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German Pages 302 [312] Year 2003
Linguistische Arbeiten
481
Herausgegeben von Hans Altmann, Peter Bluir enthal, Hans Jürgen Heringer, Ingo Plag, Beatrice Primus und Richard Wiese
Arbeiten zur Reflexivierung Herausgegeben von Lutz Gunkel, Gereon Müller und Gisela Zifonun
Max Niemeyer Verlag Tübingen 2003
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. ISBN 3-484-30481-2
ISSN 0344-6727
© Max Niemeyer Verlag GmbH, Tübingen 2003 http://www. niemeyer. de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druck: Hanf Buch- und Mediendruck GmbH, Pfungstadt Einband: Industriebuchbinderei Nadele, Nehren
Inhalt
Lutz Gtinkel, Gereon Müller & Gisela Zifonun Vorwort Martin Everaert Reflexivanaphern und Reflexivdomänen
VII
1
Sam Featherston & Wolfgang Sternefeld The Interaction of Factors in Judgements of Reflexive Structures: Data from Object Coreference in German
25
Silke Fischer Optimale Reflexivierung
51
Volker Gast & Daniel Hole On Paradigmatic (In)Coherence in Romance and Germanic Reflexives
75
Günther Grewendorf Dynamic Binding and the Problem of Object-Related Anaphors
91
Lutz Gunkel Reflexivierung in Acl-Konstruktionen
115
Ingrid Kaufmann Reflexive Verben im Deutschen
135
Tibor Kiss Die Genese der Ausnahmeanapher
157
Florian Schäfer Relativierte Bindungsminimalität in OT: einfache vs. serielle Optimierung
189
Peter Siemund Zur Analyse lokal ungebundener self-Έormen im Englischen
219
Wolfgang Sternefeld & Sam Featherston The German Reciprocal einander in Double Object Constructions
239
Gisela Zifonun Aspekte deutscher Reflexivkonstruktionen im europäischen Vergleich: Pronominale Paradigmen und NP-interne Reflexiva
267
Adressen der Autoren und Herausgeber
301
Lutz Gunkel, Gereon Müller & Gisela Zifonun Vorwort
Dieser Sammelband geht aus einem Workshop hervor, den wir im November 2001 am Institut fur Deutsche Sprache (IDS) in Mannheim veranstaltet haben. Unmittelbarer Anlass war ein Reihe von offenen Fragen innerhalb des Bereichs „Reflexivität und Reflexivierung", die sich in zahlreichen Diskussionen im Rahmen des am IDS angesiedelten Projekts „Grammatik des Deutschen im europäischen Vergleich" (www.ids-mannheim.de/gra/eurostudien.html) ergeben hatten. Wir hatten damals den Wunsch, zumindest einige dieser Fragen einmal in einem größeren Kreis von Experten zu diskutieren und dabei Anregungen für neue Lösungsansätze im Lichte neuerer theoretischer Entwicklungen zu bekommen. Wir möchten an dieser Stelle allen danken, die zum Gelingen des Workshops beigetragen haben, insbesondere unseren damaligen Gästen fur Ihre Vorträge und schriftlichen Beiträge, die in diesem Band veröffentlicht sind: Martin Everaert, Sam Featherston, Silke Fischer, Günther Grewendorf, Ingrid Kaufmann, Tibor Kiss, Peter Siemund und Wolfgang Stemefeld. Im Zuge der Herausgabe konnten wir zusätzlich die Beiträge von Volker Gast & Daniel Hole sowie von Florian Schäfer gewinnen, die hervorragend in das thematische Profil des Sammelbandes passten. Auch Ihnen sei herzlich gedankt. Schließlich danken wir Ruth Maurer und Anna Volodina für die sorgfältig erstellte Druckvorlage sowie Werner Kallmeyer, Uli Waßner und Richard Wiese für Korrekturvorschläge. Wir hoffen, dass der Sammelband dazu beiträgt, dass das Thema „Reflexivierung" spannend bleibt und Anlass für theoretische Weiterentwicklungen bietet. Mannheim, im April 2003 Lutz Gunkel, Gereon Müller, Gisela Zifonun
Martin Everaert
Reflexivanaphern und Reflexivdomänen*
1.
Einleitung
Die Bindungstheorie, wie sie in Chomsky (1981) formuliert ist, basiert auf einer einfachen Unterscheidung von Anaphern, wobei Reflexiva, Reziprokausdrücke und Pronomina zusammengefasst werden. Diese Theorie war von großem Einfluss fur die generative Forschung. Im Wesentlichen hat sie sich seit ihrer Geburt wenig verändert, obwohl man sich von Anfang an möglicher empirischer Schwierigkeiten bewusst war. Im Laufe der Jahre wurde deutlich, (i) dass der Begriff,.Anapher", wie er in dieser Theorie verwendet wird, noch einmal überdacht werden musste, wobei vielleicht Unterscheidungen zwischen Typen von Anaphern gemacht werden sollten, und (ii), dass es Bindungsphänomene gibt, die den Bereich der Bindungstheorie im engeren Sinne zu sprengen scheinen. In dieser Arbeit möchte ich die Gründe erörtern, warum die Standard-Bindungstheorie im Sinne von Rektion und Bindung durch die Reflexivitätstheorie ersetzt werden könnte, ein Ansatz, der anaphorische Abhängigkeiten untersucht und sich als Theorie von Reflexivstrategien kennzeichnen lässt. Ich werde diskutieren, was Reflexivanaphern sind und wie man die Domäne(n) der Reflexivierung definieren könnte. Abschnitt 2 und 3 geben einen kurzen Überblick über die Bindungstheorie und ihre sprachübergreifende Gültigkeit. Abschnitt 4 und 5 stellen die Reflexivitätstheorie von Reinhart/Reuland (1993) vor, die eine Alternative zur Standard-Bindungstheorie bietet. In den letzten Abschnitten, Abschnitt 6 und 7, soll diskutiert werden, in welchem Ausmaß die verschiedenen Domänen anaphorischer Abhängigkeiten unterschieden werden sollten und inwiefern das mit einer Unterteilung anaphorischer Elemente zusammenhängen könnte, die von der standardmäßigen Anapher-Pronomen-Dichotomie abweicht.
2.
Reflexivierung in der Bindungstheorie
Die Bindungstheorie, eine Theorie, in der anaphorische Beziehungen als syntaktische Abhängigkeiten betrachtet werden, ist eine der zentralen Theorien der generativen Grammatik. Die wichtigste Annahme, auf der diese Theorie basiert, ist die, dass alle anaphorischen
Ich möchte gerne den Teilnehmern des Workshops für ihre Kommentare danken sowie den Organisatoren Lutz Gunkel, Gereon Müller und Gisela Zifonun für einen so inspirierenden Workshop. Teile dieses Artikels basieren auf gemeinsamer Arbeit mit Alexis Dimitriadis. Vielen Dank an Jenny Audring und Lutz Gunkel (und Patrick Brandt) für ihre Übersetzung (und mehr) des Textes aus dem Englischen.
2
Martin Everaert
Abhängigkeiten als strukturelle Indizierungsbedingungen verstanden werden können. Lexikalische Elemente werden auf der Basis der zwei Merkmale [±anaphorisch] und [±pronominal] (vgl. 1) klassifiziert, und ihre Verteilung ist durch Bindungsbedingungen geregelt, wie in (2) formuliert:1,2 (1)
+anaphorisch,-pronominal +anaphorisch, +pronominal -anaphorisch, -pronominal -anaphorisch, +pronominal
= = = =
Reflexiva, Reziprokausdrücke keine lexikalischen Elemente R-Ausdrücke Pronomina
(2)
a. Ein +anaphorisches Element (= sich, einander, ...) ist in seiner Rektionskategorie gebunden b. Ein +pronominales Element (= sie, sein, er, ...) ist in seiner Rektionskategorie frei
Reflexiva unterliegen der Bedingung (2a). Das bedeutet (i), dass sie in ihrer Referenz von einer c-kommandierenden Nominalphrase abhängig sind (vgl. 3a), und (ii), dass das Antezedens sich in einer bestimmten Domäne befinden muss (vgl. 3b). (3)
a. *John 's plans failed himself b. *John thinks that Mary hates himself
In dieser Arbeit werde ich die folgenden zwei Aspekte der Bindungstheorie herausheben: (4)
a. Lexikalische Elemente sind anhand der Merkmale [±anaphorisch] und [±pronominal] unterteilt; die Bindung ist prinzipiell auf Elemente mit den Merkmalen [+anaphorisch, -pronominal] und [-anaphorisch, +pronominal] beschränkt, b. Die Beziehung zwischen einer Anapher und ihrem Antezedens ist konfigurationsabhängig: das Antezedens einer Anapher α muss diese c-kommandieren, und es gibt eine Domäne, in der α gebunden sein muss. Diese Domäne oder Rektionskategorie ist durch das Regens von α und einen prädikativen Kopf bestimmt, die beide in derselben Domäne enthalten sind.
Die Standard-Bindungstheorie (BT) wie in (2) bietet ein einfaches und ansprechendes Bild von Bindungsrelationen in natürlichen Sprachen. Sie beschreibt klar die häufig wiederkeh1
2
Ich werde Bedingung C (i) für den Rest dieser Arbeit vernachlässigen: (i) R-Ausdrücke (der Mann, Maria, ..) müssen frei sein. Einige der zentralen Annahmen der Bindungstheorie werden in (i) bis (iv) definiert: (i) γ ist die Rektionskategorie fur β genau dann, wenn (gdw.) γ die kleinste Kategorie ist, die ß, ein Regens für β und ein zugängliches SUBJEKT enthält. (iia) β ist durch α gebunden gdw. β und α koindiziert sind, α β c-kommandiert (und α sich in einer A-Position befindet). (iib) β ist frei gdw. es nicht gebunden ist. (iii) α c-kommandiert β gdw. die kleinste maximale Projektion, die β dominiert, auch α dominiert, und α nicht β dominiert. (iv) α ist zugänglich für β gdw. β sich in der c-Kommando-Domäne von α befindet und eine Koindizierung von α und β *[T.. δ .. ] (wobei τ und δ denselben Index aufweisen) nicht verletzen würde.
Reflexivanaphern und Reflexivdomänen
3
renden Muster in den verschiedenen Sprachen der Welt. Die Beispiele in (5) aus dem Finnischen, dem Sakha und dem Spanischen zeigen, dass in vielen Sprachen Reflexiva und Pronomina in komplementärer Distribution auftreten: (5)
a. Pekka näki itsensä/*hänet 'Pekka sah sich selbst' b. Misha bejetin/*kinini taptyyr 'Misha liebt sich selbst' c. Juan se/*lo admira 'Juan bewundert sich selbst'
Die Beispiele in (6) aus dem Italienischen, dem Niederländischen, dem Russischen und dem Isländischen zeigen, dass Reflexiva außerdem lokal gebunden sein müssen, was für Pronomina nicht erlaubt ist: (6)
a. b. a. b. a. b. a. b.
Gianni pensava che Maria *si/lo ammirasse 'Gianni dachte, dass Maria ihn bewundert' Jan vroeg mij voor *zich/hem te werken 'Jan bat mich, für ihn zu arbeiten' Vanja dumaet öto Maäa uvazaet *sebja/ego 'Vanja denkt, dass MaSa ihn bewundert' Jon veit aö Maria elskar *sig/hann Jon knows that Maria lovesiND himself/him 'Jón weiß, dass Maria ihn liebt'
Dies ist ein häufig wiederkehrendes Muster, für das es jedoch auch klare Ausnahmen gibt. Ich werde diese im nächsten Abschnitt diskutieren.
3.
Sprachübergreifende Variation und die Zulässigkeit von Reflexivantezedentien
Die Reflexiva und Pronomina in (5)-(6) zeigen das typische Verhalten, indem sie notwendigerweise jeweils lokal gebunden oder frei sind, also in komplementärer Distribution auftreten. Doch das ist nicht immer der Fall. Im Folgenden sollen einige Fälle diskutiert werden, für die sich diese Generalisierung nicht aufrechterhalten lässt. Betrachten wir die niederländischen und norwegischen Beispiele in (7) und (8): (7)
a. Jan houdt niet van zichzelf 'Jan liebt sich (selbst) nicht' b. *Jan houdt niet van zieh Jan liebt sich nicht c. Jan wast zich/zichzelf 'Jan wäscht sich'
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Martin Everaert
(8)
a. Jon bad oss hjelpe seg 'Jon bat uns, uns zu helfen' b. *Jon bad oss hjelpe seg selv Jon bat uns, uns selbst zu helfen
Obwohl sowohl zieh, das einfache Reflexiv, als auch zichzelf, das komplexe, Reflexivanaphern sind (vgl. 7c), kann zieh in Fällen wie (7b) nicht lokal gebunden sein. Die norwegischen Beispiele in (8) zeigen, dass nur das einfache, nicht jedoch das komplexe Reflexiv nicht-lokal gebunden sein kann. Zu beachten ist aber, dass das Niederländische und das Norwegische sich in diesem Punkt unterscheiden: letzteres gestattet nicht-lokale Bindung bei Infinitiven, die das Niederländische verbietet (vgl. 6b) (vgl. dazu Everaert 1986). Die Beispiele in (9) demonstrieren, dass im Westfriesischen (vgl. 9a), das im Norden der Niederlande gesprochen wird, und im Afrikaans (vgl. 9b), das in Südafrika gesprochen wird, Pronomina entgegen der Voraussage der Bindungsbedingung (lb) lokal gebunden sein können. Es scheint also, als gäbe es in diesen Sprachen im Gegensatz zum Niederländischen (vgl. 9c) keine komplementäre Distribution von Pronomina und Reflexiva.3 (9)
a. Jan wasket him(Jhimsels) b. Jan was hom{lhomselJ) c. Jan wast *hem(/zichzelf) 'Jan wäscht sich'
Im Isländischen findet sich eine andere Verletzung der Bindungstheorie im Sinne von (4). Thráinsson (1976) zeigt, dass es im Isländischen einen Reflexivierungstyp gibt, der alle Standard-Bindungsrestriktionen verletzt und sich nach semantischen Faktoren richtet, die in den vom Englischen her bekannten Reflexivierungsphänomenen Uberhaupt keine Rolle zu spielen scheinen. In Beispiel (10) c-kommandiert das Antezedens das Reflexiv nicht. (10)
Skoöun Jons er aö sig Opinion Jón's is that himselfAcc 'Jón ist der Meinung, dass es ihm an Talent fehle'
vanti lacksSuBj
haefileika talent
In Beispiel (IIa) c-kommandiert wiederum das Antezedens das Reflexiv, jedoch nicht in der Interpretationsdomäne des Reflexivs, also im eingebetteten Nebensatz. Des Weiteren zeigt (1 lb), dass in einem solchen Fall ein passivisches Subjekt kein zulässiges Antezedens ist. (11)
a. Jon sagöi Pétri [aö ég elskaöi i/g] 'Jón erzählte Pétur, dass ich ihn liebe' b. * Pétur var sagt (af Jóni) [aö ég elskaöi s/g] Pétur wurde (von Jón) erzählt, dass ich ihn liebe
In Beispiel (12) besitzt das Reflexiv nicht einmal ein satzintemes Antezedens, sondern ist diskursgebunden.
3
Gisela Zifonun (p.c.) bemerkt dazu, dass nicht alle Fälle von Friesisch himsels oder Afrikaans homself notwendigerweise als Reflexiva analysiert werden müssen (vgl. Zifonun in diesem Band).
Reflexivanaphern und Reflexivdomänen
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Formadurinn varò óskaplega reiöur. Tillagan vaeri the chairman became furiously angry the proposal wassuBj henni beint gegn sér sviviröileg vaeri og outrageous and aimed against himself wassuBj it persónulega. Sér reyndar vaeri sama [...] himself in fact indifferent [...] personally was 'Der Vorsitzende wurde furchtbar wütend. Der Vorschlag war lächerlich und gegen ihn persönlich gerichtet. Eigentlich war es ihm egal [...]' Dasselbe scheint für die englischen Beispiele von Ross (1970) in (13) zu gelten. (13)
a. There were five tourists in the room apart from myself b. Max boasted that the queen invited Lucie and himself for a drink c. But aside from this, she was keenly conscious of the way in which such an estrangement would react on herself
Maling (1984) hat dafür argumentiert, dass dieser Gebrauch der Reflexivanapher ohne satzinterne Bindung an das logophorische Pronominalsystem westafrikanischer Sprachen erinnert, wie in Clements (1975) beschrieben. Dementsprechend wird diese spezielle Verwendung des Reflexivs wie in (12)-(15) häufig als logophorische Lesart bezeichnet. Generell nimmt man an, dass sich die Bedingung, unter der diese Art der Bindung möglich ist, als 'Perspektive' formulieren lässt, d.h. dass die Reflexivanapher auf ein Antezedens verweist, „whose speech, thoughts, feelings, or general status of consciousness are reported" (Clements 1975, S. 141). Zusammenfassend stellt sich die Frage, was die grundlegenden Probleme sind, mit denen sich die Bindungstheorie konfrontiert sieht. In dieser Arbeit werde ich zwei dieser Probleme herausstellen. Erstens gibt es in der Bindungstheorie nur ein Anaphernkonzept, unter dem verschiedene Typen von Reflexiva und Reziprokausdrücken zusammengefasst werden (vgl. Everaert 2000). Das bedeutet, dass sie keine natürlichen Möglichkeiten bietet, um der reichen Vielfalt der anaphorischen Elemente und ihrer distributionalen Besonderheiten gerecht zu werden. Zweitens hat sich herausgestellt, dass Bindung kein einheitliches Phänomen ist, wie im Folgenden erklärt werden soll. Offenbar müssen wir eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen lokalen und nicht-lokalen anaphorischen Abhängigkeiten treffen. Die Bindungstheorie, wie in (2) skizziert, ist im Laufe der Jahre verändert und ergänzt worden, um dieser Kritik Rechnimg zu tragen (siehe z.B. einige Arbeiten in Koster/Reuland 1991, Bennis/Pica/Rooryck 1997 und Cole/Hermon/Huang 2001). Statt jedoch diese Änderungen noch einmal zu besprechen, werde ich einen alternativen Erklärungsansatz für die oben genannten Fakten vorstellen, der mehr Freiheit bietet, um die unterschiedlichen Kodierungsmöglichkeiten für Reflexivität zu beschreiben.
4.
Reflexivität
Die Reflexitvitätstheorie von Reinhart/Reuland (1993) verfolgt eine andere Herangehensweise an anaphorische Abhängigkeiten, die in einigen Hauptpunkten von dem in (l)-(2)
6
Martin Everaert
skizzierten Modell abweicht, da hier davon ausgegangen wird, dass Bindungseffekte aus dem Zusammenspiel unabhängiger Module entstehen. Reinhart/Reuland (1993) schlagen vor, dass zwei separate Module die Distribution von Anaphern und Pronomina steuern. Ein Modul definiert die erlaubten Anapher-AntezedensKombinationen, die sogenannten Α-Ketten (vgl. 14), während das andere Modul festlegt, welche reflexiven Prädikate (vgl. 15) zulässig sind.4 (14)
Bedingung für Α-Ketten: Eine maximale Α-Kette (αϊ,..., a„) enthält genau ein Glied - αϊ - , das +R ist.
(15)
a. Ein reflexiv markiertes (syntaktisches) Prädikat ist reflexiv, b. Ein reflexives (semantisches) Prädikat ist reflexiv markiert.
Konfigurationseffekte entstehen aus der Bedingung für Kettenbildung (14), während die Domäne der Reflexivierung über Prädikate in (15) definiert ist, ohne sich auf die syntaktische Struktur zu beziehen.5 Reflexivität, wie in (16a) definiert, ist demnach eine Eigenschaft von Prädikaten, die auf Markierung z.B. einer Argumentposition mit einem Reflexivelement eines bestimmten Typs, einer SELF-markierten Anapher, beruht, wie in (16b) festgelegt: (16)
a. Ein Prädikat Ρ ist reflexiv gdw. zwei seiner Argumente koindiziert sind. b. Ein Prädikat Ρ ist reflexiv markiert gdw. gilt: entweder ist Ρ lexikalisch reflexiv, oder ein Argument von Ρ ist eine SELF-Anapher.
Es ist wichtig, dass ein reflexives Element, das kein Koargument seines Antezedens ist, wie etwa in John saw a picture of himself, nicht den syntaktischen Bindungsbedingungen aus (15) unterliegt, sondern Diskursfaktoren.6 Auf diese Weise trägt die Theorie dem Unterschied zwischen syntaktisch gebundenen und diskursgebundenen Reflexiva Rechnung, der in der Literatur allgemein anerkannt wird (vgl. Koster/Reuland 1991). Mit anderen Worten: die Reflexivierungsarten, wie in (14)-(15) angesprochen, werden in der Reflexivitätstheorie konfigurational definiert. Die Bedingungen stützen sich wesentlich auf die Tatsache, dass NPs in vier mögliche Klassen unterteilt werden, je nach ihren Eigenschaften in Bezug auf SELF und R. Das Merkmal R in der Kettenbedingung (14) zeigt an, ob ein anaphorischer Ausdruck in Bezug
4
Der Begriff der Α-Kette in (14) beruht auf einem Kettenbegriff, der wie in (i) definiert ist. Das bedeutet, dass jede entsprechende Folge koindizierter NPs mit eingeschlossen ist, unabhängig davon, ob ihre Glieder oder ihr Fuß lexikalisch oder leer (Spur) sind: (i) C = ( αϊ,..., a„) ist eine Kette gdw. C die maximale Folge ist, in der a. es einen Index i gibt, fur den gilt, dass für alle j, während 1 < j < n, aj diesen Index trägt und b. für alle j gilt, dass 1 < j < η und a¡ a¡+i regiert. Der Sinn der Unterscheidung zwischen syntaktischen und semantischen Prädikaten wird hier vernachlässigt. Dennoch spielt sie eine wichtige Rolle bei der Erklärung von Sätzen wie (8a) und von Beispielen wie in (i): (i) The men believed themselves/each other to be intelligent Reinhart/Reuland (1993) nennen diese Elemente logophorische Anaphern. Pollard/Sag (1994) verwenden den Begriff „exempt anaphors" ('befreite Anaphern').
7
Reflexivanaphern und Reflexivdomänen
auf grammatische Eigenschaften voll spezifiziert ist. R wird wie in (17a) definiert, die Eigenschaft SELF wie in (17b):7 (17)
a. Eine NP ist +R, gdw. sie für Genus, Numerus, Person und strukturellen Kasus voll spezifiziert ist. b. Eine NP ist +SELF, gdw. sie reflexivierende Funktion besitzt, d.h. in der Lage ist, ein Prädikat zu reflexivieren.
SELF-Anaphern (vgl. Bedingung 16b) sind als [+SELF, -R] markiert, z.B. das englische himself, SE-Anaphern haben das Merkmal [-SELF, -R], wie zum Beispiel das norwegische seg, ein Reflexivtyp, der im Englischen nicht zur Verfugung steht; Pronomina und volle NPs sind als [-SELF, +R] markiert, wie das englische him} Alle vier Klassen, die durch die Kombination der Merkmale SELF und R vorhergesagt werden, treten auf: SELF-Reflexiv Reflexive
SE-Reflexiv
Pronomen/ R-Ausdruck
Reflexiv für unveräußerlichen Besitz
+
-
-
+
-
-
+
+
Funktion R-Spezifikation
engl, himself niederl. zichzelf
niederl. zieh norw. seg
engl, him niederl. hem
griech. o eaftos tu georg. tavis tav
Die Auswirkung dieser Prinzipien auf die oben diskutierten Beispiele (7)-(9), hier wiederholt, soll nun beschrieben werden. (7)
a. Jan houdt niet van zichzelf 'Jan liebt sich (selbst) nicht' b. *Jan houdt niet van zieh Jan liebt sich nicht c. Jan wast zich/zichzelf 'Jan wäscht sich'
(8)
a. Jon bad oss hjelpe seg 'Jon bat uns, uns zu helfen' b. *Jon bad oss hjelpe seg selv Jon bat uns, uns selbst zu helfen
(9)
a. Jan wasket him(/himsels) b. Jan was hom(/homselj)
7
g
Ich stimme König/Siemund (2000) zu, dass der semantische Begriff SELF wahrscheinlich mit der Tatsache zusammenhängt, dass Elemente mit diesem Merkmal häufig als emphatische Reflexiva verwendet werden. Dass im Englischen him als +R, himself dagegen als -R zu spezifizieren ist, lässt sich bestreiten. Vgl. Anagnostopoulou/Everaert (1999) für eine ausführliche Diskussion zu diesem Punkt.
Martin Everaert
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c. Jan wast *hem(/zichzelf) 'Jan wäscht sich' Zunächst sind alle Prädikate in (7) und (9) reflexiv, da beide Argumente des Prädikats koindiziert sind (kursiv). Beispiel (7a) enthält auch ein reflexiv markiertes Prädikat, da eine Argumentposition durch ein als +SELF markiertes Element besetzt ist, dem niederländischen zichzelf. Das bedeutet, dass die Bindungsbedingungen (15a) und (15b) im Fall von (7a) erfüllt sind. In Satz (7b) ist das Prädikat allerdings nicht reflexiv markiert, da das Reflexiv zieh die Eigenschaft -SELF besitzt und daher nicht als Reflexivierer für das Prädikat gilt, womit die Bedingung (15b) verletzt wird. In (9) wird das Prädikat wassert 'waschen' nicht von einem Element in Argumentposition reflexiv markiert, sondern als auf lexikalische Weise reflexiv markiert behandelt, da es im lexikalischen Sinne reflexiv ist. Dementsprechend erfüllen die Beispiele in (9a) und (9b) die Bindungsbedingungen. Die Beispiele (8a) und (8b) sind grundsätzlich anderer Art, da die beiden koindizierten Elemente nicht zum selben Prädikat gehören. Das bedeutet, dass es hier kein reflexives Prädikat, wie in (16a) definiert, gibt. In Beispiel (8b) wird das eingebettete Prädikat durch die SELFAnapher seg selv reflexiv markiert, aber da es kein reflexives Prädikat gibt, wird es durch (15a) als ungrammatisch ausgeschlossen. In Beispiel (8a) markiert die SE-Anapher seg ihr Prädikat jedoch nicht reflexiv, sodass Bedingung (15a) und (15b) nicht zur Anwendung kommen (siehe Fußnote 5). Der nächste Schritt muss sein, die Erfüllung der Kettenbedingung (16) zu überprüfen. Im Fall der Beispiele (7) und (9) bilden die zwei Argumente des Prädikats tatsächlich eine AKette. Beispiel (8) ist wiederum anders, da es hier, wenn wir von der Definition in Fußnote 4 ausgehen, keine Α-Kette gibt. Obwohl die beiden koindizierten Elemente die c-Kommando-Beschränkung erfüllen, ist der Fuß der Kette von ihrem Kopf durch eine Nebensatzgrenze getrennt, die die Rektion blockiert. In all diesen Fällen ist der Kopf der Kette regulär als +R spezifiziert. In Beispiel (7) ist der Fuß der Kette ein -R-Element, da das niederländische Pronomen zieh für Genus und Numerus unterspezifiziert ist. Der Unterschied in Beispiel (9) zwischen dem Friesischen (vgl. 9a) umd dem Afrikaans (vgl. 9b) einerseits und dem Niederländischen (vgl. 9c) andererseits muss auf die Kettenbedingung zurückgeführt werden. Das niederländische Pronomen hem ist für alle phi-Merkmale voll spezifiziert [+3. Person, +Maskulinum, -Plural, +Akkusativ] und somit als +R markiert. Da dies der Fall ist, verletzt die Kettenbildung in Beispiel (9c) die Bedingung (16). Wenn (9a) und (9b) aber grammatisch sind, dann wird die Kettenbedingung nicht verletzt, und das Pronomen him (Friesisch) ebenso wie das Pronomen horn (Afrikaans) muss ein -R-Element sein, was bedeutet, dass es für eines seiner grammatischen Merkmale nicht voll spezifiziert ist. Reuland/Reinhart (1995) zeigen für das Friesische, dass das der Fall ist: im Friesischen ist das Pronomen für Kasus unterspezifiziert.9 Zu beachten ist, dass das Deutsche eine andere Verteilung als das Niederländische aufweist. Während das lokal gebundene Pronomen ihn in allen Fällen in (19) ausgeschlossen ist und das inhärente Reflexiv von (19a), wie im Niederländischen (vgl. 19a'), nur sich zulässt, ist sich in einigen Fällen erlaubt (19b, 19c), in denen es im Niederländischen (vgl. 9
Wie Lutz Gunkel (p.c.) zurecht bemerkt, bedeutet das, dass auch Afrikaans hom bezüglich Kasus unterspezifiziert sein sollte. So weit ich weiß, gibt es dafür keine unmittelbare Evidenz.
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Reflexivanaphern und Reflexivdomänen
19b', 19c') nicht stehen kann. Das Deutsche erlaubt also in vielen Kontexten, in denen das Niederländische ein zichzelfverlangt, ein sich: (19)
a. Max benimmt sich/*ihn (gut) b. Max hasst sich/*ihn c. Max denkt über sich/*ihn nach
a.' b.' c.'
Max gedraagt zieh/*hem (goed) Max haat *zich/*hem Max denk over *zich/*hem na
Nach der hier vorgestellten Theorie bietet sich keine andere Lösung an, als anzunehmen, dass sich in (19b, 19c) ein SELF-Reflexiv ist. Reinhart/Reuland (1995) argumentieren fur eine solche Position. Die Tatsache, dass die Prädikate 'waschen' (7c) und 'benehmen' (19a) lexikalisch reflexiv sind, spiegelt sich nicht in der Morphologie wider und muss daher einfach Teil des Lexikons sein. In einer Sprache wie Kannada gibt es keine lexikalische Beschränkung für Reflexivmarkierungen (Lidz 1995); sie sind am Prädikat syntaktisch durch den verbalen Reflexivmarker koNDa markiert, wie in (20) zu sehen ist (aus Amritavalli 1999): (20)
a. *avanu tannannu he himself Er schlägt sich selbst b. avanu tannannu he himself 'Er schlägt sich selbst'
hoDeda beat-ms-AGR hoDedu-koNDa beatrNS-vR-AGR
Offensichtlich zählt tannannu nicht als Reflexivmarker, obwohl es ein Reflexiv ist, sodass das Prädikat, wie von der Bindungsbedingung in (15) gefordert, durch einen Reflexivmarker overt reflexiv markiert werden muss. Schließlich soll untersucht werden, was im Fall von logophorischer Bindung wie in (10), hier noch einmal wiederholt, passiert: (10)
Skoöun Jons er aö sig Opinion Jón's is that himselfACc 'Jon ist der Meinung, dass es ihm an Talent fehle'
vanti lacksSuBj
haefileika talent
In Beispiel (10) kann keine Kette zwischen dem Reflexiv und seinem Antezedens gebildet werden, da kein c-Kommando vorliegt; es gibt weder ein reflexives Prädikat noch ein reflexiv markiertes Prädikat. Das bedeutet, dass die Bindungsbedingungen in (15) trivialerweise erfüllt sind. Mit anderen Worten: die Reflexivitäts-Bindungstheorie findet keine Anwendung im Fall (10), hier greifen andere grammatischen Module. In (21) fasse ich die Reflexivitätstheorie zusammen, wobei ich mich auf die hier diskutierten Schwerpunkte beschränken und mich besonders auf die Aspekte beziehen werde, in der sie von der regulären Bindungstheorie abweicht (vgl. Reuland/Everaert 2000). (21)
REFLEXIVITÄT
a. begrenzt Bindungsbedingungen auf Beschränkungen für die Lizenzierung reflexiver Prädikate. Sie betrachtet also das Prädikat als relevante Domäne (15) b. nimmt eine Vierteilung anaphorischer Elemente an. Genauer: (i) der Begriff „Anapher" ist kein Primitivum (18) (ii) der Begriff R ist letztendlich ein morphosyntaktisches Konzept ( 17)
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Martin Everaert
c. betrachtet Bindung als modulare Erscheinung, die sich über das Lexikon, die Syntax, und den Diskurs erstreckt: (i) lexikalische vs. syntaktische Reflexivität (vgl. 7) (ii) Bindungsbedingungen vs. Kettenbedingung (iii) Bindungsbedingungen (Syntax/Semantik) für Argumente vs. logophorische Interpretation (Diskurs), wenn zwei Elemente Koreferenz aufweisen, aber keine Koargumente sind (vgl. 9, 10).
5.
Reflexivstrategien
In (22) geben wir einige Beispiele für unterschiedliche Typen von Elementen, die Reflexiva genannt werden können oder eine reflexivierende Wirkung haben:10 (22)
10
a. Personalpronomina: Fiji, Afrikaans, Niederländisch/Deutsch ( 1.12. Ps.) u.a. Jan vergis hom 'Jan irrt sich' b. Objektpronomen + Intensifíkator: Niederländisch (1./2. Ps.), Maurizianisches Kreol u.a. Ik praat nooit over mezelf 'Ich spreche nie über mich selbst' c. Unterspezifiziertes Reflexivklitikum: Französisch, Italienisch, Rumänisch, Serbo-Kroatisch u.a. Jean se lave 'Jean wäscht sich' d. Unterspezifiziertes Reflexivpronomen, (potentiell) phonologisch stark: Deutsch, Polnisch u.a. A nia opowiada o sobie 'Ania spricht über sich selbst' e. Possessives Körperteilnominal/self + Körperteilnominal/self: Georgisch (3. Ps.) u.a. prezident-ma daig'upa tavis-i tav-i 'Der Präsident zerstörte sich selbst' f. Possessivpronomen + Körperteilnominal/self: Englisch (1./2. Ps.), Papiamentu, Georgisch (1./2. Ps.) u.a. me vxatav chem-s tav-s 'Ich zeichne mich selbst' g. Körperteilnominal/self: Albanisch, Japanisch u.a. / dhimset vetja 'Er tut sich leid'
Vgl. Amritavalli (1999), Amiridze (1998), Annamalai (1999), Bennis/Pica/Rooryck (1997), Cole/Hermon/Huang (2001), Dixon (1988), Everaert (1986), Geniuäene (1987), Hara (2002), Koster/Reuland (1991), Muysken (1993), Muysken/Smith (1994).
Reflexivanaphern und Reflexivdomänen
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h. Verbalreflexiv, komplexe Verbalkonstruktion (Hilfsverb): Tamil, Kannada u.a. Kumaar tanne kaNNaaDile paattukiTTaan 'Kumar betrachtete sich im Spiegel' Es ist nicht immer einfach, ein spezifisches Wort oder Morphem zu bestimmen, das als Reflexiv bezeichnet werden kann, so wie wir es vom Englischen (himself), vom Französischen (se) oder vom Deutschen (sich) her kennen. In einigen Fällen wissen wir nur, dass eine bestimmte Konstruktion an der Reflexivierung eines Prädikates beteiligt ist. Daher können wir annehmen, dass (22) Reflexivstrategien eher verdeutlicht, als dass es etwa Anaphern oder Reflexiva spezifiziert. Der Begriff „Reflexivstrategie" entspricht in etwa dem von Faltz (1977). Hier definiere ich Strategie als Gebrauch eines Pronomens, eines Nomens, eines Morphems, einer Formänderung des Verbs oder eines anderen morphosyntaktischen Elementes, der von einer Sprache eingesetzt wird, um die reflexive Funktion zu erfüllen. In (23) habe ich versucht, die verschiedenen Arten, ein Prädikat zu reflexivieren, im Rahmen der Reflexivitätstheorie zu definieren. Klassifikationskriterien sind hierbei erst das „wo" und dann das „wie" der morphosyntaktischen Realisierung eines reflexiven Elementes: (23)
TYPEN VON REFLEXIVSTRATEGIEN
Reflexivierung von Prädikaten: a. durch Reflexivmarkierung eines Arguments (i) mit besonderer Reflexivform - besonderes Pronomen (Deutsch sich, Polnisch sobie) - besonderes Nomen (Georgisch tavis, Griechisch eaftós) -usw. (ii) durch Verdopplung eines Pronomens (Tsaxur wu%e: wu%) usw. b. durch Reflexivmarkierung des Prädikates durch (i) Hinzufugung eines Affixes - derivationell (Kannada koLLü) - flexivisch (Isländisch -st, Russisch -sja) (ii) Hinzufugung eines Klitikums (Französisch sé) (iii) Hinzufugung eines Hilfsverbs (Tamil kiDu/koL) (iv) Null-Affigierung (Englisch, Papiamento) usw. c. durch eine Kombination von (23a) und (23b) (im Fall des Tamil vgl. 22h) Die Liste in (23) klassifiziert Elemente vor allem auf der Basis ihres grammatischen Status und ihrer morphosyntaktischen Spezifikation. In dieser Form gibt sie noch nicht viel Aufschluss über den Gebrauch dieser Elemente, d.h. ihrer referentiellen Eigenschaften. Natürlich ist die Klassifikation in (23) noch lange nicht vollständig. In einigen Fällen ist auch unklar, wie ein Element klassifiziert werden müsste. Das französische Klitikum wird traditionell als Argument mit identifizierbarer Reflexivform betrachtet. In (23) wird se als nicht-argumenthaftes Element behandelt, das das Prädikat als Reflexivprädikat markiert, ein Nebenprodukt einer lexikalischen Reflexivierungsoperation (vgl. Grimshaw 1990, Reinhart/Siloni (erscheint) und Verweise in diesen Arbeiten). Wichtig ist, dass einfache Pronomina als solche nicht in (23) vorkommen. Ein einfaches Pronomen ist niemals selbst ein reflexives Element, sondern bildet nur einen Teil der Re-
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flexivstrategie. Dies lässt sich am Beispiel des Pronomens der 1. und 2. Person im Niederländischen illustrieren: (24)
a. Jan houdt van me 'Jan liebt mich' b. *Ik hou van me Ich liebe mich
a.' Marie verbergt je 'Marie versteckt dich' b.' Jij verbergt je 'Du versteckst dich'
Das niederländische Personalpronomen me/je (vgl. 24a, 24a') kann in reflexivischen Konstruktionen benutzt werden (vgl. 24b'), aber nicht mit allen Prädikaten (24b). Der Unterschied ist, dass das Verb verbergen ('verbergen', 'verstecken') eine inhärente Reflexivvariante zulässt, was bei houden van ('lieben') nicht der Fall ist. Mit anderen Worten: man kann sagen, dass verbergen einen coverten Reflexivmarker besitzt. Wenn man ein Element betrachtet, das als Reflexiv klassifiziert werden kann, stellt man fest, dass Grammatiken Sprachen oft so darstellen, als hätten sie nur einen Kandidaten. Faltz (1977, S. 5) nennt dies die primäre Reflexivstrategie, die archetypische Art, ein dyadisches Prädikat zu reflexivieren. Schladt (2000) z.B. nennt se als reflexivisches Element für das Französische, zieh für das Niederländische und sich fur das Deutsche, als würde er annehmen, dass eine Sprache immer nur eine primäre Reflexivstrategie hätte. Ich glaube jedoch, dass diese Art der Darstellung die Situation verzerrt. Viele Sprachen benutzen mehr als eine Reflexivstrategie. Um dieser Tatsache Rechnung zu tragen, verwendet Faltz die Begriffe „primäre" und „sekundäre Reflexivstrategie", wobei die prototypische transitive Konstruktion als primär bezeichnet wird. Uns ist nicht klar, warum es notwendig sein sollte, eine Strategie einer Sprache für basaler als eine andere zu halten. Arbeiten über Kreolsprachen haben deutlich gezeigt, dass in diesen Sprachen eine ganze Reihe von Reflexivstrategien zur Anwendung kommt. Es gibt dort gleichzeitig SELFAnaphern, Anaphern des unveräußerlichen Besitzes, Null-Reflexiva und lokal gebundene Pronomina, wobei die Auswahl lexikalisch bestimmt zu sein scheint (vgl. Muysken 1993, Muysken/Smith 1994). (25)
Papiamentu (Muysken 1993, Muysken/Smith 1994) a. Pronomen Mi ta sinti mi un tiki tristo 'Ich fühle mich ein bisschen traurig' b. Pronomen + Intensifikator (mes) Bo a yuda bo mes 'Du hast dir selbst geholfen' c. Possessiv + Intensifikator {mes) Mi ta weta mi mes 'Ich betrachte mich selbst' d. Possessiv + Körperteilnominal (kurpa) El a dal su kurpa na un palo 'Er lief gegen einen Pfahl' e. Körperteilnominal kurpa Mt ta deskansá kurpa 'Ich ruhe mich aus' Mi ta bisti paña f. Körperteilnominal paña 'Ich ziehe mich an' El a peña g. null 'Er hat sich gekämmt'
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Vielleicht muss man entgegen den Annahmen der typologischen Studie von Schladt (2000) davon ausgehen, dass die meisten Sprachen gemischte Reflexivsysteme besitzen. Betrachten wir zur Verdeutlichung ein weiteres Beispiel aus dem Niederländischen: (26)
Niederländisch (Everaert 1986, Reinhart/Reuland 1993) a. SE-Pronomen Zij wast zieh 'Sie wäscht sich' b. SE- Pronomen + Intensifikator Jan beoordeelde zichzelf 'Jan beurteilte sich selbst' c. Pronomen + Intensifikator Ik hou niet van mezelf 'Ich liebe mich selbst nicht' d. Personalpronomen Ik was me 'Ich wasche mich' e. null Over wassen is niet veel te zeggen 'Zum Waschen ist nicht viel zu sagen'
In beiden Fällen ist klar, dass es verschiedene Möglichkeiten zur Kodierung der Reflexivität eines Prädikats gibt, und auf der Basis von (25)-(26) schließe ich, dass diese Möglichkeiten entlang der Achsen Person und Verbklasse variieren. Ich fasse zusammen: Statt zwischen Typen von Reflexiva sollten wir vielleicht eher zwischen Reflexivstrategien unterscheiden: die (kombinierte) Verwendung eines Pronomens, eines Nomens, eines Morphems, einer Formveränderung des Verbs oder eines anderen morphosyntaktischen Elementes, die von einer Sprache eingesetzt wird, um die reflexive Funktion zu erfüllen. Diese Sichtweise zeigt sich in der Reflexivitätstheorie von Reinhart und Reuland.
