fulvius Bruttius Praesens, cos. II im J. 180, der in CIL X 408 = Utili 1 Nr. 18 aus Volcei als [paterC]r[is]pinaeAug(ustae) undso[ce]rImp(eratoris) [Caes(aris) Commodi Aug(usti)] auftritt. Auch ist zu erwähnen der Senator in CIL IX 5899 = ILS 441 aus Ancona, der mit größter Wahrscheinlichkeit P. S[eptimius] Ge[ta], der Bruder von Septimius Severus war; siehe PIR2 S 2 (weniger klar in PIR2 S 453) und vor allem Piso 1993, 152-153. In der neuen Lesung von Piso wird Geta in der Inschrift aus Ancona nicht als co[gnatus] von Septimius Severus bezeichnet, sondern zu lesen ist co[s. II, fratri] (nach dem Beispiel aus einigen anderen Inschriften). Er wird auch avonculus von Caracalla genannt, fälschlich, denn es müsste patruus heißen, aber derselbe Brauch kommt auch sonst in der lateinischen Epigraphik vor, wie von SALOMIES 1987, 387 Anm. 20 gezeigt worden ist. Es dürfte darum gehen, dass der Terminus avunculus, der die mütterliche Seite der Verwandtschaft bezeichnet, als wärmer und milder empfunden wurde als das entsprechende Wort für die Verwandtschaft von Seiten des Vaters wie die anthropologischen Untersuchungen von BETTINI 1991,39-66 gezeigt haben - allerdings ohne Einbeziehung der epigraphischen Quellen (ital. BETTINI 1986,50-76 - freundlicher Hinweis von Prof. GRANINO CECERE). Für Matidia als matertera entspricht der Terminus der wahren Sachlage nach der Adoption des Pius wie in Anm. 5 erörtert wurde.
Matidia die Jüngere - Gesellschaftlicher Einfluss und dynastische Rolle
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Eine Biographie oder eine historische Arbeit aus der Antike, die das Leben der Matidia Minor beleuchten könnte, gibt es nicht. Wir kennen sie aber aus einer Vielzahl von Inschriften; ferner wird sie im Briefwechsel zwischen Cornelius Fronto und dem Kaiser Marcus Aurelius erwähnt. Im frühesten erhaltenen Brief erzählt der Kaiser, wie seine Töchter die Matidia besucht haben.10 Zwei Briefe stammen aus dem J. 162, nach dem Tode der Matidia, und berühren vor allem das Schicksal ihres Nachlasses oder, genauer gesagt, die Frage ob ihr Testament teilweise oder überhaupt gültig ist. Wichtig in unserem Zusammenhang ist, dass ihr Vermögen offenbar äußerst bedeutend war, und dass sie noch nach ihrem Tode für den Kaiser von belang war.11 Auch die epigraphischen Befunde bezeugen den Reichtum und den Einfluss der Matidia. Von besonderer Bedeutung ist, dass vor kurzem, im J. 2002, zwei neue Inschriften vorgestellt wurden, die eine interessante Bereicherung unserer Kentnisse erlauben. Dies ist in der Forschung bisher noch nicht ausreichend beachtet worden, weshalb diese neuen Texte im Folgenden ausgewertet werden.
2. Quellen und bisherige Forschung Zur Einführung wird zunächst die heutige Forschungslage kurz dargelegt. In den neuen einschlägigen prosopographischen Handbüchern ist Matidia die Jüngere selbstverständlich zu finden,12 während ihr Grundbesitz von Anne-Marie ANDERMAHR behandelt worden ist.13 Aber die einzige mir bekannte längere Arbeit (abgesehen von der noch ungedruckten französischen „thèse detat" an der Universität Sorbonne von François CHAUSSON) ist ein Aufsatz von Mary T. BOATWRIGHT,14 der vor fast zwanzig Jahren
10
Fronto, Epistulae ad Antoninum imp. 4,1 (p. 105 VAN DEN HOUT2).
11
Fronto, Epistulae ad amicos 1,14 (p. 1 7 9 - 1 8 0 VAN DEN HOUT2) und Fronto, Epistulae ad Antominum imp. 2,1 (p. 95 VAN DEN HOUT2). Darüber BOATWRIGHT 1992, 2 9 - 3 1 ; BIRLEY 1 9 8 7 , 1 3 2 ; siehe auch DUNCAN-JONES 1982, 31. Wie von ANDERMAHR 1998, 334, betont wird, kennt man von Matidia der Jüngeren einen procurator summarum rationum, was auch darauf hinweist, dass ein beträchtliches Vermögen zu verwalten war, denn normalerweise findet man bei Privaten solche Beauftragte nicht.
12
Siehe oben Anm. 1.
13
ANDERMAHR 1998, 3 3 2 - 3 3 6 .
14
Siehe BOATWRIGHT 1992. Dass Matidia die Jüngere nie eine regelrechte Augusta wurde, mag z.T. ihr Fehlen in mehreren jüngst erschienenen Werken erklären. So findet man über Matidia Minor sehr wenig in TEMPORINI-GRÄFIN VITZTHUM 2002a oder in KUNST/RIEMER 2000, obwohl das Buch allgemeine nützliche Beobachtungen enthält. BAUMAN 1992 behandelt das zweite Jh. nicht; auch in TEMPORINI 1978 sucht man Matidia die Jüngere vergebens. Bei HEMELRIIK 1999, 120-121 kommt Matidia Minor unter der Überschrift „Patronesses of literature and learning" vor. Zur Diskussion, die von den neuen Befunden von Sessa Aurunca ausgegangen ist, siehe verschiedene Beiträge in REGGIANI 2004b (dazu unten); REGGIANI 2004a, sowie weiter unten in Anm. 18 und vor allem bei CHAUSSON 2008.
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Christer Bruun
publiziert wurde. Er spiegelt recht deutlich und nicht überraschend eine damals verbreitete ideologische Tendenz wider, laut welcher die römischen Frauen als machtlos anzusehen sind. BOAT WRIGHT schrieb nämlich: „Yet examination of this relatively plentiful data reveals a woman who was not active politically, militarily, or religiously, and little active socially". 15 Es ist in der Tat so, dass wir keine Beziehung von Matidia zum Heer kennen, obwohl einige Jahrzehnte später Annia Galeria Faustina und Julia Domna als mater
castrorum
bekannt sind. 16 Auch weiß man nichts über eine etwaige offizielle religiöse Funktion der Matidia; sie hätte etwa als fiammica
tätig sein können. 17 Ihr politischer und gesellschaft-
licher Einfluss muss aber m. E. anders eingeschätzt werden. Hier hat sie zweifellos eine wichtige Rolle gespielt, wie auch mehrere andere Forscher in neuester Zeit betont haben. 18 Wir kennen Ehreninschriften für Matidia die Jüngere von rund zehn verschiedenen Orten. Das ist, so weit mit bekannt ist, mehr als für irgendeinen Senator. 19 Die Texte stammen aus verschiedenen Teilen des Reiches: Augsburg (Augusta Vindelicum) in Raetia, Aequum in Dalmatia, Delphi, Athen und Ephesos im griechischen Osten, sowie Cuicul in
15
16
17
18
19
ähnlich in B O A T W R I G H T 1 9 9 1 , 5 2 9 - 5 3 0 , aber 5 3 4 - 5 3 5 mit einer optimistischeren Bewertung ihres Einflusses. Vgl. H E M E L R I J K 1 9 9 9 , 1 2 1 : „She does not seem to have used her close relationship with the emperor to gain political influence, or to ask favours for herself or her protégés. The correspondence shows her in a retired, domestic role, for instance, looking after the little daughters of Marcus Aurelius". Auch hatte Matidia die Jüngere keine direkten Kontakte zu den Soldaten, wie Tacitus es, mit Missbilligung, von der älteren Agrippina (Tac. ann. 1,40-41), oder von Plancina, der Frau Pisos (Tac. ann. 2,55; 3,33) berichtet; vgl. Tac. hist. 1,48 (die Frau von Calvisius Sabinus). Zu Annia Galeria Faustina (der Jüngeren) und Julia Domna als mater castrorum siehe PIR2 A 716; PIR2 1 663; K I E N A S T 1996, 141-142; 167. Wenn man ein vollständiges Bild von der Stellung der Matidia erhalten möchte, ist es nicht müßig, solche Fragen zu erwägen. In der Tat war Matidia weder eine Vestalin, noch war sie sonst, so weit wir beurteilen können, mit religiösen Aufgaben betraut. Siehe im Allgemeinen zur religiösen Rolle senatorischer Frauen R A E P S A E T - C H A R L I E R 2005, 171-178, „Les sacerdoces". R E G G I A N I 2004b, 13; V A L E R I / Z E V I 2004, 128; und auch mehrere wesentliche Bemerkungen in G U A L E R Z I 2005, dem ich danke, dass er mir seinen Aufsatz vor der Publikation zur Verfügung gestellt hat. Nicht einsehen konnte ich H I D A L G O DE LA V E G A 2003a, 393-407. Natürlich gibt es Senatoren, die noch häufiger in Inschriften genannt werden, wie etwa Q. Maecius Laetus (PIR2 M 54), der in 22 Quellen genannt ist, von welchen jedoch 7 Konsuldatierungen sind. Im zuletzt erschienen Band der PIR2, welcher den Buchstaben S mit 1054 Einträgen umfasst, findet sich außer den Angehörigen des Kaiserhauses niemand, der ähnlich oft wie Matidia gennant worden wäre (von Erwähnungen in Konsuldatierungen abgesehen). Für ihre Schwester Sabina Augusta kennt man aber bedeutend mehr Texte: E C K 1978b, 221-224, verzeichnet deren 46. T E M P O R I N I 1978, 182-183 verzeichnet für Pompeia Plotina, die Gemahlin des Trajan, 14 Inschriften, die zu ihrer Lebzeit gesetzt worden sind, und drei postume; siehe ebenso für Ulpia Marciana bei T E M P O R I N I 1978, 260-261: vier bzw. sechs Inschriften; vgl. H A H N 1994, 250-265; 362-364. BOATWRIGHT 1 9 9 2 , 2 0 ;
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Nordafrika. 2 0 In Italien wird sie in Vicetia in der Cisalpina geehrt, u n d von den Einwohn e r n der Städte Minturnae, Sinuessa, u n d Suessa. 21 D a z u k o m m e n m e h r e r e Inschriften unterschiedlicher Art, die Landbesitz u n d sonstige ö k o n o m i s c h e Interessen bezeugen, in Mauretania Caesariensis, in Ephesus, u n d vielerorts in Italien; wieder k o m m t das antike Suessa vor, sowie Ostia, Tusculum, R o m , die Gegend u m R o m , u n d n o c h andere Orte. Matidia war auch Besitzerin v o n figlinae (Ziegeleien), wahrscheinlich in der N ä h e von Ostia, 2 2 und möglicherweise besaß sie auch L a n d an der tyrrhenischen Küste nördlich v o n R o m (beim heutigen M o n t e Argentario). 2 3 Aus anderen epigraphischen Quellen e n t n i m m t m a n , dass Matidia für m e h r e r e öffentliche Bauprojekte zuständig war: eine Inschrift aus Vicetia enthält den A u s d r u c k ex liberalitate Matidiarum
( C I L V 3 1 1 2 = ILS 5 0 1 , 2 4 2 η. Chr.), w ä h r e n d eine Inschrift, die zwi-
schen Ostia u n d d e m Hafen Portus zutage kam, von einem pons Matidiae 137).
24
redet ( A E 1975,
In Ostia steht ihr N a m e auf einem Bleirohr, das z u m sog. Palazzo Imperiale gehört
( C I L X V 7 7 3 7 = X I V 1 9 7 8 ) . In Wirklichkeit war dieses Gebäude keineswegs ein kaiserlicher Palast, s o n d e r n diente öffentlichen Zwecken. Matidia war entweder die Besitzerin o d e r sie hatte als Wohltäterin für die Wasserversorgung gesorgt. 2 5 Des weiteren unter-
20
21
22
23
Die einschlägigen Texte sind CIL III 5807; CIL III 2731 (fragmentarisch; nicht in PIR2 verzeichnet); AE 1950, 32, s. dazu HAHN 1994, 270-271; IG II/III 2 3388; IK 12 Nr. 283 = ILS 327; AE 1911, 109 = ILAlg 7775. Vgl. ECK 1978a, 132 und BOATWRIGHT 1992, 21-23 Anm. 10-11. Das Verzeichnis der Letztgenannten schließt auch Lyttos auf Kreta ein, wo aber nicht Matidia Minor, sondern ihre Mutter geehrt wurde. Des weiteren kann ihr Name nicht in der Inschrift ΤΑΜ II 419 aus Patara in Lykien gelesen werden, obwohl diese von HAHN 1994,271; 365 aufgenommen wurde. Dazu kommt, dass AE 1973, 515, angeblich eine Ehrung der jüngeren Matidia aus Alexandria Troas, auf ihre Mutter Diva Matidia zu beziehen ist, wie von RICL in IK 53 Nr. 19 gezeigt worden ist (dazu weiter unten). Diese Inschrift ist auch in PIR 2 M 368 zu tilgen (unter „honoratur a multis civitatibus"). CIL V 3111 (Vicetia); CIL X 3833 (unbekannter Ursprungsort; von den Sinuessatti errichtet). Aus dem antiken Suessa stammen, obwohl nicht immer dort gefunden: CIL X 4744 (von den Minturnenses errichtet), 4745 (von den Suessani), 4746 (von Agathemer(us) lib(ertus) proc(urator) errichtet), 4747 (von einem kaiserlichen Freigelassenen errichtet); AE 1986, 148 ist eine fragmentarische Inschrift für Matidia, gleichweise aus Sessa Aurunca. Dagegen ist CIL XIV 2102 aus Lanuvium zu fragmentarisch um irgendwelche Schlüsse ziehen zu können. Der Name Mat]idi[a scheint vorhanden zu sein, und da auch der Kaisername Pius zu lesen ist, dürfte es sich um die Jüngere handeln. In Rom wird ihr Name auf einem Bleirohr genannt (CIL XV 7306), wodurch - kaum überraschend Grundbesitz in der Hauptstadt bezeugt ist. Der italische Grundbesitz außerhalb Roms wurde zuletzt von ANDERMAHR 1998, 332-336 untersucht. In Fällen, in denen ein Prokurator oder Freigelassener von Matidia in einer Inschrift in der Gegend vorkommt, wird auf das Vorhandensein eines Landgutes geschlossen; ein solches Argument ist selbstverständlich nicht zwingend. In Nordafrika sind die Quellen toponomastischer Natur und bestehen aus CIL VIII8812 = ILS 5965 (definitio Matidiae); ILS 9382 (kastellum Matidianum; in PIR 2 M 368 und bei vielen modernen Forschern lautet der Verweis fälschlich CIL VIII 9382). Es ist nicht auszuschließen, dass der Name von der Älteren Matidia herrührt, unter deren Erben sich auf jeden Fall Matidia Minor befand. In Ephesos kommt ein freigelassener Prokurator der Matidia vor in IK 12 Nr. 283. Siehe das Toponym insula Mattidiae im Liber Pontificalis 1,183; siehe dazu PAPI 2000, 180.
24
S i e h e j e t z t C É B E I L L A C - G E R V A S O N I / C A L D E L L I / Z E V I 2 0 0 6 , 1 3 3 - 1 3 4 Nr. 2 4 , 3 .
25
SPURZA 2002, 126-129.
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Christer
Bruun
stützte Matidia gemäß ihrem Testament ein Alimentarprogramm, die Variarti alumni (sowohl Jungen als Mädchen) mit den jährlichen Zinsen einer Summe von 2 Millionen sestertii. In den Worten von R . P. D U N C A N - J O N E S , „Pliny'S main rival in public generosity in Italy ... was the younger Matidia".26 Vor einigen Jahren wurde ihr Name dann noch auf einem Meilenstein gefunden, der in der Umgebung von Sessa Aurunca entdeckt wurde (AE 1991,492). 27 Dies ist im kaiserzeitlichen Italien der einzige Fall, in welchem jemand anders als der Kaiser auf einem Meilenstein genannt wird. In den Provinzen findet man aber mehrmals Statthalter in dieser Rolle.28
3. Das römische Theater in Sessa Aurunca Die römische Stadt Suessa Aurunca (heute Sessa Aurunca; dieser Name wird im Folgenden bei topographischen Verweisen verwendet) in Kampanien wurde oben schon mehrmals erwähnt. Die Stadt liegt an der ursprünglichen Linienführung der Via Appia, die später einen südlicheren Weg nahm, etwa 180 km von Rom entfernt, gleich südlich des Garigliano Flusses (des antiken Liris), zwischen Minturnae und Cales.29 Im J. 313 v.Chr. wurde Suessa zu einer lateinischen colonia, und im J. 90 v. Chr. bekam die Stadt die Rechte eines municipium. Als Augustus eine neue Einteilung Italiens vornahm, wurde Suessa der regio I zugewiesen und sie bekam den Beinamen Colonia Iulia Felix Classica.30 Einige Teile der römischen Stadt können noch heute im Stadtbild identifiziert werden, so die Stadtmauer, einige der Hauptstraßen, eine große Cryptoporticus nordöstlich des Theaters, die Lage des Forums, sowie ein Gebäude, das möglicherweise als Aerarium diente.31 Ein weiteres öffentliches Gebäude, die Bibliotheca Matidiana, die man aus einer Inschrift aus dem J. 193 (CIL X 4760) kennt, ist noch nicht identifiziert worden. Man weiß auch, dass sich in der städtischen Peripherie Anlagen für öffentliche Aufführungen befanden, nämlich ein Amphitheater,32 und dann das Theater, worüber hier mehr zu sagen sein wird.
26
27
DUNCAN-IONES 1 9 8 2 , 3 1 m i t 1 7 1 , 2 2 8 ; F r o n t o , E p i s t u l a e a d a m i c o s 1 , 1 4 (p. 1 7 9 - 1 8 0 VAN DEN H O U T 2 ) .
