Auftrag und Kontrolle im Drei-Stufen-Test. Eine Analyse der Drei-Stufen-Testverfahren für die Bestandsangebote der Telemedien öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten: vor dem Hintergrund gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben zur Auftragspräzisierung und Auftragskontrolle unter besonderer Berücksichtigung des Verbots presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug [1 ed.] 9783428551002, 9783428151004

Die Diskussion um einen zeitgemäßen Auftrag für Onlinedienste öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten reißt nicht ab. D

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German Pages 268 Year 2017

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Auftrag und Kontrolle im Drei-Stufen-Test. Eine Analyse der Drei-Stufen-Testverfahren für die Bestandsangebote der Telemedien öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten: vor dem Hintergrund gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben zur Auftragspräzisierung und Auftragskontrolle unter besonderer Berücksichtigung des Verbots presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug [1 ed.]
 9783428551002, 9783428151004

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1362

Auftrag und Kontrolle im Drei-Stufen-Test

Von

Nina Gerhardt

Duncker & Humblot · Berlin

NINA GERHARDT

Auftrag und Kontrolle im Drei-Stufen-Test

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1362

Auftrag und Kontrolle im Drei-Stufen-Test Eine Analyse der Drei-Stufen-Testverfahren für die Bestandsangebote der Telemedien öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten vor dem Hintergrund gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben zur Auftragspräzisierung und Auftragskontrolle unter besonderer Berücksichtigung des Verbots presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug

Von

Nina Gerhardt

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Universität Rostock hat diese Arbeit im Jahr 2016 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2017 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-15100-4 (Print) ISBN 978-3-428-55100-2 (E-Book) ISBN 978-3-428-85100-3 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2016 von der Juristischen Fakultät der Universität Rostock als Dissertation angenommen. In der Folge sind Literatur und Rechtsprechung, soweit möglich, bis zum Frühjahr 2017 berücksichtigt worden. Meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Hubertus Gersdorf, der die Arbeit in der Planungs- und Entstehungsphase immer engagiert unterstützt hat und jederzeit für anregende Diskussionen über das Forschungsthema zur Verfügung stand, gilt mein besonderer Dank. Seine großartige Expertise hat mich zu diesem Forschungsgebiet geführt und mich beim Verfassen der Arbeit stets geleitet und inspiriert. Ich danke ebenfalls Herrn Prof. Dr. Wolfgang März für die Erstellung des Zweitgutachtens und seine wertvollen Hinweise zur Ergänzung der Veröffentlichungsfassung. Ein besonderer Dank gilt auch meinen ehemaligen Kollegen bzw. Vorgesetzten beim Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V., Herrn Helmut Verdenhalven und Herrn Dietmar Wolff, die mich erstmalig mit dem Forschungsthema vertraut gemacht hatten. Sie haben die Erstellung der Arbeit immer uneingeschränkt unterstützt und damit ihre Entstehung überhaupt erst ermöglicht. Nicht zuletzt danke ich Frau Ricarda Veigel, LL.M., Frau Dr. Karina Lott sowie Herrn Dr. Matthias Knothe für ihre vielfältige Unterstützung und wertvollen Anregungen. Mein Dank an Familie und Freunde, die in dieser besonderen Zeit immer für mich da waren, bleibt der persönlichen Widmung vorbehalten. Berlin, im September 2017

Nina Gerhardt

Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Einleitung und Gang der Untersuchung

19

Kapitel 2 Notwendigkeit einer neuen Rundfunkordnung

23

A. Internet und Telemediendienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 I. Nachrichtennutzung im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 II. Angebotsentwicklung digitaler Dienste klassischer Mediengattungen . . . . . . . . . . 25 1. Entwicklung von Presseangeboten im Netz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2. Entwicklung der Onlinepräsenz privater Rundfunkveranstalter . . . . . . . . . . . . . 26 3. Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Onlineengagements . . . . . . . . . . . . . . . 26 III. Wettbewerbssituation bei digitalen Diensten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 1. Probleme der Inhaltefinanzierung von Onlinemedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 a) Unzureichende Vertriebserlöse im Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 b) Wettbewerb um die werberelevante Aufmerksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 2. Neue Wettbewerber auf digitalen Märkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 B. Verfassungsrechtlicher Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 I. Ordnungsmodelle von Rundfunk und Presse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 II. Ausgestaltungsvorbehalt des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 III. Grundversorgungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks . . . . . . . . . . . . . . 34 IV. Bestands- und Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks . . . . . 35 V. Staatsfreiheit und Programmautonomie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks . . . 35 VI. Bedeutung für neue Angebotsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 C. Erfordernis einer rechtlichen Anpassung des Auftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 D. Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Auftrags im digitalen Zeitalter . . . . . . . . . . . 37 I. Vierter Rundfunkänderungsstaatsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 1. Die Zuordnung von Onlinediensten zum Funktionsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . 39 a) Rundfunkfreiheit und Entwicklungsgarantie als mögliche Ermächtigung . . 39 b) Fehlende Ermächtigung mangels expliziter gesetzlicher Grundlage . . . . . . . 40 2. Erfordernis weiterreichender gesetzlicher Klärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

10

Inhaltsverzeichnis II. Siebter Rundfunkänderungsstaatsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 III. Neunter Rundfunkänderungsstaatsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

Kapitel 3 Der Weg zum Auftrag für neue Dienste im 12. RÄStV

45

A. Beschwerden bei der Europäischen Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 I. Möglicher Verstoß gegen Art. 107 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 1. Rundfunkfinanzierung als staatliche Beihilfe i.S.d. Art. 106, 107 AEUV . . . . . 46 2. Amsterdamer Protokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 3. Einordnung der deutschen Rundfunkgebühr als staatliche Beihilfe . . . . . . . . . . 48 4. Ausnahmeregelung nach Artikel 106 Abs. 2 AEUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 5. Rundfunkmitteilungen aus den Jahren 2001 und 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 6. Reichweite der Kommissionszuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 II. Verlauf des deutschen Beihilfeverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 III. Entscheidung der EU-Kommission vom 24. April 2007 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 IV. Anforderungen laut Entscheidung der EU-Kommission vom 24. April 2007 . . . . 56 1. Drei-Stufen-Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 2. Gesetzliche Auftragspräzisierung und Schranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 3. Bewertung der Zusagen Deutschlands durch die EU-Kommission . . . . . . . . . . 58 B. Umsetzungsvollzug mit dem 12. RÄStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

Kapitel 4 Neue Regelungen zur Auftragspräzisierung im 12. RÄStV

61

A. Onlineauftrag mit gesetzlichen Schranken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 B. Telemedienauftrag nach § 11 d Abs. 1 RStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 I. Quantitative und qualitative Schranken nach § 11 d Abs. 2 und 5 RStV . . . . . . . . 63 1. Sendungsbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 2. Verweildauerfristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 3. Verbot presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 a) Digitale textbasierte Angebote der Presse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 b) Digitale textbasierte Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks . . . . . 67 c) Aufeinandertreffen unterschiedlicher Freiheitsregime . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 d) Zulässigkeit öffentlich-rechtlicher Lesemedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 e) Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Druckwerken . . . . . . . . 69 f) Lesemedien im Lichte der Bestands- und Entwicklungsgarantie . . . . . . . . . 71

Inhaltsverzeichnis

11

g) Festlegungen im Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag . . . . . . . . . . . . 73 (1) Entwurfsfassung vom 31. Januar 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 (2) Entwurfsfassung vom 26. März 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 (3) Arbeitsentwurf vom 04. Juni 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 (4) Finaler Arbeitsentwurf vom 12. Juni 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 4. Verbot flächendeckender lokaler Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 5. Unzulässigkeit angekaufter Produktionen auf Abruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 6. Negativliste öffentlich-rechtlicher Telemedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 C. Drei-Stufen-Test gemäß § 11 f RStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

Kapitel 5 Drei-Stufen-Test für Telemedien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

80

A. Konzeption des Prüfverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 I. Vorschläge im Vorfeld der gesetzlichen Festlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 II. Gesetzliche Verankerung des Drei-Stufen-Tests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 III. Aufgreifschwelle neues oder verändertes Angebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 IV. Bestandstests für alle bestehenden Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 V. Angebotsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 VI. Zuständiges Gremium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 1. Interne Struktur der Aufsichtsinstanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 2. Gremien als Vertreter der Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 a) Struktur und Aufgaben des ZDF-Fernsehrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 b) Struktur und Aufgaben der ARD-Gremien am Beispiel des WDR . . . . . . . . 91 3. Organisationsstrukturen und Auftragskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 a) Ausführungen in der Kommissionsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 b) Ausführungen in der Rundfunkmitteilung der EU-Kommission . . . . . . . . . . 93 c) Strukturelle Problematik der Auftragskontrolle im Drei-Stufen-Test . . . . . . 95 (1) Möglicher Interessen- und Loyalitätskonflikt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (2) Laiengremium statt Fachaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 d) Konsequenzen interner Organisationsstrukturen für die Auftragskontrolle 98 B. Festlegung des Verfahrensablaufs durch den deutschen Gesetzgeber . . . . . . . . . . . . . . 99 I. Vorlage eines Telemedienkonzepts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 II. Prüfschritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 1. Inwieweit entspricht das Angebot dem Funktionsauftrag? (Stufe 1) . . . . . . . . . 100 a) Bedürfnisermittlung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 b) Auftragsrelevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

12

Inhaltsverzeichnis 2. Wie groß ist der Beitrag zum publizistischen Wettbewerb? (Stufe 2) . . . . . . . . 102 a) Der Begriff des publizistischen Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 b) Quantität und Qualität der vorhandenen und frei zugänglichen Angebote 103 (1) Quantität der vorhandenen Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 (2) Freie Zugänglichkeit der Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 (3) Qualität der vorhandenen Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 (a) Qualitätskriterien zur Bestimmung des publizistischen Nutzens . . . . 105 (b) Meinungsbildende Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 (c) Kommunikativer Mehrwert und Marktversagen . . . . . . . . . . . . . . . . 107 c) Marktliche Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 d) Balancing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 e) Begrenzungsfunktion der Abwägungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 3. Wie hoch ist der erforderliche Finanzaufwand? (Stufe 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 III. Entscheidung und Bekanntmachung der Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 IV. Rechtsaufsichtliche Genehmigung und Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 V. Rechtsschutzmöglichkeit Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

Kapitel 6 Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

118

A. Ergebnisse der Bestandstestverfahren der ARD-Sender und des ZDF . . . . . . . . . . . . . 118 B. Materielle Auftragskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 I. Erfordernis der präzisen Auftragsbestimmung nach EU-Recht . . . . . . . . . . . . . . . 121 II. Mögliche Kollision mit dem Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 III. Inhaltliche Auftragskontrolle im Drei-Stufen-Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 1. Sendungsbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 a) Gesetzliches Erfordernis des Sendungsbezugs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 b) Ausnahmen vom Erfordernis des Sendungsbezugs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 c) Überführung des Bestands als nichtsendungsbezogene Telemedien . . . . . . . 128 d) Mögliche Unbeachtlichkeit gesetzlicher Erfordernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 2. Verbot presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 a) Diskussion um den Rechtsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 b) Vorgehen der Gremien bei der Bestimmung der Presseähnlichkeit . . . . . . . . 132 (1) Der Begriff der Presseähnlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 (a) Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Nr. 20 RStV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 (b) Elektronische Ausgaben von Printmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 (c) Journalistisch-redaktionelle Angebote (Gestaltung und Inhalt) . . . . . 136 (d) Charakteristika der Gestaltung und des Inhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . 136

Inhaltsverzeichnis

13

(2) Festlegung der Vergleichsgröße in den Beschlussbegründungen . . . . . . . 137 (a) Merkmal der Textlastigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 (b) Bewertung der Festlegung durch die Gremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 (c) Angebotsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 (d) Bewertung der Bestimmung des Angebotsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . 146 c) Bewertung der Bestimmung der Presseähnlichkeit durch die Gremien . . . . 149 d) Auslegung der Presseähnlichkeit durch das Gutachten von Papier/Schröder 151 e) Kritische Würdigung des Gutachtens in der Rechtsliteratur . . . . . . . . . . . . . 152 f) Ergebnisse der Gremien zu Sendungsbezug und Presseähnlichkeit . . . . . . . 157 (1) Bedeutung der Vorgehensweise und der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . 158 (2) Konsequenzen der Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 g) Wettbewerbsklage als Resultat der Ergebnisse zur Presseähnlichkeit . . . . . . 159 (1) Vortrag der Klägerinnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 (a) Nichtsendungsbezogenes presseähnliches Angebot . . . . . . . . . . . . . . 161 (b) Wettbewerbsrelevante Verbotsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 (2) Erwiderung der Beklagten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 (3) Erste mündliche Verhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 (4) Einigungsgespräche im Vorfeld des Urteilsspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 (5) Einlassungen des Gerichts vor dem Urteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 (6) Urteil vom 27. September 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 (a) Urteilsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 (aa) Presseähnlichkeitsschranke als Marktverhaltensregel . . . . . . . . 166 (bb) Gerichtliche Überprüfbarkeit trotz Drei-Stufen-Test . . . . . . . . . 166 (cc) Erforderlicher Sendungsbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 (dd) Beurteilung der Presseähnlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 (ee) Gesamtangebot als Beurteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 (b) Bewertung der Urteilsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 (aa) Amtliche Begründung als maßgebliches Auslegungskriterium 170 (bb) Funktionale Auslegung als sachgerechtes Kriterium . . . . . . . . . 170 (cc) Gesamtangebot kein sachgerechtes Abgrenzungskriterium . . . . 172 (dd) Reichweite des Urteils nicht unbedeutend . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 (c) Bedeutung für die Drei-Stufen-Test-Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 (d) Bedeutung für Bezahlschranken der Verlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 (7) Berufungsurteil des OLG Köln vom 20. 12. 2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 (8) Revisionsurteil des Bundesgerichtshofs vom 30. 04. 2015 . . . . . . . . . . . . 176 (9) Zweites Urteil des OLG Köln vom 30. 09. 2016 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 h) Ergebnis der Prüfung von Sendungsbezug und Presseähnlichkeit . . . . . . . . . 179 3. Verbot flächendeckender lokaler Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 a) Mögliche verfassungsrechtliche Einschränkung der Norm . . . . . . . . . . . . . . 182 b) Auslegung durch die Rundfunkanstalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183

14

Inhaltsverzeichnis c) Ergebnis der Prüfung zu flächendeckender lokaler Berichterstattung . . . . . . 185 4. Verbote der Negativliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 a) Verbote bei nichtsendungsbezogenen Angebotsformaten . . . . . . . . . . . . . . . 187 b) Ergebnis der Prüfung von Angebotsformen der Negativliste . . . . . . . . . . . . . 188 IV. Ergebnis zur materiellen Auftragskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

C. Beurteilung der Telemedienkonzepte als Prüfgrundlage der Gremien . . . . . . . . . . . . . 190 I. Erforderlichkeit der präzisen Angebotsbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 II. Beschreibungen und Begründungen in den Bestandstestverfahren . . . . . . . . . . . . 192 III. Mögliche Konsequenzen pauschaler Beschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 1. Gefahr der widerrechtlichen Ausweitung des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 2. Beurteilung durch Dritte erschwert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 IV. Ergebnis zur Beurteilung der Telemedienkonzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 D. Stellungnahmerecht Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 I. Ausgestaltung des Stellungnahmerechts im Rundfunkstaatsvertrag . . . . . . . . . . . . 197 1. Angemessenheit des Stellungnahmezeitraums für Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 2. Zeitpunkt der Berücksichtigung des Stellungnahmevortrags . . . . . . . . . . . . . . . 199 3. Gehör Dritter nach dem Stellungnahmezeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 II. Ergebnis zum Stellungnahmerecht Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 E. Durchführung der Abwägungsentscheidung auf der 2. Prüfstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 I. Gutachten zur Ermittlung der marktlichen Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 1. Auswahl und Unabhängigkeit der Gutachter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 2. Ergebnisse der Gutachten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 3. Kritik an den Gutachtenstandards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 4. Kritik an der Methodenvielfalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 5. Fehlende Ex-Ante-Betrachtung des Marktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 II. Durchführung von Balancing und Bewertung des publizistischen Mehrwerts . . . . 212 1. Ausgewogenheit der Abwägungsentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 2. Berücksichtigung von Kosten- und Werbefreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 a) Kostenfreiheit im Rahmen freier Zugänglichkeit des Angebots . . . . . . . . . . 215 b) Werbefreiheit des Angebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 3. Festlegung und Nachprüfbarkeit von Qualitätskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 III. Ergebnis zur Durchführung der Abwägungsentscheidung auf der 2. Prüfstufe . . . 223 F. Beachtung von Transparenzerfordernissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 I. Interaktion mit der Öffentlichkeit als Kriterium für Transparenz . . . . . . . . . . . . . . 226 1. Mitteilungen der Gremien zur Information der Öffentlichkeit . . . . . . . . . . . . . . 226 2. Veröffentlichung entscheidungsrelevanter Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 3. Offenlegung der Auswahl der Verfahrensbegleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 4. Abgabe von Verschwiegenheitserklärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231

Inhaltsverzeichnis

15

II. Sicherstellung interner Transparenz in Bezug auf die Arbeit des Plenums . . . . . . 232 III. Ergebnis zur Beachtung von Transparenzerfordernissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235

Kapitel 7 Praktikabilität und Gesetzeskonformität der Bestandstestverfahren

236

Kapitel 8 Zusammenfassung und Ergebnisse der Untersuchung in Thesen

240

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264

Abkürzungsverzeichnis ABl. AEUV AGF AGOF App APR ARD

Amtsblatt Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung Arbeitsgemeinschaft Online Forschung e. V. Applikation (hier für Anwendungen auf Smartphones und Tablets) Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk Arbeitsgemeinschaft öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland Art. Artikel AVMS Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste BBC British Broadcasting Corporation BDZV Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e. V. BGH Bundesgerichtshof BITKOM Verband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. BR Bayerischer Rundfunk BTX Bildschirmtext BVerfG Bundesverfassungsgericht BverfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts DLM Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten Drs. Drucksache EGV Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft E-Paper Elektronisches Papier (hier im Sinne der elektronischen Version eines Printmediums) epd Evangelischer Pressedienst EU Europäische Union EuGH Europäischer Gerichtshof FAZ Frankfurter Allgemeine Zeitung Fn. Fußnote GfK Gesellschaft für Konsumforschung GG Grundgesetz GVK Gremienvorsitzendenkonferenz der ARD HR Hessischer Rundfunk Hrsg. Herausgeber IVW Informationsgesellschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V. JIM Studie Jugend Information (Multi-) Media KEF Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten LG Landgericht MDR Mitteldeutscher Rundfunk Mio. Million NBC National Broadcasting Company NDR Norddeutscher Rundfunk

Abkürzungsverzeichnis OLG Pay-TV PC PDF PI PVT RÄStV rbb Rn. RStV RTL SAT.1 SMS SR StV SWR TKG TKP TV VDZ VPRT WDR Web ZDF ZDF-FR ZVNRW

17

Oberlandesgericht Bezahlfernsehen Personal Computer Portable Dokument Format (plattformunabhängiges Dateiformat für Dokumente) Page Impression Public Value Test Rundfunkänderungsstaatsvertrag Rundfunk Berlin Brandenburg Randnummer Rundfunkstaatsvertrag Radio Television Luxemburg Satelliten Fernsehen GmbH Short Message Service Saarländischer Rundfunk Staatsvertrag Südwestrundfunk Telekommunikationsgesetz Tausend-Kontakt-Preis Television (Fernsehen) Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e. V. Verband privater Rundfunk und Telekommunikation e. V. Westdeutscher Rundfunk World Wide Web (auch www) Zweites Deutsches Fernsehen ZDF-Fernsehrat Zeitungsverlegerverband Nordrhein-Westfalen e. V.

Kapitel 1

Einleitung und Gang der Untersuchung Die Medienwirtschaft durchlebt seit Jahren einen tief greifenden Wandel. Digitale Verbreitungswege für Inhalte aller Art haben das Kommunikations- und Informationsverhalten der Menschen grundlegend verändert. Das Internet bestimmt und prägt neben Lebensstil, beruflichen Alltag und sozialen Kontakten auch regelmäßig das Mediennutzungsverhalten eines Großteils der Bevölkerung. Es bildet die Grundlage für die gesamte moderne Informationsgesellschaft1. Durch die damit verbundenen radikalen Veränderungen in der Nutzung von Medieninhalten löst sich das über viele Jahrzehnte gebildete Gefüge klassischer Medien zunehmend auf. Bisher getrennte Formen von Produktion, Darstellung und Verbreitung von Inhalten sowie deren Suche und Speicherung verschmelzen auf digitalen Plattformen und führen zu einer zunehmenden Konvergenz bislang getrennter Mediengattungen2. Die strukturellen Umbrüche zwingen klassische Medienanbieter neue Wege zu beschreiten, um Inhalte zum Konsumenten zu bringen – in digitaler Form. Die rasanten Entwicklungen in der medialen Angebotswelt haben in den vergangenen Jahren zu heftigen Debatten um eine neue, digitale Medienordnung geführt. Regelmäßig fordern Protagonisten in der politischen Diskussion eine Anpassung des Rechtsrahmens, um den veränderten Rahmenbedingungen innerhalb der konvergenten Medienordnung gerecht zu werden. Eines der zentralen Themen der vergangenen Jahre war dabei die Etablierung neuer einfachgesetzlicher Normen für den Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Internet. Sollten die mit staatlich festgelegten Beiträgen finanzierten Sender über digitale Ausspielwege alles anbieten dürfen, was sie theoretisch produzieren und anbieten könnten, und sollte die etwaige grenzenlose Angebotspalette aufgrund der ihnen vom Bundesverfassungsgericht zugesprochenen Bestands- und Entwicklungsgarantie und dem sich ändernden Mediennutzungsverhalten vielleicht sogar zwingend notwendig sein? Oder gibt es Bereiche in der professionellen medialen Kommunikation, die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht offen stehen sollten – auch im Hinblick auf privatwirtschaftliche Tätigkeiten im Netz? Könnte neben dem dualen System im Rundfunk, dem austarierten Zusammenspiel zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Angebot, eine duale Medienordnung entstehen dürfen, die bis in Ange1 2

Vgl. Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 11. Vgl. Dörr, ZRP 2008, S. 133 f. (133).

20

Kap. 1: Einleitung und Gang der Untersuchung

botssegmente hineinreichen würde, die dem Funktionsauftrag öffentlich-rechtlicher Sender bislang verwehrt geblieben sind3 ? Vor dem Hintergrund dieser Fragestellung bemüht sich die medien- und rechtspolitische Diskussion seit nunmehr fast zwei Jahrzehnten um die Etablierung eines stabilen Rechtsrahmens für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der einerseits seinen Bestand im digitalen Zeitalter sichern, jedoch andererseits auch gewährleisten sollte, dass die staatlich finanzierten und „im Rahmen binnenpluraler Ausgewogenheit auch inhaltlich verpflichteten“ Sender nicht zu Allround-Medienanbietern avancieren4. Das Erfordernis von Grenzen bzw. Auftragsbeschränkungen öffentlich-rechtlicher Onlinedienste wurde nicht zuletzt von Wettbewerbern auf dem Inhaltemarkt proklamiert. Auf dem digitalen Markt der journalistisch-redaktionellen Information sahen sich private Medien mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk als einem Wettbewerber konfrontiert, der mit staatlich festgelegten Beiträgen hochwertige digitale Dienste anbietet und in den vergangenen Jahren seine Angebotspalette in immer neue Bereiche auszuweiten versuchte. Dies wurde als unerwünschte Wettbewerbsverzerrung eingestuft und führte in den Jahren 2002 und 2003 zu Beschwerden privatfinanzierter Medien bei der Europäischen Kommission, welche aufgrund der bestehenden staatlichen Finanzierungsregelungen im öffentlichrechtlichen Rundfunk innerhalb der Mitgliedstaaten über gewisse wettbewerbsrechtliche Prüf- und Handlungskompetenzen im Rahmen des europäischen Beihilfenrechts verfügt. Im daran anschließenden offiziellen Ermittlungsverfahren zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland forderte die Europäische Wettbewerbsbehörde unter anderem, dass der öffentlich-rechtliche Auftrag präzisiert werden müsse, um den Wettbewerbsbehinderungen entgegenzuwirken, die aufgrund der deutschen Finanzierungsregelung für den öffentlichrechtlichen Rundfunk in Form von staatlichen Beihilfen entstünden5. Vor diesem Hintergrund hatte die Bundesregierung der Europäischen Kommission umfangreiche Zusagen zur Anpassung des Rechtsrahmens gemacht, die mit der Kommissionsentscheidung vom 24. April 2007 schließlich zur Einstellung des Verfahrens führten6. Der als Ergebnis dieser Vereinbarungen zwischen Deutschland und der Europäischen Kommission verabschiedete Zwölfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag enthält dementsprechend zahlreiche Regelungen zur Auftragspräzisierung des öf3

Fiedler, K&R 12/2012, S. 795 ff. (798). Ebd., S. 798. 5 Schreiben der EU-Kommission an die Bundesregierung vom 03. 03. 2005, H-3/AA/pf D (2005) 91, Betreff: Staatliche Beihilfe E 3/2005 (ex- CP 232/2002, CP 2/2003, CP 43/2003, CP 195/2004 und CP 243/2004) – Die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten – Deutschland, Rn. 205. 6 Entscheidung der Kommission, K (2007) 1761 endg., Betreff: Staatliche Beihilfe E 3/ 2005 (ex- CP 2/2003, CP 232/2002, CP 43/2003, CP 243/2004 und CP 195/2004) – Deutschland. Die Finan-zierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland. 4

Kap. 1: Einleitung und Gang der Untersuchung

21

fentlich-rechtlichen Rundfunks und schreibt das sogenannte Drei-Stufen-Testverfahren für die Telemedien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten fest. Mit diesem wird durch die für Aufsicht und Kontrolle zuständigen Rundfunkgremien geprüft, ob neue oder veränderte digitale Dienste von ARD, ZDF und Deutschlandradio deren Funktionsauftrag entsprechen und damit rechtmäßig sind. Die Anwendung des Testverfahrens auf den bis dato vorgehaltenen gesamten Onlinebestand sollte garantieren, dass die zum Teil bereits jahrelang verfügbaren Angebote auch mit dem neu definierten Auftrag konform sind. Im Zeitraum zwischen Juni 2009 und September 2010 wurden schließlich alle bereits vorgehaltenen Telemedienangebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten einer Überprüfung durch den Drei-Stufen-Test unterzogen – es war ein in Deutschland bislang einmaliges Prozedere, das fortwährend von einer rechtswissenschaftlichen und medienpolitischen Diskussion begleitet wurde. In den Mittelpunkt der Debatte rückte nicht nur die Beurteilung des neuen Auftrags für digitale Dienste des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, sondern auch die Funktion und Struktur der Rundfunkgremien, die als internes Kontroll- und Aufsichtsorgan mit der Durchführung der Testverfahren eine erhebliche Verantwortung übertragen bekommen hatten. Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich die vorliegende Ausarbeitung mit den rechtlichen Vorgaben für Aufsicht und Kontrolle der Telemedien öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten sowie deren Ausgestaltung und Umsetzung nach der Beihilfeentscheidung der Europäischen Kommission vom 24. April 2007 und dem Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Dafür wird im Besonderen der in § 11 f RStV verankerte Drei-Stufen-Test in den Blick genommen. Ob das Testverfahren in seiner konkreten Ausgestaltung und Anwendung innerhalb der Bestandsüberprüfung ein probates Mittel für die Beauftragung bzw. dessen Aufsicht und Kontrolle darstellt, soll diese Arbeit analysieren. Bestehende Strukturen, vollzogene Abläufe und gefundene Ergebnisse der Rundfunkgremien werden dafür beleuchtet. Ein Schwerpunkt liegt hierbei auf der Behandlung von Normen zur Auftragsbegrenzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Telemedienbereich – insbesondere dem Verbot presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug gemäß § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3 RStV. Zunächst wird die Konfliktlage und der sich daraus ergebende Weg über die Europäische Kommission zu einer neuen Rundfunkgesetzgebung mit Auftragskompetenz für (neue) Telemediendienste dargestellt (Kapitel 2 und 3). Nach Analyse der gefundenen Regelungen zur Auftragspräzisierung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland (Kapitel 4) wird im Speziellen das eingeführte DreiStufen-Testverfahren im Lichte des Beihilfenkompromisses genauer untersucht (Kapitel 5). Der so genannte Bestandstest aus den Jahren 2009 und 2010 wird dafür in seiner konkreten Umsetzung und Anwendung mit den europarechtlichen Vorgaben der EU-Kommission in Folge des Beihilfeverfahrens abgeglichen.

22

Kap. 1: Einleitung und Gang der Untersuchung

Hierfür wird eine Analyse der Prüfungsschritte, Abläufe sowie Entscheidungsbegründungen vorgenommen und untersucht, ob sich zwischen den gegenüber der EU-Kommission zugesagten Regelungen und den schließlich getroffenen Festlegungen im deutschen Rundfunkrecht bzw. deren Umsetzung im Drei-Stufen-Testverfahren für den Bestand Diskrepanzen ergeben (Kapitel 6). Insbesondere die Frage nach möglichen Beurteilungsspielräumen bei der Anwendung der rundfunkstaatsvertraglichen Vorgaben durch die Gremien wird dabei eingehend analysiert. Hier wird im Speziellen die Behandlung des in § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3 RStV festgelegten Verbots presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug untersucht und dabei die Frage erörtert, ob es im Rahmen etwaiger Auslegungsoptionen zu einer Nichtanwendbarkeit dieser Beschränkung gekommen sein könnte, die damit möglicherweise im Widerspruch mit den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts stünde. Hierfür wird auch der Rechtsweg der Zeitungsverlage gegen die Tagesschau-App von ARD und NDR im Rahmen eines Wettbewerbsverfahrens näher untersucht. (Kapitel 6 B. III. 2.). Nach der Beantwortung dieser Fragestellungen wird anhand der dargestellten Entscheidungen und Abläufe abschließend die Praktikabilität und Gesetzeskonformität der durchgeführten Drei-Stufen-Tests für den Bestand bewertet sowie Entwicklungsperspektiven für zukünftige Verfahren aufgezeigt (Kapitel 7).

Kapitel 2

Notwendigkeit einer neuen Rundfunkordnung A. Internet und Telemediendienste „Wer nicht im Netz ist, der hat keine Zukunft“, sagte der langjährige ZDF-Intendant Markus Schächter auf einer Tagung im März 2008 und warnte vor den Gefahren einer restriktiven Beauftragung neuer Dienste des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für den publizistischen Wettbewerb1. Der Intendant wies damit auch auf den Umstand hin, dass besonders junge – in der heutigen Zeit als Digital Natives2 bezeichnete – Menschen das Netz als primäre Wissens-, Kommunikations- und Unterhaltungsplattform nutzen. Während das Internet inzwischen von 79,1 Prozent aller Deutschen ab 14 Jahren zumindest gelegentlich genutzt wird, liegt die soziodemographische Verbreitung des World Wide Web bei den 14- bis 19-Jährigen bereits seit mehreren Jahren bei 100 Prozent3. Die tägliche Onlinezeit in dieser Altersgruppe beträgt in Deutschland durchschnittlich 200 Minuten4. Vor allem soziale Netzwerke breiten sich weiter aus. Diese Angebotskategorie lässt die Menschen in einer bis vor wenigen Jahren völlig unbekannten Weise miteinander kommunizieren, interagieren und Inhalte konsumieren. Bereits 46 Prozent der deutschen Internetnutzer ab 14 Jahren haben ein eigenes Profil in einer „Social Community“, einem sozialen Onlinenetzwerk angelegt5. Bei den Jüngeren loggt sich mehr als jeder Zweite6 täglich darin ein. Mit dem Vormarsch mobiler Endgeräte steigt zudem die mobile Nutzung digitaler Inhalte rasch an – etwa 50 Prozent der Onliner gehen bereits von unterwegs ins Netz7. Tablets und Smartphones werden mit der 1

Eröffnungsvortrag der 41. Tage der Fernsehkritik, vgl. Schächter, Ware oder Wert?, S. 19. Als Digital Natives werden Personen bezeichnet, die zu einer Zeit aufgewachsen sind, in der bereits digitale Technologien wie Computer, das Internet, Mobiltelefone und MP3s verfügbar waren (Quelle: www.wikipedia.de zu „Digital Natives“). 3 Alle Jugendlichen in dieser Altersgruppe nutzen zumindest gelegentlich das Netz, van Eimeren/Frees, Media Perspektiven 7 – 8/2014, S. 378 ff. (380). 4 JIM 2016 Jugend, Information, (Multi-) Media, S. 27. Dies beruht auf einer Schätzung der Kinder und Jugendlichen. 5 Busemann/Tippelt, Media Perspektiven 7 – 8/2014, S. 408 ff. (412). 6 54 Prozent in der Altersgruppe von 14 – 29 Jahren, vgl. Busemann/Tippelt, Media Perspektiven 7 – 8/2014, S. 408 ff. (412). 7 Dieser Anteil hat sich in den letzten beiden Jahren verdoppelt, van Eimeren/Frees, Media Perspektiven 7 – 8/2014, S. 378 ff. (385). 2

24

Kap. 2: Notwendigkeit einer neuen Rundfunkordnung

steigenden Verfügbarkeit mobiler Dienste zunehmend zum Dreh- und Angelpunkt der Menschen. Das Internet hat sich damit in einer relativ kurzen Zeitspanne von einem anfänglich noch überwiegend textgeprägten Netzwerk zu einer „multimedialen Plattform mit Text-, Audio- und Videoangeboten“ entwickelt8. Es steht für die weltweite Vernetzung und eine allumspannende Verfügbarkeit von Inhalten und Diensten.

I. Nachrichtennutzung im Internet Trotz dieser signifikanten Zahlen führt der verstärkte Zugang zum Netz nicht per se zu einem starken Rückgang in der Nutzung anderer, klassischer Medien. So hat beispielsweise die tägliche Sehdauer des Fernsehens in der Kernzielgruppe kaum abgenommen9 und die zeitversetzte Nutzung über das digitale Fernsehgerät spielt gegenüber der TV-Nutzung in Echtzeit (immer noch) eine untergeordnete Rolle10. Dennoch ging es bei der Frage nach der Onlinepräsenz klassischer Medien schon früh um existenzielle Fragen11. Neben dem Versuch privater Rundfunkanbieter, tragfähige Geschäftsmodelle auf digitalen Plattformen zu etablieren, sieht sich auch die Mediengattung Presse seit geraumer Zeit aufgrund schwindender Reichweiten ihrer gedruckten Titel mit der Frage nach einer zwingenden Generierung digitaler Erlöse konfrontiert12. Gleichwohl erfreuen sich beispielsweise digitale Zeitungs- und Zeitschriftenangebote immer größerer Beliebtheit, was vor dem Hintergrund nicht verwunderlich ist, dass unter den am häufigsten im Netz abgerufen Inhalten aktuelle Nachrichten ganz oben rangieren – 49 Prozent aller Onlinenutzer rufen mindestens einmal wöchentlich Nachrichten im Netz ab13. Von den Jüngeren geben 60 Prozent der Deutschen an, Onlinenachrichten zu lesen oder anzusehen14. In Anbetracht dessen ist ein Inhaltebereich besonders stark vom Wandel betroffen: Der klassische Nachrichten- und Informationsjournalismus, der sich zwar 8

Vgl. Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 13. Quelle: AGF/GfK, 1. Halbjahr 2014. 10 Jedoch ist in den letzten Jahren ein starker Anstieg des nonlinearen Fernsehens, besonders bei den Jüngeren, zu verzeichnen, Quelle: Media-Analyse, vgl. Media Perspektiven, Daten zur Mediensituation in Deutschland 2014, S. 71 f.; JIM 2016, S. 34; vgl. auch Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 16 f. Hier ist vor allem die Second-Screen-Nutzung, die Nutzung eines zweiten Bildschirms parallel zum Fernsehen, immer relevanter. Vor allem Jüngere nutzen die Kombination der Geräte für „Social TV“-Anwendungen – den Austausch auf CommunityPlattformen über gerade laufende lineare Fernsehprogramme, vgl. Busemann/Tippelt, Media Perspektiven 7 – 8/2014, S. 408 ff. (411 f.). 11 Peters, Öffentlich-rechtliche Onlineangebote, S. 18. 12 Vgl. Zeitungen 2012/13, Zahlen – Daten – Fakten, S. 406 f. 13 van Eimeren/Frees, Media Perspektiven 7 – 8/2014, S. 378 ff. (387); vgl. zur Situation in den Jahren 2007 und 2008 Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 17. 14 van Eimeren/Frees, Media Perspektiven 7 – 8/2014, S. 378 ff. (387). 9

A. Internet und Telemediendienste

25

großer Beliebtheit bei den Nutzern erfreut, in seiner Produktion aber auch aufwendig und teuer ist.

II. Angebotsentwicklung digitaler Dienste klassischer Mediengattungen Gerade für Qualitätsanbieter von Informationen war das Internet als Betätigungsfeld im Sinne einer neuen Vertriebsplattform schon sehr früh interessant, was dazu führte, dass klassische Medienunternehmen bereits Anfang der 90er-Jahre versuchten, sich mit neuen, multimedialen Plattformen zu etablieren. 1. Entwicklung von Presseangeboten im Netz Im Jahr 1994 waren schon zahlreiche redaktionelle Inhalte von Printtiteln online erhältlich15. 1995 waren im Netz bereits mehr als 100 US-Zeitungen mit Informationsangeboten vertreten16. In Deutschland begannen die Nachrichtenmagazine „Der Spiegel“ und „Focus“ sowie das Hamburger Blatt „Die Woche“ ihre Ausgaben – trotz hoher Übertragungskosten – elektronisch auszuspielen17. Aber auch weitere deutsche Titel wie „Die Welt“, „Der Tagesspiegel“ oder die „Schweriner Volkszeitung“ waren zu diesem Zeitpunkt schon in elektronischer Form über das Netz verfügbar18. Bereits damals wurde es als großes Manko gesehen, dass Nachrichteninhalte im Internet trotz altbewährter Vertriebspreise der gedruckten Presse kostenlos abgerufen werden konnten19. Gleichwohl setzten Verlage auf die Onlineverbreitung; anfänglich jedoch vor allem, um die interaktiven Möglichkeiten für die Leser-Blatt-Bindung des gedruckten Produktes einzusetzen20.

15

Vgl. Endter, Medienrecht im Wandel, S. 199 ff. Bereits im Jahr 1994 stand in rund 40 Prozent der US-amerikanischen Haushalte ein PC, vgl. Fuhrmann, Zeitungen ‘94, S. 214 ff. (219). 17 Fuhrmann, Zeitungen ‘95, S. 230 ff. (240). 18 Ebd., S. 240, 251. 19 Ebd., S. 240, 251. Dieses Vorgehen wird Presseverlagen in der Diskussion um die Kostenlosmentalität des Internet verstärkt vorgehalten. Wären Presseangebote schon frühzeitig auch online nur kostenpflichtig verfügbar gewesen, könnten sie heute möglicherweise auf größere digitale Vertriebseinnahmen setzen. Da darauf verzichtet wurde, hätten sich die Nutzer an Gratis-Nachrichtenangebote von Zeitungen und Zeitschriften gewöhnt, monieren Kritiker. Der Geschäftsführer des schweizerischen Verlags Ringier, Marc Walder, bezeichnet das Anbieten von Gratisinhalten im Netz heute als „historischen Geburtsfehler“, vgl. Tages-Anzeiger vom 01. 12. 2012. 20 Fuhrmann, Zeitungen ‘95, S. 230 ff. (241). 16

26

Kap. 2: Notwendigkeit einer neuen Rundfunkordnung

2. Entwicklung der Onlinepräsenz privater Rundfunkveranstalter Auch große private Rundfunkveranstalter begannen weit vor der Jahrtausendwende, ihre Informationsangebote auf Onlineplattformen auszurichten. Nachdem der Sender ProSieben 1996 in den Onlinemarkt eintrat21, startete beispielsweise auch RTL mit seinem Internetauftritt im Juli 1997 zeitgleich mit der Gründung der RTL Multimedia GmbH22. Schon sehr früh versuchten private Anbieter, die Entwicklung hin zum interaktiven Fernsehanbieter voranzutreiben und digitale Vermarktungsmodelle zu entwickeln23. Der private Hörfunk war seit dem Jahr 1997 mit ersten Onlineablegern vertreten24. 3. Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Onlineengagements Anlässlich der rasanten technischen Entwicklung und Verbreitung von Internetzugängen war auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit seiner Kernkompetenz journalistisch-redaktioneller Angebote unter den mit der Digitalisierung verbundenen veränderten Rahmenbedingungen zu einer „strategischen Neuausrichtung“ gezwungen, um seine Inhalte zum Konsumenten zu bringen25. Die Anstalten begannen daher ebenfalls Mitte der 90er-Jahre mit Angeboten im Internet. Seit dem Jahr 1996 waren alle Landesrundfunkanstalten und öffentlich-rechtliche Gemeinschaftseinrichtungen online26. Auch das ZDF startete Mitte des Jahres 1996 seinen Onlineauftritt27 mit einem gemeinsamen Pilotprojekt von ZDF, NBC und Microsoft – dem deutschsprachigen Nachrichtenportal „www.zdf.msnbc.de“28. Im Jahr 1997 waren ARD und ZDF bereits unter ihren diversen Dachmarken mit einigen Onlineablegern vertreten (ard.de, das erste.de, hr-online.de und br-online sowie zdf-online)29. Zum Inhalteportfolio zählten damals insbesondere vertiefende Informationen zu den einzelnen Sendungen, Hinweise zu den Radio- und Fernsehprogrammen der Rundfunkanstalten, Zugang zu Archivmaterial sowie Angaben zu den Sendern selbst. Früh fingen ARD und ZDF zudem an, eine Reihe weiterer Onlinedienste zu 21

Vgl. http://senderhistory.jimdo.com/sender/prosieben/. Wadle, Deutsche TV-Sender im Internet am Beispiel des Privatsenders RTL und des öffentlich rechtlichen ZDF, S. 8. 23 Sewczyk, Media Perspektiven 3/2002, S. 115 f. (116). 24 Barth/Münch, Media Perspektiven 11 – 1997, S. 619 ff. (620). 25 Wimmer, ZUM 2009, S. 601 ff. (602). 26 Schmidt, ARD-Jahrbuch 2001, S. 17 ff. (22). 27 Damals waren acht Mitarbeiter in der ZDF-Onlineredaktion beschäftigt, die die ersten Anregungen zur Gestaltung der Internetseiten aus den Auftritten des ZDF im Bildschirmtext (BTX) gewannen, vgl. Wadle, Deutsche TV-Sender im Internet am Beispiel des Privatsenders RTL und des öffentlich rechtlichen ZDF, S. 8. 28 Held, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht zu § 11 Abs. 1 S. 2 RStV, Anh. Rn. 10 ff. 29 Vgl. Degenhart, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, S. 13 ff. 22

A. Internet und Telemediendienste

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offerieren30. Dazu zählten beispielsweise E-shops31 für den Verkauf von Merchandisingartikeln32 sowie Download-Angebote für Musik und Software. Die Rechtsgrundlage für diese Angebote blieb lange unklar. Im Jahr 2001 forderte die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) als Prüfinstanz für die Kostenstrukturen die Sender mit dem 13. KEF-Bericht auf, ihre Onlineaktivitäten für den nachfolgenden 14. Bericht nachweisbar erfassbar zu machen33. Die KEF wies insbesondere darauf hin, dass eine Leistungsdarstellung wegen der bevorstehenden Entscheidung über die Entwicklung des Onlineangebotes des gebührenfinanzierten Rundfunks notwendig sei. Die Anstalten „sahen sich jedoch zunächst nicht in der Lage, objektivierte Daten zum Umfang ihres Onlineangebots vorzulegen“, sodass die Kommission im 14. Bericht nur „Input-Größen“ abbilden und vereinzelte Aussagen zur Zusammensetzung des Internetangebotes treffen konnte34. Erst im 15. KEF-Bericht vom Dezember 2005 kam es zu einer detaillierten Beschreibung der Onlineaktivitäten von ARD und ZDF35.

III. Wettbewerbssituation bei digitalen Diensten Gab es in der analogen Welt noch ein festes Gefüge im Miteinander der verschiedenen (klassischen) Nachrichtenmedien Rundfunk und Presse, wird im Zeitalter des Internets eine Vielzahl von interaktiven Angeboten verschiedenster Wettbewerber offeriert: Neben Nachrichtenportalen etablierten sich Foren, (soziale) Netzwerke, Communities, Blogs und Kurzmeldungsdienste – Angebote, bei denen der Programmgestalter eine zunehmend untergeordnete Rolle einnimmt. Das moderne Internet ist zu einer Plattform für jedermann geworden, einem „Mitmachnetz“, für das sehr geringe Zugangshürden für die Inhalteverbreitung bestehen36. Aus diesen Entwicklungen ergeben sich Verschiebungen im Wettbewerbsgefüge, die bei kostenintensiven inhaltsbasierten Diensten vor allem die wachsende Schwierigkeit mit sich bringen, finanzielle Mittel für professionelle und qualitativ hochwertige Inhalte zu generieren37. 30 Vgl. für einen Überblick der Onlineangebotspalette von ARD und ZDF im Jahr 1998: Kreile/Neuenhahn, K&R 1998, S. 41 ff. (41 f.); Börner, K&R 1998, S. 345 ff. (349). 31 Virtuelle Geschäfte für Bestellungen über das Internet. 32 Teilweise gingen die dort angebotenen Produkte jedoch weit darüber hinaus. So bot der NDR-Shop z. B. im Jahr 2003 einen Kleinbildfernseher der Firma Casio oder ein „TagesschauFernglas“ an. Der Shop der WDR-Kochsendung „alfredissimo“ hatte Bratpfannen der Firma Tefal sowie Pfeffermühlen im Sortiment. 33 Vgl. 13. KEF-Bericht vom Dezember 2001, Rn. 40. 34 Vgl. 14. KEF-Bericht vom Dezember 2003, Rn. 38. 35 Vgl. 15. KEF-Bericht vom Dezember 2005, Band 2, Rn. 380 ff. 36 Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 14. 37 Ladeur, ZUM 2009, S. 906 ff. (912).

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Kap. 2: Notwendigkeit einer neuen Rundfunkordnung

1. Probleme der Inhaltefinanzierung von Onlinemedien Seit jeher suchen privatfinanzierte Medienanbieter nach Geschäftsmodellen für die digitale Inhaltefinanzierung. Auf dem Onlinemarkt haben sie im Besonderen zwei Herausforderungen zu meistern: Zum einen trifft der Inhalteverkauf in vielen Bereichen noch auf keine breite Akzeptanz bei den Nutzern – zum anderen trägt die (Display-)Werbung im Internet nur schleppend zur Grundfinanzierung digitaler Inhalte bei38. a) Unzureichende Vertriebserlöse im Internet Im publizistischen Wettbewerb um Nutzer ist ein öffentlich-rechtliches Angebot frei verfügbarer Inhalte in einem auf Bezahlinhalte ausgerichteten Markt – zum Beispiel der Markt der Bundesliga-Live-Übertragungen oder bei Onlineapplikationen in Marktplätzen wie dem App-Store der Firma Apple – problematisch. Ein Tätigwerden öffentlich-rechtlicher Sender in diesem Bereich kann das Etablieren nutzungsabhängig finanzierter Pay-Produkte konterkarieren. Jüngst werden im Besonderen von Presseverlagen immer mehr Versuche unternommen, die Nutzer von Nachrichten- und Informationsseiten im Internet an Bezahlschranken zu gewöhnen bzw. kostenpflichtige Abonnementmodelle zu etablieren und damit zukünftig zu einem neuen Finanzierungskonzept für digitale Inhalte beizutragen39. Das Problem stellt sich beispielsweise konkret beim Angebot von Nachrichten-Apps40, die verstärkt bereits für ein Entgelt auf den digitalen Marktplätzen, wie etwa von Apple oder Android, vertrieben werden41.

38 Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 18 f.; Hammer/Wieder, Internet-Geschäftsmodelle mit Rendite, S. 86. Zum selben Ergebnis kommt eine Umfrage von TNS Infratest vom Herbst 2011, die darstellt, dass nur Telefonwerbung als weniger störend empfunden werde als Werbung im Internet in Form von Banner, Pop-Ups und sonstigen Einblendungen, vgl.: W&V Nr. 13 vom 29. 03. 2012. 39 Der Axel-Springer-Verlag kündigte Ende des Jahres 2012 die Errichtung von Bezahlschranken für das Portal Welt-online und Bild-online an. Beide Portale sind seit Mitte Dezember 2012 (Welt) bzw. Juni 2013 (Bild) nur noch eingeschränkt kostenlos nutzbar (sog. Freemium-Modell). Ende des Jahres 2014 bestätigten auch Spiegel Online und die Süddeutsche Zeitung konkrete Pläne für digitale Bezahlinhalte. Auch haben nach mehreren Jahren zögerlichen Abwartens verstärkt regionale Zeitungsverlage eine Paid-Content-Strategie für ihre Onlineplattformen eingeführt, beispielsweise die Nordwest-Zeitung (NWZ) im November 2014, vgl. hierzu die BDZV-Pressemitteilung vom 04. 11. 2014. Vgl. hierzu auch die Ausführungen in Kapitel 4 A. I. 3. a). 40 App ist die Kurzform des englischen Worts „Application“. Es bedeutet Anwendung. Im Sprachgebrauch werden damit Miniprogramme bezeichnet, die auf mobilen Endgeräten, wie Smartphones oder Tablets, installiert werden, vgl. Schmidt, „Was ist eigentlich eine App?“, Beitrag auf derwesten.de vom 04. 10. 2010. 41 Zu dieser Problematik wird an späterer Stelle angesichts eines Klagevorgehens von acht Zeitungsverlagen gegen die Tagesschau-App der ARD weitergehend ausgeführt.

A. Internet und Telemediendienste

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b) Wettbewerb um die werberelevante Aufmerksamkeit Aber auch im Fall frei verfügbarer Inhalte können öffentlich-rechtliche Angebote privatfinanzierte Medienangebote beeinträchtigen. Beitragsfinanzierte Angebote stehen mit diesen im publizistischen Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Nutzer42. Diese Aufmerksamkeit, die Angebote im Netz erzeugen, trägt wiederum zur Finanzierung von Inhalten durch Werbung bei43. Werbung stellt neben den Erlösen aus dem Verkauf von Inhalten die zweite wichtige Säule der Inhaltefinanzierung privater Medienanbieter dar. Die kommerzielle Kommunikation ist im Internet jedoch bei klassischen Medienangeboten bislang nicht ausreichend, um beispielsweise die in der Produktion teuren Nachrichteninhalte zu finanzieren. Auch Medieninhalteanbieter, die in klassischen Betätigungsfeldern beinahe vollumfänglich auf Werbefinanzierung setzen, so wie dies im privaten Rundfunk seit jeher überwiegend der Fall ist, sehen sich im Internet mit der Schwierigkeit der Aufmerksamkeitsfindung für Werbeeinblendungen konfrontiert. Die Erfahrung im Netz zeigt, dass Internetnutzer immer weniger auf Werbung reagieren, sie oftmals als störend empfinden und unter Zuhilfenahme sogenannter Werbeblocker sogar ausblenden44. Die Aufmerksamkeit der Nutzer ist jedoch für den Einsatz von Werbung unabdingbar45. Grundsätzlich ist es genau diese Aufmerksamkeit – im Internet gemessen durch die Onlinewährung Unique User, Page Impression und Visits46 – die für private Medienanbieter als auch öffentlich-rechtlichen 42

Vgl. Klein, Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und das Internet, S. 6. Oswald, Die Onlinedienste des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, S. 33. 44 Vgl. Hammer/Wieder, Internet-Geschäftsmodelle mit Rendite, S. 86. Mit einer breit angelegten Aktion hatten einige Zeitungs- und Zeitschriftenverlage im Mai 2013 auf die Notwendigkeit von Werbung für die Finanzierung von Medieninhalten hingewiesen und die Nutzer ihrer Portale dazu aufgerufen, auf Werbeblocker zu verzichten. Die Aktion hatte jedoch zur Folge, dass die Zahl der Abrufe von Werbeblockern sogar anstieg, vgl. W&V-Beitrag vom 14. Mai 2013, abrufbar http://www.wuv.de/digital/adblock_plus_jubelt_ueber_anti_adblock_ kampagne_der_verlage. 45 Werbung im Internet wurde lange ausschließlich pro Sichtkontakt abgerechnet. Die Einheit hierfür ist der Tausender-Kontakt-Preis (TKP), für welchen eine Werbung 1000 Mal gezeigt werden muss, um den dafür anfallenden Betrag zu erhalten, vgl. auch Hammer/Wieder, Internet-Geschäftsmodelle mit Rendite, S. 85. Heute ist die Abrechnung der Internet-Werbung zunehmend erfolgsorientiert gewünscht, d. h. durch Klicks auf die Werbung (nicht mehr durch das potenzielle Betrachten) oder sogar über getätigte Verkäufe mit Klick auf die Werbung als Einstieg, sog. Affiliate-Marketing. 46 Der Unique User, also der „einzelne Nutzer“ drückt aus, wie viele Personen in einem bestimmten Zeitraum mindestens einen Kontakt mit einem Werbeträger bzw. einzelnen Belegungseinheiten hatten. Er ist die Grundlage für die Berechnung von Reichweiten und Strukturen von Onlinewerbeträgern sowie wesentlichen Faktoren für die Mediaplanung. Die PageImpression (PI) gibt die Anzahl der von Nutzern abgerufenen Seiten an. Ein Visit bezeichnet einen zusammenhängenden Nutzungszugang. Ein Visit beginnt, wenn ein Nutzer innerhalb eines Angebots eine PageImpression erzeugt. Jede weitere PageImpression, die der Nutzer innerhalb eines Angebotes erzeugt, wird diesem Visit zugeordnet. Der Visit wird als beendet angesehen, wenn länger als 30 Minuten keine PageImpression durch den Nutzer er43

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Kap. 2: Notwendigkeit einer neuen Rundfunkordnung

Rundfunk bedeutend ist, jedoch mit einem wichtigen Unterschied: Private Medien sind in ihrer Finanzierung von der Aufmerksamkeit der Nutzer abhängig, denn daran bemessen sich ihre Werbeumsätze, während öffentlich-rechtliche Sender ihre Angebote durch garantierte, staatlich festgelegte, Beiträge decken können47. Sie müssen zunächst aus Legitimationsgründen bestimmten Nutzeranforderungen gerecht werden, haben jedoch in der Regel keine Schwierigkeiten, dies finanziell auch umzusetzen und hochwertige, kostenintensive Inhalte zur Verfügung zu stellen. Die Aufmerksamkeit im Pool der Medienangebote aus dem Informationsbereich wird somit – vielleicht sogar gerade – durch beitragsfinanzierte werbefreie öffentlich-rechtliche Angebote vermindert48. Das stets vorgebrachte Argument seitens der öffentlich-rechtlichen Anstalten49, dem Werbemarkt würde durch nicht privat finanzierte Angebote keine Mittel entzogen50, kann insoweit nicht tragen, als diese Angebote im publizistischen Wettbewerb in jedem Fall Aufmerksamkeitsressourcen der Nutzer binden, die den privaten Angeboten dadurch verloren gehen51. Zudem ist davon auszugehen, dass werbefinanzierte Angebote – online durch Einblendung von Displaywerbung und Pop-Ups – insgesamt und anders als beispielsweise Anzeigen in Printmedien als störend empfunden werden, so dass werbefreie Portale, wie sie von ARD und ZDF zwangsläufig angeboten werden, unabhängig von der publizistischen Qualität einen klaren Vorteil gegenüber werbefinanzierten Angeboten aufweisen. 2. Neue Wettbewerber auf digitalen Märkten Die Tatsache, dass auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk verstärkt auf neue Ausspielwege setzte und damit seine Angebotsvielfalt immer weiter ausbaute, rief private Wettbewerber auf den Plan, die sich durch die gebührenfinanzierte Konkurrenz von unfairem Wettbewerb bedroht sahen52. Nach deren Auffassung konnte der ursprüngliche Regulierungsrahmen der Rundfunkordnung die mit der Digitalizeugt worden ist. Die INFOnline liefert als technischer Mess-Dienstleister die Zahlen PageImpression und Visit, die IVW (Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern) definiert Richtlinien und stellt Bedingungen für die Prüfung der Messung der Onlineangebote und ihrer Aufnahme in die IVW-Ausweisung auf und die AGOF (Arbeitsgemeinschaft Online Forschung e.V.) ermittelt die Werbeträgerkontakte und ergänzt soziodemographische Informationen (Quelle: AGOF-Glossar, http://www.agof.de/glossar.194.de.html sowie Anlage 1 zu den IVW-Richtlinien für Onlineangebote vom 17. Juli 2012). 47 Vgl. Wolff, Die gebührenfinanzierte Zeitung im Internet, FAZ v. 21.06.07, S. 14. 48 Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 96; Wimmer, ZUM 2009, S. 601 ff. (602); Müller-Terpitz, AfP 2008, S. 335 ff. (336). 49 Eberle, Professionalisierung der Medienaufsicht, S. 174 ff. (179 f.). 50 Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist es gemäß § 11 d Abs. 5 untersagt, Werbung und Sponsoring in Telemedien anzubieten. 51 Wimmer, ZUM 2009, S. 601 ff. (602); Castendyk, AfP 2008, S. 467 ff. (468); Holznagel/ Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien, S. 491. 52 Peters, Öffentlich-rechtliche Online-Angebote, S. 17, 19; Klickermann, AfP 2008, S. 793 ff. (793 f.).

A. Internet und Telemediendienste

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sierung verbundene Verlagerung von Medieninhalten ins Internet immer weniger zeitgemäß abbilden. Besonders private Rundfunkanbieter sowie Zeitungs- und Zeitschriftenverleger monierten fehlende rechtliche Grundlagen für eine Betätigung von ARD und ZDF im Netz, vor allem mit klassischen auftragsfernen Angeboten, das heißt solche, die nicht in erster Linie eine publizistische Relevanz aufweisen53. Es wurde gefordert, dass eindeutig klargestellt werden müsse, welche Dienste vom Auftrag der Rundfunkanstalten umfasst seien und welche hingegen von diesen nicht angeboten werden dürften. Es käme zu Wettbewerbsverzerrungen, wenn staatlich finanzierte Angebote unbeschränkt in den Onlinemarkt drängten, auf dem privatwirtschaftliche Anbieter sich „ihre Umsätze im harten Wettbewerb verdienen“54, das heißt marktwirtschaftlich finanzieren müssten55. Die oben beschriebenen Probleme bei der Finanzierung von Onlineinhalten speziell aus dem Nachrichten- und Informationsbereich zeigt die Bedeutung der unterschiedlichen Finanzierungskonzepte von öffentlich-rechtlichem Rundfunk und privaten Medien auf. Die Presse und der private Rundfunk sind ohne unmittelbare staatliche Unterstützung finanziert56, während der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit nach dessen Bedarfsanmeldungen gerichteten Beiträgen von der Gemeinschaft der Beitragszahler getragen wird57. Diese Grundverschiedenheit der Finanzierungsformen birgt Konfliktpotenzial und Risiken. Es geht damit ein Grundproblem einher, welches in der analogen Welt im ursprünglichen Gefüge zwischen privat- und durch Gebühren finanzierten Medien in dieser Form nicht bekannt war. Hier bestand eine Medienordnung, die öffentlich-rechtlichen und privaten Medien feste Plätze zuwies. Die Politik etablierte dafür das duale Rundfunksystem mit beinahe ausschließlich über Rundfunkgebühren finanzierten öffentlich-rechtlichen Sendern auf der einen und über Werbeeinnahmen eigenfinanzierten privaten Rundfunkanstalten auf der anderen Seite, während die Presse im klassischen Printbereich agierte und den Markt der gedruckten Nachrichteninformationen dominierte.

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Verdenhalven, Zeitungen 2002, S. 258 ff. (261); Rebmann, Online-Dienste als wettbewerbswidrige Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, S. 3 f.; Doetz, ARD und ZDF Online-Aktivitäten auf das notwendige Maß beschränken, Interview mit politik-digital.de vom 30.11.02. 54 So äußerte sich der Verleger und VDZ-Präsident Hubert Burda in einer Rede auf den VDZ-Zeitschriftentagen, wiedergegeben auf Zeit-Online vom 29. 11. 2007, „Was ist Grundversorgung?“. 55 Vgl. Peters, Öffentlich-rechtliche Online-Angebote, S. 20; Held, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und neue Dienste, S. 10. 56 Abgesehen von mittelbaren Hilfen wie den verminderten Mehrwertsteuersatz für Presseprodukte. 57 Vgl. auch Fiedler, AfP 2011 S. 15 ff. (18).

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Kap. 2: Notwendigkeit einer neuen Rundfunkordnung

B. Verfassungsrechtlicher Rahmen Um auf die Konfliktlage der im Zuge der Digitalisierung hervorgetretenen neuen Wettbewerbssituation bei Onlinediensten und die daraus erfolgten Beschwerden bei der EU-Kommission sowie die daran anschließende gesetzliche Festlegung von Normen im Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag vertiefen zu können, ist besonderes Augenmerk auf den verfassungsrechtlichen Rahmen zu legen, welcher eine Reihe von Besonderheiten für die Beurteilung der Zulässigkeit öffentlich-rechtlicher Angebote – auch in Abgrenzung zu Angeboten privatfinanzierter Medien wie der Presse – offenbart.

I. Ordnungsmodelle von Rundfunk und Presse Der Aufgabenbereich der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sowie die Grenzen ihrer Betätigung ergeben sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und der das Grundrecht der Rundfunkfreiheit auslegenden und ausfüllenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Die Rundfunkfreiheit dient der freien, individuellen und öffentlichen Meinungsbildung58 ; sie fungiert als der Meinungsfreiheit dienende Freiheit. Sie ist demnach nicht nur objektives Abwehrrecht, sondern hat zudem einen objektiv-rechtlichen Charakter59. Voraussetzung für die meinungsbildende Funktion des Rundfunks ist eine Vielfalt an umfassenden und vollständigen Informationen, die durch ihn vermittelt werden sollen60. Grund für dieses Verständnis ist ein (potenzielles) Marktversagen auf dem Gebiet des Rundfunks, einem für eine demokratische Gesellschaft bedeutenden Meinungsmarkt61. Dieser zeichnet sich – im Gegensatz zur Presse – durch eine hohe Suggestivkraft der Ton-Bild-Kombinationen, Breitenwirkung und Aktualität aus. Diese Auswirkung auf die Meinungsbildung und -vielfalt rechtfertigt bislang eine starke Regulierung des Rundfunks im Vergleich zur Presse62. Dem Legitimationskonstrukt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks steht das privatrechtsförmige Marktmodell der freien Presse mit der verankerten Instituts58

BVerfGE 74, 297 (323 f.); 87, 181 (197). BVerfGE 57, 295 (319 f.); 74, 297 (323). 60 BVerfGE 57, 295 (320). 61 Gersdorf, Staatsfreiheit des Rundfunks in der dualen Rundfunkordnung der Bundesrepublik Deutschland, S. 94 f.; Castendyk, AfP 2008, S. 467 ff. (469). 62 Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk entwickelte das Bundesverfassungsgericht daher organisatorische Vorgaben. Für die privaten Rundfunkanbieter hat es organisatorische und inhaltliche Vorgaben (zu Art und Umfang von Werbung, zum Sponsoring, zur Unzulässigkeit bestimmter Programminhalte, zum Jugendschutz, zur Meinungsvielfalt inkl. der Ausstrahlung regionaler Fensterprogramme, zur Sendezeit für Dritte, zum Datenschutz) erlassen, mit denen die Unabhängigkeit der privaten Anbieter und die Ausgewogenheit und Vielfalt der privaten Programmangebote sichergestellt werden sollen. Deren Prüfung wurde den zu diesem Zweck gegründeten Landesmedienanstalten übertragen, vgl. Kops, Rundfunkbegriff und Rundfunkregulierung in den Zeiten von Multimedia, S. 1. 59

B. Verfassungsrechtlicher Rahmen

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garantie in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG63 gegenüber. „Öffentlich-rechtliche Medien sind durch staatliche Normen organisiert, finanziert und mit der Vorgabe binnenpluralistischer Ausgewogenheit auch inhaltlich verpflichtet“64. Die Presse wiederum trägt mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ein Grundrecht, welches eine freie und außenplurale Meinungsbildung der Bürger in der Gesellschaft schützt“65. Sie ist nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen und in privatrechtlichen Organisationsformen tätig66. „Hinter der Pressefreiheit verbirgt sich die Idee eines aus eigenem Antrieb handelnden Individuums – hinter der Rundfunkfreiheit steht die Konzeption gesellschaftlicher Freiheit durch öffentliches Handeln“67. Wie dargelegt, sind sowohl Rundfunkanbieter als auch Presseverlage mit digitalen Diensten im Internet tätig. Da sie von den grundlegend unterschiedlichen Ordnungsprinzipien geprägt sind, treffen dort „zwei Welten aufeinander“68, denen die Kommunikationsverfassung bislang feste Plätze im Ordnungsgefüge klassischer Medien zugewiesen hatte. Die Frage, welche Ordnung für Angebote im Internet gilt, wird in der Diskussion über die Legitimation und Grenzen von Telemedienangeboten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten oft ins Feld geführt. Die Abgrenzung der Regime allein in der begrifflichen Definition von Presse und Rundfunk zu suchen und damit zu klären, ob Onlinedienste generell dem Rundfunkbegriff unterfallen, greift jedoch zu kurz69.

II. Ausgestaltungsvorbehalt des Gesetzgebers Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedarf die Rundfunkordnung mit Rücksicht auf „die herausgehobene Bedeutung, die dem Rundfunk unter den Medien wegen seiner Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft“ zukommt, einer vielfaltssichernden gesetzlichen Ausgestaltung70. Auf der Grundlage eines funktionalen Grundrechtsverständnisses obliegt dem Staat die Verpflichtung, die dem Rundfunk immanente dienende Funktion im Kommunikationsprozess zu gewährleisten und durch Gesetze eine positive Rundfunkordnung zu schaffen. Durch den Ausgestaltungsvorbehalt soll die Meinungsvielfalt im Rundfunk in möglichst großer Breite und Vollständigkeit Ausdruck finden und umfassende

63 64

S. 24. 65 66 67 68 69 70

Gersdorf, Legitmation und Limitierung, S. 27. Fiedler, K&R 2012, S. 795 ff. (798); vgl. auch Gersdorf, Legitimation und Limitierung, Fiedler, AfP 2011, S. 15 ff. (18). Möllers, AfP 2008, S. 241 ff. (242). Ebd., S. 242. Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 24. Vgl. die Ausführungen zu presseähnlichen Angeboten unter Kapitel 4 B. I. 3. c). Zuletzt BVerfGE 119, 181 (116 f.), 121, 30 (50).

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Kap. 2: Notwendigkeit einer neuen Rundfunkordnung

Information ermöglicht werden71. Hintergrund für dieses Ordnungsmodell war die Überlegung, dass das als Grundversorgung bekannte Erreichen der Bundesbürger mit Informationen, Bildung, Kultur und Unterhaltung von den öffentlich-rechtlichen Anstalten zu gewährleisten sei, weil deren Programme von beinahe der gesamten Be völkerung empfangen wurden und diese aufgrund ihrer Finanzierungsregelung nicht wie private Sender auf Einschaltquoten angewiesen sind72. Es wurde demnach eine Gefahr für die Vielfalt angenommen, die den klassischen Funktionsauftrag begründet, der neben der Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für die Meinungsund Willensbildung, neben Unterhaltung und Information seine kulturelle Verantwortung umfasst. Diese vielfaltssichernde Wirkung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks begründet seine Funktion, seinen Auftrag und damit seine Legitimation.

III. Grundversorgungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner 4. Rundfunkentscheidung (Niedersachsen-Urteil) die Grundzüge des dualen Rundfunksystems weiter abgesteckt73. Solange eine Grundversorgung durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gewahrt werde, seien niedrigere Anforderungen an private Rundfunkangebote hinzunehmen, welche nicht auf eine staatliche Finanzierungsgarantie zurückgreifen können. Dieser Grundversorgungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks umfasst die Gewährleistung von umfassender und qualitativ hochwertiger Informationsbereitstellung und misst ihm seine besondere Bedeutung für die demokratische Ordnung und das kulturelle Leben zu74. Er beinhaltet ein Programmangebot für die gesamte Bevölkerung, das umfassend und in voller Breite des klassischen Programmauftrags informiert und die Meinungsbildung in der durch die Verfassung gebotenen Weise sicherstellt75. Allerdings ist der Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht als reine Mindestversorgung zu sehen, welche Tätigkeiten umfasst, die von den Privaten nicht abgedeckt werden76. Die Grundversorgung ist demnach auf die (Voll-)Versorgung der gesamten Bevölkerung mit Rundfunkprogrammen gerichtet.

71 BVerfGE 57, 295 (319 f.), 73, 118 (152 ff.); 74, 297 (323 f.); 83, 238 (295 f.); 87, 181 (197 f.); 89, 144 (152); 90, 60 (88); 114, 371 (386 f.); BVerfG, 119, 181 (161 f.). 72 Zur kommunikativen Chancengleichheit der Rezipienten durch den Grundversorgungsauftrag vgl. Gersdorf, Kabeleinspeisung von Programmbouquets, S. 168 ff. 73 BVerfGE, 73, 118. 74 BVerfGE 73, 118 (157 f.). 75 BVerfGE 73, 118 (157); 74, 297 (325 f.); 83, 238 (297, 299); 87, 181 (199); Martini, in: Gersdorf/Paal, RStV Präambel, Rn. 14. 76 BVerGE 74, 297 (326); BVerfGE 83, 238 (297 f.).

B. Verfassungsrechtlicher Rahmen

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IV. Bestands- und Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Zudem ist der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht statisch zu sehen, sondern umfasst auch die Entwicklung in neue technische Verbreitungswege. Diese vom Bundesverfassungsgericht zugesprochene Bestands- und Entwicklungsgarantie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten legt dem Gesetzgeber ein bedeutendes Merkmal für die Zulässigkeit der Verbreitung beitragsfinanzierter Inhalte auf. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk darf in programmlicher, finanzieller und technischer Hinsicht nicht auf den gegenwärtigen Entwicklungsstand beschränkt werden77. Angesichts der schnellen technologischen Entwicklung des Rundfunkwesens sah das Bundesverfassungsgericht darin die Gewährleistung, dass neue Übertragungsformen, die alte technische Standards verdrängten, für die Grundversorgung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks offen ständen. Dasselbe gilt für das Programmangebot, das für neue Publikumsinteressen oder neue Formen und Inhalte offen bleiben müsse78.

V. Staatsfreiheit und Programmautonomie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Zudem muss sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk frei von staatlicher Einflussnahme entfalten können. Über die funktionssichernden gesetzlichen Programmvorgaben und die staatliche Finanzierung hinaus darf die Rundfunkordnung dem Staat und seinen Organen keinen Einfluss auf Inhalt und Form der Programme der Rundfunkveranstalter einräumen. Dieses Gebot der Staatsferne gewährleistet die Programmautonomie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, nach der es dem Staat untersagt ist, unmittelbaren oder mittelbaren Einfluss auf die Programmgestaltung im Einzelnen zu nehmen79. Aus der Staatsferne ergibt sich ein Spannungsverhältnis zum Ausgestaltungsvorbehalt des Gesetzgebers80, der die Programmautonomie wahren muss und dem bei den gesetzlichen Festlegungen zum Auftrag keine konkreten Eingriffe in Inhalt und Programmformen erlaubt sind81. Auch der Einfluss des Staates in den Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist konsequent zu begrenzen82. 77

BVerfGE 73, 118 (158); 74, 297 (324 f.); 83, 238, (298 ff.); 90, 60 (91); 119, 181 (218). BVerfGE 83, 238 (299). 79 BVerfGE 59, 231 (260); 87, 181 (201); 90, 60 (90 f.); vgl. Krausnick, ZUM 2007, S. 806 ff. (812); Wiedemann, ZUM 2007, S. 800 ff. (804 f.). 80 Vgl. die Ausführungen zum Spannungsverhältnis im Rahmen der beihilferechtlichen Vorgaben unter Kapitel 6 B. II. 81 Vgl. Gersdorf, in: Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, § 11 RStV, Rn. 4. 82 Zuletzt entschieden durch das BVerfG mit Urteil vom 25. 03. 2014 über die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien des ZDF (Verwaltungs- und Fernsehrat). Der Anteil der 78

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Kap. 2: Notwendigkeit einer neuen Rundfunkordnung

VI. Bedeutung für neue Angebotsformen All diese Grundsätze sind für die Legitimation neuer Angebotsformen von Bedeutung. Der Gesetzgeber hat seinen Ausgestaltungsvorbehalt wahrzunehmen. Seinem Wirken sind jedoch aufgrund der Programmautonomie der Rundfunkanstalten Grenzen gesetzt. Auch die Bestands- und Entwicklungsgarantie unterbindet eine zu starke Eindämmung des Auftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Allerdings muss nach diesen Grundsätzen nicht jedes neue Angebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verfassungsrechtlich zulässig sein, sondern nur jenes, das eine gefährdete Meinungsvielfalt zu sichern vermag und für das daher ein verfassungsrechtliches Bedürfnis besteht. Besonders im Internet führt dies zu Bedenken hinsichtlich eines zu weit gefassten Auftrags. Das Netz ist „ein Paradebeispiel für ein funktionierendes außenpluralistisches Modell“. Es bietet eine schier grenzenlose Zahl von Anbietern, Inhalten und Meinungen. Neben professionalisierten Massenmedien wie Presse und Rundfunk treten online in großem Maße Inhalteanbieter aus Zivilgesellschaft und semiprofessionellen Institutionen auf, die über Beiträge aller Art – wie Blogs und Foren – einen erheblichen Teil an Vielfalt in der digitalen Kommunikation beisteuern. Dies resultiert auch aus der kostengünstigen Herstellung und Verbreitung von digitalen Diensten im Gegensatz zur teuren Produktion von Rundfunkprogrammen bzw. gedruckten Pressetiteln und den damit verbundenen Zugangshürden zu den analogen Märkten. Von Vielfaltsdefiziten – also einem meinungsverengenden Bereich im Internet –kann daher nicht ausgegangen werden. Ursprünglich war es aber das Ziel der Programmvielfalt, welches die Sonderstellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als staatlich beauftragter Anbieter mit begründete. Die deutsche Kommunikationsverfassung spricht die Sicherstellung von Vielfalt zunächst den privatwirtschaftlich organisierten Medien in Unternehmensform zu. Erst bei Versagen von Vielfalt bzw. dort, wo die privatwirtschaftliche Kommunikationsverfassung an ihre Grenzen gerät, wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk herangezogen. Er soll die Vielfalt der Meinungen zur Geltung bringen und selbst vor einer Instrumentalisierung durch den Staat oder einer gesellschaftlichen Gruppe geschützt werden. Er ist damit ein „sektoraler Aufgabenträger“, der seine Legitimation aus Funktionsdefiziten des privatwirtschaftlichen Medienmarktes erhält, welche im analogen Rundfunkbereich lange Bestand hatten: Im klassischen Rundfunk gab es einen Mangel an Sendefrequenzen und die Verbreitung von Rundfunk war mit hohen Kosten (vor allem für das Anbieten eines Fernsehvollprogramms) verbunden. Das daraus resultierende mögliche Mangelszenario an Vielfalt in der Rundfunkordnung war ausschlaggebend für den zugeteilten Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das dargestellte System des klassischen Rundfunks mit seinen vielfaltsverengenden Merkmalen lässt sich jedoch nicht mit der gleichen Rechtfertigung in die digitale Welt übertragen. staatlichen und staatsnahen Mitglieder darf demnach insgesamt ein Drittel der gesetzlichen Mitglieder des jeweiligen Gremiums nicht übersteigen.

D. Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Auftrags im digitalen Zeitalter

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C. Erfordernis einer rechtlichen Anpassung des Auftrags Die ursprüngliche Konstruktion der dualen Rundfunkverfassung wurde den Gegebenheiten für die Verbreitung digitaler Inhalte öffentlich-rechtlicher Sender somit nicht mehr gerecht. Die bis dato im dualen Rundfunksystem fehlende Ausgestaltung von Wettbewerbsaspekten zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk kommt durch die technologische Entwicklung der Medien immer stärker zum Vorschein83. Über digitale Ausspielwege treffen nun öffentlich-rechtliche Inhalte als Online- oder Mobildienste mit anderen Mediengattungen, zum Beispiel der Presse, zusammen – es entstehen damit in der bisherigen Rundfunkordnung ungekannte Wettbewerbsverhältnisse. Diese können nicht nur für den publizistischen Bereich eine Relevanz besitzen, sondern auch für die Finanzierung von Angeboten negative Folgen mit sich bringen84. Mehr Vielfalt in Gestalt von zusätzlichen öffentlich-rechtlichen Angeboten auf Gebieten, in denen der Markt bereits privatwirtschaftlich gut abgedeckt ist, kann mittelfristig für die Vielfalt sogar nachteilige Auswirkungen haben85. Publizistischer Wettbewerb kann damit auch zu einem Verdrängungswettbewerb dergestalt führen, dass mit Beiträgen ausgestattete öffentlich-rechtliche Anstalten ihr Angebot immer weiter ausdehnen und private Angebote daher das (auch wirtschaftliche) Interesse an der Berichterstattung verlieren, weil sie von einem starken öffentlich-rechtlichen Angebot aus dem Markt gedrängt werden könnten. Der Gesetzgeber ist vor dem Hintergrund dieser Überlegungen im Bereich der Beauftragung von „Telemedien zunächst an die klassische Regel des Vorrangs privater Aktivitäten gebunden und unterliegt bei Durchbrechung dieser Regel einer verfassungsrechtlichen Pflicht zur Begründung einer Ausnahme“86.

D. Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Auftrags im digitalen Zeitalter Die rasante Entwicklung von klassischer Berichterstattung hin zu digitalen Inhalten stellte in der Folge neue Herausforderungen an den Gesetzgeber. Da die ersten Onlineportale von ARD und ZDF ohne explizite Ermächtigungsgrundlage angeboten wurden, kamen ab Mitte der 90er-Jahre zahlreiche Stimmen auf, die forderten, die bestehende Rechtslage an die Erfordernisse anzupassen, die durch das Engagement 83 84 85

(341).

Ladeur, ZUM 2009, S. 906 f. (908). Vgl. Gerhardt, Zeitungen 2011/2012, S. 297 ff. (299). Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 96; Müller-Terpitz, AfP 2008, S. 335 ff.

86 Ladeur, „Presseähnliche“ Online-Dienste der Öffentlich-Rechtlichen, Beitrag auf Telemedicus.info vom 11. 08. 2010.

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Kap. 2: Notwendigkeit einer neuen Rundfunkordnung

der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit neuen Diensten entstünden. Nachdem bereits in einem Staatsvertrag eine inhaltliche Regulierung für an die Allgemeinheit gerichtete Informations- und Kommunikationsdienste (Mediendienste) erlassen worden war87, verfasste der Gesetzgeber jedoch erst zum Beginn des neuen Jahrtausends erste Regelungen speziell für Mediendienste des öffentlichrechtlichen Rundfunks88.

I. Vierter Rundfunkänderungsstaatsvertrag Mit dem Inkrafttreten des Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrags89 am 01. April 2000 wurde in Art. 2 und 3 durch Änderung des jeweiligen § 4 Abs. 3 Satz 1 der Staatsverträge für ARD, ZDF und Deutschlandradio eine spezielle Mediendiensteermächtigung öffentlich-rechtlicher Sender geschaffen, die das bis dato vorgehaltene Online-Engagement der Sender umfassen sollte90. Danach waren die Rundfunkanstalten berechtigt, im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung Mediendienste im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 4 Mediendienste-Staatsvertrag a. F. mit vorwiegend programmbezogenem Inhalt anzubieten91. Die amtliche Begründung zu § 4 Abs. 3 ARD-Staatsvertrag92 führt dazu aus, dass die benannten an die Allgemeinheit gerichteten Abrufdienste sich vorwiegend auf das Programm beziehen müssten, wonach Dienste ohne einen solchen Programmbezug unzulässig seien.

87 Mediendienste-Staatsvertrag vom 01. 08. 1997, außer Kraft getreten mit dem Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 05. 09. 2006. Der Mediendienste-Staatsvertrag war in weiten Teilen wortgleich mit dem vom Bund erlassenen Gesetz über Teledienste. Die parallele Regelung spiegelte den Streit zwischen Bund und Ländern über die Kompetenzverteilung wider, vgl. Gersdorf, Neue Dienste zwischen Gesetzgebungskompetenz von Bund und Ländern, S. 163 ff. 88 Die Begrifflichkeit und Unterscheidung von Medien- und Telediensten wurde schließlich mit dem Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag durch den zusammenfassenden Begriff der Telemedien aufgegeben. Es hatte immer wieder Abgrenzungsschwierigkeiten in der Rechtsanwendung ergeben, weshalb die unterschiedlichen Begrifflichkeiten vereinheitlich wurden, vgl. Held, in: Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 11 Anh., Rn. 14, 58 – 59; Cole, in: Dörr/Kreile/Cole, Handbuch Medienrecht, Rechtsgrundlagen zu elektronischen Medien, S. 96. 89 Vierter Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 20. 07. 1999. 90 Zum vormaligen Mediendienste-StV vgl. Gersdorf, der auch bereits zu diesem frühen Zeitpunkt die zukünftigen Möglichkeiten jedweder Freiheitsbetätigungen durch digitale Dienste prognostizierte, Neue Dienste zwischen Gesetzgebungskompetenz von Bund und Ländern, S. 163 ff. (164 f.). 91 Die amtliche Begründung führt dazu aus: „Für ARD und ZDF wird zugleich mit den Ermächtigungen für digitale Angebote der Bestands- und Entwicklungsgarantie aus Artikel 5 GG Rechnung getragen. Mithin haben ARD und ZDF auch im digitalen Zeitalter einen umfassenden öffentlichen Auftrag“. 92 Die Begründungen des ZDF-StV und Deutschlandradio-StV verwiesen auf diesen.

D. Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Auftrags im digitalen Zeitalter

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1. Die Zuordnung von Onlinediensten zum Funktionsauftrag Im Vorfeld zu dieser Regelung hatte es eine breite Diskussion darüber gegeben, ob neue Mediendienste öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten nicht schon ohne explizite Ermächtigungsgrundlage für den Onlinebereich zulässig sein müssten. a) Rundfunkfreiheit und Entwicklungsgarantie als mögliche Ermächtigung Im Schrifttum wurde diesbezüglich teilweise vertreten, es bräuchte für die reinen Hilfstätigkeiten (Onlineangebote zur Unterstützung des Rundfunkangebots) keiner expliziten gesetzlichen Ermächtigung, da sie bereits durch die grundrechtliche Rundfunkfreiheit gedeckt seien93. Die anschließend festgelegte Regelung hätte dann lediglich deklaratorischen Charakter94. Hilfstätigkeiten wurden so lange angenommen, wie der Umfang und das publizistische Gewicht der Onlinetätigkeiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht eine neue Qualität erreiche, deren „Wesentlichkeit“ eine gesetzliche Ausgestaltung erforderlich mache95. Auch die verfassungsrechtliche Bestands- und Entwicklungsgarantie wurde für eine Begründung der Onlinezuständigkeit ohne spezielle einfachgesetzliche Ermächtigung – selbst für über Hilfstätigkeiten hinausgehende Angebote – herangezogen96. Im Schrifttum wurde schon früh vertreten, unabhängig von der Rundfunkfreiheit reiche allein die Bestands- und Entwicklungsgarantie als Ermächtigungsgrundlage für die Ausweitung in neue Angebotsformen – daher auch für die Onlinebetätigung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten – aus97. Eine einengende Interpretation dahingehend, die Rundfunkanstalten auf die Ausübung eines traditionellen Rundfunkprogramms zu beschränken, sei mit dem verfassungsrechtlichen Rundfunkbegriff, der den Rundfunk entwicklungsoffen und dynamisch interpretiere, nicht vereinbar und würde den Funktionsauftrag in unzulässiger Weise beschränken98.

93 Jarass, Online-Dienste und Funktionsbereich des Zeiten Deutschen Fernsehens, S. 20 ff.; ders., AfP 1998, S. 133 ff. (139); Eberle, AfP 1998, S. 272 (273); Holznagel, Der spezifische Funktionsauftrag des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 166; Michel, ZUM 1998, S. 350 ff. (355, 357). 94 So auch Schulze-Fielitz, AfP 1998, S. 447 ff. (455); Eberle, der den Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrag als den die Verfassungsrechtslage klarstellende Mandatierung ansieht, Formen der Finanzierung öffentlich-rechtlicher Onlineangebote, S. 3. 95 Schulze-Fielitz, AfP 1998, S. 447 ff., (455); Holznagel, Der spezifische Funktionsauftrag des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 167; Witt, Internet-Aktivitäten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, S. 123, 157 ff. 96 Vgl. die Ausführungen unter Kapitel 2 B. IV. 97 Eberle, AfP 1998, S. 272 ff. (273); Witt, Internet-Aktivitäten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, S. 123, 157 ff., 241 ff.; Michel, AfP 1998, S. 350 ff. (356). 98 Michel, AfP 1998, S. 350 ff. (356); Eberle, AfP 1998, S. 272 ff. (273).

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Kap. 2: Notwendigkeit einer neuen Rundfunkordnung

b) Fehlende Ermächtigung mangels expliziter gesetzlicher Grundlage Andere wiederum sahen etwaige Aktivitäten im Rahmen von Telekommunikationsdiensten aus verfassungsrechtlicher Sicht im Rahmen der Funktions- und Aufgabenbestimmung und der grundrechtlichen Garantien nicht originär vom Kompetenzbereich erfasst99. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk verfüge erst dann über gewisse Annexkompetenzen für Telekommunikationsdienste, wenn diese auf einer gesetzlichen Zulassung basierten – grundsätzlich geschützt seien lediglich Randbetätigungen, die durch einen entsprechenden Programmbezug gekennzeichnet seien und mit der Programmveranstaltung in einem untrennbaren Zusammenhang stünden100. So könnten beispielsweise eine mediale Selbstdarstellung sowie Eigenwerbung im Internet in begrenztem Umfang ohne spezielle gesetzliche Ermächtigung zulässig sein101. Über Grund und Maß einer möglichen Funktionserweiterung müsse der Gesetzgeber in Form einer Ermächtigung und nicht die Rundfunkanstalten selbst entscheiden102. Die zu legitimierenden Onlinetätigkeiten seien zudem auf begleitende Programminformationen zu beschränken, wie sie beispielsweise auch in programmbegleitenden Druckwerken veröffentlicht werden könnten103. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten würden durch das Selbstverwaltungsrecht eben keine „Kompetenz-Kompetenz“ eingeräumt bekommen, mit der sie ihren Funktionsund Aufgabenbereich „eigenmächtig erweitern“ könnten104. Weitere Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks habe der Gesetzgeber so festzulegen, dass sie eine Barriere gegen den „Sog des Marktes bildeten und eine Pflege integrierend breiter Vielfalt sowie vorbildlicher Programmgestaltung“ bewirkten105. So könne auch die Entwicklungsgarantie keine selbstständige Aufgabenzuweisung der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten begründen106. Sie gelte „nur im Rahmen der Anstaltsaufgaben“ und könne nicht selbstständig erweitert werden107. Die Grund99

Mit Nachweisen zum Diskussionsstand, Berka, Programmauftrag Internet, S. 47 f. So bereits in den frühen Anfängen der Diskussion: Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, S. 65 f.; ders., NJWCoR 1998, S. 238 ff. (238). 101 Degenhart, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, S. 92; ders., MMR 1998, S. 137 ff. (139); ders., ZUM 1998, S. 333 ff. (335); Schoch, AfP 1998, S. 253 ff. (259). 102 Schoch, AfP 1998, S. 253 ff. (259); Brenner, Zur Gewährleistung des Funktionsauftrages durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 244. 103 Degenhart, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, S. 93; Ricker, AfP 1998, S. 437 ff. (443). 104 Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff im Lichte der Digitalisierung der Telekommunikation, S. 65 f.; ders., NJW-CoR 1998, S. 238 ff. (238). 105 Bullinger, Die Aufgaben des öffentlichen Rundfunks, S. 116, der darauf hinweist, die Programmautonomie stehe unter dem Vorbehalt der gesetzlich festgelegten Aufgaben. 106 Degenhart, MMR 1998, S. 137 ff. (139); Börner, K&R 1998, S. 345 ff. (349). 107 Degenhart, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, S. 89 ff. 100

D. Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Auftrags im digitalen Zeitalter

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rechtsträgerschaft beschränke sich dabei auf die Ausübung der Rundfunkfreiheit, nicht einer allgemeinen Medienfreiheit – Onlinedienste seien jedoch nicht dem klassischen dualen Rundfunk zuzuordnen, sondern eine Erweiterung der bisherigen Aufgaben mit unterschiedlichen Ausprägungen108. 2. Erfordernis weiterreichender gesetzlicher Klärung In Folge des Vierten Rundfunkänderungsstaatsvertrags mit der ersten gesetzlich festgelegten Ermächtigung für bestimmte öffentlich-rechtliche Onlinetätigkeiten bauten ARD und ZDF ihr Angebot im Internet weiter aus. Dies führte erneut zu deutlicher Kritik in der Medienpolitik und ließ die Forderung nach einer weitergehenden gesetzlichen Klärung der Beauftragung digitaler Dienste durch den Rundfunkgesetzgeber aufkommen109. Private Medienanbieter monierten mit Blick auf die eigenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten bei der Finanzierung von Onlineangeboten den steigenden Finanzbedarf durch den Ausbau digitaler öffentlich-rechtlicher Dienste – eine stärkere Eingrenzung des Handlungsspielraums von ARD und ZDF im Internet sei daher erforderlich110.

II. Siebter Rundfunkänderungsstaatsvertrag Mit dem Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der am 1. April 2004 in Kraft trat, wurden die materiellen Vorgaben für Onlinedienste schließlich angepasst und in die neu geschaffene Funktionsauftragsnorm111 des § 11 RStV a. F. aufgenommen. § 11 Abs. 1 S. 2 RStV a. F. änderte die vorherige Festlegung der Onlinebetätigung von „Mediendienste mit vorwiegend programmbezogenem Inhalt“ in „programmbegleitende Druckwerke und Mediendienste mit programmbezogenem Inhalt“ ab. Obwohl die Länder an dieser Stelle keine Formulierung wie „ausschließlich programmbezogen“ genutzt haben, wird deutlich, dass es dem Rundfunkgesetzgeber mit der Streichung des Wortes „vorwiegend“ darauf ankam, die Onlinedienste der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten stärker als zuvor zu begrenzen112. Dementsprechend wiesen die Länder in der Gesetzesbegründung darauf hin, dass es sich bei den nach dieser Bestimmung zulässigen neuen Mediendiensten um eine unterstüt108

Ebd., S. 89 ff.; siehe auch Rath-Glawatz, AfP 1998, S. 268 ff. Vgl. die Darstellung im ARD Jahrbuch 2002, S. 155 f. sowie Held, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, Anhang zu § 11 RStV, Rn. 14. 110 Held, Beck‘scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 11 Anh., Rn. 14. 111 Ebd., Rn. 11. 112 So auch Rebmann, Online-Dienste als wettbewerbswidrige Angebote des öffentlichrechtlichen Rundfunks, S. 4; siehe auch von Wallenberg, ZUM 2004, S. 875 (883) mit Hinweis auf die problematischen Auslegungsspielräume beim Begriff der Programmbezogenheit; anders Reese, Der Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vor dem Hintergrund der Digitalisierung, S. 223 f. 109

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Kap. 2: Notwendigkeit einer neuen Rundfunkordnung

zende Randbetätigung bei der Erfüllung des Auftrages der Sender handele113. Die neuen Mediendienste seien dabei aus Gründen der Klarheit ausdrücklich in den Rundfunkstaatsvertrag aufgenommen worden, wobei die Vorschrift der Programmbezogenheit eine Beschränkung dieser Dienste bewirken sollte114. Von der Ermächtigung für Mediendienste mit programmbezogenem Inhalt waren Informationen über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten selbst erfasst, über die Rahmenbedingungen ihrer Programmtätigkeit sowie über die Programmvorschau und Wiedergabe von Programminhalten, vorausgesetzt, dass ein durchgehender Programmbezug gegeben war und die Erfüllung des Programmauftrags unterstützt wurde (bei den Mediendiensten sollte zudem den medialen Besonderheiten dieser Dienste Rechnung getragen werden)115. Auch sollte nach § 11 Abs. 4 Satz 1 RStV a. F. der Funktionsauftrag durch Selbstverpflichtungserklärungen der Rundfunkanstalten klarer gefasst werden. Die Ziele, die mit den Programmen erreicht werden sollen, wurden auf gesetzlicher Ebene ebenfalls sehr abstrakt gehalten. Dies umfasste in § 11 Abs. 2 RStV a. F. den Auftrag zur Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung. Zudem wurde in § 11 Abs. 2 Satz 4 RStV a. F. ein erforderlicher Beitrag zur Kultur und zur Berichterstattung auf allen regionalen Ebenen besonders hervorgehoben. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Gesetzgeber damit gegen ein duales System und eine dem analogen Auftrag entsprechende öffentlich-rechtliche Organisationsform im Bereich der Onlinedienste entschieden116. Die Eingrenzungen des Staatsvertrages und deren Erläuterungen in der amtlichen Begründung machen deutlich, dass die Hauptaufgabe der öffentlich-rechtlichen Sender im Programm des klassischen Rundfunks liegen und im Onlinebereich daher auch nur mit den Hörfunkund Fernsehprogrammen korrespondierende Inhalte als deren untergeordneter Annexkompetenz zulässig sein sollten. In Folge des Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrags verpflichteten sich ARD, ZDF und Deutschlandradio noch im gleichen Jahr, im Rahmen einer Selbstbindung auf der Grundlage von § 3 Abs. 1 S. 4 RStV, ihre Ausgaben für den Onlinebereich auf 0,75 Prozent ihres Gesamtetats zu beschränken117. Nachdem die KEF bereits im Folgejahr eine Überschreitung der Selbstbeschränkung feststellte und die Rundfunkanstalten daraufhin erklärten, sie hätten sich an die Vorgaben gehalten, da gewisse Kostenbereiche (z. B. die Verbreitungskosten) nicht mit einzuberechnen seien, 113

Vgl. die amtliche Begründung zum 7. RÄStV, Nr. 4 Abs. 1. Diese Hintergründe werden in einem Schreiben der Bundesregierung an die Kommission erläutert, vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007)1761 endg., Fn. 7. 115 Vgl. die amtliche Begründung zum 7. RÄStV, Nummer 4 Abs. 1 sowie die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 17. 116 Vgl. Brenner, Zur Gewährleistung des Funktionsauftrages durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, S. 244. 117 Dies wurde gesetzlich festgeschrieben im Achten RÄStV vom 01. 02. 2005, Anlagen A und B zur strukturellen Selbstbindung von ARD und ZDF. 114

D. Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Auftrags im digitalen Zeitalter

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wurde schon bald offensichtlich, dass mit den bis dato getroffenen Festlegungen bei der Diskussion um Auftrag und Grenzen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks noch keine Rechtsklarheit geschaffen worden war118. Der medienpolitische Streit um Auftrag und Grenzen für öffentlich-rechtliche Onlinedienste eskalierte weiter, da ARD und ZDF weiterhin eine offensive Digitalisierungsstrategie verfolgten.