6.
Domänen
Ein reflexives Element wird oft in strukturellen Konfigurationen verwendet, die wir vielleicht Reflexivumgebung nennen könnten. Dieser Punkt soll anhand einiger Beispiele aus dem Englischen erläutert werden, wobei eine vierfache Unterscheidung von Domänen für anaphorische Abhängigkeiten hypothetisch angenommen wird: (27)
a. Prädikat: b. Satz: c. Diskurs:
d. Deixis:
Mary thinks that [John saw himself] And that was exactly it, he thought. [He really didn't care too much [what happened to himself]] [Whom he [=Philip] was supposed to be fooling, he couldn't imagine], [Not the twins, surely, because Désirée, in the terrifying way of progressive American parents, believed in treating children like adults and [had undoubtedly explained to them the precise nature of [her relationship with himself]]] There were five tourists in the room apart from myself
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Hier scheint die Situation vorzuliegen, dass die Form 'Pronomen+se^ im Englischen in allen Domänen verwendet werden kann. Dann jedoch stellt sich die Frage, wie man die Domäne eines Reflexivs (seine Rektionskategorie) oder den Begriff der Anapher definieren soll. Im Fall des Englischen wissen wir, dass das lexikalische Element, das als Reflexivanapher gekennzeichnet ist, auch als emphatisches Pronomen verwendet wird. Baker (1993) schlägt vor, zwischen himself als Reflexivanapher und himself in nicht-anaphorischem, intensivierendem Gebrauch zu unterscheiden. Letzteres würde als leeres Pronominal mit emphatischem Pronomen generiert werden. Was also aussieht wie eine Reflexivanapher, ist in Wirklichkeit eine Kombination aus einem nicht lexikalisierten und einem emphatischen Pronomen. Jayaseelan (1997) und Siemund (2000) verfolgen eine ähnliche Argumentationsrichtung. Mit anderen Worten: es ist nicht immer einfach, die zwei Verwendungen zu unterscheiden, und es wäre schwierig, nur auf der Basis des Englischen zu einer allgemeinen Schlussfolgerung kommen zu wollen. Im Abschnitt (7) wollen wir daher auch andere Reflexivtypen aus anderen Sprachen betrachten. Zuvor soll jedoch die Definition des Begriffs der Domäne und - in Verbindimg damit - die des Begriffs der Anapher kurz unter die Lupe genommen werden. Die Bindungstheorie und die Reflexivitätstheorie entwerfen ein sehr einfaches Bild. Bindung im syntaktischen Sinne ist auf die Domäne der Prädikation beschränkt. Reflexiva beziehen sich daher auf die Domäne des Teilsatzes, wie in (28a). In der Bindungstheorie wird diskutiert, ob (28b) noch als mögliche Bindungsdomäne in Frage kommt. In der Reflexivitätstheorie ist diese Möglichkeit ausgeschlossen. In beiden Theorien ist Koreferenz außerhalb dieser Domäne, wie in (28c, 28d), jedoch verbotenes Gebiet. In der Domäne des Diskurses gibt es dann ausschließlich Pronomina. Zudem äußern sich weder Bindungstheorie noch Reflexivitätstheorie zu den anaphorischen Abhängigkeiten in dieser Domäne. (28)
Für y = Reflexiv, χ = Antezedens a [cp...x...y...] b. [Cp...x...[cp...y.··] -Χ...] c. [cp...x...] [cp—x.·.] [cp-y···] d. [cp-y-] χ
von y: (komplexes) Prädikat/Teilsatz Satz Diskurs Deixis
Gibt es einen Grund, Anaphern so aufzuteilen? Mit anderen Worten: gibt es einen Grund zu der Annahme, dass die einfache Anapher-Pronomen Unterscheidung für (28a, 28b) bzw. (28c, 28d) ausreicht? Nicht direkt. Im Prinzip könnten wir eine Einteilung wie im Folgenden aufstellen, in der jeder Domäne ihr eigenes identifizierbares anaphorisches Element zugeordnet wird: (29)
a. ReflexivA
für (28a)
b. Reflexive c. PronomenA d. PronomenB
für (28b) für (28c) für(28d)
Überlegen wir noch einmal, was eine Anapher ist. Reinhart und Reuland verwenden eine Definition, die auf Chomsky (1986) und Keenan (1988) beruht und in der Anaphern als referentiell defekte NPs gesehen werden. Von diesem Standpunkt aus ist nicht sofort klar, ob Reflexivanaphern z.B. jemals als Diskursanaphern betrachtet werden können. Mit anderen Worten: ich nehme allgemein an, dass die bevorzugte Domäne eines Reflexivs (28a) ist;
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(28b) ist im Prinzip möglich, während (28c) und (28d) unmöglich sind. A priori gibt es keinen Grund, dass das der Fall sein sollte, aber die Bindungstheorie verbietet diese Möglichkeiten. Das beruht nicht in erster Linie auf einer Beschränkung der Domänen, sondern vielmehr auf der c-Kommando-Beschränkung. Der Begriff des c-Kommando ist so gefasst, dass er sich unmöglich über den Diskurs definieren lässt (vgl. 28c, 28d). Reinhart (1983) fuhrt an, dass dies nicht nur bei relevantem c-Kommando der Fall ist. Sie argumentiert, dass es auch für die variable Bindung von Pronominalen (he/him) gilt, wie in (30) beispielhaft dargestellt: (30)
a. Every ex-husband feared that he would be neglected b. *Because she hated every ex-husband, Mary would certainly tell Zelda why she left him c. * Every ex-husband feared that I would be neglected. He ...
Wenn Reflexivanaphern notwendigerweise als gebundene Variablen interpretiert werden, müssten sich die vorhergesagten Diskursrestriktionen ganz natürlich aus dem Faktor ergeben, der für die (Un)Grammatikalität der Beispiele in (30) verantwortlich ist. Wenn das jedoch der Fall ist, müssen wir daraus schließen, dass die englischen Reflexiva in (26c, 26d) keine gebundenen Variablen sind. Daraus könnten wir zwei Dinge folgern: (i) reflexive Elemente müssen nicht notwendigerweise als gebundene Variablen interpretiert werden, oder (ii) Elemente können wie Reflexiva aussehen, ohne jedoch im technischen Sinne wie gerade dargelegt (d.h. in der notwendigen Interpretation als gebundene Variablen) Reflexiva zu sein. Die erste Möglichkeit wird oft, wenn auch meist implizit, von denjenigen favorisiert, die die Standard-Bindungstheorie oder eine ihrer Varianten ablehnen, das Konzept der logophorischen Reflexiva aber anerkennen. Mithilfe von Beispielen wie in (26c, 26d) wurde argumentiert, dass diskurstheoretische Konzepte wie Perspektive für anaphorische Bindung relevant sind. Anders gesagt: die Prinzipien, denen anaphorische Abhängigkeiten exemplarisch unterliegen, gehören nicht zur Syntax (d.h. Begriffe wie c-Kommando oder Domäne sind irrelevant). Sobald wir das annehmen, gibt es keinen Grund mehr, warum Reflexivanaphern nicht auch außerhalb der Domäne der Prädikation oder sogar im Diskurs auftreten könnten. Die zweite Möglichkeit wird von Pollard/Sag (1994) und Reinhart/Reuland (1991, 1993) favorisiert. Sie nehmen an, dass es nur eine Art von lexikalischem Element gibt, nämlich eine Reflexivanapher, die in manchen Fällen der Bindungstheorie, in anderen aber einem anderen interpretativen Prinzip unterworfen ist (vgl. auch Thráinsson 1976, 1979). Kehren wir nun wieder zu den Elementen zurück, die Reflexiva genannt wurden, und betrachten sie näher. Im nächsten Abschnitt möchte ich die Anapher-Pronomen-Unterscheidung der Bindungstheorie anhand von zwei Fragen diskutieren: (i) Gibt es eine Funktion, die übereinzelsprachlich fur die Elemente, die wir Reflexiva nennen, nicht zur Verfügung steht? Im Besonderen soll die Frage untersucht werden, ob Reflexiva oder Elemente, die wie Reflexiva aussehen, deiktisch verwendet werden können, (ii) Gibt es Gründe für eine feinere Unterscheidung als die Anapher-Pronomen-Dichotomie, wie etwa in (29)?
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7.
Zur Unterscheidung von Anapher und Pronomen
7.1 Der deiktische Gebrauch von Anaphern Die Tatsache, dass das japanische reflexive Element zibun Diskursbindung zulässt, ist aus der Literatur bekannt (Iida 1996 u.a.). Das folgende Beispiel aus Hara (2002) soll dies illustrieren: (31)
Watasi-no fe/n-wa, kuruma-de kodomo-o hii-ta 'Ein Bekannter von mir überfuhr mit seinem Auto ein Kind' Kare-wa, kyuu-ni tobidasi-te-ki-ta hoo-ga waru-i. Kodomo-o yoku situke-te-i-nakat-ta oya-ga waru-i-to it-te-i-ta 'Er sagte: „Der, der plötzlich rausrannte, war schuld. Die Eltern, die das Kind nicht gut erzogen haben, sind schuld"' Tokoroga, sono go zibun-no kodomo-ga kuruma-ni hik-are-te sin-da 'Danach aber wurde sein Kind von einem Auto überfahren und starb'
Hara (2002) argumentiert, dass zibun ein Marker für hohe Zugänglichkeit ist (im Sinne von Ariel 1990): „Thus when the speaker uses zibun, he signals to the addressee to search for a highly accessible antecedent." Nach diesem Ansatz braucht zibun nicht notwendigerweise ein satzinternes Antezedens. Tatsächlich wurde festgestellt, dass die Reflexivanapher zibun in Fällen wie (32a, 32b) sogar deiktisch verwendet werden kann, d.h. mit dem Sprecher oder dem Adressaten als Referenten: (32)
a. Hirosi ga ima gesyuku site iru ie ni zibun wa moo gonen mo sunde iru 'Ich habe gut fünf Jahre in dem Haus gewohnt, in dem Hiroshi jetzt wohnt' b. Taroo ga kai ni der-are-nakat-ta no de zibun wa Ziroo o kawari ni yat-ta 'Weil Taro nicht zur Tagung gehen konnte, schickte ich Jiro in seine Wohnung'
Nach Meinung einiger ist dieser Gebrauch von zibun auf bestimmte Dialekte (Inoue 1976) oder bestimmte Register, wie eine besondere Klasse von Männern, z.B. Militärs (vgl. Akatsuka McCawley 1976, S. 58, Inoue 1976, S. 119), beschränkt. Hara (2002) scheint anzudeuten, dass zibun in dieser Bedeutung allgemeiner verwendet werden kann. Er führt an, dass es möglich ist, dass zibun in Beispiel (33) auf das Subjekt referiert, wobei jedoch die Interpretation vorgezogen wird, dass zibun sich auf den Sprecher bezieht. (33)
a. Daremoj-ga zibun S PEAKER>i-o tunet-ta 'Jeder kniff mich>sich (selbst)' b. Daremoj-ga zibun speaker>í-o nikun-de-i-ru 'Jeder hasste mich>sich (selbst)'
Zu beachten ist aber, dass in diesen Fällen von deiktischem Gebrauch (32, 33) der Bezug auf Sprecher oder Adressat beschränkt ist. Referenz auf jemand anderen als Sprecher oder Adressat ist nicht zulässig. Dementsprechend sind zibun und zibun-tachi keine regulären Pronomina. Also können Sätze wie (34) aus Okamoto (2001) im entsprechenden Kontext nur (ii) bedeuten, nicht jedoch (i):
Reflexivanaphern und Reflexivdomänen (34)
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a. Zibun-ga asagohan-wo tabeta (i) 'Er frühstückte' (ii) 'Ich frühstückte' b. Zibun-tachi-ga asagohan-wo tabeta (i) 'Sie frühstückten' (ii) 'Wir frühstückten'
Im Englischen können wir dasselbe Phänomen beobachten. Betrachten wir die Beispiele in (35) aus Ross (1970): (35)
a. There were five tourists in the room apart from myself b. Physicists like yourself are a godsend
Ein Reflexiv der ersten oder zweiten Person kann verwendet werden, um direkt auf die Teilnehmer eines Diskurses zu verweisen. Die einzige Einschränkung scheint zu sein, dass Reflexiva der dritten Person nicht deiktisch verwendet werden können (vgl. 36): (36)
a. *There were five tourists in the room apart from themselves b. *Physicists like himself are a godsend c. *I thought that Mary and himself were leaving
Miller (1993) stellt fest, dass im schottischen Englisch myself àori verwendet wird, wo man im Standardenglischen I/me benutzt, was bedeutet, dass der Gebrauch der Reflexivform noch weiter verbreitet ist: (37)
a. There wasn't one policeman on duty at the time and if it hadn't been for myself, no evidence either b. Myself and Andy changed and ran onto the pitch
Doch auch hier wird die dritte Person in diesem Kontext nicht verwendet. Harris (1993) bemerkt jedoch, dass dies im irischen Englisch möglich ist: (38)
a. Herself will tell you b. Did you see himself?
Harris beschreibt diesen Gebrauch wie folgt: „Typically, the reference in such cases is implicit. That is, rather than the person being mentioned explicitly in the immediate linguistic context (for instance, in a preceding sentence), the reference draws on the shared knowledge of the speaker and hearer. Note that in each of the following sentences there is no noun phrase with which the self-pronoun can be construed."
7.2 Zwischen Reflexiv und Pronomen: Tamil und Niederländisch 7.2.1 Tamil (Lehmann 1989, Annamalai 1999) Das Tamil besitzt zwei Typen von Pronomina, die sich auf Antezedentien der dritten Person beziehen: avanai ('dieser dort', 'er'; 3. Person, Maskulinum, Akkusativ, -Proximal)
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und ivanai ('dieser hier', 'er'; 3. Person, Maskulinum, Akkusativ, +Proximal)." Außerdem kennt das Tamil die pronominale Form taan/tannai (3. Person, -Plural, Nominativ/Akkusativ, ohne Genusspezifizierung), die man als Äquivalent des deutschen sich betrachten könnte. Die Beispiele in (39) illustrieren die Bindungsmerkmale von taan: taan kann nicht diskursgebunden auftreten (vgl. 39), während eine satzinterne Referenz jedoch nicht auf die lokale Domäne beschränkt ist (vgl. 40a, 40b): (39)
a. *kamalaa avan tann-ai veru-kkir-aan en-ru ninai-tt-aaL Kamala he self A cc hatePREs-3SM sayvBP thinkPST-3SF Kamala dachte, dass er (= Vikram) ihn (= Kumar) hasst b. *kumaar kaDekki poonan; ange tanakku oNNum piDikkale Kumar shop to gOpAST-3SM there self to anything like not Kumar ging in den Laden; nichts gefiel ihm dort
(40)
a. kamalaa avan tann-ai veru-kkir-aan Kamala he himACc hate P R E s-3SM 'Kamala dachte, dass er sich hasst' b. kamalaa avan tann-ai veru-kkir-aan en-ru Kamala he herACc hate P RE S .3SM sayVep 'Kamala dachte, dass er sie hasst'
en-ru sayVBP
ninai-tt-aaL thinkPST-3sF
ninai-tt-aaL thinkPST_3SF
In Lehmann (1989) wird taan als Pronomen der 4. Person beschrieben: „the occurrence of taan in a reflexive construction is only one of its occurences and there is, therefore, no justification to call it a reflexive pronoun [...] just because it can occur in a reflexive construction" (S. 97). Mit anderen Worten: da taan nicht auf die kleinste Domäne beschränkt ist (28a), sondern regulär in einer größeren Domäne verwendet wird, will Lehmann es nicht Reflexiv nennen, im Gegensatz zu Annamalai (1999). Das Pronomen avan ist das für Diskursbindung gewählte Element (vgl. 41a); lokale Bindung ist ausgeschlossen (41b), außer in Modifikation durch einen Emphasemarker (41c): (41)
a. kumaar kaDekki poonan; ange avanukku Kumar shop to go P A sT-3SM there h e D A T 'Kumar ging in den Laden; nichts gefiel ihm dort' b. *kumaar avan-ai veru-kkir-aan Kumar
him A C c
Kumar hasst sich c. kumaar avaneyee Kumar himACc-EMPH 'Kumar hasst sich selbst'
oNNum anything
piDikkale like not
hatePREs-3SM
verukaan hatePRES-3SM
Die Unterschiede/Gemeinsamkeiten zwischen den proximalen/obviativen Pronomina werden in den Beispielen (42-43) deutlich. Beispiel (42) zeigt, dass beide Pronomina deiktisch verwendet werden können, während ivan, das proximale Element, bei satzinterner Referenz ausgeschlossen wird:
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Im gesprochenen Tamil wird der Akkusativ durch das Suffix -e markiert, vgl. (22h), (4le).
Reflexivanaphern und Reflexivdomänen (42)
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a. ivan en tampi (this)-he I O B L brother 'Er ist mein Bruder' b. avan en tampi (that)-he I B L brother 'Er ist mein Bruder' 0
(43)
a. kumaar va-nt-aal naan avan-iTam collu-v-een Kumar comeCoND I heLOc sayFUT-is 'Wenn Kumar kommt, werde ich es ihm sagen' naan ivan-iTam collu-v-een b. *kumaar va-nt-aal Kumar comeCoND I heLOc sayFUT.is Wenn Kumar kommt, werde ich es ihm sagen
Zusammenfassend können wir sagen, dass taan ein Element ist, das für satzinterne Referenz verwendet wird, wenn es von seinem Antezedens c-kommandiert wird (vgl. 28a, 28b); ivan wird nur in deiktischen Kontexten benutzt (28d), während avan für Deixis, in Diskursbindung oder in satzinterner Bindung verwendet werden kann (28b, 28c, 28d).
7.2.2
Niederländisch
Wie in Kapitel 3 diskutiert, ist die Einteilung der anaphorischen Elemente im Niederländischen der im Englischen sehr ähnlich. Pronomina werden für Deixis, in Diskursbindung oder in satzinterner Bindung verwendet (28b, 28c, 28d). Im Gegensatz zum Englischen hat das Niederländische zwei Reflexivformen: zieh und zichzelf aber trotz distributioneller Unterschiede sind beide auf die Domäne der Prädikation beschränkt (28a). Wichtig ist, dass anders als bei der englischen Reflexivanapher keines der beiden Reflexiva Diskursbindung zulässt: (44)
a. Die uitspraken over *zich/?zichzelfhadden tot gevolg dat er een artikel verscheen waarin hij belachelijk werd gemaakt 'Die Aussagen über sich (selbst) hatten zur Folge, dass ein Artikel erschien, in dem er lächerlich gemacht wurde' b. *Er is een artikel over hem versehenen in de krant. Die uitspraken over zich/zichzelf stonden op de voorpagina. Es ist ein Artikel über ihn in der Zeitung erschienen. Die Aussagen über sich (selbst) standen auf der Titelseite
Es gibt jedoch eine Pronominalform - Pronomen + zelf - , die auf den ersten Blick nicht zu den Reflexivanaphern gezählt werden würde, da sie sich wie ein diskursanaphorisches Element ähnlich dem englischen himself verhält.12 In Anagnostopoulou/Everaert (1999) wird argumentiert, dass die Merkmalspezifizierung von hemzelf im Sinne der Reflexivitäts12
Wir nehmen an, dass hemzelf, genauso wie zichzelf, aus einer Kombination eines Pronomens und einer Fokuspartikel aufgebaut ist (Everaert 1986, vgl. auch Siemund 2000): (i) [DP [DP Pronomen] [Q zelj] ]
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theorie [+SELF, +R] lautet. Wenn das der Fall ist, sagen wir richtig voraus, dass die Beispiele in (45a, 45b) ungrammatisch sind, da sie Kettenbedingungen verletzen (vgl. 14, 17a); für das Beispiel (45c) wird Grammatikalität vorausgesagt: (45)
a. *Jan zag hemzelf Jan sah ihn selbst b. *Jan schoot op hemzelf Jan schoss auf ihn selbst c. Zij dachten dat er over henzelf gepraat werd 'Sie dachten, dass über sie (selbst) geredet wurde'
Anagnostopoulou/Everaert (1999) argumentieren, dass bei anaphorischen Ausdrücken wie hemzelf erwartet wird, dass sie in logophorischen Kontexten wohlgeformt sind. Die Beispiele in (46) aus Van der Leek (1980) illustrieren dies: (46)
a. Zij praatten met Bob over hemzelf 'Sie sprachen mit Bob über ihn selbst' b. Die beschrijving van hemzelf als communist ergerde De Gaulle 'Die Beschreibung seiner selbst als Kommunist ärgerte De Gaulle' c. Er werd de koningin een portret van haarzelf aangeboden 'Es wurde der Königin ein Porträt von ihr selbst angeboten'
Diese [+SELF, +R]-Anaphem werden aus dem einfachen Grund von der Kettenbildungsbedingung (14) nicht ausgeschlossen, weil es keine Kettenbildung gibt und die Reflexivitätsbedingungen (15) trivialerweise erfüllt sind. Da persönliche Urteile in diesem Punkt nicht immer eindeutig sind, habe ich eine Korpusuntersuchung durchgeführt. Ich habe nach hemzelf in einem Korpus von fünf Millionen Wörtern (INL, 5 miljoen woorden corpus 1994) suchen lassen und kam zu den folgenden Ergebnissen: 259 Vorkommen, davon 43 Fälle in Argumentposition (vgl. 47a) und 216 Fälle in Adjunktposition (vgl. 47b): (47)
a. Volgens Minister Ritzen was dat rapport voor hemzelf bedoeld en niet voor de openbaarheid 'Minister Ritzen zufolge war der Bericht für ihn selbst bestimmt und nicht für die Öffentlichkeit' b. [Dus] zal Martin nieuwe voeten nodig hebben. Een heel fijne en positieve droom. Een hulpmiddel voor hemzelf en zijn ouders 'Daher wird Martin neue Füße nötig haben. Ein ganz feiner und positiver Traum. Eine Hilfe für ihn selbst und seine Eltern'
In diesen Fällen liegt keine kontrastive Betonung vor. Dennoch gibt es eine Prominenzbeschränkung: das Antezedens steht in der prominentesten Relation zu hemzelf In Beispielen wie (48,49) wird diese Perspektivenbedingung verletzt: (48)
a. F: Wat vindt Karel van Pietl 'Was denkt Karel über Piet?' b. A: Karel bewondert hem/*hemzelf zeer. 'Karel bewundert ihn/ihn selbst sehr'
Reflexivanaphern und Reflexivdomänen (49)
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a. Jan sprak over mij en Marie sprak over hem/*hemzelf 'Jan sprach über mich und Marie sprach über ihn/ihn selbst' b. Jan sprak over mij en Marie sprak over de taak die heml*hemzelf was toegewezen 'Jan sprach über mich und Marie sprach über den Auftrag, der ihm/ihm selbst zugewiesen war'
Ich fasse zusammen: das niederländische zich/zichzelf ist auf die Domäne der Prädikation beschränkt (28a); Pronomina sind in allen anderen Domänen zugelassen (28b, 28c, 28d), und hemzelf wird aus der Domäne der Prädikation und dem deiktischen Gebrauch ausgeschlossen (28b, 28c).
8.
Zusammenfassung
Die Bindungstheorie von Chomsky (1981, 1986) lässt sich auffassen als eine Theorie über anaphorische Abhängigkeiten, die (i) als syntaktische Abhängigkeiten strukturellen Beschränkungen unterliegen, und (ii) auf einer fundamentalen Anapher-Pronomen-Dichotomie beruhen. Die Reflexivitätstheorie von Reinhart/Reuland (1993) weicht von einigen Kerneigenschaften der Bindungstheorie ab, da sie (i) reguläre Bindung auf die Domäne der Prädikation beschränkt, (ii) eine sehr viel elaboriertere Klassifizierung reflexiver Elemente annimmt und (iii) mehrere verschiedene Arten der Lizensierung anaphorischer Abhängigkeiten zulässt. In den Abschnitten 2-4 haben wir empirische Unterschiede zwischen diesen Ansätzen diskutiert. Wir kamen zu dem Schluss, dass die Reflexivitätstheorie einen größeren Spielraum bezüglich der Beschränkung der diversen Arten der Kodierung von Reflexivität erlaubt. Anschließend haben wir gezeigt, dass es verschiedene Typen von Elementen gibt, die Reflexive genannt werden können oder einen reflexivierenden Effekt haben. Da es nicht immer einfach ist, ein spezifisches Wort oder Morphem als solches zu identifizieren, haben wir vorgeschlagen, den Begriff „Reflexivstrategie" zu benutzen, definiert als der Gebrauch eines Pronomens, eines Nomens, eines Morphems, einer Formänderung eines Verbs oder eines beliebigen anderen morphologischen Mittels, das von einer Sprache benutzt wird, um die reflexivierende Funktion auszuüben. Wir haben argumentiert, dass viele Sprachen mehr als eine Reflexivstrategie benutzen, und wir haben gezeigt, dass das Papiamento und das Niederländische zwei solche Fälle sind. Anstatt verschiedene Typen von Reflexiven zu unterscheiden, schlagen wir also vor, verschiedene Typen von Reflexivstrategien zu unterscheiden. Schließlich haben wir die Frage der Anapher-PronomenDichotomie in der Standardbindungstheorie behandelt (Abschnitte 6-7). Auf der Basis einer stark vorläufigen Diskussion von Fakten aus dem Japanischen sowie aus Dialekten des Englischen, des Tamil und des Niederländischen schließen wir, dass eine feinere Unterscheidung als die Anapher-Pronomen-Dichotomie der Bindungstheorie notwendig ist. Es gibt reflexivierende Elemente, die auf die Domäne der Prädikation beschränkt sind (so wie das Deutsche sich selbst), reflexivierende Elemente, deren Gebrauch satzintern erlaubt ist, einschließlich der Domäne der Prädikation, so wie taan im Tamil, und reflexivierende Elemente, die in der Diskursdomäne gebraucht zu werden scheinen, einschließlich des satzin-
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ternen Gebrauchs, so wie das englische himself und das japanische zibun. Pronomen werden generell als Elemente angesehen, die in jedweder Domäne gebraucht werden können, mit Ausnahme der Domäne der Prädikation. Wir haben argumentiert, dass die Distribution des niederländischen hemzelf, das wir auf Anhieb als Pronomen betrachten würden, etwas stärkeren Beschränkungen unterliegt, indem der deiktische Gebrauch ausgeschlossen zu sein scheint. Weitere Untersuchungen müssen klären, ob diese vorläufigen Schlüsse aufrechterhalten werden können.
9.
Literatur
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Sam Featherston & Wolfgang Sternefeld
The Interaction of Factors in Judgements of Reflexive Structures: Data from Object Coreference in German*
1.
Introduction
Although there is considerable variation among the languages of the world in the use and reference of anaphors and pronominals, there also seem to be surprising cross-linguistic similarities. The permissible bindings of anaphoric elements seem far more rigidly restricted than would be expected if they were merely motivated by factors such as pragmatics or interpretative strategies, and so researchers have seen binding phenomena as a rich source of data about the universale of human language. Experimentation has played a part in suggesting that pragmatic factors are not the sole determinants of pronoun reference. For example, Corbett/Chang (1983) used a sentence-end probe task to examine whether context would limit the antecedents accessed by a pronoun. Subjects were presented with sentences with either a full NP or a pronoun, and then shown a probe word for them to make a lexical decision on ("Is this a real word?"). (1)
Ellen aimed a pistol at Harriet,... a. but Ellen did not pull the trigger. b. but she did not pull the trigger.
Probe ELLEN HARRIET ELLEN HARRIET
Response fast slow fast fast
When the subject of the second clause was specified as Ellen as in (la), then the response to the probe ELLEN was faster than to HARRIET. When the subject was a pronoun that could refer to either Ellen or Harriet as in (lb) the response times were similar to the two probe words. Since the priming effect in lexical access causes shorter response times for more recently previously accessed items, this suggests that the pronoun in (lb) reactivated both possible antecedents, even though one of them was a much more natural continuation of the sentence content than the other. Mere probability in context did not appear to constrain the mental reactivation of possible antecedents, therefore, which must be seen as supporting a grammar-driven model of pronoun reference and not a context-driven one. There is however other linguistic data which is less easy to account for in grammatical terms. An example of this is coreference between a direct and an indirect object in German, which shows surprising features which are not well understood. While there have been a This work was carried out in subproject A3 Suboptimal Syntactic Structures of the SFB 441 Linat Tübingen University, funded by the Deutsche Forschungsgemeinschaft. Thanks to Tanja Kiziak and Frank Keller, as well as audiences in Mannheim and Leeds for their ideas, suggestions, and support. The errors and failings remain our own. An earlier version of this paper appeared as Featherston (2002a).
guistic Data Structures
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Sam Featherston & Wolfgang Sternefeld
number of attempts to account for the data, these have been hampered by lack of clarity in the data set about what is and is not grammatical, as well as by the unusual nature of some of the apparent constraints in operation. In this study we employed the magnitude estimation methodology (Bard et al 1996, Cowart 1997, Keller et al 1998) in order to clarify this murky area. On the firm basis of this empirically obtained data, we are able to evaluate hypotheses relevant to this structure which have been advanced in the literature. Since none of them comes close to accounting for the full data set, we develop our own account of the phenomena, making use of cumulative and violable constraints (eg Keller 2000). Since our approach makes use only of assumptions motivated elsewhere in the literature and accounts for the previously unexplained German object coreference data, it offers strong support for this experimental method and constraint interaction model.
2.
Object Coreference in German
Most reflexives in German are syncretic with other pronominale, but the third-person reflexive sich is distinctive, although it can have either dative or accusative case. Most frequently, it abides by Binding Condition A and denotes coreference with the subject, but there are some structures where coreference with an object seems possible, although restricted. Unfortunately, the precise nature of these restrictions is unclear, in part because the grammaticality judgements of the relevant examples are controversial. Grewendorf (1984, 1985, 1988) attributes the restrictions on the binding of reflexives by non-subjects to a noun phrase hierarchy of grammatical functions, arguing that the binder of a pair must always be higher up in the hierarchy than the bindee (see Primus 1987 and Pollard/Sag 1994 for similar approaches). The hierarchy he adopts is a fairly standard one encoding the intuitive notion of obliqueness, ie Subject < Direct Object < Indirect Object < Instrumental < Adverbial < Genitive. This successfully captures some of the differences in binding possibilities, for it is clear that subjects are the preferred binders, and the more oblique grammatical functions are probably impossible as antecedents. The tripartite distinction between subject, objects, and the more oblique functions is thus empirically justified. However this hierarchy also necessitates that there be a clear grammaticality difference between a structure in which a direct object binds an indirect object and one in which an indirect object binds a direct object, other things being equal. Grewendorf argues that this is the case, and offers the following relevant judgements (2) (eg Grewendorf 1988). (2)
a. Der Arzt the doctor b. Der Arzt the doctor
zeigte showed zeigte showed
den Patienten the patient.ACC dem Patienten the patient.DAT
sich/*ihm REFL/PRN.DAT *sich/ihn REFL/PRN.ACC
im in.the im in.the
Spiegel, mirror Spiegel, mirror
Example (2a) indicates that a dative reflexive may be bound by an accusative binder, but a dative pronominal cannot be. Example (2b) shows that an accusative reflexive cannot be bound by a dative antecedent, but that an accusative pronominal can. This account is superficially attractive since it links in to the noun phrase accessibility hierarchy, which has been
27
The Interaction of Factors in Judgements ofReflexive Structures
independently advanced for other purposes (Keenan/Comrie 1977). In addition, it captures the three-way split between subject, objects and obliques quite well. However, there is a difficulty associated with it, namely that the data does not clearly support it. All object coreference structures in German are somewhat marked, which makes the judgements rather marginal, but even in this unclear data set other authors give very different judgements of sentences such as those in the set in (2). Next, it is phrased in terms of grammatical functions, but there is evidence that binding is also affected by structural factors such as c-command and surface factors such as linear order, but it is unclear how these factors could interact in this model. Primus (1987) too argues that the data is correctly captured by a noun phrase hierarchy, this time defined in terms of case, but adds to this a range of additional constraints, such as that a non-subject binder must c-command (the trace of) its bindee. This suggestion seems plausible, but is difficult to assess since the binding behaviour of complements is perhaps the major source of evidence we have for their c-command relations. Without some independent measure of c-command it is difficult to see how this proposal can generate any predictions additional to those of Grewendorf s proposal. In this study we merely address the grammaticality of reflexives and pronouns in coreference structures, and explicitly test the prediction of Grewendorf that a direct object should bind an indirect object more readily than an indirect object binds a direct object. Fanselow's (1991) Proper Inclusion Principle suggests that a more specific rule will block the application of a more general one if its domain of application is properly included within it. The binding possibilities of reflexives and pronouns, he argues, are an example of this. Their distribution is not merely described by complementarity but actually driven by it: that is, the binding domain of the reflexive anaphor is not only co-extensive with the domain within which a pronoun must remain free, but also the definition of it. Notice that this approach has much in common with the pragmatic approach of Levinson (1991), in which a similar blocking mechanism applying to the maxims of felicity is argued to underlie binding conditions. Now while this complementarity-driven approach is readily compatible with Binding Conditions A and B, a number of exceptions to it have been noted, where the pronoun and reflexive both seem possible, for example in English: (3)
Kay and Tybalt pulled the blanket back over them/themselves.
Fanselow does not discuss precisely our object coreference structures, but the prediction his theory makes is clear: where the included member of a pair of anaphoric elements can grammatically bind, the container of the pair must be ungrammatical. Now this is doubtful in object coreference structures in German; for example, Lechner (2000) describes (4) with a reflexive and (5) with a pronoun as "equally bad". (4)
*weil ich die Maria sich im Spiegel as I theM.ACC REFL.DAT in.the mirror 'as I have shown Maria herself in the mirror'
gezeigt show
habe have
(5)
weil as
gezeigt shown
habe have
ich I
die Maria the M . A C C
ihr PRN.DAT
im Spiegel in.the mirror
Sam Featherston & Wolfgang Sternefeld
28
In our study we test whether the pronoun and reflexive are indeed in complementary distribution in these structures as predicted by the Binding Theory and the Proper Inclusion Principle. Reis (1976) notes that these sentence types are much improved by the modification of the anaphor with a selbst ("self'). She raises the question whether this selbst insertion should be seen as a separate grammatical process, or whether it is merely a contextual factor; if it were the first, we might need to conclude that object binding of reflexives unmodified by selbst is actually ungrammatical in German. Reis herself suggests that examples without a modifying selbst which seem acceptable exist, eg (6)-(7). (6)
(7)
Hans überlässt die Schwester Hans leaves the sister 'Hans leaves the sister to herself
sich, REFL
Der Psychoanalytiker hat den Patienten¡ wieder an sichi gewöhnt the psychoanalyst has the patient again to REFL accustomed 'The psychoanalyst has got the patient used to himself again'
Primus (1992) offers an account of the behaviour of selbst as a scalar focus adverb. While in most uses of selbst the scalar quality is visible, this is not salient in its use as modifier of a reflexive, but she argues that this is a difference of degree, and that it is not sufficient to force a separate categorization of selbst as a reflexive. She points out that structures such as (8) are on the verge of ungrammaticality, except in a contrastive context in which Peter was in the habit of doing all these things to others but never to himself. Now if the primary content of selbst were emphatic reflexivity, this should not occur. (8)
Peter wäscht/kämmt/rasiert/setzt Peter washes/combs/shaves/sits
sich¡ REFL
selbst; selbst
(9)
Maria kaufte für die ganze Familie etwas Schönes, für Mutter Maria bought for the whole family something nice for mother und Brüderchen Pralinen, für Vater und sich selbst Schnaps, and little.brother chocolates, for father and REFL selbst schnapps
On the other hand, selbst is fine in sentences such as (9), which show its focus function with no requirement for emphatic reflexivity. The situation consists of a simple distinction between family members; there is nothing remarkable about Maria preferring schnapps. There is however a contrast effect, and this requires a stressed anaphor. A bare sich is only marginally stressable, so the addition of the focus adverb is strongly preferred in such contexts.1 Now being the bearer of stress is readily compatible with a focus adverb, and re-
1
Let us note here some apparent counter-examples. Examples such as (i) and (ii) are not worse without selbst than with (Gunkel pc). (i) Peter kauft etwas flir sich und seine Familie (ii) Er liebt nur sich und seine Kinder However it seems likely that other factors are confounding the data here. The relative weight of conjuncts in particular is probably playing a role here. For example (iii) is better with selbst again.
The Interaction of Factors in Judgements of Reflexive Structures
29
moves the need for selbst to separately bear reflexive semantic content. On this analysis therefore, there is nothing intrinsically reflexive about selbst, it merely collocates frequently with reflexives. We hope to gain evidence in our experiment with which to test this analysis. Reinhart and Reuland (ie Reinhart/Reuland 1993 and Reuland/Reinhart 1995, see also Everaert this volume) offer another account of reflexivity, which has implications both for the distribution of anaphors and pronouns as well as for the nature of selbst. They distinguish between simplex SE-type and complex SELF-type anaphors (see also Pica 1984, Faltz 1985, and Everaert 1986), and argue that the former are in fact pronouns, since they occupy the same "determiner position", perhaps spec-NP. They differ from pronouns in that they are underspecified for phi-features, specifically gender, number and case, which makes them non-referential and thus feasible feet of chains. They can thus occur as co-arguments where pronouns cannot, since they are referentially independent (+R) and would violate the Chain Condition. The disjoint distribution of SE- and SELF-type anaphors is achieved by a rewriting of Binding Condition B, which in its new form states that a semantically reflexive predicate must be reflexive-marked. This can happen in two ways: predicates which are grammatically reflexive are lexically reflexive-marked, other predicates must be reflexivemarked by having a SELF-anaphor as an argument. This analysis encounters a problem in German, since both lexically reflexive-marked verbs (10a) and verbs only optionally reflexive (10b) can have sich as an argument. (10)
a. Max
benimmt/irrt
sich
Max
behaves/errs
REFL
b. Max Max
hasst/liebt
sich
Max hates/loves
REFL
Reinhart and Reuland deal with this by arguing that German sich exists both as a SEanaphor, when it is unstressed, and as a SELF-anaphor, in which case it is stressable and sometimes accompanied by a selbst, noting that the unstressed sich occurs in contexts parallel to those in which the Dutch SE-anaphor zieh appears, while the stressable sich (selbst) appears in parallel contexts to the Dutch SELF-anaphor zichzelf. This account makes fairly clear predictions for object «»reference structures. With verbs not lexically reflexive, only SELF-anaphors should be possible, since neither SE-anaphors nor pronouns would reflexive-mark the predicate. This means that sich as an anaphor should be possible, with or without a modifying selbst, while a pronoun should be impossible because it fails to reflexive-mark. Now the authors do not discuss the possibility of a pronoun plus selbst, but the prediction is clear: if selbst is a focus adverb as Primus (1992) claims (see above), a pronoun plus selbst should behave just as a lone pronoun - focus adverbs plainly cannot reflexive-mark. If on the other hand selbst is an emphatic reflexive we might assume that it can reflexive-mark, and the semantically but not lexically reflexive
It appears that the preference for lighter conjuncts to linearly precede heavier ones is muddying the picture in (i) and (ii). (iii) Peter kauft etwas für seine Familie und sich (selbst) More generally, it seems that modification and conjunction of sich can affect its acceptability, but this does not materially affect our discussion here, where the issue is bare sich vs sich + selbst.