PAGANO/VILLUCCI 1991. Die Verfasser schlagen vor, dass die Zahl sieben, welche die Inschrift abschließt, entweder auf die Landstraße nach Sinuessa oder nach Teanum verweist, denn beide Orte sind ungefähr sieben Meilen vom römischen Suessa entfernt.
28
Nicht ganz zutreffend ALFÖLDY 2003, 19: „Auch gab es nach Augustus keinen Meilenstein mehr, der eine andere Person als den Kaiser als Bauherrn einer via publica verewigt hatte". Zu den Meilensteinen in den Provinzen, s. KOLB 2004, 145-148.
29 30
RADKE 1973, 1498-1500. KEPPIE 1983, 143. Der augusteische Name der Stadt bezeugt, dass dort Veteranen der legio classica angesiedelt wurden. Vgl. PHILIPP 1931.
31 32
Man siehe den Plan in CASCELLA 2 0 0 2 , 2 6 - 2 7 mit tav. I. CASCELLA 2002, 27. Ein zweiter Text in CIL X 4760 erwähnt Gladiatorspiele unter einem Herrscher „Imperator Antoninus Pius Felix Augustus".
Matidia die Jüngere - Gesellschaftlicher Einfluss und dynastische Rolle
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Das antike Theater der heutigen Kleinstadt Sessa Aurunca ist schon längere Zeit bekannt gewesen, aber davon war nur wenig zu sehen bevor in den Jahren 1995-2001 systematische Grabungen durchgeführt wurden.33 Von diesen Grabungen wurden sehr bald Berichte publiziert, dank vorzüglicher Arbeit des Archäologen Sergio CASCELLA, obwohl m. W. die endgültige Publikation noch aussteht. Die Fundbestände sind jedoch im Großen und Ganzen bekannt, und die Fragmente mehrerer Inschriften sind auch vorläufig veröffentlicht worden.34 Es hat sich herausgestellt, dass das Theater ein reich ausgeschmücktes Gebäude war, von einer beträchtlichen Größe. Der Durchmesser der cavea von 88 m kann mit den Maßen einiger anderen Theater in Süd- und Mittelitalien verglichen werden: So bieten die Theater von Herculaneum und Casinum jeweils einen Durchmesser von 54 m, Pompeii 62 m, Spoletium 72 m, Beneventum und Ostia 88 m, Neapel 100 m.35
4. Matidia, ihre Bauinschrift und das Theater Das Theater in Sessa Aurunca, die Inschriften, die Ausschmückung und besonders das Statuenprogramm liefert einen wichtigen Beitrag zu unserem Verständnis der Rolle, welche Matidia die Jüngere in der römischen Gesellschaft gespielt hat. Zunächst sollen die Inschriften betrachtet werden. In einer großen monumentalen Inschrift, wovon sieben Fragmente erhalten sind, wird zweifelsohne Matidia die Jüngere genannt. Als die Fragmente im J. 2002 zuerst vorgestellt wurden, war es offenbar, dass eine fehlerhafte Rekonstruktion versucht worden war. In einer etwas späteren Publikation von Sergio CASCELLA waren die Fragmente in der richtigen Ordnung gesetzt, aber die Rekonstruktion des Textes war nach wie vor nicht recht befriedigend.36 Diese Inschrift, die unten in der Rekonstruktion von François CHAUSSON vorgestellt wird,37 war monumental - die gesamte Länge wurde von CASCELLA, auf Grund seiner Messungen, auf 8 m geschätzt, aber CHAUSSON kommt sogar auf etwa 12 Meter. Der Text war auf drei Zeilen verteilt; die drei letzten Worte sind nur als Vorschlag zu verstehen:38 [Matidia Divae Matidi]a[e A]ug. fil. Diva[e ]Marci[anae Aug. neptis] [Divae Sabinae Aug. sor]or [I]mp. Antonin[i] Aug. Pii [p.p. matertera] [theatrum terrae motu con]laps[u]m item porticu[m c]oniunc[tam s.p. restituii]39 33
CASCELLA 2 0 0 2 , 2 1 ; 2 7 .
34
Siehe CASCELLA 2002, mit weiteren Ergebnissen in CASCELLA 2006.
35
SEAR 2006, 28 und passim. Wesentlich größere Theater gab es z.B. in Vienna ( 1 3 0 m ) und Augustodonum ( 1 4 8 m ) ; in Rom war der Durchmesser des Theaters von Marcellus 130m, desjenigen von Pompeius 150 m, s. SEAR 2006, 21 und 27.
36
CASCELLA 2002, 86; CASCELLA 2006, 102-103.
37
CHAUSSON 2 0 0 8 , 2 3 3 - 2 5 9 .
38
CHAUSSON 2008, 2 4 6 - 2 5 6 (Rekonstruktion der Inschrift); 255 (Länge derselben).
39
Bei der Wiederherstellung von Z. 3 lässt es sich nicht mit Sicherheit entscheiden, ob wirklich das theatrum dort genannt wird oder ein anderes Gebäude, und ob ein terrae motus Schuld am Verfall
220 I
Christer Bruun
Wir haben es zweifelsohne mit einer Bauinschrift zu tun, denn auf den zwei ersten Zeilen stand der Name der Wohltäterin Matidia, und auf der dritten Zeile kann man das Wort porticus lesen, sowie die Buchstaben LAPS, die sich zu conlapsam oder conlapsum ergänzen lassen - auch dilapsum wäre möglich.40 Die Portikus war nicht das einzige Bauwerk, das von dem Einsatz der Matidia betroffen wurde, wie das Wort item bezeugt. Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass es sich um das ganze Theater handelt, wie von CASCELLa und CHAUSSON vorgeschlagen worden ist.41 Für die in der Inschrift genannte porticus wird die große Portikus hinter der scaena (cf. Vitr. 5,9,1) von der bisherigen Forschung vorgezogen.42 Allerdings hatte das Theater auch eine porticus in summa cavea,43 aber dafür wäre wohl nicht das Verbum coniungere benutzt worden. Die Inschriftenfragmente wurden unweit der porticus post scaenam gefunden; der Text war anscheinend an der äußeren Wand der sog. südlichen Basilica, an der zur parodos führenden Seite, angebracht. 44 Die Entdeckung dieser Inschrift ermöglicht uns, eine frühere Charakterisierung der jüngeren Matidia als „retiring and domestic" zu berichtigen, 45 denn ganz anders kommt sie nun in dieser monumentalen Inschrift vor. Wir haben es mit der ersten Inschrift zu tun, in welcher Matidia wirklich als das Subjekt auftritt. Da es sich deutlich um eine Bauinschrift handelt, kann man nämlich davon ausgehen, dass der Name Matidias im Nominativ steht, obwohl genau gesehen kein Beweis dafür zur Verfügung steht. Interessant in unserem Zusammenhang sind die Namen und Epitheta der Matidia. Wir kennen, wie oben schon erwähnt, eine Reihe von Inschriften, in welchen Matidia mit anscheinend voller Titulatur vorkommt. Gerade aus Sessa Aurunca stammen davon sieben,46 und so wird sie z. B. folgendermaßen auf einer Basis geehrt:
war. CHAUSSON 2008, 255, gibt für die letzten drei Worte zwei Vorschläge, exempli gratia, denn Gewissheit ist nicht möglich: s.p. restituii oder sua pec. refecit. Beiläufig sei bemerkt, dass das Partizip coniunctus/a in Bauinschriften nicht besonders häufig vorkommt; zwei Beispiele aus Ostia: CIL XIV 375 iunctaforo (wohl im 2. Jh. errichtet) und CIL XIV 1937 (etwa 300 n.Chr.) basilicam coni[un] ctam [tumulo]. Eine Gerundivkonstruktion, etwa coniungendam curavit, wäre üblicher, doch es lässt sich tatsächlich nicht sagen, ob der letzte erthaltene Buchstabe in Z. 3 ein C oder ein G ist; vgl. AE 1952, 55 (Capua) murum coniungendum etpeilamfaciendam et teatrum terra exaggerandum locavere eidemque luudos fecere. Da aber das Bindewort item ein gemeinsames Verbum zu fordern scheint, ist als Parallele zu conlapsum hier das Perfekt Partizip von coniungere vorzuziehen. 40
SEAR 2006,18.
41
2006, 103; CHAUSSON 2008, 251; 254. Da von coniungere die Rede ist, scheint es auch logisch, dass die Portikus zu einem größeren Bau hinzugefügt worden ist, was wohl nur das Theater sein kann. CASCELLA
42
CASCELLA 2 0 0 6 , 9 7 ; CHAUSSON 2 0 0 8 , 2 5 4 .
43
CASCELLA 2 0 0 6 , 8 2 ; 9 6 .
44
CASCELLA
45
BOATWRIGHT 1 9 9 2 , 26:
46
2006,101;
2008, 244-245 mit Fig. 2. „Matidias part, whether she assumed it voluntarily or not, was retiring and domestic. She was not marked as a woman of note." Siehe zuletzt CHAUSSON 2 0 0 8 , 2 3 9 . CHAUSSON
Matidia die Jüngere - Gesellschaftlicher Einfluss u n d dynastische Rolle
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Matidiae Aug(ustae) fil(iae) Divae Marcianae Aug(ustae) nepti Divae Sabinae Augiustae) sorori Imp(eratoris) Antonini Aug(usti) Pii p(atris) p(atriae) materterae Suessani (posuerunt) (CIL X 4745)
Was Matidias Namen angeht, weist die Inschrift eine mit der neuen Bauinschrift identischen Strukur auf: bei der Aufzählung ihrer Verwandten folgt nach der Älteren Matidia die Marciana, dann Sabina und letztlich wird der Kaiser Antoninus Pius erwähnt. Man wäre versucht vorzuschlagen, dass die Bautätigkeit der Matidia im Zusammenhang mit dem Theater den Grund für die Ehrung in Sessa Aurunca bildete, und dass die Nomenklatur der Inschrift im Theater vielleicht sogar als Modell für die Inschrift der Basis diente. Der erste Teil dieser Hypothese mag wenigstens für einige der vorhandenen Quellen zutreffen, aber gegen den zweiten Teil stößt die soeben vorgelegte Wiederherstellung der Inschrift, denn Matidia wird dort nicht bloß „Matidia Aug(ustae) fil(ia)" genannt, wie auf der Basis, sondern benutzt wird „Matidia Divae Matidiae Aug(ustae) fil(ia)", eine wesentlich längere Form. Diese längere Nomenklatur ist anderswo dokumentiert (dazu im Folgenden) und scheint epigraphisch notwendig, wenn man davon ausgeht, dass alle drei Zeilen gleich lang und symmetrisch ausgerichtet waren. In diesem Fall muss am Anfang der ersten Zeile mehr Text gestanden haben. 47 Diese Beobachtung verleitete mich in einer früheren Phase meines Studiums - ehe mir die richtigen Maße der Theaterinschrift bekannt waren - dazu zu vermuten, wenigstens das gentilicium „Mindia" hätte am Anfang von Z. 1 Platz gefunden; der Vater der Jüngeren Matidia war ein Mindius. Bei der Entwicklung dieser Hypothese schien es mir von Belang, dass die Nomenklatur „Matidia Divae Matidiae Aug. fil." in Italien praktisch unbekannt ist.48 Wie aus der neuesten Quellensammlung von C H A U S S O N hervorgeht, wird Matidia die Jüngere in Sessa Aurunca nicht weniger als sieben Mal schlicht als „Matidia Aug. fil." bezeichnet, obwohl sämtliche Inschriften aus der Regierungszeit des Antoninus Pius stammen. 49 Die einzigen zwei Fälle, in welchen 47
48
49
Die Alternative hierzu wäre eine sonst unbekannte u n d kürzere Nomenklatur Matidias auch auf Z. 2 anzunehmen, was jedoch methodisch problematisch erscheint. Den einzig möglichen Fall bietet CIL V 3111 (aus Vicetia), aber mit Ergänzung der Nomenklatur, siehe z.B. CHAUSSON 2008, 238: [Matidiae]/[Divae Matidiae filiae]/[Divae Sabinae] sorori ... Es handelt sich, wie m a n sieht, u m einen höchst hypothetischen Fall. CHAUSSON 2008, 239; dort auch mit einer neuen Rekonstruktion von AE 1986, 148: [Matidiae/Aug. fil.] Di[vae/Sabina]e Aug./so[rori] ... statt bisher [Matidiae]/Di[vae Matidiae Aug. fil.]/[Divae Sabina]e...
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Christer
Bruun
wir „Matidia Divae Matidiae Aug. fil." finden, stammen aus den Provinzen, nämlich aus Augusta Vindelicum und Ephesos.50 Eine dritte Inschrift aus Alexandreia Troas ist bis vor kurzem unrichtigerweise auf Matidia die Jüngere bezogen worden.51 Das Fehlen von „Divae Matidiae" in den anderen sieben Steininschriften aus Sessa Aurunca wäre möglicherweise ein Grund, über die Rekonstruktion der Theaterinschrift noch einmal nachzudenken. Man sollte beachten, dass die zwei Inschriften, die den Ausdruck Divae Matidiae Aug. fil. enthalten, provinziale Ehrungen sind, während die Inschrift im suessanischen Theater von Matidia selber gesetzt worden war. Man fragt sich, ob es deshalb zu erwarten ist, dass sie sich als Divae filia vorgestellt hat, oder ob dieses Epitheton in Italien, also in der Umgebung des kaiserlichen Hofes, gar vermieden wurde. Wurde das Epitheton etwa nur in den Provinzen, wo man weniger präzise informiert war, gebraucht? Solche Vorkommnisse lassen sich auch sonst für andere Mitglieder des Kaiserhauses im zweiten Jh. feststellen.52
5. Die statuarische Ausstattung des Theaters und die weiteren Inschriften Wie oben erwähnt wurde, gibt es gute Gründe anzunehmen, dass Matidias Engagement das ganze Theater betroffen hat. Wir wissen auch, dass es sich dabei um Reparaturarbeiten gehandelt haben muss, denn die erste Phase des Theaters wird von CASCELLA in die augusteische Zeit datiert.53 Eine zweite Bauphase gab es offensichtlich später unter den Julio-Claudiern, wahrscheinlich unter Claudius. Davon zeugt z. B. eine Reihe von Statuen von Mitgliedern des Kaiserhauses, nämlich von Livia und Agrippina (wahrscheinlich der Jüngeren), die bei den Ausgrabungen gefunden wurden; Fragmente von zwei Männerstatuen waren auch dabei. Laut der Rekonstruktion von CASCELLA gehörten diese Statuen
50
Siehe ILS 327 = IK 12 Nr. 283; CIL III 5807.
51
Vgl. CHAUSSON 2008, 238. Aber die Inschrift AE 1973, 515 ist neu gelesen worden von RICL in IK53 Nr. 19 (mit Foto) und dort findet man die Dedikation [DJivae Divae/Marci[an]ae
Aug(ustae)
sororis/Divi
N[e]rvae/Traiani
Die Inschrift schließt mit der Formel d(ecreto) stand statt Marci[att]ae
der Name [Sabinae],
d(ecurionum).
Matidiae/Aug(ustae)
Aug(usti)/Germanici
filiae
Dacici/Parthici.
In der früheren Veröffentlichung
was auf Matidia die Jüngere hindeutete. In der früheren
Fassung fehlte, wie schon immer bemerkt worden ist, nach dem Namen Trajans ein Wort für die Verwandtschaftsbeziehung. Jetzt ist der Text völlig sinnvoll: wir haben eine Widmung an die Diva Matidia Augusta; sie ist als filia der Diva Marciana
Augusta bezeichnet; jene Frau wiederum ist als
soror des Divus Nerva Trajanus bezeichnet. 52
Siehe z. B. eine Ehrung für die Ältere Matidia aus Lyttos auf Kreta, die schon im J. 107/8 Σεβαστή genannt wird: ICret I/xviii Nr. 20; dazu TEMPORINI 1978, 191: „Hier hat sich offenbar einiges verwirrt, und die Titulatur in einer griechischen Provinz darf natürlich nicht als für Rom offiziell gültig angesehen werden". Für Matidia Minor selbst heisst es in IG II/III 2 3388 aus Athen vielleicht gar Ματιδίαν σεβαστήν; die drei ersten Zeilen der Inschrift sind aber rekonstruiert. Diese Emendation ist nicht zwingend und wird auch von CHAUSSON 2008, 238 nicht beachtet.
53
CASCELLA 2 0 0 2 , 2 8 u n d p a s s i m .
Matidia die Jüngere - Gesellschaftlicher Einfluss u n d dynastische Rolle
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zu einem sacellum in der summa cavea, das in die Regierungszeit von Claudius gehört; die Männerstatuen könnten Augustus u n d Claudius darstellen. 54 Leider geben die anderen Inschriften, die bei den Ausgrabungen zutage kamen, keine sichere Auskunft über den ursprünglichen Erbauer des Theaters. Man kann aber annehmen, dass das Theater ein kaiserliches Projekt war, denn Fragmente einer oder zweier monumentalen Inschriften, die auf der scaenaefrons angebracht waren, nennen wenigstens einen römischen Kaiser. Von einer Inschrift, deren Buchstaben angeblich zwischen 20 u n d 25 cm groß waren, ist nur AVG Übriggeblieben, was allerdings auch auf eine Augusta hinweisen könnte. 55 Von einer größeren Inschrift - mit einer Buchstabengröße von 30 cm - ist etwas mehr zu lesen, nämlich der Anfang: IMP CA, u n d darunter die Buchstaben PA (Abb. 2). Hier kann es keinen Zweifel geben, dass ein Kaiser gemeint ist. Da die Buchstaben PA am Anfang der zweiten Zeile der Inschrift stehen, muss man ein Wort suchen, dass in eine kaiserliche Bauinschrift passt und mit PA anfängt. Der Abb. 2 Inschrift von der scaenae Ausdruck pater patriae scheint dafür geeigfrons des Theaters in Sessa Aurunca 56 (nach CASCELLA 2002,62 nachgezeichnet net zu sein, ist aber nicht selbstverständlich, denn in den meisten Fällen wird dafür das v o n T h e o d o r a BRUUN) Kürzel p.p. benutzt. So zeigt ein Inventar der Tituli imperatorum in Dessaus Inscriptiones Latinae Selectae, dass für die vier Kaiser von Nerva bis Antoninus Pius, pater patriae in n u r 6 Fällen voll ausgeschrieben worden ist, während p.p. in 40 Fällen vorkommt. 5 7 Falls m a n nur diejenigen Inschriften betrachtet, in denen der Kaiser als Subjekt auftritt - d. h. zum größten Teil Bauinschriften - , sind die Verhältnisse zweimal pater patriae zu zwölfmal p.p. Eine zweite Möglichkeit wäre der Siegerbeiname Parthicus, der Trajan verliehen worden ist,58 und sowohl bei Hadrian als auch bei Antoninus Pius vorkommt, nämlich im Ausdruck Traiani Parthici filius bzw. Traiani Parthici nepos (etwa ILS 313 Imp. Caesar divi Traiani Parthici f . ... Traianus Hadrianus ... templum deae Cuprae restituit). Marcus
54
Zur Rekonstruktion der summa cavea, s. CASCELLA 2002, 48; im Allgemeinen jetzt CASCELLA 2006, 95.