III. Neunter Rundfunkänderungsstaatsvertrag Mit dem Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde im Jahr 2005 schließlich der Begriff der „Mediendienste“ durch den Begriff der „Telemedien“ ersetzt. „Telemedien“ seien nicht auf den Rundfunk im engeren Sinn beschränkt, sondern umschlössen alle Dienste, die vom Rundfunkbegriff im verfassungsrechtlichen Sinne erfasst seien (Rundfunk und massenkommunikative Medien [Telemedien])119. Unter den Rundfunkbegriff fallen demnach neben dem herkömmlichen Rundfunk auch Live-Streaming120 und Web-Casting121. Unter „Telemedien“ sollten alle übrigen Informations- und Kommunikationsdienste fallen, die nicht ausschließlich Telekommunikationsdienste oder Rundfunk sind122. Die amtliche Begründung zum Staatsvertrag enthält eine beispielhafte Aufzählung für Telemedien. Hierunter sind das Angebot von Verkehrs-, Wetter-, Umwelt- oder Börsendaten, News-Groups, Chat-Rooms, elektronischer Presse, Fernseh- und Radiotext, Teleshopping, Telespielen sowie Video auf Abruf (soweit es sich nicht nach Form und Inhalt um einen Fernsehdienst im Sinne der „Fernsehen ohne Grenzen“-Richtlinie123 handelt), Onlinediensten, die Instrumente zur Datensuche, zum Zugang zu Daten oder zur Datenabfrage bereitstellen (zum Beispiel Internetsuchmaschinen) sowie die kommerzielle Verbreitung von Informationen über Waren- /Dienstleistungsangebote mit elektronischer Post (beispielsweise Werbemails) zu zählen124. Die bis dato getroffenen Festlegungen für das Onlineengagement des öffentlichrechtlichen Rundfunks konnten nicht dazu beitragen, die seit Beginn der Internetdienste bestehende rechtswissenschaftliche und medienpolitische Debatte um 118

Vgl. 16. KEF-Bericht vom Dezember 2007, S. 207 ff., Ziff. 486 ff. Verweis in der amtlichen Begründung zu Art. 1, 2 Nr. 1. auf BVerfGE 74, 297 (350) und BVerfGE 83, 238 (302), Landtag von Baden-Württemberg, Drs. 14/558, S. 30. 120 Die zusätzliche parallele bzw. zeitgleiche Übertragung herkömmlicher Rundfunkprogramme über das Internet, vgl. die amtliche Begründung zum Neunten RÄStV, Art. 1, 2 Nr. 4, Landtag von Baden-Württemberg, Drs. 14/558, S. 30. 121 Die ausschließliche Übertragung von Rundfunkprogrammen über das Internet, vgl. die amtliche Begründung zum Neunten RÄStV, Art. 1, 2 Nr. 4, Landtag von Baden-Württemberg, Drs. 14/558. 122 Holznagel/Kibele, Recht der elektronischen Medien, RStV, Präambel, Rn. 3. 123 Heute AVMS-Richtlinie. 124 Amtliche Begründung zum Neunten RÄStV, Art. 1, 2 Nr. 4, vgl. Landtag von BadenWürttemberg, Drs. 14/558, S. 31. 119

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Kap. 2: Notwendigkeit einer neuen Rundfunkordnung

Auftrag und Grenzen öffentlich-rechtlicher Dienste zu beenden. Grundsätzlich wurde von der Politik die Notwendigkeit einer Beschränkung für den Onlineprogrammauftrag anerkannt. Die aufgrund der weiter voranschreitenden technologischen Entwicklung erforderliche Ausgestaltung und Festlegung von Auftrag bzw. Grenzen verzögerte sich jedoch zunächst, nahm letztlich aber über deutsche Wettbewerbsbeschwerden bei der Europäischen Kommission an Fahrt auf und wurde schließlich im Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag final umgesetzt.

Kapitel 3

Der Weg zum Auftrag für neue Dienste im 12. RÄStV Maßgeblich für den schließlich etablierten Auftrag für das Angebot von Telemedien im Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag war eine wettbewerbsrechtliche Überprüfung der deutschen Auftragsfestlegung für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten durch die EU-Kommission.

A. Beschwerden bei der Europäischen Kommission Bei der Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission gingen ab dem Jahr 2002 eine Reihe von Beschwerden aus Deutschland ein, die sich gegen verschiedene Aspekte der Tätigkeiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Bezug auf die Beauftragung und Finanzierung neuer Mediendienste richteten. Im Oktober 2002 erhielt die Kommission zunächst eine informelle Beschwerde mit dem Inhalt, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Internet Mediendienste anböten, die nicht Teil des öffentlichen Auftrags seien und deshalb nicht durch staatliche Mittel finanziert werden dürften1. Kurze Zeit später, im April 2003, reichte der Verband Privater Rundfunk und Telemedien e. V. (VPRT) eine umfassende offizielle Beschwerde betreffend die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ein2. Nach Ansicht des Beschwerdeführers beachtete die deutsche Finanzierungsregelung in Form der Rundfunkgebühr nicht die in der Transparenzrichtlinie3 vorgesehenen Verpflichtungen. Der VPRT brachte vor, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit Rundfunkgebühren über das hinausgehe, was zur Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags erfor1 Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 68; diese informelle Beschwerde wird darin keinem Beschwerdeführer zugeordnet. 2 Beschwerde CP 43/2003 des VPRT vom 24. 04. 2003, vgl. auch Hufnagel/Nolte, AfP 2003, S. 248; Hess, AfP 2003, S. 253 f. sowie AfP 2003, S. 258. 3 Richtlinie 80/723/EWG der Kommission vom 25. Juni 1980, zuletzt geändert durch Richtlinie 2006/111/EG der Kommission vom 16. November 2006, ABl. Nr. L 318/17. Die auf Grundlage des Art. 106 Abs. 2 AEUV (ex-Art. 86 Abs. 2 EG) ergangene Transparenzrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, Transparenz bei den finanziellen Beziehungen zwischen der öffentlichen Hand und öffentlichen Unternehmen herzustellen.

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Kap. 3: Der Weg zum Auftrag für neue Dienste im 12. RÄStV

derlich sei, und die Gebühren deshalb möglicherweise auch rein kommerziellen Tätigkeiten zu Gute kämen. Der Beschwerdeführer äußerte sich insbesondere besorgt über eine den Rundfunkanstalten selbst überlassene Ausweitung ihrer Tätigkeiten im Bereich der neuen Mediendienste und über wettbewerbsverzerrende Auswirkungen aufgrund der Finanzierung umfassender durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erworbenen Sportrechtepakete4. Ein weitergehender Vortrag des VPRT speziell zu den Onlineaktivitäten folgte im Jahr 20045. Die Kommission nahm daraufhin ihre Ermittlungen auf. Sie hatte zu prüfen, ob die bis dato geltende Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland mit dem Europäischen Gemeinschaftsrecht, dem AEU-Vertrag, vereinbar ist6.

I. Möglicher Verstoß gegen Art. 107 AEUV Hintergrund der Beschwerdemöglichkeit bei der Kommission ist ihre Zuständigkeit für die Beurteilung, ob staatliche Beihilfen vorliegen, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen und daher mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sind, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten behindern (Art. 107 Abs. 1 AEUV [ex-Art. 87 EGV]). 1. Rundfunkfinanzierung als staatliche Beihilfe i.S.d. Art. 106, 107 AEUV Für den Rundfunkmarkt hat diese Regelung eine erhebliche Bedeutung, denn die Mehrzahl der EU-Mitgliedstaaten besitzt eine nationale Rundfunkordnung, die teilweise öffentlich-rechtlich organisiert und auch finanziert ist. Die beihilferechtlichen Regelungen als Finanzierungsverbot wären damit grundsätzlich auch auf den Rundfunkbereich anzuwenden, falls die jeweilige finanzielle Zuwendung als staatliche Beihilfe eingestuft würde, was im Falle der deutschen Beschwerden für die Rundfunkgebühr zu klären war. Beihilfen sind staatliche Maßnahmen, die bestimmten Unternehmen wirtschaftliche Vorteile gewähren und damit den unter4

Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 70. Zudem richtete sich eine weitere Stellungnahme des VPRT aus dem Jahr 2004 auf die Kostenrechnung sowie Besteuerung kommerzieller Tätigkeiten der Rundfunkanstalten. Auch die Beschwerde des Kabelnetzbetreibers Kabel Baden-Württemberg GmbH ging in diesem Jahr ein. Im Juli und Oktober/November 2004 erhielt die Kommission zudem weitere Beschwerden wegen angeblicher Wettbewerbsverzerrungen durch den Erwerb und die Verwertung von Sportrechten (vgl. Beschwerde CP 243/2004 der Pro7/Sat1 Media AG und Beschwerde CP 195/ 2004 der Premiere AG). 6 Der „Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ (AEU-Vertrag, ABl. 2008/ C115/01) ersetzte mit Inkrafttreten des Lissaboner Vertrages am 01. 12. 2009 den „Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft“ (EG-Vertrag, ABl, 1992/C 224/01). Dies führte zu einer Umnummerierung der Normen des ursprünglichen EG-Vertrags. 5

A. Beschwerden bei der Europäischen Kommission

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nehmerischen Leistungswettbewerb und die Handelsströme im Binnenmarkt verfälschen7. Merkmale für das Vorliegen von staatlichen Beihilfen sind das Bestehen eines finanziellen Vorteils, die staatliche bzw. aus staatlichen Mitteln erfolgte Gewährung der Maßnahmen, das Vorliegen einer Begünstigung sowie eine Verfälschung des Wettbewerbs und Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels8. 2. Amsterdamer Protokoll Eine staatliche Rundfunkfinanzierung, die eine klassische Beihilfe darstellt, müsste vor dem Europarecht prinzipiell als unzulässig gelten. Da die besondere Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks jedoch innerhalb der Mitgliedstaaten ausnahmslos anerkannt wurde, einigten diese sich mit dem Amsterdamer Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten9 im Jahr 1997 auf eine besondere Stellung dieser Dienstleistung bei der Beurteilung der Zulässigkeit staatlicher Finanzierung10. Damit wurde die Möglichkeit von Beihilfen zur Förderung von Kultur – und explizit auch des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – ausdrücklich für zulässig erklärt. Die Mitgliedstaaten sind darin übereingekommen, dass sie den Rundfunk unmittelbar mit den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen jeder Gesellschaft verknüpft sehen und der damit verbundenen Pluralismussicherung einen hohen Rang zuweisen11.

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Mestmäcker/Schweitzer, Europäisches Wettbewerbsrecht, § 43, Rn. 1 ff. Bär-Bouyssière, in: Schwarze (Hrsg.), EU, Art. 87 EGV, Rn. 27 ff. 9 Amsterdamer Protokoll Nr. 32 über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten, ABl. 1997/C 340/109. 10 Das Protokoll von Amsterdam ist gemäß Art. 51 EUVein rechtsverbindlicher Bestandteil des AEU-Vertrags. Es gestaltet das Primärrecht nicht direkt, sondern soll als auslegende Norm bei den Bestimmungen des Vertrages den Willen der Mitgliedstaaten verdeutlichen. Es hat mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam zum 1. Mai 1999 volle Rechtskraft erhalten; vgl. Jahn, Drei-Stufen-Test und plurale Rundfunkaufsicht, S. 20; Held/Schulz, Europarechtliche Beurteilung von Online-Angeboten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, S. 25. 11 Im Protokoll heißt es: „Die Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft berühren nicht die Befugnis der Mitgliedstaaten, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu finanzieren, sofern die Finanzierung der Rundfunkanstalten dem öffentlichrechtlichen Auftrag, wie er von den Mitgliedstaaten den Anstalten übertragen, festgelegt und ausgestaltet wird, dient und die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Gemeinschaft nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft, wobei den Erfordernissen der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags Rechnung zu tragen ist“, Amsterdamer Protokoll Nr. 32 über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten, ABl. 1997/C 340/109. 8

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Kap. 3: Der Weg zum Auftrag für neue Dienste im 12. RÄStV

3. Einordnung der deutschen Rundfunkgebühr als staatliche Beihilfe Das Amsterdamer Protokoll räumt den Mitgliedstaaten demnach Handlungsspielräume für eine staatlich geprägte Rundfunkfinanzierung ein12. Dennoch steht die öffentlich-rechtliche Rundfunkfinanzierung grundsätzlich unter dem Verdacht, mit dem Beihilfeverbot nach Artikel 107 AEUV (ex-Art- 87 EGV) zu kollidieren13. Nach dem Gemeinschaftsrecht ist dies jedoch nicht der Fall, wenn gewisse Kriterien erfüllt sind, die vom Europäischen Gerichtshof in seiner Altmark-Trans-Entscheidung14 festgelegten worden sind. Diese bestimmen die Voraussetzungen, nach denen im Falle staatlicher Leistungen zur Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen keine Beihilfen im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV (ex-Art. 87 Abs. 1 EGV) angenommen werden15. Dazu ist das Vorliegen folgender vier Merkmale erforderlich: - Das begünstigte Unternehmen muss tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtung betraut sein und diese Verpflichtung muss klar definiert sein. - Die Parameter, anhand derer der Ausgleich berechnet wird, sind zuvor objektiv und transparent aufzustellen. - Der Ausgleich darf nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken. - Die Höhe des erforderlichen Ausgleichs ist auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die einem durchschnittlichen, gut geführten und angemessen ausgestattetem Unternehmen entstanden wären16. Nach Auffassung der Europäischen Kommission war bei der deutschen Rundfunkgebühr17 zumindest das vierte Altmark-Kriterium nicht erfüllt, sodass sie von 12 Es fungiert als „Auslegungshilfe“ für die Mitgliedstaaten, vgl. Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, S. 245. 13 Dörr, media perspektiven 7/2005, S. 333 ff. (335), ebenfalls kritisch zur beihilfenrechtlichen Einordnung der EU-Kommission Gersdorf, politik und kultur, September/Oktober 2008, S. 16; Held/Schulz, Europarechtliche Beurteilung von Online-Angeboten öffentlichrechtlicher Rundfunkanstalten, S. 71 ff. 14 EuGH, Urteil vom 24. 07. 2003, Slg. 2003, I-7747. 15 Vgl. zur weiteren Darstellung Schnaitter, Möglichkeiten und Grenzen der Ausgestaltung des Programmauftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 67 ff.; vgl. auch Bartosch, EuZW, 2009, S. 684 ff. 16 EuGH, Urteil vom 24. 07. 2003, Slg. 2003, I-7747, Rn. 88 ff. 17 Die Rundfunkgebühr wurde mit dem 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag zum 01. Januar 2013 umgestellt auf den Rundfunkbeitrag. Aus der Rundfunkempfangsgeräte- und damit nutzungsabhängigen Gebühr wurde mit dem Beitrag ein System festgesetzt, bei dem es auf die tatsächliche Nutzung von Rundfunk nicht mehr ankommt. Beitragspflichtig sind im privaten

A. Beschwerden bei der Europäischen Kommission

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einem Beihilfetatbestand ausging18. Die Einstufung der Rundfunkgebühr als staatliche Beihilfe war zwischen der EU-Kommission und Deutschland lange Zeit umstritten – im Jahr 2007 schloss sich schließlich auch der Europäische Gerichtshof der Auffassung der EU-Kommission an. Er urteilte, dass bei der deutschen Rundfunkgebühr die Finanzierung durch den Staat funktional zu bestimmen sei und es sich im Falle der Gebührenerhebung um ein staatliches Verfahren handele, auch wenn die Gebühr nicht über den Staatshaushalt eingezogen würde19. 4. Ausnahmeregelung nach Artikel 106 Abs. 2 AEUV Nach den Erläuterungen im Amsterdamer Protokoll und der Absicht der Mitgliedstaaten, auch das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem staatlich finanzieren zu dürfen, stellt sich die Frage, welche Ausnahmen zur Anwendung kommen können, damit Mitgliedstaaten ihre öffentlich-rechtlichen Medien staatlich finanzieren dürfen, auch wenn diese Zuwendung nach den Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts als staatliche Beihilfe einzustufen ist20. Eine solche Ausnahme ist in Artikel 106 Abs. 2 AEUV (ex-Art. 86 Abs. 2 EG) festgeschrieben. Demnach kommen öffentlichrechtliche Medien in den Genuss einer Ausnahme vom Verbot staatlicher Beihilfen wenn: - die betreffende Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse ist und von den Mitgliedstaat als solche klar definiert ist (Definition), - das betreffende Unternehmen von dem Mitgliedstaat ausdrücklich mit der Ausführung der Dienstleistung beauftragt worden ist (Beauftragung) und - die Anwendung der Wettbewerbsregeln die Erfüllung der dem Unternehmen übertragenen Aufgaben verhindert, und die Freistellung von diesen Regeln die Entwicklung des Handelsverkehrs nicht in einem Maße beeinträchtigt, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft (Verhältnismäßigkeit). Gehen Beschwerden von Wettbewerbern bei der EU-Kommission ein und ergibt ihre Prüfung, dass eine staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV (exBereich Wohnungsinhaber und im gewerblichen Bereich Betriebsstätteninhaber. Die Rechtsauffassung Deutschlands, mit der Rundfunkgebühr liege keine staatliche Beihilfe vor, ist mit der Systemumstellung nun klar aufzugeben, vgl. Bosmann, K&R 2012, S. 5 ff. (9). 18 Kroes, politik und kultur, September/Oktober 2008, S. 9 ff. (10); andere Auffassung: Held/Schulz, Europarechtliche Beurteilung von Online-Angeboten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, S. 31 ff. 19 EuGH, Urteil vom 13. 12. 2007, Slg. 2007, I-11173; vgl. Gersdorf, politik und kultur September/ Oktober 2008, S. 9.; Krausnick, ZUM 2007, S. 806 ff. (806). Zu den ersten Entscheidungen der EU-Kommission darüber in Deutschland und Europa vgl. Frey, ZUM 1999, S. 528 ff. 20 Zu den vormals bestehenden Regelungen des EGV: Selmer/Gersdorf, Die Finanzierung des Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland auf dem Prüfstand des EG-Beihilferegimes, S. 68 ff.

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Art. 87 Abs. 1 EGV) vorliegt, ermittelt sie in der Folge, ob die Bedingungen der Ausnahme des Artikel 106 Abs. 2 AEUV (ex-Art. 86 Abs. 2 EG) durch die Regelungen in den Mitgliedstaaten erfüllt werden21. Jeder Mitgliedstaat muss demnach den Auftrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk offiziell definieren. Nur so kann die Kommission mit hinreichender Rechtssicherheit prüfen, ob mit dem Programmauftrag eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse erfüllt wird und die Ausnahmeregelung vor dem Hintergrund einer ordnungsgemäßen Beauftragung damit einschlägig sein kann22. Zudem muss die Freistellung von den Wettbewerbsregeln auch verhältnismäßig sein23. Allerdings beschränkt sich die Rolle der Kommission im Rahmen der Prüfung der Auftragsdefinition darauf, „offensichtliche Fehler“ zu finden24. 5. Rundfunkmitteilungen aus den Jahren 2001 und 2009 Mit der Rundfunkmitteilung aus dem Jahr 200125 hatte die Europäische Kommission ihr Verständnis des Protokolls von Amsterdam dargelegt und die beihilferechtlichen Grundsätze zur staatlichen Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ausgeführt. Auch die überarbeitete Rundfunkmitteilung der EU-Kommission aus dem Jahr 200926 änderte diesen Ansatz nicht. Hier wurde jedoch auf die Möglichkeit der Anpassungen der Betrauung an die technischen Entwicklungen des digitalen Zeitalters hingewiesen. Eine klare Festlegung der unter den Auftrag fallenden Dienste erleichtere es privaten Anbietern, ihre Tätigkeiten zu planen27. Zudem wird der so genannte Amsterdam-Test (in Deutschland bereits als DreiStufen-Test rechtlich umgesetzt28) als notwendiger Maßstab für die Erfüllung der Kriterien des Amsterdamer Protokolls – zum Beispiel bei der Einführung neuer Dienste – festgeschrieben. Die damalige EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes führte zum Beihilfetatbestand des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Jahr 2008 aus: „Mitgliedstaaten steht es grundsätzlich frei, den Umfang der öffentlichen Dienstleistung sowie deren 21

Vgl. zur Erfüllung der Altmark-Trans-Kriterien Reese, Funktionsauftrag, S. 264 ff. Krausnick, ZUM 2007, S. 807 ff. (808). 23 Peters, K&R 2009, S. 26 ff. (28). 24 Schulz, Der Programmauftrag als Prozess seiner Begründung, S. 7; Held/Schulz, Europarechtliche Beurteilung von Online-Angeboten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, S. 57, 85. 25 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, Amtsblatt C 320 vom 15. 11. 2001. 26 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, Amtsblatt C 257/1 vom 27. 10. 2009. 27 Repa/Tosics/Dias/Bacchiega mit Hinweis auf den Test als „Ex Ante Assessment“, Competition Policy Newsletter Nr. 3/2009, S. 10 ff. (15); Kroes, politik und kultur, September/ Oktober 2008, S. 9 ff. (10). 28 Vgl. die Ausführungen unter Kapitel 5. 22

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Finanzierung und Ausgestaltung entsprechend den Präferenzen, der Geschichte und den Bedürfnissen des Landes festzulegen. Die Kommission verlangt in dieser Hinsicht jedoch Transparenz, um die Verhältnismäßigkeit der staatlichen Finanzierung zu prüfen und mögliche missbräuchliche Praktiken aufdecken zu können“. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, den öffentlich-rechtlichen Auftrag genau zu definieren, einen oder mehrere Anbieter förmlich mit dem Auftrag zu betrauen und die Erfüllung des Auftrags von einem geeigneten Gremium überwachen zu lassen. Bei ihrem Vorgehen erkennt die EU-Kommission – wie schon die Mitgliedstaaten im Protokoll von Amsterdam – die besondere Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei der Erfüllung der demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse jeder Gesellschaft an. Die Behörde greift ein, wenn „eine beihilfebedingte Wettbewerbsverzerrung nicht damit gerechtfertigt werden kann, dass die vom Mitgliedstaat definierte öffentliche Dienstleistung erbracht werden muss“29. 6. Reichweite der Kommissionszuständigkeit Die Mitgliedstaaten sind somit zwar für die Definition der öffentlichen Rundfunkdienstleistung und die Wahl des Finanzierungssystems zuständig – gleichwohl überprüft die Kommission die Definition und Beauftragung des öffentlich-rechtlichen Auftrags auf offensichtliche Fehler und die Einhaltung der Verhältnismäßigkeit30. Nach Eingang der deutschen Beschwerden wurde eine solche Prüfung von der Kommission anhand der bis dato bestehenden Finanzierungsregelung vor dem Hintergrund der Beauftragung gemäß des Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrags vorgenommen. Sie endete mit einer Einstellungsentscheidung am 24. April 2007 und der Verpflichtung Deutschlands, die vormals geltenden Regelungen zur Beauftragung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks anzupassen.

II. Verlauf des deutschen Beihilfeverfahrens Die Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission nahm aufgrund der bei ihr eingegangenen Beschwerden ihre Ermittlungen auf. Anfangs informierte sie die Bundesregierung über die erhobenen Vorwürfe und forderte die deutschen Behörden dazu auf, alle zur Prüfung der Vorwürfe notwendigen Auskünfte zu erteilen31. Sie wollte zunächst feststellen, ob die damals vorliegende Finanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks über das deutsche Gebührensystem eine staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV (ex-Art. 87 Abs. 1 EGV) darstellte. In Erwiderung auf das Auskunftsersuchen der Kommission vertrat die Bundesregierung die 29 30 31

2004.

Kroes, politik und kultur, September/Oktober 2008, S. 9 ff. (10). Jahn, Drei-Stufen-Test und plurale Rundfunkaufsicht, S. 23 f. Schreiben der GD Wettbewerb an die Bundesregierung vom 18. 03. 2003 sowie 05. 04.

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Auffassung, dass die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durch Rundfunkgebühren keine staatliche Beihilfe32 darstelle und dass die Transparenzrichtlinie, die der Beschwerdeführer als verletzt angesehen hatte, auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht anwendbar sei33. Zum Vortrag der Beschwerdeführer die Onlineangebote und den Erwerb von Sportrechten betreffend führte sie an, dass diese Tätigkeiten vom öffentlich-rechtlichen Auftrag gedeckt seien und ihre Finanzierung damit gemäß Artikel 106 Abs. 2 AEUV (ex-Art. 86 Abs. 2 EG) als zulässig gelte34. Auf der Grundlage der Ausführungen der Beschwerdeführer und der von den deutschen Behörden dargelegten Informationen und Anmerkungen führte die EUKommission dann eine erste Prüfung anhand der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen durch. Sie kam zu dem Ergebnis, dass die derzeit bestehenden Regelungen hinsichtlich der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gegen den AEU-Vertrag (ex. EG-Vertrag) verstießen, worüber sie die Bundesregierung im so genannten Schreiben nach Artikel 1735 in Kenntnis setzte und erneut zur Stellungnahme aufforderte36. Die Kommission vertrat in diesem Schreiben die Auffassung, dass die uneingeschränkte staatliche Garantie und die Gebührenfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sowie möglicherweise die steuerliche Sonderbehandlung der kommerziellen Tätigkeiten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als staatliche Beihilfe anzusehen seien. Sie bemängelte – insbesondere in Bezug auf neue Mediendienste und digitale Zusatzkanäle – das Fehlen einer hinreichend präzisen Definition des öffentlich-rechtlichen Auftrags und einer angemessen Beauftragung – die Regelung des § 11 RStV a. F. entspräche nicht den konkreten Anforderungen des ersten Kriteriums der Altmarkt-Trans-Entscheidung. Vor diesem Hintergrund äußerte sie auch Zweifel daran, ob die Erfüllung des öffentlichen Auftrags durch die Rundfunkanstalten einer wirksamen Kontrolle unterliege. Die einschlägigen Rechtsakte würden keine hinreichenden Mechanismen zur Beschränkung der staatlichen Finanzierung auf die Nettokosten des öffentlichen Auftrags vorsehen37. Daher sei es auch möglich, dass die bestehenden Rahmenbe-

32 Deutschland verneinte den staatlichen Charakter der Rundfunkfinanzierung durch Gebühren, da die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten dadurch nicht aus dem Staatshaushalt finanziert würden. 33 Zum Streitstand noch vor der Überarbeitung der Transparenzrichtlinie vgl. Thum, Einfachgesetzliche Präzisierung, S. 145 ff. 34 Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 73. 35 Artikel 17 der Verfahrensverordnung für staatliche Beihilfen (Rechtsakt: Verordnung Nr. 659/1999 EG des Rates vom 22.03.99). 36 Vgl. das Schreiben der Kommission an die Bundesregierung vom 03. 03. 2005, H-3/AA/ pf D(2005) Rn. 91. 37 Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 76; Schmittmann, AfP 2005, S. 157, der auf die Presseerklärung des VPRT vom 03. 03. 2005 Bezug nimmt.

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dingungen nicht sicherstellten, dass sich die Rundfunkanstalten im Hinblick auf ihre kommerziellen Tätigkeiten durchgehend marktkonform verhielten38. Nach Würdigung aller Umstände forderte sie die Bundesregierung daher zu konkreten Schritten, und zwar namentlich dazu auf: - den Funktionsauftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hinsichtlich der Erbringung neuer Mediendienste und digitaler Zusatzkanäle hinreichend zu konkretisieren, - eine klare Beauftragung für Onlinedienste und digitale Angebote sowie eine angemessene nachträgliche Kontrolle rechtlich zu verankern, - zu gewährleisten, dass rein kommerzielle Tätigkeiten der Sender nicht von staatlichen Zuwendungen profitierten sowie geeignete Maßnahmen zu treffen, dass sich die Rundfunkanstalten hinsichtlich dieser Tätigkeiten nach marktwirtschaftlichen Prinzipien verhalten39. Die Bundesregierung antwortete daraufhin in einer umfassenden Stellungnahme, in der sie ihre von der Kommission abweichenden Einschätzungen vortrug und eine Reihe von Vorschlägen unterbreitete, um die bestehenden Bedenken der Kommission auszuräumen40. Sie legte darin erneut dar, dass die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks über Rundfunkgebühren nach ihrer Auffassung keine staatliche Beihilfe darstelle41. Die Rundfunkgebühren seien zum einen keine staatlichen Mittel und zum anderen machten sie keinen finanziellen Vorteil i.S.d. Art. 87 Abs. 1 EG-Vertrag gemäß des Altmark-Urteils aus. Die Bundesregierung beruft sich darauf, dass die Rundfunkgebühr als durch den Staat gelenktes und aus Vergütungs- oder Gebührenpflichten gespeistes Mittel als staatliche Beihilfe ausscheide und begründet dies damit, dass die entsprechenden Gelder nicht zunächst in den Haushalt des Staates oder einer staatlichen Einrichtung gelangten, sondern von den Besitzern von Radiound Fernsehgeräten direkt an die Rundfunkanstalten gezahlt würden und damit nicht dem Haushalt unterfielen42. In Anbetracht der PreussenElektra-43 und der PearleRechtsprechung44 des EuGH ergebe sich der Beihilfecharakter der Gebührenfinanzierung weder aus der Tatsache, dass es sich um eine Zwangsabgabe handele, noch daraus, dass der Empfänger eine öffentlich-rechtliche Anstalt sei, deren Mittel 38

Schließlich äußerte die Kommission Zweifel in Bezug auf die Finanzierung von umfangreichen Sportrechtepaketen und der (Nicht-)Nutzung von Sportrechten. 39 Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 76. 40 Antwort der Bundesregierung vom 06. 05. 2005 an die Kommission; vgl. auch Hesse, AfP 2005, S. 499 ff. (504 f.). 41 Vgl. hierzu Koenig/Haratsch, ZUM 2003 S. 804 (812). 42 Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 82. 43 EuGH, Urteil vom 13. 03. 2001, Slg 2001, I-2099; Koenig/Kühling, NVwZ 2001, S. 768 ff. (770). 44 EuGH, Urteil vom 15. 07. 2004, Slg. 2004, I-7139.

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wiederum einer Kontrolle durch die Bundesrechnungshöfe unterlägen. Ein staatlich gelenkter Mittelfluß – wie er im Falle der deutschen Rundfunkgebühr vorläge – reiche nicht aus, um das Merkmal der staatlichen Zurechenbarkeit zu bejahen45. In Bezug auf den öffentlich-rechtlichen Auftrag unterstrich Deutschland in seinem Schreiben die Notwendigkeit, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk alle Übertragungswege und Plattformen nutzen müsse, um seinen Auftrag auch unter den veränderten digitalen Rahmenbedingungen erfüllen zu können46. Vor diesem Hintergrund sei dieser hinreichend präzise definiert und umfasse auch neue Mediendienste. Die Kontrolle der Beauftragung werde von den Rundfunkräten der Sender unabhängig und wirksam gewährleistet, da die Gremienvertreter gesellschaftlich relevante Gruppen repräsentierten und nicht an Weisungen gebunden seien47. Die Bundesländer übten zudem die Rechtsaufsicht aus, bei der sie zwar keine Programmentscheidungen zu treffen hätten, jedoch jegliche Auftragsüberschreitung sanktionieren könnten. Private Wettbewerber könnten etwaige Verstöße mit Hilfe von eingelegten Beschwerden bei den internen Kontrollgremien verfolgen48. Onlinetätigkeiten (wie etwa Spiele, Chats, Links zu externen Diensteanbietern etc.) seien zudem Teil des öffentlichen Auftrages49. Auch sei die vorgebrachte Einschätzung der Kommission nicht zutreffend, dass mobile Dienste nicht als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse angesehen werden könnten, da sie nur eine andere Form der Verbreitung von Inhalten darstellten, die aufgrund der Technikneutralität und der verfassungsrechtlich zugesicherten Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erforderlich und zulässig seien50. Die Europäische Kommission beurteilte die Rechtslage indes anders. Sie hielt auch nach der erneuten Stellungnahme der Bundesregierung an der Qualifizierung der deutschen Rundfunkgebühr als staatliche Beihilfe fest51. Ihrer Auffassung nach würde die Rundfunkgebühr in Deutschland in einem ähnlichen Verfahren eingezogen wie eine Steuer und käme daher einer staatlich kontrollierten Finanzierung

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Vgl. Koenig/Kühling, NVwZ 2001, S. 798 ff. (770). Vgl. die Antwort der Bundesregierung vom 06. 05. 2005, abrufbar unter: http://www.das ganzewerk.de/pdf/20050506-bundesregierung-pressefassung-oeffentlich-rechtliche-rundfunkan stalten.pdf; vgl. auch Hesse, AfP 2005, S. 499 ff. (506). 47 Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 93. 48 Ebd., Rn. 93. 49 Ausgenommen seien jedoch Dienste wie elektronische Werbung und Sponsoring, kostenpflichtige Angebote sowie elektronischer Handel, vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Fn. 90. 50 Vgl. die Antwort der Bundesregierung vom 06. 05. 2005 an die Kommission, Rn. 14 – 16 sowie die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 91. 51 Andere Auffassung Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, Rn. 555 ff., aufgrund des fehlenden Merkmals „staatlich oder aus staatlichen Mitteln gewährt“; ders., Rundfunk als Kultur- und Wirtschaftsgut, S. 16; Schnaitter, Möglichkeiten und Grenzen der Ausgestaltung des Programmauftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, S. 55 ff. 46

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gleich52. Die Gebührenfinanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sei nicht mit dem zugrundeliegenden Sachverhalt der Rechtssache PreussenElektra53 vergleichbar, der eine Vorteilsgewährung aus gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabnahmemengen und festgelegten Mindestpreisen betraf. Anders als bei dem Sachverhalt, der dem vorgenannten Urteil zugrunde liegt, bestehe bei der Rundfunkgebühr kein privatrechtliches Verhältnis zwischen dem Begünstigten und Dritten. Die Verpflichtung zur Gebührenzahlung bestehe nämlich unabhängig davon, ob der Besitzer des Radio- oder Fernsehgeräts tatsächlich von der Möglichkeit, Programme der öffentlichen Sender zu nutzen, Gebrauch mache, so dass die Gebühr nicht als Entgelt für eine Leistung angesehen werden könne, die den Gebührenpflichtigen gegenüber erbracht werde. Sie blieb mithin bei ihrer Auffassung, dass es sich bei der Rundfunkgebühr um eine staatliche Beihilfe handele und die Ausgestaltung von Auftrag und Kontrolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks angepasst werden müsse. Zwischenzeitlich führten die deutschen Behörden intensive Gespräche mit der Kommission, in denen sich die Parteien annäherten.

III. Entscheidung der EU-Kommission vom 24. April 2007 Im Juli 2006 schließlich konnte eine Einigung über die Eckpfeiler der künftigen Ausgestaltung in Bezug auf Auftrag und Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland erzielt werden. Nach Gesprächen zwischen der Kommission und den deutschen Behörden über die erforderlichen Maßnahmen wurde eine erste Grundsatzvereinbarung geschlossen54. Deutschland unterbreitete sodann im Dezember 2006 eine förmliche Zusage für diverse Verpflichtungen zur Änderung der bis dato bestehenden Regelungen für Auftrag und Kontrolle digitaler Dienste55. Der vorgeschlagene Maßnahmenkatalog Deutschlands sollte innerhalb von zwei Jahren durch einen neuen Rundfunkstaatsvertrag umgesetzt werden56. 52 Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 191 ff.; vgl. auch Lewke, K&R 2010, S. 782 ff. (782). 53 EuGH, Urteil vom 13. 03. 2001, Slg 2001, I-2099. 54 Dies wurde in einer gemeinsamen Presseerklärung von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes sowie den damaligen Ministerpräsidenten Kurt Beck und Edmund Stoiber erläutert, vgl. die Presseerklärung der EU-Kommission vom 07. 07. 2006 (MEMO/06/273). 55 Vgl. das Schreiben vom 28. Dezember 2006, registriert unter A/30032; vgl. auch AfP 2007 S. 35 f. 56 Deutschland machte in diesem Zuge jedoch auch deutlich, dass es die Rundfunkgebühr weiterhin nicht als staatliche Beihilfe ansehe, vgl. die Mitteilung der Bundesregierung, abgedruckt in Funkkorrespondenz 6/2007, S. 28 ff.; ebenso Schulz, Der Programmauftrag als Prozess seiner Begründung, S. 9, mit Hinweis auf Wiedemann, European State Aid Law Quarterly 4/2004, S. 595 ff.; Eberle, Formen der Finanzierung öffentlich-rechtlicher OnlineAngebote, S. 4.

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Mit der Einstellungsentscheidung57 vom 24. April 2007 legte die Generaldirektion Wettbewerb diese Vereinbarungen schließlich zusammenfassend gegenüber der Bundesregierung dar und stellte eine differenzierte Bewertung der Zusagen Deutschlands an58. Sie äußerte zunächst ihre Rechtsauffassung, dass die damalige Finanzierungsregelung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland die in der Altmark-Trans-Entscheidung festgehaltenen Kriterien nicht erfülle. Die bestehenden Rahmenbedingungen stellten nach Ansicht der Kommission nicht sicher, dass sich die Rundfunkanstalten in Deutschland bei ihren kommerziellen Tätigkeiten immer marktkonform verhielten. Die Wettbewerbsbehörde bemängelte vor diesem Hintergrund erneut die fehlende hinreichend präzise Definition des öffentlichrechtlichen Auftrags, insbesondere in Bezug auf neue Mediendienste und digitale Zusatzkanäle. Damit äußert sie auch ihre Zweifel daran, ob die Einhaltung und Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags einer wirksamen Kontrolle unterlegen habe.

IV. Anforderungen laut Entscheidung der EU-Kommission vom 24. April 2007 Der im Einstellungsbeschluss zur Abhilfe des Konflikts zwischen der Kommission und Deutschland vereinbarte Maßnahmenkatalog beinhaltet folgende Grundsatzpunkte: 1. Drei-Stufen-Test Es sollte ein Prüfverfahren mit Kriterien für alle neuen und veränderten digitalen Angebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eingeführt werden59, welches zum Kernpunkt der zugesagten Maßnahmen erklärt wurde60. Im Rundfunkstaatsvertrag sollte dieses Verfahren zur Beauftragung der Telemediendienste näher konkretisiert werden. Bereits in den Zusagen Deutschlands wurde von einem dreistufigen Test gesprochen, deren Prüfelemente verpflichtend gesetzlich geregelt sein sollten61. Die erste Stufe sollte danach eine Prüfung umfassen, ob das neue oder veränderte Angebot zum öffentlichen Auftrag gehört und damit den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft entspricht. Sodann sollte in einem 57

Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg. Vgl. auch Hess/Jury-Fischer, AfP 2007, S. 200 – 201. 59 Dieses Verfahren sollte auch für mobile Dienste gelten. 60 Vgl. Stock, der die Verhandlungen zwischen Deutschland und der Kommission im Rahmen des Beihilfeverfahrens wiedergibt: Noch einmal zum Reformbedarf im „dualen Rundfunksystem“, S. 31. 61 Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 328. 58

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nächsten Schritt überprüft werden, dass das Angebot in qualitativer Hinsicht zum publizistischen Wettbewerb beiträgt (2. Stufe). Abschließend wurde dargelegt, dass auch eine Überprüfung des Aufwands für die Erbringung des Angebots als dritte Stufe mit einbezogen werde. Zudem wurde in den Zusagen gegenüber der Kommission die zweite Prüfstufe näher konkretisiert62. Auch zur Anwendbarkeit des Drei-Stufen-Testverfahrens wurden einige Festlegungen getroffen. So erläuterte Deutschland, dass nicht jede Änderung eines Online- oder anderen digitalen Angebots dem Verfahren unterliegen solle. Der neue Rundfunkstaatsvertrag sollte diesbezüglich festlegen, dass die Rundfunkanstalten in Satzungen und Richtlinien transparente und überprüfbare Kriterien entwickeln und niederlegen müssten, wann ein solch neues Angebot vorliege und das Prüfverfahren demnach greife63. 2. Gesetzliche Auftragspräzisierung und Schranken Neben dem Drei-Stufen-Test als Basis für die Legitimation öffentlich-rechtlicher Angebote hat Deutschland noch einige weitergehende Zusagen unterbreitet. Zunächst wurde betont, dass für die Auftragspräzisierung das Prüfverfahren maßgeblich sei. Zudem sei mit dem Inkrafttreten des zukünftigen Staatsvertrages diese Neuregelung Grundlage und Begrenzung für alle bestehenden Telemedien und zusätzlichen digitalen Angebote. Alle Angebote, die nicht von diesem gesetzlichen Auftrag gedeckt seien, dürften von den Rundfunkanstalten nicht (mehr) angeboten werden, wobei die Kontrolle hierüber von der zuständigen Rechtsaufsicht der Länder durchzuführen sei64. Alle Angebote seien staatsvertraglich auf journalistisch-redaktionelle Angebote zu begrenzen. Weiterhin verpflichtete sich Deutschland, eine Positiv-/Negativliste

62

Demnach sollte der Begriff des publizistischen Wettbewerbs in der Gesetzesbegründung näher bestimmt werden, wobei die Punkte Umfang und Qualität der vorhandenen, frei zugänglichen Angebote sowie marktrelevante Auswirkungen des geplanten Angebots sowie die meinungsbildende Funktion des vorhandenen Angebots angesichts bereits vorhandener Angebote mit einzubeziehen seien, vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K (2007) 1761 endg., Rn. 328. 63 Dabei sollten die Rundfunkanstalten folgende Punkte berücksichtigen: Die Bedeutung des Vorhabens für den publizistischen Wettbewerb, seine finanzielle Relevanz, seine geplante Dauer und inwieweit vergleichbare Angebote von den Anstalten bereits angeboten werden, d. h. welche Dienste aus Nutzersicht austauschbar sind. Schließlich gab es einige Festlegungen bezüglich der Ausgestaltung des Verfahrens, auf die weiter unten näher eingegangen wird (Kapitel 5 B). 64 Dies erfolge entweder aufgrund von Beschwerden nach erfolgloser Anrufung der internen Aufsicht oder von Amts wegen, vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 334.

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von Telemedien zu erstellen, die illustrativen Charakter habe und auch Angebote bezeichne, die als nicht vom Auftrag erfasst anzusehen seien65. Hinsichtlich des öffentlichen Auftrages sollten ergänzende Kriterien mit aufgenommen werden, die die Onlineangebote erfüllen müssten. Neben den positiven Zusagen für die Präzisierung legte Deutschland jedoch auch bereits fest, was nicht von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten angeboten werden sollte. Demzufolge sollte zukünftig eine flächendeckende lokale Berichterstattung untersagt sein. Werbung und Sponsoring in Telemedien sollte ebenso wenig zulässig sein wie kommerzielle Verlinkung66. Schließlich wird von Deutschland in den Zusagen hervorgehoben, dass die Rundfunkanstalten künftig dazu gehalten seien, sendungsbegleitende Angebote so zu kennzeichnen, dass die betreffende Sendung sowie der zeitliche Bezug für diese Angebote transparent gemacht werde67. 3. Bewertung der Zusagen Deutschlands durch die EU-Kommission Die Europäische Kommission bewertete diese Zusagen wie folgt: Sie könnten geeignet sein, mit dem Drei-Stufen-Testverfahren sowie mit der Rechtsaufsicht der Länder im Bereich der Telemedien und der zusätzlichen digitalen Angebote die Anforderungen an eine förmliche Übertragung des Auftrags und eine angemessene Kontrolle dieser Dienste zu erfüllen68. Im Hinblick auf das Drei-Stufen-Testverfahren zur Auftragskontrolle äußerte die EU-Kommission ihre Zustimmung. Sie sei der Auffassung, dass die zugesagten Kriterien und Bedingungen für die Ermittlung der Rechtmäßigkeit einzelner Angebote geeignet sein könnten, um zu ermitteln, inwieweit an dieser Stelle den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft entsprochen werde. Im Hinblick auf die Überprüfbarkeit der Rechtskonformität wird zudem die Rechtsaufsicht hervorgehoben, aufgrund deren Tätig werden sich die Europäische Kommission eine wirksame „Ex-Post-Kontrolle“ der ordnungsgemäßen Auftragsübertragung im Rahmen der Beauftragung erhofft69. Dass die Europäische Kommission die deutschen Rundfunkgebühren damit als staatliche Beihilfe einstuft und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk teilweise als

65 Als Beispiel unzulässiger Dienste nennt Deutschland hier E-Commerce, vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 339. 66 Ebd., Rn. 341. 67 Daneben umfassten die Zusagen eine Reihe weiterer mit der Finanzierung der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten zusammenhängende Punkte wie kommerzielle Tätigkeiten, Sportrechteerwerb und Überschussverwendung, vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 342 – 357. 68 Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 368. 69 Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 373 f.

B. Umsetzungsvollzug mit dem 12. RÄStV

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Gegenstand des Wettbewerbsrechts betrachtet, steht für einen Paradigmenwechsel mit Blick auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk70.

B. Umsetzungsvollzug mit dem 12. RÄStV Nach dem gefundenen Kompromiss und der darauf beruhenden Verfahrenseinstellung seitens der EU-Kommission mussten die Zusagen Deutschlands bis zum April 2009 umgesetzt werden71. Dies wurde mit der Verabschiedung des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrags vollzogen. Der Zwölfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde am 18. Dezember 2008 von den Ministerpräsidenten aller Bundesländer unterzeichnet. Damit fand die jahrelange medien- und rechtspolitische Debatte um die Schaffung neuer Regelungen zur Auftragspräzisierung für neue Mediendienste des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein vorläufiges Ende. Nach Ratifizierung durch die Länderparlamente konnten die Regelungen schließlich zum 1. Juni 2009 in Kraft treten. Zwischen der Festlegung im Beihilfekompromiss und der final verabschiedeten Fassung des Rundfunkstaatsvertrags hatte es ein zähes Ringen um die konkrete Ausgestaltung der Auftragspräzisierung zwischen Rundfunkanstalten, Politik und Interessengruppen gegeben72. Da die Vereinbarung zwischen der Europäischen Kommission und Deutschland nicht spezifische Inhalte der Beauftragung, sondern nur die Notwendigkeit genauerer Festlegungen zur Definition und Kontrolle beinhaltete, schaffte diese Ausgestaltungshoheit enorme Spielräume seitens des deutschen Gesetzgebers für die konkrete Umsetzung im Rundfunkstaatsvertrag. Es blieb Deutschland daher unbenommen, strengere Anforderungen an die Telemedien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu stellen, als es die EU-Kommission eingefordert hatte73. Dementsprechend führt die amtliche Begründung zum schließlich verabschiedeten Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag aus, dass der deutsche Gesetzgeber mit dem gefundenen Regelwerk den Ordnungsrahmen für das Medienrecht der Länder über die im EU-Verfahren gemachten Zusagen hinaus fortentwickelt habe74. Dabei standen die Länder vor einer Herausforderung. Einerseits sollten sie die spezifischen Vorgaben der europäischen Aufsichtsbehörde berücksichtigen, wonach der Auftrag möglichst präzise definiert werden sollte, um eine Überkompensation 70

S. 21. 71

Meyer-Lucht/Gollatz, Öffentlich-rechtliche Online-Angebote der nächsten Generation,

Dörr, ZRP 2008, S. 133 f. (134). Müller-Terpitz, AfP 2008, S. 335 ff. (337); Hahn, ZRP 2008, S. 217 ff. (217), die auf die versuchte Einflussnahme durch zahlreiche Äußerungen sowohl der öffentlich-rechtlichen Anstalten als auch privater Medienanbieter hinweist; vgl. auch Sokoll, NJW 2009, S. 885 ff. (886). 73 Müller-Terpitz, AfP 2008, S. 335 ff. (338). 74 Amtliche Begründung zum 12. RÄStV, A. Allgemeines. 72

60

Kap. 3: Der Weg zum Auftrag für neue Dienste im 12. RÄStV

durch die Rundfunkgebühr zu vermeiden75. Andererseits hatten sie angesichts der Rundfunkfreiheit sowie der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zugesprochene Bestands- und Entwicklungsgarantie und die Programmfreiheit der Anstalten zu wahren76, die ein „hinreichend hohes Abstraktionsniveau“ bei den gesetzlichen Vorgaben erfordern77. So wurde vertreten, der Beihilfekompromiss sei mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen nur schwer in Einklang zu bringen78. Der Auftrag erfordere nach den Brüsseler Eckpunkten klare Vorgaben, währenddessen autonome Konkretisierungen durch die Selbstverpflichtungserklärungen der Rundfunkanstalten im Zuge der Programmautonomie selbst verfassungsrechtlich am schonendsten zu wahren seien, was zu einem Konflikt miteinander führe79. Der schließlich vereinbarte Zwölfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag steht für diesen Spagat der Länder, die verfassungs- und gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben in Einklang zu bringen und sowohl für die öffentlich-rechtlichen Anstalten als auch für Wettbewerber auf dem Medienmarkt eine sachgerechte Lösung zu finden sowie eine friedliche Koexistenz zu erzielen. Sowohl ein erneutes Beihilfeverfahren der EU-Kommission als auch eine verfassungsrechtliche Überprüfung des neu festgelegten Auftrags im Rundfunkstaatsvertrag waren seitens der Bundesländer zu vermeiden.

75

Holznagel/Jansen, medien und recht 2010, S. 279 ff. (279). Vgl. BVerfG 73 S. 118 (158) = AfP 1986, S. 314; BVerfG 74, S. 297 (324 f., 342) = AfP 1987, S. 478; BVerfG 83, S. 238 (298 f.) = AfP 1991, S. 389; BVerfG 90, S. 60 (91) = AfP 1994, S. 32 ff.; BVerfG, 1 BvR 2270/05, AfP 2007, S. 457 (461). 77 Gersdorf, promedia 12/2014 S. 10 ff. (11); ders., in: Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, § 11 RStV, Rn. 4. 78 Peters, K&R 2009, S. 26 ff. (29); ausführlich und im Ergebnis von einer Vereinbarkeit mit dem deutschen Verfassungsrecht ausgehend Schulz, Der Programmauftrag als Prozess seiner Begründung. 79 Vgl. Wiedemann, ZUM 2007, S. 800 ff. (804 f.); dies., epd medien Nr. 95/2007, S. 28 ff. (28, 32). Eberle hält Begrenzungen, die über das mit der Kommission vereinbarte Maß hinausgehen, für verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen, AfP 2008, S. 329 ff. (335); a.A. Grzeszick, NVwZ 2008, S. 608 ff.; Badura, AöR 2009, S. 240 ff. (254). Zum weiteren Diskussionsstand und den möglichen Konsequenzen für die Umsetzung des Beihilfekompromisses vgl. Kapitel 6 A. I.–III.). 76

Kapitel 4

Neue Regelungen zur Auftragspräzisierung im 12. RÄStV A. Onlineauftrag mit gesetzlichen Schranken Bis zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag waren die Onlinedienste durch den Programmbezug bestimmt und begrenzt worden1. Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk war es mit der bis dato getroffenen Festlegung des § 11 Abs. 1 Satz 2 RStV a. F. erlaubt, programmbegleitend Telemedien mit programmbezogenem Inhalt anzubieten. Dies war kein genuiner Auftrag für Telemedien, sondern eine Annexkompetenz zum Funktionsauftrag für den Rundfunk2. Mit der geänderten Rechtslage hat der Gesetzgeber nun eine neue Funktionsnorm in § 11 RStV geschaffen. Gemäß § 11 a RStV3 umfasst die Beauftragung für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten die Herstellung und Verbreitung von Rundfunkprogrammen (Hörfunk- und Fernsehprogramme) und Telemedien. Diese Festlegung wird unterschiedlich interpretiert. Während ein Teil der Literatur davon ausgeht, der Gesetzgeber habe damit den öffentlich-rechtlichen Sendern einen „genuinen Onlineauftrag“ erteilt, indem er den ursprünglich zugewiesenen Funktionsauftrag auf Telemedien (Onlinedienste) erweitert und eine „Dritte Säule“ des Programmauftrags geschaffen habe4, sehen andere in den Festlegungen keine gleichberechtigte „dritte Programmsäule“ neben Hörfunk und Fernsehen5. Es sei hier zwar von einem grundsätzlichen Paradigmenwechsel auszugehen, jedoch dürfe der Auftrag nur nach „Maßgabe des Staatsvertrags und der jeweiligen landesgesetzli-

1

Ladeur, ZUM 2009, S. 906 ff. (906). Müller-Terpitz, AfP 2008, S. 335 ff. (336); Grzeszick, NVwZ 2008, S. 608 ff.; Peters, NJW 2010, S. 335 (336); vgl. auch Eberle, der schon von einer ungeschriebenen Annexkompetenz aus der verfassungsrechtlichen Rundfunkfreiheit vor den Festlegungen im 7. RÄStV ausgegangen ist, Formen der Finanzierung öffentlich-rechtlicher Online-Angebote, S. 2. 3 In der Fassung des 12. RÄStV. 4 Von einer „Dritten Säule“ des Programmauftrags sprach beispielsweise der frühere ARDVorsitzende Fritz Raff auf einer Podiumsdiskussion des Medientreffpunkts Mitteldeutschland am 07. 05. 2008; vgl. auch Peters, der von einem „dritten Teil“ des öffentlichen Auftrags ausgeht, Öffentlich-rechtliche Online-Angebote, Rn. 74; ders., K&R 2009, S. 26. ff. (29). 5 Müller-Terpitz, AfP 2008, S. 335 ff. (337). 2

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Kap. 4: Neue Regelungen zur Auftragspräzisierung im 12. RÄStV

chen Regelungen erfolgen“ sodass schließlich „einfachgesetzliche Grenzen über Umfang und Tiefe des im Onlinebereichs Zulässigen entschieden“6. In der Tat handelt es sich bei den getroffenen Festlegungen keinesfalls um einen grenzenlosen Auftrag für Telemedien aller Art. Der deutsche Gesetzgeber hat dem Programmauftrag für das öffentlich-rechtliche Onlineangebot Schranken gesetzt, die teilweise durch definitorische Eingrenzungen und teilweise durch Verbotstatbestände ausgestaltet wurden. Dies ist wie bereits dargestellt vor dem Hintergrund zu sehen, dass die EU-Kommission eine klare, präzise Definition des Auftrags verlangte, um Überkompensationen durch staatliche Beihilfen zu vermeiden. Die neu geschaffenen Regelungen für den Auftrag zur Bereitstellung von Telemedien finden sich in § 11 d RStV, die Festlegungen zum Drei-Stufen-Testverfahren in § 11 f RStV. Die Länder haben sich damit für eine Mischform aus geschlossenem System (Beauftragung direkt durch Gesetz) und offenem System (Beauftragung im Rahmen des Drei-Stufen-Tests innerhalb der Rundfunkanstalten) entschieden7.

B. Telemedienauftrag nach § 11 d Abs. 1 RStV § 11 d Abs. 1 RStV legt fest, dass ARD, ZDF und Deutschlandradio Telemedien anbieten, die journalistisch-redaktionell veranlasst und gestaltet sind. § 11 d Abs. 1 RStV stellt demnach eine Art Grundnorm der spezifischen Beauftragung für Telemedien dar. Schon im Beihilfekompromiss ist diese Begrifflichkeit zugesagt worden: „Die Beauftragung wird staatsvertraglich auf journalistisch-redaktionelle Angebote begrenzt, was auch journalistisch-redaktionell veranlasste Angebote wie Internet-Chats umfasst. Was unter ,journalistisch-redaktionell‘ verstanden wird, wird in der staatsvertraglichen Begründung konkretisiert und leitet sich aus dem durch die Rechtsprechung bereits konkretisierten Begriff in anderen Gesetzen ab“.

Die Europäische Kommission hatte diese Zusage folgendermaßen bewertet: „Die Kommission betrachtet ferner die Beschränkung des öffentlich-rechtlichen Auftrags auf journalistisch-redaktionelle Angebote, ein Konzept, das in den entsprechenden Rechtsakten noch genauer zu fassen ist, als geeignet, um den Umfang der Telemedien auf solche Angebote zu beschränken, die den publizistischen Mehrwert der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wiedergeben (z. B. Themenauswahl und der Schwerpunktsetzung nach journalistischen Kriterien)“8.

Die EU-Kommission führt in diesen Ausführungen den Begriff des publizistischen Mehrwerts an, der bei den Angeboten erforderlich sein müsse. Die amtliche 6 7 8

Ebd., S. 337. Vgl. Jahn, Drei-Stufen-Test und plurale Rundfunkaufsicht, S. 15. Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 362.

B. Telemedienauftrag nach § 11 d Abs. 1 RStV

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Begründung der Länder erläutert den Begriff der journalistisch-redaktionellen Angebote dementsprechend als eine planvolle Tätigkeit mit dem Ziel der Herstellung und zeitnahen Weitergabe eines Angebots, das den Anforderungen des § 11 RStVals Beitrag zur Meinungsbildung genügt. Journalistisch-redaktionelle Tätigkeitsschwerpunkte sind nach diesen Ausführungen insbesondere die recherchierende Sammlung, die auswählende und gewichtende Bewertung recherchierter Quellen sowie die systematisierende und strukturierende sprachliche oder sonstige Aufbereitung9. Eine Veranlassung ist nach der amtlichen Begründung beispielsweise dann gegeben, wenn der journalistisch-redaktionell bearbeitete Gegenstand öffentliche Relevanz aufweist. Die erforderliche Gestaltung liegt vor, wenn das für das in Bearbeitung befindliche Angebot ausgewählte Material in eigenständiger Weise in Text, Bild oder Ton geformt wird. Somit würden zufällige Ansammlungen (unredigierte Chats, Messergebnisse), nicht bearbeitete Wiedergaben (Web-Kamera, Foto-Galerie) oder nicht gewichtete Inhalte (aufgelistete Agenturmeldungen) das Merkmal journalistisch-redaktionell nicht erfüllen10.

I. Quantitative und qualitative Schranken nach § 11 d Abs. 2 und 5 RStV Nach der amtlichen Begründung findet sich in § 11 d Abs. 2 RStV eine Strukturierung des Angebots von Telemedien nach „typisierbaren Angebotsformen, die sich in der Praxis der Rundfunkanstalten – aber auch anderer Anbieter – differenzieren lassen“11. Absatz 2 enthält damit maßgebliche inhaltliche Vorgaben des Programmauftrags12. Während in Absatz 1 eine Art Generalklausel zur Beauftragung gesehen wird, die einen weiten Rahmen setzt und die Kernbegriffe der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts umfassen soll13, legt Absatz 2 Restriktionen fest, die sowohl bestimmte Angebotsformen als auch die Angebotsdauer bzw. den Angebotsumfang betreffen. Insgesamt werden in § 11 d Abs. 2 RStV damit maßgebliche Eingrenzungen der generellen Beauftragung des § 11 d Abs. 1 RStV getroffen. 1. Sendungsbezug Als Grundprinzip der Beauftragung wurde der Sendungsbezug als Erfordernis festgeschrieben, der den zuvor geregelten „Programmbezug“ digitaler Angebote ablöst und konkretisiert. Vormals war es als „Annexkompetenz“ zum Funktions9

Amtliche Begründung zu § 11 d Abs. 1 RStV. Ebd. 11 Amtliche Begründung zu § 11 d Abs. 2 RStV. 12 Klickermann, AfP 2008, S. 793 ff. (795). 13 Ebd., S. 795. 10

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Kap. 4: Neue Regelungen zur Auftragspräzisierung im 12. RÄStV

auftrag für die Sender erlaubt, „programmbegleitende Telemedien mit programmbezogenem Inhalt“ im Netz anzubieten. Ob ein Angebot vorgehalten werden kann, hängt nach neuem Recht nun maßgeblich davon ab, ob es den benötigten Bezug zu Sendungen aufweisen kann oder nicht. Dieser Bezug zu Sendungen muss gemäß § 11 d Abs. 3 Satz 2 RStV auch gesondert ausgewiesen werden, was Deutschland bereits im Beihilfekompromiss angekündigt hatte14. Nach der gesetzlichen Definition, die in § 2 Abs. 2 Nr. 19 neu eingeführt wurde15, sind unter sendungsbezogenen Telemedien Angebote zu verstehen, die der Aufbereitung von Inhalten aus einer konkreten Sendung einschließlich Hintergrundinformationen dienen, soweit auf die für die jeweilige Sendung genutzte Materialien und Quellen zurückgegriffen wird und diese Angebote thematisch und inhaltlich die Sendung unterstützend vertiefen und begleiten, ohne jedoch bereits ein eigenständiges neues oder verändertes Angebot nach § 11 f Abs. 3 RStV darzustellen. Eine Ausnahme vom Erfordernis des Sendungsbezugs für Telemedien (nicht für Sendungen) ist mit der Durchführung eines Drei-Stufen-Testverfahrens nach § 11 f RStV möglich, bei dem eigenständig ermittelt werden muss, ob ein sendungsunabhängiges Telemedienangebot nach allen Prüfkriterien zu rechtfertigen sein kann (vgl. § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 RStV). Die Regelung zur Vorgabe eines Sendungsbezugs umfasst eine qualitative Begrenzung des öffentlich-rechtlichen Programmauftrags, indem die grundsätzliche Zulässigkeit des Onlineangebots an die Sendungen aus Rundfunk und Fernsehen geknüpft wird. Die gesetzlich festgeschriebene Ausweisung des Sendungsbezugs zeigt die Qualität dieser Beschränkung auf – in Anlehnung an die vormals geltende Beauftragung prorammbezogener Inhalte, nimmt die neue Regelung engen Bezug zur vormaligen Formulierung für das Anbieten von Telemedien und grenzt das etwas weiter auszulegende Merkmal des Programms nun auf das Erfordernis des Bezugs zu einer konkreten Sendung ein. Dennoch lässt der Gesetzgeber Spielräume für das Angebot eigenständiger, das heißt nichtsendungsbezogener Telemedien16, indem er sie durch einen erfolgreichen Drei-Stufen-Test unter Einbindung eines Telemedienkonzepts genehmigungsfähig macht, also ein geschlossenes mit einem offenen Beauftragungssystem kombiniert. 2. Verweildauerfristen Weiterhin dürfen Sendungen und Telemedien nur innerhalb gewisser Fristen vorgehalten werden (§ 11 d Abs. 2 RStV), was im Rahmen von festgelegten Verweildauerzeiträumen als quantitative Begrenzung der Internetinhalte geregelt 14

Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 341. In der Fassung des 13. RÄStV, vormals § 2 Abs. 2 Nr. 18 RStV. 16 Mit Ausnahme nichtsendungsbezogener presseähnlicher Angebote sowie anderer Angebotsformen der Negativliste, siehe unten. 15

B. Telemedienauftrag nach § 11 d Abs. 1 RStV

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wurde17. Die grundsätzliche Verweildauer für Sendungen und sendungsbezogene Telemedien beträgt sieben Tage18 (diese Telemedien sind direkt beauftragt). Hiervon kann – wie auch schon beim Erfordernis des Sendungsbezugs – unter den Voraussetzungen eines bestandenen Drei-Stufen-Testverfahrens unter Erstellung eines Telemedienkonzeptes inklusive eines Verweildauerkonzepts abgewichen, das heißt, eine Verlängerung erzielt werden. Das Gesetz eröffnet diese Möglichkeit, ohne Höchstgrenzen für die Verweildauer zu nennen19. 3. Verbot presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug Der politische Entscheidungsprozess zu den Regelungen des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrags wurde von der fortwährenden Diskussion über die Zulässigkeit einer öffentlich-rechtlichen Onlinepresse begleitet. Mit dem Verbot presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug etablierte der Gesetzgeber schließlich eine Regelung, welche die öffentlich-rechtlichen Onlineangebote von der digitalen Berichterstattung der Presse, die ihren Schwerpunkt in so genannte Lesemedien setzt, abgrenzen soll20. Um die spezifische Regelung des Verbots presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug und deren Sprengkraft in der politischen Diskussion ihrer Etablierung weitergehend einordnen zu können, ist zunächst besonderes Augenmerk auf digitale Leseangebote sowohl der Presse als auch des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu legen, welche die besondere Konkurrenzsituation auf dem digitalen Markt der Informationen offenbaren. a) Digitale textbasierte Angebote der Presse Die Presse durchlebt seit fast zwei Jahrzehnten einen digitalen Strukturwandel, der die Verlage in bislang ungekanntem Ausmaß vor neue Herausforderungen stellt. Presseunternehmen erleiden in ihrem über viele Jahre stabilen Kerngeschäft – der gedruckten Leseinformation – stetig wachsende Einbußen und sehen sich verstärkt gezwungen, Bezahlmodelle für digitale Inhalte zu etablieren bzw. zu verteidigen, um im Markt bestehen zu können21. Zwar steigt die Reichweite der Gesamtnutzer von Zeitungen und Zeitschriften trotz sinkender Erlöse des Sektors weiter an, jedoch mit 17

Hahn, ZRP 2008, S. 217 ff. (218). Sendungen auf Abruf von Großereignissen gemäß § 4 Abs. 2 sowie von Spielen der 1. und 2. Fußball-Bundesliga unterliegen einer Befristung von 24 Stunden, vgl. § 11 d Abs. 2 Nr. 1 Hs 2 RStV. 19 Die Regelung zu den Verweildauerfristen steht seit dem Jahr 2013 bereits wieder auf dem Prüfstand der Politik, die laut Informationen aus dem Kreis der Ministerpräsidenten einen Entwurf für einen Telemedienauftrag ohne die sog. Sieben-Tage-Regel ausarbeiten wolle, vgl. epd-medien Nr. 44/2013, S. 10 f. 20 Vgl. auch Ory, der den Versuch als gescheitert ansieht, AfP 2011, S. 19 ff. (20). 21 Ory mit Hinweis auf Apps der ARD, AfP 2010, S. 20 ff. (24); vgl. auch Weberling, AfP 2008, S. 445 ff. (451). 18

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Kap. 4: Neue Regelungen zur Auftragspräzisierung im 12. RÄStV

der Prämisse, dass die Onlinenutzung bislang überwiegend kostenlos erfolgt bzw. die Höhe der daraus generierten Erlöse bei weitem (noch) nicht ausreicht, um einen Hauptteil der Kostenlast für die Inhalteproduktion zu tragen22. Die Verlage haben bereits digitale Abonnements für Presseprodukte im PDF-Format (sog. E-Paper als eins zu eins Abbildung der Zeitung oder Zeitschrift in digitaler Form) sowie Abonnements von Apps für Smartphones und Tablets überwiegend kostenpflichtig angelegt23. In der jüngsten Zeit sind die Verlage zudem vermehrt dazu übergegangen, die Nutzer branchenweit an Bezahlschranken für ihre klassischen Onlinepräsenzen zu gewöhnen und damit zu einem neuen Finanzierungskonzept für ihre Inhalte beizutragen24. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass digitale Presseinhalte die gedruckte Leseinformation immer weiter substituieren und über kurz oder lang praktisch vollumfänglich ersetzen werden25. Gedruckte Presseprodukte wird es zwar noch über längere Zeit geben, deren Umfang wird sich im Verhältnis zu digitalen Presseangeboten allerdings im Laufe der Zeit marginalisieren. Dies liegt zum einen an der Fortentwicklung digitaler Endgeräte, welche die Aufnahme von Informationen immer attraktiver gestalten und damit Verlagsangeboten neue Möglichkeiten eröffnen, an jedem Ort aktuelle und interaktive Inhalte bereit zu stellen26. Zum anderen werden Verlage mit gedruckten Informationen nicht mehr diejenigen Generationen erreichen können, die ohne eine gedruckte Zeitung oder Zeitschrift im Haushalt aufgewachsen sind und damit nicht mit dem haptischen Erlebnis eines Presseprodukts sozialisiert wurden. Über die nächsten Jahre schreitet daher der kontinuierliche Rückgang der bis dato treuen Printabonnement-Kundschaft voran, da diese Leserschaft nicht aus nachfolgenden Generationen nachwachsen wird. Die nach dem Jahr 1980 geborenen so genannten Milleniums haben diesen Generationenwechsel in der Mediennutzung klassischer Angebote eingeleitet. In ihrer Generation wird die Präsenz der klassischen Zeitung oder Zeitschrift auslaufen, so wie sich auch die Nutzungsgewohnheiten audiovisueller Inhalte weiter drastisch verändern. Ein Großteil der Verlage wird sich gedruckte Exemplare einer Zeitung oder Zeitschrift vielleicht schon in naher Zukunft nur noch für Liebhaber-Abonnenten leisten (können). 22

Zur Entwicklung der Online-Angebote vgl. Zeitungen 2012/13, S. 413. Keller/Eggert, Zeitungen 2012/13, S. 41 ff. (93). 24 Der Branchenverband der Zeitungen, BDZV, listet im November 2014 bereits etwa 100 Onlinebezahlmodelle von 351 Tageszeitungen – zwei Jahre zuvor waren es noch weniger als die Hälfte, vgl. die BDZV-Pressemitteilungen vom 04. 11. 2014 und 20. 12. 2012. Auch FlatrateModelle für Presseprodukte werden bei Nutzern und Verlagen immer beliebter. Eine Herausforderung für die Pressehäuser ist jedoch, dass die Abrechnungsmodalitäten für Erlösquellen im Internet noch heterogen sind, so dass auch nach einem nutzerfreundlichen MicropaymentSystem für Presseangebote gesucht wird, dass den Verlagen nicht die Kontrolle über ihre Inhalte entzieht, vgl. kressreport 19.14 vom 17. 10. 2014, S. 18 f. 25 Vgl. auch Gersdorf, AfP 2010, S. 421 ff. (423). 26 Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 18 f. 23

B. Telemedienauftrag nach § 11 d Abs. 1 RStV

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Der Transformationsprozess von der gedruckten Zeitung hin zur digitalen Information auf unterschiedlichsten Plattformen und Endgeräten, den Pressehäuser früher oder später vollständig abschließen werden, erfordert zweifelsohne digitale Geschäftsmodelle, die eine Wertschöpfung mit professionellen journalistischen Inhalten ermöglichen. Damit ist zwingend verbunden, dass neben der Refinanzierung dieser Inhalte aus Werbung auch digitale Vertriebserlöse generiert werden können, die erheblich sind. Hier zeigt sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit seiner staatlich finanzierten Konkurrenz als ernsthaftes Hemmnis, der die Etablierung von Bezahlinhalten für private Anbieter erschwert. b) Digitale textbasierte Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Gerade in den Bereichen mit Potenzial für digitale Erlöse, wie dem mobilen Markt der Nachrichtenkommunikation, bietet der öffentlich-rechtliche Rundfunk den gleichen Inhalt kostenfrei27 und qualitativ hochwertig an. Bislang sind auf der marktlichen Angebotsebene wenige Unterscheidungskriterien zwischen beitragsfinanzierten Lesenachrichten und Presseangeboten im Internet ersichtlich28. Nachrichtenangebote im Internet sind stark auf die Nutzerbedürfnisse nach schneller, aktueller und prägnanter Information ausgerichtet. Der Zugriff der Nutzer erfolgt hier in großem Maß auf das geschriebene Wort und nicht auf bewegte Bilder oder Audios29. Eine Trennung von Angeboten erscheint daher im faktischen Bereich bislang kaum umsetzbar, vor allem da öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten aus Legitimationsgründen sowie aufgrund des „jeder Institution inhärenten Selbstbehauptungs- und Ausweitungsinteresses“30 verständlicherweise solche Telemedien anbieten, die sich bei ihren Nutzern großer Beliebtheit erfreuen31.

27

Fiedler, K&R 2012, S. 795 ff. (798); Ory, AfP 2010, S. 20 ff. (24). Eberle sah dementgegen schon vor Unterzeichnung des 12. RÄStV deutliche Unterschiede zwischen den Onlineangeboten des ZDF und denen der Verlage – zwischen den Akteuren würde zudem kein ökonomischer Wettbewerb stattfinden, vgl. promedia 6/2008, S. 6 ff. (7). 29 So führt ein Mitglied der Redaktionsgemeinschaft des Nachrichtenangebots Tagesschau.de im Interview mit dem Medienmagazin Zapp exemplarisch aus, der Zugriff der Nutzer erfolge in erster Linie auf Texte. Zwar würden Videos zunehmend nachgefragt, der Unterschied zu Texten sei aber in der Nachfrage weiterhin eklatant (Quelle: http://www.ndr.de/fernsehen/sen dungen/zapp/ media/aretz103.html). 30 Vgl. Gersdorf, AfP 2010, S. 421 ff. (421) mit Hinweis auf BVerfGE 87 S. 181 (202) = AfP 1992 S. 350. 31 Vgl. die Aussagen eines tagesschau.de-Redakteurs gegenüber dem Medienmagazin Zapp mit dem Hinweis auf bestehende Nutzerbedürfnisse, welche die Textlastigkeit legitimierten (Quelle: http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/ media/aretz103.html). 28

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Kap. 4: Neue Regelungen zur Auftragspräzisierung im 12. RÄStV

c) Aufeinandertreffen unterschiedlicher Freiheitsregime Auf der rechtlichen Ebene wird oftmals eine Abgrenzung zwischen Rundfunk und Presse innerhalb der Kommunikationsverfassung gesucht. Sie könnte über die Zulässigkeit gerade nicht audiovisueller Inhalte entscheiden. Rundfunk und Presse sind von grundlegend unterschiedlichen Ordnungsprinzipien geprägt32. Beide Regime – Presse- und Rundfunkfreiheit – werden von den jeweiligen Protagonisten für die Betätigung im Internet herangezogen. Während der öffentlich-rechtliche Rundfunk für sich geltend macht, ein weiter Onlineauftrag sei nicht nur zulässig, sondern verfassungsrechtlich sogar geboten, weist die Presse auf den Umstand hin, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nur bei Funktionsdefiziten auf Basis der Rundfunkfreiheit tätig werden könne, welche beispielsweise bei Lesemedien im Internet nicht vorlägen33. Öffentlich-rechtliche Medien seien nur die „zweitbeste Lösung“ und bedürften „als Sonderfall staatlicher Medienausgestaltung, die den Raum freier gesellschaftlicher Meinungsbildung zwangläufig verengt“ einer Rechtfertigung34. Für die Presse wird vor allem bei eigenständigen digitalen „Lesemedien“ ein Vorrang des Ordnungsprinzips der Presse angeführt. Der Pressebegriff, der als entwicklungsoffen und weit auszulegen verstanden wird, müsse auch für die neue Welt der (Tele-)Medien gelten35. Hier könne insoweit nicht auf die als öffentlich-rechtliche Legitimation erforderliche Rundfunkfreiheit zurückgegriffen werden, als die Textdienste nicht im Rahmen einer unterstützenden und ergänzenden Funktion zum Hauptprogramm der Sender stünden36. Demnach werden solche Dienste für nicht zulässig erachtet, in deren Marktumfeld kein Vielfaltsdefizit besteht und die damit keiner Legitimation unterliegen. So wie es dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk verwehrt sei, eine beitragsfinanzierte Tageszeitung zu publizieren, müsse dies auch für den publizistischen Wettbewerb im Internet gelten, in dem die Sender mit Leseangeboten den Verlagshäusern immer stärkere Konkurrenz machten37.

32

Siehe die Darstellung in Kapitel 2 B. I. 1. Vgl. auch Castendyk, der bei dem Verständnis der Rundfunkfreiheit auf das nötige Kriterium des Marktversagens hinweist, welches jedoch keine Minimalversorgung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bedeute, AfP 2008, S. 467 ff. (469). 34 Fiedler, K&R 2012, S. 795 ff. (798). 35 Schulze-Fielitz, in Dreier, GG, Art. 5, Rn. 90; Todsen, Grenzen gebührenfinanzierter Telemedien, S. 108. 36 Gersdorf, Der verfassungsrechtliche Rundfunkbegriff, S. 143 ff.; ders., Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit als „Supergrundrecht“?, S. 141 f.; ders., NJW-CoR 1998, S. 238 ff. (240). 37 Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 49 f.; ders., AfP 2010, S. 421 ff. (421). 33

B. Telemedienauftrag nach § 11 d Abs. 1 RStV

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d) Zulässigkeit öffentlich-rechtlicher Lesemedien Der „skizzierte Grundsatzstreit um die Auslegung der Massenkommunikationsgrundrechte“ wurde in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland schon viele Jahrzehnte geführt38 und schloss bald auch neue Angebotsformen mit ein. Die Zulässigkeit öffentlich-rechtlicher Onlineaktivitäten wurde dabei schon früh mit der Legitimation für solche Angebote gleichgesetzt, die Presseunternehmen hervorbringen39. Die öffentlich-rechtlichen Sender führten in der Diskussion um die Einführung des privaten Fernsehens die These ins Feld, dass wenn Verlagen der Zugang zum Rundfunk erlaubt würde, den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten „parallel“ auch gestattet werden müsse, sich als Verleger zu etablieren“40. Diese Äußerungen lassen darauf schließen, dass das „Verlegen“ publizistischer Inhalte für öffentlich-rechtliche Rundfunkveranstalter schon immer eine gewisse Anziehung mit sich gebracht zu haben scheint. So ging es bei den Auseinandersetzungen von Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk grundsätzlich speziell um die Zulässigkeit des Angebots von Lesemedien – einerseits in gedruckter Form (zum Beispiel wegen des Angebots einer Programmzeitschrift41 der ARD oder eines Wirtschaftsmagazins des ZDF42), aber auch um Video- und Bildschirmtextangebote43 und schließlich um die textgeprägten Ausformungen der Onlineberichterstattung. e) Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Druckwerken Das Bundesverfassungsgericht hatte sich bereits früh mit der Veröffentlichung von Leseangeboten in Form von Druckwerken durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu beschäftigen. Im Rahmen der 6. Rundfunkentscheidung (WDR-Urteil)44 musste es in der Diskussion um die Möglichkeit weitergehender Aktivitäten als der bloßen Rundfunktätigkeit darüber entscheiden, ob bzw. in welcher Form die Herausgabe einer Programmzeitschrift zulässig sein könnte. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Zulässigkeit einer gedruckten öffentlichrechtlichen Programmzeitschrift in seinem Urteil davon abhängig gemacht, ob mit ihr die Erfüllung der Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sichergestellt 38

Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 26, mit Hinweis auf die 70er-Jahre, in denen eine Diskussion darüber aufkam, ob auch die Presse einer öffentlich-rechtlichen Organisationsform unterworfen werden dürfte. 39 Vgl. hierzu Ricker, AfP 1998, S. 437 ff. (445); ders., ZUM 2001, S. 28 ff. (31). 40 Vgl. Rath-Glawatz, AfP 2003, S. 9 ff. (9). 41 BVerfG 83, S. 238 ff., 309 – WDR-Urteil. 42 LG Köln, Beschluss vom 31. 03. 1998, 31 O 736/97 – WiSo-Magazin. 43 Vgl. Schulze, Im Interesse der Zeitung, S. 286 ff., der den Verlauf der Auseinandersetzung um die Videotext-„Bildschirmzeitung“ in den 80er-Jahren wiedergibt. 44 BVerfG 83, S. 238 ff., 309.

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Kap. 4: Neue Regelungen zur Auftragspräzisierung im 12. RÄStV

werde45. In den Leitsätzen des Urteils heißt es unter Ziffer 2 d: „Die Veröffentlichung von Druckwerken mit vorwiegend programmbezogenem Inhalt ist von der Rundfunkfreiheit gedeckt, wenn sie dem Aufgabenkreis des Rundfunks als unterstützende Randbetätigung zugeordnet werden kann“. Damit wurden bestimmte Tätigkeiten im Bereich der Presse zwar möglich, jedoch nur sehr eingeschränkt zugelassen46. In der Entscheidungsbegründung stellt das Gericht darauf ab, dass die „verfassungsrechtliche Beurteilung“ der Befugnis zur Herausgabe von Druckerzeugnissen durch öffentlich-rechtliche Sender „maßgeblich“ davon abhänge, ob und in welchem Umfang sie dazu beitrage, die Erfüllung der Aufgaben sicherzustellen, „die in der dienenden Funktion der Rundfunkfreiheit begründet sei“47. Wenn und soweit die Veröffentlichung von Druckwerken mit vorwiegend programmbezogenem Inhalt diesem Aufgabenkreis als eine lediglich unterstützende Randbetätigung zugeordnet werden könne, sei sie von der Rundfunkfreiheit gedeckt. Ein redaktioneller Teil jedoch, der „nicht auf das Gesamtprogramm des Senders bezogen wäre, sondern eine hiervon losgelöste pressemäßige Berichterstattung oder allgemein unterhaltende Beiträge enthielte, könnte in der Rundfunkfreiheit keine verfassungsrechtliche Grundlage mehr finden“48. Ein „begleitendes Textangebot“, wie Programmankündigungen in Printform, ist demnach verfassungsrechtlich nur mittelbar aus der Notwendigkeit des klassischen Rundfunkprogramms zu rechtfertigen, welches es unterstützend begleitet. Die Herausgabe einer Programmzeitschrift stellt sich als eine unterstützende Randbetätigung dar, da der Rezipient hinreichende Kenntnisse von der Tätigkeit und dem Programmangebot der Anstalten haben muss und die Information hierüber auch durch eine geeignete Aufmachung und Präsentation erfolgen kann. Sie wurde damit eng an die Causa der Rundfunkfreiheit geknüpft49. Als Konsequenz dieser Entscheidung nahm der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung in den Rundfunkstaatsvertrag auf – zunächst mit der Norm des § 11 Abs. 1 Satz 2 RStV a F., nach der der öffentlich-rechtliche Rundfunk programmbegleitend Druckwerke und Mediendienste mit programmbezogenem Inhalt anbieten kann. Mit dem Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde die Regelung für Druckwerke in § 11 a Abs. 1 Satz 2 RStV verschoben, da eine (weitergehende) Beauftragung der Telemedien (damals Mediendienste) nunmehr in § 11 d RStVerfolgt und damit eine Trennung der Angebotsformen erforderlich war.

45 BVerfG 83, S. 238 ff., 309, im Vorfeld auf die Frage einer Programmpresse des Rundfunks vertiefend eingehend: Scholz, Rundfunkeigene Programmpresse?, S. 16 ff.; Kübler, Rundfunkauftrag und Programminformation, S. 21 ff.; Rath-Glawatz, AfP 2003, S. 9 f. (9). 46 Castendyk, AfP 2008, S. 467 ff. (472). 47 BVerfGE 83, S. 238 ff, 313 ff. 48 BVerfGE 83, S. 238 ff, 314; weitergehend Kübler, der jede Programmpublikation als von der Rundfreiheit gedeckt ansieht, Rundfunkauftrag und Programminformation, S. 89. 49 Ricker, AfP 1998, S. 437 ff. (445); ders., ZUM 2001, S. 28 ff. (31 – 32).

B. Telemedienauftrag nach § 11 d Abs. 1 RStV

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Bei Berücksichtigung dieser Grundgedanken zu analogen Druckwerken müsste ein dem klassischen Rundfunk fremder Beitrag der öffentlich-rechtlichen Sender nur programmbezogen zulässig sein. Fraglich ist, ob diese Grundsätze bei den in der Kritik stehenden textgeprägten Telemedien der Sender anwendbar sind. f) Lesemedien im Lichte der Bestands- und Entwicklungsgarantie Bislang hatte das Bundesverfassungsgericht zwar über die Zulässigkeit analoger Druckwerke öffentlich-rechtlicher Sender zu entscheiden, die Frage ist im Hinblick auf digitale Textdienste jedoch bislang von ihm (noch) nicht beantwortet worden. Gleichwohl wird in der Rechtsliteratur auf verfassungsgerichtliche Entscheidungen verwiesen, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Onlinebereich zum Angebot von Lesemedien legitimieren würden. Bereits bei der Frage nach der Notwendigkeit eines spezifischen Onlineauftrags wurde von Teilen der Rechtsliteratur mehrfach angeführt, der Auftrag ergebe sich grundsätzlich aus der Bestands- und Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, nach der öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten in programmlicher, finanzieller und technischer Hinsicht nicht auf den gegenwärtigen Entwicklungsstand beschränkt werden dürfen und für neue Inhalte, Formate, Genres sowie neue Verbreitungswege offen bleiben müssen50. Die Anwendbarkeit dieser Grundsätze sei der veränderten Nutzererwartung im Bereich der konvergenten Medien geschuldet, welche auch vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu erfüllen sein müsse51. Zudem würde es zunehmend zu einer Substituierung des klassischen Rundfunks durch neue, digitale Dienste kommen52. Es liegt nahe, dass Vertreter öffentlich-rechtlicher Anstalten und Teile der Rechtswissenschaft Restriktionen im spezifischen Bereich der klassischen Leseangebote im Internet ebenfalls mit Verweis auf die verfassungsrechtliche Bestands- und Entwicklungsgarantie ablehnen53. Dem lässt sich jedoch entgegenhalten, dass sich das Bundesverfassungsgericht „speziell zu den Funktionsbedingungen der modernen Massenkommunikation im Rahmen des Internet und zum Gegenstand sowie zu den Grenzen eines möglichen Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks 50 Vgl. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, S. 238 ff.; dens., Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und neue Dienste, S. 128 ff.; Eberle, AfP 1998/99, S. 272 ff. (273); Jarass, Online-Dienste und Funktionsbereich des Zweiten Deutschen Fernsehens, S. 27; zusammenfassend Castendyk, AfP 2008, S. 467 (471); Klickermann, AfP 2008, S. 793 f. (794); vgl. Kapitel 2 B. IV. 51 Held, Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und neue Dienste, S. 29. 52 Ebd., S. 29. 53 Zuletzt Papier/Schröder, Rechtsgutachtliche Stellungnahme zum Urteil des LG Köln vom 27.09.12, Az. 31 O 360/11 (Tagesschau-App), S. 8 ff.; ebenso Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, S. 238 ff.; ders., Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und neue Dienste, S. 19; Eberle, AfP 2008, S. 329 ff. (331 f.); ders., Professionalisierung der Medienaufsicht S. 174 ff. (177); Hahn, ZRP 2008, S. 217 ff. (219).

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Kap. 4: Neue Regelungen zur Auftragspräzisierung im 12. RÄStV

im Internet“54 bislang nicht befasst hat. Dies lässt damit auch nicht per se auf ein Recht schließen, welches ein Tätigwerden mittels neuer Kanäle und Darbietungsformen begründet. Es besteht aber die Möglichkeit des Gesetzgebers, diese Formen der Versorgung durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk per Gesetz zu eröffnen55. Im Umkehrschluss kann der Gesetzgeber aber auch die ihm zustehende Einschätzungsprärogative56 wahrnehmen und den Bereich der digitalen nichtsendungsbezogenen Lesemedien dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk untersagen57, ohne dass dies verfassungsrechtlich unzulässig wäre. Die Terminologie von neuen „Verbreitungsformen“ die das Bundesverfassungsgericht verwendet, vermag gegenüber der vormaligen Begrifflichkeit der neuen „Übertragungsform“ grundsätzlich auf das Engagement des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Netz zugeschnitten sein, bezieht sich jedoch auf bewegte Bilder in Form von linearem bzw. non-linearem Rundfunk. Eine Ausweitung auf sämtliche mögliche Tätigkeiten im Rahmen einer umfassenden Grundversorgung öffentlichrechtlicher Anbieter kann nach weitgehender Literaturmeinung daraus wiederum nicht gefolgert werden58. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass private Medien, andere rechtswissenschaftliche Autoren und Stimmen aus der Politik stets auf die Gefahren einer „gebührenfinanzierten Onlinepresse“ hingewiesen haben, die nicht nur eine Wettbewerbsverzerrung für private Medien darstelle59, sondern auch zu weniger Vielfalt journalistischer Angebote im Internet führen könne60. Dabei wird auch das Gebot der Privatwirtschaftlichkeit und die grundrechtliche geschuldete Neutralität des Staates im publizistischen Wettbewerb angeführt, wodurch es den Internetauftritten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – soweit diese Textdienste verbreiteten – an Legitimation fehle61. Das Argument der zugesprochenen verfassungsrechtlichen Bestands- und Entwicklungsgarantie als Grundlage für das Zurverfügungstellen neuer öffentlich54 Gersdorf, Rechtsgutachtliche Stellungnahme zum Urteil des LG Köln vom 27. 09. 2012 – Az. O 360/11 2012 (Tagesschau-App), S. 15 ff. 55 Castendyk, AfP 2008, S. 467 (471). 56 BVerfGE 57, 295 (321); 83, 238 (321); 97, 228 (267). 57 Gersdorf, Rechtsgutachtliche Stellungnahme zum Urteil des LG Köln vom 27. 09. 2012 – Az. O 360/11 2012 (Tagesschau-App), S. 19. 58 Gersdorf, AfP 2010, S. 421 ff. (426 f.); ders., Legitimation und Limitierung, S. 95 f.; Castendyk, AfP 2008, S. 467 ff. (471;) Müller-Terpitz, AfP 2008, S. 335 ff. (338 f.); Jahn, DreiStufen-Test und plurale Rundfunkaufsicht, S. 51. 59 Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 116 f. 60 Müller-Terpitz, AfP 2008, S. 335 ff. (341); Klickermann, MMR 2008, S. 569 f. (570). Der damalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Günther Oettinger, erklärte in einem FAZ-Interview vom 11. 6. 2008, dass eine öffentlich-rechtliche Onlinepresse mit Sicherheit nicht genehmigungsfähig sein werde. Sein damals rheinland-pfälzischer Kollege Kurt Beck äußerte in promedia, 1/2009, dass ARD, ZDF und Deutschlandradio beauftragt seien, Rundfunk zu veranstalten, nicht Presse, S. 17. Vgl. schließlich die BDZV-Pressemitteilung vom 30. 04. 2007. 61 Vgl. Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 116; Holznagel, MMR 2011, S. 1.

B. Telemedienauftrag nach § 11 d Abs. 1 RStV

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rechtlicher Dienste – im Speziellen Lesemedien – wird wie dargestellt in der Rechtsliteratur unterschiedlich bewertet. Der Gesetzgeber musste aus den unterschiedlichen Einlassungen des Bundesverfassungsgerichts jedoch Schlüsse im Rahmen der Auftragseingrenzungen des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrags ziehen. Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk größtmögliche Freiheiten in der Berichterstattung einzuräumen, andererseits aber auch Grenzziehungen in der Beauftragung zu tolerieren bzw. für gewisse Bereiche (auch aufgrund der involvierten Grundrechte von Presse und Beitragszahlern sowie aufgrund der Zusagen gegenüber der EU-Kommission) sogar als erforderlich zu erachten, mussten von den Ländern im Rahmen des einfachgesetzlichen Programmauftrags beachtet werden. g) Festlegungen im Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag Mit dem Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag verankerte der Gesetzgeber schließlich den bis dato nicht bekannten Begriff der Presseähnlichkeit und untersagte nichtsendungsbezogene presseähnliche Angebote. In § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3 RStV wird festgelegt: „Nichtsendungsbezogene presseähnliche Angebote sind nicht zulässig.“

Zudem findet sich eine Definition des Begriffs der Presseähnlichkeit in § 2 Abs. 2 Nr. 20 RStV62 : „Im Sinne dieses Staatsvertrages ist ein presseähnliches Angebot nicht nur elektronische Ausgaben von Printmedien, sondern alle journalistisch-redaktionellen Angebote, die nach Gestaltung und Inhalt Zeitungen oder Zeitschriften entsprechen.“

Das Verbot steht systematisch im direkten Zusammenhang mit der Beauftragung für Telemedien – als Negativformulierung nimmt es die Möglichkeit eigenständiger presseähnlicher Angebote für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus. Diese Angebotsform kann mithin auch nicht durch einen bestandenen Drei-Stufen-Test nach §§ 11 d Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2, 11 f RStV genehmigt werden, sodass Ausnahmen dieser Beschränkungen (wie bei dem Erfordernis des Sendungsbezugs oder der Verweildauerfristen möglich) unzulässig sind. Der Gesetzgeber hat damit Festlegungen getroffen, den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine Einschränkung des Onlineauftrags zu erteilen63. Der finalen Fassung des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrags mit dem Verbot presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug, dem die Ministerpräsidenten schließlich am 18. Dezember 2008 zustimmten, gingen einige Entwurfsfassungen mit teils recht unterschiedlichen Ansatzpunkten für die Zulässigkeit von Telemedien der öffentlich62

In der Fassung des 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrags, vormals § 2 Nr. 19 RStV. Der Autor stützt die Beschränkung auf den Annexcharakter der Telemedien im Pressebereich, den der Gesetzgeber lediglich vorgesehen habe. Wellenreuther, Presseähnliche Telemedien öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, S. 175 ff. 63

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Kap. 4: Neue Regelungen zur Auftragspräzisierung im 12. RÄStV

rechtlichen Rundfunkanstalten im Hinblick auf deren Abgrenzung zu Presseangeboten voraus. Bis es schließlich zur Festlegung der bestehenden Norm kam, sind diverse Verbotsdefinitionen verfasst worden, die jedoch verworfen oder abgeändert wurden. (1) Entwurfsfassung vom 31. Januar 2008 In einer ersten Entwurfsfassung wurde die Zulässigkeit telemedialer Angebote im Wesentlichen lediglich an die Erfüllung des allgemeinen Rundfunkauftrages aus § 11 Abs. 1 RStV gekoppelt64. In der Literatur wurde dazu ausgeführt, der Entwurf orientiere sich an einer 1:1-Umsetzung des Beihilfekompromisses65. Diese Formulierung hätte jedoch ein praktisch unbegrenztes öffentlich-rechtliches Onlineangebot ermöglicht66. (2) Entwurfsfassung vom 26. März 2008 Bereits zwei Monate nach Erstellung der ersten Fassung lag ein neuer Entwurfstext vor, der auch eine explizite Regelung bezogen auf so genannte Lesemedien beinhaltete. Dort hieß es in § 11 d Abs. 3 Nr. 3 RSTV-E: „Textbasierte Angebote (Lesemedien), die über die Anstaltspräsentation hinausgehen, sind nur sendungsbezogen zulässig (alternativ: elektronische Presse findet nicht statt)“67.