30
Sam Featherston & Wolfgang Sternefeld
predicates in our object coreference structures should be no less grammatical with a pronoun plus selbst than with a reflexive anaphor. Either way we should expect a clear pattern: a pronoun plus selbst should either pattern just like a pronoun or just like a reflexive. A final surprising feature of these constructions is noted by Elena Anagnastopoulou (cited in Lechner 2000). It seems that pronominale are better than full NPs as antecedents in object coreference structures, so that (11) is more acceptable than (12): (11)
?Die Friseurin the hairdresser
zeigte showed
ihm, him
sich¡ himself
(12)
??Die Friseurin the hairdresser
zeigte showed
dem Kunden the customer
im in.the
Spiegel. mirror
sich¡ himself
im in.the
Spiegel. mirror
This is of course somewhat surprising, since the NP type of the antecedent is not generally thought to play a role in binding structures, and so we investigate this variable in our experiment too. Let us note here that we shall not in this paper address reciprocal constructions. For reciprocals see Stemefeld/Featherston (this volume).
3.
Experimental Design
Perhaps the major problem holding back progress in this area is the indeterminacy of the data. When most authors contest some of the judgements in the preceding literature, it is clear that little theoretical advance can be made. In particular it is sometimes maintained that there is in German no grammatical equivalent construction to the English (13). (13)
I showed Tanja herself in the mirror
Our first aim is thus to determine the grammaticality of object coreference in German in a range of different structures whilst strictly controlling for factors such as lexis, plausibility, and context. There are differing claims in the literature about which examples are feasible, and we hope to provide answers from hard data. We further wish to test some of the accounts of this in the literature. Those which make use of an obliqueness hierarchy predict that a structure in which a direct object binds an indirect object will be better than the inverse. We test this in our experiment by including a two-valued parameter Case Order: Dat Refl.jfD > Refl-sc
Da REFLEXIVIERUNG IN KD tiefer geordnet ist als REFLEXIVIERUNG IN THD, ändert sich für die Analysen, wo Kasus- und Thetadomäne identisch sind (vgl. Abschnitt 3), nichts. Für englische Sätze wie (35) jedoch erhält man nun das richtige Resultat, wenn angenommen wird, dass REFLEXIVIERUNG IN KD höher geordnet ist als *SELF (vgl. Ti 8 ). (39)
Englisch: Refl.ThD » Refl.JFO » *SELF O Refl. B D » *PR0N
65
Optimale Reflexivierung
Tis." (35) Jani heardhimselfi/*him\ sing Kandidaten Refi. ThD Refl./CD «f Ki: himself *! K2: him
*SELF
Refluo
*PRON
*
*
*
Im Niederländischen und Deutschen muss in dieser Art von Sätzen ebenfalls das Pronomen ausgeschlossen werden, es sind jedoch beide Anapherntypen zulässig.10 (40)
a. Jani hoorde zichzelfi/zichi/*hemi zingen. b. Jani hörte sich selbsti/sichi/*ihni singen.
Im Gegensatz zum Englischen, wo REFLEXIVIERUNG IN K D ^ * S E L F gilt, müssen die beiden Beschränkungen im Niederländischen deshalb gekoppelt sein. Unter dieser Annahme gehen beide Anaphern als Gewinner hervor, wohingegen das Pronomen aufgrund der Gradienz der Reflexivierungsbeschränkung schlechter abschneidet und wegfallt (vgl. Tig). (41)
Niederländisch: Refl.ThD » Refi.KD o »SELF » Refl.ßo ° *SE > *PRON 7i,: (40-a) Jan y hoorde zichzelfi/zichi/*hem\ zingen *SELF Refluo Kandidaten REFL.TVID "β- ΚΙ: zichzelf *(0 K 2 :zich K3: hem **!
Refl.ßD
*SE
*
*
**
•PRON
*
Die Tatsache, dass im Deutschen ebenfalls beide Typen von Anaphern erlaubt sind, lässt darauf schließen, dass auch hier REFLEXIVIERUNG IN KD und ""SELF gekoppelt sein müssen. Allerdings wurde bereits gezeigt, dass *SELF zudem mit REFLEXIVIERUNG IN T H D gekoppelt sein muss (cf. Tg). Unter der Standardannahme, dass Beschränkungsordnungen transitiv sind, würde daraus folgen, dass auch REFLEXIVIERUNG IN T H D und REFLEXIVIERUNG IN KD gekoppelt sein müssen, was allerdings der Annahme widerspricht, dass (38-b) eine universale Hierarchie darstellt. Wenn (38-b) universal gültig sein soll, muss demnach die Annahme verworfen werden, dass Kopplungen transitiv sind. Im Folgenden wird deshalb davon ausgegangen, dass die Eigenschaft der Transitivität auf Dominanzrelationen beschränkt ist (vgl. auch Fischer (2001)). In Bezug auf die obige Analyse bedeutet dies, dass trotz der Kopplungen R E F L E X I V I E RUNG IN T H D O *SELF und »SELF O REFLEXIVIERUNG IN KD, REFLEXIVIERUNG IN T H D höher geordnet sein kann als REFLEXIVIERUNG IN KD. Die Nicht-Transitivität dieser Kopplung wird in T20 durch die gestrichelten Linien angezeigt, in der Beschränkungsordnung
10
Wie beispielsweise in Gunkel (in diesem Band) ersichtlich wird, gibt es bei den deutschen AclKonstniktionen noch diverse subtile Unterscheidungen, die eine komplexere Analyse erfordern; darauf soll hier jedoch nicht eingegangen werden.
Silke Fischer
66 in (42) durch entsprechende Klammerung.11 (42)
Deutsch: (Refl.THO » Refluo) o *SELF » Refl.ßD » *SE » *PRON T20· (40-b) Jarti hörte sich selbst^/sich\/*ihnι singen Refl. T h D *SELF iRefl.ft-D Refl.ßü Kandidaten Ki : sich selbst 1 *(!) 1 w K 2 : sich * 1 1 *(D ** K3: ihn 1 1 **!
5.
*SE
•PRON
*
*
Lange Reflexivierung
Gemäß Chomskys Bindungstheorie ist die einzige Domäne, die für Bindung eine Rolle spielt, die Bindungsdomäne. Demzufolge stellen nicht nur Daten ein Problem dar, die wesentlichen Bezug auf kleinere Domänen nehmen (wie die Ö-Domäne), sondern auch Sätze wie das isländische Beispiel in (43), wo Bindung innerhalb einer größeren Domäne stattfindet.12 (43)
Jóni skipaöi Pétri2 PRO2 aö raka sigi/??sjálfan sigi/hanni á hveijum degi. Hans befahl Peter zu rasieren sich/sich selbst/ihn auf jedem Tag 'Hansi befahl Peter, ihni jeden Tag zu rasieren.'
Im Gegensatz dazu lässt sich dieses Phänomen leicht in den gegenwärtigen Ansatz integrieren. Dazu muss lediglich eine neue, größere Domäne eingeführt werden, die den gesamten Satz umfasst, sowie die dazugehörige Reflexivierungsbeschränkung. (44)
Die Wurzeldomäne von α entspricht der Wurzel des Satzes, der α enthält.
(45)
REFLEXIVIERUNG IN WD (Refluo): Wenn α in seiner Wurzeldomäne gebunden wird, muss a maximal anaphorisch sein.
Die Situation in (43) sieht nun folgendermaßen aus. Das gebundene Element ist frei in seiner Θ- und Kasusdomäne (=eingebettete vP) und in seiner Bindungsdomäne (=eingebettete TP), aber es ist gebunden in seiner Wurzeldomäne (=Matrix TP). Die Reflexivierungsbeschränkungen, die sich auf Θ-, Kasus- und Bindungsdomäne beziehen, spielen hier somit keine Rol11
Nach Auflösung der Kopplung in (42) ergeben sich für das Deutsche die folgenden drei Beschränkungsordnungen: (i) Refl.ThD » Refi.ARO » *SELF » Refl.BD » *SE » *PRON (ii) Refl.TWJ » *SELF » Reflue » Refl.BD » *SE > *PRON (iii) »SELF » Refl.Thu > Refluo » Refl.sD » *SE > *PRON
12
Die isländischen Daten stammen von Reuland & Everaert (2001) und Gunnar Hrafn Hrafnbjargar-
son (p.c.).
Optimale Reflexivierung
67
le und werden in den folgenden Tableaux deshalb ignoriert. Was jedoch REFLEXIVIERUNG IN WD angeht, so zeigt T21, dass Beispiel (43) korrekt vorhergesagt wird, wenn die neue Beschränkung tiefer geordnet ist als *SELF und mit *SE gekoppelt wird.13 T21 : (43) Jón\ skipaôi Pétri aô raka sig\/??sjálfan sigi/hanni ά hverjum degi Kandidaten •SELF Refl.wD ""SE • P R O N Ki : sjálfan sig *! «" K 2 : sig * w K 3 : hann Wenn dagegen REFLEXIVIERUNG IN WD von *SE dominiert wird, ist lange Reflexivierung generell ausgeschlossen. Diese Situation findet man z.B. im Deutschen vor, wie die Analyse von (46) zeigt (vgl. T22). (46)
Hansi befahl Peter, ihni/*sichi/*sich selbsti jeden Tag zu rasieren. Γ22.' (46) Hansi befahl Peter, ihn\/*sichχ/*sich selbsti jeden Tag zu rasieren Kandidaten •SELF •SE Refl.IVD • P R O N *! Κχ: sich selbst * *! K2: sich «s- K 3 : ihn ** *
Ganz so einfach lassen sich die Daten zur langen Reflexivierung allerdings doch nicht erfassen. Die Möglichkeit der langen Reflexivierung hängt nämlich in vielen Sprachen von der Art der intervenierenden Komplementsätze ab. So dürfen im Isländischen nur Infinitiv- oder Konjunktivkomplemente (wie in (43) und (47-a)) zwischen eine Anapher und ihr Antezedens treten. Interveniert ein Komplementsatz im Indikativ, muss das gebundene Element ein Pronomen sein (vgl. (47-b)). (47)
13
a. Jóni segiraö Péturraki sigi/??sjálfan sigi/hanni á hveijumdegi. Hans sagt dass Peter rasieren würde sich/sich selbst/ ihn aufjedem Tag 'Hansi sagt, dass Peter ihni jeden Tag rasiert.' b. Jóni veit aó Pétur rakar ??sigi/*sjálfan sigi/hanni á hveijum degi. Hans weiß dass Peter rasiert sich/sich selbst/ihn auf jedem Tag 'Hansi weiß, dass Peter ihni jeden Tag rasiert.'
In älterer Literatur zum Isländischen (vgl. z.B. Thráinsson (1979)) findet man oft die Einschätzung, dass in Beispielen wie (43) nur die einfache Anapher zulässig ist und das Pronomen ausgeschlossen werden muss. Dieses Resultat würde man erhalten, wenn statt der Kopplung die Beschränkungsordnugng Refi.wo ~> *SE zugrunde gelegt würde. Laut Gunnar Hrafn Hrafnbjargaison (p.c.) scheint die unterschiedliche Einschätzung eine Frage der Generation zu sein, wobei die Akzeptanz des Pronomens bei der jüngeren Generation inzwischen allgemein verbreitet ist. Demzufolge scheint die Beschränkungsordnung R e f l u o > *SE von der Ordnung Refl.iyu ° *SE abgelöst worden zu sein.
68
Silke Fischer
Aus welcher Art von eingebettetem Satz lange Reflexivierung möglich ist, variiert von Sprache zu Sprache. Allerdings gilt, dass bei einer Sprache, die lange Reflexivierung über Indikativkomplemente hinweg erlaubt, auch Konjunktivkomplemente intervenieren dürfen, und dass bei Sprachen, die lange Reflexivierung über Konjunktivkomplemente hinweg erlauben, auch Komplemente im Infinitiv intervenieren dürfen (vgl. Burzio (1998)). Dies alles deutet darauf hin, dass die Wurzeldomäne nicht die einzige Domäne ist, die größer ist als die Bindungsdomäne und die in der Bindungstheorie eine Rolle spielt. In Anlehnung an Rappaport (1986) soll davon ausgegangen werden, dass es sich bei den fehlenden Domänen, die noch zwischen Wurzel- und Bindungsdomäne liegen, um die finite und die Indikativdomäne handelt. (48)
Die finite Domäne von α ist die kleinste XP, die α und ein finîtes Verb enthält.
(49)
Die Indikativdomäne von α ist die kleinste XP, die a und ein Verb im Indikativ enthält.
(50)
REFLEXIVIERUNG IN FD (Refino): Wenn α in seiner finiten Domäne gebunden wird, muss α maximal anaphorisch sein.
(51)
REFLEXIVIERUNG IN ID (Refl.jo): Wenn α in seiner Indikativdomäne gebunden wird, muss α maximal anaphorisch sein.
Offensichtlich ist die finite Domäne nie größer als die Indikativdomäne, da eine maximale Projektion, die Definition (49) erfüllt, natürlich automatisch ein finîtes Verb enthält. Interpretiert man die Domänen nun wieder mengentheoretisch als Mengen der Knoten, die die jeweilige Domäne ausmachen, so ergibt sich für alle bisher eingeführten Domänen und deren Reflexivierungsbeschränkungen folgender Zusammenhang: (52)
a. 0-Domäne Ç Kasusdomäne Ç Bindungsdomäne Ç finite Domäne Ç Indikativdomäne Ç Wurzeldomäne b. Refl.THD » Refl.K-D > Refl.BD » Refluo » Refl. /D » R e f l u o
Die universale Hierarchie Refl.fD » Refl./£> » R e f l u o sagt korrekt vorher, dass bei langer Reflexivierung am ehesten intervenierende Infinitivkomplemente erlaubt sind, dann erst Komplemente im Konjunktiv und als Letztes schließlich Indikativkomplemente. Da Reflexivierungsbeschränkungen generell anaphorische Elemente favorisieren, wird die Wahrscheinlichkeit, dass das gebundene Element als Anapher realisiert wird, umso größer, je höher die Domäne, innerhalb der gebunden wird, in der Beschränkungsordnung (52-b) steht. Darüber hinaus gilt: Wenn die Anapher bei Bindung innerhalb einer bestimmten Domäne als Gewinner hervorgeht, dann gewinnt sie auch, wenn die Bindung noch lokaler ist ( - woraus folgt, dass es keine Sprache geben kann, die zwar lange Reflexivierung, aber keine lokal gebundenen Anaphern hat). Intervenieren nun lediglich Infinitivkomplemente zwischen dem Antezedens und dem gebundenen Element, dann wird die finite Domäne so groß, dass sie genau dieselben Bindungsrelationen enthält wie die Wurzeldomäne, und Bindung findet somit innerhalb der finiten Domäne statt. Da REFLEXIVIERUNG IN FD aber höher geordnet ist als die Refle-
Optimale Reflexivierung
69
xivierungsbeschränkungen bezüglich der Indikativ- oder Wurzeldomäne, ist lange Reflexivierung hier demnach wahrscheinlicher, als wenn Bindung nur innerhalb der Indikativdomäne (wie bei intervenierenden Konjunktivkomplementen) oder der Wurzeldomäne (wie bei intervenierenden Indikativkomplementen) vorläge. Da REFLEXIVIERUNG IN WD am tiefsten geordnet ist, ist lange Reflexivierung demzufolge bei intervenierenden Indikativkomplementen am unwahrscheinlichsten. Erlaubt eine Sprache jedoch Anaphern, obwohl lediglich Bindung innerhalb der Wurzeldomäne vorliegt, so folgt automatisch, dass auch dann Anaphern zulässig sind, wenn Bindung innerhalb der kleineren Indikativ- bzw. finiten Domäne stattfindet. Um auf die isländischen Beispiele in (43) und (47) zurückzukommen, so kann der Unterschied zwischen intervenierenden Infinitiv- bzw. Konjunktivkomplementen, die lange Reflexivierung zulassen, und intervenierenden Indikativkomplementen korrekt erfasst werden, wenn REFLEXIVIERUNG IN FD und REFLEXIVIERUNG IN ID mit • S E gekoppelt werden, während REFLEXIVIERUNG IN WD tiefer geordnet wird. 14 T23: (43) Jón\ skipaôiini Pétri ad rakainf sig\/??sjálfan sigi/hanni ά hverjum degi
«s* a
Kandidaten Ki : sjálfan sig K 2 : sig K 3 : hann
•SELF *!
Refl.f/j i*SE|Refl./z> 1 1 * 1 *(!) 1 * **(!) 1 1 **
Refl.vv/j
•PRON
*
**
*
Tu: (47-a) Jón\ segirin¿ ad Pétur rakieub sigi/?? sjálfan sigi/hanni ά hverjum degi
»
Kandidaten Ki : sjálfan sig K 2 : sig K3: hann
•SELF *!
Refl.FD 1 *SE iRefl./D Refl.VRD 1 1 * 1 *(!) 1 * ** 1 1 **(!)
•PRON
*
T25: (47-b) Jón\ veitind ad Pétur ralear^ ??sigi/*sjálfan sigi/hanni ά hverjum degi Kandidaten •SELF Refl.fD 1 •SE iRefl./ D R e f l u o •PRON Ki: sjálfan sig *! 1 1 * K 2 : sig 1 *! 1 ** * Β' K3: hann 1 1 In Sprachen wie dem Färöischen, wo lange Reflexivierung über alle Arten von Komplementsätzen hinweg möglich ist,15 muss auch REFLEXIVIERUNG IN WD mit *SE gekoppelt sein, wohingegen in Sprachen wie dem Russischen, wo nur Infinitivkomplemente intervenieren dürfen (vgl. Rappaport (1986)), sowohl REFLEXIVIERUNG IN ID als auch REFLEXIVIERUNG IN WD unterhalb von *SE liegen müssen. In einer Sprache ohne lange Reflexivierung werden alle drei Beschränkungen von *SE dominiert.
14
15
Geht man davon aus, dass das Pronomen in (43) ursprünglich nicht zulässig war (vgl. Fußnote 13), so muss die Beschränkungsordnung zunächst folgende Form gehabt haben: Refl.j?r> > Refl./o o *SE»RefWD. Im Färöischen gibt es zwar keinen Konjunktiv, aber sowohl Infinitiv- als auch Indikativkomplemente können hier zwischen das Antezedens und die Anapher treten; vgl. Petersen et al. (1998).
Silke Fischer
70 6.
Anmerkung zu Prinzip C
Im vorherigen Abschnitt wurde die Beschränkung R E F L E X I V I E R U N G IN W D eingeführt, die sich auf Bindung im gesamten Satz bezieht. Es wird also etwas über Bindung im Allgemeinen gesagt. Folglich stellt sich die Frage, ob es nicht möglich sein müsste, Prinzip C-Effekte mit Hilfe dieser Beschränkung zu erfassen, und somit die vorgeschlagene Theorie zur Bindung auf das dritte und letzte traditionelle Bindungsprinzip zu erweitem und damit zu vereinheitlichen. Da Prinzip C der Bindungstheorie generell Bindung von R-Ausdrücken verbietet, wird es verletzt, wenn ein R-Ausdruck irgendwo im Satz gebunden wird. Prinzip C kann folglich leicht in die neue Theorie integriert werden, wenn Prinzip C-Verletzungen so interpretiert werden, dass ein R-Ausdruck einfach nicht das optimale gebundene Element darstellt, wenn eine Bindungsrelation im Satz, also mindestens innerhalb der Wurzeldomäne, vorliegt. Wenn man davon ausgeht, dass das Verbot von R-Ausdrücken in der Hierarchie noch unter dem Verbot von Pronomen steht, R-Ausdrücke also noch weniger anaphorisch sind als Pronomen, dann können Prinzip C-EfFekte allein mit Hilfe der neuen Beschränkung in (53) und den bekannten Reflexivierungsbeschränkungen erfasst werden, ohne direkten Bezug auf Prinzip C (vgl. T26 und T27).16 Die Kandidatenmenge wird dazu um den entsprechenden R-Ausdruck erweitert, was im Prinzip nur eine logische Konsequenz ist, wenn davon ausgegangen wird, dass diese Menge alle möglichen bedeutungsgleichen Varianten umfassen soll. (53)
*R-EX.: Vermeide R-Ausdrücke.
(54)
*SELF » *SE »
(55)
a. *Eri weiß, dass Maria Maxi mag. b. *Eri mag Maxi.
*PRON »
»R-EX.
TW Er\ weiß, dass Maria *Maxi/ihn\/*sichi/*sich selbsti mag Kand. ThD i*SELF iKD BD *SE FD ID WD * P R O N Κχ: s.s. 1 *! 1 * *! K2: sich 1 1 * * * ER K 3 : ihn 1 1 * * *! K4: Max 1 1 T27: Eri mag *Max\/*ihn\/sich\/sich selbst1 Kand. ThD 1 »SELF 1 KD BD *SE FD ID WD *PRON «s* Κχ: s.s. 1 *(!) 1 «s- K 2 : sich * ( ! ) Ι * * * * * 1 * ** ** * 1 ** ** ** K3: ihn * * ! 1 1 * * ** * * * * * * * * * * * K4: Max * * ! * 1 16
*R-EX.
*
*R-EX.
*
Genaugenommen ist in T27 bei den Kandidaten K3 bzw. K4 nicht notwendigerweise erst die zweite Verletzung von REFLEXIVIERUNG IN T H D fatal. Wie in Fußnote 11 gezeigt wurde, steht die Kopplung hier für drei verschiedene Beschränkungsordnungen, und für die Ordnungen, in denen Refi.ThD »
* S E L F gilt, ist bereits die erste Verletzung fatal.
Optimale Reflexivierung
71
Sätze wie (56) können auf ganz ähnliche Weise erfasst werden. Das scheinbar ambige Verhalten von Possessivpronomen, die einerseits in ihrer Bindungsdomäne gebunden sein können, wie in (56), andererseits jedoch auch frei auftreten können (wie beispielsweise in Maria mag seine Bücher), kommt daher, dass es hier keine anaphorischere Alternative als das Pronomen gibt. Daraus folgt, dass das Pronomen das optimale gebundene Element ist, obwohl Bindung innerhalb der Bindungsdomäne vorliegt. (56)
Eri mag seinei/*Petersi Bücher. Tis : Eri mag seine\/*Petersi Bücher Kand. ThD ι "SELF |KD BD *SE FD ID WD •PRON •R-EX. •a* Κχ: seine * ι I * * *! * * K 2 : Peters I 1
7.
Ausblick
Bisher wurden nur Sprachen betrachtet, die zwei unterschiedlich komplexe Anaphern als Reflexivierer benutzen. Es gibt jedoch noch andere Reflexivierungsstrategien. So wird zum Beispiel in vielen Sprachen Reflexivierung mit Hilfe eines bestimmten Verbalaffixes ausgedrückt. Folglich stellt sich nun die Frage, ob die vorgestellte Analyse dahin gehend verallgemeinert werden kann, dass auch Sprachen mit anderen Reflexivierungsstrategien erfasst werden können. Es würde zu weit führen, dies hier im Detail zu erörtern, aber es kann zumindest festgestellt werden, dass eine Verallgemeinerung nicht gänzlich unmöglich erscheint. Denn obwohl Sprachen unterschiedliche Reflexivierungsstrategien anwenden, ist es generell möglich, zwischen einer morphologisch komplexeren und einer weniger komplexen Strategie zu differenzieren (vgl. König & Siemund (2000, S. 60, S. 62)). Demzufolge scheint die Analyse auch auf andere Sprachtypen anwendbar zu sein, wenn die *SE-/*SELF-Beschränkungen so interpretiert werden, dass sie nicht einen bestimmten Anapherntyp, sondern allgemeiner die jeweils verfügbare einfache bzw. komplexe Reflexivierungsstrategie verbieten.
8.
Konklusion
Abschließend kann festgestellt werden, dass viele Ausnahmen der traditionellen Bindungstheorie einheitlich erfasst werden können, wenn man davon ausgeht, dass die bindungsrelevanten Prinzipien verletzbar sind. Deshalb wurde hier eine optimalitätstheoretische Analyse vorgeschlagen, die auf nur zwei Gruppen von Beschränkungen basiert.
Silke Fischer
72
Aufgrund der Beobachtung, dass das Bindungsverhalten von Domänen unterschiedlicher Größe abhängt, wurden die sogenannten Reflexivierungsbeschränkungen eingeführt, die die Bindung von nicht maximal anaphorischen Elementen in unterschiedlich großen Domänen bestrafen. Die untersuchten Daten ließen dabei den Schluss zu, dass neben der herkömmlichen Bindungsdomäne auch die Θ-, Kasus-, finite, Indikativ- und Wurzeldomäne eine Rolle in der Bindungstheorie spielen. Ausgehend von der Größe der jeweiligen Domänen wurde dabei die universale Hierarchie in (57) zugrunde gelegt. (57)
Refl.Tho » Refl.A-D » Refl.ßD » Refluo » Refl./o » R e f i n o
Die Beschränkungen der zweiten Gruppe bestrafen allgemein das Auftreten von bestimmten Elementen, wobei generell weniger anaphorische Elemente bevorzugt werden, was in der universalen Hierarchie in (58) zum Ausdruck kommt. (58)
*SELF » *SE » *PRON > *R-EX.
Mögliche Variationen zwischen den Einzelsprachen bleiben somit auf die unterschiedliche Interaktion der beiden Hierarchien in (57) und (58) beschränkt; durch mögliche Erweiterungen der beiden Beschränkungsgruppen ist das System aber dennoch flexibel genug, die unterschiedlichsten Daten zu erfassen. Der Wettbewerb selbst sieht folgendermaßen aus. Soll in einem Satz eine Bindungsrelation realisiert werden, so wird fur das designierte Antezedens der optimale Reflexivierer € {SELF-Anapher, SE-Anapher, Pronomen, R-Ausdruck} bestimmt. Die vorgeschlagene Theorie kann somit auf einheitliche Weise die Distribution von einfachen Anaphern, komplexen Anaphern, Pronomen und R-Ausdrücken erfassen.
9.
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Volker Gast & Daniel Hole
On Paradigmatic (Incoherence in Romance and Germanic Reflexives*
1.
Introduction
Most Romance and continental Germanic languages exhibit an apparent mismatch between form and function in their pronominal systems: first and second person object pronouns or clitics pattern morphologically with third person reflexive forms, although they are often regarded as forming a paradigm with the third person non-reflexive forms. In this paper we argue that the assumption of such a form-function mismatch is a fallacy, and that the pronominal paradigms of these languages are coherent not only morphologically, but also in terms of distribution and function.1 These paradigms, which include Romance and Germanic forms deriving from Proto-ΙΕ *me, *te, and *se, are claimed to constitute natural classes insofar as their members are unspecified for locally disjoint reference or co-reference. The third person forms differ from their first and second person counterparts in that they stand in a systematic structural opposition to pronominale that are positively specified for disjoint reference. Thus, when used referentially, pronominal forms deriving from *se are mostly (but not always) interpreted as indicating reflexivity, simply because the existence of a pronoun encoding locally disjoint reference prevents them from receiving a nonreflexive interpretation. This argument is in line with current theorizing within the framework of Optimality Theory, which takes grammars to have an evaluative component that selects from a set of different output candidates for a single input.
2.
Romance Pronominal Clitics: The Purported Dilemma of Paradigmatic Incoherence
The starting point for our argument is taken from general considerations on paradigm design. Our claims will mainly be made with respect to the pronominal paradigms of German, Italian, and Spanish. The detailed arguments make frequent use of Spanish data, but all major points could just as well be made with data from other Romance or Germanic lan-
1
The financial support provided by the Deutsche Forschungsgemeinschaft (Ko 497/5-3) is gratefully acknowledged. Moreover, we thank Lutz Gunkel and Gisela Zifonun for their valuable comments. The major claims-defended here were presented to audiences at the University of Constance and the University of Tunis by Hole (1999) and Gast/Hole (2001). Since then, analogous ideas have gained ground, as is witnessed by the related proposals by Fischer (this volume) and Zifonun (this volume).
76
Volker Gast & Daniel Hole
guages. If we look at the collection of Spanish singular object clitics in (1), different possibilities of arranging the clitics into paradigms may be considered. 2 The most common analyses are displayed in Tables 1 through 3. (1)
Juan me/te/se/lo/la John me/you/himself/him/her 'John saw me/you/himself/him/her.'
vió. saw
disjoint
reflexive
1st
me
me
me
2nd
te
te
te
3rd
lo, la, le
se
disjoint
ZEZ^· lo, la, le
Table 1 : Span, clitic paradigm I
reflexive
se
Table 2: Span, clitic paradigm II
|
disjoint
lo, la, le
reflexive
se
|
Table 3: Span, clitic paradigm III
According to the proposal shown in Table 1, the pronominal clitics of Spanish form two distinct paradigms: one indicating locally disjoint reference, and the other one indicating reflexivity. This kind of analysis is often found in, or at least implied by, descriptive and didactic grammars (e.g., Beckmann 1994, pp. 282, 291, Bosque/Demonte 1999, pp. 1221, 1436, Gerboin/Leroy 1991, p. 58, Gómez Torrego 1997, p. 108). Table 2 analyzes me, te and lo/la/le as being specified for disjoint reference, while se is the only reflexive marker. Me and te are only used as suboptimal candidates for the encoding of reflexivity in contexts with first or second person subjects, i.e. they are used reflexively only because of the nonexistence of a fully appropriate expression. An analysis along these lines has been proposed by Burzio (1999) within the framework of Optimality Theory. Table 3 reflects an analysis which has neither me nor te specified for reflexivity or for locally disjoint reference, while lolla/le are markers of disjoint reference, and se is a reflexive marker. This account is compatible with an analogous proposal made by Grimshaw (2001) for Italian. The most striking disadvantage of the proposals in Table 2 and Table 3 is that they stipulate paradigms that are formally incoherent. In terms of pure phonemic resemblance, me, te and se clearly form a paradigm, while lo/la/le stands by itself. Admittedly Table 1, in its right column, contains a coherent paradigm me, te, se. The major disadvantage of this proposal is that it stipulates homophony, since me and te show up in different paradigms. One could assume now that Spanish object clitics constitute a case of an imperfect match of form and function and that, in the end, one of those three paradigms reflects the way the Spanish pronominal clitics are really arranged in the grammar. However, apart from the mere similarity argument, there are also distributional and semantic reasons arguing in favor of a fourth kind of arrangement into paradigms. These arguments will be brought forward in the subsequent sections. The alternative proposal is displayed in Table 4 for Spanish, Table 5 does the same for Italian (cf. Grimshaw 1997), and Table 6 for German.
2
We will only be concerned with the singular forms of these clitics.
On Paradigmatic (Incoherence in Romance and Germanic Reflexives
77
In the following, we will refer to the paradigms in the right columns of Tables 4 through 6 as the 'SE-paradigm', irrespective of the actual person marking, and irrespective of the actual language at hand. Likewise, ME (TE/SE) will be used to refer to any first (second/third) person object pronoun which, on the whole, behaves like Spanish me (te/sé). Lo, on the other hand, will be used to refer to the third person pronominals not belonging to the SE-paradigm (Span, lo/la/le, Ital. lo/la/gli, Germ, ihn/sie/es/ihm/ihr). The columns in Tables 4 through 6 have not been given any category names, and a big portion of the discussion in the rest of this paper will be devoted to defending our proposal for precise category names to substitute for the question marks in the top boxes of the tables. It will be argued that the members of the SE-paradigms are u n s p e c i f i e d for disjoint reference or local co-reference, whereas the LO-forms are positively specified for l o c a l l y d i s j o i n t reference. In this section we have proposed that, as a result of general considerations on coherent paradigm design, third person reflexive (clitic) pronouns in Spanish, Italian and German should be regarded as forming a paradigm with ME and TE, while the different forms of LO should be opposed to the SE-paradigm. Assuming functional coherence to hold within paradigms, we are obliged to show that ME and TE share more properties with SE than they do with LO. We will present different kinds of evidence to this effect in sections 3 through 6. First, it is argued that the historical stability of the paradigm under discussion precludes an explanation in terms of historical coincidence; second, it is shown that the SE-paradigm is not only coherent morphologically/phonologically, but also optimal with regard to taxonomic paradigm structure, which results from the neutralization of different grammatical dimensions; third, we argue that the SE-paradigm is, albeit indirectly, coherent in terms of distribution; and finally, it is demonstrated that the SE-paradigm can be regarded as (the complement of) a natural semantic class. Its members are characterized by non-specification in terms of disjoint reference and co-reference. Section 7 provides additional evidence substantiating our analysis (the so-called 'spurious se' in Spanish). Section 8 summarizes the results and provides an outlook on possible extensions of our proposal to other languages.
3.
Notes on Historical Developments
It is sometimes reasonable to assume that form-function mismatches and paradigmatic idiosyncrasies have emerged from historical accidents - for example, when phonological
Volker Gast & Daniel Hole
78
processes that are totally independent of the morphological component of a grammar accidentally lead to peculiar syncretisms in paradigms. The fact that in some Spanish verbal paradigms, the first person patterns with the third person and is opposed to the second person forms should be considered a case in point (e.g., the imperfecto paradigm -0/-s/-0 as in (yo) amaba-0, (tu) amaba-s, (el) amaba-0 'I/you/he loved'; the same pattern is found in the subjunctive forms). This fact does not entail that first and third person, as opposed to second person, form a (distributional, semantic ...) class in these paradigms. This syncretism simply arose because word-final -m and -t, which were the corresponding person endings of Latin, were dropped in the course of the historical development of Vulgar Latin, while word-final -s was preserved. This is a phonological process, and its repercussions on the morphology of Spanish should be considered coincidental, or at least epiphenomenal. In the case of the SE-paradigm, paradigmatic coherence is certainly no coincidence. The SE-paradigm has proven extremely stable since early IE (cf. Table 7; Brugmann 1911, p. 383), and it is usually unaffected when pronominal paradigms in IE languages are rearranged. Furthermore, the systematicity underlying IE pronominal systems can be demonstrated by comparing the paradigms at issue with other pronominal paradigms. Table 8 shows the parallelism between reflexive and possessive pronouns in German, another highly general phenomenon among IE languages. As in the SE-paradigm, the pronominal forms combine an invariable part (-ein) and a consonant indicating person (m-, d-, s-). This parallelism points in the direction of an analysis that integrates the S-pronouns (se etc.) into the M/T-row. Note furthermore that third person possessive pronouns in German (sein), Spanish (su), Italian (suo) and in many other European languages are n o t restricted to a reflexive interpretation. In the light of the following discussion this may be taken as a further piece of evidence lending support to our claim that SE and s-pronominals in general are unspecified for reflexivity in continental IE languages. *me (/*eme-/*mo-)
m-ich
m-ein
•te (/*teye/*tue)
d-ich
d-ein
*se (/*seye/*sue)
s-ich
s-ein (masc./neut. possessor)
Table 7: Proto-ΙΕ
Table 8: German reflexive and possessive pronouns
Lo, including its Germanic instantiations such as German ihn, sie, es, ihm, ihr, is less stable diachronically. As is well known, the LO-clitics of Romance have developed from dative and accusative forms of the Latin demonstrative ille 'that (one)'. This means that their diachronic depth is less than a third compared to the time depth of ME/TE/SE, if we assume Proto-Indo-European to have split up before 3000 B.C. Similarly, the forms from which German LO-pronominals derive did not form a paradigm in Proto-IE.
79
On Paradigmatic (Incoherence in Romance and Germanic Reflexives
4.
On Paradigm Architecture
In this section, it will be argued that the paradigms in Tables 4 through 6 are more economical than all alternative options if one takes into account the presence or absence of grammatical distinctions in parts of the paradigm (cf. Plank 1991 for discussions of paradigm economy). Paradigms are sets of forms that are classified according to at least one grammatical dimension (number, gender, case, etc.). The classification of forms within a paradigm is often regarded as a cross-classification. On this view, a paradigm exhibits a specific number of grammatical dimensions, and each of its elements is assigned exactly one value with regard to each dimension. This is illustrated in Table 9, which represents a cross-classification of the grammatical dimensions of gender and number. sg
pl(II)
he
pl (I) they
they
sg
mase
A [sg, mase]
Pi D [pi, mase]
fem
Β [sg, fem]
E [pi, fem]
she
they
neut
C [sg, neut]
F [pi, neut]
it
they
Table 9: Cross-classification gender/number
Table 10: English subject pronouns
Certain oppositions are easily neutralized within paradigms, and some forms are not specified with regard to one or more grammatical dimensions. For example, the English third person subject pronouns, which constitute a sub-paradigm within the class of English pronouns, neutralize the gender distinction in the plural, and all three forms are identical {they). There are two ways to deal with this kind of syncretism: on the one hand, we could assume that they is homophonous, and that each of the forms they¡, they2, and they3 occupies one of the boxes D through F in Table 9. Thus the idea of a complete cross-classification would be maintained (cf. pi (I) in Table 10). However, this kind of analysis is highly counter-iconic. More naturally, one would regard they as being unspecified for gender, and thus eliminate the horizontal lines between the three person categories in the plural (cf. pi (II) in Table 10). On this analysis the paradigm takes on the form of a sub-classification rather than a cross-classification. English third person subject pronouns on the whole may then be subclassified as shown in Figure 1 : a first split is made along the grammatical dimension of number, and the pronouns are divided into singular and plural forms. The singular forms can then be sub-classified along the gender dimension. This kind of classification is more iconic in the sense of form-to-meaning correspondence than a strict cross-classification, and it is more economical, since fewer lexical entries are assumed (four instead of six).
80
Volker Gast & Daniel
Hole
3rd person subject pronouns of English {singular}
{plural} they
{mase}
{fem}
{neut}
he
she
it
Figure 1: Sub-classification of English subject pronouns I (our analysis) It is crucial to see that the two grammatical dimensions sub-classifying the pronouns in Figure 1 stand in a hierarchical relationship: the number distinction is ranked higher than, or dominates, the gender distinction. If we reversed the dominance relationships a tree as in Figure 2 would be the result. This sub-classification is just as counter-iconic as a strict cross-classification, since there are six terminal nodes for only four different forms. It is obvious that the taxonomy shown in Figure 1 reflects the architecture of the natural language paradigm at hand in a more iconic way than the ones shown in Table 9 and Figure 2. 3rd person subject pronouns of English {mase}
{fem}
{neut}
{Sg}
{pi}
{Sg}
{pi}
{Sg}
{pi}
he
they
she
they
it
they
Figure 2: Sub-classification of English subject pronouns II Let us now return to the Romance and continental Germanic paradigms. As is well-known, these paradigms exhibit a number of neutralizations. The central claim of this section is that, if we take into consideration these neutralizations and thus transform the twodimensional paradigms in Table 1 through 4 into hierarchical structures, the proposal presently advocated turns out to be the most economical one. The idea of paradigmatic economy is based on two aspects of hierarchical organization: first, a hierarchy representing a paradigm is economical to the extent that it reduces the number of terminal nodes to a minimum; and second, it is economical to the extent that it makes the fewest possible splits, i.e. that it distinguishes between the fewest possible grammatical dimensions. As a result, a tree with fewer levels of embedding will be more economical than a classification with a higher number of sub-classifications. As we will show, the alternative options considered above in Tables 1 through 3 are suboptimal in comparison to the paradigm proposed here since they require additional stipulated grammatical dimensions, and consequently lead to a more complex hierarchical structure. The claim that ME/TE/SE form a paradigm, while the different third person forms related to LO form a paradigm of their own amounts to assuming that in a sub-classification of these pronouns, the highest node represents a split between the SE-paradigm, on the one
On Paradigmatic (Incoherence in Romance and Germanic Reflexives
81
hand, and the different forms of LO, on the other. The Spanish paradigm as proposed in Table 4 can be represented as in Figure 3.3 Spanish object clitics SE-paradigm
LO-paradigm
{2nd} te
{1st} me
{3ld} se
{acc} {mase} lo
{dat} le {fem} la
Figure 3: The classification of Spanish object clitics (our analysis; to be supplemented) Let us now consider the alternative proposals. The paradigm in Table 1 is excessively redundant and will not be discussed any further. The sub-classifications corresponding to the proposals displayed in Tables 2 and 3 are shown in Figures 4 and 5. Both paradigms are less economical than the one shown in Figure 3. In Figure 4, we have to assume an additional classification into speech-act participants (SAP) versus non-speech-act participants (non-SAP) at the second level of embedding. The tree in Figure 5 is likewise less economical than the one in Figure 3. There is an additional level of classification at the root node of the tree, since the pronouns at issue are divided into specified and unspecified ones (i.e., for reflexivity) in addition to the distinction between disjoint and reflexive pronouns that is made further down. Both alternative paradigms are, from the perspective of paradigm architecture, suboptimal in comparison to our proposal. Spanish object clitics
{disjoint} {SAP} {i51} me
{reflexive} se {non-SAP}
{2nd} te
{acc} {mase} lo
{dat} le {fem} la
Figure 4: Classification of Spanish object clitics II (cf. Table 2)
3
The German paradigm differs from the Spanish one in that it has a case distinction in the first and second person of the SE-paradigm: mir, dir (dative) as opposed to mich, dich (accusative). Still, a structure analogous to that of Figure 3 would be optimal.