55
CASCELLA 2 0 0 2 , 6 2 .
56
Dafür finde ich keinen Vorschlag bei CASCELLA; dagegen denkt CHAUSSON 2008, 242 Anm. 23 an pater patriae oder einen verwandtschaftlichen Ausdruck. Siehe ILS 274-352. Siehe KIENAST 1996, 123, der davon ausgeht, dass der Siegerbeiname erst postum verliehen wurde; dagegen spricht jedoch CIL XV 7303. Von anderen Wörtern auf pa-, die in einer Bauinschrift vork o m m e n können, scheint keines zu passen, vgl. etwa palaestra, partes, parodos, Patrimonium, patronus, pavimentum, oder das Verb parare.
57 58
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Aurelius und Lucius Verus trugen beide den Beinamen Parthicus, aber wie unten deutlich gemacht werden wird, ist die Inschrift kaum so spät. Bei der Rekonstruktion der Inschrift müssen die physischen Verhältnisse, so wie sie vom Ausgräber Sergio CASCELLA beschrieben worden sind, beachtet werden. Die bis zu 30 cm großen Buchstaben, was jedoch wohl nur für das I longa in Imp. gilt, sind auf einer Marmorplatte eingemeisselt, die einen Teil der scaenaefrons bildete und offensichtlich als Bekleidung des Podiums der zweiten Etage diente: „farebbero ipotizzare che l'iscrizione fosse posta sul muro del podio del secondo ordine proprio sopra la porta regia".59 In der Tat bietet jener Platz, über den valvae regiae, den größten ununterbrochenen Raum für eine Inschrift, denn die scaenaefrons ist sonst durchgehend von hervortretenden Kolumnen mit zugehörendem Podium unterteilt. Die Befunde aus anderen römischen Theatern mit einer ähnlichen Konstruktion der scaenae frons, wie etwa in Aspendos, beweisen, dass Inschriften tatsächlich an dieser Stelle angebracht wurden. 60 Laut den Messungen von CASCELLA, bietet der Raum jedoch Platz nur für eine etwa 8 m breite Inschrift. 61 Falls tatsächlich die Inschrift hierher gehört, muss die Lesung pa[ter patriae] aufgegeben werden, denn es ist unmöglich, auf der ersten Zeile, in einem Raum von nur 8 m Länge, eine vollständige kaiserliche Titulatur einzufügen - p.p. erscheint immer an letzter Stelle in diesen Zusammenhängen. 62 Es muss aber zugegeben werden, dass auch eine Rekonstruktion mit Parthici, unter den gegeben Umständen, nicht einfach erscheint, denn der Raum ist sehr eng. Bei einer Rekonstruktion wie der Folgenden, die davon ausgeht, dass Antoninus Pius der Kaiser ist, scheint zwar die erste Zeile ungefähr hinzupassen (mit 31 Buchstaben etwa 9 m), aber der Text der zweiten Zeile ist problematisch. Das Foto des Fragmentes bei CASCELLA zeigt nämlich, dass die Zeile eingezogen ist, so dass Ρ unter dem A in Ca(es.) steht. So müsste man eigentlich mit weniger als 31 Buchstaben rechnen, es sei denn, die Buchstaben sind wesentlich kleiner als auf Ζ. 1, was tatsächlich auf dem Foto zu sehen ist, nur sind keine exakten Maße angegeben. Die Rekonstruktion unten enthält dann auch eine große Zahl von Abkürzungen auf Z. 2, und kommt mit 27 Buchstaben aus. IMP CAES DIVI HADRIANIF
DIVI TRAIANI (31)
PARTH Ν Τ AEL ANTONINVS
59
6
°
61
62
AVG Ρ REST ( 2 7 )
CASCELLA 2 0 0 2 , 6 2 .
SEAR 2006, 3 6 6 - 3 6 7 mit Fig. 2 3 - 3 4 . S i e h e T a f e l 4 b e i CASCELLA 2 0 0 2 .
Auch nur eine möglichst kurze Form des Namens von Antoninus Pius würde immerhin 57 Buchstaben beanspruchen: Imp. Caes. Divi Hadriani f . Divi Traiatti Parthici P(ius) Erst danach könnte man p(ater) p(atriae)
n. T. Ael. Antoninus
Aug.
einfügen. Entsprechend der Grösse des erhaltenen
Fragments „IMP CA" wären für 57 Buchstaben über 15 Meter zu kalkulieren. Nicht viel besser ist die Annahme, Hadrian sei in der ersten Zeile genannt gewesen; denn in seiner Nomenklatur wird meistens sowohl auf Trajan als auch auf Nerva hingewiesen.
Matidia die Jüngere - Gesellschaftlicher Einfluss und dynastische Rolle
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Falls man aber annimmt, der Kaiser, dessen Name auf der scaenae frons angebracht worden ist, sei Hadrian gewesen, wird die Rekonstruktion noch schwieriger. Denn die erste Zeile ist dann einfach zu kurz, während Z. 2 unmöglich lang wird, selbst wenn der Name Nervas ausfällt, was äußerst selten vorkommt: IMP CAESAR DIVI TRAIANI (20) PARTH F TRAI HADRIANVS
AVG F (24)
Von den oben angegeben Prämissen ausgehend sieht es deshalb so aus, als ob Antoninus Pius in der Inschrift genannt ist. Dieses Ergebnis passt auch in die Baugeschichte des Theaters, wie sie von C A S C E L L A entworfen worden ist. Er ist nämlich der Meinung, dass das Theater am Ende des 1 Jh. oder am Anfang des 2. Jh. zerstört wurde, entweder durch ein Erdbeben oder einfach durch ein Versagen der Konstruktion, um dann unter Antoninus Pius von Matidia wieder aufgebaut zu werden. 63 Zu dieser Phase gehört eine zweite Reihe von Skulpturbildnissen, die Mitglieder des Kaiserhauses darstellen. C A S C E L L A hat die folgenden Personen identifiziert: Von den Kaisern sind dies Trajan und Hadrian und von den Frauen des Kaiserhauses fünf Personen: Plotina, Matidia die Ältere, Sabina, Faustina die Ältere und Matidia die Jüngere selbst. Nach den Fundumständen zu urteilen, schmückte diese statuarische Ausstattung die dreistöckige scaenae frons.64 In Parenthese sei angemerkt, dass das Porträt der Jüngeren Matidia so deutlich und von guter Qualität war, dass es die Identifizierung eines schon bekannten Frauenkopfes aus der Gegend von Tivoli (vielleicht aus der Villa von Hadrian) als Matidia ermöglichte. 65 Forscher erwarten, dass die jetzt feststehende Ikonographie der jüngeren Matidia dazu führen wird, dass auch andere bisher unidentifizierte Porträts ihr zugewiesen werden können. 66 Ihre Präsenz im römischen Reich mag sich somit als stärker erweisen, als man bisher angenommen hat. Die am meisten Aufmerksamkeit verdienende Skulptur ist eine polychrome Statue einer heroischen Frauengestalt, die als Matidia identifiziert wird, jedoch offenbar in der Gestalt von Aura auftritt, d. h. einer Nymphe, die in der Mythologie die Artemis begleitet.
63
CASCELLA 2 0 0 6 , 9 5 .
64
Zu den Statuen s. CASCELLA 2002, 67-73 und kurz CASCELLA 2006, 100-101. Für die Statuen von den zwei Matidiae und der Sabina ist auch REGGIANI 2004b, 134-139 von Belang. Das Vorkommen mehrerer Statuen von weiblichen Mitgliedern des Kaiserhauses erinnert an eine Beobachtung von BOATWRIGHT 1992,23, welche die „close association" der Frauen am Hofe während der ersten Hälfte des 2. Jh. betont. Zum Porträt aus Tivoli: REGGIANI 2004a, 11; 20; REGGIANI 2004c (Tivoli); vgl. VALERI 2004,138-139 (Porträt aus Sessa Aurunca). Das Porträt aus Tivoli stammt möglicherweise sogar aus der kaiserlichen Villa: VALERI/ZEVI 2004, 131.
65
66
VALERI/ZEVI 2 0 0 4 , 1 3 1 .
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Christer
Bruun
Diese Statue stand ursprünglich, laut CASCELLA, in der Mitte der scaenae frons, auf der zweiten Etage.67 Demnach hätten wir es hier bei der scaenae frons mit einem beindruckenden kaiserlichen Bildprogramm zu tun, in welchem die zentrale Rolle von der jüngeren Matidia eingenommen wurde. Eine ähnliche Ausschmückung mit Bildnissen von Mitgliedern des Kaiserhauses kennt man auch sonst aus Theatern in Italien und anderswo.68 Einige Fragen bleiben aber m. E. bei dieser archäologischen Rekonstruktion noch offen. An der Kollokation der Statuen möchte ich nicht zweifeln, denn CASCELLA weist darauf hin, dass sie alle in der unmittelbaren Nähe der scaena gefunden wurden, wo sie nach dem Sturz des Bauwerkes irgendwann in der Spätantike liegen blieben.69 Ich komme aber zu den Inschriften der scaenae frons zurück. Von anderen Theatern weiß man, dass monumentale Inschriften die sich auf die Baugeschichte und auf die patroni und Bauherren beziehen, oft dort angebracht wurden. 70 Das oben behandelte Inschriftenfragment Imp. Ca[es.] zeigt, dass auch ein Kaiser irgendwie an der Wiederherstellung beteiligt war. An sich würde aber eine solche Beteiligung des Herrschers nicht die Rolle der Matidia verringern - im Gegenteil. Wir wissen ja aus ihrer eigenen Monumentalinschrift, dass sie am Wiederaufbau des Theaters in bedeutender Weise beteiligt war. Sie nahm sogar, offensichtlich als Aura, die zentrale Position in der Ausschmückung der scaenae frons ein. Wenn tatsächlich auch ein Kaiser - wer es auch sein mag - Teile der Arbeiten finanziert hat, ist es umso wichtiger, dass Matidia trotzdem diese zentrale Rolle einnahm.
6. Matidia und die Wasserversorgung des Theaters Noch eine andere Inschrift bezeugt den Einsatz der Matidia bei den Arbeiten am Theater. Es wurden nämlich beschriftete Bleirohre bei den Ausgrabungen gefunden, vor allem bei der nördlichen Basilica. Die Texte lauten:71
67
68
69
70
71
Siehe CASCELLA 2002, 72-74; REGGIANI 2004a, 13; u n d vor allem V A L E R I / Z E V I 2004,128-133. Zur Nymphe Aura, s. C A N C I A N I 1986, der vermutet, dass zwei Darstellungen der Aura auf der Ara Pacis zu sehen seien. SEAR 2006, 166 (Ferentium); 170 (Volaterrae) für Befunde von der scaenae frons. Sonstige statuarische Darstellungen von Mitgliedern des Kaiserhauses aus Herculaneum bei SEAR 2006,124, ferner zu Nuceria Alfaterna (128), Marruvium (152), Falerio Picenus (156), Urbs Salvia (159), Spoletium (163), Caere (164), Faesulae (166), Vicetia (181). Außerhalb Italiens erscheinen die Mitglieder der domus imperatoria auf einer scaenae frons z.B. in Lepcis Magna, s. SEAR 2006, 15, 281-282 oder in I h u g g a (288); s. auch F U C H S 1987. 2006, 100; CASCELLA 2002, 73-76. SEAR 2006,14 u n d 288 verzeichnet beispielsweise Ihugga, ferner Aspendos (367), u n d Sparta (406), u n d aus Italien z. B. Iguvium (161) u n d Volaterrae (170). Siehe neulich zur Inschrift auf der scaenae frons im sog. nördlichen Theater von Gerasa A G U S T A - B O U L A R O T / S E I G N E 2004. CASCELLA 2002, 90. Die Inschrift eines weiteren plumbarius namens M. Ennius Evaristus wird erwähnt in CASCELLA 2006,103 A n m . 7 7 , ist aber in diesem Zusammenhang von weniger Gewicht. CASCELLA
Matidia die Jüngere - Gesellschaftlicher Einfluss und dynastische Rolle MATIDIAE
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AVG. FIL.
und Q. CLASSICVS
PRIMVS
FEC.
Der Genitiv drückt in diesem Falle sicherlich nicht den Besitz des Theaters oder der Basilica aus, obwohl einige Forscher wohl dieser Ansicht sein mögen, sondern ist so zu deuten, dass Matidia sich auch um die Wasserversorgung des Theaters gekümmert hat, und dieselbe finanziert hat. Denn ζ. B. das Nymphäum wie auch die Latrine brauchten ja Wasser. 72 Für diese Deutung, und für diese öffentliche Rolle der Matidia, 73 lassen sich leicht andere Beispiele finden,74 so ζ. B. von einem Theater am Strand des Nemisees, aus dem sowohl die Bauinschrift Volusia Q. f. Cornelia theatrum vetustate corruptum
restituii et
excoluit (AE 1932, 68) stammt, als auch eine Fistula mit der folgenden Inschrift:
72
Die Frage nach der Deutung jener beschrifteten Bleirohre wird seit etwa zwei Jahrzehnten diskutiert. M. E. kann es keinen Zweifel geben, dass man dem Genitiv verschiedene Deutungen geben muss abhängig vom jeweiligen Kontext; s. BRUUN 1995, 52-57 zu den unten zitierten Bleirohr-Inschriften von Nemi; ähnlich, aber ohne Argumentation lautete schon die Deutung von SCHEID 1989. Zum Genetiv auf Bleirohren als Zeichen von Wohltätigkeit oder Investition s. ferner BRUUN 2000, 502-506; GEREMIA NUCCI 2 0 0 0 ; GRANINO CECERE 2 0 0 0 , 3 9 u n d zuletzt RAEPSAET-CHARLIER 2 0 0 8 , 1 0 3 5 ; 1038.
73
74
Für den öffentlichen Charakter des Wasserzufuhr im Theater könnte auch der Name des plumbarius sprechen. Sein gentilicium Classicus deutet auf einen Ursprung in der familia publica der colonia hin, denn die Stadt Suessa hieß mit vollem Namen Colonia Iulia Felix Classica. Ob Classicus Primus selbst munizipaler Freigelassener war oder ob er von einer solchen Person abstammte, lässt sich nicht entscheiden. Man kennt sonst keine munizipalen Sklaven oder Freigelassenen aus Suessa, s. WEISS 2004. Da Matidia für die Wasserzufuhr auf jeden Fall eine Erlaubnis der Stadt brauchte (vgl. CIL X 4760 = ILS 6296 mit Nennung eines Augustalis aus Suessa, zu dessen Ehren der ordo decurionum beschloss, ut aquae digitus in domo eiusflueret), könnte sie möglicherweise auch für den technischen Aufwand jemanden bevorzugt haben, der Verbindungen zur familia publica der Stadt hatte. Dieser Vorschlag beruht auch auf der Beobachtung, dass in Ostia das beschriftete Wasserrohr des sog. Palazzo Imperiale (ein Gebäude für den öffentlichen Verkehr) die Namen von Matidia Minor und dem plumbarius Q. Publi(cius) Secundus trägt (CIL XV 7737). Das gentilicium Publicius wurde in vielen Fällen den freigelassenen servi publici gegeben. Ich habe zwar dieses Vorgehen im Falle Ostias bezweifelt, denn auf der großen tabula der familia publica (CIL XIV 255) kommt kein einziger Publicius vor - der Name Ostiensis dominiert - aber im Lichte des Neufundes aus Sessa Aurunca ist die Sache vielleicht zu überprüfen, s. BRUUN 2008. Nicht relevant ist der Hinweis von VERZAR BASS 2000, 216, der behauptet, im Theater von Luni sei ein beschriftetes Bleirohr von L. Titinius Petrinianus gefunden worden, welches bezeuge, dass das Theater von ihm und seinen Vorfahren erbaut worden sei. Die von der Forscherin zitierte Literatur (FROVA 1980, 22) enthält nichts zu diesem Thema.
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Christer
Bruun
VOLVSIAE Q. F. CORNELIAE (NSc 1931, 281 Nr. 110)75 Dieses Beispiel ist auch wichtig, weil es uns daran erinnert, dass die Tätigkeit von Matidia natürlich keineswegs einmalig war. Als Euergetin hatte sie zahlreiche Vorgängerinnen unter den Frauen senatorischen (und vielleicht auch ritterlichen) Standes in den vorhergehenden Jahrhunderten.76 Jedoch entfaltete Matidia die Jüngere eine Tätigkeit, die sie auf eine neue Ebene emporhob.