Dieser Regelungsvorschlag führte zur Zuspitzung der medienpolitischen Debatte um öffentlich-rechtliche Leseangebote im Internet. Der Versuch der Länder, den Interessensausgleich zwischen Informationsinteresse bzw. Entwicklungsgarantie mit dem Schutz vor Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten privater Medien68 sowie der Pressefreiheit durch eine Einschränkung im Bereich der Textberichterstattung zu erzielen, stieß auf harsche Kritik69. Seitens der Vertreter öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten wurde der Entwurf vom 26. März 2008 dementsprechend als ein „völlig inakzeptabler Maulkorb“ bezeichnet, der mit dem EU-Beihilfenverfahren nicht vereinbar sei und der Entwicklungsgarantie des Bundesverfassungsgerichts

64

Entwurf eines 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 31. 01. 2008. Eberle, AfP 2008 S. 329 (333). 66 Vgl. Peters, Öffentlich-rechtliche Onlineangebote, S. 36. 67 Entwurf eines 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 26. 03. 2008. 68 Auch nach dem BVerfG müssen „Verzerrungen des publizistischen Wettbewerbs insgesamt vermieden werden“, BVerfGE 80, S. 124 (133 f.), AfP 1989 S. 658; vgl. Gersdorf, AfP 2010, S. 421 ff. (433). 69 Vergleiche Eberle, AfP 2008, S. 329 (333), der den Entwurf als „in seiner Rigidität überzogen“ bewertet. 65

B. Telemedienauftrag nach § 11 d Abs. 1 RStV

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widerspreche70. Verlegervertreter begrüßten hingegen die Regelung71. Text- und (Stand-)Bildangebote von ARD und ZDF, die über eine programmbegleitende Randbetätigung hinausgingen, seien mit dem Grundgesetz unvereinbar. Eine Beschränkung wie im vorgelegten Entwurf sei also nicht nur zulässig, sondern verfassungsrechtlich geboten72. Im Rahmen der Debatte um die angestrebte Formulierung wurde schnell klar, dass die Länder nicht an dieser Entwurfsfassung festhalten wollten. (3) Arbeitsentwurf vom 04. Juni 2008 Nach heftigen Protesten seitens der Vertreter öffentlich-rechtlicher Anstalten ergänzte die Rundfunkkommission nach einer Sitzung am 22. Mai 2008 in einem erneuten Entwurf vom 04. Juni 2008 die bis dato gefundene Formulierung, in dem es nun hieß: „Nicht sendungsbezoge Angebote elektronischer Presse sind unzulässig.“73

Der Begriff der elektronischen Presse wurde in dem Entwurf konkretisiert als „journalistisch redaktionell gestaltete Angebote aus Text und Bild, die nach Gestaltung und Inhalt Zeitungen und Zeitschriften entsprechen“74. Die Verlegerverbände hatten im Vorfeld der Sitzung der Rundfunkkommission noch einmal nachdrücklich vor einer „gebührenfinanzierten Onlinepresse“ gewarnt75. In einem Appell forderten die Zeitungsverleger schließlich vor der entscheidenden Sitzung der Ministerpräsidenten erneut, die bis dato gefundene Regelung zu Text- und Bildangeboten der Rundfunkanstalten zu korrigieren, da sie ein Eindringen in das Terrain der Verlage bedeuten würde76. (4) Finaler Arbeitsentwurf vom 12. Juni 2008 Schließlich wurde in einem vierten Arbeitsentwurf vom 12. Juni 2008 die final verabschiedete Formulierung in der Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder festgelegt77. Statt des Verbots textbasierter Angebote (Lesemedien) wurde in der 70 So der damalige ZDF-Intendanten Markus Schächter in einer Rede auf den 41. Mainzer Tage der Fernsehkritik, in der er diejenigen, die Textbeiträge im Internet verbieten wollten, unter Zensurverdacht stellte, Ware oder Wert? S. 19. 71 Vgl. die VDZ-Pressemitteilung vom 31. 3. 2008. 72 Die Erklärung der Zeitschriftenverleger erfolgt unter Hinweis auf Gersdorf, Legitimation und Limitierung. 73 Entwurf eines 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 04. 06. 2008. 74 Vgl. Peters, Öffentlich-rechtliche Onlineangebote, S. 36. 75 BDZV-Pressemitteilung vom 21. Mai 2008. 76 BDZV-Pressemitteilung vom 11. Juni 2008. 77 Die Änderungen an der Passage zu Onlinepresseangeboten war im Nachgang dazu Gegenstand eines Anhörungsprozesses Betroffener im Rahmen von Stellungnahmen und

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Kap. 4: Neue Regelungen zur Auftragspräzisierung im 12. RÄStV

Neufassung festgehalten: Nichtsendungsbezogene presseähnliche Angebote sind unzulässig (§ 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3 RStV). Die Verleger äußerten im Nachgang dieser Festlegung erneut Kritik, da sie die Einschränkung des Verbots lediglich auf sendungsunabhängige Angebote für nicht weitgehend genug hielten78. Die Regelung des Verbots presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug in ihrer konkreten Ausgestaltung durch den Rundfunkgesetzgeber hat auch lange nach ihrer Etablierung noch zu erheblichen Debatten in Rechtswissenschaft und Medienpolitik und schließlich zu einem wettbewerbsrechtlichen Klageverfahren von acht Zeitungsverlagen gegen die ARD geführt79. Die Gefahr einer Klage gegen die Regelungen zu presseähnlichen Angeboten wurde aufgrund prognostizierter definitorischer Unklarheiten von Vertretern der öffentlich-rechtlichen Anstalten bereits kurz nach der Unterzeichnung des Rundfunkstaatsvertrags geäußert80. In den Drei-Stufen-Testverfahren für den Bestand galt es nunmehr, erstmalig das neue Recht auf konkrete digitale Inhalte und Angebote anzuwenden und die Frage zu erörtern, ob mit dem Verbot presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug die Zuordnung von Lesemedien zu einem verfassungsrechtlichen Regime (Presse oder Rundfunk) vorgenommen werden kann. Diese Anwendung des Rechtsbegriffs der presseähnlichen Angebote wird weiter unten näher in den Blick genommen81. 4. Verbot flächendeckender lokaler Berichterstattung § 11 d Abs. 5 RStV hält mit dem Verbot flächendeckender lokaler Berichterstattung in Satz 3 eine weitere Beschränkung der Beauftragung vor. Dies hatte Deutschland der Europäischen Kommission bereits ausdrücklich zugesagt82. Der deutsche Gesetzgeber hat es unterlassen, die Verbotsnorm im Rahmen von Definitionen im Rundfunkstaatsvertrag zu konkretisieren. Es findet sich daher weder mündlicher Anhörung, bevor die Ministerpräsidenten der Länder dem Rundfunkstaatvertrag in der 12. Fassung in ihrer Sitzung am 23. 10. 2008 zustimmten und ihn am 18. 12. 2008 schließlich unterzeichneten. 78 Vgl. die BDZV-Pressemitteilung vom 12. 06. 2008. Allerdings wurde seitens der Verleger nach der Sitzung der Ministerpräsidenten am 23. Oktober 2008 die Auftragsbegrenzung in ihren Grundsätzen gelobt, da diese „klare Grenzen“ ziehe; vgl. die BDZV-Pressemitteilung vom 23. 10. 2008. 79 Sie soll an späterer Stelle dieser Ausarbeitung – im Rahmen europarechtlicher Erfordernisse zur Auftragspräzision und ihrer konkreten Behandlung als Verbotsnorm im DreiStufen-Testverfahren – eingehend analysiert werden. 80 Beispielsweise durch den SWR-Justiziar Hermann Eicher, vgl. Schmid/Eicher, epd medien Nr. 45/46/2009, S. 5 f. 81 Vgl. Kapitel 6 A. III. 2. 82 Dort heißt es: „Den Zusagen Deutschlands zufolge soll die flächendeckende lokale Berichterstattung nicht Bestandteil des öffentlichen Auftrags sein“, vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 341. Die Kommission nahm diese Zusage zur Kenntnis, vgl. Rn. 365 der Entscheidung.

B. Telemedienauftrag nach § 11 d Abs. 1 RStV

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eine Beschreibung des Merkmals der Flächendeckung noch lässt sich ableiten, wann eine Berichterstattung lokal (und nicht regional) angelegt sein soll. Angesichts der sehr abstrakten und unpräzisen Vorgaben sind die Grenzziehungen des Verbots daher schwierig83. Regelungsmotivation des Gesetzgebers war es hier, private Wettbewerber aus Print-, Hörfunk-, und TV im lokalen/regionalen Bereich zu berücksichtigen, die mit ihren kostenintensiv erstellten Inhalten vor massiver Konkurrenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geschützt werden sollten84. 5. Unzulässigkeit angekaufter Produktionen auf Abruf Zudem legt § 11 d Abs. 5 Satz 2 RStV fest, dass das Angebot auf Abruf von angekauften Spielfilmen und angekauften Folgen von Fernsehserien, die keine Auftragsproduktionen sind, unzulässig ist. Die Regelung war nicht Gegenstand der Zusagen Deutschlands im Beihilfekompromiss. Es sollte jedoch damit vermieden werden, dass öffentlich-rechtliche Angebote in Konkurrenz zu kommerziellen Video-on-Demand-Angeboten oder Videotheken treten und zusätzlich hohe Rechtekosten entstehen85. 6. Negativliste öffentlich-rechtlicher Telemedien Schließlich beinhaltet der Rundfunkstaatsvertrag eine Negativliste, die als Anlage zur Auftragsnorm des § 11 d Abs. 5 S. 4 RStV unzulässige Telemediendienste der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten untersagt. Im Rahmen dieser von der EUKommission geforderten und von Deutschland im Einstellungsbeschluss zugesagten Liste von Angebotsformen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks86 werden solche Betätigungsfelder untersagt, die beispielsweise für Erwerbszwecke kommerzieller Anbieter besonders relevant sind und grundsätzlich als auftragsfern gelten87. Dazu gehören gemäß der Anlage zu § 11 d Abs. 5 S. 4 RStV: 1.

Anzeigenportale, Anzeigen oder Kleinanzeigen,

2.

Branchenregister und -verzeichnisse,

83 Vgl. Peters, der sich mit den einzelnen Begriffen definitorisch auseinandersetzt und die Verfassungsgemäßheit der Vorgaben hinterfragt, Öffentlich-rechtliche Onlineangebote, S. 61 ff. 84 Dies führt Peters mit Hinweis auf die WDR-„Lokalzeit“ aus, Öffentlich-rechtliche Online-Angebote, S. 61 ff. – die amtliche Begründung gibt hierzu keine Hinweise. Mit seiner „Lokalzeit“ und elf Lokalstudios hält der WDR ein umfassendes Angebot bereit, dessen Einordung als lokal oder regional nicht immer einfach ist und welches daher bei Politik und regionalen Wettbewerbern bereits seit Längerem umstritten war; vgl. auch die Anwendung des Rechtsbegriffs im Drei-Stufen-Test unter Kapitel 6 A. III. 3. 85 Amtliche Begründung zum 12. RÄStV, zu § 11 d; vgl. auch Peters, Öffentlich-rechtliche Onlineangebote, S. 60. 86 Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 339. 87 Amtliche Begründung zu § 11 d Abs. 5 RStV.

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Kap. 4: Neue Regelungen zur Auftragspräzisierung im 12. RÄStV

3.

Preisvergleichsportale sowie Berechnungsprogramme (zum Beispiel Preisrechner, Versicherungsrechner),

4.

Bewertungsportale für Dienstleistungen, Einrichtungen und Produkte,

5.

Partner-, Kontakt-, Stellen-, Tauschbörsen,

6.

Ratgeberportale ohne Sendungsbezug,

7.

Business-Networks,

8.

Telekommunikationsdienstleistungen im Sinne von § 3 Nr. 24 des Telekommunikationsgesetzes,

9.

Wetten im Sinne von § 762 des Bürgerlichen Gesetzbuches,

10. Softwareangebote, soweit nicht zur Wahrnehmung des eigenen Angebots erforderlich, 11. Routenplaner, 12. Verlinkung ohne redaktionelle Prüfung, Verlinkungen sollen ausschließlich der unmittelbaren Ergänzung, Vertiefung oder Erläuterung eines Eigeninhalts (auch von Beteiligungsunternehmen) dienen und nicht unmittelbar zu Kaufaufforderungen führen, 13. Musikdownload von kommerziellen Fremdproduktionen, 14. Spieleangebote ohne Sendungsbezug, 15. Fotodownload ohne Sendungsbezug, 16. Veranstaltungskalender (sendungsbezogene Hinweise auf Veranstaltungen sind zulässig), 17. Foren, Chats ohne Sendungsbezug und redaktionelle Begleitung; Foren, Chats unter Programm- oder Sendermarken sind zulässig. Foren und Chats dürfen nicht inhaltlich auf Angebote ausgerichtet sein, die nach Nummern 1 bis 16 unzulässig sind. Wie schon presseähnliche Angebote ohne Sendungsbezug oder flächendeckende lokale Berichterstattung dürfen auch die Angebotsformen der Negativliste vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht vorgehalten werden – sie sind rechtlich unzulässig und auch nicht durch einen Drei-Stufen-Test zu genehmigen88.

C. Drei-Stufen-Test gemäß § 11 f RStV Ein zentraler Regelungsinhalt des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrags ist schließlich die Implementierung des Drei-Stufen-Testverfahrens gemäß § 11 f RStV, das nachfolgend näher in den Blick genommen werden soll. Neben den durch den 88

Vgl. zur Behandlung der Verbote der Negativliste im Drei-Stufen-Test Kapitel 6 A. III. 4.

C. Drei-Stufen-Test gemäß § 11 f RStV

79

Rundfunkstaatsvertrag direkt beauftragten Telemedien (im so genannten geschlossenen System) können wie beschrieben auch all jene Telemedien zulässig sein, die nicht durch einen Verbotstatbestand als unzulässig qualifiziert werden, sofern sie im Rahmen des Drei-Stufen-Testverfahrens auf Basis eines Telemedienkonzepts genehmigt worden sind. Die Länder haben sich daher für eine Mischung aus offenem (Drei-Stufen-Test) und geschlossenem (Beauftragung direkt durch Gesetz) System der Beauftragung entschieden89. Vorbild für das deutsche Testverfahren war der britische Public Value Test90 des staatlich finanzierten Senders BBC91. Großbritannien hatte bereits 2007 – also schon lange vor Abschluss der Beratungen über den Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag – ein Prüfverfahren eingeführt, um über die Zulässigkeit neuer oder veränderter Angebote zu entscheiden. Mit dem dortigen „Public Value Test“ werden Pläne zur Veränderung von Angeboten des Rundfunksenders geprüft. Dies gilt für alle bedeutenden Änderungen der Radio- und Fernsehprogramme sowie der Onlineangebote. Ziel der Prüfung ist hier, die möglichen negativen ökonomischen Auswirkungen auf das Wettbewerbsumfeld einerseits und den durch die Veränderung andererseits erwarteten „Public Value“, also einen öffentlichen Wert der geplanten Angebote, gegeneinander abzuwägen92. Durchgeführt wird das britische Verfahren vom BBC Trust, einem staatlich ernannten Aufsichtsgremium93.

89

Vgl. auch Jahn, Drei-Stufen-Test und plurale Rundfunkaufsicht, S. 15. Das britische Testverfahren soll im Rahmen dieser Arbeit nicht näher beleuchtet werden, da es als eigenständiger Test unabhängig von der Beihilfevereinbarung mit der EU-Kommission steht. 91 British Broadcasting Corporation. 92 Bauer/Bienefeld, Funkkorrespondenz Nr. 49/2007, S. 3 ff. (4); Henle, epd medien Nr. 92/2007, S. 3 ff. 93 Vgl. die im August 2007 veröffentlichte Information „Public Value Test (PVT): Guidance on the conduct of the PVT“ des BBC Trust, welche alle Informationen zum Testverfahren bereithält. 90

Kapitel 5

Drei-Stufen-Test für Telemedien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks A. Konzeption des Prüfverfahrens Die Brüsseler Wettbewerbsbehörde hatte Deutschland zwar diverse Maßgaben für die Umsetzung der Zusagen in deutsches Recht aufgestellt1, es bestand für den deutschen Gesetzgeber jedoch ein weiter Regelungsspielraum, was dazu führte, dass noch vor der Unterzeichnung des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrags um die genaue Ausgestaltung des Drei-Stufen-Testverfahrens gerungen wurde.

I. Vorschläge im Vorfeld der gesetzlichen Festlegung Durch eigene Vorschläge zur Ausgestaltung des Drei-Stufen-Tests versuchten die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten dem Gesetzgeber teilweise zuvorzukommen und die private Konkurrenz bemühte sich ebenfalls darum, den rechtlichen Rahmen mitzugestalten. Bereits Ende des Jahres 2007 – also nur wenige Monate nach der Einstellungsentscheidung der Europäischen Kommission – legten die in der ARD zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten ein Modell für einen Drei-StufenTest vor, welches zeige, dass sich die Sender „freiwillig und vor Inkrafttreten einer gesetzlichen Regelung an die Zusagen“ gegenüber der EU-Kommission hielten2. Auch das ZDF hatte sich zu dieser Zeit zu einem ähnlichen Verfahren entschlossen,

1 In der Entscheidung der EU-Kommission heißt es hierzu: „Deutschland hat die Einführung eines Prüfverfahrens und von Kriterien für alle neuen oder veränderten digitalen Angebote der öffentlichen Rundfunkanstalten angekündigt. Dieses Verfahren soll auch für „mobile Dienste“ gelten. Die Länder werden das Verfahren zur Beauftragung für alle neuen Angebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten konkretisieren. Die öffentlichen Rundfunkanstalten werden dazu verpflichtet, für alle neuen und veränderten digitalen Angebote einen dreistufigen Test durchzuführen. Die drei Stufen werden gesetzlich festgelegt und erfordern eine Prüfung durch die Rundfunkanstalten für jedes Angebot, dass es (1) zum öffentlichen Auftrag gehört und damit den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen einer Gesellschaft entspricht, dass es (2) in qualitativer Hinsicht zum publizistischen Wettbewerb beiträgt und (3) welcher Aufwand für die Erbringung des Angebotes vorgesehen ist“, vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 328. 2 Vgl. die Pressemitteilung der ARD vom 28. 11. 2007.

A. Konzeption des Prüfverfahrens

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welches probeweise bis zur Verabschiedung des Staatsvertrages gelten sollte3. Damit glaubten die Anstalten, die Anforderungen der Europäischen Kommission bereits frühzeitig erfüllt zu haben4. Die Modelle von ARD und ZDF sahen vor, die bestehenden Aufsichtsgremien der Rundfunkanstalten, die Rundfunk- und Fernsehräte (bei ARD und ZDF) bzw. den Hörfunkrat des Deutschlandradios mit der Durchführung und den Genehmigungsentscheidungen der Prüfverfahren zu befassen. Die Intendanten der Sender sollten – falls sie der Auffassung seien, ein neues oder verändertes Angebot liege vor – das Prüfverfahren einleiten. In einer den Räten zu übermittelnden Projektbeschreibung sollten neben Angaben zu den Kosten auch dargelegt werden, ob das geplante Angebot zum öffentlichen Auftrag gehöre und ein Beitrag zum publizistischen Wettbewerb in qualitativer Hinsicht gegeben sei. Würde ein Verfahren eingeleitet, so sollten die Sender Dritten Gelegenheit zur Stellungnahme gewähren, in dem die Projektbeschreibung im Internet-Auftritt des ZDF bzw. der ARD veröffentlicht würde5. Der zwischen der ARD und dem ZDF abgestimmte Vorschlag wurde – unter gleichzeitiger Vorstellung eines eigenen Modells – im März 2008 vom VPRT scharf kritisiert6. Der Interessenverband empfahl die Einrichtung eines externen Expertengremiums, dessen Mitglieder für fünf Jahre berufen werden und aus den Bereichen Medienrecht, Ökonomie und Medienwissenschaft kommen sollten7. Die Expertenkommission sollte zudem anstaltsübergreifend angesiedelt sein und Betroffenen sowie der Öffentlichkeit ein verbindliches Anhörungs- und Beschwerderecht eingeräumt werden8. Auch der BDZV forderte im Zeitraum vor der Verabschiedung des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrags ein unabhängiges Expertengremium für die Durchführung des Drei-Stufen-Tests9. Stimmen in der Literatur sprachen sich ebenfalls für ein „externes und staatsfrei organisiertes Aufsichtsgremium“10 oder – zumindest bei der Ermittlung der marktrelevanten Auswirkungen – für die Ein-

3 Abgestimmt auf der Sitzung des ZDF-Fernsehrats am 07. 12. 2007, vgl. die Pressemitteilung des ZDF-Fernsehrats vom gleichen Tag. 4 Vgl. die Pressemitteilung der ARD vom 12. 09. 2007. 5 Pressemitteilungen der GVK der ARD bzw. des ZDF-Fernsehrats vom 28. 11. 2007 und 07. 12. 2007. 6 Vgl. Schmitz, epd medien Nr. 24/25/2008, S. 3; das VPRT-Modell ist in dieser Ausgabe auf den Seiten 29 ff. abgedruckt. 7 Vgl. Hess/Jury-Fischer, AfP 2008, S. 148 (152); VPRT Vorschlag, epd medien Nr. 24/25/ 2008, S. 29 ff. 8 Als anhörungsberechtigt sollten dabei neben den Interessensverbänden auch die betroffenen (Mitglieds-)Unternehmen gelten. Die Anhörungsrechte sollten zudem weit ausgestaltet sein und nicht inhaltlich beschränkt werden können. 9 Vgl. die BDZV-Pressemitteilung vom 11. Juni 2008. 10 Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 114.

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richtung eines „beratenden Expertenrats“11 aus, der obligatorisch hinzugezogen werden müsse. Sowohl die ARD als auch das ZDF lehnten den VPRT-Vorschlag mit der bei allen privaten Wettbewerbern befürworteten externen Durchführungsstruktur des Testverfahrens entschieden ab. Das ZDF sah ebenso wie die ARD eine zwingende Befassung der internen Aufsichtsgremien, der Rundfunk- und Fernsehräte, mit dem Testverfahren vor. Dies sei im Falle des ZDF jedoch mit der Gründung eines Expertenpools zu verbinden, der seitens des Fernsehrats fallweise hinzugezogen und beratend bei Fragen der Wettbewerbsauswirkungen tätig werden könne12.

II. Gesetzliche Verankerung des Drei-Stufen-Tests Das schließlich festgelegte gesetzliche Verfahren sah eine nahezu identische Umsetzung des ARD/ZDF-Vorschlags vor, während die zentralen Forderungen Dritter für einen Drei-Stufen-Test in der rechtlichen Festlegung keine Entsprechung fanden. So verhallte der Ruf nach einem externen, nicht als Teil der Rundfunkanstalten zu verstehendem Gremium bei der Politik ungehört. Die schließlich zwischen den Ländern im Rundfunkstaatsvertrag vereinbarten zwingenden Grundlagen und Inhalte des Tests umfassten – wie es der Name bereits nahelegt – drei Prüfstufen. Gesetzlich festgelegt wurden nur solche Maßgaben, die einen groben Rahmen für die Prüfung einheitlich regelten und bereits der EUKommission verbindlich zugesagt worden waren. Die weitere Ausgestaltung sollte in der Obhut der Rundfunkanstalten in Form von Satzungen und Richtlinien liegen, was in § 11 e RStV seine Verankerung fand („Die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das ZDF und das Deutschlandradio erlassen jeweils Satzungen und Richtlinien zur näheren Durchführung ihres jeweiligen Auftrags sowie für das Verfahren zur Erstellung von Angebotskonzepten und das Verfahren für neue oder veränderte Telemedien“). Gemäß der neuen Vorgaben haben die Rundfunkanstalten nun im Falle der Planung eines neuen Angebots oder der Veränderung eines bestehenden Angebots gegenüber ihrem zuständigen Gremium darzulegen, dass das geplante, neue oder veränderte Angebot vom öffentlichen Auftrag umfasst ist (vgl. § 11 f Abs. 4 Satz 1 RStV).

11 Dörr, ZRP 2008, S. 133 f. (134); wieder andere regten die obligatorische Einbeziehung des Bundeskartellamts als neutrale Instanz mit langjähriger Erfahrung bei der Analyse von Marktgegebenheiten an, vgl. Holznagel/Siebenhaar, 7-Stufen-Plan zur Umsetzung des Beihilfenkompromisses, S. 3. 12 Vgl. die Stellungnahme des ZDF, abgedruckt in epd medien Nr. 27/2008, S. 33 ff.

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III. Aufgreifschwelle neues oder verändertes Angebot Deutschland hatte gegenüber der EU-Kommission festgelegt, wann das DreiStufen-Testverfahren zur Anwendung kommen soll. In der Einstellungsentscheidung heißt es dazu: „Deutschland erläuterte, dass nicht jede Änderung eines Online- oder anderen Digitalangebots diesem Verfahren unterliegt. Die staatsvertragliche Regelung wird vorsehen, dass die öffentlichen Rundfunkanstalten in Satzungen und Richtlinien transparente und überprüfbare Kriterien entwickeln und niederlegen, wann ein neues Angebot vorliegt und das beschriebene Verfahren greift“13.

Dementsprechend wurde der Drei-Stufen-Test grundsätzlich für jedes neue oder veränderte Angebot der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten obligatorisch festgeschrieben14. Gemäß § 11 f Abs. 3 S. 2 RStV liegt ein verändertes Angebot vor, wenn die inhaltliche Gesamtausrichtung des Angebots oder die angestrebte Zielgruppe verändert wird. Der Staatsvertrag legt zudem fest, dass es grundsätzlich den Anstalten überlassen bleibt, in Satzungen und Richtlinien näher zu bestimmen, wann ein neues oder verändertes Angebot vorliegt (§ 11 f Abs. 3 S. 1 RStV)15. Die ARD entwickelte dementsprechend die Leitlinien „Genehmigungsverfahren für neue und veränderte Gemeinschaftsaufgaben von Telemedien“, in denen Positiv- sowie Negativkriterien für die Bestimmung enthalten sind, wann das Testverfahren einschlägig sein sollte16. Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob ein neues oder verändertes Angebot vorliege, seien demnach die jeweiligen Konzepte der bereits bestehenden Telemedienangebote, die mit den Kriterienkatalogen abgeglichen werden müssten. Entscheidend sei eine Abwägung in der Gesamtschau aller in Frage kommenden Kriterien unter Berücksichtigung der ursprünglichen Angebotskonzepte. Die Änderung müsse sich danach auf die Positionierung eines Angebots im publizistischen Wettbewerb beziehen. Zu berücksichtigen sei diesbezüglich auch, inwieweit aus Nutzersicht bereits vergleichbare Angebote der Landesrundfunkanstalten bestünden17. Auch das ZDF legte in einer beinahe identischen Richtlinie fest, wann ein neues oder verändertes Angebot vorliegen soll18. Der Sender sieht ebenfalls das gemäß § 11 f Abs. 1 RStV vom Intendanten zu erstellende Angebotskonzept als dafür maßgeblich an. Die Frage, ob ein neues oder geändertes Angebot vorliege, sei daher 13

Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Fn. 329. Dies gilt unabhängig vom bereits angebotenen Onlinebestand, welcher das Testverfahren zusätzlich durchlaufen musste, vgl. die Ausführungen im nächsten Gliederungspunkt. 15 Vgl. § 11 f Abs. 3 S. 1 RStV. 16 ARD-Genehmigungsverfahren für neue oder veränderte Gemeinschaftsangebote von Telemedien vom 25. 11. 2008. 17 Vgl. ARD-Genehmigungsverfahren für neue oder veränderte Gemeinschaftsangebote von Telemedien vom 25. 11. 2008, Ziffer I. (2). 18 Richtlinie für die Genehmigung von Telemedienangeboten (Telemedienkonzept, neue oder veränderte Angebote) vom 26. 06. 2009. 14

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ebenso auf der Grundlage des bis dahin vom Fernsehrat genehmigten Telemedienkonzepts zu entscheiden. Solange in der Übergangszeit keine Angebotskonzepte vorliegen, könne für die Frage, ob der Drei-Stufen-Test anzuwenden sei, auf die das jeweilige Angebot betreffenden Berichts- bzw. Beschlussvorlagen des Intendanten an den Fernsehrat zurückgegriffen werden. Auch das ZDF legt in Positiv- und Negativkriterien fest, ob für das geplante Angebotsformat ein Drei-Stufen-Test erforderlich ist. Bei ARD und ZDF ist dafür jeweils maßgeblich, ob eine grundlegende Änderung der inhaltlichen Ausrichtung des Angebots oder der intendierten Zielgruppe vorliegt, die Angebotsbestandteile/-mischung wesentlich geändert werden oder eine signifikante Kostensteigerung durch dessen Einführung erfolgt (vgl. Ziff. I 1 a) der ARDRichtlinie sowie Ziff. I 3 a)-d) der ZDF-Richtlinie)19. Weiterhin werden zahlreiche Negativkriterien genannt, die das Vorliegen eines neuen oder veränderten Angebots ausschließen sollen (z. B. die Veränderung des Designs ohne direkte Auswirkung auf den Inhalt, die bloße Weiterentwicklung eines Angebots ohne Auswirkung auf die Grundausrichtung oder beim Vorliegen eines Testbetriebs von Angeboten bis zu 12 Monaten). Ob ein neues oder geändertes Angebot vorliegt, kann nach den Richtlinien jedoch nicht anhand eines einzelnen Kriteriums entschieden werden. Es kommt vielmehr – in einem Abgleich mit dem Angebotskonzept der vorbestehenden Angebote (siehe Ziff. I 2 der ARD-Richtlinie bzw. Ziff. I 3 der ZDF-Richtlinie) – maßgeblich auf eine Abwägung in der Gesamtschau an. Die Änderung muss sich danach auf die Positionierung eines Angebots im publizistischen Wettbewerb und dafür auf die nachstehend aufgeführten konstitutiven Elemente des Angebots beziehen. Die Aufgreifschwelle für die Durchführung eines Drei-Stufen-Tests, die gemäß des Rundfunkstaatsvertrags den Rundfunkanstalten zur Ausgestaltung überlassen blieb, hatte bereits im Vorfeld der Bestandstests für Kritik gesorgt. So bemängelte der VPRT bereits im Dezember 2007 die bestehende Gefahr, dass die Anstalten ohne jede Überprüfung Angebote willkürlich aus dem Anwendungsbereich des Testverfahrens herausnehmen könnten, indem sie behaupteten, „etwas Neues sei nicht wirklich neu“20. In der Tat ist die Gefahr, sich der Durchführung eines Tests zu entziehen, in dem ein verändertes Angebot nicht als solches definiert wird, auch nach der Aufstellung von Kriterien nicht von der Hand zu weisen. Die Trennlinie zwischen der Einführung eines neuen Angebots und der bloßen Weiterentwicklung eines bestehenden Angebots ohne weitreichende Änderung ist im Einzelfall festzulegen bzw. erscheint unter Zuhilfenahme der Kriterien in vielen Konstellationen jeweils für beide Fälle begründbar. Dass die Festlegung, wann ein neues oder verändertes Angebot vorliegt und durch einen Drei-Stufen-Test damit auch die marktlichen 19

Vgl. ARD-Genehmigungsverfahren für neue oder veränderte Gemeinschaftsangebote von Telemedien; Richtlinie für die Genehmigung von Telemedienangeboten (Telemedienkonzept, neue oder veränderte Angebote) des ZDF. 20 Vgl. die VPRT-Pressemitteilung vom 07. 12. 2007.

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Auswirkungen dieses Angebots zu prüfen sind, große Relevanz besitzt, zeigte sich etwa bei der Einführung der mobilen Nachrichtenanwendung „Tagesschau-App“ der ARD im Dezember 2010. Wettbewerber bemängelten hier einen fehlenden DreiStufen-Test und damit eine nicht vorliegende Genehmigungsentscheidung für den Start der Tagesschau-App, die kurz nach Ankündigung der federführenden Anstalt NDR im Apple-Store sowie im Android Marketplace zum kostenlosen Download abrufbar war21. Der NDR-Rundfunkrat als zuständiges Aufsichtsgremium stufte die App jedoch nicht als „neues oder verändertes Angebot“ ein, für das ein eigenständiges Testverfahren durchzuführen sei22.

IV. Bestandstests für alle bestehenden Angebote Die Vorgaben, die im Rundfunkstaatsvertrag für alle neuen oder veränderten Angebote gelten, mussten auch auf den bis zum Inkrafttreten vorgehaltenen gesamten Onlinebestand von ARD, ZDF und Deutschlandradio angewendet werden. Artikel 7 Abs. 1 des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrags bestimmt, dass die Anforderungen der §§ 11 d, 11 f RStV „auch für die bestehenden Angebote, die über den 31. Mai 2009 hinaus fortgeführt werden“ gelten. Dadurch ist es im Zeitraum von Juni 2009 bis September 2010 zu etwa 40 parallel laufenden Drei-Stufen-Testverfahren gekommen, deren Durchführung anschließend näher betrachtet wird. Im Einzelnen umfasste die zu prüfende Angebotspalette an Telemedien für das ZDF die Portale zdf.de, heute.de, sport.zdf.de, ZDFmediathek, tivi.de, theaterkanal.de, unternehmen.zdf.de und ZDFtext. Auch die Telemedienangebote von 3sat (Portale 3sat.de, 3sat-Mediathek und 3sat-Text) sowie Phoenix (Portale Phoenix.de und Phoenix-Text) unterfielen dem Bestandstest des ZDF als Gemeinschaftssender23 von ARD und ZDF24. Bei der ARD umfasste die Prüfung die neun Gemeinschaftsangebote tagesschau.de, ARD.de, daserste.de, sport.ard.de, boerse.ard.de, einsplus.de, einsextra.de, einsfestival.de, ard.text.de/ard.portal.de. Zudem musste jeder der neun Landessender sein eigenes Telemedienangebot einer Prüfung unterziehen25. Mit den Telemedi-

21 Acht Zeitungsverlage reichten nach Einführung der App eine Wettbewerbsklage ein, in der die Aufgreifschwelle thematisiert wurde, vgl. Kapitel 6 A. III. 2. g). 22 So die Äußerungen der damaligen NDR-Rundfunkratsvorsitzenden Dagmar Gräfin Kerssenbrock gegenüber carta.info, vgl. Meyer-Lucht, Beitrag vom 07. 01. 2010. 23 Das deutsch-französische Programm Arte hingegen wird von den neuen Vorschriften nicht erfasst, weil der Sender seinen Sitz in Straßburg hat, vgl. Nünning, Funkkorrespondenz 32/ 2009, S. 5 ff. (5). 24 Vgl. die Pressemeldung des ZDF-Fernsehrats vom 25. 6. 2010. 25 Der Landessender SWR zum Beispiel für die Angebot SWR.de, SWR3.de oder DAS DING.de, der Landessender MDR führte beispielsweise die regionalen Angebote MDR-Online und MDR-Text durch.

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enangeboten der Hörfunkwellen lagen somit zusätzlich etwa 2 bis 4 Portale in den jeweiligen Landessendern zur Prüfung vor. Seitens der Rundfunkanstalten wurde die Pflicht zur Überprüfung dieses Onlinebestands erheblich kritisiert. Die Vorstellung, das „aufwendige Genehmigungsverfahren“ auch für den umfangreichen Bestand vorzusehen, missfiel den Verantwortlichen bei der ARD26. So führten ARD-Vertreter aus, die Regelung sei erst sehr spät in den Staatsvertragsentwurf aufgenommen worden, was daraus resultiere, dass hierfür gegenüber der EU-Kommission keinerlei Verpflichtung bestand27. Diese späte Änderung habe dazu geführt, dass damit eine in ihrer gesetzlichen Ausformung schwerlich noch homogene Regelung vorliege, die mit den Übergangsfristen der Bestandsangebote und Abschlussfristen der Drei-Stufen-Tests nicht in Einklang zu bringen sei28. Der Intendant des SWR-Rundfunks, Peter Boudgoust, bekräftige diese Kritik. Die Festschreibung des so genannten Bestandstests sei nach seiner Auffassung von einigen Lobbyisten der Privatsender- und Verlegerverbände „gezielt in den politischen Prozess eingepflanzt“ worden, da dazu keinerlei rechtliche Verpflichtung bestanden hätte29. Der Drei-Stufen-Test für alle bereits bestehenden Onlineangebote sei im Übrigen in seinen Augen nicht nur ein „bürokratisches Prüfungsmonster, das die SWR-Aufsichtsgremien auf Jahre beschäftigen“ würde, er sei gleichzeitig „ein völlig unbegründetes Misstrauensvotum gegen die bisherige Arbeit der Rundfunkräte“30. Dennoch entschieden sich die Länder für die Festlegung der Bestandstestverfahren. Die eben dargestellten Ausführungen, dass die Prüfung aller bereits bestehenden Onlineangebote im Rahmen des Beihilfekompromisses keine Erwähnung gefunden habe und Deutschland bei der Entscheidung dieser Frage völlig frei gewesen sei, können bei Durchsicht der Einstellungsentscheidung nicht geteilt werden. Denn dort heißt es: „In Bezug auf die Telemedien, die bereits von den öffentlichen Rundfunkanstalten angeboten werden, hat Deutschland angekündigt, dass die Länder förmlich bestätigen werden, dass diese Tätigkeiten vom öffentlichen Auftrag, wie im zukünftigen Rundfunkstaatsvertrag konkretisiert, abgedeckt sind. Diese förmliche Bestätigung kann beispielsweise durch Erklärung zum Rundfunkstaatsvertrag erfolgen. Zu diesem Zwecke werden die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten den Ländern ein Gesamtkonzept zu neuen Medien vorlegen.“31

26

Schmidt/Eicher, epd medien Nr. 45/46/2009, S. 5 ff. (5). Ebd., S. 5. 28 Ebd., S. 5. 29 SWR-Pressemitteilung vom 26. 09. 2008. 30 Die Bezeichnung des Drei-Stufen-Tests als „bürokratisches Monster“ äußerten auch der damalige NDR-Verwaltungsratsvorsitzende Hartmut Tölle in einem Apell an die Ministerpräsidenten zu den Bestandstests im Jahr 2008 sowie die damalige Vorsitzende des NDRRundfunkrats Dagmar Gräfin Kerssenbrock. 31 Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 333. 27

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Die EU-Kommission führt weiter aus: „Die deutschen Behörden haben ferner klargestellt, dass mit dem Inkrafttreten des zukünftigen Staatsvertrags die neu einzuführenden Anforderungen betreffend Telemedien und zusätzliche digitale Angebote unmittelbar für alle bestehenden Angebote gelten. Dienste, die diese Anforderungen nicht (nicht mehr) erfüllen, dürften dann von den öffentlichen Rundfunkanstalten nicht als Teil ihres öffentlichen Auftrags angeboten werden. Die Länder gewährleisten die Kontrolle der Einhaltung dieser neuen Anforderungen im Rahmen ihrer Rechtsaufsicht entweder aufgrund einer von Dritten eingelegten Beschwerde oder von Amts wegen.“32

Die Länder sagten daher explizit zu, dass das bestehende Angebotsspektrum vom zukünftig neu definierten Auftrag umfasst sein werde. Jedoch war bereits ein sehr umfangreiches Telemedienangebot der öffentlich-rechtlichen Sender vorhanden. Um eine ordnungsgemäße Beauftragung nach dem Übergang zum neuen Recht sicherstellen zu können bzw. die Auftragspräzision praktikabel anwenden zu können, ist die Anwendung des Testverfahrens auf den Onlinebestand eine notwendige Konsequenz aus den Zusagen Deutschlands gegenüber der EU-Kommission. Zwar findet das Drei-Stufen-Testverfahren in diesen Ausführungen keine eigenständige Erwähnung – allein aufgrund des großen Umfangs des Telemedienangebots im Jahr 2009 ist jedoch zu bezweifeln, dass die von der EU-Kommission unterstrichene förmliche Bestätigung der ordnungsgemäßen Beauftragung im Rundfunkstaatsvertrag zum damaligen Zeitpunkt rechtlich überhaupt umzusetzen gewesen wäre. Naheliegend für die Länder schien es daher, das neue Testverfahren für den Onlinebestand als förmlichen Beauftragungsakt anzuwenden. Es sollte mit dem Zweck erfolgen, den Einklang mit den Vorgaben zur ordnungsgemäßen Beauftragung festzustellen. Ohne Anwendung auf den vorhandenen Onlinebestand wäre das Drei-StufenTestverfahren zudem für lange Zeit ohne konkrete Anwendungsfälle geblieben. Etwa fünf Jahre nach dessen Einführung ist es überhaupt erst zu vereinzelten weiteren Prüfverfahren für ein neues oder verändertes Angebot gekommen33. Dass seit der Festschreibung des Telemedienauftrags kaum neue Angebote hinzugekommen sind, zeigt, welch umfangreicher Onlinebestand von ARD und ZDF schon zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Rundfunkstaatsvertrags vorgelegen hatte. Wenn Deutschland trotz der neuen Regelungen keinen Blick auf das bestehende, den Streit mit der Europäischen Kommission überhaupt erst auslösende Onlineengagement gelegt hätte, wären die Zusagen wiederum weitreichend ohne Anwendungsfall geblieben.

32

Ebd., Rn. 373. Zum Beispiel Drei-Stufen-Test für das Telemedienangebot „Niedersachsen Regional“ des NDR, welcher am 01. 03. 2010 gestartet wurde und Drei-Stufen-Test für die „Erweiterung des regionalen Informationsangebots im Internet“ des rbb, welcher am 03. 05. 2012 begonnen hatte. Jedoch hatte es bereits vor Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung zwei gemeinsam von ARD und ZDF durchgeführte Verfahren für die Angebote Kika plus und kikanichen.de des Kinderkanals KIKA gegeben, für welche der MDR federführend zuständig war. 33

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Kap. 5: Drei-Stufen-Test für Telemedien des öffentlich-rechtlich Rundfunks

Der Bestandstest stellte die zuständigen Gremien vor eine große Herausforderung. Nicht nur bei der Verfahrensgestaltung war „Pionierarbeit zu leisten“34, sondern auch in quantitativer Hinsicht war die Aufgabe der Bestandsprüfung besonders umfangreich35. Insgesamt führten allein die ARD-Anstalten 37 Testverfahren durch36. Das ZDF zeichnete sich für drei Verfahren federführend, das Deutschlandradio für eines37.

V. Angebotsbegriff Der Rundfunkstaatsvertrag definiert ebenfalls nicht, was ein Angebot ist, bei dessen Neueinführung bzw. Änderung der Drei-Stufen-Test einschlägig ist. Zudem wird der Begriff des Angebots im Gesetz in unterschiedlicher Weise verwendet und fungiert teils als Überbegriff und teils für kleine Einheiten von Telemedien38. Es obliegt daher den Gremien, den Begriff, vor allem unter Zuhilfenahme des Maßstabs im Gesetz und den in den Satzungen niedergelegten Kriterien, je nach den Besonderheiten der Fallgestaltung, zu konkretisieren39. Wird der Begriff des Angebots eher weit ausgelegt, hat das zur Folge, dass nur wenige, aber unter Umständen sehr komplexe Verfahren durchzuführen sind40. Der Begriff des Angebots hat aber nicht nur als Aufgreifschwelle für den Drei-Stufen-Test, sondern auch bei der Einhaltung rechtlicher Verbote eine erhebliche Bedeutung. So ist der Angebotsbegriff maßgeblich für die Bestimmung, wann ein konkretes Angebot die Grenze der zulässigen Beauftragung überschreitet. Dafür könnten beispielsweise nur übergreifende Portale maßgeblich sein oder bereits einzelne Bestandteile der Plattformen die BeurteilungsGrundlage bilden. Auf den Angebotsbegriff wird weiter unten im Rahmen der Handhabung des Verbots presseähnlicher Angebote vertiefend einzugehen sein, da er bei der Bestimmung unzulässiger presseähnlicher Inhalte eine entscheidende Rolle spielt.

VI. Zuständiges Gremium Der Rundfunkstaatsvertrag legt gemäß § 11 f Abs. 4 S. 1 fest, dass die Rundfunkanstalten ihren zuständigen Gremien darlegen müssen, welche Angebote neu oder verändert geplant sind und dass diese Angebote vom Funktionsauftrag umfasst 34 Dies äußerte der damalige Vorsitzende des ZDF-Fernsehrats, Ruprecht Polenz, vor Beginn der Verfahren, vgl. die Pressemitteilung des ZDF-Fernsehrats vom 07. 12. 2007. 35 Nawrath, MMR 2011, S. 79 ff. (79). 36 Vgl. die Auflistung von Nünning, Funkkorrespondenz 32/2009, S. 5 ff. (7 – 9). 37 Ebd., S. 5. 38 Kritisch dazu Schmidt/Eicher, epd medien Nr. 45/46/2009, S. 5. 39 Kops/Sokoll/Bensinger, Rahmenbedingungen, S. 24. 40 Ebd., S. 24.

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sind. Zuständige Aufsichtsgremien für den Drei-Stufen-Test sind damit die Rundfunk- und Fernsehräte (bei ARD und ZDF) sowie der Hörfunkrat (beim Deutschlandradio). 1. Interne Struktur der Aufsichtsinstanz Für alle öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hat sich eine grundsätzlich einheitliche interne Struktur herausgebildet, die als Organe jeweils einen Intendanten, einen Rundfunkrat (bzw. Fernsehrat beim ZDF und Hörfunkrat beim Deutschlandradio) sowie einen Verwaltungsrat umfasst41. Während der Intendant die Rundfunkanstalt leitet und die Programmverantwortung trägt, berät und bewacht das zuständige Aufsichtsgremium des Senders diese Tätigkeit. Die Mitglieder der Gremien sind ehrenamtlich tätig. 2. Gremien als Vertreter der Allgemeinheit Die Zusammensetzung der Gremien orientiert sich an ihrer Funktion, die Interessen der Allgemeinheit zu vertreten42. Daher sind sie mit Vertretern einerseits des Staates und andererseits gesellschaftlich relevanter Gruppen besetzt. Die einzelnen Rundfunkgesetze der Länder43 sowie der ZDF-Staatsvertrag44 nennen eine Vielzahl von entsendenden Organisationen und Institutionen des öffentlichen Lebens, vor allem aus den Bereichen Kultur und Wirtschaft, wodurch das Gremium ein „Abbild der Gesellschaft“ darstellen soll45. Es ist als Sachwalter der Interessen der Allgemeinheit verpflichtet, soll diese auf dem Gebiet des Rundfunks wahren und hat dabei die Vielfalt der Meinungen der Bürger zu berücksichtigen46. a) Struktur und Aufgaben des ZDF-Fernsehrats Für das ZDF ist der Fernsehrat als zuständiges Gremium für Aufsicht und Kontrolle mit der Durchführung der Drei-Stufen-Tests betraut. Der Fernsehrat ist gemeinsam mit dem Verwaltungsrat das Kontroll- und Aufsichtsorgan des Senders ZDF. Er überwacht das Programm (§ 20 Abs. 1 ZDF-StV), genehmigt den vom Verwaltungsrat beschlossenen Haushalt (§ 20 Abs. 3 ZDF-StV) und wählt den Intendanten (§ 26 Abs. 1 ZDF-StV). Der Fernsehrat stellt zudem Richtlinien für die Sendungen des ZDF auf und berät den Intendanten in Programmfragen – er überwacht die Einhaltung der Richtlinien und der im ZDF-Staatsvertrag aufgestellten 41 42 43 44 45 46

Möller, AfP 2001, S. 275 ff. (276). Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, S. 145. Zum Beispiel § 17 NDR-StV. § 21 des ZDF-StV. BVerfGE 60, 53, 65 f.; vgl. Gersdorf, Grundzüge des Rundfunkrechts, S. 146. BVerfGE 60, 53, 65 f.

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Kap. 5: Drei-Stufen-Test für Telemedien des öffentlich-rechtlich Rundfunks

Grundsätze (§ 20 Abs. 1 ZDF-StV). Der Fernsehrat ist „Ansprechpartner der Zuschauer“47, die sich im Rahmen eines förmlichen Programmbeschwerdeverfahrens an das Gremium wenden können, wenn sie eine Verletzung von Programmgrundsätzen vermuten48. Er besteht gemäß § 21 des ZDF-Staatsvertrags derzeit aus 60 Mitgliedern, die unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen vertreten und somit die binnenpluralistische Gesellschaft abbilden49. Dem Fernsehrat gehören derzeit an: je ein Vertreter der 16 Bundesländer, zwei Vertreter des Bundes, jeweils ein Vertreter des Deutschen Landkreistages und des Deutschen Städtetages, zwei Vertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland, zwei Vertreter der Katholischen Kirche in Deutschland und ein Vertreter des Zentralrats der Juden in Deutschland. Entsendet werden können zudem: - je ein Vertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes, der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und des dbb Beamtenbundes und Tarifunion, - zwei Vertreter der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, - ein Vertreter des Deutschen Industrie- und Handelskammertages e.V., - ein Vertreter des Zentralausschusses der Deutschen Landwirtschaft, - ein Vertreter des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks e.V., - ein Vertreter des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger e.V., - ein Vertreter des Deutschen Journalisten-Verbandes e.V., - vier Vertreter der Freien Wohlfahrtsverbände, - ein Vertreter des Deutschen Olympischen Sportbundes, - ein Vertreter der Europaunion Deutschland e.V., - je ein Vertreter des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland e.V. und des Naturschutzbundes Deutschland e.V., - ein Vertreter des Bundes der Vertriebenen e.V., ein Vertreter der Vereinigung der Opfer des Stalinismus e.V. - sowie 16 Vertreter aus den Bundesländern verschiedener festgeschriebener Bereiche (Verbraucherschutz, Digitales, Internet, Senioren/Familie/Frauen/Jugend, Wissenschaft und Forschung, Musik, Migranten, Bürgerschaftliches Engagement, Muslime, Medienwirtschaft/Film, Inklusive Gesellschaft, Kunst/Kultur, Ehrenamtlicher Zivil- und Katastrophenschutz, Heimat- und Brauchtum, Regional-/ 47

Vgl. http://www.zdf.de/Fragen-und-Antworten-27882516.html. Vgl. § 21 der Beschwerdeordnung gemäß der ZDF-Satzung vom 02. 04. 1962 in der Fassung des Änderungsbeschlusses des Fernsehrats vom 09. 12. 2011. 49 Mit Änderung des ZDF-Staatsvertrags vom 01. 01. 2016 ist die Struktur des ZDFFernsehrats aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts angepasst und die Mitgliederzahl von 77 auf 60 reduziert worden, BVerfG, 25. 03. 2014 – 1 BvF 1/11 und 1 BvF 4/11. 48

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Minderheitensprachen, „LSBTTIQ Lesbische, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle, Transgender, Intersexuelle, Queere Menschen“)50. b) Struktur und Aufgaben der ARD-Gremien am Beispiel des WDR Die Organisationsstruktur der ARD umfasst die einzelnen Landesrundfunkanstalten, die in der Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten in Deutschland (ARD) zusammengeschlossen sind, welche das aus Beiträgen aller Landesrundfunkanstalten gespeiste ARD-Gemeinschaftsprogramm „Das Erste“ zusammenstellt51. So bildet auch jede Landesrundfunkanstalt mit den jeweiligen Rundfunkräten ihr eigenes Gremium für deren spezifische Aufsicht. Ähnlich der Struktur des ZDF-Fernsehrats haben die Gremien der einzelnen Landessender wichtige Kontroll- und Aufsichtsfunktionen inne, die aufgrund von Gesetzen der einzelnen Länderanstalten festgeschrieben werden. Exemplarisch sollen nachfolgend kurz die Aufgaben und die Struktur des WDR-Rundfunkrats als Aufsichtsgremium des Westdeutschen Rundfunks dargestellt werden. Der WDR beschreibt die Aufgaben seines Kontrollgremiums wie folgt: „Der Rundfunkrat trägt sehr viel Verantwortung. Er hat wichtige Kontroll- und Beschlussfunktionen, berät und beschließt über alle Fragen von grundsätzlicher Bedeutung für den WDR52. Auf diese Weise stellt er sicher, dass der WDR unabhängigen und vielfältigen Rundfunk macht, und dass die gesetzlich festgelegten programmlichen und unternehmerischen Aufgaben erfüllt werden“53. Der WDR-Rundfunkrat besteht zurzeit aus 60 Mitgliedern sowie Stellvertretern54. Aus den Mitgliedern werden ein/e Vorsitzende/r und bis zu zwei stellvertretende Vorsitzende gewählt. Der Rundfunkrat berät die Intendanz in allgemeinen Programmangelegenheiten und wirkt auf die Erfüllung des Programmauftrags hin55. Dazu gehören Beratungen über Programmschwerpunkte, Programmvorhaben, aktuelle Berichterstattung und grundsätzliche Probleme der Programmgestaltung56. Seine Meinungsbildung zu 50

Vgl. die Homepage des ZDF-Fernsehrates unter: www.unternehmen.zdf.de. Rechtsgrundlage ist hier neben dem Rundfunkstaatsvertrag auch der Fernsehvertrag (Verwaltungsvereinbarung der Landesrundfunkanstalten über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Fernsehens vom 26./27. 11. 1991 in der Fassung vom 12. 9. 2006), der das Gemeinschaftsprogramm zeitlich definiert und Organisationsstrukturen sowie Kooperationsverfahren festlegt. 52 Vgl. auch § 16 Abs. 2 S. 1 WDR-Gesetz, in der Fassung vom 06. 12. 2016. 53 Homepage des WDR-Rundfunkrates: www.wdr.de/unternehmen/rundfunkrat/index.html. 54 Vgl. § 15 Abs. 1 S. 1 WDR-Gesetz. 55 § 16 Abs. 4 WDR-Gesetz. 56 Siehe § 16 Abs. 3 WDR-Gesetz. 51

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programmlichen Grundsatzfragen, aber auch zu aktuellen rundfunkpolitischen Fragen hält das Gremium in Positionspapieren und Stellungnahmen fest. Außerdem kann der Rundfunkrat im Rahmen des Programmbeschwerdeverfahrens angerufen werden, falls Intendantin oder Intendant den Beschwerden von Bürgern nicht abhelfen57. 3. Organisationsstrukturen und Auftragskontrolle Die eingesetzten Prüfgremien – die Rundfunk- und Fernsehräte bzw. der Hörfunkrat – sind strukturell als Teil der Rundfunkanstalt angelegt. Die Funktionsbeschreibung der Rundfunkgremien zeigt in diesem Zusammenhang, dass eine strukturelle Zugehörigkeit zum Sender für gewisse Funktionen wie der Programmzuständigkeit auch erforderlich ist. Bei der kritischen Würdigung der Implementierung der Drei-Stufen-Testverfahren wurden vermehrt Stimmen laut, die formulierten, dass diese Kontrollstruktur für die Durchführung der Testverfahren nicht geeignet sei58. Auch die Europäische Kommission hatte während der Beratungen mit Deutschland im Vorfeld der Regelungen mehrfach ihre Bedenken hinsichtlich der Aufsichtsstruktur in Deutschland geäußert59. a) Ausführungen in der Kommissionsentscheidung Nachdem der Beschwerdeführer in seinem Vortrag gegenüber der Europäischen Kommission die bestehenden Kontrollmechanismen als unzureichend qualifizierte und auf offensichtliche Interessenkonflikte hinwies60, bestätigte die Europäische Kommission die Gefahr eines solchen Konfliktes bei der Auftragskontrolle und gleichzeitiger Zuständigkeit für inhaltliche Programmfragen61. In ihrer Einstellungsentscheidung vom 24. April 2007 unterstreicht sie zunächst zwar die besondere Stellung und Bedeutung der Rundfunk- und Fernsehräte innerhalb der öffentlichrechtlichen Rundfunkordnung in Deutschland. Sie bezweifelt jedoch, dass 57

Siehe § 10 Abs. 2 WDR-Gesetz. Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 113 f.; die Frage der strukturellen Tauglichkeit stellt auch Ladeur, ZUM 2009, S. 906 ff. (913); Wimmer, JZ 2010, S. 433 ff. (439); Klickermann, MMR 2008, S. 793; Holznagel/Dörr/Hildebrand, Elektronische Medien, S. 7, 491 f. 59 Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 255 – 256. 60 Dies gelte sowohl für die Kontrolle durch die Rundfunkräte, bei denen offensichtlich ein Interessenkonflikt bestehe, als auch für die externe Kontrolle durch die Länder („Rechtsaufsicht“), da diejenigen, die die Kontrolle ausübten, oftmals auch den internen Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten angehörten, vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 124. 61 Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 256. 58

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„die anstaltsinternen Kontrollorgane allein die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags wirksam überwachen können“62.

Die EU-Kommission führte dementsprechend aus, dass der Rundfunk- bzw. Fernsehrat die Programmleitlinien festlege und die Intendanten bei den Programmtätigkeiten der Rundfunkanstalten berate. Der Umstand, dass ein Rundfunkbzw. Fernsehrat gleichzeitig dafür zuständig sei, die Befolgung dieser Regeln/ Leitlinien zu überprüfen (so wie es durch das Drei-Stufen-Testverfahren nun festgelegt worden ist), könne jedoch zu einem Interessenkonflikt zwischen seiner Funktion hinsichtlich der Programmtätigkeit der Rundfunkanstalt einerseits und den Aufsichts- und Kontrollfunktionen andererseits führen63. Auch gibt die Europäische Kommission weiter an, dass die vorhandenen Kontrollmechanismen des Rundfunks in Deutschlands nur dann wirklich wirksam funktionierten, wenn der öffentliche Auftrag hinreichend klar und genau bestimmt sei64. Die vorstehenden Ausführungen bringen die Sorgen der EU-Kommission über die notwendige Unabhängigkeit der Kontrollorgane der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zum Ausdruck, die mit der bestehenden Aufsichtsstruktur der öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland verbunden sind. Sie zweifelt damit an, ob die deutschen anstaltsinternen Kontrollorgane allein die Erfüllung des öffentlichrechtlichen Auftrags wirksam überwachen können. Zudem stellt sie in Frage, ob die Kontrollmechanismen ausreichen, um sicherzustellen, dass durch nichtkonformes Marktverhalten kein zusätzlicher Finanzbedarf entsteht65. Sie mahnt damit eine effizientere Aufsicht an, als sie bis dato stattgefunden hatte66. b) Ausführungen in der Rundfunkmitteilung der EU-Kommission Auch in der Rundfunkmitteilung vom Juli 2009 (und in den dafür vorliegenden Entwürfen aus den Jahren 2008 und 2009) befasst sich die EU-Kommission intensiv mit der ihres Erachtens dringend erforderlichen Unabhängigkeit der Aufsichts- und Kontrollgremien. Im Entwurf zur Rundfunkmitteilung vom November 2008 teilt sie ihre Auffassung mit, dass zur Gewährleistung von Unvoreingenommenheit und des Schutzes der Rechte Dritter (z. B. in Bezug auf die vertrauliche Behandlung der übermittelten

62 63 64 65 66

Ebd., Rn. 255. Ebd., Rn. 256. Ebd., Rn. 258. Henle, epd medien Nr. 97/2007, S. 3 ff. (4). So Degenhart, Professionalisierung der Medienaufsicht, S. 97 ff. (97).

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Informationen) die Prüfung von einer externen Stelle vorgenommen werden solle, die von der Leitung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt unabhängig sei67. Nur ausnahmsweise ist es nach Auffassung der Europäischen Kommission daher akzeptabel, wenn eine zur öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt gehörende Stelle mit der Durchführung der oben dargelegten Prüfung betraut ist. In diesem Fall muss der betreffende Mitgliedstaat deren Unabhängigkeit von der Leitung der Rundfunkanstalt sicherstellen, wobei zu diesem Zweck gewisse Maßnahmen zu treffen sind. Unter anderem ist dies nach der Europäischen Kommission die Einführung besonderer Verfahren für die Ernennung der Entscheidungsträger der internen Prüfstelle zur Vermeidung von Interessenkonflikten mit der Leitung der Rundfunkanstalt und die Festlegung besonderer Vorkehrungen, um sicherzustellen, dass die Entscheidungsträger der internen Prüfstelle nicht ohne hinreichend plausible objektive Rechtfertigung von ihren Aufgaben entbunden werden können68. Zudem soll die Ausstattung der internen Prüfstelle mit ausreichenden Finanz- und Humanressourcen sichergestellt sein, welche die funktionale Unabhängigkeit der Stelle bei der Organisation und beim Einsatz solcher Ressourcen gewährleisten muss69. Weiterhin sei die Errichtung von „chinesischen Mauern“ notwendig, um einen unangemessenen Informationsfluss zur Geschäftsführung der Rundfunkanstalt zu verhindern und die Vertraulichkeit der von Dritten übermittelten Informationen zu wahren70. In der finalen Fassung der Rundfunkmitteilung fasst die EU-Kommission diese Ausführungen zusammen und stellt fest: „Im Einklang mit dem Protokoll von Amsterdam liegt es in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, einen Mechanismus zur Sicherstellung einer wirksamen Kontrolle der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen zu wählen, so dass die Kommission ihre Aufgaben nach Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag erfüllen kann. Eine wirksame Kontrolle dürfte nur von einem Gremium gewährleistet werden können, das effektiv von der Geschäftsführung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt unabhängig ist und über die erforderlichen Befugnisse sowie die notwendigen Kapazitäten und Ressourcen verfügt, um eine regelmäßige Kontrolle vorzunehmen, und das nötigenfalls zur Gewährleistung der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen geeignete Abhilfemaßnahmen veranlasst“71.

Mit den Ausführungen macht die Europäische Kommission deutlich: Nur in Ausnahmefällen und unter Sicherstellung diverser Maßnahmen darf eine nicht extern 67 Entwurf der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk vom November 2008, Rn. 62. 68 Ebd., Rn. 62. 69 Ebd., Rn. 62. 70 Entwurf der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk vom November 2008, Rn. 62. 71 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk vom Juli 2009, Rn. 54.

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angesiedelte Prüfstelle tätig werden. Besonderes Augenmerk liegt hier auf einer möglichen Nähe zur Geschäftsführung der Rundfunkanstalten, deren potenzielle Einflussnahme von der EU-Kommission als Störfaktor eingeschätzt wird, sowie auf einem bestehenden Interessenkonflikt bei der Ausführung der Prüfung durch die Gremien. Diese Einschätzungen basieren auf dem Grundgedanken der Europäischen Kommission, dass eine Aufsicht über das Programm nicht von Organen ausgeführt werden sollte, die das Programm selbst zu verantworten haben. Zudem implizieren diese Ausführungen, dass die Ausübung von Kontrolle und Aufsicht am effektivsten durch ein Fachgremium ausgeübt werden kann. Die Forderung nach der Bereitstellung ausreichender Human- und Finanzressourcen ist als Voraussetzung zu sehen, die es ermöglichen soll, Expertisen zu finanzieren, derer sich die Prüfgremien in Fachfragen bedienen sollen. c) Strukturelle Problematik der Auftragskontrolle im Drei-Stufen-Test Die Grundgedanken der EU-Kommission zur Unabhängigkeit und fachlichen Eignung der Aufsichtsgremien müssten sich daher im deutschen System auch wiederfinden, um den Anforderungen für eine wirksame Auftragskontrolle zu entsprechen. Die Konstruktion der Rundfunkaufsicht als internes Gremium könnte hier grundsätzlich entgegenstehen. (1) Möglicher Interessen- und Loyalitätskonflikt Seit Beginn der Existenz von Rundfunkräten wurde das Gremiensystem in Deutschland immer wieder kritisch diskutiert. Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk wurde zuletzt verstärkt eine mangelnde Unabhängigkeit gegenüber Sender- und Programminteressen vorgeworfen72. In den Gremien herrsche eine zu starke Neigung zur Anstaltsloyalität und daraus resultierend eine zu große „Konfliktscheue“73. Diese grundsätzliche Loyalität der Gremien zu ihren Sendern stehe in einem „inhärenten Widerspruch zur gesetzlich bestimmten Kontrollaufgabe“74. Sie seien auf die Zuarbeit der Anstalten angewiesen und von ihr abhängig – überdies als Organe der Anstalten auch deren Interessen verpflichtet75. Schon im Vorfeld der Testverfahren wurde im Schrifttum die Frage geäußert, ob die für das Prüfverfahren „essentielle Unabhängigkeit des Kontrollorgans“ gegeben sei, damit der Drei-Stufen-Test nicht 72 Vgl. nur Grimm, der von einer „leidlich funktionierenden Programmkontrolle“ ausgeht, epd medien Nr. 41/2006, S. 4 ff. (11); Degenhart spricht von mangelnder Effizienz und Reformbedürftigkeit, Professionalisierung der Medienaufsicht, S. 97 ff. (97). 73 Vgl. Henle, epd medien Nr. 92/2007, S. 3 ff. (5); Thum, Einfachgesetzliche Präzisierung, S. 143; für mehr Konfliktbereitschaft bei gleichzeitiger Verbundenheit zur Rundfunkanstalt spricht sich Stadelmaier aus, Professionalisierung der Medienaufsicht, S. 42 ff. (47). 74 Lilienthal, Professionalisierung der Medienaufsicht, S. 11 ff. (13). 75 Klein, Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und das Internet, S. 6.

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zur „Selbstermächtigung der Anstalten“ verkomme76. Da keine personelle, finanzielle und räumlich unabhängige Prüfung vorliege, müssten an der Funktionsfähigkeit des Tests „ernsthafte Zweifel bestehen“77. Auch wird in den vorliegenden Strukturen, die den Vertretern gesellschaftlich relevanter Gruppen teilweise erhebliche Aufwandsentschädigungen und sonstige Privilegien zusprechen, ein Grund gesehen, warum die Gremien „kaum aufmüpfen“ würden78. Die Problematik eines Zugehörigkeitsgefühls der Räte zur Rundfunkanstalt wird verstärkt durch die gleichzeitige Zuständigkeit einerseits für Programmplanung und -fragen79 und andererseits für die Kontrolle darüber, ob sich das Programm im gesetzlich vorgegebenen Rahmen bewegt und somit den Funktionsauftrag erfüllen kann. Die EU-Kommission spricht bei dieser Konstruktion von einem „inhärenten Interessenkonflikt“80. Es liegt die Einschätzung nahe, dass eine kritische Distanz zu den Programminhalten nicht gewahrt werden kann, zumal Entscheidungen im Prüfverfahren frühere Entscheidungen bzw. Empfehlungen zu den Programminhalten eventuell aushebeln müssten. (2) Laiengremium statt Fachaufsicht Zudem wird bei der Gremienstruktur bemängelt, dass es sich hierbei nicht um ein Fachaufsichtsorgan handelt. Die Rundfunk- und Fernsehräte der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind als Laiengremien konzipiert, in denen die einzelnen Mitglieder ehrenamtlich tätig sind. Das bedeutet, dass diese Vertreter gesellschaftlich relevanter Gruppen in ihrem beruflichen Alltag vollzeitig mit anderen Arbeiten befasst sind. Ein wiederholter Kritikpunkt an der Arbeit der Gremienmitglieder ist somit der Vorwurf, dass viele Repräsentanten in den Räten zeitlich bereits stark in anderen Bereichen involviert sind, die zudem fachlich nichts mit der Rundfunkaufsicht zu tun haben. In der Kommunikationsforschung wurde im Rahmen einer Befragung von Rundfunkräten bereits im Jahr 2000 festgestellt, dass Medienwächter „im Zeitalter eines sich rasch entwickelnden und differenzierten Mediensystems mit ihrer Aufgabe hoffnungslos überfordert seien, wenn sie nicht professionelle Hilfe erhielten“81. Diese Einschätzung fußt auch auf einem zweiten Aspekt, den die Aufsichtskon76

Rösler, JZ 2009, S. 438 ff. (447). Ebd., S. 447. 78 Kleinsteuber, Professionalisierung der Medienaufsicht, S. 115 ff. (121); ähnlich Huber, Professionalisierung der Medienaufsicht, S. 65 ff. (67 f.). 79 Für den ZDF-Fernsehrat ist dies beispielsweise in § 20 des ZDF-Staatsvertrages festgelegt. 80 So beschreibt es Raff, Professionalisierung der Medienaufsicht, S. 90 ff. (95). 81 Brosius/Rössler/Schulte zur Hausen, Publizistik 2000, S. 438 f.; diese Einschätzung teilend Brückner, epd medien Nr. 17/2013, S. 8 ff. (9 f.). Eine Überforderung sei auch deshalb eklatant, weil die Gremien im Vergleich zu den gut aufgestellten operativen Teilen der Sender kaum wirtschaftliche und juristische Expertisen aufweisen könnten. 77

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struktion eines Laiengremiums neben dem kritischen Zeitaspekt vollzeitig beschäftigter Räte mit sich bringen kann – eine mangelnde Sachkenntnis in Bezug auf die von ihm zu beurteilenden Fragen82. Dementsprechend kam im Vorfeld der Implementierung der Drei-Stufen-Testverfahren zunehmend die Frage auf, ob die Durchführung der Prüfverfahren die Gremien nicht überfordere – gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Bestandstests innerhalb einer relativ kurzen Zeitspanne der Prüfung unterzogen werden mussten83. Die Aufgabe des Rundfunkrats sei auf die Kontrolle klassischer Programmvielfalt ausgerichtet84. Dieser verfüge nicht annähernd über das erforderliche Wissen, welches zur Beurteilung nicht bloßer Vielfalt eines Senderprogramms, sondern eines zersplitterten medialen Netzwerks erforderlich sei, wie es bei Telemedien und deren Onlinemärkten der Fall sei85. Die Konstruktion der Aufsichtskontrolle im Drei-Stufen-Test wird auch vor einem anderen Hintergrund als befremdlich betrachtet. Da die Finanzierung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten und damit die Überprüfung der Einhaltung von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit von Verfassung wegen durch das externe Kontrollgremium KEF überprüft wird, sei es kaum nachvollziehbar, dass die Kontrolle der Einhaltung des Funktionsauftrags der Rundfunkanstalten wiederum im binnenpluralen Gefüge einer bloßen (und exklusiven) Selbstkontrollbefugnis unterfalle86. Dies ließe eine Schutzlücke für private Telemedienanbieter entstehen, die im Verfahren dadurch nicht hinreichend berücksichtigt werden könnten87. Demgegenüber wurde die Konstruktion einer der Rundfunkanstalten angehörigen Kontrolle im Drei-Stufen-Test seitens der Vertreter der Anstalten kaum problematisiert. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sah sich den Anforderungen der Europäischen Kommission durchweg gewachsen. Dabei wurden die Rundfunkgremien vereinzelt als externe Stelle ausgewiesen, da sie nicht von den Rundfunkanstalten

82 Besselmann/Kötzle, Medien Wirtschaft 2006, S. 34, 48; Hahn, Die Aufsicht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, S. 149; mit Hinweis auf den Vorwurf des Dilettantismus, dem sich die Gremien immer wieder ausgesetzt sehen, Lilienthal, Professionalisierung der Medienaufsicht, S. 11 ff. (12). 83 Klein, Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und das Internet, S. 6. 84 Vor diesem Hintergrund ist es nicht unerheblich, dass externe, professionelle und vollzeitbeschäftigte Kontrollgremien in Deutschland bereits gängige Praxis bei der Rundfunkaufsicht sind. Als eine solche Fachaufsicht fungieren z. B. die Landesmedienanstalten als staatsferne und hauptamtlich besetzte Gremien für Zulassung und Aufsicht privater Radio- bzw. Fernsehprogramme sowie Telemedien. Ein solches unabhängiges Kontrollgremium hätte auch für die Durchführung der Drei-Stufen-Testverfahren – im Rahmen der rechtlichen Durchführbarkeit – zur Verfügung gestanden, worauf jedoch aus verschiedenen Gründen verzichtet wurde. 85 Ladeur, ZUM 2009. S. 906 ff. (913); ähnlich auch Huber, Professionalisierung der Medienaufsicht, S. 65 ff. (67). 86 Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 113 f. 87 Ebd., S. 114.

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bestimmt, sondern durch gesetzgeberische Festlegungen einberufen worden seien88. Auch Gremienvertreter bezeichneten sich als „gut gerüstet“ für die Durchführung der Testverfahren89. Stimmen in der Literatur bestätigten die Einhaltung der notwendigen Professionalität. Es sei zwar keine leicht zu erfüllende Aufgabe der Gremien, jedoch würde ihnen mit den Drei-Stufen-Tests nichts abverlangt, was über die Funktion, die ihnen in der binnenpluralen Rundfunkordnung bereits zukäme, „systemsprengend hinausgehe“ oder dieser Funktion zuwiderliefe90. Den Gremien wurde sogar zugetraut, dass sie vehement auf ihre Eigenständigkeit pochen und dadurch auch zur Ablehnung von Angeboten kommen könnten, die möglicherweise gar nicht den Auftrag überschreiten, um dies zu untermauern91. Eine Standardkritik aufgrund von Professionalitätsdefiziten sei nicht angemessen – die Erfahrungen mit der Binnenkontrolle im deutschen Rundfunksystem zeigten, dass die Gremien in der Lage seien, auch komplexe Aufgaben zu bewerkstelligen92. Für einzelne Fragen bliebe es den Gremien zudem unbenommen, externen Sachverstand in Form von Gutachten oder Experten heranzuziehen93. d) Konsequenzen interner Organisationsstrukturen für die Auftragskontrolle Festgehalten werden kann, dass mit der Übernahme der neuen Rolle bei der Durchführung der Drei-Stufen-Testverfahren auf die plural besetzten Gremien eine Aufgabe zugekommen ist, die sowohl inhaltlich als auch organisatorisch weit über das hinausgeht, was diese bis dato leisten mussten94. Das Drei-Stufen-Testverfahren erfordert im Allgemeinen eine intensive Auseinandersetzung mit höchst komplexen Sachverhalten. Bei den Bestandstests galt es journalistische, rechtliche, ökonomische und gesellschaftspolitische Detailfragen in einer sehr kurzen Zeit zu klären. Die aufgezeigte Gremienstruktur legt nahe, dass die Organisation von Aufsicht und Kontrolle durch die ARD-Rundfunkräte und den ZDF-Fernsehrat in einem gewissen Spannungsverhältnis mit den Anforderungen der EU-Kommission (nach Unabhängigkeit und Effektivität) steht95. Einerseits liegt dies an der strukturellen Nähe zu 88

So äußerte sich der damalige ARD-Vorsitzende und SWR-Intendant Peter Boudgoust am 09. 03. 2009 im Gespräch mit der Zeitung taz. 89 Dass der ZDF-Fernsehrat für die Prüfverfahren gerüstet sei, äußerte beispielsweise der Vorsitzende des Gremiums, Ruprecht Polenz, Professionalisierung der Medienaufsicht, S. 128 ff. 90 Rossen-Stadtfeld, Anforderungen des Drei-Stufen-Tests an die Gremien, S. 19. 91 So Stock, Noch einmal zum Reformbedarf im „dualen Rundfunksystem“, S. 36. 92 Meyer, Der Drei-Stufen-Test und „public value“, S. 71; ders., Professionalisierung der Medienaufsicht, S. 153 ff. (156 f.). 93 Meyer, Der Drei-Stufen-Test und „public value“, S. 71; Kunert, Professionalisierung der Medienaufsicht, S. 107 ff. (111). 94 So auch Jahn, Drei-Stufen-Test und plurale Rundfunkaufsicht, S. 165. 95 Zur Effektivität der Rechtsaufsicht Dörr, Der Drei-Stufen-Test, S. 203 ff. (210).

B. Festlegung des Verfahrensablaufs durch den deutschen Gesetzgeber

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den Geschäftsleitungen der Sender sowie an der Doppelzuständigkeit für das Programm und dessen Kontrolle. Andererseits bieten die als Laiengremium konzipierten Räte nicht die von der EU-Kommission favorisierte Aufsichtskonstruktion. Als problematisch kann in diesem Zusammenhang bewertet werden, dass aus dem Kreis der Gremienvorsitzenden die Drei-Stufen-Testverfahren teilweise öffentlich als unsinnig und überflüssig bewertet wurden96. Die Notwendigkeit der Berücksichtigung wettbewerbsrelevanter Auswirkungen aufgrund des Beihilfetatbestandes wird durch solche Äußerungen verneint, obwohl dies als der Kern der Vorgaben der Kommission bezeichnet werden kann. Bereits vor Abschluss der Drei-Stufen-Tests wurde in der Literatur daher die Gefahr gesehen, dass private Medienanbieter in Hinblick auf die festgelegten Strukturen und Entscheidungsprozesse wiederum „Defizite in der Binnenkontrolle der Anstalten“97 bemängeln könnten, was nicht zur Beruhigung der gemeinschaftsrechtlichen Auseinandersetzung um den Auftrag für die Telemedien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten führen würde98.

B. Festlegung des Verfahrensablaufs durch den deutschen Gesetzgeber I. Vorlage eines Telemedienkonzepts Zur Einleitung des Testverfahrens hat die Rundfunkanstalt in Person der Intendanz gemäß § 11 f Abs. 4 Satz 1 RStV darzulegen, dass das Angebot, welches Gegenstand eines Drei-Stufen-Tests werden soll, vom Auftrag umfasst ist. Diese Begründungspflicht der Vorhaben durch die Geschäftsführungen der Rundfunkanstalten wurde in Form von Telemedienkonzepten umgesetzt. Diese müssen gemäß § 11 f Abs. 1 RStV neben einer Angebotsbeschreibung (inhaltliche Ausrichtung der Telemedien) auch die Zielgruppe und die Verweildauer des Angebotes umfassen. Die Erarbeitung von Konzepten und deren Genehmigung sind zwingende Zulässigkeitsvoraussetzung für alle Telemedien, die nicht nach § 11 d Abs. 2 Satz 1 und 2 RStV ohnehin schon vom Gesetzgeber (direkt) beauftragt worden sind99. Nach dem Gesetzgeberwillen muss sich aus dem Telemedienkonzept ablesen lassen, wer angesprochen werden soll, was vorrangig angeboten wird und wie sich das Angebot ausrichtet – ob es sich zum Beispiel um informative, unterhaltende, bildende oder

96 Vgl. die Pressemitteilung des NDR-Rundfunkrats vom 17. 09. 2010, in der Dagmar Gräfin Kerssenbrock auf die „Fragwürdigkeit des bürokratischen Monstrums Drei-Stufen-Test“ hinwies und „kleinteilige Regulierungsversuche im Netz“ kritisierte; vgl. auch Roether, epd medien Nr. 53/2010, S. 3 f. 97 Krone, Gebührenfinanzierter Rundfunk und Beihilfenrecht, S. 406. 98 So auch Klein, Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und das Internet, S. 6. 99 Amtliche Begründung zu § 11 f Abs. 1 RStV.

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kulturelle Inhalte handelt100. Der Gesetzgeber führt in der amtlichen Begründung weiter aus, dass für Telemedien erst ein hinreichend genaues Telemedienkonzept eine Prüfgrundlage leistet101. Dies ist vor dem Hintergrund der Anforderungen in der Beihilfeentscheidung der EU-Kommission zu sehen. Diese fordert eine „hinreichend konkrete“ Beschreibung, um sowohl der Rechtsaufsicht als auch Dritten eine Beurteilung des geplanten Angebots zu ermöglichen102.

II. Prüfschritte Nachdem der Intendant einer Sendeanstalt seinem Aufsichtsgremium ein Telemedienkonzept übermittelt und die sog. Vorprüfung der Räte ergeben hat, dass es sich um ein neues oder verändertes Angebot handelt bzw. das Angebot nicht von einer Ermächtigung gedeckt ist, beginnen die eigentliche Prüfschritte – die sogenannten Drei-Stufen des Testverfahrens103. Die Telemedienkonzepte der Rundfunkanstalten erfordern zu den drei Prüfschritten Aussagen (vgl. § 11 f Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 – 3 RStV), die anschließend in den Teststufen von den Gremien überprüft und bewertet werden. 1. Inwieweit entspricht das Angebot dem Funktionsauftrag? (Stufe 1) Der erste Schritt des Drei-Stufen-Testverfahrens beinhaltet gemäß § 11 f Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 RStV die Prüfung, ob das neue oder veränderte Angebot zum gesetzlichen Funktionsauftrag gehört, also den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Gesellschaft sowie den besonderen materiell-rechtlichen Anforderungen für Telemedien gemäß § 11 d Abs. 1 und 3 Satz 1 RStV entspricht104. Bei der Erfüllung dieses Prüfschritts hat der Rundfunkrat die auch schon bei der Bestimmung des bisherigen Programmauftrags relevanten Überlegungen zu berücksichtigen und gegebenenfalls an die Besonderheiten der Telemedien anzupassen105. Diese erste Stufe findet sich im Wortlaut bereits im Beihilfekompromiss wieder:

100

Ebd. Amtliche Begründung zu § 11 f Abs. 2 RStV. 102 Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 330; zur Problematik der hinreichend genauen Beschreibung in den Telemedienkonzepten vgl. die Ausführungen zur Behandlung in den Drei-Stufen-Tests unter Kapitel 6 B. 103 Dies legt nicht der Rundfunkstaatsvertrag im Einzelnen fest, sondern die Richtlinien der Rundfunkanstalten, vgl. Punkt I. der Richtlinie für die Genehmigung von Telemedienangeboten des ZDF vom 26. 06. 2009 sowie Punkt I. der Richtlinie ARD-Genehmigungsverfahren zu neuen oder veränderten Gemeinschaftsangeboten von Telemedien vom 25. 11. 2008. 104 Vgl. Dörr, ZUM 2009, S. 897 ff. (899). 105 Kops/Sokoll/Bensinger, Rahmenbedingungen, S. 148. 101

B. Festlegung des Verfahrensablaufs durch den deutschen Gesetzgeber

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„die drei Stufen (..) erfordern eine Prüfung durch die Rundfunkanstalten für jedes Angebot, dass es (1) zum öffentlichen Auftrag gehört und damit den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen einer Gesellschaft entspricht (…).

Die Begrifflichkeiten der „demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse einer Gesellschaft“ sind direkt dem Amsterdamer Protokoll106 entnommen und entstammen damit dem Europarecht107. Auf der ersten Stufe der Prüfung steht somit die Bedürfnisermittlung der Gesellschaft, für welche die in Rede stehenden Angebote produziert werden sowie danach die Klärung der Frage, ob das Angebot, für das ein Bedarf der Bevölkerung besteht, auch vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk angeboten werden darf, da es zum öffentlichen Auftrag gehört (Auftragsrelevanz)108. a) Bedürfnisermittlung der Gesellschaft Die Bedürfnisermittlung richtet sich nach dem Maßstab des § 11 f Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 RStV, wonach die Bedürfnisse der Gesellschaft in demokratischer, sozialer und kultureller Hinsicht festzustellen sind. Ein wichtiges Indiz der Bedürfnisermittlung ist daher die Feststellung des Nutzerverhaltens. In den Bestandstestverfahren erfolgte dies u. a. durch Auswertung von vorliegendem bzw. eigens erhobenem Material, Expertenbefragungen und Gutachten109. Nach den Äußerungen der Rundfunkgremien spielte bei dieser Betrachtung das kommunikative Bedürfnis der Nutzer eine große Rolle110 – und ebenso die Frage, welche Bedeutung dieses Bedürfnis in der Gesellschaft hat111. Nach § 11 d Abs. 3 Satz 1 RStV soll durch die Telemedien allen Bevölkerungsgruppen die Teilhabe an der Informationsgesellschaft ermöglicht, Orientierungshilfe gegeben sowie die technische und Inhaltliche Medienkompetenz aller Generationen und von Minderheiten gefördert werden. Diesbezüglich wird angeführt, dass auch das zukünftige Nutzerverhalten zu prognostizieren sei. So sei dies vor allem bei Angeboten relevant, mit denen die Sender auf Trends reagierten bzw. vorausgesagte Nutzerbedürfnisse antizipieren wollten112.

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Sie findet sich auch in der Rundfunkmitteilung aus dem Jahr 2001 wieder. Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten, Amtsblatt Nr. C 340 vom 10. 11. 1997. 108 Vgl. Peters, Was ist eigentlich der Drei-Stufen-Test?, Beitrag auf Telemedicus.info vom 16. 2. 2009. 109 Peters, K&R 2009, S. 26 ff. (30). 110 Vgl. zum Beispiel den Beschluss des NDR-Rundfunkrats zu tagesschau.de, S. 17. 111 Schulz, Der Programmauftrag als Prozess seiner Begründung, S. 31, der als Beispiel anführt, bei einer spielerischen Aufbereitung von Informationen für Jugendliche müsse die Prüfung beinhalten, inwieweit Computerspiele bei jungen Menschen ihren ästhetischen Zugang zur Welt zu prägen beginnen. 112 Peters, K&R 2009, S. 26 ff. (30). 107

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Kap. 5: Drei-Stufen-Test für Telemedien des öffentlich-rechtlich Rundfunks

b) Auftragsrelevanz Kann im ersten Schritt ein „Bedürfnis“ im Nutzerkreis ermittelt werden, so ist das Telemedienangebot im Weiteren „am öffentlich-rechtlichen Funktionsauftrag zu messen“113. Dementsprechend sind die Angebote mit dem gesamten gesetzlichen Telemedienauftrag abzugleichen – dieser erfasst neben den materiell rechtlichen Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags auch die Vorgaben zum Funktionsauftrag aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie die Kriterien, die die Anstalten nach § 11 e Abs. 1 RStV selbst in Satzungen und Richtlinien zur näheren Durchführung ihres jeweiligen Auftrags erlassen haben114. 2. Wie groß ist der Beitrag zum publizistischen Wettbewerb? (Stufe 2) Einen zentralen Punkt des Drei-Stufen-Testverfahrens stellt die Ermittlung des publizistischen Wettbewerbs auf der 2. Prüfstufe dar115. Nach dem Beihilfekompromiss soll ermittelt werden, dass ein Angebot „in qualitativer Hinsicht zum publizistischen Wettbewerb beiträgt (…)“.116

Zur Konkretisierung des Prüfschritts zum publizistischen Wettbewerb wird weiter ausgeführt: „Der Begriff des publizistischen Wettbewerbs wird in der Gesetzesbegründung weiter konkretisiert, wobei folgende Punkte einzubeziehen sind: Umfang und Qualität der vorhandenen, frei zugänglichen Angebote sowie marktrelevante Auswirkungen des geplanten Angebots sowie die meinungsbildende Funktion des vorgesehenen Angebots (die unterhaltende Elemente einschließen kann) angesichts bereits vorhandener Angebote“117.

Diese Vorgabe wurde für die 2. Stufe beinahe wortgleich in den Rundfunkstaatsvertrag übernommen. Gemäß § 11 f Abs. 4 S. 2 Nr. 2 RStV sind Aussagen darüber zu treffen, in welchem Umfang durch das Angebot in qualitativer Hinsicht zum publizistischen Wettbewerb beigetragen wird. Dabei sind gemäß § 11 f Abs. 4 S. 3 RStV Quantität und Qualität der vorhandenen frei zugänglichen Angebote, die marktlichen Auswirkungen des geplanten Angebots sowie dessen meinungsbildende Funktion angesichts bereits vorhandener vergleichbarer Angebote, auch des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, zu berücksichtigen. 113 Vgl. Peters, Was ist eigentlich der Drei-Stufentest, Beitrag auf Telemedicus.info vom 16. 02. 2009. 114 Peters, K&R 2009, S. 26 ff. (30) mit Hinweis auf Schulz, Der Programmauftrag als Prozess seiner Begründung, S. 35. 115 Teilweise wird diese Prüfung als das Herzstück des Drei-Stufen-Tests bezeichnet, vgl. Peters, Was ist eigentlich der Drei-Stufentest, Beitrag auf Telemedicus.info vom 16. 02. 2009. 116 Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 328. 117 Ebd., Rn. 328.

B. Festlegung des Verfahrensablaufs durch den deutschen Gesetzgeber

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a) Der Begriff des publizistischen Wettbewerbs Die Einstellungsentscheidung der EU-Kommission hatte ursprünglich eine Konkretisierung des Begriffs des publizistischen Wettbewerbs in der Gesetzesbegründung gefordert118. Die Länder haben die Punkte zur Ausgestaltung des zweiten Prüfschritts jedoch direkt in den Staatsvertragstext übernommen, dort aber nicht weiter definiert. Auch die amtliche Begründung gibt zu diesem Prüfschritt keine weiterführenden Erläuterungen. Der qualitative Beitrag zum publizistischen Wettbewerb bildet den zentralen Prüfungspunkt des Drei-Stufen-Tests. Die Begrifflichkeit birgt allerdings ein gewisses Konfliktpotenzial. Der Rückgriff auf das Merkmal „publizistisch“ macht es schwierig, Angebote auszuklammern, die in publizistischer Weise privaten Medien zu deren ökonomischem Nachteil Konkurrenz machen. Dies liegt an dem Umstand, dass publizistische Konkurrenz allgemein als durchweg positiv, da vielfaltsfördernd angesehen wird. Der Begriff des (ökonomischen) Wettbewerbs jedoch stellt diese Vielfalt um jeden Preis wiederum in Frage. Er sollte unter fairen Bedingungen erfolgen, was durch die Bereitstellung von staatlichen Beiträgen für publizistische Angebote grundsätzlich konterkariert wird. Die Begriffe, die das zu prüfende Kernelement der zweiten Stufe bilden, stehen somit in einem gewissen Spannungsverhältnis zueinander. So wurde während der Bestandstestverfahren verstärkt darauf hingewiesen, dass zwischen publizistischem und ökonomischem Wettbewerb zu unterscheiden sei und ein womöglich sinnvoller Zugewinn an publizistischem Wettbewerb ökonomisch betrachtet dennoch schädlich sein kann119. b) Quantität und Qualität der vorhandenen und frei zugänglichen Angebote Für die Bestimmung des Beitrags zum publizistischen Wettbewerb ist es gemäß § 11 f Abs. 4 S. 3 RStV in einem ersten Schritt erforderlich, die im Wettbewerb stehenden Angebote zu ermitteln (Quantität der vorhandenen Angebote). (1) Quantität der vorhandenen Angebote Hierbei sind neben privaten auch andere öffentlich-rechtliche Angebote sowie Telemedien nicht kommerzieller Anbieter zu berücksichtigen120. Mithilfe von Marktdaten und Messgrößen der „Online-Performance“ (Unique User, Unique Visits oder Page Impressions) soll der Konkurrenzmarkt herausgearbeitet werden121. Die Bestandsaufnahme soll zudem eine Prognose beinhalten, wie sich das Wettbe118 119 120 121

Ebd., Rn. 328. So Schmid/Gerlach, Funkkorrespondenz 25/09, S. 3, 6. Jahn, Drei-Stufen-Test und plurale Rundfunkaufsicht, S. 100. Peters, K&R 2009, S. 26 ff. (30).

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werbsumfeld verändert, wenn das geplante öffentlich-rechtliche Angebot in den Markt eintritt122. Im Vorfeld der Drei-Stufen-Tests ist teilweise darauf hingewiesen worden, es sei erforderlich, im Rahmen eines „üblichen Suchverhaltens“ im Internet über Suchmaschinen und „Schlüsselwörter“ zu ermitteln, welche Angebote als publizistische Wettbewerber auszumachen seien123. Die herausgearbeiteten publizistischen Wettbewerber dürften sich nach unterschiedlichen Kriterien bemessen lassen. Jedoch sind keine Anhaltspunkte deutlich, wo die Grenze zu Angeboten gezogen werden sollte, die nicht (mehr) berücksichtigt werden müssten. Insgesamt ist damit bereits die Identifizierung von Angeboten mit einem erheblichen Fehlerpotenzial behaftet. So können Angebote bei der Recherche entweder nicht gefunden werden und damit unberücksichtigt bleiben oder nach Identifizierung nicht in den Kreis der Wettbewerber aufgenommen werden, wenn hierfür von den Rundfunkanstalten zu wenig Überschneidungspotenzial mit dem zu prüfenden Angebot gesehen wird124. (2) Freie Zugänglichkeit der Angebote Nach § 11 f Abs. 4 Nr. 3 RStV haben die Gremien die Auswirkungen auf die bestehenden Angebote im Markt nicht isoliert zu berücksichtigen, sondern unter Einbeziehung vorhandener publizistischer Angebote, die sich an ein allgemeines Publikum richten und frei zugänglich sind125. Eine gesetzliche Definition oder Konkretisierung des Begriffes der „freien Zugänglichkeit“ findet sich nicht, weswegen im Vorfeld der Verfahren verschiedene Interpretationen diskutiert wurden126. Hier stellt sich die Frage, ob frei zugängliche Angebote nur solche sind, die dem Nutzer unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden, sodass Pay-Angebote – wie kostenpflichtige Mediatheken – bei der Marktabgrenzung möglicherweise nicht berücksichtigt werden müssten. Private Wettbewerber führten hierzu an, die Be122

Schulz, Der Programmauftrag als Prozess seiner Begründung, S. 32. Peters, Öffentlich-rechtliche Online-Angebote, Rn. 395. Im Rahmen einiger Testverfahren wurde eine solche Marktabgrenzung über Suchmaschinen vorgenommen, so zum Beispiel beim Angebot kindernetz.de des SWR. Das Vorgehen stieß auf erhebliche Kritik von Wettbewerbern, die hier von einer unzureichenden Bestimmung des Marktes sprachen, vgl. die BDZV-Stellungnahme zu kindernetz.de, S. 3, abrufbar unter http://www.privatfunk.de/3st/09_ Text3st00_S_22.pdf (letzter Abruf 09. 02. 2017). 124 Dies wurde bereits vor Beginn der offiziellen Drei-Stufen-Tests von Wettbewerbern vorgetragen. Beim Verfahren von „kikaninchen.de“ des MDR sowie der „NDR Mediathek“ wurde von Dritten kritisiert, es sei nur ein relativ kleiner Teil von Wettbewerbern in den Kreis der zu vergleichenden Angebote mit aufgenommen worden, vgl. die Pressemitteilung der DLM vom 25. 5. 2009 zum Punkt der Marktabgrenzung. 125 Vgl. die amtliche Begründung zu § 11 f RStV. 126 Schon im Vorfeld des eigentlichen Inkrafttretens des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags sorgte das Merkmal der freien Zugänglichkeit im Rahmen der freiwilligen Drei-StufenTestverfahren für die Angebote kikaninchen.de und kikaplus.de zu Kontroversen zwischen der ARD und privaten Rundfunkveranstaltern. 123

B. Festlegung des Verfahrensablaufs durch den deutschen Gesetzgeber

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trachtung der vorhandenen Angebote müsse auch auf nicht kostenlose Portale erstreckt werden127. Der Begriff der freien Zugänglichkeit bezöge sich auf eine Zurverfügungstellung für die Allgemeinheit, die jedoch nicht kostenlos erfolgen müsse128. Eine andere Auffassung sah in erster Linie eine Beschränkung auf kostenlose Angebote als geboten an129. Schließlich beruft sich eine vermittelnde Ansicht darauf, dass es bei der Abgrenzung der freien Zugänglichkeit nicht um eine klar abgrenzbare, sondern um eine dem Einzelfall nach zu bestimmende und auszulegende Bewertung handele130. Auch hier zeigt sich das Konfliktpotenzial der gesetzlichen Regelung in der konkreten Anwendung durch die Prüfgremien. Die Möglichkeit, die Grenzen des Wettbewerbs über die relevante Marktdefinition zu ziehen, gibt den Räten zumindest potenziell ein Instrument zur Marktverkleinerung an die Hand, welches erhebliche Auswirkungen auf die konkreten Ergebnisse der zweiten Prüfstufe haben kann131. (3) Qualität der vorhandenen Angebote Bei der Bewertung der im Wettbewerb mit dem zu prüfenden Angebot stehenden Telemedien sind auch Qualitätskriterien maßgeblich, da der Staatsvertrag gemäß § 11 f Abs. 4 S. 3 RStV eine Berücksichtigung der Qualität der Angebote erfordert. (a) Qualitätskriterien zur Bestimmung des publizistischen Nutzens Dafür ist das zu prüfende Angebot an den Angeboten der relevanten Mitbewerber unter verschiedenen Gesichtspunkten zu messen132. Der Gesetzgeber macht hierbei keine inhaltlichen Vorgaben für die Festlegung von Qualität. Bei der Bestimmung der ausschlaggebenden Kriterien, die den publizistischen Nutzen eines Angebots ausmachen, sind die Gremien frei. Sie stehen hier vor der Aufgabe, festzulegen, welche Maßstäbe für publizistisch wertvolle Angebote anzulegen sind. In der publizistischen Wissenschaft sind die Kriterien für Qualität im allgemeinen Journalismus umfassend beleuchtet worden. Während das Finden von Bestimmungsgründen für Qualität im Journalismus als der „Versuch, einen Pudding an die 127 Ausführungen der Mediengruppe RTL, die in einem Schreiben an den MDR-Rundfunkrat beim Test von kikaninchen.de ihre Auffassung über die Interpretation der Begriffe darlegt. 128 Vgl. auch Wimmer, ZUM 2009, S. 601 ff. (607). 129 Knothe, epd medien Nr. 60/2009, S. 5 ff. (5, 7); Klickermann, Telemedienangebote von ARD und ZDF im Fokus des Drei-Stufen-Tests, S. 742; Haarhoff/Kopp sehen eine Beschränkung zumindest beim publizistischen, nicht beim ökonomischen Wettbewerb, NJOZ 2009, S. 2927 ff. (2928 f.); Jahn, Drei-Stufen-Test und plurale Rundfunkaufsicht, S. 100 f. 130 Kops/Sokoll/Bensinger, Rahmenbedingungen, S. 105. 131 Vgl. die konkrete Behandlung des Begriffs der freien Zugänglichkeit in den Testverfahren unter Kapitel 6 D. II. 2. a). 132 Peters, Öffentlich-rechtliche Online-Angebote, Rn. 400.