Volker Gast & Daniel Hole
82 Spanish object clitics
{unspecified} {1st} me
{specified}
{2nd} te
{disjoint} {acc} {mase} lo
{reflexive} se
{dat} le {fem} la
Figure 5: Classification of Spanish object clitics III (cf. Table 3)
5.
The SE-Paradigm vs. the LO-Paradigm: Distribution
The general point to be made in this sub-section will be that the distributions of the members of the SE-paradigm are all very similar, while the distribution of the different LO-forms is clearly different and more restricted. This asymmetry is due to the large class of verbs that lexically require an object clitic of the same person specification as that of the subject argument ('inherently reflexive verbs'): they never take a LO-clitic, but only ME/TE/SE. (2) illustrates this for Spanish arrepentirse 'repent'. Note that there are no verbs showing a similar behavior with respect to a (supposed) paradigm ME/TE/LO, i.e. there are no 'inherently non-reflexive verbs'. (2)
me te se
Γ J arrepientI
"Ίο
arrepient-
-ο -es -e
Ί repent.' 'You repent.' 'He repents.'
-e
Another area where SE patterns with ME/TE to the exclusion of LO are sequences of object clitics in Spanish. In ditransitive case frames, lo, le, and la occur in the slot immediately preceding the verb. The members of the SE-paradigm precede the LO-forms. Example (3) demonstrates this for ditransitive predications with a third person object.
On Paradigmatic (Incoherence
(3)
ind. obi.
in Romance and Germanic Reflexives
dir. obj.
verb
lo
da
83
'(S)he gives it to me.' '(S)he gives it to you.' 'She gives it to her(self)/him.'/ 'He gives it to him(self)/her.' 4
Irrespective of their syntactic functions, me, te and se are always ordered in the same way. Third person se precedes second person te, which in turn precedes first person me. The order of clitics is represented in (4). This neatly matches the sub-classification in Figure 3.
(4)
se - te - me
lo la le
-VERB
We take the distributional facts presented in this section as further evidence favoring an account which assimilates SE to ME/TE as much as possible. Such an account is to be preferred over alternatives which oppose SE to LO, ME and TE.
6.
Generalizing Over the Meaning of LO and the SE-Paradigm
The claim that ME, TE and SE form a paradigm in the very strong sense of the word has repercussions on the semantic side: ideal paradigms consist of expressions whose meaning or function is identical, except for a single dimension of meaning or function. This general property of paradigms obliges us to say what the commonalities of ME, TE and SE are, and where the minimally distinguishing features are to be found. The dimension along which information in the SE-paradigm varies concerns person and number features. But what is the common core of the function of ME/TE/SE? None of the labels that are used in the literature to describe single aspects or specific readings of members of the paradigm can cover all other aspects or readings. The functional range of predications with ME, TE, and SE comprises at least the following semantic domains: reflexivity (cf. (5)), the middle domain (cf. (6)), and in a few cases, aktionsart (cf. (7)). The two major differences between Spanish se, on the one hand, and me/te, on the other, are as follows: (i) me and te regularly occur in non-reflexive contexts, while se does so only exceptionally (more on this below), and (ii) se is used as a marker of reflexive passivization and of impersonal subject sentences (cf. (8a) and (8b), respectively). Me and te do not occur in these functions. (5)
4
a. Me critiqué a mi misma/o. Ί criticized myself.' b. Te descuidaste. 'You've neglected yourself.'
Considering what we have said so far, the non-reflexive interpretations of this sentence are unexpected. This peculiarity of Spanish ie-uses will be exploited for our argumentation in section 7. Plural readings are disregarded.
84
Volker Gast & Daniel Hole
c. (Ella) se odiaba. 'She hated herself.' (6)
a. Me peiné. Ί combed my hair.' b. Te rasuraste. 'You shaved.' c. Se le olvidó. 'He forgot it.'
(7)
a. Me voy. Ί am leaving.' b. Me duermo. Ί fall asleep.'
(8)
a. Aquí se here se 'Newspapers b. Aquí se here se 'Newspapers
venden periódicos. sell.3PL newspapers are sold here.' vende periódicos, sell.3sG newspapers are sold here.'
Both of the constructions illustrated in (8) are not possible with first and second person subjects. As said above, sentences such as (9) permit only an active/reflexive reading. (9)
Me estoy ofreciendo. Me I.am offering Ί am offering myself.' (not: Ί am offered.')
As the examples provided in (5)-(9) show, it is not only a problem to define the functional range of the SE-paradigm as a whole, it is also extremely difficult to find appropriate semantic characterizations for its single members. For example, we would have to assume at least three different functions of both me and te, and even five different functions of se, if we wanted to specify the meaning of these clitics positively. If we are able to say what all uses of LO have in common this might help us, by way of contrast, to find out more about ME/TE/SE. Lo lends itself to a characterization in terms of meaning or function more easily. Lo's major features are summarized in (10). (10)
a. 3rd person anaphoric object pronominal b. referentially disjoint from the local subject5
Each of the conditions in (10) is a necessary condition of the use of a LO-form, and the conjunction of these conditions represents the sufficient condition of using LO. Whenever a
5
Clitics or pronouns functioning as indirect objects (Germ, ihm/ihr, Span, le etc.) have to be disjoint in reference from both the local subject and the direct object. More generally, we could say that LO-forms have to be disjoint in reference from all c-commanding co-arguments.
On Paradigmatic (Incoherence in Romance and Germanic Reflexives
85
clausal context requires a third person anaphoric object pronominal which is THIRD PERSON and which is REFERENTIALLY DISJOINT from the local subject, LO must be used. Now the road has been cleared for the SE-paradigm. These pronouns or clitics are used only when LO may not be used. This is the case on the following conditions: a pronoun is required that is either n o t third person, or is third person, and is n o t disjoint in reference from a local antecedent. Using a process metaphor we might say that the members of the SE-paradigm fill all those pronominal clitic slots for objects that, for reasons of feature incompatibilities, could not be filled by LO. Table 11 assembles the feature specifications that we assume for the pronominal clitics from the LO-class and from the SE-paradigm.6 syntactic relation
person
locally disjoint reference
LO
[+object]
[+3rd person]
[+disjoint]
ME/TE/SE
[+object]
[+lst/2nd/3rd person]
Table 11: Feature specification of LO and ME/TE/SE
With regard to our proposal concerning object clitics in Spanish and Italian and pronouns in German, we can now further specify our classification displayed in Figure 3 above. There, we distinguished between the 'SE-paradigm' and the 'LO-paradigm' at the highest level of classification, without actually indicating the functional difference between both paradigms. This difference consists in the specification for locally disjoint reference: while the LOforms are positively specified for disjoint reference, the SE-paradigm is unspecified with regard to coreference or disjoint reference. This is shown in Figure 6. Spanish object clitics
{1st} me
{2nd} te
{3"*} se
{acc} {mase} lo
{dat} le {fem} la
Figure 6: The classification of Spanish object clitics (final version)
6
Whether or not se is specified for case and person is an interesting issue. In view of the construction exemplified in (9), one may argue that se is unspecified for case, since it can be analyzed as a subject in such sentences. For the sake of simplicity, we will assume that se is positively specified both for case and person, but this topic clearly requires further discussion (cf. section 8). If it is possible to analyse SE as being unspecified for case and person, this provides additional support for our claim that its distribution should be regarded as an elsewhere-phenomenon.
86
Volker Gast & Daniel Hole
7.
Demonstrating Falsifiability
Our proposal concerning the lexical endowment of the LO-paradigm and the SE-paradigm is sure to meet with criticism. An objection that might be raised against it runs as follows: claiming that SE is, just like ME and TE, unspecified for local co-reference is counterintuitive. Even if it is admitted that SE is not restricted to anaphoric uses with referential interpretations, the referential uses, at least, always involve local co-reference. We might therefore be accused of making a claim that is not falsifiable because there appear to be no contexts in which LO must not be used, SE is used, and locally disjoint reference is intended. However, such contexts do exist, and they lend support to our analysis of a heavily unspecific lexical content of SE. The so-called 'spurious se' in Spanish constitutes the case in point. Let us turn to this phenomenon for a moment before concluding our paper. The Spanish indirect object clitic for third persons in the singular is le. We know already that lo is a direct object clitic. So le lo should be the resulting clitic sequence analogous to cases as in (lia). But (1 lb) is ungrammatical. Instead of a second /-clitic, se must be used (cf. (11c)).7 (11)
a. Juan me lo da. Juan to.me it gives 'Juan gives it to me.' b. *Juan le lo da. Juan to.him it gives intended: 'Juan gives it to him.' c. Juan se lo da. Juan SE it gives 'Juan gives it to him/her/them.'
There is no consensus as to what the precise reason for the incompatibility of le and lo is, and we do not wish to take sides with any specific position in this discussion (cf. Bonet 1995 for a survey of the different theoretical positions in this matter). We likewise want to remain neutral as regards the diachronic emergence of the spurious-se system of Spanish. What matters here is the remedy as it presents itself at the synchronical level: se replaces le. Analyses which take local binding to be a general requirement of the use of se are at a loss here, and they have to resort to solutions that are in one way or another unsatisfactory: they all have to assume that in the spurious-se cases, se somehow does not have its usual meaning or is a different se altogether. We are in a more comfortable position. Se is neither specified for local binding, nor for locally disjoint reference. In a situation in which, for whatever reason, the use of le is blocked, se is the optimal clitic: it is specified for (direct or indirect) objecthood, and it has no incompatible person feature, or no lexically specified person feature at all (cf. the discussion in section 8). None of these specifications is in conflict with the requirements for the clitic to fill the position between Juan and lo in (1 le). Se
7
Note that se is not restricted to singular referents, so that (11c) is ambiguous with regard to the number specification of the indirect object.
On Paradigmatic (Incoherence
in Romance and Germanic Reflexives
87
certainly is an extremely general expression to be used in this slot, but all other competing expressions are excluded. 8 The viewpoint that SE is unspecified with regard to local co-reference thus presupposes that the grammars of the languages under discussion have an evaluative component that selects among different possible forms. This assumption is one of the basic intuitions that have given rise to Optimality Theory (Prince/Smolensky 1993), and although we do not provide a formal account within an Optimality-Theoretical framework, we take it that our analysis is compatible with and could easily be implemented into such a model.
8.
Conclusions and Outlook
We have argued that the phonological similarity of ME/TE/SE-paradigms as opposed to LOparadigms across the western and central part of continental Europe, and the considerable historical depth of the former paradigms, constitute sufficient reason to aim at an analysis which reflects those structures of similarity in the lexical semantics of these pronominale, and in the conditions of their use. SE-pronominals, on our analysis, are just like ME and TE not specified for local co-reference; they are only barred from pronominal positions with elements to be interpreted as locally free arguments because LO-pronominals are positively specified for this feature and must be used in those positions. This reduces the distribution of SE to an elsewhere-phenomenon. General considerations on paradigm architecture likewise lend support to our analysis. At the same time, the case of Spanish spurious se establishes the point that our analysis makes strong and falsifiable predictions concerning the use of SE-pronominals in contexts in which a LO-pronominal would be expected, but is actually barred for independent reasons. It is tempting to extend the claim of maximally unspecific SE-semantics, combined with more heavily specified LO-semantics, to Slavonic and to Northern Germanic. Support for this extension may, for instance, be derived from the well-studied cases of logophoric "long-distance reflexivization" in Northern Germanic, and from the use of SE-pronouns with first and second person subjects in some Slavonic languages. Long-distance reflexivization is relevant because, on our account, SE will lend itself to long-distance binding more easily than in other approaches because no lexical feature requiring local binding has to be overridden (or parametrized). The Slavonic use of SE in reflexive contexts involving first and second person (in Polish, e.g.) can probably be accounted for if we push our nonspecification account one step further: if, in the relevant Slavonic languages, SE is not specified for person, no feature clash arises if SE is used with first or second person sub8
Unfortunately, we cannot offer such conclusive evidence for the other languages discussed here. Still, there are strong indications that analogous phenomena can be found elsewhere, for instance in the encoding of reciprocal actions. In a way, reciprocity constitutes a borderline case between co-reference and disjoint reference. In a sentence such as Sie schlagen sich 'They are beating each other, they are fighting', the plural referent of sie is both agent and patient of the action, which is characteristic of reflexivity, but no one actually beats himself. Still a SE-pronominal is used in such contexts in Romance and continental Germanic languages.
Volker Gast & Daniel Hole
88
jects. (Simultaneously, the mechanisms governing the distribution of ME and TE have to be taken care of such that a first or second person SE-use is not blocked by ME or TE in the relevant languages.) On the non-specification analysis for SE, one more distributional fact falls out for free: as said before, we do find SE in sentences with first and second person subjects, but we never find reflexive ME or TE in sentences with third person subjects. This can be modeled as a direct consequence of the specificational asymmetry between ME/TE, which are specified for person, and SE, which is not. All in all, our proposal amounts to the claim that the mapping of pronominal classes (here: the SE-paradigm vs. the LO-paradigm) to classes of participants in different situation types is subject to typological variation. Languages may either reserve the special or marked (pronominal) strategy to encode l o c a l l y f r e e pronominals (the case of most continental Germanic and Romance languages), or they may reserve the special or marked category for the encoding of r e f l e x i v e situation types (the case of English and many other languages). Although limitations of space prevent us from presenting the detailed arguments here, standard diagnostics of markedness (cf. Croft 1990) deliver the results predicted by us: (ME/TE/)SE invariably turns out to be unmarked vis-à-vis LO (pace the universal claims made by Farmer/Harnish 1987 or Comrie 1999), while the results for English, e.g., are exactly the reverse: se//"-forms are marked vis-à-vis plain pronouns. This opens the door to a new typology of reflexivization that, we think, should be explored further.
9.
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in Romance and Germanic Reflexives
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Günther Grewendorf
Dynamic Binding and the Problem of Object-Related Anaphors*
1.
Binding Theory and Levels of Representation
The question at which level of representation the principles of Binding Theory apply has found various answers in the literature. Examples such as (1) seem to suggest that Principle C operates at the level of S-structure (Chomsky 1993, Grewendorf 2002, p. 111): (1)
a. *Du glaubst [er¡ verkaufte [die Bilder die Hans¡ malte]]. you believe he sold the pictures which Hans painted b. [Wie viele Bilder die Hans¡ malte]j glaubst du verkaufte er¡tj? how many pictures which Hans painted believe you sold he c. *Weij glaubt t¡ [er¡ verkaufte [„ wie viele Bilder die Hans¡ malte]]? who believes he sold how many pictures which Hans painted
Since in ( l a ) , the pronoun er ( ' h e ' ) c-commands the N P Hans, co-reference constitutes a violation of Principle C. In ( l b ) , the c-command configuration is different, so that the pronoun and the N P can be co-referent here. Co-reference is again disallowed in ( l c ) and this can be explained on a par with (la). However, if we assume that for reasons of scope, α in ( l c ) adjoins to the wh-element in SpecCP at the level of LF, the resulting configuration would not constitute a violation of Principle C. In order to be able to account for the ungrammaticality of ( l c ) it is therefore essential that Principle C applies at S-structure. Note, however, that this argument is only conclusive if the entire constituent α (rather than just the operator) undergoes movement to SpecCP. As far as Principle A is concerned, the evidence seems to lead to a paradoxical result. On the one hand, examples such as (2) and (3) appear to suggest that Principle A applies at the level of D-structure, since after movement of the N P containing the anaphor, the latter is no longer bound by its antecedent at S-structure.
(2)
[Italian] [Questi these
(3)
a. [Pictures of themselves^ were painted tj] by the men;
pettegolezzi gossips
su di about
se¡] himself
preoccupano bother
t¡
Gianni¡ John (Belletti/Rizzi 1988)
The material of this article was presented at the workshop "Reflexivierung" organized by the Institut fiir Deutsche Sprache (IDS) Mannheim and in a talk given at the Metropolitan University Tokyo. I thank the respective audiences for interesting and valuable discussions. Special thanks go to Eric Fuß, Shin-Sook Kim and Gereon Müller for their detailed comments, from which I have greatly benefited.
92
Günther Grewendorf
b. [Each other's picturesjj seem to the meni [tj to be the most beautiful] (Johnson 1992, Sabel 1996) On the other hand, examples such as (4) seem to provide evidence that Principle A must apply at S-structure since the anaphor can only satisfy this principle after raising of the embedded subject has taken place. (4)
Some applicants, seem to each other¡ [t to be eligible for the job] (den Dikken 1995)
I have already pointed out that (lc) can only show that Principle C must not apply at LF if we can be sure that the entire α undergoes LF-movement. But this prerequisite is not necessarily fulfilled. One may argue that LF-movement of α only applies to the operator of a, so that the argument illustrated by (1) would no longer be valid. What is more, examples such as (5) can be taken as independent evidence for the claim that Binding Theory applies at LF. In (5), it is only after LF-movement of the associate NP pictures of herself that the anaphor is locally bound by the matrix subject, thus satisfying Principle A. (5)
Mary¡ believed there to be [pictures of herselfj on the table.
(Sabel 1996)
Although Chomsky (1993) in fact argues that Binding Theory applies at LF, there seems to be evidence to the effect that this is not the case. Consider the examples in (6): (6)
a. John¡ wondered [which pictures of himself^] [Billj saw t] b. *John¡ wondered [who t saw [„ which pictures of himselfj] (Barss 1986) c. "There seem to each other¡ to be some applicants, eligible for the job. (den Dikken 1995)
While in (6a) the anaphor can take the embedded subject as its antecedent at D-structure and the matrix subject as its antecedent at S-structure, the anaphor in (6b) obviously cannot be bound by the matrix subject. However, if (6b) were formed by LF raising of the in-situ wh-phrase a, we would have to conclude that Principle A must apply prior to this operation. Otherwise we would wrongly predict (6b) to be grammatical. Should this argument be rejected on the familiar grounds that we have not yet demonstrated that the entire α must move at LF, one might still use example (6c) as evidence against the claim that Principle A applies at LF. As pointed out by den Dikken (1995), raising the associate NP some applicants at LF and adjoining it to the expletive would transform (6c) into a configuration in which the anaphor, being bound by the raised associate, would satisfy Principle A at LF. However, den Dikken's argument is not conclusive either. To account for (6c) we need not assume that Binding Theory cannot apply at LF; the ungrammaticality of (6c) can also be explained if we assume that there is no Α-binding from an adjoined position. The examples presented so far do not seem to create any serious problems for Chomsky's (1993) claim that Binding Theory applies at the level of LF. The same is true of what may be called "Lasnik's paradox". Lasnik (1997) argues against Chomsky's claim by pointing out that covert raising of the ECM subject in (7a) provides the anaphor with a binder at LF, while covert raising of the associate NP in an example such as (6c) does not lead to the fulfilment of the anaphor's requirements even though the anaphor is c-commanded by the associate at LF. Lasnik's paradox disappears if we recall that the ungrammaticality of (6c)
Dynamic Binding and the Problem of Object-Related Anaphors
93
may also be due to the fact that there is no Α-binding from an adjoined position. Notice that the target position of the covert raising in (7a) is not an adjoined position but the specifier position of matrix AgroP: (7)
a. the DA [proved [the defendants; to be guilty] during each other's trials] b. *the DA [proved [that the defendant^ were guilty] during each other's trials] c. the DA [accused the defendantSj during each other's trials] (Chomsky 1995, p. 272)
A serious problem for Chomsky's claim seems to arise from a paradox represented by the contrast in (8) (Fiengo/May 1994, Zwart 1999): (8)
a. I bought him, everything John¡ wanted me to. b. *I bought him, everything John, wanted.
Following the analysis of Antecedent Contained Deletion suggested in Fox (1995) and Pesetsky (2000), we can explain the VP-ellipsis in (8a) if we assume, as shown in (9b), that the constituent α of (9a) undergoes covert movement, thus providing an antecedent which is identical to the deleted VP: (9)
a. I bought him¡[a everything [Opj John¡ wanted me to [buy him¡ tj]]]. b. [ a everything [Opj John¡ wanted me to [yp buy him¡ t,]]k I [ w bought him¡ t j
According to this analysis, the NP John is no longer bound at LF by a coreferent pronoun. Consequently, the well-formedness of (8a) can be explained by assuming that Principle C applies at LF rather than at S-structure. However, (8b) shows that quantifier raising at LF does not have the effect of nullifying a violation of Principle C. In order to account for the ungrammaticality of (8b), we are, therefore, led to assume that Principle C applies at Sstructure rather than at LF. A similar binding paradox is provided by examples such as (10) (Sabel 1996): (10)
[How many claims that pictures of each other¡ proved the menj's guilt]j did they¡ deny tj
It is obvious that the anaphor contained in the preposed wh-phrase is not bound by the matrix subject in the overt syntax. However, if we assume that Principle A applies prior to the movement of the wh-phrase and is thus satisfied at this stage of the derivation, we should face a violation of Principle C, since at the same stage of the derivation the NP the men/s would also be bound by the matrix subject. Should we stay with the alternative assumption that Binding Theory applies at LF and that reconstruction of (a part of) the wh-phrase provides us with the configuration satisfying Principle A, we would likewise face the problem of a Principle C violation. I have pointed out several problems and paradoxes associated with determining at which stage of the syntactic derivation the principles of Binding Theory apply. These problems crucially arise from the assumption that the principles of Binding Theory operate in a levelspecific way. They can be avoided if the level-specific approach is replaced with a dynamic version of Binding Theory as suggested in Sabel (1996) and Grewendorf Sabel (1999). In the following section I will present the basic assumptions of a dynamic theory of binding and investigate the empirical problems that such a theory faces.
Günther Grewendorf
94
2.
Problems of a Dynamic Theory of Binding
The claim that the principles of Binding Theory operate in a dynamic way means that, in principle, they can be satisfied at any stage of a derivation. A dynamic version of Principle A can be stated as follows: (11)
Dynamic application of Principle A Principle A of the Binding Theory can be satisfied at any stage of a derivation. (Sabel 1996, Epstein et al. 1998, Grewendorf Säbel 1999)
According to (11), an anaphor meets the requirements of Principle A if there is a stage of the derivation at which it is bound in its governing category. It can easily be verified that principle (11) correctly predicts the possibilités of anaphoric binding illustrated by the examples (2)-(5). Sabel (1996) has suggested a dynamic version of Principle Β as follows: (12)
Dynamic application of Principle Β If the head of an Α-chain which represents a pronoun violates Principle Β at some stage of a derivation, the pronoun is subject to a violation of Principle B.
Let us consider the examples in (13) in order to get an idea of how the dynamic application of Principle Β is supposed to operate. (13)
a. b. c. d.
He¡ seems to himselfj [t to be clever]. *John¡ expected [him¡ to seem to me [t¡ to be intelligent]]. John wondered [which picture of him¡] Bill¡ took. There [appeared a ghost,] in front of it¡.
In (13a), the subject of the raising verb constitutes the head of the Α-chain which represents the pronoun. At no stage of the derivation is this head bound in its governing category. Hence, Principle Β is satisfied in (13a).1 In (13b), however, where him¡ is the head of the Achain which represents the pronoun, the head of this chain is illicitly bound at the derivational stage at which the matrix subject is inserted. Hence, Principle Β is violated in (13b). In (13c) it is again Awn, which represents the relevant head of the (one-membered) pronoun chain. This head is illicitly bound in the position from which the wh-phrase originates, with the consequence that Principle Β is violated in (13c). Finally, in (13d) the pronoun is not bound by the coindexed NP a ghost in the overt syntax. However, if we assume that this NP is raised at LF, the head of the pronoun chain is illicitly bound at LF.2
2
Gereon Müller points out that at the stage of the derivation when the anaphor is merged and the pronoun still occupies the embedded subject position, the head of the pronoun chain (which is a trivial Α-chain) is illicitly bound by the anaphor. Some modification (and possibly simplification) of (12) is needed here. Notice that the account for (13d) suggested by Sabel (1996) cannot be adequate if the associate NP is adjoined to the expletive and if there is no Α-binding from an adjoined position. Alternatively, one may assume that the illicit binding of the pronoun is already present in the overt syntax.
95
Dynamic Binding and the Problem of Object-Related Anaphors
A dynamic version of Principle C according to which an A-expression must be free at every stage of the derivation is suggested in Epstein et al. (1998). Although a dynamic version of the Binding Theory, as briefly outlined above, avoids the problems associated with the level-specific approach, it is not without empirical problems either. Consider the following example from Japanese: (14)
a. John-ga J.NOM
[Mary-ga [Tom-to Sue] r ni M-NOM [T. and S . ] D A T
otagai r o each otherAcc
syookaisita to] introduced Comp
omotteiru think (John thinks that Mary introduced Tom and Sue to each other) b. ?*otagai¡-o John-ga [Mary-ga [Tom-to Sue]¡-ni t¡ syookaisita to] each otherAcc J-NOM M.NOM [T. and S.]DAT introduced Comp omotteiru think (Sohn 1994, p. 326) In (14a) the anaphor otagai-o is bound by the indirect object, satisfying the requirements of Principle A. Consequently, the dynamic version (11) of Principle A predicts that these requirements remain fulfilled irrespective of whether the relevant configuration changes in the further course of the derivation. However, this prediction is not borne out by example (14b). In (14b), the anaphor has undergone licit long scrambling to the front of the clause leaving the domain in which it is bound by its antecedent. Contrary to what is predicted by the dynamic version of Principle A, the satisfaction of this principle is not preserved under the structural change created by the scrambling operation. Object-related anaphors in German raise a similar problem: (15)
a. Hans Hans b. Mit with
konfrontierte den Studenten¡ mit sich¡. confronted the student with himself sich.j/j konfrontierte Hansj den Studenten¡. himself confronted Hans the student (Grewendorf 1985, p. 166)
(16)
a. Er¡ hat siej mit siclty und dem Problem konfrontiert. he has her with him-/herself and the problem confronted b. Mit sichj/.j und dem Problem hat er, siej konfrontiert, with himself and the problem has he her confronted (Frey 1990, p. 81)
(17)
a. Der the b. *Über about
Arzt hat den doctor has the sich¡ himself
Patienten¡ patient
hat der has the
Arzt doctor
über sich¡ about himself den Patienten¡ the patient
aufgeklärt. informed aufgeklärt, informed
While in (15a), (16a) and (17a) the anaphor is correctly bound by the object antecedent at the represented stage of the derivation, topicalization of the anaphor leads to ungram-
Günther Grewendorf
96
maticality in the examples (15b), (16b) and (17b), although Principle A should be satisfied according to (11). Likewise, evidence from English seems to be at variance with principle (11). As suggested by Belletti/Rizzi (1988) the surface subjects of the psych-verbs in (18) are basegenerated as underlying theme objects. In the underlying position, the anaphors in (18) are bound by the indirect experiencer object. As correctly predicted by principle (11), movement of the subject to its surface position does not lead to a violation of Principle A, although at this stage of the derivation, the anaphor is no longer within the binding domain of its antecedent: (18)
a. Each other's pictures would please the boys. b. It seems that these pictures of each other bother them. (Barss 1986, pp. 144, 149)
If we now assume, following Larson (1988), that the objects in (19a) also occupy a derived position, since they are derived from a hierarchical configuration as represented in (19b), we can conclude from the satisfaction of Principle A in (19b) that Principle A should also be satisfied in (19a). However, this prediction of principle (11) is not bome out by the facts, as the ungrammaticality of (19a) shows: (19)
a. *I showed [each other's friends] the students. b. I showed the students to each other's friends.
(Barss 1986, p. 142)
Examples with subject-related anaphors create problems for Principle A in cases where idiomatic expressions are involved: (20)
a. John¡ wondered [which picture of himself¡/j] [Billj saw t]. b. John¡ wondered [which picture of himself, ¡/j] [Billj took t]. (Chomsky 1993)
As (20a) shows, the anaphor contained in the wh-phrase of the embedded clause can have the matrix subject or the embedded subject as its antecedent. Either option is in accordance with principle (11), since in either case there is a stage of the derivation where Principle A is satisfied. The situation is different in the case of example (20b). If the expression take a picture in the embedded clause of (20b) is understood in its idiomatic sense, only that option is licensed where the anaphor takes the embedded subject as its antecedent. If we assume, following Chomsky (1993), that the idiomatic reading of the expression take a picture forces the non-operator part of the wh-phrase in (20b) to undergo reconstruction at LF, binding of the anaphor by the matrix subject should nevertheless satisfy Principle A, since, as can be seen from (20a), there is a stage of the derivation where binding by the matrix subject satisfies Principle A. Examples similar to (20b) also create a problem for the dynamic version of Principle B: (21)
John¡ wondered [which picture of hinii/.j] [Billj took t]
(Chomsky 1993, p. 44)
In (21), the matrix subject can function as an antecedent of the pronoun contained in the wh-phrase, although the head of the Α-chain representing the pronoun violates Principle Β at the stage represented by (21), since, as can be seen from (20a), this head is locally Abound by the matrix subject.
Dynamic Binding and the Problem of Object-Related Anaphors
97
Further problems for a dynamic theory of binding arise from anaphors which are contained in an adjoined category. Consider the examples in (22): (22)
a. John, wonders [which pictures of himself) Maiy bought t where] b. *John¡ wonders [wherej Mary bought which pictures of himselfj t¡] c. LF: John wonders [[which pictures of himself]¡ [wherej]] Mary bought t¡ t¡ (Barss 1988, p. 14, Sabel 1996)
(22a) shows again that an anaphor contained in a preposed wh-phrase satisfies Principle A when bound by the matrix subject. However, in (22b) the anaphor cannot take the matrix subject as its antecedent, although the in-situ wh-phrase along with the anaphor undergoes LF-movement to a position where binding of the anaphor by the matrix subject should be possible (see (22c)). On the basis of principle (11), we would therefore predict (22b) to be well-formed, contrary to fact. A solution to this problem might be seen in an observation reported in Sabel (1996). We can observe that binding of anaphors contained in adjoined categories seems to be ungrammatical to a more general extent, so the illicit binding in (22c) may possibly be due to a constraint which requires an independent explanation. The contrast in (23) seems to confirm this conjecture. (23)
a. They¡ read [proofs [that pictures of each other¡ had been forged]] b. *They¡ read [theorems [that books about each othen explained]] (Johnson 1987, Sabel 1996)
However, this assumption cannot be extended to German without problems. The contrast in (24) shows that in German, anaphors which are contained in adjuncts can have a subject antecedent but not an object antecedent: (24)
a. HanSi sah eine Hans saw a b. Hans erwartete Hans expected
Schlange neben sich¡. snake next to himself Mariai bei ihr¡/*sichi. Maria at her/herself
The fact that German permits anaphors contained in adjuncts to be licitly bound by a subject antecedent creates a crosslinguistic dilemma for the Binding Theory. An account of (24a) in terms of Principle A seems to imply that the pronoun in the English counterpart (25) should be locally bound and hence constitute a violation of Principle B: (25)
He¡ saw a snake near him¡/*himselfj.
However, the situation in German is not as clear as the contrast between (24a) and (25) might lead us to assume. On the one hand, adjunct PPs contained in complex NPs appear to disallow reflexivization even with a subject antecedent: (26)
a. Peter¡ hat Peter has
[die Schlange the snake
neben next to
??sichj/ihmi] getötet. himself/him killed
Günther Grewendorf
98
Brücke und sah [den Wildbach unter ihm¡].3 bridge and saw the torrent below him Frisör erzählen oder [dem Schläfer neben Ihnen¡] barber tell or the sleeper next to you (Frankfurter Rundschau 3.11.01) d. Die Nato, bemisst [das Kräfteverhältnis zwischen dem the Nato judges the balance of power among the Warschauer Pakt und ihr¡] offiziell auf 3:1. Warsaw Pact States and it officially at 3:1 (Augstein, Der Spiegel 27.4.87) e. (Möllemann muss angeben) woher er das Geld für [das Möllemann must declare from where he the money for the Wahlkampfflugblatt mit ihm¡ und Herrn Friedmann] bekommen hat leaflet with him and Mr. Friedmann got has (Thomas Roth, Bericht aus Berlin, 22.11.02) f. *HanSj hat [dem Jungen neben sich,] geholfen Hans has the boy next to him helped (Frey 1990, p. 147)
b. Hansj stand auf der Hans stood on the c. Das können Sie¡ Ihrem this can you your
On the other hand, local adjunct PPs sometimes require pronominalization even in cases when they are not embedded, as the attested data in (27) shows: (27)
a. Die Tüte nehmen Sie¡ sich bitte the bagAcc take you REFL please 'Please take the bag from behind you.' b. Sie¡ [Anrede] sind jetzt bei you [form of address] are now at 'You are now at home?' c. Die R0mer¡ errichteten einen Wall zwischen the Romans built a wall between ihneni/??sich¡. them/themselves
hinter Ihnen, [im Geschäft] behind you [in a shop] Ihnen¡? you den the
[am Telefon] [on the telephone]
Germanen Germans
und and
We have seen that a dynamic verson of the Binding Theory faces a series of empirical problems. In the majority of cases, these problems arise with object-related anaphors and anaphors contained in adjuncts. I wish to show in the next section that an independent account of these problems can be found which allows us to maintain the basic idea of a dynamic theory of binding.
3
Notice that ent binding (i) HanSj Hans (ii) HanSj Hans
differences in the VP-structure possibilities: stand auf der Brücke und stood on the bridge and stand auf der Brücke und stood on the bridge and
are associated with intonational differences and differsah saw sah saw
[den the [den the
WILDBACH TORRENT Wildbach] torrent
unter ihmj. below him [UNTER sich;]. BELOW himself
Dynamic Binding and the Problem of Object-Related Anaphors
3.
99
Reflexivization as Agreement
The fact that reflexives and pronouns are not always in complementary distribution raises the question of how the notion of anaphor should be defined. According to standard assumptions, there are two different types of anaphors (Reinhart/Reuland 1993); so-called Sis-anaphors such as Dutch zieh, Chinese ziji, Japanese zibun, Norwegian seg, Italian se are morphologically simple expressions which do not require local binding. When used in a non-reflexive way they behave like pronouns. So-called SELF-anaphors such as Dutch zichzelf, Chinese ta-ziji, Japanese zibun-zisin, English himself, Norwegian seg selv are morphologically complex and require binding by a local antecedent. Reinhart/Reuland (1993) therefore assume that unlike SE-anaphors and pronouns, SELF-anaphors have a reflexivizing function. However, S£-anaphors can also be locally bound, as can be seen from the contrast between (28) and (29) (Reinhart/Reuland 1993, Köster 1994): (28)
a. *Max haat zieh. Max hates REFL b. Max haat zichzelf.
(29)
Max Max
wast zieh. washes REFL
Jayaseelan (1997) claims that in many languages, morphologically simple anaphors are constrained by Principle B. He also tries to show that despite appearances, many morphologically complex reflexive forms, which are currently considered to be local anaphors, on closer examination turn out to be non-local and, due to the pronominal part they contain, are subject to Principle B. The gist of Jayaseelan's analysis is that a complex anaphor constitutes a complete functional complex in which the pronoun must be Α-free. Non-local binding of a complex anaphor is then predicted to be possible. This prediction is supposedly borne out by examples such as (30) and (31): (30)
(31)
a. John¡ thinks that Mary is in love with himself, (not Peter), b. John¡ says that the letter was sent to everyone but himself¡. [Chinese] John¡ yao wo zuo zai ta-ziji¡-de J. want I sit at him-selfs 'John wants me to sit at his side.'
shenbian. side (Jayaseelan 1997, p. 211)
Based on such observations, some linguists have come to the conclusion that the status of an expression as an anaphor is independent of its morphological properties. Consequently, Köster (1994) has suggested the following contextual definition of the notion of an anaphor: (32)
Anaphors are locally bound NPs.
100
Günther Grewendorf
According to this definition, the reflexive pronoun in (33a) as well as the personal pronoun in (33b) is an anaphor: (33)
a. John¡ washes himself,. b. John, saw a snake near him;.
There is a serious problem with the contextual notion of an anaphor as defined in (32). On the basis of this definition, Principle A of the Binding Theory becomes an analytic statement, which implies that various kinds of expressions can function as anaphors and that the property of being an anaphor varies depending on the context in which the expression occurs. However, the distinction between different types of anaphors, which is still needed in view of crosslinguistic variation, is usually based again on morphological criteria, as can be seen from the distinction between "short" anaphors (German sich, Engl, him) and "long" anaphors (Dutch zichzelf, Engl, himself) or between "specialized" anaphors (German sich) and "non-specialized" anaphors (Engl. him). One of the crucial claims of Reinhart/Reuland's (1993) theory of binding, namely that only SELF-anaphors function as "reflexive markers", is based on a morphological criterion without further motivation.4 Following Fanselow (1991) I will work with a different definition of the term anaphor. I will assume that anaphors are inherently underspecified expressions which derive their ú heföir you had
sigi] REFL svikiö sigi] betrayed REFL (Thráinsson 1991, p. 55)
(56a) shows that the simple anaphor sig can, in principle, take an object as its antecedent. (57b) demonstrates that the reflexive pronoun sig can be subject to long-distance binding. Finally, we can see from (57c) that long-distance binding is only possible with a subjectantecedent. If we now assume, as stated by our hypothesis (51), that object-related anaphors contain an empty intensifier, we can attribute the incompatibility of object-antecedents with long-distance binding to the impossibility of long head movement. 12 Furthermore, hypothesis (51) allows us to explain the rather surprising fact that unlike subject-related anaphors, object-related anaphors cannot be scrambled: (57)
a. Hans hat den Mann, sich; überlassen. Hans has the man A cc himselfDAT left b. *Hans hat sich¡ den Mann, überlassen.
(58)
a. Hans hat den Mann, mit sich¡ und dem Problem Hans has the man with himself and the problem b. *Hans hat mit sichj und dem Problem den Mann¡ konfrontiert.
konfrontiert. confronted
(59)
a. Der Analytiker hat den Patienten¡ über sich¡ the psychoanalyst has the patient about himself b. *Der Analytiker hat über sich, den Patienten¡ aufgeklärt.
aufgeklärt. informed
If we assume that the operator component of object-related anaphors must undergo covert movement to its antecedent and that this movement is head movement, we can explain the generalization illustrated with (57)-(59) by resorting to the independently established assumption that head movement is impossible out of adjoined categories. As can easily be seen, the explanation for this generalization parallels the explanation for the English exampie (45). The explanation suggested for (57)-(59) implies the prediction that object-related anaphors cannot occur inside adjuncts. As the contrast between (60) and (61) shows, this prediction is borne out by the facts: (60)
12
HanSj Hans
hat has
Maria¡ Maria
mit with
sich¡/j REFL
konfrontiert. confronted
Cole/Hermon/Sung (1990) analyze long-distance binding of bare reflexives in Chinese and Korean in terms of "successive cyclic" head movement of the anaphor to the Infi of the clause that contains the antecedent. The anaphor is assumed to pass through intermediate Infi- and C-heads. This analysis not only faces serious problems, as pointed out by Huang/Tang (1991), but the theoretical assumptions on which it is based do not apply to long-distance binding in languages such as Icelandic.