7. Schlussbetrachtungen: Die Rolle Matidias in der kaiserlichen Herrschaft und in der dynastischen Politik des Kaiserhauses Die epigraphischen Zeugnisse von der jüngeren Matidia zeigen uns eine Frau, die eine wichtige Rolle im Römischen Reich spielte. Im ganzen Reich wurden ihr von Gemeinden und Einzelnen Ehrungen zuteil. In manchen Fällen erscheint es glaubhaft, dass der Grund dafür ihre Tätigkeit als Wohltäterin war, und auch sonst mag es oft der Fall gewesen sein. Ich habe mich hier hauptsächlich auf Sessa Aurunca konzentriert, aber wie am Anfang erwähnt wurde, kann eine ähnliche Tätigkeit in Italien wenigstens in Ostia und Vicetia festgestellt werden. Das Besondere bei der neuen Inschrift aus Sessa Aurunca ist, dass wir hier zum ersten Mal eine zeitgenössische Bauinschrift haben oder zwei, wenn die Inschrift auf der Fistula mitgezählt wird, die den finanziellen Einsatz der Matidia bezeugen. Matidias Tätigkeit als Sponsorin der Infrastruktur des Reiches machte sie zu einer Person von Bedeutung in der römischen Gesellschaft. Ob sie außerdem politische Bedeutung hatte, sollte man auch erwägen. Sie wird nicht am kaiserlichen consilium principis teilgenommen haben. Aber man sollte doch ihre Rolle im Kaiserhaus und am Hofe näher betrachten. Es ist zwar wahr, dass sie selbt nie zur Augusta erhoben wurde. Die Gründe dafür sind m. E. auch klar und werden unten noch kurz aufgegriffen, aber sie konnte oder man sollte lieber sagen, es war ihr erlaubt, öffentlich ihre mehrfachen verwandtschaftlichen Beziehungen zum Kaiserhaus, zum regierenden Kaiser Pius und zu den divae Augustae zu erwähnen und damit sogar zu protzen. Man muss zweifellos annehmen, dass hinter dieser Titulatur eine kaiserliche Erlaubnis stand.
75
Hierzu ausführlich BRUUN 1995, 5 2 - 5 7 ; s. auch die Literatur in Anm. 72 oben. Die Inschrift ist anscheinend verschollen, denn sie wurde nicht aufgenommen von GRANINO CECERE 2005. Es findet sich eine falsche Deutung der Bleirohrinschrift bei MARZANO 2 0 0 7 , 1 9 6 , die bedauerlicherweise auf mangelhafter Kenntnis der Forschungslage beruht.
76
S. dazu die Übersicht von RAEPSAET-CHARLiEr 2008. Im Allgemeinen zum öffentlichen Auftreten senatorischer F r a u e n s. RAEPSAET-CHARLIER 2 0 0 5 .
Matidia die Jüngere - Gesellschaftlicher Einfluss und dynastische Rolle
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Diese öffentliche Rolle von Matidia erstreckte sich über Jahrzehnte - wenigstens über die Regierungszeit von Hadrian und Antoninus Pius hinweg. In der bisherigen Forschung hätte man mehr darüber nachdenken können, wie sich dies erklären lässt: Was war das Geheimnis der Matidia? War sie eine so unbedeutende Frau, dass niemand sich darum kümmerte, ob sie am Hof dabei war oder nicht? Selbstverständlich war dies nicht der Fall; das Gegenteil muss zweifelsohne zutreffen. Matidia war eine sehr bedeutende Person, und ihre Präsenz, ihre Tätigkeit und ihre Beziehungen zum Kaiserhaus waren für den Herrscher wichtig. Es muss für den Kaiser wichtig gewesen sein, dass Matidia mit dem Herrscherhaus assoziert war. Die Kaiser, Hadrian und besonders Antoninus Pius, vertrauten ihr, und sie hatte eine Rolle in der Gesamtstrategie der Herrschermacht, etwa als Focus der Loyalität von Seiten derjenigen Untertanen, mit denen sie in Berührung kam. Dank ihres Reichtums und sicherlich auch Dank ihrer persönlichen Qualitäten hat sie zeitweise sowohl gesellschaftlich als auch politisch eine wichtige Rolle gespielt. Als sie im J. 162 während der Regierung von Marcus Aurelius starb, gab es im Reich schon zwei Kaiser, und in den kommenden Zeiten würde es immer wieder der Fall sein, dass das Reich nicht nur einen Kaiser hatte. Ich möchte nicht behaupten, dass man bei Matidias Tätigkeit so etwas wie eine beginnende Aufspaltung der Macht sehen kann, aber dieselben grundlegenden Faktoren mögen sich eingespielt haben: Das Reich war ungemein groß und keine kaiserliche Verwaltung konnte allmächtig und überall vorhanden sein. Einer Erklärung bedarf die Tatsache, dass Matidia d. J. niemals eine richtige Augusta wurde, und eine solche lässt sich auch finden. Erstens war sie ja weder Kaisermutter oder -tochter noch Kaisergemahlin. Ihre Mutter und ihre Schwester waren zwar Augustae, aber es gab keinen Präzedenzfall für die Erhebung einer Person wie Matidia zum Rang einer Augusta. Ein ähnliches Fehlen eines Präzedenzfalles lässt sich zwar im Falle ihrer Mutter feststellen. Denn während Matidia die Ältere die Würde einer Augusta am 29. August 112 (oder kurz danach) wohl in der selben Senatssitzung erhielt, als ihre Mutter Marciana zu Diva erhoben wurde,77 bestand ihre Verbindung mit dem Herrscherhaus nur darin, dass sie Trajans Nichte war. Das war zuvor niemals Grund genug für die Verleihung des Augustatitels gewesen. Eine dynastische Absicht ist aber m. E. in diesem Fall spürbar.78 Matidia d.Ä. war zu jenem Zeitpunkt schon 43 Jahren alt und somit kaum mehr in der
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Die Fasti Ostienses verzeichnen den 2 9 . 8 . als Todestag der Marciana, s. BARGAGLI/GROSSO 1997, 3 7 - 3 8 . Dass die Fasti Ost. keine genauere Angabe über den Zeitpunkt, zu dem Matidia den Augustatitel erhielt, liefern - außer dass es kurz nach Marcianas Tod geschah - , wurde von BICKERMAN 1974 verfochten, jedoch weder von GUALERZI 2005, 217 noch von FÜNDLING 2006, 318 richtig wiedergegeben. Gegen BICKERMAN behauptet TEMPORINÍ 1 9 7 8 , 1 9 4 - 2 0 2 , dass alles am 2 9 . 8 . stattfand.
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Weniger überzeugend finde ich den Vorschlag von GUALERZI 2005, 218, der die Erhebung zu Augusta folgenderweise deutet: „non soltanto come premio per i suoi meriti, ma anche come il segno dell'imposizione di una diminuita libertà di azione e di una obbligatoria moralità". Für Matidia als Augusta sollte es demnach weniger politischen und sozialen Spielraum gegeben haben. Unter gewissen Umständen mag dies auch zutreffen, aber die römische Geschichte hätte lehren können und müssen, dass sich Frauen am Kaiserhof mit zunehmender Macht keineswegs moralischer benahmen.
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Lage zu gebären, und sie war verwitwet.79 Es erschien damals wohl sehr unwahrscheinlich, dass sie noch eine neue Familie gründen würde. Somit können etwaige dynastische Überlegungen nur ihre Tochter Sabina betroffen haben, die schon seit über zehn Jahren mit Aelius Hadrianus verheiratet war. Man diskutiert schon seit langem in der Forschung darüber, ob dieser Vermählung dynastische Absichten zugemessen werden sollten - Hadrian war um 100 n.Chr. noch jung und unerprobt, aber gewiss kam die Ehe mit der nur etwa 15-jährigen Sabina nicht ohne strategisches Denken zustande.80 Es ist zwar wahr, dass Trajan noch von Plotina einen Erben hätte haben können,81 aber ehe das Kind seinem im J. 53 geborenen Vater auf dem Thron hätte folgen können, wäre wohl ein anderer Regent in der Zwischenzeit notwendig gewesen - warum nicht Hadrian? Zwölf Jahre später stand derselbe dann ganz anders dar - als consularis vir (den Konsulat hielt er im J. 108) und ehemaliger Provinzstatthalter und Legionslegat - , nachdem er schon im J. 105 Prätor gewesen war. Die Tatsache, dass Hadrian nach 112 der einzige Senator in der gesamten Geschichte des Prinzipats war, der eine Augusta als Schwiegermutter hatte, kann nur auf den unaufmerksamsten Zeitgenossen keinen Eindruck gemacht haben. Ein ähnliches Szenario lässt sich im Fall der Jüngeren Matidia nicht herstellen. Sie hatte keine Kinder und war, soviel wir wissen, auch nicht verheiratet, was übrigens zusätzlich als ein Zeichen ihrer privilegierten Stellung in der römischen Gesellschaft angesehen werden muss.82 Diese beiden Tatsachen sprachen aber gegen die Verleihung der Augusta-Würde. Erstens konnte sie die Blutlinie der Ulpii - und durch Adoption auch diejenige von Hadrian - nicht fortsetzen. Zweitens konnte vielleicht nicht ausgeschlossen werden, dass sie doch noch irgendwann heiraten würde, wobei es danach einen Mann gegeben hätte, sicherlich einen Senator, dessen Frau eine Augusta war. Eine solche potentielle Herausforderung der Macht wäre nicht willkommen gewesen. Ganz anders wäre es der Jüngeren Matidia ergangen, könnte man sich vorstellen, falls sie tatsächlich geheiratet und ein Sohn oder eine Tochter geboren hätte, während Hadrian weiter kinderlos blieb. Und wer kann sagen, was für Intrigen betreffend einer eventuellen Ehe der Matidia es mal am Hofe gegeben hat? Was folgt ist selbstverständlich bloße Spekulation, aber falls Hadrian einen Sohn der Matidia adoptiert hätte, wäre das wohl Grund genug für die Vergabe des Augustatitels an Matidia gewesen. Ähnlich könnte es der Matidia ergangen sein, hätte sie eine Tochter gehabt, wie aus dem Handeln Hadrians in Sachen Thronfolge hervorgeht. Mitte 136 adoptierte er den jungen, aber schon schwer kranken L. Ceionius Commodus als L. Aelius Caesar, der dann am 1.1.138 starb. Wichtiger aber war wahrscheinlich, dass die Tochter des Ceionius mit dem jungen vielversprechenden 79
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Vgl. Anm. 3 und 5 oben. BIRLEY 1987, 241, bemerkt, dass ihr zweiter Mann, Vibius Sabinus, wohl kurz nach 97 n. Chr. gestorben sein wird. In der Leichenrede Hadrians auf Matidia (CIL XIV 3579) wird die Länge ihrer Zeit als Witwe betont. Strategisches Denken: FÜNDLING 2006, 322-323 zu SHA Hadr. 2,10; vgl. auch TEMPORINI 1978, 7 8 86. Wie man aus Plin. paneg. 94,5 sieht, bestand im J. 100 noch die Hoffnung, Plotina könne dem Kaiser noch einen Thronfolger schenken: FÜNDLING 2006, 319; 322. S o s c h o n BOATWRIGHT 1 9 9 2 , 2 7 - 2 8 .
Matidia die Jüngere - Gesellschaftlicher Einfluss und dynastische Rolle
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M. Annius Verus verlobt wurde, der später mit dem Namen M. Aurelius den zweiten Adoptivsohn des Hadrian, den Antoninus Pius, auf dem Thron folgen würde, wie es wohl Hadrians Absicht gewesen war.83 Um die Rolle der Matidia Minor besser zu verstehen, wird es noch nützlich sein, ihr öffentliches Auftreten chronologisch zu betrachten, was m. W. bisher niemals getan worden ist. Es stellt sich dabei heraus, dass bei den über ein Dutzend Inschriften, die zu ihren Ehren aufgestellt worden sind,84 nur sehr wenige Texte aus der Zeit vor Antoninus Pius stammen. Das Epitheton Imp. Antonini Pii matertera fehlt nur in den Inschriften CIL V 3111 aus Vicetia, CIL III 5807 aus Augusta Vindelicum, IG II/III 2 3388 aus Athen und ILAlg 7775 aus Cuicul. In diesen vier Inschriften ist aber Sabina sicherlich als Diva in der Inschrift aus Augusta Vindelicum bezeichnet (möglicherweise so auch in Vicetia), was zeitlich fast denselben Terminus post quem ergibt, denn sie wurde Ende des J. 137 oder erst 138 divinisiert.85 Es gibt noch eine Reihe von epigraphischen Zeugnissen, in welchen Matidia nur als Aug(ustae) f(ilia) auftritt, aber es handelt sich hier um Besitztumsbezeichnungen für instrumentum domesticum bzw. die Manumission eines Sklaven.86 Deshalb kann man eine vollständige Titulatur gar nicht erwarten und diese Texte haben an sich keine Beweiskraft, wenn es darum geht, festzustellen, wann Matidia anfing, ihre Verwandtschaftsbeziehungen zum Kaiserhaus öffentlich zu erwähnen. So stehen wir vor der Frage, wann und wie eigentlich die öffentliche Rolle der Matidia Minor ihren Anfang erhielt. Dass sie schon recht früh als Mäzenatin tätig war, scheint aus der Erwähnung der liberalitas Matidiarum vorzugehen (CIL V 3122 = ILS 501), denn damit müssen doch Matidia Maior und Minor gemeint sein, und ihre Mutter starb schon im J. 119, obwohl man natürlich nicht ausschließen kann, dass Matidia die Jüngere ein Projekt weiter betreute oder wiederherstellte, das ihre Mutter angefangen hatte. Enge Verwandtschaft mit dem Kaiserhaus vor dem J. 138 scheint nur in zwei Inchriften sicher dokumentiert zu sein, einmal in Athen und einmal in Cuicul. In keinem der Fälle kann man aber davon ausgehen, dass die Inschrift die jeweils gängige Terminologie fehlerfrei widergegeben hat. So z. B. liest man in der Athener Inschrift sowohl Σεβαστής Ματιδίας θυγατέρα als auch Σεβαστής Σαβείνης άδελφήν, was an sich unmöglich sein sollte, denn Matidia Maior wurde am Ende des J. 119 konsekriert, während Sabina frühestens zur selben Zeit, aber möglicherweise erst später, den Augustatitel erhielt (s. oben). Liest man schon „Sabina Augusta", müsste es also auch „Diva Matidia" und nicht bloß „Matidia Augusta" stehen. Zweitens rechnen die Wiederhersteller der Athener Inschrift damit, dass Matidia die Jüngere selbst das Epitheton Σεβαστή trug, was natürlich niemals
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BIRLEY 1997, 289-295. S. oben A n m . 20-21. Dazu k o m m t der Meilenstein in A n m . 25. ECK 1978b, 914. Zuletzt von CHAUSSON 2008, 238 verzeichnet.
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der Fall war. Der Text aus Cuicul wieder ist zu fragmentarisch, als dass man etwas Sicheres über die verwendete Titulatur sagen könnte. Ist es also gar so, dass Matidia in ihrer Rolle als enge weibliche Verwandte des Kaiserhauses erst seit dem Tode ihrer Schwester Sabina oder, vielleicht besser, nach dem Regierungsanfang von Antoninus Pius, in der Öffentlichkeit auftritt?87 Ehe man einen solchen Schluss ziehen kann, müssen aber auch andere Quellen beachtet werden, vor allem die ikonographischen. Die neuesten Forschungen haben gezeigt, dass ein aus der Gegend von Tivoli stammender marmorner Frauenkopf Matidia die Jüngere darstellt. Das Porträt (ohne Provenienz, da von Raubgräbern ausgegraben) stammt entweder aus einer aristokratischen Villa in der Nähe der kaiserlichen Residenz oder, wie vorgeschlagen worden ist, sogar aus der Villa Hadrians.88 Eine große Ähnlichkeit mit Porträts der Schwester Sabina und die jugendliche Erscheinung der Matidia machen es wahrscheinlich, dass das Porträt aus der hadrianischen Zeit stammt. Diese Betrachtungen fördern den Eindruck, dass Matidia schon unter Hadrian zur Kaiserfamilie in einem recht engen Sinn gehörte, was nicht verwundert. Die Frage ist aber, ob sie auch schon vor 138 n.Chr. die öffentliche Rolle spielte, die wir unter Antoninus Pius deutlich beobachten können. Hier soll wieder Sessa Aurunca und das Theater im Blickpunkt gefasst werden. Ganz nahe am Theater haben die Archäologen eine römische Villa ausgegraben, offenbar von grandiosem Ausmaß, und es ist der Vorschlag gemacht worden, sie sei Eigentum von Matidia Minor gewesen.89 Falls dies zutreffen sollte ist, könnte man annehmen, sie habe die Villa irgendwann während der Regierung von Pius erhalten oder gekauft, und im selben Zug beschlossen, der Stadt Investitionen zugute kommen zu lassen. Damit wäre es ein reiner Zufall, dass so viele Inschriften aus der Gegend auf die Munifizenz der Matidia unter Antoninus Pius hindeuten. Allerdings betraf Matidias Tätigkeit nicht nur Suessa, sondern auch andere Städte in der Umgebung, wie die Ehrungen von den Sinuessani und Minturnenses bezeugen, weshalb die Tatsache, dass sie möglicherweise die Eigentümerin der Villa beim Theater war, nicht entscheidend für ihre Munifizenz gewesen sein dürfte.90 Was ihre Rolle unter Pius betrifft, sollte man die Verwendung der Verwandschaftsbezeichnung matertera Imp. Antonini Pii, ein Begriff, der sonst in der Terminologie der römischen Kaiserfamilien gänzlich unbekannt ist, nicht unterschätzen. Wie die Forschungen von Maurizio B E T T I N I gezeigt haben, kam diesem Wort eine ganz besonders positive Be87
Diese beiden Ereignisse folgen so dicht auf einander, dass es schwierig ist, von ihnen abhängige Resultate auseinander zu halten.
88
REGGIANI 2004C, 1 0 4 - 1 0 7 ; m ö g l i c h e r w e i s e a u s d e r Villa v o n H a d r i a n : VALERI/ZEVI 2 0 0 4 , 1 3 1 .
89
Zu den Ausgrabungen einer „grandiosa villa suburbana" s. NAVA 2006, 606-608. Die vierte und letzte Phase der Villa wird in die erste Hälfte des 2. Jh. n. Chr. datiert. Verbindung mit Matidia:
90
Eher glaubhaft finde ich, dass die Villa schon längere Zeit in Matidias Besitz gewesen ist, jedoch, dass diese sich erst nach 138 dazu entschloss, das naheliegende Theater aufzurüsten. Möglicherweise könnte ein vollständiger Grabungsbericht Hinweise zur Geschichte der Villa in der hadrianischantoninischen Zeit geben, aber momentan lässt sich hier keine Entscheidung treffen.