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Kap. 5: Drei-Stufen-Test für Telemedien des öffentlich-rechtlich Rundfunks

Wand zu nageln“133, bezeichnet worden ist, haben sich im Allgemeinen einige Messgrößen herausgebildet. Hier werden beispielsweise Richtigkeit, Vielfalt, Relevanz, Neuigkeit, Aktualität, Originalität, Unabhängigkeit, Fairness, Transparenz und Verständlichkeit genannt134. Andere weisen auf Vielfalt, Glaubwürdigkeit, Unabhängigkeit, Aktualität, Zugänglichkeit, Publikumsnutzen und Objektivität hin135. Um der komplexen Thematik von Qualität im Journalismus gerecht zu werden, sei es sinnvoll, verschiedene Perspektiven und Begründungszusammenhänge zu kombinieren136. Vor diesem Hintergrund werden die Gremien auch hier vor eine schwierige Aufgabe gestellt. Ein in diesem Zusammenhang relevantes Kriterium wurde beispielsweise bei der Frage nach der Werbefreiheit des öffentlich-rechtlichen Angebots diskutiert. Den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist es gemäß § 11 d Abs. 5 Satz 1 RStV nicht gestattet, Werbung oder Sponsoring in Telemedien zu ermöglichen. Da diese gesetzliche Vorgabe in Kombination mit der Beitragsfinanzierung mithin ein Alleinstellungsmerkmal der Anstalten begründet und privatfinanzierte Telemedien – abgesehen vom gemeinnützigen Bereich – grundsätzlich immer auf Werbe- und/oder Vertriebseinnahmen angewiesen sind, wurde die Einbeziehung dieses Kriteriums in Literatur und Praxis kontrovers diskutiert137. Auf die konkrete Behandlung des Merkmals im Drei-Stufen-Testverfahren für den Bestand wird weiter unten näher eingegangen138. (b) Meinungsbildende Funktion Der Staatsvertrag führt in § 11 f Abs. 4 Satz 3 RStV die zwingende Berücksichtigung der meinungsbildenden Funktion des (geplanten) öffentlich-rechtlichen Angebots bei der Bewertung auf. Es soll dargelegt werden, dass es dem besonderen – durch das Finanzierungsprivileg gesteigerten – Qualitätsanspruch gerecht wird und einen publizistisch wertvollen Beitrag leistet139. Im Rahmen der eigenen qualitativen Einstufung wurde den Anstalten teilweise vorgeworfen, es käme ihnen gar nicht auf nachprüfbare Qualitäts- und Unterscheidungskriterien an, da sie als öffentlich133 Ruß-Mohl, Publizistik 1992, S. 83 f.; vgl. auch Neuberger, Definition und Messung journalistischer Qualität im Internet, S. 16 (Fn. 6); Kops/Sokoll/Bensinger, Rahmenbedingungen, S. 93. 134 Wyss, Qualitätsmanagement im Journalismus, S. 2. 135 Arnold, Publizistik 2008, S. 488 ff. (502). 136 Ebd., S. 502; Neuberger, Definition und Messung journalistischer Qualität im Internet, S. 16 ff. 137 Jahn bezeichnet dieses Kriterium als publizistischen Mehrwert, vgl. Drei-Stufen-Test und plurale Rundfunkaufsicht, S. 103; Dörr, Das Verfahren des Drei-Stufen-Tests, S. 31; Wimmer, AfP 2009, S. 321 ff. Zur näheren Argumentation und der erfolgten Behandlung durch die Gremien siehe Kapitel 6 D. II. 1. b). 138 Zur Behandlung von Qualitätskriterien bzw. der Werbefreiheit als ein solches Merkmal durch die Gremien vgl. Kap 6 D. II. 1.–3. 139 Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 101.

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rechtliche Anbieter all das offerieren wollten, was Wettbewerber aus dem privaten Sektor schon lange anböten140. Hier zeigt sich ein Konflikt auf, der sich um die Frage dreht, ob öffentlich-rechtliche Anstalten im publizistischen Wettbewerb immer qualitativ hochwertigere Angebote offerieren müssen oder ob es ausreicht, wenn sie ein qualitativ hochwertiges Angebot bereitstellen, welches von privaten Anbietern auf der gleichen Qualitätsstufe bereits existiert. Das Bundesverfassungsgericht geht in seiner Rechtsprechung für den klassischen Rundfunksektor von Vielfaltsdefiziten aus, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk kompensieren soll.141 Zwar kann nicht angenommen werden, dass er nur tätig werden darf, wenn in dem avisierten Segment noch keine privatfinanzierten Angebote vorliegen, da hier auch unterschiedliche Qualitätsstufen vorhanden sein können. Gleichwohl würde die generelle Zulässigkeit eines grundsätzlich qualitativ hochwertigen Angebots zu einer Vollversorgung durch öffentlich-rechtliche Anbieter führen und – trotz des publizistischen Zugewinns – aufgrund der gesicherten staatlichen Finanzierung die Kommunikations-ordnung in ein Ungleichgewicht bringen142. Auch ohne Telemedien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten kann eine Vielfalt bei Onlineangeboten sichergestellt sein143. (c) Kommunikativer Mehrwert und Marktversagen Bei der Annahme von Vielfaltslücken, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk ausfüllen muss, ist von einem so genannten Marktversagen auszugehen und die Präsenz öffentlich-rechtlicher Angebote ist dann für die Kommunikationsversorgung elementar. Daher ist das Prinzip des Marktversagens ein zentraler Diskussionspunkt bei der Beurteilung der 2. Stufe des Drei-Stufen-Testverfahrens. Die Frage, ob dieser Grundsatz zwingend für eine Legitimation – auch von Onlineangeboten – maßgeblich sein soll, ist seitens der Protagonisten der Verfahren frühzeitig diskutiert worden144. 140 Meyer-Lucht bezeichnet dies als „Mee-Too-Produkte“, wofür im Internet jedoch andere Regeln gelten müssten als im klassischen Rundfunksektor, Beitrag vom 19. 07. 2010 auf carta.info. 141 Hintergrund beim klassischen Rundfunksektor ist die Annahme eines grundsätzlichen publizistischen Mehrwerts öffentlich-rechtlicher gegenüber privatfinanzierter Angebote, da von der Werbefinanzierung des privaten Rundfunks vielfalts- bzw. programmverengende Wirkungen für lineare Rundfunkprogramme ausgehen können, die mit einer umfassenden Darstellung gesellschaftlicher Themen und Meinungen im Rahmen der Grundversorgung im Widerspruch stehen, vgl. Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 97 ff.; Wimmer, AfP 2009, S. 321 ff. (323) mit Hinweis auf BVerfGE 90 S. 60 (90 f.). 142 Weiterführend Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 95 ff. 143 Ebd., S. 95 ff.; a.A. Eberle, der die Angebotsvielfalt im Internet aufgrund der Netzökonomie und der Konzentrationsproblematik bei Suchmaschinen ohne öffentlich-rechtliche Angebote bedroht sieht, AfP 2008, S. 329 ff. (330 f.). 144 So beauftragte der VPRT ein Gutachten, das sich schwerpunktmäßig mit den Grundsätzen des Marktversagens und die Nichtanwendbarkeit dieser Maßstäbe auf Telemedienangebote befasste, vgl. Dewenter/Haucap, Ökonomische Auswirkungen von öffentlich-rechtlichen Online-Angeboten. Die Ergebnisse des Gutachtens wurden von Vertretern öffentlich-

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Kap. 5: Drei-Stufen-Test für Telemedien des öffentlich-rechtlich Rundfunks

Der Drei-Stufen-Test schreibt für den Onlinesektor vor, dass bei der Beurteilung des publizistischen Wettbewerbs und damit der Abwägung, ob ein beitragsfinanziertes Angebot zulässig sein kann, Umfang und Qualität vorhandener Angebote mit einzubeziehen sind. Hier erlange der Begriff des Marktversagens besondere Bedeutung, da – aufgrund der Vielzahl der Onlineangebote in allen Qualitätsstufen – nur in bestimmten Segmenten überhaupt ein Bedarf für Telemedien der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten gesehen werden könnte145. Wie bereits dargestellt, ist die Wettbewerbssituation aus ökonomischen, publizistischen und rechtlichen Gründen im Internet von der des klassischen Rundfunks grundverschieden. Daher muss kritisch beleuchtet werden, ob sich das – als Legitimation des klassischen Rundfunks seitens des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ins Feld geführte – System des Marktversagens überhaupt in die Welt des Internets übertragen lässt. Dies wurde teilweise mit der Begründung abgelehnt, die klassischen Marktversagungstatbestände könnten im Internet keine Anwendung finden146. Würde ein funktionsfähiger Wettbewerb in bestimmten journalistischen Bereichen des Internet bestehen, käme es niemals zu einem Marktversagen und ein öffentlich-rechtliches Angebot könnte dann auch nicht mit einem zu erwarteten Qualitätsgewinn gerechtfertigt werden147. Hier ist wiederum darauf abzustellen, ob gewisse Qualitätskriterien von den nicht privat finanzierten Telemedien erfüllt werden. Sollte dies der Fall sein, müsste abgewogen werden, ob nicht gleichwertige Angebote privat finanzierter oder ideell tätiger Akteure vorliegen und damit überhaupt ein „qualitativer kommunikativer Mehrwert“ entstehen kann148. Grundsätzlich hat sich der Begriff des qualitativ kommunikativen „Mehrwerts“ etabliert, der mit dem Beitrag zum publizistischen Wettbewerb und der meinungsbildenden Funktion verbunden wird. Der publizistische Wettbewerb unter Abwägung der ökonomischen Folgen soll – vor dem Hintergrund des ökonomisch geprägten Wettbewerbsgedankens der Europäischen Kommission – sicherstellen, ob das Angebot einen gewissen Mehrwert zu den bereits bestehenden bieten kann149. Ist es im Vergleich zu den vorhandenen (frei zugänglichen) Angeboten qualitativ hochwertig und trägt es zur freien, öffentlichen und individuellen Meinungsbildung bei, so könnte von einem Mehrwert auszugehen sein. Im Gegensatz dazu wäre ein rechtlicher Rundfunkanstalten scharf kritisiert, vgl. die Stellungnahme des ZDF zu dem VPRTGutachten vom 27. 08. 2009. 145 Gersdorf, in: Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, § 11 RStV, Rn. 12; vgl. auch den 13. Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ – Kultur, Medien, Öffentlichkeit, BT-Drs. 17/12542, 86; Gersdorf, politik und kultur, September/ Oktober 2008, S. 16; ders., Legitimation und Limitierung, S. 95 ff. 146 Dewenter/Haucap, Ökonomische Auswirkungen von öffentlich-rechtlichen OnlineAngeboten, S. 156. 147 Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 98 ff. 148 Ebd., S. 101. 149 Sie führt den Begriff des Mehrwerts ein, vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 362.

B. Festlegung des Verfahrensablaufs durch den deutschen Gesetzgeber

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Angebot nicht mit einem Mehrwert zu rechtfertigen, wenn es in einen Markt tritt, in dem bereits zahlreiche qualitativ vergleichbare Angebote vorhanden sind150. In diesem Fall könnte das neue öffentlich-rechtliche Angebot einen funktionierenden Markt schädigen und andere Anbieter sogar verdrängen151. Dabei ist der Marktaustritt Privater wohl als extremste Form der Wettbewerbsverzerrung zu werten – das Testverfahren reduziert mögliche Einschränkungen der öffentlich-rechtlichen Angebote jedoch nicht auf diesen Extremfall, sondern erfordert eine nuancierte Abwägung aller möglichen Folgen für den Wettbewerb152. Auch können Schäden für den publizistischen Nutzen anderer Angebote (nicht nur des nichtkommerziellen Sektors) eintreten, die nicht über ökonomische Auswirkungen zum Ausdruck kommen. So könnte der hinzu gewonnene Nutzen eines öffentlich-rechtlichen Angebotes den publizistischen Nutzen eines anderen einschränken, ohne dass dafür negative Marktauswirkungen ermittelt werden konnten153. Bei dieser Bewertung sind daher die bereits beschriebenen unterschiedlichen Qualitätskriterien unerlässlich, die eine Entscheidung steuern können. Allein ein qualitativer Beitrag zum publizistischen Wettbewerb begründet noch keine per se Genehmigung für die Verbreitung des Angebots154. Die zu prüfenden Telemedien müssen daher nach mehrfach vertretener Auffassung in der Literatur einen gewissen „Mehrwert“ gegenüber existierenden privatfinanzierten Angeboten aufweisen, um im Drei-Stufen-Test Bestand haben zu können155. Bei einem „kommunikativen Patt“ dürften demnach Telemedien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht zulässig sein, da eine besondere Rechtfertigung der Angebote vorliegen müsste, die sich bereits zwingend aus dem staatlichen Neutralitätsgebot ergebe156. Der Staat greife insofern in den publizistischen und ökonomischen Wettbewerb mit privaten Medienanbietern ein, ohne hierfür eine Rechtfertigung zu haben, wenn es sich nicht um eine aus dem klassischen Rundfunk bekannte Situation von Vielfaltsdefiziten handele, die im Telemedienbereich weitgehend ausgeschlossen wird157. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten wiederum widersprechen diesem Verständnis des Begriffs „Mehrwert“. Ihre Angebote müssten nicht exklusiv oder einzigartig sein, sondern lediglich einen Beitrag zum publizistischen Wettbewerb 150 Vgl. hierzu die Ausführungen von Jahn, Drei-Stufen-Test und plurale Rundfunkaufsicht, S. 104 f. 151 Jahn, Drei-Stufen-Test und plurale Rundfunkaufsicht, S. 104. 152 Ungerer, epd medien Nr. 48/2009, S. 15 ff. (17). 153 Vgl. Kops/Sokoll/Bensinger, Rahmenbedingungen, S. 154 f. 154 Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 101. 155 Ebd., S. 101; Meyer-Lucht, Beitrag auf carta.info vom 19. 07. 2010; Schmid/Gerlach, Funkkorrespondenz 4/2011, S. 3 ff. (6 f.); Peters, K&R 2009, S. 26 ff. (29, 31). 156 Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 101. 157 Mit der Übertragung der Argumentation zum Marktversagen im Internet wäre auch eine öffentlich-rechtliche Zeitung oder Zeitschrift zu rechtfertigen, so Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 102.

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Kap. 5: Drei-Stufen-Test für Telemedien des öffentlich-rechtlich Rundfunks

leisten, der in der Vielfalt der unterschiedlichen Meinungen und der Qualität und Relevanz der Angebote zum Ausdruck komme158. Nach diesem Wettbewerbsverständnis wirkt sich jedes neue qualitativ hochwertige Angebot positiv auf den publizistischen Wettbewerb aus und bietet damit einen Mehrwert. Eine solche Argumentation ist sehr weitgehend – jedes Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, das gewissen Qualitätsmaßstäben gerecht wird, müsste damit zwingend zulässig sein. Bei der vorgenannten Argumentation wird oftmals auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hingewiesen159. Dieses hatte sich mit den Grundsätzen des dualen (Rundfunk)-Systems befasst und festgestellt, dass es gerechtfertigt sein könne, wenn der Gesetzgeber auch den Konkurrenzschutz berücksichtige; im Rahmen seiner Ausgestaltungsbefugnis dürfe er jedoch nicht den Weg einer Einschränkung des publizistischen Wettbewerbs wählen160. Die Aussagen des Bundesverfassungsgerichts zum dualen Rundfunksystem werden nunmehr für den Wettbewerb im Internet herangezogen. Unzulässig wäre ein öffentlich-rechtliches Angebot demnach nur, wenn es auf die „Ausschaltung publizistischer Konkurrenz“ gerichtet sei161. Zu Beginn der Drei-Stufen-Tests wurde vor diesem Hintergrund teilweise vertreten, die Folgen eines öffentlich-rechtlichen Angebots seien für den ökonomischen Wettbewerb nicht unmittelbar relevant, da die Aufnahme eines neuen Dienstes nicht davon abhängen könne, ob der Markt bereits Angebote in diesem Bereich zur Verfügung stelle162. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk könne nicht darauf reduziert werden, Lücken kommerzieller Aktivitäten zu schließen163. Die Rundfunkgremien hatten sich somit intensiv mit dem publizistischen Beitrag zu befassen und hier auch den „Mehrwert“ der öffentlich-rechtlichen Angebote herauszuarbeiten164. c) Marktliche Auswirkungen Die Tatsache, dass der Gesetzgeber die marktlichen Gutachten zu einem obligatorischen Bestandteil des Verfahrens erklärte, drückt die Bedeutung aus, die er den 158 Dies äußerte der ehemalige ZDF-Intendant Markus Schächter empört zu den Forderungen privater Anbieter nach einem Mehrwert von Telemedien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gegenüber Konkurrenzangeboten. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wäre kein „Lückenfüller des Marktes“, vgl. die Pressemitteilung anlässlich der Sitzung des ZDFFernsehrats vom 11. 12. 2009. 159 Vespermann, Der Drei-Stufen-Test, S. 16 f. 160 Ebd., S. 16 f. mit Hinweis auf BVerfGE 74, 297 (332, 336). 161 Vgl. Held, Online-Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, S. 244; Vespermann, Der Drei-Stufen-Test, S. 16 f. 162 Schultz, Der Programmauftrag als Prozess seiner Begründung, S. 31. 163 Ebd., S. 31; so auch Schächter – vgl. die Pressemitteilung anlässlich der Sitzung des ZDF-Fernsehrats vom 11. 12. 2009. 164 Zum konkreten Vorgehen der Gremien hierzu in den Bestandstestverfahren vgl. Kapitel 6 D. II.

B. Festlegung des Verfahrensablaufs durch den deutschen Gesetzgeber

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potenziellen wirtschaftlichen Auswirkungen von Telemedienangeboten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf andere Marktteilnehmer beimisst. Die Stellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird damit aus einer bislang ungekannten ökonomischen Perspektive relevant165, aus der öffentlich-rechtliche Sender als „markwirtschaftliche Fremdkörper“ gesehen werden können, deren Expansionsinteressen im Zaum gehalten werden müssten166. Es ist mithin erstmalig der Fall, dass im Rahmen des Versorgungsauftrags neben dem gesellschaftlichen Nutzen auch die Wirtschaftsverträglichkeit des Angebots mit berücksichtigt werden muss167. Hierin spiegeln sich die seitens privater Wettbewerber bei der Kommission vorgebrachten Besorgnisse hinsichtlich einer Wettbewerbsverzerrung durch öffentlichrechtliche digitale Angebote wieder168. Um die komplexe Beurteilung der marktlichen Auswirkungen zu professionalisieren, sieht der Rundfunkstaatsvertrag gemäß § 11 f Abs. 5 S. 4 Hs. 2 RStV die zwingende Einholung externer ökonomischer Gutachten vor169. Das obligatorische Einholen der Expertisen zur ökonomischen Betrachtung der Marktgegebenheiten und Auswirkungen war nicht Teil der Verpflichtungen Deutschlands gegenüber der Kommission, sondern wurde eigenständig von den Ländern in den Staatsvertrag integriert. Das stieß auf erhebliche Kritik seitens der Rundfunkanstalten, die damit die Autorität und Befähigung der Gremien in Frage gestellt sahen. So wurde die verpflichtende Hinzuziehung von Gutachtern für die Marktanalyse der zweiten Stufe als „überflüssige Bevormundung der Gremien“ kritisiert, da auch darauf verzichtet worden wäre, ein externes Beratergremium zu etablieren, mit dem ohnehin ein „strukturfremdes Element“ geschaffen würde, das sich mit der Binnenkontrolle der Anstalten nicht vertrage170. Die Einholung solcher Expertisen erfordert in erster Linie eine Auswahl geeigneter unabhängiger Gutachter, deren Beauftragung und schließlich die Beurteilung der gelieferten Ergebnisse. Als Auftraggeber kann der Rundfunk- bzw. Fernsehrat die Form der Gutachten-Erstellung bestimmen. Die Rundfunkanstalten haben hierzu Regelungen erlassen, die unter anderem zeitliche Vorgaben zur Ablieferung der Expertisen und die Bekanntgabe des Gutachters festlegen171 – der Rundfunkstaatsvertrag gibt hier nur rudimentäre Vorgaben zur Bestimmung und Vorgehensweise in § 11 f Abs. 5 RStV172. 165

Gersdorf, politik und kultur, September/Oktober 2008, S. 16. Gounalakis/Wege, NJW 2008, S. 800 ff. (802). 167 Ebd., S. 802; vgl. auch Gersdorf, politik und kultur, September/Oktober 2008, S. 16. 168 Woldt, Media Perspektiven 2011, S. 66 ff. (66 f.). 169 Augter/Pfab sehen den Grund der Festschreibung darin, die Arbeit der Gremien zu erleichtern, ARD Jahrbuch 2009, S. 21 ff. (24). 170 Eberle, Der Funktionsauftrag im Digitalzeitalter, S. 101. 171 Vgl. die Regelungen zum Genehmigungsverfahren z. B. der ARD unter II. 2 Ziff. 5. Der Gutachter hat zur für die Erstellung der Ausarbeitung zwei Monate Zeit ab Beauftragung. 172 Zu den Festlegungen und zum Vorgehen hierzu in den Bestandstestverfahren vgl. Kapitel 6 D. I. 166

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Kap. 5: Drei-Stufen-Test für Telemedien des öffentlich-rechtlich Rundfunks

d) Balancing Nach der Analyse des Marktes unter Einholung ökonomischer Expertise und der Ermittlung des qualitativen Beitrags für den publizistischen Wettbewerb ist schließlich die eigentliche Abwägung zwischen der hinzukommenden Steigerung der publizistischen Vielfalt einerseits und den möglichen negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb und damit dem Markt andererseits zu treffen173. Dieses so genannte Balancing wird als zentrale Begründungsleistung öffentlich-rechtlicher Anstalten gesehen, um den besonderen „Public Value“ der in Rede stehenden Angebote nachvollziehbar zu machen174. Es müsse für jedes Konzept darauf ankommen, strukturell die Vorzüge zu demonstrieren und sich dabei an den verfassungsrechtlich bedeutsamen Funktionen des Rundfunks zu orientieren175. Mit Hilfe der Darstellung des publizistischen Wettbewerbs, welche die Rundfunkanstalten zunächst in ihren Telemedienkonzepten selber vorgenommen haben, sowie dem externen medienökonomischen Gutachten mit Zugrundelegung der Wettbewerbssituation und Schlussfolgerungen zu den marktlichen Auswirkungen, müssen die Räte die Vorund Nachteile des in Rede stehenden Angebots gegeneinander abwägen, um zu einer fairen Entscheidung zu kommen176. Die Abwägungsentscheidung soll „das Primat der markwirtschaftlichen Ordnung als Regelmodell“ sowie das „dem Staat obliegende Neutralitätsgebot einerseits und das ebenfalls kommunikationsrechtlich verankerte Pluralismusgebot andererseits“ berücksichtigen177. Sie sollte sich nach den für den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geltenden allgemeinen Kriterien orientieren. Demnach wäre die Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter, die Intensität der möglichen Rechtsgutbeeinträchtigung und die Wahrscheinlichkeit der Rechtsgutbeeinträchtigung miteinander abzuwägen178. e) Begrenzungsfunktion der Abwägungsentscheidung Die EU-Kommission hatte noch vor Beginn der Drei-Stufen-Tests deutlich gemacht, dass eine Abwägungsentscheidung innerhalb der zweiten Stufe, die eine Marktauswirkung sehr zugunsten des öffentlich-rechtlichen Antragsstellers auslege und auf die Interessen der publizistischen Wettbewerber wenig eingehe, nicht im

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Vgl. Schmid/Gerlach, Funkkorrespondenz 25/2009, S. 3 ff. (6). Schulz, Der Programmauftrag als Prozess seiner Begründung, S. 37. 175 Schulz, Der Programmauftrag als Prozess seiner Begründung, S. 39. 176 So Schmid/Gerlach, Funkkorrespondenz, 25/2009, S. 3 ff. (6). 177 Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 101. 178 Ebd., S. 101 mit Hinweis auf BVerfGE 100, 313 (376, 392 ff.); 109, 279 (353); 110, 33 (60); 115, 320 (347, 360 f.). 174

B. Festlegung des Verfahrensablaufs durch den deutschen Gesetzgeber

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Sinne der europäischen Wettbewerbsbetrachtung sein könne179. Die erforderliche Abwägung zwischen (negativen) Marktauswirkungen einerseits und deren möglicher Unbeachtlichkeit aufgrund verfassungsrechtlicher Erwägungen andererseits zeigt, wie komplex die Entscheidungsfindung auf der zweiten Stufe des Drei-StufenTests angelegt ist180. Trotz der Festlegungen für die erforderliche zweite Stufe mit der Bestimmung des qualitativen und des quantitativen Wettbewerbs ergibt sich jedoch keine zwingende Ausschließlichkeit von Angeboten im Rahmen der Entscheidung der Gremien auf der zweiten Prüfstufe. Die erforderliche Berücksichtigung von qualitativen und quantitativen Kriterien bei der Bestimmung des publizistischen und ökonomischen Wettbewerbs, das heißt deren bloße Miteinbeziehung, führt nicht dazu, dass ein Angebot per se ausgeschlossen werden müsste, wenn festgestellt wird, es führe zu negativen Implikationen auf dem (publizistischen und ökonomischen) Markt. Im Rahmen der Abwägung können solche Angebote mit negativem Einfluss auf private Wettbewerber gleichwohl zugelassen werden. Eine direkte materielle Begrenzungsfunktion zum Schutz nicht öffentlich-rechtlich finanzierter Wettbewerber oder der Beitragszahler ergibt sich damit aus § 11 f RStV nicht181. Dies ist im Hinblick auf möglicherweise betroffene Grundrechte privater Wettbewerber sowie der Beitragszahler problematisch, da ihre legitimen Interessen hier systemimmanent zurückstehen müssen. Eine materielle Ausschließlichkeit im Rahmen der Bestimmung des Beitrags von Telemedien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erscheint vor allem im Onlinebereich sinnvoll, in dem Wettbewerber mit geringen Zutrittshürden in den Markt drängen, auf dem beitragsfinanzierte Angebote ein Entwicklungshemmnis begründen können. Dies macht eine umfassende, ausgewogene und gut begründete Abwägungsentscheidung der Gremien umso wichtiger. 3. Wie hoch ist der erforderliche Finanzaufwand? (Stufe 3) Gemäß § 11 f Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 RStV sind Aussagen darüber zu treffen, welcher finanzielle Aufwand für das Angebot erforderlich ist. Durch diesen Prüfschritt soll Finanztransparenz hergestellt und allen Beteiligten verdeutlicht werden, mit welchen Kosten für das neue Angebot zu rechnen wäre182.

179 Vgl. die Ausführungen des seinerzeit stellvertretenden Generaldirektors der Generaldirektion Wettbewerb der EU-Kommission, Herbert Ungerer, zur europäischen Sicht des DreiStufen-Tests, epd medien Nr. 48/2009, S. 15 ff. (17 f). 180 Die erfolgte Ermittlung der Bedeutung des publizistischen Beitrags und die konkrete Behandlung der notwendigen Abwägungsentscheidung in den Bestandstestverfahren werden weiter unten näher beleuchtet, vgl. Kapitel 6 D. 181 Vgl. auch Gersdorf, in: Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, § 11 f RStV, Rn. 14. 182 Vgl. Schultz, der jedoch unterstreicht, dass es sich hierbei nicht um eine Prüfung von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit handele, da die Instrumente der Finanzkontrolle von dem

114

Kap. 5: Drei-Stufen-Test für Telemedien des öffentlich-rechtlich Rundfunks

Die Kommission hatte zum Aspekt der Aufwandsermittlung im Einstellungsbeschluss ausgeführt: „Die Kommission hält es für gerechtfertigt, das umfassendere Beauftragungsverfahren auf die neuen Dienste anzuwenden, bei denen wegen ihres Umfangs (auch hinsichtlich eines zusätzlichen Finanzbedarfs) Auswirkungen auf den Markt in Bereichen, die von den bestehenden Angeboten der öffentlichen Rundfunkanstalten noch nicht erfasst werden, wahrscheinlich sind. Die angekündigten Kriterien zur Bestimmung solcher neuen Dienste (einschließlich der finanziellen Auswirkungen und Dauer des Angebots sowie eines Vergleichs mit bereits bestehenden Angeboten), (…) sind angemessen, um diejenigen Dienste zu bestimmen, die von den öffentlichen Rundfunkanstalten gegenwärtig nicht als Teil ihres öffentlichen Auftrags angeboten werden (…)“183.

Die Kommission macht damit deutlich, dass Finanztransparenz ein wichtiger Teil des Beauftragungsverfahrens darstellt. Dabei kann die für den Rundfunkstaatsvertrag gewählte Formulierung der Aufwandermittlung unterschiedlich interpretiert werden. Ein Teil des Schrifttums geht davon aus, dass die Gremien auch bei diesem Prüfschritt in erster Linie eine Abwägung vornehmen müssten184. Sie sollten herausfinden, ob der veranschlagte Aufwand für den möglicherweise herausgearbeiteten publizistischen Mehrwert angemessen wäre. In dem Sinne würde es sich hierbei weniger um eine Wirtschaftlichkeitskontrolle als um eine Kosten-Nutzen-Abwägung der Gremien handeln. Andere sehen den Gremien durch die Formulierung im Rundfunkstaatsvertrag keinen Beurteilungsspielraum eröffnet185. Ein solcher fände im Wortlaut des Rundfunkstaatsvertrags keine Stütze186. Zwar spricht der Rundfunkstaatsvertrag von der Ermittlung der Kosten und nicht explizit von einer Abwägung, dennoch ist die Darlegung des Finanzbedarfs Aufgabe der Rundfunkanstalten, während die Gremien in erster Linie diesen Aufwand überprüfen und demnach auch ins Verhältnis zum herausgestellten Mehrwert zu setzen haben187. Die Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag unterstreicht an dieser Stelle die große Verantwortung der Räte bei der dritten Stufe des Testverfahrens. Darin heißt es, dass die Gremien „ganz wesentlich die Verantwortung für einen effektiven, auftragskonformen Mitteleinsatz tragen“188. Würden die Gremien bei der Ermittlung des finanziellen Aufwandes feststellen, dass das Angebot bei einem geringen Mehrwert hohe Kosten verursacht und könnten sie – aufgrund einer nicht zugestandenen Abwägungsentscheidung – auf dieser dritten Verfahren nicht betroffen seien, Der Programmauftrag als Prozess seiner Begründung, S. 33; Peters, Öffentlich-rechtliche Onlineangebote, Rn. 438. 183 Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 371. 184 Kops/Sokoll/Bensinger, Rahmenbedingungen, S. 75.; Dörr, ZUM 2009, S. 897 ff.; Peters, Öffentlich-rechtliche Online-Angebote, Rn. 438 f. 185 Jahn, Drei-Stufen-Test und plurale Rundfunkaufsicht, S. 106 f. 186 So Knothe, epd medien Nr. 60/2009, S. 5 ff. (6 f.); Wiedemann, epd medien Nr. 68/2009, S. 3 ff. (3, 7). 187 Kops/Sokoll/Bensinger, Rahmenbedingungen, S. 75; Dörr, ZUM 2009, S. 897 ff. 188 Amtliche Begründung zum 12. RÄStV, zu § 11 f Abs. 3 RStV.

B. Festlegung des Verfahrensablaufs durch den deutschen Gesetzgeber

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Stufe nicht den Nutzen des Angebots in Frage stellen, wäre ihnen Entscheidungskompetenz genommen. Damit wären ihre Rechte als verantwortliches Prüfgremium erheblich beschnitten. Dies steht im Widerspruch zu ihrer Aufgabe als maßgebliches Organ für die Verfahrensgestaltung und Entscheidung über die Zulässigkeit der in Rede stehenden Angebote. Eine Abwägungs- und Verhältnismäßigkeitsprüfung durch die Gremien innerhalb der dritten Stufe des Testverfahrens kann daher auch hier als unabdingbar angesehen werden.

III. Entscheidung und Bekanntmachung der Entscheidung Gemäß § 11 f Abs. 6 Satz 1 RStV entscheidet der Rundfunkrat über die Genehmigung des neuen oder veränderten Angebots mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder, mindestens aber der Mehrheit der gesetzlichen Mitglieder des jeweils zuständigen Gremiums. Die Entscheidung ist gemäß § 11 f Abs. 6 Satz 2 RStV zu begründen, wonach in dieser Genehmigungsbegründung auch die eingegangenen Stellungnahmen Dritter und die eingeholten Gutachten der Experten zu berücksichtigen sind (Satz 3). Die Begründung muss einen Abwägungsprozess erkennen lassen und darstellen, wie sich die Stellungnahmen und neuen Erkenntnisse auf das ursprünglich geplante Vorhaben auswirken189. Das Ergebnis der Prüfung ist schließlich gemäß § 11 f Abs. 6 Satz 4 RStV – im Sinne eines durchgehend transparenten Verfahrens – bekannt zu machen190. Um umfassende Stellungnahmen mit dem notwendigen wirtschaftlichen Zahlenmaterial nicht von vornherein auszuschließen, sind dabei die Geschäftsgeheimnisse Dritter sowie der Rundfunkanstalten zu wahren, die dem Gutachter oder den Gremienmitgliedern im Laufe des Verfahrens bekannt geworden sind191. Da der Rundfunkstaatsvertrag von der Bekanntmachung durch die „Rundfunkanstalt“ spricht, wurde unterschiedlich bewertet, ob das zuständige Gremium die Ergebnisse veröffentlichen müsse192 oder die Geschäftsführung als Vertreter der Anstalt selbst193 – dies scheint in der rechtlichen Konsequenz jedoch unbeachtlich zu sein.

189

Amtliche Begründung zum 12. RÄStV, zu § 11 f Abs. 6 RStV. Amtliche Begründung zum 12. RÄStV, zu § 11 f Abs. 6 RStV. 191 Ebd. 192 So Peters, der von einem Redaktionsversehen ausgeht, Öffentlich-rechtlich OnlineAngebote, Rn. 478. 193 Vgl. Jahn, der anführt, die Rundfunkanstalten hätten das Vorhaben zuerst veröffentlicht und könnten somit das Verfahren mit der Genehmigungsbekanntgabe abschließen, Drei-StufenTest und plurale Rundfunkaufsicht, S. 109; so auch Kops/Sokoll/Bensinger, Rahmenbedingungen, S. 167. 190

116

Kap. 5: Drei-Stufen-Test für Telemedien des öffentlich-rechtlich Rundfunks

IV. Rechtsaufsichtliche Genehmigung und Veröffentlichung Vor der Veröffentlichung der Genehmigungsentscheidung hat die für die Rechtsaufsicht zuständige Behörde – die Rundfunk- und Senatskanzleien innerhalb der Landesregierungen – noch eine Prüfung vorzunehmen. Dies ergibt sich aus § 11 f Abs. 7 Satz 2 RStV. Gemäß § 11 f Abs. 7 Satz 1 RStV hat dafür das zuständige Gremium der Rechtsaufsicht alle für die Prüfung notwendigen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen zu übermitteln. Der Staatsvertrag legt den Umfang der Prüfung nicht näher fest, was wiederum zu unterschiedlichen Interpretationen hinsichtlich der Prüfkompetenz der Rechtsaufsicht geführt hatte. Während ein Teil der Literatur darauf hinweist, die Rechtsaufsicht bewege sich innerhalb eines eingeschränkten Prüfrahmens, wodurch es zu keinem klassischen Genehmigungsverfahren kommen könne194, halten andere die Kompetenz der rechtsaufsichtlichen Behörde für weitgehender195. Vor allem Vertreter der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten wehrten sich gegen die von Wettbewerbern vorgetragene Einschätzung, die Rechtsaufsichtsbehörde müsse eine inhaltliche Prüfung anstellen. Nur die Einhaltung der im Rundfunkstaatsvertrag vorgegebenen formalen Kriterien des Entscheidungsgangs seien in diesem Rahmen zu beurteilen196. Schließlich werden die (aufgrund der Genehmigungen möglicherweise veränderten) Telemedienkonzepte noch gemäß § 11 f Abs. 7 Satz 2 RStV in den amtlichen Verkündungsblättern der jeweiligen Länder veröffentlicht.

V. Rechtsschutzmöglichkeit Dritter Die Frage nach der Kompetenz der Behörde spielt auch eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung der Rechtsschutzmöglichkeiten Dritter gegen die Genehmigungsentscheidungen. Ein verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz Dritter könnte in Betracht gezogen werden, falls in der rechtsaufsichtlichen Entscheidung zum Abschluss des Verfahrens ein Verwaltungsakt gesehen wird, welcher mit einem entsprechenden verwaltungsrechtlichen Rechtsakt angegriffen werden könnte. Für eine verwaltungsgerichtliche Überprüfbarkeit müssten alle Merkmale eines Verwaltungsaktes erfüllt sein, was vereinzelte Literaturstimmen bejahen197. Es handele sich um eine behördliche Maßnahme (hier der Rechtsaufsicht) auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts (den RStV betreffend), welche sich auf ein konkretes Telemedienangebot beziehe und auch Regelungscharakter habe, da in der Genehmigung der Rechtsaufsicht ein Betrauungsakt liege. Diese Annahme wurde in der 194 195 196 197

Knothe, epd medien Nr. 60/2009, S. 5 ff. (7). Dörr, ZUM 2009, S. 903 ff.; ders., promedia 8/2009, S. 18 ff. (19). Vgl. Wimmer, JZ 2010, S. 439. Dörr, ZUM 2009, S. 897; Huber, ZUM 2010, S. 202.

B. Festlegung des Verfahrensablaufs durch den deutschen Gesetzgeber

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Literatur jedoch überwiegend zurückgewiesen – zum einen wurde eine Außenwirkung der Entscheidung verneint198 ; zum anderen fehle es an einem subjektiven Recht Dritter, da die Heranziehung der Wettbewerbsfreiheit als verletztes Rechtsgut nicht in Betracht käme199. Abschließend wurde die Frage der Zulässigkeit einer solchen verwaltungsrechtlichen Klagemöglichkeit bei den bislang durchgeführten Drei-Stufen-Testverfahren nicht geklärt, da Dritte von Rechtsschutzmöglichkeiten des Verwaltungsrechts – vor allem aufgrund der unsicheren Rechtslage – bislang abgesehen hatten. Ein gerichtliches Vorgehen gegen ein Telemedienangebot, das Gegenstand der Prüfverfahren war, wurde seitens der Zeitungsverleger im Nachgang dennoch angestrengt. Es handelt sich hier jedoch nicht um ein verwaltungsrechtliches Vorgehen, sondern um eine Wettbewerbsklage gegen presseähnliche Inhalte der TagesschauApp vor dem Landgericht Köln200.

198 199 200

Huber, ZUM 2010, S. 202. Knothe, epd medien Nr. 60/2009, S. 5 ff. (9). Vgl. Kapitel 6 A. III. 2. g).

Kapitel 6

Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle A. Ergebnisse der Bestandstestverfahren der ARD-Sender und des ZDF Die im Spätsommer 2010 abgeschlossenen Drei-Stufen-Testverfahren für den Onlinebestand der jeweils für die einzelnen Telemedienangebote federführenden Gremien der ARD-Landessender und des ZDF-Fernsehrats kamen zu dem Ergebnis, dass für alle geprüften Angebote im Wesentlichen eine rechtliche Zulässigkeit festgestellt wurde1. Der NDR-Rundfunkrat hatte zunächst die durch ihn zu prüfenden Angebote ohne jegliche Einschränkung genehmigt. Erst aufgrund eines inoffiziellen Hinweises der Rechtsaufsicht mussten die Telemedienkonzepte im Hinblick auf die Ausführungen zur Verweildauer angepasst werden2. Weitere Änderungen der Telemedienkonzepte für die Angebote NDR Online und NDR Text sowie NJOY XTRA wurden nicht angeregt und somit wurde der komplette Bestand als zulässig erachtet. Auch beim Angebot von Tagesschau.de wurden keine Einschränkungen für erforderlich gehalten3. Von den Gremien anderer Landessender wurden einige Korrekturen der Angebote gefordert, die zu einer – wenn auch meist marginalen – Abänderung einzelner Telemedienkonzepte geführt haben: So forderte der Rundfunkrat des SWR beispielsweise, die Verweildauer von Serien ohne feststehendes Ende auf drei Monate nach Ausstrahlung der jeweiligen Folge zu begrenzen, was von der Rundfunkanstalt auch entsprechend angepasst wurde4. Auch 1 Nicht berücksichtigt wurde in der nachfolgenden Analyse die Behandlung der Angebote des Deutschlandradios im Drei-Stufen-Test. 2 Vgl. Tischvorlage des NDR-Intendanten zur 382. Sitzung des NDR-Rundfunkrats vom 25. 06. 2010. 3 Auf Empfehlung der Ausschüsse des NDR Rundfunkrats hatte der Intendant das Telemedienkonzept dahingehend geändert, dass solche Ausgaben der Sendung „Brennpunkt“ dauerhaft in das Archiv einzustellen seien, die gesellschaftlich bedeutsame Ereignisse dokumentierten und von besonderer geschichtlicher Relevanz seien, vgl. den Beschluss des NDRRundfunkrats zu tagesschau.de, S. 46. 4 Vgl. die Pressemitteilung des SWR-Rundfunkrats vom 02. 07. 2010.

A. Ergebnisse der Bestandstestverfahren der ARD-Sender und des ZDF

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wurden der Auftritt auf Drittplattformen sowie Maßnahmen zur Barrierefreiheit, zur Förderung der Medienkompetenz und zur Qualitätssicherung in den Telemedienkonzepten konkretisiert. Das Gremium hatte auch um eine Ergänzung der Telemedienkonzepte gebeten, welche die journalistisch-redaktionelle Begleitung von interaktiven Elementen und der Ausweisung des Sendungsbezugs bei Spielen betraf5. Der HR-Rundfunkrat beanstandete bei der Prüfung des Portals von „hr-online“ die Möglichkeit des Versendens persönlicher Mitteilungen zwischen den Mitgliedern der „myYOU-FM-Community“ des Radiosenders YOU-FM, da dies eine unzulässige Telekommunikationsdienstleistung darstelle, die nach der Negativliste des Rundfunkstaatsvertrags verboten sei6. Beim Portal boerse.ARD.de wurden im entsprechenden Drei-Stufen-Test des HR-Rundfunkrats einige weitere Widersprüche zu den Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags festgestellt. Unternehmensprofile, die von der Redaktion ohne nähere Prüfung von Agenturen übernommen würden, seien aufgrund einer mangelnden journalistisch-redaktionellen Gestaltung nicht zulässig und damit aus dem Portal zu entfernen – gleiches gelte für den Renditerechner7. Der ZDF-Fernsehrat verlangte detailliertere Beschreibungen zur Qualität der Angebote und des finanziellen Aufwands sowie konkretisierende Angaben zu Subdomains, Programmführern und Digitalkanälen. Auch das Verweildauerkonzept musste in einigen Punkten angepasst werden, da auch die Interessen der Produzenten Berücksichtigung finden sollten, was beispielsweise eine Begrenzung der Verweildauer für Serien und Reihen ohne feststehendes Ende erforderlich machte. Diese Änderungen des gesamten Onlineangebots von ZDF.de wurden vom Fernsehrat „als wesentliche Teile des Telemedienkonzepts“ eingestuft8. Auch der BR-Rundfunkrat forderte eine (differenzierte) Änderung des Verweildauerkonzeptes des Angebots BR-online, welche vor allem Inhalte der fiktionalen Unterhaltung betrafen9. Dem WDR-Rundfunkrat ging es bei den von ihm eingebrachten Änderungen ebenfalls vor allem um die Änderungen an der Verweildauer – serielle Angebote und Mehrteiler, wieder eingestellte Beiträge in der Mediathek und Programminformationen mussten zeitlich eindeutiger begrenzt werden10. Er regte zudem „Präzisierungen bei interaktiven Angeboten und eine größtmögliche Kostentransparenz“ an11. Des Weiteren wurden „einige Klarstellungen“ zu Bildergalerien und Bilder-Uploads, Newslettern, der „Lehrstellenaktion“, dem 1Live-Freundeskreis, Musik-Downloads, 5

Pressemitteilung des SWR-Rundfunkrats vom 02. 07. 2010. Beschluss des HR-Rundfunkrats zu hr-online, S. 18; Lewke, K&R 2010, S. 785. 7 Lewke, K&R 2010, S. 784; vgl. auch die Pressemitteilung des HR-Rundfunkrats vom 02. 07. 2010. 8 Pressemitteilung des ZDF-Fernsehrats vom 25. 06. 2010. 9 Pressemitteilung des BR-Rundfunkrats vom 21. 06. 2010. 10 Vgl. den Beschluss des WDR-Rundfunkrats zu wdr.de, S. 4. 11 Dies umfasste eine Aufschlüsselung der Kosten nach der KEF-Methodik, vgl. den Beschluss des WDR-Rundfunkrats zu wdr.de, S. 4. 6

120

Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

der lokalen Berichterstattung, Spielen und lokalen Veranstaltungskalendern im Telemedienkonzept als erforderlich erachtet12. Der MDR-Rundfunkrat forderte ebenfalls einige Klarstellungen am Telemedienkonzept für MDR-Online. Auch hier ging es um die Verweildauer für Serien ohne feststehendes Ende, von Mehrteilern und Reihen. Zudem verlangte er die Darstellung der Grundprinzipien der redaktionellen Kontrolle interaktiver bzw. nutzergenerierter Inhalte, Erläuterungen zur Nichtpresseähnlichkeit des Angebots und die Angabe des finanziellen Aufwands für alle Einzeljahre 2009 – 2012 sowie eine Darstellung von Maßnahmen zur Förderung von Medienkompetenz13. Der rbb-Rundfunkrat verlangte ebenso eine Verkürzung der Verweildauerfestlegung – insbesondere im fiktionalen Bereich – innerhalb des Telemedienkonzepts. Er bat zudem um Ergänzungen zur Barrierefreiheit und Medienkompetenz in der Angebotsbeschreibung. Die Genehmigung des rbb-Rundfunkrats umfasste sodann das gesamte geänderte Telemedienangebot von rbb-online mit der Maßgabe, dass ein Nachrichtenangebot auf fritz.de wie angekündigt umzusetzen sei, der konkrete Sendungsbezug, soweit erforderlich, deutlich herausgestellt werden müsse und der Schwerpunkt des Angebots auch künftig nicht ausschließlich in der textlichen Gestaltung liegen dürfe14. Der SR-Rundfunkrat wünschte die innerhalb der ARD-Sender einheitliche Klarstellung der Verweildauerfristen für fiktionale Inhalte im Telemedienkonzept für sr-online, ohne weitere Einschränkungen des Angebots für erforderlich zu erachten bzw. weitergehend zu erörtern, ob es sich hierbei um die Forderung nach einer Verkürzung der Vorhaltefristen handelte15. Der Rundfunkrat von Radio Bremen bestand auf keiner Veränderung des Angebotsumfangs außer einer Verkürzung der Verweildauerfristen für fiktionale Formate bei Sendungen auf Abruf. Er bat ebenfalls um nähere Ausführungen zur Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen an der Informationsgesellschaft und Maßnahmen zur Förderung technischer und inhaltlicher Medienkompetenz in der Angebotsbeschreibung, bevor er dem Telemedienkonzept zustimmte16. Letztlich haben alle Rundfunkräte und der ZDF-Fernsehrat damit einige eher geringfügig ausfallende Änderungen an den Telemedienkonzepten eingefordert, die nach deren Ergänzung von ihren Beschlüssen umfasst waren.

12

Beschluss des WDR-Rundfunkrats zu wdr.de, S. 4. Beschluss des MDR-Rundfunkrats zu MDR-Online, S. 4. 14 Beschluss des rbb-Rundfunkrats zu rbbonline, S. 7. 15 Beschluss des SR-Rundfunkrats zu SR-online.de, S. 2, 5. 16 Auch sollte noch klargestellt werden, dass eine nichtsendungsbezogene Angebotsüberführung des gesamten Angebots erfolgen soll mit Ausnahme der Elemente, bei denen ein Sendungsbezug erforderlich sei, vgl. den Beschluss des Rundfunkrats von Radio Bremen zum Telemedienkonzept Radio Bremen, S. 11. 13

B. Materielle Auftragskontrolle

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Vornehmlich lagen hier Klarstellungen zu einer Beschränkung der Verweildauer von Serien und fiktionalen Reihen bzw. eine Verkürzung der vorgesehen Fristen vor, die von den Sendern in den Telemedienkonzepten nach Auffassung der Räte zu allgemein formuliert waren und die damit in vielen Fällen einen Verstoß gegen § 11 d Abs. 2 Nr. 1 und 2 RStV bedeutet hätten. Lediglich der NDR-Rundfunkrat hielt überhaupt keine Anpassungen der Telemedienkonzepte für notwendig und musste erst nach inoffiziellem Hinweis der Rechtsaufsicht eine Änderung der Verweildauerfristen anordnen. Die geringen Änderungserfordernisse der Bestandsangebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mögen mit Blick auf den Umfang der Telemedien der Anstalten im Jahr 2010 verwundern. Wie die Gremien zu ihren Schlussfolgerungen gelangten und ob die Bestandstestüberprüfung zwangsläufig zu den oben zitierten lediglich marginalen Änderungsanforderungen der Angebote durch die Räte führen musste, wird im Folgenden näher untersucht.

B. Materielle Auftragskontrolle Die Gremien hatten – um zu den obenstehenden Ergebnissen zu kommen – eine materielle Auftragskontrolle vorzunehmen, das heißt, die inhaltlichen Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags mit dem vorgehaltenen Angebot der Sender abzugleichen. Ihre Aufgabe war es, Angebote, die nicht dem (neuen) öffentlich-rechtlichen Auftrag unterfallen und damit unzulässig sind, bei ihrer Genehmigung herauszufiltern bzw. von ihrer Genehmigung auszuschließen. Damit war eine Anwendung der gesetzlichen Regelungen auf den gesamten bislang vorgehaltenen Bestand an Telemedienangeboten verbunden.

I. Erfordernis der präzisen Auftragsbestimmung nach EU-Recht Wie bereits ausgeführt, fällt die Definition des öffentlich-rechtlichen Auftrags und damit auch die Festlegung, welche Angebote nicht zulässig sein sollen, unter die Kompetenz der Mitgliedstaaten. Diesen wird entsprechend des Amsterdamer Protokolls ein groß bemessener Spielraum bei der Festlegung und Ausgestaltung des Programmauftrags zuerkannt17. Da es sich bei der deutschen Rundfunkfinanzierung um eine staatliche Beihilfe handelt, prüft die Kommission dennoch, ob die getroffenen Regelungen die Bedingungen der Ausnahme des Art. 106 Abs. 2 AEUV (exArt. 86 Abs. 2 EG) erfüllen, nach denen staatliche Beihilfen gewährt werden dürfen. Voraussetzung für die Ausnahmegewährung eines durch staatliche Beihilfen finanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist, dass der Mitgliedstaat den öffent17 Badura, AöR 2009, S. 240 ff. (254); Thum, Einfachgesetzliche Präzisierung des verfassungsrechtlichen Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, S. 141.

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

lichen Auftrag – wie auch immer er ausgestaltet sein mag – so genau wie möglich festlegt, sodass daraus unmissverständlich hervorgeht, ob er eine bestimmte Tätigkeit des betrauten öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den Auftrag mit aufnehmen will oder nicht18. Ansonsten kann die Kommission ihre Aufgaben nach Art. 106 Abs. 2 AEUV (ex-Art. 86 Abs. 2 EG) nicht erfüllen und keine Freistellung auf der Basis dieser Ausnahme vom Beihilfentatbestand gewähren19. Die Kommission hat das Erfordernis der präzise gefassten Auftragsdefinition in ihrem Schreiben an die Bundesregierung deutlich gemacht. Sie gibt darin an, dass die einzuführenden (und mit dem Drei-Stufen-Test auch festgeschriebenen) Kontrollmechanismen nur dann effektiv sein können, wenn der Funktionsauftrag hinreichend klar und genau bestimmt ist20.

II. Mögliche Kollision mit dem Verfassungsrecht Diese geforderte, hinreichend präzise Auftragsbestimmung wird jedoch dahingehend kritisiert, dass sie im Widerspruch zur Rundfunkfreiheit und der damit zusammenhängenden Programmautonomie der Rundfunkanstalten stehe, wonach es dem Staat untersagt sei, unmittelbaren oder mittelbaren Einfluss auf die Programmgestaltung im Einzelnen zu nehmen21. Zwar habe der Gesetzgeber – unter Einbeziehung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts – eine positive Rundfunkordnung zu schaffen22. Jedoch stelle die Untersagung des staatlichen Einflusses auf die Programmgestaltung ein unüberwindbares verfassungsrechtliches Hindernis für eine gesetzlich präzise Auftragsdefinition dar23. Es bestehe die Gefahr eines bloßen Gesetzesvollzugs der Rundfunkanstalten, wenn diese im Rahmen einer detaillierten Beauftragung nicht in der Lage wären, ihre Programme vielfältig und als Spiegel der kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen des Landes zu gestalten24. Hier wurde die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Programmzahlbegrenzungen ins Feld geführt, wonach zur Programmautonomie der

18 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk vom Juli 2009, Rn. 45; vgl. auch Repa, Public Value im öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus Sicht des EU-Wettbewerbsrechts, S. 37 ff. (42). 19 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk vom Juli 2009, Rn. 45; vgl. auch Repa, Public Value im Rundfunkrecht, S. 37 ff. (42). 20 Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 258. 21 BVerfGE 59, 231 (260); 87, 181 (201); 90, 60 (90 f.); vgl. Krausnick, ZUM 2007, S. 806 ff. (812); Wiedemann, ZUM 2007, S. 800 ff. (804 f.); vgl. Kapitel 2 B. V. 22 BVerfGE 57, 295 (320); 83, 238 (296); 90, 60 (88). 23 Zuletzt Gersdorf, promedia 12/2014, S. 10 ff. (11); ders., in: Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, § 11 RStV, Rn. 4. 24 So äußert sich Hesse, AfP 2005, S. 499 ff. (504 f.).

B. Materielle Auftragskontrolle

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Rundfunkanstalten auch die Entscheidung über die benötigte Zeit und damit auch die Anzahl der Programme zählt25. Die Einschätzung einer Kollision mit dem Verfassungsrecht unter Beschneidung der Programmautonomie durch die präzise Auftragsdefinition für neue Dienste kann jedoch nicht geteilt werden. Der Gesetzgeber kann mit seiner konkretisierend begrenzenden Auftragszuweisung seine Funktion gesetzgeberischer Grundrechtsausgestaltung wahrnehmen, ohne grundrechtsbeschränkend zu handeln26. Er stellt mit der geforderten präzisen Auftragsdefinition keine Handlungspflichten dergestalt auf, dass er die Ausgestaltung des Programms in seiner konkreten Form festlegen würde. Er bestimmt im Rahmen der Rundfunkgesetzgebung lediglich Leitlinien und eröffnet gegebenenfalls neue Betätigungsfelder in der Beauftragung bzw. untersagt gewisse Handlungsmöglichkeiten27 (zum Beispiel die Betätigung der Anstalten als Presseverleger). Er nimmt diesbezüglich den Gestaltungsspielraum wahr, den das Bundesverfassungsgericht ihm zur Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit einräumt28. Die zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Begrenzung der Programmzahl schließt Beschränkungen der Programmzahl und des Programmumfangs mitnichten aus, da sie beispielsweise auch feststellt, dass die Rundfunkanstalten in der Bestimmung des Programmauftrags nicht vollständig frei sein können29. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind keine „geborene Grundrechtsträger, die aus sich heraus in das gesamte durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Wirkungsfeld organisch hineinwachsen“ dürfen30. Sie sind vielmehr „gekorene Grundrechtsträger und sektorale Aufgabenträger, deren Funktionskreis (in erster Linie) durch den Gesetzgeber festgelegt und umgrenzt wird“31. Die Argumentation, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten selbst entscheiden 25

BVerfGE 119, 181 (219), vgl. Gersdorf, in: Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, § 11 c RStV, Rn. 2. 26 Vgl. Degenhart, AfP 2005, S. 493 ff. (498). 27 Vgl. Krone, Gebührenfinanzierter Rundfunk und Beihilfenrecht, S. 137 f.; andere Auffassung Jahn, Drei-Stufen-Test und plurale Rundfunkaufsicht, S. 75 f., der eine Konkretisierung des Auftrags im Sinne einer Festlegung auf das Angebot bestimmter Dienste als nicht vom Gesetzesvorbehalt umfasst sieht. Hiermit wären jedoch zahlreiche Einschränkungen für Telemedien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durch den Rundfunkstaatsvertrag als verfassungswidrig zu beurteilen. 28 Gersdorf, Konvergenz der Medien – Konvergenz des Rechts?, S. 31 ff. (32 f.); anders Eberle, Professionalisierung der Medienaufsicht, S. 174 ff. (180 f.), der die Grenzziehung durch den 12. RÄStVals zu weitgehend und nicht verfassungskonform ansieht und den Verzicht auf Angebotsformen allein in Form von Selbstverpflichtungserklärungen der Anstalten für geboten hält; zur Verfassungswidrigkeit einer Festlegung des Programmumfangs durch den Gesetzgeber vgl. Eifert, ZUM 1999, S. 595 ff. (600 f.). 29 BVerfGE 119, 181 (219). 30 Gersdorf, Rechtsgutachtliche Stellungnahme zum Urteil des LG Köln (Tagesschau-App) vom März 2013, S. 21. 31 Ebd., S. 21; Gersdorf, in: Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, § 11 d RStV, Rn. 41.

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

können müssen, was sie für veröffentlichungswürdig halten und was nicht32, trägt hier nicht, denn es werden durch den Gesetzgeber keine bestimmten Inhalte, sondern gewisse Verbreitungsformen sowie deren Rahmenbedingungen geregelt und somit nicht die öffentlich-rechtliche Befugnis der Veröffentlichungsentscheidung berührt. Zudem überlässt die Normierung des Onlineauftrags im deutschen Rundfunkrecht noch weitere Ausgestaltungsbefugnisse zur Durchführung des Auftrags und der Drei-Stufen-Tests, welche die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Satzungen und Richtlinien anstaltsintern festlegen sollen33. Auch dies trägt der Programmfreiheit Rechnung. Es ist unter diesen Gesichtspunkten in der Berücksichtigung der sowohl europarechtlichen als auch verfassungsrechtlichen Vorgaben zwar ein Spannungsverhältnis, jedoch kein unüberbrückbarer Widerspruch auszumachen34. Auch die Kommission unterstreicht, dass das Erfordernis einer klaren Auftragsdefinition und einer damit verbundenen formell ordnungsgemäßen Beauftragung nicht im Widerspruch mit den fundamentalen Prinzipien der staatlichen Unabhängigkeit öffentlichrechtlicher Rundfunkanstalten steht35. Der Ermessenspielraum36, den die Kommission den Mitgliedstaaten bei der Frage, ob sie gewisse Tätigkeiten in den Funktionsauftrag mit aufnehmen wollen, einräumen muss, gilt nicht bei der spezifischen Form der Beauftragung, wofür sie eine konkrete Definition und eine ordnungsgemäße Kontrolle einfordert. Hier lehnt die Kommission eine Auslegungsoption gesetzlicher Regelungen zur Auftragsdefinition ab, denn sie könnte zu Unklarheiten bei der Bestimmung des gesetzlichen Auftrags und der erforderlichen Kontrolle für dessen Einhaltung führen. Daraus folgt, dass sich sowohl der Auftrag als auch die Grenzen der legitimen Tätigkeit unmissverständlich aus den rechtlichen Festlegungen ergeben müssen, welche in Deutschland der Rundfunkstaatsvertrag darstellt37. Die Vorgaben veranschaulichen die Wechselwirkung zwischen Auftrag und Kontrolle – nur ein präzise festgelegter Auftrag lässt sich hinreichend genau kontrollieren.

32

S. 73.

So argumentiert beispielsweise Jahn, Drei-Stufen-Test und plurale Rundfunkaufsicht,

33 Vgl. § 11 e Abs. 1 RStV. Vor der präziseren Auftragsnormierung im 12. RÄStV war die weiter gehende Auftragskonkretisierung in Satzungen und Richtlinien in § 11 Abs. 4 RStV vorgesehen. 34 Peters, Öffentlich-rechtliche Onlineangebote, S. 31. 35 Vgl. die Ausführungen von Dias/Antoniadis, Competition Policy Newsletter, 2/2007, S. 68. 36 Kleist sieht diesen Ermessensspielraum grundsätzlich bei der Definition des Auftrags, ohne auf die Vorgaben der Kommission hierzu näher einzugehen, epd medien, Nr. 24/2012, S. 1 ff. (3). 37 Dazu auch Degenhart, Konvergenz der Medien – Konvergenz des Rechts, S. 81 ff. (91) mit Hinweis auf Bullinger, Die Aufgaben des öffentlichen Rundfunks, S. 31 ff.

B. Materielle Auftragskontrolle

125

Demnach ist festzustellen, dass das Verfassungsrecht eine „gewisse Vagheit in der Auftragsdefinition“38 zwar fördert, die Europäische Kommission aber unter Zuweisung der Auftragskonkretisierung an die Mitgliedstaaten nichts festlegt, was auf nationaler Ebene mit dem Verfassungsrecht in Widerspruch steht. So wird die nähere Ausgestaltung des Programmauftrags den Mitgliedstaaten überlassen. Dabei sollte die Entscheidung jedoch klar ausfallen und von den Festlegungen im Rundfunkstaatsvertrag deutlich transportiert werden, ob eine konkrete Betätigung unter den gesetzlichen Auftrag zu fassen ist oder nicht. Sollte der Gesetzgeber dies nicht sichergestellt haben, wären die Vorgaben der Kommission damit unzureichend erfüllt. Dem gegenüber läge bei einer klar ausgefallenen Präzisierung im Rahmen des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers keine Kollision mit dem deutschen Verfassungsrecht vor39.

III. Inhaltliche Auftragskontrolle im Drei-Stufen-Test Die mit dem Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag getroffenen Regelungen müssten diese Vorgaben der definitorischen Klarheit bei der Beauftragung erfüllen können und dementsprechend von den Gremien in der Drei-Stufen-Test-Kontrolle umgesetzt worden sein. Eine Auftragskontrolle muss jedoch nach den Grundsätzen der Kommission dann an ihre Grenzen stoßen, wenn die Gremien als Aufsichtsorgane über die Einhaltung des Funktionsauftrags keine Klarheit über Zulässigkeit von Angeboten und die Schranken gesetzlicher Vorgaben hätten. Wären die Rundfunkund Fernsehräte im Verfahren nicht in der Lage, ihre Rechtsgrundlagen deuten bzw. verstehen zu können, wäre dies als nicht in Einklang mit den Erfordernissen einer Gewährung der Ausnahme im Sinne des Art. 106 Abs. 2 AEUV (ex-Art. 86 Abs. 2 EG) zu werten. Das von der Kommission verfolgte Ziel der Rechts- und Planungssicherheit für kommerzielle Medienunternehmen und die Möglichkeit der Überwachung der Erfüllung des Auftrags, für den die staatliche Beihilfe anfällt, würde verfehlt40. Folglich ist zu beleuchten, ob die Erfordernisse für Auftrag und Kontrolle in den Bestandstestverfahren bei der Umsetzung der Festlegungen des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrags berücksichtigt und damit angewendet werden konnten. 38

Krone, Gebührenfinanzierter Rundfunk und Beihilfenrecht, S. 138. Gersdorf schlägt zur Auflösung des Spannungsverhältnisses zwischen Verfassungs- und Beihilfenrecht die Einrichtung einer externen, staatsfrei organisierten Aufsicht vor, die der Staatsfreiheit Rechnung trüge und den Rundfunkanstalten dennoch Grenzen setzen würde, vgl. promedia 12/2014, S. 10 f. (11). 40 Weitergehend zu den Zielen der klaren Auftragsdefinition vgl. Kroes, politik und kultur, September/Oktober 2008, S. 9 ff. (11); zum Ziel der Rechtssicherheit und der unternehmerischen Planungssicherheit für die Presse und andere private Anbieter durch den 12. RÄStV vgl. Badura, AöR 2009, S. 240 ff. (266). 39

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

Dafür sollen maßgebliche materielle Vorgaben zur Beauftragung in der Behandlung durch die Gremien in den Blick genommen werden. Die Gremien müssten in der Lage gewesen sein, die Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags – die jeweiligen Betätigungserlaubnisse und -verbote – nachvollziehen und umsetzen zu können, damit auch den gesetzgeberischen Willen zu erfassen und dementsprechend einen Abgleich zwischen den staatsvertraglichen Vorgaben für den Auftrag und deren Einhaltung bzw. Erfüllung vornehmen zu können. 1. Sendungsbezug Wie weiter oben dargestellt, ist der erforderliche Sendungsbezug für Telemedien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als Prinzip der Beauftragung in § 11 d Abs. 2 RStV festgeschrieben worden, der den zuvor geregelten und sich nicht als sonderlich trennscharf erwiesenen Begriff des Programmbezugs digitaler Angebote ablöst und konkretisiert41. Ob ein Angebot vorgehalten werden kann, hängt nach neuem Recht maßgeblich davon ab, ob es eigenständig ist oder den benötigten Bezug zu den Rundfunksendungen aufweisen kann. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass bei sendungsbezogenen Telemedien die publizistische Gemeinwohlorientierung nahe liegt, während sie bei nichtsendungsbezogenen Angeboten nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden kann42. Eigenständige Telemedien werden nicht grundsätzlich untersagt, müssen jedoch weitere Anforderungen im Rahmen des Drei-Stufen-Tests erfüllen. a) Gesetzliches Erfordernis des Sendungsbezugs Bei der Überprüfung der materiellen Auftragskonformität der Angebote gemäß § 11 d RStV (1. Stufe des Testverfahrens) mussten sich die Rundfunkgremien aller Sendeanstalten daher auch mit dem Begriff des Sendungsbezugs auseinandersetzen. Dieser zieht bei Verbotstatbeständen eine Grenze zwischen zulässigen und unzulässigen Telemedien und stellt zugleich ein grundsätzliches Erfordernis auf, von dem abgewichen werden kann, sofern eine spezielle Beauftragung des Angebots als nichtsendungsbezogenes Telemedium vorliegt. Ein Sendungsbezug hat nach dem Rundfunkstaatsvertrag konkret zu erfolgen. Das Gesetz definiert diesen Begriff in § 2 Abs. 2 Nr. 19 RStV, wonach das Angebot der Aufbereitung von Inhalten aus einer konkreten Sendung einschließlich Hintergrundinformationen dienen muss, soweit auf für die jeweilige Sendung genutzte Materialien und Quellen zurückgegriffen wird und diese Angebote thematisch und inhaltlich die Sendung unterstützen, vertiefen und begleiten, ohne jedoch ein neues oder verändertes Angebot nach § 11 f Abs. 3 RStV zu sein. Es ist hier also immer der konkrete Bezug des Beitrags, auch der genutzten Materialien und Quellen zu einer 41 42

Grzeszick, NVwZ 2008, S. 608 ff. (613). Badura, AöR, 2009, S. 240 ff. (250).

B. Materielle Auftragskontrolle

127

Sendung, nicht die bloße thematische Wiederholung, erforderlich. Entsprechend dieser sehr bestimmten Ausführungen des Gesetzgebers zum Sendungsbezug wird in der Literatur einheitlich von einer engen Interpretation des Begriffs ausgegangen43. Weiterhin hat der Gesetzgeber mit der Ausweisungspflichtregelung des 11 d Abs. 3 S. 2 RStV eine Norm eingeführt, die der Einhaltung des Sendungsbezugs dienen soll. Demnach muss bei sendungsbezogenen Telemedien der zeitliche und inhaltliche Bezug zu einer bestimmten Sendung im jeweiligen Telemedienangebot ausgewiesen werden. Nach der Gesetzesbegründung soll damit erreicht werden, dass es möglich ist, den Sendungsbezug ohne Rechercheaufwand festzustellen44. Dies war der Kommission bereits im Beihilfeverfahren verpflichtend zugesagt worden. „Auch sind die öffentlichen Rundfunkanstalten künftig gehalten, für sendungsbegleitende Angebote die betreffende Sendung und den zeitlichen Bezug in den Konzepten für diese Angebote transparent zu machen“45.

Diese Zusage wurde gegenüber der EU-Kommission nicht ohne Grund getätigt. Die Wettbewerbsbehörde war der Auffassung, dass die Einhaltung des Sendungsbezugs nach damaliger Rechtslage nicht ordnungsgemäß überprüft werden konnte, da bis dato keine Verbindlichkeit einer genauen Festlegung bestanden hatte und die Kommission in diesem Punkt keine hinreichende Kontrollmöglichkeit für die Auftragseinhaltung sah46. b) Ausnahmen vom Erfordernis des Sendungsbezugs Der vom Gesetz geforderte Nachweis des Sendungsbezugs wäre für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten jedoch insofern unerheblich, wenn sie im DreiStufen-Testverfahren von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hätten, ihre Telemedienangebote generell als nichtsendungsbezogen zu deklarieren und dementsprechend im Drei-Stufen-Test für den Bestand auch genehmigen zu lassen. Diese Möglichkeit einer Beauftragung auch nichtsendungsbezogener Telemedien räumt der Rundfunkstaatsvertrag gemäß § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 RStV ein, der vorschreibt, dass nach Durchführung eines Drei-Stufen-Tests vom Erfordernis des Sendungsbezugs bei Telemedien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten abgesehen werden kann. Freilich gehen damit die besonderen Anforderungen des DreiStufen-Tests einher, die jedoch für die Bestandsangebote, das heißt für alle bis zum Sommer 2010 vorgehaltenen Telemedien von ARD, ZDF und Deutschlandradio, 43 So beispielsweise Nawrath, MMR 2011, S. 79 ff. (81); Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 109 ff.; Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (17); Hain, der jedoch von der Verfassungswidrigkeit des so konkret gestalteten Sendungsbezugs ausgeht, Die zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen der Telemedienangebote, S. 9 ff; vgl. auch Schmidt/Eicher, epd medien Nr. 45/46/2009, S. 5 f. (5). 44 Vgl. die amtliche Begründung zu § 11 d Abs. 3 S. 2 RStV. 45 Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 341. 46 Ebd., Rn. 234 ff.

128

Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

ohnehin erfüllt werden mussten. Bei den Rundfunkanstalten ist nach Analyse der Beschlussbegründungen ein einheitliches Vorgehen erkennbar. c) Überführung des Bestands als nichtsendungsbezogene Telemedien Der ZDF-Fernsehrat führt hinsichtlich der geprüften Telemedien aus, diese seien „in ihrer Gesamtheit als nichtsendungsbezogene Angebote dem Drei-Stufen-Test unterzogen“ worden. Daher sei „eine differenzierte Darlegung von sendungsbezogenen und nichtsendungsbezogenen Inhalten nicht erforderlich“47. Der NDR-Rundfunkrat überführt das NDR-Telemedienangebot tagesschau.de ebenfalls „im Rahmen der Gesamtprüfung“ und macht „von der Möglichkeit der Überführung des gesamten Bestands von tagesschau.de als nichtsendungsbezogenes Angebot gemäß § 11 d Nr. 3 S. 2 RStV Gebrauch“48. Eine Kennzeichnung im Angebot bleibe aber „dort notwendig, wo die Anforderungen der Negativliste dies verlangen“49. Ebenso genehmigt der WDR-Rundfunkrat das Portal wdr.de sowie sportschau.de als nichtsendungsbezogen. Es seien nicht sämtliche Inhalte sendungsbezogen in dem „sehr eng definierten Sinne eines Bezugs auf eine einzelne Sendung von § 2 Abs. 2 Ziff. 1850 RStV“ und würden somit gemäß des Rundfunkstaatsvertrags als nicht sendungsbezogene Angebote zum Drei-Stufen-Test vorgelegt51. Ein identisches Vorgehen wählt der BR und lässt sich von seinem Rundfunkrat die Überführung des Angebots als nichtsendungsbezogen nach § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 RStV genehmigen52. Gleiches gilt für den rbb, der das Telemedienangebot rbb-online als nichtsendungsbezogenes Angebot nach § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 RStV überführt, sodass „eine generelle Ausweisung des Sendungsbezuges folglich nicht erforderlich“ sei53. Ebenso argumentiert der SWR-Rundfunkrat in seinen Beschlüssen54 sowie das Gremium von Radio Bremen, das von der Intendanz sogar fordert, dass eine nichtsendungsbezogene Überführung des Portals deutlicher in den Telemedienkonzepten herausgestellt werden soll, was seitens der Rundfunkanstalt auch

47

Beschluss des ZDF-Fernsehrats zu den Telemedienangeboten des ZDF, S. 21. Beschluss des NDR-Rundfunkrats zu tagesschau.de, S. 15. 49 Ebd., S. 15. 50 Vormals (in der Fassung des 13. RÄStV) § 2 Abs. 2 Ziff. 19 RStV. 51 Beschluss des WDR-Rundfunkrats zu wdr.de, S. 36. f. sowie zu sportschau.de, S. 39. 52 Beschluss des BR-Rundfunkrats zum BR-Telemedienbestand, S. 32. f., zum Telemedienangebot DasErste.de, S. 61 f. 53 Beschluss des rbb-Rundfunkrats zu rbbonline, S. 52. 54 Beschluss des SWR-Rundfunkrats zu SWR.de, S. 21 sowie ARD.de, S. 21. 48

B. Materielle Auftragskontrolle

129

nachgebessert worden ist55. Auch der HR-Rundfunkrat genehmigt „hr-online“ als nichtsendungsbezogen56. Eine umfassende Begründung für das Vorgehen der Überführung des Angebots mdr.de als nichtsendungsbezogen erläutert der MDR-Rundfunkrat in seinem Beschluss. Eine Pflicht zur Unterscheidung sendungsbezogener Angebote und solcher ohne Sendungsbezug in den Telemedienkonzepten sei dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen, da hier lediglich eine Ausweisung im Angebot selbst erforderlich sei. Das Telemedienangebot werde als nicht-sendungsbezogenes Angebot nach § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 RStV überführt, womit eine generelle Ausweisung entfallen könnte. Gleichwohl schließe die Überführung des Gesamtangebots als nichtsendungsbezogen nicht aus, dass das Angebot sendungsbezogene Inhalte enthalte – für diese bestehe dann aber keine Kennzeichnungspflicht mehr57. Auch der SR-Rundfunkrat erkennt keine Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen sendungsbezogenen und nichtsendungsbezogenen Telemedien, da dem Gesetz kein Regel-/ Ausnahme-Verhältnis zu entnehmen sei58. Die Rundfunkanstalten haben damit generell von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ihre Telemedien als nichtsendungsbezogen genehmigen zu lassen. Dies erfolgt nach den Beschlussbegründungen demnach in erster Linie, um das strikte Sendungsbezugserfordernis nicht einhalten zu müssen und somit auch der Nachweispflicht gemäß § 11 d Abs. 3 Satz 2 RStV zu entgehen sowie ebenfalls, um nicht einzelne Kategorien von Telemedien in der Praxis der Onlineredaktionen differenziert behandeln zu müssen59. d) Mögliche Unbeachtlichkeit gesetzlicher Erfordernisse Zwar ist diese Möglichkeit der Beauftragung im Rahmen des § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 RStV gesetzlich vorgesehen und dadurch legitim. Dennoch lässt sich die Frage stellen, ob mit diesem pauschalen Vorgehen in den Bestandstestverfahren, die die Beauftragung des sehr umfangreichen Angebots der Sender sicherstellen sollten, nicht die Intention des Rundfunkstaatsvertrags konterkariert worden ist, den Sendungsbezug als konkretes Auftragserfordernis für Telemedien festzuschreiben. Das Nichtvorliegen einer Unterscheidbarkeit von sendungsbezogenen und nichtsendungsbezogenen Telemedien wurde dementsprechend in den Stellungnah-

55

S. 11. 56

Beschluss des Rundfunkrats von Radio Bremen zum Telemedienkonzept Radio Bremen,

Beschluss des HR-Rundfunkrats zu hr-online, S. 10. Beschluss des MDR-Rundfunkrats zu MDR-Online, S. 27. 58 Beschluss des SR-Rundfunkrats zu SR-online.de, S. 11. 59 Mit ausführlicher Kritik der Regelung in Bezug auf Verwaltungsaufwand, redaktionelle Freiheit und Quellenschutz, Schmidt/Eicher, epd medien Nr. 45/46/2009, S. 5 f. (6). 57

130

Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

men Dritter kritisiert60. Hier wurde angemerkt, bei einer Überführung aller Telemedien als nichtsendungsbezogen sei eine Umgehung gesetzlicher Verbote möglich und die Zulässigkeit einzelner Elemente am Rande von Verbotstatbeständen nicht mehr ersichtlich61. Gerade das Verbot presseähnlicher Angebote, das nur für nichtsendungsbezogene Telemedien gilt, sowie die Angebotsformen der Negativliste, für die teilweise ebenso eine Unzulässigkeit vorliegt, falls kein Sendungsbezug nachgewiesen werden kann, lassen diesem pauschalen Vorgehen gegenüber Bedenken entgegenstehen. Auch könnte hier angefügt werden, dass eine generelle Beauftragung nichtsendungsbezogener Telemedien vom Gesetzgeber in der Systematik nicht gewollt war62. Zwar sollte der Telemedienauftrag nicht mehr an den Programmbezug gekoppelt werden, wie es das Gesetz bis dahin vorsah. Gleichwohl kann die Beauftragung von nichtsendungsbezogenen Telemedien und von Sendungen nach Ablauf der Fristen hier eher als zweite Stufe der Beauftragung gesehen werden, da hierfür zunächst ein bestandener Drei-Stufen-Test erforderlich ist63. So wird teilweise angeführt, es handele sich bei dieser Form der geschlossenen bzw. direkten Beauftragung der § 11 d Abs. 2 Nr. 1 und 2 RStVeher um eine Vorrangnorm der Beauftragung, während § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 RStVals Ausnahme anzusehen sei64. Dafür spricht, dass die Beauftragungsnormen des § 11 d Abs. 2 Nr. 1 und 2 RStV ansonsten obsolet wären, da alle bestehenden Angebote und zukünftig auch alle neuen und veränderten Angebote im Rahmen eines Drei-Stufen-Testverfahrens zu prüfen sind. Diese wären damit ohnehin nach § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 RStV als nichtsendungsbezogen zu handhaben, sodass der Norm des § 11 d Abs. 2 Nr. 1 und 2 und damit auch der Kennzeichnungspflicht des Sendungsbezugs nach § 11 d Abs. 3 Satz 2 RStV sowie der Definition sendungsbezogener Telemedien des § 2 Abs. 2 Nr. 19 RStV der Anwendungsbereich entzogen wäre. Die Rundfunkgremien haben jedoch entgegen der Bedenken Dritter bezüglich der Nichtanwendung der gesetzlichen Vorgaben einer Überführung als nichtsendungsbezogen zugestimmt, ohne darin eine mögliche Ausweitung des gesetzlichen Auftrags zu sehen bzw. das Vorgehen der Rundfunkanstalten weitergehend zu hinter60 Stellungnahmen von BDZV, VDZ und VPRT, vgl. den Beschluss des NDR-Rundfunkrats zu tagesschau.de, S. 15, 29 sowie von BDZV, VDZ, VPRT und BITKOM, vgl. den Beschluss des ZDF-Fernsehrats zu den Telemedienangeboten des ZDF, S. 20. 61 Stellungnahmen von BDZV, VDZ und VPRT, vgl. den Beschluss des NDR-Rundfunkrats zu tagesschau.de, S. 15, 29, Stellungnahme des APR zu SR-online.de, vgl. den Beschluss des SR-Rundfunkrats zu SR-online.de, S. 11. 62 Der Privatradioverband „Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk“ (APR) führte zur Systematik der Beauftragung beispielsweise in seiner Stellungnahme an den SR-Rundfunkrat zu SR-online.de aus, nichtsendungsbezogene Telemedien seien die Ausnahme, vgl. den Beschluss des SR-Rundfunkrats zu SR-online.de, S. 11. 63 Auch Degenhart führt aus, der Auftrag erstrecke sich auf sendungsbezogene Telemedien, CR 2011, S. 231 ff. (233, 237). 64 Stellungnahme der APR, vgl. den Beschluss des SR-Rundfunkrats zu SR-online.de, S. 11.

B. Materielle Auftragskontrolle

131

fragen. Das Erfordernis eines Sendungsbezugs wurde immer nur dann als relevant gesehen, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk Telemedien nach § 11 d Abs. 2 RStV ohne Drei-Stufen-Test anbieten wollte65. Ein „Rangverhältnis“ zwischen sendungsbezogenen und nicht sendungsbezogenen Telemedien sei dem Gesetz nicht zu entnehmen66 – auch sei nicht von einem Regel-/Ausnahme-Verhältnis auszugehen67. Beide könnten daher gleichberechtigt, jedoch mit unterschiedlichen Voraussetzungen vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk angeboten werden. Der Rundfunkrat von Radio Bremen führt darüber hinaus aus, nichtsendungsbezogene Telemedien würden nicht unter höheren Voraussetzungen als legitimiert gelten als sendungsbezogene Telemedien, obwohl erstere direkt beauftragt seien68. Hier ist jedoch entgegenzusetzen, dass der dafür erforderliche Drei-Stufen-Test bereits diese höhere Voraussetzung für die Beauftragung darstellt. Das Erfordernis des Sendungsbezugs wurde bei den Genehmigungen von den Gremien insofern nur bei den gesetzlichen Verboten für weitergehend erforderlich erachtet. Unabhängig von der Problematik, dass die getroffene Auftragssystematik des Rundfunkstaatsvertrags konterkariert worden sein könnte, indem ein Sendungsbezug nun nicht mehr gegeben sein muss, hat das Vorgehen, alle Telemedien rechtlich als nichtsendungsbezogen zu qualifizieren (mögen sie auch in Teilen oder ganz Bestandteil von Sendungen gewesen sein) eine besondere Konsequenz für die Behandlung von Angeboten, die per Gesetz nur sendungsbezogen zulässig sein können und damit auch nicht im Rahmen eines Drei-Stufen-Testverfahrens als eigenständig zu genehmigen sind. Damit ist besonderes Augenmerk auf all jene gesetzlichen Verbote zu legen, die mit einem Sendungsbezug zwar zulässig, ohne Sendungsbezug jedoch illegitim und aus der Angebotspallette auszuklammern wären – so wie es für presseähnliche Angebote sowie Bestandteile der Negativliste gelten muss, deren Behandlung im Drei-Stufen-Test nachfolgend beleuchtet werden soll69. 2. Verbot presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug Wie bereits dargestellt, bestanden im rechtswissenschaftlichen und medienpolitischen Diskurs vor, während und nach den Drei-Stufen-Testverfahren für den Be65

Beschluss des ZDF-Fernsehrats zu den Telemedienangeboten des ZDF, S. 20 mit Hinweis auf Hain, Die zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen der Telemedienangebote, S. 94. 66 Beschluss des ZDF-Fernsehrats zu den Telemedienangeboten des ZDF, S. 20 mit Hinweis auf Hain, Die zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen der Telemedienangebote, S. 94. 67 Beschluss des SR-Rundfunkrats zu SR-online.de, S. 11; so auch Schmidt/Eicher, epd medien 45/46/2009, S. 5 f. (6). 68 Beschluss des Rundfunkrats von Radio Bremen zum Telemedienkonzept Radio Bremen, S. 67. 69 Vgl. Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (18); so auch Todsen, Grenzen gebührenfinanzierter Telemedien, S. 67.

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

stand zum Anwendungsbereich der Norm presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug unterschiedliche Auffassungen. Die Regelung und ihre Anwendbarkeit führten zu weitreichenden Debatten um Begrenzungen der Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und sogar zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung von Zeitungsverlagen und der ARD, auf die weiter unten näher eingegangen wird70. a) Diskussion um den Rechtsbegriff Die Regelung zum Verbot presseähnlicher Angebote wurde seitens der öffentlichrechtlichen Sender und speziell von den Rundfunkgremien während der Drei-StufenTestverfahren als auslegungsfähig71 bis hin zu nicht operationalisierbar72 bezeichnet. Dies ist vor dem Hintergrund problematisch, dass die Kommission einen präzisen Funktionsauftrag erwartet und die Präzisierung des Auftrags auch für die notwendige Umsetzung einer ordnungsgemäßen Kontrolle als essentiell erachtet. Die in der Diskussion angeführte etwaige Unbestimmtheit des Rechtsbegriffs der Presseähnlichkeit könnte daher zu Kollisionen mit dem Gemeinschaftsrecht führen. Ein unbestimmter Rechtsbegriff in einer Norm ist auslegungsbedürftig, weil er vage ist und sich dessen objektiver Sinn nicht gleich erschließt73. Zwar sind dem deutschen Recht unbestimmte Rechtsbegriffe, Beurteilungsspielräume und Ermessen grundsätzlich immanent und werden sogar vom Gesetzgeber bewusst in die Rechtssetzung integriert. Jedoch wäre diese Auslegungsbedürftigkeit bzw. mangelnde Präzision im vorliegenden Fall unter dem Gesichtspunkt der staatlichen Beihilfen ein möglicher Widerspruch zu den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts. Wie dargestellt, steht die geforderte Auftragspräzisierung nicht im Widerspruch mit dem Verfassungsrecht, da sie keine inhaltlichen Vorgaben, sondern lediglich einen zu kontrollierenden klar umgrenzten Rahmen fordert. Im Falle der Presseähnlichkeit könnte dieser Rahmen jedoch unkontrollierbar sein. b) Vorgehen der Gremien bei der Bestimmung der Presseähnlichkeit Die materielle Regelung zur Zulässigkeit presseähnlicher Angebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten war ein Gebiet, dem die Gremien besondere 70

Vgl. Kapitel 6 A. III. 2. g). Die Vorsitzende des WDR-Rundfunkrats Ruth Hieronymi spricht am 17. 3. 2010 im Kölner Stadt-Anzeiger beispielsweise von einem „interpretationsbedürften Begriff“. Die Intendantin des rbb, Dagmar Reim, bezeichnet das Verbot presseähnlicher Angebote am 13. 10. 2011 in einem Beitrag auf tagesschau.de als „Gummibegriff“, den „jeder so auslegt, wie er will“. 72 Aussage im Schriftsatz der Beklagten ARD im Rahmen der Wettbewerbsklage gegen presseähnliche Inhalte der Tagesschau-App. 73 Jestaedt, in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10, Rn. 61. 71

B. Materielle Auftragskontrolle

133

Aufmerksamkeit zu schenken hatten, da die Vorgabe im Implementierungsprozess zu anhaltenden Diskussionen zwischen Rundfunkanstalten, Marktteilnehmern und Öffentlichkeit geführt hatte. Die Gremien mussten hierfür klären, ob das Verbot nichtsendungsbezogener presseähnlicher Angebote in § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3 RStV von den Rundfunkanstalten eingehalten wird und damit prüfen, ob unzulässige presseähnliche Angebote auf den digitalen Plattformen vorgehalten werden. So wurde die Regelung als potenziell dazu geeignet angesehen, einen nicht zu unterschätzenden Bereich von Telemedien aus dem möglichen Angebot öffentlichrechtlicher Internetdienste herauszunehmen74. Zudem hatte die Klassifizierung der Angebote als nichtsendungsbezogen zur Folge, dass eine Zulässigkeit als sendungsbezogenes presseähnliches Angebot, welches nicht unter das Verbot des § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3 RStV fällt, ausscheiden musste75. Würden die Gremien eine Presseähnlichkeit von Angeboten feststellen, wären diese Angebote damit mangels Sendungsbezugs (auch wenn dieser faktisch vorliegen kann) per se unzulässig. Dies liegt an dem Umstand, dass die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten nicht auf der einen Seite ihr Angebot als nichtsendungsbezogen deklarieren und damit Vorteile durch eine nicht mehr erforderliche Ausweisungspflicht des Sendungsbezugs erreichen, auf der anderen Seite dann aber für ihre Telemedien in Anspruch nehmen können, diese seien sendungsbezogen und würden in den betreffenden Bereichen nicht den Verboten des Rundfunkstaatsvertrags unterfallen. Dieses Vorgehen wäre eine unzulässige Kombination der beiden Auftragssysteme für sendungsbezogene und nichtsendungsbezogene Telemedien76. Die Rundfunkgremien näherten sich ihrer Aufgabe auf unterschiedliche Weise. Vereinzelt wurden zur Frage der Presseähnlichkeit im Laufe der Drei-Stufen-Bestandstestverfahren beispielsweise Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. So beauftragte die Konferenz der Gremienvorsitzenden der ARD (GVK) den ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, gemeinsam mit Meinhard Schröder, mit der Erstellung eines Gutachtens, auf das an späterer Stelle genauer einzugehen sein wird77. Aber auch in Kurzgutachten einzelner Landessender der ARD sowie des ZDF wurde die Frage der Presseähnlichkeit eingehender beleuchtet. Der WDR-Rundfunkrat hatte beispielsweise die Rechtsanwaltskanzlei Olswang mit einem Kurzgutachten zu der Frage beauftragt, wie der Rechtsbegriff des

74

Gounalakis/Jäkel, ZWeR 2011, S. 243 ff. (245). Vgl. auch Neuhoff, Rechtsprobleme der Ausgestaltung, S. 175 f. 76 Zur Beschreibung des Vorgehens vergleiche auch Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (17 ff.). 77 Papier/Schröder, Zur Abgrenzung der Rundfunk- und Pressefreiheit zur Auslegung des Begriffs der „Presseähnlichkeit“ und Anwendung des Verbots nicht sendungsbezogener presseähnlicher Angebote gem. § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3 RStV (unter Berücksichtigung der Verfassungsmäßigkeit der Regelung und ggf. Korrekturnotwendigkeit des Staatsvertrags in Bezug auf programmgestaltende Verbote), Rechtsgutachten im Auftrag der Konferenz der Gremienvorsitzenden der ARD, 16. 07. 2010, abgedruckt in epd medien Nr. 60/2010, S. 16 ff. 75

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

„presseähnlichen Angebots“ auszulegen sei78. Der ZDF-Fernsehrat holte zu der Fragestellung ebenfalls eine Sachverständigenexpertise ein, welche jedoch – so wie das Gutachten des WDR-Rundfunkrats – nicht veröffentlicht wurde79. Zudem lag ein von ARD, ZDF und Deutschlandradio in Auftrag gegebenes Gutachten zu den „zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen der Telemedienangebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio nach dem 12. RÄndStV“ vor, welches sich ebenso mit der Frage der Presseähnlichkeit beschäftige80 und von einzelnen Gremien der Landessender – beispielsweise dem NDR – bei der diesbezüglichen Entscheidung ins Feld geführt wurde81. Die zentralen und maßgeblichen Aspekte bei der Feststellung, ob unzulässige presseähnliche Angebote vorliegen, machten die Gremien zunächst insbesondere in der Festlegung eines Abgrenzungsmaßstabs des zu prüfenden Telemedienangebots zu den Angeboten der „Presse“ aus. Dazu musste die Frage geklärt werden, was „Presse“ ist. Sodann wurden festgestellte Charakteristika, also Merkmale der „Presse“, mit den zu prüfenden Telemedienangeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks abgeglichen, um festzustellen, ob presseähnliche Angebote vorliegen82. Hierfür war zudem eine Festlegung des Angebotsbegriffs83 erforderlich, der als Messgröße für den Abgrenzungsmaßstab nach dem Rundfunkstaatsvertrag fungiert. (1) Der Begriff der Presseähnlichkeit Trotz der Legaldefinition in § 2 Abs. 2 Nr. 20 RStV wurde der Begriff „presseähnliches Angebot“ als auslegungsfähig erachtet, was die Gremien vor die Aufgabe stellte, die Verbotsnorm zu konkretisieren. Neben der gesetzlichen Definition liegen aber auch weitere Ausführungen des Gesetzgebers in der amtlichen Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag vor, die die Presseähnlichkeit weiter bestimmen, sodass möglicherweise eine Anwendung der Norm viel deutlicher hätte erfolgen können, als dies seitens der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten seit der Einführung der Regelung erfolgt ist. 78 Der WDR-Rundfunkrat zitiert hier ein von ihm nicht veröffentlichtes Gutachten von Sokoll – Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „presseähnliches Angebot“ des §§ 11 d Abs. 2 Nr. 3, 2 Abs. 2 Nr. 19 RStV, siehe den Beschluss des WDR-Rundfunkrates zu sportschau.de, S. 14. Das Gutachten ist im Rahmen eines (nicht öffentlichen) Expertengesprächs am 20.11.09 vorgestellt worden. 79 Vgl. Evaluation Drei-Stufen-Test, ZDF-FR-Vorlage FR 4/11 vom 09.02.11, S. 13 sowie den Hinweis im promedia-Interview von Stahmann, promedia 8/2010, S. 6 ff. (7). 80 Hain, Die zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen der Telemedienangebote, insbesondere: Unzulässigkeit nicht sendungsbezogener presseähnlicher Angebote (§ 11 d Abs. 2 Nr. 3 3. Hs. RStV), S. 105 ff. 81 Vgl. den Beschluss NDR-Rundfunkrat zu tagesschau.de, S. 28 (dort Fn. 18). 82 Vgl. zur Prüfung des Angebots Gersdorf, AfP 2010, S. 421 ff. (430 f.). 83 Auch zur Auslegung des Angebotsbegriffs holte sich der ZDF-Fernsehrat gutachterliche Expertise ein, vgl. Evaluation Drei-Stufen-Test, ZDF-FR-Vorlage FR 4/11, S. 13.