109
Dynamic Binding and the Problem of Object-Related Anaphors
(61)
a. HanSj Hans b. Hans Hans
hat Mariaj has Maria erwartete waited-for
bei sich¡/.j at REFL Mariaj bei Maria at
bewirtet. fed ihr¡/*bei sich,. her/herself
The contrast between (60) and (61) is indeed mysterious and no satisfactory explanation can be found in the literature. Note that our account of (61) does not imply that subjectrelated anaphors may not occur in adjuncts. Hypothesis (51), in fact, enables us to suggest an explanation of the contrast between (60) and (61) which is totally independent of the restrictions on subject-related anaphors. A further generalization which can be accounted for on the basis of hypothesis (51) concerns the observation that object-related anaphors cannot occur in a complex NP, neither in an argument-NP (62) nor in an adjunct-NP (63): (62)
a. Hans, Hans b. *Ich I
konfrontierte confronted konfrontierte confronted
(63)
a. *Peter Peter b. *Ich I
stellte introduced zeigte showed
mich me Hans¡ Hans
mit with mit with
[einem a [einem a
Maria¡ [dem MariaAcc the Mariai [die MariaDAT the
Buch book Buch book
über sichj. about himself über sich¡]. about himself (Frey 1990, p. 145)
Jungen neben sichj vor. boyDAT next-to himself PRT. Schlange neben sichj]. snakeACc next-to herseif
If we again assume that the covert operator of the object-related anaphor must undergo head movement to its antecedent, the ungrammaticality of (62b) can be explained by the fact that head movement from a complex NP violates the Head Movement Constraint. For the particular case of (63), we can again appeal to the familiar constraint that head movement from adjoined categories is disallowed. Furthermore, hypothesis (51) puts us in a position to explain the fact that object-related anaphors cannot be topicalized, as the examples in (64) demonstrate: (64)
a. Er¡ he b. Mit with
hat siej mit sich¡/j und dem Problem konfrontiert. has her with REFL and the problem confronted sich¡/.j und dem Problem hat er¡ siej konfrontiert, REFL and the problem has he her confronted (Frey 1990, p. 81) c. Welches Bild von sich¡, glaubt Maria, hat Peter¡ zerrissen which picture of himself thinks Maria has Peter torn
The permissible topicalization of the subject-related anaphor in (64b) and (64c) shows that the illicit topicalization of the object-related anaphor in (64b) cannot be due to the
+hr -lr
-hr +lr
REFL
Bei den reanalysierten agentiven dekausativen Verben liegen zum ersten Mal abweichende Kontrollverhältnisse vor, da es sich bei dem verbspezifischen Prädikat nicht um ein Aktivitätsprädikat handelt,19 das einzige Argument aber als S-Kontrolleur interpretiert wird.20 Das Reflexivum kann hier nicht mehr als Kodierung der semantischen Koindizierung dienen, sondern lediglich die abweichenden Kontrollverhältnisse anzeigen. Das Nebeneinander der
18
19
20
MANIPact ist eine unspezifische Einwirkungsrelation, die charakteristisch für kausative Verben ist, bei denen die Art der Einwirkung des Agens auf den Patiens lexikalisch nicht festgelegt ist. '&' ist ein Konnektor, der hier als CAUSE interpretiert werden kann. Dass es sich nicht um ein Aktivitätsprädikat handeln kann, zeigt sich daran, dass bei den kausativen Verwendungen auch unbelebte Objekte als Patiens möglich sind. Die Agentivität des (belebten) Patiens ist also nicht durch das Prädikat selbst bedingt, sondern ergibt sich allein in Zusammenhang mit dessen sortalen Eigenschaften. S-Kontrolle ohne Vorliegen eines Aktivitätsprädikats ist einer der Typen von abweichenden Kontrolleigenschaften, die auch bei inhärent reflexiven Verben vorliegen, vgl. Kaufmann (2001).
148
Ingrid Kaufmann
transitiven Verbform mit kanonischen Kontrollverhältnissen und komplexer Ereignisstruktur und der reflexiven Verbformen mit abweichenden Kontrollverhältnissen und reduzierter Ereignisstruktur bildet den Ausgangspunkt für die Ausweitung der Reflexivkonstruktionen auf Verben mit nicht agentiv interpretierbarem Patiensargument. Eine wichtige Rolle bei dieser Ausweitung kommt vermutlich solchen kausativen Verben zu, bei denen auch bei der transitiven Variante der Patiens einen gewissen Grad an Agentivität aufweisen kann, sofern er belebt ist (Martina bewegte ihr Pferd, Cäsar versammelte seine Truppen). In diesen Fällen unterscheidet sich die Handlung des Patiens der transitiven Variante nicht von der des einzigen Arguments der reflexiv markierten Variante. Die Uminterpretation, die zur Entwicklung der nicht-agentiven dekausativen Lesart fuhrt, besteht nun darin, dass der Causer und das verursachende Teilereignis nicht mehr als Bestandteil der von der reflexiven Variante charakterisierten Situation interpretiert werden. Diese Uminterpretation wird dadurch ausgelöst, dass das „Subjekt" der reflexiven Variante die gleichen semantischen Eigenschaften hat wie das „Objekt" der transitiven Variante, so dass es keinen Grund gibt, anzunehmen, dass bei der reflexiven Variante eine semantische Koindizierung des Causer-Arguments mit dem Patiensargument vorliegt.
5.3
Die nicht-agentive dekausative Lesart: Relevanz der höchsten AS-Position für das Vorliegen von S-Kontrolle
Mit der Etablierung der nicht-agentiven dekausativen Lesart wird die Option, das in der semantischen Repräsentation nicht-höchste Patiensargument in die höchste AS-Position abzubilden, ausgeweitet auf Verben, bei denen Agens- und Patiensargument aufgrund der sortalen Eigenschaften des Patiens nicht koreferent sein können. Es liegt also eine Repräsentation vor, in der der von der SF bereitgestellte S-Kontrolleur nicht in der AS realisiert ist. Seligs Beobachtung, dass im Lateinischen mit der Etablierung der nicht-agentiven dekausativen Lesart auch die Klasse der Reflexiva tantum wächst, spricht dafür, dass die Reflexivierung in dieser Phase dazu dient, abweichende Kontrollverhältnisse zu kodieren. Bis zu diesem Stadium waren es allein die SF-Prädikate, die festlegen, ob ein Argument des Verbs als S-Kontrolleur zu interpretieren ist: Wenn die SF eines Verbs ein Aktivitätsprädikat enthält, so muss auch ein S-Kontrolleur vorliegen. Dabei kann es sich nur um das höchste Argument des Aktivitätsprädikats handeln (bzw. bei den reflexiven Verben um ein mit diesem Argument koindiziertes Argument). Auch die reflexiven Verben mit nicht-agentiver dekausativer Lesart sind von einem transitiven Verb abgeleitet, dessen SF ein Aktivitätsprädikat (MANIPact) enthält. Trotzdem wird ihr Argument nicht als S-Kontrolleur interpretiert. Offensichtlich sind es also nicht mehr allein die SF-Prädikate, die die Kontrolleigenschaften des Verbs festlegen. Demnach muss nun die Möglichkeit bestehen, die Kontrolleigenschaften des Verbs in Abhängigkeit von den (thematischen und sortalen) Eigenschaften des Arguments festzulegen, das die [-hr]Position besetzt: Wird in dieser Position ein Argument realisiert, das einen Partizipanten repräsentiert, der die Situation nicht kontrollieren kann, dann liegt keine S-Kontrolle vor. Da die Referenzeigenschaften des Verbs von den Kontrolleigenschaften abhängen, kann in diesem Fall auch die Ereignisstruktur nicht mehr allein durch die SF festgelegt sein, son-
Reflexive Verben im Deutschen
149
dem muss abhängig von den Kontrolleigenschaften des höchsten Arguments in der AS bestimmt werden.21 Wie die Interpretation der reflexiven Verben mit nicht-agentiver dekausativer Lesart zeigt, spielt die in der SF des transitiven Basisverbs repräsentierte Verursachungsinformation keine Rolle. Statt dessen charakterisiert die reflexive Verbform nur das Ereignis, das bei der transitiven Verbform vom Causer verursacht wird. Mit dem Fehlen des S-Kontrolleurs wird also die Ereignisstruktur reduziert auf das Teilereignis, an dem kein Kontrolleur beteiligt ist. Um zu erfassen, dass zum einen die transitive und die reflexive Form dieser Verben über unterschiedliche Argument- und Ereignisstrukturen verfugen, dass zum anderen aber die Kontrolleigenschaften der reflexiven Verbform nur relativ zu dem durch die transitive Verbform vorgegebenen Standardfall abweichend sind, setze ich für die transitive und die reflexive Variante zwei Einträge an, denen eine gemeinsame SF zugrunde liegt (vgl. (20)). Die AS dient dazu, die Teilproposition zu identifizieren, die über das referenzielle Argument prädiziert,22 indem das in der höchsten AS-Position realisierte Argument als Repräsentant des ersten in die Situation involvierten Partizipanten interpretiert wird und das in der tiefsten AS-Position repräsentierte Argument als Repräsentant des „letzten" in die Situation involvierten Partizipanten. Die Bedingungen zur Festlegung des referenziellen Arguments sind in (18) aufgeführt. (18)
Bedingung zur Einführung des referenziellen Arguments : Ein (echter oder unechter) propositionaler Teil PRED¡(...) & ... & PRED N (...) einer SF kann auf ein als referenzielles Argument fungierendes Situationsargument s bezogen werden, wenn - das höchste (semantische) Argument des höchsten Prädikats PRED; der Teil-SF in der [-hr]-Position der Argumentstruktur repräsentiert ist, - das tiefste (semantische) Argument des tiefsten Prädikats PREDN der Teil-SF in der [-lr]-Position der Argumentstruktur repräsentiert ist und - es ontologisch unabhängige Situationen gibt, die PR£D¡(...) & ... & PRED„(...) instantiieren können.
Nicht von s instantiierte Teilpropositionen werden auf Situationsargumente bezogen, die existenziell gebunden werden.23 Existenziell gebundene Situationsargumente werden als impliziert interpretiert. In (19) ist eine SF mit implizierten Teilsituationen schematisch dar-
21
22
23
Der Zusammenhang zwischen den Kontrolleigenschaften und den Referenzeigenschaften des Verbs besteht darin, dass Aktivitäten nur dann Zustandekommen können, wenn ein S-Kontrolleur vorhanden ist, der sie initiiert. Wird das Vorliegen eines S-Kontrolleurs durch die Repräsentation des Verbs negiert, kann dieses Verb nicht mehr zur Charakterisierung einer Aktivität verwendet werden. Ich nehme an, dass die SF eines Verbs eine Proposition ist, die in Relation zu einer Situationsvariable gesetzt wird, die als referentielles Argument des Verbs fungiert. In Anlehnung an Wunderlich verwende ich die Repräsentation {p}(s). Eine Alternative stellt die von Bierwisch verwendete Repräsentation s INST ρ 's instantiiert p' dar. Teilsituationen sind in der SF nicht durch eigene Situationsvariablen repräsentiert. Evidenz für diese Annahme wird in Kaufmann (2001) diskutiert.
150
Ingrid Kaufmann
gestellt. Die Teilproposition, die durch das referenzielle Argument instantiiert wird, ist fett gedruckt. (19)
Xy Xx Xs 3 s ' 3 s "
{PRED, (...)}(s') & {PRED,(X,...) & PREDJ (...,y)}(s) & {PREDN (,..)}(s")
Die „Reduktion" der Ereignisstruktur wird bei der nicht-agentiven dekausativen Lesart dadurch erreicht, dass eine nicht-thematische Argumentposition an der Position in der AS eingeführt wird, die dem semantischen Rang des Arguments entspricht, das statt des Agens als erster Partizipant der Situation interpretiert werden soll. Diese nicht-thematische Position ist koindiziert mit der Position des entsprechenden thematischen Arguments, der das Merkmal [-hr] zugewiesen wird. 24 Aufgrund der Koindizierung kann die nicht-thematische Position nur durch das Reflexivum realisiert sein. Das formale Antezedens des nichtthematischen Reflexivums ist damit also das Argument in der Position, die fur die Kontrolleigenschaften des Verbs verantwortlich ist. Da das Reflexivum bei der dekausativen Lesart die tiefste Position in der AS besetzt, sind hier die höchste und die tiefste Position koindiziert. Daraus ergibt sich, dass der „erste" und der „letzte" Partizipant der Situation identisch sind. Wenn dieser Partizipant keine Kontrolleigenschaften hat, kann keine agentive Lesart zustande kommen. In (20) ist das Schema abgebildet, das aus einer SF zwei alternative Lexikoneinträge ableitet. Während bei dem transitiven Eintrag alle thematischen Argumente in der Argumentstruktur repräsentiert sind, ist das Agensargument bei dem reflexiven Eintrag blockiert, da ein in der SF tiefer eingebettetes Argument in der [-hr]-Position realisiert wird. Da das HIERARCHIEPRINZIP nicht verletzt werden darf, kann das Agensargument nicht in die AS eingehen. Um anzuzeigen, dass die höchste AS-Position für die Kontrolleigenschaften des Verbs relevant ist, ist sie mit dem Merkmal CNTR ausgezeichnet. Der sortale Index am höchsten Argument der reflexiven Variante zeigt an, dass das entsprechende Argument keine Kontrolleigenschaften aufweist. MANIPACT ( x , y ) & PRED ( y )
(20)
Xy
Xx
+hr
-hr
-Ir
+lr CNTR
Xs
{MANIPACT ( x , y ) &
_ ¡
λγ ί < " ε η ' Γ >
PRED(y)}(s)
+hr
-hr
-lr
+lr
XsSs'Bx
{MANlP ACT (x,y)}(s') & {PRED(y)}(s)
CNTR
Sobald die Reflexivierung dazu dient, abweichende Kontrollverhältnisse zu kodieren, besteht ihre Funktion nicht mehr darin, lediglich die Koindizierung von zwei semantischen Argumenten zu kodieren, sondern darin, ein anderes Argument als den kanonischen Kontrolleur in der höchsten Argumentposition zu realisieren und gleichzeitig auch mit der ASPosition zu assoziieren, die seinen semantischen Rang reflektiert. Ein semantisches Argument wird also mit zwei (koindizierten) Argumentpositionen assoziiert und dementspre-
24
Meines Wissens gilt generell, dass bei den „schwachen" Reflexiva, die in Medium-Konstruktionen auftreten, nur das höchste Argument, also das Subjekt, als Antezendens fungieren kann.
Reflexive Verben im Deutschen
151
chend auch mit den damit verbundenen Eigenschaften (-hr: erster Partizipant/kausaler Kopf; -lr: letzter Partizipant/letztes Glied der kausalen Kette). In der Repräsentation in (20) wird diesem Unterschied dadurch Rechnung getragen, dass anders als in (14) eine Koindizierung der AS-Positionen angenommen wird, nicht lediglich die Auszeichnung der nichtthematischen Argumentposition durch das Merkmal REFL. Sobald sich ein solches Ableitungsschema für die nicht-agentive dekausative Lesart etabliert hat, lassen sich auch die agentiven Lesarten nach entsprechenden Schemata reanalysieren. Mit der Etablierung der nicht-agentiven dekausativen Lesart besteht also die Option, für diejenigen Verben, die als Ein- oder Zwei-Partizipanten-Ereignisse konzeptualisiert sein können, alternativ zu der transitiven Variante eine zweite, semantisch intransitive Variante abzuleiten, deren AS den folgenden Bedingungen unterliegt: (21)
Aufbau der Argumentstruktur reflexiver Verben a. Eine nicht-thematische [+hr]-Position wird in die AS eingeführt. Das Argument, dessen Rang in der SF dem der nicht-thematischen Argumentposition entspricht, wird als [-hr] ausgezeichnet. Die nicht-thematische [+hr]-Position wird mit der [-hr]-Position koindiziert.25 b. Aufgrund des HIERARCHIEPRINZIPS wird der kanonische Kontrolleur nicht in der Argumentstruktur repräsentiert.
Die lexikalische Reflexivierung blockiert also die unabhängige Interpretation des Agens, indem das Argument, dessen semantischer Rang dem des Reflexivums in der AS entspricht, in der höchsten Argumentposition realisiert wird. Da diese Position den ersten Partizipanten der Situation repräsentiert, muss der Agens entweder koreferent mit diesem Argument oder aus der von der Verbform charakterisierten Situation ausgeschlossen sein.26 Die Koindizierung mit der tieferen nicht-thematischen Position reflektiert den semantischen Rang des Arguments in der höchsten Argumentposition und damit auch dessen thematische Eigenschaften. Das Agensargument kann prinzipiell mit dem Argument, das in die höchste Argumentposition abgebildet wird, koindiziert werden. Bei einem Reflexivum in der tiefsten Argumentposition ist das jedoch nur dann möglich, wenn die mit dieser Position assoziierte Default-Auszeichnung als -cntr durch eine Auszeichnung des Arguments als potentieller Kontrolleur außer Kraft gesetzt ist. Das ist durch die Interpretationsbedingung in (22) festgelegt.
25
26
Ich betrachte in diesem Papier nur reflexive Verben, bei denen das Reflexivum die [-lr]-Position einnimmt. Durch die in (21a) gewählte Charakterisierung lassen sich auch reflexive Verben mit sogenannter „indirekt-reflexiver Lesart" erfassen, bei denen das Reflexivum dem Dativ-Argument entspricht (sich etwas leihen). Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass der implizite Agens als 'Causee' (= ein Partizipant, der zu einer Handlung veranlasst wird) interpretiert wird, der in der kausalen Kette vom Skontrollierenden Patiens dominiert wird. Dadurch ergibt sich die kausativ-reflexive Lesart in (9). Dazu sind allerdings weitere Interpretationsbedingungen erforderlich, die im Deutschen nicht vorliegen (vgl. Kaufmann 2001).
152 (22)
Ingrid
Kaufmann
Eine mit einer [-lr]-Position koindizierte [-hr]-Position ist als -cntr spezifiziert, sofern das entsprechende SF-Argument nicht als potentieller Kontrolleur ausgezeichnet ist.
Für die Verben mit agentiven Lesarten sind die Ableitungen in (23) und (24) anzunehmen. (23)
direkt-reflexive Lesart: {REL act (x,y p k )}
λγ
+hr -lr
Xx
Xs {REL act (x,y p k )}(s)
-hr +lr
Ί
Xs {REL act (x¡,y pk i)}(s)
+hr - h r - l r +lr
CNTR
(24)
i
CNTR
agentive dekausative Lesart: {MANIP act (x,y) & PRED(y pk )}
Xy +hr
-lr
Xx -hr
+lr CNTR
Xs
{MANIPact (x,y) & PRED(y pk )}(s)
_¡ Χ γ Γ ^ +hr - h r
-lr
Xs
{MANLPACT(x¡,y) & PRED(y pk i)}(s)
+lr CNTR
Mit dem Vorliegen eines generellen Ableitungsschemas, das die Projektion des kanonischen Kontrolleurs in die AS blockiert und damit seine Interpretation als (unabhängiger) SKontrolleur verhindert, übernimmt das nicht-thematische Reflexivum die Funktion, produktiv abgeleitete Strukturen mit abweichenden Kontrollverhältnissen zu markieren. Eine Übertragung dieser Markierung auf andere Instanzen von abweichenden Kontrollverhältnissen, wie sie bei den inhärent-reflexiven Verben vorliegen, ist deshalb naheliegend. Die Ableitung von zwei Lexikoneinträgen mit alternativen Argumentstrukturen bildet den Ausgangspunkt fur die Entwicklung einer produktiven Reflexivkonstruktion. Die Tatsache, dass Reflexivkonstruktionen ihre Lesarten immer weiter ausweiten, spricht dafür, dass das Reflexivum durch eine produktive Operation eingeführt wird. Unter der Annahme, dass diese Operation im Aufbau einer alternativen AS besteht, lassen sich die Uminterpretationen, die zur Einführung neuer Lesarten entstehen, dadurch motivieren, dass alternative Argumentstrukturen auch für Verben eingeführt werden, deren SF eine Interpretation mit nicht-projiziertem Agens unter den vorliegenden Bedingungen eigentlich nicht zulässt. Völlige Produktivität der lexikalischen Reflexivkonstruktion ist mit der Einführung der passivischen Lesart erreicht. Dass sich diese Lesart in allen Sprachen, die Reflexivkonstruktionen aufweisen, irgendwann zu etablieren scheint, spricht m.E. dafür, dass die Ableitung einer alternativen AS bei Aktivitätsverben lediglich durch die jeweils vorliegenden Interpretationsbeschränkungen restringiert ist. Im Deutschen liegt bisher weder die passivi-
Reflexive Verben im Deutschen
153
sehe noch die kausativ-reflexive Lesart vor. Produktiv ist jedoch die modale Lesart, die jetzt abschließend betrachtet werden soll.27
5.4 Die modale Lesart (Medialkonstruktion) Die modale Lesart kommt dann zustande, wenn die Ableitung der reflexiven Variante auf Verben ausgedehnt wird, die keinen potentiellen Kontrolleur aufweisen und deren Ereignisstruktur nicht wie die der kausativen Verben reduzierbar ist, da die SF kein Prädikat enthält, das ein unabhängiges Teilereignis charakterisiert.28 Wenn keines der Argumente als SKontrolleur interpretiert werden kann, ist eine referenzielle Verwendung dieser Verben nicht möglich, da eine Aktivität nur dann stattfinden kann, wenn sie durch einen SKontrolleur initiiert wird. Wenn die Verbrepräsentation keinen S-Kontrolleur bereitstellt, ist deshalb eine referenzielle Verankerung des Ereignisarguments nicht möglich. Während in den romanischen Sprachen reflexive Verben im imperfektiven Aspekt generell die modale Lesart aufweisen können, muss im Deutschen immer ein Adverbial realisiert sein, das die modale Interpretation lizensiert. (25)
a. Estas fintas se comen. 'Diese Früchte sind essbar.' b. Diese Früchte essen sich *(gut).
Ich gehe davon aus, dass die Funktion des Adverbs darin besteht, die modale Bedeutungskomponente einzubringen, die die Initiierbarkeit der Situation durch einen Agens festschreibt (vgl. Kaufmann 2001).29 Die in der Medialkonstruktion auftretenden Adverbien beinhalten eine generelle Evaluation der Eigenschaften des Subjektreferenten in Bezug auf die Ausführbarkeit der Handlung und damit natürlich auch in Bezug auf ihre Initiierbarkeit. Auch wenn die Initiierbarkeit dadurch in der semantischen Repräsentation festgeschrieben ist, ist eine referenzielle Verankerung der Situation jedoch nicht möglich, wenn kein SKontrolleur identifizierbar ist. Daher können bei der modalen Lesart die Situationsvariable und das Agens argument nur genetisch gebunden werden. Für die deutsche Medialkonstruktion (Dieses Buch) liest sich leicht kann vereinfacht eine Repräsentation wie in (26) angesetzt werden.30
27
28
29
30
Zur Analyse der kausativ-reflexiven und der passivischen Lesart im Spanischen vgl. Kaufmann (2001). Natürlich ist die modale Lesart prinzipiell auch bei Verben möglich, die eine der anderen Mediumlesarten zulassen; allerdings ist sie markiert, wenn das Argument als S-Kontrolleur interpretierbar ist, vgl. ΠPeter kämmt sich gut vs. Peters Haare kämmen sich gut. Dass das Adverbial im Spanischen fehlen kann, lässt sich mit den gleichen Interpretationsbedingungen in Zusammenhang bringen, die auch für das Vorliegen der kausativ-reflexiven und der passivischen Lesart verantwortlich sind, vgl. Kaufmann (2001). Zu einer Diskussion der unpersönlichen Medialkonstruktionen (In diesen Schuhen läuft es sich schlecht) vgl. Kaufmann (2001).
154 (26)
Ingrid Kaufmann
Medialkonstruktion liest sich leicht:
_j +hr -lr
Xy-r™" -hr +lr
Gen x, s
[{READACT(X, y)}(s): EASY (DOACR (x,s))]
CNTR
Ich nehme allerdings nicht an, dass das Adverb bei der Medialkonstruktion vom Verb subkategorisiert ist. Es ist lediglich aus semantischen Gründen erforderlich, um die Interpretierbarkeit der Konstruktion zu gewährleisten. Die Annahme, dass es reflexive Verben gibt, die nur interpretierbar sind, wenn zusätzlich nicht subkategorisiertes Material realisiert ist, ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Ableitung reflexiver Verben ein produktiver, aber rein schematischer Mechanismus ist. Die Interpretierbarkeit der so abgeleiteten Formen hängt von verschiedenen Faktoren ab, die immer mit der Identifizierung des S-Kontrolleurs und der Bindung des Agens- und des Situationsarguments zu tun haben. Das generelle Ableitungsschema der reflexiven Verben, die in der Medialkonstruktion auftreten, entspricht also dem der anderen reflexiven Verben: (27)
REL A C T (x,y)}
λγ λχ +hr - h r - l r +lr
λ8 {REL act (Χ, y)} (S)
CNTR
6.
i
λγ,^η,Γ>
λ8
{REL act (Χ, y)} (S)
+hr - h r - l r +lr CNTR
Zusammenfassung
Ich habe in diesem Papier eine lexikalische Analyse der reflexiven Verben vorgestellt, in der das Reflexivum die Funktion hat, abweichende Kontrollverhältnisse zu markieren. Die Ableitung von reflexiven Verbformen ist nach dieser Analyse eine produktive Operation, die auf jedes agentive Verb angewendet werden kann. Bei den produktiv abgeleiteten reflexiven Verben verfugt die reflexive Variante über die gleiche semantische Repräsentation wie die nicht-reflexive Verbform, lediglich in Bezug auf die AS bestehen Unterschiede. Die jeweilige Lesart der reflexiven Verbform ergibt sich abhängig von der Verbsemantik und den sortalen Eigenschaften der Argumente. Die Default-Interpretation ist die modale Lesart, die in der sogenannten Medialkonstruktion vorliegt: Sie kann immer zustande kommen, wenn die anderen Lesarten nicht zur Verfugung stehen.
Reflexive Verben im Deutschen 7.
155
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Tibor Kiss
Die Genese der Ausnahmeanapher* Auf die Länge wird man des ewigen Geredes vom Allgemeinen überdrüssig; es gibt Ausnahmen. Kann man sie nicht erklären, so kann man auch das Allgemeine nicht erklären. Gewöhnlich merkt man die Schwierigkeit nicht, weil man das Allgemeine nicht einmal mit Leidenschaft, sondern mit einer bequemen Oberflächlichkeit denkt. Die Ausnahme dagegen denkt das Allgemeine mit energischer Leidenschaft. „. , (Sòren Kierkegaard)
0.
Einleitung
Die Analyse englischer Reflexivkonstruktionen in Pollard/Sag (1992, 1994) steht in deutlicher Dissidenz zur Tradition Chomskys (Chomsky 1981, 1986), denn Beispiele des Typs (1) - sog. picture NP reflexives - die den Erklärungsansätzen der Prinzipien- und Parametertheorie so erfolgreich trotzten, fallen hier nicht in den Geltungsbereich von Prinzip A.1 Sie bilden statt dessen genuine Ausnahmen zu diesem Prinzip. Dies fuhrt Pollard/Sag (1992,1994) dazu, sie auch als Ausnahmeanaphern (exempt anaphora) zu bezeichnen. (1)
a. John¡ likes a picture of himselfi/him¡. b. [John and Mary], thought that pictures of themselvesj/themj were on sale.
Folgt man Pollard/Sag (1992, 1994) in ihrer Klassifikation der Reflexiva in (1), so handelt es sich nicht um anaphorische, sondern um logophorische Pronomina, deren Koindizierung nicht durch die Bindungstheorie erzwungen wird. Diese Befreiung von der Bindung wird durch eine Formulierung von Prinzip A in Pollard/Sag (1994, S. 254) vorgegeben, die eine
1
Die Gelegenheit zur Erstellung dieser Ausarbeitung ergab sich durch die Einladung zum Reflexivierungsworkshop am Institut fur Deutsche Sprache (Mannheim) im November 2001. Für diese Einladung ebenso wie für die außerordentlich kreative Atmosphäre beim Workshop möchte ich Gisela Zifonun, Lutz Gunkel und Gereon Müller herzlich danken. Doris Schönefeld, Gisela Zifonun und Lutz Gunkel haben eine Vorfassung dieses Aufsatzes kommentiert und durch ihre ebenso kritischen wie konstruktiven Vorschläge viel zur vorliegenden Fassung beigetragen. Dank schulde ich darüber hinaus Ana Luis und Kook-Hee Gill für die Bereitstellung und Diskussion portugiesischer bzw. koreanischer Daten. Diese Ansicht teilt der Ansatz von Pollard/Sag (1992, 1994) mit dem Ansatz von Reinhart/Reuland (1993). Pollard/Sag (1992, S. 268f., 1994, S. 272f.) zeigen, dass weder eine auf versteckte Pronomina noch eine auf LF-Bewegung der Reflexiva aufbauende Analyse die Daten korrekt erfassen kann. Versteckte Pronomina in DP/NP sind problematisch, weil sie falsche Lesarten erzwingen. Gegen eine LF-Bewegung von Reflexiva nach INFL (oder AgrS) spricht etwa, dass die einschlägigen Reflexiva und Reziprokpronomina durchaus auch Nicht-Subjekte als Antezedentien besitzen können, wie das Beispiel in (i) zeigt. Zudem läge hier eine Bewegung vor, die der Left Branch Condition widerspricht. (i) John told his two daughters that each other's pictures were prettier.
158
Tibor Kiss
Bindung von picture NP reflexives nicht verlangt, wenn diese kein direktes Ko-Argument besitzen. Eine Paraphrase dieser Formulierung liegt in (2) vor. Ihr liegt die Idee zugrunde, dass ein Reflexivum nicht per se zu binden ist, sondern seine Bindung erst notwendig wird, wenn das Reflexivum durch Prinzip A subsumiert wird. 2 Fällt ein Reflexivum nicht unter Prinzip A, so kann es nicht verwundern, dass es distributionelle Gemeinsamkeiten mit einem Personalpronomen erlangt, denn auch dieses wird ja durch Prinzip A nicht eingeschränkt. (2)
Prinzip A: 3 Reflexiva, die nicht die prominenteste Argumentposition besetzen, müssen mit einem prominenteren Ko-Argument koindiziert werden.
Wir stellen die Argumentstruktur eines Prädikats durch eine Liste der Argumente dar. Für ein transitives Verb ergibt sich dann etwa die Repräsentation in (3). (3)
(0„0 2 )
In dieser Argumentstruktur besetzt θ 2 eine weniger prominente Position als θ|, denn θ ι wird links von θ 2 realisiert. Hat ein Argument θ„ ein in diesem Sinne prominenteres KoArgument Gm, so wird θ„ durch 0 m lokal a(rgument)-kommandiert. In den relevanten Argumentstrukturen in (1) - denen des Nomens picture - gibt es allerdings jeweils nur ein Argument. Auch bei einer Realisierung als Reflexivum wird dieses nicht lokal a-kommandiert. Somit muss es nicht gebunden werden. Diese Hypothese wird durch einige Beobachtungen untermauert. Zum einen machen Pollard/Sag (1992, 1994) in Anlehnung an Lebeaux (1984, S. 346) darauf aufmerksam, dass gerade diejenigen Anaphern, die in ihrer Analyse als Ausnahmen klassifiziert werden, auch gespaltene Antezedentien (split antecedents) zulassen. Diese in (4) illustrierte Option ist mit der Bindungstheorie nicht in Einklang zu bringen. 'Ordinäre' lokal a-kommandierte Anaphern gestatten entsprechend auch keine split antecedents, wie (5) verdeutlicht. (4)
John¡ told Maryj that pictures of themselves¡+j were on sale.
(5)
*John¡ told Maryj about themselvesi+j.
Eine weitere empirische Rechtfertigung erschließt sich aus der Beobachtung, dass keine Formulierung von Prinzip A eine Bindung der Reflexiva in (6) abzuleiten gestatten würde und Reflexiva im Englischen somit nicht immer gebunden werden müssen. 4 (6)
a. John¡ was furious. The picture of himself; in the museum had been mutilated, b. This is our¡ last dance. This is ourselvesj under pressure.
Zribi-Hertz (1989) hat vorgeschlagen, die in (6) vorliegenden Koindizierungen durch eine Erweiterung der Bindungstheorie auf Diskurselemente zu erfassen. Dieser Idee folgen auch 2 3
4
Diese Annahme liegt auch dem Ansatz von Reuland (2001 ) zugrunde. Die tatsächliche Formulierung von Prinzip A lautet: Lokal a-kommandierte Anaphern müssen lokal a-gebunden werden. Vgl. dazu Zribi-Hertz (1989) und Pollard/Sag (1994, S. 266-272). Das Beispiel (6b) stammt aus dem Lied Under Pressure von Queen und David Bowie (1982).
Die Genese der Ausnahmeanapher
159
Pollard und Sag in ihrer Analyse. Wir wollen hier nicht darauf eingehen, wieso es trotz Nichtanwendung von Prinzip A zu den scheinbar obligatorischen Koindizierungen in (1) kommt. Zur Diskussion dieser Aspekte sei der Leser auf Pollard/Sag (1994, S. 267fF.) verwiesen. Unsere Fragestellung zielt in eine andere Richtung. Die Analyse von Pollard und Sag beansprucht keine universelle Geltung - sie bietet eine Alternative zur Bindungstheorie Chomskys fiir das Englische an. Wünschenswert wäre allerdings eine Formulierung von Prinzip A, die die universelle Geltung des Prinzips ebenso vermittelt, wie seine einzelsprachliche Realisierung erklärt. Dass es sich hierbei nicht nur um ein theoretisches Desiderat handelt, sondern auch Fragen der Beobachtungsadäquatheit der Theorie angesprochen werden, wird deutlich, wenn man die Analyse von Pollard/Sag (1992, 1994) mit einer Sprache konfrontiert, die zwar picture-NP-reflexives, aber keine ungebundenen Anaphern besitzt - etwa dem Deutschen. Der hier skizzierte Vorschlag für Prinzip A wurde auf unterschiedliche Sprachen angewandt, so etwa in Xue et al. (1994) auf das Reflexivum ziji im Mandarin-Chinesischen, oder in Branco/Marrafa (1999) auf die Reflexiva im Portugiesischen. Vergleicht man diese Ansätze, so fallen zwei Probleme auf. Das erste betrifft den universellen Anspruch von Prinzip A: Einerseits scheint Prinzip A in jeder Sprache Geltung zu besitzen, die anaphorische Ausdrücke besitzt; andererseits weichen die jeweiligen einzelsprachlichen Formulierungen von Prinzip A - begründet durch die Variationsbreite reflexiver Bindung - deutlich voneinander ab. Es bleibt jedoch unklar, wie eine universelle Formulierung von Prinzip A aussehen könnte, aus der diese einzelsprachlichen Instantiierungen regelhaft - etwa im Rahmen eines Prinzipien- und Parametermodells - abgeleitet werden könnten. So gewinnt man den Eindruck, dass die Analysen von Pollard/Sag (1994), Xue et al. (1994) und Branco/Marrafa (1999) beziehungslos nebeneinander stehen. Wünschenswert erscheint daher eine Antwort auf die folgende Frage: Wie sieht eine universelle Formulierung von Prinzip A aus, aus der einzelsprachliche Instanzen von Prinzip A gebildet werden können? Betrachtet man die Bindungstheorie aus dieser Perspektive, entsteht unmittelbar Klärungsbedarf fiir ein weiteres Problem. Die Analyse des Englischen in Pollard/Sag (1994) die Beobachtungen und Analysen von Lebeaux (1984), Kuno (1987) und Zribi-Hertz (1989) aufnimmt - hat nochmals verdeutlicht, dass es Ausnahmen zur Bindungstheorie gibt. Wie können solche Ausnahmen im Rahmen einer parametrischen Bestimmung aus der Bindungstheorie legitimiert werden? Dieses Problem ist interessanterweise in der Diskussion des Ausnahmezustands wesentlich klarer formuliert worden als in der theoretischen Linguistik: Es ist nicht die Ausnahme, die sich der Regel entzieht, es ist die Regel, die, indem sie sich aufliebt, der Ausnahme stattgibt; und die Regel setzt sich als Regel, indem sie mit der Ausnahme in Beziehung bleibt. (Agamben 2002, S. 28, Hervorhebung von T.K.)
Wir können also fragen: Wie muss die Bindungstheorie als universelle Theorie beschaffen sein, damit aus ihr das Vorhandensein logophorischer Reflexiva im Englischen und die Nichtanwendung der Bindungstheorie auf diese ebenso abgeleitet werden können, wie das Nichtvorhandensein solcher Reflexiva im Deutschen und anderen Sprachen? Hierbei gehen wir davon aus, dass die Bindungstheorie die Möglichkeit besitzt, sich einzelsprachlich so aufzuheben, dass Ausnahmen zugelassen werden. Wir glauben, dass eine Antwort auf die erste Frage: „Welche Form muss eine universelle Formulierung von Prinzip A der Bindungstheorie besitzen?" eine Antwort auf die zweite
Tibor Kiss
160
Frage „Wieso erlaubt die Bindungstheorie überhaupt Ausnahmen?" einschließt. In der Annahme, dass universelle Beschränkungen formale Beschränkungen sind, folgen wir den Modellen in Chomsky (1981, 1986, 1995). Allerdings weichen wir von den Ansätzen Chomskys insofern deutlich ab, als wir annehmen, dass diese Beschränkungen repräsentationell sind. Darüber hinaus muss eine formale Beschränkung nicht notwendigerweise eine Beschränkung sein, die auf eine Konfiguration angewandt wird. Wir nehmen vielmehr an, dass Bindungsbeschränkungen auf der Argumentstruktur applizieren. Ob eine Beschränkung verwendet wird, um eine Distanz in der Argumentstruktur oder eine Distanz in der Konfiguration zu bestimmen, ändert nichts an ihrem formalen Charakter. Die Antwort auf die erste Frage kann daher lauten: Eine universelle Formulierung von Prinzip A setzt auf einer kleinen Menge von Beschränkungen auf, die festlegen, in welcher Domäne gebunden werden muss, in welcher Distanz gebunden werden muss und durch welche Elemente gebunden werden muss. Eine einzelsprachliche Formulierung von Prinzip A wird bestimmt, indem die einzelnen Beschränkungen fixiert werden. Es sind nun gerade diese universellen Beschränkungen, die durch ihre Aufhebung Ausnahmen gestatten. Als Beispiel mag hier die lokale Domäne dienen. Gilt ein Reflexivum, wie im Englischen, nur dann als zu binden, wenn in seiner lokalen Argumentstruktur ein potentieller Binder vorhanden ist, dann folgt, dass jedes Element, das in dieser Domäne kein potentielles Antezedens besitzt, eine Ausnahme zu dieser Regel bilden wird. Im Umkehrschluss bedeutet dies für das Deutsche, dass die Domäne so fixiert wird, dass eine solche Ausnahme nicht entstehen kann. Die weitere Struktur des vorliegenden Aufsatzes ergibt sich aus den genannten Fragestellungen. Im ersten Abschnitt werden wir nochmals die Grundideen der Bindungstheorie in Pollard/Sag (1994) vorstellen, wobei einige Besonderheiten in der Bindung reflexiver Pronomina im Deutschen eingegangen werden soll, die u.a. bei Frey (1993) diskutiert worden sind. Der zweite Abschnitt widmet sich in Anlehnung an Branco/Marrafa (1999) einer Analyse des portugiesischen Reflexivums ele proprio. Wir zeigen auf, dass sich dieses sowohl von den englischen als auch von den deutschen Reflexiva unterscheidet. Der dritte Abschnitt leitet unter Einbeziehung weiterer Daten aus dem Chinesischen zur theoretischen Untersuchung über. Im vierten Abschnitt werden wir einige Elemente einer universellen Bindungstheorie vorstellen, wobei Bindung auf Argumentstrukturen appliziert. Der fünfte Abschnitt fasst die zentralen Thesen nochmals zusammen, der sechste Abschnitt befasst sich mit der Frage, ob nicht noch weitere Parameter berücksichtigt werden müssten.
1.
Bindung auf der Argumentstruktur
Wie in der Einleitung bereits angesprochen wurde, nehmen Pollard/Sag (1992, 1994) an, dass Bindung eine Beschränkung der Argumentstruktur ist. Entsprechend baut Prinzip A auf dem Begriff des lokalen Argument-Kommandos (A-Kommando) und seiner Verallgemeinerung, dem Α-Kommando, auf. Lokales Α-Kommando ist in (7) definiert.
Die Genese der Ausnahmeanapher (7)
161
Lokales A(rgument)-Kommando: ARG-ST sei eine Argumentstruktur mit den syntaktischen Argumenten 0 m , θ„, ... , also . Wenn 0 m sich auf ARG-ST vor θ η befindet, also prominenter ist als θ„, und einen referentiellen Index besitzt, dann a(rgument)-kommandiert die 9 m assoziierte Phrase die θ„ assoziierte Phrase lokal.
Die Formulierung in (7) entspricht der Formulierung, die Pollard/Sag (1994) für das Englische geben. Α-Kommando ist keine notationelle Variante des C-Kommandos. So fallen bei regierten Präpositionen die Α-Kommando- und die C-Kommandodomänen auseinander, wie etwa das Beispiel (8) zeigt: Hier a-kommandiert Hans das Reflexivum, es c-kommandiert es aber nicht. (8)
der Gedanke von Hans an sich
Ein weiterer Unterschied betrifft die Rolle der Semantik. Während durch das A-Kommando eine hierarchische Beziehung zwischen Argumenten abgebildet wird, die dann entsprechend auch semantische Reflexe zeigt, so etwa bei der Bestimmung des Skopus von Quantoren und Adverbien (Kiss 2001), bei Diathesen (Manning/Sag 1998) oder eben bei der Festlegung von Bindungsdomänen, muss C-Kommando als allgemeine strukturelle Beziehung interpretiert werden, die auf semantische Aspekte keine Rücksicht nimmt. Dieser zweite Aspekt wird in der Diskussion des Α-Kommandos in Abs. 3 noch deutlicher werden. In der Definition des Α-Kommando in (9) weichen wir von Pollard/Sag (1994) darin ab, dass wir die A-Kommando-Domäne auf Adjunkte erweitern. Adjunkte selegieren die modifizierten Elemente durch das Merkmal MOD(ified).5 (9)
A-Kommando: α a-kommandiert β genau dann, a. wenn α β lokal a-kommandiert, oder b. wenn α γ a-kommandiert und γ eine Projektion von β ist, oder c. wenn α γ a-kommandiert und das syntaktische Argument Θ, mit dem β assoziiert ist, sich auf der Argumentstruktur (ARG-ST) von γ befindet, oder d. wenn das syntaktische Argument Θ, mit dem α assoziiert ist, sich auf der ARGST eines γ befindet und ßs MOD-Wert γ ist.