VALERI/ZEVI 2 0 0 4 , 1 3 0 .
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deutung zu: quasi mater altera schrieb Festus.91 Antoninus Pius konnte natürlich seine dynastische Beziehungen auch in seiner eigenen Titulatur bekannt machen - Sohn von Hadrian und Enkel von Trajan - aber durch Matidia, seine Tante (durch Adoption) und „quasi" seine Mutter, hatte er noch Beziehungen zu einer beeindruckenden Reihe von vergöttlichten Mitgliedern des Kaiserhauses: Diva Sabina Augusta, Diva Matidia Augusta, und Diva Marciana Augusta. Ganz offenbar war Matidia jetzt eine dynastische Rolle zugewiesen, die so beeindruckend auf der scaenaefrons in Sessa Aurunca zum Ausdruck kommt. Dieselbe Rolle hatte sie wohl gar nicht so deutlich unter Hadrian gehabt, als ihre Schwester die Gemahlin des Kaisers war. Möglicherweise hat diese neue Rolle sie auch dazu veranlasst, eine noch größere Tätigkeit zugunsten von Gemeinden in Italien und anderswo zu entfalten. Schließlich waren die Resourcen des Kaisers nicht unbegrenzt und, um nach den epigraphischen Zeugnissen zu urteilen, handelte es sich bei Antoninus Pius oft lediglich darum, unter Hadrian begonnene oder versprochene Projekte fertigzustellen.92 Oder aber ihre Rolle als Mitglied der kaiserliche Familie hat die Untertanen in größerem Ausmaß dazu inspiriert, als Zeichen ihrer Loyalität Ehrungen zu errichten, die uns überliefert sind. Wie dem auch sei, insgesamt verdient es Matidia die Jüngere, auch ohne dass sie jemals den Titel einer Augusta getragen hätte, im Zusammenhang mit den regelrechten Augustae behandelt zu werden. Derart einflussreich und wichtig war sie in der römischen Gesellschaft.
91
BETTINI 1986, 77 (von Paul. Fest. 121 LINDSAY) = BETTINI 1 9 9 1 , 6 7 (für den Hinweis danke ich Prof. M . G . GRANINO CECERE).
92
HORSTER 2001, 8 7 - 8 9 : von neun uns überlieferten Bauprojekten in Italien waren vier schon unter Hadrian begonnen worden; vgl. SEGENNI 2001.
Politische Einflussnahme und Machtausübung
Dynastisches Potential von Kaiserfrauen im Prinzipat am Beispiel der Faustina minor Tochter, Ehefrau und Mutter Stefan Priwitzer
Der Beitrag untersucht die Bedeutung der Faustina minor im Rahmen der Nachfolgeregelungen und ihre Verarbeitung in den literarischen Quellen. Faustina minor wurde 145 n.Chr. mit dem Adoptivsohn des Antoninus Pius, Marcus Aurelius, verheiratet. Allerdings wird angenommen, dass Faustina 138 n.Chr. zunächst mit Lucius Verus, dem Sohn des Aelius Caesar und Adoptivsohn des Antoninus, verlobt worden sei. Faustinas Rolle im Rahmen der (vermeintlichen) Verlobung(en) wird in den Quellen neutral als Indikator für die Rangfolge in der Nachfolgefrage erwähnt. Diese neutrale Haltung schlägt ins Negative um, wenn es um den Herrschaftsübergang von Marcus Aurelius auf Commodus geht. Um das gladiatorenhafte Wesen des Commodus zu erklären und den geachteten Marcus Aurelius von dem Makel eines solchen Sohnes zu befreien, bot sich Faustina als Schuldige geradezu an: Durch ihre (vermeintliche) eheliche Untreue war Faustina verantwortlich für die negativen Eigenschaften und das Unheil der Regierung des Commodus. Quest'articolo analizza l'importanza di Faustina minore nell'ambito della successione imperiale ed il trattamento nelle fonti letterarie. Faustina minore fu sposata con il figliol di Antonino Pio, Marco Aurelio, nel 145 d.C. Tuttavia tutti suppongono che Faustina fosse fidanzata con Lucio Vero, figlio di Aelio Cesare e figliol di Antonino Pio, nel 138 d.C. Il ruolo di Faustina nell'ambito dei (presunti) fidanzamenti è menzionato nelle fonti in modo neutrale come indicatore per la gerarchia della questione della successione imperiale. Quest'atteggiamento neutrale prende la piega contraria, se si tratta del passaggio della sovranità da Marco Aurelio a Commodo. Per spiegare il carattere da gladiatore di Commodo e per liberare Marco Aurelio dall'onta di un tale figlio, Faustina quasi si offriva come colpevole: in seguito alla (presunta) infedeltà coniugale Faustina fu responsabile per il carattere negativo e la disgrazia del governo di Commodo. This article examines the significance of Faustina Minor in the context of the order of succession and looks at the processing of this issue in the literary sources. Faustina Minor was married to Marcus Aurelius, the adopted son of Antoninus Pius, in the year 145 AD. Nevertheless, it is assumed that Faustina beforehand got engaged with Lucius Verus, the son of Aelius Caesar and adopted son of Antoninus, in the year 138. In the literary sources, Faustina's role in the context of these (alleged) betrothals is neutrally discussed as an indicator of the hierarchy in the order of succession. But as soon as the focus is on the transition of power from Marcus Aurelius to Commodus, this neutral attitude switches completely. In order to explain the gladiatorial character of Commodus and to free the esteemed Marcus Aurelius from the stain of such a son, Faustina served as the scapegoat. Thus her (alleged) unfaithfulness in marriage was used to explain the negative character attributes of Commodus and the mischief of his reign.
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Stefan Priwitzer
Folgt man den Quellen, spielte Faustina minor eine wichtige Rolle bei der Thronfolge der römischen Kaiser des 2. Jahrhunderts n. Chr. Als Tochter des Antoninus Pius, Verlobte und Gattin des Marcus Aurelius und Mutter des Commodus verband sie drei römische Kaiser. Marcus und Commodus haben laut Historia Augusta ihre Herrscherwürde Faustina minor zu verdanken: Ihrem Gatten habe sie die Herrschaft über das Römische Reich als Mitgift in die Ehe eingebracht,1 und Commodus sei aufgrund der vermeintlichen Vaterschaft des Marcus zum Augustus erhoben worden.2 Zudem soll sie in die Planungen des Usurpators Avidius Cassius involviert gewesen sein.3 Wenn es um die Frage der Nachfolge ging, hatte ein römischer Kaiser idealerweise einen leiblichen Sohn, den er als Erben aufbauen konnte. Kaiser Hadrian besaß keinen leiblichen Sohn. Aber auch leibliche Töchter konnten beim Fehlen eines Sohnes zur Sicherung der Nachfolge eingesetzt werden, indem man sie mit dem gewünschten Nachfolgekandidaten verheiratete. Da Hadrian auch eine leibliche Tochter entbehrte, war er bei seiner Nachfolgeregelung auf die Adoption4 angewiesen, wodurch das Fehlen eines leiblichen Sohnes kompensiert werden konnte. Die Adoptivsöhne Hadrians konnten im Gegensatz zu ihm selbst Kinder vorweisen. Aelius Caesar, der Adoptivsohn des Jahres 136 n. Chr., hatte einen Sohn und zwei Töchter. Als Aelius Caesar noch zu Lebzeiten Hadrians starb, adoptierte der Kaiser im Jahr 138 n. Chr. den späteren Kaiser Antoninus. Dieser hatte zu diesem Zeitpunkt seine beiden leiblichen Söhne bereits verloren, aber von den zwei Töchtern lebte noch Faustina minor. Sie wurde dynastisch .instrumentalisiert', indem sie im Jahr 145 n. Chr. mit Antoninus' Adoptivsohn und Neffen, dem späteren Kaiser Marcus Aurelius, verheiratet wurde,5 um die Verbindung zwischen den beiden Männern zu stärken. Während die Ehe zwischen Faustina und Marcus unbestritten ist, gilt es in der modernen Forschung als communis opinio, dass Faustina im Zusammenhang der Nachfolgeregelungen im Jahr 138 n.Chr. zunächst mit dem späteren Kaiser Lucius Verus, dem Sohn des Aelius Caesar, verlobt worden sei. Eine solche Verbindung zwischen Lucius und Faustina wäre von grundlegender Bedeutung für die Nachfolgeintentionen Hadrians in der Generation nach Antoninus. Der erste Teil dieses Aufsatzes wird sich mit diesem Problemfeld beschäftigen. Angesichts der Bedeutung von Kindern des Herrschers verwundert es nicht, dass der Fertilität der Frauen großes Gewicht beigemessen wurde. In dieser Beziehung hob sich Faustina von ihren Vorgängerinnen durch eine ungewöhnlich große Kinderzahl ab und speziell dadurch, dass mit Commodus zum ersten Mal seit 80 Jahren wieder ein leiblicher Sohn die Nachfolge seines Vaters antrat. Man sollte vermuten, dass diese Rolle Faustinas als Mutter positiv bewertet würde. Faustina erscheint in der literarischen Überlieferung
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SHA Aur. 19,8-9. SHA Aur. 19,1-7. Cass. Dio 71[72],27,2-3' [Xiph.]. Im Folgenden wird auch dann von Adoption gesprochen, wenn es sich im eigentlichen Sinn um eine adrogatio
5
(vgl. KÄSER 1 9 7 1 , 6 5 - 6 8 ; 3 4 7 - 3 4 9 ) h a n d e l t .
SHA Aur. 6,6. Vgl. SHA Pius 10,2.
Dynastisches Potential von Kaiserfrauen im Prinzipat am Beispiel der Faustina minor
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aber ausgesprochen negativ, was besonders bemerkenswert ist, weil sie die Gattin des ausgesprochen positiv bewerteten Marcus Aurelius war.6 Bei der Beurteilung der Überlieferung zu Frauen muss beachtet werden, dass unterschiedliche .Frauentypen dazu dienen konnten, kaiserliche Ehemänner, Väter oder Söhne zu charakterisieren - im Positiven wie im Negativen. Sollten Männer diskreditiert werden, schrieb man ihnen ζ. B. ehebrecherische und machtgierige Frauen zu bzw. betonte, dass Frauen unter ihnen Macht ausüben konnten. 7 Als Beispiel seien hier nur Messalina und Agrippina minor unter Claudius genannt. Frauen .guter' Herrscher wurden mit traditionell positiv bewerteten Fraueneigenschaften besetzt.8 Allerdings konnten vorbildhafte Frauen auch eine Folie für besonders .schlechte' Herrscher darstellen, um diese noch abstoßender erscheinen zu lassen. Es ging also vielfach nicht darum, die Frauen in ihrer Persönlichkeit darzustellen, sondern sie dienten als .Kolorit' für die mit ihnen in Verbindung stehenden Männern. 9 Warum wurde Faustina als Mutter des Commodus in den Quellen so düster gezeichnet? Angesichts ihres Ehemannes wäre zu erwarten, dass sie entsprechend positiv oder allenfalls neutral dargestellt würde. Eine entscheidende Rolle bei der Beantwortung dieser Frage spielt Commodus, der in den Quellen als wahnsinniger Tyrann beschrieben wird. Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass die Darstellung des Commodus in den Quellen zu einem Großteil aus Versatzstücken der literarischen Überlieferung für andere despotische Herrscher, vor allem Caligula, und der literarischen Topik negativer Herrschaft besteht. Diese Vorgehensweise antiker Autoren muss bei der Beurteilung der Darstellung Faustinas in den Quellen berücksichtigt werden, was im zweiten Teil des Beitrags genauer untersucht werden soll.
Die Verlobung der jüngeren Faustina Die Beantwortung der Frage, warum gerade L. Ceionius Commodus im Jahr 136 n. Chr. zum Caesar erhoben wurde, bereitet der modernen Forschung - wie schon den antiken Autoren - Probleme. Aufgrund des Fehlens erkennbarer verwandtschaftlicher oder machtpolitischer Motive wurde nach anderen .rationalen Gründen für die Nachfolgeregelung Hadrians gesucht. 6
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So kann auch die unter Verweis auf Faustina minor und C o m m o d u s vorgebrachte Kritik an Marcus nichts an seinem Sieg in Iulians Caesares ändern (lui. Caesares 312a-b; 334a-d). Vgl. R O S E N 2007, 328. Oder wenn .ausländische' Frauen wie Boudicca eine Machtposition erreichten, vgl. K E H N E 2001, 284. Mit der ausführlichen Boudicca-Erzählung, die in einer Niederlage endet, konnte Tacitus indirekt auf ein drohendes Schicksal für Rom unter der .Herrschaft' Agrippinas d. J. anspielen, vgl. S A N T O R O L ' H O I R 1994,18-19.
8
Vgl. HESBERG-TONN 1983.
9
Für Sueton vgl. R I E M E R 2000,154; für Livia vgl. D I E R I C H S 2000, 247; für Tacitus vgl. SPÄTH 2000b, 1 3 1 und SPÄTH 1994a, passim; S C H M A L 2006,241 ; für Plinius d. J. vgl. R O C H E 2002,49 mit Plin. paneg. 84,1.
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Stefan Priwitzer
Ein Teil der Forschung vertritt die Ansicht, dass der spätere Kaiser Marcus Aurelius der eigentliche Wunschnachfolger Hadrians gewesen und L. Ceionius Commodus nur als Platzhalter für den noch zu jungen Marcus gewählt worden sei.10 Ein Indiz dafür sei die Verlobung des Marcus mit Ceionia Fabia, der ältesten Tochter des L. Ceionius C o m modus. 11 Dass Marcus als Schwiegersohn eines Kaisers - und Aelius Caesar musste nach seiner Adoption als der zukünftige Kaiser nach Hadrian angesehen werden - , dass also Marcus trotz des Vorhandenseins eines leiblichen Sohnes des Aelius Caesar (Lucius) die Kaiserwürde erlangen konnte, hatte bereits Nero bewiesen, der den jüngeren Britannicus überflügelt hatte. 12 Andere Forscher interpretieren die Nachfolgeregelung hingegen ganz direkt: L. Ceionius Commodus sei von Hadrian deshalb ausgewählt, weil der Kaiser ihn und in zweiter Generation dessen Sohn für die Nachfolge vorgesehen habe. 13 Marcus sei erst an dritter Stelle gefolgt. 14 Die Ereignisse des Jahres 138 n.Chr. sorgten für eine neue Konstellation. Aelius Caesar starb am 1. Januar dieses Jahres. 15 Hadrian adoptierte am 25. Februar 138 n.Chr. 1 6 Antoninus und machte ihn zum Caesar und damit prädestinierten Nachfolger. Antoninus seinerseits adoptierte auf Anordnung Hadrians seinen sechzehnjährigen Neffen Marcus sowie den siebenjährigen Lucius, den Sohn des verstorbenen Aelius Caesar. 17
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V g l . H Ü T T L 1 9 3 3 / 1 9 3 6 , 4 1 - 4 2 ; W E B E R 1 9 3 6 , 3 2 2 - 3 2 3 ; SYME 1 9 5 8 , 6 0 1 ; B I R L E Y 1 9 8 7 , 3 6 - 4 2 ; B I R L E Y
2000, 146-149. Vgl. dagegen CHRIST 2002, 329: „Inzwischen [nach dem Tod des Aelius Caesar] favorisierte Hadrian den damals siebzehnjährigen M. Annius Verus [...]." SHA Aur. 4,5. Allerdings wurde Nero später zusätzlich noch von Claudius adoptiert. V g l . BARNES 1 9 6 7 , 7 4 - 7 7 ; PABST 1 9 8 6 , b e s . 2 5 ; VAN DER L E E S T 1 9 9 5 , 3 1 9 - 3 3 0 ; WALENTOWSKI 1 9 9 8 , 1 7 4 - 1 7 5 ; B R U N T 1 9 7 4 , 1 0 ; C H A M P L I N 1 9 7 6 , 8 9 ; VALERA 1 9 7 3 , 1 4 6 - 1 5 6 ; M I C H E L O T T O 1 9 8 7 ,
182;
BARTA 1971, 71; GRIMAL 1991, 5 0 - 5 1 . S o bereits auch HENDERSON 1923, 2 6 1 .
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PFLAUM 1964, 103 u. 105, nimmt an, Hadrian habe 136 n.Chr. zur Absicherung Marcus als Thronfolger in der zweiten Generation eingeplant, nach dem Tod des L. Aelius Caesar sei aber dessen leiblicher Sohn Lucius an die erste Position der Nachfolge gerückt; Indiz ist für PFLAUM die Verlobung des Marcus mit einer Tochter des L. Aelius Caesar im Jahr 136 n.Chr., im Jahr 138 n.Chr. dann die Verlobung des L. Ceionius Commodus mit der Tochter des Antoninus. GRIMAL 1991, 54, deutet die Rolle des Marcus als „le tuteur et le conseiller du jeune Ceionius". Als weitere Erklärung der Nachfolgeregelungen vermuten KORNEMANN 1930, 72-77, eine Designation auf zwei Generationen und VALERA 1973, 153 Anm. 26, bzw. ASTARITA 1983, 109 Anm. 71, einen Doppelprinzipat. SHA Ael. 6,6; Hadr. 23,16. CECCONI 1997, 482-483, vermutet, dass es sich hierbei um ein wegen der Bedeutung für das ereignisreiche Jahr 138 n.Chr. erfundenes Datum handelt und Aelius Caesar möglicherweise bereits Ende des Jahres 137 n. Chr. gestorben sei. SHA Pius 4,6. SHA Pius 4,5; Hadr. 24,1; Aur. 5,1; Ael. 6,9; Verus 2,2. Eine Ansetzung der Adoption der beiden Jungen erst nach dem 26. April, wie sie LIVERANI 1996-1997, 157, mit SHA Aur. 5,6, vertritt, ändert nichts an der grundsätzlichen Bedeutung.