B. Materielle Auftragskontrolle

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(a) Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Nr. 20 RStV Die Definition in § 2 Abs. 2 Nr. 20 RStV legt fest: „Im Sinne des Staatsvertrages ist ein presseähnliches Angebot nicht nur elektronische Ausgaben von Printmedien, sondern alle journalistisch-redaktionell gestalteten Angebote, die nach Gestaltung und Inhalt Zeitungen oder Zeitschriften entsprechen.“

Erstes Merkmal dieser Legaldefinition ist die Bildung einer Aufzählung für die Bestimmung presseähnlicher Angebote. Presseähnliche Angebote sind - elektronische Ausgaben von Printmedien sowie - alle journalistisch-redaktionell gestalteten Angebote, die nach Gestaltung und Inhalt Zeitungen oder Zeitschriften entsprechen. Die Begriffe „elektronische Ausgaben von Printmedien“ sowie „journalistischredaktionell gestaltete Angebote, die nach Gestaltung und Inhalt Zeitungen oder Zeitschriften entsprechen“ – beide Alternativen der Legaldefinition – werden wiederum als auslegungsfähig eingestuft. (b) Elektronische Ausgaben von Printmedien Die erste Alternative in Form elektronischer Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften wird vielfach als elektronische Presse bezeichnet und tauchte als Begriff in den Vorversionen des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrags auf84. Die Reichweite dieses Begriffs wird jedoch in Literatur und Praxis unterschiedlich bewertet. Umfasst sind hiervon nach allgemeiner Auffassung die so genannten EPaper-Ausgaben der Presseprodukte85. Hierbei handelt es sich um elektronisch abrufbare Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften, die in Aufbau und Gestaltung dem gedruckten Produkt entsprechen86 – sozusagen der elektronische Vertrieb einer klassischen Zeitung/Zeitschrift87. Zudem könnten dieser Kategorie sonstige Angebote unterfallen, denen eine verkörperte Entsprechung fehlt88. Zu denken wäre hier an Informationsangebote von Verlagen, die ein ähnliches Informationsspektrum abdecken wie Zeitungen und Zeitschriften, jedoch ohne eine dazugehörende Print84

Vgl. die Ausführungen zu den Vorversionen unter Kapitel 4 B. I. 3. f). Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (18); Wellenreuther, Presseähnliche Telemedien öffentlichrechtlicher Rundfunkanstalten, S. 21 f.; anders jedoch Neuhoff, der überhaupt keine Angebotsform der Presseähnlichkeit unterfallen lässt und auf die Begrenzung der Norm auf einen „kleinen Anwendungsbereich“ hinweist, ohne jedoch einen konkreten Anwendungsfall zu nennen, ZUM 2012, S. 371 ff. (382). 86 Wellenreuther, Presseähnliche Telemedien öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, S. 21 f. 87 Dörr, ZRP 4/2008, S. 134 f. (134). 88 Wellenreuther, Presseähnliche Telemedien öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, S. 22. 85

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ausgabe, sprich reine Onlineportale oder App-Angebote der Verlage89. Hier wird allerdings teilweise die Auffassung vertreten, die Berichterstattung müsse ausschließlich statisch und mittels Texten und Bildern erfolgen, um der Definition der elektronischen Ausgabe für diesen Vergleichsmaßstab noch unterfallen zu können90. Das Einbinden multimedialer Elemente, wenn auch in untergeordneter Form, welche auf Onlineportalen gängiges Mittel zur Berichterstattung sind, könnte daher ein Ausschlusskriterium für die Einbeziehung in die erste Alternative bilden91. Es kann jedoch dahinstehen, ob der Gesetzgeber Onlineportale der Verlage, die überwiegend auch in Teilen multimediale Elemente wie nicht-statische Infographiken, Videos, Audios etc. enthalten, unter den Begriff der elektronischen Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften fassen wollte, da eine weitere Alternative der Definition in Form journalistisch-redaktioneller Angebote die Aufzählung um zusätzliche Angebotsformate erweitert. (c) Journalistisch-redaktionelle Angebote (Gestaltung und Inhalt) Von den Angeboten der elektronischen Ausgaben von Printmedien abgesehen, die nach herrschender Meinung E-Paper-Ausgaben der Verlage umfassen, nennt die Legaldefinition journalistisch-redaktionelle Angebote, die nach Gestaltung und Inhalt Zeitungen und Zeitschriften entsprechen. Dieser im Rahmen einer Aufzählung angeführte zweite Fall wird in Literatur und Praxis jedoch oftmals nicht berücksichtigt und damit der Anwendungsbereich der Regelung in unzulässiger Weise begrenzt92. Die Begrenzung der Regelung auf rein elektronische Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften als Vergleichsmaßstab greift damit zu kurz93. (d) Charakteristika der Gestaltung und des Inhalts Die beiden vom Gesetzgeber in der Definition festgelegten Charakteristika für eine Entsprechung sind die Gestaltung des Angebots und der Inhalt des Angebots94. 89

Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (18 f.). Gersdorf, in: Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, § 11 d RStV, Rn. 31 ff.; Wellenreuther, Presseähnliche Telemedien öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, S. 22; Schmidtmann, ZUM 2013, S. 536 ff. (539); vgl. zum Vergleichsmaßstab die Ausführungen von Gersdorf, AfP 2010, S. 421 ff. (430 f.). 91 So Schmidtmann, ZUM 2013, S. 536 ff. (539). 92 Für eine ausdrückliche Festlegung dahingehend, dass von der Gesetzesdefinition nicht nur mit der Druckversion identische Ausgaben von Zeitungen, also E-Paper, umfasst sind, spricht sich hingehen Neuberger aus, AfP 2009, S. 537 ff. (539); ebenso Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (18 f.); so auch Todsen, Grenzen gebührenfinanzierter Telemedien, S. 71 f. 93 Gersdorf, in: Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, § 11 d RStV, Rn. 31 ff.; ders., AfP 2010, S. 421 ff. (431 f.) unter Hinweis auf Hahn, ZRP 2008, S. 217 ff. (219 f.), die im Ergebnis die Anwendbarkeit der Norm wiederum aufgrund einer verfassungskonformen Auslegung begrenzt; vgl. auch Schmidtmann, die noch nicht einmal E-Paper als umfasst ansieht und allein auf Druckausgaben als Vergleichsmaßstab abstellt, ZUM 2013, S. 536 ff. (539). 94 Der Bezug auf den Inhalt als Abgrenzungsmerkmal wird in der Literatur jedoch häufig nicht aufgegriffen und damit fälschlicherweise nicht berücksichtigt. So stellt Jahn beispiels90

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Charakteristisch für Gestaltung und Inhalt der Presse, wie sie ursprünglich verstanden wird, sind nach allgemeiner Auffassung eine Berichterstattung in Textform mit Fotos bzw. stehenden Bildern95. Dies wäre jedoch lediglich für die analoge gedruckte Presse (sowie den publizistisch nicht so bedeutenden Bereich der E-PaperAusgaben) zutreffend. Mittlerweile publiziert die Presse digital jedoch nicht nur E-Paper, sondern über Onlineportale und Apps auch weitreichende Angebote, die sich nicht auf die Einstufung nach statischen Charakteristika reduzieren lassen96. (2) Festlegung der Vergleichsgröße in den Beschlussbegründungen Die umstrittenen Abgrenzungskriterien, das heißt der Vergleichsmaßstab, an dem sich die öffentlich-rechtlichen Onlineangebote messen lassen müssen, mussten die Gremien in dem Drei-Stufen-Test für den Bestand erstmalig rechtsverbindlich festlegen. Sie kamen bei der Bestimmung des Abgrenzungsmaßstabs zur Presse zu folgenden Schlüssen, die für alle öffentlich-rechtlichen Anstalten zum Ende der Testverfahren in den Genehmigungsbegründungen zu einheitlichen Ergebnissen führten: Nach Auffassung des NDR-Rundfunkrats in der Genehmigungsbegründung zum Portal tagesschau.de ist die Definition im Rundfunkstaatsvertrag dahingehend auszulegen, dass als Vergleichsgröße für die Presseähnlichkeit nicht auf die Onlineangebote der Verlage, sondern vielmehr auf die gedruckten Zeitungen und Zeitschriften abzustellen sei. Dafür spreche nicht nur der Wortlaut, sondern auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Dass die Internetangebote der Verlage zunehmend multimediale Elemente enthielten, sei für die Beurteilung der Presseähnlichkeit daher nicht entscheidend, zumal die Verlage mit ihren Angeboten zunehmend in die Nähe von Rundfunkanbietern rückten97. Ebenso begründet der BR-Rundfunkrat seine Entscheidung, dass das durch das Gremium geprüfte Gemeinschaftsangebot DasErste.de nicht presseähnlich sei. Es sei das gedruckte Angebot von Zeitungen und Zeitschriften als Vergleichsmaßstab zu berücksichtigen, da die Onlineangebote der Verlage ihrerseits neben Text- auch Tonund Bewegtbildelemente enthielten und demnach selbst nicht als presseähnlich einzuordnen seien98. Der ZDF-Fernsehrat kommt in seiner Beschlussbegründung für zdf.de hinsichtlich des Bezugsmaßstabs zu einem identischen Ergebnis: Eine Presseähnlichkeit liege erst dann vor, wenn Inhalt und Gestaltung eines Angebotes Zeitungen und weise nur auf die Gestaltung als entscheidendes Abgrenzungsmerkmal ab, Drei-Stufen-Test und plurale Rundfunkaufsicht, S. 14; vgl. auch Neuberger, AfP 2009, S. 537 ff. (539). 95 Jahn, Drei-Stufen-Test und plurale Rundfunkaufsicht, S. 14. 96 Anders Schmidtmann, ZUM 2013, S. 536 ff. (539). 97 Vgl. den Beschluss des NDR-Rundfunkrats zu tagesschau.de, S. 27. 98 Beschluss des BR-Rundfunkrats zu DasErste.de, S. 71.

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Zeitschriften entsprechen. Die Definition im Rundfunkstaatsvertrag stelle insoweit eindeutig auf gedruckte Presseerzeugnisse ab. Dass die Internetangebote der Verlage zunehmend multimediale Elemente enthielten, sei für die Beurteilung der Presseähnlichkeit nicht entscheidend, da diese laut dem Gesetz nicht als Vergleichsmaßstab angesehen werden könnten99. Der WDR-Rundfunkrat sieht in seinem Beschluss für wdr.de und das Gemeinschaftsangebot sportschau.de ebenfalls das Erscheinungsbild einer gedruckten Zeitung als maßgeblich dafür an, inwieweit ein Angebot presseähnlich sein könne. Es komme für die Bestimmung der Zeitschriften- oder Zeitungstypik entscheidend auf die Gestaltung des Telemediums an; diese dürfe nicht einer Zeitung oder Zeitschrift ähnlich sein. Ob das Angebot dagegen eine Funktion hat, die einer Zeitung oder Zeitschrift vergleichbar sei, müsse nach der Legaldefinition unerheblich sein100. Auch der HR-Rundfunkrat trifft in seinem Beschluss Aussagen zur Presseähnlichkeit der zu prüfenden Angebote. Er statuiert in seiner Genehmigungsbegründung zu boerse.ARD.de und hr-online.de, dass der Begriff der Presseähnlichkeit noch nicht vollständig geklärt sei. Dies ist insofern verwunderlich, als dass gleichzeitig festgehalten wird, das Portal stelle kein unzulässiges nichtsendungsbezogenes „presseähnliches“ Angebot dar101. Als Begründung wird darauf verwiesen, die bei boerse.ARD.de enthaltenen audiovisuellen Elemente seien mit den Darstellungsformen der Printmedien nicht vergleichbar. Die Informationen bei boerse.ARD.de bzw. hr-online seien kürzer und prägnanter als die der Zeitungen oder Zeitschriften und stark durch rundfunktypische, audiovisuelle Elemente geprägt102. Hier wird daher ebenso ein Abstellen auf die Printausgaben der Presse vorgenommen. Dementsprechend argumentiert auch der Rundfunkrat von radiobremen für das Portal radiobremen.de. Soweit teilweise die Onlineauftritte von Zeitungen und Zeitschriften als Vergleichsmaßstab für die Presseähnlichkeit herangezogen würden, überzeuge ihn dies nicht. Bereits der Gesetzeswortlaut des § 2 Abs. 2 Nr. 20 RStV103 stelle klar, dass nicht nur elektronische Ausgaben von Printmedien (E-Paper), sondern auch alle anderen journalistisch-redaktionell gestalteten Onlineangebote, die in Gestaltung und Inhalt Zeitungen/Zeitschriften ähneln, umfasst seien, wobei die Onlineauftritte hierbei keine Erwähnung fänden. Gerade mit dem Hinweis auf die E-Paperangebote, die lediglich eine digitale Version der Druckausgabe darstellten, werde deutlich, dass eine Ähnlichkeit nur gegeben sein könnte, wenn die Charakteristik der Presseangebote (statische Bild- und/oder Textdarstellung) vorliege. 99

Beschluss des ZDF-Fernsehrats zu den Telemedienangeboten des ZDF, S. 29. Beschluss des WDR für wdr.de und sportschau.de vom 19. 05. 2010, S. 37 ff.; andere Auffassung für die Berücksichtigung der Funktionalität von Lesemedien: VPRT in seiner Stellungnahme zum Entwurf des Zwölften RÄStV, Stand 12.06.08; Gersdorf, AfP 2010, S. 421 ff. (433); Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (20). 101 Beschluss des HR-Rundfunkrats zu boerse.ARD.de vom 02.07.10, S. 12 f. 102 Vgl. zu den Ergebnissen des HR-Rundfunkrats auch Lewke, K&R 2010, S. 782 ff. (785). 103 Vormals § 2 Abs. 2 Nr. 19 RStV. 100

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Darüber hinaus läge es bei einer solchen Auslegung in der Hand der Verleger, durch die Gestaltung ihrer Internetauftritte zu bestimmen, was zum öffentlich-rechtlichen Telemedienauftrag gehöre104. Ähnlich argumentiert der SR-Rundfunkrat. SR-online.de würde sich von der Gestaltung einer gedruckten Zeitung oder Zeitschrift unterscheiden, indem es audiovisuelle Inhalte, Texte, Bilder und interaktive Elemente verbinde. So spreche auch der Wortlaut der Definition des § 2 Abs. 2 Nr. 20 RStV und der dortige Verweis auf Printmedien bzw. die Gestaltung von Zeitungen und Zeitschriften eher für einen Bezug auf die Gattung des Druckwerks105. Eine andere Herangehensweise wählt hingegen der SWR-Rundfunkrat in den Beschlüssen zu swr-online und dem Gemeinschaftsangebot ard.de. Er lässt in seiner Beschlussbegründung erkennen, dass auch Onlineangebote von Zeitungen und Zeitschriften in die Beurteilung der Presseähnlichkeit mit einbezogen werden müssten, da er ausführt, er habe über Zeitungen und Zeitschriften hinaus auch die Onlineauftritte der Verlage in den Blick genommen106. Bei der vorgenommenen Einbeziehung kommt der Rundfunkrat insgesamt aber zu dem Ergebnis, dass keine unzulässigen presseähnlichen Angebote des SWR vorlägen. Auch der MDR-Rundfunkrat stellt in seiner Beschlussbegründung für mdr-online nicht pauschal auf gedruckte Presseangebote ab. Auch er habe der Schwelle zur Presseähnlichkeit besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Hierbei seien laut Staatsvertrag Zeitungen und Zeitschriften als Vergleichsmaßstab heranzuziehen. Auf Grund der dynamischen Marktentwicklung habe der Rundfunkrat auch die Onlineauftritte der Verlage betrachtet, die sich zunehmend multimedial entwickelten. Dennoch führt das Gremium aus, dass nach seiner Ansicht auf Presse im klassischen Sinne und nicht im telemedialen Sinne abzustellen sei. Presse im klassischen Sinne sei von einer Kombination aus umfangreichen Textbeiträgen und Bildern geprägt. Es sei mit Blick auf die gesetzlichen Vorgaben richtig und wichtig, dass die Schwelle zur Presseähnlichkeit in diesem Sinne nicht überschritten werde, was durch das geprüfte Angebot auch nicht der Fall sei. Der rbb-Rundfunkrat führt aus, dass bei der Bestimmung der Presseähnlichkeit laut Staatsvertrag Zeitungen und Zeitschriften als Vergleichsmaßstab heranzuziehen seien. Aufgrund der dynamischen Marktentwicklung habe er jedoch auch die Onlineauftritte mit einbezogen. Diese entwickelten sich ihrerseits zunehmend multimedial. Nach Ansicht des rbb-Rundfunkrats sei gleichwohl auf die Presse im klassischen Sinne und nicht im telemedialen Sinne abzustellen107.

104 Beschluss des Rundfunkrats von Radio Bremen zum Telemedienkonzept Radio Bremen, S. 39; vgl. auch Todsen, Grenzen gebührenfinanzierter Telemedien, S. 71. 105 Beschluss des SR-Rundfunkrats zu SR-online, S. 18. 106 Beschluss des SWR-Rundfunkrats zu SWR.de und zu ARD.de, S. 37 f. 107 Beschluss des rbb-Rundfunkrats zu rbbonline, S. 55.

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

Bemerkenswert ist, dass die Gesetzesdefinition durch viele der Räte offensichtlich gar nicht näher betrachtet wurde. Der Aufzählungscharakter der Norm wird in den Beschlüssen bei der Begründung, dass keine Presseähnlichkeit vorliege, gar nicht aufgegriffen. (a) Merkmal der Textlastigkeit Die Rundfunkgremien stellen in ihren Entscheidungen beinahe einhellig auf gedruckte Presseprodukte als Vergleichsmaßstab ab – kaum ein Gremium sucht den Vergleich auch mit digitalen Presseangeboten. Ein sich herauskristallisierendes Merkmal für die Feststellung der Presseähnlichkeit wird daher konsequent in der statischen Aufbereitung von Text- Bildkombinationen gesehen. Werden nur gedruckte Zeitungen als Vergleichsmaßstab mit einbezogen, so wären nur analoge Angebote für die Abgrenzung erheblich, da die Printpresse naturgemäß keinerlei audiovisuelle Elemente bzw. dynamische Züge aufweist. Hingegen wären internettypische Darstellungsformen wie Fotostrecken bzw. Verlinkungen und multimediale Elemente ein Ausschlusskriterium für die Vergleichbarkeit mit der (analogen) Presse. Die Verwendung des Gestaltungsmerkmals Text für die Inhalte wird somit den Presseprodukten – wenn auch nur in ihrer statischen Ausprägung – zugesprochen. Dies ist grundsätzlich nicht fernliegend, weil Konsumenten von Tageszeitung als deren „Leser“ bei Presseprodukten gleich an die Zurverfügungstellung von Informationen als Text- und Bildangebot denken. Gleichwohl findet sich in der staatsvertraglichen Definition des Gesetzgebers kein direkter Bezug zum Gestaltungsmerkmal Text. Dieses wird jedoch in der amtlichen Begründung aufgegriffen – hier setzt sich der Gesetzgeber intensiv mit dem Merkmal Text und mit ausführlicher Erläuterung des Gesetzgeberwillens beim Verbot presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug auseinander. Er führt darin aus, dass er mit der Regelung dem Umstand Rechnung trage, dass für die Nutzung im Internet gestaltete Angebote regelmäßig aus einer von den Nutzern erwarteten Kombination verschiedener Elemente bestehen, die Text, Ton und Bild verbinden. Vor diesem Hintergrund solle der Tendenz begegnet werden, dass von den Rundfunkanstalten angebotene nichtsendungsbezogene Telemedien den inhaltlichen und gestalterischen Schwerpunkt in Texten setzen. Im Umkehrschluss könne ein solcher Schwerpunkt vermieden werden, wenn öffentlich-rechtliche nichtsendungsbezogene Telemedienangebote ihren Schwerpunkt in einer hörfunk- und/oder fernsehähnlichen Gestaltung haben108. Der Gesetzgeber macht deutlich, dass das Verbot presseähnlicher Angebote keine Untersagung jeglicher Textinhalte ist, denn das Verfassen und Lesen von Texten sei eine Kulturtechnik109. Dazu führt der Gesetzgeber zwei Fälle auf, in denen Texte beispielsweise erforderlich seien: Zum einen würden sie bereits benötigt, um dem 108 109

Amtliche Begründung zu § 11 d Abs. 2 Nr. 3 RStV. Ebd.

B. Materielle Auftragskontrolle

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Nutzer überhaupt den zielgerichteten Zugriff auf ein Telemedium zu ermöglichen. Zum zweiten sei „bei nichtsendungsbezogenen Telemedien beispielsweise auch zu erwarten, dass Texte erforderlich sind, um durch Ton und Bild dargestellte Gestaltungselemente für den Nutzer kognitiv erfassbar zu machen“. Es sei daher angemessen, dass nichtsendungsbezogene Telemedien eine dem jeweiligen Thema entsprechende Kombination von Text, Ton und Bild aufwiesen110. Allerdings wird nach der Analyse der verschiedenen Beschlussbegründungen offenbar, dass die Rundfunkgremien zwar das Merkmal Text als pressetypisch ausgemacht haben, die ausführlichen Vorgaben des Gesetzgebers dazu trotz ihrer deutlichen Erwähnung in der amtlichen Begründung bei der Abwägung jedoch nicht oder nur unzureichend mit einbezogen haben. Der NDR-Rundfunkrat führt dazu im Beschluss zu tagesschau.de lediglich aus: „Auch liegt – wie in der amtlichen Begründung betont – der inhaltliche und gestalterische Schwerpunkt nicht in Texten. Vielmehr ist tagesschau.de als multimediales Angebot anzusehen“111. Die Antwort auf die Frage, wie dieser inhaltliche und gestalterische Schwerpunkt zu definieren ist, bleibt der Rundfunkrat jedoch schuldig. Der Beschluss des MDR-Rundfunkrats greift das Merkmal Text in seiner Beschlussbegründung ebenfalls nur am Rande auf. Er führt aus, dass die Funktionalität des Gesamtauftritts einen gewissen Umfang textlicher Darstellung journalistischer Inhalte erfordere, welche allerdings nicht das Schwergewicht bilden dürfe, wie es auch in der amtlichen Begründung zum Staatsvertrag zum Ausdruck komme112. Dieser Schwerpunkt werde jedoch in dem Angebot des MDR nicht gelegt, da es aus einer Kombination von Text, Ton und Bild bestehe und die Gestaltung von MDROnline „wesentlich durch multimediale Angebotsformen geprägt“ werde und sich zudem durch seinen „interaktiven Charakter“ auszeichne113. Wie diese angeblichen Schwerpunktverhältnisse tatsächlich ausgestaltet sind, wird nicht weiter dargelegt. Der HR-Rundfunkrat geht gar nicht auf eine eventuelle Textlastigkeit ein und führt lediglich aus, er könne Bedenken in Hinblick auf das Verbot der „Presseähnlichkeit“ nichtsendungsbezogener Angebote dadurch ausräumen, dass „seitens der Intendanz die vom Rundfunkrat weiterhin zu überprüfende Zusage gemacht wurde, in Zukunft Sendungsbezüge, Verlinkungen sowie rundfunktypische Darstellungsformen (mit Interviews, Hintergrundberichten etc.) deutlicher herauszustellen und zu stärken“. Hier sollte den zukünftigen Entwicklungen des noch in der Herausbildung befindlichen, neuen Mediums Internet nicht durch eine verfrühte Verengung auf bestimmte Darstellungsformen vorgegriffen werden114.

110 111 112 113 114

Ebd. Beschluss des NDR-Rundfunkrats zu tagesschau.de, S. 27. Beschluss des MDR-Rundfunkrats zu MDR-Online, S. 27. Ebd., S. 27. Beschluss des HR-Rundfunkrats zu boerse.ARD.de, S. 12.

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

Auch der WDR-Rundfunkrat, der in seiner Beschlussbegründung zu wdr.de sowie sportschau.de auch aus der amtlichen Begründung zitiert, geht nicht weiter auf das Merkmal der Textlastigkeit ein. Bei der Festlegung der Kriterien der Presseähnlichkeit stellt der Rundfunkrat nur darauf ab, die Angebote dürften nicht einer Zeitung/Zeitschrift ähnlich sein, ohne damit einen spezifischen Abgrenzungsmaßstab zu treffen bzw. das Merkmal Text aufzugreifen, was verwundert, da der Rundfunkrat eigens ein Gutachten zur „Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Presseähnlichkeit“ hat anfertigen lassen115. Ob das Gutachten eine Auseinandersetzung mit der amtlichen Begründung und dem Merkmal Text beinhaltet, ist unklar, da es nicht veröffentlicht worden ist. Der rbb-Rundfunkrat bezieht in seinem Beschluss zu rbb-online neben dem Merkmal Text auch die Verwendung von Videos, Audios und Webspezifika wie Multimedia-Elemente, Bilder und Bildergalerien sowie interaktive Formate mit ein, die rbb-online in der Gestaltung von der klassischen Presse abgrenzten. Auch fehlten die für Presseseiten klassische Titelseite und der typische Spaltenschriftsatz. Gleichwohl greift das Gremium das Merkmal der Textlastigkeit auf, indem festgestellt wird, dass der Schwerpunkt nicht in Texte gesetzt werden solle. Entsprechend der amtlichen Begründung empfiehlt der rbb-Rundfunkrat daher die Verwendung von hörfunk- und fernsehähnlichen Gestaltungsformen, ohne dabei festzulegen, wann diese Vorgaben erfüllt sein sollen bzw. wie die Schwerpunktverhältnisse anzusetzen seien. Der ZDF-Fernsehrat setzt sich als einziges Gremium sehr intensiv mit dem Gestaltungsmerkmal und der Frage einer möglichen Textlastigkeit von zdf.de auseinander. Er führt in seinem Beschluss diesbezüglich aus: „Aus Sicht des Fernsehrates ist die Frage der Textorientierung ein wichtiger Aspekt zur Klärung der Presseähnlichkeit eines Angebotes. Allerdings darf sie nicht zum alleinigen bzw. zentralen Merkmal des Pressebegriffs erklärt werden. Zwar liegt ein Grund für die besondere Regulierungsbedürftigkeit des Rundfunks verfassungsrechtlich in seiner durch die audiovisuellen Charakteristika geprägten Suggestivkraft, während es sich bei textorientierten Angeboten um eher diskursive Medien handelt. Damit ist aber in rechtlicher Hinsicht der hybride Charakter der Onlinekommunikation nicht zu erfassen, die ihre Besonderheit gerade aus der Kombination ganz unterschiedlicher, vormals getrennter Darstellungsweisen gewinnt. Unter Berücksichtigung eines funktionalen und dynamischen Verständnisses des Rundfunks im Sinne des Bundesverfassungsgerichts kann die Textbasierung aus Verfassungsgründen keine Grenze öffentlich-rechtlicher Onlineaktivitäten sein – jedenfalls dann nicht, wenn das Internet als textorientiertes Metamedium Funktionen des Rundfunks übernimmt. Auch ist aus Sicht des Fernsehrates darauf hinzuweisen, dass das Merkmal der Textorientierung nicht explizit im Gesetzestext erwähnt wird, obwohl im Gesetzgebungsprozess entsprechende Vorschläge gemacht worden waren.116“

115 Sokoll, Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „presseähnliches Angebot“ des § 11 d Abs. 2 Nr. 3, § 2 Abs. 2 Nr. 19 RStV (unveröffentlicht). 116 Beschluss des ZDF-Fernsehrats zu den Telemedienangeboten des ZDF, S. 30 f.

B. Materielle Auftragskontrolle

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(b) Bewertung der Festlegung durch die Gremien Auffällig ist demnach, dass sich die Gremien bei der Frage nach der Textlastigkeit nicht von einem Pressebegriff haben leiten lassen, der auch dynamisch sein kann und nicht lediglich darauf abstellt, ob ausschließlich statische Text-Bild-Kombinationen vorliegen, sondern darauf zielt, ob im Kern eine Textdominanz des Angebots besteht117. Sie haben damit den Pressebegriff vielmehr oftmals schon an dem Umstand scheitern lassen, dass im zu prüfenden Telemedienangebot Verlinkungen bzw. multimediale Elemente vorhanden sind, ohne den Schwerpunkt der Gestaltungsmerkmale zu definieren oder überhaupt zu identifizieren. In der Diskussion um die Textlastigkeit in den öffentlich-rechtlichen Angeboten als Kriterium für deren potenzielle Presseähnlichkeit wird dementsprechend zunehmend angeführt, die technische Entwicklung habe die Trennung von Text und bewegtem Bild hinter sich gelassen, wodurch die Abgrenzung über die Verwendung von Texten nicht möglich sei, da das Internet als multimediales Medium beide Elemente vereine118. Bewegtbilder zu erlauben, aber Nachrichtentexte in einem Internetauftritt verbieten zu wollen, liefe der technischen Entwicklung der Multimedialität entgegen119. Den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf Bewegtbilder zu begrenzen, hieße, ihn daran zu hindern, internetgerechte Angebote zu liefern120. Dem steht entgegen, dass die Intention des Gesetzgebers gar nicht darin lag, den öffentlich-rechtlichen Sendern Texte im Internet zu verbieten, sondern diese nur zu begrenzen bzw. den Schwerpunkt der Berichterstattung auf den audiovisuellen Bereich zu legen. Dafür spricht vor allem die amtliche Begründung mit den darin enthaltenen umfangreichen Ausführungen, dass Texte im Vergleich mit anderen Gestaltungsformen nicht überwiegen dürften, jedoch gleichwohl für bestimmte Funktionen unabdingbar seien121. Die dargestellten Zulässigkeitsbeispiele des Gesetzgebers in der amtlichen Begründung lassen jedoch auf ein eher enges Verständnis der Länder von der Verwendung von Textbestandteilen schließen (die Notwendigkeit von Text, um den Zugriff auf Inhalte in Ton und Bild kognitiv erfassbar zu machen sowie den zielgerichteten Zugriff auf ein Telemedium überhaupt zu ermöglichen)122. Die weitestgehende Interpretation kann demnach nur sein, dass auf den Schwerpunkt der Telemedienangebote und damit eine generelle Textdominanz abzustellen ist, die durch das Verbot nichtsendungsbezogener presseähnlicher Telemedien verhindert 117 Schmidt/Eicher, epd medien Nr. 45/46/2009, S. 5 f.; anders: Gersdorf mit Hinweis auf die Konsequenz für den Normgehalt, AfP 2010, S. 421 ff. (431). 118 Rager/Sehl, Chats, Videos und Communities, S. 33 f. 119 Ebd., S. 33 f. 120 Neuberger, AfP 2009, S. 537 ff. (539); Neuhoff, Rechtsprobleme der Ausgestaltung, S. 175 f. 121 Vgl. die amtliche Begründung zu § 11 d Abs. 2 S. 1 Nr. 3 RStV. 122 Vgl. zur Gegenansicht Gersdorf, AfP 2010, S. 421 ff.; m. N. ebenso Fiedler, K&R 2012, S. 795 ff. (796).

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

werden soll. Jedoch wird in keiner der Genehmigungsbegründungen der ARDSender und lediglich in dem Beschluss des ZDF-Fernsehrats auf den in der amtlichen Begründung abgestellten Schwerpunkt der Berichterstattung näher eingegangen123. Ob das Vorhandensein zahlreicher Textbeiträge den Kern der Berichterstattung ausmachen kann oder nicht, hat kein Gremium zu definieren versucht bzw. generell mit Blick auf den Angebotsbegriff ausgeschlossen. (c) Angebotsbegriff Ein wichtiges Kriterium bei der Abgrenzung eines zulässigen von einem nichtsendungsbezogenen presseähnlichen Angebot wurde – nicht nur in den Genehmigungsbegründungen der Gremien – stets im Angebotsbegriff gesehen. Es ist für die Abgrenzung von zulässigen zu unzulässigen presseähnlichen Inhalten von großer Bedeutung, da hieraus – je nach Auslegung und Anwendung – eine Nichtanwendbarkeit der Verbotsnorm resultieren kann124. Bei einem kleinteiligeren Angebotsbegriff müsste sich jeder einzelne Artikel oder Beitrag der Grenze der Presseähnlichkeit unterwerfen. Würde der Angebotsbegriff erst auf einer höheren Stufe maßgeblich werden – zum Beispiel bei einem ganzen Ressort oder sogar Portal – wäre die Schwelle zur Presseähnlichkeit erst dann überschritten, wenn dort in der Vielzahl der Beiträge statt audiovisuellen Elementen Text/Bild-Kombinationen dominierend sind125. Für die Identifizierung presseähnlicher Angebote ist bei diesen beiden Ansätzen von gänzlich unterschiedlichen Schwerpunktverhältnissen in Bezug auf die Gestaltungselemente und die Darbietungsform auszugehen. Dieses Problem aufgreifend, äußert sich der WDR-Rundfunkrat in seiner Beschlussbegründung folgendermaßen: „Der Umfang des zu prüfenden ,journalistisch-redaktionell gestalteten Angebots‘ ergibt sich leider nicht eindeutig aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 Ziff. 19, da dort der Umfang des Angebotsbegriffs nicht ausdrücklich definiert wird. § 2 Abs. 2 Ziff. 19 erklärt lediglich: ,Im Sinne des Staatsvertrages ist … ein presseähnliches Angebot nicht nur elektronische Ausgaben von Printmedien, sondern alle journalistisch-redaktionell gestalteten Angebote, die nach Gestaltung und Inhalt Zeitungen oder Zeitschriften entsprechen.‘ Es ergibt sich jedoch aus dem systematischen Zusammenhang, dass ein ,Angebot‘ mehr sein muss als ein einzelner online gestellter Beitrag innerhalb eines journalistisch-redaktionell gestalteten Gesamtangebots“126.

In diesem Zusammenhang führt die Beschlussbegründung im Hinblick auf die Presseähnlichkeit weiter aus:

123

Vgl. die nachfolgenden kritischen Ausführungen zur Bestimmung der Schwerpunktverhältnissen innerhalb des ZDF-Fernsehrats. 124 Gersdorf, AfP 2010, S. 421 ff. (433); Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (19); Nawrath, MMR 2011, S. 79 ff. (82). 125 Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (19); Nawrath, MMR 2011, S. 79 ff. (82). 126 Beschluss des WDR-Rundfunkrates zu WDR Text, S. 22.

B. Materielle Auftragskontrolle

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„Von besonderer Bedeutung ist die Vorschrift, dass entsprechend § 2 Abs. 2 Ziff. 19 (s.o) ein ,presseähnliches Angebot‘ dem Vergleichsobjekt einer Zeitung oder Zeitschrift entsprechen muss, d. h. einem redaktionell in sich geschlossenen Gesamtprodukt, und nicht etwa Vergleichsmaßstab die redaktionelle Einheit eines einzelnen Artikels oder Ressorts ist. Diese Definition spricht gegen eine abweichende, engere Betrachtungsweise bei den Telemedien. In § 11 d werden Angebotstypen wie ,Sendungen auf Abruf bis zu sieben Tage‘ oder ,Archive‘ unterschieden; jedoch werden diese nicht etwa jeweils als ,Angebot‘ bezeichnet, sondern als ,Telemedien‘. Im Unterschied dazu heißt es im § 11 d Abs. 2 Ziff. 3, Verweildauern seien ,angebotsabhängig‘ zu differenzieren. Nach § 11 f Abs. 4 ist für ,neue oder veränderte‘ Angebote jeweils ein Drei-Stufen-Test durchzuführen, wobei dem Gesetz nicht entnommen werden kann, dass dieses aufwändige Prüfverfahren für ,kleinteilige‘ Veränderungen vorgesehen sein soll. Der systematische Zusammenhang spricht deshalb bei der Prüfung der Presseähnlichkeit dafür, auf jeweils nach journalistisch-redaktionellen Kriterien in sich geschlossene, abgrenzbare Gesamtangebote abzustellen“127.

Auch der NDR Rundfunkrat bedient sich einer ähnlichen Argumentation. Aus seiner Sicht würde der Begriff des Angebots im Rundfunkstaatsvertrag für größere Einheiten verwendet. § 11 a RStV bezeichne Rundfunkprogramme und Telemedien als Angebote. Sodann unterscheide der Gesetzgeber in §§ 11 b – 11 d RStV Fernsehprogramme, Hörfunkprogramme und Telemedien. In § 11 d RStV spreche der Gesetzgeber von Telemedien und von Telemedienangeboten. § 11 d Abs. 4 RStV bestimme ferner, dass die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten ihre Angebote in elektronischen Portalen anböten. Aufgrund der Verwendung des Begriffes „Angebot“ als übergeordnete Kategorie könne daher geschlossen werden, dass ein Angebot nicht zu kleinteilig bestimmt werden dürfe, zumal sonst auch keine Beschreibung in Form von Konzepten zu erstellen wäre. Anderenfalls käme man zu dem wenig praktikablen Ergebnis, für jede einzelne Webseite ein Testverfahren durchführen zu müssen. Aus diesen Erwägungen heraus sei„ tagesschau.de“ insgesamt als Angebot anzusehen128. Auch andere Gremien legten den Angebotsbegriff entsprechend weitgehend fest. Der MDR-Rundfunkrat bestimmt, bei der Bewertung der Onlineauftritte sei nach seiner Auffassung das jeweilige Telemedienangebot insgesamt in den Blick zu nehmen, so dass nicht jeder einzelne Beitrag auf seine Presseähnlichkeit hin zu untersuchen sei129. Damit sei das Gesamtportal mdr-online das zu prüfende Angebot, welches die Schwelle der Presseähnlichkeit nicht übertreten dürfe. Der ZDF-Fernsehrat hat zu der Frage des Angebotsbegriffs ein Kurzgutachten erstellen lassen. Im Hinblick auf die Presseähnlichkeit und die Beurteilung, ob einzelne Beiträge presseähnlich sein könnten, führt er in der Beschlussbegründung schließlich aus:

127 128 129

Ebd., S. 22. Beschluss des NDR-Rundfunkrats zu tagesschau.de, S. 27. Beschluss des MDR-Rundfunkrats zu MDR-Online, S. 27.

146

Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

„Hinsichtlich des Angebotsbegriffs geht der Fernsehrat – wie bereits dargelegt – davon aus, dass darunter im Sinne des Rundfunkstaatsvertrags größere, eigenständige Einheiten zu verstehen sind. Daher ist bei der Überprüfung der Presseähnlichkeit auf die Gesamtanmutung des jeweiligen Angebotes abzustellen. Nach Sinn und Zweck der Norm sind als Angebote Teile eines öffentlich-rechtlichen Telemedienkonzeptes anzusehen, die eigenständig in publizistische Konkurrenz zu anderen Angeboten – etwa von Verlagen – treten können. Nicht ausreichend zur Feststellung der Presseähnlichkeit ist es, dass vereinzelte Teile eines Gesamtauftrittes oder gar einzelne Artikel durch Gestaltungsmerkmale von Zeitungen oder Zeitschriften geprägt sind. Letzteres ergibt allein deswegen wenig Sinn, weil mit den Vergleichsgrößen Zeitungen und Zeitschriften selbst größere, abgeschlossene Einheiten beschrieben werden“130.

Ebenso argumentiert der Rundfunkrat von radiobremen, der zwar nicht pauschal auf das Gesamtangebot abstellt, bei der Frage der Presseähnlichkeit jedoch feststellt, dass nicht der einzelne Beitrag gemeint sein könne, der sich der Schranke der Presseähnlichkeit unterwerfen müsse131. Der rbb-Rundfunkrat bleibt bei der Bestimmung des Angebotsbegriffs eine Begründung schuldig, indem er lediglich feststellt: „Bei der Bewertung des Onlineauftrittes ist das Telemedienangebot insgesamt in den Blick zu nehmen, so dass nicht jeder einzelne Beitrag auf seine Presseähnlichkeit hin zu untersuchen ist“132.

(d) Bewertung der Bestimmung des Angebotsbegriffs Der von den Gremien gewählte Ansatz überzeugt nicht. Ihm ist entgegenzuhalten, dass der beispielsweise vom WDR-Rundfunkrat zitierte angebliche systematische Zusammenhang im Rundfunkstaatsvertrag auch so zu lesen sein kann, dass damit die gegenteilige Auffassung begründet wird, wonach ein Angebot auch als einzelner Artikel bzw. Beitrag den Zulässigkeitsschranken unterfallen muss und damit auch Einzelbeiträge Angebote im Sinne des Rundfunkstaatsvertrag wären. In § 11 d Abs. 3 Satz 2 RStV wird dies deutlich, indem festgeschrieben ist, das bei sendungsbezogenen Telemedien der zeitliche und inhaltliche Bezug zu einer bestimmten Sendung im „jeweiligen Telemedienangebot“ ausgewiesen werden muss. Auch die Legaldefinition des Sendungsbezugs in § 2 d Abs. 2 Nr. 19 RStV verwendet den Begriff des Angebots. Demnach muss bei Telemedien der Sendungsbezug jeweils zu einer konkreten Sendung vorliegen und damit ausgewiesen werden. Dies kann nur so zu interpretieren sein, dass damit einzelne Beiträge gemeint sind133. Denn im Sinne der Nachweisregelung des § 11 d Abs. 3 S. 2 RStV würde ein Te130 131

S. 39. 132

Beschluss des ZDF-Fernsehrats zu den Telemedienangeboten des ZDF, S. 29 f. Beschluss des Rundfunkrats von Radio Bremen zum Telemedienkonzept Radio Bremen,

Beschluss des rbb-Rundfunkrats zu rbbonline, S. 55. Gersdorf, in: Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, § 11 d RStV, Rn. 28; ders., AfP 2010, S. 421 ff. (433); Fiedler, K&R 2012, S. 795 ff. (797). 133

B. Materielle Auftragskontrolle

147

lemedienangebot als komplettes Portal (beispielsweise heute.de oder tagesschau.de) mit seinen unzähligen Beiträgen, Videos, Artikeln, Fotos und Graphiken sich niemals nur auf eine konkrete Sendung beziehen können – die Sendungen, aus denen die Beiträge (Nachrichten und Informationen aller Art) geschöpft werden, sind zu vielfältig. Selbst Vertreter der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beteuern immer wieder selbst, eine Angabe des geforderten konkreten Sendungsbezugs im „Telemedienangebot“ sei wegen des großen Aufwands für die Redaktionen faktisch nicht zu leisten134. Dies zeigt, dass hier anscheinend der Angebotsbegriff so verstanden wird, dass ein einzelner Artikel unter die Regelung fallen und dieser als „Angebot im Sinne des Rundfunkstaatsvertrags“ gelten muss. So gehen auch die Rundfunkgremien vielfach in ihren Beschlussbegründungen davon aus, dass der Sendungsbezug jeweils beim konkreten Beitrag festzumachen sei. Zum Beispiel führt der rbb-Rundfunkrat aus, dass die Auslegung des Gesetzeswortlautes und der amtlichen Begründung auf ein Verständnis des Sendungsbezuges auf sehr konkreter Ebene im Sinne eines einzelnen Beitrages schließen lassen. Dieser vom Gesetz geforderte strenge Sendungsbezug ließe jedoch eine intensive Beeinträchtigung der Programmautonomie und eine Behinderung in der laufenden redaktionellen Arbeit befürchten135. So sieht es auch der NDR-Rundfunkrat in seiner Beschlussbegründung zu tagesschau.de. Er beschreibt darin, eine strikte Beschränkung des Sendungsbezugs auf die für die jeweilige Sendung benutzten Materialien und Quellen führe dazu, dass Aktualisierungen behindert oder sogar unmöglich gemacht würden. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf eine durch die Gremien und die Rechtsaufsicht kaum zu leistende Kontrolle des jeweiligen Sendungsbezugs der Vielzahl von Inhalten sei es aus seiner Sicht zu begrüßen, dass der NDR das gesamte Angebot tagesschau.de zum Gegenstand des Dreistufentests gemacht habe, ohne zwischen sendungsbezogenen und nichtsendungsbezogenen Inhalten zu unterscheiden136. Durch dieses Vorgehen wird die Ausweisung des Sendungsbezugs hinfällig. Die Gremien interpretieren die Nachweisregelung des Sendungsbezugs in §§ 11 d Abs. 3 Satz 2, 2 Abs. 2 Nr. 19 RStV auf einer sehr kleinteiligen Ebene. Sie führen aus, die Kennzeichnung des Angebots würde eine Behinderung der redaktionellen Arbeit bzw. bürokratischen Aufwand bedeuten, da sie unter jeden Beitrag zu erfolgen habe. An anderer Stelle jedoch – nämlich bei der Beurteilung des Begriffs des presseähnlichen Angebots – wollen sich die Rundfunkräte nicht daran festhalten 134 Vgl. Schmidt/Eicher, epd medien Nr. 45/46/2009, S. 5 f. (6); so auch das Vorbringen des Intendanten von Radio Bremen im Telemedienkonzept Radio Bremen, zitiert im Beschluss des Rundfunkrats zum Telemedienkonzept Radio Bremen, S. 23. 135 Vgl. den Beschluss des rbb-Rundfunkrats zum Angebot rbbtext, S. 39 f. Der Rundfunkrat verweist darin auch auf die Ausführungen von Hain, Die zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen der Telemedienangebote, S. 86. 136 Beschluss des NDR-Rundfunkrats zu tagesschau.de, S. 16 f..

148

Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

lassen, dass auch einzelne Beiträge und nicht nur ganze Portale vom Angebotsbegriff umfasst sind. Dies macht eine sehr widersprüchliche Handhabung der rechtlichen Vorgaben deutlich. Obwohl auch einige Rundfunkräte sowie der ZDF-Fernsehrat den Angebotsbegriff offenlassen bzw. angeben, dass dieser nach Sinn und Zweck der Norm ausgelegt werden müsse, kommen alle Rundfunkgremien von ARD und ZDF gleichwohl zu dem Schluss, dass bei dem Verbot presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug nicht auf einen einzelnen Beitrag, sondern auf das Gesamtangebot abzustellen sei137. Wie das Gesamtangebot jedoch zu definieren sei, wird nicht festgelegt. So bleibt es nach den Genehmigungsbegründungen weitgehend offen, ob beispielsweise das Nachrichtenportal heute.de oder das Gesamtportal zdf.de, das auf heute.de als Teilbereich verweist, als Gesamtangebot anzusehen ist. Auch ist nach der vertretenen Gremienansicht eine Analyse der Schwerpunktverhältnisse zwischen Text und Audio/Video als Gestaltungsmerkmale obsolet, da die Gremien eine solche Festlegung für nicht erforderlich erachten und die Tatsache, dass ein Internetangebot Verlinkungen enthält, bereits als ausreichender Beweis für eine nicht bestehende Presseähnlichkeit herangezogen wird. Ein Beleg hierfür wird jedoch entweder nicht vorgelegt, oder nicht berücksichtigt. Wenn jedoch schon auf das Gesamtangebot eines Portals für die Bestimmung eines unzulässigen Angebots abgestellt wird, müssen zumindest die Hauptbestandteile bzw. Schwerpunktverhältnisse der Gestaltung ermittelt werden, so wie dies auch die amtliche Begründung (schwerpunktmäßig hörfunk- und fernsehähnlich) festlegt. Einzig der ZDF-Fernsehrat hat eine solche Analyse in Ansätzen getätigt. Das Kontrollgremium stützt sich bei seiner Einschätzung, dass es sich bei zdf.de um ein multimediales Angebot handele, auf einen von ihm angeforderten inhaltsanalytischen Vergleich der Startseiten von ZDF-Telemedien mit den entsprechenden Seiten von Wettbewerbern, die der Intendant des Senders anfertigen ließ. Demnach sei der Bild- und Videoanteil bei zdf.de und heute.de deutlich höher als derjenige auf den Startseiten von vergleichbaren Onlineangeboten der Printverlage. So betrage der Anteil von Artikeln, die das Element Video enthielten, auf der Startseite von heute.de 34 Prozent; hingegen auf den Startseiten von Spiegel Online 17 Prozent, bild.de 9 Prozent und sueddeutsche.de 4 Prozent, weshalb der Anteil auf dem ZDF-Portal erheblich geringer sei. Die genannten ZDF-Telemedien wiesen zudem den im Vergleich mit den anderen genannten Angeboten höchsten Anteil an Links zu Mediatheken und Videos auf138. Zunächst bleibt festzuhalten, dass der ZDF-Fernsehrat das einzige Gremium ist, welches überhaupt solche Angaben zum Anteil audiovisueller Elementen eingeholt hat. Dennoch verwundert die Vorgehensweise des Senders. Es ist nicht nachvoll137

Vgl. beispielsweise den Beschluss des Rundfunkrats von Radio Bremen zum Telemedienkonzept Radio Bremen, S. 39 sowie den Beschluss des ZDF-Fernsehrats zu den Telemedienangeboten des ZDF, S. 29. 138 Beschluss des ZDF-Fernsehrats zu zdf.de, S. 31 f.

B. Materielle Auftragskontrolle

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ziehbar, warum hier ein Vergleich der Startseiten vorgenommen wurde. Diese sind naturgemäß weitaus audiovisueller gehalten als beispielsweise die Ressortübersichten oder andere darunter befindliche Seiten der Rundfunkanstalten. So bündelt das Portal zdf.de das Gesamtangebot des ZDF im Internet, das heißt nicht nur das Nachrichtenangebot heute.de, sondern beispielsweise auch die ZDF-Mediathek, Programmübersichten und den Sport. Die Startseite des Portals heute.de weist auf alle Nachrichtensendungen und damit auch die Inhalte der Mediathek hin, sodass hier absehbar ein anderes Schwerpunktverhältnis vorliegt, als in den einzelnen Ressorts, beispielsweise Politik oder Wirtschaft. Zudem wird der angeführte Videoanteil in Höhe von 34 Prozent gar nicht im Hinblick auf Schwerpunktverhältnisse innerhalb der Vorgaben für Telemedien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beurteilt, sondern nur im Verhältnis zu Verlagsangeboten. Dieser Vergleich hat aber nichts mit den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags gemein, der von einem hörfunk- und fernsehähnlichen Schwerpunkt innerhalb des öffentlich-rechtlichen Telemediums ausgeht und nicht von einem Schwerpunkt im Hinblick auf Verlagsangebote im Internet. Auch ist dieser Vergleich insofern inkonsequent, als es der Fernsehrat einerseits ablehnt, Onlineportale der Verlage für die Abgrenzung mit einzubeziehen, da hierfür nur gedruckte Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften maßgeblich seien, andererseits jedoch Onlineangebote der Verlage in einen Schwerpunktvergleich mit aufnimmt, obwohl diese dafür unerheblich sind. Schließlich ist es problematisch, wenn darauf hingewiesen wird, unter Textbeiträgen würden sich Links auf audiovisuelle Elemente finden. Dies würde nämlich nichts an dem Umstand einer textbasierten Berichterstattung ändern, da die Rezeption der Nutzer im Lesen des Textes liegt, auch wenn diese am Ende des Beitrags die Möglichkeit erhalten, ein entsprechendes Video/Audio dafür aufzurufen. Dennoch ist der ZDF-Fernsehrat das einzige Gremium innerhalb der öffentlich-rechtlichen Anstalten, welches sich offenkundig mit den Schwerpunktverhältnissen von Text und multimedialen Inhalten auseinandergesetzt hatte. Andere Rundfunkräte der Anstalten erachteten dies für nicht notwendig. c) Bewertung der Bestimmung der Presseähnlichkeit durch die Gremien Grundsätzlich können die gefundenen Ergebnisse zur Identifizierung presseähnlicher Angebote nicht überzeugen. Die Festlegung auf rein statische Gestaltungselemente für die Abgrenzung greift zu kurz, denn sie hätte zur Konsequenz, dass – außer E-Paper-Ausgaben gedruckter Presseprodukte – niemals presseähnliche Telemedien vorliegen könnten139. Dementsprechend werden von den Gremien in den Drei-Stufen-Testverfahren für den Bestand auch keine presseähnlichen Angebotsformen identifiziert. 139 Mit Hinweis auf die „starke Einschränkung des Begriffs der Presseähnlichkeit“, Neuhoff, Rechtsprobleme der Ausgestaltung, S. 174.

150

Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

Hier ist es nicht nachvollziehbar, dass die Ausführungen in der amtlichen Begründung offenbar nicht oder kaum weiterführend zur Auslegung der Norm herangezogen worden sind. Der ZDF-Fernsehrat führt in seiner Beschlussbegründung beispielsweise aus, dass der Begriff der Presseähnlichkeit einer Klärung bedürfe. Weiterhin zieht er für diese Interpretation die klassische teleologische Auslegungsform einer Norm heran, in dem er feststellt: „Nach Sinn und Zweck der Norm sind als Angebote Teile eines öffentlich-rechtlichen Telemedienkonzeptes anzusehen, die eigenständig in publizistische Konkurrenz zu anderen Angeboten – etwa von Verlagen – treten können“140. Bei den Ausführungen zum Begrenzungsmerkmal der Textlastigkeit, das offenkundig dem Gesetzgeberwillen entspricht und im Rahmen der historischen Auslegung einer Norm ebenso herangezogen werden müsste, erklärt der ZDF-Fernsehrat in seinem Beschluss jedoch, der Gesetzgeber habe das Merkmal Text nicht explizit in den Gesetzestext aufgenommen – „an diesem Umstand ändere auch nichts, dass die amtliche Begründung darauf abstelle141. Es ist nicht nachvollziehbar, dass das Kontrollgremium zunächst angibt, ein Begriff müsse (mit Hinweis auf die teleologische Auslegung) ausgelegt werden, eine gängige Auslegungsmethode dann aber im nächsten Schritt ignoriert wird. Zudem lässt die von den Gremien ausnahmslos vorgenommene Festlegung des Angebotsbegriffs auf ganze Portale und nicht konkrete Beiträge eine mögliche Presseähnlichkeit auf der Ebene des Angebotsbegriffs pauschal scheitern. Dies irritiert, da im gleichen Zug vertreten wird, multimediale Elemente seien vorhanden, ohne auf Schwerpunktverhältnisse abzustellen. Öffentlich-rechtliche Portale und Onlineauftritte haben durch immer vorhandene interaktive Elemente (Audios, Videos und Bildergalerien) genug Potenzial, um dem Anwendungsbereich der Regelung, die offenkundig nicht auf Audios und Videos abzielt, vollständig zu entgehen142. Der Regelung des § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3 RStV wäre damit jegliche materielle Begrenzungsfunktion entzogen143. Die Festlegung auf das Gesamtangebot als Maßstab für die Überprüfung der Presseähnlichkeit begegnet zudem erheblichen Zweifeln, da auch der Ausweis des Sendungsbezugs anhand konkreter Einzelbeiträge zu erfolgen hat. Schließlich lassen die Ergebnisse der Gremien (mit Ausnahme der allerdings nur unzureichenden Analyse des ZDF-Fernsehrats) Ausführungen zu den Schwerpunktverhältnissen vermissen. Durch den pauschalen Vortrag, es lägen multimediale Elemente vor, wird nicht erörtert, ob pressemäßige Einzelbeiträge einen breiten Raum einnehmen können bzw. in welchem Verhältnis die Anteile von Text zu Audio/ Video zueinander stehen. Auch hier kommt es zu dem nicht nachvollziehbaren 140

Beschluss des ZDF-Fernsehrats zu den Telemedienangeboten des ZDF, S. 29. Ebd., S. 30 f. (dort Fn. 31). 142 Vgl. Gersdorf, in: Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, § 11 d RStV, Rn. 29; ders., AfP 2010, S. 421 ff. (433); Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (19). 143 Vgl. Gersdorf, in: Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, § 11 d RStV, Rn. 29; ders., AfP 2010, S. 421 ff. (422). 141

B. Materielle Auftragskontrolle

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Ergebnis, dass vereinzelte multimediale Elemente in einem ansonsten ganz überwiegenden Textangebot eine Presseähnlichkeit immer ausschließen. d) Auslegung der Presseähnlichkeit durch das Gutachten von Papier/Schröder Gestützt wurden diese Festlegungen der ARD-Gremien in Bezug auf die Bestimmung der Presseähnlichkeit durch ein von der Gremienvorsitzendenkonferenz (GVK) vor Abschluss der Drei-Stufen-Tests in Auftrag gegebenes Gutachten des ehemaligen Bundesverfassungsgerichtspräsidenten Hans-Jürgen Papier unter Mitwirkung von Meinhard Schröder „Zur Abgrenzung der Rundfunk- und Pressefreiheit zur Auslegung des Begriffs der „Presseähnlichkeit“ und Anwendung des Verbots nicht sendungsbezogener presseähnlicher Angebote gemäß § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3 RStV“144. Das Gutachten wurde von einer Pressemitteilung der GVK145, in der die Gremien die Ergebnisse begrüßten, begleitet und in einer Pressekonferenz zum Abschluss der Drei-Stufen-Testverfahren von Gremienvertretern in Berlin vorgestellt. Papier/Schröder kommen in dem Gutachten zu dem Ergebnis, dass digitale Textangebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten zulässig und verfassungsrechtlich sogar geboten seien. Sie begründen dies damit, dass die Presse im Internet auf dem Gebiet des Rundfunks tätig sei und damit die Konkurrenz des öffentlichrechtlichen Rundfunks aushalten müsse. Papier/Schröder setzen sich zunächst mit den Begriffen der Presse- und der Rundfunkfreiheit auseinander, wobei sie feststellen, dass der Schutzbereich der Presse ein körperliches Trägermedium erfordere, während der Rundfunk physikalische Übertragungswellen verlange146. Papier/ Schröder führen aus, dass die Pressefreiheit als Auffangtatbestand für Sachverhalte diene, die nicht Film oder Rundfunk darstellten, was hinsichtlich bloßer AnnexTätigkeiten zu Schwierigkeiten führe, da sich eine Abgrenzung hier nicht einfach durchführen lasse147. Dennoch seien Internetangebote, „bei denen Texte, Töne etc. als Datei“ vorlägen und die „über ein Netz abrufbar“ seien, „grundsätzlich als Rundfunk zu qualifizieren“148. Nach dieser Abgrenzung reiche der verfassungsrechtliche Pressebegriff damit maximal bis zur Faksimile-Zeitung in den Bereich des Internets, nicht jedoch bis zu einem Onlineangebot, das eigenständig redaktionell

144

Abgedruckt in epd medien Nr. 60/2010. Die Pressemitteilung der GVK vom 01. Juli 2010 war überschrieben mit dem kurzen Zitat „Presse macht Rundfunk“. Dies wurde im Nachhinein jedoch angepasst, da es hierzu Kritik gab. Die neue Überschrift lautet: „Verfassungsrechtliches Gutachten zur ,Presseähnlichkeit‘ von Onlineangeboten und zur Abgrenzung von Rundfunk und Presse im Internet: Presse macht Rundfunk“. 146 Papier/Schröder, epd medien Nr. 60/2010, S. 16 ff. (18). 147 Ebd., S. 22 f. 148 Ebd., S. 23. 145

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

gestaltet sei149. Daraus ergebe sich, dass Verlage im Internet mit den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten „auf dem Gebiet des Rundfunks im weiteren Sinne“ konkurrierten150. Papier/Schröder ziehen daraus für die Auslegung des Verbots presseähnlicher Angebote gemäß § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3 RStV folgende Schlüsse: Die gebotene verfassungsrechtliche Bewertung der Norm führe dazu, dass der Anwendungsbereich der Regelung auf gedruckte Ausgaben der Presse zu reduzieren sei. Dies hätte zwar eine erhebliche Einschränkung des Anwendungsbereichs der Regelung zum Ergebnis, da nach diesen Maßstäben „wohl kaum ein Onlineangebot presseähnlich“ sei – eine solch restriktive Auslegung sei jedoch zwingend erforderlich151. Ansonsten wäre die verfassungsrechtliche Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch das Vordringen der Presse im Onlinebereich einseitig beschnitten152. Damit der Rundfunk seinen Grundversorgungsauftrag wahrnehmen könne, für den wesentliches Kriterium sei, dass der Bürger darauf vertrauen könne, in den Angeboten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanbieter einen „objektiven und nicht tendenziösen Überblick über das Meinungsspektrum“153 präsentiert zu bekommen154, müsse der Anwendungsbereich der Norm damit faktisch auf Null reduziert werden – jedenfalls für den digitalen Bereich155. Das Gutachten ist nach seiner Veröffentlichung auf erhebliche Kritik seitens zahlreicher rechtswissenschaftlicher Autoren und erwartungsgemäß auch Pressevertretern156 gestoßen. e) Kritische Würdigung des Gutachtens in der Rechtsliteratur Vor allen anderen ist hier Gersdorf zu nennen, der den von Papier/Schröder vertretenen Thesen einer verfassungsrechtlichen Notwendigkeit eigenständiger öf149

Ebd., S. 23. Ebd., S. 23. 151 Ebd., S. 29. 152 Ebd., S. 29. 153 Ebd., S. 21. 154 Unter Berufung auf Rösler, der bei Textangeboten von einer niedrigen Marktzutrittsbarriere und dem damit verbundenen hinreichenden Wettbewerb spricht, jedoch aus diesem Grund im Gegensatz zu Papier eine Beschränkung von eigenständigen Textangeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fordert und den Einfluss des Europarechts als Wettbewerbshüter begrüßt, JZ 2009, S. 434 ff. (447). 155 Papier/Schröder, epd medien Nr. 60/2010, S. 16 ff. (29). 156 Vgl. beispielsweise Hanfeld, der in einem Leitartikel von „Bestellten Wahrheiten“ spricht, FAZ vom 21. 07. 2010, S. 1. Der Artikel hat zu einem Briefwechsel zwischen dem Intendanten des SWR, Peter Boudgoust, und dem Herausgeber der FAZ, Frank Schirrmacher, geführt, da sich Boudgoust in einem Brief an Schirrmacher über das Publizieren des Leitartikels von Michael Hanfeld beschwerte. Schirrmacher reagierte auf diese Beschwerde mit Unverständnis; vgl. das Schreiben von Boudgoust, veröffentlicht auf der Internetseite intern.ard.de vom 21. 07. 2010 sowie den offenen Antwortbrief von Schirrmacher an Boudgoust, veröffentlicht in der FAZ vom 26. 07. 2010. 150

B. Materielle Auftragskontrolle

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fentlich-rechtlicher Lesemedien in einem in der Folge veröffentlichten Aufsatz entgegentritt, indem er sie ausführlich und zutreffend widerlegt157. Gersdorf weist darin die von Papier/Schröder vorgenommene Einbeziehung eigenständiger Textangebote in die Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als unzutreffend zurück. Eine gebührenfinanzierte Printpresse sei ein verfassungsrechtliches Tabu, welches aus diesem Grund auch niemand fordere158. Die Ausweitung des öffentlich-rechtlichen Funktionsauftrags auf die digitale Presse sei mit der Rechtfertigung, bei der digitalen Transportform des Internet habe etwas anderes zu gelten, verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen159. Die Einordnung digitaler Lesemedien aufgrund rein formaler Kriterien unter das Regime der Rundfunkfreiheit sei „anachronistisch“, denn auch die Pressefreiheit sei entwicklungsoffen und dynamisch zu interpretieren160. Mittelfristig sei ohnehin mit einer schleichenden Substitution der Druckpresse mit digitalen Leseangeboten von Zeitungen und Zeitschriften zu rechnen161, weswegen trotzdem nicht von einer Aushöhlung des Grundrechts der Pressefreiheit auszugehen sei. Würden alle digitalen Dienste per se unter das Grundrecht der Rundfunkfreiheit gestellt, würde dieses Grundrecht zu Unrecht und auf Kosten anderer Freiheitsrechte zu einem „Supergrundrecht mutieren“162. Jedoch sei davon auszugehen, dass Textdienste, die in einem funktionalen Bezug zu einem Rundfunkprogramm eines Rundfunkveranstalters stünden, als Annextätigkeit unter den Schutzbereich der Rundfunkfreiheit zu fassen seien – fehle dieser jedoch, gelte für Textdienste das Ordnungsprinzip der Pressefreiheit und für Audio-/Videobeiträge der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG163. Nach diesen Ausführungen widerlegt Gersdorf im Folgenden die These von Papier/Schröder, wonach elektronisch verbreitete Textangebote des öffentlichrechtlichen Rundfunks mit der Entwicklungsgarantie und dem Grundversorgungsauftrag zu rechtfertigen seien164. Im Hinblick auf Textangebote habe das Bundesverfassungsgericht nie festgestellt, dass solche geboten seien, da es bei neuen Verbreitungsformen darauf abstelle, ob diese „künftig Funktionen des herkömmlichen

157

Gersdorf, AfP 2010, S. 421 ff. Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 102; ders., AfP 2010, S. 421 ff. (421). 159 Gersdorf, AfP 2010, S. 421 ff. (421). 160 Vgl. auch Fiedler, AfP 2011, S. 15 ff.; dens., Meinungsfreiheit in einer vernetzten Welt, S. 28 f.; andere Auffassung: Kahl, Internetfreiheit im deutschen und europäischen Verfassungsrecht, S. 23 f.; gegen die Einordnung nach der Begriffsjurisprudenz spricht sich Castendyk aus, AfP 2008, S. 467 ff. (472). 161 Gersdorf, AfP 2010, S. 421 ff. (423). 162 Gersdorf, AfP 2010, S. 421 ff. (423 f.; ders., Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit als „Supergrundrecht“?, S. 141 f. 163 Gersdorf, AfP 2010, S. 421 ff. (423); ders., Legitimation und Limitierung, S. 105 f.; ders., Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit als „Supergrundrecht“?, S. 141 f.; ders., Regelungskompetenzen bei der Belegung digitaler Kabelnetze, S. 56. 164 Gersdorf, AfP 2010, S. 421 ff. (425 ff.). 158

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

Rundfunks übernehmen“165 bzw. „in erheblichem Umfang an die Stelle des herkömmlichen Rundfunks treten“166. Die Entwicklungsgarantie könne sich daher auch nur auf für den Rundfunk typische Dienste erstrecken, die in Ton- und Bewegtbildelementen lägen167. Auch die von Papier/Schröder angeführte Orientierungsfunktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Internet kritisiert er als fehlgehend, da die Nutzer im Internet bei professionellen privatfinanzierten Medien so gut aufgehoben seien wie in der analogen Welt und ARD und ZDF hier nichts Außergewöhnliches leisten müssten und könnten, was nicht bereits vorhanden sei168. Weiterhin stellt Gersdorf heraus, dass der von Papier/Schröder aufgrund der von ihnen als verfassungsrechtlich notwendig angenommenen, sehr einschränkenden Auslegung des § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3 RStV die rechtliche Grundlage fehle, da sie der Norm „jede materielle Begrenzungskraft“ raube169. Der Gesetzgeber habe sich zur Aufgabe gemacht, den Schutz der Presse durch die Verbotsnorm des § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3 RStV zu gewährleisten, welcher sich auf solche Angebote erstrecke, „die (schwerpunktmäßig) aus Texten, Grafiken und (stehenden) Bildern bestehen und damit – ebenso wie die klassische Presse – Züge eines Lesemediums trügen“170. Dies sei vor dem Hintergrund der staatlichen Neutralitätspflicht zu sehen, die dem Staat auferlege, nicht in den publizistischen Wettbewerb einzugreifen171. Auch andere Autoren kritisierten die Ausführungen von Papier/Schröder, mit denen diese das verfassungsrechtliche Gebot von Lesemedien begründen. Ladeur merkt an, das Gutachten ließe „wenig (oder gar kein) Verständnis für den grundle-

165

(427). 166

BVerfGE 83, S. 238 (302 f.) = AfP 1991, S. 389; vgl. Gersdorf, AfP 2010, S. 421 ff.

BVerfGE 74, S. 297 (353) = AfP 1987, S. 478; vgl. Gersdorf, AfP 2010, S. 421 ff. (427). Gersdorf mit Hinweis auf den Baden-Württemberg-Beschluss zum Videotext, welcher danach als nicht unter den Grundversorgungsauftrag fallend zu fassen sei, BVerfGE 74, S. 297 (352) = AfP 1987, S. 478; AfP 2010, S. 421 ff. (427); ähnlich auch Castendyk, der feststellt, die Entwicklungsgarantie sei kein Freibrief, mit dem der öffentlich-rechtliche Rundfunk „in jedes neue Medium einsteigen kann, ohne vom Gesetzgeber begrenzt werden zu können“, AfP 2008, S. 467 ff. (471). 168 Gersdorf zeigt im Weiteren auf, dass alle Gründe, die Papier/Schröder als Rechtfertigung für gebührenfinanzierte Angebote in Hinblick auf den privaten Mediensektor im Internet anführen, auch für den analogen Bereich gelten und damit eine öffentlich-rechtliche Printpresse rechtfertigen müssten, welche jedoch – aus guten Gründen – niemand zu fordern wage, vgl. AfP 2010, S. 421 ff. (427); für ein „must have“ im Gegensatz zu einem „nice to have“ als Legitimation öffentlich-rechtlicher digitaler Dienste spricht sich auch Castendyk aus, AfP 2008, S. 467 ff. (471). 169 Gersdorf, AfP 2010, S. 421 ff. (433 f.). 170 Gersdorf, AfP 2010, S. 421 ff. (433 f.). 171 Ebd., S. 433, mit Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfGE, nach der „Verzerrungen des publizistischen Wettbewerbs insgesamt vermieden werden müssen“, BVerfGE 80, S. 124 (133 f.) = AfP 1989 S. 658; BVerfGE 20 S. 162 (174); 66 S. 116 (133) = AfP 1984 S. 94; vgl. auch dens., Legitimation und Limitierung, S. 72 ff. und 107 f. 167

B. Materielle Auftragskontrolle

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genden Wandel der Medien durch die Entwicklung des Internet (…) erkennen“172. Die Feststellung, der öffentlich-rechtliche Rundfunk habe im Internet eine Art Leuchtturmfunktion wahrzunehmen, da dort durch zahlreiche Angebote ein zu hohes Maß an Vielfalt bestehe, dem durch ein „konzentriertes“ vielfältiges Portfolio der Sender abzuhelfen sei, und die Annahme, es könne dem Bürger nicht zugemutet werden, sich sein Informationsangebot „selbst zusammen zu suchen“, offenbarten ein „eigenartiges Verständnis von Medien- und Kommunikationsfreiheit“173. Die Argumentation der Gutachter, die eine sehr weitreichende Rolle des öffentlichrechtlichen Rundfunks definierten, ohne die neuen Gegebenheiten des „Meta-Mediums“ Internet genauer zu beleuchten, sei „schwer nachvollziehbar“. Müller-Terpitz hatte dieser Argumentation des angeblichen „Scouts durch den Dickicht der Vielfalt“174 bereits zuvor die Legitimation abgesprochen. Das Bundesverfassungsgericht habe dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht diese Aufgabe zugesprochen, sondern festgestellt, er habe für Meinungsvielfalt und Ausgewogenheit zu sorgen175. Im Übrigen könne und müsse der Gesetzgeber entscheiden, ob er den öffentlich-rechtlichen Anstalten im Netz Grenzen setze (etwa, um die ökonomische Grundlage der Verlage zu schützen und so die publizistische Vielfalt zu sichern) – er unterliege damit nicht, wie Papier/Schröder ausführten, einer verfassungsrechtlich gebotenen Ausgestaltungssperre176. Papier/Schröder setzten sich mit einem solchen Begriffsverständnis „über den Wortlaut des Rundfunkstaatsvertrags und den Willen des Gesetzgebers“ hinweg177. Degenhart kritisiert, Papier/Schröder hätten „nicht überzeugend dargestellt, warum – wie bisher im Rundfunk – auch im Internet eine Grundversorgung durch die öffentlich-rechtlichen Anstalten nötig sein soll“. Sie blieben „die Antwort schuldig, welche spezifische Leistung die Öffentlich-Rechtlichen im Internet im Vergleich zu anderen Anbietern erbringen können“178. Bereits die Annahme einer dem klassischen Rundfunk entsprechenden Bedeutung des Internets für die öffentliche Meinungsbildung sei aufgrund der Angebots- und Nutzungsstruktur abwegig179. Daher bedürfe es auch keiner Ausgleichfunktion von Vielfaltsdefiziten durch den öffentlichrechtlichen Rundfunk180. 172

Ladeur, „Presseähnliche“ Online-Dienste der Öffentlich-Rechtlichen, Beitrag auf Telemedicus.info vom 11. 08. 2010. 173 Ebd. 174 Müller-Terpitz, AfP 2008, S. 335 ff. (340). 175 Ebd., S. 340. 176 Dies äußerte Müller-Terpitz gegenüber Die Welt, Beitrag von Ileana Grabitz vom 23. 07. 2010. 177 So äußerte sich Müller-Terpitz in einem Interview mit der Braunschweiger Zeitung vom 20. 10. 2010. 178 Vgl. die Aussagen Degenharts gegenüber der dpa vom 28. 07. 2010. 179 Degenhart, CR 4/2011, S. 231 ff. (236). 180 Ebd., S. 236.

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

Auch Möllers kritisiert die von Papier/Schröder gefunden Ergebnisse181. Ein Ausschluss der Pressefreiheit im Internet, der mit der technischen Verbreitungsform begründet werde, sei weder begründbar noch in der Konsequenz haltbar. Die Pressefreiheit müsse auf jeden Fall auch für das Internet gelten, da der Grundrechtsschutz der Presse- und Rundfunkfreiheit nur an Freiheitsgefährdungslagen und nicht an einer bestimmten Übertragungsform festzumachen sei182. Die dem Rundfunk immanente Meinungsbildungsrelevanz bzw. Einflussnahmemöglichkeit bei den Rezipienten liege im Internet nicht vor. Die untragbare Konsequenz dieser durch Papier/ Schröder vorgenommenen verfassungsrechtlichen Gleichschaltung der Gattungen sei zudem, dass verfassungsrechtlich abgesicherte Regulierungsmechanismen plötzlich auch für Presseangebote im Internet zulässig wären, was „das Ende der verfassungsrechtlichen Garantie der Pressefreiheit“ bedeuten würde183. Im Rahmen der gefundenen Ergebnisse der Gutachter wurden auch die Gremien als Auftraggeber in den Blick genommen. So wurde kritisch geäußert, die Räte erhielten durch die getroffenen Thesen „tatkräftige Schützenhilfe“ für die Verteidigung der Drei-Stufen-Test-Ergebnisse in Hinblick auf die Presseähnlichkeit184. Das Gutachten versuche „den öffentlich-rechtlichen Sendern noch größere Gestaltungsmöglichkeiten im Internet“ zu eröffnen185. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten versuchten durch ihr Vorgehen „schleichend, aus der dualen Rundfunkordnung eine duale Medienordnung zu machen“186. Sie hätten nun einen „Freifahrtschein, um den privaten Anbietern im Netz mit presseähnlichen Produkten Konkurrenz zu machen“187. Es liege daher der Schluss nahe, dass die Gremien sich ihre (gewünschten) Resultate verfassungsrechtlich hätten absichern lassen188. Die Gremienvertreter hingegen sahen ihre Drei-Stufen-Test-Ergebnisse zur Presseähnlichkeit in Hinblick auf das Gutachten von Papier/Schröder bekräftigt. Der Vorsitzende des Telemedienausschusses der GVK, Bernd Lenze, sieht die Aufsichtsorgane durch das Gutachten „in der von ihnen vorgenommenen Auslegung bei

181

Möllers, Beitrag in der FTD vom 10. 08. 2010. Gegen die Einordnung anhand des Übertragungswegs Gersdorf, Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit als „Supergrundrecht“?, S. 141 ff. sowie ders., Regelungskompetenzen bei der Belegung digitaler Kabelnetze, S. 55 f. 183 Möllers, Beitrag in der FTD vom 10. 08. 2010. 184 Gersdorf, AfP 2010, S. 421 ff. (421); Hanfeld spricht in einem Leitartikel in der FAZ von „Bestellten Wahrheiten“, vgl. FAZ vom 21. 07. 2010, S. 1. 185 Müller-Terpitz in einem Interview mit der Braunschweiger Zeitung vom 20. 10. 2010. 186 So äußerte sich Gersdorf gegenüber Die Welt, Beitrag von Ileana Grabitz vom 23. 07. 2010. 187 Dies äußerte Degenhart gegenüber Die Welt, Beitrag von Ileana Grabitz vom 23. 07. 2010. 188 Vgl. Meyer-Lucht, der darauf abstellt, mit dem Gutachten liege der Versuch der Sender vor, die „Karte des Verfassungsrechts auszuspielen“, Beitrag von Esteban Engel auf Spiegel Online vom 29. 07. 2010. 182

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der Prüfung der Telemedienkonzepte mehr als bestätigt“189. Damit hätten die Gremien auch einen „praxistauglichen Maßstab zur Beurteilung der Presseähnlichkeit“ erhalten, der bei potenziellen Beschwerden zu Rate gezogen werden könne. Nach Auffassung der damaligen Vorsitzenden des NDR, Dagmar Gräfin Kerssenbrock, belege das Gutachten, „dass die Presse sich mit ihren aus Text, Bild und Verknüpfungen bestehenden Internetangeboten auf das Gebiet des Rundfunks begebe und nicht umgekehrt“190. f) Ergebnisse der Gremien zu Sendungsbezug und Presseähnlichkeit Die Gremien aller Rundfunkanstalten kommen bei der Feststellung des Sendungsbezugs und der Bestimmung der Presseähnlichkeit einheitlich zu folgenden Ergebnissen: - Ein Sendungsbezug ist bei den Telemedien nicht erforderlich, sofern der Bestand im Drei-Stufen-Test als nichtsendungsbezogen überführt wird. - Eine dadurch generell nicht erforderliche Ausweisung des Sendungsbezugs ist unerheblich bzw. nur bei gesetzlichen Verboten der Negativliste sowie bei presseähnlichen Angeboten relevant. Darüber hinaus folgt keine rechtliche Verpflichtung zum Angebot sendungsbezogener Telemedien aus dem Rundfunkstaatsvertrag. - Eine Presseähnlichkeit der Telemedien im Sinne der § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3, § 2 Abs. 20 Nr. 20 RStV liegt bei den untersuchten Angeboten nicht vor. - Als Bezugsgegenstand für die Bestimmung der Presseähnlichkeit sind die gedruckten Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften maßgeblich. - Das Gestaltungsmerkmal Text ist bei der Abgrenzung zu unzulässigen presseähnlichen Angeboten nur insofern maßgeblich, als es auf Druckausgaben der Presse zu beziehen ist. Da die Gesamtportale der Sender (auch) multimediale Elemente und Verlinkungen enthalten, sind statische Presseangebote in Gestaltung und Inhalt damit nicht vergleichbar. - Ein Abgrenzungsmaßstab, welcher auf den etwaigen Schwerpunkt einer LesePrägung abstellt – so wie es die amtliche Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag ausführt und wie es für die (auch gedruckte) Presse typisch ist – wird nicht herangezogen. Dementsprechend wurden auch keine

189

Vgl. die Pressemitteilung der GVK vom 20. 07. 2010. Das Gutachten sei auch im Interesse der Nutzer, die die ausführlichen und hintergründigen Informationen der Tagesschau sehr schätzten, vgl. die Pressemitteilung der GVK vom 20. 07. 2010. 190

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

Schwerpunktverhältnisse in der Gestaltung des Telemediums (das Verhältnis der hörfunk- bzw. fernsehähnlichen zur textgeprägten Gestaltung) ermittelt191. - Einzelne Textbeiträge müssen sich nicht – auch nicht in ihrer Gesamtheit – der Schranke der Presseähnlichkeit unterwerfen. Es ist das Gesamtangebot der Telemedien maßgeblich, welches beispielsweise auch ein übergeordnetes Portal sein kann, das alle Telemedien im Angebot eines Senders bündelt. (1) Bedeutung der Vorgehensweise und der Ergebnisse Die Resultate der Testverfahren im Hinblick auf die potenzielle Presseähnlichkeit im Zusammenhang mit dem nichtvorliegenden Sendungsbezug der geprüften Telemedien enttäuschen sowohl in der theoretischen Herleitung als auch in der praktischen Konsequenz für die Angebote erheblich. Neben den bereits angemerkten Auswirkungen einer so restriktiven Anwendung der Norm ist anzuführen, dass der Gesetzgeber mit dem Rechtsrahmen und damit auch mit dem Verbot der Presseähnlichkeit ohne Sendungsbezug den Bereich der Telemedien geregelt hat, was bedeutet, dass er nicht die bloße Abgrenzung des klassischen Rundfunks im dualen System von der gedruckten Presse im Sinn hatte. Er verfolgte das Ziel, das Aufeinandertreffen digitaler Medienprodukte zweier Gattungen, die über Jahrzehnte hinweg Inhalte über gänzlich unterschiedliche Vertriebswege veröffentlichten, ohne Eingriffe in die kommunikationsrechtlichen Grundfreiheiten zu gewährleisten. Hier handelt es sich um eine Funktionsabgrenzung192 von Leistungen, für die öffentlich-rechtliche Medien eine staatliche Finanzierung erhalten und private Medien nicht, was zudem vor dem Hintergrund zu sehen ist, dass die Finanzierung privatwirtschaftlicher Angebote in der dualen Rundfunkordnung kein so großes Problem darstellte wie im digitalen Zeitalter. Eine Reduzierung des Abgrenzungsmaßstabs auf die gedruckte Presse und im weiteren die Vorgehensweise, bei bestehender Verlinkung und multimedialer Elemente im Gesamtangebot (welches ganze Portale umfassen soll) eine Presseähnlichkeit trotz Textdominanz auszuschließen, ist vor diesem Hintergrund unverständlich. Das Merkmal der Textlastigkeit (die schwerpunktmäßige Text- und Leseeigenschaft eines Angebots) als das entscheidende Kriterium für die Identifizierung unzulässiger eigenständiger presseähnlicher Angebote wird unterbewertet bzw. im Ergebnis ignoriert193.

191 Beim ZDF ist dies wie dargestellt zwar erfolgt, jedoch in nicht nachvollziehbarer Weise, sodass die gefundenen Ergebnisse hier wiederum zu Widersprüchen in der Begründung führen. 192 Degenhart, CR 2011, S. 231 ff. (233). 193 Fiedler weist auf den Umstand hin, dass bei dieser einschränkenden Interpretation der Presseähnlichkeit gleichzeitig auch den Onlineportalen der Verlage das freiheitliche Presserechtsregime abgesprochen werde, da diese selbst keine elektronische Presse mehr sein könnten, promedia 6/2008, S. 9 f. (10).

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(2) Konsequenzen der Vorgehensweise Zum Ende der Testverfahren nach dem erneuten Aufkommen kritischer Stimmen über die unzureichende Anwendung der Normen des Rundfunkstaatsvertrags wurde seitens der Gremien mehrfach versichert, die Frage der Presseähnlichkeit sei noch nicht abschließend geklärt worden194. Die Vorsitzende des WDR-Rundfunkrats, Ruth Hieronymi, führte beispielsweise aus, die Vorschrift habe sich als „sehr umstritten und schwierig zu interpretieren herausgestellt“, sodass die Verleger nun eine „weitere Beschwerde zur Verletzung des fairen Wettbewerbs bei der EU-Kommission“ prüften195. Diese Aussagen lassen erkennen, dass die Gremien bereits davon ausgingen, dass die Vorgehensweise und Ergebnisse im Rahmen der Drei-Stufen-Testkontrolle erhebliche Beurteilungsspielräume offengelassen hatten, die möglicherweise im Widerspruch mit den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts stehen können. Ein hinreichend präzise formulierter Auftrag – so wie die Europäische Kommission ihn fordert – ließe jedoch nicht zu, dass rechtliche Festlegungen zur Auftragsbestimmung in der praktischen Anwendung – zudem noch entgegen den Ausführungen des Gesetzgebers in der amtlichen Begründung – leerlaufen müssen. Er würde die Kontrollmechanismen nicht derart erschweren bzw. derartige Spielräume offenlassen. Dass die Gremien insgesamt erkennen lassen, die Presseähnlichkeit sei nicht abschließend geklärt, die Beschlussbegründungen jedoch entschieden ein Vorliegen presseähnlicher Angebote zurückweisen, untermauert die Widersprüchlichkeit der gefundenen Ergebnisse in den Drei-Stufen-Testverfahren196. g) Wettbewerbsklage als Resultat der Ergebnisse zur Presseähnlichkeit Aus Verlegersicht konnte die Auftragskontrolle in Form des Drei-Stufen-Tests keine Abhilfe vor widerrechtlichen Konkurrenzangeboten schaffen. Zeitungs- und Zeitschriftenverleger gingen davon aus, dass mit den vorgehaltenen Angeboten in den Nachrichtenportalen von ARD und ZDF der Tatbestand der Presseähnlichkeit erfüllt sei. Da die mit den Testverfahren betrauten Gremien wie dargestellt dort aber keine „presseähnlichen Angebote“ von ARD und ZDF identifizierten und damit

194 So äußert sich beispielsweise der Vorsitzende des Telemedienausschusses des Bayerischen Rundfunks, Bernd Lenze, am 29. Juni 2010 in einer Diskussionsveranstaltung auf dem NRW-Medienforum in Köln. 195 Hieronymi, Die Politische Meinung, 11/2010, S. 15 ff.; ähnliche Äußerungen tätigt sie auch in einem Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger vom 17. 3. 2010. 196 Auch Degenhart kritisiert, dass die Aufsichtsgremien als Auftraggeber des Gutachtens die Telemedienkonzepte ausnahmslos gebilligt hätten, CR 2011, S. 231 ff. (236).

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

untersagt haben, blieb der Konflikt um eine mögliche „öffentlich-rechtliche Onlinepresse“ weiter ungelöst197. Schon lange vor Einreichung der Wettbewerbsklage von acht Zeitungsverlagen gegen die ARD wurde daher im Schrifttum gemutmaßt, es werde zu Klagen seitens der Verleger kommen, um die Auslegung des Begriffs der Presseähnlichkeit gerichtlich klären zu lassen198. So kritisierten Verlagsvertreter frühzeitig, es sei „ein Skandal, dass das im Rundfunkstaatsvertrag niedergelegte Verbot presseähnlicher Angebote komplett leerlaufe“199. Der Drei-Stufen-Test verkomme daher zu einem „Muster ohne Wert“200. Auch nach Abschluss der Drei-Stufen-Testverfahren wurde den Sendern seitens der Presseverleger damit weiter vorgehalten, sie offerierten – nunmehr unter dem Deckmantel einer Genehmigung durch die Rundfunkgremien – lange Nachrichtentexte, beispielsweise auf den Portalen „tagesschau.de“ oder heute.de. Diese Form der Berichterstattung sei aufgrund der Vergleichbarkeit mit Presseangeboten unzulässig201. Schließlich gab die im Dezember 2009 erfolgte Ankündigung der ARD, eine kostenlose Nachrichten-App der Tagesschau (also eine mobile Applikation für den App-Store der Firma Apple sowie den Android-Marketplace) herausbringen zu wollen, den Stein des Anstoßes für ein klageweises Vorgehen der Verleger gegen die ARD. Das App-Vorhaben sorgte für Kritik in der Branche und wurde zunächst um einige Monate verzögert202. Schließlich setzte die ARD ihre Ankündigung aber in die Tat um und brachte mit der Tagesschau-App am 21. Dezember 2010 eine mobile Nachrichten-Applikation für Smartphones und Tablets auf den Markt. Rund sechs Monate später ging der Klageschriftsatz von acht Zeitungsverlegern bei Gericht203 ein, während die Öffentlichkeit bereits am Vortag – auf dem Printgipfel des Medienforums NRW – über die Klageeinreichung informiert wurde204. 197 Als öffentlich-rechtliche Onlinepresse bezeichnete beispielsweise der VDZ die Versuche von ARD und ZDF, die Nutzer mit digitalen Leseangeboten zu versorgen, vgl. die VDZPressemitteilung vom 23. 10. 2008. 198 Hahn, ZRP 2008, S. 217 (220); im Nachgang an die Prognose bestätigend auch Nawrath, MMR 2011, S. 79 (83). Die Zeitungsverleger hatten bereits zum Ende der Drei-Stufen-Testverfahren angekündigt, alle politischen und juristischen Mittel auszuschöpfen, vgl. die BDZVPressemitteilung vom 30. Juli 2010. 199 BDZV-Pressemitteilung vom 30. Juli 2010. 200 Ebd. 201 BDZV-Pressemitteilung vom 21. Juni 2011. 202 Kritisch dazu der FDP-Politiker Hans-Joachim Otto, Beitrag vom 19. 07. 2010 auf carta.info. Der Vorstandsvorsitzende der Axel-Springer AG, Mathias Döpfner, warnte, dass die Einführung der App „Tausende Arbeitsplätze in der Verlagsbranche kosten“ könne, wenn sich bezahlte Apps auf mobilen Empfangsgeräten nicht durchsetzten. Der Bereichsleiter Medienpolitik der Mediengruppe RTL, Tobias Schmid, kritisierte, die ARD greife mit der TagesschauApp „ungehemmt mit Gebührenmitteln in einen kommerziellen Wettbewerb ein“. 203 Angerufenes Gericht war die Wettbewerbskammer des Landegerichts Köln. 204 Der Vorsitzende des Zeitungsverlegerverbands NRW, Christian Nienhaus, kündigte die Einreichung des Klageschriftsatzes in seiner Rede auf dem Printgipfel des Medienforums NRW

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Die Klage der Zeitungsverlage dreht sich im Schwerpunkt um all jene zentralen Fragen zu Presseähnlichkeit und Sendungsbezug, welche bereits in den Drei-StufenTestverfahren diskutiert worden waren. (1) Vortrag der Klägerinnen Die Zeitungsverlage stützen ihre Klage auf den Vorwurf, die ARD verstoße mit ihrer Nachrichten-App der Sendermarke „Tagesschau“ gegen das Verbot presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug. (a) Nichtsendungsbezogenes presseähnliches Angebot In ihrer Klageschrift führen sie aus, abgesehen von Video- und Audiosegmenten hielten die Beklagten schwerpunktmäßig Textartikel vor, die aufgrund des Verbots presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug gemäß § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3 RStV unzulässig seien.205 Die Beklagten würden das digitale Angebot der Tagesschau als nichtsendungsbezogen deklarieren. Dennoch offerierten sie presseähnliche Inhalte in Form langer Textartikel, weswegen die Verbotsnorm des § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3 RStV einschlägig sei. Rechtlich und faktisch seien diese Inhalte als sendungsunabhängig zu qualifizieren und aufgrund des Schwerpunkts der Textberichterstattung als Leseangebote von der Verbotsnorm umfasst. Die Klägerinnen legten hierfür in diversen Anlagen zum Klageschriftsatz das dokumentierte Angebot der konkreten Tagesschau-App mit Datum des 15. Juni 2011 vor. (b) Wettbewerbsrelevante Verbotsnorm Die Verlage stützen sich auf das Wettbewerbsrecht im Rahmen der Norm des § 4 Nr. 11 UWG, aufgrund derer das Marktverhalten eines Wettbewerbers unlauter ist, wenn es einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderläuft, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Das Verbot des § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3 RStV stelle eine solche Marktverhaltensregel dar – bei einem Verstoß gegen das Verbot der Presseähnlichkeit verhielten sich die Beklagten damit unlauter im Sinne des UWG206. Letztlich zielte der Klagevortrag daher auf die bereits beschworene gerichtliche Klärung der Regelung des § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3 RStV und die Frage ab, was als presseähnlich im Sinne des Rundfunkstaatsvertrags zu gelten hat und ob das konkrete Angebot der Tagesschau-App vom 15. Juni 2011 davon erfasst ist. In der Klageschrift heißt es: an. Er erklärte darin, die gebührenfinanzierte, aber für die Nutzer kostenlose App der ARD bedrohe den Markterfolg der kostenpflichtigen Zeitungs-Apps. 205 Klägerinnen-Schriftsatz vom 20. Juni 2011, S. 4 ff.; vgl. auch Niggemeier, Die Klage der Verlage, der aus dem Klageschriftsatz zitiert und diesen kommentiert. 206 Klägerinnen-Schriftsatz vom 20. Juni 2011, S. 8 f.

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

„Die prägenden Elemente der verlegerischen, nach der Definition des Rundfunkstaatsvertrags ,presseähnlichen Telemedien‘ sind in gleicher Weise für das Telemedienangebot ,Tagesschau-App‘, soweit es nicht fernsehähnlich gestaltet ist, kennzeichnend: – zeitungstypischer Rubrikenaufbau, – zeitungstypische Dominanz von Textbeiträgen, – zeitungstypische Illustration mit Standbildern, – funktionsäquivalente, ortsunabhängige bzw. mobile Nutzungsmöglichkeiten der Inhalte“.207

Folglich sei die „Tagesschau-App“ in dem beanstandeten Umfang mit den im Schwerpunkt textlastig gestalteten Inhalten dazu in der Lage, die Lektüre von Zeitungen funktional zu ersetzen. Diese „Substituierbarkeit“ dokumentiere die Presseähnlichkeit der mit der Klage angegriffenen Segmente der Tagesschau-App208, welche die Klägerinnen mit den Smartphone-Screenshots in der Anlage des Schriftsatzes belegten.209 Die Zeitungen stützen sich in ihrer Auslegung auf die amtliche Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Die dortigen Ausführungen des Gesetzgebers, die eine Presseähnlichkeit an den Schwerpunkt der Berichterstattung in Form von Text knüpften, würden dazu führen, dass schwerpunktmäßig textliche Inhalte der App nicht Teil des gesetzlichen Auftrags seien. (2) Erwiderung der Beklagten Die Beklagten erwiderten, bei der Tagesschau-App handele es sich um ein nichtpresseähnliches multimediales Angebot, welches dem Nutzerwillen entspreche210. Wende sich der Nutzer dem (Gesamt-)Angebot zu, dann erhalte er hier zahlreiche multimediale Inhalte – einzelne Artikel seien für die Betrachtung ohnehin nicht maßgeblich, da nur das Gesamtangebot der App der Schranke der Presseähnlichkeit zu unterfallen habe. Die klägerische Argumentation münde in ein „Schreibverbot“ für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten211. Zudem sei die Tagesschau-App bereits im Rahmen des Drei-Stufen-Testverfahrens für Tagesschau.de vom NDR-Rundfunkrat und der Niedersächsischen Staatskanzlei – letztere als Rechtsaufsicht – genehmigt worden, womit eine Unzulässigkeit ausscheide212. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten reklamierten auch, das Angebot sei sendungsbezogen im Sinne des Gesetzes. Eine Presseähnlichkeit könne schließlich schon deshalb nicht vorliegen, da der Begriff des Rundfunkstaatsvertrags „keiner 207 Klägerinnen-Schriftsatz vom 20. Juni 2011, S. 17; vgl. auch Niggemeier, Die Klage der Verlage. 208 Vgl. Niggemeier, Die Klage der Verlage. 209 Klägerinnen-Schriftsatz vom 20. Juni 2011, S. 18. 210 Beklagen-Schriftsatz vom 26. August 2011, S. 23 ff. und vom 10. Oktober 2011, S. 2. 211 Beklagten-Schriftsatz vom 10. Oktober 2011, S. 21. 212 Beklagen-Schriftsatz vom 26. August 2011, S. 23 f.; Beklagten-Schriftsatz vom 10. Oktober 2011, S. 13 ff.

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operationalisierten Anwendung“ zugänglich sei213, das heißt, dass es sich nicht ermitteln lasse, welche Kriterien eines Angebots zur unzulässigen Presseähnlichkeit führen müssten. (3) Erste mündliche Verhandlung Im Oktober 2011 lud die Wettbewerbskammer zu einem ersten Gerichtstermin, bei dem der Vorsitzende Richter unterstrich, sein Anliegen sei es, eine gütliche Einigung zu erzielen214, da es schwierig sei, „qua Richterspruch einen dauerhaften Frieden zwischen den Parteien zu stiften“215. Dies läge daran, dass das begehrte Urteil immer nur einen Ausschnitt liefern und nichts über eine generelle Unzulässigkeit der Tagesschau-App aussagen könne, sodass sie – egal wie das Gericht entscheide – „weder verboten noch nicht verboten“ würde216. (4) Einigungsgespräche im Vorfeld des Urteilsspruchs In der Folge kam es zu Gesprächen zwischen Verlegern und den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten, in die Vertreter der klagenden Verlage und der Präsident des BDZV seitens der Zeitungen sowie die Intendanten von NDR, BR und die ARD-Vorsitzende für die ARD beteiligt waren. Ziel der Gespräche war es, eine „Gemeinsame Erklärung“ auszuarbeiten, die zwar keine justiziable Wirkkraft entfalten, jedoch als Absichtserklärung Rechtssicherheit bringen sollte. Die Parteien trafen sich zu mehreren Gesprächsrunden, während unterdessen ein Entwurf der Gemeinsamen Erklärung in der Medienberichterstattung auftauchte217. Dies führte zu teilweise heftigen Reaktionen seitens verantwortlicher Redakteure der ARD, die ein Verhandeln der Unternehmensleitungen mit den Verlegern – aufgrund der ihrer Auffassung nach eindeutigen Rechtslage zu Gunsten der Sender – nicht einsehen wollten218. Trotz der Bemühungen um eine Verständigung kam es nicht zu einem Abschluss in Form dieser gütlichen Einigung219. Die Verleger zeigten sich im Anschluss darüber enttäuscht, dass die „Selbstverständlichkeit einer Überprüfung des Textumfangs in beitragsfinanzierten Angeboten nicht allen Sendeanstalten vermittelbar sei“220. 213

Beklagten-Schriftsatz vom 26. August 2011, S. 27. Vgl. Hain/Brings, WRP 2012, S. 1495 ff. (1495). 215 Vgl. den Bericht von Christoph Keese vom 14. 10. 2011 auf seinem Blog „der presseschauder“. 216 Vgl. die Meldung „Landgericht urteilt über Tagesschau-App“ auf heise-online vom 26. 09. 2012. 217 So berichtete Steffen Grimberg in einem Beitrag der taz vom Februar 2012 ausdrücklich von den Inhalten der „Gemeinsamen Erklärung“. 218 http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/internet/online251.html. 219 Vgl. hierzu kritisch Hain, AfP 2012, S. 313 ff. (323). 220 BDZV-Pressemitteilung vom 30. 04. 2012. 214

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

(5) Einlassungen des Gerichts vor dem Urteil Schließlich kam es am 19. Juli 2012 zu einem zweiten Gerichtstermin, bei dem der Vorsitzende Richter erneut eine von ihm präferierte gütliche Einigung zwischen den Parteien betonte, da der Richterspruch lediglich eine „Momentaufnahme“ – die in Rede stehende App vom 15. Juni 2011 – beurteilen könne221. Das Gericht gab den Parteien erneut eine Frist für eine mögliche gütliche Einigung auf, bevor im Falle des Scheiterns einer Verständigung zwischen den Parteien am 27. September 2012 ein Urteil ergehen sollte. In der mündlichen Verhandlung führten die Verlegervertreter dazu aus, die Parteien hätten eine unterschriftsreife Erklärung vereinbart, die im Nachhinein seitens der ARD wieder in Frage gestellt worden sei222. Es sei nicht möglich, dass seitens der Klägerinnen noch einmal von der mühsam gefundenen Verständigung abgerückt werde. Die ARD erklärte auf Nachfragen des Gerichts, sie fürchte, sich mit der Gemeinsamen Erklärung „journalistisch mehr einzuschränken“, als es aufgrund der Beschränkungen im Rundfunkstaatsvertrag nötig sei223. In dieser zweiten mündlichen Verhandlung kristallisierten sich einige Punkte als entscheidungsrelevant heraus. Sie waren bereits bei der vorausgegangenen rechtlichen Debatte – auch im Rahmen der Drei-Stufen-Tests – ausgiebig diskutiert worden. Zum einen sah die Kammer es als maßgeblich an, den Angebotsbegriff in seiner praktischen Anwendung festzulegen. Für die Beurteilung der Presseähnlichkeit müsse festgestellt werden, ob das Gesamtportal, also die Tagesschau-App als solche, maßgeblich sei oder sich bereits einzelne Teile/Beiträge/Artikel der Schranke der Presseähnlichkeit unterwerfen sollten224. Ferner konzentrierte sich die Kammer in der Sitzung auf die Auslegung des Begriffs der Presseähnlichkeit und erörterte Kriterien im Zusammenhang mit den Textanteilen sowie der Multimedialität von Inhalten in Form von Verlinkungen. Der Kammervorsitzende führt hierzu aus, dass den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gewiss die Verbreitung von Telemedienangeboten „eröffnet“ werden sollte, gleichwohl seien „zeitungsähnliche“, d. h. „Text und Bild basierte“ Angebote ohne 221

2012.