Eine vergleichende Betrachtung verdeutlicht, dass Adjunkte in die A-Kommando-Relation einbezogen werden müssen. So zeigt etwa das Deutsche, dass die Bindung eines Reflexivums in einer Adjunkt-PP nicht beliebig ist, sondern nur durch das nächste Subjekt erfolgen kann (vgl. Frey 1993). (10)
a. HanSj bewirtete Mariaj bei sichi/.j.
b. Klausk sagte, dass Hans¡ Mariaj bei sichi/.j/.)< bewirtete.
5
Die hier etwas sperrig erscheinende Definition des Α-Kommandos unter Verweis auf die Assoziation zwischen Argumenten und den Phrasen, die den Argumenten assoziiert sind, ist notwendig, denn A-Kommando wird phrasal vermittelt. Dies spielt eine Rolle in der Definition der Argumentstrukturdomäne in (33).
162
Tibor Kiss
Im Englischen scheinen sich Reflexiva in Adjunktphrasen allerdings tatsächlich wie Ausnahmen zu verhalten. Dies belegen die folgenden Beispiele, in denen das Reflexivum außerhalb der Satzgrenze gebunden wird. (11)
a. The Unabomber¡ fancied [s that a cool-headed logician like himself¡ would never be apprehended]. (Foster, D.: Author Unknown - On the Trail of Anonymous.) b. The fact is, Dr. Kelly¡, [ s nobody seems terribly concerned with your little piles of pot herds except yourself]. {Preston, D.J./L. Child: The Cabinet of Curiosities.)
Das entsprechende Beispiel (12) aus dem Portugiesischen zeigt, dass auch das Reflexivum eie pròprio, wenn es in einem Adjunkt realisiert wird, obligatorisch gebunden werden muss. (12)
0 Joäoj pensou urna pessoa como ele próprio¡y.j jamais Der Joäo dachte ein Typ wie er selbst niemals seria capaz de guardar secredo würde können zu hüten Geheimnis 'Joäo dachte, dass ein Typ wie er niemals in der Lage sein würde, ein Geheimnis zu bewahren.'
Α-Bindung liegt dann vor, wenn ein a-kommandiertes Element denselben Index wie das akommandierende Element trägt. Lokale Α-Bindung liegt vor, wenn der Binder sich auf derselben Argumentstruktur wie das gebundene Element befindet. Entscheidend ist nun, dass Prinzip A in (2) verlangt, dass nur lokal a-kommandierte Anaphern gebunden werden müssen. Nun ist - wie (13) fur (la) zeigt - die relevante Argumentstruktur in (la) und (lb) jeweils die Argumentstruktur des Nomens picture. Auf dieser befindet sich nur ein Element, nämlich dasjenige, das mit dem Reflexivum assoziiert wird. Somit wird das Reflexivum nicht lokal a-kommandiert und muss deswegen nicht gebunden werden. (13)
John likes a picture of himself S
Der Ausnahmecharakter der Reflexiva in (1) findet seine Bestätigung in Beispielen wie
(14), in denen eine solche Ausnahme eben nicht zulässig ist.
Die Genese der Ausnahmeanapher ( 14)
163
*Peter said that John likes himself. S
that NP,
VP
John V
I likes
NP 2 I himself
In (14) befindet sich ΝΡ, auf derselben Argumentstruktur wie NP2. Darüber hinaus ist NP, prominenter als NP2. Also a-kommandiert NPi NP 2 lokal. Weil NP 2 eine lokal a-kommandierte Anapher ist, muss sie lokal a-gebunden werden. Entsprechend ist eine Bindung des Reflexivums durch das Matrixsubjekt NP 3 in (14) blockiert. Auf den ersten Blick bieten Pollard/Sag (1992, 1994) somit eine erstaunliche Lösung für das Problem der Nahezu-Komplementarität von Pronomina und Anaphern an: Diese Komplementarität wird dann aufgehoben, wenn sich eine Anapher in einer bevorzugten Position in einer Argumentstruktur befindet und deswegen keine Bindung gefordert wird. Dass Reflexiva im Englischen tatsächlich nicht zwingend gebunden werden müssen, haben wir anhand der Beispiele (4) und (6) verdeutlichen können. Eine so klare Beziehung zwischen picture NP reflexives und einer Befreiung von der Bindung finden wir allerdings nicht in jeder Sprache. Insbesondere scheint sich das Deutsche anders zu verhalten. Die Beispiele in (15) zeigen zunächst, dass das Deutsche ebenfalls picture NP reflexives besitzt.6 (15)
a. Sie¡ präsentierten einige Bilder von sichi/ihnen¡. b. HanSj schenkte mir ein Buch von sich¡/ihmj. c. Peter schaute in das Buch neben sich¡/ihm¡.
Es fehlt im Deutschen allerdings an einer unabhängigen empirischen Bestätigung für ungebundene Anaphern. So gestatten picture NP reflexives im Deutschen keine Konstruktionen, in denen das Reflexivum mehr als ein Antezedens besitzt, wie (16a, b) zeigen. Darüber hinaus sind zu (6) analoge Beispiele im Deutschen absolut ungrammatisch, wie (17) für (6a) zeigt.7
6
Nicht alle Sprecher des Deutschen akzeptieren eine freie Alternation zwischen Reflexiva und Pronomina in den Konstruktionen in (15). Während beispielsweise Frey (1993, S. 125) und Zifonun (in diesem Band) die Alternationen in (15) als grammatisch einstufen, finden sich andere Sprecher, die Pronomina in den Positionen der Reflexiva nicht akzeptieren.
7
Es gibt noch weitere charakteristische Unterschiede zwischen picture NP reflexives im Englischen und im Deutschen, so etwa die Möglichkeit der Rekonstruktion. Pollard/Sag (1994) gehen davon
Tibor Kiss
164 (16)
a. *Ulrichj sprach mit Horstj über sichi+j. b. * Ulrich; zeigte Horstj einige Bilder von sichj+j
(17)
*Ulrich¡ war sauer. Das Bild von sich¡ im Museum war beschädigt worden.
Vergleicht man die Daten in (16) und (17) mit denen in (4) und (6), so muss man die Annahme aufgeben, dass die komplementäre Distribution zwischen Reflexiva und Pronomina deswegen universell aufgebrochen wird, weil picture NP reflexives tatsächlich ungebundene Anaphern sind.8 Somit wird eine Formulierung von Prinzip A für das Deutsche unmöglich, die der Formulierung des Englischen entspricht. Nach einer solchen Formulierung sollte sowohl die Indizierung in (16b), als auch die in (17) grammatisch sein. Das Vorhandensein von picture NP reflexives kann somit nicht allein vom Vorhandensein ungebundener Anaphern in einer Sprache abhängig gemacht werden. Dass das Vorhandensein von Ausnahmen zu Prinzip A ebenso wenig mit der Position der korrespondierenden Argumente in der lokalen Argumentstruktur korreliert werden darf, bestätigt sich bei einer Betrachtung der Reflexiva im Portugiesischen.
8
aus, dass auch das Reflexivum in (i) eine Ausnahmeanapher bildet: Nach ihrer Ansicht ist die Spur nicht transparent für Bindungsbeschränkungen. Darüber hinaus zählt which offensichtlich nicht als möglicher A-Kommandeur. (i) Which picture of himself¡/j did John¡ think Fredj likes? Damit richten sich Pollard/Sag (1994) gegen eine Analyse, in der die Koindizierung des Pronomens in (i) durch sukzessive Rekonstruktion entweder in die eingebettete SpecCP-Position oder in die Basisposition legitimiert wird. Auch Beispiele des Typs (ii) aus dem Deutschen scheinen gegen eine solche Rekonstruktionsanalyse zu sprechen. Das Deutsche unterscheidet sich hier vom Englischen darin, dass nur eine Koindizierung mit dem eingebetteten Subjekt möglich ist. (ii) Das Buch über sich.^j glaubt der Peter¡ mag der HanSj. Es bleibt dann allerdings unklar, warum eine Koindizierung mit dem Matrixsubjekt unzulässig ist. Zum einen wird die eingebettete SpecCP-Position als Durchgangsposition bei Bewegung verwendet, zum anderen zeigen Beispiele wie (iii), dass eine eingebettete Topikalisierung einer Phrase, die ein Reflexivum enthält, durchaus grammatisch ist. Die Interpretation von (iii) ist, dass Peter meint, dass es für jeden eitlen Autor ein Buch über diesen Autor gibt, das der Autor mögen würde. (iii) Der Peter meinte ein Buch über sich würde doch jeder eitle Autor mögen. Im vorliegenden Ansatz entsteht dieses Problem nicht, denn Bindung ist hier exklusiv auf die Argumentstruktur beschränkt. Somit spielt die relative Position der Phrase, die das Reflexivum enthält, keine Rolle. Da wir Pollard/Sag (1994) in der Analyse des Englischen folgen, für das Deutsche aber verlangen, dass ein Reflexivum gebunden sein muss, auch wenn in seiner Argumentstruktur kein prominenteres Ko-Argument gegeben ist, folgen die o.g. Koindizierungen ohne weitere Stipulation. Es sei denn, man möchte aus theorie-internen Gründen dennoch dafür argumentieren, dass es im Deutschen ungebundene Anaphern gibt, die allerdings nur in picture NP reflexives auftreten. Diese Annahme ist aber empirisch nicht zu rechtfertigen, wie die Diskussion von Beispiel (38) zeigt.
Die Genese der Ausnahmeanapher
2.
165
Reflexiva im Portugiesischen
Das Portugiesische kennt wenigstens zwei unterschiedliche Reflexiva, si pròprio und ele pròprio.9 Während letzteres ein erstarrter Nominativ ist, handelt es sich bei ersterem um einen erstarrten Dativ. Die beiden Reflexiva unterscheiden sich morphologisch darin, dass si ein Reflexivum ist, während ele ein Personalpronomen ist. Die Form pròprio kann mit selbst/eigen übersetzt werden. Die beiden Reflexiva können somit als morphologisch komplexe Anaphern klassifiziert werden. Beide kongruieren darüber hinaus in Numerus und Genus mit ihrem Antezedens.10 Für die Bildung der einschlägigen picture NP-Konstruktion stehen im Portugiesischen somit drei Optionen zur Auswahl: Man kann das Pronomen eia verwenden (18a), das Reflexivum eia pròpria (18b) oder das Reflexivum si pròpria (18c). (18)
a. A die b. A die c. A die
Rita¡ destruiu Rita zerstörte Rita¡ destruiu Rita zerstörte Rita¡ destruiu Rita zerstörte
0 das 0 das 0 das
retrato Bild retrato Bild retrato Bild
dela¡. von-ihr déla propriaj. von-ihr-selbst de si própriaj. von sich-selbst
Die Interpretation der Beispiele in (18) ist jeweils, dass Rita ein Bild von sich zerstörte. a. *A die b. A die c. *A die
Ritaj Rita Rita¡ Rita Rita¡ Rita
destruiu zerstörte destruiu zerstörte destruiu zerstörte
0 das o das 0 das
retrato Bild retrato Bild retrato Bild
dele próprioj. von-ihm-selbst delej. von-ihm de si próprioj. von-sich-selbst
Das Reflexivum si pròpria in (18c) verhält sich wie das Reflexivum sich im Deutschen: Es kann mit einem Pronomen in einer picture NP alternieren, es muss jedoch gebunden werden, wie (19c) zeigt. Anders verhält es sich mit ele proprio. Wie (18b) illustriert, kann auch dieses Reflexivum mit einem Pronomen alternieren. Es kann allerdings ebenso wenig wie si pròprio frei interpretiert werden, wenn es in Objektposition realisiert wird; dies zeigt (19a). Im Gegensatz zu si pròprio kann es jedoch ungebunden erscheinen, wenn es als Matrixsubjekt (20) oder im Matrixsubjekt (21) realisiert wird. (20)
9 10
Eie pròprio pagou a conta. er-selbst bezahlt die Rechnung 'Er zahlte die Rechnung selbst.'
Dazu kommt ele mesmo, das sowohl logophorisch als auch anaphorisch verwendet werden kann. Warum sich das eine so verschieden vom anderen verhält, kann somit kaum daraus abgeleitet werden, dass das eine, nicht jedoch das andere inhärente Kongruenzmerkmale besitzt. Siehe auch die Diskussion in Abs. 6.
166 (21)
Tibor Kiss a. O das 'Sein b. * 0 das
retrato dele pròprio foi pintado Bild von-ihm-selbst wurde gemalt eigenes Bild wurde von Maria gemalt.' retrato de si proprio foi pintado Bild von-sich-selbst wurde gemalt
pela von der
Maria. Maria
pela von der
Maria, Maria
In (21) sind die Reflexiva jeweils im Subjekt eines Passivsatzes eingebettet. In beiden Beispielen ist eine Koindizierung mit Maria schon deswegen unmöglich, weil die Reflexiva im Maskulinum realisiert sind. Während eie pròprio in (21a) frei verwendet werden kann, ist eine solche ungebundene Verwendung von si proprio in (21b) unzulässig. Anders verhält es sich mit eie pròprio, wenn es nicht als bzw. im Matrixsubjekt, sondern als eingebettetes Subjekt, bzw. als Teil eines eingebetteten Subjekts realisiert wird. Hier muss es, wie die Beispiele in (22) und (23) illustrieren, gebunden werden." (22)
a. A Ana¡ disse que [o jornalista [que eia pròpria, die Ana sagte dass der Journalist den sie-selbst convidou]] pagou a conta, einlud zahlte die Rechnung 'Ana sagte, dass der Journalist, den sie einlud, die Rechnung zahlte.' b. * 0 jornalista [que viu a Ana¡] disse ao Carlos der Journalist der sah die Ana sagte zu Carlos que eia pròpria; dançou na festa, dass sie-selbst tanzte auf-der Party c. *A Ana disse que [o retrato dele pròprio] foi die Ana sagte dass das Bild von-ihm-selbst wurde pintado pela Maria, gemalt von-der Maria
Sowohl in (22a) als auch in (22b) besteht kein lokales Α-Kommando zwischen dem Binder und der gebundenen Anapher. Allerdings unterscheidet sich (22a) von (22b) darin, dass im ersteren Beispiel zumindest Α-Kommando zwischen dem Binder und dem gebundenen Element vorliegt. Eine Bindung des Reflexivums eia pròpria durch die nicht Akommandierende Phrase a Ana in (22b) ist ebenso unzulässig wie die freie Verwendung des Reflexivums im Komplementsubjekt (22c). Schließlich ist auch eine Bindung als Komplementsubjekt notwendig, wie (23) zeigt.12 (23)
??/*A Ana die Ana
disse que ele pròprio pagou a sagte dass er-selbst zahlte die
conta. Rechnung
Es ist nun nicht so, dass eie pròprio durch das nächste a-kommandierende Element gebunden werden muss. Dies verdeutlichen die Beispiele in (24) und (25). (24)
11 12
a. A die
Ana, Ana
disse sagte
que dass
o jornalista der Journalist
pagou zahlte
a die
conta Rechnung
Die Bewertung des Beispiels (22b) stammt von Branco/Marrafa (1999, S. 171). Sprecher des Portugiesischen bewerten (23) allerdings besser als (22b). Branco/Marrafa (1999) stimmen dieser Bewertung nicht zu.
167
Die Genese der Ausnahmeanapher
que die 'Ana b. A die que die 'Ana sah.' (25)
eia própria¡ viu. sie-selbst sah sagte, dass der Journalist die Rechnung zahlte, die Ana¡ disse que a jornalista, pagou Ana sagte dass die Journalistin zahlte eia própriai/j viu. sie-selbst sah sagte, dass die Journalistin die Rechnung zahlte,
sie sah.' a conta die Rechnung
die Ana/die Journalistin
a. *A Ana¡ acha que a Ritaj disse que o die Ana glaubt dass die Rita sagte dass das retrato dele própriok foi pintado pela Maria. Bild von-ihm-selbst wurde gemalt von-der Maria 'Ana glaubt, dass Rita sagte, dass sein eigenes Bild von Maria gemalt wurde.' Carlosi acha que a Ritaj disse que o retrato b. O der Carlos glaubt dass die Rita sagte dass das Bild dele própriOi foi pintado pela Maria, von-ihm-selbst wurde gemalt von-der Maria 'Carlos glaubt, dass Rita sagte, dass sein eigenes Bild von Maria gemalt wurde.'
In (24a) ist das nächste verfügbare a-kommandierende Element, das Subjekt des Komplementsatzes, im Maskulinum und kann daher gar nicht das Antezedens des Reflexivums sein. In (24b) sind die beiden Subjekte jeweils feminin. In diesem Fall können beide jeweils als Antezedens von eia pròpria fungieren. Das Beispiel (25a) verdeutlicht, wie bereits in (23) dargestellt wurde, dass eine Bindung von eie pròprio prinzipiell erfolgen muss, wenn potentielle Antezedentien vorliegen. Dies geschieht in (25b), indem das Reflexivum nicht durch das nächste verfügbare a-kommandierende Subjekt gebunden wird, sondern durch das Matrixsubjekt. Die vorangegangenen Beispiele haben verdeutlicht, dass weder eine Formulierung des Prinzips A, so wie im Englischen, noch eine tentative Formulierung für das Deutsche die Distribution von eie pròprio korrekt erfassen würde. Die Distribution von si pròprio wiederum weicht von der Distribution von eie pròprio ab. Somit ergeben sich weitere Schlussfolgerungen: Zunächst einmal müsste für das portugiesische ele proprio eine weitere Variante von Prinzip A formuliert werden. Darüber hinaus zeigt die unterschiedliche Distribution von si proprio auf, dass im Portugiesischen mehr als ein Prinzip A formuliert werden müsste.13
13
Branco/Marrafa (1999) schlagen in Anlehnung an Xue et al. (1994) vor, dass die Distribution von ele proprio durch ein Prinzip Ζ für long-distance anaphora gesteuert wird, während Prinzip A die Distribution von si pròprio bestimmt. Für die vorliegende Fragestellung ist es zunächst irrelevant, ob es neben Prinzip A noch ein weiteres Prinzip für long-distance anaphora gibt. Siehe dazu auch die Diskussion in Abs. 4.3.
168
3.
Tibor Kiss Potentielle Antezedentien
Pollard/Sag (1992, 1994) legen durch die Definition des Α-Kommandos fest, dass nur NPen, die mit referentiellen ARG-ST-Elementen assoziiert sind, potentielle Antezedentien einer Anapher sein können. Dies ist dann gegeben, wenn der Index des relevanten Elements auf ARG-ST referentiell ist. Diese Einschränkung auf referentielle Antezedentien in der Definition des A-Kommando wird in Pollard/Sag (1994, S. 258ff.) empirisch begründet, denn Reflexiva können im Englischen offensichtlich über intervenierende Expletiva hinweg gebunden werden. Dies zeigt (26). (26)
Johni knew that there was a picture of himself in the post office.
Eine solche Bindung über ein Expletivum hinweg ist allerdings keineswegs in allen Sprachen zulässig, wie das Beispiel (27) aus dem Deutschen zeigt. (27)
Sie¡ waren überzeugt, dass es sie¡/*sich¡ hierhin verschlagen hatte.
Betrachtet man den Kontrast zwischen (26) und (27), stellt sich die Frage, inwiefern die Hineinnahme eines expliziten Verweises auf den Typ des Index in der Definition des AKommandos sinnvoll ist. Zweifel an dieser Annahme ergibt sich aus der Grammatikalität der englischen Beispiele in (28). Während (28a) oberflächlich dem Beispiel (26) zu entsprechen scheint, hier also ein intervenierendes Expletivum eine Bindung nicht blockiert, macht (28b) deutlich, dass hier die Position des intervenierenden Expletivums zumindest prinzipiell referentiell sein kann. Dennoch ist eine Bindung über diese Position hinweg zulässig. (28)
a. They¡ made sure that it was clear to themselves¡ that this needed to be done, b. They¡ made sure that this was clear to themselves¡.
Pollard/Sag (1994, S. 258) bemerken, dass sich (28a) von (26) darin unterscheidet, dass die Einfügung des Expletivums hier das Resultat einer Extraposition eines thematischen Elements ist, während dort ein Expletivum realisiert wird, das nicht mit einer thematischen Position assoziiert ist. Mit der Grammatikalität von (28b) wird jedoch die von Pollard/Sag (1994) angebotene Erklärung hinfällig, denn hier liegt ja ein referentielles Subjekt vor, über das dennoch gebunden werden kann. Eine plausible Lösung dieses Problems liegt in der Beobachtung, dass der Index des Subjekts in (28b) zwar referentiell, jedoch typverschieden vom Index des Reflexivums ist. Das Subjekt dieses Prädikats denotiert schließlich kein Individuum, sondern einen Sachverhalt. Eine Bindung des Reflexivums durch das eingebettete Subjekt in (28) ist also schon deswegen nicht möglich, weil ein potentielles Antezedens eines Reflexivums keinen Sachverhalt denotieren darf. Die Beispiele (26) und (27) unterscheiden sich natürlich in dieser Hinsicht von den Beispielen in (28), denn hier liegen jeweils 'echte' Expletiva vor, die keine semantischen Argumente der jeweiligen Prädikate sind. Um diesen Unterschied in den vorliegenden Ansatz zu integrieren, möchte ich die folgenden beiden Modifikationen vorschlagen:
Die Genese der Ausnahmeanapher
169
a) Expletive Elemente werden als als reine syntaktische Entitäten (d.h. Entitäten ohne semantische Merkmale) nicht auf ARG-ST repräsentiert. b) Der Bezug auf den Index der Argumente beim Α-Kommando wird aufgegeben. Dies ergibt nun die folgende modifizierte Definition des lokalen A-Kommandos: (29)
Lokales Α-Kommando (neu): ARG-ST sei eine Argumentstruktur mit den syntaktischen Argumenten 9m, θ„, ... , also . Wenn 9 m sich auf ARG-ST vor θ η befindet, also prominenter ist als θη, dann a(rgument)-kommandiert die 9m assoziierte Phrase die θ„ assoziierte Phrase lokal.
Wir werden in Abs. 4 eine weitere Modifikation vornehmen, aus der hervorgeht, dass für die Bindung einer Anapher nicht nur eine Form des Α-Kommandos notwendig ist, sondern der Α-Kommandeur auch einen Index besitzen muss, der vom gleichen Typ ist, wie der Index des gebundenen Elements. Die Definition der Bindung verlangt ja eine Koindizierung, d.h. Gleichsetzung der Indizes. Diese ist jedoch nicht möglich, wenn der Index des Binders einen anderen Typ besitzt als der Index des gebundenen Elements. Reflexiva besitzen nominale Indizes und können als solche auch nur mit nominalen Indizes koindiziert werden. Einen solchen nominalen Index kann auch eine PP besitzen, nicht jedoch ein Pronomen, das tatsächlich ein Pro-Sachverhaltsargument ist oder ein Satz. Infolge der Modifikation in der Definition des Α-Kommandos ergibt sich eine alternative Erklärung für die Grammatikalität der Beispiele (26) und (28): Das Beispiel (26) ist grammatisch, weil sich das expletive Subjekt nicht auf der ARG-ST des Verbs befindet und somit das Reflexivum nicht lokal a-kommandiert wird. Entsprechend der Definition von Prinzip A in Pollard/Sag (1994) muss es somit nicht gebunden werden und eine Koindizierung mit dem höheren, thematischen Subjekt ist prinzipiell zulässig. Die Beispiele in (28) sind grammatisch, weil - wie zuvor erläutert wurde - es nicht ausreicht, ein potentielles Antezedens zu besitzen, um gebunden werden zu müssen. Vielmehr muss ein potentielles Antezedens auch einen Index besitzen, der vom Typ her dem Index des Reflexivums entspricht. Wir lassen es hierbei offen, ob die Extraposition des Subjekts in (28a) überhaupt auf der ARG-ST reflektiert wird. Es stellt sich natürlich die Frage nach der Ungrammatikalität von (27). Das von Pollard/Sag (1992, 1994) für das Englische vorgestellte Prinzip A macht eindeutige Aussagen über die Bindungsdomäne, die Distanz des Binders vom gebundenen Element sowie über den Typ des Binders. Die Bindungsdomäne ist die lokale Argumentstruktur; die Distanz zwischen Binder und gebundener Anapher ist ebenfalls durch die lokale Argumentstruktur bestimmt. Das Verhalten der Reflexiva im Deutschen kann weder durch diese Domäne noch durch die genannte Distanz charakterisiert werden. Wir werden dies erst im folgenden Abschnitt vertiefen, aber hier kann bereits festgehalten werden, dass nicht die lokale Α-Domäne bestimmt, ob eine Anapher gebunden werden muss und dass die relevante Domäne für die Bindung des Reflexivums im Deutschen der eingebettete Satz ist. Hier ist allerdings keine Bindung möglich und deswegen ist das Beispiel ungrammatisch. In der Definition von Prinzip A werden wir im Gegensatz zu Pollard/Sag (1992, 1994) in der Folge annehmen, dass Α-Kommandeure schon deswegen einen referentiellen Index besitzen müssen, weil nicht-referentielle Elemente nicht auf der ARG-ST erscheinen. Al-
170
Tibor Kiss
lerdings ist das Vorhandensein eines referentiellen Index in manchen Sprachen nur eine notwendige und keineswegs eine hinreichende Bedingung für den Aufbau eines Bindungsverhältnisses. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist das Mandarin-Chinesisch, in dem das Reflexivum ziji nur belebte NPen als Antezedentien nehmen kann (vgl. Tang 1989, S. 96). Sobald keine belebte prominentere NP vorliegt, ist ziji frei.14 (30)
a. [Zhangsan¡ de xin] biaoming Lisij hai-le ziji.¡/j. Zhangsan DE Brief zeigt Lisi verletzt selbst 'Zhangsans Brief zeigt, dass Lisi sich/*ihn verletzt.' b. [Zhangsan; de hua] anshi [Lisij de Xin] zai Zhangsan DE Rede implizierte Lisi DE Brief ASP yingshe ziji¡,j. anspielte selbst 'Zhangsansj Rede implizierte, dass Lisisj Brief auf ihn^ anspielte.'
In (30a) wird das Reflexivum ziji durch das belebte Subjekt des eingebetteten Satzes gebunden. Eine Koindizierung mit dem im Matrixsubjekt eingebetteten belebten Possessor ist nicht möglich. In (30b) hingegen ist eine Koindizierung sowohl mit dem im Komplementsubjekt als auch mit dem im Matrixsubjekt eingebetteten Possessor möglich. Dieser Kontrast könnte erklärt werden, wenn man annimmt, dass ziji dann frei ist, wenn es keine belebten Α-Kommandeure gibt. Dies ist der Fall in (30b), aber nicht in (30a). Wir werden daher annehmen, dass potentielle Antezedentien semantisch eingeschränkt werden können und dass diese Einschränkung parametrisch bestimmbar ist. Aber diese Einschränkung interagiert mit den anderen Beschränkungen, die in Prinzip A der Bindungstheorie einfließen, wie die Diskussion eines analogen Beispiels aus dem Koreanischen verdeutlicht: Auch im Koreanischen muss das Antezedens des Reflexivums caki belebt sein (Gill 2000). Dennoch sind den Beispielen in (30) entsprechende Beispiele im Koreanischen ungrammatisch, wie (31) zeigt. (31)
*Chelswu-uyj phyenci-nun Younghee-uyj yunsel-i caki-lul¡/j Chelswu-gew Brief-top Younghee-ge« Rede-wo/w reñ-akk kamkeyk sikhi-ess-ta-nunkes-ul poyecwu-ess-ta. beeindruckt CAUS-PRÄT-DECL-COMP-AKK zeigen -prät-decl 'Chelswus Brief zeigt, dass Younghees Rede ihn beeindruckt hat.'
Mandarin-Chinesisch und Koreanisch stimmen in Hinsicht auf die semantische Einschränkung potentieller Antezedentien ebenso wie in der generellen Zulässigkeit einer weiten Bindung von Reflexiva (long-distance anaphora) überein. Dass dennoch der Kontrast zwi-
14
Wir folgen in der Annotation der Beispiele aus dem Mandarin-Chinesischen Tang (1989), für das Koreanische Gill (2000), für das Bengali Sengupta (2000). So wird durch DE ein Modifikator, z.B. ein Relativsatz, oder auch ein possessives Verhältnis markiert, ASP bezeichnet einen AspektMarker. PRÄT steht für Präteritum, CAUS für Kausativ, DECL für Deklarativ, top für Topik, Kasus und Numerus werden mit den üblichen Abkürzungen versehen, key ist ein koreanisches Verknüpfungsmorphem, das mit CONN annotiert wird. Das Beispiel (30b) stammt von Xue et al. (1994).
Die Genese der Ausnahmeanapher
171
sehen (30) und (31) beobachtet werden kann, lässt sich aus der unterschiedlichen Parametrisierung der Bindungsdomäne ableiten, so wie dies in Abs. 4.1 dargestellt ist.
4.
Parameter der Bindung
Die grundlegende Einsicht im Ansatz von Pollard/Sag (1992, 1994) betrifft die Unterscheidung der Bindungsdistanz von der Bindungsdomäne. Die Bindungsdomäne gibt an, in welchem strukturellen Kontext eine Anapher realisiert werden muss, damit sie überhaupt gebunden, d.h. unter Prinzip A fallen muss. Die Bindungsdistanz hingegen bestimmt, wie weit das Antezedens eines Reflexivums von diesem entfernt sein darf. Wir können auch sagen, dass durch die Bindungsdomäne bestimmt wird, welche Reflexiva gebunden werden müssen, während die Bindungsdistanz das Element beschränkt, das das Reflexivum binden muss. Die Bindungsdomäne und die Bindungsdistanz bestimmen wir im folgenden als parametrische Eigenschaften von Prinzip A. Dies bedeutet, dass unterschiedliche Sprachen sich in Hinsicht auf die Bindung darin unterscheiden können, welche Bindungsdomäne und welche Bindungsdistanz gewählt wird. Dazu tritt, wie in Abs. 3 beschrieben wurde, die Möglichkeit einer semantischen Einschränkung der potentiellen Antezedentien, wobei wir offen lassen wollen, welche Form diese Einschränkung annimmt. Im Mandarin-Chinesischen etwa wird verlangt, dass ein potentielles Antezedens belebt sein muss. Dies ergibt die folgende Formulierung eines Proto-Prinzips A, in dem diese Parameter noch nicht fixiert sind: (32)
Proto-Prinzip A: Eine Anapher in einer bestimmten Bindungsdomäne muss durch ein Element (eines bestimmten semantischen Typs) gebunden werden, das in einer bestimmten Distanz zur Anapher realisiert worden ist.
Wenn wir die semantische Einschränkung ausklammern, ergeben sich aus dieser Formulierung von Prinzip A unmittelbar zwei Parameter, deren Fixierung jeweils einzelsprachliche Instantiierungen von Prinzip A hervorbringen: die Bindungsdomäne und die Bindungsdistanz. Hierbei machen wir die folgenden Annahmen: i. Die Bindungsdomäne einer Anapher ist entweder über die Argumentstruktur definiert oder betrachtet alle Elemente im Satz als Kandidaten für eine Bindung. ii. Ein potentieller Binder einer Anapher ist ein Element, das auf der Argumentstruktur eine prominentere Position einnimmt als die Anapher. Aus den möglichen Parametrisierungen ergeben sich unmittelbare Vorhersagen für eine mögliche Realisierung logophorischer Reflexiva. Wir nehmen an, dass logophorische Reflexiva dann auftreten können, wenn Reflexiva in Bindungsdomänen in den jeweils prominentesten Positionen realisiert werden können. Da im Falle des Englischen die relevante Bindungsdomäne die lokale Argumentstruktur ist, folgt, dass Reflexiva, die in der lokalen Argumentstruktur eine prominente Position einnehmen, logophorisch werden können. Im
Tibor Kiss
172
Falle des portugiesischen Reflexivums ele proprio besteht die Möglichkeit einer logophorischen Verwendung nur dann, wenn es als Matrixsubjekt oder Teil des Matrixsubjekts realisiert wird. In der Argumentstruktur des gesamten Satzes ist dies nämlich die prominenteste Position. Das Deutsche unterscheidet sich von den genannten Sprachen nun darin, dass hier auch die Matrixsubjektposition keine Befreiung von der Bindung schafft, weil die Bindungsdomäne hier nicht über die Argumentstruktur definiert ist, sondern den gesamten Satz einschließt. Im Allgemeinen kann man sagen: je kleiner in einer Sprache die Domäne ist, in der für ein Reflexivum die Bindung überprüft wird, in umso mehr Positionen können in dieser Sprache logophorische Reflexiva auftauchen. Die prinzipielle Unabhängigkeit des Auftretens von Ausnahmeanaphern vom möglichen Auftreten von long-distance anaphora wird dadurch erfasst, dass das Vorhandensein letzterer nicht durch den Parameter der Bindungsdomäne, sondern durch den Parameter der Bindungsdistanz bestimmt wird.
4.1 Bindungsdomäne Die Bindungsdomäne legt fest, in welcher Domäne eine Anapher als zu bindend klassifiziert werden muss. Pollard/Sag (1992, 1994) haben verdeutlicht, dass für das Englische diese Domäne die lokale Argumentstruktur ist. Wir verallgemeinern diese Idee und nehmen an, dass die Bindungsdomäne entweder die lokale Argumentstrukturdomäne oder die nichtlokale Argumentstrukturdomäne oder schlicht das gesamte Syntagma sein kann. Auf dem Begriff einer syntaktischen Argumentstruktur (ARG-ST) aus Manning/Sag (1998) aufbauend können wir das Konzept der Argumentstrukturdomäne wie folgt definieren. (33)
Argumentstrukturdomänen a. Die lokale Argumentstrukturdomäne eines Arguments α ist die Argumentstruktur (ARG-ST), auf der sich das Argument α befindet. b. Jede lokale Argumentstrukturdomäne ist eine Argumentstrukturdomäne. c. Wenn der Kopf K, in dessen Argumentstrukturdomäne sich das Argument α befindet, durch β a-kommandiert wird, dann bildet die Argumentstrukturn (ARGST), auf der sich β befindet, die erweiterte Argumentstrukturdomäne von α. d. Die maximale Argumentstrukturdomäne eines Arguments α ist diejenige Argumentstrukturdomäne von α, die nicht mehr erweitert werden kann.
Bezogen auf die Präzisierung in (33) können wir die drei unterschiedlichen Parametersetzungen für die Bindungsdomäne wie folgt bestimmen. Wir verstehen hierbei unter einem indextyp-gleichen Argument ein solches, das eine Entität gleichen Typs denotiert. (34)
Parameterbestimmung der Bindungsdomäne a. Eine Anapher muss gebunden werden, wenn sie in ihrer lokalen Argumentstrukturdomäne ein prominenteres, indextyp-gleiches Ko-Argument besitzt. b. Eine Anapher muss gebunden werden, wenn sie in ihrer maximalen Argumentstrukturdomäne ein prominenteres, indextyp-gleiches Ko-Argument besitzt. c. Eine Anapher muss gebunden werden.
Die Bedingung (34a) bestimmt etwa das Verhalten von Anaphern im Englischen: Diese müssen nur dann gebunden werden, wenn sie ein lokales, index-gleiches Ko-Argument
173
Die Genese der Ausnahmeanapher
besitzen. Die Relevanz der Lokalität verdeutlicht das Beispiel (35a), in dem das Reflexivum in seiner lokalen Argumentstrukturdomäne kein prominenteres Ko-Argument besitzt und deswegen mit einem Element koindiziert werden kann, das das Reflexivum nicht akommandiert. Die Relevanz der Index-Gleichheit wird durch (35b) verdeutlicht. (35)
a. John'Sj campaign requires that pictures of himself be placed all over town, b. They¡ made sure that this was clear to themselves;.
In (35b) wird das Reflexivum über das nicht-expletive Subjekt des Komplementsatzes hinweg gebunden. Dies ist deswegen möglich, weil der Index des Subjekts des Prädikats to be clear sortal so eingeschränkt ist, dass der Referent kein Individuum, sondern nur ein Sachverhalt sein kann. Somit besteht zwischen den Indizes des Reflexivums und dem Index des eingebetteten Subjekts keine Typgleichheit. Aus der Bedingung (34a) folgt somit, dass das Reflexivum in der lokalen Α-Domäne keinen entsprechenden Α-Kommandeur besitzt und deswegen von der Bindung befreit ist. Die Bedingung (34b) bestimmt das Verhalten des Reflexivums eie pròprio im Portugiesischen: Es muss gebunden werden, wenn sich in seiner Argumentstrukturdomäne ein prominenteres Ko-Argument findet. Dies ist der Fall in (36a), nicht jedoch in (36b). In (36a) besitzt das Reflexivum in der Argumentstruktur des Verbs ein prominenteres KoArgument, nämlich das Subjekt des Satzes. Durch dieses kann es aber nicht gebunden werden, denn die Kongruenzmerkmale von Subjekt und Reflexivum stimmen nicht überein. Weil ele proprio aber in diesem Kontext gebunden werden müsste, ist das Beispiel ungrammatisch. In (36b) hingegen gibt es kein prominenteres Ko-Argument fur das Reflexivum. In seiner lokalen Argumentstrukturdomäne ist es das einzige Element und da es Bestandteil des Subjekts ist, kann es kein prominenteres Ko-Argument in der Argumentstrukturdomäne des Verbs geben. (36)
a. *A die b. [O das
Ritaj destruiu o retrato Rita zerstörte das Bild retrato dele próprio¡] foi Bild von-ihm-selbst wurde
dele próprio¡. von-ihm-selbst pintado pela gemalt von der
Maria¡. Maria
Diese Analyse sagt zugleich vorher, dass ele proprio gebunden werden muss, wenn ein Beispiel wie (36b) unter ein anderes Verb eingebettet werden muss, das ein Subjekt oder Objekt besitzt. Die Richtigkeit dieser Annahme wird durch den Kontrast in (37) bestätigt. (37)
a. *A Rita¡ acha que a Anaj disse que die Rita glaubt dass die Ana sagte dass retrato dele própriok foi pintado pela Bild von-ihm-selbst wurde gemalt von der b. O CarloSj acha que a Anaj disse que der Carlos glaubt dass die Ana sagte dass retrato dele próprio¡ foi pintado pela Bild von-ihm-selbst wurde gemalt von-der
o das Maria. Maria o das Maria. Maria
Während in (37a) ein prominenteres Ko-Argument vorliegt, das allerdings eie pròprio nicht binden kann, finden wir in (37b) ein prominenteres Ko-Argument, das mit dem Reflexivum kongruiert und es somit auch binden kann.
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Das Deutsche schließlich ist eine Instanz von (34c). Hier muss schlicht jede Anapher gebunden werden. Zunächst wird dies in (38) deutlich: (38)
*Bilder von sich hingen am Fenster.
Die Anapher besitzt kein geeignetes Ko-Argument, also weder ein lokales Ko-Argument noch ein prominenteres Ko-Argument in der Domäne des Verbs. Weil aber alle Anaphern im Satz gebunden werden müssen, ist dieses Beispiel ungrammatisch. Dies verdeutlichen auch Verben, die kein Nominativargument besitzen, wie etwa frieren oder grauen. Auch hier ist es nicht möglich, ein freies Reflexivum einzusetzen, wie die Beispiele in (39) verdeutlichten (vgl. dazu auch Haider 1985).15 (39)
a. »Sich friert. b. *Sich graut vor dir.
Unter Berücksichtigung des Konzepts der Bindungsdomäne findet sich eine Erklärung für das unterschiedliche Verhalten der Reflexiva ziji und caki in (30) und (31) - die hier unter (40) und (41) wiederholt werden. (40)
[Zhangsan¡ Zhangsan yingshe anspielte
de DE zï)\Vy
hua] anshi Rede implizierte
[Lisij Lisi
de xin] zai DE Brief ASP
selbst
'Zhangsansj Rede implizierte, dass Lisisj Brief auf ihn^ anspielte.' (41)
*Chelswu-uy¡ phyenci-nun Younghee-uy¡ yunsel-i caki-lulj/j Chelswu-ge« Brief-top Younghee-ge« Rede-no/n reñ-akk kamkeyk sikhi-ess-ta-nunkes-ul poyecwu-ess-ta beeindrucken CAUS-PRÄT-DECL-COMP-AKK zeigen -prät-decl 'Chelswus Brief zeigt, dass Younghees Rede ihn beeindruckt hat.'