Dynastisches Potential von Kaiserfrauen im Prinzipat am Beispiel der Faustina minor
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Marcus stand nun als älterer Adoptivsohn hinter Antoninus eindeutig an zweiter Stelle in der Thronfolge. Dies scheint die Theorie zu schwächen, Hadrian habe die Ceionii Commodi als Nachfolger auf dem Kaiserthron gewünscht. T. BARNES18 ist einer dieser Vertreter der These, dass Hadrian als Nachfolger L. Ceionius Commodus, den Sohn des L. Aelius Caesar, vorgesehen habe, und beruft sich auf Berichte der Historia Augusta anlässlich der Adoption von 138 n.Chr.: Es sei Hadrians Wunsch gewesen,19 dass Lucius die Tochter des designierten Nachfolgers Antoninus zur Ehefrau erhalten solle. Testimonium 1 Post hunc denique Hadrianus diu anceps, quid faceret, Antoninum adoptavit Piutn cognomine appellatum. Cui conditionem addidit, ut ipse sibi Marcum et Verum Antoninus adoptaretfiliamque suam Vero, non Marco daret.20 Testimonium 2 A quo Aurelio datus est adoptandus, cum sibi ille Pium filium, Marcum nepotem esse voluisset posteritati satis providens, et ea quidem lege, utfiliam Pii Verus acciperet, quae data est Marco idcirco, quia hic adhoc impar videbatur aetate, ut in Marci vita exposuimus.21 Testimonium 3 Post excessum Hadriani statim Pius per uxorem suam Marcum sciscitatus est et eum dissolutis sponsalibus, quae cum Lucii Ceionii Commodi [ ] desponderi voluerat impari adhuc aetate, habita deliberatione velie se dixit.22 Lucius hätte als leiblicher Sohn des verstorbenen L. Aelius Caesar, Adoptivsohn des Antoninus Pius und Verlobter der Faustina minor und nach der dann zu erwartenden Hochzeit als Schwiegersohn des Antoninus eine stärkere dynastische Position als Marcus gehabt. Dieser Argumentation treten die Forscher, die Marcus als eigentlichen Favoriten Hadrians ansehen, folgendermaßen entgegen: Lucius, der Sohn des L. Aelius Caesar, sei auf Betreiben Hadrians im Jahr 138 n. Chr. zwar mit der Tochter des Antoninus Pius ver-
18 19
BARNES 1967, 6 5 - 7 9 . An dieser Stelle muss deutlich darauf hingewiesen werden, dass der Vollzug der Verlobung in der Historia Augusta nicht überliefert wird, denn berichtet wird nur von einem Wunsch bzw. einer Bedingung Hadrians. Fast in der gesamten modernen Forschungsliteratur wird allerdings von einer vollzogenen Verlobung gesprochen, vgl. nur zuletzt die Untersuchungen von CHAUSSON 2003, 107 („épouser la fille de Pius") und 149 („fut fiancé à la fille d'Antonin"), und FÜNDLING 2 0 0 6 , 1 0 6 7 - 1 0 6 9 ; FÜNDLING 2008, 29.
20
SHAAel. 6,9.
21
SHA Verus 2 , 2 - 3 . SHA Aur. 6,2.
22
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Stefan Priwitzer
lobt, die Verlobung dann aber nach dem Tod Hadrians aufgelöst worden.23 Antoninus Pius hätte demnach die Pläne Hadrians nach dessen Tod durchkreuzt. 24 Bei dem Problem der Positionierung von Marcus und Lucius innerhalb der Thronfolge spielt also die Frage, mit wem und wann Faustina minor verlobt wurde, eine zentrale Rolle. Ein Ansatz zur Lösung dieser Frage wurde dabei in der modernen Forschung wenig bis gar nicht beachtet.25 H. SAEKEL vermutete eine Verwechslung zwischen Marcus und Lucius, wenn die Historia Augusta berichtet, Verus habe auf Wunsch Hadrians hin die Tochter des Antoninus Pius erhalten sollen, da zwar beide, aber zu unterschiedlichen Zeiten den Namen Verus trugen:26 Marcus hieß ursprünglich M. Annius Verus, während Lucius ab 161 n.Chr. als Kaiser den Beinamen Verus trug. Zudem spricht die Historia Augusta an einer Stelle selbst davon, dass Hadrian den Marcus zum Schwiegersohn des Pius ausgewählt habe, um dem Annier die Herrschaftsnachfolge zu sichern. Testimonium 4 nam etHadrianus hunceundem [Marcum] sucessorem paraverat, nisi ei aetaspuerilis obstitisset. quod quidem apparet ex eo, quodgenerum Pio hunc eundem delegit, ut ad eum, dignum utpote virum, quandocumque Romanum perveniret imperium.27 Ein weiteres Argument für die Theorie SAEKELS fügte später E. H O H L hinzu:28 Eutrop berichtet, dass Hadrian anlässlich der Adoption des Antoninus Pius in Hinblick auf die Nachfolge in der zweiten Generation die Verlobung des Marcus mit der jüngeren Faustina angeordnet habe.
23
24
Vgl. BIRLEY 1987, 53, 240; BIRLEY 2000, 151; WOLTERS 2001, 263. Wenig überzeugend ist die Vermutung FÜNDLINGS 2008, 29, dass Hadrian durch die Verlobung des Lucius mit Faustina einerseits dessen Stellung erhöht habe, sich aber dabei gleichzeitig bewusst gewesen sei, „[...] dass der Widerruf solcher Absprachen vor der Hochzeit durchaus üblich war". BIRLEY 1987, 53-54, schließt sich der in der Vita des Verus (SHA Verus 2,3) gebotenen Erklärung an, dass Lucius und Faustina vom Alter her nicht zusammengepasst hätten, Marcus und Faustina dagegen sehr viel besser. Wenn die Auflösung der Verlobung allerdings nur an der unpassenden Alterstruktur gelegen haben sollte, ist zu fragen, warum die Verbindung dann überhaupt erst geplant wurde, vgl. WALENTOWSKI 1998,174. Vgl. z.B. PFLAUM 1964, 105; 120-121; G R I M A L 1991, 290; VON SALDERN 2003, 16; F Ü N D L I N G 2006, 1067; CHAUSSON 2006, 4 7 - 4 8 ; CHAUSSON 2 0 0 7 , 1 4 5 .
25
Auch FARQUHARSON 1951, 33, geht davon aus, dass Hadrian die Verlobung zwischen Faustina und Marcus arrangiert habe. Sonst erscheint der Beitrag von SAEKEL nur zur Komplettierung der Fuß-
»
V g l . SAEKEL 1 9 1 2 .
noten, vgl. z. B. BARNES 1967, 75 A n m . 41. 27
SHA Aur. 16,6-7.
28
Vgl. HOHL 1953, 39.
Dynastisches Potential von Kaiserfrauen im Prinzipat am Beispiel der Faustina minor
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Testimonium 5 tantae admirationis adhuc iuvenis, ut eum [i.e. Marcum] successorem paraverit Hadrianus relinquere, adoptato tarnen Antonino Pio generum ei idcirco esse voluerit, ut hoc ordine ad imperium perveniret.29 Der Angabe in der Historia Augusta, Lucius habe auf Wunsch Hadrians mit der jüngeren Faustina verlobt werden sollen, widersprechen also einerseits die Historia Augusta selbst, andererseits Eutrop. Der Ansatz von SAEKEL ist der Schlüssel zum Verständnis der verwirrenden Angaben in der Historia Augusta. An dieser Stelle soll die Vorgehensweise nur an einem Beispiel erläutert werden, der ersten Erwähnung der Nachfolgeregelung von 136 n.Chr. in der Vita Hadriani der Historia Augusta: Testimonium 6 Tunc Ceionium Commodum, Nigrini generum insidiatoris quondam, sibi forma commendatum adoptare constituit. adoptavit ergo Ceionium Commodum Verum 30 invitis omnibus eumque Alium Verum Caesarem appellavit, L. Ceionius Commodus wird in diesem Abschnitt mit drei verschiedenen Namen bezeichnet: Ceionius Commodus, Ceionius Commodus Verus und Aelius Verus Caesar. Grundsätzlich müsste hier nicht zwangsläufig von einem Fehler ausgegangen werden, da mit der Adoption eine Namensänderung verbunden war. Auffallig ist hingegen die Zuweisung des Namens ,Verus' an Ceionius Commodus/Aelius Caesar, denn er ist epigraphisch nicht belegt. Dieser offensichtliche Fehler der Historia Augusta wurde in der modernen Forschung zwar festgestellt,31 ihm aber keine weitere Bedeutung beigemessen, da die Namen eindeutig einer Person zuzuordnen sind. Allerdings muss an dieser Stelle die Theorie SAEKELS berücksichtigt werden: Er vermutete eine Verwechslung von Marcus und Lucius, da beide, wenn auch zu verschiedenen Zeiten, den Namen Verus trugen. Eine Untersuchung darüber, mit welchen Namen die drei betroffenen Hauptpersonen der Nachfolgeregelungen der Jahre 136 und 138 n.Chr. - L. Aelius Caesar, Lucius Verus und Marcus Aurelius - in der Historia Augusta genannt werden, ergibt, dass nach Meinung der Historia Augusta ,Verus' ein Namensbestandteil der Familie der Ceionii Commodi war. So wird der spätere Kaiser Lucius Verus in der Historia Augusta am häufigsten schlicht ,Verus' genannt. Dieser falsche Ansatz der Historia Augusta führte zu Missverständnissen bei der Zuordnung von Personen und Ereignissen. 32
29 30
Eutr. 8 , 1 1 , 2 . SHA Hadr. 2 3 , 1 0 - 1 1 .
31
V g l . PFLAUM 1 9 6 6 , 1 4 4 , 1 4 7 ; PFLAUM 1 9 7 0 , 1 8 9 ; CHASTAGNOL 1 9 7 0 , 5 1 m i t A n m . 4; BENARIO 1 9 8 0 ,
32
V g l . PRIWITZER 2 0 0 9 , 6 3 - 8 3 .
133.
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Stefan
Priwitzer
Betrachten wir unter dieser Voraussetzung nochmals die Berichte in der Historia Augusta über die Verlobungsregelungen im Jahr 138. Nach übereinstimmender Aussage der Testimonien 1 bis 3 war es Hadrians expliziter Wunsch, dass Verus - in dieser Namensform in Testimonium 1 und 2, als Lucius Ceionius Commodus in Testimonium 3 - die Hand der Tochter des Antoninus Pius erhalten solle. Es ist durchaus möglich, dass in einer früheren Quelle stand, Hadrian habe gewünscht, Verus solle die Hand der Faustina erhalten. Mit,Verus' wird aber Marcus gemeint gewesen sein,33 was allerdings schon von antiken Autoren fälschlicherweise auf Lucius bezogen wurde. Dies würde auch die auffällige Betonung erklären, dass eben nicht Marcus die Verlobung eingehen solle. Es handelt sich hier wohl um eine aus dem Fehlverständnis begründete Bemerkung, denn die antiken Autoren wussten, dass Faustina die Jüngere später die Ehefrau des Marcus wurde.34 Den Wunsch einer Verlobung zwischen Lucius und Faustina minor hat es nie gegeben. Die Verlobung der jüngeren Faustina im Jahr 138 n.Chr. wurde vielmehr mit Marcus geschlossen. Daher entbehren Überlegungen zur Position des Lucius in der Nachfolge, die sich auf eine angebliche Verlobung mit Faustina berufen, jeglicher Grundlage. Antoninus Pius hat somit auch keineswegs Pläne Hadrians nach dessen Tod verworfen.
Der Tyrann Commodus und seine Mutter Faustina Marcus' Verlobung mit Faustina bedeutete eine eindeutige Rangerhöhung gegenüber seinem jüngeren Adoptivbruder Lucius. Die Förderung des Marcus erfuhr eine weitere Steigerung im Jahr 145 n.Chr., als er seinen zweiten Konsulat bekleidete, wie schon bei seinem ersten Konsulat zusammen mit Antoninus Pius.35 Der Zeitpunkt dieses Konsulats von Kaiser und Adoptivsohn war bewusst gewählt: Im Mai 145 n. Chr. wurden nach siebenjährigem Verlöbnis Faustina und Marcus miteinander verheiratet.36 Das Ehepaar Faustina und Marcus blieb bis zur Thronbesteigung im Jahr 161 n. Chr. vor allem aufgrund der zahlreichen Kinder im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Insgesamt schenkte Faustina ihrem Gatten zwischen elf und vierzehn Kindern.37 Diese ungemein kinderreiche Verbindung war das Sinnbild für Fruchtbarkeit und Stabilität des Staates,
33
34 35 36
37
Wie zum Beispiel in SHA Aur. 5,2: Sane ea die, qua adoptatus habere vidit [...]. So auch SAEKEL 1912,123-124. SHA Aur. 6,4.
est, Verus in somnis se umeros
ebúrneos
SHA Aur. 6,6; lit XIII 1 Nr. 5 frg. 27 Z. 3 (= FOst 2 VIDMAN frg. Pa Z. 3). Vgl. SHA Pius 10,2: nuptias filiae suae Faustinae, cum Marco Antonino earn coniungeret, usque ad donativum militum celeberrimas fecit. RIC III 81 Nr. 434; 176 Nr. 1253; 177 Nr. 1269; B M C R I V 87 Nr. 611-612; 289 Nr. 1786-1787. BIRLEY 1987, 239 u. 247-248: 14 Kinder; KIENAST 1996, 139-140: 12 o. 13 Kinder; FITTSCHEN 1982: 13 Kinder; ROSEN 1997: 13 Kinder; AMELING 1992: 10 o. 11 Kinder. FITTSCHEN 1982, 18 A n m . 9,
merkt an, dass Faustina auch Fehlgeburten gehabt haben könnte, auf deren Schwangerschaften sich Spes-Darstellungen auf Münzen bezogen haben könnten (z.B. RIC III 93 Nr. 497; 191 Nr. 1371).
Dynastisches Potential von Kaiserfrauen im Prinzipat am Beispiel der Faustina minor
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vergleichbar nur mit dem Paar Germanicus und Agrippina maior.38 In diesem Sinn wurden die Geburten der Kinder propagandistisch .ausgeschlachtet'. Dass kleine Kinder, ob Mädchen oder Jungen, zu den Hauptthemen der bildlichen Darstellungen auf Münzen gehörten39 und deren Geburten Anlass zu neuen Bildnistypen der Mutter waren,40 zeigt ihren großen Stellenwert für die Dynastie: „Die Bedeutung all dieser Münzen ist klar; sie sollen die dynastische Kontinuität als ein Göttergeschenk und als Garantie für eine Zeit der Fülle darstellen. Dies soll das Vertrauen in Sicherheit und Dauer der Herrschaft in der Bevölkerung stärken."41 In der Münzprägung für ihre zahlreichen Kinder gefeiert, wurde Faustina eine dieser Geburten in der literarischen Überlieferung zum Verhängnis. Es handelt sich um die Geburt der Zwillingsbrüder T. Fulvus Aurelius Antoninus42 und L. Aurelius Commodus am 31. August 161 n.Chr. 43 Während T. Fulvus Aurelius Antoninus im Alter von vier Jahren starb,44 überlebte Commodus als einziger Sohn den Vater und wurde 180 n.Chr. dessen Nachfolger. Da es die Geburt des Thronerben Commodus war, wird auf die Zwillingsgeburt von 161 n.Chr. in den literarischen Quellen näher eingegangen. Außergewöhnlich detailliert berichtet die Historia Augusta in zwei Versionen von der Zeugung des Commodus.45
38 39
Zur fecunditas der Agrippina minor bei Tacitus vgl. SPÄTH 1994a, 6 4 - 6 5 . RIC III 269 Nr. 6 7 9 - 6 8 0 : Fecunditas mit einem Kind auf dem Arm, rechts und links jeweils ein weiteres Kind; 269 Nr. 6 8 1 - 6 8 2 ; 345 Nr. 1641: sitzende Fecunditas mit einem Kind auf dem Schoß, rechts und links jeweils ein Mädchen; 95 Nr. 512; 192 Nr. 1386; 194 Nr. 1407: stehende Venus Genetrix mit Apfel und Kind; 94 Nr. 504: sitzende Iuno mit Kind auf dem Schoß; 270 Nr. 692; 345 Nr. 1649-1650: zwischen zwei Kindern stehende Iuno Lucina, ein Kind im Arm haltend; 192 Nr. 1382: sitzende Pudicitia mit Kind auf dem Schoß, vor ihr ein weiteres Kind; 193 Nr. 1397: Hilaritas zwischen zwei Kindern; 192 Nr. 1379; 194 Nr. 1402: stehende Pietas mit Blume und Füllhorn, links von einem Kind.
40
Vgl. grundsätzlich FITTSCHEN 1982; einschränkende Korrekturen an den Ergebnissen FITTSCHENS b e i AMELING 1 9 9 2 .
41
AMELING 1 9 9 2 , 1 5 5 .
42
Epigraphisch ist auch Fulvius statt Fulvus überliefert (ILS 8911), aber die richtige Form dürfte Fulvus sein, da dies Bestandteil im Namen des Antoninus Pius war, vgl. VON SALDERN 2003, 9 Anm. 2.
43
IGR I 1509; SHA Comm. 1,2: ipse autem natus est apud Lanuvium prid(ie) Kai. Septemb(res) patre patruoque
cum fratre Antonino
gemino
consulibus. VON SALDERN 2003, 9 mit Anm. 3, nimmt -
wenn auch mit Zweifeln - an, dass Commodus bereits seit seiner Geburt auch den Namen Aelius trug. 44
SHA Comm. 1,4: [...] Antoninus quadrimus elatus est [...].
45
SHA Aur. 19,1-7: Aiuntquidam,
quod verisimile videtur, Commodum Antoninum, successorem illiusac
filium, non esse de eo natum sed de adulterio, ac talem fabellam vulgari sermone contexunt.