So äußerte sich der Vorsitzende Richter Kehl in der mündlichen Sitzung vom 19. Juli

222 Dies führte der Prozessvertreter der Klägerinnen, Michael Rath-Glawatz, in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 2012 aus. 223 Dies erklärte der Justiziar des NDR, Werner Hahn, in der mündlichen Verhandlung am 19. Juli 2012 auf die Frage des Vorsitzenden, warum die ARD die Gemeinsame Erklärung, die eigentlich nur die Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags wiedergebe, nicht unterschrieben habe. Die Aussage löste Unverständnis seitens des Gerichts aus. Der Vorsitzende Richter der Wettbewerbskammer führte dazu aus, in den Passagen der Einigungserklärung sehe er lediglich Bestandteile, die sich bereits im Rundfunkstaatsvertrag bzw. der amtlichen Begründung finden ließen. 224 Vgl. die Ausführungen zum Angebotsbegriff unter Kapitel 5 A. III. und Kapitel 6 A. III. 2. b) (2) (c).

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ausgewiesenen Sendungsbezug nach Auffassung des Gerichts „verboten“225. So könnte auch nicht darauf abgestellt werden, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk all das als Telemedien anbieten dürfen müsse, was der Nutzer verlange, wenn damit das Verbot nichtsendungsbezogener presseähnlicher Inhalte faktisch leerlaufen würde226. Dies offenbarte den nächsten streitrelevanten Punkt – das Vorhandensein eines Sendungsbezugs im Sinne des Rundfunkstaatsvertrags. Das Gericht hatte mehrfach bei der Beklagten nachgefragt, warum bei den Beiträgen der App keine Ausweisung des Sendungsbezugs vorliege, und darauf keine Antwort erhalten. Hierüber äußerte das Gericht sein Unverständnis und machte auf die fehlende Ausweisung und den damit nicht erbrachten Nachweis eines Sendungsbezugs im Sinne des Gesetzes aufmerksam227. Schließlich unterrichtete der Vorsitzende die Klägerinnen darüber, bei der vorgetragenen Presseähnlichkeit der Tagesschau-App könne nicht darauf verwiesen werden, dass immer dann, wenn eine App des öffentlich-rechtlichen Rundfunks der eines Verlages gleiche, dies ein Indiz für Presseähnlichkeit darstelle. Sonst könnten die Verlage mit ihren Angebotsformen einseitig bestimmen, was der öffentlich-rechtliche Rundfunk zu tun und zu unterlassen habe. Vielmehr müsse gefragt werden, was charakteristisch für eine Zeitung sei und ob dies in der in Rede stehenden App der Tagesschau vorliege228. Zu einer gütlichen Einigung kam es auch nach der zweiten Verhandlung nicht. (6) Urteil vom 27. September 2012 Die Wettbewerbskammer des Landgerichts Köln hat schließlich mit Urteil vom 27. September 2012 der Klage der Zeitungsverlage gegen presseähnliche Inhalte der Tagesschau-App stattgegeben229. Den Beklagen NDR und ARD wurde mit dem Urteil untersagt, die von ihnen angebotene Tagesschau-App in der inkriminierten Form vom 15. Juni 2011 zu verbreiten oder verbreiten zu lassen. Obwohl die Kammer darauf hinweist, keine generelle Unzulässigkeit der Nachrichten-App bzw. langer Texte der öffentlich-rechtlichen Onlineangebote festgestellt zu haben, hat das Urteil wegweisende Bedeutung. Es liefert eine Definition für die Bestimmung „presseähnlicher Inhalte“ öffentlich-rechtlicher Onlineangebote und damit für den Begriff, um den seit Inkrafttreten des Rundfunkstaatsvertrages gerungen wurde.

225

2012. 226 227 228 229

So äußerte sich der Vorsitzende Richter Kehl in der mündlichen Verhandlung am 19. 07. So der Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung am 19. 07. 2012. So der Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung am 19. 07. 2012. So der Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung am 19. 07. 2012. LG Köln, Urteil vom 27. 09. 2012 – 31 O 360/11, K&R 2012 S. 769 ff.

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

(a) Urteilsgründe Die Zivilkammer folgte bei ihrer Entscheidung in allen relevanten Punkten der Argumentation der Klägerinnen, wonach es sich bei der angegriffenen TagesschauApp vom 15. Juni 2011 um ein nichtsendungsbezogenes presseähnliches Angebot handelt, welches nach den Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrags unzulässig ist. (aa) Presseähnlichkeitsschranke als Marktverhaltensregel Zunächst hatte das Gericht zu entscheiden, ob die Norm des § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3 RStV eine Marktverhaltensregel darstellt und damit im Sinne des Wettbewerbsrechts überprüfbar sein kann. Die Beklagten hielten die Klage bereits in diesem Punkt für unbegründet, da es sich bei dem Verbot lediglich um eine Norm handele, die den Marktzutritt und nicht das Marktverhalten regele230. Somit könnten private Anbieter nicht gegen die potenzielle Verletzung einer Regelung des § 11 d RStV im Rahmen des Wettbewerbsrechts vorgehen.231 Demgegenüber erkennt die Kammer den Wettbewerbscharakter der Norm des § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3 RStV an232. Diese habe den Zweck, im Interesse der marktwirtschaftlich agierenden privaten Presse konkurrierende Telemedien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu beschränken233. Der Gesetzgeber habe mit dem Verbot presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug eine Schranke gesetzt, damit „der Kernbereich der Presse unangetastet“ bleibe234. Der Markt sollte daher insoweit abgegrenzt werden, dass die Berichterstattung inhaltlich beschränkt sei235. Andernfalls seien „die relativ detaillierten Regelungen und Einschränkungen nicht verständlich“.236 (bb) Gerichtliche Überprüfbarkeit trotz Drei-Stufen-Test Weiterhin sieht das Gericht die Tagesschau-App als von der Drei-Stufen-TestGenehmigung für das Portal Tagesschau.de umfasst an. Die App sei lediglich eine für mobile Endgeräte optimierte Version dessen, wodurch auch andere Ausspielwege umfasst sein müssten. Die Klägerinnen hatten hierzu vorgetragen, die App sei als 230 Beklagtenschriftsatz vom 26. August 2011, S. 2, 20; so auch Hain/Brings, WRP 2012 S. 1495 ff. (1496 f.); ebenso Peifer, GRUR-Prax 2012, S. 521 ff. (522). 231 Ebenso Held, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 11 d RStV, Rn. 151. 232 LG Köln, Urteil vom 27. 09. 2012 – 31 O 360/11, K&R 2012 S. 769 ff (771); anders urteilt jedoch in späterer Rechtsprechung das LG Hamburg betreffend einer weiteren Norm des Rundfunkstaatsvertrags. Hier war § 16 a zwischen den Parteien – der Radiovermarktung ARD Werbung Sales & Services Radio (AS&S) und dem Privatradiovermarkter RMS – strittig, welcher die Möglichkeiten kommerzieller Tätigkeiten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten regelt. Es liege keine Marktverhaltensregel i.S.d. UWG vor, urteilt das LG Hamburg, vgl. das Urteil vom 16. 07. 2013 (Az. 312 O 202/12). 233 Fiedler, K&R 2012, S. 795 ff. (796). 234 LG Köln, Urteil vom 27. 09. 2012 – 31 O 360/11, K&R 2012 S. 769 ff. (771). 235 Ebd. S., 771. 236 Ebd. S., 771.

B. Materielle Auftragskontrolle

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neues Angebot nicht Teil der Genehmigung für Tagesschau.de237. Die Beklagten führten demgegenüber aus, es handele sich nur um eine neue technische Bereitstellungsform238. Trotz der Einordung der Tagesschau-App als von der Genehmigung des Drei-Stufen-Tests für Tagesschau.de umfasst, stehe das konkrete Angebot der Tagesschau-App aber einer gerichtlichen Überprüfung offen, denn der bestandene Drei-Stufen-Test für das Angebot Tagesschau.de (und damit der App) sei keine Grundlage, um eine wettbewerbsrechtliche Unzulässigkeit des konkreten Angebots auszuschließen239. Die Beklagten hatten hierzu vorgetragen, das Testverfahren für Tagesschau.de habe das App-Angebot (mit)genehmigt und es sei somit – auch aufgrund der rechtsaufsichtlichen Genehmigungsentscheidung durch die Staatskanzlei Niedersachsen vom 17. August 2010 – „keinen wettbewerbsrechtlichen Einwänden mehr zugänglich“240. Das Gericht führte hierzu jedoch aus, das notwendige Drei-Stufen-Test-Verfahren fuße auf der Vorlage von Telemedienkonzepten, die Angebotsbeschreibungen beinhalteten und damit nur pauschal etwas beschreiben könnten, was noch einer „konkreten Umsetzung“ bedürfe241. Daher sei der bestandene Drei-Stufen-Test keine pauschale Rechtmäßigkeitsvoraussetzung des konkreten Angebots, welches durchaus gegen die Normen des Rundfunkstaatsvertrags verstoßen könne. (cc) Erforderlicher Sendungsbezug Bei der Beurteilung, ob unzulässige presseähnliche Angebote vorliegen, musste sich die Kammer zwingend mit dem erforderlichen Sendungsbezug auseinandersetzen242. Das Gericht hält die in Rede stehenden Beiträge für nichtsendungsbezogen, da es die Beklagten „in weiten Teilen“ unterlassen hätten, den Sendungsbezug herzustellen und sich „ausdrücklich das Format als nichtsendungsbezogen“ haben genehmigen lassen243. Ein irgendwie herzustellender Bezug der Beiträge zu Sendungen mache daraus keine sendungsbezogenen Inhalte und liege „in der Natur der Sache“. Schon aus formalen Gründen scheide somit ein Sendungsbezug aus. Die Prüfung, ob ein materieller Sendungsbezug im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 19 RStV vorliegt, ist damit für das Gericht bereits nicht mehr entscheidungsrelevant. Nicht genügen kann somit die Vorgehensweise der Beklagten, einerseits einen materiellen Sendungsbezug der Inhalte zu behaupten, um darzulegen, die Inhalte 237 238 239 240

(322). 241

Klägerinnen-Schriftsatz vom 20. Juni 2012, S. 20 f. Beklagten-Schriftsatz vom 26. August 2011, S. 2. LG Köln, Urteil vom 27. 09. 2012 – 31 O 360/11, K&R 2012 S. 769 ff. (771). Beklagtenschriftsatz vom 26. August 2011, S. 2; so auch Hain, AfP 2012, S. 313 ff.

LG Köln, Urteil vom 27. 09. 2012 – 31 O 360/11, K&R 2012 S. 769 ff. (771). Bereits in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 2012 hatte sie ihr Unverständnis dahingehend geäußert, dass der Sendungsbezug nicht ausgewiesen sei und klargestellt, sie würde es „sehr begrüßen, wenn der Sendungsbezug noch stärker herausgestellt werde“. 243 LG Köln, Urteil vom 27. 09. 2012 – 31 O 360/11, K&R 2012 S. 769 ff. (772). 242

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

seien nicht in unzulässiger Weise presseähnlich, andererseits jedoch darauf zu verweisen, die Beiträge müssten nicht der formalen Kennzeichnungspflicht des § 11 d Abs. 3 S. 2 RStV unterfallen, da sie als nichtsendungsbezogen deklariert und genehmigt worden seien. Eine solche Anwendung der Regelungen wäre rechtlich inkonsequent, da sie eine Kombination zweier unterschiedlicher Systeme der Beauftragung (sendungsbezogene und nichtsendungsbezogene Telemedien) bedeuten würde, aus denen sich die Beklagten die für sie jeweils günstigste Rechtsfolge heraussuchen könnten. (dd) Beurteilung der Presseähnlichkeit Nach Feststellung des Sendungsbezugs befasst sich die Kammer eingehend mit der Beurteilung der Presseähnlichkeit des inkriminierten Angebots. Die Kammer stellt eine Reihe von Feststellungen auf, die ein Angebot aus ihrer Sicht presseähnlich machen. Das Gericht hebt maßgeblich auf die Nutzersicht ab, nach der ein Angebot als presseähnlich gelte, wenn es geeignet sei, dem Nutzer als Ersatz für die Lektüre einer Zeitung oder Zeitschrift zu dienen244. Dabei sei „kein vollständiger Ersatz zu fordern“, aber doch immerhin „eine Informationsdichte und -breite, die an diejenige herkömmlicher Presseerzeugnisse heranreicht, insbesondere was die Ausführlichkeit im Sinne des Umfangs anbelangt“245. Das Gericht kommt im Hinblick auf das Angebot vom 15. Juni 2011 zu dem Ergebnis, dass pressemäßige Einzelbeiträge einen breiten und den Gesamteindruck wesentlich (mit)bestimmenden Raum einnehmen und sich daher dem Nutzer ohne weiteres als „Zeitungsersatz“ darstellten246. Das Angebot bediene sich einer „ausführlichen Textdarstellung“ der für das „Tagesgeschehen wichtigen Beiträge“247. Zu den konkret vorgelegten Beiträgen in den Anlagen der Klägerinnen führt das Gericht anhand einiger beispielhaft zitierter Artikel aus, dass diese sich dem Nutzer als „vollständig redaktionell darstellten“ und dass darin die dargestellte Problematik „vergleichsweise ausführlich (ohne das Bedürfnis nach weiteren Informationen zu wecken) abgehandelt“ werde, und zwar „gleich durch mehrere Artikel, die einander vertiefen und ergänzen“248. Alle diese Beiträge würden „textlich in breiter Form unter Schilderung von Einzelheiten und unter Verwendung von wörtlichen Zitaten die jeweiligen Themen abhandeln“, was für die Presseähnlichkeit spreche249. Zudem spielte die „optische Dominanz der zeitungsähnlichen Textbeiträge ohne (ausgewiesenen und erkennbaren) Sendungsbezug“ eine Rolle250. 244 245 246 247 248 249 250

Ebd., S. 772. LG Köln, Urteil vom 27. 09. 2012 – 31 O 360/11, K&R 2012 S. 769 ff. (772). Ebd., S. 772. Ebd., S. 772. Ebd., S. 772. Ebd., S. 772. Ebd., S. 772.

B. Materielle Auftragskontrolle

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Die Kammer fasst zusammen, dass die Artikel der in Rede stehenden App ein Thema „nicht lediglich in kurzer Form (wenn auch über eine bloße Inhaltsangabe hinausgehend) anreißen und auf weitergehende (nicht textbasierte) Informationen an anderer Stelle verweisen“251. Zudem wird explizit festgestellt, dass auch eine Ergänzung des presseähnlichen Zeitungsersatzes um Bewegtbilder oder Audios durch eine Verlinkung am Ende der Beiträge nichts daran ändere, dass die Nutzer als erstes auf die Leseinformation zurückgriffen, da sie ihnen unmittelbar zugänglich seien und von ihnen stärker wahrgenommen würden. Es wird ergänzt, dass dies auch im Fall von Verschriftlichungen von TV- oder Hörfunkbeiträgen gelte, da die Nutzer dies nicht erkennen und lediglich den Text wahrnehmen würden252. Das Urteil weist damit einen regelrechten Kriterienkatalog für die Beurteilung der Presseähnlichkeit auf. Für die Bestimmung sieht das Gericht insgesamt als maßgeblich an: - Das Angebot dient dem Nutzer als Ersatz für Zeitungen. - Pressemäßige Einzelbeiträge bestimmen den Gesamteindruck wesentlich. - Pressemäßige Einzelbeiträge nehmen breiten Raum ein. - Eine ausführliche Textdarstellung des Tagesgeschehens liegt vor. - Die Informationsdichte und -breite reicht an diejenige herkömmlicher Presseerzeugnisse heran. - Ein ausführlicher Umfang der Beiträge ist gegeben. - Es besteht eine optische Dominanz der zeitungsähnlichen Textbeiträge ohne (ausgewiesenen und erkennbaren) Sendungsbezug gegenüber audiovisuellen Elementen. - Die Beiträge erschließen sich dem Nutzer als vollständig redaktionell. - Die Beiträge handeln Themen ausführlich textlich ab, ohne das Bedürfnis nach weiteren Informationen zu wecken. - Mehrere textliche Beiträge zum selben Thema ergänzen und vertiefen einander. - Die Beiträge berichten textlich in breiter Form unter Schilderung von Einzelheiten und unter Verwendung von wörtlichen Zitaten. - Die Beiträge verweisen nicht bloß auf Informationen an anderer Stelle (zum Beispiel auf Audios oder Videos), sondern sind eigenständig. - Eine Ergänzung um multimediale Elemente ändert nichts an der Presseähnlichkeit. - Auch Verschriftlichungen von Audios/Videos können presseähnliche Elemente sein. 251 252

Ebd., S. 772. Ebd., S. 772.

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

(ee) Gesamtangebot als Beurteilungsmaßstab Bei der Beurteilung der Presseähnlichkeit legt die Kammer den Abgrenzungsmaßstab – entgegen der Auffassung der Klägerinnen – auf das Gesamtangebot und nicht auf einzelne Beiträge, die sich der Presseähnlichkeitsschranke zu unterwerfen hätten253. Sie erachtet es als gegeben, dass Telemedienportale der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten als Mischform sendungsbezogener und nichtsendungsbezogener Inhalte vorlägen, für die Gesamtkonzepte bei der Genehmigung im DreiStufen-Testverfahren erstellt und vorgelegt wurden. Auch wenn sich das Verbot presseähnlicher Angebote ausdrücklich nur auf sendungsbezogene Inhalte beziehe, lasse sich eine Beurteilung über die Zulässigkeit des „Angebots“ nur in der Gesamtschau feststellen. Dies sei aufgrund des funktionalen Pressebegriffs aus Nutzersicht wertend zu beurteilen254. (b) Bewertung der Urteilsgründe Die Auslegung des Gerichts ist in weiten Teilen nachvollziehbar und konsequent. (aa) Amtliche Begründung als maßgebliches Auslegungskriterium Sie stützt sich maßgeblich auf die amtliche Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag, die in Bezug auf die Presseähnlichkeit ausführt, mit der Norm solle „der Tendenz begegnet werden, dass von Rundfunkanstalten angebotene nichtsendungsbezogene Telemedien den inhaltlichen und gestalterischen Schwerpunkt in Texten setzen“255. In Anbetracht dessen irritiert die in der Literatur geäußerte Behauptung, die Klage der Verleger wäre von „juristischen Kniffen“ geprägt und „nicht arm an konstruierten Argumentationen“256. Die Klägerinnen hatten in ihren Schriftsätzen (sowie schon in den Stellungnahmen zu den Drei-Stufen-Testverfahren) stets vorgetragen, gemäß der amtlichen Begründung zum Rundfunkstaatsvertrag sei das Merkmal der Textlastigkeit als maßgebliches Kriterium heranzuziehen und damit sicherzustellen, dass das öffentlich-rechtliche Angebot nicht als Funktionsäquivalent zur Presse genutzt werden könne. (bb) Funktionale Auslegung als sachgerechtes Kriterium Auch hält sich die Kammer nicht mit der Interpretation von Vergleichsmaßstäben auf, womit die Ähnlichkeit der Angebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vorzuliegen habe, sondern berücksichtigt schlicht die Definitionsnorm des § 2 Nr. 20 RStV, nach der „Zeitungen und Zeitschriften“ herangezogen werden müssten. Hier ist nach dem Gericht zwar auf herkömmliche typische Printmedien abzustellen 253

LG Köln, Urteil vom 27. 09. 2012 – 31 O 360/11, K&R 2012 S. 769 ff. (771). LG Köln, Urteil vom 27. 09. 2012 – 31 O 360/11, K&R 2012 S. 769 ff. (771). 255 Vgl. die amtliche Begründung zum 12. RÄStV, S. 17; LG Köln, Urteil vom 27. 09. 2012 – 31 O 360/11, K&R 2012 S. 769 ff. (771). 256 Engelage, epd medien Nr. 41/2012, S. 5 ff. (5). 254

B. Materielle Auftragskontrolle

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und nicht auf elektronisch zusammengestellte Angebote der Verlage257 – die Kammer lässt damit jedoch nicht die Schlussfolgerung einhergehen, mit dem Abstellen auf gedruckte Zeitungen seien nur wie Printprodukte gestaltete Angebote untersagt258. Diese Auslegung des Begriffs der Presseähnlichkeit mit dem Vergleichsmaßstab Print, die von den Rundfunkanstalten seit jeher vertreten wird, müsste ansonsten dazu führen, dass die Norm leerläuft. Das Gericht legt den Schwerpunkt auf die Funktion des Lesens, die mit der textgeprägten Darstellung verbunden ist. Es urteilt damit aus Nutzersicht259 und wendet einen funktionalen Pressebegriff an, der es zulässt, auch in der Gestaltung klassischer Presseprodukte abweichende Angebote miteinander zu vergleichen260. Dabei legt es den Schwerpunkt auf das Merkmal des Textes und somit das Lesen eines Beitrags, auf das auch in der amtlichen Begründung abgestellt wird. Mit dem Rückgriff auf diese Festlegung des gesetzgeberischen Willens verwundert es erheblich, wenn innerhalb der Literatur von einer „unterkomplexen Vereinfachung“ die Rede ist, die in dem Urteil bei den Ausführungen zur Presseähnlichkeit zum Ausdruck komme261. Dem Urteil kann nicht entgegen gehalten werden, die Presseähnlichkeit nicht eindrücklich zu beleuchten. Das Gericht legt zahlreiche Merkmale dar, aus denen sich schlüssig ergibt, dass sie für die Presse charakteristisch sind.262 Die Kammer widerlegt mit dieser Auslegung auch die Ergebnisse der Rundfunkgremien, die in den Drei-Stufen-Testverfahren mit dem Abstellen auf die gedruckte Zeitung und einem damit formal statischen Produkt ohne die Möglichkeit der Verlinkung sowie multimedialer Inhalte und ohne die Berücksichtigung von Schwerpunktverhältnissen pauschal festgestellt hatten, eine Presseähnlichkeit würde bei öffentlich-rechtlichen Angeboten nicht vorliegen.263 Damit konnte die Norm in den Testverfahren überhaupt keine Anwendung finden. Das Gericht hat mit dem Urteil jedoch der Praxis der Rundfunkanstalten, bei Vorliegen eines grundsätzlich multimedialen Angebots (wie einem Onlineauftritt) eine Presseähnlichkeit per se zu verneinen, eine klare Absage erteilt.264 257

LG Köln, Urteil vom 27. 09. 2012 – 31 O 360/11, K&R 2012 S. 769 ff. (772). A.A. Hain, AfP 2012, S. 313 ff. (322 f.). 259 Kritisch hierzu Hain/Brings, WRP 2012, S. 1495 ff. (1499). 260 Gersdorf sieht in dieser einschränkenden Interpretation verfassungsrechtliche Bedenken, vgl. Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, § 11 d RStV, Rn. 35 f. 261 Hain/Brings, WRP 2012, S. 1495 ff. (1500). 262 Hain/Brings reduzieren die Auslegung des Gerichts auf wenige Kriterien, die als „eigen“ eingestuft werden, ohne jedoch die Ausführungen in ihrer Breite und Mannigfaltigkeit würdigen zu wollen, WRP 2012, S. 1495 ff. (1499). 263 Vgl. beispielsweise den Beschluss des NDR-Rundfunkrats zu Tagesschau.de, S. 27. 264 Neuhoff sieht die erfolgte Auftragskontrolle bei der Bestimmung der Presseähnlichkeit als nicht zu beanstanden an, da die Ergebnisse nicht „nach einem festen Schema oder einer mathematischen Prüfung mit nur einem logisch denkbarem Ergebnis“ hätten erfolgen können, ZUM 2012, S. 371 ff. (381). 258

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

(cc) Gesamtangebot kein sachgerechtes Abgrenzungskriterium Die von der Kammer vertretene Auffassung, für die Schranke der Presseähnlichkeit sei das Gesamtangebot maßgeblich und nicht der einzelne Beitrag, kann hingegen nicht geteilt werden265. Das Gericht argumentiert an dieser Stelle teilweise inkonsequent, da es den Ausweis des Sendungsbezugs am einzelnen Beitrag festmacht, die Presseähnlichkeit aber anhand des Gesamtangebots überprüft. Dabei scheint die Kammer zu verkennen, dass sich beide Festlegungen auf den Begriff des „Telemedienangebots“ beziehen (gemäß § 11 d Abs. 2 S. 3 RStV ist der Sendungsbezug dort konkret auszuweisen). Dieser wird aber nur beim Nachweis des Sendungsbezugs für den einzelnen Beitrag als maßgeblich erachtet und damit vom Gericht unterschiedlich interpretiert. Bei der sehr konkreten Vorgabe des Nachweises des Sendungsbezugs ist ein Festmachen am einzelnen Beitrag ebenso konsequent wie bei der Beurteilung der Presseähnlichkeit. Ansonsten ließe die Gesamtbetrachtung erhebliche Umgehungsspielräume bei der Schranke der Presseähnlichkeit offen, da die Bewertung der Unzulässigkeit von der Einbindung der Presseartikel in andere Kontexte abhängen würde266. Dies könnte der Norm ihre Wirkkraft rauben und eine Vielzahl von Lesebeiträgen damit auch sendungsunabhängig zulassen, was abzulehnen ist267. (dd) Reichweite des Urteils nicht unbedeutend Nicht ganz nachvollziehbar ist, dass das Gericht die Bedeutung des eigenen Urteils sowohl in der schriftlichen Begründung als auch schon in den mündlichen Verhandlungen herunterspielt268 ; sind die Ausführungen des Gerichts, was eine unzulässige Textlastigkeit und die Darstellung der Beiträge der streitgegenständlichen App anbetrifft, doch sehr präzise. Sie lassen erahnen, welche praktische Bedeutung ein solch eindeutiger Zeitungs(lese)-Ersatz hat. Selbstverständlich bezieht sich das Urteil nur auf eine konkrete Verletzungshandlung, in diesem Fall die App vom 15. Juni 2011. Mit der eingereichten Klage haben die Verlage jedoch gar nicht versucht, die komplette Tagesschau-App untersagen zu lassen, wie dies in der Medienberichterstattung häufig vermittelt worden ist269. Die Anträge beziehen sich auf die Klärung der Presseähnlichkeit, die – wie im Wettbewerbsrecht üblich – anhand einer konkret dokumentierten Verletzungshandlung dargestellt worden ist.

265 So auch Gersdorf, AfP 2010, S. 421 ff. (433); Fiedler, K&R 2012, S. 795 ff. (796, 799); Gerhardt, AfP 2010, S. 16 ff. (19); anders: Papier, epd medien Nr. 60/2010, S. 16 ff. (29); Hain, Die zeitlichen und inhaltlichen Einschränkungen der Telemedienangebote, S. 106 ff. 266 Fiedler, K&R 2012, S. 795 ff. (798). 267 Gersdorf, AfP 2010, S. 421 ff. (433); Gerhardt, AfP 2010, S 16 ff. (19). 268 LG Köln, Urteil vom 27. 09. 2012 – 31 O 360/11, K&R 2012 S. 769 ff. (772). 269 Zu den mit dem Titel erwirkten prozessualen Möglichkeiten der Verlage beschäftigt sich Christoph Keese auf seinem Blog „der presseschauder“, vgl. Dokumentiert – das Urteil des Landgerichts Köln zur Tagesschau-App, Beitrag vom 17. 10. 2012.

B. Materielle Auftragskontrolle

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Die Dimension der Auslegung des presseähnlichen Angebots geht jedoch weiter, als es die Betrachtung eines einzelnen Tages ausmachen kann270. Die Bedeutung des Urteils zur Tagessschau-App darf nicht unterschätzt werden271. Das Gericht hat erstmals seit Inkrafttreten des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrags das Verbot presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug in einem konkreten Fall auslegen müssen und ihm damit „handhabbare Konturen verliehen“272. Dies muss dazu führen, dass die bislang leerlaufende gesetzliche Schranke des Verbots presseähnlicher Angebote auf konkrete Medienangebote angewendet werden kann273. So wird angeführt, dass bei der Übertragung der Auslegung des Gerichts auf andere Telemedienangebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten deren Unzulässigkeit ebenso klar wäre274. Danach wären neben der App auch einige Websites der öffentlich-rechtlichen Sender unzulässig275. (c) Bedeutung für die Drei-Stufen-Test-Ergebnisse Die problematisierten Themenfelder im Urteilsspruch des Landgerichts Köln sind identisch mit den diskutierten Konfliktbereichen des Drei-Stufen-Tests bei der Bestimmung des Begriffs der nichtsendungsbezogenen presseähnlichen Angebote, weshalb das Urteil ein Schlaglicht auch auf die dort gefundenen Ergebnisse wirft. Die Kammer widerlegt mit der von ihr vorgenommenen Auslegung die Ergebnisse der Rundfunkgremien, die in den Drei-Stufen-Testverfahren mit dem Abstellen auf die gedruckte Zeitung und einem damit formal statischen Produkt ohne die Möglichkeit der Verlinkung sowie multimedialer Inhalte und ohne die Berücksichtigung von Schwerpunktverhältnissen pauschal festgestellt hatten, eine Presseähnlichkeit würde bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht vorliegen276. Damit konnte die Norm in den Testverfahren überhaupt keine Anwendung finden277. Das Gericht hat mit dem Urteil jedoch der Praxis der Rundfunkanstalten, bei Vorliegen eines grundsätzlich multimedialen Angebots (wie einem Onlineauftritt) eine Presseähnlichkeit per se zu verneinen, eine klare Absage erteilt.

270

So auch Starck, JZ 2013, S. 103 f. (103). Ebenso Fiedler, K&R 2012, S. 795 ff. (796, 799); anders: Engelage, epd medien Nr. 41/ 2012, S. 5 ff. 272 Fiedler, K&R 2012, S. 795 ff. (798); anders: Hain/Brings, die noch von einem inadäquaten Ansatz zur Operationalisierung des Verbots der Presseähnlichkeit sprechen, WRP 2012, S. 1495 ff. (1500). 273 Zustimmend: Fiedler, K&R 2012, S. 795 ff. (796); anders: Hain/Brings, WRP 2012, S. 1495 ff. (1496 f.). 274 Jentschura, Tagesschau-App: Das Urteil und die Folgen, Beitrag auf Telemedicus.info vom 29. 10. 2012. 275 Ebd. 276 Vgl. beispielsweise den Beschluss des NDR-Rundfunkrats zu Tagesschau.de, S. 27. 277 Kritisch hierzu Gerhardt, Zeitungen 2011/2012, S. 298 ff. (302, 305). 271

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

Wird der Maßstab des Gerichts auf die Auftragsschranke der Presseähnlichkeit angewendet, kann statuiert werden, dass der Staatsvertrag im Genehmigungsverfahren für die Onlinedienste der Sender (beispielsweise tagesschau.de) in Bezug auf die Presseähnlichkeit leerlaufen musste und damit dem Gesetzgeberwillen nicht entsprochen wurde sowie eine klare Auftragsbestimmung bei den Regelungen zur Presseähnlichkeit nicht vorlag278. (d) Bedeutung für Bezahlschranken der Verlage In der Praxis der Nachrichtennutzung wird die Bedeutung des Urteils am Beispiel der aktuellen Verlagsankündigungen über die Errichtung von Bezahlschranken offenbar. Wenn Nutzer die Tagesschau-App-Beiträge aus ihrer Sicht als Zeitungsersatz lesen, das heißt sie in erster Linie konsumieren wie eine klassische gedruckte Zeitung oder Zeitschrift, dann erhält jedermann digitale Lesenachrichten, die staatlich finanziert sind. Presseunternehmen versuchen hingegen seit geraumer Zeit mühsam, Vertriebserlöse für die digitale Nachrichtennutzung zu generieren, die Nutzer bei der ARD durch staatliche Beiträge ohne weitere Entrichtung eines Entgelts konsumieren könnten279. Das Ansinnen, journalistisch-redaktionelle Inhalte über das Tagesgeschehen zu vermarkten, muss bereits dann scheitern, wenn Nutzer diese Inhalte an anderer Stelle ohne zusätzliche Kosten bereitgestellt bekommen280. Hieran ist im Besonderen zu erkennen, dass ein Wettbewerb um Leser zwischen öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten und der Presse besteht281 und dieses Wettbewerbsverhältnis durch beitragsfinanzierte Inhalte erheblich gestört werden kann282. Das Urteil hat jedoch erwartungsgemäß nicht zu einem Abschluss der Streitigkeiten geführt. Es ist mit Berufungsurteil vom 20. 12. 2013 bereits vom Oberlandesgericht Köln aufgehoben worden283, nachdem die ARD dagegen im Oktober 2012 Berufung eingelegt hatte284. In der Folge bis zu diesem Urteilsspruch konnten auch weitere Einigungsgespräche zwischen den Parteien nicht zur Beilegung des Streits

278 Neuhoff sieht die erfolgte Auftragskontrolle bei der Bestimmung der Presseähnlichkeit als nicht zu beanstanden an, da die Ergebnisse nicht „nach einem festen Schema oder einer mathematischen Prüfung mit nur einem logisch denkbarem Ergebnis“ hätten erfolgen können, vgl. ZUM 2012, S. 371 ff. (381). 279 Fiedler, K&R 2012, S. 795 ff. (799). 280 Vgl. auch Otto, Beitrag vom 19. 07. 2010 auf carta.info. 281 So auch Fiedler mit Hinweis auf den Focus App-Monitor vom September 2012, nach dem die Nutzungszahlen von 1150 Apps auf Smartphones und Tablets gemessen wurden und dabei die Tagesschau-App als einziges Nachrichtenangebot unter den Top 20 (Platz 19) rangiert, K&R 2012, S. 795 ff. (799). 282 Vgl. auch Starck, JZ 2013, S. 103 f. (104). 283 OLG Köln, Urteil vom 20. Dezember 2013, Az. 6 U 188/12. 284 ARD-Pressemitteilung vom 25. 10. 2012.

B. Materielle Auftragskontrolle

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beitragen, da an der grundsätzlichen Klärung der Rechtsfrage auf beiden Seiten festgehalten wurde285. (7) Berufungsurteil des OLG Köln vom 20. 12. 2013 Das OLG Köln sieht mit seinem Urteil vom 20. 12. 2013 die vom LG Köln als unzulässiges presseähnliches Angebot eingestufte Ausgabe der Tagesschau-App als nicht dem Überprüfungsmaßstab des Wettbewerbsrechts unterfallend an, da das Telemedienkonzept für tagesschau.de den Drei-Stufen-Test durchlaufen habe und von der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde, der Niedersächsischen Staatskanzlei, im Rahmen eines feststellenden Verwaltungsakts abschließend genehmigt286 worden sei287. Von der Genehmigungswirkung dieses angenommenen Verwaltungsaktes sei damit auch die Tagesschau-App umfasst, da diese unter das Telemedienkonzept für tagesschau.de zu fassen sei. Eine Überprüfung der konkreten Umsetzung des Konzepts kann damit nicht angestellt werden. Mit dieser Entscheidung über die Qualität des rechtsaufsichtlichen Handelns und die Geltungswirkung des Telemedienkonzepts von tagesschau.de, führen die Annahmen des OLG Köln dazu, dass die materiell rechtliche Fragestellungen zu Presseähnlichkeit und Sendungsbezug im Urteil nicht mehr geklärt werden (müssen). Hat sich das LG Köln in seiner wettbewerbsrechtlichen Betrachtung umfassend zur Rechtsqualität des § 11 d Abs. 2 Nr. 3 RStV geäußert und die Frage der Presseähnlichkeit definiert, umgeht das OLG Köln mit seiner Entscheidung alle im Zusammenhang damit aufgeworfenen Fragen, indem es die Genehmigung des Telemedienkonzepts durch die Gremien der Rundfunkanstalten und die Rechtsaufsicht für so weitreichend erklärt, dass damit jede Umsetzung des Konzepts einer zivilgerichtlichen (wettbewerbsrechtlichen) Kontrolle entzogen ist. Dementsprechend finden sich in dem Urteil des OLG Köln auch keinerlei Ausführungen zur etwaigen Presseähnlichkeit der Tagesschau-App. Dies kann nicht überzeugen, da das abstrakt beschriebene und durch einen DreiStufen-Test geprüfte zukünftige Angebot einer Rundfunkanstalt damit für alle Zeit in jeglicher Ausgestaltung legalisiert sein müsste. Falls ein Telemedienkonzept keine materiell rechtlichen Verstöße, wie eine unzulässige Presseähnlichkeit, offenbart, ist – wie die vorliegende Analyse zur Prüfung der Angebote in materieller Hinsicht zeigt – in keinem Fall ausgeschlossen, dass auch die spätere Umsetzung und die damit verbundene Weiterentwicklung des Konzepts diesen Vorgaben nachkommt. Ein künftiges Marktverhalten kann gar nicht vorab – ohne weitergehende Betrachtung der Entwicklung von Angebot und Marktumfeld – antizipiert werden. 285

So wurden bei einem Treffen am 22. 12. 2012 zwischen Verleger und Intendanten lediglich „Positionen ausgetauscht“, vgl. die BDZV-Pressemitteilung vom 22. 11. 2012. 286 Das OLG Köln spricht hier von einer „Freigabe“, kritisch hierzu Wierny, ZUM 2014, S. 196 ff. (196). 287 Vgl. Degenhart, AfP 2014, S. 107 ff. (107 f.).

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

Nach diesem in der Sache nicht sehr tiefgehenden Berufungsurteil wurde seitens der Verleger an der grundsätzlichen Klärung der Rechtsfrage, wann ein presseähnliches Angebot vorliegt288, festgehalten289. Die Zeitungsverlage legten Revision beim Bundesgerichtshof gegen das Urteil des OLG Köln ein290. (8) Revisionsurteil des Bundesgerichtshofs vom 30. 04. 2015 Nachdem das OLG Köln das erstinstanzliche Urteil des LG Köln kassierte, da die Tagesschau-App nach Auffassung des Gerichts von der Genehmigung des Angebots tagesschau.de gedeckt sei, hatte der Bundesgerichtshof (BGH) im Rahmen eines Revisionsurteils zu entscheiden291. Er hob das Urteil des OLG Köln auf. Während er die Klage der Zeitungsverlage gegen die ARD – entgegen aller Vorinstanzen aufgrund mangelnder Rechts- und Parteifähigkeit i. S. d. § 50 Abs. 2 ZPO – als unzulässig verwarf, verwies er die Klage gegen den Beklagten NDR zur Neuverhandlung an das OLG Köln zurück. Der BGH ließ die durch das OLG Köln aufgeworfene Frage, ob in der Freigabe des Telemedienkonzepts von Tagesschau.de zur Veröffentlichung im Ministerialblatt ein Verwaltungsakt liegt, dahinstehen. Ein abstraktes Konzept könne nach Auffassung des Gerichts für ein konkretes Angebot wie die Tagesschau-App keine Tatbestandswirkung i. R. d. § 4 Nr. 11 UWG entfalten. Dies habe selbst dann zu gelten, wenn den Rundfunkgremien – im vorliegenden Fall dem NDR-Rundfunkrat – ein konkretes Angebot vor Augen geführt wurde. Darin sei bloß ein bestimmter Rahmen zu sehen, der weiteren Spielraum für die konkrete Umsetzung des Angebots lasse292. Die im Telemedienkonzept konkret gewählte Beschreibung, tagesschau.de biete erläuternde und informierende Hintergrundberichte, die Beiträge würden als Audio oder Video sowie in Manuskriptform angeboten und um originäre aktuelle Textmeldungen sowie vertiefende Inhalte ergänzt, ließe „weiteren Spielraum für konkrete Umsetzungen und sei nicht geeignet, die Übereinstimmung von im Online-Portal zur Umsetzung des Konzepts eingestellten konkreten Angeboten mit den Vorgaben des RStV zu gewährleisten“293. Damit konnte das Gericht die Frage, ob in der Freigabe des Telemedienkonzepts zur Veröffentlichung im Ministerialblatt ein Verwaltungsakt liegt, dahinstehen lassen – ein abstraktes Angebot kann für die konkrete Umsetzung der Tagesschau-App keine Tatbestandswirkung i. R. d. § 4 Nr. 11 UWG entfalten. 288

Marmor, epd medien Nr. 41/2013, S. 3 ff. (9). Vgl. die BDZV-Pressemitteilung vom 20. 12. 2013. 290 Vgl. die BDZV-Pressemitteilung vom 23. 12. 2013. 291 BGH, Urteil vom 30. 04. 2015 – I ZR 13/14 (OLG Köln, LG Köln); MMR 2015, S. 842 ff. 292 Siehe auch Klein, MMR 2015, S. 847 f. (848). 293 BGH, Urteil vom 30. 04. 2015, MMR 2015, Rn 47 – 48. 289

B. Materielle Auftragskontrolle

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Nach dem BGH stellt § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Hs. 3 RStV nicht bloß eine Marktzutrittsregelung dar, sondern auch eine Marktverhaltensregelung. Die Norm habe den Zweck „die Betätigung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf dem Markt der Telemedien zum Schutz von Presseverlagen zu begrenzen“. Daraus folge, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk auf nichtsendungsbezogene presseähnliche Angebote verzichten müsse294. Der BGH ließ die Frage, was konkret unter presseähnlichen Angeboten zu verstehen sei, offen, da diese inhaltliche Frage vom Berufungsgericht nicht geklärt worden und daher nicht als entscheidungsreif einzustufen sei295. Dennoch gibt er dem OLG Köln hierfür einige zu beachtende Vorgaben mit auf den Weg. Das Gericht stellt zunächst auf das Gesamtangebot für den Beurteilungsmaßstab der Presseähnlichkeit ab. Damit sei der Angebotsbegriff auf das gesamte Telemedienangebot zu beziehen, nicht auf einzelne Beiträge296. Dies ergebe sich aus der Verwendung des Begriffs in Normen, wie §§ 11 f und 11 d RStV, aus deren Kontext ebenfalls auf die weite Auslegung zu schließen sei297. Der BGH verweist dann auf die Legaldefinition presseähnlicher Angebote in § 2 Abs. 2 Nr. 20 RStV298. Demnach spreche Textlastigkeit grundsätzlich für Presseähnlichkeit; bei der Beurteilung sei vorrangig auf gedruckte Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften abzustellen299. Entgegen der Auffassung des LG Köln sei zur Beurteilung der Presseähnlichkeit jedoch nicht auf die Nutzersicht abzustellen, das heißt auf die Frage, ob die Berichterstattung subjektiv dazu geeignet sei, als Presseersatz zu dienen300. Der BGH hält der verfassungsrechtlich geschützten Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk, welche nach Auffassung des Gerichts durch das Verbot der Presseähnlichkeit nicht verwehrt sein dürfe, die verfassungsrechtlich garantierte Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG entgegen. Auf ein klärendes Wort, ob das Verbot der Presseähnlichkeit mit der Programmautonomie und der Entwicklungsgarantie der Rundfunkanstalten vereinbar ist, verzichtet das Gericht aber301. Jedenfalls unterstreicht es, dem Schutz des Instituts „Freie Presse“ sei durch § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Hs. 3 RStV Rechnung getragen worden, da danach der Schwerpunkt der Berichterstattung in einer hörfunk- oder fernsehähnlichen Gestaltung zu liegen habe302. Ob dieser Schwerpunkt im konkreten Fall eingehalten wurde, bleibt offen. 294 295 296 297 298 299 300 301 302

BGH, Urteil vom 30. 04. 2015, MMR 2015, Rn. 53 ff. BGH, Urteil vom 30. 04. 2015, MMR 2015, Rn. 60. Kritisch hierzu Paal, AfP 2015, S. 500 ff. (503). BGH, Urteil vom 30. 04. 2015, Rn. 61. Wimmer/Nawrath, ZUM 2016, S. 126 ff. (133). BGH, Urteil vom 30. 04. 2015, MMR 2015, Rn. 64 f. BGH, Urteil vom 30. 04. 2015, MMR 2015, Rn. 66. Kritisch hierzu Gersdorf, GRUR-PRAX 2015, S. 513. BGH, Urteil vom 30. 04. 2015, MMR 2015, Rn. 66.

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

Das Urteil des Bundesgerichtshofs zeigt, dass es auch für Presseverlage einen Spielraum in der sich wandelnden Medienwelt geben muss, der nicht von mit staatlichen Beihilfen finanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vereinnahmt werden kann. Eine konkrete Ausführung zur Presseähnlichkeit und zur Zulässigkeit des Telemedienangebots Tagesschau-App im streitgegenständlichen Fall, überlies das Gericht jedoch dem OLG Köln. (9) Zweites Urteil des OLG Köln vom 30. 09. 2016 Mit dem Urteil des OLG Köln vom 30. September 2016 hat die seit Juni 2011 andauernde zivilrechtliche Klärung der Frage, ob die Tagesschau-App in der streitgegenständlichen Form ein presseähnliches Angebot ohne Sendungsbezug ist, schließlich ihr Ende gefunden. Das OLG Köln hat der Klage der Zeitungsverlage im Wesentlichen stattgegeben und die Revision nicht zugelassen, da die wesentlichen Rechtsfragen durch den BGH bereits geklärt seien. Das Gericht stellt zunächst klar, dass ein Beitrag nur dann sendungsbezogen sein kann, wenn der öffentlich-rechtliche Anbieter diesen Bezug ausdrücklich und erkennbar hergestellt habe. Aus Nutzersicht stelle sich ansonsten der Sendungsbezug nicht her, selbst wenn er „materiell“ vorliege303. Das Angebot sei daher als nicht sendungsbezogen zu qualifizieren. Bei der Beurteilung der etwaigen Presseähnlichkeit des streitgegenständlichen Angebots stellt das Gericht auf eine „wertende“ Gesamtbetrachtung ab304. Hierbei soll das Telemedienangebot mit den durch Texte und Standbilder geprägten PrintAusgaben von Zeitungen und Zeitschriften verglichen und beurteilt werden, welche Art von Beiträgen im Vordergrund stehen. Für eine presseähnliche Gestaltung spreche, wenn Texte und Bilder eine aus sich heraus verständliche Einheit bildeten und audiovisuelle Inhalte nur ergänzend hinzukommen würden305. Bei der Gesamtbewertung des am 15. Juni 2011 über die Tagesschau-App abrufbaren Angebots sei nach dem Gericht zu berücksichtigen, dass sowohl von der gesamten Struktur (wie die Angebote dem Nutzer präsentiert werden) als auch hinsichtlich einzelner Beiträge pressetypische Elemente deutlich überwiegen und damit als presseähnlich einzustufen seien. Die wenigen Teilbereiche des Angebots, bei denen nicht pressetypische Inhalte im Vordergrund stehen, änderten nicht den Gesamtcharakter des streitgegenständlichen Angebots306.

303 OLG Köln, Urteil vom 30. 09. 2016, MMR 2017, Rn. 4; auch sei das Angebot als nichtsendungsbezogen genehmigt worden und wäre daher – im Falle eines vorliegenden vollumfänglichen Sendungsbezugs – schon unter diesem Gesichtspunkt rechtswidrig. Anders: Hain/Brings-Wiesen, K&R 2016, S. 791 ff. (792). 304 Wimmer, MMR 2017, S. 186 ff. (190). 305 OLG Köln, Urteil vom 30. 09. 2016, MMR 2017 Rn. 25. 306 OLG Köln, Urteil vom 30. 09. 2016, MMR 2017 Rn. 47.

B. Materielle Auftragskontrolle

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Schließlich stelle das Verbot der Tagesschau-App vom 15. Juni 2011 keinen verfassungsrechtlich unzulässigen Eingriff in die Rundfunkfreiheit des Beklagten dar, da die Beschränkung des Gesetzgebers durch § 11 d Abs. 2 Nr. 1 – 2 RStV nur für nicht sendungsbezogene Inhalte gelte und eine vom Programm losgelöste pressemäßige Berichterstattung in der Rundfunkfreiheit keine Grundlage mehr finde307. Den Rundfunkanstalten sei es durch die Norm des Rundfunkstaatsvertrags sogar erlaubt, presseähnliche Inhalte mit Sendungsbezug anzubieten. Die Frage, ob diese Einzelfallprüfung des OLG Köln nach Beendigung des jahrelangen Rechtswegs nun ein adäquates Mittel ist, die Streitigkeiten zwischen den Parteien beizulegen, ist eher zu verneinen. Die Urteile geben einen Orientierungsmaßstab, der wiederum Auslegungsspielräume im konkreten Einzelfall eröffnet, die – nach dem Selbstverständnis des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – nicht zu seiner weiteren Selbstbeschränkung der Textberichterstattung führen werden. Da der Weg zum Verfassungsgericht beiden Parteien offensteht, und weitere Gespräche zur Klärung der Streitpunkte zwischen Verlegern und dem öffentlichen Rundfunk zwar erfolgen, jedoch bislang immer fruchtlos blieben, ist absehbar, dass das letzte Wort in dieser Auseinandersetzung noch nicht gesprochen ist308. Interessant wird hier die weitere Vorgehensweise der Rundfunkkommission der Länder sein, die es sich im Jahr 2016 zur Aufgabe machte, den Telemedienauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu überarbeiten und eine Arbeitsgruppe dafür eingerichtet hat, die im Jahr 2017 unter Einbeziehung der einschlägigen Interessengruppen Ergebnisse finden soll. Diese Bemühungen der Länder sollen zu einer neuen Beauftragung für Telemedien im Rundfunkstaatsvertrag führen309. Dass hier auch der Begriff der Presseähnlichkeit eine Rolle spielen wird und eine Konkretisierung der offen gelassenen Punkte des Rundfunkgesetzgebers erfolgen soll, ist nach dem letztinstanzlichen Urteil des OLG Köln zu erwarten. h) Ergebnis der Prüfung von Sendungsbezug und Presseähnlichkeit Bei der inhaltlichen Auftragskontrolle zu Presseähnlichkeit und Sendungsbezug sind folgende Konflikte mit den Vorgaben des Beihilfekompromisses sowie des Rundfunkstaatsvertrags festzuhalten: Zunächst werden die Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags im Hinblick auf das Verbot presseähnlicher Angebote als Negativausnahme der Beauftragung seitens der Gremien (sowie seitens der Geschäftsführung der öffentlich-rechtlichen Anstalten) als auslegungsfähig und nicht abschließend zu klären dargestellt, was den Vorgaben einer präzisen Definition des Auftrags und dessen Kontrolle zuwiderläuft. Die 307

Unter Hinweis auf BVerfGE 83, 238 ff. Vgl. auch Wimmer, MMR 2017, S. 186 ff. (189). 309 Vgl. die Aussagen der Vorsitzenden der Rundfunkkommission der Länder, Heike Raab, in promedia 11/2016. 308

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

Kommission hat unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass ein nicht genau definierter Auftrag eine wirksame Kontrolle nicht gewährleisten kann. Genau dieser Fall ist vorliegend eingetreten, denn der Begriff der Presseähnlichkeit und damit jegliche materielle Begrenzungskraft der Regelung ist den Gremien unklar geblieben bzw. wurde, wie dargelegt, von ihnen im Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers angewendet. Wenn nun die Gremien die Staatsvertragsvorgaben nicht anzuwenden vermögen, entsteht eine Lücke in der Beauftragung, was gleichzeitig der wirksamen Kontrolle des Auftrags entgegensteht. Die Gremien haben in ihren Beschlussbegründungen bei der Prüfung der Presseähnlichkeit die vom Gesetzgeber gemachten Vorgaben im Rahmen der Definition und amtlichen Begründung an vielen Stellen unbeachtet gelassen. Die nach eigenen Aussagen der Gremien nicht abschließend geklärte Auftragsbeschränkung bei presseähnlichen Angeboten konnte letztlich kaum zu Einschränkungen der zu prüfenden Angebote führen310. Eine begrenzende Anwendung des Begriffs der Presseähnlichkeit hätte dabei nicht zu Konflikten mit der Rundfunkfreiheit führen bzw. auch nicht dergestalt verfassungskonform ausgelegt werden müssen, dass die Norm des § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3 RStV in der Konsequenz keinen Anwendungsbereich bei den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten mehr haben könnte. Wie dargestellt, hat das Bundesverfassungsgericht – anders als im Hinblick auf den linear verbreiteten Rundfunk – nicht festgestellt, dass aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG die Zulassung digitaler Lesemedien als Ausformung der Entwicklungsgarantie zu folgen hat. Da der Gesetzgeber mit dem Verbot presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug keine inhaltliche Ausgestaltung des Programms regelt, sondern lediglich dem Rundfunk ein bestimmtes Tätigkeitsfeld verwehrt, kommt er seiner zulässigen Ausgestaltungsbefugnis nach, sodass § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3 RStV die Rundfunkfreiheit nicht einschränken kann311. Ruth Hieronymi schrieb im November 2011: „Geblieben ist leider die Kontroverse zwischen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk und den Presseverlegern zum Begriff des „presseähnlichen Angebotes“. Die Aufsichtsgremien von ARD und ZDF haben aber schon ihre Bereitschaft erklärt, mit den Verlegern nach Kompromissen zur Lösung auch dieses Problems zu suchen, um einen erneuten Gang nach Brüssel zu vermeiden“312. Dies ist eine mögliche Konsequenz aus dem eskalierten Streit um presseähnliche Angebote ohne Sendungsbezug. Die Genehmigung durch das Testverfahren in Bezug auf das Verbot der Presseähnlichkeit steht auch nach dem Anruf der Zivilgerichte unter dem Vorbehalt, dass die Kommission erneut befasst wird, um 310 Vgl. auch Degenhart, der kritisiert, die Aufsichtsgremien hätten die Telemedienangebote der Sender „ausnahmslos gebilligt“ und dem Expansionsinteresse der Anstalten damit „nicht nachhaltig entgegenwirken können“, CR 2011, S. 231 ff. (236). 311 Vgl. Gersdorf, Rechtsgutachtliche Stellungnahme zum Urteil des LG Köln (TagesschauApp) vom März 2013, S. 21. 312 Hieronymi, Die Politische Meinung, Nr. 492, 11/2010, S. 15 ff. (19).

B. Materielle Auftragskontrolle

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eine Überprüfung der deutschen Auftragsdefinition und Auftragskontrolle anzustrengen. 3. Verbot flächendeckender lokaler Berichterstattung Auch das Verbot flächendeckender lokaler Berichterstattung gemäß § 11 d Abs. 5 S. 3 RStV musste in den Testverfahren durch die Gremien beachtet und dadurch sichergestellt werden, dass keine unzulässigen Inhalte durch die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten vorgehalten werden. Das Verbot war als inhaltliche Ausgestaltung des Funktionsauftrags bereits der EU-Kommission zugesagt worden313. Gesetzgeberisch motiviert war die Regelung maßgeblich durch das Angebot der WDR-Lokalzeit mit elf Lokalstudios, bei denen im Speziellen die Abgrenzung der Begriffe lokal und regional diskutiert wurde314. Die Räte hatten sich vorliegend mit einer Interpretation des gesetzlichen Verbots auseinanderzusetzen, da der Rundfunkstaatsvertrag für den Begriff „flächendeckend“ keine Definition bereithält. Auch fehlt eine Konkretisierung, was unter „lokal“ zu verstehen ist. Hier ist vor allem die Schwierigkeit auszumachen, eine regionale von einer lokalen Berichterstattung abzugrenzen. Daher wurden die Grenzziehungen des Verbots schon im Vorfeld der Testverfahren als schwierig eingestuft315. Neben dem Fehlen einer gesetzlichen Definition führt auch die amtliche Begründung nichts zur Regelungsmotivation des Gesetzgebers aus. Es liegt jedoch nahe, dass dies der Schutz privater Wettbewerber aus Presse, Hörfunk, und TV mit ihrer lokalen bzw. regionalen Berichterstattung ist316. Lokal- bzw. Regionalberichterstattung ist mit hohen finanziellen Aufwendungen verbunden, sodass eine öffentlich-rechtliche Konkurrenz hier übermächtig werden kann. Besonders die Presse deckt die Berichterstattung auch in kleinen lokalen Gebieten weitgehend ab. Würde die ARD in den Regionen auf breiter lokaler Basis per Video, Audio und mit Textartikeln umfassend informieren, könnte es sich beispielsweise für „viele Menschen erübrigen, die lokale Zeitung zu kaufen oder die Verlagsangebote im Internet zu besuchen“317. Die Norm knüpft somit von der Regelungsmotivation an das Verbot presseähnlicher Angebote des § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3 RStV an. Ziel ist es unter anderem, Presseverlage bzw. solche vielfach kleinen, im Aufbau befindlichen An313

Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 365. Kops/Sokoll/Bensinger, Rahmenbedingungen, S. 132; Peters, Öffentlich-rechtliche Onlineangebote, Rn. 126. 315 Vgl. Peters, Öffentlich-rechtliche Onlineangebote, Rn. 126 ff.; Kops/Sokoll/Bensinger, die die Regelung als „durchaus interpretationsbedürftig“ einstufen, Rahmenbedingungen, S. 132. 316 Kops/Sokoll/Bensinger vermuten, dass die Regelung an entsprechende Angebote von Zeitungsverlagen angelehnt sei, Rahmenbedingungen, S. 132. 317 Peters, Öffentlich-rechtliche Onlineangebote, Rn. 130. 314

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

bieter im lokalen und regionalen Onlinebereich zu schützen, die teils aus wirtschaftlichen, teils aus ideellen Gründen tätig werden und den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in finanzieller und personeller Ausstattung „nicht auf Augenhöhe“ begegnen können318. a) Mögliche verfassungsrechtliche Einschränkung der Norm Das Verbot wurde jedoch in der Rechtsliteratur teilweise als eine zu weitgehende Schutzregelung bewertet, die über das Ziel des Schutzes privater Konkurrenz in kleineren lokalen Märkten hinausschieße319. Da sich der Auftrag der Landesrundfunkanstalten ausdrücklich auf das regionale Geschehen erstrecke und sogar gemäß § 11 Abs. 1 S. 2 RStV einen „umfassenden Überblick über das regionale Geschehen in allen Lebensbereichen“ erfordere, könne ein zu enges Verständnis des Begriffs diese Auftragsvorgabe konterkarieren320. So sei eine verfassungskonforme Auslegung des Begriffs vorzunehmen, da der Begriff anlässlich des Baden-WürttembergBeschlusses des Bundesverfassungsgerichts321 nicht unproblematisch sei. In dem Urteil wurde ein Ausschluss des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von der regionalen und lokalen Berichterstattung zur Sicherung der Marktchancen privater Medien für unzulässig erklärt. Dagegen kann allerdings angeführt werden, dass diese Grundsätze des Bundesverfassungsgerichts für den klassischen Rundfunkbereich getätigt wurden und nicht für Telemedien322. Die Argumentation ist auf die publizistische Situation der dualen Rundfunkordnung gemünzt, bei der in einem Verbreitungsgebiet vielleicht nur ein einziger Presseverlag gegenüber einer öffentlichrechtlichen Sendeanstalt berichten konnte und demnach nur ein eingeschränkter publizistischer Wettbewerb vorhanden war, der nicht weiter reduziert werden sollte. Vor dem Hintergrund der Gegebenheiten des Internets als offenes, zugangsbarrierenfreies und meinungsvielfältiges Netz kann diese Argumentation jedoch nicht überzeugen und trägt nicht als Grund für eine enge verfassungsrechtliche Interpretation in angeblicher Anlehnung an den Baden-Württemberg-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, welcher zu einer faktischen Nichtanwendbarkeit der Norm führen könnte323.

318

Gersdorf, K&R 2012, S. 94 ff. (97). Peters, Öffentlich-rechtliche Onlineangebote, Rn. 130. 320 Peters mit Hinweis auf den NDR, bei dem in manchen Bereichen eine Region dasselbe bedeute wie ein Ort, Öffentlich-rechtliche Onlineangebote, Rn. 135. 321 BVerfGE 74, 297, 326. 322 Für eine Übertragbarkeit jedoch Peters, Öffentlich-rechtliche Onlineangebote, Rn. 128. 323 Gegen eine Überinterpretation des Grundversorgungsauftrags spricht sich auch Gersdorf aus, K&R 2012, S. 94 ff. (97). 319

B. Materielle Auftragskontrolle

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b) Auslegung durch die Rundfunkanstalten Der Begriff der lokalen Flächendeckung hatte im Drei-Stufen-Testverfahren für den Bestand ausschließlich bei den Regionalportalen der Sender Bedeutung, hingegen nicht bei den Gemeinschaftsangeboten der ARD oder bei den Telemedien des ZDF. Aufgrund der sehr breit angelegten Berichterstattung durch die „Lokalzeit“ hatte sich der WDR-Rundfunkrat mit dem entsprechenden Telemedienangebot und damit auch mit dem Begriff der regionalen Berichterstattung umfassend auseinander zu setzen. Dieser Umstand spiegelt sich im Beschluss zu wdr.de wider. Dort hat der WDR-Rundfunkrat die Bedenken privater Wettbewerber dahingehend aufgegriffen, dass die Grenze zwischen flächendeckender lokaler und regionaler Berichterstattung im Telemedienkonzept des WDR als nicht klar ersichtlich bemängelt wurde. Seiner Forderung an die Intendanz, eine Konkretisierung des Begriffs vorzunehmen, wurde entsprechend nachgekommen324. Die Intendanz führt demnach aus, der WDR betreibe zwar eine intensive Regionalberichterstattung, aber keine flächendeckende Lokalberichterstattung. Zwar hießen die Sendungen des WDR „Lokalzeit“, was einen „gefälligen Namen“ darstelle, gleichwohl seien die Beiträge „nur bis auf die regionale Ebene aufgefächert“325. Die Gebiete der Lokalzeit würden zudem „eher dem Versorgungsgebiet kleiner Landesrundfunkanstalten als dem Verbreitungsgebiet von Lokalzeitungen“ in der Region entsprechen326. Der WDR-Rundfunkrat schließt sich in seiner Bewertung der Ansicht der Geschäftsführung an und sieht keine Gefahr einer flächendeckenden Lokalberichterstattung im Sinne des staatsvertraglichen Verbots. Lokale Berichterstattung sei demnach „eine Berichterstattung für ein lokales Verbreitungsgebiet, das relevante Ereignisse bzw. Informationen in Abgrenzung zu „landesweiter“ und „regionaler“ Berichterstattung spiegelt“327. Er geht zudem von einer fließenden Grenze zur regionalen oder gar landes- oder bundesweiten Berichterstattung aus. Die Begriffe würden daher einer Mehrfachbedeutung offen stehen, da ein Bericht zugleich für den Bewohner eines bestimmten Ortes, aber auch für ein überörtliches Publikum von Interesse sein könnte328. Der WDR-Rundfunkrat führt in seiner Beschlussbegründung aus, er könne nicht feststellen, dass im Rahmen von wdr.de eine flächendeckende lokale Berichterstattung stattfinde329.

324 Vgl. den Beschluss des WDR-Rundfunkrats zu wdr.de, S. 41. Der Zeitungsverlegerverband NRW hatte zuvor gefordert, das Angebot der WDR-Mediathek abzubauen, da aufgrund seiner regionalen Orientierung ein flächendeckendes lokales Angebot daraus entstehen könne. 325 Ebd., S. 41 326 Ebd., S. 42. 327 Ebd., S. 43. 328 Ebd., S. 43. 329 Beschluss des WDR-Rundfunkrats zu wdr.de, S. 43.

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

Eine so intensive Auseinandersetzung mit der Auslegung des Begriffs der flächendeckenden lokalen Berichterstattung liegt bei anderen Landesrundfunkanstalten nicht vor. Der HR-Rundfunkrat legt in seinem Beschluss beispielsweise lediglich dar, es liege kein Verstoß gegen das Verbot vor, da „lokale Meldungen in der Regel nur von lokalem Interesse und daher keine regionalen Meldungen“ seien330. Einzelne lokale Meldungen führten daher nicht zu einer Flächendeckung. Eine weitergehende begriffliche Abgrenzung wurde nicht vorgenommen. Auch der SWR-Rundfunkrat setzte sich – jedenfalls lässt die Beschlussbegründung zu swr.de darauf schließen – nicht gerade umfassend mit dem Begriff der Flächendeckung und lokalen Angeboten auseinander. Zwar forderte er von der Intendanz eine Erläuterung, warum das Verbot nicht einschlägig sei, da dies im ursprünglichen Telemedienkonzept des Senders nicht enthalten gewesen sei331. Jedoch gibt sich das Gremium dann mit der Begründung der Geschäftsführung zufrieden, dass in den Angebotsteilen eine Rubrizierung der Berichterstattung nach den Regionen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz vorgenommen werde, was eine Fokussierung auf Bundesländerebene und nicht primär auf den lokalen Bereich bedeute332. Eine weitergehende Befassung bzw. Argumentation zur Abgrenzung der Begriffe regional und lokal ist hier nicht ersichtlich. Der MDR-Rundfunkrat sah ebenfalls keinen Verstoß gegen § 11 Abs. 5 S. 3 RStV durch die Nachrichten von mdr-online als gegeben an. Die lokale Berichterstattung sei nicht von Interesse und läge – wenn überhaupt – nur punktuell und nicht flächendeckend vor333. Der BR-Rundfunkrat setzt sich intensiver mit dem Verbot auseinander und weist auf die Angebote der lokalen Presse hin, für deren Schutz die Regelung in den Rundfunkstaatsvertrag aufgenommen worden sei334. Das Gremium sah es demnach als schwierig an, eine konkrete Grenze zwischen zulässigen und unzulässigen lokalen Inhalten zu ziehen, nahm aber die Onlineportale der Lokalpresse als tauglichen Vergleichsmaßstab an335. Dort sei eine viel umfangreichere Berichterstattung vorhanden, sodass eine Abgrenzung hierzu gegeben sei336. Der BR-Rundfunkrat ließ dafür in dem in Auftrag gegebenen publizistischen Gutachten337 den geografischen Fokus von BR-online an einem Stichtag untersuchen. Daraus habe sich ergeben, dass die lokale Berichterstattung nur 15 Prozent ausmache. Damit sei keine Konkurrenz

330

Beschluss des HR-Rundfunkrats zu hr-online, S. 16. Beschluss des SWR-Rundfunkrats zu SWR.de, S. 38. 332 Ebd., S. 38. 333 Beschluss des MDR-Rundfunkrats zu MDR-Online, S. 32 f. 334 Beschluss des BR-Rundfunkrats zum BR-Telemedienbestand, S. 70 f. 335 Ebd., S. 70 f. 336 Ebd., S. 70 f. 337 Gutachten der Goldmedia GmbH – Publizistischer Strukturvergleich, siehe die Ausführungen auf S. 145 ff. des Beschlusses des BR-Rundfunkrats zum BR-Telemedienbestand. 331

B. Materielle Auftragskontrolle

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zu lokalen Zeitungen gegeben, da bei der Presse der Schwerpunkt viel deutlicher im lokalen Bereich festzumachen sei338. Der NDR-Rundfunkrat hingegen stellt grundsätzlich fest, dass eine flächendeckende Lokalberichterstattung nicht stattfinde und die Angebote ndr-online und ndrtext daher den staatsvertraglichen Vorgaben entsprechen würden339. Eine intensivere Beratung bzw. ein Befassen mit den genauen Regelungsinhalten ist nicht ersichtlich. c) Ergebnis der Prüfung zu flächendeckender lokaler Berichterstattung Am Beispiel der Regelung des Verbots einer flächendeckenden regionalen Berichterstattung ist zu erkennen, wie unterschiedlich die Behandlung innerhalb der einzelnen Gremien mit diversen Vorgaben des Staatsvertrags ausgeprägt ist. Während einige Landesrundfunkräte – wie die Gremien von WDR oder BR – die Norm und deren Auslegung bzw. Anwendung auf die Telemedien der Landessender offenbar intensiv geprüft und begründet haben, geben sich andere – beispielsweise HR und NDR – in ihren Beschlussbegründungen mit einem generellen Verneinen einer Einschlägigkeit des Verbots zufrieden. Grundsätzlich ist zwischen dem regionalen/ lokalen Nachrichtenangebot von NDR und BR in Breite und Tiefe kein großer Unterschied auszumachen. Dennoch lehnt ein Gremium (NDR) die Diskussion einer Regelung bzw. seiner Bedeutung ab, während andere dazu eigens Gutachten erstellen lassen, die Abgrenzung als schwierig bezeichnen und nach intensiver Diskussion die Ergebnisse schließlich breit begründen können (BR). 4. Verbote der Negativliste Auch die Verbote der Negativliste als Anlage zur Auftragsnorm des § 11 d Abs. 5 S. 4 RStV mussten eingehend geprüft werden, um das Offerieren der darin für unzulässig erklärten Angebote zu verhindern. Damit sind vor allem Angebotsformen im Visier des Verbots, die zwar nutzungsintensiv sein können, aber geringen (publizistischen) Nutzen für die freie Meinungsbildung mitbringen340. Nach der amtlichen Begründung des Gesetzgebers enthält die „Negativliste“ insbesondere solche Angebote, die für Erwerbszwecke kommerzieller Anbieter relevant sind und damit das Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks weiter begrenzen sollen341. Die in der Negativliste enthaltenen Angebote sind vielfältig und umfassen zahlreiche Vorgaben, die wiederum auslegungsbedürftige Begriffe beinhalten342. 338 Gutachten der Goldmedia GmbH, S. 14; vgl. auch den Beschluss des BR-Rundfunkrats zum BR-Telemedienbestand, S. 71. 339 Beschluss des NDR-Rundfunkrats zu NDR Online und NDR Text, S. 30 f. 340 Kops/Sokoll/Bensinger, Rahmenbedingungen, S. 20. 341 Vgl. die amtliche Begründung zu § 11 d Abs. 5 RStV. 342 Kops/Sokoll/Bensinger, Rahmenbedingungen, S. 133.

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

Dem Verbot343 unterfallen: Anzeigenportale, Anzeigen oder Kleinanzeigen; Branchenregister und Branchenverzeichnisse; Preisvergleichsportale sowie Berechnungsprogramme344 ; Bewertungsportale für Dienstleistungen, Einrichtungen und Produkte; Partner-, Kontakt-, Stellen-, Tauschbörsen; Ratgeberportale ohne Sendungsbezug; Business-Networks; Telekommunikations-Dienstleistungen im Sinne von § 3 Nr. 24 des TKG; Wetten im Sinne von § 762 BGB; Softwareangebote345; Routenplaner sowie Verlinkung ohne redaktionelle Prüfung346 ; Musikdownload von kommerziellen Fremdproduktionen; Spiele-Angebote ohne Sendungsbezug; Foto-Download ohne Sendungsbezug; Veranstaltungskalender347; Foren, Chats ohne Sendungsbezug und redaktionelle Begleitung348. Der Blick auf die Aufzählung bestätigt, dass die genannten Angebotsformen nicht in erster Linie mit solchen Inhalten gleichzusetzen sind, die für die publizistische Meinungsbildung eine bedeutende Rolle spielen und dafür einen staatlich beauftragten öffentlich-rechtlichen Rundfunk erfordern349. Vielmehr sollten diese Angebotssegmente als in erster Linie privaten Anbietern vorbehaltene Telemedien zu sehen sein. Die der Europäischen Kommission bereits vor ihrer Einstellungsentscheidung zugesagten Angebotsformen der Negativliste betrafen daher Themenfelder, die von Wettbewerbern als nicht dem öffentlich-rechtlichen Funktionsauftrag unterfallend bemängelt wurden350. So standen einzelne Angebotsformate wie Kontaktportale, Chatangebote, Onlinespiele und E-Commerce351 lange in der Kritik privater Anbieter352. Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten hielten jedoch an einigen dieser Angebotsformate, die Wettbewerber als auftragsfern einstuften, lange fest. So kreiste die Diskussion beispielsweise um soziale Netzwerke bzw. Kon-

343

Vgl. die Negativliste als Anlage zu § 11 d Abs. 5 S. 4 RStV. Beispielsweise Preisrechner und Versicherungsrechner. 345 Soweit nicht zur Wahrnehmung des eigenen Angebots erforderlich. 346 Verlinkungen sollen ausschließlich der unmittelbaren Ergänzung, Vertiefung oder Erläuterung eines Eigeninhalts auch von Beteiligungsunternehmen dienen und nicht unmittelbar zu Kaufaufforderungen führen. 347 Sendungsbezogene Hinweise auf Veranstaltungen sind zulässig. 348 Foren, Chats unter Programm- oder Sendermarken sind zulässig. Foren und Chats dürfen nicht inhaltlich auf Angebote ausgerichtet sein, die nach Nummern 1 bis 16 unzulässig sind. 349 Vgl. auch die Ausführungen des ZDF-Fernsehrats im Beschluss zu den Telemedienangeboten des ZDF, S. 34, der von „weniger für die Meinungsbildung bedeutsamen Angeboten“ spricht. 350 Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 339, hier als Positiv-/Negativliste bezeichnet. 351 Dies sind Angebote, die einen elektronischen Handel bzw. Handelsverkehr beinhalten. 352 Vgl. Rebmann, der die Wettbewerbs-Problematik anhand von Rubrik-Anzeigen und Spieleangeboten darstellt, Online-Dienste als wettbewerbswidrige Angebote des öffentlichrechtlichen Rundfunks, S. 4 ff.; Pressemitteilung des BITCOM vom 09. 07. 2002; Wiedemann kritisch zur Diskussion über diese Dienste, Die Konsequenzen der Beilegung des Rechtsstreits mit der Europäischen Kommission, S. 12, 344

B. Materielle Auftragskontrolle

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taktportale einiger Jugendwellen, die die Anstalten als unabdingbar ansahen, um junge Menschen anzusprechen353. a) Verbote bei nichtsendungsbezogenen Angebotsformaten Auch bei der Negativliste musste – wie schon beim Verbot presseähnlicher Angebote – von den Gremien besonderes Augenmerk auf das Erfordernis eines Sendungsbezugs gelegt werden, denn die Rundfunkanstalten dürfen wegen des gesetzlichen Verbots der Negativliste bestimmte Angebotsformen nur sendungsbezogen vorhalten, auch wenn der Gesamtbestand an Telemedien als nichtsendungsbezogen genehmigt worden sein sollte. In Rede stehen hier die Formate Ratgeberportale, Spieleangebote, Fotodownload, Veranstaltungskalender, Foren und Chats354. Bei Spieleangeboten folgerte der BR-Rundfunkrat, es reiche für den erforderlichen Sendungsbezug aus, dass Protagonisten aus der Sendung für ein Onlinespiel verwendet würden oder eine Spielidee aus einer Sendung stamme355. Der ZDFFernsehrat legte hingegen die Norm anders aus und entschied, dass die Verwendung eines Protagonisten einer TV- oder Radiosendung für ein Onlinespiel ohne sonstigen Bezug zu der Sendung nicht ausreiche356. Der Begriff des „Portals“ musste vor dem Hintergrund des Sendungsbezugs ebenfalls ausgelegt werden. Der ZDF-Fernsehrat stellte hierzu fest, dass Ratgeberangebote zum originären Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch im Bereich der Telemedien gehörten – nach Überzeugung des Fernsehrates ergebe „eine Auslegung nach Sinn und Zweck der Vorschrift“, dass unter einem Portal nicht „jegliche Zusammenstellung von Ratgeberinhalten“ zu verstehen sei“357. Ein Ratgeberportal sei vielmehr eine „zentrale Anlaufstelle, die Nutzer mit der Erwartung ansteuern, zu bestimmten Bereichen in allen relevanten Fragen für die eigene Lebenslage fortlaufend aktualisierte Ratschläge zu erhalten“358. Der HR-Rundfunkrat kommt zu dem Ergebnis, dass die Ratgeberinhalte auf hronline „weitestgehend Sendungsbezüge aufweisen“359. Der Ausschuss empfiehlt aber, „diese Anstrengungen zur Herstellung von Sendungsbezügen noch zu ver-

353

So wurde nach Verabschiedung des 12. RÄStV zwar der WDR-Liebesalarm des Jugendradios 1Live eingestellt, jedoch durch das Soziale Netzwerk „Freundeskreis“ ersetzt, welche auch Funktionen eines Kontaktportals übernehmen kann. 354 Vgl. die Negativliste als Anlage zu § 11 d Abs. 5 S. 4 RStV. 355 Beschluss des BR-Rundfunkrats zu DasErste.de, S. 83 f; vgl. auch Nawrath, MMR 2011, S. 79 ff. (82). 356 Beschluss des ZDF-Fernsehrats zu den Telemedienangeboten des ZDF, S. 38. 357 Ebd., S. 38. 358 Ebd., S. 38. 359 Beschluss des HR-Rundfunkrats zu hr-online, S. 18.

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

stärken“360. Der NDR-Rundfunkrat stellt ebenso fest, dass eine in der Angebotsbeschreibung erwähnte Ratgeber-Rubrik nicht gegen die Vorgaben der Negativliste verstoße, da es sich hierbei nicht um ein Angebot handele, welches unter die Negativliste zu fassen sei. Der Gesetzgeber habe es zwar unterlassen, eine Definition des Begriffs zu liefern; es sei unter einem Portal jedoch das gesamte Angebot unter einer Marke oder einer Domain zu verstehen. Ein Ratgeberportal sei demnach ein Angebot im Internet unter einer Marke, das ausschließlich bzw. vornehmlich Themen aus diesem Spektrum anbiete361. b) Ergebnis der Prüfung von Angebotsformen der Negativliste Aus der ausführlichen Begründung des Beschlusses des BR-Rundfunkrats zur Negativliste ergibt sich, dass sich das Gremium intensiv mit den dort genannten Verboten beschäftigt hat362. Als Ergebnis der Prüfung wurden schließlich einzelne Inhalte als Verstoß gewertet, die jedoch im Onlineangebot des Bayerischen Rundfunks einen eher untergeordneten Raum einnehmen. Davon waren ein Berechnungsprogramm für die Kfz-Steuer, ein Bildschirmschoner sowie zwei Spiele betroffen, welche die Rundfunkanstalt nicht mehr anbieten sollte363. Der WDR-Rundfunkrat forderte einige „beispielhafte Konkretisierungen“ für die Abgrenzung des Telemedienkonzepts von „wdr.de“ zur Negativliste. Dies umfasste Ergänzungen und Präzisierungen unter anderem zu Bildergalerien und Bilder-Uploads, zur WDR-Lehrstellenaktion, dem 1Live-Freundeskreis, Musikdownloads, Spielen, lokalen Veranstaltungstipps und Newslettern. Nach Vornahme der Ergänzungen durch die Intendanz wurden durch das Gremium keine Verstöße der benannten Angebote gegen die Negativliste festgestellt und daher keine Inhalte untersagt. Jedoch hatte der Sender bereits nach Inkrafttreten des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrags einige Angebotsformen von selbst eingestellt364. Auch der Renditerechner auf boerse.ARD.de fiel dem Verbot der Negativliste zum Opfer, da nach den Ausführungen des mit der Durchführung des Testverfahrens betrauten HR-Rundfunkrats nicht auszuschließen sei, dass es sich hier um ein unzulässiges Berechnungsprogramm im Sinne von Nr. 3 der Negativliste handele365.

360

Ebd., S. 18. Beschluss des NDR-Rundfunkrats zu NDR Online und NDR Text, S. 31 f. 362 Beschluss des BR-Rundfunkrats zum BR-Telemedienbestand, S. 71 ff. 363 Ebd., S. 79. 364 1Live Liebesalarm, das „Virtuelle Tierheim“, die „Zimmer Frei!-WG“, „Vakanzen“ im Bereich Orchester und Chor, die „Tagestipps“, Linklisten, Branchenverzeichnisse, Zins- und Gehaltsrechner und einige Spiele („Polit-Flipper“, „Zimmer Frei!“), vgl. den Beschluss zu wdr.de, S. 71 (dort Fn. 69). 365 Lewke, K&R 2010, S. 782 ff. (784). 361

B. Materielle Auftragskontrolle

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Das Musterdepot auf boerse.ARD.de366 wurde hingegen als zulässig erachtet, da es „im Wesentlichen lediglich den vorhandenen Bestand an Wertpapieren abbilde“ und die Addition der Anlagewerte lediglich einen „simplen Vorgang“ und keinen „komplexen Berechnungsvorgang“ darstelle367. Der ZDF-Fernsehrat sah die Verbotstatbestände der Negativliste bei den Inhalten des Telemedienkonzepts als nicht einschlägig an. Lediglich Klingeltöne sollten vom Sender nicht mehr angeboten werden – E-Cards368 seien jedoch unproblematisch369. Der NDR Rundfunkrat hat der Auseinandersetzung mit möglichen unzulässigen Angebotsformen im Sinne der Negativliste in seinem Beschluss keinen Raum gewidmet und damit insgesamt auch nicht feststellen können, dass Elemente des Konzepts von tagesschau.de gegen die Negativliste verstoßen würden. Es wird lediglich ausgeführt, dass Gegenstand des Dreistufentests Angebotskonzepte und nicht einzelne Inhalte seien370. Bei der Beschlussbegründung zu ndr-online geht der NDRRundfunkrat jedoch konkreter auf einzelne Verbote der Negativste ein, verwehrt sich jedoch dagegen, einzelne Inhalte im Rahmen des Drei-Stufen-Tests konkreter zu bewerten, da dies „seiner grundsätzlichen laufenden Programmkontrolle“ unterliege371.

IV. Ergebnis zur materiellen Auftragskontrolle Das Drei-Stufen-Testverfahren sollte explizit die Beauftragung der Telemedien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gewährleisten und somit sicherstellen, dass nur solche Angebote offeriert werden, die den gesetzlichen Festlegungen zur Auftragspräzision entsprechen. Offenbar konnten die Gremien aufgrund der bestehenden Auslegungsoptionen einzelne Festlegungen zur Auftragsdefinition gar nicht abschließend klären372. Ein Auslegungsspielraum mit gesetzlichen Interpretationen, 366

Dies ist ein virtuelles Depot, mit dem Nutzer kostenlos Aktienkäufe und -verkäufe simulieren, verschiedene Anlagestrategien und -produkte ausprobieren und die Entwicklung der virtuell gekauften Aktien, Fonds und Zertifikaten verfolgen können. 367 Beschluss des HR-Rundfunkrats zu boerse.ARD.de, S. 13. 368 E-Cards sind elektronische Grußkarten, die man per E-Mail zu allen möglichen Anlässen verschicken kann. 369 Beschluss des ZDF-Fernsehrats zu den Telemedienangeboten des ZDF, S. 35. 370 Beschluss des NDR-Rundfunkrats zu tagesschau.de, S. 29. 371 Beschluss des NDR-Rundfunkrats zu NDR Online und NDR Text, S. 32 f. 372 Auch deutsche Medienpolitiker haben Zweifel an den Abläufen und Ergebnissen des Drei-Stufen-Testverfahrens im Hinblick auf die Auftragsdefinition geäußert. So forderte der FDP-Politiker Hans-Joachim Otto, damaliger Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie und Vorsitzender der FDP-Kommission für Internet und Medien, im Rahmen seiner Rede auf den VDZ-Zeitschriftentagen am 19. 10. 2010, Auftrag und Aufsicht der öffentlich-rechtlichen Sender zu präzisieren. Nach seiner Beobachtung werde diesbezüglich „das rechte Maß derzeit öfter aus den Augen verloren“. Dies ist – auch seitens der Politik – ein deutlicher Hinweis auf solche Auslegungsoptionen der Rundfunkgremien, die zu

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

der – wie dargestellt – mit erheblichen Problemen bei der Klärung der Grenzen der Beauftragung verbunden ist und teilweise nicht zu einer abschließenden Klärung führen kann, steht im Widerspruch mit den Vorgaben der Europäischen Kommission für eine präzise Auftragsdefinition und eine wirksame Kontrolle der Einhaltung der Grenzen des Funktionsauftrags.

C. Beurteilung der Telemedienkonzepte als Prüfgrundlage der Gremien Bei den Drei-Stufen-Tests mussten sich die Gremien den Ausführungen der jeweiligen Intendanz in den Telemedienkonzepten widmen. Diese bilden gemäß §§ 11 f Abs. 1 und Abs. 4 i.V.m. 11 d Abs. 2 Nr. 3 RStV die Grundlage für die Beauftragung von neuen oder veränderten Angeboten im Testverfahren373. Hiermit ist das Erfordernis eines Telemedienkonzepts für solche Angebote festgelegt worden, die nicht direkt im Rahmen des § 11 d Abs. 2 Nr. 1 und 2 RStV beauftragt wurden und damit ein Drei-Stufen-Testverfahren durchlaufen müssen374. Auch für das als nichtsendungsbezogenes Angebot deklarierte Portfolio des gesamten Onlinebestands bildeten die Beschreibungen und Begründungen der Telemedienangebote in den Konzepten die Basis für die Überprüfung im Rahmen des Drei-Stufen-Tests.

I. Erforderlichkeit der präzisen Angebotsbeschreibung Die Bereitstellung einer Angebotsbeschreibung und -begründung als Grundlage für die Testverfahren wurde schon in der Einstellungsentscheidung von der EUKommission gefordert: „Der Staatsvertrag wird den öffentlichen Rundfunkanstalten auferlegen, dass die Begründungen zu dem Vorhaben nach Durchführung der Prüfung hinreichend konkret sind, um der jeweils zuständigen Aufsicht aber auch Dritten eine Beurteilung des Angebots zu ermöglichen“375.

Diese Ausführungen der Kommission finden sich in der Einstellungsentscheidung im Anschluss an die Ausführungen zur so genannten Vorprüfung, das heißt zur Bestimmung, ob ein neues oder verändertes Angebot vorliegt, welches einen DreiÜberschreitungen des Funktionsauftrags führen können und die auf der unzureichend präzisierten Beauftragung basieren. 373 Gemäß § 11 f Abs. 1 RStV konkretisieren „die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das ZDF und das Deutschlandradio die inhaltliche Ausrichtung ihrer Telemedien nach § 11 d Abs. 2 S. 1 Nr. 3 und 4 jeweils in Telemedienkonzepten, die Zielgruppe, Inhalt, Ausrichtung und Verweildauer der geplanten Angebote näher beschreiben.“ 374 Vespermann, Der Drei-Stufen-Test, S. 153 f. 375 Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 330.

C. Beurteilung der Telemedienkonzepte als Prüfgrundlage der Gremien

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Stufen-Test erfordert. Die Anforderung der hinreichend konkreten Begründungen „nach Durchführung der Prüfung“ ist daher im Hinblick auf diese Vorprüfung der Gremien zu sehen. Das heißt, dass die Kommission damit die Begründungspflicht der Telemedienkonzepte und nicht der Beschlussbegründungen nach Abschluss der Testverfahren beschreibt. Damit wurde innerhalb der Vereinbarungen zwischen der EU-Kommission und Deutschland bereits festgelegt, dass das Telemedienkonzept – das heißt die Begründung zu dem Vorhaben, ein neues oder verändertes Angebot zu offerieren – hinreichend konkret ausgestaltet sein muss. Auch wird daraus deutlich, dass die Begründungen, die in Form der Telemedienkonzepte im Rundfunkstaatsvertrag festgeschrieben worden sind, nicht nur für die Gremien als Aufsichtsorgan, sondern auch für Dritte eine wichtige Bedeutung haben. Diese müssen das geplante Angebot einschätzen, um den möglichen Wettbewerb antizipieren zu können376. In Anlehnung daran greift die amtliche Begründung des Rundfunkstaatsvertrags diese Anforderungen an das Telemedienkonzept auf und konkretisiert die Ausführungen im Rundfunkstaatsvertrag zu § 11 f Abs. 4 RStV hinsichtlich der Genauigkeit der Ausführungen in den Konzepten. Der Intendant der Rundfunkanstalt hat demnach dem zuständigen Gremium eine „hinreichend genaue Beschreibung“ vorzulegen377. Weiterhin führt die amtliche Begründung aus, dass für Telemedien erst ein „hinreichend genaues Telemedienkonzept eine Prüfgrundlage“ bildet378. Erst die „hinreichend genaue“ Beschreibung und Begründung des Angebots bildet daher (neben den gesetzlichen Verboten und Schranken) die Basis für die Identifizierung und Festlegung aller zulässigen Telemedienangebote. Das Telemedienkonzept muss damit so detailliert gehalten sein, dass alle Teilfunktionen und somit auch alle betroffenen Marktsegmente klar identifiziert werden können. Die vom WDR-Rundfunkrat im Vorfeld der Bestandstestverfahren beauftragten Gutachter379 stellen dementsprechend in ihrer Expertise mit Hinweis auf die amtliche Begründung fest, es sei für die Prüfung erforderlich, dass „sämtliche geplanten Inhalte (Angebotsformen, Angebotsbestandteile) jedenfalls ihrer Kategorie nach beschrieben sind“380. Demnach müssen die Gremien „vor allem für die Beurteilung des Beitrags der einzelnen (Teil-)Angebote zum publizistischen Wettbewerb und für die Beurteilung der Kosten Umfang, Ausrichtung und Inhalt der einzelnen Teilangebote und -elemente kennen“381. Die Konsequenz davon kann nur sein, dass lediglich die im

376 377 378 379

Tests. 380

Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 330. Amtliche Begründung zu § 11 f Abs. 2. Ebd. Kops/Sokoll/Bensinger, Rahmenbedingungen für die Durchführung des Drei-Stufen-

Ebd., S. 122. Kops/Sokoll/Bensinger gehen davon aus, dass der wesentliche Zweck des Drei-StufenTests eine möglichst genaue Angebotsbeschreibung sei, Rahmenbedingungen, S. 121 f. 381

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

Konzept dargestellten Segmente von Angeboten der Genehmigung durch die Gremien unterfallen können.

II. Beschreibungen und Begründungen in den Bestandstestverfahren Aus den für die Bestandstestverfahren vorgelegten Telemedienkonzepten ist jedoch ersichtlich, dass die Sender ihre sehr umfassenden Angebote nur recht allgemein und in Grundzügen beschrieben haben. Beispielsweise führt der NDR in seinem Telemedienkonzept zu tagesschau.de aus: „Die Nachrichten-Inhalte von tagesschau.de sind jederzeit und überall empfangbar – und das erwarten die Nutzer auch“382. Diese Ausführungen sollen beispielsweise das Angebot einer TagesschauApp mit abdecken, die seit Dezember 2010 (also ab einem Zeitpunkt von sechs Monaten nach Beendigung der Bestandstestverfahren) von dem Sender offeriert wird. Der benannte Satz lässt jedoch nur wenige Rückschlüsse auf mobile Angebotsformen und -segmente ziehen383. So wurde seitens von Wettbewerbern (noch vor Einreichung einer Wettbewerbsklage von Zeitungsverlagen gegen die TagesschauApp) vorgebracht, für die App hätte ein Drei-Stufen-Testverfahren durchgeführt werden müssen, da das Angebot aufgrund veränderter Gegebenheiten (vor allem im marktlichen Bereich) nicht unter den Bestandstest für tagesschau.de zu fassen sei384. Der NDR-Rundfunkrat betrachtete die App der tagesschau hingegen als vom ursprünglichen Telemedienkonzept gedeckt und leitete kein gesondertes Drei-StufenTestverfahren ein385. Auch der MDR beschreibt beispielsweise das Onlineangebot seiner beiden Jugendwellen Sputnik und JUMP im Telemedienkonzept mit nur wenigen Zeilen386. 382

Telemedienkonzept der gemeinschaftlichen Angebote der ARD vom Juni 2009. Für die Tagesschau-App führte der NDR-Rundfunkrat dementsprechend auch kein DreiStufen-Testverfahren durch, da es unter die Genehmigung von tagesschau.de gefasst wurde. Auch das ZDF benennt zukünftige mobile Ausspielwege für zdf.de nur mit einem einzigen Satz: „Die Telemedienangebote des ZDF sollen auf dem Fernseher abrufbar sein, auf dem PC und auf mobilen Endgeräten“, Telemedienkonzept für die Angebote des ZDF, S. 55. 384 So weist auch der vormalige Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, Martin Stadelmaier, darauf hin, dass bei neuen Verbreitungsformen ein Drei-Stufen-Test vorzunehmen sei und die Tagesschau-App besser im Telemedienkonzept zu tagesschau.de genannt worden wäre, vgl. den Beitrag von Meyer-Lucht auf carta.info vom 08. 01. 2010; vgl. auch den Beitrag „Staatssekretär fordert Dreistufentest für „Tagesschau-App“ vom 06. 01. 2010 auf zeit-online. 385 Vgl. den Beitrag von Meyer-Lucht, der die Äußerungen der damaligen NDR-Rundfunkratsvorsitzenden, Dagmar Gräfin Kerssenbrock, gegenüber dem Portal carta.info wiedergibt, Beitrag vom 07. 01. 2010. 386 Dort heißt es lediglich: „Junge Menschen haben eine besonders hohe Affinität zu Telemedien und deren Technologien und nutzen diese auch ganz selbstverständlich. Neben dem Aspekt der Selbstorganisation und Orientierung spielt vor allem die soziale Interaktion in dafür vorgesehenen Räumen eine zunehmende Rolle (z. B. JUMP-Community, mySputnik, Experte 20XX, mymdrklassik). Die Angebote orientieren sich an den Bedürfnissen der Jugendlichen 383

C. Beurteilung der Telemedienkonzepte als Prüfgrundlage der Gremien

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Die Problematik, die sich hier stellt, ist damit, ob die Gremien daraus überhaupt herleiten können, welche Inhaltsformen sie genehmigen bzw. welche Segmente der Genehmigung überhaupt unterfallen können387. Wettbewerber hatten die Ungenauigkeit der Konzepte aus diesen Gründen in ihren Stellungnahmen kritisiert388. Die Idee des Telemedienkonzepts als Grundlage des Testverfahrens basierte auf der Konzeption der Verfahren für neue oder veränderte Angebote, also für Telemedien, die es noch gar nicht gibt bzw. die nicht in der beabsichtigten Form vorliegen. Im Rahmen der Bestandstest hatten die Gremien jedoch (abweichend von der Grundkonzeption noch nicht vorhandener Angebote) die Möglichkeit, sich von der spezifischen Ausgestaltung der Inhalte zu überzeugen, denn sie wurden bereits online offeriert. Daher lässt sich eine gröbere Beschreibung der Angebote insoweit rechtfertigen, als das in den Bestandstests die Angebote begutachtet bzw. abgeglichen werden konnten. Dennoch stellten sich die Gremien auf den Standpunkt, dass dies nicht erforderlich sei, da sie nur ein Telemedienkonzept und nicht einzelne Inhalte des Telemedienbestands genehmigen müssten. Der BR Rundfunkrat führt hierzu beispielweise aus, dass Gegenstand der DreiStufen-Tests die Telemedienkonzepte und „nicht einzelne Inhalte“ seien389. Dementsprechend würden im Rahmen der laufenden Programmkontrolle mögliche Verstöße festgestellt werden und nicht im Drei-Stufen-Test390. Trotz der sehr bestimmten Aussagen der Gutachter Kops/Sokoll/Bensinger in der eingeholten Expertise391 fordert der WDR-Rundfunkrat keine stärkere Unterteilung der Angebotsbeschreibung, die von Wettbewerbern angemahnt wurde392. Die vorgelegte Beschreibung des Angebots und der Rubriken sei für die Bewertung durch den Rundfunkrat ausreichend differenziert und aussagekräftig. Eine „kleinteilige Darstellung und Beschreibung der Inhalte in einzelnen Telemedienkonzepten würde

und jungen Erwachsenen und fördern eine Auseinandersetzung mit den zielgruppenspezifischen Themen. Um dem besonderen Bedürfnis der jungen Zielgruppe nach Mobilität gerecht zu werden, werden Services für mobile Endgeräte zur Verfügung gestellt“, vgl. das Telemedienkonzept des MDR zu MDR-Online, S. 22. 387 Vgl. Gerhardt, Zeitungen 2011/2012, S. 298 ff. (304). 388 So dargelegt in den Stellungnahmen von Gruner+Jahr, VDZ; VPRT und ZVNRW, vgl. den Beschluss des WDR-Rundfunkrats zu wdr.de, S. 18. 389 Beschluss des BR-Rundfunkrats zum BR-Telemedienbestand, S. 78. 390 Mit dieser Argumentation im Widerspruch steht allerdings, dass der BR-Rundfunkrat ein paar Seiten weiter in seiner Beschlussbegründung ausführt, zwei Spieleangebote (FlockeSpiel und Kokosnuss-Spiel) sowie ein Bildschirmschoner seien wegen eines Verstoßes gegen die Negativliste unzulässig – dies sind einzelne Inhalte, die geprüft und als unzulässig befunden wurden. 391 Kops/Sokoll/Bensinger, Rahmenbedingungen, S. 121 f. 392 Ausgeführt in den Stellungnahmen von Gruner+Jahr, VDZ; VPRT und ZVNRW, vgl. den Beschluss des WDR-Rundfunkrats zu wdr.de, S. 18.