Im Mandarin ist die freie Koindizierung des Reflexivums ziji dann möglich, wenn kein belebter Α-Kommandeur gegeben ist. Im Koreanischen ist die freie Koindizierung des Reflexivums caki, wie (41) zeigt, unter denselben Umständen nicht möglich. Wir nehmen an, dass sich das Prinzip A für diese Sprachen in Hinsicht auf den Parameter der Bindungsdomäne aufspaltet, ansonsten aber die Formulierung von Prinzip A für diese Sprachen
15
Hierbei ignoriere ich sowohl die Möglichkeit der freien Verwendung von Reziprokpronomina (i), als auch von Reflexiva in unpersönlichen Passivsätzen (ii), die von manchen Sprechern als grammatisch eingestuft werden (vgl. Plank 1993, Zifonun et al. 1997, S. 1800). Hierzu möchte ich zunächst bemerken, dass ich diese Beispiele für ungrammatisch halte. Darüber hinaus scheint mir (ii) als Beleg für eine Reflexivkonstruktion im Sinne einer anaphorischen Bindung fragwürdig zu sein. Wenn dem so wäre, stellt sich doch unmittelbar die Frage, warum nicht auch ein picture-NPreflexive in solchen Konstruktionen möglich ist. Dass dies ausgeschlossen ist, zeigt neben (38) auch (iii). (i) Es ist schade, dass einander so wenig geholfen wurde. (ii) Hier wird sich nicht gewaschen. (iii) *Hier wird keines Verwandten von sich gedacht.
Die Genese der Ausnahmeanapher
175
übereinstimmt: Das Koreanische folgt somit der allgemeineren Beschränkung (34c), während das Chinesische durch die etwas schwächere Beschränkung (34b) erfasst wird. Die Beschränkung (34b) ist deswegen schwächer, weil bei einer Einschränkung der Bindungsdomäne auf die Α-Domäne bestimmte Bereiche die Anapher vor der obligatorischen Bindung 'schützen'. So wird im Mandarin, nicht aber im Koreanischen die Anwendung von Prinzip A auf solche Anaphern eingeschränkt, die a-kommandiert werden. Findet sich aus unabhängigen Gründen kein Α-Kommandeur, etwa, weil dieser belebt sein müsste, so kann die Anapher ziji im Mandarin frei koindiziert werden. Gerade diese Möglichkeit ist blockiert, wenn nicht die Α-Domäne als relevante Bindungsdomäne betrachtet wird, sondern der gesamte Satz. In diesem Fall muss eine Anapher auch dann gebunden werden, wenn sie in einer Position realisiert wird, die nicht durch ein potentielles Antezedens a-kommandiert wird. Dieser inhärente Widerspruch spiegelt sich in der Ungrammatikalität des Beispiels (41) wider: Die Phrasen Chelswu-uy phyenci-nun bzw. Younghee-uy yunsel-i zählen nicht als A-Kommandeure, weil sie der semantischen Einschränkung nicht genügen. Somit wird caki-lul nicht gebunden. Das Reflexivum ziji in (40) wird ebenfalls nicht gebunden. Dies ist aber auch nicht notwendig, denn ziji wird - ebensowenig wie caki-lul in (41) - a-kommandiert. Es wird jedoch durch die Bedingung (34b) beschränkt, die für nicht a-kommandierte Element auch keine Bindung verlangt.
4.2 Bindungsdistanz Der erste vorgestellte Parameter, die Bindungsdomäne, legt nur fest, welche Anaphern gebunden werden müssen und nicht, durch welches Element sie gebunden werden müssen. Wenn wir das Beispiel des transitiven Verbs nochmals betrachten, so wird durch eine Festlegung auf die lokale Argumentstruktur des Verbs nur verlangt, dass das Objekt gebunden werden muss, aber nicht, dass das Objekt durch das Subjekt gebunden werden muss. Dies ist Gegenstand der zweiten Beschränkung, der Distanz zum Binder. Bevor wir diese diskutieren wollen, soll der hier angesprochene Unterschied zunächst erläutert werden. In Sprachen wie dem Englischen oder dem Deutschen ist es tatsächlich so, dass das Objekt eines transitiven Verbs gebunden werden muss, und zwar durch das nächste, prominentere Argument, das in diesem Fall immer das Subjekt desselben transitiven Verbs ist. Dass dies keine universelle Eigenschaft ist, zeigt neben (24b) für das Portugiesische auch das Verhalten des Reflexivums ziji im Mandarin-Chinesischen. (42)
Zhangsanj zhidao [Lisij renwei [Wangwuk zui xihuan ziji^]] Zhangsan weiß Lisi denkt Wangwu meist mag selbst 'Zhangsan¡ weiß, dass Lisij denkt, dass Wangwuk sichk/ihn¡/j am liebsten mag.'
Das Beispiel (42) aus Xue et al. (1994) verdeutlicht, dass ziji als Objekt durch ein Subjekt gebunden werden kann, das nicht das Subjekt desselben Verbs ist. Die Distanz zum Binder legt fest, wie weit der Binder vom gebundenen Element entfernt sein darf. Dieser Parameter erlaubt ebenfalls drei Festlegungen. Wenn die Distanz strikt lokal gewählt wird, dann muss der Binder einer Anapher α ein Element der lokalen Argumentstrukturdomäne von α sein.
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176
Eine komplexere Situation liegt vor, wenn die Distanz zwischen Binder und gebundenem Element minimal sein muss. Diese Idee möchte ich anhand des ungrammatischen Beispiels (27) erläutern, das hier unter (43) wiederholt wird: (43)
*Sie¡ waren überzeugt, dass es sich¡ hierhin verschlagen hatte.
Wenn wir davon ausgehen, dass im Deutschen eine Formulierung gewählt wird, nach der eine Anapher durch einen minimalen Α-Kommandeur gebunden werden muss, dann scheint es zunächst so zu sein, als ob das Beispiel (43) fälschlich als grammatisch klassifiziert werden muss: Das Expletivum befindet sich ja gemäß den Annahmen in Abs. 3 nicht auf ARG-ST und zählt somit nicht als Α-Kommandeur, der nächste Α-Kommandeur ist dann das Subjekt des Satzes und dieser scheint auch der minimale Α-Kommandeur zu sein. Diese Interpretation eines minimalen Α-Kommandeurs berücksichtigt allerdings nicht die Argumentstruktur dieses Beispiels. Wir wollen annehmen, dass eine Bindung im eingebetteten Satz erfolgen muss, weil das Prädikat verschlagen eine Argumentstruktur anbietet, die in dem Sinne vollständig ist, als über eines der Argumente eine Prädikation erfolgt. In diesem Sinne unterscheidet sich die Argumentstruktur des Verbs verschlagen von der Argumentstruktur des Nomens Bildnis in (44). Hier liegt keine Prädikation vor; in (43) hingegen wird die Eigenschaft verschlagen sein über das Objekt prädiziert, es handelt sich semantisch um eine intransitive Struktur. (44)
Sie¡ betrachtete ein Bildnis von sich¡.
Eine vollständige Argumentstrukturdomäne verlangt nicht das Vorhandensein eines Subjekts, sondern nur das Vorhandensein eines Arguments, über das eine Prädikation erfolgt. Dies kann auch ein anderes Argument sein, wenn etwa das Subjekt als Expletivum realisiert wird, über das folglich gar keine Prädikation erfolgen kann. Somit können wir den Begriff der vollständigen Argumentstrukturdomäne auch gleichsetzen mit dem Begriff eine prädizierenden Argumentstrukturdomäne. Der Begriff der minimalen Bindungsdistanz muss dieses Konzept einschließen. Mit anderen Worten kann eine minimale Bindungsdistanz nur dann nicht lokal sein, wenn die lokale Argumentstruktur nicht vollständig ist. Dies berücksichtigend wählen wir die folgende Formulierung der minimalen Bindungsdistanz: (45)
Minimale Bindungsdistanz: Der Binder einer Anapher α muss aus der nächsten vollständigen Argumentstrukturdomäne β kommen, die α einbettet.
Die Formulierung in (45) gestattet nun ebenso die Bindung in (44), wie sie die Bindung in (43) verhindert. Darüber hinaus werden so auch die Fälle in (39) erfasst, denn hier liegen jeweils vollständige Argumentstrukturen vor, so dass eine Bindung der Reflexiva obligatorisch ist. Schließlich erfasst die Formulierung in (45) auch Beispiele des Typs (46), in denen eine picture-NP in eine andere eingebettet worden ist. Das Beispiel unterscheidet sich von den bislang diskutierten Beispielen darin, dass das Reflexivum nun nicht mehr in der nächsten einbettenden Argumentstrukturdomäne gebunden werden muss, sondern erst in der Domäne des Matrixverbs. Dies ist notwendig, weil dies die erste vollständige Argumentstrukturdomäne ist. (46)
Ulrich, betrachtete die Photographie des Bildes von sich¡.
Die Genese der Ausnahmeanapher
177
Betrachten wir nun unter Berücksichtigung des Konzepts der vollständigen Argumentstruktur das Beispiel (47). (47)
*Ulrichi sagte, dass Bildnisse von sich¡ an der Wand hingen.
Dieses Beispiel ist ungrammatisch, weil das Reflexivum in der relevanten vollständigen Argumentstrukturdomäne nicht gebunden ist. Es handelt sich hierbei um die Domäne des Verbs hängen, denn hier wird ja über das Subjekt etwas prädiziert. Es ist somit unter Berücksichtigung des Konzepts der vollständigen Argumentstrukturdomäne möglich, eine Erklärung für die Unzulässigkeit von (47) anzubieten, ohne dass ein Rekurs auf Konzepte wie Finitheit notwendig würde.16 Wird schließlich der Parameter der Bindungsdistanz offen gelassen, dann kann eine Anapher α durch jedes a-kommandierende Element gebunden werden. Die drei möglichen Belegungen sind entsprechend nochmals in (48) zusammengefasst. (48)
Distanz zum Binder Der Binder einer Anapher α a. ist ein lokaler Α-Kommandeur von α, b. ist ein minimaler Α-Kommandeur von α, c. ist ein Α-Kommandeur von α.
Illustrieren wir die Wirkung dieses Parameters zunächst anhand der Einzelsprachen. Im Englischen wird die Option (48a) gewählt: Nur ein lokaler Α-Kommandeur kann eine Anapher binden, wie bereits anhand von (14) erläutert wurde. Für die portugiesische Anapher si pròprio wird - ebenso wie für das Deutsche sich - die Option (48b) gewählt. Dies bedeutet, dass ein lokaler Α-Kommandeur gewählt werden muss, wenn ein solcher vorhanden ist. Ist dies allerdings nicht der Fall, so wie etwa bei (19c) oder (15), so muss der nächste AKommandeur, hier jeweils das Matrixsubjekt, die Anapher binden. Ein minimaler Binder ist also immer ein lokaler, wenn ein solcher vorhanden ist. Für das portugiesische ele proprio wird ebenso wie für ziji im Mandarin-Chinesischen die Option (48c) gewählt. Berücksichtigten wir bislang nur diese beiden Parameter, so können die Prinzipien A fur das Deutsche sowie für das Portugiesische und das Mandarin-Chinesische wie folgt formuliert werden:17 (49)
Prinzip A (Deutsch): Anaphern müssen durch einen minimalen indextyp-gleichen Α-Kommandeur gebunden werden.
(50)
Prinzip A (Portugiesisch - ele proprio, Mandarin - ziji) : Α-kommandierte Anaphern müssen durch einen indextyp-gleichen A-Kommandeur gebunden werden.
16
17
So verweist Frey (1993, S. 120f.) in seiner Definition der Bindungsdomäne explizit auf die Kategorie I, um Beispiele des Typs (47) auszuschließen. Die Analyse des Bengali in Sengupta (2000) legt den Schluss nahe, dass sich Bengali in Hinsicht auf die Bindungsdistanz und die Bindungsdomäne exakt wie das Deutsche verhält.
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Aus den Instanzen von Prinzip A in (49) und (50) geht hervor, dass sich das Deutsche vom Mandarin-Chinesischen und Portugiesischen sowohl in Hinsicht auf die Bindungsdomäne als auch in Hinsicht auf die Bindungsdistanz unterscheidet: Die Bindungsdomäne für das Deutsche ist der gesamte Satz, während im Mandarin-Chinesischen und Portugiesischen nur die Α-Domäne der Anapher relevant ist. Folglich kann es in diesen Sprachen, nicht jedoch im Deutschen Reflexiva geben, die frei koindiziert werden können, nämlich solche, die nicht a-kommandiert werden. Das Vorhandensein logophorischer Reflexiva wird somit aus dem Umfang der Bindungsdomäne abgeleitet, die ein Reflexivum besitzt: Je kleiner diese Domäne ist, desto mehr Möglichkeiten bestehen für ein Reflexivum, frei koindiziert werden zu können. Hiermit machen wir eine wichtige Unterscheidung zwischen den Ausnahmeanaphern einerseits und den long-distance anaphora andererseits explizit: Das Vorhandensein von Ausnahmeanaphern folgt aus der Setzung des Parameters der Bindungsdomäne, das Vorhandensein von long-distance anaphora folgt hingegen aus der Setzung des Parameters der Bindungsdistanz. Das Vorhandensein der einen in einer Sprache ist somit prinzipiell unabhängig vom Vorhandensein der anderen. Daraus folgt, dass sowohl Sprachen existieren müssen, die Ausnahmeanaphern, aber keine long-distance anaphora besitzen, als auch Sprachen, die long-distance anaphora besitzen, aber die logophorische Verwendung der Reflexiva nicht zulassen. Zum ersten Typ zählt sicherlich das Englische, denn eine Bindung über Satzgrenzen hinweg ist hier gerade nicht möglich. Zum zweiten Typ zählt das Koreanische. Dies kann anhand eines Vergleichs zwischen dem koreanischen Reflexivum caki und dem chinesischen Reflexivum ziji illustriert werden. Bereits in Abs. 3 hatten wir erläutert, dass beide Reflexiva ein belebtes Antezedens benötigen, ziji allerdings dann frei koindiziert werden kann, wenn kein belebter Α-Kommandeur vorliegt. Das koreanische caki gestattet diese Option nicht, wie der Kontrast zwischen (30) und (31) zeigte. Nun gestattet caki ebenso wie ziji ein beliebig weit entferntes belebtes a-kommandierendes Antezedens. Die zeigt Beispiel (51). (51)
Mary-nun¡ Paul-uy phyenci-ka Hans-uy Sosel-i caki-lul¡ Marie-top Paul -gen Brief-no/w Hans-gen Roman-no/w refì-akk poyecwu-ess-ta-ko kameyng sikhi-ess-ta-nunkes-ul zeigen-prät-decl-comp beeindrucken CAUS-PRÄT-DECL-COMP-AKK malha-yss-ta sagen -prät-decl 'Marie¡ sagte, dass Pauls Brief zeigte, dass Hans' Roman sie¡ beeindruckte.'
Nehmen wir weiterhin zunächst ohne Erläuterung an, dass Prinzip A für das Koreanische die Formulierung in (52) erhält: (52)
Prinzip A (Koreanisch): Anaphern müssen durch einen indextyp-gleichen Α-Kommandeur gebunden werden.
Somit stimmt Prinzip A für das Koreanische in Hinsicht auf die Bindungsdomäne mit der Formulierung für das Deutsche, in Hinsicht auf die Bindungsdistanz aber mit dem Mandarin überein. Daraus folgt, dass das Koreanische zwar long-distance anaphora zulässt, aber keine logophorischen Reflexiva. Prinzip A für das Koreanische verlangt, dass alle Reflexiva gebunden werden, die möglichen Antezedentien für das Reflexivum caki a-komman-
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dieren dieses jedoch nicht. Aus diesem Konflikt folgt - wie bereits in Abs. 4.1 dargelegt wurde - die Ungrammatikalität des Beispiels (41). Die Ableitung Iogophorischer Reflexiva aus der Bindungsdomäne gestattet auch eine alternative Sichtweise des Bindungsverhaltens psychologischer Prädikate. Bei psychologischen Prädikaten, deren Thema-Argument syntaktisch prominenter ist als ihr ExperiencerArgument, besteht die Möglichkeit der Realisierung von picture NP reflexives im Subjekt, deren Reflexivum mit dem Objekt koindiziert ist, wie das Beispiel (53) zeigt. (53)
Pictures of themselves¡ will please the boys¡.
Nun ist ein zu (53) analoges Beispiel auch im Mandarin grammatisch, wie das folgende Beispiel aus Huang/Tang (1991, S. 265) zeigt. (54)
[Zijii de xiaohai mei de jiang de xiaoxi] shi selbst DE Kind nicht bekommt Preis DE Nachricht macht Lisi] hen nanguo Lisi sehr traurig 'Die Nachricht, dass ihr Kind den Preis nicht bekommt, macht Lisi sehr traurig.'
Es ist häufig vorgeschlagen worden, dass die vorhandene Koindizierung entsteht, weil auf irgendeiner Ebene der syntaktischen Repräsentation das Experiencer-Objekt tatsächlich syntaktisch prominenter ist als das Subjekt, vgl. etwa Belletti/Rizzi (1988) oder Pesetsky (1996). Gegen eine solche Erklärung sprechen verschiedene Faktoren. So ist ein entsprechendes Beispiel für viele Sprecher des Deutschen ungrammatisch und beispielsweise auch im Koreanischen ausgeschlossen, wie die Beispiele (55) und (56) zeigen. (55)
*Bilder von sich werden den Kindern gefallen.
(56)
*Caki-uy sacin-i Byong-Rae-lul hwana-key hay-ss-ta selbst-ge« Bild-wo/w Byong-Rae-αΜ: wütend-cow? CAUS-PRÄT-DECL 'Seine eigenen Bilder verärgern Byong-Rae.'
Wir können nun eine alternative Analyse dieser Konstruktionen anbieten: Wir nehmen hierzu an, dass die Phrase, die das Reflexivum enthält, nicht in die Position bewegt wurde, in der sie realisiert wird, sondern dort basisgeneriert wird. Darüber hinaus wird der Unterschied zwischen Verben wie gefallen und mögen auch nicht auf der Argumentstruktur reflektiert, etwa dadurch, dass sich die Argumentstrukturen dieser Verben voneinander unterscheiden. (57)
a. Das Buch gefällt mir. b. Ich mag das Buch.
Somit wird das Reflexivum weder in (53), noch in (54), (55) und (56) a-kommandiert. Abhängig von der Formulierung der Bindungsdomäne besteht dann die Möglichkeit einer freien Koindizierung dieses Reflexivums. Dies gilt für das Mandarin ebenso wie für das Englische, denn in beiden Sprachen muss ein Reflexivums nur dann gebunden werden,
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wenn es a-kommandiert bzw. lokal a-kommandiert wird.18 Im Deutschen und Koreanischen hingegen müssen alle Reflexiva gebunden werden. Hier fuhrt das frei koindizierte Reflexivum zur Ungrammatikalität. Zusammenfassend können wir festhalten, dass durch das Zusammenspiel der genannten zwei Parameter der Bindungsdomäne und der Bindungsdistanz eine Vielzahl unterschiedlicher Bindungsmuster erfasst werden können, ohne dass spezielle Beschränkungen für longdistance anaphora oder Ausnahmeanaphern formuliert werden müssten. Für Verben des Typs (57a), d.h. psychologische Prädikate, deren Subjekt nicht als Experiencer interpretiert wird, ergibt sich eine interessante Vorhersage, die allerdings - wie die weiteren Überlegungen zeigen - nicht gänzlich unproblematisch ist: Wir erwarten das Vorhandensein von Reflexiva im Subjekt solcher Prädikate gerade in solchen Sprachen, die die Bindungsdomäne auf die Α-Domäne bzw. die lokale Α-Domäne einschränken. Somit korrelieren wir im vorliegenden Ansatz die Zulässigkeit von Reflexiva im Subjekt psychologischer Prädikate mit dem Vorhandensein von Ausnahmeanaphern. Problematisch ist hierbei, dass Konstruktionen des Typs (53) im Bengali (Sengupta 2000, S. 293) und auch fur manche Sprecher des Deutschen möglich sind, obwohl hier keine logophorische Bindung angenommen werden darf. (58)
??Der Glaube an sich macht ihn stark: Oliver Kahn. (Süddeutsche Zeitung, 20.06.02)
Das Beispiel (58) ist nicht nur deswegen interessant, weil es überhaupt existiert, sondern auch, weil die alternative Realisierung durch ein Pronomen auch nicht grammatisch zu sein scheint: (59)
??Der Glaube an ihn¡ macht Oliver Kahn¡ stark.
Das Beispiel (59) ist ungrammatisch in einer Lesart, in der Oliver Kahns Glaube an Oliver Kahn Oliver Kahn stark macht. Es wäre grammatisch bei einer Lesart, in der der Glaube nicht genannter Dritter an Oliver Kahn diesen stark macht. Tatsächlich legt die Ungrammatikalität von (59) ja sogar den Schluss nahe, dass das Pronomen innerhalb der NP offensichtlich durch eine Bindung nicht geschützt ist und somit tatsächlich das ExperiencerObjekt Zugriff auf das Pronomen haben könnte. Eine vollständige Analyse dieser Prädikate können wir hier nicht anbieten. Unterschiedliche Lösungswege bieten sich an, so besteht prinzipiell ja auch die Möglichkeit, ggfs. doch eine Variation auf der Argumentstruktur zuzulassen, aus der dann die Grammatikalität von Beispielen des Typs (58) abgeleitet werden könnte.19 18
19
Huang/Tang (1991, S. 267) diskutieren ein analoges Beispiel (i), bei dem ziji, obwohl es akommandiert wird, mit dem nicht a-kommandierenden Experiencer koindiziert werden kann. Dies ist nicht nur aus der Perspektive der hier skizzierten Bindungstheorie ungewöhnlich, denn eine Koindizierung von ziji mit einem nicht a-kommandierenden Element ist, wie auch Huang/Tang (1991, S. 267) konzedieren, eigentlich nur dann möglich, wenn kein Α-Kommandeur zur Verfügung steht. (i) [Zhangsan¡ taoyan zijiyj de xiaoxi] shi Wangwuj hen nangguo Zhangsan nicht-mag selbst DE Nachricht macht Wangwu sehr traurig 'Die Nachricht, dass Zhangsan sich/ihn nicht mag, macht Wangwu sehr traurig.' Zifonun (in diesem Band) diskutiert weitere Beispiele des Typs (55), die sie für vollkommen grammatisch hält. Einen ähnlichen Beleg konnte ich auch in der Neuen Züricher Zeitung (1993)
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Wir wollen diesen Abschnitt mit einigen Anmerkungen zur Distribution von ziji abschließea Tang (1989, S. 96) stellt fest, dass ziji nicht ungebunden erscheinen kann und belegt dies durch das Beispiel (60). Dies ist zwar grammatisch, aber nach Tang nur dann, wenn ziji hier nicht als Anapher, sondern als Intensifikator verwendet wird. Weil in diesem Beispiel kein overtes Matrixsubjekt vorliegt, geht Tang davon aus, dass ziji hier an ein kovertes Subjekt gebunden wird. (60)
Ziji mai cai. selbst kauf essen 'Du sollst selbst essen kaufen./*'Er kauft essen.'
Ich halte diese Argumentation nicht fur stichhaltig. Das Beispiel (54) hat gezeigt, dass ziji durchaus in Subjektposition vorkommen kann und dort offenkundig nicht nach Prinzip A gebunden werden kann. Somit ist ein freies Vorkommen von ziji in Subjektposition prinzipiell möglich. Es bleibt zu klären, in welchen Kontexten Beispiele des Typs (60) verwendet werden können und welche Interpretation sie dann besitzen können.
4.3 Zum Konzept der Parametrisierung Es ist keineswegs so, dass die in (49) und (50) vorgestellten Prinzipien A der Bindungstheorie in dieser Form hier zum ersten Mal vorgestellt worden sind. So hat Frey (1993) für das Deutsche ein Prinzip A vorgeschlagen, das dem hier vorgestellten Prinzip im Wesentlichen entspricht, auch wenn es nicht allein auf der Argumentstruktur operiert. Die Prinzipien Ζ fur ele pròprio und ziji in Branco/Marrafa (1999) und Xue et al. (1994) entsprechen der Formulierung des Prinzips A in (50). Mir geht es hier weniger darum, neue Formulierungen für diese einzelsprachlichen Fixierungen des Prinzips A zu finden, als vielmehr zu erklären, wie einzelsprachliche Versionen dieses Prinzips überhaupt festgelegt werden können. Welche Plausibilität der vorliegende Ansatz besitzt, ergibt sich daher im Wesentlichen daraus, dass die vorliegenden Parameter nur einen beschränkten Raum von Möglichkeiten eröffnen. Ein Unterschied zu den o.g. Ansätzen ergibt sich allerdings wesentlich darin, dass ich davon ausgehe, dass sog. long-distance anaphora wie ele proprio oder ziji nicht durch ein von Prinzip A unabhängiges Prinzip Ζ erfasst wird, sondern, wie Manzini/Wexler (1987) bereits vorgeschlagen haben, durchaus mehr als eine Parametrisierung eines universellen Prinzips für eine Einzelsprache möglich ist. Manzini/Wexler (1987, S. 424) schlagen hierzu die Lexical Parametrization Hypothesis (61) vor. (61 )
Lexical Parametrization Hypothesis Values of a parameter are associated not with particular grammars but with particular lexical items.
finden, wie (i) zeigt. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um ein psychologisches Prädikat im o.g. Sinne. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass diese Beispiele durch die vorliegende Analyse eindeutig als ungrammatisch klassifiziert werden. (i) Der reine Bezug auf sich selbst, warnte Jagmetti, könne, wie Erfahrungen zeigten, sogar zur Gewaltanwendung ausarten.
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Diese Idee aufnehmend können wir für Sprachen wie das Portugiesische oder das Mandarin annehmen, dass eine lexikalisch gesteuerte Parametrisierung durch unterschiedliche lexikalische Formen mit ähnlicher Funktion, aber unterschiedlicher Distribution, ausgelöst wird. Dies können wir in der folgenden Bedingung festmachen, die auch so verstanden werden kann, dass verschiedene Regeln erst dann angesetzt werden sollten, wenn man mit unterschiedlichen Formen konfrontiert wird. (62)
Bedingung der Regelmultiplikation Für einheitliche Formen sollten nicht unterschiedliche Regeln angesetzt werden.
Wenn man mehr als eine Parametrisierung fur eine Sprache zulässt, besteht keine Notwendigkeit mehr, ein zusätzliches Prinzip für eine weitere Klasse von Anaphern anzusetzen; vielmehr folgt, dass hier Prinzip A zwei unterschiedlichen Parametrisierungen unterliegt. Dies ist nicht allein eine notationeile Variante: Wenn man von zwei unabhängigen Prinzipien etwa für ziji und ta-ziji im Mandarin ausgeht, so besteht prinzipiell die Möglichkeit, dass die Distribution des einen Reflexivums vollkommen unabhängig von der Distribution des jeweils anderen ist; also insbesondere nicht durch die o.g. Parametrisierungen erfasst wird. Setzt man hingegen zwei unterschiedliche Parametrisierungen an, so ist die Distribution der Ausdrücke durch die Festlegung der offenen Parameter bestimmt. Für das Reflexivum ta-ziji im Mandarin kann man etwa ebenso wie für das Reflexivum si proprio annehmen, dass sie der Beschränkung (49) genügen.
5.
Perspektiven
Wir haben uns eingangs zwei Fragen gestellt: 1. Welche Form muss eine universelle Formulierung von Prinzip A der Bindungstheorie besitzen? 2. Wieso erlaubt die Bindungstheorie überhaupt Ausnahmen? Der vorliegende Beitrag bietet eine Antwort auf diese Fragen an. Jede sprachspezifische Instantiierung von Prinzip A ergibt sich durch eine Festlegung der Parameter der Bindungsdomäne, der Bindungsdistanz und einer möglichen Einschränkung des Typs des Binders, so wie dies im Mandarin-Chinesischen in den in (30) gezeigten Beispielen beobachtet werden konnte. Damit sind die Möglichkeiten für konkrete Instantiierungen von Prinzip A stark eingeschränkt. Das allgemeine Schema für Prinzip A, also seine universelle Formulierung, wurde bereits in (32) vorgestellt, das hier nochmals unter (63) wiederholt werden soll. (63)
Prinzip A (universelle Formulierung): Eine Anapher in einer bestimmten Bindungsdomäne muss durch ein Element (bestimmten semantischen Typs) gebunden werden, das in einer bestimmten Distanz zur Anapher realisiert worden ist.
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Warum es überhaupt Ausnahmen geben kann, beantworten wir anhand einer Illustration des Zusammenspiels der Parameter der Bindungsdomäne und der Bindungsdistanz. Prinzipiell eröffnen diese unabhängigen Parameter neun unterschiedliche Optionen, wie in der folgenden Abbildung dargestellt ist. (64)
Parameterraum und Installierungen Satz
A-Domäne
lokale A-Domäne
O
O
VR
D/B
α
ß
• E
O E'
•
lokal
•
keine
O Κ
O C/P
Π
beschränkte Logophorizität
Bindungs-Distanz
·
minimalOptionen sentential Zunächst kann man aus den in (64) dargestellten ersehen, unter welchen Umständen logophorische Reflexiva - also Ausnahmen - zu erwarten sind: Ausnahmen können entstehen, wenn die Bindungsdomäne nicht der gesamte Satz ist, also eingeschränkt etwa für Mandarin-Chinesisch (C) und Portugiesisch (P) und weniger eingeschränkt für Englisch (E). Dass als Bindungsdomäne nicht der gesamte Satz bestimmt werden kann, ist eine notwendige Voraussetzung für das Auftreten logophorischer Reflexiva, denn nur dann können bestimmte Domänen einen 'Schutz' vor der Bindung bieten. Im Englischen ist dies die lokale Argumentstrukturdomäne, im Portugiesischen und Mandarin ist dies die nicht-lokale Argumentstrukturdomäne. Enthält im Englischen die lokale Argumentstrukturdomäne keinen Α-Kommandeur, muss die Anapher nicht mehr gebunden werden; enthält im Mandarin die nicht-lokale Argumentstrukturdomäne keinen Α-Kommandeur, so ist im auch Mandarin die Bindung des Reflexivums aufgehoben.
Sprachen, in denen die zu bindenden Anaphern nicht durch die A-Domäne bestimmt werden, lassen hingegen keine logophorischen Reflexiva zu. Dies gilt für das Deutsche (D), für viele süd-asiatische Sprachen, u.a. das Bengali (B) (Sengupta 2000), für das Koreanische (K) aber auch beispielsweise für Sprachen mit verbalen Reflexiva (VR), so etwa Halkomelem (Gerdts 1988) oder Jaminjung (Schultze-Berndt 2000). 20 Als nächstes kann man aus der Repräsentation auch ersehen, in welchen Konfigurationen logophorische Reflexiva zu erwarten sind. Wenn die Bindungsdomäne die lokale A-Domäne ist, können logophorische Reflexiva prinzipiell in Objekt-, Adjunkt- und Subjektposition auftauchen. Sie können, wie für das
20
Man könnte an dieser Stelle natürlich argumentieren, dass logophorische Reflexiva in Sprachen mit verbalen Reflexiva schon deswegen ungrammatisch sein müssen, weil diese Reflexiva nur mit Verben, nicht jedoch mit Nomina kombiniert werden können. Da jedoch, wie viele andere Sprachen zeigen, eine Reflexivierung nicht prinzipiell kategorial auf Verben eingeschränkt ist, vermag eine solche Analyse nicht zu erklären, warum die Reflexiva nicht als Affixe beliebiger Stämme fungieren können.
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Englische in den Beispielen (6b) und (28a, b) gezeigt wurde, in Objektposition erscheinen, wenn es keinen lokalen Α-Kommandeur gibt. Entsprechendes gilt auch fur englische Reflexiva in Adjunktpositionen, wie bereits in (11) verdeutlicht wurde. Dass das Englische keine logophorischen Reflexiva in Subjektposition besitzt, liegt am englischen Kasussystem.21 Im Subjekt hingegen können im Englischen durchaus logophorische Reflexiva auftauchen, wie wir ja bereits anhand der Beispiele (6a) und (53) gesehen haben. Die vorliegenden Beschränkungen sagen vorher, dass logophorische Reflexiva, wenn sie in einer Sprache im Objekt auftreten, auch im Subjekt zulässig sein müssen. Das Vorhandensein im Objekt folgt bereits aus der Einschränkung auf die lokale Α-Domäne. Eine solche besitzt aber auch das Subjekt. Somit ist es nicht möglich, logophorische Reflexiva eingebettet im Objekt zu lizenzieren und zugleich solche, die im Subjekt eingebettet sind, zu blockieren. Wenn die Bindungsdomäne die Α-Domäne ist, dann können logophorische Reflexiva eigentlich nur noch als Matrixsubjekt oder im Matrixsubjekt erscheinen, so wie dies anhand des Portugiesischen und Mandarin-Chinesischen gezeigt werden konnte. Die genannte Einschränkung berücksichtigt, dass dann ein logophorisches Reflexivum auch in der Objektposition erscheinen kann, wenn die Α-Kommandeure der semantischen Einschränkung nicht genügen. Dies haben wir im Mandarin anhand des Beispiels (30) verdeutlichen können. Hier tritt ein logophorisches Reflexivum in der Objektposition auf, weil die jeweiligen Subjekte nicht belebt sind und somit in der Argumentstrukturdomäne des Reflexivums tatsächlich kein Α-Kommandeur gegeben ist. Wir sehen darüber hinaus, dass Englisch in der Repräsentation zweimal auftaucht (E, E'). Dies hat seinen Grund darin, dass eine Sprache, in der lokal a-kommandierte Anaphern minimal gebunden werden müssen, nicht zu unterscheiden ist von einer Sprache, in der lokal a-kommandierte Anaphern lokal gebunden werden müssen. Somit wird der Parameterraum hier auf acht Optionen reduziert. Im Sinne einer starken Hypothese ist es daher sicherlich interessanter, diejenige Optionen zu diskutieren, die bislang nicht instantiiert worden sind.22 Wir werden diese Optionen jeweils illustrieren, indem wir zeigen, welche Beispiele aus dem Deutschen grammatisch bzw. ungrammatisch sein müssten, wenn diese Option für das Deutsche gewählt worden wäre. Um allerdings zu verdeutlichen, dass es sich hierbei nicht um Beispiele aus dem Deutschen handelt, werden die Reflexiva jeweils durch refi dargestellt. Für die erste, mit α bezeichnete Option ergibt sich die folgende Formulierung von Prinzip A: (65)
21
22
Prinzip A(a): A-kommandierte Anaphern müssen lokal a-gebunden werden.
Im irischen Englisch ist die logophorische Verwendung des Reflexivums in der Subjektposition durchaus möglich. Ich danke Melanie Klepp für diesen Hinweis. Wir ignorieren hier, wie die einzelnen Parameter tatsächlich fixiert werden (vgl. Manzini/Wexler 1987). Es kann also durchaus sein, dass ein nicht attestierter Sprachtyp entsteht, weil eine logische Parametersetzung nicht erworben werden kann (es also etwa kein Datum gibt, dass diese Setzung im Gegensatz zu einer anderen Setzung erzwingen würde).
Die Genese der Ausnahmeanapher
185
Diese Instantiierung verlangt, dass außerhalb des Matrixsubjekts alle Anaphern lokal gebunden werden müssen, während eine Anapher als oder im Matrixsubjekt 23 logophorisch realisiert werden kann, weil das Matrixsubjekt nicht a-kommandiert wird. Für picture-NPreflexives, die nicht im Matrixsubjekt realisiert worden sind, bedeutet dies in jedem Fall, dass in derselben NP ein Binder vorhanden sein muss. Somit ergeben sich die folgenden Illustrationen für Deutsch unter Prinzip A(a): (66)
a. b. c. d. e. f.
refl friert. Bildnisse von refl hingen am Fenster. *Ulrich¡ betrachtete Bildnisse von refl\. *Ulrichj glaubte, dass Bildnisse von refl¡ am Fenster hingen. Horstj glaubte, dass Ulrichs¡ Bildnisse von refly¡ am Fenster hingen. Horst k glaubte, dass Klausj Ulrichs; Bildnisse von r e f l u i i mögen würde.
Für die zweite Option, ß, ergibt sich die Formulierung in (67): (67)
Prinzip A(ß): Α-kommandierte Anaphern müssen minimal gebunden werden.
Auch für (67) gilt, dass das Matrixsubjekt eine Domäne bildet, in der die Anaphernbindung anderen Kriterien unterliegt als der Rest des Satzes. Diese Option unterscheidet sich allerdings von (65) dadurch, dass durchaus picture-NP-reflexives mit nicht-lokaler Bindung zulässig sind. Für diese Instantiierung von Prinzip A ergeben sich somit die folgenden Illustrationen: (68)
a. b. c. d. e. f.
refl friert. Bildnisse von refl hingen am Fenster. Ulrichj betrachtete Bildnisse von rej7¡. "Ulrichj glaubte, dass Bildnisse von refl¡ am Fenster hingen. Horstj glaubte, dass Ulrichs¡ Bildnisse von reflyj am Fenster hingen. Horst k glaubte, dass Klausj Ulrichsi Bildnisse von reflj/yk mögen würde.
Der wesentliche Unterschied zwischen den Optionen α und β ist die putative Grammatikalität des Beispiels (66c)/(68c). Unter Option β müssen solche Konstruktionen möglich sein, weil die minimale Distanz eine weitere Bindung gestattet als die lokale. Kommen wir nun zur Option γ in (69). (69)
23
Prinzip Α(γ): Lokal a-kommandierte Anaphern müssen durch einen indextyp-gleichen A-Kommandeur gebunden werden.
Wir wollen die Erläuterungen nicht unnötig verkomplizieren, aber anstelle eines Matrixsubjektes kann in den hier diskutierten Fällen auch jeweils das prominenteste Argument eines Prädikats, das kein Subjekt besitzt, einen entsprechenden Schutz vor der Bindung schaffen, so wie dies in (66a) illustriert wird. Wichtig ist hierbei nur, dass dieses Element nicht a-kommandiert wird, somit also in der Matrix erscheinen muss und dass über dieses Element eine Prädikation gebildet wird. Dies vorausgesetzt werden wir in der Folge weiterhin vom Matrixubjekt sprechen.
186
Tibor Kiss
Diese Instanz von Prinzip A eröffnet sowohl ein weites Spektrum logophorischer Bindung als auch relativ lockere Bindungsbeschränkungen im engeren Sinne, da ja nun nur im gesamten Syntagma ein Antezedens vorhanden sein muss. Es ergeben sich die folgenden Illustrationen: (70)
a. b. c. d. e. f.
re)7 friert. Bildnisse von reft hingen am Fenster. Ulrichj betrachtete Bildnisse von refly¡. Ulrichj glaubte, dass Bildnisse von reflu-, am Fenster hingen. Horstj glaubte, dass Ulrichsi Bildnisse von rej7j/j/.k am Fenster hingen. Horst k glaubte, dass Klausj Ulrichs¡ Bildnisse von r e f l e x mögen würde.
In den Beispielen (70a-d) wird das Reflexivum nicht lokal a-kommandiert und somit auch nicht durch Prinzip Α(γ) beschränkt. Anders ist dies in (70e, f), denn hier liegt jeweils lokales Α-Kommando vor und somit ist eine freie Indizierung der Reflexiva nicht mehr möglich. Allerdings kann das Antezedens aus allen a-kommandierenden Elementen im Satz gewählt werden.
6.
Weitere Parameter?
Die vorgeschlagenen Parameter berücksichtigen eine Einschränkung der möglichen Antezedentien auf Subjekte nicht. Dass nicht-lokal gebundene Anaphern obligatorisch durch Subjekte zu binden sind, wurde etwa für das Deutsche von Frey (1993) oder für das Isländische von Cole/Sung (1994) suggeriert. Für eine Integration einer solchen Beschränkung in das vorliegende Modell stehen zwei Optionen zur Verfügung: Man kann annehmen, dass es sich um einen unabhängigen Parameter handelt, durch den festgelegt wird, dass nur Α-Kommandeure, die Subjekte sind, als potentielle Antezedentien zählen. Ein Beispiel für ein Reflexivum, das nur durch Subjekte gebunden werden kann, ist das Reflexivum nije im Bengali (vgl. Sengupta 2000, S. 293). (71)
Bablii Nayan-ke¡ nije-r¡/.j katha Babli-now Nayan-daf sich-sg-gew Geschichte-ató 'Babli erzählte Nayan über sich eine Geschichte.'
boleche. hat-erzählt.