Faustinam
quondam, Piifiliam, Marci uxorem, cum gladiatores transiré vidisset, unius ex his amore
succensam,
cum longa aegritudine laboraret, viro de amore confessa.
quod cum ad Caldeos
Marcus
retulisset, illorum fuisse consilium, ut occiso gladiatore sanguine illius sese Faustina sublavaret atque ita cum viro concumberet.
quod cum esset factum, solutum quidem amorem, natum vero
Commodum
gladiatorem esse, non principem, qui mille prope pugnas publice populo inspectante gladiatorias imperator exhibuit, ut in vita eius docebitur. quod quidem verisimile ex eo habetur, quod tam sancii principis
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In der ersten Variante soll sich Faustina unsterblich in einen Gladiator verliebt haben. Sie habe diese Liebe ihrem Gatten gestanden und dieser die Chaldäer zu Rate gezogen. Deren vorgeschlagene Lösung war radikal: Den Gladiator töten und Faustinas Unterleib in dessen Blut baden.46 Sofort nach dem Bade solle sie sich mit ihrem Gatten Marcus vereinigen. Der Vorschlag eines Bades im Blut47 des getöteten Gladiators ist durch die Verwendung von Blut als Heil- und Reinigungsmittel in der griechisch-römischen Antike zu erklären.48 Der Rat der Chaldäer sei umgesetzt worden und Faustina habe nach dem Blutbad und der Vereinigung mit Marcus ein Kind erwartet. In der zweiten Version, die die Historia Augusta überliefert, wird Commodus bei einem Ehebruch Faustinas mit einem Gladiator gezeugt. Der Vorwurf einer Verbindung zwischen einer Kaiserin und einem Gladiator muss nicht von vornherein als unglaubwürdig betrachtet worden sein. Frauen aller Gesellschaftsschichten sollen sich für Unterhaltungskünstler, vor allem aber Gladiatoren begeistert haben.49 Im Fall des Commodus ist als Hintergrund aber wohl eher sein Auftreten als Gladiator zu sehen. Vom bekannten Auftritt des Commodus im Amphitheater als Gladiator und Tierkämpfer Ende 192 n. Chr. berichten Cassius Dio, Herodian und der Autor der Historia Augusta.50 Unabhängig davon, ob hinter den Auftritten in der Arena ein Konzept51 stand oder es sich allein um persönliche Leidenschaft des Commodus han-
46
filius his moribusfuit, quibus nullus lanista, nullus scenicus, nullus arenarius, nullus postremo ex omnium decorum ac scelerum conluvione concretus. multi autemferunt Commodum omnino ex adultero natum, si quidem Faustinam satis constet apud Caietam condiciones sibi et nauticas etgladiatorias elegisse. Laut KRAPPE 1936, bes. 281-283, entstand das Motiv von Faustinas Bad im Gladiatorenblut aus der Vermischung des indischen dohada-Motivs (vgl. BLOOMFIELD 1920) mit der Ehebruchsgeschichte. In der Urform der Legende habe die schwangere Faustina das Verlangen ergriffen, in Menschenblut zu baden, woraufhin Marcus Aurelius ihr das Blut eines getöteten Gladiators zukommen ließ. Commodus nehme dabei den Platz des vatermordenden Prinzen aus der indischen Literatur ein. SCHEITHAUER 1987, 50, lehnt dies zu Recht ab, weil für die Spätantike nicht einfach die Bekanntheit indischer Literatur in Rom vorausgesetzt werden kann und eine Art indogermanische .Urverwandtschaft' der Motive nicht auf jeden Fall angenommen werden darf.
47
Oder wahrscheinlich eher eine Salbung mit dem Blut; nach DÖLGER 1926, 210, ließen sowohl subíavaret als auch sublevaret (beide Varianten sind in Kodizes überliefert) diese Möglichkeit zu. Vgl. Plin.
48
V g l . SCHEITHAUER 1 9 8 7 , 5 0 .
49
Vgl. FRIEDLÄNDER 1921-23, Bd. I 288-291; Bd. II 62; SCHÄFER 2001, 260 (mit weiterer Literatur); HERRMANN 1992,100-101. Zur genauen Datierung dieses Auftritts vgl. die Diskussion bei KOLB 1972, 25 Anm. 134, ZIMMER-
nat. 28,43.
50
M A N N 1 9 9 9 , 1 2 9 A n m . 3 7 6 , u n d z u l e t z t VON SALDERN 2 0 0 3 , 1 8 0 - 1 8 1 , s o w i e W I T S C H E L 2 0 0 4 , 2 5 9 . 51
Seine Identifikation mit Hercules, dem Schutzgott der Gladiatoren (Hör. epist. 1,1. Porphyrio zur Stelle: Veianius nobilis gladiator post multas palmas consecratis Herculi Fundano armis suis in agellum se contulit.), wäre eine Erklärung. WITSCHEL 2004, 259, sieht hinter dem Auftritt im Jahr 192 n. Chr. einen Zusammenhang mit der .Neugründung' Roms. Mittels eines ausführlichen Forschungsberichts zum Gladiatorenwesen versucht HEKSTER 2002, 137-162 (dagegen WITSCHEL 2004, 2 6 5 267), in Anlehnung an WIEDEMANN 2001 zu belegen, dass Commodus mit dem Tod .spielte' (148):
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delte, belegt der persönliche Erlebnisbericht des Cassius Dio,52 dass der öffentliche Auftritt des ranghöchsten römischen Bürgers als Gladiator mit den sozialen und moralischen Maßstäben der Römer nicht vereinbar war.53 Abgesehen von diesem nicht unproblematischen Verhalten des Commodus, kumulieren bei ihm zahlreiche klassische negative Eigenschaften eines Herrschers. Regelmäßigkeit und Gleichheit der Vorwürfe im Vergleich mit anderen .Tyrannen deuten auf eine schematische und damit in der Gesamtheit wenig wirklichkeitsnahe Darstellung hin. Viele der antiken Vorwürfe gegen Commodus können zudem entkräftet werden, was zu einer Neubewertung der Darstellungen der jüngeren Faustina führt, die im Zuge der negativen Schilderung des Commodus ebenfalls ungerechtfertigte Vorwürfe erfahren hat. Wie schon angedeutet, besteht die Darstellung des Commodus in den Quellen unter anderem aus Versatzstücken der literarischen Überlieferung für Caligula in der Vita Suetons. Auch hier soll nur ein Beispiel die Arbeitsweise der Historia Augusta beleuchten: Die Historia Augusta berichtet, dass Commodus besonders schöne Frauen zum Hohn auf ihre Keuschheit in sein Privatbordell gezwungen haben soll. Hier sind eindeutige Parallelen zu Suetons Biographie des Caligula zu beobachten: Beiden Kaisern wird vorgeworfen, Bordelle eingerichtet zu haben. Bei Caligula direkt im Anschluss, bei Commodus unmittelbar davor wird vom Würfelspiel berichtet. 54
52
53
„The emperor's survival could be presented as a sign of his superhuman status." TIMONEN 2000, 91 Anm. 90, will eine Reaktion gegen die auferzwungene und umfassende Erziehung durch seinen Vater erkennen. HOPKINS 1983, 20, meint etwas vereinfachend: „Commodus' gladiatorial exploits were an idiosyncratic fall-out from a cultural obsession with fighting, bloodshed, ostentation and competition." Verfehlt ist die Argumentation WIEDEMANNS 2001, 181, Commodus habe der Öffentlichkeit durch seine Auftritte seine kämpferischen Tugenden beweisen wollen, die er bis dahin noch nicht nachgewiesen habe. Commodus war schon frühzeitig von Marcus als siegreicher Feldherr propagiert worden und hatte die letzten Jahre vor seiner Thronbesteigung an der Donaufront verbracht. Auch Neros öffentliche Auftritte als Sänger bzw. als Schauspieler (Tac. ann. 14,14-15; 15,33-34; 16,4-5; Suet. Nero 20-21; Cass. Dio 63[62],1,1; 6,3-4; 9,1-4; 21,2 [alle Xiph.]) werden als mit der Würde eines Kaisers unvereinbar angesehen, vgl. EDWARDS 1994, 83-97. Bei Caligula soll die Absicht, als Tänzer bzw. Schauspieler das erste Mal öffentlich aufzutreten, seine Mörder auf den Plan gerufen haben (Cass. Dio 59,29,6 [Xiph.]), vgl. BELLEMORE 1994, 65-66. Herodian. 1,15,7. Zwar gab es Fälle von Senatoren, die in der Arena auftraten, aber auch dies wurde abschätzig beurteilt und teilweise verboten (PIETSCH 1999, bes. 378; WIEDEMANN 2001, 109-130, b e s . 1 1 4 - 1 1 7 ; LEVICK 1 9 8 3 , b e s . 1 0 5 - 1 0 8 ; LEBEK 1 9 9 0 , b e s . 4 3 - 5 8 ; LEBEK 1 9 9 1 ) .
54
Suet. Cal. 41,1-2: ac ne quod non manubiarum genus experiretur, lupanar in Palatio constituit, districtisque et instructis pro loci dignitate compluribus cellis, in quibus matronae ingenuique starent, misit circumfora et basilicas nomenculatores [...]. ac ne ex lusu quidem aleae compendium spernensplus mendacio atque etiam periurio lucrabatur. SHA Comm. 2,7-8: quibus per patris mollientem restitutis popinas etganeas in Palatinis semper aedibus fecit ñeque umquam pepercit vel pudori vel sumptui. in domo aleam exercuit. mulierculas formae scitioris ut prostibula mancipia perficiens lupanarium ad dibrium pudicitiae contraxit. insectatus est propalas circumforanos. Ein weiterer Beleg für die Abhängigkeit ist die Abwandlung von circumfora zu circumforanos.
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Bereits für Caligula ist der Wahrheitsgehalt der Episode anzuzweifeln. A. WINTERLING konnte die Bordell-Affare des Caligula mittels einer Überlieferung bei Cassius Dio auflösen: Auf dem Palatin wurden Frauen und Kinder von führenden politischen Persönlichkeiten als Geiseln gehalten. Zusätzlich habe Caligula von den Familien Geldzahlungen gefordert.55 Diese beiden Informationen - Frauen und Geldzahlungen - formte Sueton zu einem Bordell.56 Die Vorwürfe gegen Commodus entbehren hingegen jeglicher Basis, da die Historia Augusta hier ganz offensichtlich57 Sueton verarbeitet hat.58 Die damnatio memoriae, die nach seinem Tod über Commodus verhängt wurde, ist zunächst eindeutig ein Zeichen dafür, dass die Mehrheit der Senatoren diese posthume Strafe unterstützte. Gleichzeitig darf nicht übersehen werden, dass hinter der negativen Beurteilung des Commodus teilweise allein subjektive Erfahrungen stehen und die damnatio memoriae für die antiken Autoren auch bedeutete, diese Entscheidung ausführlich .begründen zu müssen.59 Dabei griff man auf die Tyrannentopik zurück und speziell die Historia Augusta bediente sich schamlos vor allem in der Caligula-Vita Suetons. Es ist nachweisbar, dass Cassius Dio, Herodian und die Historia Augusta eine in mancher Hinsicht bewusst verfälschende Darstellung der Regierung des Commodus bieten.60 Opfer des schlechten Verhältnisses zwischen Kaiser und Senatoren wurde aber nicht allein Commodus. Die völlig konträr empfundenen Charaktereigenschaften des Commodus und des Marcus warfen eine grundsätzliche Frage auf: Wie konnte es sein, dass ein solch .guter' Kaiser wie Marcus einen solch .schlechten' Sohn und Nachfolger wie Commodus hatte? Musste man nicht fast zwangsläufig anzweifeln, dass Commodus ein Sohn des Marcus sein konnte? An dieser Stelle kommt bei Commodus Faustina die Jüngere ins Spiel: Da Commodus aufgrund seiner negativen Eigenschaften kein Kind des Marcus sein konnte, er aber unbestreitbar von Faustina geboren worden war, musste sie offensichtlich Ehebruch begangen haben. In Anbetracht des gladiatorenhaften Charakters des Commodus musste man einen
Vgl. SHA Comm. 5,4: hac igitur lege vivens ipse cum trecentis concubinis [...] trecentisque
aliispuberi-
bus exoletis, quos aeque ex plebe ac nobilitate vi ptiisque forma disceptatrice collegerat, in palatio per convivía et balneas bachabatur.
Vgl. SHA Pert. 7,8.
Als Merkmal schlechter Kaiser erscheint das Würfelspiel zudem bei Nero (Suet. Nero 30; Tac. ann. 13,15,2), Vitellius (Suet. Vit. 4), Domitian (Suet. Dom. 21) und Verus (SHA Verus 4,6; 5,7; 10,8), vgl. PURCELL 1995, 6 - 1 6 . Sueton betont, dass Augustus keine Angst vor dem Gerede über seinen Hang zum Würfelspiel hatte (Aug. 71,1). 55
Cass. Dio 59,28,9 [Xiph.].
56
Vgl. WINTERLING 2003, 132-134. MCGINN 1998 vermutet, dass Caligula (u.a. aus Profitgründen) tatsächlich ein Bordell im Kaiserpalast eingerichtet hat.
57
Besonders interessant ist eine Anekdote in der Historia Augusta, wonach Commodus jemanden den wilden Tieren vorgeworfen haben soll, weil er Suetons Caligulabiographie gelesen hatte (SHA Comm. 10,2). Man hat fast den Eindruck, als treibe der Autor der Historia Augusta seinen Spaß auf Kosten der Leser, indem er selbstironisch und ganz freimütig seine Arbeitsweise offenbart.
58
So auch MCGINN 1998, 96.
59
Vgl. SOMMER 2004, 9 6 - 9 7 .
60
Vgl. PRIWITZER 2 0 0 9 , 1 1 5 - 1 5 9 .
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Gladiator als Vater vermuten, was sich in den Zeugungsanekdoten der Historia Augusta widerspiegelt. Im Fall des Commodus kann man aber noch weitaus differenziertere Deutungsmuster erkennen. Betrachten wir dazu die Version der Historia Augusta, der zufolge Faustina einen körperlichen Ehebruch mit einem Gladiator begangen hat. Besonders die Tatsache, dass Commodus einen Zwillingsbruder besaß, konnte Anlass zu Gerüchten in dieser Richtung geben. Die Zeugung von Zwillingen war in der Vererbungslehre mit der Vorstellung verbunden, eine Frau könnte Geschlechtsverkehr zunächst mit einem und kurze Zeit später mit einem anderen Mann gehabt haben (Superfecundatio); jedes der beiden Kinder war jeweils einem Vater zuzuordnen.61 Die berühmtesten Beispiele sind im mythologischen Bereich zu finden, z. B. die Dioskuren mit der Mutter Leda und den Vätern Zeus und Tindarus62 oder Herakles und Iphikles mit der Mutter Alkmene und den Vätern Zeus und Amphitryon.63 Plinius berichtet von Fällen solcher heteropaternaler Superfecundatio,64 ein auch in der modernen Medizin belegtes Vorkommnis.65 Opfer dieser Vorstellungen der Zeugung von Zwillingen war die Mutter, die der Promiskuität oder Untreue ihrem Ehemann gegenüber beschuldigt werden konnte.66 Als Faustina im August 161 n.Chr. Zwillinge zur Welt brachte,67 scheinen sich deshalb Gerüchte über einen Ehebruch verbreitet zu haben.68 Solchen Vorwürfen sah sich auch Livilla, die Frau des Drusus und Mutter der um die Jahreswende 19/20 n.Chr. geborenen Zwillinge Tiberius Iulius Caesar (genannt Gemellus69) und Germanicus Iulius Caesar, ausgesetzt. Während Germanicus bereits im Jahr 23 n. Chr. starb, wuchs Tiberius Gemellus nach dem Tod seiner Eltern bei seinem Großvater, Kaiser Tiberius, auf. Laut Sueton und Cassius Dio zweifelte Tiberius die Abstammung seines Enkels an.70
61
Aristot. hist. an. 585a (Plin. nat. 7 , 4 8 - 4 9 ist eine Übersetzung der Aristotelesstelle). Vgl. DASEN 1995,
62
Bei Kastor und Pollux begegnen allerdings noch zwei weitere Vaterschaftsvarianten: Zeus bzw.
302; DASEN 1997, 4 9 - 5 0 ; DASEN 1 9 9 8 , 1 9 7 - 1 9 8 ; DASEN 2005, 3 2 - 3 5 ; LIENAU 1971. Tindarus als alleiniger Vater der Zwillinge, vgl. hierzu RATHMAYR 2000, 5 - 1 5 , für weitere Beispiele aus dem griechischen Bereich. «
Vgl. RATHMAYR 2000, 9 - 1 0 ; DASEN 1997, 5 1 - 5 6 ; DASEN 1 9 9 8 , 1 9 7 - 1 9 8 .
64
Plin. nat. 7,49.
65
V g l . DASEN 1 9 9 8 , 1 9 7 ; DASEN 2 0 0 5 , 3 4 m i t A n m . 8 8 ; SCHRÖDER 2 0 0 1 , 6 . V g l . z u h e t e r o p a t e r n a l e r
66
V g l . DASEN 1 9 9 7 , 5 2 ; DASEN 1 9 9 5 , 3 0 2 ; DASEN 1 9 9 8 , 2 0 0 ; RATHMAYR 2 0 0 0 , 1 5 , w e i s t d a r a u f h i n , d a s s
Superfecundatio bei dizygotischen Zwillingen WENK 1992; HUMMEL/ZAPATA 1998. möglicherweise der Untreuevorwurf auch in der Antiope-, Tyro-, Melanippe- und Phylonome-Sage angeschnitten ist, da in allen Fällen die Furcht vor Schande als Grund für die Aussetzung der Kinder genannt wird. 67
SHA Comm. 1 , 2 - 4 . Auch Fronto (Epistulae ad Antoninum imp. 1,3 (p. 91 VAN DEN HOUT2) erwähnt
68
V g l . ESPINOSA R U I Z 1 9 8 4 , 1 4 0 ; DASEN 2 0 0 5 , 3 3 ; M E N C A C C I
69
los. ant. lud. 18,206. Er dürfte, da er den Namen des Großvaters, des Kaisers Tiberius, trug, der Ältere
in einem Brief an Marcus Aurelius die Zwillinge. 1996,12-13.
g e w e s e n s e i n , v g l . RATHMAYR 2 0 0 0 , 5 1 - 5 2 . 70
Suet. Tib. 62,3; Cass. Dio 58,23,2. Laut Tacitus (ann. 4 , 3 , 3 - 4 ) wurde Livilla später von Seian zum Ehebruch verführt. Vgl. RATHMAYR 2 0 0 0 , 4 8 - 5 0 mit Anm. 30.