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

eine Vielzahl von Verfahren erfordern, die in keinem Verhältnis zum Aufwand stehen“393. Hier ist auch auf die Ausführungen des NDR-Rundfunkrats zu verweisen, der feststellt, Gegenstand der Dreistufentests seien Angebotskonzepte und nicht einzelne Inhalte394. Selbstverständlich ist der Drei-Stufen-Test keine Inhaltskontrolle, die verlangen würde, einzelne Beiträge oder Berichte auf deren Zulässigkeit zu überprüfen. Wenn jedoch ganze Angebotssegmente wie eine Nachrichten-App nicht erwähnt werden und die Angebotsbeschreibung und -begründung von kompletten Hörfunkportalen überhaupt nicht auftauchen, widerspricht dies den Vorgaben einer hinreichend genauen Begründung, die der Europäischen Kommission zugesagt wurde – gerade, um eine fundierte Prüfung zu ermöglichen und Wettbewerber auf geplante Angebotsbestandteile aufmerksam zu machen.

III. Mögliche Konsequenzen pauschaler Beschreibungen Die Beurteilung der Gremien zeigt im Besonderen die Wichtigkeit einer konkreten Angebotsbeschreibung innerhalb des Telemedienkonzepts auf. Die Gremien legen dar (wie z. B. vom WDR-Rundfunkrat ausgeführt), dass die vorgelegten Angebotskonzepte konkret genug gefasst seien und nicht einzelne Telemediensegmente benennen müssten. Gleichwohl führen sie aber an, lediglich auf die Angebotsbeschreibungen in den Konzepten als Grundlage für die Beurteilung des Onlineangebots der Sender zurückzugreifen. Wenn die Beschreibungen aber als alleinige Grundlage für die Bestimmung, was das zu prüfende Angebot umfasst, gelten, müssen sie konkret genug sein. In den oben zitierten Fällen lassen die Konzepte jedoch Interpretationsspielräume offen, weil offenbar nicht nachgeprüft wurde, wie sich die Bestandsangebote aus den generellen Beschreibungen in der tatsächlichen Umsetzung darstellen. 1. Gefahr der widerrechtlichen Ausweitung des Angebots Durch das Vorgehen der Gremien, die Beurteilung des Bestands nur anhand weitgehend grober Beschreibungen in den Konzepten vorzunehmen, besteht die Gefahr, dass die Rundfunkanstalten Inhaltskategorien nicht erwähnen, die möglicherweise gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen – diese aber trotzdem vorhalten, ohne dass die Rundfunkräte davon Kenntnis erlangen würden. Gerade die Verbotsformen der Negativliste zeigen, dass eine Auftragskontrolle im Drei-Stufen-Test auch einzelne Angebotsteile bzw. -formen prüfen muss – auch wenn dies einen kleinteiligeren Blick auf den Onlinebestand erfordert.

393 394

Beschluss des WDR-Rundfunkrats zu wdr.de, S. 20. Beschluss des NDR-Rundfunkrats zu tagesschau.de, S. 29.

C. Beurteilung der Telemedienkonzepte als Prüfgrundlage der Gremien

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Auch ist es bei Unklarheiten über die Reichweite des Angebots dem Rundfunkrat später nicht möglich zu überprüfen, ob sich im Nachhinein Veränderungen in Form von Ausweitungen ergeben haben, die ihrerseits genehmigungspflichtig sind. Erforderlich ist eine Beschreibung, die den Rundfunkrat in die Lage versetzt, das geplante Angebot nachzuvollziehen, in den marktlichen und publizistischen Kontext zu setzen und den Drei-Stufen-Test durchführen zu können395. Die Problematik einer möglichen Angebotsausweitung ohne durchgeführten Drei-Stufen-Test aufgrund einer mangelnden Erwähnung im Telemedienkonzept der Bestandsüberprüfung wurde neben der Diskussion um die Tagesschau-App im Jahr 2012 beispielsweise auch durch die Einführung der „Tageswebschau“396 belegt. Dieses auf eine jüngere Zielgruppe zugeschnittene digitale Nachrichtenangebot wurde als rechtswidrig kritisiert, da es keinen eigenen Drei-Stufen-Test als Legitimationsbasis durchschritten habe und unter den Bestandstest für tagesschau.de gefasst worden sei397. So wurde moniert, die ARD führe „immer wieder neue Angebote quasi durch die Hintertür ein“398. 2. Beurteilung durch Dritte erschwert Pauschale Angebotsbeschreibungen als Grundlage der Genehmigungen haben auch Folgen für die Beurteilung durch (private) Wettbewerber. Diese sollen durch die Angebotsbeschreibung in die Lage versetzt werden, eine Beurteilung des Angebots vorzunehmen. Die EU-Kommission stellt in ihrer Einstellungsentscheidung fest, dass eine mangelnde Vorhersehbarkeit des Umfangs neuer Mediendienste für andere Markteilnehmer die Gefahr berge, davon abgehalten zu werden, neue Dienste auf den Markt zu bringen399. Die Beauftragung durch den Drei-Stufen-Test soll demnach auch Wettbewerber schützen, die im Rahmen des Verfahrens eine Angebotsbeurteilung vornehmen und zudem gegenüber der Rundfunkanstalt Stellung nehmen können. Eine mit der Kommission konforme Auftragskontrolle beinhaltet also, dass Wettbewerber vor der Markteinführung der Angebote die Möglichkeit zur Begutachtung und Antizipation des Angebots erhalten. Dies erfordert eine „hinreichend konkrete“ Angebotsbeschreibung400.

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Kops/Sokoll/Bensinger, Rahmenbedingungen, S. 122. Das Projekt wurde inzwischen als tägliches Nachrichtenangebot eingestellt und wird seit August 2013 nur noch als wöchentliche Sendung „Wochenwebschau“ ausgestrahlt, vgl. http:// de.wikipedia.org/wiki/Tageswebschau. 397 So äußerte sich der Geschäftsführer des Branchenverbands VPRT, Claus Grewenig, am 04. 06. 2012 in einem Interview mit dem Handelsblatt. 398 Grewenig, Handelsblatt-Beitrag vom 04. 06. 2012. 399 Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 230. 400 Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 330. 396

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

IV. Ergebnis zur Beurteilung der Telemedienkonzepte Die sehr allgemein gehaltenen Telemedienkonzepte mit den darin enthaltenen Angebotsbeschreibungen sind grundsätzlich problematisch, da sich hieraus Ausweitungsspielräume der öffentlich-rechtlichen Sender ergeben. Zudem kann dies dazu beitragen, dass Wettbewerber nicht zu hinzukommenden Angeboten, die das Telemedienkonzept möglicherweise pauschal abdeckt, Stellung nehmen können. Dadurch entsteht eine mangelnde Vorhersehbarkeit des Umfangs neuer Dienste, welche die Europäische Kommission grundsätzlich zu verhindern suchte.

D. Stellungnahmerecht Dritter Die Pflicht, Dritten die Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen, ist in § 11 f Abs. 5 S. 1 RStV festgelegt. Bereits die Europäische Kommission hatte das Erfordernis, Öffentlichkeit und Marktteilnehmer anzuhören, in ihrer Entscheidung vom 24. April 2007 verbindlich fixiert. Auch wurde damals schon festgehalten, dass das Vorbringen zu marktlichen Auswirkungen auf Angebote Dritter von den Kontrollorganen bei ihrer Entscheidung zwingend berücksichtigt werden muss: „Dritte werden Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Der Staatsvertrag wird den internen Gremien der öffentlichen Rundfunkanstalten auferlegen, sich vor ihrer Entscheidung mit Stellungnahmen Dritter zu den marktlichen Auswirkungen zu befassen.“401

Es sollte das Ziel des Anhörungsverfahrens sein, zu verhindern, dass Wettbewerber (geplante) Angebote einstellen oder zurücknehmen, da sie sich durch Telemediendienste der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bedroht sehen. Die EUKommission erwartet sich davon, dass im Vorfeld ein irreparabler Schaden für private Medien ermittelt und abgewendet werden kann, welcher durch öffentliche Gelder für die Finanzierung dieser Dienste möglicherweise verursacht wird402. Daher ist es von großer Wichtigkeit, dass das Instrument auch zum Einsatz kommt und die zwingende Befassung der Gremien mit dem Vortrag der Wettbewerber sichergestellt wird. Die Kommission hatte die von Deutschland zugesagte formale Ausgestaltung des Prüfverfahrens nicht weiter kommentiert. Allein das Recht zur Stellungnahme wird in der Bewertung der Zusagen Deutschlands hervorgehoben. Dieser deutliche Hinweis auf das Erfordernis, Dritten die Gelegenheit zur Stellungnahme u. a. über die zu erwartenden Auswirkungen auf den Markt einzuräumen, zeigt, welche Bedeutung die Europäische Kommission der Äußerungsmöglichkeit Dritter im Verfahren zugemessen hat403. 401

Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 331. Vgl. die Ausführungen der damaligen Mitarbeiter der GD Wettbewerb der Kommission Repa/Tosics, Competition Policy Newsletter 2009, S. 97 ff. (98). 403 Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 370. 402

D. Stellungnahmerecht Dritter

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Der durch die Abgabe der Stellungnahmen gewonnene Vortrag stellt die einzige gesetzlich festgelegte Möglichkeit dar, betroffene Wettbewerber in das Verfahren mit einzubeziehen. Das Stellungnahmerecht wurde demnach als ein nicht zu unterschätzendes wettbewerbliches Element eingeschätzt, welches die Rolle der Konkurrenten zu präzisieren vermöge und eine Beachtung der Rundfunkgremien mit den zu vermittelnden Informationen herausfordere404.

I. Ausgestaltung des Stellungnahmerechts im Rundfunkstaatsvertrag Gemäß § 11 f Abs. 5 S. 1 RStV haben die Gremien Dritten „in geeigneter Weise“ die Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen. Dies beinhaltet, dass ihnen die Abgabe der Erklärungen nicht durch unangemessene formale Bedingungen erschwert werden darf405. Neben einer festgelegten Mindestfrist von sechs Wochen (vgl. § 11 f Abs. 5 S. 2 RStV) legt der Rundfunkstaatsvertrag in Einbeziehung der Anforderungen der EU-Kommission auch fest, dass die Entscheidungsbegründungen der Gremien die Inhalte der Stellungnahmen zwingend berücksichtigen müssen (vgl. § 11 f Abs. 5 S. 3 RStV)406. 1. Angemessenheit des Stellungnahmezeitraums für Dritte Die Stellungnahmen dienen nach der amtlichen Begründung der möglichst umfassenden Information der Gremien407. Der Gesetzgeber führt darin weiter aus, dass die Frist zur Stellungnahme – je nach Angebot – angemessen verlängert werden kann408. Fraglich ist jedoch, ob diese Anregung des Gesetzgebers im Rahmen der Bestandstests umgesetzt worden ist. Für die Prüfung der ARD-Gemeinschaftsangebote, die zahlreiche Portale umfasste409, wurde die gesetzliche Mindestfrist von sechs Wochen von den Gremien um lediglich zwei Wochen verlängert. Auch die

404

Gounalakis/Jäkel, ZWeR 2011, S. 243 ff. (246). Die amtliche Begründung führt hierzu aus, dass das Äußerungsrecht besteht, um den Rundfunk-, Fernseh- und Hörfunkräten eine objektive Prüfung zu ermöglichen, ohne jedoch ein subjektives Recht Dritter zu begründen, vgl. die amtliche Begründung zum 12. RÄStV, zu § 11 f Abs. 5 RStV. 406 Gegen die „zwingende Einbeziehung und Berücksichtigung“ spricht sich Schnaitter aus. Die Programmhoheit der Rundfunkanstalten könne damit eingeschränkt werden, da Dritte nur eigene Maßstäbe bereitstellen könnten und damit nur „nach dem Bundesverfassungsgericht unerhebliche Interessen“, Möglichkeiten und Grenzen der Ausgestaltung, S. 229. 407 Vgl. die amtliche Begründung zum 12. RÄStV, zu § 11 f Abs. 5 RStV. 408 Ebd. 409 tagesschau.de, ard.de, sportschau.de. boerse.ARD.de, DasErste.de, einplus.de, einsextra.de, einsfestival.de, ARD Portal/iTV und EPG, ARD Text. 405

198

Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

parallel durchzuführenden Drei-Stufen-Tests der Landessenderangebote der ARD sahen daran angelehnte Fristen von etwa acht Wochen vor. Allein im Falle der Drei-Stufen-Tests für die Telemedienangebote des ZDF und des WDR wurde eine weitergehende Verlängerung der Frist beschlossen410. Der ZDF-Fernsehrat ließ seine Drei-Stufen-Tests offiziell erst zum Ende des Monats Juni beginnen, obwohl die Telemedienkonzepte bereits früher veröffentlicht wurden. So wurde erreicht, dass ein Teil der Stellungnahmefrist nicht parallel zu den ARDBestandstests laufen konnte. Insgesamt bestand für die Telemedienangebote des ZDF de facto eine Stellungnahmefrist von etwa drei Monaten. Beim WDR-Rundfunkrat handelte es sich ebenfalls um eine Fristverlängerung um sechs Wochen, so dass Dritte insgesamt in einem Zeitraum von zwölf Wochen zu den Telemedienkonzepten Stellung nehmen konnten. Die einzuräumende Mindestfrist von sechs Wochen vermag bei Einzelverfahren für bestimmte Onlinedienste angemessen sein. Für die kompletten, von allen Anstalten nahezu parallel durchgeführten Bestandstests kann es aber nicht im Sinne der von der EU-Kommission gewünschten transparenten Verfahren sein, die sechswöchige Mindestfrist um lediglich zwei Wochen zu verlängern, zumal der Fristzeitraum aller Verfahren noch auf die Sommerferienzeit – über die Monate Juni, Juli und August 2009 – gelegt wurde411. Dies erschwerte die Arbeit der Dritten, insbesondere die rechtzeitige Herbeiziehung von Sachverständigen. So wurde kritisch angemerkt, die Räte hätten im Interesse eines funktionsgerechten Verfahrens sicherstellen müssen, dass möglichst viele Betroffene möglichst umfassend Stellung nehmen können412. Zudem hatten die Testverfahren Anfang Juni 2009 begonnen und mussten nach der gesetzlichen Regelung des Art. 7 Abs. 1 RStV bis zum 31. August 2010 abgeschlossen sein, woraus sich ein Prüfzeitraum von 15 Monaten ergibt. Bei dem vorliegenden Beginn der Testverfahren Anfang Juni 2009 lief die gesetzte AchtWochen-Frist der ARD-Verfahren zum Ende des Monats Juli 2009 ab – über ein Jahr vor dem notwendigen Abschluss der Bestandsüberprüfung im Sommer 2010413. Es ist nicht ersichtlich, worin die Begründung für den gewählten, knapp veranschlagten Zeitplan liegen sollte, so dass eine angemessene Erweiterung des Stellungnahmezeitraums durchaus hätte vorgenommen werden können.

410 Beim WDR handelte es sich um eine Fristverlängerung um sechs Wochen, so dass Dritte insgesamt in einem Zeitraum von zwölf Wochen zu den Telemedienkonzepten Stellung nehmen konnten, was als angemessen gelten kann. Das ZDF hatte durch die frühe Veröffentlichung des Telemedienkonzepts sogar einen De-facto-Fristzeitraum von drei Monaten gewährt. 411 Gerhardt, Zeitungen 2011/2012, S. 298 ff. (303). 412 Vgl. auch Dörr, ZUM 2009, S. 897 ff. (899 f.). 413 Gerhardt, Zeitungen 2011/2012, S. 298 ff. (304).

D. Stellungnahmerecht Dritter

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2. Zeitpunkt der Berücksichtigung des Stellungnahmevortrags Zudem ist ein weiterer Aspekt problematisch. Wie dargestellt, konnten Dritte im Rahmen der Stellungnahmen lediglich etwa 10 bis 13 Monate vor der Entscheidungsfindung schriftlich vortragen. Es ist naheliegend, dass ein Vortrag, der etwa ein Jahr vor der konkreten Genehmigung abgegeben wird, nicht mehr die entsprechende Präsenz hat wie Äußerungen, die wiederholt und bis kurz vor einer Entscheidung getätigt werden414. Zudem haben sich einige Gremien auch auf den Standpunkt gestellt, dass später eingegangene Stellungnahmen von den Räten aufgrund ihrer „Verfristung“ nicht mehr berücksichtigt werden müssten415. Die Geschäftsführungen der Anstalten hatten indessen die Gelegenheit, ihren Vortrag aus den Telemedienkonzepten laufend zu aktualisieren und zu ergänzen. Sie haben zudem den Stellungnahmevortrag Dritter nach deren Abgabe sowie ebenfalls die marktlichen Gutachten nach deren Fertigstellung erhalten und kommentieren dürfen, was die Rundfunkanstalten in den Rahmenbedingungen für die Genehmigungsverfahren festgelegt hatten416. Die Intendanten können damit im weiteren Verlauf mit ihren Argumenten immer wieder Gehör finden, während der Vortrag von Marktteilnehmern weiter in den Hintergrund zu treten droht. 3. Gehör Dritter nach dem Stellungnahmezeitraum Nach dem Ablauf des Stellungnahmezeitraums gab es für Wettbewerber nur sehr wenige Möglichkeiten der Interaktion mit den Gremien. Eine Expertenkonsultation mit Betroffenen, die darin nochmals im persönlichen Gespräch mit ausgewählten Gremienvertretern zu den erwarteten Auswirkungen der Angebote vortragen konnten, hatte lediglich der ZDF-Fernsehrat im April 2010 durchgeführt417. Zudem wurden alle relevanten weiteren Informationen (z. B. die Antworten der Intendanten auf die Stellungnahmen sowie das marktliche Gutachten) nicht bzw. nicht vor der Entscheidung der Gremien öffentlich gemacht. Auf den Vortrag der Intendanz als Antwort zu allen vorgetragenen Kritikpunkten konnten Dritte daher nicht mehr reagieren418. Es liegt auf der Hand, dass Argumente von Wettbewerbern (die ein Jahr 414

Vgl. auch Gerhardt, Zeitungen 2011/2012, S. 298 ff. (304). Der HR-Rundfunkrat führt zum Beispiel in einer Pressemitteilung aus, dass die verfristete VPRT-Stellungnahme zum Angebot nur „der Sache nach“ mit einbezogen würde, vgl. die Meldung des HR-Rundfunkrats vom 28. 08. 2009; die Frage findet auch Erwähnung bei Pfab, Public Value nach dem Drei-Stufen-Test, S. 89 ff. (97). 416 ARD-Genehmigungsverfahren für neue oder veränderte Gemeinschaftsangebote von Telemedien, Ziffer II (6); Richtlinie für die Genehmigung von Telemedienangeboten des ZDF, Ziffer I. 10. 417 Schmid/Gerlach kritisieren die „sehr selektive Einladung“ zu dem Hearing, an dem für private Wettbewerber zwar Verbandsvertreter, aber keine Unternehmensvertreter teilnehmen durften, Funkkorrespondenz Nr. 4/2011, S. 3 ff. (5). 418 Kritisch hierzu Dörr, ZUM 2009, S. 897 ff. (899 f.). 415

200

Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

vor der Entscheidungsfindung vorgetragen werden mussten) weniger Gehör finden als mögliche Gegenargumente der Rundfunkanstalten, die laufend vorgebracht und aktualisiert werden können. Im öffentlichen Diskurs wurden einige Vorschläge für die Verbesserung der Anhörung Dritter unterbreitet, die jedoch nicht aufgegriffen worden sind. So wurde schon zu einem frühen Zeitpunkt die Einrichtung eines Kontaktausschusses unter Einbindung von Vertretern privater Medien vorgeschlagen419. Andere regten die Einrichtung persönlicher Stellungnahmegespräche aller ernsthaft in Erscheinung getretenen Stellungnehmenden an, was Verständnisdefizite aus dem Weg räumen sollte420.

II. Ergebnis zum Stellungnahmerecht Dritter Das von der Kommission aufgestellte Ziel eines angemessenen Stellungnahmerechts für Dritte wurde bei den Bestandstestverfahren nicht konsequent genug verfolgt. Kritik kann hinsichtlich der weitestgehend sehr kurz bemessenen Stellungnahmefristen geübt werden, die aufgrund der Parallelität der etwa 40 Bestandstestverfahren das Stellungnahmerecht für Dritte erschwert haben, obwohl die gesetzliche Mindestfrist eingehalten wurde. Eine maßvolle Verlängerung des Zeitraums hätte in Anbetracht der noch ein Jahr laufenden Verfahren angestrengt werden können, was die Rundfunkanstalten WDR und ZDF bewiesen haben. Auch ist problematisch, dass das Recht der Stellungnahme zu einem Zeitpunkt endete, der etwa ein Jahr vor der Entscheidungsfindung lag, wodurch der Stellungnahmevortrag weniger aktuell und auch weniger präsent für die Berücksichtigung erscheint. Nach dem Ablauf des Stellungnahmezeitraums bestanden für Wettbewerber zudem kaum weitere Möglichkeiten der Interaktion mit den Gremien, was diese grundsätzlich vom Verfahren weitgehend ausschließt und den Gegenargumenten der Intendanz zum Vortrag der Wettbewerber stärkeres Gewicht beimisst.

E. Durchführung der Abwägungsentscheidung auf der 2. Prüfstufe Die zweite Stufe des Drei-Stufen-Testverfahrens mit der Bestimmung des publizistischen Beitrags unter Berücksichtigung der prognostizierten marktlichen Auswirkungen wird als „Herzstück“ der Prüfverfahren bezeichnet421. Hier wird neben der Einholung der marktökonomischen Gutachten von den Gremien auch die 419

Kops/Sokoll/Bensinger, Rahmenbedingungen, S. 143. Schmid/Gerlach, Funkkorrespondenz Nr. 4/2011, S. 3 ff. (5). 421 Dörr, ZUM 2009, S 897 ff. (901); Peters, Was ist eigentlich der Drei-Stufen-Test, Beitrag auf Telemedicus.info vom 16. 02. 2009. 420

E. Durchführung der Abwägungsentscheidung auf der 2. Prüfstufe

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eigentliche Abwägungsentscheidung aller für die Zulässigkeit des Angebots maßgeblichen Kriterien – das so genannte „Balancing“422 – verlangt. Nach § 11 f Abs. 4 S. 3 RStV sind bei der Abwägungsentscheidung neben den marktlichen Auswirkungen die Quantität und Qualität der vorhandenen frei zugänglichen Angebote sowie deren meinungsbildende Funktion im Hinblick auf bereits bestehende (auch öffentlich-rechtliche) Angebote zwingend zu berücksichtigen.

I. Gutachten zur Ermittlung der marktlichen Auswirkungen Die obligatorische Ermittlung der ökonomischen Auswirkungen der geprüften Telemedien ist ein zentraler Punkt innerhalb der zweiten Prüfstufe. Vor, während und nach den Bestandstestverfahren wurde in der Öffentlichkeit über die Einholung und Behandlung der marktökonomischen Gutachten debattiert, da Wettbewerber dies als wichtigstes Element der Testverfahren betrachteten und grundsätzlich die Sorge bestand, durch die Beauftragung bestimmter Unternehmen und eine unsachgerechte Auswertung der Ergebnisse könnten Weichenstellungen zum Nachteil von Wettbewerbern vorgenommen werden423. 1. Auswahl und Unabhängigkeit der Gutachter Da das Gutachten zu den ökonomischen Auswirkungen eine maßgebliche Entscheidungsgrundlage darstellt, kommt der Auswahl der Gutachter eine erhebliche Bedeutung zu. Bei den Testverfahren für den Bestand wurde die Entscheidung über die Gutachter allein von den Rundfunkanstalten vorgenommen – es wäre hier beispielsweise auch an einen neutralen Regulierer zu denken gewesen, der nicht als Teil der Sender angelegt ist424. Folglich sind an die Transparenz der Auswahlentscheidung hohe Anforderungen zu stellen. Das bedeutet, dass die Kriterien für die Auswahl der Gutachter offen zu legen sind. Nur so kann die wissenschaftliche Verortung des Gutachters festgestellt werden. Ob ein Gutachter beispielsweise einen eher wettbewerbsökonomischen Ansatz verfolgt oder mehr der Wohlfahrtsökonomik425 zuneigt, ist eine weichenstellende Vorentscheidung. Es wäre auch sinnvoll, transparent zu machen, ob der ausgewählte Gutachter bereits für den öffentlich-rechtli422

Vgl. Kopp/Haarhoff, epd-medien Nr. 3/2010, S. 5 ff. (7). Einzelne Kritikpunkte zu den Gutachten formuliert die DLM in einem Positionspapier vom 25. Mai 2009. 424 Holznagel/Jansen, medien und recht 5/10, S. 280. 425 Die Wohlfahrtsökonomik geht der Frage nach, wie mit volkswirtschaftlich knappen Mitteln gewirtschaftet werden soll, damit eine Versorgung erreicht wird, die von den Gesellschaftsmitgliedern als bestmöglich beurteilt wird, Quelle: Gabler Wirtschaftslexikon Stichwort Wohlfahrtsökonomik, online im Internet, abrufbar unter: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/ Archiv/1102/wohlfahrtsoekonomik-v9.html. 423

202

Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

chen Rundfunk oder eine seiner Beteiligungsgesellschaften tätig gewesen ist oder ob andere relevante Verbindungen zwischen den Akteuren bestehen. Zur Eignung eines Prüfverfahrens, das den „prozeduralen Anforderungen der objektiv-rechtlichen Dimension der Rundfunkfreiheit gerecht werden soll“ gehört, dass die Gutachter in relativer Unabhängigkeit von der Anstalt urteilen können426. So könnte verhindert werden, dass die Ausarbeitungen die Tendenz aufweisen, den Argumenten ihrer Auftraggeber besonderes Gewicht beizumessen427. Die Gutachtenaufträge zu marktlichen Auswirkungen in den Testverfahren wurden allesamt öffentlich ausgeschrieben, so dass interessierte Personen und Unternehmen ihre Interessensbekundungen an die Gremien der Sender richten konnten. In den Ausschreibungen wurden die Anforderungen der Gremien an die Gutachter im Rahmen des Vergabeverfahrens bekannt gegeben428. Zu den einzelnen Entscheidungen wurden jedoch lediglich einige wenige weiterführenden Informationen öffentlich gemacht. So legte der SWR-Rundfunkrat in der Rückschau zu den Testverfahren seine Kriterien für die Entscheidung über die Vergabe des Gutachtens offen429. Hier werden unter anderem die zu erwarteten Kosten, der Zeitbedarf und Unabhängigkeit als Maßstäbe für die Entscheidung genannt. Bei den von ihm erwarteten Anforderungen legte der Rundfunkrat fest, eine Markt- und Wettbewerbsanalyse (statisch und dynamisch, das heißt mit und ohne Angebot) sowie eine Abgrenzung des relevanten Marktes erhalten zu wollen. Der NDR-Rundfunkrat hingegen gibt in seiner Entscheidungsbegründung zwar die Daten der Entscheidung des Gremiums für die Beauftragung des Gutachters und die Anzahl der Bewerber430 bekannt431, unterlässt jedoch jegliche Erläuterung, nach welchen Kriterien diese Entscheidung gefallen ist, welche Kosten für das Gutachten entstehen sollen und ob die gebotene Neutralität sichergestellt wurde432. Auch hier wird als Anforderung lediglich auf eine Marktabgrenzung und statische/dynamische Wettbewerbsanalyse hingewiesen433. Auch bei anderen Rundfunkanstalten finden sich knapp gehaltene Äußerungen über die Gutachtenvergabe der Räte. Der HR-Rundfunkrat benennt in seiner Ent426

So Ladeur, ZUM 2009, S. 906 ff. (913). Holznagel/Jansen, medien und recht 5/10, S. 281. 428 Vgl. die Interessenbekundungsdokumente, welche beispielsweise auf der Homepage des MDR-Rundfunkrats bekannt gegeben wurden, abrufbar unter: http://www.mdr.de/mdr-rund funkrat/presseinformationen/artikel86386.html. 429 Vgl. den Beschluss des SWR-Rundfunkrats zu SWR.de, S. 11 f. 430 Für das Angebot tagesschau.de gab es neun Interessensbekundungen, für das Angebot NDR Online sieben Bewerbungen. 431 Hardy Gundlach von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg wurde für das Angebot NDR Online als Gutachter beauftragt, Deloitte Consulting GmbH für das Angebot tagesschau.de. 432 Vgl. den Beschluss des NDR-Rundfunkrats zu tagesschau.de, S. 8 sowie zu NDR Online und NDR Text, S. 5. 433 Vgl. den Beschluss des NDR-Rundfunkrats zu tagesschau.de, S. 33. 427

E. Durchführung der Abwägungsentscheidung auf der 2. Prüfstufe

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scheidungsbegründung ebenso lediglich die zeitlichen Eckdaten der Vergabe nach Durchführung eines öffentlichen Interessensbekundungsverfahrens434, ebenso der WDR-Rundfunkrat435. Keine Hinweise zur Vergabe und dessen Kriterien finden sich bei den Ausführungen des Rundfunkrats von Radio Bremen sowie des MDRRundfunkrats. Allerdings geben diese an, weitere Kriterien in den Ausschreibungen der Gutachten aufgeführt zu haben; jedoch lässt dies keine Rückschlüsse darauf zu, warum ein Gutachter letztlich ausgewählt wurde und ein anderer sich bewerbender nicht. Beim MDR-Rundfunkrat muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass dieser trotz anhaltender wissenschaftlicher Kritik und einer öffentlichen Debatte über die „Methodik und handwerklichen Qualität“436 der ersten angefertigten Gutachten für die Angebote kikaninchen und kikaplus durch das Unternehmen EE&MC437 auch alle weiteren Aufträge für die zu prüfenden Angebote in den Bestandstestverfahren an dieses Unternehmen vergeben hat438. Insgesamt wird aus der Vorgehensweise der Räte und den Ausführungen zu den marktlichen Gutachten in den Beschlussbegründungen nur schwer ersichtlich, nach welchen Kriterien die jeweiligen Auswahlentscheidungen insgesamt getroffen worden sind. Es gibt dazu kaum weiterführende Beschreibungen seitens der Rundfunkanstalten mit Ausnahme des Hinweises auf die damals erfolgte Ausschreibung. Warum einzelne Unternehmen im Speziellen den Auftrag erhielten und ob diese Gutachter die erforderliche wissenschaftliche Unabhängigkeit aufweisen, wird nicht weitergehend erläutert. 2. Ergebnisse der Gutachten Wie von einigen privaten Wettbewerbern im Vorfeld bereits befürchtet, sind die Ergebnisse der Gutachten eindeutig zu Gunsten der Zulässigkeit öffentlich-rechtlicher Portale ausgefallen. Die Expertisen stellten allesamt fest, dass durch die jeweiligen geprüften Telemedien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten keine Gefahr für den Wettbewerb ausgehe439. Die Onlineangebote seien inhaltlich breit gefächert und würden von den Nutzern aufgrund ihrer Qualität und Vielfalt positiv aufgenommen440. Zudem habe sich herausgestellt, dass die Nutzer das öffentlichrechtliche Profil schätzten und daher auch wenig Tendenz bestehe, ein öffentlich434

Vgl. den Beschluss des HR-Rundfunkrats zu hr-online, S. 4. Dieser beauftragte das Beratungsunternehmen EE & MC, nachdem sich 6 Gutachter vorgestellt hatten. 436 Dies äußerte Justus Haucap, Direktor des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie, Beitrag auf carta.info vom 21. 10. 2009; vgl. auch das Positionspapier der DLM vom 25. Mai 2009, S. 13. 437 European Economic & Marketing Consultant – EE & MC. 438 Hierfür zeichneten sich die Gutachter Doris Hildebrand und Ulf Böge verantwortlich. 439 So Woldt, der die Ergebnisse der Gutachten auflistet, Media Perspektiven 2/2011, S. 66 ff. 440 Ebd., S. 77. 435

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

rechtliches Angebot gegen ein kommerzielles auszutauschen441. Die Gutachten stellten einhellig fest, dass keines der geprüften Telemedienangebote der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten eine so dominante Position im Markt einnehme, die in der Lage wäre, die Entwicklung privater Medien maßgeblich einzuschränken442. Der Grund der Finanzierungsprobleme privater Telemedienanbieter sei nicht in den öffentlich-rechtlichen Angeboten auszumachen, sondern in der Dynamik der Märkte, so beispielsweise in der mangelnden Zahlungsbereitschaft der Nutzer443. 3. Kritik an den Gutachtenstandards Allerdings standen diese Ergebnisse und das Vorgehen zu deren Ermittlung bereits nach den vorgezogenen freiwilligen Testverfahren der Sender MDR444 und NDR445 unter öffentlicher Kritik. Zum einen wurde ausgeführt, die marktlichen Gutachten entsprächen nicht einem für die Bestimmung der ökonomischen Auswirkungen angemessenen Standard446. So wurde angeführt, dass falls „die Qualität der anderen Gutachten ähnlich sein sollte, der ganze Drei-Stufen-Test zu einer Farce“ mutiere, der den „Gebührenzahler sehr viel Geld kostet, aber rein gar nichts bringen wird“447. Auch die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) sprach schon nach Erstellung dieser ersten beiden Gutachten für den MDR-Rundfunkrat in einem Positionspapier von darin enthaltenen „handwerklichen Fehlern“448. 4. Kritik an der Methodenvielfalt Ein weiterer Angriffspunkt in der öffentlichen Diskussion über diesen Verfahrensschritt war im Rahmen der zahlreichen Bestandstestverfahren die Methodenvielfalt, die bei der Untersuchung der Märkte und der Bestimmung der Auswirkungen der Telemedien öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten für den publizistischen Wettbewerb eingesetzt worden sei449. So wählten die beauftragten Bera441

Ebd., S. 77. Ebd., S. 77. 443 Ebd., S. 77. 444 Für die Portale kikaninchen und kikaplus. 445 Für die NDR-Mediathek. 446 Der Direktor des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie Justus Haucap, griff die Güte und wissenschaftliche Methodik der marktlichen Expertisen des vom MDR für die Onlineangebote kikaninchen und kikaplus beauftragten Beratungsunternehmens EE&MC scharf an. 447 Justus Haucap, Beitrag vom 21. 10. 2009 auf carta.info. 448 Positionspapier der DLM vom 25. Mai 2009, S. 13. 449 Woldt sieht darin keine Problematik, da mit unterschiedlichen Herangehensweisen die gleichen Erkenntnisse gewonnen worden seien, Media Perspektiven 2/2011, S. 66 ff. (77); anders Klickermann, der anführt, eine Beliebigkeit bei den methodischen Analyseverfahren mache das Testverfahren insgesamt angreifbar, MMR 2009, S. 740 ff. (743 f.). 442

E. Durchführung der Abwägungsentscheidung auf der 2. Prüfstufe

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tungsunternehmen sehr unterschiedliche Ansätze bei der Bestimmung der wettbewerblichen Situation und der Vornahme der dafür relevanten Marktabgrenzung450. Ziel dieser Marktdefinition ist es, „anhand der Analyse von Substitutionsbeziehungen die Produkte und Wettbewerber zu ermitteln, die das Wettbewerbsverhalten der betroffenen Unternehmen signifikant beschränken“451. Die Gremien gaben dementsprechend lediglich die Aufgabenstellung vor, während die Gutachter selbst festlegen konnten, wie sie die marktlichen Auswirkungen ermittelten452. Zwischen öffentlich-rechtlichen Sendern und Kritikern des Testverfahrens bestand Uneinigkeit darüber, ob ein kartellrechtlicher Ansatz, wie er von der Europäischen Kommission im Rahmen von Wettbewerbs- und Beihilfeverfahren (Missbrauchs- und Fusionskontrolle) angewendet wird, zugrunde gelegt werden sollte453 oder ein Ansatz herangezogen werden müsse, der in den britischen PublicValue-Testverfahren bereits angewendet worden war. Der ganz überwiegende Teil der Gutachter wählte die kartellrechtliche Methodik, für die zur Beantwortung der Frage nach der Marktabgrenzung bzw. der Ermittlung des relevanten Marktes die Bekanntmachung der Europäischen Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft aus dem Jahr 1997454 eine Grundlage bildete. Dagegen ist einzuwenden, dass diese Methodik zur Missbrauchs- und Fusionskontrolle auf die Fragestellung einer potenziellen Marktveränderung durch Telemedien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht ganz zu passen vermag. So geht es in den Testverfahren nicht darum, überwiegende Marktmacht und deren Ausnutzung zu ermitteln, sondern Veränderungen im Markt festzustellen, die sich nicht zwingend in einer dominierenden Marktposition öffentlich-rechtlicher Angebote äußern müssen. Auch wird der kartellrechtlichen Methodik der Kommission entgegengebracht, sie biete im Rahmen der Drei-Stufen-Tests die Gefahr einer zu engen Marktabgrenzung455. Seitens 450 Zur Darstellung der unterschiedlichen kartellrechtlichen Betrachtung zur Marktabgrenzung vgl: Gounalakis/Jäkel, ZWeR 2011, S. 243 ff. (251 f.). 451 Friederiszick, Marktabgrenzung und Marktmacht, S. 2. 452 Die Aufgabenstellung der Gutachter sah folgende Schritte vor: 1. Abgrenzung des relevanten ökonomischen Marktes für das zu prüfende Angebot, 2. Darstellung des relevanten publizistischen Wettbewerbs (Identifikation von Wettbewerbern), 3. Markt- und Wettbewerbsanalyse mit dem neuen Angebot (statische Analyse), 4. Markt- und Wettbewerbsanalyse ohne das Angebot (dynamische Analyse im Rahmen einer Marktaustrittssimulation unter Beachtung des Konsumentennutzen), vgl. exemplarisch die Leistungsbeschreibung des rbbRundfunkrats für das Gutachten zu rbbonline, die im Marktgutachten des beauftragten Gutachterunternehmens Solon Erwähnung findet, S. 13 f. 453 Für den Begriff des publizistischen Nutzens vor dem des publizistischen Wettbewerbs sprechen sich Dewenter/Haucap auch im Hinblick auf die Bedeutung des Marktversagens aus, Ökonomische Auswirkungen von öffentlich-rechtlichen Online-Angeboten, S. 4 ff. 454 ABl. C 372 vom 9. 12. 1997. 455 Die Marktabgrenzung im Rahmen des SSNIP-Tests (auch hypothetischer Monopolistentest) stand hier im Zentrum der Kritik, vgl. Dewenter/Haucap, Ökonomische Auswirkungen von öffentlich-rechtlichen Online-Angeboten, S. 27 ff.; Trappel/Hürst, Leitfaden für externe

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

der Anstalten wurde jedoch darauf hingewiesen, die Testverfahren hätten ihren Ursprung im Beihilfeverfahren der Europäischen Kommission gehabt, sodass es nahe liege, sich zur Erfüllung der Anforderungen eng an die von dieser bevorzugten Methodik anzulehnen456. Dagegen wurde angeführt, die Rundfunkanstalten hätten anstelle der kartellrechtlichen Methodik den wettbewerblichen Ansatz zur Marktabgrenzung der britischen Ofcom favorisieren müssen, die das so genannte „market impact assessment“ vornimmt457, welches im britischen Public Value Test für öffentlich-rechtliche BBCAngebote zu Grunde gelegt wurde. Die Vorgehensweise der BBC zeige, dass die Europäische Kommission bei der Prüfung von Marktauswirkungen öffentlichrechtlicher Onlineangebote durch den britischen Sender mit guten Gründen nicht auf einer kartellrechtlichen Vorgehensweise zur Marktbestimmung bestanden habe458. Die britische Ofcom als zuständiges Prüfgremium hatte sich bewusst gegen einen kartellrechtlichen Ansatz zur Marktbestimmung entschieden459. Dies sei vernünftig und durchdacht460. Dagegen gibt es jedoch auch kritische Stimmen, die anführen, das britische Prüfverfahren sei mit dem Drei-Stufen-Test nicht vergleichbar, da sich die Prüfung in Großbritannien lediglich auf sehr spezifische BBC-Angebote bezogen habe, während in Deutschland der gesamte Telemedienbestand hätte geprüft werden müssen461. Der Ansatz sei lediglich dafür geeignet, negative Effekte einer übergroßen Marktmacht zu ermitteln, während die erforderliche Analyse im Drei-Stufen-Test jedoch verlange, ökonomische Auswirkungen eines konkreten (neuen) Angebots zu ermitteln462. Auch sei das Nutzerverhalten durch die Mehrfachnutzung von OnGutachten zu marktlichen und publizistischen Auswirkungen im Rahmen von Drei-StufenTests, S. 8 – 10. Der Test zielt auf die Frage ab, ob ein Unternehmen, welches eine Monopolstellung hat, die Preise für seine Produktgruppen erhöhen wollen würde, vgl. Friederiszick, Marktabgrenzung und Marktmacht, S. 3. 456 Vgl. Woldt, Media Perspektiven 2/2011, S. 66 ff. (71); so auch Jahn, der den kartellrechtlichen Ansatz der Kommission gar nicht in Zweifel zieht, vgl. Drei-Stufen-Test und plurale Rundfunkaufsicht, S. 97 ff. 457 Dabei wird zunächst eine Marktabgrenzung vorgenommen, sodann folgt eine statische und eine dynamische Marktanalyse (Situation mit und ohne das boerse.ARD.de-Angebot), welche schließlich auf die Frage der Marktanteile projiziert wird, und zwar sowohl aus Nachfrager- als auch aus Anbietersicht, vgl. den Beschluss des HR-Rundfunkrats zu boerse.ARD.de, S. 17. 458 Mit weiteren Argumenten Dewenter/Haucap, Ökonomische Auswirkungen von öffentlich-rechtlichen Online-Angeboten, S. 38 ff. 459 Vgl. Dewenter/Haucap, Ökonomische Auswirkungen von öffentlich-rechtlichen Online-Angeboten, S. 38 ff. 460 Dewenter, Beitrag auf carta.info vom 21. 10. 2009, allerdings wehrten sich die Gutachter der EE & MC in weiteren Veröffentlichungen, welche darstellten, dass die Ofcom sehr wohl auch auf kartellrechtliche Instrumente zur Marktabgrenzung zurückgreifen würde, vgl. das „Gutachten Marktliche Auswirkungen: Sportschau.de“ für den WDR-Rundfunkrat, S. 192 ff. 461 Woldt, Media Perspektiven 2/2011, S. 66 ff. (70). 462 Eifert, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, RStV § 11 f, Rn. 91 f., mit Verweis auf Trappel/Hürst, Leitfaden für externe Gutachten zu marktlichen und publizistischen Aus-

E. Durchführung der Abwägungsentscheidung auf der 2. Prüfstufe

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lineangeboten geprägt, weshalb die für den Ansatz der Ofcom erforderliche zu ermittelnde Substituierbarkeit von Angeboten problematisch sei463. Für die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) stand nach der Erstellung der ersten Gutachten für die vor Inkrafttreten der neuen Regelungen geprüften Onlineangebote kikaninchen und kikaplus des MDR sowie der NDRMediathek allerdings fest, dass der von den Beratungsunternehmen464 gewählte kartellrechtliche Ansatz zur Marktabgrenzung keineswegs ergebnisoffen gewählt worden sei. Vielmehr müsse die Methode zwangsläufig dazu führen, dass ein öffentlich-rechtliches Internetangebot positive Marktergebnisse aufweise. Dies liege daran, dass der gewählte Ansatz sich vor allem an der Konsumentenwohlfahrt und weniger an den Auswirkungen für privatfinanzierte Wettbewerber orientiere. Da nach dieser Vorgehensweise jedes öffentlich-rechtliche Angebot die Konsumentenwohlfahrt erhöhe, sei es damit auch ein positiv einzuschätzendes Angebot. Die Vorgehensweise, die sich an der Marktprüfung der EU-Kommission orientiere, sei für die Bestimmung der Auswirkungen von Telemedien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ungeeignet. Ziel der Wettbewerbsbehörden sei es, Konzentration zu verhindern und den Wettbewerb zu stärken. Bei dieser Betrachtungsweise wäre jedes zusätzliche Marktangebot als grundsätzlich positiv einzustufen, während die wirtschaftlichen Auswirkungen relativiert würden465. Genau dieser durch die DLM kritisierten Argumentationslinie folgt der NDRRundfunkrat in seiner Genehmigungsbegründung zu ndr-online und der erforderlichen Einschätzung der Gutachterergebnisse. Er weist ausdrücklich darauf hin, dass es ihm vor allem wichtig sei, die Konsumentenwohlfahrt zu erhöhen466. Weder die Europäische Kommission noch der deutsche Gesetzgeber hätten die Zulässigkeit von Telemedienangeboten davon abhängig gemacht, ob ein Marktversagen oder Marktunvollkommenheiten festzustellen seien. Es gehe beim Drei-Stufen-Test ausweislich der rechtlichen Grundlagen vor allem um den publizistischen Beitrag der Telemedien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und erst nachrangig um die marktlichen Auswirkungen. Insoweit seien an Marktversagen oder Nicht-Marktversagen anknüpfende Überlegungen im gegebenen rechtlichen Kontext nicht relevant467. Die Gremien ließen den Gutachtern daher trotz der bestehenden Kritik freien Lauf für eine nicht einheitliche Bestimmung der marktlichen Auswirkungen und wiesen die vorgebrachten Mängel zu den Gutachten und der Vorgehensweise im Einzelnen wirkungen im Rahmen von Drei-Stufen-Tests, S. 8. Diese sprechen sich jedoch auch deutlich gegen den kartellrechtlichen Methodenansatz aus. 463 Eifert, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, RStV § 11 f, Rn. 91 f. 464 EE & MC für die MDR-Angebote, Hardy Gundlach, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, für die NDR-Mediathek. 465 Positionspapier der DLM vom 25. Mai 2009, S. 13. 466 Beschluss des NDR-Rundfunkrats zu NDR Online und NDR Text, S. 43 ff. 467 Ebd., S. 43 ff.

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

zurück. Nach sorgfältiger Prüfung war beispielsweise der MDR-Rundfunkrat zu der Überzeugung gelangt, dass – trotz der anhaltenden Kritik an seinen beauftragten Gutachtern – „die Ergebnisse auf einer sachgerechten Vorgehensweise“468 beruhten. Auch der WDR-Rundfunkrat sowie der SWR-Rundfunkrat begrüßten die Vorgehensweise seiner Gutachter, zur Prüfung der marktlichen Auswirkungen von wdr.de und swr.de zunächst die europarechtlichen Rahmenbedingungen, die Rechtsprechung des EuGH sowie des BGH zu beleuchten und „sich insbesondere mit den Anforderungen der EU-Kommission zur Problematik von Marktabgrenzungen auseinanderzusetzen“469. Auch der rbb-Rundfunkrat schloss sich dieser Einschätzung an, fügt jedoch hinzu, ihm sei bewusst, dass die gewählte Methode andere nicht ausschließe und somit auch nicht „die einzig richtige“ sein müsse470. Das vom HR-Rundfunkrat in Auftrag gegebene marktliche Gutachten hingegen wählte den wettbewerblichen Ansatz der britischen Ofcom, mit dem im britischen Public Value Test angewandten „market impact assessment“471. Der SR-Rundfunkrat führte in seiner Beschlussbegründung aus, dass die beauftragten Gutachter472 einen gemischten Ansatz angewendet hätten, nach dem die Marktabgrenzung zum einen auf Basis der kartellrechtlichen Spruchpraxis erfolge, sich aber von den gängigen Annahmen einer kartellrechtlichen Marktabgrenzung in Reinform löse, da diese Angebot und Nachfrage als Voraussetzung für einen spezifischen Markt grundsätzlich nur dort annehme, wo „Geld fließe“. Zudem unterschieden sich Sinn und Zweck des reinen Kartellrechts und des beihilfe- und rundfunkrechtlich verankerten Drei-Stufen-Tests473. Ob die Gutachter sich insgesamt „darum bemüht haben, die komplexe Situation auf dem Markt der relevanten Telemedien so präzise und wie möglich“ abzubilden474, vermag vorliegend nicht bewertet werden. Grundsätzlich irritiert es aber, dass die Angebote nicht im Rahmen einer einheitlichen Vorgehensweise geprüft worden sind. So macht eine etwaige „Beliebigkeit“ der anzuwendenden Methoden das Testverfahren insgesamt angreifbar475. Es erscheint zudem nicht nachvollziehbar, dass in dem – nicht zuletzt von den Sendern in ihren Satzungen – insgesamt vereinheitlichten Drei-Stufen-Testverfahren bei diesem Prüfschritt eine solche Unterschiedlichkeit in 468

Vgl. exemplarisch den Beschluss des MDR-Rundfunkrats zu MDR-Online, S. 23 ff. Vgl. den Beschluss des WDR-Rundfunkrats zu wdr.de, S. 56 ff. bzw. den Beschluss des SWR-Rundfunkrats zu SWR.de, S. 47 f. 470 Vgl. den Beschluss des rbb-Rundfunkrats zu rbbonline, S. 72. 471 Vgl. den Beschluss des HR-Rundfunkrats zu boerse.ARD.de, S. 17. 472 Folgende Gutachter fertigten die Expertise an: Lars Harden und Jan Blume, aserto Kommunikationsanalysen und Beratung GmbH & Co. KG, Gabriele Siegert, Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich, Rechtsanwalt Tobias Gostomzyk, Höcker Rechtsanwälte. 473 Vgl. den Beschluss des SR-Rundfunkrats SR-online.de, S. 22. 474 So führt es Woldt aus, Media Perspektiven 2/2011, S. 66 ff. (77). 475 Vgl. Klickermann, MMR 2009, S. 740 ff. (743 f.). 469

E. Durchführung der Abwägungsentscheidung auf der 2. Prüfstufe

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der Vorgehensweise als zulässig und unproblematisch erachtet worden ist476. Noch dazu, da es sich hier um einen sehr kostenintensiven Verfahrensteil handelt477. 5. Fehlende Ex-Ante-Betrachtung des Marktes Zudem ist fraglich, wie es sich auswirkt, dass die geprüften Marktauswirkungen nur im Rahmen einer Status-quo-Analyse ermittelt wurden und die Entwicklung der Märkte dadurch ausgeblendet worden ist. Der Wert eines Testverfahrens, für das die EU-Wettbewerbsbehörde die Berücksichtigung möglicher Wettbewerbsverzerrungen zu einem gewichtigen Teil erklärt, wäre insgesamt in Frage zu stellen, wenn Ergebnisse aufgrund sich rasch ändernder Bedingungen schon nach kurzer Zeit nicht mehr der Realität entsprechen würden. Hinzuweisen sei hier beispielsweise auf die Einführung der TagesschauApp im Dezember 2010, also etwas ein halbes Jahr nach Abschluss der Drei-StufenTestverfahren und ein gutes Jahr nach Analyse des Nachrichten-Konkurrenzmarktes durch die Begutachtung. Die App als solche war nicht Gegenstand des Telemedienkonzeptes des NDR, da sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorlag. Hingewiesen wurde im Telemedienkonzept für tagesschau.de lediglich auf die Möglichkeit der mobilen Ausspielung des Portals. Dort heißt es: „Auch mobil kann man zum Beispiel die ,Tagesschau in 100 Sekunden‘ empfangen. Angesichts der immer weiter steigenden Bedeutung von Mobiltelefonen als Ausspielgeräte, ist dies eine nicht zu unterschätzende Funktion des Verbreitungswegs Internet. Die Nachrichten-Inhalte von tagesschau.de sind jederzeit und überall empfangbar – und das erwarten die Nutzer auch“478. Das Markgutachten des Beratungsunternehmens479 für tagesschau.de hat dementsprechend keine Antizipation der sich entwickelnden Märkte – beispielsweise im mobilen Bereich der Smartphones und Tablets – durchgeführt, obwohl Ende des Jahres 2009 dies bereits seit Langem als stark wachsender Markt mit rasch steigender Bedeutung der Medienkonsumenten identifiziert worden war480. Dass sich die Bedeutung öffentlich-rechtlicher Portale in wachsenden Märkten schnell ändern und die Gefahr der Verdrängung anderer Portale damit rasch anwachsen kann, zeigt gerade die Einführung der Tagesschau-App. Diese Applikation hatte sich bereits im 476

Den Umstand einer nicht festgelegten Methode als unproblematisch einstufend: Eifert, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, RStV § 11 f, Rn. 91 ff.; Woldt, Media Perspektiven 2/2011, S. 66 ff. (77). 477 Kritisch hierzu auch Wyssuwa, Beitrag vom 03. 06. 2009 auf www.faz.net. 478 Vgl. das Telemedienkonzept des NDR zu tagesschau.de, S. 40. 479 Medienökonomisches Gutachten zu den marktlichen Auswirkungen des bestehenden Telemedienangebots tagesschau.de der Deloitte Consulting GmbH. 480 So sagte beispielsweise eine Studie des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) vom April 2009 ein großes Wachstum von mobilen Internetdiensten voraus. Bereits 35 Prozent der Internetnutzer gingen zu dieser Zeit bereits über mobile Endgeräte ins Netz.

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

Dezember 2012 – zwei Jahre nach ihrem Marktantritt – zur meistgenutzten Nachrichten-App auf iPhone und iPad entwickelt481. Der mobile Markt der Nachrichtennutzung wird seither von dieser werbefreien, ohne Zusatzkosten abrufbaren Applikation angeführt, während private Medienunternehmen versuchen, ihre Nachrichten-Apps im Store der Firma Apple oder dem Android-Marketplace kostenpflichtig bzw. werbefinanziert zu vermarkten. Die Gutachter des Angebots tagesschau.de stellten sich bei ihrer Analyse im Drei-Stufen-Test jedoch auf den Standpunkt, der mobile Markt der Nachrichtennutzung müsse nicht eigenständig beleuchtet werden. Vor dem Hintergrund der sich schnell ändernden Marktbedingungen wird teilweise von anderen Gutachtern im Testverfahren eine Befristung der Angebote mit Blick auf aktualisierte Marktanalysen gefordert482. Der HR-Rundfunkrat verwirft jedoch die Annahme seines Gutachters, es könnte aufgrund heute noch nicht absehbarer Entwicklungen zu stärkeren Marktbeeinträchtigungen in der Zukunft kommen483. Die durch den Gutachter vorgeschlagene Begrenzung des Angebots boerse.ARD.de wird zurückgewiesen, da der Rundfunkrat davon ausgeht, dass „die Aufgreifschwelle für ein neues oder verändertes Verfahren die öffentlich-rechtlichen Angebote einer hinreichenden Kontrolle unterzieht“484. Das Gremium teilt hierzu mit, eine Begrenzung des Angebots widerspreche dem Zweck der Verfahren, eine endgültige Feststellung der Zulässigkeit öffentlich-rechtlicher Onlineaktivitäten zu erreichen485. Die HR-Intendanz bewertet die Empfehlung der Gutachter zur zukünftigen Marktentwicklung als „rein spekulativer Natur“ und „auf hypothetische Entwicklungen gestützt“486. Letztlich sei ein solcher Marktausblick nicht Gegenstand des Gutachtens gewesen487. Der ZDF-Fernsehrat gibt ebenso an, eine künftige Entwicklung der ZDF-Angebote sei in dem ökonomischen Gutachten nicht beleuchtet worden, da nicht davon auszugehen sei, dass die Reichweiten der ZDF-Onlineangebote „zukünftig überproportional wachsen“ würden, sofern sich die Wettbewerbssituation nicht deutlich

481 Focus App Monitor zu den meistgenutzten Info-Programmen auf iPhone und iPad vom Januar 2013. Bei den iPhone-Apps liegt die „Tagesschau“ mit 18,42 % der befragte Nutzer vor Spiegel Online (13,14 %) und NTV (8,93 %); bei den iPad-Apps sogar deutlich mit 18,42 % vor Spiegel (10,63 %) und BILD (9,99 %) Quelle: http://meedia.de/internet/news-apps-tagesschauweit-vor-der-konkurrenz/ 2013/01/22.html. 482 Das Gutachterunternehmen PriceWaterhouseCoopers schlug vor, „die Dauer, innerhalb der das Angebot stattfinden sollte, zeitlich zu begrenzen“, um mögliche Veränderungen an den marktlichen Auswirkungen in der Zukunft einbeziehen zu können, vgl. das Gutachten zu den marktlichen Auswirkungen des Telemedienangebots boerse.ARD.de, S. 55. 483 Vgl. den Beschluss des HR-Rundfunkrats zu boerse.ARD.de, S. 4, 19. 484 Ebd., S. 4. 485 Ebd., S. 22 486 Ebd., S. 19. 487 Ebd., S. 19.

E. Durchführung der Abwägungsentscheidung auf der 2. Prüfstufe

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verändere488. Der marktliche Einfluss würde daher „auch in den nächsten Jahren auf dem heutigen Niveau verbleiben“489. Auch hier wird auf den mobilen Markt der Nachrichteninformation hingewiesen, der als „junger Markt“ noch nicht einzuschätzen sei490. Fraglich ist hier wiederum, wie sich gerade die rasche Entwicklung dieses Segments auswirkt, welches in dem ökonomischen Gutachten aus dem Jahr 2010 noch als „jung“ eingestuft wurde. Hier ist anzufügen, dass auch das ZDF nach Abschluss der Drei-Stufen-Bestandstestverfahren bis zum Jahr 2013 diverse mobile Applikationen491 auf den Markt gebracht hat, welche auch in dem Kontext der Bezahlnutzung beleuchtet werden müssten. Der ZDF-Fernsehrat fügt selbst in seiner Beschlussbegründung an, dass eine deutliche Veränderung der Wettbewerbssituation bei Nachrichtenangeboten gegeben sei, wenn eine größere Zahl kommerzieller Anbieter dazu übergehe, seine journalistisch-redaktionellen Inhalte nur noch gegen Entgelt zugänglich zu machen492. Eine solche als hypothetisch prognostizierte Verschiebung ist jedoch nicht nur im Bereich der Apps schon heute – wenige Jahre später – in vollem Gange. Sollten sich Bezahlstrukturen nachhaltig auch für den Onlinebereich – und nicht nur dem Tablet- und Smartphonemarkt – entwickeln, wären die Ergebnisse der marktlichen Gutachten damit mit Wissen der öffentlichrechtlichen Sender, der Gremien und der Gutachter Makulatur. Vor dem Hintergrund der nicht beabsichtigten Durchführung weiterer Drei-Stufen-Tests (zum Beispiel auch nicht für neue Nachrichten-App-Angebote von ARD und ZDF) könnte der Wert der ökonomischen Gutachten damit bereits überholt sein. Obwohl sich die Gremien mit der schnellen Entwicklung der Märkte konfrontiert sahen, nahmen sie deren statische Analyse in Kauf. So führt der WDR-Rundfunkrat zwar hierzu an, die Stärke des Angebots „wdr.de“ sei ein Grund, warum er eine aktive Begleitung der weiteren Entwicklung der Telemedien durch die Gremien für unverzichtbar halte. Der Markt sei in Bewegung, so dass neue Technologien die Marktstruktur und das Nutzerverhalten veränderten. Jedoch forderte er hierzu lediglich ein frühzeitiges Informieren über neue Technologien und Verbreitungswege, ohne dass sich daraus eine besondere Konsequenz bzw. Verpflichtung für die Antizipation der weiteren marktlichen Auswirkungen der Angebote für die Zukunft ergeben hätte.

488

Beschluss des ZDF-Fernsehrats zu den Telemedienangeboten des ZDF, S. 59. Ebd., S. 59. Es äußerten sich auch Vertreter der ARD zu möglichen dynamischen Entwicklungen öffentlich-rechtlicher Angebote. Die Dynamik der Märkte verhindere es, dass die Angebote der ARD „aufgrund der geringwertigen Investitionen“ zu „Marktverstopfungen“ führen könnten. Nur solche seien – falls diese schwerwiegend wären, geeignet, um überhaupt zur beihilferechtlichen Unzulässigkeit von Angeboten zu kommen, vgl. Wiedemann, Die Konsequenzen der Beilegung des Rechtsstreits mit der Europäischen Kommission aus Sicht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, S. 15. 490 Beschluss des ZDF-Fernsehrats zu den Telemedienangeboten des ZDF, S. 59. 491 Vorerst die Mediathek-App und die heute-App des ZDF. 492 Beschluss des ZDF-Fernsehrats zu den Telemedienangeboten des ZDF, S. 73 f. 489

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

Insgesamt fällt bei Analyse der Beschlussbegründungen auf, dass die Gremien die Entwicklungen des spezifischen Telemedienangebots zwar berücksichtigten, indem gefordert wurde, bei weitgehenden Änderungen solle geprüft werden, ob ein neuer Drei-Stufen-Test durchgeführt werden müsse493. Die Veränderung der marktlichen Auswirkungen bei grundsätzlicher Beibehaltung der Angebotsform wurde im gleichen Zug jedoch nicht thematisiert bzw. unberücksichtigt gelassen494. Angebote, die zukünftig immer wieder angepasst werden, ohne der Aufgreifschwelle für einen (neuen) Drei-Stufen-Test zu unterfallen, könnten so über lange Zeiträume fortgeführt werden, ohne dass die Veränderungen der marktlichen Auswirkungen geprüft werden müssten.

II. Durchführung von Balancing und Bewertung des publizistischen Mehrwerts Wie bereits erläutert, ist neben der Analyse des Marktes im Rahmen der Einholung ökonomischer Gutachten auf der zweiten Prüfstufe die eigentliche Abwägung zu treffen, ob ein Angebot im Hinblick auf den publizistischen Wettbewerb aufgenommen werden darf. Der publizistische Wettbewerb unter Abwägung der ökonomischen Folgen soll – vor dem Hintergrund des ökonomisch geprägten Wettbewerbsgedankens der Kommission – sicherstellen, dass das Angebot einen gewissen Mehrwert gegenüber den bereits bestehenden Angeboten bieten kann. Die EU-Kommission hatte dabei noch vor Beginn der Drei-Stufen-Tests deutlich gemacht, dass eine Prüfung der zweiten Stufe, die eine Marktauswirkung sehr zugunsten des öffentlich-rechtlichen Antragsstellers auslege und auf die Interessen der publizistischen Wettbewerber wenig eingehe, nicht im Sinne der europäischen Wettbewerbsbetrachtung sein könne495. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Annahme, zusätzliche Angebote könnten Vielfalt und Vielzahl des publizistischen Gesamtangebots nur fördern, für den Onlinemarkt überholt ist. Der Gesetzgeber hat im Rundfunkstaatsvertrag berücksichtigt, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht in jedem Bereich eine starke Wettbewerbsposition ausüben sollte, um zu verhindern, dass private Anbieter möglicherweise dadurch entmutigt sind, eigene Angebote vorzuhalten und die Vielfalt darum wieder zu mindern496. So kann ein hinzukommendes öffentlich-rechtliches Qualitätsangebot, mit dem der publizisti493 Vgl. den Beschluss des Rundfunkrats von Radio Bremen zum Telemedienkonzept Radio Bremen, S. 21; den Beschluss des SWR-Rundfunkrats zu SWR.de, S. 20; den Beschluss des MDR-Rundfunkrats zu MDR-Online, S. 20. 494 Vgl. beispielsweise den Beschluss des Rundfunkrats von Radio Bremen zum Telemedienkonzept Radio Bremen; den Beschluss des SWR-Rundfunkrats zu SWR.de; den Beschluss des MDR-Rundfunkrats zu MDR-Online. 495 Vgl. die Ausführungen des seinerzeit stellvertretenden Generaldirektors der Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission, Herbert Ungerer, zur europäischen Sicht des Drei-Stufen-Tests, epd medien Nr. 48/2009, S. 17 f. 496 Wimmer, AfP 2009, S, 321 ff. (321).

E. Durchführung der Abwägungsentscheidung auf der 2. Prüfstufe

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sche Wettbewerb naturgemäß gefördert wird, nicht automatisch mit der Begründung der positiven Gemeinwohleffekte gerechtfertigt werden – mit dieser Argumentation gäbe es keinen Schutz mehr vor dem Hinzutreten irgendeines staatlich finanzierten publizistischen Wettbewerbers497. 1. Ausgewogenheit der Abwägungsentscheidung Die Anforderungen an die Abwägungsentscheidung der Gremien wurden im Allgemeinen als sehr hoch eingeschätzt. So wurde angeführt, es sei fraglich, ob die Räte allein mit Hilfe der Darstellung des publizistischen Wettbewerbs, die durch die Rundfunkanstalten selber erfolge, sowie einem externen marktökonomischen Gutachten in die Lage versetzt würden, Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen und zu einer fairen Entscheidung zu kommen498. Grundsätzlich sind aus den Genehmigungsbegründungen Rückschlüsse auf die Intensität und die Qualität der Abwägungsentscheidung zu ziehen. Der NDRRundfunkrat hält beispielsweise in seinen Ausführungen zur Abwägung fest, dass das Portal „tagesschau.de“ zu einer „professionellen, umfassenden und glaubwürdigen Informationsvermittlung“ im Internet beitrage und aufgrund seiner „nicht kommerziellen, rein journalistisch-redaktionellen Ausrichtung ein wichtiges und gesellschaftliches Informationsbedürfnis erfülle“499. Hierzu muss jedoch konstatiert werden, dass ein öffentlich-rechtliches Nachrichtenangebot selbstverständlich nicht kommerziell agiert und journalistisch-redaktionell ausgerichtet ist. Professionalität und Glaubwürdigkeit sind bei öffentlich-rechtlichen Nachrichtenangeboten grundsätzlich zugesprochene Kernkompetenzen. Diese Aussagen hätten zu ihrer Feststellung keines umfangreichen Testverfahrens bedurft. Die pauschalen und nicht in die Tiefe gehenden Ausführungen des NDR-Rundfunkrats, wie sie in der Genehmigungsbegründung zu tagesschau.de zu finden sind, lassen Zweifel an einer umfassenden Balancing-Entscheidung als „Herzstück“500 des Verfahrens aufkommen. Wird dem Drei-Stufen-Testverfahren vorgeworfen, dass eine Abwägungsentscheidung de facto nicht oder nicht für die Öffentlichkeit erkennbar stattfand501, so kann diese Kritik anhand der allgemein gehaltenen, die Telemedienkonzeptausführungen in großen Teilen wiedergebenden und recht kurzen Ausführungen zur eigentlichen Abwägung aller im Testverfahren zusammengetragenen Fakten nicht von der Hand gewiesen werden502. 497

So Wimmer, ZUM 2009, S. 601 ff. (608). Gerlach, promedia Special Medienforum NRW 2009, S. 19 f. (20). 499 Vgl. den Beschluss des NDR-Rundfunkrats zu tagesschau.de, S. 46 ff. 500 So äußert sich Peters über die Abwägung auf der 2. Prüfstufe, Beitrag vom 16. 02. 2009 auf Telemedicus.de. 501 Schmid/Gerlach, Funkkorrespondenz 4/2011, S. 3 ff. (6). 502 Es wurde kritisiert, dass zwar Gutachten für die Bewertung der publizistischen Seite und der marktlichen Auswirkungen in Auftrag gegeben wurden, doch die Zusammenführung dieser 498

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

Beim WDR-Rundfunkrat fällt das Balancing in der Genehmigungsbegründung sogar noch etwas kürzer aus. In drei knappen Absätzen kommen die Räte zu dem Ergebnis, das Angebot zeichne sich insbesondere dadurch aus, dass es sich um ein für alle Nutzer frei zugängliches werbe- und sponsoringfreies Angebot handele, welches im Informationsbereich durch ständig aktualisierte Nachrichten mit starkem NRWBezug für zuverlässige tagesaktuelle Informationen sorge und durch themenbezogene Dossiers in Ergänzung der TV- oder Radiosendungen auch einen Beitrag zu nachhaltiger Berichterstattung leiste503. Auch diese Eigenschaften des Angebots WDR.de können grundsätzlich dem Informationsangebot des WDR zugesprochen werden und wurden bereits im Telemedienkonzept hervorgehoben. Zudem irritiert die Begründung des WDR-Rundfunkrats, warum keine wesentlichen marktlichen Auswirkungen des Angebots festzustellen seien – „wdr.de“ sei ein starkes Angebot, erreiche aber nur etwa ein Prozent der Reichweite des deutschlandweiten Marktführers504 „bild.de“505. Warum ein regional geprägtes Nachrichtenangebot mit einer gänzlich anders ausgerichteten Zielgruppe als das Portal „bild.de“ gerade als marginal im Vergleich zu diesem deutschlandweiten Marktführer ins Feld geführt werden muss, ist nicht nachvollziehbar und lässt die Annahme zu, dass „wdr.de“ unbedeutender erscheinen soll, als dessen Auswirkungen auf den Markt tatsächlich sein können. Hier hätte hingegen ein Nachrichtenangebot eines regional geprägten Wettbewerbers erwähnt und intensiv beleuchtet werden müssen. Dies hätte jedoch die eigene Marktposition dominierender erscheinen lassen. Es liegt hier der Eindruck nahe, dass dies vermieden werden sollte506. Auch der SWR-Rundfunkrat widmet der Begründung seiner Abwägungsentscheidung in seiner 85-seitigen Beschlussbegründung lediglich eine halbe Seite507; der ZDF-Fernsehrat legt seine Abwägungsbegründung der einzelnen Portale jeweils ebenfalls in nur einem Absatz auf einer knappen halben Seite dar508. Im Vergleich dazu nimmt die Abwägung in der 73-seitigen Beschlussbegründung des Rundfunkrats von Radio Bremen drei Seiten in Anspruch, was auf eine weitaus fundiertere Begründungsentscheidung schließen lässt509.

beiden Seiten nahezu vollständig vernachlässigt worden sei, Schmid/Gerlach, Funkkorrespondenz, 4/2011, S. 3 ff. (6 f.). 503 Vgl. den Beschluss des WDR-Rundfunkrats zu wdr.de, S. 63. 504 Vgl. das AGOF-Angebotsranking für Mai 2013, welches Bild erneut mit 14,16 Mio. Unique User für die Informationsangebote anführt, abrufbar unter: http://www.agof.de/angebots ranking.619.de.html. 505 Vgl. den Beschluss des WDR-Rundfunkrats zu wdr.de, S. 61. 506 Meyer-Lucht, Beitrag auf carta.info vom 19. 07. 2010. 507 Beschluss des SWR-Rundfunkrats zu SWR.de, S. 81. 508 Beschluss des ZDF-Fernsehrats zu den Telemedienangeboten des ZDF, S. 72, 80, 86, 91, 97, 101. 509 Beschluss des Rundfunkrats von Radio Bremen zum Telemedienkonzept Radio Bremen, S 66 ff.

E. Durchführung der Abwägungsentscheidung auf der 2. Prüfstufe

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Die Analyse der Beschlussbegründungen ergibt, dass die Berücksichtigung der marktlichen Auswirkungen von den Räten insgesamt nicht in einer Einzelbewertung, sondern in einer Gesamtbetrachtung vorgenommen worden ist. So wurde es etwa unterlassen, „die Betroffenheit eines separaten Verlagsangebots oder eines kleinen Rundfunkanbieters“ zu erörtern, die „zum Teil kleinteilig erscheinen mag – jedoch kann gerade die Bedrohung für jene Angebote, die auf eine eher kleine und sehr spezifische Zielgruppe ausgerichtet sind, existenzielle Ausmaße annehmen“510. So hatte die Europäische Kommission noch vorgetragen, dass der Marktaustritt Einzelner wohl als extremste Form der Wettbewerbsverzerrung zu werten sei, das Testverfahren mögliche Einschränkungen der öffentlich-rechtlichen Angebote jedoch nicht auf diesen Extremfall reduziere, sondern eine nuancierte Abwägung aller möglichen Folgen für den Wettbewerb erfordere511. Von einer solchen detaillierten Betrachtungsweise scheint man hier sehr weit entfernt zu sein – die marktlichen Gutachten haben einzelne Angebote nicht in größerem Ausmaß in den Blick genommen und die Entscheidung der Gremien erfolgte in einer Gesamtschau. Aufgrund einer solchen Vorgehensweise bestehen Zweifel daran, ob die Gremien auf dieser Basis eine solch nuancierte Abwägungsentscheidung haben treffen können, welche die EU-Kommission eingefordert hatte. 2. Berücksichtigung von Kosten- und Werbefreiheit Bei der Bewertung des publizistischen Wettbewerbs in der Abwägungsentscheidung war fraglich, ob als Kriterium für die Bestimmung der Zulässigkeit eines öffentlich-rechtlichen Angebots auch dessen Kosten- und/oder Werbefreiheit mit einbezogen werden solle. a) Kostenfreiheit im Rahmen freier Zugänglichkeit des Angebots Bei der Abwägungsentscheidung haben die Gremien gemäß § 11 Abs. 4 Nr. 3 RStV die Auswirkungen auf die bestehenden Angebote im Markt nicht isoliert zu berücksichtigen, sondern unter Einbeziehung vorhandener publizistischer Angebote, die sich an ein allgemeines Publikum richten und frei zugänglich sind512. Hier war jedoch im Vorfeld der Testverfahren für den Bestand fraglich, ob nur kostenfreie Angebote in den Blick genommen oder auch Pay-Angebote – wie beispielsweise Mediatheken mit zum Abruf verfügbaren Videos gegen Entgelt – mit einbezogen werden sollten. Ausgelöst wurde die Debatte bereits in dem vorgezogenen Test510 Dies kritisierten Schmid/Gerlach, die in der fehlenden Berücksichtigung der „individuellen Verfasstheit“ die größte Schwachstelle der Testverfahren sehen, Funkkorrespondenz 4/2011, S. 3 ff. (6). 511 Ungerer, epd medien Nr. 48/2009, S. 15 ff. (17); vgl. auch die Kategorisierung von Schmid/Gerlach, Kategorisierung zum Balancing zwischen den marktlichen Auswirkungen und dem publizistischen Beitrag im Drei-Stufen-Test, S. 3 ff. 512 Vgl. die amtliche Begründung zu § 11 f RStV.

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

verfahren des MDR zum Angebot kikaninchen, bei dem kostenpflichtige Angebote der privaten Wettbewerber ausgeklammert wurden513. Diese sehr eingeschränkte Interpretation des Begriffs der freien Zugänglichkeit wurde auch in den Bestandstestverfahren diskutiert. So stellte der NDR-Rundfunkrat in seiner Entscheidung zum Angebot tagesschau.de fest, dass es sich nicht in einem ökonomischen Wettbewerb mit kommerziellen Medienangeboten im Internet befinde, sondern lediglich in einem publizistischen Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Nutzer. Daher sei eine Konkurrenz mit kommerziellen Anbietern um Werbekunden oder um zahlungswillige Nutzer von vornherein ausgeschlossen514. Die Einschätzung der Nichteinbeziehung entgeltpflichtiger Angebote fußt auf einer Empfehlung der Gremienvorsitzendenkonferenz der ARD, wonach davon auszugehen sei, dass unter das Merkmal der freien Zugänglichkeit nicht solche Angebote fielen, die kostenpflichtig ausgerichtet seien515. Allerdings empfiehlt die GVK, im Zweifel auch vergleichbare entgeltfinanzierte Angebote in die Abwägung mit einzubeziehen516, sodass die Gremien dies differenziert beurteilen konnten, ohne per se Angebote der privaten Konkurrenz auf einem auf Bezahlinhalte ausgerichteten Markt gänzlich auszuklammern. Diesen Weg wählt auch der ZDF-Fernsehrat. Er ist zwar ebenfalls der Auffassung, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des Merkmals der freien Zugänglichkeit eine Eingrenzung des publizistischen Wettbewerbs auf kostenfreie Angebote vornehmen wollte und entgeltpflichtige Angebote, für deren Nutzung eine vorherige Anmeldung mit Namen, Adresse und Bankverbindung notwendig sei, daher nicht diesem Begriff im Sinne des Gesetzes unterfielen517. Er spricht sich gleichwohl dafür aus, auch entgeltpflichtige Angebote bei der publizistischen Wettbewerbsanalyse mit einzubeziehen, um ein umfassendes Bild des publizistischen Wettbewerbs zu erhalten518. Die Gremien stützen sich hier auf die Entscheidung der Europäischen Kommission vom 24. April 2007, in der bei der Bestimmung des publizistischen Wettbewerbs ein Hinweis auf die Prüfung des Umfangs und der Qualität bereits bestehender „kostenloser“ Angebote besteht519. Der deutsche Gesetzgeber hat das Merkmal der Entgeltfreiheit allerdings nicht aufgenommen, sondern den Begriff der 513

Vgl. hierzu die Stellungnahme der Mediengruppe RTL an den MDR-Rundfunkrat vom 14. 01. 2009, die darin angreift, dass das Angebot „Togolino Club“, für das ein Mitgliedsbeitrag zu entrichten sei, ein identisches Angebot zu dem zu prüfenden Angebot kikaninchen.de darstelle, abrufbar unter: http://www.mediengruppe-rtl.de/files/pdf1/Stellungnahme_kikanin chen.pdf. 514 Beschluss des NDR-Rundfunkrats zu tagesschau.de, S. 40. 515 Vgl. die Ausführungen hierzu im Beschluss des MDR-Rundfunkrats zu MDR-Online, S. 56 f. 516 Ebd., S. 56 f. 517 Beschluss des ZDF-Fernsehrats zu den Telemedienangeboten des ZDF, S. 58. 518 Ebd., S. 58. 519 Vgl. die Entscheidung der Kommission vom 24. 04. 2007, K(2007) 1761 endg., Rn. 362.

E. Durchführung der Abwägungsentscheidung auf der 2. Prüfstufe

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freien Zugänglichkeit in den Rundfunkstaatsvertrag integriert. Er kann damit nur weitergehender interpretiert werden, als mit dem Hinweis auf eine bloße Entgeltfreiheit verstanden, denn auch entgeltliche Angebote sind in erster Linie frei zugänglich520. Eine weitergehende Interpretation scheint vom Gesetzgeber daher intendiert. Sofern auch entgeltfinanzierte Angebote im Einzelfall – bei sehr engen und im Besonderen auf Bezahlinhalte ausgerichteten Märkten – in die Abwägung mit eingeflossen sind, wäre dies konsequent. Die Problematik des publizistischen Wettbewerbsumfelds verschärft sich noch mit der zunehmenden Einführung von Paid-Content-Angeboten privater Nachrichtenanbieter wie beispielsweise Pressehäusern. Diese könnten verstärkt nicht mehr als publizistische Wettbewerber angesehen werden, wenn keine generelle Kostenlosigkeit ihrer Angebote mehr vorläge. b) Werbefreiheit des Angebots Auch die Werbefreiheit öffentlich-rechtlicher Angebote war ein Merkmal, welches die Gremien in ihrer Abwägungsentscheidung diskutierten. Die etwaige Einbeziehung des Kriteriums der Werbefreiheit als Alleinstellungsmerkmal von Telemedien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Drei-Stufen-Test war heftig umstritten. In der Tat führt die Möglichkeit der Berücksichtigung von Werbefreiheit zu einem gewissen Dilemma. Es wirft die Frage auf, ob gesetzliche Gebote und Verbote für öffentlich-rechtliche Angebote als Qualitätsmerkmale herangezogen werden können. Wäre dies nicht der Fall, dann könnten Kriterien zur Auftragserfüllung wie Objektivität, Unparteilichkeit der Berichterstattung sowie Ausgewogenheit der Angebote521 keine Berücksichtigung finden, obwohl sie klar qualitativ ausgerichtet sind522. Andererseits wäre im Falle einer zwingenden Beachtung der Werbefreiheit als Qualitätskriterium aufgrund des gesetzlichen Werbeverbots für Telemedien gemäß § 11 d Abs. 5 S. 1 RStV jedes öffentlich-rechtliche Angebot per se als qualitativ hochwertiger und damit publizistisch wertvoller einzustufen. Eine weitere Befassung im Rahmen der Abwägungsentscheidung wäre damit obsolet und auch kein Drei-Stufen-Test mehr erforderlich523. Dennoch hatte die Leitungsebene der öffentlich-rechtlichen Sender bereits in ihren Telemedienkonzepten an den privatfinanzierten Angeboten moniert, sie seien 520

Hier sei beispielsweise auf den Kauf eines Presseprodukts hingewiesen, welches für jedermann frei zugänglich, wenn auch nicht kostenlos ist, vgl. Wimmer, AfP 2009, S. 321 ff. (323). 521 Dies ist in § 11 Abs. 2 RStV festgelegt. 522 Jahn, Drei-Stufen-Test und plurale Rundfunkaufsicht, S. 103. 523 Peters, Öffentlich-rechtliche Onlineangebote, Rn. 448; Sokoll, epd medien Nr. 88/2010, S. 6 ff. (6, 9); Jahn, Drei-Stufen-Test und plurale Rundfunkaufsicht, S. 104; differenziert zur Problematik: Eifert, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, RStV § 11 f, Rn. 102 f.; kritisch: Wimmer, AfP 2009, S. 321; ebenso Dörr, Das Verfahren des Drei-Stufe-Tests, S. 30 f.

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Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

aufgrund ihrer Werbefinanzierung von minderer Qualität. Es fehle dadurch an Unabhängigkeit von den Anzeigen- und Werbekunden524. Trotz der während der Bestandstestverfahren vorgebrachten Kritik an der Einstufung von Werbung als Kriterium für mindere Qualität publizistischer Angebote525, finden sich in den Beschlussbegründung der Gremien weitgehend pauschale Erwähnungen dieses von den Rundfunkanstalten als maßgeblich erachteten Kriteriums. So führt der WDR-Rundfunkrat beim Telemedienangebot für sportschau.de aus, der üblichen Tendenz zur Boulevardisierung der Sportberichterstattung könne mit Freiheit von möglichem Einfluss der Werbewirtschaft und der Sportindustrie durch professionelle Distanz entgegengewirkt werden526. Auch der BR-Rundfunkrat hebt die Werbefreiheit des Portals br-online hervor527. Ebenso sieht der NDR-Rundfunkrat die Werbefreiheit als ein maßgebliches Kriterium im Balancingverfahren an. Er ist der Ansicht, dass die Werbefreiheit des Angebots ein Qualitätsmerkmal von NDR-Online und NDR Text sei. Die Unabhängigkeit von kommerziellen Interessen wirke nach Auffassung des NDR-Rundfunkrats der den kommerziellen Angeboten innewohnenden Ausrichtung auf große Publikationen entgegen und ermögliche so eine größere Vielfalt der öffentlichrechtlichen Angebote528. Ähnlich argumentiert der rbb-Rundfunkrat. Anders als in den Stellungnahmen Dritter vertreten, sei die Werbefreiheit durchaus ein wichtiges Indiz für das Vorliegen von Objektivität und Unabhängigkeit und daher im Rahmen der Qualitätsbewertung zu berücksichtigen. Auch wenn Werbefreiheit keine vollumfängliche Garantie für Unabhängigkeit geben könne, bestehe jedoch grundsätzlich die Möglichkeit, dass sie eine Abhängigkeit von kommerziellen Interessen verhindere und somit der Gefahr einer mangelnden Unabhängigkeit der Berichterstattung wirksam begegnen könne529.

524

Dies äußerte z. B. das ZDF in seinem Telemedienkonzept für die Telemedienangebote des ZDF. Darin wird angegeben, bei privaten Angeboten bestünde die Gefahr, dass angesichts wirtschaftlichen Drucks die Auswahl und Positionierung von Themen vor allem unter Vermarktungsgesichtspunkten erfolge. Dies führe zu Dramatisierung, Boulevardisierung und Kommerzialisierung, vgl. den Hinweis im Beschluss des ZDF-Fernsehrats zu den Telemedienangeboten des ZDF, S. 56. Das Telemedienkonzept des NDR zu tagesschau.de führt ebenso aus, im kommerzialisierten Umfeld privater Angebote könne es für den Nutzer schwierig sein, zwischen interessengeleiteter und objektiver Informationsgebung zu unterscheiden. Die Unabhängigkeit privater Medien von Werbekunden sei nicht sichergestellt, S. 22 f. 525 So zum Beispiel die für private Wettbewerber vortragenden Verbände BDZV, VPRT und BITKOM sowie die Unternehmen Mediengruppe RTL und ProSieben/SAT1 Media AG zum Angebot tagesschau.de, vgl. den Beschluss des NDR-Rundfunkrats zu tagesschau.de, S. 37. 526 Beschluss des WDR-Rundfunkrats zu sportschau.de, S. 66. 527 Beschluss des BR-Rundfunkrats zum BR-Telemedienbestand, S. 154. 528 Beschluss des NDR-Rundfunkrats zu NDR Online und NDR Text, S. 37. 529 Beschluss des rbb-Rundfunkrats zu rbbonline, S. 54.

E. Durchführung der Abwägungsentscheidung auf der 2. Prüfstufe

219

Auch der SR-Rundfunkrat hebt die Werbefreiheit des Angebotes sr-online hervor. Diese schaffe die Freiheit, sich rein auf kommunikative Gesichtspunkte zu konzentrieren. Hierdurch könnten Themen verständlich aufbereitet werden, ohne im Hinblick auf hohe Nutzerzahlen eine primär unterhaltende Darstellung und Ausrichtung auf Mainstream-Interessen wählen zu müssen. In diesem Sinne führt auch der BR-Rundfunkrat an, dass die Werbefreiheit neben der inhaltlichen Qualität eines Angebots auch dessen telemedienspezifische Qualität beeinflussen könne. Ab einem gewissen Grad an Werbeaufkommen könne daher – auch angesichts der Benutzerfreundlichkeit – von einer qualitätsmindernden Wirkung gesprochen werden530. In diesem Zusammenhang ist jedoch auf eine widersprüchliche Argumentation hinzuweisen, die bei der Behandlung der Werbefreiheit durch den BR-Rundfunkrat deutlich wird, um eigene Angebote qualitativ hervorzuheben. Während dieser Werbung einerseits im Rahmen von eigenen TV-Programmen unter Nennung einer Studie531 als für den Rezipienten informativ darstellt, führt das Gremium bei den Qualitätskriterien für Telemedien – bei denen keine öffentlich-rechtliche Werbung zugelassen ist – demgegenüber an, hier sei dem Nutzer eine Unterscheidung zwischen Werbebotschaft und redaktionellem Inhalt zunehmend erschwert, da die Werbung dort nahezu durchgängig präsent sei532. Werbung nur für solche Bereiche als positiv zu erachten, bei denen sie in öffentlichrechtlichen Angeboten praktiziert wird, lässt wiederum auf eine konstruierte Besserstellung eigener Telemedien schließen, die privaten Medien keine Möglichkeit gibt, als gleichwertig zu gelten. Einige Gremien (Rundfunkräte von SWR und MDR) erwähnen die Werbefreiheit der Telemedien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht eigens als Qualitätsmerkmal, obwohl dies von den Intendanten in den Telemedienkonzepten vorgetragen worden ist. Der HR-Rundfunkrat beschloss beispielsweise, das Angebot ausschließlich nach sonstigen Kriterien zu beurteilen, wobei wiederum die Freiheit von Kaufempfehlungen auf dem Portal boerse.ARD.de berücksichtigt wurde, da es sonst dessen „Glaubwürdigkeit in Frage hätte stellen können“533. Der ZDF-Fernsehrat betont explizit, dass Werbefreiheit nicht per se als Qualitätsmerkmal eingestuft werde. Auch wenn diese sich durchaus positiv auf die Qualität der Angebote auswirke, erkenne der Fernsehrat an, dass auch werbefinanzierte Medien in hoher Qualität bereitstünden534. 530

Beschluss des BR-Rundfunkrats zum BR-Telemedienbestand, S. 111. Eine im Auftrag von ARD und ZDF erstellte Studie für die lineareren Fernsehprogramme (TNS Infratest August 2008) stellt fest, dass die dort stattfindende Werbung von den Nutzern nicht als störend empfunden wird, vgl. den Beschluss des BR-Rundfunkrats zum BRTelemedienbestand, S. 111 (dort Fn. 30). 532 Beschluss des BR-Rundfunkrats zum BR-Telemedienbestand, S. 111 f. 533 Lewke, K&R 2010, S. f. (785); Beschluss des HR-Rundfunkrats zu boerse.ARD.de, S. 22. 534 Beschluss des ZDF-Fernsehrats zu den Telemedienangeboten des ZDF, S. 57. 531

220

Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

Inwieweit die Werbefreiheit als maßgebliches Kriterium in die Abwägungsentscheidung der einzelnen Gremien mit eingeflossen ist, bleibt insgesamt unklar. Grundsätzlich ist jedoch zu beachten, dass öffentlich-rechtliche Sender im Bereich der Angebote für Kinder – offline wie online – gänzlich werbefrei agieren und hier ein „kommunikatives Alleinstellungsmerkmal“ aufweisen535. Dies ist vor dem Hintergrund des Kinderschutzes, der bei der kommerziellen Kommunikation einen besonderen Stellenwert einnehmen sollte536, als Qualitätsmerkmal zu sehen. So sind die Ausführungen des ZDF-Fernsehrates, der Werbefreiheit bei Kinderangeboten als Qualitätsmerkmal einstuft, nachvollziehbar, da diese möglicherweise trotz Kennzeichnung der Werbung keine Unterscheidung zwischen kommerzieller Kommunikation und redaktionellen Inhalten treffen können. Sofern das Kriterium nicht als ausschlaggebend für eine den werbefinanzierten Angeboten übergeordnete Qualität herangezogen wurde, sondern lediglich eine Bedeutung in Einzelfällen – zum Beispiel bei der Beurteilung von Angeboten für Kinder und Jugendliche – eingenommen hat, erscheint es als nachvollziehbare Vorgehensweise der Gremien für die Festlegung von Qualitätsmerkmalen. 3. Festlegung und Nachprüfbarkeit von Qualitätskriterien Neben der möglichen Einbeziehung der Werbefreiheit war die grundsätzliche Festlegung und Behandlung von Qualitätskriterien für die Bestimmung des publizistischen Beitrags durch die Gremien strittig. Da der Rundfunkstaatsvertrag hier nur von der Bestimmung des qualitativen Beitrags zum publizistischen Wettbewerb spricht, oblag es den Rundfunkanstalten erstmalig, die dafür maßgeblichen Kriterien zu konkretisieren537. Die Gremien haben hierzu teilweise verlautbaren lassen, sie hätten sich bei der Bestimmung des publizistischen Beitrags über die staatsvertraglich vorgesehenen Informationsquellen hinaus Erkenntnisse verschafft. So habe die GVK beispielsweise bereits im Jahr 2009 von einem Beratungsunternehmen538 eine Datenbank zum publizistischen Wettbewerb erstellen lassen, die fast 2000 Profile von kostenfreien und kostenpflichtigen Telemedienangeboten umfasse. Bei den von der GVK angebotenen Fachtagungen zum Thema „Qualität“ hätten die Gremien zudem die Fragen der Evaluation von Qualität mit internen und externen Experten erörtert – hieraus habe die GVK danach eine Arbeitshilfe für die Gremien entwickelt. Verschiedene ARD-Rundfunkräte hätten weiterhin spezielle Expertenanhörungen beispielsweise

535

Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 102. Vgl. beispielsweise die Verhaltensregeln des Deutschen Werberats für die Werbung mit und vor Kindern in Hörfunk und Fernsehen in der Fassung von 1998, abrufbar unter: http:// www.werberat.de/kinder-und-jugendliche. 537 Vgl. § 11 f Abs. 4 Nr. 2 RStV. 538 Goldmedia GmbH. 536

E. Durchführung der Abwägungsentscheidung auf der 2. Prüfstufe

221

zum Thema Public Value durchgeführt oder dazu publizistische Gutachten in Auftrag gegeben539. Der ZDF-Fernsehrat gibt an, er habe auf der Grundlage eines Workshops zum Thema „Qualität im Netz“540 Kriterien zur Beurteilung der Qualität von Telemedienangeboten erarbeitet. Die Ergebnisse seien in einem dreiteiligen Leitfaden „Qualitätskriterien für Telemedien“ zusammengefasst worden, der eine „differenzierte Betrachtung nach verschiedenen Rubriken“ biete541. Im Einzelnen seien Qualitätskriterien für die Bereiche Information, Sport, Unterhaltung/Fiktion, Bildung/Wissen, Ratgeber, Kultur und Kinderangebote herausgearbeitet worden542. Der ZDF-Fernsehrat führt dazu weiter aus, die dadurch ermittelten Qualitätskriterien würden erstmalig an konkreten Ergebnissen erfassbar gemacht. Die Geschäftsleitung hätte diesbezüglich auch die Telemedienkonzepte ergänzen und zu den Angebotsbeschreibungen ausführen müssen, sodass auch die neu gefundenen Qualitätskriterien mit begründet worden wären543. Während die Gremien den Prozess der Entwicklung von Qualität für „Selbstanspruch und Leistung“ als gelungen lobten544, wurden diese Vorkehrungen für die Bestimmung und Sicherstellung von Qualität bei der Onlinepräsenz von Wissenschaft, Wettbewerbern und Öffentlichkeit als unzureichend eingestuft. Es wurde bemängelt, dass anstaltsintern keine konkreten Leitlinien vorgelegen hätten, die den Gremien bei der Bestimmung des qualitativen Beitrags an die Hand gegeben worden wären545. Damit sei unklar geblieben, was unter publizistischer Qualität zu verstehen sei, weshalb auch die Auswahl der schon in den Telemedienkonzepten herangezogenen Kriterien für die Bestimmung des qualitativen Beitrags in der Abwägungsentscheidung unzulässig sei546. Es lägen viele Angebote vor, die den öffentlichrechtlichen Portalen, beispielsweise in ihrer journalistischen Güte, gleichwertig seien547. Die Nachweisschwelle für das Vorliegen von Qualität sei jedoch durch die Gremien so niedrig angesetzt worden, dass ein Mehrwert der öffentlich-rechtlichen 539

Pressemitteilung der GVK vom 23. 03. 2010. Durchgeführt am 10. 12. 2009, vgl. die Evaluation Drei-Stufen-Test des ZDF-Fernsehrats, S. 28. 541 Ebd., S. 28. 542 Ebd., S. 28. 543 Ebd., S. 28. 544 Pfab, epd medien Nr. 2/2011, S. 7 ff. (9). 545 Kopp/Haarhoff, epd medien Nr. 3/2010, S. 5 ff. (6). 546 Für boerse.ARD.de trägt dies z. B. der VDZ vor, vgl. seine Stellungnahme zum Telemedienkonzept für boerse.ARD.de, S. 21, so erwähnt im Beschluss des HR-Rundfunkrats zu diesem Angebot, S. 20. 547 Vgl. die VDZ-Stellungnahme zum Telemedienkonzept für boerse.ARD.de, S. 21, erwähnt im Beschluss des HR-Rundfunkrats zu diesem Angebot, S. 20. Diesem Vortrag bringt Roether Kritik entgegen, da es den Verlegern damit nach seiner Auffassung nicht um einen Qualitätswettbewerb im Netz gehe, sondern um die Verdrängung unliebsamer Konkurrenz, epd medien Nr. 13/2010, S. 3 ff. (5). 540

222

Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

Angebote gar nicht mehr erforderlich sein müsste548. Die Internetpräsenz sei somit die eines „gebührenfinanzierten Me-Too-Anbieters, der sich nicht an nachprüfbaren Qualitäts- oder Unterscheidungskriterien messen lassen“ müsste549. Allein ein qualitativer Beitrag zum publizistischen Wettbewerb des öffentlich-rechtlichen Angebots könnte per se noch keine Genehmigung für seine Verbreitung begründen550. Die Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks müssten beim DreiStufen-Test „im Vergleich zum privaten Medienbereich einem weitgehenden Qualitätsanspruch genügen“551. Seitens privater Wettbewerber wurde in diesem Sinne vorgetragen, das öffentlich-rechtliche Angebot müsse einen publizistischen „Mehrwert“ bereithalten, der es qualitativ rechtfertigen könne552. Das Aufgreifen des Prinzips eines Mehrwerts wird von den Gremien hingegen teilweise pauschal zurückgewiesen. Der NDR-Rundfunkrat beispielsweise führt hierzu aus, dass „der Begriff des Mehrwerts vom Gesetzgeber bewusst nicht in den Rundfunkstaatsvertrag mit aufgenommen wurde“553. Dieser umfasse einen „engeren Sachverhalt als das gesetzlich festgelegte Merkmal eines „Beitrags zum publizistischen Wettbewerb“554. Gleichermaßen verfährt der ZDF-Fernsehrat, der ein Mehrwerterfordernis in seiner Beurteilung ebenso ausschließt555. Insgesamt kann festgestellt werden, dass die Bestimmung und Analyse von Qualität der Telemedien nach den Ausführungen der Gremien im Rahmen des DreiStufen-Tests fortentwickelt worden ist556. Dennoch lassen die Aussagen der Gremien eine konkrete Festlegung oder die Darstellung eines Kriterienkatalogs für qualitative Merkmale vermissen. Auch greifen die Räte den Begriff eines Mehrwerts in den Genehmigungsverfahren gar nicht auf oder lehnen diesen ab, da sie den Standpunkt vertreten, die Einhaltung gewisser intern festgelegter Qualitätskriterien reiche aus, um der 2. Stufe des Testverfahrens zu genügen557. Das Vorhandensein gleichwertiger oder besserer Angebote auf dem Markt hätte keine Auswirkungen auf die Begründungsanforderungen für Telemedien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. 548

Meyer-Lucht, Beitrag auf carta.info vom 19. 07. 2010. Ebd. 550 Vgl. auch Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 101; Klickermann, der die Höherwertigkeit der Onlineangebote aus den vorgelegten Gutachten nicht erkennen kann, MMR 2009, S. 740 ff. (744). 551 Gersdorf, Legitimation und Limitierung, S. 101. 552 So beispielsweise VPRT, BITKOM, ProSieben/Sat1, Carta.info und ZVVB, vgl. den Beschluss des Rundfunkrats von Radio Bremen zum Telemedienkonzept Radio Bremen, S. 16 sowie den Beschluss des ZDF-Fernsehrats zu den Telemedienangeboten des ZDF, S. 54. 553 Beschluss des NDR-Rundfunkrats zu tagesschau.de, S. 44 f. 554 Ebd., S. 45. 555 Beschluss des ZDF-Fernsehrats zu den Telemedienangeboten des ZDF, S. 57. 556 So auch Reymann, Der Drei-Stufen-Test zur Prüfung der öffentlich-rechtlichen Onlineangebote, S. 15. 557 Vgl. auch die Darstellung bei Todsen, Grenzen gebührenfinanzierter Telemedien, S. 145 f. 549

E. Durchführung der Abwägungsentscheidung auf der 2. Prüfstufe

223

Vor dem Hintergrund möglicher Wettbewerbsverschiebungen zulasten privater Medien, welche die Europäische Kommission auszuschließen versucht, ist dies problematisch.