Hierbei rekurrierten wir natürlich implizit auf einen bestimmten Subjektbegriff. 24 Alternativ bestünde die Möglichkeit, diese Eigenschaft aus den anderen Parametersetzungen oder deren Zusammenspiel abzuleiten. Hierzu ist aber gleich festzuhalten, dass eine solche Ableitung zumindest nicht offensichtlich ist. Wir können diese Entscheidung hier nicht treffen, denn die beiden Optionen sind an sich problematisch. Gegen die Festlegung der ersten Option spricht schon die Strittigkeit der Annahme. So wird die Bindung des Reflexivums in (10) nicht von allen Sprechern des 24
So kann nije im Bengali - einer Nominativ-Akkusativ-Sprache - auch durch ein sog. DativSubjekt gebunden werden (Sengupta 2000, S. 293).
Die Genese der Ausnahmeanapher
187
Deutschen auf das Subjekt eingeschränkt. Für die Option spricht hingegen, dass es viele Sprachen gibt, in denen auch eine lokal gebundene Anapher obligatorisch durch ein Subjekt gebunden werden muss. So verlangt eine Vielzahl der in Lust et al. (2000) diskutierten südasiatischen Sprachen obligatorische Koreferenz des Reflexivums mit einem Subjekt. Für die zweite Option spricht, dass hier typologische Korrelationen explizit aus der Parametersetzung abgeleitet werden könnten. Gegen diese Option spricht allerdings, dass diese Korrelationen keineswegs als gesichert gelten können. So weist Zribi-Hertz (1996) darauf hin, dass nicht-lokal gebundene Anaphern im Koreanischen, Lateinischen und eben auch Chinesischen keineswegs durch Subjekte gebunden werden müssen, während andererseits die lokale Anapher ta-ziji im Chinesischen tatsächlich eine Subjektorientierung besitzt; Branco/Marrafa (1999) berichten, dass eie pròprio durchaus lang durch Objekte gebunden werden kann. Entsprechendes gilt auch für eine Korrelation zwischen Morphologie und Bindung: Häufig wird behauptet, dass nicht-lokal zu bindende Anaphern von lokal zu bindenden schon durch die Form unterschieden werden können: Lokal zu bindende Anaphern sind morphologisch komplex in dem Sinne, dass sie etwa aus einem Pronomen und einem Adverb gebildet werden, nicht-lokal zu bindende sind morphologisch einfach. Dass diese Korrelation zumindest im Portugiesischen keinen Bestand hat, zeigen die Reflexiva si pròprio und ele pròprio, die beide morphologisch komplex sind, jedoch unterschiedliche Bindungseigenschaften besitzen. Entsprechende Beobachtungen gelten für das Finnische (Zribi-Hertz 1996, S. 143). Somit scheint die implikative Ableitung einer Parametersetzung aus einer anderen - und damit auch die Elimination eines Parameters ohne adäquate Erweiterung der Datenbasis spekulativ.
7.
Literatur
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Tibor Kiss
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Florian
Schäfer
Relativierte Bindungsminimalität in OT: einfache vs. serielle Optimierung*
Wilson (2001) argumentiert, dass neben der in der OT-Syntax gängigen expressiven Optimierung eine zweite, interpretative Optimierung angenommen werden muss, um relativierte Minimalitätseffekte im Bereich der anaphorischen Bindung ableiten zu können. Unter der Annahme, dass beide Optimierungsrichtungen nötig sind, zeigt er, dass diese beiden Optimierungen hintereinandergeschaltet sein müssen, so dass im expressiven Wettbewerb nur Kandidaten auftreten können, die in einem interpretativen Wettbewerb optimal sind. In diesem Artikel soll gezeigt werden, dass durchaus eine rein expressive Lösung für relativierte Bindungsminimalität denkbar ist, wenn man zwei Typen von Lokalitätsconstraints Varianten der Tensed-S Condition und der Specified Subject Condition aus Chomsky (1973) - annimmt. Damit fällt die Hauptmotivation für Wilsons seriell-bidirektionalen Ansatz, dass man eine interpretative Optimierungsrichtung aus empirischen Gründen bräuchte, weg. Eine Entscheidung zwischen dem uni- und dem bidirektionalen Ansatz ist folglich nötig, und es wird argumentiert, dass aus konzeptueller Sicht ein zusätzlicher Constraint einer zusätzlichen Optimierungsrichtung vorzuziehen ist. Es wird außerdem ein Problem mit dem Feature Faithfiilness-Constraint von Wilson aufgezeigt, mit dessen Hilfe Anaphern/Pronomen-Optionalität hergeleitet werden soll. Das Ergebnis dieser Diskussion ist, dass FeatureFaith nicht nur ungeeignet ist, Optionalität herzuleiten, sondern grundsätzlich nicht entscheidend sein darf. Um dies zu gewährleisten, wird vorgeschlagen, dass im Input eine gebundene Position unterspezifiziert ist. Optionalität wird durch Constraint-Kopplungen hergeleitet. Abschließend wird untersucht, ob vom bidirektionalen und dem unidirektionalen Ansatz typologisch unterschiedliche Vorhersagen gemacht werden; wenngleich sich die Ansätze meistens gleichen, lässt sich, unter der Annahme, dass Optionalität von Anaphern und Pronomen das Ergebnis des syntaktischen Wettbewerbs ist, im unidirektionalen System eine Bindungskonstellation vorhersagen, die vom bidirektionalen System nur unter zusätzlichen Annahmen hergeleitet werden kann.
1.
Relativierte Bindungsminimalität
Wilson (2001) entwickelt ein bidirektionales OT-System1, das relativierte Minimalitätseffekte im Bereich der anaphorischen Bindung erfassen soll. Eine Sprache, die einen solchen * Diese Arbeit wurde partiell gefördert im Rahmen der DFG-Forschergruppe 375. Für ihre hilfreichen Kommentare möchte ich mich bei Artemis Alexiadou, Gisbert Fanselow und Gereon Müller bedanken. Mein Dank gilt außerdem meinen beiden Informanten Priya Bondre-Beil (Marathi), und Ho-min Sohn (Koreanisch). 1 Wilson nennt seinen Ansatz 'bidirektional', und dieser Begriff wird hier übernommen. Wie in der Einleitung angemerkt, schlägt er zwei Optimierungsprozesse vor, die seriell hintereinanderge-
190
Florian Schäfer
relativierten Minimalitätseffekt aufweist, und die auch Wilson bespricht, ist das Marathi. In (1) und (2) sind die entscheidenden Daten dargestellt (vgl. Dalrymple 1993, S. 19-20). (1)
(2)
a. Tomi mhanathota Tom said 'Tom said that Sue hit b. Tomi mhanat hota Tom said 'Tom said that Sue hit a. Jane¡ Jane 'Jane b. Jane¡ Jane 'Jane
[ki that herself [ki that him'
Suek ni Sue ERG Suek Sue
swataahlaa.^ REFL-ACC
ni aaplyaalaa¡/.k ERG PRON-ACC
maarle] hit maarle] hit
laa waaTte [ki swataa¡ sagLyaat sundar aahe] DAT thought that REFL most beautiful was thought that she was the most beautiful' mhanaali [ki [swataacij parikshaa] sampli] said that REFL-GEN Test finished said that'her test was over'
Die Sätze in (1) und (2) bestehen alle aus einem Matrixsatz und einem darin eingebetteten, finiten Nebensatz, (la) zeigt, dass die Anapher swataah vom lokalen Subjekt gebunden wird, dass aber lange Bindung der Anapher über das Subjekt des Nebensatzes hinweg nicht möglich ist. Statt der Anapher muss in diesem Fall das Pronomen ααραη2 verwendet werden (vgl. (lb)). Befindet sich das zu bindende Element jedoch in der Subjektposition (vgl. (2a)) oder ist in die Subjekt-NP eingebettet (vgl. (2b)), so wird die Anapher verwendet. Kurz, die Anapher muss nur dann im finiten Satz gebunden werden, wenn sie dort auch gebunden werden kann, wenn also ein c-kommandierendes Antezedens im Satz auftritt. Deshalb spricht man von einer bezüglich eines potentiellen Antezedens relativierten Bindungsdomäne. Abstrakt lassen sich die Bindungsverhältnisse einer Sprache mit relativierter Minimalität wie in (3) zusammenfassen (A und Β sind mögliche Antezedenten (Subjekte), δ ist ein beliebiger Komplementtyp): (3)
[A¡ ...[ s B k ...anaphoriJ *[A¡ ...[5Bk...pronounk]
*[Aj...[8Bk...anaphori] [Ai...[5Bk...pronoun¡]
[Aj...[s...anaphori...] *[Ai...[6...pronounj...]
In der folgenden Diskussion soll die Koindizierung in der linken Spalte in (3) „kurze (oder lokale) Bindung", die Koindizierung in der mittleren Spalte „lange Bindung" und die Koindizierung in der rechten Spalte „halblange Bindung" genannt werden. Relativierte Minimalität ist jedoch keine grundsätzliche Eigenschaft von Bindungsdomänen natürlicher Sprachen. Oftmals sind Bindungsdomänen auch rigide. So ist zum Bei-
2
schaltet sein müssen. Diese serielle Architektur ist nicht zu verwechseln mit einem echt bidirektionalen System, wie es von Blutner (2000) vorgeschlagen wurde. ααραη ist kein typisches Pronomen, sondern eine Mischform; es erlaubt gespaltene Antezedenten, unterliegt keiner Lokalitätsbedingung, verlangt jedoch (genauso wie swataah) ein c-kommandierendes Subjekt-Antezedens im Satz. Wir folgen Wilson darin, aus Darstellungsgründen ααραη ein Pronomen zu nennen. Entscheidend ist, dass ααραη weniger anaphorisch ist als swataah (vgl. Wilson 2001). Im Marathi gibt es außerdem ein Pronomen, das auch ungebunden auftritt (vgl. Dalrymple 1993).
191
Relativierte Bindungsminimalität in OT
spiel die Anapher in (2a, 2b) nur in einem Dialekt des Marathi (Marathi-1) akzeptabel, während Sprecher des anderen Dialekts (Marathi-2) stattdessen auch bei der Bindung in die Subjektposition eines finiten Satzes das Pronomen verwenden (vgl. (4a, 4b) und die Diskussion in Dalrymple 1993).3 (4)
a. Jane¡ laa waaTte [ki aapan¡ sagLyaat sundar aahot Jane DAT thought that PRON most beautiful was 'Jane thought that she was the most beautiful' b. Jane¡ mhanaali [ki [aapli¡ parikshaa] sampli] Jane said that PRON-GEN test finished 'Jane said that her test was over'
Eine rigide Bindungsdomäne, wie sie im Marathi-2 herrscht, ist in (5) formalisiert: (5)
[A¡..[sBk ...anaphor k ] *[A¡...[sBk...pronounk]
* [A¡... [ δ Bk... anaphor¡] [Ai....[sBk...pronouni]
*[A¡...[ 5 ...anaphor¡...] [A¡....[s...pronounj... ]
Diebeiden Dialekte des Marathi unterscheiden sich also darin, dass der eine Dialekt (Marathi-1) bei finiten Komplementen eine relativierte Bindungsdomäne hat, während im anderen Dialekt (Marathi-2) finite Komplemente eine rigide Bindungsdomäne darstellen. Keiner der beiden Dialekte erlaubt „lange Bindung" aus finiten Komplementen, doch Marathi-1 erlaubt „halblange Bindung", während Marathi-2 auch „halblange Bindung" verbietet.
2.
Bindung in O T
2.1 Expressive Optimierung In einer Reihe von Artikeln hat Burzio dafür argumentiert, dass die Bindungstheorie (BT) nach dem Elsewhere-Ρήαζϊρ organisiert ist. In Α-gebundenen Positionen werden Anaphern grundsätzlich präferiert, und Pronomen können dort nur auftreten, falls Anaphern aus einem spezifischen Grund (z.B. wegen einer Lokalitätsverletzung) ausgeschlossen sind (vgl. Burzio 1989-1998). 4 Die grundsätzliche Präferenz für Anaphern leitet Burzio aus seinem Prinzip der referentiellen Ökonomie ab. Die Idee ist, dass Anaphern im Gegensatz zu Pronomen 3
4
Dalrymple (1993) bespricht diese dialektale Variation, gibt aber keine Beispielsätze. (4a, 4b) sind von Priya Bondre-Beil (p.c.). Wilson stützt sich auf Burzio (1989-1998). Die Idee, die Effekte von Prinzip Β syntaktisch durch eine Art von Wettbewerb aus (einer Version von) Prinzip A abzuleiten, findet man auch in Pica (1986), Hellan (1988) sowie Fanselow (1989, 1991). Die umgekehrte Herangehensweise, Prinzip A aus Prinzip Β abzuleiten, findet sich z.B. in Fischer (in diesem Band). Die zentrale Beobachtung all dieser Ansätze liegt darin, dass Anaphern und Pronomen (genauso wie verschiedene Typen von Anaphern) fast immer komplementär verteilt sind, und dass diese Komplementarität in Theorien, die sowohl Prinzip A als auch Prinzip Β annehmen, ein unerklärter (definitorisch festgelegter) Zufall bleibt. Die Herausforderung der wettbewerbsgeleiteten Ansätze ist es, den gelegentlichen Zusammenbruch der Komplementarität zu erklären.
Florian Schäfer
192
nicht eigenständig referieren können, und dass das Prinzip der referentiellen Ökonomie in syntaktisch Α-gebundenen Positionen nicht-referentielle Ausdrücke bevorzugt. Der Grund, warum zumindest morphologisch einfache Anaphern (sogenannte SE-Anaphern in der Terminologie von Reinhart/Reuland 1993) nicht eigenständig referieren können, liegt darin, dass sie im Gegensatz zu Pronomen nicht für cp-Merkmale spezifiziert sind. Einer der Gründe, warum eine Anapher in einer Α-gebundenen Position ausgeschlossen sein kann, ist eine zu große Distanz bzw. eine zu starke Barriere zwischen der Anapher und ihrem Antezedens, von dem sie ihre Referenz ableiten muss. Im Marathi haben wir gesehen, dass finite Satzkomplemente die Bindung von Anaphern blockieren (können). Infinitivische Komplemente hingegen blockieren die Bindung einer Anapher (zumindest fur manche Sprecher, vgl. Dalrymple 1993, S. 17) nicht, wie (6) zeigt. (6)
John; ne Jane k laa [PROk swataahlaa^ John ERG Jane DAT [PRO REFL-ACC 'John told Jane to hit him/herself
maraaylaa] hit]
saangitle told
Sprachen, in denen 'Long-Distance'-Bindung (im Folgenden LD-Bindung) möglich ist, unterscheiden sich darin, über welchen Typ von Komplement sie LD-Bindung erlauben. Burzio bemerkt, dass die unterschiedlichen Komplementtypen in einer implikativen Markiertheitshierarchie angeordnet sind, und dass eine Einzelsprache auf dieser Hierarchie einen Schnitt macht, so dass Komplementtypen links des Schnitts für LD-Bindung opak und Komplementtypen rechts des Schnitts durchlässig sind. Die Hierarchie ist in (7) angedeutet (für eine detailliertere Version vgl. Burzio 1996). (7)
Domänenhierarchie (vereinfacht): Indicative clause > Subjunctive clause > Infinitive clause > small clause > NP
Die Optimalitätstheorie (OT, Prince/Smolensky 1993) ist eine Theorie, die das ElsewherePrinzip als Grundgedanken hat, und deshalb schlägt Burzio (1998) vor, die Bindungstheorie in OT zu implementieren. Für einen OT-Wettbewerb werden von GEN zu einem Input konkurrierende Kandidaten generiert, wobei die Annahme gilt, dass sich die konkurrierenden Kandidaten nur in ihrer syntaktischen Form vom Input unterscheiden dürfen, ihre Interpretation aber mit der des Inputs identisch ist.5 Die EK4Z,-Komponente berechnet dann aus der Menge der Kandidaten einen Gewinner. Es werden also semantische Strukturen auf syntaktische Strukturen abgebildet. Wilson nennt diese Art von Wettbewerb expressive Optimierung und formalisiert sie wie in (8) (S = structure, M = meaning, I = inventory).
5
Manche Syntax-Analysen nehmen an, dass Kandidaten zusätzlich in ihrer Interpretation von der Interpretation des Inputs abweichen können (z.B. Legendre et al. 1998). Mit dieser Annahme kann InefTabilität hergeleitet werden; ist ein solcher abweichender Kandidat in einer Sprache optimal, ist die Inputinterpretation zur abweichenden Outputinterpretation neutralisiert worden. Das Phänomen der InefTabilität findet sich jedoch im Bereich der BT nicht. Solange die ( - so die Annahme - unverletzbare) c-Kommando-Bedingung erfüllt ist, kann eine Bindungsbeziehungen grundsätzlich realisiert werden; der Wettbewerb entscheidet nur darüber, ob sie durch ein Pronomen oder durch eine Anapher realisiert wird. Um Ineffabilität im Bereich der BT grundsätzlich auszuschließen, ist die Interpretationstreue der konkurrierenden Kandidaten also zwingend.
Relativierte Bindungsminimalität in OT (8)
193
(aus Wilson 2001): INPUT
OUTPUT
Expressive Optimization: Given any pair in I,
find the most harmonic pair in I - that is, maximize the harmony of the syntactic expression of M.
Folgende Constraints sieht Wilson (2001) für den expressiven Wettbewerb in Anlehnung an Burzio (1998) vor. (9)
a. REFERENTIAL ECONOMY (REFECON): An argument does not have any lexical φ-feature specification. b. LOCAL ANTECEDENT (LA(b)): If a syntactic domain of type δ contains an anaphor a, then it also contains an antecedent for a. c. FEATURE FAITHFULNESS (FTRFAITH): An argument specified for feature [F] in the input is specified for [F] in the output.
Betrachten wir nun, wie ein expressiver OT-Wettbewerb funktioniert. Wie in Abschnitt 1 gezeigt, hat das Marathi-2 einen rigiden Minimalitätseffekt bei finiten Komplementen, während Infinitive durchlässig sind. Folgendes Ranking muss deshalb im Marathi-2 herrschen: ( 10)
LA(finit) » REFECON »
{LA(infmit), FTRFAITH}
In (11) sind die Wettbewerbe für Marathi-2 bei Strukturen mit finitem Satzkomplement dargestellt. Die Kandidaten a und b repräsentieren kurze Bindung, die Kandidaten c und d lange Bindung, und die Kandidaten e und/halblange Bindung. Wilson nimmt an, dass jede Bindungsrelation im Input als Anapher oder als Pronomen realisiert sein kann, so dass pro Bindungsbeziehung zwei Wettbewerbe nötig sind. Die verschiedenen Wettbewerbe sind in (11) durch doppelte bzw. dreifache Linien voneinander abgetrennt. Die Inputs der einzelnen Wettbewerbe gleichen immer dem ersten Kandidaten des jeweiligen Wettbewerbs. Dreifache Linien trennen Wettbewerbe, deren Inputs sich in der Art der Koindizierung unterscheiden (kurze, lange oder halblange Bindung). Doppelte Linien trennen Wettbewerbe, deren Inputs bezüglich der Art der Koindizierung identisch sind, sich aber in der Form des gebundenen Ausdrucks (Anapher vs. Pronomen) unterscheiden. (11)
expressive Optimierung: Marathi-2 (δ = finîtes Komplement) Inputs & Candidate Outputs
LA (finit)
REFECON
LA (infinit)
FTRFAITH
a. »"[Ai... [6 Bk...anaphork...]] b.
[A¡... [5 Bk... pronounk... ]]
*!
b.
[A¡... [5 B k ... pronounk... ]]
•1
a.
[A;... [5 Bk... anaphork ... ]]
*
*
194
Florian Schäfer •ι
c.
[A¡... [ 6 B k . . . anaphori... ]]
d.
[A¡... [g B k ... pronoun¡... ]]
•
d.
[A¡... [ δ B k ... pronoun¡... ]]
*
c.
[Ai... [ δ B k ... anaphori... ]]
*!
e.
[A¡... [ δ ... anaphor¡... ]]
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f.
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[Ai... [ δ ... anaphor¡... ]]
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*
*
Kandidaten, die von ihrer Inputspezifizierung (Anapher/Pronomen) abweichen, verletzen FTRFAITH. Pronomen verletzen REFECON, und Anaphern, die ihr Antezedens außerhalb des finiten Satzes haben, verletzen LA(finit). Zusammen stellen die Wettbewerbe in (11) eine rigide Bindungsdomäne her (vgl. (5)). Es ist klar, dass alle Verletzungen, die in (11) bei LA(finit) auftreten, bei infiniten Komplementen bei LA(infinit) auftreten. Bei dem obigen Ranking bedeutet das, dass die Anaphern jeden Wettbewerb gewinnen; Infinitive sind deshalb im Marathi keine Bindungsbarrieren (vgl. (6)). Während ein Wettbewerb wie in (11) rigide (finite Komplemente) sowie durchlässige Bindungsbarrieren (infinite Komplemente) ableiten kann, ist der Effekt einer relativierten Bindungsbarriere (Marathi-1) nicht ableitbar. Das liegt daran, dass LA(ô) nicht unterscheiden kann, ob eine Anapher in ihrer lokalen Domäne ein potentielles Antezedens finden könnte oder nicht. Optisch wird das daran klar, dass in (11) die Verletzungsprofile der Kandidaten c und d mit denen der Kandidaten e und / identisch sind. Um auch relativierte Bindungsminimalität ableiten zu können, schlägt Wilson (2001) eine Erweiterung der Standard-OT vor, die im nächsten Abschnitt behandelt wird.
2.2 Interpretative Optimierung Wilson schlägt vor, die expressive OT-Optimierung um eine zweite Komponente zu erweitem, die er interpretative Optimierung nennt. Bei der interpretativen Optimierung ist der Input eine syntaktische Form, die alle Kandidaten beibehalten. Die Kandidaten können sich nur in ihrer Interpretation (Koindizierung) vom Input unterscheiden, und die interpretative Optimierung bestimmt die beste Interpretation für die Inputform. Wilson zeigt, dass die beiden Optimierungskomponenten nicht gleichzeitig in einem Optimierungsprozess stattfinden dürfen, sondern dass die interpretative Optimierung einer expressiven Optimierung vorhergehen und ihren Input beschränken muss. D.h., dass nur optimale Kandidaten der interpretativen Optimierung Kandidaten der expressiven Optimierung sein können. 6 Dieses bidirektionale Modell ist in (12) dargestellt.
6
Die Kandidaten des zweiten Wettbewerbs werden also nicht noch einmal durch GEN erzeugt. Die Trennung und die spezifische Reihenfolge der beiden Optimierungskomponenten sind wichtig, um
Relativierte Bindungsminimalität in OT (12)
195
Bidirectional optimization model (aus Wilson 2001): INPUT
OUTPUT
Interpretative Optimization: Given any pair in I
find the most harmonic pair in I - that is, maximize the harmony of the semantic interpretation of S.
Expressive Optimization: Given any pair in I'
find the most harmonic pair in I' - that is, maximize the harmony of the syntactic expression of M.
Da sich die konkurrierenden Kandidaten des interpretativen Wettbewerbs in ihrer syntaktischen Form nicht unterscheiden, sind die Constraints REFERENTIAL ECONOMY und FEATURE FAITHFULNESS in dieser Komponente nie relevant. LOCAL ANTECEDENT wird jedoch auch hier von Kandidaten verletzt, die LD-Bindung einer Anapher realisieren. Die Frage, ob ein Kandidat mit LD-Bindung optimal ist oder nicht, hängt vom Ranking zwischen LOCAL ANTECEDENT und dem folgenden Constraint ab. (13)
BINDING FAITHFULNESS (BINDFAITH): If a binding relation holds between two elements in the input, then it must also hold in the output.
Um einen relativierten Minimalitätseffekt abzuleiten, muss folgendes Ranking herrschen: ( 14)
Das Ranking für relativierte Bindungsminimalität: Interpretative Optimierung: LA(5) » BINDFAITH Expressive Optimierung: REFECON » {FTRFAITH, LA(5)}
In (15a) ist die interpretative Optimierung dargestellt. Die Inputs der einzelnen Wettbewerbe gleichen wieder jeweils dem ersten Kandidaten eines Wettbewerbs. Doppelte Linien trennen Wettbewerbe, deren Inputs sich syntaktisch gleichen aber durch die Wahl des Antezedens unterscheiden. Dreifache Linien trennen Wettbewerbe, deren Inputs sich syntaktisch unterscheiden, sei es (i) bezüglich der gebundenen Form (Anapher vs. Pronomen) oder (ii) bezüglich der gebundenen Position (Subjekt vs. Objekt). Die lange Bindung einer Anapher (Kandidat b) wird zur kurzen Bindung einer Anapher (Kandidat a) neutralisiert und wird deshalb im nachfolgenden expressiven Wettbewerb nicht mehr als Kandidat zur Verfügung stehen. Die halblange Bindung einer Anapher (Kandidat c) hat in diesem Wettbewerb keinen Konkurrenten (mit derselben Syntax aber anderer Interpretation) und überlebt diese Optimierung. Kandidaten mit Pronomen (d, e, f) überleben die interpretative Optimierung grundsätzlich.
Neutralisation (also Unausdrückbarkeit) von Bindungsrelationen zu verhindern (vgl. Wilson 2001 und Fn. 5).
196 (15)
Florian Schäfer a. interpretative
Optimierung:
Marathi-1 (δ = finîtes Komplement)
Inputs & Candidate Outputs REFECON FTRFAITH
LA BINDFAITH (finit)
a. er [Ai... [ s B k ... anaphork... ]] b.
[A¡... [5 B k ... anaphor¡... ]]
*!
b.
[A¡... [5 B k ... anaphor,... ]]
*!
a.
[A¡... [ 6 Bk... anaphork... ]]
*
*
c. w [A¡... [ δ ... anaphor,... ]]
*
d. w [A¡... [ 5 ... pronoun¡... ]]
*
e. er [A¡... [ δ B k ... pronounk... ]]
*
f.
[Ai... [ δ B k ... pronoun;... ]]
*
f.
[A¡... [5 B k ... pronoun¡... ]]
*
e.
[A¡... [ δ Bk ...pronounk... ]]
*
*!
• !
In der expressiven Optimierung in (15b) gewinnt lokal der Kandidat mit Anapher. Bei der langen Bindung hat der Kandidat mit Pronomen keinen Konkurrenten (Kandidat b mit Anapher wurde bereits interpretativ ausgesondert), und bei der halblangen Bindung gewinnt der Kandidat c mit Anapher, weil REFECON höher als LA(finit) gerankt ist. (15)
b. expressive
Optimierung:
Marathi-1 (δ = finîtes Komplement)
Inputs ά Candidate Outputs REFECON FTRFAITH a.
f [Ai... [ 6 Bk ...anaphork...]]
e.
[Aj...[δ Bk... pronounk...]]
*!
e.
[A¡... [δ Bk ...pronounk...]]
•ι
a.
β* [Aj...[g Bk... anaphork...]]
f.
[Aj...[δ Bk... pronoun;...]]
c.
[A¡ i„ [ δ ... pronoun;...]]
d.
LA BINDFAITH (finit)
*
* *
*
[A;... [ 8 ... anaphor;...]]
• !
*
d.
[Α;...[δ ... pronoun¡...]]
*!
c.
β" [A¡... [ 6 ... anaphor¡...]]
*
*
*
Das bidirektionale Modell ist also im Gegensatz zu einem rein expressiven Modell in der Lage, zwischen langer und halblanger Bindung zu unterscheiden und eine relativierte Bindungsdomäne abzuleiten. Es ist außerdem klar, dass durch Reranking auch rigide und komplett durchlässige Bindungsdomänen weiterhin ableitbar sind.
197
Relativierte Bindungsminimalität in OT
3.
Optionalität
3.1 Feature Faith In diesem Abschnitt soll ein Problem mit dem FeatureFaith-Constraint aus Wilson (2001) besprochen werden. Das Ergebnis wird sein, dass der Constraint für die Effekte der Bindungstheorie nie entscheidend sein darf, weil er sonst falsche Vorhersagen machen würde. In den bisher angeführten Tableaus war FeatureFaith nie entscheidend. Wilson (2001) macht jedoch einen Vorschlag, wann dieser Constraint hoch genug gerankt sein könnte, um entscheidend zu werden. Um diesen Vorschlag zu illustrieren, muss jedoch erst die Datenlage im Marathi etwas berichtigt werden. Diese war bisher aus Darstellungsgründen etwas vereinfacht worden. Wie in Abschnitt 1 erklärt, gibt es im Marathi zwei Dialekte, die sich bei LD-Bindung über finite Komplemente unterscheiden. Während keiner der beiden Dialekte erlaubt, eine Objektsanapher über das Subjekt eines finiten Satzes hinweg zu binden, unterscheiden sich die beiden Dialekte bei der Bindung einer Anapher, die in der Subjektposition steht oder in diese eingebettet ist. Der eine Dialekt (Marathi-2) benutzt in diesen Situationen der halblangen Bindung ebenfalls ein Pronomen (vgl. (4)); vom anderen Dialekt (Marathi-1) hatten wir bisher gesagt, dass er bei halblanger Bindung die Anapher verwendet. In Wirklichkeit herrscht in dieser Situation jedoch Optionalität: es kann sowohl eine Anapher als auch ein Pronomen verwendet werden (vgl. Dalrymple 1993, S. 19). Die korrigierte Datenlage ist in (16) formalisiert. (16)
[A¡...[gBk...anaphork] *[A¡...[sBk...pronounk]
*[A¡...[8Bk...anaphor¡] [A¡...[sBk...pronoun¡]
[A¡ ...[6...anaphor¡ ...] [A¡ ...[g...pronoun¡...]
Wilson will die Optionalität des einen Dialekts bei halblanger Bindung wie folgt herleiten: ... (Note that the sentence exactly like (7b) [entspricht (2b)] except that ααραη replaces swataah is grammatical in all dialects/idiolects, suggesting that FTRFAITH is the active constraint in tableau T15.5 above.)... (Wilson 2001, S. 477)
Wie Wilson sagt, würde ein Ranking FTRFAITH » REFECON (in den Tableaus (15a) und (15b)) vorhersagen, dass die Pronomen/Anaphem-Komplementarität aufgehoben würde. Das massive Problem, dass sich aus diesem Zug ergibt, ist aber, dass dadurch nicht nur die Komplementarität beim Überschreiten einer Domänengrenze δ (δ = finit) aufgehoben wird, sondern auch in allen anderen Domänen, die unter FTRFAITH gerankt sind. Das heißt, das dann sowohl bei Bindung über infinite Subjekte als auch in der lokalen Domäne Optionalität zwischen Anaphern und Pronomen herrschen würde. Im Marathi wird ja bei lokaler Bindung dieselbe Anapher verwendet wie bei halblanger Bindung (vgl. (la, 2a)). Ein FTRFAITH-Constraint, der über REFECON gerankt ist, würde also auch bei lokaler Bindung Optionalität bewirken. Dies wird in Tableau (17) illustriert.
198
(17)
Florian Schäfer
expressive Optimierung: (lokale Bindung) Inputs & Candidate
Outputs
a.
er [Aj... [ δ B k ... anaphor k ... ]]
b.
[A¡... [ δ B k ... pronoun k ... ]]
b.
y [Ai... [ δ B k ... pronoun k ... ]]
a.
[Aj... [ δ B k ... anaphork ... ]]
FTRFAITH
REFECON
*!
*
LA(fin/infin/...)
*
*?
Ein hochgerankter FTRFAITH-Constraint ist also entgegen der Annahme von Wilson nicht in der Lage, Optionalität im Bereich der Bindungstheorie herzuleiten. FTRFAITH würde dann viel zu oft Anaphern/Pronomen-Optionalität vorhersagen, speziell auch in der lokalen Domäne, und das ist eine Verteilung, die man in keiner Sprache findet; in der lokalen Domäne verwenden Sprachen entweder nur Anaphern; wenn sie keine Anaphern haben, verwenden sie Pronomen.7 Der Schluss, den man demnach ziehen muss, ist, dass FTRFAITH niemals höher als REFECON stehen darf. Dies ist jedoch aus zweierlei Gründen problematisch. Zum einen würde dies der Grundannahme von OT widersprechen, dass Constraints frei umgerankt werden können. Zum anderen könnten aus einem solchen festen Ranking Probleme für andere Phänomene entstehen, für deren Analyse FTRFAITH relevant ist; diese müssten grundsätzlich unterhalb von REFECON „abgehandelt" werden.8 Erfolgsversprechender wäre es, wenn man garantieren könnte, dass die Pronomen/Anaphern-Alternation fur FTRFAITH unsensibel ist. Um dies zu erreichen, sind spezifische Annahmen nötig, welche Input-Output-Änderungen von FTRFAITH sanktioniert werden. Betrachten wir noch einmal, wie Wilson FTRFAITH verwendet. In (18) ist die Definition von Wilson noch einmal wiedergegeben: (18)
FEATURE FAITHFULNESS {FTRFAITH) (Wilson 2001, S. 475): An argument specified for feature [F] in the input must be specified for [F] in the output.
Obwohl Wilson davon ausgeht, dass Anaphern keine Phi-Merkmale haben (vgl. Burzios Theorie in 2.1), sanktioniert er Kandidaten mit Pronomen an Positionen, die im Input als Anapher realisiert waren, mit einer FTRFAITH-Verletzung (z.B. in seinen Tableaus T15.5, S. 477 und T15.6, S. 478 bzw. in allen bisherigen Tableaus dieses Artikels). Zwei Erklärungen sind für diese Verletzungen denkbar; entweder wird in diesem Fall der Austausch phonologischer Merkmale zwischen Input und Output sanktioniert, oder die 'Unterspezifi7
8
Die einzige mir bekannte Ausnahme ist das Friesische, dass bei manchen Verben (z.B. waschen) lokal eine sogenannte SELF-Anapher (himselsj oder ein Pronomen {him) verwendet. Diese Optionalität muss aber über unterschiedliche Inputs erklärt werden (Pseudooptionalität), denn die beiden Varianten unterscheiden sich in der thematischen Struktur des Verbs; es wird angenommen, dass die Variante mit Pronomen inhärent reflexiv ist (vgl. z.B. Everaert 1991b). Zudem ist nicht offensichtlich, dass Pronoun-SELF-Knwphem in ihren Phi-Merkmalen unterspezifiziert sind. Gibt es keine anderen Phänomene, die im selben Wettbewerb wie die Bindungstheorie evaluiert werden und für FTRFAITH sensibel sind, kann man FTRFAITH natürlich einfach aus dem System streichen. Die folgende Diskussion ist dann hinfällig.
Relativierte Bindungsminimalität in OT
199
kation' für Phi-Merkmale bedeutet so etwas wie 'negative Spezifikation'; für die zweite Erklärung muss man annehmen, dass FTRFAITH ein IDENT-F(eature)-Constraint ist (vgl. McCarthy/Prince 1995), obwohl das aus der Formulierung in (18) nicht so klar hervorgeht. Damit bietet sich eine zumindest tendenzielle Lösung fur das Problem an, wie die Anaphern/Pronomen-Resolution für FTRFAITH unsensibel gemacht werden kann. FTRFAITH darf kein IDENT-Constraint sein, sondern er darf nur Outputs sanktionieren, die von einem positiv spezifizierten Input abweichen. Wenn nun eine gebundene Position im Input völlig unterspezifiziert ist (also nur eine gebundene Variable ohne phonologische Matrix ist), dann wird eine Verletzungen von FTRFAITH durch einen Output mit Pronomen oder Anapher in der gebundenen Position vermieden. Dieser Vorschlag hat natürlich weitreichende Folgen, die hier nicht tiefergehend behandelt werden können. Zum einen bedarf es einer spezifischen Theorie über den Input, der jetzt sowohl lexikalisches als auch abstraktes Material (gebundene Variablen) enthalten kann. Zum anderen stellt sich die Frage, was mit einem Kandidaten passiert, der dem Input maximal treu bleibt und in der gebundenen Position eine coverte Variable realisiert. Man könnte natürlich annehmen, dass z.B. im Deutschen eine coverte Variable keine mögliche morphologische Realisation für ein gebundenes Argument ist, genau so, wie manchen Sprachen eine Anapher fehlt. Andererseits wäre es in OT aber reizvoll, das Lexikon einer Sprache durch das spezifische Ranking der universellen Constraints zu bestimmen. Diese Fragen werden im Folgenden zurückgestellt. Entscheidend ist, dass aus einer universellen Perspektive FTRFAITH für die Anaphern/Pronomen-Resolution nicht sensibel sein darf, und dass deshalb Anaphern/Pronomen-Optionalität nicht mit Hilfe von FTRFAITH hergeleitet werden kann.
3.2 Kopplungen Da FTRFAITH kein geeignetes Mittel ist, um Optionalität in der Bindungstheorie zu erklären, soll in diesem Abschnitt eine Alternative ausgelotet werden. Es wird gezeigt, dass die Kopplung von Beschränkungen (constraint tie) formal zum richtigen Ergebnis führen kann.9 Burzio (1996) zeigt an fünf Sprachen mit LD-Bindung, dass die Optionalität zwischen dem Gebrauch einer Anapher und dem Gebrauch eines Pronomens in diesen Sprachen sehr regelhaft auftritt. In (19) ist seine Übersicht (Burzio 1996, S. 13) wiedergegeben.
9
Kopplungen werden wegen ihrer Probleme flir die Lembarkeit von Grammatiken und wegen der exponentiell ansteigenden Zahl von Parallelgrammatiken oftmals als konzeptuell einem Faithfulness-Ansatz unterlegen angesehen (vgl. Schmid 2000 und die dort gemachten Referenzen). Wie gezeigt, scheidet in unserem Fall ein Faithfulness-Ansatz aber aus.
200 (19)
Florian Schäfer Komplementarität
und Optionalität: Icelandic
Italian
Russian
Danish
Dutch
a) Indicative
•refi pron
»refi pron
•refi pron
•refi pron
•refi pron
b) Subjunctive
refi pron
??refl pron
*refl pron
N/A
N/A
c) AP-sc^Infinitive
refi *pron
refi pron
refi pron
refi pron
•refi pron
refi ??pron
refi •pron
refi •pron
refi pron
d) PP-sc/NP/PVC
In der linken Spalte sind die verschiedenen Komplementtypen in ihrer hierarchischen Anordnung (vgl. (7)) angegeben.10 In den anderen Spalten ist angegeben, wie die jeweiligen Sprachen LD-Bindungsrelationen über die verschiedenen Komplementtypen hinweg realisieren. Wie die Abbildung zeigt, haben die Sprachen ihren optionalen Bereich immer an der Nahtstelle zwischen LD-Anaphern und LD-Pronomen. Burzio (1996, S. 14) beschreibt es folgendermaßen: ... As for the overlaps in (12) [=19], they also follow from our analysis, and in particular from the proposed interpretation of the relevant conditions as having a graded effect on overall wellformedness. Thus, if the blocking effect increases going from (12d to a) [=19d to a], then, for each language, there will come a point at which the resulting inhibitory effect on the pronoun equals the (fixed) inhibitory effect on the pronoun imposed by the anaphor-first principle (5) [=8a]... Was Burzio beschreibt, ist in OT eine Kopplung, speziell eine Kopplung von REFECON und einem Constraint aus der Domänenhierarchie LOCAL ANTECEDENT(ô) in (7) bzw. (9b). Die Optionalität im Marathi-1 (wie auch in den Sprachen in (19)) lässt sich so leicht ableiten. Dies ist in (20a, 20b) gezeigt, wo eine entsprechende Kopplung in das System von Wilson (2001) integriert wurde. In (20a) wird die lange Bindung zur kurzen neutralisiert; die halblange Bindung überlebt, da sie keinen (ernsten) Konkurrenten hat.
10
AP-sc und PP-sc stehen für small clauses mit adjektivischem bzw. präpositionalem Prädikat, PVC für perception verb complements. Die Hierarchie ergibt sich aus der von d) nach a) zunehmenden Stärke des vom Subjekt ausgelösten Agreements. Burzio (1996) argumentiert, dass gerade der Agreementpfad zwischen Subjekt und INFL eine LD-Bindung blockieren kann, und dass sich die Sprachen darin unterscheiden, wann ein solcher Agreementpfad stark genug ist, LD-Bindung zu blockieren.
Relativierte Bindungsminimalität in OT (20)
201
a. interpretative Optimierung: Marathi-1 (δ = finîtes Komplement)" Inputs & Candidate Outputs
REFECON
a. w [Ai... [ δ B k ... anaphork ... ]]
; LA(finit) 11 1
b.
[A¡... [g B k ... anaphor¡... ]]
!
*!
b.
[A¡... [ δ B k ... anaphor¡... ]]
:1
*!
a.
[A¡... [6 B k ... anaphor k ... ]]