250 I
Stefan
Priwitzer
F. M E N C A C C I sieht in der Erklärung bezüglich Zwillingsgeburten für den antiken Menschen die Möglichkeit, sich zu erklären, warum der Idealkaiser Marcus Aurelius einen solch missratenen Sohn haben konnte:71 Vater des Commodus war demnach ein Gladiator, der ihm die für die Kaiserwürde ungeeigneten Eigenschaften vererbte; Marcus Aurelius war dagegen Vater des Antoninus, der aber schon im Alter von vier Jahren starb. Eine solche Zuweisung der Väter musste umso mehr überzeugen, weil Marcus Aurelius nachgesagt wurde, Gladiatorenspielen und Tierhetzen wenig Interesse bzw. Abneigung entgegengebracht zu haben.72 Als Mutter des in senatorischen Kreisen unbeliebten, ja verhassten .Tyrannen Commodus, dem sie bei einer Zwillingsgeburt das Leben geschenkt hatte, bot sich Faustina als Sündenbock an, um das gladiatorenhafte Wesen des Commodus zu erklären und den in Senatorenkreisen geachteten Marcus Aurelius von dem Makel zu befreien, einen insgesamt derart missratenen und seiner Aufgabe als Kaiser unwürdigen Sohn zu haben.73 Wie sehr die literarische Gestaltung die Darstellung einer Frau bei vergleichbaren Voraussetzungen bestimmen kann, illustriert der Fall der Agrippina maior. Sie ist Ehefrau des - ähnlich wie Marcus Aurelius - verklärend-positiv gezeichneten Germanicus und Mutter des despotischen Kaisers Caligula. Um Agrippina dennoch positiv darstellen zu können, bedient sich Tacitus eines Kunstgriffs: Zwar werden Agrippina die Ältere und ihr Mann Germanicus als herausragendes Beispiel für eheliche Verbundenheit auch in schwierigen Zeiten präsentiert, Tacitus verzichtet aber darauf, auf Agrippinas Rolle als Mutter genauer einzugehen.74 Auch wenn Tacitus kritische Untertöne nicht ganz unter den Tisch fallen lassen kann,75 bleibt Agrippina bei Tacitus dennoch das positive Gegenstück zu Tiberius und Livia.76
Zusammenfassung Die Verlobung der jüngeren Faustina im Jahr 138 n. Chr. wurde mit Marcus und nicht mit Lucius geschlossen. Diese Verbindung war bereits von Hadrian geplant gewesen und stellte Marcus in der Nachfolgeregelung der zweiten Generation im Zusammenspiel mit seinem Altersvorsprung eindeutig vor Lucius. Die Verlobung des Marcus mit Ceionia Fabia, der Tochter des Aelius Caesar, hatte wohl bereits das gleiche Ziel der Positionierung des Marcus gehabt, war aber durch den Tod des Caesars hinfällig geworden. Gegen diese These sprechen nur Berichte der Historia Augusta, die diese Probleme allerdings selbst
71
V g l . MENCACCI 1 9 9 1 , 6 6 5 - 6 6 6 .
72
Fronto, Epistulae ad M. Caesarem et invicem 4,12 (p. 66 VAN DEN HOUT2); SHA Aur. 15,1.
73
V g l . WALLINGER 1 9 9 0 , 53; 55; FRÉZOULS 1 9 9 4 , 123; SMADJA 2 0 0 2 , 2 0 5 ; DUBREUIL 1 9 9 5 , 174.
74
HÄLIKKÄ 2 0 0 2 , 82; 85.
75
Tacitus ann. 6,26 berichtet von Ehebruch- u n d Selbstmordvorwürfen gegen Agrippina maior, die aber haltlos gewesen seien, vgl. HÄLIKKÄ 2002, 90.
76
Tac. a n n . 1 , 3 3 , 4 - 5 ; 1,41,3; 1 , 4 0 - 4 2 ; 2, 75; vgl. HÄLIKKÄ 2 0 0 2 , 9 3 - 9 4 ; MCDOUGALL 1981.
Dynastisches Potential von Kaiserfrauen im Prinzipat am Beispiel der Faustina minor
| 251
produziert oder von ihrer Vorlage übernommen hat. Die Namenswechsel des Marcus und des Lucius anlässlich der Adoption im Jahr 138 n. Chr. und der Kaisererhebung 161 n. Chr. führten dazu, dass es zu Verwechslungen der beiden Personen kam, woraus ein angeblicher Verlobungswunsch Hadrians bezüglich Lucius und Faustina minor entstand. Die Rolle Faustinas wird im Rahmen der Verlobung von der Historia Augusta dabei weder negativ noch positiv bewertet, sondern neutral als Indikator für die Rangfolge in der Nachfolgefrage erwähnt. Diese neutrale Haltung schlägt deutlich ins Negative um, wenn es um den Herrschaftsübergang von Marcus Aurelius auf Commodus geht. Faustina dient nun als Sündenbock dafür, dass der bonus princeps Marcus einen malus princeps wie Commodus als Sohn haben konnte. Der Vorwurf eines Ehebruchs der Faustina mit einem Gladiator befreite Marcus von dem Makel, Vater des Commodus zu sein. Faustina minor verkörpert bei den antiken Autoren eine Zäsur im gesamthistorischen Kontext des Römischen Reiches, indem sie für den Übergang der Regierung eines, guten Kaisers auf einen .schlechten und ganz speziell von einem .goldenen zu einem .rostigen Zeitalter verantwortlich gemacht wird.77 Lässt sich denn angesichts der schwierigen Überlieferungslage überhaupt etwas annähernd Verlässliches über Faustina minor sagen? Faustina minor erfüllte ihre Aufgaben in der Kaiserfamilie offensichtlich in traditioneller Weise. Die Tochter des Kaisers Antoninus Pius schuf für ihren Verlobten und Gatten Marcus eine zusätzliche Legitimationsbasis neben der Adoption. Ihre Aufgabe als Mutter vor allem von Söhnen und damit potentiellen Nachfolger erfüllte sie angesichts der damals mit Schwangerschaften verbundenen Gefahren unter großer persönlicher Aufopferungsbereitschaft. Die positive Bedeutung ihrer Rolle als Mutter spiegelt sich in der numismatischen und statuarischen Präsentation wider. In der literarischen Überlieferung hingegen dient die ihr zugeschriebene negative Rolle als Keil, um die Verbindung vom bonus princeps Marcus zum malus princeps Commodus zu trennen.
77
Vgl. Cass. Dio 71 [72],36,4 [Xiph.].
Eine Kaiserin von Gewicht? Julians Rede auf Eusebia zwischen Geschlechtsspezifik, höfischer Repräsentation und Matronage Anja Wieber
Eine Einordnung des Panegyrikos des späteren Kaisers Julian auf Kaiserin Eusebia (lui. or. 3, um 356/ 7 n.Chr.) in panegyrische Redekontexte zeigt, dass es durchaus eineTradition des Lobes auf Frauen aus Herrscherfamilien gibt. Gleichzeitig liegt die Besonderheit dieser Rede jedoch darin, dass sie den einzig vollständig auf Griechisch überlieferten und nach engen Gattungsgrenzen eigentlichen Panegyrikos auf eine Kaiserin darstellt, dessen literarische Komposition dem weiblichen Geschlecht der Empfängerin genauso wie dem männlichen Geschlecht des Verfassers Rechnung trägt. Außerdem offenbart dieser Text die wichtige Rolle, die der spätantiken Kaiserin aufgrund ihrer Matronagemöglichkeiten am Hof als dem Zentrum der Macht zukommt, und ihre Teilhabe an der monarchischen Repräsentation. Un allineamento del discorso Panegyrikos dell'imperatore successivo Giuliano dedicato all'imperatrice Eusebia (lui. or. 3) dimostra che esiste infatti una tradizione dell'adorazione della donna discendente da dinastie regnanti. Il fatto che il testo è tradito completamente in greco rappresenta nel contempo la particolarità di tale discorso che - secondo stretti limiti del genere letterario - rappresenta l'essenziale Panegyrikos dedicato ad un'imperatrice la cui composizione letteraria tiene conto sia del sesso femminile della destinataria sia del sesso maschile dell'autore. Il testo rivela inoltre la significativa importanza di quell'imperatrice della tarda antichità a base del suo predominio matronale presso la corte come centro del potere. In 356/7 Julian (Roman Emperor 361-363) composed a panegyric for Empress Eusebia (lui. or. 3). Although the broader context of panegyric speech reveals a tradition of praising women in power, this example is nonetheless the only complete Greek panegyric (in its strict sense) to address an empress. In its composition it is sensitive to gender, taking into consideration the female addressee as well as the male author. Moreover, the text demonstrates the important role played by the Roman empress in late antiquity, in her display of court matronage and in taking her place in monarchical representation.
Flavia Eusebia, d e r e n G e b u r t s d a t u m - w i e h ä u f i g bei d e n F r a u e n d e s K a i s e r h a u s e s , i n s b e s o n d e r e bei E i n h e i r a t - n i c h t b e k a n n t ist u n d d e r e n T o d e s d a t u m sich w a h r s c h e i n l i c h auf d a s J a h r 360 e i n g r e n z e n lässt, 1 w a r a b 3 5 3 die zweite E h e f r a u d e s Kaisers C o n s t a n t i u s II. I m F o k u s d e s w i s s e n s c h a f t l i c h e n Interesses steht sie v. a. d u r c h i h r e P a r t e i n a h m e f ü r d e n s p ä t e r e n Kaiser Julian ( w e s h a l b sie h ä u f i g in B i o g r a p h i e n Julians E r w ä h n u n g
findet)
u n d d u r c h die in d e n a n t i k e n Q u e l l e n a m b i v a l e n t e n Ä u ß e r u n g e n ü b e r i h r e P e r s o n . D a s s
1
Dazu
WIEBER-SCARIOT
1999, 237 mit Anm. 220-222.
254 I
Anja
Wieber
Eusebia einerseits als Fürsprecherin für Julian, andererseits als Giftattentäterin dargestellt wird, hat den britischen Historiker Shaun T O U G H E R vor einiger Zeit veranlasst, einen Aufsatz über Eusebia mit der Frage nach ihrer möglichen gespaltenen Persönlichkeit einzuleiten.2 Mit meinen folgenden Ausführungen habe ich mir keineswegs das Ziel gesetzt, die Kaiserin Eusebia als Person zu rehabilitieren. Vielmehr soll eine Analyse der julianischen Rede auf die Kaiserin Eusebia unter hofsoziologischen und geschlechtergeschichtlichen Aspekten erfolgen und die Verbindung zwischen gewachsenen Handlungsspielräumen spätantiker Kaiserinnen und deren Abbildung in den zeitgenössischen Diskursen aufzeigen. Einleitend werde ich der Frage nach dem Zusammenhang von Panegyrik und Geschlecht nachgehen, um dann aufzuzeigen, welche Formen Julian für sein Kaiserinnenlob wählt. Ferner wird das dargestellte Auftreten Eusebias vor dem Hintergrund der Matronage und der monarchischen Repräsentation betrachtet. Zum Abschluss soll die Einschätzung der Einflussnahme Eusebias in der modernen Literatur diesen Ergebnissen gegenübergestellt werden.
Panegyrik - reine Männersache? Christian R O H R kommt in seiner Untersuchung des Geschlechterdiskurses in der lateinischen Panegyrik zu dem Ergebnis, dass Frauen eher eine marginale Rolle in dieser Gattung spielten. Panegyrikoi seien doch von redegewandten Männern verfasst worden und für heldenhafte Männer bestimmt gewesen, zudem habe auch die Präsentation vor einem meist männlichen Publikum stattgefunden. 3 Wenn man jedoch einen weiteren Panegyrikbegriff 4 zugrunde legt und neben der abgeschlossenen Lobrede im strengen Sinne auch panegyrische Elemente anderer antiker Literaturgattungen 5 sowie auch griechische Schriften hinzunimmt, dann lässt sich dieser Befund relativieren.6
2
TOUGHER 2000; z u d e n w i d e r s p r ü c h l i c h e n Q u e l l e n ü b e r Eusebia WIEBER-SCARIOT 1999, 2 0 9 - 2 8 4 .
3
ROHR 2 0 0 6 .
4
Z u r Begriffsdefinition P a n e g y r i k vgl. HADOT 1972, 6 0 1 - 6 1 0 , u n d MÄUSE 1994, 1 - 2 9 ; generell PERNOT 1 9 9 3 .
5
6
Mit der Fokussierung auf die Darstellung des Kaiserhauses gehen in die spätantike Historiographie panegyrische Elemente ein: der Historiograph Ammianus Marcellinus bezeichnet seinen Bericht über Julian als der Lobrede nahe (16,1,3: ad laudativam paene materiam pertinebit), zu den panegyrischen Elementen in seiner Darstellung der Kaiserin Eusebia WIEBER-SCARIOT 1999, 256-277. Weitere Belege für panegyrische Rede über Frauen des Kaiserhauses bei VATSEND 2000,45-48; 86-89; auf 47 eine wesentlich positivere Einschätzung des Bestandes als ROHR; ferner mit weiterführender Literatur WIEBER-SCARIOT 1999, 198-209; für das f r ü h e Byzanz ab dem 4. Jhd. JAMES 2001, 11-16 mit A n m . auf 2 0 - 2 3 (The model of the good empress); zur Entstehung einer christlichen Kaiserinnenpanegyrik LEPPIN 2000b, zu adeligen/kaiserlichen Frauen als Auftraggeberinnen u n d / o d e r Adressatinnen von Panegyrik im byzantinischen Mittelalter HARDER 2000.
Eine Kaiserin von Gewicht?
| 255
Panegyrische Darstellungen exponierter weiblicher Persönlichkeiten, besonders aus Herrscherfamilien, lassen sich bis in die Zeit des Hellenismus zurückverfolgen. 7 Im römischen Bereich ist die Gattung der Panegyrik nicht nur griechischen Vorbildern verpflichtet, sondern übernimmt auch Elemente aus den laudationes fúnebres republikanischer Zeit. Anhand des überlieferten Bestandes kann man - wie die Übersicht (Abb. 1) deutlich macht - seit der Spätantike eine höhere Zahl panegyrischer Darstellungen der Frauen des Kaiserhauses feststellen und das als ein Indiz für die größere Präsenz und gestiegene Bedeutung der Kaiserinnen deuten. 8 Offen bleiben muss, ob viele panegyrische Äußerungen auf Frauen insgesamt verloren gingen, zumal auch die quantitative Bestandsaufnahme der antiken Panegyrik insgesamt in der Forschung unterschiedlich ausfällt.9 Nicht ratsam scheint mir ferner, aus dem insgesamt kleineren Bestand an panegyrischem Schrifttum über Frauen als über Männer auf eine grundsätzliche Marginalisierung der Frauen in der Panegyrik zu schließen - umgekehrt hat bisher noch niemand die Tatsache, dass die drei einzigen, in etwas längerem Umfang inschriftlich überlieferten lateinischen Leichenreden an die Adresse von Frauen gerichtet sind, als Beleg für die Nichtbeachtung der Männer in dieser Gattung deuten wollen.10 Auch lässt sich ein ausschließlich männliches Publikum panegyrischer Rede hinterfragen, da es zweifelsohne genügend Gelegenheiten für Ansprachen, auch an das Kaiserpaar z. B. auf Reisen," gab und auch purpurgeborene Frauen des Kaiserhauses Adressen an ihre männlichen Verwandten erlebt haben dürften. Was nun die weibliche Autorschaft auf diesem Felde betrifft, sei mir das provokante Gedankenspiel erlaubt, ob sich der Befund wohl änderte, wenn die bei Tacitus erwähnten Memoiren der Agrippina überliefert wären (arm. 4,53,2) - vielleicht lägen dann sogar
7
WIEBER-SCARIOT 1999, 198-199; gerade die durch die editio princeps 2001 erst neu erschlossenen, Poseidippos von Pella zugeschriebenen Epigramme sind dem Andenken etlicher Ptolemäerinnen gewidmet und bedürften unter diesem Aspekt noch einer genaueren Untersuchung (etwa die Epig r a m m e N r . 3 6 , 7 8 , 8 7 , 8 8 , 1 1 6 AUSTIN/BASTIANINI).
8
9
10
11
Über den Zusammenhang von Politik und Veränderungen literarischer Gattungen vgl. EDER 1995, 171; einen vergleichbaren Zusammenhang zwischen den aristokratischen Rangkämpfen der römischen Republik, in denen es um Ruhm und Selbstdarstellung bestimmter Familien und Individuen ging, und der Entstehung der politischen Biographie stellt auch GEIGER 1985, 80, her. Während z.B. MACCORMACK 1975,143-144, davon ausgeht, dass die Spätantike, nicht zuletzt auch wegen der Tatsache, dass Menanders Anleitungsschrift aus jener Epoche stamme, die goldene Zeit der Panegyrik sei, verweist MÄUSE 1994, 7 - 8 und Anm. 30, darauf, dass nicht geklärt sei, ob in den ersten drei Jahrhunderten weniger Panegyriken als in der Spätantike produziert worden oder nur mehr verloren gegangen seien. HEMELRIJK 2004, 187: whim of fate zu der Überlieferungslage; KIERDORF 1980, 112: Der Zufall will es... VATSEND 2 0 0 0 , 7 6 - 7 7 ; z u r F e l d z u g b e g l e i t u n g k a i s e r l i c h e r F r a u e n v g l . HARDER 2 0 0 7 , 1 9 7 , d i e i n d e r
militärstrategischen Schrift des Polyainos (2. Jhd.) erwähnten Frauenexempla könnten über die Deutung HÄRDERS hinaus nicht nur als Abbild dieser Feldzugbegleitung, sondern auch als panegyrische Verbeugung vor der Kaiserin als Rezipientin und mögliche Mäzenin der Strategemata verstanden werden.
256 I
Anja Wieber
υ -Ci 4) I
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