III. Ergebnis zur Durchführung der Abwägungsentscheidung auf der 2. Prüfstufe Das Verfahren innerhalb der 2. Prüfstufe kann hier aufgrund seiner ökonomischen Ausrichtung nur in Ansätzen betrachtet werden. Die der EU-Kommission zugesagte Befassung mit den marktlichen Auswirkungen der Angebote sowie ihrem qualitativen Beitrag zum publizistischen Wettbewerb, welche als obligatorische Prüfschritte in § 11 f Abs. 4 S. 2 RStV aufgenommen worden sind, wurde vorliegend umgesetzt. Rein formal kann daran nichts bemängelt werden. Dass die Ausgestaltung des genauen Prozedere zur Einholung der Informationen und zur Abwägung der Kriterien wiederum innerhalb der Anstalten unterschiedlich festgelegt worden ist, widerspricht grundsätzlich nicht den Vorgaben der EU-Kommission – es lassen sich daran gleichwohl einzelne Kritikpunkte festmachen. So irritiert die unterschiedliche Vorgehensweise im Rahmen der Methodik der ökonomischen Expertisen bei der Beauftragung der marklichen Gutachten. Dass die Angebote nicht im Rahmen einer einheitlichen Vorgehensweise geprüft worden sind, lässt eine gewisse „Beliebigkeit“ der Testverfahren erkennen558. Nach Berücksichtigung der Einlassungen einiger Kritiker der Testverfahren und Analyse der Beschlussbegründungen bzw. Vorgehensweise der ARD-Rundfunkräte bzw. des ZDF-Fernsehrats bleiben zudem Zweifel an der Aussagekraft der gefundenen Ergebnisse der Abwägungsentscheidung. Hier ist z. B. auf die oben dargestellten teilweise schwachen Begründungsansätze bei der Balancing-Entscheidung hinzuweisen. Die notwendige Ausgewogenheit der Abwägungsentscheidung ist zumindest in Teilen fraglich. Insgesamt fehlt es an einer Einheitlichkeit bei der Festlegung und Überprüfbarkeit von Qualitätskriterien bzw. einer Nachvollziehbarkeit der Vorgehensweise für die Öffentlichkeit. Auch wurde aus den Ausführungen zu den Abwägungsentscheidungen deutlich, dass fragliche Qualitätskriterien mit einbezogen worden sind. Die Behandlung von Werbefreiheit als Alleinstellungsmerkmal öffentlich-rechtlicher Angebote trotz der dazu bestehenden gesetzlichen Verpflichtung bleibt kritisch zu sehen, sofern kommerzielle Angebote damit qualitativ abgewertet werden, was insgesamt aufgrund der Aussagen in einigen Genehmigungsbegründungen nicht auszuschließen ist. Öffentlich-rechtliche Portale wären damit faktisch immer herausragend in ihrem publizistischen Beitrag zu bewerten, womit ein DreiStufen-Test obsolet wäre. Die Werbefreiheit kann jedoch bei Angeboten für Kinder 558 Klickermann, MMR 2009, S. 740 ff. (743 f.); Todsen, Grenzen gebührenfinanzierter Telemedien, S. 146.

224

Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

und Jugendliche als wichtiges Alleinstellungsmerkmal anerkannt werden. Auch die Zurückweisung des Erfordernisses eines publizistischen „Mehrwerts“ bleibt kritisch zu sehen, da staatlich finanzierte Angebote sich nicht zu gleichen Bedingungen am publizistischen Wettbewerb beteiligen und die Schwelle für die Zulässigkeit eines öffentlich-rechtlichen Angebots per se sehr niedrig angesetzt würde, wenn damit ein bloßer Beitrag zum Wettbewerb ausreichte, der sich nicht an weitergehenden Qualitätsanforderungen messen lassen müsste. Kritik lässt auch die durch die Genehmigungen belegte mangelnde Antizipation der Marktentwicklung durch Gutachter und Gremienentscheidungen aufkommen. Signifikante Veränderungen in der Nutzung und ökonomischer Ausrichtung und damit auch der publizistischen Bedeutung der Angebote lassen sich bereits nach Ablauf von 2 Jahren im Nachgang zu den Testverfahren in bestimmten Marktsegmenten ausmachen. Die Gremien haben es gleichwohl weitgehend unterlassen, mögliche Verschiebungen in der publizistischen Bedeutung öffentlich-rechtlicher Portale zu berücksichtigen, obwohl Gegenmaßnahmen sogar von Gutachterunternehmen vorgeschlagen wurden. Da neue Angebote wie Nachrichten-Apps der Marken „Tagesschau“ oder „heute“ ohne neuen Drei-Stufen-Test und damit auch ohne aktuelle marktliche Analyse eingeführt wurden, ist es verpasst worden, Entwicklungen zu erfassen und damit mögliche Wettbewerbsbeeinträchtigungen auf dem journalistisch-redaktionellen Inhaltemarkt zu unterbinden. Mit welcher Nachhaltigkeit die gefundenen Ergebnisse angesichts sich rasch verändernder Märkte gelten können, bleibt daher unklar.

F. Beachtung von Transparenzerfordernissen Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Einhaltung der Ziele der Auftragskontrolle im Rahmen des Drei-Stufen-Tests und damit zur Sicherstellung fairer Rahmenbedingungen ist die Wahrung von Transparenz der Entscheidungsprozesse. Es soll sichergestellt sein, dass die notwendige Konkretisierung des öffentlich-rechtlichen Auftrags im Zuge des Testverfahrens möglichst transparent erfolgt559. So hatte bereits die Europäische Kommission diese Notwendigkeit hervorgehoben und im Hinblick auf den Drei-Stufen-Test ausgeführt, die Transparenz des Verfahrens müsse „zwingend garantiert“ werden560. Zur Wahrung von Transparenz gehört vor allem die Interaktion mit der Öffentlichkeit und damit im Besonderen die Bekanntmachung von Abläufen und Entscheidungsprozessen sowie die Einbeziehung der Allgemeinheit in die fortlaufende Diskussion, sofern dabei Geschäftsgeheimnisse gewahrt bleiben und die Arbeit der Gremien nicht in größerem Maße beeinträchtigt wird. 559

Peters, Beitrag auf Telemedicus.info vom 16. 02. 2009. So äußerte sich der stellvertretende Generaldirektor der GD Wettbewerb der EUKommission im Jahr 2009, vgl. Ungerer, epd medien, Nr. 48/2009, S. 15 ff. (18). 560

F. Beachtung von Transparenzerfordernissen

225

Der deutsche Gesetzgeber hat für die Rundfunkanstalten gesetzlich nur wenige konkrete Transparenzerfordernisse im Rahmen von Veröffentlichungspflichten festgeschrieben. Gemäß § 11 f Abs. 5 S. 2 RStV muss das Telemedienkonzept veröffentlicht werden, um Dritten die Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen. Nach § 11 f Abs. 5 S. 5 RStV ist der Name des Gutachters bekannt zu geben. § 11 f Abs. 6 S. 4 RStV bestimmt, dass das Prüfungsergebnis und das marktliche Gutachten zu veröffentlichen sind. Der Gesetzgeber hat mit den eher rudimentären Vorgaben der Verfahrensgestaltung materiell auf eine faire, unabhängige Gremienentscheidung vertraut, die imstande sein soll, von den „naturgemäß vorhandenen Eigeninteressen eines internen Gremiums an Stabilität und Wachstum seiner Organisation abzusehen und eine faire und ausgewogene Entscheidung zu treffen“, die auch entgegenstehende Interessen anderer Marktteilnehmer mit einbezieht561. Dieser „Vertrauensvorschuss“, den er durch die gewährten Freiheiten der Gremien bei der Verfahrensgestaltung eingeräumt hat, richtet sich darauf, eine ausgewogene Abwägungsentscheidung zu erzielen und durch transparente Verfahrensgestaltung, welche eine Einbeziehung der kritischen Öffentlichkeit bedingt, eine Erhöhung des „Reflexionsniveaus bei der Entscheidungsfindung“ zu erreichen562. Schon bei der Etablierung der Testverfahren wurde immer wieder unterstrichen, dass ein transparenter Drei-Stufen-Test eine große Chance bieten könnte, die Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Internet transparenter und unter größerer Einbindung der Öffentlichkeit sowie des digitalen Wettbewerbsumfelds festzulegen, was zu einer größeren gesellschaftlichen Akzeptanz der Angebote führe563. Für die Gremien bestand daher die Gelegenheit, die Abläufe der DreiStufen-Testverfahren – neben den gesetzlich festgelegten Veröffentlichungspflichten – einem breiten öffentlichen Diskurs zugänglich zu machen und damit für diese eine größere Legitimationsbasis zu schaffen. Jedoch wurde bereits vor Beginn der Testverfahren kritisch angemerkt, verglichen mit dem britischen Public Value Test fehle es den Drei-Stufen-Tests an festgelegter Transparenz564. Das sei umso drastischer, da im deutschen Prüfverfahren kaum eine Interaktion mit dem Publikum vorgesehen sei565. Auch die DLM forderte ein hohes Maß an Transparenz bei der Abwicklung des gesamten Verfahrens. Nur so könne die Unabhängigkeit der Rundfunkräte als zentrales Aufsichtsorgan sichergestellt werden, was auch in Ansehung der Vorgaben der Europäischen Kommission unab-

561

Wimmer, ZUM 2009, S. 601 ff. (606). Wimmer, ZUM 2009, S. 601 ff. (606). 563 Sokoll, NJW 2009, S. 885 ff. (889). 564 Henle, epd medien Nr. 92/2007, S. 3 ff. (6); Meyer, Der Drei-Stufen-Test und „public value“, S. 4. 565 Körber, Public-Value-Konzepte in der Legitimationsdebatte öffentlicher Medien, S. 108; vgl. auch Gerhardt, Zeitungen 2011/2012, S. 298 ff. (303). 562

226

Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

dingbar sei566. Transparenz der Entscheidungsprozesse und -abläufe sowie die Interaktion mit der Öffentlichkeit sind daher wichtige Maßstäbe der Verfahrensgestaltung, die im Folgenden näher beleuchtet werden sollen.

I. Interaktion mit der Öffentlichkeit als Kriterium für Transparenz Der Rundfunkstaatsvertrag legt, wie bereits ausgeführt, mit den Veröffentlichungspflichten einige Transparenzvorschriften gesetzlich fest. Diese sind jedoch kaum ausreichend, um einen Verfahrensablauf zu gewährleisten, der sich der Öffentlichkeit als durchsichtig und nachvollziehbar darstellt, da eine Pflicht zur Veröffentlichung von Dokumenten erst nach Abschluss der Testverfahren besteht. Darüber hinaus gäbe es jedoch noch zahlreiche weitere Möglichkeiten, die Öffentlichkeit in Form klarer Transparenzregeln in die Vorgänge mit einzubeziehen und damit eine weitgehende Offenlegung der Entscheidungsprozesse zu erreichen. Bei den Bestandstestverfahren ist jedoch festzustellen, dass die Gremien viele ihrer Schritte beinahe unter Ausschluss der Öffentlichkeit vollzogen haben und von weiteren, anstaltsinternen Leitlinien zur Sicherstellung eines transparenten Verfahrens abgesehen wurde567. Hierzu gehören beispielsweise die Mitteilungen der Gremien zur Information über den Verfahrensstand. 1. Mitteilungen der Gremien zur Information der Öffentlichkeit Der SWR-Rundfunkrat ließ beispielsweise in lediglich sechs Pressemitteilungen im Zeitraum vom März 2009 (Vorberatung zum Beginn der Drei-Stufen-Tests) bis Ende August 2010 (Verfahrensabschluss) allgemeine Informationen (Einleitung des Verfahrens, Ausschreibung der Gutachten, Bestimmung der Gutachter, Genehmigung der Angebote etc.) verlautbaren568. Jegliche weitere Fakten, die für die Öffentlichkeit von Interesse gewesen wären, wie beispielsweise die etwaige Benennung von Verfahrensbegleitern oder der Fortlauf der Beratungen, wurden nicht kommuniziert. Ähnlich verhielt sich der MDR-Rundfunkrat. Neben der Beschlussentscheidung und dem marktlichen Gutachten sowie der Mitteilung über dessen Ausschreibung und Beauftragung, wurden der Öffentlichkeit keine weiteren Informationen zugänglich gemacht569. Ähnlich handelten die Rundfunkräte von radiobremen und SR. Neben einer Pressemitteilung zum Beginn des Verfahrens veröffentlichten sie lediglich Pflichtinformationen auf ihrer Internetseite. Auch in anderen Gremien war 566 567 568 569

Vgl. das Positionspapier der DLM vom 25. 05. 2009, S. 10 f. Gerhardt, Zeitungen 2011/2012, S. 298 ff. (303). Ebd., S. 303. Vgl. die Internetseite des MDR-Rundfunkrats.

F. Beachtung von Transparenzerfordernissen

227

die Öffentlichkeitsarbeit wenig ausgeprägt bis hin zu auf ein Minimum reduziert. Der HR-Rundfunkrat kommentierte in seinen Meldungen jeweils die offiziellen Verfahrensschritte (Ausschreibung der marktlichen Gutachten oder Benennung der Gutachter zu Marktfragen) ohne irgendwelche sonstigen Informationen über die Verfahrensschritte und Beratungen preiszugeben. So verhielt es sich auch beim NDR-Rundfunkrat sowie beim rbb-Rundfunkrat. Der BR-Rundfunkrat gibt während der Testverfahren für den Bestand immerhin acht Pressemitteilungen mit allgemeinen Informationen heraus, während der WDR-Rundfunkrat mit elf Pressemitteilungen besonders heraussticht. Diese betreffen auch Verfahrensstände und -abläufe, welche nicht auf Standardinformationen reduziert sind, wie beispielsweise den Beschluss vom 22. September 2009, die publizistische Qualität der Internetangebote gesondert zu bewerten570. Der ZDF-Fernsehrat informiert die Öffentlichkeit ebenfalls in einigen Pressemitteilungen zum Verfahrensablauf, die jedoch nur wenige weiterführende Inhalte zu den Verfahrensständen bereithalten als andere Rundfunkanstalten. Die geringe Anzahl und die knappen Informationsinhalte der nach außen gerichteten Äußerungen eines Großteils der Rundfunkgremien haben zur Folge, dass die Öffentlichkeit nur minimal einbezogen worden ist. Die Nennung der betrauten Personen für eine Beratung des Gremiums wäre beispielsweise für die Entscheidungsfindung in keiner Weise schädlich gewesen. Auch hätte eine Information über den Beratungsstand nicht dazu geführt, das Verfahren weniger leistungsfähig zu machen, sondern möglicherweise das Reflexionsniveau der Beteiligten noch weiter erhöhen können. 2. Veröffentlichung entscheidungsrelevanter Dokumente Obwohl die Gutachten zu den marktlichen Auswirkungen der vom Intendanten zur Genehmigung eingereichten Telemedienangebote entscheidungsprägend sind, wurden sie nicht nach Fertigstellung öffentlich zugänglich gemacht und standen damit einer Kommentierung durch Dritte nicht offen571. Eine Stellungnahme Dritter zu den Gutachten kann auf tatsächliche und methodische Defizite der Gutachten hinweisen, beispielsweise ob allen relevanten Fragestellungen nachgegangen wurde oder die Faktengrundlage ausreichend ist. Durch die Möglichkeit, zu den Gutachten Stellung zu nehmen, hätte die Entscheidungsbasis für die Gremien daher auf eine breitere Grundlage gestellt werden können. Von den Rundfunkanstalten wurde zudem festgelegt, dass die Geschäftsführungen der Rundfunkanstalten neben den Stellungnahmen Dritter auch die marktlichen Expertisen zu ihrer Einschätzung übersandt bekommen. Die interessierte Öffentlichkeit – wie private Wettbewerber – wurde hingegen durch die Nichtveröffentlichung bis zur Entscheidungsfindung von jedweder Möglichkeit der Kommentierung 570 571

Vgl. die Pressemitteilung des WDR-Rundfunkrats vom 22. 09. 2009. Dies erfolgte erst nach dem Abschluss der Testverfahren.

228

Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

ausgenommen. Dieser Umstand wurde bereits während der Testverfahren kritisiert572. Erst durch die Möglichkeit, zu dem Gutachten Stellung zu nehmen, bevor die abschließende Entscheidung der Gremien zu fällen sei, werde eine breite Grundlage für deren eigene Bewertung geschaffen573. Zwar sind Dritte keine Verfahrensbeteiligten, da eine Veröffentlichung der Gutachten aber ohnehin im Staatsvertrag vorgesehen ist und dieser auch den Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht festlegt, hätte im Sinne einer transparenten Verfahrensgestaltung ebenso entschieden werden können, dass die Gutachten einer Kommentierung durch Dritte offenstehen, um die Gremien so umfassend wie möglich zu informieren574. Zudem ist nicht nachvollziehbar, warum in mehreren Fällen zusätzliche eingeholte Gutachten, die über die zwingenden ökonomischen Expertisen hinausgehen, ebenfalls nur in Ausnahmen veröffentlicht wurden – vor allem, da es sich hier nicht um Geschäftsgeheimnisse, sondern die Klärung materieller Rechtsfragen handelte. Einzelne Gremien der ARD-Landessender und der ZDF-Fernsehrat haben für die Entscheidungsfindung relevante Dokumente zwar in ihren Beschlussbegründungen erwähnt, die Öffentlichkeit erfährt jedoch nicht, zu welchen Ergebnissen diese gekommen sind bzw. inwiefern sie in die Entscheidungsfindung mit eingeflossen sind575. Der ZDF-Fernsehrat holte sich zur Beantwortung von Rechtsfragen beispielsweise acht Kurzgutachten ein, von welchen jedoch nicht einmal die Namen der jeweiligen Verfasser bekannt gemacht worden sind. Eine Erwähnung der Beauftragung findet sich lediglich im Rahmen der Evaluierung des Drei-Stufen-Tests aus dem Jahr 2011576. Ebenso verhält es sich mit rechtlichen Expertisen für den WDRRundfunkrat577. Es ist nicht ersichtlich, warum diese Expertenbeiträge nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können bzw. offen gelegt wird, inwieweit die Ergebnisse in die Entscheidung der Gremien mit eingeflossen sind. Der BRRundfunkrat stellt zwar seine beiden zusätzlich beauftragten Gutachten der Öffentlichkeit zur Verfügung, lässt in der Beschlussbegründung jedoch offen, inwiefern diese Ausarbeitungen Einfluss auf seine Entscheidungsfindung hatten578. Falls auch

572

Vgl. das Positionspapier der DLM vom 25. 05. 2009, S. 11. Positionspapier der DLM vom 25. 05. 2009, S. 11. 574 Meyer-Lucht, Beitrag auf carta.info vom 19. 07. 2010. 575 Vgl. Evaluation Drei-Stufen-Test des ZDF-Fernsehrats, S. 13 sowie den Hinweis in dem promedia- Beitrag von Stahmann, promedia 8/10, S. 7; vgl. auch den Beschluss des WDRRundfunkrats zu wdr.de, S. 14. 576 Evaluation Drei-Stufen-Test des ZDF-Fernsehrats, S. 13. 577 Dies erfolgt hier allerdings unter Namensnennung, aber ohne Veröffentlichung. Der WDR-Rundfunkrat erwähnt das von ihm zur Bestimmung des Begriffs der Presseähnlichkeit eingeholte Gutachten der Kanzlei Olswang ohne weitere Angaben zum Inhalt, vgl. den Beschluss zu wdr.de, S. 14. 578 Er beauftragte Peter M. Huber für ein Rechtsgutachten zum Thema „Aktuelle Fragen des Drei-Stufen-Tests“ sowie die Goldmedia GmbH für die Erstellung eines publizistischen 573

F. Beachtung von Transparenzerfordernissen

229

andere Rundfunkanstalten weitere Gutachten beauftragt hätten, wäre eine Veröffentlichung bzw. Information über die beantworteten Rechts- und Sachfragen von öffentlichem Interesse gewesen. 3. Offenlegung der Auswahl der Verfahrensbegleiter Ein wichtiger Aspekt bei der Verfahrensgestaltung ist auch die Auswahl und die Bekanntmachung etwaiger Verfahrensbegleiter der einzelnen Rundfunkgremien, welche die Verfahren durch ihren besonderen Sachverstand begleiten und deren Expertisen einen erwartungsgemäß nicht unerheblichen Einfluss auf die Prüfentscheidungen haben können. Die Gremienbüros der Rundfunkanstalten hatten zur Abwicklung der Drei-Stufen-Tests solche Verfahrensbegleiter bzw. Experten eingestellt bzw. beauftragt, die den Räten bei allen Fragen Fachauskünfte erteilen und sowohl für Rechtsfragen als auch für wirtschaftliche bzw. medienökonomische Informationen zur Verfügung stehen sollten. Es liegen der Öffentlichkeit jedoch nur wenige Informationen darüber vor, wie und von wem diese Personen und Unternehmen ausgesucht wurden. Der SWR-Rundfunkrat hatte beispielsweise in einer Pressemitteilung vor Beginn der Verfahren lediglich mitgeteilt, zwei externe Verfahrensbegleiter beauftragen zu wollen579. Die etwaige Vergabe des Auftrages, die Namen der Verfahrensbegleiter sowie deren Beratungsergebnisse bzw. -schwerpunkte wurden daraufhin jedoch nicht mehr öffentlich kommuniziert. Grundsätzlich wäre es im Sinne eines ordnungsgemäßen Verfahrens nicht vertretbar, wenn sich die Räte letztlich nicht mit externen Beratern verstärkt hätten, sondern seitens der Unternehmensführung personell unterstützt worden wären. Zwar haben die Rundfunkanstalten diesbezüglich keine Informationen bekannt gegeben, jedoch sagte der SWR-Intendant Peter Boudgoust laut einer Pressemitteilung des Senders bereits im Dezember 2008 zu, dass die SWR-Gremien zur Bewältigung des Prüfverfahrens finanziell und personell unterstützt würden580. Eine personelle Unterstützung aus der Rundfunkanstalt heraus wäre problematisch, da sie die Unabhängigkeit von den Senderinteressen nicht gewähren kann. Ein solches Vorgehen wäre unvereinbar mit der von der Europäischen Kommission geforderten Unabhängigkeit des Gremiums von der Geschäftsführung der Rundfunkanstalt581. Auch der WDR-Rundfunkrat ließ über das Einfließen externen Sachverstands während der Verfahren nicht viel verlauten. Auch hier kann jedoch auf die HinzuStrukturvergleichs, vgl. den Beschluss des BR-Rundfunkrats zum BR-Telemedienbestand, S. 25. 579 Vgl. die Pressemitteilung des SWR-Rundfunkrats vom 27. 03. 2009 zum Verfahren des Drei-Stufen-Tests. 580 Vgl. die SWR-Pressemitteilung vom 27. 03. 2009 zum Verfahren des Drei-Stufen-Tests. 581 Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk vom Juli 2009, Rn. 54.

230

Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

ziehung von Experten geschlossen werden. Die Rechtsanwaltskanzlei Olswang fertigte beispielsweise für die Entscheidungsfindung ein nichtveröffentlichtes Kurzgutachten zu der Frage an, wie der Begriff des „presseähnlichen Angebots“ des Rundfunkstaatsvertrags auszulegen sei582. Dennoch wurde darüber erst im Rahmen der Beschlussbegründung zum Telemedienangebot sportschau.de hingewiesen – wobei dies nicht explizit erwähnt wurde, sondern der Hinweis auf die Beauftragung des externen Sachverstands nur aus einer Fußnote der Veröffentlichung ersichtlich wird. Eine Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Hinzuziehung von Experten neben den gesetzlich geforderten marktlichen Gutachtern sowie eine Veröffentlichung der Ergebnisse, auf die der WDR-Rundfunkrat seine Entscheidung stützt, ist hingegen nicht erfolgt. Der BR-Rundfunkrat gab in seinen öffentlichen Äußerungen lediglich bekannt, „von einem eigenen Team hauptamtlicher Mitarbeiter“ unterstützt zu werden, die „allein den Weisungen der Vorsitzenden des Rundfunk- und Verwaltungsrats unterstehen“583. Spezifische Angaben zu spezialisierten Verfahrensbegleitern liegen in den Pressemeldungen nicht vor – jedoch hatte der Rundfunkrat zwei GutachterExpertisen beauftragt, die über die marktliche Betrachtung hinausgehen584. Der Rundfunkrat beruft sich in seiner Beschlussbegründung unter dem Stichwort „Zusätzlicher Informationsbedarf“ auf die Beauftragung dieser Gutachter, ohne jedoch etwaige einbezogene Inhalte der gutachterlichen Analyse bei der Entscheidungsfindung zu nennen585. Von beinahe allen anderen Rundfunkanstalten ist über die Beauftragung von Experten außerhalb der marktökonomischen Gutachten noch nicht einmal eine Absichtserklärung bekannt geworden, obwohl es naheliegend bzw. im eigenen Interesse an einer professionellen Entscheidungsfindung wäre, dass sich die Räte hier punktuell personell verstärkt haben. Einzig der ZDF-Fernsehrat gab in einer Pressemitteilung während der Verfahren die Auswahl der Verfahrensbegleiter bekannt und legte einige Kriterien dafür offen586. Demnach seien „juristisches Know-How, sowohl im Medien- als auch im Vergaberecht“, Erfahrungen bei vergleichbaren Projekten und die notwendigen

582

Er zitiert hier ein von ihm nicht veröffentlichtes Gutachten von Sokoll – Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „presseähnliches Angebot“ des § 11 d Abs. 2 Nr. 3, § 2 Abs. 2 Nr. 19 RStV, siehe den Beschluss des WDR-Rundfunkrats zu sportschau.de, S. 14. Das Gutachten ist im Rahmen eines (nichtöffentlichen) Expertengesprächs am 20.11.09 vorgestellt worden. 583 Vgl. die Pressemitteilungen des BR-Rundfunkrats vom 25. Mai 2009 und vom 03. Juni 2009. 584 Diese sind auf der Internetpräsenz des Rundfunkrats abrufbar. 585 Hier seien Peter M. Huber für ein Rechtsgutachten zum Thema „Aktuelle Fragen des Drei-Stufen-Tests“ sowie die Goldmedia GmbH für die Erstellung eines publizistischen Strukturvergleichs beauftragt worden, vgl. den Beschluss des BR-Rundfunkrats zum BR-Telemedienbestand, S. 25. 586 Vgl. die Pressemitteilung des ZDF-Fernsehrats vom 26. 06. 2009.

F. Beachtung von Transparenzerfordernissen

231

personellen Ressourcen verlangt worden587. Weiter seien die voraussichtlichen Kosten in die Entscheidungsfindung miteinbezogen worden588. In der Evaluierung des Drei-Stufen-Tests legte das ZDF nach Beendigung der Testverfahren zudem die Einholung sämtlichen externen Sachverstands – auch für die inhaltliche Auftragskontrolle – offen, gleichwohl die einzelnen Ergebnisse und die Namen der jeweils tätigen Experten nicht veröffentlicht worden sind589. Aufgrund der Aufsichtsstruktur der ehrenamtlich tätigen Gremienvertreter gewinnt die Arbeit der Verfahrensbegleiter und Experten erheblich an Bedeutung, womit auch die Transparenz über deren tatsächliche Arbeit, berufliche Hintergründe und Beratungsergebnisse an besonderem Wert gewinnt. Dazu wurden seitens der Gremien jedoch nur wenige Informationen bekannt gegeben. Auch die generelle Beauftragung dieser Expertisen – neben den marktlichen Gutachten – fand (sofern sie stattgefunden hat) während der Testverfahren überwiegend wenig Erwähnung. 4. Abgabe von Verschwiegenheitserklärungen Eine mangelnde Interaktion mit der Öffentlichkeit könnte möglicherweise auch durch die notwendige Abgabe von Verschwiegenheitserklärungen seitens der Gremienmitglieder entstanden sein. Die Räte von ARD und ZDF mussten vor Beginn der Verfahren eine solche unterzeichnen. In dieser versicherten sie, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter sowie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu wahren590. Die Vertraulich-keitserklärung musste spätestens zu Beginn der Verfahren im Juni 2009 unterzeichnet werden591. Anstelle lediglich eventuell bestehende Betriebsgeheimnisse zu schützen, hatte die Unterzeichnung möglicherweise auch zur Folge, dass nur wenige allgemeine Informationen über das Testverfahren sowie die Verfahrensabläufe an die Öffentlichkeit kommuniziert wurden. Sie könnte die Kommunikation damit absehbar eingeschränkt und damit zu Intransparenz geführt haben. In diesem Fall hätte möglicherweise stärker unterschieden werden müssen zwischen vertraulichen Informationen und solchen, die der Öffentlichkeit zugänglich 587

Der ZDF-Fernsehrat hatte als Verfahrensbegleiter schließlich das Büro für informationsrechtliche Expertise (Thorsten Held und Wolfgang Schulz), die Grothe Medienberatung (Thorsten Grothe) sowie für vergaberechtliche Fragen die Rechtsanwaltskanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek (in Person von Martin Schellenberg) beauftragt, vgl. Pressemitteilung des ZDFFernsehrats vom 26. 06. 2009. Vgl. auch die Meldung unter: http://www.juve.de/nachrichten/ deals/2009/12/zdf-bestimmt-gutachter, welche die Namen der Verfahrensbegleiter beim Institut für informationsrechtliche Expertise auflistet. 588 Vgl. die Pressemitteilung des ZDF-Fernsehrats vom 26. 06. 2009. 589 Vgl. Evaluation Drei-Stufen-Test des ZDF-Fernsehrats, S. 7 f., 13. 590 Vgl. I.7 Abs. 2 ZDF-Richtlinie für die Genehmigung von Telemedienangeboten und beispielhaft für die ARD II.3 der Satzung des Bayerischen Rundfunks für neue oder veränderte Telemedien und ausschließlich im Internet verbreitete digitale Angebote vom 27. 03. 2009. 591 Vgl. I.7 Abs. 2 ZDF-Richtlinie für die Genehmigung von Telemedienangeboten und beispielhaft für die ARD II.3 der Satzung des Bayerischen Rundfunks für neue oder veränderte Telemedien und ausschließlich im Internet verbreitete digitale Angebote vom 27. 03. 2009.

232

Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

gemacht werden können, ohne die Arbeit der Gremien zu behindern. Ein Diskurs mit der Öffentlichkeit kann die Entscheidungsfindung der Räte auch stärken, ohne dass vertrauliche Informationen offen gelegt werden müssten. Vertreter der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten lobten hingegen das erfüllte „Prinzip der Transparenz“592. Transparenzanforderungen würden schon dann eingehalten, wenn die Vorlagen des Intendanten veröffentlicht würden und ein Stellungnahmerecht bestünde sowie die Gutachternamen zu marktlichen Auswirkungen bekannt gemacht würden. Auch die Veröffentlichung der Genehmigungsbegründungen und ökonomischen Gutachten nach der Entscheidungsfindung mache das Transparenzprinzip deutlich593. Ein Vergleich mit dem Testverfahren in Großbritannien offenbart an dieser Stelle jedoch, dass beim deutschen Drei-Stufen-Test ein viel geringeres Maß an Transparenz als dort für erforderlich erachtet wird. Der mit dem Public Value Test beauftragte BBC-Trust ist verpflichtet, alle Niederschriften über seine Sitzungen ins Internet zu stellen594. So erfährt die Allgemeinheit beispielsweise auch, warum er entschieden hat, ein Vorhaben erfordere keinen Public Value Test. Nach Abschluss der ersten Phase veröffentlicht der BBC-Trust neben den Marktgutachten auch seine vorläufigen Schlüsse, die er daraus gewonnen hat. Dazu kann die Öffentlichkeit im Anschluss innerhalb einer Frist Stellung nehmen595.

II. Sicherstellung interner Transparenz in Bezug auf die Arbeit des Plenums Aufgrund der Konstruktion der Gremien als Laienaufsicht, welche sich externen Sachverstand hinzuholen kann, ist die intensive Befassung der einzelnen Gremienmitglieder mit den Fragestellungen innerhalb des Drei-Stufen-Tests eine logische Konsequenz. Nur so kann sichergestellt werden, dass sich die einzelnen Vertreter gesellschaftlich relevanter Gruppen den nötigen Sachverstand zu Eigen machen und auf dieser Grundlage zu einer persönlichen Entscheidung über die Zulässigkeit des zu prüfenden Angebots finden. Für die Meinungsbildung der einzelnen Ratsmitglieder innerhalb der Gremien wäre es daher mehr als kontraproduktiv, wenn die Entscheidung über wichtige Fragen oder das Führen grundsätzlicher Debatten aus dem Plenum der Rundfunkgremien heraus in Arbeitsgruppen verlagert worden wäre, die nur eine geringe Anzahl von Gremienmitgliedern umfasst. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass es gängige Praxis in den Rundfunkanstalten war, Tele-

592

So führt es beispielsweise der Vorsitzende des ZDF-Fernsehrats in seinem Evaluierungsbericht aus, Evaluierung Drei-Stufen-Test des ZDF-Fernsehrats, S. 9. 593 Hintergrundinformation der ARD zum Drei-Stufen-Test vom 20. 06. 2010. 594 Von einem vorbildlichen Verständnis von Transparenz innerhalb der BBC-Prüfung spricht Henle, epd medien Nr. 92/2007, S. 3 ff. (6). 595 Henle, epd medien Nr. 92/2007, S. 3 ff. (6).

F. Beachtung von Transparenzerfordernissen

233

medien- bzw. Drei-Stufen-Testausschüsse zu bilden, in die jeweils einige Mitglieder aus dem Plenum berufen wurden596. Pünktlich zur Durchführung der Bestandstests richtete der ZDF-Fernsehrat im Herbst 2009 eine Projektgruppe Telemedien ein597. Die Projektgruppe hat die Aufgabe, das Plenum des Fernsehrats bei den Aufgaben in den Prüfverfahren zu unterstützen und alle Stufen des Prozesses intensiv zu begleiten598. Die Projektgruppe tagte das erste Mal am 10. Dezember 2009 und traf sich danach beinahe monatlich zu Beratungen zu den laufenden Testverfahren. Was für den Gemeinschaftssender ZDF bei der Meinungsbildung zentral und einheitlich ablaufen konnte, stellte die ARD mit ihrer binnenpluralen Struktur vor ungleich größeren organisatorischen Aufwand. Neben der Prüfung eigener Telemedien jedes Landessenders für die regionalen Angebote – auch der Radiosender – bestand die Herausforderung darin, die Prüfung der neun Gemeinschaftsangebote der ARD innerhalb der Landesrundfunkanstalten zu koordinieren. Auch die ARDLandessender setzten daher jeweils Ausschüsse für die Durchführung der DreiStufen-Testverfahren ein, die das Plenum der einzelnen Rundfunkräte bei der konkreten Abwicklung unterstützen sollten599. In diesen Gremien sollte ebenfalls – nicht allein begrenzt auf den Zeitraum der Bestandstests – eine entsprechende Diskussion, ein Meinungs- und Erfahrungsaustausch sowie eine gegebenenfalls notwendige Abstimmung stattfinden. Ein solcher Austausch sollte zudem durch die Vorsitzenden der von den Rundfunkräten gebildeten Ausschüsse erfolgen, die regelmäßig tagten600. Für die großen Gemeinschaftsportale der ARD wurde der für das Programm federführende Landessender betraut601 – danach mussten die Entscheidungen der einzelnen Rundfunkgremien der Landesrundfunkanstalten miteinander abgestimmt werden. Eine große Bedeutung für die Abstimmung innerhalb aller ARD-Gremien hatte hier die Konferenz der Vorsitzenden der Rundfunk- und Verwaltungsräte der in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten (Gremienvorsitzendenkonferenz – GVK). Diese koordiniert die Gremienkontrolle der in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten602. Während der Bestandstestverfahren sorgte die GVK für die Abstimmung zwischen den einzelnen Landes596

Vgl. die Pressemitteilung des ZDF (Bildung eines Telemedienausschusses) vom 25. 06. 2010, sowie des SWR vom 05. 07. 2010 (Erwähnung des Drei-Stufen-Test-Ausschusses). 597 Diese wurde als dauerhafte Projektgruppe etabliert, vgl. § 6 Abs. 5 der Geschäftsordnung des ZDF-Fernsehrats in der Änderungsfassung vom 10. 10. 2010. 598 Vgl. Polenz, ZDF-Jahrbuch 2010, S. 48 ff. (48). 599 Die Bildung von Ausschüssen ist in den einzelnen Rechtsgrundlagen der Landessender vorgesehen, vgl. z. B. 22 Abs. 1 S. 2 NDR-StV. 600 Augter/Pfab, ARD-Jahrbuch 2009, S. 21 ff. (22). 601 Für tagesschau.de und einsextra.de (NDR), sport.ard.de und einsfestival.de (WDR), daserste.de (BR), ARD.de und einsplus.de (SWR), boerse.ARD.de (HR), ARD Portal / iTV und EPG / ARD Text (rbb). 602 Vgl. § 7 Abs. 2 ARD-Staatsvertrag.

234

Kap. 6: Einhaltung der EU-Vorgaben durch die konkrete Gremienkontrolle

sendern und koordinierte die Mitberatungen der ARD-Rundfunkräte für die Gemeinschaftsangebote603. Schließlich stimmten auch ARD und ZDF ein einheitliches Verfahren ab, da Gemeinschaftsangebote von ARD und ZDF das Prüfverfahren einvernehmlich absolvieren mussten604. Die federführenden Landesrundfunkanstalten der ARD sowie das ZDF verpflichteten sich, die jeweiligen anderen Sender in das Verfahren einzubeziehen605. Sowohl ARD als auch ZDF stockten für die umfassenden Tätigkeiten während der Drei-Stufen-Tests für die Bestandsangebote ihre Gremienbüros personell auf. Die Fachausschüsse waren für die Prüfung federführend tätig. Ihre Arbeit wurde im Rahmen zusätzlicher Sitzungen zu den regelmäßigen Zusammenkünften des Plenums durchgeführt. Sie wurde von den Sendern besonders hervorgehoben. Zu den Aufgaben der Ausschüsse zählte offenbar auch die Erarbeitung der Beschlussvorlagen und -begründungen für die abschließenden Voten des Plenums606. Es wird insgesamt nicht ersichtlich, wie sich die Informationsweitergabe von den mit Detailfragen betrauten Mitgliedern der Ausschüsse zu den übrigen Gremienangehörigen ausgestaltete607. Es wäre problematisch, wenn sich die Grundlagen der Entscheidungsfindung ganz überwiegend innerhalb dieser jeweiligen Ausschüsse vollzogen hätten. Denn die Entscheidungsfindung der Gremien wäre nicht transparent, falls die eigentliche Bewertung der Angebote einigen wenigen Mitgliedern der Räte vorbehalten geblieben wäre, während andere nur über Zwischenstände informiert worden sind bzw. fertige Beschlussvorlagen zu diskutieren und abzustimmen gehabt hätten.

603

Vgl. die ausführliche Hintergrundinformation: Der Dreistufentest, S. 11, abrufbar unter: http://www.dvtm.net/fileadmin/pdf/gesetze/2009 - 06 - 01_Drei-Stufen-Test_ARD_Informatio nen.pdf. 604 So beispielsweise das Angebot 3sat-Online, vgl. hierzu Punkt III. der Richtlinie ARDGenehmigungsverfahren zu neuen oder veränderten Gemeinschaftsangebote von Telemedien der ARD vom 25. 11. 2008 sowie Punkt II. der Richtlinie für die Genehmigung von Telemedienangeboten des ZDF vom 26. 06. 2009. 605 Vgl. Punkt III. Abs. 1 und 2 der Richtlinie ARD-Genehmigungsverfahren zu neuen oder veränderten Gemeinschaftsangebote von Telemedien vom 25. 11. 2008 sowie Punkt II. Abs. 1 und 2 der Richtlinie für die Genehmigung von Telemedienangeboten des ZDF vom 26. 06. 2009. 606 Vgl. die Pressemitteilung des SWR-Rundfunkrats vom 05. 07. 2010 (sowie die des HRRundfunkrats vom 13. 03. 2009). 607 Bei den Rundfunkanstalten findet sich der Hinweis auf die Zusammenstellung aller Dokumente in den jeweiligen Intranets der Sender.

F. Beachtung von Transparenzerfordernissen

235

III. Ergebnis zur Beachtung von Transparenzerfordernissen Die Europäische Kommission hat ihre grundsätzlichen Bedenken hinsichtlich einer internen Auftragskontrollstruktur ausgesprochen. Nach ihren Einschätzungen ist hier ein besonderes Maß an Transparenz erforderlich, um die Entscheidungsprozesse nachvollziehbar zu machen. Das Transparenzerfordernis ist vorliegend hinsichtlich der gesetzlich festgeschriebenen und damit zwingenden Veröffentlichung von Telemedienkonzepten, marktlichen Gutachten und Beschlussbegründungen eingehalten worden. Ein kritischer Dialog mit der Öffentlichkeit hat in den Drei-Stufen-Testverfahren für den Bestand jedoch nicht entstehen können. Insgesamt sind die Entscheidungsfindungsprozesse der Gremien innerhalb der Beschlussbegründungen nicht immer ausreichend öffentlich gemacht worden. Es ist oftmals nicht ersichtlich, warum Verfahrensstände in Form von Beratungszwischenergebnissen, Gutachtenaufträgen (auch über die marktlichen Fragen hinaus) und Rahmenbedingungen, wie beispielsweise die Nennung von Verfahrensbegleitern, während der Testverfahren in den überwiegenden Fällen nicht publik gemacht werden konnten. Zudem ist die Entscheidungsfindung in den Bestandstestverfahren insgesamt unzureichend kommuniziert worden, da die Überprüfung in vielen Fällen nur mit minimaler Einbeziehung der Öffentlichkeit und zudem in Ausschüssen erfolgte, worüber nur wenige Informationen bekannt gemacht worden sind. Vermag es eine transparente Verfahrensgestaltung mit öffentlichem Diskurs, den Ablauf des Testverfahrens auch komplizierter zu machen und die Entscheidungsfindung möglicherweise teilweise zu verlangsamen, so wäre der Zugewinn an Wissen und damit auch an Legitimation der Ergebnisse demgegenüber beachtlich. Dass ein erhöhtes Maß an Transparenz erforderlich ist, hat die Konferenz der Gremienvorsitzenden der ARD (etwa drei Jahre nach Abschluss der Bestandstestverfahren) erkannt und dafür in einer Sitzung konkrete „Mindeststandards und Vorschläge“ formuliert608. Das Erfordernis einer größeren Transparenz in den Entscheidungsprozessen wurde schließlich im März 2014 mit Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Hinblick auf die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien des ZDF festgestellt609. Hier wurde der Öffentlichkeit durch Transparenz eine „wesentliche, die interne institutionelle Kontrolle ergänzende Kontrollfunktion“ zugesprochen610.

608 Die Gremien führen dazu in einer Pressemitteilung der GVK aus, es bestehe für sie „als Vertreter der Allgemeinheit eine Informationspflicht gegenüber der Öffentlichkeit“, der zukünftig besser nachgekommen werden sollte, vgl. die GVK-Pressemitteilung vom 18. 09. 2013. 609 BVerfG, Urteil v. 25. 03. 2014, Az. 1 BvF 1/11, 1 BvF 4/11. 610 Die Länder überarbeiten daher derzeit die gesetzlichen Grundlagen, um dem Transparenz-Erfordernis Rechnung zu tragen.

Kapitel 7

Praktikabilität und Gesetzeskonformität der Bestandstestverfahren Die Erwartungen von Marktteilnehmern, Politik und Öffentlichkeit an den DreiStufen-Test waren immens. Das Prüfverfahren sollte nichts Geringeres als einen „Lackmustest für die Funktionsfähigkeit der öffentlich-rechtlichen Gremienkontrolle“1 darstellen und für eine „große Ernsthaftigkeit, Glaubwürdigkeit sowie Transparenz“ stehen, mit denen die zwischen der Europäischen Kommission und Deutschland ausgehandelten Vorgaben des Beihilfenkompromisses umzusetzen seien2. Andere sprachen von einer „Bewährungsprobe“ für die Gremienaufsicht3. Doch konnten die Räte diesen hohen Ansprüchen gerecht werden? Die Gremien der Rundfunkanstalten hatten unbestritten eine große Verantwortung zu tragen. Die Überprüfung der Einhaltung des Funktionsauftrags durch den bereits vor Beginn der Testverfahren angebotenen gesamten Onlinebestand oblag allein ihnen. Als interne Laienkontrollinstanz hatten die Räte – unter Einbindung von Sachverständigen wie den Gutachtern zu marktlichen Auswirkungen – das Prüfverfahren erstmalig anzuwenden und darin äußerst komplexe Sachverhalte zu beurteilen. Formell haben die mit der Rechtsaufsicht betrauten Landesregierungen keine Fehler im Drei-Stufen-Testverfahren für den Bestand feststellen können. Eine materiell inhaltliche Überprüfung der Auftragskontrolle durch die Räte ist aufgrund der Staatsferne der Rundfunkanstalten ohnehin nicht möglich. Dementsprechend wurde aus dem Umfeld der Gremien nach Abschluss der Testverfahren verlautbart, dass Konkurrenten in der Medienpolitik sich mit den Ergebnissen zufrieden geben müssten, die „im Rahmen des Beurteilungsspielraums vertretbar“ seien und „in ihrer Herleitung keine schweren verfahrensrechtlichen Fehler“4 aufwiesen.

1

Dies führte der damalige Minister für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes Nordrhein-Westfalen, Andreas Krautscheid, beim 6. Berliner Mediendiskurs der Konrad-Adenauer-Stiftung am 27. Mai 2009 an. 2 Dies äußerte der VPRT-Präsident Jürgen Doetz am 30. 01. 2009 (Quelle: http://www.digi talfernsehen.de/VPRT-Doetz-kritisiert-Oeffentlich-Rechtliche-wegen-Drei-Stufen-Plan-Praxis. news_724734.0.html). 3 So äußerte sich der Medienrechtler Dieter Dörr vor Beginn der Testverfahren am 08. 10. 2008 im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau. 4 Pfab, Public Value im Rundfunkrecht, S. 100.

Kap. 7: Praktikabilität und Gesetzeskonformität der Bestandstestverfahren

237

Die Gremienvertreter mögen sich ihrer komplexen Aufgabe mit unterschiedlicher Intensität gewidmet haben. Auch bestanden innerhalb der einzelnen Anstalten verschiedene Rahmenbedingungen, die selbstverständlich nicht in allen Fragen eine pauschale Kritik oder einheitliche Schlussfolgerungen zulassen. In dieser Arbeit konnten auch nur Teilbereiche des Testverfahrens beleuchtet werden und die Betrachtung lediglich mit einem Blick von außen auf die internen Abläufe erfolgen. So konnte sich die Analyse nur auf veröffentlichte Dokumente und Meldungen bzw. solche Informationen beziehen, die private Wettbewerber und Dritte aus den DreiStufen-Testverfahren gewonnen haben. Gleichwohl kommt diese Arbeit zu dem Ergebnis, dass die dargestellten Verfahrensabläufe, Entscheidungsprozesse und Beschlussbegründungen der Drei-Stufen-Testverfahren für den Bestand etliche Diskrepanzen zu den Vorgaben der Europäischen Kommission für Auftrag und Kontrolle von Telemedien der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten aufweisen und damit Schwächen im internen Kontrollsystem der Rundfunkanstalten offenbaren. Die Europäische Kommission hat in ihren Bedingungen für die Einstellung der beihilferechtlichen Prüfung grundsätzlich deutlich gemacht, dass Wettbewerbsverzerrungen durch staatlich finanzierte öffentlich-rechtliche Angebote zu vermeiden sind. Dennoch erscheinen die durchgeführten Testverfahren im Hinblick auf die Ermittlung des Effektes auf den Wettbewerb in Teilen unzureichend. Hier haben die ökonomischen Gutachten zwar ergeben, dass zum damaligen Zeitpunkt nur geringe Auswirkungen auf (bestehende) Konkurrenzangebote vorlagen, die Marktbetrachtung hatte jedoch keinen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen vorgenommen und damit auch nicht die sich schnell verändernden Märkte mit einbezogen. Dies führt angesichts der zunehmenden Einführung entgeltpflichtiger digitaler Dienste dazu, dass viele Ergebnisse der Gutachten bereits nach einigen Jahren nicht mehr zutreffend sind. Auch die Behandlung von Angeboten privatfinanzierter Wettbewerber lässt nach der Analyse diverser Argumentationsstränge in den Entscheidungen einzelner Rundfunkgremien darauf schließen, dass privatfinanzierte Telemedien teilweise als minderwertig eingestuft werden, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund vorliegt – oftmals wurde schon die Werbefinanzierung dafür als ausreichend erachtet. Schließlich sind aus den Beschlussbegründungen die Entscheidungsgrundlagen (auch in Form von Qualitätskriterien) vielfach nur unzureichend ersichtlich – die eigentliche Abwägung fällt zu kurz aus und offenbart Defizite. Das Ziel der Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs der Europäischen Kommission beinhaltet jedoch gerade einen intensiven Interessenausgleich, der keine pauschale Kategorisierung zulässt. Insgesamt stellt sich der Drei-Stufen-Test als sehr statisches Verfahren dar, das einerseits äußerst formalistische Vorgaben erfüllt, andererseits wiederum extreme Beurteilungsspielräume bei der Umsetzung durch die Gremien verbleiben lässt. Besonders im Hinblick auf die materielle Auftragskontrolle sind diese Auslegungsspielräume zu weitgehend. Dies zeigt im Besonderen die aus den Begrün-

238

Kap. 7: Praktikabilität und Gesetzeskonformität der Bestandstestverfahren

dungen der Genehmigungsentscheidungen ersichtliche Behandlung des Verbots presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug, bei dessen Anwendung die Gremien in nicht nachvollziehbarer Weise argumentiert und der Norm damit ihre materielle Wirkkraft genommen haben. So wurden maßgebliche Aspekte des gesetzgeberischen Willens – wie die Ausführungen in der amtlichen Begründung zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag – weitestgehend außer Acht gelassen. Hieraus offenbart sich ein kritischer Aspekt im Hinblick auf das Gemeinschaftsrecht. Der Rundfunkstaatsvertrag sollte den öffentlich-rechtlichen Auftrag für digitale Dienste nach den Erfordernissen der Europäischen Wettbewerbsbehörde so präzise wie möglich definieren, damit er einer hinreichend genauen Kontrolle unterliegen kann. Die Auftragsfestlegung des Gesetzgebers in der konkreten Anwendung der Rundfunkanstalten und deren Aufsicht führt jedoch zur Unbeachtlichkeit gesetzlicher Beschränkungen für Telemedien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Dadurch kommt es zu einer Überschreitung des Auftrags für Onlineaktivitäten unter gleichzeitiger Benachteiligung privater Wettbewerber. Die Europäische Kommission hatte besonderes Augenmerk auf die in Deutschland verankerte interne Gremienstruktur mit ihrer Konzeption der Räte als programmverantwortliches Organ der Sendeanstalten und gleichzeitiges Aufsichtsorgan im Drei-Stufen-Test gelegt. Sie hat auf die Gefahr von Interessenkonflikten und die Unvereinbarkeit dadurch möglicherweise beeinflusster Entscheidungen mit dem Gemeinschaftsrecht hingewiesen. Daher sind hohe Anforderungen an die Transparenz der Entscheidungsprozesse zu stellen, die in den Bestandstestverfahren jedoch nur unzureichend erfüllt wurden. Zahlreiche entscheidungsrelevante Dokumente wurden gar nicht oder erst nach Abschluss der Verfahren veröffentlicht, hinzugezogene Berater und deren Expertisen in vielen Fällen nicht offen gelegt und die Entscheidungsschritte oftmals nur spärlich öffentlich bekannt gegeben. Insgesamt bleibt festzustellen, dass die Testabläufe deutlich verbesserungsfähig sind, um das Prüfverfahren leistungsfähiger, zielführender und vor allem transparenter zu gestalten. Hier wäre eine Anpassung einzelner Verfahrensteile für zukünftige Drei-Stufen-Tests wünschenswert. Da die Ausgestaltung der Telemedienangebote aber allein den Rundfunkanstalten und die Konkretisierung der materiellen Regelungen den ihnen zugehörigen Gremien obliegt, stellt sich grundsätzlich die Frage, ob eine praktikable Grenzziehung für diese Angebote im Rahmen eines DreiStufen-Tests überhaupt stattfinden kann. Hier könnte eine Schärfung der materiellen Vorgaben des § 11 f RStV dem Testverfahren mehr Bedeutung für die Auftragskontrolle beimessen5.

5

Hier sind aktuelle Entwicklungen in der Rundfunkgesetzgebung, die auch für Telemedien eine direkte Beauftragung vorsehen und damit ein Drei-Stufen-Testverfahren ausschließen, als bedenklich einzustufen, vgl. die Diskussion um die Beauftragung eines Jugendangebots für ARD und ZDF nach der Entscheidung der Ministerpräsidenten vom 17. 10. 2014; weiterführend Gersdorf, promedia 12/2014, S. 10 f.

Kap. 7: Praktikabilität und Gesetzeskonformität der Bestandstestverfahren

239

Grundsätzlich ist eine weitergehende Einbeziehung der Öffentlichkeit in die Arbeit der Gremien erforderlich, um deren Arbeit transparenter zu gestalten, wie es auch bereits das Bundesverfassungsgericht mit seinem jüngsten Urteil6 angemahnt hatte. So wäre es eine Mindestanforderung, dass hinzugezogene Experten und deren Ergebnisse sowie andere entscheidungsrelevante Dokumente öffentlich gemacht werden. Die derzeit – nach der letzten höchstrichterlichen Rechtsprechung zwangsläufig – erfolgenden Anpassungen im Hinblick auf die Transparenz der Gremienarbeit, lässt für zukünftige Testverfahren darauf hoffen, dass der Informationspflicht der Aufsichtsinstanz besser Rechnung getragen wird. Vor diesem Hintergrund wäre grundsätzlich zu thematisieren, ob eine vom Staat und den Sendeanstalten unabhängig organisierte Aufsicht über die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten, welche die notwendigen Steuerungs- und Kontrollfunktionen im Rahmen von Drei-Stufen-Testverfahren übernehmen könnte, angemessen sein kann, um Konflikte zwischen dem Beihilfenrecht auf der einen und dem Verfassungsrecht auf der anderen Seite zu vermeiden7. Eine solche Neuordnung der Aufsicht wäre geeignet, um einen fairen Ausgleich auch mit den Interessen der privatfinanzierten Wettbewerber sowie der Beitragszahler zu erreichen, ohne dass das jeder Institution eigene Selbstbehauptungs- und Ausweitungsinteresse entgegensteht8. Dies wäre auch im Sinne der Europäischen Kommission. Sie hatte zu Beginn der Testverfahren unterstrichen, die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben stünden den Entwicklungsmöglichkeiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht entgegen – sie sorgten nur für faire Spielregeln9. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk habe „nicht nur seinen festen Platz in der europäischen Medienlandschaft“, er sei „auf die vielbeschworenen Umbrüche unserer Zeit bestens vorbereitet“. Dabei würden „Transparenz und klare Regeln garantieren“, dass er „auch in Zukunft eine wichtige Rolle für unsere Gesellschaft“ spielen werde10. Die deutsche Rundfunkordnung hat das Ziel von Transparenz und klaren Regeln für neue Dienste des öffentlich-rechtlichen Rundfunks noch nicht erreicht. Die Diskussion um Aufsicht und Kontrolle von Telemedien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten muss daher fortgeführt werden.

6

BVerfG, Urteil v. 25. 03. 2014, Az. 1 BvF 1/11, 1 BvF 4/11. Gersdorf, promedia 12/2014, S. 10 f. (11); ders., in: Gersdorf/Paal, Kommentar zum Informations- und Medienrecht, § 11 RStV, Rn. 13, 23. 8 Gersdorf, in: Gersdorf/Paal, Informations- und Medienrecht, § 11 RStV, Rn. 13. 9 So die damalige EU-Kommissarin für Informationsgesellschaft und Medien, Viviane Reding, vgl. politik und kultur, September/Oktober 2008, S. 13 f. (14). 10 Ebd., S. 14. 7

Kapitel 8

Zusammenfassung und Ergebnisse der Untersuchung in Thesen I. Hintergrund und rechtliche Analyse der Beihilfeentscheidung

1. Die Europäische Kommission hat in ihren Rechtsakten explizite Vorgaben für die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Rahmen staatlicher Beihilfen aufgestellt. Demnach ist eine Rundfunkfinanzierung aus staatlichen Mitteln nicht per se untersagt. Eine solche kann gewährt werden, ohne dem gemeinsamen Markt entgegenzustehen, wenn förmliche Voraussetzungen erfüllt werden. Diese bestehen in dem Erfordernis einer präzisen Auftragsdefinition, einer klaren Beauftragung mit der Erbringung der Dienstleistung sowie der Wahrung von Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf den gemeinsamen Handels- und Wirtschaftsverkehr1. 2. Der einzelne Mitgliedstaat hat die Beauftragung im Rahmen der Auftragsdefinition so genau wie möglich festzulegen, so dass daraus unmissverständlich hervorgeht, ob er eine bestimmte Tätigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den Auftrag mit aufnehmen will oder nicht. Nur anhand einer solchen präzisen Festlegung lässt sich nach Auffassung der Europäischen Kommission eine sachgerechte Kontrolle der Einhaltung des Auftrags gewährleisten und feststellen, ob das Maß der erforderlichen Finanzierung aus öffentlichen Mitteln nicht überschritten wird. Dies veranschaulicht die Wechselwirkung zwischen Auftrag und Kontrolle: Nur ein präzise festgelegter Auftrag lässt sich hinreichend genau kontrollieren2. 3. Mit der Beihilfeentscheidung der Europäischen Kommission vom 24. April 2007 endete das Verfahren über Auftrag, Umfang und Kontrolle der zu dieser Zeit mit Rundfunkgebühren finanzierten digitalen Dienste öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten in Deutschland. Die damals bestehende deutsche Rundfunkgebühr wurde von der europäischen Wettbewerbsbehörde als staatliche Beihilfe eingestuft. Die EU-Kommission stellte fest, dass der bis dato festgelegte Auftrag nicht die von ihr festgelegten Anforderungen erfüllte, um eine Überkompensation aus staatlichen Mitteln zu verhindern, so dass von Deutschland verlangt wurde, den Auftrag zu

1 2

Vgl. Kapitel 3 A. I.–III. Vgl. Kapitel 3 A. I. 4.

Kap. 8: Zusammenfassung und Ergebnisse in Thesen

241

präzisieren und verbindliche Kriterien festzulegen, welche digitalen Dienste vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk erbracht werden sollen3. 4. Deutschland hat der Europäischen Kommission vor diesem Hintergrund förmlich unterbreitete Zusagen gemacht, welche im Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag umzusetzen waren. Dabei blieb es den Ländern im Rahmen der Gesetzgebung durch den Rundfunkstaatsvertrag unbenommen, strengere Regeln als die in der Beihilfeentscheidung zugesagten Anforderungen an die Beauftragung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten für das Angebot neuer Dienste aufzustellen4. 5. Das Erfordernis einer klaren Auftragsdefinition aufgrund der deutschen Rundfunkfinanzierung und einer damit verbundenen formell ordnungsgemäßen Beauftragung im Sinne des Gemeinschaftsrechts steht dabei nicht im Widerspruch zur Staatsferne und der damit verbundenen Programmautonomie der Rundfunkanstalten. Der Gesetzgeber kann mit seiner konkretisierend begrenzenden Auftragszuweisung seine Funktion gesetzgeberischer Grundrechtsausgestaltung wahrnehmen, ohne grundrechtsbeschränkend zu handeln. Er nimmt diesbezüglich den Gestaltungsspielraum wahr, den das Bundesverfassungsgericht ihm zur Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit einräumt, womit er keinen Einfluss auf die Programmgestaltung als solche ausübt. Er weist dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk lediglich sektorale Aufgaben zu, innerhalb derer sich öffentlich-rechtliche Sender frei entfalten können. Ein Verbot im Sinne einer materiellen Beschränkung kann dabei jedoch unmissverständlich zum Ausdruck kommen5. 6. Neben der Verpflichtung zur Auftragspräzisierung sagte Deutschland auch die Einführung des Drei-Stufen-Testverfahrens zu, welches für alle neuen und veränderten digitalen Angebote verbindlich durchzuführen ist. Mit seiner Hilfe soll geprüft werden, ob ein Angebot zum öffentlichen Auftrag gehört und damit den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen einer Gesellschaft entspricht, es in qualitativer Hinsicht zum publizistischen Wettbewerb beiträgt und welcher finanzielle Aufwand dafür erforderlich ist6. 7. Der Zwölfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag sieht detaillierte Regelungen zur Ausgestaltung von Auftrag und Schranken sowie deren Kontrolle im Drei-StufenTest vor. Der Gesetzgeber legte darin das Testverfahren auch für alle bereits bestehenden Angebote – den so genannten Onlinebestand – fest7.

3 4 5 6 7

Vgl. Kapitel 3 A. III. Vgl. Kapitel 3 A. IV. und Kapitel 3 B. Vgl. Kapitel 3 B. und Kapitel 6 B. II. Vgl. Kapitel 3 A. IV. und Kapitel 5. Vgl. Kapitel 4.

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Kap. 8: Zusammenfassung und Ergebnisse in Thesen II. Ergebnisse der Analyse der Bestandstestverfahren

1. Die Europäische Kommission hat die interne Organisationsstruktur der Auftragskontrolle in Deutschland für zulässig erachtet, zugleich aber auf die Gefahr von Interessenkonflikten und die Unvereinbarkeit dadurch möglicherweise beeinflusster Entscheidungen mit dem Gemeinschaftsrecht hingewiesen. Als problematisch eingestuft werden muss demnach die gleichzeitige Zuständigkeit ehrenamtlich tätiger Räte für das Programm und dessen Kontrolle bei nicht ausreichender Ausstattung mit personellen und finanziellen Ressourcen aufgrund mangelnder Professionalisierung8. 2. Die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben für eine präzise Auftragsdefinition digitaler Dienste führen durch die Implementierung von unbestimmten Rechtsbegriffen im Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag zu Konflikten. Die durchgeführten Drei-Stufen-Testverfahren für den Onlinebestand zeigen auf, dass mehrere Regelungen zur Ausgestaltung des Auftrags zu große Beurteilungsspielräume entstehen lassen, die eine Nichtanwendbarkeit von Auftragsnormen nach sich ziehen9. 3. Die offenkundige Nichtanwendung einer Norm nach erfolgter Auslegung durch die Rundfunkanstalten vollzieht sich im Besonderen im Hinblick auf das Verbot presseähnlicher Angebote ohne Sendungsbezug gemäß § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3 RStV. Die Intention des Gesetzgebers für die Anwendbarkeit der Regelung wird aus der staatsvertraglichen Definition des § 2 Abs. 2 Nr. 20 RStVund maßgeblich aus der dazu vorliegenden amtlichen Begründung des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrags deutlich – die Rundfunkanstalten ziehen letztere jedoch als Auslegungskriterium nicht heran, so dass das Verbot keinen Anwendungsfall mehr finden kann10. 4. Die Bestimmung der möglichen Presseähnlichkeit öffentlich-rechtlicher Informationsportale durch die Rundfunk- und Fernsehräte im Drei-Stufen-Testverfahren geht fehl. Die Heranziehung bloßer Druckausgaben von Zeitungen und Zeitschriften als Abgrenzungsmaßstab zu unzulässigen Angeboten ist vor dem Hintergrund der Regelung für Telemedien systemwidrig und lässt die Gegebenheiten des Internets außer Acht. So führen die Gremien einhellig das Vorliegen von Verlinkungen und anderer multimedialer Elemente an, was jedoch nicht als genereller Ausschlussgrund für eine unzulässige Presseähnlichkeit im Sinne der Regelung des § 11 d Abs. 2 Nr. 3 Hs. 3 i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 20 RStV gelten kann. Zunächst ist durch den Gesetzgeber keine Beschränkung der Regelung auf statische Presseprodukte in elektronischer Form ersichtlich. Zudem hat dieser in der amtlichen Gesetzesbegründung eindeutig den Fokus auf das Vorliegen des Merkmals Text gelegt, wonach Schwerpunktverhältnisse bei der Gestaltung und des Inhalts von Angeboten zu bestimmen sind. So sollen die Telemedien der öffentlich-rechtlichen Rund8

Vgl. Kapitel 5 A. VI. 3. Vgl. Kapitel 6 B. 10 Vgl. Kapitel 6 B. III. 2.

9

Kap. 8: Zusammenfassung und Ergebnisse in Thesen

243

funkanstalten im Schwerpunkt eine hörfunk- und fernsehähnliche Gestaltung aufweisen. Diese Festlegungen haben die Gremien jedoch weitgehend unberücksichtigt gelassen. Zudem wurde generell und ohne weitergehende Begutachtung festgestellt, bei den geprüften Portalen würden multimediale Elemente im Verhältnis zu textbasierten Inhalten überwiegen. Eine Abgrenzung zu digitalen Angeboten, die Presseunternehmen ebenfalls hervorbringen, ist damit nicht mehr möglich, so dass der Norm ihre materielle Begrenzungskraft genommen wurde11. 5. Demgegenüber hat die Wettbewerbskammer des Landgerichts Köln mit ihrem erstinstanzlichen Urteil vom 27. September 2012 in einem Klageverfahren von Zeitungsverlegern gegen die ARD eine Presseähnlichkeit der mobilen Anwendung Tagesschau-App festgestellt. Dies wurde vom letztinstanzlichen Urteil des OLG Köln nach zwischenzeitlicher Zurückweisung durch den Bundesgerichtshof am 30. September 2016 bestätigt. Die Gerichte widerlegen damit die Begründung der nicht festgestellten Presseähnlichkeit öffentlich-rechtlicher Angebote ohne Sendungsbezug durch die Gremien. Zum einen ziehen sie die amtliche Begründung mit dem maßgeblichen Merkmal der Textlastigkeit für die Bestimmung der Presseähnlichkeit heran, zum anderen lassen bestehende multimediale Elemente nach deren Auffassung eine solche nicht per se entfallen. Schließlich werden – wie vom Gesetzgeber in der amtlichen Begründung dargelegt – Schwerpunktverhältnisse von Gestaltung und Inhalt der Telemedienberichterstattung berücksichtigt. Das Berufungsurteil des OLG Köln vom 30. September 2015 wiederum hatte sich nicht mit dem Merkmal der Presseähnlichkeit befasst, da es in nicht nachvollziehbarer Weise von einer verwaltungsrechtlichen Legalisierungswirkung des Drei-Stufen-Tests für alle in den Telemedienkonzepten beschriebenen Angebote – auch in ihrer konkreten Umsetzung in der Zukunft – ausgeht und damit die Norm des § 11 d Abs. 2 Satz 3 RStV einer wettbewerbsrechtlichen Überprüfung entzieht12. 6. Die Rundfunkgremien haben entgegen der Bedenken Dritter bezüglich der Nichtanwendbarkeit der gesetzlichen Vorgaben einer Überführung des gesamten Onlinebestands als nichtsendungsbezogen zugestimmt. Damit wird die Nachweispflicht des Sendungsbezugs im Sinne des § 11 d Abs. 3 S. 2 RStV ausgehebelt. Zudem hat die Auftragsnorm des § 11 d Abs. 2 Nr. 1 und 2 RStV keinen Anwendungsfall mehr und auch die Definition sendungsbezogener Telemedien gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 19 RStV wird überflüssig. Das Vorgehen verschärft weiterhin die Problematik bei der Bestimmung möglicher presseähnlicher Angebote, die ohne Sendungsbezug per se unzulässig sind. Die wohlüberlegte Beauftragungssystematik des Gesetzgebers wird durch die Qualifizierung aller Telemedien als nichtsendungsbezogen konterkariert, gleichwohl er die Möglichkeit der Beauftragung nichtsendungsbezogener Telemedien eingeräumt hat13.

11 12 13

Vgl. Kapitel 6 B. III. 2. b). Vgl. Kapitel 6 B. III. 2. g). Vgl. Kapitel 6 B. III. 1.

244

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7. Auch die Norm des Verbots flächendeckender lokaler Berichterstattung sowie vereinzelte Regelungen der Negativliste lassen an klaren Vorgaben des Gesetzgebers für die Beurteilung von Angeboten im Drei-Stufen-Test zweifeln. Grundsätzlich wurden hier Interpretationsspielräume von den Gremien in Anspruch genommen, die über ein angemessenes Maß an Einschätzungsprärogative hinausgehen14. 8. Die Europäische Kommission stellt in ihrer Einstellungsentscheidung fest, dass eine mangelnde Vorhersehbarkeit des Umfangs neuer Mediendienste für andere Markteilnehmer die Gefahr berge, davon abgehalten zu werden, neue Dienste auf den Markt zu bringen. Eine ordnungsgemäße Beurteilung durch die Aufsichtsgremien ist daher durch hinreichend konkrete Angebotsbeschreibungen umzusetzen, die Dritte in die Lage versetzen, eine Beurteilung des Angebots vorzunehmen. Aus den für die Bestandstestverfahren vorgelegten Telemedienkonzepten ist jedoch deutlich sichtbar, dass die Sender ihre sehr umfassenden Angebote nur sehr allgemein und in Grundzügen beschrieben haben. Hieraus ließe sich eine Angebotsausweitung ohne weitere Auftragskontrolle vornehmen. Zudem wird dadurch eine für Wettbewerber mangelnde Vorhersehbarkeit des Umfangs neuer Dienste gefördert15. 9. Das Stellungnahmerecht der Öffentlichkeit wurde im Bestandstestverfahren für den Großteil der Verfahren nicht angemessen ausgestaltet, obwohl dieses Recht und die zwingende Befassung der Aufsichtsgremien mit dem Vortrag Dritter seitens der Europäischen Kommission besonders hervorgehoben wurde. Dies liegt an der Einräumung eines lediglich kurzen Stellungnahmezeitraums, welcher die gesetzliche Mindestfrist von sechs Wochen gemäß § 11 f Abs. 5 S. 2 RStV kaum überschritten hatte, jedoch für etwa 40 Verfahren parallel zu laufen begann. Auch der Zeitpunkt der Abgabe der Einlassungen Dritter lange vor der Entscheidungsfindung ist nicht sachgerecht, da der Vortrag von Wettbewerbern hier zu verblassen droht. Die Geschäftsleitungen der Sender konnten hingegen bis zum Moment der Entscheidung versuchen, den Stellungnahmevortrag von Wettbewerbern zu entkräften. Sie hatten auch – anders als Dritte – das Recht, zu jeder Zeit weitere eigene Stellungnahmen in das Verfahren einzubringen16. 10. Bei der Auftragskontrolle öffentlich-rechtlicher Dienste legt die Europäische Kommission besonderes Augenmerk auf die Berücksichtigung von Wettbewerbsaspekten. Dafür sind die Auswirkungen öffentlich-rechtlicher digitaler Dienste auf den Markt zu bestimmen, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Zudem ist ein entscheidender Aspekt des Prüfverfahrens, dass sowohl die Öffentlichkeit als auch Marktteilnehmer die Möglichkeit eingeräumt bekommen, zu den Drei-Stufen-Tests Stellung zu nehmen, um darzulegen, welche ökonomischen Auswirkungen durch die zu prüfenden Angebote zu erwarten sind. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sind

14 15 16

Vgl. Kapitel 6 B. III. 3. Vgl. Kapitel 6 C. Vgl. Kapitel 6 D.

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für die Abwägungsentscheidung der Gremien auf der zweiten Prüfstufe fundamental17. 11. Ein wichtiges Element des Testverfahrens stellt die Einholung der Gutachten zur Ermittlung der marktlichen Auswirkungen innerhalb der zweiten Prüfstufe dar. Hierin spiegeln sich die seitens privater Wettbewerber bei der Europäischen Kommission vorgebrachten Befürchtungen hinsichtlich einer Wettbewerbsverzerrung durch öffentlich-rechtliche digitale Angebote wieder. Der spezifischen Gutachtenvergabe an geeignete Experten, den Analysemethoden sowie der Einbeziehung der Ergebnisse in die Entscheidung der Gremien kommt daher eine entscheidende Rolle zu18. 12. In den Testverfahren irritiert die unterschiedliche Vorgehensweise im Rahmen der Methodik der ökonomischen Expertisen bei der Beauftragung der marktlichen Gutachten. Bei einem solch kostenintensiven Verfahrensteil hätte eine Vereinheitlichung der Vorgehensweise der Gutachter mehr Übersichtlichkeit und eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse mit sich gebracht. Auch hätte damit der früh geäußerten Kritik an den Gutachtenstandards entgegengewirkt werden können, die zu den ersten eingeholten ökonomischen Expertisen vor Beginn der offiziellen Bestandstests in der Öffentlichkeit aufkam19. 13. Kritisch zu sehen ist auch die durch die Genehmigungen ersichtliche mangelnde Antizipation der jeweiligen Marktentwicklung durch Gutachter und Gremien. Signifikante Veränderungen in der Nutzung und der ökonomischen Ausrichtung und damit auch der publizistischen Bedeutung der Angebote lassen sich bereits nach Ablauf von wenigen Jahren im Nachgang zu den Testverfahren in bestimmten Marktsegmenten ausmachen. Die Gremien haben es gleichwohl weitgehend unterlassen, mögliche Verschiebungen in der publizistischen Bedeutung öffentlichrechtlicher Portale zu berücksichtigen, obwohl in einem Fall hierfür sogar Gegenmaßnahmen seitens des Gutachterunternehmens vorgeschlagen wurden20. 14. Bei der Abwägungsentscheidung auf der zweiten Prüfstufe sind problematische Defizite ersichtlich. Zum einen ist die Abwägungsentscheidungsbegründung für zahlreiche Telemedien sehr kurz gehalten und lässt ein differenziertes Eingehen auf konkrete Vor- und Nachteile des geprüften Angebots vermissen. Auch die Erfüllung etwaiger Qualitätskriterien ist teilweise in nicht nachvollziehbarer Weise begründet und geht oftmals über allgemeine Feststellungen, die keines umfangreichen Testverfahrens bedurft hätten, nicht hinaus. Die Einbeziehung der Werbefreiheit von Telemedien öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten als Qualitätskriterium ist ebenfalls problematisch, insofern sie die Entscheidungen der Gremien maßgeblich geprägt hat. Ein solches Kriterium würde ein öffentlich-rechtliches Angebot 17 18 19 20

Vgl. Kapitel 6 D. und Kapitel 6 E. I. Vgl. Kapitel 6 E. I. Vgl. Kapitel 6 E. I. 4. Vgl. Kapitel 6 E. I. 5.

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Kap. 8: Zusammenfassung und Ergebnisse in Thesen

aufgrund dessen gesetzlicher Verpflichtung zu Werbefreiheit gegenüber kommerziellen journalistischen Angeboten immer hervorheben21. 15. Aufgrund der von der Europäischen Kommission gesehenen Gefahr eines Loyalitätskonflikts der Kontrollgremien nach der deutschen Aufsichtsstruktur sind hohe Anforderungen an die Transparenz der Entscheidungsprozesse zu stellen. Hier ist vor allem für eine sachgerechte Einbeziehung der Öffentlichkeit in das Verfahren zu sorgen. Diese wird in der Einstellungsentscheidung der Europäischen Kommission besonders hervorgehoben. Die Auftragskontrolle im Rahmen des Drei-StufenTests für den Bestand zeigt hier erhebliche Defizite auf. Entscheidungsrelevante Dokumente wurden nicht oder nur nach Abschluss der Entscheidungsprozesse veröffentlicht, was zwar den gesetzlichen Mindeststandards des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrags entspricht, einen Diskurs mit der Öffentlichkeit jedoch nicht zulassen konnte. Zudem besteht in zahlreichen Fällen Unklarheit über hinzugezogene Berater und den von ihnen gestellten Expertisen, was einem transparenten Verfahrensablauf entgegensteht. Auch waren öffentliche Verlautbarungen zum Gang des Verfahrens bei vielen Rundfunkanstalten kaum vorhanden. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, wie eine interne Transparenz zwischen federführend tätigen Gremien und dem Plenum der Räte sichergestellt worden ist22. 16. Der Drei-Stufen-Test für den Bestand von Telemedien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zeigt damit etliche Diskrepanzen zu den Vorgaben der Europäischen Kommission auf. In der tatsächlichen Umsetzung der im Rahmen der Beihilfeentscheidung vom 24. April 2007 festgelegten Anforderungen wurden die staatsvertraglichen Vorschriften formell berücksichtigt. Die konkrete Ausgestaltung und Umsetzung der Testverfahren für den Bestand, welche den Sendeanstalten in vielen Bereichen selbst überlassen blieb, offenbart jedoch das Erfordernis gesetzlicher und rundfunkanstaltsinterner Konkretisierungen bei Auftrag und Kontrolle von Telemedien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, um dem Testverfahren mehr materielle Begrenzungskraft zu verleihen. Ebenso wird durch die Analyse ersichtlich, dass eine Diskussion über die Etablierung einer vom Staat und von den Sendeanstalten unabhängigen Aufsicht für die Kontrollaufgaben des DreiStufen-Tests notwendig ist, die sowohl der erforderlichen Staatsferne des öffentlichrechtlichen Rundfunks als auch den Anforderungen des europäischen Beihilfenrechts Rechnung tragen könnte23.

21 22 23

Vgl. Kapitel 6 E. II. und III. Vgl. Kapitel 6 F. Vgl. Kapitel 7.

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Sachwortverzeichnis Abwägungsentscheidung siehe Balancing Altmark-Trans-Entscheidung 48 f., 53, 56 Amsterdamer Protokoll siehe Europarecht Angebotsbegriff 88, 134, 144 ff., 164, 177 Angebotsbeschreibung 99, 120, 167, 190 ff., 244 Annexkompetenzen 40 f., 61, 63, 73 (Fn. 63), 151 ARD 21 f., 26 ff., 38 f., 41, 43, 62, 69, 75 f., 80 ff., 118 ff., 127, 133 f., 138 f., 144 f., 148, 151, 154 f., 159 ff., 181, 183, 188 f., 195, 197 f., 216, 223, 228, 231, 233 f., 235, 243 Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – Auftragsbestimmung 121 ff., 159, 174 – Auftragskontrolle 58, 92 ff., 121 ff., 194, 195, 224, 236 f., 244, 246 – Auftragspräzisierung 20 f., 57 f., 61 ff., 132, 241 – Funktionsauftrag 19 ff., 34, 35 ff., 45, 53, 62 ff., 71, 88, 96, 97, 100, 102 ff., 121 ff., 153, 181 f., 189, 190, 236 – Onlineauftrag siehe Telemedienauftrag – Programmauftrag siehe Telemedienauftrag – Telemedienauftrag 62 ff., 83, 102, 130, 139, 179 Ausgestaltungsvorbehalt 33 f., 35 f. Ausweitungsinteresse siehe Selbstbehauptungs- und Ausweitungsinteresse Baden-Württemberg-Beschluss 154 (Fn. 167), 182 Balancing 112, 201, 212 ff., 223 Bayerischer Rundfunk 128, 137, 163, 184 f., 188 f., 193, 218 f., 227 f., 230 BDZV 81, 163 Bezahlangebote 28, 65 ff.,160 (Fn. 202), 174 f., 211, 216 f. Bezahlinhalte siehe Bezahlangebote

Bezahlschranke siehe Bezahlangebote Bundesgerichtshof 176 ff., 208, 243 Bundesverfassungsgericht 32 ff., 35, 36 (Fn. 82), 60, 63, 67 (Fn. 30), 69 f., 71 ff., 74 (Fn. 68), 89 (Fn. 45 und 46), 90 (Fn. 49), 102, 103, 107 (Fn. 141), 110, 112 (Fn. 178), 122 f., 133, 142, 151, 153 f., 182, 197 (Fn. 406), 235, 239, 241 Chancengleichheit siehe kommunikative Chancengleichheit Drei-Stufen-Test 21 f., 56 f., 58, 62, 64, 65, 73, 76, 78 f., 80 ff., 118, 119, 122, 125 ff., 173, 175, 183, 189 ff., 224 ff., 228 ff., 232 ff. Dritte Säule 61 f. Druckpresse siehe Druckwerke Druckwerke 24, 25, 31, 36, 40 f., 65 ff., 69 ff., 135 ff., 149, 152 f., 158, 171, 173, 174, 177, 242 Europäische Kommission siehe Europarecht Europäischer Gerichtshof siehe Europarecht Europarecht – Amsterdamer Protokoll 47 ff., 94, 101, 121 – Amsterdam-Test 50 – Art. 106 AEUV 45 (Fn 3), 46, 49 f., 52, 121 f., 125 – Art. 107 AEUV 46 f., 48, 51 – Beihilfe (staatliche) 20 f., 46 ff., 59 f., 62, 121, 125, 132, 178, 240, 241 – Beihilfekompromiss 59 f., 62, 64, 74, 77, 86, 100, 179 – Beihilfeverfahren 21, 51 ff., 127, 205, 206 – Europäische Kommission 20, 21, 44, 45 ff., 59, 62, 76, 80 ff., 92 ff., 125, 159, 186, 190, 194, 196, 205 f., 208, 215, 216, 223, 224 f., 235 ff., 240 ff. – Europäischer Gerichtshof 48 f., 53, 55, 208

Sachwortverzeichnis – Kommissionsentscheidung 20, 92 f. – Kommissionszuständigkeit 51 ff. – Rundfunkfinanzierung siehe Beihilfe (staatliche) – Rundfunkmitteilung 50 f., 93 f., 101 (Fn. 106) Finanzieller Aufwand 113 ff., S. 119, 181 f. Freie Zugänglichkeit 102, 103 ff., 201, 214, 215 ff. Gremien siehe Öffentlich-rechtlicher Rundfunk / Rundfunkgremien Gremienvorsitzendenkonferenz 133, 151, 156 f., 216, 220 f., 233 Gutachten siehe Marktgutachten Hessischer Rundfunk 26, 119, 129, 138, 141, 184, 185, 187, 188, 199 (Fn. 415), 202 f., 208, 210, 219, 227 Interessenkonflikt 92 f., 94 ff., 238, 242 Internetnutzung siehe Onlinenutzung Journalistisch-redaktionelle Angebote 20, 26, 57, 62 f., 73, 119, 135 f., 138, 144 f., 174, 211, 213, 224 Kommunikative Chancengleichheit 34 (Fn. 72) Kommunikativer Mehrwert 62, 107 ff., 114, 212 ff., 221 ff. Konvergenz 19, 71 Landesmedienanstalten 32 (Fn. 62), 97 (Fn. 84), 204, 207 Landesrundfunkanstalten 26, 82, 83, 91, 145, 183 f., 233, 234 Lesemedien 68 f. 71 ff., 153 f. Marktgutachten 110 f., 199, 201 ff., 225, 226, 227, 230 f., 235, 245 Marktversagen 32, 107 ff., 207 Mediendienste 21, 23 ff., 38 ff., 45 f., 52 f., 56, 70, 77, 195, 196, 244 Mediendienste-Staatsvertrag 38 f. Meinungsbildende Funktion siehe Meinungsbildung

265

Meinungsbildung 32 f., 34, 63, 64, 91, 102, 106 f.,156, 185, 201 Meinungsvielfalt 32 (Fn. 62), 33, 36, 155 Mitteldeutscher Rundfunk 85 (Fn. 25), 87 (Fn. 33), 105 (Fn. 127), 120, 129, 139, 141, 145, 184, 192, 202, 203, 204, 207, 208, 212 (Fn. 493 und 494), 216, 219 Nachrichtenangebote 24 ff., 67, 85, 143, 148, 149, 160, 161, 165, 174 f., 185, 192, 195, 209, 211, 213, 214 Nachrichtennutzung siehe Nachrichtenangebote Negativliste 57, 77 f., 119, 128, 131, 157, 185 ff., 195, 244 Niedersachsen-Urteil 34 Norddeutscher Rundfunk 22, 85, 87 (Fn. 33), 99 (Fn. 96), 104 (Fn. 124), 118, 121, 128, 134, 137, 141, 145, 147, 157, 162, 163, 164 (Fn. 223), 165, 176, 185, 188, 189, 192, 194, 202, 207, 209, 213, 218, 222, 227 Öffentlich-rechtlicher Rundfunk – Grundversorgungsauftrag 34, 72, 107 (Fn. 141), 152, 153, 154 (Fn. 167), 155 – Programmautonomie 35, 36, 122 ff., 147, 177, 241 – Rundfunkfreiheit 32 f., 39 ff., 41, 60, 61 (Fn. 2), 68, 70, 122 ff., 151, 153, 156, 179, 180, 202, 242 – Rundfunkgremien 21, 88 ff., 110, 126, 130, 132, 133, 140 ff., 197, 227, 229, 232, 233, 237, 243 – Staatsferne 35 f., 125 (Fn. 29), 81, 97 (Fn. 84), 236, 241, 246 Online-Nutzung 19 f., 23 ff., 66, 140, 174, 206, 210, 224, 245 Page Impressions 29, 30 (Fn. 46), 103 Presse – Bezahlinhalte 28, 65 ff., S. 160 (Fn. 202), 174 f., 211, 216 f. – Bezahlschranke siehe Bezahlinhalte – elektronische 25, 43, 74, 75, 135 f., 138, 144, 158 (Fn. 193) – presseähnliche Angebote 21, 22, 65 ff., 76, 78, 88, 117, 130, 131 ff., 228 (Fn. 577), 230, 238, 242, 243

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Sachwortverzeichnis

– Pressefreiheit 32 f., 74, 123, 151, 153, 156, 177, 180 PreussenElektra-Urteil 53 ff. Printmedien 30, 73, 135 ff., 170 Privatfinanzierte Medien 20, 26, 28, 29, 32, 106, 107, 154, 207, 217, 237, 239 Produktionen auf Abruf 77, 78, 186 Programmauftrag siehe Auftrag des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks / Funktionsauftrag Programmbegleitend 40, 61, 64, 70, 75 Programmbezug 39, 40, 42, 61, 63, 126, 130 Programmzahlbegrenzungen 122 f. Publizistischer Mehrwert siehe kommunikativer Mehrwert Publizistischer Wettbewerb 23, 28, 29, 30, 37, 57, 68, 72, 74 (Fn. 68), 84, 102 ff., 150, 212 ff., 241 Radio Bremen 131 Rechtsaufsicht 54, 57, 58, 87, 100, 116, 118, 121, 147, 162, 167, 175, 236 Rechtsschutz 116 f. Rundfunk Berlin Brandenburg 120, 128, 132 (Fn. 71), 139, 142, 146, 147, 208, 218, 227 Rundfunkänderungsstaatsvertrag – Vierter 38 ff. – Siebter 41 ff. – Neunter 43 f. – Zwölfter 20, 21, 32, 44, 45, 59 ff., 62 ff., 80 ff., 114, 125, 134, 135, 158, 162, 170, 173, 188, 238, 241, 242 – Fünfzehnter 48 (Fn. 17) Rundfunkaufsicht siehe Rundfunkgremien Rundfunkbeitrag 48 (Fn. 17) Rundfunkgebühr 31, 46, 48 ff., 240 Rundfunkmitteilung siehe Europarecht Saarländischer Rundfunk 120, 129, 139, 208, 219, 226 Selbstbehauptungs- und Ausweitungsinteresse 67, 239 Selbstbeschränkung 43, 179 Sendungsbezug 21, 22, 63 f., 65 f., 73, 76, 78, 119, 126 ff., 140, 146 ff., 157, 158, 161, 165, 166, 167 ff., 186, 187 f., 238, 242, 243 Staatliche Beihilfe siehe Europarecht

Stellungnahme 53, 54, 81, 92, 115, 170, 193, 196 ff., 218, 225, 227, 244 Stellungnahmerecht 196 ff., 232, 244 Stellungnahmezeitraum 197 ff., 244 Südwestdeutscher Rundfunk 86, 118, 128, 139, 152 (Fn. 156), 180, 202, 208, 212, 214, 219, 226, 229, 233 Tagesschau-App 21, 28 (Fn. 41), 85, 117, 159 ff., 192 (Fn. 383 und 384), 195, 209, 210 (Fn. 481), 224 Telemedienauftrag siehe Auftrag der Rundfunkanstalten Telemediendienste siehe Mediendienste Telemedienkonzept 65, 79, 99 f., 112, 116, 119, 120, 121, 129, 146, 150, 157, 167, 175 ff., 183, 184, 188, 190 ff., 209, 213, 214, 217, 219, 221, 225, 235, 243, 244 Transparenz 48, 51, 52, 57, 83, 106, 113, 114, 115, 119, 127, 198, 201, 224 ff., 239, 242 Transparenzrichtlinie 45, 48, 52 Unique User 29, 103, 214 (Fn. 504) Verbot flächendeckender lokaler Berichterstattung 76 f., 78, 181 ff., 244 Verweildauerfrist 64 f., 99, 119 ff. Verweildauerkonzept 65, 119 VPRT 45, 46, 82, 84, 107 (Fn. 144) WDR-Urteil 69 Werbung – im öffentlich-rechtlichen Rundfunk 29 f., 32 (Fn. 62), 44, 54 (Fn. 49), 58, 67, 106, 216, 217 ff., 223, 246 – in privaten Medien 28, 29 f., 32 (Fn. 62), 216, 217 ff., 223 – Tausend-Kontakt-Preis 29 (Fn. 45) – Werbefreiheit 106, 217 ff., 246 Westdeutscher Rundfunk 27 (Fn. 32), 69, 77 (Fn. 84), 91 f., 119, 128, 132 (Fn. 71), 133, 134, 138, 142, 144, 146, 159, 181, 183, 185, 187 (Fn. 353), 188, 191, 193, 194, 198, 200, 203, 208, 211, 214, 218, 227, 228, 229, 230 Wettbewerb – Klage nach UWG 159 ff.

Sachwortverzeichnis – mit Öffentlich-rechtlichen Angeboten 27 ff., 159 ff. – publizistischer siehe Publizistischer Wettbewerb – unlauterer 161 ZDF 21, 23, 26, 30, 31, 36 (Fn. 82), 38, 41, 43, 62, 67 (Fn. 38), 75, 80, 81, 82, 83, 84,

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85, 87, 88, 89 ff., 98, 119 (Fn. 158), 118 ff., 127, 128, 131 (Fn. 65 und 66), 133, 134, 137, 142, 144, 145, 148, 149, 150, 154, 159, 180, 183, 187, 189, 198, 199, 200, 210, 211, 214, 216, 218 (Fn. 524), 218, 222, 223, 227, 228, 230, 233, 234, 235